Angst und Leistung in Teams der Medienwirtschaft: Systemtheorie – Marktanforderungen – Wirkfaktoren [1 ed.]
 9783834938893, 3834938890 [PDF]

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Zitiervorschau

Angst und Leistung in Teams der Medienwirtschaft

Stefanie Sorge

Angst und Leistung in Teams der Medienwirtschaft Systemtheorie – Marktanforderungen – Wirkfaktoren Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Volker Stein

RESEARCH

Stefanie Sorge Biberach, Deutschland

ISBN 978-3-8349-3889-3 DOI 10.1007/978-3-8349-3890-9

ISBN 978-3-8349-3890-9 (eBook)

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

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V

Geleitwort „Wenn man denkt: Was könnte alles passieren, dann hat man schon den Finger an der Bremse.“ Dieser Satz des Radrennfahrers Erik Zabel bringt das Dilemma auf den Punkt, das man in einer Leistungsgesellschaft wie der unsrigen immer wieder spürt: Auf der einen Seite steht der Leistungsdruck einzelner und der Leistungsdruck ganzer Unternehmen, auf der anderen Seite die Angst. Nämlich davor, dass etwas Unvorhergesehenes, etwas Schlimmes passieren könnte, aber auch davor, dass etwas Erwünschtes nicht passieren könnte. Wie man es dreht und wendet: Angst ist immer. Mit Angst ist man als Handelnder auch nicht allein, denn sie ist nicht nur ein individuelles Phänomen, sondern auch ein kollektives. Teams können Angst hervorbringen, Angst kann sich in Teams verstärken. Letztlich kann Angst mögliche Leistung verhindern, gleichfalls aber kann Leistung(sdruck) Angst erzeugen. Dieser spannenden Wechselwirkung widmet sich Stefanie Sorge in ihrem Buch. Den Fokus ihrer Analyse hat Stefanie Sorge gut gewählt: Denn wie selbstverständlich geht man als Beobachter davon aus, dass sich die Leistungserstellung in einer etablierten Branche wie der Medienwirtschaft, die sich seit ihren Anfängen auch um die Standardisierung ihrer Prozesse bemüht, gut planen und der Planung entsprechend durchführen lässt. Dennoch wird die erwartete Produktivität der Arbeitenden in der Medienbranche nicht immer erreicht. Gründe hierfür liegen sicherlich unter anderem in den harten Wettbewerbsbedingungen, die sich in die Medienunternehmen hinein auswirken, wo sie vielfach die Zusammenarbeit beeinflussen. Ein hier beobachtbares Phänomen ist Angst, gerade auch in Teamstrukturen – oder, wie es in dieser Arbeit formuliert wird, die „kollektiven affektiven Ansteckungsmechanismen“, die mit Angst verbunden sind. Dazu, wie Angst die Leistung in Teams innerhalb von Medienunternehmen beeinflusst, liegen bislang, soweit erkennbar, keine Publikationen vor. Stefanie Sorge stellt sich daher die Aufgabe, eine theoriebasierte Grundlage für die systematische Diskussion dieser Frage zu schaffen. Hierzu wählt sie die Systemtheorie – diejenige Theorie, die wie keine andere dazu prädestiniert ist, komplexe Phänomene zu durchdringen und die gleichzeitig interdisziplinär aufgestellt ist. Interdisziplinarität ist notwendig, um die Schnittstelle dieses betriebswirtschaftlich, psychologisch, organisationssoziologisch sowie medienwirtschaftlich hoch relevanten und aktuellen Themas bearbeiten zu können.

VI Die Bearbeitung ihrer komplexen Themenstellung gestaltet Stefanie Sorge leserfreundlich: Nicht nur die Gliederungsstruktur ist klar und damit Ausweis guter wissenschaftlicher Arbeit. Auch positioniert ihr mentales Modell die Analyse, die auf mehreren Betrachtungsebenen erfolgt, nachvollziehbar, indem es die im Thema angelegten sachlichen Komponenten in einen logisch durchdringbaren Rahmen integriert. Hinzu kommt die substanzielle Literaturarbeit, die auf vielen themenrelevanten, aktuellen und internationalen Quellen aufbaut. Stefanie Sorge erarbeitet eine Reihe sehr interessanter Befunde, die insgesamt die Wechselwirkungen zwischen branchenspezifischen Ängsten und den erzielbaren/erzielten Leistungen in der Medienwirtschaft verdeutlichen. Wirklich beeindruckend sind die Differenziertheit ihrer Argumentation, die theoretisch saubere Verortung der theoretischen Konzepte, das erfolgreiche Herstellen themenrelevanter Querbezüge, der Detailreichtum der Ausführungen, das Unterlegen der Argumentation mit verfügbaren empirischen Befunden sowie Aussagen realer Systemteilnehmer und das weitgehende Fehlen von Redundanz in der Analyse. Sehr gut gefällt auch das Anführen realer Beispiele zur Illustration der Argumentation. Das Abschlusskapitel des Buches allein wäre noch einmal „ein wissenschaftlicher Aufsatz für sich“: Es belegt zum wiederholten Male die Expertise, mit der Stefanie Sorge ihr Thema durchdringt, und lenkt den Blick der Leser nicht nur auf die relevanten Implikationen für Theorie und Praxis, sondern darüber hinaus auf spannende Argumentationslinien, die es wert wären, ebenfalls weiter thematisiert zu werden. Der schwedische Regisseur Ingmar Bergmann prägte folgenden Satz: „Es gibt keine Grenzen, weder für Gedanken noch für Gefühle. Es ist die Angst, die immer Grenzen setzt.“ Zumindest die Leser dieses Buches sollten sich nicht begrenzen lassen und es sich leisten, dieses faszinierende Buch zur Medienwirtschaft zu lesen.

Univ.-Prof. Dr. Volker Stein

VII

Vorwort Die vorliegende Arbeit geht zurück auf eine Diplomarbeit im medienwissenschaftlichen Studiengang der Universität Siegen. Diese Arbeit untersucht die Wechselwirkungen in komplexen sich ausdifferenzierenden vernetzten Systemen, in denen Organisationseinheiten und Organisationen in voneinander abhängigen Wechselbeziehungen zueinander, ständig Informationen und Teilleistungen austauschen. Es geht um Angst als Faktor, der auf Organisationen einwirkt. Wissenschaftlich relevant ist das Thema, da besonders die Bedeutung von dezentralen Strukturen und flachen Hierarchien in technosozialen Systemen zunimmt. Diese Arbeit zeigt auf, wie Informations- und Kommunikationsströme positiv beeinflusst werden können, um nachhaltige Leistungsaustauschprozesse zu unterstützen. Bei der Erstellung dieser Arbeit wurde ich von verschiedenen Menschen unterstützt, denen ich an dieser Stelle meinen herzlichen Dank aussprechen möchte. Insbesondere meinem Erstgutachter Herrn Professor Dr. Volker Stein, Lehrstuhlinhaber für Personalmanagement und Organisation an der Universität Siegen, möchte ich für die kritischen Anregungen und inhaltlichen Diskussionen danken. Meinem Zweitgutachter Herrn Professor Dr. Jörg Felfe, Professor für Organisationspsychologie, möchte ich für die Übernahme der Zweitgutachtertätigkeit und der damit verbundenen Zeit und Mühe danken. Selbstverständlich möchte ich mich auch beim gesamten medienwissenschaftlichen Lehrstuhlteam der Universität Siegen für die interdisziplinären Denkansätze bedanken, welche mir in meiner beruflichen Tätigkeit helfen. Ebenso geht mein großer Dank an meine Eltern, Familie und Freunde, die mich während meiner gesamten Arbeit durch Höhen und Tiefen begleitet haben.

Stefanie Sorge

IX

Inhaltsverzeichnis Geleitwort................................................................................................................................. V Vorwort ................................................................................................................................. VII Inhaltsverzeichnis................................................................................................................... IX Abbildungsverzeichnis ...........................................................................................................XI 1

Einleitung........................................................................................................................... 1 1.1 Problemstellung........................................................................................................... 1 1.2 Zielsetzung .................................................................................................................. 3

2

Theoretische Grundlagen................................................................................................. 4 2.1 Angst ........................................................................................................................... 4 2.1.1 Angstdefinition ................................................................................................. 6 2.1.2 Angstformen ..................................................................................................... 9 2.1.3 Angstfolgen..................................................................................................... 11 2.1.4 Angst in der Managementlehre....................................................................... 13 2.2 Leistung..................................................................................................................... 15 2.2.1 Leistungsdefinition ......................................................................................... 15 2.2.2 Menschliche Arbeitsleistung .......................................................................... 16 2.2.3 Leistungsmessung........................................................................................... 16 2.3 Teams ........................................................................................................................ 18 2.3.1 Teamdefinition................................................................................................ 18 2.3.2 Leistungsanforderungen in Teamstrukturen ................................................... 20 2.4 Medienwirtschaft....................................................................................................... 21 2.4.1 Typen von Medienunternehmen ..................................................................... 22 2.4.2 Besonderheiten von Medienunternehmen ...................................................... 22 2.4.3 Leistungen von Medienunternehmen ............................................................. 25 2.5 Systemtheorie............................................................................................................ 26 2.5.1 Theorie selbstreferentieller Systeme............................................................... 27 2.5.2 Systembildung ................................................................................................ 30 2.5.3 Unternehmen als soziales System................................................................... 35

3

Untersuchungsrahmen ................................................................................................... 39 3.1 Mentales Modell........................................................................................................ 39 3.1.1 Individuum als lebendes System .................................................................... 40 3.1.2 Team als synreferentielles System.................................................................. 41 3.1.3 Medienorganisation mit synreferentiellem Managementsubsystem .............. 41 3.2 Methodik der Untersuchung...................................................................................... 42

4

Untersuchung .................................................................................................................. 43 4.1 Medienmarktanforderungen und reziproke Einflüsse auf Systeme .......................... 43 4.1.1 Wechselwirkung der Ängste auf lebende System .......................................... 43 4.1.2 Wechselwirkung der Ängste auf synreferentielles Teamsystem .................... 45

X

4.2

4.3

4.4

4.5

5

4.1.3 Wechselwirkung der Ängste auf Medienorganisation mit synreferentiellem Managementsubsystem...................................................... 46 Organisationsanforderungen und reziproke Einflüsse auf Systeme.......................... 47 4.2.1 Wechselwirkung der Ängste auf lebendes System......................................... 48 4.2.2 Wechselwirkung der Ängste auf synreferentielles Teamsystem .................... 51 4.2.3 Wechselwirkung der Ängste auf Medienorganisation mit synreferentiellem Managementsubsystem...................................................... 54 Produktionsanforderungen und reziproke Einflüsse auf Systeme ............................ 59 4.3.1 Wechselwirkung der Ängste auf lebendes System......................................... 59 4.3.2 Wechselwirkung der Ängste auf synreferentielles Teamsystem .................... 61 4.3.3 Wechselwirkung der Ängste auf Medienorganisation mit synreferentiellem Managementsubsystem...................................................... 62 Personalanforderungen und reziproke Einflüsse auf Systeme .................................. 64 4.4.1 Wechselwirkung der Ängste auf lebendes System......................................... 65 4.4.2 Wechselwirkung der Ängste auf synreferentielles Teamsystem .................... 72 4.4.3 Wechselwirkung der Ängste auf Medienorganisation mit synreferentiellem Managementsubsystem...................................................... 76 Systemtheoretische Wirkfaktoren auf Systemleistung.............................................. 78 4.5.1 Wirkung angstbesetzter Stimmungslagen auf Arbeitsprozesse ...................... 78 4.5.2 Grad der Selbstreflexion in angstbesetzten Stimmungslagen zur Systemstabilisierung ....................................................................................... 82 4.5.3 Grad der Leistungsbeschränkung der durch Ängste verursachten Abwehrreaktionen........................................................................................... 84 4.5.4 Kompetenzen und Strategien der Emotionsregulierung und Konfliktlösung ................................................................................................ 86

Ergebnis ........................................................................................................................... 90 5.1 Zusammenfassung..................................................................................................... 90 5.2 Limitationen .............................................................................................................. 96 5.3 Implikationen ............................................................................................................ 96 5.3.1 Implikationen für die Theorie......................................................................... 96 5.3.2 Implikationen für die Praxis ........................................................................... 98 5.4 Ausblick .................................................................................................................... 99

Literaturverzeichnis............................................................................................................. 101

XI

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Reziproke Wirkdynamik auf Teamleistung...................................................... 39

1

1

Einleitung

Schlagwörter wie Wandel, Veränderung, Innovation, Wettbewerbsfähigkeit, Dynamik, Flexibilität und Unsicherheit prägen die Arbeitssituationen im Alltag vieler Unternehmen. Die Globalisierung gibt den Takt vor, die Unternehmen reagieren mit Anpassung ihrer internen Strukturen. Zahlreiche Unternehmen sind auf unsicheren und zum Teil gesättigten Märkten tätig. Fusionen, Kooperationen, Allianzen – die Netzwerkbildung verspricht Synergievorteile bei knappen Ressourcen. Der Preis für die Anpassungsbemühungen sind immer komplexer werdende Beziehungsverflechtungen der vormals in Konkurrenz zueinander agierenden Unternehmen. Die engen Vernetzungen der Kooperationspartner sind mit einer Reihe von Verunsicherungen verbunden und wirken sich auf alle Unternehmensbereiche aus. Die aus den Umstrukturierungen hervorgehenden dezentralen, zum großen Teil selbstständig handelnden Einheiten stellen die Unternehmen vor neue Kontroll- und Steuerungsprobleme. 1.1

Problemstellung

Medienunternehmen arbeiten traditionell in kooperativen Netzwerkstrukturen. In vielen Bereichen der Medienbranche (z. B. audiovisuelle Medienproduktion) sind bereits heute Organisationsstrukturen zu finden, die in anderen Branchen als Grundvoraussetzung für „moderne Dienstleistungsarbeit“ in einer globalisierten Welt gelten. Flexible Arbeitszeiten, atypische Beschäftigungsverhältnisse, Bindung der individuellen materiellen Existenz an den Erfolg des Unternehmens, Abbau betrieblicher Sozialleistungen, geringer Einfluss kollektiver Interessenvertretungen – all dies sind bereits real existierende Arbeits- und Leistungsbedingungen innerhalb von Medienunternehmen.1 Postmoderne Werte, wie Selbstbestimmung, Selbstverwirklichung, Verbindung von Arbeit mit dem privaten Leben, treten in Konkurrenz zu den materiell orientierten Werten der Unternehmungen. In den freien Künstlerberufen sind die postmodernen Werte seit jeher als individuelles Lebensmodell in die Arbeit integriert. Anders jedoch als in den freien Künstlerberufen erweisen sich die Lebens- und Arbeitsbedingungen zahlreicher Beschäftigter in der Medienbranche alles andere als selbstbestimmt und unabhängig. Zwänge, Unfreiheit, Fremdbestimmung, hohe Belastungen und Unsicherheiten prägen den Arbeitsalltag fester Freier2, freier Freier3 und zunehmend auch fest angestellter Mitarbei1

vgl. Marrs, Kira, Zwischen Leidenschaft und Lohnarbeit, Berlin (Sigma) 2007, 11-15. Oberst-Hundt, Christina 2001, 73: „Feste Freie oder ‘arbeitnehmerähnliche Personen’ sind zwar Selbstständige, zugleich jedoch von einem Arbeitgeber abhängig, weil sie weitgehend nur für diesen arbeiten und auch ihr Gehalt von ihm beziehen. Sie werden rechtlich wie Selbstständige behandelt, allerdings mit verschiedenen Ausnahmen. U. a. dürfen für sie auch Tarifverträge abgeschlossen werden.“ 3 Oberst-Hundt, Christina 2001, 73: „Freie Freie sind Freischaffende, die ihr Einkommen von verschiedenen Auftraggebern beziehen.“ 2

S. Sorge, Angst und Leistung in Teams der Medienwirtschaft, DOI 10.1007/978-3-8349-3890-9_1, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012

2 ter. Das Medienprodukt als stark von einer öffentlichen Meinung abhängige und zugleich meinungsbeeinflussende Dienstleistung wirkt im Spannungsfeld zwischen der postmodernen Wertorientierung (Unterhaltungsgut) und der materiellen Wertorientierung (Werbegut). Medienunternehmen mussten daher bereits frühzeitig flexible und dynamische Reaktionskapazitäten4 entwickeln. Allein auf diese Weise konnten sie die Bedürfnisse der Konsumenten erkennen und daraufhin ihre Organisationsstrukturen anpassen. Hinzu kommt die Besonderheit, dass ein Medienprodukt kreativen, künstlerischen Verbunddienstleistungen, dem Engagement sowie der Begeisterung aller Mitarbeiter entstammt. Dementsprechend mussten Steuerungsund Kontrollmechanismen entwickelt werden, um die dezentral selbstständig arbeitenden Einheiten miteinander erfolgreich integrieren zu können. Das in anderen Branchen geforderte „neue“ gesellschaftliche Leitbild eines selbstständigen Arbeitnehmers ist an hohe arbeitsmarktpolitische und wirtschaftliche Hoffnungen gebunden. Inwieweit der Wertewandel mit neoliberalen Vorstellungen der Flexibilisierung von Arbeitsbedingungen zu verknüpfen ist, bemisst sich am Erfolg, heterogene Strukturen (z. B. Individuen, Unternehmen, Teams) in dezentrale Unternehmenseinheiten einpassen zu können.5 Die Integration heterogener Strukturen gelingt vielfach nicht. Die daraus resultierenden Unsicherheiten erzeugen im Medienunternehmen Stress. Dieser Stress wird von Ängsten begleitet und wirkt sich negativ auf die Leistungsfähigkeit eines Teams aus. Neben der Jobunsicherheit sind unterschiedliche kooperative Beziehungsstrukturen zu organisieren. Dies bedingt weitere soziale Stressoren, die wiederum Ängste hervorrufen können. Ängste wirken in jedem Individuum unterschiedlich. Bei besonders anfälligen Personen wirken sie destabilisierend und leistungshemmend. Die Rolle von Emotionen als Leistungsdeterminanten innerhalb kooperativ agierender Teams fand bisher in der medienwirtschaftlichen Fachliteratur wenig Beachtung. An der Herstellung eines Medienproduktes wirkt der Mensch als emotionales Wesen entscheidend mit. Die enge Verflechtung von Fühlen, Denken und Verhalten in situativen Kontexten birgt hohes motivationales Potenzial für leistungsfördernde Beziehungs- und Kontextsteuerung. Bisher findet das positive Potenzial der Angstemotion durch unreflexives rationales Planen zu wenig Berücksichtigung. Die Tendenzen in Medienunternehmen verweisen auf eine kurzfristige, eher negative Verwendung der Ängste zur Instrumentalisierung innerhalb der Arbeitsbeziehungen.

4 5

vgl. Kaluzza, Gert 1996, 27: Unter „Reaktionskapazität“ wird die Anpassung an die Umwelt verstanden. vgl. Marrs, Kira, Zwischen Leidenschaft und Lohnarbeit, Berlin (Sigma) 2007, 25.

3 1.2

Zielsetzung

Das Ziel dieser Arbeit besteht in der Deskription des Zusammenhangs zwischen Angst und Leistung in Teams der Medienwirtschaft. Zu diesem Zweck werden die Rolle der Angstemotion als Leistungsdeterminante und deren Auswirkung auf die Regulations- und Organisationsfähigkeiten innerhalb eines Teams und seiner Komponenten untersucht. Durch eine systemtheoretische Analyse des Zusammenhangs von Angst und Leistung können die Wechselbeziehungen zwischen soziopsychischen Systemen beschrieben werden. Die Angstemotion kann durch kollektive affektive Ansteckungsmechanismen auf andere Systeme übergreifen. Die Kenntnis dieser Mechanismen ermöglicht die Entwicklung neuer Führungsinstrumente, die in komplexen dezentralen Einheiten das Steuerungs- und Kontrollproblem lösen könnten. Diese Abhandlung erläutert anhand ausgewählter systemischer Wirkfaktoren, wie Ängste innerhalb und zwischen unterschiedlichen Systemarten wirken und wo das Steuerungs- und Kontrollpotenzial für ein beziehungsorientiertes Personalmanagement liegen könnte. Bisher wurden die Interaktionsbeziehungen zwischen Individuen und anderen Unternehmenseinheiten durch psychologische Modelle erklärt. Die Bewertung von Teamleistung erfolgte über Prozess- und Motivationstheorien.6 Das Individuum als selbstorganisierendes System wurde auf seine Fähigkeiten und Fertigkeiten beschränkt. Die Rolle von Emotionen als Leistungsdeterminante eines arbeitenden Individuums im Team wurde bisher lediglich am Rande betrachtet.7 Arbeitssoziologische Studien zu den Arbeitsbedingungen innerhalb der Medienwirtschaft verweisen auf den Zusammenhang zwischen Sicherheit, Angst und Leistung.8 Dieser Zusammenhang kann mit der systemtheoretischen Analyse sowie den neueren Erkenntnissen aus der neurobiologischen Grundlagenforschung besser dargestellt werden.

6 vgl. Reiss, Steven/Havercamp Susan M., Toward a comprehensive assessment of fundamental motivation. Factor Structure of the Reiss Profiles, in: Psychological Assessment 10 (1998), 103-106; vgl. Kuvaas, Bard, Performance appraisal satisfaction and employee outcomes. Mediating and moderating roles of work motivation, in: The International Journal of Human Resource Management 42 (2006), 505-506. 7 vgl. Borchert, Margret, Leistungsdeterminanten, in: Wirtschafts-Lexikon. Das Wissen der Betriebswirtschaftslehre, Stuttgart (Schäffer-Poeschel) 2006, 3475. 8 vgl. Marrs, Kira, Zwischen Leidenschaft und Lohnarbeit. Ein arbeitssoziologischer Blick hinter die Kulissen von Film und Fernsehen, Berlin (Sigma) 2007, 76; vgl. Castel, Robert, Der Zerfall der Lohnarbeitsgesellschaft, in: Bourdieu, Pierre (Hrsg.), Lohn der Angst. Flexibilisierung und Kriminalisierung in der »neuen Arbeitsgesellschaft«, Konstanz (UVK) 2007, 17; vgl. Simpson, Roger A./Boggs, James G., An exploratory study of traumatic stress among newspaper journalists, in: Journalism & Communications Monographs 1 (1999), 19.

4

2 2.1

Theoretische Grundlagen Angst

Die Angstemotion9 zählt zu den am meisten untersuchten und damit auch evolutionär, neurobiologisch und emotionspsychologisch abgesichertsten Emotionen10 innerhalb der klassischen Schulen der Psychologie. Zu den klassischen Schulen der Psychologie gehören: die Psychoanalyse (z. B. Freud), der Behaviorismus (z. B. Mowrer) und die kognitive Psychologie (z. B. Lazarus). Die Psychoanalyse beschäftigt sich mit verdrängten Emotionen und versucht, durch tiefenpsychologische Studien die unbewussten Prozesse zu erfassen, welche pathologische Zustände auslösen. Der Behaviorismus orientierte sich ausschließlich an objektiv beobachtbarem und messbarem äußeren Verhalten. Seit den 1960er-Jahren stieg innerhalb der Psychologie das Interesse für affektiv-kognitive Wechselwirkungen. Durch die großen Fortschritte in der neurobiologischen Grundlagenforschung konnte verstärkt auf die Zusammenhänge von Wahrnehmung, Denken und Verhalten verwiesen werden. Dies führte in den 1970er-Jahren zu einer Abkehr von behavioristischen Erklärungsmodellen. Die kognitive Psychologie befasst sich seit den 1960er-Jahren verstärkt mit Angst und Ängstlichkeit.11 In dieser Arbeit wird der Zusammenhang von Angst und Leistung betont. Da subjektive Bewertungsmuster die körperlichen und kognitiven Leistungsfähigkeiten beeinflussen, wird auf die kognitive Psychologie Bezug genommen.12 Da die grundlegenden Erkenntnisse über Angstemotion und Kognition dem 20. Jahrhundert entstammen, wird vermehrt auf diese Literatur bezug genommen. Weiterhin werden neuere Erkenntnisse aus dem 21. Jahrhundert hinzugezogen, um den Zusammenhang von Angst und Leistung möglichst genau beschreiben zu können. Schwarzer untersuchte die Wirkung von Kognition13 auf Emotion in Belastungssituationen und welche Regulationsprozesse angewendet wurden.14 In Anlehnung an Lazarus vertritt er

9

vgl. Ciompi, Luc 2005, 81: Als weitere Grundemotionen neben der Angst, werden Interesse, Wut, Trauer und Freude genannt. 10 Ciompi, Luc 2005, 69: Affekt und Emotion werden in dieser Arbeit synonym verwendet. Als ein Affekt beschreibt Luc Ciompi eine „[...] umfassende psycho-physische Gestimmtheit(en) oder Befindlichkeit(en) von wechselnder Bewusstseinsnähe [...]“. 11 vgl. Roth, Gerhard, Fühlen, Denken, Handeln. Wie das Gehirn unser Verhalten steuert, Frankfurt am Main (Suhrkamp) 2001, 10-11; vgl. Payne, Roy, Individual differences in the study of occupational stress, in: Cooper, Cary L./Payne, Roy (Hrsg.), Causes, coping and consequences of stress at work, Chichester etc. (John Wiley & Sons) 1988, 227. 12 vgl. Stöber, Joachim/Schwarzer, Ralf, Angst, in: Otto, Jürge H./Euler, Harald A./Mandl, Heinz (Hrsg.), Emotionspsychologie. Ein Handbuch, Weinheim (Beltz) 2000, 193. 13 Ciompi Luc 2005, 72: „Unter Kognition ist das Erfassen und weitere neuronale Verarbeiten von sensorischen Unterschieden und Gemeinsamkeiten [...] zu verstehen.“

S. Sorge, Angst und Leistung in Teams der Medienwirtschaft, DOI 10.1007/978-3-8349-3890-9_2, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012

5 einen transaktionalen Ansatz. Nach der von Lazarus entwickelten kognitiv-transaktionalen Theorie von Stress und Emotion findet zwischen einer Person und ihrer Umwelt ein zweifacher kognitiver Informationsverarbeitungsprozess statt. Die Ereigniseinschätzung („primary appraisal“) wird gleichzeitig von einer Ressourceneinschätzung („secondary appraisal“) begleitet. Die Angstemotion folgt auf eine situative Bedrohungsbewertung und wird als Belastung wahrgenommen. Sie beinhaltet die Information, dass die eigenen Ressourcen (Fähigkeiten und Fertigkeiten) in einer bestimmten Situation gegenüber der Umwelt als zu gering eingeschätzt werden.15 Die Person gerät in einen Stresszustand. Befindet sich eine Person in einem Stresszustand16, wurden bereits die über die sensomotorischen Sinnesorgane einlaufende Informationen bewertet („appraisal“) und Bewältigungsprozesse („coping“) eingeleitet. Eine Situation kann als bedrohlich, herausfordernd oder schädigend bewertet werden. Schwarzer und Lazarus befassen sich vorwiegend mit den energetischen, leistungsbeeinflussenden Wechselwirkungen von Kognition und Emotion. Die Angstemotion sei demnach das Ergebnis kognitiver Bewertungsprozesse innerhalb einer Stressepisode. Dieser Ansatz einer Emotionstheorie erklärt, durch welche Ursachen eine Angsterregung hervorgerufen und auf welche Weise die Angstreaktion verarbeitet wird.17 Auf die physischen Grundlagen der autonom ablaufenden zentralnervösen Prozesse wird nicht explizit eingegangen.18 Ciompi vertritt eine umfassendere Betrachtungsweise. Er postuliert einen ganzheitlichen Zusammenhang von Affekten, Denken und körperlichen Reaktionen. Er begann 1982 mit der Entwicklung eines Modells der fraktalen Affektlogik.19 In diesem Modell bündelte er biologische, neurologische Forschungsergebnisse mit theoretischen Erkenntnissen aus der genetischen Epistemologie (Piaget), Konstruktivismus20, philosophische Anthropologie (Bollnow),

14 vgl. Stöber, Joachim/Schwarzer, Ralf, Angst, in: Otto, Jürge H./Euler, Harald A./Mandl, Heinz (Hrsg.), Emotionspsychologie. Ein Handbuch, Weinheim (Beltz) 2000, 191-192. 15 vgl. Schwarzer, Ralf, Streß, Angst und Hilflosigkeit. Die Bedeutung von Kognitionen und Emotionen bei der Regulation von Belastungssituationen, Stuttgart etc. (Kohlhammer) 1981, 9-11; vgl. Lazarus, Richard S., Emotion and adaptation, New York etc. (Oxford University Press) 1991, 87-88. 16 vgl. Schwarzer, Ralf 1981, 9: Unter „Stress“ versteht Ralf Schwarzer „[...] die prozeßhafte(sic!) wechselseitige Person-Umwelt-Auseinandersetzung [...]“. 17 vgl. Schwarzer, Ralf, Streß, Angst und Hilflosigkeit. Die Bedeutung von Kognitionen und Emotionen bei der Regulation von Belastungssituationen, Stuttgart etc. (Kohlhammer) 1981, 81. 18 vgl. ebd., 82. 19 vgl. Ciompi Luc 2005, 163: Ciompi bezeichnet mit „fraktaler Affektlogik“ ein chaostheoretisch-affektlogisches Modell der Psyche. In diesem seien selbstähnliche Strukturen und Dynamik über mehrere hierarchische Systemebenen nachweisbar. 20 vgl. Maturan, Humberto R./Varela, Francisco J. 1980, 19: Der biologische Konstruktivismus nach Maturana und Varela verweist auf den Umstand, dass das Denken die Wirklichkeit schafft.

6 Chaostheorie21, Kybernetik und Systemtheorie. Die fraktale Affektlogik besagt, dass „Fühl-, Denk- und Verhaltensprogramme“ die Bausteine der Psyche und mit psychischen Leistungsprozessen eng verbunden seien.22 Ängste seien in einem affektspezifischen Funktionssystem gebunden, welches über bestimmte neuronale Verbindungen chemische Prozesse beeinflusst und damit Körperfunktionen, Wahrnehmungsverhalten, Denken und Verhalten koordiniert und integriert.23 Das Modell der fraktalen Affektlogik erklärt neben den energetischen Wirkungen auch die operativen und integrativen Wirkungen von Emotionen auf die Kognitionsund Verhaltensprozesse.24 Ciompi versucht, mithilfe der neurobiologischen Grundlagenforschung auch die physischen Grundlagen von Emotionen zu erklären. 2.1.1

Angstdefinition

Schwarzer definiert Angst als einen unangenehmen Gefühlszustand.25 Der Angstzustand kann im Labor und im Alltag beobachtet und beschrieben werden. Die subjektiven Bewertungsprozesse können über einen Fragebogen erfasst werden. Weiterhin kann der Angstzustand physiologisch durch das Verhalten oder die Mimik beobachtet und durch technische Geräte gemessen werden (z. B. EKG, Hautwiderstand, EEG, Blutdruck, Blutprobe).26 Die Angsterregung wird im Rahmen eines selektiven Bewertungsprozesses ausgelöst. Die wahrgenommene Bedrohung kann auf den Körper („harm-anxiety“) oder auf das Selbstkonzept („shameanxiety“) bezogen sein. Der ängstliche Bedrohungszustand ist situationsgebunden und wird subjektiv bewertet. Schwarzer bezeichnet die subjektiv-kognitiv konstruierte Situation als

„Situationsmodell“. Die Selbstwahrnehmung ist ebenfalls subjektiv konstruiert und wird von Schwarzer als „Selbstmodell“ deklariert. Wird eine Situation wiederholt als nicht zu bewältigend erlebt, führt dies zu einem negativ abgespeicherten Selbstkonzept mit spezifisch ängstlichen Begleitemotionen. Das Ungleichgewicht zwischen dem wahrgenommenen „Situationsmodell“ und dem „Selbstmodell“ löst den Stresszustand aus. Dieser wird von Angstzuständen begleitet. Das abgespeicherte Selbstkonzept wird in bestimmten Situationen automatisch abgerufen oder kann latent (z. B. Berufsangst) vorhanden sein. Angstzustände aktivieren oder hemmen die psychischen und physischen Energien. 21

vgl. Ciompi Luc 2005, 131: Die Chaostheorie untersucht unkontrollierbare selbstorganisierende Vorgänge und plötzliche Entwicklungssprünge in dynamischen Systemen (z. B. Psyche oder Wetter). 22 vgl. Ciompi, Luc, Die emotionalen Grundlagen des Denkens. Entwurf einer fraktalen Affektlogik, Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) 3. Aufl. 2005, 46. 23 vgl. ebd., 57. 24 vgl. ebd., 52. 25 vgl. Schwarzer, Ralf, Streß, Angst und Hilflosigkeit. Die Bedeutung von Kognitionen und Emotionen bei der Regulation von Belastungssituationen, Stuttgart etc. (Kohlhammer) 1981, 80. 26 vgl. Roth, Gerhard, Fühlen, Denken, Handeln. Wie das Gehirn unser Verhalten steuert, Frankfurt am Main (Suhrkamp) 2001, 258-259.

7 Die „Zustandsangst“ beschreibt eine akute Reaktionsweise, die durch situative Reize ausgelöst wird. Schwarzer differenziert zwischen „hochängstlichen“ Personen und „niedrigängstlichen“ Personen. Der Angstzustand wird von Aufgeregtheit und Besorgnis begleitet.27 „Hochängstliche“ verarbeiten sensomotorische Informationen verstärkt selbst gerichtet und bewerten ihre Angsterregung als Schwäche ihres „Selbstmodells“.28 Die „Ängstlichkeit“ bezeichnet die Summe aller überdauernden kognitiven Bewertungen von Aufgeregtheits- und Besorgniserregungen innerhalb eines Lebens.29 Die Ausprägung von Ängstlichkeit hängt von der persönlichen Lebensgeschichte (z. B. gesammelte Erfahrungen) eines Menschen ab. Schwarzer nimmt Bezug auf die von Bandura entwickelte sozialkognitive Lerntheorie. Demnach lernt ein Organismus das Verhalten, welches in einer bestimmten Situation als angenehm oder unangenehm erlebt wurde. Daraus leitet ein Organismus negative oder positive Erwartungshaltungen ab.30 Ein schwach entwickelter Selbstwert fördert „Ängstlichkeit“ und äußert sich in einem ausgeprägten Angstzustand. Um den negativen Gefühlszustand und die Selbstwertbedrohung zu vermeiden, entwickelt ein Individuum unterschiedliche Angstabwehrmechanismen.31 Während sich Schwarzer und Lazarus mit der Frage des energetischen Einflusses der Affekte auf Motivation und Leistung beschäftigten, geht Ciompi noch einen Schritt weiter und untersuchte ebenfalls die integrierenden und organisatorischen Effekte von Emotionen.32 Die Angstemotion schildert Ciompi gemäß ihrer operativen Wirkung als einen Schutzmechanismus vor gefahrvollen Situationen. Sie motiviere das Handeln und Denken. Des Weiteren weise sie die menschliche Psyche auf ihre Grenzen hin und fungiere demzufolge als ein überlebenswichtiger Abschreckmechanismus.33 Die Angst setze hemmende, verlangsamende oder beschleunigende Energien frei. Weiterhin bestimme sie die Aufmerksamkeitszentriertheit der Wahrnehmung. Ciompi bezeichnet dies als „Verengung“ bzw. „Vertiefung“ des Aufmerksamkeitsfokusses. Daher hätten Affekte Einfluss auf unsere Wahrnehmung. Informationen würden mit zustandsabhängigen Emotionen im Gedächtnis abgespeichert und erinnert. Dem27 Schwarzer Ralf 1981, 82: „Die Empfindung und Interpretation von autonomer Erregung soll als »Aufgeregtheit« und die Wahrnehmung von selbstbezogenen Gedanken als »Besorgtheit« bezeichnet werden.“ 28 vgl. Schwarzer, Ralf, Streß, Angst und Hilflosigkeit. Die Bedeutung von Kognitionen und Emotionen bei der Regulation von Belastungssituationen, Stuttgart etc. (Kohlhammer) 1981, 84. 29 vgl. ebd. 30 vgl. Bandura, Albert, Social learning theory, Englewood Cliffs etc. (Prentice-Hall) 1977, 60-63. 31 vgl. Schwarzer, Ralf, Streß, Angst und Hilflosigkeit. Die Bedeutung von Kognitionen und Emotionen bei der Regulation von Belastungssituationen, Stuttgart etc. (Kohlhammer) 1981, 80-85; vgl. Lazarus, Richard S., Emotion and adaptation, New York etc. (Oxford University Press) 1991, 337-339. 32 vgl. Ciompi, Luc, Die emotionalen Grundlagen des Denkens. Entwurf einer fraktalen Affektlogik, Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) 3. Aufl. 2005, 51. 33 vgl. ebd., 100.

8 zufolge hätten Emotionen gleichermaßen eine integrierende und ordnende Funktion, da sie bestimmte Gedächtnisspeicher öffnen und schließen. Somit schaffen Emotionen verlässliche und haltbare Strukturen im Sinne kontextgebundener funktionaler Einheiten. Diese Einheiten bezeichnet Ciompi als „Fühl-, Denk- und Verhaltensprogramme“, die kontinuierlich ablaufen würden. Weiterhin organisieren Emotionen die Hierarchie unserer Denkinhalte. Ängste, die mit einer bestimmten Person verbunden seien, würden spezifische Verhaltensweisen in einer bestimmten Rangfolge aktivieren (z. B. Chef löst bei seinen Mitarbeitern Angst vor Strafe aus, der Mitarbeiter benutzt den Abwehrmechanismus der Kommunikationsreduktion mit dem Chef). Allgemein würden Affekte zur Reduktion der inneren und äußeren Komplexität beitragen. Durch die Affektfilterung während des Kognitionsprozesses kann die Wahrnehmung sinnvoll beschränkt werden. Angstgefühle hätten neben diesen Funktionen auch ein dysfunktionales Verhaltens- und Kognitionspotenzial.34 Die im Laufe eines Lebens gesammelten Angsterfahrungen entwickeln sich zu einer spezifischen Angstlogik. Ein situativer Auslöser kann die Angstemotion hervorrufen. Die Angst wirkt im Sinne eines Attraktors35, der alle spezifischen „Fühl-, Denk- und Verhaltensprogramme“ in seinen Bann zieht.36 Als Angstauslöser kann eine innere oder äußere Situation wirken. Als maßgebend erweist sich die individuelle Bewertung der Situation, welche verstärkend oder hemmend wirken kann. Für Ciompi geht es nicht um die Klärung, ob das Denken die Emotion oder die Emotion das Denken beeinflusst. Für ihn werden sämtliche vom Gehirn wahrgenommenen Reize mit emotionalen Bewertungen versehen. Er versteht den „psychischen Apparat“ als ein „[...] komplex hierarchisiertes Gefüge von Fühl-, Denk- und Verhaltensprogrammen [...]“.37 Die „Fühl-, Denk und Verhaltensprogramme“ bilden sich selbstorganisierend durch angeborene Grundlagen (z. B. neuronale Strukturen im Gehirn). Im Laufe eines Lebens werden über wiederholte Erfahrungen diese Programme gefestigt, verändert und neu konstruiert.38 Die sensorischen Reize werden über die neuronalen Verzweigungen im Gehirn weitergeleitet. Je häufiger bestimmte Verbindungen im Gehirn aktiviert werden, desto gefestigter sind die Verarbeitungsprogramme eines Individuums. Die Reaktion auf sensorische Reize kann sowohl bewusst oder vollautomatisch ablaufen. Es bedarf dabei nicht immer einer bewussten Kognitionsverarbei-

34

vgl. ebd., 95-100. vgl. ebd., 140: Als Attraktor werden Bereiche bezeichnet, in denen bestimmte Zustände und Phasen ablaufen und die Systemdynamik bilden. 36 vgl. ebd., 153. 37 vgl. ebd., 47: Luc Ciompi benennt mit „Fühl-, Denk- und Verhaltensprogrammen“ die affektiv-kognitiven Bezugssysteme. Diese sind durch Erfahrungen entstanden und werden von geeigneten Auslösern in einem ähnlichen Kontext mobilisiert und aktualisiert. 38 vgl. ebd., 52; vgl. Storch, Maja, Die Bedeutung neurowissenschaftlicher Forschungsansätze für die psychotherapeutische Praxis, in: Psychotherapie 7 (2002), 283. 35

9 tung. Die direkte Reaktionsverarbeitung (z. B. Reflex bei plötzlicher Bedrohung) verläuft über subkortikale Bahnen zu den Mandelkernen39 oder indirekt über die Großhirnrinde (z. B. bewusst kognitive Kontrolle und Verarbeitung der Angstemotion). Das Gedächtnis besteht nach Ciompi aus einem Netzwerk neuronaler Verbindungen, die zum motorischen Regelzentrum (Rindenregion), zum Hormonregelzentrum, zum emotionsgenerierenden bzw. regulierenden Bereichen (Mandelkern) sowie zum vegetativen System führen. Aus diesem neuronalen Netzwerk bestehen die „funktional integrierten neuronalen Assoziationssysteme“, in denen affektive, hormonale und vegetative Komponenten vernetzt sind und bei der Entstehung von Reflexen mitwirken. Bestimmte Verhaltensweisen (z. B. Leistungsangst) können durch Erfahrungen in der Prägephase der Selbst- und Objektpräsentation erlernt werden und später im Erwachsenenalter unbewusst ablaufende Unlustgefühle erzeugen. Das Gehirn ist in der Lage, seine neuronale Plastizität40 ein Leben lang zu verändern. Der Mensch kann bis ins hohe Alter seine neuronalen Strukturen durch Lernen und Verlernen verändern.41 Eine Emotion definiert Ciompi als „[...] eine von inneren oder äußeren Reizen ausgelöste, ganzheitliche psycho-physische Gestimmtheit von unterschiedlicher Qualität, Dauer und Bewußtseinsnähe(sic!.)“42. Da entsprechend der Affektlogik mit jeder Emotion unterschiedliche körperliche Funktionen verbunden sind (z. B. Anspannung bestimmter Muskelgruppen), kann sich ein Mensch nur in einer emotionalen Gestimmtheit befinden. So ist zu erklären, dass in einer bestimmten Situation ähnliche Kognitionsprozesse ablaufen (z. B. Erinnerung an eine vergangene Angst auslösende Situation).43 2.1.2

Angstformen

Nach Schwarzer und Ciompi ist die Art und Stärke der Angstemotionen an die persönliche Biografie eines Menschen gebunden. Zur genaueren Untersuchung der Angstemotion schlug Schwarzer eine Einteilung der Angst in körperliche Bedrohung und Selbstwertbedrohung vor.

39 Ciompi, Luc 2005, 57: Die Mandelkerne werden als Schaltzentrum (z. B. des „Furcht-Angst-Systems“) bezeichnet. Von ihm aus verlaufen „[...] beteiligte Assoziationsbahnen zu den vegetativen, hormonalen und sensomotorischen Schaltzentren [...]“. 40 Mit „neuronale Plastizität“ ist die ständige Neubildung neuronaler Verbindungen und Vernetzungen gemeint. 41 vgl. Storch, Maja, Die Bedeutung neurowissenschaftlicher Forschungsansätze für die psychotherapeutische Praxis, in: Psychotherapie 7 (2002), 282; vgl. Roth, Gerhard, Fühlen, Denken, Handeln. Wie das Gehirn unser Verhalten steuert, Frankfurt am Main (Suhrkamp) 2001, 150. 42 Ciompi, Luc, Die emotionalen Grundlagen des Denkens. Entwurf einer fraktalen Affektlogik, Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) 3. Aufl. 2005, 67 (Hervorhebung im Original). 43 vgl. ebd., 60.

10 Aus der Selbstwertbedrohung können die Existenz-, Sozial- und Leistungsängste abgeleitet werden.44 Die soziale Angst bezeichnet eine negative Bewertung der bevorstehenden interpersonellen Beziehung. Sie geht mit verschiedenen Unlustgefühlen (z. B. Verlegenheit, Scham, Publikumsangst und Schüchternheit) einher. Aus der Erwartung, im Mittelpunkt zu stehen und den Anforderungen der Außenwelt nicht gewachsen zu sein, resultiert Sozialstress. Ein zu gering ausgebildetes Selbstwertgefühl führt zur übersensiblen Wahrnehmung und Infragestellung der eigenen Person. Der Sozialstress wird von Ängsten begleitet.45 Die Existenzangst teilt Schwarzer in folgende Unterkategorien ein: die Angst vor Krankheit, die Angst vor Arbeitsplatzverlust, die Angst vor Unfällen und die Angst vor Tieren. Während bei der Existenzangst die physische Bedrohung hervorgehoben wird, rückt bei der Leistungs- und der Sozialangst die Bedrohung des Selbstwertes in das Bewertungszentrum. Die Leistungsangst bezieht sich auf die Erwartung eines Misserfolges und die darauf folgenden Sanktionen. Die Leistungsangst lässt sich in die Unterkategorien der Bewertungsangst, Prüfungsangst und der Berufsangst aufteilen.46 Ciompi schlägt aufgrund der Kontinuität zwischen angespannten oder entspannten Grundempfindlichkeiten sowie deren Ablaufmechanismen mit den dazugehörigen hormonellen und verhaltensgemäßen Regulationen zwei Grundempfindlichkeiten vor. Diese seien auch bei Tieren und Menschen nachweisbar: auf der einen Seite die sympathicotonen (angespannten) und auf der anderen Seite die parasympathicotonen (entspannten) Gestimmtheiten.47 Die Angsterregung zählt zu den sympathicotonen, Energie verzehrenden Erregungen. Vester weist auf den Energie verzehrenden Charakter eines Stresszustandes hin. Er unterscheidet den anregenden Stress („Eustress“) mit abklingender Angsterregung vom zerstörerischen Stress („Disstress“) als permanenten Alarmzustand des Körpers begleitet von einer ständigen Angsterregung. Bei einer permanenten Anspannung würde der Körper in einen Ungleichgewichtszustand geraten.48

44 vgl. Schwarzer, Ralf, Streß, Angst und Hilflosigkeit. Die Bedeutung von Kognitionen und Emotionen bei der Regulation von Belastungssituationen, Stuttgart etc. (Kohlhammer) 1981, 92. 45 vgl. ebd., 126-142. 46 vgl. ebd., 92. 47 vgl. Ciompi, Luc, Die emotionalen Grundlagen des Denkens. Entwurf einer fraktalen Affektlogik, Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) 3. Aufl. 2005, 67. 48 vgl. Vester, Frederic, Phänomen Streß. Wo liegt sein Ursprung, warum ist er lebenswichtig, wodurch ist er entartet? Stuttgart (dtv) 6. Aufl. 1984, 15.

