Werkzeugmaschinen 2: Konstruktion und Berechnung, 8.Auflage [8., neu bearb. Aufl.]
 9783540225027, 3540225021 [PDF]

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Zitiervorschau

Manfred Weck · Christian Brecher Werkzeugmaschinen - Konstruktion und Berechnung

Manfred Weck · Christian Brecher

Werkzeugmaschinen Konstruktion und Berechnung 8., neu bearbeitete Auflage Mit 585 Abbildungen

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Prof. em. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E. h. mult. Manfred Weck WZL Laboratorium für Werkzeugmaschinen und Betriebslehre Steinbachstraße 53 B 52074 Aachen [email protected] Prof. Dr.-Ing. Christian Brecher WZL Laboratorium für Werkzeugmaschinen und Betriebslehre Steinbachstraße 53 B 52074 Aachen [email protected] Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

ISBN 10 ISBN 13

3-540-22502-1 Springer Berlin Heidelberg New York 978-3-540-22502-7 Springer Berlin Heidelberg New York

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Umschlaggestaltung: medionet AG, Berlin Satz: Digitale Druckvorlage des Autors Gedruckt auf säurefreiem Papier

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Vorwort zum Kompendium Werkzeugmaschinen Fertigungssysteme

Werkzeugmaschinen zählen zu den bedeutendsten Produktionsmitteln der metallverarbeitenden Industrie. Ohne die Entwicklung dieser Maschinengattung wäre der heutige hohe Lebensstandard der Industrienationen nicht denkbar. Die Bundesrepublik Deutschland nimmt bei der Werkzeugmaschinenproduktion eine führende Stellung in der Welt ein. Innerhalb der Bundesrepublik Deutschland entfallen auf den Werkzeugmaschinenbau etwa 8% des Produktionsvolumens des gesamten Maschinenbaus; 8% der Beschäftigten des Maschinenbaus sind im Werkzeugmaschinenbau tätig. So vielfältig wie das Einsatzgebiet der Werkzeugmaschinen ist auch ihre konstruktive Gestalt und ihr Automatisierungsgrad. Entsprechend den technologischen Verfahren reicht das weitgespannte Feld von den urformenden und umformenden über die trennenden Werkzeugmaschinen (wie spanende und abtragende Werkzeugmaschinen) bis hin zu den Fügemaschinen. In Abhängigkeit von den zu bearbeitenden Werkstücken und Losgrößen haben diese Maschinen einen unterschiedlichen Automatisierungsgrad mit einer mehr oder weniger großen Flexibilität. So werden Einzweck- und Sonderwerkzeugmaschinen ebenso wie Universalmaschinen mit umfangreichen Einsatzmöglichkeiten auf dem Markt angeboten. Auf Grund der gestiegenen Leistungs- und Genauigkeitsanforderungen hat der Konstrukteur dieser Maschinen eine optimale Auslegung der einzelnen Maschinenkomponenten sicherzustellen. Hierzu benötigt er umfassende Kenntnisse über die Zusammenhänge der physikalischen Eigenschaften der Bauteile und der Maschinenelemente. Eine umfangreiche Programmbibliothek versetzt den Konstrukteur heute in die Lage, die Auslegungen rechnerunterstützt vorzunehmen. Messtechnische Analysen und objektive Beurteilungsverfahren eröffnen die Möglichkeit, die leistungs- und genauigkeitsbestimmenden Kriterien, wie die geometrischen, kinematischen, statischen, dynamischen, thermischen und akustischen Eigenschaften der Maschine zu erfassen und nötige Verbesserungen gezielt einzuleiten. Die stetige Tendenz zur Automatisierung der Werkzeugmaschinen hat zu einem breiten Fächer von Steuerungsalternativen geführt. In den letzten Jahren nahm die Entwicklung der Elektrotechnik/Elektronik sowie der Softwaretechnologie ent-

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Vorwort zum Kompendium Werkzeugmaschinen Fertigungssysteme

scheidenden Einfluss auf die Maschinensteuerungen. Mikroprozessoren und Prozessrechner ermöglichen steuerungstechnische Lösungen, die vorher nicht denkbar waren. Die Mechanisierungs- und Automatisierungsbestrebungen beziehen auch den Materialtransport und die Maschinenbeschickung mit ein. Die Überlegungen auf diesem Gebiet führten in der Massenproduktion zu Transferstraßen und in der Klein- und Mittelserienfertigung zu flexiblen Fertigungszellen und -systemen. Die in dieser Buchreihe erschienenen fünf Bände zum Thema „Werkzeugmaschinen Fertigungssysteme“ wenden sich sowohl an die Studierenden der Fachrichtung „Fertigungstechnik“ als auch an alle Fachleute aus der Praxis, die sich in die immer komplexer werdende Materie dieses Maschinenbauzweiges einarbeiten müssen. Außerdem verfolgen diese Bände das Ziel, dem Anwender bei der Auswahl der geeigneten Maschinen einschließlich der Steuerungen zu helfen. Dem Maschinenhersteller werden Wege für eine optimale Auslegung der Maschinenbauteile, der Antriebe und der Steuerungen sowie Möglichkeiten zur gezielten Verbesserung auf Grund messtechnischer Analysen und objektiver Beurteilungsverfahren aufgezeigt. Der Inhalt des Gesamtwerkes lehnt sich eng an die Vorlesung „Werkzeugmaschinen“ an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen an und ist wie folgt gegliedert: Band l: Band 2: Band 3: Band 4: Band 5:

Maschinenarten, Bauformen und Anwendungsbereiche, Konstruktion und Berechnung, Mechatronische Systeme, Vorschubantriebe und Prozessdiagnose, Automatisierung von Maschinen und Anlagen, Messtechnische Untersuchung und Beurteilung.

Aachen, im Juni 2005

Manfred Weck, Christian Brecher

Vorwort zum Band 2

Eine gezielte und sichere konstruktive Auslegung der Maschinenkomponenten und -elemente ist Voraussetzung für die Funktionstüchtigkeit einer Maschine bei ihrem Einsatz und erspart zeit- und kostenintensive Änderungs- und Anpassarbeiten. Dies trifft insbesondere für die komplexe Maschinengattung Werkzeugmaschine zu, an die höchste Anforderungen hinsichtlich der Genauigkeit unter statischen, dynamischen und thermischen Belastungen gestellt werden. Mit dem vorliegenden Band 2 wird das Ziel verfolgt, dem Konstrukteur die erforderlichen konstruktiven Hilfsmittel zur Auslegung und Berechnung der Werkzeugmaschinenkomponenten und -elemente entsprechend dem neuesten Stand der Technik aufzuzeigen und zu erläutern. Der Inhalt dieses Bandes gliedert sich wie folgt: Nach einer kurzen Einleitung (Kapitel l), die allgemein die Hilfsmittel des Konstrukteurs umreißt, wird in Kapitel 2 auf das weite Feld der Gestelle und Gestellbauteile eingegangen. Es werden zunächst die Werkstoffe für Gestellbauteile vorgestellt. In den folgenden Unterabschnitten kann sich der Leser sehr eingehend über die Auslegungs- und Gestaltungskriterien bei statischer, dynamischer und thermischer Belastung informieren. Gesondert werden die alternativen Gestellwerkstoffe Reaktionsharzbeton und faserverstärkte Kunststoffe behandelt. Das Vordringen des Computers in alle Bereiche der Unternehmen hat auch in der Konstruktion immer leistungsfähigere Berechnungsprogramme zur Analyse und Optimierung des mechanischen Bauteilverhaltens verfügbar gemacht. Aus diesem Grund werden die mathematischen Grundlagen der Finite-Elemente-Methode erläutert und an Beispielen der Parameter-, Form- und Topologieoptimierung deren Anwendungsbereiche im Werkzeugmaschinenbau aufgezeigt. Der Aufstellung und Fundamentierung von Werkzeugmaschinen ist ein eigenes Kapitel gewidmet (Kapitel 3). Zwar werden kleinere Maschinen häufig direkt auf dem Hallenboden oder den Geschossdecken aufgestellt, mittlere und große, schwere Maschinen ohne ausreichende Eigensteifigkeit erfordern dagegen eine eigene Fundamentauslegung. Häufig sind auch schwingungsisolierte Aufstellungen notwendig. Es werden die Komponenten der unterschiedlichen Maschinenaufstellungen

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Vorwort zum Band 2

gegenübergestellt und die Fundamentauslegung nach statischen und dynamischen Gesichtspunkten erörtert. Im Mittelpunkt des Kapitels 4 steht die geräuscharme Maschinenkonstruktion, die im Hinblick auf eine Humanisierung der Arbeitsplätze von zunehmender Bedeutung ist. Es wird auf die verschiedenen Maschinengeräuschquellen eingegangen und es werden konkrete konstruktive Maßnahmen zur Geräuschminderung erläutert. Von zentraler Bedeutung für die Bearbeitungsgenauigkeit einer Werkzeugmaschine sind die im Kraftfluss liegenden Führungen und Lagerungen. Diese werden sehr ausführlich in Kapitel 5 behandelt. Zunächst wird die Funktion und Wirkungsweise hydrodynamischer Gleitführungen und Gleitlager vorgestellt, da diese Führungsprinzipien im Werkzeugmaschinenbau immer noch Verwendung finden. Ebenso werden hydrostatische Gleitführungen und Gleitlager betrachtet, wobei der Schwerpunkt auf die Auslegung und Gestaltung dieser Lagertypen gelegt und auch deren Einsatz in Präzisionsmaschinen beispielhaft aufgezeigt wird. Ein weiterer Unterabschnitt ist den für die Hochpräzisionsbearbeitung bzw. Hochgeschwindigkeitsbearbeitung wichtigen aerostatischen Lagern und Führungen sowie den elektromagnetischen Lagern gewidmet. Der Vergleich der Rundlaufeigenschaften verschiedener Spindelsysteme ist für den Konstrukteur ein wichtiges Auswahlkriterium. Entsprechend ihrer Bedeutung für die Praxis werden Wälzführungen und -lager ausführlich behandelt. Nachdem die konstruktive Gestaltung von Wälzführungen vorgestellt ist, folgt die ausführliche Betrachtung des Einsatzes von Wälzlagern in Spindel-Lager-Systemen. Neuartige Wälzlagerkonstruktionen für die hochdrehenden Hauptspindeln werden vorgestellt. Anhand zahlreicher Beispiele werden Konstruktionsprinzipien, Auslegungskriterien und die notwendigen Berechnungsverfahren erarbeitet. Auch der wichtige Aspekt der Abdichtung und Schmierölversorgung der Lagersysteme wird berücksichtigt. Schließlich werden in einem eigenständigen Unterkapitel die Maßnahmen zum Schutz von Führungselementen angesprochen und Beispiele für die Abdeckung von Führungsbahnen gegeben. Neben der sorgfältigen Auslegung von Gestellbauteilen, Führungselementen und Lagerungen sind für die Leistungsfähigkeit von Werkzeugmaschinen ebenso die Antriebselemente zur Erzeugung der Hauptarbeitsbewegungen bedeutungsvoll. Aus diesem Grund nehmen in Kapitel 6 verschiedene Motorkonzepte einen weiten Raum ein. Die Auslegung, Berechnung und Auswahl von Elektromotoren wird umfassend dargelegt. In einem weiteren Unterabschnitt werden als Alternative zu den Elektromotoren hydraulische Antriebskonzepte angeführt. Des Weiteren werden dem Leser die wesentlichen Grundlagen und Gestaltungskriterien für gleichförmig und ungleichförmig übersetzende Getriebe vermittelt. Ein wichtiges Konstruktionselement der Hauptantriebe stellen die nichtschaltbaren und schaltbaren Wellenkupplungen dar, auf deren Gestaltung und Berechnung ebenfalls nicht verzichtet werden kann. Nicht zuletzt die Forderung des modernen Werkzeugmaschinenbaus nach einer Verbesserung der Gebrauchseigenschaften hat dazu geführt, dem Industriedesign als Aufgabe im Entwicklungsprozess das eigenständige Kapitel 7 zu widmen. Hier wird auf die Maschinenverkleidung, die ergonomische Gestaltung und Anordnung

Vorwort zum Band 2

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von Bedienelementen und die Stellung des Designprozesses in der Entwicklung eingegangen. Numerisch gesteuerte Werkzeugmaschinen mit einer hohen Zerspanleistung benötigen aufgabenangepasste Zusatzeinrichtungen, die in Kapitel 8 beschrieben werden. Neben den Bauformen unterschiedlicher Späneförderer werden auch der Aufbau und die Funktionsweise von Spänezentrifugen erläutert. Darüber hinaus kann sich der interessierte Leser über die in der Praxis eingesetzten Kühlschmierstoffanlagen informieren. Weiterhin wird in diesem Abschnitt die prinzipielle Wirkungsweise von Temperiergeräten vorgestellt. Die verschiedenen Ausführungsformen von Zentralschmieranlagen vervollständigen diesen Abschnitt. In Kapitel 9 wird dem Entwicklungstrend Rechnung getragen, dass Konstrukteure, insbesondere wenn fortschrittliche Fertigungsanlagen entwickelt werden sollen, nicht mehr ohne elektrotechnische und elektronische Kenntnisse auskommen können. In einem einführenden Abschnitt werden die wesentlichen Aufgaben der Elektrokonstruktion Energiebereitstellung, Realisierung von Steuerungsfunktionen, Schutzfunktionen für Personal und Anlage erläutert. Ferner wird das Zusammenwirken von elektrotechnischer und mechanischer Konstruktion näher betrachtet. Es werden nicht nur die Verfahren der Elektrokonstruktion aufgeführt, sondern auch die heutzutage üblichen Methoden vorgestellt, eine funktionsgerechte Integration von elektrotechnischen und mechanischen Komponenten der Werkzeugmaschinen und komplexen Fertigungsanlagen zu realisieren. Der Anhang liefert eine Liste von Berechnungsprogrammen zur Auslegung und Dimensionierung von Werkzeugmaschinen und deren Komponenten. Die aufgeführten Programme wurden alle am Lehrstuhl für Werkzeugmaschinen der RWTH Aachen entwickelt. Daneben vervollständigen wichtige Normen für Maschinenkomponenten die Hilfsmittel für den Konstrukteur von Werkzeugmaschinen. Die Überarbeitung der achten Auflage geschah unter Mitwirkung unserer Mitarbeiter Dipl.-Ing. Felix Butz, Dipl.-Ing. Peter Hirsch, Dipl.-Ing. Arno Groth, Dipl.Ing. Martin Hork, Dipl.-Ing. Severin Hannig, Dipl.-Ing. Joachim Hesse, Dipl.-Ing. Roman Klement, Dipl.-Ing. Patrick Kölzer, Dipl.-Ing. Marco Lescher, Dipl.-Ing. Marc Marpert, Dipl.-Ing. Dietmar Mandt, Dipl.-Ing. Bernhard Müller-Held, Dipl.Ing. Falco Paepenmüller, Dipl.-Ing. Andreas Schmidt, Dipl.-Ing. Florian Schmidt, Dipl.-Ing. Andreas Schulz, Dipl.-Ing. Guido Spachtholz, Dipl.-Ing. Dirk Staimer, Dipl.-Ing. Thomas Wolf, Dipl.-Ing. Markus Winterschladen, Dipl.-Ing. Stephan Witt, M. Sc. Yuko Yamasaki und Dipl.-Ing. Daniel Zuber, sowie Frau Magdalena Czekala, Frau Miriam Küssner, Frau Jana Lauscher und Frau Kristina Scheinert. Allen Beteiligten möchten wir für ihre große Einsatzbereitschaft sehr herzlich danken. Für die Koordination und Organisation der Überarbeitung zur achten Auflage möchten wir den Herren Dipl.-Ing. Reimund Keiser und Dipl.-Ing. Rouven Meidlinger besonders danken. Den Firmen, die die bildlichen Darstellungen aufbereitet und für diesen Band zur Verfügung gestellt haben, möchten wir ebenso herzlich danken. Aachen, im Juni 2005

Manfred Weck, Christian Brecher

Inhaltsverzeichnis

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Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Gestelle und Gestellbauteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Anforderungen und Bauformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Werkstoffe für Gestellbauteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Auslegungs- und Gestaltungskriterien bei statischer Belastung . . . . 2.3.1 Statische Belastungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2 Statische Kenngrößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.3 Kraftfluss- und Verformungsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.4 Konstruktive Gesichtspunkte bei der Gestaltung . . . . . . . . . . 2.3.4.1 Steifigkeiten stabförmiger Bauteile . . . . . . . . . . . . . 2.3.4.2 Verrippungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.4.3 Krafteinleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.4.4 Fügeverbindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.5 Konstruktionsbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Auslegungs- und Gestaltungskriterien bei dynamischer Belastung . . 2.4.1 Dynamische Belastungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.2 Dynamische Kenngrößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.3 Konstruktive Gesichtspunkte bei der Gestaltung . . . . . . . . . . 2.4.3.1 Massen und Massenverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.3.2 Gezielte Schwächung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.3.3 Dämpfung in Gestellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.3.4 Übersicht über dynamische Zusatzsysteme . . . . . . . 2.4.3.5 Hilfsmassendämpfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.3.6 Reibungsdämpfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.3.7 Aktive Dämpfungssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.3.8 Squeeze-Film-Dämpfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5 Auslegungs- und Gestaltungskriterien bei thermischer Belastung . . 2.5.1 Thermische Belastungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.2 Thermische Kenngrößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7 7 12 14 14 15 17 18 19 26 31 39 46 49 49 50 52 54 56 58 61 62 64 66 68 72 72 74

XII

Inhaltsverzeichnis

2.5.3 Konstruktive Gesichtspunkte bei der Gestaltung . . . . . . . . . . 76 Werkstoffgerechte Konstruktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 2.6.1 Reaktionsharzbeton . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 2.6.1.1 Der Werkstoff Reaktionsharzbeton . . . . . . . . . . . . . . 83 2.6.1.2 Verbindungstechniken Beton/Stahl . . . . . . . . . . . . . . 90 2.6.1.3 Formenbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 2.6.1.4 Werkzeugmaschinengestelle aus Reaktionsharzbeton . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 2.6.2 Faserverbundwerkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 2.6.2.1 Werkstoffeigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 2.6.2.2 Einsatzkriterien und -möglichkeiten für hochbelastete Maschinenelemente aus faserverstärkten Kunststoffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 2.6.2.3 Konstruktion und Fertigung von FVK-Bauteilen, Anwendungsbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 2.7 Berechnung und Optimierung von Gestellbauteilen . . . . . . . . . . . . . . 113 2.7.1 Berechnung von Gestellbauteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 2.7.1.1 Einführung in die Finite-Elemente-Methode . . . . . . 115 2.7.1.2 Herleitung einer Elementsteifigkeitsmatrix . . . . . . . 119 2.7.1.3 Überlagerung der Elementsteifigkeitsmatrizen zur Gesamtsteifigkeitsmatrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 2.7.1.4 Überblick über die Berechnungsmöglichkeiten nach der Finite-Elemente-Methode . . . . . . . . . . . . . 123 2.7.1.5 Aufbereitung der Bauteilgeometrie für die Berechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 2.7.1.6 Berechnungsbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 2.7.1.6.1 Berechnung des statischen Verhaltens von Gestellbauteilen . . . . . . . . . . . . . . . . 126 2.7.1.6.2 Berechnung des dynamischen Verhaltens von Gestellbauteilen . . . . . . . 128 2.7.1.6.3 Berechnung des thermischen Verhaltens von Gestellbauteilen . . . . . . . 135 2.7.1.7 Rechengenauigkeit und Fehlermöglichkeiten . . . . . 140 2.7.2 Gekoppelte Simulation von Strukturdynamik und Regelkreisen mit Hilfe der flexiblen Mehrkörpersimulation . 142 2.7.3 Optimierung des mechanischen Bauteilverhaltens . . . . . . . . . 148 2.7.3.1 Grundlagen der Optimierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 2.7.3.2 Parameteroptimierung bei der Konstruktion von Werkzeugmaschinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 2.7.3.3 Optimierung von Wandstärken und Faserwinkeln . 153 2.7.3.3.1 Massen-Steifigkeitsoptimierung von Bauteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 2.7.3.3.2 Optimierung von Bauteilen aus Faserverbundwerkstoffen . . . . . . . . . . . . 157

2.6

Inhaltsverzeichnis

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2.7.3.4 2.7.3.5

Topologieoptimierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 Formoptimierung zur Reduzierung der Kerbspannungen oder des Gewichtes . . . . . . . . . . . 165 2.7.3.5.1 Minimierung der Kerbspannung an offenen Ausrundungen . . . . . . . . . . . . . . 165 2.7.3.5.2 Allgemeiner Ansatz zur Formoptimierung mechanischer Bauteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167

3

Aufstellung und Fundamentierung von Werkzeugmaschinen . . . . . . 171 3.1 Komponenten der Maschinenaufstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 3.1.1 Aufstellelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 3.1.2 Fundament . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 3.1.3 Baugrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 3.2 Fundamentauslegung unter statischen Gesichtspunkten . . . . . . . . . . 177 3.3 Fundamentauslegung unter dynamischen Gesichtspunkten . . . . . . . . 182 3.3.1 Beurteilungskriterien für Erschütterungen . . . . . . . . . . . . . . . 186 3.3.1.1 Einwirkung mechanischer Schwingungen auf den Menschen - Ganzkörperschwingungen . . . . . . 186 3.3.1.2 Erschütterung durch die Maschine (Einwirkungen auf Menschen in Gebäuden) . . . . . 187 3.3.2 Auslegung aktiver Schwingungsisolierungen . . . . . . . . . . . . . 189 3.3.3 Auslegung passiver Schwingungsisolierungen . . . . . . . . . . . . 193

4

Geräuscharme Maschinenkonstruktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 4.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 4.2 Beispiele für Geräuschminderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 4.2.1 Aktive, primäre Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 4.2.2 Aktive, sekundäre Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 4.2.3 Passive, primäre Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 4.2.4 Bearbeitungsgeräusche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212

5

Führungen und Lagerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 5.1 Hydrodynamische Gleitführungen und Gleitlager . . . . . . . . . . . . . . . . 221 5.1.1 Grundlagen der Reibung und Schmierung . . . . . . . . . . . . . . . . 222 5.1.1.1 Begriff der Viskosität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 5.1.1.2 Hydrodynamische Druckbildung . . . . . . . . . . . . . . . 225 5.1.1.3 Reibungsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 5.1.1.4 Stribeck-Kurve . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 5.1.1.5 Stick-Slip-Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 5.1.2 Hydrodynamische Gleitführungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 5.1.2.1 Werkstoffe für Gleitführungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 5.1.2.2 Tribologische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 5.1.2.3 Führungselemente und Konstruktionsmerkmale . . . 249 5.1.2.4 Klemmeinrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256

XIV

Inhaltsverzeichnis

5.1.2.5 Kompensierung von Führungsfehlern . . . . . . . . . . . 260 5.1.2.6 Statisches und dynamisches Verhalten . . . . . . . . . . . 261 5.1.3 Hydrodynamische Gleitlager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 5.1.3.1 Druckaufbau und Anlaufvorgang . . . . . . . . . . . . . . . 263 5.1.3.2 Bauformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 5.1.3.3 Hydrodynamische Spindel-Lager-Systeme in Werkzeugmaschinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 5.1.3.4 Berechnung von Mehrflächenlagern . . . . . . . . . . . . . 271 5.2 Hydrostatische Gleitführungen und Gleitlager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 5.2.1 Grundlagen, Funktionsprinzip und Begriffe . . . . . . . . . . . . . . 278 5.2.1.1 Ölversorgungssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 5.2.1.2 Lagerberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 5.2.1.2.1 Ölversorgungssystem „eine Pumpe pro Tasche (Q = konst.)“ ohne Umgriff 290 5.2.1.2.2 Ölversorgungssystem „Pumpe mit Vordrosseln (Kapillaren) (pP = konst.)“ 292 5.2.1.2.3 Ölversorgungssystem „eine Pumpe pro Tasche (Q = konst.)“ mit Umgriff . 296 5.2.1.2.4 Ölversorgungssystem “Pumpe mit Vordrosseln (Kapillaren) (pP = konst.)“ mit Umgriff . . . . . . . . . . 298 5.2.1.2.5 Berechnungsbeispiel . . . . . . . . . . . . . . . . 300 5.2.1.3 Dämpfung an einer hydrostatischen Tasche . . . . . . 304 5.2.1.4 Energiebedarf und hydraulischer Kreis . . . . . . . . . . 304 5.2.2 Hydrostatische Gleitführungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 5.2.2.1 Konstruktionsmerkmale und Ausführungsformen . 309 5.2.2.2 Anwendungsbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 5.2.2.3 Kompensation von Führungsfehlern . . . . . . . . . . . . . 316 5.2.3 Hydrostatische Gleitlager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 5.2.3.1 Bauformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 5.2.3.2 Druckaufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 5.2.3.3 Lager mit strukturierten Oberflächen . . . . . . . . . . . . 321 5.2.3.4 Lagerauslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 5.2.3.5 Abdichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 5.2.4 Hydrostatische Spindel-Lager-Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 5.2.5 Hydrostatische Spindel-Mutter-Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 5.3 Aerostatische Gleitführungen und Gleitlager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 5.3.1 Grundlagen und Führungsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336 5.3.2 Auslegung aerostatischer Lagerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338 5.3.3 Berechnung aerostatischer Lagerelemente . . . . . . . . . . . . . . . . 340 5.3.4 Dynamische Stabilität aerostatischer Gleitführungen und Gleitlager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 5.3.5 Anwendungsbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 5.3.5.1 Aerostatisch gelagertes Schlittensystem . . . . . . . . . 347

Inhaltsverzeichnis

XV

5.3.5.2 Aerostatisch gelagerte Rundtische . . . . . . . . . . . . . . 348 5.3.5.3 Aerostatisch gelagerte Spindel-Lager-Systeme . . . . 350 5.4 Rundlaufverhalten unterschiedlicher Spindelsysteme . . . . . . . . . . . . . 352 5.5 Elektromagnetische Lager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 5.5.1 Konstruktionsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 5.5.2 Ausführungsformen elektromagnetischer Lagerungen . . . . . . 356 5.5.3 Eigenschaften elektromagnetischer Lagerungen . . . . . . . . . . . 357 5.6 Wälzführungen und Wälzlager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 5.6.1 Wälzführungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 5.6.1.1 Bauarten und Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 5.6.1.2 Einsatz in Werkzeugmaschinen . . . . . . . . . . . . . . . . 368 5.6.2 Wälzlager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 5.6.2.1 Übersicht der Lagerbauarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 5.6.2.2 Lager für Spindellagerungen und Toleranzen für ihre Umbauteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 5.6.2.3 Lagerspiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 5.6.2.4 Federung und Vorspannung bei Radiallagern . . . . . 374 5.6.2.5 Federung und Vorspannung bei Axiallagern und Axial-Radiallagern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379 5.6.2.6 Gegenüberstellung von radialen bzw. axialen Federkennlinien verschiedener Lagerarten . . . . . . . 383 5.6.2.7 Käfigschlupf bei Radiallagern . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384 5.6.2.8 Wälzlager unter dem Einfluss hoher Winkelbeschleunigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384 5.6.2.9 Wälzlager als Schwingungserreger . . . . . . . . . . . . . . 386 5.6.2.10 Schmierung und Temperaturverhalten . . . . . . . . . . . 387 5.6.2.11 Veränderung der Kinematik eines Spindellagers in Abhängigkeit von Belastung und Drehzahl . . . . . 393 5.6.2.12 Berechnung der Wälzlagerlebensdauer . . . . . . . . . . 401 5.6.2.13 Eigenschaften von Wälzlagern im Vergleich zu denen anderer Lager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406 5.6.3 Wälzgelagerte Spindel-Lager-Systeme im Werkzeugmaschinenbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 408 5.6.3.1 Anforderungsprofil, Konstruktionsprinzipien und Auslegungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 408 5.6.3.1.1 Lageranordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 408 5.6.3.1.2 Vorspannung des Lagersystems . . . . . . . 414 5.6.3.1.3 Spindellager für hohe Drehzahlen . . . . . 416 5.6.3.1.4 Modifizierte Zylinderrollenlager für hohe Drehzahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422 5.6.3.1.5 Gestaltung der Loslagerung . . . . . . . . . . 426 5.6.3.1.6 Statisches Systemverhalten . . . . . . . . . . 428 5.6.3.1.7 Dynamisches Systemverhalten . . . . . . . 432 5.6.3.2 Berechnung von Spindel-Lager-Systemen . . . . . . . . 439

XVI

Inhaltsverzeichnis

5.6.3.3

Konstruktive Maßnahmen zur Verbesserung des dynamischen Verhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 447 5.6.3.4 Abdichtung der Lagersysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . 452 5.6.3.4.1 Berührende Dichtsysteme . . . . . . . . . . . . 454 5.6.3.4.2 Berührungsfreie Dichtsysteme . . . . . . . . 455 5.6.3.5 Schmierversorgungsanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 465 5.6.3.6 Drehdurchführungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 472 5.6.4 Kugelrollspindelsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 476 5.7 Abdichtung, Schmierung und Abdeckung von Führungselementen . 480 5.7.1 Dichtungstechnik und Schmierung von Profilschienenführungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 480 5.7.2 Verschleiß von Profilschienenwälzführungen beim Einsatz in Werkzeugmaschinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 485 5.7.3 Abdeckung von Führungsbahnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 487 6

Hauptantriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 493 6.1 Motoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 493 6.1.1 Elektromotoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 494 6.1.1.1 Gleichstrommotoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 494 6.1.1.1.1 Aufbau und Wirkungsweise . . . . . . . . . . 495 6.1.1.1.2 Grund- und Betriebsgleichungen . . . . . . 496 6.1.1.1.3 Drehzahlverstellung und Belastungsgrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . 497 6.1.1.1.4 Stromrichter zur Gleichstromgewinnung und Drehzahlregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 502 6.1.1.2 Synchronmotoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 503 6.1.1.3 Asynchronmotoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 506 6.1.1.3.1 Aufbau und Wirkungsweise . . . . . . . . . . 506 6.1.1.3.2 Kurzschlussläufermotor . . . . . . . . . . . . . 510 6.1.1.3.3 Drehzahlverstellung des Asynchronmotors . . . . . . . . . . . . . . . . . . 511 6.1.1.3.4 Feldorientierte Regelung . . . . . . . . . . . . 512 6.1.1.4 Direktantriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 514 6.1.1.4.1 Motorspindeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 514 6.1.1.4.2 Linearmotoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 515 6.1.2 Auslegung und Berechnung elektrischer Antriebe . . . . . . . . . 518 6.1.2.1 Hochlaufverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 518 6.1.2.1.1 Hochlauf ohne Strombegrenzung . . . . . 518 6.1.2.1.2 Hochlauf mit Strombegrenzung . . . . . . . 520 6.1.2.1.3 Numerische Ermittlung des Hochlaufs bei nichtlinearen und unstetigen Kennlinien . . . . . . . . . . . . . . . 523

Inhaltsverzeichnis

XVII

6.1.2.2

Auswahl der Motoren nach statischen Gesichtspunkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 523 6.1.2.3 Auswahl nach dynamischen Gesichtspunkten . . . . . 527 6.1.2.4 Besondere Anforderungen beim C-Achs-Betrieb . . 527 6.1.3 Hydraulikmotoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 527 6.1.3.1 Rotatorische Motoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531 6.1.3.1.1 Zahnradmotor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531 6.1.3.1.2 Flügelzellenmotor . . . . . . . . . . . . . . . . . . 533 6.1.3.1.3 Kolbenverdrängereinheiten . . . . . . . . . . 535 6.1.3.1.4 Lineare Hydraulische Antriebe . . . . . . . 538 6.1.3.2 Drehzahlverstellung von Hydraulikmotoren . . . . . . 542 6.1.3.3 Erzeugung der hydraulischen Energie . . . . . . . . . . . 548 6.2 Getriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 549 6.2.1 Allgemeine Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 549 6.2.2 Gleichförmig übersetzende Getriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 551 6.2.2.1 Getriebe mit stufenweise verstellbaren Abtriebsdrehzahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 551 6.2.2.1.1 Prinzipielle Bauformen von Schaltgetrieben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 552 6.2.2.1.2 Grundlagen zur Berechnung von Stufengetrieben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 555 6.2.2.2 Getriebe mit stufenlos verstellbaren Abtriebsdrehzahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 560 6.2.2.2.1 Elektrische Getriebe . . . . . . . . . . . . . . . . 560 6.2.2.2.2 Hydraulische Getriebe . . . . . . . . . . . . . . 561 6.2.2.2.3 Mechanische Getriebe . . . . . . . . . . . . . . 562 6.2.2.3 Kombination von gestuften Getrieben mit stufenlosen Antriebsmotoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 565 6.2.2.4 Anwendungsbeispiele für gleichförmig übersetzende Getriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 566 6.2.3 Ungleichförmig übersetzende Getriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . 569 6.2.3.1 Schwingende Kurbelschleife . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 569 6.2.3.2 Schubkurbel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 570 6.2.3.3 Kniehebel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 571 6.2.3.4 Kurvenscheiben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 573 6.2.3.5 Unrunde Zahnräder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 574 7

Industriedesign als Aufgabe im Entwicklungsprozess . . . . . . . . . . . . . 577 7.1 Maschinenverkleidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 578 7.1.1 Corporate Design . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 579 7.1.2 Gestaltungsrichtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 580 7.1.3 Farbgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 582 7.2 Ergonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 582 7.3 Entwicklungsabfolge des Designprozesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 586

XVIII

Inhaltsverzeichnis

8

Zusatzeinrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 589 8.1 Zentralschmieranlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 589 8.1.1 Einleitungsanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 590 8.1.2 Progressivanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 591 8.1.3 Zweileitungsanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 592 8.1.4 Mehrleitungsanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 593 8.1.5 Drosselanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 593 8.1.6 Druckluftbeölungsanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 594 8.2 Temperiergeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 597 8.3 Systeme zur Minimalmengenkühlschmierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 597 8.3.1 Äußere Zufuhr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 599 8.3.2 Innere Zufuhr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 601 8.4 Handhabung von Spänen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 602 8.4.1 Fördern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 602 8.4.2 Zentrifugieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 605 8.4.3 Brikettieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 608 8.5 Kühlschmierstoff-Reinigungsanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 610 8.5.1 Sedimentieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 610 8.5.2 Filtrieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 611 8.5.3 Magnetabscheiden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 615 8.6 Brandschutz beim Einsatz nicht wassermischbarer Kühlschmierstoffe615

9

Elektrokonstruktion an Werkzeugmaschinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 621 9.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 621 9.1.1 Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 621 9.1.2 Aufgaben der Elektrokonstruktion an Werkzeugmaschinen . 622 9.1.2.1 Energiebereitstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 623 9.1.2.2 Realisierung von Steuerungsfunktionen . . . . . . . . . 624 9.1.2.3 Schutzfunktionen für Personal und Anlage . . . . . . 624 9.2 Zusammenwirken zwischen elektrischer und mechanischer Konstruktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 629 9.2.1 Schnittstelle zwischen elektrischer und mechanischer Konstruktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 629 9.2.2 Verständigungshilfsmittel zur Funktionsfestlegung in einer Werkzeugmaschine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 630 9.3 Komponenten und Verfahren der Elektrokonstruktion . . . . . . . . . . . . 632 9.3.1 Normen und Vorschriften zur Elektrokonstruktion an Werkzeugmaschinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 632 9.3.2 Kriterien zur Auswahl von Komponenten . . . . . . . . . . . . . . . 634 9.3.3 Schaltungsunterlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 635 9.3.4 Verfahren der Elektrokonstruktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 643 9.3.4.1 Projektierung, Erstellung von Schaltungsunterlagen643 9.3.4.2 CAD-Systeme für die Elektrokonstruktion . . . . . . . 645

Inhaltsverzeichnis

9.4

XIX

Funktionsgerechte Integration von elektrischen Komponenten in Werkzeugmaschinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 647 9.4.1 Energieversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 647 9.4.2 Elektrische Komponenten in Werkzeugmaschinen . . . . . . . . 648 9.4.3 Bedienerschnittstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 654 9.4.4 Sicherheitseinrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 658 9.4.5 Schaltschrankbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 662 9.4.5.1 Konstruktion und Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 662 9.4.5.2 Komponenten und ihre Platzierung . . . . . . . . . . . . . 663 9.4.5.3 Schaltschrankklimatisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 668

Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 671 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 681 Index . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 693

Formelzeichen und Abkürzungen

Großbuchstaben A A A Ae f f AF AK Am AR B B B B0 BSt BV C C C C C0 C1 ,C2 C1 , . . . ,C5 CB CR D D D

mm mm2 mm2 mm2 Ns/m2 mm2 mm2 mm2 − mm mm − − − − − N N N − − − mm − − mm

Achsabstand Berührfläche Fläche effektive Lagerfläche Abstrahlfaktor Kolbenfläche Inhalt der von der Mittellinie umgrenzten Fläche Reibfläche, Stegfläche Drehzahlbereich Breite Lagerbreite Drehzahlbereich des stufenlosen Getriebes Drehzahlbereich des gestuften Getriebes Geschwindigkeitsbereich Konstante Motorkonstante dynamische Tragzahl dynamische Tragzahl statische Tragzahl Integrationskonstanten Lagerluftgruppen Bettungszahl Lagerspiel Dämpfungsmaß Durchmesser Bauteildurchmesser

XXII

D D Da Di Dj DW E E Ed ED Es F F F0 Fa Fc FF FF FFeder FHa f t FM Fmax FN FN FP Fr FR FR FReibung FSt Ft FT FT FTragheit ¨ FV FZ Fy FZ FZ Fd G G Gxx

Formelzeichen und Abkürzungen

mm mm mm mm mm mm Nm N/mm2 N/mm2 s N/mm2 N N N N N N N N N N N N N N N N N N N N N N N N N N N N N N/mm2 µm/N µm/N

Durchmesser Lager-Nenndurchmesser äußerer Spindeldurchmesser innerer Spindeldurchmesser Wellendurchmesser Durchmesser eines Wälzkörpers Energie E-Modul dynamischer E-Modul Einschaltdauer statischer E-Modul äußere Lagerlast Kraft Ausgangslast, Gewichtskraft Axialkraft Schnittkraft Kraft auf Führung Fliehkraft Federkraft Haftreibungskraft Massenkraft Grenzlast Normalkraft Nennkraft Kraft auf Pleuel Radialkraft im Kurbelzapfen Reibkraft Radialkraft Reibungskraft Stößelkraft Tangentialkraft thermische Verformungskraft Tragkraft Trägheitskraft Vorspannkraft Federkraft Dämpfungskraft des Squeeze-Film-Dämpfers Belastung je Wälzkörper Zugkraft Druckkraft Gleitmodul Nachgiebigkeit direkter Nachgiebigkeitsfrequenzgang in x-Richtung

Formelzeichen und Abkürzungen

H H H H I I IA IAmax If Imax Imax,zul IN IP It Ix , Iy J JA Jges K K, K1 , K2 K, KB KF KM K p , Kpm KP KP KV L L L Le f f Lh Lhna LWA ∗ LWA M M M M1max MAn Mb MB MB MK

mm mm mm mm A mm4 A A A A A A mm4 − mm4 kgm2 kgm2 kgm2 N/µm − − N/A Nm/A − Nms/rad As/m s−1 mm mm − mm h h dB dB − kg Nm Nm Nm Nm Nm Nm Nm

XXIII

Höhe Höhe eines Balkenquerschnitts Gesamthub Hublänge Strom Flächenträgheitsmoment Ankerstrom maximaler Ankerstrom Erregerstrom maximaler Strom maximal zulässiger Strom Nennstrom polares Flächenträgheitsmoment Torsionsflächenträgheitsmoment axiales Flächenträgheitsmoment Trägheitsmoment Ankerträgheitsmoment Gesamtträgheitsmoment Steifigkeit Bestimmungswert für Lebensdauerermittlung Erschütterungskennwert, Schwingstärke Kraftkonstante Linearmotor Drehmomentkonstante Faktoren Proportionalitätsbeiwert Drehzahlregler Proportionalitätsbeiwert Geschwindigkeitsregler Geschwindigkeitsverstärkungsfaktor Balkenlänge Länge Schallleistung effektive Lagerlänge nominelle Lebensdauer modifizierte Lebensdauer Schallleistungspegel Erwartunswert des Schallleistungspegel Lagerkennwert Masse Drehmoment Maximalmoment ohne Strombegrenzung Ankermoment Biegemoment Beschleunigungsmoment Drehmoment im Betriebspunkt Kreiselmoment

XXIV

Formelzeichen und Abkürzungen

MKipp ML ML0 MLast Mleer MM MMmax Mmax MN MP MS MT N P P P0 Pp PGes PM Pmax Pmech PP PProzess PR PS PSchall PSchwingung PT Pverl Pverl,max PZersp Q Q˙ Q QL QM QN

Nm Nm Nm Nm Nm Nm Nm Nm Nm Nm Nm Nm − N W N W W W W W W W W bar W W bar W W W cm3 /s kJ/s mm3 /s cm3 /s cm3 /s cm3 /s

QP Q∗ R R R R

cm3 /s l/min − Ω dB mm

Kippmoment Lastmoment Lastmoment bei Stillstand Lastmoment Leerlaufmoment Motormoment maximal zulässiges Moment maximales Drehmoment Nennmoment Pumpendrehmoment Schaltmoment Auslegungsdrehmoment magnetischer Nordpol dynamisch äquvalente Lagerlast Leistung statisch äquivalente Lagerlast Pumpenleistung Gesamtleistung Motorleistung maximale elektrische Leistung mechanische Leistung Pumpenleistung benötigte Prozessleistung Reibleistung Soldruck Schallleistung Schwingungsleistung Taschendruck elektrische Verlustleistung maximale elektrische Verlustleistung Zerspanleistung Durchflussmenge Wärmemenge Volumenstrom Volumenstrom im Lager hydraulische Motorschluckmenge Volumenstrom im Lager auf Normalbedingungen angerechnet hydraulischer Pumpenförderstrom Durchflussmenge bei Druckmaximum Korrelationskoeffizient Widerstand Schalldämmmaß Lagerinnenradius

Formelzeichen und Abkürzungen

RT,K R, S, T RA RAGen RAMot RB Re Re Rj Rm Rp Rt RZ S S S S S So T T T T T0 Tnp

Ns/m5 − Ω Ω Ω mm − N/mm2 mm N/mm2 N/mm2 µm mm − − − m2 mm − K s s s h s

TSB TUP U U U,V,W UA UAGen UAmax UAmin UAM UAN Ui Uf U¨ K V V VGrenz Vmax

s s µm V − V V V V V V V V − cm3 cm3 cm3 cm3

XXV

hydraulischer Widerstand Lagertasche, Kapillare Phasen des Drehstromnetzes Ankerwiderstand Ohmscher Ankerwiderstand des Generators Ohmscher Ankerwiderstand des Motors Krümmungsradius der Lagergleitfläche Reynoldszahl Streckgrenze Wellenradius Zugfestigkeit Streckgrenze Rautiefe gemittelte Rauhtiefe (DIN 4768) Fundamentsetzung magnetischer Südpol Sicherheitsfaktor schallabstrahlende Fläche Fügespiel Sommerfeldzahl Temperatur Hochlaufzeitkonstante Periodendauer Zeitkonstante Beurteilungsdauer Nachstellzeit Drehzahl- bzw. Geschwindigkeitsregler Hochlaufzeitkonstante bei Strombegrenzung Dauer der Strombegrenzungsphase Übermaß Spannung Wicklungsanfänge eines Drehstrommotors Ankerspannung Ankerspannung am Generator maximale Ankerspannung nimimale Ankerspannung Ankerspannung am Motor Nennankerspannung induzierte Spannung Erregerspannung Übertragungsfaktor Schluck- bzw. Fördervolumen Volumen kritisches Grenzvolumen maximales Schluckvolumen

XXVI

VM VP Vth VT V´Ol ¨ W Wa Wi WReib X,Y, Z Z ZE ZU¨

Formelzeichen und Abkürzungen

cm3 cm3 cm3 cm3 l/min cm3 W W W − Ohm Ns/m Ns/m

Motorschluckvolumen Pumpenfördervolumen theoretisch gefördertes Volumen Taschenvolumen Ölvolumenstrom Widerstandsmoment äußere Arbeit innere Arbeit Reibarbeit Wicklungsenden eines Drehstrommotors Impedanz Eingangsimpedanz Übertragungsimpedanz

Kleinbuchstaben a a a a a a1

m/s2 mm mm mm mm −

a2 a23 a3 ap aW (t) a˜W a˜W 0 b b b b b c c c c c cL copt cp

− − − mm m/s2 m/s2 m/s2 mm mm mm mm mm − Nms m/s Ns/m J/kgK Ns/m Ns/m kJ/kgK

Beschleunigung Achsabstand Flügeldicke Kraglänge Querschnittsabmessungen Lebensdauerbeiwert für die Erlebenswahrscheinlichkeit Faktor für die Lagerwerkstoffeigenschaften Faktor für Werkstoff und Betriebsbedigungen Faktor für die Betriebsbedingungen Schnitttiefe frequenzbewertete Beschleunigung energieäquivalente Beschleunigung Beurteilungsbeschleunigung Berührbreite Breite, Abströmbreite Flügelbreite Lagerabstand Spanungsbreite Federsteifigkeit Konstante Schallgeschwindigkeit Dämpfungskoeffizient spezifische Wärmekapazität Lagerdämpfung optimaler Dämpfungskoeffizient Wärmekapazität

Formelzeichen und Abkürzungen

cVerz d d d d d d01 d02 dm e e eB

− mm mm/N mm mm mm mm mm mm − mm mm

emax eM eP f f f f f f f0 fB fE fQ fs g h h h h h h h0 h0u¨

mm mm mm Hz µm − mm mm/U mm/min Hz mm Hz mm − m/s2 mm mm m mm mm mm µm µm

hB p hj hmin h∗ i i i

mm µm µm mm − − A

XXVII

Verzahnungssteifigkeit Dicke Nachgiebigkeit Durchmesser Plattendicke Teilkreisdurchmesser (Verzahnung) Teilkreisdurchmesser Rad 1 Teilkreisdurchmesser Rad 2 mittlerer Lagerdurchmesser Längenbezeichnung Exzentrizität Exzentrizität der Lagergleitflächen gegenüber der Welle maximale Exzentrizität Exzentrizität des Motors Exzentrizität der Pumpe Frequenz radiale Verlagerung Reibungszahl Verformung Vorschub Vorschub Grenzfrequenz Verformungsanteil durch Biegung Überrollfrequenz Verformungsanteil durch Querkraft/ Schub statische Belastungskennzahl Erdbeschleunigung Höhe Hub Lagerspalt Spalthöhe Spanungsdicke Stößelweg kleinste Spalthöhe des Lagers Schmierspalthöhe am Rand des Mischreibungsgebietes Höhe des Bearbeitungspunktes kleinste Spalthöhe über der Gleitfläche j kleinste zulässige Spalthöhe Spalthöhe bei Druckmaximum Anzahl der Wälzkörperreihen Übersetzungsverhältnis Ventilstrom

XXVIII

Formelzeichen und Abkürzungen

k k k k k k k1 , k2 kA kB kB kc1.1 kc kF kF kK

− − − N/µm K −1 W s/(m3 K) − N/µm N/µm N/µm N/mm N/m N/µm N/µm N/µm

kL

N/µm

kLager kQ kSp

N/µm N/µm N/µm

kT l l la lK m

N/µm mm mm mm mm −

m m m n n n n0 nB nM nN noPr noSe nP nS p

kg mm − − − min−1 min−1 min−1 min−1 min−1 min−1 min−1 min−1 min−1 −

Konstante Korrekturfaktor Überdeckungsverhältnis Steifigkeit Wärmeausdehnungskoeffizient Wärmekapazität eines Öls Motorkonstanten Steifigkeit des vorderen Lagers Biegesteifigkeit Steifigkeit des hinteren Lagers spezifische Schnittkraft Kompressionssteifigkeit Federsteifigkeit Fugensteifigkeit Steifigkeit an der Stelle der Krafteinleitung aufgrund der Spindelkastensteifigkeit Steifigkeit an der Stelle der Krafteinleitung aufgrund der Lagersteifigkeit Lagersteifigkeit Schubsteifigkeit Steifigkeit an der Stelle der Krafteinleitung aufgrund der Spindelsteifigkeit Torsionssteifigkeit Abströmlänge Länge tragende Länge eines Wälzkörpers Kapillarenlänge Anzahl (Klemmschrauben, Spannelemente, Federn, Keile, Zähne) Masse Modul Keilspaltverengung Anzahl tragender Wälzkörper Polytropenexponent Drehzahl Leerlaufdrehzahl Drehzahl im Betriebspunkt Motordrehzahl Nenndrehzahl Leerlaufdrehzahl bei Primärverstellung Leerlaufdrehzahl bei Sekundärverstellung Pumpendrehzahl synchrone Drehzahl Exponent für Lagerart

Formelzeichen und Abkürzungen

p p p p p p p p p0 pL pm pm pM pp pP pT qC qN

− N/mm2 Pa bar Pa Pa − − bar N/mm N/mm2 N/mm2 bar bar bar Pa mm, rad mm, rad

r r r r0 rK rK rSK r2 s s s sB sKipp sN s2 t t t t t tB tB tL tQ tr

mm mm mm mm mm mm mm − − mm mm − − − − mm mm mm mm s s s s s s

XXIX

Polpaarzahl Flächenpressung Druck Druck Schalldruck Öldruck Teilung relative Drehzahl oder Geschwindigkeitssprung Druck, Umgebungsdruck Linienpressung mittlere Berührpressung mittlerer hydrodynamischer Druck Motoröldruck Pumpendruck Pumpenöldruck Druck in der Lagertasche Modale Koordinate der statischen Korrekturmoden Modale Koordinaten der Moden bei gefesselten Schnittstellen Länge der Kurbel Radius Lagerluft Lastflächenradius Kapillarenradius Radius der Kontaktfläche Schraubenkopfradius Bestimmtheitsmaß Schlupf Wanddicke Weg Schlupf im Betriebspunkt Schlupf bei Kippmoment Schlupf bei Nennbetrieb Varianz Schalendicke Laminat-/Schichtdicke tragender Federhöhenabschnitt in der Nabe Zahnteilung Zeit Belasungszeit Beanspruchungsdauer Leerlaufzeit Erwärmungszeit relative Einschaltdauer

XXX

Formelzeichen und Abkürzungen

tR tS tSt u u u u uB uI v vC vu¨ vs vT vu wj x x x x x˙ x¨ x0 xdyn xs xstat xS y y y y y1 , y2 yK

s s s mm µm m/s mm/min mm mm m/s m/min m/s m/s m/s m/s s−1 mm µm − µm m/s m/s2 mm µm µm µm mm mm mm µm − − µm

yL

µm

ySp

µm

z z z z z z

mm − − − − −

Reibzeit Spieldauer Stillstandszeit Verformung Verformung Wellenumfangsgeschwindigkeit Strömungsgeschwindigkeit Schnittstellenfreiheitsgrad interne Freiheitsgrade Geschwindigkeit, Schnelle Schnittgeschwindikeit Übergangsgeschwindigkeit Strömungsgeschwindigkeit Teilchengeschwindigkeit untere Schnittgeschwindigkeit Winkelgeschwindigkeit der Welle Koordinate Schwingungsamplitude translatorischer Freiheitsgrad Verformung, Verlagerung Geschwindigkeit Beschleunigung Amplitude dynamische Verlagerung statische Absenkung statische Verlagerung Schraubenabstand Koordinate Stellkolbenweg gesamte radiale Spindelverlagerung translatorischer Freiheitsgrad normierte Hilfsgrößen radiale Spindelverlagerung durch Nachgiebigkeit der Lagerumbauteile (Spindelkasten) radiale Spindelverlagerung durch Nachgiebigkeit der Lager (Lageranteil) radiale Spindelverlagerung durch Nachgiebigkeit der Spindel (Spindelanteil) Koordinate Anzahl der Taschen Anzahl der Wälzkörper je Reihe Kolben-, Flügel-, Zähnezahl Stufenzahl translatorischer Freiheitsgrad

Formelzeichen und Abkürzungen

z



XXXI

Zähnezahl

Vektoren und Matrizen [. . . ] [. . . ]T [C] [D] [E] [K] [K] [K q ] [L] [M] {. . . } {. . . }T { fg } {Q} {Q} {T } {U} ˙ {U} ¨ {U} ¯ {X} {X} ¯ {X}

− − J/K Ns/m − N/µm N/m W /K W /K kg − − N W N K mm mm/s mm/s2 − − −

Matrix transponierte Matrix Kapazitätsmatrix Dämpfungsmatrix Einheitsmatrix Steifigkeitsmatrix Steifigkeitsmatrix Konvektionsmatrix Wärmeleitmatrix Massenmatrix Vektor transponierter Vektor Vektor der Gewichtskraft Vektor der Wärmeströmung Vektor der generalisierten Kräfte Temperaturvektor Verformungsvektor Geschwindigkeitsvektor Beschleunigungsvektor obere Parameterbeschränkung untere Parameterbeschränkung Vektor der Optimierungsparameter

Griechische Buchstaben α α α α α α α0 αx , αy , αz β β β β

◦ ◦

µm/m ◦

K −1 ◦



− − − ◦ ◦

Berührungswinkel, Druckwinkel Kurbelwinkel Kippwinkel Schrägscheibenanstellwinkel Wärmeausdehnungskoeffizient Winkel Nenndruckwinkel rotatorische Freiheitsgrade Breiten-Durchmesser-Verhältnis des Lagers Federungsbeiwert Pleuelwinkel Stangenwinkel

XXXII

β βk γ γ γt ∆L ∆n ∆nPr ∆nSe ∆p ∆r ∆rB ∆rE ∆RB δ δ δ δT δr ∂ ∂K ε εK εP η η η ηmech Θ ϑ ϑ ϑA ϑE ϑmax K κ λ λ λ λ λ µ µ

Formelzeichen und Abkürzungen ◦ ◦

kg/m3 ◦



dB min−1 min−1 min−1 Pa µm − − mm mm − mm K − − − − mm − kg/ms Ns/m2 − − ◦

− ◦C K K ◦C − − − − − W /(mK) m − −

Kegelschrägungswinkel Druckkegelwinkel spezifisches Gewicht Umschließungswinkel einer Gleitfläche Teilungswinkel Pegeldifferenz Drehzahlabfall Drehzahlabfall bei Primärverstellung Drehzahlabfall bei Sekundärverstellung Druckdifferenz Lagerspiel Änderung der Betriebslagerluft Änderung der Einbandlagerluft Krümmungskreisspiel Lagerfederung Variationsoperator Verlagerung Temperaturdifferenz radiale Lagerfederung Differentialkoeffizient Trägheitsmoment der Kugel Dehnung relative Krümmungsexzentrizität Pumpenwirkungsgrad dynamische Viskosität, Zähigkeit dynamische Viskosität, Zähigkeit Profilfaktor mechanischer Wirkungsgrad Faserorientierungswinkel Drallvektor Temperatur Austrittstemperatur Eintrittstemperatur maximale Temperatur Widerstandsverhältnis Widerstandsverhältnis von Axial- zu Umfangsrichtung (Ra0 /Ru0 ) Ausgangsspaltverhältnis (h02 /h01 ) Lagrange Multiplikator Schubstangenverhältnis Wärmeleitwert Wellenlänge Haftbeiwert Massenverhältnis

Formelzeichen und Abkürzungen

µ µG ν ν ν1 ξ ξ ξ ξ˙ ξ¨ π ρ σ σ σ σ σd σv σz σzb σzs τ τ υ υ υ Φ ΦIC

− − cm2 /s − − − − mm mm/s mm/s2 − kg/m3 − N/mm2 N/mm2 − N/mm2 N/mm2 N/mm2 N/mm2 N/mm2 N/mm2 s − ◦C K Vs −

ΦIN



ΦIN Φmax Φmin ΦN ϕ ϕ ϕ ϕ ϕ ϕ χ χ

− Vs Vs Vs ◦ ◦

− − ◦

− − −

XXXIII

Reibbeiwert Gleitreibungsbeiwert kinematische Viskosität Resonanzüberhöhung kinematische Bezugsviskosität bezogenes Haftmaß Drosselverhältnis RK /RT Verlagerung in generalisierten Koordinaten Geschwindigkeit in generalisierten Koordinaten Beschleunigung in generalisierten Koordinaten Kreiszahl Dichte Abstrahlgrad Festigkeitsbereich Normalspannung Streuung Druckspannung Vergleichsspannung Zugspannung Zugbruchfestigkeit Zugstreckgrenze Schubspannung Zeitkonstante Querkontraktionszahl Temperatur Temperatur magnetischer Fluss physikalische Verlagerung der internen Freiheitsgrade aus den statischen Korrekturmoden physikalische Verlagerung der internen Freiheitsgrade aus den Moden bei gefesselten Schnittstellenfreiheitsgraden magnetischer Fluss maximaler magnetischer Fluss minimaler magnetischer Fluss magnetischer Nennfluss Drehwinkel Umfangswinkel Stufensprung Stufensprung des gestuften Getriebes Antriebswinkel Flächenverhältnis (Ae f f 2 /Ae f f 1 ) relative Exzentrizität der Welle Viskositätsverhältnis

XXXIV

Formelzeichen und Abkürzungen

ψ ψ ψ ψ ψ ψ ψ0 ψB Ω0 ω ω1max ω1/2 ωAP ωbohr ωi,a ωj ωm ωK ωSB

− − −

ωSB0

s−1

ωUP

s−1



◦ /s

− ◦

− Hz s−1 s−1 s−1 s−1 s−1 s−1 s−1 s−1 s−1 s−1

Durchflußfunktion Gleichung der Randbedingungen Korrekturfaktor der Leckölverluste Drehwinkel Kreisfrequenz relatives Lagerspiel Winkel der belasteten Zone relatives Krümmungskreisspiel Eigenfrequenz des Grundsystems Kreisfrequenz Leerlaufkreisfrequenz Winkelgeschwindigkeit des An- bzw. Abtriebes Kreisfrequenz des stationären Arbeitspunktes Bohrgeschwindigkeit Winkelgeschwindigkeit des Wälzkörpers Winkelgeschwindigkeit der Welle Winkelgeschwindigkeit des Käfigs Winkelgeschwindigkeit der Kugel Kreisfrequenz während der Strombegrenzungsphase stationäre Kreisfrequenz der Strombegrenzungsphase Kreisfrequenz am Umschaltpunkt

Abkürzungen BEM CAD FEM IGES STEP VDA-FS

Boundary-Element-Method Computer Aided Design Finite-Elemente-Methode Initial Graphics Exchange Specification Standard for the Exchange of Product Model Data Verband der Automobilindustrie - Flächenschnittstelle

1 Einführung

Die Arbeitsgenauigkeit, die Leistungsfähigkeit und das Umweltverhalten einer Produktionseinrichtung beeinflussen wesentlich die Qualität der herzustellenden Produkte sowie die Einsatzbreite der Maschine für eine wirtschaftliche Fertigung. Für den Konstrukteur ist relevant, die Eigenschaften der Maschine entsprechend den gestellten Anforderungen und den zu erwartenden Betriebsbedingungen zu garantieren. Die Möglichkeit, das Verhalten der Maschine bereits im Konstruktionsstadium vorausbestimmen zu können, ist für die Dauer und die Kosten der Entwicklung von ausschlaggebender Bedeutung. Der Konstruktionsablauf ist im linken Teil von Bild 1.1 schematisch dargestellt. Die einzelnen Phasen sind – ausgehend von vorhandenen Ideen – die Erstellung des Lastenheftes, der Entwurf, die Gestaltung und Berechnung sowie die Detaillierung und Bereitstellung der Fertigungsunterlagen. Für die einzelnen Phasen stehen unterschiedliche Hilfsmittel zur Verfügung. Im Bereich „Gestaltung und Berechnung“ werden folgende Hilfsmittel genutzt: • • • •

Software für die Berechnung des Verhaltens von Maschinenbauteilen und von gesamten Maschinen, Mess- und Analyseverfahren zur Bestimmung des realen Maschinenverhaltens (s. Band 5), Kataloge als Nachschlagewerke zur schnellen und einfachen Auslegung einer der Aufgabenstellung optimal angepassten Konstruktion, Maßstäbe zur Beurteilung der erreichten Maschineneigenschaften (s. Band 5).

Je nach Art und Umfang der zu bearbeitenden Aufgabenstellung kann der Konstrukteur heute sowohl für die Bearbeitung alltäglicher Routinetätigkeiten als auch für umfangreiche Berechnungsaufgaben auf leistungsstarke PCs zurückgreifen. Die am Werkzeugmaschinenlabor (WZL) der RWTH Aachen aus vielen Maschinenuntersuchungen aufbereiteten Messergebnisse werden dem Konstrukteur als Entscheidungsgrundlage zur Verfügung gestellt. Die Daten repräsentieren den Stand der Technik (Band 5).

2

1 Einführung K o n s tr u k tio n L a s te n h e ft H ilfs m itte l C A D , F E M , M K S , C A M

L a s te n h e ft 1 2 1 1 9 0 N C - F r ä s m a s c h in e

E n tw e rfe n G e s ta lte n u n d B e re c h n e n F

F r

r

F e r tig u n g u n d M o n ta g e

y

S ta n d d e r T e c h n ik

S im u lie r e n / V ir tu e lle r P r o to ty p D e ta illie r e n

D a te n b a n k e n M e s s v e rfa h re n

F e r tig u n g s u n te r la g e n A r b e its p la n , N C -P ro g ra m m

N 1 N 2 N 3 N 4

N 5

M o n ta g e p la n

N 6 N 7 N 8

G 5 4 Z T 1 0 S G 4 6 G G 0 0 X G 0 1 X G 0 1 G 0 0 M 3 0

5 0 1 0 0 0 9 0 7 5 Z 2 9 Z Z

M 0 6 4 5 4 6 1 0 0

M 0 7

M 0 4

F 4 0 0 0

A b n a h m e

Bild 1.1. Hilfsmittel zur Gestaltung und Berechnung von Maschinen

Die relevanten Kriterien zur Beurteilung einer Werkzeugmaschine sind in Bild 1.2 in den Spalten der Matrix eingetragen. Die Arbeitsgenauigkeit und die Leistungsfähigkeit werden im Wesentlichen durch die bekannten Kenngrößen der Kinematik, der Statik, der Dynamik, der Thermoelastik und der Festigkeitseigenschaften bestimmt. (Die steuerungstechnischen Aspekte sowie der Einfluss des Automatisierungsgrades auf den wirtschaftlichen Anwendungsbereich der Maschine werden in Band 3 und Band 4 dieses Kompendiums behandelt.) In zunehmendem Maße sind heute für den Verkaufserfolg einer Maschine auch solche Kenngrößen zu berücksichtigen, die sich auf das Arbeitsplatz- und Umweltverhalten beziehen. Dies sind einerseits das Geräuschverhalten und die Verursachung von Erschütterungen, andererseits die Sicherheit und Ergonomie der Maschine. Die Hilfsmittel, die zur Ermittlung der Kenngrößen zur Verfügung stehen, sind in den Zeilen der Matrix aufgetragen. Werden die Hilfsmittel den einzelnen Kenngrößen zugeordnet, so ist eine unterschiedliche Verfügbarkeit festzustellen. Insgesamt finden die einzelnen Hilfsmittel allmählich mehr und mehr Eingang in die Konstruktion. Insbesondere im Werkzeugmaschinenbau, der eine Schlüsselstellung in der Produktionstechnik für den Standort Deutschland einnimmt, ergibt sich jedoch eine zwingende Notwendigkeit zur Anwendung moderner Verfahren und Hilfsmittel im Bereich der Entwicklung und Konstruktion. Die Marktsituation fordert hier in besonderem Maße eine flexible Anpassung der zu erstellenden Produktionseinrichtungen an die sich ständig ändernde Situation. Hierbei spielen die Herstellungskosten der angestrebten Lösungen am Ende eine, wenn nicht sogar die entscheidende Rolle.

1 Einführung

3

H ilfs m K o n s z u r E u n d B d e r E ig e in e r K

itte l d e s tru k te u rs r m ittlu n g e w e rtu n g e n s c h a fte n o n s tr u k tio n

B e re c h n A N a O S

u n g s v e rfa h re n : u s le g e n c h re c h n e n p tim ie r e n im u la tio n

A r b e its g e n a u ig k e it u n d L e is tu n g s fä h ig k e it G e o m u n d K in d . u n b M a s c

e tr ie e m a tik e la s t. h in e

S ta tis c h e s V e r h a lte n

D y n a m is c h . T e m p e r a tu r v e r h a lte n V e r h a lte n

A A r r b b e e i t i ts s p p l a l a t tz z - - u u n n d d U U m m w w e e l t l tv v e e r r h h a a l t l te e n n

F e s tig k e it S p a n n u n g

F

G e rä u s c h v e r h a lte n

E rs c h ü tte ru n g e n

S ic h e r h e it

E r g o n o m ie

F

M e s s v e r M o d e llu n te P ro to ty p m S e r ie n m

fa h re rs u c e s s e s s u

L ö s u n g s k a ta p r in z ip . L ö s fe r tig u n g s - u g e re c h te K o K o n s tr u k tio n

n h u u n n g

fü n g e

r: g e n e n n

lo g e , z .B u n g e n fü . m o n ta g n s tr u k tio s k a ta lo g

B e r u r te ilu n g s m u n d -v e rfa S ta n d d e r T ( R ic h tlin ie n ,V o u n d G e s e

.: r e n e

a ß s tä b e h re n e c h n ik r s c h r ifte n tz e )

V e r fü g b a r k e it d e r M itte l:

g e r in g

u m fa s s e n d

Bild 1.2. Verfügbarkeit von Hilfsmitteln für die Konstruktion

Ein heute notwendiges Hilfsmittel in der Konstruktion ist die elektronische Datenverarbeitungsanlage, kurz Rechner genannt, mit ihren verschiedenen Peripheriegeräten. Voraussetzung für den effektiven Einsatz des Rechners ist eine entsprechend leistungsfähige Anwendersoftware, wie beispielsweise Berechnungsprogramme, Datenbank- und Netzwerksysteme. Betrachtet man die heute verfügbaren Programme im Bereich des Werkzeugmaschinenbaus unter dem Aspekt ihres Einsatzgebietes, so lassen sich die Programme generell in drei Gruppen gliedern, wie Bild 1.3 verdeutlicht. Die im linken Bildteil aufgeführten Programme sind universell einsetzbar. Sie erfordern jedoch im Allgemeinen eine aufwendige Datenaufbereitung und -eingabe sowie Ergebnisauswertung. Ganz anders verhält es sich mit den bauteilabhängigen Programmen in der Bildmitte. Diese sind auf bestimmte Bauteile und Baueinheiten zugeschnitten, wie z.B. auf die Berechnung von Spindel-Lager-Systemen, die Auswahl und Berechnung von Getrieben, Lagerungen usw. Sie sind hinsichtlich der Eingabe, Verarbeitung und Ausgabe ganz auf die jeweiligen Bauelemente abgestimmt. Dies gilt besonders für die Programme der Variantenkonstruktion, die vom Anwender auf die betriebsspezifischen Belange hin angepasst werden müssen. Ein breites Einsatzfeld finden die tätigkeitsabhängigen Programme, mit denen eine Automatisierung der „einfacheren“ Konstruktionstätigkeit erreicht werden soll. Einsatzgebiete solcher Programme sind beispielsweise die Zeichnungserstellung für Einzelteile und Zusammenstellungen, das Generieren von Stücklisten sowie das Erstellen von Arbeitsplänen und Steuerprogrammen für die NC-Bearbeitung.

4

1 Einführung R e c h n e r u n te r s tü tz te K o n s tr u k tio n im

B a u te ilu n a b h ä n g ig B e re c h n u n g • s ta tis c h e n , d th e r m is c h e n • G e rä u s c h ü b v e r h a lte n s • S c h a lla b s tr a N u tz w e rta n a N o r m te ild a te B e • S • F • S • Z

re c h n u n p in d e l- L a ü h ru n g e n c h ru m p fv a h n rä d e r

B a u te ila b h ä n g ig

d e s y n a m is c h e n , V e r h a lte n s e rtra g u n g s h lv e r h a lte n s ly s e n b a n k e n

g v o n g e r-S y s te m e n n

e r b in d u n g e n

W e r k z e u g m a s c h in e n b a u

A u • G • W • S • L • K • e • e • H

s w a h e tr ie b e lle n c h ra u a g e ru u p p lu le k tr is le k tr is y d ra u

l u n d A u s le g u n g v o n e n - N a b e n - V e r b in d u n g e n b e n v e r b in d u n g e n n g e n n g e n c h e n H a u p ta n tr ie b e n c h e n S te u e ru n g e n lik - S te u e r b lö c k e n

V a • S • D • V

r ia n te n k p in d e ls tö r e h tis c h e o rs c h u b s

o n s tr u k tio n v o n c k e n n c h litte n e in h e ite n

G e s ta ltu n g v o n W e rk s tü c k z u fu h r- u n d S p a n n s y s te m e n M a s c h in e n te ile n u n d B a u g r u p p e n

T ä tig k e its a b h ä n g ig Z e ic h n u n g s e r s te llu n g • E in z e lte ile • Z u s a m m e n s te llu n g e n S tü c k lis te n g e n e r ie r u n g A r b e its p la n e r s te llu n g • A r b e its v o r g a n g s fo lg e n • M a s c h in e n • W e rk z e u g e • V o r g a b e z e ite n E r s te llu n g v o n R e la tiv k o s te n - u n d W e rk s to ffk a ta lo g e n N C -P r o g r a m m e r s te llu n g E r m ittlu n g v o n M a s c h in e n e in s te lld a te n E r s te llu n g v o n P o s tp ro z e s s o re n

Bild 1.3. Programme für die rechnerunterstützte Konstruktion

Das Hilfsmittel „Software“ mit dem entsprechenden Rechner ist schon während des Entwurfstadiums einsetzbar. Die Messtechnik benötigt dagegen ein gefertigtes Objekt, welches entweder ein Modell, ein Prototyp oder aber eine Serienmaschine sein kann. Alle notwendigen Beurteilungskriterien sind einer messtechnischen Analyse zugängig. Der gerätetechnische Aufwand ist jedoch teilweise erheblich (s. Band 5). Ein weiteres Hilfsmittel für die Konstruktion, welches in der Gestaltungs- und Berechnungsphase seinen Einsatz findet, ist der Konstruktionskatalog. Er wird vom Konstrukteur in Form eines Nachschlagewerkes benutzt. In Konstruktionskatalogen sind nach technischen und wirtschaftlichen Kriterien bewertete Lösungen aufgelistet. Diese können, wie Bild 1.4 verdeutlicht, durch systematische Variantenuntersuchungen auf der Basis von Berechnungen oder durch messtechnische Modelluntersuchungen ermittelt werden. Darüber hinaus werden die Ergebnisse von Fallbeispielen ausgewertet, systematisch aufbereitet und ebenfalls in Form von Konstruktionskatalogen bereitgestellt. Die Nutzung dieser Kataloge führt dazu, dass sich für eine aktuelle Problemstellung ein prinzipieller Lösungsvorschlag finden lässt. Hierauf aufbauend leitet man dann die endgültige Konstruktion ab, wobei in vielen Fällen Übertragungsregeln eine endgültige Dimensionierung erlauben. Auch Kenntnisse über die Elektrokonstruktion sind für den MechanikKonstrukteur heute sehr wichtig, um aus der Vielfalt der Lösungsmöglichkeiten die bestgeeignete Alternative auswählen zu können. Im „Mechatronik-Zeitalter“ besteht

1 Einführung

5

die optimale Lösung häufig aus einer Integration der Disziplinen Mechanik-Elektrik und Elektronik.

S y s te m a tis c h e s S a m m e ln p r a x is b e w ä h r te r F a llb e is p ie le

S y s te m a tis c h e V a r ia n te n u n te r s u c h u n g R e c h n u n g M e s s u n g

K o n s tr u k tio n A k tu e lle P r o b le m s te llu n g A u s w V e rr te c w ir ts

z .B . a h l g e e ig ip p u n g e n h n is c h e n c h a ftlic h e K r ite r ie n

n e te r n a c h u n d n

Z

L a s t V a r ia n te X

T h e r m ik G e rä u s c h D y n a m ik

V e rfo rm u n g

P r in z ip ie lle r L ö s u n g s v o r s c h la g

A r b e it

S ta tik B e tt

Bild 1.4. Entwicklung und Anwendung von Konstruktionskatalogen

In diesem Band 2 „Konstruktion und Berechnung“ des Kompendiums „Werkzeugmaschinen - Fertigungssysteme“ werden die grundlegenden Gestaltungskriterien, Auslegungsberechnungen und Zusammenhänge für die rechnerische Analyse der einzelnen Maschinenkomponenten hinsichtlich ihrer wichtigsten Eigenschaften dargelegt und an Beispielen erläutert. Eine systematische Gegenüberstellung und Diskussion von Lösungsalternativen soll dem Konstrukteur Anregungen bieten, geeignete Wege zur Lösung seiner eigenen, ständig wechselnden Problemstellungen zu finden. Da die Berechnungsalgorithmen größtenteils sehr aufwändig sind, steht heute – wie schon erwähnt – eine umfangreiche Softwarebibliothek zur Verfügung, die eine rechnergestützte Auslegung der Maschinenelemente gestattet [204], [186]. Diese Betrachtungen gelten nicht nur für die Gestellbauteile der Maschine sondern insbesondere auch für die wichtigsten und leistungsbestimmenden Maschinenelemente (Wälzführungen, Luftlager usw.) und Komponenten (Antriebe, Getriebe usw.).

2 Gestelle und Gestellbauteile

2.1 Anforderungen und Bauformen Gestelle und Gestellbauteile sind die tragenden und stützenden Grundkörper der Werkzeugmaschinen. Sie tragen und führen die einzelnen Bau- und Funktionselemente und sind in ihrer Größe und Gestalt durch die geforderten Prozessaufgaben der Maschine festgelegt. Ihre Form wird vor allem durch die Lage und Länge der Bewegungsachsen und die damit zusammen hängende räumliche Anordnung der Baugruppen und Bauteile wie z.B. Arbeitsspindeln, Schlitten, Supporte, Getriebe, Motoren, Steuerorgane sowie durch die Höhe der Prozesskräfte und die notwendige Zugänglichkeit bei Montage und Wartung bestimmt. Bei der Auslegung von Gestellbauteilen ist die geforderte Bearbeitungsgenauigkeit zu berücksichtigen, d.h. die Eigengewichte der verfahrbaren Schlitten, die Werkstückgewichte und die Prozesskräfte dürfen nur äußerst geringe Verformungen der Maschine hervorrufen. Aus fertigungs- und montagetechnischen Gründen werden vielfach die Gestelle aus mehreren Einzelteilen gefertigt und an den Fügestellen miteinander verschraubt bzw. in Einzelfällen auch verklebt. Gestelle bestehen aus Betten, Ständern, Tischen, Konsolen und Querbalken. Bild 2.1 und Bild 2.2 zeigen die typischen Gestellbauteile eines Bearbeitungszentrums und einer Portalfräsmaschine mit verfahrbaren Ständern. Die oben genannten Forderungen führen innerhalb der einzelnen Arten von Werkzeugmaschinen zu unterschiedlichen Gestellbauformen, die im Folgenden hinsichtlich der konstruktiven Gesichtspunkte näher erläutert werden. Bei Drehmaschinen sind der Aufbau des Maschinenbettes sowie die Lage der Arbeitsspindel wichtige konstruktive Merkmale, siehe Bild 2.3. Drehmaschinen in Flachbettausführung werden hauptsächlich bei Großdrehmaschinen (Walzendrehmaschinen) eingesetzt. Die Schrägbettbauweise lässt die heißen Späne und das Kühlschmiermittel aus dem Arbeitsraum herausfallen bzw. -fließen, so dass hier die Gefahr eines Spänestaus und damit einer thermischen Belastung des Maschinenbettes gegenüber anderen Bauformen nicht so groß ist.

