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German Pages 845 Year 2000
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Checklisten der aktuellen Medizin Begründet von F. Largiadr, A. Sturm, O. Wicki
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Georg Thieme Verlag Stuttgart ´ New York
Checkliste Hahn ´ Seite 2
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Checkliste Innere Medizin J.-M. Hahn Fachbeiräte: G. Adler, H. W. Baenkler, R. Dierkesmann, M. Fischer, G. Görge, R. Larsen, Ch. Olbricht, D. Reinwein, T. Ziegenfuû
142 Abbildungen, teilweise vierfarbig 247 Tabellen 2., überarbeitete und erweiterte Auflage
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1998 Georg Thieme Verlag Stuttgart ´ New York Checkliste Hahn ´ Seite 3
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Umschlaggrafik: Renate Stockinger
Die Deutsche Bibliothek ± CIP-Einheitsaufnahme Hahn, Johannes-Martin: Checkliste Innere Medizin : 247 Tabellen / J.-M. Hahn. Fachbeiräte: G. Adler ¼ ± 2., überarbeitete und erweiterte Auflage ± Stuttgart ; New York : Thieme, 1998 (Checklisten der aktuellen Medizin) 1. Auflage 1997 Wichtiger Hinweis: Wie jede Wissenschaft ist die Medizin ständigen Entwicklungen unterworfen. Forschung und klinische Erfahrung erweitern unsere Erkenntnisse, insbesondere was Behandlung und medikamentöse Therapie anbelangt. Soweit in diesem Werk eine Dosierung oder eine Applikation erwähnt wird, darf der Leser zwar darauf vertrauen, daû Autoren, Herausgeber und Verlag groûe Sorgfalt darauf verwandt haben, daû diese Angabe dem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes entspricht. Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag jedoch keine Gewähr übernommen werden. Jeder Benutzer ist angehalten, durch sorgfältige Prüfung der Beipackzettel der verwendeten Präparate und gegebenenfalls nach Konsultation eines Spezialisten festzustellen, ob die dort gegebene Empfehlung für Dosierungen oder die Beachtung von Kontraindikationen gegenüber der Angabe in diesem Buch abweicht. Eine solche Prüfung ist besonders wichtig bei selten verwendeten Präparaten oder solchen, die neu auf den Markt gebracht worden sind. Jede Dosierung oder Applikation erfolgt auf eigene Gefahr des Benutzers. Autoren und Verlag appellieren an jeden Benutzer, ihm etwa auffallende Ungenauigkeiten dem Verlag mitzuteilen. Das Werk, einschlieûlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung auûerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. 1997, 1998 Georg Thieme Verlag, Rüdigerstraûe 14, D-70469 Stuttgart Printed in Germany Satz: ScreenArt, Wannweil Druck: Druckhaus Götz GmbH, Ludwigsburg ISBN 3-13-107242-3
Checkliste Hahn ´ Seite 4
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Vorwort Anamnese
Nachdem die Jubiläums-Ausgabe eine erfreulich hohe Akzeptanz fand, war bereits vor Ablauf eines Jahres die Neuauflage der Checkliste Innere Medizin erforderlich. Besonders berücksichtigt wurden dabei die Anregungen vieler Leser. So wurden zahlreiche Abschnitte grundlegend überarbeitet und aktualisiert sowie folgende neue Kapitel hinzugefügt: Arzneitherapie bei Leberschädigung, Arzneitherapie bei geriatrischen Patienten, Arzneimittelinteraktionen, Arzneimittel und Nahrungsaufnahme, Impfungen im Erwachsenenalter, Hitzenotfälle, Kältenotfälle, Elektrounfall, Ertrinken und Beinaheertrinken. Nach wie vor erhebt diese Checkliste keinen Anspruch auf eine vollständige Darstellung der Inneren Medizin, wie man sie in gängigen Lehrbüchern findet; sie ist als Orientierungshilfe für den klinischen Alltag gedacht und soll dabei besonders angehende ¾rzte in der Famulatur oder im praktischen Jahr, internistisch tätige oder interessierte ¾rzte im Praktikum und in der Facharztweiterbildung, Allgemeinmediziner sowie Mediziner anderer Fachrichtungen ansprechen. Besonderer Wert wurde auf die Berücksichtigung gängiger Empfehlungen zur rationellen Diagnostik und Therapie gelegt. Um ein zeitraubendes Nachschlagen in Medikamentenverzeichnissen wie der Roten Liste zu vermeiden, wurden zu den konkreten Dosierungsempfehlungen auch Handelsnamen, Darreichungsformen einschlieûlich Gewichtsmengen sowie Packungsgröûen angegeben, welche natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben; ¾nderungen sind wie immer vorbehalten. Die Dosierungsangaben der Medikamente wurden zwar sorgfältig geprüft, jedoch ist der Leser angehalten, sie gewissenhaft nachzuprüfen. Die Entstehung auch dieser 2. Auflage wäre ohne fremde Hilfe nicht denkbar; für wertvolle Hinweise und Anregungen danke ich daher besonders: Frau K. Bauer, Ludwigshafen, Herrn P. Böhmer, Ludwigshafen, Herrn Dr. F. W. Degenring, Hemsbach, Herrn Dr. A. Graziani, Castel DAzzano, Herrn Dr. C. Grossmann, Plochingen, Herrn Dr. M. Heuser, Reutlingen, Frau T. Iffert, Fulda, Frau E.-I. Jansen, Wuppertal, Herrn A. Katterbach, Ludwigshafen, Herrn G. Klein, Ludwigshafen, Frau A. Lehr, Waldalgesheim, Frau A. Loske, Gau-Algesheim, Herrn Dr. J. Neugebauer, Reutlingen, Herrn E. Pannenbecker, Ludwigshafen, Frau T. Pitz, Ludwigshafen, Herrn Dr. A. Reif, Hechingen, Herrn Dr. A. Sadowski, Tübingen, Herrn Prof. Dr. H. G. Schiefer, Gieûen, Frau A. M. Schmidt, Bad Kreuznach, Herrn T. Vollmer, Heidelberg sowie auch allen anderen, hier nicht namentlich erwähnten Kollegen und Freunden, denen ich wertvolle Fachdiskussionen verdanke. Besonderen Dank auch den genannten Fachbeiräten, Frau Christine Hansen für das ausdauernde Korrekturlesen sowie Frau Dr. Gesa Stroman, welche die Entstehung der 2. Auflage mit konstruktiver Kritik und zahlreichen Verbesserungsvorschlägen begleitet hat. Last not Least danke ich den Mitarbeitern des Thieme Verlags, insbesondere Frau Dr. Bettina Hansen, für die Initiative zur Entstehung dieser Checkliste und die fachlich überaus kompetente und engagierte Betreuung. Tübingen, im April 1998
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Johannes-Martin Hahn
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Vorwort
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Anschriften
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Anschriften Anamnese
Dr. med. Johannes-Martin Hahn Kreisklinik Hechingen Weilheimer Straûe 31 72379 Hechingen e-mail: [email protected] Fachbeiräte Prof. Dr. G. Adler, Ulm
Gastroenterologie
Prof. H. W. Baenkler, Erlangen
Immunologie, Rheumatologie
Prof. Dr. R. Dierkesmann, Gerlingen
Pneumologie
Dr. M. Fischer, München
Endokrinologie, Hämatologie
Dr. G. Görge, Essen
Kardiologie
Prof. Ch. Olbricht, Stuttgart
Nephrologie
Prof. D. Reinwein, Essen
Endokrinologie
Dr. T. Ziegenfuû und Prof. R. Larsen, Homburg
Intensivmedizin
Checkliste Hahn ´ Seite 6
Inhaltsverzeichnis Anamnese
Grauer Teil: Grundlagen und Arbeitstechniken 1
Allgemeines zur internistischen Stationsarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Anamnese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Körperliche Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Vorgehen nach der Aufnahmeuntersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4 Stationäre Aufnahme vital gefährdeter Patienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5 Visite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.6 Patientenentlassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.7 Rezepte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.8 Tod des Patienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 1 2 8 9 10 12 14 16
2
Laboruntersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Materialentnahme für mikrobiologische Untersuchungen. . . . . . . . . 2.2 Gastroenterologische Funktionsuntersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17 17 20
3
Nichtinvasive Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Blutdruckmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 EKG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Lungenfunktionsdiagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Sonographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5 Echokardiographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6 Röntgenuntersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7 Szintigraphische Untersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
22 22 23 33 36 44 46 55
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Invasive Diagnostik und Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Endoskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Invasive kardiologische Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
56 56 60
5
Injektions- und Punktionstechniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1 Injektionstechnik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Punktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3 Biopsien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
62 62 64 78
6
Sonden und Katheter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1 Sonden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Harnblasenkatheter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
81 81 83
7
Transfusions-, Infusions- und Ernährungstherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1 Transfusionstherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2 Infusionstherapie und parenterale Ernährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3 Enterale Sondenernährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
85 85 88 90
8
Antikoagulation und Thrombolysetherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1 Antikoagulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2 Systemische Thrombolysetherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
91 91 95
9
Allgemeine internistische Therapiemaûnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 9.1 Dekubitus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 9.2 Gastrointestinale Beschwerden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 9.3 Schlafstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
Checkliste Hahn ´ Seite 7
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Inhaltsverzeichnis
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Inhaltsverzeichnis
VIII
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Inhaltsverzeichnis 9.4 9.5 9.6 9.7 9.8 9.9 9.10 9.11 9.12 9.13
Schmerzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Psychopharmaka . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Internistische Tumortherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Knochenmarktransplantation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arzneitherapie bei Niereninsuffizienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arzneitherapie bei Leberschädigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arzneitherapie bei geriatrischen Patienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arzneitherapie in der Schwangerschaft und Stillzeit . . . . . . . . . . . . . . Arzneimittelinteraktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arzneimittel und Nahrungsaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
104 108 110 114 115 117 118 121 122 128
Grüner Teil: Leitsymptome 10 Allgemeine Leitsymptome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.1 Unklares Fieber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.2 BSG und CRP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.3 Gewichtsverlust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.4 Ödeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.5 Generalisierter Pruritus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.6 Lymphknotenvergröûerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.7 Metastasen bei unbekanntem Primärtumor (CUP). . . . . . . . . . . . . . . . .
129 129 132 134 136 139 141 144
11 Leitsymptome: Thorax . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.1 Thoraxschmerzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2 Husten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.3 Hämoptoe ± Hämoptyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.4 Dyspnoe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.5 Zyanose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.6 Pleuraerguû . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
146 146 150 152 154 157 159
12 Leitsymptome: Abdomen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.1 Übelkeit und Erbrechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.2 Dysphagie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.3 Akutes Abdomen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.4 Ileus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.5 Diarrhoe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.6 Obstipation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.7 Hepatomegalie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.8 Splenomegalie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.9 Ikterus. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.10 Aszites . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
162 162 164 166 171 174 178 180 182 184 187
13 Leitsymptome: Niere und ableitende Harnwege. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.1 Blasenentleerungsstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.2 Polyurie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.3 Hämaturie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.4 Proteinurie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.5 Harninkontinenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
189 189 190 191 193 195
14 Leitsymptome: Bewegungsapparat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 14.1 Gelenkschmerzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 14.2 Kreuzschmerzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 Checkliste Hahn ´ Seite 8
Inhaltsverzeichnis 15 Leitsymptome: Nervensystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.1 Schwindel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.2 Synkope . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.3 Koma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
205 205 208 211
16 Laborwerte-Differentialdiagnose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216
Blauer Teil: Internistische Krankheitsbilder 17 Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.1 Bakterielle Endokarditis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.2 Myokarditis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.3 Perikarditis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.4 Kardiomyopathien ± Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.5 Dilatative Kardiomyopathie (DCM) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.6 Hypertrophische Kardiomyopathie (HCM) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.7 Aortenklappenstenose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.8 Aortenklappeninsuffizienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.9 Mitralklappenstenose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.10 Mitralklappeninsuffizienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.11 Mitralklappenprolapssyndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.12 Erworbene Klappenvitien des rechten Herzens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.13 Kongenitale Vitien ± Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.14 Pulmonalklappenstenose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.15 Ventrikelseptumdefekt (VSD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.16 Vorhofseptumdefekt (ASD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.17 Herzinsuffizienz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.18 Koronare Herzkrankheit (KHK) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.19 Herzinfarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.20 Herzrhythmusstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.21 Arterielle Hypertonie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.22 Hypotonie und orthostatische Dysregulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.23 Aortenaneurysma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.24 Periphere arterielle Verschluûkrankheit (pAVK) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.25 Akuter Extremitätenarterienverschluû. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.26 Raynaud-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.27 Thrombophlebitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.28 Phlebothrombose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.29 Cor pulmonale chronicum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
222 222 224 225 226 227 228 230 232 234 236 238 239 240 241 242 243 244 253 257 263 280 287 289 290 292 293 294 295 298
18 Erkrankungen der Atmungsorgane . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18.1 Hyperventilationssyndrom. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18.2 Schlafapnoesyndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18.3 Akute Bronchitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18.4 Bronchiektasen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18.5 Chronische Bronchitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18.6 Asthma bronchiale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18.7 Lungenemphysem. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18.8 Interstitielle Lungenerkrankungen ± Übersicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18.9 Exogen allergische Alveolitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18.10 Pneumokoniosen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18.11 Sarkoidose (Morbus Boeck) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
299 299 300 301 302 303 305 310 312 313 314 315
Checkliste Hahn ´ Seite 9
IX
YB
Inhaltsverzeichnis
CM
Inhaltsverzeichnis
X
CM
YB
Inhaltsverzeichnis 18.12 Pneumonien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 18.13 Tuberkulose (Tbc) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 18.14 Bronchialkarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 19 Erkrankungen der Speiseröhre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.1 Motilitätsstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.2 Ösophagusdivertikel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.3 Hiatushernien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.4 Refluxkrankheit/Ösophagitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.5 Ösophaguskarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
328 328 329 331 332 334
20 Erkrankungen des Magens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.1 Akute Gastritis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.2 Chronische Gastritis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.3 Gastroduodenale Ulkuskrankheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.4 Magenkarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
335 335 336 337 342
21 Erkrankungen des Dünn- und Dickdarmes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.1 Malassimilationssyndrom. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.2 Nahrungsmittelintoleranz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.3 Funktionelle Störungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.4 Ischämische Darmerkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.5 Chronisch entzündliche Darmerkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.6 Divertikulose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.7 Divertikulitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.8 Kolonpolypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.9 Kolorektales Karzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.10 Anorektale Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
345 345 348 349 350 351 356 357 358 360 362
22 Erkrankungen des Pankreas. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.1 Akute Pankreatitis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.2 Chronische Pankreatitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.3 Pankreaskarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.4 Hormonell aktive Pankreastumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
363 363 367 369 370
23 Erkrankungen der Leber. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23.1 Akute Virushepatitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23.2 Chronische Hepatitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23.3 Fettleber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23.4 Leberzirrhose. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23.5 Hämochromatose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23.6 Portale Hypertension. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23.7 Hepatische Enzephalopathie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23.8 Akutes Leberversagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23.9 Primär biliäre Zirrhose (PBC). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23.10 Lebertumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
372 372 377 379 380 383 384 386 387 388 389
24 Erkrankungen der Gallenwege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390 24.1 Cholelithiasis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390 24.2 Tumoren der Gallenwege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394
Checkliste Hahn ´ Seite 10
Inhaltsverzeichnis 25 Erkrankungen der Niere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25.1 Glomerulonephritis (GN). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25.2 Nephrotisches Syndrom. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25.3 Interstitielle Nephritis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25.4 Harnwegsinfektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25.5 Akutes Nierenversagen (ANV). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25.6 Chronische Niereninsuffizienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25.7 Nierenarterienstenose. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25.8 Nephrolithiasis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25.9 Hypernephrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25.10 Zystische Nierenerkrankungen und Nierenfehlbildungen. . . . . . . . . .
395 395 398 399 400 403 406 411 412 416 417
26 Störungen des Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalts . . . . . . 26.1 Hydratationsstörungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.2 Hyponatriämie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.3 Hypernatriämie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.4 Hypokaliämie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.5 Hyperkaliämie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.6 Magnesium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.7 Hypokalzämie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.8 Hyperkalzämie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.9 Störungen des Säure-Basen-Haushalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.10 Metabolische Azidose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.11 Metabolische Alkalose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
418 418 419 421 423 425 427 428 429 431 432 433
27 Rheumatische und immunologische Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27.1 Degenerative Gelenkerkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27.2 Fibromyalgie-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27.3 Rheumatisches Fieber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27.4 Rheumatoide Arthritis (RA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27.5 Reaktive Arthritiden ± Reiter-Syndrom. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27.6 Morbus Bechterew . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27.7 Systemischer Lupus erythematodes (SLE). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27.8 Sjögren-Syndrom (SS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27.9 Progressive Sklerodermie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27.10 Polymyositis und Dermatomyositis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27.11 Vaskulitiden ± Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27.12 Panarteriitis nodosa ± Mikroskopische Panarteriitis . . . . . . . . . . . . . . 27.13 Wegenersche Granulomatose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27.14 Polymyalgia rheumatica und Riesenzellarteriitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27.15 Atopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27.16 Amyloidose. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
434 434 436 438 439 443 444 445 447 448 450 452 453 454 455 457 461
28 Knochenerkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28.1 Osteoporose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28.2 Osteomalazie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28.3 Morbus Paget (Ostitis deformans) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
462 462 465 466
29 Stoffwechselerkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467 29.1 Porphyrien ± Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467 29.2 Akute intermittierende Porphyrie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 468
Checkliste Hahn ´ Seite 11
XI
YB
Inhaltsverzeichnis
CM
Inhaltsverzeichnis
XII
CM
YB
Inhaltsverzeichnis 29.3 29.4 29.5 29.6 29.7 29.8
Chronische hepatische Porphyrie (Porphyria cutanea tarda). . . . . . . Gicht (Arthritis urica) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fettstoffwechselerkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diabetes mellitus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Coma diabeticum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hypoglykämie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
469 470 472 477 488 490
30 Erkrankungen endokriner Organe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30.1 Euthyreote Struma (Jodmangelstruma) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30.2 Hypothyreose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30.3 Hyperthyreose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30.4 Endokrine Orbitopathie (Endokrine Ophthalmopathie). . . . . . . . . . . . 30.5 Entzündliche Schilddrüsenerkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30.6 Schilddrüsenmalignom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30.7 Primärer Hyperparathyreoidismus (pHPT) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30.8 Sekundärer Hyperparathyreoidismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30.9 Hypoparathyreoidismus. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30.10 Primärer Hyperaldosteronismus (Conn-Syndrom) . . . . . . . . . . . . . . . . . 30.11 Cushing-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30.12 Nebennierenrindeninsuffizienz (NNR-Insuffizienz) . . . . . . . . . . . . . . . . 30.13 Gynäkomastie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30.14 Hirsutismus und Virilisierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30.15 Phäochromozytom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30.16 Akromegalie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30.17 Hyperprolaktinämie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30.18 Hypophysenvorderlappeninsuffizienz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30.19 Diabetes insipidus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
491 491 494 496 499 500 501 503 504 505 506 507 509 511 512 514 515 516 517 519
31 Hämatologische Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31.1 Anämien ± Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31.2 Eisenmangelanämie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31.3 Megaloblastäre Anämie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31.4 Hämolytische Anämien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31.5 Chronische myeloproliferative Erkrankungen ± Übersicht . . . . . . . . 31.6 Chronisch-myeloische Leukämie (CML) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31.7 Polycythaemia vera . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31.8 Akute Leukämien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31.9 Morbus Hodgkin (Lymphogranulomatose). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31.10 Non-Hodgkin-Lymphome (NHL) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31.11 Chronisch-lymphatische Leukämie (CLL) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31.12 Plasmozytom (Multiples Myelom) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31.13 Myelodysplastische Syndrome (MDS). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31.14 Aplastische Anämie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31.15 Akute Agranulozytose. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31.16 Hämorrhagische Diathesen ± Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31.17 Koagulopathien ± Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31.18 Hämophilie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31.19 von-Willebrand-Jürgens-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31.20 Thrombozytopenie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31.21 Thrombozytopathien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
521 521 523 524 525 528 529 531 533 536 538 541 543 546 548 549 550 551 552 553 554 556
Checkliste Hahn ´ Seite 12
Inhaltsverzeichnis 31.22 Vaskuläre hämorrhagische Diathesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 557 31.23 Hyperspleniesyndrom. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 558 32 Infektionskrankheiten durch Viren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32.1 Adenovirus-Infektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32.2 Hantavirus-Infektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32.3 Varizellen (Windpocken) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32.4 Zoster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32.5 Herpes-simplex-Infektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32.6 Mononucleosis infectiosa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32.7 Zytomegalievirus(CMV)-Infektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32.8 HIV-Infektion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32.9 Coxsackievirus-Infektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32.10 Poliomyelitis (Kinderlähmung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32.11 Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32.12 Gelbfieber und Dengue-Fieber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32.13 Tollwut (Rabies). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32.14 Influenza . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32.15 Mumps . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32.16 Masern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32.17 Röteln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32.18 Erythema infectiosum (Ringelröteln) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
559 559 560 561 562 563 565 567 568 572 573 574 576 577 578 579 580 582 583
33 Infektionskrankheiten durch Bakterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33.1 Scharlach und Angina tonsillaris . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33.2 Diphtherie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33.3 Pertussis (Keuchhusten) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33.4 Salmonellen-Enteritis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33.5 Typhus und Paratyphus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33.6 Reisediarrhoe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33.7 Shigellenruhr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33.8 Yersiniosen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33.9 Cholera . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33.10 Antibiotikaassoziierte Kolitis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33.11 Lebensmittelvergiftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33.12 Tetanus. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33.13 Brucellosen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33.14 Leptospirosen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33.15 Lyme-Krankheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33.16 Lues (Syphilis) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33.17 Gonorrhoe (Tripper). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
584 584 586 588 589 590 591 592 593 594 595 596 597 598 599 600 601 602
34 Infektionskrankheiten durch Protozoen, Pilze und Helminthen . . . . . . 34.1 Erkrankungen durch Flagellaten (Geiûeltierchen) . . . . . . . . . . . . . . . . . 34.2 Amöbiasis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34.3 Toxoplasmose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34.4 Malaria . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34.5 Systemische Mykosen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34.6 Infektionen durch Zestoden (Bandwürmer). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34.7 Infektionen durch Nematoden (Rundwürmer). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34.8 Infektionen durch Trematoden (Saugwürmer) und Filarien . . . . . . .
603 603 604 605 606 609 610 611 612
Checkliste Hahn ´ Seite 13
XIII
YB
Inhaltsverzeichnis
CM
Inhaltsverzeichnis
XIV
CM
YB
Inhaltsverzeichnis 35 Antibiotikatherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35.1 Antibiotika ± Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35.2 Antibiotika bei bakteriellen Infektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35.3 Antimykotika. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35.4 Virostatika. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35.5 Antibiotikadosierung bei Niereninsuffizienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
613 613 614 620 621 623
36 Impfungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 627 36.1 Impfungen im Erwachsenenalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 627 37 Häufige neurologische Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37.1 Lumbaler Bandscheibenvorfall (Diskusprolaps). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37.2 Kopfschmerzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37.3 Meningitis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37.4 Ischämischer zerebraler Insult . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37.5 Parkinson-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37.6 Demenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37.7 Epileptische Anfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37.8 Alkoholkrankheit (Alkoholismus) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
628 628 629 632 634 638 641 644 646
Roter Teil: Internistische Notfälle 38 Internistische Notfälle ± Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 649 38.1 Inhaltsverzeichnis ± Internistische Notfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 649 39 Kardiopulmonale Reanimation (CPR) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39.1 Grundlagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39.2 ABC-Schema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39.3 Beendigung der Reanimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
651 651 652 658
40 Allgemeine Intensivtherapie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40.1 Maschinelle Beatmungstherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40.2 Temporäre (passagere) Herzschrittmachertherapie . . . . . . . . . . . . . . . . 40.3 Verbrauchskoagulopathie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40.4 Medikamentendosierung bei Verwendung von Perfusoren . . . . . . . .
659 659 663 664 665
41 Spezielle Intensivtherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41.1 Schock ± Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41.2 Hypovolämischer Schock . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41.3 Anaphylaktischer Schock. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41.4 Septischer Schock . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41.5 Kardiogener Schock . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41.6 Lungenödem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41.7 Lungenembolie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41.8 Schwerer Asthmaanfall (¹Status asthmaticusª) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41.9 ARDS (acute respiratory distress syndrome) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41.10 Pneumothorax . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41.11 Aspiration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41.12 Akute obere gastrointestinale Blutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41.13 Untere gastrointestinale Blutung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41.14 Hitzenotfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41.15 Kältenotfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41.16 Elektrounfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
666 666 667 668 669 671 672 673 675 676 678 680 681 684 685 686 688
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Inhaltsverzeichnis 41.17 Ertrinken und Beinaheertrinken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 689 41.18 Vergiftungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 690 41.19 Vergiftungszentralen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 692 42 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42.1 Tumormarker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42.2 Handelsnamen und Wirkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42.3 Sprachtabelle Englisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42.4 Sprachtabelle Türkisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42.5 Sprachtabelle Italienisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42.6 Sprachtabelle Französisch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42.7 Sprachtabelle Spanisch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42.8 Sprachtabelle Kroatisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42.9 ICD-Diagnosenschlüssel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
693 693 694 748 751 754 757 760 763 766
Laborwerte-Normalbereiche. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 771 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 773 Bildernachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 807
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Inhaltsverzeichnis
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1.1 Anamnese Voraussetzungen ä ä
Auûer Arzt und Patient sollten alle mobilen Personen das Patientenzimmer verlassen (ideal: Untersuchungsraum). Bei desorientierten oder bewuûtseinsgestörten Patienten ergänzende Fremdanamnese erheben.
Durchführung Ablauf: Unabhängig von der Gestaltung des krankenhausinternen Anamnesebogens hat sich folgender Ablauf bewährt: ± Jetzige Anamnese: aktuelle Beschwerden, die zur Krankenhausaufnahme führten: · seit wann?, ähnliche Beschwerden früher? · bei Schmerzen: Lokalisation und Ausstrahlung, Intensität, Charakter (z. B. stechend, dumpf), Dauer, Verlauf (z. B. kontinuierlich, kolikartig) · Zusammenhang mit bestimmten Tätigkeiten: z. B. Belastung, Ruhe, Essen, Schlafen. ± Patienten-Eigenanamnese: frühere Erkrankungen und Operationen, andere aktuelle Beschwerden, die primär nicht mit der stationären Aufnahme im Zusammenhang stehen, Risikokrankheiten (z. B. Diabetes mellitus). ± Familienanamnese: Krankheiten und Todesursachen Verwandter. ± Vegetative Anamnese: · Appetit, Durst · Gewichtsverlauf (Gewichtsabnahme gewollt ± ungewollt?) · Fieber, Schweiû, Nachtschweiû · Husten, Auswurf (Menge, Farbe) · Miktion: Nykturie, Polyurie, Beschwerden, Inkontinenz · Verdauung: Stuhlfrequenz, -konsistenz, -farbe · Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Schwindel · Gynäkologische und Sexualanamnese. ± Allergien: (unklare) Hautveränderungen, Heuschnupfen? ± Medikamentenanamnese: auch frühere und Bedarfsmedikation, genaue Mengenangaben. ± Genuûmittelanamnese (Risikofaktoren!): Alkohol, Drogen, Nikotin. Dabei möglichst genaue Mengenangaben, bei Rauchern in ¹pack yearª = Anzahl der Raucherjahre Anzahl der täglich gerauchten Zigarettenschachteln ± Soziale Anamnese: · Beruf (körperliche und psychische Belastungen), Ruhestand (seit wann?) · Freizeit (Hobbys, soziale Aktivitäten) · Bezugspersonen (Familie, Freunde) · häusliche Versorgung, Hilfen (z. B. Sozialstation, Fernküche).
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Allgemeines zur internistischen Stationsarbeit
CM
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1.2 Körperliche Untersuchung
Allgemeines zur internistischen Stationsarbeit
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Voraussetzungen ä ä ä
Internistische Untersuchung
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Wie bei der Anamnese sollten auûer Arzt und Patient alle mobilen Personen das Patientenzimmer verlassen (ideal: Untersuchungsraum). Der Patient sollte bis auf die Unterhose entkleidet sein (der erforderliche Zeitaufwand ¹amortisiertª sich bei der Untersuchung). Jeder Untersucher findet mit der Zeit seinen eigenen systematischen Untersuchungsgang. Damit nichts übersehen wird, sollte dieser möglichst auch bei Notfallpatienten oder bei scheinbar klarer Diagnose beibehalten werden.
Zeitlich effektiv und v. a. bei immobilen Patienten wenig belastend ist ein Untersuchungsablauf unter Berücksichtigung der Körperregionen (nicht der Organsysteme) sowie der verwendeten Untersuchungsutensilien, z. B. nach folgendem Schema einer orientierenden internistischen Untersuchung. Allgemeinbetrachtung: Bewuûtseinszustand (S. 211), Allgemein- und Ernährungszustand, Körperhaltung, Gangbild, Sprache, Hautveränderungen (malignes Melanom: Farbabb. 34) etc. Kopf: ± Gesichtsform: z. B. Fazialisparese? ± Augen: Konjunktiven, Motilität, Pupillenweite ± Druck- und Klopfschmerzhaftigkeit der Nasennebenhöhlen und Nervenaustrittspunkte? ± Zunge herausstrecken lassen: Abweichung?, Farbe, Feuchtigkeit ± Diagnostiklampe und Mundspatel: Inspektion der Mundhöhle und des Rachens, Foetor?, Überprüfung der Pupillenreaktion. Hals: ± Inspektion: obere Einfluûstauung?, sichtbare Struma? ± Palpation: der Lymphknoten, Inspektion und Palpation der Schilddrüse ± Beweglichkeit: Meningismus? (S. 632). Thorax, Abdomen (in Rückenlage): ± Inspektion: Form, Beweglichkeit bei Atemexkursionen, Hautveränderungen ± Palpation: Mammae, Herzspitzenstoû, Abdomenpalpation (Bauchdeckenkonsistenz, Resistenzen, Druckschmerz, Abwehrspannung, Leber- und Milz) · Leberpalpation (Abb. 1): von der rechten Seite des Pat. aus die untersuchende Hand im Bereich der vermuteten unteren Lebergrenze (normalerweise in der Medioklavikularlinie = MCL am Rippenbogen) ca. 2 cm in die Bauchdecke eindrücken und den Pat. langsam einatmen lassen (Leber bewegt sich nach unten gegen die palpierenden Finger). Ggf. wenige cm entfernt wiederholen. Beurteilung: weich/hart, glatt/ knotig, Druckempfindlichkeit, Gröûenbestimmung: Abstand zum oberen Perkussions- oder Kratzauskultationsrand (s. u.) in der MCL (normal: ca. 12 cm). · Milzpalpation (Abb. 1): von der rechten Seite des Pat. aus umfaût die linke Hand den linken unteren Rippenrand und zieht diesen leicht nach oben. Die rechte (untersuchende) Hand palpiert (Technik wie bei Leberpalpation) unterhalb des Rippenbogens während einer langsamen tiefen Inspiration des Pat. (normalerweise ist nur eine vergröûerte Milz tastbar, Ausnahme: sehr schlanke Patienten). ± Perkussion: Leber-, Milzgröûe, Meteorismus?
Checkliste Hahn ´ Seite 2
1.2 Körperliche Untersuchung
Abb. 1
Palpation der Leber und der Milz (Erläuterungen siehe Text)
± Stethoskop: Auskultation von · Herz (Abb. 2): 5. ICR links medioklavikular (Mitralklappe), 2./3. ICR rechts parasternal (Aortenklappe), 2. ICR links parasternal (Pulmonalklappe), Ansatz 5. Rippe rechts parasternal (Trikuspidalklappe), 3. ICR links parasternal = Erbscher Punkt (Mitralklappe, Aortenklappe). Achten auf: Rhythmus, Frequenz, Pulsdefizit (= Differenz zwischen auskultierter und an der A. radialis gemessener Herzfrequenz), 1./2. Herzton (gleichzeitig Radialispuls palpieren), Lautstärke der Herztöne, gespaltene/zusätzliche Herztöne, pathologische Geräusche (Lautstärke: Tab. 1, Charakter, Punctum maximum) · Gefäûen: mindestens Carotiden, Aorta, Nieren- und Femoralarterien · ventralen Lungenanteilen · Abdomen: Darmgeräusche (keine, normal, lebhaft, klingend), Kratzauskultation zur Bestimmung der Lebergröûe (Stethoskop rechts neben Xiphoid aufsetzen, Kratzgeräusch wird über der Leber stärker).
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Allgemeines zur internistischen Stationsarbeit
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Aortenklappe Pulmonalklappe Erb'scher Punkt Trikuspidalklappe
Abb. 2
Auskultationsareale bei der Herzauskultation
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Mitralklappe
Allgemeines zur internistischen Stationsarbeit
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1.2 Körperliche Untersuchung Tabelle 1
Lautstärkegrade von Herzgeräuschen
1/6 Sehr leises, vom Geübten gerade noch wahrnehmbares Geräusch 2/6 Leises, jedoch gut erkennbares Geräusch 3/6 Mittellautes Geräusch, durch die aufgelegte Hand hindurch auskultierbar 4/6 Lautes Geräusch, noch proximal des Handrückens auskultierbar 5/6 Sehr lautes Geräusch, von der aufgelegten Hand bis zum Unterarm fortgeleitet 6/6 Distanzgeräusch, auch ohne direktes Aufsetzen des Stethoskops hörbar ä
ä
ä
ä
Thorax, Wirbelsäule (am besten im Stehen, sonst im Sitzen) ± Stethoskop: Auskultation der dorsalen Lungenanteile ± Inspektion: Thorax- und Wirbelsäulenform, Beweglichkeit ± Perkussion der Lungen: Klopfschall, Lungengrenzen ± Überprüfung der Klopfschmerzhaftigkeit von Wirbelsäule, Iliosakralgelenken und Nierenlager. Extremitäten (in Rückenlage) ± Inspektion: Hautveränderungen, Umfangsdifferenzen, Hände (z. B. Trommelschlegelfinger, Uhrglasnägel, Tremor), Ödeme, Varikosis, trophische Störungen oder Ulzera ± Palpation: Radialis- und Fuûpulse (A. dorsalis pedis und A. tibialis posterior) sowie Hauttemperatur im Seitenvergleich, orientierende Prüfung der Sensibilität (neurologische Untersuchung, Dermatome: s. u.) ± Aktive und passive Beweglichkeit, Koordination (S. 206). ± Reflexhammer: Reflexstatus im Seitenvergleich (s. u.). Genitale, Rektum: ± Handschuhe: Palpation der axillaren und Leistenlymphknoten sowie der Bruchpforten, Inspektion der äuûeren Genitale und Hodenpalpation ± Linksseitenlage, Beine angezogen, zusätzlicher Handschuh oder Fingerling, anästhesierende Salbe: Inspektion der Analregion, Sphinktertonus, Palpation von Rektumschleimhaut, Portio bzw. Prostata, Inspektion des Fingerlings nach der Untersuchung. Blutdruckmessung: S. 22.
Neurologische Untersuchung
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ä
Beachte: Eine (mindestens orientierende) neurologische Untersuchung ist obligater Bestandteil jeder allgemeinen körperlichen Untersuchung (ggf. bei Notfallpatienten später nachholen). Inspektion: ± Körperhaltung im Sitzen und Stehen: Abweichungen? ± Gangbild: z. B. Hinken, Schongang, vermindertes spontanes Mitschwingen der Arme ± Spontanbewegungen: z. B. Tremor (S. 638), Hyperkinesien, Tics ± Muskulatur: Atrophien? ± Gesichtsasymmetrie? ± Sprachstörungen?: z. B. Aphasie (S. 635), Dysarthrie (S. 635) Bewuûtsein, Orientierung, psychische Auffälligkeiten: ± Bewuûtseinszustand: Einteilung: S. 211 ± Orientierung zur Zeit, zum Ort, zur Situation und zur Person Checkliste Hahn ´ Seite 4
1.2 Körperliche Untersuchung
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± Stimmung: z. B. depressiv, manisch, aggressiv ± Gedankengang: z. B. ungeordnet, wahnhaft ± Halluzinationen: z. B. optische, akustische. Hirnnervenprüfung: Tab. 2.
Tabelle 2
Funktion und klinische Untersuchung der Hirnnerven
Hirnnerv
Funktion
Orientierende Prüfung
I: N. olfactorius
Riechen
mit aromatischen Stoffen (z. B. Zimt, Tee, Kaffee)
II: N. opticus
Sehen
jedes Auge getrennt mit Visustafel oder Text lesen lassen (bei Brillenträgern mit Brille)
Gesichtsfeld
¹Fingerperimetrieª: Pat. fixiert in 1 m Entfernung die Nase des Untersuchers, welcher von beiden Seiten sowie von oben und unten seinen Zeigefinger ins Gesichtsfeld bewegt (für jedes Auge getrennt)
Augenhintergrund
Funduskopie: S. 76
III: N. oculomotorius Augenmotilität IV: N. trochlearis VI: N. abducens
Pat. verfolgt ohne Kopfbewegung den Zeigefinger des Untersuchers in allen 4 Richtungen. Doppelbilder?
V: N. trigeminus
Sensibilität
Dermatome der 3 ¾ste (Abb. 3) seitengetrennt mit Finger oder Wattebausch berühren
Motorik
Palpation des M. masseter, während der Pat. die Zähne zusammenbeiût
Kornealreflex
vorsichtiges Berühren der Kornea mit Wattebausch (Õ Augenschluû)
Mimische Muskulatur
Gesichtsasymmetrie beim Stirnrunzeln, Augen zukneifen, Backen aufblasen, Zähne zeigen, pfeifen
VII: N. facialis
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Allgemeines zur internistischen Stationsarbeit
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Periphere Lähmung: Lagophtalmus (S. 499), Bellsches Phänomen (beim Versuch des Lidschlusses sichtbare Rotation des Bulbus nach oben)
VIII: N. vestibulocochlearis
Hören
z. B. Zahlen flüstern (jeweils anderes Ohr zuhalten)
Gleichgewicht
Vestibularisfunktionsprüfung: S. 206
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Zentrale Lähmung: Lidschluû möglich, kein Bellsches Phänomen
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1.2 Körperliche Untersuchung
Allgemeines zur internistischen Stationsarbeit
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Tabelle 2 (Fortsetzung): Funktion und klinische Untersuchung der Hirnnerven Hirnnerv
Orientierende Prüfung
XI: N. accessorius
M. sternocleidomastoideus, M. trapezius
Kopfdrehung gegen Widerstand, Arme gegen Widerstand über die Horizontale heben lassen
XII: N. hypoglossus
Zungenmuskulatur
Zunge herausstrecken lassen. Einseitiges Abweichen?
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ä ä
Kraftprüfung: ± Prüfung auf latente zentrale Paresen: · Armhalteversuch: Pat. hält bei geschlossenen Augen die Arme in Supinationsstellung nach vorne. Bei latenter zentraler Parese kommt es spätestens nach ca. 1 ± 2 Min. zu einem Schweregefühl, zu einer Pronationstendenz und zu einem Absinken auf der betroffenen Seite · Beinhalteversuch: Pat. liegt auf dem Rücken und hält die Beine bei rechtwinklig gebeugtem Hüft- und Kniegelenk hoch. Bei latenter zentraler Parese kommt es spätestens nach ca. 1 ± 2 Min. zu einem Schweregefühl und dann zu einem Absinken auf der betroffenen Seite ± Kraftgradskala: · 5: normal · 4: Bewegung auch gegen leichten Widerstand möglich · 3: Bewegung gegen die Schwerkraft möglich · 2: Bewegung nur unter Ausschaltung der Schwerkraft möglich · 1: sichtbare Kontraktionen ohne Bewegungseffekt · 0: keine Muskelaktivität. Muskeltonus bei passiver Bewegung: z. B. Spastik, Rigor, Tremor (S. 638). Reflexstatus (Seitenvergleich): ± Eigenreflexe: · pathologisch gesteigert: Hinweis auf Pyramidenbahnläsion, insbesondere beim Vorliegen eines Klonus (= rhythmische Wiederholung der Reflextätigkeit) · abgeschwächt, fehlend: Hinweis auf periphere Nervenläsion · Segmentale Zuordnung wichtiger Sehnenreflexe: Tab. 3.
Tabelle 3
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Funktion
IX: N. glossopharyn- u. a. Schluck- und Schluckversuch mit Wasser. Berührung geus Würgreflex der Rachenhinterwand mit dem Spatel führt zur Anhebung des Gaumensegels X: N. vagus und zum Würgreflex.
Segmentale Zuordnung wichtiger Sehnenreflexe
Sehnenreflex
Patellar(PSR)
Achilles(ASR)
Bizeps(BSR)
Radiusperi- Trizepsost- (RPR) (TSR)
Segment
L3,L4
L5,S1
C5,C6
C5,C6
C6,C7
± Fremdreflexe: Ausfall bei Pyramidenbahnläsion oder Sensibilitätsstörungen, z. B. Bauchhautreflexe (T8-T12), Kornealreflex (V bzw. VII) ± pathologische Reflexe = Pyramidenbahnzeichen (z. B.)
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1.2 Körperliche Untersuchung ·
ä ä
Babinski-: tonische Dorsalflexion der Groûzehe evtl. mit Plantarflexion und Spreizen der Kleinzehen beim Bestreichen des lateralen Fuûsohlenrandes · Gordon-: gleicher Effekt beim Kneten der Wade · Oppenheim-: gleicher Effekt durch kräftiges Streichen entlang der Tibiakante von oben nach unten. Sensibilitätsprüfung unter Berücksichtigung der Dermatome: Abb. 3. Koordinationsprüfung: S. 206.
V1
V3 C2
V2 C3 C4 C5 T2
C6 C7
T1
C8
T2 T3 T4 T5 T6 T7 T8 T9 T10
C5
T1
T11 T12
C6
L1
S3 C8 C7
S5 L2
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Allgemeines zur internistischen Stationsarbeit
CM
L2
L3 L3
S2
L5
L5
S1 S1
Abb. 3
Dermatome Checkliste Hahn ´ Seite 7
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L4
1.3 Vorgehen nach der Aufnahmeuntersuchung Problemliste
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Allgemeines zur internistischen Stationsarbeit
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Erleichtert Untersuchungs- und Therapieplanung, Visitenablauf, Arztbrieferstellung und dient der schnellen Orientierung nicht unmittelbar behandelnder ¾rzte (z. B. Diensthabender). Die Problemliste wird auf der Basis von Untersuchungsergebnissen während des stationären Aufenthaltes laufend aktualisiert und nach Wichtigkeit sowie pathophysiologischen Kriterien geordnet (Tab. 4).
Tabelle 4
Beispiel einer Problemliste
1) Gewichtsabnahme unklarer Genese (= Aufnahmeanlaû) ± Wechsel zwischen Diarrhoe und Obstipation ± rezidivierende Blutauflagerungen im Stuhl 2) Mitralstenose (Erstdiagnose 1992) ± anamnestisch Herzinsuffizienz NYHA II ± neu aufgetretene absolute Tachyarrhythmie bei Vorhofflimmern 3) Diabetes mellitus Typ IIb (Erstdiagnose 1990) ± insulinpflichtig seit 1992 ± Hypertriglyzeridämie, Steatosis hepatis Nebendiagnosen: Coxarthrose, Z. n. Cholezystektomie
¾rztliche Anordnungen ä
Die Entscheidung über ärztliche Anordnungen erfolgt aufgrund der Problemund Diagnosenliste (s. o.): ± Mobilisation: absolute Bettruhe erforderlich? ± Nahrungsaufnahme, Trinkmenge: · absolute Nahrungskarenz bei unklaren abdominellen Beschwerden mindestens bis zum Abschluû der Primärdiagnostik · Diät (mit Mengenangaben): z. B. ballaststoff-, kochsalz-, fett-, eiweiûarm/reich, Diabetes- oder Reduktionsdiät (BE oder kcal) · Trinkmengenbeschränkung: z. B. bei Herz- oder Niereninsuffizienz ± Parenterale Ernährung? (S. 88) ± Prophylaxen: Thrombose (S. 91), Dekubitus (S. 97) ± Medikamente: · welche bisherigen Medikamente sind noch notwendig? · welche neuen Medikamente sind aufgrund der Diagnosen notwendig? · Bedarfsmedikation bei Schmerzen (S. 104), Verwirrtheit (S. 643), Schlaflosigkeit (S. 101), Obstipation (S. 99) ± Sauerstoffgabe: ggf. Notwendigkeit durch BGA überprüfen ± Überwachung (mit Angaben der Zeitintervalle): Puls, Blutdruck, Körpertemperatur, Körpergewicht, Flüssigkeitsbilanz ± Diagnostikplan: ¹Routinelaborª, zusätzlich Laboruntersuchungen (z. B. TSH, Digitalisspiegel, HbA1), Röntgen-Thorax, EKG, Sonographie, Echo etc. ± Kontrollen (mit Angaben der Zeitintervalle): z. B. Laborwerte (z. B. Blutzucker, Herzenzyme, Elektrolyte), EKG ± Krankengymnastik: ggf. gleich anmelden ± Sozialdienst: bei sozialen Einweisungen und häuslich nicht ausreichend versorgten Patienten rechtzeitige Information ± Reanimation ja/nein: ggf. Eintrag in die Krankenakte. Checkliste Hahn ´ Seite 8
1.4 Stationäre Aufnahme vital gefährdeter Patienten Besonderheiten
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Bei vital gefährdeten Patienten steht zunächst die rasche Stabilisierung der Vitalfunktionen im Vordergrund. Nach Stabilisierung des Zustandes müssen die bereits erhobenen Befunde durch eine ausführliche Anamnese und körperliche Untersuchung ergänzt werden.
Vorgehen (Beispiel)
ä ä ä ä ä
ä ä
ä
Aufnahme des Patienten auf die Intensivstation, Monitor zur Überwachung von Puls und RR anschlieûen. Bei Dyspnoe Oberkörperhochlagerung, Sauerstoffgabe über Nasensonde. Kurzanamnese: aktuelle Beschwerden (seit wann?), wichtige Vorerkrankungen, Medikamente. I. v. Zugang, gleichzeitig Blutabnahme (¹Notfallprogrammª s. u.), muû ggf. auch für Blutgruppe und Kreuzprobe ausreichen. Labor-Notfallprogramm: mindestens BSG, Blutbild, Blutzucker, Lipase, CK, GOT, g GT, Kreatinin, Elektrolyte, Quick, PTT, Urinstatus, Blutgasanalyse. Körperliche Untersuchung (orientierend): ± Halsvenen gestaut?, Ödeme? ± Auskultation von Herz und Lunge ± Abdomenpalpation: Druckschmerz?, Abwehrspannung? ± neurologischer Status: Pupillenreaktion, Meningismus (S. 632), Beine und Arme bewegen lassen, Patellarsehnenreflex, Babinski-Reflex? ± rektale Untersuchung bei akuten gastrointestinalen Erkrankungen: Blut?, Teerstuhl? Akutmedikation: z. B. Nitrospray bei Stenokardien, Diuretika beim Lungenödem, Bronchospasmolytika beim Asthmaanfall, Infusionen bei Hypovolämie. Dringliche apparative Untersuchungen: z. B. EKG, Röntgen-Thorax im Liegen, Sonographie, bei V. a. obere gastrointestinale Blutung Endoskopieabteilung informieren. Verordnungsplan erstellen (z. B. Intensiv-Verordnungsbogen): ± spezielle Therapiemaûnahmen: z. B. Thrombolysetherapie ± allgemeine Therapiemaûnahmen: z. B. Thromboseprophylaxe, Stuhlregulierung, Sedativa, Analgetika, Streûulkusprophylaxe ± Überwachung: Puls, Blutdruck, Atmung, Körpertemperatur, Bilanz (evtl. mit Harnblasenkatheter), ZVD ± Kontrolluntersuchungen: z. B. Herzenzyme, BGA, Blutbild, EKG, RöntgenThorax ± weitere Diagnostik: z. B. Schädel-CT, Koronarangiographie.
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Allgemeines zur internistischen Stationsarbeit
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1.5 Visite
Allgemeines zur internistischen Stationsarbeit
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Patientenvisite ä
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Zeitpunkt: möglichst jeden Tag zur gleichen Zeit (macht den Tagesablauf für den Patienten und das Pflegepersonal kalkulierbar), nicht während der Mahlzeiten. Ablauf: ± Bereits vor dem Patientenzimmer sollte man sich anhand der Problemliste (S. 8) sowie der Kurve einen Überblick verschaffen und das Pflegepersonal nach aktuellen Problemen fragen ± Patientenbegrüûung mit Namen. Der Handschlag erfordert zwar eine häufigere Händedesinfektion, schafft aber Vertrauen und erhöht damit den Informationsgewinn. Das gleiche gilt für das Sitzen des Arztes am Bettrand, da man dabei mit dem Patienten nicht ¹von oben herabª spricht ± Befragen des Patienten nach dem aktuellen Befinden ± Weiterer Verlauf abhängig von den aktuellen Problemen sowie den diagnostischen und therapeutischen Maûnahmen: · Informationsaustausch mit dem Pflegepersonal über pflegerische und organisatorische Fragen und Probleme sowie alle Besonderheiten, die der Pflegekraft im Rahmen der Patientenbeobachtung aufgefallen sind · körperliche Untersuchung zur Verlaufskontrolle pathologischer Aufnahmebefunde sowie bei neu aufgetretenen Beschwerden · Aufklärung des Patienten über diagnostische und therapeutische Maûnahmen, Prognose der Erkrankung, Dauer des Krankenhausaufenthaltes ± Zum Schluû klären, ob der Patient noch irgendwelche Fragen hat. Die Erörterung aktueller psychosozialer Probleme sowie die Aufklärung über das Vorliegen und die Prognose einer malignen Erkrankung sollte unter vier Augen erfolgen und nicht während der Visite. Das gleiche gilt für zeitaufwendige Besprechungen, die für das Pflegepersonal nicht relevant sind. MERKE: für den Patienten ist die Visite ein zentrales und wichtiges Tagesereignis und keine Routine.
Kurvenvisite ä
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ä
Zeitpunkt: am Nachmittag, sobald die Ergebnisse der tagsüber durchgeführten Untersuchungen vorliegen. Ablauf, zu klärende Fragen: ± Sind alle angeordneten Untersuchungen durchgeführt worden? ± Information über Untersuchungsergebnisse. Welche Konsequenzen ergeben sich für die weitere Diagnostik und Therapie? ± Sind alle angeordneten therapeutischen Maûnahmen veranlaût worden? ± Überprüfung der Medikation (besonders: was kann abgesetzt werden?) ± Informationsaustausch mit dem Pflegepersonal (s. o.) ± Problemliste (S. 8) aktualisieren: was kann ¹abgehaktª werden, welches Problem muû vor der Entlassung noch gelöst werden? ± Krankheitsverläufe in der Akte dokumentieren (erleichtert später die Arztbrieferstellung).
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1.5 Visite Chef- und Oberarztvisite
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Vorbereitung: ± Kurvenvisite (s. o.) am vorherigen Tag, damit vergessene bzw. versäumte diagnostische und therapeutische Maûnahmen zum Zeitpunkt der Visite bereits veranlaût worden sind ± überprüfen, ob alle Untersuchungsbefunde und Röntgenbilder verfügbar sind ± Problemliste (S. 8) aktualisieren ± Fragen, die geklärt werden müssen, notieren. Ablauf: ± Informationen, die nicht für die Mitpatienten bestimmt sind, sollten bereits vor dem Patientenzimmer übermittelt werden ± Patientenvorstellung (so viel wie nötig ± so wenig wie möglich!!): · Name und Alter des Patienten · Aufnahmeanlaû · wichtigste Aufnahmebefunde · Hauptdiagnose bzw. Verdachtsdiagnose · wichtige anamnestische Daten: z. B. Risikofaktoren, Vor- und Begleiterkrankungen · wichtiges aus dem Verlauf (¹was hat sich bisher getan?ª) · geplante weitere Maûnahmen ± ausstehende Fragen stellen. In Abhängigkeit von Persönlichkeit, Selbstverständnis und Tagesform des Chefbzw. Oberarztes empfiehlt sich die Beachtung einiger wesentlicher Punkte: ± Informationslöcher nicht mit Konfabulationen stopfen ± sind einem Fehler unterlaufen, diese offen zugeben und nicht auf andere (z. B. Pflegepersonal) abwälzen ± medizinische Streitgespräche vor dem Patienten vermeiden ± im allgemeinen ist es ratsam, mit dem Wort ¹Entlassungª vorsichtig umzugehen ± eine intelligente Frage zum richtigen Zeitpunkt oder die Hervorhebung eines Problems, das nur vom Chef- bzw. Oberarzt geklärt werden kann, fördert deren Motivation und damit ein harmonisches Betriebsklima.
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Allgemeines zur internistischen Stationsarbeit
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1.6 Patientenentlassung
Allgemeines zur internistischen Stationsarbeit
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Vorbereitung ä ä ä
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Vor Entlassung überprüfen, ob alle Punkte der Problemliste (S. 8) geklärt sind. Rechtzeitige Information von Patient, Angehörigen, ggf. Alten- und Pflegeheim über den Entlassungstermin. Ist die häusliche Versorgung geklärt? Ggf. rechtzeitige Kontaktaufnahme mit ambulanten Sozialeinrichtungen (z. B. Sozialstation, Nachbarschaftshilfe, Fernküche). Sind Hilfsmittel (z. B. Krankenbett oder Toilettenstuhl) erforderlich, Verordnung derselben oder Benachrichtigung des Hausarztes. Ist eine korrekte Medikamenteneinnahme gewährleistet? Kann der Patient ¹kindersichereª Medikamentenverpackungen überhaupt öffnen? Ggf. Medikamenten-Dosette verordnen, Angehörige unterrichten oder ambulante Sozialeinrichtung informieren. Sind Patient oder Angehörige ausreichend über wichtige Verhaltensregeln informiert? Z. B. Diät, Flüssigkeitsrestriktion, tägliche Körpergewichtskontrollen. Hausarzt anrufen: Information über die wichtigsten Probleme, ggf. Veranlassung rechtzeitiger Hausbesuche. Da im allgemeinen vom Krankenhaus keine Kassenrezepte ausgestellt werden, sicherstellen, daû Patient oder Angehörige noch am Entlassungstag Hausarzt und Apotheke aufsuchen können. Ggf. wichtige Medikamente mit Verordnungsplan zur Überbrückung mitgeben. Kurzarztbrief an den Hausarzt mitgeben, Inhalt: ± wichtige Diagnosen und Untersuchungsergebnisse (vgl. Problem- und Diagnosenliste S. 8 und S. 13) ± Therapieempfehlung: z. B. Medikamente, Diät, Krankengymnastik ± ggf. Kontrolluntersuchungen oder Empfehlungen zur weiteren ambulanten Diagnostik.
Arztbrief
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Beachte: Der Arztbrief dient nicht nur der Information des weiterbehandelnden Kollegen, sondern auch der eigenen Abteilung bei einer späteren stationären Wiederaufnahme des Patienten. Zur Verbesserung der zeitlichen Effektivität sowohl beim Verfasser als auch beim Leser empfiehlt sich die Beachtung folgender Punkte: ± ausführliche Diagnosenliste (inkl. wichtiger Untersuchungsergebnisse und Risikofaktoren) auf der Basis der bei stationärer Aufnahme erstellten und im weiteren Verlauf aktualisierten Problemliste (S. 8) ± Empfehlungen zur weiteren Therapie bzw. sonstiges Procedere stehen zusammen mit der Diagnosenliste auf der ersten Arztbriefseite, damit die wichtigsten Informationen ¹auf einen Blickª gewonnen werden können ± Sinn der zusammenfassenden Beurteilung am Schluû des Briefes ist nicht die detaillierte Schilderung des stationären Aufenthaltes, sondern die Nachvollziehbarkeit diagnostischer und therapeutischer Entscheidungen. Wichtig: ¹in der Kürze liegt die Würzeª. Bei der inhaltlichen Gliederung dieses Abschnittes kann die Problemliste (S. 8) eine nützliche Vorlage sein. Beispiel für den Aufbau eines internistischen Arztbriefes: ± Anschrift, nachrichtlich auch andere behandelnde ¾rzte anschreiben, auf Wunsch auch den Patienten selbst. ± Patientenname: ¹Betr.: Vorname Nachname, geb. am ¼, Adresseª
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± Anrede: ªSehr geehrte Kollegen, wir berichten Ihnen über den o. g. Patienten, der sich vom . . . . . bis . . . . . in unserer stationären Behandlung befand.¹ ± Diagnosenliste (Tab. 5), geordnet nach der Bedeutung für den zurückliegenden Klinikaufenthalt auf der Basis der Problemliste (Tab. 4):
Tabelle 5
Beispiel einer Diagnosenliste im Arztbrief
1) Hyperthyreose ± unifokale Autonomie linker Schilddrüsenlappen ± Aufnahme wegen Gewichtsabnahme unklarer Genese ± bei Aufnahme absolute Arrhythmie bei Vorhofflimmern, Sinusrhythmus unter Euthyreose 2) Kolonpolyp ± Polypektomie eines groûen tubulovillösen Adenoms ± anamnestisch rezidivierende Blutauflagerungen im Stuhl 3) Diabetes mellitus Typ IIb (Erstdiagnose 1990) ± insulinpflichtig seit 1992, Hypertriglyzeridämie, Steatosis hepatis 4) Leichtgradige Mitralstenose (Erstdiagnose 1992) ± Klappenöffnungsfläche 2,5 cm2, hämodynamisch unbedeutend 5) Nebendiagnosen: Coxarthrose, Z. n. Cholezystektomie ± Therapie bei Entlassung: z. B. Thyreostatika, Insulin, Diabetesdiät (BE) ± Procedere: z. B. stationäre Wiederaufnahme zur Radiojodtherapie am . . . . . ± Weitere Empfehlungen: z. B. Kontrollen von Körpergewicht, Blutzucker, HbA1, FT4, EKG. Koloskopiekontrolle in 1 Jahr ± Anamnese: · Aufnahmeanlaû: z. B. ¹der Patient kam zur stationären Aufnahme wegen . . . . .ª · frühere Erkrankungen, vegetative-, Familien- und Sozialanamnese ± Körperlicher Untersuchungsbefund ± Laborbefunde: nur pathologische oder wichtige Werte bei Aufnahme und im Verlauf nennen. Übrige z. B. so: ¹im Normbereich befanden sich . . . . .ª ± Apparative Untersuchungen: z. B. EKG, Röntgen-Thorax, Sonographie bei Aufnahme und bei wesentlichen Veränderungen im Verlauf ± Zusammenfassung: z. B. ¹Frau X kam wegen unklarer Gewichtabnahme und rezidivierenden Blutauflagerungen im Stuhl zur stationären Aufnahme. Im EKG fiel zusätzlich eine bisher nicht bekannte Tachyarrhythmia absoluta bei Vorhofflimmern auf. Die im Rahmen differentialdiagnostischer Erwägungen durchgeführte Schilddrüsendiagnostik ergab eine Hyperthyreose bei unifokaler Autonomie im linken Schilddrüsenlappen, welche auch für die Arrhythmie verantwortlich war. Die bekannte Mitralstenose ist aufgrund des Echobefunds hämodynamisch unbedeutend, der Rhythmus normalisierte sich unter Euthyreose. Wir behandelten daher mit . . . . . und meldeten Frau X zur Radiojodtherapie an. Die wegen der Blutauflagerungen im Stuhl durchgeführte Koloskopie ergab . . . . Der Diabetes mellitus war unter Euthyreose, Diabetes-Diät und der bisherigen medikamentösen Therapie gut eingestellt . . . . .ª
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Allgemeines zur internistischen Stationsarbeit
1.6 Patientenentlassung
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1.7 Rezepte
Allgemeines zur internistischen Stationsarbeit
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Verschreibung von Arzneimitteln Tabelle 6
Bestandteile eines Rezeptes
Name, Anschrift und Berufsbezeichnung des Arztes Datum Bezeichnung ¹Rp.ª (üblich, aber nicht vorgeschrieben) Name des Arzneimittels: z. B. Digoxin
Arzneiform: Tabletten
Menge/Arzneiform: 0,2 mg
Stückzahl: 40 Stück
Anweisungen zur Einnahme für den Patienten: z. B. ¹S. täglich eine Tablette zum Frühstück einnehmenª Vor- und Zuname sowie Adresse des Patienten Eigenhändige Unterschrift des Verschreibenden ä ä
Privatrezepte müssen nicht vorgedruckt sein, jedoch mit einem dokumentenechten Schreibgerät ausgefüllt werden. Vorgedruckte Formulare sind nur bei Krankenkassen- (RVO-Kassen) und Betäubungsmittelrezepten vorgeschrieben.
Betäubungsmittelrezept (BtM-Rezept) ä
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Für den Patienten- oder Praxisbedarf werden Betäubungsmittelrezepte, für den Stationsbedarf Betäubungsmittelanforderungsscheine verwendet. Anforderung dieser Formblätter bei der Bundesopiumstelle, Genthiner Str. 38 in 10 785 Berlin, bei der Erstanforderung Kopie der Approbationsurkunde beilegen. Nachweis des Verbleibs von BtM wahlweise auf Karteikarten, BtM-Büchern oder Computererfassung mit Ausdruckmöglichkeit. BtM-rezeptpflichtige Medikamente sowie weitere Bestimmungen sind in den violetten Seiten am Ende der ¹Roten Listeª aufgelistet. Auf dem BtM-Rezept (Abb. 4) für einen Patienten sind anzugeben (Novellierung des BtM-Rechts seit 1. 2. 1998): ± Patientenangaben (Name, Vorname, Anschrift etc.) ± Ausstellungsdatum ± Arzneimittelbezeichnung, Arzneiform, Gewichtsmenge je abgeteilte Arzneiform (wenn nicht aus der Arzneimittelbezeichnung ersichtlich), Menge des Arzneimittels in Stückzahl, Gramm oder Milliliter ± Gebrauchsanweisung für den Patienten (bei gesonderter Gebrauchsanweisung Vermerk: ¹Gem. schriftl. Anw.ª) ± Name, Berufsbezeichnung, Anschrift, Telefonnummer des Verschreibenden ± Unterschrift (im Vertretungsfall handschriftlicher Vermerk ¹i. V.ª) Weitere ¾nderungen des BtM-Rechts seit 1. 2. 1998: ± eine Verschreibung von BtM-Präparaten ist im Notfall auch auf einem Normalrezept oder einem Stück Papier möglich. Die Verordnung ist dann mit dem Zusatz ¹Notfall-Verschreibungª zu kennzeichnen. Ein mit dem Buchstaben ¹Nª gekennzeichnetes BtM-Rezept muû nachgereicht werden ± die Verschreibung von Tageshöchstmengen entfällt, die Höchstmenge für die Verschreibung innerhalb von 30 Tagen bleibt bestehen ± erkennbare Fehler auf einem BtM-Rezept können künftig vom Apotheker korrigiert werden. Checkliste Hahn ´ Seite 14
1.7 Rezepte Bundesdruckerei 07.95
Geb.pfl. noctu
LKK
BKK
TEIL II für die Apotheke zur Verrechnung
Nachdruck verboten
IKK
VdAK
Knappschaft
AEV
UV*)
AOK Tübingen
BVG
Spr.St. Bedarf
6
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Zuzahlung
Name, Vorname des Patienten
Schneider, Elisabeth Christophstr. 52 72072 Tübingen
Apotheken-Nummer/IK
Gesamt-Brutto
geb. am Pharmazentral-Nr.
Faktor
Taxe
Kassen-Nr. Unfall
1234567 Vertragsarzt-Nr.
Arbeitsunfall*)
123456789 Rp.
aut idem
aut idem
Versicherten-Nr.
Status
123456789
1234 1
VK gültig bis
Datum
12/99
09.04.98 Arztstempel Unterschrift des Arztes
(Bitte Leerräume durchstreichen)
MST 100 Retard-Granulat 50 Btl. Gem. schriftl. Anw.
aut idem
Dr. med. Helmut Müller Facharzt für Innere Medizin Schloßallee 11 72072 Tübingen Tel.: 07071/3361234
*) Unfalltag/Unfallbetrieb
Feld nicht beschriften
Betäubungsmittelrezept
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Abb. 4
Bitte kräftig und deutlich schreben.
31.08.1962
Sonst.
Teil III (mittleres Blatt) für den Verschreibenden, Teile I und II zur Vorlage in der Apotheke bestimmt.
AOK Gebühr frei
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Allgemeines zur internistischen Stationsarbeit
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1.8 Tod des Patienten
Allgemeines zur internistischen Stationsarbeit
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¾rztliches Verhalten bei sterbenden Patienten ä
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Bei chronischen Erkrankungen im Endstadium sollten medizinische Maûnahmen auf das notwendige Minimum beschränkt bleiben. Behandlungsziel: Linderung des Leidens, Optimierung der Lebensqualität in der Zeit vor dem Tod. Unter Berücksichtigung der Wünsche des Patienten und bei vorhandener häuslicher Pflege ist eine Entlassung nach Hause anzustreben. Wenn keine Reanimationsmaûnahmen mehr erfolgen sollen, so sind Kollegen (v. a. Diensthabender) und Pflegepersonal rechtzeitig zu informieren, evtl. entsprechender Eintrag ins Krankenblatt. Die Aufklärung des Patienten richtet sich in dieser Situation nach seinen eigenen Wünschen. Alle Fragen sollten geduldig, einfühlsam und ehrlich beantwortet werden. Die Aussichtslosigkeit und die Möglichkeit des nahen Todes muû dem Patienten aber im allgemeinen nicht ¹aufgedrängtª werden. Noch mehr als in den anderen Phasen eines stationären Aufenthaltes benötigen Angehörige eines Sterbenden Zeit des behandelnden Arztes. Eine rechtzeitige Aufklärung über die Schwere des Krankheitsbildes erspart oft Unannehmlichkeiten nach einem ¹überraschendenª Tod des Patienten. Zu beachten ist, daû jede Information der Angehörigen bezüglich der ärztlichen Behandlung prinzipiell das Einverständnis des Patienten erfordert. Rechtzeitig sollte geklärt werden, ob der Patient seelsorgerischen Beistand wünscht oder noch ein Testament verfassen will. Nach dem Tod eines Patienten im Krankenhaus Hausarzt informieren.
Feststellung des Todes ä ä
Unsichere Todeszeichen: Bewuûtlosigkeit, Pulslosigkeit, Atemstillstand, weite reaktionslose Pupillen (= klinischer Tod). Erste sichere Todeszeichen: ± Totenflecken: durch Absinken des Blutes in die abhängigen Körperabschnitte verursachte rotviolette Flecken. Entstehen meist ± 1 Std. nach dem Tod ± Totenstarre: beginnt meist 4 ± 12 Std. nach dem Todeseintritt zunächst an der Unterkiefer-, Hals- und Nackenmuskulatur und schreitet dann in die Peripherie fort. Verschwindet nach 2 ± 6 Tagen in der gleichen Reihenfolge.
Todesbescheinigung und Leichenschauschein ä ä
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Die Leichenschau erfordert den Nachweis mindestens eines sicheren Todeszeichens (s. o.) und die Untersuchung der unbekleideten Leiche. Ist die unmittelbare Todesursache nicht vollständig klar, so sollte die vermutete wahrscheinliche Todesursache und der mögliche pathophysiologische Zusammenhang zur Grunderkrankung genannt werden. Z. B. Todesursache: protrahierter septischer Schock ± Folge von: Cholangitis - ursächliche Grunderkrankung: inoperables Pankreaskopfkarzinom. Bei völlig unklarer und bei unnatürlicher Todesursache (auch nach Verletzungen ohne ersichtliche Fremdeinwirkung), insbesondere bei unbekannten Patienten, muû der Staatsanwalt informiert werden. Bei ¾rzten im Praktikum sollte die Leichenschau unter Aufsicht eines voll approbierten Arztes erfolgen und die Todesbescheinigung sowie der Leichenschauschein gegengezeichnet werden.
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2.1 Materialentnahme für mikrobiologische Untersuchungen Blutkulturen
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Beachte: Entnahme möglichst im frühen Stadium des Fieberanstiegs vor Antibiotikatherapie. Mehrmalige Entnahmen erhöhen die diagnostische Sicherheit. Pro Blutentnahme mindestens 2 Blutkulturflaschen (aerob/anaerob) beimpfen. Die Temperatur der Flaschen sollte zwischen 20° und 36°C liegen. Bei V. a. Endokarditis, Meningitis oder Pneumonie ist eine Warmhaltung (~ 36°, ggf. spezielle Boxen) bis zur mikrobiologischen Aufbereitung ratsam. Durchführung (siehe auch S. 64): ± Materialien: 2 mit Patientennamen beschriftete Blutkulturflaschen, Hautdesinfektionsmittel, sterile Tupfer, 20-ml-Einmalspritze, 2 (gelbe) Kanülen ± Punktionsstelle mit Desinfektionsmittel und sterilem Tupfer vorreinigen, Desinfektionsmittel erneut auftragen, mindestens 30 Sek., besser 2 Min. einwirken lassen, danach Haut mit sterilem Tupfer abwischen ± Abnahme von ca. 15 ± 20 ml Blut ± frische Kanüle aufsetzen und jeweils die Hälfte Menge Blut in die Blutkulturflaschen injizieren, dabei die Flaschen mit dem Stopfen nach unten halten ± Belüften der aeroben Blutkulturflasche. Laboranforderung: z. B. Erreger + Resistenz, wichtige klinische Daten und ggf. vorausgegangene Antibiotikatherapie angeben. Bei V. a. Venenkathetersepsis zusätzlich Katheterspitze (mit steriler Schere abschneiden) in sterilem Gefäû einsenden.
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Laboruntersuchungen
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Beachte: Um ausreichend hohe Keimzahlen zu erreichen, Urinentnahme frühestens 3 Stunden nach der letzten Miktion (z. B. erster Morgenurin) und vor Beginn der Antibiotikatherapie. Entnahmemethoden: ± Mittelstrahlurin: Genitale mit milder Seifenlösung waschen und mit sauberer Kompresse oder Einmalhandtuch abtrocknen. Die erste Urinportion ablaufen lassen, dann, ohne den Harnstrahl zu unterbrechen, mindestens 10 ml in einem sterilem Gefäû auffangen ± Katheterurin: Durchführung, wenn Mittelstrahlurin nicht fachgerecht gewonnen werden kann. Genitale reinigen (s. o.), Urinentnahme (mindestens 10 ml) mit dem Einmalkatheter. Bei Dauerkatheterträgern Urin nicht aus dem Beutel, sondern aus dem (zuvor desinfizierten) Katheter entnehmen ± Blasenpunktionsurin: höchste diagnostische Aussagekraft, da kontaminationsfrei gewinnbar. Durchführung (S. 83) bei fraglichen Befunden oder absehbarer Kontamination (z. B. Phimose) unter den o. g. Methoden. Versand in vorgefertigten Agarträgern (z. B. Uricult). Ausnahmen: Blasenpunktionsurin und Urin zur Tbc-Diagnostik: nativ in sterilem Gefäû versenden. Laboranforderung: s. o. Bewertung: ± Mittelstrahl- und Katheterurin: da Erreger und Kontaminanten aufgrund des ähnlichen Spektrums häufig nicht anhand der Keimart unterschieden werden können, kommt der Keimzahl Bedeutung zu: signifikante Bakteriurie: > 105/ml, Grenzbereich: 104 ± 105/ml, wahrscheinlich kontaminiert: < 104/ml ± Blasenpunktionsurin: bei fachgerechter Durchführung sind nachgewiesene Keime stets als Erreger anzusehen.
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Urin
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2.1 Materialentnahme für mikrobiologische Untersuchungen
Laboruntersuchungen
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Stuhl
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Beachte: Mehrmalige Stuhlentnahmen z. B. an 3 verschiedenen Tagen erhöhen die Nachweisquote. Durchführung: ± Stuhl am besten in eine saubere Bettpfanne absetzen. Mit dem Löffelchen des Probengefäûes möglichst die schleimigen, eitrigen oder blutigen Bestandteile aufnehmen, ansonsten Material von der Stuhloberfläche. Bei flüssigen Stühlen 3 ± 5 ml entnehmen ± Rektalabstrich: wenn kein Stuhl gewonnen werden kann, Stieltupfer bis hinter den Analschlieûmuskel einführen und dort mehrmals drehen, dann sofort in Transportmedium einbringen ± Rascher Transport der Probe ins Labor. Laboranforderung: z. B. TPER (Salmonellen, Shigellen, Yersinien) und Campylobacter. Ansonsten je nach Verdacht gezielte Anforderung. Wichtige klinische Daten (z. B. Auslandsreise) angeben. Zusätzliche Diagnostik: z. B. Blutkulturen, Serum-Antikörper in Abhängigkeit von der Verdachtsdiagnose (s. d.).
Sputum, Tracheal- und Bronchialsekret
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Beachte: Tracheal- und Bronchialsekret ist physiologischerweise weitgehend steril. Je weniger das zu untersuchende Material mit der Flora des Mund-Nasen-Rachenraumes kontaminiert ist, desto höher ist die Spezifität, weshalb die Bewertung von Keimen im Sputum sehr kritisch vorzunehmen ist. Entnahmemethoden: ± Sputum: morgens Zähne putzen, Mund mit frischem Wasser ausspülen und dann in ein weitlumiges steriles Gefäû abhusten (keine ¹Spuckeª). Bei ungenügender Expektoration vorher hypertone NaCl-Lösung inhalieren ± Tracheal- und Bronchialsekret: · beim intubierten oder tracheotomierten Patienten sterilen Absaugkatheter einführen und Sekret aspirieren · am besten gezielte bronchoskopische Entnahme, ggf. Spülung mit Ringer-Laktat-Lösung im Rahmen einer bronchoalveolären Lavage. Versand in sterilem Gefäû, bei geringer Materialmenge in Transportmedium. Laboranforderung: z. B. Erreger und Resistenz, je nach Verdachtsdiagnose ggf. gezielte Anforderung, wichtige klinische Daten angeben. Bei V. a. Tbc (S. 322) Sputum an 3 aufeinanderfolgenden Tagen abnehmen und nativ einsenden, Laboranforderung: z. B. Tbc: Mikroskopie, Kultur, Resistenz. Zusätzliche Diagnostik: z. B. Blutkulturen, Serum-Antikörper in Abhängigkeit von der Verdachtsdiagnose (s. d.).
Magensaft
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Beachte: Abnahme an 3 aufeinanderfolgenden Tagen im Rahmen der Tbc-Diagnostik. Durchführung: nüchterner Patient, Magensonde legen (S. 81), Sekret mit Spritze aspirieren, bei ungenügendem Material vorher mit NaCl 0,9 % spülen. Versand in speziellen Phosphatpuffer-Röhrchen. Laboranforderung: z. B. Tbc: Mikroskopie, Kultur, Resistenz.
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2.1 Materialentnahme für mikrobiologische Untersuchungen Abstriche
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Beachte: Mit Sekret benetzte Abstrichtupfer unverzüglich in Transportmedium einbringen (Schutz vor Austrocknung). Entnahme: ± Tonsillenabstrich: Zunge mit Mundspatel herunterdrücken und mit dem Abstrichtupfer Material von entzündeten oder eitrigen Bereichen entnehmen. Kontamination mit anderen Schleimhautbezirken oder Speichel vermeiden ± Wundabstrich: mit dem Abstrichtupfer Sekret vom Wundgrund und den Randbezirken entnehmen ± Urethralabstrich: Abnahme morgens vor der ersten Miktion. Keine Desinfektion der Urethralöffnung. Harnröhre manuell von proximal nach distal ausstreichen (bei Frauen von vaginal) und austretendes Sekret mit dem Abstrichtupfer aufnehmen. Wenn kein Sekret erscheint, Tupfer ca. 2 cm in die Urethra vorschieben und drehen. Bei Gonorrhoe- und Trichomonadendiagnostik zusätzlich 2 luftgetrocknete Objektträgerausstriche anfertigen. Laboranforderung: z. B. Erreger und Resistenz, je nach Verdachtsdiagnose ggf. gezielte Anforderung. Wichtige klinische Daten angeben.
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Laboruntersuchungen
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Punktate
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Materialgewinnung durch perkutane Punktion: z. B. Pleura- (S. 71) oder Aszitespunktion (S. 74). Etwa 5 ± 10 ml Punktat in eine Blutkulturflasche (S. 17) injizieren (nicht belüften) und weitere 5 ± 10 ml in ein steriles Gefäû füllen. Zur Tbc-Diagnostik nur natives Material ohne Zusätze verwenden. Laboranforderung: z. B. Erreger und Resistenz bzw. Tbc: Mikroskopie, Kultur, Resistenz.
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2.2 Gastroenterologische Funktionsuntersuchungen
Laboruntersuchungen
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Laktosetoleranztest ä ä
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Indikation: V. a. Laktoseintoleranz. Prinzip: normalerweise wird oral gegebene Laktose durch die membranständige Laktase in Glukose und Galaktose gespalten, wonach die Glukoseresorption gemessen wird. Durchführung: Gabe von 50 g Laktose in 400 ml Wasser gelöst morgens nüchtern p. o., Blutzucker-Bestimmung nach 30, 60, 90 und 120 Minuten. Auswertung: pathologisch, wenn Blutzuckeranstieg < 20 mg/dl.
D-Xylose-Test ä ä
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Indikation: V. a. Resorptionsstörung im Duodenum und oberen Jejunum. Prinzip: normalerweise wird oral gegebene Xylose resorbiert und über den Urin ausgeschieden, da im Organismus kaum eine Verstoffwechselung stattfindet. Durchführung: Urinentleerung, Gabe von 25 g Xylose in 400 ml Wasser gelöst morgens nüchtern p. o., Bestimmung der Serum-Xylose nach 1 und 2 h und der Urin-Xylose im nach 5 h entleerten Urin. Auswertung: pathologisch, wenn Serum-Xylose < 20 bzw. 25 mg/dl und UrinXylose < 4 g (bei normaler Nierenfunktion).
H2-Atemtest ä
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Indikation: Diagnostik intestinaler Funktionsstörungen. Vorteil: keine Belastung des Patienten, höhere Sensitivität als z. B. Laktose-Toleranz- oder D-Xylosetest. Nachteil: hoher apparativer Aufwand. Prinzip: nicht resorbierte Zucker werden bakteriell verstoffwechselt, wobei H2 entsteht und über die Lungen abgeatmet wird. Messung der H2-Exhalation unter Verwendung elektrochemischer Detektionssysteme. Methoden, z. B.: ± H2-Atemtest mit Glukose: deckt eine bakterielle Fehlbesiedelung im Dünndarm auf, da die pathologische Flora bereits frühzeitig (vor Resorption) die Glukose im Dünndarm verstoffwechselt ± H2-Atemtest mit Laktose (und Xylose): sensitiver Test zum Nachweis einer Laktoseintoleranz oder einer Malabsorption. Nicht resorbierte Laktose (und Xylose) wird von der natürlichen Flora im Kolon verstoffwechselt.
Pankreolauryltest ä ä
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Indikation: V. a. exokrine Pankreasinsuffizienz. Prinzip: oral gegebenes Fluoreszein-Dilaurat mit Testmahlzeit wird normalerweise durch Pankreasesterasen gespalten, resorbiert und renal ausgeschieden. Bei exokriner Pankreasinsuffizienz ist die Fluoreszein-Urinkonzentration vermindert. Durchführung: ± 1. Tag: · 6.30 Uhr: 0,5 l Tee ohne Zutaten trinken, nach 30 Min. Blase entleeren (noch nicht sammeln) · 7.00 Uhr: Frühstück mit 1 Brötchen, 20 g Butter und 1 Tasse Tee; hierzu 0,5 mmol Fluoreszein-Dilaurat (= 2 blaue Kps. Pancreolauryl-Test N) unzerkaut einnehmen. Ab jetzt Urin sammeln (bis 17.00 Uhr) Checkliste Hahn ´ Seite 20
2.2 Gastroenterologische Funktionsuntersuchungen ·
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10.00 Uhr: 1 l Tee trinken, im weiteren Verlauf uneingeschränkte Nahrungsaufnahme (keine Enzym- oder Vitaminpräparate einnehmen) · 17.00 Uhr: Blase ein letztes Mal entleeren ± 3. (übernächster) Tag: · identischer Versuch mit 0,5 mmol freiem Fluoreszein (= 2 rote Kps.). Auswertung: Messung der Fluoreszein-Urinkonzentration am Testtag (T = 1. Tag) und am Kontrolltag (K = 3. Tag). Bestimmung des T/K-Quotienten. Unauffällig: T/K > 30 %, grenzwertig: T/K = 20 ± 30 %, pathologisch T/K < 20 %.
Schillingtest ä
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Indikation: Nachweis einer Resorptionsstörung im Ileum. Bei Vitamin B12Mangel Differenzierung zwischen intrinsic-factor-Mangel und Malabsorption im Ileum. Prinzip: normalerweise wird radioaktiv markiertes Vitamin B12 bei Anwesenheit des intrinsic-factor im Ileum resorbiert und mit dem Urin ausgeschieden. Bei intrinsic-factor-Mangel oder bei Malabsorption im Ileum ist die Vitamin B12-Ausscheidung im Urin vermindert. Durchführung: Nach oraler Gabe von radioaktiv markiertem Vitamin B12 wird dessen Ausscheidung im Urin gemessen. Nach ca. 1 Woche Wiederholung des Tests mit zusätzlicher Gabe von intrinsic-factor. Auswertung: ± Erniedrigte Vitamin B12-Ausscheidung ohne und mit intrinsic-factor: Malabsorption ± Erniedrigte Vitamin B12-Ausscheidung ohne intrinsic-factor, normale Werte nach Gabe von intrinsic-factor: intrinsic-factor-Mangel bei perniziöser Anämie.
14C-Glykocholat-Atemtest
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und 75SeHCAT-Test
Indikation: Diagnostik bei Maldigestion, Nachweis eines fehlenden enterohepatischen Kreislaufs bzw. eines Gallensäureverlustsyndroms. 14 C-Glykocholat-Atemtest: orale Gabe von radioaktiv markierter Gallensäure (14C-Glykocholat). Bei mangelhafter Resoption im terminalen Ileum wird 14CGlykocholat im Kolon bakteriell dekonjugiert, wobei 14CO2 entsteht und über die Lunge abgeatmet wird. Pathologisch: erhöhte Aktivität in der Atemluft. 75 SeHCAT-Test: orale Gabe von radioaktiv markierter Gallensäure (75Se-Homotaurocholsäure), Messung der Ganzkörperaktivität. Pathologisch: fehlende oder nur unwesentliche Aktivitätssteigerung infolge enteraler Ausscheidung nicht resorbierter Gallensäure.
13C-Atemtest
und Helicobacter-pylori-Diagnostik: S. 338
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Laboruntersuchungen
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2.2 Gastroenterologische Funktionsuntersuchungen ·
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10.00 Uhr: 1 l Tee trinken, im weiteren Verlauf uneingeschränkte Nahrungsaufnahme (keine Enzym- oder Vitaminpräparate einnehmen) · 17.00 Uhr: Blase ein letztes Mal entleeren ± 3. (übernächster) Tag: · identischer Versuch mit 0,5 mmol freiem Fluoreszein (= 2 rote Kps.). Auswertung: Messung der Fluoreszein-Urinkonzentration am Testtag (T = 1. Tag) und am Kontrolltag (K = 3. Tag). Bestimmung des T/K-Quotienten. Unauffällig: T/K > 30 %, grenzwertig: T/K = 20 ± 30 %, pathologisch T/K < 20 %.
Schillingtest ä
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Indikation: Nachweis einer Resorptionsstörung im Ileum. Bei Vitamin B12Mangel Differenzierung zwischen intrinsic-factor-Mangel und Malabsorption im Ileum. Prinzip: normalerweise wird radioaktiv markiertes Vitamin B12 bei Anwesenheit des intrinsic-factor im Ileum resorbiert und mit dem Urin ausgeschieden. Bei intrinsic-factor-Mangel oder bei Malabsorption im Ileum ist die Vitamin B12-Ausscheidung im Urin vermindert. Durchführung: Nach oraler Gabe von radioaktiv markiertem Vitamin B12 wird dessen Ausscheidung im Urin gemessen. Nach ca. 1 Woche Wiederholung des Tests mit zusätzlicher Gabe von intrinsic-factor. Auswertung: ± Erniedrigte Vitamin B12-Ausscheidung ohne und mit intrinsic-factor: Malabsorption ± Erniedrigte Vitamin B12-Ausscheidung ohne intrinsic-factor, normale Werte nach Gabe von intrinsic-factor: intrinsic-factor-Mangel bei perniziöser Anämie.
14C-Glykocholat-Atemtest
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und 75SeHCAT-Test
Indikation: Diagnostik bei Maldigestion, Nachweis eines fehlenden enterohepatischen Kreislaufs bzw. eines Gallensäureverlustsyndroms. 14 C-Glykocholat-Atemtest: orale Gabe von radioaktiv markierter Gallensäure (14C-Glykocholat). Bei mangelhafter Resoption im terminalen Ileum wird 14CGlykocholat im Kolon bakteriell dekonjugiert, wobei 14CO2 entsteht und über die Lunge abgeatmet wird. Pathologisch: erhöhte Aktivität in der Atemluft. 75 SeHCAT-Test: orale Gabe von radioaktiv markierter Gallensäure (75Se-Homotaurocholsäure), Messung der Ganzkörperaktivität. Pathologisch: fehlende oder nur unwesentliche Aktivitätssteigerung infolge enteraler Ausscheidung nicht resorbierter Gallensäure.
13C-Atemtest
und Helicobacter-pylori-Diagnostik: S. 338
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Laboruntersuchungen
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3.1 Blutdruckmessung
Nichtinvasive Diagnostik
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Blutdruckmessung nach Riva-Rocci (RR) ä ä
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Utensilien: Blutdruckmeûgerät mit Manometer und passend breiter Manschette (Verhältnis Manschettenbreite : Oberarmumfang = 0,4 : 1), Stethoskop. Durchführung: ± Manschette eng anlegen, Ventilschraube schlieûen ± Aufpumpen über vermuteten systolischen Druck ± Stethoskop in der Ellenbeuge (über A. brachialis) aufsetzen ± durch Öffnen der Ventilschraube Manschettendruck langsam lockern (ca. 5 mmHg/s) ± systolischer Blutdruck: Druck beim ersten hörbaren Herzton (ggf. auch durch Palpation der A. radialis meûbar) ± diastolischer Blutdruck: letzter hörbarer Herzton oder deutliches Leiserwerden der Herztöne. Beachte: ± erste Blutdruckmessung im Seitenvergleich sowie im Liegen und Stehen ± bei zu geringer Manschettenbreite (s. o.) sind die gemessenen Werte zu hoch und umgekehrt. Ursachen von Blutdruckdifferenzen zwischen dem rechten und linken Arm > 25 mmHg: Meûfehler, Weichteilunterschiede, Herzrhythmusstörungen, Aortenisthmusstenose, Aortenbogensyndrom, AVK, Subclavian-steal-Syndrom, Aneurysmen, Panarteriitis nodosa, Mediastinalerkrankungen, retrosternale Struma, Lungentumoren, Hemiplegie und seltene andere.
Langzeitblutdruckmessung ä
&3&
ä
Indikationen: ± V. a. ¹Praxishochdruckª (¹white coat hypertensionª) ± Diskrepanz zwischen der Höhe des Gelegenheitsblutdrucks und dem Ausmaû von Organschäden ± V. a. aufgehobenen Tag-Nacht-Rhythmus z. B. bei sekundärer oder maligner Hypertonie ± V. a. krisenhafte Blutdruckanstiege bei normalen Gelegenheitswerten ± Kontrolle der antihypertensiven Therapie. Normwerte: ± 24-h-Mittelwert: obere Normgrenze 130/85 ± Tagesmittelwert: obere Normgrenze 135/85 mmHg (äquivalenter Gelegenheitsblutdruck: 140/90 mmHg) ± maximal 20 % der Werte > 140/90 mmHg ± nächtlicher Blutdruck-Abfall mindestens 10 % systolisch und diastolisch.
Checkliste Hahn ´ Seite 22
3.2 EKG Durchführung ä
Standardableitungen (Routineprogramm): ± Extremitätenableitungen (Frontalebene): I, II, III, aVR, aVL, aVF (Abb. 7), bei der EKG-Ableitung befindet sich (an Ampel und Uhrzeigersinn denken) · das rote Kabel am rechten Arm · das gelbe Kabel am linken Arm · das grüne Kabel am linken Bein · das schwarze Kabel am rechten Bein ± Brustwandableitungen (Horizontalebene): V1 ± V6 (Ableitungspunkte: Abb. 5)
Medioklavikularlinie vordere Axillarlinie
23
YB
Nichtinvasive Diagnostik
CM
I II III IV V
ä
ä
2 3
4
5
6
Ableitungspunkte der Brustwandelektroden: V1: IV. ICR am rechten Sternalrand, V2: IV. ICR am linken Sternalrand, V3: 5. Rippe zwischen V2 und V4, V4: V. ICR linke Medioklavikularlinie, V5: V. ICR vordere linke Axillarlinie, V6: V. ICR mittlere linke Axillarlinie.
Wichtige Zusatzableitungen: ± Brustwandableitungen V7 ± V9 links ± Brustwandableitungen Vr3 ± Vr6 rechts ± Ableitung nach Nehb D (dorsal), A (anterior), I (inferior). Zuordnung der EKG-Ableitungspunkte zur Herzwandlokalisation: ± Herzvorderwand (anterior): I, aVL, V1 ± V6 · Region oberhalb der Spitze und Ventrikelseptum (supraapikal, anteroseptal): V1 ± V3 · Herzspitze (apikal): I, aVL, V3, V4 · Herzseitenwand (lateral): I, aVL, V5, V6 ± Herzunterwand (inferior, diaphragmal): II, III, aVF ± Herzhinterwand (posterior): V7 ± V9, spiegelbildliche Veränderungen in V1 ± V3 ± Rechter Ventrikel: Vr3 ± Vr6.
Beurteilung Beachte: Beurteilung der einzelnen Kriterien immer in der gleichen (z. B. der folgenden) Reihenfolge: Checkliste Hahn ´ Seite 23
&3&
Abb. 5
1
24
3.2 EKG
Nichtinvasive Diagnostik
CM
ä
YB
Lagetyp der elektrischen Herzachse (Abb. 6):
Extremitäten- überdrehter Rechtstyp Steiltyp ableitung Rechtstyp
Indifferenztyp
Linkstyp überdrehter Linkstyp
I
II
III
aVR
aVL
aVF Lage der Herzachse
Abb. 6
jenseits von + 120 °
+ 90 ° bis + 120 °
+ 60 ° bis + 30 ° bis – 30 ° bis + 90 ° + 60 ° + 30 °
wichtige Lagetypen im EKG
– 120 °
– 90 °
– 60 °
aVR – 150 °
&3&
aVL
0° I
+ 150 ° überdrehter Rechtstyp
überdrehter Linkstyp
– 30 °
+/– 180 °
Linkstyp
+ 30 °
+ 120 ° III Rechtstyp
Abb. 7
jenseits von – 30 °
+ 90 ° aVF
+ 60 ° II
Indifferenztyp
Steiltyp
Lagetypen und EKG-Ableitungen der Frontalebene im Cabrera-Kreis Checkliste Hahn ´ Seite 24
3.2 EKG
ä
± Linkstyp: physiologisch bei Erwachsenen > 50 Jahren und bei Adipösen, pathologisch bei verstärkter Linksherzbelastung (z. B. arterielle Hypertonie, Aortenklappenfehler, Mitralklappeninsuffizienz) ± Mittellagetyp = Indifferenztyp: physiologisch ± Steiltyp: physiologisch bei Jugendlichen und Asthenikern. Bei älteren oder adipösen Patienten evtl. Hinweis auf eine verstärkte Rechtsherzbelastung ± Rechtstyp: physiologisch bei Kleinkindern und asthenischen Jugendlichen, pathologisch bei verstärkter Rechtsherzbelastung (z. B. akutes oder chronisches Cor pulmonale, sekundär z. B. bei Mitralstenose) ± überdrehter Rechtstyp: immer pathologisch, meist angeborene Herzfehler oder linksposteriorer Hemiblock ± überdrehter Linkstyp: meist linksanteriorer Hemiblock ± Sagittaltyp: häufig bei erhöhter Rechtsherzbelastung (z. B. Lungenembolie): · SIQIII-Typ: S-Zacke am Ende des QRS-Komplexes in Ableitung I entspricht in ihrer Gröûe in etwa der Q-Zacke in Ableitung III · SISIISIII-Typ: S-Zacken am Ende des QRS-Komplexes in den Ableitungen I, II und III. Niedervoltage: Kammerkomplex < 0,6 mV (< 6 mm), z. B. bei Perikarderguû, Lungenemphysem, Adipositas ± periphere Niedervoltage: Extremitätenableitungen betroffen ± totale Niedervoltage: Extremitäten- und Brustwandableitungen betroffen.
Tabelle 7 quenz)
25
YB
Nichtinvasive Diagnostik
CM
Herzrhythmus im EKG (orientierende Beurteilung bei Normofre-
regelmäûiger Grundrhythmus
unregelmäûiger Grundrhythmus
schmale QRS-Komplexe normales P: Sinusrhythmus negatives P, PQ kürzer: ektoper Vorhofrhythmus, oberer AV-KnotenRhythmus
deformiertes P: supraventrikuläre Extrasystolie Flimmerwellen: absolute Arrhythmie bei Vorhofflimmern
negatives P hinter dem QRS-Komplex: unterer AV-Knoten-Rhythmus
Flatterwellen: Vorhofflattern mit wechselnder Überleitung
fehlendes P: mittlerer AV-KnotenRhythmus, Vorhofflimmern/-flattern mit regelmäûiger Überleitung (Flimmer/-flatterwellen)
PQ-Dauer periodisch zunehmend: AVBlock II° Typ Wenckebach P-Morphologie und PQ-Dauer wechselnd: wandernder Schrittmacher (bei Sick-Sinus-Syndrom oder vegetativer Labilität)
verbreiterte QRS-Komplexe P wie oben: o. g. Rhythmusstörungen P wie oben: o. g. Rhythmusstörungen bei bei Schenkelblock Schenkelblock
wechselnde QRS-Komplexe P wie oben: o. g. Rhythmusstörung bei deformiertes P: supraventrikuläre Extraintermittierendem Schenkelblock systolie mit Schenkelblock fehlendes P: ventrikuläre Extrasystolie
Checkliste Hahn ´ Seite 25
&3&
PQ verkürzt, Deltawelle: WPW-Syndrom
26
3.2 EKG
Nichtinvasive Diagnostik
CM
ä
ä
ä
YB
Rhythmus (Tab. 7, Herzrhythmusstörungen S. 263ff): ± Grundrhythmus regelmäûig oder arrhythmisch ± nomotope (= Sinusknoten) oder heterotope Erregungsbildung Frequenz: ± Bradykardie: Frequenz < 60/min ± Tachykardie: Frequenz > 100/min. Zeitwerte (Abb. 8): ± P-Welle: Beginn bis Ende der P-Welle, Norm: bis 0,1 Sek. (s. u.) ± PQ-Dauer: Beginn der P-Welle bis zu Beginn des QRS-Komplexes, Norm: 0,12 ± 0,2 Sek. · verkürzt: Tachykardie, WPW-Syndrom, LGL-Syndrom · verlängert: AV-Block (S. 271) · periodisch zunehmend, dann Überleitungsausfall: AV-Block II° Typ Wenckebach ± QRS-Dauer: Beginn der Q- oder R-Zacke (wenn keine Q-Zacke vorhanden ist) bis zum Ende der S-Zacke oder R-Zacke (wenn keine S-Zacke mehr folgt), Norm: 0,06 ± 0,1 Sek. · QRS-Dauer 0,1 ± 0,11 Sek.: inkompletter Schenkelblock · QRS-Dauer ³ 0,12 Sek.: kompletter Schenkelblock (s. u.) ± QT-Dauer (Tab. 8): Beginn der Q-Zacke bis zum Ende der T-Welle · verkürzt: Hyperkalzämie, Digitalis · verlängert: Antiarrhythmika, angeborenes QT-Syndrom.
Tabelle 8 quenz
Obere Normwerte der QT-Dauer in Abhängigkeit von der HerzfreQT-Dauer
Herzfrequenz/min
QT-Dauer
0,48 0,40 0,38 0,36 0,34
90 100 110 120 130
0,32 0,30 0,29 0,28 0,26
&3&
Herzfrequenz/min 40 50 60 70 80
Checkliste Hahn ´ Seite 26
3.2 EKG P-Welle
PQ-
QRS-
ST-
(< 0,1 Sek. Strecke Komplex Strecke < 0,25 mV)
T-Welle
U-Welle
QRS-Dauer (0,06 – 0,1 Sek.)
QT-Dauer
PQ-Dauer (0,12 – 0,2 Sek.)
R
27
YB
Nichtinvasive Diagnostik
CM
Q S
ä
ä
Normales EKG
Hypertrophiezeichen (S. 245) ± Sokolow-Lyon-Index für rechtsventrikuläre Hypertrophie: R in V1 + S in V5 > 1,05 mV ± Sokolow-Lyon-Index für linksventrikuläre Hypertrophie: S in V1 + R in V5 > 3,5 mV Erregungsausbreitung: ± Formveränderungen der P-Wellen. · P-pulmonale (dextroatriale): überhöhte (> 0,25 mV in Ableitung II), nicht verbreiterte, spitze P-Welle bei Belastung des rechten Vorhofs (z. B. Cor pulmonale) · P-mitrale (sinistroatriale): doppelgipflig verbreiterte P-Welle (> 0,1 Sek.) bei Belastung des linken Vorhofs (z. B. Mitralklappenstenose) · P-kardiale (biatriale): verbreiterte (> 0,1 Sek.) und überhöhte (> 0,25 mV) doppelgipflige P-Welle bei Belastung beider Vorhöfe ± Formveränderungen der QRS-Komplexe (Abb. 9, komplett ± inkomplett s. o.): · Rechtsschenkelblock: R in V1 M-förmig aufgesplittert, S in I, aVL, V5 und V6 breit und plump (Vorkommen z. B. bei chronischem Cor pulmonale, Lungenembolie, Vorhofseptumdefekt, KHK, als inkompletter Block auch bei Gesunden) · Linksschenkelblock: in I, aVL, V5 und V6 aufgesplittertes R, ST-Senkung und negatives T; S in III, aVF, V1 ± 3 tief und breit (Vorkommern v. a. bei KHK) · bifaszikulärer Block: Rechtsschenkelblock + linksanteriorer Hemiblock (überdrehter Linkstyp, s. o.).
Checkliste Hahn ´ Seite 27
&3&
Abb. 8
YB
3.2 EKG
Nichtinvasive Diagnostik
28
CM
V1 V2 V3 V4 V5 V6 Rechtsschenkelblock
Abb. 9
Rechts- und Linksschenkelblock im EKG
± pathologische Q-Zacke: Breite > 0,03 Sek. und Tiefe > der nachfolgenden RZacke, z. B. Infarktnarben ± elektrischer Alterans: Amplitude der R-Zacke wechselt von einer Aktion zur anderen: z. B. Perikarditis, schwere Linksherzdekompensation. Erregungsrückbildung: ± ST-Strecken-Veränderungen (Abb. 10): · ST-Strecken-Hebung: z. B. Herzinfarkt (eher konvexbogig), Herzwandaneurysma, Perikarditis (eher konkavbogig), auch bei ausgeprägter Vagotonie (meist in V2 ± 4) · horizontale ST-Strecken-Senkung: z. B. Koronarinsuffizienz, Digitalis · deszendierende ST-Strecken-Senkung: z. B. Koronarinsuffizienz, Hypokaliämie, Digitalis · mulden-/bogenförmige ST-Strecken-Senkung: typisch für Digitalis · aszendierende ST-Strecken-Senkung: meist nicht pathologisch.
&3&
ä
Linksschenkelblock
Checkliste Hahn ´ Seite 28
3.2 EKG
konkavbogig konvexbogig ST-Streckenhebung
horizontal
muldenförmig
deszendierend
29
YB
Nichtinvasive Diagnostik
CM
aszendierend
ST-Streckensenkung
Abb. 10
ST-Streckenveränderungen
± T-Wellen-Formveränderungen (Abb. 11): · überhöhte T-Welle: z. B. bei asthenisch jungen Patienten, vegetativer Dystonie, Hyperkaliämie, ¹Erstickungs-Tª beim Herzinfarkt · abgeflachte T-Welle: z. B. Hypokaliämie, Koronarinsuffizienz, Digitalis · präterminal negative T-Welle (winkelhalbierender Pfeil in Abb. 11 zeigt zum QRS-Komplex hin): z. B. KHK, Linksherzhypertrophie, Hyperventilation, häufig auch bei gesunden Kindern und Jugendlichen (V1 ± 4) · terminal negative T-Welle (winkelhalbierender Pfeil in Abb. 11 zeigt weg vom QRS-Komplex): z. B. frische oder früher durchgemachte koronare Ischämie, Myokarditis oder Perikarditis.
überhöht abgeflacht
Abb. 11
terminal negativ
T-Wellen-Veränderungen (Erläuterungen siehe Text)
± U-Welle: gelegentliche Potentialschwankung nach der T-Welle, Ursachen: · hohe U-Wellen: Vagotonie, Bradykardie, nach körperlicher Anstrengung (Belastungs-EKG), Sportlerherz, Erkrankungen des ZNS, Hypokaliämie Checkliste Hahn ´ Seite 29
&3&
präterminal negativ
Nichtinvasive Diagnostik
30
CM
YB
3.2 EKG ·
negative oder biphasische U-Wellen, immer pathologisch: Rechts- oder Linksherzbelastung, Angina pectoris, Z. n. Herzinfarkt oder Lungenembolie.
EKG-Befundformulierung (Beispiele) ä
ä
Normalbefund: Indifferenztyp, normofrequenter regelmäûiger Sinusrhythmus mit einer Frequenz von 72/min, normale Zeitwerte, unauffällige Erregungsausbreitung und -rückbildung. Pathologischer Befund: Linkstyp, normofrequenter Sinusrhythmus mit einer Frequenz von 88/min, vereinzelte monoforme linksschenkelblockartige ventrikuläre Extrasystolen, AV-Block I.°, anteroseptale Infarktnarbe, ischämietypische Erregungsrückbildungsstörungen im Lateralbereich.
Belastungs-EKG ä
ä
ä
&3&
ä
Indikationen: ± V. a. koronare Herzkrankheit: rezidivierende Stenokardien, Risikofaktoren, verdächtige EKG-Veränderungen ± V. a. Belastungshypertonie ± Beurteilung von Herzrhythmusstörungen unter körperlicher Belastung ± Beurteilung der medikamentösen Therapie bei koronarer Herzkrankheit und arterieller Hypertonie ± Abklärung der Belastbarkeit nach Herzinfarkt, nach Herzoperationen und präoperativ. Übertragung ergometrischer Leistungen auf den Alltag: · 25 ± 50 Watt: normales Gehen · 75 ± 100 Watt: zügiges Gehen, Treppensteigen, langsames Radfahren und Schwimmen · 150 Watt: Jogging, schnelles Radfahren Kontraindikationen: ± instabile Angina pectoris, akuter Herzinfarkt ± Ruhe-Blutdruck > 220/110 mmHg ± manifeste kardiale Dekompensation ± Cor pulmonale mit Ruhedyspnoe ± maligne Herzrhythmusstörungen in Ruhe (z. B. Tachyarrhythmie, ventrikuläre Extrasystolie Lown IVb) ± akute Endokarditis, Myokarditis, Perikarditis ± hochgradige Aortenstenose (mittlerer Gradient > 50 mmHg, maximaler Gradient > 80 mmHg) oder hypertrophische obstruktive Kardiomyopathie ± frische Thrombose oder Embolie ± fieberhafter Infekt. Komplikationen: ± Lungenödem, Herzinfarkt, Kammerflimmern (ca. 0,1½) ± Exitus letalis (ca. 0,02½). Durchführung: ± Voraussetzungen: · Patientenaufklärung · vorher Ruhe-EKG schreiben · kontinuierliche ärztliche Überwachung · EKG-Monitoring · Defibrillations- und Reanimationsbereitschaft
Checkliste Hahn ´ Seite 30
3.2 EKG
ä
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ä
Herzmedikamente (je nach Fragestellung) möglichst vorher absetzen: Digoxin: 1 Woche, Digitoxin: 2 Wochen, Betablocker: je nach HWZ 1 ± 3 Tage, cave Rebound! daher ausschleichen, Nitrate und Kalziumantagonisten: 1 Tag ± Methoden: Fahrradergometrie (sitzend, liegend), Laufband u. a. ± Belastungsintensität: Steigerung meist alle 2 Min. um 25 ± 50 Watt ± maximale Ausbelastung: Herzfrequenz = 220 ± Lebensalter (submaximale Ausbelastung: Herzfrequenz = 200 ± Lebensalter) ± Erholungsphase: 6( ± 10) Min. nach Belastungsende ± EKG und RR-Registrierung: mindestens am Ende jeder Belastungsstufe, 2minütlich in der Erholungsphase, zusätzlich bei Beschwerden oder sonstigen Auffälligkeiten. Abbruchkriterien: ± typische Angina pectoris ± atypische Stenokardien bei gleichzeitigen EKG-Veränderungen ± neu auftretende EKG-Veränderungen: · horizontale oder deszendierende ST-Streckensenkung > 0,2 mV in den Brustwandableitungen bzw. 0,1 mV in den Extremitätenableitungen · ST-Streckenhebungen · absolute Arrhythmie, zunehmende ventrikuläre Arrhythmien · Leitungsblockierungen (kompletter Schenkelblock) ± Blutdruckerhöhung auf über 240 systolisch oder 120 mmHg diastolisch ± fehlende Blutdruckerhöhung oder Blutdruckerniedrigung unter Belastung ± inadäquate Dyspnoe, Blässe, Zyanose, Schweiûausbruch, Schwindel ± muskuläre Erschöpfung ± sonstige stärkere Beschwerden (z. B. Arthralgien). Beurteilung, Hinweise für koronare Herzkrankheit: ± horizontale und deszendierende ST-Streckensenkung (S. 28) · in den Extremitätenableitungen > 0,1 mV (> 1 mm) · in den Brustwandableitungen > 0,2 mV (> 2 mm) ± langsam aszendierende ST-Streckensenkung, die noch 80 ms nach dem JPunkt > 0,1 mV beträgt (Abb. 12) oder J-Punkt-Senkung > 0,2 mV ± ST-Hebung (S. 28) > 0,1 mV (> 1 mm) ± neu aufgetretener Schenkelblock ± neu aufgetretene oder progrediente Herzrhythmusstörungen ± EKG-Veränderungen im Zusammenhang mit kardialen Beschwerden ± typische Angina pectoris unter Belastung. Aussagefähigkeit (bei Ausbelastung): ± Sensitivität: bei signifikanter Koronarstenose 80 ± 90 % ± Spezifität: ca. 75 %: · falsch positive Reaktion: z. B. Digitalis, Hypokaliämie · falsch negative Reaktion: z. B. Betablocker, Nitrate.
&3&
·
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Nichtinvasive Diagnostik
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Checkliste Hahn ´ Seite 31
Nichtinvasive Diagnostik
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CM
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3.2 EKG
ST-Meßpunkt } > 0,1 mV J-Punkt 80 ms
Abb. 12
J-Punkt
Langzeit-EKG ä
ä
&3&
ä
Indikation: Erkennung von Herzrhythmusstörungen z. B. bei Schwindel, Synkopen, gefährdeten Patienten (z. B. nach Herzinfarkt, Klappenvitien), Kontrolle einer antiarrhythmischen Therapie oder nach Schrittmacheranlage, Beurteilung einer koronaren Herzkrankheit (ST-Streckenanalyse). Durchführung: mindestens 2 Brustwandableitungen über meist 24 h, Speichermedium (z. B. Magnetband), Patientenprotokoll (Beschwerden, Tätigkeiten). Beurteilung: minimale/maximale Herzfrequenz, Beurteilung des Herzrhythmus (vgl. Tab. 7, Herzrhythmusstörungen: S. 263ff), Klassifikation ventrikulärer Arrhythmien nach Lown (S. 265), Pausen (Anzahl, Dauer), ggf. ST-Streckenveränderungen.
Checkliste Hahn ´ Seite 32
3.3 Lungenfunktionsdiagnostik Spirometrie ä
ä
Indikation: ± ergänzende Diagnostik und Therapieüberwachung bei Atemwegs- oder Lungenerkrankungen ± Überprüfung der Lungenfunktion z. B. präoperativ. Meûgröûen (Abb. 13): ± statische Lungenvolumina: · AZV = Atemzugvolumen: ein-/ausgeatmetes Volumen bei normalem Atemzug · IRV = inspiratorisches Reservevolumen: Volumen, das nach normaler Inspiration noch zusätzlich eingeatmet werden kann · IC = inspiratorische Kapazität: Volumen, das nach normaler Exspiration maximal eingeatmet werden kann (= AZV + IRV) · ERV = exspiratorisches Reservevolumen: Volumen, das nach normaler Exspiration noch zusätzlich ausgeatmet werden kann · VC = Vitalkapazität: Volumen, das nach maximaler Inspiration maximal ausgeatmet werden kann (IC + ERV) · RV = Residualvolumen: intrapulmonales Luftvolumen nach maximaler Exspiration (Messung durch Bodyplethysmographie, s. u.) · FRC = funktionelle Residualkapazität: intrapulmonales Luftvolumen nach normaler Exspiration (ERV + RV) · TC = Totalkapazität: intrapulmonales Luftvolumen nach maximaler Inspiration (VC + RV) ± dynamische Lungenvolumina · FEV1 = Einsekundenkapazität, Tiffeneau-Test: Volumen, das nach maximaler Inspiration in 1 Sek. maximal ausgeatmet werden kann · FEV1%VC = relative Einsekundenkapazität: FEV1 in % der Ist-Vitalkapazität · FVC = forcierte Vitalkapazität: Volumen, das nach maximaler Inspiration maximal forciert ausgeatmet werden kann.
33
YB
Nichtinvasive Diagnostik
CM
IRV IC VC
FEV1
AZV
TC ERV FRC
RV
Abb. 13
statische und dynamische Lungenvolumina
Checkliste Hahn ´ Seite 33
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1 Sek.
Nichtinvasive Diagnostik
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CM
YB
3.3 Lungenfunktionsdiagnostik
ä
± Meûgröûen im Fluûvolumendiagramm bei forcierter Ausatmung (Abb. 14) · PEF = Peak Flow: exspiratorischer Spitzenfluû in l/s (auch mit einfachem Peak-Flow-Meter vom Patienten selbst bestimmbar) · MEF25,50,75 = maximaler exspiratorischer Flow: maximaler exspiratorischer Spitzenfluû bei 25, 50 oder 75 % der FVC in l/s. MEF50 und MEF25 charakterisieren die Obstruktion in der von der Patientenmitarbeit oder Ausatmungskraft unabhängigen Endphase der Exspiration. Eine isolierte MEF25-Verminderung spricht für eine Obstruktion der peripheren kleinen Atemwege. Auswertung: die Meûgröûen sind von Körpergröûe, Geschlecht und Alter abhängig (orientierende VC-Normwerte: Körpergröûe in cm bei Männern 25, bei Frauen 20 in ml). Moderne Geräte drucken die Werte absolut und in % der Normwerte aus. Wichtigste Gröûen zur Unterscheidung obstruktiver, restriktiver und kombinierter Ventilationsstörungen sind die VC und die FEV1: ± Restriktion: VC < 80 % der Norm; z. B. Thoraxdeformierung, Adipositas, Lungenfibrosen, neuromuskuläre Erkrankungen, nach Lungenresektion, Tumoren ± Obstruktion: FEV1 < 70 % der VC (FEV1%VC < 70 %), VC meist durch Lungenüberblähung (RV erhöht) ebenfalls vermindert; z. B. Asthma bronchiale, chronisch obstruktive Bronchitis ± reversible Obstruktion: nach Inhalation von 2 Hub eines Beta2-Sympathomimetikums (S. 307) bessert sich die FEV1 um mindestens 15 % (Bronchospasmolysetest).
Strömung [l/s] 12
PEF
8 4
nach Bronchospasmolyse
MEF50
Emphysemknick
MEF25
0
Exspiration Inspiration
4 0 1 2 3 4 5 6 7 0 1 2 3 4 5 6 7 0 1 2 3 4 5 6 7 Gesunder Asthma bronchiale Lungenemphysem
Abb. 14
Volumen [/]
Fluûvolumendiagramme
Bodyplethysmographie ä
&3&
ä
ä
Der Bodyplethysmograph (= Ganzkörperplethysmograph) besteht aus einer geschlossenen Kammer von etwa 1 m3 Rauminhalt, in der der Patient sitzt. Ermöglicht eine Analyse der gesamten pulmonalen Atemmechanik. Neben allen o. g. Meûgröûen kann die Resistance (= Atemwegswiderstand, sensibler in der Erfassung obstruktiver Ventilationsstörungen) sowie die Lungen-Compliance (= Lungendehnbarkeit, z. B. bei Lungenfibrose erniedrigt, bei Lungenemphysem erhöht, Normalwert: 0,03 ± 0,05 l/kPa) gemessen werden. Ein weiterer Vorteil besteht in der Unabhängigkeit von der Patientenmitarbeit und in der höheren Sensitivität bei der Bestimmung von atemmechanischen Parametern. Checkliste Hahn ´ Seite 34
3.3 Lungenfunktionsdiagnostik Blutgasanalyse (BGA) ä ä ä
Indikation: Beurteilung der respiratorischen Situation und des Säure-BasenHaushaltes. Blutabnahme kapillär (hyperämisiertes Ohrläppchen), arteriell (S. 70) und (meist versehentlich) venös (Tab. 9). Unterscheidung zwischen latenter und manifester Störung durch Blutgasanalyse in Ruhe sowie unter Belastung (z. B. im Rahmen eines Belastungs-EKGs).
Tabelle 9
Blutgasanalyse ± Normwerte
Bestimmung
Einheit
pH
arteriell
kapillär
venös
7,36 ± 7,44
7,36 ± 7,44
7,36 ± 7,40
pO2
mmHg kPa
90 ± 100 12 ± 13,3
> 80 > 10,6
35 ± 45 4,6 ± 6,0
pCO2
mmHg kPa
35 ± 45 4,6 ± 6,0
38 ± 45 5,1 ± 6,0
40 ± 50 5,3 ± 6,6 55 ± 70
SO2 (Sauerstoffsättigung)
%
92 ± 96
92 ± 96
HCO3 (Standardbikarbonat)
mmol/l
22 ± 26
22 ± 26
24 ± 30
BE (Basenüberschuû)
mmol/l
2 ± +2
2 ± +2
2 ± +2
Auswertung: ± respiratorische Partialinsuffizienz: Hypoxämie, Ursachen: · Diffusions- oder Ventilations-Perfusions-Verteilungsstörungen: z. B. bei Lungenödem, Lungenembolie, Pneumonie, Lungenfibrosen, Lungenemphysem (O2-Gabe führt zu einer adäquaten Erhöhung des pO2) · anatomische Shuntverbindungen: z. B. Vitien mit Rechts-Links-Shunt (O2-Gabe führt zu keiner wesentlichen Erhöhung des pO2) ± respiratorische Globalinsuffizienz: Hypoxämie + Hyperkapnie (pCO2 = direktes Maû für die alveoläre Ventilation), Ursachen: · alveoläre Hypoventilation durch Störung des Atemantriebs oder Versagen der Atemmuskulatur: z. B. nach apoplektischem Insult, SchädelHirn-Trauma, Myasthenia gravis, Intoxikationen, auch bei fortgeschrittenen Lungenerkrankungen infolge Ermüdung der Atemmuskulatur oder zusätzlichen extrapulmonalen Störungen ± Störungen im Säure-Basen-Haushalt: S. 431.
&3&
ä
35
YB
Nichtinvasive Diagnostik
CM
Checkliste Hahn ´ Seite 35
36
3.4 Sonographie
Nichtinvasive Diagnostik
CM
Grundlagen
ä
ä
ä
YB
Beachte: Damit nichts übersehen wird, empfiehlt sich eine schematisierte Untersuchung in stets gleicher Reihenfolge (auch bei Notfalluntersuchungen). Möglicher Untersuchungsablauf einer Abdomensonographie und Standardebenen mit entsprechender Schallkopfposition: Abb. 15 Untersuchung aller Organe in 2 Ebenen. Die Darstellung der Organe kann durch Atemmanöver des Patienten (z. B. tief einatmen und Luft anhalten lassen) und einen dosierten, langsam zunehmenden Anpreûdruck des Schallkopfes verbessert werden. Je höher die Ultraschallfrequenz, desto höher das Auflösungsvermögen und desto geringer die Eindringtiefe und umgekehrt: ± Abdomensonographie: meist 3,5-MHz-Schallkopf ± Schilddrüsensonographie, Gefäûe: 5- oder 7,5-MHz-Schallkopf. Da bei der Abdomensonographie Darmgasüberlagerung die Untersuchungsbedingungen einschränkt und eine gefüllte Gallenblase erwünscht ist, Untersuchung möglichst morgens im nüchternen Zustand. Der Wert sog. Entschäumungsmittel ist zweifelhaft.
Abdomensonographie ± Beurteilung ä
&3&
ä
Gefäûe: ± Aorta: normale Lumenweite: kranialer Teil < 2,5 cm, kaudaler Teil < 2 cm · Ektasie: Lumenweite 2,5 ± 3,0 cm · Aneurysma: Lumenweite > 3,0 cm (evtl. mit wandständigem Thrombus) · Arteriosklerose: Verkalkungen, Kaliberschwankungen, Kinking (= Knickbildung) ± Vena cava inferior normal: Lumenweite < 2,5 cm sowie atem- und pulsvariable Lumenschwankung (sonst V. a. Rechtsherzinsuffizienz) ± Femoralvenen normal: komprimierbares, echofreies Venenlumen (sonst V. a. Thrombosierung). Lymphknoten: Beurteilung zusammen mit Gefäûen. Jeder gut sichtbare Lymphknoten ist zunächst als suspekt anzusehen. Typischer Befund: rundliche, echoarme bis echofreie Gebilde, die bei Bewegung des Schallkopfes ¹kurz aufblinkenª (im Gegensatz zu den Gefäûen).
Checkliste Hahn ´ Seite 36
3.4 Sonographie Sagitaler Oberbauchschnitt (median): Aorta (links paramedian), V. cava inferior (rechts), Leber (linker Lappen und Lobus caudatus), Magen, Pankreaskorpus, V. portae (confluens), Truncus coeliacus, A. und V. mesenterica superior, Lig. teres hepatis (median), M. rectus und Rektusscheide (paramedian), Wirbelkörper + Bandscheiben (dorsal), ggf. paravasale Lymphome Unterbauch-Schrägschnitt (parailiakal rechts und links): Iliakalgefäße, M. Iliopsoas, evtl. Ovarien, evtl. Dünndarm und Colon sigmoideum (links), ggf. paravasale Lymphome Suprapubischer Unterbauch-Querschnitt: Mm. recti, Iliakalgefäße, Harnblase, bei gefüllter Harnblase auch Uterus, Ovarien, Prostata, evtl. Ileum und Rektum
37
YB
Nichtinvasive Diagnostik
CM
Suprapubischer Unterbauch-Längsschnitt: Harnblase, bei gefüllter Harnblase auch Uterus, Ovarien, Prostata, evtl. Ileum und Rektum
Oberbauch-Querschnitt: Aorta, V. cava inferior, Truncus coeliacus, Leber, Magen, Duodenum, Pankreas (Kopf, Korpus und Schwanzabschnitt), Lig. teres hepatis, A. und V. lienalis, V. portae, A. und V. mesenterica superior, A. hepatica, A. und V. renalis, Ductus choledochus, Bursa omentalis (zwischen Magen und Pankreaskorpus), ggf. paravasale Lymphome Mittelbauch-Querschnitt links: Aorta, Wirbelsäule, kraniale Anteile der linken Niere, linke Nebennierenloge, evtl. Jejunum und Colon transversum
Subkostaler Schrägschnitt rechts: Lebervenenstern, V. cava inferior, Leber, Gallenblase, Duodenum, Wirbelsäule, Zwerchfell
Oberbauch-Schrägschnitt rechts: Leberpforte mit A. hepatica, Ductus choledochus und V. portae, Leber, Gallenblase, Pankreaskopf, V. cava inferior, Aorta, Wirbelsäule Sagittalschnitt in der rechten Medioklavikularlinie: Position zur Größenbestimmung der Leber, Gallenblase, Zwerchfell (Beweglichkeit?), kraniale Nierenanteile, evtl. rechte Kolonflexur und Dünndarm, ggf. Pleuraerguß und Aszites Interkostaler Flankenschnitt rechts (leichte Linksseitenlagerung): rechte Niere, rechte Nebennierenloge, Leber (kaudale Anteile), Zwerchfell, evtl. Colon ascendens, ggf. Pleuraerguß und Aszites (zwischen Leber und rechter Niere auch geringe Mengen sichtbar)
Hoher Flankenschnitt links (leichte Rechtsseitenlagerung): Position zur Größenbestimmung der Milz, Pankreasschwanz, Zwerchfell (Beweglichkeit?), linke Nebennierenloge, evtl. linke Kolonflexur, ggf. Pleuraerguß und Aszites
Abb. 15 Standardebenen mit entsprechender Schallkopfposition bei der Abdomensonographie (jede Ebene durch Schwenkbewegungen durchmustern) Checkliste Hahn ´ Seite 37
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Interkostaler Flankenschnitt links (leichte Rechtsseitenlagerung): linke Niere, linke Nebennierenloge, Milz (kaudale Anteile), Zwerchfell, evtl. Colon descendens, ggf. Pleuraerguß und Aszites
38
3.4 Sonographie
Nichtinvasive Diagnostik
CM
ä
YB
Leber: Tab. 10 und 11.
Tabelle 10 Sonographische Beurteilung diffuser Leberparenchymveränderungen Gröûe (cm) in der MCL
kaudaler Leberrand
Binnenreflexmuster
Palpation
Normalbefund 12 cm 2
spitzwinklig
fein, homogen verformbar
akute Hepati- > 12 cm tis/Stauung
abgerundet
wenig verändert
verformbar
Fettleber
> 12 cm
stumpfwinklig
verdichtet, homogen
verformbar
Leberzirrhose
> 12 cm (später verplumpt, verdichtet, < 12 cm) wellige Kontur inhomogen
kaum verformbar
Tabelle 11 Sonographische Beurteilung fokaler Leberparenchymveränderungen Begrenzung
Form
Binnenreflexmuster
dorsale Reflexe
dysontoge- glatt net. Zysten
rundlich
echofrei, homogen
Schallverstärkung
Hämatom, oft unscharf Abszeû
unregelmäûig
echoarm, inhomogen
evtl. leichte Schallverst.
fokale oft unscharf Verfettung
unregelmäûig
echodicht, homogen
Schallabschwächung
Metastasen
meist unscharf rundlich oder unregelmäûig
echodicht/-arm unterschiedlich inhomogen
Leberzellkarzinom
unscharf
unregelmäûig
inhomogen
Schallabschwächung
Hämangiom
glatt
rundlich
echodicht, homogen
Schallverstärkung
Adenome
glatt
rundlich
echodicht/-arm Schallhomogen abschwächung
FNH (S. 389)
meist glatt
rundlich
echodicht/-arm Schallhomogen abschwächung
ä
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ä
Pfortader: max. Durchmesser < 15 mm (sonst V. a. portale Hypertension). Gallenblase: ± Normalbefund: Länge < 10 cm, Dicke < 4 cm, Wand < 3 mm, echofrei ± pathologische Befunde: S. 391ff Beachte: Bei schwieriger Darstellung: unter maximaler Inspiration des Patienten Leber von subkostal langsam durchfächern, Versuch von interkostal, ggf. Wiederholungsuntersuchung in nüchternem Zustand.
Checkliste Hahn ´ Seite 38
3.4 Sonographie ä
ä
Gallenwege: ± Ductus choledochus: Durchmesser < 7 mm an der weitesten Stelle, nach Cholezystektomie < 10 mm ± intrahepatische Gallenwege: nur bei Obstruktion der Gallenwege sichtbar ± pathologische Befunde: S. 391ff Beachte: Darstellung des Ductus choledochus im Längsschnitt (z. B.): zunächst Darstellung der Pfortader vom Leberhilus bis zum Pankreas im Längsschnitt, dann Schallkopf leicht im Uhrzeigersinn drehen und gegen die Bauchdecke nach kranial kippen. Pankreas: ± Normalbefund (Abb. 16): Durchmesser Pankreaskopf < 3 cm, Korpus < 2 cm, Schwanzabschnitt < 3 cm, Ductus pancreaticus < 3 mm; Binnenreflexmuster entspricht etwa dem der gesunden Leber, im Alter wird es echoreicher ± pathologische Befunde: S. 364ff Beachte: Bei schlechter Abgrenzbarkeit Patienten leicht einatmen oder Bauchdecke ¹herausdrückenª lassen, zunächst Pfortader vom Leberhilus aus, dann V. lienalis darstellen, Schallkopf im Uhrzeigersinn drehen bis er genau quer im Oberbauch aufliegt und Vena lienalis längs sowie A. mesenterica superior quer sichtbar sind. Ggf. Versuch in Seitenlage oder im Stehen.
39
YB
Nichtinvasive Diagnostik
CM
Pankreas < 2 cm
A. mesenterica superior
< 3 cm
< 3 cm V. cava inferior
Aorta V. lienalis Wirbelsäule
ä
ä
Sonographie des Pankreas
Milz: ± Normalbefund: Dicke < 4 cm, Breite < 7 cm, Länge < 11 cm (¹4711ª) ± Splenomegalie: mindestens 2 Parameter vergröûert ± Milzinfarkt: zunächst echoarme, später echoreichere häufig keilförmige Parenchymveränderung ± Nebenmilz: häufige Normvariante mit rundlicher Form, meist im Milzhilus gelegen. Nieren: ± Normalbefund: Länge 9 ± 12 cm, Parenchymbreite > 1,5 cm (altersabhängig) ± häufige Zufallsbefunde: · Nierenzysten: wie Leberzysten (Tab. 11) · Angiomyolipom: gutartiger Nierentumor, sehr echoreich und glatt begrenzt, meist < 2 cm groû · einseitige Nierenagenesie (meist links) oder Hypoplasie · ektope Niere: meist Beckenniere Checkliste Hahn ´ Seite 39
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Abb. 16
Nichtinvasive Diagnostik
40
CM
3.4 Sonographie · ·
ä
ä
ä
ä
ä
ä
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YB
Hufeisenniere: Parenchymbrücke zwischen beiden Nierenunterpolen Doppelbildungen: sog. Parenchymbrücke als Zeichen eines doppelt angelegten Nierenbeckens. ± weitere Befunde: S. 396ff; Nephrolithiasis, Harnstau: S. 412. Harnblase (Untersuchung in gefülltem Zustand): ± Normalbefund: im Querschnitt meist ovale, im Längsschnitt dreieckige Form ± Divertikel: umschriebene Wandaussackung ± Konkremente: echodicht mit Schallschatten, bei Positionswechsel des Patienten beweglich ± Harnblasentumor: unregelmäûig begrenzt, evtl. polypenartige Form, ggf. Harnstau nachweisbar Restharnbestimmung (nach spontaner Miktion) nach der vereinfachten Volumenformel: Restharn = Länge Breite Höhe 0,5 ml (normal < 30 ml). Prostata (Untersuchung bei gefüllter Harnblase): ± Normalbefund: Durchmesser quer < 5 cm, kraniokaudal < 3 cm, tief bzw. sagittal < 3 cm; Volumen < 25 ml (vereinfachte Volumenformel: s. o.) ± Adenom: diffuse oder lokalisierte (z. B. Mittellappen) Organvergröûerung, homogene oder inhomogene Struktur evtl. mit Verkalkungen, bei Stenosierung der Urethra verdickte Harnblasenwand ± Karzinom: meist im Auûenbereich entstehend, inhomogene Struktur, evtl. Infiltration der Harnblasenwand oder knolliges Vorwachsen in das Harnblasenlumen. Uterus (Untersuchung bei gefüllter Harnblase): ± Normalbefund bei Nullipara: Durchmesser längs < 8 cm, quer < 3 cm. ± Schwangerschaft: verdicktes Endometrium, sichtbare Fruchthöhle mit Flüssigkeitsansammlung ± Uterus myomatosus, maligner Tumor: inhomogene Raumforderung (ggf. gynäkologische Untersuchung) ± Intrauterinpessar: sehr heller länglicher Reflex im Cavum uteri. Adnexe (Untersuchung bei gefüllter Harnblase): bei zufälligem Nachweis parauterin gelegener bis 3 cm groûer zystischer Strukturen Kontrolle in einer anderen Zyklusphase, sonst gynäkologische Untersuchung. Darm: ± Normalbefund: Wandstärke Dünndarm < 3 mm, Dickdarm < 5 mm ± Ileus: dilatierte, vermehrt flüssigkeitsgefüllte Darmschlingen mit Pendelperistaltik bei mechanischem oder fehlender Peristaltik bei paralytischem Ileus ± Darmwandverdickungen (= pathologisches Kokardenphänomen): bei Kolontumoren kurzstreckig bei entzündlichen Darmerkrankungen langstreckig, bei Morbus Crohn evtl. auch ¹Kokarden-Konglomerateª sichtbar ± akute Appendizitis: Punkt des Druckschmerzmaximums aufsuchen, dort bei entsprechenden Untersuchungsbedingungen kleine, aperistaltische, wandverdickte Darmschlinge mit echoarmem Saum sichtbar. Ergüsse, Aszites: zu jeder Abdomensonographie gehört der Ausschluû von Aszites, Perikard- und Pleuraergüûen. Kleinere Aszitesmengen finden sich in den abhängigen Regionen, insbesondere zwischen Niere und Leber sowie an der lateralen Bauchwand.
Checkliste Hahn ´ Seite 40
3.4 Sonographie Abdomensonographie ± Diktatbeispiel Tabelle 12
Abdomensonographie-Diktatbeispiel bei unauffälligem Befund
1) Gefäûe: Aorta und groûe arterielle Beckengefäûe normal weit, unauffällige Wandstruktur, kein Kinking. Vena cava inferior unauffällig mit normaler atem- und pulsvariabler Lumenschwankung. Keine paravasalen Lymphome sichtbar. 2) Leber 12 cm in der re. MCL messend, glatte Organkontur, unauffällige Form, homogenes unauffälliges Binnenreflexmuster ohne Nachweis fokaler Veränderungen. 3) Gallenblase 7 3 cm messend, unauffällige Wandstruktur, im Lumen keine Binnenechos enthaltend, Gallenwege extra- und intrahepatisch nicht gestaut. 4) Pankreas gut einsehbar, Kopf, Korpus und Schwanzabschnitt von regelrechter Gröûe, Form und Binnenstruktur, Pfortader normal weit.
41
YB
Nichtinvasive Diagnostik
CM
5) Milz mit 10 5 3 cm von regelrechter Gröûe, Form und Binnenstruktur. 6) Nieren beidseits längs 10 cm messend, regelrechte Organkontur, unauffälliger Parenchymsaum, regelrechter Pyelonkomplex ohne Zeichen des Harnstaus, keine steinverdächtigen Binnenechos sichtbar. 7) Harnblase gut gefüllt, unauffällige Wandstruktur, keine Binnenechos enthaltend, Prostata von regelrechter Gröûe, Form und Binnenstruktur (bzw. Uterus und Adnexe). 8) Keine Pleuraergüsse, kein Perikarderguû, kein Aszites und kein pathologisches Kokardenphänomen nachweisbar. Urteil: unauffälliger abdomensonographischer Befund
ä
ä
ä
Durchführung: ± Schallkopf: 5, besser 7,5 MHz ± Lagerung: Rückenlage, Kopf nach dorsal rekliniert (kleines Kissen unter die Schultern legen). Normalbefunde (Abb. 17): ± Gröûe eines SD-Lappens: quer (transversal) 1 ± 3 cm, tief (sagittal) 1 ± 2 cm, kraniokaudal 4 ± 7 cm ± Gesamtvolumen: für jeden SD-Lappen 0,5 quer tief kraniokaudal in ml (Männer < 24 ml, Frauen < 18 ml) ± Organkontur glatt ± homogenes, dichtes Binnenreflexmuster. Pathologische Befunde: ± diffuse Veränderungen: · Struma diffusa: Organvergröûerung, homogene Binnenstruktur · regressive Knotenstruma: Organvergröûerung, inhomogene Binnenstruktur, häufig Zysten (s. u.) sowie Verkalkungen (echodichte Strukturen mit Schallschatten) nachweisbar · Morbus Basedow: diffuse echoarme Binnenstruktur, evtl. Organvergröûerung · Hashimoto-Thyreoiditis: diffuse echoarme Binnenstruktur, oft Organverkleinerung (kann jedoch auch vergröûert sein)
Checkliste Hahn ´ Seite 41
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Schilddrüsensonographie
Nichtinvasive Diagnostik
42
CM
YB
3.4 Sonographie ± fokale Veränderungen: · Zysten: glatt begrenzt, echofrei, dorsale Schallverstärkung · Adenome: glatt begrenzt, echoarm oder echoreich · Karzinom: unscharf begrenzt, meist echoarm, selten echoreich, evtl. parathyreoidale Lymphknotenvergröûerungen.
M. sternocleidomastoideus
Schilddrüse
Trachea
V. jugularis interna A. carotis communis M. longus colli
Abb. 17
Ösophagus
Schilddrüsensonographie
Doppler-Sonographie der Extremitätenarterien
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Dopplerdruckmessung: einfaches Screening-Verfahren in der Routinediagnostik der arteriellen Verschluûkrankheit. ± Messungen der Drucke über der A. tibialis posterior (dorsal vom Innenknöchel) und der A. dorsalis pedis (zwischen bzw. proximal der Ossa metatarsalia I und II) z. B. mit einfachem tragbaren Dopplergerät und supramalleolär angelegter Blutdruckmanschette: beim Ablassen der Luft (wie bei der normalen RR-Messung) entspricht der Doppler-Druck dem Wert, bei dem erstmals mit der über dem Gefäû schräg (!) aufgesetzten Dopplersonde ein Strömungsgeräusch registriert wird ± erweiterte Information über die Verschluûlokalisation durch Druckmessungen über der A. poplitea in der Kniekehle (mit breiter Spezialmanschette am Oberschenkel), Differenzierung zwischen AVK vom Oberschenkel- oder Unterschenkeltyp ± für die Beurteilung therapeutischer Konsequenzen sind v. a. die absolut gemessenen Druckwerte wichtig (falsch hohe Werte bei ausgeprägter Mediasklerose, daher Vergleich mit der Klinik): · > 80 mmHg: entspricht etwa dem klinischen Fontaine-Stadium (S. 290) I ± II · 60 ± 80 mmHg: IIb( ± III) · 30 ± 60 mmHg: III ± IV, drohende Nekrose · 0 ± 30 mmHg: IV, akute Ischämie, Amputationsgefahr Checkliste Hahn ´ Seite 42
3.4 Sonographie ± wegen häufig hypertoner RR-Werte erfolgt die dopplersonographische Schweregradbestimmung auch durch Berechnung des Dopplerindex (DI) = Dopplerdrucke am Fuû dividiert durch den am Arm gemessenen systolischen RR-Wert (cave: Mediasklerose s. o.): · DI > 0,9: normal · DI 0,9 ± 0,75: entspricht etwa dem klinischen Fontaine-Stadium (S. 290) I ± II · DI 0,75 ± 0,5: II ± III · DI < 0,5: III ± IV, drohende Nekrose ± im klinischen Stadium II Untersuchung auch nach Belastung: z. B. 20 Zehenstände oder 100 m Gehen (z. B. 3 Klinikflur) ± analog ist die Dopplerdruckmessung auch auf die Diagnostik der arteriellen Verschluûkrankheit, z. B. der oberen Extremitäten, übertragbar.
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YB
Nichtinvasive Diagnostik
CM
Doppler-Sonographie der hirnversorgenden Arterien ä
Nachweis oder Ausschluû einer Stenosierung der hirnversorgenden Arterien (v. a. A. carotis interna) nach zerebralem Insult (v. a. TIA, PRIND), unklaren Synkopen, Schwindel und präoperativ.
Farbkodierte Duplexsonographie
ä
Kombination von zweidimensionalem Ultraschallbild (B-Bild) und Dopplersonographie einschlieûlich Farbkodierung (vgl. Echokardiographie: S. 44). Ermöglicht im Vergleich zur konventionellen Doppler-Untersuchung eine schnellere anatomische Orientierung sowie zusätzliche Informationen bei der ätiologischen Einordnung von arteriellen und venösen Durchblutungsstörungen, der Beurteilung hämodynamischer Auswirkungen sowie der Erfolgskontrolle nach gefäûchirurgischen Eingriffen oder medikamentösen Behandlungsmaûnahmen (z. B. Thrombolyse).
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Checkliste Hahn ´ Seite 43
44
3.5 Echokardiographie
Nichtinvasive Diagnostik
CM
Methoden ä
ä
ä
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YB
Standard-Echokardiographie: ± M-Mode: eindimensionale Ultraschallmessung (Y-Achse) in Beziehung zur Zeit (X-Achse), ermöglicht Darstellung schneller Bewegungsabläufe ± B-Mode: zweidimensionale Darstellung anatomischer Strukturen wie bei der Abdomensonographie ± Doppler-Methode: ermöglicht den Nachweis und die Quantifizierung von Klappenfehlern sowie intrakardialer Blutfluû- und Druckverhältnisse. Methoden: · CW-(continuous-wave-)Doppler: ermöglicht die Analyse hoher Fluûgeschwindigkeiten ohne Aussage über die Entstehungstiefe · PW-(pulsed-wave-)Doppler: ermöglicht die Analyse in einem wählbaren Tiefenbereich, ist aber bei hohen Fluûgeschwindigkeiten dem CWDoppler unterlegen ± Farb-Doppler-Methode: farbkodierte, flächenhafte PW-Analyse. Normalerweise wird der Fluû auf den Schallkopf zu rot und der Fluû vom Schallkopf weg blau kodiert. Ermöglicht die bessere Erkennung von Klappeninsuffizienzen und Shuntvitien. Kontrastmittelechokardiographie: Verstärkung der Echogenität des strömenden Blutes durch Beimengung von ultraschallreflektierenden Substanzen (z. B. physiologische NaCl-Lösung, HAES, Echovist). Durchführung bei V. a. Shuntvitien, Klappeninsuffizienzen, komplexen kongenitalen Vitien als Ergänzung zur Farb-Doppler-Methode oder wenn diese nicht verfügbar ist. Belastungs(= Streû)-Echokardiographie: Untersuchung unter gleichzeitiger Steigerung der Herzarbeit (z. B. durch Ergometerbelastung oder pharmakologisch). Ermöglicht z. B. die bessere Erkennung und Quantifizierung regionaler belastungsabhängiger Kontraktionsstörungen bei KHK. Transösophageale Echokardiographie: invasive Methode (wie Gastroskopie) mit besserer Darstellung v. a. der dorsalen Herzabschnitte (z. B. bei V. a. Endokarditis oder Vorhofthromben) und der thorakalen Aorta.
Durchführung einer Standard-Echokardiographie ä
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Lagerung des Patienten: Oberkörper leicht angehoben (ca. 30°), der linke Arm wird hinter dem Kopf plaziert. Bei parasternaler Untersuchung 90°-Linksseitenlage, bei apikaler und subxiphoidaler Untersuchung 30 ± 45°-Linksseitenlage. Bei suprasternaler Untersuchung (Schallkopf im Jugulum) Rückenlage bei erhöhtem Oberkörper oder im Sitzen, wobei der Kopf maximal rekliniert ist. Kontinuierliche EKG-Registrierung während der Untersuchung. Beispiel eines schematisierten Untersuchungsablaufs: ± parasternal (meist 3. ± 4. ICR links) lange Achse (Längsschnitt), kurze Achse (Querschnitt): Untersuchung im B-Mode sowie M-Mode-Messungen ± apikale Untersuchung (Bereich des Herzspitzenstoûes, 5. ICR links): · B-Mode: 4-Kammer-Blick, Kippen des Schallkopfes führt zum 5-Kammerblick und Drehen um die eigene Achse zum 2- und 3-Kammerblick · PW-, CW- und Farbdoppleruntersuchung der apikalen Kammerblicke.
B- und M-Mode-Echokardiographie ä
Normale B- und M-Mode-Echokardiographie (Abb. 18 und Tab. 13):
Checkliste Hahn ´ Seite 44
3.5 Echokardiographie
lange Achse
C B A
45
YB
Nichtinvasive Diagnostik
CM
kurze Achse
A IVS
LVPW
LV
RV
LV
B
C
EF-Slope
M-Mode
AO
DE
Aortenklappenseparation
LA
EKG
Abb. 18 B-Mode in der langen und kurzen Achse sowie M-Mode parasternal (vgl. Tab. 13)
A (Papillarsehnenebene) B (Mitralsegelebene)
C (Aortenklappenebene)
enddiastolisch: Septum (IVS) 6 ± 12 li. Ventrikel (LV) 33 ± 56 Hinterwand (LVPW) 6 ± 12 re. Ventrikel (RV) < 30 endsystolisch: li. Ventrikel (LV) 26 ± 42 Verkürzungsfraktion (FS = Maû für die linksventrikuläre Funktion) > 25 % (berechnet)
enddiastolisch Aortenwurzel (AO) < 38 endsystolisch li. Vorhof (LA) < 40 Aortenklappenseparation > 15 Verhältnis LA/AO < 1,3
DE-Amplitude (= Öffnungsamplitude) 18 ± 35 EF-Slope (= mesodiastolische Rückschlagbewegung des vorderen Mitralsegels) > 70 mm/s E-Septum-Abstand < 10
soweit nicht anders angegeben, Angabe in mm ä
Pathologische Echokardiographiebefunde: S. 222ff. Checkliste Hahn ´ Seite 45
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Tabelle 13 Normwerte in der M-Mode-Echokardiographie (vgl. Schnittebenen A-C Abb. 18)
46
3.6 Röntgenuntersuchungen
Nichtinvasive Diagnostik
CM
Thoraxübersicht ä
ä
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YB
Methoden: ± Thorax in 2 Ebenen, p. a. und seitlich in Inspiration: Standarduntersuchung ± Thorax im Liegen, a. p. in Inspiration: bei immobilen Patienten, z. B. Intensivstation ± Thorax in Exspiration: Ausschluû oder V. a. Pneumothorax ± Thoraxdurchleuchtung: Lagebeurteilung unklarer Herde, Beurteilung der Zwerchfellbeweglichkeit (z. B. bei V. a. Zwerchfellparese). Beurteilung (Abb. 19, 20 und 21): ± Zwerchfelle: Begrenzung (glatt?), Höhe, Wölbung, Adhäsionen ± Sinus phrenicocostales: einsehbar? (Ergüsse, Verschwartungen?) ± Herzsilhouette: · Herzgröûe (orientierend): Durchmesser Herz/Thorax: normal < 50 % · linker Herzrand (linker Ventrikel), rechter Herzrand (rechter Vorhof) · Herztaille: verstrichen bei vergröûertem linkem Vorhof · Pulmonalisbogen, Aortensilhouette (Sklerose, Ektasie?) · Retrokardialraum (linker Vorhof) und Retrosternalraum (rechter Ventrikel) in der seitlichen Aufnahme ± Lungenhili: Pulmonalarterien, Pulmonalvenen, Lymphknoten, Bronchien · Breite, Konfiguration ± Lungenperipherie: · Verschattungen? (flächenhaft, retikulär, fleckförmig, Rundherde?) · Aufhellungen? · Pneumothorax? (S. 678) ± Mediastinum: Breite, Verlagerung?, Tracheaverlauf, retrosternale Struma?, Hiatushernie? ± Skelettsystem: Deformitäten, degenerative Veränderungen (WS), Osteoporose, Osteolysen, Frakturen? Häufige pathologische Befunde: ± einseitige flächige Verschattung: · Pneumonien: S. 318, Abb. 79, Abb. 80 · Pleuraerguû (Abb. 60, S. 247): bei diffusen homogenen Verschattungen an groûe oder bei Liegendaufnahme an ¹auslaufendeª Ergüsse denken (Sonographie!) · Atelektase (Abb. 81, S. 326): homogene nicht mit Luft gefüllte Lungenabschnitte, bei entsprechender Ausdehnung gleichseitiger Zwerchfellhochstand und Verlagerung des Mediastinums zur kranken Seite. Vorkommen bei Verlegung der Bronchien durch Tumor, Schleimpfropf oder Fremdkörper ± beidseitige flächige Verschattungen: · kardiales Lungenödem (Abb. 59, S. 246): kleinfleckig konfluierend, Herzvergröûerung · beidseitige Pneumonie · ARDS · interstitielle Lungenerkrankungen (S. 312), Lymphangiosis carcinomatosa, Sarkoidose, Strahlenpneumonitis, toxisches Lungenödem u. a. ± isolierter Lungenrundherd: Mamillenschatten (symmetrisch auf der kontralateralen Seite auftretend), Bronchialkarzinom, Metastase, Tuberkulom, Chondrom, Neurinom, Fibrom, Adenom u. a. Weitere Diagnostik (S. 325, Tumorsuche) bei Hinweisen für Malignom: Alter > 40 Jahre, Raucheranamnese, Durchmesser > 2 cm, Gröûenzunahme im Verlauf Checkliste Hahn ´ Seite 46
3.6 Röntgenuntersuchungen ± multiple Lungenrundherde: meist Metastasen ± pulmonaler Ringschatten: Emphysemblase, Bronchiektasen, tuberkulöse Kaverne, dysontogenetische Lungenzysten, Lungenabszeû, zerfallender Tumor, Echinokokkuszyste, Aspergillom, auch als Summationseffekt normaler Streifenzeichnung auftretend ± Hilusverbreiterung: zentrales Bronchialkarzinom, Lymphknotenvergröûerung (z. B. Tbc, malignes Lymphom, Bronchial-Ca, Sarkoidose), zentrale Stauung ± Zwerchfellhochstand: · rechts: Hepatomegalie, Chilaiditi-Syndrom (= Koloninterposition zwischen Leber und Zwerchfell) · links: Splenomegalie · beidseits, rechts und/oder links: Adipositas, Aszites, Gravidität, subphrenischer Abszeû, Phrenikusparese ± weitere pathologische Befunde: Herz: S. 222ff, Lunge: S. 302ff.
47
YB
Nichtinvasive Diagnostik
CM
Clavicula
Trachea Scapula
Aortenbogen linke Pulmonalarterie („Pulmonalisbogen“) linker Vorhof („Herztaille“) Mammaschatten
Vena cava superior rechter Vorhof Vena cava inferior
Zwerchfell
Sinus phrenicocostalis A B < 0,5) (Herzdurchmesser normal: A/B –
Zwerchfell
Abb. 19
Magenfundus
Röntgen-Thorax p. a.
Humerus Trachea Sternum
Aortenbogen
Mammaschatten rechter Ventrikel
linker Vorhof
Abb. 20
Röntgen-Thorax seitlich
Checkliste Hahn ´ Seite 47
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Zwerchfell
Nichtinvasive Diagnostik
48
CM
YB
3.6 Röntgenuntersuchungen rechte Lunge (seitlich)
p.a.
linke Lunge (seitlich)
1
1 2
2
3
3
6 4
6 4 10
9
posterior
5
5
8 anterior
8
anterior
9
10
posterior
Oberlappen Mittellappen Unterlappen
Abb. 21
Lungenlappen und -segmente
Abdomenübersicht ä
ä
ä
Durchführung: ± im Stehen: Standarduntersuchung ± in Linksseitenlage: besserer Nachweis kleiner Mengen freier Luft. Hauptfragestellungen: ± freie Luft: Luftsicheln subdiaphragmal bzw. unter der seitlichen Bauchwand bei freier Perforation oder postoperativ ± Flüssigkeitsspiegel im Darmlumen (S. 171): Hinweis für Ileus. Weitere häufige pathologische Befunde: ± Verkalkungen: Gallen- oder Nierensteine, Pankreasverkalkungen (nach chronischer Pankreatitis), Lymphknotenverkalkungen (z. B. nach Tbc), Gefäûverkalkungen (Arteriosklerose), Hämatome, Tumoren, Zysten, Abszesse ± Psoasrandkontur unscharf: retroperitoneale Hämatome, Abszeûbildungen und Fibrose ± sonstiges: verschluckte Fremdkörper, Kontrastmittelreste ± pathologische Veränderungen in den abgebildeten Skelettanteilen.
Röntgenuntersuchung des Skeletts ä
&3&
ä
Durchführung: ± Aufnahmen in 2 Ebenen, je nach Untersuchungsregion zusätzlich Spezialaufnahmen. Allgemeine pathologische Knochenveränderungen (Beispiele): ± vermehrte Transparenz der Knochenstrukturen: · diffus: Osteoporose, Osteomalazie, diffuse Veränderungen maligner Genese (z. B. bei Plasmozytom, diffuse Knochenmetastasen) · umschrieben: Zysten (scharf abgegrenzt), akute Osteomyelitis (verwaschene diaphysäre Aufhellung, unscharfe Randkonturen, später sklerotische Umbaureaktionen), Sudeck-Syndrom (fleckige Aufhellung nach Checkliste Hahn ´ Seite 48
3.6 Röntgenuntersuchungen
ä
Trauma), osteolytische Metastasen und Plasmozytom (unregelmäûig begrenzte lochförmige Defekte), primäre Knochentumoren (evtl. zusätzliche Knochenauftreibung) ± verminderte Transparenz der Knochenstrukturen: · diffus: Fluorintoxikation, A- und D-Hypervitaminosen, Osteomyelosklerose, diffuse osteoplastische Metastasierung · umschrieben: Kompaktainsel (glatt abgegrenzt), osteoplastische Metastasen (unscharf begrenzt z. B. bei Prostatakarzinom), Knocheninfarkt (schollige Verkalkungen), chronische Osteomyelitis ± Frakturen: · Extremitäten: Frakturspalt, Dislokation der Knochenfragmente · Wirbelsäule: Kompression des Wirbelkörpers mit Einbruch der Deckund Bodenplatten. Veränderungen an den peripheren Gelenken und Bandscheiben (Beispiele): ± degenerative Veränderungen: S. 435 ± entzündliche Veränderungen: · Rheumatoide Arthritis: S. 440 · Morbus Bechterew: S. 444 ± Arthropathie bei Gicht: S. 470.
49
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Nichtinvasive Diagnostik
CM
ä
ä
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Jodhaltige Kontrastmittel werden bei den meisten i. v. Kontrastmitteluntersuchungen sowie bei der Untersuchung des Magen-Darm-Traktes mit wasserlöslichem Kontrastmittel (z. B. Gastrografin) verwendet. Aus dem MagenDarm-Trakt erfolgt normalerweise keine wesentliche Kontrastmittelresorption, so daû hier Zwischenfälle selten sind. Fragen, die vor einer Untersuchung mit jodhaltigen Kontrastmitteln (insbesondere bei i. v. Anwendung) geklärt werden müssen: ± bekannte Kontrastmittelallergie? ± erhöhte Gefahr allergischer Reaktionen?: bekannte allergische Diathese? ± (latente) Hyperthyreose ausgeschlossen?: ggf. TSH-basal bestimmen ± Schilddrüsendiagnostik geplant?: ggf. Diagnostik vor Kontrastmittelgabe ± Radiojodtherapie geplant?: nach Kontrastmittelgabe monatelang nicht möglich ± Gefahr der Überwässerung?: z. B. Herzinsuffizienz oder Dialysepatienten ± chronische Niereninsuffizienz?, Paraproteinämie? (z. B. Plasmozytom): erhöhte Gefahr des akuten Nierenversagens. Kontraindikationen: ± absolut: Hyperthyreose, Schilddrüsenautonomie. Bei vitaler Indikation der Kontrastmitteluntersuchung Blockierung der Schilddrüse durch Perchlorat (z. B. Irenat 3 15 Tr./d über 7 Tage) ± relativ: · Allergie: ggf. Prämedikation (s. u.) erforderlich · Niereninsuffizienz, Paraproteinämie, Exsikkose (vor Untersuchung ausreichende Bewässerung) · dekompensierte Herzinsuffizienz (vor Untersuchung behandeln, bei Dialysepatienten evtl. vorzeitige Dialyse). Voraussetzungen: ± nüchterner Patient (mindestens 3 Std.) ± Patientenaufklärung: Vorgehen, Risiken; Patienteneinverständnis ± bei i. v. Anwendung Applikation nur über fixierte Venenverweilkanüle Checkliste Hahn ´ Seite 49
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Untersuchung mit jodhaltigen Kontrastmitteln
Nichtinvasive Diagnostik
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3.6 Röntgenuntersuchungen
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± Beobachtung des Patienten nach der Kontrastmittelgabe ± Notfallmedikamente bereithalten. Prämedikation bei Risikopatienten für eine Kontrastmittelallergie: ± Glukokortikoide: 250 mg Prednisolon (z. B. Solu-Decortin-H) i. v. ± H1-Antagonist: z. B. 2 Amp. Fenistil oder Tavegil langsam i. v. (2 Min.) ± H2-Antagonist: z. B. 2 Amp. Tagamet langsam i. v. (4 Min.) ± Kontrastmittelapplikation nach 30 Min beginnen. Behandlung anaphylaktischer Reaktionen: S. 460.
Untersuchung mit bariumsulfathaltigen Kontrastmitteln ä ä ä
Anwendung: in der gastroenterologischen Röntgendiagnostik oral oder rektal. Kontraindikationen: akutes Abdomen, V. a. Perforation, Peritonitis, bei oraler Kontrastmittelgabe Ileus. Komplikationen: bei Perforation Bariumperitonitis, Verschlimmerung der Ileus-Symptome bei Obstruktion oder Ileus durch Eindickung des Bariumsulfats.
Kontrastmitteluntersuchungen des Magen-Darm-Traktes ä ä ä
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Voraussetzungen: nüchterner Patient, bei Untersuchung des Dickdarms Patientenvorbereitung am Vortag mit Laxans (z. B. X-Prep) und Flüssigkeit. Kontrastmittel: Bariumsulfat, bei Perforationsverdacht wasserlösliche Kontrastmittel (z. B. Gastrografin), Kontraindikationen: S. 49. Doppelkontrastmethode: Untersuchung von Hohlorganen mit Kontrastmittel und Doppelkontrastmittel (z. B. Luft oder Methylzellulose). Erfassung feinster Wandveränderungen durch dünnen KM-Belag auf der Organ-Innenwand. Magen-Darm-Passage (MDP): ± Durchführung: orale Kontrastmittelgabe, Untersuchung von Magen, Duodenum und übrigem Dünndarm in Verfolgung. Je nach Fragestellung Untersuchung in Hypotonie mit Buscopan oder Passagebeschleunigung mit Metoclopramid (z. B. Paspertin, Gastrosil) während der Untersuchung ± Indikationen: V. a. Ulkus oder Tumoren, wenn Gastroskopie nicht durchgeführt werden kann, Indikation zur Dünndarmuntersuchung s. u. Enteroklysma nach Sellink: ± Durchführung: Doppelkontrastdarstellung (s. o.) des Dünndarms über eine nasojejunale Sonde (Plazierung jenseits des Treitzschen Bandes). Instillation eines Bariumsulfat/Wasser-Gemisches (1:2), anschlieûend Methylzellulose-Gemisch als Doppelkontrastmittel ± Indikationen: Diarrhoen unklarer Genese, Morbus Crohn, Suche nach Tumoren oder intestinalen Lymphomen. Kolon-Kontrasteinlauf: ± Durchführung: retrograde Darstellung des gesamten Dickdarmes, Applikation des Kontrastmittels über einen (Ballon-)Katheter ± Indikationen: V. a. Tumoren, Entzündungen, Polypen oder Divertikel.
Cholegraphie ä ä ä
Prinzip: Untersuchung der Gallenwege entweder durch orale oder i. v. Gabe eines gallengängigen Kontrastmittels. Voraussetzungen: S. 49, Bilirubin < 3 mg/dl. Kontraindikationen: S. 49. Checkliste Hahn ´ Seite 50
3.6 Röntgenuntersuchungen ä
Indikationen (selten): ± orale Cholegraphie (nur Gallenblase ausreichend darstellbar): vor Chemolitholyse, sonographisch unklare Befunde ± i. v. Cholegraphie (besonders hohes Risiko der Kontrastmittelallergie!): Durchführung in Einzelfällen bei unklarer Sonographie, wenn ERC (S. 58) nicht möglich ist.
Perkutane transhepatische Cholangiographie (PTC) ä ä ä ä
Prinzip: invasive Methode zur Darstellung der Gallenwege mittels perkutaner Leberpunktion. Voraussetzungen: Patientenaufklärung, ausreichende Gerinnung (Quick > 50 %), ausreichend dilatierte intrahepatische Gallenwege zur Drainageanlage. Komplikationen: Blutung, biliovenöse Fisteln, Peritonitis, Pneumothorax. Indikationen: intra- bzw. posthepatische Cholestase, unklare Befunden o. g. Verfahren, Nichtdurchführbarkeit einer ERC (S. 58). Häufig in Verbindung mit perkutaner Gallenwegsdrainage (z. B. palliativ bei Gallenwegstumoren).
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Nichtinvasive Diagnostik
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Urogramm (i. v. Pyelogramm) ä ä ä ä
Prinzip: Untersuchung der Nieren und ableitenden Harnwege nach i. v. Gabe eines nierengängigen Kontrastmittels. Voraussetzungen: S. 49, Abführmaûnahmen zur Entblähung, keine vorherigen Bariumsulfatapplikationen (ggf. vorher Abdomen-Leeraufnahme). Kontraindikationen: S. 49, Kreatinin > 3 mg/dl. Indikationen: V. a. Steine, Tumoren, Stenosen, Aussage über Ausscheidungsfunktion der Nieren und Abfluûverhältnisse von Ureteren und Harnblase.
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Je nach Art der Angiographie handelt es sich um eine mehr oder weniger invasive Maûnahme, aus Gründen der Systematik Abhandlung in diesem Kapitel. Koronarangiographie siehe Abschnitt Herzkatheterisierung S. 60. Methoden: ± konventionelle Angiographie: direkte Darstellung von Arterien (Arteriographie), Venen (Phlebographie) oder Lymphgefäûen (Lymphographie) mittels wasserlöslichem Kontrastmittel ± digitale Subtraktionsangiographie (DSA): rechnergestützte Aufbereitung der digital aufgezeichneten Bilder · i. v. DSA: intravenöse Kontrastmittelapplikation und sekundäre Darstellung arterieller Gefäûe · i. a. DSA: intraarterielle Kontrastmittelapplikation, aussagekräftiger aber invasiver als i. v. DSA, gegenüber konventioneller Angiographie Reduktion der Kontrastmittelmenge und damit weniger Zwischenfälle ± je nach untersuchter Region erfolgt die Injektion des Kontrastmittels in das punktierte Gefäû direkt oder mittels Katheter (Seldingertechnik S. 65). Voraussetzungen: S. 49, Gerinnungsstatus (Quick, PTT, Thrombozyten). Kontraindikationen: S. 49. Komplikationen: Blutung, Thrombose, Embolie, Gefäûperforation oder -dissektion, arteriovenöse Fistelbildung. Indikationen: Nachweis und Lokalisation von Gefäûstenosen, -verschlüssen und -miûbildungen (Aneurysma, Angiom, Fistel), Thrombosenachweis, TumorCheckliste Hahn ´ Seite 51
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Angiographie
Nichtinvasive Diagnostik
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3.6 Röntgenuntersuchungen
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diagnostik, Gefäûversorgung (z. B. Operationsplanung), nach Trauma, okkulte Blutungen, Erfolgskontrolle nach gefäûchirurgischen Eingriffen oder medikamentösen Behandlungsmaûnahmen (z. B. Thrombolyse). Beispiele häufiger angiographischer Untersuchungen: ± Phlebographie tiefer Becken- und Beinvenen: bei V. a. tiefe Becken- oder Beinvenenthrombose und zur Therapiebeurteilung, präoperativ (Varizenchirurgie). Anatomie: Abb. 22 ± Arteriographie der Bein- und Beckengefäûe: bei pAVK vor möglichen gefäûchirurgischen Maûnahmen ± Renovasographie: z. B. bei V. a. Nierenarterienstenose ± Angiographie der Viszeralgefäûe: z. B. als i. a. DSA mit Darstellung der Arterien (arterielle Phase), der Organdurchblutung (parenchymatöse Phase) und des venösen Abflusses (venöse Phase) bei V. a. mesenteriale Ischämie (Mesenterikographie) oder zur präoperativen Darstellung der Blutgefäûversorgung (z. B. Tumor- oder portokavale Shuntchirurgie) ± Karotis- bzw. zerebrale Angiographie: Nachweis und präoperative Diagnostik bei Stenosen, Gefäûanomalien und Tumoren ± Lymphographie: Diagnostik lymphatischer Systemerkrankungen bei fraglichen Befunden in der Sonographie oder Computertomographie, V. a. Lymphgefäûanomalien z. B. bei Lymphstauung unklarer Genese. Vorgehen in der Diagnostik arterieller Gefäûerkrankungen: ± Sonographie (Doppler-, Duplex-, Farbkodierung): Basisverfahren ± i. v. DSA: weiterführende Diagnostik bei fraglichen Sonographiebefunden ± i. a. DSA, konventionelle Angiographie: präoperative Therapieplanung, ggf. bei peripheren Gefäûen, primär bei supraaortalen bzw. intrakraniellen Gefäûen.
Checkliste Hahn ´ Seite 52
3.6 Röntgenuntersuchungen
V. femoralis V. profunda femoris V. saphena magna V. poplitea V. saphena parva Vv. tibiales anteriores
Abb. 22
dorsal verlaufende Venen
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Nichtinvasive Diagnostik
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Vv. tibiales posteriores
Anatomie der Beinvenen
Computertomographie
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Computergesteuerte Anfertigung transversaler Querschnittsbilder verschiedenster Körperabschnitte unter Verwendung von Röntgenstrahlen (hohe Strahlenbelastung). Beachte: Bei den meisten Fragestellungen werden jodhaltige Kontrastmittel eingesetzt (S. 49). Einschränkungen können sein: unruhige unkooperative Patienten, Klaustrophobie, Kontrastmittelallergie, kürzlich vorausgegangene Kontrastmitteluntersuchungen des Gastrointestinaltraktes (bei Abdomen- und Becken-CT).