11 Ciompi teilt die Energie verzehrenden Angsterregungen in normalpsychologisch-reaktive Ängste, neurotische Ängste und psychotische Ängste ein. Zu den normalpsychologischreaktiven Ängsten zählt er die situative Existenzangst und Angst vor sozialer Ausgrenzung. Der Ursprung neurotischer Ängste wird in der frühen Kindheit (z. B. Angst vor Strafe, Angst vor Gefühlsregungen) verortet. Die psychotische Angst (z. B. wahnhafte Angst bzw. schizoide Angst) wird durch ein Trauma ausgelöst. In allen drei genannten Angstausprägungen laufen die zur Gestimmtheit passenden „Fühl-, Denk und Verhaltensprogramme“ ab. Bei der psychotischen Angst haben sich diese „Fühl-, Denk- und Verhaltensprogramme“ so stark ausgeprägt, dass die betreffende Person die Außenwelt als eigentümlich erlebt. Das Individuum zieht sich immer mehr in eine von Angst beherrschte Eigenwelt zurück.49 2.1.3

Angstfolgen

Nach Ciompi besitzt jede Emotion ihre spezifische Affektlogik. Die Angstemotion wirkt auf das Denken und Empfinden. Auf motorischer Ebene wirkt die Angst auf das Handeln und auf physiologischer Ebene auf die körperlichen Vorgänge (z. B. Ausschüttung von Hormonen).50 Die Stressreaktion eines Menschen ist ein seit Millionen von Jahren gespeicherter reflexartiger Funktionsprozess. Dessen Zweck besteht in der Sicherung des körperlichen Überlebens. Innerhalb einer Stressreaktion wird ein sensormotorischer Reiz wahrgenommen und im Zwischenhirn verarbeitet. Ein Angstimpuls wird ausgelöst, wenn eine Situation als Bedrohung bewertet wird. Dieser führt zur Erregung des Sympathikusnervs und aktiviert die Nebenniere, welche die Hormone Adrenalin und Noradrenalin in den Kreislauf ausschüttet. Die körpereigenen Reflexe werden daraufhin ausgeführt (z. B. beschleunigter Herzschlag, erhöhter Blutdruck). Die Energiereserven des Körpers werden aufgebraucht (Zucker, Fett, Muskelmasse). Der Körper befindet sich in einem Alarmzustand, um einer vermeintlichen Bedrohung auszuweichen (Flucht) oder entgegenzutreten (Angriff). Über die Hirnanhangdrüse (Hypophyse) wird der Botenstoff Hydrocortison aus der Nebenniere abgerufen. Daraufhin werden der Verdauungsprozess, die Sexualfunktion und die Immunabwehr auf ein Minimum zurückgefahren. Es werden vermehrt rote Blutkörperchen in den Blutkreislauf abgegeben. Dies ermöglicht eine bessere Sauerstoffzufuhr und im Falle einer Verletzung eine bessere Wundschließung. Die

49

vgl. Ciompi, Luc, Die emotionalen Grundlagen des Denkens. Entwurf einer fraktalen Affektlogik, Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) 3. Aufl. 2005, 180-182. vgl. ebd., 165.

50

12 Blutgerinnung wird erhöht. Ist die Abreaktion (Flucht, Angriff) der Angsterregung erfolgt, kehrt der Körper in seinen Normalzustand zurück.51 Wird die Stressreaktion nicht abreagiert, bleibt der Körper in einem Alarmzustand. Es werden weiterhin Hormone ausgeschüttet und wichtige Stoffwechselprozesse nicht ausgeführt. Bei permanenter Stresserregung wird der Organismus in seinem Ungleichgewichtszustand gehalten. Die körpereigenen Reflexmechanismen wenden sich gegen den Organismus. Die umgewandelten Fettsäuren setzen sich in Form von Cholesterin an den Gefäßwänden ab. Die Überzahl an roten Blutkörperchen führt zur verstärkter Thromboseneigung. Das vegetative Nervensystem (autonomes Nervensystem) wird gestört. Zu den sich daraus entwickelnden Krankheiten können zählen: Kreislaufstörungen, erhöhtes Infarktrisiko, Neurosen, Asthma, Arteriosklerose, erhöhte Krebsdisposition, Herz- und Gefäßerkrankungen, Stoffwechselstörungen, Konzentrationsschwächen etc. Weiterhin können sekundäre psychische Stressoren wie geringe Sexualität, verringerte Denk- und Lerngeschwindigkeit, Frustration, Impotenz und gestaute Aggressivität auftreten.52 Die Angst als Begleitemotion der Stressreaktion lähmt die kognitiven Verarbeitungsmechanismen. Die erhöhte Selbstaufmerksamkeit bei hochängstlichen Persönlichkeiten bedingt eine Leistungseinschränkung des Gehirns.53 Nach Roth schädigt psychischer Dauerstress das Nervensystem durch permanente Hormonausschüttung. Die Nervenzellen schrumpfen, und das neuronale Wachstum wird verhindert.54 Aus dem hormonalen Ungleichgewicht resultieren chronische Belastungen des Organismus. Vester unterteilt die Menschen in „Vagotoniker“ und „Sympathikotoniker“. Bei einem „Vagotoniker“ reagiert das parasympathische Nervensystem überempfindlich. Diese Menschen seien anfälliger für Magen-Darm-Trakt-Erkrankungen (z. B. Gastritis, Magenentzündungen, Magengeschwüre, chronische Verstopfung etc.). Bei einem „Sympathikotoniker“ reagiert das sympathische Nervensystem überempfindlich. Daher neigen diese Menschen verstärkt zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen.55

51

vgl. Vester, Frederic, Phänomen Streß. Wo liegt sein Ursprung, warum ist er lebenswichtig, wodurch ist er entartet? Stuttgart (dtv) 6. Aufl. 1984, 20-23. 52 vgl. ebd., 36-46; vgl. Fletcher, Ben, The epidemiology of occupational stress, Cooper, Cary L./Payne, Roy (Hrsg.), Causes, coping and consequences of stress at work, Chichester etc. (John Wiley & Sons) 1988, 15-18. 53 vgl. Schwarzer, Ralf, Streß, Angst und Hilflosigkeit. Die Bedeutung von Kognitionen und Emotionen bei der Regulation von Belastungssituationen, Stuttgart etc. (Kohlhammer) 1981, 82. 54 vgl. Roth, Gerhard, Fühlen, Denken, Handeln. Wie das Gehirn unser Verhalten steuert, Frankfurt am Main (Suhrkamp) 2001, 288-289. 55 vgl. Vester, Frederic, Phänomen Streß. Wo liegt sein Ursprung, warum ist er lebenswichtig, wodurch ist er entartet? Stuttgart (dtv) 6. Aufl. 1984, 114; vgl. Gerhardt, Uta E., Stress and stigma explanations of illnes, in:

13 2.1.4

Angst in der Managementlehre

Panse und Stegmann gehören zu den wenigen Autoren, die sich mit Ängsten im betrieblichen Umfeld beschäftigten. Sie untersuchten die energetischen Einflüsse der Ängste auf die Leistungsfähigkeit der betriebswirtschaftlich handelnden Menschen. Sie definieren Angst als: „Wenn mir im Unternehmen etwas auf die Nerven geht und ich mich von diesem Etwas bedroht fühle, dann habe ich Angst.“56 In Anlehnung an Schwarzers Angstkategorisierung ordnen sie zu den Existenzängsten alle Ängste, welche die körperliche und berufliche Existenz bedrohen. Dazu zählen die Angst vor Arbeitsplatzverlust, Angst vor Verarmung, Altersangst und Krankheitsangst. Altersangst und Krankheitsangst zählen sie ebenfalls zu den sozialen Ängsten, da diese Ängste von einer Selbstwertbedrohung begleitet seien. Zu den sozialen Ängsten im betrieblichen Umfeld würden weiterhin gehören: Angst vor Vorgesetzten, Angst vor Mitarbeitern, Angst vor Kollegen, Angst vor offener Meinungsäußerung und Publikumsangst. Eine dritte Angstkategorie nach Schwarzer waren die Leistungsängste. Panse und Stegmann sehen in ihnen eine Verknüpfung zu den sozialen Ängsten, da neben der Befürchtung zu versagen auch die soziale Komponente der Selbstwertbedrohung (z. B. Ansehensverlust) enthalten sei. Zu den Leistungsängsten zählen die Beurteilungsangst, Prüfungsangst, Angst vor Neuerungen, Angst vor Beförderung, Angst vor Versetzung und die Angst vor internationaler Zusammenarbeit.57 Die soeben aufgeführte Kategorisierung erweckt den Anschein, es gäbe eine Vielzahl von Ängsten. Gleichwohl tritt im alltäglichen Arbeitsalltag weniger die archaische Angst vor körperlicher Bedrohung als vielmehr die Angst vor einer Selbstwertbedrohung auf. Die betriebswirtschaftliche Angst ist eine subjektiv wahrgenommen Bedrohung und kann die Leistungsfähigkeit der Beschäftigten beeinflussen. „Die betriebswirtschaftlich relevante Angst ist eine leistungsbeeinflussende Empfindung, die auftritt, wenn sich der betriebswirtschaftlich handelnde Mensch durch eine Bedrohung verunsichert fühlt.“58 Es besteht ein Zusammenhang zwischen Angst, Leistung und Sicherheit. Die leistungsfördernde Angst bezeichnen Panse

Gerhardt, Uta E./Wadsworth, Michael E. J. (Hrsg.), Stress and stigma. Explanation and evidenc in the sociology of crime and illness, Frankfurt am Main-London-New York (Campus) 1985, 168. 56 Panse, Winfried/Stegmann, Wolfgang, Angst-Macht-Erfolg. Erkennen Sie die Macht der konstruktiven Angst, München (Volk) 2007, 34. 57 vgl. ebd., 45-65. 58 Panse, Winfried /Stegmann, Wolfgang, Kostenfaktor Angst, Landsberg-Lech (Verl. Moderne Industrie) 1998, 72.

14 und Stegmann als „Mikroangst“. Das Individuum kann die als bedrohlich empfundene Angsterregung abreagieren und seinen Körper in einen Gleichgewichtszustand zurückversetzen. Der Mensch empfindet die Stressreaktion als subjektives Ungleichgewicht zwischen angespannten und entspannten Zuständen. Der Organismus versucht, durch kognitive Selbstregulationsmechanismen (z. B. Einsicht und Vernunft) dem Energie verzehrenden Ungleichgewichtszustand (z. B. Aufregung) entgegenzuwirken.59 Die „Mikroangst“ ruft ein zeitlich beschränktes Ungleichgewicht hervor (Stressreaktion). Dies schützt vor unbedachtem betriebswirtschaftlichen Handeln, wirkt leistungssteigernd, motivierend, fördert die Leistungsbereitschaft und die Konzentration. Die leistungshemmende „Makroangst“, entsteht durch eine länger andauernde Stressreaktion. Der Körper wird in einem permanenten Ungleichgewichtszustand gehalten. Die „Makroangst“ führt zu hohen energetischen Verlusten und bewirkt daher Kontrollverlust, Konzentrationsschwäche, große Verunsicherung, Resignation und sinkende Leistungsbereitschaft.60 Die Angst ist als Instrument in der Managementlehre akzeptiert. Sie wird zur Erzeugung von Leistungsmotivation, Stabilisierung von Macht- und Ordnungsstrukturen und zur Bindung der Untergebenen eingesetzt.61 Die Angst als Teil von Führungskulturen kann durch Angst machende Autoritäten als manipulatives Druckmittel zum Einsatz kommen. Unternehmen mit einer ausgeprägten Angstkultur können die Bindung ihrer Leistungsträger an ein Unternehmen minimieren und tragen zur Erosion von Vertrauen, Sicherheit, individuellem Engagement und Kreativität bei. Das Gleichgewicht zwischen individuellen Bedürfnissen und den Leistungserwartungen des Unternehmens kann massiv gestört werden.62 Aufgrund des zunehmenden Leistungsdrucks, Unsicherheit und Ungewissheit im Arbeitsalltag sowie der sich verändernden arbeitsteiligen Strukturen in der postindustriellen Informationsgesellschaft werden Ängste permanent geschürt (z. B. Medienberichterstattung über Nokia zur Schließung des Produktionsstandortes Bochum). Doch die Veränderungen und ökonomischen Entwick-

59 vgl. Roth, Gerhard, Fühlen, Denken, Handeln. Wie das Gehirn unser Verhalten steuert, Frankfurt am Main (Suhrkamp) 2001, 287; vgl. LeDoux, Joseph E., Cognitive-emotional interaction in the brain, in: Cognition and Emotion 3 (1989), 273-274. 60 vgl. Panse, Winfried/Stegmann, Wolfgang, Kostenfaktor Angst, Landsberg-Lech (Verl. Moderne Industrie) 3. Aufl. 1998, 49-78. 61 vgl. Vester, Frederic, Phänomen Streß. Wo liegt sein Ursprung, warum ist er lebenswichtig, wodurch ist er entartet? Stuttgart (dtv) 6. Aufl. 1984, 227. 62 vgl. Freimuth, Joachim, Die Angst der Manager, in: Freimuth, Joachim (Hrsg.), Die Angst der Manager, Göttingen etc. (Verl. für Angewandte Psychologie) 1999, 15-23; vgl. Morris, Terence, Social causes of deviant behaviour, in: Gerhardt, Uta E./Wadsworth, Michael E. J. (Hrsg.), Stress and stigma. Explanation and evidence in the sociology of crime and illness, Frankfurt am Main-London-New York (Campus) 1985, 100-101.

15 lungen führen nicht generell zu Leistungsminderungen in Unternehmungen. Durch extreme Verunsicherung (z. B. Abbau sozialstaatlicher Sicherungssysteme und Arbeitnehmerrechte, Privatisierung, Entsolidarisierung, asymmetrische Machtstrukturen, hochgradige Hierarchisierung, starker Konkurrenzkampf, Mangel an Mitbestimmung) können Ängste auch einem „neuartigen“ Herrschafts- und Kontrollmechanismus dienen. Übt eine Branche eine hohe Anziehungskraft aus, ist der Arbeitnehmer durchaus bereit, vorherrschende Arbeitsbedingungen zu akzeptieren. Der faire Umgang mit den Leistungsträgern dient nicht als hinreichende Erklärung für die subjektive Leistungsmotivation. Auch in einer „Ökonomie der permanenten Unsicherheit“ können Leistungsbereitschaft und Kreativität erbracht werden.63 2.2

Leistung

Nicht nur innerhalb der Betriebswirtschaftslehre, sondern auch in anderen Wissenschaften existiert keine eindeutige Leistungsdefinition. Es herrscht kein fächerübergreifendes Verständnis des Leistungsbegriffs.64 2.2.1

Leistungsdefinition

Borchert nennt drei Dimensionen des Leistungsbegriffs. Sie unterscheidet zwischen einem ergebnisorientierten, tätigkeitsorientierten und ressourcenorientierten Leistungsverständnis. Eine Leistung bezeichnet demnach ein erzieltes Ergebnis, die Tätigkeiten während eines Produktionsprozesses und die Kapazitäten der genutzten Ressourcen.65 Im Rahmen dieser Studie steht die Leistung eines einzelnen Mitarbeiters bzw. die Teamleistung im Vordergrund. Daher eignet sich der von Borchert vorgeschlagene zielorientierte Leistungsbegriff. Demnach liegt eine zielorientierte Leistung dann vor, wenn ein Mitarbeiter „[...] einen Beitrag zur Erreichung unternehmerischer Ziele liefert“66. Unternehmerische Ziele stellen z. B. Absatz, Gewinn, Rentabilität oder der erfolgreiche Projektabschluss dar. Durch die zielorientierte Leistungsdefinition können die Arbeitsleistung und die möglichen Konflikte zwischen dem ökonomischen Streben und der sozialen Rationalität besser analysiert wer-

63

vgl. Marrs, Kira, Zwischen Leidenschaft und Lohnarbeit. Ein arbeitssoziologischer Blick hinter die Kulissen von Film und Fernsehen, Berlin (Sigma) 2007, 179-188; vgl. Castel, Robert, Der Zerfall der Lohnarbeitsgesellschaft, in: Bourdieu, Pierre (Hrsg.), Lohn der Angst. Flexibilisierung und Kriminalisierung in der »neuen Arbeitsgesellschaft«, Konstanz (UVK) 2007, 19. 64 vgl. Borchert, Margret, Leistungsdeterminanten, in: Wirtschafts-Lexikon. Das Wissen der Betriebswirtschaftslehre, Stuttgart (Schäffer-Poeschel) 2006, 3472. 65 vgl. ebd. 66 vgl. ebd.

16 den.67 Der zielorientierte Leistungsbegriff beachtet ebenfalls das Verhalten eines Mitarbeiters als Leistungsdeterminante in einem Produktionsprozess. In Bezug auf das Individuum kann die Leistungsbereitschaft durch den Begriff der Leistungsmotivation beschrieben werden. Die Leistungsmotivation verkörpert den Antrieb zur Erfüllung einer erwarteten Leistung. Nach Roth steuern Emotionen bewusste oder unbewusste Motivationsprozesse, indem sie Gedanken, Vorstellungen und Erinnerungen mit Handeln und Verhalten verbinden. Emotionen besitzen daher eine funktionale Operatorwirkung und motivieren den Menschen etwas zu vermeiden oder etwas anzustreben. Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft können durch Emotionen gehemmt oder gesteigert werden.68 2.2.2

Menschliche Arbeitsleistung

Die menschliche Arbeitsleistung steht in dieser Arbeit im Zentrum der Betrachtung. Mithilfe des zielorientierten Leistungsbegriffs können die Einflussfaktoren auf die menschliche Arbeitsleistung analysiert werden. Die Arbeitsleistung definiert Borchert „[...] als Prozess des Einsatzes der Fähigkeiten und Fertigkeiten der in Unternehmen tätigen Menschen zur Erreichung unternehmerischer Ziele [...]“.69 Die Fähigkeiten eines Mitarbeiters sind angeboren und stellen die Voraussetzung zur Erwerbung bestimmter Fertigkeiten dar. Als Fähigkeit gelten: Schauspielertalent, Führungskompetenz, Sprachtalent. Die Fertigkeiten eines Menschen können im Laufe der Sozialisation erlernt und durch Erfahrung verbessert werden (z. B. Lesen, Rechnen, Koordination im Fußballspiel etc.).70 2.2.3

Leistungsmessung

Bevor die Arbeitsleistung eines Menschen oder eines Teams gemessen werden kann, bedarf es der genauen stellenbezogenen Zielformulierung und Zuordnung. Zu diesem Zweck werden die benötigten Kompetenzen (Fähigkeiten, Fertigkeiten) sowie Verantwortlichkeiten aus den übergeordneten Unternehmenszielen abgeleitet und einem passenden Leistungsträger zugeordnet, der die geforderten Kompetenzen besitzen sollte.

67

vgl. ebd., 3476. vgl. Roth, Gerhard, Fühlen, Denken, Handeln. Wie das Gehirn unser Verhalten steuert, Frankfurt am Main (Suhrkamp) 2001, 263; vgl. Reiss, Steven/Havercamp Susan M., Toward a comprehensive assessment of fundamental motivation. Factor Structure of the Reiss Profiles, in: Psychological Assessment 10 (1998), 104-105; vgl. Bandura, Albert, Social learning theory, Englewood Cliffs etc. (Prentice-Hall) 1977, 28-29. 69 vgl. Borchert, Margret, Leistungsdeterminanten, in: Wirtschafts-Lexikon. Das Wissen der Betriebswirtschaftslehre, Stuttgart (Schäffer-Poeschel) 2006, 3472. 70 vgl. Roth, Gerhard, Fühlen, Denken, Handeln. Wie das Gehirn unser Verhalten steuert, Frankfurt am Main (Suhrkamp) 2001, 153; vgl. Bandura, Albert, Social learning theory, Englewood Cliffs etc. (Prentice-Hall) 1977, 72-74. 68

17 Die betriebliche Leistungsmessung wird im Allgemeinen über die Kalkulation innerhalb der Kostenrechnung erfasst.71 Die Leistungsmessung der menschlichen Arbeit erfolgt meist ergebnisorientiert. Eine Person wird hinsichtlich ihres Wollens (Motivation), Könnens (maximale Fertigkeiten und Fähigkeiten, Ausmaß der Verfügbarkeit innerhalb eines Jahres und nach Lebensphase) und der Erledigung einer ihr zugewiesenen Aufgabe bewertet. Der ergebnisorientierte Ansatz stützt sich auf Motivations- und Prozesstheorien. Anhand von Bewegungsstudien erfolgte beispielsweise der Versuch, die Leistungsprozesse zu optimieren. Der ergebnisorientierte Leistungsbegriff kann indes nicht die individuellen Unterschiedlichkeiten der Leistungsfähigkeit zwischen Individuen erklären, obwohl die Subkomponente des Könnens als identisch beurteilt wurde. Im Rahmen der ergebnisorientierten Leistungsmessung wird lediglich ein Teilbereich der Mitarbeiterleistung analysiert. Die Situation als Subkomponente (z. B. übrige Produktionsfaktoren, Normen in Arbeitsgruppen, Gruppendynamik, Leistungsanforderung der Tätigkeit, unterschiedliche Willensstärke von Individuen, abweichender Motivationsgrad von Individuen etc.), welche den Leistungsherstellungsprozess beeinflussen, fanden als Leistungsdeterminante in der betriebswirtschaftlichen Forschung bisher kaum Beachtung.72 Locke und Latham wiesen in ihrer empirischen Untersuchung zur Identifizierung von Einflussfaktoren auf die Leistung nach, dass die positive Wahrnehmung des Bewältigenkönnens eines Ziels (Herausforderung) neben Commitment, Wissen zur Zielerreichung, Zufriedenheit, Belohnung und Ausdauer eine moderierende Variable auf die Leistungserbringung repräsentiert.73 Das zielorientierte Leistungsverständnis bezieht individuelle Gefühle der Mitarbeiter sowie die situativen Variablen in den Leistungsmessungsprozess mit ein.74 Besitzt ein Mitarbeiter die Kompetenz, mithin die Wertkonformität der Aufgabe (eigene Werte stimmen mit denen des Unternehmens überein bzw. Unternehmenswerte werden akzeptiert), und betrachtet die Aufgabe als Herausforderung, kann eine Leistungssteigerung eintreten. Der Mitarbeiter erfährt aufgrund einer spezifischen Zielvereinbarung (z. B. Teamführung und Verantwortungszuweisung innerhalb eines Zeitraums mit Zielvorgabe) eine Abstimmung mit seinen eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten. Die wahrgenommene Beachtung der eigenen Person steigert das „Commitment“ gegenüber den Unternehmenszielen. Werden unspezifische Ziele 71

vgl. Borchert, Margret, Leistungsdeterminanten, in: Wirtschafts-Lexikon. Das Wissen der Betriebswirtschaftslehre, Stuttgart (Schäffer-Poeschel) 2006, 3473. 72 vgl. ebd., 3473-3474. 73 vgl. Locke, Edwin. A./Latham, Gary P., A theory of goal setting & task performance, Englewood Cliffs etc. (Prentical Hall) 1990, 253; vgl. Locke, Edwin A./Latham, Gary P., Goal setting. A motivational technique that works, Englewood Cliffs N.J. (Prentice-Hall) 1984, 90-94. 74 vgl. Locke, Edwin A./Latham, Gary P. 1990, 253: Das Modell des „high performance cycle“ identifiziert Leistungsdeterminanten, die auf eine Mitarbeiterstelle wirken.

18 (z. B. Teammitglied ohne Zielvorgabe, ohne Verantwortungszuweisung) ohne Beachtung der Fähigkeiten und/oder Fertigkeiten einer Person vorgegeben, so vermag dies Überforderung, Flucht in die Verantwortungslosigkeit oder Arbeitsverweigerung (z. B. innere Kündigung) zu bedingen. Die Belohnung als Leistungsdeterminante (z. B. soziale Anerkennung, Sicherheit des Arbeitsplatzes) steigert die Arbeitszufriedenheit. Die persönlichen Bedürfnisse (z. B. Arbeitsansprüche, Werte: Freiheit, Kreativität, Selbstverwirklichung, öffentliche Aufmerksamkeit) eines Mitarbeiters finden Beachtung und bilden mitunter den Rahmen für die Akzeptanz höherer Leistungsforderungen. Die Arbeitsleistung wird an den erreichten Zielen (z. B. erfolgreich produzierter Film) bemessen. Der Führungskraft obliegt demzufolge die Aufgabe, spezifische Ziele mit den Mitarbeitern zu vereinbaren und entsprechende Rahmenbedingungen für die Zielerreichung zu schaffen. Auf diese Weise fördert die Führungskraft die Bereitschaft zur Akzeptanz neuer, herausfordernder Zielvereinbarungen.75 2.3

Teams

Die schwer zu kontrollierende Wirtschaftsdynamik zwingt die Wirtschaftssubjekte zur Anpassung an die sich schnell verändernden Marktbedingungen. Die Anpassungswelle erfasst alle gesellschaftlichen Bereiche. Aus verstärkten Privatisierungen resultiert beispielsweise die Entkopplung von Arbeit und Sozialleistung. Zahlreiche Unternehmen sind gezwungen, innere Organisationsstrukturen und Prozesse wettbewerbsfähiger, konkurrenzfähiger und flexibler zu gestalten. Damit geht gleichzeitig eine Veränderung der Arbeitsbedingungen der Menschen einher. Die Teamorganisation kommt zum Einsatz, um innerhalb komplexer, sich schnell verändernder Rahmenbedingungen innovative und konkurrenzfähige Unternehmensleistungen zu erzielen.76 2.3.1

Teamdefinition

Der Teamgedanke erfährt in Zeiten verstärkter Umstrukturierungsprozesse in Organisationen eine Reformation. Teams indes verkörpern keine neue Idee, sondern waren bereits in der Frühgeschichte der Menschheit anzutreffen. In Sippen oder Clans konnten individuelle Fähigkeiten und Fertigkeiten effizienter zur Existenzabsicherung gebündelt werden. Aus dieser Bündelung ergaben sich Leistungsvorteile, die in der späteren sozioökonomischen Entwicklung weiter ausdifferenziert wurden. Während der Industrialisierung erfolgte der Versuch, die 75

vgl. Borchert, Margret, Leistungsdeterminanten, in: Wirtschafts-Lexikon. Das Wissen der Betriebswirtschaftslehre, Stuttgart (Schäffer-Poeschel) 2006, 3473-3476; vgl. Locke, Edwin A./Latham, Gary P., Goal setting. A motivational technique that works, Englewood Cliffs N.J. (Prentice-Hall) 1984, 54-56. 76 vgl. Sagebiel, Juliane/Vanhoefer, Edda, Es könnte auch anders sein. Systemische Variationen der Teamberatung, Heidelberg (Carl-Auer) 2006, 16-18.

19 Aufgabenverteilung zu perfektionieren. Am Fließband konnte mit wissenschaftlicher Unterstützung des US-amerikanischen Ingenieurs und Arbeitswissenschaftlers Taylor (1856-1915) durch Zerlegung der Gesamtaufgabe in eine Vielzahl kleiner monotoner Einzelaufgaben die Arbeitsleistung gesteigert werden. Das Ziel des „Scientific Management“ bestand in der Steigerung der Arbeitsleistung durch Optimierung der Arbeitsprozesse. Die Arbeiter wurden im Sinne der Maschinenmetapher als austauschbare Komponenten betrachtet und weniger als Individuen mit eigenen Werten und Erfahrungen. Trotz der ausgefeilten Arbeitsabläufe konnten die Japaner in den 1970er-Jahren auf den westlichen Märkten zu ernst zu nehmenden Konkurrenten avancieren. Eine Analyse der japanischen Produktionsweise ergab, dass abwechslungsreiche Gruppenarbeit gegenüber der monotonen Fließbandarbeit zur Motivations- und Leistungssteigerung führte. Daraufhin wurde in der westlichen Autoindustrie die japanische Teamorganisation imitiert í die Produktivität der Arbeitskräfte stieg erneut an.77 Als ein Team bezeichnen Sagebiel und Vanhoefer eine Gruppe von Menschen. Das Team wird hierarchisch mit einer Führung an seiner Spitze geführt. Ein Team erfüllt bestimmte Kriterien. Es dient der Organisation zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks. Das Team wird innerhalb eines zeitlichen Rahmens gebildet, um Ziele und Aufgaben zu erfüllen. Innerhalb des Teams existieren unterschiedliche Rollen und Kompetenzen.78 Kerr und Jermier vertreten die Auffassung, dass fest vergebene aufgabenorientierte Führungsrollen und damit eine hierarchische Steuerung kompetenter Aufgabenträger nicht notwendig sei, da der Rolleninhaber intrinsische Motivation besitze, eng mit der Gesamtorganisation verbunden sei, unabhängig arbeiten könne und eine professionelle Identität ausgebildet habe.79 In der Medienbrache wird meist im Rahmen von Unternehmensnetzwerken und auftragsbezogenen Teams gearbeitet. Bei einer Filmproduktion besteht dieses Team aus „[...] selbständigen Schauspielern, Regisseuren, Technikern und Produzenten [...]“80. Heinrich bezeichnet

77 vgl. Wimmer, Rudolf, Das Team als besonderer Leistungsträger in komplexen Organisationen. Zur Renaissance des Teamgedankens in der gegenwärtigen Umgestaltung von Organisationen, in: http://osbi.com/ADMIN/ASSETS/files/Team%20LeistTr_gerkomplOrg%20RW2.pdf, abgerufen am 07.01.2012, 2; vgl. Sagebiel, Juliane/Vanhoefer, Edda, Es könnte auch anders sein. Systemische Variationen der Teamberatung, Heidelberg (Carl-Auer) 2006, 30. 78 vgl. Sagebiel, Juliane/Vanhoefer, Edda, Es könnte auch anders sein. Systemische Variationen der Teamberatung, Heidelberg (Carl-Auer) 2006, 22; vgl. Bales, Robert F./Slater, Philip E., Role differentiation in small decision-making groups, in: Parson, Talcott/Bales, Robert F. (Hrsg.), Family. Socialization and interaction process, Glencoe-Illinois (Free Press) 1955, 296-299. 79 vgl. Kerr, Steven/Jermier, John M., Substitutes for leadership. Their meaning an measurement, in: Organizational Behavior and Human Performance 22 (1978), 399. 80 vgl. Schumann, Matthias/Hess, Thomas, Grundfragen der Medienwirtschaft. Eine betriebswirtschaftliche Einführung, Berlin-Heidelberg-New York (Springer) 2. Aufl. 2002, 245.

20 den Arbeitsprozess in Medienunternehmen als „arbeitsteilige Verbundproduktion“81. Bei der Herstellung von Medienprodukten arbeiten fachübergreifende oder autonome Teams zusammen.82 In der Literatur heißt es, dass jedes Team eine Gruppe sei, jedoch nicht jede Gruppe ein Team.83 In Bezug auf eine genauere Abgrenzung eines Teams von einer Gruppe werden nun die Unterschiede detailliert erläutert. Die Zielsetzungen, die Interessen und der Zusammenhalt wirken in einem Team verbindlicher als in einer Gruppe. In einem Team werden klare Ziele verfolgt, gemeinsame Interessen geteilt und die aufeinander abgestimmten Tätigkeiten als sinnvoll erachtet. Innerhalb des Teams tragen die einzelnen Mitglieder entsprechend ihrer Kompetenzen Verantwortung für die zu erfüllenden Aufgaben. Die Interaktionsdichte erweist sich in einem Team als höher denn in einer Gruppe. Eine störungsfreie Kommunikation ist anzustreben, da sonst das Teamziel gefährdet würde. Innerhalb des Teams sollten Konkurrenz- und Wettbewerbskämpfe unterdrückt werden, da diese Konflikte die Teamleistung behindern.84 Nach Heinrich wird in Redaktionen häufig in Teams zusammengearbeitet (z. B. Programmgruppe), um Synergieeffekte durch eine Vielzahl von Fertigkeiten und Fähigkeiten der einzelnen Mitarbeiter zu nutzen.85 2.3.2

Leistungsanforderungen in Teamstrukturen

Während der Arbeit in einem Team wird von den Mitgliedern hohe Sozialkompetenz gefordert. Dazu gehören ein hohes Konfliktlösungspotenzial, soziale Verantwortung, hohe Motivation und Stressresistenz. Ein Team erarbeitet Lösungen für komplexe Aufgaben. Diese Auf81

vgl. Heinrich, Jürgen, Medienökonomie. Mediensystem, Zeitung, Zeitschrift, Anzeigenblatt, Wiesbaden (Westdeutscher Verlag) 2. Aufl. 2001, 179. vgl. Kals, Elisabeth, Arbeits- und Organisationspsychologie. Workbook, Weinheim-Basel (PVU) 2006, 111; vgl. Schneider, Bruno, Freie im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, in: Deutscher Journalisten-Verband e. V. (Hrsg.), Von Beruf frei. Der Ratgeber für freie Journalistinnen und Journalisten, Bonn (DJV) 2. Aufl. 2001, 260261. 83 vgl. König, Oliver/Schattenhofer Karl, Einführung in die Gruppendynamik, Heidelberg (Carl-Auer) 2. Aufl. 2007, 18; vgl. Behrenberg, Angelika/Fassnacht, Michael, Erwerb von Teamkompetenz in gruppendynamischen Weiterbildungen. Ergebnisse einer Untersuchung zur Nachhaltigkeit gruppendynamischen Lernens, in: Velmerig, Carl Otto/Schattenhofer, Karl/Schrapper, Christian (Hrsg.), Teamarbeit. Konzepte und Erfahrungen – eine gruppendynamische Zwischenbilanz, Weinheim-München (Juventa) 2004, 75. 84 vgl. Wimmer, Rudolf, Das Team als besonderer Leistungsträger in komplexen Organisationen. Zur Renaissance des Teamgedankens in der gegenwärtigen Umgestaltung von Organisationen, in: http://osbi.com/ADMIN/ASSETS/files/Team%20LeistTr_gerkomplOrg%20RW2.pdf, abgerufen am 07.01.2012, 19; vgl. George Jennifer M./King, Eden B., Potential pitfalls of affect convergence in Teams. Functions and dysfunctions of group affective tone, in: Mannix, Elizabeth A./Neale, Margaret/Anderson, Cameron P. (Hrsg.), Affect and groups, Amsterdam etc. (JAI) 2007, 106. 85 vgl. Heinrich, Jürgen, Medienökonomie. Mediensystem, Zeitung, Zeitschrift, Anzeigenblatt, Wiesbaden (Westdeutscher Verlag) 2. Aufl. 2001, 163. 82

21 gaben sind an zeitliche Fristen gebunden. Der dadurch entstehende Zeitdruck ist durch Organisationsgeschick zu lösen. Ein Team wird gemäß den aufgabenrelevanten Kompetenzen zusammengestellt. Der Kontext, in dem Teams arbeiten, ändert sich mit jeder Aufgabe. Die Rahmenbedingungen sind flexibel. Von den Individuen werden schnelle Anpassungsleistungen erwartet. In einem Team wird schnell und zielorientiert gearbeitet.86 Im Printbereich erfülle der Chefredakteur, so Heinrich, innerhalb des Teams die Aufgabe der Organisation von Journalisten. Eine Redaktion stellt „[...] selbstständig und objektorientiert die journalistische Produktion rechtzeitig und in vorbestimmter Menge sicher. Die Kommunikation erfolgt überwiegend mündlich und ungebunden. Für die Produktion existieren nur vage inhaltliche Rahmenbedingungen. Spezifische Mitgliedsregeln sowie ethische Normen sind partiell Ersatz für nicht formulierbare detaillierte Handlungsanweisungen.“87 Im Hörfunk und Fernsehen werden audiovisuelle Produkte in Teamarbeit hergestellt. Bevor die Dreharbeiten beginnen, wird auf Basis eines Drehbuchs die Planung der anfallenden Kosten und benötigten Ressourcen erarbeitet. Innerhalb dieses Prozesses wird zwischen künstlerischem Ehrgeiz und kalkulatorischer Realität abgewogen. Bei einer Filmproduktion bestimmt der Produzent den Kontext (z. B. Anzahl der Drehtage, Dauer der Drehtage, Vorgabe von Tagespensen) der Dreharbeiten und erstellt den Drehplan. Am Filmset kontrolliert und organisiert der Regisseur í in strenger Hierarchie í die Filmcrew. Da der Produktionsprozess nicht ex ante geplant werden kann, basisiert der Drehplan auf Erfahrungswerten einzelner Personen, insbesondere des Produktionsleiters. Am Set herrscht durch den fest vorgegebenen Drehplan hoher Zeit- und Kostendruck.88 2.4

Medienwirtschaft

Die Medienwirtschaft fasst alle Unternehmen zusammen, die bei der Erstellung eines Medienproduktes oder Mediendienstleistung beteiligt sind. „In diesem Sinne umfasst die Medienbranche alle Unternehmen, die sich mit dem Erzeugen, Bündeln und Distribuieren von Informationen oder Unterhaltung beschäftigen und sich dafür eines Massenmediums bedie-

86

vgl. Sagebiel, Juliane/Vanhoefer, Edda, Es könnte auch anders sein. Systemische Variationen der Teamberatung, Heidelberg (Carl-Auer) 2006, 29; vgl. König, Oliver/Schattenhofer Karl, Einführung in die Gruppendynamik, Heidelberg (Carl-Auer) 2. Aufl. 2007, 18-19. 87 vgl. Heinrich, Jürgen, Medienökonomie. Mediensystem, Zeitung, Zeitschrift, Anzeigenblatt, Wiesbaden (Westdeutscher Verlag) 2. Aufl. 2001, 179. 88 vgl. Marrs, Kira, Zwischen Leidenschaft und Lohnarbeit. Ein arbeitssoziologischer Blick hinter die Kulissen von Film und Fernsehen, Berlin (Sigma) 2007, 101-108.

22 nen.“89 Ähnlich bezeichnet Heinrich Unternehmen der Medienbranche zugehörig, die Informationen zusammenstellen, vermarkten und vertreiben.90 2.4.1

Typen von Medienunternehmen

Die Medienunternehmen lassen sich in vier Hauptbereiche einteilen: Print (z. B. Zeitung, Zeitschriften), Rundfunk (z. B. Radio, Fernsehen), Speichermedien (z. B. CD, DVD) und Netze (z. B. Breitband, Schmalband). Diese vier Hauptbereiche lassen sich in Inhaltserzeugung, Inhaltsbündelung und Inhaltsdistribution weiter unterteilen. Die Inhalte werden im Printbereich durch Autoren und Redakteure, im Rundfunk durch Künstler und Reporter, in den Speichermedien durch Künstler oder Autoren und für die Datennetze durch Contentprovider erzeugt. Die Bündelung der Inhalte erfolgt im Printbereich durch Verlage, im Rundfunkbereich über Sender, bei den Speichermedien über Musikverlage und für die Datennetze durch Contentbroker. Die Inhaltsdistribution wird im Printbereich durch Druckereien, Logistiker oder über den Handel vollzogen. Im Rundfunkbereich erfolgt die Inhaltsdistribution über die Netzbetreiber, bei den Speichermedien durch Logistiker, den Handel und die Speichermedienhersteller. Die Serviceprovider distribuieren die Inhalte über Datennetze.91 2.4.2

Besonderheiten von Medienunternehmen

Die Medienunternehmen sollten nach branchentypischen Besonderheiten analysiert werden, da die Medienprodukte unter unsicheren und sich ständig verändernden Rahmenbedingungen entstehen. Dazu zählen die Unternehmensumwelt/Medienmarkt (z. B. Rechtsvorschriften, Informationsvielfalt), Organisationsstrukturen (z. B. dezentral, hierarchisch), Produktionsprozesse (z. B. Kalkulation, Aufgabenvielfalt) und Personalanforderungen (z. B. Flexibilität, intrinsische Motivation). Der Produktionsprozess ist geprägt durch hohen Termindruck, hohen Innovationsdruck, geringe Ähnlichkeit der Aufgaben und eine große Aufgabenvielfalt.92 Die Medienprodukte können auf zwei Märkten gleichzeitig angeboten werden í zum einen auf dem Werbemarkt und zum anderen auf dem Unterhaltungsmarkt. Dieser doppelte Markt erzeugt unterschiedliche Vor- und Nachteile. Ein Vorteil besteht in der Nutzung von Verbund89

Schumann, Matthias/Hess, Thomas, Grundfragen der Medienwirtschaft. Eine betriebswirtschaftliche Einführung, Berlin-Heidelberg-New York (Springer) 2. Aufl. 2002, 11. 90 vgl. Heinrich, Jürgen, Medienökonomie. Mediensystem, Zeitung, Zeitschrift, Anzeigenblatt, Wiesbaden (Westdeutscher Verlag) 2. Aufl. 2001, 170. 91 vgl. Schumann, Matthias/Hess, Thomas, Grundfragen der Medienwirtschaft. Eine betriebswirtschaftliche Einführung, Berlin-Heidelberg-New York (Springer) 2. Aufl. 2002, 9. 92 vgl. Heinrich, Jürgen, Medienökonomie. Mediensystem, Zeitung, Zeitschrift, Anzeigenblatt, Wiesbaden (Westdeutscher Verlag) 2. Aufl. 2001, 171; vgl. Stein, Volker, Management Theory? Implications for Sustainable Media Management, in: Scholz, Christian, Eisenbeis, Uwe (Ed.), Looking to the future of modern media management, changes – challenges - oportunities, Lisboa (Media XXI) 2008, 149.