8

2 Gestelle und Gestellbauteile

2 3

5 4

1

M a s c h in e n b e tt 2

M a s c h in e n s tä n d e r ( Z - A c h s e )

8

H a u p ts p in d e lm o to r 4

G e tr ie b e 5

S p in d e ltr ä g e r ( Y - A c h s e ) 6

R u n d s c h a lttis c h ( X - A c h s e )

1

3

6 7

7

P a le tte n w e c h s le r 8

W e r k z e u g w e c h s le r u n d M a g a z in

Bild 2.1. Typische Gestellbauweise eines Bearbeitungszentrums. Quelle: Deckel 1 5

2

6 7 3

M a s c h in e n p o r ta l 2

S p a n n tis c h 3

M a s c h in e n b e tt 4

Q u e r b a lk e n

Y

1

X

W Z X 7

4 5

F rä s s u p p o rt 6

W in k e lfr ä s k o p f 7

P o r ta ls c h litte n

3

Bild 2.2. Typische Gestellbauteile einer Portalfräsmaschine in Gantry-Bauweise. Quelle: Waldrich-Coburg

Frontbettdrehmaschinen eignen sich besonders gut für die Bearbeitung von Futterteilen mit einem automatisierten Werkstückwechsel. Den Vorteil einer günstigen Werkstückaufnahme von Großbauteilen – ohne Biegebeanspruchung der Spindel – bieten Senkrechtdrehmaschinen in Ständerbauweise. Bild 2.4 und Bild 2.5 zeigen die wichtigsten Bauformen horizontaler und vertikaler Bohr- und Fräsmaschinen, gegliedert nach ihren Gestellbauformen (Konsole, Bett, Portal) und der Verteilung der Bewegungsachsen auf Werkzeugträger bzw. Werkstückträger. Wegen der in lotrechter Richtung zu bewegenden Massen findet die Konsolständerbauweise nur bei kleineren Werkzeugmaschinen Anwendung. Für die Bearbeitung schwerer Werk-

2.1 Anforderungen und Bauformen

9

B e ttfo rm e n S c h rä g b e tt

F la c h b e tt r e la tiv e L a g e z w is c h e n W e rk z e u g u n d W e rk s tü c k X

Z

X

S p in d e l p a r a lle l z u m

S tä n d e r

F ro n tb e tt

F u n d a m e n t

Z

S p in d e l s e n k r e c h t z u m

F u n d a m e n t

Bild 2.3. Klassifizierung von Drehmaschinen nach ihren Gestellbauformen B a u fo rm

K o n s o le

Y

e in s

Z

X

Z

K r e u z tis c h b a u w e is e

z w e i

Y Z

Y

X X

Y

K o n s o ls tä n d e r b a u w e is e

Z Y

Y Z

X X

K o n s o lb e ttb a u w e is e

X

K r e u z b e ttb a u w e is e Y Z

d re i

W e rk z e u g trä g e r

Z

A n z a h l d e r A c h s e n im

B e tt

Z

Y X

X

F a h r s tä n d e r b a u w e is e

B o h r w e r k b a u w e is e

Bild 2.4. Bauformen horizontaler Bohr- und Fräsmaschinen

stücke kommen Bettfräsmaschinen zum Einsatz. Im Gegensatz zur Konsolfräsmaschine ruht bei dieser Bauart der Tisch auf einem starren Maschinenbett. Bei den Bettbauformen unterscheidet man zwischen Kreuztischbauweise und Kreuzbettbauweise. Von Kreuztischbauweise spricht man immer dann, wenn der Werkstückträger, also der Tisch, zwei zueinander senkrechte Bewegungsrichtungen ausführt. Da der Kreuztisch auf den breiten Führungsbahnen des Bettes liegt, zeichnet sich diese Bauform durch eine hohe statische und dynamische Steifigkeit aus. Als Kreuzbett-

10

2 Gestelle und Gestellbauteile B a u fo rm B e tt

K o n s o le

Z

e in s

Y

W e rk z e u g trä g e r

P o rta l

X Z

X Y

K o n s o ls tä n d e r b a u w e is e

K r e u z tis c h b a u w e is e Z Z

z w e i

Y w

X

K r e u z b e ttb a u w e is e

X

T is c h b a u w e is e Z

Z Y

d re i

A n z a h l d e r A c h s e n im

Y

Y X

F a h r s tä n d e r b a u w e is e

X

w

G a n tr y b a u w e is e

Bild 2.5. Bauformen vertikaler Bohr- und Fräsmaschinen

bauweise bezeichnet man die Ausführungen, bei denen zwei senkrechte, horizontale Vorschubbewegungen auf dem Bett realisiert werden, wobei die eine der werkzeugtragenden Baugruppe (meist Ständer) und die andere der werkstücktragenden Baugruppe (meist Tisch) zuzuordnen ist. Eine besonders stabile und für höhere Zerspanleistung bei großflächigen Werkstücken geeignete Bauform stellt die Portalbauweise dar (auch Zweiständerbauweise mit Querhaupt genannt). Diese gibt es in zwei Ausführungen. Die Tischausführung, Bild 2.5 Mitte rechts, ist mit einem in x-Richtung verfahrbaren Tisch ausgestattet. Das Bett ist doppelt so lang wie der Tisch. Alle Koordinatenbewegungen senkrecht zur Vorschubbewegung des Tisches werden vom Werkzeug ausgeführt. Demgegenüber steht die Gantrybauweise mit ortsfester Werkstückaufspannplatte und verfahrbarem Portal, Bild 2.2 und Bild 2.5, unten rechts. Der Vorteil dieser Ausführung besteht darin, dass die gesamte Maschine nur noch so lang sein muss, wie das längste zu bearbeitende Werkstück bzw. die Aufspannplatte. Maschinen mit verfahrbarem Tisch benötigen ca. die doppelte Länge. Sowohl hohe Genauigkeit bei der Fertigbearbeitung als auch hohe Spanleistung bei der Vorbearbeitung sind die Anforderungen, die an die meisten Gestellbauformen spanender Werkzeugmaschinen gestellt werden. Daraus resultiert, dass sowohl für die Schrupp- wie auch Feinbearbeitung nur geringe elastische Verformungen erlaubt sind (hohe Steifigkeit). Viele Fertigungsaufgaben wie z.B. das Schlichten von Werkzeugformen erfordern hohe Vorschubgeschwindigkeiten und Beschleunigungen. Letztere sind nur mit geringen Gestellgewichten realisierbar. So steht der Konstrukteur bei der Maschinenauslegung vor der Aufgabe, stets eine ausreichende Steifigkeit bei minimalen Gestellge-

2.1 Anforderungen und Bauformen

11

wichten zu verwirklichen. Bei der leistungsintensiveren Schruppbearbeitung wird sehr viel Wärme in die Maschine induziert. Daher muss bei der Auslegung des Maschinengestells besonderes Augenmerk auf die resultierenden thermoelastischen Verformungen gelegt werden. Bei Umformmaschinen haben die Gestellbauteile besonders große Prozesskräfte aufzunehmen. Daher stehen hier neben der Forderung nach einer ausreichenden Steifigkeit auch die während des Umformvorgangs im Gestellbauteil auftretenden Spannungen im Vordergrund. Dabei sind insbesondere lokale Spannungsüberhöhungen zu beachten, die sich infolge der Kerbwirkung bei unstetigen Querschnittsübergängen (Bohrungen, Durchbrüche) ausbilden. Sie können zum Versagen einer ganzen Maschine führen. Bild 2.6 zeigt die wichtigsten Gestellbauformen von Kurbel- und Exzenterpressen. Man unterscheidet offene, ausladende C-Gestelle und geschlossene O-Gestelle in Zweiständerausführung. C-Gestelle, die vorwiegend für Pressen kleiner bis mittlerer Baugröße Verwendung finden, unterteilt man zusätzlich in Ein- und Doppelständerbauart. Die Einständerbauart ist gekennzeichnet durch einen einteiligen, senkrecht stehenden Ständer, der als biegesteifer Kasten ausgeführt ist. Das Doppelständergestell besteht, ähnlich der Zweiständerausführung, aus zwei parallelen Seitenwänden, die am Pressenkopf und Pressentisch unmittelbar miteinander verbunden sind.

O -G e s te ll

C -G e s te ll E in s tä n d e r b a u a r t

D o p p e ls tä n d e r b a u a r t

Z w e is tä n d e r b a u a r t

Bild 2.6. Gestellbauformen von Kurbel- und Exzenterpressen

Bei O-Gestellen sind die Verbindungen dieser Baugruppen für kleine Maschinen in einem ungeteilten Maschinenkörper realisiert, für größere Maschinen verwendet man geteilte Maschinenkörper, die über Zuganker zusammengepresst werden. Die C-Gestelle haben den Nachteil, dass sie sich durch die Umformkraft aufbiegen, Bild 2.7, links, wobei Fluchtungsfehler in den Werkzeughälften auftreten können, was zu erhöhtem Werkzeugverschleiß führt. Dafür ist jedoch die Zugänglichkeit zum Arbeitsraum von drei Seiten gewährleistet. Geschlossene Gestellbauformen werden ab mittleren Baugrößen und vor allem dann eingesetzt, wenn das

12

2 Gestelle und Gestellbauteile C -G e s te ll (E in s tä n d e r m a s c h in e )

O -G e s te ll (Z w e is tä n d e r m a s c h in e )

2

F

F

F

2

a x

F

4

a x

F

1

4 1

F 3 3

1 K r a ftflu s s , 2 V e r la g e r u n g s lin ie , 3 W e r k s tü c k , 4 W e r k z e u g , F

a x

a x ia le K o m p o n e n te d e r B e a r b e itu n g s k r a ft

Bild 2.7. Verformungsverhalten von Einständer- und Zweiständermaschinen

Werkzeug bei den während des Umformvorgangs auftretenden Kräften eine besonders steife und genaue Führung verlangt (Bild 2.7, rechts).

2.2 Werkstoffe für Gestellbauteile Als Werkstoff für Gestelle und Gestellbauteile werden sowohl Stahl und Stahlguss als auch Grauguss verwendet. Seit den 80er Jahren wird auf Grund der guten wärmetechnischen Eigenschaften und der wirtschaftlichen Herstellung zunehmend Reaktionsharzbeton eingesetzt. Bei der Auswahl des Gestellwerkstoffs sind folgende Werkstoffeigenschaften von Bedeutung, da sie maßgebliche Bauteileigenschaften bestimmen:

2.2 Werkstoffe für Gestellbauteile

• • • • • • •

13

Festigkeit (Streckgrenze, Dauerfestigkeit) spezifisches Gewicht



Elastizitätsmodul, Gleitmodul Materialdämpfung Reibwert, Härte





Sicherheit gegen plastische Verformung und Bruch Masseverteilung, statisches und dynamisches Verhalten, Beschleunigungsverhalten statisches und dynamisches Verhalten dynamisches Verhalten Reibungs- und Verschleißverhalten in den Gleitzonen Langzeitgeometriekonstanz



thermoelastisches Verhalten



⇒ ⇒

Abbau von Eigenspannungen, Kriechen, Relaxation thermischer Ausdehnungskoeffizient, spezifische Wärme, Wärmeübergangszahl

Tabelle 2.1. Physikalische Werkstoffeigenschaften W e rk s to ff

E -M o d u l

3

s p e z ifis c h e W ä rm e k a p a z itä t C

W ä r m e le itfä h ig k e it l

-6

[1 0

K

-1

]

F e s tig k e it s

W e rk s to ffd ä m p fu n g

r e l. M a te r ia lk o s te n ( v e r a r b e ite t)

[J /g K ]

[W /(K m )]

[N /m m ²]

7 ,8 5

1 1 ,1

0 ,4 5

1 4 ... 5 8

4 0 0 ... 1 3 0 0

G G

8 0 ... 1 4 0

7 ,1 ... 7 ,2 5

9

0 ,4 6

4 5 ... 5 0

1 5 0 ... 4 0 0

G G G

1 6 0 ... 1 8 5

7 ,1 ... 7 ,3

9 ,5

0 ,6 3

3 1 ... 3 6

4 0 0 ... 8 0 0

0 ,9

6 7 ... 7 6

2 ,6 ... 2 ,8

2 1 ... 2 4

0 ,8 8 ... 0 ,9 2

1 1 7 ... 2 1 1

9 0 ... 5 3 0

2 ,5 ... 4 ,0

A l

[k g /d m ³]

W ä rm e a u s d e h n u n g s k o e ff iz ie n t a

2 1 0

[1 0 S ta h l

N /m m ²]

D ic h te r

R H B

4 0

2 ,3

1 0 ... 2 0

0 ,9 0 ... 1 ,1 0

1 ,5

C F K

4 8 ... 3 6 0

1 ,5 ... 1 ,8

-1 ... 0

1 ,0 0

1 ... 5 0

1 0 ... 1 5 4 0 0 ... 2 0 0 0

0 ,0 0 2 3

1

0 ,0 0 4 5

0 ,8

0 ,0 2

0 ,9 ... 2 ,0 3 0 ,0 ... 5 0 ,0

G G G u s s e is e n m it L a m e lle n g r a p h it , G G G G u s s e is e n m it K u g e lg r a p h it , A l A lu m in iu m le g ie r u n g e n , R H B R e a k tio n s h a r z b e to n , C F K K o h le n s to fffa s e r v e r s tä r k te r K u n s ts to ff

Tabelle 2.1 zeigt die wichtigsten physikalischen Eigenschaften der oben genannten Gestellwerkstoffe. Außer diesen Werkstoffeigenschaften sind bei der Auswahl noch fertigungstechnische und wirtschaftliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Hier sind vor allem zu nennen: • • • •

Materialkosten, wirtschaftliche Herstellung, Bearbeitbarkeit, Schweiß- bzw. Gießfähigkeit.

Für das statische Verhalten ist der Elastizitätsmodul von maßgeblicher Bedeutung. Während der Elastizitätsmodul für Stahl genau angegeben werden kann, sind für Grauguss wanddicken- und belastungsabhängige Streubereiche vorhanden. Wichtig für das dynamische Verhalten ist die Dämpfung in einem schwingenden System. Die reine Materialdämpfung ist jedoch bei den meisten metallischen Werk-

14

2 Gestelle und Gestellbauteile

stoffen so gering, dass sie gegenüber den Dämpfungsanteilen, die in den Füge- und Lagerstellen entstehen, vernachlässigt werden kann. Gestellbauteile aus Stahl werden im Allgemeinen in Form von Schweißkonstruktionen ausgeführt. In Ausnahmefällen, insbesondere bei sehr hoch belasteten Pressengestellen, wird auch Stahlguss oder Sphäroguss (GGG) verwendet. Tabelle 2.1 ist zu entnehmen, dass Stahl gegenüber Grauguss einen etwa zweifach größeren Elastizitätsmodul besitzt. Da die am Bauteil auftretenden elastischen Verformungen bei sonst gleichen Bedingungen umgekehrt proportional zum Elastizitätsmodul sind, ergeben sich hieraus Vorteile wie Werkstoffersparnis bzw. geringeres Gewicht. Bei Schweißkonstruktionen fallen die Modellkosten weg, wodurch diese Konstruktionsart besonders für Einzelausführungen geeignet ist. Da Gestellbauteile aber im Allgemeinen recht kompliziert aufgebaut sind und ihre Form zahlreiche Wölbungen, Krümmungen und Durchbrüche aufweist, wird bei den meisten Werkzeugmaschinen Grauguss wegen der einfachen und vielseitigen Gestaltungsmöglichkeiten eingesetzt. Die Materialdämpfung, die Gleiteigenschaften an den Führungsbahnen sowie die Bearbeitbarkeit ist im Allgemeinen besser als bei Stahl. Sowohl Sondergusseisen mit guten Gießeigenschaften bei unterschiedlichen Wanddicken und hoher Festigkeit (Rm = 400N/mm2 und mehr) als auch Sphäroguss mit einem hohen Elastizitätsmodul (bis E = 185kN/mm2 ) erweitern das Anwendungsfeld der Gusskonstruktionen für besonders strark beanspruchte Maschinenstrukturen. Kleine und mittelgroße Gestellbauteile (≤ 5m), insbesondere Maschinenbetten, werden heute auch aus Reaktionsharzbeton gebaut. Die besonderen Eigenschaften des Reaktionsharzbetons liegen gegenüber Grauguss in der noch höheren Materialdämpfung und damit in einer höheren dynamischen Stabilität. Die niedrigere Wärmeleitfähigkeit und die größere Wärmekapazität im Vergleich zu anderen Werkstoffen machen die Maschinen verformungsunempfindlicher gegen kurzzeitige Temperaturschwankungen. Eine heute ausgereifte und optimierte Verfahrenstechnik erlaubt vielfach einen positiven wirtschaftlichen Fertigungsvergleich zu Grauguss und Stahl.

2.3 Auslegungs- und Gestaltungskriterien bei statischer Belastung 2.3.1 Statische Belastungen

Die statischen Belastungen von Werkzeugmaschinen resultieren aus den Prozesskräften und den Gewichtskräften. Durch die wechselnden Prozessaufgaben verändern sich die Kräfte und Momente in ihrer Größe und Wirkrichtung sowie die Lage der Kraftangriffspunkte. Sie bewirken deshalb jeweils eine unterschiedliche Verformung der Gestelle und damit am TCP (Tool Center Point). Bild 2.8 zeigt z.B. das typische Verformungsverhalten eines Z-Schiebers einer Portalfräsmaschine bei statischer Belastung. Die auf Grund statischer Bearbeitungskräfte und durch das Maschineneigengewicht entstehenden Verformungen führen

2.3 Auslegungs- und Gestaltungskriterien bei statischer Belastung P o r ta lfr ä s m a s c h in e

15

V e r fo r m u n g d e s F E -M o d e lls u n te r s ta tis c h e r L a s t

y z D R O O P + R E IN

x

K ra ft F [k N ]

X

s ta tis c h e K e n n lin ie

1 ,0 u n v e rfo rm te S tru k tu r

0 ,5

y z

1 5 3 0 V e rfo rm u n g X [µ m ]

x

F x= 1 k N

Bild 2.8. Statische Verformung des Z-Schiebers einer Portal-Gantry-Fräsmaschine

bei spanabhebenden Werkzeugmaschinen zu Geometriefehlern an den zu fertigenden Werkstücken. So ist die Forderung nach einer ausreichend steifen Konstruktion durch die Einhaltung der Werkstücktoleranz bei spanenden und abtragenden Maschinen und durch die Führungstoleranz der Werkzeuge bei umformenden Maschinen erfüllt. 2.3.2 Statische Kenngrößen

Das statische Verhalten einer Werkzeugmaschine, einer Baugruppe oder eines einzelnen Bauteils ist durch die elastischen Verformungen, die unter zeitlich konstanter Belastung auftreten, gekennzeichnet. Daraus folgt als die diese Eigenschaft beschreibende Kenngröße die Steifigkeit bzw. ihr Reziprokwert, die Nachgiebigkeit. Die Abhängigkeit der Verformung x von der belastenden Kraft Fx wird in Form von Kennlinien dargestellt. Nur bei fugenlosen Bauteilen ergibt sich eine lineare Abhängigkeit der Verformung von der Kraft. Meist zeigen die Kennlinien realer Baugruppen und Maschinen eine unterproportionale Zunahme der Verformung. Die progressive Steifigkeitserhöhung ist vor allem auf die Zunahme der aktiven Kontaktflächen in den Kontaktzonen zurückzuführen. Für die Steifigkeit k an einem Arbeitspunkt gibt es zwei Definitionen (Bild 2.9). Bei der ersten Definition (links im Bild) wird die Sekante vom Ursprung zum be-

F

2 Gestelle und Gestellbauteile S u m m a r is c h e s S e k a n te n v e rfa h re n

K ra ft F

K ra ft F

16

F 0

a

S te ifig k e it im

0

a 0

x 0 V e rfo rm u n g x

æ F ö k = çç ÷÷ è x ø

k = ta n a

= F 0

0

A r b e its p u n k t

F

æ d F ö ÷÷ k * = çç è d x ø

0

x

x '

0

k < k *

x 0 V e rfo rm u n g x =

F 0

F x 0

0

- x '

k * = ta n a

Bild 2.9. Definition der Steifigkeit bei progressivem Steifigkeitsverlauf

trachteten Punkt F0 , x0 herangezogen:     Fx Fx0 N . kx = = x F0 x0 µm

(2.1)

Diese Definition wird benutzt, wenn ein mittlerer Steifigkeitswert für einen Belastungsbereich (0 < F < F0 ) zur Beschreibung ausreicht. Zur zweiten Definition der Steifigkeit (rechts im Bild) wird die Steigung der Tangente an die Kennlinie in dem betrachteten Belastungspunkt F0 , x0 benutzt:   N dFx F0 . (2.2) k(Fx =Fx0 ) = = dx(F=Fx0 ) x0 − x µm Mit dieser Steifigkeitsangabe lässt sich bei einem mit der Kraft F0 vorgespannten System diejenige Verformung bestimmen, die durch eine zusätzliche Kraft hervorgerufen wird (z.B. dynamische Belastung einer verspannten Maschine). Durch die Progressivität der Steifigkeitskennlinie ist k allgemein kleiner als k∗ . Die Nachgiebigkeit g ist der Kehrwert der Steifigkeit und somit als Verhältnis der Verformung x zur Kraft F definiert: dx 1  µm  . (2.3) = gx = dFx kx N Die Steifigkeit bzw. die Nachgiebigkeit der Gestellbauteile wird durch den Werkstoff, die geometrische Gestalt des Bauteils und die Art, Lage und Richtung der Krafteinleitung in das Bauteil bestimmt. Die Auslegung einzelner Gestellbauteile kann nur im Zusammenhang mit allen Elementen und Baugruppen der Maschine vorgenommen werden. Sie erfolgt im Hinblick auf eine möglichst kleine bzw. vorgegebene Relativverlagerung zwischen Werkstück und Werkzeug infolge der an der Bearbeitungsstelle angreifenden Kräfte.

2.3 Auslegungs- und Gestaltungskriterien bei statischer Belastung

17

2.3.3 Kraftfluss- und Verformungsanalyse

Die infolge der Bearbeitungskräfte am Lastangriffspunkt zwischen Werkzeug und Werkstück entstehenden Verformungen setzen sich aus den Deformationen aller an der Kraftübertragung beteiligten Bauteile und Maschinenelemente zusammen. Die Kraftfluss- und Verformungsanalyse untersucht die Beanspruchung der einzelnen Elemente der Maschine und ihre anteilige Verantwortung an der Gesamtverlagerung zwischen den Kraftangriffsstellen.

F

F

Bild 2.10. Kraftfluss in einer Werkzeugmaschine

In Bild 2.10 ist schematisch der Kraftfluss für ein Bohr- und Fräswerk dargestellt. Man sieht, dass nur durch eine ausreichende und abgestimmte Steifigkeit aller im Kraftfluss liegenden Elemente, also auch der Lager, Spindeln und Führungen, eine ausreichende Gesamtsteifigkeit der Maschine zu verwirklichen ist. In einer vereinfachten Analogiebetrachtung kann man die Bauteile einer Maschine als Parallel- bzw. Hintereinanderschaltung von Federn betrachten, so dass sich die Gesamtnachgiebigkeit additiv aus den Nachgiebigkeiten der einzelnen Komponenten zusammensetzt:  µm  1 1 1 1 . (2.4) = + + + ... gges = kges k k k +k N  1  2

 3  4

Reihenschaltung

Parallelschaltung

18

2 Gestelle und Gestellbauteile 3 5 0 3 0 0

X F r ä s s p in d e l u n d T r a g h ü ls e

2 5 0 Z Y

6 5 0

F x

2 0 0 1 5 0

F z

F y

1 0 0 0

S tä n d e r y

4 2 0 0

V e r fo r m u n g x ,y ,z

S u p p o rt

1 0 0

z

x

5 0 B e tt 0

B e la s tu n g : F

x ,y ,z

= 4 0 0 0 N

Bild 2.11. Verformungsanalyse an einem Bohr- und Fräswerk

Die Gesamtmaschine ist also stets „weicher“ als ihr nachgiebigstes im Kraftfluss liegendes Bauelement. Ein Beispiel für die Verformungsanalyse an einem Bohr- und Fräswerk zeigt Bild 2.11. An der Spindel greifen in der im rechten Bildteil dargestellten Arbeitsstellung in den verschiedenen Koordinatenrichtungen nacheinander die Belastungen Fx = Fy = Fz = 4000N an. Im linken Bildteil sind die Einzelanteile an der Gesamtverlagerung in Kraftangriffsrichtung den verschiedenen Bauteilen zugeordnet und als Balken dargestellt. Die Frässpindel mit Traghülse wird sowohl in x- als auch in y-Richtung auf Biegung beansprucht und ist in diesen Richtungen wesentlich nachgiebiger als in z-Richtung, in der eine Druckbelastung überwiegt. Während der Support in allen drei Richtungen etwa gleiches Verhalten zeigt, verformen sich Ständer und Bett recht unterschiedlich. Der Ständer wird durch die Kräfte Fx und Fz auf Biegung um die jeweilige Schwerachse sowie auf Torsion belastet. Durch den langen Hebelarm ist der Torsionseinfluss der an der weit auskragenden Spindel angreifenden Kraft Fx besonders groß. Die Kraft Fy verformt den Ständer durch Biege- und Zugbelastung. Die Verlagerungen an der Kraftangriffsstelle, die auf die Verformung des Bettes zurückzuführen sind, erreichen wegen der unterschiedlich großen Hebelarme der belastenden Kräfte unterschiedliche Größen in den einzelnen Richtungen. 2.3.4 Konstruktive Gesichtspunkte bei der Gestaltung

Bei der konstruktiven Gestaltung der Bauteilquerschnitte ist sowohl der Biegebelastung als auch der Torsionsbeanspruchung Rechnung zu tragen. Eine Abschätzung der statischen Eigenschaften eines Gestellbauteils ist dann möglich, wenn das Teil eine nicht zu komplexe Geometrie besitzt und überwiegend auf Biegung oder

2.3 Auslegungs- und Gestaltungskriterien bei statischer Belastung

19

auf Torsion belastet wird. Dies gilt insbesondere für Bauteile mit einer Hauptausdehnungsrichtung, z.B. Ständer, die angenähert als Balken betrachtet werden können. So hängt die Biegesteifigkeit hauptsächlich vom äquatorialen Trägheitsmoment und die Torsionssteifigkeit in erster Linie vom Torsionsflächenträgheitsmoment ab. Weiterhin ist zu beachten, dass die belastenden Kräfte in der Regel nicht in der Schwerpunktachse eines Querschnitts angreifen, sondern über Fügeflächen und Führungen in die nachgiebigen Wandungen der Gestellbauteile eingeleitet werden. Damit gewinnt auch die Art der Krafteinleitung für die Steifigkeit eines Bauteils und somit für die konstruktive Auslegung an Bedeutung. 2.3.4.1 Steifigkeiten stabförmiger Bauteile

Stabförmige Bauteile als Grundform mit einer Hauptausdehnungsrichtung findet man im Werkzeugmaschinenbau sehr häufig, z.B. beim Bett von Drehmaschinen oder als Ständer, Querbalken bzw. Ausleger von Bohr- und Fräsmaschinen. Aus den mechanischen Grundgleichungen für stabförmige Bauteile werden zunächst Steifigkeitsbeziehungen hergeleitet, welche eine Einflussabschätzung der wesentlichen Konstruktionsgrößen ermöglichen. Da für die hier benötigten Abschätzungsvergleiche keine absoluten Zahlenwerte interessieren, werden alle parameterunabhängigen Größen in der Konstante C zusammengefasst. C ist also immer ein reiner Zahlenwert, dessen genaue Ermittlung nur zur Erfassung eines speziellen Falles nötig wäre.

h

a

S

a

b

a : U n g e fä h r e s M a ß fü r d ie P r o fila b m e s s u n g e n a » B ×H

a

y

z

s

y

P r o filk e n n g r ö ß e n A

A

H

a

s : M a ß fü r d ie W a n d s tä r k e Ä q u a to r ia le s F lä c h e n tr ä g h e its m o m e n t I fü r g e s c h lo s s e n e u n d o ffe n e P r o file

B

a

a

G e s c h lo s s e n e P r o file

s

a H

h a H

3

-

b ×h 1 2

m it : h = a - s ; H = a + s b = a - s ; B = a + s 3

s / a £ 1 /1 0 Þ

a × s

T o r s io n s flä c h e n tr ä g h e its m o m e n t I fü r g e s c h lo s s e n e P r o file z

s

O ffe n e P r o file

y

B ×H 1 2

I =

s

y

I a

4 A

= T

ò

m it A = a 2

d s s

ò

d s 4 a s = s

2

3

< < s ×a 3

Þ

I = C

T

1

× s ×a 3

; s = k o n s t.

I

Þ

T

= C 2

×s ×a 3

a

fü r o ffe n e P r o file a

I T

=

h 3

S

(s 3 × a )

m it

h

:P r o filfa k to r ( 1 .0 b is 1 .3 )

Þ

I T

= C 3

× s 3 ×a

Bild 2.12. Querschnittsformen und Formeln zur Einflussabschätzung der Profilkenngrößen auf die Flächenträgheitsmomente

20

2 Gestelle und Gestellbauteile

In Bild 2.12 sind in diesem Sinne für einige einfache aber wichtige Querschnittsformen stabförmiger Bauteile die Flächenträgheitsmomente in Abhängigkeit von den Querschnittsabmessungen a und der Wandstärke s angegeben. Die Größe a ist ein überschlägiges Maß für die Querschnittsabmessungen und in Bild 2.12 für verschiedene Profilformen eingezeichnet. Bei den Torsionsflächenträgheitsmomenten wird zwischen offenen und geschlossenen Profilen unterschieden (Bild 2.12). Ein Vergleich der beiden Formeln für die Torsionsflächenträgheitsmomente zeigt, dass bei geschlossenen Profilen die Wandstärken linear und die Querschnittsabmessungen mit der 3. Potenz in die Formel eingehen. Bei den offenen Profilen ist es umgekehrt, die Wandstärken gehen mit der 3. Potenz ein und die Querschnittsabmessungen linear. Auf diesen, für den Konstrukteur wichtigen Sachverhalt, wird bei der Diskussion der Torsionssteifigkeitsbeziehungen noch näher eingegangen.

F fges =

F × L 3 ×

3

+

F × L K A G

=

ä q u a to r ia le s F lä m o m e n t Q u e r s c h n itts flä c S c h u b k o e ffiz ie n Q u e r k o n tr a k tio n E la s tiz itä ts m o d u

A K E

g

I = I = K =

H 4 1 2

-

I

c h e n tr ä g h e its A

t

h e s z a h l l

G

m

io e lt u e b

n s flä c h e n tr ä n t d e r v o n d e r m g re n z te n F d e r M itte llin m o d u l

× L T

G

×I T

T

g h e its M itte llä c h e ie

fü r d e n Q u a d r a tq u e r s c h n itt g ilt :

M itte llin ie

1 2

2 0 (1 + g ) 4 8 + 3 9

m

U

h 4

(a + s ) 4 1 2

T o rs m o m In h a lin ie L ä n g S c h u

T

(a - s ) 4 1 2

I s h

h

a

a H

I

4

= T

H

I

M L

fg e s L

M

T

× A

=

U 4 a

2

× m

s

m

4

4 × a

× s

3 = a × s

Bild 2.13. Biegung und Torsion eines stabförmigen Bauteils

Zunächst seien die Steifigkeitsbeziehungen bei Biegung betrachtet. Bei Belastung kurzer, gedrungener Bauteile durch Querkräfte muss neben der reinen Biegung auch der Schubanteil über einen Schubkoeffizienten K berücksichtigt werden, der von der Querschnittsform und der Querkontraktionszahl abhängig ist [27]. In Bild 2.13 ist die Biegung mit Querkraftschubeinfluss für den einseitig fest eingespannten Balken dargestellt. Für den reinen Biegeanteil an der Gesamtverformung gilt: fB =

F · L3 . 3·I ·E

(2.5)

2.3 Auslegungs- und Gestaltungskriterien bei statischer Belastung

21

Die Formeln aller anderen Belastungsfälle, z.B. Balken auf zwei Stützen, unterscheiden sich hiervon nur durch den Faktor. Es kann daher mit dem Trägheitsmoment gegen Biegung aus Bild 2.12 geschrieben werden: F L3 · . E s · a3 Für die Biegesteifigkeit gilt dann: fB = C4 ·

kB =

F s · a3 = C5 · E · 3 . fB L

(2.6)

(2.7)

Beim Schubanteil kann ähnlich vorgegangen werden. Ausgehend von der Beziehung aus Bild 2.13: F ·L K ·A·G erhält man für die Schubsteifigkeit: F s·a . = C6 · G · kQ = fQ L fQ =

(2.8)

(2.9)

Für die Torsionsbeanspruchung (Bild 2.13) gilt allgemein folgende Formel: MT · L , G · IT bzw. für die Torsionssteifigkeit: ϕ=

kT =

G · IT MT = . ϕ L

(2.10)

(2.11)

Wie bereits erwähnt, muss bei der Torsion zwischen offenen und geschlossenen Profilen (Bild 2.12) unterschieden werden. Mit dem entsprechenden Flächenträgheitsmoment IT aus Bild 2.12 gilt für die Torsionssteifigkeit geschlossener Profile: kT =

MT a3 · s = C7 · G · . ϕ L

(2.12)

Entsprechend gilt mit dem Flächenträgheitsmoment IT aus Bild 2.12 für die Torsionssteifigkeit offener Profile: kT =

MT s3 · a = C8 · G . ϕ L

(2.13)

In Bild 2.14 sind die erzielten Ergebnisse übersichtlich zusammengefasst. Die Bauteillänge L, welche in den abgeleiteten Steifigkeitsformeln im Nenner steht, wirkt sich demgemäß bei einer Vergrößerung ungünstig auf die Steifigkeiten aus und ist daher durch einen nach unten zeigenden Pfeil gekennzeichnet. Demgegenüber bringt eine Vergrößerung der anderen, durch einen nach oben zeigenden Pfeil gekennzeichneten Größen auch eine Vergrößerung der entsprechenden Steifigkeiten mit sich. Konstruktionsgrößen, die mit der 3. Potenz in die Steifigkeitsbeziehungen eingehen und sich bei einer Änderung dementsprechend stärker auswirken als die linear eingehenden Größen, sind durch dickere Pfeile gekennzeichnet.

22

2 Gestelle und Gestellbauteile

F I

C M T

k

s

»

a

B H a

F

= B

= C ×E ×

fB

s ×a 3 L

3

k

g e s c h lo s s e n e Q u e r s c h n itte

k

T o r s io n

M

= T

T

j

k

o ffe n e T

=

M

= C ×G ×

s ×a L

3

3

E la s tiz itä t u n d S c h u b m o d u l

E

L

s

G

G L

Q u e r s c h n itte 3

j

s

3

a

L ä n g e

L s

a

F s ×a = C ×G × fQ L

= Q

a n d -s tä rk e

M a te r ia l

W

3

a

o ffe n e u n d g e s c h lo s s e n e Q u e r s c h n itte

H

a

Q u e rk ra fts c h u b

A b m e s s u n g d e s Q u e r s c h n itts

o ffe n e u n d g e s c h lo s s e n e Q u e r s c h n itte

a

B ie g u n g

n e g a tiv e r E in flu s s

F o rm

: K o n s ta n te in d e r a lle n u m e r is c h e n G r ö ß e n z u s a m m e n g e fa s s t s in d

s

B

p o s itiv e r E in flu s s

S te ifig k e its fo r m e ln z u r E in flu s s a b s c h ä tz u n g

T

= C ×G ×

s ×a L a

s

3

L

G

Bild 2.14. Einfluss verschiedener Konstruktionsgrößen auf die Bauteilsteifigkeiten. Quelle: [99, 175]

Aus dieser Darstellung kann der Konstrukteur den Einfluss einer Änderung folgender Konstruktionsgrößen auf die Steifigkeit seines Maschinenkörpers abschätzen: • Länge des Körpers (L), • Wanddicke (s), • Querschnittsabmessungen (a), • Elastizitätsmodul (E) bzw. Schubmodul (G). Bei der Biegesteifigkeit gehen die Länge und die Querschnittsabmessungen analog zur Biegung mit der 3. Potenz in die Formel ein, während die Wandstärke und der EModul nur linear eingehen. Zur Steifigkeitserhöhung müssen daher die Länge klein und die Querschnittsabmessungen groß gewählt werden, da diese Einflussgrößen eine ungleich stärkere Wirkung ausüben als alle übrigen. D.h. überwiegend biegebeanspruchte Maschinenkörper sollten möglichst gedrungen mit kurzen Stütz- und Auskragweiten konstruiert werden. Bei der Schubsteifigkeit gehen im Gegensatz zur Biegesteifigkeit alle genannten Einflussgrößen nur linear ein und können sich somit bei einer Veränderung auch alle nur gleich stark auswirken. Wie groß der Schub- bzw. Biegeanteil bei einem querkraftbelasteten Maschinenständer bzw. -bett ist, geht aus Bild 2.15 hervor. In Abhängigkeit vom Verhältnis der Länge zur Querschnittsgröße des Maschinenkörpers kann hieraus der Schub- bzw. Biegeanteil an der Gesamtverformung abgelesen werden. Bei der Torsionsbeanspruchung zeigt ein Vergleich der offenen und geschlossenen Querschnitte in Bild 2.14 einen wichtigen grundsätzlichen Unterschied, auf den bereits bei den Trägheitsmomenten hingewiesen wurde.

2.3 Auslegungs- und Gestaltungskriterien bei statischer Belastung Q u e r k r a ftb e la s te te r M a s c h in e n s tä n d e r W e rk s to ff:G G 3 0 V e r fo r m u m g s a n te ile b e z o g e n a u f G e s a m tv e rfo rm u n g (% )

1 0 0 9 0

B ie g e a n te il

8 0

Q u e r k r a ftb e la s te te s M a s c h in e n b e tt W e rk s to ff:G G 3 0 1 0 0

F s S

a

4 0 3 0

6 0

£

0 ,5

; sa £ 0 , 1

×H B

S c h u b a n te il

2 0

B H

5 0

2 4

6

8

1 0

1 2

1 4

a

4 0

£ 2

3 0

1 0 1 6

1 8

L /a

2 0

0

=

L

B

; sa £ 0 , 1

×H B

0 ,5

2 0

S c h u b a n te il

1 0 0

=

H S

7 0

B

5 0

F s

8 0

L

7 0 6 0

B ie g e a n te il

9 0

F

H

23

B

£

£ 2 H

2

S c h u b a n te il S c h u b a n t e il 4 6

8

1 0

1 2

1 4

1 6

1 8

2 0

L /a

L ä n g e b e z o g e n a u f Q u e r s c h n itts a b m e s s u n g

Bild 2.15. Schub- und Biegeanteil an der Gesamtverformung querkraftbelasteter Bauteile. Quelle: [175]

Bei den geschlossenen Querschnitten gehen die Querschnittsabmessungen mit der 3. Potenz und die Wandstärken linear ein, bei den offenen Profilen hingegen gehen die Wandstärken mit der 3. Potenz und die Querschnittsabmessungen linear ein. Dies bedeutet, dass bei gleichen Querschnittsabmessungen a und bei gleicher Wandstärke s die Torsionssteifigkeit des geschlossenen Profils um mehrere Größenordnungen höher ist als die Steifigkeit eines entsprechenden offenen Profils. Außerdem zeigt sich, dass bei geschlossenen Querschnittsformen eine hohe Torsionssteifigkeit selbst mit geringen Wandstärken und damit geringem Materialaufwand vor allem durch große Querschnittsabmessungen erzielt werden kann. Bei offenen Profilen ist dies nur durch große Wanddicken und damit hohem und unwirtschaftlichem Werkstoffaufwand möglich. Für Gestellbauteile von Werkzeugmaschinen, die meist auf Biegung und Torsion beansprucht werden, sollten also nach Möglichkeit immer geschlossene Querschnitte verwendet werden. Je nach Anteil von Biegung und Verdrehung ist auch bei den geschlossenen Querschnitten die Möglichkeit gegeben, durch entsprechende Formgestaltung die Biege- und Verdrehsteifigkeit in das jeweils benötigte Verhältnis zu setzen. In Bild 2.16 sind für verschiedene geschlossene Querschnitte und zum Vergleich für eine offene Form der Verdreh- und Biegewiderstand bei gleichem Werkstoffaufwand angegeben. Genügt z.B. für den Kreisringquerschnitt der Biegewiderstand nicht, so ist es bei geringer Verminderung des Verdrehwiderstandes zweckmäßig, das elliptische Profil mit der y-Achse als Biege-Achse anzuwenden, womit sich der Biegewiderstand für den genannten Fall von 340 · 104 mm4 auf 445 · 104 mm4 erhöhen lässt. Bei der

24

2 Gestelle und Gestellbauteile F lä c h e n tr ä g h e its m o m e n te ( 1 0

8 0 0

I

7 0 0 6 8 0

I I

T X -X y -y

) 4

x -x y -y 5 8 0

6 1 0

6 0 0

T o r s io n B ie g u n g u m B ie g u n g u m

m m 4

5 0 0 4 1 5 3 5 0 1 5 5

1 0 0

1 8 5

2 3 5

2 0 0

2 8 0 2 7 5 2 7 5

2 8 5 2 8 5

3 4 0 3 4 0

3 0 0

4 3 0

4 4 5

4 0 0

2

0

x 5

1 0 0

x x 5 y

3

x x

4

1 0 0 y

y y

x

5

7 0 y x x

5 y

6 y

x

5

y 5

6 0 °

x x

1 3 0

1 5 0 y

1 3 0

2

1 2 5 y

1 0 0

1

y

5

x

y 1 3 0

1 4 0

Bild 2.16. Verschiedene Querschnittsformen und ihre Flächenträgheitsmomente bei gleichem Werkstoffaufwand (Querschnittsfläche) und gleicher Wandstärke. Quelle: [160]

offenen I-Profilform beträgt die Verdrehsteifigkeit nur einen sehr geringen Bruchteil aller anderen Hohlquerschnitte.

Tabelle 2.2. Vergleich der Querschnittskenngrößen von geschlossenen und offenen Profilen

P r o fil

G e w ic h t (k g / m )

I

y -y

(c m

4

)

W

(c m

y -y 3

)

I

(c m

T 4

)

W

(c m

T 3

)

3 y y

1 0 0

g e s c h lo s s e n e s P r o fil

9 ,1

1 8 3

3 6 ,5

2 7 4

5 6 ,5

1 0 0

o ffe n e s P r o fil

9 ,1

1 8 3

3 6 ,5

0 ,3 5

1 ,2

1 :1

1 :1

1 :1

7 8 3 :1

4 7 :1

6 ,8

1 1 2

2 2 ,4

8 6 ,6

2 7 ,4

4 ,4

9 1 ,4

1 8 ,3

0 ,2

0 ,6 5

1 ,5 :1

1 ,2 :1

1 ,2 :1

4 3 3 :1

4 2 :1

1 0 0

3 y y 1 0 0

g e s c h lo s s e n e s P r o fil / o ffe n e s P r o fil 3 y y

1 0 0

g e s c h lo s s e n e s P r o fil

5 0

3 y y

1 0 0

o ffe n e s P r o fil

5 0

W

= W id e r s ta n d s m o m e n t

I = F lä c h e n tr ä g h e its m o m e n t

2.3 Auslegungs- und Gestaltungskriterien bei statischer Belastung

25

Bei geschlossenen Profilen steht der Werkstoff im tragenden Querschnitt in ununterbrochenem Zusammenhang, bei offenen Profilen hingegen ist dieser Zusammenhang z.B. durch Schlitzung unterbrochen. Der Einfluss einer Profilöffnung auf den Biege- und Torsionswiderstand wird aus Tabelle 2.2 deutlich. Im oberen Tabellenteil wird ein geschlossenes Hohlquadrat einem gleichen, aber oben geschlitzten Hohlquadrat gegenübergestellt. Das äquatoriale Flächenträgheitsmoment gegen Biegung ändert sich durch die Schlitzung nicht, das Torsionsflächenträgheitsmoment hingegen ist beim geschlossenen Profil fast 800-mal größer als beim geschlitzten Profil. Der Vergleich in der unteren Zeile der Tabelle 2.2 macht deutlich, dass bei einem Hohlrechteck die Wegnahme einer ganzen Seitenwand zwar auch einen Einfluss auf die Biegung, aber einen sehr viel größeren auf die Torsion hat.

T o

: T o r s io n s tr ä g h e its m o m e n t d e s V o llk r e is q u e r s c h n itte s

I

I :

T 0

=

p a 3 2

4

Ä q u a to r ia le s B ie g e - T r ä g h e its m o m e n t d e r P r o filfo r m

I 0 : Ä q u a to r ia le s B ie g e - T r ä g h e its m o m e n t d e s V o llk r e is q u e r s c h n itte s

I 0

p a = 6 4

2 ,0

0

I/I

0 ,8

1 ,6

0 ,6

1 ,2

0 ,4

0 ,8

T o r s io n B ie g u n g a = 1 ,1 3

0 ,2

a = 1 ,0

0 ,5 a

0 ,4

s a = 1 ,4

I

1 ,0 T 0

: T o r s io n s tr ä g h e its m o m e n t d e r P r o filfo r m T

I T/I

I

s

4 0

s

0 ,1

0 ,2

0 ,3

0 ,4

s /a

0 ,5

Bild 2.17. Flächenträgheitsmomente in Abhängigkeit von der Wandstärke unter der Annahme gleichgroßer Vollquerschnitte. Quelle: [160]

Wie weit man bei geschlossenen Profilen zur Erhöhung der Steifigkeiten die Verstärkung der Wände noch wirtschaftlich anwenden kann, geht aus Bild 2.17 hervor. Die äußeren Querschnittsabmessungen a sollen dabei jeweils erhalten bleiben. Es sind die Flächenträgheitsmomente gegen Biegung und Torsion von drei geschlossenen Profilen (mit gleichgroßen Vollquerschnitten) in Abhängigkeit vom Verhältnis Wandstärke s zur Kantenlänge bzw. zum Durchmesser a aufgetragen. Bis zu einem Verhältnis von etwa s/a = 0, 15 wirkt sich eine Wandverstärkung stark aus. Oberhalb dieses Wertes nehmen die Trägheitsmomente nur noch degressiv zu. Im Maschinenbau liegt meistens eine kombinierte Biege- und Torsionsbeanspruchung vor. Hierfür gelten, resultierend aus den vorherigen Betrachtungen, folgende allgemeine Gestaltungsregeln zur Steifigkeitserhöhung:

26

2 Gestelle und Gestellbauteile

• Grundsätzlich geschlossene Profile bevorzugen und möglichst große äußere Querschnittsabmessungen wählen. • Bei geschlossenen Profilen bringt eine Erhöhung der Wandstärke s einen wesentlich geringeren Steifigkeitsgewinn als eine Vergrößerung der Querschnittsabmessungen a. Verhältnisse von s/a > 0, 15 sind in der Regel nicht mehr sinnvoll. • Besonders torsionssteif sind geschlossene runde Hohlquerschnittsformen. Ideal ist der Kreisringquerschnitt. D.h. nach außen gewölbte Wände und große Eckenradien (harmonische Formen) erhöhen ebenfalls die Torsionssteifigkeit. Darüber hinaus wird hiermit zusätzlich eine Wandversteifung gegen lokale Belastungen und Beulen erreicht. • Offene Profile sind nur in dem Sonderfall günstig, wenn eine reine Biegebelastung in Richtung des großen äquatorialen Flächenträgheitsmomentes wirkt. • Lässt es sich nicht vermeiden, dass auch bei Torsionsbelastung offene Profile verwendet werden müssen, so muss die Wandstärke maximiert werden. • Bei allen Belastungsarten und Profilformen muss versucht werden, den Bauteilquerschnitt in Bezug auf die erforderliche Bauteillänge groß zu halten. Dies gilt bei Biegebelastung in noch stärkerem Maße als bei Torsionsbelastung. • Ein hoher Elastizitäts- bzw. Schubmodul wirkt sich ebenfalls in allen Fällen günstig auf die Steifigkeit aus (Stahl günstiger als GG oder Alu). Die Ausführungen in diesem Abschnitt liefern mit Hilfe der Gleichungen aus der Technischen Mechanik wichtige Konstruktionshinweise. Bei diesen Betrachtungen wurde aber über die ganze Länge des belasteten Maschinenkörpers ein gleichbleibender Querschnitt vorausgesetzt. Reale Bauteile weisen aber meist Verrippungen, Aussparungen, Durchbrüche und weitere konstruktive Details (Eckenradien, Randverstärkungen usw.) auf. Ferner betrafen die Aussagen nur das globale Verhalten. D.h. die Belastungen und Verformungen bezogen sich auf die Schwerpunktachse der Bauteile. Tatsächlich werden die Belastungen aber meist über die Außenwände, z.B. über Führungsbahnen, ins Bauteil eingeleitet. Hierbei interessieren auch die Querschnittsverzerrungen oder die lokalen Formänderungen und Spannungen in den Wänden. Verformt sich z.B. die Wand eines Spindelkastens in der Nähe des Hauptlagers, so verlagert sich die Spindel und die Arbeitsgenauigkeit der Maschine wird schlechter. Solche örtlichen Einfluss- und Konstruktionsgrößen können nur in Modellversuchen oder mit Hilfe moderner numerischer Berechnungsverfahren (FiniteElemente-Methode; s. Kapitel 2.7.1) untersucht werden. Ergebnisse derartiger Untersuchungen und daraus resultierende Gestaltungsregeln werden in den nächsten Abschnitten vorgestellt. 2.3.4.2 Verrippungen

Die Biege- und Torsionssteifigkeit der Gestellbauteile kann durch Verrippungen erhöht werden. Die bei Ständerbauteilen häufig verwendeten Verrippungsarten sind in Bild 2.18 dargestellt.

2.3 Auslegungs- und Gestaltungskriterien bei statischer Belastung

O h n e R ip p e n

M it R ip p e n E

C B

A

F G

27

D

H

Bild 2.18. Verrippungsarten von Ständern

In den Fällen A bis D liegen Längsrippen vor. Die mit E bis H bezeichneten Ständer sind quergeschottet. Für diese Ständermodelle sind in Bild 2.19 die mit der Finite-Elemente-Methode (s. Kapitel 2.7.1) berechneten Biege- und Torsionssteifigkeiten zusammengefasst. Es zeigt sich, dass bei Biegebelastung die Längsverrippungen eine Steifigkeitserhöhung bewirken, wogegen der Einfluss von Kopfplatte und Querschotten nur sehr gering ist. Die Torsionsbelastung wird dem Ständer wie bei den meisten Gestellbauteilen über ein angreifendes Kräftepaar aufgeprägt. Diese Krafteinleitung verursacht Querschnittsverzerrungen. Alle Rippen, welche die Querschnittsverzerrung verhindern, bewirken eine Erhöhung der Torsionssteifigkeit. Dies sind außer der Kopfplatte die Querschotten und die diagonalen Längsrippen. Der Verformungsmechanismus einer Querschnittsverzerrung ist in Bild 2.20 für einen einfachen unverrippten Ständer erläutert, der in drei unterschiedlichen Ebenen mit einem Kräftepaar belastet wird. Die Darstellung zeigt, dass die Verzerrung mit wachsender Entfernung der Belastungsstelle von der Einspannstelle zunimmt. Untersucht man systematisch verschiedene Verrippungsvarianten unter wertanalytischen Gesichtspunkten, so sind außer der Steifigkeit auch das Materialvolumen und die Fügelänge für Schweißkonstruktionen in die Betrachtungen miteinzubeziehen [5]. Die im Folgenden vorgestellten Ergebnisse basieren ebenfalls auf Berechnungen nach der Methode der finiten Elemente. Als Beispiel wurde das Modell eines Maschinenbettes gewählt. Die betrachteten Verrippungsvarianten zeigt Bild 2.21. Als Belastungen wurden die im Bild 2.22

28

2 Gestelle und Gestellbauteile r e l. B ie g fe s tig k e it F a ll

F /2 F /2

5 0

F

%

1 0 0

r e l.T o r s io n s s te ifig k e it F k = X 1 F X 1 5 0 % 1 0 0

r e la tiv e s V o lu m e n 1 0 0

%

A b m e s s u n g e n 1 5 0

O R

m .K p l

1 0 0

o .K p l

O R

1 0 0

9 ,4

9 3

m .K p l

A

1 2 0

1 0 1

1 2 2

o .K p l

A

1 1 1

1 2 ,1

1 1 5

B

1 2 0

1 0 1

1 4 5

1 1 2

1 8 ,2

1 3 8

1 1 8

1 1 6

1 3 2

o .K p l

1 1 8

1 0 4

1 2 5

D

1 4 2

1 1 9

1 6 3

1 4 2

1 1 7

1 5 7

m .K p l

B

o .K p l

C

m .K p l

C

m .K p l

D

o .K p l

E , F G , H

1 0 0

1 0 0

1 0 0

1 0 4

1 0 7

1 0 0

1 0 9

1 1 5

o .K p l = o h n e K o p fp la tte

m .K p l = m it K o p fp la tte

L = 4 5 5 b = 1 5 4 h = 1 5 4 s = 4

m m m m m m m m

b s

h

L

O R = o h n e R ip p e n

Bild 2.19. Biege- und Torsionssteifigkeiten bei verschiedenen Verrippungen. Quelle: [41,175] s a

x

b

M h

h

y

b

Ib

c

T

F

F

a

Ia = 4 5 5 m m b

d

d F s

=

= 2 = 2 = 1 = 1 = 1

9 4 0 7 5 4 5 4 4 2 6

N m 0 N m m m m m m m m

c

Ic = 2 1 0 m m

b Ib = 3 7 0 m m

1 0 0 µ m F

F

F

F

F

F

Bild 2.20. Torsionsverformung eines unverrippten Ständers ohne Kopfplatte

1 0 0 µ m

2.3 Auslegungs- und Gestaltungskriterien bei statischer Belastung

29

M o d e ll 5

M o d e ll 1 4

M o d e ll 7

M o d e ll 1 6

M o d e ll 6

M o d e ll 1 5

M o d e ll 8

M o d e ll 1 6

S e n k r e c h te D ia g o n a lv e r r ip p u n g

M o d e ll 1

M o d e ll 4

M o d e ll 9

M o d e ll 1 0

S e n k r e c h te L ä n g s v e r r ip p u n g

M o d e ll 2

M o d e ll 1 2

M o d e ll 1 8

M o d e ll 1 9

S e n k r e c h te Q u e r v e r r ip p u n g

M o d e ll 1 1

R ä u m lic h e D ia g o n a lv e r r ip p u n g

M o d e ll 1 3

M o d e ll 3

M o d e ll 2 0

K o m b in a tio n v e r s c h ie d e n e r V e r r ip p u n g e n

Bild 2.21. Verrippungsvarianten eines Maschinenbettes

dargestellten sechs Einheitslastfälle gewählt, die das Modell durch Einheitskräfte in Richtung der Koordinatenachsen und durch Momente um diese Achsen belasten. Um zu einem Überblick über das Gesamtnachgiebigkeitsverhalten des Maschinenbettes zu kommen, wird die Nachgiebigkeit in allen sechs Lastfällen summarisch betrachtet, wobei als Kennwert für die Nachgiebigkeit die Summe der in den einzelnen Lastfällen aufgenommenen Verformungsarbeiten verwendet wird. Der Einfluss der unterschiedlichen Verrippungen auf die betrachteten Größen Nachgiebigkeit, Materialvolumen und Fügelänge ist für die geschlossenen Maschinenbettmodelle in Bild 2.23 zusammengefasst. In der linken Bildspalte ist der Nachgiebigkeitskennwert dargestellt, der auf die Nachgiebigkeit des unverrippten Grundmodells bezogen ist. Die relativ kleine Spannweite des Nachgiebig-

30

2 Gestelle und Gestellbauteile

x

z

K ra ft M o m e n t y

s ta tis c h ä in M o m e n tb e la ( B ie g e

q u iv a le n te L a s te n F o lg e e in e r s tu n g u m d ie y - A c h s e b e a n s p ru c h u n g )

s ta tis c h ä q u iv a le n te L a s te n in F o lg e e in e r B e la s tu n g in x - R ic h tu n g ( B ie g e b e a n s p r u c h u n g )

s ta tis c h in M o m e n tb e ( T o r s io

ä q u iv a F o lg e la s tu n g n s b e a n

le n te L a s te n e in e r u m d ie x - A c h s e s p ru c h u n g )

s ta tis c h ä q u iv a le n te L a s te n in F o lg e e in e r B e a n s p r u c h u n g in y - R ic h tu n g ( T o r s io n s b e a n s p r u c h u n g )

s ta tis c h in M o m e n te n b e ( B ie g e

ä q F o la s b e

u iv a le n te L a s te n lg e e in e r tu n g u m d ie z - A c h s e a n s p ru c h u n g )

s ta tis c h ä q u iv a le n te L a s te n in F o lg e e in e r B e la s tu n g in z - R ic h tu n g ( B ie g e b e a n s p r u c h u n g )

Bild 2.22. Belastung eines Maschinenbetts durch Einheitslasten

keitswertes zwischen dem unverrippten Grundmodell 0 (100%) und dem doppeltdiagonalverrippten Modell 13 (64%) zeigt, dass die zum Teil aufwändigen Verrippungen die Bauteilnachgiebigkeit nicht sehr verbessern. Das in Bildmitte aufgetragene Materialvolumen der Varianten ist ihrer Nachgiebigkeit in erster Näherung umgekehrt proportional. Das größte Materialvolumen beträgt das 1,6-fache des Grundmodellvolumens. Durch die Verrippung der Varianten erhöht sich die Fügelänge bis auf das 2,5-fache und es ist keine direkte Abhängigkeit der Nachgiebigkeit von der Fügelänge erkennbar. Um die Wirtschaftlichkeit der einzelnen Verrippungsvarianten zu ermitteln, wird als Kenngröße für die Materialausnutzung das Produkt aus Materialvolumen und Nachgiebigkeit und als Kenngröße für den Schweißaufwand das Produkt aus Fügelänge und Nachgiebigkeit herangezogen. Für diese Kenngrößen, die in der rechten Spalte von Bild 2.23 aufgeführt sind, sind minimale Werte anzustreben, d.h. möglichst geringe Nachgiebigkeiten bei minimalem Materialeinsatz bzw. Schweißaufwand. Als günstige Bauformen stellen sich das unverrippte Grundmodell, die einfach-quergeschotteten Ausführungen (Modell 18), das einfach-diagonalverrippte Modell 12 sowie die V-förmige Längsverrippung (Modell 11) heraus, bei der die Rippen die Führungsbahnen abstützen. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Kräfte und Momente über die Ständerhilfskonstruktionen (Bild 2.22 links) direkt in die Außenwände des Bettes eingeleitet werden, so dass keine örtlichen oder punktuellen Wandverformungen auftreten, für die eine Rippenkonstruktion dann evtl. doch wirksam werden könnte. Grundsätzlich sind geschlossene Bauformen anzustreben, um hohe Biege- und insbesondere Torsionssteifigkeiten zu erzielen. Fertigungs- und Montagegründe (Kernsandentnahme, Befestigung von anderen Maschinenteilen) erfordern jedoch häufig offene Bauformen. Eine häufig verwendete Bauform ist der einseitig offene

2.3 Auslegungs- und Gestaltungskriterien bei statischer Belastung P r in d a rs te d e V e r r ip

N a c h g ie b ig k e it ( B e la s tu n g d u r c h 6 E in h e its la s te n )

z ip llu n g r p u n g

M o d e ll

M a te r ia lv o lu m e n

P ro z e n ta n g a b e n

0

M o d e ll

M o d e ll

P ro z e n ta n g a b e n

1 0

1 9

8 8

1 5 1 6

8 6 8 5 8 3 8 2

1 9

1 0 0 1 1 4 1 2 9 1 1 6 1 0 7 1 2 0 1 1 4

1 5 1 6

1 3 2 1 2 3

1 0 1 4 1 8 6

1 5

0 9 1 4 1 8 6

1 5

1 7 3 1 2

8 0

1 7

7 9 7 8

3 1 2

4

7 8 4

7 8 7

2

8

7 7 8

1 1 2 0 1 3

7 0 6 9

1 1 2 0 1 3

6 4

0 9 1 0 1 4 1 8 6

1 3 3 1 2 6 1 3 9 1 2 9 1 3 2 1 3 6

7

7 7 2

N a c h g ie b ig k e it x V o lu m e n

F ü g e lä n g e

1 0 0 9 8 9 3 9 2 9 2 8 9

9

31

1 4 1 4 1 4 1 4 1 5 1 6

1 9 1 5 1 6 1

4

1 0 1

9 1

1 4 1 8 6

6 3

1 9 5

1 5 1 6

2 1 1 9 1 4 1 7

4 2 6 9

1 7 3

1 0 1 0 1 1 3 1 0

1 0 1 1 0 3 1 0 1 0 9

1 2 4 7 2

1 7 7

0 0 2 ,3 2 0 7 ,4 9 9 7 1 ,7 5

1 1 1 1 0 3 ,7 1 1 1 ,4

1 5

2 2 3 2

1 1 1 1 1 0

9

1 7 3 1 2 4 7

0

0 0

6

1 6 8 1 7 7 1 7 3

0

5

1 0 1 3 1 7 1 3 1 2 1 5 1 4 1 8

5

0 8

N a c h g ie b ig k e it x F ü g e lä n g e ( S u m m e ü b e r 6 L a s tfä lle )

P ro z e n ta n g a b e n

8

2 4 6

8

1 1 2 0 1 3

1 7 7 2 1 9 2 1 8

1 1 2 0 1 3

,6 ,5 6

1 0 0 1 3 3 1 6 0 1 2 9 1 1 2 1 3 7 1 2 6 1 6 0 1 4 3 1 4 8 1 4 2 1 7 1 1 5 2 1 1 3 1 3 9

,4

1 8 7

1 0 8 ,4

1 3 7

1 1 4 9 8 ,4

1 8 1 2 1 5 1 4

1 0 6 1 1 0 ,5

9 4 0 7

Bild 2.23. Nachgiebigkeit, Materialvolumen und Fügelänge geschlossener Maschinenbettmodelle

Kasten bzw. Ständer ohne Boden- oder Kopfplatte, der sowohl als Guss- als auch als Schweißkonstruktion fertigungstechnische Vorteile aufweist. Im Vergleich zur geschlossenen Bauform zeigen jedoch die Bauformen ohne Boden eine stark erhöhte Torsionsnachgiebigkeit. Bild 2.24 zeigt die Nachgiebigkeitskennwerte bei Torsionsbelastung für 14 verschiedene Ausführungen ohne Bodenplatte, bezogen auf die Werte des unverrippten geschlossenen Modells. Bei den ersten sechs Modellen, die nur Querschotten oder Längsrippen besitzen, ergeben sich um über 100-mal größere Nachgiebigkeiten. Günstiger wird das Verhalten erst durch Diagonalverrippungen, wobei jedoch selbst die sehr umfangreichen Verrippungen der Modelle 7 und 8 noch das 1,5-fache der Nachgiebigkeit des geschlossenen unverrippten Modells aufweisen. Die Ergebnisse dieser systematischen Untersuchungen sind in Form von Konstruktionskatalogen zusammengefasst [185]. Für übliche Gestellabmessungen kann der Konstrukteur optimale Lösungen für seine Problemstellung finden. Darüber hinaus können die Steifigkeitswerte mit Hilfe von Übertragungsregeln für beliebige Krafteinleitungsfälle ermittelt werden, ohne dass umfangreiche Berechnungen durchgeführt werden müssen [191]. 2.3.4.3 Krafteinleitung

Die das Gestell belastenden Kräfte und Momente werden von Support und Schlitten über die Führungsbahnen in das Bauteil eingeleitet. Dabei entstehen lokale Verformungen, die einen erheblichen Beitrag zur Gesamtverformung liefern können. Bild 2.25 zeigt das Modell eines diagonalverrippten Maschinenständers und die verformten Querschnitte für eine Belastung an dem Bearbeitungspunkt in x- und

32

2 Gestelle und Gestellbauteile

F r o n ta n s ic h t

T o r s io n s b e la s tu n g P r in z ip d a r s te llu n g d e r V e r r ip p u n g

V e r fo r m u n g s c h a r a k te r is tik N a c h g ie b ig k e it b e z o g e n a u f d ie u n v e r r ip p te g e s c h lo s s e n e A u s fü h r u n g M o d .-N r. 0

W e rt 3 5 9 0 0 %

1 8

2 8 2 0 0 %

9

2 5 8 0 0 %

1 9

2 2 4 0 0 %

1 0

1 9 8 0 0 %

3

1 3 6 0 0 %

1 4

5 5 4 %

1 6

5 3 8 %

6

2 7 9 %

1 5

2 6 9 %

1 7

2 6 9 %

5

2 2 9 % 7

8

1 6 2 % 1 6 2 %

Bild 2.24. Nachgiebigkeitsverhalten offener Maschinenbettausführungen ohne Bodenplatte bei Torsionsbelastung

y-Richtung. Da die Krafteinleitungsbereiche durch die Diagonalrippen nur unzureichend versteift sind, betragen die lokalen Verformungsanteile ein Vielfaches von den Verformungsanteilen, die aus einer globalen Torsion oder Biegung des Bauteils resultieren. Im Hinblick auf eine belastungsgerechte Querschnittsform stellt die kraftflussgerechte Anbindung von Bauteilwänden an die Krafteinleitungsbereiche die effektivste Maßnahme dar, die lokale Steifigkeit zu erhöhen. In diesem Zusammenhang steht der Konstrukteur immer vor der Aufgabe, möglichst große Querschnittsabmessungen zur Erhöhung der globalen Bauteilsteifigkeit mit einer optimalen Abstützung der Führungsbahnen zu kombinieren. Einige typische Gestaltungsvarianten zeigt das Bild 2.26. Die Querschnittsform A ist ungünstig, weil durch ein elastisches Nachgeben der Wände die Steifigkeit in dieser Richtung erheblich beeinträchtigt wird. Mit den Formen B und C sind bereits deutliche lokale Steifigkeitsgewinne zu erzielen, da die Führungsbahnen durch die Seitenwände abgestützt sind. Auch die Gestaltunterschiede im Vergleich zum Modell A sind gering, so dass funktionale

2.3 Auslegungs- und Gestaltungskriterien bei statischer Belastung B e is p ie l:

a llg . R e c h e n m o d e ll:

u

A B H = 1 4 T = 7 5 B = 6 0 h BP = 6

0 0 0 m 0 m 2 0

B P F

m m m m m m

F e in g e s p a n n t

L a s tfa ll 1 L a s tfa ll 2 u g lo b a l = 6 m m g lo b a l = 2 1 m m H ilfs s tr u k tu r z u r B e s tim m u n g d e r g lo b a le n V e r fo r m u n g

y

x

z y

x

E b e n e s B e la s tu n g s p r o fil d e s G e s te llq u e r s c h n itte s im K r a fte in le itu n g s b e r e ic h B :

F x:

L a s tfa ll 1

F y:

33

L a s tfa ll 2

-F

: y

F u

g e s a m t

H ilfs s tr u k tu r z u r B e s tim m u n g d e r G e s a m tv e rfo rm u n g x

u u

lo k a l

u

= 8 5 m m lo k a l

= u

g e s a m t

g e s a m t

- u

g lo b a l

u

= 6 4 m m

F y = 4 8 m m

lo k a l

= 4 2 m m

Bild 2.25. Lokales und globales Verformungsverhalten eines Maschinenständers

Gesichtspunkte in der Regel nicht beeinflusst werden. Zusätzliche Innenverrippungen bei Modell D stützen zum einen die Führungsbahnen sehr gut ab, zum anderen erhöhen sie die Biege- und Torsionssteifigkeit eines Gestellbauteils.

A

B

D

k

C

A

< k B

< k C

< k D

k : lo k a le S te ifig k e it

Bild 2.26. Gestaltungsmöglichkeiten von Krafteinleitungsbereichen

Lokale Verformungsanteile resultieren häufig aus einer nicht ausreichenden Abstützung der Krafteinleitungsbereiche durch Bauteilwände oder Verrippungen. Dem Konstrukteur stellt sich an dieser Stelle die Aufgabe, einerseits große Querschnittsabmessungen zu realisieren und andererseits eine optimale Gestaltung der Krafteinleitungsbereiche sicher zu stellen [185].

34

2 Gestelle und Gestellbauteile

Die Querschnittsabmessungen eines Maschinenständers werden unmittelbar durch die Lage der Außenwände bestimmt. Gilt es nun für einen konstanten Führungsbahnabstand von 400 mm einen Ständerquerschnitt zu dimensionieren, bieten sich grundsätzlich zwei Möglichkeiten an. Zum einen kann eine Ständerbreite gewählt werden, die größer als der Führungsbahnabstand ist, um ein möglichst hohes Torsionsflächenträgheitsmoment zu erhalten. Der Krafteinleitungsbereich muss dann lokal durch eine große Wandstärke versteift werden. Diese Maßnahme ist erforderlich, weil der Kraftfluss von den Führungsbahnen über die Vorderwand in die Seitenwand mehrfach umgelenkt wird und zu hohen örtlichen Verformungen führt. Zum anderen können die Seitenwände unmittelbar im Bereich der Krafteinleitung positioniert werden, was eine hohe lokale Steifigkeit zur Folge hat, jedoch unter globalen Verformungsaspekten auf Grund des vergleichsweise geringen Torsionsflächenträgheitsmomentes ungünstig ist. In Bild 2.27 sind die Ergebnisse für eine Variation der Querschnittsbreite B in Abhängigkeit von der Vorderwandstärke D am Beispiel eines unverrippten und allseitig geschlossenen Maschinenständers aufgeführt. Die lokalen Verformungen im Bearbeitungspunkt betragen je nach Lastfall und konstruktiver Ausführung ein Vielfaches der globalen Verformungen und bestimmen maßgeblich das Gesamtsteifigkeitsverhalten des Bauteils. R e c h e n m o d e ll:

B e is p ie l:

V a r ia tio n d e r Q u e r s c h n itts b r e ite B in A b h ä n g ig k e it d e r V o r d e r w a n d s tä r k e D

B P [m m ]

Y

G e s a m tv e r fo r m u n g im

Z

F

B P x

= 6 2 0 m m = F y = 1 0 k N

B e a r b e itu n g s k r a ft in x - R ic h tu n g D = 3 0 D = 4 0 D = 5 0

6 0

lo k a le V e r fo r m u n g

4 0 0

g lo b a le T o r s io n

B = 4 0 0

d = 2 0

4 0 0 = k o n s t.

X

8 0

2 0

7 5 0 y

B P h

e in g e s p a n n t

1 0 0

F x

B = 5 0 0

B = 6 0 0

D

B P [m m ]

F

B e a r b e itu n g s k r a ft in y - R ic h tu n g 1 4 0 1 2 0 D 1 0 0 D 8 0 D 6 0 4 0 2 0 g lo b a le B ie g u n g lo k a le V e r fo r m u n 0 B = 4 0 0 B = 5 0 0 B

G e s a m tv e r fo r m u n g im

h = 1 4 0 0 m m

B

= 3 0 = 4 0 = 5 0 g = 6 0 0

Bild 2.27. Einfluss der Querschnittsbreite auf die Verformung eines Maschinenständers

Die Aufgabe des Konstrukteurs besteht nun darin, große Querschnittsabmessungen mit einer optimalen Abstützung der Krafteinleitungsbereiche zu kombinieren. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, bieten sich grundsätzlich die im Bild 2.28 aufgeführten Varianten an.

2.3 Auslegungs- und Gestaltungskriterien bei statischer Belastung

V a r ia tio n M o d .1

7 8 0

R a = 3 5 , R i= 1 5

M o d .2 y = 1 1 5

d = 2 0

y 4

d = 3 0 5 2 .

Z

4 0 0

h = 1 4 0 0 m m

M o d .3 y = 2 0 0 Y X

L F 1

e in g e s p a n n t Y

Z

B P

2 5 5 0 %

8 2

2 6

8 0

3 0

5 9

1 0 0

T ,

2 5 5 0 %

I

A X

1 0 0

2 5 5 0 % 1 0 0

1 0 0

1 0 0

1 0 0 9 6

9 7

9 7 8 8

4 3

9 3

9 0

M o d .4 y = 2 8 5

6 5

M o d .5 y = 4 5 5

8 3

8 0

1 0 0

1 0 0

M o d .6 y = 7 4 5

L F 2

2 5 5 0 % 1 0 0

I

L F 2

L F 1

6 0 0

35

8 7

5 8

9 2

9 0 8 5 8 9

9 1

8 2 8 9

9 1

lo k . S te ifig k e it im B P T o r s io n s flä c h e n tr ä g h e its m o m e n t ( I T ) ä q u a to r ia le s F lä c h e n tr ä g h e its m o m e n t ( I x ) Q u e r s c h n itts flä c h e

X

Bild 2.28. Möglichkeiten zur kraftflussgerechten Gestaltung von Gestellbauteilen

Für Lastfall 1, der durch eine Querkraft- und Momentenbelastung gekennzeichnet ist, wirken sich die konstruktiven Maßnahmen gegenüber dem Ausgangsmodell unterschiedlich aus. Durch eine nicht geradlinige Gestaltung der Seitenwände (Modell 3 und 4) werden starke lokale Verformungen hervorgerufen, die sich unmittelbar auf die Verlagerung im Bearbeitungspunkt auswirken, so dass zusätzliche konstruktive Maßnahmen zur Vermeidung dieser Querschnittsverzerrungen (z.B. durch den Einsatz von Querrippen) getroffen werden müssen. Bei Zug-/Druckbelastung (Lastfall 2) wirkt sich die kraftflussgerechte Bauteilwandgestaltung positiv auf die lokale Steifigkeit im Bearbeitungspunkt aus. Auffallend ist auch, dass bereits mit geringen gestalterischen Maßnahmen, die in der Regel die globale Steifigkeit und funktionale Gesichtspunkte der Gestellbauteile nicht negativ beeinflussen, relativ deutliche Steifigkeitsgewinne zu erzielen sind. Ein Vergleich der Modelle 1 und 2 zeigt, dass sich die Verformung im Bearbeitungspunkt für Lastfall 2 um 15 % reduzieren lässt. Insgesamt erweist sich der trapezförmige Querschnitt mit direkter Krafteinleitung in die Seitenwände (Modell 6) als die günstigste Variante. Neben einer ausreichenden Dimensionierung der Querschnittsabmessungen und einer optimalen Gestaltung der Querschnittsform bietet sich dem Konstrukteur auch die Möglichkeit, mit einer zusätzlichen Verrippung die Krafteinleitungsbereiche zu versteifen. In dem im Bild 2.29 aufgeführten Vergleich werden Modelle mit Längsverrippung dem unverrippten Querschnitt (Modell 1) gegenübergestellt. Die Modelle 1 bis 6 sind durch Weglassen der entsprechenden Wände aus dem Gesamtmodell auf einfache Weise für die FEM-Berechnung erstellt worden. Durch zusätzliche Längsrippen lässt sich das Verformungsverhalten deutlich verbessern. Insbesondere

36

2 Gestelle und Gestellbauteile

bei Bearbeitungskräften in x-Richtung sind lokale Verformungsreduzierungen von bis zu 50% bezogen auf den Bearbeitungspunkt möglich. Der hohen Steifigkeit in Verbindung mit einer Längsverrippung steht jedoch eine Massenzunahme von ca. 30% gegenüber. Längsrippen sind allerdings nur dann effektiv, wenn sie unmittelbar mit den Kraftwirkungslinien und den Seitenwänden in Knoten zusammengeführt werden. Andernfalls treten mehr oder weniger starke Querschnittsverzerrungen auf, die zu hohen Verformungen im Bearbeitungspunkt führen. In diesem Fall lässt sich der Krafteinleitungsbereich effektiv versteifen, wenn zusätzliche Querschotten in möglichst geringen Abständen angeordnet werden.