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3.6 Röntgenuntersuchungen
Nichtinvasive Diagnostik
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Magnetresonanztomographie (MRT) ä
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Computergesteuerte Anfertigung von Bildern aus beliebigen Schnittebenen (z. B. transversal, frontal, sagittal) verschiedenster Körperabschnitte unter Verwendung starker Magnetfelder (Synonym: Kernspintomographie). In Abhängigkeit der Fragestellung höhere Sensitivität und Spezifität in der Diagnosestellung als konventionelles CT. Keine Belastung durch Röntgenstrahlen. Aufgrund der längeren Untersuchungszeit ist eine ausreichende Patientenkooperation erforderlich Kontraindikationen: Herzschrittmacher, intrakorporales magnetisches Metall (in Abhängigkeit von der Lage).
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3.7 Szintigraphische Untersuchungen Grundlagen ä
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Prinzip: Applikation kurzlebiger, jeweils spezieller Radionuklide (i. v. oder oral) führt zur Aktivitätsverteilung im untersuchten Organ(-system), zweidimensionale Registrierung mit dem Scanner oder der Gammakamera. Methoden: Nierensequenz- (S. 411), Nebennieren- (S. 506), 131J-MIBG-Szintigraphie (S. 514), unten genannte sowie zahlreiche weitere.
Schilddrüsenszintigraphie ä
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Standarduntersuchung: Szintigraphie mit 99mTc-Pertechnetat. Bestimmung der Verteilung und der aufgenommenen Gesamtmenge (= Tc-uptake). ± Indikationen: Schilddrüsenfunktionsstörungen, abklärungsbedürftige sonographische Befunde ± Interpretation: Lage, Gröûe und Form der Schilddrüse sowie ektoper Anteile, Funktionsbeurteilung des Gesamtorgans und fokaler Veränderungen: · hoher Tc-uptake: Morbus Basedow, disseminierte Autonomie · kalte Knoten: verminderte Speicherung z. B. bei Zysten und Karzinomen (Vergleich mit Sonographie, ggf. Feinnadelpunktion) · heiûe Knoten: vermehrte Speicherung bei autonomen Adenomen (unioder multifokale Autonomie), vom dekompensierten autonomen Adenom spricht man bei verminderter/fehlender Speicherung des übrigen Organs. Suppressionsszintigraphie: Tc-uptake-Bestimmung nach Gabe von L-Thyroxin in suppressiver Dosis (z. B. 2 Wo. 75 g/d, dann 2 Wo. 150 g/d). ± Indikation: V. a. funktionelle Schilddrüsenautonomie bei unauffälligem Standardszintigramm. Szintigraphie mit Radiojodisotopen (123J, 131J): spezielle Indikationen z. B. Nachsorge und p. o. Kontrolle bei Schilddrüsenkarzinom, vor Radiojodtherapie.
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Nichtinvasive Diagnostik
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Skelettszintigraphie (Knochenszintigraphie) ä ä
Untersuchung des Skeletts mit 99mTc-Phosphatverbindungen. Indikationen: Metastasensuche, Diagnostik von Entzündungen, V. a. frische Fraktur bei fraglichem Röntgenbefund u. a.
Lungenszintigraphie ä
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Nuklearmedizinische Untersuchung der Lunge. Methoden: ± Perfusionsszintigraphie mit 99mTc markierten Mikrosphären: Untersuchung der Lungendurchblutung ± Ventilationsszintigraphie mit 133Xenon-Gas: Untersuchung der Lungenbelüftung. Indikationen: V. a. Lungenembolie (S. 673), präoperativ vor Lungenresektion.
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Nuklearmedizinische Untersuchung der Myokarddurchblutung mit 201Thallium nach ergometrischer Ausbelastung. Indikationen: V. a. koronare Herzkrankheit bei unklaren Befunden im Belastungs-EKG, Erfolgskontrolle nach PTCA (S. 61) oder ACVB (S. 256), Nachweis von Infarktnarben in der Spätaufnahme (nach Erholung). Checkliste Hahn ´ Seite 55
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Myokardszintigraphie
3.7 Szintigraphische Untersuchungen Grundlagen ä
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Prinzip: Applikation kurzlebiger, jeweils spezieller Radionuklide (i. v. oder oral) führt zur Aktivitätsverteilung im untersuchten Organ(-system), zweidimensionale Registrierung mit dem Scanner oder der Gammakamera. Methoden: Nierensequenz- (S. 411), Nebennieren- (S. 506), 131J-MIBG-Szintigraphie (S. 514), unten genannte sowie zahlreiche weitere.
Schilddrüsenszintigraphie ä
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Standarduntersuchung: Szintigraphie mit 99mTc-Pertechnetat. Bestimmung der Verteilung und der aufgenommenen Gesamtmenge (= Tc-uptake). ± Indikationen: Schilddrüsenfunktionsstörungen, abklärungsbedürftige sonographische Befunde ± Interpretation: Lage, Gröûe und Form der Schilddrüse sowie ektoper Anteile, Funktionsbeurteilung des Gesamtorgans und fokaler Veränderungen: · hoher Tc-uptake: Morbus Basedow, disseminierte Autonomie · kalte Knoten: verminderte Speicherung z. B. bei Zysten und Karzinomen (Vergleich mit Sonographie, ggf. Feinnadelpunktion) · heiûe Knoten: vermehrte Speicherung bei autonomen Adenomen (unioder multifokale Autonomie), vom dekompensierten autonomen Adenom spricht man bei verminderter/fehlender Speicherung des übrigen Organs. Suppressionsszintigraphie: Tc-uptake-Bestimmung nach Gabe von L-Thyroxin in suppressiver Dosis (z. B. 2 Wo. 75 g/d, dann 2 Wo. 150 g/d). ± Indikation: V. a. funktionelle Schilddrüsenautonomie bei unauffälligem Standardszintigramm. Szintigraphie mit Radiojodisotopen (123J, 131J): spezielle Indikationen z. B. Nachsorge und p. o. Kontrolle bei Schilddrüsenkarzinom, vor Radiojodtherapie.
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Nichtinvasive Diagnostik
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Skelettszintigraphie (Knochenszintigraphie) ä ä
Untersuchung des Skeletts mit 99mTc-Phosphatverbindungen. Indikationen: Metastasensuche, Diagnostik von Entzündungen, V. a. frische Fraktur bei fraglichem Röntgenbefund u. a.
Lungenszintigraphie ä
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Nuklearmedizinische Untersuchung der Lunge. Methoden: ± Perfusionsszintigraphie mit 99mTc markierten Mikrosphären: Untersuchung der Lungendurchblutung ± Ventilationsszintigraphie mit 133Xenon-Gas: Untersuchung der Lungenbelüftung. Indikationen: V. a. Lungenembolie (S. 673), präoperativ vor Lungenresektion.
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Nuklearmedizinische Untersuchung der Myokarddurchblutung mit 201Thallium nach ergometrischer Ausbelastung. Indikationen: V. a. koronare Herzkrankheit bei unklaren Befunden im Belastungs-EKG, Erfolgskontrolle nach PTCA (S. 61) oder ACVB (S. 256), Nachweis von Infarktnarben in der Spätaufnahme (nach Erholung). Checkliste Hahn ´ Seite 55
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Myokardszintigraphie
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4.1 Endoskopie
Invasive Diagnostik und Therapie
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Einführung ä
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Prinzip: Untersuchung von Hohlräumen mit starren oder flexiblen Endoskopen mit oder ohne Videotechnik. Die Geräte besitzen eine Spül- und Absaugevorrichtung sowie mindestens einen Arbeitskanal, durch den sich Instrumente für diagnostische (Biopsie) und therapeutische (z. B. Polypektomie) Maûnahmen einführen lassen. Voraussetzung aller Methoden: Patientenaufklärung.
Bronchoskopie ä
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Methoden: ± flexible Bronchoskopie (am häufigsten): nach Prämedikation und Lokalanästhesie Einführen des Instruments über Nase oder Mund, Beurteilung der Bronchien bis auf Segment-, teilweise auch auf Subsegmentebene ± starre Bronchoskopie: Untersuchung in Vollnarkose mit Hilfe eines Metallrohrs und der zugehörigen Optik, ermöglicht bei deutlich höherer Invasivität erweiterte diagnostische und therapeutische Maûnahmen. Vorbereitung: Röntgen-Thorax, EKG, Lungenfunktion, Gerinnungsstatus, nüchterner Patient, Pulsoxymetrie, EKG-Monitoring, O2-Anschluû + übliche Narkosevorbereitung bei starrer Bronchoskopie. Indikationen: ± diagnostisch: · unklare Lungenrundherde, Infiltrate, Atelektasen oder Hilusveränderungen im Thorax-Röntgenbild · V. a. Bronchialkarzinom, z. B. bei chronischem Husten oder Hämoptysen · bronchoalveoläre Lavage (BAL): Diagnostik interstitieller oder entzündlicher Lungenerkrankungen · transbronchiale Lungenbiopsie: Diagnostik interstitieller Lungenerkrankungen oder verdächtiger extrabronchialer Herde · transbronchiale Lymphknotenbiopsie: ermöglicht zytologische Untersuchung unklarer mediastinaler Lymphknotenvergröûerungen · Bronchographie: bronchoskopische Applikation von Röntgenkontrastmittel bei der Diagnostik von Bronchiektasen oder Bronchusanomalien ± therapeutisch: · Absaugen von Aspiraten oder Sekreten (z. B. beim Intensivpatienten) · Extraktion inhalierter Fremdkörper · Lasertherapie: Blutstillung bei schweren Hämoptysen, palliative Behandlung tumorbedingter Stenosen · endobronchiale Strahlentherapie oder Stentimplantation: z. B. Behandlung eines stenosierenden zentralen Bronchialkarzinoms. Kontraindikationen (relativ, Durchführung nur bei vitaler Indikation): ausgeprägte respiratorische Globalinsuffizienz, schwere kardiale Dekompensation, akuter Herzinfarkt und Blutgerinnungsstörungen. Übliche Narkosekontraindikationen bei starrer Bronchoskopie. Komplikationen: Bronchospasmus, Hypoxämie, Blutungen und Pneumothorax in Abhängigkeit von der Methode, den durchgeführten diagnostischen und therapeutischen Verfahren und vom Untersucher.
Checkliste Hahn ´ Seite 56
4.1 Endoskopie Thorakoskopie ä
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Methode: Untersuchung der Pleurahöhle mit einem transthorakal eingeführten Endoskop nach Lokalanästhesie und Erzeugung eines Pneumothorax durch Gasinsufflation oder in vorhandene freie Räume (z. B. Pleuraerguû). Indikationen: ± diagnostisch: pleurale Erkrankungen wie z. B. unklare Pleuraergüsse, verdächtige Pleuraverschattungen im Röntgenbild, Biopsie bei disseminierten oder peripher lokalisierten Lungenerkrankungen ± therapeutisch: rezidivierender Pneumothorax, Pleurodese bei rezidivierenden malignen Pleuraergüssen (z. B. Fibrinklebung). Kontraindikationen: ausgeprägte Blutgerinnungsstörungen. Komplikationen: Blutungen, Pneumothorax, Luftembolie.
Mediastinoskopie ä
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Methode: Untersuchung des vorderen Mediastinums in Vollnarkose mit einem oberhalb des Jugulums eingeführten Endoskop nach Präparation eines Hohlraumes. Indikationen: unklare mediastinale Prozesse oder Lungenhilusveränderungen und ggf. im Rahmen des Stagings beim Bronchialkarzinom als Ergänzung zur Computertomographie oder bei notwendiger histologischer Untersuchung. Kontraindikationen: ausgeprägte obere Einfluûstauung, Blutgerinnungsstörungen, Kontraindikationen gegen Narkose. Komplikationen: Blutung (Gefahr der Verletzung gröûerer Gefäûe), Pneumothorax, linksseitige Rekurrensparese.
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Invasive Diagnostik und Therapie
CM
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Methode: Untersuchung des Ösophagus, Magens und oberen Duodenums (ggf. auch bis Flexura duodenojejunalis) mit einem flexiblen Endoskop (S. 56). Vorbereitung: Patientenaufklärung, nüchterner Patient, Gerinnungsstatus, bei gefährdeten Patienten Pulsoxymetrie und EKG-Monitoring. Prämedikation: Notwendigkeit abwägen, z. B. mit 2,5 ± 5 mg Midazolam (Dormicum), dabei Benzodiazepinantagonist Flumazenil (Anexate) bereithalten und Nachüberwachung des Patienten. Bei Rachenanästhesie Nahrungs- und Flüssigkeitskarenz bis 2 h nach der Untersuchung (Aspirationsgefahr). Indikationen: ± diagnostisch: Dysphagie, persistierende Oberbauchbeschwerden, Anämieabklärung, Tumorsuche, Tumorvorsorge (z. B. Patienten mit Typ-A-Gastritis), Tumornachsorge, Therapiekontrolle z. B. bei Ulzera, Z. n. Magenresektion, akute gastrointestinale Blutung, portale Hypertension u. a. ± therapeutisch: endoskopische Blutstillung (Injektionsbehandlung, Laserund Elektrokoagulation, Klipptechnik, Gummibandligatur), Polypektomie, Ösphagusvarizensklerosierung in der Sekundärprophylaxe nach Blutung, endoskopische Behandlung (peptischer) Stenosen, Entfernung verschluckter Fremdkörper u. a. Kontraindikationen: unkooperativer Patient. Vorsicht bei Patienten mit Dysphagie (insbesondere bei Ösophagusdivertikeln, Endoskop unter Sicht einführen), bei Biopsieentnahme oder Polypektomie schlechte Blutgerinnung.
Checkliste Hahn ´ Seite 57
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Ösophago-Gastro-Duodenoskopie
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4.1 Endoskopie
Invasive Diagnostik und Therapie
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Komplikationen (selten): kardiopulmonale Komplikationen insbesondere bei prämedizierten Patienten, Perforation, Blutungen nach Biopsien oder Polypektomien, Aspirationspneumonie.
Endoskopische retrograde Cholangio-Pankreatikographie (ERCP) ä
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Methode: Untersuchung des Duodenums bzw. der Papillenregion mit gleichzeitiger radiologischer Darstellung (mit Kontrastmittel) von Gallenwegs- und/ oder Pankreasgangsystem (ERC bzw. ERP) mit einem flexiblen Seitblickendoskop oder, in Spezialfällen (z. B. B-II-Resektion), mit prograder Optik. Zunehmend sind zur direkten Inspektion beider Gangsysteme auch Feinkaliberendoskope im Einsatz (Cholangioskopie und Pankreatikoskopie mittels ¹MotherBabyscope-Systemª). Therapeutisch sind Eingriffe wie z. B. Papillotomie mit Steinextraktion oder Implantation biliärer Drainagen oder Stents möglich. Vorbereitung: Patientenaufklärung, nüchterner Patient, Gerinnungsstatus, Blutbild, Blutgruppe, Cholestasewerte und Lipase; Strahlenschutzmaûnahmen, bei gefährdeten Patienten Pulsoxymetrie und EKG-Monitoring. Prämedikation: wie Gastroskopie (S. 57, einschlieûlich Nachüberwachung), evtl. zusätzlich 0,5 mg Atropin und 50 mg Pethidin (Dolantin), dabei Opioidantagonisten Naloxon (Narcanti) bereithalten; bei starker Peristaltik 20 ± 40 mg Buscopan. Indikationen: ± ERC: Choledocholithiasis, V. a. Tumoren der Papille und der Gallenwege, akute biliäre Pankreatitis, Cholestase unklarer Genese, benigne Stenosen der Gallenwege und Papille ± ERP: chronische Pankreatitis, V. a. Pankreaskarzinom, traumatische oder p. o. Pankreasläsionen, Pankreasmiûbildungen, vor Pankreasoperationen. Kontraindikationen: ± absolut: unkooperativer Patient ± relativ: schwere Gerinnungsstörung, schwere Herzrhythmusstörungen, schwere Herzinsuffizienz, kurz zurückliegender Herzinfarkt, akut-hämorrhagische Pankreatitis. Komplikationen: häufig passagere Amylase/Lipaseerhöhung, selten ¹PostERCP-Pankreatitisª, Cholangitis, Blutungen oder Perforationen nach Papillotomie.
Koloskopie ä
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Methode: Untersuchung des Kolons üblicherweise einschlieûlich des terminalen Ileums mit einem flexiblen Endoskop (S. 56) mit oder ohne Röntgenkontrolle. Vorbereitung: ± Patientenaufklärung (auch über mögliche Polypektomie), Gerinnungsstatus, Blutgruppe bei evtl. Polypektomie, bei gefährdeten Patienten Pulsoxymetrie und EKG-Monitoring, ggf. Strahlenschutzmaûnahmen ± Darmreinigung mit Laxans (z. B. x-Prep) und ausreichend Flüssigkeit oder (besser) mit Golytely-Lösung (3 ± 4 l), welche kaum intestinal resorbiert wird (Herzinsuffizienz!): mindestens die Hälfte der Flüssigkeit sollte am Abend vor der Untersuchung eingenommen werden. Ziel: Entleerung klarer Flüssigkeit ± bei V. a. Darmobstruktion keine peroralen Abführmaûnahmen sondern hohe Reinigungseinläufe. Checkliste Hahn ´ Seite 58
4.1 Endoskopie ä ä
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Prämedikation: wie bei der Gastroskopie (S. 57) nicht unbedingt erforderlich. Indikationen: ± diagnostisch: peranale Blutungen, ¾nderungen der Stuhlgewohnheiten, Tumorsuche, Tumornachsorge, Tumorvorsorge (z. B. Präkanzerosen, familiäre Belastung) unklare abdominelle Beschwerden, Subileuserscheinungen, unklarer radiologischer Befund, V. a. chronisch entzündliche Darmerkrankungen ± therapeutisch: Polypektomie, palliative Lasertherapie maligner Tumoren u. a. Kontraindikationen: hochakute Kolitis bzw. Divertikulitis, toxisches Megakolon, schwere kardiopulmonale Erkrankungen, unkooperativer Patient. Komplikationen: kardiopulmonale Komplikationen insbesondere bei prämedizierten Patienten, Perforation, Postpolypektomieblutung.
Rektoskopie ± Proktoskopie ä
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Methode: Untersuchung des Rektums und des Analkanals mit starrem Instrument (Rektoskop bzw. Proktoskop) meist in Knie-Ellenbogen-Lage oder Linksseitenlage. Vorbereitung: Patientenaufklärung, Gerinnungsstatus, Reinigung des Enddarmes mit Einmalklysma 30 Min. vor der Untersuchung, Analinspektion, rektaldigitale Austastung. Indikationen: peranale Blutungen, Beschwerden im Analbereich, Krebsvorsorgeuntersuchung, ergänzende Untersuchung des Analkanals nach Koloskopie. Kontraindikationen: keine absoluten, erschwerte schmerzhafte Untersuchung bei Analfissuren, periproktitischen Abszessen oder Analstenosen. Komplikationen: Perforation, Blutung insbesondere nach Polypektomie.
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Invasive Diagnostik und Therapie
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Laparoskopie ä
Spiegelung der Abdominalhöhle mit starrem Endoskop in Lokalanästhesie nach vorheriger Anlage eine Pneumoperitoneums. Indikationsbereich wurde in den letzten Jahren im Bereich der Inneren Medizin durch neuere Methoden (z. B. Sono, CT, ERCP) deutlich eingeschränkt. Einsatz z. B. in der Diagnostik chronischer Lebererkrankungen, bei Aszites unklarer Genese oder im Rahmen des Stagings maligner Lymphome.
Gastroenterologische Endosonographie Endokavitäre Ultraschalluntersuchung mittels flexiblen Echoendoskopen, im unteren Gastrointestinaltrakt auch mit starren Ultraschallsonden. Ermöglicht z. B. eine verbesserte Darstellung des Pankreas und stellt ein treffsicheres Verfahren im lokalen Staging gastrointestinaler Tumore dar. Problem: Methode ist genauso invasiv wie die entsprechende Endoskopie (s. d.).
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4.2 Invasive kardiologische Methoden
Invasive Diagnostik und Therapie
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Übersicht ä
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Herzkatheteruntersuchung: Einführung von Sonden über periphere und zentrale Arterien und Venen zur Vermessung und Darstellung der Herzhöhlen und Koronargefäûe (Abb. 23) mittels röntgenologischer Kontrastmitteldarstellung, Gewinnung hämodynamischer Parameter, zur elektrophysiologischen Diagnostik und zur Durchführung therapeutischer Maûnahmen. Diagnostische Verfahren: Tab. 14.
Tabelle 14
Untersuchungsziel
Indikationen
RechtsherzEinschwemmkatheteruntersuchung (Swan-Ganzoder Pulmonaliskatheter)
Messung der Hämodynamik des rechten Herzens, Messung des intrakardialen, pulmonalarteriellen sowie pulmonalkapillären (= Wedge-) Drucks, Messung des Herzminutenvolumens
V. a. Funktionsstörungen des linken Ventrikels, Diagnostik des akuten oder chronischen Cor pulmonale, Diagnostik von Pulmonaloder Trikuspidalklappenfehlern, hämodynamische Überwachung in der Intensivmedizin
Koronarangio- selektive Darstellung der graphie Koronararterien, Beurteilung von Ausmaû und Lokalisation der koronaren Herzkrankheit, gleichzeitige Durchführung mit Ventrikulographie
(nach) Myokardinfarkt, instabile oder therapierefraktäre Angina pectoris, dringender V. a. Koronarinsuffizienz bei typischer Klinik, pathologischem Belastungs-EKG oder Myokardszintigraphie und therapeutischen Konsequenzen, präoperativ vor Herzoperationen
Ventrikulographie
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Herzkatheteruntersuchungen
Methode
Auskunft über Gröûe, Form, Koronare Herzkrankheit, DiagnoKontraktionsverhalten des stik von Vitien, Diagnostik von linken (oder rechten) Ven- Kardiomyopathien trikels, Erkennung und Quantifizierung von Klappendysfunktionen, Druckmessungen zur Funktionsdiagnostik des Myokards
Diagnostische Differenzierung von HerzElektrostimu- rhythmusstörungen lation Methoden (vgl. S. 264): ± Vorhofstimulation ± His-Bündel-EKG ± programmierte Ventrikelstimulation (Mapping)
Sinusknotensyndrom, Diagnostik von Erregungsbildungs- und Leitungsstörungen, komplexe, therapierefraktäre Herzrhythmusstörungen, Therapiekontrolle bei antiarrhythmischer Therapie
Myokardbiopsie
Diagnose primärer und sekundärer Kardiomyopathien, Myokarditis, nach Herztransplantation (Abstoûungsreaktion?)
Gewinnung von Myokardgewebe zur histologischen Untersuchung
Checkliste Hahn ´ Seite 60
4.2 Invasive kardiologische Methoden ä
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Therapeutische Verfahren (z. B.): ± PTCA = perkutane transluminale coronare Angioplastie: Dilatation einer Koronarstenose mit einem Ballonkatheter (alternativ: Laser-, Rotations-, Hochfrequenzangioplastie, Stentimplantation u. a.). · Durchführung bei koronaren 1- oder 2-Gefäûerkrankungen mit proximalen kurzstreckigen Stenosen, nicht bei Hauptstammstenose der linken Koronararterie (Bypass-OP) · Komplikationen: Restenosierung (ca. 30 % in den ersten 6 Monaten), Koronararteriendissektion und -verschluû ± Katheterablation: S. 279. Vorbereitung von Herzkatheteruntersuchungen: ± Beachtung der Richtlinien für Kontrastmitteluntersuchungen: S. 49 ± Voruntersuchungen: mindestens Röntgen-Thorax, Ruhe-EKG, wenn möglich Belastungs-EKG ± Labor: Blutbild, Quick, Kreatinin, Elektrolyte, Herzenzyme, TSH-basal ± Aufklärung und schriftliche Einwilligung des Patienten. Nachsorge: Druckverband und Bettruhe für 24 Std., Kontrolle von EKG und Herzenzymen. Kontraindikationen: relevante oder floride extrakardiale Erkrankungen (relativ), erhöhtes Risiko bei Gerinnungsstörungen und instabiler kardialer Situation. Komplikationen (Rate < 1 %, höher bei schweren Herz- oder Begleiterkrankungen): Kontrastmittelunverträglichkeit, kardiale Dekompensation, Rhythmusstörungen, zerebrale Embolien, Myokardinfarkt, Tod, periphere Komplikationen an der Einstichstelle (z. B. Hämatom, arterielle Embolie, Gefäûdissektion).
61
YB
Invasive Diagnostik und Therapie
CM
Anatomie und Kurzbezeichnung der wichtigsten Koronararterien A. coronaria sinistra (ACS, LCA) A. coronaria dextra (ACD, RCA) R. posterolateralis dexter (RPLD)
R. interventricularis anterior (RIA, RIVA, LAD) R. circumflexus (RCX, LAC) R. septalis anterior (RSA) R. marginalis sinister (RMS) R. diagonalis (RD)
R. interventricularis posterior (RIP) R. marginalis dexter (RMD)
Schema der wichtigsten Koronararterien (Abkürzungen in Klammern)
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Abb. 23
R. posterolateralis sinister (RPLS)
Checkliste Hahn ´ Seite 61
62
YB
5.1 Injektionstechnik
Injektions- und Punktionstechniken
CM
Maûnahmen bei allen Injektionsarten ä ä ä
Ampulle kontrollieren: richtiges Medikament?, Haltbarkeitsdatum? Hautdesinfektionsmittel auftragen und mindestens 30 Sek. einwirken lassen. Vor Injektion Überprüfung der Kanülenlage durch Aspiration: bei i. c., s. c. und i. m. Injektionen darf dabei kein Blut zurückflieûen.
Intrakutane Injektion (i. c.) ä ä
Indikation: z. B. BCG-Impfung, Tuberkulintest, Allergietestung und Quaddelung mit Lokalanästhetikum im Rahmen einer lokalen Schmerztherapie. Durchführung: mit feiner Kanüle fast parallel zur Hautoberfläche punktieren. Die Bildung einer Quaddel und die heller werdende Hautfarbe deuten auf eine korrekte intrakutane Injektion hin.
Subkutane Injektion (s. c.) ä ä
Indikation: z. B. Insulin- und Heparin-Injektion, auch Analgetika wie Morphin oder Antihypertensiva wie Clonidin können s. c. appliziert werden. Durchführung: beste Applikationsorte sind Unterbauch und Oberschenkel. Bei der Injektion mit Daumen und Zeigefinger Hautfalte bilden und in diese im Winkel von ca. 45 einstechen.
Intramuskuläre Injektion (i. m.) ä ä
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ä
Vorteile: schnelle Durchführbarkeit, relativ schnelle Wirksamkeit des injizierten Medikaments (daher im hausärztlichen Bereich beliebt). Nachteile: hohes Infektionsrisiko (Abszesse!), Gefahr der Bildung gröûerer Hämatome (besonders unter Antikoagulation!), Beeinträchtigung der Enzymdiagnostik und Kontraindikation zur Thrombolysetherapie beim Herzinfarkt (daher in der Klinik unbeliebt). Durchführung: am häufigsten ventrogluteale Injektion (nach v. Hochstetter, Abb. 24): unter Spreizung von Zeige- und Mittelfinger berührt die jeweils ventral liegende Fingerspitze die Spina iliaca anterior superior, die dorsal liegende Fingerspitze den Beckenkamm. Das dabei entstehende Dreieck bildet den Injektionsbereich, in den je nach Fettpolster 2 ± 5 cm tief senkrecht zur Haut eingestochen wird. Andere Injektionsorte: Oberschenkel, Oberarm (M. deltoideus).
Checkliste Hahn ´ Seite 62
5.1 Injektionstechnik
Beckenkamm Spina iliaca anterior superior Injektionsbereich
Abb. 24
63
YB
Injektions- und Punktionstechniken
CM
Intramuskuläre Injektion nach v. Hochstetter
Intravenöse Injektion (i. v.) Durchführung: ± Technik der Punktion: S. 64 ± Stauschlauch nach korrekter Venenpunktion und vor Injektion öffnen! ± während der Injektion durch wiederholte Aspirationen korrekte Kanülenlage prüfen, um eine paravasale Injektion zu vermeiden ± bezüglich der Injektionsgeschwindigkeit Angaben des Herstellers beachten ± nach dem Herausziehen der Kanüle Kompression der Einstichstelle mit einem Tupfer und Anheben des Armes.
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ä
Checkliste Hahn ´ Seite 63
64
5.2 Punktionen
Injektions- und Punktionstechniken
CM
Punktion peripherer Venen ä ä
ä
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ä
YB
Indikation: Blutabnahme, i. v. Injektion, Anlage von Verweilkanülen (z. B. Braunülen, Abb. 25). Punktionsorte: Ellenbeuge, Unterarm, Handrücken, V. jugularis externa (oft einziger peripherer Zugangsweg im kardiogenen Schock), Fuûrücken (wegen hoher Thrombophlebitisgefahr nur als Ultima ratio). Durchführung (allgemein) (Abb. 26): ± Arm soweit wie möglich senken ± Anlage der Staumanschette proximal des Punktionsortes so fest, daû die peripheren Pulse gerade noch gut tastbar sind ± die ¹besteª Vene ist nicht die, die man am besten sieht, sondern die, die sich beim Betasten wie ein Gummischlauch anfühlt ± Beklopfen und Reiben des Armes sowie wiederholter Faustschluû des Patienten fördern die Venenfüllung ± bei sehr dünnkalibrigen Venen vorher den Arm mit warmen Tüchern einwickeln und/oder Vene mit Nitrospray besprühen ± bei Rollvenen Haut anspannen (z. B. den Unterarm von dorsal fest umgreifen oder Haut distal der Punktionsstelle mit dem Daumen unter Zug fixieren) und möglichst umgekehrt-Y-förmigen Venenzusammenfluû wählen ± bei der Punktion sollte die Kanülenöffnung nach oben zeigen ± steiles Punktieren ist zwar weniger schmerzhaft, jedoch wird die Venenhinterwand häufiger durchstochen (die Vene ¹platztª). Punktion mit Verweilkanülen (z. B. Braunüle) Beachte: Beim Verwenden einer Braunüle ¹einhändigesª Arbeiten angewöhnen, damit die andere Hand den Arm bis zur korrekten Lage fixieren kann, was eine Dislokation nach erfolgreicher Punktion verhindert ± bei zu erwartenden wiederholten Verweilkanülenanlagen Punktionsorte möglichst distal, also zunächst am Handrücken wählen, was bei einer Venenthrombosierung die Anzahl verbleibender Punktionsorte erhöht ± zur feineren Steuerung der Punktion befindet sich der Daumen dorsal auf dem transparenten Blutfängerstopfen und der Zeigefinger gegenüber vor dem farbigen Injektionsventil ± mit der linken Hand die Haut anspannen (s. o.) und diese zunächst entweder tangential über der Vene oder neben der Vene durchstechen (verhindert ¹Platzenª der Vene bei harter Haut) ± nach erfolgreicher Venenpunktion (Blut flieût in den Blutfängerstopfen) Kanülenspitze leicht anheben und die Braunüle ca. 5 mm parallel zum Venenverlauf vorschieben ± dann einhändiges (!) Zurückziehen der Stahlkanüle: der Nagel des Zeigefingers fixiert den Plastikteil am Injektionsventil von distal, Daumen und Mittelfinger seitlich links und rechts der Griffplatte ziehen die Stahlkanüle ca. 2 mm zurück ± Grifftechnik beibehalten und Braunüle soweit möglich parallel zum Venenverlauf vorschieben, dann (nach Lösen der Staumanschette) mit Pflaster auf der Haut fixieren ± unter Kompression der Vene im vermuteten Bereich der Kanülenspitze Stahlkanüle entfernen und Infusionssystem anschlieûen.
Checkliste Hahn ´ Seite 64
5.2 Punktionen Griffplatte Injektionsventil
Blutfängerstopfen
Abb. 25
Braunüle
Abb. 26
Punktion mit Venen-Verweilkanüle
65
YB
Injektions- und Punktionstechniken
CM
Seldinger-Technik
ä
Bei der Katheterisierung von Venen und Arterien (u. a.) benutzes Verfahren, das durch Verwendung dünnerer Punktionskanülen eine geringere Traumatisierung bewirkt und damit komplikationsärmer als die konventionelle Technik ist. Prinzip: Abb. 27.
1
2
3
4
Abb. 27 Seldinger Technik: 1 Gefäûpunktion mit Punktionskanüle 2 Führungsdraht über die liegende Punktionskanüle in das Gefäû einführen 3 Entfernen der Punktionskanüle, Belassen des Führungsdrahtes 4 Gefäûkatheter über den liegenden Führungsdraht in das Gefäû einführen, vorherige Erweiterung der Einstichstelle mit dem Skalpell und Drehbewegungen des Katheters erleichtern die Passage. Dann Führungsdraht entfernen, dabei den Gefäûkatheter fixieren. Checkliste Hahn ´ Seite 65
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66
5.2 Punktionen
Injektions- und Punktionstechniken
CM
Zentralvenöse Katheter (ZVK) ä
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YB
Indikationen: ± Notwendigkeit der ZVD-Messung unter intensivmedizinischer Überwachung ± hochkalorische parenterale Ernährung ± Zufuhr venenwandreizender Substanzen (z. B. hochkonzentrierte Glukoselösungen, Kalium) ± fehlender peripherer Venenzugang. Komplikationen: ± akut: · Blutungen bzw. Hämatome insbesondere bei arterieller Fehlpunktion und Gerinnungsstörungen (Quick < 50 %): sofortige manuelle Kompression für mindestens 5 Min. oder Druckverband bei peripheren Zugangswegen · Luftembolie: immer in Kopftieflage punktieren · Rhythmusstörungen (Irritation von Strukturen des Erregungsleitungssystems durch die Katheterspitze): Katheterlage korrigieren · Pneumothorax (bei Punktion der V. subclavia, seltener V. jugularis. interna): keine beidseitigen Punktionsversuche · Embolisation abgescherter Katheterstücke oder Kunststoffkanülenanteile: Stahlkanüle nie in die liegende Kunststoffkanüle zurückstecken ± beim liegenden Katheter: Thrombophlebitis, Thrombose, Sepsis (bei unklarem Fieber ZVK entfernen und Katheterspitze zur mikrobiologischen Untersuchung einschicken). Zugangswege: ± peripher: V. basilica, (V. cephalica) ± zentral: V. subclavia, V. jugularis interna (und externa). Vorbereitung: Einmalpunktionsset, sterile Tücher, Tupfer, Handschuhe und Mundschutz, 10 ml Spritze mit NaCl 0, 9 %, 5 ± 10 ml Lokalanästhetikum (z. B. Lidocain 1 %), Assistenz. Durchführung (Seldinger-Technik S. 65): ± bei der Punktion zentraler Venen Oberkörpertieflagerung (Bett um ca. 20 kippen), Ausnahme: dekompensierte Herzinsuffizienz ± Hautdesinfektion, sterile Handschuhe anziehen, steriles Abdecken ± Lokalanästhesie im Bereich der geplanten Punktionsrichtung ± weiteres Vorgehen s. u. Nach Katheteranlage korrekte Position überprüfen (Röntgen-Thorax) Katheterspitze sollte unmittelbar vor der Einmüdung der oberen Hohlvene in den rechten Vorhof liegen. 1 ± 2 Std. nach Punktion der V. subclavia oder V. jugularis interna Röntgen-Thorax in Exspiration zum Ausschluû eines Pneumothorax.
ZVK-Anlage durch Punktion der V. basilica ä
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ä
Vorteil: geringe Komplikationsgefahr, Nachteil: häufige Dislokationen des Katheters beim Vorschieben erfordern zeitaufwendige Korrekturmaûnahmen. Durchführung (Vorbereitung s. o., z. B. Cavafix, periphere Venenpkt. S. 64): ± Arm leicht abduzieren, Ellenbogen strecken ± Anlage der Staumanschette so fest, daû die peripheren Pulse gerade noch gut tastbar sind, Venenfüllung (geduldig) abwarten ± Punktion der V. basilica bzw. der zuführenden ¾ste an der Ellenbeuge medial (Abb. 28) Checkliste Hahn ´ Seite 66
5.2 Punktionen ± Stauung lösen (!) ± Stahlkanüle zurückziehen, Kunststoffkanüle belassen ± Katheteransatzstück aufsetzen und den Katheter vorschieben; bei spürbarem Widerstand wieder leicht zurückziehen, erneuter Versuch mit z. B. weiter abduziertem Arm (80 ± 90 ) oder leichtem Zug am Arm durch Assistenzperson, ggf. Korrektur unter Röntgendurchleuchtung ± Vorschieben des Katheters bis sich das Ende etwa in Höhe des Handgelenkes befindet (bei durchschnittlicher Patienten-Gröûe) ± Entfernung von Schutzhülle und Mandrin erst nach Röntgenkontrolle.
V. cephalica
67
YB
Injektions- und Punktionstechniken
CM
V. basilica
Abb. 28
Oberflächliche Venen der Arme
ä ä
Komplikationsarme Methode, im Gegensatz zur Punktion der V. subclavia aber bei hypovolämischen, nicht herzinsuffizienten Patienten erschwert. Durchführung bei transmuskulärem Zugang (Vorbereitung S. 66): ± Positionierung am Kopfende des Patienten, Bett in ¹Arbeitshöheª bringen ± Oberkörpertieflagerung, Kopf des Patienten leicht zur Gegenseite drehen ± bei Problemen sonographische Markierung des Gefäûverlaufs ± A. carotis communis medial des M. sternocleidomastoideus aufsuchen (lateral der Arterie liegt die V. jugularis interna) und während der Punktion mit der nicht punktierenden Hand ständig palpieren ± Einstichstelle (Abb. 29, Lage der V. jugularis interna kann bei der Lokalanästhesie durch wiederholte Aspirationsmanöver bestimmt werden): · knapp unterhalb der Kreuzungsstelle der V. jugularis externa mit dem M. sternocleidomastoideus 1 ± 2 cm lateral der getasteten A. carotis communis · bei nicht sichtbarer V. jugularis externa etwa in der Mitte der Verbindungslinie zwischen Processus mastoideus und dem medialen Ansatz des Caput claviculare des M. sternocleidomastoideus 1 ± 2 cm lateral der getasteten A. carotis communis ± Stichrichtung: Caput claviculare des M. sternocleidomastoideus, Punktionsnadel in einem Winkel von 30 ± 45 zur Hautebene Checkliste Hahn ´ Seite 67
&5&
Punktion der V. jugularis interna
Injektions- und Punktionstechniken
68
CM
YB
5.2 Punktionen ± Punktion mit aufgesetzter Spritze, welche 5 ± 10 ml NaCl 0,9 % enthält; nach Durchstechen der Haut Hautzylinder in der Kanüle ausspritzen (ca. 0,5 ml), im weiteren Verlauf Aspirationsversuche (venöses Blut zeigt korrekte Kanülenlage an), V. jugularis interna normalerweise ab ca. 3 cm Tiefe zu erwarten ± nach erfolgreicher Punktion Katheter etwa 18 ± 20 cm (bei ¹normalerª Patientengröûe) tief einführen (Lagekorrektur nach Röntgenkontrolle).
Caput claviculare des M. sternocleidomastoideus V. jugularis interna
V. jugularis externa Einstichstelle
A. carotis communis M. sternocleidomastoideus
Abb. 29
Punktion der V. jugularis interna (vom Kopfende aus)
Punktion der V. subclavia
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Beachte: Im hypovolämischem Schock ist die V. subclavia oft der einzige Zugangsweg, da die bindegewebige Fixierung einen Gefäûkollaps verhindert. Die Gefahr eines Pneumothorax ist jedoch deutlich gröûer als bei Punktion der V. jugularis interna. Durchführung bei infraklavikulärem Zugang (Vorbereitung S. 66): ± Positionierung seitlich am Patienten, Bett in ¹Arbeitshöheª bringen ± Oberkörpertieflagerung, Kopf des Patienten zur Gegenseite drehen ± Einstichstelle: in der Medioklavikularlinie unmittelbar am Unterrand der Klavikula (Abb. 30) ± Stichrichtung: Sternoklavikulargelenk, ca. 30 zur Hautoberfläche; bei der Punktion ständigen Kontakt zur Klavikula halten ± Punktion mit aufgesetzter Spritze, welche 5 ± 10 ml NaCl 0,9 % enthält; nach Durchstechen der Haut Hautzylinder in der Kanüle ausspritzen (ca. 0,5 ml), im weiteren Verlauf Aspirationsversuche (venöses Blut zeigt korrekte Kanülenlage an), V. subclavia normalerweise ab ca. 4 cm Tiefe zu erwarten
Checkliste Hahn ´ Seite 68
5.2 Punktionen ± nach erfolgreicher Punktion Katheter rechts etwa 12 ± 15 cm, links etwa 15 ± 18 cm (bei ¹normalerª Patientengröûe) tief einführen (Lagekorrektur nach Röntgenkontrolle).
Sternoklavikulargelenk
Einstichstelle A. subclavia V. subclavia
Abb. 30
69
YB
Injektions- und Punktionstechniken
CM
Punktion der V. subclavia
Zentralvenöser Druck (ZVD)
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ä
ä
Der ZVD ermöglicht zusätzlich zur Beurteilung von Hautturgor, Schleimhäuten, Röntgen-Thorax, Hämatokrit etc. eine Entscheidung darüber, wieviel Flüssigkeitsvolumen dem Patienten zugeführt werden soll bzw. darf. Die Höhe des ZVD hängt auûer vom Blutvolumen auch von der Funktion des rechten Herzens, vom intrathorakalen Druck (bei PEEP-Beatmung PEEP vom ZVD abziehen) und vom Venentonus ab. Messung (Abb. 31): ± Material: Infusion (NaCl 0,9 %), Meûskala mit Thoraxlineal, Infusionssystem mit Dreiwegehahn und Meûleitung ± Durchführung: · Einstellen des Nullpunktes am flach liegenden Patienten: Thoraxlineal in Höhe des 4. ICR am Übergang von den oberen 2/5 zu den unteren 3/5 des anterior-posterioren Thoraxdurchmessers ausrichten · Infusionssystem und Meûleitung mit NaCl füllen · Infusionssystem mit Dreiwegehahn an den Venenkatheter anschlieûen · Messung des ZVD (Dreiwegehahn-Verbindung: Meûleitung ± Venenkatheter), dabei solange warten (max. 3 Minuten), bis der Flüssigkeitsspiegel in der Meûleitung atemabhängig nicht mehr wesentlich absinkt. Normbereich: 4 ± 12 cm H2O.
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ä
Checkliste Hahn ´ Seite 69
Injektions- und Punktionstechniken
70
CM
YB
5.2 Punktionen
Thoraxlineal
2/5
3/5
Meßskala
zentraler Venenkatheter
Infusionssystem Meßleitung
Dreiwegehahn
Abb. 31
ZVD-Messung
Punktion von Arterien ä ä ä
ä ä
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Indikation: arterielle Blutgasanalyse, arterielle Blutdruckmessung, Linksherzkatheteruntersuchung, arterielle Angiographie u. a. Kontraindikationen: Gerinnungsstörungen (Quick < 50 %), lokale Infektion, negativer Allen-Test bei A. radialis-Punktion. Komplikationen: Hämatome, Infektion, bei arteriellen Kathetern Diskonnektion mit Blutung, versehentliche intraarterielle Injektion, Durchblutungsstörungen. Allen-Test: prüft die Funktionsfähigkeit des Kollateralkreislaufs A. radialis ± A. ulnaris vor A. radialis-Punktion. Durchführung: manuelle Kompression der A. radialis und ulnaris am Handgelenk bis zum Abblassen der Hand; bleibt die Hand nach Lösen der ulnaren Kompression > 15 Sek. blaû: negativer Allen-Test (Kontraindikation zur A. radialis-Punktion). Punktionsorte: A. radialis (möglichst nicht-dominante Seite), A. femoralis. Material: sterile Tücher, Tupfer, Handschuhe und Mundschutz. Zusätzlich bei ± BGA: heparinisierte 2 ml Spritze, Kanüle ± arterieller Katheter: Katheterset, evtl. Lokalanästhetikum (z. B. Lidocain 1 %), Assistenz. Durchführung der arteriellen Katheterisierung: Allen-Test (A. radialis), evtl. Rasur, Hautdesinfektion, sterile Handschuhe anziehen, steriles Abdecken, evtl. Lokalanästhesie ± A. radialis (Abb. 32): · Handgelenk des Patienten überstrecken (Unterlage unter das Handgelenk oder Lagerung am Bettrand) Checkliste Hahn ´ Seite 70
5.2 Punktionen · · · ± A. · · · ·
Palpation der Arterie mit der nichtpunktierenden Hand Punktion in Richtung der palpierten Arterie im Winkel von ca. 30 zur Hautoberfläche, hellrotes oder spritzendes Blut zeigt korrekte Kanülenlage an, dann Kanüle senken und noch ca. 2 mm vorschieben je nach System Kunststoffkanüle vor- und Stahlkanüle zurückziehen oder Vorgehen in Seldinger-Technik (S. 65), Fixierung mit Naht femoralis: Kissen unter das Gesäû legen, leichte Abduktion des Beines Palpation der Arterie mit der nichtpunktierenden Hand: Arterie sollte zwischen Mittel- und Zeigefinger liegen, dabei die Haut etwas anspannen; IVAN-Regel: Innen ± Vene ± Arterie ± Nerv. Punktion in Richtung der palpierten Arterie im Winkel von ca. 45 zur Hautoberfläche, hellrotes oder spritzendes Blut zeigt korrekte Kanülenlage an, dann Kanüle senken und noch ca. 2 mm vorschieben weiteres Vorgehen in Seldinger-Technik (S. 65), Fixierung mit Naht.
A. radialis
Abb. 32
71
YB
Injektions- und Punktionstechniken
CM
Punktion der A. radialis
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ä ä
ä
Indikationen: ± diagnostisch (Differentialdiagnose Pleuraerguû: S. 159) ± therapeutisch: Dyspnoe infolge Pleuraerguû, Pleuraempyem, Pneumothorax, chemische Pleurodese z. B. bei rezidivierendem malignem Pleuraerguû ± Pleurakatheter: bei groûen Erguûmengen, Pneumothorax, vor Pleurodese. Kontraindikationen (relativ): Gerinnungsstörungen. Komplikationen: Pneumothorax, Hämatothorax, Infektion, Leber- oder Milzverletzung, Lungenödem bei zu schneller oder ausgedehnter (> 1000 ml) Punktion infolge eines zu starken intrathorakalen Druckabfalls. Material: ± allgemein: Punktions-Set oder Punktionskanülen (z. B. graue oder gelbe Braunüle), Verbindungsschläuche (z. B. Infusionssystem), Dreiwegehahn, Auffangbehälter, sterile Tupfer, sterile Handschuhe, sterile Abdecktücher, Desinfektionslösung, 5 ± 10 ml Lokalanästhetikum (z. B. Lidocain 1 %), Kanülen, Spritzen, Verbandsmaterial
Checkliste Hahn ´ Seite 71
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Pleurapunktion
Injektions- und Punktionstechniken
72
CM
YB
5.2 Punktionen
ä
ä
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ä
± diagnostische Punktion: zusätzlich Blutkulturflaschen, Probengefäûe für klinische Chemie (spezifisches Gewicht, Eiweiû, pH, Glukose, Cholesterin, Triglyzeride., LDH, Zellzahl und -differenzierung, evtl. Hk, Laktat, Lipase), TbcDiagnostik und zytologische Untersuchung. Durchführung (Abb. 33): ± evtl. 30 Min. vor Punktion Antitussivum (z. B. 20 ± 40 Paracodin) ± Lagerung: sitzend, Abstützung nach vorne z. B. durch Kissen, Stuhllehne oder Hilfsperson ± Markierung der Punktionsstelle in der hinteren Axillarlinie oder Skapularlinie am entsprechenden Rippenoberrand (Interkostalgefäûe und -nerven befinden sich am Rippenunterrand) unter sonographischer Kontrolle ± Hautdesinfektion, sterile Handschuhe anziehen, Abdecken ± Lokalanästhesie: Wechsel zwischen Injektion und Aspiration, nach Aspiration von Pleuraerguû ungefähre Punktionstiefe merken ± Punktion: senkrecht zur Hautoberfläche unter Aspiration mit aufgesetzter Spritze punktieren, läût sich Pleuraerguû aspirieren, Stahlkanüle etwas zurückziehen und Plastikkanüle vorschieben ± während Exspirationsphase rasch Stahlkanüle entfernen und Dreiwegehahn befestigen ± ggf. Material für die Diagnostik (vgl. S. 159) entnehmen, dann Ableitungsschlauch anschlieûen und Resterguû ablassen, bei groûem Erguû wegen Gefahr des Lungenödems (s. o.) ggf. mehrmals punktieren Beachte: Immer Stellung des Dreiwegehahns beachten, damit das System geschlossen bleibt (Pneumothoraxgefahr!) ± bei heftigem Hustenreiz Punktionskanüle zurückziehen bzw. Punktion rechtzeitig beenden (kein falscher Ehrgeiz!, Pneumothoraxgefahr) ± 1 ± 2 Std. nach Punktion Röntgen-Thorax-Kontrolle in Exspiration (Pneumothorax?) ± Erfolgskontrolle am besten durch Sonographie. Pleurakatheter-Anlage: wie oben, jedoch mit speziellem Katheter-Set (z. B. Pleurocath). Vorherige Hautinzision mit Skalpell. Pleuradrainageschlauch in die Punktionskanüle einführen (an der Spitze nicht abscheren!). Während der Punktion wiederholt probieren, ob sich der Drainageschlauch problemlos weiterschieben läût. Ist dies der Fall, dann den Drainageschlauch bis zur Markierung vorschieben und Kanüle entfernen. Pneumothorax, therapeutisches Vorgehen: S. 678.
Checkliste Hahn ´ Seite 72
5.2 Punktionen
Lunge
Pleuraerguß
Rippenoberrand Gefäße
Abb. 33
Pleurapunktion
73
YB
Injektions- und Punktionstechniken
CM
Pleurodese ä ä ä
Indikationen: palliative Therapie rezidivierender maligner Pleuraergüsse. Kontraindikationen und Komplikationen wie bei Pleurapunktion (S. 71). Durchführung: ± Pleurakatheter-Anlage: S. 71 ± Dauersogdrainage (Druck ca. ± 20 cmH2O) über 12 Stunden bzw. bis zur möglichst kompletten Erguûentleerung ± Drainage abklemmen ± Lokalanästhesie: 150 mg Lidocain (z. B. 7,5 ml Xylocain 2 %) in 50 ml NaCl 0,9 % über den Pleurocath intrapleural instillieren ± evtl. systemische Analgetikagabe (z. B. ± 1 Amp. Dolantin i. v.) ± Positionswechsel des Patienten in 5-Minuten-Abständen: Rückenlage, Rechtsseitenlage, Linksseitenlage, Sitzen ± 500 mg, max. 20 mg/kgKG Tetracyclin (z. B. 1 Injektionsflasche Supramycin) in 50 ml NaCl 0,9 % über den Pleurocath intrapleural instillieren ± Positionswechsel in 30-Minuten-Abständen wie oben ± Dauersogdrainage (s. o.) anschlieûen, wenn Fördermenge > 100 ml/24 h tägliche Wiederholung der Tetracyclin-Instillation, wenn Fördermenge < 50 ml/24 h Entfernung des Drainageschlauches (im Mittel Entfernung der Drainage nach 5 ± 7 Tagen möglich).
ä ä ä
Indikationen: (drohende) Herzbeuteltamponade bei Hämoperikard nach Herzwandruptur oder bei groûem Perikarderguû. Komplikationen: Herzrhythmusstörungen, Pneumothorax. Material: ± Punktions-Set oder mindestens 6 ± 8 cm lange Punktionskanülen (z. B. graue oder gelbe Braunüle), Verbindungsschläuche (z. B. Infusionssystem), Dreiwegehahn, Auffangbehälter, sterile Tupfer, sterile Handschuhe, sterile Checkliste Hahn ´ Seite 73
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Perikardpunktion (Entlastungspunktion)
Injektions- und Punktionstechniken
74
CM
YB
5.2 Punktionen
ä
Abdecktücher, Desinfektionslösung, 10 ml Lokalanästhetikum (z. B. Lidocain 1 %), Spritzen, Verbandsmaterial. Durchführung (Abb. 34): ± Lagerung: halbsitzend ± Hautdesinfektion, sterile Handschuhe anziehen, Abdecken ± Lokalanästhesie ± Punktion (Ultraschallkontrolle): · Einstichstelle: zwischen Xiphoid und linkem Rippenbogen · Punktionsrichtung: retrosternal nach kranial in Richtung des sonographisch sichtbaren Perikardergusses · wiederholte Aspirationen während der Punktion, läût sich (blutiger) Perikarderguû aspirieren, Stahlkanüle etwas zurückziehen und Plastikkanüle vorschieben. ± Dreiwegehahn, Spritze und Ableitungsschlauch anschlieûen und Erguû entweder passiv oder durch wiederholte Aspirationen mit der Spritze ablassen.
Punktionsrichtung
Abb. 34
Perikardpunktion
Peritonealpunktion (Aszitespunktion) ä
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ä
Indikationen: ± diagnostisch (Differentialdiagnose des Aszites: S. 187) ± therapeutisch: Entlastungspunktion bei aszitesbedingten Beschwerden. Kontraindikationen (relativ): Gerinnungsstörungen. Komplikationen: Infektion, Blutung, Verletzung intraabdomineller Organe. Material: ± allgemein: Punktionskanülen (z. B. graue oder gelbe Braunüle), Verbindungsschläuche (z. B. Infusionssystem), Dreiwegehahn, Auffangbehälter, sterile Tupfer, sterile Handschuhe, sterile Abdecktücher, Desinfektionslösung, 5 ± 10 ml Lokalanästhetikum (z. B. Lidocain 1 %), Kanülen, Spritzen, Verbandsmaterial ± diagnostische Punktion: zusätzlich Blutkulturflaschen, Probengefäûe für klinische Chemie (spezifisches Gewicht, Eiweiû, pH, Glukose, Cholesterin, Triglyzeride, LDH, Lipase, Zellzahl und -differenzierung, evtl. Hk, Laktat), TbcDiagnostik und zytologische Untersuchung. Checkliste Hahn ´ Seite 74
5.2 Punktionen ä
Durchführung (Abb. 35): ± Lagerung: Rückenlage ± Markierung der Punktionsstelle im rechten oder linken Unterbauch lateral der epigastrischen Gefäûe unter sonographischer Kontrolle ± Hautdesinfektion, sterile Handschuhe anziehen, Abdecken ± Lokalanästhesie: Wechsel zwischen Injektion und Aspiration, nach Aspiration von Aszites ungefähre Punktionstiefe merken ± Punktion: senkrecht zur Hautoberfläche unter Aspiration mit aufgesetzter Spritze punktieren, läût sich Aszites aspirieren, Stahlkanüle etwas zurückziehen und Plastikkanüle vorschieben ± ggf. Material für die Diagnostik (vgl. S. 187) entnehmen, dann Ableitungsschlauch anschlieûen und Aszites ablassen. Bei der therapeutischen Punktion kann unter engmaschigen Puls- und RR-Kontrollen der gesamte Aszites langsam auf einmal abgelassen werden (Humanalbumin-Sustitution: S. 385), ggf. durch Lagerung des Patienten auf die Punktionsseite kontralateral gelegenen Aszites mobilisieren.
75
YB
Injektions- und Punktionstechniken
CM
epigastrische Gefäße
Punktionsstellen
Abb. 35
Aszitespunktion
ä
ä ä ä
Indikation: ± diagnostisch: z. B. V. a. Meningitis (S. 632), Subarachnoidalblutung, multiple Sklerose ± therapeutisch: z. B. intrathekale Medikamentenapplikation. Kontraindikationen (relativ): Gerinnungsstörungen, Hirndruckerhöhung (ggf. bei Meningitisverdacht möglichst wenig Liquor entnehmen). Komplikationen: Infektion, Nervenverletzung, bei erhöhtem Hirndruck Hirnverlagerung mit Einklemmung, Kopfschmerzen nach Punktion. Material: ± atraumatische Spinalnadel (22 G 90 mm), sterile Tupfer, sterile Handschuhe, sterile Abdecktücher, Desinfektionslösung, evtl. Lokalanästhetikum (z. B. Lidocain 1 %), Kanülen, Spritzen, Verbandsmaterial, Sandsack ± zur Diagnostik (s. u.) Blutkulturflaschen, Probenröhrchen für Ausstriche und klinische Chemie, ggf. für serologische Diagnostik, zytologische Untersuchung u. a.
Checkliste Hahn ´ Seite 75
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Lumbalpunktion
76
5.2 Punktionen
Injektions- und Punktionstechniken
CM
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Durchführung (Abb. 36 und Abb. 37): ± Augenhintergrund spiegeln = Funduskopie (Stauungspapille als Hinweis einer Hirndruckerhöhung?): · evtl. 30 Min. vorher 1 Tropfen Mydriatikum (z. B. Tropicamid) in den Bindehautsack tropfen · Patient blickt geradeaus, Untersucher sieht durch das Sichtfenster des Ophthalmoskops und nähert sich langsam von temporal so nah wie möglich dem Auge, bis Gefäûstrukturen wahrgenommen werden · durch langsame Bewegung des Ophthalmoskops Papille aufsuchen (befindet sich etwas nasal, die Makula temporal) · Stauungspapille: knopfförmige Vorwölbung, glasige Trübung und unscharfe Begrenzung der Papille (Farbabb. 2) ± Lagerung, 2 Möglichkeiten (Abb. 36): · sitzend, maximal gekümmter Rücken (¹Katzenbuckelª), Abstützung durch Hilfsperson · Seitenlage am Bettrand, maximal gekrümmter Rücken und angezogene Beine, Bett flach stellen, Kopf auf kleines Kissen lagern ± Markierung der Punktionsstelle (L3/L4 oder L4/L5): nächster DornfortsatzZwischenraum unterhalb der Verbindungslinie beider Darmbeinkämme, auf genaue Mittellinienposition achten ± Hautdesinfektion, sterile Handschuhe anziehen, Abdecken ± evtl. Lokalanästhesie: Hautquaddel und Infiltration bis Lig. flavum (s. u.) ± Punktion: Spinalnadel leicht nach kranial gerichtet vorschieben, dabei Abbiegen der Nadel und seitliches Abweichen vermeiden, zwischendurch Mandrin herausziehen und prüfen, ob Liquor abtropft, beim Vorschieben durch das Lig. flavum (meist 4 ± 5 cm Tiefe) deutlicher Widerstand spürbar, dann Nadel noch ca. 4 ± 7 mm weiterschieben und Abtropfen des Liquors abwarten ± Liquor in die Probenröhrchen sammeln, meist ca. 3 ± 5 ml ausreichend, bei V. a. Meningitis (S. 632) Untersuchung des Liquors auf Zellen, Eiweiû, Glukose und Laktat, zur Ermittlung des Liquor-Serum-Verhältnisses ergänzend Blutzucker bestimmen ± Spinalnadel herausziehen, Verband, Kompression der Punktionsstelle mit Sandsack, Bettruhe in Flachlagerung für ca. 24 Std. vermindert die Gefahr postpunktioneller Kopfschmerzen. Liquordiagnostik ± Normalbefunde (pathologische Befunde: S. 633): ± Aussehen: klar ± Zellzahl, Auszählung von 3 l in der Fuchs-Rosenthal-Kammer, daher häufig Angabe in Drittel: < 12/3 = 4/l ± Zelldifferenzierung: Lymphozyten, Monozyten ± Glukose: Liquor-Serum-Quotient: > 50 % ± Eiweiû: 15 ± 45 mg/dl ± Laktat: < 2,0 mmol/l ± Liquordruck: im Liegen 6 ± 20 cmH2O, im Sitzen 15 ± 25 cmH2O ± Gramfärbung ± evtl. Elektrophorese, oligoklonales-IgG u. a.
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5.2 Punktionen
L3 Dammbeinkämme
L4 L5
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Injektions- und Punktionstechniken
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L3 L4 L5
Abb. 36
Lumbalpunktion ± Lagerung Dura
Lig. flavum
L2 L3 L4 L5
Abb. 37
S2
Lumbalpunktion ± Anatomische Verhältnisse Checkliste Hahn ´ Seite 77
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S1
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5.3 Biopsien
Injektions- und Punktionstechniken
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Knochenmarkpunktion ± Grundlagen ä ä ä ä
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Indikation: Verdacht oder Verlaufskontrolle bei hämatologischen Erkrankungen oder Malignomen mit Knochenmarkinfiltration. Kontraindikation: Gerinnungsstörung (v. a. bei Biopsie), lokale Infektionen. Komplikationen: Wundinfektion, Hämatome, bei Sternalpunktion Verletzung des Herzbeutels und groûer Gefäûe, Pneumothorax. Methoden: ± Beckenkammpunktion: ermöglicht zytologische und histologische Diagnostik, ist ungefährlicher aber technisch etwas schwieriger als die Sternalpunktion ± Sternalpunktion: ermöglicht zytologische Diagnostik, wegen höherer Komplikationsrate Durchführung nur in Ausnahmefällen. Material: Punktions- bzw. Stanznadel (s. u.), sterile Tupfer, sterile Handschuhe, sterile Abdecktücher, Desinfektionslösung, 5 ± 10 ml Lokalanästhetikum (z. B. Lidocain 1 %), Kanülen, Spritzen, Skalpell, Verbandsmaterial, Sandsack, 15 Objektträger, kleines Plastiktablett, Nierenschale, Gefäûe für Biopsiematerial. Punctio sicca: keine Aspiration von Knochenmark möglich. Vorkommen: falsche Technik, Osteomyelofibrose, Haarzelleukämie, aplastische Anämie.
Beckenkammpunktion ä
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Material: Stanznadel (z. B. Yamshidi), evtl. zusätzlich Sternalpunktionsnadel ohne Punktionstiefenbegrenzer, sonstiges s. o. Durchführung (Abb. 38): ± evtl. Prämedikation: z. B. 2,5 ± 5 mg Midazolam (Dormicum) i. v. ± Lagerung: Seitenlage, Beine angezogen, Bett flachstellen ± Markierung der Punktionsstelle (Spina iliaca posterior superior): am Beckenkamm nach dorsal entlangtasten, tastbare Knochenverdickung entspricht der Spina iliaca posterior superior. ± Hautdesinfektion, sterile Handschuhe anziehen, Abdecken ± Lokalanästhesie: auf ausreichende Periostinfiltration achten ± Stichinzision der Haut mit dem Skalpell ± Punktion: · Biopsie: Einführen der Stanznadel in Richtung Spina iliaca anterior superior (von dort aus mit der anderen Hand Gegendruck ausüben), nach Erreichen des Knochens Mandrin entfernen und unter Drehbewegungen Stanznadel in gleicher Richtung noch ca. 2 ± 3 cm weiter vorführen, dann Stanznadel leicht abwinkeln und drehen (dadurch Abscheren des Stanzzylinders), danach herausziehen, Stanzzylinder mit Hilfe des Mandrins oder Drahts in vorbereitetes Gefäû geben · Aspirationszytologie: kann mit Stanznadel, besser mit zusätzlicher Sternalpunktionsnadel erfolgen, Punktionsrichtung wie bei der Biopsie, weiterer Ablauf wie bei Sternalpunktion (ohne Punktionstiefenbegrenzer).
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5.3 Biopsien
Spina iliaca anterior superior
Spina iliaca posterior superior
Punktionsstelle Punktionsrichtung
Abb. 38
Beckenkammpunktion
Sternalpunktion ä
Material: Sternalpunktionsnadel mit Punktionstiefenbegrenzer, sonstiges s. o. Durchführung: ± Lagerung: Rückenlage ± Markierung der Punktionsstelle über dem Sternum etwa in Höhe des 2. ICR 3 ± 5 mm lateral der Sternum-Mittellinie (Abb. 39) ± Hautdesinfektion, sterile Handschuhe anziehen, Abdecken ± Lokalanästhesie: Infiltration bis zum Periost ± Punktion: senkrecht zur Hautoberfläche mit gleichmäûiger Drehbewegung, Punktionstiefenbegrenzer dabei stufenweise jeweils auf ca. 5 mm oberhalb des Hautniveaus einstellen, Nachlassen des Widerstands im Knochen deutet korrekte Position der Nadelspitze im Markraum an ± Aspiration: Mandrin herausziehen, Spritze (20 ml) aufsetzen und rasch Knochenmark aspirieren (ist schmerzhaft!) ± Knochenmark auf Objektträger ausspritzen, die sich steil aufgestellt in einer Nierenschale befinden (Markblut läuft ab) ± ¹Bröckelchenª z. B. mit Deckglas entnehmen und auf den flach auf einem Tablett liegenden Objektträgern ausstreichen, dabei rasche Verarbeitung am besten durch Hilfsperson ± Nadel herausziehen, steriler Verband, Kompression der Wunde mit kleinem Sandsack für 30 Min.
2. ICR
Abb. 39
Sternalpunktion
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Punktionsstelle
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Injektions- und Punktionstechniken
CM
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5.3 Biopsien
Injektions- und Punktionstechniken
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Perkutane Leberbiopsie ä ä
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Indikation: Diagnostik und Verlaufskontrolle diffuser Lebererkrankungen. Kontraindikationen: Gerinnungsstörung (Quick < 50 %, PTT > 45 Sek., Thrombozyten < 40 000/l), lokale Infektionen, Peritonitis, Cholangitis, schwere extrahepatische Cholestase. Komplikationen: Blutung, Peritonitis, Pneumothorax. Material: Punktionsnadel (Menghini) mit 20-ml-Spritze, sterile Tupfer, sterile Handschuhe, sterile Abdecktücher, Desinfektionslösung, 5 ± 10 ml Lokalanästhetikum (z. B. Lidocain 1 %), Kanülen, Spritzen, Skalpell, Verbandsmaterial, Gefäû für Biopsiematerial. Durchführung (Abb. 40): ± Vorbereitung: Patient nüchtern, Gerinnungsstatus (s. o.) ± Lagerung: Rückenlage, rechte Körperseite an der Bettkante, rechte Hand unter dem Kopf liegend ± sonographische Markierung der Punktionsstelle: interkostal am Rippenoberrand zwischen vorderer und mittlerer Axillarlinie am Ende der Exspiration im sicheren Bereich der Leber und auûerhalb der Pleura ± Hautdesinfektion, sterile Handschuhe anziehen, Abdecken ± Lokalanästhesie: bis zur Interkostalmuskulatur ± Hautinzision mit dem Skalpell ± Vorbereitung der Punktionsnadel: ¹Nagelª einführen und Füllung der 20 ml-Spritze mit 10 ml sterilem NaCl 0,9 % ± Punktion: · Punktionsnadel zunächst bis in (nicht durch) die Interkostalmuskulatur einführen, Hautzylinder ausspritzen (0,5 ± 1 ml) · konstanten Sog in der Spritze aufbauen · Patient soll nach maximaler Exspiration die Luft anhalten · schnelle und konstante Punktion in Richtung Xiphoid (ca. 5 cm tief), danach Punktionsnadel sofort wieder zurückziehen (Dauer maximal 1 Sek.) ± Biopsiematerial in vorbereiteten Behälter (z. B. 10 % Formalin) geben ± Verband, Kreislaufüberwachung und Bettruhe für 8 Std.
Xiphoid
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Menghini-Nadel Interkostalmuskulatur
Abb. 40
Leberpunktion
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Nagel
6.1 Sonden Magensonde ä
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Indikationen: ± diagnostisch: z. B. Tbc-Diagnostik, Überwachung bei gastrointestinaler Blutung, Magensaftanalyse ± therapeutisch: z. B. Entlastung bei Magenatonie, Sondenernährung. Material: Magensonde (je nach Indikation verschiedene Typen), Lokalanästhetikum (z. B. Xylocain-Spray), Gleitmittel, Handschuhe, Sondenspritze, Pflaster, Unterlage, evtl. Auffangbeutel. Durchführung: ± Patienten über den Vorgang aufklären ± Lagerung: sitzend, leicht nach vorne geneigter Kopf ± Handschuhe anziehen ± Besprühen des Nasen- und Rachenraumes mit Lokalanästhetikum ± Bestreichen der Sonde mit Gleitmittel ± Einführen der Sonde durch die Nase, beim Erreichen des Rachenraumes Patienten zum wiederholten Schlucken auffordern und Sonde bei jedem Schluckvorgang vorschieben (bei Dyspnoe oder Husten wieder zurückziehen), nach ca. 45 cm wird der Mageneingang erreicht, dann noch etwa 10 ± 15 cm weiterschieben ± korrekte Lage durch Magensaftaspiration oder durch Luftinsufflation mit der Sondenspritze bei gleichzeitiger Auskultation des Epigastriums überprüfen ± bei geplanter Sondenernährung röntgenologische Lagekontrolle, ggf. Sonde unter Durchleuchtungskontrolle bis ins Duodenum weiterschieben.
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Sonden und Katheter
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Indikation: enterale Sondenernährung bei chronischen Schluckstörungen unterschiedlicher Genese. Vorteile: nach komplikationsloser Anlage gegenüber nasaler Sonde für den Patienten weniger belastend, geringere Dislokationsgefahr, lange Liegezeiten möglich. Nachteile: gegenüber nasaler Sonde invasivere Methode, ermöglicht Langzeiternährung auch bei terminal Erkrankten (hier besonders strenge Indikationsstellung und sorgfältige Aufklärung von Patient bzw. Angehörigen). Kontraindikationen: Gerinnungsstörungen, lokale Infekte der Bauchhaut, Peritonitis, Peritonealkarzinose, massiver Aszites, florides Ulcus ventriculi (vorher behandeln), fehlende Diaphanoskopie (s. u.). Komplikationen: Verletzung intraabdomineller Organe, Wundinfektion, Peritonitis, gastrokolische Fistel, Aspiration von Sondenkost. Vorbereitung (vgl. Gastroskopie S. 57): Gerinnungsstatus (Quick > 50 %, PTT < 60 Sek., Thrombozyten > 50 000/l), Protonenpumpenhemmer und H2-Blocker 3 Tage vorher absetzen. Material: Mundschutz, sterile Handschuhe und Abdecktücher, Gastroskop mit Zubehör (am besten Videoausrüstung), spezielle PEG-Sets mit Punktionskanüle, Zugfaden und Sonde, 5 ± 10 ml Lokalanästhetikum (z. B. Lidocain 1 %). Durchführung am häufigsten mit der Fadendurchzugsmethode (Abb. 41, neben Endoskopieassistenz zwei Personen erforderlich): ± Lagerung: beim Einführen des Gastroskops Linksseitenlage (Aspirationsgefahr), übrige Maûnahmen in Rückenlage ± Mundschutz und sterile Handschuhe für 2. Person
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Perkutane endoskopische Gastrostomie (PEG)
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6.1 Sonden
Sonden und Katheter
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± Darstellung einer Diaphanoskopie mit dem Gastroskop als Lichtquelle (meist Corpusvorderwand), Magen mit ausreichend Luft füllen ± durch 2. Person · Markierung der Punktionsstelle dort, wo sich die Diaphanoskopie am besten darstellt, beim B-II-Magen im Bereich des abführenden Schenkels · Desinfektion, Abdecken · Lokalanästhesie bis zur Magenwand · Hautinzision mit dem Skalpell (Sonde muû gut durchpassen!) · Einführen der Punktionsnadel, Stahlkanüle nach Erreichen des Magenlumens zurückziehen · Einfädeln des Zugfadens durch die Kunststoffkanüle ± Zugfaden im Magen mit der Biopsiezange fassen, dann Gastroskop inklusive Biopsiezange und Faden herausziehen ± Zugfaden am oralen Ende mit der Sonde verknoten, danach Faden und Sonde durch die Bauchdecke herausziehen bis die gastrale Andruckplatte der Sonde der Magenwand anliegt ± Montage der übrigen Sondenbestandteile, steriler Verband ± bei aspirationsgefährdeten Patienten kann im Rahmen einer 2. Gastroskopie zusätzlich eine Duodenalsonde durch die gastrale Sonde gelegt und endoskopisch im unteren Duodenum plaziert werden (Röntgenkontrolle). Sondenbedienung: ab dem Morgen des Folgetages möglich, bei gastralen Sonden regelrechte Magenentleerung durch spätere Aspirationsversuche überprüfen, bei gestörter Magenentleerung Versuch mit Prokinetika oder Duodenalsondenanlage.
Diaphanoskopie Einführen der Punktionsnadel
Verknoten des Zugfadens mit der Sonde
Herausziehen der Sonde
Perkutane endoskopische Gastrostomie (Fadendurchzugsmethode)
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Abb. 41
Einfädeln des Zugfadens Herausziehen des Gastroskopes
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Transurethraler Harnblasenkatheter ä
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Indikationen: ± diagnostisch: z. B. Bilanzierung, mikrobiologische Harnuntersuchung ± therapeutisch: Harnentleerungsstörungen z. B. bei Prostataadenom, Inkontinenz, postoperativ Komplikationen: Verletzungen der Harnwege, aufsteigende Harnwegsinfekte. Katheterarten: ± Einmalkatheter ± Dauerkatheter: in der Regel Nelaton-Katheter (s. u.) mit Blockballon ± Spülkatheter: zusätzlich Spülkanal (z. B. zur Spülung mit physiologischer NaCl-Lösung bei Koageln in der Harnblase infolge Makrohämaturie) ± nach der Form: Nelaton- (ohne -) und Tiemannkatheter (mit endständiger Krümmung für schwierige anatomische Verhältnisse). Material: steriler Katheter (Innendurchmesser meist 14 ± 18 Ch. = Charrire = French = 1/3 mm), Tupfer, Lochtuch, sterile Handschuhe, Desinfektionsmittel, Nierenschale, anästhesierendes Gleitmittel (z. B. Instillagel), Urinbeutel. Durchführung bei männlichen Patienten: ± Lagerung: Rückenlage mit Kissen unter dem Gesäû ± sterile Handschuhe anziehen: beim Rechtshänder bleibt die rechte Hand steril, die linke wird unsteril ± mit der linken Hand Penis fassen, Vorhaut zurückstreifen und mit desinfektionsmittelgetränkten Tupfern (rechte Hand) Penis 2mal desinfizieren ± Lochtuch plazieren, dabei Penis durch das Lochtuch legen ± Penis nochmals desinfizieren (s. o.) ± anästhesierendes Gleitmittel in die Harnröhrenöffnung instillieren, 1 Min. warten, dabei die Harnröhrenöffnung leicht komprimieren ± Katheter 5 cm proximal der Spitze mit der rechten Hand fassen und in den mit der linken Hand nach oben gestreckten Penis einführen (bei TiemannK. Spitze nach oben richten), wiederholtes Nachfassen und Weiterschieben des Katheters (muû leichtgehen), nach 15 ± 20 cm Erreichen des Sphincter externus (leichter Widerstand), Penis jetzt absenken, wenige cm weiter flieût Urin ab, Katheter bis zu einem erneuten Widerstand weiterschieben dann Blockballon füllen (5 ± 10 ml Aqua dest.), anschlieûend Katheter vorsichtig bis zu einem spürbaren federnden Widerstand zurückziehen und Urinbeutel anschlieûen, Vorhaut reponieren ± bei erfolgloser Harnröhrenpassage Wiederholung mit dünnerem Katheter. Durchführung bei weiblichen Patienten (Hygienemaûnahmen s. o.): ± Lagerung: Rückenlage, Kissen unter das Gesäû, Beine aufstellen, Fersen aneinander und Knie gespreizt ± Desinfektion (von ventral nach dorsal): groûe und kleine Schamlippen, Urethraöffnung, letzten Tupfer in den Vaginaleingang legen ± Katheter ca. 5 cm einführen, Blockung (s. o.), Vaginaltupfer entfernen. Harnblasenkatheter so früh wie möglich wieder entfernen, bei längerer Verweildauer alle 2 (max. 4) Wochen wechseln. Beachte: Bei Harnverhalt nicht mehr als 500 ml auf einmal ablassen.
Suprapubische Harnblasenpunktion und -katheterisierung ä
Indikation: ± diagnostisch: mikrobiologische Urinuntersuchung
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Sonden und Katheter
6.2 Harnblasenkatheter
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Sonden und Katheter
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6.2 Harnblasenkatheter
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± therapeutisch: bei erforderlicher längerdauernder Katheteranlage oder wenn transurethrale Katheterisierung nicht möglich ist. Kontraindikationen: schwere Gerinnungsstörung. Komplikationen: Verletzung intraabdomineller Organe, Peritonitis. Material: sterile Tupfer, sterile Handschuhe, sterile Abdecktücher, Desinfektionslösung, Kanülen, Spritzen, Einmalrasierer, Verbandsmaterial, bei Katheterisierung zusätzlich Katheterset (z. B. Cystofix), Skalpell, 5 ± 10 ml Lokalanästhetikum (z. B. Lidocain 1 %). Durchführung (Abb. 42): ± Voraussetzung: gefüllte Harnblase, bei liegendem transurethralem Katheter auch retrograde Füllung mit NaCl 0,9 % möglich ± sonographische Ermittlung des Harnblasenstandes, optimale Punktionsstelle in der Medianlinie meist 2 ± 3 cm oberhalb der Symphyse ± Rasur und Desinfektion der Haut, sterile Handschuhe, Abdecken ± Punktion mit aufgesetzter Spritze senkrecht zur Haut bis Urin zurückflieût (ständige Aspiration), Vorgehen bei suprapubischer Katheterisierung: · Lokalanästhesie bis zur Blasenwand, dabei wiederholte Aspirationsversuche, nach Aspiration von Urin Einstichtiefe merken · Stichinzision der Haut mit dem Skalpell · Punktion mit der Stahlkanüle, in der sich der Katheter befindet; wenn Urin abflieût, Katheter weiterschieben und Kanüle entfernen (läût sich an der Perforationsstelle teilen) · bei Ballonkathetern Blockballon mit 5 ml Aqua dest. füllen und Katheter bis zum Erreichen eines federnden Widerstandes zurückziehen, andere Katheter bis zur Markierung zurückziehen und fixieren (Naht oder spezielle Halterung), Urinbeutel anschlieûen, steriler Verband. Beachte: Bei Harnverhalt nicht mehr als 500 ml auf einmal ablassen. Suprapubische Katheter mindestens alle 8 Wochen wechseln (in Seldingertechnik: S. 65, spezielle Wechselsets im Handel).
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Symphyse
Harnblase
Abb. 42
Suprapubische Harnblasenpunktion Checkliste Hahn ´ Seite 84
Rechtliche Voraussetzungen ä ä ä
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Aufklärung des Patienten: Komplikationen (s. u.), Notwendigkeit, Risiken bei Unterlassung, Alternativen (z. B. präoperative Eigenblutspende). Einverständnis des Patienten: bei Minderjährigen ggf. Vormundschaftsgericht einschalten (z. B. bei Verweigerung der Eltern, die Zeugen Jehovas sind). Bei nicht bewuûtseinsklaren Patienten und vitaler Indikation zur Transfusionsbehandlung Berücksichtigung des mutmaûlichen oder vorher schriftlich geäuûerten Willens des Patienten. Angehörige haben kein Bestimmungsrecht. Einhaltung der gesetzlichen Richtlinien zur Bluttransfusion: z. B. Blutgruppenbestimmung, Verträglichkeitsprüfung, Bedside-Test.
Erythrozytentransfusion ä
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Präparate und Indikationen: ± Erythrozytenkonzentrat (EK): durch Zentrifugation geringer Plasma- und hoher Erythrozytenanteil (Hämatokrit 70 ± 80 %) · Indikationen: akute und chronische Anämien, pro EK meist Hämoglobinanstieg von ca. 1 g/dl zu erwarten; erwünschter Ziel-Hämoglobinwert abhängig von der Geschwindigkeit des Auftretens der Anämie: bei akuten Anämien meist 10 g/dl, bei chronischen Anämien niedriger (6 ± 8 g/dl) ± gewaschene oder gefilterte EK: plasmafreie bzw. leukozytenarme EK · Indikationen: z. B. hämatologische Patienten mit chronischer Erythrozytensubstitution, geplante Organtransplantation, Immunsuppression ± Frischblut: Konservenalter < 72 h · Indikationen: Austauschtransfusion z. B. bei schweren Hämolysen ± Vollblut (wird kaum noch verwendet): enthält zelluläre Bestandteile und Plasma in physiologischem Verhältnis. Statt Vollblut sollten bei schweren Blutverlusten besser EK und fresh frozen plasma (S. 87) transfundiert werden. Komplikationen: ± Transfusionsreaktionen: · nichthämolytische Reaktionen (am häufigsten): Fieber, Schüttelfrost, Übelkeit, Kopfschmerzen, Blutdruckabfall; Therapie: Transfusion abbrechen, Überwachung, symptomatische Behandlung (z. B. bei Schüttelfrost ± 1 Amp. Dolantin i. v.) · hämolytische Reaktionen bei Fehltransfusion oder anderen Antikörperreaktionen: Klinik S. 525; Therapie: Transfusion stoppen, 1 g Prednisolon (Solu-Decortin H) i. v., ggf. Schockbehandlung (S. 666ff.) · bakteriell bedingte Reaktionen v. a. durch endotoxinbildende gramnegative Keime: Klinik und Therapie S. 669. ± Infektionen: durch Spender-Screening gemindert, meist Hepatitis C (ca. 1 : 20 000), seltener Hepatitis B (ca.1 : 50 000), sehr selten HIV (ca.1 : 500 000) ± Volumenüberlastung bei Herz- oder Niereninsuffizienz: Prophylaxe durch längere Transfusionsdauer, evtl. Diuretika ± bei Massivtransfusionen · Körpertemperaturabfall: Konserven erwärmen (nicht > 37 C) · Blutgerinnungsstörungen: Fresh frozen plasma (S. 87) infundieren, bei Thrombozytenabfall Gabe von Frischblut oder Thrombozytenkonzentraten · Hypokalzämie (Zitratintoxikation): Therapie S. 428 Checkliste Hahn ´ Seite 85
Transfusions-, Infusions- und Ernährungstherapie
7.1 Transfusionstherapie
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Transfusions-, Infusions- und Ernährungstherapie
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7.1 Transfusionstherapie
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· Hyperkaliämie (v. a. bei älteren Konserven): Therapie S. 426 · Transfusionsazidose (v. a. bei älteren Konserven): Therapie S. 432. Durchführung (ärztliche Maûnahme!): ± bei allen Maûnahmen sorgfältige Identitätssicherung (Name, Vorname, Geburtsdatum) aller Blutproben, Konserven und Begleitpapiere ± Abnahme von Patientenblut für serologische Untersuchungen (Blutgruppe, Rhesusfaktor, Antikörpersuchtest, Kreuzprobe) ± bei nicht erfolgter Transfusion ggf. Wiederholung der Kreuzprobe nach erneuter Blutabnahme alle 72 h ± im Notfall kann bei vitaler Indikation ¹ungekreuztesª Blut transfundiert werden, ist nicht ausreichend blutgruppenidentisches Blut vorhanden, sind notfalls folgende Alternativen möglich: · Unbekannte Blutgruppe: Erythrozytenkonzentrate 0, Rh-negativ · Blutgruppe A: Erythrozytenkonzentrate 0 · Blutgruppe B: Erythrozytenkonzentrate 0 · Blutgruppe AB: Erythrozytenkonzentrate A, B oder 0 · Blutgruppe 0: keine Alternativen · Rh-positiv: auch Rh-negative Erythrozytenkonzentrate · Rh-negativ: nur Rh-negative Erythrozytenkonzentrate ± unmittelbar vor Transfusion · Überprüfung der Daten auf dem Konservenbegleitschein und der Konserve · Überprüfung der Identität des Empfängers · Bedside-Test: AB0-D-Identitätstest mit Testkärtchen und Testseren ± Transfusion · in den ersten Minuten Reaktion des Patienten beobachten · regelmäûige RR- und Pulskontrollen während der Transfusion · Dauer der Transfusion (auûer im Notfall) ca. 1 ± 2 h.
Thrombozytentransfusion ä ä
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Indikationen: Thrombozytopenie bei Bildungsstörung (< 20 000/l) oder akuten Blutverlusten. Präoperative Prophylaxe (bei < 50 000/l). Präparate: ± Einfach-Thrombozytenkonzentrat: ca. 0,5 1011 Thrombozyten/Einheit ± Zellseparator-Thrombozytenkonzentrat: angereichert, ca. 2 ± 4 1011 Thrombozyten/Einheit. Besonderheiten: Thrombozytenkonzentrate sind nur kurz (je nach Aufbewahrung Stunden bis wenige Tage) haltbar und nicht in jeder Klinik rasch verfügbar (ggf. rechtzeitig bestellen). Verwendung spezieller Transfusionsbestecke. Transfusion von 1 1011 Thrombozyten führt beim Erwachsenen zu einem Anstieg von ca. 10 000/l im Blut. Komplikationen: Infektionen, allergische Reaktionen, bei wiederholten Transfusionen Alloimmunisierung durch Leukozytenkontamination. Bei hämatologischen Patienten, die voraussichtlich wiederholt Thrombozytenkonzentrate erhalten, HLA-kompatibel transfundieren (vorherige HLA-Typisierung erforderlich).
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7.1 Transfusionstherapie Gefrorenes Frischplasma (Fresh Frozen Plasma = FFP) ä ä ä
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Ersatz von Plasma einschlieûlich Gerinnungsfaktoren und -inhibitoren. Indikation: Massivtransfusion (ab 5. Erythrozytenkonzentrat je 1 FFP-Einheit pro 2 Erythrozytenkonzentrate), Verbrauchskoagulopathie. Durchführung: ± AB0-Kompatibilität erforderlich. Ist nicht ausreichend blutgruppenidentisches FFP vorhanden, sind notfalls folgende Alternativen möglich: · bei Patienten mit Blutgruppe A: FFP-Konserven AB · bei Patienten mit Blutgruppe B: FFP-Konserven AB · bei Patienten mit Blutgruppe AB: keine Alternativen · bei Patienten mit Blutgruppe 0: FFP-Konserven A, B oder AB ± nach Auftauen (z. B. handwarmes Wasserbad) sofortige Transfusion. Komplikationen: Infektionen, Transfusionsreaktion (s. o.)
Spezielle Gerinnungspräparate ä
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PPSB (Prothrombin-Komplex, z. B. Beriplex): Ersatz der Faktoren II, VII, IX und X insbesondere bei Blutungen im Zusammenhang mit Leberfunktionsstörungen oder Marcumar-Therapie. Dosierung: 1 IE/kgKG pro erwünschtem %-Anstieg des Quickwerts (Ziel: Quickwert > 50 %). Antithrombin III (= AT III, z. B. Kybernin, Atenativ): Notfallsubstitution bei AT III-Mangel (S. 295) vor (!) Substitution von Gerinnungsfaktoren. Dosierung: 1 IE/kgKG pro erwünschtem %-Anstieg (Ziel: AT III-Spiegel ~ 80 %). Substitution einzelner Faktoren bei angeborenen Gerinnungsstörungen (z. B. perioperativ) oder speziellen Indikationen.
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Transfusions-, Infusions- und Ernährungstherapie
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Humanalbumin
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Indikationen: Volumenersatz insbesondere bei Plasmaverlusten (z. B. schwere Blutungen, Verbrennungen), Hypalbuminämie. Kontraindikationen: Vorsicht bei Herzinsuffizienz. Komplikationen: allergische Reaktionen (selten), Volumenüberlastung bei Herz- oder Niereninsuffizienz. Verwendete Präparate enthalten meist 5 % oder 20 % Humanalbumin.
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7.2 Infusionstherapie und parenterale Ernährung
Transfusions-, Infusions- und Ernährungstherapie
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Indikationen ä
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Korrektur des Flüssigkeits- und Ernährungsdefizits bei Patienten, bei denen eine ausreichende enterale Nahrungszufuhr nicht möglich ist: z. B. schwere akute Diarrhoe, Kurzdarmsyndrom, Anorexie, Koma, Postaggressionszustände (z. B. Trauma, Operationen, Sepsis). Erforderliche Entlastung von Organen z. B. postoperativ, akute Pankreatitis, akute Cholezystitis, exazerbierte chronisch entzündliche Darmerkrankungen, Fisteln.
Komponenten der parenteralen Ernährung ä
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Flüssigkeit. Tagesbedarf: ca. 40 ml/kgKG/d. Faustregel: Gesamtbedarf = Perspiratio insensibilis (Haut + Lunge) 800 ml + Diurese des Vortages + Verluste über Sonden + 500 ml pro 1 Temperaturerhöhung. Ggf. genaue Bilanzierung und ZVD-Kontrollen. Elektrolyte (orientierender Tagesbedarf): Natrium (1,5 mmol/kgKG/d), Kalium (1 mmol/kgKG/d), Kalzium (0,1 mmol/kgKG/d), Magnesium (0,1 mmol/kgKG/d), Phosphat (0,2 mmol/kgKG/d). Nährstoffe. Tagesbedarf richtet sich nach dem Verbrauch: angegeben ist der mittlere Bedarf, der sich bei schweren Erkrankungen auf das Doppelte erhöhen kann. Gesamtenergiebedarf ca. 25 ± 35 kcal/kgKG/d. ± Kohlenhydrate (3 ± 4 g/kgKG/d, 1 g = 4 kcal): Glukoselösungen oder Glukoseaustauschstoffe (z. B. Xylit, Fruktose). Höherprozentige (ab 10 %) müssen über zentralen Venenkatheter infundiert werden ± Aminosäuren (1 g/kgKG/d, 1 g = 4 kcal): Kombination mit Kohlenhydraten, bei Leber- und Niereninsuffizienz speziell adaptierte Aminosäurelösungen verwenden ± Fett (1 g/kgKG/d, 1 g = 9,3 kcal): Kombination mit Kohlenhydraten, auch periphervenös applizierbar und mit Aminosäurenlösungen mischbar. Kontraindikationen: akuter Herzinfarkt, akute Thromboembolie, schwere Gerinnungsstörungen, Schock, Azidose (pH < 7,2), schwere Hypertriglyzeridämie (ab 600 mg/dl keine Fettverwertung mehr), Gravidität bis zum 4. Monat, hepatisches Koma Stadium IV. Vitamine: Deckung des Tagesbedarfs an wasser- und fettlöslichen Vitaminen bei parenteraler Langzeiternährung (> 7 Tage) durch entsprechende Kombinationspräparate (z. B. Multibionta, Vitintra, Adek-Falk). Spurenelemente: Substitution bei parenteraler Langzeiternährung durch entsprechende Kombinationspräparate (z. B. Addel, Inzolen).
Durchführung der parenteralen Ernährung ä ä
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Auswahl der Ernährungsstrategie abhängig von der Indikation, Stoffwechsellage und Ernährungszustand des Patienten sowie der Behandlungsdauer. Bei erforderlicher langfristiger parenteraler Ernährung stufenweiser Aufbau der pro Tag applizierten Nährstoffmenge (s. u.). Kontinuierliche Applikation der Nährstoffe über 24 h mit Pumpsystemen. Kontrollen unter parenteraler Ernährung: ± mehrmals täglich: Puls, RR, Körpertemperatur ± mindestens täglich: ZVD, Bilanz, bei mobilen Patienten Körpergewicht
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7.2 Infusionstherapie und parenterale Ernährung
ä
± initial täglich, nach Stabilisierung jeden 2. Tag: Blutbild, Kreatinin, Harnstoff, Elektrolyte, Blutzucker, Laktat, Blutgase, Triglyzeride ± wöchentlich: Gesamteiweiû, Albumin, Quick, Transaminasen, Bilirubin, aP. Komplikationen bei langfristiger parenteraler Ernährung: Venenkatheterkomplikationen (S. 66), Leberverfettung, Cholestase, Gallensteine, Funktionsverlust der Darmschleimhaut.
Parenterale Ernährungsschemata
ä ä
ä
ä
Folgende Ernährungsschemata sind Orientierungshilfen in Standardsituationen, ¾nderungen sind in Abhängigkeit vom akuten Krankheitsbild, zusätzlichen Grunderkrankungen (z. B. adaptierte Aminosäurenlösungen bei Leberund Niereninsuffizienz, Flüssigkeitsrestriktion bei Herzinsuffizienz), Elektrolytspiegeln u. a. erforderlich (s. o.). Stets überprüfen, ob nicht auf eine enterale Sondenernährung (s. u.) übergegangen werden kann, welche deutlich preiswerter und physiologischer ist. Periphervenöse Ernährung: ± bei kurzfristiger Nahrungskarenz (< 2 Tage): Substitution von Flüssigkeit (ca. 2000 ± 3000 ml/d), Elektrolyten und geringen Kalorienmengen mit Fertig-Infusionslösungen, welche Elektrolyte und Glukose 5 % enthalten (z. B. Normofundin G-5, Tutofusin OPG, Sterofundin BG-5) je nach Elektrolytspiegeln evtl. im Wechsel mit Glukose 5 % oder NaCl 0,9 % ± Bei gutem Allgemein- und Ernährungszustand und mittelfristiger (2 ± 4 Tage) Nahrungskarenz: zusätzlich Aminosäurenlösungen (maximal 10 %ig, bei Leber- und Niereninsuffizienz adaptierte Lösungen z. B. Aminosteril hepa bzw. -nephro), evtl. auch Fettemulsionen. Beispiel: 2000 ml G5 %-haltige Lösung (= 400 kcal) + 500 ml Aminosäurelösung 10 %ig (= 200 kcal) + 250 ml Fettemulsion 20 % (= 500 kcal) = 1100 kcal. Zentralvenöse Ernährung bei längerfristiger parenteraler Ernährung (> 4 Tage). Stufenweiser Aufbau meist unter Verwendung von Glukose-AminosäurenMischlösungen (z. B. Aminomix 1000 kcal/l), Fettemulsionen (z. B. Intralipid, Lipovenös 10 % ~ 1000 kcal/l, 20 % ~ 2000 kcal/l), Vitaminen und Spurenelementen. Beispiele für Tagesdosierungen (tägliche Steigerung um 1 Stufe, Endstufe abhängig vom geschätzen Kalorienbedarf, s. o.): ± Stufe 1 (~ 1000 kcal): 1000 ml Aminomix1, 2000 ml Elektrolytlösung ± Stufe 2 (~ 1500 kcal): 1500 ml Aminomix1, 1500 ml Elektrolytlösung ± Stufe 3 (~ 2000 kcal): 1500 ml Aminomix1+ 1 Amp. Multibionta, 250 ml Fettemulsion 20 %, 1250 ml Elektrolytlösung ± Stufe 4 (~ 2500 kcal): 2000 ml Aminomix1 + 1 Amp. Multibionta, 250 ml Fettemulsion 20 % + 1 Amp. Vitintra, 750 ml Elektrolytlösung + 1 Amp. Addel ± Stufe 5 (~ 3000 kcal): 2000 ml Aminomix1 + 1 Amp. Multibionta, 500 ml Fettemulsion 20 % + 1 Amp. Vitintra, 500 ml Elektrolytlösung + 1 Amp. Addel. Stufenweise Beendigung der parenteralen Ernährung unter langsamem enteralen bzw. oralen Nahrungsaufbau.
&7&
ä
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YB
Transfusions-, Infusions- und Ernährungstherapie
CM
Checkliste Hahn ´ Seite 89
90
YB
7.3 Enterale Sondenernährung
Transfusions-, Infusions- und Ernährungstherapie
CM
Indikationen ä ä
Schluckstörungen, z. B. nach apoplektischem Insult oder bei Bewuûtseinsstörungen, mechanische Passagestörungen, psychiatrische Erkrankungen. Vorteile gegenüber parenteraler Ernährung: deutlich geringere Kosten, weniger Komplikationen, physiologischer.
Kontraindikationen ä
Ösophagusvarizen, akute gastrointestinale Blutungen, schwere Ulkuskrankheit, hochgradige Resorptionsstörungen, schweres Kurzdarmsyndrom, Fisteln zwischen Magen und Kolon oder Jejunum, Magen-Darm-Atonie, Ileus, schwere Gastroenteritis und Diarrhoe, Peritonitis, akute Pankreatitis, Darmischämie, ethische Gründe (z. B. Terminalstadium chronischer Erkrankungen mit Gefahr der Leidensverlängerung).
Nährstofflösungen ä
ä
ä
Nährstoffdefinierte hochmolekulare Diät: enthält Kohlenhydrate, Eiweiû, Fett, Elektrolyte, Vitamine und Spurenelemente in der ursprünglichen Form. Anwendung bei normaler Digestion und Absorption. Chemisch definierte niedermolekulare Diät: enthält Oligosaccharide, Oligopeptide, mittelkettige Triglyzeride, Elektrolyte, Vitamine und Spurenelemente und ist frei von Ballaststoffen. Anwendung bei eingeschränkter Digestion oder Absorption (z. B. chronische Pankreatitis, Malassimilation, Kurzdarmsyndrom, nach langfristiger parenteraler Ernährung) meist unter Verwendung von duodenalen oder jejunalen Sonden. Normalkalorische Lösungen enthalten 1 kcal/ml, hochkalorische 1,5 kcal/ml.
Durchführung ä ä
ä
&7&
ä
Legen einer Magensonde (S. 81), bei längerer Ernährung (> 6 Wochen) einer PEG (S. 81). Bei Aspirationsrisiko Plazierung der Sonde im Duodenum. Applikation: ± bei Magensonden wiederholte Bolusgaben (Einzelportion 50 ± 300 ml, Nachspülen mit H2O erforderlich) oder kontinuierliche Applikation (Schwerkraftüberleitungssysteme oder Ernährungspumpe) ± bei Duodenalsonden kontinuierliche Applikation über Ernährungspumpe ± Bolusgaben: z. B. am 1. Tag 6 50 ml, am 2. Tag 6 100 ml, am 3. und 4. Tag 6 150 ml, am 5. und 6. Tag 6 200 ml Sondenkost usw., regelrechte Magenentleerung durch vorherige Aspirationsversuche überprüfen ± kontinuierliche Applikation: langsame Steigerung des Volumens/Zeiteinheit. ± fehlende Flüssigkeit durch H2O ersetzen. Kontrollen: sind wie bei der parenteralen Ernährung (s. o.) erforderlich, jedoch sind gröûere Zeitabstände möglich. Komplikationen: ± Erbrechen, Aspiration: z. B. Sonde umgeschlagen oder zu hoch (Röntgen) ± Diarrhoe: Sonde zu tief (Röntgen), Sondenkost zu hoch dosiert oder zu kalt, bakterielle Kontamination ± Druckulzera, PEG-Komplikationen (S. 81).
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Heparintherapie ä
ä
ä
ä
ä
ä
Wirkungsmechanismus: die wesentliche antikoagulatorische Wirkung beruht auf der Bindung des Heparins an AT III (bei AT III-Mangel verminderte Wirksamkeit), was eine beschleunigte Hemmung aktivierter Gerinnungsfaktoren insbesondere von Faktor Xa und IIa (Thrombin) zur Folge hat. Präparate: ± unfraktioniertes Heparin (z. B. Calciparin, Liquemin N) ± fraktioniertes = niedermolekulares Heparin (z. B. Fragmin, Fraxiparin, innohep, Mono Embolex NM): wegen längerer Halbwertszeit meist Einmalgabe ausreichend, weniger Nebenwirkungen, aber höhere Kosten gegenüber unfraktioniertem Heparin, teilweise nur im operativen Bereich zugelassen. Indikationen: ± prophylaktische Heparinisierung (low-dose): erhöhtes Risiko thromboembolischer Ereignisse bei Immobilisation, kardiovaskulären Erkrankungen, forcierter Diuretikatherapie, nach Traumen, Operationen u. a. ± therapeutische Heparinisierung (high-dose): thromboembolische Erkrankungen, extrakorporale Blutzirkulation (z. B. Dialyse). Nebenwirkungen: Allergien, heparininduzierte Thrombopenie (S. 555), Blutungen (v. a. high-dose), Transaminasen-, Lipase- und LDH-Erhöhung, Pruritus/Urtikaria, reversible Alopezie, Kopf- und Gliederschmerzen, Bronchospasmus, Osteoporose (bei längerer Anwendung) u. a. Kontraindikationen: ± prophylaktische Heparinisierung: Heparinallergie, heparininduzierte Thrombopenie Typ II (S. 555) ± therapeutische Heparinisierung: hämorrh. Diathese, manifeste Blutungen, erhöhtes Blutungsrisiko (z. B. postoperativ < 10 Tage, floride Ulzera, Ösophagusvarizen, Nephrolithiasis, tuberkulöse Kavernen, Bronchiektasen, Malignome), frischer Hirninfarkt, fixierte art. Hypertonie (RR > 105 mmHg diast.), schwere Arteriosklerose, bakt. Endokarditis, schwere Leber- oder Niereninsuffizienz, akute Pankreatitis, vor Arterien oder Organpunktionen. Dosierung: ± prophylaktische Heparinisierung: z. B. 2 7500 IE/d unfraktioniertes Heparin oder 1 5000 IE/d fraktioniertes Heparin s. c. ± therapeutische Heparinisierung, entweder s. c. oder i. v. Applikation (unfraktioniertes Heparin), Dosissteuerung (Tab. 15) durch PTT-Bestimmung (6 Std. nach Therapiebeginn, dann 1 ± 2 tägl.), PTTsoll = 1,5 ± 2,5fache Verlängerung, Initialdosis: · s. c.: 2 12 500 ± 15 000 IE · i. v.: Bolus von 5000 IE, dann Perfusor z. B. 25 000 IE/50 ml (500 IE/ml) mit zunächst 2 ± 2,5 ml/h ± fraktioniertes Heparin bei Phlebothrombose: nach Körpergewicht, S. 297. Antagonisierung (z. B. bei Blutungen) mit Protaminchlorid (z. B. Protamin¹Rocheª 1000, 5 ml/Amp.) oder Protaminsulfat (z. B. Protaminsulfat Novo Nordisk 100 mg/10 ml Amp.): 1 ml inaktiviert 1000 IE unfraktioniertes Heparin. Da die zu antagonisierende Heparinmenge oft schwer abzuschätzen ist, zunächst maximal 5 ml applizieren, dann PTT-Kontrolle. Auch bei Protaminüberdosierung Gerinnungshemmung (und PTT-Verlängerung) möglich. Nebenwirkungen: allergische Reaktionen.
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Antikoagulation und Thrombolysetherapie
8.1 Antikoagulation
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8.1 Antikoagulation
Antikoagulation und Thrombolysetherapie
CM
Tabelle 15 Dosissteuerung bei therapeutischer Heparinisierung in Abhängigkeit vom PTT-Wert PTT (Sek.) < 50
nächste PTTKontrolle
5000
0
+ 0,3 ml/h
50 ± 59
0
0
+ 0,2 ml/h
nach 6 h
60 ± 85 86 ± 95
0 0
0 0
0 0,2 ml/h
am nächsten Morgen
96 ± 120
0
30
0,3 ml/h
nach 6 h
> 120
0
60
0,4 ml/h
nach 6 h
nach 6 h
Orale Antikoagulanzientherapie ä
ä ä ä ä ä
Wirkungsmechanismus: Vitamin-K-Antagonisierung, dadurch verminderte Synthese der abhängigen Gerinnungsfaktoren II, VII, IX und X (sowie Protein C und S, daher initial erhöhte Thrombosegefahr!) in der Leber. Präparate: Cumarinderivate, z. B. Phenprocoumon (Marcumar 3 mg/Tbl., HWZ ca. 6 Tage). Indikationen: erforderliche Langzeitantikoagulation bei Erkrankungen mit erhöhtem Risiko thromboembolischer Ereignisse (Tab. 17). Nebenwirkungen: Blutungen, Appetitlosigkeit, Übelkeit, Diarrhoe, Hautnekrosen, Urtikaria, Dermatitis, reversible Alopezie, Transaminasenerhöhung. Kontraindikationen: wie bei therapeutischer Heparinisierung (S. 91), zusätzlich Schwangerschaft, Stillzeit, Alkoholismus, schlechte Compliance, Epilepsie. Therapieüberwachung: ± Quickwert. Nachteil: unterschiedliche therapeutische Bereiche durch unterschiedliche Quick-Reagenzien ± INR (international normalized ratio): internationaler WHO-Standard, der einen Vergleich therapeutischer Bereiche und Meûergebnisse ermöglicht. Entspricht die Empfindlichkeit des Thromboplastins (z. B. Thromborel S) bei der Quick-Bestimmung in etwa der des WHO-Referenzthromboplastins, können folgende Werte einander zugeordnet werden: Tab. 16.
Tabelle 16
INR- und Quickwerte im Vergleich (Quick-Reagenz=Thromborel S)
INR
Quick (%)
INR
Quick (%)
INR
Quick (%)
1,5 2,0
50 35
2,5 3,0
28 23
3,5 4,5
20 15
ä ä
&8&
WiederhoInfusions- ¾nderung Infusionslungsbolus (IE) stop rate (bei 25 000 IE/ i. v. (Min.) 50 ml)
Vor Antikoagulanzientherapie Patienten über Risiken und mögliche Nebenwirkungen aufklären. Informationsbroschüre mitgeben. Dosierung: richtet sich nach der Grunderkrankung und orientiert sich am therapeutischen INR- bzw. Quickwert (Tab. 17). Beginn der Behandlung überlappend zu der meist vorausgehenden Heparintherapie, welche bis zum Erreichen des therapeutischen Bereiches fortgeführt wird. Initialdosis von Phenprocoumon (Marcumar) bei einem Ausgangs-Quickwert von 100 %:
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8.1 Antikoagulation
ä
ä
± Tag 1: 4 Tbl. = 12 mg; Tag 2: 2 Tbl. = 6 mg ± Tag 3 und folgende: Dosierung nach Quickwert, Erhaltungsdosis meist ± 1 Tbl./d. (abends). Verlängerung der Quick-Kontrollintervalle nach Erreichen des therapeutischen Wertes. Später meist 14-tägige Bestimmung ausreichend, Dosierung im Antikoagulanzienausweis eintragen. Vorgehen bei Überdosierung: Therapiepause und tägliche Quickkontrollen bis zum Erreichen des therapeutischen Bereiches, bei Quick < 10 % Vitamin K (z. B. 5 ± 10 mg = 5 ± 10 Konakion), Wirkungseintritt nach 8 ± 12 Std. Vorgehen bei bedrohlicher Blutung: Gabe von PPSB (Dosierung S. 87) oder 1 ± 2 Einheiten Frischplasma (S. 87), zusätzlich 10 mg Vitamin K (= 1 Amp. Konakion MM) langsam oder als Kurzinfusion i. v. Arzneimittelinteraktionen der Cumarinderivate: ± Wirkungsverstärkung (Blutungsgefährdung): akuter Alkoholabusus, ASS Allopurinol, Amiodaron, Anabolika, Androgene, Benzofibrat, Breitbandantibiotika, Chinidinpräparate, Chloralhydrat, Cimetidin, Clofibrat, Dihydroergotamin, Disulfiram, Immunsuppressiva, Indometacin, Lovastatin, Metronidazol, MAO-Hemmer, Nalixidinsäure, Nikotinsäurederivate, Nortriptylin, Oxyphenbutazon, Penicilline, Phenothiazine, Phenylbutazon, Sulfonamide, Sulfonylharnstoffe, Thiobarbiturate, Thyroxin, Trijodthyronin, Tolbutamid ± Wirkungsabschwächung (ungenügender Thromboseschutz): chronischer Alkoholabusus, Amitriptylin, Antihistaminika, Antazida, Barbiturate, Biguanide, Carbamazepin, Chloralhydrat, Colestyramin, Digitalis, Diuretika, Glukokortikoide, Griseofulvin, Laxanzien, Neuroleptika, Ovulationshemmer, Phenytoin, Purinderivate, Rifampicin, Thyreostatika, Vitamin K (Gemüse).
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Antikoagulation und Thrombolysetherapie
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ä
ä
ä ä
Acetylsalicylsäure (ASS): ± Indikation: koronare Herzkrankheit, nach Herzinfarkt, nach ischämischem zerebralem Insult, nach gefäûchirurgischen Eingriffen, als Analgetikum bei Schmerzen, als Antiphlogistikum bei rheumatischen Erkrankungen, als Antipyretikum bei Fieber ± Dosierung (als Thrombozytenaggregationshemmer): 100 ± 300 mg/d p. o. ± Nebenwirkungen: gastrointestinale Beschwerden, Ulzera und Blutungen, allergische Reaktionen, Bronchospasmus, Ekzeme, selten Thrombopenie ± Kontraindikationen: Allergie, hämorrhagische Diathese, floride MagenDarm-Ulzera, bekannter Bronchospasmus auf ASS, letztes Trimenon der Schwangerschaft. Ticlopidin (Tiklyd): ± Indikation: Thrombozytenaggregationshemmung bei ASS-Unverträglichkeit ± Dosierung: 2 250 mg/d (= 2 1 Tbl. Tiklyd) p. o., in den ersten 3 Behandlungsmonaten Blutbild-Kontrollen alle 2 Wochen ± Nebenwirkungen: Blutbildveränderungen (v. a. Neutropenie), Blutungen, gastrointestinale Störungen, Allergien, Leberfunktionsstörungen u. a. ± Kontraindikationen: Blutbildveränderungen, Gerinnungsstörungen, Allergie, Magen-Darm-Ulzera, zerebrale Blutungen, Schwangerschaft, Stillzeit. Clopidogrel (Plavix): wie Ticlopidin, jedoch keine Neutropenie, 1 75 mg/d. Abciximab (ReoPro): GP IIa/IIIb-Antagonist, kurzfristige (i. v.) Anwendung z. B. bei Hoch-Risiko-PTCA (instabile Angina pectoris, Myokardinfarkt).
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Thrombozytenaggregationshemmer
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8.1 Antikoagulation
Antikoagulation und Thrombolysetherapie
CM
Tabelle 17 Antithrombotische Therapie bei Erkrankungen mit erhöhtem thromboembolischem Risiko (OAK = orale Antikoagulanzien) Diagnose
Medikament
Beh.-Dauer
Herzklappenerkrankungen: ± Sinusrhythmus ohne Komplikation ± Vorhofflimmern ± intrakardiale Thromben
keine Therapie OAK (INR 2,0 ± 3,0) Dauerbehandlung OAK (INR 3,0 ± 4,5) Dauerbehandlung
Mechanischer Klappenersatz
OAK (INR 2,5 ± 3,5) Dauerbehandlung
Biologischer Klappenersatz
OAK (INR 2,0 ± 3,0) 3 Monate
Vorhofflimmern (vgl. S. 270): ± Mitralklappenfehler, nach Klappenersatz, dilatative Kardiomyopathie, Z. n. Embolie ± nichtvalvuläre Genese ± Kontraindikationen gegen OAK, Pat. mit biologischem Alter > 75 Jahre
OAK (INR 2,0 ± 3,0) Dauerbehandlung OAK (INR 1,5 ± 2,5) Dauerbehandlung Dauerbehandlung ASS 300 mg/d
Koronare Herzkrankheit: ± nach Herzinfarkt, PTCA, ACVB ± nach Stent-Implantation ± stark eingeschr. Ventrikelfunktion ± Herzwandaneurysma, intrakardiale Thromben nach Infarkt Dilatative Kardiomyopathie
ASS 100 mg/d Ticlopidin 2 250 mg/d + ASS 100 mg/d OAK (INR 2,0 ± 3,0) OAK (INR 3,0 ± 4,5)
Dauerbehandlung Ticlopidin: 4 Wochen, ASS: Dauerbehandlung Dauerbehandlung Dauerbehandlung
OAK (INR 2,0 ± 3,0) Dauerbehandlung
Venenthrombosen/Lungenembolie: ± ± ± ±
Unterschenkelvenenthrombose sonstige tiefe Venenthrombosen Lungenembolie angeborener Gerinnungsdefekt, Rezidiv, bleibende Risikofaktoren
OAK OAK OAK OAK
(INR (INR (INR (INR
2,0 ± 3,0) 2,0 ± 3,0) 3,0 ± 4,5) 3,0 ± 4,5)
Korrespondierende Quickwerte:
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INR 1,5 ± 2,5: Quick 50 ± 28 %, INR 2,0 ± 3,0: Quick 35 ± 23 %, INR 2,5 ± 3,5: Quick 28 ± 20 %, INR 3,0 ± 4,5: Quick 23 ± 15 %
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6 Wochen (3-) 6 Monate 6 Monate Dauerbehandlung
8.2 Systemische Thrombolysetherapie Grundlagen ä ä
ä ä ä
Wirkungsmechanismus: Auflösung eines Blutgerinnsels durch Aktivierung des fibrinolytischen Systems. Fibrinolytika: Streptokinase (z. B. Streptase), Urokinase (z. B. Actosolv, Ukidan), rt-PA (z. B. Actilyse), APSAC = anisoylierter Plasminogen-Streptokinase-Aktivator-Complex (Eminase). Indikationen: meist Herzinfarkt, Lungenembolie, tiefe Beinvenenthrombose. Komplikationen: leichte Blutungen (5 ± 10 %), schwere Blutungen (< 1 %), Hirnblutungen (1 ± 2 %), Reperfusionsarrhythmien, Allergien (Streptokinase). Risikoausmaû und Kontraindikationen (Tab. 18): sorgfältige Risiko-NutzenAbwägung: groûzügigeres Vorgehen bei Herzinfarkt und Lungenembolie, insbesondere bei vitaler Indikation, während bei der Thrombolysetherapie tiefer Beinvenenthrombosen im allgemeinen jedes Risiko als Kontraindikation zu werten ist.
Tabelle 18
Risikoausmaû und Kontraindikationen bei Thrombolysetherapie
Geringes Risiko: ± i. m. Injektion < 2 Wochen ± Z. n. Reanimation < 10 Min. ± arterielle Hypertonie ± Menstruation ± Nierensteine ohne Kolik ± diabetische Retinopathie ± Zahnextraktion < 2 Wochen
Hohes Risiko: ± florides Magen-/Duodenalulkus ± Z. n. Reanimation > 10 Min. ± Z. n. Punktion nicht kompressibler arterieller Gefäûe ± unkontrollierte Hypertonie (RRsyst. > 200 mmHg, RRdiast. > 110 mmHg) ± Z. n. OP/Trauma < 6 Wochen ± Sepsis ± Endokarditis, Perikarditis ± Schwangerschaft ± Aortenaneurysma ± Ösophagusvarizen ± Malignom
95
YB
Antikoagulation und Thrombolysetherapie
CM
ä
Allgemeine Maûnahmen vor Thrombolysetherapie: ± Labor: mindestens Blutbild, Quick, PTT, AT III, Fibrinogen, Kreatinin, Elektrolyte, GOT, g GT, Lipase, Blutgruppe, EKG, Röntgen-Thorax, vor Langzeitlyse Funduskopie ± Aufklärung des Patienten und Einverständnis (schriftlich oder Zeugen) ± Anordnungen: Bettruhe, keine Naûrasuren, keine rektalen Temperaturmessungen, keine i. a. oder i. m. Punktionen ± Stuhlregulierung (keine Einläufe!) Checkliste Hahn ´ Seite 95
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Absolute Kontraindikationen: ± hämorrhagische Diathese ± aktive innere Blutung oder Z. n. innerer Blutung < 6 Wochen ± Z. n. zerebraler OP/Trauma oder Z. n. Augen-OP < 6 Wochen ± Z. n. zerebralem Insult < 6 Wochen ± zerebraler Tumor ± Aortendissektion ± nekrotisierende Pankreatitis ± bei Streptokinase: vorausgegangener Streptokokken-Infekt oder Streptokinase-Lyse < 6 Monate vorher (dann Urokinase oder rt-PA verwenden)
YB
8.2 Systemische Thrombolysetherapie
ä
± evtl. Streûulkusprophylaxe mit Sucralfat oder H2-Blocker (S. 339) ± evtl. 30 Min. vor Beginn der Streptokinasetherapie 250 mg Prednisolon i. v. Dosierung: abhängig von der Erkrankung: ± Herzinfarkt: S. 260 ± tiefe Bein- und Beckenvenenthrombose: S. 297 ± Lungenembolie: S. 674.
Vorgehen bei lebensbedrohlicher Blutung unter Thrombolysetherapie ä ä
ä ä
Fibrinolytikum absetzen. Antifibrinolytika (alternativ): ± Tranexamsäure (Anvitoff, Cyklokapron, Ugurol): initial 1 g i. v. (Bolus), Wiederholung mit 0,25 g/h ± Aprotinin (Antagosan, Trasylol): initial 500 000 IE als Kurzinfusion in 100 ml NaCl 0,9 % über 20 Min. i. v., dann 100 000 IE/h über Perfusor ± e -Aminocapronsäure: initial 4 g i. v. (Bolus), Wiederholung mit 1 g/h. Antagonisierung einer begleitenden therapeutischen Heparinisierung: S. 91. Ggf. Transfusion von Erythrozytenkonzentraten und FFP (S. 85ff.).
&8&
Antikoagulation und Thrombolysetherapie
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CM
Checkliste Hahn ´ Seite 96
9.1 Dekubitus Definition ± Ursachen ä ä
ä
ä
Definition: Durch Druckeinwirkung und dadurch entstehende Ischämie verursachte Schädigung der Haut und tieferer Gewebsstrukturen. Entstehungsmechanismus: Hoher Auflagedruck über längere Zeit (> 120 Min.) komprimiert die Mikrozirkulation der Haut, was zu einer ischämischen Hautnekrose führt. Risikofaktoren: ± Allgemein: Immobilität, hohes Alter, Malnutrition, Dehydratation, Inkontinenz, Durchblutungsstörungen (z. B. bei AVK oder venöser Stauung), Anämie, Sensibilitätsstörungen (z. B. diabetische Polyneuropathie, nach apoplektischem Insult, Multiple Sklerose), Hautläsionen (z. B. Ekzem). ± Häufigste Risikoerkrankungen: · apoplektischer Insult · Oberschenkelhalsfraktur · fieberhafte Infekte. Hauptlokalisation: ± besonders Hautstellen über Knochenvorsprüngen ± Entstehungssituation: · Rückenlage: Kreuzbein, Ferse · Seitenlage: Trochanter major, Knöchel · Sitzen: Sitzbeinhöcker.
Einteilung ä
Schweregradeinteilung: Tab. 19.
Tabelle 19
97
YB
Allgemeine internistische Therapiemassnahmen
CM
Schweregradeinteilung des Dekubitus
Grad
Ausmaû der Schädigung
I
umschriebene Hautrötung ohne Defekte
II
Hautdefekt mit Abschürfung oder Blasenbildung
III
tiefer Hautdefekt, sichtbare Muskulatur, Sehnen oder Bänder
IV
Haut- und Gewebedefekt mit Knochenbeteiligung (Osteomyelitis)
ä ä
ä
ä
Erkennen der Risikopatienten (s. o.). Druckentlastung gefährdeter Hautstellen (s. o.): ± Krankengymnastik und Mobilisation des Patienten, soweit möglich ± Lagerung unter Verwendung spezieller Hilfsmittel (z. B. Würfel- oder Wechseldruckmatratzen), faltenfreies Liegen ± regelmäûige (zweistündliche) Umlagerung des Patienten mit Dokumentation im Umlagerungsplan. Hautpflege: ± zu feuchte Haut vermeiden: z. B. bei Inkontinenz Harnblasenkatheteranlage ± zu trockene Haut vermeiden: z. B. Verwendung von Öl-Wasser-Emulsionen. Behandlung von Risikofaktoren: ausreichende Ernährung und Flüssigkeitszufuhr, Behandlung einer Herzinsufffizienz, Transfusion bei schwerer Anämie, Einstellung eines Diabetes mellitus. Checkliste Hahn ´ Seite 97
&9&
Prophylaxe
Allgemeine internistische Therapiemassnahmen
98
CM
YB
9.1 Dekubitus Beachte: Auf Tranquilizer, Neuroleptika und Antidepressiva möglichst verzichten, da die Spontanmobilität dadurch weiter vermindert wird.
Therapie ä ä
Allgemeine Therapie: konsequente Prophylaxe (s. o.) weiterführen. Lokale Therapie (Zusammenarbeit mit Chirurgen) in Abhängigkeit vom Ausmaû und Zustand der Hautschädigung: Tab. 20.
Tabelle 20
Lokale Therapie des Dekubitus
Zustand der Haut
Therapieziel
Hautrötung regelrechte Haut
Maûnahmen ± absolute Druckentlastung
Blasenbildung
blasenfrei anlie- ± absolute Druckentlastung, Beobachtung gende Haut ± bei Rückgang der Blase keine Abtragung ± bei Füllungszunahme und Entzündungszeichen steriles Abtragen der Blase und antiseptische Wundbehandlung
Nekrose
nekrosefreie, ± absolute Druckentlastung saubere Wunde ± chirurgisches DØbridment, Entfernung der Nekrose unter sterilen Bedingungen, ggf. in mehreren Sitzungen (z. B. alle 2 Tage) ± enzymatische Wundreinigung in den Intervallen (z. B. Varidase, Fibrolan), kein Wasserstoffperoxid oder Polyvidon-Iod (z. B. Betaisodona)
schmierig saubere Wunde, ± absolute Druckentlastung belegte Anregung der ± Spülung mit NaCl 0,9 % Wundfläche Selbstreinigung ± enzymatische Wundreinigung (s. o.) ± bei Lokalinfektion Wundabstrich (S. 19), danach systemische Antibiotikatherapie granulieren- gut durchblutede Wunde tes, ernährtes und feuchtes Granulationsgewebe
± absolute Druckentlastung ± Spülung mit Ringer-Lösung ± feuchte Verbände (z. B. sterile Kompressen mit Ringer-Lösung) auch mehrmals/Tag ± Hydrokolloidverbände (z. B. Varihesive, Comfeel)
&9&
Bei groûen Defekten, freiliegenden Knochen oder Sehnen, plastische Deckung
Checkliste Hahn ´ Seite 98
9.2 Gastrointestinale Beschwerden Grundlagen ä
ä
Symptomatische Behandlung gastrointestinaler Beschwerden bei unbekannter Ursache nur kurzfristig. Bei bekannter Ursache steht die kausale Behandlung im Vordergrund. Bei chronischen Beschwerden gastroenterologische Diagnostik erforderlich.
Obstipation ä
ä
Allgemeine Maûnahmen: regelmäûige ballaststoffreiche Kost (Gemüse, Obst, Vollkornprodukte), bei fehlenden Kontraindikationen (z. B. Herzinsuffizienz) viel trinken (> 2 l/d), tägliche körperliche Bewegung. Laxanzien; möglichst nur kurzfristige Anwendung, bei oralen Laxanzien meist reichliche Flüssigkeitszufuhr erforderlich, bei langfristigem oder unsachgemäûem Gebrauch Gefahr von Elektrolytverlusten, wobei eine Hypokaliämie die Obstipation verstärken kann (Circulus vitiosus). Bei schwerem Abusus schleimhautreizender Laxanzien kann eine Pseudomelanosis coli (Schwarzpigmentierung der Schleimhaut) auftreten. Häufig verwendete Substanzen: ± Weizenkleie: z. B. 3 15 g/d zu den Mahlzeiten (einschleichend nach Erfolg) ± Leinsamen: 3 1 Eûlöffel/d (ggf. mehr) ± Lactulose (z. B. Bifiteral, Eugalac): z. B. 3 15 ml/d, Nebenwirkung: Flatulenz (Belastung für den Patienten nicht unterschätzen!) ± Natriumpicosulfat: z. B. 10 ± 15( ± 20) Tr./d Laxoberal ± vermehrt schleimhautreizende Mittel (nur kurzfristige Anwendung): · Bisacodyl (z. B. Agaroletten Drg., Dulcolax Drg./Supp): z. B. 1 ± 2 Drg. abends oder 1 Supp. (Wirkung nach 15 ± 30 Min. zu erwarten) · Anthrachinonpräparate: z. B. 1 Teelöffel/d Liquidepur abends.
99
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Allgemeine internistische Therapiemassnahmen
CM
Diarrhoe ä
Auch bei akuter Diarrhoe (Differentialdiagnose der Diarrhoe: S. 174) ist zumindest der Ausschluû einer Infektion durch mikrobiologische Untersuchung des Stuhls erforderlich. Symptomatische Therapie der Diarrhoe: S. 589.
ä
Häufige Indikationen zur symptomatische Therapie: ± gastrointestinale Erkrankungen (zusätzlich zur kausalen Therapie): z. B. Metoclopramid (MCP, z. B. Gastrosil, Paspertin) bei Bedarf oder ggf. 3 /d 15 ± 30 Tr. oral oder 1 Amp. i. v.; Nebenwirkungen: extrapyramidale Symptome (Dyskinesien, Schlundkrämpfe, Schluckstörung etc.; Antidot: Biperiden, z. B. 1 Amp. Akineton i. v.), bei Dauerbehandlung gelegentlich Gynäkomastie und Potenzstörungen ± Vestibularisreizungen (z. B. Neuritis vestibularis, Kinetosen: S. 207): z. B. Dimenhydrinat (z. B. Vomex) bei Bedarf oder ggf. 3 /d 1 Drg. oral bzw. 1 Amp. i. v.; Nebenwirkungen: Hauterscheinungen, Sedierung ± zytostatika-induziertes Erbrechen: S. 112.
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Übelkeit und Erbrechen
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9.2 Gastrointestinale Beschwerden Schluckauf (Singultus) ä ä
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Ursache: Reizung des N. phrenicus. Verlaufsformen: ± akut: meist harmlos z. B. durch Magendehnung, Alkohol oder psychogen ± chronisch (diagnostische Abklärung erforderlich): z. B. bei abdominellen Erkrankungen oder nach Operationen, Ösophagusdivertikel, Mediastinaltumoren, Aortenaneurysma, ZNS-Erkrankungen (Hirntumoren, Enzephalitis, Trauma). Symptomatische Therapie: ± Physikalische Maûnahmen: z. B. kalte Flüssigkeit trinken ± Medikamentöse Behandlung (nur bei anhaltendem quälendem Schluckauf): · Metoclopramid (S. 333) · Bei Erfolglosigkeit Versuch mit niederpotenten Neuroleptika (S. 109).
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Allgemeine internistische Therapiemassnahmen
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9.3 Schlafstörungen Grundlagen ä ä
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Epidemiologie: Zunahme mit dem Alter. Vorkommen bei 40 ± 60 % der über 65jährigen, wobei Frauen häufiger betroffen sind als Männer. Klinik: ± Einschlafstörungen ± Durchschlafstörungen ± Einschlafneigung am Tag ± Tagesbefindlichkeitsstörungen mit · morgendlicher Müdigkeit · depressiven Verstimmungszuständen, Reizbarkeit · Verminderung der intellektuellen und/oder körperlichen Leistungsfähigkeit · psychomotorischen Störungen. Einteilung: ± Insomnien: ungenügende Dauer und/oder Qualität des Schlafes über einen längeren Zeitraum ± Hypersomnien: exzessive Schläfrigkeit tagsüber, die nicht durch eine ungenügende Schlafdauer erklärt ist ± Schlaf-Wach-Rhythmusstörungen: Mangel an Synchronisation zwischen dem tatsächlichen und dem erwünschten Schlaf-Wach-Rhythmus (z. B. Schichtarbeiter) ± Parasomnie: abnorme Episoden, die während des Schlafes auftreten wie Schlafwandeln, Pavor nocturnus (= Nachtangst) und Alpträume. Diagnostik: ± Anamnese: Beschwerden (vgl. Klinik), Alkohol-, Medikamentenkonsum, fehlende körperliche Bewegung, psychische Belastungen, Lärm etc. ± Partnerbefragung: Schnarchen, nächtliche Atempausen als Hinweise für Schlafapnoesyndrom (S. 300) ± körperliche einschlieûlich neurologische Untersuchung, bei Hinweisen für eine organische Erkrankung auch apparative Diagnostik ± Schlaflaborabklärung z. B. bei V. a. Schlafapnoesyndrom, Restless-legs-Syndrom, Parasomnien, therapieresistente chronische Insomnien. Häufige Ursachen und deren Therapie: Tab. 21.
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Allgemeine internistische Therapiemassnahmen
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Richtlinien zur Therapie mit Hypnotika (= Schlafmittel) ¹5-K-Regelª: ± klare Indikationsstellung: kausale und nichtmedikamentöse Therapiemaûnahmen haben Vorrang (vgl. Tab. 21) ± Kontraindikationen beachten ± kleinste wirksame Dosis wählen ± kurze Anwendungsdauer ± kein abruptes Absetzen. Häufig verwendete Hypnotika: ± Phytopharmaka z. B. Baldrian- oder Hopfen-Präparate (z. B. Hovaletten, Valdispert): · Vorteile: kein Abhängigkeitspotential, nahezu fehlende Toxizität, freie Verfügbarkeit · Nachteile: minimale hypnotische Potenz
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Medikamentöse Therapie
Allgemeine internistische Therapiemassnahmen
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9.3 Schlafstörungen Tabelle 21
Häufige Ursachen von Schlafstörungen und deren Therapie
Ursache
Therapie
Physische Ursachen (am häufigsten): ± Internistische Erkrankungen: z. B. kausale Behandlung (Hypnotika Schmerzen unterschiedlicher Genese, nur überbrückend) fieberhafte Infekte, Neoplasien, Dyspnoe bei kardialen oder bronchopulmonalen Erkrankungen, endokrine Erkrankungen (z. B. Hyperthyreose), rheumatische Erkrankungen ± Neurologische Erkrankungen: z. B. zerebrale Krampfanfälle, intrakranielle Raumforderungen, Morbus Parkinson, Demenz mit Tag-Nacht-Umkehr ± Andere Erkrankungen: z. B. Miktionsstörungen, Pruritus Anpassungsschwierigkeiten: z. B. Hospitalisation, Veränderungen des Lebensrhythmus
Hypnotika nur bei Beeinträchtigung der Tagesbefindlichkeit und kurzfristig
Falsche Schlafhygiene: z. B. unregelmäûi- Beratung, Verhaltensänderung, bei ge Schlafzeiten, Schichtarbeit Schichtarbeit äuûerer Zeitgeber (z. B. helles Weiûlicht) Psychogen-psychoreaktive Ursachen: z. B. Lebensereignisse wie Todesfall in der Familie, Eheprobleme, Arbeitslosigkeit, schwere seelische Konflikte
psychologische bzw. psychotherapeutische Behandlung. Hypnotika nur in Ausnahmefällen und kurzfristig
Angsterkrankungen und Depressionen
Antidepressiva (S. 109)
Alkohol- und Drogenmiûbrauch
Beratung, Verhaltensänderung, keine Hypnotika mit Abhängigkeitspotential
Medikamente: Antihypertensiva, Steroide, Indikation überprüfen, DosisredukTheophyllin, Schilddrüsenpräparate, Beta- tion bei Überdosierung blocker, Diuretika, Antiparkinsonmittel u. a. S. 300, Hypnotika kontraindiziert
Restless-legs-Syndrom: in Ruhe auftretende beinbetonte Miûempfindungen der Extremitäten mit quälendem Bewegungsdrang. Ursachen: primär oder symptomatisch (z. B. bei Diabetes mellitus, Niereninsuffizienz, Schlafapnoe)
Symptomatische Formen: Behandlung der Grunderkrankung.
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Schlafapnoesyndrom
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Primäre Form: Versuch mit L-Dopa + Decarboxylase-Hemmer (S. 640), bei Therapieresistenz evtl. zusätzlich Carbamazepin (S. 107)
9.3 Schlafstörungen
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± Antihistaminika (S. 459) mit vorwiegend sedierender Wirkung (z. B. Betadorm, Vivinox-Schlafdrg.): · Vorteile: relativ geringe Toxizität, freie Verfügbarkeit · Nachteile: geringe hypnotische Potenz, schneller Wirkungsverlust, anticholinerge Nebenwirkungen ± Benzodiazepine (S. 108), bevorzugte Anwendung von Präparaten mit kürzerer HWZ, z. B. Oxazepam (z. B. Adumbran, Noctazepam 10 mg/Tbl.) 5 ± 10( ± 20) mg zur Nacht (HWZ 5 ± 15 h), Temazepam (z. B. Planum, Remestan 10|20 mg/Kps.) 10 ± 20( ± 40) mg zur Nacht (HWZ 5 ± 13 h), Triazolam (z. B. Halcion 0,125|0,25 mg/Tbl.) 0,125 ± 0,25 mg zur Nacht (HWZ 2 ± 5 h, wirksamer Metabolit 3 ± 8 h) · Vorteile: gute hypnotische Potenz, geringe Toxizität · Nachteile: Abhängigkeitspotential, Reboundinsomnie nach abruptem Absetzen (Vorgehen: S. 108), Amnesie, Muskelrelaxation, Atemsuppression, paradoxe Reaktionen besonders bei älteren Patienten, Tiefschlafunterdrückung, bei Triazolam häufiger Alpträume ± Cyclopyrrolone z. B. Zopiclon (z. B. Ximovan 7,5 mg/Tbl.) 3,75 ± 7,5(-15) mg zur Nacht und Imidazopyridine z. B. Zolpidem (z. B. Bikalm, Stilnox 10 mg/ Tbl.) 5 ± 10 mg zur Nacht · Vorteile: gute hypnotische Potenz, kurze Wirkdauer, geringe Toxizität, relativ geringe Reboundproblematik · Nachteile: gelegentlich Amnesie, Muskelschwäche, Ataxie, Verwirrtheit, Abhängigkeitspotential ± niederpotente Neuroleptika (S. 108): z. B. Eunerpan, Beginn mit 25 mg = 1 Drg. bzw. 5 ml abends · Vorteile: kein Abhängigkeitspotential, antipsychotische Wirkung · Nachteile: anticholinerge, extrapyramidalmotorische, hämatologische und blutdrucksenkende Nebenwirkungen. Therapeutische Problemsituationen: ± Geriatrische Patienten: · veränderter Metabolismus und Halbwertszeit · häufig empfindlichere Reaktion auf Psychopharmaka, daher halbierte Einstiegsdosis gegenüber der sonst empfohlenen Erwachsenendosis · häufiger paradoxe Reaktionen auf Benzodiazepine, weswegen v. a. bei dementen Patienten niederpotente Neuroleptika vorzuziehen sind · Vorgehen bei dementen Patienten mit Tag-Nacht-Umkehr: S. 643 ± Chronische Insomnie: Behandlung nur bei entsprechender Erfahrung, keine Hypnotika ohne begleitende psychologische Verfahren ± Niedrigdosisabhängigkeit: bei Patienten, die unter jahrelanger Hypnotikaeinnahme beschwerdefrei sind, keine Tendenz zur Dosissteigerung zeigen und beim Absetzen mit einer ausgeprägten Schlaflosigkeit oder Entzugssymptomatik reagieren, kann nach vorherrschender Meinung der Schlafexperten mit dem vorhandenen Mittel in gleicher Dosis weiterbehandelt werden.
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Allgemeine internistische Therapiemassnahmen
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9.4 Schmerzen Grundlagen
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Beachte: Eine symptomatische Schmerztherapie ist erst dann indiziert, wenn bzw. solange eine kausale Behandlung nicht möglich ist. Vor der Therapie steht die Diagnose. Insbesondere bei akuten Schmerzen (z. B. akutes Abdomen) sollte die Schmerztherapie wichtige klinische Befunde nicht verschleiern. Die Leidensfähigkeit des Patienten muû aber nicht getestet werden, weshalb wegweisende Untersuchungen (v. a. klinische Untersuchung) ohne Verzögerung durchzuführen sind. Das Betäubungsmittelgesetz ist kein Grund, bedürftigen Patienten entsprechende Medikamente vorzuenthalten (BtM-Rezept: S. 14). Nur akut auftretende Schmerzen werden ¹bei Bedarfª therapiert, chronische Schmerzen werden medikamentös durch eine individuell festgelegte Dosierung in bestimmten Zeitintervallen verhindert. Formen der symptomatischen Schmerztherapie (interdiziplinäre Therapie): ± orale oder parenterale Analgetikatherapie: · peripher wirksame Analgetika · niederpotente zentral wirksame Analgetika · hochpotente zentral wirksame Analgetika · Kombination peripher und zentral wirkender Analgetika · Kombination von Analgetika mit Neuroleptika, Antidepressiva, Glukokortikoiden u. a. ± peridurale Opiattherapie: z. B. postoperativ, bei Tumorpatienten ± reversible lokale Blockaden peripherer Nerven mit Lokalanästhetika: z. B. bei schmerzhaften Muskelverspannungen ± irreversible Blockaden peripherer Nerven: z. B. im Terminalstadium maligner Erkrankungen ± Strahlentherapie: z. B. bei malignen Tumoren ± operative Behandlungsmethoden: z. B. bei Trigeminusneuralgie ± physikalische Verfahren: z. B. transkutane Nervenstimulation ± Akupunktur ± Psychotherapie, Selbsthilfegruppen u. a.
Peripher wirksame Analgetika ä
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Paracetamol (z. B. Benuron 500 mg/Tbl.|Kps, 500|1000 mg/Supp.): ± Anwendung auch als Antipyretikum ± Dosierung: Einzeldosis 500 ± 1000 mg, Wiederholung alle 4 Std., max. 6000 mg/d ± Nebenwirkungen: in therapeutischer Dosierung sehr selten Leberschäden, allergische Reaktionen (z. B. Blutbild-Veränderungen, Bronchospasmus). Acetylsalicylsäure (ASS, z. B. Aspirin 500 mg/Tbl.) ± Anwendung auch als Antipyretikum, Antirheumatikum und Thrombozytenaggregationshemmer ± Dosierung (Analgesie): Einzeldosis 500 ± 1000 mg, Wiederholung alle 4 ± 6 Std., max. 4000 mg/d ± Nebenwirkungen und Kontraindikationen: S. 93. Andere nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR: S. 441): gut wirksam insbesondere bei Schmerzen im Bereich des Bewegungsapparates. Metamizol (z. B. Novalgin 500 mg/Tbl., 500 mg/20Tr., 500 mg/ml Inj.-Lsg.): ± Anwendung auch als Antipyretikum, besonders gut wirksam bei kolikartigen Schmerzen (spasmolytische Wirkung) Checkliste Hahn ´ Seite 104
± Dosierung: Einzeldosis 500 ± 1000 mg, Wiederholung alle 4 ± 6 Std., max. 6000 mg/d, bei i. v. Anwendung langsam injizieren oder als Infusion (RRAbfall möglich) ± Nebenwirkungen: Leukopenie, Thrombopenie, Agranulozytose (BlutbildKontrollen!), allergische Reaktionen, Blutdruckabfall bis zum Schock.
Zentral wirksame Analgetika (Opiate, Opioide) ä ä ä
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Opioide = Pharmaka mit morphin-(= opiat-)artiger Wirkung. Bei chronischen Schmerzen im Zusammenhang mit nicht-malignen Erkrankungen Zurückhaltung in der Dauertherapie mit Opioiden. Bei erstmaliger Anwendung zunächst niedrige Dosierung wählen und durch Dosissteigerung individuellen Bedarf festlegen. Regelmäûige Gabe nach Zeitplan erfordert meist niedrigere Gesamtdosen und ist für den Patienten weniger belastend als eine Applikation bei Bedarf. Gemeinsame Nebenwirkungen: Übelkeit, Sedierung (Fahrtüchtigkeit!), Atemdepression, Bronchospasmen, zerebrale Krampfanfälle (höhere Dosen), Suchtauslösung bei Dauertherapie, Obstipation (begleitende Laxanzientherapie!), Miktionsbeschwerden, Miosis, Gallenwegsspasmen (seltener bei Pentazocin, Pethidin, Buprenorphin). Antidot: Naloxon (Narcanti 0,4 mg/ml Inj.-Lsg.): bei Opioid-Überdosierung im Notfall initial 0,4 ± 2 mg i. v., ggf. Wiederholung alle 3 ± 5 Min. Niederpotente Opioide: ± Dihydrocodein (z. B. DHC 60|90|120 Mundipharma Retardtbl.): Einzeldosis 60 ± 120 mg, Wiederholung alle 12 Std., max. 240 mg/d ± Flupirtin (Katadolon 100 mg/Kps., 150 mg/Supp.): z. B. Einzeldosis 100 mg, Wiederholung alle 8 Std., max. 600 mg/d ± Tilidin-Naloxon (ValoronN Tr., Kps.): Einzeldosis 20 ± 40 Tr. oder 1 ± 2 Kps., Wiederholung alle 4 ± 6 Std., max. 160 Tr. bzw. 8 Kps./d ± Tramadol (Tramal 50 mg/Kps|Tbl., -long 100|150|200 mg/Ret.Tbl., 50 mg/ 20 Tr., 100 mg/Supp., 50|100 mg/Amp.): Einzeldosis 50 ± 200 mg, Wiederholung alle 4 Std. (-long alle 12 Std.), max. 400 mg/d. Hochpotente Opioide zur Therapie chronischer Schmerzen (BtM-Rezeptpflicht: S. 14): ± Buprenorphin (Temgesic 0,2|0,4 mg/Tbl., 0,3 mg/Amp.): Einzeldosis 1 ± 2 Tbl. sublingual oder 1 Amp. i. m. oder (langsam) i. v.(ggf. mehr), Wiederholung alle 8 Std., max. 15 mg/d, kann durch Naloxon nicht antagonisiert werden, bei Atemdepression: Doxapram (Dopram 20 mg/Amp.) 4 Amp. in 250 ml NaCl 0,9 % über 1 Std. i. v. ± Levomethadon (L-Polamidon 2,5 mg/Amp., 5 mg/20 Tr.): Einzeldosis 2,5 mg i. v. bzw. bis 15 mg i. m., s. c. oder oral, Wiederholung alle 6 ± 12 Std. ± Morphin · Morphinsulfat (MST 10|30|60|100|200 mg Mundipharma Retardtbl., MST Continus 30|60|100|200 Retardkps., MST 20|30|60|100|200 Retard-Granulat, MSR 10|20|30 mg Mundipharma Supp.): Einzeldosis 10 ± 200 mg, Wiederholung alle 8 Std. (MST Continus alle 12 ± 24 Std.), max. 2000 mg/d · Morphin-HCl (Morphin-Merck 10|20 mg/Amp.): Einzeldosis 5 ± 20 mg (ggf. mehr) s. c., i. m. oder (langsam bzw. als Perfusor) i. v., Wiederholung alle 4 Std., max. 2000 mg/d
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Allgemeine internistische Therapiemassnahmen
9.4 Schmerzen
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9.4 Schmerzen
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± Fentanyl (Durogesic 25|50|75|100 g/h Membranpflaster): Wirkdauer ca. 72 h (= Pflasterwechselintervall). Bei Patienten ohne vorherige Therapie mit hochpotenten Opioiden Beginn mit 25 g/h, Steigerung nach Bedarf. Hochpotente Opioide zur Therapie akuter Schmerzen (angegebene mittlere Einzeldosen bei Bedarf erhöhen): ± Pentazocin (Fortral 30 mg/Amp., 50 mg/Kps., 50 mg/Supp.) z. B. 1 Amp. s. c., i. m. oder (langsam) i. v., Wiederholung alle 3 ± 4 Std., max 360 mg/d ± Pethidin (Dolantin 50|100 mg/Amp., 50 mg/20 Tr., 100 mg/Supp.): z. B. 1 Amp. s. c., i. m. oder (langsam) i. v., Wiederholung alle 2 ± 3 Std., max. 500 mg/d ± Piritramid (Dipidolor 15 mg/Amp.): z. B. 1 Amp. i. m. oder (langsam) i. v., Wiederholung alle 4 ± 6 Std., max. 300 mg/d. ¾quianalgetische Dosen: Tab. 22.
Tabelle 22
¾quianalgetische Dosen einiger Opioide
Opioid
Analgetische Potenz (Morphin i. v. = 1) i. v.
oral
Dihydrocodein
1/10
Tilidin-Naloxon
1/10
Tramadol
1/10
1/15
Pethidin
1/8
1/24
Pentazocin
1/3
1/7
Piritramid
1
Morphin
1
1/3 (s. c.: 2/3)
Buprenorphin
30
20 (sublingual)
Levomethadon
3±4
2±3
Fentanyl-Pflaster
100
Beispiele: Tramadol 100 mg i. v. = Tramadol 150 mg oral Tramadol 200 mg oral = 40 mg Morphin oral 10 mg Morphin i. v. = 15 mg Morphin s. c. = 30 mg Morphin oral Buprenorphin 0,4 mg s. l. = 24 mg Morphin oral = 12 mg Morphin s. c. 60 mg/d Morphin oral = 25 g/h (= 0,6 mg/d) Fentanyl-Pflaster
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± ± ± ± ±
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9.4 Schmerzen Medikamentöse Therapie bei chronischen (Tumor-)Schmerzen
ä
ä
ä
Allgemeine Richtlinien: ± Medikamentengabe nach Zeitschema und nicht erst auf Verlangen ± orale Applikation der parenteralen vorziehen (macht den Patienten unabhängig) ± ausreichend hoch dosieren, möglichst langwirksame Präparate ± bei Opioidtherapie auf Obstipation achten, ggf. Laxanziengabe (S. 99). Stufenplan nach der WHO: ± 1. Stufe: peripher wirksame Analgetika ± 2. Stufe: niederpotente Opioide mit/ohne peripher wirksame Analgetika ± 3. Stufe: hochpotente Opioide mit/ohne peripher wirksame Analgetika. Adjuvantien: können abhängig vom Beschwerdebild und der vorherrschenden Schmerzursache in allen Stufen zusätzlich verabreicht werden: ± Neuroleptika (z. B. Neurocil 5 ± 55 ± 10 Tr.): wirken schmerzlindernd, angstlösend, sedierend, antiemetisch und schlafanstoûend ± Antidepressiva (z. B. Aponal, Saroten 10 ± 25 mg abends): wirken schmerzlindernd (v. a. bei Neuralgien) und stimmungsaufhellend ± Tranquilizer (S. 108): wirken angstlösend, sedierend, muskelrelaxierend, antikonvulsiv und schlaffördernd ± Glukokortikoide (S. 309) ± Antikonvulsiva, einschleichend dosieren, Beispiele: · Carbamazepin (z. B. Tegretal, Timonil): Dosierung 600 ± 1200 mg/d. Nebenwirkungen: Müdigkeit, Leberschädigung, Hämatopoesestörungen. Arzneimittelinteraktionen: S. 124 · Phenytoin (z. B. Epanutin, Phenhydan, Zentropil): Dosierung 300 ± 500 mg/d. Nebenwirkungen: Nystagmus, Schwindel, Gingivahyperplasie, Leberschädigung, Hämatopoesestörungen. Arzneimittelinteraktionen: S. 127 ± Biphosphonate: z. B. Clodronat (Ostac 300 mg/Amp., 400 mg/Kps.) 300 mg in 500 ml NaCl 0,9 % über 2 Std. an 5 Tagen, anschlieûend 3 1 Kps./d Differentialtherapie und Adjuvantien bei chronischen Schmerzen: ± Entzündungsschmerz: NSAR (S. 441) ± Knochenschmerz: NSAR, bei osteolytischen Metastasen Clodronat ± Kolikartiger Schmerz: Metamizol ± Myogelosen: Flupirtin, Tranquilizer ± Neuralgie: · einschieûend: Antikonvulsiva · kontinuierlich, Dysästhesien: Antidepressiva · mit Begleitödem: Glukokortikoide (z. B. 3 5 ± 10 mg Prednisolon).
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Allgemeine internistische Therapiemassnahmen
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Allgemeine internistische Therapiemassnahmen
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9.5 Psychopharmaka Grundlagen ä
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Indikationen für Psychopharmaka aus internistischer Sicht sind v. a. vorübergehende psychische Störungen, erforderliche Prämedikation vor Untersuchungen, Akuttherapie von Anfallsleiden sowie die adjuvante Therapie chronischer Schmerzen. Eine längerfristige Verordnung sollte nicht ohne ein Fachkonsil (Psychiater, Nervenarzt) erfolgen. Vor symptomatischer Behandlung psychischer Störungen mit Psychopharmaka kausale Therapie möglicher organischer Ursachen (vgl. S. 641). Therapie bei Demenz: S. 643.
Tranquilizer (Benzodiazepine) ä ä
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Indikationen: Angst, seelische Spannungen, Schlafstörungen, Prämedikation, Akuttherapie von Anfallsleiden, Adjuvans in der Schmerztherapie. Nebenwirkungen: Abhängigkeitsentwicklung (langfristige Einnahme), Müdigkeit, verringertes Reaktionsvermögen (Fahrtüchtigkeit!), Muskelrelaxation, paradoxe Reaktion (v. a. ältere Menschen), bei zu schneller i. v. Verabreichung Atemdepression, Blutdruckabfall, Herzstillstand. Kontraindikationen: Myasthenia gravis, Abhängigkeit, Schlafapnoesyndrom. Arzneimittelinteraktionen: S. 124. Antidot: Flumazenil (Anexate 0,1 mg/ml Inj.-Lsg.) initial 0,2 mg i. v., ggf. Wiederholung nach jeweils 1 Min. mit 0,1 mg bis zur Gesamtdosis von 1 mg. Präparatebeispiele (bei mehrmaliger Gabe/d Hauptdosis abends): ± Hypnotika: S. 101 ± Diazepam (z. B. Valium 2|5|10 mg/Tbl., 10 mg/Amp., 5|10 mg/Supp.): 5 ± 25 mg/d, Abenddosis 5 ± 10 mg, Prämedikation 2,5 ± 10 mg langsam i. v., Akuttherapie bei epileptischem Krampfanfall 10 ± 20 mg langsam i. v. ± Midazolam (Dormicum 5 mg/1-ml-Amp., 15 mg/3-ml-Amp., 5 mg/5-mlAmp.): Prämedikation 2,5 ± 5 mg langsam i. v. ± Clorazepat (Tranxilium 5|10|20 mg/Kps., 20 mg/Tbl., 50|100 mg/Amp.): 10 ± 20 mg/d, Prämedikation 25 ± 50 mg, Alkoholentzug S. 648 ± Bromazepam (z. B. Lexotanil, Normoc 6 mg/Tbl.): 3 ± 6 mg/d ± Lorazepam (z. B. Tavor 0,5|1|2,5 mg/Tbl.): 2 ± 5 mg/d. Beendigung einer längerdauernden Behandlung stufenweise ausschleichend in 25 %-Schritten. Faustregel: Zeit des Ausschleichens beträgt ungefähr 10 % der Zeit der Einnahme. Evtl. überbrückende Gabe von niederpotenten Neuroleptika oder Carbamazepin.
Neuroleptika ä
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Indikationen: Erregungszustände/Schlafstörungen bei Demenz (S. 643), Alkoholentzugsdelier (S. 648), andere Zustände mit psychomotorischer Erregung, Aggression und Angst, Schlafstörungen, Adjuvans bei chronischen Schmerzen. Nebenwirkungen: extrapyramidal-motorische Störungen (z. B. ParkinsonSyndrom), Mundtrockenheit, Miktionsstörungen, Obstipation, zerebrale Symptome, kardiovaskuläre Nebenwirkungen, BB-Veränderungen, Allergien. Arzneimittelinteraktionen: S. 127. Auûer in akuten Situationen initial mit niedriger Dosis beginnen und bis zum gewünschten Erfolg steigern. Verteilung der Dosis auf 3 ± 4 Einzelgaben mit höherer Dosis zur Nacht.
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9.5 Psychopharmaka Präparatebeispiele: ± niederpotente Neuroleptika (vorwiegend sedierend): · Levomepromazin (z. B. Neurocil 25|100 mg/Tbl., 1 mg/Tr. Lsg., 25 mg/ Amp.): 50 ± 300 mg/d · Promethazin (z. B. Atosil 25 mg/Drg., 1 mg/Tr. Lsg., 1 mg/ml Sirup, 50 mg/Amp.): 25 ± 150 mg/d · weitere niederpotente Neuroleptika: S. 643 ± hochpotente Neuroleptika (vorwiegend antipsychotisch): · Haloperidol (z. B. Haldol 2|5|10|20 mg/Tbl., 0,1 mg/Tr. Lsg., 5 mg/Amp.): 1 ± 50 mg/d.
Antidepressiva ä ä
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Indikationen: depressive Verstimmungszustände unterschiedlicher Ursachen, adjuvante Therapie chronischer Schmerzen. Nebenwirkungen: Mundtrockenheit, Übelkeit, Obstipation, Müdigkeit, Miktionsstörungen, Schwitzen, Glaukomverstärkung, verringertes Reaktionsvermögen, selten Kardiotoxizität und Blutbildveränderungen. Initial bei Antriebssteigerung vor antidepressiver Wirkung evtl. erhöhte Suizidgefahr. Arzneimittelinteraktionen: S. 123 Therapieerfolg oft erst nach 1 ± 2 Wochen spürbar, daher weder zu rasche Dosissteigerungen noch zu frühzeitige Therapieabbrüche. Einteilung der Antidepressiva (Tab. 23): ± nach chemischer Struktur und Wirkungsweise Einteilung in trizyklische Antidepressiva (z. B. Amitriptylin, Clomipramin, Desipramin, Doxepin, Imipramin, Trimipramin), tetrazyklische Antidepressiva (z. B. Maprotilin, Mianserin), MAO-Hemmer (hier untergeordnete Bedeutung) und SerotoninWiederaufnahme-Hemmer (z. B. Fluoxetin, Fluvoxamin) ± trotz eher geringer Unterschiede im Wirkungsprofil wird häufig zwischen antriebssteigernden (z. B. Desipramin) und dämpfenden bzw. anxiolytisch wirksamen (z. B. Amitriptylin, Doxepin) Antidepressiva unterschieden.
Tabelle 23
Antidepressiva
Substanz
Handelsnamen
Tagesdosis
Amitriptylin
Laroxyl, Saroten 10|25 mg/Drg.
(25)75 ± 200 mg
Clomipramin
Anafranil 10|25 mg/Drg., 75 mg/Ret.-Tbl. (10)50 ± 150 mg
Desipramin
Pertofran 25 mg/Drg.
Doxepin
Aponal,
Fluoxetin
Fluctin 20 mg/Tbl.|Kps|5 ml Lsg.
Fluvoxamin
Fevarin 50|100 mg Tbl.
(50)100 ± 200 mg
Imipramin
Tofranil 10|25|50 mg/Drg.
(25)75 ± 200 mg
Maprotilin
Ludiomil 10|25|50|75 mg/Tbl.
(25)75 ± 200 mg
Mianserin
Tolvin 10|30 mg/Tbl.
(10)20 ± 80 mg
Trimipramin
Stangyl 25|100 mg/Tbl.
(25)75 ± 200 mg
Sinquan
5|10|25|50 mg/Tbl.
(25)50 ± 150 mg (25)75 ± 200 mg (10)20 ± 60 mg
Dosisangaben in Klammern sind Initialdosen bei geriatrischen Patienten
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Allgemeine internistische Therapiemassnahmen
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Allgemeine internistische Therapiemassnahmen
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9.6 Internistische Tumortherapie Grundlagen ä
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ä
ä
Einteilung der Zytostatikatherapie nach dem Behandlungsziel: ± kurative Therapie: potentielle Heilung ± palliative Therapie: keine Heilung, Verbesserung der Lebensqualität ± adjuvante Therapie: Verhinderung von Rezidiven oder Metastasen nach primär kurativen (z. B. operativen) Therapiemaûnahmen ± neoadjuvante Therapie: Verbesserung der Operabilität. Beachte: Indikation zur Zytostatikatherapie und Festlegung des Therapieschemas nur durch onkologisch erfahrenen Arzt. Durchführung komplexer nebenwirkungsreicher Therapieschemata in entsprechend spezialisierten Zentren. Vor Durchführung der Zytostatikatherapie: ± umfassende Aufklärung des Patienten über Risiken und Nebenwirkungen ± Dosisberechnung der Medikamente nach Körperoberfläche (Abb. 43), Festlegung der antiemetischen Begleittherapie (s. u.) und Erstellung eines übersichtlichen Therapieplanes (mit Zeitangaben). Voraussetzungen für die Zubereitung und den Umgang mit Zytostatika: ± erfahrenes Personal ± spezieller Zubereitungsplatz (z. B. laminar-air-flow-Gehäuse) ± Mundschutz, langärmelige Schutzkittel, Schutzhandschuhe, Schutzbrille. Verabreichung der Zytostatika: ± venöser Zugang mit sicherer intravasaler Lage der Verweilkanüle ± vor Injektion/Infusion Kontrolle der korrekten Zubereitung ± keine Mischinjektionen/-infusionen verschiedener Zytostatika. Beurteilung des Therapieerfolgs: ± komplette Remission (CR): Verschwinden aller Tumormanifestationen ± partielle Remission (PR): Abnahme der Tumorherde um mindestens 50 % ± ¹no changeª (NC): Abnahme der Tumorherde < 50 % ± Progression (PD): Zunahme bestehender oder neue Tumorherde ± Rezidiv: nach primär CR erneute Tumormanifestationen. Beurteilung des Allgemeinzustandes im Therapieverlauf: Tab. 24.
Tabelle 24 logie
&9&
YB
Standardisierte Beurteilung des Allgemeinzustandes in der Onko-
WHO-Gradeinteilung
Karnofski-Index (%)
0 normale uneingeschränkte Aktivität
100 90
normale Aktivität ohne Symptome normale Aktivität, geringe Symptome
1 Beschwerden, kann sich zuhause selbständig versorgen
80 70
normale Aktivität nur mit Anstrengung nur verminderte Aktivität möglich
2 Arbeitsunfähigkeit, tagsüber < 50 % der Zeit im Bett
60 50
gelegentlich fremde Hilfe erforderlich häufig fremde Hilfe erforderlich
3 tasgüber > 50 % der Zeit im Bett; pflegebedürftig
40 30
überwiegend bettlägerig geschulte Pflege erforderlich
4 dauernd bettlägerig und völlig pflegebedürftig
20 10
schwerkrank, supportive Therapie moribund
Checkliste Hahn ´ Seite 110
Zytostatika ä
Übersicht über häufig verwendete Zytostatika: Tab. 25.
Tabelle 25
Zytostatika
Substanz
Abk.
Emesis besondere Nebenwirkungen
Actinomycin D
ACTD
+++
Stomatitis
Bleomycin
BLM
(+)
Lungenfibrose, Fieber Lungenfibrose
Busulfan
BSF/BUS
+
Carboplatin
CBCDA
++
Carmustin
BCNU
++
Chlorambucil
CLB
+
Cisplatin
CDDP
Cyclophosphamid CMP/CTX
Lungenfibrose
+++
nephro-/ototoxisch
++
hämorrh. Zystitis (Mesna-Prophylaxe)
Cytarabin
ARA-C
++
hepatotoxisch, Fieber
Dacarbazin
DTIC
+++
grippeähnliches Syndrom
Daunorubicin
DRB
++
kardiotoxisch, Stomatitis
Doxorubicin
ADM
++
kardiotoxisch
Etoposid
VP16
++
neurotoxisch
5-Fluorouracil
5-FU
+
Stomatitis, Diarrhoe
Hydroxyurea
HUR
+
Ifosfamid
IFO
++
Melphalan
MEL
+
hämorrh. Zystitis (Mesna-Prophylaxe)
Mercaptopurin
MP
+
hepatotoxisch
Methotrexat
MTX
+
neuro-/hepatotoxisch, Stomatitis
Mitomycin
MM
++
nephrotoxisch, Lungenfibrose
Mitoxandron
MIT
+
kardiotoxisch
Paclitaxel
+
neurotoxisch, kardiotoxisch
Procarbazin
PCZ
++
neurotoxisch
Thioguanin
TG
+
Thiotepa
TTP
+
Vinblastin
VLB
(+)
Fieber
Vincristin
VCR
(+)
neurotoxisch, paralyt. Ileus, Fieber
Vindesin
VDS
(+)
neurotoxisch, Fieber
Allgemeine Nebenwirkungen: Übelkeit, Erbrechen (Emesis), Stomatitis, Enterokolitis, Myelosuppression, reversible Alopezie, allergische Reaktionen, karzinogene Wirkung, Hyperurikämie, Nekrosen bei paravenöser Injektion.
Checkliste Hahn ´ Seite 111
Allgemeine internistische Therapiemassnahmen
9.6 Internistische Tumortherapie
111
YB
&9&
CM
YB
195 190 185 180
Körperoberfläche [m2]
200
175
2,80 2,70 2,60 2,50 2,40
150 140 130 120
2,30 2,20
110
170
2,10
165
2,00 1,95 1,90 1,85 1,80 1,75 1,70 1,65 1,60 1,55 1,50 1,45 1,40 1,35 1,30 1,25 1,20
100 95 90
160 155 150 145 140 135 130 125 120
1,15
Körpergewicht [kg]
9.6 Internistische Tumortherapie Körperlänge [cm]
Allgemeine internistische Therapiemassnahmen
112
CM
85 80 75 70 65 60 55 50 45
1,10
115
1,05 110
40
1,00 0,95
105
35
0,90 100
0,86
30
Abb. 43 Nomogramm zur Abschätzung der Körperoberfläche: Körperlänge mit Körpergewicht verbinden und Körperoberfläche am Schnittpunkt der Geraden ablesen. Formel von Du Bois: KO (m2) = (Gewicht in kg)0,425 (Länge in cm)0,725 0,007184.