23 vorteilen („Economies of Scope“). Mithilfe der Massenmedien kann die Werbeindustrie ein anonymes Massenpublikum erreichen und die vorhandenen Marktbarrieren überwinden. So kann neben dem redaktionellen Unterhaltungsgut auch Werbung vermarktet werden.93 Medienprodukte repräsentieren zugleich Kultur- und Wirtschaftsgüter. Sie prägen innerhalb der Gesellschaft kulturelle Identitäten.94 Da Informationen innerhalb der Gesellschaft frei zirkulieren, kann im Nachhinein der qualitative oder quantitative Wert einer Nachricht nur schwer einem Verursacher zugerechnet werden.95 Die Medienprodukte werden daher auch als quasiöffentliche Güter bezeichnet. Sie sind an eine öffentliche Meinung gebunden und zeichnen sich durch Nichtausschließbarkeit und Nicht-Rivalität im Konsum aus.96 Das Entgelt für ein Medienprodukt kann einem Verursacher nicht genau zugerechnet werden. Konsumenten sind nicht immer bereit, für Informationen zu zahlen (z. B. Fernsehgebühren). Die Produktionskosten und die Nachfrage nach einem Medienprodukt sind nicht ex ante kalkulierbar. Medienmärkte erweisen sich daher als instabil und unkontrollierbar.97 Die Qualität von Mediengütern schwankt und lässt sich nur schwer objektiv bewerten. Die Nutzung eines Medienproduktes setzt Vertrauen voraus. Der Konsument kann erst mit Verbrauch des Gutes feststellen, ob seine Erwartungen erfüllt wurden. Demzufolge gründet sich der Medienkonsum auf Vertrauen und Glaubwürdigkeit. Die Inhalte lassen sich zu unterschiedlichen Medienbündeln zusammenfassen. Sie können aus Unterhaltung, Information, Bildung und aus der Aufmerksamkeit für die Werbebotschaft bestehen.98 Die Erzeugung der Inhalte erfolgt durch Eigen- und Fremdanbieter, die ihre Kompetenzen in einem Produkt bündeln.99 Einen wichtigen Produktionsfaktor bildet die menschliche Arbeitsleistung, da sie nur begrenzt imitierbar und substituierbar ist (z. B. Austausch eines Buchautors). Dagegen können im Bereich der Anwendungssysteme und Distribution die Vorteile der industriellen Produktion ausgeschöpft werden100 (z. B. Grenzkosten tendieren gegen Null). Die Notwendigkeit eines Medienträgers begründet eine große Abhängigkeit von den technischen Entwicklungen (z. B. Verschleiß von Datenträ93

vgl. ebd., 167. vgl. Karmasin, Matthias/Winter, Carsten, Kontexte und Aufgabenfelder von Medienmanagement, in: Karmasin, Matthias/Winter, Carsten (Hrsg.), Grundlagen des Medienmanagements, München (Fink) 2. Aufl. 2002, 31; vgl. Scholz, Christian, Medienmanagement – Herausforderung. Notwendigkeit und ein Bezugsrahmen, in: Scholz, Christian (Hrsg.), Handbuch Medienmanagement, Berlin, Heidelberg (Springer) 2006, 55-59. 95 vgl. Heinrich, Jürgen, Medienökonomie. Mediensystem, Zeitung, Zeitschrift, Anzeigenblatt, Wiesbaden (Westdeutscher Verlag) 2. Aufl. 2001, 95-96. 96 vgl. Karmasin, Matthias/Winter, Carsten, Kontexte und Aufgabenfelder von Medienmanagement, in: Karmasin, Matthias/Winter, Carsten (Hrsg.), Grundlagen des Medienmanagements, München (Fink) 2. Aufl. 2002, 32. 97 vgl. ebd., 33; vgl. Heinrich, Jürgen, Medienökonomie. Mediensystem, Zeitung, Zeitschrift, Anzeigenblatt, Wiesbaden (Westdeutscher Verlag) 2. Aufl. 2001, 71. 98 vgl. Heinrich, Jürgen, Medienökonomie. Mediensystem, Zeitung, Zeitschrift, Anzeigenblatt, Wiesbaden (Westdeutscher Verlag) 2. Aufl. 2001, 99-101. 99 vgl. Schumann, Matthias/Hess, Thomas, Grundfragen der Medienwirtschaft. Eine betriebswirtschaftliche Einführung, Berlin-Heidelberg-New York (Springer) 2. Aufl. 2002, 10. 100 vgl. ebd., 82. 94

24 gern). Die technischen Entwicklungen führen zu Kannibalisierung durch illegale Kopien und gefährden den Umsatz von Medienunternehmen. Die Lagerfähigkeit und der Informationswert eines journalistischen Produktes bemisst sich an seiner Aktualität und dem physischen Verfall des Medienträgers.101 Die technischen Entwicklungen führen zu einer Beschleunigung der Herstellungs- und Distributionsprozesse. Die Nicht-Rivalität von Inhalten und der damit einhergehende Wettbewerbsdruck erhöhen die Notwendigkeit der Schaffung effizienterer Strukturen und Produktionsprozesse.102 Die journalistische Arbeit orientiert sich verstärkt an präzisen Mengen- und Zeitvorgaben. Der Großteil der Kosten entsteht bei der Erstellung des Originals („First-Copy-Cost-Effect“). Die Distributions- und Vervielfältigungskosten verringern sich mit steigender Ausbringungsmenge („Fixkostendegression“).103 Die Medienprodukte können aufgrund ihrer Nicht-Rivalität im Konsum und unbegrenzter technischer Kapazitätsgrenzen (geringe variable Produktionskosten) auch mehrfach verwendet werden (z. B. Musiksampler).104 Die Arbeitsorganisation während des Produktionsprozesses ist geprägt durch Job Rotation (z. B. Wechsel eines Redakteurs), Job Enlargement (z. B. breiteres Aufgabenspektrum), Job Enrichement (z. B. mehr Entscheidungskompetenz) und autonome Arbeitsgruppen.105 Die Vergütungssysteme gestalten sich sehr unterschiedlich. Medienunternehmen beschäftigen fest angestellte Reporter und Künstler. Daneben arbeiten Medienunternehmen auch mit Freiberuflern zusammen.106 Aufgrund der instabilen Medienmärkte besteht die Mehrzahl der Beschäftigungsverhältnisse aus befristeten Verträgen, Personalleasing, Freelancern und Selbstständigen.107 Medienprodukte werden aufgrund ihrer Komplexität in Projektarbeit hergestellt. Durch unterschiedliche Netzwerke (z. B. Beschaffung, Herstellung, Vertrieb etc.) kann auf spezialisierte Fähigkeiten und Fertigkeiten der Beschäftigten zurückgegriffen werden.108 Eine standardisierte Ausbildung zur Qualitätssicherung und Koordination in der journalistischen Arbeit fehlt. Die praktische Ausbildung erfolgt meist „on the Job“. Viele nutzen die Möglichkeit, durch den Quereinstieg einen Job in der Medienbranche zu erhalten. Dadurch erschöpft sich das Angebot an Arbeitskräften selten. Die journalistische Qua-

101

vgl. ebd., 71-72. vgl. Nausner, Peter, Kontexte und Aufgabenfelder von Medienmanagement, in: Karmasin, Matthias/Winter, Carsten (Hrsg.), Grundlagen des Medienmanagements, München (Fink) 2. Aufl. 2002, 115. 103 vgl. Heinrich, Jürgen, Medienökonomie. Mediensystem, Zeitung, Zeitschrift, Anzeigenblatt, Wiesbaden (Westdeutscher Verlag) 2. Aufl. 2001, 96. 104 vgl. Schumann, Matthias/Hess, Thomas, Grundfragen der Medienwirtschaft. Eine betriebswirtschaftliche Einführung, Berlin-Heidelberg-New York (Springer) 2. Aufl. 2002, 74-77. 105 vgl. ebd., 94. 106 vgl. ebd., 10. 107 vgl. ebd., 89-91. 108 vgl. Nausner, Peter, Kontexte und Aufgabenfelder von Medienmanagement, in: Karmasin, Matthias/Winter, Carsten (Hrsg.), Grundlagen des Medienmanagements, München (Fink) 2. Aufl. 2002, 117. 102

25 lität und ökonomische Effizienz werden durch die starke Individualethik (z. B. Wertorientierung), Professionsethik und Institutionsethik gesichert.109 Konfliktreich ist die Differenz zwischen ökonomischen (z. B. Gewinn, Marktanteil, Kundenanteil, Rentabilität, Marktbeherrschung) und publizistischen Werten. Die hohe intrinsische Motivation (z. B. Freiheit, Unabhängigkeit, Leidenschaft) der Mitarbeiter befindet sich in einem heftigen Konflikt mit den reell asymmetrisch existierenden Hierarchie-, Macht- und Autoritätsbestrebungen innerhalb der Medienbranche.110 Im Vordergrund steht die Vermarktung, nicht das Kulturgut.111 Der Wettbewerbsdruck wird verstärkt durch die Konvergenztendenzen innerhalb der Informations-, Kommunikations- und Mediensektoren. Weiterhin befindet sich die Inhaltserzeugung nicht mehr ausschließlich in der Hand von Medienunternehmen (z. B. Internet: My Video, YouTube).112 Die Mitarbeiter sind sich dieser Konkurrenz und Risiken bewusst. In einer repräsentativen Umfrage von 2.400 Beschäftigten von ARD und ZDF zeigte Oberst-Hundt, dass vor allem der Quotendruck, verschärfter Programmwettbewerb von 66,5 % und Rationalisierungsmaßnahmen, interne Reorganisation, Outsourcing von 57,8 % kritisch beobachtet werden.113 2.4.3

Leistungen von Medienunternehmen

Schumann und Hess betonen, dass die Aufgabe von Medienunternehmen in der Erzeugung, Bündelung und der Distribution von Inhalten besteht.114 Dabei werden beispielsweise von Verlagen und Sendern bestimmte Inhalte „[...] selektiert, aufbereitet und zu überschaubaren Einheiten gebündelt [...]“. Eine wichtige Dienstleistung von Medienunternehmen verkörpert die Kopplung der Werbebotschaft mit einem redaktionellen Inhalt. Medienunternehmen unterstützen die werbetreibende Industrie bei der Produktion und der Verbreitung ihrer Werbemaßnahmen.115 Da Massenmedien die breite Öffentlichkeit erreichen, beeinflussen sie die Meinungsbildung innerhalb der Gesellschaft. Die Leistungen von Medienunternehmen lassen sich in künstle109

vgl. Heinrich, Jürgen, Medienökonomie. Mediensystem, Zeitung, Zeitschrift, Anzeigenblatt, Wiesbaden (Westdeutscher Verlag) 2. Aufl. 2001, 177-178. 110 vgl. Marrs, Kira, Zwischen Leidenschaft und Lohnarbeit. Ein arbeitssoziologischer Blick hinter die Kulissen von Film und Fernsehen, Berlin (Sigma) 2007, 177. 111 vgl. Maier, Matthias, Medienmanagement als strategisches Management, in: Karmasin, Matthias/Winter, Carsten (Hrsg.), Grundlagen des Medienmanagements, München (Fink) 2. Aufl. 2002, 65-66. 112 vgl. Nausner, Peter, Kontexte und Aufgabenfelder von Medienmanagement, in: Karmasin, Matthias/Winter, Carsten (Hrsg.), Grundlagen des Medienmanagements, München (Fink) 2. Aufl. 2002, 115-119. 113 vgl. Oberst-Hundt, Christina, Wer wir sind und wie wir arbeiten. Ergebnisse der „Befragung zur Situation der Beschäftigten im öffentlich-rechtlichen Rundfunk“, Berlin (ver.di) 2002, 7, 20-21. 114 vgl. Schumann, Matthias/Hess, Thomas, Grundfragen der Medienwirtschaft. Eine betriebswirtschaftliche Einführung, Berlin-Heidelberg-New York (Springer) 2. Aufl. 2002, 9. 115 vgl. ebd., 39-42.

26 risch-journalistische Produkte und ökonomische Produkte aufteilen. Das künstlerischjournalistische Produkt (z. B. Nachricht) entsteht aus spezifischen Kompetenzen einer einzelner Person oder eines Teams. Es wird nicht vorrangig erzeugt, um einen Gewinn zu erwirtschaften. Das ökonomische Produkt (z. B. DVD) besteht aus Komponenten des künstlerischjournalistischen Produktes. Mithilfe von Marktstrategien und abgestimmten Produktionsprozessen sollen Nachfrager zu einem Erwerb des Produktes bewegt werden. Das ökonomische Produkt soll die Wertschöpfung eines Unternehmens erhöhen (z. B. Gewinn, Steigerung der Aufmerksamkeit).116 2.5

Systemtheorie

Die Theorie sozialer Systeme beschreibt die komplexen Vernetzungen und Strukturen innerhalb der Gesellschaft. Die Systemtheorie erhebt den Anspruch, zeitliche und räumliche Entwicklungen umfassend analysieren zu können. Eine einheitliche Systemtheorie des Sozialen existiert nicht. Vielmehr durchlief die Systemtheorie mehrere Entwicklungsschritte und wurde in unterschiedliche Ansätze aufgespalten, dessen Vertreter die Systemtheorie ganz unterschiedlich weiterentwickelten. Parson entwarf eine strukturell-funktionale Systemtheorie. Nach Parson bilden Systeme bestimmte Funktionssysteme aus. Die Funktionssysteme helfen dabei, Komplexität zu reduzieren. Parson untersuchte, welche Leistungen Systeme erbringen müssen, um ihre Systemstruktur zu erhalten. Wie eine spezifische Systemstruktur entsteht, kann die strukturell-funktionale Systemtheorie nicht erklären, da eine Systemstruktur der einzelnen Funktionssysteme bereits vorausgesetzt wird.117 Der systemfunktionale Ansatz betrachtet soziale Systeme als anpassungsfähige, zielorientierte, komplexe Einheiten. Die Systemstrukturen dienen der Stabilisierung von Systemprozessen und werden über die Kommunikation und die Verarbeitung von Informationen erzeugt. Dieser Systemansatz erklärt unter Berücksichtigung dynamischer Umweltbedingungen, wie Strukturveränderungen in Systemen entstehen. Durch die Umweltanalyse eines Systems können die Bedingungen der strukturellen Anpassungsleistungen eines sozialen Systems abgeleitet werden.118 116

vgl. Heinrich, Jürgen, Medienökonomie. Mediensystem, Zeitung, Zeitschrift, Anzeigenblatt, Wiesbaden (Westdeutscher Verlag) 2. Aufl. 2001, 17-18, 189-190. 117 vgl. Willke, Hellmut, Systemtheorie I, Grundlagen. Eine Einführung in die Grundprobleme der Theorie sozialer Systeme, Stuttgart (Lucius & Lucius) 5. Aufl. 1996, 5; vgl. Parsons, Talcott, Social systems and the evolution of action theory, New York (Free Press) 1977, 179. 118 vgl. Willke, Hellmut, Systemtheorie I, Grundlagen. Eine Einführung in die Grundprobleme der Theorie sozialer Systeme, Stuttgart (Lucius & Lucius) 5. Aufl. 1996, 6.

27 Luhmann, als ein Vertreter des funktional-strukturellen Ansatzes, analysierte die Systemfunktionen einzelner Funktionssysteme (z. B. Rechtssystem, Mediensystem). Er betrachtet die Umwelt als Bedingung für die Existenz von Funktionssystemen.119 Mit Zunahme der Umweltkomplexität durch Verdichtung und Vergrößerung der Gesellschaft differenzierten sich die Funktionssysteme in immer kleiner werdende Subsysteme.120 Die „System-UmweltDifferenz“121 wird konstruiert durch die operativ sinnhafte Komplexitätsreduktion. Mithilfe des funktional-strukturellen Ansatzes können komplexe Sachverhalte in der sozialen Gesellschaft erfasst werden. Neben der Analyse von Gleichgewichts- und Systemerhaltungsprozessen können ferner Wandlungsprozesse innerhalb der Gesellschaft und die Systembildung untersucht werden.122 Während im systemfunktionalen Ansatz die internen Selektionsprozesse im Vordergrund standen, analysierte der funktional-strukturelle Ansatz die Stabilisierungs- und Systembildungsprozesse. Beide Ansätze berücksichtigen nur bedingt die evolutionären Aspekte der Entstehungsgeschichte von Systemen. Diese Lücke füllte der funktional-genetische Ansatz aus. Er erklärte die evolutionäre Genese von Systemen.123 Die selbstreferenzielle Systemtheorie konzentrierte sich auf die Erklärung komplexer Interaktionsprozesse zwischen psychischen und sozialen Systemen. Mit der von den Biologen Maturana und Varela formulierten „Theorie der Autopoiesis“ konnten die Wechselbeziehungen zwischen unterschiedlichen Systemklassen (lebende und soziale Systeme) erforscht werden. Weiterhin wurden Steuerungsmechanismen gefunden, die eine zielgerichtete Beeinflussung sozialer Akteure innerhalb unterschiedlicher Systemklassen ermöglichen.124 2.5.1

Theorie selbstreferentieller Systeme

Die Theorie der selbstreferentiellen Systeme beschreibt die Wechselbeziehungen zwischen unterschiedlichen Systemen und ihren Komponenten. Es können die Systemgrenzen zwischen

119

vgl. Luhmann, Niklas, Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie, Frankfurt am Main (Suhrkamp) 1984, 15-29. 120 vgl. Hejl, Peter M., Durkheim und das Thema der Selbstorganisation, Siegen (Lumis) 1988, 57. 121 Als „System-Umwelt-Differenz“ wird die Außengrenze eines Systems bezeichnet. Durch das Kopieren („reentry“) der Außengrenze in ein System (Luhmann in Anlehnung an Spencer-Brown) werden Differenzierungen erst möglich. 122 vgl. Willke, Hellmut, Systemtheorie I, Grundlagen. Eine Einführung in die Grundprobleme der Theorie sozialer Systeme, Stuttgart (Lucius & Lucius) 5. Aufl. 1996, 7-8. 123 vgl. ebd., 8. 124 vgl. Maturan, Humberto R./Varela, Francisco J., Autopoiesis and cognition. The realization of the living, Dordrecht (Reidel) 1980, 118-123.

28 lebenden und sozialen Systeme, die unterschiedliche Systemdynamik sowie die Wechselwirkungen zwischen Subsystemen im Zeitablauf analysiert werden.125 Als ein selbstreferentielles System bezeichnet Barthelmess einen Prozess, in dem die Systemeinheiten durch ihre Eigendynamik auf sich selbst verweisen und somit immer wieder an sich selbst anschließen würden.126 Nach Luhmann verweisen soziale Systeme durch das Prozessieren sinnhafter Kommunikation auf sich selbst. Durch diese Operation stehen soziale Systeme in Beziehung zu ihrer Umwelt und grenzen sich gleichzeitig von ihr ab.127 Das psychische System operiert nach Luhmann nicht durch Kommunikation, sondern auf der Basis von Bewusstsein. Das kognitive System besteht aus einem lernenden kognitiven Bewusstseinsnetzwerk. Dieses enthält Bindungen und Schaltungen. Dadurch kann das psychische System durch kognitive Prozesse an das bewusste Selbst über sinnvolle Bedeutungszuweisung anschließen.128 Das soziale und das psychische System operieren getrennt voneinander. Das psychische System ist jedoch energetisch (z. B. Sauerstoff) und materiell (z. B. Organsystem) vom biologischen System abhängig. Über strukturelle Kopplungen verlaufen materielle (z. B. neuronales Netzwerk im Gehirn) und energetische (z. B. Wahrnehmen, Denken, Fühlen) Austauschprozesse. Das psychische System ist ebenfalls von der Systemorganisation des lebenden Systems abhängig.129 Um kommunizieren zu können, bedarf es eines sinnlich wahrnehmenden Bewusstseins. Über „Sinn“ als vermittelnde Operation zwischen sozialem und psychischem System gelingt die wechselseitige Interpenetration.130 Für Luhmann bedeuten psychisches und soziales System füreinander Umwelt. Beide Systeme operieren voneinander getrennt und selektieren aus ihrer Umwelt, was für sie sinnvoll erscheint. Somit besitzt kein System einen unmittelbaren Einfluss auf das andere System. Über sinnvolle Selektionsoperationen verringern beide Systeme ihre äußere Umweltkomplexität und steigern zugleich ihre innere Systemkomplexität. Der Mensch als Individuum sei nach 125

vgl. Hejl, Peter M., Die Entwicklung der Organisation von Sozialsystemen und ihr Beitrag zum Systemverhalten, in: Rusch, Gebhard/Schmidt, Siegfried J. (Hrsg.), Konstruktivismus und Sozialtheorie, Frankfurt am Main (Suhrkamp) 1994, 116. 126 vgl. Barthelmess, Manuel, Systemische Beratung. Eine Einführung für psychosoziale Berufe, WeinheimBasel (Beltz) 2. Aufl. 2001, 31. 127 vgl. Luhmann, Niklas, Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie, Frankfurt am Main (Suhrkamp) 1984, 31. 128 vgl. Barthelmess, Manuel, Systemische Beratung. Eine Einführung für psychosoziale Berufe, WeinheimBasel (Beltz) 2. Aufl. 2001, 64-65. 129 vgl. Rusch, Gebhard, Eine Kommunikationstheorie für kognitive Systeme. Bausteine einer konstruktivistischen Kommunikations- und Medienwissenschaft, in: Rusch, Gebhard (Hrsg.), Konstruktivismus in der Medien- und Kommunikationswissenschaft, Frankfurt am Main (Suhrkamp) 1999, 155. 130 vgl. Luhmann, Niklas, Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie, Frankfurt am Main (Suhrkamp) 1984, 357.

29 Luhmann ein Teilnehmer an Interaktionsbeziehungen in sozialen Systemen í und dies allein über die Kommunikationsoperation. Soziale Systeme würden nur aus Kommunikation und nicht aus Individuen bestehen.131 Der Mensch bestehe daher aus einem biologischen und einem psychischen System, welche beide durch systemspezifische Operationen von ihrer Umwelt ausdifferenzieren, eigene Systemgrenzen bilden und an diesen Systemgrenzen Beziehungen132 zueinander herstellen würden.133 Luhmann untersuchte nicht Individuen, sondern die Gesellschaft sowie deren Ausdifferenzierung in einzelne Funktionssysteme. Er erforschte die Systemdynamik sich selbstorganisierender Systeme.134 Die Selbstorganisation eines Systems bezeichnet den Prozess, in dem sich das System aus seinen eigenen Elementen produziert und reproduziert. Der Biologe Maturana beschrieb diesen Prozess für lebende Systeme unter dem Begriff der „Autopoiesis“.135 Luhmann übertrug die „Theorie der Autopoiesis“ auf nicht lebende Systeme.136 Um die Wechselwirkungen zwischen psychosozialen Systemen zu veranschaulichen, eignet sich der konstruktivistische Entwurf einer Sozialtheorie von Hejl. Er definiert handelnde Individuen als Komponenten eines Sozialsystems. Diese Komponenten bilden über Interaktionen137 gemeinsame Realitäten aus; daraus leiten sie sinnvolle oder sinnlose Handlungsprogramme ab.138 Hejl beschreibt soziale Systeme als „synreferentielle Systeme“.139 Durch den Ansatz der „synreferentiellen Systeme“ können Eigenschaften und Strukturen des sozialen Lernens mit dem biologischen Systemkonzept ergänzt werden.140 Weiterhin ist es möglich, die Systemdynamik zwischen sozialen und lebenden Systemen zu analysieren.141 131

vgl. ebd., 192. vgl. ebd., 92: Niklas Luhmann nennt diese Beziehungen „strukturelle Kopplungen“. Besonders starke strukturelle Kopplungen bezeichnet er, nach Parson, als „Interpenetration“. 133 vgl. ebd., 290; vgl. Parsons, Talcott, Social systems and the evolution of action theory, New York (Free Press) 1977, 173-174. 134 vgl. Sagebiel, Juliane/Vanhoefer, Edda, Es könnte auch anders sein. Systemische Variationen der Teamberatung, Heidelberg (Carl-Auer) 2006, 61. 135 vgl. Maturan, Humberto R./Varela, Francisco J., Autopoiesis and cognition. The realization of the living, Dordrecht (Reidel) 1980, 112. 136 vgl. Luhmann, Niklas, Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie, Frankfurt am Main (Suhrkamp) 1984, 168. 137 Als „Interaktionen“ werden Handlungen und Kommunikation bezeichnen. Diese werden von Individuen erzeugt. 138 Hejl, Peter M., Management und Selbstregulierung, in: Hejl, Peter M./Stahl, Heinz K. (Hrsg.), Management und Wirklichkeit. Das Konstruieren von Unternehmen, Märkten und Zukünften, Heidelberg (Carl-Auer) 2000, 113. 139 vgl. Hejl, Peter M., Konstruktion der sozialen Konstruktion. Grundlinien einer konstruktivistischen Sozialtheorie, in: Schmidt, Siegfried J. (Hrsg.), Der Diskurs des Radikalen Konstruktivismus, Frankfurt am Main (Suhrkamp) 1987, 327. 140 vgl. Hejl, Peter M., Management und Selbstregulierung, in: Hejl, Peter M./Stahl, Heinz K. (Hrsg.), Management und Wirklichkeit. Das Konstruieren von Unternehmen, Märkten und Zukünften, Heidelberg (Carl-Auer) 2000, 112. 141 vgl. ebd., 116. 132

30 2.5.2

Systembildung

Aus der Perspektive des radikalen Konstruktivismus können Menschen die Wirklichkeit nicht objektiv wahrnehmen. Jedes Individuum konstruiert über seine kognitiven Strukturen eine eigene subjektive Wirklichkeit. Der soziale Konstruktivismus beschreibt die Interaktionsprozesse, mit deren Hilfe sich Individuen ihre eigene Wirklichkeitskonstruktion erschaffen.142 Lebende und soziale Systeme beeinflussen sich wechselseitig. Aufgrund der zunehmenden Kontingenz143 spaltete sich das soziale Gesellschaftssystem in kleinere Funktionssysteme auf. Dadurch konnte das Überleben der biologischen Systeme gesichert werden. Die Funktionssysteme bieten Orientierung, verringern die Komplexität und erzeugen Sicherheit. Erst auf diese Weise konnten die selbstreferentiellen Kapazitäten der Kognition wirksam werden (z. B. Schaffung neuer Produktionsformen, Dienstleistungen).144 „Menschen leben sozial aus biologischen Gründen und können biologisch sein, weil sie sozial leben.“145 Die lebenden Systeme operieren auf physikalisch-chemischem Niveau. Die Theorie der autopoietischen Systeme besagt, dass lebende Systeme „[...] energetisch offen, aber funktional und informationell geschlossen [...]“ operieren.146 Das sensomotorische Organ Ohr beispielsweise registriert energetische Schallwellen. Im Gehirn werden diese Informationen durch Kognitionsprozesse mit bestimmten Gedanken, Emotionen und Erinnerungen verknüpft. Die Wahrnehmung bezeichnet Roth als „[...] Bedeutungszuweisung zu an sich bedeutungsfreien neuronalen Prozessen, ist Konstruktion und Interpenetration“147. Empfindungen entstehen demnach nicht durch die Sinnesorgane selbst, sondern durch die Verarbeitungsprozesse in sensorspezifischen Hirnregionen. Ob eine Situation als Bedrohung wahrgenommen wird, hängt nicht von den äußeren Reizen ab, sondern wie diese Wahrnehmung über das kognitive System verarbeitet wird.148 Ein selbstreferentielles System

142

vgl. Hejl, Peter M., Konstruktion der sozialen Konstruktion. Grundlinien einer konstruktivistischen Sozialtheorie, in: Schmidt, Siegfried J. (Hrsg.), Der Diskurs des Radikalen Konstruktivismus, Frankfurt am Main (Suhrkamp) 1987, 303; vgl. LeDoux, Joseph E., Cognitive-emotional interaction in the brain, in: Cognition and Emotion 3 (1989), 267-268. 143 vgl. Willke, Helmut 1996, 264: Unter „Kontingenz“ wird die Möglichkeit bezeichnet, dass ein System in einer bestimmten Situation auch unerwartete Erfahrungen machen kann. Ein System kann niemals völlige Erwartungssicherheit erlangen. 144 vgl. Hejl, Peter M., Konstruktion der sozialen Konstruktion. Grundlinien einer konstruktivistischen Sozialtheorie, in: Schmidt, Siegfried J. (Hrsg.), Der Diskurs des Radikalen Konstruktivismus, Frankfurt am Main (Suhrkamp) 1987, 315. 145 ebd. (Hervorhebung im Original). 146 vgl. ebd., 308. 147 vgl. Roth, Gerhard, Selbstorganisation í Selbsterhaltung í Selbstreferentialität. Prinzipien der Organisation der Lebewesen und ihre Folgen für die Beziehung zwischen Organismus und Umwelt, in: Kuppiers, Günter (Hrsg.), Selbstorganisation. Die Entstehung von Ordnung in Natur und Gesellschaft, München (Piper) 1986, 170. 148 vgl. ebd., 168-169.

31 verändert die Zustände seiner Komponenten in operational geschlossener Weise.149 So verweisen Neuronenverbindungen auf andere Neuronen, ein Gedanke auf einen anderen Gedanken, eine Emotion auf eine andere Emotion. Diese selbstreferentielle Operationsweise ist die Ursache für den Konservatismus kognitiver Systeme. Es werden Verhaltenszustände bevorzugt, die sich in der Vergangenheit als erfolgreich erwiesen haben.150 Das Gehirn als ein Subsystem eines lebenden Systems verkörpert ein geschlossenes selbstreferentielles System. Es lernt durch kognitive Selbstdifferenzierungsprozesse (z. B. Erfahrungen) und evolutionär ausdifferenzierte Wahrnehmungskapazitäten.151 Es ist jedoch kein selbsterhaltendes System, da es durch energetische strukturelle Kopplungen (z. B. Energie aus Zuckermolekülen) an das materielle biologische Organsystem gebunden ist.152 Lebende Systeme sind dagegen selbsterhaltende Systeme. Hejl definiert selbsterhaltende Systeme als Systeme, „[...] in denen selbstorganisierende Systeme sich selber in operativer geschlossener Weise erzeugen“153. Selbsterhaltende Systeme sind nicht an die Lebensdauer ihrer Komponenten gebunden und grenzen sich über materielle Oberflächen von der Außenwelt ab (z. B. Haut).154 Das lebende System erzeugt sich durch seine Elemente selbst und kann sich daher selbst erhalten. Der menschliche Körper als lebendes System ist ein selbsterhaltendes System, da es energetisch offen (z. B. Sauerstoff zum Atmen), aber funktional (z. B. Muskelkontraktion) und informationell (z. B. Kognition) geschlossen operiert.155

149

vgl. Hejl, Peter M., Konstruktion der sozialen Konstruktion. Grundlinien einer konstruktivistischen Sozialtheorie, in: Schmidt, Siegfried J. (Hrsg.), Der Diskurs des Radikalen Konstruktivismus, Frankfurt am Main (Suhrkamp) 1987, 307. 150 vgl. ebd., 327. 151 vgl. ebd., 328; vgl. Roth, Gerhard, Selbstorganisation – Selbsterhaltung – Selbstreferentialität, München (Piper) 1986, 172; vgl. Storch, Maja, Die Bedeutung neurowissenschaftlicher Forschungsansätze für die psychotherapeutische Praxis, in: Psychotherapie 7 (2002), 281. 152 vgl. Hejl, Peter M., Konstruktion der sozialen Konstruktion. Grundlinien einer konstruktivistischen Sozialtheorie, in: Schmidt, Siegfried J. (Hrsg.), Der Diskurs des Radikalen Konstruktivismus, Frankfurt am Main (Suhrkamp) 1987, 308. 153 vgl. ebd., 307; vgl. Roth, Gerhard, Selbstorganisation í Selbsterhaltung í Selbstreferentialität. Prinzipien der Organisation der Lebewesen und ihre Folgen für die Beziehung zwischen Organismus und Umwelt, in: Kuppiers, Günter (Hrsg.), Selbstorganisation. Die Entstehung von Ordnung in Natur und Gesellschaft, München (Piper) 1986, 159. 154 vgl. Hejl, Peter M., Konstruktion der sozialen Konstruktion. Grundlinien einer konstruktivistischen Sozialtheorie, in: Schmidt, Siegfried J. (Hrsg.), Der Diskurs des Radikalen Konstruktivismus, Frankfurt am Main (Suhrkamp) 1987, 320. 155 vgl. Maturan, Humberto R./Varela, Francisco J., Autopoiesis and cognition. The realization of the living, Dordrecht (Reidel) 1980, 82-84.

32 Individuen operieren eigendynamisch. Die Außenwelt wird über die Sinnesorgane selektiv wahrgenommen und durch Kognitionsprozesse eine Vorstellung über die Außenwelt konstruiert.156 Soziale Systeme entstehen aus Interaktion zwischen lebenden Systemen.157 Jedes lebende System operiert auf Basis seiner eigenen intrapsychischen Dynamik. Die intrapsychische Dynamik lebender Systeme bestehen aus komplexen Verflechtungen zwischen Wahrnehmung, Denken und Fühlen. Die Grundlage für die physiologischen Operationsprozesse bilden körperliche Strukturen.158 Unter physiologischen Prozessen werden alle Lebensvorgänge inklusiver chemischer Vorgänge im Organismus verstanden. Zu den körperlichen Strukturen gehören beispielsweise die Sinnesorgane und Zellen. Als Kognition bezeichnet Barthelmess die Fähigkeit, psychische Prozesse (z. B. Denken) erfolgreich als interne Sachverhalte abzubilden (Wirklichkeitskonstruktionen). Diese Repräsentationen operieren unabhängig von sensorisch aufgenommenen Informationen.159 Der Prozess der Kognition kann als Organisationsprinzip interner Zustände beschrieben werden. Die internen Zustände eines Systems werden durch Vorstellungen über die Außenwelt beeinflusst; eine objektive Realität ist dem Gehirn nicht zugänglich. Als interne Zustände können bestimmte emotionale, chemische, kognitive Aktivitäten definiert werden. Über Sinnesorgane werden Sinnesreize aus der Umwelt wahrgenommen und durch das Gehirn umcodiert; dadurch konstruiert das kognitive System ein Bild der Umwelt, welches auf selektiven Prozessen der Wahrnehmung, des Schließens und des Entscheidens beruht.160 Das kognitive System operiert daher geschlossen und besitzt keinen direkten Zugang zur objektiven Welt. Aus den soeben genannten Differenzierungsprozessen gehen mit Bedeutung versehene Anschlusselemente hervor. Im Zuge dieser Erfahrungen können Erwartungen über zukünftige Interaktionen mit der Umwelt gebildet werden.161 Erfahrungen, die über stammesgeschichtliche Entwicklungen erworben wurden, sind als feste Handlungsprogramme (z. B. Reflexe) im 156

vgl. Hejl, Peter M., Konstruktion der sozialen Konstruktion. Grundlinien einer konstruktivistischen Sozialtheorie, in: Schmidt, Siegfried J. (Hrsg.), Der Diskurs des Radikalen Konstruktivismus, Frankfurt am Main (Suhrkamp) 1987, 309. 157 vgl. ebd., 306, 316. 158 vgl. Barthelmess, Manuel, Systemische Beratung. Eine Einführung für psychosoziale Berufe, WeinheimBasel (Beltz) 2. Aufl. 2001, 71; vgl. Ciompi, Luc, Die emotionalen Grundlagen des Denkens. Entwurf einer fraktalen Affektlogik, Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) 3. Aufl. 2005, 68. 159 vgl. Barthelmess, Manuel, Systemische Beratung. Eine Einführung für psychosoziale Berufe, WeinheimBasel (Beltz) 2. Aufl. 2001, 71-72. 160 vgl. Hejl, Peter M., Management und Selbstregulierung, in: Hejl, Peter M./Stahl, Heinz K. (Hrsg.), Management und Wirklichkeit. Das Konstruieren von Unternehmen, Märkten und Zukünften, Heidelberg (Carl-Auer) 2000, 12. 161 vgl. Barthelmess, Manuel, Systemische Beratung. Eine Einführung für psychosoziale Berufe, WeinheimBasel (Beltz) 2. Aufl. 2001, 65.

33 kognitiven System abgespeichert. Die Selbstreferenz des Gehirns ermöglicht, dass jede Komponente des Nervensystems durch die Eigenschaften der anderen Komponenten mit definiert wird. Die Wirklichkeit eines Individuums ist daher subjektiv konstruiert. Das Individuum kann von außen lediglich auf ein bestimmtes Ereignis hin orientiert werden. Aus diesem Grund fungiert Kommunikation als Orientierungsinteraktion.162 Die erfolgreiche Kommunikation enthält die Orientierung des Partners mit dem Ziel, dass er seine internen Zustände auf die Orientierungserwartung hin ausrichtet. Der Orientierte kann den Kommunikationspartner erst verstehen, wenn sich der Orientierte aufgrund seiner kognitiven Operationsleistung auf die Orientierungserwartung erfolgreich ausrichten kann.163 Die soziale Wirklichkeit vollzieht sich über Interaktionen im Diskurs zwischen sozialen Systemen. Durch selbstreferentielle Systembeobachtung werden die Systemgrenzen stabilisiert, und die eigene Systemdynamik wird organisiert. Die Systemgrenze eines sozialen Systems besteht aus Interaktionsgrenzen seiner Komponenten.164 Die Komponenten eines „synreferentiellen Systems“ bestehen aus Systemmitgliedern und der Systemorganisation. Die Systemgrenze des sozialen „synreferentiellen Systems“ ist beobachterabhängig und wird aus den Interaktionen zwischen den Komponenten gebildet. Alle nicht geteilten Interaktionen gehören zur Umwelt des sozialen Systems.165 Nach Hejl besteht ein soziales System aus einer „[...] Menge von Individuen [...]“, die für die Systemmitgliedschaft zwei Bedingungen erfüllen müssen: „Sie müssen (a) die gleichen Wirklichkeitskonstruktionen ausgebildet haben, [...] und sie müssen (b) mit Bezug auf diese Wirklichkeitskonstruktionen tatsächlich handeln und interagieren“166. In sozialen Systemen werden über gemeinsam erlebte Realitäten, die über Interaktionen zwischen Komponenten parallelisiert167 werden, gleiche Wirklichkeitskonstruktionen gebildet.168 Damit Individuen auch tatsächlich über gemeinsame Wirklichkeitskonstruktionen handeln,

162

vgl. Rusch, Gebhard, Eine Kommunikationstheorie für kognitive Systeme. Bausteine einer konstruktivistischen Kommunikations- und Medienwissenschaft, in: Rusch, Gebhard (Hrsg.), Konstruktivismus in der Medienund Kommunikationswissenschaft, Frankfurt am Main (Suhrkamp) 1999, 164. 163 vgl. ebd., 72. 164 vgl. Hejl, Peter M., Konstruktion der sozialen Konstruktion. Grundlinien einer konstruktivistischen Sozialtheorie, in: Schmidt, Siegfried J. (Hrsg.), Der Diskurs des Radikalen Konstruktivismus, Frankfurt am Main (Suhrkamp) 1987, 321. 165 vgl. Hejl, Peter M., Die Entwicklung der Organisation von Sozialsystemen und ihr Beitrag zum Systemverhalten, Frankfurt am Main (Suhrkamp) 1994, 117-118. 166 vgl. ebd., 113. 167 vgl. Hejl, Peter M. 1987, 327: Die Parallelisierung von Zuständen bezeichnen die Bewusstseinsprozesse, die der Erzeugung von Eigenschaften, d. h. gleicher Realitätskonstrukte dienen (z. B. Sinn, Bedeutung). 168 vgl. Hejl, Peter M., Konstruktion der sozialen Konstruktion. Grundlinien einer konstruktivistischen Sozialtheorie, in: Schmidt, Siegfried J. (Hrsg.), Der Diskurs des Radikalen Konstruktivismus, Frankfurt am Main (Suhrkamp) 1987, 327.

34 werden sie über Vorschriften, Regeln oder immer wiederkehrende Interaktionen abgesichert. Das gemeinsame Handeln kann gleichwohl nur unter Mitvollzug des erleidenden Systems zustande kommen. Im Unterschied zu Luhmann ist nicht die Kommunikation das gestaltende Element sozialer Systeme, sondern das handelnde Individuum. Die Systemorganisation beschreibt Hejl als einen in regelmäßigen Intervallen wiederkehrenden Interaktionsprozess zwischen den Komponenten des sozialen Systems. Das handelnde Individuum als lebendes System schildert Hejl „[...] als selbsterhaltende Verknüpfung selbstorganisierender oder selbsterzeugender Prozesse [...]“169. Diese Prozesse sind dynamisch. Die Systemzustände können sich durch spontanes Verhalten seiner Komponenten verändern.170 Teilnehmer an sozialen Systemen ist das Individuum. Ein Individuum zeichnet sich durch eigene soziokulturelle und autobiografische Werte, Handlungsroutinen, kognitive Leistungsfähigkeit und durch ein ausgebildetes Selbstbewusstsein aus. Da ein Individuum gleichzeitig Teilnehmer unterschiedlicher sozialer Systeme ist, besitzt es eine individuelle Systemdynamik. Ein „synreferentielles System“ ist durch seine Umweltoffenheit gekennzeichnet. Es operiert selektiv, da stets nur eine Teilmenge des Sozialsystems miteinander in Interaktionsbeziehungen zueinander steht. Innerhalb der Systemorganisation werden zwei Extrempunkte unterschieden: Die hierarchische Organisation, welche durch ein Maximum an Selektivität gekennzeichnet ist, und die heterarchische Organisation, die sich durch ein Minimum an Selektivität auszeichnet. Die in „synreferentiellen Systemen“ ausgebildeten Handlungsprogramme sind Teil der gemeinsamen Wirklichkeitskonstruktion und bestehen aus gemeinsam geteilten Werten, Normen, Erwartungen, Selbsteinschätzungen etc. Die Kultur eines Sozialsystems wird durch geteilte Wirklichkeitsvorstellungen geformt.171 Durch Veränderung der Rahmenbedingungen innerhalb des Sozialsystems kann es zur Veränderung der Systemdynamik kommen. Die lebenden Systeme verändern ihre Systemdynamik über reflexive Wahrnehmungsverarbeitung. Wenn daraufhin eine Vielzahl der Individuen ihre Verhaltensprogramme verändern, so kann daraus eine Veränderung der Gesamtsystemdynamik (z. B. Teamkultur) resultieren.172

169

vgl. ebd., 308. vgl. Hejl, Peter M., Durkheim und das Thema der Selbstorganisation, Siegen (Lumis) 1988, 26. 171 vgl. Hejl, Peter M., Konstruktion der sozialen Konstruktion. Grundlinien einer konstruktivistischen Sozialtheorie, in: Schmidt, Siegfried J. (Hrsg.), Der Diskurs des Radikalen Konstruktivismus, Frankfurt am Main (Suhrkamp) 1987, 328. 172 vgl. Hejl, Peter M., Management und Selbstregulierung, in: Hejl, Peter M./Stahl, Heinz K. (Hrsg.), Management und Wirklichkeit. Das Konstruieren von Unternehmen, Märkten und Zukünften, Heidelberg (Carl-Auer) 2000, 117. 170

35 2.5.3

Unternehmen als soziales System

Ein Unternehmen ist Teil der Gesellschaft und somit ein soziales System.173 Zwischen Individuen als Komponenten eines sozialen Systems bestehen emergente174 Wechselbeziehungen.175 Während Luhmann soziale Systeme als autopoietische Systeme beschreibt, widerspricht Hejl dieser Definition. Für ihn erfüllen soziale Systeme nicht die Voraussetzung für autopoietische Systeme, da sie nicht „selbstorganisierend“176, „selbstreferentiell“177 oder „selbsterhaltend“178 seien. Hejl schlägt vor, soziale Systeme als „synreferentielle Systeme“ zu beschreiben, da sie durch lebende Systeme geschaffen, die physischen Komponenten nicht vom Sozialsystem selber erzeugt, die internen Zustände nicht alle vom Sozialsystem selber organisiert werden und weil alle Komponenten des Sozialsystems zu ihrer Umwelt Zugang haben.179 Die konstruktivistische Systemtheorie bezeichnet soziale Konflikte als unterschiedliche Wirklichkeitskonstrukte der lebenden Komponenten eines „synreferentiellen Systems“.180 An geteilten Wirklichkeitskonstruktionen richten Individuen ihre Komponentenrollen aus. Da sie Teilnehmer mehrerer „synreferentieller Systeme“ sind, kann es zu Problemen der Kombination dieser vielfältigen Rollen kommen. Als Komponenten „synreferentieller Systeme“ leisten Individuen Beiträge zur Systemorganisation. Jedes Individuum kann durch seine Systemdynamik die Systemdynamik des sozialen Systems beeinflussen. Soziale Systeme operieren durch Interaktionen. Die Systemgrenzen des sozialen Systems werden durch gemeinsame Wirklichkeitskonstrukte ausgebildet und stabili-

173 Die Begrifflichkeiten „soziales System“ und „synreferentielles System“ werden im Anschluss synonym verwendet. 174 vgl. Ciompi, Luc 2005, 131-133: Als emergente Wechselwirkungen wird die nicht-lineare Dynamik komplexer Systeme (z. B. Wetterentstehung, psychodynamische Energie) bezeichnet. Der Begriff des deterministischen Chaos stammt aus der Chaostheorie. Er beschreibt den Zustand zwischen Ordnung und Unordnung bzw. zwischen Zufall und linearen Gesetzmäßigkeiten. 175 vgl. Hejl, Peter M., Management und Selbstregulierung, in: Hejl, Peter M./Stahl, Heinz K. (Hrsg.), Management und Wirklichkeit. Das Konstruieren von Unternehmen, Märkten und Zukünften, Heidelberg (Carl-Auer) 2000, 109. 176 Hejl, Peter M. 1987, 306: „Als selbstorganisierend bzw. selbsterzeugend kann man Prozesse (oder Systeme) bezeichnen, die aufgrund bestimmter Anfangs- und Randbedingungen spontan entstehen als spezifische Zustände oder Folgen von Zustanden.“ (Hervorhebung im Original). 177 ebd., 307: „Selbstreferentielle Systeme sind Systeme, die die Zustände ihrer Komponenten in operational geschlossener Weise verändern.“ (Hervorhebung im Original). 178 ebd.: „Selbsterhaltende Systeme sind Systeme, in denen selbstorganisierende Systeme sich selber in operational geschlossener Weise erzeugen.“ 179 vgl. Hejl, Peter M., Konstruktion der sozialen Konstruktion. Grundlinien einer konstruktivistischen Sozialtheorie, in: Schmidt, Siegfried J. (Hrsg.), Der Diskurs des Radikalen Konstruktivismus, Frankfurt am Main (Suhrkamp) 1987, 327. 180 vgl. Hejl, Peter M., Die Entwicklung der Organisation von Sozialsystemen und ihr Beitrag zum Systemverhalten, in: Rusch, Gebhard/Schmidt, Siegfried J. (Hrsg.), Konstruktivismus und Sozialtheorie, Frankfurt am Main (Suhrkamp) 1994, 112.