6 0 0

L a s tfa ll 1 2 5 5 0 % 1 0 0

L a s tfa ll 2 2 5 5 0 % 1 0 0

M o d . 1

4 9

1 0

M o d . 2

6 0

M o d . 3

5 3

7 5 0

V a r ia tio n

d = 1 0

d = 2 0

h = 1 4 0 0 m m

d = 3 0 4 0 0

M o d . 4 M o d . 5

L F 2

L F 1

e in g e s p a n n t Y

Z

B P

X

M o d . 6

I T , I X 2 5 5 0 % 1 0 0 1 0 0 1 0 0

8 2

8 1 8 9 1 1 3

3 3 1 0 0

1 1 5 9 4 1 0 4

9 5

1 1 0

4 3

7 0 9 8

1 1 3 9 1 1 0 2

1 0 0 lo k T o ä q Q u

. S te ifig k e it im r s io n s flä c h e n tr u a to r ia le s F lä c e r s c h n itts flä c h

A 2 5 5 0 %

1 0 0

1 0 0 9 0 1 2 7 1 1 8 1 2 3 1 1 4

B P ä g h e its m o m e n t ( I T ) h e n tr ä g h e its m o m e n t ( I x ) e

Bild 2.29. Lokale Steifigkeit von längsverrippten Gestellquerschnitten

Um den Einfluss von zusätzlichen Querrippen auf die lokale Steifigkeit eines Gestellbauteils verifizieren zu können, sind verschieden gestaltete Querschnitte mit und ohne Querrippen untersucht worden. Bild 2.30 zeigt die Ergebnisse dieser Untersuchung. Die Anordnung der Querrippen erfolgte unmittelbar im Krafteinleitungsbereich des Gestellbauteils. Bei allseitig geschlossenen Bauteilen ist der Einsatz von zusätzlichen Querrippen nur sinnvoll, wenn Querschnittsverzerrungen (lokale Verformungen) im Krafteinleitungsbereich vorliegen. Querschnittsverzerrungen treten auf, wenn die Lasteinleitung in großer Entfernung einer Kopfplatte bzw. Querrippe in das Bauteil erfolgt und/oder Bauteilwände und Verrippungen nicht mit der Kraftwirkungslinie in Knoten zusammengeführt werden. Letzteres wird durch einen Vergleich der Ergebnisse von Modell 1 mit Modell 2, Modell 3 mit Modell 4 und Modell 5 mit Mo-

2.3 Auslegungs- und Gestaltungskriterien bei statischer Belastung 6 0 0 V a r.

L F 1 2 5 5 0 % 1 0 0

5 3

1 3

7 5 0

8 1 d = 2 0

h = 1 4 0 0 m m

L a g e d e r Q u e r r ip p e n

L F 2

L F 1

e in g e s p a n n t Y

Z

B P

X

7 8

6 8

8 3

7 5

5 7

8 6

7 9

9 4

9 4

M o d . 4 M o d .5

7 3

2 0

1 0 0

4 3

9 8

8 3

1 0 0

1 0 0

m it Q u e r r ip p e n (d = 7 m m ) o h n e Q u e r r ip p e n

M o d . 2 M o d . 3

3 7 9 6

I T , I X A V a r ia 2 5 5 0 % 1 0 0 2 5 5 0 % 1 0 0 tio n M o d . 1 7 5

3 4

8 0

6 7

d = 3 0 4 0 0

L F 2 2 5 5 0 % 1 0 0

37

2 0 -2 7 3 0 -3 7 M o d .6 2 0 -2 7 3 0 -3 7

7 7

6 0 6 9

6 9

8 6 9 0

1 0 0

7 2 8 1

9 3

1 0 0 1 0 0

1 0 0

8 0 8 9

9 3

lo k . S te ifig k e it im B P T o r s io n s flä c h e n tr ä g h e its m o m e n t ( I T ) ä q u a to r ia le s F lä c h e n tr ä g h e its m o m e n t ( I x ) Q u e r s c h n itts flä c h e

Bild 2.30. Einfluss von Querrippen auf die lokale Steifigkeit von Gestellquerschnitten

dell 6 deutlich. Während für Modell 1, 3 und 5, die durch einen nicht optimal abgestützten Krafteinleitungsbereich gekennzeichnet sind, die Steifigkeitsgewinne durch zusätzliche Querrippen hoch ausfallen, sind die Verbesserungen bei Querschnitten, die derart gestaltet sind, dass Bauteilwände, Verrippungen und Kraftwirkungslinien in Knoten zusammenlaufen, vergleichsweise gering (vgl. Modell 2, 4 und 6). Die günstigste Variante in dieser Untersuchung stellt Modell 6 dar, das gegenüber Modell 2 durch eine erhöhte Bauteilwandstärke gekennzeichnet ist. Die Querschnittsfläche entspricht der Fläche des diagonalverrippten Querschnitts (Modell 4). Aus den Ergebnissen lässt sich schlussfolgern, dass es unter Steifigkeitsgesichtspunkten sinnvoller sein kann, das Material in die Außenwände zu verlagern, anstatt eine zusätzliche Diagonalverrippung, die eine Massezunahme von ca. 30 % mit sich bringt, vorzunehmen. Dies gilt jedoch nur für Querschnittsformen, die eine optimale Abstützung der Krafteinleitungsbereiche durch Bauteilwände sicherstellen. Jedoch sind insbesondere für Lastfall 2 durch zusätzliche Längsverrippungen höhere Steifigkeitsgewinne zu erzielen (vgl. Modell 3 und 5). Bei der Analyse der Ergebnisse in Bild 2.30 ist grundsätzlich zu beachten, dass die Versteifung der Querschnitte durch zusätzliche Querrippen unmittelbar in den Krafteinleitungsbereichen des Beispielbauteils geschieht. In der Praxis werden sich durch die variable Schlittenposition die Orte der Krafteinleitung in Abhängigkeit von der aktuellen Bearbeitungsaufgabe verschieben, so dass der Abstand der Querrippen im Krafteinleitungsbereich eines Gestellbauteils entscheidend für das lokale Steifigkeitsverhalten im Bearbeitungspunkt ist. Diese Abhängigkeiten sind in der in Bild 2.31 beschriebenen Variantenbetrachtung aufgeführt.

38

2 Gestelle und Gestellbauteile

Grundlage der Untersuchung ist das geschlossene, unverrippte Basismodell. Die Gestaltung des Krafteinleitungsbereiches – Seitenwände, Längsrippen und Kraftwirkungslinien sind nicht in Knoten zusammengeführt – erfordert den Einsatz von zusätzlichen, im Krafteinleitungsbereich optimal angeordneten Querrippen. Die Untersuchung basiert auf der Variation des Verhältnisses aus Querrippenabstand a und Länge der Krafteinleitung b. Die Krafteinleitung erfolgt dabei exakt zwischen den Querrippen und entspricht dem Fall der größten lokalen Verformung. Das Verhältnis a/b = 1 stellt den Idealfall dar, d.h. die Querrippen liegen unmittelbar im Krafteinleitungsbereich. Die Ergebnisse zeigen, dass für ein Verhältnis von a/b > 2 die lokalen Steifigkeitsverluste überproportional zunehmen, um dann für a/b > 4 gegen den Wert des allseitig geschlossenen, aber nicht querverrippten Modells zu konvergieren. Diese Erkenntnis ist unabhängig davon, ob es sich um längs- oder nicht-längsverrippte Querschnitte handelt. Für die Praxis hat dies zur Folge, dass beispielsweise für ein Verhältnis a/b = 4 eine deutliche Abhängigkeit der lokalen Steifigkeit von der Position des Bearbeitungspunktes besteht. Die lokalen Steifigkeitsunterschiede können bis zu 46 % betragen und unmittelbare Auswirkungen auf das Bearbeitungsergebnis haben.

L a s tf. F

b

a

b = 8 0 m m

V a r..

d = 2 0

L F 2 2 5 5 0 % 1 0 0

9 4

L F 2 2 5 5 0 % 1 0 0

1 0 0

1 0 0

9 5

1 0 0

8 9

8 0

8 5

7 2

9 0 a /b = 2

a /b = 2 4 0 0

6 0 0

L F 1 2 5 5 0 % 1 0 0

a /b = 1

a /b = 1

d = 1 0

L a s tf. V a r..

1 0 0

1 0 0 Z

X Y

L F 1 2 5 5 0 % 1 0 0

7 5 0

Y

Z

7 1

8 3 X

d = 3 0

a /b = 3

a /b = 3

L a g e d e r Q u e r r ip p e n

7 4

5 4 a /b = 4

h = 1 4 0 0 m m

a /b = 4

e in g e s p a n n t

5 6 L F 1

L F 2

m it Q u e r r ip p e n (d = 7 m m )

B P Z

o h n e Q u e r r ip p e n

3 0

6 1 lo k . S te ifig k e it im

5 2 B P

a = R ip p e n a b s ta n d b = K r a fte in le itu n g s b e r e ic h = 8 0 m m ( F ü h r u n g s s c h u h lä n g e )

Bild 2.31. Einfluss der Anordnung von Querrippen auf die lokale Steifigkeit von Gestellquerschnitten

Neben der geometrischen Gestaltung von Krafteinleitungsbereichen beeinflusst auch die geometrische Gestalt der Führungen bedingt durch das Führungsprinzip die Verformung von Gestellquerschnitten. Bild 2.32 zeigt die Abhängigkeit der Krafteinleitung für zwei unterschiedliche Führungen sowie deren entsprechende Verformungsbilder. Das eingezeichnete Maß e bezeichnet den Abstand der Kraft-

2.3 Auslegungs- und Gestaltungskriterien bei statischer Belastung

39

wirkungslinie von der Seitenwand bzw. Längsrippe. Dieses Maß e hat bei Verwendung einer Profilschienenwälzführung näherungsweise den Wert Null; in Verbindung mit einer Flachführung mit Umgriff, z. B. einer Gleitführung, ist dieser Wert jedoch konstruktiv bedingt von null verschieden.

B e is p ie l 1 : P r o fils c h ie n e n w ä lz fü h r u n g

F

e = 0

Q u e r.

F

z u g /D ru c k

B e is p ie l 2 : G le itfü h r u n g

F F

V e r fo r m te r Q u e r s c h n itt

V e r fo r m te r Q u e r s c h n itt

Z u g

Q u e r.

F

D ru c k

e

e > 0 fü r F zug u n d F

Q u e r

L a s tfa ll T o r s io n

Bild 2.32. Einfluss des Führungsprinzips auf die Verformung von Gestellquerschnitten

Die Verformungsbilder in Bild 2.32 zeigen, dass für Beispiel 2 (e > 0) ausgeprägte Querschnittsverzerrungen im Krafteinleitungsbereich auftreten, während für Beispiel 1 (e = 0) kaum Querschnittsverzerrungen zu verzeichnen sind. Für Beispiel 1 ist der Einsatz von zusätzlichen Querrippen unter der Voraussetzung, dass das Bauteil allseitig geschlossen ist, nur mit vergleichsweise geringen lokalen Steifigkeitsgewinnen verbunden. Die Kraft lässt sich daher über Profilschienenwälzführungen sehr viel günstiger in ein Gestellbauteil einleiten. Durch entsprechende konstruktive Gestaltung lassen sich Querschnittsverzerrungen vollständig vermeiden. Bei einer Führung mit Umgriff ist es konstruktiv nicht möglich, Kraftwirkungslinie, Seitenwand und Verrippung in einem Punkt zusammenzuführen, so dass zusätzliche Querrippen den Krafteinleitungsbereich sehr wirkungsvoll versteifen. 2.3.4.4 Fügeverbindungen

Gestellbauteile werden miteinander oder mit dem Fundament durch kraft- und formschlüssige Fügeverbindungen gekoppelt. Die entstehenden Fugen beeinflussen die Gesamtsteifigkeit der Gestelle, da sie in der Regel im Kraftfluss liegen [129]. Die möglichen Auswirkungen der Fügestellennachgiebigkeit auf die Verlagerung eines

40

2 Gestelle und Gestellbauteile M x D

b

(F x,F z) D

F x

D

F

z D

F

x k

x

=

z

x

S c h u b b e a n s p ru c h u n g z

j D

F z

x

z

F x

D x

(» ¥

)

N o r m a lb e a n s p ru c h u n g k z

=

F

B ie g e b e a n s p ru c h u n g

z

D z

k j =

M b

D j

Bild 2.33. Auswirkungen der Fügestellennachgiebigkeit

Ständers sind in Bild 2.33 schematisch dargestellt. Vor allem bei den von der Kraftangriffsstelle weiter entfernt liegenden Fügestellen ist eine hohe Steifigkeit der Fügeverbindungen erforderlich, da sie auf Grund der ungünstigen Hebelverhältnisse starke Auswirkungen haben. Die Fügestellen zwischen den einzelnen Gestellbauteilen werden häufig als ebene Mehrschraubenverbindungen ausgeführt, deren Steifigkeit durch die Parameter • Schraubenanordnung und -anzahl, • Steifigkeit der einzelnen Schraubenverbindungen sowie • Flanschgestalt beeinflusst wird. Anzahl und Anordnung der Schrauben im Flansch Bei einer Mehrschraubenflanschverbindung sollte möglichst eine homogene Druckvorspannung über die gesamte Fügefläche durch die Schrauben erzeugt werden. Hierbei spielen der Schraubenabstand und die Flanschdicke eine entscheidende Rolle. Umfangreiche Untersuchungen der Schraubenverbindungen [129] haben gezeigt, dass nur ein unmittelbar um die Schraube liegender Bereich des Flansches aktiv an der Kraftübertragung beteiligt ist. Diese Kontaktfläche um die Schraube herum nimmt mit der Flanschdicke durch die Auswirkung des Druckkegels zu. Für eine günstige Auslegung der Mehrschraubenverbindung, d.h. für eine Maximierung der Kontaktsteifigkeit der Fügestellen, sollten sich die aktiven Kontaktzonen möglichst überdecken. Das bedeutet, dass xs = rsk + rk betragen sollte (Bild 2.34) [141]. Durch die geometrische Beziehung rk − rsk tan βk = dfl ergibt sich für den optimalen Schraubenabstand xs

(2.14)

(2.15)

2.3 Auslegungs- und Gestaltungskriterien bei statischer Belastung

41

xs = d f l · tan βk + 2rsk .

(2.16)

x s

rs k

k

d fl

b

x s : S c h ra u b e n a b s ta n d d fl : F la n s c h d ic k e je F ü g e p a r tn e r rs k : R a d iu s d e s S c h r a u b e n k o p fe s

k

r

rk : R a d iu s d e r K o n t a k f lä c h e s k

b k : D r u c k k e g e lw in k e l d fl

r

x s = d * ta n b + 2 r k s k fl

Bild 2.34. Definitionen und Auslegung von Flanschverbindungen

b 1 K o n ta k tz o n e n

d fl2

b 2

F V

d fl

d fl1

b k

s c h m a le F la n s c h e g le ic h e r D ic k e

a

b r e ite F la n s c h e g le ic h e r D ic k e

b F V d s k d s k : S c h ra u b e n e c k m a ß

c

s c h m a le r F la n s c h a u f d ic k e r G r u n d p la tte

d

b r e ite r F la n s c h a u f d ic k e r G r u n d p la tte

b k

b k

b

b < d sk+ 2 d b = b 1= b 2 d fl= d fl1 = d

5 0 °

b > d sk+ 2 d b = b 1= b 2 d fl= d fl1 = d

5 5 ° k

b

4 5 °

b 1< d

k

d 6 0 °

fl1

< d

b 1> d d

fl1

< d

fl

fl2 fl

fl2

+ 2 d

s k

fl1

fl2 s k

+ 2 d

fl1

fl2

Bild 2.35. Richtwerte für den Zusammenhang zwischen Flanschgeometrie und radialer Ausdehnung der Kontaktzone

42

2 Gestelle und Gestellbauteile 6

m m M

5

M

N o rm a v e rfo rm u n g d

4

F la n s c h d ic k e d fl = 6 0 m m

3 0

a

S c h r a u b e n q u e r s c h n itts flä c h e n

M

2 0 M

3

1 0 0 k N

d

2 4

A s = 1 5 7 5 m m 2

1 0 0 0 m m

1 6 b

M

n = 7

1 4 M

1 2

M

2 0

a

2 n = 1 5

M

1 4

b 1

0

1 6 8 S c h ra u b e n a n z a h l n

2 4

Bild 2.36. Normalverformung von Schraubenverbindungen

In Bild 2.35 sind Richtwerte für den Druckkegelwinkel βk für zentrisch verschraubte Platten unterschiedlicher Geometrien wiedergegeben [129]. Daraus geht hervor, dass die Größe der sich in der Fuge ausbildenden Kontaktzone mit der Gestaltsteifigkeit der verspannten Platten der Flansche zunimmt. Bild 2.36 zeigt, wie bei konstant gehaltenen Belastungen, konstanter Flanschdicke und gleicher Schraubenquerschnittsfläche mit wachsender Schraubenanzahl die Flanschverformung auf Grund der besseren Überdeckung der Kontaktzonen abnimmt. Steifigkeit einzelner Schraubenverbindungen Die Steifigkeit einer Schraubenverbindung wird durch die Parameter Schraubensteifigkeit, Flanschsteifigkeit und Kontaktsteifigkeit bestimmt. In Bild 2.37 links ist eine Schraubenverbindung durch Feder-Dämpfer-Elemente abstrahiert. Rechts im Bild werden beispielhaft die Kontaktbedingungen im unbelasteten Zustand zweier gefräster Oberflächen an einem kleinen Ausschnitt dargestellt. Hier wird deutlich, dass der Traganteil sehr gering ist, und selbst bei hohen Flächenpressungen, bei denen eine teilweise elastische und plastische Abflachung der Rauheitsspitzen auftritt, keine vollkommene Berührung der Bauteilflächen erfolgen kann [126]. Bild 2.38 zeigt ein Ersatzfedermodell der Schraubenverbindung und ihrer einzelnen Komponenten. Man erkennt, dass die Verbindung im Ersatzmodell aus zwei parallel geschalteten Federsystemen besteht. Dieses Modell ist jedoch nur gültig, solange die Betriebskraft die Vorspannkraft der Verbindung nicht übersteigt. Übersteigt die äußere Zugbelastungskraft die Vorspannkraft, so verlieren die beiden Fügeflächen ihren Kontakt und die Kräfte werden nur noch über die Flansche und die Schrauben übertragen. Entsprechend geringere Steifigkeiten der Verbindung sind

2.3 Auslegungs- und Gestaltungskriterien bei statischer Belastung

43

1 0 m m

k

K o n ta k t u n b e la s te te r g e fr ä s te r O b e r flä c h e n

C

F u

k

2 5 0 m m

F u

k

S c h

F u

k C

S c h

v e r s c h r a u b te F ü g e s te lle

F u

S te ifig k e it d e r F u g e S te ifig k e it d e r S c h r a u b e D ä m p fu n g d e r F u g e

Bild 2.37. Beschreibung einer verschraubten Fügestelle durch Feder-Dämpfer-Elemente

die Folge. Die Schrauben sollten deshalb stets mit einer größeren Kraft als der zu erwartenden Betriebszugkraft vorgespannt werden. In Druckrichtung spielt der Verlust der Vorspannung keine Rolle, da in jedem Fall der Fugenkontakt erhalten bleibt. E r s a tz h ü ls e ( F la n s c h ) F la n s c h s te ifig k e it k K o n ta k ts te ifig k e it k K F la n s c h s te ifig k e it k

K o n ta k tF lä c h e

S c h ra u b e n s te ifig k e it k s

F F

S te ifig k e it d e r M u tte r k M

F b

2 k F 2 k F

K r a fte in le itu n g s e b e n e

k k 2 k F 2 k F

F

k S

k M F b

k F k k k F + k k

(1 )

k s k F k M k F k M+ k s k M+ k s k F (2 ) 2 F b

S ( 1 ) d u r c h L a s t e n tla s te te F e d e r n ( 2 ) d u r c h L a s t z u s ä tz lic h b e la s te te F e d e rn

Bild 2.38. Federmodell einer Schraubenverbindung

Eine wichtige Komponente der Schraubenverbindung wie auch jeder anderen Fügestelle (Schrumpfverbindung, Welle-Nabe-Verbindung u.a.) ist die Steifigkeit der Kontaktzone der gefügten Teile. Die Kontaktsteifigkeit hängt wesentlich von der Oberflächengestalt der Fügezone ab. Die Oberflächenrauheit im Bereich der Be-

44

2 Gestelle und Gestellbauteile

rührzone beeinflusst das Steifigkeitsverhalten. Weiterhin nimmt die Steifigkeit mit wachsender Flächenpressung zu, da sich dann mehr Rauhigkeitsspitzen berühren und so ein größerer Flächenanteil an der Kraftübertragung beteiligt ist. Die KraftVerformungs-Beziehung einer Kontaktzone wurde von Levina durch eine empirische Gleichung beschrieben [11]. Die Verformung in Normalrichtung δ ergibt sich bei einer mittleren Flächenpressung p zu: δ = α · pm

(2.17)

mit δ in µm und p in wobei α und m von der Oberflächenrauhigkeit und der Werkstoffpaarung abhängig sind. Für die Paarung zweier geschliffener Stahlflächen gilt z.B. α = 0, 6 und m = 0, 4. Allgemein bewirkt eine hohe Oberflächengüte eine hohe Kontaktsteifigkeit. Die statischen und dynamischen Kennwerte der verschraubten Fügestellen wurden in Abhängigkeit von der Flächenpressung, der Benetzung, der dynamischen Fügestellenbelastung und der Kontaktflächenpaarung in umfangreichen Untersuchungen ermittelt [126]. Um einen auf jede Fuge übertragbaren spezifischen Kennwert zu erhalten, wurde der Steifigkeitswert aus dynamischen Messungen bestimmt und auf die Fügefläche bezogen. Hierbei ergaben sich die in Bild 2.39 angegebenen charakteristischen Abhängigkeiten. Grundsätzlich ist festzustellen, dass die spezifische Steifigkeit der Fügestellen mit zunehmender Flächenpressung degressiv ansteigt. N/cm2 ,

K o n ta k tflä c h e n : g e fr ä s t / g e fr ä s t

K o n ta k tflä c h e n : g e s c h liffe n / g e fr ä s t

s p e z . F u g e n s te ifig k e it k *

fu

4 0 0 0 N /m m m m

2

2 0 0 0 1 0 0 0

0 B e n e tz u n g :

h

5

1 0 1 5 2 0 F lä c h e n p r e s s u n g p

tro c k e n 4 0 m P a s 2 0 =

h

h

2 0 2 0

N /m m ²

= 1 7 0 m P a s = 3 5 0 m P a s

3 0 0

5

1 0 1 5 2 0 F lä c h e n p r e s s u n g p

N /m m ²

3 0

F re q u e n z : 1 5 0 - 1 9 5 H z H a m m e r k r a ft b e i a b s o lu te r E r r e g u n g : F = 1 ,0 k N

Bild 2.39. Einfluss der Benetzung auf die spezifische Fugensteifigkeit; Kontaktfläche gefräst/gefräst (links), geschliffen/gefräst (rechts)

Die größten Steifigkeitsänderungen sind bei kleinen Flächenpressungen p < 10 N/mm2 zu verzeichnen. Dies ist auf den mit der Flächenpressung rasch ansteigenden Traganteil zurückzuführen. Weiterhin wird deutlich, dass bei diesen Belastungsverhältnissen im unteren Flächenpressungsbereich bis ca. p = 15 N/mm2 durch den Einsatz unterschiedlicher Öle als Zwischenmedium in der Fügestelle erhebliche Steifigkeitsgewinne gegenüber der trockenen Fuge möglich sind. Eine wei-

2.3 Auslegungs- und Gestaltungskriterien bei statischer Belastung

s p e z . F u g e n s t e i f i g k e i t k *f u

4 0 0 0

45

o h n e K le b s to ff v e r s c h r a u b te F ü g e s te lle b e id s e itig g e k le b te F ü g e s te lle

N /m m m m 2

A g o m e t F 3 1 2 A r a ld it A V

2 0 0 0

1 3 8 M d = 0 ,2 m m

S c h ic h td ic k e 1 0 0 0

B e a r b e itu n g

d e r F lä c h e

=

g e fr ä s t / g e fr ä s t

H a m m e rk ra ft b e i a b s o lu te r E r r e g u n g F

0

F re q u e n z 5

1 0

1 5

2 0

N /m m

2

1

= 7 6 0 N

1 2 0 - 2 8 5 H z

3 0

F lä c h e n p r e s s u n g p

Bild 2.40. Spezifische Fugensteifigkeit der geschraubten und geklebt/geschraubten Fügestelle in Abhängigkeit von der Flächenpressung

tere Verbesserung der spezifischen Steifigkeitswerte im Bereich kleiner Flächenpressungen kann durch Kleben der Fügestelle erzielt werden (Bild 2.40). Wesentliches Merkmal der geklebten Verbindung ist die geringere Abhängigkeit von der Flächenpressung. Die nur trocken verschraubte Fuge schneidet hier eindeutig schlechter ab, denn ihre Steifigkeit steigt nur langsam an und strebt asymptotisch gegen einen Grenzwert. Ursache hierfür sind die sich verändernden Kontaktbedingungen. Der Traganteil steigt mit zunehmender Flächenpressung an, während der Klebstoff auch ohne hohe Flächenpressung für optimale Traganteile sorgt [79]. Flanschgestaltung Der Kraftfluss innerhalb eines Flansches konzentriert sich auf diejenigen Stellen, an denen die gefügten Bauteile durch die Schrauben aufeinander gepresst sind. Die Umlenkung und Konzentration des Kraftflusses auf die Kontaktzonen im Bereich der Schrauben führt zu einer Biegebeanspruchung des Flansches und damit zu großen örtlichen Verformungen. Bild 2.41 zeigt den Mechanismus der Biegebeanspruchung eines Flansches. Durch die Anordnung der Schrauben möglichst nahe an der Ständerwandung lässt sich die Biegebeanspruchung verringern. Verrippungen, die die Ständerwand und den Flansch im Bereich der Schraube unterstützen, wirken sich versteifend aus. Eine Erhöhung der Flanschdicke hat die gleiche Wirkung. Eine Anordnung der Schrauben in der Wandungsebene vermeidet die Biegebeanspruchung des Flanschfußes. Die erforderlichen Wandaussparungen schwächen jedoch den Querschnitt der Gestellwand im Bereich der Verbindung, so dass bei geringen Schraubenabständen der Vorteil einer gleichmäßigen Kontaktzonenbelastung und hohen Sicherheit gegen Aufklaffen durch eine erhöhte Wandnachgiebigkeit wieder verloren gehen kann, wie die Ergebnisse im Bild 2.42 zeigen. Da letztlich die Gestaltsteifigkeit im Punkt D den Einfluss der Flanschverbindung auf die Gesamtsteifigkeit eines Bauteils bestimmt, empfiehlt es sich in vielen Fällen, die Flanschform B in Verbindung mit

46

2 Gestelle und Gestellbauteile o h n e Z w is c h e n r ip p e n

a

m it Z w is c h e n r ip p e n

b

V o rs p a n n k ra ft B e tr ie b s k r a ft s e itlic h e s A u fk la ffe n d e r F u g e b e i Z u g b e a n s p ru c h u n g d e r V e r b in d u n g

Bild 2.41. Gestaltung und Beanspruchung einer Schraubenverbindung mit exzentrischer Schraubenanordnung

einer optimalen Schraubenanordnung der Ausführung C, die mit einem sehr hohen fertigungstechnischen Aufwand verbunden ist, vorzuziehen. 2.3.5 Konstruktionsbeispiele

Die konstruktive Ausführung von Gestellbauteilen hängt im Wesentlichen von der jeweiligen Aufgabenstellung ab. Es sollen hier einige Beispiele gezeigt werden, die deutlich machen, wie sehr die Gestalt eines Gestellteiles durch die funktionalen Anforderungen bestimmt wird. Bild 2.43 zeigt den Ständer eines Bohr- und Fräswerkes. Die Grundform dieses Ständers ist ein Pyramidenstumpf mit einem Rechteckquerschnitt. Der Ständerinnenraum muss zur Aufnahme eines Gegengewichtes für den Ausgleich der Supportund Schlittenmassen freibleiben. Zur Erhöhung der Torsionssteifigkeit, d.h. der Vermeidung von Querschnittsverzerrungen, sind hier durchbrochene Querschotten vorgesehen. Um eine genügend große Biegesteifigkeit zu erzielen, sind zusätzlich noch Längsrippen vorhanden. Die Führungsbahnen liegen zu weit von den Seitenwänden entfernt und sind somit nicht sehr günstig angeordnet. Sie werden aber durch die Querschotten ausreichend abgestützt. Bei dem in Bild 2.44 gezeigten Schnitt des Ständers ist die äußere Form aus dem vorliegenden Kraftfluss abgeleitet, so dass der Querschnitt von unten nach oben stetig kleiner wird. Die Führungsbahnen sind nahe den Seitenwänden angeordnet und werden durch Querrippen gestützt. Die Masse des Ständers wurde durch Wandstärkenoptimierung der Bleche und kreisrunde Materialausbrüche auf der Rückseite des Ständers bei vorgegebener Steifigkeit minimiert.

2.3 Auslegungs- und Gestaltungskriterien bei statischer Belastung F

M o d e lld a te n :

x s *= 7 7 m m x s *= 1 0 5 m m

F b

m a x . R ip p e n d ic k e : 2 0 m m m a x . R ip p e n d ic k e : 6 0 m m c

S c h ra u b e n k ra ft: 5 8 k N (M 1 2 ) F /b = 7 6 N /m m

x s

* o p t. S c h ra u b e n a b s ta n d : 6 0 m m ( x s = d F l t a n b + 2 rs k , b = 5 0 ° - 6 0 ° )

2

a

D

E

x s

F

D D

F u ß d ic k e : 3 0 m m W a n d d ic k e : 2 0 m m a = 3 0 m m , c = 4 0 m m

47

F o rm

E

A

F o rm

E z x

B

F o rm

y

1 4 0 1 2 0 1 0 0 8 0 6 0 4 0 2 0 0

V e r fo r m u n g im

P u n k t D

V e r fo r m u n g in z - R ic h t. [% ]

V e r fo r m u n g in z - R ic h t. [% ]

F e s s e lu n g in x - R ic h tu n g V e r fo r m u n g im

P u n k t E

2 5 0

x s = 7 7 m m x s = 1 0 5 m m F o rm

A

F o rm

B

F o rm

C

2 0 0

1 5 0 1 0 0 5 0 0

F o rm

A

F o rm

Bild 2.42. Vergleich der Verformung unterschiedlicher Flanschtypen

Bild 2.43. Rechteckiger Ständer

B

F o rm

C

C

48

2 Gestelle und Gestellbauteile

Bild 2.44. Optimierter Ständer. Quelle: Chiron

Bild 2.45. Kopfgehäuse eines Bearbeitungszentrums mit drei parallelen Vorschubantrieben. Quelle: DS-Technologie

2.4 Auslegungs- und Gestaltungskriterien bei dynamischer Belastung

49

Das Spindelkopfführungsgehäuse in Bild 2.45 ist als Rundquerschnitt ausgeführt und dadurch besonders torsionssteif. Das Gehäuse nimmt drei lineare Vorschubmodule auf, die durch Rippenstrukturen an der Rohrinnenwand versteift werden. Die Auslegung solch komplizierter Bauteile hinsichtlich ihrer Steifigkeit geschieht häufig auf Grund von Erfahrungswerten, wobei oft nicht bekannt ist, ob die Steifigkeit ausreichend ist oder nicht. Eine zu große Steifigkeitsreserve müsste in diesem Fall teuer bezahlt werden. Eine Berechnung des statischen Verhaltens mit Hilfe der Finite-Elemente-Methode gehört heute zum Stand der Technik (s. Kapitel 2.7.1). Der Aufwand ist nicht unerheblich, schützt aber vor Problemen, deren Beseitigung noch teurer würde.

2.4 Auslegungs- und Gestaltungskriterien bei dynamischer Belastung 2.4.1 Dynamische Belastungen

Außer den statischen Belastungen sind bei Werkzeugmaschinen die zeitlich veränderlichen, dynamischen Belastungen von Bedeutung. Auf Grund der dynamischen Anregungskräfte durch den Bearbeitungsprozess oder Schlittenbeschleunigungen kommt es zu Schwingungen des Gesamtsystems „Werkzeugmaschine“. Die Ursachen der auftretenden Schwingungen lassen sich in Fremderregung und Selbsterregung aufteilen, wie Bild 2.46 zeigt (s. Band 5). Bei fremderregten Schwingungen ist zwischen harmonischer und impuls- oder stoßförmiger Anregung zu unterscheiden. Typische Ursachen für harmonische Schwingungen sind • •

unausgewuchtete rotierende Massen und Lagerfehler.

Impuls- und stoßförmige Anregungen findet man in Form von • • • • •

Schnitt- und Umformkräften bei Pressen und Hämmern, unterbrochenem Schnitt bei spanender Bearbeitung, Messereingriffsstößen beim Fräsen, Zahneingriffsstößen bei Zahnradgetrieben, Erschütterungen, die über das Fundament in die Maschine eingeleitet werden.

Bei impulsförmiger Anregung schwingt das Maschinensystem hauptsächlich mit der dominierenden Eigenfrequenz aus. Bei harmonischer Anregung entspricht im eingeschwungenen Zustand die Schwingungsfrequenz der Erregerfrequenz. Zu besonders großen dynamischen Schwingungsausschlägen kommt es dann, wenn die Frequenz der Anregung mit einer Eigenfrequenz der Maschine übereinstimmt. Dies gilt auch dann, wenn bei stoßförmiger Anregung die Stoßfolge in den Bereich einer Eigenfrequenz fällt (z.B. beim Messerkopffräsen). Bei Selbsterregung schwingt das Maschinensystem grundsätzlich mit einer der Eigenfrequenzen, wobei keine äußeren Störkräfte auf das System einwirken. Die

50

2 Gestelle und Gestellbauteile S e lb s te r r e g u n g S c h w in g u n g m it E ig e n fr e q u e n z

F re m d e rre g u n g S c h w in g u n g m it E r r e g e r fr e q u e n z b e i p e r io d is c h e r A n r e g u n g , m it E ig e n fr e q u e n z b e i Im p u ls a n r e g u n g

U rs a c h e n :

U rs a c h e n :

l

l

l

R e g e n e r a tiv e ffe k t

U n te r b r o c h e n e r S c h n itt

L a g e k o p p lu n g

l

M e s s e r e in g r iffs s to ß

l

G r u n d r a u s c h e n d e r S c h n ittk r ä fte l

l

fa lle n d e F - v - C h a r a k te r is tik

Ü b e r d a s F u n d a m e n t e in g e le ite te S tö rk rä fte

l

A u fb a u s c h n e id e n b ild u n g

l

U n w u c h te n , L a g e r fe h le r l

w e c h s e ln d e S c h n ittk r ä fte

Bild 2.46. Ursachen für Schwingungen an Werkzeugmaschinen

Schwingungen werden durch den Bearbeitungsprozess selbst aufrecht erhalten. Typisch für diese Schwingungsart ist das regenerative Rattern, das bei nahezu allen spanenden Bearbeitungsverfahren vorkommt und die Leistungsfähigkeit der Maschine entscheidend beeinträchtigen kann. Die komplexen Zusammenhänge dieser Schwingungserscheinungen sind in Band 5 dieses Kompendiums umfassend dargestellt. Da man die dynamischen Belastungen, soweit sie durch den Prozess vorgegeben sind, nicht vermeiden kann, sind die Schwingungsamplituden nur durch eine dynamisch ausreichend steife und gut gedämpfte Konstruktion in erlaubten Grenzen zu halten. Als Beispiel zeigt Bild 2.47 die Eigenschwingungsform einer Drehmaschine für die dominierende Eigenfrequenz bei 93 Hz. Die Krafteinleitung bei der messtechnischen Untersuchung erfolgte zwischen dem Meißelhalter und dem Werkstück in z-Richtung. Die Darstellung der Eigenschwingungsformen veranschaulicht die dynamischen Schwachstellen, im vorliegenden Fall ein Abheben des Spindelstocks vom Bett, eine Verbiegung des z-Schlittens sowie eine Torsion und Biegung des xSchlittens. Der Konstrukteur leitet aus einer solchen Darstellung der Schwingungsformen die notwendigen konstruktiven Verbesserungsmaßnahmen ab. 2.4.2 Dynamische Kenngrößen

Das dynamische Verhalten der Werkzeugmaschinengestelle wird bestimmt durch die folgenden Eigenschaften: • Masse bzw. räumliche Massenverteilung, • Steifigkeit bzw. deren räumlicher Verteilung sowie • Dämpfung, die vornehmlich durch die Koppelstellen bestimmt wird. In Abhängigkeit dieser Größen ergeben sich für jedes System bei bestimmten Eigenfrequenzen spezifische Eigenschwingungsformen, deren Gestalt von der Belastung

2.4 Auslegungs- und Gestaltungskriterien bei dynamischer Belastung z - S c h litte n

E ig e n fr e q u e n z f0 = 9 3 H z

51

x - S c h litte n x z

S p in d e ls to c k

S p a n n fu tte r

y

W e rk z e u g trä g e r

Bild 2.47. Eigenschwingungsform einer Drehmaschine

unabhängig ist. Zur Beschreibung des dynamischen Verhaltens solch komplexer Strukturen wie Werkzeugmaschinengestelle ist vor allem die Kenntnis der Eigenschwingungsformen wichtig. Man erkennt hieraus, welche Einzelbauteile maßgeblich die Eigenschwingungen verursachen (Schwachstellenanalyse). Bild 2.48 zeigt die Schwingungsform einer Portalfräsmaschine für die Eigenfrequenz von 35 Hz. Man erkennt eine Biegeschwingung des Schiebers in x-Richtung und Verformungen im Bereich der Führungen des Querschlittens. Aus der Belastung des Systems mit einer periodisch veränderlichen Kraft resultiert eine Schwingung, deren Amplitude nicht nur von der Größe und Richtung der angreifenden Kraft, sondern auch von der Frequenz der Anregung abhängt. Dieser Zusammenhang lässt sich durch die frequenzabhängige Nachgiebigkeit G( jω), den sogenannten Nachgiebigkeitsfrequenzgang, darstellen. Hierzu wird an der interessierenden Stelle der Maschine, meist an der Wirkstelle des Werkzeugs, die relative dynamische Nachgiebigkeit zwischen Werkzeug und Werkstück in allen drei Koordinatenrichtungen gemessen (s. Band 5). Eine Berechnung des Nachgiebigkeitsfrequenzganges ist heute ebenfalls möglich (s. Kapitel 2.7), jedoch ist der Aufwand nur in seltenen Fällen gerechtfertigt. Darüber hinaus stellt die Unsicherheit der Ergebnisgenauigkeit durch die meist unbekannten Steifigkeits- und Dämpfungseinflüsse der Koppelstellen (Flanschverbindungen, Führungen, Lager) nach wie vor eine Einschränkung dar. Bild 2.49 zeigt für die Portalfräsmaschine aus Bild 2.48 im linken Diagrammteil oben den gemessenen relativen Nachgiebigkeitsamplitudenverlauf über der Frequenz f Gxx ( j f ) in x-Richtung. Die Frequenzen, bei denen sich im Amplitudengang Überhöhungen zeigen, entsprechen den Eigenfrequenzen des Systems. Ausschlaggebend für die Größe der Überhöhung ist die Dämpfung. Hierbei spielt – wie schon mehrfach erwähnt – die Relativbewegung in den Koppelstellen eine wichtige Rolle. Wie man für das Beispiel aus Bild 2.48 entnehmen kann, sind für die dargestellte Eigenschwingungsform neben der Biegeverformung des z-Schiebers die Führungsstellen des Schiebers zum Kreuzschlitten sowie von diesem zum Querbalken entscheidend. Die Eigen-

52

2 Gestelle und Gestellbauteile E ig e n fr e q u e n z f0 = 3 5 H z

z x

y

Bild 2.48. Schwingungsform einer Fräsmaschine bei der dominanten Eigenfrequenz (35 Hz)

schwingungsform erzwingt an diesen Stellen eine Bewegung senkrecht zu den Führungsbahnoberflächen, die auf Grund des Squeeze-Film-Effektes dämpfend wirkt (s. Kapitel 2.4.3.8 u. Kapitel 5.1). Außer dem Betrag der Nachgiebigkeit ist auch die Phasenlage zwischen der Kraftwirkung und der daraus resultierenden Verlagerung von Interesse. In Bild 2.49 links unten ist dieser Phasengang als Kurve dargestellt. Eine dem Amplituden- und Phasengang äquivalente Aussage liefert die rechts im Bild gezeigte Ortskurve im komplexen Koordinatensystem. Für jeden Frequenzpunkt auf der Ortskurve läßt sich der Nachgiebigkeitsbetrag als Vektorlänge und die Phase an Hand der Vektorlage entnehmen. Zur vollständigen Beschreibung des dynamischen Verhaltens einer Werkzeugmaschine für eine bestimmte Lage der Maschinenbauteile benötigt man die Nachgiebigkeitsortskurven für alle drei Koordinatenrichtungen sowie in einigen Fällen auch die Kreuzabhängigkeiten (s. Band 5). 2.4.3 Konstruktive Gesichtspunkte bei der Gestaltung

Ebenso wie bei der Statik sind die Maßnahmen zur Änderung und Verbesserung des dynamischen Maschinenverhaltens stets im Zusammenhang mit der gesamten Maschine zu sehen. In erster Linie hängt das dynamische Verhalten der Maschine von der statischen Steifigkeit, der räumlichen Verteilung und Masse der Bauteile sowie von der Systemdämpfung ab. Anzustreben ist eine massearme, d.h. leichte Konstruktion, bei der gleichzeitig eine hohe Steifigkeit realisiert wird. Es gilt hierbei vor allem an den Stellen die Massen klein zu halten, wo große Schwingungsamplituden zu erwarten sind. Diese beiden meist widersprüchlichen Forderungen stellen den Konstrukteur oft vor schwierige Aufgaben. Darüber hinaus ist durch die gezielte Anwendung von dämpfungswirksamen Maschinenelementen, wie z.B. Verschraubungen, Führungen usw., die Systemdämpfung zu maximieren. Dabei spielt

2.4 Auslegungs- und Gestaltungskriterien bei dynamischer Belastung 0

1 0

53

1 8 0 °

µ m G x x

N a c h g ie b ig k e it G

N

Im

2 4 0 °

-1

1 0 6

3 0 0 ° 2

1 0

-2

0 °

6

6 0 °

2 1 0

j

3 7 H z j

-3

3 6 H z

0

5 0

1 0 0 1 5 0 F re q u e n z f

H z

2 5 0

1 8 0 °

R e

3 3 H z G x x

3 4 H z

3 5 H z

P h a s e

j

1 2 0 °

3 2 H z

Bild 2.49. Beschreibung des dynamischen Verhaltens einer Werkzeugmaschine durch Amplitudengang, Phasengang und Ortskurve

die Lage der Koppelstellen zu den Eigenschwingungsrichtungen eine entscheidende Rolle. Relativbewegungen in den Koppelstellen erhöhen einerseits die Dämpfung, vermindern aber andererseits die statische Steifigkeit, so dass auch für diese gegenläufigen Eigenschaften optimale Werte für das dynamische Verhalten des Gesamtmaschinensystems gefunden werden müssen [9]. Bild 2.50 zeigt die auftretenden Starrkörper-, Torsions- und Biegeschwingungsformen an kastenförmigen Gestellbauteilen, wie sie an Ständern, Schlitten und Spindelkästen beobachtet werden. Bei Betten und Ständern treten meistens Biege- und Torsionsschwingungen auf, bei Tischen dagegen vorwiegend Starrkörperschwingungen parallel und senkrecht zu den Führungsbahnen. Die Eigenfrequenzen hängen stark von der Maschinenbaugröße ab. Als grober Anhaltswert für die Maschinenkörper sei ein Frequenzbereich von 20 bis 200 Hz genannt. Spindeleigenfrequenzen können weit darüber liegen (bis 1200 Hz). Eine Abschätzung der Einflüsse auf das dynamische Verhalten lässt sich anhand des einfachen Einmassenschwingermodells vornehmen. Für die maximale Schwingungsamplitude bei der Eigenkreisfrequenz ergibt sich folgender Zusammenhang: xˆdynmax =

1 xstat Fˆ · = . k 2·D 2·D

(2.18)

Mit D= und

xω=0 c = 2 · m · ω0 2 · xω=ω0

(2.19)

54

2 Gestelle und Gestellbauteile

S ta r r k ö r p e r s c h w in g u n g e n

R e la tiv v e r la g e r u n g e n in d e n F ü h r u n g e n u n d F ü g e s te lle n K ip p e n

H e b e n

D re h e n

S c h ie b e n

B ie g e - u n d T o r s io n s s c h w in g u n g e n E ig e n v e r fo r m u n g e n v o n G e s te llb a u te ile n

T o r d ie r e n

B ie g e n y

y y

x x

x

Bild 2.50. Charakteristische Eigenschwingungsformen von kastenförmigen Gestellbauteilen

ω0 =

k m

(2.20)

ergibt sich

1 1 m . (2.21) = Fˆ · · c · ω0 c k Bild 2.51 zeigt, wie sich für den Einmassenschwinger die Variation der Steifigkeit und der Dämpfung auf die Ortskurve auswirkt, in Bild 2.52 ist die der Ortskurve analoge Darstellung als Nachgiebigkeits- und Phasenfrequenzgang gewählt. Durch die Reduzierung des negativen Realteils der Maschinenortskurve infolge konstruktiver Maßnahmen an der Maschine kann die Stabilität des Bearbeitungsprozesses (Rattergrenze) zu höheren kritischen Grenzspantiefen verschoben werden (s. Band 5). xˆdynmax = Fˆ ·

2.4.3.1 Massen und Massenverteilung

Die dynamisch wirksame schwingungsfähige Masse eines Systems bestimmt sowohl die Eigenfrequenz (Gleichung 2.20) als auch die Resonanzüberhöhung maßgeblich mit. Eine ungünstige Massenverteilung, d.h. eine große Masse an Stellen großer Schwingungsamplitude, senkt die Eigenfrequenz und erhöht die maximale dynamische Nachgiebigkeit. Deshalb müssen Gestellbauteile, Schlitten, Schieber, Spindelkästen und Spindel-Lager-Systeme nicht nur hinsichtlich der Erfüllung

2.4 Auslegungs- und Gestaltungskriterien bei dynamischer Belastung F ä lle d e r P a r a m e te r v a r ia tio n a n e in e m

55

E in m a s s e n s c h w in g e r (E M S ):

1 . E r h ö h u n g d e r S te ifig k e it k * Im

æ x ö ç ÷ è F ø

1 æ x ö ç ÷ 2 è F ø

1 »

m

c

F

{x /F }

R e {x /F }

A u s g a n g s s y s te m m it d e n P a ra m e te rn m ,c ,k

k

m a x

M o d e ll e in e s E in m a s s e n s c h w in g e r s

k *= 2 k

2 . E rh ö h u n g d e r D ä m p fu n g c * Im

1 » c

m a x

c

k

m a x

æ x ö ç ÷ è F ø

x m

m

1 æ x ö ç ÷ 2 è F ø

3 . R e d u z ie r u n g d e r s c h w in g e n d e n M a s s e m *

{x /F }

Im

R e {x /F }

m a x

æ x ö ç ÷ è F ø

k

» m a x

1 c

1 æ x ö ç ÷ 2 è F ø m

{x /F }

R e {x /F }

m a x

k m * = 0 ,5 m

c *= 2 c

Bild 2.51. Einfluss der Parameter auf die Nachgiebigkeitsortskurve eines Einmassenschwingers -1

1 0

A u s g a n g s s y s te m m it d e n P a ra m e te rn m , c , k

N a c h g ie g k e it G ( jw ) [µ m /N ]

2 .

E in m a s s e n s c h w in g e r ( E M S ) m it m , k , c

3 .

1 . E r h ö h u n g d e r S te ifig k e it k * = 2 k E M S m it m , 2 k , c

1 0

-2

2 . E rh ö h u n g d e r D ä m p fu n g c * = 2 c E M S m it m , k , 2 c 1 .

3 . R e d u z ie r u n g d e r M a s s e m * = 0 ,5 m E M S m it 0 ,5 m , k , c

1 0

-3

F x m 1 0

-4

P h a s e [° ]

0

0

2 0

4 0

6 0

8 0

1 0 0

k

c

-9 0

-1 8 0 0

M o d e ll e in e s E in m a s s e n s c h w in g e r s 2 0

4 0

6 0

8 0

1 0 0

1 2 0

1 4 0

1 6 0

F re q u e n z f [H z ]

Bild 2.52. Einfluss der Parameter auf den Nachgiebigkeitsfrequenzgang eines Einmassenschwingers

56

2 Gestelle und Gestellbauteile

geometrischer Genauigkeitsanforderungen unter statischen Belastungen wie Eigengewicht und Bearbeitungskräften dimensioniert werden, sondern auch hinsichtlich der lokalen Massenverteilung. Demzufolge kann bei einer guten Maschine das Bett ohne weiteres schwer sein, um die geforderte Steifigkeit zu erfüllen. Je weiter die Bauteile jedoch im Kraftfluss vom Bett entfernt liegen (Ständer → Querbalken → Schieber → Spindel), d.h. je näher diese an der Zerspanstelle liegen, desto wichtiger wird es, die Steifigkeit in Leichtbauweise zu erreichen. Zum Erreichen dieser Zielsetzung können heute leistungsfähige Optimierungsstrategien im Bereich der Finite-Elemente-Berechnung eingesetzt werden (s. Kapitel 2.7.3). Damit ist es möglich, das Verhältnis von Steifigkeit zu Masse zu verbessern und die Masseverteilung der Maschinenbauteile zu optimieren. In der Praxis sind der Forderung nach geringen Massen und gleichzeitig hohen Steifigkeiten oft Grenzen gesetzt. Am Beispiel der Portalfräsmaschine in Bild 2.53 lässt sich zeigen, wie das dynamische Verhalten einer Maschine durch eine ungünstige Massenverteilung beeinträchtigt wird. Die Fräsmaschine hat eine ausgeprägte Resonanzüberhöhung bei einer Frequenz von 45 Hz, die auf eine Biegeschwingung des Senkrechtschiebers verbunden mit einer Verformung in den Führungen des Kreuzschlittens zurückzuführen ist (Bild 2.53). Hierbei ist die Maschine mit einem Standardkopf ausgerüstet. Im rechten Bildteil ist die Ortskurve der Maschine mit einem angekoppelten schweren Fünf-Achsen-Fräskopf dargestellt. Die Veränderung der Nachgiebigkeitsortskurve macht den großen Einfluss der Masse auf das dynamische Nachgiebigkeitsverhalten deutlich. Die Eigenfrequenz sinkt von 45 Hz auf 36 Hz ab. Der maximale negative Realteil, der ein Maß für die Ratterneigung ist, erhöht sich bei dem schweren Kopf um den Faktor 4 (s. Band 5). 2.4.3.2 Gezielte Schwächung

Wie günstig das statische und dynamische Verhalten einer kompletten Maschinenstruktur ist, hängt häufig von einer gezielten Abstimmung der einzelnen Bauteile zueinander hinsichtlich Nachgiebigkeit, Eigenfrequenz und Dämpfung ab. Ein im Kraftfluss liegendes statisch weiches Element mit hoher Eigenfrequenz und Dämpfung verschiebt die gesamte Nachgiebigkeitsortskurve in Richtung der positiven reellen Achse. Ein solches Element lässt sich natürlich nur am Ende einer mechanischen Strukturkette verwirklichen (z.B. Werkzeugschwanenhalsprinzip). Dieser Zusammenhang ist oft der entscheidende Grund, weshalb ein gutes dynamisches, d.h. ratternverhinderndes Systemverhalten vorliegt (s. Band 5). Verwandte Eigenschwingungen, z.B. die Biegeeigenschwingungen des Senkrechtschiebers einer Senkrechtdrehmaschine in x- und y-Richtung (Bild 2.54), wirken sich häufig destabilisierend aus (Erhöhung der Ratterneigung). Die nahe beieinander liegenden Eigenfrequenzen in x- und y-Richtung können zu einer ausgeprägten Resonanzüberhöhung im gerichteten Nachgiebigkeitsfrequenzgang führen. In Bild 2.54 ist eine gezielte Strukturschwächung zur Entkopplung der Eigenfrequenzen dargestellt. Die für die Ratterneigung verantwortliche gerichtete Nachgiebigkeitsortskurve Gg ( jω) (s. Band 5) ist für drei konstruktive Varianten des Senk-

2.4 Auslegungs- und Gestaltungskriterien bei dynamischer Belastung le ic h te r S ta n d a r d fr ä s k o p f

s c h w e re r 5 -A c h s e n -F rä s k o p f

z x

m

K o p f

57

y

= 1 0 0 %

m

Im

R e 4 4 H z

4 6 H z

3 5 H z

3 7 H z

x x

}

n e g

R e 3 4 H z

3 8 H z

4 5 H z

|R e {G

|

= 3 0 0 %

K o p f

Im

3 6 H z

= 1 0 0 %

m a x

|R e {G

x x

}

n e g

|

m a x

= 4 0 0 %

Bild 2.53. Einfluss der Fräskopfmasse einer Portalfräsmaschine auf das dynamische Nachgiebigkeits- und Ratterverhalten A u s g a n g s z u s ta n d

z u s ä tz lic h H M D

G e o m e tr ie o p tim ie r u n g

y

y x

x

y x

x

F F

g e r ic h te te N a c h g ie b ig k e it G g : x ( jw ) G g = F ( jw ) Im 0 ,1

4 4 H z

4 0 H z

-0 ,1

S c h w ä c h u n g in y u n d V e r s te ifu n g in x - R ic h tu n g

H M D

R e 0 ,2

R e 0 ,1

[µ m /N ]

4 2 H z

c r

b

c r

= 1 0 m m

3 6 H z

Im

z

R e 0 ,1

4 2 H z

3 6 H z

G r e n z s p a n u n g s b r e ite b

= 4 m m

G g

[µ m /N ]

G g

-0 ,1

4 2 H z

b

S c h w in g u n g s fo r m f = 4 2 H z

F

Im

G g

x x

[µ m /N ]

4 0 H z

-0 ,1

F

y x

c r

b

c r

> 2 0 m m

Bild 2.54. Gerichtete Nachgiebigkeitsortskurven einer Senkrechtdrehmaschine bei verschiedenen Ausführungen des Schiebers

58

2 Gestelle und Gestellbauteile

rechtschiebers gezeigt. Der Senkrechtschieber der Karusselldrehmaschine hat in seiner symmetrischen Ausführung bei einer Frequenz von 42 Hz eine große Resonanzüberhöhung, die zum Rattern führt. Durch den quadratischen Querschnitt des Schiebers besitzt dieser in x- und y-Richtung nahezu die gleiche Biegeeigenfrequenz, woraus sich in der gerichteten Nachgiebigkeitsortskurve Gg ( jω) eine ausgeprägte Resonanzüberhöhung ergibt. Als Abhilfe wurde das Biegeträgheitsmoment des Schiebers in y-Richtung verringert und so die Biegeeigenschwingungen für beide Richtungen entkoppelt. In x-Richtung wurde der Schieber aus dem gleichen Grund verbreitert, um die Steifigkeit in dieser Richtung zu erhöhen. Schwingungen in dieser Richtung, d.h. senkrecht zur Werkstückoberfläche, sind für das Rattern vornehmlich verantwortlich. Im gerichteten Nachgiebigkeitsfrequenzgang ergeben sich nun zwei Eigenfrequenzen bei 36 Hz und 41 Hz (Bild 2.54, Mitte). Die Nachgiebigkeit bei der Frequenz von 41 Hz hat eine um 50 % geringere Nachgiebigkeit gegenüber dem Ausgangszustand. In einem weiteren Schritt wurde das dynamische Verhalten der Maschine in x-Richtung durch einen eingebauten Hilfsmassendämpfer noch weiter verbessert. Die erzielbaren Grenzspanungsbreiten verdeutlichen die dynamischen Verbesserungen. 2.4.3.3 Dämpfung in Gestellen

Die Dämpfung innerhalb eines einzelnen Gestellbauteils ist bestimmt durch die Massenverteilung des Materials und durch die Materialdämpfung. Bei großen Strukturelementen entstehen Dämpfungskräfte hauptsächlich an den Stellen, wo Relativbewegungen auftreten (z.B. in den Koppelstellen wie Verschraubungen und Führungen). Bei einer Starrkörperschwingung (Bild 2.50, oben) macht sich die Materialdämpfung der Gestellbauteile kaum bemerkbar. Die Dämpfungskräfte durch die Bewegungen in den vorgelagerten Koppelstellen, d.h. in den Fugen, bestimmen allein die Systemdämpfung. Erst bei Biege- und Torsionsschwingungen, bei denen sich das Gestell verformt, kommt auch die Materialdämpfung zum Tragen (Bild 2.50, unten). Um die Reibungseinflüsse innerhalb der Gestellbauteile zu erhöhen, wird in Gussteilen oft der Kernsand im Gestell belassen (trockene Reibung). Jedoch ist in bestimmten Fällen durch die Masseerhöhung auch eine Minderung der Systemdämpfung feststellbar. Allgemein ist der Materialdämpfungswert von Grauguss höher als der von Stahl. Die Dämpfung in den Schweißfugen bei Stahlkonstruktionen wiegt jedoch diesen Nachteil in der Regel wieder auf. Demgegenüber weist Reaktionsharzbeton eine beträchtlich höhere Materialdämpfung auf. Wie oben erläutert wurde, lohnt sich der Einsatz hochdämpfender Werkstoffe allerdings nur dann, wenn die vorherrschende Schwingungsform das Bauteil dynamisch verformt, d.h. wenn wegen mangelnder Steifigkeit eine dynamische Schwachstelle vorliegt. Bild 2.55 zeigt dieselbe Bettkonstruktion einer Schrägbettdrehmaschine für zwei verschiedene Ausführungen. Das konventionelle Bett ist eine Gusskonstruktion. Die Betonausführung besteht aus einem Reaktionsharzbetonunterteil, auf das ein gusseiserner Führungsaufsatz aufgeschraubt und aufgeklebt ist. Die Hohlräume in dem

2.4 Auslegungs- und Gestaltungskriterien bei dynamischer Belastung

59

G u s s r ip p e n B e fe s tig u n g fü r H y d r a u lik

k o n v e n tio n e lle s D r e h m a s c h in e n b e tt K a b e ld u r c h b r u c h

A u s s p a ru n g fü r A u fs te lle le m e n te

W e n d e v o r r ic h tu n g

Ö lr a u m T ra n s p o rtz a p fe n K e rn s a n d

K le b e fu g e

K le b e flä c h e

F ü h r u n g s b a h n a u fs a tz m it G u s s p la tte u n d B e to n e in g u s s

D r e h m a s c h in e n b e tt in B e to n a u s fü h r u n g

L a g e d e r G u s s r ip p e n

B e ttu n te r te il

B e fe s tig u n g fü r H y d r a u lik S ta h le in s a tz fü r A u fs te lle le m e n te Ö lr a u m T ra n s p o rtz a p fe n

W e n d e v o r r ic h tu n g

K a b e lr o h r

Bild 2.55. Drehmaschinenbetten aus Grauguss und aus Reaktionsharzbeton

Führungsbahnaufsatz sind ebenfalls mit Reaktionsharzbeton ausgegossen. Anhand der Nachgiebigkeitsfrequenzgänge in Bild 2.56 lassen sich die komplettierten Maschinen miteinander vergleichen [139]. Die Maschine mit Betonbett ist teilweise dynamisch besser als die mit Graugussbett. In x-Richtung ist sie auch statisch steifer. Daraus folgt, dass der Gewinn in der Dynamik nicht allein durch die größere Werkstoffdämpfung bedingt ist, sondern auch durch die größere Steifigkeit des Betonbettes. Grundsätzlich besteht jedoch kein gravierender Unterschied zwischen den beiden Konstruktionsvarianten. Wie bereits erwähnt, ist für das gesamte Maschinengestell die Dämpfung in den Fügestellen von größerer Bedeutung. Ihr Einfluss liegt um eine bis zwei Zehnerpotenzen über dem der reinen Materialdämpfung. Die zwischen den Flächen einer Fügestelle in Wärmeenergie umgewandelte Schwingungsenergie ist auf Schmiermittelverdrängungsvorgänge, auf Reibungs- und Verformungskräfte durch die kleinen Relativbewegungen in der Fügestelle zurückzuführen [65]. Dementsprechend ist die Dämpfung abhängig von der Richtung und Größe der Relativbewegungen tangential bzw. normal zur Fuge. Die Belastung der Fuge, die die entsprechende Relativbewegung bewirkt, wird durch die Eigenschwingungsform bestimmt. Die folgenden Parameter haben Einfluss auf die Fügestellendämpfung: • • • • •

geometrische Gestalt und Lage der Fuge, Oberflächenbeschaffenheit, Makrofehler, Kontaktbedingungen, Größe der Flächenpressung, Medium zwischen den Fügeflächen.

60

2 Gestelle und Gestellbauteile

N a c h g ie b ig k e it

x y z

m it G r a u g u s s b e tt m it R H - B e to n b e tt - 1 8 0 °

-1

1 0

-2

1 0

-3

1 0

- 2 7 0 °

j

-4

5 0

-2

1 0

-3

1 0

-4

1 0

0 ° - 9 0 °

0

1 0

1 0 0

1 5 0

H z

F re q u e n z f

2 5 0

- 1 8 0 °

x x

- 2 7 0 °

j

0 ° - 9 0 °

0

1 0

N a c h g ie b ig k e it

N a c h g ie b ig k e it

1 0

-1

5 0

0

1 0 0

1 5 0

H z

F re q u e n z f

- 1 8 0 ° 2 5 0 - 1 8 0 °

G

[µ m /N ]

G y y

P h a s e j

1 0 0 [µ m /N ]

1 0

G

z z

- 2 7 0 °

-1

j 1 0

-2

0 °

1 0

-3

- 9 0 °

1 0

-4

0

5 0

1 0 0

1 5 0

H z

F re q u e n z f

2 5 0

P h a s e j

F u tte r S p in d e lk a s te n

- 1 8 0 ° 0

[µ m /N ]

B e tt

P h a s e j

1 0

S u p p o rt

- 1 8 0 °

Bild 2.56. Vergleich der dynamischen Eigenschaften einer Drehmaschine aus Grauguss und aus Reaktionsharzbeton

1 0

-1

B e n e tz u n g : h 3

F re q u e n z : 2

s p e z . D ä m p fu n g s k o n s t. c

-2

1 0

2 0

5

1 0

A g o m A r a ld S c h ic h td ic k e : d F re q u e n z : 1

3 -1

4 -2

1 0

-3

N /m m

1 0 2

2

1 0 N s m m 1 0

0

B e n e tz u n g :

tro c k e n h 20 = 3 5 0 m P a s h 20 = 4 0 m P a s

3 -1

4 1 0

-2

1 0

-3

4 1 0 0

K o n ta k tflä c h e n : g e fr ä s t / g e fr ä s t F re q u e n z : 1 5 0 - 1 9 5 H z 5 1 0 1 2 N /m m 2 1 0

2

2

F lä c h e n p r e s s u n g p

g e k le b te F ü g e s te lle 0

1 0

2

1

F lä c h e n p r e s s u n g p

B e n e tz u n g s z u s ta n d

F

1 5 0 - 1 9 5 H z

g e s c h liffe n / g e fr ä s t

2

1 0 N s m m 1 0

= 1 7 0 m P a s

g e frä s t / g e frä s t 5

1 0

2 0

s p e z . D ä m p fu n g s k o n s t. c

0

F

s p e z . D ä m p fu n g s k o n s t. c

F

O b e r flä c h e n b e s c h a ffe n h e it

1 0 N s m m

e t it A = 2 0

F 3 1 2 V 1 3 8 M 0 ,2 m m - 2 8 5 H z

k F

c k

F

S c h

4 1 0 0

2

5

1 0

1

2

F lä c h e n p r e s s u n g p

N /m m 2

1 0 2

Bild 2.57. Einfluss der Flächenpressung auf die Dämpfungskonstante bei unterschiedlichen Kontaktbedingungen

2.4 Auslegungs- und Gestaltungskriterien bei dynamischer Belastung

61

Bild 2.57 zeigt Untersuchungsergebnisse über die Abhängigkeit der Dämpfungskonstanten von der Flächenpressung [79, 126]. Hier sind die auf die Flächen bezogenen Dämpfungswerte aufgetragen. Als Parameter wurden verschieden bearbeitete Oberflächen und Benetzungszustände gewählt. Der komplexe Mechanismus der Fugendämpfung ist noch nicht restlos geklärt. Die Vorgänge in der Fuge sind von vielen Parametern abhängig, die messtechnisch nur schwierig zu erfassen sind. Die Streuung der Werte ist in der Praxis erheblich. Daraus folgt, dass für die Vorausberechnung des dynamischen Verhaltens heute noch keine gesicherten Eingabewerte für die Dämpfung existieren. Die berechneten Resonanzamplituden können starke Abweichungen zur realen Struktur aufweisen. Dagegen sind die Eigenfrequenzen relativ genau bestimmbar, da hierbei lediglich Masse- und Steifigkeitsverteilungen eingehen. Die Werte hierzu sind mit guter Genauigkeit aus den Konstruktionszeichnungen ableitbar. Konstruktive Maßnahmen zur Erhöhung der Systemdämpfung sind z.B. Scheuerleisten und Hilfsmassendämpfer, die dort angebracht werden, wo große Schwingungsamplituden zu erwarten sind bzw. bei Messungen festgestellt wurden. 2.4.3.4 Übersicht über dynamische Zusatzsysteme

Die Aufgabe dynamischer Zusatzsysteme besteht darin, die Gesamtsystemdämpfung zu erhöhen. Man unterscheidet zwei unterschiedliche Dämpfungsarten: Die passive Dämpfung und die aktive Dämpfung. Bei passiven, dynamischen Zusatzsystemen werden meist Zusatzmassen über geeignete Koppelmedien an das schwingende Bauteil angekoppelt. Die Dämpfungswirkung wird dabei durch eine Energieumwandlung bei der Relativbewegung zwischen der Masse des Hilfsmassendämpfers und der Strukturmasse von Schwingungs- in Wärmeenergie erzielt. Bei der aktiven Dämpfung wird dagegen Fremdenergie in das schwingungsfähige System eingeleitet. Neben dem Reibungs- und dem Hilfsmassendämpfer gehören auch die auf dem Squeeze-Film-Effekt basierenden Dämpfungsbuchsen zu den passiven Systemen. Bei den aktiven Dämpfungssystemen unterscheidet man zwischen aktiven Dämpfern und geregelter, mechanischer Impedanz. Die große Gruppe der passiven Dämpfungssysteme mit Hilfsmassen lässt sich je nach Art der Anbindung der Hilfsmasse in unterschiedliche Funktionsprinzipien einteilen: Impact-, Lanchesterund Hilfsmassendämpfer sowie Tilger (Bild 2.58). Passive Zusatzsysteme werden auf einen mehr oder weniger festen Frequenzbereich abgestimmt. Die Eigenfrequenzen der unterschiedlichen Maschinenbauteile können jedoch in Abhängigkeit der Bauteillage sowie des Werkstück- und Werkzeugeinflusses in weiten Grenzen variieren. Die Dämpfungssysteme verlieren daher in vielen Fällen ganz oder teilweise ihre Wirkung. Aus diesem Grunde wurden adaptive passive dynamische Zusatzsysteme entwickelt, die sich automatisch an die veränderlichen Systemeigenschaften anpassen und so ihre dämpfende Wirkung in einem weiten Arbeitsbereich beibehalten können. Bei den abstimmbaren passiven dynamischen Zusatzsystemen werden in den meisten Fällen Koppelelemente zwischen Haupt- und Zusatzmasse verwendet, deren Federsteifigkeit und/oder Dämp-

62

2 Gestelle und Gestellbauteile Im p a c tD ä m p fe r

L a n c h e s te rD ä m p fe r m

m

m c

V e rg rö ß e ru n g s fu n k tio n

k

c 1

x

x

k 1

x 0

x

k 1

x

k 2

1

k

S e n s o r

R e g le r

c 1

k

2

k 1

1

x

F

1

D ä m p f

M

S e n s o r

c

R e g le r

2

k

= f(x )

S e n s o r

c 1

x 0

1

x 0

1 1

f

m

M

x 0

A k tiv e r D ä m p fe r

m

M

c 1

1 f

c 2

M

x 0

1 f

2

c 1

A d a p tiv e r H M D

m

k

M M

H ilfs m a s s e n D ä m p fe r (H M D )

T ilg e r

f

f

Bild 2.58. Aktive und passive dynamische Zusatzsysteme

fung verändert werden kann. Aus der Gruppe der passiven, dynamischen Zusatzsysteme kommen die trägheits- und dämpfungsgekoppelten Systeme, auch gedämpfte Hilfsmassensysteme genannt, am häufigsten zum Einsatz. Der nur steifigkeitsgekoppelte Tilger bzw. der nur dämpfungsgekoppelte Lanchester-Dämpfer werden bei Werkzeugmaschinen nur selten angewendet. 2.4.3.5 Hilfsmassendämpfer

Die Zusatzmasse der Hilfsmassensysteme wird über Elemente aus hochpolymerem Kautschuk oder anderen dämpfend wirkenden Materialien mit dem Hauptsystem verbunden. Das Koppelelement vereinigt dann gleichermaßen Feder- und Dämpfungseigenschaften in sich. Vorteilhaft an derartigen Systemen sind der einfache Aufbau, die geringen Kosten und die gute Wirksamkeit. Nachteilig kann sich der begrenzte Frequenzbereich, in dem der Hilfsmassendämpfer effektiv arbeitet, auswirken. Für die Auslegung des Hilfsmassendämpfers wird das vorhandene Gesamtsystem mit der Eigenkreisfrequenz Ω0 vereinfachend als Einmassenschwinger mit der schwingenden Masse M betrachtet (Bild 2.59). Die erforderliche Größe der Hilfsmasse m ist abhängig von der noch zulässigen Resonanzüberhöhung νzul , die durch die zusätzliche Dämpfung angestrebt wird. xdynzul 2 = 1 + (für c1 = 0) mit µ = m/M. (2.22) νzul = xstat µ Mit den Größen Massenverhältnis µ = m/M und der Ersatzmasse des zu bedämpfenden Systems M, die aus der Messung der statischen Steifigkeit K und der Eigenkreisfrequenz Ω0 bestimmt werden kann (M = K/Ω20 ), lässt sich die Größe der erforderlichen Hilfsmasse m ermitteln:

2.4 Auslegungs- und Gestaltungskriterien bei dynamischer Belastung

m=

63

2·M . v2zul − 1

(2.23)

m

H M D

k

T ilg e r ( c = 0 )

M x

o h n e H M D

T ilg e r ( c = 0 )

K

N a c h g ie b ig k e it

x /F

G ru n d s y s te m

c F

P Q

m it H M D c

æ x ö ç ÷ è F ø

æ x ö ç ÷ è F ø s ta t.

o p t

d y n ., z u l.

W 0

w = 2 p f

Bild 2.59. Prinzip und Wirkung eines Hilfsmassendämpfers (HMD)

Die für den Hilfsmassendämpfer (HMD) benötigte Federsteifigkeit kHMD und der Dämpfungskoeffizient cHMD lassen sich wie folgt berechnen: kHMD = m ·

Ω20 2

(1 + µ)

⇒ ω0 =

Ω0 , 1+µ

(2.24)

mit ω0 = Eigenkreisfrequenz des HMD und Ω0 = Eigenkreisfrequenz des Grundsystems, und 3·µ cHMD = 2 · m · Ω0 · . (2.25) 8 · (1 + µ)3 Da die Feder- und Dämpfungseigenschaften der häufig verwendeten Gummielemente nicht genau bekannt sind, ist auch nach (theoretisch) optimaler Auslegung des Hilfsmassendämpfers in der Praxis eine Anpassung der Elemente notwendig. Da die berechneten Steifigkeits- und Dämpfungswerte nicht gleichzeitig mit den Gummielementen erfüllt werden können, ist zunächst darauf zu achten, dass die erforderliche Eigenkreisfrequenz ω0 erreicht wird. Das bedeutet, dass die Einhaltung der erforderlichen Steifigkeit k des Hilfsmassensystems den Vorrang vor der Erfüllung des Dämpfungskoeffizienten c hat. Als

64

2 Gestelle und Gestellbauteile

Beispiel sei die Berechnung einer Fräserscheibe mit 5,30 m Durchmesser gezeigt, deren Schirm- und Biegeschwingungen mit Hilfsmassen bedämpft werden sollen. Im Rechenmodell, Bild 2.60 links unten, wurden acht Hilfsmassen mit Federn und Dämpfern an die Fräserscheibe angekoppelt. Die Hilfsmassendämpfer wurden in ihrer Wirkung auf die verschiedenen Eigenschwingungsformen der Fräserscheibe aufgeteilt und entsprechend abgestimmt. Im rechten Bildteil sind die berechneten Nachgiebigkeitsamplituden des Fräsers im Ausgangszustand und mit Hilfsmassensystem gegenübergestellt. Man erkennt, dass bei einer optimalen Auslegung die Resonanzüberhöhung für den betrachteten Frequenzbereich erheblich reduziert werden kann. K u r b e lw e lle

z

ta n g e n tia l

1 ,0 E -0 9

R e c h e n m o d e ll d e r F r ä s e in h e it F r ä s s c h e ib e

x

m /N 1 ,0 E -0 8

y

D r e h tis c h

D r e h s c h w in g u n g o h n e H ilfs m a s s e n m it H ilfs m a s s e n

2 ,9 E -0 7 1 ,0 E -0 7

y

F r ä s e r a n tr ie b

h e it z u r e itu n g e lw e lle n d -W a n g e n

N a c h g ie b ig k e it

S c h u tz h a u b e

e in a rb u rb u n

F

F rä s B e d e r K Z a p fe n

2 ,9 E -0 7

a

1 ,0 E -0 7

a x ia l

F r ä s e r s c h e ib e

c b

m /N

z

1 ,0 E -0 8

F

F y

z

x y x

F

H ilfs m a s s e n

z

H ilfs m a s s e n y

A b s tim m u n g v o n 8 H d ie 4 H d ie

ilfs m a s D re h s c ilfs m a s S c h ir m 4 H ilfs m a s d ie B ie g e s

s e h w s e s c s e c h

:

n a u f in g u n g n a u f h w in g u n g n a u f w in g u n g b

1 ,0 E -0 9

m it H ilfs m a s s e n 0

2 0

4 0

6 0

H z

F re q u e n z f a : S c h ir m s c h w in g u n g b : B ie g e s c h w in g u n g c : B ie g e s c h w in g u n g

1 0 0

+ - + - + + - +

Bild 2.60. Wirkungsweise eines Hilfsmassendämpfers am Beispiel einer Fräserscheibe

2.4.3.6 Reibungsdämpfer

Das Prinzip des Reibungsdämpfers beruht auf der Nutzung der Reibkraft bei den Relativbewegungen zwischen dem schwingenden Bauteil und einer angekoppelten Zusatzmasse bzw. einem feststehenden Element (Scheuerleiste). Beim Reibungsdämpfer mit einer angekoppelten Masse (Bild 2.61) erfolgt die Auslegung in der Art, dass die Reibungsarbeit, die der Dämpfungsarbeit entspricht, maximal wird. Schwingt ein Gestellbauteil in x-Richtung mit der Eigenkreisfrequenz Ω0 und der Amplitude x0 , so wird die Zusatzmasse m auf Grund ihrer Trägheit eine Relativbewegung mit der Amplitude a zum zu bedämpfenden Bauteil ausführen, und dabei Dämpfung in Form von Reibungsenergie erzeugen.

2.4 Auslegungs- und Gestaltungskriterien bei dynamischer Belastung

65

a

x D

F m

µ

F R

= F N

µ

N

F x ,W

d y n

0

x ,

Bild 2.61. Reibungsdämpfer

Die Reibkraft ergibt sich bei trockener Reibung als Produkt aus Normalkraft FN und Reibungskoeffizient µ. Die Reibungsenergie (Dämpfungsenergie) wird optimal, wenn das Verhältnis FReibung FN · µ = = 0, 45 (2.26) FTragheit m · a · Ω0 2 ¨ beträgt. Die Dämpfungsenergie je Periode ist dann maximal 2 2 EDamp ¨ f ung = 1, 27 · xD · m · Ω0 ,

(2.27)

mit xD als Amplitude des gedämpften Systems.

B le c h : R m : D ic k e : S c h n ittlä n g e :

Z S T E 4 2 0 5 0 0 N /m m ² 1 .5 m m 9 5 m m

E in b a u r a u m R e ib u n g s d ä m p fe r

S tö ß e l

S tö ß e l

W e rk z e u g

D ä m p fe r

D ä m p fe r

D ä m p fe r T is c h 3

B e s c h le u n ig u n g s s p e k tr u m , S tö ß e l r e c h ts

B e s c h l [m /s ²]

o h n e D ä m p fe r m it D ä m p fe r

0 0

1 0 0

M itte ü b e r S c h n s c h lä

lu n g 3 0 ittg e

F re q u e n z [H z ] 2 5 0

Bild 2.62. Reibungsdämpfer zur Schnittschlagdämpfung bei Pressen

y

z x

G r u n d p la tte T e lle r fe d e r - P a k e t R e ib b e lä g e ( h y d r a u lis c h v o rs p a n n b a r) D ru c k ö l s c h w in g e n d e M a s s e T e lle r fe d e r - P a k e t ( F la c h k ä fig fü h r u n g e n v e rd e c k t)

66

2 Gestelle und Gestellbauteile

Sind die Struktureigenschaften und die Betriebsverhältnisse einer Werkzeugmaschine zeitlich konstant, so genügt eine einmalige Einstellung der Eigenfrequenz und der Reibnormalkraft zum optimalen Betrieb eines Reibungsdämpfers. Die Wirksamkeit eines derartigen Systems ist in Bild 2.62 am Beispiel einer Presse dargestellt. Der Stößel von Schneidpressen wird durch den Schnittschlag angeregt und vollzieht anschließend eine abklingende harmonische Schwingung mit der dominanten Eigenfrequenz des Systems. Die Schwingung des Stößels führt zu einer erhöhten Belastung des Stempels an der Mantelfläche beim Eintauchen in die Matrize, die sich negativ auf die Standzeit auswirkt. Die dominante Eigenfrequenz der dargestellten Schnellläuferpresse liegt bei etwa 150 Hz, die zugehörige Schwingungsform besteht in einer Kippschwingung des Stößels. Zur Bedämpfung dieser Kippschwingung wurden zwei außermittig angeordnete, in vertikaler Richtung wirksame Reibungsdämpfer eingesetzt. Die Eigenfrequenz der Reibungsdämpfer kann über die Anzahl der eingesetzten Tellerfedern an das System angepasst werden. Die Reibnormalkraft wird durch den auf die Rückseite der Reibbeläge wirkenden Hydraulikdruck eingestellt. Die Wirksamkeit des Dämpfungssystems ist im Bild veranschaulicht. Man erkennt, dass die dominante Frequenz der Stößelschwingung durch den Einsatz der Dämpfer erheblich gedämpft werden konnte. Auf Grund der verminderten Schwingungen konnte die Standzeit der Werkzeuge nahezu verdoppelt werden [197]. Die Systemeigenschaften von spanenden Werkzeugmaschinen können sich im Betrieb verändern, so dass in einem weiteren Entwicklungsschritt eine Adaption der Reibkraft und der Eigenfrequenz der Reibungsdämpfer erforderlich ist. Hierfür kann das Schwingungsverhalten über einen seismischen Beschleunigungsaufnehmer online erfasst und hinsichtlich der Frequenz und der Amplitude analysiert werden. Die Einstellung der Federsteifigkeit der Absorbermasse erfolgt auf Basis der aktuellen Schwingungsfrequenz. Die Reibnormalkraft wird aus der Schwingungsamplitude bestimmt. Durch die adaptive Einstellung der Dämpfungsparameter wird stets eine optimale Abstimmung der Dämpfungseigenschaften auf den Betriebszustand des Grundsystems erzielt. 2.4.3.7 Aktive Dämpfungssysteme

Im Gegensatz zu den passiven dynamischen Zusatzsystemen wird mit Hilfe aktiver Systeme Fremdenergie in die Maschine eingeleitet. Dadurch lassen sich Dämpfungskräfte in einem weiten Frequenzbereich und in angepasster Höhe erzeugen. Die Arbeitsweise aktiver dynamischer Zusatzsysteme lässt sich vereinfacht folgendermaßen beschreiben: Die Bewegung des zu bedämpfenden Maschinenbauteils wird in Form von Geschwindigkeits- oder Beschleunigungssignalen gemessen. Aus diesen Signalen werden im Regler zusammen mit den Systemkennwerten Stellwerte für einen Erreger ermittelt, der sich zwischen Maschinenstruktur und Zusatzmasse befindet. Mit Hilfe dieses Krafterregers wird in das schwingende Bauteil eine geschwindigkeitsproportionale Kraft eingeleitet. Somit bildet das aktive dynamische Zusatzsystem zusammen mit der Maschine einen geschlossenen Regelkreis, wobei das dynamische Zusatzsystem in der Rückführung des Kreises liegt.