Antiemetische Begleittherapie
&9&
ä
ä
Auftreten von Übelkeit und Erbrechen meist 3 ± 4 Std. nach Therapiebeginn innerhalb der ersten 24 Std. Bei manchen Zytostatika (z. B. Cisplatintherapie) ist auch ein verzögertes Auftreten (bis 4 Tage nach Therapiebeginn) möglich. Die Therapieintensität richtet sich nach dem Ausmaû der erwarteten emetischen Nebenwirkungen und nach dem individuellen Bedarf des Patienten:
Checkliste Hahn ´ Seite 112
9.6 Internistische Tumortherapie ± Stufe 1: · Tranquilizer am Vorabend (z. B. 5 ± 10 mg Diazepam oral) · Metoclopramid (S. 333): 10 mg 2 h vor Therapiebeginn (z. B. 30 Tr. oder 1 Kps. Paspertin) ± Stufe 2: · wie Stufe 1, zusätzlich Metoclopramid 10 ± 20 mg kurz vor sowie 6, 12, 18 und 24 h nach Therapiebeginn i. v. (z. B. 1 ± 2 Amp. = 2 ± 4 ml Paspertin) · evtl. zusätzlich Neuroleptikum z. B. 10 Tr. Neurocil alle 8 h ± Stufe 3: · Tranquilizer am Vorabend (z. B. 5 ± 10 mg Diazepam oral) · 5-HT3-Antagonisten (wirksam aber teuer): Dolasetron (Anemet 50|200 mg/Tbl., 12,5|100 mg/Amp.) 100 mg in 100 ml NaCl 0,9 % einmalig kurz vor Therapiebeginn oder Ondansetron (Zofran 4|8 mg/Tbl., 4|8 mg/Amp.) 8 mg in 100 ml NaCl 0,9 % kurz vor sowie 4 und 8 h nach Therapiebeginn oder Tropisetron (Navoban 5 mg/Kps., 5 mg/Amp.) 5 mg in 100 ml NaCl 0,9 % einmalig kurz vor Therapiebeginn; ggf. Fortsetzung oral mit 1 200 mg/d Dolasetron oder 2 8 mg/d Ondansetron oder 1 5 mg/d Tropisetron ± bei verzögerter Übelkeit und Erbrechen (z. B. Cisplatintherapie): · Metoclopramid 40 mg/d p. o. (z. B. 2 2 Kps./d Paspertin) über 3 ± 5 Tage, zusätzlich Dexamethason (z. B. Fortecortin) 2 4 mg/d p. o. über 1 ± 3 Tage.
Andere Methoden internistischer Tumortherapie
ä
ä
ä ä
ä
Intensivierte Chemotherapie und Behandlung der myelosuppressiven Nebenwirkungen durch autologe Knochenmarktransplantation oder periphere Stammzelltransplantation (S. 114). Hormontherapie: ± additive Hormontherapie: z. B. Östrogene beim Prostatakarzinom ± ablative Hormontherapie: z. B. Antiöstrogene beim Mammakarzinom oder antiandrogene Therapie beim Prostatakarzinom. Immuntherapie: ± aktive Immuntherapie (experimentell): Stimulierung des Immunsystems durch Tumorantigene ± passive Immuntherapie: Gabe von Antikörpern oder Effektorzellen ± Therapie mit Zytokininen: z. B. Interferon-a oder Interleukin 2. Gentherapie: verschiedene Verfahren in der klinischen Prüfung. Alternative Therapieformen: z. B. Misteltherapie (Iscador, Helixor), Wirkung mangels standardisierter Therapiestudien nicht gesichert, Einsatz oft unter psychologisch palliativen Gesichtspunkten bei sonst austherapierten Patienten. Informationen aus dem Internet zum Thema Onkologie mit Surfbrett zu Instituten (u. a. Angaben zur Vor- und Nachsorge sowie Therapieschemata) unter der Adresse: http://www.krebshilfe.de.
&9&
ä
113
YB
Allgemeine internistische Therapiemassnahmen
CM
Checkliste Hahn ´ Seite 113
Allgemeine internistische Therapiemassnahmen
114
CM
YB
9.7 Knochenmarktransplantation Grundlagen ä
ä
Prinzip: Transfusion einer Knochenmark-Suspension in Empfänger mit gestörter Blutbildung. Die darin enthaltenen Stammzellen siedeln sich in den Knochenmarkräumen, Milz und Leber an und bilden nach Proliferation und Differenzierung neue Blutbildungsherde. Einteilung und Spenderauswahl: ± Syngene Knochenmarktransplantation: eineiiges Zwillingsgeschwister als Spender ± Allogene Knochenmarktransplantation: immungenetisch fremder HLA-identischer Spender (möglichst Verwandter 1. Grades) ± Autologe Knochenmarktransplantation: Entnahme von eigenem Knochenmark während der Remission und Reinfusion nach myelosuppressiver Vorbehandlung zur Elimination maligner Zellen (z. B. mit Cyclophosphamid) ± Autologe periphere Stammzelltransplantation: Transplantation von Stammzellen nach Gewinnung derselben aus dem peripheren Blut durch Leukapherese oder kulturelle Vermehrung.
Indikationen ä
ä
Erkrankungen mit Befall der hämatopoetischen Stammzellen oder Schädigung derselben im Verlauf einer zytostatischen Chemotherapie: z. B. schwere aplastische Anämie, Thalassämia major, schwerer angeborener Immundefekt, Speicherkrankheiten (z. B. Morbus Gaucher, Mukopolysaccharidosen), Leukämien, hochmaligne NHL, Morbus Hodgkin, solide nichthämatologische Tumoren (z. B. Mammakarzinom, kleinzelliges Bronchialkarzinom, Melanom). Aufgrund des altersabhängigen Transplantationsrisikos Patientenalter < 50 Jahre, bei autologer oder syngener Transplantation < 60 Jahre.
Durchführung ä
ä ä ä
ä
Vorbereitung (Konditionierung) des Patienten mit Chemotherapie (meist Cyclophosphamid) und/oder Ganzkörperbestrahlung zur Zerstörung der malignen Zellen im Knochenmark. Mehrfache Knochenmarkpunktion des Spenders in Vollnarkose. Intravenöse Übertragung des Knochenmarks an den Empfänger. Bei der peripheren Stammzelltransplantation Separation der Blutstammzellen aus dem peripheren Blut mit Leukapherese nach vorheriger Knochenmarkstimulation mit Wachstumsfaktoren der Hämatopoese (G-CSF und GM-CSF). Supportivmaûnahmen: keimarme Räume, Mundpflege, Herpes-Prophylaxe mit Aciclovir, Antimykotika zur Prophylaxe von Pilzinfektionen u. a.
Komplikationen ä
&9&
ä
Schwere Infektionen, Sepsis, Transplantatabstoûung. Akute oder chronische Graft-versus-host(= Spender gegen Wirt)-Krankheit: Fieber, Haut- und Schleimhauterscheinungen, Leberschäden, Durchfälle, Anämie, Leukopenie, Thrombopenie u. a. Prophylaxe mit Ciclosporin A.
Checkliste Hahn ´ Seite 114
9.8 Arzneitherapie bei Niereninsuffizienz Allgemeine Richtlinien ä ä
Bis zu einer Kreatinin-Clearance (S. 408, Tab. 148) von > 50 ml/min können praktisch alle Medikamente in Normaldosierung gegeben werden. Medikamente, deren Ausscheidung nicht wesentlich von der Nierenfunktion abhängt (z. B. Digitoxin), sind bei fortgeschrittener Niereninsuffizienz möglichst zu bevorzugen.
Dosierung häufig verwendeter Medikamente
ä
ä ä
Allopurinol: ± Bei Niereninsuffizienz ist die medikamentöse Therapie einer Hyperurikämie i. a. erst ab einer Serum-Harnsäure von > 10 mg/dl oder bei entsprechender Klinik erforderlich ± Allopurinol muû bei Niereninsuffizienz niedriger dosiert werden, z. B. bei Kreatinin von 3 ± 5 mg/dl Dosishalbierung. Analgetika, Antiphlogistika: ± Bei akutem bzw. kurzfristigem Einsatz spielt das Ausmaû der Niereninsuffizienz i. a. eine untergeordnete Rolle. ± Peripher wirkende Analgetika: · Da bei fortgeschrittener Niereninsuffizienz ohnehin eine erhöhte Gefahr oberer gastrointestinaler Blutungen besteht, ist diese Nebenwirkung bei den NSAR besonders zu beachten. Bei der Dauertherapie besteht insbesondere bei Kombinationspräparaten die Gefahr einer Verschlechterung der Nierenfunktion · Acetylsalicylsäure: Kumulation wahrscheinlich, bei fortgeschrittener Niereninsuffizienz max. 500 mg/d · Normale Dosierung z. B. bei Metamizol, Diclofenac, Ibuprofen und Indometacin · Paracetamol: niedriges therapeutisches Risiko, bei terminaler Niereninsuffizienz Verlängerung der Applikationsintervalle auf das Doppelte ± Opioide: bei Niereninsuffizienz i. a. keine Dosisreduktion. Bei Morphin kann es durch Kumulation des wirksamen Metaboliten zu einer verlängerten Atemdepression kommen. Antibiotika: S. 623. Antidiabetika: ± Insulin: bei Niereninsuffizienz kann der Insulinbedarf aufgrund der verlängerten HWZ absinken ± Sulfonylharnstoffe: auûer bei Gliquidon, welches extrarenal ausgeschieden wird, besteht die Gefahr protrahierter Hypoglykämien, weshalb Sulfonylharnstoffe bei fortgeschrittener Niereninsuffizienz kontraindiziert sind ± Acarbose: auch bei Niereninsuffizienz normale Dosierung möglich ± Metformin: bei Niereninsuffizienz kontraindiziert.
&9&
ä
115
YB
Allgemeine internistische Therapiemassnahmen
CM
Checkliste Hahn ´ Seite 115
Allgemeine internistische Therapiemassnahmen
116
CM
YB
9.8 Arzneitherapie bei Niereninsuffizienz ä
ä
ä
ä ä
&9&
ä
Antihypertensiva: ± Da der Filtrationsdruck in der Niere zu Beginn einer erfolgreichen Therapie vorübergehend absinkt, ist bei allen Substanzen initial ein Anstieg der Retentionswerte zu beobachten ± bevorzugt werden verwendet (einschleichende Dosierung) · ACE-Hemmer: wegen renoprotektiver Wirkung bei Niereninsuffizienz vorteilhaft, Gefahr der Hyperkaliämie beachten · Kalziumantagonisten · Diuretika (s. u.) · Alpha-Rezeptor-Blocker · Betablocker · Clonidin. Digitalisglykoside: Digitoxin kann auch bei Niereninsuffizienz normal dosiert werden, bei den anderen Herzglykosiden ist eine Dosisreduktion und eine engmaschige Überwachung (Serumspiegelkontrollen) erforderlich, so daû sich i. a. eine Anwendung bei Niereninsuffizienz nicht empfiehlt. Diuretika: ± bevorzugte Verwendung von Furosemid, bei Niereninsuffizienz höhere Dosen erforderlich ± ab Serumkreatinin > 1,5 mg/dl kaliumsparende Diuretika vermeiden ± ab Serumkreatinin > 2,5 mg sind Thiaziddiuretika und Analoga alleine nicht mehr ausreichend wirksam. Bei der Therapie mit Schleifendiuretika ist die Kombination mit Thiaziddiuretika sinnvoll, da das durch die Schleifendiuretika vermehrt zum distalen Tubulus transportierte Natrium dort teilweise aufgenommen wird, wobei Thiazide diese vermehrte Natrium-(und Wasser-)aufnahme hemmen. Glukokortikoide: normale Dosierung bei Niereninsuffizienz. Psychopharmaka: ± Benzodiazepine: bei Niereninsuffizienz mäûige Kumulation, welche aber klinisch gut faûbar ist ± Antidepressiva, Neuroleptika: i. a. auch bei Niereninsuffizienz normale Dosierung. Bei hohen Neuroleptikadosen über längere Zeit erhöhte Gefahr extrapyramidaler Nebenwirkungen. Ulkustherapeutika: ± H2-Blocker: bei fortgeschrittener Niereninsuffizienz Dosishalbierung ± Protonenpumpenhemmer: bei Niereninsuffizienz sollten folgende Dosen möglichst nicht überschritten werden: Lansoprazol 30 mg/d, Omeprazol 40 mg/d, Pantoprazol 40 mg/d.
Checkliste Hahn ´ Seite 116
Grundlagen ä
ä
Bei zahlreichen Arzneimitteln spielt die hepatische Elimination eine wesentliche Rolle, sie ist dabei in erster Linie von folgenden Faktoren abhängig: ± metabolische Kapazität der Hepatozyten: Gestört bei diffusen Leberparenchymerkrankungen unterschiedlichster Ursache ± Leberdurchblutung: Abnahme v. a. bei portaler Hypertension ± Plasmaeiweiûbindung der Arzneimittel. Die hepatische Elimination einzelner Arzneimittel wird durch verschiedene Lebererkrankungen unterschiedlich stark beeinfluût und unterliegt daher einer groûen Variabilität. Dazu kommt, daû Laborwerte oft keine genaue Beurteilung der Leberfunktion zulassen. Bei Lebererkrankungen können daher keine genauen Richtlinien für die Dosisanpassung (s. u.) gegeben werden.
Richtlinien für die Arzneitherapie ä ä
ä
ä
Potentiell hepatotoxische Medikamente (S. 375) meiden. Arzneimittel mit hohem Risiko einer Überdosierung: bei oraler Gabe Reduktion der Initial- und Erhaltungsdosis auf ± , bei parenteraler Gabe unveränderte Initialdosis, aber Reduktion der Erhaltungsdosis. Beispiele: ± Alpha1-Rezeptor-Blocker: Prazosin ± Analgetika: Fentanyl, Pentazocin, Pethidin ± Antiarrhythmika: Verapamil ± Antidepressiva: Desipramin, Imipramin, Nortriptylin ± Antidiabetika: Glibenclamid, Langzeit- und Verzögerungsinsuline ± Betablocker: Metoprolol, Oxyprenolol, Propanolol ± Nitrate: Glyceroltrinitrat ± Sedativa: Clomethiazol ± Sonstige: Domperidon, Ergotamin-Tartrat, Pyridostigmin. Arzneimittel mit mittlerem Risiko einer Überdosierung: auch bei oraler Gabe unveränderte Initialdosis, Reduktion der Erhaltungsdosis. Beispiele: ± Analgetika: Metamizol, Paracetamol (in hohen Dosen lebertoxisch) ± Antiarrhythmika: Chinidin ± Antibiotika: Cefoperazon, Ceftriaxon, Chloramphenicol, Ciprofloxacin, Clindamycin, Mezlocillin, Rifampicin, Sulfonamide ± Antidiabetika: Glipizid, Mischinsuline ± Barbiturate: Hexobarbital, Pentobarbital, Phenobarbital ± Digitalisglykoside: Digitoxin, Methyldigoxin ± Sedativa: Chlordiazepoxid, Diazepam ± Sonstige: Heparin, Phenytoin, Theophyllin. Arzneimittel mit niedrigem Risiko einer Überdosierung: bei oraler und parenteraler Gabe übliche Dosierung. Beispiele: ± Antibiotika: Ampicillin, Cefoxitin, Gentamicin, Isoniazid, Penicillin G ± Antidiabetika: Tolbutamid, Normalinsuline ± Antirheumatika: Naproxen, Phenylbutazon ± Digitalisglykoside: Acetyldigoxin, Digoxin ± Diuretika: Furosemid, Spironolacton ± Glukokortikoide: Prednison, Prednisolon ± Sedativa: Lorazepam, Oxazepam ± Sonstige: Allopurinol, Carbamazepin, Cimetidin, Clofibrat, Omeprazol.
Checkliste Hahn ´ Seite 117
Allgemeine internistische Therapiemassnahmen
9.9 Arzneitherapie bei Leberschädigung
117
YB
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CM
Allgemeine internistische Therapiemassnahmen
118
CM
9.10 Arzneitherapie bei geriatrischen Patienten Grundlagen ä
ä
ä
ä
&9&
YB
Aufgrund der mit dem Alter zunehmenden Multimorbidität und dem daraus resultierenden erhöhten Medikamentenbedarf bei gleichzeitig schlechterer Verträglichkeit treten medikamentöse Nebenwirkungen im Alter gehäuft auf. Häufigste Nebenwirkungen bei geriatrischen Patienten sind: ± unerwünschter Blutdruckabfall, orthostatische Dysregulation ± bradykarde Arrhythmien ± erhöhte Sturzgefährdung (z. B. durch Blutdruckabfall oder Arrhythmien) ± Verwirrtheitszustände ± Verschlechterung der Nierenfunktion ± intrazerebrale Blutungen. Ursachen medikamentöser Nebenwirkungen bei geriatrischen Patienten: ± Pharmakokinetische Veränderungen: · Veränderte Arzneimittelverteilung im Körper durch altersabhängige Abnahme des Extrazellulärvolumens, der Muskelmasse und des Serumalbumins (Folge: Anstieg der Plasmakonzentration, Wirkungsverstärkung) bei relativer Vermehrung des Fettgewebes (Folge: Verlängerung der Wirkdauer lipidlöslicher Arzneimittel) · Verlangsamte Arzneimittelelimination durch altersabhängige Verminderung der Nieren- und Leberfunktion Cave: Normale Serumkreatininwerte schlieûen eine Verminderung der Clearance (S. 407 u. S. 408, Tab. 148) nicht aus, Transaminasen oder hepatische Syntheseparameter sind für die Beurteilung der Metabolisierungskapazität im Alter ungeeignet ± Pharmakodynamische Veränderungen: · Veränderte physiologische Kompensationsmechanismen führen zu erhöhter Empfindlichkeit auf bestimmte Medikamente (z. B. häufig verstärkte Blutdrucksenkung und Sturzneigung durch Nitrate) · Qualitativ veränderte Reaktion auf Arzneimittel (z. B. paradoxe Erregung und Verwirrtheit durch Sedativa) ± Falsche Medikamenteneinnahme durch mangelnde Compliance oder komplizierte Verordnungsschemata (mehrere Medikamente zu unterschiedlichen Tageszeiten, Verordnung von Tabletten in Teilmengen, Verordnung in Tropfenform) besonders bei sehbehinderten oder dementen Patienten, Nichtbeachtung ¹kindersichererª Verpackungen. Konsequenzen für die Arzneitherapie bei geriatrischen Patienten: ± Insbesondere bei Langzeitmedikation zurückhaltende Indikationsstellung, möglichst kausale Behandlung ± Überprüfung auf mögliche Interaktionen (S. 122) ± Bei unklarer Dosierung Beginn der Therapie mit kleineren Dosen (z. B. 50 % der normalen Erwachsenendosis), stufenweise Dosissteigerung ± Möglichst wenig Medikamente (Bevorzugung von Kombinationspräparaten) ± Möglichst einmalige Tagesdosen (Bevorzugung von Retardpräparaten) ± Möglichst keine Verordnung von Tabletten in Teilmengen (z. B. Tbl.) ± Kindersichere Verpackungen sind meist auch alterssicher. Daher v. a. Flaschen mit ¹Drück-und-Dreh-Verschluûª sowie Dosen mit Sicherheitslasche am Henkel vermeiden ± Regelmäûige Überprüfung der Indikation und, falls möglich, Absetzversuch ± Bei jeder ¾nderung des Krankheitsverlaufs an iatrogene Ursache denken.
Checkliste Hahn ´ Seite 118
9.10 Arzneitherapie bei geriatrischen Patienten Besonderheiten häufig verwendeter Arzneimitteln Tabelle 26 Häufig verwendete Arzneimittelgruppen und deren Besonderheiten bei geriatrischen Patienten Arzneimittelgruppe
Geriatrische Besonderheit
Mögliche Folgen
Maûnahme
Toxizität
Akut: übliche Dosis; Dauermedikation vermeiden
Analgetika ASS, Paraceta- Akut: keine mol, DiclofeDauermedikation: nac, Ibuprofen Kumulation Opioide
Empfindlichkeit Elimination ¯ gut als palliative Therapie, terminal bei Atemnot und Angst
Sedierung Demenz Verwirrtheit Sturzneigung Obstipation Atemdepression
Dosis ¯
Antidepressiva
Kumulation
Nebenwirkungen Sturzneigung
Dosis ¯
in der Geriatrie Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer wegen geringerer anticholinerger Nebenwirkungen bevorzugen Antidiabetika Biguanide
Empfindlichkeit
Insulin
Bei Sehstörungen Hypoglykämie oder Demenz Fehl- Hyperglykämie dosierung
Injektionen durch Hilfspersonen
Sulfonylharnstoffe
Hypoglykämiesymptome ¯ Kumulation
(Initial-)Dosis ¯ Kreatinin- und initial engmaschigere BZKontrollen
Resorptionshemmer
keine
Antihyperten- Empfindlichkeit siva (auch Nitrate)
Laktatazidose
Hypoglykämie
(Initial-)Dosis ¯ Kreatininkontrolle
119
YB
Allgemeine internistische Therapiemassnahmen
CM
Blutdruckabfall (Initial-)Dosis ¯ Sturzneigung Kreatininkontrollen Niereninsuffizienz
Barbiturate
Reaktion verändert paradoxe Wirkung Kumulation Sturzneigung
Betablocker
Empfindlichkeit Kumulation
Anwendung vermeiden
&9&
Herzinsuffizienz Dosis ¯ Bradyarrhythmien
Checkliste Hahn ´ Seite 119
YB
9.10 Arzneitherapie bei geriatrischen Patienten Tabelle 26 (Fortsetzung): Häufig verwendete Arzneimittelgruppen und deren Besonderheiten bei geriatrischen Patienten Arzneimittelgruppe
Geriatrische Besonderheit
Mögliche Folgen
Maûnahme
Digitalisglykoside Digoxin
Empfindlichkeit Nebenwirkungen Dosis ¯ renale Elimination ¯
Digitoxin
Empfindlichkeit
Nebenwirkungen Dosis ¯
Diuretika
Empfindlichkeit
Dehydratation Sturzgefahr Inkontinenz
Dosis ¯ keine abendliche Gabe
Harndrang Hypnotika (vgl. S. 103)
Reaktion verändert Kumulation
paradoxe Wirkung Verwirrtheit Sturzneigung
Präparate mit kurzer HWZ wählen
Neuroleptika
Empfindlichkeit extrapyramidale Nebenwirkungen
Sturzneigung
(Initial-)Dosis ¯
Nootropika
Kritische Bewertung von Kosten/Nebenwirkungen/Nutzen
&9&
Allgemeine internistische Therapiemassnahmen
120
CM
Checkliste Hahn ´ Seite 120
Allgemeine Richtlinien ä ä ä ä
Eine medikamentöse Behandlung sollte nur dann durchgeführt werden, wenn der Verzicht auf sie Schäden für Mutter und Kind bedeuten kann. Nur Medikamente verwenden, deren Unbedenklichkeit durch langjährige Erfahrungen erprobt ist (Tab. 27). Besondere Beachtung der o. g. Richtlinien in der Frühschwangerschaft (bis 12. Woche post conceptionem). Bei Frauen im gebärfähigen Alter ohne Kontrazeption sollte immer an die Möglichkeit des Vorliegens einer Schwangerschaft gedacht werden.
Bevorzugte Arzneimittel Tabelle 27
Arzneimittel der Wahl in der Schwangerschaft und Stillzeit
Substanzgruppe/
Arzneimittel
Indikation Analgetika
Paracetamol (in der Stillzeit auch ASS)
Antazida
Aluminiumhydroxid, Magnesiumhydroxid, Calciumcarbonat
Anthelmintika
Niclosamid
Antiallergika
Clemastin
Antiasthmatika
b2-Sympathomimetika, inhalative Glukokortikoide, Cromoglycinsäure, Theophyllin
Antibiotika
Penicilline, Cephalosporine, Erythromycin
Antidiabetika
Insulin
Antiemetika
Dimenhydrinat
Antihypertensiva
Dihydralazin, Betablocker (in der Stillzeit kein Acebutolol, Atenolol, Mepindolol und Sotalol), Alpha-Methyldopa
Antikoagulation
Heparin
Antitussiva
Dextromethorphan
Hormone
Progesteron, Schilddrüsenhormone
Impfungen
Immunglobuline, aktive Impfung gegen Influenza, Poliomyelitis, Tetanus
Laxanzien
Leinsamen, Natriumpicosulfat
Malaria-Prophylaxe
Chloroquin
Migränemittel
Paracetamol
Mineralien
Eisen, Kalzium
Mukolytika
Acetylcystein
Sedativa
Diazepam (in Ausnahmefällen bei kurzfristiger Anwendung)
Tuberkulostatika
Ethambutol, Isoniazid
Checkliste Hahn ´ Seite 121
Allgemeine internistische Therapiemassnahmen
9.11 Arzneitherapie in der Schwangerschaft und Stillzeit
121
YB
&9&
CM
Allgemeine internistische Therapiemassnahmen
122
CM
YB
9.12 Arzneimittelinteraktionen Tabelle 28
Wichtigste Interaktionen häufig verwendeter Arzneimittel
Kombination mit von
führt zu (¯= abgeschwächt, = verstärkt)
Acetylcystein Antibiotika oral (auûer Amoxicillin, Cefuroxim, Doxycyclin, Erythromycin)
Antibiotikawirkung ¯ (Einnahme mindestens 2 h zeitversetzt)
Acetylsalicylsäure siehe NSAR ACE-Hemmer Diuretika, kaliumsparende Allopurinol, Glukokortikoide, Immunsuppressiva, Zytostatika Lithium NSAR
Kaliumspiegel Blutbildveränderungen
Allopurinol
Azathioprin- bzw. Mercaptopurinspiegel (Dosisred. dieser Med. um 50 ± 75 %) Antikoagulanzienwirkung Allopurinolwirkung ¯ Blutbildveränderungen
Azathioprin, Mercaptopurin Cumarinderivate Thiaziddiuretika, Etacrynsäure Zytostatika
Lithiumausscheidung ¯ RR-senkende Wirkung ¯
Amiodaron: S. 276 Anionenaustauscher
andere orale Medikamente, fettlösliche Vitamine (A,D,E,K)
Medikamenten- und Vitaminresorption ¯ (Einnahme mindestens 2 h zeitversetzt)
Antazida mit Al-Hydroxid
Ciprofloxazin, Ofloxazin, Tetracycline
Antibiotikaresorption ¯ (bis 90 %)
Aminoglykoside
Amphotericin B, Ciclosporin, Cisplatin, Schleifendiuretika Halothan, curareartige Muskelrelaxanzien Cephalosporine
Oto- u./o. Nephrotoxizität
Cotrimoxazol (Sulfamethoxazol + Trimethoprim
Cumarinderivate, Methotrexat, Phenytoin, Sulfonylharnstoffe Indometacin, Phenylbutazon, Salicylate, Sulfinpyrazon Antazida Barbiturate, Primidon
Wirkung der genannten Medikamente Sulfonamidwirkung
Gyrasehemmer (Chinolone)
Antazida, Eisen, Zink, Multivitamine Coffein Cumarinderivate Ciclosporin Theophyllin
&9&
Antibiotika
Checkliste Hahn ´ Seite 122
Neuromuskuläre Blockade Nephrotoxizität
Sulfonamidresorption ¯ Trimethoprimtoxizität Gyrasehemmerresorption ¯ Coffeinwirkung Antikoagulanzienwirkung Ciclosporinplasmaspiegel Theophyllinspiegel
9.12 Arzneimittelinteraktionen Tabelle 28 (Fortsetzung): neimittel
Wichtigste Interaktionen häufig verwendeter Arz-
Kombination mit von
führt zu (¯= abgeschwächt, = verstärkt)
Penicilline
Antikoagulanzien, Thrombozytenaggregationshemmer (hohe Penicillindosen) Kontrazeptiva, orale
Blutungskomplikationen Kontrazeptionswirkung ¯
Makrolide
Astemizol Carbamazepin Ciclosporin Cisaprid Cumarinderivate Dihydroergotamin Digoxin Disopyramid Lovastatin Theophyllin Terfenadin Valproinsäure
Arrhythmien Carbamazepinspiegel Nephrotoxizität Arrhythmien Antikoagulanzienwirkung Vasokonstriktion Digoxinspiegel Arrhythmien Rhabdomyolyse Theophyllinspiegel Arrhythmien Valproinsäurespiegel
Tetracycline
Antazida (Al-, Mg-, Ca-haltig), Eisenpräparate, Milch Barbiturate, Carbamazepin, Phenytoin, Primidon, chron. Alkoholabusus Cumarinderivate Ciclosporin Digoxin Kontrazeptiva, orale Methotrexat Theophyllin
Tetracyclinresorption ¯
Amantadin, tri- und tetrazyklische Antidepressiva, Chinidin, Neuroleptika
anticholinerge Wirkung
Dopaminantagonisten (z. B. MCP)
Motilität des Magen-Darmtraktes ¯
Anticholinergika (z. B. Atropin, Biperiden, Mexiten)
Tetracyclinabbau
123
YB
Allgemeine internistische Therapiemassnahmen
CM
Antikoagulanzienwirkung Ciclosporintoxizität Digoxinspiegel Kontrazeptionswirkung ¯ Methotrexattoxizität gastroint. Beschwerden
Antihistaminika
Alkohol und zentraldämpfende Pharmaka
Checkliste Hahn ´ Seite 123
zentraldämpfende Wirkung
&9&
Antidepressi- Clonidin RR-senkende Wirkung ¯ va (tri- und Anticholinergika Anticholinerge Wirkung tetrazyklische) Alkohol, Sedativa, Neuroleptika zentraldämpfende Wirkung Chinidin, Digitalis Arrhythmien
Allgemeine internistische Therapiemassnahmen
124
CM
YB
9.12 Arzneimittelinteraktionen Tabelle 28 (Fortsetzung): neimittel
Wichtigste Interaktionen häufig verwendeter Arz-
Kombination mit von
führt zu (¯= abgeschwächt, = verstärkt)
Barbiturate
zentraldämpfende Wirkung
Alkohol und zentraldämpfende Pharmaka Cumarinderivate Kontrazeptiva Methotrexat
Benzodiazepine
Alkohol und zentraldämpfende Pharmaka Antikoagulanzien, Betablocker, zentrale Antihypertensiva Cimetidin Muskelrelaxanzien
Betablocker
Antiarrhythmika, Kalziumantagonisten vom Verapamiltyp RR-senkende Medikamente Cimetidin Digitalisglykoside Insulin, Sulfonylharnstoffe
Antikoagulanzienwirkung ¯ kontrazeptive Wirkung ¯ Methotrexattoxizität zentraldämpfende Wirkung Wirkung und ¯ möglich (nicht vorhersehbar !) Benzodiazepinwirkung Muskelrelaxation kardiodepressiver Effekt RR-senkende Wirkung Betablockerspiegel negativ chronotrope und dromotrope Wirkung Gefahr protrahierter Hypoglykämien
Carbamazepin
Cumarinderivate Kontrazeptiva Cimetidin, Diltiazem, Isoniazid, Makrolide, Verapamil
Antikoagulanzienwirkung ¯ kontrazeptive Wirkung ¯ Carbamazepinspiegel
Chinidin
Anticholinergika Cumarinderivate Digitalisglykoside Reserpin Rifampicin
Anticholinerge Wirkung Antikoagulanzienwirkung Glykosidwirkung Kardiodepression Chinidin-Wirkungsdauer ¯
Cholesterinsynthesehemmer
Cumarinderivate Digoxin Immunsuppressiva, Fibrate, Nikotinsäure
Antikoagulanzienwirkung Digoxinspiegel Erhöhtes Risiko einer Myopathie
&9&
Cumarinderivate: S. 93
Checkliste Hahn ´ Seite 124
9.12 Arzneimittelinteraktionen Tabelle 28 (Fortsetzung): neimittel
Wichtigste Interaktionen häufig verwendeter Arz-
Kombination mit von
führt zu (¯= abgeschwächt, = verstärkt)
Aktivkohle, Colestyramin, Colestipol Antidepressiva (trizyklische) Arzneimittel, die zu K+- oder Mg++-Verlusten führen (z. B. Thiazid- und Schleifendiuretika, Laxanzienabusus, Amphotericin B, Glukokortikoide, Penicillin G, Salicylate) Kalziumsalze i. v. Captopril, Chinidin Reserpin, Succinylcholin Sympathomimetika, Phosphodiesterasehemmer
Glykosidresorption ¯ bzw. -elimination Arrhythmien Glykosidwirkung durch K+oder Mg++-Mangel
Digitoxin, zusätzlich:
Diltiazem, Verapamil Phenytoin, Rifampicin, Phenobarbital, Phenylbutazon, Spironolacton
Digitoxinspiegel Digitoxinelimination
Digoxin, zusätzlich:
Antazida Amiodaron, Kalziumantagonisten, Erythromycin, Flecainid, Propafenon, Rifampicin, Tetracycline Phenytoin, Metoclopramid, Neomycin, Sulfasalazin, Zytostatika
Digoxinresorption ¯ Digoxinspiegel
Alle
Blutdrucksenkende Medikamente, v. a. ACE-Hemmer
evtl. überschieûender RR-Abfall und Nierenfunktion ¯
Amilorid, Triamteren
ACE-Hemmer, Kalium, kaliumsparende Diuretika, NSAR Antidiabetika
Hyperkaliämierisiko
Schleifendiuretika, Thiaziddiuretika
Antidiabetika Glukokortikoide, Laxanzien Lithium NSAR
Blutzuckersenkung ¯ Kaliumausscheidung Lithiumspiegel Diuretikawirkung ¯
Digitalisglykoside
Glykosidtoxizität Glykosidspiegel Arrhythmien Arrhythmien
125
YB
Allgemeine internistische Therapiemassnahmen
CM
Digoxinwirkung ¯
Diuretika
Spironolacton ACE-Hemmer, Kalium, kaliumsparende Diuretika, NSAR Digoxin
Hyperkaliämierisiko
Fibrate
Gefahr der Rhabdomyolyse Antikoagulanzienwirkung Blutzuckersenkung
Cholesterinsynthesehemmer Cumarinderivate Insulin, Sulfonylharnstoffe
Checkliste Hahn ´ Seite 125
Digoxinspiegel
&9&
Blutzuckersenkung ¯
Allgemeine internistische Therapiemassnahmen
126
CM
YB
9.12 Arzneimittelinteraktionen Tabelle 28 (Fortsetzung): neimittel
Wichtigste Interaktionen häufig verwendeter Arz-
Kombination mit von Glukokortikoide
Antidiabetika Cumarinderivate Digitalisglykoside NSAR Rifampicin, Phenytoin, Barbiturate, Primidon Schleifen-, Thiaziddiuretika
führt zu (¯= abgeschwächt, = verstärkt) Blutzuckersenkung ¯ Antikoagulanzienwirkung ¯ bei Hypokaliämie Glykosidwirkung GI-Ulzera, Blutungen Glukokortikoidwirkung ¯ Kaliumausscheidung
Immunsuppressiva Azathioprin Ciclosporin
Allopurinol Aminoglykoside
Zytotoxizität Nephrotoxizität
Kalziumantagonisten Nifedipintyp
RR-senkende Medikamente Cimetidin, Ranitidin Digoxin Theophyllin
RR-senkende Wirkung RR-senkende Wirkung Digoxinspiegel Theophyllinspiegel oder ¯
Verapamiltyp, Antiarrhythmika, Betablocker zusätzlich Carbamazepin Ciclosporin Lithium
Kardiodepression , RR-senkende Wirkung Carbamazepinspiegel Ciclosporinspiegel Lithiumspiegel ¯
T-KanalBlocker
RR-senkende Wirkung Myopathien Chinidin-/Metoprololspiegel
RR-senkende Medikamente Cholesterinsynthesehemmer Chinidin, Metoprolol
Kalziumhalti- Kalziumantagonisten ge VerbinDigitalisglykoside dungen Eisen Glukokortikoide, Phenytoin Tetracycline Thiazide
Kalziumantagon.-Wirkung ¯ Digitalisglykosidwirkung Eisenresorption ¯ Kalziumresorption ¯ Tetracyclinresorption ¯ Hyperkalzämierisiko
Antiepileptika (Barbexaclon, kontrazeptive Wirkung ¯ Carbamazepin, Phenytoin, Primidon), Barbiturate, Breitbandantibiotika, Rifampicin
Lithiumsalze
Diuretika, Methyldopa, NSAR Jodverbindungen
&9&
Kontrazeptiva, orale
Checkliste Hahn ´ Seite 126
Lithiumtoxizität strumigene Wirkung
Tabelle 28 (Fortsetzung): neimittel
Wichtigste Interaktionen häufig verwendeter Arz-
Kombination mit von
führt zu (¯= abgeschwächt, = verstärkt)
Neuroleptika Alkohol und zentraldämpfende Pharmaka Anticholinergika Antihypertensiva Clonidin Coffein, Enzyminduktoren (z. B. Barbiturate, Carbamazepin) Dopaminagonisten (z. B. Bromocriptin, Amantadin, Levodopa) Dopaminantagonisten (Metoclopramid, Bromoprid, Alizaprid) Lithium, Propranolol, trizyklische Antidepressiva Phenytoin
zentraldämpfende Wirkung anticholinerge Wirkung Blutdrucksenkung Blutdrucksenkung ¯ Neuroleptikawirkung ¯ Wirkung der Agonisten ¯ Extrapyramidale Nebenwirkungen gegenseitige Plasmaspiegelerhöhung Phenytoinspiegel
NSAR = nichtsteroidale Antirheumatika = nichtsteroidale Antiphlogistika (einschlieûlich Acetylsalicylsäure)
Antihypertensiva Cumarinderivate Digoxin Glukokortikoide, Alkohol Lithium Methotrexat Schleifendiuretika Sulfonylharnstoffe
RR-senkende Wirkung ¯ Antikoagulanzienwirkung Digoxinspiegel Magen-Darmblutungen Lithiumspiegel Methotrexattoxizität Diuretische Wirkung ¯ Hypoglykämiegefahr
Phenytoin
Antazida (orale Kombination) Phenobarbital, Primidon, Carbamazepin, Alkohol Benzodiazepine, Cimetidin, Cumarinderivate, Disulfiram, Isoniazid, NSAR, Methotrexat, Rifampizin, Sulfonamide, trizyklische Antidepressiva, Valproinsäure Carbamazepin, Cumarinderivate, Doxycyclin, Glukokortikoide, Itraconazol, orale Kontrazeptiva, trizyklische Antidepressiva, Valproinsäure, Verapamil
Phenytoin-Spiegel ¯ Phenytoin-Spiegel ¯
Sulfonylharnstoffe: S. 483 L-Thyroxin: S. 493
Checkliste Hahn ´ Seite 127
Allgemeine internistische Therapiemassnahmen
9.12 Arzneimittelinteraktionen
127
YB
Phenytoin-Spiegel und -Toxizität
Spiegel der genannten Medikamente ¯
&9&
CM
&9&
Allgemeine internistische Therapiemassnahmen
128
CM
YB
9.13 Arzneimittel und Nahrungsaufnahme ä
ä
ä
Nüchtern-Einnahme: Ist für den Pat. am einfachsten zu handhaben (wird seltener vergessen), ermöglicht den schnellsten Wirkungseintritt und ist v. a. bei Arzneimitteln angezeigt, deren Wirkung oder Bioverfügbarkeit durch die Nahrungsaufnahme beeinträchtigt wird (Tab. 29, N). Einnahme während oder unmittelbar nach der Mahlzeit: Bei Arzneimitteln angezeigt, welche bei Nüchterneinnahme häufiger Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen verursachen (Tab. 29, M). Im Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme weiterhin zu beachten: ± Arzneimitteleinnahme mit gleichmäûig viel Flüssigkeit (~ 200 ml), Wasser ist indifferent, bei Milch Komplexbildungen möglich, zuckerreiche Getränke verzögern die Magenentleerung, Fruchtsäfte können durch Säure die Arzneimittelwirkung beeinträchtigen, mit Alkohol vielfache Wechselwirkungen ± Arzneimitteleinnahme jeweils möglichst unter gleichen Bedingungen: Einnahmezeitpunkt, Flüssigkeit, Nährstoffzusammensetzung (z. B. erhöhte Bioverfügbarkeit mit fettreicher Nahrung bei Ciclosporin, Diazepam, Hydrochlorothiazid, Metoprolol, Propranolol, Sotalol, Spironolacton u. a.).
Tabelle 29
Einnahme von Arzneimitteln in Bezug zur Nahrungsaufnahme
Acetylsalicylsäure Allopurinol Amiodaron Amitriptylin Amphotericin Astemizol Atenolol Azathioprin Bacampicillin Baclofen Barbiturate Benzbromaron Benzodiazepine Benzodiazepine als Hypnotika Bromocriptin Captopril Cephalosporine Chinidin Cimetidin Cinnarizin Clemastin Clindamycin Clobazam Clofibrat Diclofenac
M M M / M N / M / M N M M N
Didanosin Digitoxin Digoxin Dipyridamol Disopyramid Domperidon Erythromycin Ethambutol Furosemid Glibenclamid Ibuprofen Indometacin Isoniazid Isosorbiddinitrat
N / / / M N N / / N M M N /
Methysergid Metoclopramid Metronidazol Mexiletin Naproxen Nikotinsäure Omeprazol Oxazepam Oxyphenbutazon Paracetamol Penicilline Phenylbutazon Piroxicam Procainamid
M N M M M M N / M / N M M M
M N N M / M N N / M M
Isosorbidmononitrat Kalziumsalze Ketoprofen L-Thyroxin Levodopa Lisurid Lithiumsalze Mebendazol Melperon Mesuximid Methyldopa
M M M N M M M N / / N
Ranitidin Reserpin Rifampicin Spiramycin Sucralfat Terfenadin Tetracycline Theophyllin Ticlopidin Triamteren Valproinsäure
/ M N N N M N / M M M
N = Nüchtern-Einnahme (1 h vor oder > 2 h nach der Mahlzeit) M = Einnahme während oder unmittelbar nach der Mahlzeit / = geringer Einfluû der Nahrung auf Wirkungen und Nebenwirkungen
Checkliste Hahn ´ Seite 128
10.1 Unklares Fieber Grundlagen ä
ä
Fieber: Erhöhung der Körperkerntemperatur durch veränderte hypothalamische Wärmeregulation (Sollwertverstellung). Genaueste Werte bei rektaler Messung, auûerdem Abhängigkeit von der Tagesrhythmik und vom Menstruationszyklus. Normwerte: frühmorgens rektal 36,5 C, oral 36,2 C, axillar 36,0 C, nachmittags 0,7 ± 1 C höher, nach der Ovulation mittlerer Anstieg um 0,5 C. Einteilung (Tagesmittelwerte) in subfebrile Temperaturen: < 38 C, Fieber: > 38 C. Unklares Fieber: länger (> 3 Wochen) andauerndes Fieber ohne wegweisende zusätzliche Symptome.
Häufigste Ursachen ä ä ä
Infektionen (30 ± 40 %). Malignome (20 ± 30 %). Kollagenosen, Vaskulitiden (10 ± 15 %).
129
YB
Allgemeine Leitsymptome
CM
ä
ä
ä
ä
ä
Anamnese: besonders Berufsanamnese, Auslandsaufenthalte, Tierkontakte, Medikamenteneinnahme, vorausgehende Traumen oder chirurgische bzw. zahnärztliche Eingriffe, Gewichtsverlust, Nachtschweiû (B-Symptome). Körperliche Untersuchung: besonders Haut (Exanthem, Abszeû), Nasennebenhöhlen (Klopfschmerz?), pathologische Herzgeräusche?, Lymphknoten tastbar?, Leber- oder Milzvergröûerung?, rektale und ggf. gynäkologische Untersuchung (z. B. Abszeû?). Wiederholte Fiebermessungen: 6 /d. Fiebertypen (ohne Therapie): ± Kontinua: Tagesschwankungen < 1 C bei bakteriellen und schweren viralen Infekten ± remittierend: Tagesschwankungen > 1 C z. B. bei Sepsis oder Miliar-Tbc ± intermittierend: Tagesschwankungen > 2 C mit Schüttelfrost und/oder Kreislaufreaktion typisch für Sepsis z. B. durch bakterielle Endokarditis ± periodisch: fieberfreie Intervalle bei Malaria tertiana und quartana ± undulierend: wellenförmiger Verlauf mit Intervallen von mehreren Tagen typisch für Brucellose oder Morbus Hodgkin. Basisdiagnostik (Stufe 1): ± Labor: BSG, CRP, Blutbild, Differentialblutbild, Transaminasen, aP, Bilirubin, LDH, Kreatinin, Gesamteiweiû, Serumelektrophorese (S. 218), TSH, Rheumafaktor, antinukleäre Antikörper, ASL-Titer, Urinstatus, Hämoccult-Test, wiederholte Blutkulturen (mindestens 3 aerob/anaerob), bakteriologische Untersuchung des Urins, Stuhl auf pathogene Keime, bei Tropenanamnese ¹dicker Tropfenª ± Abdomen-Sonographie ± Röntgen-Thorax in 2 Ebenen. Erweiterte Diagnostik (Stufe 2): ± (transösophageale) Echokardiographie: Endokarditis?, Vorhofmyxom? ± Tbc-Diagnostik: Tuberkulin-Test, Sputum, Magensaft, Urin ± serologisches Screening: z. B. Mononukleose, Hepatitis, HIV, Zytomegalie, Toxoplasmose, Salmonellose, Brucellose, Leptospirose, Psittakose ± Röntgen-Nasennebenhöhlen bzw. HNO-Konsil, zahnärztliche Untersuchung. Checkliste Hahn ´ Seite 129
& 10 &
Vorgehen
Allgemeine Leitsymptome
130
CM
YB
10.1 Unklares Fieber ä
ä
Erweiterte technische und invasive Diagnostik (Stufe 3): ± CT Thorax und Abdomen: Lymphome?, Abszesse? ± Lungenszintigraphie: Lungenembolien? ± Skelettszintigraphie: Osteomyelitis?, Spondylitis? ± Gastroduodenoskopie, Koloileoskopie, ERCP, Bronchoskopie ± Knochenmarkpunktion, Leberpunktion, Exstirpation vergröûerter Lymphknoten, ggf. Biopsien anderer verdächtiger Organveränderungen. Allgemeine Differentialdiagnose des unklaren Fiebers (Definition s. o.): Tab. 30.
Vorgehen bei nosokomial erworbenem Fieber ä
ä
& 10 &
ä
Häufigste Ursachen: ± Infektionen: Atemwege (v. a. Pneumonie, Sinusitis), Harnwege, intravasale Katheter, Wundinfektionen, postoperativ, Cholezystitis ± Medikamentenfieber, Transfusionsreaktion, Thrombose, Lungenembolie. Basisdiagnostik: ± Überprüfung der Medikation ± körperliche Untersuchung: besonders Lungenauskultation, Inspektion von Wunden und Punktionsstellen, klopfschmerzhafte Nasennebenhöhlen? ± Labor: BSG, Blutbild, Transaminasen, aP, Bilirubin, Kreatinin, Urinstatus, Blutkulturen ± Röntgen-Thorax ± Abdomensonographie ± evtl. Röntgen-Nasennebenhöhlen. Ggf. intravasale Katheter entfernen und Katheterspitze zur mikrobiologischen Untersuchung einschicken.
Checkliste Hahn ´ Seite 130
10.1 Unklares Fieber Differentialdiagnose Tabelle 30
Differentialdiagnose des unklaren Fiebers
Verdachtsdiagnose
Wegweisende Untersuchungen
Infektionskrankheiten, besonders: ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ±
bakterielle Endokarditis Tuberkulose urogenitale Infektionen hepatobiliäre Infektionen
Echokardiographie, Blutkulturen Röntgen-Thorax; Tbc-Diagnostik Urinstatus, Sonographie Transaminasen, Bilirubin, Sonographie, ERCP Abdominalabszesse, z. B. Leber, Milz, Sonographie, CT Pankreas Divertikulitis Sonographie, Röntgen, CT andere Abszesse, z. B. Zähne, Röntgen, CT Nasennebenhöhlen, Gehirn Osteomyelitis, Spondylitis Skelettszintigraphie Malaria Reiseanamnese, Blutausstrich, ¹dicker Tropfenª Toxoplasmose Serologie Typhus Erregernachweis im Blut/Stuhl, Serologie Brucellosen, Leptospirosen Berufsanamnese, Blutkulturen, Serologie Ornithose/Psittakose Haustieranamnese, Serologie infektiöse Mononukleose Diff.-BB, Mononukleoseschnelltest HIV-Infektion Serologie Zytomegalie Serologie virale Hepatitis Transaminasen, Serologie
131
YB
Allgemeine Leitsymptome
CM
Malignome, besonders: ± maligne Lymphome ± Leukämie, myeloproliferative Syndrome ± Hypernephrom ± Leberzellkarzinom ± Kolonkarzinom
Elektrophorese, Sono, CT, Lymphknoten-PE, Knochenmark Differentialblutbild, Knochenmark Sonographie, CT Sonographie, CT, AFP Koloskopie
Kollagenosen, Vaskulitiden, besonders: ± Lupus erythematodes ± Riesenzellarteriitis
antinukleäre Antikörper, Anti-dsDNAAntikörper BSG, Klinik (S. 455)
± ± ± ± ± ± ±
vorgetäuschtes Fieber Lungenembolien, Thrombosen Medikamentenfieber = ¹drug feverª retroperitoneale Hämatome Sarkoidose Vorhofmyxom Hyperthyreose Checkliste Hahn ´ Seite 131
überwachte Temperaturmessungen Lungenszintigraphie, Sonographie Anamnese Sonographie, CT Röntgen-Thorax Echokardiographie TSH-basal
& 10 &
Andere Erkrankungen, besonders
Allgemeine Leitsymptome
132
CM
YB
10.2 BSG und CRP BSG ± Grundlagen ä
ä
Normwerte: Frauen 6 ± 20 mm und Männer 3 ± 10 mm in der 1. Std., bei Patienten > 50 Jahre 50 % höher. Die Bestimmung des 2-Std.-Wertes ist zwar üblich, bringt aber keinen wesentlichen Informationsgewinn. In der Rekonvaleszenz kommt es häufig erst nach Wochen zu einer Normalisierung der BSG.
Ursachen: Tab. 31 Vorgehen bei stark erhöhter BSG unklarer Genese ä ä ä
ä
ä
Anamnese: besonders Grunderkrankungen, zurückliegende Infekte, Gewichtsverlust, Nachtschweiû, Medikamente. Körperliche Untersuchung einschlieûlich rektaler Untersuchung. Bei sonst fehlenden klinischen Symptomen oder kurz zurückliegenden Infektionskrankheiten BSG-Kontrolle nach 1 Woche, bei fallender Tendenz unter weiteren Kontrollen abwarten. Basisdiagnostik (bei weiterhin unklarer BSG-Erhöhung ohne sonstige Symptome): ± Labor: Blutbild, Differentialblutbild, Retikulozyten, CRP (s. u.), Transaminasen, aP, LDH, Bilirubin, Triglyzeride, Kreatinin, Gesamteiweiû, Serum-Elektrophorese (S. 218), Urinstatus, Hämoccult-Test ± Abdomensonographie ± Röntgen-Thorax in 2 Ebenen. Erweiterte Diagnostik (bei weiterhin abklärungsbedürftiger BSG-Erhöhung, Differentialdiagnose: Tab. 31): ± Labor: Tbc-Diagnostik, Rheumafaktor, antinukleäre Antikörper, Immunelektrophorese, Urinuntersuchung auf Bence-Jones-Proteine, Haptoglobin, Coombs-Test, Kälteagglutinintiter ± Gastroduodenoskopie, Koloileoskopie ± gynäkologisches, urologisches, zahnärztliches und HNO-Konsil ± CT Thorax und Abdomen.
CRP ä ä
& 10 &
ä
Unspezifisches ¹Akute-Phase-Proteinª, Erhöhung im Rahmen entzündlicher Prozesse (Normwert: < 10 mg/l = 1 mg/dl). Aufgrund des schnellen Anstiegs bei Erkrankungsbeginn (6 ± 10 h) und der kurzen HWZ (8 ± 12 h) ideale Kenngröûe v. a. kurzfristiger akut entzündlicher oder nekrotischer Reaktionen und deren Aktivitätsänderungen, während die BSG langsamer reagiert. Auch besteht im Gegensatz zur BSG keine Beeinflussung durch erythrozytäre Faktoren (z. B. Anämie, Polyglobulie). Ansonsten entspricht die diagnostische Wertigkeit in etwa der BSG.
Checkliste Hahn ´ Seite 132
10.2 BSG und CRP Differentialdiagnose Tabelle 31 Differentialdiagnose von Veränderungen der Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) Einteilung nach dem Ausmaû der BSG-Beschleunigung lediglich Orientierungshilfe, flieûende Übergänge möglich BSG mäûig erhöht (bis 50 mm in der 1. Std.): ± Bestimmungsfehler: Wärme, zuviel Citrat/zuwenig Blut im Röhrchen ± Anämie ± Hypertriglyzeridämie ± hormonelle Kontrazeption, prämenstruell, Schwangerschaft ± postoperativ ± bestimmte bakterielle Infektionen (z. B. Tbc, Brucellose) ± Tumorerkrankungen
133
YB
Allgemeine Leitsymptome
CM
BSG stark erhöht (50 ± 100 mm in der 1. Std.): ± Infektionen (meist bakterielle) ± fortgeschrittene (metastasierende) Tumorerkrankungen, Leukämien ± hämolytische Anämien ± chronische Lebererkrankungen ± nephrotisches Syndrom, chronische Niereninsuffizienz ± Gewebsnekrosen ± Rheumatoide Arthritis, Kollagenosen, Vaskulitiden BSG massiv erhöht ¹Sturzsenkungª (> 100 mm in der 1. Std.): ± Infektionen: Sepsis, Peritonitis, rheumatisches Fieber ± Plasmozytom (auûer Bence-Jones-Plasmozytom), Morbus Waldenström ± Polymyalgia rheumatica, Riesenzellarteriitis (S. 455), andere Vaskulitiden
& 10 &
BSG-Erniedrigung: ± Bestimmungsfehler (Kälte, zu wenig Citrat im Röhrchen) ± Polyglobulie, Polycythämia vera ± pathologische Erythrozytenformen (z. B. Sichelzellanämie) ± Exsikkose
Checkliste Hahn ´ Seite 133
Allgemeine Leitsymptome
134
CM
10.3 Gewichtsverlust Grundlagen ä
ä ä
Abklärungsbedürftig ist jede ungewollte Gewichtsabnahme ohne ersichtlichen Grund, insbesondere bei einem Verlust von mehr als 10 % des Ausgangsgewichts innerhalb von 3 Monaten. Eine rasche Gewichtsabnahme von > 500 g/d spricht für einen Wasserverlust (z. B. bei Diuretikaüberdosierung, Diabetes mellitus, Diabetes insipidus). Beurteilung des individuellen Soll- bzw. Normalgewichts: ± Normalgewicht nach Broca in kg: Körpergröûe (cm) ± 100 (Frauen ± 10 %) ± Körpermassenindex (Body Mass Index, BMI): BMI = Körpergewicht in kg/ (Körperlänge in m)2, BMI-Norm bei Männern 20 ± 25, bei Frauen 19 ± 24.
Vorgehen bei unklarem Gewichtsverlust ä
ä
ä
ä
ä ä
& 10 &
YB
Anamnese: ± Ausmaû des Gewichtsverlusts, Zeitraum, gewollt/ungewollt, Appetit, Nahrungsunverträglichkeiten und -abneigungen, ¾nderungen in den Ernährungsgewohnheiten ± andere Beschwerden: vermehrtes Durstgefühl, Geschmacksstörungen, Schluckbeschwerden, Leistungsknick, vermehrte Infektneigung, allgemeines Krankheitsgefühl, Schmerzen im Zusammenhang mit dem Essen ± Grunderkrankungen: besonders Leber-, Nierenerkrankungen, Diabetes mellitus ± Vorerkrankungen, Operationen: Magen-, Darmresektionen, Voroperationen oder Entzündungen des Pankreas ± Stuhlgang: Häufigkeit, Menge, Konsistenz, Farbe, Blutbeimengungen ± Medikamente, Alkohol-, Nikotin-, Drogenkonsum (seit wann?) ± Sozialanamnese: psychische Belastungen, Umfeld. Körperliche Untersuchung: Mangelerscheinungen (z. B. Ödeme, Aszites, Hautveränderungen), Lymphknoten, rektale Untersuchung (Stuhlfarbe), Stuhlvisite. Basisdiagnostik: ± Labor: BSG, Blutbild, Differentialblutbild, Blutzucker, Kreatinin, Na+, K+, Ca++, GOT, GPT, g GT, aP, Bilirubin, Lipase, LDH, Eisen, Cholesterin, Gesamteiweiû, Albumin, Serum-Elektrophorese (S. 218), Quick, TSH-basal, Urinstatus, Hämoccult-Test, Stuhl auf Würmer und Wurmeier ± Abdomen- und Schilddrüsensonographie ± Röntgen-Thorax in 2 Ebenen. Bei fehlenden objektiv faûbaren pathologischen Befunden und beschwerdefreiem Patienten Körpergewichtskontrollen und Eûprotokoll (notfalls stationär). Bei Hinweisen (v. a. voluminöse Durchfälle) für Malassimilation: S. 346. Erweiterte Diagnostik bei weiterhin bestehender Unklarheit (Tab. 32): ± Gastroduodenoskopie ± Koloileoskopie ± gynäkologisches, urologisches, HNO-Konsil ± CT-Thorax und CT-Abdomen ± ergänzende Labordiagnostik nach Verdacht: Tbc-Diagnostik, HIV-Test, antinukleäre Antikörper, Immunelektrophorese, Urinuntersuchung auf BenceJones-Proteine, Dexamethason-Kurztest, ACTH-Kurztest, Katecholamine im 24-h-Urin.
Checkliste Hahn ´ Seite 134
ä
Hinweise für Anorexia nervosa (Magersucht): ± meist pubertierende Mädchen und jüngere Frauen (selten Männer) ± Diskrepanz zwischen · Eigen- und Fremdanamnese bezüglich der Nahrungsaufnahme · Ernährungszustand und demonstrativer Nahrungsaufnahme (heimliches Erbrechen) ± chronischer Laxanzien- und Diuretikamiûbrauch (meist K+ ¯), Amenorrhoe.
Differentialdiagnose Tabelle 32
Differentialdiagnose des unklaren Gewichtsverlustes
Verdachtsdiagnose Appetit normal oder gesteigert: ungenügende Nährstoffverwertung: ± Malassimilation
Wegweisende Untersuchungen
± Diabetes mellitus ± Darmparasiten
Anamnese: voluminöse Durchfälle?, Ursachen: S. 345 Blutzucker, HbA1 Stuhl auf Würmer und Wurmeier
erhöhter Nährstoffbedarf: ± Hyperthyreose ± Cushing-Syndrom ± Phäochromozytom
TSH-basal Klinik, Dexamethason-Kurztest Katecholamine im 24-h-Urin
Appetit vermindert: konsumierende Erkrankungen: ± Tumorerkrankungen ± chronische Infektionen
Tumorsuche (s. o.) Klinik, BSG
psychogen: ± Anorexia nervosa, Bulimie ± Alkohol-, Nikotin- oder Drogenabusus ± Depression Medikamente: ± Digitalisglykoside ± Analgetika, Antirheumatika ± Immunsuppressiva, Zytostatika ± Antibiotika, Antimykotika ± Eisenpräparate ± Neuroleptika, Antidepressiva ± Hormonpräparate ± Sympathomimetika, Parasympathomimetika, Sympatholytika andere Ursachen: ± Leberzirrhose ± Niereninsuffizienz ± HNO- und Zahnerkrankungen ± Herzinsuffizienz ± Morbus Addison
Checkliste Hahn ´ Seite 135
Allgemeine Leitsymptome
10.3 Gewichtsverlust
135
YB
Anamnese
Anamnese
Transaminasen, Quick, Sono Kreatinin HNO-, zahnärztliches Konsil Klinik, Röntgen-Thorax Na+¯, K+, ACTH-Kurztest
& 10 &
CM
Allgemeine Leitsymptome
136
CM
YB
10.4 Ödeme Grundlagen ä ä
ä
Definition: Pathologische Einlagerungen von Flüssigkeit in den interstitiellen (extrazellulären, extravasalen) Raum. Typisch: Wegdrückbarkeit = Dellenbildung nach Fingerdruck (auûer bei sekundärer Fibrosierung), bei Beinödemen spart das venöse Ödem (= Phlebödem) meist die Zehen aus, während sie beim lymphatischen Ödem (= Lymphödem) meist beteiligt sind. Bei Phlebödemen findet sich häufig eine livide Hautverfärbung und eine verstärkte Venenzeichnung (Farbabb. 1 a,b). Abzugrenzen sind (nicht wegdrückbar): ± Myxödem: abnorme Einlagerung von Mukopolysacchariden im Interzellularraum. Vorkommen: · generalisiertes Myxödem bei Hypothyreose · prätibiales Myxödem bei immunogener Hyperthyreose (Morbus Basedow) mit groûporiger Haut von sulziger Konsistenz ± Lipödem: Variante der Fettsucht v. a. bei Frauen mit ausgedehnten symmetrischen subkutanen Fettansammlungen unterhalb der Gürtellinie unter Einbeziehung von Fuûrücken und Fuûgelenken (Farbabb. 1 c).
Häufigste Ursachen ä
ä
Lokalisierte Ödeme: ± akut, umschrieben: allergisch, entzündlich, posttraumatisch ± akut, ganzer Extremitätenabschnitt: Thrombose ± chronisch: chronisch venöse Insuffizienz, postthrombotisches Syndrom. Generalisierte Ödeme: ± Rechtsherzinsuffizienz ± hypalbuminämische Ödeme (Serumalbumin < 2,5 g/dl).
Vorgehen bei lokalisiertem einseitigem Ödem ä
ä ä
& 10 &
ä
Akut auftretende lokalisierte Ödeme bereiten bei entsprechender Anamnese meist keine diagnostischen Schwierigkeiten. Bei Einbeziehung eines ganzen Extremitätenabschnitts muû eine Phlebothrombose (S. 295) durch (Duplex-) Sonographie oder ggf. durch Phlebographie ausgeschlossen werden. Die folgenden Abschnitte beziehen sich daher auf die Abklärung chronischer einseitiger (meist Bein-)Ödeme. Anamnese: früher abgelaufene Thrombosen, Traumen, Operationen, Radiatio, Erysipel, bekannte Tumorerkrankungen, Familienanamnese. Körperliche Untersuchung: Varikosis, trophische Hautveränderungen, Zehenbeteiligung (Lymphödem), Lymphknoten (v. a. inguinal, axillär), rektale Untersuchung (Rektum-, Zervix-, Prostatakarzinom?), Mamma-Palpation (v. a. bei Armödemen). Basisdiagnostik (bei unklarer Diagnose nach Anamnese und körperlicher Untersuchung): ± Labor: BSG, Blutbild, Differentialblutbild, Kreatinin, Elektrolyte, g GT, LDH, Quick, Urinstatus ± Sonographie: Abdomen (einschlieûlich kleines Becken), Gefäûe ± Röntgen-Thorax in 2 Ebenen ± gynäkologisches bzw. urologisches Konsil.
Checkliste Hahn ´ Seite 136
10.4 Ödeme ä
Erweiterte Diagnostik (bei weiterhin unklarer Diagnose): ± Abdomen-/Becken-CT ± Koloskopie ± evtl. Lymphsequenzszintigraphie (bei V. a. primäre Lymphödeme).
Vorgehen bei beidseitigen oder generalisierten Ödemen
ä
ä
ä
ä
Sind beide Beine betroffen, so kann häufig nicht unmittelbar zwischen lokalisierten oder generalisierten Ödemen unterschieden werden. Anamnese: s. o., zusätzlich v. a. Dyspnoe, Gewichtsabnahme, Diarrhoe, bekannte Leber-, Nieren- und Pankreaserkrankungen, Alkoholabusus, Medikamente. Körperliche Untersuchung: s. o., zusätzlich v. a. achten auf perorbitale Ödeme, Hand- oder Skrotalödeme, Pleuraergüsse, Aszites, Lungenstauung, Zeichen einer Leberzirrhose (S. 380), Cushing-Syndrom (S. 507), Mangelerscheinungen. Basisdiagnostik: ± Labor: BSG, Blutbild, Differentialblutbild, Blutzucker, Kreatinin, Na+, K+, Ca++, GOT, GPT, g GT, aP, CHE, Bilirubin, Lipase, LDH, Gesamteiweiû, Albumin, Serum-Elektrophorese (S. 218), Quick, TSH-basal, Urinstatus ± Sonographie: Abdomen (u. a. Aszites, Pleuraergüsse), Gefäûe ± EKG ± Röntgen-Thorax in 2 Ebenen ± Echokardiographie. Erweiterte Diagnostik bei weiterhin unklarer Diagnose (Tab. 33): ± bei isolierten beidseitigen Beinödemen erweiterte Diagnostik wie bei einseitigen Beinödemen (s. o.) ± bei Proteinurie: S. 194, bei V. a. akute Glomerulonephritis (Hämaturie, Proteinurie, evtl. arterielle Hypertonie): S. 396 ± bei V. a. Malassimilation oder enteralen Eiweiûverlust (Diarrhoe, Hypoproteinämie, keine Leberinsuffizienz, keine Proteinurie): S. 346 ± bei Hypoproteinämie und weiterhin unklarer Diagnose: Suche nach konsumierender Erkrankung (S. 134).
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Allgemeine Leitsymptome
CM
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Allgemeine Leitsymptome
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CM
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10.4 Ödeme Differentialdiagnose Tabelle 33
Differentialdiagnose lokalisierter und generalisierter Ödeme
Verdachtsdiagnose Lokalisierte Ödeme akut auftretend, meist einseitig: ± venöse Abfluûstörung, Thrombose ± allergisch ± entzündlich chronisch, ein- oder beidseitig: ± venöse Abfluûstörung · nach abgelaufenen Thrombosen · bei malignen Erkrankungen ± lymphatische Abfluûstörung primärer Genese: · angeboren = Typ Nonne-Milroy · familiär mit Manifestation in der Pubertät = Typ Meige · idiopathisch nicht familiär ± lymphatische Abfluûstörung sekundärer Genese: · nach Traumen, Verbrennungen, Operationen, Radiatio, Erysipel · bei malignen Erkrankungen Generalisierte Ödeme ± (Rechts-)Herzinsuffizienz ± Niereninsuffizienz ± akute Glomerulonephritis
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Hypalbuminämische Ödeme: ± nephrotisches Syndrom ± chronische Lebererkrankungen ± Mangelernährung, Malassimilation, konsumierende Erkrankungen ± exsudative Enteropathie Andere Ursachen: ± Cushing-Syndrom ± Medikamente: v. a. Glukokortikoide, Östrogene, hochdosierte Gestagene, Vasodilatatoren, Antiphlogistika, Amantadin, a-Methyldopa ± prämenstruelle Ödeme ± idiopathisch (v. a. Frauen betroffen)
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Wegweisende Untersuchungen
Anamnese: Immobilisation? Klinik: Varikosis, livide Verfärbung Sonographie Anamnese: Allergenexposition? Anamnese: Trauma?, Verbrennung? Anamnese Klinik: Varikosis, Stauungsdermatose Tumorsuche Lymphsequenzszintigraphie Familienanamnese Familienanamnese
Anamnese Tumorsuche Röntgen-Thorax, EKG, Echo Kreatinin Blutdruck, Urinstatus Albumin (< 2,5 g/dl) Urinstatus, 24-h-Urin auf Eiweiû Transaminasen, Quick, Sonographie S. 134 S. 347 Klinik, Dexamethason-Kurztest Anamnese Anamnese Ausschluûdiagnose
10.5 Generalisierter Pruritus Grundlagen ä ä
ä
Juckreiz ist ein meist harmloses aber lästiges Symptom, oft lokal im Zusammenhang mit akuten Hautläsionen auftretend. Lokalisierter Pruritus: ± mit sichtbaren Hautveränderungen: meist dermatologische Affektionen ± ohne sichtbare Hautveränderungen z. B.: · Pruritus ani: z. B. bei Hämorrhoiden, Analprolaps oder Oxyurenbefall · Pruritus vulvae: z.B bei Östrogenmangel, idiopathisch, Fluor genitalis · Pruritus genitalis: z. B. bei Phimose, Urethritis, psychogen · Pruritus nasi: z. B. bei NNH-Entzündungen, ZNS-Tumoren · Pruritus der Kopfhaut: z. B. bei Seborrhoe, Pedikulose. Generalisierter Pruritus: internistisch abklärungsbedürftig bei fehlender Assoziation zu einer dermatologischen Grunderkrankung sowie einer Dauer von > 2 Wochen.
139
YB
Allgemeine Leitsymptome
CM
Häufigste Ursachen ä ä
Mit sichtbaren Hauteffloreszenzen: allergische Exantheme oder Dermatosen entzündlicher, infektiöser und parasitärer Genese. Ohne sichtbare Hauteffloreszenzen: Pruritus senilis, Cholestase, Urämie.
ä
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ä
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Neben den, vom Patienten geäuûerten Beschwerden können zufällig bei der körperlichen Untersuchung entdeckte Kratzspuren Hinweise für einen Pruritus sein. Bei vorhandenen Hauteffloreszenzen und/oder lokalisiertem Pruritus: ± klären, ob eine medikamentenallergischen Genese in Frage kommt ± dermatologisches Konsil mit der Fragestellung, ob eine Assoziation zu einer Dermatose besteht. Bei den anderen lokalisierten Formen (s. o.) interdisziplinäre Abklärung (z. B. mit Gynäkologie, Proktologie, HNO). Anamnese: besonders Medikamente (auch vor Wochen durchgeführte HAESBehandlung), Gewichtsabnahme, Fieber, Nachtschweiû (B-Symptome), Leistungsknick, Grunderkrankungen, Berufsanamnese. Körperliche Untersuchung: insbesondere ± Haut: Kratzspuren?, trockene, atrophische Haut?, Kolorit ± Palpation von Lymphknoten, Leber und Milz, rektale Untersuchung. Basisdiagnostik: ± Labor: BSG, Blutbild, Differentialblutbild, Blutzucker, aP, LDH, Bilirubin, Kreatinin, Harnsäure, Gesamteiweiû, Serum-Elektrophorese (S. 218), TSHbasal, Urinstatus, Hämoccult-Test; bei entsprechendem klinischen Verdacht zusätzlich Eisen, Ferritin, Immunelektrophorese, Urin auf Bence-Jones-Proteine, 5-Hydroxyindolessigsäure im 24-h-Urin, HIV-Serologie ± Abdomensonographie ± Röntgen-Thorax in 2 Ebenen. Bei unauffälligen Befunden (v. a. bei Patienten > 80 J. und wahrscheinlichem senilen Pruritus) Behandlungsversuch mit rückfettenden Salben sowie Verzicht auf hautreizende Seifen und übertriebene Körperpflege.
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Vorgehen bei unklarem chronischem Pruritus
Allgemeine Leitsymptome
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10.5 Generalisierter Pruritus ä
Erweiterte Diagnostik (Tumorsuche) bei weiterer Unklarheit (Tab. 34): ± Gastroduodenoskopie ± Koloileoskopie ± gynäkologisches, urologisches, HNO-Konsil ± CT Thorax und Abdomen ± Knochenmarkuntersuchung.
Differentialdiagnose Tabelle 34 Differentialdiagnose des generalisierten Pruritus ohne sichtbare Hautveränderungen Verdachtsdiagnose
Wegweisende Untersuchungen
Cholestase: primär biliäre Zirrhose, Hepatitis, medikamentös, sklerosierende Cholangitis, extrahepatische Obstruktion
Klinik: Ikterus? aP, g GT, Bilirubin (vgl. S. 184)
Chronische Niereninsuffizienz (Urämie)
Kreatinin
Medikamente: Miconazol, Bleomycin, ACE-Hemmer, Gold, Morphin, Kokain, NSAR, Chinidin, Nikotinsäurederivate, Antibiotika, HAES (häufig verzögert auftretend, nach Monaten reversibel) u. a.
Anamnese
Hämatologische Erkrankungen: Polycythaemia vera (typisch: aquagener Pruritus bei Wasserkontakt), Leukämie, maligne Lymphome, Plasmozytom, Eisenmangelanämie
Blutbild, Knochenmark, Elektrophorese, Lymphomsuche, Sonographie
Maligne Tumoren, besonders abdominelle Karzinome
Tumorsuche
Endokrine Erkrankungen: ± Diabetes mellitus ± Hyperthyreose ± Karzinoid
Blutzucker TSH-basal 5-Hydroxyindolessigsäure im 24-h-Urin Eisen, Ferritin Harnsäure
Sonstiges: ± seniler Pruritus ± trockene Haut ± berufliche Noxen (Metallstaub, Glaswolle, Stäube) ± Mangelernährung/Malassimilation ± psychogen: Angst, Stress, Neurosen, Psychosen ± HIV-Infektion
Befund Anamnese S. 134 Anamnese Serologie
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Stoffwechselerkrankungen: ± Hämochromatose ± Hyperurikämie
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10.6 Lymphknotenvergröûerung Grundlagen ä ä
Lymphknotenvergröûerungen stellen ein äuûerst vielseitiges Symptom benigner oder maligner Erkrankungen dar. Normal groûe Lymphknoten sind sonographisch nicht darstellbar und im allgemeinen nur in den Leisten tastbar. Eine Abklärung sollte v. a. dann erfolgen, wenn neue Lymphknoten entstanden sind, die gröûer als 1 ± 2 cm und dann auch sonographisch sichtbar sind. Ebenfalls abklären sollte man in anderen palpatorisch zugänglichen Stationen tastbare Lymphknoten.
Häufigste Ursachen ä ä
Lokal: bakterielle Haut- oder Schleimhautinfektionen, Lymphknotenmetastasen von Karzinomen. Generalisiert: Virusinfektionen, maligne Lymphome.
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Allgemeine Leitsymptome
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Anamnese: ± Entwicklung der Lymphknotenvergröûerung und Erkrankung · akut: spricht für bakteriellen oder viralen Infekt sowie für Leukämien · schleichend: spricht für Lymphknotenmetastasen, maligne Lymphome, Tuberkulose und Sarkoidose ± vorausgegangene Infektionskrankheiten, andere Erkrankungen ± Trauma oder Infektion proximal oder distal der Lymphknotenvergröûerung ± Allgemeinbefinden, B-Symptome: Fieber, Nachtschweiû, Gewichtsverlust ± Auslandsaufenthalte in den Tropen ± Berufsanamnese, Tierkontakte ± Sexualanamnese, Drogenanamnese ± Medikamentenanamnese (s. o.). Körperliche Untersuchung, dabei besonders berücksichtigen: ± Palpation der Lymphknotenvergröûerung sowie der anderen Lymphknotenstationen: · weiche, druckempfindliche, verschiebliche Lymphknoten sprechen für eine entzündliche Genese (Ausnahmen: Tbc, Sarkoidose, Autoimmunerkrankungen, Lymphadenopathiesyndrom bei HIV-Infektion) · derbe, indolente, verbackene LK sprechen für eine maligne Erkrankung, insbesondere für Lymphknotenmetastasen solider Tumoren ± Untersuchung von Leber und Milz: · Hepato- und/oder Splenomegalie sprechen für maligne Lymphome und Leukämien, kommen aber auch bei entzündlichen Lymphknotenvergröûerungen oder bei Speicherkrankheiten vor. Bei zufällig entdeckten (z. B. von Medizinstudenten am eigenen Körper), geringgradigen, evtl. schon länger vorhandenen Lymphknotenvergröûerungen (v. a. zervikal) ist bei sonst unauffälliger Anamnese und körperlicher Untersuchung ein Zuwarten unter Verlaufskontrollen gerechtfertigt. Weitere Diagnostik bei Progredienz oder sonstigen Auffälligkeiten.
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Vorgehen bei unklaren Lymphknotenvergröûerungen
Allgemeine Leitsymptome
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YB
10.6 Lymphknotenvergröûerung ä
Diagnostik (Tab. 35): ± Labor: · obligat: BSG, Blutbild, Differentialblutbild · in Abhängigkeit von der Verdachtsdiagnose: z. B. Blutkulturen, Transaminasen, LDH, CK, Gesamteiweiû, Serum-Elektrophorese (S. 218), Mononukleose-Schnelltest, Zytomegalie-Antikörper, Hepatitis-Serologie, HIV-Test, Rheumafaktor, antinukleäre Antikörper, ASL-Titer, Tine-Test, Tbc-Diagnostik, Urinstatus, Hämoccult-Test ± Abdomen-Sonographie: Leber-/Milzgröûe, weitere Lymphome? ± Röntgen-Thorax in 2 Ebenen: Hilus- und Mediastinal-Lymphome? ± Knochenmarkuntersuchung bei V. a. akute Leukämie ± Lymphknotenexstirpation bei weiter persistierender Lymphknotenvergröûerung ohne naheliegende Ursache: bei generalisierter Lymphknotenvergröûerung leicht zugängliche Lymphknoten, am besten zervikal oder supraklavikulär wählen. Feinnadelpunktion nur dann, wenn die Lymphknoten schlecht zugänglich sind und nur durch einen aufwendigen chirurgischen Eingriff gewonnen werden könnten.
Differentialdiagnose Tabelle 35
Differentialdiagnose vergröûerter Lymphknoten
Verdachtsdiagnose Virusinfektionen: ± infektiöse Mononukleose ± Zytomegalie ± Hepatitis ± HIV-Infektion ± Röteln ± Varizella-Zoster-Infektion
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Bakterielle Infektionen: ± Streptokokkeninfekte ± Staphylokokkeninfekte ± Tuberkulose ± Leptospirose ± Lues ± Morbus Whipple ± Katzenkratzkrankheit: lokale, hochschmerzhafte Lymphadenitis ca. 2 Wochen nach Katzenbiû oder Kratzwunde (Erreger unbekannt) ± Tularämie: lokale oder generalisierte Lymphadenitis wenige Tage nach Kontakt mit infizierten wilden Kaninchen (Erreger: Francisella tularensis) ± Chlamydieninfektionen (z. B. Lymphogranuloma inguinale)
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Wegweisende Untersuchungen
Klinik, Serologie
Klinik, Erregernachweis (lokal, Blutkulturen), Serologie
tiefe Duodenalbiopsie Anamnese Intrakutantest Serologie Erregernachweis, Serologie
10.6 Lymphknotenvergröûerung Tabelle 35 (Fortsetzung):
Differentialdiagnose vergröûerter Lymphknoten
Verdachtsdiagnose Parasitäre Infektionen: ± Toxoplasmose ± tropische parasitäre Infektionen Pilzinfektionen:
Wegweisende Untersuchungen Serologie Reiseanamnese Klinik, Erregernachweis, Serologie
Maligne Erkrankungen Lymphknoten± maligne Lymphome exstirpation ± Leukämien ± Metastasen epithelialer oder mesenchymaler Tumoren Immunologische Erkrankungen: ± rheumatoide Arthritis ± systemischer Lupus erythematodes ± Dermatomyositis ± medikamentenallergische Reaktionen: z. B. Penicillin, Gold, Phenytoin, Hydralazin, Allopurinol (Serumkrankheit: S. 460)
Rheumafaktor antinukleäre und Anti-dsDNA-Antikörper CK Anamnese
Lymphknotenexstirpation
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Andere Ursachen, z. B.: ± Sarkoidose ± Lipidspeicherkrankheiten
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Allgemeine Leitsymptome
CM
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Allgemeine Leitsymptome
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CM
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10.7 Metastasen bei unbekanntem Primärtumor (CUP) Grundlagen ä ä
Synonym: CUP-Syndrom = cancer of unknown primary. Kennzeichen: Die Metastasen beim CUP-Syndrom wachsen oft schneller als der Primärtumor, so daû sie primär zu Symptomen führen. In 80 % der Fälle liegt bei der Diagnosestellung bereits eine multiple Metastasierung vor.
Diagnostisches Vorgehen ä
ä
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ä
Das diagnostische Vorgehen orientiert sich nicht nur an der Metastasenlokalisation (Tab. 36) und Häufigkeit des Primärtumors, sondern auch am Allgemeinzustand und der voraussichtlichen Lebenserwartung (therapeutische Konsequenzen?), vor allem dann, wenn invasive Untersuchungen erforderlich sind. Besonderheiten verschiedener Metastasenlokalisationen (häufigste Primärtumoren: Tab. 36): ± Lebermetastasen: Differentialdiagnose primäres Leberzellkarzinom ± Skelett-/Knochenmetastasen (Röntgen: S. 48): · osteolytische: zunächst nach Plasmozytom, Mamma-, Bronchial-, Schilddrüsenkarzinom und Hypernephrom suchen · osteoplastische: zunächst nach Prostata-, Mamma- und Bronchialkarzinom suchen · seltenere Primärtumoren: Magen-, Pankreas-, Blasenkarzinom ± Hautmetastasen: Mamma- und Bronchialkarzinom (v. a. kleinzelliges), maligne Hauttumoren anderer Lokalisation ± Maligner Pleuraerguû, -Aszites: Differentialdiagnose Mesotheliom ± Lymphknotenmetastasen: Differentialdiagnose Lymphknotenvergröûerung anderer Genese (S. 141), v. a. Ausschluû eines malignen Lymphoms. Histologie: Bei gut zugänglichen Metastasen, Pleuraergüssen oder Aszites kann die histologische bzw. zytologische Untersuchung den diagnostischen Ablauf wesentlich beschleunigen. Mögliche Primärtumorlokalisationen in Abhängigkeit vom Befund (Häufigkeit beim CUP-Syndrom): ± Adenokarzinom (30 ± 50 %): Mamma, Magen-Darm-Trakt, Leber, Gallenblase, Gallenwege, Pankreas, Lunge, Schilddrüse, Niere, Prostata, Ovar, Endometrium · Siegelringzellen: Magen-Darm-Trakt, Ovar · Psammomkörper: Ovar, Schilddrüse · papilläres Wachstum: Schilddrüse, Ovar, Lunge ± Plattenepithelkarzinom (10 ± 20 %): HNO-Bereich, Lunge, Ösophagus, Anus, Zervix, Penis ± Kleinzelliges Karzinom (ca. 5 %): Lunge, Schilddrüse, Hoden, Prostata, neuroendokrines System ± Undifferenziert (20 ± 40 %): Lunge, HNO-Bereich, Haut, Schilddrüse, Keimzellen, Lymphom.
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10.7 Metastasen bei unbekanntem Primärtumor (CUP) Tabelle 36 Häufigste Primärtumoren bei verschiedenen Metastasenlokalisationen (ohne hämatologische bzw. lymphatische Neoplasien) Primärtumor
Fernmetastasen Lunge Leber Skelett
HNO Schilddrüse +
maligner Erguû Gehirn
Lymphknoten
Pleura Aszites z s a i
+
+
+
+
+
r
Mamma
+
+
+
+
+
+ +
Lunge
+
+
+
+
+
+ + +
Magen
+
+
+
Kolon
+
+
+
+
Rektum
+
+
+
+ +
Pankreas
+
+
+
+
Niere
+
+
+
+
+
Harnblase
+ +
Hoden
+
Prostata Ovar
+
+ + + +
+
+
Uterus Melanom
+
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Allgemeine Leitsymptome
CM
+
+ + + +
+
+ + +
Lymphknotenregionen mit häufig symptomatischen Metastasen: z = zervikal, s = supraklavikulär, a = axillär, i = inguinal, r = retroperitoneal
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Dargestellt sind Metastasen und deren häufigste Primärtumoren, nach denen beim CUP-Syndrom zuerst gesucht werden sollte. Weitere Metastasierungswege siehe unter entsprechendem Primärtumorkapitel. Beim CUP-Syndrom liegt nicht selten eine atypische Metastasierung vor, welche die Diagnosestellung erschweren kann.
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Leitsymptome: Thorax
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11.1 Thoraxschmerzen Grundlagen ä
Neu aufgetretene akute Thoraxschmerzen sind trotz ihrer Vieldeutigkeit v.a bei linksthorakaler oder retrosternaler Lokalisation besonders für den Patienten ein primär dramatisches Ereignis, da sie zumeist mit dem Herzen in Verbindung gebracht werden und damit möglicherweise Lebensgefahr besteht. Beachte: Auch bei einer offensichtlich psychosomatischen Störung muû zuerst eine akut lebensbedrohliche Erkrankung ausgeschlossen werden.
Häufigste Ursachen ä ä
Thoraxschmerzen funktioneller und vertebragener Genese. Koronare Herzkrankheit, gastroösophageale Refluxkrankheit, Pleuritis.
Vorgehen bei unklaren akuten Thoraxschmerzen ä
ä ä
Anamnese: ± Schmerzlokalisation, -ausstrahlung, -charakter (stechend, drückend, brennend) ± Beziehung zu Körperposition, Atmung, Bewegung, Belastung, Nahrungsaufnahme ± Frühere Erkrankungen, Risikofaktoren. Auskultation von Herz und Lunge: Herzgeräusche, Perikardreiben, Pleurareiben, einseitig abgeschwächtes Atemgeräusch? Erstmaûnahmen bei akuten retrosternalen Schmerzen: Tab. 37
Tabelle 37
Erstmaûnahmen bei akuten retrosternalen Schmerzen
Wichtig: Ausschluû eines Myokardinfarktes, zusätzlich v. a. denken an: Lungenembolie, Spontanpneumothorax und dissezierendes Aortenaneurysma
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± Bettruhe, Oberkörper hochlagern ± Nitro-Spray (z. B. 2 Hübe), Besserung des Brustschmerzes unter Nitraten innerhalb von Minuten spricht für eine Angina pectoris ± O2 über Nasensonde ± venösen Zugang legen, Blutabnahme: Untersuchung mindestens von BB, CK, CK-MB, GOT, Troponin (vgl. S. 254), Lipase, Wdhl. nach 2, 6, 12 und 24 h ± Nitro-Perfusor (z. B. Nitrolingual 50 mg/50 ml mit 2 ± 3 ml/h anfangen, max. 6 ± 9 mg/h, cave: hypertrophische Kardiomyopathie) unter RR-Kontrollen ± Ruhe-EKG (s. u.) ± Diazepam (z. B. 5 ± 10 mg Valium i. v.) bei Unruhe ± therapeutische Heparinisierung (S. 91) bei fehlenden Kontraindikationen (z. B. Aortendissektionsverdacht) und Gabe von ASS (initial 500 mg, dann ggf. 100 mg/d) zur Thrombozytenaggregationshemmung ä
ä
Ruhe-EKG (kann bei Infarkt in den ersten 24 h oder bei entsprechender Lokalisation unauffällig sein): Hinweise für KHK?, ST-Hebungen konvexbogig (eher Infarkt) oder konkavbogig (eher Perikarditis, Abb. 44). Bei Nachweis eines Herzinfarktes: Therapie S. 259.
Checkliste Hahn ´ Seite 146
11.1 Thoraxschmerzen ä
ä ä ä
ä
ä
Röntgen-Thorax: Herzkonfiguration, Herzinsuffizienz, Aortenektasie, Pleuraerguû, Lungeninfiltrat, Pneumothorax, Hiatushernie, Mediastinalemphysem/-verbreiterung, Rippenfrakturen, Rippentumoren? Echokardiographie: Klappenvitium, Kardiomyopathie, Infarktnarben? Sonographie: Perikard- , Pleuraerguû, Arteriosklerose, Aortenaneurysma, Cholezysto-/docholithiasis, Pankreas? Lungenszintigraphie: bei anamnestischen und klinischen Hinweisen für eine Lungenembolie. Bei V. a. massive Lungenembolie und zu erwartenden therapeutischen Konsequenzen (z. B. Thrombolyse) primäre Durchführung einer Pulmonalisangiographie (soweit verfügbar). Invasive Untersuchungen: bei weiter bestehender Unklarheit und wenn Klinik oder Verlauf rasche therapeutische Konsequenzen erfordern: ± Transösophageale Echokardiographie oder CT: Bei fehlenden Infarkthinweisen, Hypertonieanamnese, klinischem oder röntgenologischem Verdacht auf eine Aortendissektion ± Pulmonalisangiographie: bei V. a. massive Lungenembolie (s. o.) ± Notfall-Koronarangiographie: wenn Anamnese (u. a. Risikofaktoren), Befunde (EKG) und klinischer Verlauf (Progredienz) für eine instabile Angina pectoris sprechen. Sind die bisher genannten Diagnosen unwahrscheinlich und ist der Patient nach 24 h ohne Medikation beschwerdefrei und klinisch stabil, Durchführung weiterer Untersuchungen in Abhängigkeit vom Verdacht (Tab. 38 und 39): ± Belastungs-EKG: koronare Herzkrankheit? ± Myokardszintigraphie: z. B. bei unauffälligem Belastungs-EKG und weiter bestehendem Verdacht auf eine koronare Herzkrankheit ± Koronarangiographie: bei pathologischem Belastungs-EKG bzw. pathologischer Myokardszintigraphie ± Langzeit-EKG: Herzrhythmusstörung? ± Gastroskopie: Refluxösophagitis, Hiatushernie, Ulkuskrankheit? ± Röntgen-Ösophagusbreischluck: Hiatushernie, Ösophagospasmus? ± Röntgenuntersuchung der Wirbelsäule: Fehlstellung, Fehlhaltung, degenerative Veränderungen? ± Ösophageale pH-Metrie: bei weiterhin bestehendem V. a. gastroösophagealen Reflux, auch wenn endoskopisch keine Ösophagitis sichtbar ist ± Ösophagusmanometrie: Ösophagospasmus?
Herzinfarkt
Perikarditis
EKG-Differentialdiagnose Herzinfarkt ± Perikarditis
& 11 &
Abb. 44
147
YB
Leitsymptome: Thorax
CM
Checkliste Hahn ´ Seite 147
Leitsymptome: Thorax
148
CM
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11.1 Thoraxschmerzen Differentialdiagnose Tabelle 38
Differentialdiagnose der Thoraxschmerzen (kardiale Ursachen)
Verdachtsdiagnose
Wegweisende Untersuchungen
Angina pectoris (AP): typischerweise retrosternaler oder EKG linksthorakaler Schmerz bzw. Druckgefühl mit/ohne Belastungs-EKG Ausstrahlung in: linke Schulter, linken Arm, Unterkiefer, Oberbauch. Auslösung durch körperliche oder psychische Belastung, Verstärkung durch Kälte und vollen Magen (Roemheld-Syndrom). Besserung in Ruhe oder auf Nitratmedikation; Verlaufsformen: ± Stabile AP: regelmäûig z. B. durch Belastung auslösbar ± nitratsensibel, Besserung in Ruhe. CCS-Klassifikation (Canadian Cardiovascular Society) der stabilen AP: · 0: Stumme Ischämie · I: AP nur bei schwerer körperlicher Belastung · II: Geringe Beeinträchtigung durch AP bei normaler körperlicher Belastung (z. B. Treppensteigen) · III: Erhebliche Beeinträchtigung durch AP bei normaler körperlicher Belastung · IV: AP auch bei bei geringer körperlicher Belastung oder in Ruhe ± Instabile AP: jede erstmalig auftretende Angina pectoris, Ruhe-Angina, zunehmende Häufigkeit, Dauer, Intensität der Schmerzanfälle = Präinfarktsyndrom oder Crescendo-Angina ± Sonderform: Prinzmetal-Angina: durch Koronarspasmen ausgelöste Ruhe-Angina mit reversiblen EKGVeränderungen ohne Herzenzymerhöhung.
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Herzinfarkt (S. 257): langanhaltender heftiger Schmerz, EKG ggf. V7 ± V9, Lokalisation wie bei Angina pectoris. Zusätzlich oft Übel- Vr3 ± Vr6, CK, CKMB keit, Erbrechen, Atemnot, Angst, Schwitzen bzw. Troponin I oder T, GOT, LDH Aortenklappenvitien insbesondere Aortenklappenstenose (S. 230)
Auskultation, RRAmplitude, Echo
Hypertrophische Kardiomyopathie (S. 228): Therapie der Angina pectoris mit Nitraten kann die Schmerzen verstärken
Echo
Mitralklappenprolapssyndrom (S. 238)
Auskultation, Echo
Tachykarde Herzrhythmusstörungen (S. 263)
(Langzeit-)EKG
Perikarditis, Perimyokarditis (S. 225): inspiratorische Schmerzverstärkung
Auskultation, EKG, Echo
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11.1 Thoraxschmerzen Tabelle 39 chen)
Differentialdiagnose der Thoraxschmerzen (nichtkardiale Ursa-
Verdachtsdiagnose
Wegweisende Untersuchungen
Pleuritis sicca: atemabhängiger Schmerz
Auskultation (Pleurareiben)
Spontanpneumothorax (S. 678): plötzlich auftretende Schmerzen mit Atemnot
Auskultation, Röntgen-Thorax
Lungenembolie (S. 673): oft atemabhängige Schmerzen BGA, EKG (SIQIII-Typ, mit Dyspnoe, Husten und Tachykardie Rechtsbelastung), Lungenszinti., ggf. Pulmonalisangiographie
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YB
Leitsymptome: Thorax
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Aneurysma dissecans (S. 289): sehr starke, schneidende HypertonieanamneSchmerzen mit Ausstrahlung in den Rücken se, Röntgen-Thorax, Echo (transösophageal), CT Ösophagitis und gastroösophageale Refluxkrankheit (S. 332): brennende Schmerzen, Sodbrennen, Verstärkung postprandial und im Liegen
Endoskopie, bei negativem Befund phMetrie
Ösophagospasmus (S. 328): retrosternale Schmerzen und intermittierende Dysphagie
Osophagusbreischluck, Ösophagusmanometrie
Ösophagusruptur: heftiger retrosternaler Schmerz mit Röntgen-Thorax: Austrahlung in den Rücken nach heftigem Brechreiz, evtl. MediastinalemphyFieber und Schocksymptomatik sem/-verbreiterung, Pneumothorax Vertebragene Thoraxschmerzen: bewegungs- und atemabhängige Schmerzen
Röntgen-BWS, Ausschluûdiagnose
Interkostalneuralgie: Dauerschmerzen (evtl. bewegungs- und atemabhängig), Verstärkung auf Druck
Ausschluûdiagnose
Rippen- oder Brustwandtumoren: häufig Metastasen
Röntgen
Tietze-Syndrom: Schmerzen und druckschmerzhafte Schwellung an der Knorpelknochengrenze der oberen Rippen (selten)
Klinik
Akute Pankreatitis (S. 364), Gallenkolik (S. 390): gelegentlich thorakale Schmerzausstrahlung, evtl. Beziehung der Schmerzen zum Essen
Anamnese, Lipase, Sonographie
Funktionelle Thoraxschmerzen: Schmerzen oft in Ruhe Ausschluûdiagnose oder bei psychischer Belastung umschrieben (z. B. Herzspitze) auftretend
Checkliste Hahn ´ Seite 149
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Rippenfraktur nach Trauma oder Hustenfraktur v. a. bei Anamnese, Röntgen Osteoporose infolge langjähriger Glukokortikoidtherapie
Leitsymptome: Thorax
150
CM
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11.2 Husten Grundlagen ä
Husten: Mechanismus zur Selbstreinigung der Atemwege. Häufiges Symptom akuter banaler Infekte oder bei Rauchern. Abklärungsbedürftigkeit besteht v. a. dann, wenn der Husten länger als 3 Wochen dauert oder wenn andere Symptome wie Dyspnoe, Fieber oder Hämoptysen auftreten.
Häufigste Ursachen ä ä
Akut: akute virale Infekte der oberen Luftwege. Chronisch: chronische Bronchitis (v. a. Raucherhusten), chronisch obstruktive Bronchitis, Asthma bronchiale, chronische Nasen- und Nasennebenhöhlenentzündungen.
Vorgehen bei unklarem Husten ä
ä
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ä
ä ä ä
Allgemeine Anamnese: ± zusätzliche Symptome: z. B. Dyspnoe, Thoraxschmerzen, Gewichtsverlust, Leistungsknick, Gliederschmerzen, Fieber ± Nikotingenuû (wieviel?, seit wann?), Medikamente: v. a. ACE-Hemmer ± Berufsanamnese, örtliche bzw. zeitliche Abhängigkeit des Hustens. ¹Hustenanamneseª: ± nicht produktiver Reizhusten: z. B. bei akuter Tracheitis, chemischer oder physikalischer inhalativer Belastung, Pneumonie, ACE-Hemmer, Linksherzinsuffizienz, Pneumothorax, Lungenembolie, Bronchialkarzinom ± produktiver Husten mit Auswurf: · gelb-grünes eitriges Sputum: z. B. bei chronischer Bronchitis, bakterieller Pneumonie, fortgeschrittener Tbc, Bronchialkarzinom · bräunliches Sputum: z. B. bei Pneumokokkenpneumonie, chronischer Linksherzinsuffizienz · blutiges Sputum = Hämoptyse: S. 152. · dreischichtiges (Schleim-Eiter-Blut) Sputum mit morgendlicher ¹maulvollerª Expektoration: Bronchiektasen · zähes, glasiges Sputum: Asthma bronchiale · schaumiges rötliches Sputum: kardiales Lungenödem · faulig riechendes Sputum (Anaerobier): abszedierende Pneumonien, Bronchiektasen, zerfallende Tumoren ± morgendlicher Husten: z. B. bei Bronchiektasen, chronischer Bronchitis ± anfallsweise auftretender Husten mit inspiratorischem Stridor: Pertussis (Keuchhusten) ± bellender oder Krupphusten: Beteiligung von Epiglottis oder Larynx ± Räuspern: Reizung der Rachenhinterwand (z. B. bei Pharyngitis) ± postprandialer Husten: Ösophagusdivertikel, neurogene Schluckstörungen, tracheoösophageale Fistel ± nächtlicher Husten: Linksherzinsuffizienz, gastroösophagealer Reflux. Körperliche Untersuchung: Allgemeinzustand, Dyspnoe?, Zyanose?, Zeichen der chronischen Hypoxie (Trommelschlegelfinger, Uhrglasnägel), Emphysemzeichen (S. 310), Auskultation und Perkussion der Lungen. Bei V. a. eine ¹banaleª akute Bronchitis: Verlaufsbeobachtung. Bei V. a. Reizhusten durch ACE-Hemmer: Auslaûversuch. Basisdiagnostik bei jedem unklaren akuten Husten mit schwerem Krankheitsbild und bei jedem > 3 Wochen dauernden Husten: Checkliste Hahn ´ Seite 150
11.2 Husten
ä
± Röntgen-Thorax in 2 Ebenen ± Lungenfunktionsprüfung und Blutgasanalyse ± bei eitrigem Sputum bakteriologische Diagnostik (S. 18) ± bei V. a. Tbc: Mikroskopie und Kultur von Sputum (und Magensaft). Durch Anamnese, körperliche Untersuchung und Röntgen-Thorax lassen sich die meisten der Diagnosen stellen, bei weiter bestehender Unklarheit: ± Bronchoskopie ± Diagnostik in Abhängigkeit vom Verdacht (Tab. 40) · HNO-Konsil und Röntgen-Nasennebenhöhlen · inhalativer Provokationstest (S. 305) · Röntgen-Ösophagusbreischluck (mit wasserlöslichem Kontrastmittel), Ösophagogastroskopie · Lungenszintigramm.
151
YB
Leitsymptome: Thorax
CM
Differentialdiagnose Tabelle 40
Differentialdiagnose des Hustens
Verdachtsdiagnose
Wegweisende Untersuchungen
Akuter Husten: ± akute Bronchitis: meist Virusinfekt (z. B. Influenza, Parainfluenza, Masern, Rhinoviren, Adenoviren), seltener Bakterien (z. B. bei Kindern Pertussis) ± Pneumonie ± Lungenembolie ± Linksherzinsuffizienz ± Pneumothorax ± Fremdkörperaspiration ± Reizgasinhalation
Klinik, Verlauf, Rö.-Thorax Lungenszintigramm Rö.-Thorax, EKG Rö.-Thorax Anamnese, Rö.-Thorax, Bronchoskopie Anamnese
± chronische Bronchitis, Asthma bronchiale ± exogen allergische Alveolitis ± ± ± ± ± ± ± ± ±
Anamnese, Klinik, Blutgasanalyse, Lungenfunktion Berufsanamnese, Rö.-Thorax, Lungenfunktion, bronchoalveoläre Lavage Rö.-Thorax Rö.-Thorax, Bronchoskopie Rö.-Thorax, EKG Anamnese Rö.-Nasennebenhöhlen ¹maulvoller Auswurfª, Hämoptysen, CT Sputum-Diagnostik, Rö.-Thorax Rö.-Thorax Anamnese (postprandialer Husten, neurologische Erkrankung), Rö.-Breischluck
Pneumonie Bronchialkarzinom Linksherzinsuffizienz ACE-Hemmer-Therapie chronische Rhinitis/Sinusitis Bronchiektasen Tbc Sarkoidose rezidivierende Aspirationen: Ösophagusdivertikel, gastro ösophagealer Reflux, neurogen ± psychogen Ausschluûdiagnose
Checkliste Hahn ´ Seite 151
& 11 &
Husten > 3 Wochen:
Leitsymptome: Thorax
152
CM
YB
11.3 Hämoptoe ± Hämoptyse Grundlagen ä
Hämoptoe: Aushusten gröûerer Mengen von reinem Blut; Hämoptyse: Beimengung von typischerweise hellrotem, schaumigem Blut im Sputum. Häufig werden beide Begriffe auch synonym verwandt. Beachte: Nicht mit Hämatemesis (Bluterbrechen: S. 681) verwechseln: Blut dunkler oder nach Magenkontakt kaffeesatzfarben, nicht schaumig.
Häufigste Ursachen ä
Akute und chronische Bronchitis, Bronchialkarzinom, Tuberkulose, Bronchiektasen.
Vorgehen ä
ä
ä
ä
& 11 &
ä
Anamnese: zusätzliche Symptome wie Fieber, Dyspnoe, Thoraxschmerzen, Gewichtsverlust und Leistungsknick, Nikotingenuû (wieviel?, seit wann?), vorausgegangenes Trauma?, Grunderkrankungen. Körperliche Untersuchung: Allgemeinzustand, Dyspnoe?, Zyanose?, Zeichen der chronischen Hypoxie (Trommelschlegelfinger, Uhrglasnägel), Inspektion des Mund- und Rachenraumes (andere Blutungsquellen?), Auskultation und Perkussion der Lungen. Basisdiagnostik bei unklaren Hämoptysen: ± Labor: Blutbild, Quick, PTT, Blutungszeit, BGA, Kreatinin, Urinstatus ± Sputum auf Tbc, Mikroskopie und Kultur ± Röntgen-Thorax in 2 Ebenen ± EKG ± HNO-Konsil ± evtl. Bronchoskopie (bei weiterhin bestehender Unklarheit obligat). Erweiterte Diagnostik: in Abhängigkeit von der Verdachtsdiagnose (Tab. 41). Bei starken Blutungen im Schwall steht die primäre Blutstillung möglichst mit starrem Bronchoskop und ggf. die Therapie des Blutungsschocks (S. 667) im Vordergrund.
Checkliste Hahn ´ Seite 152
11.3 Hämoptoe ± Hämoptyse Differentialdiagnose Tabelle 41
Differentialdiagnose der Hämoptoe und Hämoptyse
Verdachtsdiagnose
Wegweisende Untersuchungen
Entzündliche Ursachen: akute und chronische Bronchitis, Pneumonie, Bronchiektasen, Lungenabszeû, Tuberkulose
S. 151
Tumoren: Bronchialkarzinom, Bronchusadenom
Röntgen-Thorax, Bronchoskopie
Lungeninfarkt nach Lungenembolie
Lungenszintigramm
Linksherzinsuffizienz
Röntgen-Thorax, EKG
Trauma: Fremdkörperaspiration, stumpfes Thoraxtrauma (auch zweizeitige Blutungen möglich)
Anamnese, Röntgen-Thorax
Hämorrhagische Diathesen
Quick, PTT, Thrombozytenzahl, Blutungszeit
Iatrogen: nach Bronchoskopie, Biopsien, Punktionen
Anamnese
Blutungen aus der Mundhöhle oder HNO-Bereich
Befund, HNO-Konsil
153
YB
Leitsymptome: Thorax
CM
Seltene Ursachen: Bronchialarteriographie Rö.-Thorax, cANCA Rö.-Thorax, Urinstatus, Kreatinin, Antibasalmembran-Antikörper Anamnese Röntgen-Thorax CT, Angiographie
& 11 &
± Gefäûmiûbildungen: z. B. intrapulmonale arterio-venöse Fistel ± Vaskulitiden: v. a. Wegenersche Granulomatose ± Goodpasture-Syndrom: sehr seltene Erkrankung (meist Männer < 40 J.) mit rapid progressiver Glomerulonephritis (S. 395) und Lungenblutungen (= pulmorenales Syndrom) ± menstruationsassoziierte Hämoptysen (z. B. bei pulmonaler Endometriose) ± idiopathische Lungenhämosiderose (meist Kinder) ± thorakales Aortenaneurysma mit Bronchienläsion
Checkliste Hahn ´ Seite 153
Leitsymptome: Thorax
154
CM
YB
11.4 Dyspnoe Grundlagen ä ä ä
Dyspnoe: subjektiv empfundene, erschwerte Atmung (= Atemnot). Orthopnoe: ausgeprägte Atemnot, die den Einsatz der Atemhilfsmuskulatur in aufrechter Körperhaltung erforderlich macht. Stridor: pfeifendes Atemgeräusch bei Verengung der Luftwege ± inspiratorisch oder gemischt: Larynx- oder Trachealstenosen ± exspiratorisch: Asthma bronchiale.
Häufigste Ursachen ä
ä
Akut: Lungenödem (Linksherzinsuffizienz, allergisch-toxisch), Asthma bronchiale, Lungenembolie, (Spannungs-)Pneumothorax, Fremdkörperaspiration, Larynxödem, Hyperventilationssyndrom. Chronisch: Linksherzinsuffizienz, chronisch obstruktive Bronchitis, Lungenemphysem.
Vorgehen bei akuter Dyspnoe ä
Bei akuter Dyspnoe bleibt meist wenig Zeit zu einer ausführlichen Diagnostik, eine orientierende Anamnese (soweit möglich) und die klinische Untersuchung einschlieûlich Auskultation von Herz und Lunge sind jedoch vor Einleitung der Notfalltherapie unerläûlich. Erstmaûnahmen: Tab. 42.
Tabelle 42
Erstmaûnahmen bei akuter Dyspnoe
± Bettruhe, Oberkörper hochlagern, O2 über Nasensonde (initial 4 l/Min.) ± Puls/Blutdruck: Schock?, hypertensive Krise?, Rhythmusstörung? ± Auskultation: feuchte RG (Lungenödem?), Giemen, verlängertes Exspirium (Asthmaanfall?), einseitig aufgehobenes Atemgeräusch (Pneumothorax?), ohrnahe RG (Pneumonie?) ± venösen Zugang legen, Blutabnahme: Untersuchung mindestens von Blutbild, CK, CK-MB (oder Troponin I oder T), GOT, Kreatinin, Elektrolyte ± Blutgasanalyse, Ruhe-EKG, Röntgen-Thorax: s. u.
& 11 &
ä
ä
Leitsymptome: hieraus ergibt sich häufig eine rasche Diagnose: ± einseitig aufgehobenes Atemgeräusch, evtl. akute Brustschmerzen: Pneumothorax ± Dyspnoe nach Aspiration z. B. von Nahrung: Verlegung der Atemwege ± in-/exspiratorischer Stridor, Z. n. Insektenstich oder Virusinfekt: Larynxödem ± weiûlich-schaumiger Auswurf, ¹Brodelnª: alveoläres Lungenödem ± Giemen bei leisem Atemgeräusch: Asthmaanfall (¹Status asthmaticusª) ± guter Allgemeinzustand, Parästhesien, Pfötchenstellung: Hyperventilationssyndrom. Probleme bereitet gelegentlich die klinische Unterscheidung zwischen Asthma bronchiale und interstitiellem Lungenödem (in beiden Fällen auskultatorisch Giemen und verlängertes Exspirium). Die Anamnese hilft oft weiter: kardiale oder bronchopulmonale Vorerkrankung?, Alter < 40 Jahre spricht eher für Asthma bronchiale. Klärung durch Röntgen-Thorax (s. u.).
Checkliste Hahn ´ Seite 154
11.4 Dyspnoe ä
ä
ä
Der V. a. eine Lungenembolie ergibt sich häufig erst dann, wenn man sonst keine Erklärung für die akute Dyspnoe oder schlechte Blutgase findet. Typisch sind akute Thoraxschmerzen mit Beklemmungsgefühl, evtl. Hämoptysen. Auf Zeichen einer Beinvenenthrombose (S. 295) achten. Basisdiagnostik im Notfall (sobald möglich): ± Röntgen-Thorax: · Lungenödem: symmetrische, schmetterlingsförmige Verschattung perihilär und in den Unterfeldern (Abb. 59, S. 246) · Asthma bronchiale: evtl. überblähte (vermehrt strahlentransparente) Lungen mit tiefstehendem Zwerchfell und schmalem Herzschatten · Pneumothorax: Saum ohne Lungengefäûzeichnung bis kompletter Lungenkollaps, beim Spannungspneumothorax Mediastinalverlagerung zur gesunden Seite ± Ruhe-EKG (vgl. S. 245): · Lungenödem: evtl. Linksherzbelastungszeichen · Asthma bronchiale: evtl. Rechtsherzbelastungszeichen · Lungenembolie: evtl. akute Rechtsherzbelastungszeichen ± Blutgasanalyse (S. 35), typische initiale Veränderungen: · Lungenödem: Hypoxämie · Asthma bronchiale: Hypoxämie mit/ohne Hyperkapnie · Lungenembolie: Hypoxämie, Hypokapnie · Hyperventilation: Hypokapnie ± Labor (mindestens Blutbild, Quick, PTT, Kreatinin, Elektrolyte, CK, CK-MB, GOT, LDH): · Herzinfarkt (als Ursache des Lungenödems): je nach Stadium CK, CK-MB, GOT und/oder LDH erhöht · Nierenversagen (als Ursache des Lungenödems): Kreatinin erhöht · Lungenembolie: evtl. LDH-Erhöhung. Erweiterte Diagnostik und Notfalltherapie nach Verdacht: ± Lungenödem: S. 672 ± Schwerer Asthmaanfall (¹Status asthmaticusª): S. 675 ± Lungenembolie: S. 673 ± Pneumothorax: S. 678 ± Fremdkörperaspiration: S. 680 ± Larynxödem: S. 668.
155
YB
Leitsymptome: Thorax
CM
ä
ä
Anamnese: Zeitpunkt des Auftretens (z. B. nachts bei Herzinsuffizienz), Belastungsfähigkeit, Grund- und Vorerkrankungen, begleitende Symptome: z. B. Husten und Auswurf (S. 150), Fieber (S. 129), Thoraxschmerzen (S. 146). Körperliche Untersuchung: Stridor?, Tachypnoe?, Zyanose?, Ödeme?, Emphysemthorax?, Zeichen der chronischen Hypoxie? (Trommelschlegelfinger, Uhrglasnägel), Mund- und Racheninspektion, Blutdruck, Herzauskultation, Auskultation und Perkussion der Lunge, z. B.: ± in- und exspiratorische feinblasige Rasselgeräusche: Linksherzinsuffizienz ± gedämpfter Klopfschall, abgeschwächtes bis aufgehobenes Atemgeräusch: Pleuraerguû ± Giemen und Brummen mit leisem Atemgeräusch: Asthma bronchiale ± bds. sehr leises Atemgeräusch ohne Nebengeräusche: Lungenemphysem
Checkliste Hahn ´ Seite 155
& 11 &
Vorgehen bei chronischer Dyspnoe
Leitsymptome: Thorax
156
CM
YB
11.4 Dyspnoe
ä
ä
± verkürzter Klopfschall, auskultatorisch verschärftes Atemgeräusch mit Knisterrasseln: pneumonisches Infiltrat ± überwiegend inspiratorischer Stridor: Stenosen von Kehlkopf und Trachea. Basisdiagnostik: ± Labor: BSG, Blutbild, BGA (S. 35) ± EKG ± Röntgen-Thorax in 2 Ebenen ± Lungenfunktion. Erweiterte Diagnostik nach Verdacht: Tab. 43.
Differentialdiagnose Tabelle 43
Differentialdiagnose der Dyspnoe
Verdachtsdiagnose
Wegweisende Untersuchungen
Kardiovaskulär: ± Herzinsuffizienz bei Herzinfarkt, KHK, Vitium cordis, Kardiomyopathie, Rhythmusstörungen, Perikarditis ± (rezidivierende) Lungenembolie
EKG, Röntgen-Thorax, Echo Lungenszintigraphie oder ggf. Pulmonalisangiographie, Phlebographie
& 11 &
Bronchopulmonal: ± Asthma bronchiale, chronische Bronchitis, Lungenemphysem, Pneumonie, interstitielle Lungenerkrankungen, ARDS, Z. n. Lungenresektion ± Bronchialkarzinom, Atelektase, Fremdkörperaspiration
Röntgen-Thorax, Lungenfunktion
Pleural: Pleuraerguû, Pleuratumoren, Pneumothorax
Röntgen-Thorax, Sonographie
Obstruktion der oberen Atemwege (mit Stridor, s. o.): z. B. Larynxerkrankungen, Tracheomalazie bei Struma, Mediastinaltumoren, narbige oder tumoröse Trachealstenose
HNO-Konsil, RöntgenTrachea mit Saug-Preûversuch, Röntgen-Thorax, CT
Andere Ursachen: ± Anämie ± Fieber ± metabolische Azidose: Coma diabeticum, Urämie ± Gravidität, Adipositas, Aszites ± Hyperthyreose ± Hyperventilation ± neuromuskuläre Erkrankungen z. B.: · Guillain-BarrØ-Syndrom · Poliomyelitis · Myasthenia gravis
Checkliste Hahn ´ Seite 156
Röntgen-Thorax, Bronchoskopie
Blutbild Körpertemperatur Blutgasanalyse Klinik, Sonographie TSH-basal Klinik, Blutgasanalyse S. 573 S. 573 S. 451
11.5 Zyanose Grundlagen ä
ä
Hämoglobinzyanose: bläuliche Verfärbung der sichtbaren Haut- und Schleimhäute durch eine erhöhte Konzentration von reduziertem Hämoglobin (> 5 g/ dl). Tritt bei Polyglobulie früher in Erscheinung als bei Anämie. Einteilung (Kombination möglich): ± periphere Zyanose: vermehrte periphere Ausschöpfung primär normal O2gesättigten arteriellen Blutes (Haut zyanotisch) ± zentrale Zyanose: primäre O2-Untersättigung des arteriellen Blutes (Haut und Zunge zyanotisch). Hämiglobinzyanose: entsteht durch vermehrte Konzentration abnormer Hämoglobine ohne O2-Transportfunktion, z. B. Methämoglobin (Fe3+).
157
YB
Leitsymptome: Thorax
CM
Häufigste Ursachen ä ä
Generalisiert: Herzinsuffizienz, respiratorische Insuffizienz. Lokalisiert: Phlebothrombose.
Vorgehen Anamnese, körperliche Untersuchung und Basisdiagnostik wie bei Dyspnoe (S. 155). Weitere Diagnostik nach Verdacht (Tab. 44).
& 11 &
ä
Checkliste Hahn ´ Seite 157
Leitsymptome: Thorax
158
CM
YB
11.5 Zyanose Differentialdiagnose Tabelle 44
Differentialdiagnose der Zyanose
Verdachtsdiagnose
Wegweisende Untersuchungen
Zentrale Zyanose Pulmonal: ± Pneumonie ± Lungenembolie ± obstruktive Bronchitis, Asthma bronchiale, Lungenemphysem ± interstitielle Lungenerkrankungen
Röntgen-Thorax Lungenszintigraphie Lungenfunktion, Röntgen-Thorax Röntgen-Thorax, Lungenfunktion ± Pneumothorax, Pleuraerguû Röntgen-Thorax, Sonographie Angiographie ± arteriovenöse Lungenfisteln (selten) ± zentrale Atemregulationsstörung u. a. durch Anamnese, Lungenfunktion, Schlaganfall, Tumoren oder Sedativa BGA, Schädel-CT Kardial: ± kongenitale Vitien mit Rechts-links-Shunt
Farbdopplerechokardiographie
Hämiglobinzyanosen: ± Methämoglobinämie: · angeboren (selten) · Medikamente: z. B. Sulfonamide, Chloroquin, Primaquin, Phenacetin · Nahrungsmittel: z. B. nitrathaltiges Pökelsalz, Bittermandelprodukte · Industriegifte: z. B. Nitrosegase, Anilinderivate (Farbstoffe). ± Sulfhämoglobinämie (sehr selten durch Sulfonamide)
Anamnese, spektroskopische Met-Hb-Bestimmung Anamnese Spektroskopie
Periphere Zyanose Generalisiert: ± Herzinsuffizienz Röntgen-Thorax, Echo ± hämatogen: Polyglobulie, Kälteagglutinine, Blutbild, Kälteagglutinintiter, Kryoglobulinämie Kryoglobulinbestimung
& 11 &
Lokalisiert: ± venös: Phlebothrombose, postthrombotisches Syndrom ± Raynaud-Syndrom (nach Vasospasmus)
Klinik, Sonographie, Phlebographie Faustschluûprobe: S. 293
Pseudozyanose (Pigmentanomalien) durch Ab- Anamnese lagerung exogener Stoffe: z. B. Silber (Argyrose) oder bei längerer Amiodaron-Therapie
Checkliste Hahn ´ Seite 158
11.6 Pleuraerguû Grundlagen ä
ä
Definitionen: ± Pleuraerguû: Flüssigkeitsansammlung in der Pleurahöhle ± Pleuraempyem: eitriger Pleuraerguû (> 15 000/l Leukozyten, Nachweis einer bakteriellen Besiedelung) ± Chylothorax: Lymphflüssigkeit (milchig, Fettanteil > 4 g/l) in der Pleurahöhle ± Hämatothorax: Blutansammlung in der Pleurahöhle (Hämatokrit > 50 % des peripheren Blutes) meist nach Thoraxtrauma oder iatrogen. Im Röntgenbild sind Erguûmengen erst ab ca. 200 ml erkennbar, empfindlicher ist die Sonographie, bei der bereits sehr geringe Mengen erkennbar sind. Differentialdiagnostisch wegweisend ist die Differenzierung zwischen Transsudat und Exsudat im Pleurapunktat: Tab. 45.
Tabelle 45
159
YB
Leitsymptome: Thorax
CM
Differenzierung Transsudat ± Exsudat im Pleuraerguû
Parameter
Transsudat Exsudat
spezifisches Gewicht Gesamteiweiû (GE) GE-Punktat/GE-Serum LDH LDH-Punkat/LDH-Serum
< < < <
1000/l < 10 000/l bei Malignom, Trauma, Lungenembolie oft > 100 000/l
1015 30 g/l 0,5 200 U/l 0,6
> > > > >
1015 30 g/l 0,5 200 U/l 0,6
Häufigste Ursachen ä ä
Transsudat: Herzinsuffizienz, Leberzirrhose, chronische Niereninsuffizienz. Exsudat: bakterielle Infektionen, Malignome, Lungenembolie.
ä
ä ä
Anamnese: Grund- und Vorerkrankungen, Verletzungen, begleitende Symptome: z. B. Dyspnoe, Husten, Auswurf (blutig?, eitrig?), Fieber, Gewichtsabnahme, Thoraxschmerzen. Körperliche Untersuchung: Allgemeinzustand, Ödeme, Zyanose, Aszites, Herzauskultation, Auskultation und Perkussion der Lunge. Basisdiagnostik: ± Labor: BSG, Blutbild, Differentialblutbild, Blutzucker, Quick, PTT, GOT, GPT, g GT, LDH, Kreatinin, Elektrolyte, Lipase, Gesamteiweiû, Urinstatus ± Röntgen-Thorax in 2 Ebenen (Abb. 60, S. 247) ± Sonographie: ermöglicht auch eine einfache Unterscheidung zwischen Erguû (meist echofrei, bei blutigem Erguû oder Pleuraempyem mit Binnenechos) und soliden Pleuraprozessen (echoreicher).
Checkliste Hahn ´ Seite 159
& 11 &
Vorgehen
Leitsymptome: Thorax
160
CM
YB
11.6 Pleuraerguû Beachte: jeder Pleuraerguû unklarer Genese erfordert eine diagnostische (und ggf. gleichzeitig therapeutische) Punktion (Durchführung: S. 71). Untersuchungen: Tab. 46.
Tabelle 46
Untersuchungen bei der diagnostischen Pleurapunktion
± spezifisches Gewicht, pH, Gesamteiweiû (GE), LDH, Glukose, Leukozyten und Erythrozyten (Blutbildröhrchen), Triglyzeride, Lipase ± bakteriologische Diagnostik (Blutkulturflasche beimpfen: S. 17) ± Tbc-Diagnostik (natives Material ohne Zusätze) ± zytologische Diagnostik. Das weitere diagnostische Vorgehen orientiert sich an der Klinik und an der Differenzierung zwischen Transsudat und Exsudat (Tab. 45 und 47). Ein blutiger Erguû ist bis zum Beweis des Gegenteils tumorverdächtig.
& 11 &
ä
Checkliste Hahn ´ Seite 160
11.6 Pleuraerguû Differentialdiagnose Tabelle 47
Differentialdiagnose des Pleuraergusses
Verdachtsdiagnose
Wegweisende Untersuchungen (diagnostische Punktion +)
Meist Transsudat Herzinsuffizienz unterschiedlicher Ursache Hypoproteinämie: ± Leberzirrhose ± nephrotisches Syndrom, Urämie ± Mangelernährung, Malassimilation ± exsudative Enteropathie
Echo Albumin Transaminasen, Quick, Sono Urinstatus, Kreatinin Klinik, S. 346 S. 347
161
YB
Leitsymptome: Thorax
CM
Meist Exsudat Malignome ± Metastasen (v. a. Mamma- und Bronchialkarzinom) ± maligne Lymphome ± Pleuramesotheliom (z. B. bei Asbestose)
Punktat: Zytologie Tumorsuche
Infektionen (bei bakterieller Genese häufig Pleuraempyem) ± Tbc
Punktat: Kultur
Lymphomsuche, Sono, CT Röntgen-Thorax, Sono, CT, Biopsie
± Pneumonie ± iatrogen nach Pleurapunktion
Röntgen-Thorax, Sputumuntersuchung Röntgen-Thorax Anamnese
Lungenembolie
Lungenszintigraphie
Andere Ursachen: ± rheumatoide Arthritis ± Kollagenosen ± posttraumatisch, postoperativ, DresslerSyndrom nach Herzinfarkt ± abdominelle Erkrankungen: · Pankreatitis · subphrenischer Abszeû · Meigs-Syndrom: Auftreten von Pleuraergüssen (meist rechts) und Aszites bei benignen Ovarialtumoren ± Myxödem (selten)
ARA-Kriterien: S. 440 antinukleäre Antikörper Anamnese linksseitiger Erguû, Lipase Sono Sono: Ovarialtumor, Aszites TSH-basal, hoher Eiweiûgehalt im Punktat
Chylothorax
Checkliste Hahn ´ Seite 161
Anamnese CT
& 11 &
± Verletzung des Ductus thoracicus, z. B. durch Trauma oder Operationen ± Störung des Lymphabflusses durch maligne Prozesse oder seltene kongenitale Lymphgefäûdysplasien.
Leitsymptome: Abdomen
162
CM
12.1 Übelkeit und Erbrechen Grundlagen ä ä
Übelkeit und Erbrechen sind häufige, meist uncharakteristische Begleitsymptome zahlreicher unterschiedlicher Erkrankungen (sympt. Therapie: S. 99). Beim Erbrechen wird im Gegensatz zur Regurgitation (S. 164) saurer Magenund evtl. auch Dünndarminhalt nach auûen befördert.
Häufigste Ursachen ä
Akute Gastritis oder Gastroenteritis, Nahrungsmittelintoleranz, Medikamente. Wichtig: auch an Herzinfarkt, Glaukomanfall u. a. denken (vgl. Tab. 48).
Vorgehen bei unklarem Erbrechen ä
ä
ä
& 12 &
YB
ä
ä
Diagnostische Probleme treten meist dann auf, wenn Übelkeit und Erbrechen im Vordergrund stehen und keine Beziehung zu anderen spezifischeren Symptomen hergestellt werden kann. Anamnese, besonders unter Berücksichtigung folgender Gesichtspunkte: ± Erbrechen akut oder chronisch ± Grund- und Vorerkrankungen, Gravidität bekannt? ± Begleitsymptome: Gewichtsverlust (S. 134), Fieber (S. 129), abdominelle Schmerzen (S. 166), Diarrhoe (S. 174), Ikterus (S. 184), Schwindel (S. 205), Seh- und Hörstörungen ± Umgebungserkrankungen (z. B. Familie, Altersheim), Reiseanamnese ± Medikamente, Alkohol-, Nikotin- und Drogenkonsum ± Zeitpunkt des Erbrechens: · morgendliches Erbrechen: Gravidität, Alkoholabusus, Urämie · unmittelbar postprandiales Erbrechen: funktionelle Nahrungsmittelintoleranz, Ulkuskrankheit, Gastritis · Erbrechen 6 ± 12 Std. nach Nahrungsaufnahme: bei Magenausgangsstenose durch Ulkus oder Tumor oder bei Motilitätsstörungen (z. B. diabetischer Gastroparese); häufig gleichzeitig vom Patienten empfundene Erleichterung nach dem Erbrechen ± Aussehen und Geruch des Erbrochenen: · unverdaute Nahrung ohne bitteren Geruch: kein Erbrechen sondern Regurgitation (S. 164) z. B. bei Ösophaguserkrankungen · fäkulentes Erbrechen: mechanischer Ileus · Beimengungen von Hämatin oder Blut: bei oberer gastrointestinaler Blutung (S. 681) ± schwallartiges Erbrechen ohne vorausgehende Übelkeit: bei intrakranieller Drucksteigerung. Körperliche Untersuchung: abdomineller Befund (Druckschmerz, Abwehrspannung, Resistenzen, Bruchpforten, Auskultation der Darmgeräusche), rektale Untersuchung, Herz- und Lungenauskultation, Nystagmus?, Koordinationsstörung?, Meningismus ? (S. 632), Exsikkosezeichen? (als Folge des Erbrechens). Sind nach Anamnese und körperlicher Untersuchung sowie entsprechenden Symptomen (z. B. Drehschwindel, Sehstörungen, Augenschmerzen, Ohrensausen, Paresen) internistische Erkrankungen unwahrscheinlich, Veranlassung einer entsprechenden konsiliarischen Untersuchung. Basisdiagnostik (bei weiterhin bestehender Unklarheit):
Checkliste Hahn ´ Seite 162
12.1 Übelkeit und Erbrechen
ä
± Labor: BSG, Blutbild, Blutzucker, CK, Transaminasen, Bilirubin, aP, Lipase, Kreatinin, Elektrolyte, Quick, Urinstatus, (b-HCG-Test) ± EKG, Abdomensonographie Weitere Diagnostik in Abhängigkeit vom Verdacht: Tab. 48.
Differentialdiagnose Tabelle 48
Differentialdiagnose von Übelkeit und Erbrechen
Verdachtsdiagnose Abdominelle Ursachen: ± akute Gastritis ± ± ± ± ± ± ± ± ±
akute Gastroenteritis Nahrungsmittelintoleranz gastroduodenale Ulkuskrankheit Magenkarzinom Z. n. Magenresektion, Motilitätsstörungen (z. B. bei diabetischer Gastroparese) Hepatitis Gallenwegserkrankungen Subileus und Ileus akutes Abdomen
Zentralnervöse Ursachen: ± erhöhter Hirndruck (oft Erbrechen ohne Übelkeit) nach Hirntrauma, z. B. bei Hirntumoren und -blutungen, Meningitis ± Migräne ± vestibul. Störungen: z. B. Morbus MØnire Metabolisch-endokrine Ursachen: ± Gravidität ± Urämie ± Praecoma diabeticum ± Coma hepaticum ± Morbus Addison ± Hyperparathyreoidismus
Wegweisende Untersuchungen Verlaufsbeobachtung, evtl. Gastroskopie Stuhl auf pathogene Keime Anamnese: S. 348 Gastroskopie Gastroskopie Anamnese
163
YB
Leitsymptome: Abdomen
CM
Transaminasen Sonographie Röntgen-Abdomenübersicht Klinik: S. 166 Schädel-CT, Liquorpunktion Anamnese Klinik: Nystagmus, Hörstörung HCG-Test Kreatinin Blutzucker Transaminasen, Ammoniak Na+¯, K+, ACTH-Kurztest Ca++
Andere Ursachen: ± Herzinfarkt (v. a. inferiore Lokalisation) ± schwere Herzinsuffizienz ± hypertensive Krise ± Z. n. Strahlentherapie ± Glaukom ± akute Pyelonephritis ± Anorexia nervosa ± andere psychische Ursachen (z. B. Depression, Angst)
Checkliste Hahn ´ Seite 163
CK, CK-MB, EKG Klinik, Röntgen-Thorax RR Anamnese Anamnese: Augenschmerzen Klinik, Urinstatus provoziertes Erbrechen Anamnese, Ausschluûdiagnose
& 12 &
Medikamente bzw. Toxine: Alkohol, Digitalis, Zytosta- Anamnese, Medikamententika, Opiate, Antibiotika, Eisen- und Kaliumpräpara- spiegel te, Theophyllin, Schwermetallvergiftung u. a.
Leitsymptome: Abdomen
164
CM
YB
12.2 Dysphagie Grundlagen ä
ä
Dysphagie: subjektives Gefühl der Schluckstörung. Einteilung: ± Oropharyngeale Dysphagie: gestörter Schluckvorgang im Rachenbereich, ¹Verschluckenª. Häufig kombiniert mit Regurgitation (s. u.) und Aspiration von Nahrungsbestandteilen und reflektorischen Hustenanfällen. ± Ösophageale Dysphagie: Passagebehinderungen entlang dem Ösophagus häufig verbunden mit Regurgitation (s. u.) der Nahrung. Mit einer Dysphagie können folgende Beschwerden verbunden sein: ± Obstruktionsgefühl: Druck- und Engegefühl beim Schlucken ± Odynophagie: Auftreten von Schmerzen beim Schluckakt (z. B. Sodbrennen) ± Regurgitation: Zurückströmen von Nahrung aus der Speiseröhre in den Mund- und Rachenraum, Gefahr der Aspiration von Nahrungsbestandteilen.
Häufigste Ursachen ä ä
Entzündliche, narbige oder maligne Stenosen im Ösophagus, besonders bei Patienten in der zweiten Lebenshälfte an Ösophaguskarzinom denken. Zentralnervöse Schluckstörung z. B. nach apoplektischem Insult.
Vorgehen ä
& 12 &
ä ä
Anamnese, im Vordergrund stehen dabei folgende Fragen: ± Grund- und Vorerkrankungen: z. B. bekannte Refluxkrankheit, neuromuskuläre Erkrankungen, Sklerodermie, Z. n. apoplektischem Insult ± Schluckbeschwerden abhängig von der Konsistenz der Nahrung? · feste Nahrung: bei Einengung des Ösophaguslumens durch peptische Stenosen, Karzinome oder extraluminale Prozesse · feste und flüssige Nahrung: bei Motilitätsstörungen (z. B. diffuser Ösophagospasmus, Achalasie, Sklerodermie) oder Zenkerschem Divertikel ± zeitlicher Verlauf der Schluckbeschwerden?: · über Wochen bis Monate progredient: bei Ösophaguskarzinom · über Jahre progredient: bei peptischen Stenosen · intermittierend: bei rezidivierenden Ösophagitiden oder diffusem Ösophagospasmus ± im Vordergrund stehende Beschwerden? (s. o.): · Obstruktionsgefühl: bei Einengung des Ösophaguslumens durch peptische Stenosen, Karzinome oder extraluminale Prozesse · Odynophagie: bei entzündlichen Prozessen oder intermittierend mit heftigen Schmerzen bei diffusem Ösophagospasmus · Regurgitation: bei zentral bedingter Schluckstörung sofort, bei (sub-) totaler Einengung des Ösophaguslumens oder Achalasie meist nach 30 ± 90 Sek., noch längeres Zeitintervall oder nächtliche Regurgitation bei Divertikeln ± Risikofaktoren?: z. B. Alkohol und Rauchen beim Ösophaguskarzinom. Körperliche Untersuchung einschlieûlich genauer Inspektion des Mund- und Rachenraumes sowie Beobachtung des Kau- und Schluckvorganges Durch eine genaue Anamnese und Untersuchung läût sich meist eine oropharyngeale von einer ösophagealen Dysphagie abgrenzen.
Checkliste Hahn ´ Seite 164
12.2 Dysphagie ä
ä
ä
Basisdiagnostik bei V. a. oropharyngeale Dysphagie: ± bei klarer zeitlicher Zuordnung z. B. zu einem apoplektischem Insult Verlaufsbeobachtung ± HNO-Konsil bei V. a. entzündlichen oder tumorösen Prozeû ± evtl. Röntgenuntersuchung des Schluckaktes mit Kontrastmittel (wasserlösliches wegen Aspirationsgefahr). Basisdiagnostik bei V. a. ösophageale Dysphagie: ± Ösophagoskopie: insbesondere bei Dysphagie vorsichtiges Einführen des Instruments unter Sicht wegen Gefahr der Schleimhautverletzung bei hochsitzenden Stenosen oder Zenker-Divertikeln ± Röntgenuntersuchung des Ösophagus mit Kontrastmittel (bei Aspirationsgefahr wasserlösliches verwenden). Weitere Diagnostik: Tab. 49.
165
YB
Leitsymptome: Abdomen
CM
Differentialdiagnose Tabelle 49
Differentialdiagnose der Dysphagie
Verdachtsdiagnose
Wegweisende Untersuchungen
Oropharyngeale Dysphagie mechanisch und/oder schmerzbedingt: ± entzündlich: z. B. Tonsillitis, Tonsillarabszeû, Mundbodenphlegmone ± maligne: z. B. Hypopharynxkarzinom
Inspektion, HNOKonsil
neuromuskuläre Störung: ± zentralnervös: z. B. nach apoplektischem Insult ± periphernervös: z. B. postentzündlich, posttraumatisch ± muskulär: z. B. Myasthenia gravis, Muskeldystrophien
Anamnese, neurologische Untersuchung
luminal: ± benigne: peptische Stenose, Ösophagitis, Refluxkrankheit, Divertikel (z. B. Zenkersches Divertikel: S. 329), Strikturen nach Operationen, Verbrennungen und Bestrahlung, Fremdkörper, Achalasie, diffuser Ösophagospasmus, Nuûknackerösophagus, Schatzki-Ring am ösophagogastralen Übergang (Ursache unbekannt), Sklerodermie, neuromuskuläre Störungen (s. o.), Plummer-Vinson-Syndrom mit stenosierenden Membranen im oberen Ösophagus bei Eisenmangel ± maligne: Ösophaguskarzinom
Kontrastmittelschluck, Endoskopie
extraluminal: ± Struma (maligna) ± Mediastinaltumoren: z. B. Lymphome ± Aortenaneurysma ± stark vergröûerter linker Vorhof
Thorax-CT
Funktionelle Dysphagie: z. B. ¹Globus hystericusª: andauerndes Fremdkörpergefühl ohne Schluckbehinderung, wird beim Schlucken von Nahrungsbestandteilen eher besser (Ausschluûdiagnose).
Checkliste Hahn ´ Seite 165
& 12 &
Ösophageale Dysphagie
Leitsymptome: Abdomen
166
CM
YB
12.3 Akutes Abdomen Grundlagen ä
ä
ä
¹Akutes Abdomenª ist eine meist in Zeitnot getroffene Bezeichnung für akut auftretende, sich rasch verschlimmernde abdominelle Schmerzen, welche aufgrund der potentiellen Lebensgefahr eine rasche Klärung und häufig eine chirurgische Therapie erforderlich machen. Leitsymptome: ± Spontanschmerzen: · viszerale Schmerzen: dumpf, krampfartig, an Intensität zu- und abnehmend (= kolikartig), oft schlecht lokalisierbar · somatische Schmerzen: scharf oder brennend, meist gut lokalisierbar ± Abwehrspannung: · lokalisiert: in der Region des erkrankten Organs · diffus: im gesamten Abdomen (= Peritonismus), zusammen mit Entzündungszeichen Symptom einer diffusen Peritonitis ± Übelkeit und Erbrechen ± schlechter Allgemeinzustand und begleitende Symptome wie Fieber, Unruhe, Schonatmung, Diarrhoe oder Wind- und Stuhlverhalt, Exsikkose, Kollaps, Schock. Einteilung nach dem Schweregrad und der zur Diagnostik verbleibenden Zeit: ± perakutes Abdomen: Vernichtungsschmerz, bretthartes Abdomen, Schock ± akutes Abdomen: heftige, evtl. bei der Erstuntersuchung bereits abklingende Bauchschmerzen, Peritonismus, Kreislauflabilität ± subakutes oder unklares Abdomen: persistierende oder abklingende Bauchschmerzen mit geringerer peritonealer Mitbeteiligung und ohne Kreislaufbeteiligung.
Häufigste Ursachen ä
ä
Bei jüngeren Patienten meist akute Appendizitis, bei älteren Patienten meist (Sub-)Ileus infolge von inkarzerierten Hernien, Briden, Tumoren, intestinalen Durchblutungsstörungen und Koprostase. Cholezystolithiasis, Cholezystitis, Cholangitis, akute Pankreatitis, Nierenkolik, Divertikulitis, Ulkus- oder Divertikelperforation, Gastroenteritis, Herzinfarkt (v. a. bei inferiorer oder posteriorer Lokalisation), gynäkologische Ursachen (Extrauteringravidität, Adnexitis, Ovarialzystenruptur und -torsion).
Vorgehen ä
& 12 &
ä
Bei einem akuten Abdomen ist von Anfang an die Zusammenarbeit mit dem Chirurgen obligat. Stufendiagnostik und Vorgehen in Abhängigkeit vom Schweregrad und Verlauf bzw. der zur Diagnostik verbleibenden Zeit: Tab. 50.
Checkliste Hahn ´ Seite 166
12.3 Akutes Abdomen Tabelle 50
Maûnahmen und Stufendiagnostik bei akutem Abdomen
Verlauf Diagnostik perakut ± Anamnese und körperliche Untersuchung ± Venenverweilkanüle ± Labor: BSG, Blutbild, Blutzucker, Lipase, CK, GOT, g GT, Kreatinin, Elektrolyte, Quick, PTT, Urinstatus, BGA, Kreuzblut ± Abdomensonographie akut
zusätzlich: ± Magensonde ± EKG ± Röntgen: Abdomenübersicht, Thorax ± in Abhängigkeit vom Verdacht: Gastroskopie, Abdomen-CT, Angiographie
167
YB
Leitsymptome: Abdomen
CM
subakut zusätzliche Untersuchungen in Abhängigkeit vom Verdacht (Tab. 51)
ä
ä ä ä ä ä ä ä
Schmerzanamnese: ± Schmerzbeginn und -verlauf, Typen: · Perforationsschmerz: akut beginnend und heftig, evtl. vorübergehendes Abklingen, später Peritonismus (s. o.), z. B. bei Ulkus-, Gallenblasen-, Divertikelperforation, Mesenterialinfarkt · Kolikschmerz: an Intensität zu- und abnehmend, z. B. bei Gallen- oder Nierenkolik, mechanischer Ileus · Entzündungsschmerz: langsam zunehmend, z. B. bei Appendizitis, Cholezystitis, Divertikulitis, Pankreatitis ± Schmerzlokalisation und -austrahlung (v. a. bei somatischen Schmerz): · vom rechten Oberbauch in den rechten Rücken: z. B. bei Cholezystitis · von der Oberbauchmitte in die rechte Schulter: z. B. beim Ulcus duodeni · von der Oberbauchmitte in den Rücken: z. B. bei akuter Pankreatitis · rechter Unterbauch: z. B. bei akuter Appendizitis · linker Unterbauch: z. B. bei akuter Sigmadivertikulitis · rechter oder linker Unterbauch mit Ausstrahlung in die Leiste: z. B. bei perforierten Kolontumoren, Ovarialzysten oder Tubargravidität · rechte oder linke Flanke mit Ausstrahlung in die Leiste oder ins äuûere Genitale: z. B. bei Nieren- oder Uretersteinen ± den Schmerzen vorausgehende Ereignisse, z.B: · Alkoholkonsum: z. B. bei akuter Pankreatitis · fettreiches Essen: z. B. bei Gallenkolik · wiederholte postprandiale Schmerzen: z. B. bei mesenterialer Ischämie. Stuhlgang: wann zuletzt?, Konsistenz, Farbe. Miktion: Beschwerden?. Regelanamnese: Gravidität möglich?. Medikamente: v. a. NSAR Nikotin- und Alkoholkonsum. Begleitsymptome: z. B. Fieber, Übelkeit, Erbrechen, Kollapsneigung. Vor- und Grunderkrankungen.
Checkliste Hahn ´ Seite 167
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Anamnese
Leitsymptome: Abdomen
168
CM
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12.3 Akutes Abdomen Körperliche Untersuchung ä
ä
ä
ä
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Allgemein: ± Körperhaltung: · unruhig: z. B. Gallen- oder Nierenkolik · gekrümmt, kauernd: z. B. Pankreatitis, Appendizitis ± Hautfarbe: · Blässe: z. B. bei Anämie infolge intraabdomineller Blutung oder bei sympathikotoner Reaktion unterschiedlicher Genese · Hyperpigmentierung: bei Morbus Addison ± (beginnende) Schockzeichen: Blutdruckabfall, Tachykardie, Blässe. Abdomen: ± Inspektion: Vorwölbungen, Narben nach früheren Operationen ± Palpation: · Bauchdecken: weich, eindrückbar, generalisierte oder lokalisierte Abwehrspannung? · Klopf- oder Loslaûschmerz · Bruchpforten: geschlossen, offen, inkarzerierte Hernie? ± Auskultation aller 4 Quadranten: · verstärkte Darmgeräusche: Enterokolitis · metallisch klingende Darmgeräusche: mechanischer Ileus · fehlende Darmgeräusche: paralytischer Ileus bei Mesenterialinfarkt oder reflektorisch bei Pankreatitis, Nierenkolik oder Stoffwechselstörungen ± Perkussion: Meteorismus? (z. B. beim Ileus). Rektale Untersuchung: ± druckschmerzhafter Douglasraum: z. B. bei Appendizitis, Adnexitis ± Blut am Fingerling: z. B. bei Mesenterialinfarkt ± palpable Resistenz: z. B. Rektumkarzinom mit mechanischem Ileus. Thorax, Perkussion und Auskultation von Herz und Lunge: Herzinsuffizienz, Pneumonie, Pleuritis? Typische Appendizitiszeichen (Abb. 45): ± initial häufig epigastrische oder periumbilikale Schmerzen, welche sich später in den rechten Unterbauch (McBurney- und Lanz-Punkt) verlagern, dort typischerweise lokale Abwehrspannung (lokale Peritonitis) ± rektal-axilläre Temperaturdifferenz > 0,6 C ± Psoasschmerz: Schmerzen bei Bewegung des rechten Oberschenkels, besonders bei Überstreckung (linksseitig auch bei Divertikulitis) ± Blumberg-Zeichen = kontralateraler Loslaûschmerz: rechtsseitige Unterbauchschmerzen bei schneller Druckentlastung links ± Rovsing-Zeichen: Schmerzen im rechten Unterbauch bei retrogradem Ausstreichen des Dickdarms ± Douglasschmerz: bei Palpation von rektal Beachte: Atypische Klinik z. B. bei retrozökaler Lage (Abwehrspannung kann fehlen), geriatrischen Patienten oder Diabetikern (häufig symptomarmer Verlauf).
Checkliste Hahn ´ Seite 168
12.3 Akutes Abdomen
Rovsing-Zeichen Mc Burney-Punkt
Nabel Blumberg-Zeichen
Spina iliaca anterior superior Lanz-Punkt
Abb. 45
169
YB
Leitsymptome: Abdomen
CM
Appendizitis: typische Zeichen und Druckpunkte
Laboruntersuchungen und apparative Basisdiagnostik
ä ä ä
ä ä ä
Laboruntersuchungen: BSG, Blutbild, Blutzucker, Lipase, CK, GOT, LDH, g GT, Bilirubin, Kreatinin, Elektrolyte, Quick, PTT, Urinstatus, b-HCG-Test, Porphobilinogen im Urin, BGA, Blutgruppe, bei V. a. Blutung Kreuzblut. EKG: Herzinfarkt? Abdomensonographie: S. 36. Röntgen-Abdomenübersicht: ± freie Luft bei Perforation · im Stehen: subphrenische Luftsicheln · in Linksseitenlage: freie Luft im Bereicht der rechten seitlichen Bauchwand ± Spiegelbildungen beim Ileus ± Koprostase?, Verkalkungen? (Steine) Röntgen-Thorax: Herzinsuffizienz, Pneumonie? Frühzeitige Kontaktaufnahme zum Chirurgen und ggf. operative Intervention. Ergänzende Diagnostik nach Verdacht: Tab. 51.
& 12 &
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Leitsymptome: Abdomen
170
CM
YB
12.3 Akutes Abdomen Differentialdiagnose Tabelle 51
Differentialdiagnose des akuten Abdomens
Verdachtsdiagnose
Wegweisende Untersuchungen
Perakutes Abdomen: ± dissezierendes oder perforiertes Aortenaneurysma ± Leber- und Milzruptur ± Ruptur einer Pankreaspseudozyste
Sonographie
Akutes Abdomen: ± akute Appendizitis ± perforiertes Ulcus ventriculi/duodeni ± perforierte Divertikulitis ± ± ± ± ± ± ±
Klinik (s. u.), Sonographie Röntgen-Abdomenübersicht Röntgen-Abdomenübersicht, Sonographie akute nekrotisierende Pankreatitis Lipase, Sonographie akute Cholezystitis Sonographie mechanischer Ileus (S. 171) Röntgen-Abdomenübersicht Mesenterialinfarkt Anamnese, Klinik (S. 350), Angiographie Tubarruptur bei Extrauteringravidität Sonographie, b-HCG-Test stielgedrehte oder rupturierte Ovarialzyste Sonographie akute Adnexitis Sonographie, gynäkologische Untersuchung
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Subakutes oder unklares Abdomen: Gastroskopie ± Ulcus ventriculi oder duodeni Sonographie, Kontrasteinlauf ± Divertikulitis ± akute infektiöse Gastroenteritis Klinik, Stuhluntersuchung Lipase, Sonographie ± akute ödematöse Pankreatitis ± akute Cholezystitis, ggf. mit Steinabgang aP, g GT, Bilirubin, Sonographie ± Nephrolithiasis, ggf. mit Steinabgang Sonographie, Urinstatus ± akute Stauungsleber Sonographie ± Milzinfarkt Sonographie Extraabdominelle Erkrankungen mit dem Bild des akuten Abdomens: ± Herzinfarkt (v. a. inferiorer und posteriorer) ± diabetische Ketoazidose ± akute intermittierende Porphyrie ± Morbus Addison ± hämolytische Krisen ± Herpes zoster ± basale Pleuritis bzw. Pneumonie ± Lungenembolie ± Bleivergiftung
Checkliste Hahn ´ Seite 170
CK, GOT, LDH, EKG Blutzucker, BGA Porphobilinogen im Urin Na+¯, K+, ACTH-Kurztest BB, Retis, LDH, Haptoglobin Klinik Röntgen-Thorax Lungenszintigraphie Berufsanamnese, Blutspiegel
Grundlagen ä
ä
Mechanischer Ileus ± Einteilung: · Obturationsileus: Verlegung des Darmlumens · Strangulationsileus: Verlegung des Darmlumens, gleichzeitig Störung der Darmdurchblutung durch Strangulation der Mesenterialgefäûe ± Hauptsymptome: Erbrechen, Abdominalschmerzen, Meteorismus, Stuhlund Windverhaltung. Paralytischer Ileus: Lähmung der Darmperistaltik, Symptomatik abhängig von der Ursache.
Vorgehen bei Ileusverdacht
ä
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ä
ä ä ä
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Beachte: Bei Ileusverdacht ist von Anfang an die Zusammenarbeit mit dem Chirurgen obligat. Anamnese: wie bei akutem Abdomen (S. 167), besonders wichtige Punkte: ± Beginn der Beschwerden: plötzlich oder allmählich ± Schmerzlokalisation? ± Erbrechen: wie oft?, Beschreibung (Speisereste oder fäkulent?) ± Stuhlgewohnheiten, Zeitpunkt des letzten Stuhlgangs, Windverhaltung? ± Voroperationen und Vorerkrankungen (z. B. Karzinome). Körperliche Untersuchung: wie bei akutem Abdomen (S. 167), besonders achten auf: ± Allgemeinzustand: Exsikkose, Schocksymptomatik ± Laparotomienarben ± Abdomenpalpation: Resistenzen?, Druckschmerz?, Abwehrspannung?, Bruchpforten? ± Abdomenauskultation (alle 4 Quadranten): · metallisch klingende Darmgeräusche: mechanischer Ileus · fehlende Darmgeräusche: paralytischer Ileus oder späteres Stadium des Strangulationsileus ± Perkussion: Meteorismus? ± rektale Untersuchung. I. v. Zugang: ± Blutabnahme: BSG, Blutbild, Blutzucker, Lipase, CK, GOT, g GT, Kreatinin, Elektrolyte, Quick, PTT, Urinstatus, BGA, Blutgruppe, Kreuzblut ± Infusion: Elektrolytlösungen, bei Hypokaliämie Substitution: S. 423. Magensonde. Absolute Nahrungskarenz verordnen. Röntgen-Abdomenübersicht im Stehen oder ggf. in Linksseitenlage. Differenzierung: ± hoher ± tiefer Dünndarmileus: anhand der Lokalisation der Spiegel (Abb. 46) ± Dünndarm ± Dickdarmileus: anhand der Fiederung (Abb. 47). Abdomensonographie (S. 36): Ursache des Ileus?, Peristaltik (fehlend beim paralytischen, Pendelperistaltik beim mechanischen Ileus), flüssigkeitsgefüllte und wandverdickte Darmschlingen. EKG. Röntgen-Thorax. Allgemeine Differentialdiagnose des Ileus: Tab. 52.
Checkliste Hahn ´ Seite 171
Leitsymptome: Abdomen
12.4 Ileus
171
YB
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CM
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12.4 Ileus
Leitsymptome: Abdomen
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hoher Dünndarmileus
tiefer Dünndarmileus
Abb. 46
Dünndarmileus ± Lokalisation der Verschluûhöhe
Dünndarmspiegel
Dickdarmspiegel
Abb. 47 ä
& 12 &
ä
Röntgenologische Unterscheidung Dünndarm- und Dickdarmspiegel
Chirurgische Therapie bei mechanischem Ileus, Mesenterialinfarkt und paralytischem Ileus mit Peritonitis. Therapiemaûnahmen bei paralytischem (Sub-)Ileus ohne Peritonitis: ± Behandlung der Grunderkrankung ± hohe Schwenkeinläufe (mehrmals/Tag) ± bei Erfolglosigkeit medikamentöse Anregung der Darmperistaltik: · 1 mg Neostigmin (z. B. 2 Amp. Prostigmin) + 2000 mg Dexpanthenol (z. B. 4 Amp. Bepanthen) in 250 ml NaCl 0,9 % über 3 Std. i. v. · oder 40 g Ceruletid (z. B. 1 Amp. Takus 40 g) in 500 ml NaCl 0,9 % über 3 Std. i. v.
Checkliste Hahn ´ Seite 172
12.4 Ileus Differentialdiagnose Tabelle 52
Differentialdiagnose des Ileus Obturationsileus
Strangulationsileus
paralytischer Ileus
allmählich
akut
abhängig von der Ursache
Schmerzen kolikartig
eher heftige Dauerschmerzen
abhängig von der Ursache
Meteorismus
mäûig
lokal
diffus (Trommelbauch)
Darmgeräusche
verstärkt
anfangs verstärkt, später fehlend
fehlend (Totenstille)
stark beeinträchtigt (Schockgefahr)
stark beeinträchtigt (Schockgefahr)
Beginn
Allgemein- wenig bezustand einträchtigt
Hernien (40 ± 50 %) postoperative Verwachsungen = Briden (20 ± 30 %)
häufiger: postoperativ, Peritonitis (Perforation, Darmgangrän
Tumore (10 ± 15 %). Volvulus (10 ± 15 %) Verschiedenes (5 ± Invagination (5 ± 10 %) 20 %): z. B. Gallensteine, Kotsteine, Fremdkörper, Divertikulitis, Morbus Crohn, selten intestinale Pseudoobstruktion infolge von Neuro- bzw. Endokrinopathien oder unbekannter Ursachen.
reflektorisch (Pankreatitis, Gallen-, Nierenkolik, retroperitoneale Blutung), mesenteriale Ischämie, Elektrolytstörungen. seltener: toxisches Megakolon, Sepsis, Urämie, Coma diabeticum u. a.
& 12 &
Ursachen (Häufigkeit)
173
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Leitsymptome: Abdomen
CM
Checkliste Hahn ´ Seite 173
Leitsymptome: Abdomen
174
CM
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12.5 Diarrhoe Grundlagen ä
ä
ä
ä
ä
Bei einer ¹echtenª Diarrhoe sind die Stuhlgänge: ± zu häufig: > 3/d ± zu flüssig: > 75 % Wasser ± zu viel: > 250 g/d. ¹Falscheª = paradoxe Diarrhoe: häufige, flüssige Stuhlgänge mit eher verminderter Gesamtmenge, z. B. bei stenosierenden Prozessen im distalen Kolon mit prästenotischer Koprostase. Einteilung der Diarrhoe nach der Dauer: ± akute Diarrhoe: Tage bis Wochen ± chronische Diarrhoe: > 3 Wochen. Einteilung der chronischen Diarrhoe nach der Pathogenese: ± Malabsorptive Diarrhoe: Kennzeichen: Besserung beim Fasten. Ursachen: S. 345 ± Sekretionsbedingte Diarrhoe: Kennzeichen: keine Besserung beim Fasten (Ausnahme Laxanzienabusus). Ursachen: Neuroendokrine Tumoren (VIPom, Gastrinom, Karzinoid), chologene Diarrhoe (z. B. nach Ileumresektion), villöses Rektumadenom, paradoxe Diarrhoe bei kolorektalem Karzinom, Laxanzienabusus, chronisch entzündliche Darmerkrankungen, NSARLangzeittherapie, chronische Darminfektionen. Symptomatische Therapiemaûnahmen: S. 589.
Häufigste Ursachen ä ä
Akute Diarrhoe: Infektionen, Lebensmittelvergiftung, Medikamente. Chronische Diarrhoe: meist Diarrhoen nicht infektöser Genese, am häufigsten funktionelle Diarrhoe, chronisch entzündliche Darmerkrankungen, Laxanzienabusus, Z. n. Abdominaloperationen.
Vorgehen
& 12 &
ä
Anamnese: ± Beschreibung der Diarrhoe nach Erkrankungsbeginn, Häufigkeit und Aussehen des Stuhlgangs, z. B.: · häufige wässrige Durchfälle meist ohne Fieber bei akuter infektiöser Diarrhoe durch Vibrio cholerae, Salmonellen, toxinbildende E. coli, Norwalk- und Rotaviren, Lamblien, Kryptosporiden (= nichtdysenteritische Diarrhoe) · weniger voluminöse, dafür eitrige und/oder blutige Stühle, meist mit Bauchschmerzen und Fieber bei akuter infektiöser Diarrhoe durch Shigellen, Campylobacter, Yersinien, Clostridium difficile, bei Tropenrückkehrern auch Amöben (= dysenteritische Diarrhoe) · blutige Stühle auch bei ischämischer Kolitis, Colitis ulcerosa, Morbus Crohn, Tumoren sowie akut bei gastrointest. Blutungen (meist Teerstuhl) · voluminöse evtl. fettglänzende Durchfälle mit Meteorismus bei Maldigestion und Malabsorption · häufige, flüssige Stuhlgänge mit eher verminderter Gesamtmenge bei Tumoren im distalen Kolon · intermittierende breiige, flüssige, schleimige Diarrhoe v. a. morgens und postprandial bei jahrelanger Anamnese (und stabilem Allgemeinzustand) spricht für eine funktionelle Genese Checkliste Hahn ´ Seite 174
12.5 Diarrhoe
ä
ä
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ä
± Beziehung der Diarrhoe zur Nahrungsaufnahme:Besserung beim Fasten? (vgl. Grundlagen, s. o.) ± Begleitsymptome: chronische Gewichtsabnahme, Abdominalschmerzen, Fieber, Mangelerscheinungen (z. B. Ödeme, Knochenschmerzen, vermehrte Blutungsneigung, Parästhesien) ± Medikamente, Genuûmittel ± Voroperationen (z. B. Magen- oder Darmresektion), Vorerkrankungen (z. B. Pankretitis), Grunderkrankungen (z. B.Diabetes mellitus) ± Auslandsaufenthalte. Körperliche Untersuchung: Allgemeinzustand (v. a. Exsikkose, Kachexie, Ödeme?), Abdominalbefund, rektale Untersuchung, Stuhlinspektion u. a. Diagnostik bei akuter Diarrhoe: ± Basisdiagnostik: · BSG, Blutbild, Differentialblutbild, Blutzucker, Kreatinin, Elektrolyte · Stuhluntersuchung auf pathogene Bakterien und Parasiten (S. 18) ± erweiterte Diagnostik nach Verdacht (Tab. 53): · Erregernachweis im Blut bei V. a. bei Typhus abdominalis. · serologischer Antikörpernachweis (Titeranstieg nach 2 Wochen) z. B. bei Typhus, Yersinien-, Campylobacter-, Amöben- und Virusinfektionen · bei weiterhin unklarer Diarrhoe Vorgehen wie bei chronischer Diarrhoe. Diagnostik bei chronischer Diarrhoe: ± Basisdiagnostik wie bei akuter Diarrhoe, zusätzlich: · aP, g GT, Bilirubin, Serumeisen, Cholesterin, Gesamteiweiû, Serumelektrophorese (S. 218), Quick, TSH-basal · Stuhlgewicht (pathologisch > 250 g/Tag) · Abdomensonographie ± erweiterte Diagnostik nach Verdacht (Tab. 54): · Koloileoskopie einschlieûlich histologischer und bakteriologischer Untersuchung von Biopsien aus verdächtigen Schleimhautbezirken · Gastroduodenoskopie einschlieûlich tiefer Duodenalbiopsie · Diagnostik bei Maldigestion und Malabsorption: S. 346 · Ausschluû seltener Ursachen: z. B. Gastrinom, VIPom, Karzinoid ± für eine organisch bedingte chronische Diarrhoe sprechen: · plötzlicher Beginn der Symptome · Dauer der Symptome < 3 Monate · kontinuierliche, auch nächtliche Diarrhoe · erhöhtes Stuhlgewicht · Gewichtsverlust von mehr als 5 kg · pathologische Laborwerte: besonders BSG-Erhöhung, erniedrigtes Hb, erniedrigtes Serumalbumin.
175
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Leitsymptome: Abdomen
CM
Checkliste Hahn ´ Seite 175
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12.5 Diarrhoe Differentialdiagnose Tabelle 53
Differentialdiagnose der akuten Diarrhoe
Verdachtsdiagnose
Wegweisende Untersuchungen
Infektiöse Diarrhoe: ± Bakterien oder Bakterientoxine: Salmonellen, Shigellen, Campylobacter jejuni, enteropathogene E. coli, Legionel- Erregerdiagnostik len, V. cholerae, Yersinien, Staphylokokken, Clostridien. im Stuhl, ± Viren: v. a. Norwalk- und Rotaviren Serologie ± Protozoen: Amöben, Lamblien, Kryptosporidien. ± Pilze: Candida, Aspergillus. Lebensmittelvergiftung durch Enterotoxine: v. a. Staphylococcus aureus, Clostridium perfringens, Bacillus cereus
Klinik
Medikamente: v. a. Laxanzien, Antibiotika (v. a. im Rahmen einer antibiotikaassoziierten Kolitis durch Clostridium difficile), Eisenpräparate, Mg++-haltige Antazida, Zytostatika, Colchizin, Chenodeoxycholsäure.
Anamnese
Genuûmittel: ungewohnter oder übermäûiger Alkohol-, Nikotin- oder Kaffeegenuû
Anamnese
Intoxikationen: Arsen, Quecksilber, Pilzvergiftung (verdorbene Pilze, seltener Knollenblätterpilzvergiftung mit Abdominalkoliken, Brechdurchfällen und Leberzellnekrose)
Anamnese
Nahrungsmittelallergie: v. a. Meeresfrüchte, Erdbeeren, Eier
Anamnese
Ischämische Kolitis
S. 350
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Leitsymptome: Abdomen
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Checkliste Hahn ´ Seite 176
Tabelle 54
Differentialdiagnose der chronischen Diarrhoe
Verdachtsdiagnose Erkrankungen des Kolons: ± Colitis ulcerosa, Kolitis bei Morbus Crohn ± ischämische Kolitis ± Tumoren: Karzinome, villöse Adenome, maligne Lymphome ± Strahlenkolitis Erkrankungen, die häufig mit einer Maldigestion verbunden sind: ± Z. n. Magenresektion ± exokrine Pankreasinsuffizienz: chronische Pankreatitis, nach Pankreasresektion, Pankreas-CA ± Cholestase: Verschluûikterus, intrahepatische Cholestase, primär biliäre Zirrhose ± Gallensäurenverlustsyndrom: · Ileumresektion · Blindsacksyndrom mit bakterieller Fehlbesiedelung nach Magenresektion, Dünndarmdivertikel, Fistelbildungen Erkrankungen, die häufig mit einer Malabsorption verbunden sind: ± Kurzdarmsyndrom nach Dünndarmresektion ± einheimische Sprue, Morbus Whipple ± Morbus Crohn ± Amyloidose ± Laktoseintoleranz ± intestinale Lymphome Endokrine Erkrankungen: ± diabetische autonome Polyneuropathie ± Hyperthyreose ± VIPom ± Zollinger-Ellison-Syndrom = Gastrinom ± Karzinoid
Wegweisende Untersuchungen Koloskopie Angiographie Koloskopie Anamnese
Anamnese Klinik, Anamnese, Sono, CT Bilirubin, aP, g GT, Sono Anamnese Anamnese, Röntgen nach Selink, H2-Atemtest: S. 20
Anamnese tiefe Duodenalbiopsie Koloskopie Rektumbiopsie Toleranztest: S. 20 Abdomen-CT Anamnese TSH-basal VIP im Plasma Serum-Gastrin 5-Hydroxy-Indolessigsäure im 24-h-Urin
Medikamente (vgl. Tab. 53 + NSAR-Langzeittherapie)
Anamnese
Eosinophile Gastroenteritis
Endoskopie, Biopsie
Kollagenosen: v. a. Sklerodermie
antinukleäre AK
Chronische Darminfektionen ± bakteriell-parasitäre Entzündungen: z. B. Askariden, Erregerdiagnostik im Trichiuren, Strongyloiden, Amöben, Tbc, Yersinien Stuhl, Serologie ± opportunistische Infektionen bei AIDS: v. a. Kryptosporidien, Zytomegalievirus, Mykobakterien. Funktionelle Diarrhoe: z. B. Colon irritabile
Checkliste Hahn ´ Seite 177
Leitsymptome: Abdomen
12.5 Diarrhoe
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Ausschluûdiagnose
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Leitsymptome: Abdomen
178
CM
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12.6 Obstipation Grundlagen ä ä
Obstipation: < 3 Stuhlentleerungen/Woche typischerweise verbunden mit zu harten Stühlen und Schwierigkeiten bei der Defäkation. Symptomatische Therapiemaûnahmen: S. 99.