36 siert. Eine Systemgrenze lässt sich auch durch soziale Kontrollmechanismen (z. B. formale Vorschriften, informelle Regeln) stabilisieren. Hejl unterscheidet aktive und passive Systeme. Ein aktives System führt Interaktionen mit anderen Komponenten durch. Das passive System hat Vorstellung über Wirklichkeitskonstruktionen und bezieht sie auf Systeme und/oder auf Systemkomponenten (z. B. ästhetische Normen, Vorstellung über eigenes Selbst). Aktive Systeme handeln auf Grundlage der passiven Systeme.181 Das Individuum, welches auf der Grundlage eigener Vorstellungen bzw. Wirklichkeitskonstruktionen handelt, kann nur Komponente eines sozialen Systems sein, insofern es die Bedingungen für die Systemmitgliedschaft erfüllt. Die Organisation eines sozialen Systems schildert Hejl als stabile wiederkehrende Interaktionsprozesse zwischen den Komponenten eines Systems. Sie ist eine selektive Input-OutputBeziehung und autonom gegenüber ihren Komponenten. Sie kann entweder spontan aus sozialen Interaktionen oder durch Einhaltung formaler Vorschriften entstehen.182 Der Mensch ist Teilnehmer des „synreferentiellen Systems“ Unternehmen (z. B. Vorstandsgremium, Team). Die Selektivität der Organisation wird durch ihre Komponenten erzeugt (z. B. Festlegung des Organigramms und Verantwortlichkeiten). „Organisation bezeichnet ein in der Regel notwendiges Netz von Input-Output-Beziehungen zwischen den Komponenten eines Systems.“183 Jeder Mensch verfügt über Freiheitsgrade, durch die er z. B. den Output ändern kann (z. B. weniger Interaktionen mit einem Arbeitskollegen). Manche Interaktionen können nicht stattfinden, da die Bedingungen (z. B. kognitive Eigendynamik, Kommunikationsnetze) nicht vorliegen. Damit eine Komponente handeln kann, muss sie von einem Ereignis184 erfahren. Die Systemorganisation steuert die Interaktionsbeziehungen. Die hierarchische Organisation ist durch eine „[...] lineare Abfolge von Inputs und Outputs [...]“ gekennzeichnet. Die heterarchische Organisation schließt alle Komponenten in ihre Entscheidungs- und Einflussprozesse ein.185 Die Selbstorganisation eines sozialen Systems entsteht durch die „[...] Wechselwirkung

181

vgl. ebd., 113-114. vgl. ebd., 117. 183 ebd., 119. 184 vgl. Hejl, Peter M. 1994, 120: Als „Ereignis“ werden Interaktionen und Geschehnisse an der Systemgrenze bezeichnet. 185 vgl. Hejl, Peter M., Die Entwicklung der Organisation von Sozialsystemen und ihr Beitrag zum Systemverhalten, in: Rusch, Gebhard/Schmidt, Siegfried J. (Hrsg.), Konstruktivismus und Sozialtheorie, Frankfurt am Main (Suhrkamp) 1994, 121-122. 182

37 zwischen der Komponentenebene und der Organisationsebene, die in einer Veränderung beider resultiert [...]“.186 Die Gesamtorganisation eines Unternehmens wird durch die Wechselwirkung mit individuellen Systemorganisationen (z. B. Wissen, Handlungsmuster, Systemstruktur wie kognitive Entwicklung) geprägt.187 Die Organisation eines Unternehmens besitzt zwei Eigenschaften. Sie ist autonom und selektiv. Autonom, da einzelne individuelle Verhaltensänderungen nicht zur Organisationsveränderung führen. Selektiv, da immer nur Teilbereiche in Interaktionsbeziehungen stehen. Daher wird die Organisation auch als „[...] ein selektives Netz von InputOutput-Beziehungen zwischen den Komponenten eines Systems [...]“ bezeichnet.188 Das Handeln in Organisationen erfolgt durch seine „synreferentiellen Teilsysteme“ (z. B. Team) und Komponenten (z. B. Angestellter, Betriebsvorschriften). Damit eine Komponente im Sinne der Organisation handeln kann, muss sie von einem Ereignis erfahren und dies im Rahmen parallelisierter Zustände bearbeiten können.189 In einer hierarchischen Organisation wirkt eine Komponente oder ein Subsystem als selbstreferentieller Regler. Das Ziel, umfangreiche Informationen und Wissen zu zentralisieren, kann aufgrund der Umweltkomplexität (z. B. Eigendynamik der Systemkomponenten) nicht vollständig erreicht werden. Daher kann aus dem Kontrollversuch eines Reglers die Überforderung der eigenen Systemdynamik resultieren (z. B. Unsicherheit, Machtmissbrauch, Aufsuchen externer Berater etc.). Hierarchische Organisationen sind nach Hejl erfolgreicher, wenn sie die Freiheitsgrade einzelner Systemkomponenten (opportunistisches Verhalten) integrieren. Durch die maximale Selektivität der Organisation wird diese Möglichkeit der Komplexitätsreduktion nicht erreicht.190 Bei einer heterarchischen Organisation kann eine Überforderung der Systemdynamik aufgrund der Entscheidungsvielfalt auftreten, da jede Komponente aufgrund ihrer Eigendynamik Entscheidungen trifft. Die Konsensfindung wird erschwert. Dementsprechend schlägt Hejl eine temporäre Hierarchisierung vor. Diese kann durch informelle Übereinkünfte (z. B. Mauscheleien) oder durch demokratische Entscheidungsformen (z. B. Abstimmung, Gremien) erfolgen. Gleichwohl besteht die Gefahr der Ausnutzung von Machtstrukturen zugunsten weni186

ebd., 125; vgl. Hejl, Peter M., Management und Selbstregulierung, in: Hejl, Peter M./Stahl, Heinz K. (Hrsg.), Management und Wirklichkeit. Das Konstruieren von Unternehmen, Märkten und Zukünften, Heidelberg (CarlAuer) 2000, 104. 187 vgl. ebd., 113. 188 vgl. ebd., 115. 189 vgl. ebd. 190 vgl. Hejl, Peter M., Die Entwicklung der Organisation von Sozialsystemen und ihr Beitrag zum Systemverhalten, in: Rusch, Gebhard/Schmidt, Siegfried J. (Hrsg.), Konstruktivismus und Sozialtheorie, Frankfurt am Main (Suhrkamp) 1994, 127.

38 ger Systemmitglieder. Daraus können sich Entwicklungen ergeben, die Interaktionen und Kommunikation „synreferentieller Systeme“ blockieren.191 Die daraus entstehenden Folgekosten können einer Verminderung der Systemleistung (z. B. durch verdeckte Konflikte) geschuldet sein. Selbstorganisation bezeichnet Hejl als Interaktionsmuster, das durch die Interaktion der aktiven Systemkomponenten gebildet wird.192 Das Konzept der Selbstorganisation könnte heterarchische und hierarchische Organisationsstrukturen dynamisieren. Diese Dynamisierung hilft dabei, schneller Entscheidungen zu treffen. Schwelende Konflikte könnten gelöst, die Entscheidungsakzeptanz („Commitment“) der Komponenten und die Leistungsbereitschaft erhöht werden. Bisher wird bei einer Veränderung von Organisationen (z. B. Veränderung der Unternehmenskultur) die Eigendynamik von Individuen übersehen.193 Daraus ergeben sich langfristig Minderungen der Systemleistungen. Das „synreferentielle“ Managementsubsystem ist eine Komponente des Unternehmenssystems. Durch Arbeitsteilung, mit Zugeständnis von Autonomie der einzelnen Teilsysteme und Individuen, kann ein Unternehmen produktiver arbeiten. Das Konzept der „synreferentiellen Systeme“ erlaubt, die Interaktionsbeziehungen zwischen lebenden und sozialen Systemen mit den dazugehörigen Komponenteneigenschaften zu beschreiben.194 Bei allen Ereignissen in „synreferentiellen Systemen“ muss die unterschiedliche individuelle Eigendynamik als kritischer Input berücksichtigt werden. Denn die Synreferenzialität wird durch die Selbstreferenz der Individuen geformt. Die Systemorganisation des Unternehmens ergibt sich aus den selektiven Interaktionsmustern seiner Komponenten.195

191

vgl. ebd., 128. vgl. ebd., 129; vgl. Wimmer, Rudolf, Das Team als besonderer Leistungsträger in komplexen Organisationen. Zur Renaissance des Teamgedankens in der gegenwärtigen Umgestaltung von Organisationen, in: http://osbi.com/ADMIN/ASSETS/files/Team%20LeistTr_gerkomplOrg%20RW2.pdf, abgerufen am 07.01.2012, 13. 193 vgl. Hejl, Peter M., Management und Selbstregulierung, in: Hejl, Peter M./Stahl, Heinz K. (Hrsg.), Management und Wirklichkeit. Das Konstruieren von Unternehmen, Märkten und Zukünften, Heidelberg (Carl-Auer) 2000, 116. 194 vgl. ebd., 111. 195 vgl. ebd., 113. 192

39

3

Untersuchungsrahmen

3.1

Mentales Modell

Im Rahmen des mentalen Modells werden die reziproken Wirkungen der Ängste innerhalb unterschiedlicher Systemarten untersucht. Die Systemdynamik wird auf den drei Systemebenen: Individuum als lebendes System, die Teamebene als „synreferentielles System“ und die Organisationsebene eines Medienunternehmens mit „synreferentiellem“ Managementsubsystem beschrieben. Jedes System beobachtet über die „System-Umwelt-Differenz“ seine Umwelt. Durch die Bildung von Systemgrenzen verringern die einzelnen Systeme die wahrgenommene Umweltkomplexität und stabilisieren dadurch ihre internen Operationsmechanismen (z. B. Reaktionskapazitäten). Über strukturelle Kopplungen beeinflussen die Systeme sich gegenseitig. Diese Interpenetrationen erhöhen die interne Systemkomplexität. Die Anpassungsprozesse eines Systems können leistungssteigernde oder leistungsmindernde Wechselwirkungen auf andere Systeme ausüben. Die Wechselwirkungen zwischen den Systemen beeinflussen die Selbstorganisationsprozesse aller anderen Systeme. Medienmarktanforderungen - doppelten Markt bedienen - Informationsvielfalt - Konkurrenzvielfalt - Medienkonvergenz - Rechtsvorschriften Organisationsanforderungen - Verbundvorteile nutzen - Nachfrageschwankungen ausgleichen - Qualitätsschwankungen ausgleichen - Vertrauen und Glaubwürdigkeit - effiziente Strukturen

Ängste im Individuum

Ängste in

Individualleistung

Teamleistung

Teams Produktionsanforderungen - Termindruck - Innovationsdruck - Aufgabenvielfalt - geringe Aufgabenähnlichkeit - Kostenkalkulation Personalanforderungen - Flexibilität - Teamfähigkeit - soziale Kompetenz - Selbstorganisation - Belastbarkeit - intrinsische Motivation

Ängste in

Unternehmensleistung

Medienorganisation

Abbildung 1: Reziproke Wirkdynamik auf Teamleistung Quelle: Eigene Darstellung.

S. Sorge, Angst und Leistung in Teams der Medienwirtschaft, DOI 10.1007/978-3-8349-3890-9_3, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012

40 3.1.1

Individuum als lebendes System

Das lebende System besteht aus biologischen Organsubsystemen und psychischen Subsystemen. Lebende Systeme sind autopoietische Systeme. Das lebende System operiert informationell und funktional geschlossen, indes energetisch offen. Die Systemgrenzen zur Umwelt bildet ein lebendes System durch seine materiellen Oberflächen (z. B. Haut). Auf Grundlage des Organsystems finden energetische Austauschprozesse zwischen psychischem System und biologischem System statt. Die Emotionen wirken als energetische Attraktoren und koppeln das psychische System (das Bewusste und das Unbewusste) mit den „synreferentiellen Systemen“.196 Da das lebende System selbst permanente Vernetzungen über seine kognitive Strukturen zu seinen internen Elementen (z. B. Erfahrungen) herstellt, steigert es seine interne Systemkomplexität. Jedes Individuum besitzt eine spezifische Eigenkomplexität. Durch Selbstreflexion197 und Fremdreflexion198 erkennt es, was ihm fehlt, und schafft daher selbst die Voraussetzungen für Aufmerksamkeit, um etwas Neues in seiner Umwelt wahrnehmen zu können. Die Angstemotion strukturiert, organisiert und motiviert „Fühl-, Denk- und Verhaltensprogramme“.199 Das lebende System ist ein selbstorganisierendes System, da es seine Elemente in geschlossener Operationsweise selbst erzeugt (z. B. Gedanken, Emotionen). Durch Prozessieren von Systemeinheiten schafft es sinnvolle Anschlussoperationen an andere Systeme und konstruiert damit selektiv seine individuelle Wirklichkeitsabbildung. Die Umwelt kann von einem lebenden System niemals objektiv in ihrer gesamten Komplexität erfasst werden. Auch die innerpsychische Komplexität kann nicht vollständig erfasst werden, da immer nur ein selektiver Teil im Bewusstsein aktiviert ist. Durch die Reduktion von interner und externer Komplexität wird das lebende System erst handlungsfähig. „Nur dank der kontextangepaßten(sic!) mobilisierenden, selektionierenden, hierarchisierenden, kohärenz- und kontinuitätsschaffenden Filterwirkungen der Affekte auf die Kognition gelingt es uns, die ungeheure Fülle von Informationen, die unserem »Denkapparat« aus extern-sensorischen wie internen Quellen fortwährend zufließen, sinnvoll zu beschränken.“200

196

vgl. Barthelmess, Manuel, Systemische Beratung. Eine Einführung für psychosoziale Berufe, WeinheimBasel (Beltz) 2. Aufl. 2001, 69; vgl. Ciompi, Luc, Die emotionalen Grundlagen des Denkens. Entwurf einer fraktalen Affektlogik, Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) 3. Aufl. 2005, 170-171. 197 vgl. Barthelmess, Manuel 2001, 31: Selbstreflexion bezeichnet das Prozessieren dynamischer Einheiten, in dessen Verlauf die Struktur der Einheit verändert wird und etwas Neues passiert. 198 vgl. ebd., 32: Fremdreferenz bezeichnet die Nutzbarmachung innersystemischer Prozesse, um eine Unterscheidung zur Umwelt herzustellen. 199 vgl. Ciompi, Luc, Die emotionalen Grundlagen des Denkens. Entwurf einer fraktalen Affektlogik, Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) 3. Aufl. 2005, 95-100. 200 ebd., 99.

41 3.1.2

Team als synreferentielles System

Das Team als „synreferentielles System“ besteht aus Systemmitgliedern und der Systemorganisation. Ein lebendes System wird Systemmitglied, wenn es auf Grundlage gleich ausgebildeter Wirklichkeitskonstruktionen handelt. „Synreferentielle Systeme“ sind keine autopoietischen Systeme, da sie nicht selbstorganisierend, selbsterhaltend und selbstreferenziell operieren.201 Sie operieren durch ihre spezifische Systemorganisation aus stabilen wiederkehrenden Interaktionsprozessen. Die Systemoperation der Systemorganisation ist selektiv und autonom. Bei Ausscheiden eines Systemmitglieds ändert sich daher nicht die gesamte Systemorganisation. Die Systemorganisation wird durch lebende Systeme mitgestaltet. Die Systemgrenze bilden gemeinsam geteilte Wirklichkeitskonstruktionen. Als strukturelle Kopplung zwischen den lebenden und dem „synreferentiellen System“ wirken Beziehungen (z. B. Vertrauensbeziehung, Angstbeziehung). Die Emotionen integrieren und energetisieren Beziehungen und wirken auf die lebenden Systeme zurück. Die Angstemotion organisiert und integriert kollektive kognitive Inhalte und Verhaltensbereitschaften. Ihre affektspezifische Operatorwirkung ist die ängstliche Distanzierung. Damit hemmt Angst die lustvolle soziale Annäherung.202 Die ängstlichen Beziehungen innerhalb eines Teams beeinflussen die Selektivität der Systemorganisation und damit die Systemdynamik des Teams. Innerpsychische und soziale Konflikte wirken auf neuronale Strukturen und reziprok auf „[...] das subjektive psychische Erleben und das zwischenmenschliche Verhalten [...]“203. Ängstliche Teamstimmungen wirken auf individuelles und kollektives Verhalten durch übergeordnete Affekt-Kognitionsbildungen (affektive Ansteckung).204 3.1.3

Medienorganisation mit synreferentiellem Managementsubsystem

Die Organisation eines Medienunternehmens mit „synreferentiellen“ Managementsubsystem wird durch seine Systemmitglieder mitgestaltet. Die Systemgrenze bilden gemeinsam geteilte Wirklichkeitskonstruktionen. Als strukturelle Kopplung zwischen den lebenden und dem „synreferentiellen System“ wirken Beziehungen. Die Angstemotion wirkt durch geteilte kollektive affektive Kognitionsbildung auf die Organisationsentscheidungen zurück und damit

201

vgl. Hejl, Peter M., Konstruktion der sozialen Konstruktion. Grundlinien einer konstruktivistischen Sozialtheorie, in: Schmidt, Siegfried J. (Hrsg.), Der Diskurs des Radikalen Konstruktivismus, Frankfurt am Main (Suhrkamp) 1987, 306-307. 202 vgl. Ciompi, Luc, Die emotionalen Grundlagen des Denkens. Entwurf einer fraktalen Affektlogik, Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) 3. Aufl. 2005, 249-250. 203 vgl. ebd., 92; vgl. Roth, Gerhard, Fühlen, Denken, Handeln. Wie das Gehirn unser Verhalten steuert, Frankfurt am Main (Suhrkamp) 2001, 263. 204 vgl. Ciompi, Luc, Die emotionalen Grundlagen des Denkens. Entwurf einer fraktalen Affektlogik, Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) 3. Aufl. 2005, 88.

42 auf die Organisationsleistung. Die Angstlogik koppelt psychische, biologische und andere „synreferentielle Systeme“ (z. B. Kooperationspartner) miteinander. Die Angst erzeugt langfristig hemmende Operatorwirkung auf Kooperationsbeziehungen. Die kollektive Angstlogik fokussiert die Aufmerksamkeit der „synreferentiellen Subsysteme“ (z. B. Management) auf affektentsprechende Inhalte (z. B. verengte Aufmerksamkeit auf Marktführer oder Shareholder).205 Die Unternehmensleistung wird durch fehlende Reaktionskompetenzen der „synreferentiellen Subsysteme“ (z. B. Management) begrenzt. Rahmenbedingungen, die das Management zu setzen versäumt (z. B. Qualifizierungsmaßnahmen, soziale Unternehmenskultur), wirken reziprok auf die lebenden Systeme zurück (z. B. Überforderung). Die lebenden Systeme beeinflussen durch ihre Eigendynamik die Systemorganisation der Subsysteme und der Gesamtorganisation. 3.2

Methodik der Untersuchung

Zur Bearbeitung des Untersuchungsthemas erfolgt eine Literaturanalyse. Dazu wird auf systemtheoretische Fachliteratur, systemtheoretische Beratungsliteratur, Literatur zur Medienwirtschaft sowie Fachliteratur aus dem Bereich der Psychologie und Neurobiologie zurückgegriffen. Weiterhin werden vorhandene empirische Studien und Untersuchungen aus den Bereichen der Arbeitssoziologie und Psychologie herangezogen. Daraus werden die reziproken leistungssteigernden oder leistungsmindernden Operatorwirkungen der Angst in der Medienwirtschaft innerhalb der drei Systemebenen herausgearbeitet. Der Untersuchung liegen die Untersuchungskategorien Medienmarktanforderungen, Organisations-anforderungen, Produktionsanforderungen und Personalanforderungen zugrunde. Danach wird folgende systemische Wirkdynamik beschrieben: Wirkung angstbesetzter Stimmungslagen auf Arbeitsprozesse, Grad der Selbstreflexion in angstbesetzten Stimmungslagen zur Systemstabilisierung, Grad der Leistungsbeschränkung der durch Ängste verursachten Abwehrreaktionen, Kompetenzen und Strategien der Emotionsregulierung und Konfliktlösung. Die systemtheoretische Wirkdynamik begründen die leistungssteigernden oder leistungsminderen Wechselwirkungen auf das „synreferentielle System“ Team.

205

vgl. ebd., 96.

43

4

Untersuchung

Für die Untersuchung ist es notwendig, die Arbeitsbedingungen innerhalb der heterogenen Medienbranche zu beschreiben. Es wird innerhalb der Systeme: Individuum, Team und Organisation eine Wirkdynamik geschildert, die Ängste hervorrufen kann. Innerhalb der drei Systemarten wird zwischen den Kategorien: Medienmarktanforderungen, Organisationsanforderungen, Produktionsanforderungen und Personalanforderungen differenziert. Das Ziel der Analyse besteht in der Erfassung der reziproken Wirkdynamik innerhalb der Medienbranche, welche Angst hervorruft, sowie der Analyse, wie diese Ängste auf ein Team zurückwirken. 4.1

Medienmarktanforderungen und reziproke Einflüsse auf Systeme

Unternehmen in der Medienwirtschaft sind besonderen Marktanforderungen ausgesetzt. Dazu zählen der doppelte Markt, der Zwang, aus einer großen Informationsvielfalt selektieren zu müssen, die Konkurrenzvielfalt, die zunehmende Medienkonvergenztendenzen sowie politische und regulative Rahmenbedingungen. 4.1.1

Wechselwirkung der Ängste auf lebende System

Das Individuum ist Teilnehmer an unterschiedlichen „synreferentiellen Systemen“ (z. B. Journalist beim WDR und Journalist bei RTL). Die Differenz zwischen eigenen Bedürfnissen und den Unternehmensanforderungen kann zu intrapsychischen Konflikten (z. B. eigenes qualitatives Anspruchsdenken vs. quantitatives Leistungsdenken) führen. Ein Journalist muss in seinem beruflichen Alltag die Informationsvielfalt selektieren und organisieren können. Die Informationsvielfalt kann die Verarbeitungskapazitäten eines Individuums übersteigen; daher orientieren sich Journalisten auch an anderen Medien (z. B. Orientierung an der BILDZeitung). Die Anpassungsdynamik der öffentlichen-rechtlichen an die privaten Hörfunk- und Rundfunkkonkurrenten wird von den lebenden Systemen beobachtet.206 Um den Ansprüchen des Medienmarktes zu genügen, wird von den vormals in Konkurrenz zueinander stehenden Redaktionen nun kooperatives Zusammenarbeiten gefordert. Gleichzeitig wird der Rückzug des Staates aus sozialen Sicherungssystemen beobachtet. Die Zunahme atypischer Beschäftigungsverhältnisse und die zunehmende engere Kopplung des Arbeitsplatzes an eine unsichere Medienmarktdynamik lösen Leistungs- und Existenzängste aus. Diese Tendenzen werden durch die Umfrage zu den Qualifizierungsmaßnahmen von festen und freien Beschäftigten im 206

vgl. Oberst-Hundt, Christina, Wer wir sind und wie wir arbeiten. Ergebnisse der „Befragung zur Situation der Beschäftigten im öffentlich-rechtlichen Rundfunk“, Berlin (ver.di) 2002, 20.

S. Sorge, Angst und Leistung in Teams der Medienwirtschaft, DOI 10.1007/978-3-8349-3890-9_4, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012

44 privaten Rundfunk in der Film-, Fernseh- und AV-Produktion bestätigt. 69 % der Befragten gaben an, eher unzufrieden bis sehr unzufrieden mit den Qualifizierungsmaßnahmen zu sein. Knapp 50 % der Befragten nehmen die Medienbrache als instabil wahr und würden wechseln, wenn sich eine passende Alternative ergäbe.207 Auch die Beschäftigten des öffentlichrechtlichen Rundfunks erachten die Qualifizierung und Weiterbildung mit 68,6 % als wichtigstes Thema zukünftiger Qualitätssicherung in ihrem Beruf.208 Das Individuum empfindet mangelnde Reaktionskompetenzen, Orientierungslosigkeit und Kontrollverlust als Stressoren im beruflichen Alltag. Die emotionale Angstreaktion koppelt das Individuum an die Medienmarktanforderungen. Dadurch ist das lebende System permanenten Interpenetrationen von außen ausgesetzt (z. B. Angst vor Arbeitsplatzverlust, Angst vor Ansehensverlust, Angst vor Neuerung, Angst vor Mehrarbeit).209 Eine Filmarchitektin erklärt zu ihrer persönlichen Anpassungsstrategie an die Konkurrenzsituation: „Aber es ist klar, wenn ich sage: Ich mache diesen Job nur, wenn ich eine Assistentin habe und eine doppelt besetzte Crew, dann rechnet sich der Produktionsleiter oder Produzent kurz aus, was ihn das kostet, und sagt: Okay, da nehme ich jemanden frisch von der Hochschule, ist mir doch egal, ob die Leute verschlissen werden oder nicht, nach dieser Produktion suche ich mir ein neues Team.“210 Diese Aussage beschreibt die Verunsicherung, dass unabhängig von den eigenen Erfahrungen und Qualifikationen der Mensch austauschbar ist. Das Individuum fühlt sich in seiner körperlichen und beruflichen Existenz bedroht. Die Filmarchitektin geht auf das Angebot ein, obwohl sie weiß, dass sie die von ihr erwartete Leistung unter hohem Zeit- und Belastungsdruck erstellen wird müssen. Die permanente Angst kann zur chronischen Belastung werden. Sie wirkt auf das Denken und Handeln.211 Während die „Mikroangst“ („Eustress“) vor unbedachten Handlungen schützt und lustvoll, motivierend und leistungsfördernd wirkt, wirkt sich die „Makroangst“ (Disstress)

207 vgl. Satzer, Rolf, Nicht nur Traumjobs. Vom Arbeiten und Verdienen in den Medien, Frankfurt am Main (Connexx) 2001, 14, 34. 208 vgl. Oberst-Hundt, Christina, Wer wir sind und wie wir arbeiten. Ergebnisse der „Befragung zur Situation der Beschäftigten im öffentlich-rechtlichen Rundfunk“, Berlin (ver.di) 2002, 19. 209 vgl. Buchinger, Kurt, Gruppenarbeit und Teamarbeit in Organisationen. Ideologie und Realität, in: Velmerig, Carl Otto/Schattenhofer, Karl/Schrapper, Christian (Hrsg.), Teamarbeit. Konzepte und Erfahrungen – eine gruppendynamische Zwischenbilanz, Weinheim-München (Juventa) 2004, 251, 261; vgl. Wimmer, Rudolf, Das Team als besonderer Leistungsträger in komplexen Organisationen. Zur Renaissance des Teamgedankens in der gegenwärtigen Umgestaltung von Organisationen, in: http://osb-i.com/ADMIN/ASSETS/files/ Team%20LeistTr_gerkomplOrg%20RW2.pdf, abgerufen am 07.01.2012, 8. 210 Marrs, Kira, Zwischen Leidenschaft und Lohnarbeit. Ein arbeitssoziologischer Blick hinter die Kulissen von Film und Fernsehen, Berlin (Sigma) 2007, 150. 211 vgl. ebd., 151; vgl. Kaluza, Gert, Gelassen und sicher im Streß, Psychologisches Programm zur Gesundheitsförderung, Berlin etc. (Springer) 2. Aufl. 1996, 25-34.

45 demotivierend, leistungshemmend, verunsichernd und kontrollschwächend aus.212 Bei anhaltender Makroangst steigt die Tendenz im lebenden System í im Sinne der Affektlogik der Angst í zur Distanzierung von „synreferentiellen Systemen“.213 4.1.2

Wechselwirkung der Ängste auf synreferentielles Teamsystem

Die technologischen Neuerungen der Digitalisierung ermöglichen medienübergreifende Teamarbeit. Dies geht einher mit dem Verschwimmen redaktioneller Systemgrenzen (z. B. Hörfunk und Fernsehen). Die alten Konkurrenzsituationen wandeln sich zu Kooperationsbeziehungen. Damit wird die Hoffnung verknüpft, besser auf flexible Markt- und Kundenbedürfnisse reagieren zu können. Der Wandlungsdruck wird von emotionalen Motivationsprozessen begleitet. Positive Emotionen wie Vertrauen und Verständnis fördern Interaktionsprozesse zwischen vormals getrennt arbeitenden Teamkulturen (z. B. Hörfunk und Fernsehen).214 Die Konvergenztendenzen führen zu neuen Anforderungen und Arbeitsbedingungen (z. B. unterschiedliche Redaktionsfristen koordinieren können). Ein Journalist sollte auch medienübergreifend arbeiten können. Die Bewältigung der gestiegenen Anforderungen innerhalb der Teamarbeit wird erschwert durch mangelnde formal geregelte Weiterbildung und qualifizierte Ausbildungsangebote.215 Die Ängste (z. B. Angst vor Arbeitsplatzverlust) koppeln die lebenden Systeme an das „synreferentielle System“ Team. So werden individuelle Fehler versucht zu vermeiden, da sonst das gesamte Team länger arbeiten muss. Das Individuum will keine negativen Emotionen der eigenen Person gegenüber auslösen.216 Die Angst wird als Kontrollinstrument in einem Team instrumentalisiert. Sie kann die Teamleistung steigern, da weniger Fehler gemacht werden. Sie kann die Teamleistung hemmen, da riskantes Verhalten und Flexibilität aus Angst vor Sanktionen vermieden werden. 212

vgl. Kapitel 2.1.4, Angst in der Managementlehre. vgl. Phillips, Katharine W./Lount, Robert B., The affective consequences of diversity and homogeneity in groups, in: Mannix, Elizabeth A./Neale, Margaret/Anderson, Cameron P. (Hrsg.), Affect and groups, Amsterdam etc. (JAI) 2007, 10; vgl. Ciompi, Luc, Die emotionalen Grundlagen des Denkens. Entwurf einer fraktalen Affektlogik, Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) 3. Aufl. 2005, 100, 249. 214 vgl. Matthes, Achim, Convergence Journalism. Die Auswirkungen der Medienkonvergenz auf den praktischen Journalismus, Saarbrücken (VDM), 2006, 27; vgl. Wimmer, Rudolf, Das Team als besonderer Leistungsträger in komplexen Organisationen. Zur Renaissance des Teamgedankens in der gegenwärtigen Umgestaltung von Organisationen, in: http://osb-i.com/ADMIN/ASSETS/files/Team%20LeistTr_gerkomplOrg%20RW2.pdf, abgerufen am 07.01.2012, 5-8. 215 vgl. Wimmer, Rudolf, Das Team als besonderer Leistungsträger in komplexen Organisationen. Zur Renaissance des Teamgedankens in der gegenwärtigen Umgestaltung von Organisationen, in: http://osbi.com/ADMIN/ASSETS/ files/Team%20LeistTr_gerkomplOrg%20RW2.pdf, abgerufen am 07.01.2012, 4. 216 vgl. Marrs, Kira, Zwischen Leidenschaft und Lohnarbeit. Ein arbeitssoziologischer Blick hinter die Kulissen von Film und Fernsehen, Berlin (Sigma) 2007, 107. 213

46 4.1.3

Wechselwirkung der Ängste auf Medienorganisation mit synreferentiellem Managementsubsystem

Die Medienbranche ist eine heterogene Branche. Seit der Auflösung des öffentlich-rechtlichen Rundfunkmonopols in den 1980er-Jahren unterliegt die Branche großen Wandlungsprozessen. Das freie Informationsgut kann als Kultur- und Wirtschaftsgut gehandelt werden. Aus dem Kampf um die Aufmerksamkeit der Mediennutzer resultierte eine Wandlung des Wettbewerbs von einem Verdrängungs- hin zu einem Vernichtungswettbewerb. Dies ging einher mit verstärkter Kundenorientierung (z. B. Fokus auf Einschaltquoten). Durch Einführung technischer Neurungen (z. B. digitales Fernsehen) besteht die Chance, vormals verlorene Kunden wieder vom Konkurrenten abzuwerben.217 Die Ausrichtung an den Bedürfnissen der Kunden (Werbekunde, Mediennutzer) bedarf einer flexiblen Marktbeobachtung. Da eine hierarchisierte Organisation mittels Funktionsspezialisierung (z. B. Rechnungswesen, Produktion, Controlling) die Umweltkomplexität (z. B. Kundenwünsche) nur unzureichend beobachten kann, sind Medienunternehmen bestrebt, auf die effizientere dezentrale Organisation umzustellen. Der Trend mündet in dem Zwang, eigene Systemgrenzen zu flexibilisieren, was mit einer internen Systemkomplexitätserhöhung verbunden ist (z. B. Schaffung immer neuer „synreferentieller Subsysteme“). Diese Subsysteme beobachten die Umweltkomplexität und entwickeln mittels eigener selbstorganisierender Prozesse Anpassungsstrategien. Allerdings sind dezentrale Strukturen schwer kontrollierbar und aufeinander abzustimmen. Um eine größtmögliche Wertschöpfung zu erreichen, existiert der Zwang, eine Regulierung durch persönliche Kontrolle und Kontextsteuerung zu nutzen (z. B. Entlohnung nach erfolgreichem Projektabschluss). Die institutionelle Regulierung und wohlfahrtsstaatliche Absicherung sind in der Medienbranche traditionell gering ausgeprägt.218 Durch Kooperationen können Synergieeffekte genutzt werden (z. B. Lernen von Mitbewerbern). Da ein Unternehmen nicht stets alle benötigten Ressourcen (z. B. Know-how, Technik) besitzt, ermöglicht die Zusammenarbeit in Projektnetzwerken eine effizientere Ressourcennutzung. Dezentrale Strukturen verlangen neuartige Orientierungsstrukturen. Daher findet eine starke Orientierung über Beziehungen in der Medienbranche statt. Indes kann eine willkürliche Instrumentalisierung dieser Orientierungsstrukturen auch zu Systemirritation führen

217

vgl. Kolodzy, Janet, Convergence journalism. Writing and reporting across the news media, Lanham etc. (Rowman & Littlefield) 2006, 20; vgl. Maier, Matthias, Medienmanagement als strategisches Management, in: Karmasin, Matthias/Winter, Carsten (Hrsg.), Grundlagen des Medienmanagements, München (Fink) 2. Aufl. 2002, 66. 218 vgl. Marrs, Kira, Zwischen Leidenschaft und Lohnarbeit. Ein arbeitssoziologischer Blick hinter die Kulissen von Film und Fernsehen, Berlin (Sigma) 2007, 103, 127.

47 (z. B. Vertrauensbruch).219 „Denn im Prinzip der komplementären Abhängigkeit zwischen an sich selbstständigen Netzwerkpartnern liegt natürlich auch die Tendenz, Sicherheit über das Erringen und Ausnutzen von Machtunterschieden zu gewinnen und damit gerade eine Mißtrauensspirale(sic!) in Gang zu setzen.“220 Indem ein System unter Unsicherheit (z. B. Risiko des Entscheidens) gehalten wird, kann es leichter verändert und irritiert werden.221 Die technologischen Entwicklungen bewirkten Digitalisierung und Globalisierung. Die Netzwerkpartner können über Zeit- und Raumgrenzen hinweg zusammenarbeiten und Daten austauschen. Der erhöhte Wettbewerbs- und Anpassungsdruck geht mit erhöhten Umstrukturierungskosten (z. B. Umstellung auf digitalisierte Produktion, Umschulungskosten, Opportunitätskosten) einher.222 Vielfältige Diversifikationsstrategien erhöhen die Konkurrenzfähigkeit der Medienunternehmen. Dies ist nötig, um in einer wertpluralistischen Gesellschaft auf das spontane Eigenverhalten von Menschen reagieren zu können. Durch engere Bindung lebender und „synreferentieller Subsysteme“ an die Marktdynamik gelingt eine flexiblere Marktbeobachtung und damit eine bessere Entwicklung geeigneter Reaktionskompetenzen.223 Die ängstigende Steuerung über Kontext und persönliche Beziehung führt zur Kopplung mit der psychosozialen Systemdynamik und wirkt auf die jeweiligen Systemorganisationen. Die Leistungsfähigkeit der Unternehmung wird durch Hemmung der Kreativität, Kooperationsfähigkeit und Lernfähigkeit seiner synreferentiellen Subsysteme (z. B. Team) begrenzt.224 4.2

Organisationsanforderungen und reziproke Einflüsse auf Systeme

Medienunternehmen müssen sich von ihren Konkurrenten abheben, da in vielen Teilen nicht nur ein Verdrängungswettbewerb, sondern ein Vernichtungswettbewerb herrscht. Demzufolge 219 vgl. Wimmer, Rudolf, Das Team als besonderer Leistungsträger in komplexen Organisationen. Zur Renaissance des Teamgedankens in der gegenwärtigen Umgestaltung von Organisationen, in: http://osbi.com/ADMIN/ASSETS/files/Team%20LeistTr_gerkomplOrg%20RW2.pdf, abgerufen am 07.01.2012, 7; vgl. Wimmer, Rudolf, Vorausschauende Selbsterneuerung. Wie sich Organisationen mit lebenswichtigen Irritationen versorgen, in: http://www.osb-i.com/de/publicationen/osb-artikel/vorausschauende-selbsterneuerung-wie-sichorganisationen-mit-lebenswichtigen-irritationen-versorgen.html, abgerufen am 12.02.2008, 40. 220 Wimmer, Rudolf, Das Team als besonderer Leistungsträger in komplexen Organisationen. Zur Renaissance des Teamgedankens in der gegenwärtigen Umgestaltung von Organisationen, in: http://osbi.com/ADMIN/ASSETS/ files/Team%20LeistTr_gerkomplOrg%20RW2.pdf, abgerufen am 07.01.2012, 8. 221 vgl. Buchinger, Kurt, Gruppenarbeit und Teamarbeit in Organisationen. Ideologie und Realität, in: Velmerig, Carl Otto/Schattenhofer, Karl/Schrapper, Christian (Hrsg.), Teamarbeit. Konzepte und Erfahrungen – eine gruppendynamische Zwischenbilanz, Weinheim-München (Juventa) 2004, 223. 222 vgl. Matthes, Achim, Convergence Journalism. Die Auswirkungen der Medienkonvergenz auf den praktischen Journalismus, Saarbrücken (VDM) 2006, 104; vgl. Sjurts, Insa, Strategien in der Medienbranche. Grundlagen und Fallbeispiele, Wiesbaden (Gabler) 3. Aufl. 2005, 2. 223 vgl. Hejl, Peter M., Durkheim und das Thema der Selbstorganisation, Siegen (Lumis) 1988, 61-62. 224 vgl. Heinrich, Jürgen, Medienökonomie. Mediensystem, Zeitung, Zeitschrift, Anzeigenblatt, Wiesbaden (Westdeutscher Verlag) 2. Aufl. 2001, 85; vgl. Killebrew, Kenneth C., Managing media convergence. Pathways to journalistic cooperation, Ames etc. (Blackwell) 2005, 108-109.

48 müssen sie die Marktlage genau beobachten, um Nachfrage- und Qualitätsschwankungen auszugleichen und Vertrauen sowie Glaubwürdigkeit zu schaffen. Zahlreiche Medienunternehmen gehen Kooperationen mit anderen Unternehmen oder Fusionen miteinander ein. So können sie Verbundvorteile nutzen sowie Synergieeffekte durch effizientere Strukturen und Prozesse generieren. 4.2.1

Wechselwirkung der Ängste auf lebendes System

Medienunternehmen sind bestrebt, Verbundvorteile zu schaffen. Der Konvergenzjournalismus ermöglicht die Verknüpfung unterschiedlicher journalistischer Fähigkeiten und Fertigkeiten. Ein Journalist kann medienübergreifend arbeiten. Die Journalistin Fischer beschrieb diese Situation wie folgt: „Der Mehrfachverwertungseffekt wird ausgeglichen durch erheblich höheren Stress und den höheren Marktwert, den ich als eierlegende Wollmilchsau (kann schreiben, sprechen, in Geräuschen und gleichzeitig in Bildern denken) habe.“225 Individuelle Fähigkeiten und Fertigkeiten werden immer wichtiger. Das Individuum soll den geforderten Kompetenzen bestmöglich entsprechen.226 Medienübergreifendes Arbeiten erfordert auch medienübergreifendes Produktionswissen. Die vormals spezialisierten Journalisten sollen nun einem Generalisten entsprechen.227 Dies bewirkt Verunsicherungen innerhalb der eigenen qualitativen Ansprüche und Kompetenzen. Leistungsängste tragen zur Infragestellung des Selbstwertes bei.228 Weiterhin muss das lebende System ein Gleichgewicht zwischen Konkurrenz- und Kooperationsdenken entwickeln. So kooperieren und konkurrieren in den audiovisuellen Medienproduktionen viele freie Mitarbeiter um einen Job. Das Wissen gilt als Wettbewerbsvorsprung. Es wird daher nicht ohne Weiteres geteilt, denn daran sind existenzielle Befürchtungen gebunden, später keinen Job mehr zu bekommen.229 Kommunikationsprobleme ergeben sich aus einer Misstrauenskultur und belasten das Verhältnis zwischen Führungskraft und Mitarbeiter. Fehlendes Vertrauen erzeugt Verunsicherun-

225

Fischer, Claudia, Tanz auf mehreren Hochzeiten. Das Beispiel Bielefeld, in: http://www.dju-nrw.verdi.de/ archiv/download/freibrief51.pdf, abgerufen am 18.01.2008, 1-2. 226 vgl. Zafrul, Allam, A study of relationship of job burnout and job anxiety with job involvement among bank employees, in: Management & Labour Studies 32 (2007), 137. 227 vgl. Matthes, Achim, Convergence Journalism. Die Auswirkungen der Medienkonvergenz auf den praktischen Journalismus, Saarbrücken (VDM) 2006, 79. 228 vgl. Schwarzer, Ralf, Streß, Angst und Hilflosigkeit. Die Bedeutung von Kognitionen und Emotionen bei der Regulation von Belastungssituationen, Stuttgart etc. (Kohlhammer) 1981, 97. 229 vgl. Marrs, Kira, Zwischen Leidenschaft und Lohnarbeit. Ein arbeitssoziologischer Blick hinter die Kulissen von Film und Fernsehen, Berlin (Sigma) 2007, 133-136.

49 gen aus Angst und Abwehr.230 Die operative Wirkung der Angst fördert die soziale Distanzierung. Dem Aufbau innerbetrieblichen Vertrauens kommt daher in dezentralen Strukturen mit wenig formalen Orientierungsvorgaben eine große Bedeutung zu. Der Aufbau eines Vertrauensklimas als Bestandteil der Unternehmenskultur ist stark an die Führungsperson und deren Menschenbild gebunden. Das generalisierte Kommunikationsmedium Vertrauen zirkuliert innerhalb der unterschiedlichen Systemebenen. Das Vertrauen kann positiv und negativ instrumentalisiert werden. Im positiven Sinne ermöglicht Vertrauen reflexive Interaktionsprozesse. Das Individuum fühlt sich auf der Beziehungsebene abgesichert und kann seinen Aufmerksamkeitsfokus auf die Systemdynamik lenken. Die Vertrauenskultur ermöglicht eine erfolgreiche Zielorientierung und Parallelisierung unterschiedlicher Systemzustände (z. B. Identifikation mit Mitarbeitern, Team oder Unternehmen). Vertrauen in diesem Sinne führt zu einer ausgereiften Fehler- und Kommunikationskultur, da Sicherheit durch konkrete Rollenzuweisung, Rollenannahme, Spielregelfestlegung und Zielvereinbarungen gegeben wird. Im negativen Sinne kann Vertrauen auch als Macht- und Kontrollinstrument genutzt werden. Der Vertrauende geht ein einseitiges Risiko ein. Aus einem Vertrauensbruch können unkontrollierbare Effekte resultieren (z. B. üble Nachrede). Das Vertrauen erzeugt Machtungleichgewichte und Beziehungsabhängigkeiten. Durch Macht kann Druck erzeugt werden. Diese Instrumentalisierung des Vertrauens ruft beispielsweise soziale Ängste (z. B. Ängste vor Verurteilung, Ängste vor Blamage und Ängste vor Vorgesetzten) sowie Leistungsängste (z. B. Prüfungsangst, Beurteilungsangst, Angst vor Ansehensverlust) hervor.231 Ein Oberbeleuchter meint zur Problemantik der Instrumentalisierung des Vertrauens und der damit verbundenen Unsicherheiten: „Es geht alles nur über Beziehungen. Natürlich geht alles nur über Beziehungen, weil nur dann, wenn sich die Leute kennen, können die Leute beurteilen, was der andere kann und so weiter, also nur und ausschließlich so läuft das.“232 Die Kontrolle durch Ängste ist effizient. Angst wird als Führungsinstrument im Sinne einer Hemmung von Kritik und Einsparung von Zeit genutzt. Andererseits können kritische Hinweise auch sinnvolle Systemirritationen bedingen. Dies warnt ein System vor schädigenden Entwicklungen und motiviert zu rechtzeitigem Umlernen. Das System wird innova230 vgl. Schein, Edgar H., Organizational culture and leadership, San Francisco-London (Jossey-Bass) 7. Aufl. 1988, 19-20. 231 vgl. Kals, Elisabeth, Arbeits- und Organisationspsychologie. Workbook, Weinheim-Basel (PVU) 2006, 131-143; vgl. Luhmann, Niklas, Vertrauen. Ein Mechanismus der Reduktion sozialer Komplexität, Stuttgart (Lucius & Lucius) 4. Aufl. 2000, 28-46. 232 vgl. Marrs, Kira, Zwischen Leidenschaft und Lohnarbeit. Ein arbeitssoziologischer Blick hinter die Kulissen von Film und Fernsehen, Berlin (Sigma) 2007, 139.