2.4 Auslegungs- und Gestaltungskriterien bei dynamischer Belastung

67

Die Wirksamkeit eines derartigen Systems wird durch die Stabilität des Regelkreises beeinflusst. In Bild 2.63 ist am Beispiel einer Bohrstange die Wirkung des aktiven Dämpfers den anderen Möglichkeiten zur Verbesserung des dynamischen Verhaltens • optimierte Geometrie und • passiver Hilfsmassendämpfer gegenübergestellt.

x

L

y z

D

m H

I

A u s g a n g s g e o m e tr ie L /D = 6

II

o p tim ie r te G e o m e tr ie L /D = 6

III

o p tim ie r te G e o m e tr ie L /D = 6 m it p a s s iv e m H ilfs m a s s e n d ä m p fe r

IV

a k tiv e B o h r s ta n g e L /D = 1 0 IV .1 m it R e g e lu n g IV .2 o h n e R e g e lu n g

A k to r

m

Bild 2.63. Beispiele zur Verbesserung des dynamischen Verhaltens durch Geometrieoptimierung, passive und aktive Dämpfungssysteme

Die Ausgangsgeometrie einer Bohrstange mit dem Längen/DurchmesserVerhältnis L/D=6 zeigt Bild 2.63 oben (Form I). Ausgehend von dieser Struktur wurde eine Geometrieoptimierung (Form II) durchgeführt. Durch die Geometrieoptimierung konnte die schwingende Masse bei nur leicht reduzierter statischer Steifigkeit erheblich reduziert werden. Hierdurch ergibt sich eine Erhöhung der Eigenfrequenz und insgesamt eine Verringerung der dynamischen Nachgiebigkeit. Zusätzlich wurde in diesem Hohlraum ein Hilfsmassendämpfer in die geometrieoptimierte Bohrstange integriert (Form III). Zielsetzung der durchgeführten Maßnahmen war die Verbesserung des dynamischen Verhaltens der Bohrstange unter Beibehaltung der statischen Steifigkeit. In Bild 2.64 links oben ist ein Vergleich der gemessenen statischen und dynamischen Nachgiebigkeiten Gxx der drei Bohrstangen dargestellt. Die statische Nachgiebigkeit blieb nahezu unverändert (< 5%), die maximale dynamische Nachgiebigkeit konnte durch die Geometrieoptimierung um den Faktor 4 und durch den

68

2 Gestelle und Gestellbauteile I A u s g a n g s g e o m e tr ie

II o p tim ie r te G e o m e tr ie

1 0 0

1 0 0

[µ m /N ]

[µ m /N ]

1 0 x x

1 0

x x

G

IV .2 o h n e R e g e lu n g

0 ,1 0 ,0 1

1

G

1

0

IV .1 m it R e g e lu n g

0 ,1

III o p tim ie r te G e o m e tr ie m it p a s s iv e m H M D 8 0 0

F re q u e n z [H z ]

0 ,0 1

5 0

s ta tis c h e N a c h g ie b ig k e it

0 ,3 0 ,2 0 ,1

I

II

III

0

4 5 0

d y n a m is c h e N a c h g ie b ig k e it 2 µ m /N

[µ m /N ]

IV .2 I

8

x x , d y n , m a x .

G

x x ,s ta t.

0 ,4

IV

G

[µ m /N ]

F re q u e n z [H z ]

3 0 µ m /N

6 4 2

II

III

IV .1

0

Bild 2.64. Dynamisches Verhalten nach Geometrieoptimierungen

zusätzlich integrierten passiven Hilfsmassendämpfer um den Faktor 6,6 gegenüber dem Ausgangszustand reduziert werden. Die Form IV zeigt eine Bohrstange mit optimierter Geometrie, die durch einen aktiven Hilfsmassendämpfer bedämpft wird. Diese Bohrstange stellt auf Grund des extremen L/D-Verhältnisses von 10 eine statisch und dynamisch ausgesprochen labile Struktur dar. Bild 2.64 rechts oben zeigt den gemessenen Nachgiebigkeitsfrequenzgang Gxx der Bohrstange mit eingeschalteter (Form IV.1) und ausgeschalteter Regelung (Form IV.2). Die Resonanzstellen im Frequenzgang Gxx werden bei eingeschaltetem Regler zum einen durch die Bohrstange (207 Hz) und zum anderen durch das Feder-Masse-System des aktiven Dämpfers (328 Hz) verursacht. Die statischen Eigenschaften bleiben durch die Regelung unverändert, die maximale dynamische Nachgiebigkeit wird um den Faktor 15 reduziert, bzw. die Resonanzüberhöhung vollständig eliminiert. Ein wesentlicher Vorteil von aktiven gegenüber passiven Systemen besteht in der Möglichkeit, beliebige Resonanzstellen und Anregungsfrequenzen bedämpfen zu können. 2.4.3.8 Squeeze-Film-Dämpfer

Squeeze-Film-Dämpfer nutzen die geschwindigkeitsproportionalen Scherkräfte in viskosen Flüssigkeiten zur Bedämpfung der Bauteilschwingungen aus. Dabei beruht die dämpfende Wirkung der Squeeze-Film-Dämpfer auf der Verdrängung der Flüssigkeit zwischen zwei in Oberflächennormalenrichtung relativ zueinander bewegten Oberflächen. Der Squeeze-Film-Effekt wirkt z.B. in hydrodynamischen und hydrostatischen Lagern und Führungen. Andere Anwendungen dieses Effektes sind

2.4 Auslegungs- und Gestaltungskriterien bei dynamischer Belastung

69

Dämpfungsbuchsen zur Verbesserung des dynamischen Verhaltens von SpindelLager-Systemen (Bild 2.65) und Dämpfungswagen zur Erhöhung der Dämpfung von Wälzführungen. Squeeze-Film-Dämpfer haben die Vorteile des einfachen Aufbaus, der Robustheit und eines günstigen Preises. Da die reziproke Spaltweite die Dämpfungseigenschaften überproportional beeinflusst, ist die momentane Spaltweite – bedingt durch die auf Grund äußerer Lasten entstehenden Verformungen – für die exakte Ermittlung der Dämpfung in Betracht zu ziehen. Squeeze-Film-Dämpfungsbuchse

Die Auslegung eines Squeeze-Film-Dämpfers soll im Folgenden am Beispiel einer Welle mit dem Außenradius r und einer diese umgebenden zylindrischen Buchse mit dem Innenradius r + h0 erläutert werden. Als Voraussetzung soll dabei gelten, dass in dem Spalt zwischen dem Rotor und der Buchse eine ideale viskose Newtonsche Flüssigkeit vorhanden ist, die keine Kavitation aufweist, d.h. sie schwingt um die Mittellage der Buchse. Der betrachtete Squeeze-Film-Dämpfer sei ein endlicher Abschnitt eines unendlich langen Dämpfers. In Bild 2.65 ist der Rotor und die Buchse in der Mitte unten in Ruhestellung und rechts unten in einer um die Schwingungsamplitude x ausgelenkten Position dargestellt. Ein Beispiel für die Anbringung einer Dämpfungsbuchse an einer Spindel einer Werkzeugmaschine zeigt die Skizze oben in Bild 2.65. Die Wirksamkeit der Dämpfungsbuchse ist dann am größten, wenn sie an der Stelle angebracht wird, an der die größte Schwingungsamplitude vorliegt. Für die durch eine Dämpfungsbuchse zu bedämpfende Biegeeigenschwingung ist die Anbringung in der Mitte zwischen den beiden Lagern am besten geeignet. Bei der Herleitung der Dämpfungskonstanten wird die translatorische Schwingung des Rotors um die Mittellage in x-Richtung betrachtet, bei der die oberhalb des Rotors befindliche Flüssigkeit verdrängt wird und laminar in die untere Teilhälfte des Spaltes fließt. Dabei ist der Spalt im Verhältnis zum Radius des Rotors klein. Durch die Auslenkung der Welle tritt über dem Umfang eine ortsabhängige Änderung des Spaltvolumens auf. Diese örtliche Volumenänderung führt zu einer Strömung durch den Spaltquerschnitt, die über dem differentiellen Abschnitt des Umfangs r · dα durch einen Parallelspalt beschrieben werden kann. Für diesen gibt die Hagen-Poiseuille-Beziehung den Zusammenhang zwischen Volumenstrom und Druckdifferenz in Abhängigkeit der dynamischen Auslenkung x(t) und des Winkels α an: p(α) =

12 · η · r2 · x˙ · sin(α). h30

Darin sind: p(α) h0 η x˙

Druck im Spalt in Abhängigkeit des Winkels α, Spalthöhe im Ruhezustand ohne statische Auslenkung, dynamische Viskosität, Schwinggeschwindigkeit.

(2.28)

70

2 Gestelle und Gestellbauteile D ä m p fu n g s b u c h s e

F u tte r

S p in d e l

n o r m ie r te r D ä m p fu n g s k o e ffiz ie n t

c / c x

s ta t= 0

S p in d e lk a s te n D ä m p fu n g s k o e ffiz ie n t in A b h ä n g ig k e it d e r s ta tis c h e n A u s le n k u n g d e r W e lle a u s d e r M itte lla g e

h = h

h 0

1 0

h

8

- x 0

0

- x

s ta t

s in a

s ta t

d a x a

6

x x

4

a d V

s ta t

2

0

0 .2

0 .4

0 .6

A u s le n k u n g s v e r h ä ltn is

0 .8

x

s ta t

1

/ h 0

c

B u c h s e

(x

æ

s ta t

3

ö r

) = 1 2 ×p ×h ×l×ç è

ç h

0

2

- x

÷ 2

s ta t

÷ ø

Bild 2.65. Hauptspindel mit Dämpfungsbuchse in Ruhestellung und in ausgelenkter Stellung, Beispiel eines Squeeze-Film-Dämpfers an der Spindel einer Werkzeugmaschine

Durch die Druckdifferenz entsteht über der Länge L der Dämpfungsbuchse eine Kraftkomponente in x-Richtung, die für die Dämpfung ausschlaggebend ist. Diese Kraft ergibt sich aus der Integration des Differenzdruckes in x-Richtung über dem Winkel α. Daraus resultiert die Dämpfungskraft Fx :  3 r ˙ = 12 · π · η · x˙ · L · . (2.29) FxBuchse (x) h0 Die Dämpfungskonstante c lässt sich unter der vorausgesetzten Annahme rein geschwindigkeitsproportionaler Dämpfung durch Ableitung der Dämpfungskraft nach der Schwinggeschwindigkeit ermitteln zu:  3 r ˙ dFx (x) = 12 · π · η · L · . (2.30) cBuchse = d x˙ h0 Besitzt die Welle eine relative statische Auslenkung xstat /h0 , d.h. sie schwingt um diese Auslenkung, so nimmt die Dämpfung überproportional zu. ⎞3 ⎛ r ⎠ . cBuchse = 12 · π · η · L · ⎝  (2.31) 2 2 h0 − xstat In Bild 2.65 unten links ist der Verlauf der Dämpfungszunahme (durch die statische Auslenkung der Spindel bezogen auf ihre mittige Position c/cstat ) über der relativen statischen Verlagerung xstat /h aufgetragen.

2.4 Auslegungs- und Gestaltungskriterien bei dynamischer Belastung

71

Squeeze-Film-Dämpfung an Werkzeugmaschinenführungen

Der Squeeze-Film-Effekt wird an Werkzeugmaschinen nicht nur bei zylindrischen, sondern auch bei ebenen Spalten genutzt. Beispiele für derartige Squeeze-FilmDämpfer stellen Dämpfungswagen bei Linearwälzführungen oder hydrostatische bzw. hydrodynamische Führungen im Flüssigkeitsreibungsgebiet dar. Bei einer Profilschienenwälzführung befindet sich der dämpfungswirksame Ölfilm zwischen der Profilschiene und dem Dämpfungswagen. Für die Ausnutzung des Squeeze-FilmEffektes ist eine genaue Justierung des Dämpfungswagens erforderlich, so dass die Spaltweite zwischen der Schiene und dem Wagen über der gesamten Fläche gleichmäßig ist. Bei hydrostatischen bzw. hydrodynamischen Gleitführungen befindet sich der dämpfende Schmierfilm zwischen den beiden Gleitflächen (s. Kapitel 5). Das Dämpfungsverhalten von Werkzeugmaschinengleitführungen senkrecht zur Oberfläche lässt sich auf Grund des komplexen Druckaufbaus in den Eckbereichen nur mit erheblichem Aufwand exakt beschreiben. Als Näherung soll im Folgenden der Fall zweier unendlich langer Führungsbahnflächen und der Fall zweier paralleler Kreisscheiben dargestellt werden. Letztere können auch als Näherung für quadratische Führungsflächen betrachtet werden. Bild 2.66 zeigt links oben eine unendlich lange, parallele Führungsbahn mit der Breite B und mit der Spalthöhe h0 . Bei der Berechnung der Dämpfung auf Grund einer oszillierenden Bewegung in y-Richtung wird vorausgesetzt, dass zu jedem Zeitpunkt der Schwingbewegung der Spalt vollständig mit Öl gefüllt ist. Das Öl wird parallel zur Führungsbahnlängsrichtung nach außen verdrängt bzw. angesaugt. Durch den Volumenstrom entsteht ein Druckgefälle zwischen der Führungsbahnmitte und der Außenkante. Durch die Integration des auf beiden Seiten der Führungsbahnmitte entstehenden Druckgefälles ergibt sich die Dämpfungskraft zu:  3 B . (2.32) FyRechteck = η · L · y˙ · h0 Somit ergibt sich die Dämpfungskonstante durch Ableitung der Dämpfungskraft nach der Geschwindigkeit zu:  3 ˙ dFy (y) B = η·L· . (2.33) cRechteck = d y˙ h0 Bei zwei parallelen kreisrunden Platten bildet sich ein Volumenstrom in radialer Richtung von der Mitte aus. Durch die Formulierung dieses Volumenstromes ergibt sich der ortsabhängige Druck. Aus diesem lässt sich die Dämpfungskraft durch Integration über der Fläche berechnen zu: FyKreis =

3 · π · η · y˙ · R4 2 · h30

(2.34)

und die Dämpfungskonstante ergibt sich zu: cKreis =

˙ dFy (y) 3 · π · η · R4 = . d y˙ 2 · h30

(2.35)

72

2 Gestelle und Gestellbauteile D ä m p fu n g z w is c h e n z w e i p a r a lle le n u n e n d lic h la n g e n F ü h r u n g s b a h n e n

D ä m p fu n g z w is c h e n z w e i k r e is r u n d e n P la tte n D ru c k v e rte ilu n g p (r)

D r u c k v e r te ilu n g p ( x )

R r

h 0

y

L

d y n a m is c h e B e w e g u n g

h y

0

B D ä m p fu n g s k r a ft in e in e r F ü h ru n g s b a h n

F y

æ B ö ÷÷ = h × L × y  × çç è h 0 ø

S tr ö m u n g s p r o fil im

3

F y

D ä m p fu n g s k o n s ta n te

c =

ö 0

y

÷÷ ø

x

=

3 × p × h × y × R 2 × h 30 4

D ä m p fu n g s k o n s ta n te

3

d F

æ B y = h × L × çç d y è h

D ä m p fu n g s k r a ft z w is c h e n k r e is r u n d e n P la tte n

P a r a lle ls p a lt

c =

d F d y

y

=

3 × p × h ×R 2 × h 30 4

Bild 2.66. Dämpfungskraft und Dämpfungskonstanten für Führungen von Werkzeugmaschinen

Aus den betrachteten Beispielen geht hervor, dass die Dämpfung von der Ölviskosität und in stark überproportionalem Maße von der Flächengröße und der Spalthöhe abhängt. Da sich die Dämpfungskraft proportional zur Schwinggeschwindigkeit y˙ verhält, ist der Dämpfer dort am wirkungsvollsten, wo die größten Schwingungsamplituden der Struktur auftreten.

2.5 Auslegungs- und Gestaltungskriterien bei thermischer Belastung 2.5.1 Thermische Belastungen

Für die Verformungen von Maschinenstrukturen sind, neben den zuvor diskutierten statischen und dynamischen Belastungen, auch Wärmebelastungen verantwortlich. Die erreichbare Arbeitsgenauigkeit wird in starkem Maße von den thermoelastischen Maschineneigenschaften bestimmt. Der Zusammenhang zwischen Wärmeentwicklung und Verformungsverhalten ist in allgemeiner Form in Bild 2.67 zusammengefasst. Es wird zwischen maschineninternen Einflüssen und thermischen Umgebungseinflüssen unterschieden. Die inneren Wärmequellen bestimmen unmittelbar die Temperaturverteilung über der Maschinenstruktur. In Abhängigkeit von der entstehenden Verlustleistung in Lagern, Motoren, Getrieben usw. ergibt sich die jeweilige Temperaturverteilung in der Maschinenstruktur. Im Betrieb ist neben den Verlusten in der Maschine insbesondere die entstehende Prozesswärme von Bedeutung. Als

2.5 Auslegungs- und Gestaltungskriterien bei thermischer Belastung

73

W ä r m e q u e lle n W ä rm e s e n k e n

T e m p e r a tu r v e r te ilu n g ( v e r tik a l / h o r iz o n ta l) T e m p e ra tu rs c h w a n k u n g ( T a g / N a c h t, K lim a a n la g e ) L u fts trö m u n g e n S o n n e H e iz k ö r p e r b e n a c h b a r te A n la g e n F u n d a m e n te g e ö ffn e te H a lle n to r e

M a s c h in e n in te r n e E in flü s s e M a s c h in e n e le m e n te

P ro z e s s K ü h lu n g

L a g e r, F ü h ru n g e n K u g e lg e w in d e tr ie b M o to re n G e tr ie b e H y d r a u lik Z e rs p a n w ä rm e S p ä n e K ü h ls c h m ie r m itte l M o to r k ü h lu n g S p in d e lk ü h lu n g G e s te llte m p e r ie r u n g

W ä r m e e in b r in g u n g in d ie M a s c h in e n s tr u k tu r

U m g e b u n g s e in flü s s e H a lle n k lim a

M a te r ia le ig e W ä rm e k a p W ä r m e le itfä W ä rm e a u s d

n s c h a fte n a z itä t h ig k e it e h n u n g

B a u fo rm M a s s e n v e r te ilu n g L a g e d e r W ä r m e q u e lle n W ä rm e ü b e rg ä n g e

in s ta tio n ä r e T e m p e r a tu r v e r te ilu n g , r ä u m lic h e r T e m p e r a tu r g r a d ie n t A r t u n d A n b r in W ä rm L a g e w ir

g u n g d e a u s d e d e r B a k s a m e

e r h n u te D e

P o u n ile h n

s itio n s m g s k o e ffiz z u e in a n te illä n g e

e s s s y s te m e , ie n t, d e r, n

V e r la g e r u n g e n u n d N e ig u n g e n z w is c h e n W e r k s tü c k u n d W e r k z e u g W e r k s tü c k fe h le r

Bild 2.67. Ursachen thermoelastischer Verlagerungen von Werkzeugmaschinen

Umgebungseinfluss muss zunächst das Hallenklima, gekennzeichnet durch zeitliche Lufttemperaturschwankungen sowie horizontale und vertikale Lufttemperaturgradienten, angeführt werden [187]. Auch konvektive Einflüsse durch bewegte Raumluft (Heizlüfter, offene Hallentore, etc.) können beträchtlichen Einfluss auf die thermische Maschinenverformung haben. Neben der Beeinflussung durch das Hallenklima können aber auch unmittelbare Strahlungsbelastungen durch andere Wärmequellen, wie z.B. Sonneneinstrahlung oder Heizkörper, vorliegen. Diese sind in jedem Fall zu vermeiden. Letzlich dürfen bei der Betrachtung aller Einflüsse auch die Fundamente und sonstigen Wärmesenken nicht unberücksichtigt bleiben. Schlecht isolierte Fundamente können zu einem starken Temperaturgradienten in der Maschinenstruktur führen. Bei der Festlegung des Aufstellungsortes einer Maschine muss beachtet werden, dass dieser nicht unregelmäßigen Temperaturschwankungen ausgesetzt ist oder unter ständigem Strahlungseinfluss steht. Ausgehend von diesen variablen thermischen Einflüssen stellt sich eine meist instationäre Temperaturverteilung in der Maschinenstruktur ein, so dass sich durch die Belastungs- bzw. Temperaturschwankungen kein thermischer Beharrungszustand in der Maschine einstellen kann. Bild 2.68 zeigt beispielhaft für einen Schrägbettspindelkasten eine gemessene und eine mit der Finite-Elemente-Methode berechnete Temperaturverteilung, die nach einer Erwärmungsphase von 67 Minuten zu beobachten war. Die sich ergebende Temperaturverteilung wird außer durch die Quellenintensität und räumliche Quellenanordnung auch durch die thermischen Materialeigenschaften, die Bauform der Maschine und die entsprechenden Wärmeübergangsbedingungen bestimmt. Bei den Wärmequellen unterscheidet man zwischen aktiven und passiven Bauelementen. Die aktiven Elemente (z.B. Lager) erzeugen selbst Ver-

74

2 Gestelle und Gestellbauteile + + + + + + + + + + + + +++ xx

x x xx xx x x

xx x * * * * x ** * x 3 0 ° Cx ** x ** * x * x ** * * xx x * * * x x * * * * x x x x x x 2 7 °C + + 2 5 °C + + + + + + + + * * * + + + + + * * x x ** * * * x *2 3 ° C * * * * * ** x x xx

x x

x

xx

x x

2 1 °C

x x x

x x

+ + + + + + + ++ + + + + + + + + + + ++ ++ + +

3 0 °C

2 7 °C 2 5 °C

1 0 0 m m ******* = 3 = 3 x x x x x x x = 3 = 3 = 2 = 2 + + + + + = 2 ******* = 2 = 2 x x x x x x x = 2

9 .0 4 .0 2 .0 0 .0 9 .0 7 .0 5 .0 3 .0 2 .0 1 .0

°C °C °C °C °C °C °C °C °C °C

2 3 °C 2 1 °C E r w ä r m u n g s z e it, L a u fz e it t Q = 6 7 m in

Bild 2.68. Gemessene und berechnete Isothermen eines Schrägbettspindelkastens

lustleistung. Demgegenüber werden die passiven Bauteile selbst durch von außen einfließende Wärme belastet. Die aus dieser Temperaturverteilung resultierenden Verlagerungen und Neigungen an der Zerspanstelle sind ebenfalls durch die Materialeigenschaften und die geometrischen Bedingungen bestimmt. Hierbei ist die Anbindung der Bauteile und ihre relative Lage zueinander von Bedeutung. 2.5.2 Thermische Kenngrößen

Das thermische Maschinenverhalten ist, wie bereits erwähnt, durch die thermischen Materialeigenschaften (Wärmekapazität, Wärmeleitfähigkeit, Wärmeausdehnungskoeffizient), die Geometrie (Oberflächengröße und Form) und die hiermit zusammenhängende Massenverteilung sowie die Wärmeübergangsbedingungen bestimmt. Letztere können nicht als konstant angenommen werden. So sind die im Betrieb auftretenden Ventilationseffekte (Spindelrotation, umlaufende Riemen, usw.) drehzahlabhängig. Dabei tritt freie und erzwungene Konvektion auf. Die zeitlich veränderliche Maschinenbelastung führt in Verbindung mit den sich ebenfalls zeitlich ändernden Umgebungseinflüssen zu einem spezifischen, meist nicht vorhersehbaren Maschinenverformungsverhalten. Das Maschinenverhalten ist im Allgemeinen durch eine Aufwärmphase, einen mittleren Beharrungszustand und eine Abkühlphase gekennzeichnet. In Bild 2.69 sind diese Zusammenhänge anhand eines eindimensionalen Wärmeleitmodells dargestellt. Es ist ersichtlich, dass entsprechend der Isothermenentwicklung eine zeitliche Verzögerung zwischen den sich einstellenden Beharrungszuständen am Punkt P1 bzw. P2 mit der entsprechenden Temperatur ϑB1 bzw. ϑB2

2.5 Auslegungs- und Gestaltungskriterien bei thermischer Belastung

75

vorliegt. Somit ist der Zeitraum bis zum Erreichen des Beharrungszustandes (tB1 ) wie auch das hierbei erreichte Temperaturniveau vom Messort abhängig. Für einen Betriebszustand unterscheidet sich in der Regel das durch die unterschiedlichen Zeitkonstanten Tau f und Tab gekennzeichnete Verhalten in der Aufwärm- und Abkühlphase, da in der Abkühlphase keine der im vorangegangenen Abschnitt aufgeführten Ventilationseffekte wirksam sind und somit der Wärmeübergang schlechter ist. Bei anderen Betriebszuständen variieren die Zeitkonstanten in Abhängigkeit von den in das System eingebrachten Energiemengen. Die sich einstellende Verlagerung, hier durch eine Längenänderung beschrieben, folgt unmittelbar dem Temperaturverlauf an der Eintrittsfläche (ϑ1 ). Der Beharrungszustand wird jedoch erst erreicht, nachdem das gesamte System thermisch stabil ist.

B e s c h r e ib u n g d e r T e m p e r a tu r a n e in e m

G r a d ie n te n e n tw ic k lu n g J

Q e in J

1

,J U 0

J

x

t

Q

2

Q a b d x

k o n v .

A u fh e iz p h a s e

J = J

A b k ü h lp h a s e

J = J B

B

- (J + (J

B B

a : W ä rm e a u s d e h n u n g s k o e ff. c : S p e z ifis c h e W ä r m e k a p a z itä t

- J 0 ) ×e - J 0 ) ×e

a 1 ×A ×t m ×c

a -

P u n k t

2 ×A ×t m ×c

m : M a s s e A : F lä c h e

M o d e llv e r h a lte n b e i k o n s ta n te r W ä r m e b e la s tu n g Q e in fü r :

Z e it Ta u f

J B 1 J B

2

tB 1 tB 2 d xB

J 1 J 2

T a b

Z e it

Q e in

V e rla g e r u n g

R e s u ltie r e n d e L ä n g e n a u s d e h n u n g d e s G e s a m tm o d e lls

T e m p e ra tu r

p e ra tu ra lte n d e r k te P 1 P 2

Q a b

V e rla g e r u n g

T e m v e rh P u n u n d

Q e in t0

s c h w a n k e n d e U m g e b u n g s te m p e ra tu r

T e m p e ra tu r

k o n s ta n te U m g e b u n g s te m p e ra tu r V e r la u f d e r W ä rm e s trö m e

Z e it

Q a b J 1 J

Z e it t

U

t

Z e it

Bild 2.69. Eindimensionales Wärmeleitmodell

Auch der Umgebungseinfluss darf nicht vernachlässigt werden. Schwankende Umgebungstemperaturen ϑU verformen zeitversetzt die Maschinenstruktur, so dass ein instationäres, phasenverschobenes Verlagerungsverhalten beobachtet werden kann. Diese Verlagerungsschwankungen können zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Arbeitsgenauigkeit einer Maschine führen (s. Band 5). Somit ist, neben den im folgenden Abschnitt beschriebenen konstruktiven Maßnahmen zur Verbesserung des thermischen Maschinenverhaltens, oft eine ausreichende Klima-

76

2 Gestelle und Gestellbauteile

tisierung der Maschinenhalle erforderlich. Als beschreibende Kenngrößen für das thermische Maschinenverhalten können die folgenden Werte angegeben werden: • Temperaturniveau im Beharrungszustand ϑB für unterschiedliche Belastungszustände, • Verlagerungswerte an der Bearbeitungsstelle δB für die entsprechenden Belastungszustände während der Beharrung, • Erwärmungszeiten bis zur Beharrung tB und Zeitkonstanten Tau f /Tab des zeitlichen Verformungsverlaufs. Diese Größen für die jeweiligen Betriebszustände sind durch die angegebene Motorleistung auf Grund von Drehzahlen und Momenten bzw. Kräften gekennzeichnet. Im Hinblick auf das Umgebungsverhalten im Nahfeld der Maschine werden in der Praxis ebenfalls beschreibende Kennwerte angegeben. Hierbei handelt es sich um Verlagerungswerte in Abhängigkeit von den zeitlichen Temperaturgradienten der Maschinenhalle. Sie dienen zur Spezifizierung der Aufstellbedingungen einer Maschine und sind in erster Linie Verhandlungssache zwischen Hersteller und Anwender. 2.5.3 Konstruktive Gesichtspunkte bei der Gestaltung

Eine Verbesserung des thermischen Verhaltens einer Maschine hinsichtlich der auftretenden Relativbewegungen an der Zerspanstelle kann sowohl durch konstruktive als auch durch steuerungstechnische Maßnahmen erzielt werden. In letzterem Fall wird auf der Grundlage von Messwerten an repräsentativen Temperaturmessstellen oder auf Basis der Hauptspindel- und Vorschubdrehzahlen auf die Verformung an der Zerspanstelle geschlossen. Dieses Verformungsverhalten wird dann steuerungstechnisch kompensiert. Die Vorgehensweise wird in Band 4 dieser Buchreihe [183] näher erläutert. Die konstruktiven Möglichkeiten, das thermische Verformungsverhalten einer Maschine zu verbessern, lassen sich im Wesentlichen mit den folgenden Maßnahmen beschreiben: • Wärmequellen möglichst außerhalb der Maschinenstruktur anbringen, • Neutralisierung des Wärmeflusses durch Isolation der Wärmequellen und/oder Kühlung der Gesamtmaschine oder einzelner Baugruppen, • konstruktive Gestaltungsmaßnahmen (Thermosymmetrie). Eine Verringerung der Wärmebelastung kann einerseits durch eine externe Installation dominanter Wärmequellen wie z.B. Motoren und Getriebe erzielt werden. Dies kann jedoch in der Praxis in einer Vielzahl von Fällen nicht realisiert werden. Hier ist man dann auf eine Isolation dieser Wärmequellen gegenüber der Maschinenstruktur angewiesen. Durch eine Isolation heizt sich die Maschinenstruktur geringer auf. In der Umgebung der Wärmequelle wird jedoch die Temperatur durch die verringerte Wärmeabfuhr ansteigen, so dass häufig zusätzlich Wärme abgeführt werden muss.

2.5 Auslegungs- und Gestaltungskriterien bei thermischer Belastung

77

5 0 ,0 z s z

A u s fü h ru n g A K e r a m ik b u c h s e K e r a m ik s c h e ib e n A u s fü h ru n g B S ta h lb u c h s e

V e r la g e r u n g z s

µ m

z

2 5 ,0

S ta h l

1 2 ,5

K e r a m ik 0 0

1 2 5 0

2 5 0 0

1 /m in

5 0 0 0

D re h z a h l n

Bild 2.70. Auswirkungen einer Keramikbuchse zur Wärmeisolation. Quelle: [153]

In Bild 2.70 sind die Auswirkungen der Isolation einer Spindellagerung mit Keramikbuchse gegenüber einer herkömmlichen Lagerung mit Stahlbuchse dargestellt [153]. Es zeigt sich, dass eine Verminderung des Spindelwachstums von maximal 22 % bei hohen Drehzahlen erreicht werden kann. Bedingt durch diese Isolationsmaßnahme fließt weniger Wärme in die Spindel, dafür jedoch mehr Energie in den Spindelkasten, so dass der Verlagerungsgewinn bei der Spindel durch die damit einhergehende Gehäuseverformung wieder aufgehoben wird. Hier wäre ein besserer Erfolg durch eine Gehäusekühlung erreichbar. Hierzu ist in Bild 2.71 eine konstruktive Lösung dargestellt. Durch eine Kombination von Kühlschlangen im Spindelkasten und einer Kühlung des Hydrauliköls der hydrostatischen Lagerung wird eine optimale Wärmeabfuhr erzielt. Die Konzeption beinhaltet neben einer reinen Temperaturregelung auch eine lastabhängige Regelung des Kühlkreislaufes in Form einer Drehzahlaufschaltung. In umfangreichen Untersuchungen hat sich die Temperatur im Zulauf als geeignete Führungsgröße bewährt. Neben derartigen Kühlmaßnahmen werden häufig die gesamte Maschine oder einzelne Baugruppen temperiert [10]. Dazu kann die interessierende Struktur wie z.B. Gehäusewände, Kugelrollspindeln, usw. mit Kühlschmiermittel oder Schmieröl berieselt werden. Auch kann durch entsprechend große, temperierte Flüssigkeitsreservoirs eine Temperierung in der Gesamtstruktur erzielt werden. Bild 2.72 zeigt die Realisierung dieses Prinzips am Bett einer Wälzfräsmaschine. Da sich Wärmequellen nicht völlig vermeiden lassen, zielen die weiteren Maßnahmen darauf ab, die Auswirkungen der thermisch bedingten Maschinenverformungen möglichst klein zu halten. Die gestalterischen Möglichkeiten sind nicht sehr umfangreich und zielführend, sie beschränken sich auf:

78

2 Gestelle und Gestellbauteile

K o n s tr u k tio n 1

2

3

4

5

6

R e g e lu n g 7

8

9

1 0

S p in d e l

P r im ä r k r e is la u f

S e k u n d ä rk r e is la u f

Ö lv e r s o rg u n g

v w = 2 0 - 4 0 l/m in

v ö l = 1 5 l/m in

J

J

a b

W ä rm e ta u s c h e r

P

z u

M P I- R e g le r 4 y

2 3 4 5

K e r a m ik r in g K e r a m ik h ü ls e A x ia l- / R a d ia lla g e r G e h ä u s e ( R e a k tio n s h a r z b e to n ) 1 K ü h ls c h la n g e n

6 7 8 0

9

Z u g a n k e r R a d ia lla g e r D ru c k s tü c k R ie m e n s c h e ib e Ö la b la u f

V e r la g e r u n g

1

n = 1 0 0

m m z

n = 1 2 0 0 1 /m in

Z -A c h s e Y -A c h s e

0

m it h a n d e ls ü b lic h e r K ü h la n la g e 0

-2

m it W Z L - K ü h lu n g 2 0

Z e it

Bild 2.71. Keramikspindel mit Lagerkühlung

S tä n d e r

M a s c h in e n b e tt

te m p e r ie r te s K ü h ls c h m ie r m itte lr e s e r v o ir

Bild 2.72. Temperierung eines Maschinenständers. Quelle: Pfauter

8 0

m in

1 2 0

2.5 Auslegungs- und Gestaltungskriterien bei thermischer Belastung



79

die Befestigung der Gestellbauteile derart, dass die Verformungen in der kritischen Richtung minimal werden, die Ausnutzung von Symmetrieebenen, die Reduzierung der Wandstärken von thermisch einflussreichen Strukturwänden, ohne die statischen und dynamischen Eigenschaften entscheidend zu verschlechtern.

• •

V e r la g e r u n g u

0 4 6

2 5 m m 2 0

1 9 4

2 3 0

u

Is o lie r u n g g e g e n ü b e r d e r G r u n d p la tte B A

H e iz le is tu n g

b e re c h n e t g e m e s s e n A

1 5 1 0 B 5 0

6 0

1 2 0

1 8 0 m in

2 4 0

A u fh e iz z e it t 8 0 W 4 0 W 2 0 W

A - E in s p a n n u n g u n te r d e r K a s te n m itte

B - E in s p a n n u n g u n te r d e r H a u p tw ä r m e q u e lle

Bild 2.73. Einfluss der Einspannung auf die Verlagerung

Die Bedeutung der Baugruppenbefestigung kann Bild 2.73 entnommen werden. Es ist zu erkennen, dass eine Variation des Befestigungspunktes eine Verbesserung der Verlagerung (gemessen) von ca. 50 % bewirkt. Einen Sonderfall stellt hier die gezielte Ausnutzung von thermischen Symmetrieebenen dar. In Bild 2.74 wird anhand der Kurvenverläufe deutlich, dass die Thermosymmetrieebene (Y-Z-Ebene) bedingt durch den hierzu spiegelgleichen Gesamtaufbau der Maschine nur eine geringe Verformung in X-Richtung von nur 10 µm zur Folge hat. Normalerweise kann jedoch nur eine derartige Symmetrieebene in einer Maschine umgesetzt werden. Von großer Bedeutung ist dies für Maschinen mit einer bevorzugten Achse (z.B. X-Achse bei Drehmaschinen). Eine Reduzierung der aus einer Wärmebelastung resultierenden Verformung kann in Einzelfällen auch durch eine gezielte Strukturschwächung im Einflussbereich der Wärmequelle erreicht werden. Hierbei wird die Tatsache berücksichtigt, dass die thermisch bedingten inneren Verformungskräfte einer Struktur u.a. vom Materialquerschnitt abhängen. Diese Abhängigkeit zwischen der thermisch bedingten inneren Verformungskraft und dem Materialquerschnitt beschreibt Gleichung 2.36 (vgl. Kapitel 2.7.1.6.3): FT = α · A · E · ∆ϑ mit

(2.36)

80

2 Gestelle und Gestellbauteile

G e o m e tr is c h e u n d th e r m is c h e S y m m e tr ie e b e n e

7 5

d y

-5 0 Z

d x

-2 5

Y

V e r la g e r u n g

X

0 2 5 µ m

d z

-7 5 0

2

4

Z e it

6

h

1 0

Bild 2.74. Thermosymmetrie bezüglich der Y-Z-Ebene 1 4 3 0

s = 3 0 m m s = 1 2 m m s = 1 2 m m

1 0 µ m B

4 0 0 0

3 k W W ä rm e z u fu h r d u r c h a n g e fla n s c h te n A n tr ie b

V o rd e rw a n d

A

+ D e h n fu g e

s : S tä rk e d e r R ü c k w a n d

S tä n d e r e in e r G r o ß w e r k z e u g m a s c h in e

R ü c k w a n d

D e h n fu g e

D e h n fu g e

W ä rm e z u fu h r

0 0 2 7

S c h n itt A - B

Bild 2.75. Verbesserung des Verformungsverhaltens durch Wandstärkenreduzierung

2.5 Auslegungs- und Gestaltungskriterien bei thermischer Belastung

α A E

81

Ausdehnungskoeffizient, Querschnittsfläche, Elastizitätsmodul des Materials.

Bild 2.75 zeigt einen Maschinenständer, an dessen Rückwand durch einen angeflanschten Motor etwa 3 kW Wärmeleistung zugeführt wird. Die einseitige Erwärmung des Ständers führt auf Grund der größeren Ausdehnung der stabileren Rückwand zu einer Schiefstellung. Durch eine Verringerung der Rückwanddicke können die Verformungskräfte und damit die Auswirkungen vermindert werden. Jedoch ist streng darauf zu achten, dass die statische Steifigkeit nicht unzulässig verringert wird.

P r o b le m u n te r s c h ie v o n V o rd e S c h w a n k u te m p e ra tu r

N e ig u n g e n d e r G d e r P o r ta lfr ä s m a F lu c h tu n g s fe h le r B o h ru n g e n : 1 0 0

T e m S ta u n o h

p e r a tu r v e r h a lte n v o n h lq u a d e r n te r s c h ie d lic h e r Q u e r s c h n itt n e u n d m it S ty r o p o r is o lie r u n g 2 5 x 1 5 0

e s te llb a u te ile s c h in e v o n z w e i µ m

1 5 0

1

J -

J +

1 1 0 0 R ü c k s e ite w ä rm e r

8 0 0 e r s e ite e r

5 0 m m

2 5 m m

3 6 °C

Is o .

7 5 m m

Is o .

Is o .

D ü n n e Is o lie r u n g ( N r .3 ) b e w ir k t b e r e its d e u tlic h e Z u n a h m e d e r th e r m is c h e n T r ä g h e it R e d u k tio n d e r F lu c h tu n g s fe h le r u m 8 5 µ m a u f 1 5 µ m

5 4

3 2

H a lle n te m p e r a tu r 2 1 3

3 0

1 V o rd w ä rm

E r g e b n is

G r u n d la g e n u n te r s u c h u n g

d lic h e W a n d s tä r k e n r - u n d R ü c k s e ite n g e n d e r H a lle n -

4

2 4

2 5 m m Is o lie r u n g

6

5 1 2

1 8

2 4

6

h

1 2

Bild 2.76. Thermische Isolierung von Gestellbauteilen gegen Umgebungstemperaturschwankungen

Eine gezielte Isolierung von Gestellbauteilen kann die Verformungen auf Grund von Umgebungstemperaturschwankungen verringern [69]. Der Ständer der Portalfräsmaschine in Bild 2.76 hat aus konstruktiven Gründen an Vorder- und Rückseite unterschiedliche Wandstärken. In der Aufwärmphase durch die zunehmende Hallentemperatur am Vormittag erwärmt sich die dünnere Rückwand auf Grund der geringeren Wärmekapazität schneller als die dickere Vorderwand. Hierdurch neigt sich die Maschine wie eine Bimetallfeder nach vorne. Am Nachmittag kühlt die Rückwand wiederum schneller ab als die Vorderwand und die Maschine neigt sich in entgegengesetzter Richtung. Bei der auf der Maschine durchgeführten Bearbeitung ergaben sich hierdurch bei Bohrungen Fluchtungsfehler von ca. 100 µm/m. Um die unterschiedliche thermische Trägheit von Vorder- und Rückseite auszugleichen, wurde die Rückseite mit Styropor isoliert. Die notwendige Dicke der Isolierung

82

2 Gestelle und Gestellbauteile

wurde in Vorversuchen ermittelt. Die Temperatur des 25 mm dünnen Stahlquaders (Kurve 2) folgt ohne Isolierung direkt der Hallentemperatur. Der 150 mm starke Quader (Kurve 1) bedämpft diese Schwankung durch seine hohe Masse bzw. Wärmekapazität, so dass er stark zeitverzögert mit einer deutlich geringeren Amplitude der Hallentemperatur folgt. Schon eine 25 mm dicke Isolierung des dünnen Quaders nähert dessen Verhalten dem des dicken Quaders an. Die nachträgliche Isolierung der Ständerrückwand mit einer 25 mm dicken Styroporschicht konnte den Fluchtungsfehler trotz erheblicher Hallentemperaturschwankungen von 100 µm/m auf 15 µm/m verringern. Neben diesen rein gestalterischen Aspekten können die günstigeren thermischen Materialeigenschaften neuerer Werkstoffe gezielt genutzt werden. W ä r m e le itfä h ig k e it l 4 0 0 [W /m K ]

[1 0

B a n d b r e ite d e r W e rk s to ffg ru p p e

3 0 0

W ä r m e a u s d e h n u n g s k o e ffiz ie n t a

2 0 0

-6

/K ] 2 0

B a n d b r e ite d e r W e rk s to ffg ru p p e

1 0

1 0 0 0

1 ,5

in

iu m S t ah ns l ha G u s r S i zbe s l A l iz iu to n * um m in n itr C i i u d -H T - m ox F a C i -H se d r a C T -F -H as M e C -H -F a r a s M -F e r a as e E P r a -H ar z

-5

* ( g e m itte lte W e r te )

R

R

* ( g e m itte lte W e r te )

ea kt io

A l um

A l u

m in iu m ea S t kt ah io ns l ha G u s r S i zbe s l A l iz iu to n * um m in n itr iu id m C -H o T - x id C -H F a s M er -F a E P se -H r ar z

0

Bild 2.77. Thermische Materialeigenschaften

In Bild 2.77 sind diese thermischen Eigenschaften für einige Materialien zusammengestellt. Reaktionsharzbeton wird in erster Linie für Gestellbauteile kleiner und mittlerer Maschinen eingesetzt. Die geringe Wärmeleitfähigkeit dieses Materials in Verbindung mit der hohen spezifischen Wärmekapazität führt zu einer relativ hohen thermischen Trägheit. Dies bedeutet, dass thermische Lastschwankungen zu kleineren Temperaturänderungen und damit auch zu kleineren Temperaturverformungen führen. Die kohlefaserverstärkten Kunststoffe weisen insbesondere in Faserlängsrichtung minimale Wärmeausdehnungskoeffizienten auf. Diese Eigenschaft wird insbesondere für Spindelkonstruktionen genutzt (Kapitel 2.6.2). Des Weiteren wird dieser Werkstoff zur Reduzierung des Bauteilgewichtes für hochbeschleunigte Maschinenschlitten und Roboterarme eingesetzt. Für die Konstruktion von thermisch stabilen Spindeln sind auch einige technische Keramiken geeignet. Insbesondere ihre geringe Wärmeleitung und der im Gegensatz zu Stahl geringe Wärmeausdehnungskoeffizient kennzeichnen ihre Eignung als Konstruktionswerkstoff. Bild 2.71 zeigt ein Beispiel für den Keramikeinsatz bei einer Spindelkonstruktion. Allerdings

2.6 Werkstoffgerechte Konstruktion

83

verhindern die hohen Materialkosten in Verbindung mit der kostenintensiven Bearbeitung eine breite Nutzung dieser Materialien.

2.6 Werkstoffgerechte Konstruktion 2.6.1 Reaktionsharzbeton 2.6.1.1 Der Werkstoff Reaktionsharzbeton

Reaktionsharzbeton besteht aus mineralischen Zuschlagstoffen und einem Reaktionsharz als Bindemittel. Zur Herstellung von Reaktionsharzbeton (RHB) kommen Methacrylatharze, ungesättigte Polyesterharze und Epoxidharze zum Einsatz, wobei ihr Gewichtsanteil 6 bis 20 % beträgt. Ihre eigenschaftsbeschreibenden Kennwerte zur Verarbeitung und im Gebrauch sind in Tabelle 2.3 wiedergegeben. Es handelt sich hierbei um Herstellerangaben, denen z.T. unterschiedliche Prüfverfahren zugrunde liegen [103]. Als Zuschlagstoffe werden hauptsächlich die Gesteinsarten Granit und Quarzit in Form von Gesteinsfragmenten unterschiedlicher Größe verwendet. Aber auch Basalt, Feldspat, Glimmer und Schwerspat kommen zum Einsatz. Letztendlich entsteht ein Werkstoff, der gegenüber den meisten aggressiven Medien wie Säuren, Laugen und Kühlschmierstoffen korrosionsbeständig ist [1]. Der Typ und der Gewichtsanteil des verwendeten Reaktionsharzes sowie die Gesteinsart und die Sieblinien (Fragmentgrößenverteilung) der eingesetzten Zuschlagstoffe beeinflussen die Eigenschaften des Betons.

Tabelle 2.3. Eigenschaften unterschiedlicher Reaktionsharze E ig e n s c h a fte n

E p o x id h a r z

M e th a c y la th a r z

P o ly e s te r h a r z

In V e r a r b e itu n g Z ä h ig k e it [k g /( m s ) ]

0 ,0 1 ... 2 0

0 ,0 0 1 ... 0 ,1 7

0 ,0 3 ... 1 ,7

T o p fz e it [m in ]

5 ... 2 4 0

1 ... 4 0

4 ... 1 2 0

V o lu m e n s c h w in d u n g [% ]

0 ,5 ... 5

8 ... 2 1

8 ... 1 2

Im

G e b ra u c h

E -M o d u l [N /m m ²]

2 0 0 0 ... 4 0 0 0

2 8 0 0 ... 4 5 0 0

3 0 0 0 ... 5 0 0 0

Z u g fe s tig k e it [N /m m ² ]

2 7 ... 9 2

2 0 ... 1 0 0

2 0 ... 7 0

D ic h te [g /c m ³ ]

1 ,1 ... 1 ,8

0 ,9 ... 1 ,7

1 ... 1 ,8

T h e r m is c h e r L ä n g e n ä n d e r u n g s k o e ffiz ie n t [µ m /m K ]

3 2 ... 9 0

3 0 ... 8 0

2 0 ... 9 0

Bei der Herstellung der meisten RHB-Sorten wird ein möglichst geringer Harzanteil angestrebt. Dies wird durch eine hohe Packungsdichte der Gesteinsbestandteile erreicht. Die Verarbeitungseigenschaften der Harze sowie die Fragmentgrößen

84

2 Gestelle und Gestellbauteile

und die Fragmentoberflächen der Zuschlagstoffe wirken sich bereits bei der Verarbeitung des Frischbetons bestimmend auf die Packungsdichte und das Verklammern der Zuschlagstoffe und damit auf die mechanischen Eigenschaften des ausgehärteten Werkstoffs aus [139]. Die Bedeutungen der wichtigen Verarbeitungseigenschaften der Harze werden im Folgenden kurz erläutert. Dies sind die Zähigkeit, die Volumenschwindung und die Topfzeit (Tabelle 2.3). Durch die Zähigkeit eines Reaktionsharzes wird die Fließfähigkeit des Frischbetons bestimmt. Bei hoher Fließfähigkeit (geringer Zähigkeit) können sich kleinere Zuschlagstoffkörner leichter in Zwischenräume zwischen größeren Zuschlägen einfügen. Zusätzlich bilden sich dünnere Klebschichtdicken zwischen den Zuschlagstoffkörnern aus. Beides wirkt sich günstig auf die Packungsdichte aus. Bei der Aushärtung der Reaktionsharze führt die Volumenschwindung zu einer entsprechenden Verringerung des Bauteilvolumens. Je geringer die Harzschwindung ist, desto kleiner ist die Schwindung des Betons. Dies führt zu geringeren härtungsbedingten Dimensionsänderungen des Bauteils. Zur Erzielung hoher geometrischer Genauigkeiten sind Epoxidharze auf Grund ihres äußerst geringen Volumenschwundes besonders geeignet (Tabelle 2.3). Diese kommen daher beim Bau von Werkzeugmaschinengestellen häufig zur Anwendung. Die Topfzeit ist der Zeitraum, in dem das angemischte Reaktionsharz und damit der Frischbeton verarbeitbar bleibt. Mit einer geringen Topfzeit, wie sie bei Methacrylat- und bei Polyesterharzen auftreten, werden kürzere Aushärtezeiten, kürzere Taktzeiten und eine erhöhte Produktionsmenge erzielt. Zur Herstellung großvolumiger Bauteile sind jedoch entsprechend große Betonmischanlagen erforderlich. Neben den Harzeigenschaften sind auch die Eigenschaften der Zuschlagstoffe von Bedeutung. Wichtig ist, dass sie keine unerwünschten chemischen Reaktionen mit dem Bindemittel auslösen [52]. Daher werden hauptsächlich inerte Gesteine wie Granit oder Quarzit verwendet [150]. Ihre zentrale Aufgabe ist es, einen möglichst hohen Volumenanteil des Betons auszufüllen und dadurch die Kennwerte des Betons günstig zu beeinflussen. Dies ist von der Korngrößenverteilung (Sieblinie), der Kornform sowie von der Gesteinsart abhängig [54]. Um aus technischen und wirtschaftlichen Gründen den Harzanteil möglichst gering zu halten, muss eine hohe Packungsdichte der Gesteinsbestandteile erreicht werden. Dafür werden die Zwischenräume zwischen größeren Gesteinsfragmenten durch kleinere Zuschlagstoffanteile und das Harz aufgefüllt. Die Zuschlagstoffe finden abhängig von ihrer Fragmentgröße als Kies, Schotter, Sand und Gesteinsmehl Anwendung. Jeder Zuschlag besitzt eine abgestufte Korngrößenverteilung, die in einem Korngrößenraster angegeben wird. Diese wird durch Aussieben bestimmt. Dazu wird die Gesteinsmischung in eine Kaskade von Prüfsieben gegeben. Diese Siebe weisen Lochraster auf, deren Lochdurchmesser entsprechend der Korngrößenklassen gestuft sind. Die Menge an Zuschlagstoffen, die zwischen einem Sieb und dem darunterliegenden nächstfeineren Sieb verbleibt, entspricht dem Gewichtsanteil dieser Korngrößenklasse.

2.6 Werkstoffgerechte Konstruktion 1 0 0 %

85

G e s te in : Q u a r z k ie s

8 0

G e w ic h ts a n te il

7 0 6 0 5 0 4 0 3 0 S ie b lin ie 1 S ie b lin ie 2 S ie b lin ie 3

2 0 1 0 0

0 ,0 6 0 ,0 4

0 ,1 3 0 ,1

0 ,3 6 0 ,2 5

0 ,7 0 ,5

1 ,4 1 ,0

2 ,8 2 ,0

m m 4 ,0

5 ,0

K o rn g rö ß e

Bild 2.78. Sieblinie für Reaktionsharzbetone

Zur Charakterisierung des Zuschlags addiert man die Gewichtsanteile jeder Korngröße beginnend bei der kleinsten Größenklasse auf (Tabelle 2.4). Die aufsummierten Gewichtsanteile trägt man über der Korngröße auf. Das so entstandene Diagramm wird Sieblinie genannt (Bild 2.78). Fehlen eine oder mehrere Korngrößenklassen, so spricht man von einer Ausfallkörnung. Hierdurch können sehr geringe Bindemittelanteile erzielt werden. Besonders vorteilhaft wirkt es sich auf den Bindemittelanteil aus, wenn die vom Harz benetzte Kornoberfläche im Verhältnis zum Kornvolumen gering ist. Deshalb sind kugel- und würfelförmige Kornformen besonders geeignet. Quarzkies zeigt, bedingt durch seine Entstehungsgeschichte, kugelförmige Körner. Granit zeigt, abhängig von der eingesetzten Zerkleinerungstechnik, entweder würfelförmiges oder splittriges Korn. Vor dem Einsatz dieser Zuschläge muss man sich daher durch eine Kornformanalyse von der Eignung des Zuschlagstoffs überzeugen. Granit weist den größten Elastizitätsmodul und die geringste thermische Dehnung auf. Dies hat einen günstigen Einfluss auf die Kennwerte der mit diesem Gestein hergestellten Betone. Wegen des dominanten Einflusses der Harzkennwerte auf die Betonkennwerte lässt sich jedoch durch die geeignete Wahl der Zuschlagstoffe nur eine relativ geringfügige Verbesserung der Betonkennwerte erzielen. Bei den Versuchen zur Ermittlung der thermischen Längenänderung, des Elastizitätsmoduls, der Zugfestigkeit und der Zugstreckgrenze an reaktionsharzgebundenen Betonen (Bild 2.79 bis Bild 2.84) werden der Harztyp, die Sieblinie und der Harzanteil variiert, um die Abhängigkeit dieser Kennwerte von der Werkstoffzusammensetzung zu ermitteln. Es kommen zwei Epoxidharze unterschiedlicher Viskosität zum Einsatz. Sie werden mit Quarz-Zuschlagstoffen kombiniert, die gemäß drei verschiedener Sieblinien zusammengestellt sind (Bild 2.78 und Tabelle 2.4). Bei der

86

2 Gestelle und Gestellbauteile

Tabelle 2.4. Gewichtsmäßige Zusammensetzung der Zugschlagstoffe für die Sieblinie 3 K o r n k la s s e [m m ] > 4 ,0

-

2 ,8

-

2 ,0 1 ,4

-

-

0 ,3 5 5

-

0 ,2 5

-

0 ,1 2 5

-

0 ,1

-

0 ,0 6 3

-

0 ,0 4


5 0 %

Bild 2.104. Schnellbewegter Vorschubschlitten aus CFK

Dieser Vorschubschlitten oszilliert im Maschinenbett auf einem Verfahrweg von 200 mm mit einer Frequenz von max. 1,6 Hz, wobei eine Beschleunigung von max. 4 g und eine max. Geschwindigkeit von 45 m/min erreicht wird. Angetrieben wird der Schlitten durch einen Hydrozylinder. Ein Hydromotor teilt in den Umkehrpunkten der Längsbewegung über ein Zwischengetriebe das auf dem Spanndorn sitzende Werkrad in der Zeit von 100 ms von einer Zahnlücke zur nächsten. O b A u (0 ° d =

e r ß e , + 1

s c h n te 4 5 0 m

a le , il °, 9 0 ° m )

L a g e rg e h ä u s e T e i lL k a o g p e f r w g e e h l lä e u s ( 0 ° , T 9 e 0 i l k ° o L p af w g e e l l n e d = ( 20 ° 0 , 9 m 0 m ° - L ) a g e d = 2 0 m m )

O b In n (0 ° d =

e r s c h a le , e n te il , + 4 5 °, 9 0 °, 1 0 m m )

U n K le (+ 4 d =

te rte b e la 5 ° L 5 m

il m it s c h e n , a g e n , m )

, ,

e , n ,

L ä n g e B r e ite H ö h e M a s s e

7 5 4 0 4 0 4 0

0 m m 0 m m 0 m m k g

L a g e R e its (0 ° , 9 d = 1

e h ä c k p ° L a m m

u s e , in o le g e n , )

rg to 0 5

Q u e r r ip p s e n k re c h (+ 4 5 ° L a d = 1 5 m

Q u w a (9 0 d =

e n , t g e , m )

e r p la tte a g e re c h ° L a g e n 2 0 m m

n , t , )

Bild 2.105. Laminataufbau des CFK-Schlittens

Der Schleifschlitten ist aus mehreren Schalenelementen zusammengesetzt, wie Bild 2.105 zeigt. Angedeutet sind die Laminataufbauten der Einzelelemente, die mit Hilfe der Finite-Elemente-Methode berechnet und optimiert wurden (s. Kapitel 2.7.3.3.2). Als Krafteinleitungs- und Führungselemente sind direkt auf dem CFK-Körper hydrostatische Lagertaschen mit einer hochgefüllten Epoxydharzmasse abgeformt, so dass auf eine zerspanende Nachbearbeitung verzichtet werden

2.7 Berechnung und Optimierung von Gestellbauteilen

113

kann. Der leichtere Schleiftisch ermöglicht nicht nur eine um mindestens 50% verringerte Antriebsleistung, sondern belastet auch die übrigen Gestellbauteile wesentlich geringer. Die erhöhten Herstellkosten für das CFK-Bauteil werden dadurch ausgeglichen.

C F K - P in o le

L u ftla g e r

Bild 2.106. Messpinole aus CFK

Bild 2.106 zeigt die luftgelagerte CFK-Pinole einer Messmaschine als Beispiel für ein thermisch stabiles Bauteil. Gegenüber einer keramischen Pinole zeichnet sich diese Pinole durch geringe thermische Dehnung, geringes Gewicht und günstigere Herstellkosten aus. Die hochwertige, geometrisch genaue Oberfläche mit einer Ebenheit von 3 µm und einer Rechtwinkligkeit und Parallelität von 2 µm wird hierbei direkt durch die Abformtechnik erzielt. Die Oberflächenqualität korrespondiert hierbei mit der Qualität der Form. Eine kostenintensive Nacharbeitung der Pinole entfällt. Die zukünftigen Einsatzbereiche für faserverstärkte Strukturelemente, speziell aus CFK, werden moderne Produktionsmaschinen für hohe technische Anforderungen sein, die mit metallischen Konstruktionswerkstoffen nicht oder nur schwer realisiert werden können. Dies werden vorwiegend Maschinen für die Hochgeschwindigkeitsbearbeitung sowie für die Ultrapräzisionstechnik, Messmaschinen oder optische Messeinrichtungen bzw. Laserbearbeitungsanlagen sein. Die Mehrkosten sind bei diesen Sondermaschinen auf Grund der verbesserten technischen Eigenschaften vertretbar oder werden durch Einsparungen in der Bauteilperipherie kompensiert.

2.7 Berechnung und Optimierung von Gestellbauteilen 2.7.1 Berechnung von Gestellbauteilen

Zur Beschreibung des statischen, dynamischen und thermischen Verhaltens von Gestellbauteilen und kompletten Maschinensystemen ist eine mathematische Formu-

114

2 Gestelle und Gestellbauteile

lierung der physikalischen Gesetzmäßigkeiten erforderlich. Für einfache Aufgabenstellungen lassen sich die Probleme mit den Grundgleichungen der Elastomechanik exakt beschreiben und unter Berücksichtigung der vorgegebenen Randbedingungen geschlossen lösen.

G le ic h u n g e n d e r E la s tiz itä ts le h r e E x a k te L ö s u n g

N ä h e r u n g s lö s u n g e n

B ie g e lin ie

G e s c h lo s s e n e N ä h e ru n g

D is k r e te N ä h e ru n g D iffe r e n z e n V e rfa h re n

R itz s c h e s V e rfa h re n

y n

( x ) =

n

å a u i= 1

i

i

( x )

F

l

y ¢¢ =

M

b

IE

Þ

F l3 3 IE

f =

S c h w in g u n g e n

c

m

m x  + c x = 0 x = A ×c o s w t + B ×s in w t

F F in ite - E le m e n te M e th o d e

...

F

B o u n d a r y - E le m e n te M e th o d e

F

F

Bild 2.107. Möglichkeiten zur Lösung der Gleichungen aus der Elastizitätstheorie

Ist für komplexe Bauteile keine exakte Lösung möglich, so stehen Näherungsverfahren zur Verfügung, wie in Bild 2.107 gezeigt. Hierbei ist zu unterscheiden, ob die entsprechende Lösung das Verhalten der Strukturen wie bei der exakten Lösung kontinuierlich beschreibt oder lediglich an vorgegebenen diskreten Punkten. Im ersten Fall handelt es sich um geschlossene Näherungen funktionsanalytischer Verfahren, wie z.B. die Methode nach Ritz. Im zweiten Fall handelt es sich um diskrete Näherungen. Die bekanntesten Verfahren sind hier das Differenzenverfahren, die Boundary-Elemente-Methode und die Finite-Elemente-Methode. Beim Differenzenverfahren werden die in den Gleichungen und Randbedingungen einer Struktur auftretenden Differentialquotienten durch Differenzenquotienten ersetzt. Das so entstehende System algebraischer Gleichungen wird mit den aus der numerischen Mathematik bekannten Verfahren gelöst [47]. Die Boundary-Elemente-Methode (BEM) berücksichtigt diskrete Punkte ausschließlich auf dem Rand einer zu berechnenden massiven Bauteilgeometrie. Daher wird diese Methode auch als Randintegralmethode bezeichnet. Die mathematische Grundlage besteht darin, dass ein auftretendes Volumenintegral rechnerintern durch Oberflächenintegrale ersetzt werden kann. Dabei werden die Informationen über die

2.7 Berechnung und Optimierung von Gestellbauteilen

115

Zustände im Inneren der Struktur näherungsweise beschrieben. Insgesamt reduziert sich damit die Dimension des zu lösenden Berechnungsproblems [46, 102]. Die Finite-Elemente-Methode (FEM) beruht auf dem Gedanken, beliebig geformte Bauteile in einfach berandete, endlich große Bereiche zu diskretisieren, den finiten Elementen. Benachbarte Elemente sind über Knoten miteinander verbunden. Der Verlauf der gesuchten Größe (z.B. der Verformung) wird für jedes Element über Ansatzfunktionen (den sogenannten Formfunktionen) angenähert, meistens lineare oder quadratische Polynome. Die Formfunktionen werden an den Knoten diskret ausgewertet, wodurch der kontinuierliche Verschiebungszustand im Bauteil über Werte an den Knoten ausgedrückt oder diskretisiert wird. Letztendlich reduziert sich die Lösung des exakten Problems damit auf die Bestimmung der einzelnen Knotenverschiebungen, über die dann der Verschiebungszustand im Bauteil näherungsweise global festgelegt wird [4, 8, 21, 25, 55, 110, 211, 225]. Eine Stärke der Finite-Elemente-Methode liegt in ihrer Vielseitigkeit, da sie neben der Berechnung von Spannungen und Verformungen auch zur Simulation von Temperaturfeldern, Strömungen und ähnlichen Feldproblemen eingesetzt werden kann. Sie hat sich im Maschinenbau weitgehend gegenüber dem Differenzenverfahren und der BEM durchgesetzt, da die erzeugten Simulationsmodelle die tatsächliche Geometrie sehr anschaulich repräsentieren; außerdem lassen sich FiniteElemente-Netze mit modernen interaktiven oder automatischen Netzgeneratoren schnell und einfach erzeugen. Der numerische Aufwand bei allen drei genannten diskreten Verfahren ist so groß, dass die Berechnung nur mit leistungsfähigen Workstations möglich ist. Mit der ständigen Weiterentwicklung der Hardware werden zunehmend auch PCs für diese Berechnungen eingesetzt. 2.7.1.1 Einführung in die Finite-Elemente-Methode

Die prinzipielle Vorgehensweise bei der Anwendung der Finite-Elemente-Methode ist in Bild 2.108 schematisch dargestellt. In vielen Fällen liegt bereits ein CADModell vor, in dem die Geometrie des zu analysierenden Bauteils abgebildet ist. Nur in den wenigsten Fällen wird dieses Geometriemodell direkt verwendet, um eine FE-Analyse durchzuführen, vielmehr werden fast immer Abstraktionen und Vereinfachungen der CAD-Ausgangsgeometrie notwendig, um ein handhabbares FE-Modell erzeugen zu können. Generell ist die Aufstellung eines „Lastenheftes“ für die Simulation vor dem Beginn der Analyse sinnvoll. Darin sollten schwerpunktmäßig die folgenden Punkte geklärt werden: •



Was ist das Ziel der Analyse? Was sind die geforderten Ergebnisgrößen (z.B. Spannungen, Verformungen, Auflagerreaktionen)? Sind nur lokale Werte (z.B. Spannungen an einem Kerbradius) oder globale Werte (z.B. Schwingungsformen) gefragt? Wie genau muss die Analyse durchgeführt werden? Sind lediglich Trendrechnungen erforderlich oder werden versagenskritische Werte benötigt? Wie genau können die Werte der Randbedingungen und Materialeigenschaften bestimmt

116

2 Gestelle und Gestellbauteile

werden? Können Experimente zur Validierung der Ergebnisse durchgeführt werden? • Welche Randbedingungen sind abzubilden? Welche mechanischen Einspannungen gibt es (ideal steif oder mit endlicher Steifigkeit)? Wo liegen Krafteinleitungspunkte? Wie hoch sind die eingeleiteten Kräfte? Sind aufgebrachte Lasten statisch oder dynamisch? Ist im dynamischen Fall eine statische Ersatzrechnung zulässig? Können Nichtlinearitäten in den Randbedingungen auftreten (z.B. Kontakt)? • Welche Materialeigenschaften liegen vor? Welches Materialgesetz kann verwendet werden (z.B. linear-elastisch)? Können Nichtlinearitäten im Material auftreten (z.B. Erreichen von Streckgrenzen im Bauteil, Übergang ins plastische Fließen)? Welche Koeffizienten müssen bestimmt werden (z.B. E-Moduli, Querkontraktionszahlen, Wärmeausdehnungskoeffizienten)? • Welche Bauteilgeometrie liegt vor? Liegen ausgeprägte zweidimensionale Strukturen vor (z.B. verrippte Kastenstrukturen)? Gibt es gedrungene, voluminöse Körper im Bauteil, die dreidimensional vernetzt werden müssen? Lassen sich Bereiche durch Biegebalken, Zugstäbe oder Fachwerke abstrahieren? Liegen Bereiche vor, wo reine Biegespannungen oder reine Membranspannungen zu erwarten sind?

C A D - M o d e ll d e r M a s c h in e

" L a s te n h e ft" d e r S im u la tio n F e s tle g u n g d e s S im u a tio n s z ie le s (V e rfo rm u n g e n , S p a n n u n g e n , E ig e n m F e s tle g u n g d e r M o d e llie r u n g s s tr a te g ( V o lu m e n - , S c h a le n m W a h l d e r E le m e n to r d ( lin e a r , p a r a b o lis c h )

A b s tr a h ie r te s M o d e ll z u r F E - M o d e lle r s te llu n g

V e r n e tz u n g d e r E in z e lk o m p o n e n te n A b s tr a k tio n v o n F ü h r u n g e n u n d A n tr ie b e n a ls F e d e r n

o d e n ) ie

o d e ll) n u n g

D a r s te llu n g d e r E r g e b n is s e

Z u s a m m e n s te llu n g d e s G e s a m tm o d e lls D e fin itio n v o n R a n d b e d in g u n g e n ( K r ä fte , T e m p e r a tu r e n ) u n d F e s s e lu n g e n P r o g r a m m in te r n e V o r g ä n g e A u fs te llu n g d e r e le m e n ta r e n S te ifig k e its m a tr itz e n A u fb a u d e r g lo b a le n S te ifig k e its m a tr ix B e r ü c k s ic h tig u n g d e r R a n d b e d in g u n g e n L ö s e n d e s r e s u ltie r e n d e n lin e a r e n G le ic h u n g s s y s te m s A b le itu n g v o n S p a n n u n g s a u s V e rfo rm u n g s w e rte n

F

Bild 2.108. Vorgehensweise bei der Anwendung der FEM

Werden diese Fragen systematisch beantwortet, können daraus eine geeignete Simulationsstrategie und ein passendes Simulationsmodell abgeleitet werden, die zu aussagefähigen Analyseergebnissen führen [2]. Für die Berechnung von Gestellbau-

2.7 Berechnung und Optimierung von Gestellbauteilen

117

teilen sind im Wesentlichen statische Verformungen und dynamische Kennwerte (Eigenfrequenzen, Schwingungsformen und Resonanznachgiebigkeiten) erforderlich, kritische Spannungswerte werden normalerweise nur in Werkzeugmaschinen der Umformtechnik erreicht. Da die Verformungen in der Regel klein sind, kann ein linear-elastisches Materialverhalten angenommen werden, das durch das Hookesche Gesetz mit den Materialkonstanten E-Modul und Querkontraktionszahl abgebildet wird. Mechanische Randbedingungen sind oftmals starre oder elastische Einspannungen im Fundament für komplette Maschinen oder elastische Einspannungen einzelner Bauteile. Gestellbauteile sind in der Regel verrippte Kastenstrukturen, die sich zum größten Teil durch flächige Strukturen abstrahieren lassen.

E le m e n tfo r m S ta b B a lk e n S c h e ib e * P la tte * S c h a le

E le m e n tty p S ta b

* ) E le m e n te m ü s s e n p la n s e in

B a lk e n

V o lu m e n

Ü b e rtra g b a re L a s te n

d u d w , j w

F

d v ,j v

E le m e n ta n s a tz fu n k tio n e n p a r a b o lis c h

P la tte

k u b is c h

E r lä u te r u n g e n

S c h a le

u ,v ,w : E le m e n tk o o r d in a te n x ,y ,z : k a r te s is c h e K o o r d in a te n d : V e r s c h ie b u n g s fr e ih e its g r a d j : V e r d r e h u n g s fr e ih e its g r a d

j w d w j w ,d w

j

d V o lu m e n

d w

d v d u

F v, F

j

F v

u

F v, F u, F w M v, M u, M

d u ,j u S c h e ib e

lin e a r

F r e ih e its g r a d e

M

w

u

w

w

j u

M

d v ,j v d u ,j u

F v, F u, F w M v, M u, M

d v d u

v

, M u

F v, F u, F

w

w

Bild 2.109. Unterschiedliche Elementtypen für die Methode der Finiten Elemente

Um unterschiedliche Bauteilgeometrien und Lastfälle abbilden zu können, ist eine Reihe von Elementtypen entwickelt worden (Bild 2.109). Die wichtigsten sollen im Folgenden kurz erläutert werden [108]: • Stabelemente beschreiben den einachsigen Spannungszustand. Sie können nur axiale Lasten (Zug/Druck) übertragen. • Balkenelemente sind ebenfalls eindimensionale Elemente und können neben dem Zug-/Druckverhalten auch das Biegeverhalten abbilden. Sie können Kräfte senkrecht zu ihrer Achse sowie Biege- und Torsionsmomente übertragen. Balkenelemente werden oft dazu verwendet, um Werkzeuge – wie beispielsweise auskragende Pinolen – oder allgemein Konstruktionen zur Lasteinleitung abzu-

118

2 Gestelle und Gestellbauteile

bilden. Das Werkzeug der Fräsmaschine aus Bild 2.108 ist zur Krafteinleitung als ideal steifer Balken approximiert. Für die Approximation dünnwandiger Strukturen stehen Scheiben-, Platten- und Schalenelemente zur Verfügung: •

Scheibenelemente sind nur in ihrer Ebene belastbar (Membranverhalten). In Gestellbauteilen von Werkzeugmaschinen tritt dieses Verhalten so gut wie nie auf, ein klassisches Beispiel stammt aus der Luftfahrtindustrie: Flugzeugrümpfe bestehen meistens aus dünnen Leichtmetallplatten, die durch Spanten versteift werden. Die Platten sind so biegeweich, dass sie als Membrane abstrahiert werden können, die Spanten werden meistens mit Balkenelementen modelliert und verleihen der Struktur ihre Biegesteifigkeit. • Plattenelemente übertragen nur Kräfte senkrecht zu ihrer Ebene und Biegemomente (reines Biegeverhalten). Auch dieses Verhalten beschreibt Gestellbauteile in der Regel nicht genau genug. Strukturen, die durch Plattenelemente vernetzt werden können, sind beispielsweise Brückenplatten unter Fahrzeuglast aus dem Bereich des Bauingenieuwesens. • Schalenelemente entstehen als Überlagerung des Verhaltens von Platten und Scheiben. Deshalb können sie Kräfte und Momente in allen Richtungen übertragen und damit komplexe Spannungs- und Verformungszustände erfassen (Biege- und Membranverhalten). Schalen sind bei der Vernetzung von Gestellbauteilen von Werkzeugmaschinen normalerweise die erste Wahl, da es auf Grund der komplizierten verrippten Geometrie und der verschiedenartigen zu analysierenden Lastfälle a priori kaum möglich ist, Bereiche mit reinem Biegeoder Membranverhalten zu identifizieren. Der Konstrukteur ist mit der Wahl dieser Elemente meistens auf der sicheren Seite, auch wenn die erzeugten Modelle zu längeren Rechenzeiten führen, da mehr Freiheitsgrade betrachtet werden müssen. Das FE-Modell des Fahrständers im oberen rechten Teil von Bild 2.108 beispielsweise ist komplett mit dreieckigen und viereckigen Schalenelementen vernetzt worden. • Lässt die Geometrie keine geometrischen Abstraktionen mit den bisher beschriebenen Elementen zu, so können mit Volumenelementen räumliche Bauteile und Lastfälle modelliert werden. Volumenelemente können Kräfte in allen Koordinatenrichtungen übertragen, aber keine Momente, da sie im Gegensatz zu Platten oder Schalen intern keine Biegung abbilden können. Die Ständerkonstruktion der Portalfräsmaschine aus Bild 2.115 ist aus Massivbauteilen zusammengesetzt, so dass sie mit hexaedrischen (quaderförmigen) und tetraedrischen Volumenelementen vernetzt werden musste. Alle Elementtypen können prinzipiell mit Verschiebungsfunktionen unterschiedlicher Polynomgrade programmiert werden. In der Regel kommen Elemente mit linearen oder quadratischen Verschiebungsfunktionen zum Einsatz, wobei Elemente mit quadratischen Ansätzen Zwischenknoten auf den Elementkanten besitzen. Kubische Formulierungen konnten sich auf Grund des hohen numerischen Aufwandes bei der Bestimmung der Elementeigenschaften nicht durchsetzen. Linea-

2.7 Berechnung und Optimierung von Gestellbauteilen

119

re Elemente verursachen bei der Aufstellung der Elementsteifigkeitsmatrizen (vgl. Kapitel 2.7.1.2) den geringsten Aufwand, können allerdings zwischen den Elementknoten nur linear variierende oder konstante Spannungs- und Dehnungszustände abbilden. Parabolische Elemente sind numerisch wesentlich aufwändiger, können aber komplexere Gradienten deutlich exakter erfassen als dies mit linearen Elementen möglich ist. Auch sind parabolische Elemente deutlich robuster gegenüber Verzerrungen der Elementgeometrie von ihrer Idealgeometrie (z.B. gleichseitige Dreiecke, Quadrate oder Würfel) als ihre linearen Gegenstücke, bei denen Verzerrungen oder Deformationen schneller zu fehlerhaften Ergebnissen führen (vgl. Kapitel 2.7.1.7). Aus der praktischen Erfahrung kann gesagt werden, dass für Verformungsanalysen relativ einfach gestalteter Bauteile lineare Elemente in der Regel ausreichend genaue Ergebnisse bei ökonomischen Rechenzeiten liefern. Für Spannungsberechnungen empfiehlt sich die Verwendung parabolischer Elemente, um den Spannungsverlauf im Element genauer approximieren zu können. Generell gibt es für die FEAnalyse von Maschinenkomponenten jedoch keine verbindlichen Regeln, weshalb eine erfolgreiche Durchführung Anwender mit Erfahrung und guten Kenntnissen in der Theorie der FEM und in der Strukturmechanik voraussetzt. Die einzelnen Elemente werden in den Knotenpunkten zu einem Gesamtsystem verknüpft. Da die Eigenschaften der Elemente auf die Knoten reduziert werden, sind nach der Verknüpfung der Elemente entsprechend ihrer Lage in der Struktur die Eigenschaften der gesamten Struktur über die diskreten Knotenpunkte beschrieben. Dieses diskrete Rechenmodell besteht aus einem Gleichungssystem, das unter Berücksichtigung der äußeren Belastungen, der geometrischen Randbedingungen – wie Einspannbedingungen – und der Verknüpfungsbedingungen der Elemente aufgestellt wird: {F} = [K]{U}.