Häufigste Ursachen ä ä ä
Chronische habituelle Obstipation funktioneller Genese. Vorübergehende Obstipation (s. u.). Kolontumoren, Analerkrankungen, Medikamente.
Vorgehen bei chronischer Obstipation ä
ä ä ä ä ä ä
& 12 &
ä
Anamnese: ± Stuhlfrequenz ohne Laxanzien: Differenzierung zwischen tatsächlicher Obstipation und übertriebenen Ansprüchen des Patienten an die Stuhlfrequenz ± Stuhlbeschaffenheit: Konsistenz (wechselnd?), Farbe, Blutbeimengungen ± Dauer der Obstipation, ggf. bei habitueller Obstipation Dauer der ¾nderung des Stuhlverhaltens ± Schmerzen bei der Defäkation ± Ernährungsgewohnheiten ± Genuûmittel: Nikotin-, Alkoholkonsum ± Medikamente: gezielt nach Laxanzien fragen. Körperliche Untersuchung einschlieûlich Abdomenpalpation (Resistenzen?), Analinspektion, rektale Untersuchung und Stuhlinspektion. Laboruntersuchungen: BSG, Blutbild, Blutzucker, Differentialblutbild, Kreatinin, Na+, K+, Ca++, TSH-basal, Urinstatus, okkultes Blut im Stuhl. Abdomensonographie. Proktoskopie. Koloskopie in Abhängigkeit vom Verdacht (Tab. 55), Kolonkontrasteinlauf. Gynäkologische Untersuchung bei Frauen. Funktionsdiagnostik: Durchführung bei Patienten, bei denen allgemeine konservative Therapiemaûnahmen fehlgeschlagen sind. Untersuchungen: ± Bestimmung der Kolon-Transitzeit: Gabe röntgendichter Marker in Kapselform (1 Kps./d vor dem Frühstück) für 6 Tage. Am 7. Tag Röntgen-Abdomenübersicht im Liegen. Pathologisch: > 20 % verbliebene Marker, bei Verteilung im gesamten Kolonrahmen Hinweis auf Kolontransitstörung, bei Verteilung im linken Hemikolon/Rektosigmoid Hinweis auf anorektale Obstruktion ± Defäkographie: röntgenologische (Video-)Überwachung der Defäkation mit Kontrastmittel. Durchführung z. B. bei V. a. Anismus (s. u.) oder Rektozele.
Checkliste Hahn ´ Seite 178
12.6 Obstipation Differentialdiagnose Tabelle 55
Differentialdiagnose der Obstipation
Verdachtsdiagnose
Wegweisende Untersuchungen
Vorübergehende Obstipation: ± im Zusammenhang mit anderen Krankheiten: z. B. Nieren-, Gallenkolik, Pankreatitis ± durch äuûere Einflüsse: z. B. Ortswechsel, Immobilisation, Anamnese Kostwechsel ± im Rahmen einer Schwangerschaft Chronische (habituelle) Obstipation: jahrelang andauernde Obstipation funktioneller bzw. idiopathischer Genese, z. B. im Rahmen eines Colon irritabile, einer primär verlangsamten Kolonmotilität oder eines gestörten Defäkationsablaufs (= Anismus). Begünstigung durch schlackenarme Kost und mangelnde Flüssigkeitszufuhr Mechanische Hindernisse: ± Kolon- und Rektumtumoren: Karzinome, groûe Polypen ± Uterus- und Ovarialtumoren ± Divertikulitis ± Hernien ± Briden und Strikturen nach Operationen oder Bestrahlung
Anamnese (Ausschluûdiagnose, ggf. Funktionsdiagnostik)
179
YB
Leitsymptome: Abdomen
CM
Koloskopie Sonographie Kontrasteinlauf Klinik Anamnese, Kontrasteinlauf
Medikamente: v. a. aluminiumhaltige Antazida, Analgetika, Anamnese Sedativa, Opiate, Psychopharmaka, Spasmolytika, Anticholinergika, Eisenpräparate, Kalziumantagonisten Analerkrankungen: ± akut: Analfissuren, Hämorrhoidalthrombose, perianale Abszesse ± chronisch: Rektumprolaps, Rektozele, Rektuminvagination endokrine und metabolische Störungen ± Hypothyreose ± diabetische autonome Polyneuropathie ± Hyperparathyreoidismus ± Hypokaliämie v. a. bei chronischem Laxanzienabusus
rektale Untersuchung, Proktoskopie
TSH-basal Anamnese Ca++ im Serum K+ im Serum
Psychiatrische Störungen: Depression, Anorexia nervosa
Checkliste Hahn ´ Seite 179
Anamnese
& 12 &
Neurogene Störungen: ± peripher: Morbus Hirschsprung = Megacolon congenitum, Kontrasteinlauf idiopathisches Megacolon ± zentral: apoplektischer Insult, Morbus Parkinson, multiple Anamnese, Klinik Sklerose
Leitsymptome: Abdomen
180
CM
YB
12.7 Hepatomegalie Grundlagen ä ä
Gröûenbestimmung perkutorisch und sonographisch (am genauesten). Normbereich in der rechten Medioklavikularlinie: 9 ± 12 cm. Häufig gleichzeitige Milzvergröûerung (= Hepatosplenomegalie) entweder im Rahmen einer Systemerkrankung oder sekundär durch portale Hypertension.
Häufigste Ursachen ä ä ä ä
Fettleber. Stauungsleber bei Rechtsherzinsuffizienz. Virusinfekte. Lebermetastasen.
Vorgehen ä
ä
ä
ä ä ä
& 12 &
ä
Anamnese: Vorerkrankungen (v. a. Hepatitiden, Tumorerkrankungen), Grundkrankheiten (v. a. Diabetes mellitus, Fettstoffwechselstörung, Cholezystolithiasis), Gewichtsverlust, Alkohol-, Medikamentenkonsum, Berufs- und Reiseanamnese. Körperliche Untersuchung, v. a.: ± Haut: z. B. Ikterus, bei Hämochromatose dunkle Hautpigmentierung, Leberhautzeichen (S. 380, z. B. Spider naevi, Palmarerythem) ± Hinweise für portale Hypertension: S. 380 ± Palpation der Leber (S. 2): · weiche, glatte, evtl. druckschmerzhafte Leber: bei Hepatitis und Stauungsleber · harte, unregelmäûige bis höckrige Leber: bei Leberzirrhose, Lebermetastasen und Leberzellkarzinom (bei fortgeschrittener Zirrhose häufig keine Hepatomegalie mehr) ± Palpation der Milz (S. 2): Splenomegalie? ± Rechtsherzinsuffizienzzeichen: z. B. Beinödeme ± Palpation aller Lymphknotenstationen. Labor: ± Blutbild, Differentialblutbild, Retikulozyten, Transaminasen, CHE, Bilirubin, LDH, Eisen, Ferritin, Serum-Elektrophorese (S. 218), Quick, Hepatitisserologie ± bei Hepatosplenomegalie ggf. (vgl. Tab. 56) auch Haptoglobin, Coombstest, antinukleäre Autoantikörper. Abdomensonographie: Milz, Leber, Gallenwege, Pfortadersystem, Lymphome? Röntgen-Thorax: Herzvergröûerung, Lymphome, Pleuraergüsse? Bei Hinweisen für Leberzirrhose weitere Diagnostik: S. 381. Bei weiterhin bestehender Unklarheit Leberpunktion und spezielle Untersuchungen nach Verdacht: Tab. 56.
Checkliste Hahn ´ Seite 180
12.7 Hepatomegalie Differentialdiagnose Tabelle 56 lie
Differentialdiagnose der Hepatomegalie und Hepatosplenomega-
Verdachtsdiagnose Hepatomegalie: ± Fettleber, Fettleberhepatitis ± Stauungsleber bei Rechtsherzinsuffizienz ± akute Virushepatitis ± Lebermetastasen ± Leberzellkarzinom ± biliäre Obstruktion: z. B. Stein, Tumor ± Leberabszeû ± Zystenleber ± Leber-Echinokokkose ± Hämochromatose Hepatosplenomegalie: ± Leberzirrhose (auûer Spätstadium) und deren Ursachen (S. 380) ± akute Virushepatitis ± Mononukleose ± myeloproliferative Erkrankungen ± maligne Lymphome
± ± ± ± ±
hämolytische Anämien akute Leukämien Brucellosen, Leptospirosen Protozoenerkrankungen: z. B. Malaria, Leishmaniose Sarkoidose systemischer Lupus erythematodes Miliartuberkulose Morbus Gaucher Amyloidose
Anamnese, g GT, Sonographie Sonographie, Echokardiographie Hepatitisserologie (S. 373) Sonographie (CT) Sonographie, AFP Sonographie Sonographie (CT) Sonographie S. 183 Eisen, Ferritin S. 381 Hepatitisserologie: S. 373 Mononukleoseschnelltest Blutbild, Knochenmark Lymphomsuche, Elektrophorese, Knochenmark, Lymphknoten-PE Blutbild, Haptoglobin, Coombstest Blutbild, Knochenmark Berufsanamnese, Blutkulturen, Serologie Reiseanamnese, Blutbild, dicker Tropfen, Antikörpernachweis Röntgen-Thorax, Leber-/Milz-PE antinukleäre Autoantikörper Röntgen-Thorax, Leber-PE S. 183 tiefe Rektumbiopsie
& 12 &
± ± ± ±
Wegweisende Untersuchungen
181
YB
Leitsymptome: Abdomen
CM
Checkliste Hahn ´ Seite 181
Leitsymptome: Abdomen
182
CM
YB
12.8 Splenomegalie Grundlagen ä
Gröûenbestimmung am schnellsten und genauesten durch Sonographie. Obere Grenzwerte: Dicke = 4 cm, Querdurchmesser = 7 cm, Länge = 11 cm (4711).
Häufigste Ursachen ä ä
Virusinfektionen. Portale Hypertension.
Vorgehen ä ä ä
& 12 &
ä
Splenomegalie und Fieber: S. 129. Splenomegalie und Lymphome: S. 141. Hepatosplenomegalie: S. 180. Übrige Fälle: ± Anamnese: Vorerkrankungen (Infekte), Grundkrankheiten, Fieber, Nachtschweiû, Gewichtsverlust (B-Symptome) ± körperliche Untersuchung: Palpation der Lymphknotenstationen, Zeichen der portalen Hypertension (S. 380) ± Labor: Blutbild, Differentialblutbild, Retikulozyten, Transaminasen, CHE, Bilirubin, LDH, Serum-Elektrophorese (S. 218), Quick, ggf. auch Haptoglobin, Coombstest, Rheumafaktor, antinukleäre Autoantikörper ± Abdomensonographie: Milz, Leber, Pfortadersystem, Lymphome? ± Röntgen-Thorax: Hilus- und Mediastinal-LK, Sarkoidose?, Herzvergröûerung ± weitere nichtinvasive (z. B. CT, Echokardiographie) oder invasive (z. B. Knochenmarkpunktion, Lymphknoten-PE, Milz-PE, Rektum-PE, Laparoskopie, Angiographie) Maûnahmen nach Verdacht (Tab. 57).
Checkliste Hahn ´ Seite 182
12.8 Splenomegalie Differentialdiagnose Tabelle 57
Differentialdiagnose der Splenomegalie
Verdachtsdiagnose Leichte bis mäûige Splenomegalie: ± Infektionen ± hämolytische Anämien ± akute Leukämien ± maligne Lymphome ± portale Hypertension · Leberzirrhose und deren Ursachen (S. 380) · Pfortader- oder Milzvenenthrombose · Budd-Chiari-Syndrom · Rechtsherzinsuffizienz ± rheumatoide Arthritis: Still- und Felty-Syndrom ± systemischer Lupus erythematodes ± Sarkoidose ± Amyloidose Ausgeprägte Splenomegalie: ± hämolytische Anämien ± chronisch myeloproliferative Erkrankungen ± Lipidspeicherkrankheiten (Manifestation meist im Kindesalter) · Morbus Gaucher (meist Frauen jüdischer Abstammung)
S. 129 ff. Blutbild, Haptoglobin, Coombstest Blutbild, Knochenmark Lymphomsuche, Elektrophorese, Knochenmark, Lymphknoten-PE Transaminasen, Quick, Elektrophorese, Sonographie Duplexsonographie, Angiographie Duplexsonographie, Angiographie Klinik, Röntgen-Thorax, EKG, Echo ARA-Kriterien: S. 440 antinukleäre Autoantikörper Röntgen-Thorax, Leber-/Milz-PE tiefe Rektumbiopsie s. o. Blutbild, Knochenmark
Knochenmark
Sonographie, CT Differentialblutbild (Eosinophilie), Serologie, Sonographie, CT
& 12 &
Milztumoren: ± Hämatom, Abszeû, Zysten, kavernöses Hämangiom, Sarkom, Metastasen ± Milz-Echinokokkose
Wegweisende Untersuchungen
183
YB
Leitsymptome: Abdomen
CM
Checkliste Hahn ´ Seite 183
Leitsymptome: Abdomen
184
CM
YB
12.9 Ikterus Grundlagen ä
ä
ä
Ikterus: Gelbfärbung von Skleren, Haut und Schleimhäuten infolge von Bilirubineinlagerung im Gewebe. Am frühesten (Gesamtbilirubin > 2 mg/dl) erkennt man den Ikterus an den Skleren. ¹Falscherª Ikterus: Gelbfärbung der Haut ohne Beteiligung von Skleren und Schleimhäuten bei normalem Serumbilirubin (z. B. nach monatelangem exzessivem Karottengenuû). Einteilung des Ikterus unter pathogenetischen Gesichtspunkten: Tab. 58.
Tabelle 58
Ikterusformen Prähepatischer = Hepatischer = hämolytischer hepatozellulärer
Posthepatischer Ikterus
Serum: direktes Bilirubin indirektes Bilirubin +
+ +
+
Urin: Bilirubin Urobilinogen
+
+ +
+
Stuhlfarbe
dunkel
hell
hell
ä
Verschluûikterus = Cholestase: Ausscheidungsstörung von Bilirubin auf hepatozellulärer oder kanalikulärer Ebene mit Ikterus, Pruritus und Cholestaseenzymerhöhung (g GT, aP), Unterscheidung: ± intrahepatische Cholestase: Störung der Bilirubinausscheidung in der Leber ± extrahepatische Cholestase: Abfluûstörung der Galle in den groûen Gallengängen.
Häufigste Ursachen ä ä ä
Akute Hepatitis. Verschluûikterus: meist Gallenwegsverschluû durch Steine oder Tumoren. Icterus intermittens juvenilis (Morbus Gilbert-Meulengracht): autosomal dominant vererbte Konjugationsstörung von Bilirubin, indirektes Bilirubin meist < 5 mg/dl erhöht, Anstieg nach Fasten (Fastentest über 24 h), übrige Leberwerte normal. Meist Zufallsbefund ohne wesentliche Beschwerden, gute Prognose.
Vorgehen
& 12 &
ä
Anamnese: ± zeitliche Entwicklung des Ikterus: akut ± schleichend ± Begleitsymptome: Schmerzen, Fieber, Abgeschlagenheit: z. B. · subfebrile Temperaturen, Abgeschlagenheit: Virushepatitis · Oberbauchkoliken, Übelkeit, Erbrechen: Choledocholithiasis · Fieber, Sepsis: eitrige Cholangitis · schmerzloser Ikterus: maligne Gallenwegsobstruktion ± Farbveränderungen im Stuhl und Urin ± Gewichtsverlust (maligne Ursache?) ± frühere Erkrankungen, Grunderkrankungen Checkliste Hahn ´ Seite 184
12.9 Ikterus
ä
ä
ä
± Alkohol-, Medikamenten-, i. v. Drogenkonsum (Hepatitis B,C?) ± Lösungsmittelkontakt, frühere Bluttransfusionen ± Reiseanamnese (Hepatitis A?). Körperliche Untersuchung: ± Leberhautzeichen (S. 380), z. B. Spider naevi, Palmarerythem), Feminisierung, Umgehungskreislauf (Caput medusae): chronische Lebererkrankung ± Kratzspuren (Pruritus), Xanthelasmen: primär biliäre Zirrhose ± Leberpalpation: S. 180 ± Splenomegalie: portale Hypertension oder hämolytischer Ikterus. Basisdiagnostik: ± Labor: BSG, Blutbild, Retikulozyten, GPT, GOT, g GT, aP, LDH, direktes und indirektes Bilirubin, Serum-Elektrophorese (S. 218), Quick. ± Abdomensonographie. Weiteres Vorgehen: Abb. 48, Differentialdiagnose: Tab. 59.
185
YB
Leitsymptome: Abdomen
CM
Ikterus Anamnese körperliche Untersuchung Labor Sonographie
indirektes Bilirubin erhöht
direktes/indirektes Bilirubin erhöht
prähepatischer Ikterus
hepatischer Ikterus
Retikulozyten, LDH, Haptoglobin, Coombs-Test
spezielle Diagnostik, z.B.: Hepatitisserologie, AMA, Leberpunktion, ERCP bei V.a. PBC/PSC
Gallengänge erweitert direktes Bilirubin erhöht
posthepatischer Ikterus Tumor nachweisbar, extraluminale Obstruktion CT evtl. Feinnadelpunktion, ERCP
Abb. 48
kein Tumor nachweisbar, intraluminale Obstruktion
ERCP/PTC
Diagnostisches Vorgehen bei der Abklärung des Ikterus (vgl. Tab. 59)
Checkliste Hahn ´ Seite 185
& 12 &
Gallengänge nicht erweitert
Leitsymptome: Abdomen
186
CM
YB
12.9 Ikterus Differentialdiagnose Tabelle 59
Differentialdiagnose des Ikterus
Verdachtsdiagnose Prähepatischer Ikterus: ± hämolytische Anämien (S. 525) ± ineffektive Erythropoese (meist megaloblastäre Anämie) Hepatischer Ikterus: ± Akute infektiöse Hepatits (meist Virushepatitis) ± Chronische Hepatitis ± Leberzirrhose und deren Ursachen
& 12 &
± toxische Leberschädigung z. B. · alkoholtoxische Fettleberhepatitis · Medikamente und Chemikalien (S. 375) ± Stauungsleber bei Rechtsherzinsuffizienz ± intrahepatische Cholestase bei · parenteraler Ernährung · postoperativ · Schwangerschaft (letztes Drittel) ± Konjugationsstörungen: · Morbus Gilbert-Meulengracht · Crigler-Najjar-Syndrom (Manifestation im Kindesalter) ± Ausscheidungsstörungen (selten): · Dubin-Johnson-Syndrom · Rotor-Syndrom ± Weitere (seltene) Ursachen z. B.: · Sarkoidose · maligne Lymphome · Amyloidose · Speicherkrankheiten Posthepatischer Ikterus: ± intraluminale Obstruktion: · Steine, Sludge · Gallengangskarzinom · primär-sklerosierende Cholangitis ± extraluminale Obstruktion: · Pankreaskarzinom · Magenkarzinom · Metastasen, Lymphome Checkliste Hahn ´ Seite 186
Wegweisende Untersuchungen Retikulozyten , LDH , Haptoglobin ¯ Blutbild: makrozytäre Anämie, Retikulozyten ¯, LDH GPT , GOT , g GT , bei überwiegender intrahepatischer Cholestase auch g GT und aP Hepatitisserologie (S. 373) Ursachen und Diagnostik: S. 377 CHE, Quick, Elektrophorese, Sonographie. Ursachen/Diagnostik: S. 380 Anamnese
Röntgen-Thorax, Echokardiographie Anamnese
indirektes Bilirubin isoliert erhöht Fastentest (S. 184) direktes Bilirubin isoliert erhöht, Leberbiopsie Leberbiopsie
Sonographie ERCP ERCP ERCP, pANCA ERCP, Oberbauch-CT Gastroskopie Oberbauch-CT
12.10 Aszites Grundlagen ä ä
Aszites: Ansammlung freier Flüsigkeit in der Bauchhöhle. Empfindlichste Nachweismethode: Sonographie (ab ca. 50 ml).
Häufigste Ursachen ä
ä
Transsudat (spezifisches Gewicht < 1015 g/l, Eiweiû < 25 g/l): ± Leberzirrhose (am häufigsten) ± Rechtsherzinsuffizienz. Exsudat (spezifisches Gewicht > 1015 g/l, Eiweiû > 25 g/l): ± maligne Erkrankungen des Abdomens.
Vorgehen ä
ä
ä
187
YB
Leitsymptome: Abdomen
CM
Anamnese: ± frühere Erkrankungen, Grunderkrankungen ± Alkoholkonsum, Medikamente ± Begleitsymptome: Dyspnoe, Schmerzen, Fieber, Ikterus. Körperliche Untersuchung: ± Ödeme, Ikterus, Leberhautzeichen (S. 380, z. B. Spider naevi, Palmarerythem), Feminisierung, Umgehungskreislauf (Caput medusae) ± Leberpalpation: S. 180. Basisdiagnostik: ± Labor: BSG, Blutbild, GPT, GOT, g GT, aP, LDH, Lipase, Bilirubin, Gesamteiweiû, Albumin, Kreatinin, Elektrolyte, Serum-Elektrophorese (S. 218), Quick, Urinstatus ± Abdomensonographie ± Röntgen-Thorax in 2 Ebenen, bei Herzvergröûerung Echokardiographie Beachte: jeder Aszites unklarer Genese erfordert eine diagnostische (und ggf. gleichzeitig therapeutische) Punktion (Durchführung: S. 74). Untersuchungen: Tab. 60.
Tabelle 60
Untersuchungen bei der diagnostischen Aszitespunktion
± spezifisches Gewicht, pH, Gesamteiweiû, Albumin, LDH, Glukose, Leukozyten und Erythrozyten (Blutbildröhrchen), Triglyzeride, Lipase/Amylase ± bakteriologische Diagnostik (Blutkulturflasche beimpfen: S. 17) ± Tbc-Diagnostik (natives Material ohne Zusätze) ± zytologische Diagnostik. Das weitere diagnostische Vorgehen (Tab. 61) orientiert sich an der Klinik und an der Differenzierung zwischen Transsudat und Exsudat (s. o.). Ein hämorrhagischer Aszites ist bis zum Beweis des Gegenteils tumorverdächtig.
& 12 &
ä
Checkliste Hahn ´ Seite 187
Leitsymptome: Abdomen
188
CM
YB
12.10 Aszites Differentialdiagnose Tabelle 61
Differentialdiagnose des Aszites
Verdachtsdiagnose Meist Transsudat: ± Hepatisch, portale Hypertension: · Leberzirrhose, Fettleberhepatitis · Budd-Chiari-Syndrom · Pfortaderthrombose
GOT, GPT, g GT, Quick, Elektrophorese, Sonographie Duplexsonographie Duplexsonographie
± Kardial: · Rechtsherzinsuffizienz · Pericarditis constrictiva
Röntgen-Thorax, Echokardiographie
± Hypalbuminämie: · nephrotisches Syndrom, Urämie · Mangelernährung, Malassimilation · exsudative Enteropathie
Albumin Urinstatus, Kreatinin Klinik: S. 346 S. 347
Meist Exsudat: ± Malignome: · Peritonealkarzinose v. a. bei intraabdominellen Karzinomen (Magenoder Ovarialkarzinom u. a.) · Leberzellkarzinom, Metastasenleber · Mesotheliom · pseudomyxoma peritonei · maligne Lymphome · Dünndarmkarzinoid
& 12 &
Wegweisende Untersuchungen (Diagnostische Punktion +)
± Entzündungen: · (spontane) bakterielle Peritonitis · Tuberkulose · eosinophile Gastroenteritis · akute Pankreatitis ± Bauchtrauma ± seltene Ursachen: · rheumatoide Arthritis · Kollagenosen · Morbus Whipple · Amyloidose · Meigs-Syndrom (S. 161) · Myxödem
Punktat: Zytologie Sonographie, Gastroskopie, Koloskopie, CT Sonographie, AFP CT, Peritonealbiopsie CT Sonographie, CT 5-Hydroxy-Indolessigsäure im 24-h-Urin Punktat: Kultur Punktatzytologie: Eosinophilie Lipase Aszites/Serum > 1 Anamnese ARA-Kriterien: S. 440 antinukleäre Autoantikörper Malabsorption, Duodenalbiopsie Rektum-Biopsie Sono: Ovarialfibrom, Pleuraerguû TSH-basal, hoher Eiweiûgehalt im Aszites
Chylöser Aszites Störung des Lymphabflusses durch maligne Sonographie, CT Prozesse (z. B. Lymphome)
Checkliste Hahn ´ Seite 188
13.1 Blasenentleerungsstörungen Algurie ä ä ä
Definition: schmerzhaftes Wasserlassen. Hauptursachen: Zystitis (S. 400) und Urethritis (S. 402). Basisdiagnostik: Urinstatus, Urinsediment.
Dysurie ä ä
ä
Definition: erschwertes Wasserlassen (evtl. schmerzhaft) durch mechanisches Hindernis am Harnblasenausgang oder in der Harnröhre. Hauptursachen: ± Harnwegsinfektionen (s. o.) ± Prostatahyperplasie, -adenom, -karzinom, akute Prostatitis ± Urethralstrikturen und -verletzungen (z. B. durch Harnblasenkatheter) ± Harnblasen- oder Harnröhrentumoren, Blasensteine ± neurogene und psychogene Ursachen. Basisdiagnostik: rektale Untersuchung, Urinstatus, Urinsediment, Sonographie (mit voller Blase), Restharnbestimmung (S. 40). Bei V. a. Prostatakarzinom Bestimmung des prostataspezifischen Antigens (PSA: S. 221).
Harnverhaltung ± Überlaufblase ä
ä
ä
Definition: Harnverhaltung = völliges Unvermögen zur Harnentleerung, wird dabei die Blasenwand bis zur Grenze des Fassungsvermögens überdehnt, kommt es zur Überlaufblase mit Harntröpfeln. Hauptursachen: ± Ursachen der Dysurie ± Medikamente: v. a. Anticholinergika, Antidepressiva, Neuroleptika ± neurogen: z. B. diabetische autonome Neuropathie, Querschnittsläsion. Basisdiagnostik: Anamnese (Diabetes mellitus?, andere Grunderkrankungen, Medikamente), sonst wie bei Dysurie.
189
YB
Leitsymptome: Niere und ableitende Harnwege
CM
Pollakisurie ä ä
ä
Definition: gehäufter Harndrang mit Entleerung nur geringer Harnmengen. Hauptursachen: ± Ursachen der Dysurie ± verminderte Blasenkapazität bei ¹Schrumpfblaseª infolge längerdauernder Harnblasenkatheterisierung oder rezidivierenden Zystitiden ± Uterus myomatosus, descensus uteri, Zystozele ± psychogen. Basisdiagnostik: wie Dysurie, ggf. gynäkologische Untersuchung.
ä ä
Definition: gehäuftes nächtliches Wasserlassen. Hauptursachen, Basisdiagnostik: ± Herzinsuffizienz: S. 245, Ödeme anderer Ursachen: S. 138 ± Pollakisurie: s. o., Polyurie: S. 190 ± vermehrte abendliche Flüssigkeitszufuhr (v. a. Alkohol, Kaffee) ± Diuretikatherapie (v. a. abends).
Checkliste Hahn ´ Seite 189
& 13 &
Nykturie
Leitsymptome: Niere und ableitende Harnwege
190
CM
YB
13.2 Polyurie Grundlagen ä ä
Polyurie: pathologisch erhöhte Urinausscheidung. Folgen: Polydipsie (= vermehrtes Trinken), Exsikkose. Abgrenzung von einer erhöhten Urinausscheidung infolge primär vermehrter Flüssigkeitsaufnahme (z. B. psychogene Polydipsie).
Ursachen ä ä ä ä ä ä
Schlecht eingestellter bzw. nicht entdeckter Diabetes mellitus (Glukosurie mit osmotischer Diurese). Medikamente: z. B. Diuretikaüberdosierung. Alkohol: Hemmung der ADH-Sekretion. Zentraler oder renaler Diabetes insipidus (S. 519) und deren Ursachen. Polyurische Phase des akuten Nierenversagens. Evtl. bei chronischer Niereninsuffizienz im Stadium der kompensierten Retention.
Vorgehen ä
ä ä
& 13 &
ä
Anamnese: Grunderkrankungen (z. B. Diabetes mellitus, Nierenerkrankungen, Z. n. Schädel-Hirntrauma oder -Operation), Medikamente (Diuretikaüberdosierung?), Alkoholkonsum. Körperliche Untersuchung: Exsikkose? Basisdiagnostik: ± Ein-/Ausfuhrbilanzierung, Urinvolumen/d ± Labor: Blutbild, Kreatinin, Na+, K+, Ca++, Blutzucker(-tagesprofil), Serum-Osmolalität, Urinosmolalität ± Abdomensonographie: Nierenveränderungen? Erweiterte Diagnostik in Abhängigkeit der Befunde: ± Blutzucker hoch: Diabetes mellitus: S. 477 ± erhöhtes Kreatinin + vorausgegangene Oligurie/Anurie (z. B. nach Schock): V. a. polyurische Phase eines akuten Nierenversagens: S. 403 ± Hyperkalzämie: S. 429 ± Hypokaliämie: S. 425 ± Blutzucker normal, Urinosmolalität < 400 mosm/kg, Serumosmolalität > 300 mosm/kg: V. a. Diabetes insipidus: Durstversuch (S. 519).
Checkliste Hahn ´ Seite 190
Grundlagen ä ä ä
ä
Hämaturie: pathologische Ausscheidung von Erythrozyten im Urin. Makrohämaturie: mit bloûem Auge erkennbare Rotfärbung des Urins. Mikrohämaturie: bei der mikroskopischen Untersuchung des Urins > 5 Erythrozyten/Gesichtsfeld (bei 400facher Vergröûerung) ohne Erkennbarkeit mit bloûem Auge. Andere Ursachen einer roten Urinfärbung ohne Hämaturie: ± Teststreifen positiv, im Sediment keine Erythrozyten: · Hämoglobinurie: bei schwerer Hämolyse (Bilirubin , Retikulozyten , LDH , Haptoglobin ¯. S. 525) · Myoglobinurie: Ausscheidung von Myoglobin bei Rhabdomyolyse (CK , LDH , GOT , GPT . S. 403) ± Teststreifen negativ: · Porphyrie: Hoesch- oder Schwartz-Watson-Test positiv (S. 468) · alimentär: z. B. rote Beete, Ziegelmehl.
Häufigste Ursachen ä ä ä ä
Harnwegsinfektionen. Nephrolithiasis. Tumoren der Nieren und ableitenden Harnwege. Glomeruläre Erkrankungen.
Vorgehen ä
ä
ä
ä
ä
Teststreifen (Screening-Methode), Urinsediment: Vorgehen bei rotem Urin und negativem Teststreifen sowie bei positivem Teststreifen ohne Erythrozytennachweis s. o. Anamnese: Menstruation (ggf. Kontrolle danach), Flankenschmerzen, Miktionsbeschwerden, Grunderkrankungen (z. B. Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie), Vorerkrankungen (z. B. Steinleiden), Trauma, Medikamente (v. a. Analgetika und Antikoagulanzien). Körperliche Untersuchung: klopfschmerzhafte Nierenlager, Abdomenpalpation, absolute Arrhythmie (Niereninfarkt?), Hinweise für Gerinnungsstörungen (z. B. Hämatome, Petechien), rektale Untersuchung (Prostata?), Funduskopie bei V. a. hypertensive oder diabetische Nephropathie. Basisdiagnostik: ± Urinsediment: Erythrozytenzylinder? (sprechen für glomeruläre Ursache) ± bei Proteinurie quantitative Proteinbestimmung im 24-h-Sammelurin ± Labor: BSG, Blutbild, Kreatinin, Elektrolyte, Quick, PTT, Blutungszeit ± Sonographie (mit gefüllter Harnblase): Nierengröûe, Harnstau?, Konkremente?, gröûerer Niereninfarkt?, Zystennieren?, Nieren-, Prostata-, Blasentumoren? Wichtig ist die Abgrenzung von glomerulären (Erythrozytenzylinder, glomeruläre Proteinurie: Tab. 63) und nichtglomerulären Erkrankungen bei weiter bestehender Unklarheit durch Phasenkontrastmikroskopie: ± mehr als 80 % morphologisch veränderte (= dysmorphe) Erythrozyten sprechen für eine glomeruläre Ursache ± mehr als 80 % morphologisch unveränderte (= isomorphe) Erythrozyten sprechen für eine nicht-glomeruläre Ursache.
Checkliste Hahn ´ Seite 191
Leitsymptome: Niere und ableitende Harnwege
13.3 Hämaturie
191
YB
& 13 &
CM
Leitsymptome: Niere und ableitende Harnwege
192
CM
YB
13.3 Hämaturie ä
Erweiterte Diagnostik nach Verdacht (Tab. 62). Bei Makrohämaturie ohne Hinweise für glomeruläre oder tubuläre Nierenerkrankung urologische Abklärung möglichst noch in der Blutungsphase (Zystoskopie, i. v.-Urogramm).
Differentialdiagnose Tabelle 62
Differentialdiagnose der Hämaturie
Verdachtsdiagnose
Wegweisende Untersuchungen
Nephrolithiasis
Klinik, Sonographie
Harnwegsinfektionen
Klinik, Urin- und Blutkulturen (S. 17)
Benigne Tumoren: Sonographie, CT, ± Zystennieren ± Prostatahyperplasie und -adenom ± Nierenbecken-, Harnleiter- und Blasenpapillome Urinzytologie Maligne Tumoren: ± Hypernephrom ± Prostatakarzinom ± Nierenbecken- Harnleiter- und Blasenkarzinome Glomeruläre Erkrankungen: ± Glomerulonephritis ± nicht entzündliche Glomerulopathien · diabetische Nephropathie · hypertensive Nephropathie · Amyloidose (selten) Tubuläre Erkrankungen: ± interstitielle Nephritiden (S. 399)
Sonographie, CT, i. v. Urogramm PSA-Bestimmung Urinzytologie glomeruläre Proteinurie: S. 194 Erythrozytenzylinder, Nierenbiopsie Anamnese, Funduskopie Anamnese, Funduskopie Rektum-, Nierenbiopsie tubuläre Proteinurie: S. 194
Trauma
Anamnese
Gerinnungsstörungen (v. a. Antikoagulanzientherapie)
Quick, PTT, Thrombozyten, Blutungszeit
Gefäûerkrankungen: ± Nierenvenenthrombose, Niereninfarkt, Hämangiome ± Morbus Osler
Duplexsonographie, Angiographie Klinik (S. 557)
& 13 &
Nicht pathologische passagere Hämaturie: ± Kontamination des Urins während der Menstruation ± Hämaturie bei schwerer körperlicher Belastung
Checkliste Hahn ´ Seite 192
Anamnese, Kontrolluntersuchung
Grundlagen ä
ä ä ä
Physiologische Proteinurieformen: ± Proteinurie bis 150 mg/24 h ± orthostatische Proteinurie (< 2 g/24 h) bei Kindern und Jugendlichen (Diagnose: Urin getrennt am Tag und während der Bettruhe sammeln) ± Proteinurie nach schwerer körperlicher Belastung (< 2 g/24 h). Intermittierende Proteinurie (< 2 g/24 h): z. B. bei Fieber und Herzinsuffizienz, verschwindet nach Besserung der Grunderkrankung. Mikroalbuminurie: Albuminausscheidung 30 ± 300 mg/24 h, Bestimmung zur Früherkennung der diabetischen oder hypertensiven Nephropathie. Einteilung pathologischer Proteinurieformen (Tab. 63) anhand der Bestimmung der Markerproteine oder anhand der molekulargewichtsbezogenen Auftrennung der Urinproteine mit der SDS-Polyacrylamidgel-Elektrophorese (= SDS-PAGE, aussagefähiger, aber aufwendiger).
Häufigste Ursachen ä ä ä ä
Intermittierende Proteinurie (s. o.). Bakterielle und abakterielle interstitielle Nephritiden. Diabetische oder hypertensive Nephropathie. Glomerulonephritis.
Vorgehen ä
ä
ä
Proteinurie ist ein häufiger Zufallsbefund beim Streifentest, bei Frauen häufig auch falsch positive Befunde durch vaginalen Fluor. Bei unauffälliger Klinik, normaler Nierenfunktion oder intermittierender Proteinurie (s.o) zunächst kurzfristige Kontrolle. Häufig besteht ein naheliegender Zusammenhang zu einem Harnwegsinfekt oder einer diabetischen bzw. hypertensiven Nephropathie. Basisdiagnostik bei postivem Teststreifen: ± Anamnese: insbesondere Medikamente, Grunderkrankungen, abgelaufener (Streptokokken-)Infekt, weitere Symptome ± Klinische Untersuchung: Ödeme, Blutdruck ± quantitative Proteinbestimmung im 24-h-Sammelurin ± Urinsediment ± BSG, Blutbild, Kreatinin, Elektrolyte, Gesamteiweiû, Albumin, Serum-Elektrophorese (S. 218), Cholesterin, Triglyzeride, ASL-Titer, Blutzucker-Tagesprofil ± Sonographie. Weiteres Vorgehen: abhängig vom Ausmaû der Proteinurie, der Anamnese sowie weiterer Symptome und Befunde z. B.: ± bei untypischen Begleitsymptomen Bestimmung der Markerproteine oder SDS-PAGE (s. o.), Differentialdiagnose: Tab. 63 ± bei V. a. akute Glomerulonephritis (Hämaturie, Hypertonie, evtl. vorausgegangener Streptokokkeninfekt) bzw. V. a. nephrotisches Syndrom (Proteinurie > 3,5 g/d, Hypoproteinämie, Hyperlipoproteinämie): S. 396.
Checkliste Hahn ´ Seite 193
Leitsymptome: Niere und ableitende Harnwege
13.4 Proteinurie
193
YB
& 13 &
CM
Leitsymptome: Niere und ableitende Harnwege
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13.4 Proteinurie Differentialdiagnose Tabelle 63 Einteilung und Differentialdiagnose pathologischer Proteinurieformen anhand der Bestimmung der Markerproteine bzw. der molekulargewichtsbezogenen Auftrennung der Urinproteine mit der SDS-PAGE (s. o.) SDS-PAGE Proteinurietyp
Markerproteine Albumin
IgG
a1-Mikroglobulin
physiologisch
< 30 mg/24 h
< 15 mg/24 h
< 20 mg/24 h
selektiv glomerulär
Vorkommen: leichte glomeruläre Schäden, z. B. Frühstadien der membranösen Glomerulonephritis, der Minimal change-Glomerulonephritis und der diabetischen Nephropathie unselektiv glomerulär
Vorkommen: schwere glomeruläre Schäden bei primären und sekundären Glomerulonephritiden, diabetischer Nephropathie, ¹benignerª Nephrosklerose bei arterieller Hypertonie, Amyloidose tubulär
Vorkommen: tubulointerstitielle Nephritiden (S. 399) glomerulär und tubu- lär (gemischt)
/
Vorkommen: Glomerulopathien mit tubulärer Mitbeteiligung bei den meisten Glomerulonephritiden, tubulointerstitielle Nephritis und glomeruläre Schädigung, z. B. durch gleichzeitigen Diabetes mellitus prärenal
Summe der Ausscheidungen von Albumin, IgG und a1-Mikroglobulin < 60 % der Gesamteiweiûausscheidung. (Hämoglobin, Myoglobin, Bence-Jones-Proteinurie?) Vorkommen: ¹Überlauf-Proteinurieª bei hämolytischer Krise, Rhabdomyolyse (S. 403) oder monoklonaler Gammopathie
postrenal
vermehrter Nachweis tubulär sezernierter Proteine: z. B. a2-Makroglobulin (kann wegen seiner Gröûe auch geschädigte Glomerula nicht passieren)
& 13 &
Vorkommen: z. B. Harnwegsinfektionen
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13.5 Harninkontinenz Einteilung ä
ä
ä
ä
ä
Streûinkontinenz: ± Definition: unfreiwilliger Urinabgang bei erschlafftem Beckenboden unter Belastung (z. B. Husten, Pressen, Niesen, Bücken) ± Symptomatik: tropfen- bis spritzförmiger Harnabgang unter der Belastungssituation ohne Harndrang und ohne Miktionsbeschwerden ± Therapie: Beckenbodengymnastik, ggf. Operation, evtl. Östrogene. Dranginkontinenz (= Urge-Inkontinenz): ± Definition: unfreiwilliger (bemerkter) Urinabgang verbunden mit Harndrang ± Symptomatik: · motorische Dranginkontinenz: strahlförmiger Harnabgang (gröûere Mengen als bei Streûinkontinenz) mit Harndrang und erhaltenem Gefühl für die Blase · sensorische Dranginkontinenz: häufiges Wasserlassen mit geringen Urinmengen und Brennen bei der Miktion ± Therapie: z. B. kausal bei sensorischer Form, Toilettentraining und Anticholinergika (z. B. Propiverin = Mictonorm) bei motorischer Form. Überlaufinkontinenz: ± Definition: Urinabgang bei passiver Überdehnung der Blasenwand ± Symptomatik: Harnträufeln, Restharnbildung, kompletter Harnverhalt ± Therapie: kausal (z. B. Operation bei Prostatahyperplasie oder Harnröhrenstriktur), medikamentöser Versuch mit Alpha1-Rezeptor-Blockern, z. B. Tamsulosin (Alna, Omnic 0,4 mg Kps., 1 Tbl. morgens), symptomatisch (z. B. intermittierender Eigenkatheterismus, suprapubischer Harnblasenkatheter), Blasentraining (z. B. bei Reflexinkontinenz oder atoner Blase). Funktionelle Inkontinenz: ± Definition, Symptomatik: Urinabgang zu unerwünschter Zeit an unerwünschtem Ort bei intakter Anatomie/Physiologie der ableitenden Harnwege ± Therapie: Toilette(-nstuhl) in erreichbarer Nähe, regelmäûiger Toilettengang, keine übermäûige Flüssigkeitszufuhr zur Nacht. Differentialdiagnose und Ursachen der einzelnen Formen: Tab. 64.
195
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Leitsymptome: Niere und ableitende Harnwege
CM
ä
ä ä ä ä
Anamnese (wichtigster Bestandteil der Primärdiagnostik): ± zeitliche Entwicklung der Inkontinenz, Vor- und Grunderkrankungen, Medikamente, Begleitsymptome (z. B. Flankenschmerzen, Hämaturie, Algurie, Dysurie), Stuhlunregelmäûigkeiten, bei Frauen Geburten und gynäkologische Beschwerden ± Miktionsfrequenz, Nykturie, Vorhandensein von Harndrang, Zeitpunkt- und äuûere Einflüsse (z. B. Pressen, Niesen, Husten) auf den Harnverlust, Intensität des Harnstrahls, Nachträufeln? Körperliche Untersuchung einschlieûlich rektaler Palpation und neurologischem Status, bei Frauen gynäkologische Untersuchung. Miktionsprotokoll: Zeitpunkt, Volumen und äuûere Umstände der Miktion bzw. des Harnverlusts im Tagesverlauf. Labor: mindestens Urinstatus, -sediment, BSG: Blutbild, Kreatinin, Elektrolyte. Sonographie mit Restharnbestimmung: S. 40.
Checkliste Hahn ´ Seite 195
& 13 &
Vorgehen
& 13 &
Leitsymptome: Niere und ableitende Harnwege
196
CM
YB
13.5 Harninkontinenz ä
ä
Weiteres Vorgehen in Abhängigkeit vom Verdacht (Tab. 64): ± bei Harnwegsinfekt (Klinik, Bakteriurie, Leukozyturie) Urin- , bei Fieber auch Blutkulturen ± bei Proteinurie: S. 193, bei Hämaturie: S. 191. Urologische Spezialdiagnostik bei unklarer bzw. V. a. nichtinternistische Ursache: z. B. Zystoskopie, Uroflowmetrie, urodynamische Untersuchungen, Endosonographie, i. v. Urogramm, Becken-CT.
Differentialdiagnose Tabelle 64
Differentialdiagnose der Inkontinenz
Verdachtsdiagnose Streûinkontinenz: ± Insuffizienz des Verschluûmechanismus an Blasenhals und Harnröhre: · nach Operationen und Traumata · postpartale Überdehnung ± Verlagerung von Blase und Harnröhre: · Descensus uteri, Zystozele, Rektozele · Beckenbodenschwäche ± Schleimhautschwund bei Östrogenmangel Dranginkontinenz (= Urgeinkontinenz): ± motorische Dranginkontinenz · Demenz (Multiinfarktdemenz, Alzheimer-Typ) · nach Schlaganfall · Morbus Parkinson · Hirntumore ± sensorische Dranginkontinenz · Harnwegsinfektionen · Steine, Tumoren der ableitenden Harnwege ± idiopathische Dranginkontinenz (motorisch oder sensorisch) = ¹Reizblaseª
Wegweisende Untersuchungen
Anamnese, gynäkologische Untersuchung
Anamnese, neurologische Untersuchung, Schädel-CT Urinstatus, Sonographie, Zystoskopie
Überlaufinkontinenz: ± obstruktive Form (mechanische Abfluûstörung): · Prostatavergröûerung · Tumoren, Strikturen ± Reflexinkontinenz: Verlust der Blasen-SchlieûmuskelKoordination durch Rückenmarksläsion ± atone Blase: durch autonome Neuropathie (z. B. bei Diabetes mellitus)
Anamnese, Sonographie PSA-Bestimmung Zystoskopie neurologische Untersuchung
Funktionelle Inkontinenz: bei Immobilität, baulichen Barrieren (z. B. Treppen), Sehschwäche, Demenz u. a.
Anamnese
Medikamente können über verschiedene Mechanismen Anamnese, evtl. alle Formen der Inkontinenz verstärken: z. B. Diuretika, Weglaûversuch Anticholinergika, Antidepressiva, Neuroleptika, Sedativa, a- und b-Agonisten/Antagonisten, Alkohol
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14.1 Gelenkschmerzen Grundlagen ä ä
Arthralgien: Gelenkschmerzen jeder Genese. Arthritis: Gelenkentzündung, kann akut oder chronisch verlaufen. Arthrose: degenerative Gelenkerkrankung.
Häufigste Ursachen ä ä ä
Arthrosen, posttraumatische oder überlastungsbedingte Arthralgien. Weichteilrheumatische Erkrankungen. Entzündlich rheumatische Gelenkerkrankungen (seltener).
Vorgehen ä
ä
Anamnese: zeitliche Entwicklung des Gelenkschmerzes (akut ± chronisch?), Lokalisation der Schmerzen, Bewegungsabhängigkeit, sonstige Beschwerden, Fieber, Stuhlgang, Miktion, Familienanamnese (Rheuma?, Stoffwechselerkrankungen?), Vorerkrankungen (abgelaufener Infekt?) und Grunderkrankungen, Traumata, Operationen, Medikamente. Körperliche Untersuchung: ± Hautveränderungen: Exantheme, Hämatome, Raynaud-Syndrom (S. 293), Erythema nodosum (S. 315, Farbabb. 33) Rheumaknoten? (S. 439) ± Augenbeteiligung (z. B. Iritis, Konjunktivitis): z. B. bei rheumatoider Arthritis, Morbus Bechterew, Morbus Reiter, Arthritis psoriatica, Kollagenosen, Morbus Behçet ± Hinweise für Herz- und Lungenbeteiligung: z. B. bei Löfgren-Syndrom, Kollagenosen, Vaskulitiden, rheumatoider Arthritis ± vergröûerte Lymphknoten? ± neurologische Ausfälle?: z. B. bei Panarteriitis nodosa, Lyme-Arthritis ± betroffene Gelenke und übriger Bewegungsapparat: · Entzündungszeichen: Schwellung, Rötung, Überwärmung? · Gelenkdeformitäten? · Befallsmuster: mono-, oligo-, polyartikulär (Tab. 65), groûe oder kleine Gelenke, Fingergrund- und -mittel- (z. B. rheumatoide Arthritis) oder -endgelenke (z. B. Arthrose) · Gelenkbeweglichkeit · klopfschmerzhafte Iliosakralgelenke · Muskelatrophien? (sprechen für chronische Gelenkerkrankung).
Tabelle 65
Zahl der betroffenen Gelenke bei Arthralgien
Monoartikulär (1)
Oligoartikulär (2 ± 4)
Polyartikulär (> 4)
infektiöse Arthritis, Arthritis urica, Chondrokalzinose, posttraumatische Arthritis, tuberkulöse Arthritis, aktivierte Arthrose, Hämophiliearthritis
seronegative Spondylarthritiden, Löfgren-Syndrom, Lyme-Arthritis, Arthritis psoriatica, Morbus Behçet, Polymyalgia rheumatica, HIV-Arthritis, rheumatisches Fieber
rheumatoide Arthritis, Kollagenosen, Vaskulitiden, Hämochromatose, aktivierte Fingerpolyarthrosen
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ä
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YB
Leitsymptome: Bewegungsapparat
CM
Leitsymptome: Bewegungsapparat
198
CM
YB
14.1 Gelenkschmerzen ä
Labor (bei weiterhin unklaren Arthralgien): ± Basisprogramm: · BSG/CRP, Blutbild, Differentialblutbild, Blutzucker, Kreatinin, Elektrolyte, Harnsäure, Cholesterin, Triglyzeride, Serum-Elektrophorese (S. 218), Rheumafaktor, antinukleäre Antikörper · Erregerdiagnostik bei V. a. infektiöse Genese durch Blutkulturen oder Serologie (je nach Verdacht) ± bei positiven antinukleären Antikörpern und/oder zusätzlichen klinischen Hinweisen erweiterte Antikörperdiagnostik: Tab. 66.
Tabelle 66
Antinukleäre Antikörper (ANA)
Antikörper gegen
Krankheitsassoziation (Häufigkeit)
dsDNS
SLE (50 ± 70 %),
Histone
medikamentös-induzierter SLE (90 %), SLE (30 %)
U1RNP
Sharp-Syndrom (95 %)
Sm
SLE (25 %)
SS-A
Sjögren-Syndrom (50 %), SLE (40 %)
SS-B
Sjögren-Syndrom (50 %), SLE (20 %)
Centromerprotein
CREST-Syndrom (80 %)
Scl70
diffuse systemische Sklerodermie (60 %)
PM1
Polymyositis-Dermatomyositis (60 %)
ä
& 14 &
ä
Gelenkpunktion und Erregerdiagnostik (Kulturen): bei klinischen Hinweisen für eine eitrige Arthritis. Apparative und invasive Untersuchungen: ± Basisprogramm: Röntgen-Thorax, Röntgen der betroffenen Gelenke, (ggf. auch Iliosakralgelenke) evtl. mit Schichtaufnahmen (Tomographie) ± nach Verdacht (Tab. 67 und 68) z. B.: · Gelenksonographie · Gelenkpunktion mit Synovialanalyse (rheumatologisches Labor) · CT oder MRT · Knochenszintigramm · Arthroskopie mit Synovialbiopsie · Tumorsuche.
Checkliste Hahn ´ Seite 198
14.1 Gelenkschmerzen Differentialdiagnose Tabelle 67 Differentialdiagnose von Gelenkschmerzen mit Entzündungszeichen Verdachtsdiagnose
Wegweisende Untersuchungen
Infektarthritiden: ± akute bakterielle Arthritis: · Erreger v. a. Staphylokokken, Streptokokken, E. coli, Salmonellen, Haemophilus
Klinik (ausgeprägte Entzündungszeichen) Erregernachweis im Gelenkpunktat, Blutkulturen
Parainfektiöse Arthritiden: ± reaktive Arthritis, Reiter-Syndrom: · nach Enteritis: v. a. Campylobakter, Salmonellen, Shigellen, Yersinien · nach Urethritis: Gonokokken, Chlamydien, Ureaplasmen ± Brucellosen ± Lyme-Arthritis ± tuberkulöse Arthritis ± virale Arthritiden: · Röteln, Hepatitis, Masern, Mumps, Varizellen, Mononukleose, Influenza, HIV u. a.
Anamnese: Tierkontakt? Gelenkpunktat, Serologie Anamnese: Zeckenbiû? Serologie Röntgen, Tine-Test, Gelenkpunktat Anamnese, Klinik (Exantheme), Serologie Klinik, ASL-Titer ARA-Kriterien: S. 440 Antinukleäre Antikörper Klinik, Röntgen-Iliosakralgelenke, HLA-B27 Klinik, Organbiopsien BSG, Klinik (S. 455) Klinik Klinik, Röntgen-Thorax Klinik, BSG, BB
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Entzündlich rheumatische Arthritiden: ± rheumatisches Fieber ± rheumatoide Arthritis ± Kollagenosen ± seronegative Spondylarthritiden · Morbus Bechterew · Arthritis psoriatica · Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, Morbus Whipple · reaktive Arthritis, Reiter-Syndrom (s. o.) ± Vaskulitiden · v. a. Polymyalgia rheumatica ± Morbus Behçet (Arthralgien, Iritis, orale und genitale Aphthen, Erythema nodosum) ± Löfgren-Syndrom (meist im Sprunggelenk) ± aktivierte Arthrose
Anamnese (2 ± 6 Wochen nach Infekt), Klinik, Serologie, Röntgen-Iliosakralgelenke, HLA-B27
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Leitsymptome: Bewegungsapparat
CM
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14.1 Gelenkschmerzen Tabelle 68 Differentialdiagnose von Gelenkschmerzen mit/ohne Entzündungszeichen Verdachtsdiagnose Degenerativ-rheumatische Krankheiten: ± Arthrosis deformans und Fingerpolyarthrose ± Spondylosis deformans und Spondylarthrose ± weichteilrheumatische Erkrankungen: z. B. Periarthropathia humeroscapularis Stoffwechselkrankheiten: ± Arthritis urica (Groûzehengrundgelenk > Metatarsalgelenk > Ferse > Sprunggelenk > Knie) ± Chondrokalzinose (Pseudogicht, meist Kniegelenke) ± Hyperlipidämien
Wegweisende Untersuchungen
Klinik, Röntgen
Klinik, Serumharnsäure
± Diabetes mellitus (bei Polyneuropathie, meist Fuûgelenke) ± Hämochromatose ± Speicherkrankheiten: z. B. Morbus Gaucher
CPPD-Kristalle im Gelenkpunktat Triglyzeride, Cholesterin im Serum Anamnese, Blutzuckertagesprofil Eisen, Ferritin im Serum Knochenmark
Andere Erkrankungen: ± Malignome, Leukämien (paraneoplastisch) ± Hämophilie A und B (durch rezidivierende Gelenkblutungen) ± Fibromyalgiesyndrom ± Serumkrankheit (S. 460)
Tumorsuche PTT, Faktorenbestimmung ¹tender pointsª S. 436 Medikamentenanamnese
& 14 &
Leitsymptome: Bewegungsapparat
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Grundlagen ä ä
Definition: Schmerzen, die ein- oder beidseits in der Region zwischen der 12. Rippe und der Gesäûfalte lokalisiert sind. Häufiges, sozialmedizinisch bedeutsames Beschwerdebild.
Häufigste Ursachen ä ä
Akute oder chronische statische Fehlbelastungen der Wirbelsäule. Degenerative Erkrankungen der Wirbelsäule.
Vorgehen ä
ä
Anamnese: ± allgemein: Vor- und Grunderkrankungen, kürzlich abgelaufene Infekte, frühere Operationen und Traumata, Fieber, abdominelle Beschwerden, Stuhlunregelmäûigkeiten, Miktionsbeschwerden, gynäkologische Anamnese ± Schmerzanamnese: zeitlicher Verlauf (akuter Beginn, chronisch progredient?), Auslöser (z. B. Hebetrauma), Abhängigkeit von der Körperhaltung und bestimmten Bewegungen, Schmerzausstrahlung. Beispiele: · Diskusprolaps: blitzartig einsetzende Kreuzschmerzen (¹Lumbagoª) nach abrupter Bewegung oder schwerem Heben, verstärkt beim Husten oder Niesen, bei Wurzelkompression mit Ausstrahlung in die Beine und evtl. sensiblen/motorischen Ausfällen in Abhängigkeit von der Lokalisation (s. u.) · degenerative Wirbelsäulenerkrankungen: über Jahre zunehmende bewegungs- und stellungsabhängige Schmerzen · seronegative Spondylarthritiden: nächtliche und Ruheschmerzen, welche sich unter Bewegung bessern, häufig Morgensteifigkeit bis zu 1 h Dauer · bakterielle Spondylitis, Spondylodiszitis: heftige Dauerschmerzen · Tumorerkrankungen: über Wochen bis Monate progrediente Dauerschmerzen. ± neurologische Ausfälle: Paresen und Sensibilitätsstörungen. Körperliche Untersuchung, einschlieûlich: ± Beurteilung statischer Veränderungen wie Beinlängenverkürzung, Beckenschiefstand, Wirbelsäulenfehlstellungen etc. im Stehen, Überprüfung auf lokale Druck- und Klopfschmerzhaftigkeit der Wirbelsäulensegmente (ausgeprägt bei bakteriellen Spondylodiszitiden) und des Iliosakralgelenks (typisch für seronegative Spondylarthritiden) ± Überprüfung der Wirbelsäulenbeweglichkeit: Schober-Zeichen (S. 444) ± Überprüfung auf Nervendehnungsschmerzen: · Lasgue-Zeichen: passives Anheben des gestreckten Beines (Patient in Rückenlage) führt nach wenigen Grad zu Schmerzen im Rücken · umgekehrtes Lasgue-Zeichen: wie Lasgue, jedoch in Bauchlage ± neurologische Untersuchung: Reflexe, Motorik, Sensibilität, Hinweise für Wurzelkompressionssyndrom? (Tab. 69). Sonderform Kaudasyndrom bei medialem Diskusprolaps: schlaffe Lähmung der Beine, Schmerzen und Sensibilitätsstörungen (typisch: Reithosenanästhesie = Sensibilitätsstörungen im Anogenitalbereich), dabei wechselnde Seitenbetonung, Blasen- und Mastdarmstörungen (neurochirurgischer Notfall!).
Checkliste Hahn ´ Seite 201
Leitsymptome: Bewegungsapparat
14.2 Kreuzschmerzen
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Leitsymptome: Bewegungsapparat
202
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14.2 Kreuzschmerzen Tabelle 69
Symptome bei lumbosakralen Wurzelkompressionssyndromen
Nervenwurzel
sensible Störung
L3
Reflexminderung
Nervendehnungszeichen
Oberschenkelvor- Hüftbeugung derseite
(Patellarsehnenreflex)
umgekehrter Lasgue
L4
Tibiakante
Patellarsehnenreflex
umgekehrter Lasgue
L5
UnterschenkelFuû- und auûenseite, Fuû- Groûzehenrücken, Groûzehe hebung
S1
Beinrückenseite, Fuûauûenrand
ä
Streckung im Kniegelenk
Fuûsenkung
Lasgue
Achillessehnenreflex
Lasgue
Apparative Basisdiagnostik: ± Labor: BSG/CRP, Blutbild, Kreatinin, Ca++, alkalische Phosphatase (aP), Serum-Elektrophorese (S. 218), Urinstatus ± Röntgendiagnostik (nicht bei jedem Patienten erforderlich), Indikationen: · bei Erstmanifestation Krankheitsdauer von > 4 Wochen · neurologische Ausfallserscheinungen · Zeichen einer systemischen Erkrankung (z. B. BSG-Erhöhung) · Tumorverdacht oder Tumorerkrankung in der Vorgeschichte · Alkoholabusus (Frakturen?) · Alter > 50 Jahre. Erweiterte Diagnostik nach Verdacht und Fragestellung (Tab. 70 und 71).
& 14 &
ä
motorische Störung
Checkliste Hahn ´ Seite 202
Differentialdiagnose Tabelle 70
Differentialdiagnose der Kreuzschmerzen (vertebrale Ursachen)
Verdachtsdiagnose
Wegweisende Untersuchungen
Degenerativ-fehlstatisch bedingte Wirbelsäulenerkrankungen: ± arthroligamentäre Funktionsstörungen idiopathisch oder bei Fehlbelastung (z. B. ¹Verhebetraumaª) ± Spondylosis deformans und Spondylarthrose ± Spondylolisthesis ± Skoliosen, Kyphosen ± Bandscheibendegeneration einschlieûlich Diskusprolaps ± Spinalkanalstenose (Beschwerdebesserung bei Entlordosierung der LWS, z. B. Bergaufgehen und Radfahren)
Röntgen Anamnese, Verlauf
Osteopathien/Stoffwechselerkrankungen: ± Osteoporose ± Osteomalazie ± Spondylosis hyperostotica (Häufung bei Diabetes mellitus, Hyperlipidämien, Hyperurikämie): v. a. BWS-Befall ± Morbus Paget
CT, MRT CT Röntgen aP Anamnese aP
Wirbelsäulentrauma, z. B. ± Wirbelkörperfrakturen
Röntgen
Infektionen: ± Spondylitis, Spondylodiszitis (v. a. durch Staphylokokken, Streptokokken, Brucellen, Salmonellen, E. coli, Tuberkelbakterien)
Klinik: Infektionszeichen, CT, MRT
Seronegative Spondylarthritiden:
Klinik, Röntgen (auch Iliosakralgelenke), HLA-B27
± ± ± ±
Morbus Bechterew Arthritis psoriatica Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, Morbus Whipple reaktive Arthritis, Reiter-Syndrom (s. o.)
Haut? Endoskopie Infektanamnese
Neoplastische Erkrankungen: ± Metastasen: v. a. Schilddrüsen-, Mamma-, Prostata-, Nieren-, Bronchialkarzinom ± Lymphome: v. a. Plasmozytom, Morbus Hodgkin ± osteogene Tumoren: z. B. Osteome, Osteosarkome ± neurogene Tumoren: z. B. Neurinome, Meningeome ± Gefäûtumoren: z. B. Angiome
Röntgen, Skelettszintigraphie, CT, Tumorsuche
Neurologische Erkrankungen: ± Radikulitis: z. B. bei Herpes zoster, Lyme-Borreliose ± Subarachnoidalblutung ± Arteria-spinalis-anterior-Syndrom: initial gürtelförmige Parästhesien, später Querschnittsymptomatik
Klinik, Serologie CT Klinik, MRT
Checkliste Hahn ´ Seite 203
Leitsymptome: Bewegungsapparat
14.2 Kreuzschmerzen
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Leitsymptome: Bewegungsapparat
204
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14.2 Kreuzschmerzen Tabelle 71 Differentialdiagnose der Kreuzschmerzen (para- und extravertebrale Ursachen) Verdachtsdiagnose
Wegweisende Untersuchungen
Paravertebrale Ursachen Fibromyalgiesyndrom
¹tender pointsª: S. 436
Polymyalgia rheumatica
BSG, Klinik (S. 455)
Extravertebrale Ursachen Retroperitoneale Erkrankungen (Schmerzen meist in den Rücken ausstrahlend): ± Aortenaneurysma ± Retroperionealfibrose ± retroperitoneale Hämatome (v. a. unter Antikoagulation) ± retroperitoneale Lymphome ± Ulcus duodeni ± Pankreaserkrankungen · akute Pankreatitis · Pankreaskarzinom ± Nierenerkrankungen · Pyelonephritis · Hypernephrom ± Nephrolithiasis Erkrankungen des kleinen Beckens (Schmerzen meist in Richtung Kreuzbein ausstrahlend): ± Uteruserkrankungen ± Ovarialtumoren ± Prostataerkrankungen · Prostatitis
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· Prostatatumoren ± Rektumkarzinom
Checkliste Hahn ´ Seite 204
Sonographie, CT
Gastroskopie Lipase, Amylase Urinstatus Sonographie gynäkologische Untersuchung Klinik (Fieber, Schüttelfrost, rektaler Druckschmerz) rektale Untersuchung, PSA rektale Untersuchung, Rektoskopie
15.1 Schwindel Grundlagen ä
ä
Definition: allgemeine Bezeichnung für eine subjektiv empfundene Störung der Orientierung des Körpers im Raum, häufig verbunden mit Scheinbewegungen von Körper oder Umwelt. Einteilung nach der vorherrschenden Symptomatik: ± unsystematischer Schwindel: Unsicherheits- und Benommenheitsgefühl, Schwarzwerden vor den Augen (häufig internistische Ursachen) ± systematischer Schwindel: Drehschwindel, Schwankschwindel mit Fallneigung auf die Seite, Liftgefühl.
Häufigste Ursachen ä ä ä ä
Zerebrale Hypoxie bei Arteriosklerose und Herz-Kreislaufstörungen. Schwindel durch medikamentöse Einflüsse und Alkohol. Vestibulärer Schwindel v. a. benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel. Phobischer Schwankschwindel.
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Leitsymptome: Nervensystem
CM
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ä
Anamnese: ± Vor- und Grunderkrankungen ( v. a. Herz-Kreislauf- und Lungenerkrankungen, Diabetes mellitus, neurologische Erkrankungen), vorausgegangenes Schädelhirntrauma, Synkopen, Nikotin- und Alkoholkonsum, Medikamente ± zeitlicher Verlauf des Schwindels: Beginn, akut auftretend, rezidivierend, Dauerschwindel? ± Art des Schwindels: Drehschwindel, Schwankschwindel, Liftgefühl, Schwarzwerden vor den Augen, allgemeine uncharakteristische Unsicherheit ± Abhängigkeit des Schwindels von · Lagewechsel: z. B. orthostatische Dysregulation, vestibulärer Schwindel · körperlicher Belastung: z. B. Herzinsuffizienz · Kopfdrehung: z. B. vertebrobasiläre Insuffizienz infolge degenerativer HWS-Veränderungen · Armarbeit: bei Subclavian-steal-Syndrom · Besserung bei geschlossenen Augen: okulärer Schwindel · Aufenthaltsort: z. B. Brücken, in leeren Räumen, unter groûen Menschenansammlungen bei phobischem Schwankschwindel ± Begleitsymptome: · Tinnitus (= Ohrgeräusche), Hypakusis: Morbus MØnire · Übelkeit, Erbrechen: z. B. peripher vestibulärer Schwindel · Kopfschmerzen: z. B. Tumor, degenerative HWS-Veränderungen · Doppelbildersehen: okulärer Schwindel. Allgemeine körperliche Untersuchung, einschlieûlich Blutdruck- und Pulsmessung im Seitenvergleich sowie im Liegen und Stehen, Untersuchung von Herz und Lunge, Auskultation der Karotiden und neurologische Untersuchung, Schellong-Test (S. 287) bei V. a. orthostatische Dysregulation. Nystagmus: ± unwillkürliche, meist beidseitige rhythmische Bulbusbewegungen, ermöglicht als physiologischer Nystagmus die Blickfixation bei raschem Lagewechsel.
Checkliste Hahn ´ Seite 205
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Vorgehen
Leitsymptome: Nervensystem
206
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15.1 Schwindel
ä
ä
ä
& 15 &
YB
± Spontan- und Lagerungsnystagmus sind Hinweise auf eine Schädigung des Vestibularisapparates oder einer neurologischen Erkrankung. Für die Angabe der Nystagmusrichtung ist die schnelle Phase maûgebend. · peripherer Nystagmus: schnell erschöpfbar, horizontal oder rotierend · zentraler Nystagmus: hält viel länger an, häufig richtungswechselnd, tritt auch in vertikaler Richtung auf. Koordinationsprüfungen: ± allgemeine Prüfungen auf Ataxie (= ungeordnete Koordination) · Finger-Nase-Versuch: Patient soll bei geschlossenen Augen mit weit ausholender Bewegung die Spitze seines Zeigefingers langsam auf seine Nasenspitze führen · Knie-Hacken-Versuch: Patient soll die Ferse des einen Beines exakt auf die Kniescheibe des anderen Beines setzen und dann langsam an der Schienbeinkante entlang herunterfahren. ± Prüfung der Vestibularisfunktion: · Romberg-Versuch: Patient soll mit geschlossenen Augen und zusammengestellten Füûen ruhig stehen bleiben. Eine auftretende Standataxie kann auf eine Vestibularisstörung oder eine gestörte Tiefensensibilität hinweisen · Unterbergscher-Tretversuch: Ausgangsstellung des Romberg-Versuchs, Patient soll mehrmals mit deutlich hochgehobenen Füûen auf der Stelle treten. Bei vestibulären Erkrankungen kommt es zu einem stärkeren Drehen zu der kranken Seite. ± Prüfung der Kleinhirnfunktion: · Diadochokinese: Patient soll rasch aufeinanderfolgende Pro- und Supinationsbewegungen mit den Unterarmen durchführen (¹Glühbirneneinschraubenª). Dys- oder Adiadochokinese z. B. bei Kleinhirnerkrankungen und extrapyramidalen Störungen · Rebound-Phänomen: überschieûendes Zurückschnellen nach plötzlichem Loslassen des gegen den Widerstand des Untersuchers im Ellenbogen rechtwinklig gebeugten Patientenarmes spricht für Kleinhirnerkrankung. Apparative Diagnostik in Abhängigkeit vom Verdacht (Tab. 72): ± Labor: BSG, Blutbild, Blutzucker, Kreatinin, Elektrolyte, Transaminasen, TSH-basal, Blutgasanalyse ± Ruhe-EKG ± Röntgen-Thorax in 2 Ebenen ± Echokardiographie, Langzeit-RR-Messung, Langzeit-EKG, Dopplersonographie der extrakraniellen hirnversorgenden Gefäûe bei Hinweisen für eine kardiovaskuläre Genese ± Röntgen-HWS in 4 Ebenen bei V. a. vertebragene Genese ± Schädel-CT bzw. MRT bei V. a. Tumorerkrankung. Fachspezifische Diagnostik in Abhängigkeit vom Verdacht: ± HNO-ärztliche Untersuchung einschlieûlich Audiometrie, Elektronystagmogramm und Röntgen-Spezialaufnahmen (z. B. Stenvers) bei V. a. peripher vestibulären Schwindel ± neurologische Untersuchung bei V. a. zentral vestibulären Schwindel bzw. neurologische Ursachen ± augenärztliche Untersuchung bei V. a. okulären Schwindel.
Checkliste Hahn ´ Seite 206
15.1 Schwindel Differentialdiagnose Tabelle 72
Differentialdiagnose des Schwindels
Verdachtsdiagnose
Wegweisende Untersuchungen
Unsystematischer Schwindel Zerebrale Hypoxie: ± Schwindelattacken: · hypo- oder hypertone Blutdruckdysregulation · Herzrhythmusstörungen · Karotissinussyndrom · transitorisch ischämische Attacken (TIA) ± Dauerschwindel: · zerebrale Arteriosklerose · arterielle Hypertonie · Herz- und Lungenerkrankungen · Anämie, Polyglobulie · Hyperventilationssyndrom Stoffwechselerkrankungen: z. B. Hypo-, Hyperglykämie, Urämie, Coma hepaticum, Thyreotoxikose Medikamente: v. a. Sedativa, Diuretika, Nitrate Degenerative Gehirnerkrankungen: z. B. Morbus Parkinson Postraumatisch: z. B. Commotio, Contusio cerebri Phobischer Schwankschwindel (z. B. Fallangst)
Schellong-Test, Langzeit-RR Langzeit-EKG S. 209 S. 635
Langzeit-RR EKG, Echo, RöntgenThorax Blutbild BGA Klinik, Labor
207
YB
Leitsymptome: Nervensystem
CM
Anamnese Neurostatus Anamnese Anamnese
Systematischer Schwindel: erfordert meist eine interdisziplinäre Abklärung (Internist, HNO-Arzt, Neurologe, Augenarzt)
Zerebellärer Schwindel: leichter gerichteter oder ungerichteter Dauerschwindel mit zentralem Nystagmus (evtl. auch Spontannystagmus zur Herdseite) bei Tumoren, Infarkten und Blutungen im Kleinhirnbereich. Okulärer Schwindel: bei Refraktionsanomalien oder Augenmuskelparesen (Doppelbilder) z. B. infolge Tumoren, Ischämien, diabetischer Polyneuropathie, Myasthenia gravis, multipler Sklerose
Checkliste Hahn ´ Seite 207
& 15 &
Vestibulärer Schwindel: lageabhängig, Nystagmus ± peripher-vestibulärer Schwindel: meist heftiger, horizontaler Drehschwindel, Falltendenz zur Herdseite, peripherer Nystagmus zur Gegenseite, Begleitsymptome: · Morbus MØnire: Ohrgeräusche, Hypakusis, Übelkeit, Erbrechen · Neuritis vestibularis: Übelkeit, Erbrechen · Kinetosen (z. B. bei Schiffahrt): Übelkeit, Erbrechen · benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel: max. 30 ± 60 Sekunden andauernd, durch bestimmte Kopfhaltungen auslösbar · Kleinhirnbrückenwinkeltumoren (z. B. Akustikusneurinom) · basale Meningitiden, multiple Sklerose ± zentral-vestibulärer Schwindel: weniger intensiv, meist Schwank- und Kippschwindel, zentraler Nystagmus · Dauerschwindel bei Ischämien oder Tumoren im Bereich der Vestibulariskerne oder durch Medikamente (v. a. Aminoglykoside, Antikonvulsiva, ASS) und Toxine (Alkohol, Schwermetalle, Gase, Lösungsmittel) · Anfallsschwindel bei vertebrobasilärer Insuffizienz durch Ischämie bei Arteriosklerose, Subclavian-steal-Syndrom oder HWS-Veränderungen
Leitsymptome: Nervensystem
208
CM
YB
15.2 Synkope Grundlagen ä ä
ä
Definition: kurzdauernder (Sekunden bis Minuten) Bewuûtseinsverlust. Einteilung nach der vorherrschenden Ursache in: ± kardiogene Synkopen ± vaskuläre Synkopen ± zerebrale Synkopen. Abgrenzung zur drop attack: plötzliches Einknicken oder Hinfallen ohne Bewuûtseinsverlust bei vertebrobasilärer Insuffizienz (S. 207).
Häufigste Ursachen ä ä
ä
Synkopen ohne nachweisbare Ursache. Vaskuläre Synkopen: neurokardiogene (= vasovagale, Therapie S. 288) Synkope und orthostatischer Kollaps, bei älteren Patienten auch transitorische ischämische Attacken. Kardiogene Synkopen: Herzrhythmusstörungen.
Vorgehen ä
& 15 &
ä
Anamnese einschlieûlich Fremdanamnese: stellt die wichtigste diagnostische Maûnahme dar, da körperliche Untersuchung und apparative Diagnostik im symptomfreien Intervall häufig unauffällig sind. ± Vor- und Grunderkrankungen (v. a. Herz-Kreislauferkrankungen, Diabetes mellitus, neurologische Erkrankungen), frühere Synkopen, Nikotin- und Alkoholkonsum, Medikamente ± Symptome und Ereignisse vor der Synkope, z. B.: · körperliche Belastung: kardiogene Synkopen · Drehen oder Rückwärtsneigen des Kopfes: Karotissinussyndrom · Wechsel vom Liegen zum Stehen: orthostatische Dysregulation · Aufenthalt in warmen überfüllten Räumen, Übelkeit: neurokardiogene (= vasovagale) Synkope · Husten, Niesen, Lachen, Heben, Defäkation, Miktion: pressorisch-postpressorische Synkope · Armarbeit: Subclavian-steal-Syndrom · Schwäche, Heiûhunger: Hypoglykämie · psychische Anspannung, Kribbelparästhesien: Hyperventilation. Körperliche Untersuchung, dabei v. a. achten auf: ± Pulsfrequenz und -regelmäûigkeit: Herzrhythmusstörung? ± Blutdruckdifferenzen zwischen beiden Armen > 20 mmHg: Aortenbogensyndrom, Subclavian-steal-Syndrom? ± Blutdruckabfall im Stehen: orthostatische Dysregulation?, ggf. Durchführung eines Schellong-Tests (S. 287) ± Herzgeräusche: Vitien? ± Stauungs-RG über den Lungen, Ödeme: Herzinsuffizienz? ± Strömungsgeräusch über den Karotiden: Karotisstenose? ± Zungenbiû, Einkoten, Einnässen: epileptischer Anfall? ± neurologische Ausfälle, Reflexdifferenzen, pathologische Reflexe? ± Verletzungen durch evtl. Sturz bei der Synkope.
Checkliste Hahn ´ Seite 208
15.2 Synkope
ä
Apparative Basisdiagnostik: ± Labor: Blutbild, Blutzucker, Blutgasanalyse ± Ruhe-EKG ± Röntgen-Thorax in 2 Ebenen. Erweiterte Diagnostik in Abhängigkeit vom Verdacht (Tab. 73): ± Langzeit-EKG ± Belastungs-EKG ± Echokardiographie, ggf. transösophageal ± Dopplersonographie der extrakraniellen hirnversorgenden Arterien ± Karotisdruckversuch: Nachweis eines Karotissinus-Syndroms durch Auslösung eines vagalen Reflexes nach einseitiger Kompression des Karotissinus · Durchführung: venöser Zugang, 1 Amp. Atropin bereithalten, Reanimationsbereitschaft. Bei laufendem EKG Kompression der tastbaren A. carotis in Höhe des Kieferwinkels zunächst auf der einen, dann auf der anderen Seite · Karotissinus-Syndrom (= hypersensitiver Karotissinus): Asystolie von mehr als 3 Sekunden Dauer (= kardioinhibitorischer Typ) oder Abfall des systolischen Blutdrucks um mehr als 50 mmHg (= vasodepressorischer Typ) nach Kompression des Karotissinus ± EEG, weitere diagnostische Maûnahmen bei Epilepsie S. 644 ± Kipptisch-Test: Durchführung bei weiterer Unklarheit nach neurologischer und kardiologischer Diagnostik zum Nachweis neurokardiogener Synkopen. Während des Versuchs Applikation steigender Dosen von Isoprenalin zur Erhöhung der Sensitivität. Voraussetzungen: kippbare Liege (z. B. Durchleuchtungsliege) Monitorüberwachung, Reanimationsbereitschaft (Defibrillator, Ambu-Beutel, Notfallmedikamente wie Atropin, Alupent, Adrenalin). Durchführung: · Ohne Isoprenalin: Kippen der Liege von der 0 -Stellung in die 70 -Steilstellung, dabei kontinuierliche EKG-Registrierung bzw. Monitorüberwachung, im Abstand von 1 Minute RR messen, Abbruch nach max. 15 Minuten dann Zurückkippen des Patienten in 0 -Stellung · Isoprenalin-Provokation (bei negativem Test ohne Isoprenalin): 10 Minuten in 0 -Stellung, dann Isoprenalininfusion (z. B. 1 Amp. Isuprel = 0,2 mg mit 49 ml NaCl 0,9 % verdünnen und über Perfusor infundieren, 1 g/min = 15 ml/h) beginnend mit 1 g/min, alle 10 Minuten steigern um 1 g/min (max. 5 g/min) bis zu einer Zunahme der Herzfrequenz um 20 ± 25 % (durchschnittlich benötigte Dosis 2 g/min). Unter fortlaufender Isoprenalininfusion erneuter Test in 70 -Steilstellung über max. 15 Minuten. Kreislaufüberwachung wie oben · Abbruchkriterien (= positiver Test): Synkope (kurze passagere Bewuûtlosigkeit), ¹Präsynkopeª (Warnzeichen und Symptome einer bevorstehenden Synkope wie z. B. Schwindel, Übelkeit), Asystolie, Bradykardie (< 40/min), Hypotonie (< 80 mmHg systolisch).
& 15 &
ä
209
YB
Leitsymptome: Nervensystem
CM
Checkliste Hahn ´ Seite 209
& 15 &
Leitsymptome: Nervensystem
210
CM
YB
15.2 Synkope Differentialdiagnose Tabelle 73
Differentialdiagnose synkopaler Zustände
Verdachtsdiagnose Kardiogene Synkopen: ± Herzrhythmusstörungen (Adam-Stokes-Anfall): · bradykarde · tachykarde ± Entleerungsstörungen des linken Ventrikels: · Aortenstenose einschlieûlich hypertrophische obstruktive Kardiomyopathie · Myokardinfarkt · andere Ursachen der Herzinsuffizienz ± Füllungsstörungen des linken Ventrikels: · Mitralstenose · pulmonale Hypertonie · Vorhoftumoren (v. a. Myxom) und Thromben ± Karotissinus-Syndrom (kardioinhibitorischer Typ) Vaskuläre Synkopen: ± reflektorisch kardiovaskulär: · neurokardiogene (= vasovagale) Synkope · orthostatischer Kollaps · pressorisch-postpressorische Synkope (nach Husten, Niesen, Lachen, Heben, Defäkation, Miktion) · Karotissinus-Syndrom (vasodepressorischer Typ) ± transitorische ischämische Attacken (TIA): · Stenosen, selten Aneurysmen der A. carotis · Stenosen der A. vertebralis, A. basilaris · Aortenbogensyndrom: Stenosierung der Abgänge der groûen Gefäûe, meist arteriosklerotisch, selten Lues oder Takayasu-Arteriitis (S. 452) · dissezierendes thorakales Aortenaneurysma · Embolien aus dem Herzen bei Vitien, Herzwandaneurysmen, Kardiomyopathien, Vorhofflimmern ± Subclavian-steal-Syndrom: Verschluû der proximalen A. subclavia vor dem Abgang der A. vertebralis führt zu einem Blutentzug aus dem zerebralen Kreislauf zugunsten des Armes, zerebrale Ausfallserscheinungen (auch Drehschwindel oder Gesichtsfeldausfälle) besonders unter Armarbeit. Zerebrale Synkopen: ± epileptische Anfälle (S. 644) Psychogene Synkopen: ± Hyperventilationssyndrom ± hysterische Anfälle Andere Ursachen: ± Hypoglykämie ± Hypovolämie (Dehydratation, Blutung) ± Medikamente (z. B. Nitrospray), Alkohol Synkopen ohne nachweisbare Ursache Checkliste Hahn ´ Seite 210
Wegweisende Untersuchungen Langzeit-EKG Echokardiographie
Echokardiographie
Druckversuch Anamnese Kipptisch-Test Schellong-Test Druckversuch
Dopplersonographie transösophageale Echokardiographie Dopplersonographie
EEG, Schädel-CT Anamnese, BGA Ausschluûdiagnose Blutzucker Klinik, Blutbild Anamnese Ausschluûdiagnose
15.3 Koma Grundlagen Einteilung quantitativer Bewuûtseinsstörungen (= Vigilanzstörungen): ± Benommenheit: verlangsamte, unpräzise Reaktionen des Patienten ± Somnolenz: schlafähnlicher Zustand, aus dem der Patient durch äuûere Reize (z. B. Ansprechen) erweckbar ist ± Sopor: Patient ist nur durch starke Reize (z. B. Schmerzreiz) kurzfristig erweckbar ± Koma: Patient ist durch äuûere Reize nicht mehr erweckbar. (Präkoma: Zustand ohne wesentliche Bewuûtseinsstörung, der in ein Koma überzugehen droht). Komastadien: Tab. 74
Tabelle 74 Stadium
Komastadien (nach der Einteilung des WFNS) Klinik
I
Bewuûtlosigkeit ohne neurologische Störung
II
Bewuûtlosigkeit mit neurologischen Störungen: Paresen, Störung der Pupillomotorik
III
Bewuûtlosigkeit mit Hirnstamm- und Mittelhirnsymptomatik: spontane oder durch Schmerzreiz ausgelöste Streck- oder Beugesynergismen, Lichtreaktion noch erhalten
IV
Tiefe Bewuûtlosigkeit, reaktionslose Pupillen, erhaltene Spontanatmung (Bulbärhirnsyndrom)
Hirntod
zusätzlich Ausfall von Atmung, Hirnnerven- und Hirnstammreflexen
ä
Standardisierte Einschätzung einer Bewuûtseinsstörung durch Berechnung des Glasgow-Koma-Index: Tab. 75.
Tabelle 75
Glasgow-Koma-Skala
Prüfung
Reaktion
Bewertung
Augen öffnen
spontan nach Aufforderung nach Schmerzreiz nicht
4 3 2 1
Motorische Antwort befolgt Aufforderung gezielte Abwehr nach Schmerzreiz ungezielte Abwehr nach Schmerzreiz Beugemechanismen Streckmechanismen keine
6 5 4 3 2 1
Verbale Antwort
5 4 3 2 1
orientiert, prompt desorientiert einzelne Worte ohne Zusammenhang unverständlich keine
Summe ergibt den Glasgow-Koma-Index (3 ± 15 Punkte) Checkliste Hahn ´ Seite 211
& 15 &
ä
211
YB
Leitsymptome: Nervensystem
CM
Leitsymptome: Nervensystem
212
CM
YB
15.3 Koma Häufigste Ursachen des primär unklaren Komas ä ä ä ä
Exogene Vergiftungen: besonders Alkohol und Psychopharmaka. Metabolische Störungen: diabetisches, hepatisches, urämisches Koma. Zerebrales Koma: ischämischer Insult und Hirnblutung. Kreislaufschock.
Vorgehen Beachte: Jedes Koma stellt primär einen lebensbedrohlichen Zustand dar. Die Erstmaûnahmen beschränken sich daher zunächst auf die Kontrolle und ggf. Therapie akut gefährdeter vitaler Funktionen: Abb. 49.
Koma unklarer Genese
Notfalldiagnostik
Blutdruck, Puls: Kreislaufinsuffizienz
Atmung, Blutgase: respiratorische Insuffizienz
Blutzucker: Hypoglykämie, Hyperglykämie
Hinweise für Intoxikation
unklare Befunde
Notfalltherapie
körperliche Untersuchung, Fremdanamnese
& 15 &
neurologische Untersuchung
Abb. 49
Meningismus
Herd- oder Halbseitensymptomatik
diffuse Schädigung
Liquorpunktion
Schädel-CT
spezielle Laboruntersuchungen
Primäres Vorgehen beim Koma unklarer Genese Checkliste Hahn ´ Seite 212
ä
ä
ä
Fremdanamnese, im Vordergrund stehen folgende Fragen: ± zeitliche Entwicklung: akut, schleichend? ± Grunderkrankungen: Diabetes mellitus, Leber-, Nierenerkrankungen? ± Hinweise für suizidale Intoxikation: z. B. Medikamentenverpackungen, Abschiedsbrief, bekannte Depression? ± Alkoholkonsum, Medikation? ± vorausgeganenes Trauma? ± vorausgegangener Krampfanfall? ± vorausgegangene Hirndruckzeichen: z. B. Kopfschmerzen, Erbrechen?. Körperliche Untersuchung, v. a. achten auf: ± Foetor, z. B. · alkoholisch: Alkoholintoxikation · nach Azeton: diabetisches Koma · nach Urin: urämisches Koma · nach frischer Leber: hepatisches Koma · nach Bittermandel: Zyanidvergiftung · nach Knoblauch: Alkylphosphatvergiftung ± Körpertemperatur: · erhöht: z. B. Sepsis, Meningitis, Hyperthyreose, Hitzschlag · erniedrigt: Alkohol- und Barbituratintoxikation, Hypothyreose, Schock ± Hautbefund: · Exsikkose: diabetisches hyperosmolares Koma · zyanotisch: respiratorische Insuffizienz · blaû: Schock, Blutung, Hypoglykämie · ikterisch: Leberinsuffizienz · dunkel pigmentiert: Morbus Addison, Urämie · Hautblutungen: hämorrhagische Diathese, Meningokokkensepsis ± Atmung: · Hyperventilation: metabolische Azidose, Sepsis, Hirnschädigung · periodisch: Hirnschädigung ± Pupillen: · Miosis (Pupillenverengung): Opiatintoxikation, Alkylphosphatvergiftung · mittelweit, ohne Reaktion: Hirnschädigung · Mydriasis (Pupillenerweiterung), ohne Reaktion: fortgeschrittene Hirnschädigung (auch nach Kreislaufschock), Intoxikation mit Atropin, Antidepressiva, Antihistaminika · Seitendifferenz: unilaterale Hirnläsion (s. u.) ± Meningismus (S. 632): Meningoenzephalitis, Subarachnoidalblutung, Hitzschlag ± Halbseitensymptomatik (Reflexdifferenzen, pathologische Reflexe): unilaterale Hirnschädigung (z. B. Blutung, Ischämie, Tumor, Abszeû) ± Verletzungszeichen ± Leitsymptome häufiger Vergiftungen: Tab. 76. Labor: BSG, Blutbild, Blutzucker, Blutgasanalyse, Kreatinin, Na+, K+, Ca++, g GT, GOT, GPT, CK, LDH, Ammoniak, Laktat, Alkoholspiegel, Quick, PTT, Urinstatus, Asservierung von Blut, Urin und ggf. Mageninhalt für eine evtl. durchzuführende toxikologische Untersuchung.
Checkliste Hahn ´ Seite 213
Leitsymptome: Nervensystem
15.3 Koma
213
YB
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CM
Leitsymptome: Nervensystem
214
CM
YB
15.3 Koma ä
Weitere primärdiagnostische Maûnahmen in Abhängigkeit vom Verdacht (Abb. 49 und Tab. 77): ± Lumbalpunktion (S. 75): blutiger Liquor bei Subarachnoidalblutung, Liquorbefunde bei Meningitis: S. 633 ± Computertomographie
Tabelle 76
Leitsymptome wichtiger exogen toxischer Komaursachen
Vergiftung
Leitsymptome
Alkohol (= Ethanol)
Foetor alcoholicus, Hypothermie, Hypoglykämie
Alkylphosphate (Insek- Knoblauchgeruch, Miosis, Bronchialhypersekretion, tizide, Lacke) Speichelfluû, Erbrechen, Schwitzen Atropin, Antihistamini- Mydriasis, Fieber, Tachykardie, Hautrötung, trockene ka, trizyklische Antide- Schleimhäute, motorische Unruhe, gesteigerte Muspressiva keleigenreflexe Barbiturate, Benzodiazepine
Kreislauf- und Atemdepression, Hypothermie, abgeschwächte Muskeleigenreflexe, Muskelhypotonie
Kohlenmonoxid
rosige Hautfarbe, Muskelkrämpfe, Laktatazidose
Methylalkohol (= Methanol), Ethylenglykol
Lösungsmittelgeruch, Laktatazidose
Neuroleptika
Muskelspasmen, Tortikollis (Schiefhals), Zungenprotrusion, Trismus (Kiefersperre)
Opiate
Miosis, Kreislauf- und Atemdepression, Lungenödem
Paracetamol
Erbrechen, akute Leberinsuffizienz mit Ikterus, metabolische Azidose
Salicylate (z. B. Acetyl- Hyperventilation mit respiratorischer Alkalose (evtl. salicylsäure) später metabolische Azidose), Schwitzen, Fieber, Krampfanfälle Zyankali (Blausäure)
Bittermandelgeruch, hellrote Gesichtsfarbe
& 15 &
Allgemeine Therapie der Vergiftungen, Antidote: S. 690ff
Checkliste Hahn ´ Seite 214
15.3 Koma Differentialdiagnose Tabelle 77
Differentialdiagnose komatöser Zustände
Verdachtsdiagnose Stoffwechselstörungen: ± hypoglykämisches Koma (S. 490) ± diabetisches ketoazidotisches Koma (S. 488) ± diabetisches hyperosmolares Koma (S. 488) ± hepatisches Koma (S. 386) ± urämisches Koma (S. 406) ± Addison-Krise (akute Nebennierenrindeninsuffizienz S. 509) ± hypophysäres Koma (S. 517) ± thyreotoxisches Koma (S. 496) ± Myxödemkoma (S. 494) ± Hyperviskositätssyndrom (S. 543) ± Hyperkalzämie (S. 429) ± Hypernatriämie (S. 421) ± Hypovolämie (besonders bei älteren Pat. mit Dehydratation infolge fieberhafter oder gastrointestinaler Infekte) ± laktatazidotisches Koma: · Gewebshypoxie infolge Kreislaufschock oder respiratorischer Insuffizienz · andere Ursachen Zerebrale Erkrankungen: ± ischämischer Insult, Hirnblutung, Tumor, Metastasen, Sinusthrombose, Abszeû ± Epilepsie, postiktales Koma ± Meningoenzephalitis ± Hitzschlag ± zerebrale Malaria ± Trauma
Blutzucker (< 50 mg/dl) Blutzucker (> 300 mg/dl), BGA, Urinstatus (Ketonurie) Blutzucker (> 600 mg/dl), Serumosmolalität (> 350 mosm/kg) Ikterus, g GT, GPT, Quick, NH3 Kreatinin, BGA Na+, K+, Blutzucker, Cortisol Na+, K+, Blutzucker, TSH, ACTH Klinik, FT3, FT4 Klinik, FT4 Gesamteiweiû, Elektrophorese Ca++ Na+ Klinik Laktat Klinik, BGA S. 432 neurologischer Befund, Schädel-CT Fremdanamnese, Verlauf Meningismus, Liquorpunktion Fremdanamnese Blutausstrich Fremdanamnese, Klinik, Schädel-CT Fremdanamnese
& 15 &
Exogene Vergiftungen (Tab. 76)
Wegweisende Untersuchungen
215
YB
Leitsymptome: Nervensystem
CM
Checkliste Hahn ´ Seite 215
Laborwerte-Differentialdiagnose
216
CM
YB
16.1 Laborwerte-Differentialdiagnose Laborwerte-Differentialdiagnose Tabelle 78 Pathologisch veränderte Blut-, Serum und Plasma-Werte (Normwerte: S. 771ff) Parameter
pathologisch erhöht
Albumin
Erniedrigt bei Mangelernährung, Malassimilation, exsudativer Enteropathie, akuten Infektionen, nephrotischem Syndrom, Leberzirrhose, Hepatitis, Malignomen. Erhöhung klinisch nicht relevant (relative Erhöhung bei Exsikkose)
Alkalische Cholestase, Osteomalazie, Phospha- Hyperparathyreoidismus, tase (aP) Rachitis, Morbus Paget, Knochentumoren (Metastasen, Osteosarkom), paraneoplastisch bei Bronchialkarzinom, Morbus Hodgkin, Hypernephrom
pathologisch erniedrigt
Hypothyreose, perniziöse Anämie, Vitamin D-Intoxikation, Malassimilation
& 16 &
a-Amylase Erhöht bei akuter Pankreatitis, Mumps, Ulkuspenetration, akutem Abdomen unterschiedlicher Genese, diabetischer Ketoazidose, Morphingabe, Niereninsuffizienz a1-Fetoprotein (AFP)
Erhöht bei primärem Leberzellkarzinom (bei starker Erhöhung fast beweisend), anderen Karzinomen, Keimzelltumoren, fetalen Miûbildungen, physiologisch leichte Erhöhung bei Gravidität.
Ammoniak
Erhöht bei Leberkoma infolge Leberversagen unterschiedlicher Genese. Begünstigung durch reichliche Eiweiûzufuhr oder portokavale Anastomosen.
Antithrombin (AT) III
Erniedrigt bei Leberzirrhose, schwerer Hepatitis, nephrotischem Syndrom, Sepsis, intravasaler Gerinnung, angeboren, Östrogentherapie
Bilirubin
S. 184
Blutgase
S. 35
BSG(BKS)
S. 132
Calcium
S. 429
CEA
Erhöht bei kolorektalem-, Magen-, Mamma-, Pankreas-, Uterus-, Ovarial-, Bronchial-, Nieren-, medullärem Schilddrüsenkarzinom. Unspezifische leichte Erhöhung bei Rauchern, Alkoholismus, Lungenemphysem, Leberzirrhose, Pankreatitis, Pneumonie, chronisch entzündlichen Darmerkrankungen
Chlorid
Serumspiegel verhält sich meist parallel zur Na+- (S. 419ff) und gegensinnig zur HCO3-Konzentration (S. 35ff)
Cholesterin
S. 472
Checkliste Hahn ´ Seite 216
S. 428
16.1 Laborwerte-Differentialdiagnose Tabelle 78 (Fortsetzung): Pathologisch veränderte Blut-, Serum und PlasmaWerte (Normwerte: S. 771ff) Parameter
pathologisch erhöht
pathologisch erniedrigt
Cholinesterase (CHE)
Fettleber, Adipositas, Hyperthyreose, nephrotisches Syndrom, exsudative Enteropathie
schwere Lebererkrankungen, chronische Infektionen, Tumoren, Medikamente (Zytostatika, Ovulationshemmer), Muskelerkrankungen
Coeruloplasmin
Akute Entzündungen, Neopl- Morbus Wilson, nephrotisches asien, Cholestase, Gravidität Syndrom, Leberzirrhose
C-Peptid
S. 479
CRP
S. 132
Creatinkinase (CK)
Erhöht bei Myokardinfarkt, Myokarditis, Muskelverletzungen, progressiver Muskeldystrophie, Polymyositis, i. m. Injektion.
CK-MB
Erhöht (> 6 % der Gesamt-CK) bei frischem Myokardinfarkt
217
YB
Laborwerte-Differentialdiagnose
CM
Differentialblutbild (vgl. Stufen der Blutbildung: Farbabb. 13) Bakterielle Infektionen, SyNeutrophile Gra- stemmykosen, Streû, Trauma, nulozyten Nekrosen (z. B. Verbrennungen, Myokardinfarkt), Hämolyse, Urämie, Coma diabeticum und hepaticum, Gichtanfall, Cortisontherapie, Myeloproliferative Erkrankungen, maligne Neoplasien, chronisch entzündliche Erkrankungen, nach Splenektomie u. a.
Virusinfekte, bakterielle Sepsis, Typhus, Brucellose, zahlreiche Medikamente (z. B. Zytostatika, Thyreostatika, Analgetika, Antiphlogistika, Antibiotika), Benzol, ionisierende Strahlen, maligne Erkrankungen mit Knochenmarkinfiltration, Myelodysplasie, Hypersplenismus, Autoimmunerkrankungen, Vitamin B12und Folsäuremangel
Basophile Granulozyten
Erhöht bei nephrotischem Syndrom, Myxödem, chronischer Hämolyse, Basophilen-Leukämie, CML, Splenektomie, Gravidität
Monozyten
Erhöht bei Mononukleose, Tbc, Brucellose, Lues, Malaria, bakt. Endokarditis, Infektionen in Rekonvaleszenz, malignes NHL, Monozytenleukämie, Sarkoidose, Morbus Crohn, Colitis ulcerosa Checkliste Hahn ´ Seite 217
& 16 &
Eosinophi- Parasitosen, Allergien, Haut- Akuter Typhus abdominalis, le Granu- krankheiten, Morbus HodgMasern, Morbus Cushing und lozyten kin, Infektionen (Scharlach, Glukokortikoidtherapie Chlamydien), Infektionen in Rekonvaleszenz, myeloproliferative Erkrankungen, Karzinome, Sarkoidose, Colitis ulcerosa, Morbus Addison, SLE, Sklerodermie, Vaskulitiden, eosinophile Gastroenteritis, Eosinophilenleukämie, Löffler-Endokarditis
Laborwerte-Differentialdiagnose
218
CM
YB
16.1 Laborwerte-Differentialdiagnose Tabelle 78 (Fortsetzung): Pathologisch veränderte Blut-, Serum und PlasmaWerte (Normwerte: S. 771ff) Parameter
pathologisch erhöht
pathologisch erniedrigt
Lymphozyten
Virusinfektionen, Toxoplasmose, Pertussis, Typhus, Brucellose, Tbc, Lues, Infektionen in Rekonvaleszenz, Maligne Erkrankungen (ALL, CLL, Lymphome)
Virusinfektionen, Miliar-Tbc, Sepsis, Glukokortikoidtherapie, CushingSyndrom, Zytostatika, ionisierende Strahlen, Morbus Hodgkin, systemischer Lupus erythematodes
Eisen
Hämochromatose, Leberzirrhose, Hepatitis, perniziöse Anämie, Thalassämie, Myelodysplasie, aplast. Anämie, Hämolyse, Bleivergiftung, Hyperthyreose, Porphyrie, nach Massentransfusionen
chronischer Blutverlust, akute und chronische Infektionen, vermehrter Bedarf (Gravidität, Wachstum), Tumoren, Malabsorption, Fehlernährung
Eiweiûelektrophorese (Abb. 50) Albumin
α2 α1α2 β
γ
α1
β
γ α1
nephrotisches Syndrom
Normalbefund
α2
β
γ
akute Entzündung
α1 α2
β
γ
chronische Entzündung γ
γ α1 α2
β
Leberzirrhose
Abb. 50
γ
AntikörpermangelSyndrom
β α1 α2
γ
Paraproteinämie
α1 α2
β
Paraproteinämie (z.B. Plasmozytom)
Pathologische Veränderungen der Serumeiweiû-Elektrophorese
Albumin
S. 216
a1/a2-
akute Entzündung, posttrau- Hypoproteinämien, a1-Antitrypsinmatisch, postoperativ, Hermangel, Morbus Wilson, Hepatitis, zinfarkt, nephrot. Syndrom Leberzirrhose
Globuline
& 16 &
α1 α2 β
b-Globulin Paraproteinämien, nephrotisches Syndrom, Amyloidose, Hyperlipidämie
Checkliste Hahn ´ Seite 218
Leberzirrhose, chronische Hepatitis
16.1 Laborwerte-Differentialdiagnose Tabelle 78 (Fortsetzung): Pathologisch veränderte Blut-, Serum und PlasmaWerte (Normwerte: S. 771ff) Parameter
pathologisch erhöht
g -Globulin chronische Entzündungen,
Tumoren, Plasmozytom, Morbus Waldenström, chron. Hepatitis, Leberzirrhose, AIDS, Sarkoidose, Parasitosen, Autoimmunkrankheiten
Ferritin
pathologisch erniedrigt Antikörper-Mangelsyndrom (primär, erworben), nephrotisches Syndrom, exsudative Enteropathie, Sepsis, Morbus Cushing, Immunsuppressiva, Radiatio
mit erhöhtem Serumeisen: Hä- latenter Eisenmangel, bei Werten mochromatose, Hämosidero- < 12 ng/ml manifester Eisenmangel se, Lebererkrankungen, maligne Lymphome mit erniedrigtem Serumeisen: chronisch entzündliche oder maligne Erkrankungen
219
YB
Laborwerte-Differentialdiagnose
CM
Folsäure
Erniedrigt bei Alkoholkrankheit, Malassimilationssyndrom, Gravidität, Bandwurmbefall, Folsäureantagonisten
Gesamteiweiû
Plasmozytom, Morbus Waldenström, evtl. bei chronischen Entzündungen, Sarkoidose, relativ bei Exsikkose
Malnutrition, Malassimilation, nephrotisches Syndrom, chronische Infektionen, schwere Leberkrankheiten, exsudative Enteropathie, Malignome, Hyperthyreose, Überwässerung
Glukose
S. 477
S. 490
g GT
Erhöht bei Alkoholabusus, Fettleber, Stauungsleber und anderen Leberschäden, intra- und extrahepatischer Cholestase (bei alkoholtox. Fettleber und Cholestase höher als GOT und GPT)
GOT
Erhöht bei akuter Hepatitis, chronisch aktiver Hepatitis, anderen Leberschäden, Cholestase, Herzinfarkt, Myopathien
GPT
Erhöht bei akuter Hepatitis, chronisch aktiver Hepatitis, anderen Leberschäden, Cholestase
HbA1C
S. 479
Hämatokrit (Hk), Hämoglobin
Exsikkose, Polyglobulie, Poly- Anämien unterschiedlicher Genese, cythämia vera Überwässerung
Haptoglobin
akut entzündliche oder neo- Hämolyse, chronische Lebererkranplastische Prozesse, Nekrosen kungen
Harnsäure Erhöht bei primärer Gicht, sekundärer Hyperurikämie (S. 471)
Checkliste Hahn ´ Seite 219
& 16 &
Fibrinogen Entzündungen, maligne Tu- Verbrauchskoagulopathie, primäre moren, Herzinfarkt, nephrot. Hyperfibrinolyse, Streptasetherapie, Syndrom, Urämie schwere Leberschäden
& 16 &
Laborwerte-Differentialdiagnose
220
CM
YB
16.1 Laborwerte-Differentialdiagnose Tabelle 78 (Fortsetzung): Pathologisch veränderte Blut-, Serum und PlasmaWerte (Normwerte: S. 771ff) Parameter
pathologisch erhöht
Harnstoff
Akute und chronische NieEiweiûarme Ernährung, Malassimilareninsuffizienz, Exsikkose, er- tion, schwere Leberinsuffizienz, höhter Eiweiûkatabolismus Überwässerung (z. B. Sepsis, Tumoren, Magen-Darm-Blutung)
a-HBDH
Erhöht bei Herzinfarkt, Myokarditis, Lungenembolie, Leberparenchymschaden, Hämolyse
Kalium
S. 425
S. 424
Kalzium
S. 429
S. 428
Kreatinin
Akute oder chronische Niereninsuffizienz, Rhabdomyolyse
Muskelatrophie
Kupfer
Akute und schwere chroniMorbus Wilson (im Urin erhöht), sche Infektionen, Malignome, Malnutrition Anämien, Leberzirrhose, Cholestase, Schwangerschaft, Östrogentherapie
LDH
Erhöht bei Herzinfarkt, Lungenembolie (u. a. Organinfarkten), Hämolyse, Leberparenchymschaden, Malignomen, Myopathien
LAP
Erhöht bei chronischen Lebererkrankungen, akuter Hepatitis, intraund extrahepatischer Cholestase, Cholangitis, Malignomen
Leukozyten
Bakterielle Infektionen, Systemmykosen, Streû, Trauma, Nekrosen (z. B. Verbrennungen, Myokardinfarkt), Hämolyse, Urämie, Coma diabeticum und hepaticum, Gichtanfall, Cortisontherapie, myeloproliferative Erkrankungen, Leukämien und andere maligne Neoplasien, chronisch entzündliche Erkrankungen u. a.
Lipase
Erhöht bei akuter Pankreatitis, perforiertem oder penetrierendem Ulkus, Obstruktionen des Ductus pankreaticus, Niereninsuffizienz
Lipoprotein(a)
Wenn > 30 mg/dl: erhöhtes Arterioskleroserisiko
Magnesium
S. 427
MCH/ MCV/ MCHC
S. 522
Checkliste Hahn ´ Seite 220
pathologisch erniedrigt
Virusinfekte, bakterielle Sepsis, Typhus, Brucellose, zahlreiche Medikamente (z. B. Zytostatika, Thyreostatika, Analgetika, Antiphlogistika, Antibiotika), Benzol, ionisierende Strahlen, maligne Erkrankungen mit Knochenmarkinfiltration, Myelodysplasie, Hypersplenismus, Autoimmunerkrankungen, Vitamin B12und Folsäuremangel
S. 427
16.1 Laborwerte-Differentialdiagnose Tabelle 78 (Fortsetzung): Pathologisch veränderte Blut-, Serum und PlasmaWerte (Normwerte: S. 771ff) Parameter
pathologisch erhöht
pathologisch erniedrigt S. 419
Natrium
S. 421
Osmolalität
S. 418
PTT
Erhöht bei Heparintherapie, schweren Lebererkrankungen, Verbrauchskoagulopathie, Hämophilie A und B.
Phosphat
Akute oder chronische Niereninsuffizienz, Vitamin DÜberdosierung, Rhabdomyolyse, Malignome, Azidose, körperliche Anstrengung
Alkoholismus, Therapie der diabetischen Ketoazidose, Sepsis, respiratorische Alkalose, Vitamin D-Mangel, Hyperparathyreoidismus, Malassimilation
PSA
Erhöht bei Prostatakarzinom, Prostatamassage und -biopsie
Retikulozyten
Blutverlust, Hypoxie, hämolytische Anämien, Therapie der Eisen-, Vitamin B12- und Folsäuremangelanämie
Rheumafaktor (Latex)
Erhöht bei rheumatoider Arthritis (80 %), oft auch bei Lupus erythematodes, Sjögren Syndrom, Sklerodermie, subakuter bakterieller Endokarditis, Mononukleose, akuter Virushepatitis, Tbc, Lues, Sarkoidose, primär biliärer Zirrhose, Morbus Waldenström, Gesunden
221
YB
Laborwerte-Differentialdiagnose
CM
Aplastische Anämie, Knochenmarkinfiltration, myelodysplastisches Syndrom, megaloblastäre Anämie, Thalassämie, Zytostatika, Radiatio
Thrombin- Erhöht bei Heparintherapie, schweren Lebererkrankungen, Verzeit brauchskoagulopathie
Thrombo- Akute und chronische Entzyten zündungen, Malignome, nach Splenektomie, myeloproliferative Erkrankungen, essentielle Thrombozythämie, akute Blutung, chronischer Eisenverlust, Hämolysen, Glukokortikoidtherapie, postoperativ
Aplastische Anämie, Knochenmarkinfiltration, myelodysplastisches Syndrom, Vitamin B12-Mangel, Thalassämie, Zytostatika, Strahlentherapie, Medikamente, Morbus Werlhof, Verbrauchskoagulopathie, Alkohol, Hyperspleniesyndrom, Autoimmunkrankheiten (S. 554)
Transferrin Eisenmangel, Schwangerschaft
Entzündungen, Malignome, nephrotisches Syndrom, Hämochromatose, Leberzirrhose
TSH, FT4, FT3
S. 494 und S. 497
Triglyzeride
S. 472
Checkliste Hahn ´ Seite 221
& 16 &
Thrombo- Erniedrigt bei Cumarintherapie, Vitamin K-Mangel, schweren Leberplastinzeit erkrankungen, Verbrauchskoagulopathie, angeborenem Faktoren(Quick) mangel
16.1 Laborwerte-Differentialdiagnose Tabelle 78 (Fortsetzung): Pathologisch veränderte Blut-, Serum und PlasmaWerte (Normwerte: S. 771ff) Parameter
pathologisch erhöht
pathologisch erniedrigt S. 419
Natrium
S. 421
Osmolalität
S. 418
PTT
Erhöht bei Heparintherapie, schweren Lebererkrankungen, Verbrauchskoagulopathie, Hämophilie A und B.
Phosphat
Akute oder chronische Niereninsuffizienz, Vitamin DÜberdosierung, Rhabdomyolyse, Malignome, Azidose, körperliche Anstrengung
Alkoholismus, Therapie der diabetischen Ketoazidose, Sepsis, respiratorische Alkalose, Vitamin D-Mangel, Hyperparathyreoidismus, Malassimilation
PSA
Erhöht bei Prostatakarzinom, Prostatamassage und -biopsie
Retikulozyten
Blutverlust, Hypoxie, hämolytische Anämien, Therapie der Eisen-, Vitamin B12- und Folsäuremangelanämie
Rheumafaktor (Latex)
Erhöht bei rheumatoider Arthritis (80 %), oft auch bei Lupus erythematodes, Sjögren Syndrom, Sklerodermie, subakuter bakterieller Endokarditis, Mononukleose, akuter Virushepatitis, Tbc, Lues, Sarkoidose, primär biliärer Zirrhose, Morbus Waldenström, Gesunden
221
YB
Laborwerte-Differentialdiagnose
CM
Aplastische Anämie, Knochenmarkinfiltration, myelodysplastisches Syndrom, megaloblastäre Anämie, Thalassämie, Zytostatika, Radiatio
Thrombin- Erhöht bei Heparintherapie, schweren Lebererkrankungen, Verzeit brauchskoagulopathie
Thrombo- Akute und chronische Entzyten zündungen, Malignome, nach Splenektomie, myeloproliferative Erkrankungen, essentielle Thrombozythämie, akute Blutung, chronischer Eisenverlust, Hämolysen, Glukokortikoidtherapie, postoperativ
Aplastische Anämie, Knochenmarkinfiltration, myelodysplastisches Syndrom, Vitamin B12-Mangel, Thalassämie, Zytostatika, Strahlentherapie, Medikamente, Morbus Werlhof, Verbrauchskoagulopathie, Alkohol, Hyperspleniesyndrom, Autoimmunkrankheiten (S. 554)
Transferrin Eisenmangel, Schwangerschaft
Entzündungen, Malignome, nephrotisches Syndrom, Hämochromatose, Leberzirrhose
TSH, FT4, FT3
S. 494 und S. 497
Triglyzeride
S. 472
Checkliste Hahn ´ Seite 221
& 16 &
Thrombo- Erniedrigt bei Cumarintherapie, Vitamin K-Mangel, schweren Leberplastinzeit erkrankungen, Verbrauchskoagulopathie, angeborenem Faktoren(Quick) mangel
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
222
CM
YB
17.1 Bakterielle Endokarditis Definition ä
Bakterielle Entzündung, die an einer oder mehreren Herzklappen zur Destruktion und damit zu Ventilfunktionsstörungen führen kann.
Ursachen ± Lokalisation ä ä ä
ä
Bakteriämie im Rahmen einer Infektionskrankheit oder infolge invasiver Maûnahmen (s. u.). Prädisposition: vorgeschädigtes Herz, insbesondere defekte oder operierte Herzklappen; schlechte Abwehrlage. Häufigste Erreger sind Streptococcus viridans (50 ± 60 %), Staphylokokken (20 ± 30 %) und Enterokokken (10 ± 20 %). Selten zahlreiche weitere Erregerarten. Lokalisation: am häufigsten betroffen sind Aorten- und Mitralklappe, bei hoher intravenöser Erregereinschwemmung (z. B. zentrale Venenkatheter, temporäre Schrittmachersonden, i. v.-Drogenabhängige) auch Trikuspidalklappe.
Klinik ä
ä
ä
Leitsymptome: ± Fieber oder subfebrile Temperaturen ± neu aufgetretenes oder verändertes Herzgeräusch. Weitere Symptome: ± allgemein: Leistungsminderung, häufiges Schwitzen, Gliederschmerzen ± Herz: Tachykardie, Herzinsuffizienz ± Haut: Petechien und Osler Splits (rötliche Knötchen an Fingern und Zehen) ± Niere: Proteinurie und Hämaturie ± Milz: Splenomegalie ± sonstiges: septische Embolien: apoplektischer Insult, Milz-/Niereninfarkt, periphere Gangrän, Mikroembolien an der Retina mit Sehstörungen. Verlauf: ± akut: bei Abwehrschwäche und hoher Virulenz des Erregers (meist Staphylokokken) schwere Sepsis und rasche Progredienz der Symptome ± subakut (= Endocarditis lenta): meist durch Streptococcus viridans, langsam zunehmende Symptome (häufige Ursache unklaren Fiebers).
Diagnostik ± Differentialdiagnose ä ä ä
& 17 &
ä ä ä ä
Anamnese: Herzfehler, Operationen, Drogenkonsum? Klinik: insbesondere unklares Fieber und neu aufgetretenes Herzgeräusch. Labor: BSG-Erhöhung, Leukozytose, Anämie. Am wichtigsten sind wiederholte (4 ± 8 in 1 ± 2stündigen Abständen) Blutkulturen (S. 17) vor antibiotischer Therapie. Echokardiographie: Klappenvegetationen (am besten transösophageal sichtbar). EKG: myokardiale Beteiligung? (S. 224). Röntgen-Thorax: Herzinsuffizienzzeichen? (S. 244). Differentialdiagnose: unklares Fieber anderer Genese: S. 129.
Checkliste Hahn ´ Seite 222
17.1 Bakterielle Endokarditis Therapie ± Prognose ä
ä ä ä ä
Vor Erhalt des Kulturergebnisses mit Antibiogramm oder bei negativer Kultur ungezielte Antibiotikatherapie i. v. als Kurzinfusion entsprechend Verlauf und vermutetem Erreger: ± akut ± Staphylokokkenendokarditis?: 3 2 g Flucloxacillin (z. B. Staphylex, S. 615) + 3 2 g/d Cefotaxim (z. B. Claforan, S. 616) + 1 4 mg/kgKG/d Gentamicin (z. B. Refobacin, S. 617) ± subakut ± Streptokokkenendokarditis?: 3 10 Mio. IE/d Penicillin G + Gentamicin (s. o.). Bei Penicillinallergie Cefotaxim + Gentamicin ± V. a. Enterokokken: Ampicillin (S. 615) + Gentamicin. Nach Erhalt des Antibiogramms gezielte Antibiotikatherapie. Therapiedauer: mindestens 4 Wochen bzw. bis 2 Wochen nach Entfieberung. Indikationen zum frühzeitigen Klappenersatz: nicht beherrschbare Komplikationen wie Sepsis, Embolien oder progrediente Herzinsuffizienz. Prognosebestimmende Faktoren: Zeitpunkt des Therapiebeginns, Antibiotikaresistenz der Erreger (v. a. bei gramnegativen Erregern), Alter und Abwehrlage des Patienten, Vorschädigung des Herzens (Gesamtletalität 20 ± 30 %).
Prophylaxe ä
Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft ¹Endokarditisª Paul-Ehrlich-Gesellschaft, Lindwurmstr. 4, 80 337 München (dort entsprechende Pässe erhältlich): ± Standardprophylaxe: Herz(klappen)fehler (auch Mitralklappenprolaps mit Insuffizienz), hypertrophische obstruktive Kardiomyopathie ± Hohes Endokarditisrisiko: z. B. nach Herzklappenersatz, früher abgelaufene bakterielle Endokarditis (Tab. 79).
Tabelle 79 Risiko
223
YB
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
CM
Endokarditisprophylaxe bei ärztlichen Eingriffen
keine Penicillinallergie
Penicillinallergie
A stan- Amoxicillin 3 g p. o. 1 h vor Eingriff Clindamycin 600 mg p. o. 1 h dard (i. v.: 2 g Amoxicillin oder Ampicillin) vor Eingriff hoch
+ 1 g p. o. nach 8 und 16 h
+ 300 mg p. o. nach 8 und 16 h
B stan- Amoxicillin 3 g p. o. 1 h vor Eingriff Vancomycin 1 g i. v. als Infusion dard (i. v.: 2 g Amoxicillin oder Ampicillin) über 1 h, Beginn 1 h vor Eingriff hoch
+ 1 g p. o. nach 8 und 16 h
C stan- Di- oder Flucloxacillin 2 g p. o. 1 h dard vor Eingriff hoch
+ 500 mg p. o. nach 8 und 16 h
+ 1 g i. v. nach 12 h Clindamycin 600 mg p. o. 1 h vor Eingriff wie B
A: Operationen im Mund/Rachenraum, Bronchoskopie, ÖV-Sklerosierung B: Operationen, Endoskopien am Gastrointestinal- und Urogenitaltrakt C: Eingriffe an infizierten Herden (z. B. Hautabszeû, Phlegmone) Handelsnamen, Nebenwirkungen, Dosierungen bei Niereninsuffizienz S. 613ff.
Checkliste Hahn ´ Seite 223
& 17 &
Bei hospitalisierten Hochrisikopatienten i. v. Gabe, zusätzlich Gentamicin 1,5 mg/ kgKG i. v. h vor dem Eingriff, dann 1 mg/kgKG nach 8 und 16 h
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
224
CM
YB
17.2 Myokarditis Definition ä
Akute oder chronische Herzmuskelentzündung.
Ursachen ä ä
ä ä ä ä ä
Viren (50 %): Coxsackie B, ECHO-, Adeno-, Influenza-, Herpes- (z. B. Mononukleose) u. a. Bakterien: Streptokokken, Staphylokokken, Borellia burgdorferi (Lyme-Krankheit), Corynebacterium diphtheriae, seltener bei Salmonellosen, Lues, Tuberkulose. Protozoen: z. B. Trypanosomen, Toxoplasma gondii. Parasiten: z. B. Echinokokken. Pilze: Candida, Aspergillen (vor allem bei Abwehrschwäche). Nichtinfektiöse Systemkrankheiten: Kollagenosen, Vaskulitiden, PCP. Andere Ursachen: Strahlenmyokarditis, idiopathische (Fiedler-)Myokarditis.
Klinik ä ä ä ä ä
Oft leicht oder asymptomatisch z. B. im Rahmen eines grippalen Infekts. Müdigkeit, Leistungsminderung. Bei begleitender Perikarditis (häufig) thorakale Schmerzen, Perikardreiben. Palpitationen bei Rhythmusstörungen. Herzinsuffizienzzeichen: z. B. Dyspnoe, Ödeme.
Diagnostik ± Differentialdiagnose ä ä
ä ä ä ä ä
Am wichtigsten: Anamnese (vorausgegangener Infekt?) und Klinik. Labor: Entzündungszeichen (BSG, Leukos), CK/CK-MB-Erhöhung. Je nach Ursache evtl. positive Blutkultur oder Virustiter (umfangreiche serologische Diagnostik meist entbehrlich), bei Kollagenosen positive antinukleäre AK. EKG: evtl. Tachykardie oder Bradykardie, Erregungsrückbildungsstörungen (z. B. ST-Senkung, T-Negativierung), AV/SA-Blockierungen, Extrasystolen. Echokardiographie: Herzdilatation, Kontraktionsstörungen, bei Begleitperikarditis evtl. Perikarderguû, häufig aber auch Normalbefund. Röntgen-Thorax: Herzverbreiterung, Lungenstauung, häufig Normalbefund. Invasive Diagnostik: Myokardbiopsie (seltene Indikation: z. B. schwerer Verlauf ohne Hinweise auf andere Herzerkrankung). Differentialdiagnose: thorakale Schmerzen anderer Ursache (S. 146), dilatative Kardiomyopathie (S. 227), andere Herzmuskelerkrankungen (S. 226).
Therapie ± Prognose ä
& 17 &
ä ä ä
Bettruhe, dabei prophylaktische Heparinisierung (S. 91), nach Abklingen der Akutsymptomatik körperliche Schonung und stufenweise Leistungssteigerung. Symptomatisch: Herzinsuffizienz (S. 247), Rhythmusstörungen (S. 272). Behandlung der Grundkrankheit: z. B. antibiotische Behandlung, evtl. immunsuppressive Behandlung einer Kollagenose etc. Meist folgenlose Ausheilung (v. a. Virusmyokarditiden). Seltener: akutes Herzversagen z. B. infolge von Rhythmusstörungen, persistierende Herzinsuffizienz.
Checkliste Hahn ´ Seite 224
17.3 Perikarditis Definition ä ä ä ä
Entzündung des Herzbeutels. Häufig gleichzeitiger Befall des Herzmuskels, was dann zur Bezeichnung Perimyokarditis führt. Trockene (fibrinöse) Perikarditis: Perikarditis ohne Erguû. Feuchte (exsudative) Perikarditis: Perikarditis mit Erguû. Konstriktive Perikarditis (selten): narbiger Folgezustand einer (meist tuberkulösen) Perikarditis z. T. mit Kalkspangenbildung.
Ursachen ä ä ä
ä ä ä
Viren: z. B. Coxsackie B, ECHO-, Adeno-, Influenzaviren. Bakterien (seltener): Mykobakterien (Tbc), u. a. septische Erkrankungen. Immunologisch: ± Systemkrankheiten: Lupus erythematodes (S. 445), rheumatoide Arthritis (S. 439), rheumatisches Fieber (S. 438) ± Postmyokardinfarkt-(Dressler-)/Postmyokardiotomiesyndrom (S. 262) ± allergische Perikarditis: Medikamente (z. B. Dihydralazin). Pericarditis epistenocardica bei Herzinfarkt (S. 262). Urämische, posttraumatische, Strahlen- und Tumorperikarditis. Unbekannte Ursachen (häufig).
Klinik ä ä
ä
Trockene Perikarditis: stechender retrosternaler oder linksthorakaler Schmerz, auskultatorisch Perikardreiben (am besten in Exspiration hörbar). Feuchte Perikarditis: Schmerzen und Perikardreiben verschwinden und die Herztöne werden leiser. Bei groûen Exsudatmengen (Herzbeuteltamponade) prall gefüllte Jugularvenen, Leberkapselschmerz, Tachykardie, Dyspnoe, Schocksymptomatik. Konstriktive Perikarditis: chronische Rechtsherzinsuffizienzzeichen (S. 244) infolge diastolischer Dehnungsbehinderung.
225
YB
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
CM
Diagnostik ä ä ä ä ä
Klinik. EKG: konkavbogige ST-Hebungen (S. 147) meist in allen Ableitungen, bei Erguûbildung Niedervoltage und elektrischer Alterans (S. 28). Sonographie/Echokardiographie: Perikarderguû?. Röntgen-Thorax: verbreiterter Herzschatten bei Erguû (¹Bocksbeutelformª). Diagnostische Punktion (S. 73) bei unklarer Ursache (Tbc?).
ä ä ä ä
Behandlung der Grundkrankheit: z. B. antibiotische Behandlung, Glukokortikoide bei immunologischer Genese, Dialyse bei Urämie etc. Bettruhe, Analgetika bzw. Antiphlogistika (z. B. Diclofenac 3 50 mg). Entlastungspunktion bei (drohender) Herzbeuteltamponade (S. 73). Operative Behandlung (Perikardektomie/-fensterung) bei konstriktiver oder rezidivierender Perikarditis mit hämodynamischer Relevanz.
Checkliste Hahn ´ Seite 225
& 17 &
Therapie
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
226
CM
YB
17.4 Kardiomyopathien ± Übersicht Definition ä
ä
Herzmuskelerkrankungen unterschiedlicher Ursache (oft unbekannt), die nicht reaktiv Folge sind von: ± Herzklappenerkrankungen o. a. Herzfehlern (z. B. Septumdefekte) ± koronarer Herzkrankheit ± pulmonaler oder systemischer Hypertonie ± Perikarderkrankungen. Abzugrenzen sind auch andere Erkrankungen der Herzmuskulatur (früher als ¹sekundäre Kardiomyopathienª bezeichnet): ± entzündliche Herzmuskelerkrankungen: Myokarditiden (S. 224) ± nicht entzündliche Herzmuskelerkrankungen durch: · Toxine: Alkohol, Medikamente (Zytostatika wie Doxorubicin und Daunorubicin, trizyklische Antidepressiva, Amphetamine, Phenothiazine u. a.), Arsen, Kobalt, Blei, Quecksilber u. a. · Sarkoidose (S. 315) · endokrine Erkrankungen: Hyper-(S. 496)/Hypothyreose (S. 494), Akromegalie, postpartale Kardiomyopathie, Phäochromozytom (S. 514), Cushing-Syndrom (S. 507), Hypoparathyreoidismus (S. 505) · Stoffwechselkrankheiten: Hämochromatose (S. 383), Amyloidose (S. 461), Speicherkrankheiten, Avitaminosen (z. B. Vitamin B1), Unterernährung · neuromuskuläre Erkrankungen: progressive Muskeldystrophie, Myasthenia gravis · Endomyokardfibrosen: z. B. Löffler Endokarditis (Eosinophilie).
Einteilung (Abb. 51) ä ä ä
Dilatative/kongestive Kardiomyopathie (am häufigsten): S. 227. Hypertrophische Kardiomyopathie mit (HOCM) und ohne (HNCM) Obstruktion: S. 228. Arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie (ARVCM): Kardiomyopathie unklarer ¾tiologie mit Dilatation des rechten Ventrikels und ventrikulären Arrhythmien.
& 17 &
normal
dilatative (kongestive)
hypertrophische nicht obstruktive
obstruktive
Ao LA
Ao LA
Ao LA
Ao LA
LV
LV
LV
LV
Abb. 51
Dilatative und hypertrophische Kardiomyopathie
Checkliste Hahn ´ Seite 226
17.5 Dilatative Kardiomyopathie (DCM) Definition ä
Kardiomyopathie (s. o.) mit Vergröûerung der Herzhöhlen und eingeschränkter Pumpfunktion (Synonym: kongestive Kardiomyopathie).
Ursachen ± Epidemiologie ä ä
Ursache unbekannt Männer häufiger betroffen als Frauen, Inzidenz ca. 5/100 000 Einwohner/Jahr.
Klinik ä ä ä
Herzinsuffizienzzeichen: S. 244. Palpitationen (meist durch ventrikuläre Arrhythmien). Evtl. 3. Herzton, Systolikum (relative Mitralinsuffizienz).
Diagnostik ± Differentialdiagnose ä ä ä
ä ä ä ä
Klinik. Ausschluû anderer Herzmuskelerkrankungen: S. 226. Echokardiographie: Vergröûerung der Herzhöhlen, diffus verminderte Myokardkontraktionen mit dadurch reduzierter Auswurffraktion, relative Mitralinsuffizienz, evtl. Nachweis von Thromben. Röntgen-Thorax: verbreitertes Herz, evtl. Lungenstauung und Pleuraergüsse. Linksherzkatheter: erhöhter Füllungsdruck, verminderte Ejektionsfraktion, Ausschluû einer koronaren Herzkrankheit. Myokardbiopsie: selten in diagnostischen Zweifelsfällen, deren Klärung zu therapeutischen Konsequenzen führt, erforderlich. Differentialdiagnose: Myokarditis (S. 224), andere Herzmuskelerkrankungen (S. 226).
227
YB
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
CM
Komplikationen ä ä ä
Arterielle und pulmonale Embolien. Rhythmusstörungen (z. B. Vorhofflimmern), plötzlicher Herztod. Progrediente Herzinsuffizienz.
ä ä ä ä ä
ä ä
Körperliche Schonung. Behandlung der Herzinsuffizienz: S. 247. Behandlung von Rhythmusstörungen: S. 272. Alkoholkarenz, keine kardiotoxischen Medikamente. Dauerantikoagulation mit Phenprocoumon (Marcumar, therapeutische Quick bzw. INR-Werte: S. 92) besonders bei Vorhofflimmern, nach Embolien oder echokardiographischem Nachweis von Thromben. Überprüfung der Indikation zur Herztransplantation bei therapierefraktärer Herzinsuffizienz (ggf. Vorstellung des Patienten im Transplantationszentrum). Prognose im allgemeinen ungünstig und abhängig vom Ausmaû der Herzinsuffizienz. 10-Jahresüberlebensrate 15 ± 30 %, jährliche Sterberate ca. 10 %.
Checkliste Hahn ´ Seite 227
& 17 &
Therapie ± Prognose
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
228
CM
17.6 Hypertrophische Kardiomyopathie (HCM) Definition ä
Kardiomyopathie (s. o.) mit asymmetrischer linksventrikulärer Hypertrophie. Formen: ± Hypertrophische nicht obstruktive Kardiomyopathie (HNCM) meist in Form einer septal, seltener apikal betonten Hypertrophie (70 ± 80 %). ± Hypertrophische obstruktive Kardiomyopathie (HOCM) meist in Form einer idiopathischen hypertrophischen Subaortenstenose (IHSS) (20 ± 30 %).
Ursachen ± Epidemiologie ä ä
Unklare Ursache, genetische Prädisposition (Familienangehörige untersuchen!). Männer häufiger betroffen als Frauen, Inzidenz ca. 3/100 000 Einwohner/Jahr.
Klinik ä ä ä ä ä ä
Oft jahrelange Beschwerdefreiheit. Angina pectoris. Palpitationen (meist durch ventrikuläre Arrhythmien). Schwindel, Synkopen, plötzlicher Herztod. Dyspnoe, Leistungsminderung. Auskultation: bei HOCM lautes spindelförmiges Systolikum (p. m. 2./3. ICR li. parasternal) mit Zunahme unter Belastung, evtl. 4. Herzton (Vorhofton).
Diagnostik ± Differentialdiagnose ä
ä ä ä
& 17 &
YB
Ausschluû anderer Herzmuskelerkrankungen: S. 226, insbesondere: ± arterielle Hypertonie: Anamnese, Blutdruckmessungen ± KHK: Anamnese, Koronarangiographie ± Aortenklappenstenose: Echokardiographie ± myokardiale Speicherkrankheiten (meist HNCM): bei therapeutischen Konsequenzen Myokardbiopsie. EKG: Linkshypertrophiezeichen (S. 245), evtl. Linksschenkelblock, pathologische Q-Zacken und negative T-Wellen linkspräkordial (¹Pseudoinfarktª). Langzeit-EKG: evtl. ventrikuläre Arrhythmien. Echokardiographie: ± HNCM: septal, seltener apikal betonte Hypertrophie ohne Ursachen für eine linksventrikuläre Druckbelastung (z. B. durch eine Aortenklappenstenose oder eine arterielle Hypertonie). ± HOCM: · asymmetrische Septumhypertrophie (> 15 mm) mit Quotient Septumdicke/Hinterwanddicke > 1,3 · systolische Vorwölbung des vorderen Mitralklappensegels gegen das Septum (SAM = systolic anterior movement) · vorzeitiger mesosystolischer Aortenklappenschluû · ¹säbelscheidenartigerª Druckgradient in der linksventrikulären Ausfluûbahn.
Checkliste Hahn ´ Seite 228
17.6 Hypertrophische Kardiomyopathie (HCM) ä
Linksherzkatheter: erhöhter diastolischer Füllungsdruck, bei HOCM intraventrikulärer Druckgradient (verstärkt nach Extrasystole oder Nitratgabe), Ausschluû einer koronaren Herzkrankheit. Beachte: Bei vorliegender hypertrophischer Kardiomyopathie Empfehlung einer kardiologischen Untersuchung der Familienangehörigen.
Therapie ± Prognose
ä
ä ä ä
Konservativ: ± körperliche Schonung ± bei Obstruktion keine positiv inotropen Substanzen (Digitalis, Katecholamine), keine Nitrate ± Kalzium-Antagonisten vom Verapamiltyp (S. 277) oder Betablocker (S. 275) vermindern den intraventrikulären Druckgradienten ± Bei Vorhofflimmern Dauerantikoagulation mit Marcumar (S. 92). Chirurgisch (bei Versagen der konservativen Therapie über mind. 6 Monate): ± transaortale septale Myektomie bei HOCM, Implantation eines DDD-Herzschrittmachers (S. 278) mit kontinuierlicher AV-sequentieller Stimulation ± Herztransplantation. Katheterinterventionelle Methoden: z. B. Embolisation des ersten Septalastes (derzeit noch keine gröûere klinische Bedeutung). Endokarditisprophylaxe (S. 223): bei HOCM. Prognose sehr variabel, jährliche Sterberate ohne Therapie ca. 2,5 %.
& 17 &
ä
229
YB
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
CM
Checkliste Hahn ´ Seite 229
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
230
CM
YB
17.7 Aortenklappenstenose Definition ä ä
Aortenstenose: Einengung der linksventrikulären Ausfluûbahn im Bereich der Aortenklappe. Einteilung der Aortenstenosen: ± valvuläre Aortenstenose (= Aortenklappenstenose), am häufigsten ± subvalvuläre Aortenstenose, entweder durch eine hypertrophische obstruktive Kardiomyopathie (S. 228) oder selten durch eine Membranverdickung in der linksventrikulären Ausfluûbahn ± postvalvuläre (supravalvuläre) Aortenstenose, selten.
Ursachen ä ä ä ä
Degenerativ-sklerotische Klappenveränderungen (im Alter am häufigsten). Rheumatisches Fieber (mit rheumatischer Endokarditis: S. 438). Bakterielle Endokarditis. Angeboren bei Kommisurenverschmelzung, häufig bei bikuspider Klappe.
Klinik
ä
ä
Bei leichtgradiger Aortenstenose meist keine Beschwerden. Bestehen deutliche Symptome, so handelt es sich bereits um eine höhergradige Aortenstenose. Folgen des erniedrigten poststenotischen Druckes (erniedrigtes Herzzeitvolumen): ± Blässe ± kleine Blutdruckamplitude bei niedrigem Blutdruck ± Schwindel, Synkopen. Folgen des erniedrigten poststenotischen Druckes, der Druckbelastung des linken Ventrikels (konzentrische Hypertrophie) und des erhöhten enddiastolischen Ventrikeldruckes: ± Angina pectoris durch Koronarinsuffizienz ± Linksherzinsuffizienzzeichen: Dyspnoe, Leistungsminderung ± Stauungs-RG über den Lungen ± Palpitationen durch Rhythmusstörungen ± plötzlicher Herztod.
Diagnostik ± Differentialdiagnose ä
Auskultation (Abb. 52): spindelförmiges, rauhes, in die Karotiden fortgeleitetes Systolikum mit p. m. über dem 2. ICR re. parasternal, bei hochgradiger Stenose evtl. paradoxe Spaltung des 2. Herztones (Schluû der Pulmonalklappe vor der Aortenklappe).
& 17 &
I 2. ICR rechts parasternal
Abb. 52
Auskultationsbefund bei Aortenklappenstenose
Checkliste Hahn ´ Seite 230
II P A
17.7 Aortenklappenstenose ä
ä ä
ä
EKG: bei höhergradiger Stenose: Linkshypertrophiezeichen (S. 245), linkspräkordial T-Negativierungen und ST-Senkungen (konzentrische Druckhypertrophie). Röntgen-Thorax: evtl. Klappenkalk, poststenotische Dilatation der Aorta ascendens, im Spätstadium Herzvergröûerung, pulmonale Stauung (S. 245). Echokardiographie (S. 44): ± B-Mode: häufig Klappensklerose, kuppelförmige systolische ¹Domstellungª der Klappensegel, konzentrische linksventrikuläre Hypertrophie ± M-Mode: verminderte Klappenseparation (< 10 mm), linksventrikuläre Hypertrophie ± Doppler: Druckgradientenbestimmung durch CW-Doppler-Messung (S. 44) und Berechnung der Klappenöffnungsfläche (Tab. 80). Linksherzkatheter: Bestimmung des Druckgradienten und der Klappenöffnungsfläche, Koronarangiographie (Operationsindikation?).
Tabelle 80 Einteilung des Aortenstenosegrades anhand des Druckgradienten und der Klappenöffnungsfläche Stenosegrad
maximaler Gradient
Öffnungsfläche
leichtgradige Aor< 30 mmHg tenstenose: 50 ± 65 %
< 40 mmHg
1,3 ± 2,0 cm2
mittelgradige Aor30 ± 50 mmHg tenstenose: 65 ± 80 %
40 ± 80 mmHg
0,75 ± 1,3 cm2
hochgradige Aorten- > 50 mmHg stenose: > 80 %
> 80 mmHg
< 0,75 cm2
ä
mittlerer Gradient
231
YB
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
CM
Differentialdiagnose: ± Aortenklappensklerose ohne hämodynamisch relevante Stenose (Klinik, Echokardiographie) ± hypertrophische obstruktive Kardiomyopathie (Echokardiographie: S. 228).
ä ä
ä
ä ä
Körperliche Schonung bei leicht- und mittelgradiger Stenose bzw. NYHA-Stadium I-II (S. 245). Operative Therapie bei symptomatischer Stenose (möglichst vor dem Auftreten einer Linksherzinsuffizienz) oder bei asymptomatischer Stenose mit hohem Gradienten (mittlerer Gradient > 50 mmHg): ± erworbene Aortenklappenstenose: Klappenersatz ± angeborene Aortenklappenstenose: Versuch einer Klappenrekonstruktion. Bei medikamentöser Behandlungsindikation (präoperativ oder wenn Operation kontraindiziert) Herzinsuffizienzbehandlung mit Diuretika (S. 249), evtl. Digitalis (umstritten), ACE-Hemmer sollten nicht gegeben werden. Endokarditisprophylaxe: S. 223. Mittlere Lebenserwartung abhängig von der Symptomatik: Angina pectoris ca. 3 Jahre, Synkopen ca. 2 Jahre, Linksherzinsuffizienz oder Vorhofflimmern ca. 1 Jahr. 10-Jahresüberlebensrate bei operierten Patienten 60 ± 70 %.
Checkliste Hahn ´ Seite 231
& 17 &
Therapie ± Prognose
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
232
CM
YB
17.8 Aortenklappeninsuffizienz Definition ä
Aortenklappenschluûunfähigkeit mit diastolischem Blutreflux in den linken Ventrikel.
Ursachen ä ä ä ä ä
Am häufigsten rheumatisches Fieber (mit rheumatischer Endokarditis: S. 438), dann häufig mit Mitralstenose kombiniert. Bakterielle Endokarditis. Aortenaneurysma, selten Lues (Mesaortitis luica), Marfan-Syndrom u. a. Posttraumatisch. Selten angeboren.
Klinik ä ä
ä
Bei leichtgradiger Aorteninsuffizienz meist keine Beschwerden. Leitsymptom: groûe Blutdruckamplitude (durch diastolischen Blutreflux und hohes Schlagvolumen): ± Pulsus celer et altus (¹Wasserhammer-Pulsª) ± hebender, nach unten auûen verlagerter Herzspitzenstoû ± Pulssynchrones Kopfdröhnen, Musset-Zeichen (pulssynchrones Kopfnicken). Folgen der Volumenbelastung des linken Ventrikels: ± Dyspnoe, Leistungsminderung ± Stauungs-RG über den Lungen ± Angina pectoris.
Diagnostik ä ä
Klinik: groûe Blutdruckamplitude mit Pulsus celer et altus. Auskultation (Abb. 53): unmittelbar auf den 2. HT folgendes hauchendes diastolisches Decrescendogeräusch über dem 2. ICR rechts oder dem Erb©schen Punkt. Häufig zusätzlich leises spindelförmiges systolisches Geräusch (relative Aortenstenose) oder bei schwerer Insuffizienz ein leises spätdiastolisches ¹Austin-Flint-Geräuschª (funktionelle Mitralstenose).
2. ICR rechts parasternal oder 3. ICR links parasternal
Abb. 53
& 17 &
ä ä
I
II
Auskultationsbefund bei Aortenklappeninsuffizienz
EKG: bei höhergradiger Stenose: Linkshypertrophiezeichen, positiver SokolowLyon-Index (S. 245), betonte Q-Zacken (exzentrische Volumenhypertrophie). Röntgen-Thorax (Abb. 54): evtl. Klappenkalk, Ektasie der Aorta ascendens, durch vergröûerten linken Ventrikel, ¹Aortenkonfigurationª mit ¹Schuhformª des Herzens, pulmonale Stauungszeichen (S. 245).
Checkliste Hahn ´ Seite 232
17.8 Aortenklappeninsuffizienz Aortenbogen
linker Ventrikel
Abb. 54 ä
ä
Aortenklappeninsuffizienz im Röntgenbild
Echokardiographie: ± B-Mode: exzentrisch hypertrophierter hyperdynamer linker Ventrikel ± M-Mode: diastolische Flatterbewegung des vorderen Mitralsegels, bei höhergradiger Insuffizienz vorzeitiger Mitralklappenschluû ± Farbdoppler: Nachweis der diastolischen Refluxwolke in den linken Ventrikel und Graduierung z. B. anhand des Durchmessers der Regurgitationsöffnung: · leichtgradige Aortenklappeninsuffizienz: < 5 mm · mittelgradige Aortenklappeninsuffizienz: 5 ± 10 mm · hochgradige Aortenklappeninsuffizienz: > 10 mm Linksherzkatheter: ± Bestimmung des Schweregrades anhand der Regurgitationsfraktion (in % des Schlagvolumens): · Grad I: < 15 % · Grad II: 15 ± 30 % · Grad III: 30 ± 50 % · Grad IV: > 50 %. ± Nachweis anderer begleitender Vitien, Koronarangiographie.
233
YB
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
CM
Therapie ± Prognose
ä ä ä
Operativer Klappenersatz. Indikationen: ± symptomatische, mindestens mittelgradige Aortenklappeninsuffizienz ± akute Aortenklappeninsuffizienz (Notfalloperation). Konservativ: Behandlung bei Herzinsuffizienz: S. 247ff. Endokarditisprophylaxe: S. 223. Mittlere Lebenserwartung abhängig vom Ausmaû der Linksherzinsuffizienz. 10-Jahresüberlebensrate nach rechtzeitigem Klappenersatz: ca. 60 %.
& 17 &
ä
Checkliste Hahn ´ Seite 233
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
234
CM
YB
17.9 Mitralklappenstenose Definition ä
Einengung der Mitralklappenöffnungsfläche, die einen diastolischen Druckgradienten zwischen linkem Vorhof und linkem Ventrikel verursacht.
Ursachen ä ä
Am häufigsten rheumatisches Fieber (mit rheumatischer Endokarditis: S. 438). Seltener bakterielle Endokarditis.
Klinik ä
ä
ä ä
Folgen der Drucksteigerung und Vergröûerung des linken Vorhofs: ± häufig absolute Arrhythmie bei Vorhofflimmern (S. 268) ± bei Vorhofthromben arterielle Embolien: zerebraler ischämischer Insult, akuter Extremitätenarterienverschluû, Nierenarterienembolie, Mesenterialinfarkt. Folgen der Linksherzinsuffizienz (S. 244): ± Leistungsminderung, Dyspnoe bei Belastung und bei Flachlagerung, nächtlicher Husten ± Stauungs-RG über den Lungen, rötlich gefärbtes Sputum. Folgen einer (sekundären) Rechtsherzinsuffizienz (S. 244): ± Halsvenenstauung, Ödeme, Stauungsleber, Proteinurie. Facies mitralis: rötliche Wangen.
Diagnostik ä
Auskultation (Abb. 55): paukender 1. Herzton, Mitralöffnungston gefolgt von einem diastolischen Decrescendo-Geräusch mit p. m. über der Herzspitze, bei Sinusrhythmus präsystolisches Crescendogeräusch.
I
II MÖT
Herzspitze
Abb. 55 Auskultationsbefund bei Mitralklappenstenose (MÖT = Mitralöffnungston) ä
& 17 &
ä
EKG: bei Sinusrhythmus P-sinistroatriale (S. 27), absolute Arrhythmie bei Vorhofflimmern (S. 268), Steil- bis Rechtstyp, Rechtsbelastungszeichen (S. 245). Röntgen-Thorax: evtl. Klappenkalk und Mitralringverkalkung, mitralkonfiguriertes Herz mit verstrichener Herztaille und von seitlich sichtbarer Einengung des Retrokardialraumes (vergröûerter linker Vorhof) sowie des Retrosternalraumes (bei Rechtsherzhypertrophie), prominentes Pulmonalissegment, pulmonale Stauung (S. 245).
Checkliste Hahn ´ Seite 234
17.9 Mitralklappenstenose ä
ä
ä
Echokardiographie: ± B-Mode: verdickte/verkalkte Mitralsegel, kuppelförmige diastolische ¹Domstellungª der Mitralsegel, Vergröûerung des linken Vorhofs, Vorhofthromben?, in der parasternalen kurzen Achse Quantifizierung der Stenose durch Planimetrierung der Öffnungsfläche. ± M-Mode: verminderter EF-Slope (S. 45), aufgehobenes M-Muster, konkordante Bewegung des hinteren Klappensegels. ± Doppler: Quantifizierung der Stenose durch Ermittlung der Klappenöffnungsfläche, z. B. nach der Pressure-half-time-Methode. Herzkatheter: ± Rechtsherzkatheter: Druckwerte im Lungenkreislauf und später auch im rechten Herzen erhöht, Bestimmung des Herzzeitvolumens ± Linksherzkatheter: Bestimmung des diastolische Druckgradienten zwischen linkem Vorhof und linkem Ventrikel sowie der Klappenöffnungsfläche, Nachweis einer begleitenden Mitralklappeninsuffizienz oder anderer Herzklappenfehler, Koronarangiographie. Schweregradeinteilung anhand des mittleren Druckgradienten über der Klappe und der Klappenöffnungsfläche: Tab. 81.
Tabelle 81
Schweregradeinteilung der Mitralklappenstenose
Schweregrad
mittlerer Gradient
Klappenöffnungsfläche
leichtgradig
< 7 mmHg
1,5 ± 2,5 cm2
mittelgradig
8 ± 15 mmHg
1 ± 1,5 cm2
hochgradig
> 15 mmHg
< 1 cm2
235
YB
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
CM
Therapie ± Prognose
ä
ä ä
Medikamentöse Therapie: ± Herzinsuffizienztherapie mit Diuretika (S. 249), ACE-Hemmer ohne Nutzen ± bei Vorhofflimmern Digitalisierung (S. 250) und Dauerantikoagulation mit Marcumar (S. 92). Operative Therapie ab NYHA-Stadium III (S. 245): ± offene oder geschlossene (Ballon-)Kommissurotomie (= Klappensprengung) ± Klappenrekonstruktion bei ausreichend beweglichen Klappensegeln ± Klappenersatz. Endokarditisprophylaxe: S. 223. 5-Jahresüberlebensrate ohne Operation bei mittelgradiger Stenose ca. 60 %, bei hochgradiger Stenose ca. 10 %, nach rechtzeitiger Kommissurotomie ca. 80 %.
& 17 &
ä
Checkliste Hahn ´ Seite 235
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
236
CM
YB
17.10 Mitralklappeninsuffizienz Definition ä
Schluûunfähigkeit der Mitralklappe mit systolischem Blutreflux in den linken Vorhof.
Ursachen ä ä ä ä ä ä ä
Rheumatisches Fieber (mit rheumatischer Endokarditis: S. 438). bakterielle Endokarditis. Akute Mitralinsuffizienz infolge ischämischer Papillarmuskelnekrose nach Herzinfarkt. Mitralklappenprolapssyndrom (S. 238). Nach Kommissurotomie (S. 235). Relative Mitralinsuffizienz bei linksventrikulärer Dilatation durch Überdehnung des Klappenansatzrings ohne primär vorliegenden Klappenfehler. Selten angeboren.
Klinik ä ä ä ä
Leichtere Formen oft symptomlos. Symptomatik dann, wenn der linke Ventrikel durch das Pendelvolumen überlastet wird: Folgen der Vergröûerung des linken Vorhofs: absolute Arrhythmie bei Vorhofflimmern (S. 268) mit Embolien (seltener als bei Mitralstenose). Folgen der Linksherzinsuffizienz (S. 244): Leistungsminderung, Dyspnoe bei Belastung und bei Flachlagerung, Stauungs-RG, rötlich gefärbtes Sputum. Folgen einer im allgemeinen später als bei Mitralstenose auftretenden Rechtsherzinsuffizienz (S. 244): Halsvenenstauung, Ödeme, Stauungsleber, Proteinurie.
Diagnostik ä
Auskultation (Abb. 56): leiser 1. Herzton unmittelbar gefolgt von einem hochfrequenten bandförmigen systolischen Decrescendogeräusch mit p. m. über der Herzspitze, Fortleitung in die Axilla, häufig tieffrequenter 3. Herzton (Galopp).
I
A
II
P
III
Herzspitze
Abb. 56
& 17 &
ä ä
Auskultationsbefund bei Mitralklappeninsuffizienz
EKG: bei Sinusrhythmus P-sinistroatriale (S. 27), evtl. Vorhofflimmern (S. 268), Zeichen der Linksbelastung (S. 245), später auch der Rechtsbelastung. Röntgen-Thorax (Abb. 57): mitralkonfiguriertes, linksvergröûertes Herz mit verstrichener Herztaille und von seitlich sichtbarer Einengung des Retrokardialraumes (vergröûerter linker Vorhof), pulmonale Stauung (S. 245).
Checkliste Hahn ´ Seite 236
17.10 Mitralklappeninsuffizienz ä
ä
Echokardiographie: ± B- und M-Mode: nur indirekte Zeichen: linker Vorhof und linker Ventrikel vergröûert, evtl. überhöhte DE-Amplitude (S. 45) ± Farbdoppler: Nachweis der systolischen Vorhofrefluxwolke und Graduierung z. B. durch Bestimmung des Durchmessers der Regurgitationsöffnung: · geringgradige Mitralklappeninsuffizienz: < 4 mm · mäûiggradige Mitralklappeninsuffizienz: 4 ± 6 mm · mittelschwere Mitralklappeninsuffizienz: 6 ± 9 mm · schwere Mitralklappeninsuffizienz: > 9 mm. Linksherzkatheter: ± Bestimmung des Schweregrades anhand der Regurgitationsfraktion (in % des Schlagvolumens): · Grad I: < 15 % · Grad II: 15 ± 30 % · Grad III: 30 ± 50 % · Grad IV: > 50 %. ± Nachweis anderer begleitender Vitien.
237
YB
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
CM
rechter Ventrikel
linker Vorhof
linker Ventrikel
Abb. 57
Mitralklappeninsuffizienz im Röntgenbild
ä ä
ä ä ä
Medikamentöse Therapie bei Herzinsuffizienz: S. 247ff. Bei Vorhofflimmern, kombiniertem Mitralvitium, groûem linkem Vorhof (> 5 cm) oder stattgehabter Embolie Dauerantikoagulation mit Marcumar (S. 92). NYHA-Stadium III-IV (S. 245) bzw. mittelschwere und schwere Mitralinsuffizienz: Klappenersatz. Endokarditisprophylaxe: S. 223. 5-Jahresüberlebensrate bei mittelschwerer und schwerer Mitralinsuffizienz ohne Operation 25 ± 40 %, nach Klappenersatz 60 ± 80 %.
Checkliste Hahn ´ Seite 237
& 17 &
Therapie ± Prognose
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
238
CM
YB
17.11 Mitralklappenprolapssyndrom Definition ä ä
Mitralklappenprolaps: asymptomatischer systolischer Prolaps meist des hinteren Mitralsegels in den linken Vorhof (Mehrzahl der Fälle). Mitralklappenprolapssyndrom: Mitralklappenprolaps mit Symptomen.
Ursachen ± Epidemiologie ä ä ä
Idiopathisch: am häufigsten, meist Frauen betroffen, familiäre Häufung. Angeboren: z. B. beim Marfansyndrom. Erworben: z. B. nach Myokardinfarkt.
Klinik ä ä ä ä
Meist Beschwerdefreiheit. Palpitationen, Schwindel, selten Synkopen infolge ventrikulärer und supraventrikulärer Rhythmusstörungen. Angina pectoris. Selten hämodynamisch relevante Mitralinsuffizienz mit entsprechender Klinik.
Diagnostik ä ä ä
ä
Auskultation: typischer mesosystolischer Klick (¹Klick-Syndromª). EKG: meist normal, evtl. Nachweis von Rhythmusstörungen im LZ-EKG. Echokardiographie: ± B- und M-Mode: systolische Dorsalbewegung meist des hinteren Mitralsegels (¹Hängemattenformª) ± Farbdoppler: Ausschluû/Nachweis einer Mitralinsuffizienz (S. 236). Differentialdiagnostisch ist vor allem eine koronare Herzkrankheit (Belastungs-EKG) oder ein anderes Herzvitium (Echokardiographie) abzugrenzen.
Therapie ± Prognose ä ä ä
& 17 &
ä
Bei symptomlosem Mitralklappenprolaps keine Therapie. Bei Mitralklappenprolapssyndrom: symptomatische Behandlung von Palpitationen oder Stenokardien z. B. mit Betablockern (S. 275). Behandlung einer hämodynamisch relevanten Mitralinsuffizienz (S. 237) einschlieûlich Endokarditisprophylaxe (S. 223). Prognose des Mitralklappenprolaps sehr günstig, nur selten progrediente Mitralinsuffizienz, bakterielle Endokarditis oder maligne Rhythmusstörungen.
Checkliste Hahn ´ Seite 238
17.12 Erworbene Klappenvitien des rechten Herzens
ä
ä
Erworbene primäre Klappenvitien des rechten Herzens sind selten. Trikuspidalvitien treten meist nach einer bakteriellen Endokarditis z. B. bei i. v.-Drogenabhängigen auf. Relativ häufig sind die relativen Klappeninsuffizienzen. Relative Trikuspidalklappeninsuffizienz: bei einer Rechtsherzinsuffizienz unterschiedlicher Genese (Mitralklappenfehler, Ursachen des Cor pulmonale: S. 298) kann die rechtsventrikuläre Dilatation zu einer Überdehnung des Klappenansatzringes führen. ± klinisch stehen neben der Grundkrankheit Rechtsherzinsuffizienzzeichen im Vordergrund (S. 244) ± Auskultation: hochfrequentes Holosystolikum mit p. m. über dem 4. ICR rechts parasternal ± (Farb-)Dopplerechokardiographie: systolische Regurgitationswolke in den rechten Vorhof, Einschätzung der pulmonalen Hypertonie (s. u.) ± therapeutisch steht die Behandlung der Herzinsuffizienz (S. 247) und der auslösenden Grundkrankheit im Vordergrund. Relative Pulmonalklappeninsuffizienz: Überdehnung des Klappenansatzringes bei einer chronischen pulmonalen Hypertonie unterschiedlicher Genese (Mitralklappenfehler, Ursachen des Cor pulmonale: S. 298). ± klinisch steht die auslösende Grundkrankheit im Vordergrund, zusätzlich evtl. Rechtsherzinsuffizienzzeichen (S. 244) ± Auskultation: kurzes, hochfrequentes Diastolikum (Graham-Steel-Geräusch) im Anschluû an den 2. Herzton mit p. m. über dem 2. ICR links parasternal ± (Farb-)Dopplerechokardiographie: · Nachweis einer Regurgitation im Ausstromtrakt des rechten Ventrikels · Einschätzung der pulmonalen Hypertonie bei begleitender Trikuspidalinsuffizienz durch Addition des maximalen Druckgradienten über der Trikuspidalklappe mit dem anhand der Füllung der Vena cava inferior oder der Halsvenen geschätzten rechtsatrialen Druck. Patient in Rückenlage, Beobachtung der Halsvenen oder Sonographie der Vena cava inferior retrohepatisch: Tab. 82. ± therapeutisch steht die Behandlung der Grundkrankheit im Vordergrund, ggf. Behandlung einer Herzinsuffizienz (S. 247).
Tabelle 82 pertonie
239
YB
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
CM
Dopplerechokardiographische Einschätzung der pulmonalen Hy-
Vena cava inferior
Halsvenen
rechtsatrialer Druck
systolischer Kollaps
nicht sichtbar
~ 5 mmHg ~ 10 mmHg
kein Kollaps, Durchmesser gut sichtbar maximal 2,5 cm
Pulmonaler Spitzendruck = rechtsatrialer Druck + maximaler Druckgradient: normal: < 30 mmHg, mäûige pulmonale Hypertonie: 30 ± 50 mmHg, schwere pulmonale Hypertonie > 50 mmHg.
Checkliste Hahn ´ Seite 239
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Durchmesser > 2,5 cm ektatisch ~ 15 mmHg Anlotung der Trikuspidalinsuffizienz im apikalen 4-Kammer-Blick mit dem CW-Doppler und Ausmessung des maximalen Druckgradienten.
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
240
CM
17.13 Kongenitale Vitien ± Übersicht Definition ä
Angeborene Herzfehler, die bei entsprechender medizinischer Grundversorgung meist schon im Kindesalter diagnostiziert und behandelt werden und daher nur teilweise im Erwachsenenalter eine wesentliche Rolle spielen.
Ursachen ä
Oft unbekannt. Faktoren für die Entstehung können sein: Virusinfekte (z. B. Röteln), genetische Disposition (z. B. Trisomie 21, Turner-Syndrom) sowie teratogene Substanzen (z. B. Alkohol, Contergan) und ionisierende Strahlen.
Einteilung ä ä
ä
ä
& 17 &
YB
Die gebräuchlichste Einteilung kongenitaler Vitien erfolgt nach dem Vorliegen und der Richtung eines Shunts. Herzfehler ohne Shunt (20 ± 30 %): ± Pulmonalklappenstenose (6 ± 7 %): S. 241 ± Aortenklappenstenose (6 ± 7 %): S. 230ff ± Aortenisthmusstenose (6 ± 9 %): Stenosierung der thorakalen deszendierenden Aorta meist distal des Abganges der linken A. subclavia. Leitsymptom: Hypertonie der oberen und Hypotonie der unteren Körperhälfte. Typisch sind Rippenusuren (Konturdefekt durch ektatische Kollateralgefäûe) im Röntgen-Thorax. Therapie: operativ. Formen: · Infantile Form: Ductus Botalli offen, oft mit Ventrikelseptumdefekt u. a. · Erwachsenenform: Ductus Botalli verschlossen, oft gleichzeitig bikuspide Aortenklappe mit Vitium. Herzfehler mit Links-rechts-Shunt (50 %): ± Ventrikelseptumdefekt (20 ± 30 %): S. 242 ± Vorhofseptumdefekt (5 ± 10 %): S. 243 ± persistierender Ductus arteriosus Botalli (10 ± 15 %): Links-rechts-Shunt zwischen thorakaler Aorta descendens und linker A. pulmonalis. Beschwerden hängen von der Gröûe des Shuntvolumens ab: · Volumenbelastung des linken Ventrikels: Linksherzinsuffizienz (S. 244) · bei pulmonaler Hypertonie Druckbelastung des rechten Ventrikels. Gefahr einer irreversiblen Pulmonalsklerose mit Shuntumkehr (Eisenmenger-Reaktion) · Auskultation: systolisch-diastolisches Crescendo-Decrescendo-(Maschinen-)geräusch über dem 2. ICR links parasternal · Diagnose durch Farbdopplerechokardiographie und Herzkatheter · Gefahr der bakteriellen Besiedlung (Endokarditisprophylaxe: S. 223) · Therapie: medikamentöser Versuch mit Prostaglandinhemmern, operative Behandlung z. B. durch Katheterokklusion oder Ligatur. Herzfehler mit Rechts-links-Shunt (20 ± 30 %), Kennzeichen: zentrale Zyanose (S. 157): ± mit überwiegend verminderter Lungenperfusion: z. B. Fallotsche Tetralogie: Pulmonalstenose mit konsekutiver rechtsventrikulärer Hypertrophie sowie einer dextroponierten, auf einem Ventrikelseptumdefekt reitenden Aorta ± mit überwiegend vermehrter Lungenperfusion: z. B. Transposition der groûen Arterien.
Checkliste Hahn ´ Seite 240
17.14 Pulmonalklappenstenose Definition ± Einteilung ä ä
Pulmonalstenose: Einengung der rechtsventrikulären Ausfluûbahn im Bereich der Pulmonalklappe. Einteilung: ± valvuläre (= Pulmonalklappenstenose), am häufigsten ± subvalvuläre bei Fallotscher-Tetralogie (S. 240) ± supravalvuläre und periphere Pulmonalisstenosen (selten).
Ursachen ä
Meist angeboren (S. 240), nur selten erworben.