50 tions- und anpassungsfähig gehalten.233 Für ein Individuum erweist es sich als existenziell, Orientierung durch eine Gemeinschaft zu erfahren. Entwicklungsgeschichtlich ist es effizienter, durch Kooperation und Solidarität eigene Selbstorganisationsprozesse zu entwickeln. Erst durch die Sicherheit einer sozialen Gemeinschaft kann das Individuum seine Systemgrenze stabilisieren und sich auf kognitive Höchstleistungen konzentrieren.234 Bei sinnlos wahrgenommenen Interaktionen (z. B. Aggressivität gegenüber Schwächeren) distanziert sich ein Individuum und konzentriert sich primär auf die Sicherung und Optimierung des eigenen Überlebens. Dieser Mechanismus wird in Medienunternehmen als Opportunismus wahrgenommen. Das Individuum richtet sich nicht an den Zielen des Unternehmens aus. Die Sicherheit repräsentiert ein menschliches Grundbedürfnis. Bei fehlender Befriedigung dieses Bedürfnisses können archaische Stressreaktionen zur Bekämpfung der psychosozialen Konflikte ausgelöst werden. Dieser Mechanismus der individuellen Rationalität muss nicht den Zielen des Unternehmens entsprechen. Die reflexive Wahrnehmung von Umweltereignissen hilft dem Individuum, seine eigenen Prozesse und Kompetenzen zu optimieren, ohne sich von der Umweltkomplexität verunsichern zu lassen und durch Ängste in reflexhaftes Verhalten zu verfallen.235 „Wer heute in der Lage ist, sich selbst inhaltlich befragbar zu machen und den zunehmenden Kommunikationsbedarf ziel- und ergebnisorientiert zu bewältigen und gleichzeitig die beteiligten Kommunikationspartner in ihrer Energie und Eigenverantwortung zu mobilisieren, der muß(sic!) nicht um seine Einflußposition(sic!) fürchten.“236 Diese Reflexionskompetenz ist bei jedem Menschen unterschiedlich stark ausgeprägt und basiert auf sozialen Lernprozessen. Für Mitarbeiter und für Führungskräfte ist Reflexionskompetenz von großer Bedeutung. Ängste weisen auf eine Überforderung mit der Weltkomplexität hin. Von einzelnen Komponenten (Individuum, Organisation) eines Unternehmens wird permanente Anpassung, d. h. Lernen gefordert. Der Mensch lebt zunehmend im Bewusstsein, dass 233 vgl. Krystek, Ulrich/Becherer, Doris/Deichelmann, Karl-Heinz. Innere Kündigung, Ursachen, Wirkungen und Lösungsansätze auf der Basis einer empirischen Untersuchung, München-Mering (Hampp) 2. Aufl. 1995, 57; vgl. Wimmer, Rudolf, Das Team als besonderer Leistungsträger in komplexen Organisationen. Zur Renaissance des Teamgedankens in der gegenwärtigen Umgestaltung von Organisationen, in: http://osb-i.com/ADMIN/ ASSETS/files/Team%20LeistTr_gerkomplOrg%20RW2.pdf, abgerufen am 07.01.2012, 9. 234 vgl. Schattenhofer, Karl/Velmerig, Carl Otto, Arbeit im Team oder Arbeit am Team, in: Velmerig, Carl Otto/Schattenhofer, Karl/Schrapper, Christian (Hrsg.), Teamarbeit. Konzepte und Erfahrungen – eine gruppendynamische Zwischenbilanz, Weinheim- München (Juventa) 2004, 8-9. 235 vgl. Wimmer, Rudolf, Das Team als besonderer Leistungsträger in komplexen Organisationen. Zur Renaissance des Teamgedankens in der gegenwärtigen Umgestaltung von Organisationen, in: http://osb-i.com/ADMIN/ ASSETS/files/Team%20LeistTr_gerkomplOrg%20RW2.pdf, abgerufen am 07.01.2012, 14. 236 Wimmer, Rudolf, Das Team als besonderer Leistungsträger in komplexen Organisationen. Zur Renaissance des Teamgedankens in der gegenwärtigen Umgestaltung von Organisationen, in: http://osbi.com/ADMIN/ASSETS/ files/Team%20LeistTr_gerkomplOrg%20RW2.pdf, abgerufen am 07.01.2012, 20.

51 er weiß, was er nicht weiß. Journalisten ist bekannt, welche Fähigkeiten ihnen bei der Erstellung medienübergreifender Inhalte fehlen. Das Ungleichgewicht zwischen eigenen Kompetenzen und den geforderten Ansprüchen erzeugt Sozialstress. Die fehlende Sicherung durch familiäre, sozialrechtliche und arbeitsrechtliche Orientierung verstärkt Existenzängste. Da die Umweltkomplexität als schwer zu kontrollieren wahrgenommen wird, erhält die individuelle emotionale Beziehungsorientierung eine größere Bedeutung für das Anpassungsverhalten. Die Bewältigungsmechanismen (z. B. Flucht in Krankheit, Flucht in Aggression) sind individuell unterschiedlich und korrelieren mit der systemeigenen Komplexität.237 Welchen Stellenwert eine starke emotionale Beziehungsorientierung bei der Schaffung von Sicherheit im AV-Medienbereich einnehmen kann, beschreibt eine Kameraassistentin: „Also ich glaube, dass Beziehungen das allerwichtigste eigentlich sind. Wichtiger noch, als was zu können, leider.“238 4.2.2

Wechselwirkung der Ängste auf synreferentielles Teamsystem

Die modernen technischen Entwicklungen erlauben es, weniger Personal bei der Produktion einzusetzen.239 Neue Teamformen entstehen. Virtuelle Teams können selbstständig ein Endprodukt vor Ort fertig stellen. Ressortübergreifende Teams (z. B. Multimedia Teams) arbeiten immer enger zusammen und müssen komplexe Aufgaben gemeinsam bewältigen. Diese Umstrukturierungsmaßnahmen sollen neben der Effizienzsteigerung auch die journalistische Qualität sichern und Innovation ermöglichen.240 Die Effizienzsteigerung zwingt Teams, die vormals unabhängig voneinander produziert hatten, enger zusammenarbeiten (z. B. Hörfunk und Fernsehen).241 Die Hörfunk- und Fernsehredaktionen kennen die Produktionsweise der jeweiligen anderen nicht. Es haben sich „synreferentielle Systeme“ gebildet, die sich durch interne Ausdifferenzierung von den jeweiligen anderen unterscheiden. Dazu zählt auch eine entsprechende Teamkultur, die das Anderssein deutlich kommuniziert. Vorurteile und stereotype Vorstellungen erschweren die Interaktionen innerhalb der unterschiedlichen Redaktionen. Hinzu kommt, dass dem Fernsehen als Bildmedium ein höherer Stellenwert in vielen Redaktionen zugesprochen wird. Die Hörfunkredakti237

vgl. Marrs, Kira, Zwischen Leidenschaft und Lohnarbeit. Ein arbeitssoziologischer Blick hinter die Kulissen von Film und Fernsehen, Berlin (Sigma) 2007, 129, vgl. Kalter, Joanmarie, Burnout, in: Columbia journalism review 38 (1999), 32. 238 Marrs, Kira, Zwischen Leidenschaft und Lohnarbeit. Ein arbeitssoziologischer Blick hinter die Kulissen von Film und Fernsehen, Berlin (Sigma) 2007, 135. 239 vgl. ebd., 132. 240 vgl. Lahenius, Katja/Järvenpää, Eila, Managing a virtual team of newspaper journalists. A case study, in: Team Performance Management 10 (2004), 175. 241 vgl. Matthes, Achim, Convergence Journalism. Die Auswirkungen der Medienkonvergenz auf den praktischen Journalismus, Saarbrücken (VDM) 2006, 22-23.

52 on könnte sich benachteiligt fühlen. Ein Umlernen, weg vom Konkurrenzdenken hin zu kooperativer Zusammenarbeit, ist gefordert. Dafür müssen alte Denk- und Arbeitsweisen aufgegeben werden.242 Veränderungsängste und Leistungsängste sind die Folge und können zu großen Spannungen innerhalb der Teams führen. Durch die enge redaktionsübergreifende Zusammenarbeit kann schneller auf die aktuelle Informationslage reagiert werden. So können neben dem regulären Fernsehbeitrag auch Zusatzinformationen über das Internet verfügbar gemacht werden. Die Informationen werden für mehrere Medien aufbereitet. Dadurch können die Nachfragerwünsche durch ein differenziertes Angebot besser befriedigt werden.243 Ein Journalist erstellt beispielsweise einen Bericht und tritt daneben als Experte in einer Fernsehsendung auf. Die Mehrfachbelastung durch plattformübergreifendes Zusammenarbeiten kann eine Überforderung zur Folge haben.244 Eine starke Teamkultur und Gruppendynamik kann ebenfalls als Kontrollinstrument wirken.245 Da ein Teammitglied nicht die Missgunst der anderen auf sich ziehen will, wird es sich an die Teamdynamik anpassen. Vertrauen fördert den Informationsaustausch innerhalb eines Teams. Einseitiger Informationsfluss, wie in einer Einlinienorganisation, erzeugt Machtungleichheiten und damit unflexible Interaktionsstrukturen. Eine Kultur246 des Vertrauens ist in komplexen Aufgabenbewältigungsprozessen förderlich, aber keine notwendige Voraussetzung für eine gelingende Zielerreichung. Allerdings erhöht Misstrauen die Wahrscheinlichkeit der Reduzierung von Interaktionsprozessen und bewirkt weniger Kooperationsbereitschaft. Die geringe Kooperationsbereitschaft führt zu innerbetrieblichen Konflikten, da ein schneller, reibungsloser Kommunikationsprozess behindert und die Aufmerksamkeit der Individuen auf die eigene Zielerreichung gelenkt wird, die nicht unbedingt im Sinne der Unternehmensziele ist (z. B. mikropolitische Prozesse und Machtspiele).247

242

vgl. Quinn, Stephen, Convergent journalism. The fundamentals of multimedia reporting, New York etc. (Lang) 2005, 190-191. vgl. Matthes, Achim, Convergence Journalism. Die Auswirkungen der Medienkonvergenz auf den praktischen Journalismus, Saarbrücken (VDM) 2006, 27. 244 vgl. Killebrew, Kenneth C., Managing media convergence. Pathways to journalistic cooperation, Ames etc. (Blackwell) 2005, 170-173. 245 vgl. Kals, Elisabeth, Arbeits- und Organisationspsychologie. Workbook, Weinheim-Basel (PVU) 2006, 115. 246 Sackmann, A. Sonja 2000, 145: Die Kultur eines Systems sind „[...] die von einer Gruppe gemeinsam festgehaltenen grundlegenden Überzeugungen, die für die Gruppe insgesamt typisch sind“. 247 vgl. David, Barbara/Turner, John C., Studies in self-categorization and minority conversion. The in-group minority in intragroup and intergroup contexts, in: British Journal of Social Psychology, 38 (1999), 129-131; vgl. Kaarbo, Juliet/Beasley, Ryan K., A political perspective on minority influence and strategic group composition, in: Gruenfeld, Deborah H. (Hrsg.), Composition. Research on managing groups and teams, Stamford etc. (JAI) 1998, 142-144; vgl. Krystek, Ulrich/Becherer, Doris/Deichelmann, Karl-Heinz. Innere Kündigung, Ursachen, Wirkungen und Lösungsansätze auf der Basis einer empirischen Untersuchung, München-Mering (Hampp) 2. Aufl. 1995, 58. 243

53 Die Kultur eines Teams wirkt auf dessen Wahrnehmung, Denken, Fühlen und Handeln zurück. Die Teamkultur wird sozial konstruiert und durch Aushandlungsprozesse zwischen den Komponenten geschaffen. Eine Teamkultur bietet Orientierung, stabilisiert soziale Beziehungen, senkt individuelle Unsicherheit und verringert die Umweltkomplexität des synreferentiellen Subsystems Team.248 Nach Schreyögg stabilisiert eine gemeinsam geteilte Identität als stabiler Kern der Kultur die Systemgrenze. Dies beeinflusse die Beziehungen (Prozesse) zu Subsystemen der Organisation und zur Umwelt.249 Aus zu starken Teamkulturen können auch konservative Verhalten resultieren, die zu Tendenzen der Abschottung und zu Änderungswiderständen (z. B. Konformitätsdruck und Gruppendenken) führen können.250 Das „synreferentielle System“ Team ist weniger lernfähig. Emotionen können Teamprozesse fördern, aber auch behindern. Soziale Lernprozesse beeinflussen die Entscheidungsprozesse in der Teamorganisation. Die Grundsozialisation erfolgt innerhalb der Familien. Institutionen wie Unternehmen erweitern die Sozialisation der Individuen. Verhaltensweisen wie Gehorsam, Autoritätsanerkennung und Unterordnung in einer Gruppe sind gelernte Sozialisationsprozesse. Das Gruppendenken, der Vergleich mit anderen Gruppen und die Unterordnung sind sozial als auch kulturell erlernt.251 Durch Vertrauenskommunikation und Teamkultur werden persönliche Beziehungen zwischen den Akteuren hergestellt.252 Dadurch sollen die dynamischen Interaktionsprozesse kontrollierbar gehalten und die Reibungsverluste bei Abstimmungs- und Verstehensprozessen reduziert werden. Nach Hejl finden kollektiv geteilte Interaktionen in der Teamorganisation Eingang.253 Hat ein Team die angstbesetzten Kommunikationsstrukturen als erfolgreiche Interaktionen akzeptiert, so ergibt es für das „synreferentielle System“ auch Sinn, diese weiter248

vgl. Sackmann, Sonja A., Unternehmenskultur. Konstruktivistische Betrachtungen und deren Implikationen für die Unternehmenspraxis, in: Hejl, Peter M./Stahl, Heinz K. (Hrsg.), Management und Wirklichkeit. Das Konstruieren von Unternehmen, Märkten und Zukünften, Heidelberg (Carl-Auer) 2000, 141. 249 vgl. Schreyögg, Georg, Organisationsidentität, in: Gaugler, Eduard/Weber, Wolfgang (Hrsg.), Handwörterbuch des Personalwesens, Stuttgart (Poeschel) 2. Aufl. 1992, 1495-1496. 250 vgl. Asch, Solomon E., Effects of group pressure upon the modification and distortion of judgments, in: Guetzkow, Harold (Hrsg.), Group, leadership, and men. Research in human relations, Pittsburgh-Pennsylvania (Carnegie) 1951, 189-190; vgl. Festinger, Leon, A theory of social comparison processes, in: Human Relations 7 (1954), 138; vgl. Schreyögg, Georg, Zu den problematischen Konsequenzen starker Unternehmenskulturen, in: Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung 41 (1989), 109-111. 251 vgl. Bandura, Albert, Social learning theory, Englewood Cliffs etc. (Prentice-Hall) 1977, 197-200; vgl. Milgram, Stanley: Behavioral Study of obedience, in: Scheper-Hughes, Nancy/Bourgois, Philippe (Hrsg.), Violence in war and peace. An anthology, Malden-Oxford-Carlton (Blackwell) 2004, 147-149; vgl. Asch, Solomon E., Social psychology, Englewood Cliffs (Prentice-Hall) 4. Aufl. 1957, 505; vgl. Festinger, Leon, A theory of social comparison processes, in: Human Relations 7 (1954), 138. 252 vgl. Hejl, Peter M., Management und Selbstregulierung, in: Hejl, Peter M./Stahl, Heinz K. (Hrsg.), Management und Wirklichkeit. Das Konstruieren von Unternehmen, Märkten und Zukünften, Heidelberg (Carl-Auer) 2000, 109. 253 vgl. Hejl, Peter M., Die Entwicklung der Organisation von Sozialsystemen und ihr Beitrag zum Systemverhalten, in: Rusch, Gebhard/Schmidt, Siegfried J. (Hrsg.), Konstruktivismus und Sozialtheorie, Frankfurt am Main (Suhrkamp) 1994, 117.

54 hin zu nutzen. Konflikte entstehen nur, wenn die Integration der Systemdynamik der lebenden Systeme nicht gelingt (z. B. Spielregeln der Kommunikation oder klare Rollenzuweisungen fehlen).254 Dezentrale Strukturen neigen dazu, sich selbst zu blockieren (z. B. Gruppendenken), weswegen es sinnvoll ist, durch temporäre Hierarchisierung Irritationen (z. B. Druck durch Ängste) zu erzeugen, um das Team flexibel und lernfähig zu erhalten.255 Effizienz in Projektnetzwerken wird erreicht, indem einander bereits bekannte Teams häufiger zusammenarbeiten. Rollen- und Kommunikationsprozesse wurden schon weitestgehend ausgehandelt, und es entstehen weniger Reibungsverluste durch Anpassungs- und Veränderungsängste. Sicherheit wird beispielsweise in der AV-Medienproduktion durch die auf Vertrauen basierenden Beziehungen untereinander geschaffen. „Die Zusammenarbeit innerhalb der jeweiligen zeitlich befristeten Produktionen basiert einerseits auf gemeinsamen Erfahrungen aus der Vergangenheit und andererseits auf der Erwartung weiterer Kooperationen in der Zukunft.“256 4.2.3

Wechselwirkung der Ängste auf Medienorganisation mit synreferentiellem Managementsubsystem

Durch Fusionen (z. B. AOL und TIME Warner) können Geschäftsaktivitäten effizienter durchgeführt werden. Damit geht ebenfalls eine Ausbreitung der vertikalen und horizontalen Wertschöpfungsketten einher.257 So können Medienunternehmen auch über Großereignisse berichten, wo ihnen sonst die Ressourcenkapazitäten fehlen würden.258 Mit Fusionen und Umstrukturierungen wird auf den Strukturwandel innerhalb der industriellen Produktion und Dienstleistungen reagiert.259 Dieser Strukturwandel stützt sich auf die Erkenntnis, dass für die Bewältigung der Weltkomplexität zunehmend flexiblere Organisationsstrukturen und Vernetzungsstrukturen benötigt werden. Die heute noch stark vorherrschende Einlinienorganisation in Redaktionen weicht zunehmend der Stablinien- und Mehrlinienorganisation. Starre Hierarchien werden durch dezentrale Organisationsstrukturen ersetzt, in denen die horizontalen und 254

vgl. Ciompi, Luc, Die emotionalen Grundlagen des Denkens. Entwurf einer fraktalen Affektlogik, Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) 3. Aufl. 2005, 246-247. 255 vgl. Wimmer, Rudolf, Das Team als besonderer Leistungsträger in komplexen Organisationen. Zur Renaissance des Teamgedankens in der gegenwärtigen Umgestaltung von Organisationen, in: http://osbi.com/ADMIN/ASSETS/files/Team%20LeistTr_gerkomplOrg%20RW2.pdf, abgerufen am 07.01.2012, 14-16. 256 Marrs, Kira, Zwischen Leidenschaft und Lohnarbeit. Ein arbeitssoziologischer Blick hinter die Kulissen von Film und Fernsehen, Berlin (Sigma) 2007, 23. 257 vgl. Matthes, Achim, Convergence Journalism. Die Auswirkungen der Medienkonvergenz auf den praktischen Journalismus, Saarbrücken (VDM) 2006, 21-22. 258 vgl. ebd., 35. 259 vgl. Wimmer, Rudolf, Das Team als besonderer Leistungsträger in komplexen Organisationen. Zur Renaissance des Teamgedankens in der gegenwärtigen Umgestaltung von Organisationen, in: http://osbi.com/ADMIN/ASSETS/files/Team%20LeistTr_gerkomplOrg%20RW2.pdf, abgerufen am 07.01.2012, 3.

55 vertikalen Kommunikationswege miteinander verbunden werden. In Organisationen führt dies zu Kooperationszwängen bis hin zu unternehmensübergreifender Zusammenarbeit.260 Dies wird von den synreferentiellen Subsystemen beobachtet und bewertet. Da lebende Systeme ebenfalls Komponenten des synreferentiellen Organisationssystems verkörpern, bestimmen kognitive Bewertungsprozesse (z. B. Bedrohung oder Herausforderung) auch die Organisationsdynamik. Da Konkurrenzunternehmen nun zu Partnerunternehmen avancieren, entwickeln sich Anpassungsprozesse. Alte und fremde Einstellungen, Unternehmenskulturen und Kommunikationsbeziehungen werden nicht einfach verlernt und irritieren die vormals stabilen Systemgrenzen. Durch dezentrale Strukturen findet ein ständiger Austausch von Werten, Einstellungen und Arbeitsweisen statt. Die Art und Weise, wie eine Medienorganisation ihre Umwelt beobachtet, verändert sich. Aus dem Zwang, eine hohe öffentliche Reputation herstellen zu müssen, orientieren sich Unternehmen verstärkt an externen Effekten (z. B. Paneldaten, Verbraucherwünschen, Unternehmensberatungen). Diese externen Effekte erzeugen im Unternehmen einen ständigen Anpassungsdruck. Sie verstärken interne Ausdifferenzierungsprozesse und damit die interne Unternehmenskomplexität.261 Neben dem Code der Zahlung oder Nichtzahlung (materialistische Werte) ist ein Medienunternehmen dem Druck ausgesetzt, auch mit zusätzlichen Codes, die gleichermaßen als postmoderne Werte bezeichnet werden (z. B. frei vs. unfrei, gesund vs. ungesund, selbstbestimmt vs. fremdbestimmt, sozialverträglich vs. unsozial), die Umwelt selektiv zu beobachten.262 Das synreferentielle Organisationssystem kann nur weiter existieren, wenn es auch die postmodernen Werte in seine Beobachtungsleistung integriert. Die Mediennutzer sind einer rein materiellen Wertorientierung gegenüber eher skeptisch eingestellt. Diese Irritation wirkt auf das Unternehmen zurück und erzeugt Anpassungs- und Wandlungsdruck auf die Organisationsstrukturen. Die Umstrukturierungen in Medienunternehmen sind das Resultat einer Anpassung an die zunehmende Weltkomplexität, die dadurch interne Ausdifferenzierungsprozesse als auch interne Strukturen im Unternehmen komplexer werden lässt. Diese Wechselprozesse sind der Anpassung durch Lernprozesse der Organisation selbst geschuldet (z. B. Lernen durch Wissenstransfer von Kooperationspartnern, Lernen durch Ar-

260

vgl. Heinrich, Jürgen, Medienökonomie. Mediensystem, Zeitung, Zeitschrift, Anzeigenblatt, Wiesbaden (Westdeutscher Verlag) 2. Aufl. 2001, 211. 261 vgl. Schwarzer, Ralf, Streß, Angst und Hilflosigkeit. Die Bedeutung von Kognitionen und Emotionen bei der Regulation von Belastungssituationen, Stuttgart etc. (Kohlhammer) 1981, 9. 262 vgl. Matthes, Achim, Convergence Journalism. Die Auswirkungen der Medienkonvergenz auf den praktischen Journalismus, Saarbrücken (VDM) 2006, 38-40.

56 beiter, Lernen durch Berater, Lernen durch Akteure der Netzwerke, Lernen durch Zulieferer und Universitäten).263 Die Unsicherheiten durch Umweltkomplexität werden auf dem Medienmarkt durch neue Substitutionsprodukte (z. B. Internet: Weblogs) erhöht. Das Monopol der Journalisten als Gatekeeper und damit als Sicherung journalistischer Qualität sinkt. Auch die Uneinheitlichkeit der journalistischen Ausbildung sowie fehlende, gesetzlich regulierte Zugangskontrollen und mangelnde formelle Ausbildungsrichtlinien erschweren die Qualitätssicherung im journalistischen Bereich.264 Medienorganisationen reagieren mit einer Diversifikationsstrategie auf die unterschiedlichen Benutzerbedürfnisse, indem sie versuchen, durch ein breites Portfolio (z. B. bi-mediales Arbeiten: Sendung enthält kurze Informationen, Homepage enthält ausführlichen Bericht mit weiteren Informationen) die Stabilität ihrer Marktposition zu erreichen und unterschiedliche Produktqualitäten anzubieten.265 Die Steuerung der Nachfrage kann durch die Qualitätsschwankungen der Medienprodukte nicht abgesichert werden. Vertrauen und Glaubwürdigkeit helfen dabei, den Informationsmangel zu überdecken. Durch Vertrauen wird die Wahrscheinlichkeit erwarteter Interaktionsprozesse erhöht. So sieht sich beispielsweise ein Nachrichtenkonsument die ARD-Tagesthemen an, da er darauf vertraut, richtige Informationen zu erhalten. Fehlt das Vertrauen auf Organisationsebene, entstehen Unsicherheiten innerhalb der synreferentiellen Subsysteme (z. B. Team). Dies erzeugt Ängste vor der Konfrontation mit der Weltkomplexität, da Sicherheiten (z. B. klare Ziele, konstruktive Motive) nicht kommuniziert werden.266 Die Vertrauenskultur dient der Orientierung, beeinflusst die Interaktionsprozesse innerhalb der Komponentenmitglieder, wirkt förderlich auf das Selbstvertrauen und Angst reduzierend. Dem Management als synreferenzielles Subsystem der Organisation kommt bei der Vertrauensbildung ein großer Stellenwert zu. Es beobachtet selektiv (z. B. über Controlling) ein andere System und legt die strategische Planung für die Gesamtorganisation und seiner Teilbereiche fest. Der Paradoxie, dass die Umweltkomplexität nie vollständig erfasst werden kann, da Wissen immer nur selektiv vor263

vgl. Wimmer, Rudolf, Vorausschauende Selbsterneuerung. Wie sich Organisationen mit lebenswichtigen Irritationen versorgen, in: http://www.osb-i.com/de/publicationen/osb-artikel/vorausschauende-selbsterneuerungwie-sich-organisationen-mit-lebenswichtigen-irritationen-versorgen.html, abgerufen am 12.02.2008, 40. 264 vgl. Marrs, Kira, Zwischen Leidenschaft und Lohnarbeit. Ein arbeitssoziologischer Blick hinter die Kulissen von Film und Fernsehen, Berlin (Sigma) 2007, 135. 265 vgl. Matthes, Achim, Convergence Journalism. Die Auswirkungen der Medienkonvergenz auf den praktischen Journalismus, Saarbrücken (VDM) 2006, 37-40. 266 vgl. Luhmann, Niklas, Vertrauen. Ein Mechanismus der Reduktion sozialer Komplexität, Stuttgart (Lucius & Lucius) 4. Aufl. 2000, 1, 81; vgl. Bergmann, Gustav/Daub, Jürgen, Systemisches Innovations- und Kompetenzmanagement. Grundlagen í Prozesse í Perspektiven, Wiesbaden (Gabler) 2006, 129.

57 liegt, kann mit taktisch kluger Überdeckung dieser Informationsparadoxie begegnet werden. Durch Konsistenz der Paradoxieüberdeckung werden Akzeptanz und weniger Irritationen (z. B. Fluktuationsquote, Fehlzeiten, mikropolitische Machtkonflikte)267 und Verunsicherungen (z. B. Ängste vor Informationszurückhaltungen, Ängste vor Exklusion etc.) innerhalb des Medienunternehmens geschaffen.268 Gelingt dies nicht, wirkt die Unsicherheit des Managements durch Beobachtung derselben als ständige Verunsicherung auf andere Subsystemen zurück und beeinflusst das Verhalten, Denken, Wahrnehmen und Fühlen der Komponenten oder externer Systeme (z. B. Familie, Protestgruppen). Das Ergebnis können Konflikte über Sachthemen sein. Bei genauerer Betrachtung stellen sich diese Konflikte als Enttäuschung des Vertrauens auf emotionaler Beziehungsebene dar, die auf der Organisationsebene verdeckt ausgetragen werden und hohe energetische sowie materielle Kosten (z. B. Reduzierung der Funktionsfähigkeit zwischen den Subsystemen, da Wissen zurückgehalten wird) verursachen.269 Vertrauen fördert die Ressourcenintegration (z. B. Wissen, neue Mitarbeiter, Feedback) der Organisation, hilft bei der Sicherung der Qualität und erhält ein Unternehmen innovationsfähig.270 So fanden Krystek/Becher und Deichelmann in ihrer Studie, in der Personalverantwortliche von 147 Unternehmen schriftlich befragt wurden, heraus, dass in einer Vertrauenskultur Produktivität und Qualitätsniveau steigen, während Fluktuationsrate und Krankenstand abnehmen. Durch die sichernde Sinnstiftung durch Unternehmenskultur wird die Aufmerksamkeit der Mitarbeiter auf die Visionen des Unternehmens gelenkt. Vertrauen ist jedoch keine hinreichende Voraussetzung, um produktiv wirtschaften zu können. Fehlendes Vertrauen kann durch Angst ersetzt werden. Durch eine Angstkultur können die Mitarbeiter ebenfalls motiviert, koordiniert und kontrolliert werden. Allerdings entsteht ein Betriebsklima, das von Misstrauen geprägt und das durch Bequemlichkeit sowie aus Angst vor der Wahrheit (z. B. fehlende Werte, Sinnbilder und starre bürokratische Organisation) langfristig kooperative Interaktionen redu-

267 vgl. Krystek, Ulrich/Becherer, Doris/Deichelmann, Karl-Heinz. Innere Kündigung, Ursachen, Wirkungen und Lösungsansätze auf der Basis einer empirischen Untersuchung, München-Mering (Hampp) 2. Aufl. 1995, 57-59. 268 vgl. Neubauer, Walter/Rosemann, Bernhard, Führung, Macht und Vertrauen in Organisationen, Stuttgart (Kohlhammer) 2006, 127; vgl. Panse, Winfried/Stegmann, Wolfgang, Kostenfaktor Angst, Landsberg-Lech (Verl. Moderne Industrie) 3. Aufl. 1998, 267; vgl. Sackmann, Sonja A., Unternehmenskultur. Konstruktivistische Betrachtungen und deren Implikationen für die Unternehmenspraxis, in: Hejl, Peter M./Stahl, Heinz K. (Hrsg.), Management und Wirklichkeit. Das Konstruieren von Unternehmen, Märkten und Zukünften, Heidelberg (CarlAuer) 2000, 143; vgl. Schreyögg, Georg, Zu den problematischen Konsequenzen starker Unternehmenskulturen, in: Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung 41 (1989), 98. 269 vgl. Kals, Elisabeth, Arbeits- und Organisationspsychologie. Workbook, Weinheim-Basel (PVU) 2006, 129. 270 vgl. Wimmer, Rudolf, Das Team als besonderer Leistungsträger in komplexen Organisationen. Zur Renaissance des Teamgedankens in der gegenwärtigen Umgestaltung von Organisationen, in: http://osbi.com/ADMIN/ASSETS/files/Team%20LeistTr_gerkomplOrg%20RW2.pdf, abgerufen am 07.01.2012, 9.

58 ziert.271 Eine Studie, welche die Leistungssteuerung innerhalb der Arbeitsprozesse der AVMedienbranche untersuchte, kam zu dem Ergebnis, dass die Ersetzung von Vertrauen durch Ängste (z. B. Existenzängste) und die dadurch erzeugten Unsicherheiten eine leistungsfördernde Steuerung der Humanressourcen ermöglichen.272 Effiziente Organisationsprozesse können nicht nur durch die Beobachtung von Plan-IstAbweichungen abgesichert werden. Die einseitige Orientierung an selektiven Kennzahlensystemen erlaubt nicht die Abbildung der gesamten Umweltkomplexität. Hejl bezeichnet den Versuch, die Umweltkomplexität vollständig erfassen zu wollen, als „adaptives Missverständnis“. Die Welt kann nicht objektiv erfasst werden, da sie subjektiv-selektiv konstruiert wird. Umwelt und Unternehmen koevoluieren.273 „Ändern sich die Wahrnehmenden, d. h. Wirklichkeitsvorstellungen konstruierender Systeme, so ändert sich ihre Wahrnehmung und damit auch das, was ihnen als Umwelt gilt.“274 Das synreferentielle Subsystem Team ist das Resultat der Anpassungsbemühungen der Unternehmensorganisation (z. B. ständig neue Prozesse und Aufgaben) an die „System-UmweltDifferenz“ sowie der zunehmenden internen Systemkomplexität. Die zunehmenden dezentralen Strukturen sind anfällig für Missbrauch. So kann es zu Machtmissbrauch durch fehlende formelle Richtlinien durch Überkomplexität der horizontalen und vertikalen Vernetzungsstrukturen kommen. Die fehlende Orientierung wird durch Seilschaften und Bündnisse anstatt durch Ausgleichs- und Aushandlungsprozesse hergestellt.275 Diesen Tendenzen sollen durch engere persönliche Bindung an die Marktdynamik und eine verstärkte Prozessorientierung beschränkt werden. Die marktorientierte Steuerung wird durch Einsatz von Center-Konzepten erreicht (z. B. Bildung Service-Center bei WDR).276

271 vgl. Krystek, Ulrich/Becherer, Doris/Deichelmann, Karl-Heinz. Innere Kündigung, Ursachen, Wirkungen und Lösungsansätze auf der Basis einer empirischen Untersuchung, München-Mering (Hampp) 2. Aufl. 1995, 103179. 272 vgl. Marrs, Kira, Zwischen Leidenschaft und Lohnarbeit. Ein arbeitssoziologischer Blick hinter die Kulissen von Film und Fernsehen, Berlin (Sigma) 2007, 183-184. 273 vgl. Hejl, Peter M., Management und Selbstregulierung, in: Hejl, Peter M./Stahl, Heinz K. (Hrsg.), Management und Wirklichkeit. Das Konstruieren von Unternehmen, Märkten und Zukünften, Heidelberg (Carl-Auer) 2000, 108. 274 Hejl, Peter M., Management und Selbstregulierung, in: Hejl, Peter M./Stahl, Heinz K. (Hrsg.), Management und Wirklichkeit. Das Konstruieren von Unternehmen, Märkten und Zukünften, Heidelberg (Carl-Auer) 2000, 108. 275 vgl. Voigt, Bert, Team und Teamarbeit, in: Velmerig, Carl Otto/Schattenhofer, Karl/Schrapper, Christian (Hrsg.), Teamarbeit. Konzepte und Erfahrungen – eine gruppendynamische Zwischenbilanz, Weinheim-München (Juventa) 2004, 161-166. 276 vgl. Seidel, Norbert, Outsourcing und Leistungserstellung durch Dritte beim WDR, in: Media Perspektiven (1/99), 15.

59 4.3

Produktionsanforderungen und reziproke Einflüsse auf Systeme

Die Globalisierung und die verbesserten technologischen Entwicklungen haben einen großen Einfluss auf die Produktionsprozesse in Medienunternehmen. Immer mehr muss auf Zeit und Terminabsprachen geachtet werden, da die Konkurrenz ebenfalls Zugang zum öffentlichen Gut „Information“ hat. Um besser und schneller produzieren zu können, müssen sich Medienunternehmen der Innovationsdynamik anpassen. Der Innovationsdruck verlangt indes gleichermaßen eine straffe Kostenkalkulation. Innerhalb von Medienunternehmen wechseln die Aufgabeninhalte ständig. Häufig werden verschiedene Aufgaben parallel durchgeführt. Daher existiert in Medienunternehmen eine große Aufgabenvielfalt. Ein Team arbeitet oft an unterschiedlichen Projekten. Die Aufgaben sind daher selten ähnlich. 4.3.1

Wechselwirkung der Ängste auf lebendes System

Durch technologische Entwicklungen und Wandlungsprozesse müssen Journalisten in der Lage sein, zusätzliche Aufgaben bewältigen zu können. Während der bi-medialen Arbeit müssen beispielsweise die unterschiedlichen Redaktionsschlüsse der Medien Beachtung finden. Von einem Journalisten wird qualitative Arbeit unter erhöhtem Termin- und Zeitdruck erwartet. Diese Stressoren können Ängste auslösen.277 Bei audiovisuellen Medienproduktionen gibt der Drehplan das Tagespensum vor. Aus diesem Grund wird häufig so lange gedreht, bis das Tagesziel erreicht ist, um Mehrkosten zu verhindern.278 Innovationen sind an subjektives Wissen und Leistungsbereitschaft gebunden. Kuvaas konnte zeigen, dass ein Mitarbeiter durch positives Feedback und angenehme emotionale Beziehungen eine bessere Arbeitsleistung erbringt.279 Ängste vor ungenügender Qualifizierung und Ängste vor Mehrarbeit können die Interpretationsprozesse, die zu Innovationen führen, blockieren.280 Für Innovationen müssen auch die Rahmenbedingungen vorgegeben werden. Dies hängt ebenfalls vom Führungsstil der jeweiligen Führungspersönlichkeit ab (z. B. Regisseur lässt Ideen der Mitarbeiter zu).281

277 vgl. Matthes, Achim, Convergence Journalism. Die Auswirkungen der Medienkonvergenz auf den praktischen Journalismus, Saarbrücken (VDM) 2006, 88. 278 vgl. Marrs, Kira, Zwischen Leidenschaft und Lohnarbeit. Ein arbeitssoziologischer Blick hinter die Kulissen von Film und Fernsehen, Berlin (Sigma) 2007, 104-105. 279 vgl. Kuvaas, Bard, Performance appraisal satisfaction and employee outcomes. Mediating and moderating roles of work motivation, in: The International Journal of Human Resource Management 42 (2006), 517. 280 vgl. Matthes, Achim, Convergence Journalism. Die Auswirkungen der Medienkonvergenz auf den praktischen Journalismus, Saarbrücken (VDM) 2006, 62. 281 vgl. Marrs, Kira, Zwischen Leidenschaft und Lohnarbeit. Ein arbeitssoziologischer Blick hinter die Kulissen von Film und Fernsehen, Berlin (Sigma) 2007, 96.

60 Kets de Vries vertritt die Position, dass nicht alle Menschen geeignet sind, einer Position mit höchster Verantwortung gerecht zu werden. Zahlreiche Führungspersönlichkeiten seien durch persönliche Dispositionen (z. B. ängstliche Charakterzüge) nicht in der Lage, ihre Mitarbeiter zu überzeugen und zu begeistern. Die Überforderung offenbart sich in einem Rückfall maladaptiver „Fühl-, Denk- und Verhaltensprogramme“. Untergebene orientieren sich an einer Autorität und sehen diese als Vorbild. Kollektive Kognitionsbildungsprozesse (parallelisierte Wirklichkeitskonstruktionen) führen zu affektiven Ansteckungsmechanismen, welche in einem Unternehmen so lange als unreflektierte Selbstverständlichkeiten hingenommen werden, bis die negativen Stimmungen nachweislich auf die Unternehmensleistung zurückwirken (z. B. hohe Fluktuationsrate, hoher Krankenstand).282 „Wenn Führungspersonen und Anhänger sich zurückentwickeln, können wir beobachten, wie sie in eher primitive Verhaltensmuster zurückfallen.“283 Die Führungskraft muss die komplexen Austauschprozesse (Interaktionen) koordinieren und steuern. Eine Führungskraft besitzt jedoch nicht vollständiges Wissen. Aufgrund der hohen Aufgabenvielfalt kann es nützlich sein, sich über Absichten, Befürchtungen und Entscheidungsfolgen auszutauschen. So können negative Wechselbeziehungen (z. B. Konflikte) abgebaut werden.284 Bei der AV-Medienproduktion kann es zwischen den künstlerisch-ästhetischen (z. B. Szenenbild) und wirtschaftlich-organisatorischen (unternehmerisches Risiko) Verantwortungsbereichen zu erheblichen Reibungsverlusten kommen.285 Die Aufgaben gestalten sich sehr unterschiedlich. Jeder Film, jeder Zeitungsartikel stellt eine neue Herausforderung dar. Daher muss das Individuum bereit sein, sich zu verändern und dazulernen zu wollen. Aus einer geringen Anpassungsleistung kann Überforderung (z. B. Angst vor Veränderungen) resultieren. Die Veränderungen der technischen Produktionsprozesse gehen mit einer Arbeitsverdichtung einher. Hatte früher ein vierköpfiges Team zusammengearbeitet, um einen Fernsehbeitrag zu drehen, arbeiten heute meist Zweierteams miteinander oder ein Ein-Mann-Team. Der erhöhte Leistungsdruck bewirkt Verschleißerscheinungen. Die Angst, keinen Job mehr zu bekommen, 282

vgl. Kets de Vries, Manfred F. R, Chef-Typen. Zwischen Charisma und Chaos, Erfolg und Versagen, Wiesbaden (Gabler) 1990, 51, 14; vgl. Milgram, Stanley, Einige Bedingungen von Autoritätsgehorsam und seiner Verweigerung, in: Zeitschrift für Experimentelle und Angewandte Psychologie 13 (1966) 446-448; vgl. Ciompi, Luc, Die emotionalen Grundlagen des Denkens. Entwurf einer fraktalen Affektlogik, Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) 3. Aufl. 2005, 263. 283 vgl. Kets de Vries, Manfred F. R, Chef-Typen. Zwischen Charisma und Chaos, Erfolg und Versagen, Wiesbaden (Gabler) 1990, 28. 284 vgl. Voigt, Bert, Team und Teamarbeit, in: Velmerig, Carl Otto/Schattenhofer, Karl/Schrapper, Christian (Hrsg.), Teamarbeit. Konzepte und Erfahrungen – eine gruppendynamische Zwischenbilanz, WeinheimMünchen (Juventa) 2004, 171; vgl. Morris, Terence, Social causes of deviant behaviour, in: Gerhardt, Uta E./Wadsworth, Michael E. J. (Hrsg.), Stress and stigma. Explanation and evidenc in the sociology of crime and illness, Frankfurt am Main-London-New York (Campus) 1985, 100-101. 285 vgl. Marrs, Kira, Zwischen Leidenschaft und Lohnarbeit. Ein arbeitssoziologischer Blick hinter die Kulissen von Film und Fernsehen, Berlin (Sigma) 2007, 98.

61 erweist sich als immens groß. Da sich Mitarbeiter in der Medienbranche der hohen Konkurrenzdichte bewusst sind (z. B. Überangebot an Arbeitskräften), sind sie bereit, auch unter hohem physischen und psychischen Druck zu arbeiten.286 4.3.2

Wechselwirkung der Ängste auf synreferentielles Teamsystem

Auf der Teamebene führt Termin- und Zeitdruck zu Aufmerksamkeitsverengungen. Dies belastet die Beziehungsebene und damit die Sachebene. Die Ursache für diese Prozesse liegt weniger bei den einzelnen Akteuren als vielmehr im Stress auslösenden Kontext (z. B. unreflexives Verhalten als Folge von Kostendruck, kollektive Teammentalität).287 Die Autoren Park und Antonioni zeigten in ihrer Studie von 256 Studenten und deren Konfliktstrategien, dass die Interaktionen zwischen zwei Parteien stark von den ausgehandelten Normen geregelt werden, die in der Situation zur Anwendung kommen. Der Mensch handelt daher nicht rational, sondern nach kollektiven Kognitionsbildungen in einer Gruppe.288 Das Tagespensum bei einer AV-Medienproduktion wird beispielsweise durch enge Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Departments erstellt sowie vom Aufnahmeleiter und Produktionsleiter kontrolliert. Diese sind wiederum an die Einhaltung des Drehplans gebunden. Der Drehplan ist das Ergebnis kalkulatorischer Planungen zwischen Produzent und Regisseur.289 Der Leistungsdruck wird einerseits durch die Gruppe selber aufrechterhalten und andererseits durch persönliche Leistungskontrolle erzeugt. Neue Ideen und Problemlösungen können im Team besprochen werden, wenn dies durch die Teamkultur gefördert wird. So kann in einer Vertrauenskultur das Wissen miteinander ausgetauscht werden; das Teamsystem kann seine interne Komplexität (Problemlösefähigkeit) erhöhen. Aufeinander abgestimmte Interaktionsprozesse (dichte kooperative Kommunikationsprozesse) erweisen sich für die Teamarbeit als sehr wichtig. Die aktiven Teammitglieder beeinflussen die Teamorganisation und erhöhen damit die gelingende Selbstorganisation des Teams, da durch die Integration unterschiedlicher Systemdynamik die Eigenkomplexität des Teams und damit die bessere Problemlösefähigkeit erhöht wird. Viele Arbeitsschritte bei der Medienproduktherstellung verlaufen parallel (z. B. Kamera, Regie, Licht bei einer Filmpro-

286

vgl. ebd., 97, 105, 150. vgl. Kets de Vries, Manfred F. R., Defective adaptation to work. An approach to conceptualization, in: Kets de Vries, Manfred (Hrsg.), The irrational executive. Psychoanalytic Explorations in Management, MadisonConnecticut (International Universities) 3. Aufl. 1986, 83; vgl. Ciompi, Luc, Die emotionalen Grundlagen des Denkens. Entwurf einer fraktalen Affektlogik, Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) 3. Aufl. 2005, 262-263. 288 vgl. Park, Heejoon/Antonioni, David, Personality, reciprocity, and strength of conflict resolution strategy, in: Journal of Research in Personality 41 (2007), 122. 289 vgl. Marrs, Kira, Zwischen Leidenschaft und Lohnarbeit. Ein arbeitssoziologischer Blick hinter die Kulissen von Film und Fernsehen, Berlin (Sigma) 2007, 103-104. 287

62 duktion). Eine stabile Beziehungsebene reduziert die Planungsunsicherheiten und verleiht einem lebenden System einen verlässlichen Orientierungsrahmen.290 Die Unsicherheiten, die durch die geringe Aufgabenähnlichkeit erzeugt werden, können innerhalb der Teams reduziert werden, wenn es gelingt, die unterschiedlichen Wirklichkeitskonstruktionen zu parallelisieren.291 Partnerschaftliche Zusammenarbeit wird durch Emotionen stabilisiert, hilft dabei, Konkurrenzdenken zu begrenzen, und spart langfristig Reibungskosten. Nach Goetz et al. fördert emotionale Intelligenz die Selbstregulationsprozesse eines lebenden Systems (z. B. Leistungs- und Lernmotivation).292 Neben der Kosteneinsparung durch innovative technische Entwicklungen (z. B. Content-Management-Systeme) können ferner Opportunitätskosten durch partnerschaftlichen Umgang begrenzt werden.293 4.3.3

Wechselwirkung der Ängste auf Medienorganisation mit synreferentiellem Managementsubsystem

Da das Unterhaltungsgut (Informationsgut) eine geringe Zeitelastizität besitzt, entwickelt sich Zeit zum Wettbewerbsfaktor.294 Um Zeit einzusparen, werden Entscheidungen meist innerhalb der hierarchisch organisierten Führungsebenen getroffen. Konflikte entstehen, wenn innerhalb der integrativen Netzwerkstrukturen (horizontale und vertikale Prozessdynamik) die Abstimmungsregeln verletzt und diese nicht sinnvoll begründet werden. Es kann zu zeitaufwendigen mikropolitischen Machtkämpfen kommen.295 Neue vereinfachte, technische Produktionsprozesse erlauben es, jederzeit schnell Informationen aufzubereiten und einem Publikum zu präsentieren (z. B. Ein-Mann-Team). Die Bedrohung, wichtige Informationen nicht als Erster präsentieren zu können, wird dadurch minimiert.296 Die Beschleunigung der Produktionsprozesse fördert Macht- und Herrschaftsinteressen innerhalb des Medienunternehmens. Nach Ciompi verengt die Ängstlichkeit den Auf290 vgl. Voigt, Bert, Team und Teamarbeit, in: Velmerig, Carl Otto/Schattenhofer, Karl/Schrapper, Christian (Hrsg.), Teamarbeit. Konzepte und Erfahrungen – eine gruppendynamische Zwischenbilanz, WeinheimMünchen (Juventa) 2004, 101. 291 vgl. Marrs, Kira, Zwischen Leidenschaft und Lohnarbeit. Ein arbeitssoziologischer Blick hinter die Kulissen von Film und Fernsehen, Berlin (Sigma) 2007, 88. 292 vgl. Goetz, Thomas et al., Emotionale Intelligenz im Lern– und Leistungskontext, in: Schulze, Ralf/Freund, Alexander P./Roberts, Richard D. (Hrsg.), Emotionale Intelligenz. Ein internationales Handbuch, Göttingen etc. (Hogrefe) 2006, 247-249. 293 vgl. Matthes, Achim, Convergence Journalism. Die Auswirkungen der Medienkonvergenz auf den praktischen Journalismus, Saarbrücken (VDM) 2006, 96, 889. 294 vgl. Sjurts, Insa, Strategien in der Medienbranche. Grundlagen und Fallbeispiele, Wiesbaden (Gabler) 3. Aufl. 2005, 11. 295 vgl. Wimmer, Rudolf, Das Team als besonderer Leistungsträger in komplexen Organisationen. Zur Renaissance des Teamgedankens in der gegenwärtigen Umgestaltung von Organisationen, in: http://osbi.com/ADMIN/ASSETS/files/Team%20LeistTr_gerkomplOrg%20RW2.pdf, abgerufen am 07.01.2012, 16-17. 296 vgl. Matthes, Achim, Convergence Journalism. Die Auswirkungen der Medienkonvergenz auf den praktischen Journalismus, Saarbrücken (VDM) 2006, 76.