(2.37)

Hierin ist {F} der Vektor, dessen Komponenten alle äußeren Kräfte und Momente beinhalten. Die Matrix [K] gibt das Steifigkeitsverhalten der Struktur an und der Vektor {U} bezeichnet die Verschiebungen und Verdrehungen in allen diskreten Knotenpunkten. Die Lösung dieses Gleichungssystems – es können je nach Problemgröße mehrere hunderttausend Unbekannte auftreten – erfordert den Einsatz leistungsfähiger Rechner. 2.7.1.2 Herleitung einer Elementsteifigkeitsmatrix

Anhand des einfachen finiten Elementes „Zug-Druck-Stab“ soll die Herleitung der Elementsteifigkeitsmatrix, ausgehend vom Verschiebungsansatz, gezeigt werden. In Bild 2.110 ist der Zug-Druck-Stab oben rechts dargestellt. Der Stab hat die Länge L, die Koordinate x läuft von Knoten 1 nach Knoten 2. Der lineare Verschiebungszustand zwischen diesen Knoten innerhalb des Stabes wird durch einen linearen Polynomansatz beschrieben: ux (x) = a0 + a1 · x.

(2.38)

120

2 Gestelle und Gestellbauteile K n o te n 2 F2 x U 1 F1

U 2

L

K n o te n 1

Z u g -D ru c k -S ta b

Bild 2.110. Herleitung der Elementsteifigkeitsmatrix eines Zug-Druck-Stabes

Die beiden Unbekannten a0 und a1 lassen sich durch die Knotenverschiebung U bestimmen: ux (x = 0) = U1 ⇒ a0 = U1 ,

(2.39)

1 (U2 −U1 ). (2.40) L Damit ist die Verschiebung an einer beliebigen Stelle x bekannt und lässt sich nun in Abhängigkeit der Knotenverschiebungen wie folgt formulieren:    x x  U1 , (2.41) ux (x) = 1 − ; U2 L L ux (x = L) = U2 ⇒ a1 =

oder allgemein:   U1 {U} = [a] . U2

(2.42)

Die Dehnungen innerhalb eines Elementes lassen sich durch die partiellen Ableitungen der Verschiebungen ermitteln. Für den Zug-Druck-Stab bedeutet dies:     ∂  x x  U1 ∂ ∂Ux (x) U1 = 1− ; = [a] , (2.43) εx = U2 U2 ∂x ∂x L L ∂x    1 1 U1 , εx = − ; U2 L L und somit

(2.44)

2.7 Berechnung und Optimierung von Gestellbauteilen

121

∂ [a]. (2.45) ∂x Das Werkstoffverhalten wird als linear-elastisch und isotrop angenommen. Für die Spannungs-Dehnungs-Beziehungen gilt das Hookesche Gesetz: {ε} = [b]{U}, mit [b] =

{σ} = [H]{ε},

(2.46)

wobei für den Stab [H] = E ist. Über das Prinzip der virtuellen Arbeit gelangt man zur Steifigkeitsmatrix. Das Prinzip besagt, dass die äußere virtuelle Arbeit δWa , die von der äußeren Belastung {F} mit virtuellen Verschiebungen δ{U} verrichtet wird, gleich ist der inneren virtuellen Arbeit δWi , die durch die Spannungen σ und die virtuellen Dehnungen δ{ε} beschrieben wird: δWa = δWi ,

(2.47)

δ{U}T {F} =



δ{ε}T {σ}dV .

(2.48)

V

Setzt man in die rechte Seite von Gleichung 2.48 die beiden Gleichung 2.45 und Gleichung 2.46 ein, so erhält man: δ{U}T F =



δ{U}T [b]T [H][b]{U}dV

(2.49)

V

und somit



{F} =

[b]T [H][b]dV {U}.

(2.50)

V

Dieses Integral verknüpft den Kraftvektor und den Verschiebungsvektor und ist der allgemeine Lösungsansatz zur Bestimmung der Steifigkeitsmatrix für beliebige Elemente: [K] =



[b]T [H][b]dV .

(2.51)

V

Setzt man die Werte für den Zug-Druck-Stab ein, so ergibt sich: x=L     1 1 − L1 ; A dx, E − [K] = 1 L L L

(2.52)

x=0

  A · E 1 −1 . [K] = −1 1 L

(2.53)

Mit zunehmender Komplexität der Elemente (Elementtyp, Anzahl der Freiheitsgrade, Grad des Verschiebungsansatzes, d.h. Anzahl der Zwischenknoten) steigt der Grad der Steifigkeitsmatrix überproportional an. So erhält man beispielsweise für eine ebene Viereckscheibe mit zwei Freiheitsgraden je Knoten, die den ebenen Dehnungszustand beschreibt, schon eine Elementsteifigkeitsmatrix der Größe 8 x 8 (Bild 2.111).

122

2 Gestelle und Gestellbauteile V ie r e c k s c h e ib e n e le m e n t v4 4

u 3

{F } = [K ] {U } x

b

u 1 v 1

(u 1) 3

E t 1 2 (1 - n 2 )

a a -

2

a

3

(1

)

3

(1

2

(1

a

)

)

2

b 3

-

b - 4

- 3 n

3 a

- 2

) )b ) )b

a b

2

(1

+ n

)

(1

- 3 n

+ (1 - n

- 2

)

b a

(1 2

b

2

3 2 b a 3 2

(1

- 3 n

- (1 - n

(1

+ n

a

)

)

a

) )

b

b

3

)

+ n

3

(1 a b

a b

a b

a 4

+ (1 - n 3 2

(1

+ n

a

b

)

- 3 n

b

)

a 3

b a

(1 2

b

+ 2 (1 - n

a 3 a -

(1 2

b

+ n

2

(1

b

a

) b

a 4

)

)

b

a b 2 b

a

3 2

(1 2

)b )

- 3 n

(1

+ n

- 2 (1 - n

3 a

a

b

) ) )

4 b a

2 b a -

(1 3 2

(1

+ n

b

b a

)

-

b

)

2

)

)

b

a

2

+ n

)b

) )b

- (1 - n 3

(1

)

- 3 n

- 2 (1 - n

b -

b 4

(1

2

a

)

- 3 n + (1 - n

3 a

- 2

+ 2 (1 - n

a

a

)

- 3 n

(1 2

- 4

)

+ (1 - n

a 3

a

+ n

3

b

)

- 3 n

(1 2

(v 4) a

)

- (1 - n

3 b

- 4

(1 2

b

- 2

)

- 3 n

- 2 (1 - n a

a

)b

+ 2 (1 - n

(1

(u 4) b

2

+ (1 - n

3 2

)

+ n

- (1 - n

3 a

- 4

)

- 3 n

b -

b

(1 2

a

a

)

+ (1 - n 3

3

- 2

)

- 3 n

(v 3) -

b

)

+ n

- 2 (1 - n

- 4

)

(1 2

b

a

)

- (1 - n

3

( U 1 ,V 1 , ..... ,U 4 ,V 4 )

)a

- (1 - n a

2

)

(u 3) b

- 2

)b

+ 2 (1 - n 2

- 2

(1 2

a b

- 4

)

)

- 3 n

- 2 (1 - n -

4

(1 2

a

b

)

+ n

- 2 (1 - n a -

a

)

3 -

b

)

)

- 3 n

(v 2) 3

-

b

+ 2 (1 - n

a

a 2

- (1 - n

(1

2 b

4

)a

+ (1 - n a

3 a

V e r f o r m u n g s v e k t o r { U }T = 2

(u 2) b

- 4

- 2 (1 - n

b -

a

+ n

+ 2 (1 - n

(1 2

a

( v 11 )

(1

3

b

)

+ n

- 3 n

2

)

- 2 (1 - n 3

b

)

- 3 n

b

a

)

2 a

4

- (1 - n 2

b

+ n

3

b

+ (1 - n 2

b

- 2

(1 2

b

- 4

[K ] =

)a

+ 2 (1 - n a

v2 a

a

{ F }T = ( F1 , F , . . . . . , F4 , F 4 ) 1 y y x x

K ra ftv e k to r

u 2

1 b

E E la s tis itä ts m o d u l n Q u e r k o n tr a k tio n s z a h l t E le m e n td ic k e

3

u 4 b

4

v 3 y

a b

3 2

(1

+ n

+ 2 (1 - n

)

)

a

a

b a

)b a

Bild 2.111. Steifigkeitsmatrix für ein Viereckscheibenelement 2.7.1.3 Überlagerung der Elementsteifigkeitsmatrizen zur Gesamtsteifigkeitsmatrix

Zur Beschreibung des elastischen Verhaltens einer durch Finite Elemente approximierten Struktur werden die Elementsteifigkeitsmatrizen zur Gesamtsteifigkeitsmatrix überlagert. Dies soll an einem einfachen, überschaubaren Beispiel gezeigt werden. Bild 2.112 zeigt im oberen Teil eine Stabstruktur, bestehend aus drei Elementen e1 , e2 , e3 , die in den Knoten 2 und 3 miteinander und in den Knoten 1 und 4 mit dem festen Fundament verbunden sind. Bekannt ist die Geometrie der Struktur, beschrieben durch die Längen Li und die Flächen Ai , die Elastizitätsmoduln Ei sowie die angreifenden Kräfte Fi . Gesucht sind die Verschiebungen U2 und U3 der Knoten 2 und 3. Die Elementsteifigkeitsmatrizen der Elemente ei ergeben sich nach Gleichung 2.53 zu:   Ai · Ei 1 −1 mit αi = . (2.54) Ki = αi −1 1 Li Bei der Erstellung der Kraftverformungsbeziehung für das gesamte Stabsystem müssen folgende zwei Bedingungen erfüllt sein: Kompatibilitätsbedingung: Die Knotenverschiebungen sind für alle angrenzenden Elemente in den Knoten gleich: e

U2e1 = U2e2 = U2 und U3e2 = U3 3 = U3 .

2.7 Berechnung und Optimierung von Gestellbauteilen

123

Gleichgewichtsbedingung: Die Summe der äußeren und inneren Kräfte ergibt Null: F1 = F1e1 , F2 = F2e1 + F2e2 , e

F3 = F3e2 + F3 3 , e F4 = F4 3 .

(2.55)

Drückt man die Elementkräfte durch die Federkonstanten αi und die Knotenverschiebungen Ui aus, so folgt: F1 = α1 (U1 −U2 ) F2 = α1 (−U1 +U2 ) + α2 (U2 −U3 ) F3 = α2 (−U2 +U3 ) + α3 (U3 −U4 ) F4 = α3 (−U3 +U4 ).

(2.56)

Nach dem Ausmultiplizieren erhält man eine Matrixform, die im unteren Teil von Bild 2.112 dargestellt ist. Man sieht hier recht deutlich, wie sich die Steifigkeitsmatrizen der einzelnen Elemente entsprechend der Gesamtstruktur zu einer Gesamtsteifigkeitsmatrix verbinden. Setzt man nun die Randbedingungen, d.h. die Verschiebungen in den Knoten 1 und 4 U1 = U4 = 0

(2.57)

ein und nimmt man gleichzeitig an, dass die Abmessungen der einzelnen Stäbe und die Elastizitätsmoduln gleich sind, so ergeben sich für die Knotenverschiebungen U2 und U3 folgende Beziehungen: 2 · F2 + F3 , U2 = 3·α F2 + 2 · F3 U3 = . (2.58) 3·α Der formale Ablauf zur Aufstellung der Gesamtsteifigkeitsmatrix und die Lösung des Gleichungssystems lässt sich nach feststehenden Regeln mit Hilfe des Digitalrechners automatisieren. Als Eingaben müssen hierbei die geometrischen Daten des Rechenmodells (z.B. Knotenkoordinaten, Knotenelementzuordnungen, Elementdicken) und die Randbedingungen (z.B. Festpunkte, Symmetriebedingungen) sowie die äußeren Belastungen durch Kräfte und Momente eingegeben werden. Die Berechnungsergebnisse sind je nach Aufgabenstellung formal unterschiedlich und werden in den folgenden Abschnitten näher beschrieben. 2.7.1.4 Überblick über die Berechnungsmöglichkeiten nach der Finite-Elemente-Methode

Schon die Darstellung der grundsätzlichen Vorgehensweise bei der Berechnung des elastischen Verhaltens von Bauteilen zeigt, dass die Finite-Elemente-Methode nur

124

2 Gestelle und Gestellbauteile

F

e 1

1

U

= 0

2

e

L

L 1

1

2

e 2

L

2

e

F 2

U

F

2 2

F

a 1

a 1

e

2

U

a

+

0 4

g e s

h ie r : U 1 = U 4 = 0

a

K 2

a 2

a

2

3

e

a 2

K

e

a

= 0 F

U

e 4

3

a 3

3

g e s

1

U 0

+

4

3

3

0

a

0

3

3

3

2

2

U

e

U

0

1

4

2

3

e

F 2

1

0 3

F F

a 1

F

e

K 1

U

3

F e

3

(E 3, A 3)

1

e

U

4

1

2

e

F 1

K

F 3

4

2

U F

e

(E 2, A 2) U

1

e

3

3

(E 1, A 1) U

F 2

2

x ,u

1

F 1

a 3

3

2

U 3

U U

4

g e s

Bild 2.112. Steifigkeitsmatrix einer Stabstruktur

bei Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung sinnvoll ist. Die Analyse des statischen, dynamischen und thermischen Verhaltens von Gestellbauteilen setzt die Verfügbarkeit von leistungsfähigen Programmsystemen voraus, die über eine ausreichende Elementbibliothek und die entsprechenden Berechnungsalgorithmen verfügen [138, 210, 211]. Bild 2.113 gibt eine Übersicht über den Leistungsumfang und den generellen Ablauf von Berechnungssystemen zur Strukturanalyse mit der Finite-Elemente-Methode und zeigt die Möglichkeiten der Ergebnisdarstellung auf. 2.7.1.5 Aufbereitung der Bauteilgeometrie für die Berechnung

Für eine FEM-Berechnung des mechanischen Verhaltens von Maschinenteilen muss zunächst ein FEM-Modell erzeugt werden, in dem die Bauteilgeometrie durch finite Elemente angenähert wird. Weiterhin müssen darin die Belastungen und Randbedingungen festgelegt werden. Bild 2.113 gibt einen Überblick über die Anwendungsmöglichkeiten der Finite-Elemente-Methode in einem rechnerunterstützten Konstruktionsprozess. Auf dem derzeitigen Stand der Technik sind FEM-Programme weitgehend in CAD-Systeme integriert oder verfügen über eine Standardschnittstelle (wie IGES,

2.7 Berechnung und Optimierung von Gestellbauteilen g e p la n te s M a s c h in e n k o n z e p t

125

D a te n a u fb e r e itu n g C A D -S y s te m

B e r e c h n u n g s m o d e lle m it L a s te n P r o b le m S p in d e S ta tik /D T h e V a r ia tio n k o A B e e

n s n a re rg

s te lk a s y n a r m ik

tr u k tiv ly s e d c h n u n e b n is s

D e ta k o n s tru F e r tig u u n te r la

llu n g te n : m ik ? ?

S ta tik

D y n a m ik

F s ta t

e r P a ra m e te r e r g s s ta tis c h e , e

T h e r m ik

Fd y n Q

E r g e b n is s e

d y n a m is c h e , S c h n itt- S p a n n u n g s - S p a n n u n g s - , A m p litu d e n g e b ir g e , T e m p e ra tu r- fre q u e n z th e r m o e la s tis c h e r e a k tio n e n S c h n ittk r ä fte Is o lin ie n g ä n g e V e rfo rm u n g e n

ilk tio n , n g s g e n

a

S c h w fo E fre q

in g u n g s rm e n , ig e n u e n z e n

f

Bild 2.113. Anwendungsmöglichkeiten der FEM in der Konstruktion

VDA-FS oder STEP) für die Übernahme von Geometriemodellen, die zuvor in einem CAD-System erzeugt worden sind. Dabei ist es in der Regel sinnvoll, das CADModell für eine FEM-Berechnung aufzubereiten [138,190,211]. Die Vorgehensweise bei der FEM-Modellbildung zeigt Bild 2.114. In Abhängigkeit von der Berechnungsaufgabe sollte das Geometriemodell soweit wie möglich abstrahiert werden. Im dargestellten Beispiel ist dazu auf Grund der gleichmäßigen Wandstärken das Volumenmodell in ein Flächenmodell umgewandelt worden. Wegen der vorliegenden Symmetrie kann das Geometriemodell im vorliegenden Fall für die weitere Bearbeitung halbiert werden. Zudem können geometrische Details wie Fasen, kleine Bohrungen und Rundungen, die auf das Strukturverhalten nur einen lokalen Einfluss haben, häufig vernachlässigt werden. Nach der Aufbereitung der Geometrie wird das Modell in die zu vernetzenden Gebiete unterteilt und durch ein FEMNetz approximiert. Mit der Festlegung von Randbedingungen und Belastungen ist die FEM-Modellerstellung abgeschlossen. Für die Definition der Randbedingungen können in ausgewählten Knoten die translatorischen und gegebenenfalls die rotatorischen Freiheitsgrade fixiert werden. Für eine FEM-Modellerstellung muss immer noch ein großer Anteil an interaktiver Arbeit aufgebracht werden. Im Rahmen einer Berechnungsaufgabe ist vom Berechnungsingenieur erfahrunsgemäß bis zu 70 % des gesamten Zeitbedarfs allein für die Modellerstellung aufzuwenden. Halbautomatische Netzgeneratoren, die in der Praxis überwiegend eingesetzt werden, helfen dem Konstrukteur, diesen Arbeitsaufwand zu reduzieren. Mit diesen Vernetzungsverfahren, auch als abbildende Vernetzung oder Mapped Meshing bezeichnet, können regelmäßige FEM-Netze

126

2 Gestelle und Gestellbauteile P r o b le m d e fin itio n u n d - a n a ly s e

A b s tr a k tio n d e s P r o b le m s

S tr u k tu r ie r u n g d e s M o d e ls V e rn e tz u n g d e r G e o m e tr ie F ix ie r u n g u n d B e la s tu n g

F in ite - E le m e n te M o d e lle r s te llu n g Bild 2.114. Teilprozesse der Finite-Elemente-Modellierung

aus vierseitigen oder hexaedrischen Elementen erzeugt werden, die sich durch ausgewogene Elementproportionen und fließende Größenübergänge auszeichnen [73]. Mit vollautomatischen Vernetzungsverfahren ist hingegen ausschließlich die Erzeugung unregelmäßiger FEM-Netze möglich, die im Vergleich zu regelmäßig erzeugten FEM-Netzen eine weniger gute Qualität aufweisen. 2.7.1.6 Berechnungsbeispiele

2.7.1.6.1 Berechnung des statischen Verhaltens von Gestellbauteilen Als Beispiel für die Ermittlung der Verformungseigenschaften von Gestellbauteilen dient die Portalfräsmaschine, die in Bild 2.115 dargestellt ist. Es handelt sich hierbei um eine Großwerkzeugmaschine, die vorwiegend in der Automobilindustrie zur Herstellung von Tiefziehwerkzeugen für Karosserieteile eingesetzt wird. Zur Minimierung der Bearbeitungszeit soll die Maschine verhältnismäßig hohe Verfahrgeschwindigkeiten und Beschleunigungen ermöglichen, weshalb die Gestellbauteile so leicht wie möglich ausgeführt werden müssen. Gleichzeitig darf das Maschinengestell nicht zu sehr geschwächt werden, um akzeptable Steifigkeitswerte zu garantieren. Ziel der Finite-Elemente-Analyse der Portalfräsmaschine war die Ermittlung der statischen Maschinensteifigkeit unter Prozesslasten. Im rechten oberen Bildteil in Bild 2.115 ist das Finite-Elemente-Netz der Maschine abgebildet. Es besteht aus 57742 Hexader-Volumenelementen und 74528 Schalenelementen mit jeweils linearen Ansatzfunktionen. Die Volumenelemente kamen bei den acht Säulen des Portals

2.7 Berechnung und Optimierung von Gestellbauteilen

127 F in ite - E le m e n te - M m it 5 7 7 4 2 lin e a r e n S c h a le n e le m e n te n 1 8 9 1 2 lin e a r e n H e V o lu m e n e le m e n te ( 8 - k n o tig ) u n d 7 4 5

y z D R O O P + R E IN

x

n

o d e ll ( 4 - k n o tig ) , x a e d e r2 8 K n o te n

P o r ta lfr ä s m a s c h in e A n a ly s e d e r V e r fo r m u n g s te ile n a c h M a s c h in e n k o m p o m e n te n . S c h w a c h s te lle : Z - S c h ie b e r Y -F ü h ru n g 3 ,0 % A n tr ie b e 3 ,7 %

B e tt u . S tä n d e r 2 ,6 %

Z -F ü h ru n g 9 ,1 % Q u e r b a lk e n 1 0 ,5 % D r e h la g e r 2 4 ,4 %

V e rfo rm u m g d e r S tru k tu r a u fg r u n d e in e r K r a ft a m T C P in x - R ic h tu n g

K r e u z s c h litte n 1 ,8 % X -F ü h ru n g 0 ,7 % Z - S c h ie b e r 4 4 ,0 %

F x

Bild 2.115. Statisches Last-Verformungsverhalten einer Portalfräsmaschine

zum Einsatz, die aus Reaktionsharzbeton bestehen und deswegen massiv ausgeführt wurden. Die bewegten Gestellbauteile Querbalken und Z-Schieber wurden als verrippte Kastenstrukturen ausgeführt, um eine hohe Verfahrdynamik zu erreichen, und konnten deswegen mit Schalenelementen vernetzt werden. Das langauskragende Werkzeug wurde mit einem ideal steifen Balkenelement modelliert, da sein Verformungsverhalten für die Auslegung der Maschine keine Rolle spielt. Das ideal steife Balkenelement (rigid link element) dient deswegen nur der Kraftübertragung vom Bearbeitungspunkt in den Z-Schieber. Als Kräfte wurden statische Bearbeitungskräfte modelliert. Bild 2.115 zeigt unten rechts die verformte Struktur für eine Kraft in x-Richtung. Es ist deutlich zu erkennen, dass die Bearbeitungskraft in dem langauskragenden Z-Schieber ein starkes Biegemoment hervorruft und ihn verformt, wohingegen die Ständerkonstruktion so gut wie unverformt erscheint. Um den Einfluss der einzelnen Baugruppen (wie Z-Schieber, Kreuzschlitten, Führungen, Querbalken usw.) auf die Gesamtsteifigkeit an der Zerspanstelle zu ermitteln, bietet sich folgendes Vorgehen an: zunächst wird der Z-Schieber an seiner Schnittstelle zu den Z-Führungen freigeschnitten und fest eingespannt. Daraufhin wird sein Verformungsverhalten rechnerisch ermittelt. Anschließend wird der Z-Schieber zusammen mit den Z-Führungen freigeschnitten, eingespannt und analysiert. Die Differenz der Verformungswerte von Z-Schieber und Z-Schieber mit Z-Führungen ist der Anteil der Verformungen, der nur durch die Z-Führungen verursacht wird. Als nächstes werden Z-Schieber, Z-Führungen und Kreuzschlitten freigeschnitten, eingespannt und analysiert, um den Verformungsanteil des Kreuzschlittens zu bestimmen. Durch dieses schrittweise Vorgehen kann sukzessive der Verformungsanteil jeder Strukturkomponente der Maschine an der Gesamtverformung ermittelt werden. Das Resultat dieser kompo-

128

2 Gestelle und Gestellbauteile

nentenweisen Einzelverformungsuntersuchung ist als Diagramm im unteren linken Teil von Bild 2.115 abgebildet. Es ist deutlich zu erkennen, dass der Z-Schieber eine strukturelle Schwachstelle dieses Maschinenkonzeptes darstellte. Die FE-Analyse der Gesamtmaschine und deren Einzelkomponenten ermöglichte das Identifizieren der strukturellen Schwächen des Maschinenentwurfes. Auf Grund dieser Erkenntnisse war es möglich, die Konstruktion gezielt zu verbessern. In dem vorliegenden Beispiel wurde in Optimierungsrechnungen die Gestaltung des Z-Schiebers so geändert, dass bei konstanter Masse die Steifigkeitswerte des Bauteils deutlich verbessert werden konnten, wodurch die Maschine bei konstanter Masse insgesamt deutlich steifer wurde. Grundlagen und Ablauf dieser Optimierungsrechnungen werden in Kapitel 2.7.3 dargestellt. 2.7.1.6.2 Berechnung des dynamischen Verhaltens von Gestellbauteilen Bei der Untersuchung des dynamischen Bauteilverhaltens mit der Finite-ElementeMethode ist neben den statischen Größen auch der Einfluss der in der Struktur wirkenden Massen- und Dämpfungskräfte zu berücksichtigen. Das dynamische Verhalten einer Struktur wird durch ein System linearer Differentialgleichungen 2. Ordnung beschrieben: ¨ + [D] · {U} ˙ + [K] · {U} = {F(t)}. [M] · {U}

(2.59)

Die zeitabhängigen Größen Verschiebung, Geschwindigkeit und Beschleunigung gehen aus der Integration des Differentialgleichungssystems bei gegebenen Anfangs- und Randbedingungen hervor. Bei der Formulierung von dynamischen Problemen mit Hilfe der Finite-Elemente-Methode müssen neben der Steifigkeitsmatrix zusätzlich eine Massenmatrix und eine Dämpfungsmatrix erstellt werden. Der Aufwand zur Berechnung des dynamischen Verhaltens ist hinsichtlich des erforderlichen Speicherplatzes und der Anzahl der auszuführenden Rechenoperationen um ein vielfaches größer als bei der Berechnung des statischen Verhaltens. Aus diesem Grund sind für eine vereinfachte rechnerische Behandlung dynamischer Problemstellungen Näherungsverfahren entwickelt worden. Ein in kommerziellen FEM-Programmen weit verbreitetes Verfahren für die Berechnung von dynamischen Problemstellungen ist die statische Kondensation. Dabei wird das Gleichungssystem zunächst nur für eine Anzahl ausgewählter Knoten gelöst. Diese Knoten werden als Master- oder Boundaryknoten bezeichnet und müssen insbesondere an Koppelstellen und Punkten äußerer Krafteinleitung definiert werden. In einer anschließenden Rücktransformation können dann Aussagen über das Verformungsverhalten der gesamten Struktur gewonnen werden. In Bild 2.116 ist die Vorgehensweise an einem einfachen Balkenmodell dargestellt. Der linke Teil des Bildes zeigt ein vereinfachtes Modell einer Portalfräsmaschine und das zugehörige räumliche FEM-Modell aus Balkenelementen. Für die durchzuführende Kondensation wird zunächst das statische Gesamtgleichungssystem formuliert. Die Gleichungen werden so umgeordnet, dass die Elemente der Steifigkeitsmatrix, die mit der Verschiebung der Masterknoten verknüpft sind, in den ersten Zeilen und Spalten der Steifigkeitsmatrix angeordnet sind. Durch eine

2.7 Berechnung und Optimierung von Gestellbauteilen V e r e in fa c h te s M o d e ll e in e r P o r ta lfr ä s m a s c h in e

129

1

A u fb a u d e r S te ifig k e its m a tr ix d e r S tr u k tu r 1 2 3 4 5 6 7 8

S ta tis c h e s G e s a m tg le ic h u n g s s y s te m :

2 3

[K ] {U } = {F } 4 5 K 6 7

s y m m e tr is c h 8

A u fte ilu n g d e r S te ifig k e its m a tr ix d u r c h U m s te llu n g d e r G le ic h u n g e n 2 5 7 8 1 3 4 6

4 2 7 5 2 5

8 1 g e fe s s e lte r K n o te n in n e r e r K n o te n M a s te rk n o te n

7 K

8

K

b b

A u fte ilu n g d e s s ta tis c h e n G le ic h u n g s s y s te m s :

b

3

M a tr ix e in tr a g = 0

b i

1

éK

b b

ë K

ib

ê

6 3 4 6

K

ib

b

K

K K

b i

ù

ì U

ii

û

î U

ú × í

ü

ì F

þ

î F iþ

b

ý = í i

ü b

ý

i

F E M - M o d e ll

M a tr ix e in tr a g = 0

ii

i

Bild 2.116. Statische Kondensation des Modells zur Reduktion des Berechnungsaufwandes

Aufteilung des statischen Gesamtgleichungssystems ergeben sich die Gleichungssysteme: [Kbb ] · {Ub } + [Kbi ] · {Ui } = {F} [Kib ] · {Ub } + [Kii ] · {Ui } = {0}.

(2.60) (2.61)

Der Vektor {Ub } umfasst die Verschiebungen der Masterknoten, in {Ui } sind die Verschiebungen der inneren Knoten enthalten. Durch Auflösung der 2. Gleichung nach {Ui } ergibt sich nach Einsetzen in die 1. Gleichung: [Kbb ] · {Ub } + [Kbi ] · (−[Kii ]−1 · [Kib ] · {Ub }) = {F}.

(2.62)

Damit lautet das statisch reduzierte Gleichungssystem: [Kbb ]red · {Ub } = {F} mit:

(2.63)

[Kbb ]red = [Kbb ] − [Kbi ] · [Kii ]−1 · [Kib ]

der reduzierten Steifigkeitsmatrix. Mit Hilfe des statisch reduzierten Gleichungssystems können die Knotenverschiebungen der Masterknoten ohne Informationsverlust gegenüber dem vollständigen Gleichungssystem erhalten werden. Die Verschiebungswerte der inneren Knoten können anschließend durch die Rücktransformation {Ui } = −[Kii ]−1 · [Kib ] · {Ub }

(2.64)

ermittelt werden. Für die Kondensation eines dynamischen Gleichungssystems müssen neben der Steifigkeitsmatrix auch die Dämpfungs- und die Massenmatrix kondensiert werden. Eine exakte Kondensation dieser Matrizen kann auf Grund der

130

2 Gestelle und Gestellbauteile

höheren Ordnung der Differentialgleichungen jedoch nicht durchgeführt werden. Daher wird für die Kondensation der Massenmatrix eine Näherung angesetzt. Die Massenmatrix wird mit der Transformationsmatrix [L] transformiert, die durch die statische Kondensation gewonnen wurde. [Mbb ]red = [Mbb ] − [Mbi ] · [L] − [L]T · [Mib ] + [L]T · [Mii ] · [L], mit:

(2.65)

[L] = [Kii ]−1 · [Kib ].

Bild 2.117 zeigt die Rechenmodellerstellung am Beispiel eines Bearbeitungszentrums. Im linken Bildteil ist der schematische Aufbau der Maschine als einfaches ebenes Problem dargestellt. Im mittleren Bildteil sieht man das gesamte Rechenmodell, das in Teilstrukturen unterteilt ist. Die einzelnen Komponenten der Maschine sind in den Fügestellen durch Koppelelemente mit Steifigkeits- und Dämpfungswerten miteinander verbunden. Im Zuge einer FEM-Dynamikberechnung werden mit ¨ + [K] · {U} = {0} [M] · {U}

(2.66)

zuerst die Eigenfrequenzen und die normierten Eigenschwingungsformen der Teilstrukturen und daraufhin die Eigenfrequenzen und Eigenschwingungsformen des Gesamtsystems ermittelt. Als Alternative zu der statischen Kondensation haben in den letzten Jahren vollautomatische Rechenverfahren für dynamische Analysen Verbreitung gefunden. Bei diesen muss nicht der Anwender die Reduktion des Berechnungsproblems durchführen, indem er das Berechnungsmodell in Substrukturen aufteilt, die dann statisch kondensiert werden, sondern das Gleichungssystem nach Gleichung 2.66 wird automatisiert durch entsprechende Algorithmen reduziert. Die Berechnungszeiten dieser Verfahren liegen selbst bei relativ großen Modellen (mehrere zehntausend Freiheitsgrade) in akzeptablen Bereichen. Diese Reduktionsverfahren, von denen das bekannteste das Lanczos-Verfahren ist [8], finden programmintern statt, so dass der Anwender nur das FE-Modell zur Analyse bereitstellen muss; eine gesonderte Vorbereitung des Modells wie bei der statischen Kondensation erübrigt sich. Im Anschluss an die Schwingungsformanalyse (Modalanalyse) kann durch eine Responseanalyse das Systemverhalten unter der Berücksichtigung von Dämpfung und einer sich zeitlich ändernden Kraft berechnet werden. Dabei wird zwischen einer Responseanalyse im Frequenzbereich und einer Responseanalyse im Zeitbereich unterschieden. Mit einer Responseanalyse im Frequenzbereich kann unter Berücksichtigung sinusförmiger Belastungen über einen größeren Frequenzbereich der Nachgiebigkeitsfrequenzgang der Struktur berechnet werden. Bei einer Responseanalyse im Zeitbereich wird ein Kraft-Zeitverlauf (meist die Strukturbewegung auf Grund eines Kraftsprungs) in ausgewählten Knoten der Struktur definiert. Das Ergebnis dieser Berechnung ist der zeitliche Verlauf von Verschiebungen und Spannungen in einzelnen Elementknoten. Während die Massen- und Steifigkeitsmatrizen in der Regel mit ausreichender Genauigkeit aufgestellt werden können, ist dies bei der Dämpfungsmatrix nicht

2.7 Berechnung und Optimierung von Gestellbauteilen v

S tä n d e r A n tr ie b s a g g re g a t

131

S p in d e le in h e it F ü h ru n g y

II 9

A u s le g e r

u F r e ih e its g r a d e /K n o te n V 8 7

y I

5

9 2

1 0 6 B e tt

s ta rre V e r b in d u n g 1 1

4 III

2 1 A u fs te lle le m e n te s c h e m a tis c h e r A u fb a u

1 5

1 6

1 8

1 1

IV 1 9

2 0

2 3

2 2

1

F 3(t) F 17(t) 1 7 s ta rr

W e rk s tü c k 1 4

3

V I

1 2

1 3

7 1 0

2 4

V II G e s a m tr e c h e n m o d e ll

x

2 1

I V

II 8 5

2

4 6

V I

1 2

1 3

III

F 3(t) F 17(t)

IV

1 3

1 4

1 7

1 9

1 5

1 6

1 8

2 0

2 3

2 2

2 4

x

V II K o n d e n s ie r te s M o d e ll

Bild 2.117. Rechenmodell für dynamische Berechnungen

gegeben. Wie in Kapitel 2.4.2 beschrieben, bereitet die Bestimmung der diskreten Dämpfungswerte in den Fügestellen zur Zeit noch große Schwierigkeiten. Die in Bild 2.118 dargestellte Fräsmaschine mit einer V-Vorschubkinematik in der x-y-Ebene wurde in Bezug auf ihre dynamischen Eigenschaften hin untersucht. Die dreiachsige Maschine ist speziell im Hinblick auf kompakte Bauform sowie hohe Beschleunigungen von bis zu 3 g und hohe Verfahrgeschwindigkeiten von bis zu 120 m/min konzipiert [182]. Die Bewegung in der x-y-Ebene wird durch eine Bipod-Kinematik ausgeführt. Dabei bewegen zwei Schubstangen eine Plattform, an der der z-Achsschlitten als Pinole angeordnet ist. Die linke Schubstange ist fest mit der Plattform verbunden und bestimmt die Orientierung, die rechte Schubstange ist gelenkig an die Plattform angekoppelt. Die Schubstangen werden von je einem Linearmotor in Doppelkammbauweise bewegt, deren Motorkästen drehbar im Gestell gelagert sind. Die Zustellung in der z-Richtung wird über einen Kugelgewindetrieb realisiert. Ausgehend von einem entsprechend aufbereiteten CAD-Modell wurde ein FEModell mit 53610 Volumenelementen, 8601 Schalenelementen und 31428 Knoten generiert. Um bei diesem relativ großen FE-Modell dennoch akzeptable Rechenzeiten zu erreichen, wurden Elemente mit linearem Verschiebungsansatz gewählt. Eine entsprechend dichte und qualitativ gute Vernetzung garantierte trotzdem eine gute Ergebnisqualität. Die Verbindungen der Bauteile untereinander (Führungen, Lager) und die Aufstellelemente wurden über gesonderte Koppelelemente (Federelemente) dargestellt, denen die entsprechenden Steifigkeitswerte dieser Maschinenelemente zugeordnet sind. Die Berechnungsergebnisse waren die Eigenfrequenzen und ihre zugehörigen Schwingungsformen, von denen in Bild 2.119 die drei ersten Moden,

132

2 Gestelle und Gestellbauteile R e c h te S c h u b s ta n g e

Z -A c h s e

L in k e r u n d r e c h te r M o to re n k a s te n

S tä n d e r g e le n k

L in k e S c h u b s ta n g e

S p in d e lg e h ä u s e

R a h m e n fü r M o to re n k ä s te n Z - E in h e it m it S p in d e l z y x

Bild 2.118. Geometrie- und FE-Modell einer Fräsmaschine in Hybridkinematik

die Resonanzüberhöhungen in x-Richtung zeigen, dargestellt sind. Bei der ersten Schwingungsform ( f = 42, 4Hz) dominiert eine Biegeschwingung des Gestells in y-Richtung, was zu einer Nickschwingung des Fräskopfes in z-Richtung führt. Die zweite Eigenform ( f = 73, 4Hz) ist charakterisiert durch eine Torsionsschwingung des Ständers. Der Fräskopf schwingt hierbei in x-Richtung. Die dritte dargestellte Schwingungsform bei f = 102Hz äußert sich in einer gegenläufigen Biege- und Torsionsschwingung der beiden Schubstangen, wodurch es zu einer Drehschwingung des gesamten Spindelvorbaus kommt. Der Nachgiebigkeitsfrequenzgang Gxx ( f ) am Bearbeitungspunkt wurde im Rahmen einer Responseanalyse in einem Frequenzbereich zwischen 0 und 200 Hz berechnet und ist in Bild 2.120 dargestellt. Zur Illustration sind zu den Resonanzbereichen von 42,4 Hz, 73,4 und 102 Hz die korrespondierenden Schwingungsformen noch einmal abgebildet. Trotz des großen rechentechnischen Aufwandes von simulationstechnischen Analysen des dynamischen Verhaltens von Maschinenstrukturen werden diese zunehmend häufiger durchgeführt. Für den Konstrukteur bieten Simulationsrechnungen den Vorteil, Kennwerte des geplanten Maschinenkonzeptes bereits vor Fertigung eines (teuren) Prototypen abschätzen zu können, was zu einer signifikanten Reduzierung von Konstruktionszeiten und -kosten führen kann. Resonanzfrequenzen und Eigenschwingungsformen lassen sich auf Grund der genauen Kenntnis von Steifigkeiten und der Massenmatrix sehr gut berechnen. Da aber in der Regel die Ergebnisgenauigkeit der Resonanzüberhöhung durch unbekannte Dämpfungswerte (Dämpfung in Fügestellen, Führungen und Antrieben) für eine exakte Bestimmung der dynamischen Maschineneigenschaften nicht ausreicht, sind messtechnische Untersuchungen (s. Band 5) weiterhin unerlässlich.

2.7 Berechnung und Optimierung von Gestellbauteilen

z

133

y x

F re q u e n z : 4 2 ,4 H z

F re q u e n z : 7 3 ,4 H z

F re q u e n z : 1 0 2 H z

Bild 2.119. Berechnete Eigenschwingungsformen einer Maschine mit V-Kinematik

f5= 1 0 0 H z f4= 7 3 H z f1= 4 2 H z

-1

N a c h g ie b ig k e it [µ m /N ]

1 0

1 0

-2

0

2 0

4 0

6 0

8 0

1 0 0 1 2 0 F re q u e n z [H z ]

1 4 0

1 6 0

Bild 2.120. Nachgiebigkeitsfrequenzgang am Bearbeitungspunkt der V-Maschine

1 8 0

134

2 Gestelle und Gestellbauteile

Die rechnerischen Studien zur Verbesserung vorhandener Maschinenkonstruktionen werden sich künftig beider Hilfsmittel bedienen: Aus den Informationen der Konstruktionszeichnungen wird ein Simulationsmodell erstellt. Dieses Strukturmodell wird so lange verändert, bis seine dynamischen Eigenschaften (Eigenfrequenzen, Schwingungsformen und Nachgiebigkeitswerte) den gemessenen (Modalanalyse) entsprechen (Bild 2.121). An dem Simulationsmodell werden dann einzelne Parameter gezielt verändert und die Auswirkungen auf die dynamischen Eigenschaften studiert. Im Anschluss an die Ermittlung einer zufriedenstellenden Parameterkombination müssen diese Werte in der realen Konstruktion verwirklicht werden.

x F M e s s u n g

- j S c h w in g u n g s fo r m e n

R e a le S tr u k tu r

f

V e r g le ic h

V e r g le ic h

x F R e c h n u n g

M o d e ll

- j

S c h w in g u n g s fo r m e n m , k

S c h u b s ta n g e

R e c h n u n g

m , k

f

S p in d e lk a s te n

m , k R a h m e n

K o n s tr u k tio n s z e ic h n u n g e n

K o n s tr u k tio n s e in h e ite n G e o m e tr ie E rfa h ru n g s w e rte fü r D ä m p fu n g s k e n n w e rte v o n F ü g e - u n d K o p p e ls te lle n

Bild 2.121. Vorgehensweise bei der kombinierten messtechnischen und rechnerischen Verformungsanalyse zur gezielten Verbesserung des dynamischen Verhaltens

2.7 Berechnung und Optimierung von Gestellbauteilen

135

2.7.1.6.3 Berechnung des thermischen Verhaltens von Gestellbauteilen Die Berechnung des thermoelastischen Verhaltens von Maschinenteilen wird auf eine statische Verformungsberechnung zurückgeführt. Die Vorgehensweise gliedert sich in zwei Abschnitte. Zunächst werden auf Grund der Wärmeflüsse die zeitlichen Temperaturverteilungen über das gesamte Bauteilvolumen bzw. für die Bauteiloberfläche berechnet. Aus der Kenntnis der Temperatur für jeden FE-Knoten werden über das thermische Ausdehnungsgesetz äquivalente mechanische Belastungen ermittelt. Mit diesen äquivalenten Knotenbelastungen wird dann die statische Verformungsberechnung durchgeführt [4, 8, 224]. Die im ersten Schritt einer thermischen Berechnung zu ermittelnde Temperaturverteilung in einem Bauteil ergibt sich aus dem Gleichgewicht des zugeführten Wärmestromes mit den Wärmeströmen im Bauteil, d.h. der Wärmeleitung im Bauteil, und der Konvektion und Strahlung an die Umgebung sowie der Änderung der im Bauteil gespeicherten Wärmemenge. In Bild 2.122 ist die Energiebilanz, die der Berechnung der Temperaturverteilung in einem Bauteil zu Grunde liegt, für ein Stabsystem aufgestellt.

G e o - Q u b z - L ä

m e e rs w . n g e

tr ie d a te n : c h n itts flä c h e A D u rc h m e s s e r d n l, lg Z

Q

Q K

Q z u 2 (t) Q K

2 3

4

Q Q Y

a K

l

1 Q

L

Q K

lg

Q

a a

S t

, A

Q z u (t)

W ä rm e s tro m im B a u te il ( L e itu n g ) =

Q L

=

+

Q K

=

( [L ]

+

[K 0] ) {T }

= M a n te lflä c h e = S tir n flä c h e

[C ] = W ä r m e k a p a z itä ts m a tr ix Z e itlic h e Ä n d e r u n g d e r im B a u te il g e s p e ic h e r te n W ä r m e ( K a p a z itä t)

+

B e r e c h n u n g d e r T e m p e r a tu r v e r te ilu n g d u r c h L ö s e n v o n : {Q z u (t)}

M S t

[K 0 ] = M a tr ix d e r W ä r m e k o n v e k tio n K

W ä rm e s tro m ü b e r + d ie B a u te ilo b e r flä c h e ( K o n v e k tio n ) +

o d u l E

[L ] = M a tr ix d e r W ä r m e le itu n g

G le ic h g e w ic h t d e r W ä r m e s tr ö m e in d e r S tr u k tu r : z u g e fü h rte r W ä rm e s tro m ( Q u e lle )

te : h ig k e it l W ä r m e k a p a z itä t C

- W ä rm e ü b e rg a n g s z a h l a a

S p

l , r ,c , E d

M

Q z u (t) 1 K

W e rk s to ffw e r - W ä r m e le itfä - s p e z ifis c h e - D ic h te r - E la s tiz itä ts m

+

Q S p ¶ T [C ] { ¶ } t

[J o u le /s ]

Bild 2.122. Energiebilanz in einer Stabstruktur

Aus dem vorliegenden Gleichgewicht der Wärmeströme ergibt sich folgendes Gleichungssystem:     ∂T . (2.67) {Q(t)} = [L] + [K 0 ] · {T } + [C] · ∂t Hierin gilt:

136

2 Gestelle und Gestellbauteile

• der Vektor {Q(t)} enthält die konzentriert auf ausgewählte Strukturpunkte zugeführten Wärmeströme; • die Matrix [L] beschreibt den temperaturabhängigen Wärmestrom in den Elementen des Bauteils infolge Wärmeleitung; • die Matrix [K 0 ] gibt den temperaturabhängigen, durch Konvektion und Abstrahlung über die Bauteiloberfläche fließenden Wärmestrom an; • die Matrix [C] berücksichtigt die im Bauteil gespeicherte Wärmeenergieänderung infolge der zeitlichen Temperaturänderung. Die unbekannte Größe in diesem Gleichungssystem ist der Temperaturvektor {T } sowie dessen Ableitung nach der Zeit. Die Temperaturverteilung ist für die nachfolgende Berechnung der thermischen Ersatzkräfte als Eingangsgröße für die Verformungsberechnung erforderlich. Für die Berechnung der Temperaturverteilung {T } lassen sich für ein Stabelement mit der Querschnittsfläche A, dem Durchmesser d, der Länge l und den Werkstoffwerten: λ für den Wärmeleitwert, ρ für die Dichte und C für die spezifische Wärmekapazität, folgende Größen herleiten: Die auf die Struktur von außen einwirkenden Wärmequellen (z.B. Lagerwärme) werden auf die entsprechenden Elementknoten verteilt:   Qzu,1 (t) . (2.68) {Q(t)}e = Qzu,2 (t) Die in den Elementen fließende Wärmeenergie wird durch das Gesetz der Wärmeleitung beschrieben und durch die Matrix [L]e ausgedrückt:   λ · A 1 −1 e . (2.69) [L] = −1 1 l Die ebenfalls von außen zu- bzw. abgeführte Wärmemenge durch Konvektion und Strahlung berücksichtigt die Matrix [K 0 ]e :     αM · π · d · l 2 1 10 0 e + αst · A [K ] = . (2.70) 12 01 6 Indizes: M für Mantelfläche, St für Stirnfläche. Die Konvektion über die Mantelfläche eines Stabelementes wird durch den ersten Ausdruck in Gleichung 2.70 beschrieben. Der zweite Ausdruck dieser Gleichung beschreibt die Konvektion über die Stirnfläche des Stabelements. Dieser Anteil wird nur für die Elemente mit einer freien Stirnfläche in der Rechnung berücksichtigt. Die zeitliche Änderung des Wärmeinhaltes je Element drückt die Matrix [C]e aus:   ρ·c·A·l 2 1 . (2.71) [C]e = 12 6 Die Überlagerung der Elementmatrizen zur Gesamtmatrix eines Bauteils erfolgt wie in Kapitel 2.7.1.2 beschrieben. Bei der Lösung von Gleichung 2.67 zur Ermittlung der unbekannten Knotentemperaturen T an allen Strukturpunkten wird der Differentialkoeffizient ∂T /∂t durch den Differenzenquotient ∆T /∆t ersetzt. Für jeden Integrationspunkt für das Intervall t + ∆t führt dies zu:

2.7 Berechnung und Optimierung von Gestellbauteilen

T (t) =

t+∆t   t

∂T ∂t

 dt˜ =

t+∆t  t

{Qzu (t˜)} − ([L] + [K 0 ]){T (t˜)} dt˜. [C]

137

(2.72)

Unter Verwendung der Trapezregel wird hieraus: {T (t + ∆t)} − {T (t)} =

∆t ({Q(t)}{Q(t + ∆t)}([L] + [K 0 ]) 2[C]

· {T (t + ∆t)} − ([L] + [K 0 ]){T (t)}.

(2.73)

Nach {T (t + ∆t)} aufgelöst ergibt sich: [H1 ]{T (t + ∆t]} = [H2 ]{T (t + ∆t)} + {Qzu (t)} + {Qzu (t + ∆t)}, mit [H1 ] =

2 0 ∆t [C] + [L] + [K ]

und [H2 ] =

2 0 ∆t [C] − [L] − [K ].

(2.74)

Die Matrizen H1 und H2 beschreiben die thermischen Bauteileigenschaften. Sie sind konstant, d.h. unabhängig vom Zeitschritt der Rechnung. Zusammengefasst lautet die Gleichung: [H1 ]{T (t + ∆t)} = {B(t)},

(2.75)

hier ist {B(t)} der thermische Belastungsvektor, dessen Komponenten alle bekannt sind. Mit der bekannten Temperatur zum Zeitpunkt t0 kann schrittweise die Temperaturverteilung {T } zu jedem Zeitpunkt t + ∆t durch Lösen der linearen Gleichung 2.75 berechnet werden. Als Lösungsverfahren kommt hier die Gaußelimination zum Einsatz. Oft ist nur eine Temperaturverteilung für den eingeschwungenen thermisch stationären Zustand von Interesse. Dies trifft für solche Produktionsmaschinen zu, die nach ihrer Aufwärmphase unter konstanten thermischen Belastungen  stehen.  Bei der Berechnung der Temperaturverteilung wird hierbei der ∂T Ausdruck ∂t aus Gleichung 2.67 zu Null, da keine zeitliche Änderung der Temperaturverteilung mehr stattfindet: {Q} = ([L] + [K 0 ]){T }.

(2.76)

Gleichung 2.67 vereinfacht sich zur Gleichung 2.76 mit dem unbekannten Temperaturvektor {T }, der durch die Lösung des linearen Gleichungssystems direkt bestimmt werden kann. Ausgehend von dem berechneten Temperaturfeld, d.h. von den Temperaturen an den Knotenpunkten des Rechenmodells, wird nun die Verformungsberechnung durchgeführt. Die Berechnung der thermoelastischen Verformungen wird in eine statische Verformungsberechnung überführt. Hierzu werden die thermischen Ersatzkräfte formuliert, die auf den Längenänderungen der Elemente infolge der Temperaturänderungen basieren. Die thermische Ersatzkraft ist definiert als diejenige äußere Kraft, die an den Elementknoten angreift und hierbei die gleichen Verformungen bewirkt wie die auf Grund der Temperaturveränderungen auftretenden Längenänderungen. Anhand eines Stabelementes ist in Bild 2.123 diese Definition graphisch

138

2 Gestelle und Gestellbauteile

dargestellt. Bild 2.124 gibt die Matrix (Wärmekraftmatrix) zur Berechnung der thermischen Ersatzkräfte und -momente an. Die 12x4-Matrix erlaubt die Berechnung der beiden Kräfte in x- und y-Richtung sowie des Momentes um die z-Achse für jeden der vier Knoten infolge der Temperatur an den Knoten. Nach der Berechnung der thermischen Ersatzkräfte ermittelt man die Verformungen mit dem Berechnungsprogramm für das statische Verhalten, wobei die thermischen Ersatzkräfte an allen Knoten in Form von äußeren Kräften auf das System wirken.

Q F

D L L

L T

T

= a

D T

F

L ä n g e n ä n d e r u n g e in e s S ta b e s d u rc h K ra ft F

L ä n g e n ä n d e r u n g e in e s S ta b e s d u rc h T e m p e ra tu re rh ö h u n g D T D L

D L

T

D L L

F

1 A E =

L F

T

D e fin itio n d e r th e r m is c h e n E r s a tz k r a ft D ie th e r m is c h e E r s a tz k r a ft F T r u ft d ie g le ic h e L ä n g e n ä n d e r u n g D L in e in e m K ö r p e r h e r v o r , w ie e in e T e m p e r a tu r e r h ö h u n g D T . D L T

=

D L F

a

D T

L =

1 A E

L F T

F T

= a A E D T

Bild 2.123. Thermische Ersatzkraft für einen Stab

Im Folgenden wird das berechnete thermische Verhalten eines Spindelkastens diskutiert. Bild 2.125 zeigt im oberen Bildteil die Finite-Elemente-Struktur eines Spindelkastens, der mit Dreieck- und Viereckelementen diskretisiert wurde. Die thermische Belastung besteht in der Lagerverlustleistung von Spindel und Getriebewellen. Das Ergebnis dieser instationären Temperaturverteilungsberechnung ist im unteren Bildteil in Form von Isothermen dargestellt. Sie geben die Temperaturverteilung im Bauteil nach 15 min wieder. Die sich auf Grund dieser Temperaturverteilung einstellenden Verformungen sind rechts unten dargestellt. Die auftretenden Verlagerungen infolge der vorliegenden thermischen Belastungen würden ohne Werkzeugkorrektur zu unzulässig großen Abweichungen bei der Bearbeitung führen. Ähnlich wie bei dem dynamischen Verhalten von Werkzeugmaschinen die unzureichende Kenntnis der Dämpfungswerte in den Koppelstellen eine ausreichend genaue Berechnung erschwert, so sind es bei der thermischen Berechnung die nur unzulänglich bekannten Randbedingungen, wie Wärmeleitung, -übergangskoeffizienten und -strahlungswerte, Verluste durch Ölplanschen in den

2.7 Berechnung und Optimierung von Gestellbauteilen F

M T j F F

T y

2

F T y 3 d 2

T 2 T x T x

2

M T j

M T j

7 b

F

T x

F

1

X

W ä r m e k r a ftm a tr ix [W e ] e in e r R e c h te c k s c h e ib e m it 1 2 x 4 E le m e n te n 3

T 3

b

139

T x

3

-b

4

T 4

T 1 F 1

a

M T j F

T y 1

a E d 4 0 (1 - n ) 4

T y 4

R e c h te c k s c h e ib e n e le m e n t m it d e n th e r m is c h e n E r s a tz k r ä fte n x ,y ,j = K n o te n fr e ih e its g r a d e d e s S c h e ib e n e le m e n te s . D ie th e r m is c h e n E r s a tz k r ä fte F e e r g e b e n s ic h a u s : T

E = n = a = a , b

{ T e } = V e k to r m it d e n K n o te n te m p e r a tu r e n 1

,T

,T 2

,T 3

- 2 3 2 3

m i t { F eT } T = { F , F , M , ...} T x T y T j 1 1 1 e e e {F T } = [W ] {T }

{T e } = { T

2

b

} 4

7 a 2 + a 2 -7 b 3 a 2 - 23 a -3 b -3 a (b 2-a 2) 3 b 3 a b 2-a 2

E la s tiz itä ts Q u e rk o n tra W ä rm e a u s , d = g e o m d e s S

7 b

3 b 3 b 3 a 3 a 7 a 2 - 2 (b 2 -a 2) - 2 b 2+ a 2 - b 2 + 23 a 3 3 -3 b -3 b -7 b 3 a 7 a 7 a 2 (b 2 -a 2) 2 b 2-a 2 b 2-a 2 3 3 -7 b -7 b -3 b -3 a -7 a -7 a 2 2 2 - 2 b 2+ a 2 -b 2+ a 2 -b + 3 a 3 7 b 7 b 3 b 7 a 3 a 7 a 2 (b 2 -a 2) b 2+ 2 a 2 b 2-a 2 3 3

m o d u l k tio n s z d e h n u n e tr is c h e c h e ib e n

a h l g s k o e ffiz ie n t A b m e s s u n g e n e le m e n ts

Bild 2.124. Berechnung der thermischen Ersatzkräfte eines Rechteckscheibenelementes F E - M o d e ll e in e s S p in d e lk a s te n s W ä r m e ü b e r g a n g s z a h le n W a 1 = 6 m 2K W a 2 = 2 4 m 2K W a 3 = 1 0 m 2K T e m p e ra tu rv e n a c h 1 5 m in H o c h la u fz e it Is o v a le n z lin ie G = 3 0 ° M = 3 H = 3 1 ° N = 3 I = 3 2 ° O = 3 J = 3 3 ° P = 3 K = 3 4 ° Q = 4 L = 3 5 ° R = 4

a 1

n 6 ° 7 ° 8 ° 9 ° 0 ° 1 °

d a r g e s te llte e W ä r m e q u e lle n : tü tz la g e r in d e r G e h ä u s e m itte , la n s c h v e r lu s te : 4 0 0 W

F e s s e lu n g e n

r te ilu n g H

h ie r n ic h t z u s ä tz lic h A n tr ie b , S Ö l- u n d P

3 7 W

1 7 3 W

H

J

L N P

a 2 P Q

M

O

G

J

R

I

J K

K

I J

a 3 H

K

I

H

U m g e b u n g s te m p e ra tu r 2 1 ° C

I

v e rfo rm te S tru k tu r

= 2 5 µ m m a x . V e rfo rm u n g : 6 0 µ m X

Z Y

Bild 2.125. Berechnung der Temperaturverteilung und der thermischen Verformung eines Spindelkastens

140

2 Gestelle und Gestellbauteile

geschlossenen Getriebegehäusen, Wärmeleitung im Zahneingriff und über Lagerstellen usw., die eine exakte Prognose der Temperaturverteilung und damit auch der thermoelastischen Verformung verhindern. Wenn auch die absoluten Zahlenwerte nicht genau erfasst werden können, geben doch Trend- und Variationsrechnungen ausreichend Aufschluss über die erforderlichen konstruktiven Maßnahmen. 2.7.1.7 Rechengenauigkeit und Fehlermöglichkeiten

Finite-Elemente-Berechnungen bergen eine Reihe von Fehlermöglichkeiten, die eine gewisse Erfahrung im Umgang mit FEM-Programmen notwendig machen (Bild 2.126). Die Fehlermöglichkeiten im Rahmen der Modellbildung sind dabei erheblich vom Benutzer abhängig. Wie bereits beschrieben wurde, erfordert eine Berechnung immer eine Idealisierung der Struktur. Dies bedingt, dass das Ergebnis auch von der Art und Weise der Idealisierung abhängen muss.

N U M E R IS C H E L Ö S U N G S V E R F A H R E N

D IS K R E T IS IE R U N G

D is k r e tis ie r u n g u n d Id e a lis ie r u n g d e r S tr u k tu r F E - In te r p o la tio n L a s te in le itu n g d u r c h K n o te n k r ä fte u n d - m o m e n te

R e s tfe h le r ite r a tiv e r L ö s u n g s v e rfa h re n ( z .B . E ig e n w e r tlö s u n g e n ) R e s tfe h le r b e i d e r n u m e r is c h e n In te g r a tio n

R u n d u n g s fe h le r V e rn S ta rk V e rw In te g

e tz u n g e V e rz e n d u n r a tio n s

s d ic h te e rru n g g in k o m o rd n u n

in d e p a g e n

G e b ie te n g r o ß e r G r a d ie n te n r E le m e n te tib le r E le m e n te v e r s c h ie d e n e r

N E T Z Q U A L IT Ä T

s c h le d e r M s ta rk E le m

c h te K o a tr iz e n u n te rs c e n ta b m

n d itio n d u rc h h ie d lic h e e s s u n g e n

F e h le r

F e h le r q u e lle n D is k r e tis ie r u n g s fe h le r R u n d u n g s fe h le r

E le m e n te

N U M E R IS C H E U N G E N A U IG K E IT E N

Bild 2.126. Fehlerquellen bei der Finite-Elemente-Methode

Besonders Bereiche mit großen Spannungsgradienten sowie die Lasteinleitungsstellen müssen feiner diskretisiert werden. Die Modellbildung erfordert also im voraus eine Kenntnis über das Verhalten der Struktur unter den gegebenen Belastungen. Bei der Definition von Strecken- oder Flächenlasten ist zu berücksichtigen, dass Lasten letztendlich nur über Knoten in ein FEM-Netz eingeleitet werden können. Dadurch ergeben sich unerwünschte Kraftspitzen, die fehlerhafte Effekte bei

2.7 Berechnung und Optimierung von Gestellbauteilen

141

der Verformungs- oder Spannungsberechnung haben können. Eine weitere Fehlerquelle stellt die numerische Natur der FE-Analyse dar. In vielen Fällen werden für die Lösung der resultierenden Gleichungssysteme keine direkten Algorithmen z.B. nach dem Gauß-Eliminationsverfahren oder der Cholesky-Faktorisierung angewendet, sondern iterative Lösungsverfahren, z.B. bei zeitabhängigen Temperaturanalysen. Diese Verfahren sind prinzipbedingt nicht exakt, sondern verursachen immer einen Restfehler, der mit erhöhtem Aufwand beliebig klein wird, aber nie verschwindet [8]. Des Weiteren kommt es – ebenfalls prinzipbedingt – bei der Formulierung der Elementsteifigkeitsmatrizen zu numerischen Fehlern, da das Integral der Elementsteifigkeitsmatrix k=



[b]T [H][b]dV

(2.77)

V

nicht exakt gelöst wird, sondern numerisch über das sogenannte Gauß-Quadraturverfahren. Dies führt dazu, dass die Bestimmung der Elementsteifigkeiten mit einem numerischen Fehler einhergeht. Die numerische Bestimmung der Elementsteifigkeitsmatrix ist auch ein wesentlicher Grund dafür, dass die Netzqualität einen großen Einfluss auf die Genauigkeit der Berechnungsergebnisse hat. Weichen Elemente von ihrer Idealform (z.B. Quadrate für rechteckige Schalenelemente, gleichseitige Dreiecke für dreieckige Schalenelemente, Würfel für HexaederVolumenelemente) zu stark ab, so führt dies zu Problemen bei der Durchführung der numerischen Integration, was zu Ungenauigkeiten in den Berechnungsergebnissen führt. Bild 2.126 zeigt im linken unteren Teil eine Übersicht über die wichtigsten Formen der Elementverzerrungen. Rechenungenauigkeiten können demnach beispielsweise durch ein zu großes Verhältnis der Seitenlängen eines Elementes verursacht werden [110]. Auch geometrisch stark verzerrte Elemente, z.B. Rechteckelemente, deren Winkel deutlich von 90◦ abweichen, können zu ungenauen Ergebnissen führen. Die Güte der Finiten Elemente eines FE-Netzes kann in modernen FE-Programmen automatisch sichergestellt werden, für einige Elementformen (Tetraeder, Dreiecke) sind Algorithmen zur „Reparatur“ schlechter Elementgeometrien entwickelt worden. Insgesamt muss der Anwender sicherstellen, dass die Netzqualität der von ihm entwickelten FE-Modelle in allen Bereichen den Ansprüchen der durchzuführenden Analysen entspricht. Bei allen numerischen Verfahren, die auf einem Rechner ablaufen, spielt der Rundungsfehler eine wichtige Rolle. Daher kann mit zunehmender Elementanzahl der Fehler einer Berechnung wieder ansteigen. Die Rundungsfehler treten besonders dann auf, wenn die Konditionierung der Matrix, die das zu lösende Gleichungssystem enthält, schlecht ist. Vor allem stark unterschiedliche Elementgrößen verschlechtern die Konditionierung, weshalb auch hier Kennzahlen entwickelt worden sind, die es erlauben, die Qualität der erzeugten FE-Netze global zu quantifizieren.

142

2 Gestelle und Gestellbauteile

2.7.2 Gekoppelte Simulation von Strukturdynamik und Regelkreisen mit Hilfe der flexiblen Mehrkörpersimulation

An hochdynamische Werkzeugmaschinen werden hohe Anforderungen hinsichtlich geringer bewegter Massen bei ausreichender Steifigkeit sowie hoch einzustellender Reglerparameter der Vorschubantriebe gestellt. Dabei bestehen Wechselwirkungen zwischen Strukturdynamik und Antriebsregelung. Die regelungstechnischen Antriebseigenfrequenzen und die unteren mechanischen Maschineneigenfrequenzen beeinflussen sich merklich. Zur Vermeidung von Instabilitäten müssen die Reglerfaktoren herabgesetzt werden, wodurch die Bandbreite der Vorschubachsen sinkt (vgl. Band 3). Derzeit erfolgen die Auslegung der Antriebe und die Konstruktion der Maschinenstruktur häufig noch getrennt voneinander, was zu einer unzureichenden Aussagekraft führt. Die im vorigen Kapitel beschriebene Berechnung des dynamischen Strukturverhaltens mit Hilfe der FEM ist sehr zeitaufwändig. Eine Kopplung dieser Berechnungen mit anderen Programmen im Zeitbereich kommt daher kaum in Betracht. Durch die Mehrkörpersimulation (MKS) mit flexiblen Körpern steht dem Entwickler ein Software-Werkzeug zur Verfügung, welches die gekoppelte Simulation von Struktur- und Antriebsdynamik erlaubt. Bei der sogenannten flexiblen Mehrkörpersimulation von Werkzeugmaschinenstrukturen werden die einzelnen Maschinenkomponenten als flexible Körper abgebildet. Weiterhin werden die einzelnen Fügestellen zwischen den Komponenten wie den Führungs- und Antriebssystemen analog zur Finite-Elemente-Berechnung, durch flexible Verbindungselemente approximiert. Diesen Verbindungselementen wird im MKS-Modell zusätzlich eine lokale Dämpfungscharakteristik zugeordnet. Der Aufbau eines solchen Mehrkörpermodells mit flexiblen Körpern ist in Bild 2.127 am Beispiel der Fräsmaschine mit Hybrid-Kinematik dargestellt, die bereits in Kapitel 2.7.1.6.2 beschrieben wurde. Die Bewegungen der Maschine werden in der x-y-Ebene durch eine Parallelkinematik in Bipod-Struktur ausgeführt. Hierbei werden zwei Schubstangen durch je einen Linearmotor in Doppelkammbauweise angetrieben. Der Vorschub in z-Richtung wird durch einen Kugelgewindetrieb ausgeführt. Zur Berücksichtigung der Flexibilität der Maschinenkomponenten bei der Mehrkörpersimulation werden über eine Schnittstelle des MKS-Programms zu gängigen Finite-Elemente-Programmen die modalen Eigenschaften, bezogen auf die einzelnen Koppelstellen der Bauteile, in das Mehrkörpermodell integriert. Das Verhalten der flexiblen Körper wird so effizient auf die Krafteinleitungs- und -übertragungsstellen im Mehrkörpermodell reduziert. Die Berücksichtigung der modalen Eigenschaften flexibler Körper erfolgt auf Basis der Theorie von Craig und Bampton, nach der die Freiheitsgrade eines Körpers in Schnittstellenfreiheitsgrade und innere Freiheitsgrade unterteilt werden [28]. Durch diese Unterteilung können so die Systemfreiheitsgrade durch die Formulierung zweier unterschiedlicher Arten von Moden beschrieben werden. Die sogenannten Craig-Bampton Moden teilen sich in lineare Eigenformen bei gefesselten Schnittstellenfreiheitsgraden und in statische Korrekturmoden, bei

2.7 Berechnung und Optimierung von Gestellbauteilen

143

M o d e lla u fb a u G e n e r ie r u n g d e r e in z e ln e n fle x ib le n K ö r p e r d e r M a s c h in e n

n

Z u s a m m e e in z e ln e n K ö rp e r ü b b in d u n g s w ie F ü h r u A n tr ie b e , e le m e n te

n fü g e n d e r fle x ib le n e r d ie V e r e le m e n te n g e n , A u fs te ll-

1

3 2

4

A b la u f d e r E r s te llu n g e in e s fle x ib le n M e h r k ö r p e r m o d e lls e in e r W e r k z e u g m a s c h in e 7 6 5

Bild 2.127. Modellaufbau eines flexiblen Mehrkörpermodells einer Fräsmaschine mit Hybrid-Kimematik

denen jedem Schnittstellenfreiheitsgrad eine Einheitsverformung aufgeprägt wird, während alle anderen Schnittstellenfreiheitsgrade gefesselt sind, auf . Der Zusammenhang zwischen den Systemfreiheitsgraden u, den Craig-Bampton Moden und den modalen Koordinaten eines flexiblen Körpers lässt sich wie folgt darstellen:       E 0 qC uB = · . (2.78) u= uI qN ΦIC ΦIN Hierin stellen uB die Schnittstellenfreiheitsgrade und uI die internen Freiheitsgrade des Körpers dar. Diese Freiheitsgrade werden mit Hilfe der entsprechenden modalen Koordinaten der statischen Korrekturmoden qC sowie deren physikalischen Verlagerungen der internen Freiheitsgrade ΦIC und den Moden bei gefesselten Schnittstellenfreiheitsgraden qN und deren physikalischen Verlagerungen ΦIN der internen Freiheitsgrade berechnet. Entsprechend dieser Craig-Bampton Modalbasis werden für die einzelnen flexiblen Körper generalisierte und orthogonalisierte Massen und Steifigkeitsmatrizen berechnet. Das dynamische Verhalten einer flexiblen Struktur wird bei der Mehrkörpersimulation durch eine differentielle Bewegungsgleichung nach Lagrange in Abhängigkeiten der generalisierten Koordinaten beschrieben:   T         · ξ˙ · ξ˙ + [K] · {ξ} + { fg } [M] · ξ¨ + M˙ · ξ˙ − 12 · ∂M ∂ξ    T + [D] · ξ˙ + ∂Ψ · {λ} = {Q} . ∂ξ

(2.79)

144

2 Gestelle und Gestellbauteile

Hierin sind ξξ˙ ξ¨ die zeitabhängigen generalisierten Koordinaten und deren zeitliche Ableitungen, Ψ die Gleichungen der Randbedingungen des Systems sowie λ die Lagrange-Multiplikatoren. Die mechanischen Eigenschaften Masse M und Steifigkeit K werden ebenso wie die Gewichtskraft fg und die generalisierten Kräfte Q in Abhängigkeit der generalisierten Koordinaten formuliert. Die Dämpfungsmatrix D beschreibt die modale Dämpfung des Systems [119]. Zur gekoppelten Simulation von Strukturdynamik und Antriebsregelkreisen bieten MKS-Systeme Schnittstellen zu Computer Aided Control Engineering Programmen (CACE), wie z.B. MATLAB/SIMULINK. Mit solchen Programmen lassen sich die Regelkreise der Antriebe abbilden. In Bild 2.128 ist die Kopplung zwischen dem flexiblen Mehrkörpermodell der beschriebenen Fräsmaschine mit Hybrid-Kinematik und den Antriebsregelkreisen dargestellt. Bei der gekoppelten Simulation von mechanischer Struktur und Vorschubregler berechnet das Reglermodell (z.B. MATLAB/SIMULINK-Programm) die Motormomente bzw. Vorschubkräfte auf Grund der vorgegebenen Geschwindigkeitsund Beschleunigungswerte und der vorliegenden Regelabweichung. Diese Momente bzw. Kräfte werden dem MKS-Programm zugeführt, das die sich hieraus ergebenden Strukturverformungen ermittelt, die direkten Einfluss auf die Regelabweichung nehmen. Es findet also ein ständiger Wechsel zwischen den Programmen statt, wobei Verformung und Schwinggeschwindigkeit über die Datenschnittstelle des MKSProgramms dem CACE-Programm zugeführt werden und umgekehrt die Kräfte und Momente aus dem CACE-Programm dem MKS-Programm zur Verfügung gestellt werden. In dem angeführten Beispiel bedeutet dies beispielsweise, dass für die Lineardirektantriebe die Relativverlagerungen und die Relativgeschwindigkeiten im Modell an der Stelle, an der bei der realen Maschine das Messsystem angeordnet ist, für jeden Berechnungsschritt ausgelesen und über eine Schnittstelle dem CACEProgramm übergeben werden. Mit dem Modell des regelungstechnischen Systems wird in der CACE-Umgebung entsprechend der eingestellten Reglerparameter die Antriebskraft berechnet und über die Schnittstelle zurück an das MKS-Modell übergeben. Daraufhin wird die Wirkung der Antriebskräfte auf das flexible Modell im MKS-System berechnet. Durch die Kopplung der Regelkreis- und Strukturdynamiksimulation kann der Einfluss der Reglerparameter auf das dynamische Verhalten des Gesamtsystems abgeschätzt werden. Dies erlaubt die Untersuchung eventuell auftretender Wechselwirkungen zwischen Antrieb und Struktur und eine Optimierung des gekoppelten Systems. Im Rahmen solcher Simulationen werden unterschiedliche Untersuchungen des Maschinenverhaltens durchgeführt. Zum einen ist die Simulation des dynamischen Nachgiebigkeitsverhaltens der Struktur alleine sowie mit eingeschalteter Regelung auf Grund der Prozesskräfte zu nennen. Zum anderen können mit der Simulation von vorgegebenen Bahnbewegungen einer oder mehrerer Achsen der Maschine, wie z.B. das Durchfahren ruckbegrenzter Rampen oder das Fahren ei-

2.7 Berechnung und Optimierung von Gestellbauteilen

145

R e g e lk r e is L in e a r d ir e k ta n tr ie b (x -y -A c h s e ) R e g e K l F k r e R i a s , T d e l e sK i , T

is

n i

K

o ll

p

,T

K

n p

v

R e g e l k r e l i i s n k L e in n e a r d i r e k t a n t r i e b ( x - y - A c h s e ) F

R K F e g i e A lR k A r L , e T i e n i l s e u d a A r e m s K l x i ni s t k e n L i n e a r m o t o r sx i s t a

K ra fta n re g u n g T C P F

a

K ra ft [N ]

K

x 0

0

1 ,0

Z e it [s e c ]

V e r la g e r u n g [µ m ]

L

s

s

-

s o ll 1

-

G e s c h w in d ig k e its r e g e lk r e is L a g e r e g e lk r e is

K M

iA

R A

,L

z

is t

z

is t

u -

K n

y

A

M

0

Z e it [s e c ]

K

in p

R e g e lk r e is K u g e lg e w in d e tr ie b (z -A c h s e ) M

1 ,0

E

is t

V e r la g e r u n g T C P

0

K p ,T

S t r o m i s ro e l l g e l k r e G s e s c h- w i n d i g k e i t s r e g e l k r e is S Lt r a o g m e r r e e g g e e l k l r k e r i s e i s

is t

x

o i , Tt on i r s

-

E

A

K i, T

n i

is -

o ll

K p ,T

ig

n p

-

e s

K

z L

s o ll

-

S tr o m r e g e lk r e is D r e h z a h lr e g e lk r e is L a g e r e g e lk r e is

x

F le x ib le s M e h r k ö r p e r m o d e ll

Bild 2.128. MKS-Modell einer Fräsmaschine mit Kopplung der Regelkreise

ner Kreisbahn mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten die Maßabweichungen am Werkstück ermittelt werden. Bild 2.128 zeigt die Berechnung des Nachgiebigkeitsverhaltens der Maschine bei eingeschalteten Vorschubreglern. Im linken Teil ist die harmonische Kraftanregung an der Werkzeugspindel mit ansteigender Frequenz sowie die Verlagerung an dieser Stelle gezeigt. Die Simulationsergebnisse bilden die Basis für eine Beurteilung der untersuchten Maschine hinsichtlich der Neigung zu Prozessinstabilitäten durch die Gefahr des Auftretens selbst- und fremderregter Schwingungen [45] sowie der Werkstückmaßabweichungen. Zur Nachbildung der Prozesskräfte lässt man im Modell die Schnittkräfte an der Bearbeitungsstelle (Tool Centre Point) der Maschine einwirken. Vergleiche zwischen gemessenen und mit flexiblen Mehrkörpermodellen simulierten Nachgiebigkeitsfrequenzgängen zeigen, dass die statischen Nachgiebigkeiten von virtuellen Prototypen recht genau nachgebildet werden können, wohingegen im Bereich der Resonanzstellen teilweise deutliche Amplitudenunterschiede im Vergleich zur Messung auftreten können [207]. Dies macht deutlich, dass die Erfahrungswerte hinsichtlich der Abbildung der Dämpfungseigenschaften einer komplexen Werkzeugmaschinenstruktur zur Zeit noch nicht ausreichen, um gänzlich auf die messtechnische Untersuchung zu verzichten. Bereits heute können jedoch auf Basis eines mit messtechnischen Untersuchungen abgeglichenen Modells wichtige Aussagen hinsichtlich der Wirksamkeit von Verbesserungsmaßnahmen gemacht werden. In Bild 2.129 ist das Simulationsergebnis des Nachgiebigkeitsverhaltens am TCP mit und ohne Berücksichtigung der Antriebsregelkreise dargestellt. Die Ergebnisse ohne Reglereinwirkung entsprechen den Berechnungsergebnissen mit Hilfe der FEM (Kapitel 2.7.1.6.2). Es ist deutlich zu erkennen, dass die geregelten