Klinik
ä ä
Im Stadium I u. II (s. u.) oft keine Beschwerden. Bestehen deutliche Symptome, so handelt es sich bereits um eine höhergradige Pulmonalstenose. Folgen des erniedrigten poststenotischen Druckes (erniedrigtes Herzzeitvolumen): Leistungsminderung, Dyspnoe, periphere Zyanose (S. 157). Folgen der Druckbelastung des rechten Ventrikels (konzentrische Hypertrophie): Rechtsherzinsuffizienzzeichen (S. 244).
Diagnostik ä ä ä ä
ä
Auskultation: spindelförmiges rauhes Systolikum mit p. m. über dem 2. ICR li. parasternal, fixierte Spaltung des 2. Herztones. EKG: bei bedeutsamer Stenose: P-dextroatriale (S. 27), Rechtshypertrophiezeichen (S. 245), Rechtstyp, Rechtsschenkelblock. Röntgen-Thorax: vergröûerter rechter Ventrikel mit Einengung des Retrosternalraumes in der Seitenaufnahme, prominentes Pulmonalissegment. Echokardiographie: ± B- und M-Mode: systolische kuppelförmige ¹Domstellungª der Klappensegel, rechtsventrikuläre Hypertrophie ± Doppler: Bestimmung des maximalen Druckgradienten durch CW-DopplerMessung (S. 44): leichtgradige ~ 20 ± 30 mmHg, mittelgradige ~ 30 ± 80 mmHg, schwere Pulmonalstenose > 80 mmHg. Rechtsherzkatheter: Bestimmung des Druckgradienten zwischen A. pulmonalis und rechtem Ventrikel.
241
YB
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
CM
Therapie
ä
Operativ, Indikation bei Druckgradienten > 50 mmHg: Ballonvalvuloplastie, Erweiterungsplastik. Endokarditisprophylaxe: S. 223.
& 17 &
ä
Checkliste Hahn ´ Seite 241
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
242
CM
YB
17.15 Ventrikelseptumdefekt (VSD) Definition ä
Offene Verbindung zwischen dem linken und rechten Ventrikel, meist im Bereich des membranösen, seltener muskulären Septumanteiles gelegen. Häufigster angeborener Herzfehler, der oft mit anderen Miûbildungen kombiniert ist.
Ursachen ä
Meist angeboren, seltener traumatisch oder nach Myokardinfarkt.
Klinik ä ä
Symptomatik abhängig vom Shuntvolumen: bei kleinem Defekt keine Beschwerden. Folgen der pulmonalen Hypertonie: ± Belastungsdyspnoe, Neigung zu bronchopulmonalen Infekten, Gedeihstörung ± bei schwerer pulmonaler Hypertonie Gefahr der irreversiblen Pulmonalsklerose mit Shuntumkehr (Eisenmengerreaktion): Rechts-links-Shunt mit zentraler Zyanose (S. 157).
Diagnostik ä
ä
ä
ä
ä
Auskulation: holosystolisches ¹Preûstrahlª-Geräusch mit p. m. über dem 3. 4. ICR links parasternal, wird mit zunehmendem Shuntvolumen leiser. Bei groûem VSD mit pulmonaler Hypertonie diastolisches Flowgeräusch infolge rel. Pulmonalklappeninsuffizienz sowie gespaltener 2. HT. EKG: bei kleinem VSD normal, mit gröûerem Defekt Übergang zu Links- bzw. biventrikulären Hypertrophiezeichen (S. 245) bis zur überwiegenden Rechtshypertrophie bei Shuntumkehr. Röntgen-Thorax: bei relevantem Shunt Kardiomegalie und vermehrte Lungengefäûzeichnung, betontes Pulmonalissegment als Zeichen der pulmonalen Hypertonie. Echokardiographie: ± B-Mode: direkte Darstellung gröûerer Defekte, evtl. vergröûerte Ventrikel. ± (Farb-)doppler: Darstellung des transseptalen Jets, bei Trikuspidalinsuffizienz Erfassung einer pulmonalen Hypertonie (S. 239). Links-/Rechtsherzkatheter: Defektdarstellung und Quantifizierung von Defekt und Shuntvolumen, Druckmessung im kleinen Kreislauf.
Therapie ± Prognose ä ä
& 17 &
ä
ä ä
Häufig Spontanverschluû in den ersten Lebensjahren. Medikamentöse Behandlung wie bei Herzinsuffizienz: S. 247. Operativ bei relevanten Shuntvolumina im Säuglings- oder Kleinkindesalter: Verschluû sowie Korrektur begleitender Defekte. Bei Shuntumkehr Operation nicht mehr sinnvoll, da bereits eine irreversible pulmonale Hypertonie vorliegt. Endokarditisprophylaxe: S. 223. Bei kleinem Ventrikelseptumdefekt mit niedrigem Shuntvolumen oder bei rechtzeitiger Operation kaum eingeschränkte Lebenserwartung.
Checkliste Hahn ´ Seite 242
17.16 Vorhofseptumdefekt (ASD) Definition ä
Offene Verbindung zwischen dem linken und rechten Vorhof. Varianten: ± ASD I: tiefsitzender Ostium-primum-Defekt (selten) ± ASD II: zentralsitzender Ostium-secundum-Defekt (am häufigsten) ± Sinus-venosus-Defekt: hochsitzend mit fehleinmündenden Pulmonalvenen ± persistierend offenes Foramen ovale: bei aller Menschen ohne Shunt.
Ursachen ä
Häufigster im Erwachsenenalter diagnostizierter angeborener Herzfehler.
Klinik ä ä ä ä
Symptome erst bei groûem Defekt mit wesentlichem Links-rechts-Shunt oft erst jenseits des 2. Lebensjahres und später. Vermehrte Lungenperfusion mit Dyspnoe, häufige bronchopulmonale Infekte. Vermindertes Herzzeitvolumen im groûen Kreislauf mit Leistungsminderung und blasser Hautfarbe. Bei Shuntumkehr (Eisenmenger-Reaktion) im fortgeschrittenen Stadium der pulmonalen Hypertonie zentrale Zyanose (S. 157).
Diagnostik ä ä ä
ä
ä
Auskultation: rauhes spindelförmiges Systolikum über dem 2. ICR links parasternal mit fixierter Spaltung des 2. Herztones. EKG: häufig inkompletter, seltener kompletter Rechtsschenkelblock, Steil- bis Rechtstyp (ASD II), evtl. P-dextroatriale (S. 27) und Rechtshypertrophie (S. 245). Röntgen-Thorax: bei relevantem Shunt vermehrte Lungengefäûzeichnung, ¹tanzende Hiliª bei Durchleuchtung, betontes Pulmonalissegment als Zeichen der pulmonalen Hypertonie, Rechtsherzhypertrophie (S. 245). Echokardiographie: ± B-Mode: auffallend groûer rechter Vorhof und Ventrikel, Darstellung gröûerer Defekte von subxiphoidal ± M-Mode: paradoxe Septumbeweglichkeit ± (Farb-)Dopplerechokardiographie: Nachweis und Quantifizierung des Shuntflusses durch Messung der Breite. Bei Trikuspidalinsuffizienz Erfassung einer pulmonalen Hypertonie (S. 239). Kontrastechokardiographie: Darstellung eines Auswaschphänomens im rechten Vorhof ± Transösophageale Echokardiographie: sicherste Methode. Links-/Rechtsherzkatheter: Defektdarstellung und Quantifizierung von Defekt und Shuntvolumen, Druckmessung im kleinen Kreislauf.
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Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
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ä ä ä ä ä
Medikamentöse Behandlung wie bei Herzinsuffizienz (S. 247). Operativ: bei Shuntvolumina > 50 % durch Verschluû. Bei Shuntumkehr nicht mehr sinnvoll, da bereits eine irreversible pulmonale Hypertonie vorliegt. Katheterinterventioneller Verschluû: bei Defekten bis 20 mm Durchmesser. Endokarditisprophylaxe: S. 223. Bei kleinem Vorhofseptumdefekt mit geringem Shuntvolumen oder bei rechtzeitiger Operation kaum eingeschränkte Lebenserwartung. Checkliste Hahn ´ Seite 243
& 17 &
Therapie ± Prognose
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
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17.17 Herzinsuffizienz Definition ± Einteilung ä
ä ä
Funktionsstörung des Herzens, welche dazu führt, daû der Organismus unzureichend mit Blutvolumen versorgt wird = Symptom, welches im Zusammenhang mit verschiedenen Herzkrankheiten auftreten kann. Dabei wird zwischen Vorwärtsversagen = ¹Low-output-failureª (erniedrigtes Herzzeitvolumen), Rückwärtsversagen (Blutstau vor der jeweiligen Herzhälfte) und der Herzinsuffizienz bei Hyperzirkulation = ¹High-output-failureª (z. B. bei Hyperthyreose, Anämie) unterschieden. Einteilung nach der bevorzugt betroffenen Herzhälfte in Links-, Rechts- und Globalherzinsuffizienz. Einteilung nach dem Verlauf in akute und chronische Herzinsuffizienz.
Ursachen ä
ä
ä
Systolische Ventrikelfunktionsstörungen durch ± Kontraktionsschwäche: · primär bei koronarer Herzkrankheit, akutem oder Z. n. Herzinfarkt, dilatativer Kardiomyopathie, sekundären Kardiomyopathien, Myokarditis · sekundär bei O2-Mangel z. B. bei Anämie oder Lungenerkrankungen ± durch erhöhte Wandspannung bei: · Volumenbelastung (Vorlast erhöht): Klappeninsuffizienzen, Shuntvitien · Druckbelastung (Nachlast erhöht): arterielle und pulmonale Hypertonie, Aorten- und Pulmonalstenose, hypertrophische obstruktive Kardiomyopathie. Diastolische Ventrikelfunktionsstörungen durch Füllungsbehinderung: Perikarderguû bzw. Herzbeuteltamponade, Mitralstenose, konstriktive Perikarditis. Herzrhythmusstörungen mit hämodynamischer Auswirkung.
Klinik ä
& 17 &
ä
Linksherzinsuffizienz: ± bei Vorwärtsversagen: Leistungsminderung, Schwindel, Synkopen, bei älteren Patienten zerebrale Leistungsstörungen ± bei Rückwärtsversagen: · chronisch: Lungenstauung mit Dyspnoe (¹Asthma cardialeª) bei Belastung und im Liegen, nächtlicher Husten, rötlich gefärbtes Sputum, Zyanose, feuchte RG. · akut: Lungenödem mit Ruhedyspnoe und schaumigem Auswurf. Rechtsherzinsuffizienz: ± gestaute Hals- und Zungengrundvenen ± Ödeme, je nach Ausprägung und Lagerung im Bereich der Knöchel, Unterschenkel, Oberschenkel, Stammbereich (Anasarka) ± Pleuraergüûe, Aszites ± druckschmerzhafte vergröûerte Stauungsleber, Transaminasen- und Bilirubinerhöhung, Übergang in eine ¹Cirrhose cardiaqueª möglich ± positiver hepatojugulärer Reflux: Füllung der Jugularvenen bei Leberpalpation ± Proteinurie infolge Nierenstauung ± abdominelle Beschwerden und Appetitlosigkeit bei Stauungsgastritis, Gewichtsabnahme durch Malabsorption (kardiale Kachexie). Checkliste Hahn ´ Seite 244
ä
ä
Bei Links- und Rechtsherzinsuffizienz: ± Herzvergröûerung ± Nykturie durch Rückresorption der Ödeme im Liegen ± Tachykardie, evtl. Rhythmusstörungen (als Ursache und als Folge) ± evtl. 3. Herzton (= Galopprhythmus) ± bei akuter Insuffizienz kaltschweiûige Haut ± Thromboseneigung mit Lungenemboliegefahr ± kardiogener Schock bei schwerem und/oder akutem Verlauf. Klinische Stadieneinteilung nach der NYHA: Tab. 83.
Tabelle 83 Klinische Stadieneinteilung der Herzinsuffizienz nach der NYHA (New-York-Heart-Association) I: II: III: IV:
normale körperliche Belastungsfähigkeit ohne Beschwerden Beschwerden bei stärkerer Belastung Beschwerden bei geringer Belastung Beschwerden in Ruhe.
Diagnostik ä
ä
Am wichtigsten: Anamnese (Vorerkrankungen, Beschwerden) und Klinik. EKG: Hinweise für Ursache (z. B. KHK, Z. n. Infarkt, Rhythmusstörungen etc.). ± chronische Rechtsherzbelastung: Steil- bis Rechtstyp, Rechtsschenkelblockierung, P-dextroatriale, Sokolow-Lyon-Index für rechtsventrikuläre Hypertrophie: R in V1 + S in V5 > 1,05 mV (S. 23ff) ± akute Rechtsherzbelastung: Tachykardie, Steil- bis Rechtstyp bzw SIQIII-Typ oder SISIISIII-Typ, Rechtsschenkelblockierung, leichte ST-Hebungen in III und aVF, T-Negativierung rechtspräcordial (V1-V3) ± chronische Linksherzbelastung: Linkstyp, Erregungsrückbildungsstörungen in den nach links gerichteten Ableitungen (I, aVL, V5, V6), Sokolow-LyonIndex für linksventrikuläre Hypertrophie: S in V1 + R in V5 > 3,5 mV (S. 23ff) ± akute Linksherzbelastung: kein typisches EKG, Veränderungen im Rahmen der Ursache (z. B. Infarkt). Röntgen-Thorax: ± Herzvergröûerung in der p. a.-Stehaufnahme (grobes Maû: Quotient maximaler Herzdurchmesser/Thoraxdurchmesser in gleicher Höhe > 0,5) ± Differenzierung zwischen Rechts- und Linksherzvergröûerung in der seitlichen Aufnahme (auch der rechte Ventrikel kann den linken Herzrand bilden): · Rechtsherzvergröûerung: Einengung des Retrosternalraumes · Linksherzvergröûerung: Einengung des zwerchfellnahen Retrokardialraumes ± pulmonale Stauungszeichen (Linksherzinsuffizienz): · Frühstadium, interstitielles Lungenödem: verwaschene Hili, Umverteilung (Gefäûe im oberen Bereich genauso dick wie im unteren), Kerley BLinien (feine horizontale Linien in den Unterlappen lateral: Abb. 58) · fortgeschrittenes Stadium, alveoläres Lungenödem: kleinfleckige konfluierende Verschattungen (Abb. 59) ± Pleuraergüûe (Rechtsherzinsuffizienz): Abb. 60.
Checkliste Hahn ´ Seite 245
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
17.17 Herzinsuffizienz
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Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
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17.17 Herzinsuffizienz
Abb. 58
Kerley B-Linien bei pulmonaler Stauung
Abb. 59
Alveoläres Lungenödem: kleinfleckige konfluierende Verschattungen
Checkliste Hahn ´ Seite 246
Abb. 60 ä
ä
Pleuraerguû rechts
Echokardiographie: Grundkrankheit?, Bestimmung der Ventrikel- und Wanddurchmesser: konzentrische Hypertrophie bei Druckbelastung, exzentrische Hypertrophie = Dilatation (oft mit relativen Klappeninsuffizienzen) bei Volumenbelastung. Globalfunktion (Verkürzungsfraktion: S. 45), Perikarderguû? Bei speziellen Fragestellungen: Herzkatheter, Myokardbiopsie, Computertomographie, Magnetresonanztomographie, nuklearmedizinische Diagnostik.
Therapie ä ä ä
ä ä
Ziele: Verminderung von Vor- und Nachlast, Steigerung der Kontraktionskraft. Behandlung der Grunderkrankung: z. B. koronare Herzkrankheit, Rhythmusstörungen, Vitien, arterielle oder pulmonale Hypertonie. Allgemeinmaûnahmen (Behandlung des Lungenödems: S. 672): ± Schonung, im Akutfall Bettruhe mit Oberkörperhochlagerung ± Trinkmengenbeschränkung, Flüssigkeitsbilanzierung: regelmäûige Körpergewichtskontrollen, in der Einstellungsphase täglich ± Gewichtsnormalisierung, kleine und kochsalzarme Mahlzeiten ± Stuhlregulierung (Pressen beim Stuhlgang sollte vermieden werden) ± bei Immobilisation Heparin (S. 91), evtl. in Abhängigkeit von der Grunderkrankung orale Antikoagulation (S. 92) ± O2-Gabe bei Bedarf (möglichst unter BGA-Kontrolle: S. 35) ± bei erhöhtem Hämatokrit (> 50 %) Aderlaû: z. B. 300 ± 500 ml ± bei ausgeprägter Rechtsherzinsuffizienz wegen verminderter Resorption anfangs intravenöse Medikation. Diuretika: S. 249. Vasodilatatoren ± ACE-Hemmer (und AT1-Antagonisten: S. 284): Vor- und hauptsächlich Nachlastsenkung, zusätzlich kardioprotektive Wirkung mit Prognoseverbesserung der Herzinsuffizienz besonders bei Patienten nach Herzinfarkt. Einschleichende Dosierung, optimale Zieldosis (günstigste Wirkung bei Herzinsuffizienz) unter Berücksichtigung der Nebenwirkungen (v. a. RR-Senkung) bei Captopril 150 mg/d, bei Enalapril 20 mg/d. Dosierungsintervalle, Handelspräparate, Nebenwirkungen, Kontraindikationen: S. 283 ± Nitrate (Vorlastsenkung): Indikation besonders bei akuter Linksherzinsuffizienz mit Lungenödem (S. 672).
Checkliste Hahn ´ Seite 247
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
17.17 Herzinsuffizienz
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17.17 Herzinsuffizienz ä ä
ä
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ä ä
Digitalisglykoside: S. 250. Betablocker (S. 275): früher bei Herzinsuffizienz kontraindiziert, nach neueren Untersuchungen jedoch in bestimmten Situationen (s. u.) prognoseverbessernd. ± Indikation: bei Herzinsuffizienz NYHA III und IV, wenn die Kombination von ACE-Hemmer, Diuretika und Digitalis nicht ausreicht. Am meisten profitieren Patienten mit ischämisch oder durch Kardiomyopathie bedingter Herzinsuffizienz, besonders bei relativ hohen Herzfrequenzen ± Kontraindikationen und Nebenwirkungen: S. 275 ± Dosierung: z. B. Metoprolol initial 10 mg/d oder Carvedilol initial 6,25 mg/d, langsame Steigerung über mehrere Wochen in Abhängigkeit von Klinik und Herzfrequenz (Zielwert: ca. 60/min) auf eine Zieldosis von bis zu 100 mg/d bzw. 25 mg/d. Katecholamine: Einsatz in Notfallsituationen wie z. B. bei schwerer Herzinsuffizienz zusätzlich zur Standardtherapie, Wirkung nur temporär: ± Dopamin: positiv inotrope Wirkung (dosisabhängig), Dosierung S. 665 ± Dobutamin (Dobutrex): positiv inotrope Wirkung, Dosierung S. 665. Phosphodiesterasehemmer z. B. Amrinon (Wincoram), Enoximon (Perfan): positiv inotrope, vasodilatatorische und proarrhythmogene Wirkung. Ultimaratio-Therapie bei kardiogenem Schock ohne Prognoseverbesserung. Herztransplantation: bei terminaler nicht medikamentös beherrschbarer chronischer Herzinsuffizienz ggf. Vorstellung des Patienten in einem Transplantationszentrum. Allgemeine Stufentherapie der chronischer Herzinsuffizienz: Tab. 84. Therapie des Cor pulmonale: S. 298.
Tabelle 84
Stufentherapie der chronischen Herzinsuffizienz
Basistherapie in allen Stadien: ± kausale Therapie der Grunderkrankung (s. o.) ± Allgemeinmaûnahmen (s. o.) NYHA I: bei Postinfarktpatienten ACE-Hemmer NYHA II: ACE-Hemmer in Kombination mit Diuretikum oder Digitalisglykosid: ± Kombination mit Diuretikum bevorzugt bei Volumenüberlastung (Ödeme) ± Kombination mit Digitalis bevorzugt bei Tachykardie oder (Tachy-)Arrhythmie bei Vorhofflimmern NYHA III und IV: ± ACE-Hemmer + Diuretikum + Digitalisglykosid ± bei unzureichender Wirkung Versuch mit Betablocker (vgl. S. 248) Therapie der akuten Herzinsuffizienz: ± Linksherzinsuffizienz (Lungenödem): S. 672 ± Rechtsherzinsuffizienz (Lungenembolie): S. 673 ± kardiogener Schock: S. 671.
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Checkliste Hahn ´ Seite 248
17.17 Herzinsuffizienz Diuretika ä ä
ä ä ä
Wirkung: vermindern durch vermehrte Flüssigkeitsausscheidung Vor- und Nachlast. Gemeinsame Nebenwirkungen: Blutdrucksenkung, Exsikkose (cave: ältere Patienten: Schwindel, Verwirrtheit), Thromboseneigung, prärenale Niereninsuffizienz. Daher (auûer bei akuter Gefährdung des Patienten) nicht zu rasch (~ 500 ml/d), unter Thromboseprophylaxe und Überwachung von Bilanz, Blutdruck und Laborparametern (entsprechend Nebenwirkungsprofil) ausschwemmen. Arzneimittelinteraktionen: S. 125. Applikation in der Dauertherapie: möglichst in einer Dosis morgens, evtl. auch intermittierend jeden 2. Tag, abendliche Gabe vermeiden (Nachtruhe!). Einteilung: ± Thiaziddiuretika: Tab. 85 ± Schleifendiuretika: Tab. 86 ± Kaliumsparende aldosteronunabhängige Diuretika: Tab. 87 ± Aldosteronantagonisten: Tab. 88.
Tabelle 85
Thiaziddiuretika
ab Kreatinin von 2,5 mg/dl alleine keine ausreichend Wirksamkeit mehr Freinamen
Handelsnamen (z. B.)
mittlerer Dosisbereich/d
Hydrochlorothiazid
Esidrix 25 mg/Tbl.
12,5 ± 50 mg
Xipamid
Aquaphor 10|40 mg/Tbl. 5 ± 40 mg
Butizid
Saltucin 5 mg/Tbl.
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Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
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2,5 ± 10 mg
Nebenwirkungen: Hypokaliämie/-natriämie/-magnesiämie, Hyperkalzämie, verminderte Glukosetoleranz, Hyperurikämie, Hyperlipidämie, Allergien, Blutbildveränderungen Kontraindikationen: Sulfonamidallergie, Hypokaliämie/-natriämie, Hyperkalzämie, Digitalisüberdosierung, Schwangerschaft, Stillzeit.
Tabelle 86
Schleifendiuretika
Freinamen
Handelsnamen (z. B.)
mittlerer Dosisbereich/d
Furosemid
Lasix 40|500 mg/Tbl. (20|250 mg/Amp.)
20 ± 80 mg (max. 2000 mg)
Torasemid
Unat 2,5|5|10 mg/Tbl.
2,5 ± 10 mg
Piretanid
Arelix 3|6 mg/Tbl.
3 ± 6 mg
Azosemid
Luret 80 mg/Tbl.
80 ± 160 mg
Nebenwirkungen: Hypokalzämie, bei Furosemid reversibe Hörstörungen besonders bei schneller i. v.-Gabe, sonst wie Thiaziddiuretika. Kontraindikationen: Anurie, Hypokaliämie/-natriämie, Schwangerschaft, Stillzeit, Allergie. Checkliste Hahn ´ Seite 249
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wirken im Gegensatz zu den Thiaziddiuretika auch bei eingeschränkter Niereninsuffizienz sowie im allgemeinen schneller, kürzer und stärker, weshalb sie sich besonders für den Einsatz in der Notfallmedizin eignen
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
250
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17.17 Herzinsuffizienz Tabelle 87
Kaliumsparende aldosteronunabhängige Diuretika
haben eine verhältnismäûig geringe diuretische Wirkung und werden daher i. W. nur in Kombination mit kaliuretisch wirksamen Diuretika eingesetzt Freinamen (Kombination)
Handelsnamen (z. B.)
mittlerer Dosisbereich/d
Hydrochlorothiazid 50 mg + Amilorid 5 mg
Aquaretic, Diursan, 1 Tbl. Hydrocomp, Moduretik
Hydrochlorothiazid 25 mg + Triamteren 50 mg
Dytide H Tri-Thiazid
1 Tbl.
Nebenwirkungen: Hyperkaliämie (daher keine Kombination mit ACE-Hemmer), Hyponatriämie, megaloblastäre Anämie bei Triamteren. Kontraindikationen: Hyperkaliämie, Hyponatriämie, Niereninsuffizienz, Schwangerschaft.
Tabelle 88
Aldosteronantagonisten
natriuretische und kaliumretinierende Wirkung durch kompetitive Hemmung der Aldosteronwirkung im distalen Tubulus. Indikationen: primärer (Conn-Syndrom) und sekundärer Hyperaldosteronismus (z. B. hydropisch dekompensierte Leberzirrhose, Herzinsuffizienz). Die diuretische Wirkung ist in der Monotherapie gering und setzt bei oraler Gabe meist erst nach 3 ± 5 Tagen ein. Freinamen
Handelsnamen (z. B.)
Spironolacton
Aldactone 25|50 Drg. 100 mg/Kps. 50 ± 200 mg Aquareduct 50|100 mg/Tbl. duraspiron 50|100 mg/Tbl. Osyrol 50|100 mg/Tbl.
mittlerer Dosisbereich/d
Kaliumcanreonat (i. v.)
Aldactone 200 mg/Amp. Osyrol 200 mg/Amp.
50 ± 200 mg
Nebenwirkungen: Hyperkaliämie (daher keine Kombination mit ACE-Hemmer), Hyponatriämie, Exantheme, Gynäkomastie, Impotenz, Amenorrhoe, Hirsutismus, Stimmveränderungen. Kontraindikationen: Hyperkaliämie, Hyponatriämie, Niereninsuffizienz, Schwangerschaft.
Digitalisglykoside ä
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ä
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Wirkung: positiv inotrop (Kontraktilität) und bathmotrop (Erregbarkeit), negativ chronotrop (Herzfrequenz) und dromotrop (Erregungsleitung). Indikationen: chronische Linksherzinsuffizienz, (Tachy-)arrhythmia absoluta bei Vorhofflimmern. Keine (oder geringe) therapeutische Wirkung bei: chronischer Rechtsinsuffizienz, Mitralstenose, Aortenstenose, sekundären Kardiomyopathien, Myokarditis. Kontraindikationen: ± bradykarde Herzrhythmusstörungen, höhergradige SA-/AV-Blockierungen ± Kammertachykardie, WPW-Syndrom ± Hyperkalzämie, Hypokaliämie ± frischer Herzinfarkt (auûer Tachyarrhythmia absoluta) Checkliste Hahn ´ Seite 250
17.17 Herzinsuffizienz
ä ä
± hypertrophische obstruktive Kardiomyopathie, konstriktive Perikarditis ± thorakales Aortenaneurysma. Arzneimittelinteraktionen: S. 125. Dosierung: Tab. 89.
Tabelle 89 Freinamen
Digitalisglykoside ± Präparate und Dosierung Handelsnamen (z. B.)
Lanicor 0,25 mg/Tbl., 0,25 mg/Amp. Acetyldigoxin Novodigal 0,1|0,2 mg/Tbl. 0,2|0,4 mg/Amp. Methyldigoxin Lanitop 0,05|0,1|0,15 mg/Tbl. 0,2 mg/Amp. Digitoxin Digimerck 0,07|0,1 mg/Tbl. 0,1|0,25 mg/Amp.
Digoxin
HWZ
orale Erhaltungsdosis/d
1 d
0,25 ± 0,375 mg
1 d
0,2 ± 0,3 mg
1 d
0,1 ± 0,2 mg
6±8 d
0,07 ± 0,1 mg
Dosierung bei Therapiebeginn: ± schnelle Aufsättigung, selten indiziert (z. B. bei schwerer Tachyarrhythmie): z. B. 2 0,4 mg Digoxin oder 2 0,25 mg Digitoxin i. v. Tag 1 und 2, dann Erhaltungsdosis ± mittelschnelle Aufsättigung: z. B. · 2 0,2 mg Digoxin i. v. Tag 1 ± 3 oder 3 0,2 mg oral Tag 1 und 2 0,2 mg oral Tag 2 und 3 · 2 0,25 mg Digitoxin Tag 1, 1 0,25 mg Tag 2 und 3 i. v. oder oral dann Erhaltungsdosis ± langsame Aufsättigung: Beginn mit Erhaltungsdosis (Vollwirkdosis bei Digoxin nach 8 Tagen, bei Digitoxin nach etwa 1 Monat erreicht).
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Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
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Dosierung bei Nieren- oder Leberinsuffizienz: Digoxinpräparate: bei Niereninsuffizienz Dosisreduktion erforderlich. Digitoxin: bei Niereninsuffizienz überwiegend hepatisch-enterale Ausscheidung, weshalb auch dann normal dosiert werden kann. Bei Leberinsuffizienz Dosisreduktion z. B. durch Wochenendpause.
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Digitalisintoxikation: ± Ursachen: · Überdosierung: iatrogen, fehlende Compliance (z. B. ältere Patienten, die Digitalis ¹bei Bedarfª einnehmen), suizidal · Nichtbeachtung von Kontraindikationen (s. o.) · Nichtbeachtung von Zuständen mit verminderter Glykosidverträglichkeit: höheres Lebensalter (geringere Muskelmasse, verminderte glomeruläre Filtration), Hypoxämie (z. B. Lungenerkrankungen), koronare Herzkrankheit, Myokarditis, Nieren- und Leberinsuffizienz, Arzneimittelinteraktionen (S. 125).
Checkliste Hahn ´ Seite 251
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Die Erhaltungsdosis richtet sich nach den therapeutischen Serumspiegeln: Digoxin: 0,8 ± 2 ng/ml, Digitoxin: 15 ± 25 ng/ml
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17.17 Herzinsuffizienz ± Symptome (können auch bei therapeutischen Serumspiegeln auftreten): · Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoe, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Verwirrtheit, Farbensehen (z. B. gelb) · EKG: typische muldenförmige ST-Senkungen, AV-Blockierung, Sinusbradykardie, ventrikuläre Extrasystolen (häufig Bigeminus), Kammertachykardie/-flimmern, Vorhoftachykardie mit 2:1-Block u. a. ± Diagnose: Medikamentenanamnese, Klinik, EKG und Serumspiegel, wobei diese bei verminderter Glykosidverträglichkeit normal sein können. ± Vorgehen und Therapie bei Digitalisintoxikation: Tab. 90.
Tabelle 90
Vorgehen und Therapie bei Digitalisintoxikation
± Herzglykosid absetzen, bei V. a. schwere Intoxikation Intensivüberwachung ± Anheben des K+-Spiegels auf hochnormale Werte (4,5 ± 5,5 mmol/l): parenteral maximal 20 mmol/h verdünnt oder über ZVK ± symptomatische Behandlung von Rhythmusstörungen: · Bradykardie: Versuch mit Atropin 1 ± 2 Amp. (= 0,5 ± 1 mg) i. v., bei Erfolglosigkeit temporäre Schrittmachertherapie (S. 663) · ventrikuläre Salven: 100 mg Lidocain (z. B. Xylocain 2 % 100 mg/Amp.), langsam i. v., evtl. Wiederholung nach 15 Min. dann Perfusor (S. 274). Bei Erfolglosigkeit Phenytoin (Epanutin 250 mg/Amp.) 125 ± 250 mg · Kammertachykardie: bei Kreislaufstabilität wie bei ventrikulären Salven, sonst Kardioversion und Rezidivprophylaxe mit Lidocain (S. 274) · Kammerflimmern: kardiopulmonale Reanimation, Defibrillation (S. 656) ± Digitaliselimination: · bei suizidaler Vergiftung Magenspülung, Aktivkohle, bei Digitoxin zusätzlich Colestyramin (z. B. Quantalan 4 g 1 ± 2 Beutel alle 6 Std. p. o./Sonde) · Antidottherapie: z. B. 6 80 mg Digitalis-Antidot BM (cave: Allergien), 80 mg binden 1 mg Digoxin oder Digitoxin, Erfolgskontrolle durch EKG · Hämoperfusion: bei sehr schwerer Intoxikation.
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Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
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Checkliste Hahn ´ Seite 252
17.18 Koronare Herzkrankheit (KHK) Definition ä
Klinisches Bild der Koronarinsuffizienz, welche durch ein Miûverhältnis zwischen Sauerstoffangebot und -bedarf des Herzmuskels gekennzeichnet ist. Nach der Anzahl stenosierter Hauptgefäûe RCA, RIVA und RCX (vgl. S. 61) spricht man von einer koronaren Ein-, Zwei- oder Dreigefäûerkrankung.
Ursachen ä
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Arteriosklerotische Verengung der Koronararterien (am häufigsten), welche sich schneller als im Rahmen des physiologischen Alterungsprozesses beim Vorliegen folgender Risikofaktoren entwickelt: ± am wichtigsten: arterielle Hypertonie, erhöhtes LDL- und Gesamtcholesterin, niedriges HDL-Cholesterin (S. 472), Nikotinabusus, Diabetes mellitus ± zusätzlich: Adipositas, Streû und psychosoziale Faktoren, Bewegungsmangel, Fibrinogen > 300 mg/dl, genetische Disposition (Familienanamnese!, Männer), Hyperhomocysteinämie (S. 295), Infektion (umstritten) z. B. durch Chlamydia pneumoniae, Zytomegalie-Viren. Koronarspasmen. Entzündliche Veränderungen an den Koronararterien bei Vaskulitiden (S. 452). Andere Ursachen einer Koronarinsuffizienz: ± vermindertes Sauerstoffangebot: · kardial: vermehrte enddiastolische Wandspannung bei erhöhter Volumenbelastung (z. B. Klappeninsuffizienzen, Shuntviten) · extrakardial: z. B. Anämie, Lungenkrankheiten ± vermehrter Sauerstoffbedarf: · muskuläre Hypertrophie bei erhöhter Druckbelastung (z. B. arterielle und pulmonale Hypertonie, Aorten- und Pulmonalstenose, hypertrophische obstruktive Kardiomyopathie) · gesteigerte Herzfrequenz z. B. bei Fieber, Hyperthyreose, psychischer und physischer Belastung.
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Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
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Leitsymptom: Angina pectoris (AP): typischerweise retrosternaler oder linksthorakaler Schmerz bzw. Druckgefühl mit/ohne Ausstrahlung in: linke (rechte) Schulter, linken (rechten) Arm, Unterkiefer, Oberbauch. Auslösung durch körperliche oder psychische Belastung, Verstärkung durch Kälte und vollen Magen (Roemheld-Syndrom). Besserung in Ruhe oder auf Nitratmedikation; Verlaufsformen: ± stabile AP: regelmäûig z. B. durch Belastung auslösbar ± nitratsensibel, Besserung in Ruhe (Stadieneinteilung, CCS-Klassifikation: S. 148, Tab. 38) ± instabile AP: hohes akutes Infarktrisiko (20 ± 25 %), dazu gehören: jede erstmalig auftretende Angina pectoris, Ruhe-Angina, zunehmende Häufigkeit, Dauer, Intensität der Schmerzanfälle = Präinfarktsyndrom oder CrescendoAngina ± Sonderform: Prinzmetal-Angina: durch Koronarspasmen ausgelöste RuheAngina mit reversiblen EKG-Veränderungen ohne Herzenzymerhöhung. Gefahr von Arrhythmien. Ansprechen auf Nifedipin. Herzinsuffizienz: S. 244ff. Herzinfarkt: S. 257ff. Herzrhythmusstörungen: S. 263ff. Checkliste Hahn ´ Seite 253
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Klinik
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
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17.18 Koronare Herzkrankheit (KHK) ä
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Akutes koronares (Ischämie-)Syndrom: zusammenfassender Begriff für instabile Angina pectoris oder akuten Herzinfarkt (erfordern intensivmedizinische Therapie). Stumme Ischämie: fehlende Beschwerden bei angiographisch nachweisbarer KHK (z. B. bei diabetischer autonomer Neuropathie: S. 480).
Diagnostik ä ä
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Anamnese: Angina pectoris (belastungsabhängig?, Häufigkeit?, nitropositiv?), Risikofaktoren?. Differentialdiagnose der Brustschmerzen: S. 146. Labor: ± bei instabiler Angina: CK, CK-MB, GOT (DD: Infarkt), Troponin T oder I (Patienten mit instabiler Angina und negativer CK aber erhöhtem Troponin haben eine gleich hohe Komplikationsrate wie beim definitiven Infarkt) ± Differentialdiagnose, Nachweis aggravierender Erkrankungen: BSG, BB, Kreatinin, Elektrolyte, TSH-basal ± Nachweis von Risikofaktoren (S. 253): Blutzucker (ggf. HBA1c), Gesamt-, HDL-, LDL-Cholesterin, Triglyzeride, Fibrinogen. Ruhe-EKG: kann völlig unauffällig sein. Evtl. Zeichen eines abgelaufenen Infarktes (z. B. pathologisches Q, R-Verlust) oder unspezifische Veränderungen. Belastungs-EKG (Kontraindikationen, Durchführung: S. 30): typisch sind ± reversible horizontale oder deszendierende ST-Senkungen > 0,1 mV in den Extremitäten und > 0,2 mV in den Brustwandableitungen unter Belastung ± belastungsabhängige Angina pectoris, Besserung in der Ruhephase oder nach Applikation von Nitroglycerin-Spray ± belastungsabhängige Arrhythmien, welche sich in Ruhe bessern. Langzeit-EKG: ergänzend bei V. a. Rhythmusstörungen als Ursache thorakaler Beschwerden. Die ST-Streckenanalyse ermöglicht den Nachweis von Ischämien (auch nächtlichen) oder einer Prinzmetal-Angina (S. 253). Echokardiographie: Abgrenzung anderer kardialer Ursachen von Brustschmerzen (S. 146), insbesondere Perikarditis, Aortendissektion und Aortenstenosen. Hinweise für abgelaufene Infarkte (umschriebene Wandbewegungsstörungen). In der Belastungsechokardiographie (S. 44) Quantifizierung von Wandbewegungsstörungen und Ejektionsfraktion (S. 45) in Ruhe und bei Belastung. 201 Thallium-Myokardszintigraphie (S. 55): Nachweis von belastungsabhängigen, reversiblen Speicherdefekten als Hinweis für ischämische Myokardbezirke oder irreversible Speicherdefekte als Hinweis für Infarktnarben. Koronarangiographie: direkter Nachweis und Schweregradbestimmung von Koronarstenosen, definitive Diagnose der KHK. Indikationen: S. 60.
Allgemeine Therapie
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Allgemeine und kausale Maûnahmen: ± beeinfluûbare Risikofaktoren ausschalten: z. B. Nikotinabstinenz, Gewichtsnormalisierung, cholesterinarme Kost, Streûbewältigung ± Therapie beeinflussender Begleitkrankheiten: z. B. art. Hypertonie, Hyperlipidämie, Diabetes mellitus, Vitien, Anämie, Hyperthyreose etc. (s. o.) ± dosiertes körperliches Ausdauertraining (bei Stabilität). Nitrate: verbessern die myokardiale O2-Versorgung durch Senkung der kardialen Vor- und Nachlast, was zu einer Verringerung der enddiastolischen Wandspannung führt (Tab. 0). Checkliste Hahn ´ Seite 254
Tabelle 91
Nitrate
Freinamen
Handelsnamen (z. B.)
Dosierung
Isosorbiddinitrat (ISDN)
Isoket 5|10|20|40 mg/Tbl. retard. 20|40|60|80|120 mg/Tbl.
2 1 Tbl./d z. B. 1 ± 10
Isosorbitmononitrat (ISMN)
Corangin 20 mg, retard 40|60 mg/Tbl. retard: Ismo 20 mg/Tbl., retard 40 mg/Drg. 1 Tbl/d Mono Mack 20|40 mg, retard 50|100 mg/Tbl. z. B. 1 ± 00
Nitroglycerin (= Glyceroltrinitrat) z. B. Nitrolingual: als Spray (Einzeldosis 1 ± 2 Hübe) oder Zerbeiû-Kapseln (1 ± 2) sublingual rasch wirksam und deshalb besonders zur Anfallsbehandlung oder als Perfusor in der Intensivmedizin (S. 665) geeignet. Die Wirkung in Pflasterform (z. B. Nitroderm) ist unsicher, Einsatz mehr unter psychologischem Aspekt. Nebenwirkungen: Kopfschmerzen, orthostatischer Kollaps infolge RR-Abfall, Reflextachykardie (einschleichend mit kurzwirksamen Präparat unter RR-Kontrollen beginnen), Toleranzentwicklung (Nitratpause einhalten, z. B. 1 ± 10). Kontraindikationen: schwere Hypotonie, hypertrophische obstruktive Kardiomyopathie, toxisches Lungenödem. ä
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Molsidomin (z. B. Corvaton 2|4 mg/Tbl.: 2 2 Tbl./d; 8 mg/Ret.-Tbl.: 1 ± 3 /d): Wirkungsweise und Nebenwirkungen ähnlich den Nitraten, Therapiealternative bei Nitratunverträglichkeit (z. B. infolge von Kopfschmerzen). Betablocker (S. 275): senken Blutdruck und Herzfrequenz und vermindern dadurch den myokardialen Sauerstoffbedarf. Zusätzlich Prognoseverbesserung nach Myokardinfarkt. Bei KHK bevorzugte Anwendung von Betablockern ohne ISA. Dosierung einschleichend unter RR- und Pulsfrequenzkontrollen (Therapieziel bei KHK: 50 ± 60/min). Kalziumantagonisten: senken Nachlast, bei Verapamiltyp und T-KanalBlockern auch Herzfrequenz, vermindern dadurch den myokardialen O2-Verbrauch und verbessern die myokardiale O2-Versorgung. Einsatz bei unzureichendem Erfolg oder Unverträglichkeit von Nitraten oder Betablockern. Dosierung einschleichend unter RR- und Pulsfrequenzkontrollen. Einteilung: ± L-Kanal-Blocker: Kalziumantagonisten vom Verapamiltyp (S. 277, Gefahr höhergradiger AV-Blockierung in Kombination mit Betablocker v. a. bei Verapamil), Kalziumantagonisten vom Nifedipintyp (S. 282, Mittel der Wahl bei Prinzmetal-Angina: S. 253) ± T-Kanal-Blocker: S. 282. ACE-Hemmer (S. 283): prognoseverbessernder Effekt für Patienten nach Herzinfarkt nachgewiesen. Thrombozytenaggregationshemmer: hemmen eine Thrombosierung der Koronargefäûe, sind prognoseverbessernd. ± z. B. Acetylsalicylsäure (ASS) 100 mg/d p. o., Nebenwirkungen und Kontraindikationen: S. 93. Konservative Therapie der stabilen Angina pectoris: Tab. 92. PTCA (= perkutane transluminale Koronar-Angioplastie: S. 61): Durchführung besonders bei koronarer Ein- und Zweigefäûerkrankung mit proximalen hämodynamisch wirksamen kurzstreckigen Stenosen (> 70 %), Restenosierung nach PTCA oder Bypass-OP. Nicht bei Hauptstammstenose der linken Koronararterie. Nachbehandlung mit ASS.
Checkliste Hahn ´ Seite 255
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
17.18 Koronare Herzkrankheit (KHK)
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Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
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17.18 Koronare Herzkrankheit (KHK) Tabelle 92
Konservative Therapie der stabilen Angina pectoris
Indikation: ± Nachweis einer koronaren Herzkrankheit ± invasive Therapie (z. B. PTCA, Bypass) nicht indiziert oder nicht möglich Basistherapie: ± allgemeine und kausale Maûnahmen (S. 254) ± Thrombozytenaggregationshemmer ± Betablocker, bei Kontraindikationen (S. 275) Nitrate ± zusätzlich bei leichten Angina pectoris-Anfällen Nitroglycerin (1 ± 2 Hübe) Bei persistierenden Beschwerden: ± Kombination von Betablocker und/oder Nitraten und/oder Kalziumantagonisten, möglichst keine Kombination von Betablockern mit Kalziumantagonisten vom Verapamiltyp, Kombination mit Verapamil selbst ist kontraindiziert Bei Prinzmetal-Angina Kalziumantagonisten vom Nifedipintyp ä
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Koronarchirurgie: ± wichtigste Verfahren: aortokoronarer Venenbypass (ACVB), Mammaria-interna-Bypass (IMA) ± Indikation: konservativ nicht ausreichend therapierbare KHK mit Hauptstammstenose der li. Koronararterie oder Mehrgefäûerkrankung ± Nachbehandlung mit ASS. Ultima ratio bei sonst austherapierten Fällen: z. B. transmyokardiale LaserRevaskularisation (TMR), Herztransplantation.
Therapie der instabilen Angina pectoris Tabelle 93
Therapie der instabilen Angina pectoris
Wichtig: Ausschluû eines Myokardinfarktes, zusätzlich v. a. denken an: Lungenembolie, Spontanpneumothorax, disseziierendes Aortenaneurysma ± ± ± ± ±
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± ± ± ±
Bettruhe, Oberkörper hochlagern, Nitro-Spray (z. B. 2 Hübe) O2 über Nasensonde venösen Zugang legen, Blutabnahme: Untersuchung mindestens von BB, CK, CK-MB, GOT, Troponin (vgl. S. 254), Lipase, Wdhl. nach 2, 6, 12 und 24 h Nitro-Perfusor (z. B. Nitrolingual 50 mg/50 ml mit 2 ± 3 ml/h anfangen, max. 6 ± 9 mg/h, cave: hypertrophische Kardiomyopathie) unter RR-Kontrollen Ruhe-EKG Diazepam (z. B. 5 ± 10 mg Valium i. v.) bei Unruhe therapeutische Heparinisierung (S. 91) bei fehlenden Kontraindikationen (u. a. mögliches dissezierendes Aortenaneurysma) und Gabe von ASS (initial 500 mg, dann 100 mg/d) ggf. zusätzlich Betablocker und/oder Kalziumantagonisten
Koronarangiographie, Zeitpunkt: ± nach medikamentöser Stabilisierung innerhalb 1 Woche ± bei Instabilität unter adäquater Medikation möglichst innerhalb von 24 Std.
Checkliste Hahn ´ Seite 256
17.19 Herzinfarkt Definition ä
Akut auftretender Verschluû einer Koronararterie mit nachfolgender ischämisch bedingter Myokardnekrose, entweder die gesamte Wanddicke (= transmural) oder den subendokardialen Bereich (= nicht transmural = ¹non-Q-waveInfarktª) betreffend.
Ursachen ä
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Am häufigsten durch das Aufbrechen eines arteriosklerotischen Plaques mit Freisetzung thrombogenen Materials und folgendem thrombotischem Verschluû. Seltener Gefäûspasmus, embolischer Gefäûverschluû, Gefäûentzündung mit oder ohne vorbestehende Stenose.
Klinik ä ä ä ä ä
Akuter anhaltender meist nitrorefraktärer Brustschmerz retrosternal und/oder linksthorakal. Schmerzausstrahlung häufig in die linke Schulter und/oder den linken Arm, seltener in den Hals, Unterkiefer, abdominell oder den rechten Arm. Akutes Vernichtungsgefühl und Todesangst. Vegetative Symptomatik: Übelkeit, Erbrechen, Schweiûausbruch. Dyspnoe, Schwächegefühl. Cave: schmerzloser Infarkt z. B. bei diabetischer autonomer Neuropathie.
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Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
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Diagnostik ± Differentialdiagnose ä
Klinik (Differentialdiagnose des Brustschmerzes: S. 146). Labor (Tab. 94, ¹Notfallprogrammª: S. 9): ± unspezifische Entzündungszeichen: Leukozytose, BSG-Erhöhung ± Herzenzyme: Gesamt-CK, GOT, LDH (nicht spezifisch), CK-MB (spezifisch, wenn > 6 % der Gesamt-CK) ± Myoglobin (nicht spezifisch, Normbereich < 10 mol/l) ± Troponin I oder T (spezifisch), auch als Schnelltest (z. B. TROP T)
Tabelle 94
Labordiagnostik beim Herzinfarkt
Enzym
Anstieg
Maximum
CK-MB
4±8 h
12 ± 18 h
Normalisierung 2 ± 3 Tage
Gesamt-CK
4±8 h
16 ± 36 h
3 ± 6 Tage
GOT
4±8 h
16 ± 48 h
3 ± 6 Tage
LDH
6 ± 12 h
24 ± 60 h
Myoglobin
2±6 h
8 ± 12 h
Troponin I oder T
2±6 h
24 ± 48 h
7 ± 14 Tage 2 Tage 7 ± 14 Tage
± zusätzlich Blutabnahme für frühes Lipidprofil (HDL- und LDL-Cholesterin).
Checkliste Hahn ´ Seite 257
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Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
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17.19 Herzinfarkt ä
EKG: kann bis 24 Std. nach dem Infarktereignis negativ sein, weshalb erst zwei Ableitungen innerhalb von 24 Std. einen Infarkt ausschlieûen. Lokalisation: Tab. 95 und Abb. 62, Stadien (Abb. 61): ± Initialstadium (Minuten): T-Überhöhung (= Erstickungs-T) ± Stadium I (Stunden): ST-Hebung ± Zwischenstadium (Tage): ST-Hebung abnehmend, evtl. R-Verlust, Ausbildung einer terminal negativen T-Zacke ± Stadium II (Wochen): Rückbildung der ST-Hebung (bei ST-Hebung > 6 Wochen an die Ausbildung eines Aneurysmas denken) ± Stadium III = Endstadium (Monate): pathologische Q-Zacke, R-Zacke nimmt wieder an Höhe zu und die T-Welle wird wieder positiv ± Beim ¹non-Q-waveª-Infarkt gleichschenklig negatives T ohne QRS-Veränderung.
Initialstadium
Stadium I
Zwischenstadium
Stadium II
Stadium III (Endstadium)
Abb. 61
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EKG-Infarktstadien
Weitere Diagnostik bei nachgewiesenem Herzinfarkt: ± Röntgen-Thorax: · Herzgröûe? · Herzinsuffizienzzeichen: Lungenstauung, Pleuraergüsse? ± Echokardiographie: · Lokalisationsdiagnostik (Wandbewegungsstörungen) · Nachweis von Komplikationen (s. u.) · Überprüfung der Pumpleistung des Ventrikels.
Checkliste Hahn ´ Seite 258
17.19 Herzinfarkt Tabelle 95
Infarktlokalisationen
Infarktlokalisation betroffene Koronararterien EKG-Veränderungen Groûer Vorderwandinfarkt
proximaler RIVA-Verschluû
I,II,aVL, (V1),V2,V3,V4,V5,(V6)
Anteroseptalinfarkt periphere RIVA-Anteile V1,V2,V3,(V4) und Ramus septalis anterior Apikaler Vorderwandinfarkt
periphere RIVA-Anteile
(II),V3,V4
Anterolateralinfarkt periphere RIVA-Anteile und Ramus diagonalis
I,(II),aVL,(V3),V4,V5,V6
Inferolateralinfarkt
Ramus marginalis sinister
II,III,aVF,V5,V6,(V7),(V8)
Inferiorer Hinterwandinfarkt
periphere ACD-Anteile oder Ramus circumflexus
II,III,aVF,(V8)
Posteriorer Hinterwandinfarkt
periphere Anteile des Ramus evtl. Spiegelbild über den circumflexus Vorderwandableitungen
Rechtsventrikulärer abhängig vom Versorgungs- V1,V2,V3r,V4r,V5r Infarkt typ ACD = Arteria coronaria dextra, RIVA = Ramus interventricularis anterior; Anatomie der Herzkranzgefäûe: S. 61
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Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
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posterior lateral
V6
LV RV
V5 V1 V2 V3
V4
anterior posterior inferior
anteroseptal II
Abb. 62
aVF
III
Infarktlokalisationen
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Baldmöglichst intensivmedizinische Behandlung mit Monitorüberwachung. Bettruhe und Oberkörper-Hochlagerung. 2 Hübe Nitro-Spray (z. B. Glyceroltrinitrat = Nitrolingual Spray) s. l. I. v. Zugang legen, dabei Blutabnahme: ¹Notfallprogrammª (S. 9) einschlieûlich Herzenzyme und Blutgruppe. Auskultation von Herz und Lunge: Herzinsuffizienzzeichen? Sauerstoffgabe über Nasensonde 2 ± 6 l/min, dann nach BGA (S. 35). EKG schreiben, ggf. mit rechtsventrikulären Ableitungen sowie V7-V9. Sedierung bei Bedarf z. B. mit Diazepam (z. B. Valium) 5 ± 10 mg langsam i. v. Checkliste Hahn ´ Seite 259
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Praktisches Vorgehen und Therapie
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
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17.19 Herzinfarkt ä ä ä ä
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Schmerzbekämpfung bei Bedarf z. B. mit Morphin 5 ± 10 mg i. v. Bei Linksherzinsuffizienzzeichen Gabe von 20 ± 40 mg Furosemid (z. B. Lasix). Thrombozytenaggregationshemmung mit Acetylsalicylsäure (S. 93), initial 500 mg i. v. (z. B. 1 Amp. Aspisol), dann 100 mg/d oral. Glyceroltrinitratgabe über Perfusor (z. B. Nitrolingual 50 mg/50 ml). Mit 2 ± 3 ml/h anfangen, dann Dosierung nach Erfolg und RR-Kontrollen (max. 6 mg/ h), syst. RR sollte nicht < 90 mmHg sein, Perfusorapplikation über ca. 24 ± 48 h. Betablocker (Kontraindikationen, Präparate: S. 275) unter strengem Monitoring von Pulsfrequenz (nicht < 50/Min.) und RR (nicht < 90 mmHg). ± Z. B. Metoprolol: initial 5 mg (= 1 Amp. Beloc) langsam i. v., je nach Puls und RR nach jeweils 2 Min. weitere 5 mg (initial max. 15 mg i. v.), bei Verträglichkeit 15 Min. nach der letzten Injektion 50 mg oral, dann ggf. Weiterbehandlung mit 4 50 mg/d, erst nach 48 h längerwirksame Präparate. ± Bei hämodynamisch unklarer Situation kurzwirksamer Betablocker i. v., z. B. Esmolol (Brevibloc 100 mg/10 ml, Konzentrat 2,5 g/10 ml). ACE-Hemmer (Kontraindikationen, Präparate: S. 283): einschleichende Dosierung mit kurzwirksamem Präparat (initial z. B. 2 6,25 ± 12,5 mg Captopril). Therapiebeginn innerhalb der ersten 24 h, -dauer mindestens 6 Wochen. Therapeutische Heparinisierung (S. 91): Bolus von 5000 IE Heparin i. v., dann Perfusor (z. B. 25 000 IE/50 ml) initial 2 ml/h, dann nach PTT-Kontrollen (nach 4 h, dann 2 /d), PTTsoll = 1,5 ± 2,5fache Verlängerung. Behandlungsdauer meist ca. 48 h. Vor Behandlungsbeginn Thrombolyseindikation (s. u.) überprüfen. Thrombolysetherapie (Kontraindikationen: S. 95) ± Indikation: gesicherter Infarkt = typische Symptomatik und ST-Hebungen von mindestens 0,1 mV in den Extremitäten- und 0,2 mV in den Brustwandableitungen, Infarktalter (vom Symptombeginn) < 6 h (bis 12 h), biologisches Patientenalter < 80 J., Einverständnis des Patienten ± indirekte Kriterien einer erfolgreichen Reperfusion: rasche Schmerzfreiheit, schnelle Reduktion der ST-Hebung, kein späterer R-Verlust, frühzeitiger CK-Gipfel ± Medikamente (alternativ): · Streptokinase: 1,5 Mio. IE über 60 Min. i. v., dann Heparinisierung (s. o.) · Urokinase (bei bekannter Streptokinaseunverträglichkeit oder bis 6 Monate nach vorausgegangener Streptokinasebehandlung): initial 1,5 Mio. IE als Bolus, dann 1,5 Mio. IE über 60 Min i. v., gleichzeitig Heparinisierung · rt-PA (höchste Reperfusionsrate und Kosten, bessere Ergebnisse bei < 70-jährigen, Infarktalter < 4 Std. und Vorderwandinfarkt): 15 mg als Bolus, dann 50 mg über 30 Min., dann 35 mg über 60 Min., gleichzeitig Heparinisierung. Primäre PTCA (S. 61): Alternative zur Thrombolysetherapie in Abhängigkeit von der Lokalisation und Ausdehnung des Gefäûverschlusses, Durchführung in entsprechend spezialisierten Zentren. Kontrollen von EKG, Herzenzymen und K+: zunächst 6-stündlich, Flüssigkeitsbilanz, bei K+ < 4 mmol/l Substitution (S. 423). Streûulkusprophylaxe: z. B. mit Sucralfat oder H2-Blocker (S. 339). Stuhlregulierung: z. B. 10 Laxoberal.
Checkliste Hahn ´ Seite 260
Komplikationen ä
Frühkomplikationen (v. a. in den ersten 72 h): ± Rhythmusstörungen (an K+ denken !), häufige Formen: · Ventrikuläre Extrasystolie. Therapie bei Salven: Tab. 96 · Kammertachykardie. Therapie bei Kreislaufstabilität: Tab. 96, bei instabilem Kreislauf elektrische Kardioversion (S. 279). Medikamentöse Rezidivprophylaxe: Tab. 96 (Perfusor)
Tabelle 96 Antiarrhythmikadosierung bei höhergradigen ventrikulären Rhythmusstörungen in der akuten Phase des Herzinfarktes (Alternativen) Medikament
Initialdosis (Bolus über 5 Min. i. v.)
Weiterbehandlung (nach Erfolg) mit Perfusor
Lidocain (z. B. Xylocain 100 mg (ggf. Wieder2 % 100 mg/Amp.) holung nach 15 Min.)
1 ± 2 mg/min. (bei 1000 mg/ 50 ml: 3 ± 6 ml/h)
Ajmalin (z. B. Gilurytmal 50 mg/Amp.)
25 ± 50 mg
0,5 ± 1 mg/min. (bei 1000 mg/50 ml: 1,5 ± 3 ml/h)
Amiodaron (z. B. Cordarex 150 mg/Amp.)
150 ± 300 mg
1050 mg/d (bei 1050/50 ml: 2 ml/h)
Nach Stabilisierung Auslaûversuch. Nebenwirkungen und Kontraindikationen: Lidocain: S. 274, Ajmalin: S. 274, Amiodaron: S. 276. ·
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Kammerflimmern. Therapie: kardiopulmonale Reanimation mit Defibrillation (S. 656) · Vorhofflimmern. Therapie: Digitalisierung (S. 250). Digitalis ist sonst bei akutem Infarkt kontraindiziert! Alternativ Betablocker (S. 275) oder Verapamil (S. 277) · Bradykardie. AV-Blockierung. Therapie: 1 ± 2 Amp.(= 0,5 ± 1 mg) Atropin i. v. Bei Erfolglosigkeit, insbesondere bei höhergradigem AV-Block mit Symptomatik, temporäre Schrittmachertherapie (S. 663) · Asystolie. Therapie: kardiopulmonale Reanimation (S. 657) ± Linksherzinsuffizienz mit Lungenödem als Folge myokardialer Insuffizienz oder akuter Mitralinsuffizienz bei Papillarmuskelnekrose. Therapie: S. 672, zusätzlich ACE-Hemmer (S. 283) ± Kardiogener Schock (Herzfrequenz > 100/min und systolischer RR < 80 mmHg). Therapie: wie Lungenödem, zusätzlich Dopamin (200 mg/ 50 ml) 2 ± 12 ml/h und Dobutamin (Dobutrex 250 mg/50 ml) 3 ± 10 ml/h (Dosierung nach RR), Azidosekorrektur mit 8,4 %iger Natriumbikarbonatlösung nach Blutgasen (S. 432). Ggf. Früh-PTCA. Ultima ratio: Phosphodiesterasehemmer z. B. Amrinon (Wincoram). Bei rechtsventrikulärem Infarkt Volumengabe (am besten unter Pulmonaliskatheterkontrolle) ± Perikardtamponade nach Myokardruptur (Rechtsherzinsuffizienzzeichen: S. 244). Therapie: Perikardpunktion/-drainage (S. 73). Spätkomplikationen: ± Infarktrezidiv, Auftreten insbesondere nach erfolgreicher Thrombolysetherapie ohne weitere Diagnostik und Therapie ± Arterielle Embolien z. B. apoplektischer Insult (S. 634), akuter Beinarterienverschluû (S. 292) und Lungenembolie (S. 673)
Checkliste Hahn ´ Seite 261
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
17.19 Herzinfarkt
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Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
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17.19 Herzinfarkt ± Herzwandaneurysma mit Embolie- und Myokardrupturgefahr. Therapie: orale Antikoagulation (z. B. mit Marcumar: S. 92) ± Frühperikarditis (= Pericarditis epistenocardica) einige Tage nach Infarkt. Therapie: NSAR, z. B. Diclofenac (z. B. Voltaren) 3 50 mg p. o. ± Spätperikarditis/Pleuritis (¹Dressler-Syndromª) autoimmunologischer Genese mit Fieber und BSG-Erhöhung 2 ± 3 Wochen nach Infarkt. Therapie: Glukokortikoide ± persistierende Rhythmusstörungen ± persistierende Herzinsuffizienz.
Nachbehandlung ä
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Mobilisation: bei komplikationslosem Verlauf strenge Bettruhe und intensivmedizinische Überwachung für ca. 2 ± 3 Tage, dann Steigerung der Aktivität stufenweise über ca. 10 Tage. Vor Entlassung Belastungs-EKG. Koronarangiographie: frühzeitig Indikation überprüfen und ggf. anmelden: ± nach jeder erfolgreichen Thrombolysebehandlung bei unkompliziertem Verlauf ca. 2 ± 3 Wochen nach dem Infarktereignis ± möglichst rasch bei erneuten Koronarinsuffizienzzeichen oder Instabilität ± frühzeitig beim ¹non-Q-waveª-Infarkt. Rechtzeitig Anschluûheilbehandlung anmelden. Beratung und Ausschaltung von Risikofaktoren: insbesondere Gewichtsnormalisierung, Rauchverbot, optimale Behandlung einer arteriellen Hypertonie, einer Hypercholesterinämie oder eines Diabetes mellitus. Dauermedikation unter Berücksichtigung von Medikamenten, die nach einem Myokardinfarkt die Prognose verbessern: ± Thrombozytenaggregationshemmer z. B. Acetylsalicylsäure 100 ± 250 mg/d ± Betablocker ohne ISA (S. 275) senken die Häufigkeit plötzlicher Todesfälle durch Herzrhythmusstörungen ± ACE-Hemmer (S. 283) optimieren die Umbau- und Anpassungsvorgänge des Herzens (= ¹Remodelingª) und senken bei Patienten mit verminderter linksventrikulärer Funktion (hier Dauerbehandlung) die Reinfarktrate.
Prognose ä
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Höchstes Mortalitätsrisiko (ca. 30 %) in den ersten 24 h nach Infarkteintritt meist durch tödliche Herzrhythmusstörungen (besonders Kammerflimmern), wobei viele Infarktpatienten das Krankenhaus nicht lebend erreichen. Klinikletalität: 10 ± 20 %. Langzeitprognose wird bestimmt durch: Infarktausdehnung, Ausmaû der Herzinsuffizienz, Herzrhythmusstörungen, Zustand der übrigen Koronargefäûe, zusätzliche Erkrankungen, Lebensalter, Risikofaktoren. Als schlechte prognostische Zeichen gelten: Auswurffraktion < 30 %, fortbestehende Angina pectoris sowie Ischämien im Ruhe- und Belastungs-EKG, höhergradige ventrikuläre Herzrhythmusstörungen (> LOWN III), 3-Gefäûerkrankung, Hauptstammstenose, hohes Alter, fortbestehende Risikofaktoren. Günstige Beeinflussung der Prognose durch o. g. Medikamente.
Checkliste Hahn ´ Seite 262
17.20 Herzrhythmusstörungen Definition ä
Störung der zeitlichen Folge und/oder der Regelmäûigkeit von Herzaktionen.
Ursachen ä ä
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Kardial: koronare Herzkrankheit, Herzinfarkt, Herzvitien, Kardiomyopathien, Myokarditis, andere Ursachen einer Herzinsuffizienz (S. 244). Elektrolytstörungen (insbesondere Kalium), Medikamente (Digitalis, Antiarrhythmika, Betablocker, Antidepressiva, Diuretika, Sympathomimetika u. a.), Genuûmittel (Nikotin, Kaffee, Alkohol), Hypoxie, hypertensive Krise, Lungenembolie, Hyperthyreose, Karotissinussyndrom, traumatisch, Stromunfälle u. a. Physiologisch: z. B. Vagotonie, respiratorische Arrhythmie. Idiopathisch oder angeboren. Psychogen.
Klinik ä ä ä ä ä ä
Oft keine Beschwerden. Palpitationen: Herzklopfen, Herzstolpern, Herzrasen. Angina pectoris. Herzinsuffizienz (kann Ursache und Folge sein). Arterielle Embolien mit Organinfarkten: z. B. apoplektischer Insult, akuter Extremitätenarterienverschluû, Niereninfarkt, Mesenterialinfarkt. Adam-Stokes-Anfall: zerebrale Hypoxie durch akut auftretende Herzrhythmusstörungen (z. B. Asystolie, ausgeprägte Bradykardie, Kammertachykardie oder -flattern, Tachyarrhythmie). Symptome abhängig von der Dauer des Kreislaufstillstandes: 2 ± 4 Sek.: Schwindel, 4 ± 12 Sek.: Synkope, 12 ± 30 Sek.: zerebrale Krampfanfälle, 60 Sek.: Atemstillstand, > 3 Min.: irreversible Hirnschäden.
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Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
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Anamnese: insbesondere Vorerkrankungen, Medikamente, Genuûmittel, Abhängigkeit des Auftretens von Beschwerden von äuûeren Einflüssen. Befund: insbesondere Puls, Pulsdefizit (Differenz zwischen auskultierter und an der A. radialis palpierter Herzfrequenz), kardiopulmonaler Status. Labor: insbesondere Elektrolytbestimmung, TSH-basal, ggf. Medikamentenspiegel (z. B. Digitalis). Ruhe-EKG: kardiale Grunderkrankung?, manuelle (Carotisdruckversuch) oder medikamentöse Provokationstests unter Reanimationsbereitschaft. Langzeit-EKG: Erfassung und Quantifizierung der Herzrhythmusstörung nach Art und Abhängigkeit von körperlichen und psychischen Belastungssituationen. Belastungs-EKG: Hinweise auf organische oder funktionelle Genese. Zunahme der Rhythmusstörung unter Belastung spricht eher für eine organische Ursache. Röntgen-Thorax: Hinweise auf Grunderkrankung, Herzinsuffizienzzeichen? Echokardiographie: insbesondere kardiale Grunderkrankung, Thromben, Gröûe des linken Vorhofs bei Vorhofflimmern (z. B. zur Abschätzung des zu erwartenden Therapieerfolgs)?
Checkliste Hahn ´ Seite 263
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Diagnostik
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
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17.20 Herzrhythmusstörungen ä
Invasive elektrophysiologische Diagnostik: His-Bündel-EKG z. B. bei AVÜberleitungsstörungen, programmierte atriale und ventrikuläre Stimulation (Mapping) z. B. zur Ursprungslokalisation supraventrikulärer und ventrikulärer Tachykardien. Durchführung in entsprechend spezialisierten Zentren.
Einteilung Tabelle 97
Einteilung der Herzrhythmusstörungen
Störungen der Erregungsbildung: ± nomotope (vom Sinusknoten ausgehende) Rhythmusstörungen ± heterotope (von auûerhalb des Sinusknotens ausgehende) Rhythmusstörungen: · supraventrikuläre · ventrikuläre Störungen der Erregungsleitung
Nomotope Störungen der Erregungsbildung ä
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Sinusbradykardie (f < 60/min): ± Ursachen: · meist physiologisch und ohne Krankheitswert (z. B. bei Sportlern) · Sick-Sinus-Syndrom (s. u.), Hinterwandinfarkt, Hirndruck, KarotissinusSyndrom (S. 209), Hypothyreose, Typhus, Medikamente (Betablocker, Kalziumantagonisten vom Verapamiltyp, Digitalisüberdosierung etc.) ± Therapie: · kausal, bei schwerer Bradykardie im Notfall Injektion von Atropin (z. B. 1 Amp. = 0,5 mg i. v., bei Bedarf Wiederholung) · bei symptomatischem Sick-Sinus-Syndrom und Karotissinus-Syndrom Schrittmacherimplantation. Sinustachykardie (f > 100/min, kritische Grenze: 220 ± Alter): ± Ursachen: · meist physiologisch und ohne Krankheitswert (z. B. Belastung) · Hyperthyreose, Fieber, Volumenmangel, Schock, Herzinsuffizienz, Hypoxie, Anämie, Genuûmittel (Kaffee, Nikotin, Alkohol), Medikamente (Sympathomimetika, Theophyllin, Atropin etc.) ± Therapie: · kausal, bei Hyperthyreose zusätzlich zu Thyreostatika initial Betablocker ± Sonderform: hyperkinetisches Herzsyndrom: funktionelle vegetative Störung, Therapie: symptomatische Behandlung mit Betablocker (S. 275). Sinusarrhythmie: ± meist physiologisch: respiratorische Sinusarrhythmie (v. a. bei Jugendlichen) ± nichtrespiratorisch z. B. im Rahmen eines Sick-Sinus-Syndroms. Sick-Sinus-Syndrom: ± Syndrom mit symptomatischer Sinusbradykardie, Sinusbrady/-tachykardie mit/ohne paroxysmalem Vorhofflimmern oder supraventrikulärer Tachykardie, SA-Blockierung ± Diagnose: Langzeit-EKG, fehlender Frequenzanstieg (< 80/min) unter Belastung und nach Injektion von 2 mg Atropin i. v., invasive Diagnostik ± Therapie: bei Schwindel und Synkopen Schrittmachertherapie (ggf. Kombination mit Antiarrhythmika). Checkliste Hahn ´ Seite 264
17.20 Herzrhythmusstörungen Heterotope Störungen der Erregungsbildung ä
ä
Supraventrikuläre Extrasystolie (SVES): ± kein eigener Krankheitswert, ggf. steht die Behandlung der kardialen Grunderkrankung oder einer Elektrolytentgleisung im Vordergrund ± Kennzeichen: · unveränderter QRS-Komplex (Ausnahme: aberrierende Leitung) · sichtbare P-Wellen, bei Vorhof-SVES deformiert, bei AV-Knoten-SVES vor, im oder nach dem QRS-Komplex (retrograde Erregung) · nichtkompensierte Pause. Ventrikuläre Extrasystolie (VES): ± ektope Reizbildung unterhalb des His©schen Bündels ± Ursachen: · häufig bei Gesunden, Symptom unterschiedlichster organischer Herzkrankheiten, Elektrolytstörungen (K+!) und Medikamenten-Nebenwirkungen (Antiarrhythmika, Digitalis, Psychopharmaka etc.) ± Kennzeichen: · deformierter QRS-Komplex (auûer Bündelstammextrasystole) · kompensatorische Pause: Abstand zwischen prä- und postextrasystolischer Aktion entspricht einem doppelten Normalintervall ± Einteilung: · monoforme VES mit gleichartig deformiertem QRS · polyforme VES mit unterschiedlich deformiertem QRS, oft organisch bedingt · Bigeminus: abwechselnd VES und Normalschlag = N (VES N VES N) · Trigeminus: jeweils 2 VES (= Couplet) und 1 Normalschlag wechseln sich ab (VES VES N VES VES N) · Salven: 3 und mehr aufeinanderfolgende VES · R-auf-T-Phänomen: früher Einfall einer VES mit Gefahr des Kammerflimmerns ± Klassifikation nach Lown: Tab. 98 und Abb. 63.
265
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Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
CM
Tabelle 98 Klassifikation der VES nach Lown (nur bei organischen Erkrankungen bedeutsam), vgl. Abb. 63 0: I: II: IIIa: IIIb: IVa: IVb: V:
keine VES monoforme VES < 30/h monoforme VES > 30/h polyforme VES ventrikulärer Bigeminus Couplets (2 VES nacheinander) Salven (3 und mehr VES nacheinander) R-auf-T-Phänomen (s. o.)
± Therapie: nur bei bei organischen Herzkrankheiten nach vorheriger Überprüfung von Medikation (u. a. Digitalis) und Elektrolyten (insbesondere K+) sowie Ausschöpfung kausaler Therapiemaûnahmen · Behandlung höhergradiger ventrikulärer Rhythmusstörungen im Rahmen akuter Erkrankungen (z. B. frischer Herzinfarkt, Lungenembolie): S. 261 Checkliste Hahn ´ Seite 265
& 17 &
Lown Lown Lown Lown Lown Lown Lown Lown
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
266
CM
YB
17.20 Herzrhythmusstörungen · ·
bei Z. n. Herzinfarkt oder nachgewiesener koronarer Herzkrankheit verbessern b-Blocker die Prognose bezüglich des plötzlichen Herztodes bei organischen Herzkrankheiten mit symptomatischen höhergradigen VES (> Lown IVa) evtl. Therapieversuch mit Sotalol oder Amiodaron (S. 276).
Lown 0
Lown 1
Lown 2
Lown 3a
Lown 3b
Lown 4a
Lown 4b
& 17 &
Lown 5
Abb. 63
Lown-Klassifikation ventrikulärer Extrasystolen
Checkliste Hahn ´ Seite 266
17.20 Herzrhythmusstörungen ä
Paroxysmale supraventrikuläre Tachykardie: ± Entstehung: ektope Erregung oder kreisende Erregungen (= Reentry-Mechanismen) ± Einteilung, Kennzeichen: · Vorhoftachykardie (f ~ 140 ± 250/min): bei Gesunden, Hyperthyreose und häufig bei Digitalisintoxikation (mit AV-Block) auftretend, veränderte PWelle · AV-Knoten-Tachykardie (f ~ 180 ± 250/min): häufig bei Gesunden, seltener organisch, P-Wellen fehlen · AV-Knoten-Tachykardie bei Präexzitationssyndrom: WPW(= Wolff-Parkinson-White)-Syndrom (Abb. 64): PQ < 0,12 s und Delta-Welle LGL(= Lown-Ganong-Levine)-Syndrom: PQ < 0,12 s, keine Delta-Welle Symptome können fehlen, es können jedoch auch lebensgefährliche Reentry-Tachykardien mit der Gefahr des Kammerflimmerns auftreten. Differenzierung des Risikos durch Belastungs-EKG oder Ajmalin-Test: bleibt unter Belastung oder nach i. v. Injektion von 1 mg/kgKG Ajmalin (S. 274) die Delta-Welle bestehen, sind die Patienten potentiell gefährdet. ± Therapie: · Überprüfung von Medikation und Elektrolyten, an Hyperthyreose denken · bei Vorhof- und AV-Knotentachykardie: Karotisdruckmassage und Valsalva-Manöver (Vagusreiz), bei Erfolglosigkeit Verapamil (S. 277), Adenosin (S. 273) oder Ajmalin (S. 274) i. v., bei Kreislaufinstabilität elektrische Kardioversion (S. 279), bei häufigen Rezidiven: Prophylaxe mit Verapamil oder Betablocker (S. 275) · beim Präexzitationssyndrom sind Verapamil und Digitalis wegen Gefahr des Kammerflimmerns kontraindiziert. Bei paroxysmaler Tachykardie Gabe von Ajmalin (S. 274). Bei gefährdeten Patienten elektrophysiologische Untersuchung und Katheterablation (S. 279). MERKE: Bei unklarer Tachykardie mit Blockbild (supraventriulär ± ventrikulär ± Präexzitationssyndrom?) kein Verapamil sondern Ajmalin (S. 274). Zur differentialdiagnostischen Unterscheidung supraventrikulärer von ventrikulären Tachykardien evtl. zunächst Versuch mit Adenosin (S. 273).
267
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Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
CM
Delta-Welle
< 0,12 Sek.
ä
EKG bei WPW-Syndrom
Paroxysmale ventrikuläre Tachykardie (Kammertachykardie): ± Ursachen: · schwere organische Herzerkrankung (z. B. Herzinfarkt, bei Lungenembolie) · Elektrolytstörung, Überdosierung von Antiarrhythmika oder Digitalis.
Checkliste Hahn ´ Seite 267
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Abb. 64
& 17 &
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
268
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17.20 Herzrhythmusstörungen ± Kennzeichen (Abb. 65): · schenkelblockartig deformierte breite QRS-Komplexe (f ~ 150 ± 200/ min).
Abb. 65
ä
EKG bei Kammertachykardie
± Akuttherapie: · Überprüfung von Medikation (Behandlung der Digitalisintoxikation: S. 251) und Elektrolyten (K+!) · bei Kreislaufstabilität Lidocain (S. 274) oder Ajmalin (S. 274) · bei drohendem kardiogenen Schock elektrische Kardioversion (S. 279) ± Rezidivprophylaxe bei fortbestehendem Kammertachykardierisiko trotz kausaler Therapiemaûnahmen, Alternativen: · elektrophysiologische Untersuchung mit Ventrikelstimulation und kontrollierte Einstellung auf ein wirksames Antiarrhythmikum · Implantation eines Kardioverter-Defibrillators · Beseitigung ventrikulärer Tachykardieherde durch Katheterablation (S. 279). Vorhofflattern ± Vorhofflimmern: ± Vorhofflattern (f ~ 250 ± 350/min): regelmäûige Vorhoferregung mit regelmäûigem oder unregelmäûigem Kammerrhythmus bei n : 1-Überleitung (akute Gefährdung bei 1 : 1-Überleitung) ± Vorhofflimmern (f > 350/min): unregelmäûige Vorhoferregung ohne Synchronisation mit unregelmäûigem Kammerrhythmus (= absolute Arrhythmie) ± Ursachen: · Koronare Herzkrankheit, Mitralvitien, Sick-Sinus-Syndrom, Kardiomyopathien · Elektolytstörung, Hyperthyreose, Lungenembolie · idiopathisch, selten beim Herzgesunden ± EKG-Kennzeichen (Abb. 66 ± 68): · Vorhofflattern: sägezahnartige Vorhofaktion, oft 2 : 1 oder 3 : 1-Überleitung · Vorhofflimmern: absolute Arrhythmie, Flimmerwellen, fehlende P-Wellen.
Abb. 66
EKG bei bradykardem Vorhofflimmern
Checkliste Hahn ´ Seite 268
Abb. 67
EKG bei tachykardem Vorhofflimmern (Tachyarrhythmie)
Abb. 68
EKG bei Vorhofflattern
± Basistherapie bei neu aufgetretenen Vorhofflimmern/-flattern: initial Bettruhe, und Monitorüberwachung, therapeutische Heparinisierung (S. 91), ASS 100 mg/d, ggf. Behandlung von Elektrolytstörungen (K+!), Herzinsuffizienz (S. 247), Hyperthyreose (S. 496) sowie Blutdruckregulierung (S. 281) ± Frequenzkontrolle, Ziel: Regulierung der Kammerfrequenz: · Digitalisierung (S. 250), meist mittelschnelle Aufsättigung ausreichend · bei weiterhin bestehender Tachyarrhythmie Verapamil (S. 277) oder bei Hyperthyreoseverdacht Betablocker (z. B. Propranolol S. 275) ± Rhythmuskontrolle, Ziel: Konversion zu Sinusrhythmus, wobei zu berücksichtigen ist, daû ein günstiger Einfluû hierdurch auf die Mortalität beim Vorhofflimmern derzeit unbewiesen ist und bisherige Studien für eine zurückhaltende Indikationsstellung (Gefahr von Proarrhythmien) zur Langzeittherapie v. a. mit Klasse-I-Antiarrhythmika sprechen. Vorgehen: · Überprüfung der Rhythmisierungschancen, Erfolgsaussichten bei: Dauer der Rhythmusstörung < Jahr, Gröûe des linken Vorhofs < 50 mm, keine schwere Grundkrankheit, insbesondere Mitralvitium, keine höhergradige (NYHA III oder IV) Herzinsuffizienz. Sind die Erfolgsaussichten gering, Beschränkung auf Frequenzkontrolle und orale Antikoagulation unter Berücksichtigung der Grundkrankheit (vgl. S. 92 und S. 94) · Transösophageales Echo: Vorhofthrombus? · Falls ein Thrombus nicht sicher ausgeschlossen werden kann, ist bei länger als 48 Std. bestehendem Vorhofflimmern vor dem Rhythmisierungsversuch eine Antikoagulation für zunächst 3 ± 4 Wochen erforderlich: therapeutische Heparinisierung (S. 91) und überlappende Einstellung auf Marcumar (S. 92)
Checkliste Hahn ´ Seite 269
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
17.20 Herzrhythmusstörungen
269
YB
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Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
270
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17.20 Herzrhythmusstörungen ·
ä
Elektrische Kardioversion (Durchführung und Energiedosis: S. 279), zuvor (möglichst 1 Woche) Digitalis und Betablocker pausieren (Gefahr schwerer Sinusbradykardien). Bei Erfolg evtl. medikamentöse Rezidivprophylaxe (nach erstmaligem Vorhofflimmern zunächst nicht erforderlich), Substanzen siehe unter medikamentöser Kardioversion. · Alternativ medikamentöse Kardioversion: Bei Pat. ohne kardiale Grunderkrankung mit Klasse IA,C-Antiarrhythmika oder Sotalol, bei Pat. mit kardialer Grunderkrankung mit Amiodaron (S. 276). Initial täglich EKGKontrollen (v. a. auf QT-Verlängerung achten: S. 272), bei Erfolglosigkeit nach 3 ± 4 Tagen Wechsel des Behandlungs-Regimes · Atriale Stimulation: Therapiealternative bei Vorhofflattern. Durchführung über eine intravenös gelegte Sonde oder Ösophagusstimulation · Weitere Behandlungsformen: Katheterablation (S. 279) u. a. ± Antikoagulation: Fortführen nach erfolgreicher Rhythmisierung für 6 Wochen, bei fortbestehendem Vorhofflimmern/flattern Dauerbehandlung (vgl. S. 94). Sonderfälle: · Idiopathisches Vorhofflimmern: keine Antikoagulation erforderlich, bei Patienten > 60 Jahre Acetylsalicylsäure (300 mg/d) · Intermittierendes (paroxysmales) Vorhofflimmern: führt seltener zu Embolien, bei kardialer Grunderkrankung und vergröûertem linken Vorhof orale Antikoagulation · Stabiles Vorhofflattern: meist keine Antikoagulation erforderlich. Kammerflattern ± Kammerflimmern ± Torsade de pointes (Abb. 69, 70): ± Kammerflattern (f ~ 250 ± 400/min): regelmäûige ¹Haarnadelª-Wellen ± Kammerflimmern: unregelmäûiger zackenförmiger Kurvenverlauf ± Paroxysmales Kammerflimmern (Torsade de pointes): wechselnde Amplitudenhöhe und -richtung der Kammerkomplexe (Klinik: Synkopen). ± Ursachen: · schwere organische Herzerkrankung (z. B. Herzinfarkt, bei Lungenembolie) · Elektrolytstörung, Überdosierung von Antiarrhythmika oder Digitalis · QT-Syndrom mit pathologisch verlängerter QT-Zeit: erworben oder angeboren (mit Taubheit: Jervell-Lange-Nielsen-Syndrom, ohne Taubheit: Romano-Ward-Syndrom) ± Akuttherapie: · kardiopulmonale Reanimation mit Defibrillation (S. 656), bei Torsade de pointes Mg++ (z. B. 1 Amp. langsam i. v.) · Behandlung der Grundkrankheit.
Kammerflattern
& 17 &
Kammerflimmern
Abb. 69
EKG bei Kammerflattern und Kammerflimmern
Checkliste Hahn ´ Seite 270
Abb. 70
EKG bei Torsade de pointes
Störungen der Erregungsleitung ä
ä
ä
Sinuatrialer Block (SA-Block): ± Einteilung: · SA-Block I : im Ekg nicht sichtbar · SA-Block II : Typ I = Wenckebach-Periodik: kürzer werdende PP-Intervalle bis zum Eintreten einer Pause. PQ-Zeit gleichbleibend. Typ II = Mobitz: Ausfall einzelner Herzaktionen ohne vorausgehende Verkürzung der PP-Intervalle · SA-Block III : Totalausfall der Vorhoferregung mit und ohne AV- oder Kammer-Ersatzrhythmus. In der Latenzzeit bis zum Einsetzen des Ersatzrhythmus evtl. Adams-Stokes-Anfall (S. 263) ± Ursachen: KHK, Digitalis, Antiarrhythmika, Sick-Sinus-Syndrom u. a. ± Therapie: ggf. Digitalis und Antiarrhythmika absetzen, ggf. Elektrolyte ausgleichen. Im Notfall Versuch mit Atropin (S. 264), ggf. passagere Schrittmacheranlage (S. 663), bei rezidivierenden Adam-Stokes-Anfällen permanente Schrittmachertherapie. Atrioventrikulärer Block (AV-Block): ± Einteilung (Abb. 71 ± 73): · AV-Block I : verlängerte PQ-Zeit (> 0,2 s) · AV-Block II : Typ Mobitz I = Wenckebach-Periodik: länger werdende PQZeiten bis zum Eintreten einer Pause (< doppeltes PP-Intervall). Typ Mobitz II: Überleitung jeder n. Vorhofaktion (= n : 1-Block), z. B. 2 : 1 oder 3 : 1 Block. Keine ¾nderung der PQ-Zeit (kann normal sein). · AV-Block III : Totalausfall der AV-Überleitung mit völliger Dissoziation von P-Welle und QRS-Komplexen im EKG. In der Latenzzeit bis zum Einsetzen des AV-Knoten-(f ~ 40 ± 60/min) oder Kammer-(f < 40/min) Ersatzrhythmus evtl. Adams-Stokes-Anfall (S. 263) ± Prognoseeinschätzung und weitere Differenzierung im His-Bündel-EKG. ± Ursachen: · KHK, Digitalis, Antiarrhythmika, andere organische Herzkrankheiten. AV-Block I häufig physiologisch bei erhöhtem Vagotonus. ± Therapie: · ggf. Digitalis und Antiarrhythmika absetzen · ggf. Elektrolyte ausgleichen · im Notfall Versuch mit Atropin (S. 264) · bei medikamentöser Therapieresistenz passagere Schrittmachertherapie (S. 663) · bei symptomatischem AV-Block II und bei AV-Block III später permanente Schrittmachertherapie. Intraventrikulärer Schenkelblock: ± Ursachen: organische Herzkrankheiten/-belastungen oder idiopathisch ± Auftreten: intermittierend oder permanent ± Einteilung: S. 27 ± Therapie: bei trifaszikulärem Block Bild und Therapie wie beim AV-Block III (s. o.), sonst Therapie des Grundleidens. Checkliste Hahn ´ Seite 271
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
17.20 Herzrhythmusstörungen
271
YB
& 17 &
CM
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
272
CM
YB
17.20 Herzrhythmusstörungen
0,16
Abb. 71
P
Abb. 72 P
Abb. 73
0,20
0,22
0,26
0,16
0,20
0,22
0,24 s
EKG bei AV-Block II Typ Mobitz I (Wenckebach-Periodik)
P
P
P
P
P
P
P
P
P
P
EKG bei AV-Block II Typ Mobitz II (2:1-Block) P
P
P
P
P
P
P
P
EKG bei AV-Block III
Allgemeine Therapierichtlinien ä ä
Behandlung der Ursache soweit möglich (am wichtigsten). Allgemeinmaûnahmen: körperliche Schonung, O2-Gabe entsprechend BGA, ggf. Sedierung.
Antiarrhythmika-Therapie
& 17 &
ä
Voraussetzungen der Antiarrhythmika-Therapie: ± strenge Indikationsstellung v. a. für Klasse I-Antiarrhythmika (zahlreiche dokumentierte Zwischenfälle durch proarrhythmogene Effekte): z. B. Überbrückungstherapie bei akuten Herzerkrankungen/-belastungen, Gefahr lebensbedrohlicher Arrhythmien, Verschlechterung der Herzinsuffizienz unter einer Rhythmusstörung ± ausreichende Patienten-Compliance: zeitgerechte regelmäûige Einnahme ± möglichst keine Kombinationstherapie verschiedener Antiarrhythmika ± proarrhythmogene Wirkung der Antiarrhythmika beachten: · EKG-Kontrollen, dabei QT-Dauer beachten, bei Verlängerung der QTDauer auf > 120 % der Norm (S. 26) Antiarrhythmikum absetzen, zusätzlich Langzeit-EKG-Kontrollen · relative Häufigkeit: Chinidin (10 ± 15 %), Flecainid (ca. 12 %), Propafenon (ca. 10 %), Disopyramid (ca. 6 %), Sotalol (4 ± 5 %), Amiodaron (ca. 2 %) ± negativ inotrope Wirkung berücksichtigen, relative Häufigkeit: Disopyramid > Klasse IC > Klasse IA > Sotalol > andere Betablocker > Amidodaron ± bei i. v. Gabe langsame Applikation unter Monitorkontrolle.
Checkliste Hahn ´ Seite 272
17.20 Herzrhythmusstörungen ä
Einteilung: Tab. 99.
Tabelle 99 Klasse
Einteilung der Antiarrhythmika nach Vaughan-Willams Wirkungsweise
Substanzen z. B. Hauptindikationen
I Na+-Antago- Na+-Ausstromnisten hemmung
Arrhythmien:
± A
Verlängerung des Aktionspotentials
Ajmalin, Chinisupraventrikuläre din, Disopyramid und ventrikuläre
± B
Verkürzung des Aktionspotentials
Lidocain, Phenytoin
ventrikuläre
± C
Ohne Wirkung auf Aktionspotentialdauer
Flecainid, Propafenon
supraventrikuläre und ventrikuläre
II Betablocker Sympathikolyse
Metoprolol Propranolol
supraventrikuläre Tachykardien
III K+-Antago- K+-Ausstromnisten hemmung
Sotalol Amiodaron
supraventrikuläre und ventrikuläre Tachyarrhythmien
IV Ca++-Antagonisten
Verapamil
supraventrikuläre Tachyarrhythmien
ä
Ca++-Einstromhemmung
Weitere wichtige antiarrhythmisch wirksame Substanzen, die nicht zu den klassischen Antiarrhythmika zählen: ± Elektrolyte: Kalium, Magnesium ± Adenosin (Adrekar 6 mg/Amp.): · Wirkung: kurzfristige Blockierung der AV-Überleitung · Indikationen: paroxysmale supraventrikuläre Tachykardien · Nebenwirkungen: Flush, Bronchospasmus, Angina pectoris, Übelkeit, Schwindel, Kopfdruck, Sehstörungen, Bradykardie, Asystolie · Kontraindikationen: AV-Block > I , Sick-Sinus-Syndrom, Vorhofflimmern und -flattern, obstruktive Lungenerkrankungen, QT-Verlängerung · Dosierung: initial rasch (max. 3 Sek.) Bolus von 6 mg i. v., bei Erfolglosigkeit Wiederholung nach 3 Min. mit 12 mg, ggf. nach weiteren 3 Min. mit 18 mg (Antidot: Theophyllin) ± Sympathomimetika wie Orciprenalin (z. B. Alupent) und Parasympatholytika wie Atropin: Einsatz in der Notfallmedizin bei Bradykardien (vgl. S. 264) ± Digitalisglykoside (S. 250).
273
YB
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
CM
Klasse-I-Antiarrhythmika
ä
In der Langzeittherapie v. a. bei Pat. mit kardialen Grunderkrankungen zurückhaltende Indikationsstellung. Präparate: Tab. 100.
& 17 &
ä
Checkliste Hahn ´ Seite 273
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
274
CM
YB
17.20 Herzrhythmusstörungen Tabelle 100
Klasse-I-Antiarrhythmika
Freinamen
Handelsnamen (z. B.)
Dosierung/d (i. v./p. o.)
Ajmalin Prajmaliumbitartrat
Gilurytmal 50 mg/Amp. Neo-Gilurytmal 20 mg/ Tbl.
Einzeldosis 25 ± 50 mg 3 1 Tbl.
Indikationen: Mittel der Wahl bei Präexzitationssyndromen (WPW, LGL), paroxysmale supraventrikuläre und ventrikuläre Tachykardien, Anwendung auch, wenn im Notfall eine Differenzierung zwischen supraventrikulärer Tachykardie mit Block und ventrikulärer Tachykardie nicht möglich ist (vgl. S. 267) Nebenwirkungen: Zunahme einer Herzinsuffizienz, AV-Blockierung, ventrikuläre Arrhythmie bis Kammerflimmern, Übelkeit, Kopfschmerzen, Sehstörungen, Cholestase Kontraindikationen: Allergie, schwere Herzinsuffizienz, Sick-Sinus-Syndrom, AVBlock > I , Digitalisüberdosierung, QT-Verlängerung (s. o.) Chinidin
Chinidin duriles 200 mg/Tbl.
Testdosis 200 mg, Dauertherapie 2 ± 3 200 mg
Indikationen: Vorhofflimmern nach Auschöpfung der anderen Therapiemaûnahmen, Verwendung zusammen mit Digitalis Nebenwirkungen: Knochenmarkdepression, sonst wie Ajmalin Kontraindikationen: frischer Infarkt, sonst wie Ajmalin. Interaktionen: S. 124 Disopyramid
Rythmodul 50 mg/Amp. 100|200 mg/Kps.
Einzeldosis 50 ± 100 mg 2 ± 3 100 ± 200 mg
Indikationen: Vorhofflimmern, evtl. auch ventrikuläre Arrhythmien Nebenwirkungen: Anticholinerge Wirkung (Mundtrockenheit, Harnverhalt, Obstipation, Sehstörungen), sonst wie Ajmalin Kontraindikationen: Engwinkelglaukom, Prostataadenom, Schwangerschaft, sonst wie Ajmalin Lidocain
Xylocain 2 % 100 mg/ Amp.
initial 50 ± 100 mg langsam i. v., Perfusor: S. 665
Indikationen: ventrikuläre Rhythmusstörungen Nebenwirkungen: Schwindel, Verwirrtheit, Somnolenz, zerebrale Krampfanfälle, Verschlechterung einer Herzinsuffizienz Kontraindikationen: Allergie, Sick-Sinus-Syndrom, AV-Block > I , schwere Herzinsuffizienz Phenytoin
Epanutin 250 mg/Amp.
Einzeldosis 125 ± 250 mg
& 17 &
Indikationen: Digitalisverursachte Arrhythmien, wenn Lidocain ohne Erfolg Nebenwirkungen: Gingivahyperplasie, Hirsutismus, Blutbildveränderungen, zentralnervöse Nebenwirkungen Kontraindikationen: Schwangerschaft, sonst wie Lidocain Propafenon (z. B. Rytmonorm) und Flecainid (z. B. Tambocor): Wegen zahlreicher dokumentierter proarrhythmogener Effekte Verwendung von Klasse-ICAntiarrhythmika nur in Ausnahmefällen unter engmaschigen EKG- und LZ-EKGKontrollen.
Checkliste Hahn ´ Seite 274
17.20 Herzrhythmusstörungen Klasse-II-Antiarrhythmika ± Betablocker (b-Blocker) ä
ä
Wirkung: b-Rezeptor-Blockade, dadurch negativ inotrope (Kontraktilität), bathmotrope (Erregbarkeit), chronotrope (Herzfrequenz) und dromotrope (Erregungsleitung) Wirkung. In der Folge niedrigerer myokardialer O2-Verbrauch und Blutdrucksenkung. Einteilung (Tab. 101): ± nicht kardioselektive Betablocker ± kardioselektive Betablocker: bevorzugte Wirkung an kardialen b1-Rezeptoren, geringere Nebenwirkungsrate ± Betablocker ohne ISA ± Betablocker mit ISA (= intrinsische sympathomimetische Aktivität): verfügen über eine partiell agonistische Aktivität an Betarezeptoren, wodurch die Herzfrequenz weniger gesenkt wird (weshalb bei KHK-Therapie die ISAWirkung nicht erwünscht ist) und periphere Durchblutungsstörungen seltener auftreten ± Betablocker mit zusätzlicher vasodilatatorischer Aktivität (a1 + b-Blockade).
Tabelle 101 Freinamen
Betablocker (Beispiele) Handelsnamen (z. B.)
Dosierung/d
nicht kardioselektive ohne ISA Propranolol
Dociton 10|40|80 mg/Tbl.
2 ± 4 10 ± 80 mg
Sotalol
Sotalex
1 ± 2 80 ± 160 mg
80|160 mg/Tbl.
275
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Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
CM
mit zusätzlicher vasodilatatorischer Aktivität Carvedilol
Dilatrend, Querto 6,25|12,5|25 mg/Tbl. 1 12,5 ± 25 mg
nicht kardioselektive mit ISA Carteolol
Endak 5|10 mg/Tbl.
Oxyprenolol
Trasicor 40|80 mg/Tbl.
2 ± 3 40 ± 80 mg
Pindolol
Visken 2,5|5 mg/Tbl.
1 ± 3 5 mg
1 5 ± 20 mg
kardioselektive ohne ISA Atenolol
Tenormin 25|50|100 mg/Tbl.
1 25 ± 100 mg
Betaxolol
Kerlone 20 mg/Tbl.
1 10 ± 20 mg
Bisoprolol
Bisobloc, Concor 5|10 mg/Tbl.
1 5 ± 10 mg
Metoprolol
Lopresor 50|100 mg/Tbl.
2 50 ± 100 mg
Beloc 50|100 mg/Tbl.
2 50 ± 100 mg
Beloc-Zok 47,5|95|190 mg/Tbl.
1 47,5 ± 190 mg
Acebutolol
Prent 200|400 mg/Tbl.
1 400 ± 800 mg
Celiprolol
Selectol 200 mg/Tbl.
1 ± 2 200 mg
ä
Indikationen: hyperkinetisches Herzsyndrom, supraventrikuläre Tachykardie und Extrasystolie (Sotalol auch bei ventrikulären Arrhythmien), Sinustachykardie bei Hyperthyreose, koronare Herzkrankheit, arterielle Hypertonie, HerzinCheckliste Hahn ´ Seite 275
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kardioselektive mit ISA
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Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
276
CM
YB
17.20 Herzrhythmusstörungen
ä
ä
ä ä ä
suffizienz bei unzureichender Wirkung der Kombination von ACE-Hemmer, Diuretika und Digitalis (vgl. S. 248). Nebenwirkungen: Bradykardie, Bronchospasmus, evtl. Verschlechterung einer Herzinsuffizienz, Leistungsschwäche, Depression, Zunahme peripherer Durchblutungsstörungen (auûer bei vasodilatatorischer Aktivität), Verschlechterung einer diabetischen Stoffwechsellage und Verstärkung der Hypoglykämie beim Diabetiker, Rebound-Effekt (ausschleichen!). Kontraindikationen: SA/AV-Block > I , Sick-Sinus-Syndrom, obstruktive Atemwegserkrankungen, periphere AVK (IIb-IV , auûer bei ISA oder vasodilatatorischer Aktivität), Verschlechterung einer Herzinsuffizienz unter Betablockertherapie. Vorsicht bei Neigung zu Bradykardie und Hypotonie. Arzneimittelinteraktionen: S. 124. Dosierung: nach Erfolg einschleichend unter Kontrollen von Puls und RR. Präparate: Tab. 101.
Klasse-III-Antiarrhythmika ä
Amiodaron (z. B. Cordarex 150 mg/Amp., 200 mg/Tbl.): ± Indikationen: sonst therapierefraktäre supraventrikuläre und ventrikuläre Tachyarrhythmien, Kammerflimmern ± Nebenwirkungen: Torsade de pointes (S. 270, umstritten), Korneatrübung, Lungenfibrose, Photosensibilisierung, periphere Neuropathie, Schilddrüsenfunktionsstörungen u. a. ± Kontraindikationen: Jodallergie, Hyperthyreose, SA/AV-Block > I , Sick-Sinus-Syndrom, Gravidität ± Arzneimittelinteraktionen: · Cumarine: Wirkungsverstärkung, Dosisreduktion erforderlich · Digoxin: Zunahme der Serumkonzentration, Dosisreduktion erforderlich (ca. 50 %, Spiegelkontrollen) oder Umstellung auf Digitoxin ± Untersuchungen vor Beginn der Therapie (auûer im Notfall): · EKG · GOT, GPT, aP, TSH-basal, FT3, FT4 · Röntgen-Thorax · Lungenfunktion · Schilddrüsenszinti bei Struma oder V. a. Schilddrüsendysfunktion ± Initialdosis (Sättigungsdosis 12 ± 15 g, Abbruch der Therapie bei Torsade de pointes oder QT-Verlängerung > 550 ms): · i. v.: 1050 mg/d (Perfusor) bis zur Stabilisierung der Akutsituation, dann orale Weiterbehandlung bis zum Erreichen der Sättigungsdosis · oral: 3 400 mg/d über 10 Tage oder 3 200 mg/d über 3 Wochen ± Erhaltungsdosis: · rezidivierende Kammertachykardie/-flimmern: 400 mg/d über 12 Monate, bei Rezidivfreiheit Fortsetzung mit 200 mg/d · Vorhofflimmern/supraventrikuläre Tachykardien: 200 mg/d ± Kontrolluntersuchungen während der Dauertherapie: · in Abhängigkeit vom Verlauf: EKG, Langzeit-EKG · 3 Monate nach Aufsättigung, dann alle 6 Monate: GOT, GPT, aP, TSHbasal, FT3, FT4 · jährlich: Lungenfunktion, Röntgen-Thorax.
Checkliste Hahn ´ Seite 276
17.20 Herzrhythmusstörungen ä
Sotalol (S. 275): b-Blocker, der auûer bei supraventrikulären auch bei ventrikulären Arrythmien wirksam ist. Nebenwirkungen und Kontraindikationen: S. 275, zusätzlich Gefahr von Torsade de pointes (S. 270) v. a. bei Überdosierung. EKG- (QT-Zeit) und Langzeit-EKG-Kontrollen unter Therapie erforderlich.
Klasse-IV-Antiarrhythmika ± Kalziumantagonisten vom Verapamiltyp ä ä
ä ä ä
Indikationen: supraventrikuläre Arrhythmien (auûer WPW/LGL-Syndrom), insbesondere Vorhofflimmern/-flattern, KHK, arterielle Hypertonie. Nebenwirkungen: Verschlechterung einer Herzinsuffizienz, Bradykardie, SA/ AV-Blockierung, Blutdrucksenkung, Obstipation, Schwindel, Flush, Ödeme, Allergien, Transaminasenerhöhung. Kontraindikationen: schwere Herzinsuffizienz, AV-Block > I , Sick-Sinus-Syndrom, WPW/LGL-Syndrom, bei Verapamil Behandlung mit b-Blockern. Arzneimittelinteraktionen: S. 126. Präparate: Tab. 102.
Tabelle 102
Kalziumantagonisten vom Verapamiltyp
Freinamen
Handelsnamen (z. B.)
Dosierung
Verapamil
Isoptin 40|80|120 mg/Tbl. ± retard 120|240 mg/Tbl. ± 5 mg/Amp.
3 1/d 1 ± 2 1/d initial 5 mg über 3 Min. i. v. ggf. Perfusor: S. 665
Diltiazem
Dilzem 60 mg/Tbl. ± retard 90|120|180 mg/Tbl. ± uno 180|240 mg/Kps. ± 10|25|100 mg/Amp.
3 1/d 1 ± 2 1/d 1 1/d initial 20 ± 25 mg über 3 Min. i. v. ggf. Perfusor mit 10 ± 60 mg/h
Gallopamil
Procorum 25|50 mg/Tbl. ± retard 100 mg/Tbl.
3 1/d 1 ± 2 1/d
277
YB
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
CM
ä
ä
Indikation: ± klinische Symptomatik (z. B. Synkopen, Adam-Stokes-Anfälle, Herzinsuffizienz) infolge bradykarder Rhythmusstörungen wie Sick-Sinus-Syndrom, Bradyarrhythmie bei Vorhofflimmern, AV-Block II Typ 2 und III , Karotissinussyndrom, SA-Blockierung, trifaszikulärer Block ± Behandlungsnotwendigkeit mit Antiarrhythmika, welche zu einer symptomatisch wirksamen Bradykardie führen ± passagere Schrittmacher werden im Notfall (z. B. Digitalisintoxikation, Herzinfarkt) ggf. bis zu einer permanenten. Versorgung verwendet (S. 663) ± permanente Schrittmacher werden bei permanenten Rhythmusstörungen meist subfaszial auf dem M. pectoralis implantiert, die Elektrodenspitze liegt im rechten Vorhof und/oder im rechten Ventrikel. Funktionsarten (Schrittmacher-Code): ± 1. Buchstabe: Stimulationsort: A(trium), V(entrikel), D(oppelt) ± 2. Buchstabe: Wahrnehmungsort: A(trium), V(entrikel), D(oppelt) Checkliste Hahn ´ Seite 277
& 17 &
Antibradykarde Schrittmachertherapie
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
278
CM
YB
17.20 Herzrhythmusstörungen
ä
± 3. Buchstabe: Reaktionsart: I(nhibition), T(riggerung), D(oppelt) ± 4. Buchstabe: Charakterisierung von programmierbaren Schrittmachern. Schrittmachersysteme: ± Einkammerschrittmacher z. B.: · VVI (Abb. 74): Kammerstimulation nach Bedarf, durch Kammer inhibiert
Kammerstimulation
Abb. 74 ·
EKG bei VVI-Schrittmacher AAI (Abb. 75): Vorhofstimulation nach Bedarf, durch Vorhof inhibiert. Voraussetzung ist eine intakte AV-Überleitung (isolierte Sinusknotenerkrankung)
Vorhofstimulation
Abb. 75
EKG bei AAI-Schrittmacher
± Zweikammerschrittmacher z. B.: · DDD (Abb. 76): Nach Bedarf Funktionswechsel zwischen reiner Vorhofstimulation, sequentieller Vorhof- und Kammerstimulation und vorhofsynchroner Kammerstimulation (Anwendung bei AV-Block).
Vorhofstimulation
& 17 &
Kammerstimulation
Abb. 76
EKG bei DDD-Schrittmacher
Checkliste Hahn ´ Seite 278
17.20 Herzrhythmusstörungen ä
Fehlfunktionen können Folge einer Dislokation oder von Vernarbungen im Bereich der Elektrodenspitze sein, selten auch bei Elektrodenbruch: ± Sensing-Defekt: Eigenaktionen werden nicht erkannt ± Exit-Block: Schrittmacherimpulse führen nicht zu einer myokardialen Reizantwort = sichtbarer QRS-Komplex ± Ein Batteriedefekt zeigt sich am Abfall einer voreingestellten Stimulationsfrequenz. Schrittmacherkontrollen mindestens alle 6 Monate erforderlich.
Antitachykarde Schrittmachertherapie ä
Indikation: medikamentös nicht beherrschbare bedrohliche supraventrikuläre und ventrikuläre Rhythmusstörungen (Kardioverter-Defibrillator bei rezidivierendem Kammerflimmern).
Elektrische externe Kardioversion (EKG-getriggert) ä
ä
ä
Indikation: ± medikamentös nicht beherrschbare supraventrikuläre und ventrikuläre tachykarde Rhythmusstörungen mit drohendem Kreislaufversagen ± Rhythmisierungsversuch bei medikamentös nicht beherrschbarem und hämodynamisch relevanten Vorhofflimmern/-flattern (relative Indikation). Vorher (möglichst 1 Woche) Digitalis und Betablocker absetzen, Antikoagulation (vgl. S. 269) und ggf. Kalium ausgleichen. Durchführung (Intensivstation): ± Kurznarkose z. B. mit Etomidat (Hypnomidate 20 mg/Amp.) oder Ketamin (Ketanest 50 mg/Amp.) 1 Amp. unter Beatmungsbereitschaft ± EKG-Triggerung einschalten (¹Synchronisationª) ± Energie einstellen (s. u.) ± Elektroden mit reichlich Paste bestreichen ± die eine Elektrode wird unterhalb des rechten Sternoklavikulargelenks, die andere links seitlich über der Herzspitze aufgesetzt ± laden ± sicherstellen, daû niemand Berührung mit dem Patienten oder dem Bett hat ± kardiovertieren. Energieeinstellung: ± Kammertachykardie und Vorhofflattern: initial 50 J, stufenweise Steigerung bei Erfolglosigkeit in 50-J-Schritten. Nach zweitem Stromstoû 3 Min. warten (langsame Abnahme des Thoraxwiderstands) ± Vorhofflimmern: höhere Energien erforderlich. Initial 100 J, bei Erfolglosigkeit Wiederholung mit 200 J, ggf. nach 3 Min. mit 360 J.
279
YB
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
CM
Elektrische externe Defibrillation ä
Indikation: Kammerflimmern. Durchführung: S. 656.
Katheterablation ä
Verschiedene Verfahren der Elektrokoagulation von ektopen Störherden oder Leitungsbahnen nach vorherigem ¹Mappingª (S. 264) im Rahmen einer Herzkatheteruntersuchung z. B. bei therapierefraktärer rezidivierender Kammertachykardie oder Präexzitationssyndromen. Checkliste Hahn ´ Seite 279
& 17 &
ä
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
280
CM
YB
17.21 Arterielle Hypertonie Definition ä ä ä ä ä
ä
ä
Normotonie: Blutdruck systolisch < 140 mmHg und diastolisch < 90 mmHg. Hypertonie: Blutdruck systolisch > 160 mmHg und diastolisch > 95 mmHg. Grenzwerthypertonie: Blutdruckwerte zwischen Normo- und Hypertonie. Labile Hypertonie: leichte Beeinfluûbarkeit des Blutdrucks mit inadäquat hypertonen RR-Werten bei (leichter) physischer und psychischer Belastung. Hypertensive Krise: kardiale und/oder neurologische Symptome mit potentieller vitaler Bedrohung bei RR-Werten von systolisch > 220 mmHg und diastolisch > 120 mmHg. Schweregradeinteilung nach dem diastolischem Blutdruck in leichte: 95 ± 104 mmHg, mittelschwere 105 ± 114 mmHg und schwere ³ 115 mmHg Hypertonie. Maligne Hypertonie: Blutdruck diastolisch > 120 mmHg mit fehlendem nächtlichem Abfall (< 10 %) bei der Langzeit-RR-Messung (s. u.), Fundus hypertonicus III ± IV (s. u.), Niereninsuffizienz.
Ursachen ä ä
ä
Unbekannt = essentielle Hypertonie (ca. 90 %). Bekannt = sekundäre Hypertonie (ca. 10 %): ± parenchymatöse Erkrankungen der Niere (= renal-parenchymatöse Hypertonie), Nierenarterienstenose (= renovaskuläre Hypertonie: S. 411) ± endokrine Ursachen: Phäochromozytom (S. 514), Cushing-Syndrom (S. 507), Conn-Syndrom (S. 506) ± Aortenisthmusstenose (S. 240). Blutdruckerhöhungen, die keine eigentlichen sekundären Hypertonien sind: ± Medikamente (Analgetika, Steroide, Ovulationshemmer), Lakritze, Drogen ± vorübergehende Blutdruckerhöhungen durch Erkrankungen des ZNS ± Schwangerschaftshypertonie: EPH-Gestose (mit Ödemen und Proteinurie), transitorische schwangerschaftsinduzierte Hypertonie (ab 2. SS-Hälfte) ± systolische Blutdruckerhöhungen z. B. bei Aorteninsuffizienz und Hyperthyreose.
Klinik ä ä
Häufig lange keine Beschwerden. Kopfschmerzen, Schwindel, Angina pectoris, Dyspnoe, Nasenbluten u. a.
Diagnostik ä
& 17 &
ä
ä
Anamnese: insbesondere frühere Erkrankungen (z. B. Niere), Familienanamnese (kardiovask. Erkrankungen), Medikamente, Genuûmittel. Körperliche Untersuchung: u. a. Puls- und RR-Messung an beiden Armen und Beinen (Aortenisthmusstenose?), Strömungsgeräusche im seitlichen Oberbauch (Nierenarterienstenose?), Cushing-Habitus (S. 507), Herzinsuffizienz? Augenhintergrund spiegeln (S. 76), 4 Stadien des Fundus hypertonicus (Farbabb. 3): ± I: peitschenschnurartige Schlängelung der prall gefüllten Arterien, Kupferdrahtreflex
Checkliste Hahn ´ Seite 280
17.21 Arterielle Hypertonie
ä
ä
ä ä ä ä ä ä
± II: Kaliberunregelmäûigkeiten, Gunnsches Kreuzungszeichen: Vene erscheint an den Kreuzungsstellen durch die Arterie verdrängt, einzelne Blutungen ± III: multiple Blutungen, weiûliche weiche Degenerations(Cotton-wool-)herde. ± IV: Papillenödem. Labor: ± u. a. Kreatinin, Serum-Elektrolyte, Glukose, Urinstatus/-sediment ± TSH-basal (Hyperthyreose?) ± 24-Std.-Urin auf Katecholamine (Phäochromozytom?) ± bei V. a. Morbus Cushing Dexamethason-Kurztest (S. 507) ± bei nicht medikamentös induzierter Hypokaliämie 24-Std.-Urin auf K+ (Conn-Syndrom?), weiteres diagnostisches Vorgehen: S. 424). 24-Std.-Langzeit-RR-Messung (S. 22), Normbereiche: Tagesmittelwerte bis 135/85 bzw. maximal 20 % der Werte > 140/90, nächtlicher RR-Abfall mindestens 10 % systolisch/diastolisch. EKG: Linksherzhypertrophie- und Schädigungszeichen? (S. 245). Röntgen-Thorax: Linksherzhypertrophie (S. 245), -insuffizienz(S. 245)zeichen? Sonographie: Nieren (Gröûe?, Parenchym?), Nebennierentumor? Duplexsonographie: Nierenarterienstenose? Echokardiographie: linksventrikuläre Hypertrophie (S. 45)? Bei pathologischer Duplexsonographie oder unzureichenden Untersuchungsbedingungen arterielle Renovasographie in i. a. DSA-Technik (S. 51).
Komplikationen ä
ä ä ä
281
YB
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
CM
Arteriosklerose (Ausmaû korreliert gut mit Augenhintergrundveränderungen): ± koronare Herzkrankheit ± zerebrale ischämische Insulte ± ¹benigneª Nephrosklerose mit der Folge einer fortschreitenden Niereninsuffizienz (Endstadium: Schrumpfniere) ± Bauchaortenaneurysma (S. 289) und Aneurysma dissecans (S. 289). Linksherzinsuffizienz: S. 244. Hypertone Massenblutung: S. 635. Hypertensive Krise: ± Dyspnoe infolge Linksherzüberlastung und Gefahr des Lungenödems ± Angina pectoris ± akute hypertensive Enzephalopathie mit Hirndruckzeichen (Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen), Sehstörungen, cerebralen Krampfanfällen.
ä ä ä
ä ä
Bei sekundärer Hypertonie Behandlung der Grundkrankheit. Basistherapie: salzarme Kost (< 6 g NaCl/d), Gewichtsnormalisierung, regelmäûiges Ausdauertraining, kein Nikotin, wenig Alkohol und Coffein. Medikamentöse Therapie, dabei beachten: einschleichende, vor allem bei älteren Patienten nicht zu schnelle Einstellung, Aufklärung über Nebenwirkungen, regelmäûige (24-h-Langzeit-)RR-Kontrollen, Laborkontrollen (Überwachung von Nebenwirkungen!). Stufenschema der medikamentösen Hypertoniebehandlung: Tab. 109. Behandlung der hypertensive Krise: Tab. 110. Checkliste Hahn ´ Seite 281
& 17 &
Therapie
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
282
CM
YB
17.21 Arterielle Hypertonie ä ä ä
Diuretika: S. 249, Dosierung im allgemeinen niedriger als bei Herzinsuffizienz. Betablocker: S. 275. Kalziumantagonisten (Ca++-Antagonisten): ± L-Kanal-Blocker: · Kalziumantagonisten vom Verapamiltyp: S. 277 · Kalziumantagonisten vom Nifedipintyp (keine antiarrhythmische Wirkung): Tab. 103 ± T-Kanal-Blocker: Indikationen wie Kalziumantagonisten vom Nifedipintyp, führen zu einer leichten Abnahme der Herzfrequenz, kein negativ inotroper Effekt, wobei klinische Langzeiterfahrungen noch fehlen. Z. B. Mibefradil (Posicor, Cerate 50 mg/Tbl.), Dosierung: 1 50 ± 100 mg/d.
Tabelle 103
Kalziumantagonisten vom Nifedipintyp
Freinamen Handelsnamen (z. B.)
Dosierung
Nifedipin
Adalat 5|10|20 mg/Kps., 10 mg/Tbl., 20 mg/ret.Tbl. Infusionslösung 5 mg/50 ml Adalat Eins 30|60 mg/ret. Tbl.
4 1 Kps. bzw. Tbl./d, 2 1 ret. Tbl./d (max. 60 mg/d) Infusionslösung: S. 665 1 1 Tbl./d
Nicardipin
Antagonil 20|30 mg/Kps.
3 1 Kps./d (max. 90 mg/d)
Nilvadipin
Nivadil 8|16 mg/Kps.
1 1 Kps./d (max. 16 mg/d)
Nisoldipin
Baymycard 5|10| mg/Tbl. Baymycard RR 10|20|30 mg/ ret. Tbl.
2 1 Tbl./d (max. 40 mg/d) 1 1 ± 2 Tbl./d (max. 40 mg/d)
Nitrendipin
Bayotensin 10|20 mg/Tbl.
1 Tbl./d (max. 20 mg/d)
Amlodipin
Norvasc 5 mg/Tbl.
1 Tbl./d (max. 10 mg/d)
Felodipin
Munobal 2,5|5|10 mg/Tbl.
1 Tbl./d (max. 10 mg/d)
Isradipin
Vascal 2,5 mg/Tbl. 2,5|5 mg/ret. Kps.
2 1 Tbl./d oder 1 ret. Kps./d (max. 10 mg/d)
Indikationen: arterielle Hypertonie, koronare Herzkrankheit Nebenwirkungen: Schwindel, Flush, Ödeme, Kopfschmerzen, Allergien Kontraindikationen: Schwangerschaft, Hypotonie, Schock Arzneimittelinteraktionen: S. 126
& 17 &
Beachte: einschleichende Dosierung unter anfangs engmaschigen RRKontrollen
Checkliste Hahn ´ Seite 282
17.21 Arterielle Hypertonie ä
ACE(= Angiotensin-Converting-Enzyme)-Hemmer: Tab. 104.
Tabelle 104
ACE-Hemmer
Freinamen Handelsnamen (z. B.)
Dosierung
kürzer wirksame (2 bis 3 Einzeldosen) Captopril
Lopirin,Tensobon 12,5|25|50 mg/ Tbl.
6,25 ± 50 (max. 150) mg/d
mittellang wirksame (1 bis 2 Einzeldosen) Cilazapril
Dynorm, 0,5|1|2,5|5 mg/Tbl.
1 ± 5 mg/d
Enalapril
Pres, Xanef 2,5|5|10|20 mg/Tbl.
2,5 ± 20(max. 40) mg/d
länger wirksame (1 Einzeldosis) Benazepril
Cibacen 5|10|20 mg/Tbl.
5 ± 20(max. 40) mg/d
Fosinopril
Dynacil, Fosinorm 10|20 mg/Tbl.
5 ± 20(max. 40) mg/d
Lisinopril
Acerbon, Coric 2,5|5|10|20 mg/Tbl. 5 ± 20 mg/d
Moexipril
Fempress 7,5|15 mg/Tbl.
Perindopril
Coversum 2|4 mg/Tbl.
2 ± 8 mg/d
Quinapril
Accupro 5|10|20 mg/Tbl.
5 ± 20(max. 40) mg/d
Ramipril
Delix, Vesdil 1,25|2,5|5 mg/Kps.
1,25 ± 5(max. 10) mg/d
Spirapril
Quadropril 6 mg/Tbl.
3 ± 6 mg/d
Trandolapril
Gopten,
1 ± 2(max. 4) mg/d
Udrik
0,5|2 mg/Kps.
3,75 ± 15(max. 30) mg/d
283
YB
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
CM
Indikationen: arterielle Hypertonie, Herzinsuffizienz Nebenwirkungen: chronischer Reizhusten, Hyperkaliämie, Nierenfunktionsstörungen. Selten Blutbildveränderungen, Geschmacksstörungen, Exantheme, Cholestase, Angioödem, Lungenveränderungen, Myalgien, Übelkeit, Haarausfall Kontraindikationen: bds. Nierenarterienstenose, Hyperkaliämie, Z. n. Nierentransplantation, Angioödem, Aortenstenose, Schwangerschaft Arzneimittelinteraktionen: S. 122
& 17 &
Beachte: einschleichende Dosierung unter anfangs engmaschigen RR-, Kreatinin-, K+-, Urin- und Blutbildkontrollen, Diuretika bei Therapiebeginn vorübergehend absetzen
Checkliste Hahn ´ Seite 283
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
284
CM
YB
17.21 Arterielle Hypertonie ä
Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten (AT1-Antagonisten): nebenwirkungsärmere (v. a. kein Husten und kein Angioödem) Alternative zu ACE-Hemmern, wobei klinische Langzeiterfahrungen noch fehlen (Tab. 105).
Tabelle 105
Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten
Freinamen
Handelsnamen (z. B.)
Dosierung (Einmaldosis)
Candesartan
Atacand, Blopress 4|8|16 mg/Tbl.
4 ± 8 (max. 16) mg/d
Eprosartan
Teveten 300|400 mg/Tbl.
300 ± 600 (max. 800) mg/d
Irbesartan
Aprovel, Karvea 75|150|300 mg/Tbl.
75 ± 150 (max. 300) mg/d
Losartan
Lorzaar 50 mg/Tbl.
25 ± 50 (max. 100) mg/d
Valsartan
Diovan 80 mg/Kps.
80 (max. 160) mg/d
Indikationen: arterielle Hypertonie Nebenwirkungen: Schwindel, Hyperkaliämie, Nierenfunktionsstörungen. Selten Blutbildveränderungen, Exantheme, Cholestase, Angioödem, Myalgien, Übelkeit Kontraindikationen: bds. Nierenarterienstenose, Hyperkaliämie, Z. n. Nierentransplantation, schwere Leberinsuffizienz, Aortenstenose, Schwangerschaft ä
Alpha1-Rezeptor-Blocker: Tab. 106.
Tabelle 106
Alpha1-Rezeptor-Blocker
Freinamen
Handelsnamen (z. B.)
Dosierung
Bunazosin
Andante 3|6 mg/Tbl.
1 1 Tbl./d (max. 12 mg/d)
Doxazosin
Cardular, Diblocin 1|2|4 mg/Tbl. 1 1 Tbl./d (max. 16 mg/d)
Indoramin
Wydora 25|50 mg/Tbl.
2 1 Tbl./d (max. 200 mg/d)
Prazosin
Eurex, Minipress 1|2|5 mg/Tbl. 1|2|4|6 mg/ret.Kps.
2 1 Tbl./d oder 1 Kps./d (max. 20 mg/d)
Terazosin
Heitrin 1|2|5 mg/Tbl.
1 1 Tbl./d (max. 20 mg/d)
Urapidil
Ebrantil 30|60|90 mg/ret.Kps. 25|50 mg/Amp.
2 1 Kps./d (30 ± 180 mg/d) Dosierung bei hypertensiver Krise: S. 286
Indikationen: arterielle Hypertonie
& 17 &
Nebenwirkungen: orthostatische Regulationsstörung (einschleichen), Tachykardie, Übelkeit Kontraindikationen: Schwangerschaft, Kinder < 12 Jahre
Checkliste Hahn ´ Seite 284
17.21 Arterielle Hypertonie ä
Zentrale Sympatholytika: Tab. 107.
Tabelle 107
Zentrale Sympatholytika
Freinamen
Handelsnamen (z. B.)
Dosierung
Clonidin
Catapresan 75|150|300 g/Tbl. 250 g/Kps. (Perlongette) 150 g/Amp.
2 1 Tbl./d oder 1 Kps./d (75 ± 600 g/d) Dosierung bei hypertensiver Krise: S. 286
Moxonidin Physiotens, Cynt 0,2|0,4 mg/Tbl. 1 Tbl./d (max. 0,6 mg/d) Indikationen: arterielle Hypertonie Nebenwirkungen: Rebound-Phänomen (ausschleichen), Bradykardie (nicht mit Betablocker kombinieren), Mundtrockenheit, Sedierung, Obstipation, Depression u. a. Kontraindikationen: Sick-Sinus-Syndrom, Schwangerschaft
ä
Arterioläre Vasodilatatoren: Tab. 108.
Tabelle 108
Arterioläre Vasodilatatoren
Freinamen
Handelsnamen (z. B.)
Dosierung
Dihydralazin
Nepresol 25|50 mg/Tbl. ± 25 mg/Amp.
2(3) ± 1 Tbl./d (25 ± 100 mg/d) Dosierung bei hypertensiver Krise: S. 286
285
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Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
CM
Indikation: arterielle Hypertonie Nebenwirkungen: reflektorische Tachykardie, evtl. Auslösung einer Angina pectoris (deshalb mit Betablocker kombinieren), Kopfschmerzen, Übelkeit, reversibler Lupus erythematodes bei Dosen > 100 mg/d Kontraindikationen: koronare Herzkrankheit Minoxidil
Lonolox 2,5|10 mg/Tbl.
1 ± 2 ± 2 Tbl./d (5 ± 40 mg/d)
Indikation nur bei sehr schwerer, nicht anders einzustellender Hypertonie. Nebenwirkungen: Wasserretention, reflektorische Tachykardie (mit Diuretikum und Betablocker kombinieren), häufig Hypertrichose, Perikardergüsse.
& 17 &
Kontraindikationen: koronare Herzkrankheit, Herzinsuffizienz, Stillzeit
Checkliste Hahn ´ Seite 285
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
286
CM
YB
17.21 Arterielle Hypertonie Tabelle 109
Stufenschema der medikamentösen Hypertoniebehandlung
Leichte Hypertonie
Mittelschwere Hypertonie Schwere Hypertonie
Monotherapie mit:
Kombinationstherapie von
Kombinationstherapie von
± ± ± ± ±
± Diuretikum + b-Blocker oder Ca++-Antagonist oder ACE-Hemmer oder Alpha1-Rezeptor-Blocker
Diuretikum + b-Blocker oder Clonidin + Ca++-Antagonist oder ACE-Hemmer oder Dihydralazin oder Alpha1-Rezeptor-Blocker
b-Blocker Diuretikum Ca++-Antagonist ACE-Hemmer Alpha1-RezeptorBlocker
± Ca++-Antagonist + b-Blocker oder ACE-Hemmer
Keine Kombination von b-Blocker und Ca++-Antagonisten vom Verapamiltyp Auswahl der Antihypertensiva nach der Begleitkrankheit: Herzinsuffizienz: Diuretika, ACE-Hemmer, AT1-Antagonisten, kein Verapamil KHK: b-Blocker, Kalziumantagonisten und ACE-Hemmer. Kein Dihydralazin Diabetes mellitus: ACE-Hemmer, Kalziumantagonisten (= stoffwechselneutral) Obstruktive Ventilationsstörung: keine b-Blocker Hyperurikämie: möglichst keine Diuretika Niereninsuffizienz: keine K+-sparenden Diuretika Arterielle Verschluûkrankheit: keine b-Blocker (auûer mit vasodilatat. Wirkung) Schwangerschaftshypertonie: S. 121
Tabelle 110
Therapie der hypertensiven Krise
& 17 &
ambulant: ± Nifedipin (Adalat 5 oder 10 mg/Kps.) zerbeiûen oder Nitrendipin (Bayotensin 5 mg Phiole) auf die Zunge träufeln (Wiederholung ggf. nach 15 Min.) und/oder Nitroglycerin (z. B. Nitrolingual) 2 Hübe oder 1 Kps. s. l. stationär: ± intensivmedizinische Überwachung mit engmaschigen RR-Kontrollen ± ggf. Behandlung eines Lungenödems (S. 672) ± Urapidil (Ebrantil 25 mg/Amp.) 1 Amp. langsam i. v. oder Clonidin (Catapresan 75 g/Amp.) 1 Amp. langsam i. v. (ggf. Wiederholung) ± bei Nichtansprechen Dihydralazin (Nepresol 25 mg/Amp.) Amp. langsam i. v., ggf. Wiederholung nach 20 Min. mit Amp. usw. ± bei Ansprechen auf ein Medikament Weiterbehandlung mit Perfusor z. B. Nifedipin-, Urapidil-, Clonidin- und Dihydralazin-Perfusor: S. 665 ± Ultima ratio bei therapierefraktärer hypertensiver Krise: Nitroprussid-Na+ (nipruss 60 mg/Amp. lichtempfindlich) mit 0,02 mg/min (entsprechend 1 ml/h bei 60 mg/50 ml-Perfusor) beginnen und Titrierung nach RR (2-minütlich messen). Ab 0,15 mg/min zusätzlich 10fache Menge/min Natriumthiosulfat 10 % (sonst Gefahr einer Thiocyanatvergiftung) ± Vorgehen bei V. a. Phäochromozytom: S. 514
Checkliste Hahn ´ Seite 286
17.22 Hypotonie und orthostatische Dysregulation Definition ä ä
Hypotonie: symptomatische Blutdruckerniedrigung auf < 100 mmHg systolisch. Orthostatische Dysregulation: symptomatischer Blutdruckabfall (durch Versacken des Blutes in die abhängigen Körperabschnitte) im Stehen oder beim Übergang vom Liegen zum Stehen bei sonst hypo-, normo- oder hypertonen Werten.
Ursachen ä
ä
ä
Essentielle Form (am häufigsten): Ursache unbekannt, bevorzugt sind jüngere Frauen und Personen mit asthenisch-leptosomem Konstitutionstyp betroffen, begünstigend sind längere Immobilisation und Infekte. Sekundär: ± Hypovolämie, Blutverluste ± Medikamente: Diuretika, Vasodilatanzien, Sedativa u. a. ± kardiovaskulär: Aortenstenose, Herzinsuffizienz, Lungenembolie ± endokrin: z. B. Hypothyreose, Morbus Addison (S. 509) ± orthostatische Dysregulation bei ausgeprägter Varikosis. Orthostatische Dysregulation bei autonomen Neuropathien: ± primär (sehr selten): Shy-Drager-Syndrom (systemische Atrophie des ZNS), Bradbury-Eggleston-Syndrom (keine ZNS-Atrophie) ± sekundär: z. B. diabetische autonome Polyneuropathie, alkoholtoxische Polyneuropathie.
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YB
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
CM
Klinik ä ä ä ä
Leistungsschwäche, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Schwindel. Frösteln, kalte Hände und Füûe. Beim Aufstehen aus dem Sitzen oder Liegen Herzklopfen, Herzstechen, Schwarzwerden vor den Augen. Synkopen.
ä ä ä ä ä
Anamnese: insbesondere Medikamente und Vorerkrankungen. Befund: Konstitution, Varikosis, Ödeme, Auskulation (Aortenstenose, Herzinsuffizienz?), neurologischer Status. Labor: mindestens Blutbild, Blutzucker, Kreatinin, Elektrolyte, TSH-basal. Diagnostisches Vorgehen bei unklaren Synkopen: S. 208. Schellong-Test: RR- und Pulsmessungen 2-minütlich, 10 Minuten im Liegen, danach 10 Min. im Stehen. Pathologisch: im Stehen RR-Abfall > 20 mmHg systolisch. Nach dem diastolischen Blutdruck- und Pulsverhalten im Stehen können 3 verschiedene Formen der orthostatischen Dysregulation unterschieden werden (Abb. 77): ± sympathikotone Form (am häufigsten): Anstieg der Pulsfrequenz > 16/min ± hyposympathikotone Form: geringer oder fehlender Pulsfrequenzanstieg ± asympathikotone Form: Abfall von Pulsfrequenz und diastolischem Blutdruck v. a. bei autonomen Neuropathien (s. o.).
Checkliste Hahn ´ Seite 287
& 17 &
Diagnostik
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
288
CM
17.22 Hypotonie und orthostatische Dysregulation
RR systolisch
RR systolisch
RR systolisch
Puls RR diastolisch
Puls RR diastolisch
Puls RR diastolisch
Liegen
Stehen
sympathikotone Form
Abb. 77 ä
Liegen
Stehen
Liegen
Stehen
hyposympathikotone Form asympathikotone Form
Schellong-Test
Bei asympathikotoner Form umfassende neurologische Diagnostik und Durchführung spezieller Funktionstests (z. B. Handgrip-Test, Herzfrequenzvariabilität, pharmakologische Barorezeptorsensitivitätsprüfung).
Therapie ä ä
ä
& 17 &
YB
Sekundäre Hypotonie: kausal, Medikation überprüfen. Essentielle Hypotonie: Therapie nur bei Symptomatik. ± Basistherapie: · ausreichende Flüssigkeits- und NaCl-Zufuhr · regelmäûige körperliche Bewegung, Hydrotherapie (kalt duschen etc.). · langsame Lagewechsel · nächtliche Oberkörperhochlagerung (soweit toleriert ca. 20 ± 45 ), dadurch Abnahme der nächtlichen Na+- und Urinausscheidung ± Medikamente (bei fortbestehender Symptomatik trotz Basistherapie): · Dihydroergotamin (z. B. Dihydergot 1 mg/Tbl. 3 1 ± 2/d, 2,5 mg ret. Tbl. 2 1/d): Mittel der Wahl bei sympathikotoner orthostatischer Dysregulation. Nebenwirkungen: Übelkeit, Vasospasmen. Kontraindikationen: Schwangerschaft, periphere AVK, KHK · Sympathomimetika, z. B. Etilefrin (z. B. Effortil 25 mg Perlongetten 1 ± 2 1/d): Mittel der Wahl bei hypo- und asympathikotoner orthostatischer Dysregulation. Nebenwirkungen: Tachykardie, Herzrhythmusstörungen, bei koronarer Herzkrankheit Angina pectoris. Kontraindikationen: sympathikotone orthostatische Dysregulation, KHK, Herzrhythmusstörungen, Prostatavergröûerung, Hyperthyreose, Glaukom, Schwangerschaft. · Mineralokortikoide, z. B. Fludrocortison (z. B. Astonin H 0,1 mg Tbl.): Anwendung bei asympathikotonen Formen. Nebenwirkungen: Natriumund Wasserretention, Hypokaliämie, Ödeme, Kopfschmerzen. Therapie bei orthostatischem Kollaps oder neurokardiogener (= vasovagaler: S. 208) Synkope: ± Beine hochlagern ± ggf. Volumensubstitution ± evtl. Etilefrin (z. B. 20 Tropfen Effortil), nicht bei sympathikotoner orthostatischer Dysregulation mit ausgeprägter Tachykardie ± Prophylaxe häufiger neurokardiogener Synkopen durch Betablocker (S. 275), Ziel: unauffälliger Kipptisch-Test (S. 209) unter Betablockade.
Checkliste Hahn ´ Seite 288
17.23 Aortenaneurysma Definition ± Einteilung ä
ä
Aneurysma verum (am häufigsten): Ausweitung aller Wandschichten eines Gefäûes, abdominelle Lokalisation am häufigsten (= Bauchaortenaneurysma), in über 80 % distal der Nierenarterienabgänge gelegen. Aneurysma dissecans aortae (= Aortendissektion): Intimaeinriû splittert die Wandschichten im Mediabereich auf, so daû 2 Lumina entstehen. ± Einteilung nach De Bakey: · Typ I (50 ± 60 %): Dissektion der gesamten Aorta ascendens und descendens bis zur Bifurkation. Evtl. Einbeziehung von Visceral, Nieren- und Beckenarterien · Typ II (10 ± 20 %): Dissektion nur der Aorta ascendens · Typ III (30 ± 40 %): Dissektion nur der Aorta descendens (distal des Subklaviaabganges) ± Einteilung nach Stanford: · Typ A = De Bakey-Typ I, II (Einbeziehung der Aorta ascendens) · Typ B = De Bakey-Typ III.
Ursachen ä ä
Bauchaortenaneurysma: meist arteriosklerotisch. Seltene andere Ursachen. Aortendissektion: idiopathische Medianekrose, meist begünstigt durch eine arterielle Hypertonie, Arteriosklerose, selten Lues, Infektionen, Marfan-Syndrom.
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Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
CM
Klinik ä
ä
Bauchaortenaneurysma: oft Zufallsbefund (Sono), evtl. uncharakteristische, in den Rücken und die Beine ausstrahlende Leibschmerzen, palpabler pulsierender abdomineller Tumor. Bei gedeckter Ruptur oft Bild des akuten Abdomens, bei freier Ruptur zusätzlich Symptome des Blutungsschocks (S. 667). Aortendissektion: meist thorakaler, akut auftretender, wie ein Axthieb empfundener Schmerz, evtl. Pulsdifferenzen, Niereninsuffizienz, Schock.
Diagnostik ä ä
Bauchaortenaneurysma: Abdomensono (S. 36), -CT, Aortenangiographie. Aortendissektion: Röntgen-Thorax (Mediastinalverbreiterung), transösophageale Echokardiographie, Thorax- und Abdomen-CT oder MRT.
ä
ä
Bauchaortenaneurysma: Operation bei Ruptur (bis dahin Behandlung des Blutungsschocks: S. 667) rascher Progredienz, Symptomatik und Rupturgefahr (Durchmesser > 5 cm). Ansonsten optimale Einstellung einer arteriellen Hypertonie und regelmäûige Verlaufsuntersuchungen mit bildgebenden Verfahren (z. B. jährlich Abdomensonographie). Aortendissektion: Intensivstation, Analgesie (z. B. Morphin 5 ± 10 mg i. v.), RRSenkung auf Werte um 100 mmHg syst. (S. 286), gefäûchirurgisches Konsil. Operation bei Typ I und II bzw. A obligat (Notfall!), bei Typ B fakultativ.
Checkliste Hahn ´ Seite 289
& 17 &
Therapie
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
290
CM
YB
17.24 Periphere arterielle Verschluûkrankheit (pAVK) Definition ä
Chronische Einengung des Gefäûlumens peripherer Arterien. Am häufigsten im Bereich der Beinarterien lokalisiert.
Ursachen ä ä
Arteriosklerose und ihre Risikofaktoren: S. 253. Thrombangiitis obliterans: S. 452.
Klinik ä ä ä
Folgende Ausführungen beziehen sich auf die pAVK der unteren Extremitäten. Übertragung analog auf den Befall der oberen Extremitäten. Belastungsabhängige Schmerzen (Claudicatio intermittens), Blässe, Kältegefühl, Parästhesien, Ulzera und Nekrosen in Abhängigkeit vom Stadium. Klinische Stadieneinteilung nach Fontaine: Tab. 111.
Tabelle 111
Klinische Stadieneinteilung der AVK nach Fontaine
I
Beschwerdefreiheit
II
Claudicatio intermittens
III
Ruheschmerz im Liegen
IV
Nekrotische Veränderungen
ä
a: schmerzfreie Gehstrecke > 200 m b: schmerzfreie Gehstrecke < 200 m
Die Verschluûlokalisation (Tab. 112) bestimmt die Schmerzlokalisation, wobei auch mehrere ¹Etagenª betroffen sein können (= Mehretagentyp). Jeweils sind die distal von der Stenose liegenden Pulse nicht oder nur schwach tastbar.
Tabelle 112
Einteilung der AVK nach der Lokalisation der Gefäûstenose
Schmerzlokalisation
Lokalisation der Stenose
Gesäû, Hüfte, Oberschenkel
Aorta, A. iliaca
Typ Beckentyp
Wade
A. femoralis, A. poplitea
Oberschenkeltyp
Fuûsohle, Zehen
Unterschenkel-/Fuûarterien Peripherer Typ
Diagnostik ä ä
& 17 &
ä ä ä ä
Inspektion: Blässe, Ulzera, Gangrän. Palpation: Hauttemperatur, Pulse im Seitenvergleich. Auskultation: Stenose/Sklerosegeräusche abdominal, iliakal, Leistenbereich, Carotiden (Differentialdiagnose: von kardial fortgeleitetes Geräusch). Dopplerdruckmessungen an beiden Oberarmen, Oberschenkeln und Unterschenkeln in Ruhe und nach Belastung z. B. 20 Zehenstände (S. 42). Duplexsonographie (S. 43). Angiographie (S. 51).
Checkliste Hahn ´ Seite 290
Therapie ä ä ä ä ä ä ä
ä
Risikofaktoren beseitigen (z. B. Nikotin) bzw. behandeln (z. B. Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie, Hypercholesterinämie). Vor allem in den Stadien III und IV sorgfältige Fuûpflege (Haut fetten, passende Schuhe etc.), Verletzungen vermeiden, Beine nachts tieflagern. Thrombozytenaggregationshemmung mit ASS (100 mg/d). Im Stadium I-IIb Gehtraining (mindestens 1 Std./d) bei Schmerzen pausieren. Bei Hämatokrit > 45 % isovolämischer Aderlaû 300 ± 500 ml (langsam), Reinfusion z. B. von NaCl oder HAES 6 % (s. u.). idealer Hämatokrit: 35 ± 40 %. Bei Bildung arterieller Thrombosen: lokale Katheterlyse evtl. mit PTA (s. u.). Prüfung der Operationsindikation durch gefäûchirurgisches Konsil (Stadium II fakultativ, ab Stadium III dringlich). Verfahren z. B.: ± Perkutane transluminale Angioplastie (PTA) z. B. mit Ballonkatheter. Evtl. gleichzeitige Implantation von Stents (= endoluminale Stütze). ± Thrombendarterieektomie (TEA = Ausschälplastik) mit Patchplastik (¹Flickenª aus Venenwandmaterial oder Gefäûimplantat) oder mit Ringstripper (= Metalldraht mit Abstreifring) von endoluminal bei kurzstreckigen Verschlüssen ± Bypass-Operation: mit körpereigenem (V. saphena magna) oder synthetischem (z. B. Dacron) Material: z. B. femoropopliteal, femorocrural, Y-Prothese. Danach Antikoagulation mit Phenprocoumon (Marcumar: S. 92) ± Sympathektomie: zur Aufhebung vasokonstriktorischer Sympathikusreize, auch durch CT-gesteuerte hochprozentige Alkoholinjektion möglich ± Amputation erst nach Ausschöpfung aller anderen Therapiemöglichkeiten. Bei Kontraindikationen für eine Operation (Multimorbidität etc.) und Verschlechterung der pAVK bzw. um eine drohende Amputation aufzuschieben, konservative Therapie per Infusionsbehandlung. Möglichkeiten: ± Hämodilution mit HAES = Hydroxyaethylstärke (HAES-steril 3 % 500 ml, 6 % und 10 % 250|500 ml) · Nebenwirkungen: Allergien, Juckreiz · Kontraindikationen: dekomp. Herzinsuffizienz, Niereninsuffizienz · Dosierung: z. B. 500 ml HAES 10 % i. v. tgl. über ca. 4 Std. 10 ± 14 Tage lang ± Prostaglandine (z. B. Aloprostadil = Prostavasin 20 g/Amp.) bewirken eine Vasodilatation und eine Hemmung der Thrombozytenaggregation · Nebenwirkungen: Schmerzhafte Rötung im Bereich der infundierten Vene, Blutdruckabfall, Stenokardien, Blutbildveränderungen, neurologische Symptome, Fieber u. a. · Kontraindikationen: dekompensierte Herzinsuffizienz, koronare Herzkrankheit, schwere Herzrhythmusstörungen, Leberschädigung, schwere Bronchialobstruktion, Leberschäden, Schwangerschaft · Dosierung: ± i. a.: 10 ± 20 g Aloprostadil/50 ml NaCl 0,9 % (Perfusor) über 1 ± 2 Std. ± i. v.: 60 g Aloprostadil/250 ml NaCl 0,9 % über 3 Std. einmal täglich über 2 ± 3 (max. 4) Wochen. Dosisreduktion bei Niereninsuffizienz ± Rheologika: über deren Nutzen sind die Meinungen geteilt, z. B. · Pentoxifyllin (Trental 100|300 mg/Amp. 100 mg/Drg., 400|600 mg/Retarddrg./-tbl.), z. B. 600 mg/d oral oder 300 mg/d als Infusion i. v. Nebenwirkungen: Herzrhythmusstörungen, Hautreaktionen, gastrointestinale Beschwerden.
Checkliste Hahn ´ Seite 291
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
17.24 Periphere arterielle Verschluûkrankheit (pAVK)
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Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
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17.25 Akuter Extremitätenarterienverschluû Ursachen ä
ä
Embolien, welche zu 90 % aus der linken Herzhälfte stammen. Prädisponierend sind Vorhofflimmern, Mitralvitien, Herzinfarkt, Endokarditis und künstliche Herzklappen. In ca. 10 % Embolien aus thrombosierten arteriosklerotischen Plaques oder Aneurysmen aus dem aortoiliacalen Bereich. Seltener lokale Thrombose im Bereich eines arteriosklerotischen Plaques, iatrogen nach Gefäûpunktion oder im Rahmen von Vaskulitiden.
Klinik ä ä
Akut auftretende Beschwerden (¹Peitschenhiebª) bei Embolie, langsamere Beschwerdeentwicklung bei lokaler Thrombose. Ischämiesyndrom, typisch: 6 P: Schmerz (Pain), Blässe (Paleness), Gefühlsstörung (Paresthesia), Pulsausfall (Pulsenessless), Lähmung (Paralysis) ab etwa handbreit distal des Verschlusses sowie Schock (Prostration).
Komplikationen ä ä
Kreislaufversagen mit Schock. Gangrän distal des Verschlusses.
Diagnostik ± Differentialdiagnose ä ä
ä
Klinik, Anamnese (kardiale Vorerkrankungen s. o.), EKG (Vorhofflimmern?). Differentialdiagnose: ± Phlebothrombose (Extremität warm) ± Phlegmasia coerula dolens (Extremität maximal geschwollen, S. 295). Nur in unklaren Fällen (sonst Zeitverschwendung): Duplexsonographie und Angiographie.
Therapie ä ä ä ä ä ä
ä
& 17 &
ä
I. v.-Zugang, Infusion anhängen, 10 000 IE Heparin i. v., dann 15 ± 20 IE/kgKG/h über Perfusor. Patienten nüchtern lassen. Extremität tieflagern. Watteverband schützt vor Kälte und Wärme. Analgetika: z. B. 5 ± 10 mg Morphin oder 50 ± 100 mg Pethidin = Dolantin i. v. (Gefäû-)chirurgen informieren. Innerhalb der ersten 6 Std. Embolektomie (Alternative: lokale Fibrinolyse). Bei zu später Reperfusion (> 6 Std.) Gefahr des Tourniquet-Syndroms: Muskelödeme, Rhabdomyolyse (S. 403) mit Myoglobinurie, Hyperkaliämie, metabolischer Azidose, Schock, akutem Nierenversagen und Verbrauchskoagulopathie. Postoperativ Heparinisierung (S. 91). Wenn eine Ausschaltung der Emboliequelle nicht möglich ist: orale Antikoagulation mit Marcumar (S. 92).
Checkliste Hahn ´ Seite 292
17.26 Raynaud-Syndrom Definition ä
Rezidivierende anfallsweise auftretende Ischämiezustände meist an den Arterien der Finger (seltener der Zehen).
Ursachen ± Einteilung ä ä
Primäres Raynaud-Syndrom = Morbus Raynaud: funktionelle Vasospasmen der Digitalarterien bei Kälteexposition und Streû, meist bei jüngeren Frauen. Sekundäres Raynaud-Syndrom: Arterienverschlüsse als Folge verschiedenster Grunderkrankungen (auch ältere Patienten betroffen): ± Kollagenosen, Vaskulitiden ± hämatologische Erkrankungen: Kälteagglutinine (S. 525), Paraproteinämie, Polyzythämie ± arterielle Verschluûkrankheit: Arteriosklerose, Mikroembolien ± traumatisch: Vibrationstrauma (Preûluftarbeiter), Erfrierung, Morbus Sudeck ± Medikamente: Clonidin, Ergotamin, b-Blocker, hormonelle Antikonzeptiva ± chronische Intoxikationen: z. B. Blei, Arsen ± sonstiges: paraneoplastisch, neurologische Erkrankungen u. a.
Klinik ä
Anfallsweise auftretende Blässe, dann schmerzhafte Zyanose und Rötung: ± primäres Raynaud-Syndrom: meist 2.5. Finger (Aussparung des Daumens) symmetrisch befallen, keine trophischen Störungen. ± sekundäres Raynaud-Syndrom: asymmetrischer Befall, Finger und Zehen betroffen, Neigung zu trophischen Störungen und Nekrosen (besonders bei Thrombangiitis obliterans oder Sklerodermie).
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Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
CM
Diagnostik ä
ä ä
ä
Anamnese (v. a. Grunderkrankungen, Medikamente, Risikofaktoren), Klinik Faustschluûprobe: bei erhobenem Armen Hände innerhalb von 2 Min. 60 mal zur Faust schlieûen und wieder öffnen; bei Durchblutungsstörungen diffuse oder fleckförmige Abblassung der betroffenen Finger mit verzögerter Hyperämie beim Herabhängen der Arme. Gefäûdoppler der Fingerarterien, ggf. Handarteriographie: beim primären Raynaud-Syndrom keine organischen Veränderungen nachweisbar. Weitere Untersuchungen bei diagnostischer Unklarheit: akrale Lichtplethysmographie nach Nitrogabe, Kapillarmikroskopie (pathologische Befunde beim sekundären Raynaud-Syndrom). Suche nach der Grundkrankheit bei sekundärem Raynaud-Syndrom: z. B. BSG, Blutbild, Serum-Elektrophorese (S. 218), Rheumafaktoren, antinukleäre Antikörper, Kryoglobuline.
Therapie und Prognose ä ä
ä
Beim sekundären Raynaud-Syndrom Behandlung der Grunderkrankung. Symptomatische Therapie: Kälteschutz (Handschuhe), Verzicht auf Nikotin und auslösende Medikamente (s. o.), medikamentöse Therapie mit Nifedipin (z. B. Adalat) 10 mg im Anfall s. l., ggf. Dauertherapie mit 3 5 ± 10 mg/d. Prognose: die primäre Form verliert sich meist mit zunehmendem Alter. Checkliste Hahn ´ Seite 293
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Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
294
CM
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17.27 Thrombophlebitis Definition ä
Thrombose oberflächlicher Venen mit Entzündung.
Ursachen ä ä ä
Häufig bei vorbestehender Varikosis der Beine, begünstigt durch Immobilisation oder nach (Bagatell-)Traumen. Iatrogen durch (zu lange liegende) Venenverweilkanülen/-katheter. Sonderformen: ± Thrombophlebitis migrans: rezidivierende Thrombophlebitiden unterschiedlicher Lokalisation. Paraneoplastisches Syndrom, besonders beim Pankreasoder kleinzelligen Bronchialkarzinom ± Morbus Mondor: nach Traumen, Infekten oder idiopathisch auftretende strangförmige Thrombophlebitis. Lokalisation: seitliche Thoraxvenen, Extremitäten oder Präputium.
Klinik ä ä
Schmerzhafte Rötung und Überwärmung im Bereich der entzündeten Vene. Evtl. tastbarer thrombosierter Venenstrang.
Diagnostik ä
Klinischer Befund.
Differentialdiagnose ä ä
Phlebothrombose: Schwellung des betroffenen Extremitätenanteils (S. 295). Erysipel (= Wundrose): ± scharf abgegrenzte Rötung (Farbabb. 32), allgemeines Krankheitsgefühl, Fieber ± Ursache: Streptokokkeninfekt meist infolge kleiner Hautläsionen ± Therapie: Bettruhe, Extremität hochlagern, kalte Umschläge, Penicillin G z. B. 3 5 Mio IE i. v. oder Penicillin V 3 1,2 Mio IE p. o. für 10 Tage (S. 615).
Therapie ä ä ä ä
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ä
Keine Immobilisation, am besten laufen, längeres Stehen vermeiden, im Sitzen und nachts Bein hochlagern (bzw. Arm bei Thrombophlebitis des Armes). Kompressionsverband bzw. Stützstrümpfe. Symptomatische lokale Behandlung mit antiphlogistisch wirksamen (z. B. Voltaren-Emulgel) oder heparinhaltigen Salben . Bei Abszedierung chirurgische Eröffnung. Bei erforderlicher Immobilisation und bei Thrombophlebitis der V. saphena magna (Gefahr einer sekundären Phlebothrombose) prophylaktische low-dose Heparinisierung (S. 91) für die Dauer der Immobilisation bzw. bis zur Abheilung.
Checkliste Hahn ´ Seite 294
17.28 Phlebothrombose Definition ä ä
ä ä
Thrombose: lokalisierte intravitale Gerinnung von Blutbestandteilen in Arterien oder Venen. Phlebothrombose: Thrombose im Bereich der tiefen Venen. > 90 % der Thrombosen entstehen in den Bein-Beckenvenen und der Vena cava inferior, < 2 % in den Venen der oberen Extremität. Phlegmasia coerula dolens: Sonderform, fulminante tiefe Venenthrombose mit nachfolgend gestörter arterieller Durchblutung. Paget-von-Schroetter-Syndrom: Thrombose der V. axillaris oder V. subclavia.
Ursachen ± Epidemiologie ä
ä
ä
Virchowsche Trias: ± Gefäûwandveränderungen: · entzündlich, traumatisch · bei Paget-von-Schroetter-Syndrom z. B. auch (zu lange liegende) zentralvenöse Katheter, Infusion hypertoner Lösungen oder Zytostatika ± Veränderungen der Blutzusammensetzung (Neigung zur Thrombose infolge Hyperkoagulabilität = Thrombophilie): · erhöhte Blutviskosität bei Erhöhung des Hämatokrits oder Polyglobulie · Thrombozytosen · AT-III-Mangel: angeboren (erblich) oder erworben (z. B. Lebererkrankungen, nephrotisches Syndrom, Verbrauchskoagulopathie) · Protein C- und S-Mangel: angeboren oder erworben (Vitamin K-Mangel, Einstellungsphase der Marcumar-Therapie, Lebererkrankungen, Verbrauchskoagulopathie) · APC-Resistenz: häufige Ursache einer angeborenen Thrombophilie infolge verminderter Reaktion auf aktiviertes Protein C (APC) mit Überwiegen prokoagulatorischer Faktoren · Hyperhomocysteinämie: angeboren oder erworben (Vitamin B6, B12 sowie Folsäuremangel) · Phospholipid-Antikörper: S. 445 ± Blutströmungsverlangsamung: · Immobilisation (z. B. postoperativ, nach Schlaganfall), langes Sitzen (z. B. im Flugzeug = ¹economy-class-syndromeª) · Herzinsuffizienz · lokale Abfluûbehinderung z. B. durch Tumoren, bei Paget-von-Schroetter-Syndrom auch Halsrippe oder Daueranstrengung (z. B. Holzhacker). Begünstigend (risikopotenzierend!) wirken Östrogene (Gravidität, Kontrazeptiva etc.), Nikotingenuû, weibliches Geschlecht, höheres Lebensalter (> 50 Jahre). Jährliche Inzidenz: ca. 3/1000 Einwohner (häufige Erkrankung).
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Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
CM
ä ä
Bei flottierendem Thrombus oft nur geringe oder keine Beschwerden! Frühzeichen: ± Spannungsgefühl, ¹Muskelkaterª vor allem bei Tieflagerung der Extremität ± Waden-(Meyer-Zeichen) und Fuûsohlenkompressionsschmerz (Payr-Zeichen), Wadenschmerz bei Dorsalflexion des Fuûes (Homans-Zeichen).
Checkliste Hahn ´ Seite 295
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Klinik
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
296
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17.28 Phlebothrombose ä ä
Geschwollene, überwärmte, livide verfärbte Extremität distal der Thrombose. Phlegmasia coerula dolens: heftige Schmerzen, rasches Anschwellen. Komplikationen: Schock, Gangrän, erhöhte Lungenemboliegefahr. Hohe Letalität.
Komplikationen ä
ä
ä
Lungenembolie (S. 673): Risiko nimmt mit der Ausdehnung der Thrombose zu. Bei proximalen Beinvenenthrombosen ca. 30 ± 50 % der Patienten betroffen, bei Armvenenthrombosen < 2 %. Unter Thrombolysetherapie ist keine Senkung des Risikos zu erwarten. Postthrombotisches Syndrom (chronisch venöse Insuffizienz): Varikosis und Stauungsdermatosen (vermehrte Hautvulnerabilität, Pigmentierung) treten bei ca. 50 % der konventionell therapierten Patienten mit proximalen Beinvenenthrombosen nach ca. 10 ± 15 Jahren auf, Ulcera crures in ca. 10 %. Nach erfolgreicher Thrombolysetherapie günstigere Prognose. Thromboserezidiv.
Diagnostik ± Differentialdiagnose ä ä ä
ä ä ä
ä
Anamnese: frühere Thromboembolien, Thrombosen in der Familie, vorausgegangene Immobilisation, Grunderkrankungen, Medikamente. Klinik: unsicher, insbesondere bei stationär immobilisierten Patienten. Sonographie: Inkompressibilität der betroffenen Venen bei mäûigem externen Druck, vergröûerter Venendurchmesser, Binnenechos im Venenlumen (bei frischer Thrombose auch echofrei). Farbkodierte Duplexsonographie (Methode der Wahl): kein nachweisbarer Blutfluû in der Vene. Phlebographie: sicherster Nachweis und Ausschluû (in unklaren Fällen). Ist eine Thrombose, aber kein Risikofaktor nachgewiesen, weitere Diagnostik: ± besonders bei Erstthrombose zwischen 20. und 40. Lebensjahr, familiärer Häufung, atypischer Thromboselokalisation (z. B. Sinus-, Leber- oder Armvenen) oder Rezidivthrombosen Suche nach prokoagulatorischen Faktoren: · AT III-Bestimmung · Bestimmung von Protein C und S (vor Marcumartherapie!) · Bestimmung der APC-Resistenz (vor Heparin oder Marcumartherapie!) · Phospholipid-Antikörper-Bestimmung ± Tumorsuche: besonders unterer Gastrointestinaltrakt, Prostata, gynäkologische Untersuchung, bei Paget-von-Schroetter-Syndrom Mediastinum, Axilla und Klavikulargrube. Differentialdiagnose (wegen der drohenden Lungenembolie muû bei geringstem Verdacht primär eine Phlebothrombose ausgeschlossen werden): Thrombophlebitis (S. 294), Erysipel (S. 294), Lymphödem (S. 136).
Therapie
& 17 &
ä
Basistherapie: ± Bettruhe für 7 Tage (auûer isolierte Wadenvenenthrombose), dabei Hochlagerung der betroffenen Extremität, Stuhlregulierung ± Kompressionstherapie: Bein/Arm wickeln, später Kompressionsstrumpf nach Maû (Kontraindikationen: schwere AVK, Phlegmasia coerula dolens).
Checkliste Hahn ´ Seite 296
17.28 Phlebothrombose ä
ä
ä
Antikoagulation mit Heparin (S. 91) bis unter oraler Antikoagulation der therapeutische Quick/INR-Wert erreicht ist, Möglichkeiten: ± Therapeutische Heparinisierung: S. 91 ± Niedermolekulares = fraktioniertes Heparin: z. B. Tinzaparin = innohep 20 000 Anti-Xa IE/ml, Dosierung 175 Anti-Xa IE/kg/KG 1 mal tgl. s. c. (PTTKontrollen nicht notwendig). Orale Antikoagulation mit Marcumar (S. 92): bei fehlenden Kontraindikationen Einleitung bereits in den ersten 48 Std. (Ausnahme: posttraumatisch, perioperativ). Therapeutische Quick/INR-Werte und Behandlungsdauer: S. 94. Bei Kontraindikationen evtl. low-dose Heparinbehandlung (S. 91). Thrombolysetherapie: Ziel: Prävention des postthrombotischen Syndroms. ± Strenge Indikationsstellung, sorgfältige Risiko-Nutzen-Abwägung ± Indikationen: Mehretagenthrombose, Thrombosealter < 7 ± 10 Tage, Lebenserwartung > 10 Jahre (Erleben des postthrombotischen Syndroms?) ± Vorgehen, Risiken, Kontraindikationen: S. 95, Dosierung: Tab. 113.
Tabelle 113 bosen
Fibrinolytikadosierung bei tiefen Bein- und Beckenvenenthrom-
Präparat (alternativ)
Initialdosis
Streptokinase
250 000 IE/30 Min. 100 000 IE/h
Erhaltungsdosis
UHSK = ultrahohe Strep- 250 000 IE/30 Min 1,5 Mio IE/h über tokinasetherapie 6 h (= 9 Mio IE/d) Urokinase
Dauer bis 6 Tage bis 5 Tage
500 000 IE/20 Min. 100 000 IE/h (s. u.) bis 14 Tage
297
YB
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
CM
ä ä ä
ä
Operative Thrombektomie: häufig frühe Rethrombose, daher gesicherte (und dringende) Indikation nur bei Phlegmasia coerula dolens. Vena-cava-Schirm: Indikation bei Lungenembolien trotz adäquater oder bei kontraindizierter Antikoagulation. Therapie in der Schwangerschaft und im Wochenbett: therapeutische Heparinisierung über 7 ± 10 Tage, anschlieûend s. c. Gabe über 3 Monate bzw. 6 Wochen nach der Geburt. Rezidivprophylaxe durch Beeinflussung der Risikofaktoren: z. B. Behandlung einer Herzinsuffizienz, Absetzen von Östrogenpräparaten.
Checkliste Hahn ´ Seite 297
& 17 &
± Urokinasetherapie bei Streptokinaseunverträglichkeit oder ggf. im Anschluû an eine erfolglose Streptokinasetherapie ± Labor: mindestens 2 /d BB, Quick, PTT, TZ, Fibrinogen; Urinstatus 1 /d ± bei UHSK keine Dosisanpassung nach Laborwerten ± bei Urokinasetherapie Dosisanpassung nach Fibrinogen-Spiegel: Reduktion wenn < 50 mg/dl ± therap. Heparinisierung (PTTsoll= 1,5 ± 2,5fache Verlängerung: vgl. S. 91): · UHSK: zwischen den Therapiezyklen (nach PTT) · Urokinase: parallel zur Fibrinolysetherapie (nach PTT) ± Nebenwirkungen, Kontraindikationen und Verhalten bei Blutungen: S. 95 ± täglich Sonographie der Venen zur Therapiekontrolle ± nach Lyseerfolg: Abbruch der Fibrinolysetherapie, weitere Heparinisierung
Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
298
CM
YB
17.29 Cor pulmonale chronicum Definition ä
WHO: Hypertrophie und/oder Dilatation des rechten Ventrikels infolge von Krankheiten, die zu einer Erhöhung des pulmonalen Gefäûwiderstands führen und nicht Folgen linksventrikulärer oder angeborener Herzerkrankungen sind.