63 merksamkeitsfokus auf affektspezifische kognitive Inhalte.297 In streng hierarchisch organisierten Medienunternehmen werden durch die starren hierarchischen Strukturen Innovationen behindert, da das System starre Grenzen ausgebildet hat. Diese sind schwer von außen zu irritieren. Da Medienunternehmen sich an einen dynamischen Markt anpassen müssen, um ihre Existenzen zu sichern, erfolgt durch Teambildung der Versuch, eine bessere Umweltbeobachtung zu erreichen.298 So erhöht beispielsweise die Umstellung auf digitale Produktionsprozesse das Wertschöpfungspotenzial, erleichtert und reduziert den Rechercheaufwand.299 Im Rahmen der AV-Medienproduktion herrscht große Ungewissheit (z. B. Außendreh und Wetterverhältnisse), daher kann durch die Teamorganisation flexibel und kreativ reagiert werden (z. B. spontaner Wechsel der Location).300 Auf Organisationsebene sollten Verantwortlichkeiten und Rollenzuweisung klar kommuniziert werden (z. B. Absprachen, Vereinbarungen, Festlegung von Regeln), da aus fehlenden Orientierungsvorgaben unsichere Verhaltenserwartungen resultieren und Versagensängste entstehen können.301 Medienunternehmen vergeben aufgrund der Aufgabenkomplexität und geringer vorhandener Ressourcen Aufträge an externe Produktionsfirmen. Diese greifen auf ein flexibles Netzwerk von Kooperationspartnern zurück und bilden Produktionsteams.302 Sender nutzen somit die Vorteile, kostengünstige Ressourcen direkt vom Markt beziehen zu können. Für die freien Produktionsfirmen erhöht die Konfrontation mit global agierender Konkurrenz den Kostenund Rationalisierungsdruck (z. B. verstärkter Einsatz von Leiharbeitern, befristete Arbeitsverträge, Personalfreisetzung, Telearbeit, virtuelle Arbeitsplätze). Der anhaltende technologische Fortschritt erhöht die F & E-Kosten (z. B. Anpassung an Verbreitungsnetze wie Satellitenfernsehen) und reduziert zugleich die durch moderne Produktionsverfahren erwirtschafteten Einsparungseffekte. Im internen und externen Rechnungswesen schlagen sich die Bemühungen, die Unsicherheit zu reduzieren, als Kosten nieder (z. B. 297

vgl. Ciompi, Luc, Die emotionalen Grundlagen des Denkens. Entwurf einer fraktalen Affektlogik, Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) 3. Aufl. 2005, 96. 298 vgl. Buchinger, Kurt, Gruppenarbeit und Teamarbeit in Organisationen. Ideologie und Realität, in: Velmerig, Carl Otto/Schattenhofer, Karl/Schrapper, Christian (Hrsg.), Teamarbeit. Konzepte und Erfahrungen – eine gruppendynamische Zwischenbilanz, Weinheim-München (Juventa) 2004, 224. 299 vgl. Matthes, Achim, Convergence Journalism. Die Auswirkungen der Medienkonvergenz auf den praktischen Journalismus, Saarbrücken (VDM) 2006, 16, 56. 300 vgl. Marrs, Kira, Zwischen Leidenschaft und Lohnarbeit. Ein arbeitssoziologischer Blick hinter die Kulissen von Film und Fernsehen, Berlin (Sigma) 2007, 96. 301 vgl. Voigt, Bert, Team und Teamarbeit, in: Velmerig, Carl Otto/Schattenhofer, Karl/Schrapper, Christian (Hrsg.), Teamarbeit. Konzepte und Erfahrungen – eine gruppendynamische Zwischenbilanz, WeinheimMünchen (Juventa) 2004, 172. 302 vgl. Marrs, Kira, Zwischen Leidenschaft und Lohnarbeit. Ein arbeitssoziologischer Blick hinter die Kulissen von Film und Fernsehen, Berlin (Sigma) 2007, 87.

64 Beraterkosten, Versicherungskosten, Fluktuationskosten, Krankheitskosten, Wartungskosten). Dies ist das Ergebnis der vorgenommenen Entscheidungen des synreferentiellen Subsystems Management, um auf die wahrgenommene Existenzbedrohung zu reagieren (Anpassung).303 So ließen sich der WDR und das ZDF durch renommierte Beratungsfirmen (Kienbaum, McKinsey) bei ihren Outsourcingentscheidungen beraten. Das Ziel bestand darin, Sach- und Personalkosten einzusparen und durch Centerkonzepte die einzelnen Komponenten in ihren Verantwortungsbereichen enger an den Markt zu binden.304 Im AV-Produktionsbereich wird dies durch erfolgsabhängige Entgelte erzeugt. Dies bedingt enge Kapitalverflechtungen und erzeugt Abhängigkeitsverhältnisse zwischen Produktionsfirmen und -sendern. Die Konzentration auf wenige Konzerne in Deutschland (z. B. RTL-Group, Springer-Konzern) erzeugt Konzentrationsprozesse in der Auftragsvergabe. Dies wirkt sich negativ auf die kulturelle Vielfalt aus, da die beteiligten Produktionsfirmen in strukturellen Abhängigkeitsverhältnissen stehen. Die großen Konzerne sind von ihren Kapitalgebern abhängig und daher an einer effizienten Ressourcenauslastung interessiert. Dies führt zu standardisierten Programmen (z. B. Talkshows). Auf diese Weise reduziert das „synreferentielle System“ Medienorganisation seine Unsicherheiten und maximiert die Umsätze des Unternehmens. Die großen Fernsehsender geben ihren Spardruck (z. B. durch einseitige Shareholderorientierung) an die Produktionsbetriebe weiter, was eine Erhöhung deren Kostendruck nach sich zieht. Die großen Konzerne unterliegen dem Druck, hohe Renditen für ihre Aktionäre zu erwirtschaften. Die Aktionäre sind nicht durch emotionale Beziehungen an das Unternehmen gebunden, sondern verfolgen eigene, existenzsichernde Ziele. Für ein abhängiges Medienunternehmen bedeutet dies eine permanente Befürchtung, am Markt verkauft zu werden, und damit Existenzängste. Marrs bestätigt, dass seit Etablierung der kommerziellen Sender zunehmend Projekte an abhängige Tochterunternehmen und Produzenten vergeben werden.305 4.4

Personalanforderungen und reziproke Einflüsse auf Systeme

Dem Personal kommt als Ressource für ein Medienunternehmen große Bedeutung zu. Fähigkeiten, Fertigkeiten und Wissen sind eng an ein Individuum gebunden. Da die Aufgaben sehr dynamisch sind, müssen auch die handelnden Individuen sehr flexibel reagieren können. Die 303 vgl. Panse, Winfried/Stegmann, Wolfgang, Kostenfaktor Angst, Landsberg-Lech (Verl. Moderne Industrie) 3. Aufl. 1998, 151. 304 vgl. Seidel, Norbert, Outsourcing und Leistungserstellung durch Dritte beim WDR, in: Media Perspektiven (1/99), 15; vgl. Schneider, Bruno, Freie im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, in: Deutscher Journalisten-Verband e. V. (Hrsg.), Von Beruf frei. Der Ratgeber für freie Journalistinnen und Journalisten, Bonn (DJV) 2. Aufl. 2001, 268. 305 vgl. Marrs, Kira, Zwischen Leidenschaft und Lohnarbeit. Ein arbeitssoziologischer Blick hinter die Kulissen von Film und Fernsehen, Berlin (Sigma) 2007, 92-93.

65 bevorzugte Organisationsweise ist aufgrund der komplexen Aufgaben die Projekt- oder Teamorganisation. Daher wird von einer Person auch Teamfähigkeit und ein hohes Maß an sozialen Kompetenzen verlangt. Die besonderen Produktionsbedingungen fordern den einzelnen Mitarbeitern eine hohe Belastungs- und Selbstorganisationsfähigkeit ab. 4.4.1

Wechselwirkung der Ängste auf lebendes System

Individuen sind aus Rationalitätsgründen (z. B. soziale kooperative Zusammenarbeit, um eigene Ressourcen energiesparend einzusetzen) bestrebt, sich flexibel an ihrer Umwelt zu orientieren. Besteht auf der Beziehungsebene eine Distanz zum Unternehmen, sucht ein Mensch alternative Orientierung (z. B. Arbeitsplatzwechsel).306 Durch die stärkeren Konvergenztendenzen in den Medien wird die flexible Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen Medienarten (z. B. Zeitungsredakteur soll als Experte in einer TV-Sendung einen Kommentar abgeben) immer wichtiger. Der Journalist sollte seine Kompetenzen flexibel in unterschiedlichen Medien einsetzen können. Die Qualität der journalistischen Arbeit könnte durch die Arbeitsverdichtung belastet werden. Um den Ansprüchen der Mediennutzer zu genügen, werden vermehrt vorgefertigte Inhalte eingekauft.307 Oberst-Hundt fand heraus, dass fast 50 % der Mitarbeiter im öffentlich-rechtlichen Rundfunk starken gesundheitlichen Belastungen ausgesetzt sind. Am stärksten belastet fühlen sich die Mitarbeiter der technischen Berufe und der Redaktion (Studiotechnik, Produktion, Redaktion, Bild-Technik).308 Die Ergebnisse verweisen auf den Zusammenhang zwischen Technik und Stress. Neue Medientechniken müssen í um auf dem Stand der Technik zu bleiben í permanent aktualisiert und erlernt werden. Weiterhin muss die Koordination zwischen unterschiedlichen Medienarten und unterschiedlichen Produktionsweisen erlernt werden. Diese Verunsicherung erzeugt Stress und Ängste.309 Flexibilität bedeutet ebenfalls die Bereitschaft zur Mobilität und das Ertragen hoher körperlicher Belastungen.310 Bei Filmproduktionen müssen häufig die Drehorte gewechselt werden, und die Akteure müssen sich an die Witterungsbe306

vgl. Buchinger, Kurt, Gruppenarbeit und Teamarbeit in Organisationen. Ideologie und Realität, in: Velmerig, Carl Otto/Schattenhofer, Karl/Schrapper, Christian (Hrsg.), Teamarbeit. Konzepte und Erfahrungen – eine gruppendynamische Zwischenbilanz, Weinheim-München (Juventa) 2004, 227. 307 vgl. Matthes, Achim, Convergence Journalism. Die Auswirkungen der Medienkonvergenz auf den praktischen Journalismus, Saarbrücken (VDM) 2006, 25-26; vgl. Huang, Edgar et al., Converged journalism and quality. A case study of The Tampa Tribune news stories, in: Convergence 10 (2004), 86. 308 vgl. Oberst-Hundt, Christina, Wer wir sind und wie wir arbeiten. Ergebnisse der „Befragung zur Situation der Beschäftigten im öffentlich-rechtlichen Rundfunk“, Berlin (ver.di) 2002, 16. 309 vgl. Briner, Rob/Hockey, Robert G. J., Operator stress and computer-based work, in: Cooper, Cary L./Payne, Roy (Hrsg.), Causes, coping and consequences of stress at work, Chichester etc. (John Wiley & Sons) 1988, 121, 133. 310 vgl. Fried, Yitzhak, The future of physiological assessments in work situations, in: Cooper, Cary L./Payne, Roy (Hrsg.), Causes, coping and consequences of stress at work, Chichester etc. (John Wiley & Sons) 1988, 366.

66 dingungen anpassen. Häufig lassen sich die Entfernungen schlecht mit dem privaten Leben (z. B. Familie) vereinbaren.311 Eine Kameraassistentin berichtet: „Du bist dann auch nicht zu Hause. Wenn Familiengeburtstag ist, dann ist man einfach nicht da, das kann man nicht vorausplanen. Klar kannst du dann absagen, aber du weißt nicht, ob du diesen Monat noch was kriegst.“312 Das Ungleichgewicht zwischen Arbeit und privatem Leben kann als psychosozialer Stressor wirken. Einerseits befürchten die Beschäftigten, den Anschluss innerhalb der eigenen Familie zu verlieren. Andererseits besteht die Angst vor dem Verlust ihrer Arbeit. Der Wertewandel innerhalb der Gesellschaft führte zu einem Wandel der Pflicht- und Akzeptanztoleranzen. Nach Castel entwickeln sich die unsicheren Arbeitsverhältnisse zur Gratwanderung zwischen existenzieller Sicherheit und Selbstverwirklichung auf einem flexiblen Arbeitsmarkt.313 Insbesondere innerhalb der Filmwirtschaft ist es schwer, eine „Work-Life-Balance“ zu finden. Medienprodukte sind häufig das Ergebnis von Teamarbeit. Die Teamorganisation unterliegt der Beeinflussung der lebenden Systeme. Die Informationsverarbeitung zwischen den lebenden Systemen unterliegt kognitiven und motivationalen Fehlern (z. B. durch Dissonanzvermeidung, durch Widerspruchsvermeidung, durch Selbstdienlichkeit).314 Das Verhalten ist das Ergebnis der Anpassung des lebenden Systems und kann von betriebswirtschaftlich relevanten Abwehrmechanismen begleitet werden. Stress während der Arbeit kann hemmendes Potenzial aufweisen und defensives Verhalten bedingen. Konkurrenzdruck kann zu Wettbewerbsdenken führen.315 Diese Bewältigungsprozesse sind Teil der individualisierten Problemlösungskompetenz. Diese können bewusst oder unbewusst ablaufen. Der Versuch eines lebenden Systems, sich in seinem Gleichgewicht zwischen Lust und Unlust zu halten, wirkt in „synreferentiellen Systemen“ auf die Systemorganisation zurück. Panse und Stegmann verweisen auf den Zusammenhang der Angstemotion auf die strukturelle Kopplung zwischen den Systemarten und dem betriebswirtschaftlich relevanten Abwehrverhalten: „[...] betriebswirtschaftlich relevante, angstbedingte Verhaltensänderungen, also jede physische und/oder psychische Aktivität, die Angst beseitigt oder mindert und mit der der Mensch versucht, aus

311

vgl. Marrs, Kira, Zwischen Leidenschaft und Lohnarbeit. Ein arbeitssoziologischer Blick hinter die Kulissen von Film und Fernsehen, Berlin (Sigma) 2007, 115. 312 ebd., 116. 313 vgl. ebd., 125; vgl. Castel, Robert, Der Zerfall der Lohnarbeitsgesellschaft, in: Bourdieu, Pierre (Hrsg.), Lohn der Angst. Flexibilisierung und Kriminalisierung in der »neuen Arbeitsgesellschaft«, Konstanz (UVK) 2007, 16. 314 vgl. Linneweber, Volker, Was weiß die Sozialpsychologie über Gruppen und Teams?, in: Velmerig, Carl Otto/Schattenhofer, Karl/Schrapper, Christian (Hrsg.), Teamarbeit. Konzepte und Erfahrungen – eine gruppendynamische Zwischenbilanz, Weinheim-München (Juventa) 2004, 19-34. 315 vgl. Matthes, Achim, Convergence Journalism. Die Auswirkungen der Medienkonvergenz auf den praktischen Journalismus, Saarbrücken (VDM) 2006, 72.

67 dem Bereich der Unsicherheit wieder in die Zone der Sicherheit zu gelangen.“316 Da sich die Situation und der soziale Kontext, in dem sich ein Individuum bewegt, ändern, muss es bereit sein, ständig lernen zu wollen (z. B. Unterordnung, Kenntnis anderer Tätigkeitsfelder, Stressresistenz, Konfliktfähigkeit, Leidensfähigkeit).317 Das Konzept der emotionalen Intelligenz beschreibt die Fähigkeit, sich in andere Wirklichkeitskonstruktionen hineindenken zu können (Reflexionsfähigkeit). Dadurch können intrapersonale Reibungen gemindert oder verhindert werden. Das lebende System ist in der Lage, die wahrgenommene Bedrohung in einen anderen Kontext zu stellen, und kann dadurch seine Ängste reduzieren oder auflösen.318 Soziale Kompetenzen helfen bei der Gestaltung eigener Wirklichkeiten. Dadurch werden geringere intrapersonale Konflikte aufgrund falscher Projektionen auf externe Rolleninhaber ausgelöst. Durch reflexives Prozessieren von Gedanken, Vorstellungen und Emotionen können Lernprozesse, aber auch Abwehrreaktionen angestoßen werden (z. B. Projektion der eigenen Ängste auf andere Personen). Wie sich ein lebendes System verhält, beruht auf dem Wissen, das ein psychisches System gespeichert hat. „Ein Teil dieses Wissens ist vererbt, ein anderer Teil dieses Wissens ist erlernt.“319 Affekte können moralischen Druck auf kollektive Wirklichkeiten erzeugen und zeigen auf, dass etwas nicht stimmt (Affekte als Immunsystem). Affekte wirken motivierend und binden Handlungen an Ziele. Nach Luhmann erzeugt einseitiges Vertrauen auch Macht.320 Die Macht beinhaltet die Angst der unterlegenen Akteure, einer Strafe ausgesetzt werden zu können. Durch affektive Beziehungsbindungen ist ein lebendes System an geteilte synreferentielle Wirklichkeitskonstruktionen gebunden und wird zu defensivem Verhalten neigen. Emotionen bewirken strukturelle Kopplungen zwischen Organismus und Bewusstseinssystem. Sie wirken ähnlich wie Werte. „Affect we conceive to be the medium through which the stabilities essential to the moral order of a social system are adjusted to the ranges of variation that occur in the more concrete social environment in which the individual acts.“321

316 Panse, Winfried/Stegmann, Wolfgang, Kostenfaktor Angst, Landsberg-Lech (Verl. Moderne Industrie) 3. Aufl. 1998, 111-112. 317 vgl. Marrs, Kira, Zwischen Leidenschaft und Lohnarbeit. Ein arbeitssoziologischer Blick hinter die Kulissen von Film und Fernsehen, Berlin (Sigma) 2007, 135. 318 vgl. Goetz, Thomas et al., Emotionale Intelligenz im Lern– und Leistungskontext, in: Schulze, Ralf/Freund, Alexander P./Roberts, Richard D. (Hrsg.), Emotionale Intelligenz. Ein internationales Handbuch, Göttingen etc. (Hogrefe) 2006, 247. 319 Storch, Maja, Die Bedeutung neurowissenschaftlicher Forschungsansätze für die psychotherapeutische Praxis, in: Psychotherapie 7 (2002), 282. 320 vgl. Luhmann, Niklas, Vertrauen. Ein Mechanismus der Reduktion sozialer Komplexität, Stuttgart (Lucius & Lucius) 4. Aufl. 2000, 77. 321 Parsons, Talcott, Social systems and the evolution of action theory, New York (Free Press) 1977, 219.

68 Durch fehlende formelle Qualifizierungsmaßnahmen im journalistischen Bereich werden Ängste vor unzureichenden Kompetenzen geschürt. Nach Oberst-Hundt besteht Handlungsbedarf bei Mitarbeitern der Produktion, Redaktion und Technik. Insgesamt sind 41 % der Mitarbeiter mit Qualifizierung und Weiterbildung unzufrieden.322 Die wahrgenommene Bedrohung des Arbeitsplatzverlustes wegen des Fehlens benötigter Kompetenzen kann motivationshemmend wirken. Das Individuum fühlt sich überfordert, entwickelt Ängste vor etwas Neuem und erzeugt Veränderungswiderstände. Die Fähigkeit der Selbstorganisation eines lebenden Systems bedeutet, dass es Herausforderungen als Lernchance wahrnimmt. Um eine Herausforderung als Lernchance zu erkennen, benötigt das lebende System flexible Reaktionskompetenzen. Dazu muss es in seinem Leben durch Reflexionskompetenzen seine Erfahrungen flexibel in neue Kontexte integrieren können. Das lebende System organisiert sein Wissen autopoietisch. „The circular organization in which the components that specify it are those whose synthesis or maintenance it secures in a manner such that the product of their functioning is the same functioning organization that produces them, is the living organization.“323 Der Umgang mit Ängsten ist ein mentaler Selbstorganisationsprozess (z. B. Umlernen, Einstellungsänderung, Entwicklung seelischer Gegengewichte, Aktivierung von Gleichgewichtsprozessen). Ein Journalist muss heute zunehmend selbst organisiert in Eigeninitiative für mehrere Medien produzieren können. Zu diesem Zweck muss er die Fähigkeiten zur Selbstmotivation entwickelt haben. Bedrohliche Situationen (z. B. Angst vor Krankheiten, Angst vor Arbeitsplatzverlust) muss er bewältigen und trotzdem hoch konzentriert arbeiten können.324 Storch beschreibt den neurobiologischen Ablauf eines Lernprozesses wie folgt: „Im Laufe des Lernprozesses entsteht zum Thema Großmutter ein neuronales Netz, welches zusätzlich zur schemagesteuerten Wahrnehmung auch noch entsprechende Handlungsbereitschaften, passende emotionale Bereitschaften sowie motivationale Bereitschaften aktiviert.“325 Durch reflexive Persönlichkeitsentwicklung werden die Organisationsprozesse des Bewusstseins in den Bezug zur Umwelt gesetzt und dadurch erkennbar sowie handhabbar.326 Indem ein lebendes System durch Integrationsprozesse sich selber irritierbar erhellt, erhöht es seine Bewälti322

vgl. Oberst-Hundt, Christina, Wer wir sind und wie wir arbeiten. Ergebnisse der „Befragung zur Situation der Beschäftigten im öffentlich-rechtlichen Rundfunk“, Berlin (ver.di) 2002, 17. 323 Maturan, Humberto R./Varela, Francisco J., Autopoiesis and cognition. The realization of the living, Dordrecht (Reidel) 1980, 9. (Hervorhebung im Original) 324 vgl. Matthes, Achim, Convergence Journalism. Die Auswirkungen der Medienkonvergenz auf den praktischen Journalismus, Saarbrücken (VDM) 2006, 33-34. 325 Storch, Maja, Die Bedeutung neurowissenschaftlicher Forschungsansätze für die psychotherapeutische Praxis, in: Psychotherapie 7 (2002), 288. 326 vgl. Barthelmess, Manuel, Systemische Beratung. Eine Einführung für psychosoziale Berufe, WeinheimBasel (Beltz) 2. Aufl. 2001, 67-68.

69 gungskompetenzen. Verdrängungs- und Verleugnungsstrategien als unbewusstes Abwehrverhalten (z. B. Angsttransfer durch Projektion, Isolationsängste, Depression, Neurosen) können rechtzeitig selbst erkannt werden. Ein hohes Selbstwertgefühl als wahrgenommene Bewältigung interner und externer Umweltkomplexität erzeugt positive Bewertungen der Hindernisse als Herausforderung.327 Es existiert ein Zusammenhang zwischen Leistung, Sicherheitsgefühl und Angst. Emotionen wirken wie ein Immunsystem im Organismus und regen die Selbstorganisationsprozesse (kognitive Anpassung) an. In biologischen und psychosozialen Interaktionen dienen Affekte als sinnvolle Orientierung des Denkens und Handelns. Fehlendes Anschlusshandeln (z. B. Interaktionsabbruch) kann zu Unstabilität der personellen Identität führen. Der soziale Ausschluss (z. B. Arbeitslosigkeit) aus einer Gruppe erzeugt Stress. Es ist empirisch nachgewiesen, dass die Angstkomponente Besorgtheit stark mit der Leistungsminderung korreliert. Aus diesem Grund beeinflusst vor allen die Kognition und nicht die Aufgeregtheit die Leistungsfähigkeit. Der Bewertungsstress in einer Situation löst Angstmechanismen aus.328 „Soziale Angst ist eine Gefühlsreaktion, die angesichts einer bestehenden oder bevorstehenden interpersonellen Beziehung auftritt.“329 In Belastungssituation führt die Befürchtung, einer geforderten Leistung nicht entsprechen zu können, zu Scham. Aus der gesteigerten Selbstthematisierung resultiert die Schwächung des Einsatzes geeigneter Bewältigungsstrategien.330 „Erst wenn die kognitiven Prozesse auf das Selbst in seiner scheinbaren oder tatsächlichen Inkompetenz gerichtet sind, werden die sozialen Umweltanforderungen als kaum überwindbar angesehen.“331 Die Belastungssituation des sozialen Stresses entsteht durch das Spannungsverhältnis zwischen Selbst- (z. B. Lebenskonzept) und Fremdkontrolle (z. B. unsichere Arbeitsbedingungen). Hundt fand in ihrer Befragung der Beschäftigten im öffentlich-rechtlichen Rundfunk heraus, dass mehr als ein Drittel den Beruf mit dem Privatleben nur schwer vereinbaren können.332 Ein Aufnahmeleiter erklärt zur Unvereinbarkeit von Beruf und Familie: „Ich habe eben keine Familie, was ich mir auch nicht vorstellen könnte mit der Tätigkeit. Erstens diese Unsicherheit, diese finanzielle Unsi327

vgl. Kals, Elisabeth, Arbeits- und Organisationspsychologie. Workbook, Weinheim-Basel (PVU) 2006, 156. vgl. Schwarzer, Ralf, Streß, Angst und Hilflosigkeit. Die Bedeutung von Kognitionen und Emotionen bei der Regulation von Belastungssituationen, Stuttgart etc. (Kohlhammer) 1981, 88; vgl. Geraerts et al., Suppression of intrusive thoughts and working memory capacity in repressive coping, in: American Journal of Psychology 120 (2007), 214. 329 Schwarzer, Ralf, Streß, Angst und Hilflosigkeit. Die Bedeutung von Kognitionen und Emotionen bei der Regulation von Belastungssituationen, Stuttgart etc. (Kohlhammer) 1981, 126. 330 vgl. ebd., 131-140. 331 ebd., 141. 332 vgl. Oberst-Hundt, Christina, Wer wir sind und wie wir arbeiten. Ergebnisse der „Befragung zur Situation der Beschäftigten im öffentlich-rechtlichen Rundfunk“, Berlin (ver.di) 2002, 16. 328

70 cherheit, dann allein dieser zeitliche Faktor, man kann nicht wirklich planen. Das ist eben eines der Dinge, was man berücksichtigen muss. Ich sehe das schon so, dass ich, so wie es ist, nie eine Familie gründen könnte.“333 In der journalistischen Arbeit bewirken fehlende technische Kompetenzen Sozialstress (z. B. mit Schnittsoftware AVID umgehen können).334 Das lebende System muss sich an die technischen Entwicklungen permanent anpassen können. „The multi-skilled reporter understands the strengths and weaknesses of each medium. She or he is skilled at interviewing; collecting audio, video and still images; can edit those sounds and images; and can write stories to be distributed across multiple forms of media.“335 Der ständige Anpassungsdruck an etwas Neues kann Versagens- und Konfliktängste hervorrufen.336 Die Verletzung eigener Werte werden als Fremdkontrolle wahrgenommen (z. B. technische Beschränkungen durch ContentManagement-Systeme, Einschränkung journalistischer Freiheit). Dies kann Rollenkonflikte erzeugen. Bei fehlender Orientierung durch ein angenehmes Betriebsklima kann es zur innerlichen Kündigung kommen (z. B. Flucht in die Krankheit, Frustration, Fehlzeiten, schlechte Laune, Zielfrustration).337 Die ständige Bedrohung durch Arbeitsplatzverlust und Verlust der Freiheit durch atypisches Beschäftigungsverhältnis irritiert das lebende System.338 Die Kontrolle durch Verunsicherung und Ängste beschreibt ein Produzent folgendermaßen: „Und es gibt bei uns auch im Grunde genommen gar keinen großartigen Widerspruch. Widerspruch heißt einfach, einen anderen Job machen. Da kann man auch nicht diskutieren. Da wird auch nicht dis-

333 Marrs, Kira, Zwischen Leidenschaft und Lohnarbeit. Ein arbeitssoziologischer Blick hinter die Kulissen von Film und Fernsehen, Berlin (Sigma) 2007, 124-125. 334 vgl. Kolodzy, Janet, Convergence journalism. Writing and reporting across the news media, Lanham etc. (Rowman & Littlefield) 2006, 131; vgl. Killebrew, Kenneth C., Managing media convergence. Pathways to journalistic cooperation, Ames etc. (Blackwell) 2005, 51-52. 335 Quinn, Stephen, Convergent journalism. The fundamentals of multimedia reporting, New York etc. (Lang) 2005, 96. 336 vgl. Matthes, Achim, Convergence Journalism. Die Auswirkungen der Medienkonvergenz auf den praktischen Journalismus, Saarbrücken (VDM) 2006, 10, 25, 62, 86; vgl. Marrs, Kira, Zwischen Leidenschaft und Lohnarbeit. Ein arbeitssoziologischer Blick hinter die Kulissen von Film und Fernsehen, Berlin (Sigma) 2007, 12; Quinn, Stephen, Convergent journalism. The fundamentals of multimedia reporting, New York etc. (Lang) 2005, 212-213. 337 vgl. Krystek, Ulrich/Becherer, Doris/Deichelmann, Karl-Heinz. Innere Kündigung, Ursachen, Wirkungen und Lösungsansätze auf der Basis einer empirischen Untersuchung, München-Mering (Hampp) 2. Aufl. 1995, 144145; vgl. Gerhardt, Uta E., Stress and stigma explanations of illnes, in: Gerhardt, Uta E./Wadsworth, Michael E. J. (Hrsg.), Stress and stigma. Explanation and evidenc in the sociology of crime and illness, Frankfurt am MainLondon-New York (Campus) 1985, 163. 338 vgl. Marrs, Kira, Zwischen Leidenschaft und Lohnarbeit. Ein arbeitssoziologischer Blick hinter die Kulissen von Film und Fernsehen, Berlin (Sigma) 2007, 81; vgl. Castel, Robert, Der Zerfall der Lohnarbeitsgesellschaft, in: Bourdieu, Pierre (Hrsg.), Lohn der Angst. Flexibilisierung und Kriminalisierung in der «neuen Arbeitsgesellschaft», Konstanz (UVK) 2007, 16-17.

71 kutiert.“339 Diese Art der persönlichen Kontrolle wird durch die Steuerung über Beziehungsstrukturen ermöglicht. Bei negativer Beurteilung ist der zukünftige Job bedroht und indirekt die eigene Existenz. Ein Oberbeleuchter beispielsweise geht stark belastende physische und psychische Arbeitsbeziehungen ein. Zur geforderten Flexibilität innerhalb der Branche berichtet er: „Sehr flexibel. Sieben Tage die Woche, Tag und Nacht im Endeffekt. Also: Alles ist möglich. Und zum Teil auch sehr lange. Zwölf oder 14 Stunden sind keine Seltenheit.“340 Die permanente Fremdbestimmung führt zur Einschränkung des Lernens eines lebenden Systems. Eine Kameraassistentin berichtet über die starke hierarchische Kontrolle innerhalb eines Filmteams: „Wenn du drei Monate eben so gearbeitet hast, wo man dir jeden Tag sagt: 6 Uhr 30 da sein, dies und das machen – und dann kommst du nach Hause und dann beginnt dein normales Leben wieder: Dann hast du erst mal überhaupt keinen Plan, es fehlt dir erstmal die Dispo, wo du sagst: Aha, wann muss ich aufstehen, was muss ich jetzt machen? Also, du fällst in ein Loch und wirst eigentlich schnell phlegmatisch. Und du weißt nicht so recht, was du mit dir anfangen sollst oder sinnvoll mit dir anzufangen hast.“341 Die vorangestellten Beispiele kennzeichnen das Spannungsfeld zwischen Risiko (Bedrohung) und Chancen (Herausforderung). Die Beziehungsebene (z. B. Pflege von Kontakten, Motivation, Identifikation) und individuelle Kompetenzen treten in den Vordergrund (z. B. Unterordnungswille, Aufnahmefertigkeit, Genauigkeit, Talent). Die persönlichen Neigungen werden immer wichtiger, man muss nicht nur arbeiten wollen, sondern auch für den Beruf leben (z. B. Leidenschaft).342 Die persönlichen Ziele sollen bestmöglich zu den Zielen des Unternehmens passen (z. B. Einstellungen, Werte). Russo bestätigt in ihrer Studie zum Zusammenhang von professionellen Berufseinstellung und der Organisationsidentität im Zeitungsjournalismus, dass bei Wertekonformität (Parallelisierung von Zielen) mit dem Unternehmen auch eine höherer Arbeitszufriedenheit und Motivation möglich sind. Im journalistischen Bereich sind diese Ergebnisse anzutreffen, denn die Künstlerwerte (z. B. Freiheit, Selbstbestimmung) decken sich mit den journalistischen Werten (z. B. Autonomie, Qualitätsorientierung).343 Das Branchenflair zieht daher hauptsächlich Personen an, die diese Orientierung mitbringen. Das Branchenflair gibt Hoff339 Marrs, Kira, Zwischen Leidenschaft und Lohnarbeit. Ein arbeitssoziologischer Blick hinter die Kulissen von Film und Fernsehen, Berlin (Sigma) 2007, 107. 340 ebd., 108. 341 ebd., 123. 342 vgl. ebd., 167; vgl. Voigt, Bert, Team und Teamarbeit, in: Velmerig, Carl Otto/Schattenhofer, Karl/ Schrapper, Christian (Hrsg.), Teamarbeit. Konzepte und Erfahrungen – eine gruppendynamische Zwischenbilanz, Weinheim-München (Juventa) 2004, 173-174. 343 vgl. Russo, Tracy Callaway, Organizational and professional identification. A case of newspaper journalists, in: Management Communication Quarterly 12 (1998), 99.

72 nung, auch in schweren Zeiten durch eine hohe Eigeninitiative (z. B. Lernen) seine eigenen Ziele (z. B. soziale Anerkennung, öffentliches Ansehen, Selbstverwirklichung) erreichen zu können.344 Eine Regieassistentin bestätigt die starken parallelisierten Werteinstellungen innerhalb der Filmbranche: „Wenn wir drehen, da gibt es auch kein Privatleben.“345 Der Verdienst tritt für die Verwirklichung der eigenen Ziele zurück. Ein Aufnahmeleiter meint dazu: „Arbeit bedeutet für mich nicht nur Mittel zum Zweck, um Geld zu verdienen. Wenn es das wäre, würde ich als Ingenieur arbeiten, muss ich zugeben. Es ist auch ein bisschen Idealismus dabei, und ich bin auch stolz drauf, eine Arbeit zu haben, die mir Spaß macht.“346 Stimmen die Werte (z. B. Leistungsbewusstsein, Perfektionismus, Spaß, Selbstbewusstsein, Freiheit, Authentizität) mit den in der Arbeit wahrgenommenen Werten überein, sind Mitarbeiter bereit, auch für weniger Geld mehr Leistung zu erbringen. Dies ist das Ergebnis eines kollektiven Kognitionsprozesses. Das Branchenflair und das Selbstverständnis innerhalb des Berufsbildes geben Orientierung und Sicherheit (z. B. Journalist besitzt kritisches Denken und analytische Fähigkeiten). Wird das subjektive Wohlbefinden (z. B. Selbstbestimmung) durch Fremdbestimmung gestört, kann es zu Frustration und Irritation der Berufsidentität kommen. Dies irritiert das lebende System und kann die Arbeitsmotivation beeinflussen. Die geringere Arbeitsmotivation schränkt die Leistungsfähigkeit des lebenden Systems ein.347 4.4.2

Wechselwirkung der Ängste auf synreferentielles Teamsystem

Beziehungskulturen werden zwischen den unterschiedlichen Komponenten des synreferentiellen Teamsystems flexibel ausgehandelt.348 Eine kooperative Kultur ermöglicht kulturübergreifendes Zusammenarbeiten (z. B. redaktionelle und technische Kultur). Dies fördert flexibles Reagieren bei unerwarteten Ereignissen (z. B. neue Nachricht schnell mit Reporterteam bearbeiten).349 Flexibles Reagieren kann innerhalb eines Teams durch Konformitätsdruck minimiert werden. Unterliegt ein Team einem starken Konformitätsdruck, kann das „synreferen344

vgl. Buchinger, Kurt, Gruppenarbeit und Teamarbeit in Organisationen. Ideologie und Realität, in: Velmerig, Carl Otto/Schattenhofer, Karl/Schrapper, Christian (Hrsg.), Teamarbeit. Konzepte und Erfahrungen – eine gruppendynamische Zwischenbilanz, Weinheim-München (Juventa) 2004, 234. 345 Marrs, Kira, Zwischen Leidenschaft und Lohnarbeit. Ein arbeitssoziologischer Blick hinter die Kulissen von Film und Fernsehen, Berlin (Sigma) 2007, 121. 346 ebd., 161. 347 vgl. ebd.; vgl. Matthes, Achim, Convergence Journalism. Die Auswirkungen der Medienkonvergenz auf den praktischen Journalismus, Saarbrücken (VDM) 2006, 71, 88; vgl. Krystek, Ulrich/Becherer, Doris/ Deichelmann, Karl-Heinz. Innere Kündigung, Ursachen, Wirkungen und Lösungsansätze auf der Basis einer empirischen Untersuchung, München-Mering (Hampp) 2. Aufl. 1995, 70; vgl. Kals, Elisabeth, Arbeits- und Organisationspsychologie. Workbook, Weinheim-Basel (PVU) 2006, 156-159. 348 vgl. Larcon, Jean-Paul/Reitter, Roland, Corporate imagery and corporate identity, in: Kets de Vries, Manfred (Hrsg.), The irrational executive. Psychoanalytic explorations in management, Madison-Connecticut (International Universities) 3. Aufl. 1986, 355. 349 vgl. Matthes, Achim, Convergence Journalism. Die Auswirkungen der Medienkonvergenz auf den praktischen Journalismus, Saarbrücken (VDM) 2006, 32.

73 tielle System“ Team zum Konservatismus neigen. Die Irritation des „synreferentiellen Systems“ Team kann durch Abwehrverhalten blockiert werden (z. B. Bildung von Vorurteilen). Ein Zeitungsjournalist beschreibt seine Abwehrhaltung gegen Fernsehjournalisten wie folgt: „I have never liked TV journalism. I’ve always thought it’s abhorrent, a subspecies.“350 Durch Wandlungsängste wird die soziale Offenheit eines Systems begrenzt. Die Teamorganisation wird unflexibel, da Aufnahmefähigkeit und Informationsverarbeitung durch die Angst gehemmt werden. Innovatives Lernen fällt dadurch immer schwieriger.351 Das multimediale Zusammenarbeiten benötigt jedoch Weiterbildung und Lernen, um unterschiedliche Systemdynamik in die Systemorganisation integrieren und Anpassungsprozesse in Gang bringen zu können.352 Die Teamzusammenarbeit erfolgt im audiovisuellen Bereich meist durch die positiven Erfahrungen aus vergangenen Projekten. Trotzdem besitzen freie Mitarbeiter keinen Anspruch auf Weiterbeschäftigung. Diese Unsicherheit erzeugt Existenzängste.353 Die Teamleistung innerhalb einer Gruppe wird durch jedes Individuum mitbestimmt (z. B. Absprachen, Stimmungen). Bevor ein Team sein vollständiges Leistungspotenzial entfalten kann, muss es sich durch Aushandlungsprozesse einen Orientierungsrahmen schaffen (z. B. Aufgabenverteilung, Rollenfestlegung, Spielregeln der Kommunikation). Es muss ein Minimum an gemeinsamen Sinnorientierungen geschaffen werden; dazu ist auch eine minimale affektive Übereinstimmung notwendig. Diese Parallelisierung unterschiedlicher Wirklichkeitskonstruktionen verändert auch die dynamische Teaminteraktion sowie die Art und Weise, wie Handlungen ausgeführt werden.354 Werden durch eine Autorität in einem unstabilen Kontext Orientierungsformen vorgegeben, dann sind die Akteure bereit, sich dieser Machtposition unterzuordnen. Die Milgrem-Experimente konnten zeigen, dass Akteure sich in einer durch die Autorität beherrschten Wirklichkeitskonstruktion trotz extremen intrapersonalen Konflikten das gewünschte Verhalten (z. B. einer hilflosen Person Stromstöße verabreichen) 350

Singer, Jane B., More than ink-stained wretches. The resocialization of print journalists in converged newsrooms, in: Journalism and Mass Communication Quarterly 81 (2004), 850. vgl. Schreyögg, Georg, Zu den problematischen Konsequenzen starker Unternehmenskulturen, in: Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung 41 (1989), 102; vgl. Matthes, Achim, Convergence Journalism. Die Auswirkungen der Medienkonvergenz auf den praktischen Journalismus, Saarbrücken (VDM) 2006, 71. 352 vgl. Quinn, Stephen, Convergent journalism. The fundamentals of multimedia reporting, New York etc. (Lang) 2005, 213. 353 vgl. Marrs, Kira, Zwischen Leidenschaft und Lohnarbeit. Ein arbeitssoziologischer Blick hinter die Kulissen von Film und Fernsehen, Berlin (Sigma) 2007, 89-90. 354 vgl. Kals, Elisabeth, Arbeits- und Organisationspsychologie. Workbook, Weinheim-Basel (PVU) 2006, 114; vgl. Ciompi, Luc, Die affektiven Grundlagen des Denkens. Kommunikation und Psychotherapie aus der Sicht der fraktalen Affektlogik, in: Hillebrand Bruno/Welter-Enderlin, Rosmarie (Hrsg.), Gefühle und System. Die emotionale Rahmung beraterischer und therapeutischer Prozesse, Heidelberg (Carl-Auer) 1998, 91; vgl. Marrs, Kira, Zwischen Leidenschaft und Lohnarbeit. Ein arbeitssoziologischer Blick hinter die Kulissen von Film und Fernsehen, Berlin (Sigma) 2007, 102, 135. 351

74 ausführten.355 Daher bestimmen in Teams die gemeinsam geteilten Wirklichkeitskonstruktionen entscheidend das Verhalten und Handeln. Eine kooperative Kultur ist daher nicht notwendige Voraussetzung zur Erbringung der erwarteten Teamleistung. Teamfähigkeit kann ferner bedeuten, die eigene Identität einer autoritären Teamkultur unterzuordnen und die internen Konflikte zu ertragen.356 Emotionen wirken auf das Denken als Motor bzw. Motivatoren.357 „[...] they flow together in the same mould. From this perspective there is no such thing as a pure cognition; thinking and deciding as always brushed with emotion, however slight.“358 Eine kooperative Teamkultur kann Unsicherheiten durch respektvollen Umgang miteinander abbauen. Auf diese Weise können Abstimmungsprozesse beschleunigt und reflexive Wahrnehmungen zur ressourcenorientierten Verantwortungsübernahme gefördert werden. Teamkulturen, in denen emotionale Intelligenz fehlt, begrenzen selbst ihre Organisationsprozesse. Sie können bei Problemen nicht angemessen reagieren und verharren auf der Beziehungsebene. Die Konflikte werden auf der Sachebene zu lösen versucht, ohne wirklich die Ursachen zu beseitigen (z. B. Personalisierung von Fehlern, Sündenbockmentalität). Daraus resultieren langfristige Aufreibungsprozesse und die energetische Verschwendung von Selbstregulationsfähigkeit der Systemorganisation der lebenden und der „synreferentiellen Systeme“. Eine geringe Konflikt- und Fehlerkultur erzeugt unflexibles Systemverhalten.359 Menschen sind soziale Wesen und beschäftigen sich mit den Inklusionsmechanismen in einer Gruppe.360 „When welcomed in a safe, vital and active group, they feel secure, vital and ac-

355

vgl. Milgram, Stanley, Einige Bedingungen von Autoritätsgehorsam und seiner Verweigerung, in: Zeitschrift für Experimentelle und Angewandte Psychologie 13 (1966) 462; vgl. Milgram, Stanley: Behavioral Study of obedience, in: Scheper-Hughes, Nancy/Bourgois, Philippe (Hrsg.), Violence in war and peace. An anthology, Malden-Oxford-Carlton (Blackwell) 2004, 147-148. 356 vgl. Milgram, Stanley: Behavioral Study of obedience, in: Scheper-Hughes, Nancy/Bourgois, Philippe (Hrsg.), Violence in war and peace. An anthology, Malden-Oxford-Carlton (Blackwell) 2004, 148-149. 357 vgl. Hejl, Peter M., Durkheim und das Thema der Selbstorganisation, Siegen (Lumis) 1988, 19; vgl. Künz, Astrid, Unternehmen Emotion. Emotionen als Herausforderung für Führungskräfte, Diss. Leopold Franzens Universität Innsbruck 2006, 327; vgl. Ciompi, Luc, Die affektiven Grundlagen des Denkens. Kommunikation und Psychotherapie aus der Sicht der fraktalen Affektlogik, in: Hillebrand Bruno/Welter-Enderlin, Rosmarie (Hrsg.), Gefühle und System. Die emotionale Rahmung beraterischer und therapeutischer Prozesse, Heidelberg (Carl-Auer) 1998, 77. 358 Fineman, Stephen, Emotional arenas revisited, in: Fineman, Stephen (Hrsg.), Emotion in organizations, London-Thousand Oaks-New Delhi (Sage) 2. Aufl. 2000, 11. 359 vgl. Krystek, Ulrich/Becherer, Doris/Deichelmann, Karl-Heinz. Innere Kündigung, Ursachen, Wirkungen und Lösungsansätze auf der Basis einer empirischen Untersuchung, München-Mering (Hampp) 2. Aufl. 1995; vgl. Zaleznik, Abraham, Management of disappointment, in: Kets de Vries, Manfred (Hrsg.), The irrational executive. Psychoanalytic explorations in management, Madison-Connecticut (International Universities) 3. Aufl. 1986, 244-245. 360 vgl. Barthelmess, Manuel, Systemische Beratung. Eine Einführung für psychosoziale Berufe, WeinheimBasel (Beltz) 2. Aufl. 2001, 69; vgl. Sandelands, Lloyd E./Boudens, Connie J., Feeling at Work, in: Fineman, Stephan (Hrsg.) Emotion in Organizations, London-Thousand Oaks-New Delhi (Sage) 2. Aufl. 2000, 50; vgl.