146

2 Gestelle und Gestellbauteile K G T Z -A c h s e

N a c h g ie b ig k e its fr e q u e n z g a n g G x x

1 0

K

= 0 ,9 K L= 7 0 K P = 2 ,7 T np= 1 0 M

L in e a r m o to r e n K

3 N m /A 1 /s 1 N m s /ra d m s

F = 1 0 K L= 7 0 K P= 3 5 T np= 8

3 N /A 1 /s 0 0 A s /m m s

-1

o h n e R e g e lk r e is

N a c h g ie b ig k e it [µ m /N ]

m it R e g e lk r e is

1 0

-2

0

2 0

4 0

6 0

8 0 1 0 0 F re q u e n z [H z ]

1 2 0

1 4 0

1 6 0

1 8 0

2 0 0

Bild 2.129. Gegenüberstellung von Simulationsergebnissen mit und ohne Berücksichtigung der Antriebsregelkreise

Antriebe einen erheblichen Einfluss auf das dynamische Maschinenverhalten haben. Die Nachgiebigkeit der Antriebe beeinflusst die Lage und Höhe einiger Resonanzstellen und auch die entsprechenden Schwingungsformen. Vergleicht man die Berechnung der Eigenformen der Maschine ohne Berücksichtigung der Antriebe aus Kapitel 2.7.1.6.2 mit den Berechnungsergebnissen der gekoppelten MKSBerechnung, so ist zu erkennen, dass das Maschinenverhalten bei der zweiten Resonanzstelle stark abweichend ist. Das auftretende Schieben tritt bei der Berechnung ohne Antriebsregelkreise nicht auf. Hier ist eine Biegeschwingung der Schubstangen zu erkennen, die durch die Nachgiebigkeiten der geregelten Linearmotoren unterdrückt wird. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das dynamische Verhalten von hochdynamischen Werkzeugmaschinen nur mit der gekoppelten Simulation von flexiblen Mehrkörpermodellen und Antriebsregelkreisen mit ausreichender Genauigkeit abgebildet werden kann [208]. Mit Hilfe gekoppelter flexibler Mehrkörpermodelle kann im Rahmen der Entwicklung ebenfalls eine Analyse von Verfahroperationen durchgeführt werden. Von Interesse ist hier beispielsweise die Untersuchung des maximal einstellbaren Rucks der Vorschubantriebe. Der Ruck beeinflusst gerade bei hochdynamischen Werk-

2.7 Berechnung und Optimierung von Gestellbauteilen

147

zeugmaschinen die Bearbeitungszeit, da die Dynamik der Maschinenstruktur limitierend auf den einstellbaren Ruck wirkt. Bei einem optimal eingestellten KV -Faktor können Parameterstudien für den Ruck durchgeführt werden. Hierbei wird der Ruck ausgehend von einem Startwert gesteigert, solange die zulässige dynamische Verlagerung am Tool Centre Point nicht überschritten wird. Der Startwert dieser Parameterstudien kann beispielsweise aus der Forderung abgeleitet werden, dass die Maschine auf einer vorgegebenen Verfahrstrecke die maximale Beschleunigung erreichen soll. Bei der Verfahrsimulation wird in diesem Fall der Antriebsregelung ein Sollweg in Form einer ruckbegrenzten Rampe als Eingangssignal aufgeschaltet. Der Antrieb wird in der Simulation aus der Ruhelage auf die maximale Verfahrgeschwindigkeit beschleunigt und bis zum Stillstand verzögert, was in dem konkreten Beispiel einer Positionierbewegung des Spindelkastens in negativer z-Richtung im Eilgang entspricht. V e r fa h r s im u la tio n 1

z y

G y y G z z

r 3 = 7 5 0 m /s ³ T

A m p l

Þ

-2

f = 6 1 H z

-4

S o llw e g

-5 0 x 1 0 -2 4

0 ,0 5

0 ,1 Z e it [s e c ]

0 ,1 5

0 ,2

-1

N a c h g ie b ig k e it [µ m /N ]

1 0

-3

1 0

-2

B a h n a b w e ic h u n g r 3 = 7 5 0 m /s ³

2 0

A n r e g u n g d e r d r itte n E iè g A e n n r f e r e g q u u n e g n d z e d r e d r r Mi t t a e s n c h i n e f 3 = M a6 s 1 c Hh i z n e n e i g e n -

f3 = 6 1 H z

-2 -4

S c h w in g u n g s fo r m G x x

r 2 = 6 5 0 m /s ³

-1

W e g [m m ]

0

r 1 = 5 5 0 m /s ³ 0

A b w e ic h u n g [m m ]

F re q u e n z g ä n g e

1 0

R u c k w e rte x

0 ,0 5

0 ,1 Z e it [s ]

0 ,1 5

0 ,2

0

5 0

1 5 0 1 0 0 F re q u e n z [H z ]

2 0 0

Bild 2.130. Ergebnisse einer Verfahrsimulation

Durch das starke Beschleunigen der bewegten Masse der Struktur kommt es zu einer Anregung von Resonanzfrequenzen der Maschine, was im Grenzfall zu Bearbeitungsfehlern des Werkstücks und zu Instabilitäten der Antriebe führt. Bild 2.130 zeigt die Simulationsergebnisse einer solchen Studie am Beispiel der beschriebenen Fräsmaschine. Die Auswertung der simulierten Überschwingsignale erlaubte eine Zuordnung zu den Eigenfrequenzen der Maschinenstruktur und die Ableitung von konstruktiven Verbesserungsmaßnahmen. Ebenfalls können auf diese Weise wichtige Startwerte für die Parametrierung der Steuerung gewonnen werden, was die

148

2 Gestelle und Gestellbauteile

benötigte Zeit für eine Inbetriebnahme der Werkzeugmaschine entscheidend verkürzt. 2.7.3 Optimierung des mechanischen Bauteilverhaltens

Zur Berechnung des mechanischen Bauteilverhaltens im Konstruktionsstadium hat sich die Finite-Elemente-Methode (FEM) heute als leistungsstarkes Analysewerkzeug in vielen Industriebereichen durchgesetzt. Nach Approximation der Bauteilgeometrie durch eine Finite-Elemente-Struktur und der Definition von Werkstoffen, Belastungen und Fesselungen können Strukturreaktionen wie z.B. Verformungen und Spannungen berechnet werden. Anhand der Ergebnisse der FE-Analyse lassen sich konstruktive Schwachstellen eines Bauteils erkennen. Die Methode liefert jedoch keine Aussage darüber, an welchen Stellen Verbesserungen durchzuführen sind und wie diese auszusehen haben. Es ist Aufgabe des Konstrukteurs bzw. des Berechnungsingenieurs, intuitiv Veränderungen vorzunehmen und den Erfolg der Modifikationen durch weitere FE-Analysen zu überprüfen. Bei komplizierten Bauteilen ist dieser intuitive Ansatz nicht mehr möglich. Eine konsequente Erweiterung der Anwendung der Finite-Elemente-Methode besteht darin, das Beseitigen erkannter Schwachstellen als Optimierungsproblem zu formulieren und zur Lösung dieses Problems Optimierungsalgorithmen einzusetzen. 2.7.3.1 Grundlagen der Optimierung

Die Bezeichnung Optimierung wird im täglichen Sprachgebrauch für Vorgänge verwendet, denen gemeinsam ist, dass unter gegebenen Voraussetzungen eine bestmögliche Lösung im Hinblick auf ein zu erreichendes Ziel gesucht wird. Im Bereich der Bauteilkonstruktion, insbesondere bei der Auslegung und Dimensionierung, wird der Berechnungsingenieur sehr häufig mit Optimierungsproblemen konfrontiert, zu deren Lösung eine Fülle an Methoden und Verfahren entwickelt wurden [70, 148]. Bild 2.131 stellt die drei für den Werkzeugmaschinenbau wichtigsten Verfahren der Strukturoptimierung schematisch dar. Diese werden in den folgenden Abschnitten erläutert. Im Bereich der Optimierung mit der Finite-Elemente-Methode nehmen die Verfahren der Parameteroptimierung einen besonderen Stellenwert ein. Zur Anwendung von Parameteroptimierungsverfahren bedarf es einer sogenannten Mathematischen Modellbildung. Der Begriff Mathematische Modellbildung beschreibt den Prozess der Transformation eines zu lösenden Problems in ein Modell, auf das spezielle Optimierungsalgorithmen angewendet werden können. Bild 2.132 verdeutlicht den Prozess der Mathematischen Modellbildung an einem einfachen Beispiel. Die dargestellte Optimierungsaufgabe besteht darin, die Balkenbreitenabmaße x1 und x2 zu ermitteln, die eine minimale Verformung an der Balkenspitze bewirken, gleichzeitig aber das Gewicht des Balkens verglichen mit der Ausgangslösung nicht

2.7 Berechnung und Optimierung von Gestellbauteilen P a ra m e te ro p (S iz in - W a n d d ic k e n o - Q u e r s c h n itts o - S c h ic h td ic k e n w in k e lo p tim ie F a s e rv e rb u n d

tim ie r g ) p tim ie p tim ie - u n d ru n g v w e rk s

u n g

149

T o p o lo g ie o p tim ie r u n g

F o r m o p tim ie r u n g

- B e r e c h n u n g e in e r o p tim a le n M a te r ia lv e r te ilu n g in e in e m v o rg e g e b e n e n B a u ra u m

ru n g ru n g F a s e ro n to ffe n

- B e re c h n u F o r m e in e - O p tim ie r u S p a n n u n g

n g d e s B a u n g e n s k e rb

r o p tim a le n te ils v o n e n

Bild 2.131. Verfahren der Strukturoptimierung im Werkzeugmaschinenbau

erhöhen. Außerdem soll bei der Suche nach den optimalen Werten für x1 und x2 berücksichtigt werden, dass für beide Variablen ein minimaler und ein maximaler Wert nicht unter- bzw. überschritten wird. O p tim ie r u n g s a u fg a b e M in im g le ic h d u rc h b r e ite

a le b le V a n x

M a th e m a tis c h e s M o d e ll

V e rfo rm u n g b e i ib e n d e m G e w ic h t r ia tio n d e r B a lk e n 1 u n d x 2

Z ie lfu n k tio n : Im p liz ite R e s tr ik tio n : E x p liz ite R e s tr ik tio n e n : x

x

2

L

H

1

£ x 1

£ x

L 2

(x

1

1

3

7 (

+

x 1

1 x

) 2

+ x 2 ) £ g

u n d

x

£ x 2

£ x 2

2

1

x 2

L

F

g ( x i) = r H

F L 3 2 E H

Z w e id im e n s io n a le r L ö s u n g s r a u m 1

x

x

f ( x i) =

m in im ie r e

1

z u lä s s ig e r L ö s u n g s ra u m

g ( x i) = g 2

r

f g E

V e rfo rm u n g D ic h te G e w ic h t E la s tiz itä tz s m o d u l x

1

x 2

x 2

x 2

Bild 2.132. Verformungsminimierung am Beispiel eines Biegebalkens. Mathematische Modellbildung - Darstellung des Lösungsraumes

150

2 Gestelle und Gestellbauteile

Der Prozess der Mathematischen Modellbildung verlangt zunächst die Benennung des Optimierungsziels in Form einer Zielfunktion, die von den Parametern der Optimierung, im vorliegenden Fall von x1 und x2 , abhängig ist. Daneben sind die zu erfüllenden Forderungen in Form von Restriktionen in das mathematische Modell der Optimierung mit aufzunehmen. Hinsichtlich der Restriktionen ist eine Unterscheidung zwischen sogenannten impliziten und expliziten Restriktionen notwendig. Implizite Restriktionen beschränken den Variationsbereich der Parameter mittelbar, während explizite Restriktionen den Zulässigkeitsbereich direkt begrenzen. Auf das Beispiel im Bild 2.132 angewendet stellt die Forderung der Nichtüberschreitung des Startgewichtes die einzige implizite Restriktion des Problems dar. Die expliziten Restriktionen im vorliegenden Beispiel beschränken jeweils direkt den Variationsbereich der beiden Parameter durch eine obere und eine untere Intervallgrenze. Diese Art der direkten Beschränkung wird als kontinuierliche Restriktion bezeichnet. Dem gegenüber findet die Bezeichnung Diskrete Restriktion Verwendung, wenn für einen Parameter der Optimierung der Variationsbereich auf festdefinierte Werte beschränkt wird, wie dies bei der Blechdickenoptimierung sinnvoll ist, wenn ausschließlich Abmaße aus einer DIN-Reihe Verwendung finden sollen. Bild 2.132 zeigt im rechten unteren Teil den zweidimensionalen Lösungsraum des Kragbalkenoptimierungsproblems. Dargestellt ist die Parameterebene, die von den beiden Optimierungsparametern x1 und x2 aufgespannt wird. Der zulässige Lösungsraum wird begrenzt durch die unteren und oberen Intervallgrenzen x1 , x1 und x2 , x2 sowie durch die implizite Gewichtsrestriktion. Zur Suche nach der optimalen Lösung werden Optimierungsalgorithmen eingesetzt, von denen die meisten iterativ arbeiten. Diese Algorithmen berechnen in jeder Iteration wenigstens einmal die problembeschreibenden Funktionen sowie deren Ableitungen nach den Optimierungsparametern. Bei Optimierungsrechnungen mit der Finite-Elemente-Methode wird die Berechnung von Ziel- und Restriktionsfunktionen über Finite-Elemente-Analysen realisiert, die je nach Komplexität des Bauteils mehrere Stunden Rechenzeit in Anspruch nehmen können. In der gleichen Größenordnung liegt der Zeitaufwand für die Ableitungsberechnung, die für die überwiegende Anzahl der heute eingesetzten Optimierungsalgorithmen benötigt wird. Zur Durchführung von Finite-Elemente-Optimierungsrechnungen sind leistungsstarke Programmsysteme notwendig, die in der Regel den im Bild 2.133 dargestellten Aufbau aufweisen. Die Generierung des Finite-Elemente-Modells erfolgt mit Hilfe von graphisch-interaktiv arbeitenden FE-Preprozessoren basierend auf vorliegenden Konstruktionsunterlagen, die konventionell oder über den Einsatz von CAD-Systemen erstellt wurden. Ebenfalls interaktiv wird die Definition des Optimierungsproblems vorgenommen. Diese Arbeit umfasst neben der Benennung einer Zielfunktion die Definition von Optimierungsparametern und Restriktionen. Alle im Rahmen des dargestellten Dialogsystems getätigten Eingaben werden in Form von

2.7 Berechnung und Optimierung von Gestellbauteilen E in g a b e d ia lo g s y s te m

151

B a tc h -S y s te m S T A R T

G e n e r ie r u n g d e s F in ite - E le m e n te M o d e lls

D e fin itio n d e s O p tim ie r u n g s p r o b le m s

G r a fis c h e s A u s w e rte s y s te m

A u s w e rtu n g d e r O p tim ie r u n g s e r g e b n is s e

D a r s te llu n g d e s o p tim ie r te n F E - M o d e lls

F in ite - E le m e n te A n a ly s e

G r a d ie n te n b e re c h n u n g

N e u a u fb a u d e s F in ite - E le m e n te M o d e lls

B e re c h n u n g n e u e r P a ra m e te rw e rte

K o n v e rg e n z a b fra g e n

S T O P

Bild 2.133. Aufbau eines Finite-Elemente-Optimierungsprogrammsystems

Datenfiles gespeichert und stehen anschließend für das benutzerunabhängig arbeitende Batch-Programm zur Verfügung. Der iterative Ablauf des Batch-Systems beginnt mit einer Finite-ElementeAnalyse zur Berechnung der Strukturreaktionen wie Verformungen oder Spannungen. Anschließend werden die Ableitungen dieser Größen nach den Optimierungsparametern ermittelt, bevor der Optimierungsalgorithmus in jeder Iterationen neue Werte der Optimierungsparameter liefert. Das Ergebnis einer Konvergenzabfrage entscheidet darüber, ob die Optimierung beendet wird, oder ob eine weitere Iteration durchgeführt werden muss. Ist ein vor Optimierungsstart definiertes Konvergenzkriterium erfüllt, wird die Berechnung beendet und die Darstellung der optimalen Ergebnisse unter Nutzung grafisch-interaktiv arbeitender Auswerteprogramme vorgenommen. 2.7.3.2 Parameteroptimierung bei der Konstruktion von Werkzeugmaschinen

Im Werkzeugmaschinenbau stehen abhängig von der Funktion und dem Einsatzgebiet der Maschine unterschiedliche Konstruktions- und Optimierungsziele im Vor-

152

2 Gestelle und Gestellbauteile

dergrund. Zur Erfüllung dieser Ziele, von denen einige im Bild 2.134 dargestellt sind, stellt die Finite-Elemente-Optimierung ein geeignetes Werkzeug dar [180].

l

H o h e E ig e n fr e q u e n z e n l

H o h e S te ifig k e ite n l

G le ic h m ä ß ig g e r in g e S p a n n u n g s v e r te ilu n g a n K e rb e n l

G e r in g e K o s te n l

G ro ß e D ä m p fu n g l

G e r in g e s G e w ic h t b e w e g te r B a u te ile

Bild 2.134. Auslegungsziele bei der Konstruktion von Werkzeugmaschinen

Bei der Konstruktion von spanenden Maschinen hat die Erfüllung der geforderten Bearbeitungsgenauigkeit verglichen mit anderen Auslegungszielen die höchste Priorität. Die optimale Dimensionierung der Wandstärken der meist dünnwandigen Bauteile wird mit dem Ziel durchgeführt, bei möglichst geringem Gewicht die Steifigkeit der Maschine an der Bearbeitungsstelle zu erhöhen. Als Restriktionen werden neben einer Limitierung des Bauteilgewichtes explizite Restriktionen für die Wandstärken definiert. Handelt es sich bei den Konstruktionen z.B. um Schweißkonstruktionen, so sind die Wandstärken des Bauteils auf die diskreten Abmessungen zu begrenzen, die kommerziell verfügbar sind. Die Definition diskreter Restriktionen führt zu Optimierungsproblemen mit kombinatorischem Charakter und stellt an die zum Einsatz kommenden Algorithmen hohe Anforderungen [92]. Bei der Auslegung von spannungsmäßig hoch beanspruchten Maschinen wie z.B. Pressen stellt eine gleichmäßige Spannungsverteilung auf der Berandung offener und geschlossener Ausrundungen ein wichtiges Konstruktionsziel dar. Um dieses Konstruktionsziel zu erreichen, muss die Form der Ausrundungen optimal ausgelegt werden. Parameter der Optimierung bilden die Stützstellen von parametrischen, kubischen Splines, die die Konturen der Ausrundungen beschreiben. Als Restriktionen werden Variationsgebiete definiert, in denen die Form der Ausrundungen verändert werden darf [50,215]. Das Optimierungsziel minimales Gewicht wurde erstmals in der Flugzeugindustrie definiert, wobei weniger die Reduzierung der Materialkosten als vielmehr die Gewichtseinsparung angestrebt wurde. Im Werkzeugmaschinenbau hat die Forderung nach Gewichtsminimierung speziell bei hochbeschleunigten Bauteilen und auch allgemein aus wirtschaftlicher Sicht ihre Recht-

2.7 Berechnung und Optimierung von Gestellbauteilen

153

fertigung. Parameter der Gewichtsminimierung sind bei schalenförmigen Bauteilen die Wanddicken, bei volumenbehafteten Komponenten die Stützstellen von Freiformflächen, die die Bauteiloberfläche beschreiben. Die Optimierung des dynamischen Bauteilverhaltens ist bei einer Vielzahl von Maschinentypen ein wichtiges Auslegungsziel. Speziell dann, wenn es sich um fundamentierte Maschinen handelt, ist es sinnvoll, die Betrachtungen nicht auf die Werkzeugmaschine zu beschränken, sondern das Gesamtsystem bestehend aus Maschine, Fundament und Baugrund zu betrachten. Die Auslegung von Fundamentmasse und Aufstellelementen bei Schwingfundamenten mit Hilfe der FEOptimierung zur Realisierung einer verbesserten Aktiv- und Passivisolierung von Maschinen ist ein vielversprechendes Anwendungsfeld der Optimierung, auf dem bislang noch wenige Erfahrungen vorliegen. Die Minimierung der Bauteilkosten ist ein generelles Ziel bei der Auslegung von Maschinen, das durch eine Fülle unterschiedlicher Maßnahmen erreicht werden kann. Eine dieser Maßnahmen besteht in der Substitution konventioneller durch alternative Werkstoffe, wie z.B. Faserverbundmaterialien oder Reaktionsharzbeton. Die Optimierung mit der Finite-Elemente-Methode bietet im Umgang mit diesen neuen Materialien ein gutes Hilfsmittel, da durch Anwendung dieser Methode alle Vorteile, die diese Werkstoffe gegenüber konventionellen Materialien aufweisen, optimal genutzt werden können. So lassen sich bei der Auslegung von Bauteilen aus Faserverbundwerkstoff die Anzahl, Dickenabmessungen und Orientierungswinkel der Faserlagen als Parameter der Optimierung definieren, wodurch es möglich wird, den Werkstoff für jede Problemstellung speziell auszulegen. 2.7.3.3 Optimierung von Wandstärken und Faserwinkeln

2.7.3.3.1 Massen-Steifigkeitsoptimierung von Bauteilen Eine Massen-Steifigkeitsoptimierung (die Minimierung der Bauteilverformung bei konstantem Gewicht oder die Gewichtsminimierung bei vorgegebener Steifigkeit) stellt ein Optimierungsproblem dar, das auf eine Umverteilung des Materials am Bauteil bezogen auf die Ausgangskonstruktion hinausläuft. Ein Großteil der auszulegenden Maschinenkomponenten wie Ständer und Betten sind dünnwandige Bauteile, deren mechanisches Verhalten auf Grund der zu erwartenden zweiachsigen Spannungszustände ausreichend mit ebenen Finiten Elementen wie Scheiben, Platten und Schalen approximiert werden kann. Eine Massen-Steifigkeitsoptimierung wird realisiert, indem die Dicken, die diesen Elementen zugeordnet sind, optimiert werden. Das heißt, dass die Finiten Elemente und somit das gesamte Modell in seiner äußeren Form nicht verändert werden, da die Dicken lediglich zugeordnete Größen der ebenen Elemente darstellen. Für den Ablauf der Optimierung, der in Bild 2.133 dargestellt ist, hat dies zur Folge, dass nach der Berechnung der neuen Parameterwerte durch den Optimierungsalgorithmus das Finite-Elemente-Modell für die folgende Iteration nicht neu aufgebaut werden muss. Die zu variierenden Elementdicken werden in der Regel zu Gruppen zusammengefasst, die dann einem Optimierungsparameter zugeordnet werden. Zusammengefasst werden jeweils die

154

2 Gestelle und Gestellbauteile

Elemente, die in der realen Konstruktion eine Bauteilwand oder eine Rippe bilden. Somit wird sichergestellt, dass das Optimierungsergebnis des Mathematischen Modells in die Realität übertragen werden kann. Das Optimierungsziel der minimalen Verformung bei vorgegebener Masse oder der minimalen Masse bei vorgegebener Steifigkeit des Bauteils bezieht sich in der Regel auf die Verlagerungen eines Finiten-Element-Knotens, der die Bearbeitungsstelle repräsentiert. Neben der Gewichts- oder Steifigkeitsrestriktion ist die Definition von expliziten Parameterrestriktionen erforderlich, um z.B. auszuschließen, dass das Ergebnis der Optimierung negative Wandstärken aufweist. Handelt es sich bei der zu optimierenden Maschine um eine Gußkonstruktion, so ist die unmittelbare Beschränkung des Variationsbereiches der Parameter (z.B. Wand- oder Rippenstärke) durch die Angabe einer oberen und einer unteren Intervallgrenze ausreichend. Bei der Auslegung von Schweißkonstruktionen ist es sinnvoller, den Variationsbereich der Parameter auf die diskreten Blechdicken zu beschränken, die real verfügbar sind. Die Massen-Steifigkeitsoptimierung durch Variation der Dicken ebener Finiter Elemente stellt ein nichtlineares Optimierungsproblem dar, da die Optimierungsparameter nichtlinear in die Zielfunktion eingehen. Umfasst die Definition des Optimierungsproblems diskrete Restriktionen, so sind heute nur wenige Optimierungsansätze zur Lösung des Problems bei vertretbarer Anzahl an Iterationen verfügbar. Ein Algorithmus, der mit gutem Erfolg zur Lösung dieser Problemstellungen eingesetzt werden kann, arbeitet nach einem kombinierten Ansatz aus Problemapproximation und dualer Problemformulierung [49]. Dieser Algorithmus wurde eingesetzt, um das in Bild 2.135 dargestellte Optimierungsproblem zu lösen. Die Optimierungsaufgabe bestand in der Verformungsminimierung an den Führungsbahnen eines Werkzeugmaschinenständers unter Beibehaltung des Gewichtes der ersten Lösung. Insgesamt wurden sieben Optimierungsparameter definiert, denen jeweils die Dicken der Finiten Elemente zugeordnet wurden, die in Bild 2.135 unterlegt dargestellt sind. Da der Ständer als Schweißkonstruktion ausgeführt werden sollte, wurde der Variationsbereich der sieben Parameter diskret auf die acht in Bild 2.135 aufgeführten Dicken beschränkt. Auf Grund der diskreten Restriktion handelt es sich bei dem vorliegenden Problem um eine kombinatorische Optimierungsaufgabe (2.097.152 Kombinationen), da das Optimum durch eine vollständige Enumeration, d.h. durch das Nachrechnen aller möglichen Kombinationen, ermittelt werden kann. Der duale Optimierungsalgorithmus findet nach drei Iterationen das Optimum, das eine Minimierung der Führungsbahnverformungen von bis zu 17% aufweist. Die Wanddicken zu Optimierungsbeginn und nach der dritten Iteration sind in Bild 2.135 unten gegenübergestellt. Wie aus dem Balkendiagramm hervorgeht, stellt das Optimierungsergebnis eine Materialumverteilung dar. Diese wird im wesentlichen realisiert durch eine Reduzierung der Blechdicken der sechs Querschotten (X3) sowie der rückseitigen Ständerbewandung (X7) und durch eine Verstärkung der die Führungsbahnen unterstützenden Außenwand (X5) und der parallel zu dieser verlaufenden Verrippung in Ständermitte (X6).

2.7 Berechnung und Optimierung von Gestellbauteilen P r in z ip s k iz z e

V e rfo rm te S tru k tu r

O p tim ie r u n g s z ie l M in im a le V e r fo r m u n g a m S tru k tu rp u n k t P R e s tr ik 1 . G le ic 2 . V e rw B le c h z y

x

155

y x

tio n e n h e s G e w ic h t e n d u n g d e r fo lg e n d e n d ic k e n : 8 /1 0 /1 2 /1 5 / 2 0 /2 5 /3 0 /4 0

z P

y

O p tim ie r u n g s p a r a m e te r X 1 b is X 7

X 1

X 3

X 2

X 4

L ö s u n g d e r 3 . Ite r a tio n

S ta r tlö s u n g

H

4 0 [m m ] 3 0

O p tim ie r u n g s p a ra m e te r

X 5

0 .8 H

V e d e F ü ( im

0 .6 H

2 0

0 .4 H

1 0

0 .2 H X 1

X 2

X 3

X 1

X 5

X 6

X 7

X 6

A u s g a n g s s tru k tu r 1 0 0 % O p tim ie r te S tr u k tu r 8 3 ,0 % rfo rm u n g r lin k e n h ru n g s b a h n R a u m )

X 7

H

A u s g a n g s s tru k tu r 1 0 0 % O p tim ie r te S tr u k tu r 8 6 ,0 %

0 .8 H

V e d e F ü ( im

0 .6 H 0 .4 H

rfo r re h ru R

rm u n g c h te n n g s b a h n a u m )

0

0 .2 H 5 0

1 0 0 % 0

5 0

1 0 0 %

Bild 2.135. Diskrete Wandstärkenoptimierung zur Steifigkeitsmaximierung eines Werkzeugmaschinenständers

Daneben wird die Steifigkeitsmaximierung durch eine Vergrößerung der Blechdicken erreicht, die den Parametern X1 und X2 zugeordnet sind. Der hohe Steifigkeitseinfluss des Ständerbodens sowie der parallel zu diesem verlaufenden Verrippung (X2) ist darauf zurückzuführen, dass der Ständer nicht im gesamten Bodenbereich in Z-Richtung mit dem nicht dargestellten Unterbett verbunden ist, sondern nur an den in X-Richtung verlaufenden horizontalen Führungsbahnen. Das dargestellte Beispiel verdeutlicht die heutigen Möglichkeiten der FiniteElemente-Wandstärkenoptimierung zur Maximierung der Bauteilsteifigkeit. Die geringe Iterationsanzahl verbunden mit der Berücksichtigung diskreter Restriktionen unterstreichen die Wirtschaftlichkeit der eingesetzten Verfahren, da die Optimierungsergebnisse mit vertretbarem Zeitaufwand erzielt werden können und direkt, d.h. ohne Rundung der Parameterwerte und erneutes Nachrechnen, in die Realität übertragbar sind. Ein anderes Ziel der Wandstärkenoptimierung ist die Erfüllung von Steifigkeitsrestriktionen bei minimalem Materialeinsatz, da bei großen Beschleunigungen die Massen der bewegten Bauteile bei gleichzeitig hoher statischer Steifigkeit möglichst gering sein müssen. In Bild 2.136 wird die Wandstärkenoptimierung des Querbalkens der Portalfräsmaschine aus Bild 2.115 gezeigt. Als Schwachstelle der Portalmaschine wurde in der vorangehenden FEBerechnung der Z-Schieber identifiziert. Aus diesem Grund kann bei der Optimierung des Querbalkens ein moderater Steifigkeitsverlust in Kauf genommen werden, solange dies durch eine deutliche Reduzierung der Bauteilmasse gerechtfertigt

156

2 Gestelle und Gestellbauteile A u s w a h l d e r O p tim ie r u n g s p a r a m e te r

A u s g a n g s m o d e ll

Z X Y

P a r a m e te r 1 : D e c k b le c h

P a r a m e te r 2 : B o d e n b le c h

P a ra m e te r 3 : R ü c k w a n d

P a ra m e te r 4 : Q u e rs c h o tte n

O p tim ie r u n g s z ie l

M in im a le s G e w ic h t d e s Q u e r tr ä g e r s

R e s tr ik tio n e n

- Im p liz it: 1 0 % g rö ß e re V e rfo rm u n g in X - R ic h tu n g a m T C P - E x p l i z i t : d i,m in d i d i,m a x

O p tim ie r u n g s p a r a m e te r

W a n d d ic k e n d i v o m Q u e r b a lk e n in v e r s c h ie d e n e n P la tte n b e r e ic h e n

Bild 2.136. Wandstärkenoptimierung zur Massenminimierung eines Querbalkens

wird. Die Steifigkeitsrestriktionen wurden folglich so definiert, dass die Verformung des Querbalkens unter konstanter Last um maximal 10% ansteigen darf. Es wurden 15 Optimierungsparameter gewählt. Dies sind Funktionsflächen und zusammengefasste Blechgruppen. In Bild 2.136 sind vier ausgewählte Optimierungsparameter dargestellt. Die Optimierungsparameter wurden durch sinnvolle Wandstärkenwertebereiche restringiert. Die Optimierungsrechnung wurde hier nach der 6. Iteration automatisch beendet. Das Optimum des Problems liefert eine Verringerung des Gewichtes um 14% bei einer nahezu konstanten Steifigkeit in X- und Y-Richtung (Bild 2.137). W a n d s tä rk e n [m m ]

4 0

O p tim ie r u n g s e r g e b n is s e M a s s e

3 0

+ 1 %

S te ifig k e it in Y - R ic h tu n g

+ 0 %

2 0 1 0 0

v o r d e r O p tim ie r u n g n a c h d e r O p tim ie r u n g 1

2

3

4

5

6

7

8

9

1 0

1 1

1 2

1 3

1 4

-1 4 %

S te ifig k e it in X - R ic h tu n g

1 5

O p tim ie r u n g s p a r a m e te r

Bild 2.137. Ergebnis der Wandstärkenoptimierung eines Querbalkens

2.7 Berechnung und Optimierung von Gestellbauteilen

157

2.7.3.3.2 Optimierung von Bauteilen aus Faserverbundwerkstoffen Faserverbundwerkstoffe zeichnen sich durch ein gerichtetes, meist orthotropes Materialverhalten aus. Der Elastizitätsmodul und die Festigkeit sind in Richtung der Verstärkungsfasern am größten und fallen senkrecht dazu auf Werte ab, die sogar niedriger sind als die des reinen Matrixwerkstoffes (Bild 2.138). Durch Wahl der Faserrichtungen, Schichtdicken sowie der Stapelfolge der einzelnen Laminatschichten kann also ein belastungsgerechter Werkstoff konstruiert werden, der im Hinblick auf minimales Bauteilgewicht isotropen Materialien in Festigkeit und Steifigkeit weit überlegen ist. q

1 6 0 3

N /m m

E la s tiz itä ts - u n d S c h u b m o d u l

[1 0

2

]

E -M o d u l

1 2 0 q

8 0

4 0

0

G -M o d u l

0

3 0

F a s e r w in k e l q

6 0

[° ]

9 0

Bild 2.138. Elastizitäts- und Schubmodul in Abhängigkeit vom Faserwinkel für eine kohlenstofffaserverstärkte Laminatschicht

Für die Strukturanalyse mit der Finite-Elemente-Methode muss vorausgesetzt werden, dass alle Laminatschichten ideal aufeinander haften und somit die gleiche Dehnung erfahren. Im Gegensatz zur linear-elastischen Faser zeigt die Kunststoffmatrix ein viskoplastisches Spannungs-Dehnungs-Verhalten. Bei Dehnungen bis zur Harzfestigkeit ist jedoch ein linear-elastisches, orthotropes Materialmodell für die Berechnung von Laminaten zulässig. Mit den Elastizitätsmoduli von Faser und Matrix und deren Volumenanteilen werden mit einer Mischungsregel die Elastizitätskenngrößen der Einzelschichten berechnet, wobei der Faserwinkel θ berücksichtigt wird. Ein Mehrschichtverbund entsteht durch Integration der transformierten Kenngrößen über der Dicke des finiten Elementes, wobei auch der Biegeanteil außermittig liegender Schichten berücksichtigt wird (Bild 2.139). Laminate sind in der Praxis meist symmetrisch zur neutralen Ebene aufgebaut, um Verwölbungen des Querschnitts durch Kräfte in der Laminatebene zu vermeiden.

158

2 Gestelle und Gestellbauteile z tn

IIn

n

q

y

tk

q

x

t = k

S

n

k = 1

tk

t1 k

II1

t

n

IIk

1 < k < n t,tk II

2

1

q 1

In d e x e in e r E in z e ls c h ic h t L a m in a t- , S c h ic h td ic k e R ic h tu n g d e r V e r s tä r k u n g s fa s e r n q

S e n k re c h te a u f d e n V e rs tä rk u n g s fa s e rn F a s e r o r ie n tie r u n g b z g l. d e r x - K o o r d in a te n a c h s e

Bild 2.139. Aufbau eines Mehrschichtverbundes

Die Optimierung von Faserverbundwerkstoffen ist weitaus aufwändiger als die Optimierung isotroper Werkstoffe, da eine größere Anzahl von Konstruktionsparametern den Laminataufbau bestimmt. So werden neben den Dicken der einzelnen Schichten auch deren Faserwinkel als Optimierungsparameter definiert, um einen Mehrschichtverbund an den Belastungszustand anzupassen. Typische Ziele bei der Faserverbundoptimierung sind die Maximierung der Steifigkeit durch Variation der Faserwinkel und die Minimierung des Gewichtes durch Variation der Schichtwanddicken. Durch eine Veränderung der Wanddicken ändert sich jedoch der Kraftfluss in statisch unbestimmten Bauteilen und damit die lokal optimale Faserorientierung, die in starkem Maße abhängig vom Spannungszustand im Bauteil ist. Bild 2.140 zeigt optimale Lösungen einer allseitig gelenkig gelagerten und durch eine Flächenlast belasteten Platte. Bei großer Wanddicke ist der Spannungszustand durch Plattenbiegung bestimmt. Der optimale Faserwinkel liegt bei Θ = ±48◦ . Ist die Wanddicke klein, überwiegt die Membranspannung, so dass sich die Fasern längs der kürzeren Plattenseite zu Θ = 90◦ ausrichten. Aus diesen Gründen können Faserwinkel und Schichtwanddicken nicht getrennt voneinander optimiert werden. Es müssen Verfahren der Multikriterienoptimierung angewendet werden, die es erlauben, simultan auf beide Ziele zuzusteuern. Auf Grund der trigonometrischen Abhängigkeit der Bauteilsteifigkeit von den Faserwinkeln müssen leistungsfähige Algorithmen eingesetzt werden, die speziell für nichtlineare Problemstellungen entwickelt wurden. Die Mehrdeutigkeit der trigonometrischen Funktionen bedingt außerdem eine große Anzahl lokaler Optimalstellen, die das Optimierungsergebnis vom Startlayout abhängig machen. Bei der Ergebnisinterpretation der Faserwinkeloptimierung müssen Restriktionen durch das Fertigungsverfahren berücksichtigt werden. So ist es beim Handlaminierverfahren und beim robotergesteuerten Tapelegen nur in beschränktem Maße möglich, Fasern gekrümmt abzulegen, d.h. die Faserrichtung zu ändern. Unter-

2.7 Berechnung und Optimierung von Gestellbauteilen

159 F lä c h e n la s t 0 ,1 N /m m

[m m ]

5 0 0 m m

2 0 ,0

S c h ic h td ic k e t

m 0 m 4 5

q

2 5 ,0

2

q = ± 4 8 °

1 5 ,0

q = ± 5 3 °

1 0 ,0

q = 9 0 °

5 ,0 0 ,0

0 ,0

5 ,0

1 0 ,0

V e rfo rm u n g w

1 5 ,0

2 0 ,0

[m m ] 2 5 ,0

m a x

Bild 2.140. Abhängigkeit des optimalen Faserwinkels von der Wanddicke einer durch eine Flächenlast belasteten CFK-Platte. Quelle: [215]

schiedliche Faserrichtungen der als Optimierungsparameter definierten Teilflächen müssen dann durch verschieden orientierte Gewebelagen realisiert werden. Bild 2.141 zeigt das Finite-Elemente-Netz eines aus kohlefaserverstärktem Kunststoff (CFK) aufgebauten Prototypen einer Koordinatenmessmaschine in Portalbauweise, die für den fertigungsnahen Einsatz außerhalb von klimatisierten Räumen konzipiert ist. Um die geforderten Messgenauigkeiten zu erfüllen, ist eine verformungs- und verwindungssteife, thermisch stabile Konstruktion erforderlich. Hierbei sind die Gewichtskräfte, die auftretenden thermoelastischen Verformungen und Massenträgheitskräfte bei der Beschleunigung in x-Richtung zu berücksichtigen. Nach einer morphologischen Betrachtung der einzelnen Komponenten des CFK-Portals hinsichtlich fertigungs- und beanspruchungsoptimaler Gestaltung wurde das Gesamtmodell einer Optimierung mit der Finite-Elemente-Methode unterzogen. In Bild 2.141 sind neben den Randbedingungen die einzelnen Komponenten des Portals bezeichnet. Auf Grund konstruktionsbestimmender Festforderungen bezüglich der maximalen Führungsspaltaufweitung am Umgriff und der Traverse, standen für die Optimierung nur die beiden Stützen des Portals zur Verfügung. Diese wurden durch drei Dicken- und sechs Winkelparameter definiert. Ziel der Optimierung war die Gewichtsreduktion der Struktur zur Verbesserung des dynamischen Verhaltens bei gleichzeitiger Verminderung der thermoelastischen Verformung in z-Richtung.

160

2 Gestelle und Gestellbauteile O p tim ie r u n g s m o d e ll R e s tr ik tio n e n

B e la s tu n g e n

tra n V e r b e i L a s

L a s tfa ll 1

V e rfo rm u n g e n a u fg ru n d e in e r E r w ä r m u n g d e r g e s a m te n S tru k tu r u m 1 0 K

s la to r is c h e fo rm u n g e n a lle n d r e i tfä lle n

Z ie lfu n k tio n

V e rd re h u n g u m d ie y - A c h s e b e i L a s tfa ll 2

L a s tfa ll 2

M a s s e n k rä fte v o n K r e u z s c h litte n u n d P in o le n

L a s tfa ll 3 E rs a tz k B e tim m T o r s io n d e r H a u

ra ft z u r u n g d e r s s te ifig k e it p ts tü tz e

S tir n w a n d S e ite n w a n d

T ra v e rs e

G e w ic h t

O p tim ie r u n g s p a ra m e te r

3 S c h u n d 6 w in k e S tru k N e b e s o w ie u n d S H a u p

ic h td ic k e n F a s e rl fü r d ie tu r b e r e ic h e n s tü tz e S e ite n tir n w a n d d e r ts tü tz e

H a u p ts tü tz e N e b e n s tü tz e

F e s s e lu n g e n ( L u ftla g e r )

Z

U m g r iff

Y X

Bild 2.141. Finite-Elemente-Modell eines Messmaschinenportals mit aufgeprägten Randbedingungen

Die Start- und Enddaten der im Laufe der Optimierungsberechnung veränderten Parameter sind in Bild 2.142 dargestellt. Im Rahmen der Optimierung konnte gegenüber dem Startentwurf eine Gewichtsreduzierung von 19% und eine Verringerung der thermoelastischen Verformungen von bis zu 37% erreicht werden, während die statische Steifigkeit konstant gehalten wurde. Ein Vergleich mit der Serienversion (bestehend aus Keramik und Reaktionsharzbeton) zeigt eine Massenreduzierung von 42% bei einer Verringerung der thermoelastischen Verformungen in y- und zRichtung um 9 bzw. 92%. Das CFK-Portal zeigt neben den verbesserten thermoelastischen Eigenschaften wegen seines deutlich niedrigeren Gewichts eine geringere Belastung der seitlichen aerostatischen Schmalführungen des Umgriffs bei Beschleunigungen entlang der xAchse. Ein Vergleich der Schwingungsformen und Nachgiebigkeitsfrequenzgänge ergab eine Anhebung der ersten Eigenfrequenz um 44% gegenüber der Serienversion. 2.7.3.4 Topologieoptimierung

Topologieoptimierungssysteme zeichnen sich dadurch aus, dass sie bereits zu einem frühen Zeitpunkt der Entwurfsphase eingesetzt werden können und den Konstrukteur bei der Aufgabe unterstützen, basierend auf einem Minimum an konstruktiven Vorgaben einen ersten beanspruchungsgerechten Grobentwurf zu entwickeln. Ein möglicher Lösungsansatz beschreibt das Topologieoptimierungsproblem als Optimierungsproblem mit diskreten, expliziten Parametern. Abhängig von der zu lösenden Problemstellung wird dabei jedem Optimierungsparameter entweder die Wand-

2.7 Berechnung und Optimierung von Gestellbauteilen

161

S ta r tla y o u t G e w ic h t: 1 8 ,2 k g a u s r e ic h e n d e s ta tis c h e S te ifig k e it: A b w e ic h u n g a m M e s s ta s te r < 5 µ m

+ 3 1 °

+ 0 °

4 ,4 d ic k

m ä ß ig e th e r m is c h e V e r fo r m u n g in R ic h tu n g d e r y -A c h s e : 1 ,6 µ m /K

O p tim u m

+ 0 ° 4 d ic k

Z + 4 5 ° 1 4 d ic k

+ 0 °

1 4 d ic k

G e w ic h t: 1 4 ,7 k g ( - 1 9 % )

Y X

7 ,8 d ic k

a u s r e ic h e n d e s ta tis c h e S te ifig k e it: A b w e ic h u n g a m M e s s ta s te r < 5 µ m g e r in g e th e r m is c h e V e r fo r m u n g in R ic h tu n g d e r y -A c h s e : 1 µ m /K (-3 7 % )

+ 0 ° 1 2 d ic k

Bild 2.142. Optimierung der Schichtdicken und Faserwinkel eines Messmaschinenportals

stärke (z.B. bei Schalenelementen) oder der Elastizitätsmodul (z.B. bei Volumenelementen) eines finiten Elementes oder einer Gruppe von Elementen zugeordnet. Der Unterschied dieses Ansatzes zu der im Kapitel 2.7.3.3.1 beschriebenen diskreten Wandstärkenoptimierung liegt darin, dass der Wertebereich der Optimierungsparameter immer nur zwei diskrete Werte umfasst, von denen einer so klein gewählt wird, dass dessen Zuweisung zu einem Parameter signalisiert, dass die Existenz des oder der zugehörigen Elemente in der Starttopologie nicht erforderlich ist. Die übriggebliebenen Elemente stellen in ihrer Anordnung den optimalen Kraftfluss im Bauteil dar. Auf Grund rechentechnischer Grenzen bei der Topologieoptimierung kann ein komplexes Bauteil meist nicht in der gewünschten Elementdiskretisierung als Gesamtmodell optimiert werden. In herkömmlichen Verfahren wird diese Diskretisierung zu Beginn festgelegt und über den gesamten Optimierungsprozess hinweg beibehalten. Die Verwertbarkeit der Ergebnisse ist jedoch entscheidend von einer hinreichenden Auflösung bestimmt. Die Aufgabe, einen Gestellquerschnitt belastungsgerecht zu gestalten, lässt sich als Topologieoptimierungsproblem formulieren und automatisch lösen. Am Beispiel eines Maschinenständers wird in Bild 2.143 die Vorgehensweise als zweidimensionales Problem bei der Topologieoptimierung beschrieben. Zunächst ist ein Lösungsraum zu erstellen und sehr fein mit Finiten Schalenelementen zu diskretisieren. Anschließend werden die Belastung und die Randbedingungen aufgegeben. Die im Bearbeitungspunkt wirkende Kraft wird über eine Hilfsstruktur (Balken) in die Führungsbahnen des Maschinenständers eingeleitet. Das nach einem Verfahren

162

2 Gestelle und Gestellbauteile

der Mathematischen Programmierung arbeitende Optimierungssystem generiert in einem automatisch und iterativ ablaufenden Prozess eine Querschnittstopologie, die sich durch ein optimales Verhältnis aus Steifigkeit k und Querschnittsfläche A bezogen auf den Kraftangriffspunkt auszeichnet, indem allen Elementen, deren Existenz für die gegebene Zielsetzung nicht erforderlich ist, eine sehr kleine Elementdicke zugewiesen wird. In Bild 2.143 sind die Startlösung und die Ergebnisse der 5. und 15. Iteration aufgeführt.

O p G e e in im

2 D -L ö s u n g s ra u m

tim ie r u n g s w ic h ts m in im e r m a x im a l B e a r b e itu n g

5 . Ite r a tio n

a u ie z u s p

fg ru lä u

a b e n g u n te r B e r ü c k s ic h tig u n g s s ig e n V e r fo r m u n g s z u n a h m e n k t B P v o n D u x = 1 0 % b e la s tu n g s g e r e c h te r Q u e r s c h n itt

1 5 . Ite r a tio n

Q u e rs c h o tte n

F x

B P

k /A = 1 Y X

W a n d r ip p e n

k /A = 1 ,2

k /A = 1 ,5 6 k

A

Q u e r s c h n ittflä c h e S te ifig k e it im K r a fta n g r iffs p u n k t

Bild 2.143. Automatische Generierung eines steifigkeitsoptimalen Gestellquerschnitts bei Torsions- und Biegebelastung

Im Anschluss an eine Topologieoptimierung ist das Ergebnis zu interpretieren. Als konstruktive Merkmale für eine belastungsgerechte Querschnittstopologie lässt sich aus der 15. Iteration eine diagonalförmige Verrippung ableiten. Zur Verstärkung des Krafteinleitungsbereiches sind zusätzlich quer angeordnete Wandrippen und Querschotten erforderlich. Diese Geometrie kann nun z.B. mit Finiten Schalenelementen in ein dreidimensionales Modell überführt werden, mit dem zur Dimensionierung der Bauteilwände und -verrippungen eine Wandstärkenoptimierung durchgeführt werden kann. Überwiegend wird die Topologieoptimierung heute direkt für dreidimensionale Problemstellungen angewendet. Günstig wäre hier eine Diskretisierung der Struktur je nach Aufgabenstellung im Bereich der zu realisierenden fertigungstechnischen Größen. Für große Werkzeugmaschinengestellstrukturen wäre die Diskretisierung im Bereich von wenigen Zentimetern wünschenswert. Da es sich bei den

2.7 Berechnung und Optimierung von Gestellbauteilen

163

Topologieoptimierungsproblemen um Volumennetze handelt, werden sehr schnell Modellgrößen von mehreren hunderttausend Elementen erreicht, die mit der heute verfügbaren Rechnerhardware des mittleren Leistungsbereiches erfahrungsgemäß nicht mehr effektiv bewältigt werden können. Um trotzdem eine verbesserte Auflösung des Modells zu erreichen, kann das Optimierungsmodell nach einem Optimierungslauf und dem Entfernen der nicht ausreichend tragenden Elemente im darauffolgenden Schritt feiner diskretisiert werden. Man startet mit einer sehr groben Vernetzung, so dass unnötige Elemente bereits frühzeitig entfernt werden. A u s g a n g s m o d e ll

E n tw u r fs m o d e ll H e x a e d e r - E le m e n te

1 5 8 9 1

E le m e n te im

D e s ig n - B e r e ic h

1 4 3 6 7

E le m e n te im

N o n - D e s ig n - B e r e ic h

6 1 4 3 4

E n tw u r fs v a r ia b le n

4 3 1 6 1

A d a p tiv e E n tw u r fs m o d e llie r u n g R e m e s h in g

Z w e is tu fig e a d a p tiv e E n tw u r fs m o d e llie r u n g l

A u to m a tis c h e H e x a e d e r v e r n e tz u n g d e s E n tw u rfs ra u m e s l

l

C A D -O b e r flä c h e n m o d e ll

1 5 0 4

F r e ih e its g r a d e

A u to m a tis c h e R ü c k fü h r u n g v o n K o n s tr u k tio n s o b e r flä c h e n m o d e lle n in d a s C A D - S y s te m

O p tim ie r u n g s e r g e b n is

Bild 2.144. Adaptive Topologieoptimierung eines Z-Schiebers

In einer anschließenden adaptiven Netzverfeinerung der verbliebenen Bereiche kann im weiteren Verlauf der Optimierungsrechnungen eine höhere Auflösung der Struktur erreicht werden. Durch die höhere Auflösung entsteht gegenüber dem Ausgangsmodell mit der sehr groben Auflösung eine Struktur, die gleichmäßigere Konturzüge ausbildet und somit einer einfachen Interpretation der Ergebnisse entgegen kommt. Wesentlich ist jedoch auch, dass durch diese Vorgehensweise Rechenzeit für den Optimierungslauf eingespart werden kann. Auf Grund der reduzierten Elementanzahl wird darüber hinaus die vollständige Optimierung von Bauteilen mit einer höheren Auflösung erst möglich. Diese Vorgehensweise wurde für die Topologieoptimierung des Z-Schiebers einer Portalfräsmaschine angewendet. Das Ziel der Topologieoptimierung war die Maximierung der Steifigkeit bei konstanter Masse. Auf Grund der Einschränkun-

164

2 Gestelle und Gestellbauteile

gen von Rechenkapazitäten für die Anzahl der Freiheitsgrade und die komplexe Gestaltung des Bauteils wurde das adaptive Optimierungsverfahren eingesetzt. Dazu wurde für die FE-Modellerstellung neben den bekannten Vernetzungstechniken ein automatischer Hexaedervernetzer verwendet, der auch komplexe Geometrien mit gleichmäßiger hexaederförmiger Netzstruktur (Cube-Meshing) diskretisiert. Die grobe Vernetzung für die erste Optimierungsstufe besteht aus einer Elementlänge von 40 mm (Bild 2.144). Bei der Feinvernetzung für die zweite Stufe wurde das Modell mit einer Elementlänge von 20 mm diskretisiert. Im Ergebnis ist zu erkennen, dass der Z-Schieber nach der Optimierung eine organisch aussehende Struktur besitzt. Bei dieser Umverteilung des Materials konnte durch den zweistufigen adaptiven Optimierungsprozess die Steifigkeit in den kritischen Belastungsrichtungen quer zur Schieberachse (X und Y) um mehr als 30% erhöht werden (Bild 2.145). 1 . S tu fe

2 . S tu fe

V e r ä n d e r u n g e n d e s o p tim ie r te n M o d e lls g e g e n ü b e r d e m R e fe r e n z m o d e ll + 0 %

M a s s e S te ifig k e it k x

+ 3 7 %

S te ifig k e it k y

+ 3 2 %

S te ifig k e it k z

+ 7 %

1 . S tu fe :

G r o b e V e r n e tz u n g m it 4 0 m m E le m e n tlä n g e

2 . S tu fe :

F e in e V e r n e tz u n g m it 2 0 m m E le m e n tlä n g e

Z

Y

X

Bild 2.145. Ergebnis der Topologieoptimierung

Das Ergebnis macht deutlich, dass die optimale Materialverteilung ohne den Einsatz der verwendeten Optimierungsstrategie kaum zu ermitteln gewesen wäre. Intuition und Konstruktionserfahrungen allein reichen nicht aus, um das hier skizzierte Verbesserungspotential zu erschließen [193].

2.7 Berechnung und Optimierung von Gestellbauteilen

165

2.7.3.5 Formoptimierung zur Reduzierung der Kerbspannungen oder des Gewichtes

Nicht alle Optimierungsprobleme lassen sich mit den bisher beschriebenen Verfahren lösen, bei denen den Elementen zugeordnete Größen wie Wanddicken, Faserwinkel, Balkenparameter oder E-Modul variiert werden. Vielfach kann nur durch die Veränderung der Bauteilform eine belastungsgerechte Auslegung erreicht werden. 2.7.3.5.1 Minimierung der Kerbspannung an offenen Ausrundungen An hochbelasteten Maschinen und Gestellbauteilen wie z.B. C-Pressen (Bild 2.146) treten in Ausrundungen, die als Kerben wirken, hohe Spannungsspitzen auf, die die Belastbarkeit der Anlagen bestimmen [50, 155, 188]. Die Zielsetzung einer Belastbarkeitsmaximierung von derartigen Bauteilen wird durch eine Optimierungsrechnung der Ausrundungsform erreicht. Hierbei gilt es, einen möglichst gleichmäßigen Spannungsverlauf über der Kontur zu finden. Dazu können zwei verschiedene Minimierungsprobleme formuliert werden.

8 0 0 k N F

P r in z ip s k iz z e e in e r C - P r e s s e

F E - N e tz d e r S e ite n w a n d A u s g a n g s g e o m e tr ie

9 0

x

N m m

j

y o p tim ie r te F o r m S ta rtfo rm V a r ia tio n s g e b ie t V a r ia tio n s g e b ie t d e r K u r v e

s m0

s ma

S p a n n u n g s v e r te ilu n g in d e r S e ite n w a n d v o r d e r O p tim ie r u n g

2

6 0

o p tim ie r te G e o m e tr ie

3 0 0

5 0 ° 1 0 0 ° 1 5 0 ° 2 0 0 ° 2 5 0 ° 3 0 0 ° W in k e l ( G r a d )

S p a n n u n g s v e r la u f ü b e r d e m K u rv e n ra n d

S p a n n u n g s v e r te ilu n g in d e r S e ite n w a n d n a c h d e r O p tim ie r u n g

Bild 2.146. Kerbspannungsoptimierung der Ausrundung einer C-Presse

Direkte mathematische Formulierung

166

2 Gestelle und Gestellbauteile

min { U } mit U =

 Γ

(σi − σm )2 ds

(2.80)

Die Funktion U ist das Integral des Abweichungsquadrates der auftretenden Knotenspannungen σi von dem Spannungsmittelwert σm über dem Kurvenrand Γ und wird mit einem Verfahren zur Minimierung der kleinsten Fehlerquadrate gelöst. Dieser Weg ist sehr rechenintensiv, da hierzu alle Ableitungen der Spannungen nach den Koordinaten der Stützstellen von der Ausrundungskurve ermittelt werden müssen. Ein besserer Weg, der in diesem Falle schneller zum Ziel führt, wird im Folgenden dargestellt. Formulierung über die Kerbspannungslehre Unter Zuhilfenahme der Kerbspannungslehre lässt sich ein monotoner Zusammenhang zwischen einer Krümmungsänderung ∆k und einer Spannungsänderung ∆σ formulieren [112, 155, 188]: ∆k = − f (∆σ).

(2.81)

Das heißt, an Stellen mit hohen Spannungen lassen sich diese durch eine Erhöhung der Krümmungsradien an der Stelle reduzieren. Das Vorgehen erhöht natürlich zwangsläufig die Spannung an den Nachbarstellen, da hier der Krümmungsradius verkleinert werden muss. Mit den Krümmungsänderungen ∆k wird die erforderliche Krümmung ∆σ an jedem Punkt der Kurve berechnet: ke = ka − ∆k.

(2.82)

ka ist hierbei die Krümmung der Kurve des letzten Iterationsschritt, ∆k die berechnete Krümmungsänderung. Es ergibt sich das (geometrische) Minimierungsproblem: m

min w mit w = ∑(ka − ke )2 .

(2.83)

i

Die neue Form der Ausrundung wird berechnet durch die Minimierung der Summe der Abweichungen der vorgeschriebenen Krümmungen ke von den vorhandenen Krümmungen an den m Stützstellen. Es werden wiederum mit einem Algorithmus zur Lösung von Least-Squares-Problemen (Minimierung kleinster Fehlerquadrate) [98] neue Splinestützstellen berechnet, die eine Kurve mit den oben errechneten Krümmungen erzeugen. Dazu werden die Stützstellen des die Ausrundungskurve beschreibenden Splines in vorgegebenen Grenzen variiert. Diese iterative Berechnung ist beendet, wenn eine nahezu gleichmäßige Spannungsverteilung über den Kurvenrand erreicht ist. Als Beispiel einer Optimierungsrechnung zeigt Bild 2.146 das Prinzipbild einer C-Presse [50, 188]. Der kritische Bereich dieses Maschinengestells ist die Ausrundung des Arbeitsraums, die als Kerbe wirkt. Die Seitenwand des Gestells wurde als ebenes Finite-Elemente-Modell aufbereitet und die Spannungsverteilung im Bauteil durch eine Analyserechnung ermittelt. Der geringe Abstand der Isovalenzlinien,

2.7 Berechnung und Optimierung von Gestellbauteilen

167

erkennbar durch den erhöhten Schwärzungsgrad, zeigt die Spannungsspitze im unteren Bereich der Ausrundung auf. Der Variationsbereich der Kurve, der gewährleistet, dass der Maschine ausreichender Arbeitsraum erhalten bleibt, ist zusammen mit der Form der Ausrundungskurve vor und nach der Optimierung und den Spannungsverläufen über dem Kurvenrand im unteren Bildteil links wiedergegeben. Die Gegenüberstellung der Spannungsverteilung im Bauteil vor und nach der Optimierung verdeutlicht den Erfolg der Optimierungsrechnung. Spannungsoptische Untersuchungen an ausgeführten Modellen bestätigen die Ergebnisse. 2.7.3.5.2 Allgemeiner Ansatz zur Formoptimierung mechanischer Bauteile Der im vorherigen Abschnitt beschriebene Ansatz der Formoptimierung ist speziell für das Problem der Spannungsreduzierung ausgelegt. Allgemeinere Formoptimierungsprogramme erlauben dagegen die Optimierung von Masse, Verformungen oder Spannungen. Bei diesen Problemstellungen kommt der Geometriebeschreibung, die parametrisierbar sein und eine ausreichende Veränderung der Form zulassen muss, eine große Bedeutung zu [71, 106, 176]. In der vorliegenden Problemformulierung werden dafür Basisformen eingesetzt [152]. Basisformen sind gezielte Deformationen des Finite-Elemente-Netzes. Bild 2.147 zeigt oben rechts vier Basisformen zur Geometriebeschreibung einer Zahnlücke eines Zahnrades. Die gestrichelten Linien stellen die Ausgangsgeometrie dar, die durchgezogenen Linien zeigen das deformierte Finite-Elemente-Netz. Zur Erzeugung der Basisformen werden Kräfte und Restriktionen so aufgebracht, dass bei einer FE-Rechnung genau die gezeigten Deformationsergebnisse entstehen. Außer den Randknoten werden somit auch die Knoten im Inneren des Modells proportional verschoben, so dass die Basisformen eine gleichmäßige Elementgrößenveränderung bewirken. Für die Optimierung werden die Verschiebungsvektoren der Finite-ElementeKnoten, die eine Basisform darstellen, als Gruppe gespeichert. Eine Geometrieänderung lässt sich dann darstellen als eine Addition der gewichteten Basisformen auf die Ausgangsgeometrie. Sei G0 der Vektor der Knotenkoordinaten des Ausgangsmodells, qi der Vektor der Knotenverschiebungen der i-ten Basisform und xi der gesuchte Gewichtungsfaktor, so berechnen sich die Knotenkoordinaten einer Geometrieänderung nach 4

Gneu = G0 + ∑ xi · qi .

(2.84)

i=1

Die Gewichtungsfaktoren stellen die Variablen der Optimierung dar. Der Optimierungsalgorithmus sucht die optimalen Gewichtungsfaktoren für die jeweilige Problemstellung. Die Optimierung wird mit einem leistungsfähigen Algorithmus durchgeführt, der auf einem Gradientenansatz beruht. Um in einer Iteration Gewichtungsfaktoren zu bestimmen, die die Zielfunktion verkleinern und die Restriktionen erfüllen, werden neben den problembeschreibenden Funktionen (Masse, Spannungen und Verformungen) auch deren Ableitungen nach den Optimierungsvariablen

168

2 Gestelle und Gestellbauteile 2 1

Z ie l F

M in im ie r u n g d e r m a x im a l im Z a h n fu ß a u ftr e te n d e n S p a n n u n g

P a r a m e tr is ie r u n g

G e w ic h tu n g s fa k to r e n fü r B a s is fo r m e n

4 3

R e s tr ik tio n

g e o m e tr is c h e B e s c h r ä n k u n g d e r O p tim ie r u n g s p a r a m e te r

A u s g a n g s g e o m e tr ie

B a s is fo r m e n A n fa n g s fo rm

S ta rtfo r m o p tim ie r te F o rm

s m ax = 6 2 7 N /m m ²

N /m m ² 7 0 0

6 0 0 5 0 0 4 0 0

2 0 % S p a n n u n g s r e d u k tio n

3 0 0

o p tim ie r te F o rm

s

V a r ia tio n s g e b ie t d e r K u r v e

m a x

=

5 1 0 N /m m ²

S p a n n u n g s v e r te ilu n g

2 0 0 1 0 0 0 1

2

3 4

5

6

K n o te n

7

8

9

1 0

S p a n n u n g s v e r la u f ü b e r d e m R a n d

Bild 2.147. Kerbspannungsoptimierung einer Zahnlücke

(Gradienten) mit einer FE-Analyse berechnet. Der Wert des Gradienten gibt an, wieviel Einfluss diese Variable auf die problembeschreibende Funktion hat. Mit Hilfe der Gradienten wird so eine Optimierungsrichtung bestimmt, in der die Zielfunktion kleiner wird. Anschließend wird eine optimale Schrittweite berechnet, mit der die Variablen innerhalb des von den Restriktionen vorgegebenen Gebietes bleiben, und die Optimierungsvariablen entsprechend verändert. Die darauf folgende Iteration beginnt wieder mit einer FE-Analyse. Das vorliegende Beispiel zeigt, dass auch bei dieser Art der Geometriebeschreibung und der Optimierung eine Spannungsminimierung an Kerben möglich ist. Dazu muss zuerst ein Finite-Elemente-Modell erzeugt werden, das eine Berechnung der Spannung in der Kerbe mit möglichst großer Genauigkeit ermöglicht. Bild 2.147 zeigt die Vernetzung von zwei Zähnen. Insgesamt wurden für die Berechnung drei Zähne modelliert. Die eingeleitete Kraft von 20 000 N entspricht in Größe und Richtung der Belastung in einem Zahnradprüfstand. Für die Definition der Zielfunktion wurde der im Bild 2.147 unten links und Mitte gezeigte Ausschnitt ausgewählt. Die maximale in diesen zehn Elementen auftretende Vergleichsspannung war der Zielfunktionswert, der minimiert wurde. Das zur Verfügung stehende Variationsgebiet (Bild 2.147 links unten) der Zahnlücke ist durch den Eingriff des Gegenrades nach oben begrenzt. Zur Seite ergibt sich eine Begrenzung durch die Tangente an die Zahnflanke. Eine Massen- oder Verformungsrestriktion wurde nicht definiert, da die mögliche Geometrieänderung durch das Variationsgebiet bereits stark eingeschränkt war. Die vier Basisformen wurden so gewählt, dass sie alle Forderungen an eine zulässige Geometrie erfüllen: Symme-

2.7 Berechnung und Optimierung von Gestellbauteilen

169

trie, tangentialer und glatter Übergang zur Zahnflanke, keine Änderung der Evolventenkontur. Die maximale Spannung im Zahnfuß betrug bei einer konventionell optimierten Geometrie 627 N/mm2 . Durch eine geschickte Kombination der Basisformen wurde eine Ausrundungsform gefunden, mit der die Vergleichspannung um 20% auf 510 N/mm2 reduziert werden konnte. Diese Form wurde durch eine negative Gewichtung der Basisformen erreicht, wobei die dritte Basisform den größten Gewichtungsfaktor erhielt. Der Spannungsverlauf über dem Rand zeigt, dass insgesamt eine gleichmäßigere Auslastung der Kerbe erreicht wurde. Diese optimale Ausrundungsform kann durch Profilschleifen hergestellt werden.

3 Aufstellung und Fundamentierung von Werkzeugmaschinen

Die Aufstellung einer Werkzeugmaschine ist eine wesentliche Konstruktionsaufgabe, der sowohl für die Funktionsfähigkeit (Genauigkeit, Bearbeitungsgüte) einer Maschine als auch für das Umweltverhalten (Erschütterungen) erhebliche Bedeutung zukommt. Zur Aufstellung einer Werkzeugmaschine gehören in der Regel die Aufstellelemente und das Fundament. Gemeinsam mit der Maschine und dem Baugrund bilden diese Komponenten ein Gesamtsystem, dessen statische und dynamische Eigenschaften an die jeweiligen Erfordernisse angepasst werden müssen. Diese werden im Wesentlichen von konstruktiven Merkmalen der aufzustellenden Maschine und ihrer Arbeitsweise beeinflusst. Folgende Gesichtspunkte sind bei der Auswahl bzw. Auslegung der Komponenten einer Maschinenfundamentierung im Hinblick auf die Funktionsfähigkeit und das Umweltverhalten der Maschine zu berücksichtigen: • • • • •

Justierung und Ausrichtung der Maschine, zusätzliche Versteifung der Maschine durch das Fundament, Gewährleistung der Standsicherheit, passive Isolierung gegenüber dynamischen Störungen von außen, aktive Isolierung zum Schutz der Umgebung vor Erschütterungen.

Die Erfüllung dieser unterschiedlichen Aufgaben erfordert eine individuelle Auslegung der Einzelkomponenten einer Maschinenaufstellung. Als Randbedingungen für den Auslegungsprozess sind die Maschine selbst mit ihren statischen und dynamischen Eigenschaften, der Bearbeitungsprozess und die Fundamentierungsumgebung (Aufstellungsort wie Baugrund, Geschossdecke) zu berücksichtigen. Aus den unterschiedlichen Anforderungsprofilen für die Eigenschaften einer Werkzeugmaschinenfundamentierung lassen sich vier Aufstellungsprinzipien ableiten (Bild 3.1). Bei der ersten Kategorie handelt es sich um kleinere Werkzeugmaschinen, wie Drehmaschinen, Fräsmaschinen und Hobelmaschinen, die über eine ausreichende Eigensteifigkeit verfügen und keine zusätzliche Versteifung durch das Fundament benötigen.

172

3 Aufstellung und Fundamentierung von Werkzeugmaschinen

W m g e g A

e rk a s c lie d u fs t

z e u h in e rt e llu

g e n n a c h n g

A rt d e r M a s c h in e

R e le v a n te B e r e ic h e

A u fg a b e n d e r A u fs te llu n g

S te ifig k e it d e r M a s c h in e S ta tis c h e A u s r ic h tu n g S ta tis c h e V e r s te ifu n g D y n a m is c h e V e r s te ifu n g D y n a m is c h e S ta n d s ic h e r h e it P a s s iv is o lie r u n g A k tiv is o lie r u n g A u fs te llu n g s a n fo rd e ru n g e n

K le in e M a s c h in e n D r e h m a s c h in e n F r ä s m a s c h in e n H o b e lm a s c h in e n

U m fo r m m a s c h in e n

F e in b e a r b e itu n g s m a s c h in e n

P re s s e n S c h n e id p r e s s e n S c h m ie d e h ä m m e r

W a lz e n s c h le ifm a s c h in e n F e in d r e h b ä n k e

h o h e E ig e n s te ifig k e it

n ic h t a u s r e ic h e n d e E ig e n s te ifig k e it

a u s r e ic h e n d e E ig e n s te ifig k e it

F u n d a m e n t B a u g ru n d

L a n g fr ä s m a s c h in e n B o h r- u n d F rä s w e rk e

n ic h t a u s r e ic h e n d e E ig e n s te ifig k e it

X X

X X

X X

X

X X X X

X X

X

X X

D y n a m ik

D y n a m ik

D y n a m ik

M a s c h in e A u fs te lle le m e n te

M ittle r e u n d g r o ß e W e r k z e u g m a s c h in e n

X

X X X X

S ta tik

S ta tik

X

X

X

X X

X X

X

X X X

Bild 3.1. Aufstellarten von Werkzeugmaschinen

Die Aufstellung dieser Maschinen erfolgt häufig direkt auf dem Hallenboden oder auf Geschossdecken. Gegebenenfalls werden zur Ausrichtung der Maschine verstellbare Verbindungs- bzw. Aufstellelemente verwendet. In Einzelfällen kann es erforderlich sein, fremde oder gegenseitige dynamische Störungen der Maschinen dadurch auszuschalten, dass man sie mit einer elastischen Aufstellung aktiv oder passiv isoliert. Die elastische Aufstellung wird in der Regel durch in unterschiedlichsten Formen angebotene Aufstellelemente realisiert (Bild 3.2). Um eine eindeutige Aufstellung dieser kleinen Maschinen zu ermöglichen, versucht man – wenn möglich – eine statisch bestimmte Drei-Punkt-Aufstellung zu verwirklichen. Eine gänzlich andere Zielrichtung verfolgt die Aufstellung von Umformmaschinen, wie Schmiedehämmern, Pressen und Schneidmaschinen. Zwar weisen auch diese Maschinen in der Regel eine hohe Eigensteifigkeit auf, so dass eine Versteifung der Maschinenkonstruktion durch eine entsprechende Fundamentierung nicht erforderlich ist. Allerdings verursachen diese Maschinen auf Grund ihres Arbeitsprozesses erhebliche Erschütterungen, die in die Umgebung abgestrahlt werden. Diese Erschütterungsemissionen gilt es durch eine geeignete Fundamentierung (Aktivisolierung) zu reduzieren, wobei u.a. auch vom Gesetzgeber bzw. in Richtlinien vorgegebene Grenzwerte zu berücksichtigen sind. Erreicht wird die Aktivisolierung durch eine weiche Abfederung, bei der eine möglichst tiefe Eigenfrequenz des Systems „Maschine-Aufstellelemente” angestrebt wird (s. Kapitel 3.3). Die konstruktiven Aufwendungen und die Kosten für eine derartige Aufstellung können in Relation zu den Maschinenkosten sehr hoch sein.

3.1 Komponenten der Maschinenaufstellung

173

Dem Erschütterungsaspekt kommt auch bei der Aufstellung der dritten Maschinengruppe große Bedeutung zu, hier allerdings unter dem Aspekt der Schwingungsabwehr. Große Feinbearbeitungsmaschinen, wie Walzenschleifmaschinen und Feindrehbänke, erfordern für das Erzielen hoher Genauigkeiten und Oberflächengüten eine aufwendige Fundamentierung, da diese Maschinen in der Regel selbst nicht über eine ausreichend hohe Eigensteifigkeit verfügen. Diese fehlende Steifigkeit muss über einen entsprechend dimensionierten Fundamentblock erbracht werden, der über Verbindungselemente kraftschlüssig mit der Maschine gekoppelt ist. Zusätzlich übernimmt der Fundamentblock in Verbindung mit elastischen Aufstellelementen die Aufgabe, schädliche Schwingungseinwirkungen von der Maschine fernzuhalten. Wie bei der Aktivisolierung von Umformmaschinen wird hierzu das Gesamtsystem aus Maschine, Fundament und Aufstellelementen im Hinblick auf eine gute Isolierwirkung möglichst tieffrequent abgestimmt. Der Versteifungseffekt unter statischen Gesichtspunkten spielt bei der vierten Maschinengruppe die dominierende Rolle. Mittelgroße und praktisch alle Großwerkzeugmaschinen, wie Langfräsmaschinen, Bohr- und Fräswerke, verfügen meist nicht über eine ausreichende Eigensteifigkeit, um die Belastungen durch das Maschineneigengewicht, durch wandernde Werkstücklasten und durch die Bearbeitungskräfte aufzunehmen, ohne dass hierdurch verursachte Maschinenverformungen das geforderte Bearbeitungsergebnis in Frage stellen. Für die unzureichende Eigensteifigkeit sind vor allem wirtschaftliche Gründe ausschlaggebend, die eine ausreichend steife Dimensionierung der Maschinenbetten, Maschinentische und sonstiger Maschinenbauteile nicht zulassen. Die erforderliche Steifigkeit erhalten diese Maschinen erst in Verbindung mit einem entsprechenden Fundament, das im Hinblick auf die benötigte Biege- und Torsionssteifigkeit auszulegen ist. Eine wesentliche Rolle spielt hierbei auch der Baugrund, der über eine ausreichende Belastbarkeit und Festigkeit verfügen muss, damit Setzungserscheinungen nicht zu unzulässigen Maschinen- und Fundamentverformungen führen können. Eine Aktiv- oder Passivisolierung dieser Maschinen wird auf Grund der großen Maschinenabmessungen und des damit verbundenen Aufwandes in der Regel nicht vorgenommen. Statt dessen begnügt man sich, falls erforderlich, mit anderen Maßnahmen, wie z.B. einer Trennung der Maschinenfundamente untereinander und einer Entkopplung der Hallenfundamente.

3.1 Komponenten der Maschinenaufstellung 3.1.1 Aufstellelemente

Unter dem Begriff Aufstellelemente sind ganz allgemein Elemente zu verstehen, die entweder definierte Höheneinstellungen bei starrer Aufstellung ermöglichen oder elastische Eigenschaften (Federn), dämpfende Eigenschaften (Dämpfer) oder elastische und dämpfende Eigenschaften aufweisen (Feder-Dämpfer-Elemente).

174

3 Aufstellung und Fundamentierung von Werkzeugmaschinen

Für die verschiedenartigen Anwendungsfälle gibt es eine Vielzahl von Ausführungsformen, die sich hinsichtlich der verwendeten Werkstoffe, der konstruktiven Gestaltung und der Eigenschaften unterscheiden (Bild 3.2). N r.

E le m e n t

h

d

N r.

E le m e n t

h

d

n e in

ja

n e in

ja

1

ja

n e in

2

n e in

ja

3

ja

ja 9

ja

ja

4

ja

ja

1 0

n e in

ja

5

n e in

n e in

1 1

n e in

ja

6

n e in

ja

1 2

n e in

ja

7

8

1 N iv e llie r s c h u h 2 V is k o s e d ä m p fe r 3 S te llfu ß m it Is o lie r p la tte 4 N iv e llie r s c h u h m it Is o lie r p la tte 5 F e d e r is o la to r 6 F e d e r - D ä m p fe r - E le m e n t 7 H y d r a u lis c h e r D ä m p fe r 8 T o p fe le m e n t m it G u m m ip u ffe r 9 S te llfu ß m it Is o lie r p la tte 1 0 Z u g a n k e r m it d o p p e lt w ir k s a m e r Is o lie r p la tte 1 1 Z u g a n k e r m it e in fa c h w ir k s a m e r Is o lie r p la tte 1 2 Is o lie r p la tte h h ö h e n v e r s te llb a r d d ä m p fu n g s w ir k s a m

Bild 3.2. Unterschiedliche Aufstellelemente

Das Aufgabenspektrum der Aufstellelemente reicht von der kraftschlüssigen Verbindung der Maschine mit dem Untergrund über die statische Ausrichtung der Maschine bis zur dynamischen Aktiv- oder Passivisolierung. Dementsprechend reicht das Angebot an Aufstellelementen von einfachen Fundamentschrauben über höhenverstellbare Elemente bis hin zu dynamisch wirksamen Feder-DämpferElementen. Als wesentliche Kenngrößen für die Auslegung einer Fundamentierung sind die Steifigkeit und die Dämpfung der Aufstellelemente zu nennen. Für das Erreichen unterschiedlicher Steifigkeiten werden neben der konstruktiven Gestaltung (Wendelfeder, Tellerfeder) verschiedene Werkstoffe, wie Metall, Kunststoff, Gummi, Kork oder auch Luft als elastisches Element verwendet. Die Dämpfungseigenschaften werden über verschiedene Materialien und unterschiedliche Dämpfungsmechanismen im Dämpfungselement, wie z.B. die Reibungsdämpfung in Metallkissen oder die viskoselastische Dämpfung in bituminösen Materialien realisiert. Je nach Bauform können Aufstellelemente entweder als rein elastische oder dämpfende Elemente ausgelegt, oder durch entsprechende konstruktive Gestaltung für beide Zielkriterien konzipiert sein. Bild 3.3 zeigt exemplarisch die dynamische Steifigkeit und Dämpfung verschiedener Aufstellelementtypen.