Ursachen ä
ä
Chronisches Cor pulmonale: Spätstadien der chronisch obstruktiven Bronchitis und des Lungenemphysems, rezidivierende Lungenembolien, seltener Lungenfibrosen, Vaskulitiden, Bronchiektasen, Z. n. Lungenresektion, schwere Kyphoskoliose, Schlaf-Apnoe-Syndrom, primäre pulmonale Hypertonie. (Akutes Cor pulmonale: meistens Folge einer Lungenembolie S. 673).
Klinik ä ä ä
ä
Verminderte körperliche Belastbarkeit, Belastungsdyspnoe, Ruhetachykardie. Bei Dekompensation: Halsvenenstauung, vergröûerte, druckschmerzhafte Leber, positiver hepatojugulärer Reflux, Beinödeme, Pleuraergüsse, Aszites. Auskultation: fixierte Spaltung des 2. Herztons mit betontem Pulmonalklappenschluûton, bei rechtsventrikulärer Dilatation Geräuschphänomene der relativen Pulmonal- und Trikuspidalklappeninsuffizienz (S. 239). Klinische Stadieneinteilung: vgl. NYHA-Stadien der Herzinsuffizienz S. 245.
Diagnostik ä ä ä ä
ä
ä ä
Anamnese (Grunderkrankung?), Klinik. EKG: chronische Rechtsbelastungszeichen (S. 245), evtl. Rhythmusstörungen. Lungenfunktion: evtl. Hinweise für die Grunderkrankung. Röntgen-Thorax: erweiterte zentrale, enge periphere Lungenarterien dadurch ¹Kalibersprungª und ¹helleª periphere Lungenabschnitte, prominenter Pulmonalisbogen, Verbreiterung des Herzschattens, in der Seitaufnahme Einengung des Retrosternalraumes durch den vergröûerten rechten Ventrikel. Echokardiographie: Ausschluû einer sekundären Rechtsbelastung (z. B. bei Mitralstenose), Nachweis einer Hypertrophie und/oder Dilatation des rechten Ventrikels, Einschätzung der pulmonalen Hypertonie: S. 239. Rechtsherzkatheter: ermöglicht direkte Druckmessungen, bei primär pulmonaler Krankheit in der Regel nicht erforderlich. Lungenperfusionszintigraphie (bei sonst ungeklärter pulmonaler Hypertonie): Ausschluû rezidivierender Lungenembolien. Dabei Vergleich mit Röntgen-Thorax-Bild oder Ventilationsszintigraphie.
Therapie ± Prognose
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ä ä ä
ä
Behandlung der Grundkrankheit, z. B. Therapie einer Bronchialobstruktion, bei rezidivierenden Lungenembolien orale Antikoagulation mit Marcumar (S. 92). Bei chronischer Hypoxie evtl. O2-Langzeittherapie (S. 311). Bei Dekompensation Herzinsuffizienztherapie mit Diuretika (S. 249). Bei Hk > 50 % Aderlaû (300 ± 500 ml). Wegen Hypoxämie möglichst kein Digitalis. Evtl. Nitrate: senken Vorlast und, soweit reversibel, pulmonalarteriellen Druck. Prognose abhängig von: Grunderkrankung und deren adäquater Therapie, pulmonalarterieller Druckerhöhung, Ausmaû der Rechtsherzdekompensation. Checkliste Hahn ´ Seite 298
18.1 Hyperventilationssyndrom Definition ä
Symptomenkomplex, der auf einer durch inadäquat verstärkte Atmung ausgelösten Hypokapnie (= verminderter arterieller CO2-Partialdruck) beruht.
Ursachen ä
ä
ä
Gemeinsam ist das Abatmen von CO2, was zur respiratorischen Alkalose und zu einem Mangel an ionisiertem Ca++ führt. Folgen: gesteigerte neuromuskuläre Erregbarkeit bis zur Hyperventilationstetanie (s. u.), ¾nderung der regionalen Durchblutung (z. B. Hirn, Haut, Koronarien), Tachykardie und Blutdruckabfall. Psychogen (am häufigsten, w > m): akute psychische Belastungssituationen (z. B. Aufregung, Angst) oder rezidivierend bei neurotischer Persönlichkeitsstruktur oft mit anderen funktionellen Beschwerden (z. B. Dyspepsie) kombiniert. Hyperventil ationinfolgeorganischerKrankheit en (führen in der Regel nicht zu den klinischen Symptomen des Hyperventilationssyndroms): neurologische Erkrankungen mit Stimulation des Atemzentrums (z. B. Tumoren, Enzephalitis), Intoxikationen (Salizylate, Nitroglycerin, CO etc.), Fieber, Lungenembolie, Asthma bronchiale, Pneumothorax, Anämie, Linksherzinsuffizienz, Diabetes mellitus, Urämie, Hypoxie u. a.
299
YB
Erkrankungen der Atmungsorgane
CM
Klinik ä
In Abhängigkeit von der Dauer und Intensität der Hyperventilation: Parästhesien (z. B. Kribbeln in den Akren und perioral), Nervosität, Schwindel, Kopfschmerzen, Stenokardien, Palpitationen, Atemnot, Meteorismus (Aerophagie), Kollaps, Pfötchenstellung der Hände, passagere Bewuûtlosigkeit, generalisierte Krämpfe (= Hyperventilationstetanie).
Diagnostik ± Differentialdiagnose ä ä ä ä
Anamnese (besonders Vorerkrankungen, Medikamente, auslösende Ursachen, soziale Anamnese) und Klinik. Blutgasanalyse: CO2 erniedrigt, pH erhöht (S. 35), oft bei einer stationären Aufnahme bereits normalisierte Werte. Ausschluû einer organischen Ursache der Hyperventilation (s. o.). Differentia ldiagnose : ± kardiale Erkrankungen: KHK, Mitralklappenprolaps, Herzrhythmusstörungen ± pulmonale Erkrankungen: besonders Asthma bronchiale ± zerebrales Krampfleiden.
ä ä ä
Bei somatischer Genese Therapie der Grundkrankheit. Bei Hyperventilationstetanie 5 ± 10 mg Diazepam (z. B. Valium 10 mg/Amp.) langsam i. v. Bei rezidivierender Hyperventilation psychogener Genese ausführliche Aufklärung des Patienten über die Harmlosigkeit der Beschwerden und über die Möglichkeit der Selbsthilfe (Plastikbeutel-Rückatmung, Entspannungsübungen etc.). Ggf. psychotherapeutische Behandlung. Checkliste Hahn ´ Seite 299
& 18 &
Therapie
Erkrankungen der Atmungsorgane
300
CM
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18.2 Schlafapnoesyndrom Definition ä
Symptome, infolge einer schlafbezogenen Atemstörung (SBAS). Apnoe: Atempausen länger als 10 Sek. Schlafapnoeindex: Anzahl der Apnoen pro Stunde Schlaf; pathologisch > 10/h, wobei Atempausen während des Einschlafens sowie im REM-Schlaf (physiologisch) nicht zählen.
Ursachen ± Epidemiologie ä
ä
ä
ä
SBAS mit Obstruktion der oberen Atemwege: Tonusverlust der Pharynxmuskulatur im Schlaf führt zu einer Obstruktion der oberen Atemwege entweder partiell (= obstruktives Schnarchen) oder komplett (= obstruktive Apnoe). Begünstigend sind obstruierende Erkrankungen des Nasenrachenraumes: Nasenpolypen, Septumdeviation, Tonsillenhyperplasie, Makroglossie u. a. SBAS ohne Obstruktion der oberen Atemwege: Störung des zentralen Atemantriebs (selten) oder alveoläre Hypoventilation bei chronischen Herz- und Lungenkrankheiten oder neuromuskulären Erkrankungen. Gemischtes Schlafapnoesyndrom: häufigste Form (90 %), bei der beide genannten Ursachen zur schlafbezogenen Atemstörung führen, prädisponierend hierbei sind Adipositas, Alkoholgenuû und Sedativa. Prävalenz: ca. 1 ± 2 % der Bevölkerung, meist Männer zwischen 40 ± 60 Jahren.
Klinik ä ä ä ä
Leitsymptome: starkes,unregelmäûiges Schnarchen, Einschlafneigung am Tag. Beobachtung nächtlicher Atempausen durch den Partner, unruhiger Schlaf. Morgendliche Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen und Mundtrockenheit. Nachlassen der geistigen Leistungsfähigkeit, Impotenz, Depressionen. Komplikationen: nächtliche Herzrhythmusstörungen, arterielle Hypertonie, Herzinsuffizienz, respiratorische Globalinsuffizienz (S. 35) mit pulmonaler Hypertonie und Cor pulmonale.
Diagnostik ä ä
ä ä
Anamnese einschlieûlich Partnerbefragung. Screening: ambulantes Schlafmonitoring, dabei nächtliche Registrierung von Schnarchgeräusch, Herzfrequenz, Atemfrequenz, O2-Sättigung. Indikationen zum Screening sind die o. g. Symptome bei sonst unklarer Ursache. Bei Hinweisen für Obstruktion HNO-ärztliche Untersuchung. Polysomnographische Langzeitmessung im Schlaflabor (bei positivem Screeningtest): zusätzlich EEG, EOG (Elektrookulogramm), Langzeit-EKG, nasaler Atemstrom u. a.
Therapie ± Prognose
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ä ä ä ä ä
Ggf. Gewichtsreduktion, kein Alkohol, keine Sedativa, regelmäûiger Schlafrhythmus, Schlafen in Seitenlage. Behandlungsversuch mit Theophyllin (S. 308) 200 ± 500 mg abends. Bei Erfolglosigkeit der o. g. Maûnahmen Einstellung auf eine nächtliche nasale CPAP-Maskenbeatmung (S. 659) im Schlaflabor. Bei obstruktivem Schlafapnoesyndrom evtl. operative Sanierung. Prognose: bei unbehandelten Patienten mit Apnoeindex > 20/h deutlich erhöhte Mortalität (10-Jahres-Mortalitätsrate ca. 40 ± 50 %). Checkliste Hahn ´ Seite 300
18.3 Akute Bronchitis Definition ä
Akute Entzündung der Bronchien, häufig mit begleitender Entzündung der Luftröhre (Tracheo-Bronchitis) und des Kehlkopfes (Laryngo-Tracheo-Bronchitis).
Ursachen ä
ä ä ä ä ä
¹Erkältungª meist als Folge einer Tröpfcheninfektion mit Adeno-, Myxo-, Echound Rhinoviren. Bakterien häufig bei sekundärer Infektion: Staphylo-, Strepto-, Pneumokokken, Hämophilus influenzae u. a. Im Zusammenhang mit anderen Infektionskrankheiten: z. B. Influenza, Masern, Scharlach, Typhus, Diphtherie. Pilzbronchitis: sehr selten, nur bei Abwehrschwäche (z. B. immunsuppressive Therapie). Chemische Reize: z. B. Reizgas- oder Rauchinhalation. Stauungsbronchitis bei Linksherzinsuffizienz. Als Exazerbation einer chronischen Bronchitis.
Klinik ä ä ä
301
YB
Erkrankungen der Atmungsorgane
CM
Husten mit Auswurf (bei bakterieller Superinfektion eitrig). Allgemeine Infektionszeichen: Frösteln, Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen. Bei Reizgasinhalation Gefahr des toxischen Lungenödems (Klinik: S. 672).
Diagnostik ä ä
ä ä
Klinik. Labor (fakultativ): für einen Virusinfekt sprechen eine Leukopenie oder geringe Leukozytose ohne Linksverschiebung, für einen bakteriellen Infekt eine stärkere Leukozytose mit Linksverschiebung und eine deutlich erhöhte BSG. Bakteriologische Sputumuntersuchung (S. 18): bei V. a. bakterielle Infektion. Röntgen-Thorax: bei V. a. Pneumonie.
ä
ä
ä ä
ä
Bei viraler Bronchitis symptomatisch: ± körperliche Schonung, Inhalationen (z. B. mit NaCl 0,9 %) ± Mukolytika z. B. Acetylcystein (z. B. ACC, Bromuc, Fluimucil) 2 ± 3 200 mg/d., Sekretolytika z. B. Ambroxol (z. B. Mucosolvan) 2 ± 3 75 mg/d ± Antitussiva z. B. Dihydrocodein (Paracodin Tr. 20 = 10 mg) 10 mg zur Nacht (nicht gleichzeitig mit Mukolytika kombinieren). Bei bakterieller Superinfektion oder Gefahr einer Pneumonie insbesondere bei Patienten mit obstruktiven Lungenkrankheiten oder Polymorbidität antibiotische Therapie z. B. mit Doxycyclin (S. 617). Pilzbronchitis: S. 609. Bei Reizgas- oder Rauchinhalation inhalierbare Kortikosteroide (z. B. Pulmicort 4 Hübe alle 30 Min. bis zum Abklingen der Symptome), stationäre Überwachung. Bei Stauungsbronchitis Behandlung der Herzinsuffizienz (S. 247).
Checkliste Hahn ´ Seite 301
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Therapie
Erkrankungen der Atmungsorgane
302
CM
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18.4 Bronchiektasen Definition ä
Irreversible sackförmige oder zylindrische Erweiterungen der Bronchien.
Ursachen ± Epidemiologie ä ä ä
Erworben (ca. 75 %): chronische Bronchitis, rezidivierende Pneumonien, Tbc, nach Fremdkörperaspiration, tumoröse Stenosen der Atemwege u. a. Angeboren (ca. 25 %): zylindrische Bronchiektasen durch gestörte Differenzierung der Bronchien, gestörte mukoziliäre Funktion z. B. bei Mukoviszidose. Prävalenz: 100 ± 200 Fälle pro 100 000 Einwohner, rückläufige Tendenz.
Klinik ä ä ä ä ä
Husten mit ¹maulvollemª übelriechendem Sputum insbesondere morgens. Rezidivierende bronchopulmonale Infekte. Auskultatorisch lokalisierte grobblasige Nebengeräusche über der Lunge. Rezidivierende Hämoptysen, dreischichtiges Sputum: Schleim ± Eiter ± Blut. Zeichen einer chronischen Hypoxie: Zyanose, Trommelschlegelfinger, Uhrglasnägel.
Diagnostik ä ä
ä ä
Klinik. Labor: ± bakteriologische Untersuchung des Sputums mit Antibiogramm (S. 18) ± Blutgasanalyse: respiratorische Partialinsuffizienz (S. 35) ± quantitative Immunglobulinbestimmung (Antikörpermangelsyndrom?). Röntgen-Thorax in 2 Ebenen: evtl. Ringschatten sichtbar. Bronchographie (im symptomfreien Intervall) oder hochauflösendes Computertomogramm des Thorax (HR-CT): Ausdehnung?, Schweregrad?
Therapie ä
ä ä ä
Allgemein: morgendliche Drainagelagerung (Knie-Ellenbogenlage) und vollständiges Abhusten des Sputums, zusätzlich Klopfmassage und Atemgymnastik. Antibiotische Behandlung nach Antibiogramm bei Exazerbation. Bei Bronchospastik Therapie wie bei obstruktiver Bronchitis (S. 304). Operative Therapie bei auf ein Segment oder Lappen begrenzten Bronchiektasen und Alter < 50 Jahre oder bei lebensbedrohlicher Lungenblutung.
Komplikationen ä
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Entwicklung einer chronisch obstruktiven Bronchitis (S. 303). Chronische Rechtsherzinsuffizienz (S. 298). Lebensbedrohliche Lungenblutung. Lungenabszeû (evtl. mit septischen Metastasen). Amyloidose (S. 461).
Checkliste Hahn ´ Seite 302
18.5 Chronische Bronchitis Definition ä ä
Nach WHO: Husten und Auswurf während mindestens 3 Monaten/Jahr in mindestens 2 aufeinanderfolgenden Jahren. Chronisch obstruktive Bronchitis: chronische Bronchitis mit Bronchialobstruktion (COLD = chronic obstructive lung disease).
Ursachen ± Epidemiologie ä ä ä ä
Inhalationsnoxen: am häufigsten Zigarettenrauch. Rezidivierende Atemwegsinfekte. Endogen: primäre Störung der mukoziliären Clearance, Antikörpermangelsyndrom (IgA- und IgG-Mangel). Prävalenz: in Mitteleuropa ca. 10 % der Erwachsenen, bei Rauchern wesentlich höher. Verhältnis Männer : Frauen = 3 : 1, häufigste Atemwegserkrankung.
Klinik ä ä ä ä ä
Husten und Auswurf (überwiegend morgens, ¹Raucherhustenª), eitriger Auswurf bei bakterieller Superinfektion. Belastungsdyspnoe, bei schwerer Exazerbation einer obstruktiven Bronchitis auch Ruhedyspnoe. Auskultatorisch meist trockene, bei gröûeren Sekretmengen auch feuchte RG, bei Obstruktion verlängertes Exspirium mit Giemen und Brummen. Rezidivierende bronchopulmonale Infekte. Komplikationen: im fortgeschrittenen Stadium Lungenemphysem (S. 310), Cor pulmonale mit Rechtsherzinsuffizienzzeichen (S. 244) und Zeichen der chronischen Hypoxie (Zyanose, Trommelschlegelfinger, Uhrglasnägel).
303
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Erkrankungen der Atmungsorgane
CM
ä ä
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Anamnese (besonders Dauer und Häufigkeit der Beschwerden, Nikotinabusus?), Befund. Lungenfunktion (S. 33): ± Chronische nicht obstruktive Bronchitis: FEV1 normal. ± Chronisch obstruktive Bronchitis: FEV1 erniedrigt, weitere Differenzierung durch Bronchospasmolysetest (S. 34) in reversible (asthmatische Komponente) und irreversible Obstruktion. Röntgen-Thorax: Ausschluû anderer Erkrankungen, Nachweis von Komplikationen (s. o.). Labor: ± unspezifisch: evtl. sekundäre Polyglobulie, Leukozytose, BSG-Erhöhung ± Blutgasanalyse: Ausmaû der respiratorische Insuffizienz (S. 35) ± Bei V. a. Antikörpermangelsyndrom quantitative Immunglobulinbestimmung. Bakteriologische Sputumuntersuchung mit Antibiogramm (S. 18): als Routinemaûnahme aufgrund der niedrigen Spezifität und Sensitivität nicht erforderlich. Evtl. bronchoskopische Sekretentnahme bei Nichtansprechen auf antibiotische Therapie.
Checkliste Hahn ´ Seite 303
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Diagnostik
Erkrankungen der Atmungsorgane
304
CM
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18.5 Chronische Bronchitis ä
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Bei rezidivierenden Infekten Ausschluû eines sinobronchialen Syndroms mit chronischer Sinusitis: Röntgen-Nasennebenhöhlen, HNO-ärztliche Untersuchung. Bronchoskopie bei unklarem Thoraxbefund oder Hämoptoe (Tumor?).
Therapie ä ä
ä ä
ä ä
Nikotinkarenz, Meidung anderer auslösender Noxen (ggf. Arbeitsplatzwechsel). Bei bakterieller Infektexazerbation (eitriges Sputum) antibiotische Behandlung nach Sputumentnahme zur mikrobiologischen Diagnostik. Bis zum Erhalt des Ergebnisses breit wirkendes Antibiotikum z. B. Makrolide (S. 618) oder Amoxicillin (z. B. Amoxypen), oder Amoxicillin/Clavulansäure (z. B. Augmentan) oder Ampicillin/Sulbactam (z. B. Unacid) oder Chinolone (z. B. Tarivid, Ciprobay) Dosierung, Nebenwirkungen: S. 613ff. Sanierung der Nasennebenhöhlen bei sinobronchialem Syndrom. Expektoranzien (Wert umstritten) bei zähem Schleim, der nur mit Mühe abgehustet werden kann: Sekretolytika (z. B. Ambroxol) und Mukolytika (z. B. Acetylcystein) in Kombination mit reichlich Flüssigkeit (Handelsnamen: S. 301). Inhalationen (z. B. mit NaCl 0,9 %) und/oder Klopfmassagen zur Erleichterung des Abhustens. Medikamentöse Langzeitbehandlung bei Obstruktion: Tab. 114.
Tabelle 114 Stufenplan für die medikamentöse Langzeittherapie der chronisch obstruktiven Bronchitis b2-Sympathomimetika (möglichst inhalativ, ggf. oral) oder/ggf. kombiniert mit Parasympatholytika bei ungenügender Besserung zusätzlich Theophyllin-Retardpräparat bei ungenügender Besserung zusätzlich orale Glukokortikoide: ± bei Besserung: stufenweise Dosisreduktion, dann möglichst Übergang auf inhalierbare Glukokortikoide ± bei fehlender Besserung: absetzen Präparate, Dosierungen, Nebenwirkungen und Kontraindikationen: S. 306ff
Prognose
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Ungünstige Prognosefaktoren: fortgeschrittene, im Bronchospasmolysetest irreversible Obstruktion, fortgesetzter Nikotinabusus, manifestes Cor pulmonale.
Checkliste Hahn ´ Seite 304
18.6 Asthma bronchiale Definition ä
Anfallsweise auftretende Atemnot auf dem Boden einer variablen bzw. reversiblen Atemwegsobstruktion infolge eines hyperreagiblen Bronchialsystems.
Ursachen ± Epidemiologie ä
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Extrinsic- oder allergisches Asthma: allergische Reaktion (z. B. gegen Pollen, Mehlstaub oder Hausstaubmilben) meist vom IgE-vermittelten Soforttyp. Häufig betroffen sind Atopiker (vgl. S. 457) mit genetischer Dispostion. Häufigste Form in der Jugend. Intrinsic- oder nichtallergisches Asthma: Asthma durch unspezifische Reize, welche aber auch beim Extrinsic-Asthma zu einem Asthmaanfall führen können: Infekte, psychische und physische Belastung, Kälte, verschmutzte Luft, Medikamente (z. B. Diclofenac, ASS) infolge einer pseudoallergischen Reaktion. In der zweiten Lebenshälfte ist das Infektasthma am häufigsten. Prävalenz: in Mitteleuropa ca. 5 % der Erwachsenen, Tendenz eher zunehmend. Verhältnis Männer : Frauen = 2 : 1.
305
YB
Erkrankungen der Atmungsorgane
CM
Klinik ä ä ä ä ä ä
Im Intervall häufig völlige Beschwerdefreiheit. Anfallsweise auftretende Atemnot, häufig nachts und frühmorgens. Dyspnoe bis Orthopnoe je nach Schweregrad. Exspiratorischer Stridor, auskultatorisch Giemen und Brummen. Husten mit zähem, glasigem, bei Infekt eitrigem Auswurf. Tachykardie.
ä
ä
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Anamnese (v. a. Verlauf, Allergien, Familienanamnese) und klinischer Befund sind am wichtigsten, nachfolgende Untersuchungen dienen zur Diagnosebestätigung und zur Ermittlung der Ursache sowie des Schweregrades. Lungenfunktion (S. 33): ± Nachweis der Atemwegsobstruktion (FEV1 erniedrigt), welche typischerweise beim Asthma bronchiale nach Inhalation von 2 Hüben eines b2-Sympathomimetikums (= Bronchospasmolysetest: S. 34) weitgehend reversibel ist. ± Peak Flow-Protokolle (S. 34), typisch: morgendliches Tief, groûe Variabilität der Werte, unter Therapie deutliche Besserung. ± Nachweis eines hyperreagiblen Bronchialsystems bei asymptomatischen Patienten mit normaler Lungenfunktion und anamnestischem V. a. ein Asthma bronchiale: Provokationstest (z. B. mit Metacholin). Röntgen-Thorax: Ausschluû anderer Erkrankungen, bei reinem Asthma bronchiale in der Regel unauffälliger Befund, evtl. Zeichen einer Lungenüberblähung. Allergiediagnostik (vgl. S. 457): ± Anamnese: bekannte Allergien, mögliche Auslöser, Beruf. ± Karenztest: z. B. Beschwerdefreiheit im Urlaub und am Wochenende, erneute Beschwerden bei Reexposition am Arbeitsplatz ± Hauttests: Pricktest, Intrakutantest
Checkliste Hahn ´ Seite 305
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Diagnostik
Erkrankungen der Atmungsorgane
306
CM
YB
18.6 Asthma bronchiale ± Immunologische Untersuchungen · Bestimmung von Gesamt-IgE: wenig diagnostische Bedeutung · Bestimmung spezifischer IgE-Antikörper (z. B. mit RAST = Radio-AllergoSorbent-Test) auf verdächtige Allergene (kein Screening-Test!) ± Inhalative Allergenprovokation im beschwerdefreien Intervall.
Schweregradeinteilung ä
Einteilung nach dem International Consensus Report on Diagnosis and Management of Asthma 1992: Tab. 115
Tabelle 115
Schweregradeinteilung des Asthma bronchiale
Schweregrad
Symptome ohne Therapie
Leicht
kurzdauernd, < 1 ± 2 /Woche nächtliche Symptome < 2 /Monat zwischenzeitlich Beschwerdefreiheit
Mittelschwer
Schwer
Lungenfunktion (S. 33)
PEF oder FEV1: ± > 80 % des Solls ± Variabilität < 20 % ± normal nach Bronchodilatator Exazerbationen > 1 ± 2 /Woche PEF oder FEV1: nächtliche Symptome > 2 /Monat ± 60 ± 80 % des Solls b2-Sympathomimetikum fast täglich ± Variabilität 20 ± 30 % ± normal nach Bronchoerforderlich dilatator häufige Exazerbationen PEF oder FEV1: ständige Symptome ± < 60 % des Solls häufige nächtliche Symptome ± Variabilität > 30 % körperliche Aktivität eingeschränkt ± trotz Therapie eingestationäre Asthmatherapie im Vorjahr schränkt Status asthmaticus in der Anamnese
Therapie ä ä ä ä ä ä
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Vorbeugung: Allergenkarenz, Nikotinabstinenz, ggf. Arbeitsplatzwechsel. Medikamentöse Stufentherapie: Tab. 116. Bei Hinweisen für ein Infektasthma bakterieller Genese (z. B. eitriges Sputum) antibiotische Therapie (S. 304) nach Sputumentnahme zur Erregerdiagnostik. Expektoranzien (Wert umstritten) bei zähem Schleim, der nur mit Mühe abgehustet werden kann, in Kombination mit reichlich Flüssigkeit (S. 301). Ggf. Inhalationen (z. B. mit NaCl 0,9 %) und/oder Klopfmassagen zur Erleichterung des Abhustens. Atemgymnastik, evtl. psychotherapeutische Behandlung. Bei allergischem Asthma unter speziellen Voraussetzungen (z. B. Alter < 50 Jahre, Krankheitsdauer < 5 Jahre) Hyposensibilisierungsversuch. Therapie des schweren Asthmaanfalles (¹Status asthmaticusª): S. 675.
Checkliste Hahn ´ Seite 306
18.6 Asthma bronchiale Tabelle 116
Medikamentöse Stufentherapie des Asthma bronchiale
Stufe/ Therapie Schweregrad (vgl. Tab. 115) Stufe 1: leicht
± inhalierbares kurz wirksames b2-Sympathomimetikum bei Bedarf (nicht häufiger als 3 /Woche) ± inhalierbares kurz wirksames b2-Sympathomimetikum oder DNCG vor körperlicher Belastung oder Allergenexposition
Stufe 2: mittelschwer
± inhalierbares Glukokortikoid 200 ± 500 g/d, falls nötig, Dosiserhöhung auf 750 g/d und ± inhalierbares kurz wirksames b2-Sympathomimetikum bei Bedarf (nicht häufiger als 3 ± 4 /d)
Stufe 3: mittelschwer
± inhalierbares Glukokortikoid 800 ± 1000 g/d, falls nötig, Dosiserhöhung auf > 1000 g/d und ± Theophyllin-Retardpräparat oder/und lang wirksames inhalierbares b2-Sympathomimetikum und ± inhalierbares kurz wirksames b2-Sympathomimetikum bei Bedarf (nicht häufiger als 3 ± 4 /d)
Stufe 4: schwer
± inhalierbares Glukokortikoid 800 ± 1000 g/d, falls nötig, Dosiserhöhung auf > 1000 g/d und ± Theophyllin-Retardpräparat oder/und lang wirksames inhalierbares b2-Sympathomimetikum und ± orales Glukokortikoid und ± inhalierbares kurz wirksames b2-Sympathomimetikum bei Bedarf (nicht häufiger als 3 ± 4 /d)
Inhalierbare Glukokortikoide (Tab. 117): nicht zur Anfallsprophylaxe, sondern als Dauertherapie anwenden, wobei die Wirkung oft erst nach Tagen einsetzt. Anwendung als Dosieraerosol mit Inhalationshilfe oder Diskussystem. Nebenwirkungen: Soorbefall der Mundhöhle (deshalb vor dem Essen inhalieren), Heiserkeit, bei höherer Dosis auch systemische Nebenwirkungen.
Tabelle 117
Inhalierbare Glukokortikoide (Beispiele)
Freinamen
Handelsname z. B.
Dosierung
Beclomethason Budesonid
Sanasthmax 250 g/Hub Pulmicort Dosieraerosol ± Turbohaler 200|400 g/Hub Respicort 200g/Hub Inhacort 250 g/Hub Flutide 125|250 g/Hub ± Rotadisk, Diskus 250 g/Hub
1 1 bis 2 1 ± 2 (max. 4) Hübe/d (vgl. Tab. 116)
Flunisolid Fluticason
ä
Beta2-(b2-)Sympathomimetika (Tab. 118): Anwendung möglichst als Dosieraerosol, Autohaler oder Diskussystem unter vorheriger genauer Anleitung des Patienten. Orale Präparate nur dann, wenn eine korrekte inhalative Einnahme nicht möglich ist. Checkliste Hahn ´ Seite 307
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307
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Erkrankungen der Atmungsorgane
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Erkrankungen der Atmungsorgane
308
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18.6 Asthma bronchiale ± Nebenwirkungen: Tremor, Unruhe, Kopfschmerzen, Tachykardie, Herzrhythmusstörungen, bei koronarer Herzkrankheit Angina-pectoris-Anfall ± Kontraindikationen: Tachyarrhythmie, schwere KHK, hypertrophische obstruktive Kardiomyopathie.
Tabelle 118
Beta2-Sympathomimetika (Beispiele) Inhalierbare Präparate
Freinamen Handelsname
max. Dosierung/d
Kurz wirksame (Wirkdauer 4 ± 6 h), Anwendung bei Bedarf bzw. 4 /d: Fenoterol Berotec Dosieraerosol 0,1|0,2 mg/Hub, 1,2 mg ± Inhaletten 0,2 mg/Kps. Pirbuterol Zeisin Autohaler 0,2 mg/Hub 12 Hübe Reproterol Bronchospasmin Dosieraerosol 1 mg/Hub 16 Hübe Salbutamol Sultanol Dosieraerosol 0,1 mg/Hub 12 Hübe ± Rotadisk 0,2|0,4 mg/Einzeldosis 2 mg Terbutalin Bricanyl Dosieraerosol 0,25 mg/Hub 12 Hübe Aerodur Dosieraerosol 0,5 mg/Hub 6 Hübe Lang wirksame (Wirkdauer ca. 12 h), Anwendung 2 /d: Formoterol ForadilP 12 g/Inhalations-Kps. Oxis 6|12 g/Einzeldosis Salmeterol aeromax, Serevent Dosier-A. 25 g/Hub ± Diskus 50 g/Einzeldosis Freinamen Handelsname Pirbuterol Terbutalin ä
ä
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Orale Präparate
Zeisin 10|15 mg/Tbl. Bricanyl duriles 7,5 mg/Tbl.
4 Kps. 48 g 8 Hübe 4 Einzeldosen Dosierung 3 ± 4 1 ± 1 2 1
Inhalierbare Parasympatholytika (= Anticholinergika): wirken schwächer als b2-Sympathomimetika, haben dafür deutlich weniger Nebenwirkungen (leichte Trockenheit von Mund und Nase). Verwendung als Dosieraerosol im Anfall oder zur regelmäûigen Therapie (3 1 ± 2 Hübe/d): ± Ipratropiumbromid (Atrovent 0,02 mg/Hub) ± als Kombinationspräparat Ipratropiumbromid + Fenoterol (Berodual 0,02 mg + 0,05 mg/Hub) ± Oxitropiumbromid (Ventilat 0,1 mg/Hub). Theophyllin: Indikation besonders bei schwerem Asthmaanfall und bei nächtlichen Asthmaanfällen. Zur Dauertherapie empfehlen sich Retardpräparate (s. u.). Geringe therapeutische Breite, therapeutischer Plasma-Spiegel: 8 ± 20 mg/l. ± Nebenwirkungen: Kopfschmerzen, Flush, zentrale Erregungszustände, Schlafstörungen, Herzrhythmusstörungen, Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoe, allergische Reaktionen. ± Kontraindikationen: Epilepsie, schwere Herzrhythmusstörungen, frischer Herzinfarkt u. a. ± Dosierung: mittlere Dosis/d 400 ± 800 mg, vor allem bei nächtlicher Dyspnoe 2/3 der Dosis abends. I. v.-Gabe beim schweren Asthmaanfall: S. 675.
Checkliste Hahn ´ Seite 308
18.6 Asthma bronchiale
Tabelle 119
Glukokortikoide
Freinamen
Handelsnamen (z. B.)
¾quivalenzdosis (mg)
Prednison Prednisolon Prednyliden Fluocortolon Methylprednisolon Triamcinolon Betamethason Dexamethason
Decortin Decortin H Decortilen Ultralan Urbason, Medrate Delphicort, Volon Celestan, Betnesol Fortecortin
10 10 12 10 8 8 1,5 1,5
ä
Cromoglicinsäure (DNCG, z. B. Intal Dosieraerosol 1 mg/Hub): bewirkt eine Hemmung der antigeninduzierten Mediatorfreisetzung aus der Mastzelle. Anwendung beim allergischen Asthma in der Prophylaxe. ± Nebenwirkungen: gelegentlich lokale Reizerscheinung ± Dosierung: 4 2 bis maximal 4 4 Hübe/d.
Prognose ä ä ä
Im Kindesalter v. a. bei leichtem Schweregrad Remissionen in 40 ± 60 %, bei Erwachsenen in ca. 20 % der Fälle. Ungünstige Prognosefaktoren: irreversible Lungenfunktionsstörungen, Thoraxdeformierungen, langjährige hochdosierte Glukokortikoidtherapie. Mortalität: in Deutschland ca. 5 Todesfälle/100 000 Einwohner/Jahr. Checkliste Hahn ´ Seite 309
& 18 &
ä
± Handelspräparate z. B.: Afonilum 125|250|375 mg/Kps., 10 ml/Amp.; Bronchoparat 10 ml/Amp.; Bronchoretard 100|200|350|500 mg/Kps.; Duraphyllin 150|250|400 mg/Kps.,10 ml/Amp.; Euphyllin 150|250|350 mg/ Tbl., 10 ml/Amp.; Euphylong 250|375 mg/Kps.; Solosin 135|270 mg/Tbl., 5 ml/Amp.; Uniphyllin 200|300|400|600 mg/Tbl. Die I. v.-Präparate enthalten ca. 200 mg/Amp. H2O-freies Theophyllin (auch bei ¹0,24 gª). Orale Glukokortikoide (Tab. 119): führen zu einem Abschwellen des Schleimhautödems, zu einer Verminderung der Schleimproduktion und zu einer verbesserten Ansprechbarkeit auf b2-Sypathomimetika ± Nebenwirkungen (v. a. bei Langzeittherapie und/oder nach Überschreiten der Cushingschwellendosis von 7,5 mg Prednisolonäquivalent): Verschlechterung einer diabetischen Stoffwechsellage, ulzerogene Wirkung, Myopathien, Osteoporose, Stammfettsucht, Hautatrophien, Glaukom. Bei längerer Gabe (> 3 Wochen) Gefahr der NNR-Atrophie, daher stufenweise reduzieren ± Kontraindikationen: spielen bei der Asthmabehandlung keine Rolle, da nur solange wie nötig nach Ausschöpfung der anderen therapeutischen Maûnahmen behandelt wird ± Arzneimittelinteraktionen: S. 126 ± Dosierung (schwerer Asthmaanfall: S. 675): Beginn mit 50 mg/d Prednisolon (äquivalent) über 2 Wochen, Dosisreduktion in 5 ± 10 mg-Schritten nach klinischer Symptomatik. Anfangs möglichst schnell (1 ± 3tägig) ab < 10 mg weitere Reduktion in 2,5-mg-Schritten (wöchentlich bis monatlich). Gabe morgens, nur bei nächtlicher Dyspnoe 1/3 der Tagesdosis abends ± Orale Glukokortikoid-Dauertherapie möglichst vermeiden.
309
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Erkrankungen der Atmungsorgane
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Erkrankungen der Atmungsorgane
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18.7 Lungenemphysem Definition ä
Irreversible Erweiterung der Lufträume distal der terminalen Bronchiolen.
Ursachen ± Epidemiologie ä ä
ä
Gestörte Balance von Proteasen und Antiproteasen (z. B. a1-Antitrypsin) zugunsten der Proteasen (am häufigsten infolge von Zigarettenrauchen). Sonderformen: ± Emphysem bei angeborenem a1-Proteinase-Inhibitor-Mangel (= a1-Antitrypsinmangel: S. 380) ± bullöses Lungenemphysem ± perifokales Lungenemphysem (¹Narbenemphysemª) ± progressive Lungendystrophie ± kongenitales lobäres Lungenemphysem ± einseitiges Lungenemphysem (Swyer-James-Syndrom). Häufige Erkrankung: in Deutschland Haupttodesursache in ca. 10 %.
Klinik ä ä
ä
Belastungsdyspnoe. Husten nur bei begleitender Bronchitis. Typische Emphysemzeichen (im fortgeschrittenen Stadium): Faûthorax, leises Atemgeräusch, hypersonorer Klopfschall, tiefstehende Lungengrenzen mit geringer Verschieblichkeit, leise Herztöne, horizontalerer Rippenverlauf. Komplikationen: Spontanpneumothorax, rezidivierende bronchopulmonale Infekte, gehäuftes Auftreten von Lungenembolien.
Diagnostik ä ä
ä ä
ä
Anamnese (Grunderkrankungen?, Raucher?) und Klinik. Labor (vgl. S. 303): BGA (S. 35), Serum-Elektrophorese (bei a1-Antitrypsinmangel deutlich verminderte a1-Zacke), ggf. a1-Antitrypsinbestimmung (v. a. bei Pat. < 50 Jahre). Lungenfunktion (S. 33): erniedrigtes FEV1, Erhöhung von Residualvolumen und Totalkapazität, Instabilität der Atemwege (¹Emphysemknickª). Röntgen-Thorax (Abb. 78): im fortgeschrittenen Stadium horizontaler verlaufende Rippen mit breiten Interkostalräumen, vermehrte Strahlentransparenz in den peripheren Lungenabschnitten, Bullae, tiefstehendes Zwerchfell, evtl. Zeichen eines Cor pulmonale (S. 298). Hochauflösendes Computertomogramm des Thorax (HR-CT): sensitivstes Verfahren zum Nachweis eines Lungenemphysems.
Therapie ä
& 18 &
ä ä ä ä
Zigarettenrauchen einstellen. Medikamentöse Therapie begleitender Erkrankungen: chronisch obstruktive Bronchitis (S. 304), Cor pulmonale (S. 298). Bei schwerem a1-Antitrypsinmangel evtl. wöchentliche Substitution (S. 380). Atemphysiotherapie: Training der Atemmuskulatur, spezielle Atemtechniken (z. B. Lippenbremse). Intensive antibiotische Therapie bei bronchopulmonalen Infekten.
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ä
ä
ä
Bei chronischer Hypoxie (PaO2 < 60 mmHg, Sa02 < 90 % bei wiederholten Messungen) evtl. Sauerstoff-Langzeittherapie: führt zu einer Verminderung der pulmonalen Hypertonie und wirkt damit präventiv bei der Entwicklung eines Cor pulmonale. Einleitung der Therapie unter stationären Bedingungen mit engmaschigen Blutgaskontrollen (Tendenz zur Hyperkapnie?). Durchführung über ca. 16 Std./d, mittlere Dosis 1 ± 2 l/min. Aus praktischen und wirtschaftlichen Gründen eignen sich O2-Konzentratoren am besten. Bei schwerer Hyperkapnie evtl. nasale intermittierende Heimbeatmung. Indikation zu operativen Maûnahmen überprüfen: ± therapierefraktärer Pneumothorax ± groûe Emphysemblasen (Bullektomie) ± schweres diffuses Lungenemphysem (volumenreduzierende Operationen) ± ultima ratio: Lungentransplantation. Prophylaxen: ± jährliche Grippeschutzimpfung (z. B. Begrivac, Mutagrip) ± Pneumokokkenimpfung in 5-Jahres-Abständen (z. B. Pneumovax).
Prognose ä ä ä
Prognose abhängig von der rechtzeitig einsetzenden optimalen Therapie und ggf. vom Einstellen des Zigarettenkonsums. In den fortgeschrittenen Stadien schlechte Prognose, bei einem Abfall des FEV1 auf unter 1 l sterben die meisten Pat. innerhalb der nächsten 5 Jahre. Abfall der Lungenfunktion D-FEV1: normalerweise 20 ml/Jahr, bei Pat. mit Lungenemphysem > 60 ml/Jahr.
Abb. 78
Lungenemphysem
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Erkrankungen der Atmungsorgane
18.7 Lungenemphysem
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18.8 Interstitielle Lungenerkrankungen ± Übersicht Definition ä
Chronisch entzündliche Erkrankungen, bei denen es infolge bekannter oder unbekannter Ursachen zu einer Infiltration und/oder einer Bindegewebsvermehrung (= Lungenfibrose) im Lungeninterstitium kommt.
Ursachen ä
ä
Bekannte Ursachen ± Inhalative Noxen: organische Stäube (exogen-allergische Alveolitis), anorganische Stäube (Pneumokoniosen), Gase, Dämpfe, rezidivierende Aspirationen, chronische Infektionen ± Nichtinhalative Noxen: Medikamente (z. B. Amiodaron, Bleomycin, Cyclophosphamid, Methotrexat, Azathioprin, Methysergid, Sulfonamide, Busulfan), Herbizide, ionisierende Strahlen, chronische Linksherzinsuffizienz, Schocklunge, chronische Niereninsuffizienz ± Systemkrankheiten: rheumatoide Arthritis, Kollagenosen, Vaskulitiden, Histiozytose X, Speicherkrankheiten, neuroektodermale Erkrankungen (z. B. Neurofibromatose), Sarkoidose, Mukoviszidose. Unbekannte Ursachen: idiopathische fibrosierende Alveolitis, Hamman-RichSyndrom.
Klinik ä ä ä ä ä
Unproduktiver Reizhusten. Anfangs Belastungs-, später Ruhedyspnoe, Tachypnoe. Hochstehendes, wenig verschiebliches Zwerchfell. Auskultatorisch inspiratorisches Knisterrasseln über den Lungen. Später Cor pulmonale mit Rechtsherzinsuffizienzzeichen (S. 298).
Diagnostik ä ä ä ä ä ä ä ä
Anamnese: Vorerkrankungen, Familienanamnese, Berufe, Medikamente. Auskultation. Blutgasanalyse: respiratorische Partialinsuffizienz? (S. 35). Lungenfunktion (S. 33): restriktive Ventilationsstörungen. Röntgen-Thorax: diffuse, feinstreifige, retikuläre, noduläre u. a. Verschattungen je nach Ursache, hochstehende Zwerchfelle. Labor: z. B. BSG, Rheumafaktor, antinukleäre Antikörper, ACE (S. 315), mikrobiologische Diagnostik. Allergiediagnostik: S. 457. Bronchoskopie mit bronchoalveolärer Lavage (Zytologie, Erregerdiagnostik) und transbronchialer Lungenbiopsie (S. 56).
& 18 &
Therapie ä ä ä ä
Behandlung der auslösenden Ursache oder Grundkrankheit. Bei ungeklärter Ursache Glukokortikoide, evtl. Immunsuppressiva. Behandlung einer Rechtsherzinsuffizienz (S. 298), bei chronischer Hypoxie O2Langzeittherapie (S. 311). Lungentransplantation bei fortgeschrittenen Stadien nach Ausschöpfung der konservativen Therapiemöglichkeiten. Checkliste Hahn ´ Seite 312
18.9 Exogen allergische Alveolitis Definition ä
Lungenerkrankung infolge einer allergischen Reaktion (meist Typ III, seltener Typ I und IV, vgl. S. 457) gegen organische Stäube.
Ursachen ä ä ä ä
Mikrobielle Antigene: z. B. Farmerlunge, Luftbefeuchterlunge, Champignonzüchterlunge, Käsewascherlunge. Tierische Antigene: z. B. Vogelhalterlunge, Kürschnerlunge. Pflanzen: z. B. Holzarbeiter- und Waldarbeiterlunge, Kaffeearbeiterlunge. Chemikalien: z. B. bei Chemiearbeitern.
Klinik ä ä ä ä
Akut: 4 ± 8 h nach Antigenkontakt Fieber, Husten, Dyspnoe. Chronisch: schleichender Beginn mit Husten, Leistungsschwäche und Dyspnoe. Auskultation: evtl. endinspiratorisch feinblasige RG bds. basal. Später Zeichen der chronischen Hypoxie und des Cor pulmonale (S. 298).
313
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Diagnostik ä ä ä ä ä
ä
Berufsanamnese. Labor: BSG-Beschleunigung, Leukozytose, Immunglobulin-Erhöhung (v. a. IgG und IgA), Nachweis präzipitierende Antikörper. Röntgen-Thorax: milchglasartige Trübung der Unter- und Mittelfelder, im chronischen Stadium retikuläre und feinfleckige Verschattungen. Lungenfunktion: restriktive Ventilationsstörung. Bronchoskopie mit bronchoalveolärer Lavage (S. 56), Aktivitäts- und Verlaufsbeurteilung: bei akuter Erkrankung neutrophile Granulozyten, später Lymphozytose > 50 %, dabei hoher Anteil an T-Suppressorzellen (CD8) mit erniedrigtem CD4/CD8-Quotienten (CD4 = T-Helferzellen). Nur selten erforderlich: transbronchiale Lungenbiopsie oder inhalative Provokationstests.
Therapie ä ä
Expositionsprophylaxe: z. B. Atemschutzmaske, ggf. Berufswechsel, bei V. a. Berufskrankheit Meldung an die zuständige Berufsgenossenschaft. Bei akutem Verlauf mit ausgeprägten Beschwerden Glukokortikoide, z. B. 50 mg/d Prednisolon (S. 309), nach Möglichkeit bis zur Beschwerdefreiheit, dann stufenweise Reduktion. Bei Therapieresistenz Immunsuppressiva.
ä
ä
Abhängigkeit von der Ursache, vom Ausmaû der respiratorischen Insuffizienz, vom Stadium der Lungenfibrose und von der Entwicklung eines Cor pulmonale. Günstige Prognose bei Expositionsprophylaxe in den Frühstadien.
Checkliste Hahn ´ Seite 313
& 18 &
Prognose
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18.10 Pneumokoniosen Definition ä
Lungenerkrankungen infolge Ablagerung von inhaliertem anorganischem Staub. Am bedeutensten sind die Silikose und die Asbestose.
Ursachen ä ä
Silikose: Quarzstaub (Sandstrahler, Schleifer, Gieûer, Bergleute). Asbestose: Asbestfasern (bei erheblicher Exposition z. B. in der Zementindustrie, Autoindustrie, bei der Herstellung von Isolationsmaterial).
Klinik ä ä ä ä ä
Leichte bzw. frühe Formen sind symptomlos. Allgemeine Symptome interstitieller Lungenerkrankungen: S. 312. Belastungs- später Ruhedyspnoe, Tachypnoe. Hochstehende, wenig verschiebliche Zwerchfelle. Caplan-Syndrom: Kombination von Silikose und chronischer Polyarthritis (S. 439).
Komplikationen ä ä ä
Allgemein: Infektanfälligkeit, chronisch obstruktive Bronchitis, Lungenemphysem, Cor pulmonale. Silikose: akute Silikose mit rascher Progredienz, Silikotuberkulose. Asbestose: Pleuramesotheliom, Bronchialkarzinom (v. a. bei Rauchern).
Diagnostik ä ä
ä ä ä
Berufsanamnese. Röntgen-Thorax: ± Silikose: diffuse, fein- bis grobfleckige Verdichtungen, ¹Eierschalenhiliª. ± Asbestose: streifige, basal und subpleural betonte Zeichnungsvermehrung. Lungenfunktion: primär restriktive, später auch obstruktive Ventilationsstörung. Bronchoalveoläre Lavage bei Asbestose: Nachweis von Asbestfasern. Biopsie (bronchoskopisch/thorakoskopisch) bei Malignomverdacht. BGA (S. 35) in Ruhe und unter Belastung: Einstufung des Schweregrades.
Therapie ä ä ä
& 18 &
ä
Expositionsprophylaxe: Arbeitsschutzmaûnahmen, bei V. a. Berufskrankheit Meldung an die zuständige Berufsgenossenschaft. Nikotinkarenz. Konsequente antibiotische Behandlung von Infekten. Ggf. Behandlung einer Bronchialobstruktion (S. 304) oder eines Cor pulmonale (S. 298).
Prognose ä
Abhängigkeit vom Auftreten von Komplikationen, schlechte Prognose bei Bronchialkarzinom und Pleuramesotheliom. Checkliste Hahn ´ Seite 314
18.11 Sarkoidose (Morbus Boeck) Definition ä
Granulomatöse Systemerkrankung mit epitheloidzelligen nicht verkäsenden Granulomen, die sich in > 90 % der Fälle in den Lungen manifestiert.
Ursachen ± Epidemiologie ä ä
Eigentliche Ursache unbekannt, genetische Disposition. Prävalenz: in Mitteleuropa ca. 30 ± 40/100 000 Einwohner, Häufigkeitsgipfel im Alter von 15 ± 40 Jahren, Schwarze 10 ± 20 mal häufiger betroffen.
Klinik ä
ä
Akute Sarkoidose (= Löfgren-Syndrom) bevorzugt bei jüngeren Frauen: Uveitis, Arthritis (am häufigsten im Sprunggelenk) und Erythema nodosum (Farbabb. 33): subkutane erbs- bis walnuûgroûe schmerzhafte Verdickungen und rötliche Flecken meist an beiden Schienbeinen (auch bei Tbc, Streptokokken- und Yersinieninfekten, Colitis ulcerosa, Morbus Crohn, Morbus Behçet, Medikamentenallergie und idiopathisch). Chronische Sarkoidose: im Stadium I häufig symptomlos, später Husten, Dyspnoe und evtl. extrathorakale Beteiligung: ± Augen: Iridozyklitis, Keratokonjunktivitis ± periphere Lymphadenopathie: meist Lymphknoten der unteren Körperhälfte ± Haut: Erythema nodosum (s. o.), Sarkoidose der Haut ± Hepatosplenomegalie: meist symptomlos ± Herz: selten Kardiomyopathie, Rhythmusstörungen, Perikardergüsse ± Gelenke: Polyarthritis (v. a. Sprung-, Knie-, Hand- und Fingergelenke) ± Knochen: Osteolysen meist an den kleinen Knochen (Jünglingsche Zysten) ± Parotis: Schwellung mit Fazialisparese und Uveitis = Heerfordt-Syndrom ± Nervensystem: Hirnnervenlähmungen, Meningitis granulomatosa.
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Diagnostik ± Differentialdiagnose ä ä ä ä ä
Röntgen-Thorax, Befunde und Stadieneinteilung: Tab. 120. Lungenfunktion. Blutgasanalyse in Ruhe und unter Belastung. Bronchoskopie mit bronchoalveolärer Lavage (S. 56): lymphozytäre Alveolitis mit erhöhtem CD4/CD8-Quotienten (S. 313). Transbronchiale Lungenbiopsie: Nachweis nicht verkäsender Epitheloidzellgranulome in der Lunge, evtl. auch in Leber, Lymphknoten, Skelettmuskel. Labor: BSG-Erhöhung (besonders bei akuter Sarkoidose), häufig erhöhte Gammaglobuline (besonders IgG), evtl. erhöhtes Ca++, erhöhtes ACE = AngiotensinConverting-Enzyme (unspezifischer Aktivitätsparameter zur Beobachtung des Spontanverlaufs und zur Beurteilung des Therapieerfolgs).
& 18 &
ä
Checkliste Hahn ´ Seite 315
Erkrankungen der Atmungsorgane
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18.11 Sarkoidose (Morbus Boeck) Tabelle 120 Internationale Stadieneinteilung der pulmonalen Sarkoidose und deren Differentialdiagnose nach dem Thorax-Röntgenbild Stadium
Röntgenbefund
Differentialdiagnose
I
bilaterale Hiluslymphknotenvergröûerung mit polyzyklisch begrenzten Hili
Hiluslymphknoten-Tbc, Bronchialkarzinom, maligne Lymphome
II
zusätzlich zu Stadium I fein- bis mittelfleckige pulmonale Infiltrate
Allergische Alveolitis, Pneumokoniosen, MiliarTbc, Lymphangiosis carcidiffuser Lungenbefall ohne Hiluslymph- nomatosa, Alveolarzellknotenvergröûerung karzinom, Ornithose
III IV
Lungenfibrose, retikuläre und streifige Infiltrate (irreversibel)
Lungenfibrosen anderer Genese
Therapie ä ä
ä
Akute Form: symptomatisch (z. B. nichtsteroidale Antiphlogistika: S. 441). Chronische Form: ± Indikationen zur Glukokortikoidtherapie: · ab Stadium II bei Verschlechterung der Lungenfunktion · Hyperkalzämie, Hyperkalzurie · Beteiligung von ZNS, Augen, Myokard, Leber ± Dosierung der Glukokortikoide (S. 309): · 50 mg/d Prednisolon bis zur klinischen, röntgenologischen oder lungenfunktionsanalytischen Besserung (über 2 ± 4 Wochen), dann stufenweise Reduktion um 10 mg/Monat auf eine vorläufige Erhaltungsdosis von 7,5 ± 15 mg/d · Therapiedauer bis zum ersten Auslaûversuch meist 6 ± 12 Monate ± Bei Rezidiv erneute Behandlung wie oben (gleiche Anfangsdosis, Erhaltungsdosis über 12 Monate, dann erneuter Auslaûversuch). Regelmäûige Verlaufskontrolle nach Beendigung der Therapie (zunächst in dreimonatigen Abständen): Klinik, Röntgen-Thorax, Lungenfunktion, Blutgasanalyse.
Prognose ä
Akute Form: meist Spontanheilung (> 95 %). Chronische Form: ± Stadium I: Remission in 80 ± 90 % der Fälle ± Stadium II: Remission in 50 ± 70 % der Fälle. ± Stadium III: Remission in 20 ± 30 % der Fälle.
& 18 &
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18.12 Pneumonien Definition ä
Durch Krankheitserreger (infektiös) verursachte Entzündung der Lunge. Abgrenzung zur Pneumonitis: Entzündungsreaktion durch physikalische (z. B. Strahlen) und chemische (z. B. Medikamente, Reizgase, Magensaft) Noxen.
Einteilung ä ä ä ä
¾tiologisch: primäre (ohne) und sekundäre (mit kardiopulmonaler Vorerkrankung) Pneumonie. Klinisch: typische (lobäre) und atypische Pneumonie (oft flieûende Übergänge). Pathologisch-anatomisch: alveoläre und interstitielle Pneumonie. Epidemiologisch: nosokomiale und ambulant erworbene Pneumonie.
Ursachen ä
ä
ä
ä
Ambulant erworbene Pneumonie: Pneumokokken, Streptokokken, Haemophilus influenzae, Anaerobier, Viren, Mykoplasmen, Rickettsien (z. B. Q-Fieber), Chlamydien (z. B. Ornithose), Legionellen. Nosokomiale Pneumonie (Manifestation > 72 Std. nach Krankenhausaufnahme): Staphylococcus aureus, gramnegative Keime (Klebsiellen, Pseudomonas, Serratia, Proteus). Pneumonien bei Abwehrschwäche (z. B. bei Leukämie, malignen Lymphomen, AIDS) bzw. Immunsuppression (z. B. unter immunsuppressiver/zytostatischer Therapie): Viren (Cytomegalie, Varizellen-Zoster, Herpes simplex), Bakterien (nosokomiale Erreger s. o., Mykobakterien), Pilze (Candida, Aspergillen, Cryptococcus neoformans), Pneumocystis carinii. Prädisposition auch durch Alkoholabusus, hohes Lebensalter, kardiopulmonale Grunderkrankung, andere Infektionen.
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Erkrankungen der Atmungsorgane
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ä
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Typische Befunde (z. B. Pneumokokkenpneumonie): akuter Beginn, Schüttelfrost, hohes Fieber, Husten mit rötlich-eitrigem Auswurf, Dyspnoe, Tachypnoe, evtl. Zyanose, atemabhängige Thoraxschmerzen (Begleitpleuritis). Auskultatorisch ohrnahe klingende RG, Stimmfremitus verstärkt, gedämpfter Klopfschall. Evtl. jedoch auch (z. B. Chlamydien-, Mykoplasmen-, Legionellen-, Viruspneumonie) schleichender Beginn mit leichtem Fieber, Myalgien, Kopfschmerzen und wenig produktivem Husten, trotz z. T. ausgeprägten Röntgenveränderungen geringer oder kein Auskultationsbefund. Besonderheiten bestimmter Pneumoniearten: ± Viruspneumonie: bei sonst Gesunden schwere Verläufe nur bei bakterieller Superinfektion ± Mykoplasmen-Pneumonie: bei Jugendlichen häufig ± Legionellose (Übertragung häufig durch Befeuchtungs- und Luftreinigungsanlagen): zusätzlich abdominelle Beschwerden mit Übelkeit und Diarrhoe ± Ornithose (Übertragung durch Hühner und Tauben) Psittakose (Übertragung durch Papageien, Wellensittiche): hohes Fieber sonst wie oben ± Q-Fieber (Übertragung v. a. durch Haustiere): akuter Beginn mit hohem Fieber, Schüttelfrost, Kopfschmerzen, evtl. Hepatitis, Endo-/Myokarditis u. a.
Checkliste Hahn ´ Seite 317
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Klinik
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18.12 Pneumonien Diagnostik ± Differentialdiagnose ä ä ä
Anamnese: Grundkrankheiten, Genuûmittel, Beruf, Tierkontakte. Klinik allein oft wenig aussagekräftig (Differentialdiagnose: grippaler Infekt). Im Zweifel röntgen. Röntgen-Thorax in 2 Ebenen = wichtigste Untersuchung zum Nachweis einer Pneumonie. Befunde: ± lobäre oder segmentale häufig scharf begrenzte Verschattung, evtl. positives Bronchogramm z. B. bei Pneumokokken-Pneumonie (Abb. 79) ± beidseitig lokalisierte, fleckige, retikuläre oder homogene Verschattungen z. B. bei Mykoplasmen-Pneumonie (Abb. 80)
Abb. 79
Pneumokokken-Pneumonie
Abb. 80
Mykoplasmen-Pneumonie
ä
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Labor: ± BSG-Beschleunigung ± Blutbild: Leukozytose, Linksverschiebung, toxische Granulation und Lymphopenie besonders bei bakterieller Pneumonie ± Blutgasanalyse (S. 35): Hypoxie, evtl. Hypokapnie, respiratorische Globalinsuffizienz deutet auf einen schweren Verlauf hin (Beatmungsindikation?) ± Erregernachweis: · Blutkultur: am besten bei Schüttelfrost und Fieberanstieg (S. 17) Checkliste Hahn ´ Seite 318
18.12 Pneumonien · · ·
ä
Sputum: nur bei eitrigem Sputum sinnvoll, oft Kontamination (S. 18) Tracheal-/Bronchialsekret bei beatmeten Patienten (S. 18) über Tubus bronchoskopische Materialgewinnung (Antibiotika vorher absetzen) bei nosokomial erworbener schwerer Pneumonie mit Therapieresistenz oder bei Immunschwäche (z. B. V. a. Pneumocystis carinii), ggf. auch transbronchiale Biopsie (S. 56) · Pleurapunktat bei Erguûbildung · indirekter Erregernachweis durch serologische Untersuchungsmethoden: Antikörpernachweis, 4facher Titeranstieg zweier Serumproben innerhalb von 2 Wochen · Bei Legionellen auch Antigennachweis im Urin. Differentialdiagnose: vor allem denken an ± Tuberkulose: S. 322 ± (poststenotische) Pneumonie bei Bronchialkarzinom (S. 325) ± Lungenembolie mit Infarktpneumonie (S. 673) ± Aspiration bei Patienten mit Schluckstörung infolge neurologischer Krankheiten (z. B. nach Schlaganfall).
Komplikationen ä ä ä ä ä ä ä ä
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Erkrankungen der Atmungsorgane
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Auftreten von Komplikationen v. a. bei bakteriell verursachten Pneumonien. Bakterielle Sepsis: z. B. Otitis media, Meningitis, Endokarditis, Hirnabszeû. Lungenabszeû, Pleuraerguû bzw. Pleuraempyem. Respiratorische Globalinsuffizienz (S. 35). Thromboembolische Komplikationen infolge Bettruhe und Exsikkose (besonders bei älteren Patienten). Herz-/Kreislaufversagen: toxisch und/oder durch starke Flüssigkeitsverschiebungen sowie durch Hypoxämie und hohes Fieber. Akutes Nierenversagen: besonders bei älteren exsikkierten Patienten. Rezidiv.
ä
ä
ä ä ä ä ä
ä ä ä
Bei schwerem Verlauf (Atemfrequenz > 30/min., pO2 < 60 mmHg, Hypotonie) stets stationäre Behandlung, initial Bettruhe und Thromboembolieprophylaxe. Bei leichtem Verlauf kann eine ambulante Behandlung unter körperlicher Schonung ausreichend sein. Antibiotikatherapie zunächst ungezielt nach vermuteter ¾tiologie (Tab. 121). Vorher Materialentnahme zur Erregerdiagnostik (s. o.): mindestens Blutkultur, bei schwerer nosokomialer oder Beatmungspneumonie sowie bei immunsupprimierten Patienten Bronchoskopie mit bronchoalveolärer Lavage. Ausreichende Flüssigkeitszufuhr, ggf. parenteral. Antipyretika (z. B. Paracetamol 4 500 mg/d) und/oder Wadenwickel. Inhalationsbehandlung (z. B. mit NaCl 0,9 %), Mukolytika (S. 301). Atemgymnastik, evtl. Klopfmassagen. Bei Hypoxie Sauerstoffgabe unter BGA-Kontrollen. Bei fehlender Besserung und bei progredienter respiratorischer Globalinsuffizienz frühzeitige Beatmung (S. 659). Ggf. Behandlung einer bronchialen Obstruktion (S. 304). Nach Erhalt der Resistenzprüfung ggf. Wechsel des Antibiotikums. Therapie der Pneumocystis-carinii-Pneumonie: Cotrimoxazol (20 mg/kgKG/d Trimethoprim + 100 mg/kgKG/d Sulfamethoxazol) über 3 Wochen. Checkliste Hahn ´ Seite 319
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Therapie
Erkrankungen der Atmungsorgane
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18.12 Pneumonien Tabelle 121
Antibiotische Primärtherapie der Pneumonien
ambulant erworbene Pneumonie: ± ohne Grunderkrankung ± mit internistischer Grunderkrankung nosokomiale Pneumonie
Makrolide: Erythromycin 4 500 mg/d p. o., i. v.; Clarithromycin 2 0,25 g/d p. o.; Roxithromycin 2 0,15 g/d p. o. Amoxicillin/Clavulansäure 3 2,2 g i. v. oder Ampicillin/Sulbactam 3 1,5 g i. v. Cephalosporin der 2. Generation (z. B. Cefuroxim 3 1,5 g/d, Cefotiam 2 2 g/d) + Aminoglykosid (z. B. Gentamicin 2 120 mg/d)
Intensivstation, Cephalosporin der 3. Generation (z. B. Cefotaxim Beatmungstherapie 3 2 g/d, Ceftriaxon 1 2 g/d) + Aminoglykosid (s. o.) ± oder Piperacillin/Tazobactam 3 4,5 g/d + Aminoglykosid (s. o.) Aspirationspneumonie
Clindamycin 3 600 mg/d bei schwerem Verlauf: Imipenem/Cilastin 3 1 g/d
Pneumonie bei Ab- Cephalosporin der 3. Generation (z. B. Cefotaxim wehrschwäche (bei 3 2 g/d, Ceftriaxon 1 2 g/d) + Aminoglykosid (s. o.) V. a. Pilze: S. 609) ± oder Imipenem/Cilastin 3 1 g/d Handelsnamen, Nebenwirkungen, Dosierungen bei Niereninsuffizienz S. 613ff.
Prognose Ungünstige Prognosezeichen: ± Patienten > 60 Jahre ± vorbestehende Herz-/Lungenerkrankungen ± chronische Niereninsuffizienz ± Immunschwäche ± Komplikationen (s. o.).
& 18 &
ä
Checkliste Hahn ´ Seite 320
18.13 Tuberkulose (Tbc) Definition ä
Generalisierte oder auf ein Organ begrenzte Infektionskrankheit durch Mycobacterium tuberculosis oder (selten) Mycobacterium bovis (Meldepflicht).
Ursachen ä ä
ä
Primärtuberkulose: Tröpfcheninfektion. Postprimäre Tuberkulose: meist endogene Reinfektion (= Reaktivierung vorübergehend nach primärer Infektion vom Immunsystem kontrollierter Mykobakterien) infolge Abwehrschwäche (s. u.), seltener Superinfektion. Prädisposition durch resistenzmindernde Faktoren: z. B. Alkoholismus, Diabetes mellitus, Medikamente (z. B. Glukokortikoide, Immunsuppressiva, Zytostatika), hohes Lebensalter, Mangelernährung, maligne Lymphome, Leukämien, Silikose, HIV.
Epidemiologie ä ä
Inzidenz: in Mitteleuropa ca. 20/100 000 Einwohner/Jahr, derzeit wieder steigende Tendenz, Männer häufiger betroffen als Frauen. In Entwicklungsländern eine der häufigsten Todesursachen.
321
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Erkrankungen der Atmungsorgane
CM
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Primärtuberkulose: ca. 6 Wochen nach erstem Kontakt mit dem Mykobakterium meist symptomloser Primärkomplex (Primärherd + Hilus-Lymphknoten) später röntgenologisch häufig als verkalkter Rundherd (Tuberkulom) sichtbar. ± Bei symptomatischem Verlauf: subfebrile Temperaturen, Nachtschweiû, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, Erythema nodosum (S. 315), Husten, Thoraxschmerzen, Pleuritis exsudativa . ± Bei schwerem Verlauf: Miliartuberkulose = hämatogene Generalisation mit raschem körperlichem Verfall. Häufige Lokalisationen: Lunge (RöntgenThorax: diffuse kleinfleckige Herde), Leber, Milz, Meningen (Liquorbefund S. 632). Postprimäre Tuberkulose: Die reaktivierten Mykobakterien führen häufig im Bereich der Lungenspitze zu einer entzündlichen Reaktion mit zunächst uncharakteristischen Symptomen: Nachtschweiû, Husten, Leistungsschwäche etc. Meistens kommt es zu einer Einschmelzung und zur Bildung einer Kaverne. Gewinnt diese Anschluû an das Bronchialsystem, so wird der Patient infektiös (= offene Tuberkulose) und der Auswurf wird produktiver und evtl. blutig. Komplikationen der tuberkulösen Kaverne: Lungenblutung, Pleuritis, Pleuraempyem, respiratorische Insuffizienz, Narbenkarzinom, Amyloidose. Extrapulmonale Tuberkulose (auûer bei Immunschwäche in der Regel bei postprimärer Tuberkulose): ± Miliartuberkulose (s. o.) ± tuberkulöse Meningitis: schleichender Beginn (S. 632) ± tuberkulöse Spondylitis: bei unklaren Wirbelsäulenschmerzen daran denken ± Urogenitaltuberkulose: Flankenschmerzen, Dysurie, sterile Pyurie, Infertilität
Checkliste Hahn ´ Seite 321
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Klinik
Erkrankungen der Atmungsorgane
322
CM
18.13 Tuberkulose (Tbc) ± Tuberkulose des Gastrointestinaltraktes: Appetitlosigkeit, Übelkeit, Temperaturerhöhung, Bauchschmerzen, Gewichtsabnahme, Diarrhoe ± Nebennierentuberkulose: Morbus Addison (S. 509).
Diagnostik ± Differentialdiagnose ä ä ä
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ä ä
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Anamnese: besonders prädisponierende Faktoren, früher abgelaufene Tbc. Klinik: bei den o. g. uncharakteristischen Symptomen an Tbc denken. Röntgen-Thorax in 2 Ebenen, ggf. Durchleuchtung oder Tomographie: Infiltrate insbesondere im Spitzenbereich, Hiluslymphknoten, Rundherd (Differentialdiagnose: Bronchialkarzinom, gutartiger Tumor, Metastase), Ringschatten als Hinweis für eine Kaverne (Differentialdiagnose: Tumor, Bronchiektasen, Zyste, Abszeû, Summationseffekt). Eine normale Röntgenaufnahme schlieût eine Lungen-Tbc nicht aus. Mikrobiologische Diagnostik: Abnahme von Sputum und Magensaft (S. 18), bei V. a. Urogenital-Tbc Urin jeweils an 3 aufeinanderfolgenden Tagen. Bei unzureichender Materialgewinnung Bronchoskopie. Ggf. Untersuchung von Pleurapunktat, Aszites, Liquor, Menstrualblut u. a. Untersuchung mikroskopisch und kulturell (dauert 3 ± 6 Wochen) DNA-Nachweis mittels PCR bringt zwar frühere Ergebnisse als die Kultur, ist jedoch in der Routinediagnostik nicht zu empfehlen, da die Bedeutung eines positiven Befundes unklar ist. Histologie: bei z. B. endoskopisch erreichbaren Herden bioptischer Nachweis von epitheloidzelligen verkäsenden Granulomen (hohe Spezifität). Tuberkulin-Test: Eine positive Reaktion beweist eine abgelaufene immunologische Auseinandersetzung mit Tbc-Bakterien-Antigen (Infektion oder BCGImpfung). Eine negative Reaktion spricht gegen eine Tbc-Erkrankung, Ausnahmen: frische Infektion in den 6 Wochen vor dem Test, schwere Tbc (z. B. MiliarTbc), immunsupprimierte Patienten, Sarkoidose, maligne Lymphome. Von diagnostischer Bedeutung ist v. a. eine Test-Konversion vorher tuberkulinnegativer (meist jüngerer) Personen. Verfahren: ± Mendel-Mantoux-Test (am empfindlichsten) z. B. mit Tuberkulin GT: streng intrakutane Injektion (S. 62) von 0,1 ml der jeweiligen Stärke an der Beugeseite des Unterarmes. Beginn mit Stärke 10, Ablesung nach 72 h ± Stempeltest z. B. mit Tuberkulin-Tine-Test: Haut an der Beugeseite des Unterarmes anspannen und Stempel eindrücken. Ablesung nach 72 h. Positiver Test: tastbare, gerötete Papel > 5 mm. Zusatzdiagnostik bei V. a. extrapulmonale Tuberkulose: ± Tuberkulöse Meningitis: Lumbalpunktion (S. 632) ± Tuberkulöse Spondylitis: CT, besser MRT (= Magnetresonanztomographie) ± Urogenitaltuberkulose: Urinkultur, i. v. Urogramm, Sono, evtl. CT ± Tuberkulose des Gastrointestinaltraktes: Endoskopie, Biopsie ± Nebennierentuberkulose: Sono, CT, Hormondiagnostik (S. 509). Untersuchung unmittelbarer Kontaktpersonen des Patienten, erfolgt meistens durch das Gesundheitsamt (Meldepflicht bei Erkrankung und Tod!).
Therapie ä ä ä
Stationäre Therapie offener Tuberkulosen unter Isolierung, solange Erreger ausgeschieden werden. (Mundschutz, Händedesinfektion etc.). Begleittherapie: z. B. Behandlung einer Bronchialobstruktion (S. 304), antitussive Therapie (S. 301), Diabeteseinstellung etc. Medikamentöse Therapie, Tuberkulostatika: Tab. 122. Checkliste Hahn ´ Seite 322
18.13 Tuberkulose (Tbc) Tabelle 122
Tuberkulostatika der 1. Wahl
Substanz
Dosierung
Nebenwirkungen
Isoniazid (INH) z. B. Isozid, Tebesium
5 mg/kgKG/d max. 400 mg/d
Leberschäden, Polyneuropathie, Allergien, hämolytische/aplastische Anämie
Rifampicin (RMP) z. B. Eremfat Rifa
10 mg/kgKG/d max. 600 mg/d
Leberschäden, Allergien, Thrombozytopenie, hämolytische Anämie, interstitielle Nephritis, Übelkeit
Pyrazinamid (PZA) z. B. Pyrafat
30 mg/kgKG/d max. 2 g/d
Leberschäden, Übelkeit, Arthralgien, Hyperurikämie, Photosensibilisierung
Ethambutol (EMP) z. B. Myambutol
25 mg/kgKG/d max. 2,5 g/d
Optikusneuritis, Allergien,
Streptomycin (SM)
15 mg/kgKG/d i. m. Hörminderung, Drehschwindel, max. 1 g/d Nierenschädigung, Blutbildveränderungen
Applikation der Medikamente als morgendliche Einmalgabe. Begleittherapie unter INH: Pyridoxin (= Vitamin B6) 40 mg/d. Bei Hyperurikämie unter PZA Allopurinol-Therapie (S. 471). ä
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ä ä ä ä
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Erkrankungen der Atmungsorgane
CM
Vorgehen und Behandlungsdauer: über 2 Monate Kombination INH + RMP + PZA + Streptomycin oder EMP, dann über 4 Monate INH + RMP. Längere Therapiedauer z. B. bei Rezidiv, schwerem Verlauf oder Immunschwäche. ¾nderung des Regimes entsprechend der Resistenzprüfung. Während der Therapie regelmäûige (anfangs wöchentliche) Kontrollen: ± Blutbild, g GT, GPT, aP, Kreatinin, Urinstatus, unter PZA Harnsäure ± unter INH neurologische Untersuchung ± unter EMP augenärztliche Untersuchung oder (Farb-)Sehtest ± unter SM Audiogramm und Vestibularisprüfung ± (z. B. alle 2 ± 3 Wochen) Erregerdiagnostik, 3 Tage vorher Tuberkulostatika pausieren: Mikroskopie und Kultur (Resistenz?, Erregerausscheidung?) ± Kontrolle der befallenen Organe: z. B. Röntgen-Thorax 4wöchentlich. Chirurgische Therapie gelegentlich z. B. bei groûen Kavernen. Nach erfolgreicher Therapie Überwachung über mindestens 2 Jahre. Chemo-Prophylaxe mit INH (5 mg/kg/d) z. B. bei abwehrgeschwächten Kontaktpersonen Tbc-Infizierter (6 Monate) oder Tuberkulintest-Konvertern. BCG-Impfung (Nachteil: Tuberkulin-Test wird positiv) z. B. bei tuberkulinnegativem Personal auf Tuberkulosestationen.
ä ä ä
Häufig klinisch symptomlose oder symptomarme Infektionen. Prognose abhängig von resistenzmindernden Faktoren (s. o.), vom Zeitpunkt des Therapiebeginns und bereits eingetretenen Organschäden. Letalität der Miliartuberkulose 30 ± 60 %.
Checkliste Hahn ´ Seite 323
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Prognose
Erkrankungen der Atmungsorgane
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CM
18.14 Bronchialkarzinom Ursachen ± Epidemiologie ä ä ä ä ä
Inhalationsrauchen. Karzinogene: z. B. Asbest, Teer, Ruû, ¾ther. Lungennarben: z. B. nach Tuberkulose. Familiäre Disposition. Inzidenz: in Mitteleuropa ca. 60/100 000 Einwohner/Jahr, Verhältnis Männer : Frauen = 3 : 1 (häufigster maligner Tumor beim Mann), Altersgipfel 55 ± 65 Jahre.
Einteilung ä
ä
ä
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Histologisch: ± kleinzelliges Bronchialkarzinom (~ 30 %): frühe Metastasierung ± nicht kleinzelliges Bronchialkarzinom: · Plattenepithelkarzinom (~ 45 %): häufig zentral gelegen · Adenokarzinom (~ 15 %): häufig peripher gelegen, oft bei Nichtrauchern · groûzelliges Karzinom (~ 10 %). Nach der Lage: ± zentrales Bronchialkarzinom: am häufigsten ± peripheres Bronchialkarzinom: peripherer Rundherd, Sonderform PancoastTumor, meist apikal gelegen, frühe Infiltration der Thoraxwand ± diffuses Bronchialkarzinom: Lungenadenomatose bzw. Alveolarzellkarzinom, röntgenologisch häufig wie Pneumonie imponierend. Nach dem Stadium: ± TNM-System (T = Primärtumor, N = Lymphknoten-, M = Fernmetastasen): · TX : positive Zytologie, aber bronchoskopisch/radiologisch kein Tumor sichtbar · TIS: Carcinoma in situ (= Oberflächenkarzinom, Basalmembran intakt) · T1: Tumor < 3 cm · T2: Tumor > 3 cm oder Befall des Hilus oder der viszeralen Pleura oder partielle Atelektasenbildung · T3: Infiltration von Brustwand, Diaphragma, Perikard, mediastinaler Pleura oder komplette Atelektase bzw. obstruktive Pneumonie der ganzen Lunge · T4: Infiltration von Mediastinum, Herz, groûen Gefäûen, Trachea, Ösophagus, Wirbelkörper, Carina oder maligner Pleuraerguû · N0: keine Lymphknotenmetastasen · N1: Metastasen in ipsilateralen peribronchialen oder Hilus-Lymphknoten · N2: Metastasen in ipsilateralen mediastinalen oder subcarinalen Lymphknoten · N3: Metastasen in den kontralateralen Lymphknoten oder Skalenusoder supraklavikulären Lymphknoten · M0: keine Fernmetastasen · M1: Fernmetastasen: häufig in Leber, Gehirn, Nebenniere, Skelett ± allgemeine Stadieneinteilung des Bronchialkarzinoms: · I: T1/T2N0M0 · II: T1/T2N1M0 · IIIA: T1/T2N2M0 oder T3N0/N1/N2M0 · IIIB: TanyN3M0 oder T4NanyM0 · IV: TanyNanyM1 Checkliste Hahn ´ Seite 324
18.14 Bronchialkarzinom ± Stadieneinteilung des kleinzelligen Bronchialkarzinoms: · Limited Disease: Tumorbegrenzung auf eine Thoraxhälfte mit/ohne Befall des Mediastinums und der ipsilateralen supraklavikulären und/oder hilären LK, ohne malignen Pleuraerguû und ohne Einfluûstauung · Extensive Disease: alle übrigen Stadien.
Klinik ä ä ä ä
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ä
Im Frühstadium häufig symptomlos, insbesondere periphere Karzinome. Später Husten, Dyspnoe, Hämoptysen, Thoraxschmerzen, Gewichtsverlust. Bei Bronchusstenose häufig Pneumonie als erste Manifestation. Bei Organüberschreitung oder fortgeschrittener Lymphknotenmetastasierung: Halslymphknotenschwellung, obere Einfluûstauung, blutiges Pleuraexsudat, Rekurrens- oder Phrenikusparese. Bei Pancoast-Tumor (s. o.) Horner-Syndrom (Ptosis, Miosis, Enophthalmus), Armschmerzen infolge Plexusinfiltration oder Armschwellung durch tumorbedingte Venen- und Lymphstauung. Paraneoplastische Syndrome (besonders beim kleinzelligen Bronchialkarzinom): ± vermehrte Thromboseneigung, Thrombophlebitis migrans (S. 294) ± ektope ACTH-Sekretion: Cushing-Syndrom (S. 507) ± ektope Sekretion parathormonverwandter Peptide: Hyperkalzämie (S. 429) ± ektope ADH-Sekretion: Schwartz-Bartter-Syndrom (S. 419) ± Polymyositis und Dermatomyositis (S. 450) ± Lambert-Eaton-Syndrom: myasthenieforme Schwäche meist im Bereich der Beckenmuskulatur.
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Erkrankungen der Atmungsorgane
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ä ä ä ä
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Bei Rauchern mit Verschlechterung von ¹Raucherhustenª oder anderen unspezifischen Symptomen an Bronchialkarzinom denken und im Zweifel röntgen. Röntgen-Thorax in 2 Ebenen: z. B. Rundherd, Hilusverbreiterung, Atelektase (Abb. 81). bei geringstem Verdacht in Abgrenzung zu harmloseren ähnlich aussehenden Befunden weitere Diagnostik. Bronchoskopie (S. 56) mit Materialentnahme zur zytologischen und histologischen Untersuchung bei zentralen Karzinomen. Thorakoskopie (S. 57) mit Biopsie bei ganz peripheren Herden. Tumormarker (zur Therapie- und Verlaufskontrolle, vgl. S. 693): CEA, CYFRA 21 ± 1; beim kleinzelligen Karzinom NSE (= neuronspezifische Enolase), NCAM. Untersuchungen im Rahmen der Stadieneinteilung: Thorax-CT, Schädel-CT, Abdomensonographie (insbesondere Leber und Nebennieren), Skelettszintigraphie, Knochenmarkpunktion, ggf. Mediastinoskopie (S. 57). Lungenfunktion: Beurteilung der funktionellen Operabilität anhand des FEV1Wertes (S. 33). FEV1-Soll in Abhängigkeit vom geplanten Eingriff: Pneumektomie > 2,5 l, Lobektomie > 1,75 l, Segmentresektion > 1,5 l. Beim Unterschreiten dieser Werte zusätzlich Perfusionsszintigramm (S. 55) zur Bestimmung des absehbaren postoperativen FEV1-Wertes.
Checkliste Hahn ´ Seite 325
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Diagnostik
Erkrankungen der Atmungsorgane
326
CM
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18.14 Bronchialkarzinom
Abb. 81
Mittellappenatelektase rechts bei Bronchialkarzinom
Therapie ± Prognose ä
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ä
Kleinzelliges Bronchialkarzinom: ± Operation nur im Stadium I (T1/T2N0M0) mit postoperativer Chemotherapie ± häufig besteht bei der Diagnosestellung bereits eine Metastasierung, so daû die chemotherapeutische Behandlung evtl. in Kombination mit einer Strahlentherapie im Vordergrund steht. Beim Stadium ¹limited diseaseª unter kurativer, beim Stadium ¹extensive diseaseª unter palliativer Zielsetzung (Standardschema: ACO = Adriamycin/Cyclophosphamid/Vincristin). Durchführung einer Chemotherapie nur nach Rücksprache mit einem erfahrenen Spezialisten ± mittlere Überlebenszeit unter adäquater Chemotherapie: ¹limited diseaseªStadium 12 ± 16 Monate, ¹extensive diseaseª-Stadium 8 ± 12 Monate ± mittlere Überlebenszeit ohne Therapie: ca. 7 ± 14 Wochen. Nicht kleinzelliges Bronchialkarzinom: ± Operation prinzipiell unter kurativer Zielsetzung bis Stadium IIIa unter Berücksichtigung der jeweiligen Histologie und der funktionellen Operabilität (S. 325): z. B. Lobektomie, Bilobektomie, Pneumonektomie, jeweils mit Ausräumung der Lymphabfluûwege. Ab Stadium II postoperative Bestrahlung ± Strahlentherapie unter kurativer Zielsetzung bei funktioneller Inoperabilität oder wenn eine Operation vom Patienten verweigert wird. Häufige Bestrahlungsfolgen: Dermatitis, Ösophagitis, Pneumonitis ± 5-Jahresüberlebensrate: bei operierten Patienten mit Plattenepithelkarzinom im Stadium I 40 ± 60 %, im Stadium II ca. 20 %, bei inoperablen bestrahlten Patienten ca. 5 %.
Checkliste Hahn ´ Seite 326
18.14 Bronchialkarzinom ä
ä
Palliative Therapiemöglichkeiten bei fortgeschrittenen Tumoren: ± Besserung der Dyspnoe durch Verringerung einer Bronchusstenose: · palliative Strahlentherapie · endoskopische Lasertherapie oder Stenteinlage (= endoluminale Stütze), Endobrachyradiotherapie ± Schmerzbeseitigung: · palliative Strahlentherapie · palliative Chemotherapie · medikamentöse Schmerztherapie (S. 104). Nachsorge: Zwischenanamnese, körperliche Untersuchung, Labor (Tumormarker S. 693), Röntgen-Thorax und Abdomensonographie als Mindestprogramm. Weitere Diagnostik in Abhängigkeit von Hinweisen für Progression oder Rezidiv.
Andere Lungentumoren
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ä ä ä
Metastasen (röntgenologisch meist Rundherde): die Lunge ist häufiger Metastasierungsort zahlreicher Primärtumoren (S. 145). Bronchuskarzinoid (maligne): ± Symptome: Husten, Hämoptysen, Fieber, sehr selten Karzinoidsymptome (S. 370) ± Therapie: Resektion. Bronchusadenom (benigne, evtl. maligne Entartung): Symptome durch Stenosierung (Atelektase, rezidivierende Pneumonien) oder Blutungen. Sarkome (maligne): röntgenologisch meist Rundherd, Therapie: Resektion. Benigne Tumoren: Bedeutung liegt meist in der Abgrenzung zum Bronchialkarzinom oder zur Metastase. Z. B. Lipom, Fibrom, Chondrom, Osteom, Hämangiom, Neurofibrom u. a.
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Erkrankungen der Atmungsorgane
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Checkliste Hahn ´ Seite 327
18.14 Bronchialkarzinom ä
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Palliative Therapiemöglichkeiten bei fortgeschrittenen Tumoren: ± Besserung der Dyspnoe durch Verringerung einer Bronchusstenose: · palliative Strahlentherapie · endoskopische Lasertherapie oder Stenteinlage (= endoluminale Stütze), Endobrachyradiotherapie ± Schmerzbeseitigung: · palliative Strahlentherapie · palliative Chemotherapie · medikamentöse Schmerztherapie (S. 104). Nachsorge: Zwischenanamnese, körperliche Untersuchung, Labor (Tumormarker S. 693), Röntgen-Thorax und Abdomensonographie als Mindestprogramm. Weitere Diagnostik in Abhängigkeit von Hinweisen für Progression oder Rezidiv.
Andere Lungentumoren
ä
ä ä ä
Metastasen (röntgenologisch meist Rundherde): die Lunge ist häufiger Metastasierungsort zahlreicher Primärtumoren (S. 145). Bronchuskarzinoid (maligne): ± Symptome: Husten, Hämoptysen, Fieber, sehr selten Karzinoidsymptome (S. 370) ± Therapie: Resektion. Bronchusadenom (benigne, evtl. maligne Entartung): Symptome durch Stenosierung (Atelektase, rezidivierende Pneumonien) oder Blutungen. Sarkome (maligne): röntgenologisch meist Rundherd, Therapie: Resektion. Benigne Tumoren: Bedeutung liegt meist in der Abgrenzung zum Bronchialkarzinom oder zur Metastase. Z. B. Lipom, Fibrom, Chondrom, Osteom, Hämangiom, Neurofibrom u. a.
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Erkrankungen der Atmungsorgane
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Checkliste Hahn ´ Seite 327
Erkrankungen der Speiseröhre
328
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19.1 Motilitätsstörungen Definition ä ä ä
Achalasie: Fehlen der regelrechten schluckreflektorischen Erschlaffung des unteren Ösophagussphinkters bei fehlender propulsiver Peristaltik. Diffuser Ösophagospasmus: Auftreten wiederholter druckintensiver schluckinduzierter oder spontaner Kontraktionen bei ungestörter Sphinkterfunktion. Hyperkontraktiler (= Nuûknacker-)Ösophagus: Peristaltik mit deutlich erhöhter Druckamplitude und -dauer im distalen Ösophagus.
Ursachen ± Epidemiologie ä
ä
Neuromuskuläre Störung unklarer Genese (primäre Motilitätsstörung). Insgesamt seltene Erkrankungen, Prävalenz der Achalasie: ca. 10/100 000 Einwohner, Manifestation meist zwischen dem 3. und 6. Lebensjahrzehnt. Abgrenzung zu sekundären Motilitätsstörungen: z. B. diabetische autonome Neuropathie, Refluxkrankheit, Sklerodermie, ZNS-Erkrankungen u. a.
Klinik ä
ä
Dysphagie (DD: S. 164): besonders bei Achalasie mit Regurgitation unverdauter Nahrung und Aspirationserscheinungen im Liegen mit Husten und Auswurf. Brustschmerzen (DD: S. 146): besonders bei diffusem Ösophagospasmus und Nuûknackerösophagus.
Diagnostik ä ä ä
Ösophagogastroduodenoskopie: Ausschluû eines Ösophagus- oder Magenkarzinoms (S. 57). Röntgen-Ösophagusbreischluck: Nachweis der Motilitätsstörung. Achalasie: sektglasförmiger Ösophagus = dilatierter, distal filiform verengter Ösophagus. Ösophagusmanometrie: gröûte diagnostische Aussagekraft, aber aufwendige Methode und nur in spezialisierten Zentren verfügbar; kontinuierliche Registrierung der Druckverhältnisse zwischen oberem und unterem Ösophagussphinkter. Durchführung als 24-h-Langzeit-Manometrie oder als Provokationstest.
Therapie ä
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ä
Bei allen Motilitätsstörungen: ± ausreichendes Kauen beim Essen ± 10 ± 20 mg Nifedipin (S. 282) oder 20 mg Isosorbiddinitrat (S. 254) Std. vor dem Essen. Bei akuten Schmerzattacken infolge Ösophagospasmus Nifedipin oder Nitroglyzerin-Spray s. l. Achalasie: ± endoskopisch oder radiologisch kontrollierte pneumatische Dilatation des unteren Ösophagussphinkters (Methode der Wahl): in ca. 80 % Besserung der Dysphagie, Komplikationen: Perforation, Ösophagitis, Strikturen ± (noch) experimentell: intrasphinkterische Injektion von Botulinumtoxin ± bei Versagen der genannten Behandlungsmethoden operative Therapie (Hellersche Myotomie).
Checkliste Hahn ´ Seite 328
19.2 Ösophagusdivertikel Definition ä
Umschriebene Ausstülpung einer oder mehrerer Wandschichten des Ösophagus (Unterscheidung zwischen echten und Pseudodivertikeln: S. 356).
Ursachen ä ä
Pulsionsdivertikel: entstehen durch erhöhten intraluminalen Druck. Traktionsdivertikel: entstehen durch Narbenzug von auûen (z. B. nach Tbc).
Arten ä
ä ä
Hypopharynxdivertikel = Zenkersches Divertikel (70 %): Aussackung von Mukosa und Submukosa (= Pseudodivertikel: S. 356) an der Hypopharynxhinterwand, meist zur linken Seite lokalisiert. Pulsionsdivertikel, das meist bei älteren Männern auftritt. Erkrankungshäufigkeit ca. 0,1 % der Bevölkerung. Epibronchiale = Bifurkationsdivertikel (20 %): Aussackung aller Wandschichten (= echte D.: S. 356) in Höhe der Trachealbifurkation, Traktionsdivertikel. Epiphrenale Divertikel (10 %): dicht oberhalb des Zwerchfells lokalisierte Pseudodivertikel. Häufig Pulsionsdivertikel, evtl. kombiniert mit Hiatushernien, diffusem Ösophagospasmus und Achalasie, selten Traktionsdivertikel.
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Erkrankungen der Speiseröhre
CM
Klinik ä ä ä
Meist symptomloser Zufallsbefund bei kleineren Divertikeln. Regurgitation unverdauter Nahrungsreste (häufig nachts). Dysphagie (DD: S. 164), Halitose (= übler Geruch der Atemluft).
Diagnostik ä
Röntgen-Ösophagusbreischluck: wegen Aspirationsgefahr mit wasserlöslichem Kontrastmittel (Abb. 82).
Hypopharynxdivertikel (Zenkersches Divertikel)
epiphrenales Divertikel
Abb. 82
Ösophagusdivertikel
Checkliste Hahn ´ Seite 329
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epibronchiales Divertikel (Bifurkationsdivertikel)
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19.2 Ösophagusdivertikel ä ä
Endoskopie zum Ausschluû anderer Beschwerdeursachen (v. a. Karzinom). Ösophagusmanometrie (S. 328): ggf. präoperativ zur Diagnose häufig vergesellschafteter Ösophagusmotilitätsstörungen.
Therapie ä
Bei groûen Divertikeln mit Beschwerden operative Therapie (Resektion).
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Erkrankungen der Speiseröhre
330
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Checkliste Hahn ´ Seite 330
19.3 Hiatushernien Definition ä
Verlagerung von Magenanteilen durch den Hiatus ösophageus in den Thoraxraum. Einteilung (Abb. 83): ± Axiale Gleithernie: Verlagerung von Cardia und Magenfundus > 2 cm entlang der Ösophagus-Korpusachse, häufigste Form (ca. 90 %) ± Paraösophageale Hernie: regelrechte Lage der Cardia mit Verlagerung anderer Magenanteile neben den Ösophagus. Upside-down stomach: inverse Verlagerung des gesamten Magens in den Thoraxraum ± Gemischte Hernie: Mischform aus axialer Gleit- und paraösophagealer Hernie.
Ursachen ± Epidemiologie ä ä ä
Erhöhter intraabdomineller Druck bei Adipositas, Obstipation, Gravidität etc. Bindegewebsschwäche und Atrophie der Zwerchfellmuskulatur besonders im Alter. Prävalenz: bei Patienten > 70 Jahre in 50 ± 60 % axiale Gleithernie nachweisbar.
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Erkrankungen der Speiseröhre
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Klinik ä ä
Axiale Gleithernie: meist symptomlos. Symptome bei Refluxkrankheit: S. 332. Paraösophageale Hernie: häufig asymptomatisch, evtl. retrosternaler Druck, Völlegefühl, Aufstoûen, Singultus. Komplikationen: Inkarzeration, Ulzera, Erosionen evtl. mit akuter oder chronischer Blutung.
Diagnostik Röntgen-Ösophagusbreischluck, ggf. mit Bauchpresse und Kopftieflage. Evtl. auch bereits auf der nativen Thoraxübersichtsaufnahme sichtbare Hernie.
Ösophagusmukosa Zwerchfell Magenmukosa
Peritoneum
axiale Gleithernie
Abb. 83 ä
paraösophageale Hernie
gemischte Hernie
Hiatushernien
Endoskopie.
Therapie ä ä
Axiale Gleithernie: ggf. Therapie der Refluxkrankheit (S. 332). Paraösophageale Hernie: wegen häufiger Komplikationen (s. o.) operative Therapie (transabdominale Gastropexie) auch bei asymptomatischen Patienten. Checkliste Hahn ´ Seite 331
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ä
Erkrankungen der Speiseröhre
332
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19.4 Refluxkrankheit/Ösophagitis Definition ä ä
Refluxkrankheit: symptomatischer Rückfluû von saurem Mageninhalt in die Speiseröhre durch Insuffizienz des unteren Ösophagussphinkters. Refluxösophagitis: entzündliche Schleimhautläsionen bei Refluxkrankheit.
Ursachen ± Epidemiologie ä ä
ä
Primäre Sphinkterinkontinenz: unbekannte Ursache, Begünstigung durch Hiatushernien. Sekundäre Sphinkterinkontinenz: z. B. infolge von Operationen im Bereich des ösophagokardialen Übergangs, Magenausgangsstenose, Sklerodermie, diabetische autonome Neuropathie, Schwangerschaft, Adipositas magna, Aszites, Medikamente (Anticholinergika, Kalziumantagonisten, Nitrate u. a.). Häufige Erkrankung: Refluxbeschwerden bei ca. 10 %, Refluxösophagitis bei ca. 1 % der Bevölkerung, Häufigkeit nimmt mit dem Alter zu.
Klinik
ä
Leitsymptome: Sodbrennen besonders postprandial und im Liegen, epigastrische und/oder retrosternale Schmerzen, Regurgitation (S. 164). In fortgeschrittenen Fällen mit peptischen Stenosen: Dysphagie und Odynophagie (= Schmerzen beim Schlucken).
Diagnostik ± Stadieneinteilung ä
Endoskopie und Biopsie (S. 57), Stadieneinteilung: ± nach Savary/Miller: Tab. 123 ± alternativ MUSE-Klassifikation: (= Metaplasie, Ulkus, Stenose, Erosion): für jedes Kriterium Vergabe von 0 ± 3 Punkten, z. B. M1/U0/S0/E2, erlaubt eine genauere Differenzierung der Schleimhautläsionen.
Tabelle 123 Grad I: Grad II: Grad III: Grad IV:
ä
Endoskopische Einteilung der Refluxkrankheit nach Savary/Miller
einzelne Erosionen (rote = Ia; fibrinbelegte, weiûe = Ib) länglich konfluierende Erosionen (IIa/b s. o.) zirkulär konfluierende Erosionen Komplikationen: Ulzera, Strikturen, Endobrachyösophagus (s. u.).
Langzeit-pH-Metrie: Registrierung des sauren Refluxes mit einer pH-Sonde. Differenzierung refluxbedingter Beschwerden bei endoskopisch unauffälliger Ösophagusschleimhaut (= Refluxkrankheit ohne Refluxösophagitis).
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Komplikationen ä ä
ä
Ulzera, Stenosen/Strikturen, chronische oder akute Blutungen. Endobrachyösophagus = Barrett-Syndrom: Epithelmetaplasie mit Ersatz des Platten- durch Zylinderepithel und nachfolgend erhöhter Neigung zu Ulzerationen (= Barrett-Ulkus) und karzinomatöser Entartung. Nächtliche Aspirationen mit Husten, Heiserkeit; evtl. Asthmaanfälle.
Checkliste Hahn ´ Seite 332
19.4 Refluxkrankheit/Ösophagitis Therapie ä
ä
ä
ä ä ä
Allgemeine Therapiemaûnahmen: ± Meiden negativ beeinflussender Faktoren: Nikotin, Alkohol, opulente, fettoder kohlenhydratreiche v. a. abendliche Mahlzeiten, Medikamente wie Anticholinergika, Kalziumantagonisten, Nitrate ± Gewichtsnormalisierung ± nächtliche ¹Antirefluxlagerungª: Oberkörper im Winkel von ca. 30 erhöht (soweit vom Patienten toleriert). Hemmung der Magensäureproduktion mit Protonenpumpenhemmern (S. 339) = Mittel der Wahl bei Refluxösophagitis: z. B. Omeprazol (z. B. Antra, Gastroloc 20|40 mg/Kps., 40 mg/Amp.). Dosierung: ± bei unkomplizierter Refluxkrankheit: 20 mg/d bis zur Beschwerdefreiheit ± bei Ösophagitis I. und II. : 20 mg/d über 4 Wochen ± bei Ösophagitis III. und IV .: 40 mg/d über 6 Wochen ± bei Rezidivneigung: 20 mg täglich. Motilitätsstimulierende Medikamente = Prokinetika (alternativ bei unkomplizierter Refluxkrankheit, gemeinsame Nebenwirkungen: Diarrhoe, Abdominalkrämpfe): ± Cisaprid (z. B. Alimix, Propulsin 5|10 mg/Tbl. Lösung 1 mg/ml) 3 5 ± 10 mg/d 15 Min. vor dem Essen. ± Dopaminantagonisten: Metoclopramid (z. B. Gastrosil, Paspertin, MCP) in Tropfenform z. B. 3 15 ± 30 Tr./d 15 ± 30 Min. vor dem Essen oder Domperidon (z. B. Motilium) z. B. 3 30 ± 60 Tr./d. 15 ± 30 Min. vor dem Essen. Kostengünstiger als Cisaprid, dafür mehr Nebenwirkungen: · extrapyramidale Symptome: Dyskinesien, Schlundkrämpfe, Schluckstörung etc. Antidot: Biperiden (Akineton), z. B. 1 Amp. i. v. · bei Dauerbehandlung gelegentlich Gynäkomastie und Potenzstörungen. Bei peptischen Stenosen Bougierung unter endoskopischer Kontrolle. Operative Therapie (Fundoplicatio nach Nissen) bei Miûerfolg der konservativen Behandlung. Beim Barrett-Syndrom (s. o.) endoskopisch-bioptische Kontrollen alle 2 Jahre.
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YB
Erkrankungen der Speiseröhre
CM
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Soorösophagitis: Besiedelung der Speiseröhre mit Candida albicans v. a. bei immunsupprimierten Patienten. Diagnose durch Endoskopie und Biopsie mit Pilzkultur. Therapie: Antimykotika (S. 620), Einnahme nach dem Essen und vor dem Schlafengehen: z. B. Nystatin (Moronal Suspension 4 5 ml/d) oder Amphotericin B (Amphomoronal Suspension 4 1 ml/d = 4 1 Pipette). Herpesösophagitis v. a. bei immunsupprimierten Patienten. Diagnose durch Endoskopie und Biopsie. Therapie: symptomatisch (s. o.). Bei immunsupprimierten Patienten in den ersten 3 Tagen Versuch mit Aciclovir: z. B. Zovirax 400|800 mg/Tbl., 250|500 mg/Flasche; Dosierung oral: 5 800 mg/d; i. v.: 3 5 ± 10 mg/kgKG/d über 5 ± 7 Tage. Ösophagitis durch chemische (Verätzung, Alkohol) und physikalische (Bestrahlungstherapie, Verbrühung, Magensonden) Noxen. Arzneimittelulkus: durch längeren (nächtlichen) Schleimhautkontakt nicht vollständig verschluckter Medikamente (z. B. Kaliumpräparate, ASS, Doxycyclin u. a.). Prophylaxe: Einnahme der Medikamente mit ausreichend Flüssigkeit.
Checkliste Hahn ´ Seite 333
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Nicht refluxbedingte Ösophagitiden
Erkrankungen der Speiseröhre
334
CM
YB
19.5 Ösophaguskarzinom Ursachen ± Epidemiologie ä ä ä ä
Konzentrierter Alkohol und Rauchen (insbesondere Kombination von beidem). Schleimhautveränderungen z. B. bei Barrett-Syndrom (S. 332), Achalasie, Plummer-Vinson-Syndrom (S. 523) und Laugenverätzungen. Ernährungsbedingte Faktoren: z. B. Aflatoxine, Eisen- und Vitaminmangel. In Mitteleuropa stellen Ösophaguskarzinome ca. 7 % der malignen Tumore des Verdauungstraktes, Häufigkeitsgipfel im 6. Lebensjahrzehnt. Männer 5mal häufiger betroffen als Frauen.
Klinik ä ä ä
Symptome häufig uncharakteristisch und oft erst im fortgeschrittenen Stadium. Leitsymptom: Dysphagie (meist ab einer Lumeneinengung von > 60 %). Regurgitation, evtl. retrosternale oder epigastrische Schmerzen. Übelkeit, Appetitlosigkeit, Gewichtsabnahme.
Diagnostik ä
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Endoskopie und Biopsie (S. 57) am zuverlässigsten. Histologische Einteilung: ± Plattenepithelkarzinom (am häufigsten) unterschiedlicher Differenzierung ± Adenokarzinom (seltener, aber zunehmend): meist im unteren Ösophagusdrittel lokalisiert. Röntgen-Ösophagusbreischluck: genauere Einschätzung der Längenausdehnung und der Lokalisation (am häufigsten an den 3 physiologischen Ösophagus-Engen). Evtl. Darstellung von ösophago-trachealen Fisteln als Tumorkomplikation. Untersuchungen im Rahmen der Stadieneinteilung: ± Endosonographie: Bestimmung der Tiefenausdehnung ± Bronchoskopie: Ausdehnung auf das Bronchialsystem? ± Thorax-CT: Invasion von Nachbarstrukturen?, Lymphknotenmetastasen? ± Röntgen-Thorax, Sonographie, Skelettszintigraphie: Erfassung von (meist spät auftretenden) hämatogenen Metastasen in Lunge, Leber und Knochen. Tumormarker: SCC-Antigen. Bestimmung im Rahmen der Nachsorge (s. u.).
Therapie ± Prognose ä
ä ä
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Operative Therapie bei Tumoren im mittleren oder unteren Ösophagusdrittel, Ausschluû von Fernmetastasen und Operabilität: Ösophagusresektion bzw. Ösophagektomie mit Magenhochzug. Evtl. Kolon- oder Jejunuminterponat. Strahlentherapie bei inoperablen oder im oberen Ösophagusdrittel lokalisierten Plattenepithelkarzinomen. Chemotherapie (Effektivität fraglich) evtl. bei fortgeschrittenen Karzinomen in Kombination mit Strahlentherapie. Palliative Aufrechterhaltung der Nahrungspassage durch Bestrahlung, Bougierung, Laserbehandlung, Tubus- oder Stenteinlage, PEG (S. 81). Nachsorge: Zwischenanamnese, körperliche Untersuchung, Labor mit SCC, Röntgen-Thorax, Endoskopie und Abdomensonographie als Mindestprogramm. Weitere Diagnostik in Abhängigkeit von Hinweisen für Progression oder Rezidiv. Prognose: 5-Jahresüberlebensrate bei operablen Patienten ~ 10 %. Bei palliativ behandelten Patienten Überlebensdauer < 1 Jahr. Checkliste Hahn ´ Seite 334
20.1 Akute Gastritis Definition ä
Akute Entzündung der Magenschleimhaut mit oberflächlichen Leukozyteninfiltraten. Bei der akuten erosiven Gastritis zusätzlich mit Schleimhautdefekten, die nicht tiefer als in die Muscularis mucosae reichen (= Erosionen).
Ursachen ä ä ä
Streû: Sepsis, Schock, postoperativ, nach Verbrennungen und Traumata u. a. Alkohol, Medikamente (z. B. NSAR, Glukokortikoide), Säuren, Laugen. Infektionen: z. B. im Rahmen einer akuten Gastroenteritis (S. 589 ff.).
Klinik ä ä ä
Epigastrische Schmerzen. Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen. Bei erosiver Gastritis mit Blutung: Symptome einer oberen gastrointestinalen Blutung (S. 681).
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Erkrankungen des Magens
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Diagnostik ä ä
Bei kurzdauernder unkomplizierter Symptomatik Verlaufsbeobachtung. Bei persistierenden bzw. rezidivierenden Beschwerden oder Blutung: Gastroskopie mit Biopsie (S. 57).
Therapie
ä ä ä
Allgemeinmaûnahmen: Alkohol- und Nikotinkarenz, passagere Nahrungskarenz oder Schonkost, Überprüfung der Medikation. Leichte Fälle heilen spontan ab, bei Beschwerden Antazida (S. 339), z. B. 4 1 Eûl. Maaloxan zwischen den Mahlzeiten und zur Nacht oder bei Bedarf). Schwere Fälle mit ausgedehnten Erosionen: H2-Blocker (S. 339). Bei oberer gastrointestinaler Blutung: S. 681.
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Checkliste Hahn ´ Seite 335
Erkrankungen des Magens
336
CM
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20.2 Chronische Gastritis Definition ä
Chronische Entzündung der Magenschleimhaut. Histologische Diagnose ohne typisches Beschwerdebild. Einteilung nach ätiopathogenetischen Kriterien in Typ-A-, Typ-B- und Typ-C-Gastritis.
Ursachen ± Epidemiologie ä
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ä
Typ-A-Gastritis (3 ± 6 %): autoimmunologische Genese mit Autoantikörpern gegen Belegzellen und/oder gegen intrinsic-factor. Folgen: Achlorhydrie mit Anazidität und Hypergastrinämie, perniziöse Anämie (S. 524). Lokalisation in der Korpusregion. Erhöhte Inzidenz für Magenkarzinom. Typ-B-Gastritis (am häufigsten: 80 ± 90 %): bakteriell verursachte Entzündung meist durch Helicobacter pylori (Hp). Lokalisation in der Antrumregion mit aszendierender Ausbreitung. Häufige Erkrankung: ca. 50 % der Bevölkerung > 50 Jahre. Oft Ursache einer rezidivierenden Ulkuskrankheit. Bei Hp-Gastritis mit intestinaler Metaplasie erhöhte Magenkarzinominzidenz. Typ-C-Gastritis (ca. 10 %): chemisch toxisch verursachte Entzündung meist durch Gallereflux (häufig beim operierten Magen) oder Einnahme nichtsteroidaler Antiphlogistika. Seltener granulomatöse Gastritis (z. B. bei Morbus Crohn, Sarkoidose, Tbc) oder eosinophile Gastritis (oft im Rahmen einer eosinophilen Gastroenteritis unbekannter oder allergischer Genese, Therapie: Glukokortikoide).
Klinik ä
Meist keine Symptome. Evtl. Völlegefühl, Blähungen, Durchfälle.
Diagnostik ä
ä
Gastroskopie mit Biopsie für histologische Untersuchung (Entnahme von mindestens 2 Gewebepartikeln getrennt aus Korpus und Antrum) und für UreaseSchnelltest im Rahmen der Helicobacter-pylori-Diagnostik (S. 338). Bei Typ-A-Gastritis evtl. Bestimmung von Vitamin B12 (S. 773) sowie Antikörpern gegen Belegzellen und/oder intrinsic-factor im Serum.
Therapie ä
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Typ-A-Gastritis: ± ggf. Behandlung einer perniziösen Anämie (S. 524) ± endoskopisch-bioptische Kontrollen alle 3 Jahre (erhöhte Karzinominzidenz). Typ-B-Gastritis: ± Hp-Eradikationstherapie (S. 340) bei Beschwerden, Ulkuskrankheit und intestinaler Metaplasie ± bei intestinaler Metaplasie endoskopisch-bioptische Kontrollen alle 3 Jahre (erhöhte Karzinominzidenz). Typ-C-Gastritis: bei symptomatischem Gallereflux evtl. Prokinetika (S. 333).
Checkliste Hahn ´ Seite 336
20.3 Gastroduodenale Ulkuskrankheit Definition ä ä ä
Ulkus: umschriebener Schleimhautdefekt, der im Gegensatz zur Erosion über die Muscularis mucosae hinaus in die tieferen Wandschichten reicht. Akute Streûläsion: einmaliges Auftreten einer Erosion oder eines Ulkus. Ulkuskrankheit: rezidivierendes Auftreten gastroduodenaler Ulzera.
Ursachen ± Epidemiologie ä ä
ä
Akute Streûläsion: z. B. bei Sepsis, Schock, postoperativ, nach Verbrennungen und Traumata. Ulkuskrankheit: ± Miûverhältnis zwischen protektiven Faktoren (Durchblutung, Mukosabarriere, Magenschleim) und aggressiven Faktoren (Säure, Helicobacter pylori, Pepsin, Gallereflux, Nikotinabusus, Medikamente wie z. B. NSAR und Glukokortikoide, psychischer und physischer Streû) ± genetische Prädisposition (z. B. bei Blutgruppe 0) ± seltener endokrine Erkrankungen: Zollinger-Ellison-Syndrom, Hyperparathyreoidismus. Inzidenz des Ulcus duodeni ca. 150/100 000 Einwohner/Jahr, Ulcus ventriculi ca. 3 mal seltener. Verhältnis Männer : Frauen: beim Ulcus duodeni 3,5 : 1, beim Ulcus ventriculi in etwa ausgeglichen. Beim Ulcus duodeni in ca. 90 % der Fälle Assoziation mit einer Helicobacter-pylori-Infektion.
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Erkrankungen des Magens
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Lokalisation ä ä
Ulcus ventriculi: 80 % kleinkurvaturseits besonders im Bereich der Angulusfalte und des Antrums. Multiple Ulzera häufig bei medikamentöser Genese. Ulcus duodeni: Bulbus duodeni, meist vorderwandseits. Weiter distal gelegene multiple Ulzera bei medikamentöser Genese oder Zollinger-Ellison-Syndrom.
Klinik ä ä ä ä
Epigastrische Schmerzen: nüchtern, postprandial, ohne Beziehung zur Nahrungsaufnahme und/oder nachts. Evtl. Ausstrahlung in den rechten Oberbauch, nach retrosternal, in den Unterbauch oder Rücken (z. B. bei penetrierendem Ulcus duodeni). Übelkeit, Erbrechen und Inappetenz bei Magenausgangsstenose. Asymptomatisch: häufig bei Patienten unter NSAR-Therapie.
ä ä
ä ä
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Blutung: S. 681. Perforation: schlagartig einsetzende oder sich verstärkende heftige Schmerzen mit ¹bretthartemª Abdomen. Nachweis freier Luft auf der Röntgen-Abdomenübersichtsaufnahme (S. 48). Penetration in Nachbarorgane (z. B. Pankreas bei Ulcus duodeni). Magenausgangsstenose: akut durch entzündliche Schleimhautschwellung, chronisch durch Narbenbildung bei rezidivierenden, intrapylorisch oder im Bulbus duodeni lokalisierten Ulzera. Magenkarzinom: Spätkomplikation bei chronischem Ulcus ventriculi. Checkliste Hahn ´ Seite 337
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Komplikationen
Erkrankungen des Magens
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CM
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20.3 Gastroduodenale Ulkuskrankheit Diagnostik ± Differentialdiagnose ä
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Endoskopie mit Biopsie (S. 57): bei Ulcus duodeni Helicobacter-pylori-Diagnostik, bei Ulcus venticuli Helicobacter-pylori-Diagnostik + Malignomausschluû (6 Partikel aus Ulkusrand, 1 ± 2 Biopsien aus Ulkusgrund, Kontrolle nach Therapie). Helicobacter-pylori-Diagnostik: ± Urease-Schnelltest (z. B. HUT-Test): Partikelentnahme aus dem Antrum, zur Beurteilung des Therapieerfolgs aus dem Antrum und Corpus. Falsch negative Ergebnisse besonders nach Vorbehandlung mit säurehemmenden Medikamenten (z. B. Protonenpumpenhemmer, H2-Blocker) ± Histologie: sensitiver als Urease-Test ± 13C-Atemtest: oral gegebener 13C-markierter Harnstoff wird durch HPUrease gespalten und absorbiert, wonach ein Anstieg des abgeatmeten 13 CO2 gemessen werden kann; nicht invasive Beurteilung des Therapieerfolgs bei entsprechender apparativer Ausstattung ± Serologie: wegen unterschiedlicher, teils langer Persistenz der Serum-Antikörper zur Beurteilung des Therapieerfolgs ungeeignet ± Kultur (Biopsie): Bedeutung für die Keimaustestung bei Therapieresistenz. Röntgen-Magen-Darm-Passage (MDP): wegen fehlender Biopsiemöglichkeit nur noch untergeordnete Rolle. Labor: Ausschluû endokriner Ursachen einer Ulkuskrankheit: ± primärer Hyperparathyreoidismus: Serum-Ca++, ggf. Parathormon (S. 503) ± Zollinger-Ellison-Syndrom: Gastrin-Bestimmung, ggf. Sekretin-Test (S. 370) Differentialdiagnose: andere Ursachen abdomineller Beschwerden (S. 166).
Therapie ä
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Allgemeinmaûnahmen: Schonung, Nikotinabstinenz, Meiden ulzerogener Medikamente (z. B. NSAR, Glukokortikoide), Weglassen unverträglicher Nahrungsmittel, kleinere und häufigere Mahlzeiten. Eradikationstherapie (Tab. 125): bei Helicobacter-pylori-Nachweis. Medikamentöse Säurehemmung und/oder Schleimhautprotektion: ± Protonenpumpenhemmer (Tab. 124) über 4 Wochen (am wirksamsten) ± H2-Rezeptorantagonisten (Tab. 124) über 4 Wochen ± Antazida und Sucralfat (komplizierte Einnahme) sowie Anticholinergika (unangenehme Nebenwirkungen) sind von untergeordneter Bedeutung. Prostaglandinanaloga (s. u.) bei Ulzera unter notwendiger Behandlung mit NSAR. Therapie rezidivierender Ulzera: ± mit Helicobacter-pylori-Nachweis: Eradikationstherapie (S. 340) ± ohne Helicobacter-pylori-Nachweis: medikamentöse Prophylaxe mit H2Blocker in halber Dosisierung (s. u.). Therapie der Ulkusblutung: S. 681. Verlaufskontrolle unter Therapie: Kontrollendoskopie mit Biopsie einschlieûlich Helicobacter-Diagnostik nach 4 Wochen, bei Komplikationen oder ausgedehnten Ulzerationen früher.
Checkliste Hahn ´ Seite 338
20.3 Gastroduodenale Ulkuskrankheit Tabelle 124 Freiname
Ulkustherapeutika Handelsname z. B. Dosierung
Wichtige NW
Protonenpumpenhemmer (Hemmung der Säuresekretion) Omeprazol
Antra Gastroloc oral: 20(40) mg/d, bei 10|20|40 mg/Kps. Gastrinom 160 mg/d. 40 mg/Amp. i. v.: 40 mg/d, bei Ulkusblutung 2 40 mg/d
Lansoprazol Agopton 15|30 mg/Kps
(15)30(60) mg/d oral
Pantoprazol Pantozol Rifun 40 mg/Tbl.
40(80) mg/d oral
Übelkeit, Kopfschmerzen, Schwindel, BB-Veränderungen. Bei hohen Dosen Sehstörungen.
H2-Rezeptorantagonisten (Hemmung der Säuresekretion) Cimetidin
Tagamet 200| oral: 800 mg abends 400|800 mg/Tbl. Prophylaxe 400 mg 200|400 mg/Amp. i. v.: 2 200 mg/d
Ranitidin
Sostril Zantic 150|300 mg/Tbl. 50 mg/Amp.
oral: 300 mg abends Prophylaxe 150 mg i. v. 3 ± 4 50 mg/d
Famotidin
Pepdul Ganor 20|40 mg/Tbl. 20 mg/Amp.
oral: 40 mg abends Prophylaxe 20 mg i. v. 2 20 mg/d
Roxatidin
Roxit 75|150 mg/Kps.
oral: 150 mg abends Prophylaxe 75 mg
Nizatidin
Gastrax Nizax 150|300 mg/Kps.
oral: 300 mg abends Prophylaxe 150 mg
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Erkrankungen des Magens
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Übelkeit, Diarrhoe, Hautausschläge, Myalgien, Kopfschmerzen, Verwirrtheitszustände (häufiger bei Cimetidin), Transaminasenerh., BB-Veränderungen, Potenzstörungen, Gynäkomastie u. a. Dosisreduktion bei Niereninsuffizienz. Langsame i. v.-Gabe
Antazida (Neutralisation der Magensäure) Al /Mg++Hydroxid
Maalox 70 Maaloxan
Al-Hy./Ca++- Solugastril carbonat
4 1 Btl.|Eûl.|Tbl./d Stuhlerweichung, 1 ± 2 h nach dem Essen Diarrhoe und zur Nacht Obstipation
Filmbildner (Schleimhautprotektion) Sucralfat
Ulcogant Tbl./ Susp./Granulat
4 1 Tbl.|5 ml|1 Btl., nach dem Essen
Übelkeit, Obstipation
2 ± 4 200 g/d
Checkliste Hahn ´ Seite 339
Bauchschmerzen, Diarrhoe, Menorrhagien. Kontraindikationen: Gravidität, Stillzeit
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Prostaglandinanaloga (Schleimhautprotektion v. a. unter NSAR-Therapie) Misoprostol Cytotec 200 g/Tbl.
Erkrankungen des Magens
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20.3 Gastroduodenale Ulkuskrankheit Tabelle 125 Schema
Therapieschemata zur Helicobacter-pylori-Eradikation Medikamente/Dosierung (Therapiedauer 7 Tage) Omeprazol
Clarithromycin Metronidazol Amoxicillin
OCM (Standard) 2 20 mg
2 250 mg
OCA (alternativ) 2 20 mg
2 500 mg
2 400 mg 2 1g
Statt Omeprazol kann auch Lansoprazol (2 30 mg) oder Pantoprazol (2 40 mg) verwendet werden. Handelsnamen und Nebenwirkungen der Antibiotika: S. 613; Omeprazol wird vor, Antibiotika werden nach dem Essen eingenommen. Kontrolle des Eradikationserfolges frühestens 4 Wochen nach Therapiebeginn durch Endoskopie einschlieûlich Antrum- und Corpusbiopsie (CLO-Test und Histologie) oder 13C-Atemtest ä
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Chirurgische Therapie bei Komplikationen, konservativer Therapieresistenz und Karzinomverdacht (trotz negativer Histologie). Häufige Verfahren: ± Ulcus ventriculi: 2/3-Resektion und Passagewiederherstellung nach Billroth I/II oder Y-Roux (Abb. 84) ± Ulcus duodeni: selektive proximale Vagotomie (SPV), bei Magenausgangsstenose SPV + Pyloroplastik ± kombinierte Ulcera ventriculi et duodeni: Exzision des Magenulkus + SPV + Pyloroplastik, alternativ auch Antrektomie + Vagotomie ± im Notfall: bei Blutung oder Perforation Ulkusumstechung bzw. -exzision und Übernähung.
Gastroduodenostomie (Billroth I)
Abb. 84
Gastrojejunostomie (Billroth II)
Y-Gastrojejunostomie nach Roux
Magenresektionsverfahren in der Ulkuschirurgie
Checkliste Hahn ´ Seite 340
20.3 Gastroduodenale Ulkuskrankheit Prognose ä
Spontanheilungsquote beim Ulcus duodeni 30 ± 40 % in 4 Wochen, unter adäquater Therapie Heilung in > 90 %. Hohe Rezidivneigung, die durch o. g. allgemeintherapeutische Maûnahmen und ggf. durch Eradikationstherapie deutlich gemindert werden kann.
Komplikationen des operierten Magens
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Dumping-Syndrom: ± Früh-Dumping: Übelkeit, abdominelle Beschwerden oder Herzklopfen mit Kollapsneigung kurz nach dem Essen durch Sturzentleerung des Magenstumpfes, oder passagere Hypovolämie durch hyperosmotisch wirkende Kohlenhydrate besonders nach BII-Resektion. Therapie: häufige kleine kohlenhydratarme Mahlzeiten ± Spät-Dumping (seltener): Hypoglykämiesymptome (S. 490) 2 ± 3 h nach dem Essen durch überschieûende Insulinausschüttung bei kohlenhydratreichen Mahlzeiten. Therapie: kohlenhydratärmere Mahlzeiten, ggf. leichte Kohlenhydratzufuhr im Rahmen von Zwischenmahlzeiten. Syndrom der zuführenden Schlinge (afferent-loop-Syndrom) nach BII-Resektion: Übelkeit, Erbrechen, epigastrisches Völlegefühl durch Stau von Gallesekret in der Duodenalschlinge bei zu enger Öffnung oder durch abflieûenden Mageninhalt in die Duodenalschlinge bei zu weiter Öffnung. Diagnose: MDP, Endoskopie. Therapie: chirurgisch. Blindsack-(¹blind-loopª)-Syndrom mit Maldigestion (S. 345) infolge Dekonjugation der Gallensäuren durch bakterielle Fehlbesiedelung . Postvagotomiesyndrom: Völlegefühl, Refluxbeschwerden oder Durchfälle. Therapie: Bei Durchfällen Versuch mit Colestyramin. Beschwerden des kleinen Restmagens: postprandiales Völlegefühl. Therapie: häufige kleine Mahlzeiten, ggf. chirurgisch (Jejunuminterposition). Ernährungsstörungen: Eisen- (S. 523) und B12-Mangelanämien (S. 524), bei zu rascher Passage Maldigestion und Malabsorption (S. 345). Anastomosenulkus durch fortbestehende Disposition (s. o.). Magenstumpfkarzinom: Spätkomplikation ab ca. 15 Jahre nach Magenresektion. Daher ab diesem Zeitraum mindestens alle 2 Jahre Gastroskopiekontrolle.
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Erkrankungen des Magens
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Checkliste Hahn ´ Seite 341
Erkrankungen des Magens
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20.4 Magenkarzinom Ursachen ± Epidemiologie ä
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Krankheiten mit erhöhtem Karzinomrisiko: ± chronische Typ-A-Gastritis ± helicobacterassoziierte Typ-B-Gastritis mit intestinaler Metaplasie ± operierter Magen (nach BI- und BII-Resektion), 15 ± 20 Jahre p. o. ± Polyposis ventriculi, adenomatöse Magenpolypen ± chronisches Ulcus ventriculi ± Morbus MØnØtrier (¹Riesenfaltenmagenª): exsudative Enteropathie (S. 347) mit Diarrhoen und Eiweiûverlust (Folge: Ödeme). Diagnose: Endoskopie mit Biopsie. Regelmäûige (jährliche) endoskopisch-bioptische Kontrollen. Evtl. genetische (Blutgruppe A) und Ernährungsfaktoren (Nitrate). Inzidenz in Mitteleuropa ca. 30/100 000 Einwohner/Jahr. Häufigkeitsgipfel im 6. und 7. Lebensjahrzehnt, Männer häufiger betroffen als Frauen.
Einteilung ä
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Makroskopisch (nach Borrmann): ± I: polypös blumenkohlartig ± II: ulzerierend ± III: ulzerös-infiltrierend ± IV: diffus infiltrierend. Nach der Histologie (WHO): ± Adenokarzinom (95 %) · papillärer Typ · tubulärer Typ · muzinöser Typ · Siegelringzellkarzinom ± adenosquamöses Karzinom (4 %) ± Plattenepithelkarzinom (< 1 %) ± undifferenziertes Karzinom (< 1 %). Grading (= Differenzierungsgrad): G1 = hoch, G2 = mäûig gut, G3 = schlecht, G4 = nicht differenziertes (= anaplastisches) Karzinom. Nach dem Wachstumsmuster (nach Lauren): ± intestinaler Typ: gut begrenzt, Lymphknotenmetastasen später (bessere Prognose) ± diffuser Typ (Szirrhus): diffus infiltrierend, frühe Lymphknotenmetastasen (schlechtere Prognose). Nach dem TNM-Stadium (bzw. pTNM postoperativ): (T = Primärtumor, N = Lymphknoten-, M = Fernmetastasen). ± TIS : Carcinoma in situ (= Oberflächenkarzinom, Basalmembran intakt) ± T1 : auf Mukosa/Submukosa beschränkt (Frühkarzinom = early cancer) ± T2 : Tumor bis Serosa reichend ± T3 : Tumor durchbricht Serosa ohne Infiltration der Nachbarorgane ± T4 : Tumorbefall auch der Nachbarorgane ± N0 : keine Lymphknotenmetastasen ± N1 : regionale Lymphknotenmetastasen < 3 cm vom Primärtumor entfernt ± N2 : regionale Lymphknotenmetastasen > 3 cm vom Primärtumor entfernt ± N3 : disseminierter intraabdominaler Lymphknotenbefall ± M0 : keine Fernmetastasen ± M1 : Fernmetastasen: häufig in Leber, Lunge, Skelett, Gehirn.
Checkliste Hahn ´ Seite 342
20.4 Magenkarzinom ä
Makroskopische Einteilung des Frühkarzinoms (nach der japanischen Gesellschaft für gastrointestinale Endoskopie): ± I: vorgewölbte Form ± II: oberflächliche Form (a: erhaben, b: eben, c: eingesenkt) ± III: exkavierte Form.
Klinik ä ä ä ä ä ä
Insbesondere im Frühstadium meist symptomlos. Evtl. Abneigung gegen Fleisch und Wurst. Bei Magenausgangsstenose: Übelkeit, postprandiales Völlegefühl und Erbrechen. Bei stenosierendem Kardiakarzinom Dysphagie. Ggf. akute (S. 681) oder chronische (Anämie), Blutungssymptome. Bei fortgeschrittenem Karzinom: je nach Ausdehnung Leistungsknick, Gewichtsabnahme, palpabler Tumor, Aszites, Ikterus, Hepatomegalie, vergröûerte links-supraklavikuläre Lymphknoten (= Virchow-Lymphknoten), Krukenberg-Tumor = meist bds. Ovarialkarzinom infolge von Metastasen eines Gallertkarzinoms des Magens (mit schleimbildenden Siegelringzellen).
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Erkrankungen des Magens
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Diagnostik ä
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Endoskopie mit Biopsie (S. 57): Hauptlokalisationen Antrum-Pylorus, kleine Kurvatur und Kardiabereich. Bei negativer Histologie trotz Karzinomverdacht kurzfristige endoskopisch-bioptische Kontrollen. Röntgendiagnostik mit Doppelkontrasttechnik: evtl. als Ergänzung zur Endoskopie (genauere Lokalisation und Ausdehnung), Darstellung diffus infiltrierender Karzinome (typisch: Wandstarre). Untersuchungen im Rahmen der Stadieneinteilung: ± Endosonographie: Einschätzung der Tiefenausdehnung ± Metastasensuche: Abdomensonographie (evtl. Abdomen-CT), RöntgenThorax, ggf. Skelettszintigraphie und Schädel-CT. Tumormarker zur Verlaufs- und Therapiekontrolle: CA 72 ± 4 (am sensitivsten), CEA, (CA 19 ± 9).
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Lokalisiertes Magenkarzinom: Therapie der Wahl ist die radikale Tumorresektion: ± Standardoperation: Gastrektomie + Lymphadenektomie + Entfernung des groûen und kleinen Netzes + evtl. Splenektomie mit/ohne Ersatzmagenbildung durch Jejunuminterponat. Bei Kardiakarzinom zusätzlich distale Ösophagusresektion ± Bei kleinem Antrumkarzinom vom intestinalen Typ partielle Magenresektion mit Lymphadenektomie und Netzresektion ± Bei Magenfrühkarzinom und hohem OP-Risiko lokale Exzision. Primär nichtoperables Magenkarzinom ohne Fernmetastasen: ± Bei jungen Patienten: präoperative neoadjuvante (S. 110) Chemotherapie evtl. mit gleichzeitiger Strahlentherapie, dann Operation unter kurativer Zielsetzung ± Bei älteren Patienten oder wenn durch die neoadjuvante Therapie keine Operabilität erreicht werden kann: palliative Therapiemaûnahmen (s. u.). Checkliste Hahn ´ Seite 343
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Therapie
Erkrankungen des Magens
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CM
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20.4 Magenkarzinom ä
Fortgeschrittenes Magenkarzinom mit Fernmetastasen: palliative Therapiemaûnahmen. Möglichkeiten: ± Bei Blutung oder Stenose: palliative Resektion oder ggf. Lasertherapie ± Bei Magenausgangsstenose: Umgehungsanastomose ± Bei stenosierendem Kardiakarzinom: Tubus- oder Stenteinlage ± Evtl. palliative Chemotherapie, falls dadurch eine Verbesserung der Lebensqualität erwartet werden kann.
Prognose ä
5-Jahresüberlebensraten bei unter kurativer Zielsetzung operierter Patienten: ± Carcinoma in situ: 100 % ± Frühkarzinom: ca. 90 % ± T1N1M0 oder T2N1M0: 60 ± 70 % ± weiter fortgeschrittene Karzinome: 20 ± 30 % ± bei Resttumoren nach Operation: < 10 %.
Andere Magentumoren ä
& 20 &
ä
Benigne: ± fokale Hyperplasie, hyperplasiogener Magenpolyp (Entartung selten), adenomatöser Magenpolyp (ca. 20 % Entartung), flaches Adenom ± Leiomyom, Lipom, Neurinom, Neurofibrom, ektopes Pankreas u. a. Therapie: endoskopische Abtragung und histologische Untersuchung. Maligne: ± Non-Hodgkin-Lymphome: z. B. MALT-Lymphome, welche häufig auf dem Boden einer Hp-Gastritis (S. 336) entstehen (Therapie: S. 540) ± Karzinoid (S. 370).
Checkliste Hahn ´ Seite 344
Definition ä ä
ä
Malassimilationssyndrom: Symptomenkomplex unterschiedlicher Ursache infolge Maldigestion oder Malabsorption oder Kombination von beidem. Maldigestion: Störung der Verdauung im Magen-/Darmlumen infolge einer verminderten bzw. fehlenden Aktivität pankreatischer oder Dünndarmmukosa-Enzyme oder infolge einer erniedrigten Gallensäurenkonzentration. Malabsorption: Störung des Transports von Nahrungsbestandteilen aus dem Darmlumen ins Blut- oder Lymphgefäûsystem.
Ursachen einer Maldigestion ä ä ä
Z. n. Magenresektion. Exokrine Pankreasinsuffizienz: chronische Pankreatitis, Z. n. Pankreasresektion, Pankreaskarzinom, Mukoviszidose (autosomal rezessive Erbkrankheit). Mangel an konjugierten Gallensäuren: ± Cholestase: Verschluûikterus, intrahepatische Cholestase, primär biliäre Zirrhose ± Gallensäurenverlustsyndrom: Ileumresektion, Morbus Crohn mit Befall des Ileums, Blindsacksyndrom mit bakterieller Fehlbesiedelung nach Magenresektion (S. 341) oder Dünndarmdivertikel, Fistelbildungen.
Ursachen einer Malabsorption ä ä
ä ä ä
ä
Kurzdarmsyndrom nach Dünndarmresektion Erkrankungen des Dünndarmes z. B.: ± einheimische Sprue (= Zöliakie): allergische Reaktion gegen Gluten (Getreideeiweiû z. B. in Weizen, Gerste, Roggen, Hafer). Diagnose: tiefe Duodenalbiopsie (Zottenatrophie), Antikörpernachweis. Therapie: glutenfreie Diät ± Chronische Infektionen mit Befall des Dünndarmes: z. B. Yersiniose, Amöbiasis, Parasitosen (Lamblien, Askariden, Strongyloiden etc.), Tbc ± Morbus Crohn: S. 351 ± Amyloidose (S. 461) des Dünndarmes ± Morbus Whipple: seltene bakterielle Infektion (Tropheryma whippelii) mit Malabsorption, Polyarthritis, Lymphknotenschwellung u. a. Diagnose: tiefe Duodenal-, besser Jejunalbiopsie. Therapie: antibiotisch mit oralem Cephalosporin der 3. Generation oder Cotrimoxazol für ca. 1 Jahr ± Laktoseintoleranz: angeborener oder sekundärer Laktasemangel mit Beschwerden nach Milchgenuû. Diagnose: Laktose-Toleranztest (S. 20) oder H2-Atemtest (S. 20). Therapie: Verzicht auf Milch(produkte) ± Primäre intestinale Lymphome (S. 538) ± Strahlenenteritis. Arterielle Durchblutungsstörungen bei Angina abdominalis. Venöse Durchblutungsstörung bei chronischer Rechtsherzinsuffizienz. Gestörte Lymphdrainage: Morbus Hodgkin (S. 536), Non-Hodgkin-Lymphome (S. 538), Lymphknotenmetastasen, selten idiopathische intestinale Lymphangiektasie. Endokrine Erkrankungen: diabetische autonome Polyneuropathie (S. 480), Hyperthyreose (S. 496), VIPom (S. 370), Zollinger-Ellison-Syndrom (S. 370), Karzinoid (S. 370) u. a.
Checkliste Hahn ´ Seite 345
Erkrankungen des Dünn- und Dickdarmes
21.1 Malassimilationssyndrom
345
YB
& 21 &
CM
Erkrankungen des Dünn- und Dickdarmes
346
CM
21.1 Malassimilationssyndrom Klinik
ä ä ä
Leitsymptome: Gewichtsverlust und voluminöse Durchfälle, evtl. glänzende, helle Fettstühle (= Steatorrhoe). Meteorismus, Flatulenz (bakterielle Verwertung nicht resorbierter Kohlenhydrate). Symptome der Grunderkrankung. Mangelerscheinungen: ± Ödeme, Aszites (Proteinmalabsorption und -verlust bei exsudativer Enteropathie S. 347) ± Hyperkeratose, Nachtblindheit, Konjunktivitis sicca (Vitamin-A-Mangel) ± Parästhesien, Knochenschmerzen, Osteomalazie (Vitamin-D- und Ca++Mangel) ± Hämatome, vermehrte Blutungsneigung (Vitamin-K-Mangel) ± Neuropathien, Dermatitis (Mangel an B-Vitaminen) ± Anämie (Eisen-, Vitamin-B12- und Folsäuremangel).
Diagnostik ± Differentialdiagnose ä
ä ä
ä
ä
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YB
Diagnose der Malassimilation: ± Anamnese: Nahrungsmittelunverträglichkeiten?, Operationen? etc. ± Klinik (s. o.) ± Stuhlinspektion: Konsistenz, Farbe, Geruch, Fettauflagerung ± Differentialdiagnose Gewichtsverlust: S. 134, Diarrhoe: S. 174 ± Routinelabordiagnostik: Blutbild, Serumeisen, Ferritin, Ca++, Mg++, Cholesterin, Gesamteiweiû, Albumin und Quick erniedrigt, alkalische Phosphatase erhöht ± Erweiterte Labordiagnostik: Folsäure, Vitamine A, D, B12 u. a. erniedrigt ± Suchtest für die Malassimilation: Bestimmung von Stuhlfett (pathologisch > 7 g/Tag) oder Stuhlgewicht (pathologisch > 250 g/Tag) über 72 Stunden. Diagnose der Maldigestion: Malassimilation mit normalem D-Xylose- (S. 20) und Schilling-Test (S. 21). Diagnose der Malabsorption: ± Malabsorption im oberen Dünndarm: Malassimilation mit pathologischem D-Xylose- und normalem Schillingtest (ggf. mit intrinsic-factor-Gabe) ± Malabsorption im unteren Dünndarm: Malassimilation mit normalem DXylose- und pathologischem Schillingtest (auch nach intrinsic-factor-Gabe). Diagnose der Grunderkrankung bei Maldigestion: ± Pankreasfunktionsdiagnostik: S. 368 ± Cholestase: Bilirubin, aP, g GT, Sonographie, ERCP. Bei V. a. Gallensäureverlustsyndrom SeHCAT-Test (S. 21) oder 14C-Glykocholat-Atemtest (S. 21) ± Diagnose einer bakteriellen Fehlbesiedelung durch H2-Atemtest (S. 20). Diagnose der Grunderkrankung bei Malabsorption (vgl. Ursachen): ± Stuhl auf pathogene Keime und Parasiten ± Ösophagogastroduodenoskopie u. a. mit tiefer Duodenalbiopsie (Morbus Whipple?, Sprue?, Amyloidose?, Lymphangiektasie?, Lymphom? etc.) ± Ileocoloskopie mit Biopsien aus allen Darmabschnitten (Morbus Crohn?, Amyloidose? etc.) ± Röntgen-Doppelkontrastuntersuchung des Dünndarmes nach Sellink (Lymphome?, Tumoren?, Fisteln?, granulomatöse Veränderungen?).
Checkliste Hahn ´ Seite 346
21.1 Malassimilationssyndrom Therapie ä ä ä ä
ä
Behandlung der Grundkrankheit. Bei Intoleranz gegenüber Nahrungsbestandteilen diätetische Therapie (z. B. glutenfrei bei Sprue, milchproduktfrei bei Laktoseintoleranz). Bei bakterieller Fehlbesiedelung antibiotische Therapie z. B. mit Doxycyclin (S. 617). Substitutionstherapie in der Akutphase und bei nicht ausreichenden kausalen Therapiemöglichkeiten: ± bei schlechtem Allgemeinzustand vorübergehende, stufenweise gesteigerte hochkalorische parenterale Ernährung (S. 88) ± parenterale Substitution von Vitaminen und Spurenelementen (S. 88) ± bei chologener Diarrhoe und Fettresorptionsstörung Fettrestriktion (< 40 g/ d) und Ersatz durch mittelkettige Triglyzeride (MCT z. B. in Ceres- oder mct-basis-plus-Margarine/Öl). Parenterale Substitution fettlöslicher Vitamine (ADEK-Falk 1 Amp./Woche i. m.). Symptomatische Therapie leichterer Diarrhoen mit Colestyramin (Quantalan 4 g/Btl.) 8 ± 12 g/d, wenn probatorische Gabe über 3 Tage erfolgreich ist (Nebenwirkungen: S. 476) ± bei exokriner Pankreasinsuffizienz Enzymsubstitution: S. 368. Behandlung des Kurzdarmsyndroms: ± in der Akutphase (ca. 3 Wochen) parenterale Ernährung ± bei Restdünndarm < 60 ± 80 cm parenterale Dauerernährung (mit untertunneltem ZVK z. B. Hickman-Katheter auch in häuslicher Umgebung möglich) ± bei Restdünndarm > 60 ± 80 cm stufenweise enteraler Kostaufbau zunächst unter Verwendung chemisch definierter Diätlösungen (z. B. Oligopeptiddiät: Peptisorb, Salvipeptid) ggf. mit nasoenteraler Verweilsonde und Ernährungspumpe (z. B. Nutromat). Langsamer oraler Kostaufbauversuch unter Fettrestriktion und Substitution als MCT (s. o.). Parenterale Vitaminsubstitution (S. 88). Bei chologener Diarrhoe Versuch mit Colestyramin (s. o.).
347
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Erkrankungen des Dünn- und Dickdarmes
CM
Exsudative Enteropathie
ä
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Pathologisch vermehrter intestinaler Eiweiûverlust entweder durch vermehrte Lymphstauung (intestinale Lymphangiektasie, Morbus Whipple, maligne Lymphome, retroperitoneale Fibrose = Morbus Ormond, schwere Rechtsherzinsuffizienz) oder durch Erkrankungen der Schleimhaut mit vermehrter Eiweiûexsudation (chronisch entzündliche Darmerkrankungen, Morbus MØnØtrier u. a.). Diagnostisches Vorgehen und Klinik wie bei Malassimilation. Nachweis des intestinalen Eiweiûverlustes durch Bestimmung von a1-Antitrypsin im Stuhl (> 3 mg/g Stuhl) oder 51Cr-Albumintest (Gabe markierten Albumins und Messung des Verlustes mit der Gammakamera). Therapie der Grundkrankheit, proteinreiche Kost, MCT-Produkte (s. o.).
& 21 &
ä
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Erkrankungen des Dünn- und Dickdarmes
348
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21.2 Nahrungsmittelintoleranz Definition ä
Auftreten von gastrointestinalen und/oder systemischen Beschwerden im zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme bestimmter Nahrungsmittel.
Ursachen ä
ä
ä ä
ä
Nahrungsmittelintoleranz auf dem Boden einer funktionellen Störung (z. B. Colon irritabile) meist über eine Beeinflussung der Motilität, häufig bei Hülsenfrüchten, bestimmten Kohlenhydraten und Fetten (am häufigsten). Spezifische Nahrungsmittelintoleranz durch Enzymdefekt, z. B. bei Laktoseintoleranz oder seltenen anderen Kohlenhydratintoleranzen (z. B. Fruktoseintoleranz). Unspezifische Nahrungsmittelintoleranz bei organischen Erkrankungen mit Malassimilation, bei Gallensteinen, Ulzera, Tumoren u. a. Nahrungsmittelallergie als spezifisch allergische Reaktion (häufig Typ I bzw. Soforttyp, vgl. S. 457) gegen Nahrungsallergene: Kuhmilch(produkte), Getreide (Sprue), Obst, Sellerie, Hühnerei, Nüsse, Fisch, Hefen, Gewürze u. a. Nahrungsmittelpseudoallergie: allergische Symptome durch vasoaktive Substanzen in bestimmten Nahrungsmitteln (z. B. Käse, Wein, Walnüsse) oder durch eine nicht allergische unspezifische Stimulation der Histaminausschüttung in Mastzellen (z. B. Erdbeeren, Lebensmittelzusätze wie Farbstoffe etc.).
Klinik ä ä ä
Funktionelle Nahrungsintoleranz: Sodbrennen, Meteorismus, Bauchschmerzen. Laktoseintoleranz (S. 345) und unspezifische Nahrungsmittelintoleranz: siehe unter entsprechender Grunderkrankung. Nahrungsmittelallergie- und Pseudoallergie: ± Haut: Urtikaria (S. 459), Angioödem (Quincke-Ödem), Exantheme, Juckreiz ± Gastrointestinaltrakt: Übelkeit, Erbrechen, Bauchkrämpfe ± Atemwege: Asthmaanfall, Glottis- oder Larynxödem, allergische Rhinitis ± Kreislaufreaktion: Blutdruckabfall bis zum anaphylaktischen Schock.
Diagnostik ä ä ä ä
Anamnese: Nahrungsanamnese, Atopiker?, Grunderkrankungen etc. Suche nach gastrointestinaler Grunderkrankung. Karenz- und Reexpositionsversuche. Allergiediagnostik: S. 457.
Therapie ä
& 21 &
ä
Eliminationsdiät, Therapie der Grunderkrankung. Nahrungsmittelallergien: ± Prophylaxe durch Stillen ± Hyposensibilisierungsversuch ± Evtl. Mastzellstabilisatoren (z. B. 4 2 Kps. Colimune vor dem Essen) ± Therapie anaphylaktischer Reaktionen: S. 460.
Checkliste Hahn ´ Seite 348
21.3 Funktionelle Störungen Definition ä ä
Reizmagen (= nichtulzeröse Dyspepsie = Non-ulcer-Dyspepsia): Beschwerden im mittleren Oberbauch ohne objektivierbaren organischen Befund. Reizdarmsyndrom (= Colon irritabile, irritables oder spastisches Kolon): Beschwerden im Bereich des Kolonrahmens oder Stuhlunregelmäûigkeiten ohne objektivierbaren organischen Befund.
Ursachen ± Epidemiologie ä ä ä
Psychische Belastungen und Konflikte, psychovegetative Übererregbarkeit. Häufig Kombination von Reizmagen und Reizdarmsyndrom. Beachte: Häufig begleitender Laxanzienabusus. Vorkommen bei 20 ± 30 % der mitteleuropäischen Bevölkerung. Frauen etwa doppelt so häufig betroffen wie Männer.
Klinik ä
ä
ä
Reizmagen: ± Dyspepsie vom Ulkustyp: epigastrische druck- oder krampfartige Schmerzen, Völlegefühl, Übelkeit, Inappetenz ± Dyspepsie vom Refluxtyp: Sodbrennen, Aufstoûen, Dysphagie. Reizdarmsyndrom: krampfartige oder stechende Bauchschmerzen, Stuhlunregelmäûigkeiten (Obstipation und Diarrhoe im Wechsel, Schafskot), Meteorismus, Flatulenz, Gefühl der unvollständigen Darmentleerung bei der Defäkation. Besserung der Beschwerden nach der Defäkation. Evtl. Beschwerdeverstärkung durch bestimmte Nahrungsmittel ohne organisch bedingte Nahrungsmittelintoleranz.
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Erkrankungen des Dünn- und Dickdarmes
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Diagnostik ä ä
Gezielte Anamnese bezüglich Beschwerden und auslösenden Faktoren. Ausschluûdiagnose, Suche nach organischer Erkrankung mittels Laborstatus, Sonographie und Endoskopie. Bei jüngeren Patienten probatorischer Therapieversuch (s. u.) über maximal 4 Wochen gerechtfertigt.
ä ä
ä
ä
Ausführliche ärztliche Aufklärung über die Harmlosigkeit der Beschwerden. Diätetische Maûnahmen: Weglassen beschwerdeverstärkender Nahrungsmittel, kleinere und häufigere Mahlzeiten. Beim Reizdarmsyndrom faserreiche Kost mit ausreichender Flüssigkeitszufuhr. Medikamentöser, am Leitsymptom orientierter (temporärer) Behandlungsversuch: ± bei krampfartigen Schmerzen Spasmolytika (z. B. Mebeverin = Duspatal Drg./Suspension: 3 1 Drg./d oder 3 15 ml/d ca. 20 Min. vor dem Essen) ± bei Sodbrennen oder Obstipation Prokinetika z. B. Cisaprid (S. 333). Bei schweren Neurosen oder psychotischen Tendenzen psychiatrische Behandlung.
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Therapie
Erkrankungen des Dünn- und Dickdarmes
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21.4 Ischämische Darmerkrankungen Definition ä
Akute oder chronische Durchblutungsstörungen des Darmes.
Ursachen ± Epidemiologie ä ä ä
Allgemeine Arteriosklerose unter Mitbeteiligung der Mesenterialarterien. Embolischer Mesenterialarterienverschluû (meist bei Vorhofflimmern). Meist Patienten mit hohem Lebensalter betroffen.
Klinik ä ä
ä
Angina abdominalis: intermittierende postprandial auftretende abdominelle Beschwerden. Ischämische Kolitis: akut auftretende, kolikartige, meist linksseitige (Endstrombahnen der A. mesenterica superior und inferior im Bereich der linken Flexur) abdominelle Schmerzen mit Übelkeit, Erbrechen und (blutiger) Diarrhoe. Mesenterialinfarkt: plötzlich einsetzende heftige Abdominalschmerzen mit Übelkeit, Erbrechen und Kreislaufdepression. Nach 3 ± 4 Std. oft beschwerdefreies Intervall. Innerhalb von ca. 24 Std. Entwicklung eines paralytischen Ileus (keine Darmgeräusche) und einer Durchwanderungsperitonitis (Peritonismus). Evtl. blutige Diarrhoe, zunehmende Schocksymptomatik (S. 666), absolute Arrhythmie bei Vorhofflimmern.
Diagnostik ä ä ä ä ä ä ä
ä
Klinik. EKG: Vorhofflimmern? Röntgen-Abdomenübersicht: dilatiertes Kolon, evtl. Spiegelbildungen (Ileus). Abdomensonographie: wandverdickte Darmschlingen. Duplexsonographie bei ausreichenden Untersuchungsbedingungen. Selektive Angiographie der Mesenterialarterien. Bei ischämischer Kolitis nach Stabilisierung vorsichtige Endoskopie oder Kontrasteinlauf: ödematös verdickte Schleimhautpolster (¹thumb printsª) später Ulzerationen oder Stenosen. Bei dringendem V. a. Mesenterialinfarkt Probelaparotomie.
Therapie ± Prognose ä ä
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ä ä
Angina abdominalis: bei drohendem Gefäûverschluû und allgemeiner Operabilität evtl. Desobliteration oder Bypass-Operation. Ischämische Kolitis: im akuten Stadium parenterale Ernährung bis zur Ausheilung. Operative Behandlung bei persistierender Blutung oder Ileus: Resektion des befallenen Darmabschnittes. Akuter Mesenterialinfarkt: Embolektomie, bei Gangrän Resektion des befallenen Darmabschnittes. Ggf. Schockbehandlung (S. 666). Schlechte Prognose beim Mesenterialinfarkt: Letalität > 50 %, nimmt mit dem Alter, der Länge des betroffenen Darmabschnittes und dem Zeitintervall bis zur Operation zu.
Checkliste Hahn ´ Seite 350
21.5 Chronisch entzündliche Darmerkrankungen Definition ä
ä
ä
Morbus Crohn, (Enteritis regionalis, Ileitis terminalis): segmental auftretende Entzündung aller Darmwandschichten, meist im Bereich der unteren Ileumsegmente, kann prinzipiell aber im gesamten Verdauungstrakt vorkommen. Colitis ulcerosa: meist im Rektum beginnende, sich kontinuierlich proximal auf den übrigen Dickdarm (selten auch auf das terminale Ileum = ¹Back-washIleitisª) ausbreitende Entzündung der Mukosa und Submukosa. In etwa 10 % der Fälle finden sich Übergangsformen, bei denen keine eindeutige Zuordnung zu einem der beiden Krankheitsbilder möglich ist.
Ursachen ± Epidemiologie ä ä
Ursache ungeklärt. Inzidenz 3 ± 9/100 000 Einwohner/Jahr, familiäre und ethnische Häufung (v. a. Weiûe und Juden), Erkrankungsgipfel zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr.
Klinik ä ä
Meist schubweise verlaufend und im jüngeren Erwachsenenalter beginnend. Ausprägung und Art der Symptome abhängig vom Aktivitätsgrad: Tab. 126.
Tabelle 126
Klinik chronisch entzündlicher Darmerkrankungen
Morbus Crohn
351
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Erkrankungen des Dünn- und Dickdarmes
CM
Colitis ulcerosa
Abdominalschmerzen häufig bei Befall Abdominalschmerzen und Tenesmen des terminalen Ileums im re. Unterbauch im mittleren Unterbauch, Kreuzbeinlokalisiert (¹Pseudoappendizitisª) bereich oder Kolonrahmen Diarrhoe (selten blutig)
Diarrhoe (häufig blutig-schleimig)
Übelkeit, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust Im akuten Schub Fieber oder subfebrile Temperaturen Komplikationen ± Toxisches Megakolon mit Peritonitis- und Perforationsgefahr (Klinik: schlechter AZ, Sistieren der Durchfälle, aufgetriebenes Abdomen. Röntgen: dilatiertes Kolon) ± massive Darmblutung ± kolorektales Karzinom
Extraintestinale Symptome und Manifestationen häufig seltener Haut: Erythema nodosum (S. 315), Pyoderma gangraenosum Gelenke: Polyarthritis, Monarthritis, Sakroileitis Augen: Iridozyklitis, Uveitis Lungen: fibrosierende Alveolitis Nieren: Amyloidose (S. 461) Herz: Perimyokarditis Blut: autoimmunhämolytische Anämie, Thromboseneigung Leber, Gallenwege: primär sklerosierende Cholangitis (S. 380) Checkliste Hahn ´ Seite 351
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± Malabsorptionssyndrom (S. 345) mit Mangelerscheinungen und erhöhtem Risiko für Gallen- und Nierensteine ± Darmstenosen mit Ileus ± Darmperforation ± Fisteln, Abszesse, Analfissuren ± seltener kolorektales Karzinom
Erkrankungen des Dünn- und Dickdarmes
352
CM
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21.5 Chronisch entzündliche Darmerkrankungen Diagnostik ± Differentialdiagnose ä ä ä ä
Differentialdiagnose der Diarrhoe (S. 174), insbesondere Ausschluû einer infektiösen Darmerkrankung durch Stuhluntersuchung auf pathogene Keime. Labor: Anämie, Leukozytose, BSG-Erhöhung in Abhängigkeit der Aktivität (s. u.). Veränderungen der Laborparameter bei Malabsorption: S. 346. Abdomensonographie: bei Morbus Crohn darstellbare Wandverdickungen, Abszesse, Konglomerattumoren. Koloileoskopie (Befunde: Tab. 127) mit Biopsien (Histologiebefunde: Tab. 128).
Tabelle 127
Koloskopische Befunde bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
Stadium
Morbus Crohn
Colitis ulcerosa
Frühstadium Aphthoide Schleimhautläsionen, fleckförmige Rötung
Petechiale Blutungen, Hyperämie, gesteigerte Vulnerabilität
Florides Sta- solitäre Ulzerationen, dium Pflastersteinrelief, Fissuren, Fisteln
konfluierende Ulzerationen
Spätstadium Narben, Stenosen
Haustrenverlust, Pseudopolypen
Ausbreitung diskontinuierlich analwärts, ~ 20 % Rektumbefall, meist Ileitis terminalis
kontinuierlich oralwärts, meist Rektumbefall, selten Back-wash-Ileitis
Tabelle 128
Histologische Befunde bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
Morbus Crohn
Colitis ulcerosa
Transmuraler Darmwandbefall, Befall von Mukosa und Submukosa, Epitheloidzellgranulome, im Spätsta- Kryptenabszesse, im Spätstadium dium fibrotische Wandverdickung Schleimhautatrophie ä
Röntgenuntersuchung mit Kontrastmittel: Tab. 129.
Tabelle 129
Morbus Crohn
Colitis ulcerosa
Pflastersteinrelief, Fisteln, (filiforme) segmentale Stenosen
gezähnelte Wanddefekte, Haustrenschwund (¹Fahrradschlauchª), Pseudopolypen
ä
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Röntgenbefunde bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
ä
Bei Morbus Crohn Untersuchung des übrigen Verdauungskanales nach weiteren Manifestationen: Inspektion von Mundschleimhaut und Rachen, Ösophago-Gastro-Duodenoskopie, Doppelkontrastuntersuchung des Dünndarmes nach Sellink. Regelmäûige Bestimmung von Parametern der Krankheitsaktivität (s. u.).
Checkliste Hahn ´ Seite 352
21.5 Chronisch entzündliche Darmerkrankungen Beurteilung der Krankheitsaktivität und des Schweregrades ä
ä
Die Einschätzung der Krankheitsaktivität und des Schweregrades ist für die Beurteilung des Verlaufs und der Therapiebedürftigkeit bzw. zur Überprüfung des Therapieerfolgs von Bedeutung. Für die Einschätzung der Aktivität des Morbus Crohn ist die Methode nach Best (Tab. 130) gebräuchlich. Entsprechende Formblätter sind z. B. bei der Fa. Falk, Postfach 6529 in 79 041 Freiburg erhältlich.
Tabelle 130 Best)
Bestimmung des Aktivitätsindex des Morbus Crohn (CDAI nach
Parameter
Multiplikationsfaktor
Stuhlfrequenz: Anzahl der Stühle in der letzten Woche
2
Grad der Bauchschmerzen (Wochenbericht des Pat., Summe der 7 Tageswerte): 0 = keine, 1 = leicht, 2 = mäûig, 3 = stark
5
Allgemeinbefinden (Wochenbericht, Summe der Tageswerte): 0 = gut, 1 = mäûig, 2 = schlecht, 3 = sehr schlecht, 4 = unerträglich
7
Andere Symptome: Iridozyklitis/Uveitis, Erythema nodosum, Pyoderma gangr., Stomatitis aphthosa, Arthralgien, Analfissur, -fisteln, -abszesse, Temp. > 37,5 C in der letzten Woche
20 (je Symptom)
Symptomatische Durchfallbehandlung: nein = 0, ja = 1
30
Resistenz im Abdomen: nein = 0, fraglich = 2, sicher = 5
10
Hämatokrit: Subtraktion bei Frauen von 42, bei Männern von 47
6
Körpergewicht: (1-(Gewicht/Standardgewicht)) 100
1
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Erkrankungen des Dünn- und Dickdarmes
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Aktivitätsindex = Summe (Parameterwerte x Multiplikationsfaktor) Die Bestimmung des Schweregrades der Colitis ulcerosa erfolgt am häufigsten nach Rachmilewitz (Tab. 131).
Tabelle 131 witz)
Schweregradbestimmung der Colitis ulcerosa (nach Rachmile-
Parameter
Schweregrad
Stuhlfrequenz/d
leicht
mittel
schwer
6 (blutig)
Pulsfrequenz
< 90
90 ± 100
> 100
Hämatokrit (%)
normal
30 ± 40
< 30
Gewichtsabnahme (%)
keine
1 ± 10
> 10
Temperatur ( C)
normal
< 38
> 38
BSG (mm/h)
< 20
20 ± 30
> 30
Serum-Albumin (g/dl)
normal
3,0 ± 3,5
< 3,0
Checkliste Hahn ´ Seite 353
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Erkrankungen des Dünn- und Dickdarmes
354
CM
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21.5 Chronisch entzündliche Darmerkrankungen Therapie des Morbus Crohn ä
ä
ä
ä
Akuter Schub (CDAI > 150): ± Diät: parenterale Ernährung (S. 88) mit Substitution von Vitaminen und Spurenelementen (S. 88). Nach Besserung evtl. einschleichender Übergang zu oraler voll resorbierbarer ballaststofffreier Flüssignahrung (z. B. Survimed, Peptisorb) ± 5-Aminosalicylsäure (= 5-ASA, Mesalazin: Claversal, Pentasa, Salofalk 250|500 mg/Tbl., Asacolitin 400 mg/Tbl.) 4 g/d in 4 Einzeldosen. Nebenwirkungen: selten allergische Reaktionen, Kopfschmerzen, Übelkeit, Transaminasenerhöhung, interstitielle Nephritis u. a. ± Glukokortikoide (S. 309): · Mäûiggradige Krankheitsaktivität (CDAI < 300), keine extraintestinalen Manifestationen: Topisch wirksame Glukokortikoide (weniger Nebenwirkungen aber auch weniger wirksam als systemische Glukokortikoide): Budesonid (Budenofalk, Entocort 3 mg/Kps.) 9 mg/d über 8 Wochen, dann über 2 Wochen ausschleichen · Hohe Krankheitsaktivität (CDAI > 300), extraintestinale Manifestationen: Systemisch wirksame Glukokortikoide: Bei Verwendung von Prednisolon (ggf. anfangs i. v. Gabe) Initialdosis 60 mg, dann wochenweise reduzieren (40 ± 30 ± 25 ± 20 ± 15 ± 10 mg), dann 10 mg/d bis zur 12. Woche, dann 10 mg jeden 2. Tag über weitere 3 Monate. Bei ausbleibender Besserung jeweilige Dosis bis zum Ansprechen beibehalten ± Metronidazol (Clont 400 mg/Tbl., 500 mg/Amp.): Anwendung bei Abszessen und Fisteln, Mitbeteiligung des Kolons und Rektums. Dosierung: anfangs 3 500 mg/d i. v. nach Besserung 3 400 mg/d oral. Behandlungsdauer bei Fisteln bis 4 Monate. Nebenwirkungen: S. 618. Langzeittherapie bei chronisch aktivem Verlauf, zusätzlich: ± Immunsuppressiva (z. B. Azathioprin z. B. Imurek 25|50 mg/Tbl.) bei wiederholten Rezidiven unter Glukokortikoidtherapie: Dosierung 2 ± 2,5 mg/ kgKG/d. Wirkungseintritt erst nach 3 ± 6 Monaten. Alternative zu hochdosierter Glukokortikoiddauertherapie (weniger Nebenwirkungen: S. 442). ± chirurgische Therapie: führt zu keiner definitiven Heilung, ggf. aber rechtzeitige Durchführung als Alternative zu nebenwirkungsreicher oder frustraner medikamentöser Dauerbehandlung und bei Komplikationen wie Stenosen, ausgedehnten Konglomerattumoren, Fisteln, Abszessen. Akute Indikation bei Perforation, Ileus oder therapieresistenter Blutung. Remissionserhaltung: ± Diät: keine, ausgeglichene Wunschkost unter Weglassen unverträglicher Nahrungsmittel ± 5-Aminosalicylsäure: 2 g/d über mindestens 2 Jahre. ± langsames Ausschleichen der Glukokortikoide (s. o.). Internet-Adresse: S. 355.
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Prognose des Morbus Crohn ä ä
ä
Hohe Rezidivquote. Komplikationen machen in den meisten Fällen früher oder später eine operative Therapie erforderlich, welche aber auch zu keiner definitiven Heilung führt. Lebenserwartung unter adäquater Therapie kaum eingeschränkt.