75 tive themselves, and take pleasure in these feelings. When confined in a moribund or passive group, they feel deadened and passive themselves, and take no pleasure in these feelings. And when excluded from the group, they feel worst of all – cut off, isolated, alone and unhappy. Feeling is how social life appears in consciousness.“361 Die Gruppendynamik und das Eingebundensein in ihr wirken auf die psychodynamischen Prozesse eines lebenden Systems zurück. Wird eine Gruppe durch negative emotionale Stimmungen mitgeprägt, wirkt dies von den einzelnen lebenden Systemen reziprok auf das „synreferentielle System“ Team zurück. Die Teamleistung kann durch ängstliche Stimmungen gesteuert werden. Eine Regieassistentin beschreibt die Steuerung über Ängste am Filmset wie folgt: „Ich hatte ja auch superstrenge Regisseure am Anfang, ein Fehler und man wurde angeschrien, und ich bin auch durch diese harte Schule gegangen am Anfang.“362 Wie in der Filmwirtschaft müssen auch im Journalismus immer mehr Aufgaben zwischen unterschiedlichen Einheiten organisiert werden (z. B. Multimedia Editor). Die Anforderungen an die Selbstorganisationsfähigkeit des „synreferentiellen Systems“ Team sind daher sehr hoch.363 Kooperative Zusammenarbeit schafft gemeinsame Wirklichkeitskonstruktionen und Sinnwelten mit Bedeutung. Sie ist indes keine notwendige Voraussetzung zur Teamsteuerung. Durch Angstlernen als Kontextsteuerung kann ein Team ebenfalls leistungsbringend geführt werden. Dies geht gleichwohl mit einer verminderten Selbstsicherheit, Kontinuität, Entwicklung und Anpassung der Akteure einher. Die Teamorganisation kann durch Ängste und ungeklärte Zustände (z. B. Rollen, Arbeitsbeziehungen, Grundstimmung) gehemmt werden.364 Die Teamarbeit kann ebenfalls zur sozialen Bedürfnisbefriedigung eines Menschen beitragen und eine starke intrinsische Motivation auslösen. Eine Maskenbildnerin meint dazu: „Es ist ein sehr interessantes Leben, weil nach sechs Wochen ändert sich dein Leben, neues Ziel, neuer Film, neuer Ort, manchmal. [...] Das ist ja das Schöne an diesem Beruf. Ich weiß, jetzt habe ich Stress, aber vielleicht habe ich im November noch mehr Stress oder weniger. Ein nicht gelebtes Leben geht auch vorbei, und ich denke, in vielen Bereichen oder in diesem künstlerischen Bereich, diesem Medienbereich, da lebst du wirklich sehr intensiv, manchmal intensiFranzoi, Stephen L./Brewler, Laura C., The Experience of Self-Awareness and its Relation to Level of SelfConsciousness. An Experiential Sampling Study, in: Journal of Research in Personality 18 (1984), 536-538. 361 Sandelands, Lloyd. E./Boudens, Connie. J., Feeling at Work, in: Fineman, Stephen (Hrsg.), Emotion in Organizations, London-Thousand Oaks-New Delhi (Sage) 2. Aufl. 2000, 47. 362 Marrs, Kira, Zwischen Leidenschaft und Lohnarbeit. Ein arbeitssoziologischer Blick hinter die Kulissen von Film und Fernsehen, Berlin (Sigma) 2007, 106. 363 vgl. Matthes, Achim, Convergence Journalism. Die Auswirkungen der Medienkonvergenz auf den praktischen Journalismus, Saarbrücken (VDM) 2006, 22, 88. 364 vgl. Behrenberg, Angelika/Fassnacht, Michael, Erwerb von Teamkompetenz in gruppendynamischen Weiterbildungen. Ergebnisse einer Untersuchung zur Nachhaltigkeit gruppendynamischen Lernens, in: Velmerig, Carl Otto/Schattenhofer, Karl/Schrapper, Christian (Hrsg.), Teamarbeit. Konzepte und Erfahrungen – eine gruppendynamische Zwischenbilanz, Weinheim-München (Juventa) 2004, 77-78.

76 ver, als es dir gut tut.“365 Die Zugehörigkeit zu einer Gruppe (z. B. Künstler) kann durch kollektiv akzeptierte Symbole (z. B. Identifikationsfiguren, Mythos) gestärkt werden.366 4.4.3

Wechselwirkung der Ängste auf Medienorganisation mit synreferentiellem Managementsubsystem

Durch die Unsicherheiten auf den Medienmärkten (z. B. Unsicherheit eines Produktionsunternehmens Folgeaufträge zu erhalten) muss sich ein Unternehmen flexibel auf die Veränderungen einstellen können.367 Die Planbarkeit auf solchen Märkten kann nie mit vollständiger Gewissheit erfolgen, da die Umweltkomplexität die selektive Wahrnehmung eines Unternehmens überschreitet. Das Unternehmen versucht, durch institutionelle Organisationssubsysteme (z. B. Archive, Beraterfirmen) seine Umweltbeobachtung zu erhöhen und fördert die Irritierbarkeit durch Auflösung der Abhängigkeiten von einzelnen Mediengattungen (z. B. virtuelle Recherchepools einrichten). Durch diese interne Komplexitätserhöhung, durch Vielfalt, können auch mehr Umweltbeobachtungen sinnvoll wahrgenommen werden.368 Zu starke Unternehmenskulturen behindern das Unternehmen bei flexiblen Unternehmensbeobachtungen.369 Auf der Organisationsebene werden für die Teamarbeit die benötigten Rahmenbedingungen (z. B. Aufbau der Teamkultur durch geteilte Grundstimmungen) geschaffen. Durch affektive Ansteckungen können in einer komplexen Umwelt die dynamisch ablaufenden Transaktionen miteinander in Selbstorganisation abgestimmt werden. Der Führungskraft kommt bei der Vermittlung der Grundstimmung (z. B. Einbau effektiver Entspannungsphasen, Erzeugung von Konkurrenzsituationen) eine wichtige Steuerungsaufgabe zu.370 Das Managementsubsystem beobachtet seine Umwelt (z. B. Team, Gesellschaft etc.) und plant daraufhin seine Entscheidungen. Zur Produktionssteigerung ist die Humanisierung oder Wertschätzung menschlicher Arbeitskraft keine notwendige Voraussetzung. Verunsicherungen, beispielsweise indem die Handlungsräume der Akteure eingeengt und die Verantwortlichkeiten gleichzeitig ausgeweitet werden, können bei der Aktivierung des Leistungspo365 Marrs, Kira, Zwischen Leidenschaft und Lohnarbeit. Ein arbeitssoziologischer Blick hinter die Kulissen von Film und Fernsehen, Berlin (Sigma) 2007, 158. 366 vgl. Buchinger, Kurt, Gruppenarbeit und Teamarbeit in Organisationen. Ideologie und Realität, in: Velmerig, Carl Otto/Schattenhofer, Karl/Schrapper, Christian (Hrsg.), Teamarbeit. Konzepte und Erfahrungen – eine gruppendynamische Zwischenbilanz, Weinheim-München (Juventa) 2004, 234. 367 vgl. Marrs, Kira, Zwischen Leidenschaft und Lohnarbeit. Ein arbeitssoziologischer Blick hinter die Kulissen von Film und Fernsehen, Berlin (Sigma) 2007, 90. 368 vgl. Matthes, Achim, Convergence Journalism. Die Auswirkungen der Medienkonvergenz auf den praktischen Journalismus, Saarbrücken (VDM) 2006, 9. 369 vgl. Schreyögg, Georg, Zu den problematischen Konsequenzen starker Unternehmenskulturen, in: Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung 41 (1989), 99. 370 vgl. Ciompi, Luc, Die affektiven Grundlagen des Denkens. Kommunikation und Psychotherapie aus der Sicht der fraktalen Affektlogik, in: Hillebrand Bruno/Welter-Enderlin, Rosmarie (Hrsg.), Gefühle und System. Die emotionale Rahmung beraterischer und therapeutischer Prozesse, Heidelberg (Carl-Auer) 1998, 90-98.

77 tenzials von Akteuren dienlich sein. Unsicherheiten können als Kontrollinstrumente die Individualisierungsbestrebungen eingrenzen und die Konformität mit den autoritären Unternehmensentscheidungen erzwingen.371 Damit eine Medienorganisation die Unsicherheiten bewältigen kann, vertrauen die synreferentiellen Subsysteme auf Erfahrungen und Expertisen ihrer Mitglieder. Fehlt die Reflexionsfähigkeit auf organisatorischer Ebene, können störende Interaktionen (z. B. Korruption, Tratsch) die Organisationssicherheit der anderen Systemarten gefährden. Dies bedingt Verunsicherungen und Vertrauensverluste mit Zunahme von Ängsten (z. B. Existenzängste, Leistungsängste).372 Je stärker einzelne Aufgabenbereiche durch dezentrale Strukturen geprägt werden, desto mehr Bedeutung kommt den Affekten zu. Eine Hierarchie zeichnet sich durch unflexible Organisationsstrukturen aus. Sie ist weniger anfällig für Irritationen und wirkt damit auf lebende Systeme relativ sicher. Die lernende Organisation lebt von autonomen Vernetzungen. Dezentrale Organisationen erweisen sich indes als störanfällig. Sie können durch emotionale Beziehungskulturen stabilisiert und kontrolliert werden. Durch Beziehungskulturen kann dezentrales Wissen über generalisierte Kommunikationsmedien Sicherheit und Vertrauen im gesamten Unternehmen verteilt werden.373 In Branchen (z. B. Künstlerarbeitsmarkt), in denen keine wohlfahrtsstaatliche Rahmung sowie geringe institutionelle Regelung bestehen und die Akteure stärker den Marktrisiken ausgesetzt sind, wird die Sicherheit über Beziehungskulturen generiert.374 Über diese selbstregulierende Organisationsform finden Sinnvermittlung und Orientierung statt. Dies wird durch Symbole verstärkt und abgesichert (z. B. Kleidung, Preise). Durch symbolisch generalisierte Steuerungsmedien (z. B. Vertrauen, Macht) kann zwischen den einzelnen Funkti-

371

vgl. Marrs, Kira, Zwischen Leidenschaft und Lohnarbeit. Ein arbeitssoziologischer Blick hinter die Kulissen von Film und Fernsehen, Berlin (Sigma) 2007, 101; vgl. David, Barbara/Turner, John C., Studies in selfcategorization and minority conversion. The in-group minority in intragroup and intergroup contexts, in: British Journal of Social Psychology, 38 (1999), 129-131; vgl. Milgram, Stanley, Einige Bedingungen von Autoritätsgehorsam und seiner Verweigerung, in: Zeitschrift für Experimentelle und Angewandte Psychologie 13 (1966), 462. 372 vgl. Wimmer, Rudolf, Das Team als besonderer Leistungsträger in komplexen Organisationen. Zur Renaissance des Teamgedankens in der gegenwärtigen Umgestaltung von Organisationen, in: http://osb-i.com/ADMIN/ ASSETS/files/Team%20LeistTr_gerkomplOrg%20RW2.pdf, abgerufen am 07.01.2012, 17-18; vgl. Buchinger, Kurt, Gruppenarbeit und Teamarbeit in Organisationen. Ideologie und Realität, in: Velmerig, Carl Otto/ Schattenhofer, Karl/Schrapper, Christian (Hrsg.), Teamarbeit. Konzepte und Erfahrungen – eine gruppendynamische Zwischenbilanz, Weinheim-München (Juventa) 2004, 252. 373 vgl. Buchinger, Kurt, Gruppenarbeit und Teamarbeit in Organisationen. Ideologie und Realität, in: Velmerig, Carl Otto/Schattenhofer, Karl/Schrapper, Christian (Hrsg.), Teamarbeit. Konzepte und Erfahrungen – eine gruppendynamische Zwischenbilanz, Weinheim-München (Juventa) 2004, 228, 250-251. 374 vgl. Marrs, Kira, Zwischen Leidenschaft und Lohnarbeit. Ein arbeitssoziologischer Blick hinter die Kulissen von Film und Fernsehen, Berlin (Sigma) 2007, 14, 107.

78 onssystemen eine persönliche Kontrolle ermöglicht werden.375 Ein falscher Einsatz dieses Führungsinstrumentes (z. B. autoritärer Führungsstil mit unklaren Zielvereinbarungen) kann zu hohen Reibungskosten führen (z. B. Qualitätsnachlässe, Imageverlust, Innovationsrückgang, Kommunikationsprobleme). Die permanente Bedrohung der eigenen Existenz löst im lebenden System Angst, Unsicherheit und Stress aus. Dies wirkt reziprok auf die Organisationsfähigkeit des synreferentiellen Organisationssystems zurück und beschränkt die Unternehmensleitung.376 4.5

Systemtheoretische Wirkfaktoren auf Systemleistung

Nachdem nun die Wechseldynamik auf den drei Systemebenen erklärt worden ist, erfolgt eine genauere Untersuchung dieser Erkenntnisse anhand systemtheoretischer Wirkfaktoren. Es werden die Operatorwirkungen der Angst auf die Systemdynamik beschrieben. 4.5.1

Wirkung angstbesetzter Stimmungslagen auf Arbeitsprozesse

Die Ängstlichkeit als individuelles Persönlichkeitsmerkmal wirkt im lebenden System. Sie koppelt „Fühl-, Denk- und Verhaltensprogramme“ und beeinflusst durch ihre Operatorwirkung affektive Ansteckungsmechanismen in „synreferentiellen Systemen“. Die Angst als Abwehrmechanismus wirkt motivierend im Sinne eines Entfernens von einem unangenehmen Ereignis. Dadurch reduziert sie die Umweltkomplexität und stiftet Orientierung.377 Auf individueller Ebene beeinflusst Angst die physischen und psychischen Prozesse, indem die individuellen Ängste mit „Fühl-, Denk- und Verhaltensprogrammen“ zu funktionalen integrierten neuronalen Assoziationssystemen vernetzt werden í dem „Furcht-AngstSystem“.378 Nach Schwarzer können Ängste als Bedrohung des Selbstwertes eines lebenden Systems beschrieben werden. Bei einer kurzfristigen ängstigenden Stimmungslage verunsi-

375

vgl. Barthelmess, Manuel, Systemische Beratung. Eine Einführung für psychosoziale Berufe, WeinheimBasel (Beltz) 2. Aufl. 2001, 88; vgl. Willke, Hellmut, Systemtheorie I, Grundlagen. Eine Einführung in die Grundprobleme der Theorie sozialer Systeme, Stuttgart (Lucius & Lucius) 5. Aufl. 1996, 92-103, 232. 376 vgl. Krystek, Ulrich/Becherer, Doris/Deichelmann, Karl-Heinz. Innere Kündigung, Ursachen, Wirkungen und Lösungsansätze auf der Basis einer empirischen Untersuchung, München-Mering (Hampp) 2. Aufl. 1995, 85. 377 vgl. Levinson, Harry/Weinbaum, Louis, The impact of organization on mental health, in: Kets de Vries, Manfred (Hrsg.), The irrational executive. Psychoanalytic explorations in management, Madison-Connecticut (International Universities) 3. Aufl. 1986, 369-372; vgl. Kets de Vries, Manfred F. R., Defective adaptation to work. An approach to conceptualization, in: Kets de Vries, Manfred (Hrsg.), The irrational executive. Psychoanalytic Explorations in Management, Madison-Connecticut (International Universities) 3. Aufl. 1986, 81-83. 378 vgl. Stöber, Joachim/Schwarzer, Ralf, Angst, in: Otto, Jürge H./Euler, Harald A./Mandl, Heinz (Hrsg.), Emotionspsychologie. Ein Handbuch, Weinheim (Beltz) 2000, 193; vgl. Ciompi, Luc, Die emotionalen Grundlagen des Denkens. Entwurf einer fraktalen Affektlogik, Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) 3. Aufl. 2005, 56-57.

79 chert die Angst ein lebendes System im positiven Sinne, indem sie als „Eustress“379 lustvoll, motivierend und leistungsfördernd wahrgenommen wird.380 Die Angst irritiert das lebende System kurzfristig und koppelt das psychische mit dem organischen System. Sie integriert und ordnet psychophysische Gestimmtheiten.381 Die Beobachtung der Wandlungsprozesse auf Unternehmensebene, auf welcher der Konkurrenzdruck durch Zielforderungen an das Individuum zurückwirkt, kann das Individuum als Herausforderung wahrnehmen, wenn seine eigenen Grundbedürfnisse (z. B. soziale Anerkennung, Wertkonformität, Selbstverwirklichung, materielle Sicherheit, Teilhabe an sozialer Gemeinschaft) befriedigt worden sind.382 Die physisch-psychische Belastung kann durch die Teilhabe an der lustvoll assoziierten sozialen Teamkultur oder den positiven Assoziationen mit den Werten des Berufsbildes als weniger belastend für das Individuum wahrgenommen werden. Stimmen die eigenen Ziele, Erwartungen und Kompetenzen mit den Zielen des Unternehmens (oder Teams) überein, nimmt ein Individuum die Angsterregung als motivierende Herausforderung wahr.383 Hat ein Individuum seine Reaktionskapazitäten bzw. Systemkomplexität ausgebildet, kann es flexibel genug seine Stimmungslage an sich verändernde Umwelteinflüsse anpassen. Das Individuum fühlt sich von seinen Umgebungsanforderungen umso weniger belastet oder geängstigt, desto besser es gelernt hat, seine Kompetenzen adaptiv anzupassen (z. B. Unterordnung, emotionale Intelligenz, Selbstbewusstsein, Reflexionsfähigkeit).384 Die Verunsicherungen durch ängstliche Stimmungslagen beruhen auf Erwartungsunsicherheiten. Diese Erwartungsunsicherheiten können durch Lernen (Anpassungsprozesse an beobachtete Ereignisse) reduziert werden.385 379

„Eustress“ wird synonym mit den von Panse und Stegmann entwickelten Begriff der „Mikroangst“ verwendet. Die „Mikroangst“ wird mit denselben Wirkungen, nämlich Schutz, leistungssteigernd, motivierend, konzentrationssteigernd, beschrieben. 380 vgl. Vester, Frederic, Phänomen Streß. Wo liegt sein Ursprung, warum ist er lebenswichtig, wodurch ist er entartet? Stuttgart (dtv) 6. Aufl. 1984, 15. 381 vgl. Ciompi, Luc, Die emotionalen Grundlagen des Denkens. Entwurf einer fraktalen Affektlogik, Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) 3. Aufl. 2005, 98, 67. 382 vgl. Schattenhofer, Karl/Velmerig, Carl Otto, Arbeit im Team oder Arbeit am Team, in: Velmerig, Carl Otto/ Schattenhofer, Karl/Schrapper, Christian (Hrsg.), Teamarbeit. Konzepte und Erfahrungen – eine gruppendynamische Zwischenbilanz, Weinheim- München (Juventa) 2004, 8-9; vgl. Borchert, Margret, Leistungsdeterminanten, in: Wirtschafts-Lexikon. Das Wissen der Betriebswirtschaftslehre, Stuttgart (Schäffer-Poeschel) 2006, 3473-3476. 383 vgl. Marrs, Kira, Zwischen Leidenschaft und Lohnarbeit. Ein arbeitssoziologischer Blick hinter die Kulissen von Film und Fernsehen, Berlin (Sigma) 2007, 71, 88; vgl. Krystek, Ulrich/Becherer, Doris/Deichelmann, KarlHeinz. Innere Kündigung, Ursachen, Wirkungen und Lösungsansätze auf der Basis einer empirischen Untersuchung, München-Mering (Hampp) 2. Aufl. 1995, 70; vgl. Kals, Elisabeth, Arbeits- und Organisationspsychologie. Workbook, Weinheim-Basel (PVU) 2006, 156-159. 384 vgl. Kaluza, Gert, Gelassen und sicher im Streß, Psychologisches Programm zur Gesundheitsförderung, Berlin etc. (Springer) 2. Aufl. 1996, 27, vgl. Marrs, Kira, Zwischen Leidenschaft und Lohnarbeit. Ein arbeitssoziologischer Blick hinter die Kulissen von Film und Fernsehen, Berlin (Sigma) 2007, 105, 150. 385 vgl. Luhmann, Niklas, Vertrauen. Ein Mechanismus der Reduktion sozialer Komplexität, Stuttgart (Lucius & Lucius) 4. Aufl. 2000, 1, 81; vgl. Wimmer, Rudolf, Das Team als besonderer Leistungsträger in komplexen Organisationen. Zur Renaissance des Teamgedankens in der gegenwärtigen Umgestaltung von Organisationen, in: http://osb-i.com/ADMIN/ASSETS/files/Team%20LeistTr_gerkomplOrg%20RW2.pdf, abgerufen am

80 Die ständige Angsterregung ist Folge eines permanent wahrgenommenen Stressors und wird von Vester als „Disstreß“386 bezeichnet. Der „Disstress“ wird vom lebenden System als unangenehm empfunden. Auf Stressoren (z. B. Zeitdruck) reagiert jedes Individuum anders. Dies hängt von im Leben erworbenen explizit (bewussten) und implizit (unbewussten) ablaufenden Prozessen (Kompetenzen) ab. Nach Roth werden die störanfälligen expliziten Prozesse (etwas Neues, Wichtiges wahrnehmen) aus energetisch-stoffwechselpsychologischen Gründen im impliziten Gedächtnis gespeichert, sobald dies durch wiederholtes Lernen möglich ist, da bewusstes Prozessieren mit einem hohen Energieverbrauch verbunden ist. Roth nennt das implizierte Gedächtnis das emotionale Erfahrungsgedächtnis. Dieses Gedächtnis operiert durch Prozessieren von Gedanken (kognitive Selbstdifferenzierung) geschlossen auf Grundlage struktureller Kopplungen (materielle Organsysteme mit energetischen Austauschprozessen, z. B. Zuckermoleküle).387 Das implizite Gedächtnis (emotionale Gedächtnis) ist daher nicht von außen beeinflussbar (z. B. Gespräch). Dies bedeutet, dass durch frühkindliche Konditionierung oder durch Erfahrungslernen gefestigte „Fühl-, Denk- und Verhaltensprogramme“ durch Umlernen und Neulernen bzw. durch Wiederholung und damit besserer Aktivierbarkeit der funktionell integrierten neuronalen Assoziationssysteme verändert werden können. Nicht benutzte neuronale Verbindungen werden mit der Zeit schwächer und/oder lösen ihre Verbindungen auf. Deshalb ist es wichtig, durch reflexive Selbstbeobachtung die eigenen Automatismen, die zu einer Belastung des lebenden Systems führen, wahrzunehmen.388 Gelernte angstbesetzte Stimmungslagen wirken sich im lebenden System als Dauerstressor (dauerhaftes Unlustgefühl) aus. Diese Stressoren (z. B. Erwartungsunsicherheit durch atypisches Beschäftigungsverhältnis) lösen implizite Reaktionsmuster aus (z. B. Existenzangst mit Gefühl des Kontrollverlustes). Die impliziten Reaktionsmuster sind mit der ängstlichen Stimmung im Emotionsgedächtnis abgespeichert. Der Grad der ängstlichen Stimmung hängt von individuellen Lebenserfahrungen ab und auf welche Weise sich im Zuge dessen das individuelle „Furcht-Angst-System“ ausdifferenziert hat. Ängstliche Stimmungslagen wirken sich 07.01.2012, 7; vgl. Krystek, Ulrich/Becherer, Doris/Deichelmann, Karl-Heinz. Innere Kündigung, Ursachen, Wirkungen und Lösungsansätze auf der Basis einer empirischen Untersuchung, München-Mering (Hampp) 2. Aufl. 1995, 57. 386 „Disstress“ wird hier synonym mit den von Panse und Stegmann entwickelten Makroangstbegriff verwendet, da die „Makroangst“ ebenfalls leistungshemmend wirkt. 387 vgl. Vester, Frederic, Phänomen Streß. Wo liegt sein Ursprung, warum ist er lebenswichtig, wodurch ist er entartet? Stuttgart (dtv) 6. Aufl. 1984, 15; vgl. Roth, Gerhard, Fühlen, Denken, Handeln. Wie das Gehirn unser Verhalten steuert, Frankfurt am Main (Suhrkamp) 2001, 231; vgl. Hejl, Peter M., Konstruktion der sozialen Konstruktion. Grundlinien einer konstruktivistischen Sozialtheorie, in: Schmidt, Siegfried J. (Hrsg.), Der Diskurs des Radikalen Konstruktivismus, Frankfurt am Main (Suhrkamp) 1987, 308. 388 vgl. Storch, Maja, Die Bedeutung neurowissenschaftlicher Forschungsansätze für die psychotherapeutische Praxis, in: Psychotherapie 7 (2002), 290; vgl. Ciompi, Luc, Die emotionalen Grundlagen des Denkens. Entwurf einer fraktalen Affektlogik, Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) 3. Aufl. 2005, 56-58.

81 auf die kognitiven und körperlichen Anpassungsprozesse (Reaktionskapazitäten) aus. Der „Disstress“ führt zu einer Daueranspannung des Körpers und vermindert seine Selbstregulierungsprozesse (z. B. Immunsystem). Im Arbeitsprozess fallen Personen durch Krankheit aus. Die kognitive Selbstregulation wird vermindert und äußert sich durch Kontroll- sowie Orientierungsverlust (z. B. Konzentrationsschwäche). Im alltäglichen Arbeitsprozess wirkt sich die verminderte Anpassungsfähigkeit durch z. B. Festhalten an alten Regeln, Hemmung von Handlungsfähigkeit, Veränderungswiderstände, Interesselosigkeit, Demotivation und Depression aus. Simpson beschreibt in seiner Studie zu traumatischen Stressoren im Zeitungsjournalismus, dass der Umgang mit alltäglichen Unglücksfällen die psychischen und körperlichen Selbstregulierungsprozesse einschränkt. So würde viel Alkohol zur Stressbekämpfung eingesetzt werden.389 Die implizit ablaufenden Verhaltensautomatismen werden durch soziale Prozesse, bestimmte Situationen als auch bestimmtes personales Verhalten angestoßen und können Folgeprobleme im Arbeitsprozess bedingen (z. B. Angst vor Mitarbeitern führt bei Vorgesetzten zu Machtmissbrauch, um eigene Arbeitsposition zu sichern). Da das beobachtete Verhalten als erfolgreich von anderen lebenden Systemen beobachtet wird, gehen damit Anpassungsprozesse einher. Dies kann zu affektiven Ansteckungsmechanismen führen (Angstkultur), in der die lebenden Systeme ihre Aufmerksamkeit auf ihre individuelle Selbstwertbedrohung richten. Der Aufmerksamkeitsfokus (kognitive Wahrnehmung und Verarbeitung) wird von emotionalen Gestimmtheiten gelenkt. Die Gedanken sind mit der Bedrohungssituation permanent beschäftigt, das psychische System selektiert passende Affekthandlungen. Die Arbeitsprozesse sind von Überforderungsreaktionen (Konflikten) begleitet, da die lebenden Systeme durch die Angstemotionen gehemmt werden. Ein Team wird versuchen, die unangenehmen Stimmungen nach außen abzuleiten. Die Angstemotion mindert die Integrations- und Organisationsfähigkeit eines lebenden Systems. Kalter berichtet: „Another writer, who worked fifty-five-hour weeks while suffering with health problems, feeling she had to prove herself anew with every changing owner of her paper, finally had a life-threatening emergency.“390 Ein Arbeitsauftrag wird beispielsweise erledigt, ohne wirklich in der Lage zu sein, die benötigten Informationen zu verarbeiten (z. B. Filmproduktionsfirma übernimmt unterkalkulierten Auftrag, Kostendruck wird an Beschäftigte weitergegeben). Die ängstliche Stimmung wird von einem Individuum als Komponente ei-

389

vgl. Simpson, Roger A./Boggs, James G., An exploratory study of traumatic stress among newspaper journalists, in: Journalism & Communications Monographs 1 (1999), 4-5, 18-19. Kalter, Joanmarie, Burnout, in: Columbia journalism review 38 (1999), 33.

390

82 nes sozialen Systems durch seine „Denk-, Fühl- und Verhaltensprogramme“ auf andere Subsysteme übertragen (z. B. Misstrauenskultur).391 4.5.2

Grad der Selbstreflexion in angstbesetzten Stimmungslagen zur Systemstabilisierung

Der Selbstreflexionsgrad bestimmt das Anpassungsvermögen eines psychischen Systems an seine Umwelt. Bei geringem Anpassungsvermögen verliert ein psychisches System seine Systemstabilität und kann zusammenbrechen (z. B. psychische Krankheit, Aggression). Der Verlust der psychischen Selbstregulation wirkt durch materielle (Organsystem) und energetische strukturelle Kopplungen (z. B. Hormonausschüttung) auf die körperliche Selbstregulationsprozesse zurück. Auf körperlicher Ebene äußert sich der Zusammenbruch ebenfalls durch Krankheit, da die psychophysischen Gestimmtheiten untrennbar miteinander verbunden sind.392 Das Individuum ist Teilnehmer an unterschiedlichen sozialen Systemen; sein Wohlbefinden innerhalb unterschiedlicher Systemrollen (z. B. Mutter, Teamleiter) hängt von seiner Fähigkeit ab, sich an unterschiedliche Systemdynamik (Systemanforderungen) anpassen zu können. Eine ängstliche Grundstimmung im Individuum hemmt die Adaptions- und Integrationsfähigkeit eines lebenden Systems. Das lebende System wird durch seine eigenen Emotionen irritiert und verunsichert. Dieser Unlustzustand wird als unangenehm empfunden und kann Selbstreflexionsmechanismen (Lernen) anstoßen. Er kann aber auch Abwehrreaktionen (z. B. Projektion, Schuldzuweisung, Verleumdung, Beschwichtigung) hervorrufen. Anstatt aktiv den Änderungsprozess zu gestalten, zieht sich das psychische System auf eine stagnierende Abwehrhaltung zurück. Die benötigten Energieressourcen für das Lernen und damit die Verbesserung der eigenen Reaktionskapazität wird für intrapsychisches Widerstandsverhalten verschwendet.393 Durch die Selbstreflexion kann ein lebendes System sich selbst irritieren, seine fehlenden Reaktionskapazitäten ermitteln (z. B. Teamfähigkeit, emotionale Intelligenz, Konfliktfähigkeit) oder ungenutzte Ressourcenkapazitäten effizienter einsetzen (z. B. negative

391

vgl. Ciompi, Luc, Die emotionalen Grundlagen des Denkens. Entwurf einer fraktalen Affektlogik, Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) 3. Aufl. 2005, 97-100; vgl. David, Barbara/Turner, John C., Studies in selfcategorization and minority conversion. The in-group minority in intragroup and intergroup contexts, in: British Journal of Social Psychology, 38 (1999), 129-130; vgl. Kals, Elisabeth, Arbeits- und Organisationspsychologie. Workbook, Weinheim-Basel (PVU) 2006, 129. 392 vgl. Kaluza, Gert, Gelassen und sicher im Streß, Psychologisches Programm zur Gesundheitsförderung, Berlin etc. (Springer) 2. Aufl. 1996, 25; vgl. Ciompi, Luc, Die emotionalen Grundlagen des Denkens. Entwurf einer fraktalen Affektlogik, Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) 3. Aufl. 2005, 75. 393 vgl. Sagebiel, Juliane/Vanhoefer, Edda, Es könnte auch anders sein. Systemische Variationen der Teamberatung, Heidelberg (Carl-Auer) 2006, 160-161; vgl. Kaluza, Gert, Gelassen und sicher im Streß, Psychologisches Programm zur Gesundheitsförderung, Berlin etc. (Springer) 2. Aufl. 1996, 27.

83 Angstemotion durch positive Emotion überspielen).394 Eine kollektive Teamkultur hilft dabei, einem „synreferentiellen“ und lebenden System Orientierung zu geben. Das generalisierte Kommunikationsmedium Vertrauen unterstützt die aktive Gestaltung der Interaktionsprozesse zwischen den Komponenten und die Parallelisierung von Zuständen (Handeln im Sinne der Organisation).395 Besitzt ein „lebendes“ oder „synreferentielles“ System eine hohe Reflexionskompetenz, so ist es anpassungsfähiger an neue Umweltzustände aufgrund seiner eigenen Systemkomplexität. So kann ein System durch die emotionale Irritation (z. B. „Mikroangst“) seine fehlenden Kompetenzen ermitteln und damit zukünftige Verunsicherungen durch ähnliche Situationen verhindern. Aus diesem Grund trägt eine hohe Irritierbarkeit zur Flexibilisierung der Systemgrenzen (z. B. Erweiterung der Wirklichkeitskonstruktion, Verringerung der Erwartungsunsicherheit, intrinsische Motivation und Herausforderung, Konfliktfähigkeit, Stressresistenz) bei.396 Eine niedrige Selbstreflexion mindert die flexible Anpassung der Reaktionskompetenzen an unkontrollierbare Umweltzustände. Das System kann sich kurzfristig stabilisieren, lernt aber nicht hinzu. Es verharrt in einer passiven Scheinsicherheit. Mit der Zeit wird die Umwelt als Überkomplex wahrgenommen, und die mangelnden Reaktionskompetenzen reichen nicht mehr aus, um die Anpassungswiderstände aufrechtzuerhalten. Das System verliert seine Selbstregulierung bzw. Bewältigungskompetenz (z. B. psychische Krankheit, Aggressivität).397 Das System destabilisiert seinen Zustand selbst, da ihm die Erfolgserfahrungen (z. B. Bestätigung des Selbst oder erfolgreicher Projektauftrag, Nutzung von Umstrukturierungsmaßnahmen im Unternehmen als Lernchance) fehlen. Es nimmt sich zunehmend fremdbestimmt wahr mit zunehmendem Kontrollverlust über seine Selbstregulationsprozesse (z. B. einer autoritären Führungskraft ausgesetzt sein, mangelnde Problemlösefähigkeit). In extremen Fällen ist das System nicht mehr in der Lage, sich selbst zu organisieren (z. B. Einwei394

vgl. Wimmer, Rudolf, Vorausschauende Selbsterneuerung. Wie sich Organisationen mit lebenswichtigen Irritationen versorgen, in: http://www.osb-i.com/de/publicationen/osb-artikel/vorausschauende-selbsterneuerungwie-sich-organisationen-mit-lebenswichtigen-irritationen-versorgen.html, abgerufen am 12.02.2008, 40; vgl. Phillips, Katharine W./Lount, Robert B., The affective consequences of diversity and homogeneity in groups, in: Mannix, Elizabeth A./Neale, Margaret/Anderson, Cameron P. (Hrsg.), Affect and groups, Amsterdam etc. (JAI) 2007, 14. 395 vgl. Hejl, Peter M., Management und Selbstregulierung, in: Hejl, Peter M./Stahl, Heinz K. (Hrsg.), Management und Wirklichkeit. Das Konstruieren von Unternehmen, Märkten und Zukünften, Heidelberg (Carl-Auer) 2000, 115; vgl. Hejl, Peter M., Die Entwicklung der Organisation von Sozialsystemen und ihr Beitrag zum Systemverhalten, in: Rusch, Gebhard/Schmidt, Siegfried J. (Hrsg.), Konstruktivismus und Sozialtheorie, Frankfurt am Main (Suhrkamp) 1994, 113-114. 396 vgl. Marrs, Kira, Zwischen Leidenschaft und Lohnarbeit. Ein arbeitssoziologischer Blick hinter die Kulissen von Film und Fernsehen, Berlin (Sigma) 2007, 158. 397 vgl. ebd., 129.

84 sung Britney Spears in Psychiatrie). Das System befindet sich in einem permanenten Stresszustand, welcher durch „Makroängste“ (z. B. Verunsicherung, Resignation, Kontrollverlust, Überforderung, innere Kündigung) begleitet wird.398 4.5.3

Grad der Leistungsbeschränkung der durch Ängste verursachten Abwehrreaktionen

Nach Frese besteht kein kausaler Erklärungszusammenhang zwischen Arbeitsbedingungen und der psychischen Gesundheit. Der Autor vertritt die Position, dass Ressourcenhilfsmittel existieren, die es erlauben, besser mit Stress fertig zu werden. Dazu zählen Kompetenz, Kontrolle, Sinngebung und soziale Unterstützung. Die Arbeitsplatzgestaltung sollte passende Rahmenbedingungen setzen, um Stress zu vermeiden.399 Die Bewältigungskompetenz bzw. Anpassungsfähigkeit an komplexe Umweltzustände hängt jedoch von der individuellen Selbstreflexionsfähigkeit eines lebenden Systems ab. Lebende Systeme als Komponenten „synreferentieller Systeme“ können als „aktive Systeme“ auf die Organisation einwirken. Da „aktive Systeme“ auf Grundlage von „passiven Systemen“ (z. B. ästhetische Normen, Selbstidentität, Werte) an Interaktionen (z. B. Komponentenrolle Teamleiter) als Komponente des „synreferentiellen Systems“ teilnehmen, können intrapsychische Abwehrprozesse in „synreferentiellen Systemen“ wirksam werden.400 Eine Abwehrreaktion kann die Wahrnehmung der Systemverunsicherung als Herausforderung zum Lernen und damit die Erhöhung der eigenen Reaktionskompetenz sein. Bei der „Mikroangst“ wird die Aufmerksamkeit gesteigert, und es tritt eine Leistungssteigerung ein. Das Angstniveau wird von einer abklingenden Stressreaktion („Eustress“) begleitet. Der Anpassungs- und Erschöpfungsgrad befindet sich in einem dynamisch regulativen Gleichgewicht.401 Der Angstzustand infolge einer permanenten Stressreaktion („Disstress“) wird vom lebenden System als unangenehm empfunden, da er als sympathicotoner Zustand viel Energie ver-

398 vgl. ebd., 123, 150; vgl. Krystek, Ulrich/Becherer, Doris/Deichelmann, Karl-Heinz. Innere Kündigung, Ursachen, Wirkungen und Lösungsansätze auf der Basis einer empirischen Untersuchung, München-Mering (Hampp) 2. Aufl. 1995, 144-145; vgl. Kals, Elisabeth, Arbeits- und Organisationspsychologie. Workbook, WeinheimBasel (PVU) 2006, 156-159. 399 vgl. Frese, Michael, Stress at work and psychosomatic complaints. A causal interpretation, in: Journal of Applied Psychology 70 (1985), 321-327. 400 vgl. Hejl, Peter M., Die Entwicklung der Organisation von Sozialsystemen und ihr Beitrag zum Systemverhalten, in: Rusch, Gebhard/Schmidt, Siegfried J. (Hrsg.), Konstruktivismus und Sozialtheorie, Frankfurt am Main (Suhrkamp) 1994, 113-114; vgl. Zaleznik, Abraham, Management of disappointment, in: Kets de Vries, Manfred (Hrsg.), The irrational executive. Psychoanalytic explorations in management, Madison-Connecticut (International Universities) 3. Aufl. 1986, 229. 401 vgl. Vester, Frederic, Phänomen Streß. Wo liegt sein Ursprung, warum ist er lebenswichtig, wodurch ist er entartet? Stuttgart (dtv) 6. Aufl. 1984, 25; vgl. Panse, Winfried/Stegmann, Wolfgang, Kostenfaktor Angst, Landsberg-Lech (Verl. Moderne Industrie) 3. Aufl. 1998, 85-90.

85 zehrt.402 Das Individuum versucht, im Rahmen seiner zur Verfügung stehenden Reaktionskompetenzen (Selbstregulationskompetenz) diesen angespannten Zustand zu vermeiden. Diese Abwehrreaktionen sind das Ergebnis der Verunsicherung durch eine Selbstwertbedrohung. Individuelle Vorstellungen, Erwartungen, Kompetenzen und Werte stehen im Konflikt mit den Anforderungen der Umwelt und werden als Stressoren vom psychischen System beobachtet.403 Das lebende System reagiert mit Optimierung der eigenen Kompetenzen. Die Optimierung kann durch Stagnation und Festhalten an alten Systemzuständen (z. B. Rollen, Werten, „Fühl-, Denk- und Verhaltensprogrammen“) erzeugt werden. Während das „synreferentielle System“ (Team, Unternehmen) Anpassung und Flexibilität fordert, versucht das lebende System, durch Opportunismus (z. B. verdeckte Konflikte, Mikropolitik) seine individuelle Systemstabilität durch Unangepasstheit zu erhalten. Die Leistungsfähigkeit eines Systems wird beschränkt, je länger es in der Zone der Unsicherheit (Angst) verweilt und damit sich selbst demotiviert und sein Lernen beschränkt. Geraerts et al. kamen in ihrer Studie zu dem Ergebnis, dass das Unterdrücken von Gedanken und die Hemmung der Verarbeitungskapazität des Gehirns natürliche Abwehrreaktionen des lebenden Systems seien. Diese Abwehrstrategie schützt das psychische System vor Auseinandersetzung mit Besorgnis erregenden Inhalten und der Irritation des Selbstbewusstseins.404 Die Widerstandsbereitschaft des lebenden Systems würde sonst durch die permanenten Verunsicherungen gestört werden. Eine chronische Belastungsreaktion würde durch die permanente Angsterregung („Makroangst“) zu leistungsmindernden Krankheiten (z. B. Alkoholsucht, Medikamentensucht, Konzentrationsstörung, Asthma, Kreislaufstörungen, Neurosen, Magengeschwür) führen und kennzeichnet die Erschöpfung der Selbstregulation eines lebenden Systems.405 Die Affekte als Irritation des Immunsystems eines Organismus können die Selbstregulationsprozesse des lebenden Systems anstoßen. Der Zusammenhang von Leistung, Sicherheit und Angst lässt sich folgendermaßen beschreiben: Das beobachtende lebende System wird durch die Angst auf den Umstand aufmerksam

402

vgl. Ciompi, Luc, Die emotionalen Grundlagen des Denkens. Entwurf einer fraktalen Affektlogik, Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) 3. Aufl. 2005, 67. 403 vgl. Marrs, Kira, Zwischen Leidenschaft und Lohnarbeit. Ein arbeitssoziologischer Blick hinter die Kulissen von Film und Fernsehen, Berlin (Sigma) 2007, 129; vgl. Schwarzer, Ralf, Streß, Angst und Hilflosigkeit. Die Bedeutung von Kognitionen und Emotionen bei der Regulation von Belastungssituationen, Stuttgart etc. (Kohlhammer) 1981, 92. 404 vgl. Geraerts et al., Suppression of intrusive thoughts and working memory capacity in repressive coping, in: American Journal of Psychology 120 (2007), 214-216; vgl. Edwards, Jeffrey R., The determinants and consequences of coping with stress, in: Cooper, Cary L./Payne, Roy (Hrsg.), Causes, coping and consequences of stress at work, Chichester etc. (John Wiley & Sons) 1988, 257-258. 405 vgl. Vester, Frederic, Phänomen Streß. Wo liegt sein Ursprung, warum ist er lebenswichtig, wodurch ist er entartet? Stuttgart (dtv) 6. Aufl. 1984, 114.