3.1 Komponenten der Maschinenaufstellung

175

1 0 9 8 × 1 0 8

2 N iv e llie r s c h u h

4 × 1 0 8

2 × 1 0 8

3 N iv e llie r s c h u h m it Is o lie r p la tte

4 × 1 0 5

D ä m p fu n g [N s /m ]

6 × 1 0 8

S te ifig k e it [N /m ]

1 0 6 8 × 1 0 5 6 × 1 0 5

1 V is k o s e d ä m p fe r

4 S te llfu ß m it Is o lie r p la tte

2 × 1 0 5 6 2

1 0 5 8 × 1 0 4

1

6 × 1 0 4 3

4 × 1 0 4

6 Is o lie r p la tte

4

1 0 8 5 2 × 1 0 4

8 × 1 0 7 5 S te llfu ß m it Is o lie r p la tte

6 × 1 0 7 0

5 0

1 0 0

1 5 0

F re q u e n z [H z ]

2 0 0

2 5 0

1 0 4 0

5 0

1 5 0 1 0 0 F re q u e n z [H z ]

2 0 0

2 5 0

Bild 3.3. Qualitative Steifigkeits- und Dämpfungseigenschaften unterschiedlicher Aufstellelemente 3.1.2 Fundament

Während kleinere Maschinen häufig direkt auf dem Hallenboden oder auf den Geschossdecken aufgestellt werden, ist bei größeren Maschinen die Errichtung eines speziellen Fundamentes erforderlich. Die Aufgabe des Fundamentes kann je nach Maschinentyp und Zielrichtung der Aufstellungsauslegung unterschiedlich sein. Unter statischen Gesichtspunkten obliegt dem Fundament die Aufgabe, eine definierte Aufstellfläche für die Ausrichtung der Maschine zu schaffen, und eine gleichmäßige Lasteinleitung in den Boden zu gewährleisten. Bei nicht eigensteifen Maschinen muss das Fundament zusätzlich so dimensioniert sein, dass es die von der Maschine und den Bearbeitungskräften verursachten Belastungen aufnehmen kann, ohne dass unzulässige Verformungen bzw. Verlagerungen innerhalb der Maschine auftreten, d.h. Gestellbauteile (Bett) und Fundament zusammen ergeben erst die erforderliche Maschinensteifigkeit. Als Werkstoff für Maschinenfundamente wird Stahlbeton mit einer Mindestgüteklasse BN 220 verwendet. Bei der Fundamenterstellung ist zu berücksichtigen, dass dieser Werkstoff über einen mehr oder weniger langen Zeitraum schwindet, d.h. seine Abmessungen infolge des Aushärtungsprozesses ändert. Diesem Effekt ist ggf. durch ein Nachjustieren der Maschine Rechnung zu tragen. Die Dimensionierung des Fundamentes muss sich neben den auftretenden Belastungen an der geforderten Güte der Aufstellung und den Eigenschaften des umgebenden Baugrundes orientieren.

176

3 Aufstellung und Fundamentierung von Werkzeugmaschinen

Ist eine Fundamentierung aus dynamischen Gesichtspunkten erforderlich, spielt neben der Steifigkeit des Fundamentes insbesondere die Fundamentmasse eine Rolle, durch die – ggf. im Zusammenwirken mit den Aufstellelementen – eine aus Sicht der angestrebten Schwingungsisolierung optimale Abstimmung der Maschinenaufstellung erreicht werden muss. 3.1.3 Baugrund

Sofern eine Maschine nicht auf einer Geschossdecke eines Maschinengebäudes aufgestellt ist, ist der Baugrund das letzte Element im Kraftfluss der Maschinenaufstellung. Hauptaufgabe des Baugrundes ist die Aufnahme der Belastungen, die durch das Maschinen- und Werkstückgewicht, die Masse des Fundamentes und durch die Bearbeitungskräfte verursacht werden. Eine wichtige Rolle spielt der Baugrund auch bei der Weiterleitung von Schwingungen von und zur Maschinenaufstellung. Die physikalischen Eigenschaften des Baugrundes sind sehr komplex, stellt dieser doch strenggenommen ein nichtlineares System dar, dessen Steifigkeits- und Dämpfungseigenschaften vom Belastungszustand und der Frequenz abhängen. Weiterhin kann die Inhomogenität des Baugrundes (Bodenschichtungen, Grundwasserspiegel) erheblichen Einfluss auf die Ausbreitung von Schwingungen haben. Für die Auslegung einer Maschinenaufstellung ist es allerdings in den meisten Fällen zulässig, mit linearisierten Bodenkennwerten zu arbeiten. Die im Bild 3.4 gezeigten Beziehungen definieren die Steifigkeiten des Bodens für ein kreisförmiges, in den Boden eingelassenes Fundament [191] in den sechs Bewegungsfreiheitsgraden des Fundamentblockes. Als Randbedingung gilt, dass der Fundamentblock sich wie ein Starrkörper verhält. Die Formeln können auch für rechteckige Fundamentblöcke angewendet werden, wenn der Lastflächenradius r entsprechend den ebenfalls angegebenen Beziehungen aus den Abmessungen der Fundamentplatte umgerechnet wird. Bei nicht starren Maschinenfundamenten, wie z.B. langgestreckten Balkenfundamenten, werden andere Verfahren zur Berücksichtigung der Baugrundsteifigkeit verwendet, wie z.B. das Bettungszahlverfahren, das einen linearen Zusammenhang zwischen dem Sohldruck Ps unter dem Fundament und den Fundamentsetzungen S gemäß PS = CB · S

(3.1)

annimmt. Die Bettungszahl CB ist eine konstante Steifigkeitskenngröße, die sich aus dem E-Modul des Bodens und den Abmessungen der Fundamentgrundfläche berechnet [135]. Die elastischen Eigenschaften des Baugrundes werden über den E-Modul beschrieben, der den Zusammenhang zwischen der Zusammenpressung des Baugrundes und der einwirkenden Bodenpressung beschreibt. Hierbei muss zwischen statischen und dynamischen Belastungen und den entsprechenden Bodenkennwerten unterschieden werden. Der statische E-Modul Es beschreibt das Baugrundverhalten bei statischer Belastung. Er beinhaltet sowohl die plastischen als auch die elastischen Verformungsanteile, die bei einmaliger Belastung des Baugrundes auftreten, und ist somit für Setzungsberechnungen von Fundamenten relevant.

3.2 Fundamentauslegung unter statischen Gesichtspunkten

177

Für dynamische Berechnungen wird hingegen der dynamische E-Modul Ed verwendet, der nur die elastischen Verformungsanteile des Baugrundes bei Wechselbelastungen nach dem statischen Setzvorgang berücksichtigt.

B e w e g u n g s r ic h tu n g

3 2

x , y

j

x ,

j

0

M a s s e n v e r h ä ltn is B

1 8 , 4 (1 - n 7 - 8 n

7 - 8 n 3 2 (1 - n

X

0

m , Ix , ly , lz

)

3 , 4 r 02 1 - n

)

m

4

0

2

r G

L 0

I j x , I j y ,I j z G n r

F M d

Q D

j z

m r r ×

)

1 - n m × 4 r r

r G

B j × r G z

1 + 2 B

r

r

0 8, r 0 4 r G (1 - n ) × (1 + B j x ,j

1 6 G × r 03 3

Z r

- n ) G × r 7 - 8 n

8 G × r 03 3 (1 - n y

z

Y

(1

D ä m p fu n g s k o n s ta n te c

4 G × r0 1 - n z

j

F e d e rk o n s ta n te k

y

)

3 × (1 - n

)

I j

8 r r Ij

0

0

0

D ä m p fu n g s g ra d D

0 ,2 8 8 B x ,y 3

0 ,4 2 5 B z 3

x ,

j y

5

(1

0 ,1 5 + B j

x ,

y

) B j x ,j

0 ,5 0 1 + 2 B

z

r r 05

L a s tflä c h e n fü r r e c h te c k ig e S o h lflä c h e n Z Y X a s tflä c h e n r a d iu s u n d a m e n tm a s s e a s s e n tr ä g h e its m o m e n te lx y n . S c h u b m o d u l d e s B a u g r u n d e s ly u e r k o n tr a k tio n s z a h l d e s B a u g r u n d e s ic h te d e s B a u g r u n d e s

j

y

j z

T r a n s la tio n in x , y , z

r0 =

( I x ×I y ) / p

R o ta tio n u m

r0 = 4

( I y ×I x ) / 3 p

R o ta tio n u m

r0 = 4

x u n d y 3

z

I x × I y ( I 2 y + I 2x ) / 6 p

Bild 3.4. Steifigkeits- und Dämpfungskennwerte für kreisförmige und rechtwinklige Sohlplatten. Quelle: Woods

Der statische E-Modul Es und dynamische E-Modul Ed verschiedener Bodenarten sind in Bild 3.5 zusammengefasst. Es ist ersichtlich, dass diese Größen auf Grund der bereits genannten Inhomogenitäten nur mit relativ großen Spannweiten angegeben werden können. Der Schubmodul kann näherungsweise über die Beziehung G = E/(2 · (1 + ν)) ermittelt werden. Für die Querkontraktionszahl ν unterschiedlicher Bodenarten gelten die in Bild 3.5 angegebenen Anhaltswerte [132].

3.2 Fundamentauslegung unter statischen Gesichtspunkten Eine Fundamentauslegung unter statischen Gesichtspunkten ist vor allem bei mittleren und großen Werkzeugmaschinen erforderlich, die nicht über eine ausreichende Eigensteifigkeit verfügen. Hauptaufgabe des Fundaments ist hier, die Maschinenverformungen infolge der Belastungen, wie z.B. des Werkstückgewichts, sich bewegender Maschinenteile (Wanderlasten) und der Bearbeitungskräfte, auf die für die angestrebte Maschinengenauigkeit zulässige Größe zu reduzieren. Bild 3.6 zeigt in der rechten Hälfte schematisch das Verlagerungsverhalten einer Drehmaschine auf Grund des Werkstückgewichts und des in seiner Position verän-

178

3 Aufstellung und Fundamentierung von Werkzeugmaschinen 8 0 0

3 0 0

S a n d S a n d -L e h m L e h m T o n

2 0 0 1 5 0 1 0 0

Q u e rk o n tr a k tio n 0 ,3 0 -0 ,3 0 ,2 5 -0 ,4 0 ,4 0 -0 ,4 0 ,4 5 -0 ,5

n

-

7 0 0

D y n a m is c h e r E la s tiz itä ts m o d u l E d [N /m m 2]

6 0 0

5

5 0 0

0 5

4 0 0

0

3 0 0 2 0 0

5 0

1 0 0

n ic h tb in d ig e B ö d e n

b in d ig e B ö d e n

K ie s o h n e S a n d

N a tu r s c h o tte r , s c h a r fk a n tig

S a n d , m itte ld ic h t, e c k ig

S a n d , m itte ld ic h t, r u n d

S a n d , lo c k e r , r u n d

S a n d , lo c k e r , e c k ig

L e h m , G e s c h ie b e m e r g e l

T o n , h a rt

T o n h a lb fe s t

S c h lu ff

L e h m , w e ic h , L ö ß le h m

K ie s o h n e S a n d

N a tu r s c h o tte r , s c h a r fk a n tig

S a n d , m itte ld ic h t, e c k ig

S a n d , m itte ld ic h t, r u n d

S a n d , lo c k e r , r u n d

S a n d , lo c k e r , e c k ig

L e h m , G e s c h ie b e m e r g e l

T o n , h a rt

T o n h a lb fe s t

S c h lu ff

L e h m , w e ic h , L ö ß le h m

S c h lic k , K le i, o r g . m a g e r

T o n , s c h w e r k n e tb a r

b in d ig e B ö d e n

S c h lic k , K le i, o r g . m a g e r

0 0

T o n , s c h w e r k n e tb a r

S ta tis c h e r E la s tiz itä ts m o d u l E s [N /m m 2]

2 5 0

B o d e n a rt

n ic h tb in d ig e B ö d e n

Bild 3.5. Wertebereiche für statische und dynamische E-Moduli unterschiedlicher Bodenarten

derlichen Werkzeugschlittens. Das in die Prinzipskizze (linke Bildseite) von Maschine und Fundament eingezeichnete Rechenmodell zur Verlagerungsberechnung (ebenes FEM-Balkenmodell) ist im unteren Bildteil sowohl im verformten als auch im unverformten Zustand abgebildet [132]. Die dick ausgezogenen Linien symbolisieren die als Balken angenäherten Maschinenbauteile und das Fundament. Die gestrichelten Linien repräsentieren die als Federn approximierten Aufstellelemente. Die Eigenschaften des Baugrundes werden durch Federelemente erfasst, die am Fundamentbalken angreifen. Für die Beurteilung einer Maschinenaufstellung sind allerdings nicht die absoluten Verlagerungen maßgeblich. So ist es für die Bearbeitungsqualität irrelevant, ob sich die Maschine durch das Werkstückgewicht als Gesamtes um einen konstanten Betrag absenkt. Letztendlich entscheidend sind die relativen Verlagerungen an der Bearbeitungsstelle, die sich aus der relativen Maschinenverformung ergeben, und sich aus der Absenkung des Fundamentes im Baugrund, aus der Fundamentbiegung, aus der Nachgiebigkeit der Aufstellelemente und der Verformung der Maschinenbauteile zusammensetzt. Während für die beiden letztgenannten Einflüsse der Maschinenhersteller verantwortlich zeichnet, indem er z.B. Lage und Typ (starre Elemente oder Federelemente) der zu verwendenden Aufstellelemente vorschreibt, liegt die ausreichende Dimensionierung des Fundamentes in der Verantwortung des Maschinenbetreibers. Der Maschinenhersteller definiert hierzu in der Regel Mindeststeifigkeitsanforderungen an das vom Betreiber zu erstellende Fundament. Als Steifigkeitskenngrößen werden die maximal zulässige relative Schiefstellung und Durchbiegung des

R e c h e n m o d e ll z u r F u n d a m e n ta u s le g u n g S p in d e lk a s te n 5 0 0 0 k g 3 4

1

9 1 0

R e its to c k 3 0 0 0 k g

W e rk s tü c k 1 0 0 0 0 k g

S u p p o rt 2 5 0 0 k g

8

7 2 1 1

1 2

1 3

1 4

1 5

5

M a s c h in e n b e tt A u fs te lle le m e n te 1 8 6

1 7

1 6

1 9

z

F u n d a m e n t 2 0

2 1

2 2 2 3

2 4

2 5

2 6

2 7

2 9 3 0

2 8

3 1

3 2

B a u g ru n d

V e r la g e r te s R e c h e n m o d e ll B e la s tu n g e n M a s c h in e n b e tt A u fs te lle le m e n te v e r la g e r te s F u n d a m e n t

B a u g ru n d fe d e rn

y

A b w e i c h u n g v . G e r a d e ( m m ) ×1 0 - 3 r e l . S c h i e f s t e l l u n g ( m m / m ) × 1 0 - 3

3.2 Fundamentauslegung unter statischen Gesichtspunkten

179

B e r e c h n u n g s e r g e b n is s e ( B e la s tu n g d u r c h S u p p p o r tu n d W e r k s tü c k g e w ic h t)

2 0 1 5

F u n d a m e n td ic k e 1 2 0 0 m m

1 0 5

F u n d a m e n td ic k e 1 6 0 0 m m 0

-5 -1 0 -1 5

F u n d a m e n td ic k e 2 0 0 0 m m

-2 0 -2 5 0 -1 0 -2 0 -3 0 -4 0 -5 0 -6 0 -7 0 0

2 4

6

8

1 0

1 2

F u n d a m e n tk o o r d in a te y ( m m ) × 1 0

3

Bild 3.6. Verlagerung von Fundament und Maschine durch Wanderlasten

Fundamentes unter vorgegebenen Lasten angegeben. Bild 3.7 skizziert die Bedeutung dieser beiden Größen, für deren Definition als Bezugslinie eine fiktive Gerade durch die Endpunkte der Fundamentbiegelinie herangezogen wird. Auf diese Weise werden Starrkörperbewegungen des Gesamtsystems (Kippungen oder Absenkungen), die für die Relativverlagerungen innerhalb der Maschine keine Bedeutung haben, eliminiert. Der Maschinenbetreiber beauftragt in der Regel zur Fundamentauslegung einen Baustatiker, der sich die Bodenkennwerte von einem Bodenmechaniker angeben lässt. In zweifelhaften Fällen sind hierzu Entnahmen von Bodenproben erforderlich. u n v e r la g e r te s F u n d a m e n t g e s a m te F u n d a m e n ts e tz u n g (m m ) G e ra d e d u rc h E n d p u n k te d e r F u n d a m e n tb ie g e lin ie

F u n d a m e n tb ie g e lin ie

r e la tiv e A b w e ic h u n g v o n d e r G e ra d e n (m m ) r e la tiv e F u n d a m e n ts c h ie fs te llu n g ( m m ) a m

T a n g e n te b e tra c h te te n P u n k t

Bild 3.7. Größen zur Fundamentbeurteilung

180

3 Aufstellung und Fundamentierung von Werkzeugmaschinen

Die zulässige relative Schiefstellung des Fundaments wird in [mm/m] angegeben und liegt beispielsweise für Langbearbeitungsmaschinen um 0,01 mm/m. Für die relative Durchbiegung (Abweichung von der Geraden) wird häufig ein Maximalwert von 0,075 mm angegeben. Die Einhaltung dieser Grenzwerte muss der Maschinenbetreiber durch eine entsprechende Fundamentdimensionierung gewährleisten, die an die örtlichen Gegebenheiten, wie z.B. die Eigenschaften des Baugrundes, angepasst werden muss. Bild 3.6 zeigt im rechten Teil die berechneten Verformungslinien für unterschiedliche Fundamentdicken. Einige Randbedingungen der Fundamentgeometrie ergeben sich zwangsläufig aus den Maschinenabmessungen. Bild 3.8 zeigt eine Portalfräsmaschine mit ihrem Fundament. Die Oberfläche des Fundaments ist durch die äußeren Abmessungen sowie durch konstruktive Gegebenheiten, wie z.B. Späneabfuhr, Kabelkanal usw. gegeben. Die Fundamentdicke dagegen richtet sich nach der Fundamentbelastung, der Beschaffenheit des Baugrundes und der für die Arbeitsgenauigkeit der Maschine erforderlichen Gesamtsteifigkeit. T ra v e rs e

+ 5 ,2 0

S u p p o rt Q u e r b a lk e n

A b d e c k u n g d e r F ü h ru n g s b a h n e n

F rä s k o p f S tä n d e r

M a s c h in e n b e tt

F u n d a m e n tb lo c k

T is c h

+- 0 , 0 -1 ,0 0 -3 ,4 3

2 8 ,0

S c h n itt C - D 6 ,8

S c h n itt A - B

A u fs te lle le m e n te

6 ,8 0 C

A B

2 ,4 3 2 ,3 4

D

1 0 ,7 8 3 0 ,0

Bild 3.8. Portalmaschine, flachgegründet

Um den Fundamentblock optimal auszulegen, d.h. ihn nicht über- aber auch nicht unterzudimensionieren, sollte möglichst das Gesamtsystem, bestehend aus Maschine, Befestigungselementen der Maschine auf dem Fundamentblock (Aufstellelemente) und Fundamentblock sowie auch der Baugrund berücksichtigt werden.

3.2 Fundamentauslegung unter statischen Gesichtspunkten

181

Bild 3.9 zeigt ein vereinfachtes Rechenmodell, das das Steifigkeitsverhalten der Maschine selbst und das der Verbindungselemente nicht berücksichtigt. Diese Vorgehensweise ist die heute vielfach übliche. Da die Steifigkeit der Maschine nicht in die Berechnung eingeht, wird das Fundament in der Regel überdimensioniert, d.h. man befindet sich auf der sicheren Seite. Die Gewichte der Maschine und der Werkstücke werden in Form von Lasten berücksichtigt, die direkt auf den Fundamentblock wirken. Der Fundamentblock wird als (Biege-)Balken approximiert und der Baugrund durch Federn ersetzt. Berechnet werden die Flächenpressung auf dem Baugrund und die jeweilige Durchbiegung der Balken (Bild 3.9 unten).

W e rk s tü c k

P o rta l B e tt F u n d a m e n t

B o d e n R e c h e n m o d e ll: B a lk e n a u f e la s tis c h e r B e ttu n g v a r ia b le L a s t k o n s ta n te L a s t B e r e c h n u n g d e r m a x im a le n B o d e n p re s s u n g B e r e c h n u n g d e r m a x im a le n M itte n - u n d E n d - V e r fo r m u n g d e s F u n d a m e n ts

Bild 3.9. Statische Berechnungen des Fundamentes ohne Berücksichtigung der Maschineneigensteifigkeit

Eine genauere Auslegung des Fundamentes erlaubt eine Finite-ElementeBerechnung unter Anwendung des Rechenmodells gemäß Bild 3.10 [161]. Maschinenverhalten und Aufstellelemente gehen hierbei zusätzlich in die Berechnung ein (Bild 3.6). Die Maschine wird dabei in vereinfachter Form mit Balken, die Verbindungselemente mit Federn, das Fundament ebenfalls mit Balken und der Baugrund mit Translations- und Drehfedern approximiert. Die Steifigkeitskennwerte dieser Federn sind abhängig von der Fundamentgeometrie sowie der Schichtdicke, dem EModul und der Querkontraktionszahl des Baugrundes und können aus Diagrammen entnommen werden [161]. Bei den heute verfügbaren leistungsfähigen Rechnern (PC oder Workstation) wird auch häufig die gesamte Maschine einschließlich des Bettes mit Schalenele-

182

3 Aufstellung und Fundamentierung von Werkzeugmaschinen

menten und das Fundament sowie der Baugrund mit Volumenelementen nachgebildet. Da die Bearbeitungskräfte für die Fundamentauslegung von untergeordneter Bedeutung sind, werden auch hier nur die Maschineneigengewichte und das Werkstückgewicht für verschiedene Stellungen berücksichtigt. Die Berechnung basiert auf der Finite-Elemente-Methode. Bei der Auslegung nach der vereinfachten Methode (Bild 3.9) werden die Fundamente in der Regel überdimensioniert, da die Maschinensteifigkeit außer Betracht bleibt. Die Fundamente sind deshalb zu teuer. Die genauere Berechnung (Bild 3.6, Bild 3.10) ist daher trotz des höheren Berechnungsaufwandes sinnvoll [217], da beträchtliche Material- und Herstellkosten bei der Fundamenterstellung eingespart werden können. P o rta l W e rk s tü c k T is c h M a s c h in e n b e tt

T r a n s la tio n s fe d e r

D re h fe d e r

A n k o p p lu n g d e s F u n d a m e n ts a n d a s B o d e n m o d e ll

V e r b in d u n g s e le m e n te M a s c h in e - F u n d a m e n t

B a u g ru n d

Bild 3.10. Rechenmodell des Systems Maschine-Fundament-Baugrund

3.3 Fundamentauslegung unter dynamischen Gesichtspunkten Bei vielen Werkzeugmaschinen spielt für die Auslegung einer geeigneten Maschinenaufstellung die Berücksichtigung dynamischer Aspekte die entscheidende Rolle. Sei es, dass die Aufstellungseigenschaften das dynamische Verhalten der Maschine selbst beeinflussen oder eine gezielte Auslegung im Hinblick auf eine Schwingungsisolation erforderlich ist.

3.3 Fundamentauslegung unter dynamischen Gesichtspunkten

183

Bei kleinen, eigensteifen Maschinen, wie z.B. Drehmaschinen, Fräsmaschinen, Schleifmaschinen u.a., liegt das Fundament nicht direkt im Kraftfluss der statischen Bearbeitungskräfte. Eine spezielle Fundamentierung oder Aufstellung unter statischen Gesichtspunkten ist nicht erforderlich, sieht man von der Schaffung einer definierten Aufstellfläche ab. Die Aufstellungsbedingungen können aber einen mehr oder weniger starken Einfluss auf das dynamische Verhalten an der Bearbeitungsstelle (Werkzeug – Werkstück) haben.

M a s c fe s t v F u n d g e lö s M a s c w e ic h

1 ,0 y

N a c h g ie b ig k e it [µ m /N ]

0 ,4 0 0 ,2 0

G

0 ,1 0 0 ,0 6 0 ,0 4

x z

h in e rs a m t h in e n

e m it F u n d a m e n t c h ra u b t e n ts c h ra u b e n e a u f S te lle le m e n te n

x x

0 ,0 2 0 ,0 1 0

5 0

1 0 0

1 5 0

2 0 0

2 5 0

3 0 0

3 5 0

4 0 0

F re q u e n z f [H z ]

Bild 3.11. Einfluss verschiedener Aufstellbedingungen auf das dynamische Verhalten einer Futterdrehmaschine

Ein Beispiel hierfür ist in Bild 3.11 gezeigt. Für eine Futterdrehmaschine wurde für verschiedene Aufstellungsbedingungen der relative Nachgiebigkeitsfrequenzgang an der Schnittstelle in x-Richtung gemessen. Die Tatsache, dass die Maschine eigensteif ist, zeigt sich darin, dass die statische Nachgiebigkeit (Stelle f = 0 Hz) praktisch unabhängig von den Aufstellbedingungen bei d = 0,04 µm/N liegt. Wie das Bild weiter zeigt, wird das dynamische Verhalten praktisch im ganzen Frequenzbereich durch den Aufstellungszustand beeinflusst. Der Maximalwert der dynamischen Nachgiebigkeit sinkt von 0,15 µm/N bei fester Fundamentierung auf 0,1 µm/N bei Verwendung weicher Stellelemente. Durch die Art der Aufstellung (weich, gedämpft bzw. hart) der eigensteifen Maschinen ist also eine Veränderung des dynamischen Verhaltens möglich [216]. Das dynamische Verhalten an der Wirkstelle der Maschine wird von der Art der Aufstellung durch die veränderten Eigenschwingungsformen der Maschine beeinflusst. Liegen bei den für das Maschinenverhalten wesentlichen Eigenschwingungsformen auch Bewegungen an den Aufstellungspunkten vor, kann eine Änderung der Aufstellungseigenschaften auch das Schwingungsverhalten der Maschine beeinflussen. Eine Aussage hinsichtlich der

184

3 Aufstellung und Fundamentierung von Werkzeugmaschinen

günstigsten Aufstellungsart (weich oder steif) kann aber erst im Zusammenhang mit den jeweiligen Maschineneigenschaften gemacht werden. Ein anderer Aspekt bei der dynamischen Auslegung einer Maschinenaufstellung ist die aktive oder passive Schwingungsisolierung. Zur Auslegung der schwingungsisolierten Aufstellung eigensteifer Maschinen reicht meist die vereinfachte Modellvorstellung in Form eines Einmassenschwingers aus (Bild 3.12). Dabei sind m die Maschinen- und evtl. die Fundamentmasse und k bzw. c die Federsteifigkeit bzw. Dämpfung der Aufstellelemente. A k tiv Is o la tio n

5

D u r c h lä s s ig k e it

F

= @^

F

A 0

a

x

~ F = F

c o s w t 0

4 0

P a s s iv Is o la tio n x m

m

D = 0 3

0 ,1

F

c k

c k A

a = a

c o s w t 0

0 ,3

x 2

0 ,5

a

0 ,7 1 1 ,0

1 ,0 0 ,7 0 ,5 0 ,3 0 ,1

0 1

n o r m ie r te E r r e g e r fr e q u e n z

3 2

2

h =

w w 0

4 0

0

F =

F

A 0

éæ

æ = çç 1 + 4 × D è

V = ê çç 1 - ( w êë è D =

w

) ÷÷

w

c

2

) 2 ÷÷

× V

ø

0 2

w

×( w

0

1

ö

w

+ 4 ×D ø

2 m ×w

(

2

ö

2

0

2

w 0

-

ù

2

=

0

) ú

1 2

k

úû m

S tö rfre q u e n z

Bild 3.12. Wirkungsweise der aktiven und passiven Schwingungsisolierung

Bei der Aktivisolierung hat die elastische Aufstellung die Aufgabe, die durch die dynamischen Kräfte der Maschine F0 hervorgerufenen Bodenerschütterungen zu mindern. Bild 3.12 zeigt die Durchlässigkeit, d.h. das Verhältnis von der in den Boden eingeleiteten Kraft FA zur Erregerkraft F0 bedingt durch den Arbeitsprozess der Maschine in Abhängigkeit von der normierten Erregerfrequenz ω/ω0 und dem Dämpfungsmaß D. Die Erregerfrequenz ω ist hierbei auf die Systemeigenfrequenz ω0 bezogen. Die Passivisolierung mit Hilfe der gedämpft-elastischen Maschinenaufstellung wird immer dann eingesetzt, wenn man die Auswirkungen von vorhandenen Bodenerschütterungen auf die Produktionsmaschine vermindern möchte. Dazu gibt Bild 3.12 das Verhältnis der relativen Maschinenbewegungsamplituden x zu den Bewegungsamplituden a0 des Bodens wieder. Wie dem Bild zu entnehmen ist, ist die Aufstelleigenfrequenz für die senkrechte Hubschwingung

3.3 Fundamentauslegung unter dynamischen Gesichtspunkten

ω0 =

185

∑k m

(3.2)

- bestimmt durch die Federsteifigkeit k der Aufstellelemente - möglichst niedrig abzustimmen. Sie sollte mindestens unter einem Drittel der Störfrequenz liegen. x

E ig e n fr e q u e n z d e r M a s c h in e a u f d e m F u n d a m e n t

L u ftfe d e rn 1 0 0 0

S ta tis c h e A b s e n k u n g d e r M a s c h in e

[m m ]

M e ta llfe d e r n

s ta tis c h e E in fe d e r u n g x

f0 = x s

1 2 p

k m

m × g = k

Þ

f0 =

1 2 p

g x s

G u m m ie le m e n te

1 5 0 1 0 0

L e g e n d e :

D ä m m p la tte n

f0 = E ig e n fr e q u e n z G u m m im a tte n

x

1 0

s

= E in fe d e r u n g

k

= F e d e r s te ifig k e it g

= E r d b e s c h le u n ig u n g

4 1 0 ,6 0 ,1 5 0 ,1

0 ,5 1

1 ,5 3

4

8

1 5

1 0

2 0

4 0

E ig e n fr e q u e n z f0 [H z ]

Bild 3.13. Eigenfrequenzen von Feder- bzw. Isolierungselementen als Funktion der statischen Einfederung xs

Der Einfluss der Dämpfung auf die erreichbare Isolierwirkung ist ebenfalls aus Bild 3.12 ersichtlich. Schwach gedämpfte Aufstellelemente haben zwar im über√ kritischen Frequenzbereich (ω/ω0 > 2) eine bessere Isolations- bzw. Dämmwirkung, verursachen aber möglicherweise störende Hub- und/oder Nickschwingungsbewegungen der ganzen Maschine. Als Richtwert für das Dämpfungsmaß gilt 0, 4 < D =

∑c ∑c = √ < 0, 7 2 m ω0 2 m∑k

.

(3.3)

Welche Eigenfrequenzen mit unterschiedlichen Aufstellelementen erreichbar sind, ist in Bild 3.13 dargestellt. Gleichzeitig vermittelt das Bild den Zusammenhang zwischen der Eigenfrequenz und der statischen Absenkung xs der Maschine auf den Elementen unter Eigengewicht.

186

3 Aufstellung und Fundamentierung von Werkzeugmaschinen

3.3.1 Beurteilungskriterien für Erschütterungen 3.3.1.1 Einwirkung mechanischer Schwingungen auf den Menschen Ganzkörperschwingungen

Insbesondere beim Betrieb von Umformmaschinen werden Erschütterungsemissionen erzeugt, die zu mehr oder weniger großen Beeinträchtigungen der Umwelt führen können. Seit Verabschiedung des Bundesimmissionsschutzgesetzes [22] liegen bindende Richtlinien vor, die dem Schutz der Umgebung vor unzulässigen Erschütterungsimmissionen dienen. Die Beanspruchung des Menschen durch direkte Einwirkung von Schwingungen lässt sich nach VDI 2057 anhand des Effektivwertes a˜w der frequenzbewerteten Beschleunigung aw (t) beurteilen [166]. Dabei unterscheidet man verschiedene Körperhaltungen (unbestimmt, stehend, liegend, sitzend) und Krafteinwirkungen (horizontal, vertikal). Die Beschleunigungsamplituden sind zur Bildung der frequenzbewerteten Beschleunigung aw (t) mit frequenzabhängigen Funktionen zu bewerten. Bild 3.14 zeigt die Frequenzbewertungskurven für verschiedene Körperhaltungen und Schwingungsrichtungen nach VDI 2057. Für die rechnerische Ermittlung der energieäquivalenten Beschleunigung a˜w aus einem unbewerteten Linienspektrum oder aus einem unbewerteten Terzspektrum wird zunächst für jeden Frequenzanteil oder für jedes Frequenzband die partielle energieäquivalente frequenzbewertete Beschleunigung a˜wi durch Multiplikation der anteiligen Beschleunigung a˜i mit dem Bewertungsfaktor (Bild 3.14) für diesen Frequenzanteil berechnet. 1 0

B e a n s p r u c h u n g s k r ite r iu m : G e s u n d h e it K ö r p e r h a ltu n g S c h w in g u n g s F re q u e n z ( M e s s - S te lle ) r ic h tu n g b e w e rtu n g W S itz e n z k W d ( a u f S itz ) x ,y 0

F re q u e n z b e w e rtu n g [d B ]

-1 0 -2 0

B e a n s p r u c h u n g s k r ite r iu m : W o h lb e f W S itz e n z W ( a u f S itz ) x ,y W ( F u ß p la ttfo r m ) x ,y ,z

-3 0 -4 0 -5 0 -6 0 -7 0 -8 0 -9 0

W k

W W

d f

W .B .

c o m b in e d

in d e n k d k

W

S te h e n ( F u ß p la ttfo r m )

z

L ie g e n (u n te r R ü c k e n )

x ( v e r tik a l) y ,z ( h o r iz o n ta l) W

u n b e s tim m te K ö r p e r h a ltu n g ( in G e b ä u d e n )

x ,y ,z

W .B . c o m b in e d

k

W

x ,y

d

W k d

B e a n s p r u c h u n g s k r ite r iu m : K in e to s e W f z

S itz e n /S te h e n 0 ,0 1 6 0 ,0 6 3 0 ,2 5 0 ,0 3 1 5 0 ,1 2 5

0 ,5

1

2

4

8

1 6

3 1 ,5

6 3

1 2 5

2 5 0

F re q u e n z f [H z ]

Bild 3.14. Frequenzbewertungskurven von Erschütterungen auf den Menschen. Quelle: VDI 2057

3.3 Fundamentauslegung unter dynamischen Gesichtspunkten

187

Aus den so ermittelten m partiellen frequenzbewerteten Beschleunigungen a˜wi wird der energieäquivalente Mittelwert a˜w der frequenzbewerteten Beschleunigung des Gesamtspektrums nach folgender Formel berechnet: a˜w =

m

∑ a˜2wi .

(3.4)

i=1

Dieser Wert a˜w ist ein Belastungskennwert für einen Zeitpunkt. Die Belastung über einen längeren Zeitabschnitt, z.B. einen Tag, im Sinne einer „Tagesdosis“ wird durch die Beurteilungsbeschleunigung a˜w0 gekennzeichnet. Sie wird für eine festgelegte Beurteilungsdauer T0 (normalerweise 8 h) gebildet. 1 n 2 a˜w0 = (3.5) ∑ a˜wi · Ti . T0 i=1 Eine Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit und Aufmerksamkeit durch Ganzkörperschwingungen ist bei Leistungsanforderungen, wie dem Fahren von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr oder dem Fahren von Erdbaumaschinen, wenig wahrscheinlich, wenn a˜wz(8) < 0, 3m/s2 ist. Sind der Erschütterungswert awe und die Einwirkdauer Te bekannt, so lässt sich eine Beurteilung bezüglich der Gesundheitsgefährdung mit Hilfe von Bild 3.15 vornehmen. Bei Belastungen, die oberhalb der Richtwertkurve 1 liegen, kann von einer möglichen Gefährdung, bei Belastungen, die oberhalb der Richtwertkurve 2 liegen, von einer deutlichen Gefährdung ausgegangen werden, sofern sich Einwirkungen dieser Tagesdosis über Jahre hinweg regelmäßig wiederholen. 3.3.1.2 Erschütterung durch die Maschine (Einwirkungen auf Menschen in Gebäuden)

Die Erschütterungen von Maschinen, z.B. von Umformmaschinen, pflanzen sich im Baugrund fort und regen u.U. auch in weit entfernten Gebäuden noch starke Schwingungen z.B. der Geschossdecken an. Als Beurteilungskriterium gilt die „Belästigung“ der betroffenen Personen [34] mit der Schwingstärke KB als Kennwert. In Tabelle 3.1 sind Anhaltswerte für die obere Grenze der KB-Beträge zur Beurteilung angegeben. Die Einteilung der Baugebiete entspricht der Baunutzungsverordnung. Als Tag im Sinne der Norm gilt die Zeit von 6.00 bis 22.00 Uhr, falls keine örtlichen Sonderregelungen gelten. Die Beziehung zwischen der Beschleunigung a (in m/s2 ) und der Schwingstärke KB ist für die jeweiligen Frequenzbereiche (Hz) wie folgt herleitbar: 1Hz ≤ f < 2Hz : 2Hz ≤ f < 8Hz : 8Hz ≤ f < 80Hz :

KB = 28 · a  KB = 33, 5 · a · 4 1/ f KB = 160 · a/ f

In der Praxis liegen in der Regel Schwingungsgemische vor. Durch eine Fourieranalyse lassen sich die Beschleunigungsamplituden über der Frequenz bestimmen.

188

3 Aufstellung und Fundamentierung von Werkzeugmaschinen

1 0 ,0

F r e q u e n z b e w e r te te B e s c h le u n ig u n g ã

w

[m /s ²]

Z o n e e r h ö h te r G e s u n d h e its g e fä h r d u n g b e i la n g jä h r ig e r E in w ir k u n g 1

5 ,0 2

B e u r te ilu n g s b e s c h le u n ig u n g ã B e u r te ilu n g s b e s c h le u n ig u n g ã

w (8 ) w (8 )

= 0 ,4 5 m /s ² = 0 ,8 0 m /s ²

ã

w (8 )

= ã

T e 8 h .

w e

2 ,5

1 ,1 3 1 ,0 0 0 ,8 0 2

0 ,6 3 0 ,5 0 1

0 ,4 5 0 ,2 5

0 ,1

0 ,5

1 ,0

2 ,0 4 ,0 T ä g lic h e E in w ir k u n g s d a u e r T

8 ,0 e

1 6 ,0

2 4 ,0

[h ]

Bild 3.15. Belastungsgrenzwerte der Beschleunigung auf den Menschen in Abhängigkeit von der Einwirkzeit. Quelle: VDI 2057 Tabelle 3.1. KB-Anhaltswerte für die Beurteilung von Erschütterungen. Quelle: DIN 4150 E in w ir k u n g s o r t

3

4

5

A u

T a g s A o A

6

0 ,2

r

N a c h ts A o A

0 ,3

0 ,6

0 ,1 5

A u

r

1

In d u s tr ie g e b ie te

0 ,4

2

G e w e r b e g e b ie te

0 ,3

6

0 ,1 5

0 ,2

0 ,4

0 ,1

K e r n g e b ie te M is c h g e b ie te D o r fg e b ie te

0 ,2

5

0 ,1

0 ,1 5

0 ,3

0 ,0 7

R e in e s W o h n g e b ie t A llg e m e in e W o h n g e b ie te K le in s ie d lu n g s g e b ie te

0 ,1 5

0 ,0 7

0 ,1

0 ,2

0 ,0 5

S o n d e r g e b ie te (K ra n k e n h ä u s e r, K u r k lin ik e n )

0 ,1

0 ,0 5

0 ,1

0 ,1 5

0 ,0 5

B e u r te ilu n g s g r ö ß e n : K B Fm ax, K B FTr K B

F m a x

A n h a lts w e r te : A u, A o, A r £ A

ja ?

u

n e in

n e in K B

F m a x

£ A

? o

ja s e lte n e E in w ir k u n g e n ?

ja

n e in

3

K B n e in

3

K B F m a x ... m a x im a l b e w e r te te S c h w in g s tä r k e K B F T r ... B e u r te ilu n g s - S c h w in g s tä r k e A u , A o , A r ... A n h a lts w e r te

A n fo rd e ru n g e n d e r N o r m s in d n ic h t e in g e h a lte n !

F T r

K B

e r m itte ln !

F T r

£ A r

?

ja

A n fo rd e ru n g e n d e r N o r m s in d e in g e h a lte n !

3.3 Fundamentauslegung unter dynamischen Gesichtspunkten

189

Der effektive Gesamtwert errechnet sich mit Hilfe der K-Werte für die einzelnen frequenzabhängigen Beschleunigungsamplituden aus  (3.6) KBges = KB2f 1 + KB2f 2 + ... + KB2f n . 3.3.2 Auslegung aktiver Schwingungsisolierungen

Die Aktivisolierung hat die Aufgabe, die durch die Maschine verursachte Schwingungen von der Umgebung fernzuhalten. Zwei Beweggründe sind für die in der Regel aufwändigen Maßnahmen zur Realisierung einer aktiven Schwingungsisolierung maßgebend. Zum einen werden im Bundesimmissionsschutzgesetz [22] durch Bezugnahme auf die einschlägigen Normen (DIN 4150, VDI 2057) Grenzwerte für die in der Umgebung zulässigen Erschütterungsimmissionen festgelegt. Zweitens kann auch der Betreiber selbst von Erschütterungsemissionen betroffen sein, wenn z.B. Mitarbeiter diesen Belastungen ausgesetzt sind oder andere Maschinen gestört werden. H y d r a u lik a g g r e g a t

+ 4 ,5 0

G u V e d e B ä H a G e A m S c

+- 0 , 0

m m iz w r s te ifu n s H a m m r m m e rg s e n k b o s s h a b o tte

-0 ,8 -1 ,3 3 5

F u Z w S c F u D ä F e F u

S te ig e is e n -3 ,9 0 -4 ,3 5 -5 ,0 5

is c h e n la g e g s p la tte e r g e s te lls e s te ll

n d is h a n d m d e n d

a m e n tb c h e n la g b o tte a m e n tb p fu n g s e rk ö rp e r a m e n tw e

lo c k lo c k le m e n t a n n e

P u m p e n s u m p f w ä h r e n d d e r B a u z e it

Bild 3.16. Prinzipieller Aufbau eines abgefederten Schmiedehammers

Insbesondere bei Umformmaschinen ist deshalb die Verminderung der Umweltbelastung durch die Massenbelastungen und durch die stoßförmig auftretenden Bearbeitungskräfte von großer Wichtigkeit. Die von der Maschine in das Erdreich abgestrahlte Energie ist möglichst klein zu halten. Bild 3.16 zeigt ein Beispiel für die aktiv gedämpfte Aufstellung eines Schmiedehammers. Die Erregung des Systems geschieht durch das Herabfallen des Bärs

190

3 Aufstellung und Fundamentierung von Werkzeugmaschinen

auf die Schabotte. Zwischen beiden befinden sich Werkzeug und Werkstück. Die Schabotte des Schmiedehammers lagert mit einer elastischen Zwischenlage (Gummi) auf dem Fundamentblock, der sich seinerseits über Feder- und Dämpferelemente elastisch auf dem Boden einer Fundamentwanne abstützt. Bei einer optimalen Auslegung dieser Art der Aufstellung wird erreicht, dass die Einfederung des Baugrundes weniger als 10% des Weges der Schabotte beträgt. Beim Hammer lässt sich die Bewegung von Fundamentblock und Maschine mit Hilfe des Impulssatzes abschätzen. Unter der Annahme eines vollplastischen Stoßes beim Auftreffen des Bären auf der Schabotte gilt: = (mMaschine + mFundamentblock + mBar mBar ¨ · vBar,max ¨ ¨ ) · vFundamentblock .

(3.7)

Aus dieser Beziehung wird der geschwindigkeitsreduzierende Einfluss, d.h. der Dämpfungseinfluss des zusätzlichen Fundamentblockes deutlich. Die Steifigkeit der Federelemente sowie die Masse von Maschine und Fundament definieren im Wesentlichen die Eigenfrequenz des Systems, die bei durchlaufenden Pressen (Schnellläufer) möglichst weit unterhalb der angeregten Erschütterungsfrequenzen liegen soll. Das erreichte Abstimmungsverhältnis beeinflusst entscheidend die Einfederung (Erschütterung) des Baugrundes (Bild 3.12). Die Dämpfungseigenschaften sind für das Abklingverhalten des Systems ausschlaggebend. Die heute erhältlichen Aufstellelemente ermöglichen es, Fallhammeranlagen auch direkt abzufedern, d.h. ohne Zusatzmasse auf den Baugrund zu setzen. Hierdurch wird das kostspielige Schwingfundament eingespart. Jedoch steigt durch die fehlende Zusatzmasse die in das Erdreich übertragene Maximalkraft an. Bild 3.17 zeigt den Einsatz derartiger Aufstellelemente, die aus der Kombination eines Federpaketes mit einem Dämpfungskörper bestehen. Bild 3.18 zeigt die Gegenüberstellung der Bewegungsamplituden verschiedener Fundamentierungsarten eines Hammers, wobei die in Bildmitte gezeigte Aufstellung auf einem Schwingfundament und die rechts dargestellte Direktabfederung mit der linken Variante der unelastischen Fundamentierung verglichen wird. Am kostengünstigsten ist die linke Variante, bei der das Fundament ohne Zwischenschaltung von Aufstellelementen direkt in den Baugrund eingebettet ist. Die hierdurch relativ hohe Eigenfrequenz des Systems wirkt sich allerdings nachteilig auf die emittierten Erschütterungen aus. Wesentlich günstiger verhalten sich diesbezüglich die beiden anderen Alternativen, die allerdings kostenintensiver sind. Bei der direktabgefederten Variante sind durch die weichere Aufstellung größere Schwingbewegungen der Maschine zu beachten, die u.U. bei einer automatischen Maschinenbeschickung problematisch sein können. Für eine grobe Auslegung der aktiven schwingungsisolierten Aufstellung kann die Umformmaschine mit den Aufstellelementen wie ein Einmassenschwinger betrachtet werden (Bild 3.12). Auch dabei ist eine niederfrequente Abstimmung des Gesamtsystems in Bezug auf die Anregungsfrequenz anzustreben. Während bei Hammeranlagen im Wesentlichen vertikal wirkende Anregungen und damit auch vertikale Schwingbewegungen auftreten, sind bei Pressen zusätzlich horizonta-

3.3 Fundamentauslegung unter dynamischen Gesichtspunkten

191

Bild 3.17. Einsatz von Feder-Dämpferelementen zur Aktivisolierung. Quelle: Gerb R e s o n a n z fre q u e n z f0 » 2 0 H z

Z w is c h e n la g e S c h a b o tte F u n d a m e n tb lo c k

f0 » 5 H z

f0 » 5 H z

Z w is c h e n la g e S c h a b o tte F u n d a m e n tb lo c k

F e d e rD ä m p fe rk ö rp e r

a n n u n g e n G e s te ll s te n d e s n d a m e n ts

F u n d a m e n tb lo c k

F e d e rk ö rp e r F u n d a m e n tw a n n e

S p im K a F u

1 0 0

S c h w in g a m p litu d e H a m m e r g e s te ll

%

E rs c h ü tte ru n g U m fe ld

D ä m p fu n g s e le m e n t

0

Bild 3.18. Vergleich der Bewegungsamplituden unterschiedlicher Aufstellungsarten bei Schmiedehämmern

192

3 Aufstellung und Fundamentierung von Werkzeugmaschinen Ö ls ä u le , K o lb e n s ta n g e

{ C

k 5

m

e la s tis c h e D ä m m s c h ic h t

{ C

5

H y d r a u lik a g g r e g a t 4

k 4

m m

{

K o n ta k tflä c h e G e s te ll- S c h a b o tte

C

B ä r

5

k m

{ C

2

F e d e re b e n e

{ C

1

B o

S c h a b o tte (A m b o s s ) k 2

k 1

k

B o

F u n d a m e n tb lo c k 1

m C

3

2

m

{

H a m m e r g e s te ll 3

3

e la s tis c h e D ä m m s c h ic h t

B a u g ru n d e ig e n s c h a fte n

4

B a u g ru n d m a s s e

B o

fe s t

Bild 3.19. Approximation eines Schmiedehammers mit Fundament und Baugrund als Mehrmassenschwinger

le Anregungen (z.B. Kurbelpressen) vorhanden, die das Gesamtsystem zu Kippschwingungen anregen. Zur genaueren Berechnung der Einfederung des Baugrundes unter Berücksichtigung des Gesamtsystems können Mehrmassenschwinger-Modelle herangezogen werden. Für Schmiedehämmer reicht aus vorstehend genannten Gründen meist die Berücksichtigung des vertikalen Bewegungsfreiheitsgrades. Bei Pressen müssen auch die Horizontal- und die Kippfreiheitsgrade in die Modellbildung und Berechnung einbezogen werden. Bild 3.19 zeigt das Mehrmassenmodell eines Schmiedehammers, bei dem die als starr angenommenen Einzelbauteile an ihren Koppelstellen über Feder- und Dämpferelemente miteinander verbunden sind. In Bild 3.20 ist das Mehrmassenschwinger-Modell eines vereinfachten Schmiedehammers dargestellt. Das als starr angenommene Hammergestell (Masse m2 ) ist über ein Feder/Dämpfer-Element bzw. eine elastische Zwischenlage (Steifigkeit k2 , Dämpfung c2 ) mit dem Fundamentblock (Masse m1 ) gekoppelt. Der Fundamentblock wird über Aufstellelemente (Steifigkeit k1 , Dämpfung c1 ) mit dem Boden verbunden. Die Baugrundreaktionen werden durch eine Bodenmasse m0 und ein Feder/Dämpfer-Element (Steifigkeit k0 , Dämpfung c0 ) berücksichtigt. Das Hammergestell wird mit einem kurzen Kraftimpuls beaufschlagt. Die resultierenden Reaktionen des Bodens sind für drei Varianten der schwingungsisolierenden Aufstellelemente in Bild 3.20 dargestellt. Die Varianten unterscheiden sich in der Isolationsfrequenz, d.h. in der Eigenfrequenz der Fundamentaufstellung f01 , die sich bei gegebener Masse des Fundamentes und des Hammergestells durch die Steifigkeit k1 und die Dämpfung c1 der Aufstellelemente ergibt. Die drei Fälle besitzen

3.3 Fundamentauslegung unter dynamischen Gesichtspunkten F = 1 0 .0 0 0 N ( E in w ir k z e it 5 0 m s )

m c

k 2

c

k 1

k 0

0

B o d e n o b e r flä c h e

0 ,2

8

1 ,0 8 •1 0

7

F u n d a m e n tb lo c k

1 a

2 0 .0 0 0

0 ,4

1 0 0 0

1 ,1 8 •1 0

1 2

1 ,5 1 •1 0

8

2 0

4 ,7 4 •1 0

8

3 ,0 2 •1 0

6

2

4 ,7 4 •1 0

6

3 ,0 2 •1 0

5

4 9 ,8

9 ,8 1 •1 0

8

1 ,8 8 •1 0

6

2

c 2 m w

D = 0

= m

k

c = 2 m w

Û 0

1 0 .0 0 0

0

0 ,3

5

2 0 H z

D

k = m w

Û

2

1 0 0 0 H z

c

1 0 0

2 0 0 Z e it [m s ]

3 0 0

4 0 0

i i

M a D ä Is o S te D ä

s s e m p fu n g s m a ß la tio n s fr e q u e n z ifig k e it m p fu n g

5 0 0

B e s c h le u n ig u n g d e s B o d e n s [m m /s 2] 1 0 0 0 H z 2 H z

0 -5 0 0

2 0 H z

-5 0

i

k 0

2 H z 0

i i

f0

0

2 H z

m

D

G e s c h w in d ig k e it d e s B o d e n s [m m /s ]

1 0 0 0 H z

0 ,1

6 ,6 7 •1 0

B a u g ru n d

2 0 H z

c i [N s /m ]

1 3 ,7

w

V e r la g e r u n g d e s B o d e n s [m m ]

k i [N /m ]

f0 i [H z ]

0 ,7

H a m m e r g e s te ll

1

m 0

[-] i

9 0 .0 0 0

1 c 2

1

c

D

[k g ]

0 1 b

F u n d a m e n tb lo c k

m

i

B a u g ru n d

H a m m e r g e s te ll 2

m i

193

0

1 0 0

2 0 0 Z e it [m s ]

3 0 0

4 0 0

0

1 0 0

2 0 0 Z e it [m s ]

3 0 0

4 0 0

Bild 3.20. Verlagerung, Geschwindigkeit und Beschleunigung des Bodens bei impulsförmiger Anregung eines Schmiedehammers

Aufstelleigenfrequenzen von 1000, 20 und 2 Hz. Die Frequenz von 1000 Hz entspricht dabei einer starren Anbindung ohne Isolationswirkung. Man erkennt, dass vor allem die in den Boden eingeleitete Beschleunigung durch die Verwendung einer niederfrequenten Aufstellung von 2 Hz auf Werte nahe Null reduziert werden kann. 3.3.3 Auslegung passiver Schwingungsisolierungen

Die passive Schwingungsisolierung dient zur Abwehr äußerer Schwingungseinwirkungen auf eine Maschine, die die Bearbeitungsgenauigkeit beeinträchtigen könnten. Erschütterungen, die am Aufstellort der Maschine angreifen, führen zu einer Schwingungsanregung des Maschinenfundamentes und damit der Maschine selbst. Inwieweit sich diese Schwingungen auf die Bearbeitungsgüte auswirken, ist abhängig von den Eigenschaften der Maschine und der Aufstellung. Bild 3.21 zeigt links die Seitenansicht und Aufsicht einer Nachformfräsmaschine höchster Genauigkeit. Schwingungen der Maschine, die als Relativbewegungen zwischen dem Modell und dem Kopierfühler auftreten, führen zwangsläufig zu entsprechend fehlerhaften Fertigungsergebnissen. Im rechten Bildteil sind die Ergebnisse einer messtechnischen Untersuchung des Maschinenverhaltens bei Einwirkung äußerer Erschütterungen dargestellt. Hierzu wurden auf dem Hallenboden unmittelbar neben dem Maschinenbett (Messpunkt 1) die ankommenden Vertikalschwingungen und gleichzeitig die hier-

194

3 Aufstellung und Fundamentierung von Werkzeugmaschinen

durch verursachten Relativschwingungen zwischen Maschinentisch und Kopierfühler (Messpunkt 2) gemessen. G e m e s s e n e r S c h w in g u n g s v e r la u f

S tä n d e r N a c h fo rm s y s te m

F rä s s u p p o rt

2

B e tt 1

A m p litu d e n ü b e rh ö h u n g [ - ]

T is c h

S c h w in g u n g s a m p litu d e n [µ m ]

M a s c h in e n g e o m e tr ie u n d M e s s p u n k te

1

2 0

M e s s p u n k t 1 A b s o lu tb e w e g u n g d e r A u fs te llflä c h e

1 0 0 -1 0 -2 0 8 0 6 0 4 0 2 0

M e s s p u n k t 2 R e la tiv b e w e g u n g K o p ie r fü h le r - T is c h

0 -2 0 -4 0 -6 0 0

0 ,4 0 ,6 Z e it [ s ]

0 ,8

1 ,0

Ü b e r tr a g u n g s fu n k tio n 5

3

0 ,2

4 2 1 0

1 0

2 0 3 0 4 0 F re q u e n z [H z ]

5 0

Bild 3.21. Auswirkung von Erschütterungen auf das Kopiersystems einer Kopierfräsmaschine

Die beiden oberen Diagramme in der rechten Bildhälfte zeigen die Messergebnisse. Das untere Diagramm zeigt die Übertragungsfunktion zwischen den beiden Schwingungsverläufen. Es ist ersichtlich, dass Amplitudenüberhöhungen bis zum Faktor 4 auftreten, d.h. am Boden auftretende Erschütterungsanteile bestimmten Frequenzinhaltes (hier bei 9 Hz) werden bei der Bearbeitung um den Faktor 4 vergrößert auf dem Werkstück abgebildet. Zur Verhinderung dieses Effektes ist eine Abschirmung der auftretenden Erschütterungen durch eine Passivisolierung der Maschine erforderlich. Bild 3.22 zeigt die Realisierung einer solchen Passivisolierung für eine Walzenschleifmaschine. Zur Verminderung äußerer Störeinflüsse ist das Fundament nicht direkt auf dem Baugrund gelagert, sondern über Stahlfedern und Viskosedämpfer abgestützt. Zur Einleitung der Lasten in das Erdreich ist der abgefederte Fundamentblock in eine Stahlbetonwanne eingelassen. Der abgefederte Fundamentblock dient einerseits als Beruhigungsmasse gegen äußere Störeinflüsse. Zusätzlich übernimmt er die Versteifung des nicht ausreichend eigensteifen Maschinengestells, um Verformungen durch das Werkstückgewicht und durch das Verfahren des Supportes möglichst gering zu halten.

3.3 Fundamentauslegung unter dynamischen Gesichtspunkten

195

Für die Auslegung der Passivisolierung kann dieses System in erster Näherung wie ein Einmassenschwinger (Bild 3.12) betrachtet werden. Bei komplexeren Geometrien bzw. Bauteilanordnungen muss ggf. wieder auf das Modell eines Mehrmassenschwingers zurückgegriffen werden.

A n tr ie b s m o to r

S p itz e n w e r te 4 5 0 0

v e r s te llb a r e V e r b in d u n g s e le m e n te

1 2 5 0

2 3 0 0 3 0 0 0 2 0 0 0

S p in d e ls to c k

S c h le ife in h e it (S u p p o rt)

R e its to c k

1 0 0 0

1 2 2 0 0

1 9 0 0

2 3 0 0

2 3 0 0

6 0 0

6 0 0

1 3 8 0 0

F e d e rk ö rp e r u n d D ä m p fu n g s e le m e n te

6 1 0 0

F u n d a m e n tb lo c k

Bild 3.22. Walzenschleifmaschine mit Passivisolierung. Quelle: Waldrich-Siegen

4 Geräuscharme Maschinenkonstruktion

Im Zusammenhang mit den Bestrebungen der letzten Jahre, die gewerblichen Arbeitsplätze zu humanisieren, ist die Geräuschemission der Arbeitsmaschinen zu einem wichtigen Maschinenqualitätsmerkmal geworden [201–203] (s. Band 5). Der Maschinenkonstrukteur sollte daher die grundlegenden Gesetzmäßigkeiten der Geräuschentstehung und Geräuschminderung beherrschen, um diese bei der Maschinengestaltung und der Maschinenanwendung zu berücksichtigen.

S c h a llle is tu n g s p e g e l L

W A

A u s g le ic h s L W A = 5 0 ,3 K o r r e la tio n R = 0 ,9 4 V a r ia n z s 2 = 2 ,8 2 d

e b e n e + 9 ,0 lg n + 7 ,3 lg M s k o e ffiz ie n t B (A ) 2

d B (A ) 9 5 9 0 8 5

7 0 0 N m 3 2 0

8 0

1 6 0 8 0

7 5 1 2 0 0 8 0 0 m in -1

4 0 5 0 0

3 1 5

2 5 0

1 6 0

1 0 0

D re h m o m e n t M

2 0 4 0 1 0

D re h z a h l n

Bild 4.1. Schallleistungspegel in Abhängigkeit von Maschinenbelastungsdaten (M, n)

198

4 Geräuscharme Maschinenkonstruktion

Bild 4.1 gibt den typischen Verlauf der Geräuschemission einer spanenden Werkzeugmaschine in Abhängigkeit von den Belastungsparametern Drehzahl und Drehmoment wieder [202]. Mit zunehmender Belastung (Drehmoment·Drehzahl) steigt im Allgemeinen auch die abgestrahlte Schallleistung an. Dies gilt ebenso für Zahnradleistungsgetriebe [93]. (Bild 4.2) zeigt den Mittelwert einschließlich Streuband der Schallleistungspegel einer Vielzahl gemessener Leistungsgetriebe. d B (A ) 1 3 0 L o g a r ith m is c h e R e g r e s s io n

1 2 0

L

= 7 5 ,7 + 8 ,9 × lo g P / k W

[d B ]

B e s tim m th e its m a ß r 2 = 0 ,8 A u s s a g e w a h r s c h e in lic h k e it 9 0 %

W A

S c h a llle is tu n g s p e g e l L

W A

1 1 0 1 0 0 9 0 8 0

M e s s u n s ic h e r h e it n a c h D IN 4 5 6 3 5 , T e il 1 +- 2 d B ( A )

5 0 % 7 0 6 0 0

0 ,1 1

1 0

1 0 0

1 0 0 0

1 0 0 0 0

1 0 0 0 0 0

k W

M e c h a n is c h e L e is tu n g P

Bild 4.2. Schallleistungspegel von Leistungsgetrieben bei Nennlast

Die Schallleistung wird nach einheitlichen Verfahren bestimmt, die mit dem Ziel, die Kennwerte vergleichen zu können, genormt sind. Das Vorgehen dazu und die Analysetechnik zur Ermittlung von Geräuschquellen sind ausführlich in Band 5 dieser Reihe beschrieben.

4.1 Grundlagen Ein Geräusch entsteht auf zwei unterschiedlichen Wegen; zum einen durch Oberflächenschwingbewegungen der Maschinenbaugruppen, Werkzeuge und Werkstücke (bedingt durch dynamische Anregungskräfte) und zum anderen direkt als Luftschall in Form von Luftströmungen bzw. Luftverwirbelungen. Diesen Zusammenhang zeigt Bild 4.3. Luftverwirbelungen bei schnelldrehenden Dreibackenfuttern, Ansauggeräusche von Ventilatoren sowie ausströmende Luft aus pneumatischen Anlagen

4.1 Grundlagen

199

K ra ft F

F

=

v F

1

s c h w in g e n d e O b e r flä c h e n V 2

W e c h s e lk r a ft F

in d ir e k te r L u fts c h a ll

Ü K

=

v v

v 2

2

A

1

F

=

p p

v 2

F re q u e n z f

F re q u e n z f

F

]

K

A d m itta n z [1 /Z ]

1

K ö r p e r s c h a ll

1

]

F re q u e n z f V

v

F re q u e n z f

A b s tr a h lfa k to r [A

in d ir e k te r L u fts c h a ll

1 z

Ü b e rtra g u n g s fa k to r [Ü

d ir e k te r L u fts c h a ll

S c h a lla b s tr a h lu n g

S c h w in g u n g s fä h ig e s S y s te m

S c h a lld r u c k p

K ra fta n re g u n g

F re q u e n z f

Bild 4.3. Kausale Wirkkette der Geräuschentstehung. Quelle: Lübcke

sind Beispiele für die direkte Luftschallentstehung. Bei letzteren bieten sich Schalldämpfer [169] häufig als geeignete Minderungsmaßnahmen an. Bei der indirekten Luftschallerzeugung über die mechanischen Bauteilschwingungen sind Wechselkräfte des Prozesses und Kräfte im Inneren der Maschine die Ursache. Die mechanischen Bauelemente der Maschine, das Werkstück und das Werkzeug werden durch die dynamischen Kräfte an der Krafteinwirkungsstelle zu Schwingungen mit der Geschwindigkeit v1 angeregt [199] (Bild 4.3). Gemäß den dynamischen Übertragungseigenschaften führt die gesamte Oberfläche der Maschinenstruktur Schwingbewegungen (Körperschall) mit einer bestimmten Verteilung der Schwinggeschwindigkeit v2 aus. Die Schwingungsenergie der Oberfläche setzt sich in Schallenergie bzw. Schalldruck um. Entsprechend des Schallausbreitungsgesetzes ergibt sich unter Berücksichtigung des Raumeinflusses um die Maschine ein abstandsabhängiges Schalldruckfeld (s. Band 5). Zu den einzelnen Einflussgrößen und Übertragungsblöcken aus Bild 4.3 lassen sich folgende pauschale Aussagen treffen: Anregungskraft F(t) Mit wachsenden Kraftamplituden nimmt der Schalldruck zu. Je größer die zeitliche Kraftänderung (dF/dt) ist, d.h. je impulshaltiger die Kraftverläufe sind, desto breitbandiger ist das Kraftanregungsspektrum und damit die Gefahr großer dynamischer Schwingbewegungen der mechanischen Bauteile. Dynamische Bauteileigenschaften Die Eingangsimpedanz

200

4 Geräuscharme Maschinenkonstruktion

ZE =

F v1

(4.1)

beschreibt den Widerstand einer mechanischen Struktur gegen ihre dynamischen Bewegungen als Folge der anregenden Kräfte (der reziproke Wert der Impedanz wird mit Admittanz bezeichnet). Der Übertragungsfaktor v2 U¨ K = v1

(4.2)

beschreibt die Körperschallübertragung zwischen der Anregungsstelle, an der die Schnelle v1 auftritt, und der abstrahlenden Fläche mit der Schnelle v2 . Aus der Eingangsimpedanz ZE und dem Übertragungsfaktor U¨ K ergibt sich die Übertragungsimpedanz ZU¨ , die das Verhältnis der Erregerkraft F zu der Schnelle v2 an beliebigen Stellen der abstrahlenden Oberfläche beschreibt, Zu¨ =

F = ZE v2

1 . U¨ K

(4.3)

Dynamisch steife Strukturen, d.h. solche mit geringen Resonanzüberhöhungen (s. Kapitel 2.4 und Kapitel 2.6) bilden eine Grundvoraussetzung dafür, den Körperschall, d.h. die Schwinggeschwindigkeiten an den Maschinenbauteilen und somit die Schallemission niedrig zu halten. Um die Weiterleitung des Körperschalls von einem Bauteil auf ein anderes zu vermeiden, d.h. den Übertragungsfaktor U¨ K zu minimieren, müssen Körperschallbrücken abgebaut werden. Man verwendet dafür federweiche Zwischenlagen mit hoher Materialdämpfung (z.B. Gummi). Auch Querschnittsveränderungen und Sperrmassen verringern die Körperschallschnelle (Bild 4.4). Dabei versteht man unter Körperschalldämmung die Behinderung der Ausbreitung von Körperschall durch Reflexion der Körperschallwellen an elastischen Zwischenlagen, Querschnittsveränderungen und Sperrmassen. Mit Körperschalldämpfung wird die Umwandlung von Körperschallenergie in Wärme innerhalb der Maschinenstruktur bezeichnet, z.B. Werkstoffdämpfung, Dämpfung in den Fügestellen (s. Kapitel 2.4 und Kapitel 2.6). Abstrahlung Die Umsetzung der mechanischen Bauteilschwingenergie in Schallenergie wird mit dem Abstrahlfaktor p (4.4) AF = v2 nach Bild 4.3 bzw. mit dem Abstrahlgrad σ=

PSchall PSchall = PSchwingung S · v22 · ρL · cL

(4.5)

4.1 Grundlagen

201 M a s s e m

h

h 1

2

h

B e fe s tig u n g s le is te 1

D e c k e l

G u m m ile is te

Q u e r s c h n itts s p r u n g

S p e rrm a s s e

g e r in g e r e S te ifig k e it k h 2

h

h 1

1

U m le n k u n g

A n w e n d u n g s b e is p ie l fü r e la s tis c h e Z w is c h e n la g e n : D e c k e lb e fe s tig u n g

E la s tis c h e Z w is c h e n la g e

Bild 4.4. Maßnahmen zur Reduzierung der Körperschallleitung (Körperschalldämmung)

errechnet. Mit S Schwingende Oberfläche, cL Schallgeschwindigkeit der Luft, ρL Dichte der Luft. Das logarithmische Maß des Abstrahlgrades 10· lgσ wird mit Abstrahlmaß bezeichnet. Oberhalb einer Grenzfrequenz f0 , die in etwa durch die größte sich ausbildende Biegewellenlänge bestimmt ist, setzt sich die mechanische Schwingenergie voll in Schallenergie um (σ = 1; 10 · lgσ = 0). Dabei ist die Grenzfrequenz im Allgemeinen cL (4.6) f0 = λ mit cL Schallgeschwindigkeit der Luft, λ größte mechanische Biegewellenlänge der mechanischen Struktur und für den Kugelstrahler, Bild 4.5, als idealisierter Körper mit cL (4.7) πd beschrieben. Unterhalb dieser Grenzfrequenz nimmt das Abstrahlmaß rapide ab. Gleichung 4.7 und Bild 4.5 ist zu entnehmen, dass die Grenzfrequenz mit kleiner werdenden Bauteilabmessungen wächst, d.h. kleine Maschinen strahlen im unteren Frequenzbereich weniger ab als solche mit großen Abmessungen. f0 =

202

4 Geräuscharme Maschinenkonstruktion

Luftschalldämmung, Luftschalldämpfung Auf dem Weg des Luftschalls von seiner Entstehungsstelle bis hin zum menschlichen Ohr verliert der Schall durch Dämm- und Dämpfungsvorgänge mehr oder weniger an Energie. Durch gezielte Nutzung dieser Effekte sind ebenfalls wichtige geräuschmindernde Maßnahmen möglich. d B

1 0 d = 4 m

A b s tr a h lm a ß 1 0 lg s

0

d = 0 ,5 m

d = 1 m

d = 2 m

-1 0

-2 0

-3 0

2 0

1 0

4 0 6 0

8 0

1 0 0

F re q u e n z f f 0 =ˆ

c p × d

d =ˆ c =ˆ

2 0 0

3 0 0

4 0 0 5 0 0

1 0 0 0 H z

D u rc h m e s s e r d e r K u g e l S c h a llg e s c h w in d ig k e it

Bild 4.5. Abstrahlmaß als Funktion der Bauteilgröße, hier Kugelstrahler nullter Ordnung mit dem Durchmesser d

Unter Luftschalldämpfung versteht man den Verlust durch die Luftreibung und die Luftschallabsorption an Wänden. Dabei wird ein Teil der geschluckten Schallenergie in Wärme überführt. Als Kennzahl dient der Absorptionsgrad. Dieser ist das Verhältnis von absorbierter zu auftreffender Schallenergie. Schallharte, d.h. glatte feste Wände haben einen sehr geringen Absorptionsgrad. Mit Mineralwolle oder offenporigem Schaumstoff beschichtete Wände haben einen verhältnismäßig hohen Absorptionsgrad (je nach Frequenzband von 0,3 bis 1,0). Luftschalldämmung ist der Widerstand von Wänden, die diese dem Schalldurchtritt entgegensetzen. Als Kennzeichnung dient das Schalldämmmaß R. Es ist das logarithmierte Verhältnis der auftreffenden Schallleistung P1 zur abgestrahlten Schallleistung P2 auf der anderen Wandseite [169]. R = 10 · lg

P1 P2

(4.8)

Allgemein nimmt das Schalldämmmaß mit steigender Frequenz und höherer Massebelegung der Wand (Plattendicke d) zu (Bild 4.6). In der Nähe von Plattenbiegeei-

4.2 Beispiele für Geräuschminderung

203

genfrequenzen (Bereich B in Bild 4.6) kommt es jedoch zu Einbrüchen der Schalldämmung. Beide Effekte, die Schalldämpfung und Schalldämmung, werden gezielt genutzt bei der Kapselung von Geräuschquellen [170] (s. Kapitel 4.2) und bei der geräuscharmen Raumgestaltung, bei der man schalldämpfende Wand- und Deckenverkleidungen verwendet und schalldämmende Zwischenwände errichtet.

S c h a lld ä m m m a ß R

A D ä m m u n g p r o p o r tio n a l F lä c h e n g e w ic h t B S p u ra n p a s s u n g C D ä m m u n g o b e r h a lb S p u r a n p a s s u n g

fg A C d

G re n z fre q u e n z , S tr u k tu r lä n g e n e ig e n fr e q u e n z P la tte n d ic k e

B fg . d F re q u e n z .

P la tte n d ic k e

f .d

Bild 4.6. Schalldämmmaß in Abhängigkeit von Frequenz und Plattendicke. Quelle: [72]

4.2 Beispiele für Geräuschminderung Ein Problem des Konstruierens geräuscharmer Maschinen liegt darin, dass eine ausreichend genaue rechnerische Prognose des Geräuschverhaltens von Maschinen nicht möglich ist. Dies liegt zum einen an der unzureichenden Berechnungsmöglichkeit des dynamischen Verhaltens der komplexen Maschinenstrukturen (s. Kapitel 2.7) und zum anderen an der Vielzahl unbekannter Erregerquellen. Auf Grund der Kenntnis der grundlegenden, physikalischen Zusammenhänge (s. Kapitel 4.1) und umfangreicher Erfahrungen, festgehalten in Form von Fallstudien [171, 200], ist es dem Konstrukteur dennoch möglich, die richtigen Entscheidungen während der Maschinengestaltung und auch u.U. nachträglich nach Inbetriebnahme zu treffen. Eine wirkungsvolle Verbesserung des Geräuschverhaltens einer Maschine ist in der Regel auf eine Vielzahl von mühsam realisierten Einzelverbesserungsmaßnahmen zurückzuführen. Bei dieser Vorgehensweise ist es wichtig zu wissen, welchen Erfolg die Ausschaltung einer Teilgeräuschquelle auf die Gesamtemission einer Maschine haben wird.

204

4 Geräuscharme Maschinenkonstruktion

Bild 4.7 gibt diese Zusammenhänge wieder [203]. Besitzt eine Maschine zwei getrennte Geräuschquellen, die einzeln wirkend am betrachteten Ort die Geräuschpegel L1 und L2 hervorrufen (Geräuschpegel: L = lg(p/p0 )), so ist die Auswirkung auf die Geräuschminderungsmaßnahme auf den Gesamtgeräuschpegel von der Differenz der Pegel der beiden Schallquellen abhängig. Im Beispiel in Bild 4.7 soll die Geräuschquelle L2 gemindert werden. Die einzelnen Kurven repräsentieren den Minderungserfolg am Gesamtgeräuschpegel für verschiedene Pegeldifferenzen ∆L = L1 − L2 in Abhängigkeit der Pegelreduktion der Schallquelle L2 . Der Minderungserfolg der Quelle L2 ist umso größer, je lauter sie gegenüber der Quelle L1 ist (große negative Werte von ∆L). So wirkt sich eine Minderungsmaßnahme an der Quelle L2 um 6dB(A) am Gesamtgeräuschpegel Lges um 5dB(A) aus, wenn die Quelle L2 10dB(A) lauter ist als die Quelle L1 . Ist umgekehrt die Quelle L1 um 6dB(A) lauter als die Quelle L2 , so führt dieselbe Maßnahme nur zu einer Gesamtpegelverbesserung von 0, 7dB(A).

8

d B (A ) g e s

D L

L 1

L

6

M in d e r u n g d e s G e s a m tg e r ä u s c h p e g e ls

D L = -1 0

Q u e lle 2

Q u e lle 1 7

L g e s

2

D L = -8

P e g e ld iffe r e n z D L = L 1 - L 2 im A u s g a n g s z u s ta n d

D L = -6

5

2

D L = -4 4

D L = -2 3

D L = 0 D L = 2 2

D L = 4 D L = 6 1

0

L 1< L

1

2

3 4 5 6 M in d e r u n g d e s G e r ä u s c h p e g e ls D L

7 2

8

9

L 1> L 2

1 0 d B (A )

Bild 4.7. Auswirkung der Pegelminderung an einer Quelle auf das Gesamtgeräusch

Die Kenntnis dieser Gesetzmäßigkeit erlaubt die Abschätzung des zu erwartenden Erfolgs einer Maßnahme und verhindert eine häufig festzustellende Ernüchterung in solchen Fällen, wenn aufwendige Geräuschminderungsaktivitäten zu einem kaum messbaren Erfolg am Maschinengesamtverhalten führen. Entsprechend der in Kapitel 4.1 beschriebenen Zusammenhänge sind Geräuschminderungsmaßnahmen auf dem gesamten Weg der Wirkungskette von der Krafteinwirkung bis hin zum Schalldruck am Ohr möglich. Der jeweilige Problemfall entscheidet darüber, an welcher Stelle der Wirkungskette sinnvoll eingegriffen wird.