Checkliste Hahn ´ Seite 354
21.5 Chronisch entzündliche Darmerkrankungen Therapie der Colitis ulcerosa ä
ä
ä
ä
Akuter Schub: ± in leichten Fällen (Tab. 131): 5-Aminosalicylsäure (Handelsnamen und Nebenwirkungen s. o.) oder Sulfasalazin = Salazosulfapyridin, SASP z. B. Azulfidine 500 mg/Tbl. (wegen Sulfonamidkomponente mehr Nebenwirkungen) jeweils 4 g/d in 4 Einzeldosen. Bei distaler Colitis ulcerosa (bis zur linken Flexur) lokale Applikation von 5-Aminosalicylsäure als Klysma 1 4 g abends (z. B. Salofalk 4 g/Klysma) ± in mittelschweren Fällen: zusätzlich Diät mit ballaststofffreier Flüssignahrung sowie systemisch wirksame Glukokortikoide (vgl. S. 354) oder bei distaler Colitis ulcerosa (bis zur linken Flexur) topische Glukokortikoide als Klysma 1 2 mg abends (Budesonid, z. B. Entocort rektal 2 mg/Klysma) über mindestens 4 Wochen ± in schweren Fällen bzw. bei totaler Colitis ulcerosa: zusätzlich parenterale Ernährung (S. 88) mit Substitution von Vitaminen und Spurenelementen (S. 88). Parenterale Glukokortikoidgabe: Initialdosis 100 mg Prednisolon, dann wochenweise reduzieren (nach Besserung orale Gabe): 75 ± 60 ± 50 ± 40 ± 30 ± 25 ± 20 ± 15 ± 10 ± 5 ± 0 mg. Bei ausbleibender Besserung jeweilige Dosis bis zum Ansprechen beibehalten. Refraktäre und chronisch aktive Colitis ulcerosa: ± Immunsuppressiva: (z. B. Azathioprin z. B. Imurek 25|50 mg/Tbl.) bei wiederholten Rezidiven unter Glukokortikoidtherapie: Dosierung 1 ± 2 mg/ kgKG/d (vgl. S. 354) ± Proktokolektomie (dadurch definitive Heilung möglich) evtl. mit kontinenzerhaltender ileoanaler Pouch-Operation: rechtzeitige Erwägung zur Karzinomprophylaxe besonders bei nachgewiesenen Schleimhautdysplasien ± akute OP-Indikation bei Komplikationen: (drohendes) toxisches Megakolon, Perforation, schwere Blutung. Remissionserhaltung: ± Diät: keine, ausgeglichene Wunschkost unter Weglassen unverträglicher Nahrungsmittel ± 5-Aminosalicylsäure: mindestens 2 g/d (ist wegen geringerer NW einer Dauertherapie mit Sulfasalazin vorzuziehen). Internet-Homepage der Deutschen Morbus Crohn/Colitis ulcerosa Vereinigung (DCCV e. V.) mit umfassenden Informationen und zahlreichen Links unter der Adresse: http://ourworld.compuserve.com/homepages/DCCV/.
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Erkrankungen des Dünn- und Dickdarmes
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Prognose der Colitis ulcerosa ä ä ä
Hohe Rezidivneigung. Gute Prognose bei isolierter Proktosigmoiditis. Hohes Karzinomrisiko insbesondere bei Pancolitis und hoher Krankheitsaktivität. Bei ausgedehntem Befall des Kolons häufig operative Behandlung erforderlich, durch Proktokolektomie aber definitive Heilung möglich.
& 21 &
ä
Checkliste Hahn ´ Seite 355
Erkrankungen des Dünn- und Dickdarmes
356
CM
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21.6 Divertikulose Definition ä ä ä ä
Divertikel: umschriebene Ausstülpung der Darmwand. Echtes Divertikel: Ausstülpung der gesamten Darmwand. Falsches oder Pseudodivertikel (am häufigsten): Ausstülpung der Schleimhaut durch Lücken (meist Gefäûdurchtrittsstellen) in der Muskelschicht. Divertikulose: Anwesenheit multipler Divertikel.
Ursachen ± Epidemiologie ä ä
Angeboren (echte Divertikel): z. B. Meckel-Divertikel, ein Rudiment des Ductus omphaloentericus ca. 90 cm proximal der Ileocoecalklappe. Erworben (Pseudodivertikel): intraluminale Druckerhöhung (schlackenarme Kost, chronische Obstipation), Muskel- und Bindegewebsschwäche der Darmwand. Lokalisation meist im Dickdarm und dort zu 2/3 im Sigma. Meist ältere Patienten betroffen: bei Patienten > 70 Jahre in 60 ± 70 % Dickdarmdivertikel nachweisbar.
Klinik ä
Meist symptomlos. Gelegentlich (auch ohne Entzündung) intermittierende abdominelle Schmerzen, meist im linken Unterbauch lokalisiert.
Komplikationen ä ä ä ä ä
Divertikulitis: häufigste Komplikation, 10 ± 20 % der Patienten mit Divertikeln. Untere gastrointestinale Blutung (S. 684) aus einem Divertikel. Malassimilationssyndrom (S. 345) bei bakterieller Fehlbesiedelung von Dünndarmdivertikeln. Papillenstenose, Pankreatitis bei peripapillären Duodenaldivertikeln. Meckel-Divertikel (Komplikationen relativ häufig): Divertikulitis, Ileus infolge Strangulation oder Invagination, peptische Ulzera (aus ektoper Magenmukosa) mit Perforations- und Blutungsgefahr.
Diagnostik ± Differentialdiagnose ä ä ä ä
Meist Zufallsbefund (Diagnose der Divertikulitis s. u.). Endoskopie: erkennbare Divertikelausführungsgänge, Ausschluû eines Kolonkarzinoms (wichtigste Differentialdiagnose) durch Koloskopie. Röntgen-Kontrastmitteluntersuchung: Kontrastmittelfüllung der Divertikel. Diagnostisches Vorgehen bei Blutung: S. 684.
Therapie ä
& 21 &
ä ä ä ä
Schlackenreiche Kost, ausreichende Flüssigkeitsaufnahme, Stuhlregulierung. Bei bakt. Fehlbesiedelung von Dünndarmdivertikeln Antibiotika (S. 347). Prophylaktische Entfernung eines intraoperativ zufällig entdeckten MeckelDivertikels. Therapie der Divertikulitis (S. 357). Therapie der Blutung (S. 684). Chirurgische Therapie bei Ileus, Perforation oder konservativ nicht beherrschbarer Blutung.
Checkliste Hahn ´ Seite 356
21.7 Divertikulitis Definition ä
Bakterielle Entzündung eines oder mehrerer Divertikel.
Klinik ä ä ä ä
Abdominelle Schmerzen in Abhängigkeit von der Lokalisation: am häufigsten linksseitige teils kolikartige Unterbauchschmerzen (Sigmadivertikulitis). Stuhlunregelmäûigkeit: Obstipation und/oder Diarrhoe evtl. mit Schleim- und Blutbeimengungen. Evtl. tastbare, druckschmerzhafte Walze (z. B. im linken Unterbauch). Erhöhte Körpertemperaturen.
Komplikationen ä
ä ä ä
Nekrotisierende Entzündung mit Perforation: ± gedeckte Perforation mit perikolischer Abszeûbildung ± Perforation in die freie Bauchhöhle mit Peritonitis (S. 166). Stenosierung, in schweren Fällen mechanischer Ileus (S. 171). Fistelbildung (Harnblase, Vagina, Haut, andere Darmabschnitte). Blutung (S. 684).
Diagnostik ± Differentialdiagnose ä ä ä ä ä
ä ä
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Erkrankungen des Dünn- und Dickdarmes
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Klinik. Labor: BSG-Erhöhung, im Blutbild Leukozytose und Linksverschiebung, Blutkulturen zur Erregerdiagnostik abnehmen (S. 17). Abdomensonographie: verdickte Darmwand im entzündeten Bereich, Abszeûdarstellung, freie Flüssigkeit bei Perforation. Röntgen-Abdomenübersicht: freie Luft? (Perforation), Spiegelbildung? (Ileus). Bei weiter bestehender diagnostischer Unsicherheit: ± Röntgen-Kontrasteinlauf wegen Möglichkeit einer Perforation mit wasserlöslichem Kontrastmittel (z. B. Gastrografin) ± Abdomen-CT: beste Darstellung extraluminaler Veränderungen (z. B. Abszesse). Nach Abklingen der akuten Entzündungszeichen: ± Endoskopie: Ausdehnung der Entzündung, Stenosen, Karzinomausschluû. Differentialdiagnose: Kolonkarzinom, Morbus Crohn, gynäkologische Erkrankungen (z. B. Adnexitis), Reizdarmsyndrom.
ä ä
ä ä ä
Bettruhe, Spasmolytika (z. B. Buscopan i. v.) bei Bedarf. Bei starken Schmerzen Pentazocin (Fortral) oder Pethidin (Dolantin) i. v. Kein Morphin (Wirkung auf glatte Muskulatur: Erhöhung des intraluminalen Drucks). Nulldiät, parenterale Ernährung (S. 88). Alternativ in leichteren Fällen ballaststofffreie Flüssignahrung (z. B. Survimed, Peptisorb). Antibiotika: z. B. Cefotiam + Metronidazol i. v. (S. 613ff). Chirurgische Therapie: akut bei Hinweisen für Perforation, Ileus, Fisteln, nicht stillbarer Blutung (S. 684), im Intervall bei rezidivierender Divertikulitis. Checkliste Hahn ´ Seite 357
& 21 &
Therapie
Erkrankungen des Dünn- und Dickdarmes
358
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21.8 Kolonpolypen Definition ä ä
Polypen: breitbasige (sessile) oder gestielte Schleimhauterhabenheiten. Häufigster benigner Tumor des Kolons (> 90 %). Polyposis (coli): mehr als 100 Polypen (im Kolon). Ausnahmen: Familiäre juvenile Polyposis (> 10 Polypen), HFAS (s. u.).
Ursachen ± Epidemiologie ä ä ä
Nicht erblich (häufig): Umwelt- und Ernährungsfaktoren: z. B. hoher Konsum von tierischem Fett- und Eiweiû zuungunsten pflanzlicher Nahrungsanteile. Erblich (seltener): meist autosomal dominant vererbt (s. u.). Häufigkeit von Kolonpolypen nimmt mit dem Alter zu (> 60 Jahre ca. 20 %), Männer etwas häufiger betroffen als Frauen.
Klinik ä ä ä
Meist symptomloser Zufallsbefund. Bei groûen Polypen evtl. Stenosesymptome mit Abdominalkoliken. Evtl. Blut- und Schleimbeimengungen im Stuhl, seltener akute untere gastrointestinale Blutung (S. 684).
Einteilung und Karzinomrisiko ä ä
ä
ä
Hyperplastische, entzündliche Polypen: kein erhöhtes Karzinomrisiko. Neoplastische nichterbliche adenomatöse Polypen: Korrelation des Karzinomrisikos mit folgenden Kriterien (Karzinomrisiko): ± Gröûe: < 1 cm (~ 1 ± 2 %), 1 ± 2 cm (~ 10 %), > 2 cm (~ 40 ± 50 %) ± Histologischer Typ: · tubuläres Adenom, am häufigsten (~ 5 %) · tubulovillöses Adenom (~ 20 %) · villöses Adenom (~ 40 %) ± Dysplasiegrad: leicht (~ 5 %), mittelgradig (~ 20 %), schwer (~ 30 ± 40 %). Erbliche polypöse Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes (Tab. 132), histologisch 2 Arten: ± Adenom: neoplastisch ± Hamartom: nicht neoplastisch, Tumor aus atypisch differenziertem Keimgewebe. Cronkhite-Canada-Syndrom: seltene generalisierte Polypose unbekannter Ursache mit Befall vom Magen bis zum Dickdarm; zusätzlich Hautpigmentierung und Alopezie. Therapierefraktäre Diarrhoen, Karzinomrisiko ca. 5 %.
Diagnostik
& 21 &
ä
Rektoskopie, Koloskopie: bei Nachweis eines Polypen vollständige kolorektale Diagnostik (häufig Mehrfachbefunde). Beachte: Bei erblichen polypösen Erkrankungen Suche nach weiteren Manifestationsorten (s. o.) und Untersuchung von Familienangehörigen (FAP: bei Verwandten 1. Grades jährliche Koloskopie bis zum 35. Lebensjahr, danach alle 2 Jahre).
Checkliste Hahn ´ Seite 358
21.8 Kolonpolypen Tabelle 132
Erbliche polypöse Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes
Typ
Lokalisation
zusätzl. Befunde
Karzinomrisiko
Familiäre juvenile Polyposis (Hamartome)
Kolon Rektum
keine
8 ± 10 %
Peutz-JeghersSyndrom (Hamartome)
Magen Dünndarm Kolon
Pigmentation an Mundschleimhaut und perioral
2 ± 3 % (Frauen: 5 % Ovarialkarzinom)
Familiäre adenoma- Kolon töse Polyposis = FAP Rektum (Adenome)
keine
> 90 %
Gardner-Syndrom = Kolon FAP mit extrakoli- Rektum schen Befunden (Adenome)
Osteome, Fibrome, > 90 % (auch an Lipome, Duodenum, Harnblase, Epidermoidzysten Schilddrüse, Nebennieren)
Turcot-Syndrom (Adenome)
Glio- oder Medullo- > 90 % blastome
Kolon Rektum
HFAS = Hereditäres flaches Adenom-Syndrom (¹flat adenomasª): Weniger als 100 überwiegend flache Polypen (Adenome) vorzugsweise im rechten Kolon häufig mit hochgradigen Dysplasien.
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Erkrankungen des Dünn- und Dickdarmes
CM
Therapie ä ä ä
Abtragung während der diagnostischen Endoskopie mit der elektrischen Schlinge an der Basis in toto (= Polypektomie). Bei groûen (> 3 ± 5 cm) Polypen primär operative Behandlung. Bei FAP bzw. Gardner- oder Turcot-Syndrom: ± prophylaktische Kolektomie mit Proktomukosektomie, ileoanaler Anastomose und Ileumpouch oder ± Kolektomie mit Ileorektostomie und endoskopischer Entfernung der Rektumpolypen sowie 6-monatlichen Nachkontrollen.
Nachsorge nach Kolonpolypektomie Koloskopische Kontrolluntersuchungen, Intervalle abhängig vom Karzinomrisiko bzw. vom histologischen Typ: ± solitäres Adenom: 4 Jahre, bei tubulovillösem oder villösem Adenom > 1 cm: 3 Jahre ± multiple Adenome: 2 Jahre ± schwere Dysplasie oder sessile Polypen > 2 cm: 3 ± 6 Monate ± hyperplastische oder Pseudopolypen, Lipome: keine Routinekontrollen.
& 21 &
ä
Checkliste Hahn ´ Seite 359
Erkrankungen des Dünn- und Dickdarmes
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21.9 Kolorektales Karzinom Ursachen ± Epidemiologie ä ä
ä
ä
Ernährungsfaktoren: höheres Risiko bei vermehrtem Konsum von tierischem Fett- und Eiweiû zuungunsten pflanzlicher Nahrungsanteile. Genetische Faktoren: ± 2 ± 3fach höheres Risiko bei Angehörigen von Patienten mit kolorektalem Karzinom ± erbliche polypöse Erkrankungen (S. 358), insbesondere FAP, Gardner- und Turcot-Syndrom als obligate Präkanzerosen ± Lynch-Syndrom = hereditäres, nichtpolypöses Kolonkarzinom-Syndrom (HNPCC): aut.-dominant vererbte Erkrankung. Typ I ohne, Typ II mit gehäuftem Vorkommen extrakolischer Karzinome (z. B. Uterus, Ovarien) Krankheiten mit erhöhtem Karzinomrisiko: adenomatöse Polypen (¹Adenom-Karzinom-Sequenzª): S. 358, Colitis ulcerosa, seltener Morbus Crohn. Inzidenz: in Mitteleuropa ca. 25/100 000 Einwohner/Jahr (zweithäufigstes Karzinom bei Männern und Frauen), Erkrankungsgipfel zwischen dem 50. und 70. Lebensjahr.
Einteilung ä ä
Nach der Lokalisation: Rektumkarzinom (60 %), Sigmakarzinom (20 %), übriges Kolon (20 %). Entsprechend Stadium nach Dukes (modifiziert) bzw. TNM-Klassifikation: Tab. 133.
Tabelle 133 Dukes A
Stadieneinteilung kolorektaler Karzinome TISN0M0
Carcinoma in situ (Basalmembran intakt)
T1N0M0 T2N0M0
Tumor auf Mukosa und Submukosa beschränkt Tumor reicht bis zur Muscularis propria
Dukes B
T3N0M0
Infiltration aller Wandschichten
Dukes C
T4N0M0 TanyNanyM0
Tumor erreicht viszerales Peritoneum bzw. andere Organe Lymphknotenmetastasen
TanyNanyM1
Fernmetastasen (primär Leber und Lunge)
(Dukes D) ä
Nach der Histologie: hochdifferenzierte ± wenig differenzierte ± undifferenzierte (= anaplastische) Adenokarzinome.
Klinik ä
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ä ä ä ä
Oft fehlend oder uncharakteristisch. ¾nderung der Stuhlgewohnheiten: z. B. Wechsel Obstipation/Diarrhoe, neu aufgetretene Flatulenzneigung, unwillkürlicher Stuhlabgang. Blutbeimengungen im Stuhl, chronische Anämie. Abdominelle Schmerzen (insbesondere bei stenosierenden Tumoren). Spätsymptome: Gewichtsabnahme, Leistungsminderung, tastbarer Tumor, Subileus/Ileus.
Checkliste Hahn ´ Seite 360
Diagnostik ä
ä ä ä ä ä
Vorsorge-Screening (jährlich ab 40 J.): ± rektal-digitale Untersuchung (~ 20 % der Karzinome sind tastbar) ± Test auf okkultes Blut im Stuhl: z. B. Hämoccult-Test, ab ca. 20 ml Blut/d positiv, falsch positiv z. B. nach Verzehr von reichlich rohem Fleisch oder Gemüse, keine Verfälschung durch Eisenpräparate, Durchführung 3 mal an verschiedenen Tagen. Koloskopie mit Biopsie: auch bei bereits rektoskopisch diagnostiziertem Rektumkarzinom vollständige kolorektale Diagnostik (häufig Mehrfachbefunde). Röntgen-Kolonkontrasteinlauf: Dokumentation der Tumorausdehnung und Lokalisation. Kolon-Diagnostik bei endoskopisch nicht passierbarer Stenose. Metastasensuche/Staging: Röntgen-Thorax, Abdomensonographie, AbdomenCT bei unklaren sonographischen Befunden. Beurteilung der lokalen Operabilität: evtl. transrektale Endosonographie, i. v. Urographie, Abdomen-CT. Tumormarker zur Verlaufs- und Therapiekontrolle: CEA.
Therapie ä
ä
ä
ä
Chirurgische Therapie: radikale Tumorresektion mit Entfernung des regionalen Lymphabfluûgebietes. Vorgehen in Abhängigkeit von der Lokalisation. Ggf. Entfernung solitärer Lebermetastasen. ± Kolonkarzinom: z. B. Transversumresektion, rechts/linksseitige Hemikolektomie, Sigmaresektion (Sicherheitsabstand > 5 cm). ± Rektumkarzinom: · kontinenzerhaltende Resektion, wenn distale Tumorgrenze > 5 cm oberhalb der Linea anocutanea (Sicherheitsabstand > 3 cm) · abdominoperineale Rektumexstirpation mit endständigem Anus-praeter bei allen weiter distal gelegenen Karzinomen · bei hochdifferenzierten Adenokarzinomen Stadium T1 ohne Lymphgefäûeinbrüche in der Submukosa (subtile histologische Untersuchung erforderlich) evtl. transanale oder endoskopische Resektion im Gesunden. Adjuvante (S. 110) Therapiemaûnahmen (Dukes C): ± Kolonkarzinom: Chemotherapie mit 5-FU/Levamisol oder 5-FU/Leukovorin ± Rektumkarzinom: evtl. p. o. Radiatio und Chemotherapie. ± experimentell: Therapie mit monoklonalen 17 ± 1A-Antikörpern (Panorex). Palliative Therapiemaûnahmen (Dukes D): ± Bei stenosierenden Tumoren: Tumorresektion, Anus-praeter-Anlage, Umgehungsanastomosen, Laser- oder Elektrotherapie ± Chemotherapie ohne (erwiesenen) Einfluû auf die Überlebensrate. Nachsorge: Klinische Untersuchung (einschlieûlich rektal-digitaler Austastung), CEA, Blutbild, BSG, Abdomensonographie (ggf. Abdomen-CT), Röntgen-Thorax, Koloskopie.
Prognose ä
Postoperative 5-Jahresüberlebensrate abhängig vom Stadium: Dukes A > 90 %, Dukes B 70 ± 80 %, Dukes C 50 ± 60 %.
Checkliste Hahn ´ Seite 361
Erkrankungen des Dünn- und Dickdarmes
21.9 Kolorektales Karzinom
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Erkrankungen des Dünn- und Dickdarmes
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21.10 Anorektale Erkrankungen Hämorrhoiden ä ä ä
Hyperplasie des Corpus cavernosum recti. Entstehung begünstigt durch: familiäre Disposition, häufiges Sitzen, chronische Obstipation. Symptome: intermittierende peranale Blutungen und Schmerzen. Einteilung und Therapie (Stuhlregulierung obligat): Tab. 134.
Tabelle 134
Gradeinteilung und Therapie der Hämorrhoiden
Grad
Klinische Kennzeichen
Therapie
I
Beim Pressen Vorwölbung ins Lumen (nur proktoskopisch zu diagnostizieren)
1. Wahl: Sklerosierung 2. Wahl: Salben und Suppositorien
II
Beim Pressen Austreten der Knoten aus dem Analkanal
1. Wahl: Gummibandligatur 2. Wahl: Sklerosierung
III
Bei der Defäkation prolabierende, manuell reponible Knoten
IV
Nicht reponible Knoten
1. Wahl: Hämorrhoidektomie 2. Wahl: Gummibandligatur Bei perianaler Thrombose primär Stichinzision.
Analkarzinom ä ä ä ä
Meist Plattenepithelkarzinome, hämatogene Metastasierung in Leber, Niere, Knochen. Symptome: Fremdkörpergefühl, Schmerzen, Pruritus, Nässen, Blutung. Diagnose: Inspektion, rektal-digitale Untersuchung, Prokto-/Rektoskopie. Stadienabhängige Therapie: Radiochemotherapie, Lokalexzision, Rektumamputation.
Weitere Erkrankungen ä
ä ä ä
& 21 &
ä ä ä ä
Analfissur: schmerzhafter, häufig nässender oder blutender länglicher Schleimhauteinriû meist im Bereich der hinteren Analkommissur. Bei frischer Fissur analgetisch (z. B. Anaesthesin) und/oder entzündungshemmende (z. B. Faktu) Salben oder Suppositorien. Bei chronischer Analfissur chirurgische Therapie. Marisken: perianale Hautfalten oft nach perianaler Thrombose. Bei Beschwerden chirurgische Entfernung. Analprolaps: Austritt von Schleimhaut durch den Anus (radiäre Schleimhautfalten) bei Analsphinkterschwäche und Hämorrhoiden III. und IV. Grades. Rektumprolaps: Austritt aller Darmwandschichten durch den Anus (zirkuläre Schleimhautfalten). Therapie: manuelle Reposition, chirurgische Therapie. Analabszeû: schmerzhafte, gerötete perianale Vorwölbung, evtl. Fieber. Chirurgische Therapie, Suche nach Analfisteln. Analfisteln: häufig Ursache/Folge rezidivierender Analabszesse, auch bei Morbus Crohn. Chirurgische Therapie. Pruritus ani: bei Hämorrhoiden, Analekzem, Pilzinfekt, Anal-/Rektumprolaps, Analfisteln, chronischen Enteritiden, Allergien, Oxyuriasis, psychogen u. a. Pilonidalsinus: sichtbare Öffnung einer inkompletten Fistel im Steiûbeinbereich. Komplikationen: Abszedierung. Chirurgische Therapie. Checkliste Hahn ´ Seite 362
22.1 Akute Pankreatitis Ursachen ± Epidemiologie ä ä ä ä
ä
Biliäre Pankreatitis (50 ± 60 %): Erkrankungen der Gallenwege (v. a. präpapilläre Choledochussteine). Alkoholabusus (20 ± 30 %), häufig akuter Schub einer chronischen Pankreatitis. Idiopathisch (10 %). Seltener Hyperkalzämie (Hyperparathyreoidismus S. 503), Hypertriglyzeridämie, posttraumatisch, postoperativ, nach ERCP, infektiös, Urämie, Medikamente (z. B. Steroide, Thiazide, Azathioprin), penetrierende Ulzera, peripapilläre Duodenaldivertikel, mechanische Hindernisse (Pankreas divisum, Tumoren, Narben, Askariden), Kollagenosen (S. 445). Inzidenz: in Mitteleuropa 5 ± 10/100 000 Einwohner/Jahr.
Klinik ± Schweregrade
ä
ä
Leitsymptome: akut auftretende Oberbauchschmerzen mit gürtelförmiger Ausstrahlung (+ Pankreasenzymanstieg im Serum und Urin). Weitere häufige Befunde: ± Fieber, Tachykardie, Übelkeit, Erbrechen. ± Bauchdeckenspannung (¹Gummibauchª), Meteorismus, paralytischer Subileus. In Abhängigkeit vom Schweregrad (Tab. 135) und der Ursache: ± Kreislaufreaktion: Hypotonie, Schock ± Aszites, Pleuraergüsse (links > rechts) ± Ikterus (häufig nur flüchtig) bei Choledochus-Steinpassagen ± seltene, prognostisch ungünstige Zeichen: periumbilikale (Gray-Turner-Zeichen) oder Flanken- (Cullen-Zeichen) Hauteinblutungen.
Tabelle 135
363
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Erkrankungen des Pankreas
CM
Schweregradeinteilung der akuten Pankreatitis (nach Kümmerle)
Schwere- Pathologie, sonographischer bzw. computergrad tomographischer Befund
Diagnostische Kriterien (s. u.)
I
überwiegend ödematös
£ 3 Kriterien
II
umschriebene Nekrosen (< 50 % des Organs)
³ 4 Kriterien
III
ausgedehnte Nekrosen (> 50 % des Organs)
³ 6 Kriterien
& 22 &
Diagnostische Kriterien: · Abwehrspannung · tastbarer entzündlicher Konglomerattumor · Leukozytose > 12 000/l · Blutzucker > 140 mg/dl · Serum-Ca++ < 2,1 mmol/l · Kreatinin > 1,4 mg/dl · Harnstoff > 60 mg/dl · Basendefizit > 2 mmol/l
Checkliste Hahn ´ Seite 363
Erkrankungen des Pankreas
364
CM
YB
22.1 Akute Pankreatitis Komplikationen ä
ä ä ä ä ä
Kreislaufschock durch Volumenmangel, Freisetzung von Vasodilatatoren und toxischen Substanzen. Folgen: akutes Nierenversagen (S. 403), Schocklunge (ARDS S. 676), Verbrauchskoagulopathie (S. 664). Abszeûbildung, Sepsis. Diabetes mellitus. Ausgedehnte Nekrosen und Hämorrhagien (evtl. mit gastrointestinaler Blutung). Pseudozysten (evtl. mit Blutung, Ruptur, Abszeû), Fistelbildung, Stenosen (Duodenum, Choledochus, Kolon). Pfortader- und Milzvenenthrombose. Folge: portale Hypertension mit Ösophagus- bzw. Fundusvarizen, Splenomegalie.
Diagnostik ± Differentialdiagnose ä ä
ä
ä ä ä ä ä ä
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ä
Differentialdiagnose: akutes Abdomen anderer Genese (S. 166). Labor: ± Erhöhung von Lipase (S. 220) und pankreasspezifischer Amylase im Serum und Urin (S. 216) ± je nach Ursache und Verlauf: · Leukozytose · Erhöhung von CRP und LDH (Nekroseindikatoren) · bei Cholestase Erhöhung von AP, g GT, (direktes) Bilirubin · bei Diabetes mellitus Hyperglykämie · Hypokalzämie (spricht für ungünstige Prognose) · Anstieg von Harnstoff und Kreatinin. (Endo-)sonographie, Abdomen-CT (konventionelle Sonographie wegen krankheitsbedingter Luftüberlagerung erschwert): Pankreas vergröûert (S. 39) und unscharf begrenzt (Ödem). Evtl. Nachweis von (echoarmen) Nekrosen, Aszites, Pleuraergüssen, Abszessen, Pseudozysten, bei biliärer Genese evtl. erweiterter Ductus choledochus, hepatisches Doppelflintenphänomen oder sichtbare Gallensteine. Röntgen-Thorax: evtl. Pleuraergüsse, Plattenatelektasen, Zwerchfellhochstand links, basale Pneumonie, Zeichen des ARDS (S. 676). Röntgen-Abdomenübersicht: (Sub-)Ileus?. DD Perforation: freie Luft?. ERCP (bei V. a. biliäre Genese): ggf. Papillotomie in gleicher Sitzung. Gastroskopie: penetrierende Ulzera (Ursache), Streûläsionen (Folge)? Feinnadelpunktion (sonographisch oder CT-gesteuert): (infizierte) Nekrosen? Ggf. weitere Ursachensuche (s. o.). Überwachungsprogramm: Tab. 136.
Checkliste Hahn ´ Seite 364
22.1 Akute Pankreatitis Tabelle 136
Überwachungsprogramm bei akuter Pankreatitis
Kontrollintervall
Verlaufparameter
mehrmals täglich
Klinischer Status, Abdomenpalpation Blutdruck, Puls, Flüssigkeitsbilanz, ZVD Körpertemperatur
mindestens täglich (in Abhängigkeit vom Verlauf einzelne Parameter auch häufiger)
Labor: ± Blutbild ± Kreatinin, Na+, K+, Ca++ ± Lipase oder pankreasspezifische Amylase ± aP, g GT, GOT, (direktes) Bilirubin ± Quick, PTT (ggf. Verbrauchsparameter: S. 664) ± CRP oder LDH (Nekrosen?) ± Gesamteiweiû, Albumin ± Blutzuckertagesprofil ± Blutgasanalyse Abdomensonographie
Bei stationärer Aufnahme und klinischer Verschlechterung
Röntgen-Thorax, Röntgen-Abdomen, EKG, ggf. Abdomen-CT oder Endosonographie, ggf. ERCP, chirurgisches Konsil
365
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Erkrankungen des Pankreas
CM
Basistherapie ä ä ä
ä
ä
Allgemeinmaûnahmen: stationäre Einweisung, Bettruhe, Intensivüberwachung bis zur Stabilisierung. Nulldiät, bei paralytischem (Sub-)Ileus Magensonde. Parenterale Flüssigkeits- und Elektrolytzufuhr unter Kontrolle von Serumelektrolyten, Bilanz und ZVD (ZVDsoll= 4 ± 12 cmH2O): bei leichter Pankreatitis 2 ± 4 l/d, bei schwerer Pankreatitis bis 10 l/d. Bei hohem Flüssigkeitsbedarf (> 4 l/d) Humanalbuminsubstitution: z. B. 500 ml 5 % Humanalbumin pro 4 l Flüssigkeitsbedarf (Serumalbumin-Kontrolle). Analgesie (entsprechend Bedarf): ± Stufe 1: Spasmolytika (z. B. Buscopan), Paracetamol (z. B. Benuron supp.) ± Stufe 2: z. B. Tramadol (Tramal) z. B. 1 Amp. langsam i. v. (S. 104ff) ± Stufe 3: Pentazocin (Fortral) oder Buprenorphin (Temgesic) z. B. 1 Amp. langsam i. v. (S. 104ff). Streûulkusprophylaxe: z. B. 2 ± 3 50 mg Ranitidin oder 1 40 mg Omeprazol i. v. (vgl. S. 339).
ä ä ä
Kausal: bei biliärer Pankreatitis sobald wie möglich ERCP und ggf. gleichzeitige Papillotomie. Zentralvenöse Ernährung (S. 88). In der Frühphase, insbesondere bei Hypertriglyzeridämie, Schock und Sepsis möglichst keine Fettlösungen. Behandlung einer Hyperglykämie: ggf. Insulinperfusor (S. 665) und engmaschige Blutzuckerkontrollen.
Checkliste Hahn ´ Seite 365
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Erweiterte Therapiemaûnahmen
Erkrankungen des Pankreas
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22.1 Akute Pankreatitis ä
ä ä
ä ä ä ä ä
ä ä ä
Behandlung von Elektrolytstörungen. Besonders Substitution von: ± K+ (S. 423): vor allem unter Insulintherapie engmaschige K+-Kontrollen ± Ca++ (S. 428): ab Ca++ < 1,6 mmol/l (Beeinflussung durch Eiweiûverlust). Behandlung von Störungen des Säure-Basen-Haushaltes: insbesondere Ausgleich einer metabolischen Azidose (S. 432). Antibiotikatherapie (vorher Blutkulturen: S. 17), Indikationen (Dosierung, Handelsnamen: S. 613ff): ± biliäre Pankreatitis: vgl. akute Cholezystitis S. 392 ± schwere nekrotisierende Pankreatitis: Ciprofloxacin (z. B. 3 200 mg/d Ciprobay) oder Imipenem (z. B. 4 500 mg/d Zienam), zusätzlich Metronidazol (z. B. 3 500 mg/d Clont). Behandlung eines akuten Nierenversagens (S. 405): meist Folge einer mangelnden Flüssigkeitszufuhr. Ggf. Hämodialysetherapie. O2-Substitution nach BGA. Ggf. Respiratortherapie (S. 659, im Zweifel eher groûzügige Beatmungsindikation) und Therapie eines ARDS: S. 676. Prophylaxe und ggf. Therapie einer Verbrauchskoagulopathie: S. 664. Schock: ausreichende Flüssigkeitszufuhr? (ZVD). Sept. Schock S. 669. Bei Pseudozysten: engmaschige sonographische oder CT-Kontrollen. Evtl. spontane Rückbildung (50 % innerhalb 6 Wochen). Bei Progredienz (> 6 cm) und Beschwerden sonographisch oder CT-gesteuerte Punktion (evtl. Drainage und Spülung). Bei wiederholtem Nachlaufen mit Beschwerden oder Komplikationen (Blutung, Ruptur, Abszeû) operative Therapie. Chirurgische Behandlung: bei Versagen der konservativen Therapie, Multiorganversagen, infizierten Nekrosen und/oder Sepsis. Nach Schmerzfreiheit und Normalisierung der Laborwerte: stufenweiser Aufbau einer fettarmen Kost, evtl. mit Enzympräparaten (S. 368). Rezidivverhütung: z. B. Gallenwegssanierung, Alkoholabstinenz, Behandlung einer Hypertriglyzeridämie oder eines Hyperparathyreoidismus.
Prognose Letalität abhängig vom Schweregrad: ± I (ödematös): meist Ausheilung ± II (umschriebene Nekrosen): 10 ± 20 % ± III (ausgedehnte Nekrosen): > 50 %, Tod meist durch Komplikationen im Rahmen einer Sepsis.
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ä
Checkliste Hahn ´ Seite 366
22.2 Chronische Pankreatitis Definition ä
Schubweise oder kontinuierlich fortschreitende Entzündung der Bauchspeicheldrüse mit Entwicklung einer exokrinen, später auch endokrinen Insuffizienz.
Ursachen ± Epidemiologie ä ä ä ä ä
Alkoholabusus (70 ± 80 %). Idiopathisch (20 ± 30 %). Selten: Gallenwegserkrankungen, primärer Hyperparathyreoidismus, Hyperlipidämien, Arteriosklerose, Pankreas divisum u. a. Sonderform: chronisch obstruktive Pankreatitis: durch Obstruktionen des Pankreasganges (z. B. durch Narben, Tumoren). Inzidenz: in Mitteleuropa ca. 8/100 000 Einwohner/Jahr, überwiegend Männer betroffen, Erkrankungsbeginn meist zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr.
367
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Erkrankungen des Pankreas
CM
Klinik ± Verlauf ä ä
ä
Asymptomatisches Stadium (Dauer: mehrere Jahre). Stadium rezidivierender Entzündungsschübe (Dauer: mehrere Jahre): Leitsymptom: rezidivierende, nicht kolikartige Schmerzen im Epigastrium (in 80 ± 95 %) z. T. mit gürtelförmiger Ausstrahlung und postprandialer Verstärkung insbesondere nach Fett- und Alkoholgenuû ± Völlegefühl, Übelkeit, Brechreiz. Stadium der exokrinen und endokrinen Insuffizienz: ± Besserung der Schmerzen ± Folge der exokrinen Insuffizienz: Maldigestionssyndrom (S. 345) ± Folge der endokrinen Insuffizienz: Diabetes mellitus (S. 478).
Komplikationen ä ä ä ä
Pseudozysten: evtl. mit Einblutung, Ruptur, Abszeû. Stenosen: Ductus choledochus, Dustus pankreaticus, Duodenalstenose. Fistelbildung. Pfortader- und Milzvenenthrombose. Folge: portale Hypertension mit Ösophagus- bzw. Fundusvarizen, Splenomegalie.
ä ä
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Diagnose und Differentialdiagnose des akuten Schubes: S. 364. (Endo-)sonographie, ggf. Abdomen-CT: Konturunregelmäûigkeiten, erweiterter Pankreasgang (> 3 mm) mit Kaliberschwankungen, evtl. Kalk, Pseudozysten, Cholezystolithiasis?, Ausschluû eines Pankreaskarzinoms. Röntgen-Pankreaszielaufnahme: evtl. Verkalkungen. ERCP, Pankreatikoskopie: kurzstreckige perlschnurartige Gangerweiterungen und -stenosierungen. Evtl. Konkremente im Gangsystem. Ggf. Nachweis von Choledochusstenosen in der ERC. Ösophagogastroduodenoskopie: Ausschluû anderer Ursachen von Oberbauchschmerzen (z. B. Ulkuskrankheit, Magenkarzinom). Ggf. Nachweis von Duodenalstenosen. Diagnose der Malassimilation: Stuhlgewicht, Stuhlfett (S. 346). Checkliste Hahn ´ Seite 367
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Diagnostik ± Differentialdiagnose
Erkrankungen des Pankreas
368
CM
YB
22.2 Chronische Pankreatitis ä
ä
ä
Indirekte exokrine Pankreasfunktionsprüfung (in der Frühphase nur geringe Sensitivität): ± Elastase 1-Bestimmung im Stuhl (Enzympräparate müssen nicht abgesetzt werden): Normalwert: > 200 g/g Stuhl. ± Pankreolauryltest. Prinzip: oral gegebenes Fluorescein-Dilaurat mit Testmahlzeit wird durch Pankreasesterasen gespalten, resorbiert und renal ausgeschieden. Aus der Fluorescein-Urinkonzentration am Testtag (T) und am Kontrolltag (K, alleinige Fluoresceingabe) wird der T/K-Quotient ermittelt. Normalwert > 30 % (Durchführung: S. 20). ± Chymotrypsinbestimmung im Stuhl (Enzympräparate 5 Tage vorher absetzen): Normalwert: > 3 U/g = 120 g/g, bei exokriner Insuffizienz erniedrigt. Erniedrigte Werte trotz normaler exokriner Pankreasfunktion bei: Diarrhoe, Stuhlgewicht > 200 g/d, nach Magenresektion, einheimische Sprue. Direkte exokrine Pankreasfunktionsprüfung: aufgrund hoher Sensitivität und Spezifität zum Beweis oder Ausschluû einer exokrinen Pankreasinsuffizienz auch in der Frühphase geeignet. Nachteil: relativ aufwendig, invasiv und teuer. Durchführung bei weiter bestehender diagnostischer Unsicherheit: ± Sekretin-Pankreozymin-Test: mittels Duodenalsonde fraktionierte Aspiration von Sekret und Bestimmung von Saftsekretion, Bikarbonatkonzentration/-menge nach Stimulation mit Sekretin sowie der Amylase-, Lipaseund Trypsinkonzentration/-menge nach Stimulation mit Pankreozymin. Endokrine Pankreasfunktionsprüfung: Blutzuckertagesprofil, oraler Glukose-Belastungs-Test (S. 478).
Therapie ä ä
ä ä ä
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ä
Therapie des akuten Schubs: S. 365. Therapie der exokrinen Pankreasinsuffizienz: ± Diät: strikte Alkoholabstinenz, häufigere kleine fettarme Mahlzeiten, Bei Steatorrhoe mittelkettige Triglyzeride (S. 347). ± Pankreasenzymsubstitution: am besten als verkapselte magensaftresistente Mikropellets oder magensaftresistentes Granulat. Ausreichender Lipasegehalt (mindestens 30 000 E/Mahlzeit). Gallensäurehaltige Präparate können zu chologener Diarrhoe führen. Dosis richtet sich nach der Nahrungsmenge, Einnahme zur Mahlzeit: z. B. Kreon 25 000 Kps. 3 2/d, 20 000 Btl. 3 2/d, Panzytrat 40 000 Kps. 3 1/d. ± Ggf. (parenterale) Vitaminsubstitution (S. 88), insbesondere ADEK. Therapie der endokrinen Pankreasinsuffizienz (S. 481): ± Diabetes-Diät, ggf. Insulintherapie (keine oralen Antidiabetika). Schmerztherapie: Wirkung der Pankreasenzymsubstitution abwarten (evtl. schmerzlindernd). Sonst Stufentherapie wie bei akuter Pankreatitis (S. 365). Bei Pankreasgangsteinen: endoskopische Papillotomie und/oder extrakorporale Stoûwellenlithiotripsie. Bei Pankreaspseudozysten: symptomlose Pseudozysten mit einem Durchmesser von < 6 cm: sonographische Verlaufskontrolle. Bei Beschwerden oder lokalen Verdrängungserscheinungen perkutane oder endoskopische Drainage. Bei Erfolglosigkeit operative Therapie (z. B. Zystojejunostomie). Chirurgische Therapie (Resektion bzw. Drainageoperation): bei therapieresistenten Schmerzen, symptomatischen Choledochus- oder Pankreasgangstenosen, Pfortader- oder Milzvenenthrombose, Karzinomverdacht, Fistelbildung.
Checkliste Hahn ´ Seite 368
22.3 Pankreaskarzinom Ursachen ± Epidemiologie ä
Inzidenz: ca. 10/100 000 Einwohner/Jahr, bei Rauchern, evtl. auch bei Kaffeetrinkern erhöht. Männer häufiger als Frauen betroffen (2:1). Häufigkeitsgipfel im 7. Lebensjahrzehnt.
Klinik
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ä
Beachte: Häufig fehlende oder uncharakteristische Beschwerden wie bei chronischer Pankreatitis: gürtelförmige Oberbauchschmerzen, Inappetenz, Gewichtsverlust u. a. Bei Pankreaskopfkarzinom mit Stenosierung des Ductus choledochus schmerzloser progredienter Ikterus. Courvoisier©sches Zeichen = prall gefüllte, schmerzlos vergröûerte, palpable Gallenblase. Neigung zu Phlebothrombosen und Thrombophlebitiden.
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Erkrankungen des Pankreas
CM
Diagnostik ä
ä ä ä
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Sonographie, Endosonographie: umschriebene Organvergröûerung (Hauptlokalisation Kopfbereich), Strukturdefekte, Cholestase, Metastasensuche (v. a. in der Leber). Kleine Tumoren oft nicht sichtbar. Abdomen-CT. ERCP: Gangabbrüche mit prästenotischer Dilatation, evtl. Cholestase. Zytologische Untersuchung des Pankreassekretes. Sonographisch oder CT-gesteuerte Feinnadelbiopsie (Histologie: Adenokarzinom): wegen Gefahr der Stichkanalmetastasierung bei resektabel erscheinenden Tumoren umstritten. Ggf. diagnostische Laparotomie. Untersuchungen zur Frage der lokalen Operabilität bzw. Staging: Ösophagogastroduodenoskopie und Röntgen-Magen-Darm-Passage (Magenausgangsbzw. Duodenalstenose), Abdomen-CT, Angiographie (Zoeliakographie, Splenoportographie). Röntgen-Thorax (Lungenmetastasen?, maligne Pleuraergüsse?). Tumormarker: zur Verlaufs- und Therapiekontrolle CA 19 ± 9.
ä ä
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Bei Diagnose häufig bereits lokale Inoperabilität oder Fernmetastasen. Chirurgische Therapie bei Pankreaskopfkarzinom ohne Fernmetastasen mit lokaler und allgemeiner Operabilität: subtotale Duodeno-Pankreatektomie mit Lymphadenektomie (= Whipple-Operation). Palliativeingriffe (Fernmetastasen, Korpus- und Schwanzkarzinome): ± Cholestase: biliodigestive Anastomose oder endoskopische Stent- bzw. Drainageeinlage ± Magenausgangs- oder Duodenalstenose: Gastroenterostomie ± Tumorschmerzen: medikamentöse Therapie (S. 104), bei unzureichender medikamentöser Schmerztherapie: palliative Radiatio, intrathekale Morphingabe oder Ganglionblockade. Nachsorge: Klinische Untersuchung, CA 19 ± 9, Blutbild, BSG, Abdomensonographie (ggf. Abdomen-CT), Röntgen-Thorax. Prognose: schlecht, mittlere Überlebensrate 8 ± 12 Monate.
Checkliste Hahn ´ Seite 369
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Therapie ± Prognose
Erkrankungen des Pankreas
370
CM
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22.4 Hormonell aktive Pankreastumoren Tabelle 137
Hormonell aktive Pankreastumoren
Tumor /Dignität
Hauptlokalisation
Leitsymptome
Diagnose
Therapie
Gastrinom Pankreas 80 %, (= Zollinger- Duodenum, Ellison-S. ) Magenantrum 60 % maligne
rez. Ulzera: Magen, Duodenum, Jejunum. Diarrhoe
s. u.
Omeprazol (S. 339), Ggf. Tumorresektion
Appendix 40 %, Ileum 30 %, Appendix: Rektum, meist beniBronchien, gne. übrige: meist selten maligne (Le- Pankreas berfiliae)
Flush, Diarrhoe, Asthma, kardiale Sympt.: Endokardfibrose, Trikuspidalinsuffizienz
5-Hydroxy-Indolessigs. im 24-h-Urin, Sono (Filiae), CT, MRT, SRS (s. u.), Gastro/Colo, Rö.-Sellink, Bronchosk.
Tumorresektion oder (bei Filiae) Octreotid = Sandostatin. Symptomatische Therapie
Insulinom > 90 % benigne
Pankreas
Spontanhypoglykämie
s. u.
Adenomentfernung
Glukagonom Pankreas maligne
Diab. mellitus, Hautnekrosen
Glukagon i. S. operativ oder (> 50 pmol/l) Octreotid
Verner-Morrison-S. (= VIPom) meist maligne
wässrige Diarrhoen
VIP im Plasma, Endosono, CT, MRT, SRS (s. u.), Bronchosk.
Karzinoid
MEN I (Wermer-S. ) (MEN= mult. endokrine Neoplasien) MEN II a und b (Sipple-S. )
Pankreas (auch bei kleinzell. Bronchial-CA)
operativ oder Octreotid. Evtl. Chemotherapie
Je nach Organbeteiligung: Akromegalie (S. 515), Morbus Cushing (S. 507), Prolaktinom (S. 516) Nebenschildd. Primärer Hyperparathyreoidismus (S. 503) Hypophyse
Pankreas
Gastrinom, Insulinom, Glukagonom, VIPom
Schilddrüse
Je nach Organbeteiligung: medulläres Schilddrüsenkarzinom (S. 501)
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Nebenschildd. Primärer Hyperparathyreoidismus (S. 503) Nebenniere (aut. dominante Vererbung bei MEN I und II)
Phäochromozytom (S. 514) bei IIb zusätzlich Schleimhautneurinome und marfanoider Habitus
SRS = Somatostatin-(Octreotid-)Rezeptorszintigraphie
Checkliste Hahn ´ Seite 370
22.4 Hormonell aktive Pankreastumoren
ä
Diagnose des Gastrinoms: ± Serum-Gastrin-Bestimmung nüchtern basal, bei passender Klinik sind Werte > 1000 ng/l beweisend (normal < 100 ng/l) ± Bei geringerer Erhöhung Sekretintest: Gastrin-Basalwert-Abnahme, Injektion von 1 IE/kgKG Sekretin (Sekretolin), weitere Blutentnahmen nach 2, 5, 10, 15, 20, 25 und 30 Min. Gastrinom: Anstieg des Gastrinspiegels um mind. 150 ng/l ± Lokalisationsdiagnostik: Endoskopie (Ulzera ?), Endosonographie, CT, MRT, Somatostatin-(Octreotid-)Rezeptorszintigraphie (Tumoren, Metastasen ?) Diagnose des Insulinoms: ± stationärer Fastentest über 72 h. 4stdl. Bestimmung von BZ und Insulin: Insulin (IE/ml)/Glukose(mg/dl)-Quotient steigt bei Insulinom auf > 0,3 an (beim Gesunden Abfall) ± Lokalisationsdiagnostik: (Endo-)Sonographie, CT, MRT, Somatostatin-(Octreotid-)Rezeptorszintigraphie, intraoperative Sonographie.
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371
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Erkrankungen des Pankreas
CM
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Erkrankungen der Leber
372
CM
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23.1 Akute Virushepatitis Definition ä ä
Akute Infektion der Leber mit primär hepatotropen Viren. Abzugrenzen sind Begleithepatitiden bei systemischen Viruserkrankungen (s. u.).
Ursachen ± Epidemiologie ä
ä
Bisher bekannte Viren: Hepatitisvirus A,B,C,D und E (HGV = Hepatitis G-Virus scheint kein primär hepatotropes Virus zu sein und ist wahrscheinlich nicht humanpathogen). Infektionswege (Risikopersonen bzw. -faktoren): ± fäkal-oral (Trinkwasser und Nahrungsmittel, besonders in Ländern mit geringem Hygienestandard): Hepatitis A und E ± parenteral (Krankenhauspersonal, Dialysepatienten, Bluter und andere Empfänger von Blutprodukten, Fixer, Tätowierte): Hepatitis B,C und D ± sexuell, perinatal: Hepatitis B, seltener C und D ± Hepatitis-D-Virus-Infektion ist an das Vorhandensein eines Hepatitis-B-Virus gebunden (Simultan- oder Superinfektion).
Klinik ä ä ä
ä ä ä
Inkubationszeiten: Tab. 138. Häufig asymptomatischer Verlauf (60 ± 70 % der Fälle). Prodromalsymptome: Leistungsschwäche, Arthralgien, Myalgien, subfebrile Temperaturen, Druckgefühl im rechten Oberbauch, Übelkeit, Fettintoleranz, Exanthem. Später evtl. Ikterus (anikterischer Verlauf häufig) mit dunklem Urin und hellem Stuhl, Juckreiz. Oft gleichzeitige Besserung des Allgemeinbefindens. Häufig Hepatomegalie, seltener Splenomegalie. Krankheitsdauer ca. 6 ± 8 Wochen. Bei Hepatitis A meist kürzer.
Komplikationen ä
& 23 &
ä
Fulminante Verlaufsform mit akutem Leberversagen (S. 387): schwerer Ikterus, Aszites, Gerinnungsstörungen, Leberkoma: insbesondere bei Hepatitis D (2 %) und bei Schwangeren Hepatitis E (20 %), seltener bei Hepatitis A (0,1 ± 0,2 %), B (1 %) und C (1 %). Chronische Verlaufsform (Komplikationen: Leberzirrhose, primäres Leberzellkarzinom, S. 377ff) oder asymptomatische Viruspersistenz (Infektionsgefahr!): Hepatitis B (Erwachsene 10 %, perinatal 90 %), C (50 %), D-Superinfektion (90 %), D-Simultaninfektion (5 %).
Checkliste Hahn ´ Seite 372
23.1 Akute Virushepatitis Diagnostik ä ä ä
ä
Anamnese: Risikofaktoren (vgl. Ursachen), Reiseanamnese. Klinik. Labor (allgemein): ± Transaminasenerhöhung: GPT stärker als GOT ± leichtere, bei cholestatischem Verlauf stärkere Erhöhung von g GT und AP ± bei ikterischem Verlauf: Bilirubinerhöhung ± Anstieg des Serumeisens, leichte BSG-Erhöhung, in der Serumelektrophorese (S. 218) evtl. g -Globuline erhöht ± bei fulminantem Verlauf stark erniedrigte Syntheseparameter (z. B. Quick, Albumin, CHE). Hepatitisserologie: Tab. 138 und 139 sowie Abb. 85.
Tabelle 138
373
YB
Erkrankungen der Leber
CM
Vergleich Hepatitis A-E Hepatitis A Hepatitis B Hepatitis C Hepatitis D Hepatitis E
Inkub.-Zeit 2 ± 6 Wochen
1 ± 6 Monate
1 ± 6 Monate
1 ± 6 Monate
3 ± 6 Wochen
hauptsäch- fäkal-oral licher Übertragungsweg
parenteral sexuell perinatal
parenteral
parenteral
fäkal-oral
chronischer keiner Verlauf
Erwachsene 10 % perinatal 90 %
50 %
Simultanin- keiner fektion 5 % Superinfekt. 90 %
fulminanter 0,1 ± 0,2 % Verlauf
1%
1%
2%
Nachweis einer akuten Infektion
HBs-AG, Anti-HBcIgM
Anti-HCV, HCV-RNA (PCR)
Anti-HDV Anti-HEV (+ HBs-AG)
Anti-HAVIgM
Schwangere 20 %
ä ä
ä ä ä
Suchprogramm bei V. a. akute Virushepatitis: Anti-HAV (IgG/IgM), HBs-AG, Anti-HBc (IgG/IgM). Bei Antikörpernachweis Differenzierung IgG ± IgM. Bei negativen Befunden: Untersuchung auf Anti-HCV, bei negativem Befund und weiter bestehendem Verdacht auch HCV-RNA, bei Reiseanamnese ggf. auch Anti-HEV. Nach Diagnose einer akuten Hepatitis B: Untersuchung auf Anti-HDV. Übersicht: Tab. 139. Serologische Verlaufsbeurteilung: S. 375.
Checkliste Hahn ´ Seite 373
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Hepatitisserologie
Erkrankungen der Leber
374
CM
YB
23.1 Akute Virushepatitis Tabelle 139
Hepatitisserologie
Virus
Parameter
A
Anti-HAV Suchtest, bei frischer oder früherer Infektion positiv. (IgM + IgG) Anti-HAV-IgM positiver Wert beweist frische Infektion. Anti-HAV-IgG positiv bei frischer oder älterer Infektion.
B
Anti-HBc (IgM + IgG) Anti-HBc-IgM Anti-HBc-IgG HBs-AG HBe-AG HBV-DNA Anti-HBe Anti-HBs
C
Anti-HCV HCV-RNA
D
Anti-HDV
HDV-RNA Anti-HEV HEV-RNA
Suchtest, bei frischer oder früherer Infektion positiv. beweist frische Infektion auch bei fehlendem Nachweis von HBs-AG. wird erst. ca. 2 Mon. nach Infektion positiv, oft einziger Hinweis für eine früher abgelaufene Hepatitis B. Suchtest, positiv in 90 % bei frischer Infektion sowie bei Viruspersistenz mit Infektiosität. Bei Persistenz > 6 Mon. chronischer Verlauf wahrscheinlich. Marker der Virusreplikation und Infektiosität, chron. Verlauf wahrscheinlich bei Persistenz von > 10 Wo. empfindlichster Marker der Virusreplikation und Infektiosität. Chronischer Verlauf wahrscheinlich bei Persistenz von > 8 Wochen. positiv nach Verschwinden von HBe-AG (ca. 10 Wo. nach Inf.), Pat. wahrscheinlich nicht mehr infektiös. bei frischer Infektion erst nach Elimination von HBs-AG positiv (meist erst 3 ± 6 Mon. nach Infektion). Die Titerhöhe ist ein Maû für die Immunität (s. u.). Suchtest, bei frischer (6 ± 8 Wo. nach Infektion = diagnostische Lücke) oder früherer Infektion positiv. Marker der Virusreplikation und Infektiosität. Bestätigt je nach klin. Verlauf akute oder chron. Hepatitis C. Suchtest, bei frischer (6 ± 8 Wo. nach Infektion = diagnostische Lücke) oder früherer Infektion positiv. Simultaninfektion: Anti-HBc-IgM und HBs-AG positiv. Superinfektion: Anti-HBc-IgM negativ, HBs-AG positiv. Bestätigt je nach klinischem Verlauf akute oder chronische Hepatitis D. Suchtest, bei frischer oder früherer Infektion positiv. Nachweis in der Routinediagnostik entbehrlich.
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E
Aussage
Checkliste Hahn ´ Seite 374
23.1 Akute Virushepatitis Hepatitis
Infektion
HBV-DNA HbsAG
Anti-HBc
HbeAg
Anti-HBs Anti-HBe
1
Abb. 85
2
3
4
5
6
12
[Monate]
Serologischer Verlauf der Hepatitis B
375
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Erkrankungen der Leber
CM
Verlaufsbeurteilung ä ä
ä
ä
Aktivität?: regelmäûige Kontrollen der Transaminasen, Bilirubin und der Syntheseparameter (z. B. Quick, Albumin, CHE) bis zur Normalisierung. Hepatitis B: ± Infektiosität?: positiver Nachweis von HBs-AG oder HBe-AG. Hohes Infektionsrisiko bei HBV-DNA-Nachweis ± chronischer Verlauf?: HBs-AG > 6 Monate nach Infektion nachweisbar ± asymptomatischer HBs-Träger-Status?: normale Leberfunktion, HBs-AG, Anti-HBc und Anti-HBe positiv, HBe-AG und Anti-HBs negativ. Hepatitis D (vgl. Hepatitis B): ± Simultaninfektion?: Anti-HDV, HBs-AG und Anti-HBc-IgM positiv. In > 2 % fulminanter Verlauf, in 5 % chronischer Verlauf ± Superinfektion?: Anti-HDV und HBs-AG positiv, Anti-HBc-IgM negativ. In 90 % chronischer Verlauf ± chronischer Verlauf?: Anti-HDV und HDV-RNA persistierend positiv bei länger als 6 Monate erhöhten Transaminasen. Hepatitis C: ± chronischer Verlauf?: Anti-HCV und HCV-RNA persistierend positiv bei länger als 6 Monate erhöhten Transaminasen.
ä
ä ä
ä ä
Begleithepatitis: ± Viren: Epstein-Barr- (infektiöse Mononukleose: S. 565), Cytomegalie-, Varicella-Zoster-, Herpes simplex-, Coxsackie-, seltener bei anderen Virusinfektionen ± Bakterien: Brucellosen, Rickettsiosen (Q-Fieber: S. 317), Leptospirosen (Morbus Weil: S. 599), Salmonellosen (Typhus abdominalis: S. 590) u. a. ± Parasiten: z. B. Echinokokkose (S. 610), Amöbiasis (S. 604), Malaria (S. 606). Alkoholtoxische Leberschädigung: z. B. Fettleberhepatitis (S. 379). Medikamentös bedingte Leberschädigung: z. B. Halothan, Isoniazid, Methyldopa, Tetracycline, Erythromycin, Valproinsäure, Steroide, Chlorpromazin, Sulfonamide, Paracetamol (hohe Dosen), Phenylbutazon. Leberschädigung durch Chemikalien: z. B. chlorierte Kohlenwasserstoffe. Chronische Lebererkrankungen: akuter Schub einer chronischen Hepatitis (S. 377), Leberzirrhose (S. 381), Lebertumoren, Stoffwechselerkrankungen. Checkliste Hahn ´ Seite 375
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Differentialdiagnose
Erkrankungen der Leber
376
CM
YB
23.1 Akute Virushepatitis Therapie ä ä
ä ä ä ä ä ä
Stationäre Behandlung nur bei schwerem Verlauf erforderlich. Allgemeine Hygienemaûnahmen (Meldepflicht s. u.): ± Hepatitis A und E: direkten körperlichen Kontakt vermeiden, Händedesinfektion, getrennte Toilette, unter stationärer Behandlung Isolation. Infektiosität ca. 2 Wo. vor bis 2 Wo. nach Erkrankungsbeginn. Lebenslange Immunität. ± Hepatitis B, C und D: Vorsicht beim Umgang mit infektiösem Material (s. o.). Symptomatisch: körperliche Schonung, bei schwerem Verlauf Bettruhe. Diät: Alkoholkarenz für Jahr; keine spezifische ¹Hepatitis-Diätª, fettarme Kost wird meist besser vertragen. Reduktion der Medikamenteneinnahme auf das Notwendigste. Bei cholestatischer Verlaufsform mit Juckreiz Therapieversuch mit Antihistaminika (S. 459) lokal und/oder Colestyramin (S. 476). Hepatitis C: Versuch mit a-Interferon (senkt hohe Chronifizierungsrate) im Rahmen von Studien (Rücksprache mit spezialisiertem Zentrum). Fulminante Hepatitis (vgl. S. 387): Behandlung in spezialisiertem Zentrum.
Prophylaxe ä
ä
ä
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ä
ä ä
Bei Hepatitis A und E allgemeine Hygienemaûnahmen (s. o.). Bei Hepatitis B, C und D vorsichtiger Umgang mit Blut und Blutprodukten, Vermeiden von Promiskuität bzw. Verwendung von Kondomen. Aktivimpfung gegen Hepatitis A: z. B. Havrix 1440, VAQTA 1 Amp. in den M. deltoideus i. m., Wiederholung nach 6 Monaten. Impfschutz meist nach 1 Monat, bei vollständiger Grundimmunisierung über ca. 10 Jahre. Indikation: gefährdete antikörpernegative Personen (z. B. häufiger Aufenthalt in Ländern mit geringem Hygienestandard, Kanalarbeiter). Aktivimpfung gegen Hepatitis B: z. B. Gen-HB-Vax (Personen > 15 Jahre), Gen-HB-Vax D (Dialysepatienten), Gen-HB-Vax K pro infantibus (Personen < 15 Jahre). 1 Amp. in den M. deltoideus i. m., Wiederholung nach 1 und nach 6 Monaten. Impfschutz meist nach 6 Monaten. Indikation: Kinder (generelle Impfung), gefährdete Personen in Abhängigkeit der Anti-HBs-Titer (s. u.), z. B. medizinisches Personal, Dialysepatienten, Fixer, Homosexuelle, promiskuitive Personen, Reisende in Endemiegebiete, Kontaktpersonen von HBs-AG-Trägern. 1 ± 2 Monate nach der 3. Impfung Kontrolle des Anti-HBs-Titers: < 10 IE/l: erneute Impfung (eine Dosis) und Kontrolle, 10 ± 100 IE/l: regelmäûige Kontrollen alle 3 ± 6 Monate, > 100 IE/l: Auffrischimpfung (eine Dosis) nach 10 Jahren. Passivimpfung gegen Hepatitis A mit Gammaglobulin: z. B. Beriglobin 1 Amp. = 5 ml i. m. postexpositionell innerhalb von 10 Tagen oder präexpositionell bei fehlender Zeit für eine Aktivimpfung (Schutzdauer ca. 3 Monate). Passivimpfung gegen Hepatitis B (gleichzeitig Aktivimpfung durchführen): z. B. Hepatitis-B-Immunglobulin-Behring 0,06 ml/kgKG i. m. bei Personen mit fehlendem oder unsicherem Impfschutz innerhalb von max. 24 h nach Kontakt mit potentiell Hepatitis-kontaminiertem Material. Verhalten bei Kontakt mit potentiell Hepatitis- oder HIV-kontaminiertem Material (z. B. Nadelstichverletzung): S. 571. Meldepflicht: bei Erkrankung und Tod.
Checkliste Hahn ´ Seite 376
23.2 Chronische Hepatitis Definition ä
Chronische (> 6 Monate dauernde) Entzündung der Leber.
Einteilung ± Ursachen ä
ä
Kriterien zur Klassifizierung bzw. Stadieneinteilung der chronischen Hepatitis: ± Ursachen: · Virushepatitis (Mehrzahl): Chronische Hepatitis B, C oder D · Autoimmunhepatitis: meist bei jüngeren Frauen, familiäre Disposition · Andere Ursachen: Erkrankungen die mit einer chronischen Hepatitis einher gehen können (vgl. Differentialdiagnose), unbekannte Ursachen. ± Histologie: Ausmaû der Entzündung und Stadium der Fibrose (Endstadium = Leberzirrhose). Die frühere Einteilung in chronisch persistierende Hepatitis (erhaltene Läppchenstruktur, ohne Mottenfraûnekrosen) und chronisch aktive (= aggressive) Hepatitis (Zerstörung der Läppchenstruktur, Mottenfraûnekrosen, fortschreitende Fibrosierung) berücksichtigte nicht die ¾tiologie.
377
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Erkrankungen der Leber
CM
Klinik ä ä ä ä ä ä
ä
Im Frühstadium bzw. bei geringer entzündlicher Aktivität oder Fibrose oft Beschwerdefreiheit. Allgemeinsymptome: Leistungsminderung, Müdigkeit, Appetitlosigkeit etc. Oberbauchschmerzen, druckschmerzhafte und vergröûerte Leber. Ikterus bei akutem entzündlichen Schub. Klinik bei fortgeschrittener Erkrankung bzw. bei Leberzirrhose: S. 380. Evtl. (V. a. bei Autoimmunhepatitis) Auftreten extrahepatischer (Autoimmun-) Krankheiten: z. B. Autoimmunthyreoiditis (S. 500), rheumatoide Arthritis (S. 439), Vaskulitiden (S. 452), Sjögren-Syndrom (S. 447), hämolytische (S. 525) oder perniziöse (S. 524) Anämie, Glomerulonephritis (S. 395). Komplikationen: Leberzirrhose, primäres Leberzellkarzinom.
ä ä
Anamnese: abgelaufene Hepatitis, Grunderkrankungen, Medikamente, Alkoholkonsum, Risikofaktoren (vgl. S. 372). Labor: ± Transaminasenerhöhung (= Aktivitätsparameter) > 6 Monate, evtl. auch erhöhtes Bilirubin und erniedrigte Syntheseparameter (z. B. Quick, Albumin) ± Serologie: · Chronische Hepatitis B: HBs-AG positiv, positives HBe-AG spricht für replizierende Hepatitis B (vgl. S. 374) · Chronische Hepatitis C: Anti-HCV sowie HCV-RNA positiv · Chronische Hepatitis D (vgl. Hepatitis B): Anti-HDV, HDV-RNA sowie HBs-AG positiv. Chronischer Verlauf besonders bei Superinfektion häufig · Autoimmunhepatitis: negative Virusmarker, Nachweis typischer Autoantikörper in Abhängigkeit vom Subtyp: Tab. 140.
Checkliste Hahn ´ Seite 377
& 23 &
Diagnostik ± Differentialdiagnose
Erkrankungen der Leber
378
CM
YB
23.2 Chronische Hepatitis ä ä
Sonographie: Veränderung des Binnenreflexmusters, Hepatomegalie, Zeichen einer Leberzirrhose (S. 381). Histologie: ultraschallgezielte oder laparoskopische Leberpunktion (S. 80).
Tabelle 140
Serologische Einteilung der Autoimmunhepatitiden
Typ
ANA
Typ I (lupoide Form)
+
Typ II
LKM
SLA
SMA
AMA
+/ +
Typ III
+
Typ IV
+/
+/
+
ANA = antinukleäre AK, LKM = Leber/Niere-mikrosomale AK, SLA = AK gegen lösliches Leberzellantigen, SMA = AK gegen glatte Muskulatur, AMA = antimitochondriale AK ä
Differentialdiagnose: ± Toxische Leberschädigung: Alkohol, Medikamente (S. 375), Chemikalien (z. B. chlorierte Kohlenwasserstoffe). ± Primär biliäre Zirrhose (S. 388) und andere Ursachen einer Leberzirrhose (S. 380).
Therapie ± Prognose ä ä ä ä
& 23 &
ä
ä
Im akuten entzündlichen Schub allgemeine Behandlung wie bei akuter Virushepatitis (S. 376). Absolute Alkoholkarenz. Reduktion der Medikamenteneinnahme auf das Notwendigste (vgl. S. 117), potentiell hepatotoxische Medikamente (S. 375) meiden. Spezielle medikamentöse Therapie (Rücksprache mit spezialisiertem Zentrum): ± Chronische Virushepatitis B, C und D: a-Interferon (S. 622, hohe Kosten): · Chronische Hepatitis B: Ansprechrate (Normalisierung der Transaminasen, Besserung der Histologie, Serokonversion von Hbe-AG zu Anti-HBe) von 30 ± 40 %, in 10 % dauerhafte Viruselimination (Hbs-AG negativ) · Chronische Hepatitis C: Ansprechrate von ca. 50 % bei allerdings 50 % Rezidivquote nach Ende der Therapie · Chronische Hepatitis D: a-Interferon oft erfolgslos ± Chronische Autoimmunhepatitis: immunsuppressive Therapie mit Glukokortikoiden und Azathioprin, nach Absetzen der Therapie 50 % Rezidivquote. Bei Versagen der medikamentösen Therapie und vital bedrohlicher Leberinsuffizienz Erwägung einer Lebertransplantation (Problem bei chronischer Virushepatitis: Reinfektion der Spenderleber). 50 % der Patienten mit chronisch aktiver Hepatitis entwickeln innerhalb von 5 Jahren eine Leberzirrhose, Risiko bei chronischer Hepatitis D und C höher als bei Hepatitis B. Später Gefahr des primären Leberzellkarzinoms. Günstige Beeinflussung des Verlaufs durch a-Interferon-Therapie bzw. Immunsuppressiva bei Autoimmunhepatitis.
Checkliste Hahn ´ Seite 378
23.3 Fettleber Definition ä
Diffuse Verfettung von mehr als 50 % des Leberparenchyms. Geringgradigere Fetteinlagerungen werden als Leberverfettung bezeichnet.
Ursachen ä ä
ä ä ä
Alkohol (Mann: > 60 g/d, Frau: > 20 g/d). Bei Fettleberhepatitis (s. u.) nur selten andere Ursachen. Ernährungsbedingt: ± Adipositas, zu hochkalorische parenterale Ernährung ± Unterernährung, Malassimilation. Stoffwechselerkrankungen: Diabetes mellitus, Hyperlipoproteinämien, seltene angeborene Stoffwechselerkrankungen. Akute Schwangerschaftsfettleber. Medikamente (S. 375) und Chemikalien (z. B. Chlorkohlenwasserstoffe).
379
YB
Erkrankungen der Leber
CM
Klinik ä ä ä
Meist Beschwerdefreiheit. Selten Druckgefühl im Oberbauch. Palpatorisch vergröûerte Leber. Komplikationen: Fettzirrhose, akute Fettleberhepatitis, Zieve-Syndrom (S. 525).
Diagnose ä ä ä ä
Anamnese (v. a. Alkoholkonsum, Ernährung, Grunderkrankungen). Labor: Erhöhung der g GT, evtl. geringgradige Erhöhung von GOT und GPT. Laborveränderungen im Rahmen der Grunderkrankung (s. o.). Sonographie: verdichtetes Binnenreflexmuster der Leber. Bei diagnostischer Unklarheit: Leberbiopsie (S. 80).
Therapie ± Prognose ä ä
Kausal: Alkoholkarenz, Diät, Meidung auslösender Medikamente und Chemikalien, Behandlung der Grundkrankheit. Günstige Prognose bei Ausschaltung der Noxe.
ä ä ä ä
Fettleber mit schwerer entzündlicher Reaktion meist Folge einer alkoholtoxischen Leberschädigung, hohe Mortalität, Frauen häufiger betroffen . Klinik: (sub)febrile Temperaturen, Hepatomegalie (druckdolent), Ikterus, Spider naevi, Aszites, Enzephalopathie (Symptomatik abhängig vom Schweregrad). Diagnose: s. o., zusätzlich Leukozytose (15 000 ± 60 000/l), MCV > 95 m3, g GT, GOT, GPT, LDH und Bilirubin erhöht, Quick und Albumin erniedrigt. Therapie: ± strikte Alkoholkarenz ± evtl. Glukokortikoide (S. 309) z. B. Prednison 40 mg/d über 4 Wochen ± kalorisch adäquate Ernährung (30 ± 40 kcal/kgKG/d) ± symptomatische bzw. Substitutionstherapie (vgl. Therapie der Leberzirrhose S. 382 und des akuten Leberversagens S. 387). Checkliste Hahn ´ Seite 379
& 23 &
Akute Fettleberhepatitis ± Alkoholhepatitis
Erkrankungen der Leber
380
CM
YB
23.4 Leberzirrhose Definition ä
Fortschreitende irreversible Zerstörung der Läppchen- und Gefäûstruktur mit Bildung von Regeneratknoten.
Ursachen ä
ä
Häufig: ± Alkoholabusus (Mann: > 60 g/d, Frau: > 20 g/d): ~ 50 % ± chronisch aktive Virushepatitis (B, C und D, S. 377): ~ 30 %. Selten: ± Idiopathisch ± Autoimmunhepatitis (S. 377), primär biliäre Zirrhose (S. 388) ± Stoffwechselkrankheiten: · Morbus Wilson: autosomal rezessive erbliche Kupferspeicherkrankheit. Auch extrapyramidal-motorische Störungen und Augensymptome (Kayser-Fleischer-Kornealring). Diagnose: Coeruloplasmin und Kupfer im Plasma vermindert, Leber-PE. Therapie: Diät und D-Penicillamin · Hämochromatose: S. 383 · a1-Antitrypsinmangel: erbliche Krankheit, bei homozygoter Form u. a. mit frühzeitiger Lungenemphysementwicklung, seltener Leberzirrhose. Diagnose: a1-Zacke in der Serum-Elektrophorese deutlich vermindert, a1-Antitrypsin im Serum erniedrigt, Leber-PE. Therapie: symptomatisch, evtl. wöchentliche Substitution bei a1-Antitrypsin im Serum < 35 % des Solls · Galaktosämie, Mukoviszidose, hereditäre Fruktoseintoleranz u.a ± Primär sklerosierende Cholangitis: seltene Erkrankung unbekannter ¾tiologie. In > 50 % Assoziation zu Colitis ulcerosa, Männer : Frauen = 2 : 1, Diagnose: Labor (g GT, aP erhöht, in ca. 60 % pANCA-Nachweis), ERCP (perlschnurartige Kaliberunregelmäûigkeiten). Klinik und Therapie ähnlich primär biliärer Zirrhose (S. 388) ± Sekundäre biliäre Zirrhose: chronische Abfluûbehinderungen (Steine, Strikturen) und Infektionen der Gallengänge (Inzidenz für Gallenwegskarzinom erhöht) ± Vaskuläre Ursachen: · chronische Rechtsherzinsuffizienz (¹Cirrhose cardiaqueª) · Budd-Chiari-Syndrom: Lebervenenverschluû ± Medikamente (z. B. Methotrexat) und Chemikalien (z. B. CCl4).
Klinik ä
& 23 &
ä
ä
ä ä
Allgemeinsymptome: Leistungsminderung, Müdigkeit. Hautveränderungen (Leberhautzeichen): Ikterus, Teleangiektasien, Gefäûspinnen (Spider nävi: Farbabb. 5), glatte rote Lippen und Zunge (Lacklippen, -zunge: Farbabb. 4), Pruritus, Kratzeffloreszenzen, Palmar-/Plantarerythem, Weiûnägel, Dupuytren-Kontraktur. Endokrine Störungen: ± Mann: Gynäkomastie, Abdominalglatze, Hodenatrophie, Potenzstörungen ± Frau: Menstruationsstörungen. Sichtbare Zeichen der portalen Hypertension (Farbabb. 6): vorgewölbtes Abdomen (Aszites), verstärkte Venenzeichnung (= Caput medusae). Enzephalopathiezeichen (S. 386): Konzentrationsstörung bis Leberkoma. Checkliste Hahn ´ Seite 380
23.4 Leberzirrhose ä ä ä
Foetor hepaticus: Mundgeruch nach frischer Leber. Vermehrte Blutungs- und Infektneigung, Ödeme. Palpation: verhärtete, höckrige, evtl. vergröûerte Leber, Splenomegalie.
Schweregradeinteilung Tabelle 141
Child-Pugh-Klassifikation
Parameter
1 Punkt
2 Punkte
3 Punkte
Aszites
fehlend
gering
ausgeprägt
Enzephalopathie (vgl. S. 386)
keine
I ± II
III ± IV
Serum-Bilirubin (mg/dl)
3
Quick (%)
> 50
30 ± 50
< 30
Serum-Albumin (g/dl)
> 3,5
2,8 ± 3,5
< 2,8
381
YB
Erkrankungen der Leber
CM
Child A = 5 ± 6 Punkte, Child B = 7 ± 9 Punkte, Child C = 10 ± 15 Punkte
Komplikationen ä
ä ä
Portale Hypertension (S. 384): ± Ösophagusvarizen, Folgen: obere gastrointestinale Blutung ± Aszites, Folgen: spontane bakterielle Peritonitis, hepatorenales Syndrom ± Hyperspleniesyndrom (S. 558). Leberversagen (vgl. S. 387), Hepatische Enzephalopathie (S. 386). Primäres Leberzellkarzinom (S. 389).
ä ä
ä
ä ä ä
Anamnese (vgl. Ursachen) und Klinik. Labor (Veränderungen abhängig vom Schweregrad, vgl. Tab. 141): ± Erhöhung von Transaminasen und Bilirubin ± erniedrigte Syntheseparameter: Quick, Albumin, CHE, AT III ± Gammaglobuline erhöht (typische Serum-Elektrophorese: S. 218). Abdomensonographie (S. 36ff): ± Leberveränderungen: plumpe Organform, betonter Lobus caudatus, wellige bzw. höckrige Organkontur, vergröbertes Binnenreflexmuster, peripher verminderte Gefäûzeichnung, verminderte Kompressibilität ± Ursachen: Rechtsherzinsuffizienz?, Dopplersono: Budd-Chiari-Syndrom? ± Komplikationen?: Pfortadererweiterung, Umgehungskreisläufe, Splenomegalie, Aszites, primäres Leberzellkarzinom. Leberbiopsie: sonographisch gesteuert (S. 80) oder laparoskopisch. Laparoskopie: bei weiter bestehender diagnostischer Unklarheit. Zusatzuntersuchungen im Rahmen der ätiologischen Klärung (vgl. Ursachen): ± Hepatitissuchprogramm: HBs-AG, Anti-HBc (IgG/IgM), Anti-HCV, ggf. AntiHDV, (S. 373ff) ± Transferrinsättigung, Ferritin, Coeruloplasmin, a1-Antitrypsin-Mangel? ± Untersuchungen zum Nachweis einer chron. Rechtsherzinsuffizienz: S. 298 ± evtl. Autoantikörpersuche (Autoimmunhepatitis: S. 377, PBC: S. 388) ± evtl. ERCP bei V. a. primär sklerosierende Cholangitis. Checkliste Hahn ´ Seite 381
& 23 &
Diagnostik
Erkrankungen der Leber
382
CM
YB
23.4 Leberzirrhose ä ä
AFP-Bestimmmung: Sreening (+ Sono) auf primäres Leberzellkarzinom. Ösophagogastroduodenoskopie: Ösophagusvarizen?, Stauungsgastritis?
Therapie ä ä ä ä ä
ä
ä
Kausal (vgl. Ursachen). Absolute Alkoholkarenz. Reduktion der Medikamenteneinnahme auf das Notwendigste (vgl. S. 117), potentiell hepatotoxische Medikamente (S. 375) meiden. Substitution von Vitaminen: z. B. Vitamin-B1 bei Alkoholismus. Komaprophylaxe bei drohender Enzephalopathie (z. B. Ösophagusvarizenblutung, Infektion): ± Eiweiûreduktion (< 40 g/d), ausreichend essentielle Aminosäuren ± Lactulose (z. B. Bifiteral) 2 ± 3 20 ± 50 ml/d p. o. oder ggf. über Magensonde (Ziel: mindestens 2 weiche Stühle/Tag) ± Evtl. zusätzlich schwer resorbierbare Antibiotika: Paromomycin (z. B. Humatin) oder Neomycin (z. B. Neomycin, Bykomycin) 3 1 g/d oral oder ggf. über Magensonde. Behandlung von Komplikationen: ± portale Hypertension, Aszites (S. 384) ± hepatische Enzephalopathie (S. 386) ± schwere Leberinsuffizienz (akutes Leberversagen S. 387). Bei Versagen der konservativen Therapie Erwägung einer Lebertransplantation.
Prognose ä
& 23 &
ä
Child A: günstige Prognose bei kausaler Behandlungsmöglichkeit (insbesondere Alkoholkarenz). Verschlechterung der Prognose mit dem Child-Stadium und dem Auftreten von Komplikationen (s. o.). Mortalitätsrate nach 1 Jahr: Child B: > 20 %, Child C: > 40 %.
Checkliste Hahn ´ Seite 382
23.5 Hämochromatose Definition ä
Erkrankung des Eisenstoffwechsels mit pathologisch erhöhten Eisenablagerungen in parenchymatösen Organen.
Ursachen ä ä
Primäre Hämochromatose (selten): autosomal-rezessiv vererbt. Sekundär (häufiger): Hämosiderosen bei Transfusionsbehandlung, hämatologischen Erkrankungen, Alkoholkrankheit u. a.
Klinik
ä
Leitsymptome: Leberzirrhose, Diabetes mellitus, dunkle Hautpigmentierung (¹Bronzediabetesª). Endokrine Störungen, Herzinsuffizienz (¹sekundäre Kardiomyopathieª), Splenomegalie, Arthralgien.
383
YB
Erkrankungen der Leber
CM
Diagnostik ä ä ä
Serumeisen und -ferritin erhöht. Erhöhte Transferrinsättigung bzw. erniedrigte freie Transferrinwerte. Leberbiopsie: histologischer Nachweis einer erhöhten Eisenablagerung.
Therapie
ä
Regelmäûige Aderlässe (500 ml/Woche entspricht ~ 250 mg Eisen), Dauer oft mehrere Jahre. Nach Entleerung der Eisenspeicher (Ferritin < 50 g/l) Aderlässe ca. alle 2 ± 4 Monate. Nur bei Anämie Deferoxamin (Desferal 0,5 g Inj.-Fl.) anfangs 2 0,5 g/d, später 0,5 g/d i. m. oder als Infusion.
& 23 &
ä
Checkliste Hahn ´ Seite 383
Erkrankungen der Leber
384
CM
YB
23.6 Portale Hypertension Definition ± Ursachen ä ä ä
ä
Definition: Erhöhung des portalvenösen Drucks auf > 12 mmHg. Prähepatisch: Pfortader- und Milzvenenthrombose (Pankreatitis, posttraumatisch, septisch, Begünstigung durch Thromboseneigung S. 295). Hepatisch: präsinusoidal (bei Lebermetastasen, myeloproliferativen Erkrankungen, Bilharziose, Regeneratknoten, idiopathisch), sinusoidal (bei Leberzirrhose), postsinusoidal (bei Budd-Chiari-Syndrom: S. 380). Posthepatisch: Obstruktion der Vena cava, Rechtsherzinsuffizienz.
Klinik ä ä ä ä
Sichtbarer Kollateralkreislauf an der Bauchhaut (Caput medusae). Aszites: vorgewölbtes Abdomen mit verstrichenem Nabel (Farbabb. 6), tastbare Fluktuationswelle bei der Perkussion des Abdomens. Splenomegalie, Hyperspleniesyndrom (S. 558). Obere gastrointestinale Blutung (S. 681) aus Fundus- und Ösophagusvarizen.
Diagnostik ä ä
Abdomensonographie: Leberzirrhose?, Pfortader- und Milzvene (S. 38, erweitert?, Farbdoppler: Thrombose?), Splenomegalie?, Aszites? Ösophagogastroduodenoskopie: Ösophagus-/Fundusvarizen? (Tab. 142), Stauungsgastritis? (= hypertensive Gastropathie).
Tabelle 142
Endoskopische Gradeinteilung der Ösophagusvarizen
I
Venektasien (röntgennegativ)
II
gut abgrenzbare Varizenstränge, beim Preûversuch deutlich ausgeprägt, Epithel nicht verdünnt
III
Deutliche Lumeneinengung, Varizenstränge erst bei kräftiger Luftinsufflation abgrenzbar, Epithel kaum verdünnt
IV
Lumen komplett verlegt, auch bei max. Luftinsufflation nur schlechte Abgrenzbarkeit, Epithel deutlich verdünnt, Erosionen
ä
Diagnostische Aszitespunktion: Durchführung: S. 74, Diff.-Diagnose: S. 187.
Therapie ä ä
& 23 &
ä ä
Soweit möglich kausal (vgl. Ursachen). Behandlung der Fundus-/Ösophagusvarizenblutung: S. 681. Primärprophylaxe der Varizenblutung (nur medikamentös: s. u.) evtl. bei hohem Blutungsrisiko: z. B. groûe Varizen mit ¹read color signsª, Fundusvarizen. Sekundärprophylaxe nach Varizenblutung (= Rezidivprophylaxe): ± nicht kardioselektive Betablocker (z. B. Propranolol: S. 275, Dosis-Ziel: 25 % Herzfrequenzsenkung), evtl. zusätzlich Nitrate (S. 254) ± wiederholte Varizensklerosierung: z. B. bei Betablockerunverträglichkeit ± Ultima ratio: TIPS (= transjugulärer intrahepatischer portocavaler Stent) oder Shunt-Operation. Checkliste Hahn ´ Seite 384
23.6 Portale Hypertension ä
Aszitestherapie: Tab. 143.
Tabelle 143 : Stufenplan Aszitestherapie 1. Stufe: Basistherapie Bettruhe Natriumbeschränkung (< 3 g NaCl/Tag) Flüssigkeitsbeschränkung (1 ± 1,5 l/Tag) tägliche Flüssigkeitsbilanz- oder Körpergewichtskontrollen (Ziel: Ausschwemmung von 300 ± 600 g/d) Elektrolytkontrollen: Na+, K+ im Serum (mmol/l), Na+ im Urin (mmol/d) 2. Stufe Spironolacton (S. 250): initial 100 mg/d, Therapieerfolg nach ca. 3 Tagen Dosissteigerung in 50-mg-Schritten nach Erfolg bis max. 400 mg/d. Bei Bedarf (Spironolactondosis > 150 mg/d) zusätzlich Furosemid (S. 249) initial 20 mg/d oder Xipamid (S. 249) initial 10 mg/d
385
YB
Erkrankungen der Leber
CM
3. Stufe Bei medikamentöser Therapieresistenz, Dyspnoe oder schmerzhaft gespanntem Abdomen therapeutische Aszitespunktion (S. 74). Wegen Albuminverlust Infusion von salzarmer Albuminlösung (8 g Albumin pro Liter punktiertem Aszites) z. B. Humanalbumin 20 % (10 g/50 ml). Ultima ratio: peritoneo-venöser Shunt (Le Veen u. a.), TIPS (S. 384) ä
Behandlung häufiger Elektrolytstörungen unter Aszitestherapie: ± Hyponatriämie (meist Verdünnungshyponatriämie): Flüssigkeitsrestriktion auf 800 ± 1000 ml/d, Überprüfung der Diuretikadosis und ggf. zusätzlich Lockerung der Natriumrestiktion. ± Hypokaliämie: Kaliumsubstitution (S. 423), am besten oral.
ä ä
ä
Ösophagusvarizenblutung (S. 681). Spontane bakterielle Peritonitis: ± häufig symptomarm und ohne Peritonitiszeichen ± Evtl. Fieber und Leukozytose ± Diagnose durch diagnostische Aszitespunktion (S. 74): entzündliches Exsudat (S. 187), > 250 Granulozyten/l, Keimnachweis (meist E. coli), Antibiogramm ± Therapie: nach diagnostischer Aszitespunktion sofortige antibiotische Behandlung z. B. mit Cephalosporinen (S. 616) der 2. (z. B. 2 2 g Cefotiam = Spizef) oder 3. Generation (z. B. 3 2 g Cefotaxim = Claforan). Hepatorenales Syndrom: Oligurie und Anstieg der Retentionswerte bei schwerem Leberparenchymschaden ohne primäre Nierenerkrankung. ± Ursache: meist Volumenmangel und zu hochdosierte Diuretikatherapie ± Diagnose: verminderte Natriurese (Urin-Na+ < 10 mmol/d) ± Therapie: Diuretika und NSAR absetzen, ggf. Dialyse, Lebertransplantation. Bei Verminderung der Natriurese unter Aszitestherapie Reduktion der Diuretikadosis.
Checkliste Hahn ´ Seite 385
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Komplikationen
Erkrankungen der Leber
386
CM
YB
23.7 Hepatische Enzephalopathie Definition ä
Reversible Funktionsstörung des zentralen Nervensystems (ZNS) infolge Leberinsuffizienz.
Ursachen ä ä
ä
Mangelnde Entgiftung ZNS-toxischer Stoffe bei Leberinsuffizienz. Vermehrter Anfall ZNS-toxischer Stoffe (= exogenes Leberkoma) meist bei Leberzirrhose durch gastrointestinale Blutungen, eiweiûreiche Ernährung, Obstipation, Infektionen. Begünstigung durch iatrogene Maûnahmen: Sedativa, Analgetika, zu hochdosierte Diuretikatherapie. Akutes Leberversagen (= endogenes Leberkoma).
Klinik ä
Einteilung nach dem klinischen Schweregrad in 4 Stadien (Tab. 144).
Tabelle 144
Klinische Stadien der hepatischen Enzephalopathie (nach Trey)
I
Konzentrationsschwäche, Verlangsamung, Flapping tremor (S. 639)
II
pathologische Schriftprobe, zunehmende Schläfrigkeit, Apathie
III
Pat. schläft meistens, erweckbar, unzusammenhängende Sprache
IV
Koma ohne Weckbarkeit, Reaktion nur auf starke Schmerzreize
Diagnostik ± Differentialdiagnose ä ä ä ä
Anamnese (bekannte Hepatopathie) und Klinik (s. o.), einfache Testverfahren sind Schriftprobe und Number-connection-test (Zahlenverbindungstest). Diagnose einer Leberinsuffizienz bzw. -Zirrhose: S. 381. Labor: Ammoniakspiegel erhöht (korreliert nicht mit dem klinischen Stadium). Differentialdiagnose der Bewuûtlosigkeit: S. 211.
Therapie ä ä ä ä
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ä
ä ä ä ä
Behandlung bzw. Beseitigung begünstigender Faktoren (s. o.). Allgemeine Behandlung der Leberzirrhose: S. 382. Ab Stadium III intensivmedizinische Überwachung. Eiweiûreduktion (< 40 g/d). Reduktion ammoniakbildender Darmbakterien durch (Ziel: mindestens 2 weiche Stühle/Tag): ± Lactulose (z. B. Bifiteral) 2 ± 3 20 ± 50 ml/d p. o. oder ggf. über Magensonde ± Paromomycin (z. B. Humatin) oder Neomycin (z. B. Neomycin, Bykomycin) 3 1 g/d oral oder ggf. über Magensonde. Engmaschige Flüssigkeitsbilanz- und Elektrolytkontrollen, ggf. Substitution. Ab Stadium III: evtl. Versuch mit verzweigtkettigen Aminosäuren per infusionem (z. B. Comafusin Hepar 1000 ml/d über 3 Tage). Bei akutem Leberversagen ergänzende Therapiemaûnahmen: S. 387. Ultima ratio: Prüfung der Indikation zur Lebertransplantation. Checkliste Hahn ´ Seite 386
23.8 Akutes Leberversagen Definition ä
Akute Leberinsuffizienz ohne vorher bestehende chronische Lebererkrankung.
Ursachen ä
ä
Massive Leberzellnekrose bei ± fulminanter Virushepatitis (S. 372) ± toxischer Leberschädigung (z. B. Halothan, Isoniazid, Paracetamol, NSAR, Antikonvulsiva, Methyl-DOPA, CCL4, Knollenblätterpilzvergiftung) ± akute Schwangerschaftshepatitis, Schockleber, Autoimmunhepatitis. Per definitionem abzugrenzen sind (identische Klinik, ähnliche Therapie): ± schwere alkoholische Fettleberhepatitis (S. 379) ± terminale Leberinsuffizienz bei chronischen Lebererkrankungen: S. 380.
387
YB
Erkrankungen der Leber
CM
Klinik ä ä ä
Ikterus, Foetor hepaticus, Hyperventilation, schlechter Allgemeinzustand. Symptome einer hepatischen Enzephalopathie (S. 386). Verstärkte Blutungsneigung.
Diagnostik ä ä ä
Anamnese (Toxine, Vorerkrankungen?) und Klinik. Diagnostik der Grunderkrankung (s. o.). Labor: Transaminasen, Bilirubin erhöht. Quick, AT III, CHE erniedrigt.
ä ä
ä ä ä ä
ä ä ä ä ä
ä ä ä
Durchführung der Therapie nur in einem entsprechend erfahrenen Zentrum. Intensivmedizinische Therapie und Überwachung: ± engmaschige Flüssigkeitsbilanzierung unter ZVD-Messung ± engmaschige Kontrollen von: BB, Kreatinin, Elektrolyte, Quick, AT III, Blutzucker, Blutgasen, Transaminasen, Bilirubin und Na+ im 24-h-Urin. Intoxikation: allgemeine Maûnahmen: S. 690, Antidote: S. 691. Prophylaxe bzw. Therapie des Leberkomas (S. 386). Therapie einer Gerinnungsstörung und Verbrauchskoagulopathie: S. 664. Parenterale Ernährung (S. 88) mit hochprozentigen Glukoselösungen, verzweigtkettigen Aminosäuren (z. B. Aminofusin Hepar sine, Aminosteril N-Hepa) ggf. Fettlösungen. Vitaminsubstitution (S. 88). Bei Oligurie Volumen- bzw. Furosemidgabe nach ZVD. Ggf. Hämodialyse. Ausgleich des Säure-Basen-Haushaltes (S. 432 und S. 433). Ggf. Therapie einer gastrointestinalen Blutung (S. 681ff) oder einer Sepsis (S. 669). O2-Gabe entsprechend BGA (S. 35). Ggf. Respiratortherapie (S. 659). Bei Hirnödem: Oberkörperhochlagerung (30 ), unter Beatmung kontrollierte Hyperventilation. Mannitol 20 % (S. 636), bei Oligo-/Anurie in Kombination mit Hämofiltration. Frühzeitige Antibiotikatherapie von Infekten. Prüfung der Indikation zur Lebertransplantation. Prognose von Alter und Ursache abhängig, meist schlecht: Letalität > 70 %.
Checkliste Hahn ´ Seite 387
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Therapie ± Prognose
Erkrankungen der Leber
388
CM
YB
23.9 Primär biliäre Zirrhose (PBC) Definition ä
Leberzirrhose als Spätstadium einer chronischen nicht-eitrigen destruierenden Cholangitis (vgl. sekundäre biliäre Zirrhose: S. 380).
Ursachen ± Epidemiologie ä ä
Ursache unbekannt, wahrscheinlich Autoimmunmechanismus. Häufigkeit: 1 ± 2 % aller Leberzirrhosefälle. In 90 % Frauen > 40 J betroffen.
Klinik ä ä ä ä
Haut: Pruritus (Frühsymptom), Melanose (braune Hautpigmentation), Xanthome und Xanthelasmen (S. 474), später cholestatischer Ikterus. Symptome einer Maldigestion: S. 345. Im Spätstadium Symptome einer Leberzirrhose: S. 380. Häufig assoziierte Begleiterkrankungen: Autoimmunthyreoiditis (S. 500), Raynaud-Syndrom (S. 293), Sjögren-Syndrom (S. 447).
Diagnostik ± Differentialdiagnose ä ä
ä
Klinik, Differentialdiagnose: Pruritus: S. 139, Cholestase: S. 184, Leberzirrhose: S. 380. Labor: ± Cholestase: g GT und aP erhöht (Normalwerte schlieûen PBC aus) ± Antimitochondriale Autoantikörper (AMA), Subtyp Anti-M2 spezifisch für PBC, Subtypen M4 und M8 sind unspezifische Verlaufsmarker, Nachweis spricht für raschere Progression ± Hypercholesterinämie ± BSG-Beschleunigung, IgM deutlich erhöht. Leberbiopsie (S. 80): Diagnosesicherung und Schweregradbestimmung: Tab. 145.
Tabelle 145
Histologische Stadien der PBC
I
Entzündliche Infiltrate der Portalfelder, evtl. Granulome
II
Gallengangsproliferation, periportale Entzündung
III
Mottenfraûnekrosen, zunehmende septale Fibrose
IV
Leberzirrhose
Therapie ± Prognose ä
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ä ä ä ä
St. I und II: Ursodeoxycholsäure (z. B. Ursofalk 250 mg/Kps.) 10 mg/kgKG/d. Bei Juckreiz: Colestyramin (S. 476), Antihistaminika (S. 459). Bei Hinweisen für Maldigestion: MCT-Fette, ADEK-Substitution (S. 347). Bei fortgeschrittener Zirrhose Lebertransplantation. Regelmäûige Bilirubinkontrollen zur Prognoseabschätzung: mittlere Lebenserwartung bei Bilirubin < 3 mg/dl > 8 Jahre, bei Bilirubin > 6 mg/dl < 2 Jahre.
Checkliste Hahn ´ Seite 388
23.10 Lebertumoren Primäres Leberzellkarzinom = hepatozelluläres Karzinom (HCC) ä ä ä
ä
ä
Ursachen: Leberzirrhose, chronisch aktive Hepatitis B und C, Aflatoxine, Nitrosamine, Thorotrast, evtl. langjährige Androgen oder Östrogentherapie. Klinik: Gewichtsabnahme, Oberbauchschmerzen, evtl. tastbarer Tumor. Diagnose: Bestimmung des a1-Fetoprotein (AFP), hohe Spezifität, regelmäûige Bestimmung bei Risikoerkrankungen. Lokalisationsdiagnostik durch Sonographie (S. 38), (Angio-)-CT oder MRT. Histologische Sicherung durch sonographisch oder CT-gesteuerte Feinnadelbiopsie. Therapie: bei solitärem Tumor < 5 cm Leberteilresektion, sonst evtl. Lebertransplantation. Bei Inoperabilität perkutane Ethanolinjektion oder transarterielle Chemoembolisation (Durchführung in spezialisierten Zentren). Prognose: schlecht, mittlere Überlebenszeit nach Diagnose 4 ± 12 Monate.
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Erkrankungen der Leber
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Andere maligne Lebertumoren ä ä
Metastasen: häufigste maligne Lebertumoren (Sono: S. 38, Primärtumoren S. 145). Seltene maligne Tumoren: Cholangiokarzinom (S. 394), Sarkome, bei Kindern Hepatoblastom.
Gutartige Lebertumoren ä
ä
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Arten: Leberhämangiom (häufig, Sono: S. 38), fokal noduläre Hyperplasie (FNH, Sono: S. 38), Leberadenom (Ursache: östrogenhaltige Kontrazeptiva, Sono: S. 38), intrahepatische Gallengangsadenome. Diagnose: meist sonographische Zufallsbefunde, Abgrenzung zu malignen Tumoren durch kurzfristige Kontrolluntersuchungen, (Angio-)CT, oder NMR. Ggf. sonographisch oder CT-gesteuerte Feinnadelbiopsie. Therapie: Beobachtung, bei Leberadenomen (Komplikation: Blutung) ohne Rückbildung nach Absetzen der Hormone: operative Resektion.
ä
ä
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Zysten: solitäre oder multiple dysontogenetische, dabei häufig auch Nierenzysten: meist symptomloser Zufallsbefund bei der Abdomensonographie (S. 38). Echinokokkose (S. 610): ± E. cysticus = granulosus (Hundebandwurm): bis kindskopfgroûe Zysten ± E. multilocularis = alveolaris (Fuchsbandwurm): mehrkammrige Zysten mit tumorähnlichem Wachstum Pyogener Leberabszeû: Erreger meist aus dem Pfortaderzufluûgebiet (z. B. bei Divertikulitis, perikolische- oder perineale Abszesse) oder biliär (bei eitriger Cholangitis) ± Klinik: Fieber, Schüttelfrost, Oberbauchschmerzen, Zwerchfellhochstand ± Diagnostik: Sonographie (echoarm), CT, BSG-Erhöhung, Leukozytose ± Therapie: Drainage, antibiot. Therapie z. B. Cephalosporine der 3. Generation, Aminoglykoside und Metronidazol (S. 613ff), dann nach Antibiogramm. Amöbenabszeû: (sub-)tropische Infektion. Klinik, Diagnostik und Therapie: S. 604.
Checkliste Hahn ´ Seite 389
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Andere umschriebene Lebererkrankungen
Erkrankungen der Gallenwege
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24.1 Cholelithiasis Definition ä
Konkremente in der Gallenblase (= Cholezystolithiasis) oder im Ductus choledochus (= Choledocholithiasis).
Ursachen ± Epidemiologie ä
ä ä
Cholesterinsteine und gemischte Steine (> 50 % Cholesteringehalt): ± erhöhte biliäre Cholesterinkonzentration bei cholesterinreicher Kost, Adipositas, Diabetes mellitus, weiblichem Geschlecht, Schwangerschaft, Östrogeneinnahme, höherem Lebensalter ± verminderte biliäre Gallensäurenkonzentration bei gestörter Synthese (erbliche Veranlagung, höheres Lebensalter) oder gesteigertem Verlust (Gallensäureverlustsyndrom S. 345) ± weitere Faktoren z. B. gestörte Gallenblasenmotilität, Kalzium etc. Pigmentsteine (= Bilirubinsteine): ± Hämolysen, Lebererkrankungen, unbekannte Ursachen. Prävalenz: in Mitteleuropa ca. 10 ± 15 %, davon 20 % symptomatisch, Frauen : Männer = 3 : 1. In Mitteleuropa 80 ± 90 % gemischte und Cholesterinsteine.
Komplikationen ä
ä
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Steinwanderung: ± Zystikusverschluû: Gallenblasenhydrops, akute Cholezystitis (s. u.) ± Choledocholithiasis: Verschluûikterus, Cholangitis, biliäre Pankreatitis. Akute bakterielle Cholezystitis, Cholangitis: ± Gallenblasenempyem ± Cholangiosepsis ± Gallensteinperforation: gedeckt (Abszeûbildung), in die Bauchhöhle (gallige Peritonitis), in den Darm (bei Einklemmung im terminalen Ileum Gallensteinileus). Chronische Cholezystitis: Schrumpfgallenblase, Porzellangallenblase, erhöhtes Risiko eines späteren Gallenblasenkarzinoms.
Klinik ä
ä ä
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ä
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Meist asymptomatische Gallensteinträger. Leitsymptom Gallenkolik: rechtsseitiger krampfartiger Oberbauchschmerz mit häufiger Ausstrahlung in den Rücken und die rechte Schulter, insbesondere bei Cysticusverschluû oder Choledochussteinpassage. Unspezifische dyspeptische Beschwerden: häufig verstärkt durch fette oder gebratene Speisen, Eier, Kaffee, Alkohol u. a. Akute Cholezystitis: Schmerzen im re. Oberbauch, Fieber, Schüttelfrost, Übelkeit, Erbrechen, Druckschmerz evtl. mit Abwehrspannung im rechten Oberbauch, evtl. tastbar vergröûerte Gallenblase. Choledochusverschluû: (bei Steinpassage passagere) Symptome einer akuten Pankreatitis (S. 364), Ikterus, heller Stuhl, dunkler Urin. Bei akuter Cholangitis: Charcot-Trias: Schmerzen, Ikterus, Schüttelfrost (Fieber). Freie Steinperforation: akutes Abdomen mit diffuser Abwehrspannung. Gallensteinileus: Abdominalkoliken, hochgestellte Darmgeräusche (S. 171).
Checkliste Hahn ´ Seite 390
24.1 Cholelithiasis Diagnostik ± Differentialdiagnose ä
Differentialdiagnose: akutes Abdomen (S. 166). Abdomensonographie: ± Konkrement: typischer Kuppenreflex mit dorsalem Steinschatten (Abb. 86) ± Zystikusverschluû: Gallenblasenhydrops (Organ > 10 4 cm) ± Choledocholithiasis: Ductus choledochus erweitert (> 7 mm bzw. 10 mm nach Cholezystektomie). Evtl. Gallenblasenhydrops, ¹Doppelflintenphänomenª in der Leber, evtl. sichtbares präpapilläres Konkrement, ggf. Zeichen einer akuten Pankreatitis (S. 364) ± Cholezystitis: verwaschen gezeichnete mehrschichtige Wand > 4 mm, echoarmer Randsaum, evtl. Hydrops und Zystikus- oder Choledochuskonkrement ± Gedeckte Steinperforation: echoarme, unscharf begrenzte Raumforderung im Leberbett (= Abszeû) evtl. mit Steinreflex ± Steinperforation in den Darm: Aerobilie: helle Reflexe mit Schallschatten in den Gallenwegen und in der Leber (DD: Z. n. Papillotomie) ± Chronische Cholezystitis: Schrumpfgallenblase (kleine Gallenblase ohne Lumen, evtl. echodicht mit Schallschatten), Porzellangallenblase (groûer bogiger ventral gelegener Reflex mit breitem homogenem dorsalen Schatten).
Abb. 86 ä
ä ä ä ä ä
Cholezystolithiasis (Sonographie)
Röntgen Leeraufnahme (Abdomenübersicht, Gallenblasenzielaufnahme): ± kalkhaltige Steine meist sichtbar ± bei Perforation in den Darm: Aerobilie (sichtbare lufthaltige Gallengänge), evtl. Ileus (Spiegelbildungen). ERC(P) (S. 58): bei V. a. Choledocholithiasis. Möglichkeit der endoskopischen Steinextraktion nach Papillotomie. I. v. oder orale Röntgenkontrastmitteluntersuchung: nur noch selten indiziert. PTC (perkutane transhepatische Cholangiographie: S. 51): bei nicht durchführbarer ERC durch Stenosen der ableitenden Gallenwege. CT der Gallenblasenregion: genaueste Methode zum Nachweis von Verkalkungen in den Gallensteinen z. B. vor oraler Lysetherapie oder ESWL (s. u.). Labor (Veränderungen nur bei Komplikationen): ± Cholezystitis: BSG-Erhöhung, Leukozytose mit Linksverschiebung ± Cholangitis mit Obstruktion: zusätzlich Erhöhung von Bilirubin, aP und g GT ± Biliäre Pankreatitis: S. 364.
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Erkrankungen der Gallenwege
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Erkrankungen der Gallenwege
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24.1 Cholelithiasis Therapie bei Gallenkolik ä ä ä
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Praktisches Vorgehen und Differentialdiagnose: S. 166ff. Nahrungskarenz, i. v.-Zugang. Nach sorgfältiger klinischer Untersuchung Analgesie (entsprechend Bedarf): ± Spasmolytika (z. B. Buscopan 20 mg/Amp) 1 Amp. als Bolus i. v., dann ggf. 2 ± 3 Amp./500 ml i. v. oder Nitroglycerin s. l. (z. B. 1 ± 2 Kps. Nitrolingual) ± umstritten (selten Agranulozytose) aber wirksam: Metamizol (z. B. Novalgin oder Baralgin 500 mg/ml 2 bzw. 5 ml/Amp.) 2 ml langsam (RR-Abfall !) i. v. dann ggf. 5 ml/500 ml Infusionslösung ± Pentazocin (Fortral) oder Buprenorphin (Temgesic) 1 Amp. langsam i. v. Kein Morphin (spasmogene Wirkung auf Sphincter oddi). Weitere Therapie in Abhängigkeit vom Befund: ± akute Cholezystitis: chirurgisches. Konsil, Frühoperation. Bis dahin nach Entnahme von Blutkulturen Antibiotikagabe i. v. (S. 613ff): Mezlocillin (z. B. 4 2 g/d Baypen) oder Piperacillin (z. B. 3 4 g/d Pipril) oder Piperacillin/Tazobactam (z. B. 3 4,5 g/d Tazobac), bei Penicillinallergie Cefotiam (z. B. 2 2 g/d Spizef) oder Cefoperazon (z. B. 2 2 g/d Cefobis). Zusätzlich Metronidazol (z. B. 3 500 mg/d Clont) ± Choledocholithiasis: S. 393 ± biliäre Pankreatitis: S. 365.
Therapie der Cholezystolithiasis ä ä
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ä
Bei stummen Gallensteinen Therapie nur in Ausnahmefällen: z. B. asymptomatische Porzellangallenblase: Operation wegen erhöhtem Karzinomrisiko. Chirurgische Therapie: Cholezystektomie, absolute Indikation bei Gallensteinen mit Komplikationen, häufigste Behandlungsform bei symptomatischen Gallensteinen ohne Komplikationen, intraoperative Durchführung einer Cholangiographie und ggf. Sanierung der Gallenwege: ± laparoskopische Cholezystektomie: Standardverfahren ± konventionelle Cholezystektomie: bei Komplikationen wie Perforation, chronische Cholezystitis, Phlegmone, Tumoren u. a. Postcholezystektomie-Syndrom: fortbestehende Beschwerden aufgrund anderer Erkrankungen (z. B. Ulkus, funktionelle Beschwerden), übersehener Gallengangssteine, postoperativer Verwachsungen oder Gallengangsstrikuren. Diagnose: Sonographie, ERCP, Gastroskopie. Therapie: kausal (z. B. Papillotomie und Steinextraktion, Ulkusbehandlung, symptomatische Therapie). Nichtchirurgische Therapie: ± Voraussetzungen (nur bei einer Minderheit der Patienten erfüllt): · 1 ± 3 unverkalkte komplikationslose Cholesterinsteine mit Durchmesser < 30 mm, bei oraler Litholyse < 10 mm. (Röntgenleeraufnahme oder CT) · frei durchgängiger D. cysticus (ERCP oder i. v./orale Cholangiographie) · kontraktionsfähige Gallenblase (Sono vor und 1 h nach Reizmahlzeit) ± Problem aller nichtchirurgischen Behandlungsformen: hohe Rezidivquote ± Verfahren: · Orale Litholyse: Ursodeoxycholsäure (Ursofalk 250 mg/Kps.) und Chenodeoxycholsäure (Chenofalk 250 mg/Kps): < 80 kg Körpergewicht jeweils 2 Kps./d, > 80 kg Körpergewicht jeweils 3 Kps./d (jeweils 6 ± 8 mg/kgKG/d), alternativ Ursodeoxycholsäure alleine mit 8 ± 12 mg/ kgKG/d. Therapiedauer 3 Monate über den Behandlungserfolg (= erfolgte Steinauflösung) hinaus, max. 18 Monate. Nebenwirkungen: TransaminaCheckliste Hahn ´ Seite 392
24.1 Cholelithiasis
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senerhöhung (reversibel), Durchfälle. Kontraindikationen: chronische Leber-, Nieren- und Darmerkrankungen, Schwangerschaft. Während der Therapie regelmäûige Sonographie- und Transaminasenkontrollen (jährlich) · Lokale Chemolitholyse: Spülung der Gallenblase mit MTBE (Methyl-tertButyl-Ether) meist über perkutanen Katheter. Auflösung der Steine innerhalb von Stunden. 3 Monate Nachbehandlung mit oraler Litholyse · Extrakorporale Stoûwellenlithiotripsie (ESLW): in Kombination mit oraler Litholyse (3 Monate Nachbehandlung). Rezidivprophylaxe durch cholesterinarme Kost und Gewichtsnormalisierung.
Therapie der Choledocholithiasis ä ä
Primärbehandlung wie bei Gallenkolik (S. 392). Baldmöglichst ERCP mit Papillotomie und endoskopischer Steinextraktion. Ggf. Behandlung einer biliären Pankreatitis (S. 365) und antibiotische Therapie einer Cholangitis (wie bei akuter Cholezystitis: S. 392).
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Erkrankungen der Gallenwege
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Erkrankungen der Gallenwege
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24.2 Tumoren der Gallenwege Gallenblasenkarzinom ä ä ä
ä
ä
ä
Risikofaktoren: langjährige Cholezystolithiasis mit/ohne chronische Cholezystitis. Klinik (oft erst im Spätstadium): Oberbauchschmerzen, Gewichtsabnahme, evtl. tastbarer Tumor, Ikterus. Diagnose: Sonographie: echoarme, irreguläre Strukur in der Gallenblase. Ergänzend: CT, ERCP, sonographisch gesteuerte Feinnadel-PE: meist Adenokarzinom. Differentialdiagnose: Mirizzi-Syndrom: Verschluûikterus durch entzündliche oder narbige Stenosierung des Ductus choledochus/hepaticus infolge benachbartem Zystikusstein. Therapie: bei frühzeitiger Diagnose operative Therapie unter kurativer Zielsetzung (Entfernung der Gallenblase evtl. mit benachbarten Lebersegmenten). Palliativ: Erhaltung des Gallenabflusses z. B. durch endoskopische Stenteinlage. Prognose: schlecht (mittlere Überlebenszeit 1 ± 2 Jahre).
Gallengangskarzinom ä
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Risikofaktoren: primär sklerosierende Cholangitis, Caroli-Syndrom (= zystische Erweiterung der intrahepatischen Gallenwege), intrahepatischer Parasitenbefall und Choledochuspapillomatose. Arten: Klatskin-Tumor (Gallengangskarzinom im Bereich der Hepatikusgabel) und Papillenkarzinom (Adenokarzinome). Klinik: typisch: schmerzloser Ikterus, evtl. mit tastbar vergröûerter Gallenblase (Courvoisiersches Zeichen), Stuhl hell, Urin dunkel, Gewichtsabnahme. Diagnosebestätigung durch (Endo-)Sonographie, CT und ERCP. Differentialdiagnose: Choledocholithiasis (s. o.) und Pankreaskopfkarzinom (S. 369). Therapie: bei Operabilität Resektion, z. B. Whipple-OP (S. 369) bei Papillenkarzinom. Palliativ: Erhaltung des Gallenflusses z. B. durch endoskopische Stenteinlage, palliative Chemotherapie (z. B. mit 5-FU) selten erfolgreich. Prognose: wie Gallenblasenkarzinom.
Benigne Tumoren der Gallenwege Meist zufällig (sonographisch, intraoperativ oder bei ERCP) entdeckte Tumoren (z. B. Gallengangadenome). Therapeutische Konsequenzen nur bei gröûeren Gallenblasenpolypen, welche wegen Entartungsgefahr durch Cholezystektomie entfernt werden sollten.
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25.1 Glomerulonephritis (GN) Definition ä
Entzündliche abakterielle Nierenerkrankung mit Befall unterschiedlicher glomerulärer Strukturen.
Ursachen ä ä
ä
ä ä
Insgesamt eher seltene Erkrankung, aber zweithäufigste Ursache einer chronischen Niereninsuffizienz (S. 406). Primäre Glomerulonephritis: primäre glomeruläre Erkrankung: ± postinfektiös: Immunkomplexnephritis am häufigsten ca. 1 ± 3 Wo. nach Infektion mit b-hämolysierenden Streptokokken (= Poststreptokokken-GN) ± idiopathisch. Sekundäre Glomerulonephritis: glomeruläre Beteiligung im Rahmen von entzündlichen Systemerkrankungen, Malignomen, Infektionen oder durch Medikamente: ± Kollagenosen: z. B. systemischer Lupus erythematodes (SLE) ± Vaskulitiden: z. B. Wegener Granulomatose, Panarteriitis nodosa, Purpura Schoenlein-Henoch ± Malignome: solide Tumoren, (z. B. Bronchialkarzinom), maligne Lymphome ± Medikamente: z. B. Penicillamin, Gold, Lithium, NSAR, Dihydralazin, Heroin ± Infektionen: z. B. Lues, Hepatitis B u. C, Parasitosen, HIV, chronische Infekte. Alport-Syndrom: hereditäre chronische Glomerulonephritis mit Innenohrschwerhörigkeit und Augenfehlbildungen (Linsenektopie, Katarakt). Abzugrenzen ist eine nicht-entzündliche Mitbeteiligung der Glomerula bei Erkrankungen wie Diabetes mellitus, arterieller Hypertonie und Amyloidose.
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Erkrankungen der Niere
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Klinik ± Einteilung ä
Klinische Einteilung nach 4 Hauptsyndromen: Tab. 146. Einteilung nach dem Verlauf: ± akute Glomerulonephritis: akutes nephritisches Syndrom mit oder ohne Einschränkung der Nierenfunktion ± rapid progressive Glomerulonephritis: führt ohne Behandlung meist innerhalb von Wochen bis wenigen Monaten zur terminalen Niereninsuffizienz ± chronische Glomerulonephritis: schleichende, über Jahre sich entwickelnde Symptomatik eines nephritischen oder nephrotischen Syndroms bei mesangioproliferativer, membranöser, membranoproliferativer, fokal-segmental-sklerosierender oder Minimal change-Glomerulonephritis.
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Erkrankungen der Niere
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25.1 Glomerulonephritis (GN) Tabelle 146 Syndrom
Klinische Einteilung der Glomerulonephritiden (GN) Glomeruläre Leiterkrankung
Akutes ne- endokapilläre phritisches GN Syndrom
Symptome
¾tiologie
Hypertonie, Hämaturie, Proteinurie
Meist PoststreptokokkenGN, seltener Systemerkrankungen oder idiopathisch
Rapid extrakapillär-pro- rasch progrediente progressi- liferierende Niereninsuffizienz ve GN sonst wie nephritiGlomerulosches Syndrom nephritis
primär: postinfektiös, idiopathisch sekundär: Goodpasture-S. (S. 153), Wegener-Granulomatose, SLE
Nephrotisches Syndrom
Minimal changeGN, fokal segmental sklerosierende GN, membranöse GN, membranoproliferativer GN
Proteinurie > 3,5 g/d Hypalbuminämie, Ödeme, Hyperlipoproteinämie
primär: idiopathisch, chronischer Verlauf eines nephritischen Syndroms sekundär: S. 398
Oligosymptomatische Glomerulonephritis
mesangioproliferative GN (meist IgA-Nephropathie, häufigste GN weltweit)
primär: idiopathisch langsam progredient: z. B. Mikrohä- sekundär: Purpuramaturie, rezidiv. Schoenlein-Henoch Makrohämaturien, leichte Proteinurie
Diagnostik ± Differentialdiagnose
ä
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Beachte: Proteinurie und Mikrohämaturie sind häufige Zufallsbefunde beim routinemäûig durchgeführten Papierstreifentest, die weiter abgeklärt werden müssen. Bei unauffälliger Klinik und normaler Nierenfunktion reicht zunächst eine kurzfristige Kontrolle aus. 1 ± 3 Wochen nach jedem Streptokokkeninfekt Kontrolle des Urinstatus. Vorgehen bei V. a. Glomerulonephritis: ± Anamnese: v.a Medikamente, Grunderkrankungen, abgelaufener Infekt, Familienanamnese, Begleitsymptome: z. B. Hämoptoe (bei Goodpasture-Syndrom), Gelenkbeschwerden, Vaskulitis ± Klinische Untersuchung: Ödeme, Blutdruck. ± Blutstatus: BSG, Blutbild, Blutzucker, Kreatinin (evtl. Kreatininclearance: S. 407), Harnstoff, Harnsäure, Elektrolyte, Gesamteiweiû, Albumin, SerumElektrophorese (S. 218), CRP, ASL-Titer, Antistreptokokken-DNase B = ADBoder ANDB-Titer (spezifischer und sensitiver als ASL-Titer besonders bei akuter Glomerulonephritis nach Streptokokkeninfektionen der Haut, normal < 200 U/ml) ± Urinstatus und Sediment, bei Proteinurie 24-h-Urin auf Eiweiû, Bestimmung der Markerproteine oder SDS-PAGE (S. 194). Typisch bei GN: · glomerulär deformierte Erythrozyten, Erythrozytenzylinder (Differentialdiagnose der Hämaturie: S. 191) · glomeruläre Proteinurie (Differentialdiagnose der Proteinurie: S. 194)
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25.1 Glomerulonephritis (GN) ± Immunologische Untersuchungen (unter Berücksichtigung von Klinik und Verdachtsdiagnose) · ANA, Anti-dsDNA-AK, (Kollagenose, SLE?) · cANCA (Wegener Granulomatose?), pANCA (mikroskopische Panarteriitis?) · Antibasalmembran-AK (Goodpasture-Syndrom?) · C3/C4-Komplementspiegel (erniedrigt z. B. bei Poststreptokokken-GN, membranoproliferativer GN, SLE) · Hepatitissuchprogramm: HBs-AG, Anti-HBc (IgG/IgM), Anti-HCV · Immunelektrophorese, quantitative Immunglobulinbestimmung, Bence-Jones-Proteine im Urin (monoklonale Gammopathie?) ± Sonographie: diffuse parenchymatöse Veränderungen, vergröûerte Nieren bei akuter Glomerulonephritis ± Duplexsonographie: Nierenvenenthrombose?, Nierenarterienstenose? ± Rektumbiopsie bei nephrotischem Syndrom unklarer Genese (Amyloidose?) ± Nierenbiopsie: insbesondere bei V. a. rapid progressive Glomerulonephritis, sonst bei weiter bestehender diagnostischer Unsicherheit, therapeutischen Konsequenzen und zur prognostischen Einschätzung.
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Erkrankungen der Niere
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Therapie ± Prognose ä
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Sekundäre Glomerulonephritis: Therapie der Grundkrankheit. Akute Poststreptokokken-Glomerulonephritis: Bettruhe, Therapie des Infekts mit Penicillin (3 ± 4 Mega IE/d S. 613ff), ggf. Diuretika (S. 249). Prognose gut, regelmäûige Nachkontrollen (Urinstatus). Rapid-progressive-Glomerulonephritis: Glukokortikoide + Cyclophosphamid. Bei Goodpasture-Syndrom Plasmaseparation. Prognose abhängig von der Grunderkrankung und dem Zeitpunkt des Therapiebeginns. Minimal change-Glomerulonephritis: Glukokortikoide, evtl. Cyclophosphamid, Chlorambucil oder Ciclosporin (Sandimmun). Prognose gut. Fokal segmentale Glomerulosklerose: Therapie unbefriedigend; in Einzelfällen Steroide, Cyclophosphamid, Ciclosporin. Progredienter Verlauf häufig, in 50 % terminale Niereninsuffizienz nach 10 Jahren. Membranöse Glomerulonephritis: 30 % Spontanremissionen; bei persistierendem nephrotischen Syndrom progredienter Verlauf häufig, in 50 % terminale Niereninsuffizienz. Medikamente: Glukokortikoide, Chlorambucil. Vor Therapiebeginn medikamentöse Genese, Tumoren oder Infektionen (S. 395) ausschlieûen. Membranoproliferative Glomerulonephritis: symptomatische Therapie (z. B. Blutdruckeinstellung). In 50 % terminale Niereninsuffizienz nach 10 ± 15 Jahren. Mesangioproliferative Glomerulonephritis, IgA-Nephropathie: keine gesicherte Therapie. Prognose besser: in 10 ± 20 % terminale Niereninsuffizienz nach 10 Jahren.
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Erkrankungen der Niere
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25.2 Nephrotisches Syndrom Definition ä
Proteinurie > 3,5 g/d, Hypoproteinämie, Hyperlipoproteinämie, Ödeme.
Ursachen ä ä
ä
Primäre Glomerulonephritiden (bevorzugte Formen: S. 396). Sekundäre Glomerulonephritiden (z. B.): ± Kollagenosen, Vaskulitiden ± Medikamente (Gold, Penicillamin, NSAR u. a.), i. v.-Drogen (Heroin) ± Karzinome (z. B. Bronchialkarzinom), maligne Lymphome ± HIV, Hepatitis B und C, Malaria, chronische Infekte. Diabetes mellitus, Amyloidose, Plasmozytom.
Klinik ä ä
ä
Klinik der Grunderkrankung. Folgen des Eiweiûverlustes: ± Albumin: Ödeme ± Immunglobuline (besonders IgG): erhöhte Infektanfälligkeit ± AT III: erhöhtes Thromboserisiko Im Spätstadium Symptome einer chronischen Niereninsuffizienz (S. 406).
Diagnostik ä ä ä
ä
Klinik: Ödeme. 24-h-Urin auf Eiweiû: Proteinurie: > 3,5 g/d (S. 194). Bestimmung von Gesamteiweiû, Albumin, Triglyzeriden und Cholesterin. Ergänzend: Serum-Elektrophorese (Albumin und g -Globuline erniedrigt: S. 218), AT III, Kreatinin (bzw. Kreatininclearance: S. 407), Harnstoff. Bei unklarer Ursache weiteres diagnostisches Vorgehen: S. 396.
Therapie ä ä ä
ä ä
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ä ä
Kausal: Behandlung der ursächlichen Erkrankung bzw. Ausschaltung von Noxen. Spezielle Therapie einer GN entsprechend der Histologie (S. 397). Diät: Gewichtsnormalisierung, Eiweiûbeschränkung (0,8 g/kgKG/d), Kochsalzbeschränkung (< 5 g/d), wenig Fett und Cholesterin. Ödemtherapie: Diuretika (S. 249) unter engmaschiger Kontrolle von Körpergewicht und Elektrolyten, oft höhere Dosen erforderlich. Wegen erhöhter Thrombosegefahr langsam ausschwemmen (300 ± 500 ml/d), dabei Low-Dose-Heparinisierung (S. 91). Hypertonietherapie: bevorzugt mit ACE-Hemmer (S. 283). Hyperlipidämietherapie: HMG-CoA-Reduktasehemmer (S. 476). Bei anamnestischer Thrombose oder Embolie und bei Albumin < 2 g/dl: Marcumarisierung (S. 92). Infekte: groûzügige Indikation zur antibiotischen Behandlung, Grippeschutzimpfung.
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25.3 Interstitielle Nephritis Definition ä
Polyätiologische Nierenerkrankung mit akuter oder chronischer Entzündung des Niereninterstitiums meist unter Mitbeteiligung der Tubuli (tubulointerstitielle Nephritis). Häufig sekundäre glomeruläre Beteiligung.
Ursachen ä ä
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Bakterielle interstitielle Nephritis: S. 400. Akute abakterielle interstitielle Nephritis (meist allergisch) z. B.: ± Antibiotika, NSAR, Diuretika, Allopurinol ± Viren (z. B. Hantaviren: S. 560), Toxoplasma (S. 605), Rickettsien. Chronische abakterielle interstitielle Nephritis: ± Analgetika (Analgetikanephropathie): früher Phenazetin, heute besonders Kombinationspräparate mit 2 Analgetika + Coffein oder Codein ± Metabolische Störungen: Hypokaliämie, Hyperkalzämie, Gicht ± Schwermetalle: z. B. Cadmium, Blei ± Plasmozytom, Amyloidose, Sichelzellanämie, Sarkoidose, Sjögren-Syndrom ± Balkan-Nephritis: Ursache unbekannt, endemisches Auftreten im Balkan ± Strahlennephritis.
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Erkrankungen der Niere
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Klinik abakterieller interstitieller Nephritiden ä ä
Akute Form: Fieber, Übelkeit, Hämaturie, Proteinurie (< 1,5 g/d), evtl. Hauterscheinungen (Pruritus, Exantheme), Arthralgien. Chronische Form: im Spätstadium chronische Niereninsuffizienz (S. 406).
Diagnostik und Differentialdiagnose abakterieller interstitieller Nephritiden ä ä
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ä ä
Ausschluû einer bakteriellen interstitiellen Nephritis: S. 400. Anamnese (Medikamente, Infektionen, chronische Erkrankungen), Klinik. Urinstatus, -sediment, ggf. 24-h-Urin auf Eiweiû, Bestimmung der Markerproteine oder SDS-PAGE (S. 194), weitere Diagnostik nach Befund: ± sterile Leukozyturie: S. 401 ± tubuläre Proteinurie: Differentialdiagnose der Proteinurie (S. 194) ± Erythrozyturie: Differentialdiagnose der Hämaturie (S. 191). Blutuntersuchung einschlieûlich Kreatinin, Na+, K+, Ca++, Phosphat, Differentialblutbild (bei akuter allergisch bedingter Nephritis evtl. Eosinophilie), IgE. Sonographie: ± akute Form: evtl. vergröûerte Nieren ± chronische Form: kleine Nieren, evtl. Kalzifikationen (diffuse echodichte Reflexe). I. v.-Pyelogramm (Cave Kontrastmittel, vgl. S. 51): bei chronischer Analgetikanephropathie Papillennekrosen. Nierenbiopsie: bei diagnostischer Unklarheit und therapeutischer Konsequenz.
Therapie ä ä ä
Kausal: auslösende Medikamente absetzen, Therapie der Grundkrankheit. Bei Hinweisen für allergische Genese (s. o.) zusätzlich Versuch mit Steroiden. Behandlung einer akuten (S. 405) oder chronischen (S. 407) Niereninsuffizienz. Checkliste Hahn ´ Seite 399
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Erkrankungen der Niere
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25.4 Harnwegsinfektionen Definition ä
Infektion des Harntrakts mit Bakterien, Trichomonaden, Chlamydien, Mykoplasmen, Pilzen oder Parasiten. Krankheitsbilder (Urethritis: S. 402): ± akute Zystitis: Entzündung der Harnblase ± akute Pyelonephritis (PN): akute bakterielle interstitelle Nephritis ± chronische Pyelonephritis: chronische bakterielle interstitielle Nephritis.
Ursachen ä ä
Meist aszendierende, selten hämatogene Infektion. Häufigste Erreger: E. coli, Enterokokken, Proteus, Klebsiellen, Pseudomonas, Serratien, Staphylokokken. Begünstigende Faktoren: ± obstruktive Harnwegserkrankungen: angeborene Anomalien, Steine, Koagel, entzündliche Strikturen, Tumoren, retroperitoneale Fibrose, Prostatatumoren, Phimose ± neurogene Blasenentleerungsstörungen: z. B. bei Querschnittslähmung ± vesikoureteraler Reflux: angeboren oder durch Obstruktionen (s. o.) erworben ± Abwehrschwäche: Diabetes mellitus, immunsuppressive Therapie etc. ± iatrogen: Harnblasenkatheter, diagnostische Eingriffe ± weibliches Geschlecht (auch ¹Honeymoonª-Zystitis nach sexueller Aktivität), Gravidität ± Analgetikaabusus ± Immobilisation, zu geringe Flüssigkeitszufuhr (und Ausscheidung).
Klinik ä
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ä
Akute Zystitis: schmerzhafte (= Algurie) und erschwerte (= Dysurie) Harnentleerung mit häufigem Harndrang (= Pollakisurie) evtl. auch nachts (= Nykturie), Unterbauchschmerzen. Bei hämorrhagischer Zystitis Makrohämaturie. Komplikation: Pyelonephritis. Akute Pyelonephritis: typisch: Fieber, evtl. Schüttelfrost, Dysurie, Flankenschmerzen und klopfschmerzhaftes Nierenlager der betroffenen Seite(n), gelegentlich Übelkeit und Brechreiz. Atypisch: z. B. nur Flankenschmerzen (Differentialdiagnose: Lumbago), unklares Fieber. ± Komplikationen: · Urosepsis: häufig Schüttelfrost, Gefahr des septischen Schocks (S. 669) · paranephritischer Abszeû: stärkere Flankenschmerzen, hohes Fieber · Pyonephrose, pyelonephritische Schrumpfniere: später Niereninsuffizienz. Chronische Pyelonephritis: oft jahrelang symptomlos, evtl. intermittierend Symptome einer akuten (rezidivierenden) Pyelonephritis oder unspezifische Allgemeinsymptome (z. B. Leistungsminderung, Kopf- und Rückenschmerzen). Komplikationen: progrediente Niereninsuffizienz (S. 406), renale Hypertonie.
Diagnostik ä ä ä
Anamnese: begünstigende Faktoren (s. o.) Körperliche Untersuchung einschlieûlich rektaler Palpation (Prostata?). Urinstatus/-sediment: Leukozyturie, evtl. Leukozytenzylinder nachweisbar, positive Nitritreaktion, Bakteriurie.
Checkliste Hahn ´ Seite 400
25.4 Harnwegsinfektionen ä
ä
ä
ä
ä
Mikrobiologische Urinuntersuchung (Durchführung und Bewertung: S. 17). ± sterile Leukozyturie bei Gonorrhoe, Urogenital-TBC, Analgetikanephropathie, Reiter-Syndrom (S. 443), begonnener Antibiotikatherapie ± asymptomatische Bakteriurie: Bedeutung nur bei Harnabfluûhindernissen, Schwangeren, nach urologischen Eingriffen. Blutuntersuchungen: BSG, Differentialblutbild, (akute Pyelonephritis: Leukozytose, Linksverschiebung, chronische Pyelonephritis: evtl. Anämie), Kreatinin, Harnstoff. Bei Fieber Blutkulturen abnehmen (S. 17). Sonographie: Harnstau (S. 412), Konkremente, paranephritischer Abszeû, Prostatagröûe, ggf. Restharnbestimmung (S. 40), Nierenveränderungen (Zysten, Narben, Parenchymverschmälerung), Tumoren (Niere, Harnblase) etc. I. v.-Pyelogramm (chronische PN, fakultativ bei akuter PN, S. 51): Nierenveränderungen (z. B. asymmetrische Schrumpfung, Kelchdeformitäten), Harnstau, Abfluûbehinderungen (z. B. Konkremente, Strikturen), Verkalkungen (Leeraufnahme) etc. Bei speziellen Fragestellungen: CT, Miktionszystourogramm (z. B. Reflux?), Zystoskopie (z. B. zum Tumorausschluû bei Makrohämaturie).
401
YB
Erkrankungen der Niere
CM
ä
ä
ä
Allgemeine Therapiemaûnahmen: ± Behandlung begünstigender Faktoren (s. o.) ± Bettruhe bei akuter Pyelonephritis ± reichliche Flüssigkeitszufuhr ± bei Schmerzen Spasmolytika (z. B. Buscopan Drg. 1 ± 2 bei Bedarf oder Amp. z. B. 2 Amp./500 ml Infusionslösung). Antibiotikatherapie (S. 613ff). Behandlung nach Abnahme von Urin- und evtl. Blutkulturen, Therapieerfolg mittels Urinkultur nach 1 Woche überprüfen: ± unkomplizierte Harnwegsinfektion der Frau (Kriterien: Symptomdauer < 48 Std., keine häufigen Rezidive, keine obstruierenden Harnwegserkrankungen, kein Katheter): Kurzzeit-Behandlung, Alternativen: · Eintagesbehandlung (¹single day treatmentª): Standard-Tagesdosis Cotrimoxazol (z. B. Bactrim, Eusaprim: 2 960 mg = 2 1 forte Tbl./d) oder Amoxicillin (z. B. Amoxypen, Clamoxyl: 3 1 g Tbl/d., Schwangerschaft keine Kontraindikation) · Einmalbehandlung (¹single dose treatmentª): Standard-Tagesdosis einmalig einnehmen (z. B. 1920 mg Cotrimoxazol oder 3 g Amoxicillin) · Dreitagesbehandlung: Einnahme der Standard-Tagesdosis über einen Zeitraum von 3 Tagen ± komplizierte Harnwegsinfektion, Harnwegsinfekt des Mannes, akute Pyelonephritis: · Anbehandlung mit Cotrimoxazol oder Chinolon (= Gyrasehemmer, z. B. Tarivid, Ciprobay: S. 617) · ggf. Wechsel des Antibiotikums nach Eintreffen des Antibiogramms, Dauer der Antibiotikatherapie mindestens 2 ± 3 Wochen · bei schwerem Krankheitsverlauf stationäre Behandlung und i. v. Therapie bis 24 ± 48 Std. nach Entfieberung. Behandlung der schweren Urosepsis und des septischen Schocks: S. 669.
Checkliste Hahn ´ Seite 401
& 25 &
Therapie des akuten Harnwegsinfektes
Erkrankungen der Niere
402
CM
YB
25.4 Harnwegsinfektionen Therapie der chronischen Pyelonephritis ä ä ä ä ä
ä ä
Behandlung begünstigender Faktoren (s. o.). Antibiotikatherapie nach Keimdiagnostik zunächst ambulant wie bei akuter PN. Nach 2 erfolglosen Therapieversuchen stationäre Behandlung und hochdosierte parenterale Antibiotikatherapie nach Antibiogramm. Bei weiterbestehender Bakteriurie und Beschwerdefreiheit mindestens 3monatliche Kontrollen und antibiotische Behandlung akuter Infektschübe. Bei häufigen Infektrezidiven trotz kausaler Behandlung evtl. antibiotische Langzeitprophylaxe für 6 Monate in halber üblicher Dosierung zur Nacht oder Methenamin (z. B. 4 1 Drg. Mandelamine 1000 nach dem Essen). Therapie der chronischen Niereninsuffizienz: S. 407. Konsequente Behandlung einer renalen Hypertonie.
Urethritis ä
ä ä
& 25 &
ä
Ursachen: ± nichtgonorrhoische Urethritis: meist Chlamydia trachomatis und/oder Ureaplasma urealyticum, seltener Mykoplasmen, Trichomonaden oder Herpesviren ± Gonorrhoe: S. 602. Klinik: Miktionsbeschwerden (z. B. Brennen, Jucken), Urethralausfluû. Diagnostik: Urethralabstrich (S. 19). Therapie: antibiotische Anbehandlung nach Urethralabstrich (einschlieûlich Partner): Doxycyclin über 1 Woche (2 100 mg/d) bei Versagen Erythromycin (4 500 mg/d) über 3 Wochen. Bei Trichomonaden Metronidazol 3 400 mg/d (Handelsnamen S. 613ff.). Therapie der Gonorrhoe: S. 602.
Checkliste Hahn ´ Seite 402
25.5 Akutes Nierenversagen (ANV) Definition ä
Rasch progredientes, häufig reversibles Versagen der Nierenfunktion.
Ursachen ä
ä
ä
Prärenal-zirkulatorisch (80 %), renale Minderperfusion durch: ± Volumenverluste: akute Blutung, Dehydratation durch gastrointestinale Verluste (Erbrechen, Diarrhoe), massive Diurese, Peritonitis, Pankreatitis, Verbrennung ± prolongierte arterielle Hypotonie: kardiogener, septischer und anaphylaktischer Schock ± vaskuläre Nierenerkrankungen: Verschluû der Nierenarterien oder -venen ± gestörte Autoregulation: ACE-Hemmer, NSAR. Renal: ± entzündliche Nierenerkrankungen: rapid progressive Glomerulonephritis (S. 396), akute interstitielle Nephritis (Ursachen S. 399) und deren Ursachen ± Medikamentös-toxisch: Röntgenkontrastmittel, NSAR, Antibiotika (Aminoglykoside, Amphotericin B, Cephalosporine), Zytostatika, Schwermetalle, Hämoglobin (Hämolyse: S. 525), Myoglobin (Rhabdomyolyse = Myolyse der Skelettmuskulatur bei Trauma, Verbrennungen, Drogen, Alkohol, Lipidsenkern u. a.; Diagnose: exzessive Erhöhung von CK, LDH, GOT, GPT und Myoglobin im Serum, Myoglobinurie) ± tubuläre Obstruktion: z. B. durch Leichtketten beim Plasmozytom ± Gasser-Syndrom (S. 554): bei Kindern häufigste Ursache des ANV. Postrenal: Obstruktionen im Bereich der ableitenden Harnwege: Steine, Tumoren, Strikturen, Ligatur (OP), Prostatavergröûerung, retroperitoneale Fibrose u. a.
403
YB
Erkrankungen der Niere
CM
Klinik ä ä
Symptome der auslösenden Erkrankung. Phasen (Abb. 87): ± Frühphase: · Oligurie: Urinausscheidung < 500 ml/d bzw. Anurie: Urinausscheidung < 100 ml/d, Überwässerungszeichen (periphere Ödeme, Lungenödem, Hirnödem mit Bewuûtseinsstörungen) · Urämiesymptome: S. 406. ± Spätphase: Polyurie (fakultativ).
ä ä ä ä
Anamnese: Vor- und Grunderkrankungen. Diagnostik der Grunderkrankung (s. o.): bei unklarer Genese. Ein-/Ausfuhrbilanzierung, Körpergewicht: Diurese? Blutuntersuchungen: Kreatinin, Harnstoff, Elektrolyte (Kalium!), BGA (metabolische Azidose?: S. 35).
Checkliste Hahn ´ Seite 403
& 25 &
Diagnostik
Erkrankungen der Niere
404
CM
YB
25.5 Akutes Nierenversagen (ANV) ä
ä ä ä ä
Urinuntersuchung: ± Urinstatus, -sediment: Leukozyten (Pyelonephritis?), Erythrozyten (Morphologie?, Erythrozytenzylinder bei glomerulärer Genese), Hämoglobin (Hämolyse?), Myoglobin (Rhabdomyolyse?), Eiweiû ± Urin-Na+-Konzentration: > 40 mmol/l (bei funktioneller Oligurie < 10 mmol/l) ± Differentialdiagnose der Proteinurie: S. 194, der Hämaturie: S. 191. Sonographie: Harnstau?, groûe Nieren?; Differentialdiagnose chronische Niereninsuffizienz: häufig Schrumpfnieren. Duplexsonographie: Nierenvenenthrombose?, Nierenarterienverschluû. Röntgen-Thorax (Lungenödem?), evtl. urologisches Konsil bei V. a. postrenales ANV. Nierenbiopsie: bei V. a. rapid progressive Glomerulonephritis (S. 396ff).
Differentialdiagnose ä ä ä
Harnverhaltung (S. 189): Palpation und Perkussion des Unterbauchs, Sonographie: gefüllte Harnblase. Chronische Niereninsuffizienz: Anamnese (S. 406), Sonographie (s. o.). Funktionelle Oligurie = prärenales funktionelles Nierenversagen ohne ischämische Nierenschädigung: bei Exsikkose infolge verminderter Flüssigkeitszufuhr bei evtl. gleichzeitig gesteigertem Bedarf (häufig bei geriatrischen Patienten mit fieberhaftem Infekt). Diureseanstieg durch Flüssigkeitssubstitution, Differentialdiagnose anhand der Klinik und der Urin-Na+-Konzentration (bei funktioneller Oligurie < 10 mmol/l, bei ANV > 40 mmol/l).
Schock Dialyse
7 6 5 4 3 2 1
4 3 2 1 1
Abb. 87
5
10
15
20 [Tage]
Stadien des akuten Nierenversagens
Komplikationen
& 25 &
ä ä ä ä ä
Herz: Insuffizienz durch Überwässerung, Perikarditis, Arrhythmien (K+). Lunge: Lungenödem (¹fluid lungª), Pneumonie, ARDS. Gastrointestinaltrakt: Erosionen, Ulzera, Diarrhoe, Peritonitis. ZNS: Hirnödem (Bewuûtseinsstörungen). Hämatopoetisches System: Anämie, Gerinnungsstörungen, Infektneigung.
Checkliste Hahn ´ Seite 404
Kreatinin [mg/dl]
Urinvolumen [l/d]
Verlauf
25.5 Akutes Nierenversagen (ANV) Therapie ± Prognose
ä ä
ä
ä ä ä ä
ä
Kausal: Behandlung der auslösenden Erkrankung, Weglassen nephrotoxischer Substanzen. ZVK-Anlage, Harnblasenkatheter, Überwachung von Bilanz und ZVD. Mindestens tägliche Kontrollen von Kreatinin, Harnstoff, Elektrolyten, BGA: ± Ausgleich einer metabolischen Azidose mit Na+-Bikarbonat (S. 432) ± Behandlung einer Hyperkaliämie (S. 426) bzw. anderer Elektrolytentgleisungen (S. 419ff). Bei Oligo-/Anurie Steigerung der Diurese mit Furosemid (S. 249, z. B. Lasix), dabei oft hohe Dosen (bis 2 g/d) erforderlich. Applikation als Kurzinfusion in 125 ± 250 mg Einzeldosen (max. 4 mg/min) oder im Perfusor über 24 h. Flüssigkeitsgabe unter Berücksichtigung von Ausscheidung + Perspiratio insensibilis (600 ml + 250 ml/ C erhöhter Körpertemperatur). Ausreichende Ernährung: 40 kcal/kgKG, ggf. parenteral (S. 88). Dosisanpassung aller gegebenen Medikamente an die Nierenfunktion (S. 115ff, Antibiotika: S. 613ff). Dialysetherapie (S. 409), groûzügigere Indikation als bei chronischer Niereninsuffizienz. Meist nur vorübergehend erforderlich, Indikationen: ± Serumharnstoff > 200 mg/dl bzw. täglicher Anstieg > 60 mg/dl (individuell variabel) ± persistierende Olig-/Anurie, Hyperkaliämie oder Azidose trotz Ausschöpfung medikamentöser Maûnahmen ± klinische Urämiezeichen: z. B. Übelkeit, Lungenödem, Perikarditis, Hirnödem. Hohe Letalität bei akutem Nierenversagen im Rahmen eines Multiorganversagens (> 50 %) z. B. bei Sepsis oder posttraumatisch. Wird die Grundkrankheit überstanden, ist unter adäquater Therapie (Dialyse) die Prognose des akuten Nierenversagens günstig.
& 25 &
ä
405
YB
Erkrankungen der Niere
CM
Checkliste Hahn ´ Seite 405
Erkrankungen der Niere
406
CM
YB
25.6 Chronische Niereninsuffizienz Definition ä
Irreversible progrediente Funktionseinschränkung der Niere.
Ursachen ± Epidemiologie ä ä ä ä ä ä ä ä ä
Diabetes mellitus (ca. 40 %). Glomerulonephritis (ca. 20 %). Interstitielle Nephritis/chronische Pyelonephritis (5 ± 10 %). Hypertoniebedingte bzw. renovaskuläre Erkrankungen (ca. 10 %). Zystennieren (ca. 5 %). Analgetikanephropathie (ca. 5 %). Systemkrankheiten, z. B. Kollagenosen und Vaskulitiden (ca. 5 %). Andere Nephropathien (5 ± 10 %). Gesamtinzidenz der terminalen Niereninsuffizienz in Mitteleuropa: 6 ± 7/ 100 000 Einwohner/Jahr.
Stadien Tabelle 147
Stadien der chronischen Niereninsuffizienz
I. Kompensierte Niereninsuffizienz
Eingeschränkte Kreatinin-Clearance (S. 407) ohne Anstieg der Serum-Retentionswerte (Kreatinin, Harnstoff)
II. Niereninsuffizienz im Stadium der kompensierten Retention
Erhöhte Serum-Retentionswerte (Kreatinin < 6 mg/ dl) ohne wesentliche klinische Symptomatik
III. Dekompensierte ReErhöhte Serum-Retentionswerte (Kreatinin > 6 mg/ tention = präterminale dl) mit klinischer Symptomatik Niereninsuffizienz IV. Terminale Niereninsuf- Fortgeschrittene Symptomatik. Ohne Dialyse bzw. fizienz = Urämie Nierentransplantation tödlicher Verlauf
Klinik ä ä ä ä ä
& 25 &
ä
ä ä ä
Allgemeinsymptome: Schwäche, Foetor uraemicus (Uringeruch), Ödeme. Herz und Kreislauf: arterielle Hypertonie (oft Frühmanifestation), Perikarditis ohne (Perikardreiben, Thoraxschmerzen) oder mit Erguû, Arrhythmien. Lunge: Lungenödem (fluid lung), Pleuritis ohne (Pleurareiben, atemabhängige Thoraxschmerzen) oder mit Erguû, erhöhte Pneumonieneigung. Blut: normochrome Anämie (= renale Anämie infolge Erythropoetinmangel, Urämiegifte), Gerinnungsstörungen, erhöhte Infektneigung. Haut: Pruritus, schmutzig-braungelbliches Hautkolorit (¹CafØ au laitª). Knochen: Osteopathie mit diffusen Knochenschmerzen und erhöhtem Frakturrisiko infolge Osteomalazie und Osteodystrophie durch verminderte 1,25(OH)2-Vitamin D3-Synthese und sek. Hyperparathyreoidismus (S. 503). Magen-Darm-Trakt: urämische Gastritis (Übelkeit, Erbrechen) und Enteritis (Diarrhoe). ZNS: Konzentrationsschwäche, Bewuûtseinsstörung, Polyneuropathie. Endokrines System: Libidoverlust, Amenorrhoe bzw. Potenzstörung. Checkliste Hahn ´ Seite 406
25.6 Chronische Niereninsuffizienz Diagnostik ä ä
ä
ä
Anamnese: Vor- und Grunderkrankungen. Labor: ± Blutbild, Kreatinin, Harnstoff, Na+, K+, Ca++ (normal bis ¯), Phosphat (), Triglyzeride, Cholesterin, Gesamteiweiû, Albumin, Blutzuckertagesprofil ± Kreatinin-Clearance: Material: 0,5 ml Serum und 24-h-Sammelurin. Formel: Urin-Kreatinin/Serum-Kreatinin Urinvolumen (ml)/1440 Min. (Abschätzung aus dem Serum-Kreatininwert: Tab. 148). Bestimmung der KreatininClearance v. a. in den Frühstadien chronischer Nierenerkrankungen, wenn Kreatinin und Harnstoff noch normal sind ± Blutgasanalyse (Azidose?: S. 35) ± Urinstatus, -sediment: Hämaturie? (Ursachen: S. 191), Leukozyturie?, Bakteriurie?, Proteinurie? (ggf. 24-h-Urin auf Eiweiû), spezifisches Gewicht (im fortgeschrittenen Stadium Isosthenurie: gleichbleibendes spezifisches Gewicht um 1.010 durch mangelnde Konzentrationsfähigkeit der Niere) ± ggf. Differenzierung einer Proteinurie durch Bestimmung der Markerproteine oder SDS-PAGE (S. 194). Sonographie: Gröûenbeurteilung (Schrumpfnieren bei chronischer Glomerulo- und Pyelonephritis), Zystennieren, Harnstau (S. 412) bei Harnwegsobstruktionen. Weitere Diagnostik entsprechend vermuteter Grunderkrankung z. B.: ± bei Hypertonie, Hämaturie und glomerulärer Proteinurie (S. 194) bzw. Proteinurie > 3,5 g/d, Hypoproteinämie und Hyperlipoproteinämie: V. a. Glomerulonephritis bzw. nephrotisches Syndrom (weitere Diagnostik: S. 396) ± bei tubulärer Proteinurie (S. 194), steriler Leukozyturie (S. 401): V. a. abakterielle interstitielle Nephritis (weitere Diagnostik: S. 399) ± bei Leukozyturie, evtl. Leukozytenzylindern, Bakteriurie: V. a. chronische Pyelonephritis (weitere Diagnostik: S. 400).
407
YB
Erkrankungen der Niere
CM
ä ä ä ä ä
ä
Therapie der Grunderkrankung: z. B. Immunsuppressiva, Antibiotika, optimale Blutzuckereinstellung (s. o.) Diät: Eiweiûbeschränkung (0,8 g Eiweiû/kgKG/d), bei Hypertonie und Ödemen salzarm (NaCl ~ 6 g/d), bei Hyperkaliämie kaliumarm, phosphatarm. Ausreichende Flüssigkeitszufuhr (1,5 ± 2 l/d) unter täglicher Körpergewichtskontrolle, ggf. zusätzlich diuretische Behandlung mit Furosemid (S. 249). Hypertoniebehandlung (S. 281): Ziel-RR < 140/90 mmHg. ACE-Hemmer (S. 283) wegen gesicherter renoprotektiver Wirkung vorteilhaft. Behandlung der renalen Osteopathie (dabei anfangs wöchentliche Serum-Ca++und -Phosphat-Kontrollen): ± Phosphatbinder: Calciumcarbonat (= 500 mg/Tbl.) 1000 ± 6000 mg/d. Dosierung nach Phosphatspiegelkontrollen. Wegen Aluminiumüberladung keine aluminiumhaltigen Phosphatbinder ± 1,25-(OH)2-Vitamin D3-Substitution (z. B. Rocaltrol 0,25/0,5 g/Tbl.) einschleichende Dosierung mit 0,25 g/2d, wöchentliche Steigerung der Tagesdosis nach Serum-Ca++-Spiegel in 0,25-g-Schritten, zusätzlich Parathormon-Kontrollen (Ziel unter Vitamin-D3-Therapie: 2facher Normwert). Behandlung einer Hyperkaliämie (S. 426) und Azidoseausgleich (z. B. peroral mit Acetolyt Granulat, Beginn mit 2 2 Meûl. nach ph-Normalisierung mit 2 1 Meûl.). Checkliste Hahn ´ Seite 407
& 25 &
Therapie
Erkrankungen der Niere
408
CM
YB
25.6 Chronische Niereninsuffizienz ä ä ä
ä
Behandlung einer renalen Anämie: ab Hb < 8 g/dl mit Erythropoetin (z. B. Erypo 2000|4000|10 000 IE/Amp. 3 40 IE/kgKG/Wo. s. c.), Ziel: Hb ~ 10 g/dl. Dosisanpassung aller gegebenen Medikamente an die Nierenfunktion (S. 115, Antibiotika: S. 623ff). Frühzeitiger Kontakt zum Nephrologen und ggf. Shuntanlage. Beachte: Die Venen eines Armes frühzeitig schonen (keine Punktionen), um möglichst optimale Bedingungen zur Shuntanlage zu haben. Beachte: Nach Shuntanlage am betreffenden Arm keine RR-Messungen oder Blutabnahmen. Bei terminaler Niereninsuffizienz Dialysetherapie (Indikationen, Verfahren: S. 409) bzw. ggf. Nierentransplantation.
Tabelle 148 wert
Abschätzung der Kreatinin-Clearance aus dem Serum-Kreatinin-
S. -Kreatinin Alter
mg/dl
40 J. 1,0
Kreatinin-Clearance in ml/min (C|F) bei Körpergewicht
mol/l 50 kg
60 kg
70 kg 80 kg
90 kg
100 kg 130|110
88,4
69|59 83|70
97|83 111|94
125|106
1,2
106,1
58|49 69|59
81|69 93|79
104|88
116|98
1,5
132,6
46|39 56|47
65|55 74|63
83|71
93|79
2,0
176,8
35|30 42|35
49|41 56|47
63|53
69|59
2,5
221,0
28|24 33|28
39|33 44|38
50|43
56|47
3,0
265,2
23|20 28|24
32|28 37|31
42|35
46|39
88,4
65|53 75|64
88|74 100|85 113|96
125|106
1,2
106,1
52|44 65|53
73|62 83|71
94|80
104|89
1,5
132,6
42|35 50|43
58|50 67|57
75|64
83|71
2,0
176,8
31|27 38|32
44|37 50|43
56|48
65|53
2,5
221,0
25|21 30|26
35|30 40|34
45|38
50|43
3,0
265,2
21|18 25|21
29|25 33|28
38|32
42|35
88,4
56|47 67|57
78|66 89|76
100|85
111|94
1,2
106,1
46|39 56|47
65|55 74|63
83|71
93|79
1,5
132,6
37|31 44|38
52|44 59|50
67|57
74|63
2,0
176,8
28|24 33|28
39|33 44|38
50|42
56|47
2,5
221,0
22|19 27|23
31|26 36|30
40|34
44|38
3,0
265,2
19|16 22|19
26|22 30|25
33|28
37|31
50 J. 1,0
& 25 &
60 J. 1,0
Checkliste Hahn ´ Seite 408
25.6 Chronische Niereninsuffizienz Tabelle 148 (Fortsetzung): rum-Kreatininwert S. -Kreatinin Alter
Abschätzung der Kreatinin-Clearance aus dem Se-
Kreatinin-Clearance in ml/min (C|F) bei Körpergewicht
mg/dl mol/l 50 kg
70 J. 1,0
60 kg
70 kg
80 kg
90 kg
100 kg 97|83
88,4
49|41
58|50
68|58
78|66
88|74
1,2
106,1
41|34
49|41
57|48
65|55
73|62
81|69
1,5
132,6
32|28
39|33
45|39
52|44
58|50
65|55
2,0
176,8
24|21
29|25
34|29
39|33
44|37
49|41
2,5
221,0
19|17
23|20
27|23
31|26
35|30
39|33
3,0
265,2
16|14
19|17
23|19
26|22
29|25
32|28
88,4
42|35
50|43
58|50
67|57
75|64
83|71
1,2
106,1
35|30
42|35
49|41
56|47
63|53
69|59
1,5
132,6
28|24
33|28
39|33
44|38
50|43
56|47
2,0
176,8
21|18
25|21
29|25
33|28
38|32
42|35
2,5
221,0
17|14
20|17
23|20
27|23
30|26
33|28
3,0
265,2
14|12
17|14
19|17
22|19
25|12
28|24
80 J. 1,0
409
YB
Erkrankungen der Niere
CM
ä
ä
Hämodialyse: ± Prinzip: Entfernung harnpflichtiger Substanzen und Wasser aus dem Blut über eine körpereigene (Peritonealdialyse) oder künstliche (extrakorporale Hämodialyse, weiteste Verbreitung) semipermeable Membran ± Indikationen: bei chronischer Niereninsuffizienz Serumkreatinin > 10 mg/dl Diabetiker > 8 mg/dl, urämische Perikarditis, konservativ nicht beherrschbare Hyperkaliämie, Azidose und Überwässerung, therapieresistente arterielle Hypertonie und urämische Beschwerden, Intoxikation mit dialysablen Giften ± Gefäûzugang: akut über ZVK (V. jugularis interna oder subclavia), dauerhaft über operativ angelegte arteriovenöse Fistel meist am Unterarm (CiminoShunt). Hämofiltration: ± Prinzip: Entfernung harnpflichtiger Substanzen und Wasser aus dem Blut durch Ultrafiltration ± Indikationen: wie bei Hämodialyse. Wegen geringerer Kreislaufbelastung insbesondere für Patienten mit labiler Kreislaufsituation geeignet. Nachteil: gegenüber Hämodialyse technisch aufwendiger und teurer.
Checkliste Hahn ´ Seite 409
& 25 &
Blutreinigungsverfahren
YB
25.6 Chronische Niereninsuffizienz ä
ä
Hämoperfusion: ± Prinzip: extrakorporale Elimination toxischer Substanzen aus dem Blut über einen mit Aktivkohle oder Kunstharz gefüllten Behälter ± Indikationen: Intoxikationen mit adsorbierbaren Substanzen. Plasmapherese: ± Prinzip: extrakorporale apparative Trennung von korpuskulären Blutbestandteilen und Plasma über einen Filter oder Zentrifuge. Reinfusion der korpuskulären Elemente unter Beimischung geeigneter Flüssigkeit ± Indikationen: Hyperviskositätssyndrome (z. B. bei Plasmozytom), nephrotoxische Antikörper (z. B. bei Goodpasture-Syndrom), Rhesus-Inkompatibilität, Intoxikationen, schwere Hyperlipidämien u. a.
& 25 &
Erkrankungen der Niere
410
CM
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25.7 Nierenarterienstenose Definition ä
Ein- oder doppelseitige Einengung der A. renalis oder ihrer Hauptäste. In etwa 1 ± 2 % (mit dem Alter zunehmend) Ursache einer arteriellen Hypertonie (= renovaskuläre Hypertonie).
Ursachen ä ä ä
Arteriosklerose (ca. 70 %): überwiegend im höheren Lebensalter, m > w. Fibromuskuläre Dysplasie (ca. 20 %): überwiegend jüngere Frauen. Selten: Aneurysmen der Aorta oder der Nierenarterie, Vaskulitiden, mechanische Kompression durch Tumoren und Zysten, Embolie, Thrombose.
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Erkrankungen der Niere
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Klinik ä
ä
Erhöhte Wahrscheinlichkeit (bis 15 %) einer Nierenarterienstenose bei arterieller Hypertonie und folgenden Symptomen: ± Strömungsgeräusch paraumbilical oder über den Flanken ± diastolischer Blutdruck > 120 mmHg ± abrupter Beginn einer Hypertonie vor dem 25. und nach dem 50. Lebensjahr ± akzelerierte Hypertonie: Anstieg des mittleren Blutdrucks um > 15 mmHg während der letzten 6 Monate bei gleicher Medikation. Hohe Wahrscheinlichkeit (15 ± 30 %) einer Nierenarterienstenose bei arterieller Hypertonie und folgenden Symptomen: ± unilateral kleine Niere ± Nierenfunktionseinschränkung nach ACE-Hemmer-Gabe ± schwere Hypertonie trotz antihypertensiver Dreifachkombination ± Fundus hypertonicus III oder IV ± unklare Nierenfunktionseinschränkung nach Ausschluû anderer Nierenerkrankungen ± schwere Arteriosklerose anderer Gefäûe: z. B. AVK, KHK, Aortenaneurysma.
Diagnostik ä ä
ä
Diagnostik bei arterieller Hypertonie: S. 280. Bei klinisch erhöhter (s. o.) Wahrscheinlichkeit: Farbduplexsonographie der Nierenarterien (Screeningverfahren der 1. Wahl), alternativ Nierensequenzszintigraphie vor und nach ACE-Hemmung mit Captopril. Bei klinisch hoher (s. o.) Wahrscheinlichkeit oder verdächtiger/unklarer Farbduplexsonographie: arterielle Renovasographie in i. a. DSA-Technik (S. 51), ermöglicht definitive Diagnose.
ä ä ä
ä
Dilatation durch PTA (S. 291) mit transfemoral vorgebrachtem Ballonkatheter (geringere Erfolgsquote bei sklerotisch bedingter Stenose). Operative Gefäûrekonstruktion: z. B. Thrombarteriektomie, aortorenaler Bypass. Medikamentös: erste Wahl Kalziumantagonisten (S. 282), Diuretika können eine zusätzliche Aktivierung des Renin-Angiotensin-Systems bewirken, bei ACE-Hemmern droht eine akute Abnahme der glomerulären Filtration. Bei funktionsloser Schrumpfniere ACE-Hemmer oder Nephrektomie. Checkliste Hahn ´ Seite 411
& 25 &
Therapie
Erkrankungen der Niere
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CM
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25.8 Nephrolithiasis Definition ä
Steinbildungen in den Hohlsystemen von Niere und ableitenden Harnwegen.
Ursachen ± Epidemiologie ä ä
ä
ä
ä
Meist Kombination verschiedener Ursachen. Erhöhte Ausscheidung lithogener Substanzen im Urin: ± Kalzium (> 5 mmol/d) idiopathisch oder bei primärem Hyperparathyreoidismus ± Phosphat (> 35 mmol/d) ± Harnsäure (> 3 mmol/d) ± Zystin (> 800 mol/d) ± Oxalat (> 0,5 mmol/d). Verminderte Ausscheidung antilithogener Substanzen im Urin: ± Mg++ (< 3 mmol/d) ± Zitrat (< 2,5 mmol/l). Prädisponierende Faktoren: Immobilisation, mangelnde Flüssigkeitszufuhr, Ernährungsfaktoren (Fleisch, Alkohol, Hungern), rezidivierende Harnwegsinfekte, Diabetes mellitus, Gicht, Malassimilation, Medikamente (Vitamin D, Analgetika), familiäre Belastung. Häufige Erkrankung: Prävalenz in Mitteleuropa ca. 5 %, Verhältnis Männer : Frauen = 2 : 1, Häufigkeitsgipfel zwischen 20. und 40. Lebensjahr.