86 gemacht, dass die eigenen Kompetenzen nicht den Anforderungen der Umwelt entsprechen. Das System irritiert sich selbst durch das Prozessieren von Gedanken (geschlossenes selbstreferentielles System) und schafft sich so seine Wirklichkeit der Welt. Das lebende System befindet sich während der Erweiterung seiner Reaktionskompetenzen in einem Unsicherheitszustand. Bei der Erweiterung der Reaktionskompetenzen (Lernen) befindet sich das lebende System in einer aktiven Person-Umwelt-Austauschbeziehung. Es nähert seine Wirklichkeitskonstruktion der Wirklichkeit der Umwelt an. Die Wirklichkeit ist jedoch niemals vollständig zu erfassen. Die Leistungsfähigkeit, auf Unerwartetes reagieren zu können, steigt mit der Anpassung der eigenen Wirklichkeitskonstruktionen. Leavitt verwies auf den Zusammenhang zwischen angenehm und unangenehm empfundenen Interaktionsprozessen. So beschleunigt eine klare, als angenehm empfundene Kommunikation die Problemlösegeschwindigkeit, die Selbstregulation und den Gruppenzusammenhalt.406 Bei einem permanenten Unsicherheitszustand (z. B. gestörte Interaktionsprozesse) versucht ein lebendes System, seine starren Wirklichkeitsvorstellungen an die andersartige Weltkomplexität (System integriert keine neuen Wirklichkeitsvorstellungen, verweilt im Konservatismus) anzupassen. Da es immer nur auf alte Reaktionskapazitäten zurückgreift, erfährt es seine Umwelt als Überkomplex. Die eigene Wirklichkeitskonstruktion wird von der Umwelt des lebenden Systems als unangepasst wahrgenommen. Da das lebende System nicht dazulernt und seine Anpassungsfähigkeit nicht erhöht, wird das Aufrechterhalten der Systemstabilität durch demotivierende Umwelterfahrungen immer weiter geschwächt, bis es seine Organisationsfähigkeit verliert (z. B. Neurose).407 Ein „synreferentielles System“ ist umso leistungsfähiger, desto besser es die unterschiedlichen Wirklichkeitskonstrukte der Systeme integrieren kann. 4.5.4

Kompetenzen und Strategien der Emotionsregulierung und Konfliktlösung

Die Selbstreflexionskompetenz ermöglicht „synreferentiellen Systemen“ und ihren lebenden Komponenten, sich selbst zu entwickeln und Konflikte selbst regeln zu können. Im lebenden System werden während der Reflexion die intrapsychischen und körperlichen Zustände beobachtet. In „synreferentiellen Systemen“ werden die Systemkomponenten analysiert. Dadurch

406

vgl. Leavitt, Harold J., A collective problem-solving in small groups. Some effects of certain communication patterns on group performance, in: The Journal of Abnormal and Social Psychology 77 (1951), 55. 407 vgl. Willke, Hellmut, Systemtheorie I, Grundlagen. Eine Einführung in die Grundprobleme der Theorie sozialer Systeme, Stuttgart (Lucius & Lucius) 5. Aufl. 1996, 124; vgl. Schwarzer, Ralf, Streß, Angst und Hilflosigkeit. Die Bedeutung von Kognitionen und Emotionen bei der Regulation von Belastungssituationen, Stuttgart etc. (Kohlhammer) 1981, 89-90; vgl. Ciompi, Luc, Die affektiven Grundlagen des Denkens. Kommunikation und Psychotherapie aus der Sicht der fraktalen Affektlogik, in: Hillebrand Bruno/Welter-Enderlin, Rosmarie (Hrsg.), Gefühle und System. Die emotionale Rahmung beraterischer und therapeutischer Prozesse, Heidelberg (CarlAuer) 1998, 87-88.

87 können Probleme und fehlende Kompetenzen gefunden werden. Es kann erkannt werden, in welchem Kontext eine Angsterregung auftritt und ob sie als angenehm oder als unangenehm empfunden wird. Durch Verlernen der unnützlichen Erregungsmuster (z. B. Scham bei der Publikumsangst) können neue neuronale Erregungsmuster erlernt werden.408 In „synreferentiellen Systemen“ kann der Selbstreflexionsprozess durch formalisierte Leitbilder, Regeln, Vorschriften unterstützt werden. Verständnis und Vertrauen als Bestandteil von Kultur (Team, Unternehmen) vermitteln Sicherheit und fördern Interaktionsprozesse.409 Das Erhöhen der eigenen Selbstreflexion verbessert die Selbstorganisationsfähigkeiten des lebenden Systems. Auf diese Weise kann es sich aufgrund der verbesserten Reaktionskompetenzen immer wieder in einen ausgeglichenen Zustand versetzen. Die Hirnforschung hat bereits Affekt regulierende Zentren im limbisch-paralimbischen System gefunden. So konnte anhand bildgebender Verfahren nachgewiesen werden, wie das Gehirn lernt. Es bestätigte sich, dass kognitiv-intellektuelle Funktionsbereiche und Gehirnleistung miteinander verbunden sind.410 Castel verweist auf den Zusammenhang von Lernfähigkeit bei der Umgestaltung von Arbeit und Sicherheit. Der Arbeitnehmer müsse daher in der Lage sein, sich flexibel an die Erfordernisse des Marktes anzupassen.411 Anspannung und Entspannung regeln das lebende System selbstorganisatorisch. Bei einseitiger Anspannung durch Überforderung der Umweltanforderung fehlen dem lebenden System Kompetenzen, um angemessen reaktiv auf eine Herausforderung reagieren zu können. Eine Überforderung weist stets auf einen Mangel an Reaktionskompetenz hin, weshalb ein System in der Lage sein muss zu finden, was ihm fehlt. Erst danach kann es sich langfristig und erfolgreich auf Neues einstellen. Konflikte entstehen dort, wo die Wirklichkeitskonstruktionen unterschiedlicher Systeme nicht abgestimmt werden können. Eine Misstrauenskultur resultiert aus der Strategie eines Systems, eigene Erfahrungen (Wissen) nicht mit anderen zu teilen, da es seinen Selbstwert bzw. seine Existenz bedroht sieht. Das System besitzt nicht die nötigen Reaktionskompetenzen, um sich auf neues Orientierungswissen (z. B. Unternehmens- oder Teamkultur, symbolische Leitbilder) einstellen zu können, und erachtet

408

vgl. Storch, Maja, Die Bedeutung neurowissenschaftlicher Forschungsansätze für die psychotherapeutische Praxis, in: Psychotherapie 7 (2002), 290; vgl. Murphy, Lawrence R., Workplace interventions for stress reduction and prevention, in: Cooper, Cary L./Payne, Roy (Hrsg.), Causes, coping and consequences of stress at work, Chichester etc. (John Wiley & Sons) 1988, 313. 409 vgl. Matthes, Achim, Convergence Journalism. Die Auswirkungen der Medienkonvergenz auf den praktischen Journalismus, Saarbrücken (VDM) 2006, 27. 410 vgl. LeDoux, Joseph E., Cognitive-emotional interaction in the brain, in: Cognition and Emotion 3 (1989), 281-284. 411 vgl. Castel, Robert, Der Zerfall der Lohnarbeitsgesellschaft, in: Bourdieu, Pierre (Hrsg.), Lohn der Angst. Flexibilisierung und Kriminalisierung in der «neuen Arbeitsgesellschaft», Konstanz (UVK) 2007, 19.

88 seine Systemgrenze in Gefahr.412 Es wird sich umso besser an neuen Wirklichkeitskonstruktionen orientieren, je besser seine eigenen Werte, Bedürfnisse und Vorstellungen integrierbar sind. Passen die neuen Orientierungsmuster nicht zum System, wird es sich distanzieren (z. B. innere Kündigung) und durch verdeckte Interaktionen andere Systemorganisationen irritieren (z. B. Mauscheleien, Machtmissbrauch, Mobbing). Je größer die Distanz eines lebenden Systems zum „synreferentiellen System“ (Team, Unternehmen), desto schlechter sind die Freiheitsgrade (Opportunismus) eines lebenden Systems zu kontrollieren.413 Durch Herstellung von Beziehungen über die generalisierten Kommunikationsmedien Vertrauen oder Macht zwischen den Systemen (z. B. Unternehmens- oder Teamkultur) werden Systeme enger aneinander gebunden und die Distanz wird kleiner. Dadurch sind die Systeme besser kontrollierbar. Partnerschaftliche Zusammenarbeit reduziert langfristig das Konkurrenzdenken und fördert die Übernahme von Kommunikationskultur und Rollenzuweisung.414 Eine Vertrauensorganisation geht auf die Erwartungen der lebenden Systeme ein (z. B. soziale Anerkennung). Konflikte, die aus der Selbstwertbedrohung herrühren, können durch Reflexionskompetenz vermindert werden. Das lebende System ist eher bereit, sich in ein „synreferentielles System“ zu integrieren. Lernen und Verlernen wird durch Vertrauen wahrscheinlicher.415 Eine kurzfristige Strategie zur Emotionsregulierung und Kompetenzerhöhung besteht in der Überdeckung von Informationsparadoxien. Ein Unternehmen oder Individuum kann nicht umfassende Kenntnisse über die Welt besitzen. Wird diese Strategie diskontinuierlich angewendet (z. B. Verharmlosung, Verdrängung, Rationalisierung, Projektion), können die ande412

vgl. Sackmann, Sonja A., Unternehmenskultur. Konstruktivistische Betrachtungen und deren Implikationen für die Unternehmenspraxis, in: Hejl, Peter M./Stahl, Heinz K. (Hrsg.), Management und Wirklichkeit. Das Konstruieren von Unternehmen, Märkten und Zukünften, Heidelberg (Carl-Auer) 2000, 145-149; vgl. Marrs, Kira, Zwischen Leidenschaft und Lohnarbeit. Ein arbeitssoziologischer Blick hinter die Kulissen von Film und Fernsehen, Berlin (Sigma) 2007, 141. 413 vgl. David, Barbara/Turner, John C., Studies in self-categorization and minority conversion. The in-group minority in intragroup and intergroup contexts, in: British Journal of Social Psychology, 38 (1999), 129-130; vgl. Kaarbo, Juliet/Beasley, Ryan K., A political perspective on minority influence and strategic group composition, in: Gruenfeld, Deborah H. (Hrsg.), Composition. Research on managing groups and teams, Stamford ect. (JAI) 1998, 142-143; vgl. Sagiv, Lilach/Schwartz, Shalom H., Determinants of readiness for out-group social contact. Dominance relations and minority group motivations, in: International Journal of Psychology 33 (1998), 321-323; vgl. Krystek, Ulrich/Becherer, Doris/Deichelmann, Karl-Heinz. Innere Kündigung, Ursachen, Wirkungen und Lösungsansätze auf der Basis einer empirischen Untersuchung, München-Mering (Hampp) 2. Aufl. 1995, 58; vgl. Hejl, Peter M., Die Entwicklung der Organisation von Sozialsystemen und ihr Beitrag zum Systemverhalten, in: Rusch, Gebhard/Schmidt, Siegfried J. (Hrsg.), Konstruktivismus und Sozialtheorie, Frankfurt am Main (Suhrkamp) 1994, 119. 414 vgl. Hejl, Peter M., Management und Selbstregulierung, in: Hejl, Peter M./Stahl, Heinz K. (Hrsg.), Management und Wirklichkeit. Das Konstruieren von Unternehmen, Märkten und Zukünften, Heidelberg (Carl-Auer) 2000, 109; vgl. Matthes, Achim, Convergence Journalism. Die Auswirkungen der Medienkonvergenz auf den praktischen Journalismus, Saarbrücken (VDM) 2006, 49; vgl. Voigt, Bert, Team und Teamarbeit, in: Velmerig, Carl Otto/Schattenhofer, Karl/Schrapper, Christian (Hrsg.), Teamarbeit. Konzepte und Erfahrungen – eine gruppendynamische Zwischenbilanz, Weinheim-München (Juventa) 2004, 172. 415 vgl. Krystek, Ulrich/Becherer, Doris/Deichelmann, Karl-Heinz. Innere Kündigung, Ursachen, Wirkungen und Lösungsansätze auf der Basis einer empirischen Untersuchung, München-Mering (Hampp) 2. Aufl. 1995, 57-59.

89 ren Systeme irritiert werden und mit Ängsten reagieren.416 Eine andere kurzfristige Verdrängungsstrategie repräsentiert der Einsatz von Medikamenten und Alkohol. Dies kann für ein Unternehmen sehr hohe Kosten erzeugen, da Krankenkosten und Fehlzeiten entstehen können.417 Die Reflexionskompetenz kann eine langfristige Strategie zur Emotions- und Konfliktkontrolle verkörpern, da die Selbstorganisationsprozesse eines Systems gestärkt werden.418 Eine hohe Bewältigungskompetenz (z. B. emotionale Intelligenz) unterstützt das Selbstvertrauen eines lebenden Systems und wirkt reziprok auf „synreferentielle Systeme“ zurück. Eine Herausforderung wird mit positiver Bewertung verbunden.419 Ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Risiko (Bedrohung) und Chance (Herausforderung) wirkt innerhalb der unterschiedlichen Systemdynamik motivierend. Diese intrinsische Motivation führt zu subjektivem Wohlbefinden, da das lebende System seine Systemorganisation unter Belastungssituationen kontrollieren kann.420

416 vgl. Neubauer, Walter/Rosemann, Bernhard, Führung, Macht und Vertrauen in Organisationen, Stuttgart (Kohlhammer) 2006, 127; vgl. Panse, Winfried/Stegmann, Wolfgang, Kostenfaktor Angst, Landsberg-Lech (Verl. Moderne Industrie) 3. Aufl. 1998, 267. 417 vgl. Fletcher, Ben, The epidemiology of occupational stress, Cooper, Cary L./Payne, Roy (Hrsg.), Causes, coping and consequences of stress at work, Chichester etc. (John Wiley & Sons) 1988, 10. 418 vgl. Voigt, Bert, Team und Teamarbeit, in: Velmerig, Carl Otto/Schattenhofer, Karl/Schrapper, Christian (Hrsg.), Teamarbeit. Konzepte und Erfahrungen – eine gruppendynamische Zwischenbilanz, WeinheimMünchen (Juventa) 2004, 171; vgl. Marrs, Kira, Zwischen Leidenschaft und Lohnarbeit. Ein arbeitssoziologischer Blick hinter die Kulissen von Film und Fernsehen, Berlin (Sigma) 2007, 101. 419 vgl. Kals, Elisabeth, Arbeits- und Organisationspsychologie. Workbook, Weinheim-Basel (PVU) 2006, 156; vgl. Payne, Roy, Individual differences in the study of occupational stress, in: Cooper, Cary L./Payne, Roy (Hrsg.), Causes, coping and consequences of stress at work, Chichester etc. (John Wiley & Sons) 1988, 226-227. 420 vgl. Buchinger, Kurt, Gruppenarbeit und Teamarbeit in Organisationen. Ideologie und Realität, in: Velmerig, Carl Otto/Schattenhofer, Karl/Schrapper, Christian (Hrsg.), Teamarbeit. Konzepte und Erfahrungen – eine gruppendynamische Zwischenbilanz, Weinheim-München (Juventa) 2004, 234.

90

5 5.1

Ergebnis Zusammenfassung

Die vorliegende Arbeit untersuchte die Beziehung zwischen Angst und Leistung in Teams der Medienwirtschaft. Mithilfe der systemtheoretischen Analyse sollte gezeigt werden, welche Wechselwirkungen zwischen den Subsystemen Individuum, Medienorganisation mit Management und Team bestehen. Weiterhin sollten die funktionalen Operatorwirkungen der Angst auf die Leistung innerhalb und zwischen den drei Systemen beschrieben werden. Zudem sollten einige einflussreiche systemtheoretische Wirkfaktoren erläutert und deren Prozessieren innerhalb der Systeme gezeigt werden. Kapitel 2 widmete sich zunächst dem theoretischen Hintergrund, auf dem diese Abhandlung aufbaut. Die Angst wird als individuell konstruierter Erregungszustand im Zuge eines kognitiven Bewertungsprozesses geschildert. Sie motiviert, integriert, ordnet und organisiert das Denken und Handeln. Damit beeinflusst sie die Arbeitsleistung innerhalb und zwischen den Systemebenen Individuum, Team und Medienorganisation. Zur Erörterung der Wechselwirkungen zwischen den psychosozialen Systemen dienen die allgemeine Systemtheorie und der Entwurf einer konstruktivistischen Systemtheorie nach Hejl. Demnach seien Teams und Medienorganisationen „synreferentielle Systeme“, in denen lebende Systeme als Komponentenmitglieder die Systemorganisation gestalten. Das Ziel der einzelnen Systeme besteht in der Sicherung der eigenen Systemperformance. Vor diesem theoretischen Hintergrund wurde im 3. Kapitel der Untersuchungsrahmen anhand des mentalen Modells und der Methodik beschrieben. Das mentale Modell erstreckte sich auf die Systemebene „lebendes System“ sowie dessen Subsysteme: biologisches Organsystem und psychisches System. Das Team und die Medienorganisation gehören zu den „synreferentiellen Systemen“. Das lebende System wurde in Hinblick auf seine Strukturmerkmale beschrieben. Zu diesen zählen die Wechselwirkungen physio-psychischer Zustände und Strukturen. Diese lassen sich durch intrapsychische Prozesse (Wahrnehmung, Denken, Fühlen, Motivation, Verhalten) sowie durch Bildung von Wirklichkeitskonstruktionen (Entwicklungsprozess der Psyche bzw. kognitive Strukturen) veranschaulichen. Das Team und die Medienorganisation lassen sich durch ihre Komponenten „lebendes System“ und die Systemorganisation als stabile, wiederkehrende Interaktionsprozesse beschreiben. Konflikte zwischen den Systemen stellen differente Wirklichkeitskonstruktionen dar. Alle drei Systeme stehen in einer permanenten Wechselbeziehung miteinander, bei gleichzeitiger Sicherung der eigenen Sys-

S. Sorge, Angst und Leistung in Teams der Medienwirtschaft, DOI 10.1007/978-3-8349-3890-9_5, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012

91 temperformance. Die Methodik beinhaltete eine Literaturanalyse aus den Bereichen Medienwirtschaft, systemtheoretische Fachliteratur, systemtheoretische Beratungsliteratur, Neurobiologie und Psychologie. Weiterhin wurde auf empirische Studien und Untersuchungen innerhalb der Arbeitssoziologie und Psychologie zurückgegriffen. Das 4. Kapitel befasste sich mit der Wechseldynamik zwischen den drei Systemebenen Individuum, Team und Medienorganisation anhand der ausgewählten Untersuchungskategorien Medienmarktanforderungen, Organisationsanforderungen, Produktionsanforderungen und Personalanforderungen. Es wurde gezeigt, dass Angst die Selbstorganisationsprozesse auf allen drei Systemebenen beeinflusst. Die Medienmarktanforderungen (z. B. Konkurrenzvielfalt, Medienkonvergenz) werden vom lebenden System beobachtet. Der wahrgenommene Anpassungsdruck löst Leistungs- und Existenzängste aus. Die Angstemotion koppelt das Individuum an die Marktanforderungen. Das lebende System empfindet mangelnde Reaktionskompetenzen als Stressor. Die permanenten Ängste lösen chronische Belastungsreaktionen aus. Dies wirkt reziprok auf das „synreferentielle System“ Team zurück. Die Angst beeinflusst im lebenden System die „Fühl-, Denk- und Verhaltensprogramme“. Die Selbstorganisation des lebenden Systems wird durch kurzfristige „Mikroangst“ motiviert und durch langfristige „Makroangst“ gehemmt. Da das lebende System in „synreferentiellen Systemen“ die Systemorganisation beeinflusst, beschränkt ängstliches Handeln die Leistungsfähigkeit in einem Team. Die motivierende Operatorwirkung der Angst fördert die soziale Distanzierung innerhalb des Teams. Die Medienorganisation kann Ängste als Steuerungs- und Kontrollinstrumente einsetzen, da Ängste die psychosozialen Systemarten aneinander koppeln. Die Kontextsteuerung über engere Bindung an unsichere Marktdynamik wirkt ängstigend auf das lebende System zurück, wenn die Rahmenbedingungen zur Erhöhung der Reaktionskompetenzen (z. B. Wissen) vom synreferentiellen Subsystem Management nicht ausreichend vorgegeben werden. Zu den fördernden Rahmenbedingungen zur langfristigen Erhöhung der Teamleistung zählen: positive emotionale Beziehungen (z. B. Vertrauen), Sicherheit und Orientierung durch Teamkultur schaffen, Vorbildwirkung wahrnehmen, genügend Qualifizierungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten schaffen. Die gestiegenen Organisationsanforderungen (z. B. medienübergreifendes Produktionswissen) werden vom lebenden System beobachtet und führen zu größerem Stress. Im lebenden System löst die Arbeitsverdichtung Verunsicherung und Wandlungsängste aus. Soziale Distanzierung der Führungskräfte (z. B. Ausnutzung der Machtposition) wirkt sich vertrauenshemmend

92 auf lebende Systeme in einem Team aus. Fehlendes Vertrauen reduziert Kooperationsbereitschaft. Die Interaktionsbeziehungen zwischen synreferentiellen Subsystemen (z. B. Team, Management) wird gestört. Der Ersatz des Vertrauens durch Angst bedingt persönliche Beziehungskontrolle und Steuerung über den Kontext (z. B. Entlohnung nach Ergebnis). Das lebende System nimmt die ängstlichen Beziehungsabhängigkeiten als Belastung wahr. Langfristig wirkt permanente Angst auf die „Fühl-, Denk- und Verhaltensprogramme“ des lebenden Systems. Die Angst koppelt psychische Systeme an „synreferentielle Systeme“. Indem die Selbstorganisationsprozesse des Individuums durch chronische Belastung gehemmt werden, wirkt sich dies reziprok auf die Selbstorganisationsprozesse im „synreferentiellen System“ Team aus. Kontrolle über Ängste fördert Opportunismus und hemmt Anpassungsprozesse der Systemarten. Die Entwicklung der Reflexionskompetenzen im lebenden Systemen und damit indirekt die Entwicklung der Reflexionskompetenz in „synreferentiellen Systemen“ (kognitive Bewertungsprozesse) steigern die Selbstorganisationsprozesse der unterschiedlichen Systemarten und helfen bei der Stabilisierung derselben. Die gestiegenen Produktionsanforderungen (z. B. Termindruck, Aufgabenvielfalt) werden vom Individuum beobachtet und bewirken Verunsicherung und Stress. Fehlende Reaktionskompetenzen (z. B. Qualifizierung) lösen Leistungs- und Existenzangst aus. Ständige Überforderungen werden zu chronischen Belastungen. Die Angst aktiviert individuelle maladaptive „Fühl-, Denk- und Verhaltensprogramme“ im lebenden System. Im „synreferentiellen System“ Team wirken diese leistungshemmend auf die Systemdynamik. Im Team führt die Parallelisierung maladaptiver Wirklichkeitskonstrukte (Angstkultur) zur Hemmung der Teamorganisationsfähigkeit, da die Angst psychische und soziale Systemdynamik koppelt und kollektive Kognitionsprozesse die Teamorganisation beeinflussen. Interaktionsbeziehungen werden im Team gehemmt und reduzieren Innovation und Flexibilität. Die Angst nutzt dem synreferentiellen Subsystem Medienmanagement, da sie Macht- und Herrschaftsinteressen fördert. Durch Aufmerksamkeitsverengung der Untergebenen fördert die Angst Kontroll- und Beschleunigungsprozesse. Innerhalb des Teams kontrolliert sich die Gruppe durch ängstliche Beziehungskontrolle selbst (z. B. bei einem Fehler muss das gesamte Team länger arbeiten), da direkte Sanktionierungen über den Kontext erzeugt werden können (z. B. keine Wiederbeschäftigung). Die Kontrolle über persönliche Beziehungen und Kontextsteuerung wird durch Abhängigkeitsverhältnisse auf allen Systemebenen geschaffen. Durch emotionale Intelligenz kann die Integration unterschiedlicher Systemdynamik erfolgen. Damit gelingt die Parallelisierung von Wirklichkeitskonstruktionen, ohne die Angst instrumentalisieren zu müssen. Da-

93 durch können die langfristig leistungshemmenden Operatorwirkungen der Angst reduziert werden. Die gestiegenen Personalanforderungen (z. B. Flexibilität, Belastbarkeit) werden vom lebenden System beobachtet und münden in der Erkenntnis, dass die eigenen Reaktionskapazitäten nicht ausreichen. Dies erzeugt psychosozialen Stress und löst Leistungs- sowie Existenzängste aus. Die Angst koppelt das psychische System an das organische System. Die Systemorganisation des lebenden Systems wird durch psychische und körperliche Daueranspannungen geschädigt. Die Leistungsfähigkeit der Teamorganisation wird durch körperliche Abwesenheit (z. B. Krankheit) oder individuelle Abwehrreaktionen der Überforderung gemindert (z. B. Lernblockierung von Neuerungen, Aggressivität). Reflexionskompetenz und emotionale Intelligenz helfen dabei, diese Mechanismen zu bewältigen, und erhöhen die Selbstorganisationsfähigkeit der Systemarten. Das synreferentielle Subsystem Management kann die Angst nutzen, um Konformität mit den Unternehmenszielen zu erzwingen. Die Steuerung über ängstliche Kontextbeziehungen wirkt langfristig negativ auf die Leistungsfähigkeit im Team und im Unternehmen. Selbstsicherheit, Kontinuität, Lernen und Anpassung werden gehemmt. Daher kommt dem synreferentiellen Managementsubsystem eine wichtige Steueraufgabe zu. Zwar kann auch die Leistung über Angst im Team erhöht werden. Dies wird durch störende Interaktionsbeziehungen (z. B. mikropolitische Machtspiele) wieder aufgehoben. Durch Reflexionskompetenz kann das Management negative Prozesse aufdecken. Durch emotionale Intelligenz gelingt die Integration der Wirklichkeitskonstruktionen in parallelisierte Wirklichkeitskonstruktionen. Es konnte anhand der Literaturanalyse gezeigt werden, dass Ängste auf allen drei Systemebenen motivierend, integrierend, ordnend und organisierend auf das Denken und Handeln wirken. Die Angst kann motivierende oder hemmende Wirkungen auf die Arbeitsleistung in einem Team besitzen. Um Ängste sinnvoll in einem Medienunternehmen steuern zu können, werden Kenntnisse der Operatorwirkung der Angst, Reflexionskompetenz, emotionale Intelligenz und Selbstorganisationsfähigkeit benötigt. Diese Kenntnisse wurden innerhalb der vier systemischen Wirkfaktoren: Wirkung angstbesetzter Stimmungslagen auf Arbeitsprozesse, Grad der Selbstreflexion in angstbesetzten Stimmungslagen zur Systemstabilisierung, Grad der Leistungsbeschränkung der durch Ängste verursachten Abwehrreaktionen und Strategien der Emotionsregulierung und Konfliktbewältigung erarbeitet. Durch die Beschreibung systemfunktionaler Operatorwirkungen der Angst konnten die Wechselwirkungen innerhalb unterschiedlicher Systemebenen auf die Teamleistung dargestellt werden.

94 Das Ausmaß angstbesetzter Stimmungslagen auf den Arbeitsprozess ergab, dass Angst intrapsychische „Fühl-, Denk- und Verhaltensprogramme“ koppelt und damit das „FurchtAngst-System“ aktiviert. Die Angst als Begleiterregung bei kurzfristigem „Eustress“ wirkt lustvoll, motivierend und leistungsfördernd auf die Arbeitsleistung. Steht die wahrgenommene Herausforderung im Verhältnis mit den eigenen Kompetenzen und fördert die Aufrechterhaltung der eigenen Systemperformance (z. B. Grundbedürfnis der sozialen Anerkennung), wird die angstbesetzte Stimmungslage mit positiven Assoziationen (z. B. Erfahrungen) verbunden und weniger belastend wahrgenommen. Die Erwartungsunsicherheit wird reduziert und die Systemorganisation gestärkt. Die Angst als Begleiterregung bei permanentem „Disstress“ wirkt negativ auf die energetische und stoffwechselpsychologische Widerstandsbereitschaft der Selbstregulationsfähigkeit eines Systems. Übersteigt das Ausmaß angstbesetzter Stimmungslagen die Regenerationsfähigkeit eines Systems durch chronische Anspannung des physischen und psychischen Systems, mindert dies die individuelle Arbeitsleistung (z. B. Krankheiten). Auf psychosozialer Ebene hemmt die Angst die Integrations- und Organisationsfähigkeit (Interaktionsprozesse) eines Systems, da über die Operatorwirkung der Angst als Energieträger die Arbeitsmotivation gehemmt wird. Die Affektspannung wirkt sich auf kollektives Denken entlang parallelisierter Zustände (psychosozialer Alltag) aus. Affektive Angstlogik verhindert das Finden konstruktiver Sachlösungen und fördert Dauerkonflikte (z. B. gemeinsamer Gegner) auf Kosten integrierender kooperativer Arbeitsbeziehungen. Daher schädigen langfristig wirkende Ängste im Individuum, Team und der Organisation die Leistungsfähigkeit, da Selbstregulationsprozesse der Systeme geschwächt werden und die Systemorganisationsfähigkeit eine Schädigung erfährt. Der Grad der Selbstreflexion in angstbesetzten Stimmungslagen beeinflusst die Fähigkeit eines Systems, sich selbst zu stabilisieren. Je besser sich ein System an seine Umwelt anpassen kann, desto stabiler ist es gegenüber Erwartungsunsicherheiten. Ein geringer Selbstreflexionsgrad fördert den Verlust der Selbstregulation eines Systems, da eine ängstliche Grundstimmung die Adaptions- und Integrationsfähigkeit eines Systems hemmt. Das System nutzt die Systemirritation nicht zum Erlernen neuer Bewältigungskompetenzen (Flexibilisierung), sondern stagniert in einer Abwehrhaltung (z. B. Schuldzuweisung, Projektion). Dadurch wirkt die Umwelt überkomplex, und das System nimmt sich selbst fremdbestimmt und fremd kontrolliert wahr. Dies führt zu Überforderungsreaktionen, begleitet von permanentem „Disstress“. Eine hohe Reflexionskompetenz erzeugt ebenfalls Unsicherheit durch Neues („Eustress“). Durch Hinzulernen nähert sich das System an externe Wirklichkeitskonstruktionen an. Es erlebt weniger Erwartungsunsicherheit und sich selbst als selbst organisiert und

95 selbst kontrolliert. Infolgedessen nimmt es ängstigende Neuerungen als Herausforderung wahr. Der Grad der Leistungsbeschränkungen durch von Ängsten verursachten Abwehrreaktionen wird durch die Selbstreflexionsfähigkeit eines Systems beeinflusst. Unreflektierte maladaptive „Fühl-, Denk-und Verhaltensprogramme“ als Abwehrreaktionen beschränken die Leistungsfähigkeit durch den langfristigen Abbau der Bewältigungskompetenzen von Systemen. Die anhaltende Verunsicherung erzeugt chronischen „Disstress“ bzw. permanente Selbstwertbedrohungen. Das System nutzt vorhandene Selbstregulationsfähigkeiten, um sich selbst aus dem unangenehmen Unsicherheitszustand zu lösen. Die Abwehrstrategien der Unangepasstheit (z. B. Verharmlosung, Schuldzuweisung) schaffen Scheinsicherheiten mit hohem Konfliktpotenzial. Die Leistungsfähigkeit eines Systems wird umso mehr durch Ängste beschränkt, je länger es im Konservatismus stagniert. Indem sich ein System an die Umweltwirklichkeit annähert, reduziert es Unsicherheitszustände und erhöht die Rahmenbedingungen für wohladaptives Wissen zur Parallelisierung von Wirklichkeitskonstruktionen. Die Kompetenzen und Strategien der Emotionsregulierung und Konfliktlösungen eines Systems hängen von seiner Systementwicklung ab. Die langfristige Strategie der Erhöhung der Selbstreflexionskompetenz hilft dem System dabei, fehlende interne Bewältigungsprozesse zu finden und zu entwickeln. Daneben können maladaptive Prozesse verlernt und durch neue wohladaptive Prozesse ersetzt werden. Eine hohe Selbstorganisationsfähigkeit setzt eine hohe Selbstregulationsfähigkeit voraus (z. B. Konfliktfähigkeit, Fehlerkultur). Die Parallelisierung von Systemzuständen wird durch eine Vertrauensorganisation verbessert. Nach Bar-Yoseph helfen Unternehmenskulturen bei der Integration unterschiedlicher Verhaltensprogramme, tragen lebende Systeme zur Orientierung in „synreferentiellen Systemen“ bei und geben Sicherheit.421 Durch Herstellung enger parallelisierter Beziehungen werden die Freiheitsgrade lebender Systeme und „synreferentieller Subsysteme“ in die Gesamtorganisation integriert. Kontrollierbar werden die Systeme durch engere Bindung und erhöhte Flexibilisierung an externe Umweltereignisse. Dies setzt eine permanente Bereitschaft zum Lernen von Neuem voraus. Eine kurzfristige Strategie zur Emotionsregulierung und Konfliktlösung stellt das Überdecken von Informationsparadoxien dar. Durch Rationalisierung der Umweltkomplexität wird eine Scheinsicherheit erzeugt, die mit hohem energetischen Aufwand hergestellt werden muss, da bei diskontinuierlicher Anwendung die beobachtenden Systeme permanente Irritati-

421

vgl. Bar-Yoseph, Beni A., Culture and patterns of management, in: Bergmann, Gustav/Meurer, Rene (Hrsg.), Best patterns. Erfolgsmuster für zukunftsfähiges Management, Neuwied-Kriftel (Luchterhand) 2001, 87-88.

96 onen (z. B. hohe Fluktuationsrate) erzeugen und dies langfristig die Selbstregulationsfähigkeiten eines Systems übersteigt. Diese Systemperformance wird auf allen drei Ebenen gestört. 5.2

Limitationen

Die systemtheoretische Betrachtung des zu bearbeitenden Gegenstandes bringt es mit sich, dass die Erkenntnisse nicht losgelöst vom affektiv-kognitiven Bezugssystem der Bearbeiter zustande kommen können. Denn die Wirklichkeit ist niemals vollständig zu erfassen. Diese Arbeit kann daher selbst nur ein fraktaler Teil eines Ganzen sein. Die Autorin verfolgte dementsprechend nicht das Ziel, eine objektive Wahrheit zu finden, sondern die fraktale Wirklichkeitskonstruktion als Ergebnis der Literaturanalyse an eine externe Wirklichkeit anzunähern. Dieser Studie konnte keine soziologische Theorie der Gefühle zugrunde gelegt werden. Ciompi verweist auf die Forschungslücke innerhalb der Luhmannschen Systemtheorie, wonach eine Erforschung der kausalen und energetischen Kopplungen zwischen System und Umwelt fehle.422 Ciompi verweist weiterhin auf den Umstand, dass die Unvorhersagbarkeit psychosozialer Prozesse und deren Kausalitäten nicht auf deren relevanten Variablen beruhen würde. Die Unvorhersagbarkeit beruhe auf der Erkenntnis, dass psychosoziale Prozesse als chaostheoretische Dynamik komplexer Prozesse betrachtet werden müssen und damit generell nicht sicher vorhersagbar seien.423 5.3

Implikationen

Nachdem nun der Einfluss der Angstemotion auf das Denken und Handeln dargelegt wurde, sollen im Folgenden die theoretischen und praktischen Implikationen für die weitere theoretische und praktische Auseinandersetzung erläutert werden. 5.3.1

Implikationen für die Theorie

Die Operatorwirkung der Angstemotion als leistungssteigernde oder leistungshemmende situative Leistungsdeterminante auf das Denken und Handeln verweist auf ein breites Forschungsgebiet. Die Systemtheorie ermöglicht durch ihre abstrakte Beschreibungssprache die psychosozialen Prozesse zu analysieren, die innerhalb unterschiedlicher Systemarten prozessieren. Sie ermöglicht die Überwindung der künstlich errichteten Grenzen innerhalb der Forschungsdisziplinen und die Formulierung interdisziplinärer Fragestellungen. In dieser Arbeit 422

vgl. Ciompi, Luc, Die emotionalen Grundlagen des Denkens. Entwurf einer fraktalen Affektlogik, Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) 3. Aufl. 2005, 240. vgl. ebd., 264.

423

97 konnten die systemübergreifenden Wechselwirkungen der Angst auf die Leistung beschrieben werden. Es konnten die Wechselbeziehungen aufgezeigt werden, welche die Leistung systemübergreifend beeinflussen. Dies beruht auf Grundlagenwissen der Forschungsdisziplinen Soziologie, Psychologie und Wirtschaftswissenschaft sowie neurowissenschaftlicher Grundlagenforschung und Chaostheorien. Die Erkenntnisse könnten für eine Theorie der Emotionen genutzt werden. Die Erforschung der operationalen und formalen Geschlossenheit selbstreferentieller Systeme und die Beobachtung energetisch-kausaler Kopplungen zwischen den Systemarten können zur Entwicklung geeigneter Führungsinstrumente für das Management zum Einsatz kommen. Die Flexibilisierung von Unternehmensstrukturen erzeugt neuartige Steuerungsprobleme der dezentral eigenständig operierenden Subsysteme. Eine umfassende Theorie von Unternehmen als „synreferentielles System“ und deren strukturelle Kopplungen innerhalb unterschiedlicher Systemarten könnte beziehungsgerichtete Führungsinstrumente beschreiben. So könnte die Führung durch emotionale Ansteckung besser erörtert werden und leistungssteigernd Energien bei der Führung der Subeinheiten freisetzen. Ebenso werden die Gefahren und Unzulänglichkeiten der Führung durch Beziehung und Kontext (z. B. Zeitdruck) ersichtlich. Dies ermöglicht wiederum eine Verbesserung der neuartigen Führungsinstrumente im Sinne optimaler Interventionstechniken in komplexen, geschlossenen Subsystemen. Der absehbare Wandel innerhalb der Personalführung erfordert eine bessere Ausbildung der Führungskräfte und Personalverantwortlichen. Die Unternehmen bestehen aus komplexen Subsystemen; das Management selbst repräsentiert ein Subsystem. Daher sollten bei der Ausbildung der Führungs- und Personalverantwortlichen die Reflexionskompetenzen trainiert werden, um emergente Beziehungen in komplexen dynamischen Systemen verstehen zu können, die Eigendynamik unterschiedlicher Systemarten zu erkennen, Irritabilität durch Kenntnis vorhandener struktureller Kopplungen sowie Steuerung über emotionale Beziehungsstrukturen zu erzeugen. Eine Sozialtheorie der Emotion würde dementsprechend nicht nur die Theorie der Emotionen enthalten, sondern könnte auch durch kognitionswissenschaftliche sowie durch neurowissenschaftliche Grundlagenforschung gestützt und begründet werden. Danach müsste in den Handlungs- und Kommunikationstheorien ebenfalls die Sozialtheorie der Emotionen berücksichtigt werden. Wie im Rahmen dieser Abhandlung am Beispiel der Angst gezeigt werden konnte, ist das Denken und Handeln an Emotionen gekoppelt. Die Emotionen steuern, ordnen, organisieren und motivieren die Kognition. Die psychosozialen Prozesse sind dynamisch, da ihre Zustände nicht zu begrenzen sind. Die Beschränkung auf empirische Messung kann daher keine allgemein gültigen Ergebnisse liefern. Die vielfältigen Situationen (Kontexte) wirken, neben internen Zuständen, ebenfalls auf Erleben, Verhalten

98 und Interaktionsprozesse. Die neurowissenschaftliche Grundlagenforschung ermöglicht die pragmatische Erklärung der Funktionsweise psychischer Prozesse. Durch bildgebende Verfahren konnte bereits die enge Verbindung zwischen „Fühl-, Denk- und Verhaltensprogrammen“ dargestellt werden. 5.3.2

Implikationen für die Praxis

Die Erkenntnis dieser Arbeit weist auf den Umstand hin, dass die Steuerung über Beziehung und Kontext in dezentralen Organisationsstrukturen bereits angewendet wird. Allerdings wurde ebenfalls ein Mangel an Steuerungswissen in komplexen dezentralen Organisationsstrukturen ersichtlich. Für die Praxis gibt dies Hinweise auf die Nützlichkeit der Integration des systemischen Wissens in die Ausbildung von Personal- und Organisationsverantwortlichen. Steuerung über Beziehung und Kontext bedeutet, dass z. B. Teamkonzepte mit den Beteiligten abgestimmt werden sollten und emotional-intelligent auf Bedürfnisse der Leistungsträger eingegangen werden sollte. Nur so können über reflexive Parallelisierung der Wirklichkeitskonstruktionen verdeckte Konflikte minimiert oder rechtzeitig erkannt werden. Auftauchende Ängste sollten nicht banalisiert, sondern als Chance zum Neu- oder Verlernen maladaptiver „Fühl-, Denk- und Verhaltensmuster“ genutzt werden. Dadurch wird nicht nur der Konflikt benannt und als Störfaktor klassifiziert, sondern Handlungskompetenzen werden hinzugelernt. Dies sollte bei der Programmentwicklung zur Personalqualifizierung bedacht werden. Durch systemtheoretisch gestütztes fachliches, methodisches und soziales Training können zusätzlich benötigte Kompetenzen aufgebaut werden. Da die erfolgreiche Intervention eines Systems lediglich durch Mitvollzug des zu erleidenden Systems geschieht, kommt der Bildung von Beziehungsstrukturen eine große Bedeutung zu. Sogenannte Vertrauensorganisationen oder Unternehmenskulturen sollten kontinuierlich als Orientierungs- und Sicherheitsstrukturen im Unternehmen wirken können. Die emotionale Bindung der Subsysteme zum Gesamtsystem erzeugt enge strukturelle Kopplungen und erleichtert damit Kontroll- und Steuerungsbemühungen. Wie in dieser Studie gezeigt werden konnte, können wohldosierte Ängste leistungssteigernd und motivierend wirken. Dagegen mindern permanent geschürte Ängste die Selbstregulationsfähigkeiten von Systemen. Langfristig wird die Selbstorganisationsfähigkeit massiv gestört. Die systemische Betrachtung von Angst und Leistung in Teams der Medienwirtschaft konnte demonstrieren, wie die effiziente zielorientierte Steuerung von Teilsystemen in netzförmigen Binnenstrukturen eines Medienunternehmens möglich ist.

99 5.4

Ausblick

Die Globalisierung und die damit einhergehende Beschleunigung zwingen Unternehmen zur Anpassung an die wahrgenommene Weltkomplexität. Die strukturellen Wandlungsprozesse in Unternehmen von hierarchischen Unternehmensorganisationen zu dezentralen selbst organisierten Einheiten wirken sich auf die Art und Weise individuellen Arbeitens aus. Die Medienwirtschaft offenbart bereits heute die Tendenzen einer kontextgesteuerten Kontrolle über Beziehungsstrukturen. Auch in anderen Branchen ist ein noch stärkerer Trend zur marktorientierten Steuerung zu erkennen. Dies wird von positive und negative Effekte für ein Unternehmen und seiner Komponenten begleitet. So kann festgestellt werden, dass die moderne Dienstleistungsarbeit nicht automatisch zu mehr Freiheit ihrer Leistungsträger führt, sondern zu mehr Unsicherheit und Abhängigkeiten. Die für ein Unternehmen notwendige flexiblere Beobachtungs- und Reaktionsfähigkeit auf externe Ereignisse könnte durch lebende Systeme nur mit der Steigerung systeminterner Komplexität bewältigt werden. Die aufkommenden Ängste stehen dem Umstrukturierungsdruck entgegen. Unternehmen müssen lernen, diese Ängste als Chance zu sehen und für sich nutzbar zu machen. Ängste sollten nicht ein Unternehmen beherrschen, sondern dem sozialen Unternehmen sollte daran gelegen sein, die Ängste zu kontrollieren. Bisher erweckten die Umstrukturierungsmaßnahmen von Unternehmen den Anschein eines „Sprungs ins kalte Wasser“. Mittlerweile sind die negativen Folgeprobleme radikaler Umstrukturierungen ohne Rücksicht auf Erwartungen und Bedürfnisse der erleidenden Subsysteme und ihrer Komponenten bekannt. Mithilfe systemtheoretischer Erkenntnisse können die Subsysteme besser auf zukünftige Herausforderungen vorbereitet werden. Dies trägt dazu bei, dass die Subsysteme die Wandlungsprozesse mittragen, da sie eigene Chancen und Risiken abschätzen und bewältigen lernen. Weiterhin öffnet die systemtheoretische Analyse eine kritische Betrachtung bezüglich des Zusammenhangs von Angst und Leistung im Rahmen zukünftiger Arbeitsmarktanforderungen. So bedeutet moderne Dienstleistungsarbeit auch, seine Kompetenzen selber zu erweitern und auf einem liberalen Markt anbieten zu müssen. Auf der einen Seite erhält das Individuum mehr Freiraum für Eigeninitiative. Auf der anderen Seite ist mit dieser Freiheit gleichermaßen ein hohes Maß an Eigenverantwortung und lebenslanges Lernen verbunden. Dies könnte zu einer weiteren Verschärfung der Privilegierung der Starken und Hochqualifizierten führen.424 Die weniger leistungsfähigen Individuen könnten dabei mehr und mehr aus der Gesellschaft ausgegrenzt werden. 424

vgl. Castel, Robert, Der Zerfall der Lohnarbeitsgesellschaft, in: Bourdieu, Pierre (Hrsg.), Lohn der Angst. Flexibilisierung und Kriminalisierung in der «neuen Arbeitsgesellschaft», Konstanz (UVK) 2007, 15-17.

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