Klinik ä ä
ä ä
Bei fehlender Obstruktion häufig keine oder uncharakteristische Symptome. Bei Mobilisation von Nierensteinen Nierenkolik: krampfartige Flankenschmerzen mit Ausstrahlung (Abhängig von der Steinlokalisation) in den Rücken, Unterbauch, Leisten, Genitalien. Parallel dazu häufig Übelkeit, Erbrechen und evtl. Subileussymptome. Mikrohämaturie, evtl. auch Makrohämaturie. Komplikationen: ± Harnwegsinfektion (Komplikation: Urosepsis) ± chronische Pyelonephritis (Komplikation: chronische Niereninsuffizienz).
Diagnostik Diagnose der Nephrolithiasis: ± Anamnese (v. a. Ernährung, familiäre Disposition), Klinik. ± Urinstatus: Mikrohämaturie, bei Steinverdacht Urin sieben! ± Sonographie: evtl. Steinnachweis (Reflex mit Schatten), Harnstau (Abb. 88, Tab. 149) ± Abdomenleeraufnahme: evtl. Darstellung röntgendichter Steine ± I. v.-Urogramm (S. 49ff): Darstellung von Steinen (Kontrastmittelaussparungen), Harnstau.
& 25 &
ä
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Erkrankungen der Niere
25.8 Nephrolithiasis
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CM
& 25 &
Abb. 88 Sonographische Stadieneinteilung des Harnstaus (vgl. Tab. 149), a u. b Stadium I (Längs- und Querschnitt), c-e Stadium II, f Stadium III. A = Nierenarterie, AI/VI = Iliakalgefäûe, HB = Harnblase, L = Leber, N = Niere, P = Pyelon, U = Ureter, V = Nierenvene
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Erkrankungen der Niere
414
CM
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25.8 Nephrolithiasis Tabelle 149
Sonographische Stadieneinteilung des Harnstaus (vgl. Abb. 88)
Stadium I, leichte Harnstauung (Abb. 88 a u. b): ± echoarm geschwollene Markpyramiden, Kelchektasie ± Pyelonektasie ± erkennbarer (gestauter) Ureterabgang Stadium II, mittelgradige Harnstauung (Abb. 88 c ± e): ± deutliche Kelch- und Pyelonektasie ± Ureterdarstellung, beginnende Ureterschlängelung ± evtl. leicht verschmälertes Parenchym Stadium III, hochgradige Harnstauung (Abb. 88 f): ± ausgeprägte Kelch- und Pyelonektasie, ausgeprägte Ureterdilatation und -schlängelung ± ausgeprägte Parenchymrarefizierung (Extremfall: hydronephrotische Sackniere) ä
Ergänzende Diagnostik bei nachgewiesener Nephrolithiasis: ± Serum: Kreatinin, Ca++, Phosphat, Harnsäure, Gesamteiweiû, alkalische Phosphatase. Bei erhöhtem Ca++ Parathormonbestimmung ± Urin: pH, Bakterien, Leukozyten, Kristalle. Bei Rezidivsteinen quantitative Bestimmung lithogener und antilithogener Substanzen (s. o.) im 24-h-Urin, Zystin-Suchtest ± Steinanalyse, häufigste Harnsteinarten: Tab. 150.
Tabelle 150
Steinarten bei Nephrolithiasis (Häufigkeit)
Kalziumoxalatsteine (60 %) Kalziumphosphatsteine (20 %) Uratsteine (10 ± 15 %) Magnesium-Ammonium-Phosphatsteine (Struvite, 5 ± 10 %) Zystinsteine u. a. (selten)
Differentialdiagnose ä ä
& 25 &
ä
Akute abdominelle Beschwerden anderer Genese: S. 166. Niereninfarkt (Nierenarterienverschluû): Ursache: häufig Embolien aus dem Herzen (z. B. Vorhofflimmern); Symptome: Flankenschmerzen, Proteinurie, sehr hohe LDH; Diagnose: Duplexsonographie, Bestätigung durch Angiographie. Nierenvenenthrombose: Ursache: retroperitoneale Erkrankungen, Exsikkose, Gerinnungsstörungen (z.B AT III-Mangel); Symptome: Flankenschmerzen, Proteinurie/nephrotisches Syndrom, evtl. Hämaturie; Diagnose: Duplexsonographie, Bestätigung durch Angiographie.
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25.8 Nephrolithiasis Therapie
ä ä ä
ä
ä
Nierenkolik: ± Spasmolytika (z. B. Buscopan 20 mg/Amp) 1 Amp. als Bolus i. v., dann ggf. 2 ± 3 Amp./500 ml Infusionslösung ± umstritten (selten Agranulozytose) aber wirksam: Metamizol (z. B. Novalgin oder Baralgin 500 mg/ml 2 bzw. 5 ml/Amp.) 2 ml langsam (RR-Abfall!) i. v. dann ggf. 5 ml/500 ml Infusionslösung ± Pentazocin (Fortral) oder Pethidin (Dolantin) 1 Amp. langsam i. v. ± reichliche, bei Übelkeit parenterale Flüssigkeitszufuhr ± im schmerzfreien Intervall Bewegung (z. B. Treppenhüpfen). Ggf. antibiotische Therapie eines begleitenden Harnwegsinfektes: S. 401. Meist spontaner Steinabgang innerhalb von 48 Stunden. Bei persistierendem Uratstein medikamentöse Litholyse durch Neutralisierung des Urins auf pH von 6,5 ± 6,8 (z. B. mit Uralyt U-Granulat mittlere Dosis 2 ± 3 Meûlöffel/d, Titrierung nach ph-Wert) zusätzlich purinarme Kost, reichlich trinken und Gabe von Allopurinol (z. B. Zyloric) 300 mg/d. Ggf. operative (urologische) Therapie: ± Schlingenextraktion (bei Steinen im distalen Ureterdrittel) ± extrakorporale Stoûwellenlithiotripsie (bei schattengebenden Steinen) ± operative Steinentfernung (z. B. Pyelotomie). Rezidivprophylaxe (entprechend Steinanalyse): ± allgemein: reichliche Flüssigkeitszufuhr (2 ± 3 l/d), wenig tierische Eiweiûe, Behandlung einer prädisponierenden Grunderkrankung ± bei kalziumhaltigen Steinen kalziumarme Kost (Meidung von Milchprodukten), Thiazide ± bei oxalathaltigen Steinen oxalarme Diät (Meidung von: schwarzem Tee, Spinat, Rhabarber, Nüssen, Mandeln, Zitrusfrüchten, Kakao) ± Harnsäuresteine: wie Litholyse (s. o.).
& 25 &
ä
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Erkrankungen der Niere
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Erkrankungen der Niere
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25.9 Hypernephrom Definition ä
Maligner parenchymatöser Nierentumor = Nieren(zell)karzinom.
Ursachen ± Epidemiologie ä ä
Eigentliche Ursache unbekannt. Zigarettenkonsum, Kadmium, Blei und andere Onkogene gelten als karzinogene Faktoren. Inzidenz: 8/100 000 Einwohner/Jahr (1 ± 2 % aller Malignome), Verhältnis Männer : Frauen = 2 : 1, Häufigkeitsgipfel jenseits des 50. Lebensjahres.
Klinik ä ä
ä ä
Im Frühstadium meist symptomlos (sonographischer Zufallsbefund). Später evtl. Hämaturie, Flankenschmerzen, palpabler Tumor, unklares Fieber, BSG-Erhöhung, Anämie, Gewichtsverlust, Varikozele des linken Hodens bei Tumoreinbruch in die linke V. renalis. Paraneoplastische Symptome: arterielle Hypertonie, Polyzythämie, Hyperkalzämie. Frühe hämatogene Metastasierung in Lunge, Knochen, Leber und Gehirn.
Diagnostik ± Differentialdiagnose ä ä ä ä ä
ä
Bei jeder Hämaturie daran denken (Differentialdiagnose Hämaturie: S. 191). Sonographie: solider Tumor mit inhomogener Binnenstruktur ohne dorsale Schallverstärkung (Differentialdiagnose Nierenzyste). Farbdopplersonographie: Tumoreinbruch in Nierenvene oder V. cava? CT: Bestätigung des Sonographiebefundes, Tumorausdehnung? Ergänzende Untersuchungen bzw. bei weiterer diagnostischer Unklarheit: ± I. v.-Pyelographie: Verdrängungserscheinungen, Einbruch ins Nierenbecken? ± MRT ± DSA, Arteriographie (erhöhte Tumorvaskularisation, Gefäûeinbrüche?). Metastasensuche, Staging: Röntgen-Thorax, Skelettszintigraphie, ggf. Röntgenuntersuchung des verdächtiger Skelettabschnitts, Lebersonographie (ggf. CT), bei neurologischer Symptomatik Schädel-CT.
Therapie ± Prognose ä ä
& 25 &
ä
Nephrektomie mit Lymphadenektomie und Adrenalektomie. Strahlen- oder Chemotherapie bringen keine wesentliche Verbesserung, evtl. Therapieversuch mit Zytokininen. 5-Jahresüberlebensrate abhängig vom Stadium: Tumor auf Niere beschränkt 60 ± 80 %, beim Befall regionaler Lymphknoten nur noch 10 ± 20 %, bei Fernmetastasen < 5 %.
Checkliste Hahn ´ Seite 416
25.10 Zystische Nierenerkrankungen Nierenzysten ä ä
Meist symptom- und belangloser Zufallsbefund, bei diagnostischer Unsicherheit engmaschige Sonokontrollen oder diagnostische Punktion mit Zytologie. Seltene Komplikationen groûer Zysten: Einblutung, Infektion, Kompression des Ureters, Ruptur, arterielle Hypertonie, maligne Entartung.
Autosomal dominante polyzystische Nephropathie (ADPN) ä ä ä
ä ä
ä
Im Erwachsenenalter häufigste Form der Zystennieren (ca. 5 % der Dialysepatienten), Manifestationsalter 30.50. Lebensjahr. Klinik: evtl. Flankenschmerzen, Makrohämaturie, Harnwegsinfekte, arterielle Hypertonie. Begleiterkrankungen: ± häufig: Zystenleber, Divertikulose, Mitralklappenprolaps, Nephrolithiasis ± selten: Pankreaszysten, Hirnbasisaneurysmen (Komplikation: zerebrale Blutungen). Diagnose: Sonographie. Differentialdiagnose: ± sekundäre Nierenzysten im Rahmen einer jahrelangen Dialysetherapie ± andere polyzystische Nephropathien: Manifestation meist im Kindesalter. Therapie: symptomatisch (z. B. Hypertonietherapie, Dialyse).
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Erkrankungen der Niere
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Hufeisenniere ä
Nach medial und kaudal verlagerte, u-förmig am unteren Pol durch eine Gewebebrücke verbundene Nieren. Meist symptomlos.
Andere Fehlbildungen ä ä ä
Doppelniere: ein- oder beidseitig. Nierenhypoplasie: rudimentäre Nierenentwicklung. Nierenaplasie: kongenitales Fehlen einer Niere. Wanderniere: abnorme Mobilität der Niere.
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ä
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25.10 Zystische Nierenerkrankungen Nierenzysten ä ä
Meist symptom- und belangloser Zufallsbefund, bei diagnostischer Unsicherheit engmaschige Sonokontrollen oder diagnostische Punktion mit Zytologie. Seltene Komplikationen groûer Zysten: Einblutung, Infektion, Kompression des Ureters, Ruptur, arterielle Hypertonie, maligne Entartung.
Autosomal dominante polyzystische Nephropathie (ADPN) ä ä ä
ä ä
ä
Im Erwachsenenalter häufigste Form der Zystennieren (ca. 5 % der Dialysepatienten), Manifestationsalter 30.50. Lebensjahr. Klinik: evtl. Flankenschmerzen, Makrohämaturie, Harnwegsinfekte, arterielle Hypertonie. Begleiterkrankungen: ± häufig: Zystenleber, Divertikulose, Mitralklappenprolaps, Nephrolithiasis ± selten: Pankreaszysten, Hirnbasisaneurysmen (Komplikation: zerebrale Blutungen). Diagnose: Sonographie. Differentialdiagnose: ± sekundäre Nierenzysten im Rahmen einer jahrelangen Dialysetherapie ± andere polyzystische Nephropathien: Manifestation meist im Kindesalter. Therapie: symptomatisch (z. B. Hypertonietherapie, Dialyse).
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Erkrankungen der Niere
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Hufeisenniere ä
Nach medial und kaudal verlagerte, u-förmig am unteren Pol durch eine Gewebebrücke verbundene Nieren. Meist symptomlos.
Andere Fehlbildungen ä ä ä
Doppelniere: ein- oder beidseitig. Nierenhypoplasie: rudimentäre Nierenentwicklung. Nierenaplasie: kongenitales Fehlen einer Niere. Wanderniere: abnorme Mobilität der Niere.
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Störungen des Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalts
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26.1 Hydratationsstörungen Einteilung ± Ursachen ± Diagnose ä ä
ä
Abweichungen der Volumenhomöostase sind eng verknüpft mit dem Elektrolythaushalt, wobei die Na+-Konzentration die wichtigste Rolle spielt. Die Serum-Osmolalität (Menge gelöster, osmotisch aktiver Teilchen/kg) korreliert normalerweise direkt mit der Na+-Konzentration. Formel zur Abschätzung: Serum-Osmolalität (in mosm/kg) = (Serum-Na+ + Serum-K+ in mmol/l 2) + (Glukose in mg/dl : 18) + (Harnstoff in mg/dl : 6). Normwert: 280 ± 300 mosm/kg. Einteilung: Tab. 151.
Tabelle 151
Einteilung der Störungen des Wasser- und Na+-Haushalts
Störung
Ursache
Symptome
Extrazellulärer Volumenmangel bei normalem Serum-Na+ = isotone Dehydratation
Diarrhoe, Erbrechen, Pankreatitis, Peritonitis, Ileus, Verbrennungen, Diuretika, Morbus Addison, Blutungen
Zeichen der Exsikkose (verminderte Venenfüllung, verminderter Hautturgor, trockene Schleimhäute z. B. an der Zunge), Durst, Oligurie, RRAbfall, Tachykardie,
Extrazellulärer Volumenüberschuû bei normalem Serum-Na+ = isotone Hyperhydratation
Niereninsuffizienz, Leberzirrhose, Herzinsuffizienz, nephrotisches Syndrom, idiopathische Ödeme
RR-Anstieg, gestaute Halsvenen, positiver hepatojugulärer Reflux, Dyspnoe, auskultatorisch Lungenstauung, Ödeme
Hydratationsstörungen mit Hyponatriämie: S. 419 Hydratationsstörungen mit Hypernatriämie: S. 421 ä
Labor: ± Dehydratation: Hämatokrit und Serumeiweiû erhöht (Ausnahme: Blutung). ± Hyperhydratation: Hämatokrit und Serumeiweiû erniedrigt.
Therapie ä
ä
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YB
ä ä
Isotone Dehydratation: ± Behandlung der Grundkrankheit (s. o.) ± Schocktherapie: S. 666ff ± Flüssigkeitssubstitution, ggf. parenteral (z. B. Ringer-Lösung). Bei klinischer Instabilität unter ZVD-Kontrolle. Isotone Hyperhydratation: ± Behandlung der Grundkrankheit (s. o.) ± bei leichter Hyperhydratation Diuretikatherapie (S. 249), langsame Ausschwemmung (500 ml/d) ± bei bedrohlicher Hyperhydratation Therapie wie Lungenödem: S. 672 ± unter Therapie Bilanzierung von Ein- und Ausfuhr oder tägliche Körpergewichtskontrollen, Elektrolyt- und ggf. ZVD-Kontrollen. Hydratationsstörungen mit Hyponatriämie: S. 419. Hydratationsstörungen mit Hypernatriämie: S. 421.
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26.2 Hyponatriämie Definition ä
Serum-Na+ < 135 mmol/l, klinisch relevant ab < 130 mmol/l, bedrohlich ab < 125 mmol/l. Abgrenzug zur Pseudohyponatriämie: Beeinflussung der Osmolalität und des Na+-H2O-Verhältnisses bei Hyperglykämie, -lipidämie und -proteinämie.
Ursachen ä
ä
ä
Hypovolämisch = hypotone Dehydratation: ± extrarenaler Verlust: Erbrechen, Diarrhoe, Peritonitis, Ileus, Verbrennung, vorausgegangene Diuretikatherapie ± renaler Verlust: aktuelle Diuretikatherapie, osmotische Diurese, Mineralokortikoidmangel, Nierenerkrankungen (z. B. interstitielle Nephritis). Isovolämisch: ± Medikamente: Vasopressinanaloga, Oxytocin, Clofibrat, Zytostatika, Antidepressiva und Neuroleptika, Carbamazepin, NSAR ± Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion (SiADH = Schwartz-Bartter-Syndrom): erhöhtes Plasma-ADH mit der Folge vermehrter Wasserretention (für Ödeme aber nicht ausreichend) und Verdünnungshyponatriämie. Ursache: meist paraneoplastische Genese v. a. bei Bronchialkarzinom, seltener zentralnervöse oder chronisch pulmonale Erkrankungen. Diagnose: Hyponatriämie, Serum-Hypoosmolalität, Urin-Osmolalität > 300 mosm/kg, Plasma-ADH normal bis erhöht, Tumorsuche. Therapie: kausal, Flüssigkeitsrestriktion (800 ml/d) ± Endokrine Erkrankungen: Glukokortikoidmangel (S. 509), Hypothyreose (S. 494) ± Pseudohyponatriämie (s. o.). Hypervolämisch = hypotone Hyperhydratation: Herzinsuffizienz, Leberzirrhose, nephrotisches Syndrom, Niereninsuffizienz unterschiedlicher Ursache.
Klinik ä ä ä
Symptome der Grunderkrankung (s. o.). Symptome des jeweiligen Hydratationszustandes: S. 418. Symptome der Hyponatriämie: Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Bewuûtseinsstörung, Desorientiertheit, krampfartige Muskelschmerzen. Bei SerumNa+ < 120 mmol/l Gefahr von Krampfananfällen, Paresen, Koma.
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Störungen des Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalts
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Diagnostik ± Differentialdiagnose ä ä
Na+ und K+-Bestimmung im Serum, bei gleichzeitiger Hyperkaliämie: S. 425. Weiteres (differential-)diagnostisches Vorgehen: Abb. 89.
ä ä
Kausal: z. B. Diuretikum absetzen. Symptomatisch: ± hypovolämische Hyponatriämie: Volumensubstitution mit isotoner NaCl-Lösung (NaCl 0,9 %), hypertone Lösungen nur bei Serum-Na+ < 120 mmol/l ± isovolämische Hyponatriämie: bei klinischen Symptomen oder Serum-Na+ < 120 mmol/l NaCl-Substitution: z. B. NaCl 5,85 % (1 ml = 1 mmol) verdünnt: Checkliste Hahn ´ Seite 419
& 26 &
Therapie
Störungen des Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalts
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26.2 Hyponatriämie z. B. 60 mmol in 500 ml isotoner Elektrolytlösung über 6 ± 12 Std. (max 180 mmol/d), zusätzlich Furosemid (S. 249), Flüssigkeitseinfuhr beschränken ± hypervolämische Hyponatriämie: Flüssigkeitseinfuhr beschränken. Merke: Beim Ausgleich länger bestehender Abweichungen vom Serum-Na+ beachten: ± bei klinischen Symptomen rascher partieller Ausgleich, weitere Behandlung langsam über Tage (zerebrale Schädigung durch osmotischen Gradienten zwischen Liquor und extrazellulärer Flüssigkeit) ± engmaschige Serum-Na+-Kontrollen während der Therapie, zusätzlich Bilanzierung oder Körpergewichtskontrollen.
Hyponatriämie (< 135 mmol/l) Hypervolämie, Ödeme? ja
nein Volumenmangelsymptome?
Verdünnungshyponatriämie (hypervolämische Hyponatriämie) ja
nein Urinnatrium < 20 mmol/l ja
Serumosmolalität < 280 mosm/kg ja
nein
extrarenaler Natriumverlust: Erbrechen, Diarrhoe, Peritonitis, Ileus, Verbrennung, vorausgegangene Diuretikatherapie
renaler Natriumverlust: Hyperglykämie, Mineralokortikoidmangel, Nierenerkrankungen, aktuelle Diuretikatherapie
Urinnatrium < 20 mmol/l
ja
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leichter extrarenaler Natriumverlust ohne Volumenmangelsymptome
nein
Pseudohyponatriämie
nein SiADH, Hypothyreose, leichter renaler Natriumverlust ohne Volumenmangelsymptome
Medikamente
Abb. 89
Differentialdiagnostisches Vorgehen bei Hyponatriämie
Checkliste Hahn ´ Seite 420
26.3 Hypernatriämie Definition ä
Serum-Na+ > 150 mmol/l, bedrohlich ab > 160 mmol/l.
Ursachen ä
ä
hypovolämisch = hypertone Dehydratation: ± extrarenal: Diarrhoe, Erbrechen, Schwitzen, Hyperventilation, Sonden, Fisteln, Verbrennungen, unzureichende Wasserzufuhr ± renal: osmotische Diurese bei entgleistem Diabetes mellitus, zentraler und nephrogener Diabetes insipidus (S. 519). hypervolämisch = hypertone Hyperhydratation: ± meist iatrogen durch Zufuhr hypertoner NaCl- oder NaHCO3-Lösung.
Klinik ä ä ä
Symptome der Grunderkrankung (s. o.). Symptome des jeweiligen Hydratationszustandes: S. 418. Symptome der Hypernatriämie: Bewuûtseinsstörung, Muskelzucken, Krampfanfälle, Koma insbesondere bei akuter Hypernatriämie > 160 mmol/l.
Diagnostik ± Differentialdiagnose ä ä
Na+ und K+-Bestimmung im Serum, bei gleichzeitiger Hypokaliämie: S. 424. Weiteres (differential-)diagnostisches Vorgehen: Abb. 90.
Therapie ä
Kausal. Symptomatisch (Beachte: Ausgleich länger bestehender Abweichungen vom Serum-Na+: S. 420): ± hypovolämische Hypernatriämie: Volumensubstitution mit 5 %iger Glukoselösung + 1/3 des Flüssigkeitsdefizits als isoionische Elektrolytlösung ± hypervolämische Hypernatriämie: Zufuhr der hypertonen Lösung stoppen. Bei Serum-Na+ > 160 mmol/l: 5 %ige Glukoselösung + negative Bilanzierung mit Furosemid (S. 249). Bei Niereninsuffizienz ggf. Hämodialyse.
& 26 &
ä
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Störungen des Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalts
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Störungen des Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalts
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26.3 Hypernatriämie Hypernatriämie (> 145 mmol/l)
Hypervolämiesymptome? ja nein
Infusion hypertoner Lösungen?
Urinosmolalität > 800 mosm/kg? ja nein
ungenügende H2O-Zufuhr u./o. extrarenaler H2O-Verlust: Diarrhoe, Erbrechen, Schwitzen, Hyperventilation, Sonden, Fisteln
renaler H2O-Verlust
4 µg Desmopressin s.c. (= 1 Amp. Minirin): Anstieg der Urinosmolalität um 50 %?
ja
zentraler Diabetes insipidus
nephrogener Diabetes insipidus oder osmotische Diurese
Differentialdiagnostisches Vorgehen bei Hypernatriämie
& 26 &
Abb. 90
nein
Checkliste Hahn ´ Seite 422
26.4 Hypokaliämie Definition ä
Serum-K+ < 3,5 mmol/l, klinische Erscheinungen oft erst ab < 3 mmol/l.
Ursachen ä
ä ä
Interne Bilanzstörung durch Verschiebung von K+ aus dem Extra- (EZR) in den Intrazellulärraum (IZR). Die Verteilung ist dabei abhängig von: ± Säure-Basen-Haushalt: Alkalose im EZR führt zur Hypokaliämie im EZR ± hormonelle Einflüsse: Insulin, Aldosteron und Katecholamine erhöhen den K+-Transfer aus dem EZR in den IZR ± Vermehrte Zellproliferation: z. B. Vitamin B12-Therapie einer pernizösen Anämie. Externe Bilanzstörung durch verminderte K+-Zufuhr oder durch K+-Verlust. Ursachen der Hypokaliämie im einzelnen: Abb. 91.
Klinik ä ä ä ä ä
Muskelschwäche bis zu Paresen, Schluckstörungen. Obstipation bis zum paralytischen Ileus. Polyurie, Polydipsie. Herzrhythmusstörungen bis zum Kammerflimmern. Erhöhte Digitalisempfindlichkeit.
Diagnostik ± Differentialdiagnose ä
ä
ä
Labor: ± Bestimmung von K+ im Serum und 24-h-Urin ± BGA (S. 35) ± bei hypokaliämischer Hypertonie Aldosteronbestimmung (S. 424). EKG: ± T-Wellen-Abflachung, ST-Senkung, U-Welle, TU-Verschmelzung ± supraventrikuläre und ventrikuläre Tachykardien und Arrhythmien. Weiteres (differential-)diagnostisches Vorgehen: Abb. 91.
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Störungen des Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalts
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ä ä
Kausal. Symptomatisch: ± kaliumreiche Kost (Obst, Gemüse, Nüsse etc.) ± orale Substitution (z. B. Kalinor Brause 40 mmol/Tbl., 1 ± 3 Tbl./d, Nebenwirkungen: Übelkeit, Erbrechen). Bedarf zur Anhebung des Serum-K+ um 1 mmol/l: bei Ausgangswert von < 3 mmol/l ca. 200 mmol, bei Ausgangswert von 3 ± 4 mmol/l ca. 100 mmol ± i. v. Substitution (z. B. KCL 7,45 %, 1 ml = 1 mmol): · maximal 20 mmol/h (Monitorüberwachung), maximal 150 mmol/d, maximal 40 mmol/l über periphere Vene (mit isotoner Lösung verdünnen) · bei Hypervolämie unverdünnt mit Perfusor über ZVK.
Checkliste Hahn ´ Seite 423
& 26 &
Therapie
Störungen des Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalts
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26.4 Hypokaliämie Hypokaliämie (< 3,5 mmol/l)
interne Bilanzstörung (K EZR=> IZR): Alkalose, Therapie der perniz. Anämie, Insulintherapie des Diabetes mellitus, β2-Stimulation
verminderte orale Zufuhr (selten)
externe Bilanzstörung (Verluste, Mangel)
Urin-Kalium < 25 mmol/d
Urin-Kalium > 25 mmol/d
gastrointestinale Verluste Diarrhoe, Laxantienabusus, villöse Adenome, Verlust von Dünndarm-, Gallen- oder Pankreassekret
renale Verluste
Blutdruck hoch? nein
ja Renin erhöht?
Diuretikatherapie
sekundärer Hyperaldosteronismus (Leberzirrhose, nephrotisches Syndrom), Alkalose nach Erbrechen, renal tubuläre Azidose, Bartter-Syndrom, Hypomagnesiämie
ja Nierenarterienstenose, maligne Hypertonie
nein
Aldosteron erhöht? ja
& 26 &
Conn-Syndrom
Abb. 91
nein 11β-Hydroxylasedefekt u.a.
Differentialdiagnostisches Vorgehen bei Hypokaliämie
Checkliste Hahn ´ Seite 424
26.5 Hyperkaliämie Definition ä
Serum-K+ > 5,5 mmol/l, klinische Erscheinungen oft erst ab > 6 mmol/l.
Ursachen ä
ä
ä ä
Interne Bilanzstörung durch Verschiebung von K+ aus dem Intra- (IZR) in den Extrazellulärraum (EZR): ± Säure-Basen-Haushalt: Azidose im EZR führt zur Hyperkaliämie im EZR ± Zellschäden: z. B. Hämolyse, Myolyse, Verbrennungen, Zytostatikabehandlung. Externe Bilanzstörung: ± exzessive K+-Zufuhr ± verminderte renale Kaliumexkretion: · akutes Nierenversagen, chronische Niereninsuffizienz · Morbus Addison (Aldosteronmangel). Medikamente (verschiedene Mechanismen): K+-sparende Diuretika, b-Blocker, ACE-Hemmer, Heparin, NSAR. Pseudohyperkaliämie: ± Zytolyse bzw. Hämolyse der Blutprobe in vitro ± Staubindeneffekt, zu schnelle Blutaspiration.
Klinik ä ä
Anfangs Reflexsteigerung, später Hypo- und Areflexie, Muskelschwäche bis zu Paresen, Paraesthesien. Herzrhythmusstörungen bis zum Kammerflimmern oder Asystolie.
Diagnostik ä
ä
Anamnese: besonders Medikamente und Grunderkrankungen. Labor: ± Serum-K+ und Na+, K+ im 24-h-Urin ± BGA (Azidose?: S. 35) ± CK, LDH (Zytolyse?) ± Kreatinin (Niereninsuffizienz?) ± ACTH-Kurztest (S. 509, Morbus Addison?) oder Nachweis des Aldosteronmangels: Plasmarenin (vorgekühltes EDTA-Röhrchen, sofort tiefkühlen) erhöht, Aldosteron im Serum/Plasma erniedrigt. EKG: ± T-Wellen zeltförmig, AV-Blockierung, Schenkelblockbilder ± Bradykardie, Extrasystolen, Kammerflimmern, Asystolie.
& 26 &
ä
425
YB
Störungen des Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalts
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26.5 Hyperkaliämie Therapie ä ä
ä
Kausal (z. B. K+-Zufuhr stoppen). Symptomatisch: ± K+-arme Kost (wenig Fleisch, Obst, Gemüse, Nüsse etc.) ± Kationenaustauscher (z. B. Resonium A, Kontraindikation: Hypernatriämie; Calcium Resonium, Kontraindikation: Hyperkalzämie): · oral: 3 15 g/100 ml in Wasser oder Glukose 10 % · rektal: 2 30 g/200 ml dto. (möglichst 45 Min. einwirken lassen) Wegen obstipierender Wirkung evtl. 1 g Sorbit zur oralen Dosis. I. v.-Notfalltherapie der Hyperkaliämie (K+ > 6,5 mmol/l, EKG-Veränderungen), dabei Monitor-, kurzfristige K+ und ggf. Glukose bzw. BGA-Kontrollen: ± Calcium-Gluconat 10 % (z. B. Calcium-Sandoz): bei bedrohlicher Hyperkaliämie (schnellster Wirkungseintritt) 10 ± 20 ml über 3 Min. i. v. Kontraindikationen: Hyperkalzämie, Digitalisierung ± b2-Agonisten (S. 307): z. B. 0,5 mg Salbutamol (= 1 Amp. Salbulair) oder 0,09 mg Reproterol (= 1 Amp. Bronchospasmin) in 100 ml NaCl 0,9 % über 15 Min. i. v. ± Glukose + Insulin: z. B. 200 ml G 20 % + 20 IE Altinsulin über 30 ± 60 Min., bei Hyperglykämie Glukose weglassen ± Natriumbikarbonat 8,4 %: 50 ± 100 mmol über 30 Min. ± Dialyse: bei Hyperkaliämie infolge Nierenversagens oder als ultima ratio.
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Störungen des Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalts
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26.6 Magnesium Hypomagnesiämie ä ä
ä
ä
ä
Definition: Serum-Mg++ < 0,7 mmol/l. Ursachen: ± Mangel: Ernährung, Malabsorption (S. 345ff), Alkoholismus ± vermehrter Bedarf: z. B. Schwangerschaft ± Verlust: renal (Diuretika, Polyurie unterschiedlicher Ursache), enteral (Laxanzienabusus, Diarrhoe) ± Verteilungsstörung: akute Pankreatitis, Insulintherapie. Symptome: ± allgemeine Schwäche, Reizbarkeit, Depression, Lethargie, Parästhesien ± Tremor, verstärkte Sehnenreflexe, Krampfneigung, Tetanie ± Arrhythmien, QT-Verlängerungen, T-Abflachung ± häufig begleitende Hypokalzämie und/oder Hypokaliämie. Diagnostik: ± Serum-Spiegel von Mg++, Ca++ und K+ ± Mg++ im 24-h-Urin: ab > 1 mmol/d (bei niedrigem Serum-Mg++) renaler Verlust. Therapie: ± Mg++-reiche Kost: Obst, Gemüse, Nüsse etc. ± orale Mg++-Substitution (zahlreiche Handelspräparate) z. B. 3 4 mmol/d ± i. v. Substitution (bei ausgeprätem Defizit oder Symptomen) mit Mg++-Sulfat z. B. Mg++-Sulfat 50 % 10 ml = 20 mmol in 1000 ml G 5 % über 3 Std.
Hypermagnesiämie ä
ä
ä ä
Definition: Serum-Mg++ > 1,6 mmol/l. Ursache: ± meist Niereninsuffizienz ± seltener bei Hyperparathyreoidismus, Hypothyreose, Morbus Addison, Mg++-haltige Antazida, Lithiumintoxikation. Symptome: ± Bewuûtseinsstörungen bis Koma, RR-Abfall ± verminderte Sehnenreflexe, Muskelschwäche ± T-Wellen-Erhöhung, Schenkelblockbilder, Herzstillstand. Diagnostik: Serum-Mg++-Spiegel, Kreatinin. Therapie: wie Hyperkaliämie (S. 426).
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ä
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Störungen des Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalts
CM
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Störungen des Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalts
428
CM
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26.7 Hypokalzämie Definition ä
Serum-Gesamt-Ca++ < 2,2 mmol/l, ionisiertes Serum-Ca++ < 1 mmol/l.
Ursachen ä ä
Serum-Gesamt-Ca++ erniedrigt, normales ionisiertes Serum-Ca++: Hypalbuminämie bei nephrotischem Syndrom, Leberzirrhose, (Malabsorption). Serum-Gesamt-Ca++ und ionisiertes Serum-Ca++ erniedrigt: ± Malabsorptionssyndrom (S. 346), Alkoholismus ± Vitamin D-Stoffwechselstörung: meist chronische Niereninsuffizienz: S. 406 ± Hypoparathyreoidismus (Parathormon erniedrigt, Serum-Phosphat erhöht): z. B. postoperativ nach Strumektomie ± vermehrter Bedarf: Schwangerschaft, Stillzeit, Vitamin D-Therapie ± akute Pankreatitis ± Medikamente: z. B. Schleifendiuretika, Aminoglykosidantibiotika ± Massentransfusion: Ca++-Bindung durch Zitrat ± Medulläres Schilddrüsenkarzinom: Calcitonin-Überproduktion ± osteoplastische Tumormetastasen (Mamma-, Bronchial-, Prostatakarzinom).
Klinik ä
ä
Akut: Tetanie mit Hyperreflexie, Parästhesien, Krampfanfälle, Pfötchenstellung, Laryngospasmen, Chvostek-Zeichen (Beklopfen des Fazialisstammes vor dem Kiefergelenk löst Zucken der Mundwinkel aus), Trousseau-Zeichen (Aufpumpen einer Blutdruckmanschette zwischen systolischem und diastolischem RR führt zur Pfötchenstellung). Chronisch: Hautveränderungen, Alopezie, bilateraler Katarakt, Diarrhoe, Herzinsuffizienz.
Diagnostik ± Differentialdiagnose ä
ä ä
Labor: Ca++, Phosphat, Kreatinin, aP, Albumin, BGA (S. 35), Parathormon intakt, Vitamin D (Malabsorption?: 25OH-D3, Niereninsuffizienz?: 1,25(OH)2-D3), Mg++. EKG: Arrhythmien, QT-Verlängerung. Differentialdiagnose: Hyperventilationstetanie (S. 299).
Therapie ä
& 26 &
ä
Kausal (s. o.). Symptomatisch: ± Ca++-reiche Kost (z. B. Milchprodukte) ± orale Substitution (z. B. Calcium-Sandoz forte 500 mg/Tbl., -fortisimum 1000 mg/Tbl. max 2000 mg/d), ggf. zusätzlich Vitamin D (S. 465) ± i. v. Substitution bei Tetanie: z. B. 20 ml Ca++-Gluconat 10 % (z. B. CalciumSandoz) langsam i. v., dann verdünnt per infusionem unter engmaschiger Serum-Ca++-Kontrolle (cave: digitalisierter Patient).
Checkliste Hahn ´ Seite 428
Definition ä
Serum-Gesamt-Ca++ > 2,7 mmol/l.
Ursachen ä
ä
ä ä
ä ä
Maligne Erkrankungen (häufigste Ursachen) infolge Osteolysen oder paraneoplastisch (ektopes PTH oder PTH-ähnliche Peptide = PTHrP): Bronchial-, Prostata-, Mammakarzinom, Hypernephrom, Plasmozytom, Leukämien u. a. Endokrine Erkrankungen: primärer Hyperparathyreoidismus (S. 503), seltener bei Morbus Addison, Hyperthyreose, Phäochromozytom, multiplen endokrinen Neoplasien (MEN). Granulomatöse Erkrankungen: insbesondere Sarkoidose, seltener Tbc. Medikamente: Vitamin D und A, Thiaziddiuretika, kalziumhaltige Ionenaustauscher, Lithium, Tamoxifen, Milch-Alkali-Syndrom = exzessive Zufuhr von Milch und Ca-++-Carbonat (früher übliche Ulkustherapieform) u. a. Immobilisation. Selten: Morbus Paget, familiäre hypokalziurische Hyperkalzämie.
Klinik ä ä ä ä ä ä
ZNS und Muskulatur: Hyporeflexie, Muskelschwäche, Psychosen (z. B. Depressionen), Somnolenz, Koma. Niere: Polyurie/-dipsie, Niereninsuffizienz, Nephrokalzinose, Nephrolithiasis. Magen-Darm-Trakt: Übelkeit, Erbrechen, Ulzera, Obstipation, Pankreatitis. Herz: (Brady-)Arrhythmien, Hypertonie. (EKG: verkürzte ST- und QT-Strecke). Organverkalkungen: Gefäûe, Herzklappen, Augen. Hyperkalzämische Krise (Ca++ > 3,5 mmol/l): Erbrechen, Polyurie, Fieber, Exsikkose, Verwirrtheit, Somnolenz bis Koma.
Diagnostik ± Differentialdiagnose ä
(Differential-)diagnostisches Vorgehen: Abb. 92.
Therapie ä
ä
ä ä
Kausal (s. o.), Diät (keine Milchprodukte und kalziumhaltigen Mineralwässer). Beachte: Bei allen Maûnahmen engmaschige Ca++-Kontrollen (cave: Hypokalzämie). Flüssigkeit 3 ± 10 l/d (entsprechend kardialer Belastbarkeit) oral und/oder NaCl 0,9 % i. v. (ggf. mit K+-Zusatz) unter Bilanzierung sowie Elektrolyt-, Phosphat-, und Kreatininkontrollen. Furosemid (S. 249), z. B. 40 ± 80 mg/d (ggf. höhere Dosierung entsprechend Bilanz, keine Thiaziddiuretika). Calcitonin (z. B. Karil 50/100 IE/Amp.) 5 ± 10 IE/kgKG/d als Infusion in NaCl 0,9 %. Bei chronischer Hyperkalzämie 5 IE/kgKG/d s. c.
Checkliste Hahn ´ Seite 429
Störungen des Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalts
26.8 Hyperkalzämie
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Störungen des Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalts
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26.8 Hyperkalzämie ä
Zusatzmaûnahmen in Abhängigkeit von Ursache und Therapieerfolg: ± Clodronat (Biphosphonat: S. 464) v. a. bei Malignomen z. B. Ostac 1 Amp./d in 500 ml NaCl 0,9 %. Bei chronischer Hyperkalzämie 4 Kps./d, Dosisreduktion bei Niereninsuffizienz ± Glukokortikoide (z. B. Prednisolon: S. 309, 100 mg/d) bei Vitamin D-Intoxikation, Sarkoidose und Tumorhyperkalzämie. ± Hämodialyse (kalziumfreies Dialysat) bei Niereninsuffizienz und im Notfall.
Hyperkalzämie (> 2,7 mmol/l)
Anamnese: Vitamin D-, Vitamin A-, Thiazid-, Ionenaustauscher-, Lithium-, KalziumkarbonatMedikation
Klinik/Labor: Hyperthyreose, Prostata, Mammae, Knochenschmerzen, Blutsenkung, Elektrophorese, Bence-JonesProteinurie, Kreatinin, Phosphat, alkalische/saure Phosphatase
Röntgen-Thorax: Bronchialkarzinom, Sarkoidose Sonographie: Hypernephrom
negativ
Parathormonbestimmung (PTH intakt)
PTH erhöht
PTH erniedrigt
primärer Hyperparathyreoidismus
V.a. Malignom: Tumorsuche, Knochenszinti
Lokalisationsdiagnostik
paraneoplastische Hyperkalzämie (PTHrP erhöht)
Differentialdiagnostisches Vorgehen bei Hyperkalzämie
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Abb. 92
Knochenmetastasen
Checkliste Hahn ´ Seite 430
26.9 Störungen des Säure-Basen-Haushalts Einteilung ä ä ä ä
Metabolische Azidose: S. 432. Respiratorische Azidose: infolge respiratorischer Insuffizienz unterschiedlicher Ursache (vgl. Kapitel Lungenerkrankungen). Metabolische Alkalose: S. 433. Respiratorische Alkalose: infolge Hyperventilation (S. 299).
Differentialdiagnose ä
Differentialdiagnostische Einordnung dekompensierter Störungen des SäureBasen-Haushalts anhand der Blutgasanalyse (S. 35): Tab. 152.
Tabelle 152
Blutgasanalyse bei Störungen im Säure-Basen-Haushalt HCO3
Störung
pH
pCO2
Metabolische Azidose
erniedrigt
erniedrigt erniedrigt (kompensatorisch) (kausal)
Respiratorische Azidose
erniedrigt
erhöht (kausal)
Metabolische Alkalose
erhöht
erhöht erhöht (kompensatorisch) (kausal)
Respiratorische Alkalose
erhöht
erniedrigt (kausal)
erniedrigt (kompensatorisch)
Normwerte (arteriell)
7,36 ± 7,44
35 ± 45 mmHg
22 ± 26 mmol/l
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erhöht (kompensatorisch)
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Störungen des Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalts
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Checkliste Hahn ´ Seite 431
Störungen des Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalts
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26.10 Metabolische Azidose Definition ä
Abfall des arteriellen pH-Werts infolge einer metabolisch bedingten Akkumulation saurer Valenzen und/oder Verlust von Baseäquivalenten.
Klinik ± Folgen ä ä ä ä
Vertiefte, beschleunigte Atmung (= Kuûmaul-Atmung). Verminderte Wirkung von Katecholaminen auf Herz und Gefäûe: Vasodilatation, Blutdruckabfall, Herzinsuffizienz. Vermindere Nierendurchblutung: Niereninsuffizienz, Anurie. Hyperkaliämie mit entsprechender Symptomatik: S. 426.
Diagnostik ± Ursachen ä ä
ä
Blutgasanalyse (S. 35). Kreatinin, Elektrolyte, Laktat, Blutzucker, weitere Parameter in Abhängigkeit von der vermuteten Ursache (s. u.). Anionenlücke = Na+-HCO3-Cl, Normwert = 140 ± 25 ± 103 = 12( 4) mmol/l. Ursachen: Tab. 153.
Tabelle 153
Ursachen der metabolischen Azidose
vergröûerte Anionenlücke (normochlorämische Azidose)
± vermehrte Produktion von Säure-¾quivalenten: · Ketoazidose: Diabetes, Hunger, Alkohol · Laktatazidose: Gewebshypoxie bei Schock und respiratorischer Insuffizienz, Malignom, Leberzerfall · Intoxikationen: z. B. Methanol, ¾thylenglykol = Frostschutzmittel, Biguanide ± verminderte renale Säureausscheidung bei Niereninsuffizienz
normale Anionenlücke ± renale Tubulusdysfunktion: · renal tubuläre Azidose ± Verlust von Bikarbonat: (hyperchlorämische · intestinal: Diarrhoe Azidose) · renal: Therapie mit Karboanhydrasehemmern ± Zufuhr von Säure-Basen-¾quivalenten (+ Chlorid)
Therapie ä ä
& 26 &
ä
Kausal (s. o.). Im Notfall bei pH < 7,15 Bikarbonatgabe (NaHCO3 8,4 %: 1 ml = 1 mmol): Bedarf in mmol = negativer Base excess x 0,3 kgKG, zunächst 50 % des berechneten Defizits ersetzen, dann BGA-Kontrolle (cave Hypokaliämie, Überkorrektur). Bei chronischer metabolischer Azidose z. B. bei Niereninsuffizienz ggf. Behandlung z. B. mit Calcium-Natrium-Hydrogencitrat (Acetolyt 2,5 g/Meûlöffel) Behandlungsbeginn mit 2 5 g/d, nach pH-Normalisierung 2 2,5 g/d.
Checkliste Hahn ´ Seite 432
26.11 Metabolische Alkalose Definition ä
Anstieg des arteriellen pH-Werts infolge einer metabolisch bedingten Akkumulation von Baseäquivalenten und/oder Verlust saurer Valenzen.
Ursachen ä
ä
ä ä
Mit Hypertonie: ± primärer Hyperaldosteronismus (Conn-Syndrom: S. 506) ± Cushing-Syndrom (S. 507). Ohne Hypertonie: ± Erbrechen, Magensaftverlust (z. B. über Sonde) ± Diuretika (Hypokaliämie) ± Diarrhoe, Laxanzienabusus (Chloridverlust, sog. Pseudo-Bartter-Syndrom). Iatrogen: ± Überkorrektur einer metabolischen Azidose mit Bikarbonat. Seltener: ± Bartter-Syndrom: seltene autosomal rezessiv vererbte Form des tubulären K+-Verlusts mit chronischer Hypokaliämie, Hypochlorämie und Hyperreninämie ± Milch-Alkali-Syndrom (S. 429), Lakritz-Abusus.
Klinik ä ä ä ä
Evtl. Hypoventilation (im Rahmen der Kompensation). Symptome einer häufig gleichzeitig vorliegenden Hypokaliämie: S. 423. Evtl. Tetanie: S. 428. Symptome der Grundkrankheit (s. o.).
Diagnostik ± Differentialdiagnose ä ä ä
Anamnese: Medikamente, Erbrechen etc. Blutgasanalyse (S. 35). Chlorid im 24-h-Urin, differentialdiagnostische Unterscheidung von: ± chloridsensibler metabolischer Alkalose (Urin-Cl/24 h < 10 mmol/l) bei Verlust von Magensaft oder Diuretikatherapie, Alkalose durch i. v. Zufuhr von NaCl-Zufuhr korrigierbar ± chloridresistenter metabolischer Alkalose (Urin-Cl/24 h > 20 mmol/l) bei Conn-Syndrom, Cushing-Syndrom, Bartter-Syndrom, Lakritz-Abusus.
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Störungen des Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalts
CM
ä ä ä ä ä
Kausal (s. o.). Bei chloridsensibler Form Infusion von NaCl 0,9 %. Bei chloridresistenter Form: evtl. Spironolacton (S. 250). Bei Bedarf Kaliumsubstitution: S. 423. Bei schwersten Alkalosen L-Argininhydrochlorid über ZVK: Bedarf in mmol = positiver Base excess 0,3 kgKG, zunächst 50 % des berechneten Defizits ersetzen, dann BGA-Kontrolle. Max. 20 mmol/h. Verdünnung: z. B. 40 mmol/ 500 ml NaCl 0,9 %.
Checkliste Hahn ´ Seite 433
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Therapie
26.11 Metabolische Alkalose Definition ä
Anstieg des arteriellen pH-Werts infolge einer metabolisch bedingten Akkumulation von Baseäquivalenten und/oder Verlust saurer Valenzen.
Ursachen ä
ä
ä ä
Mit Hypertonie: ± primärer Hyperaldosteronismus (Conn-Syndrom: S. 506) ± Cushing-Syndrom (S. 507). Ohne Hypertonie: ± Erbrechen, Magensaftverlust (z. B. über Sonde) ± Diuretika (Hypokaliämie) ± Diarrhoe, Laxanzienabusus (Chloridverlust, sog. Pseudo-Bartter-Syndrom). Iatrogen: ± Überkorrektur einer metabolischen Azidose mit Bikarbonat. Seltener: ± Bartter-Syndrom: seltene autosomal rezessiv vererbte Form des tubulären K+-Verlusts mit chronischer Hypokaliämie, Hypochlorämie und Hyperreninämie ± Milch-Alkali-Syndrom (S. 429), Lakritz-Abusus.
Klinik ä ä ä ä
Evtl. Hypoventilation (im Rahmen der Kompensation). Symptome einer häufig gleichzeitig vorliegenden Hypokaliämie: S. 423. Evtl. Tetanie: S. 428. Symptome der Grundkrankheit (s. o.).
Diagnostik ± Differentialdiagnose ä ä ä
Anamnese: Medikamente, Erbrechen etc. Blutgasanalyse (S. 35). Chlorid im 24-h-Urin, differentialdiagnostische Unterscheidung von: ± chloridsensibler metabolischer Alkalose (Urin-Cl/24 h < 10 mmol/l) bei Verlust von Magensaft oder Diuretikatherapie, Alkalose durch i. v. Zufuhr von NaCl-Zufuhr korrigierbar ± chloridresistenter metabolischer Alkalose (Urin-Cl/24 h > 20 mmol/l) bei Conn-Syndrom, Cushing-Syndrom, Bartter-Syndrom, Lakritz-Abusus.
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Störungen des Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalts
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ä ä ä ä ä
Kausal (s. o.). Bei chloridsensibler Form Infusion von NaCl 0,9 %. Bei chloridresistenter Form: evtl. Spironolacton (S. 250). Bei Bedarf Kaliumsubstitution: S. 423. Bei schwersten Alkalosen L-Argininhydrochlorid über ZVK: Bedarf in mmol = positiver Base excess 0,3 kgKG, zunächst 50 % des berechneten Defizits ersetzen, dann BGA-Kontrolle. Max. 20 mmol/h. Verdünnung: z. B. 40 mmol/ 500 ml NaCl 0,9 %.
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Therapie
Rheumatische und immunologische Erkrankungen
434
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YB
27.1 Degenerative Gelenkerkrankungen Definition ä
ä ä
Arthrosis deformans: nicht entzündliche Gelenkerkrankungen, gekennzeichnet durch eine Zerstörung der Gelenkstruktur infolge eines Miûverhältnisses zwischen Beanspruchung und Belastbarkeit des Gelenkes. Spondylosis deformans: degenerative Erkrankung der Wirbelkörper und der Bandscheiben (Osteochondrosis intervertebralis). Spondylarthrose: degenerative Erkrankung der kleinen Wirbelgelenke.
Ursachen ± Epidemiologie ä ä ä
Genetische Disposition. Begünstigend sind Adipositas, angeborene Fehlstellungen und Traumata. Häufigkeit mit dem Alter zunehmend, Frauen häufiger betroffen als Männer.
Klinik ä
& 27 &
ä
Arthrosis deformans: ± allgemein: initial Anlauf- und Belastungsschmerzen, später auch nachts auftretende Dauerschmerzen mit rascher Ermüdbarkeit bei körperlicher Bewegung, Deformierung des Gelenks, Muskelatrophien, bei aktivierter Arthrose Schwellung, Rötung und Überwärmung ± spezielle Krankheitsbilder: · Coxarthrose = Arthrose des Hüftgelenks: zuerst eingeschränkte Innenrotation, später auch Abduktion, Extension und zuletzt Flexion. Häufig Schmerzausstrahlung bis zum Knie · Gonarthrose = Arthose des Kniegelenks: Schmerzen zunächst bei der Belastung in Extension (Abwärtsgehen), häufig bereits frühzeitig Crepitatio bei passiver Gelenkbewegung tastbar · Interphalangealarthrose = Fingerpolyarthrose: im Gegensatz zur rheumatoiden Arthritis (S. 439) Befall der Fingermittel- und Endgelenke und im späteren Stadium radiale Deviation der Endphalangen. Formen: Heberden-Arthrose mit sichtbaren knotigen Verdickungen (= Heberden-Knötchen) an den Streckseiten der Fingerendgelenke und Bouchard-Arthrose mit Kapselschwellung und Konturdeformierung der Fingermittelgelenke · Rizarthrose = Daumensattelgelenksarthrose: eingeschränkte Daumenabduktion, Druckschmerzen, tastbare Crepitatio bei passiver Bewegung. Spondylosis deformans, Spondylarthrose: ± schmerzhafte Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule, Rückenschmerzen, je nach Lokalisation evtl. mit Ausstrahlung in die Extremitäten oder nach intercostal ± bei Befall der Halswirbelsäule häufig zusätzlich Nackenschmerzen und okzipitale, nach frontal ausstrahlende Kopfschmerzen, Schwindel, Ohrensausen.
Checkliste Hahn ´ Seite 434
27.1 Degenerative Gelenkerkrankungen Diagnostik ± Differentialdiagnose ä ä ä ä
Klinik. Differentialdiagnose anderer Ursachen von Gelenk- (S. 197) und Rückenschmerzen (S. 201). Labor: keine typischen Veränderungen; mindestens BSG und Blutbild zum Ausschluû einer entzündlichen Beteiligung. Röntgen: ± betroffene Gelenke: Gelenkspaltverschmälerung, Unregelmäûigkeit der Gelenkflächen, subchondrale Sklerosierungen, Osteophyten (Knochenausziehungen), Fehlstellung des Gelenks ± Wirbelsäule: Verschmälerung des Intervertebralspaltes, Sklerose der Wirbelkörper, zackenförmige Ausziehungen an den Wirbelkörperrändern (= Spondylophyten), v. a. im LWS-Bereich evtl. Verschiebung der Wirbelkörper (= Spondylolisthesis).
Therapie ä
ä ä ä ä
Bei akuten Schmerzen nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR: S. 441), in schweren Fällen einer aktivierten Arthrose intraartikuläre Glukokortikoidbehandlung. Gewichtsnormalisierung. Krankengymnastik und physikalische Therapie: z. B. Wärme-/Kältebehandlung, Massagen, analgesierende Elektrotherapie, Ultraschalltherapie. Evtl. operative Therapie: z. B. endoprothetische Versorgung bei Cox- und Gonarthrose. Hilfsmittel: z. B. Gehstützen, Bandscheibenmatratzen, spezielle Sitzmöbel.
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YB
Rheumatische und immunologische Erkrankungen
CM
Periarthropathia humeroscapularis
ä ä
Schmerzhafte Bewegungseinschränkung v. a. bei der Schulterabduktion infolge degenerativer Veränderungen der Weichteile im Bereich des Schultergelenks. Röntgenzeichen: Kalkablagerungen im Bereich der Supraspinatussehne und in der Bursa subdeltoidea. Therapie: Krankengymnastik, NSAR (S. 441), Infiltration mit Lokalanästhetika, Glukokortikoidinjektionen.
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ä
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Rheumatische und immunologische Erkrankungen
436
CM
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27.2 Fibromyalgie-Syndrom Definition ä
Komplexes Schmerzsyndrom mit chronischen multilokulären Schmerzen im Bereich der Muskulatur, des Bindegewebes und der Knochen, gekennzeichnet durch typisch lokalisierte schmerzhafte Druckpunkte und gleichzeitig bestehende psychische, neurologische, vegetative und funktionelle Störungen ohne erkennbare organische Ursache.
Ursache ± Epidemiologie ä ä
Ursache unbekannt. Frauen : Männer = 7 : 1, v. a. mittleres Lebensalter betroffen. Häufige Erkrankung: ca. 3 % der Bevölkerung betroffen.
Klinik (Tab. 154) Tabelle 154
Klinische Kriterien zur Diagnose des Fibromyalgie-Syndroms
Schmerzen im Bereich der oberen und unteren Extremitäten beider Körperhälften, der Wirbelsäule und der vorderen Thoraxwand (> 3 Monate) Mindestens 11 (von 18) sensitive Stellen (¹tender pointsª), an denen durch Druck eine heftige Schmerzreaktion auslösbar ist (bilateral): Abb. 93 Schlafstörungen, Leistungsabfall, Konzentrationsschwäche, Müdigkeit Funktionelle und vegetative Beschwerden: z. B. gastrointestinale Störungen, Spannungskopfschmerzen, Migräne, Globusgefühl, Dysmenorrhoe, Dysurie, Schwitzen, Mundtrockenheit, kalte Akren
sternokostale Syndesmosen des 2. Interkostalraums Trochanter major medialer Bereich des Kniegelenks
okzipitaler Ansatz des Musculus trapezius zwischen den Querfortsätzen C5 – C7 Mitte des oberen Randes des Musculus trapezius Ursprung des Musculus supraspinatus am medialen Skapularand
Epicondylus lateralis humeri
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oberer äußerer Quadrant der Glutealmuskulatur
Abb. 93 droms
Druckpunkte = ¹tender pointsª zur Diagnose des Fibromyalgie-Syn-
Checkliste Hahn ´ Seite 436
27.2 Fibromyalgie-Syndrom Diagnostik ± Differentialdiagnose ä ä
Ausführliche Anamnese, körperliche Untersuchung einschlieûlich Überprüfung der ¹tender pointsª. Ausschluû anderer Beschwerdeursachen (S. 197 und S. 201), insbesondere entzündliche und degenerative Gelenkerkrankungen, Kollagenosen, Polymyalgia rheumatica, neurologische Erkrankungen.
Therapie ± Prognose
ä ä
Physikalische Therapie, Krankengymnastik, Entspannungsübungen, Lösung von Konflikt- und Streûsituationen, Versuch mit Akupunktur etc. Evtl. Versuch mit Antidepressiva: z. B. 10 ± 50 mg/d Amitriptylin (S. 109). Prognose: Spontanremissionen möglich, häufiger rezidivierende und chronisch progrediente Verläufe.
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Rheumatische und immunologische Erkrankungen
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Checkliste Hahn ´ Seite 437
Rheumatische und immunologische Erkrankungen
438
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27.3 Rheumatisches Fieber Definition ä ä
Rheumatisches Fieber: Systemerkrankung infolge einer infektallergischen Reaktion gegen Streptokokkenantigene. Rheumatische Endokarditis: Herzklappenentzündung (80 % Mitralklappe, 20 % Aortenklappe) im Rahmen eines rheumatischen Fiebers (Endocarditis verrucosa rheumatica).
Ursachen ± Epidemiologie ä
ä ä
Infektion mit b-hämolysierenden Streptokokken der Gruppe A (z. B. Scharlach, Tonsillitis, Otitis media) führt nach einem Intervall von 1 ± 3 Wochen zur streptokokkenallergischen Zweiterkrankung. Nach einer Latenz von mehreren Jahren können nach einer rheumatischen Endokarditis bleibende Klappenfehler infolge narbiger Veränderungen auftreten. Eine andere streptokokkenallergische Zweiterkrankung nach Infektion mit bhämolysierenden Streptokokken ist die akute Glomerulonephritis (S. 395). Das rheumatische Fieber ist in hoch entwickelten Ländern eine inzwischen selten gewordene Erkrankung. Erkrankungsgipfel 5 ± 15 Jahre.
Klinik ± Diagnostik ä
ä
ä
Symptome 1. Ordnung (Hauptkriterien nach Jones) ± akute (wandernde) Polyarthritis meist der groûen Gelenke mit symmetrischem Befall, Rötung und Schwellung ± Karditis:Herzgeräusch, Herzvergröûerung, Herzinsuffizienz, Perikardreiben infolge einer meist gleichzeitig vorhandenen Endo-, Myo- und Perikarditis ± subkutane Rheumaknötchen (häufig) ± Erythema anulare (selten): rötliche ringförmige Flecken am Stamm ± Chorea minor (selten): nach längerer Latenzzeit auftretende Dyskinesien mit unkontrollierten (¹ungeschicktenª) Bewegungsabläufen. Symptome 2. Ordnung (Nebenkriterien nach Jones): ± Fieber ± Arthralgien ± verlängerte PQ-Zeit im EKG ± BSG- und CRP-Erhöhung (zusätzliche Laborveränderungen: ASL-Titer > 300 IU/ml und/oder Titerbewegungen, erhöhter ADB-Titer: S. 396). Rheumatisches Fieber wahrscheinlich: Vorhandensein von 2 Haupt- oder 1 Haupt- und 2 Nebenkriterien bei vorausgegangenem Streptokokkeninfekt.
Therapie ä ä ä
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ä ä ä
Bettruhe. 2 Wochen 4 1 Mio. IE/d Penicillin G i. v., dann 3 1,2 Mio IE/d p. o. ASS 3 1 g/d unter Magenschutz (z. B. H2-Blocker in halber Dosierung). Behandlung bis die Entzündungszeichen abklingen. Nach Ende der Akuterkrankung: Fokussanierung (z. B. Tonsillektomie). Rezidivprophylaxe über 10 Jahre mit Oralpenicillin 500 mg/d oder Benzyl-Penicillin 1,5 Mio. IE i. m./Monat bis zum 25 Lebensjahr, später bei diagnostischen oder operativen Eingriffen.
Checkliste Hahn ´ Seite 438
27.4 Rheumatoide Arthritis (RA) Definition ä
Chronisch entzündliche Erkrankung mit bevorzugtem Befall der Synovialmembran der Gelenke, Sehnenscheiden und Bursae. Fakultativ können extraartikuläre Manifestationen auftreten. Synonyme: (primär oder progrediente) chronische Polyarthritis (PCP oder CP).
Ursachen ± Epidemiologie ä ä
Autoimmunerkrankung unklarer ¾tiologie, familiäre Häufung. 2 ± 3 % der Bevölkerung betroffen, Verhältnis Frauen : Männer = 4 : 1, Erkrankungsgipfel im 4. Lebensjahrzehnt.
Klinik ä ä
ä ä ä ä
ä
Unspezifische Symptome, Prodromi: Schwäche, rasche Ermüdbarkeit, Appetitlosigkeit, subfebrile Temperaturen, Schweiûneigung, brüchige Nägel. Polyarthritis (Beginn meist schleichend oder schubweise im Bereich der kleinen Gelenke): ± Frühstadium: symmetrischer Befall zunächst der Fingergrund- und Mittelgelenke mit Morgensteife, Bewegungschmerzen und Schmerzen beim Händedruck ± Spätstadium: Gelenkzerstörung mit Ulnardeviation und Muskelatrophien ± im Entzündungsschub Gelenkschwellung und evtl. Gelenkerguû ± seltener akuter Beginn und asymmetrischer Befall groûer Gelenke ± evtl. Wirbelsäulenbefall mit Gefahr der Halsmarkkompression infolge atlantoaxialer Dislokation (bei Verdacht MRT). Periartikulärer Befall mit Tendovaginitis, Bursitis und Synovialzysten (z. B. Baker-Zyste in der Kniekehle). Kompressionsyndrome: N. medianus (Karpaltunnelsyndrom), N. ulnaris u. a. Rheumaknoten im Bereich der Sehnen und Subcutis über Knochenvorsprüngen und an Streckseiten besonders von Hand- und Ellenbogengelenk. Extraartikuläre Organbeteiligungen: ± Gefäûe: digitale Vaskulitis (Õ paraunguale Mikronekrosen) und Vaskulitis der Vasa nervorum (Õ z. B. Parästhesien) ± Herz: Perimyokarditis, Koronaritis ± Lunge: Pleuritis, selten Lungenfibrose ± Augen: Keratoconjunktivitis sicca, Skleritis. Spätkomplikationen: zunehmende Versteifung mit Funktionsausfall der Gelenke, sekundäre Amyloidose (S. 461) mit Nierenbeteiligung.
439
YB
Rheumatische und immunologische Erkrankungen
CM
ä ä ä ä ä
Sekundäres Sjögren-Syndrom (S. 447) im Rahmen einer rheumatoiden Arthritis. Caplan-Syndrom: rheumatoide Arthritis im Rahmen einer Silikose (S. 314). Felty-Syndrom: Milz- und Lymphknotenvergröûerungen, Neutropenie und rheumatoide Arthritis. Maligne rheumatoide Arthritis: rasch progredienter Verlauf, massive Entzündungszeichen. Still-Syndrom: bei Jugendlichen auftretende Form mit extraartikulärer Beteiligung. Checkliste Hahn ´ Seite 439
& 27 &
Sonderformen
Rheumatische und immunologische Erkrankungen
440
CM
YB
27.4 Rheumatoide Arthritis (RA) Diagnostik ± Differentialdiagnose ä ä ä
ä
ä ä ä
Differentialdiagnose der Gelenkschmerzen: S. 197. Diagnose der rheumatoiden Arthritis anhand der ARA-Kriterien: Tab. 155. Labor: ± Rheumafaktor positiv (unspezifisch: S. 221) ± Aktivitätsparameter: BSG-, CRP-Erhöhung, Anämie, Leuko-/Thrombozytose, Serum-Eisen erniedrigt, Dysproteinämie (a2- und g -Globulinerhöhung) ± evtl. Nachweis von ANA (S. 198) und zirkulierenden Immunkomplexen. Röntgen: Hand und Handgelenk, Vorfuû und ggf. weitere Gelenke (beidseits): im Frühstadium gelenknahe Osteoporose, später Gelenkspaltverschmälerung, evtl. Zysten und Usuren (Konturdefekt), Gelenkzerstörung und -dislokation. Gelenksonographie: Gelenkergüsse, Bakerzysten u. a. Skelettszintigraphie: Nachweis von Frühveränderungen. Ggf. Gelenkerguûanalyse, evtl. Arthroskopie und Synovialanalyse.
Tabelle 155 tion)
Diagnostische Kriterien der ARA (American Rheumatism Associa-
Morgensteifigkeit
während mindestens 1 Stunde
Arthritis (Schwellung) an mindestens 3 Gelenkregionen
14 Gelenkregionen (bds.): Metakarpophalangealgelenke, proximale Interphalangealgelenke, Hand-, Ellenbogen-, Knie-, Sprung- und Metatarsophalangealgelenke
Arthritis (Schwellung) an Hand- und Fingergelenken
Befall mindestens eines Hand-, Metakarpophalangeal- oder proximalen Interphalangealgelenks
symmetrische Arthritis
bds. Befall der gleichen Gelenkregion
subkutane Rheumaknoten
über Knochenvorsprüngen oder gelenknahen Streckseiten
Rheumafaktornachweis
im Serum
typische Röntgenveränderungen
dorsovolare Handaufnahme: gelenknahe Osteoporose und/oder Erosionen der betroffenen Gelenke
Rheumatoide Arthritis: mindestens 4 der 7 Kriterien erfüllt, wobei die Kriterien 1 ± 4 während 6 Wochen bestehen müssen
Verlaufsbeurteilung
& 27 &
ä
Für eine adäquate risikoadaptierte progressionshemmende Therapie der rheumatoiden Arthritis ist nach Diagnosestellung die Erfassung von Hinweisen für einen schweren Verlauf im Rahmen regelmäûiger Kontrolluntersuchungen hilfreich: ± ausgeprägte Prodromi (s. o.), Befall vieler Gelenke, symmetrischer Befall ± hochtitrige Rheumafaktoren, anhaltend positives CRP ± frühe Erosivität (Grenzlamellen-Defekte, Usuren) ± Beginn im höheren Lebensalter (> 60 Jahre) ± Rheumaknoten ± Fieber und Anämie. Checkliste Hahn ´ Seite 440
27.4 Rheumatoide Arthritis (RA) Therapie ± Prognose ä ä ä ä
Krankengymnastik: isometrische Übungen, Kontrakturprophylaxe, Lagerungstherapie, Bewegungsbäder. physikalische Behandlung: im akuten Schub Kälteanwendung, bei Muskelverspannungen Wärmetherapie, analgetische Reizstrombehandlung. Ergotherapie: Gelenkschutzberatung, Hilfsmittelversorgung u. a. Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR: Tab. 156). Dosierung symptomorientiert und über den ganzen Tag verteilt, ggf. zusätzlich zur Basistherapie.
Tabelle 156 Substanz
Nichtsteroidale Antirheumatika/Antiphlogistika Handelsname (z. B.)/Dosierung
schwächer wirksame NSAR (bei milder Symptomatik): Acetylsalicylsäure (ASS)
ASS-, Aspirin 0,5 mg/Tbl. 4 ± 6 0,5 g/d
Ibuprofen
Ibuprofen-, Tabalon 400 mg/Tbl. 2 ± 3 400 mg/d
stärker wirksame NSAR (bei hochaktiven Synovialitiden): Diclofenac Indometacin
Diclofenac-, Voltaren 50|100 mg/Drg. 2 ± 3 50 ± 100 mg/d Indometacin-, Amuno 25|50 mg/Kps. 4 25 ± 50 mg/d
lang wirksame NSAR (Vorteil: bessere Compliance, Nachteil: schlechter steuerbar): Piroxicam Tenoxicam Meloxicam
Nebenwirkungen häufig: Übelkeit, Erbrechen, Magenschmerzen, Ulzera, obere gastrointestinale Blutung, Obstipation, Durchfälle, Allergien, Asthma, Kopfschmerzen seltener: Leukopenie, Thrombopenie, Nierenschäden, Ödeme, Transaminasenerhöhung
441
YB
Rheumatische und immunologische Erkrankungen
CM
Felden 10|20 mg/Kps. 1 10 ± 20 mg/d ArzneimittelinterTilcotil 20 mg/Tbl. 1 20 mg/d aktionen: S. 127 Mobec 7,5 mg/Tbl. 1 7,5 ± 15 mg/d
ä
ä
ä ä
Basistherapeutika (Tab. 157), Anwendung bei progredienter aktiver rheumatoider Arthritis (80 ± 90 %) unter gesicherten rheumatologischen Überwachungsmöglichkeiten mit Laborkontrollen. Wirkung erst nach Monaten. Glukokortikoide (S. 309): Verwendung beim akuten Schub möglichst nicht als Dauertherapie. Z. B. nach folgendem Schema: 5 ± 10 Tage 20 ± 30 mg Prednisolon, dann wöchentliche stufenweise Reduktion 30 ± 25 ± 20 ± 15 ± 10 ± 7,5 ± 5 2,5 mg. In sehr schweren Fällen mit bedrohlicher Organmanifestation (z. B. Perikarditis, Vaskulitis) i. v. Puls(= Stoû)therapie: über 3 Tage 1 g Prednisolon (= Solu-Decortin-H). Bei akuten Synovialitiden einzelner Gelenke (z. B. Knie-, Ellenbogen- und Schultergelenk) intraartikuläre Glukokortikoidtherapie. Radiosynoviorthese: intraartikuläre Applikation eines kurzlebigen, antiphlogistisch wirksamen Radionuklids bei oligo-/monarthritischen Verlaufsformen. Chirurgische Behandlung: Synovektomie und rekonstruktive Eingriffe.
Checkliste Hahn ´ Seite 441
& 27 &
Meloxicam = selektiver COX2-Inhibitor, verspricht weniger gastrointestinale NW als die anderen o. g. NSAR (= unselektive COX2-Inhibitoren)
Rheumatische und immunologische Erkrankungen
442
CM
YB
27.4 Rheumatoide Arthritis (RA) ä
Prognose: Spontanremissionen möglich, Invalidität bei 20 ± 30 % der Fälle zu erwarten, Indikatoren für einen ungünstigen Verlauf: S. 440. Einschränkung der Lebenserwartung beim Auftreten extraartikulärer Organbeteiligungen und bei sekundärer Amyloidose.
Tabelle 157
Basistherapeutika bei rheumatoider Arthritis
Reihenfolge entsprechend Wirksamkeit und Toxizität. Wahl des Basistherapeutikums unter Berücksichtigung der Verlaufskriterien (S. 440) Substanzen Antimalariamittel (bei milder RA): Chloroquin Hydroxychloroquin
Handelsnamen/Dosierung
Nebenwirkungen
Resochin 250 mg/d Quensyl 200 mg/d
Sehstörungen (Augenarztkontrollen), ZNSSymptome, Myopathien, Hautveränderungen
Sulfasalazin
Azulfidine RA einschleichen: 500 ± 2000 mg/d
Hautveränderungen, gastroint. Störungen, Blutbildveränderungen
Orale Goldtherapie: Auranofin
Ridaura 2 3 mg/d
Metallgeschmack, Haut- und Schleimhautveränderungen, Haarausfall, Nierenschäden, Leberschäden, Blutbildveränderungen (Panzytopenie, aplastische Anämie), Immunsuppression
Intramuskuläre Therapie z. B. Tauredon: 1. Wo.: 1 10 mg mit Goldsalzen 2. Wo.: 1 20 mg 3.23. Wo.: 1 50 mg dann 50 mg alle 2 Wo. Methotrexat (Immunsuppressivum)
Methotrexat ¹Lederleª 5 ± 25 mg/Wo.
Haut-/Schleimhautveränderungen, Haarausfall, Übelkeit, Ulzera, BB-Veränderungen, Leber-/Nierenschäden, Lungenfibrose
D-Penicillamin
Metalcaptase, Trolovol Dosierung einschleichend: z.B 1. Wo. 1 150 mg/d 2. Wo. 2 150 mg/d bis zu 600 ± 900 mg/d, nach Ansprechen 450 ± 600 mg/d
Geschmacksstörungen, Inappetenz, Übelkeit, Haut-/ Schleimhautveränderungen, SLE-Syndrom, Myastheniesyndrom, Nierenschäden, Blutbildveränderungen
Azathioprin (Immunsuppressivum)
Imurek 1 ± 2,5 mg/kgKG/d
Cyclophosphamid (Immunsuppressivum)
Endoxan 1,5 ± 2 mg/kgKG/d
Haut-/Schleimhautveränderungen, Haarausfall, Nierenschäden, Immun- und Myelosuppression, ZNS-Symptome
& 27 &
Laborkontrollen: BB, Krea., GOT, GPT, g GT, AP, CK, Urinstatus. Bei Goldverbindungen auf Eosinophilie achten, bei D-Penicillamin ANA-Kontrollen
Checkliste Hahn ´ Seite 442
27.5 Reaktive Arthritiden ± Reiter-Syndrom Definition ä
ä
Reaktive (= infektinduzierte) Arthritiden: entzündliche Gelenkerkrankungen, die als Zweiterkrankungen im Anschluû an bakteriell verursachte intestinale oder urogenitale Infektionen auftreten = sterile Arthritis im Gegensatz zur direkten bakteriellen (eitrigen) Arthritis. HLA-B27-assoziierte seronegative Spondylarthritiden: Leitsymptome Sakroileitis, nicht symmetrische Oligoarthritiden, Enthesiopathien (s. u.) und extraartikuläre Manifestationen (Haut- und Augen). Vorkommen bei reaktiven Arthritiden, Reiter-Syndrom, Morbus Bechterew, Psoriasis-Arthropathie, juveniler chronischer Polyarthritis und chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa: S. 351, Morbus Whipple: S. 345).
Ursachen ± Epidemiologie ä ä ä ä
Genetische Prädisposition: bei 70 ± 90 % der Patienten HLA-B27-assoziiert. Urethritis: Chlamydien, Ureaplasmen, Gonokokken. Enteritis: Campylobacter, Salmonellen, Shigellen, Yersinien. Auftreten bei etwa 3 % der Patienten mit den genannten Infektionen.
Klinik ä ä ä ä ä
Arthralgien im Bereich groûer Gelenke (Monarthritis, Oligoarthritis). Nächtliche Kreuzschmerzen, klopfschmerzhafte Iliosakralgelenke (Sakroileitis). Gerötete Augen mit brennenden Schmerzen (Konjunktivitis, Iridozyklitis). Schmerzen im Bereich der Sehnen- und Bandansätze (Enthesiopathie). Reiter-Syndrom: Arthritis ± Urethritis ± Konjunktivitis/Iritis ± Reiterdermatose (Balanitis, Onychopathie, psoriasiforme Hautveränderungen).
443
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Rheumatische und immunologische Erkrankungen
CM
Diagnostik ± Differentialdiagnose ä ä ä
ä ä
Anamnese (ca. 2 ± 6 Wochen vorher durchgemachte Urethritis oder Enteritis). Klinik. Labor: Entzündungsparameter (BSG und CRP erhöht), HLA-B27 (in 80 % positiv, Normalbevölkerung in 8 %), Serologie. Meist kein Erregernachweis im Stuhl bzw. Urethralabstrich mehr möglich. Rheumafaktor negativ. Röntgen-Iliosakralgelenke: bei Sakroileitis unscharf begrenzte Iliosakralgelenke mit gelenknahen Sklerosierungen und Destruktionen. Differentialdiagnose der Arthritiden: S. 197.
ä ä
ä
Evtl. Antibiotische Therapie der Urethritis: S. 402. Symptomatische Behandlung: ± Krankengymnastik und physikalische Therapie (Kälte bei akuter Arthritis) ± NSAR (S. 441): z. B. Diclofenac ± bei hochakutem Verlauf oder/und extraartikulären Manifestationen Glukokortikoide, Dosierung: S. 441 ± bei seltenen chronischen Verlaufsformen Sulfasalazin: S. 442. In ca. 70 % d. F. Ausheilung nach 6 ± 12 Mon., beim voll ausgebildeten ReiterSyndrom schlechtere Prognose mit häufigeren chronischen Verlaufsformen.
Checkliste Hahn ´ Seite 443
& 27 &
Therapie ± Prognose
Rheumatische und immunologische Erkrankungen
444
CM
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27.6 Morbus Bechterew Definition ä
Chronische rheumatische Erkrankung mit Befall v. a. der Ileosakralgelenke und der Wirbelsäule. Gehört zur Gruppe der HLA-B27-assoziierten seronegativen Spondylarthritiden. Synonyme: ankylosierende Spondylitis, Spondylitis ankylopoetica.
Ursachen ± Epidemiologie ä ä
Ursache unbekannt, genetische Prädisposition: bei 90 % der Patienten HLAB27-assoziiert, familiäre Häufung. Ca. 1 % der Bevölkerung betroffen. Verhältnis Männer : Frauen = 4 : 1.
Klinik ä ä
ä ä ä ä
Insbesondere im Frühstadium (meist zwischen 20. und 40. Lj.) überwiegend nächtliche Kreuzschmerzen, klopfschmerzhafte Iliosakralgelenke (Sakroileitis). Spondylitis mit Wirbelsäulen- und Thoraxschmerzen, im späteren Stadium zunehmende Bewegungseinschränkung und Fehlhaltung der Wirbelsäule mit pathologisch verändertem Schober-Maû (der im Stehen gemessene Abstand von 10 cm vom 5. LWK nach kranial muû sich beim maximalen Beugen nach vorn und normaler LWS-Beweglichkeit um mindestens 4 cm verlängern) und Ott-Maû (dto. jedoch vom 7. HWK 30 cm nach kaudal, Verlängerung um > 3 cm). Evtl. Arthralgien im Bereich groûer Gelenke (Monarthritis, Oligoarthritis). Evtl. gerötete Augen mit brennenden Schmerzen (Konjunktivitis, Iritis). Evtl. Schmerzen im Bereich der Sehnen- und Bandansätze. Seltener viszerale Manifestationen: z. B. Kardiomyopathie, Aortitis u. a.
Diagnostik ± Differentialdiagnose ä ä ä
ä ä
Klinik. Labor: Entzündungsparameter (BSG- und CRP-Erhöhung je nach Krankheitsaktivität), HLA-B27 (in 90 % positiv, Normalbevölkerung in 8 %). Röntgen: ± Iliosakralgelenke: unscharf begrenzte Iliosakralgelenke mit gelenknahen Sklerosierungen und Destruktionen ± Wirbelsäule: Syndesmophyten (Knochenspangen), Verkalkungen des Wirbelkörperbandapparates, Kyphosierung, später ¹Bambusrohrformª. Skelettszintigraphie: empfindlicher Entzündungsnachweis im Frühstadium. Differentialdiagnose der Arthritiden: S. 197.
Therapie ± Prognose ä
& 27 &
ä ä ä ä
Nächtliche Flachlagerung, Krankengymnastik, Sport (z. B. Schwimmen). NSAR (S. 441) bei Schmerzen: z. B. Diclofenac. Bei schwerem Schub Glukokortikoide, Dosierung: S. 441. Evtl. Sulfasalazin (S. 442) bei peripherer Arthritis. Variabler Verlauf, Lebenserwartung kaum eingeschränkt, nach etwa 10 Jahren schwere Bewegungseinschränkungen der Wirbelsäule zu erwarten.
Checkliste Hahn ´ Seite 444
27.7 Systemischer Lupus erythematodes (SLE) Definition ä ä
Schubweise verlaufende Kollagenose, die besonders das Gefäûbindegewebe und die Haut betrifft. Kollagenosen: Gruppe von Erkrankungen, die sich als Systemkrankheiten generalisiert bevorzugt am Bindegewebe abspielen: SLE, Sjögren-Syndrom, Sklerodermie, Polymyositis, Dermatomyositis und Sharp-Syndrom.
Ursachen ± Epidemiologie ä ä
Autoimmunerkrankung unbekannter Ursache. Prävalenz ca. 50/100 000 Einwohner, meist jüngere Frauen betroffen (Verhältnis Frauen : Männer = 9 : 1).
Klinik ä ä ä
ä ä ä ä
Unspezifische Symptome: Fieber, Leistungschwäche, Gewichtsabnahme. Charakteristisch: schubweiser Verlauf (durchschnittlicher Abstand 1 Jahre). Hautbeteiligung: schmetterlingsförmiges Erythem der Wangen (Farbabb. 7), Lichtempfindlichkeit, rote schuppende Pappeln (diskoider Lupus erythematodes), orale und nasopharyngeale Schleimhautulzera. Arthralgien: meist ohne Deformierungen, Myalgien. Raynaud-Symptom (S. 293). Antiphospholipid-Syndrom: mit Gefahr thromboembolischer Komplikationen. Organbeteiligung: ± Pleura (~ 70 %): Pleuritis ± Nieren (~ 70 %): Glomerulonephritis (S. 396), nephrotisches Syndrom (S. 398) ± Herz (~ 60 %): Libman-Sacks-Endokarditis, Myokarditis, Perikarditis ± Blut: Anämie (~ 60 %), Leukopenie (~ 40 %), Thrombopenie (10 %) ± Nervensystem (~ 50 %): Cephalgien, Parästhesien, Psychosen (z. B. Depression), Krampfanfälle, extrapyramidalmotorische Störungen ± Lunge (~ 40 %): pulmonale Infiltrate.
445
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Rheumatische und immunologische Erkrankungen
CM
ä
ä
Labor: ± Screening, hohe Sensitivität (> 90 %), niedrige Spezifität: Nachweis und hohe Titer von antinukleären Antikörpern (ANA) ± Bestätigung, hohe Spezifität, geringere Sensitivität: Antikörper gegen Doppelstrang-DNA (Anti-dsDNA-AK) in ~ 50 % sowie Anti-Sm-Nachweis in ~ 25 % ± Phospholipid-Antikörper (~ 50 %): erhöhte Titer bzw. Nachweis von Anticardiolipin-Antikörpern und/oder Lupus-Antikoagulans beim Antiphospholipid-Syndrom ± Blutbildveränderungen: Anämie, Leuko-, Lympho-, Thrombopenie ± LE-Zellphänomen: neutrophile Granulozyten mit phagozytierten Zellkernresten im Zytoplasma ± Aktivitätsparameter: BSG, CRP, C3/C4-Komplement-Erniedrigung. Diagnostische Kriterien der ARA (American Rheumatism Association): Tab. 158. Checkliste Hahn ´ Seite 445
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Diagnostik
Rheumatische und immunologische Erkrankungen
446
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27.7 Systemischer Lupus erythematodes (SLE) Tabelle 158 Diagnostische Kriterien der ARA (American Rheumatism Association) beim systemischen Lupus erythematodes (SLE) Schmetterlingserythem diskoide Hautveränderungen Photosensibilität Schleimhautulzera nicht deformierende Arthritis an zwei oder mehr peripheren Gelenken Serositis: Pleuritis oder Perikarditis Nierenbeteiligung: persistierende Proteinurie > 0,5 g/d oder Zylindrurie ZNS-Beteiligung: Krampfanfälle oder Psychosen Hämatologische Beteiligung: hämolytische Anämie oder Leukopenie < 4000/l oder Lymphopenie < 1500/l oder Thrombopenie < 100 000/l Immunologische Befunde: LE-Zellphänomen oder Anti-dsDNA-AK oder Anti-Sm-Nachweis oder falsch positive Lues-Serologie Antinukleäre Antikörper SLE wahrscheinlich, wenn mindestens 4 Kriterien vorliegen
Differentialdiagnose ä ä
Differentialdiagnose der Arthritiden: S. 197. Medikamentös induzierter SLE: Procainamid, Chinidin, Hydralazin, a-Methyldopa, Reserpin, Carbamazepin, Phenytoin, Primidon, Isoniazid, Propylthiouracil, Chlorpromazin, D-Penicillamin, Kontrazeptiva u. a. Kennzeichen: ± Nach Absetzen der Medikation meist völlige Rückbildung ± ANA positiv, Anti-dsDNA-AK negativ, Nachweis von Anti-Histon-AK.
Therapie ± Prognose ä
ä
ä
& 27 &
ä
ä
Bei mildem Verlauf ohne Befall von Niere, Herz oder ZNS: NSAR (S. 441) und Antimalariamittel (S. 442), Dosierung wie bei rheumatoider Arthritis. Bei Therapieversagern niedrigdosiert Glukokortikoide. Bei hochaktivem Verlauf ohne Befall von Niere, Herz oder ZNS: NSAR, Antimalariamittel und Glukokortikoide (Dosierung: S. 441). Bei Therapieversagern Azathioprin (S. 442). Bei Nieren-, Herz- oder ZNS-Beteiligung (Therapie in spezialisiertem Zentrum): Glukokortikoid-Pulstherapie (S. 441) und/oder Plasmapherese mit nachfolgender Cyclophosphamid-Pulstherapie. Begleittherapie (z. B.): ± Lichtschutzsalben, glukokortikoidhaltige Externa bei Hauterscheinungen ± Behandlung einer nephritisbedingten arteriellen Hypertonie (z. B. ACEHemmer) ± Thromboembolieprophylaxe bei Antiphospholipid-Syndrom (ASS, Marcumar) ± Kalziumantagonisten (z. B. Nifedipin: S. 282) bei Raynaud-Syndrom. 10-Jahresüberlebensrate im Mittel ca. 70 %, schlechtere Prognose bei Nierenund ZNS-Beteiligung. Checkliste Hahn ´ Seite 446
27.8 Sjögren-Syndrom (SS) Definition ä
Zur Gruppe der Kollagenosen (S. 445) gehörende chronische Autoimmunerkrankung mit Befall exokriner Drüsen. Auftreten als primäres SS oder als sekundäres SS bei anderen Kollagenosen oder rheumatoider Arthritis.
Ursachen ± Epidemiologie ä
Unbekannte Ursache, Verhältnis Frauen : Männer = 9 : 1, nach der chronischen Polyarthritis zweithäufigste Autoimmunerkrankung.
Klinik ä
ä ä ä ä
Sicca-Syndrom: ± Xerophthalmie = Augenaustrocknung infolge einer Keratoconjunctivitis sicca ± Xerostomie = trockener Mund durch Speicheldrüsenbefall, evtl. Parotisschwellung. Evtl. Beteiligung anderer exokriner Drüsen: z. B. Heiserkeit und Hustenreiz bei Befall des Tracheobronchialsystems. Häufig Arthritiden. Selten Befall innerer Organe: z. B. Lunge, Gastrointestinaltrakt (Pankreatitis, Assoziation mit primär biliärer Zirrhose: S. 388), Niere. Selten nach Jahren Entstehung eines Non-Hodgkin-Lymphoms.
Diagnostik ä ä ä ä
ä ä
Klinik (v. a. Sicca-Syndrom). Schirmer-Test: Einlegen eines Filterpapierstreifens in das Unterlid, positiv bei Durchfeuchtung < 5 mm/5 Min. Spaltlampenuntersuchung durch den Augenarzt:: Keratitis? Labor: ± BSG- und g -Globulinerhöhung, seltener Anämie, Leuko-, Thrombopenie ± positiver Rheumafaktor (~ 50 %) ± Autoantikörpernachweis: SS-A, SS-B (~ 50 %) sowie gegen Epithelzellen der Ausführungsgänge von Speicheldrüsen. Bei weiterer diagnostischer Unsicherheit Schleimhautbiopsie. Bei plötzlicher Gröûenzunahme einer Speicheldrüse Biopsie (Lymphom?).
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Rheumatische und immunologische Erkrankungen
CM
Differentialdiagnose ä ä
Differentialdiagnose bei Arthritis: S. 197. Sekundäres Sjögren-Syndrom: Nachweis von SS-B-AK bei Fehlen von SS-A-AK spricht eher für primäres Sjögren-Syndrom.
ä ä ä ä
Bei sekundärem Sjögren-Syndrom Behandlung der Grundkrankheit. Symptomatische Maûnahmen: künstlicher Speichel und Augentropfen. Immunsuppressive Therapie bei Befall extraglandulärer innerer Organe. Einschränkung der Lebenerwartung bei Befall innerer Organe, Prognose bei sekundärer Genese abhängig von der Grunderkrankung.
Checkliste Hahn ´ Seite 447
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Therapie ± Prognose
27.8 Sjögren-Syndrom (SS) Definition ä
Zur Gruppe der Kollagenosen (S. 445) gehörende chronische Autoimmunerkrankung mit Befall exokriner Drüsen. Auftreten als primäres SS oder als sekundäres SS bei anderen Kollagenosen oder rheumatoider Arthritis.
Ursachen ± Epidemiologie ä
Unbekannte Ursache, Verhältnis Frauen : Männer = 9 : 1, nach der chronischen Polyarthritis zweithäufigste Autoimmunerkrankung.
Klinik ä
ä ä ä ä
Sicca-Syndrom: ± Xerophthalmie = Augenaustrocknung infolge einer Keratoconjunctivitis sicca ± Xerostomie = trockener Mund durch Speicheldrüsenbefall, evtl. Parotisschwellung. Evtl. Beteiligung anderer exokriner Drüsen: z. B. Heiserkeit und Hustenreiz bei Befall des Tracheobronchialsystems. Häufig Arthritiden. Selten Befall innerer Organe: z. B. Lunge, Gastrointestinaltrakt (Pankreatitis, Assoziation mit primär biliärer Zirrhose: S. 388), Niere. Selten nach Jahren Entstehung eines Non-Hodgkin-Lymphoms.
Diagnostik ä ä ä ä
ä ä
Klinik (v. a. Sicca-Syndrom). Schirmer-Test: Einlegen eines Filterpapierstreifens in das Unterlid, positiv bei Durchfeuchtung < 5 mm/5 Min. Spaltlampenuntersuchung durch den Augenarzt:: Keratitis? Labor: ± BSG- und g -Globulinerhöhung, seltener Anämie, Leuko-, Thrombopenie ± positiver Rheumafaktor (~ 50 %) ± Autoantikörpernachweis: SS-A, SS-B (~ 50 %) sowie gegen Epithelzellen der Ausführungsgänge von Speicheldrüsen. Bei weiterer diagnostischer Unsicherheit Schleimhautbiopsie. Bei plötzlicher Gröûenzunahme einer Speicheldrüse Biopsie (Lymphom?).
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Rheumatische und immunologische Erkrankungen
CM
Differentialdiagnose ä ä
Differentialdiagnose bei Arthritis: S. 197. Sekundäres Sjögren-Syndrom: Nachweis von SS-B-AK bei Fehlen von SS-A-AK spricht eher für primäres Sjögren-Syndrom.
ä ä ä ä
Bei sekundärem Sjögren-Syndrom Behandlung der Grundkrankheit. Symptomatische Maûnahmen: künstlicher Speichel und Augentropfen. Immunsuppressive Therapie bei Befall extraglandulärer innerer Organe. Einschränkung der Lebenerwartung bei Befall innerer Organe, Prognose bei sekundärer Genese abhängig von der Grunderkrankung.
Checkliste Hahn ´ Seite 447
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Therapie ± Prognose
Rheumatische und immunologische Erkrankungen
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27.9 Progressive Sklerodermie Definition ä
Zur Gruppe der Kollagenosen (S. 445) gehörende chronische Autoimmunerkrankung mit diffuser Fibrose der Haut, Synovia und innerer Organe infolge einer Kollagenanhäufung verbunden mit einer obliterierenden Angiopathie. Synonym: progressive systemische Sklerose.
Ursachen ä ä
Ursache unbekannt. Inzidenz ca. 1/100 000 Einwohner/Jahr, meist Frauen betroffen, Manifestation im mittleren Lebensalter.
Klinik ä
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ä ä ä
Haut, zunächst meist Befall der Hände mit zentripetaler Ausbreitung: ± Stadium I: Hand- und Fingerödeme, Raynaud-Syndrom (S. 293) ± Stadium II: zunehmende derbe Induration ± Stadium III: Atrophie mit straffer, gespannter Haut und Auftreten von gangränösen Veränderungen der Fingerspitzen (¹Rattenbiûnekrosenª: Farbabb. 8). Bei Einbeziehung der Gesichtshaut Mikrostomie und periorale Fältelung (Farbabb. 9). Auftreten von Teleangiektasien. Magen-Darm-Trakt: ± Sklerose des Zungenbändchens ± Dysphagie infolge Wandstarre des Ösophagus. Lunge: Dyspnoe infolge einer zunehmenden Lungenfibrose und rezidivierenden Pneumonien, Ausbildung einer pulmonalen Hypertonie mit Cor pulmonale (S. 298). Herz: globale Herzinsuffizienz (S. 244) durch Myokardfibrose, Perikarditis und Cor pulmonale. Niere: Niereninsuffizienz und renale Hypertonie infolge rezidivierender Niereninfarkte. Gelenke: Arthralgien infolge nicht erosiver Polyarthritis.
Verlaufsformen ± Varianten ä ä
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ä
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Sclerodermia circumscripta = lokalisierte Form: umschriebene Sklerosierung der Haut ohne Befall der Hände und innerer Organe. CREST-Syndrom = limitierte Form: Calcinosis, Raynaud-Syndrom, Ö(E)sophagusdysfunktion, Sklerodaktylie und Teleangiektasien. Diagnose: Anti-Scl70 negativ (s. u.), meist Nachweis von Anticentromer-Antikörpern (ACA). Shulman-Syndrom = eosinophile Fasziitis: Entzündung und nachfolgende Sklerose tiefer Faszien. In der Frühphase Eosinophilie. Diagnose: Biopsie. Sharp-Syndrom = ¹mixed connective tissue diseaseª: Uberlappung einer progressiven Sklerodermie mit systemischem Lupus erythematodes, Polymyositis und rheumatoider Arthritis (= Mischkollagenose). Relativ günstige Prognose. Diagnose: Nachweis von ANA, bei positivem Befund Bestimmung von AntiU1RNP. Therapie: NSAR, evtl. Glukokortikoide. Sekundäre Sklerodermie: Medikamente (z. B. Bleomycin), Chemikalien (z. B. Vinylchlorid).
Checkliste Hahn ´ Seite 448
27.9 Progressive Sklerodermie Diagnostik ä ä
ä ä ä ä
Klinik: insbesondere dermatologische Untersuchung. Labor: ± BSG-Erhöhung, evtl. Anämie ± Antinukleäre Antikörper (ANA) ± Antikörper gegen Scl70 (50 ± 70 %), hohe Spezifität ± Anticentromer-Antikörper (in > 70 % bei CREST-Syndrom nachweisbar) ± Kreatinin, U-Status: Hinweise für Nierenbeteiligung? Intravitale Kapillarmikroskopie (Nagelfalz): Makrokapillaren und avaskuläre Felderungen. Hautbiopsie: bei diagnostischer Unklarheit (vor Therapiebeginn). Röntgen-Thorax: Lungenfibrose?, Cor pulmonale?, Herzinsuffizienz? Röntgen-Ösophagusbreischluck: Motilitätsstörung?
Therapie ± Prognose
ä ä ä ä ä
Allgemeinmaûnahmen: z. B. Kälteschutz, Kontrakturprophylaxe, Hautschutzsalben, Nifedipin bei Raynaud-Syndrom, ASS (100 mg/d) zur Verbesserung der Mikrozirkulation. Bei Arthralgien NSAR (S. 441). Im Frühstadium evtl. Versuch mit Interferon. Evtl. D-Penicillamin oder Immunsuppressiva (S. 442). Ggf. Behandlung einer renalen Hypertonie (S. 407). Prognose wird v. a. durch eine Beteiligung von Herz, Lunge oder Nieren eingeschränkt. Mittlere Lebenserwartung nach Diagnosestellung ca. 7 Jahre (breite Streuung).
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ä
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27.10 Polymyositis und Dermatomyositis Definition ä ä
Polymyositis (PM): Zur Gruppe der Kollagenosen (S. 445) gehörende chronische Autoimmunerkrankung mit Beteiligung der Skelettmuskulatur. Dermatomyositis (DM): zusätzlich Hautveränderungen.
Ursache ± Einteilung ± Epidemiologie Tabelle 159
Klassifikation der Polymyositis (PM) und Dermatomyositis (DM)
Typ I: idiopathische Polymyositis (~ 35 %) Typ II: idiopathische Dermatomyositis (~ 30 %) Typ III: PM/DM bei malignen Tumoren (~ 10 %): paraneoplastisch z. B. bei Bronchial-, Mamma-, Ovarial- und Magenkarzinomen Typ IV: PM/DM im Kindesalter (~ 5 %) Typ V: PM/DM bei Mischkollagenosen (~ 20 %, S. 448) ä
Seltene Erkrankung: Inzidenz ca. 0,5/100 000 Einwohner/Jahr, Verhältnis Frauen : Männer = 2 : 1.
Klinik ä
ä
ä
Symmetrisch auftretende proximal lokalisierte Schwäche und evtl. Schmerzen der Extremitätenmuskulatur im Bereich des Becken- und Schultergürtels: z. B. Schwierigkeiten beim Treppensteigen und Heben der Arme über den Kopf. Hautveränderungen (Dermatomyositis): lilarötliches Erythem im Gesicht mit ödematöser Schwellung der Augenlider. Sowohl Hyperpigmentierungen als auch Vitiligo. Evtl. Raynaud-Syndrom (S. 293). Beteiligung innerer Organe (~ 30 %: Ösophagus (Dysphagie), Herz (interstitielle Myokarditis mit Herzinsuffizienz und Arrhythmien), Lunge (Pneumonitis).
Diagnostik ä ä ä ä
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ä
Labor: Erhöhung von Muskelenzymen: CK, GOT, GPT, LDH; Autoantikörpernachweis: ANA (40 %), Anti-PM1 (60 %). Elektromyogramm (EMG): Myopathie- und Denervierungszeichen. Muskelbiopsie: interstitielle und perivaskuläre Rundzellinfitrate. Röntgen-Thorax (Pneumonitis?), EKG (Myokarditis?). Tumorsuche: zusätzlich Gastroskopie, gynäkologische Untersuchung u. a.
Checkliste Hahn ´ Seite 450
27.10 Polymyositis und Dermatomyositis Differentialdiagnose ä ä ä ä ä
Polymyalgia rheumatica: S. 455. Myasthenia gravis: zusätzlich Doppelbilder, Muskelschwäche belastungsabhängig. Diagnose: Antikörper gegen Acetylcholinrezeptoren. Muskeldystrophien: Familienanamnese, Muskelschwund. Sekundäre Myositiden: Infektionen z. B. Trichinose (Eosinophilie, S. 611). Medikamentös induziert: z. B. Clofibrat, D-Penicillamin.
Therapie ± Prognose ä ä
Kausal: Behandlung des Tumorleidens. Glukokortikoide, ggf. Immunsuppressiva (z. B. Azathioprin, Ciclosporin A). Unter Therapie in ca. 50 % Vollremissionen, Progression in 20 ± 30 %.
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27.11 Vaskulitiden ± Übersicht Definition ä
Systemerkrankungen infolge immunreaktiv ausgelöster Entzündungsprozesse in den Gefäûwänden.
Einteilung Tabelle 160
Allgemeine Klassifizierung der Vaskulitiden
Primäre Vaskulitiden ± Vaskulitiden kleiner Gefäûe: · Wegenersche Granulomatose: S. 454 · Churg-Strauss-Syndrom (= allergische Granulomatose): neben cPAN-Symptomen Befall der Lunge mit Asthma bronchiale, Rhinitis, Pleura/Perikardergüssen und Haut. Auslösung oft durch Medikamente. Diagnose: Labor (IgE, Eosinophilie), Biopsie (z. B. Lunge). Therapie: Glukokortikoide · Mikroskopische Panarteriitis (mPAN): S. 453 · Purpura-Schoenlein-Henoch: S. 557 (Hypersensitivitätsvaskulitis s. u.) · Essentielle Kryoglobulinämie: selten (Hypersensitivitätsvaskulitis s. u.) ± Vaskulitiden mittelgroûer Gefäûe: · Klassische Panarteriitis nodosa (cPAN): S. 453 · Kawasaki-Syndrom (v. a. bei Kleinkindern) ± Vaskulitiden groûer Gefäûe: · Polymyalgia rheumatica und Riesenzellarteriitis: S. 455 · Takayasu-Arteriitis: Aortenbogensyndrom, meist bei jüngeren Frauen Sekundäre Vaskulitiden: bei ± Autoimmunerkrankungen: rheumatoide Arthritis, Kollagenosen, Sarkoidose, PBC, Autoimmunhepatitis, Morbus Crohn, Morbus Behçet u. a. ± Infektionen: Streptokokken, Hepatitis B, Lues, Borreliose, Tbc, HIV u. a. ± Medikamenten: Antibiotika, Zytostatika, D-Penicillamin, NSAR, Gold, Allopurinol, HMG-CoA-Red.-H., H2-Blocker, ACE-Hemmer, Dextran u. a. ± Malignomen: Leukämien, Lymphome, solide Tumoren, Plasmozytom u. a. ä
ä
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Thrombangiitis obliterans (= Morbus Winiwarter-Buerger): Vaskulitis der kleineren und mittleren Extremitätenarterien/ -venen mit sekundärer Thrombosierung. Auftreten besonders bei stark rauchenden jüngeren Männern. Klinik: Schmerzen und Zyanose, evtl. Nekrose der Finger- und Zehenendglieder. Diagnose: Raucheranamnese, Klinik, Farbdoppler, Angiographie. Therapie: Nikotinabstinenz, Prostaglandine, evtl. Glukokortikoide. Hypersensitivitätsvaskulitis (= Hypersensitivitätsangiitis): Vaskulitis im Rahmen einer allergischen Grunderkrankung, oft parainfektiös oder medikamentös induziert (vgl. sekundäre Vaskulitiden). Sonderformen: Serumkrankheit (S. 460), Purpura-Schoenlein-Henoch (S. 557), essentielle Kryoglobulinämie. Symptome: Fieber, Arthralgien und Purpura (besonders an den Beinen), Eosinophilie. Diagnose: Anamnese, Klinik, Labor (je nach Ursache, z. B. Kryoglobuline), Biopsie (Haut), Therapie: kausal, evtl. Glukokortikoide.
Checkliste Hahn ´ Seite 452
27.12 Panarteriitis nodosa ± Mikroskopische Panarteriitis Definition ä
Klassische Panarteriitis nodosa (cPAN) = Polyarteriitis nodosa: systemisch nekrotisierende nicht granulomatöse Vaskulitis (S. 452) der mittelgroûen Gefäûe von Muskulatur und inneren Organen. Mikroskopische Panarteriitis (mPAN) = mikroskopische Polyangiitis/Polyarteriitis: Befall der kleinen Gefäûe. Abgrenzung zur granulomatösen Vaskulitis = Churg-Strauss-Syndrom (S. 452) und zum Polyangitis-overlap-syndrome (Mischbild aus cPAN u. a. Vaskulitiden).
Ursachen ± Epidemiologie ä ä
Ursache unbekannt, in 20 ± 40 % der Fälle HBsAG (S. 374) nachweisbar. Seltene Erkrankung, Verhältnis Männer : Frauen = 3 : 1.
Klinik ä ä ä ä ä ä ä
Allgemeinsymptome: Fieber, Nachtschweiû, Gewichtsverlust (¹B-Symptomeª), Leistungsabfall, Hodenschmerz. Koronargefäûe (~ 80 %): Angina pectoris, Myokardinfarkt. Muskulatur und Gelenke (~ 70 %): Myalgien, Arthralgien. Niere (~ 70 %) v. a. bei mPAN: renale Hypertonie, Niereninsuffizienz. Magen-Darm-Trakt (~ 50 %): Abdominalkoliken, Mesenterialinfarkte. Nervensystem (~ 50 %): Polyneuropathie mit Parästhesien und motorischen Ausfällen, apoplektische Insulte, zerebrale Krampfleiden. Haut (~ 50 %): subkutane (durch Aneurysmen bedingte) schmerzhafte Knötchen, Livedo reticularis (rundliche bläuliche Veränderungen mit blassem Zentrum).
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Diagnostik ä
ä ä
Labor: ± Aktivitätszeichen: BSG-Erhöhung, Leukozytose (Neutrophilie), Thrombozytose, Komplementverminderung ± evtl. HBs-AG-Nachweis (20 ± 40 %), bei mPAN pANCA-Nachweis (60 ± 100 %) ± ergänzend: z. B. Kreatinin, Urinstatus (Proteinurie, Mikrohämaturie). Biopsien: Arterien (spezifisch), Muskulatur und Niere (oft unspezifisch). Angiographie: je nach Organbeteiligung z. B. Zöliakographie, Nierenangiographie (Mikroaneurysmen?).
Differentialdiagnose
ä
Andere primäre Vaskulitiden: Churg-Strauss-Syndrom (Eosinophilie, IgE, Biopsie), Wegener Granulomatose (cANCA, Biopsie), Polyangitis-overlap-syndrome, Hypersensitivitätsvaskulitis (S. 452), sekundäre Vaskulitiden (S. 452). Abdominelle Beschwerden (S. 166), Proteinurie/Hämaturie (S. 396), Arthralgien/Myalgien (S. 197), akute intermittierende Porphyrie (S. 468).
Therapie ± Prognose ä ä
Glukokortikoide und Cyclophosphamid (vgl. Wegener Granulomatose: S. 454). 5-Jahresüberlebensrate unter Therapie: 80 ± 90 %.
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27.13 Wegenersche Granulomatose Definition ä
Systemische nekrotisierende granulomatöse Vaskulitis (S. 452) der kleinen Gefäûe meist im Bereich des Kopfes, der Lunge und der Glomerula.
Ursachen ± Epidemiologie ä ä
Ursache unbekannt. Seltene Erkrankung: Inzidenz ca. 0,5/100 000 Einwohner/Jahr.
Klinik ä
ä
Initialstadium: Symptome besonders in folgenden Bereichen: ± Kopf: blutiger Schnupfen, Kopfschmerzen (Sinusitis), Schwerhörigkeit (Otitis), ¹rotes Augeª (Konjunktivitis, Episkleritis), Schleimhautulzera ± Larynx, Trachea, Bronchien, Lungen: Husten, Dyspnoe, Stridor (subglottische Larynx- oder Bronchialstenose). Generalisationsstadium: ± B-Symptome: Fieber, Nachtschweiû, Gewichtsverlust ± pulmorenales Syndrom mit Hämoptoe und rapid progressiver Glomerulonephritis (S. 395), nephrologischer Notfall, der eine rasche Diagnostik und Therapie erfordert (am besten im spezialisierten Zentrum) ± evtl. Myalgien (Myositis), Arthralgien (Arthritis), Parästhesien und motorische Ausfälle (Polyneuropathie, zerebrale Ischämien und Granulome).
Diagnostik ± Differentialdiagnose ä
ä ä ä ä ä ä
Labor: ± Aktivitätszeichen: BSG-Erhöhung, Leuko-, Thrombozytose, Anämie ± Nachweis von cANCA (Spezifität von > 95 %) ± ergänzend: z. B. Kreatinin, Urinstatus (Proteinurie, Mikrohämaturie). Biopsie: Nasopharynx, evtl. Lunge (spezifisch), Niere (unspezifisch). Röntgen-Thorax: diffuse Infiltrationen oder Rundherde, Pseudokavernen. Röntgen-Nasennebenhöhlen: Verschattungen. Evtl. Schädel-MRT: Granulome? Evtl. Nierenangiographie: Mikroaneurysmen? Differentialdiagnose: andere Vaskulitiden (kein cANCA), Infektionen des Respirationstraktes (Keimnachweis, Ansprechen auf Antibiotika), andere Glomerulonephritiden (S. 396), Arthralgien/Myalgien (S. 197).
Therapie ± Prognose ä
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ä
Initialstadium: Versuch mit 2 960 mg/d Cotrimoxazol (S. 619). Generalisationsstadium, Fauci-Schema: 2 mg/kgKG/d Cyclophosphamid + Glukokortikoide z. B. 100 mg/d Prednisolon mit Ausschleichen über 4 Wo. bis 7,5 mg/d. Bei rapid progressivem Verlauf 3 ± 4 mg/kgKG/d Cyclophosphamid + initial über 3 Tage 1 g Prednisolon i. v. (Solu-Decortin-H). Unbehandelt schlechte Prognose, unter adäquater Therapie 5-Jahresüberlebensrate ca. 90 %.
Checkliste Hahn ´ Seite 454
27.14 Polymyalgia rheumatica und Riesenzellarteriitis Definition ä
ä
Polymyalgia rheumatica (PMR): Mit ausgeprägten symmetrischen Schulter-/ Beckengürtelschmerzen einhergehende hochentzündliche Erkrankung. Aufgrund der Assoziation zur RZA wahrscheinlich keine eigenständige Krankheitsentität, sondern nur eine Manifestationsform derselben. Riesenzellarteriitis (RZA): Granulomatöse Vaskulitis (S. 452) groûer Gefäûe mit unterschiedlichen Manifestationen: ± Arteriitis temporalis (Horton)/Arteriitis capitis ± Arteriitis extra cranialis ± okkulte Riesenzellarteriitis ± (Polymyalgia rheumatica).
Ursachen ± Epidemiologie ä
Ursache unbekannt, meist ältere Patienten. Frauen häufiger betroffen. Inzidenz bei über 50jährigen: 10 ± 30/100 000 Einwohner/Jahr. Häufigkeitsverteilung der Manifestationen: PMR ca. 50 %, PMR + RZA ca. 20 %, Arteriitis temporalis/ capitis ca. 20 %, Arteriitis extra cranialis und okkulte RZA ca. 10 %.
Klinik ± Diagnostik ä
PMR: Diagnose anhand klinischer Kriterien und BSG: Tab. 161. Beachte: Promptes Ansprechen auf Glukokortikoidtherapie ist kein sicheres Diagnosekriterium, da auch bei anderen Ursachen polymyalgischer Beschwerden ein positiver Effekt erzielt werden kann.
Tabelle 161 ± ± ± ± ± ± ±
Diagnosekriterien für die Polymyalgia rheumatica (nach Bird)
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bilaterale Schmerzen im Schulter- und/oder Beckengürtelbereich zwischen Erstsymptomen und Eintritt des Vollbildes < 2 Wochen BSG-Erhöhung > 40 mm in der 1. Stunde Morgensteifigkeit > 1 Stunde Manifestationsalter > 65 Jahre Depressionen und/oder Gewichtsverlust bilateraler Oberarmdruckschmerz
mindestens 3 Kriterien erfüllt = Polymyalgia rheumatica wahrscheinlich RZA: Arteriitis capitis, Prädilektionsstelle ist dabei die A. temporalis, was zum klassischen Krankheitsbild der Arteriitis temporalis führt. Diagnose anhand klinischer Kriterien und BSG, Diagnosesicherung durch Arterienbiopsie (in der Regel A. temporalis): Tab. 162. Bei Befall der A. ophtalmica Gefahr der ein- oder beidseitigen irreversiblen Erblindung.
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27.14 Polymyalgia rheumatica und Riesenzellarteriitis Tabelle 162 ± ± ± ± ±
Diagnosekriterien für die Arteriitis temporalis (nach Hunder)
Manifestationsalter > 50 Jahre neu aufgetretener Kopfschmerz oder Sehstörungen (z. B. Amaurosis fugax) druckschmerzhafte und/oder geschwollene Temporalarterie BSG-Erhöhung > 50 mm in der 1. Stunde positive Arterienbiopsie
mindestens 3 Kriterien erfüllt = Arteriitis temporalis wahrscheinlich
ä
ä ä
Zusätzliche Symptome (fakultativ): Leistungsschwäche, Gewichtsverlust, Depression, Fieber, leichte Anämie, Leuko-/Thrombozytose. Stehen diese Allgemeinsymptome im Vordergrund, spricht man von okkulter Riesenzellarteriitis. Nicht selten finden sich extrakranielle Manifestationen der RZA (= Arteriitis extra cranialis) z. B. Befall von Aorta, Koronar- oder Extremitätenarterien. Ergänzende Diagnostik: ± augenärztliche Untersuchung ± Farbduplexsonographie der A. temporalis oder ggf. anderer betroffener Gefäûe: evtl. sichtbare Intima-Media-Verbreiterung und/oder stenotische Gefäûareale (= geeignete Biopsieorte).
Differentialdiagnose ä ä
Polymyositis (CK-Erhöhung), rheumatische Beschwerden anderer Genese (S. 197), okkulte Infekte/Neoplasien, Kopfschmerzen anderer Genese (S. 629). Amaurosis fugax z. B. bei arteriellem Verschluû durch Embolie.
Therapie ± Prognose ä
ä
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ä
Glukokortikoide, z. B. Prednisolon (S. 309): Initialdosis bis zur Besserung der Symptome (meist promptes Ansprechen). Bei Beschwerdefreiheit und unauffälligen Entzündungsparametern stufenweise Reduktion (möglichst innerhalb von Jahr) auf 5 ± 7,5 mg/d Erhaltungsdosis. Ausschleichen nach frühestens 2 Jahren Therapiedauer, wenn Klinik und Labor unauffällig sind (z. B. 0,5 ± 1 mgSchritte alle 1 ± 2 Monate). Nach Absetzen der Glukokortikoide Kontrolle von Klinik/Labor alle 3 ± 6 Monate (hohe Rezidivgefahr). ± Initialdosen: · Polymyalgia rheumatica: 30 mg/d p. o. ambulant · Arteriitis temporalis: 60 mg/d p. o. ambulant · Amaurosis fugax/Erblindung: 500 ± 1000 mg/d i. v. (Solu-Decortin H) für 3 ± 5 Tage stationär, Verteilung auf 2 ± 4 Einzelgaben über je > 30 Min. ± Unter Glukokortikoidtherapie Osteoporoseprophylaxe (vgl. S. 464) mit Kalzium (1000 mg/d) und Vitamin D (1000 I. E./d). Immunsuppressiva (vgl. S. 442), Indikation: zur Einsparung von Glukokortikoiden bei hohem Bedarf oder ausgeprägten Nebenwirkungen. Z. B. Methotrexat (7,5 ± 15 mg/Woche) oder Azathioprin (50 ± 150 mg/d). Unter adäquater Therapie günstige Prognose.
Checkliste Hahn ´ Seite 456
27.15 Allergie Grundlagen ä
ä
ä ä
Definitionen: ± Allergie: Individuelle ¾nderung der immunologischen Reaktionsbereitschaft im Sinne einer pathologisch übersteigerten spezifischen Immunantwort gegen körperfremde Antigene (= Allergene), die bei physiologischer Immunitätslage keine Schädigung hervorrufen ± Sensibilisierung: Voraussetzung für eine allergische Reaktion, erfordert mindestens einmaligen Kontakt mit dem Allergen. Ein erneuter Allergenkontakt verstärkt i. d. R. den Sensibilisierungsgrad (= Boostereffekt) ± Atopie: Familiäre, gesteigerte Sensibilisierbarkeit gegen Umweltallergene, gekennzeichnet durch Überempfindlichkeitsreaktionen vom Soforttyp (s. u.). Typische atopische Krankheiten: atopische Dermatitis (S. 458), allergische Rhinokonjunktivitis (S. 459), allergisches Asthma bronchiale (S. 305) ± Pseudoallergie: klinisches Bild einer allergischen Reaktion infolge einer unspezifischen Überempfindlichkeit gegen unterschiedlichste Noxen. Im Gegensatz zur Allergie Manifestation oft schon beim Erstkontakt (keine Sensibilisierung), der Schweregrad der Reaktion ist dosisabhängig, z. B. Nahrungsmittelpseudoallergie (S. 348), bei Asthma bronchiale (S. 305). Risikofaktoren: ± Genetische Disposition, Erkrankungsrisiko bei atopischen Krankheiten: · Gesamtbevölkerung: 5 ± 15 % · beide Eltern betroffen: 40 ± 60 % · ein Elternteil oder ein Geschwister betroffen: 25 ± 40 %. ± Umwelteinflüsse: z. B. Schadstoffbelastung. Prävalenz: ca. 20 % der bundesdeutschen Bevölkerung leiden an Allergien vom Soforttyp. Allergene: ± Inhalationsallergene: Blütenpollen (im Frühjahr überwiegend Baumblüte, von April bis September Wiesengräser und -blumen), Schimmelsporen, Fäzes von Hausstaubmilben, Tierepithelien und -haare ± Medikamente: Antibiotika, NSAR, Seren, Röntgenkontrastmittel u. a. ± Nahrungsmitteleiweiûe: Ei, Kuhmilch, Fisch, Getreide, Soja, Nüsse, Schokolade, Hülsenfrüchte, Zitrusfrüchte, Tomaten, Erdbeeren, Konservierungsmittel und Farbstoffe ± Insektengifte: z. B. von Bienen und Wespen.
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Allergische Reaktionsarten ä
Übersicht: Tab. 163. Bei der Arzneimittel- (S. 460) und Nahrungsmittelallergie (S. 348) sind alle genannten Reaktionsarten sowie pseudoallergische Reaktionen (s. o.) möglich.
ä
Diagnostik: ± Anamnese (am wichtigsten): bekannte Allergien, mögliche Auslöser (z. B. Medikamente, Nahrungsmittel), Latenz zwischen Exposition und Symptomen, berufliche Belastungen, Beschwerdefreiheit im Urlaub u. a.
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Diagnostik
Rheumatische und immunologische Erkrankungen
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27.15 Allergie ± Labor: · Differentialblutbild: evtl. Eosinophilie · Gesamt-IgE: bei Atopikern erhöht, normaler Wert schlieût eine Soforttypallergie nicht aus · In Abhängigkeit von der Verdachtsdiagnose: Bestimmung allergenspezifischer Antikörper: z. B. IgE (z. B. RAST = Radio-Allergo-Sorbent-Verfahren), IgA (z. B. Gliadinantikörper bei Zöliakie), Lymphozytentransformationstest (bei Typ-IV-Reaktionen), Histamin-Release-Test (bei Typ-IReaktionen) u. a. ± Hauttests: charakteristische Hautreaktion beim Vorliegen einer Sensibilisierung (Typ I: nach ca. 15 ± 30 Min. Erythem und Urtikaria. Typ III: nach ca. 6 ± 10 Std. Rötung, Induration. Typ IV: nach ca. 48 ± 72 Std. Ekzemreaktion). Falsch negative Ergebnisse durch antiallergische Medikamente möglich. Relevanz eines positiven Ergebnisses nur zusammen mit der Klinik beurteilbar. Verfahren: Pricktest, Intrakutantest, Reibetest, Scratchtest u. a. ± Provokationstest: z. B. inhalative Allergenprovokation im beschwerdefreien Intervall bei Asthma bronchiale ± Karenztest: Elimination des vermuteten Allergens (Symptombesserung?).
Tabelle 163
Allergische Reaktionsarten
Reaktionstyp I: Reaktion vom II: Reaktion (Überschnei- Soforttyp vom zytotoxidungen schen Typ möglich)
III: Immunkomplexreaktion, ArthusTyp
IV: Zellvermittelter (verzögerter) Typ
Klinische Manifestationen
atopische Dermatitis, allerg. Rhinitis, allerg. Asthma bronchiale, Angioödem, Urtikaria, Anaphylaxie
hämolytische SerumkrankAnämie, Gra- heit, allerginulozytopesche Vaskulitis nie, Thrombozytopenie
Infektionsallergie, Kontaktdermatitis, Photoallergie, Transplantatabstoûung
Antikörper, Immunzellen
IgE (IgG)
IgG IgM
T-Lymphozyten
IgG IgM
Atopische Dermatitis (Neurodermitis, endogenes Ekzem)
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Klinik: ± Infantile Form: Beginn meist nach dem 3. Lebensmonat mit starkem Juckreiz besonders beim Schwitzen oder durch Irritation (z. B. durch Schafwolle, Waschmittel). An Wangen, Ellbeugen, Kniekehlen, behaartem Kopf (¹Milchschorfª) und Windelbereich scharf begrenzte, konfluierende, erythematöse Herde mit Schuppung und Krusten. Häufig Abheilung im 2. Lebensjahr ± Juvenile Form: an den Beugeseiten groûer Gelenke, am Nacken, Fuûrücken und der Hände derbe, trockene, flächenhaft kleinpapulös infiltrierte Haut mit Vergröberung der Hautfelderung (= Lichenifikation)
Checkliste Hahn ´ Seite 458
ä ä
± Adulte Form: lichenifizierte Ekzeme an Stamm und Gesicht. Minimalvarianten: allgemein trockene Haut, Rhagaden (besonders am Ohrläppchen und an den Lippen), periorales Ekzem. Komplikationen: bakterielle Hautinfektionen, Mykosen. Therapie: ± Hautpflege: wirkstofffreie Fettsalben mehrmals täglich, besonders nach dem Waschen, Verwendung alkalifreier Seifen. Kleidung: keine Schafwolle oder grobe Fasern sondern 100 % Baumwolle ohne Waschmittelrückstände, schweiûabsorbierendes Material ± Antihistaminika: z. B. Clemastin (z. B. Tavegil), Dimetinden (z. B. Fenistil), Terfenadin (weniger sedierend, z. B. Teldane). Nebenwirkungen: Allergien, bei systemischer Anwendung zusätzlich Sedierung, Mundtrockenheit, Magen-Darm-Beschwerden. Kontraindikationen (systemische Anwendung): Miktionsstörungen mit Restharnbildung, Engwinkelglaukom ± Glukokortikoidhaltige Dermatika: möglichst nur kurzzeitig bei akuter Verschlechterung (z. B. Decoderm, Hydrodexan, Volon A, Ultralan) ± Hydrotherapie: Öl- und Teerbäder. Klimatherapie: Gebirge, Meeresklima.
Allergische Rhinokonjunktivitis ä ä
Klinik: Jucken, Brennen, Niesen, wäûrige Rhinorrhoe, Konjunktivitis. Therapie: Allergenkarenz (Aufenthalt im Freien meiden), Chromoglycin-Nasenspray und Augentropfen (z. B. Vividrin), Antihistaminika (s. o.).
Urtikaria und Angioödem ä
ä
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Klinik: ± Urtikaria (Farbabb. 21): hellrote, flache erhabene, scharf begrenzte, juckende Effloreszenzen der Haut und Schleimhäute ± Angioödem (angioneurotisches Ödem, Quincke-Ödem, Farbabb. 22): akut auftretendes Ödem der Lidregion, Lippen, evtl. auch der Mundschleimhaut und des Rachens (Komplikation: Glottisödem mit Erstickungsgefahr). Ursachen, Einteilung: ± Histamin-vermittelte Angioödeme, Angioödeme bei Urtikaria (häufig): · allergisch (IgE-vermittelt) · nicht allergisch: idiopathisch, Acetylsalicylsäure, Angioödeme durch ACE-Hemmer, physikalische Ursachen (Kälte, Lichtexposition, mechanisch) ± Angioödeme durch C1-Esterase-Inhibitor(C1-INH)-Mangel (selten): · Hereditäres Angioödem: autosomal-dominant vererbt. Typisch: positive Familienanamnese, Beginn meist in den ersten 2 Lebenjahrzehnten, keine Urtikaria, evtl. auch Extremitäten oder Stamm beteiligt sowie abdominelle Beschwerden. Diagnostik: C1-INH-Bestimmung · Erworbenes Angioödem: z. B. bei malignen Lymphomen. Therapie: ± Bei histamin-vermittelter Genese: Allergene oder andere auslösende Ursachen meiden, Allergiepaû ausstellen, Akuttherapie mit Antihistaminika und Glukokortikoiden (vgl. Tab. 164) ± Hereditäres Angioödem: Akuttherapie mit C1-INH-Konzentrat (Berinert HS), falls nicht verfügbar auch mit fresh frozen Plasma = FFP (S. 87), Prophylaxe mit Danazol (Winobanin). Therapie des Glottisödems: S. 668.
Checkliste Hahn ´ Seite 459
Rheumatische und immunologische Erkrankungen
27.15 Allergie
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27.15 Allergie Anaphylaxie ä
Klinik, Therapie: abhängig vom Schweregrad (Tab. 164).
Tabelle 164
Schweregradeinteilung anaphylaktischer Reaktionen
Klinik
Therapie
Grad I
Ödeme, Erythem, Urtikaria, Juckreiz
± Allergenexposition stoppen ± Antihistaminika (S. 459), z. B. 1 ± 2 Amp. Tavegil oder Fenistil i. v. ± Kreislaufüberwachung bis zur Besserung der Symptomatik
Grad II
zusätzlich Übelkeit, Erbrechen, beginnende Bronchospastik, Tachykardie, Blutdruckabfall
zusätzlich: ± Sauerstoffgabe (Nasensonde) ± Infusion: z. B. 500 ± 2000 ml Ringer ± Glukokortikoide: z. B. 250 mg SoluDecortinH i. v. ± bei Bronchospastik: inhalative b2-Mimetika (S. 307)
Grad III
zusätzlich Schock, schwere Bronchospastik, Koma
vgl. anaphylaktischer Schock: S. 668.
Grad IV Kreislauf- und Atemstillstand kardiopulmonale Reanimation: S. 657 ä
Prophylaxe: ± Allergenkarenz (Allergiepaû ausstellen) ± bei anaphylaktischer Reaktion z. B. auf Insektengift: · subkutane Hyposensibilisierung (Dauer 3 ± 5 Jahre) · Notfallset mitführen: z. B. Epinephrin-Autoinjektor (z. B. Fastjekt) + flüssiges Antihistaminikum (z. B. Fenistil Tr.) + flüssiges Glukokortikoid (z. B. Celestamine Tr.).
Arzneimittelallergie
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Klinik: ± Hautreaktionen: erythematöse, urtikarielle oder makulopapulöse Exantheme, Ekzeme ± Arzneimittelfieber, Blutungen, Hepatopathien, Nephropathien ± spezielle Reaktionsformen: · Lyell-Syndrom (Farbabb. 23): initial disseminiertes fleckiges Erythem, übergehend in groûe Blasen mit flächenhafter Ablösung der Epidermis, schwere toxische Allgemeinreaktion. · Serumkrankheit: 8 ± 12 Tage nach Applikation Fieber, Arthralgien, Urtikaria, Lymphknotenschwellung, Splenomegalie. Bei schwerem Verlauf auch allergische Vaskulitis (Farbabb. 24), Glomerulonephritis, Neuritis. Komplikationen: höhergradige anaphylaktische Reaktionen (s. u.) bis zum anaphylaktischen Schock. Therapie: Absetzen des auslösenden Medikaments (wichtigste Maûnahme) sonst je nach Schweregrad (vgl. Tab. 164), Allergiepaû ausstellen.
Checkliste Hahn ´ Seite 460
27.16 Amyloidose Definition ä
Extrazelluläre Ablagerung von Amyloid (fibrilläres Protein) in verschiedenen Organen.
Ursachen ± Einteilung ä ä ä
ä
Primäre Amyloidose (selten): Ursache unbekannt, Ablagerungen vom AL-Typ. Familiäre Amyloidose (selten): z. B. bei familiärem Mittelmeerfieber (autosomal rezessiv) mit Ablagerungen vom AA-Typ v. a. in den Nieren. Sekundäre Amyloidose (am häufigsten): Ablagerungen vom ± AA-Typ bei chronischen Infektionen (z. B. Tbc, Lues, Osteomyelitis, Bronchiektasen) und nichtinfektiösen Entzündungen (z. B. rheumatoide Arthritis, Kollagenosen, Morbus Bechterew, Morbus Crohn, Colitis ulcerosa) ± AL-Typ bei Plasmozytom und Morbus Waldenström ± AB-Typ (= b2-Mikroglobulin-Amyloidose) bei Dialysepatienten. Hauptsächlich Befall von Sehnen und Gelenken. Altersamyloidose (häufig): Ablagerungen vom AS-Typ v. a. in Herz und Gehirn.
Klinik ä ä
Bei sekundärer Amyloidose Symptome des Grundleidens im Vordergrund. Altersamyloidose häufig mit asymptomatischem Verlauf. Symptomatik abhängig von der Lokalisation der Amyloidablagerungen: ± Nieren: Proteinurie, Niereninsuffizienz ± Herz: Herzinsuffizienz, Kardiomegalie und Herzrhythmusstörungen ± Haut: Ablagerungen in Form erhabener wachsartiger Papeln ± Gastrointestinaltrakt: Makroglossie, Dysphagie, Durchfälle, Malabsorption, Ileus, Blutungen ± Leber/Milz: Hepatosplenomegalie, Transaminasenerhöhung ± Nervensystem: Polyneuropathie ± Sehnen: z. B. Karpaltunnelsyndrom ± Gelenke: Arthralgien.
461
YB
Rheumatische und immunologische Erkrankungen
CM
Diagnostik ä ä
Bei entsprechenden Grunderkrankungen oder o. g. Organsymptomen an Amyloidose denken. Histologischer Nachweis von Amyloidablagerungen: ± Suchverfahren: tiefe Rektumbiopsie (groûe Biopsiezange, Submukosa muû miterfaût werden) ± ggf. Biopsien aus der Haut, Mundschleimhaut, Myokard, Leber, Niere etc.
ä ä ä
Kausal: Behandlung der Grunderkrankung. Medikamentöse Therapieversuche bei primärer oder familiärer Amyloidose: z. B. Colchicin bei familiärem Mittelmehrfieber. Prognose abhängig vom Organbefall (bei Herz- und Nierenbeteiligung schlecht) und der Grunderkrankung.
Checkliste Hahn ´ Seite 461
& 27 &
Therapie ± Prognose
27.16 Amyloidose Definition ä
Extrazelluläre Ablagerung von Amyloid (fibrilläres Protein) in verschiedenen Organen.
Ursachen ± Einteilung ä ä ä
ä
Primäre Amyloidose (selten): Ursache unbekannt, Ablagerungen vom AL-Typ. Familiäre Amyloidose (selten): z. B. bei familiärem Mittelmeerfieber (autosomal rezessiv) mit Ablagerungen vom AA-Typ v. a. in den Nieren. Sekundäre Amyloidose (am häufigsten): Ablagerungen vom ± AA-Typ bei chronischen Infektionen (z. B. Tbc, Lues, Osteomyelitis, Bronchiektasen) und nichtinfektiösen Entzündungen (z. B. rheumatoide Arthritis, Kollagenosen, Morbus Bechterew, Morbus Crohn, Colitis ulcerosa) ± AL-Typ bei Plasmozytom und Morbus Waldenström ± AB-Typ (= b2-Mikroglobulin-Amyloidose) bei Dialysepatienten. Hauptsächlich Befall von Sehnen und Gelenken. Altersamyloidose (häufig): Ablagerungen vom AS-Typ v. a. in Herz und Gehirn.
Klinik ä ä
Bei sekundärer Amyloidose Symptome des Grundleidens im Vordergrund. Altersamyloidose häufig mit asymptomatischem Verlauf. Symptomatik abhängig von der Lokalisation der Amyloidablagerungen: ± Nieren: Proteinurie, Niereninsuffizienz ± Herz: Herzinsuffizienz, Kardiomegalie und Herzrhythmusstörungen ± Haut: Ablagerungen in Form erhabener wachsartiger Papeln ± Gastrointestinaltrakt: Makroglossie, Dysphagie, Durchfälle, Malabsorption, Ileus, Blutungen ± Leber/Milz: Hepatosplenomegalie, Transaminasenerhöhung ± Nervensystem: Polyneuropathie ± Sehnen: z. B. Karpaltunnelsyndrom ± Gelenke: Arthralgien.
461
YB
Rheumatische und immunologische Erkrankungen
CM
Diagnostik ä ä
Bei entsprechenden Grunderkrankungen oder o. g. Organsymptomen an Amyloidose denken. Histologischer Nachweis von Amyloidablagerungen: ± Suchverfahren: tiefe Rektumbiopsie (groûe Biopsiezange, Submukosa muû miterfaût werden) ± ggf. Biopsien aus der Haut, Mundschleimhaut, Myokard, Leber, Niere etc.
ä ä ä
Kausal: Behandlung der Grunderkrankung. Medikamentöse Therapieversuche bei primärer oder familiärer Amyloidose: z. B. Colchicin bei familiärem Mittelmehrfieber. Prognose abhängig vom Organbefall (bei Herz- und Nierenbeteiligung schlecht) und der Grunderkrankung.
Checkliste Hahn ´ Seite 461
& 27 &
Therapie ± Prognose
Knochenerkrankungen
462
CM
YB
28.1 Osteoporose Definition ä
Mit Frakturen einhergehende Verminderung der Knochenmasse, -struktur und -funktion.
Ursachen ± Einteilung ± Epidemiologie ä ä
Häufigste Knochenerkrankung, ca. 10 % der Bevölkerung betroffen. Frauen sind zehnmal häufiger betroffen als Männer. Primäre Osteoporose (> 90 %): ± idiopathische juvenile Osteoporose (selten) ± adulte Osteoporose: typische Risikopatienten sind zierlich gebaute Frauen, Patienten mit positiver Familienanamnese, vorzeitiger Menopause, Alkohol und/oder Nikotinabusus. Einteilung in Typ I- und Typ II-Osteoporose: Tab. 165.
Tabelle 165
Osteoporoseformen Typ-I-Osteoporose
Synonyme
Typ-II-Osteoporose
postmenopausal, präsenil senil
Manifestationsalter 40 ± 60 Jahre
> 70 Jahre
Frauen : Männer
fast nur Frauen
2:1
Knochenabbau
Spongiosa
Spongiosa, Kompakta
bevorzugte Frakturlokalisationen
Wirbelkörper distaler Radius
Proximaler Femur, Humerus, Radius, Wirbelkörper
ätiologische Faktoren
Östrogenmangel
biolog. Alterung, Immobilität, evtl. Ca++-, Vit.-D-Mangel
ä
Sekundäre Osteoporose (< 10 %): ± Immobilisation (lokalisiert ± generalisiert) ± Hypercortisolismus, Hypogonadismus, Hyperthyreose, Diabetes mellitus ± Mangelernährung, Malabsorption ± Heparin-Dauertherapie.
Klinik ä ä ä
Schmerzen: meist vertebragen im Thorax und Lumbalbereich (¹Lumbagoª). Erhöhtes Frakturrisiko. Rundrücken, Gibbusbildung, Verminderung der Körpergröûe mit tannenbaumartigen Hautfalten am Rücken (= Tannenbaumphänomen).
& 28 &
Diagnostik ä
ä
Anamnese: Schmerzen (s. o.), Reduktion der Körpergröûe, Frakturen, Voroperationen (z. B. Dünndarmresektion), Immobilisation, Medikamente, Ernährung, Alkohol, Nikotin, gynäkologische Anamnese, familiäre Belastung. Befund: Wirbelsäulenform, Klopf- und Stauchungsschmerzen von Wirbelsäulensegmenten, Hinweise für Cushing-Syndrom, Hyperthyreose, Kachexie, Hypogonadismus u. a. Checkliste Hahn ´ Seite 462
28.1 Osteoporose ä
ä ä
ä
Labor (im Rahmen der DD, vgl. Tab. 166, bei reiner Osteoporose keine typische Konstellation): BSG, Blutbild, BZ, Ca++ (ggf. PTH intakt), Phosphat, Kreatinin, g GT, GPT, alkalische Phosphatase (aP), Gesamteiweiû, Serum-Elektrophorese (S. 218), TSH-basal, Urinstatus, Bence-Jones-Proteine im Urin. Röntgen: BWS und LWS in 2 Ebenen: je nach Stadium Grund- und Deckplattenbetonung, Betonung vertikaler Trabekel, Fischwirbel, Keilwirbel. Knochendichtemessung = Densitometrie: Bewertung in der Primärdiagnostik nur zusammen mit Klinik und Anamnese sinnvoll ± Indikationen: · deutliche Beschwerden bei Frauen vor der Menopause oder bei Männern mit erhöhtem Osteoporoserisiko (vgl. Ursachen: S. 462) · Frauen nach der Menopause mit erhöhtem Osteoporoserisiko (auch ohne Beschwerden) oder mit Beschwerden (auch ohne erhöhtes Osteoporoserisiko) ± Verfahren (Durchführung in Abhängigkeit von Verfügbarkeit und Fragestellung) z. B. · Quantitative Computertomographie = QCT: Primärdiagnostik, Verlauf · Quantitative digitale Radiographie = QDR = DEXA: Methode der Wahl zur Verlaufskontrolle, bessere Reproduzierbarkeit und geringere Strahlenbelastung als QCT · Dual Photonen Absorptiometrie = DPA: Alternative zur QDR, jedoch höhere Strahlenbelastung und schlechtere räumliche Auflösung Zur Erstuntersuchung Knochendichtebestimmung mittels QDR und QCT, zur Verlaufskontrolle genügt die QDR ± Kontrollintervalle: bei normaler Knochendichte je nach Fragestellung alle 1 ± 2 Jahre, bei V. a. schnellen Verlust postmenopausal ggf. alle 6 Monate. Knochenbiopsie (Beckenkamm: S. 78): bei speziellen Fragestellungen z. B. rasch progredienter Verlauf, jüngere Patienten, Männer < 60 J.
463
YB
Knochenerkrankungen
CM
Differentialdiagnose Tabelle 166 Differentialdiagnose verschiedener Knochenerkrankungen anhand typischer Laborveränderungen im Serum Kalzium
Phosphat
± aP sonstiges
Osteoporose
n
n
n±
Osteomalazie (S. 465)
n±¯
n±¯
Vitamin D ¯
pHPT (S. 503)
¯
PTH intakt
Malignome (Plasmozytom, M. Waldenström, Metastasen)
n
BSG , Serum-Elektrophorese (S. 218), Tumorsuche
ä ä ä
Minimierung des Alkohol- und Nikotinkonsums. Kalziumreiche Kost (z. B. Milchprodukte): mindestens 1 g täglich. Regelmäûige körperliche Bewegung (protektiver Effekt).
Checkliste Hahn ´ Seite 463
& 28 &
Prophylaxe
Knochenerkrankungen
464
CM
28.1 Osteoporose ä
Östrogensubstitution: ± Indikation: Frauen in der Postmenopause mit erhöhtem Osteoporoserisiko (vgl. Ursachen: S. 462) ± Einnahme unter gynäkologischer Kontrolle, zur Verminderung des Risikos eines Endometriumkarzinoms in der 2. Zyklushälfte in Kombination mit einem Gestagen (z. B. Cyclo-Menorette, Presomen comp.), bei Frauen > 55 Jahre fixe Östrogen/Gestagen-Kombination (z. B. KliogestN), bei hysterektomierten Frauen nur Östrogen (z. B. als Pflaster Estraderm TTS 50 oder 100, 2 /Woche) ± Behandlungsbeginn innerhalb der ersten 3 Jahre nach der Menopause über mindestens 10 Jahre.
Therapie ä ä
ä
ä
& 28 &
YB
ä ä
Sekundäre Osteoporose: kausale Behandlung. Basistherapie: ± Kalzium: 1000 mg/d, z. B. Calcium-Sandoz 500|1000 mg/Tbl. ± Vitamin D: 500 ± 1000 IE/d (z. B. Vigantoletten 500 Tbl.), besonders bei älteren immobilen Patienten mit subklinischem Vitamin-D-Mangel. Unter Vitamin D-Therapie Ca++-Spiegelkontrollen alle 3 Monate. Antiresorptive Therapie: besonders in den ersten postmenopausalen Jahren, in denen ein beschleunigter Knochenstoffwechsel (= high turnover) vorliegt (¹Fast-loser-Patientenª): ± Calcitonin: bei osteoporosebedingten Frakturen und Schmerzen. Initial über 6 Wochen 100 IE/d s. c. (z. B. Cibacalcin, Karil), anschlieûend für 1 Jahr 50 ± 100 IE/Woche. Unter Calcitonintherapie alkalische Phosphatase alle 6 Monate kontrollieren ± Biphosphonate bei schwerer Osteoporose und raschem Knochenmasseverlust, z. B. Alendronat (Fosamax), Clodronat (Ostac), Etidronat (Didronel, Diphos), Pamidronat (Aredia). In Deutschland ist für die Osteoporosebehandlung Alendronat und Etidronat zugelassen · Dosierung bei zyklischer Gabe: 400 mg/d Etidronat über 2 Wo. (z. B. 2 Tbl. Didronel 200), dann 10 Wo. Etidronat-Pause, statt dessen (nicht gleichzeitig!) Ca++-Gabe (1000 mg/d), Wiederholung über mind. 2 Jahre · Nebenwirkungen: häufig Übelkeit und Diarrhoe, seltener: Urticaria, Pruritus, Exantheme, Angioödem, Blutbildveränderungen u. a. Knochenanbaustimulierende Therapie: besonders ab etwa 10 Jahre nach der Menopause, da sich dann der Knochenstoffwechsel verlangsamt (= low turnover, ¹Slow-loser-Patientenª) ± Fluoride: · Dosierung 80 ± 100 mg/d Natriumfluorid, z. B. 2 1 Ret.-Drg. Ossin (40 mg Natriumfluorid/Drg.) · Nebenwirkungen: gastrointestinale Beschwerden, Arthralgien, bei Überdosierung Fluorose, bei zusätzlicher Osteomalazie (= Osteoporomalazie) erhöhte Frakturrate. Kontrollen unter Fluoridtherapie: Nüchternfluorid alle 4 Monate (Ziel-Spiegel bei Natriumfluorid 7,5 ± 12 mol/l). Begleitende Therapie: physikalische Therapie, Krankengymnastik, Analgetika (z. B. Diclofenac: S. 441), Hilfsmittelversorgung (z. B. Stützmieder) etc. Allgemeine Verlaufskontrollen unter Therapie: jährliche Kontrolluntersuchung mit Labor (vgl. S. 463) und Röntgen der Wirbelsäule. Alle 2 Jahre ggf. Knochendichtemessung.
Checkliste Hahn ´ Seite 464
28.2 Osteomalazie Definition ä
Gestörte Knochenmineralisation durch Mangel an 1,25-(OH)2-Vitamin D3 beim Erwachsenen (bei Kindern: Rachitis).
Ursachen ä ä ä
Vitamin-D-Mangel bei Malassimilation (S. 345), seltener Folge einer mangelhaften Vitamin-D-Zufuhr oder ungenügenden UV-Bestahlung. Gestörter Vitamin-D-Stoffwechsel bei chronischer Leber- oder Niereninsuffizienz oder als Nebenwirkung von Medikamenten (z. B. Phenytoin). Seltene Ursachen: z. B. kongenitale renal tubuläre Azidose oder Phosphatdiabetes mit Vitamin-D-resistenter Rachitis, vermehrter Ausscheidung von Phosphat und Hypophosphatämie, beim DebrØ-Toni-Fanconi-Syndrom zusätzlich vermehrte Ausscheidung von Glukose und Aminosäuren.
465
YB
Knochenerkrankungen
CM
Klinik ä ä ä
Schmerzen im Bereich des Bewegungsapparats. Knochenverformung. Erhöhte Frakturgefährdung.
Diagnostik ä ä
ä
ä
Anamnese: Grunderkrankung. Labor: ± alkalische Phosphatase (aP): erhöht (typisch) ± Kalzium: niedrig normal bis leicht erniedrigt ± Phosphat: bei Malassimilation erniedrigt, bei chron. Niereninsuffizienz erhöht ± Vitamin D-Bestimmung bei weiterer diagnostischer Unklarheit (Serum tiefgefroren): bei chronischer Niereninsuffizienz Erniedrigung des 1,25-(OH)2Vitamin D3-Spiegels, bei Malassimilation, Mangelernährung und chronischer Leberinsuffizienz zusätzlich auch 25-(OH)-Vit. D3 erniedrigt. Röntgen: verwaschene Knochenzeichnung, erhöhte Strahlentransparenz, Looser-Umbauzonen (quer zur Knochenlängsachse verlaufende Aufhellungsstreifen), Knochenverformungen. Knochenbiopsie (Beckenkamm: S. 78): nur bei speziellen Fragestellungen und diagnostischer Unklarheit.
ä ä
ä
Therapie der Grunderkrankung. Bei Vitamin D-Mangel: anfangs über 3 Wochen 10 000 IE/d (z. B. 1 Tbl. Vigantol 10 000), später 1000 IE/d (z. B. 1 Tbl. Vigantoletten 1000). Bei Malassimilation meist kombinierte parenterale Substitution fettlöslicher Vitamine (z. B. ADEK-Falk 1 Amp./Woche i. m.). Dosissteuerung durch regelmäûige Ca++-Kontrollen (cave: Hyperkalzämie). Behandlung der renalen Osteopathie: S. 407.
Checkliste Hahn ´ Seite 465
& 28 &
Therapie
Knochenerkrankungen
466
CM
YB
28.3 Morbus Paget (Ostitis deformans) Definition ä
Lokalisierte Knochenerkrankung mit pathologisch vermehrtem Umbau und Bildung von mechanisch minderwertigen, teilweise deformierten Knochen.
Ursachen ± Epidemiologie ä ä
Evtl. Virusinfekt, genetische Disposition. Prävalenz: ca. 2 % der Bevölkerung, behandlungsbedürftige Fälle: ca. 4/100 000 Einwohner, Männer > Frauen, Auftreten meist in der zweiten Lebenshälfte.
Klinik ä ä ä ä
Häufig Beschwerdefreiheit (ca. 1/3 der Pat.). Lokalisierte Knochenschmerzen im Bereich der betroffenen Skelettabschnitte: besonders Becken, Femur, Tibia, LWS und Schädel. Deformierung und Verbiegung befallener Röhrenknochen (¹Säbelscheidentibiaª), Volumenzunahme des Schädels. Evtl. radikuläre Schmerzen und motorische Störungen bei LWS-Befall.
Komplikationen ä ä ä
Frakturen, verstärkte Arthroseneigung. Wurzelkompressionssyndrom (S. 202) bei LWS-Befall. Nephrolithiasis.
Diagnostik ± Differentialdiagnose ä ä ä
ä ä
Skelettszintigraphie: empfindlichster Nachweis befallener Knochenabschnitte. Röntgen-Aufnahmen klinisch oder szintigraphisch betroffener Knochenabschnitte: Kortikalisverdickung und Vergröberung der Trabekelstruktur. Labor: Anstieg der alkalischen Phosphatase (aP) im Blut und der Hydroxyprolin-Ausscheidung im Urin (unspezifische, zur Aktivitäts- und Verlaufsbeurteilung geeignete Parameter). Knochenbiopsie (Beckenkamm: S. 78): nur bei speziellen Fragestellungen und diagnostischer Unklarheit. Differentialdiagnose: Knochentumoren, Metastasen, Osteomyelitis, primärer Hyperparathyreoidismus (S. 503).
Therapie ± Prognose
& 28 &
ä
ä ä ä
Bei lokalen Beschwerden, Frakturgefahr und neurologischen Ausfällen: Etidronat (Biphosphonat), Dosierung 5 mg/kgKG/d über 6 Monate, Wiederholung frühestens nach 3 Monaten. Erfolgskontrolle durch aP-Bestimmung. Handelsnamen und Nebenwirkungen: S. 464. Symptomatische Therapie mit Analgetika (z. B. ASS, Diclofenac: S. 441). Chirurgische Therapie von Frakturen oder ggf. neurochirurgische Therapie neurologischer Komplikationen. Prognose: unter Behandlung in ca. 60 % Beschwerdefreiheit. In ca. 1 % maligne Transformation (z. B. Osteosarkom).
Checkliste Hahn ´ Seite 466
29.1 Porphyrien ± Übersicht Definition ä
Gruppe von Stoffwechselkrankheiten mit Störung der Biosynthese von Häm mit Akkumulation oder vermehrter Ausscheidung von Porphyrinen.
Ursachen ä ä
Primäre Porphyrien: genetische Disposition. Sekundäre Porphyrien: s. u.
Einteilung Tabelle 167
Klassifikation der Porphyrien
Hepatische Porphyrien
467
YB
Stoffwechselerkrankungen
CM
± Akute hepatische Porphyrien: · akute hepatische Porphyrie mit Porphobilinogen-Synthetase-Defekt (autosomal-rezessiv): extrem selten · akute intermittierende Porphyrie (autosomal dominant): S. 468 · hereditäre Koproporphyrie (autosomal dominant): selten · Porphyria variegata (autosomal dominant): selten ± Chronische hepatische Porphyrie = Porphyria cutanea tarda (autosomal dominant): S. 469 Erythropoetische Porphyrien (selten) ± Kongenitale erythropoetische Porphyrie = Morbus Günther (autosomal rezessiv) ± Erythropoetische = erythrohepatische Protoporphyrie (autosomal dominant) Sekundäre Porphyrien ± Akute toxische Porphyrie bei Bleivergiftung ± Sekundäre Koproporphyrinurien (asymptomatisch): z. B. bei Lebererkrankungen, Alkoholintoxikation, Infektionen, Malignomen, hereditären Hyperbilirubinämien, Schwangerschaft, Diabetes mellitus u. a. ± Sekundäre Protoporphyrinämien (asymptomatisch): Anämien unterschiedlicher ¾tiologie, Isoniazidtherapie u. a. Am häufigsten und wichtigsten sind: ± akute intermittierende Porphyrie: S. 468 ± chronische hepatische Porphyrie: S. 469.
& 29 &
ä
Checkliste Hahn ´ Seite 467
Stoffwechselerkrankungen
468
CM
YB
29.2 Akute intermittierende Porphyrie Ursachen ± Epidemiologie ä ä
ä
Autosomal dominant vererbter Defekt der Porphobilinogen-Desaminase. Überwiegend symptomlose Anlageträger oder latent Erkrankte. Begünstigung der Manifestation durch: zahlreiche Medikamente, Alkohol, Infektionen, Operationen, Traumata, Psychostreû, Hypoglykämie. Prävalenz 5 ± 10/100 000 Einwohner, Verhältnis Frauen : Männer = 3 : 1, Erkrankungsgipfel im dritten Lebenjahrzehnt.
Klinik ä ä
ä
Abdomen: kolikartige Schmerzen mit Übelkeit und Erbrechen, Obstipation. Nervensystem: psychische Veränderungen, Psychosen, zerebrale Krampfanfälle, Polyneuropathie mit Parästhesien, Extremitätenschmerzen und Paresen zunächst der Streckmuskulatur von Händen und Armen. Bei weiterem Fortschreiten Gefahr der Tetraparese und Atemlähmung. Herz/Kreislauf: arterielle Hypertonie, Tachykardie.
Diagnostik ± Differentialdiagnose ä ä
ä
Urininspektion: rot nachdunkelnder Urin. Laboruntersuchung des Urins: ± Screening: Porphobilinogennachweis (Hoesch- oder Schwartz-Watson-Test) ± quantitative Bestimmung von Porphobilinogen (PBG, Norm: < 2 mg/d) und d-Aminolävulinsäure (d-ALS, Norm: < 6 mg/d) im 24-h-Urin (Lichtschutz!). Beachte: Bei positiver Diagnose Untersuchung von Familienangehörigen. Differentialdiagnose: andere Ursachen des akuten Abdomens (S. 166), Panarteriitis nodosa (S. 453), neurologische Erkrankungen, Bleivergiftung.
Therapie ± Prognose ä
ä
& 29 &
ä
ä ä
Alkoholkarenz und Absetzen porphyrinogener Medikamente: Barbiturate, Diazepam, Sulfonamide, Pyrazolon-Derivate, Östrogene, Nitrofurantoin, Griseofulvin, Phenytoin, Phenylbutazon, Diclofenac, Halothan, Imipramin, Mebrobamat, Clonidin, Theophyllin. Bei Bedarf ¹erlaubteª Medikamente: ASS, Propranolol, Reserpin, Morphium und Derivate, Chloralhydrat, Chlorpromazin, Atropin, Neostigmin, Procain, Digitoxin, Penicilline, Tetracycline, Cephalosporine, Glukokortikoide. Bei akutem Porphyrie-Syndrom (intensivmedizinische Überwachung): ± Glukoseinfusionen (z. B. Glukose 40 % 1000 ml/d über ZVK) + forcierte Diurese, Bilanzierung, engmaschige Elektrolyt- und Blutzuckerkontrollen ± bei fehlender Besserung unter Glukosetherapie: Häm-Arginin (Normosang) 3 mg/kgKG/d über 15 Min. i. v. an bis zu 4 aufeinanderfolgenden Tagen ± Symptomatische Therapie: · Schmerzen: ASS oder Morphinderivate · Hypertonie, Tachykardie: Propranolol (z. B. Dociton) 50 ± 200 mg/d · Unruhe/Brechreiz: Chlorpromazin (z. B. Propaphenin) 50 ± 100 mg/d oder Chloralhydrat (z. B. Chloraldurat) 1000 ± 2000 mg/d · Infektionen: Penicilline, Tetracycline. Verlaufskontrolle: Kontrolle von Porphobilinogen und d-ALS im Urin. Prognose: unter adäquater Prophylaxe und Therapie günstig.
Checkliste Hahn ´ Seite 468
29.3 Chronische hepatische Porphyrie Ursachen ± Epidemiologie ä ä ä
Autosomal dominant vererbter Defekt der Uroporphyrinogen-III-Decarboxylase. Überwiegend symptomlose Anlageträger oder latent Erkrankte. Begünstigung der Manifestation v. a. durch Alkoholabusus (2/3 d. F.) und Östrogene. Prävalenz 20 ± 50/100 000 Einwohner (häufigste Porphyrie), Verhältnis Männer : Frauen = 5 : 1, Erkrankungsgipfel jenseits des 40. Lebensjahres.
Klinik ä
ä ä
Haut: Hyperpigmentierung, Blasen- und Narbenbildung an lichtexponierten Stellen (v. a. Handrücken), erhöhte Vulnerabilität. Hypertrichose im Schläfenund Jochbeinbereich sowie periorbital. Leber: evtl. Symptome einer chronischen Leberinsuffizienz (S. 380). Assoziation mit anderen Erkrankungen: ± Diabetes mellitus (30 %) ± Dupuytren-Kontraktur (20 %) ± peptische Ulzera (20 %) ± seltener Kollagenosen, Leberkarzinome, chronische Niereninsuffizienz.
469
YB
Stoffwechselerkrankungen
CM
Diagnostik ä ä ä
Urininspektion: dunkler Urin bei hohen Porphyrinmengen. Labor: Bestimmung der Gesamtporphyrine (Norm: < 150 g/d) im 24-h-Urin (Lichtschutz). Zusätzlich Transaminasenerhöhung durch Leberschaden. Leberbiopsie (S. 80): Porphyrineinlagerungen (Fluoreszenzeffekt am Biopsiezylinder unter langwelligem UV-Licht), histochemische Untersuchung.
Differentialdiagnose ä ä
Dermatologische Erkrankungen. Chronische Lebererkrankungen (vgl. S. 380).
Therapie ± Prognose ä ä
ä ä
Alkoholkarenz, keine hormonelle Kontrazeption. Meiden von Sonnenlichtexposition bzw. Verwendung von Lichtschutzsalben. Therapie der Wahl: niedrigdosierte Chloroquintherapie (Nebenwirkungen: S. 442): z. B. jeden 2. Tag 1 Tbl. Resochin Junior (80 mg), dadurch längerfristige Remissionsphasen möglich. Alternativ Aderlaûtherapie (500 ml/Woche): umstritten und bei Patienten mit Leberzirrhose wegen Proteinverlust kontraindiziert. Prognose unter Meidung von Alkohol, östrogenhaltiger Medikamente und exzessiver Sonnenlichteinwirkung günstig.
& 29 &
ä
Checkliste Hahn ´ Seite 469
Stoffwechselerkrankungen
470
CM
YB
29.4 Gicht (Arthritis urica) Definition ä
Purinstoffwechselstörung mit krankhaften Organveränderungen infolge von Ablagerungen von Harnsäurekristallen (= Urate).
Ursachen ± Epidemiologie ä
ä
Primäre Gicht (sekundäre Hyperurikämie: S. 471): ± am häufigsten (> 99 % d. F.) multifaktoriell vererbte primäre Verminderung der tubulären Harnsäureausscheidung mit Krankheitsmanifestation z. B. durch purinreiche Ernährung, Alkoholabusus, Fasten (Ketoazidose) u. a. ± selten Überproduktion von Harnsäure z. B. beim x-chromosomal-rezessiv vererbten Lesch-Nyhan-Syndrom (primäre kindliche Gicht): Hyperurikämie, Gelenkerscheinungen, Niereninsuffizienz und ZNS-Symptome bei Knaben. Häufigkeit der manifesten Gicht: in Wohlstandsgebieten ca. 1 ± 2 % der Bevölkerung, bevorzugtes Auftreten bei Männern zwischen 40 und 60 Jahren.
Klinik ä ä
ä
Symptomlose Hyperurikämie (am häufigsten). Akuter Gichtanfall, Auftreten z. B. nach ¹Festessenª oder Alkoholabusus: ± perakute Monarthritis, typischerweise im Groûzehengrundgelenk (Podagra) lokalisiert mit starken Schmerzen, Rötung, Schwellung und Überwärmung, zusätzlich Fieber und allgemeines Krankheitsgefühl ± weitere Lokalisationen: Knie-, Sprung- und Daumengrundgelenk ± gelegentlich Befall mehrerer Gelenke (Oligoarthritis). Chronische Gicht: ± rezidivierende Arthralgien oder Gichtanfälle und progrediente Zerstörung des Gelenks mit zunehmender Funktionsbeeinträchtigung ± Gichttophi (= Uratablagerungen): weiûliche subkutane Weichteilknoten häufig an der Ohrmuschel oder über dem Olekranon sichtbar (Farbabb. 12) ± Nephrolithiasis (S. 412) durch Uratsteine ± Uratnephropathie: entweder langsam progrediente Niereninsuffizienz durch interstitielle Uratablagerungen und rezidivierende Pyelonephritiden oder akute Uratnephropathie durch massive Ausfällung von Harnsäure im Interstitium und in den Tubuli mit akuter Niereninsuffizienz (Ursache: akut vermehrter Harnsäureanfall bei gleichzeitig verminderter Flüssigkeitszufuhr).
Diagnostik ä ä ä
& 29 &
ä
ä
Anamnese: Ernährungsgewohnheiten, Alkoholkonsum, Familienanamnese. Hyperurikämie: Harnsäure im Serum > 6,4 mg/dl. Akuter Gichtanfall: klinisch meist eindeutig, in unklaren Fällen Therapieversuch mit Colchizin (prompte Besserung). Chronische Gicht: ± Klinik: Arthralgien, Gichttophie ± Röntgen: Gelenkzerstörung, gelenknahe Usuren, Osteophyten ± bei Nephropathie im Frühstadium Albuminurie, später Erhöhung der Retentionswerte, Diagnostik bei Nephrolithiasis: S. 412. Gelenkpunktion mit Synovialanalyse (selten notwendig): Uratkristalle.
Checkliste Hahn ´ Seite 470
29.4 Gicht (Arthritis urica) Differentialdiagnose ä
ä
ä
ä
Sekundäre Hyperurikämie (selten typische Gelenkerscheinungen): ± sekundär verminderte renale Harnsäureausscheidung bei Niereninsuffizienz, Ketoazidosen (z. B. Fasten), Diuretikatherapie und Alkoholabusus ± übermäûiger endogener Harnsäureanfall bei erhöhtem Zellumsatz: Leukämien, myeloproliferative Erkrankungen, hämolytische Anämien, Chemound Strahlentherapie von Tumoren. Mon-/Oligoarthritiden anderer Genese: z. B. eitrige Arthritis (Punktat: Bakterien), Löfgren-Syndrom (S. 315), Lyme-Arthritis (S. 600), Arthritis gonorrhoica (S. 602), Reiter-Syndrom/reaktive Arthritiden (S. 443). Pseudogicht (= Chondrokalzinose): relativ häufig, meist Kniegelenke betroffen, Diagnose durch Nachweis von Calciumpyrophosphat-Dihydrat(CPPD)-Kristallen im Gelenkpunktat. Andere Erkrankungen, die mit Arthralgien einhergehen: S. 197.
471
YB
Stoffwechselerkrankungen
CM
Therapie des akuten Gichtanfalles ä ä
ä
Ruhigstellung des betroffenen Gelenks, Kühlung. Colchicin (Colchicum dispert 0,5 mg/Drg.): Dosierung: initial 1 mg, dann 0,5 mg stündlich bis zum Abklingen der Schmerzen oder bis zum Auftreten gastrointestinaler Nebenwirkungen (max. 8 mg/d), dann über 2 ± 3 Tage 3 0,5 ± 1 mg/d. Nebenwirkungen: Übelkeit, Bauchschmerzen, Diarrhoe, Hautveränderungen, Alopezie, selten Agranulozytose, Kontraindikationen: Schwangerschaft, Stillzeit. Alternativ: NSAR z. B. 4 50 mg Indometacin oder Diclofenac (S. 441).
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Diät: Alkoholkarenz, Körpergewichtsnormalisierung, ausreichende Flüssigkeitszufuhr, purinarme Kost (z. B. wenig Fleisch, Innereien, Fisch, Linsen). Medikation überprüfen: z. B. bei Hypertonie statt Diuretika ACE-Hemmer. Medikamentöse Behandlung, indiziert bei manifester Gicht oder asymptomatischer Hyperurikämie > 9 mg/dl: ± Allopurinol (z. B. Zyloric 100|300 mg/Tbl.): · Dosierung: initial 300 mg/d (max. 3 300 mg/d), Dauertherapie 100 ± 300 mg/d (Ziel: Harnsäure < 6,5 mg/dl), Dosisreduktion b