4.2 Beispiele für Geräuschminderung

205

Bild 4.8 unterteilt die Geräuschminderungen in aktive und passive Maßnahmen. Dabei wird jeweils nochmals in primäre und sekundäre Maßnahmen weiter unterschieden. G e rä u s c h m in d e r u n g

G e r ä u s c h e m is s io n A e r o p u ls iv e u n d a e r o d y n a m is c h e V o rg ä n g e

Ä u ß e re A n re g u n g

In n e r e A n r e g u n g

Z e rs p a n v o rg a n g

Z a h n e in g r iff, L a g e r

K ö r p e r s c h a llü b e r tr a g e n d e s M a s c h in e n g e s te ll u n d s c h a lla b s tr a h le n d e B a u te ilo b e r flä c h e n D ir e k te r L u fts c h a ll

In d ir e k te r L u fts c h a ll

S c h a lla u s b r e itu n g

S c h a lle in w ir k u n g

A P r B e a n

k im e re

S e k B e e Ü b e u n d

tiv m a ß n a h m e n ä r: in flu s s u n g d e r g e n d e n K rä fte u n d ä r: in flu s s u n g d e r rtra g u n g s A b s tr a h le le m e n te

P a s P r im L u fts L u fts (K a p S e k B e e R a u p e rs G e h

s iv ä r c h c h s e u in m ö ö

m a ß n a h m e n :

a lld ä m m u n g , a lld ä m p fu n g lu n g )

n d ä r: flu s s u n g d e r a k u s tik , n lic h e r rs c h u tz

Bild 4.8. Geräuschemission und Geräuschminderungsmaßnahmen

Die aktiven Maßnahmen zielen auf die Krafteinwirkung und die Körperschallentstehung (primär) sowie auf die Körperschallleitung und Abstrahlung (sekundär). Die passiven Maßnahmen beeinflussen den Luftschall durch eine Beeinträchtigung der Schallausbreitung, d.h. durch gezielte Schalldämmung, z.B. Kapselung (primär), und durch Beeinflussung der Raumakustik sowie durch Gehörschutz (sekundär). Zu den ersten drei Maßnahmenbereichen (rechter Teil in Bild 4.8) ist im Folgenden jeweils ein Beispiel dargestellt (weitere Beispiele [169, 199] und [170, 171, 200]). 4.2.1 Aktive, primäre Maßnahmen

Aktive, primäre Maßnahmen sind bei Zahnrad- und Riemengetrieben äußerst wichtig. Die Schwingungsanregung bei Zahnradgetrieben kommt auf unterschiedliche Art und Weise zustande. Verzahnungsfehler führen zu einer Ungleichförmigkeit der Drehübertragung und zu einer stoßförmigen Belastung der Zähne. Eine hohe Verzahnungsqualität ist somit die Grundvoraussetzung für ein geräuscharmes Getriebe. Aber auch einwandfrei gefertigte Zahnräder neigen unter Last zur dynamischen Anregung der gesamten Struktur (Räder, Wellen, Gehäuse).

206

4 Geräuscharme Maschinenkonstruktion

Wie Bild 4.9 zeigt, ist die Steifigkeit der kontaktierenden Zahnpaare von ihrer Wälzstellung abhängig. Je nach Überdeckungsgrad kommt es zusätzlich durch den ständigen Wechsel von Einzel- und Doppeleingriff zu großen Steifigkeitssprüngen, die das Getriebe zu erheblichen Schwingungen anregen können. Zur Abhilfe muss man die Zahngeometrie (durch Hochverzahnung oder Schrägverzahnung) so auslegen, dass der Überdeckungsgrad ganzzahlig (2 oder 3) ist. Auf diese Weise lässt sich die Steifigkeitsmodulation minimieren.

M a ß n G lä ttu b e i g a d u rc h

a h n g n z -

m e d e s S te ifig k e its v e r la u fs d e r V e r z a h n u n g z a h lig e m Ü b e r d e c k u n g s g r a d e S c h rä g v e rz a h n u n g H o c h v e rz a h n u n g

V e rz a h n u n g s s t e if ig k e it c V e rz .

A n r e g u n g d u r c h S te ifig k e its m o d u la tio n

H o c h v e rz a h n u n g ( e = g a n z z a h lig ) n o r m a le G e r a d v e r z a h n u n g ( e = g a n z z a h lig )

A n r e g u n g d u r c h E in g r iffs s to ß M a ß n a h m e S to ß fr e ie L a s d u rc h R ü c k n K o p fd e n la

tü a u s

b e h m n d tb e

Z a h n fu ß K o rre k tu rb e tra g u

rn a h e d e e v tl. d in g

m e r Z F u te n

fü a h ß b V

r je n fla e re e rfo

d e n k ic h rm

W ä lz w e g r S te ifig k e it d e r n o r m a le n G e ra d v e rz a h n u n g Ü b e rd e c k u n g : e = 1 ,8

K o r r e k tu r z u r V e r r in g e r u n g d e r E in g r iffs te ilu n g

n ic h t k o r r ig ie r t

u

F B 1 C B 2 G E E in g r iffs s tr e c k e 2

2

G 2

G B

2

C F

Z a h n k o p f

S te ifig k e its v e r la u f d e r H o c h v e rz a h n u n g Ü b e rd e c k u n g : e = 2 ,0 E

E

n Z a h n e im u m u n g s te il

k o r r ig ie r t

g

B

B C

1

E

2

B E

F

1 1

1

Z a h n 1

Z a h n 2

K o rre k tu r z u r V e rg rö ß e ru n g d e r E in g r iffs te ilu n g

V e r fo r m u n g e in e s Z a h n p a a r e s m it u n d o h n e P r o filk o r r e k tu r

Bild 4.9. Aktive, primäre Maßnahmen zur Minderung der Geräuschemission von Zahnradgetrieben

Eine weitere starke Kraftanregung ist durch die elastische Verformung der Zähne unter Last bedingt. Dadurch verdreht sich der Körper des treibenden Zahnrads um einen kleinen Winkel zu weit und das getriebene Rad bleibt um einen ähnlichen Winkelbetrag hinter der Soll-Lage zurück. Die jeweils in Eingriff kommenden noch lastlosen Zähne schlagen je nach Lastmoment mehr oder weniger intensiv aufeinander. Da sie sich nicht durchdringen können, verformen sich die Zähne bei der Lastübernahme ebenfalls (Bild 4.9). Um den plötzlichen Kraftstoß zu mindern und die Kraftübernahme auf das neue Zahnpaar beim Einlauf allmählich und stetig zu gestalten, wird die Evolvente am Zahnkopf des getriebenen Zahns um das Maß der Zahnverformung zurückgenommen (Bild 4.9). Es ist jedoch zu beachten, dass der Überdeckungsgrad durch diese Maßnahme reduziert wird. Um dennoch die Forderung einer geringen Steifigkeitsmodulation zu erfüllen, sind aufwendige Auslegungsrechnungen erforderlich.

4.2 Beispiele für Geräuschminderung

207

Zahnriementriebe weisen insbesondere bei höheren Drehzahlen ein erhebliches Laufgeräusch auf, welches wegen seiner Tonalität als besonders unangenehm und störend empfunden wird. Für Antriebsleistungen, wie sie bei Werkzeugmaschinen üblich sind, werden von diesen Riementrieben Schallleistungspegel von 107 dB(A) nicht selten überschritten. Da diese hohen Geräuschpegel des Zahnriementriebes für das gesamte Geräuschverhalten der jeweiligen Maschine bestimmend sind, Maßnahmen wie Kapselungen jedoch Wärmeabfuhr, Sichtkontrolle und Wartung oft erheblich behindern, kommt der Lärmminderung dieses Antriebselementes eine Schlüsselstellung zu, die auch aufwendigere Minderungsmaßnahmen rechtfertigt. Das Zahnriemengeräusch entsteht auf Grund der geometrischen Bedingungen des unstetigen Zahneingriffs (Polygoneffekt). Hierdurch läuft der Riemen nicht kontinuierlich in einem tangentialen Berührpunkt auf die Riemenscheibe auf, sondern jeder Zahn gelangt mit einer gewissen Aufschlaggeschwindigkeit zum Eingriff. Beim Auftreffen des Riemenmaterials auf die Zahnscheibe wird Luftschall erzeugt und im Wesentlichen unmittelbar am Ort des Zahneingriffs abgestrahlt. Weil die Schallenergie hauptsächlich mit der Zahneingriffsfrequenz und deren Harmonischen emittiert, ergibt sich der typische, tonale und oberwellenreiche Klang. Die in Schall umgesetzte Leistung steigt sehr stark mit den bei jedem Zahneingriff in Berührung kommenden Flächen, so dass die Breite des verwendeten Zahnriemens großen Einfluss auf die Höhe der Schallemission hat. Weiter ist die Schallenergie als Summe der mit jedem Zahneingriffsvorgang in Schall umgesetzten Teilenergien stark von der Anzahl dieser Eingriffe pro Zeiteinheit also von der Drehzahl abhängig. Von den übrigen Parametern des Zahnriementriebes (Achsabstand, Vorspannkraft, Übersetzungsverhältnis und Lastmoment) wird sie nicht wesentlich beeinflusst. Bei Riemenumlaufgeschwindigkeiten oberhalb 25 m/s macht sich das Ventilationsgeräusch zunehmend stark bemerkbar. Die Umgebungsluft wird von den umlaufenden Teilen des Antriebes mitgerissen und verwirbelt beim Auftreffen auf feststehende Umbauteile, wobei ein breitbandiges Rauschen entsteht. Erst bei Riemengeschwindigkeiten um 50 m/s wird dieser Geräuschanteil dominierend. Weil die nachfolgend beschriebenen Geräuschminderungsmaßnahmen dieses Rauschen nicht unterdrücken, sondern jeweils nur das Aufschlaggeräusch mindern, verlieren die Maßnahmen mit zunehmender Umfangsgeschwindigkeit an Wirkung. Angaben über erzielbare Pegelminderungen sind deshalb nur für Geschwindigkeiten bis 30 m/s verwendbar. Bei Anwendungen, bei denen Umbauteile durch vom Riementrieb erzeugten Körperschall zur Abstrahlung angeregt werden, sind Lärmminderungsmaßnahmen am Riementrieb nur in Verbindung mit gleichzeitig durchzuführender Körperschalldämmung oder sonstiger Unterbindung der Sekundärabstrahlung erfolgversprechend. Sollen übliche Zahnriemen verwendet werden, so stehen neben der Verwendung von (Teil-)Kapselungen des Antriebs folgende Lärmminderungsmaßnahmen zur Wahl:

208

4 Geräuscharme Maschinenkonstruktion

• Der Einsatz von Zahnriemenscheiben aus spanend bearbeitetem Metall bringt gegenüber solchen aus Kunststoff eine Geräuschminderung um 3 dB(A). Riemenscheiben aus Sintermaterial sind sogar bis zu 4 dB(A) leiser als Kunststoffscheiben. • In die Zahnriemenscheibe in Umfangsrichtung eingebrachte Nuten von 1 bis 3 mm Breite (Bild 4.10) ermöglichen eine Verringerung des Schallleistungspegels um 2 dB(A). Da das übertragbare Drehmoment immer von der zulässigen Längskraft im Riemen oder der Scherfestigkeit der Riemenzähne begrenzt wird, bedeutet die Nutung der Scheibenzähne keine Leistungseinbuße. • Werden anstelle eines Zahnriemens einer angegebenen Breite b zwei parallele Riemen jeweils der halben Breite eingesetzt, so ergibt sich eine um 5 bis 9 dB(A) geringere Schallleistung, wohingegen der vom Riementrieb abgestrahlte Körperschall nicht reduziert werden kann. Die Körperschallanregung ist von der Breite des einlaufenden Riemens abhängig, welche durch eine Teilung des Riemens in zwei parallele Riemen unverändert bleibt. Am Riementrieb sind geeignete Maßnahmen zu treffen, welche ein Anlegen beider Riemen aneinander verhindern. Hierzu sind beispielsweise Zahnscheiben mit einer mittigen Distanzscheibe geeignet (Bild 4.11). Die Gesamtbreite des Antriebes erhöht sich um die Breite des Freiraumes zwischen den beiden Riemen. • Akustisch günstig ist die Verwendung kleiner Zahnscheiben, da hierbei bei gegebener Drehzahl geringere Riemenumlaufgeschwindigkeiten als bei großen Scheiben auftreten. Nach unten hin ist die verwendbare Scheibengröße durch den minimal zulässigen Biegeradius des jeweiligen Zahnriemens und durch die maximale Trumkraft begrenzt. • Bei formschlüssigen Riementrieben kann durch eine Beschichtung des Gewebes die Reibung zwischen Riemen und Riemenscheibe vermindert werden, welche mit einer Reduzierung der Anregung des Riementriebs aus dem Zahneingriff verbunden ist. Durch Auswahl eines akustisch günstigen Zahnriementriebes und gegebenenfalls die Anwendung ergänzender Geräuschminderungsmaßnahmen sind ausgehend vom hohen Geräuschniveau der üblichen Riementypen mit trapezförmigem Zahnquerschnitt deutliche Pegelabsenkungen möglich (Bild 4.12). Reibschlüssig wirkende Riementriebe, wie Rippenband (Vielkeilriemen) oder Keilriemensätze, sind wegen des fehlenden Polygoneffektes wesentlich leiser. Dem Vorteil der geringeren Luftschallpegel stehen die Nachteile der erheblich höheren Körperschallanregung gegenüber (Bild 4.12). Ursachen hierfür sind Inhomogenitäten im Riemenaufbau, wie Stoßstellen, Überlappungen des Deckgewebes oder Variation im wirksamen Zugstrangdurchmesser, Riemenflattern oder auch die Anregung durch die radial höher belasteten Wälzlager der An- und Abtriebswellen. Die hierdurch in die Maschinenstruktur eingeleiteten Schwingbeschleunigungen können an gut schwingungsfähigen Maschinenoberflächen, wie beispielsweise Verkleidungsblechen, als Luftschall abgestrahlt werden. Der geräuschmäßige Vorteil reibschlüssig arbeitender Riementriebe wird daher abhängig von der jeweiligen Maschinenstruktur wieder mehr oder weniger aufgezehrt.

4.2 Beispiele für Geräuschminderung

209

Bild 4.10. Zahnscheibenmodifikation; Nuten in Umfangsrichtung D is ta n z s c h e ib e

Z a h n fo r m : h a lb k r e is fö r m ig t = 8 m m , a = 3 3 6 m m i = 1 ( 3 6 Z ä h n e - S c h e ib e n ) Ü b e r d e n g e m itte lte E in z e lr ie m P a r a lle lr ie

E in r S e n m e

s a tz b e r c h a llle is , b = 2 0 n , b = 2

e ic h tu n g s p e g e l: m m : 8 9 ,3 d B (A ) 1 0 m m : 8 2 ,1 d B (A )

Bild 4.11. Geräuschmindernde Wirkung parallel laufender, halbbreiter Zahnriemen

4.2.2 Aktive, sekundäre Maßnahmen

Eine Dämpfungserhöhung der geräuschabstrahlenden mechanischen Struktur ist nicht immer einfach. Am Beispiel von erheblich zu Schwingungen neigenden Kreissägeblättern, die durch die Schnittkräfte angeregt werden, sind an Hand von Bild 4.13 einige Varianten dieser Maßnahme vorgestellt. Der Erfolg dieser Dämpfungsmaßnahmen ist beachtlich [219]. Bild 4.14 zeigt ein Werkstoffverbund-Zahnrad, bei dem Epoxidharz-Schaum im Bereich des Zahnradkörpers angeordnet ist. Hierdurch soll dem durch den Zahneingriff entstehenden Körperschall Energie entzogen werden, so dass der in die Welle und damit in die Umbauteile weitergeleitete Körperschallanteil, der geräuschbestimmend ist, vermindert wird.

210

4 Geräuscharme Maschinenkonstruktion m a x im a le r S c h a llle is tu n g s p e g e l

5 2 9 6 )

1 0 5

S c h a llle is tu n g s p e g e l L e r fo r d e r lic h e V o rs p a n n k ra ft

D r e h z a h lb e r e ic h r S c h a llle is tu n g s p e g e l n ig u n g s p e g e l a m ild

g e r ä u s c h g e m in d e r te Z a h n r ie m e n

K e ilr ie m e n s a tz

K e ilr ip p e n r ie m e n

6

d B

0

1 0 0

b

W A

d B

e r d e n m itte lte s c h le u g e rs c h

B e s c h le u n ig u n g s p e g e l L

S ta n d a rd Z a h n r ie m e n (D IN 7 7 2 1 , IS O

ü b g e B e L a

4 2

9 5

9 0 -2 -4

8 5

9 5 0 N

2 8 5 0 N

1 9 0 0 N

= 8 b is 1 0 d B ( A )

R in g d ä m p fe r

B

D s

D L

A

E in z e lh e it A

V is k o e la s tis c h e E in s p a n n u n g

A n s ic h t X

D L = 1 0 d B (A ) A

Z a h n s e g m e n t

E in z e lh e it B

g e n ie te te s S c h ic h ts ta m m b la tt

Bild 4.13. Körperschalldämpfung an Kreissägeblättern

V V e e r b r b u u n n d d b b l e l e c c h h r ri n i n g g e e m m i t i t e e i ni n e e r r B B r er e i t i e t e B v o v n o n c a c . a 0 . , 0 0 , 5 0 5 b i b s i s 0 , 1 D 0 u , 1 n d D e s i u n n e d r D e ii nc ke e r D v o i c n k e 0 , v2 o b n i s 0 0 , 2 , 3 b d i s e s 0 , S 3 t ad me s m S b t l aa mt t e m s b l a t t e s w w e e r dr d e e n n b b e e i d i d s s e e i t i it g i g a a u u f f d d a a s s S S t a t a m m m m b b l a l a t t t t a a u u f g f g e e n n i e i e t te e t t . . S ta r r e P la tte lic h s e h r n a h a n g e o rd n e t. m itte l w ir d in s e h r g e r in g e g e fü h rt.

X

A

= 8 b is 1 0 d B ( A )

A

S c h ic h tr in g - S ä g e b la tt

D L

G e r ä u s c h m in d e r u n g im V e r g le ic h z u r N o r m a la u s fü h r u n g ( S e g m e n ts ä g e b la tt)

Bild 4.12. Vergleich der Luft- und Körperschallpegel verschiedener Riementriebe

B

S ta m m b S ta h lb le n ie te t u n B le c h d ic d e r S ta m

n w e r d e n s e ita m S ä g e b la tt K ü h ls c h m ie r d e n S p a lt m it m D ru c k

la tt w ir d m c h e n b e id d p u n k tv e k e c a . 0 ,2 m b la ttd ic

it s e rs b k e

d ü n itig c h w is 0

n e n v e re iß t. ,3

s

4.2 Beispiele für Geräuschminderung

211

S ta h l- Z a h n k r a n z E p o x id h a r z S c h a u m S ta h l- N a b e

M

0 S ta h l-R e fe r e n z - - 1 1 00 E p o x id h a r z -S c h a u m - - 2 2 00 M

-3 0 6 0 0

= 5 0 N m

9 9 0 0 00 1 1 2 2 0 0 0 0 1 1 5 5 0 0 0 0 1 1 8 8 0 0 00 R itz e ld r e h z a h l [1 /m in ]

2 2 1 1 0 0 00

2 2 4 4 0 0 00

K ö r p e r s c h a llp e g e l [d B ]

2

]

3 3 00 0 0 4 ,1 3 ,8 3 ,5 3 ,2 2 ,8 2 ,5 2 ,2 1 ,9 1 ,6 1 ,3 0

S c h u b s p a n n u n g [N /m m

Z a h n k ra ft

K ö r p e r s c h a llp e g e l [d B ]

Im rechten Teil von Bild 4.14 ist der Verlauf des Körperschallpegels über der Drehzahl und dem Drehmoment für den untersuchten Werkstoffverbund im Vergleich zu der Stahl-Referenz dargestellt. Die Referenzverzahnung ist eine VollStahlverzahnung, deren Verzahnungsqualitäten mit denen der WerkstoffverbundZahnräder vergleichbar ist. Das Niveau des Körperschallpegels des EpoxidharzSchaumes liegt sowohl bei der Drehzahl- als auch bei der Drehmomentenreihe bei allen betrachteten Messpunkten unter dem der Stahl-Referenzverzahnung. Es werden Reduktionen von teilweise über 10 dB erreicht.

= 1 2 0 0 N m

00

S ta h l-R e fe r e n z

-1 0

E p o x id h a r z -S c h a u m

- - 2 2 00 - -3 3 00

n = 7 0 0 1 /m in 4 0

8 0

1 2 0 1 6 0 2 0 0 2 4 0 2 8 0 3 2 0 R itz e ld r e h m o m e n t [N m ]

3 6 0

4 0 0

Bild 4.14. Geräuschminderung mittels Werkstoffverbund-Zahnrad

Im Bild ist weiterhin die Schubspannungsverteilung dargestellt. Den FEBerechnungen wurde ein maximal auf das Zahnrad wirkendes Antriebsmoment von M = 1200 Nm zugrunde gelegt. Dies entspricht dem von einem vergleichbaren Stahlzahnrad maximal übertragbaren Drehmoment. Es zeigt sich eine gleichmäßige Schubspannungsverteilung und insbesondere eine geringe maximale Schubspannung von τmax = 4,1 N/mm2 , die für den Werkstoff Epoxidharz-Schaum als unkritisch gesehen werden kann. 4.2.3 Passive, primäre Maßnahmen

In vielen Fällen ist die Teil- oder sogar Vollkapselung die einzige sinnvolle und wirtschaftlich vertretbare Maßnahme. Bild 4.15 zeigt die Kapselung eines Motors. Die Kapselwand ist in der Regel so aufgebaut, dass eine Dämpfungsschicht aus Steinwolle einen Teil der Schallenergie absorbiert. Um die Durchlässigkeit möglichst

212

4 Geräuscharme Maschinenkonstruktion

gering zu halten bzw. das Schalldämmmaß so groß wie möglich zu gestalten, sollte die Außenhaut möglichst massebehaftet (dickwandig) sein. Dies bedingt jedoch schwere, teure Hauben.

M in d e r u n g d e s M e s s flä c h e n s c h a lld r u c k p e g e ls

D L

S p in d e lk a s te n

A

= 7 d B (A ) L u ftfü h ru n g

S p in d e lk a s te n

M o to r K a p s e lu n g

A n o r d n u n g d e r K a p s e lu n g

M o to r m it s e itlic h e r K ü h llu ftfü h r u n g

A u fb a u d e r e in s c h a lig e n K a p s e lw a n d 1 - L o c h b le c 2 - d ü n n e F o 3 - s c h a lla b s (3 0 m m S 4 - E n td rö h n 5 - A u ß e n h a

1 2

3

4

h (4 lie o rb te in u n g u t (

0 (0 ie w s

%

L o ,2 m m re n d o lle ) m itte 2 m m S

K ö r p e r s c h a llis o lie r te A u fs te llu n g d e r K a p s e l

c h a n te il) P o ly e th y le n ) e s M a te r ia l

1 - K 2 - A 3 - W F e

l (6 m m ) ta h lb le c h )

5 1

3

a p s u fla e ic e d e le m

e lw g e s h g u r- u e n t

a n c h m n d

d u n g ie n e m i a ls D ic h t-

2

Bild 4.15. Maschinenkapselung

Ein Kompromiss ist die in Bild 4.15 gezeigte Lösung. Das 2 mm dicke Stahlblech wurde mit einer 6 mm dicken Entdröhnungsschicht, einem aufspachtelbaren Kunststoff mit hoher Eigendämpfung, belegt. Diese Schicht bewirkt zum einen den Masseeffekt und zum anderen werden wegen der hohen Materialdämpfung die Schwingungsamplituden bei den Platteneigenschwingungen drastisch reduziert. Wichtig ist die körperschallisolierte Aufstellung der Kapsel zur Maschine hin, so dass sie möglichst nur durch Luftschall beaufschlagt wird (Bild 4.15). Funktionsbedingte Löcher in der Kapsel, die den Schall nach außen treten lassen, sind so klein wie eben möglich zu gestalten. Da diese Durchbrüche die Wirksamkeit der Kapsel erheblich reduzieren, sind sie möglichst zu vermeiden. 4.2.4 Bearbeitungsgeräusche

Das im Betrieb auftretende Arbeitsgeräusch ist nur zum Teil auf die konstruktionsspezifischen Eigenschaften der jeweiligen Werkzeugmaschine zurückzuführen. Es ist auch abhängig von der Bearbeitungsaufgabe d.h. von dem zu bearbeitenden Werkstück und seinem Werkstoff. Aus den in Bild 4.16 zusammengestellten Werten von Schallleistungspegeln bei Fräs- und Drehbearbeitungen verschiedener

4.2 Beispiele für Geräuschminderung

213

Werkstoffe geht hervor, dass das Zerspangeräusch je nach verwendeten Werkstückstoffen in großen Bereichen variieren und damit einen erheblichen Anteil zu der Gesamtgeräuschemission beitragen kann. Neben dem eigentlichen Zerspanprozess können auch Geräuschemissionen des Hauptspindelantriebs, der Vorschubeinheiten oder der Nebenaggregate, wie z.B. der Hydraulik, einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Gesamtabstrahlung haben. F rä s e n

S c h a llle is tu n g s p e g e l L

W A

1 1 0

9 0

d B 1 1 5

D re h e n

P = 0 ,5 P P = 0 ,1 P

P = 0 ,5 P N

P N

N

0 1 0

= 3 0 k W

P = 0 ,1 P

1 0 5

N

N

P N

= 3 2 k W

1 0 0 9 5 c

9 0

o h n e Z e rs p a n u n g *

M s 5 8

2 2 G G

X 5 C rN i 1 8 9

1 6 M n C r 5

S t 5 2

C K 4 5

o h n e Z e rs p a n u n g *

M s 5 8

2 2 G G

1 6 M n C r 5

S t 5 2

C K 4 5

8 5

* B e la s tu n g m it S c h e ib e n b r e m s e

Bild 4.16. Einfluss des Werkstoffes auf das Bearbeitungsgeräusch

Auch das Werkstück selbst kann auf Grund seiner Form, Größe und Dünnwandigkeit einen Klangkörper darstellen, dessen Geräuschemission die der Maschine bei weitem übertrifft. In Bild 4.17 ist das Geräuschverhalten bei der Fräsbearbeitung eines Massivteils dem eines relativ dünnwandigen Profils gleicher Masse gegenübergestellt. Bei der Bearbeitung des Profils wurden um 13 dB höhere Schalldrücke gemessen. Lärmprobleme treten aus diesem Grunde oft erst beim Anwender zutage, so dass eine Abhilfe nicht mehr über konzeptionelle Maßnahmen, sondern nur auf dem Wege der konstruktiven Modifikation bestehender Bauteile erreicht werden kann [194, 195]. Das Werkzeug stellt wie das Werkstück eine Primärstruktur dar, über welche äußere Kräfte in den schwingungsfähigen Maschinenkörper eingeleitet werden. Die sich hier ausbildende Körperschallschnelle bestimmt die Schallabstrahlung der gesamten Werkzeugmaschine. Da die Oberfläche der Werkzeuge gegenüber der Gesamtoberfläche der Maschine klein ist, kommt der direkten Schallabstrahlung nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Die Lärmminderung bezüglich des Werkzeugs

214

4 Geräuscharme Maschinenkonstruktion

F rä s e r:

v

fz a

c

p

W e rk s tü c k e

S c h a lld r u c k s p e k tr u m

M a s s iv te il F

b e i d e r B e a r b e itu n g

d B 1 0 0

U - P r o fil

= 4 0 0 m in -1 = 1 0 0 m /m in = 0 ,1 5 m m = 2 ,5 m m

p

n

8 0 m m 6 Z ä h n e

U - P r o fil

n

F

S c h a lld r u c k p e g e l L

B e a r b e itu n g s s itu a tio n

8 0

6 0

4 0

2 0

m = 1 6 k g

0

M a s s iv te il 8 0 0

1 6 0 0

2 4 0 0

D L 3 2 0 0

4 0 0 0

p

= 1 3 ,1 d B

4 8 0 0

H z

6 4 0 0

F re q u e n z f

Bild 4.17. Beispiel für den Werkstück-Formeinfluss auf das Bearbeitungsgeräusch beim Fräsen

zielt daher auf eine Verringerung der mittleren Schallschnelle ab, um die Einleitung von Schwingungen in großflächige Bauteile, die über den Kraftfluss mit dem Werkzeug gekoppelt sind, klein zu halten. Diese Zielsetzung lässt sich durch Veränderung von Masse, Steifigkeit und/oder Dämpfung des Werkzeuges erreichen. Masseerhöhung bewirkt eine Verringerung der Eigenfrequenzen und Schwingungsgeschwindigkeiten im oberen Frequenzbereich. Das Einbringen zusätzlicher Dämpfung verringert die Amplituden bei den Eigenfrequenzen (Bild 4.18 unten). Eine Erhöhung der Steifigkeit führt zu kleineren Amplituden bei höheren Eigenfrequenzen (Bild 4.18 oben). Körperschallanteile, deren Entstehung durch solche Maßnahmen nicht verhindert werden können, lassen sich bei der Ausbreitung innerhalb der Maschinenstruktur kaum noch reduzieren. Auf Grund der hohen Steifigkeit, die für die Präzision des Bearbeitungsvorganges erforderlich ist, können die üblichen Maßnahmen zur Behinderung der Körperschallübertragung, wie elastische Zwischenlagerungen, Querschnittssprünge oder gezielter Einbau von Schwachstellen („Schwanenhalsprinzip“) nicht angewendet werden. Auch die Erhöhung der Eingangsimpedanzen durch Sperrmassen ist wegen der geforderten Dynamik der Arbeits-, Vorschub- und Stellbewegungen selten realisierbar.

4.2 Beispiele für Geräuschminderung

215

B e a r b e itu n g s fa ll

d B 9 0

F

A u s g a n g s z u s ta n d

S c h a lld r u c k p e g e l L

p A

A u s g a n g s z u s ta n d V e r s te ifte r D r e h m e iß e l

7 0

5 0

D L

p A

= 1 2 d B

3 0 d B 9 0

F

V e r s te ifu n g d e s M e iß e ls c h a fts

F

B e d ä m p fu n g d e s M e iß e ls d u r c h K u n s to ffs c h ic h t

S c h a lld r u c k p e g e l L

p A

A u s g a n g s z u s ta n d G e d ä m p fte r D r e h m e iß e l

7 0

5 0

D L 3 0 0

p A

= 1 2 d B 3 ,2

6 ,4

9 ,6

1 2 ,8 k H z

F re q u e n z f

Bild 4.18. Minderung des Bearbeitungsgeräusches durch Versteifung (oben) oder Bedämpfung (unten) des Meißelschaftes

5 Führungen und Lagerungen

Zu den wichtigsten Bauelementen im Kraftfluss einer Werkzeugmaschine zählen die Führungen zur Bewegung der Supporte und Arbeitstische sowie die Lagerungen der Hauptspindeln, Vorschubspindeln und Drehtische. Besondere Anforderungen an Werkzeugmaschinen sind: • •

hohe Arbeitsgenauigkeit und großes Leistungsvermögen über lange Zeit bei niedrigen Herstell- und Betriebskosten (Bild 5.1).

Zur Erfüllung dieser Anforderungen müssen die Führungen und Lagerungen folgende Eigenschaften besitzen: • • • •

geringe Reibung und Stick-Slip-Freiheit als Voraussetzung für exaktes Positionieren mit geringen Vorschubkräften, geringen Verschleiß und Sicherheit gegen Fressen, damit die Genauigkeit über lange Zeit erhalten bleibt, hohe Steifigkeit und Spielfreiheit, um die Lageveränderungen der geführten Bauteile unter Last gering zu halten, gute Dämpfung in Trag- und Bewegungsrichtungen, um Überschwingungen der Vorschubantriebe und Ratterneigung der Werkzeugmaschine zu vermeiden.

Entsprechend den geforderten Führungsaufgaben werden dem zu führenden Element von den drei translatorischen und den drei rotatorischen Freiheitsgraden der Bewegung mindestens vier – in den meisten Fällen fünf – Freiheitsgrade entzogen (Bild 5.2). So besitzt beispielsweise ein geradgeführter Schlitten nur noch einen translatorischen Freiheitsgrad. Die Bohrspindel in der Pinolenführung eines Bohrwerkes hat einen translatorischen und einen rotatorischen Freiheitsgrad, während die Arbeitsspindel einer Drehmaschine nur noch einen rotatorischen Freiheitsgrad behält. Aus den Bewegungsfreiheitsgraden eines geführten Werkzeugmaschinenelementes ergibt sich eine erste Einteilung der Führungen nach den Bewegungsarten:

218

5 Führungen und Lagerungen z x

F ü h ru n g e n u n d L a g e ru n g e n y

A n fo rd e ru n g e n

h o h e A r b e its g e n a u ig k e it - h o - g e - g e G e - s p - g u - g e

u n d

g ro ß e s L e is tu n g s v e rm ö g e n

g e r in g e B e tr ie b s k o s te n

n ie d r ig e H e r s te llk o s te n

h e S te ifig k e it r in g e R e ib u n g o m e tr is c h e u n d k in e m a tis c h e n a u ig k e it ie lfr e i b z w . g e r in g e s S p ie l te D ä m p fu n g r in g e r V e r s c h le iß

- k F - g - p

- B e - g e e m - g e - Ü b

o s te n g ü n s tig e u n d e in fa c h e e r tig u n g u te M o n tie r b a r k e it r e is g ü n s tig e W e r k s to ffe

tr ie b s s ic h e r h e it r in g e S c h m u tz p fin d lic h k e it r in g e r W a r tu n g s b e d a r f e r la s tb a r k e it

Bild 5.1. Anforderungen an Führungen und Lagerungen z

a

E le m e n t m it 6 F r e ih e its g r a d e n tr a n s la to r is c h : r o ta to r is c h :

F r ä s m a s c h in e n s c h litte n

a

x x

a

y

z y

a

a z

y

B o h r w e r k s p in d e l a

a x

z

y

x

D r e h m a s c h in e n s p in d e l

y

a

y

x

y 5 e n tz o g e n e F r e ih e its g r a d e , b le ib t: y

4 e n tz o g e n e F r e ih e its g r a d e , b le ib e n : y , a y

5 e n tz o g e n e F r e ih e its g r a d e , b le ib t: a x

Bild 5.2. Bewegungsfreiheitsgrade geführter Werkzeugmaschinenelemente

5 Führungen und Lagerungen

219

geradlinig und kreisförmig. Eine weitere Einteilung erhält man, wenn man die Führungen und Lagerungen danach unterscheidet, ob sie während des Bearbeitungsprozesses eine vorgegebene Bewegung gewährleisten müssen oder nicht. Im ersten Fall spricht man von Bewegungsführungen, im zweiten von Verstellführungen. Verstellführungen dienen der Positionierung von Maschinenelementen (Reitstock, Setzstock, Querbalken) vor bzw. nach dem eigentlichen Bearbeitungsprozess. Während des Bearbeitungsvorgangs selbst sind die Elemente auf diesen Führungen in der Regel geklemmt. Vielfach muss jedoch eine Führung je nach Bearbeitungsfall beide Aufgaben übernehmen, nämlich einmal als Bewegungsführung und einmal als Verstellführung fungieren (Bild 5.3). An die Kontaktzone einer Bewegungsführung sind höhere Ansprüche bezüglich Schmierung und Verschleißfestigkeit der Führungselemente gestellt als an Verstellführungen, da die Bewegungen unter Belastung erfolgen.

F ü h r u n g e n in W e r k z e u g m a s c h in e n V e r s te llfü h r u n g e n

B e w e g u n g s fü h ru n g e n w ä h re n d d e s B e a r b e itu n g s p r o z e s s e s b e w e g t

lin e a r

S c h litte n e in e r H o b e lm a s c h in e T is c h s c h litte n e in e r P o r ta lfr ä s m a s c h in e m it L a n g tis c h a u s fü h r u n g S p in d e lla g e r

w ä h re n d d e s B e a r b e itu n g s p r o z e s s e s b e w e g t o d e r g e k le m m t

w ä h r e n d d e s B e a r b e itu n g s p r o z e s s e s g e k le m m t o d e r v e rs c h ra u b t R e its to c k

y z w x

Q u e r b a lk e n e in e r P o r ta lfr ä s m a s c h in e N C - D r e h tis c h

k r e is fö r m ig

R e its to D re h m S c h w e n k F rä s m a s

c k a s k o c h

e in e r c h in e p f e in e r in e

Bild 5.3. Führungen und Lager in Werkzeugmaschinen

Bei den Bewegungsführungen unterscheidet man Gleit- und Wälzführungen bzw. -lager. Kennzeichnendes Merkmal von Gleitführungen und Gleitlagerungen ist die Trennung der relativ zueinander bewegten Elemente durch einen Schmierfilm, die entweder ganz oder teilweise erfolgt. Bei Wälzführungen und -lagern geschieht diese Trennung durch Wälzkörper. Die Führungen und Lagerungen teilt man nach ihrem physikalischen Prinzip bzw. nach Art des Schmiermittels, des Schmierfilmaufbaus bzw. Kraftaufbaus ein in: • hydrodynamische,

220

• • • •

5 Führungen und Lagerungen

hydrostatische, aerostatische, elektromagnetische, Wälzführungen und -lager (Bild 5.4).

Das elektromagnetische Prinzip kommt im Werkzeugmaschinenbau z.Z. noch selten als Lager vor. Beim hydrodynamischen Gleitprinzip wird das Schmiermittel drucklos oder nur mit geringem Druck an die Kontaktstelle zwischen Schlitten und Bett bzw. Welle und Lagerschale geführt. Der Schmierfilm baut sich durch Mitnahme des Öls bei der Relativbewegung der Führungselemente selbständig auf. Bei hydrostatischen und aerostatischen Systemen wird der Schmierfilm (Öl bzw. Luft) ständig durch ein externes Drucksystem aufrechterhalten.

Ö lv o r r a ts b e h ä lte r B e tt

L u ftd ru c k s y s te m v

S c h litte n v +

h y d r o d y n a m is c h e G le itfü h r u n g

u n d

G le itla g e r

H y d r a u lik s y s te m v

h y d r o s ta tis c h e G le itfü h r u n g e le k tr o m a g n e tis c h e s L a g e r

u n d

a e r o s ta tis c h e G le itfü h r u n g

L a g e s e n s o r

G le itla g e r

u n d

W ä lz la g e r

v !

G le itla g e r

u n d

W ä lz fü h r u n g S ta to r S p u le

R o to r m it B le c h e n

Bild 5.4. Führungs- und Lagerarten

Bei den Magnetlagern wird ein Rotor, ausgerüstet mit ferromagnetischen Blechen, durch die Zugkräfte der entgegengesetzt paarweise angeordneten Elektromagneten im Schwebezustand gehalten. Das Bild 5.5 zeigt die im Rahmen einer Industrieumfrage ermittelte Häufigkeitsverteilung der verschiedenen Führungsprinzipien bei den unterschiedlichen Maschinenarten [209]. Die Auswertung ergab, dass die Profilschienenwälzführungen bei Dreh- und Fräsmaschinen am häufigsten verwendet werden. Der Marktanteil der

5.1 Hydrodynamische Gleitführungen und Gleitlager

221

%

noch vor fünfzehn Jahren am häufigsten verwendeten Führungsart, der hydrodynamischen Gleitführung, ist im gleichen Zeitraum entsprechend zurückgegangen.

A u s w e r tu n g b e i 2 0 W e r k z e u g m a s c h in e n h e r s te lle r n

1 0 0

1

9 0 2

8 0

3

7 0 6 0 4

H y d r o s ta tis c h e F ü h ru n g e n H y d r o d y n a m is c h e G le itfü h r u n g e n P r o fils c h ie n e n w ä lz fü h ru n g e n S o n s tig e W ä lz fü h r u n g e n

5 0

S ta n d : 2 0 0 3

4 0 3 0 2 0 1 0 0

1

2 3

4

D r e h m a s c h in e n / D r e h b e a r b e itu n g s z e n tre n

1

2

3 4

1

F r ä s m a s c h in e n / F r ä s b e a r b e itu n g s z e n tre n

2 3

4

S c h le ifm a s c h in e n

Bild 5.5. Häufigkeit unterschiedlicher Führungsprinzipien

Herstell- und Betriebskosten von Bewegungsführungen werden hauptsächlich durch die Wahl des Führungsprinzips festgelegt [137]. Die Betriebssicherheit und die Störanfälligkeit zusammen mit der Fähigkeit, eventuell auftretende Überlastungen aufzunehmen, beeinflussen die Betriebskosten der Führung. Der Wartungsbedarf sowie die Schmutzempfindlichkeit der verschiedenen Führungsprinzipien sind weitere Kriterien, die die Funktionsfähigkeit und somit die Betriebskosten beeinflussen, d.h. auch bei der Auswahl Berücksichtigung finden müssen. In Bild 5.6 werden Beispiele für den Einsatz der verschiedenen Lagersysteme im Werkzeugmaschinenbau gegeben.

5.1 Hydrodynamische Gleitführungen und Gleitlager Die hydrodynamische Gleitführung wird im Werkzeugmaschinenbau immer weniger eingesetzt. Der Grund hierfür liegt in den im Vergleich zu anderen Führungsarten höheren Herstellkosten. Neue Herstelltechniken in Verbindung mit der Verwendung von Kunststoffen haben diese Führungsart in den vergangenen Jahren zwar wirtschaftlicher gestaltet. Mit den heute üblichen Wälzführungssystemen kann die Gleitführung jedoch nicht konkurrieren. Hydrodynamisch geschmierte Hauptspindellagerungen findet man daher heute sehr selten. Ihre Haupteinsatzgebiete sind

222

5 Führungen und Lagerungen W ä lz la g e r

h y d ro d y n . h y d ro s t. a e ro s ta t. M a g n e tla g e r L a g e r L a g e r L a g e r

g u t g e e ig n e t

B o h r - , F r ä s - , S c h le ifu n d D r e h s p in d e ln

S ta n d a rd -F rä s e n H o c h g e s c h w .-F rä s e n In n e n - R u n d s c h le ife n

3 )

b e d in g t g e e ig n e t

2 )

u n g e e ig n e t

2 )

A u ß e n - R u n d s c h le ife n D re h e n

1 )

1 )

1 )

1 )

1 )

1 )

1 )

1 )

B o h re n P la n s c h e ib e n a n B o h r u n d F r ä s m a s c h in e n

1 ) fa lls O b e r flä c h e n r a u h ig k e it k le in e r a ls 0 ,2 m m g e fo r d e r t 2 ) b e i F e tts c h m ie r u n g b e d in g t g e e ig n e t 3 ) n D m

> 1 0 6

W a lz e n - u n d K u r b e lla g e r V o r s c h u b s p in d e ln G e tr ie b e w e lle n D r e h tis c h e

Bild 5.6. Einsatzbereiche der verschiedenen Lagersysteme

die Feinbearbeitungsmaschinen, z.B. Dreh- und Schleifmaschinen, und im Schwerwerkzeugmaschinenbau (Pressen). In einigen Punkten ihres Betriebsverhaltens sind die hydrodynamischen Gleitlager anderen Lösungsprinzipien überlegen, worauf in den folgenden Abschnitten noch näher eingegangen wird. Zunächst sollen einige Grundlagen der hydrodynamischen Schmiertheorie und des Reibungsverhaltens behandelt werden, die für das Betriebsverhalten von hydrodynamischen Gleitführungen und Gleitlagern von Bedeutung sind. 5.1.1 Grundlagen der Reibung und Schmierung 5.1.1.1 Begriff der Viskosität

Unter der Viskosität versteht man das physikalische Maß für den inneren molekularen Reibungswiderstand eines flüssigen Mediums [53]. Werden wie in der Skizze in Bild 5.7 zwei Flächen, zwischen denen sich ein Flüssigkeitsfilm befindet, gegeneinander bewegt, unterliegt der Flüssigkeitsquerschnitt einer Scherbeanspruchung. Nach Newton ist die Schubspannung an einem Flüssigkeitsquerschnitt proportional s dem Geschwindigkeitsgefälle dv dy der Strömung über diesen Flüssigkeitsquerschnitt. Der Proportionalitätsfaktor zwischen der Schubspannung τ und dem Geschwindigs keitsgefälle dv dy ist die Viskosität η, auch dynamische Viskosität genannt: τ = η·

dvs . dy

(5.1)

Bei einem linearen Geschwindigkeitsprofil über der Spaltweite h (Bild 5.7) gilt

5.1 Hydrodynamische Gleitführungen und Gleitlager

223

b e w e g te F lä c h e F lä c h e A R

v F

y

R

h

t

F lü s s ig k e its film d v s

d y z x y G e s c h w in d ig k e its g e fä lle im F lü s s ig k e its film v s ( x ,y )

r u h e n d e F lä c h e

Bild 5.7. Schema der Scherung eines Flüssigkeitsfilms

v τ = η· . h

(5.2)

Die Kraft, die aufzuwenden ist, um einen Körper mit der Reibfläche AR mit der Geschwindigkeit v über den Flüssigkeitsfilm zu bewegen, beträgt FR = τ · AR .

(5.3)

Mit Gleichung 5.2 und Gleichung 5.3 folgt die allgemeingültige Beziehung für die Reibkraft: FR = η ·

v · AR . h

(5.4)

Entsprechend folgt für die Reibleistung, die im Schmierfilm in Wärme umgesetzt wird: PR = FR · v

(5.5)

bzw. PR = η ·

v2 · AR . h

(5.6)

Die bisher angeführten Gleichungen gelten nur für sogenannte Newtonsche Flüssigkeiten. Sie gelten z.B. nicht für Fette und Pasten. Bild 5.8 zeigt qualitativ die Abhängigkeit zwischen Scherspannung und Schergeschwindigkeit für Newtonsche und Nicht-Newtonsche Flüssigkeiten.

224

5 Führungen und Lagerungen

S c h e rs p a n n u n g t

P la s tis c h e r S to ff ( z .B . S c h m ie r fe tt)

N e w to n s c h e F lü s s ig k e ite n ( z .B . S c h m ie r ö le )

S c h e r g e s c h w in d ig k e it v

Bild 5.8. Scherkennlinien Newtonscher Flüssigkeiten und plastischer Stoffe. Quelle: [53]

Von besonderer Wichtigkeit für die Betriebseigenschaften hydrodynamischer Führungen und Lager ist die starke Abhängigkeit der Ölviskosität von der Temperatur. Deshalb sind Viskositätsangaben für ein Schmiermittel nur mit dem Zusatz der Temperatur sinnvoll. Bild 5.9 zeigt die Abhängigkeit der Viskosität von der Temperatur für verschiedene Schmieröle. Die Maßeinheit für die dynamische Viskosität ist   Ns (5.7) η 2 bei T [K] . m Sehr häufig werden heute noch die alten Maßeinheiten Poise (P) bzw. Centipoise (cP) und Pascalsekunden (Pas) benutzt, für die die Umrechnungen 1P = 100cP = 10−1 ·

Ns = 10−1 Pas m2

(5.8)

gelten. Für die Maßeinheit „Grad Engler“ (˚E), die hin und wieder noch Verwendung Ns findet, besteht kein linearer Zusammenhang zur Maßeinheit m 2 (vgl. Bild 5.9). Dies liegt darin begründet, dass zur Bestimmung der Englergrade eine andere Methode zur Messung der Viskosität benutzt wird. Bezieht man die dynamische Viskosität η auf die Dichte ρ des Schmiermittels, so erhält man die kinematische Viskosität ν: ν=

η . ρ

(5.9) 2

Die kinematische Viskosität ν besitzt die Maßeinheit mm s . Auch für die kinematische Viskosität ν werden häufig noch die alten Maßeinheiten Stoke (St) bzw. Centistoke (cSt) benutzt, wobei gilt: 1 cSt = 1

mm2 . s

(5.10)

5.1 Hydrodynamische Gleitführungen und Gleitlager m m 2/s (c S t) fü r D ic h te = 9 0 0 k g /m

225

3

1 0 O 0 0 1 5

1 0 0 0

2 2 0 1 5 0

0 ,3

1 0 0

0 ,2

6 8

] 0 ,5

1 0 0

K in e m a tis c h e

0 ,7

V is k o s itä t n

3 2 0 1

-2

5 0 0 0

4 6 0 2

D y n a m is c h e V is k o s itä t h [ N s m

V G

3

E /5 0 ° C

1 0 0 0

IS

10 00 68 0

4 6

0 ,1

1 0 0

3 2

0 ,0 7

2 2

0 ,0 5

5 0

1 5

0 ,0 3

1 0 5

1 0

0 ,0 2

7

0 ,0 1

5

0 ,0 0 7 0 ,0 0 5

1 0 1 ,5

3 IS O

0 ,0 0 3

V G 2

0 ,0 0 2 0 ,0 0 1

1 ,1

E /5 0 ° C

W a s s e r 1 0

2 0

3 0

4 0

5 0

6 0

7 0

8 0

9 0

1 0 0

T e m p e ra tu r J [° C ]

Bild 5.9. Dynamische Viskosität von Schmierölen auf Mineralölbasis in Abhängigkeit von der Temperatur. Quelle: [36]

Um einen Überblick über die Größenordnung der Viskositäten verschiedener flüssiger Stoffe zu geben, sind einige Beispiele in Tabelle 5.1 aufgeführt. 5.1.1.2 Hydrodynamische Druckbildung

Wird im Gegensatz zu dem Schema in Bild 5.7 ein flächiger Körper über einen keilförmigen Schmierspalt bewegt, so entsteht durch das Einschleppen des Schmiermediums in den sich verengenden Keilspalt ein Flüssigkeitsdruck, der eine Belastung

226

5 Führungen und Lagerungen

Tabelle 5.1. Viskosität verschiedener flüssiger Stoffe bei 294 K (21 ˚C). Quelle: [53] F lü s s ig k e it

d y n a m is c h e V is k o s itä t h [ N s / /c m m 2 ² ]

M o to re n ö l S A E 5 0 (s c h w e r)

8 0 0 ž 1 0

- 73

G ly z e r in

5 0 0 ž 1 0

- 73

M o to r e n ö l S A E 3 0 ( m itte ls c h w e r )

3 0 0 ž 1 0

M o to r e n ö l S A E 1 0 ( W in te r )

7 0 ž 1 0

M o to r e n ö l S A E 5 ( e x tr a le ic h t)

3 2 ž 1 0

- 73

Ä th y le n g ly k o l

2 0 ž 1 0

- 73

Q u e c k s ilb e r

1 ,5 ž 1 0

- 73

T e r p e n tin

1 ,4 5 ž 1 0

W a s s e r

1 ,0 ž 1 0

L u ft

- 73 - 73

0 ,0 1 8 ž 1 0

D r u c k v e r la u f im S c h m ie r film

B e la s tu n g F

D ru c k s trö m u n g

b

d y

x

- 73

m a x

S c h m ie r film d r u c k p

p

y

- 73 - 73

d x G le its tr ö m u n g

x G le itb a h n ( S c h litte n , W e lle )

h *

h (x )

v

G le itflä c h e S tr ö m u n g s g e s c h w in d ig k e its fe ld e r v s ( y )

Bild 5.10. Geschwindigkeits- und Druckverhältnisse am keilförmigen Schmierspalt

aufnehmen kann und somit den Körper aufschwimmen lässt. In Bild 5.10 sind die Vorgänge im Schmierkeil schematisch gezeigt. Infolge der Überlagerung einer Gleitströmung, die durch die Mitnahme der Ölteilchen durch die mit der Gleitgeschwindigkeit v bewegte Fläche entsteht, und einer Druckströmung, die von der Spaltverengung herrührt, ergeben sich die dargestellten Strömungsgeschwindigkeitsfelder vs (x, y). Über dem Schmierkeil ergibt sich der eingezeichnete Druckverlauf. Im Folgenden werden die physikalischen Zusammenhänge im Schmierkeil kurz beschrieben.

5.1 Hydrodynamische Gleitführungen und Gleitlager

227

Zunächst sei angenommen, dass der Keilspalt senkrecht zur (x, y)-Ebene unendlich breit sei, d.h. dass eine Fließbewegung des Schmiermittels in dieser Richtung nicht stattfindet. Auf ein Differential-Flüssigkeitsvolumenelement dx · dy · b wirken Druck- und Scherkräfte, die in Bild 5.11 eingetragen sind. d x b x t

d y

y

p

p + (d p /d x ) d x

t + (d t /d y ) d y

Bild 5.11. Druck- und Scherkräfte an einem Differential- Flüssigkeitselement im Keilspalt

Bildet man die Summengleichung der in horizontaler Richtung wirkenden Kräfte, so erhält man für den Gleichgewichtszustand: d p dτ = . dx dy

(5.11)

Gleichung 5.1 differenziert ergibt d 2 vs dτ =η 2 . dy dy

(5.12)

Aus Gleichung 5.11 und Differentiation von Gleichung 5.1 folgt: 1 dp d 2 vs . = dy2 η dx

(5.13)

Durch zweimalige partielle Integration der Gleichung 5.13 nach y erhält man die Geschwindigkeitsverteilung in y-Richtung (über y ist ddxp = konst.):   1 dp 2 y +C1 · y +C2 . (5.14) vs (y) = 2η dx C1 und C2 erhält man aus den beiden Randbedingungen: für y = 0 ist: vs (y) = v → C2 = v , für y = h(x) ist:

(5.15)

228

5 Führungen und Lagerungen

vs (y) = 0 → C1 = −

1 dp v − h(x) . h(x) 2η dx

Damit erhält man für die Strömungsgeschwindigkeit:    1 dp  2 y vs (y) = y − h(x) · y +v · 1 − . 2η dx h(x) 

  

Druckstromung ¨

(5.16)

(5.17)

Gleitstromung ¨

Gleichung 5.17 stellt die Geschwindigkeitsverteilung im Flüssigkeitsfilm als Überlagerung einer parabelförmig verlaufenden Druckströmung und einer linear verlaufenden Gleitströmung dar (Bild 5.10). Bezüglich des Druckverlaufs soll hier lediglich die Stelle des Druckmaximums betrachtet werden, um zu zeigen, dass dieses Maximum vor der engsten Spaltstelle liegt. An dieser Stelle ist das Druckdifferential ddxp = 0. Somit folgt aus Gleichung 5.17 für das Strömungsgeschwindigkeitsfeld an der Stelle des Druckmaximums bei p = pmax :  y (5.18) vs (y) = v · 1 − ∗ , h mit h∗ als der Spalthöhe an der Stelle des Druckmaximums. Durch Gleichsetzen der Durchflussmenge Q durch irgendeinen Spaltquerschnitt (Gleichung 5.17) Q=

y=h(x) 

(vs (y) · b) dy

(5.19)

y=0

mit der Durchflussmenge an der Stelle des Druckmaximums (Gleichung 5.19) Q∗ =

v · b · h∗ 2

erhält man unter der Voraussetzung einer stetigen Fließbewegung [53]   h(x) − h∗ dp = 6·η·v· . dx h(x)3

(5.20)

(5.21)

Mit Gleichung 5.21 lässt sich der Druckverlauf für einen beliebigen Keilspaltverlauf h(x) bestimmen. Im Folgenden soll lediglich der Druckverlauf im keilförmigen Spalt abgeleitet werden, wobei die Bezeichnungen aus Bild 5.12 benutzt werden. Die Schmierfilmdicke an einer bestimmten Stelle beträgt: h(x) = h0 + −x  · (h1 − h0 ) , für 0 ≤ x ≤  .

(5.22)

5.1 Hydrodynamische Gleitführungen und Gleitlager

229

F v y h

h (x ) l

h 0

x l

Bild 5.12. Beziehungen am konvergierenden Schmierkeil

Für die weitere Berechnung ist es sinnvoll, für die Spaltverengung den Wert m =

h1 −1 h0

(5.23)

und statt der Spalthöhe h∗ in Gleichung 5.21 für die Stelle des Druckmaximums h∗ = k∗ · h0

(5.24)

einzuführen [53]. Gleichung 5.22 bis Gleichung 5.24 in Gleichung 5.21 eingesetzt ergibt nach einiger Umrechnung:  −2 −3   6·η·v  −x ∗  −x 1+m · dx. (5.25) −k · 1+m · dp =   h20 Nach Integration erhält man   6·η·v  k∗ 1 p(x) = · · −  2 +C . m h20 1 + m · −x 2 · 1 + m · −x  

(5.26)

Die Integrationskonstante C sowie die Konstante k∗ bestimmen sich auf Grund der Randbedingungen [53]: x = 0 → p = 0,

(5.27)

x=→ p=0

(5.28)

2 · m + 2 2 + m

(5.29)

zu: k∗ =

230

5 Führungen und Lagerungen

und C=

−1 . 2 + m

(5.30)

Aus Gleichung 5.26, Gleichung 5.29 und Gleichung 5.30 ergibt sich die Druckfunktion für den Keilspalt:   2m + 2 1 1 6ηv 1 − − (5.31) p(x) = 2 2 +  2 + m h0 m 1 + m −x 2 (2 + m ) 1 + m −x   

 =K p

Um Gleichung 5.31 übersichtlicher zu gestalten, wird der letzte Term mit Kp bezeichnet: p(x) =

6·η·v· · Kp · (x, m ). h20

(5.32)

In Tabelle 5.2 sind einige Werte für den Faktor Kp in Abhängigkeit von der Keilschräge m und dem relativen Ort im Schmierspalt x aufgeführt [53]. Man erkennt, dass das Druckmaximum je nach der Keilschräge m bei etwa x = (0, 6...0, 7)  liegt. In der Praxis interessiert i.d.R. lediglich die Belastungsfähigkeit der Keilfläche, d.h. der mittlere wirksame hydrodynamische Druck pm über der Keilfläche, den man durch Integration von Gleichung 5.31 über der Keilflächenlänge erhält: pm =

1 

x=

p(x) dx.

(5.33)

x=0

Nach Integration und Einfügen eines Faktors K pm entsprechend Gleichung 5.31 erhält man pm =

6·η·v· · Kpm . h20

(5.34)

Die Werte für K pm sind in Tabelle 5.3 für verschiedene Keilschrägen aufgeführt [53]. Aus Tabelle 5.3 erkennt man, dass der Faktor Kpm gegenüber Änderungen der Keilschräge relativ unempfindlich ist, d.h. dass die Belastungsfähigkeit des Keilschuhs durch die Neigung wenig beeinflusst wird. Aus diesem Grunde reicht für eine überschlägige Berechnung eine Annahme von Kpm = 0, 025 aus. Die Tragkraft des Keilschuhs bestimmt sich damit überschlägig zu F = pm ·  · b = 0, 025 ·

6 · η · v · 2 · b . h20

(5.35)

Die bisher angeführten Beziehungen vernachlässigen die seitlichen Leckverluste. Versuchsreihen [87, 111] ergaben einen Korrekturfaktor Ψ, mit dem diese Leckverluste in Gleichung 5.34 für den keilförmigen Spalt berücksichtigt werden können:

5.1 Hydrodynamische Gleitführungen und Gleitlager

231

Tabelle 5.2. Werte für den Faktor KP in Gleichung 5.32 x /l

m ‘= 0 ,6

m ‘= 0 ,8

m ‘= 1 ,0

m ‘= 1 ,2

m ‘= 1 ,4

m ‘= 1 ,6

m ‘= 1 ,8

1 ,0

0

0

0

0

0

0

0

m ‘= 2 ,0 0

0 ,9

0 ,0 1 8 5

0 ,0 2 2 0

0 ,0 2 4 8

0 ,0 2 6 9

0 ,0 2 8 5

0 ,0 2 9 7

0 ,0 3 0 6

0 ,0 3 1 2

0 ,8

0 ,0 2 9 4

0 ,0 3 4 0

0 ,0 3 7 0

0 ,0 3 9 0

0 ,0 4 0 2

0 ,0 4 0 8

0 ,0 4 1 0

0 ,0 4 0 8

0 ,7

0 ,0 3 4 8

0 ,0 3 9 0

0 ,0 4 1 4

0 ,0 4 2 6

0 ,0 4 2 9

0 ,0 4 2 6

0 ,0 4 1 9

0 ,0 4 1 0

0 ,6

0 ,0 3 6 0

0 ,0 3 9 3

0 ,0 4 0 8

0 ,0 4 1 1

0 ,0 4 0 6

0 ,0 3 9 6

0 ,0 3 8 4

0 ,0 3 7 0

0 ,5

0 ,0 3 4 1

0 ,0 3 6 4

0 ,0 3 7 0

0 ,0 3 6 6

0 ,0 3 5 6

0 ,0 3 4 3

0 ,0 3 2 8

0 ,0 3 1 2

0 ,4

0 ,0 2 9 9

0 ,0 3 1 3

0 ,0 3 1 2

0 ,0 3 0 4

0 ,0 2 9 2

0 ,0 2 7 8

0 ,0 2 6 3

0 ,0 2 3 8

0 ,3

0 ,0 2 4 0

0 ,0 2 4 6

0 ,0 2 4 2

0 ,0 2 3 3

0 ,0 2 2 0

0 ,0 2 0 8

0 ,0 1 8 7

0 ,0 1 8 2

0 ,2

0 ,0 1 6 8

0 ,0 1 7 0

0 ,0 1 6 5

0 ,0 1 5 6

0 ,0 1 4 7

0 ,0 1 3 7

0 ,0 1 2 7

0 ,0 1 1 8

0 ,1

0 ,0 0 8 7 6

0 ,0 0 8 6 9

0 ,0 0 8 3 1

0 ,0 0 7 8 0

0 ,0 0 7 2 5

0 ,0 0 6 7 2

0 ,0 0 5 9 1

0 ,0 0 5 7 4

0

0

0

0

0

0

0

0

0

D r u c k m a x im u m

Tabelle 5.3. Werte für den Faktor K pm in Gleichung 5.34

K

m ‘

0 ,6

0 ,7

0 ,8

0 ,9

1 ,0

1 ,2

1 ,4

1 ,5

2 ,0

p m

0 ,0 2 3 5

0 ,0 2 4 7

0 ,0 2 5 5

0 ,0 2 6 1

0 ,0 2 6 5

0 ,0 2 6 7

0 ,0 2 6 5

0 ,0 2 6 3

0 ,0 2 4 6

pm =

6·η·v· · Kpm · Ψ. h20

(5.36)

Tabelle 5.4. Korrekturfaktor Ψ in Gleichung 5.36 für die Berücksichtigung der seitlichen Leckölverluste b /l

y fü r m ‘= 1

y fü r m ‘= 2

0 ,5

0 ,1 9

0 ,2 2

1 ,0

0 ,4 4

0 ,4 5

2 ,0

0 ,6 9

0 ,7 1

4 ,0

0 ,8 4

0 ,8 5

¥

1 ,0 0

1 ,0 0

In Tabelle 5.4 sind Werte für diesen Korrekturfaktor Ψ, in Abhängigkeit des Verhältnisses von Keilschuhbreite b zu Keilschuhlänge  für die Keilschräge m = 1 und m = 2, angegeben. Die statische Steifigkeit k des Schmierkeils bestimmt sich aus k=

dF d (∆ h)

(5.37)

232

5 Führungen und Lagerungen

mit ∆h als lastabhängiger Verlagerung. Die Tragkraft des Schmierkeils beträgt nach Gleichung 5.35 und Gleichung 5.36:

F=

6 · η · v · 2 · b · Kpm · Ψ. h20

Bei einer zusätzlichen Belastung ∆F ergibt sich die Spaltveränderung ∆h. Somit gilt: F + ∆F =

6 · η · v · 2 · b · Kpm · Ψ. (h0 − ∆h)2

Gleichung 5.38 differenziert ergibt:   dF 6 · η · v · 2 · b = 2· · Kpm · Ψ. d(∆h) F (h0 − ∆h)3 Damit erhält man die statische Steifigkeit bei der Betriebslast F zu  2 · (F + ∆F)3 . kF =  6 · η · v · 2 · b · K pm · Ψ

(5.38)

(5.39)

(5.40)

(s. hierzu Kapitel 5.2.1.2). Die bisherigen Betrachtungen bezogen sich auf den keilförmigen Schmierspalt. In Bild 5.13 sind einige weitere für die hydrodynamische Druckbildung geläufige Spaltformen gezeigt. Für diese Spaltformen kann der Druckverlauf im Schmierspalt mit Gleichung 5.21 exakt bestimmt werden, wenn die Funktion h(x) bekannt ist. Für hydrodynamische Lagerungen und Führungen im Werkzeugmaschinenbau sind Schmierkeilformen üblich, wie sie in Bild 5.14 schematisch gezeigt sind. Beim kreiszylindrischen Gleitlager erhält man den Schmierkeil durch die exzentrische Lage der Welle zur Lagerschale. Besonders in hydrodynamischen Axiallagern – aber auch in Radiallagern – werden häufig Kippschuhsegmente eingesetzt, die entweder federnd oder drehbar gelagert bzw. in elastischem Werkstoff eingebettet sind. Bei hydrodynamischen Gleitführungen entstehen Mikro-Keilspalte durch die Oberflächenrauheit der Gleitflächen. Dies bedeutet, dass sehr glatte Oberflächen bei hydrodynamischen Führungen nicht immer die besten Gleiteigenschaften besitzen. Durch Schaben erhält man sogenannte Ölnester, die die hydrodynamische Schmierfilmausbildung unterstützen. 5.1.1.3 Reibungsarten

Bewegen sich zwei Körper relativ zueinander (wie beispielsweise Schlitten zum Bett oder Welle zur Lagerschale) treten in Abhängigkeit der Geschwindigkeit und der Art des Zwischenmediums unterschiedliche Reibungsarten auf (Bild 5.15). Um

5.1 Hydrodynamische Gleitführungen und Gleitlager a

I

IV a

a 0

v

a 1

h

h

h

h

0

0

1

1

v

233

T e ilw e is e a b g e s c h r ä g te P la tte a V a 1 a 0 v

G e n e ig te P la tte a

II

h

h

h

h

0

0

1

1

v

P a r a b o lis c h e r H a lb z y lin d e r a a III v

h

h

h

h

0

0

1

1

P a r a b o lis c h e A b r u n d u n g a V I a 1 a 0 v T e ilw e is e a b g e s p e r r te P la tte

P a r a b o lis c h e r V o llz y lin d e r

Bild 5.13. Spaltformen für die hydrodynamische Druckbildung v W e lle Ö l

Ö l v Ö l

L a g e r s c h a le b ) K ip p s c h u h e

a ) W e lle - L a g e r s c h a le v Ö l

c ) Ö ln e s te r in b e r a u h te r O b e r flä c h e

Bild 5.14. Übliche Schmierkeilfomen im Werkzeugmaschinenbau

einen ruhenden Körper in Bewegung zu setzen, muss die „Ruhereibung“ oder auch „Haftreibung“ überwunden werden. Um den Körper in Bewegung zu halten, ist die „Bewegungsreibung“ zu überwinden. Die Bewegungsreibung wird unterschieden nach „Gleitreibung“, „Rollreibung“ und „Wälzreibung“. •

Gleitreibung ist die Reibungsart, die bei Gleitführungen und Gleitlagern auftritt. Bei der Gleitreibung unterscheidet man mit zunehmender Gleitgeschwindigkeit die folgenden Reibungszustände: – Festkörperreibung (oder Trockenreibung, Coulombsche Reibung). Es befindet sich kein Schmierfilm zwischen den bewegten Teilen.

234

5 Führungen und Lagerungen



Mischreibung bei kleiner bis mittlerer Gleitgeschwindigkeit. In der Kontaktzone liegt ein tragender Schmierfilm vor, dessen Tragkraft jedoch nicht ausreicht, um die relativ zueinander bewegten Teile völlig zu trennen, so dass sie noch in Kontakt stehen (Festkörper- und Flüssigkeitsreibung). – Flüssigkeitsreibung bei großer Gleitgeschwindigkeit. Zwischen den bewegten Teilen befindet sich eine durchgehende Schmiermittelschicht (z.B. aus Öl, Luft, Graphit). • Rollreibung tritt beim Abrollen rotationssymmetrischer Körper auf. Sie entsteht durch elastische Verformung in der Kontaktzone (Wälzlager, Rad Schiene). • Bei der Wälzreibung tritt zusätzlich zur Rollreibung eine kinematisch bedingte Gleitkomponente auf (Abwälzen von Zahnradflanken).

R u h e r e ib u n g

R e ib u n g

B e w e g u n g s r e ib u n g

G le itr e ib u n g G le itla g e r

R o llr e ib u n g

W ä lz r e ib u n g

W ä lz la g e r

Z u s tä n d e

Z a h n rä d e r B o h rr e ib u n g F e s tk ö r p e r r e ib u n g M is c h r e ib u n g F lü s s ig k e its r e ib u n g

Bild 5.15. Reibungsarten

5.1.1.4 Stribeck-Kurve

In Abhängigkeit der Gleitgeschwindigkeit ändern sich bei hydrodynamischen Gleitführungen und -lagern die Reibungszustände und die Reibkraft FR bzw. der Reibungskoeffizient µ: µ=

FR FN

mit FN als der Normalkraft.

(5.41)

5.1 Hydrodynamische Gleitführungen und Gleitlager

235

Diese Abhängigkeit wird mit der sogenannten Stribeck-Kurve dargestellt, Bild 5.16, in der über der Gleitgeschwindigkeit v der Reibungskoeffizient oder die Reibkraft FR aufgetragen ist. Auf der Geschwindigkeitsachse der StribeckKurve unterscheidet man Gebiete mit verschiedenen Reibungszuständen (vgl. Kapitel 5.1.1.3). Zwischen zwei unbewegten Führungselementen, die ohne trennendes Schmiermedium fest aneinander liegen, liegt im ruhenden Zustand die sogenannte Haftreibung vor. Bei sehr geringen Gleitgeschwindigkeiten bildet sich noch kein voll tragender Schmierfilm aus, so dass hier noch gleichzeitig Festkörperreibung vorliegt, die in der Regel mit hohem Verschleiß der Gleitflächen verbunden ist. Mit wachsender Gleitgeschwindigkeit baut sich ein Schmierfilm auf, so dass der hydrodynamische Traganteil zunimmt und der Traganteil durch die Festkörperberührung entsprechend abnimmt (Mischreibungsgebiet) bis, beginnend bei einer bestimmten Gleitgeschwindigkeit (Übergangsgeschwindigkeit vu¨ ), die gesamte Belastung über den Schmierfilm aufgenommen wird (Flüssigkeitsreibung). In diesem Bereich sind die Gleitflächen völlig durch den Schmierfilm voneinander getrennt, so dass kein Verschleiß der Gleitflächen mehr auftritt. Aus diesem Grund ist möglichst ein Dauerbetrieb oberhalb der Übergangsgeschwindigkeit anzustreben.

H a ftr e ib u n g F e s tk ö r p e r r e ib u n g

R e ib u n g s k o e ffiz ie n t µ

M is c h r e ib u n g

F lü s s ig k e its r e ib u n g

G le itfü h r u n g e n v o n D r e h u n d F r ä s m a s c h in e n

h y d r o d y n . R a d ia l- u n d A x ia lla g e r , G le itfü h r u n g e n v o n H o b e lm a s c h in e n u n d P r e s s e n s tö ß e ln Ü b e r g a n g s g e s c h w in d ig k e it v ü

G le itg e s c h w in d ig k e it v

Bild 5.16. Stribeck-Kurve

Führungen an spanenden und abtragenden Werkzeugmaschinen werden in der Regel im Mischreibungsgebiet betrieben, da die Gleitgeschwindigkeiten (Vorschubgeschwindigkeiten) relativ niedrig sind. Höhere Gleitgeschwindigkeiten liegen bei den Elementen vor, die schnelle Stellbewegungen (z.B. Werkzeugwechsel) oder hohe Arbeitsgeschwindigkeiten ausführen (z.B. Hobelmaschinen, Pressenstößel), da

236

5 Führungen und Lagerungen

hier die Gleitgeschwindigkeit mit der relativ hohen Schnittgeschwindigkeit übereinstimmt. Infolgedessen können die Gleitführungen an diesen Maschinen im Flüssigkeitsreibungsgebiet der Stribeck-Kurve betrieben werden. Hydrodynamische Axialund Radiallager von Hauptspindeln laufen in der Regel ebenfalls im Gebiet der Flüssigkeitsreibung.

Ö lv o r r a ts b e h ä lte r

L u ftd ru c k s y s te m R



R e ib k r a ft F

v

R e ib k r a ft F

B e tt

R

S c h litte n

h y d r o d y n a m is c h e G le itfü h r u n g

v

G le itg e s c h w in d ig k e it v

a e r o s ta tis c h e G le itfü h r u n g

G le itg e s c h w in d ig k e it v

v

h = k o n s t.

G le itg e s c h w in d ig k e it v

W ä lz fü h r u n g

R e ib k r a ft F

v

R e ib k r a ft F

R

R

H y d r a u lik s y s te m

h y d r o s ta tis c h e G le itfü h r u n g

h = k o n s t.

G le itg e s c h w in d ig k e it v

Bild 5.17. Reibungskennlinien verschiedener Führungsarten

Einen Vergleich der Reibungskennlinien (Stribeck-Kurve) von hydrodynamischen Führungen mit denen von hydrostatischen, aerostatischen und Wälzführungen zeigt Bild 5.17. Bei gleicher Ölviskosität, Reibfläche und Spalthöhe ist die Steigung der Reibungskurven von hydrostatischen und hydrodynamischen Führungen bzw. Lagern im Flüssigkeitsreibungsgebiet gleich. 5.1.1.5 Stick-Slip-Effekt

Bei kleinen Gleitgeschwindigkeiten im Bereich der Mischreibung kommt es häufig zu ungleichförmigen Bewegungen infolge des sogenannten Stick-Slip-Effektes (Ruckgleiten). Dieser Effekt, der auf die negative Steigung der Stribeck-Kurve im Mischreibungsgebiet zurückzuführen ist, ist durch ein periodisches Haften und Gleiten gekennzeichnet [15]. Bild 5.18 zeigt dazu ein vereinfachtes schematisches Modell. Der Schlitten wird durch die Feder gezogen und in Bewegung gesetzt. Darunter ist der Verlauf der Zugkraft FZ , die über eine Feder an dem Schlitten angreift, und der Gleitweg s in Abhängigkeit von der Zeit t aufgetragen. Die Feder mit der Steifigkeit kF repräsentiert

237

m F M

F N

F M

M a s s e n k ra ft

F N

N o r m a lk r a ft

F R

R e ib k r a ft Z

F e d e rk ra ft

F k m

F

F R

k

Z

v

F

H a ft

Z e it t F

F e d e r s te ifig k e it

G le ite n H a fte n G le itw e g s

F x

F e d e rk ra ft F

Z

5.1 Hydrodynamische Gleitführungen und Gleitlager

v . t

s

M a s s e Z e it t

Bild 5.18. Schema des Stick-Slip-Effektes

die elastischen Teile des Antriebs (wie z.B. die Steifigkeit von Vorschubspindel, Vorschubgetriebe u.a.). Um den Schlitten in Bewegung zu setzen, ist zunächst die Haftreibung zu überwinden, d.h. die Feder wird so lange gespannt, bis die Federkraft der zu überwindenden Haftreibung entspricht. Daraufhin setzt sich der Schlitten in Bewegung und zwischen Schlitten und Führungsbahn wirkt entsprechend der Stribeck-Kurve nur noch eine beträchtlich geringere Reibkraft, so dass der Schlitten beschleunigt in Bewegung gerät (Gleitruck). Hierdurch wird die Feder entspannt und die Zugkraft FZ auf den Schlitten reduziert, so dass der Schlitten erneut zum Stehen kommt. Danach muss wiederum die Haftreibung überwunden werden, und es beginnt ein neuer Zyklus. Zur theoretischen Betrachtung des Stick-Slip-Effektes sei die Differentialgleichung der Schlittenbewegung angeführt: m · x¨ + FR + kF · x = kF · v · t.

(5.42)

Sie ergibt sich aus dem Gleichgewicht der am Schlitten angreifenden Kräfte: FZ = FR + FM ,

(5.43)

mit FZ Federkraft, FR Reibkraft, FM Massenkraft. Vernachlässigt man die Dämpfung in den Antriebselementen, so wird die Dämpfung des Systems allein von der Reibkraft FR verursacht, wobei nach Bild 5.19 für den vorderen Ast der Kurve gilt: FR ≈ FHa f t +C1 · v.

(5.44)

C1 = ∆FR /∆x˙ entspricht der negativen Steigung der Stribeck-Kurve in diesem Bereich.

238

5 Führungen und Lagerungen

S tic k - S lip B e r e ic h

H a ft

R e ib k r a ft F

R

F

D F

F R

D v

R

S tr ib e c k k u r v e

G le itg e s c h w in d ig k e it v

Bild 5.19. Stick-Slip-Bereich in der Stribeck-Kurve

Im Mischreibungsgebiet ist die Steigung C1 der Stribeck-Kurve negativ, so dass mit zunehmender Geschwindigkeit v die Dämpfung des Systems abnimmt. Die Bewegungsgleichung für das Mischreibungsgebiet lautet somit: m · x¨ −C1 · x˙ + kF · x = kF · v · t − FHa f t .

(5.45)

Die Neigung zum Stick-Slip-Effekt kann somit verringert werden durch: • • • •

geringeren Reibwertabfall im vorderen Ast der Stribeck-Kurve, kleinere Übergangsgeschwindigkeit durch zäheres Öl, größere Tragflächen, höhere statische Steifigkeit der Elemente des Vorschubantriebs, geringere Massen.

Ein geringerer Reibwertabfall kann durch hochpolymere Zusätze zum Schmieröl oder Kunststoffbeschichtung der Führungselemente (s. Kapitel 5.1.2.2) erreicht werden. 5.1.2 Hydrodynamische Gleitführungen

Hydrodynamisch geschmierte Gleitführungen kommen in den unterschiedlichsten Ausführungsformen vor, sie sind im Bereich des Werkzeugmaschinenbaus durch Wälzführungen verdrängt worden (Bild 5.5). Ihre positiven Eigenschaften sind die hohe Steifigkeit und Dämpfung. 5.1.2.1 Werkstoffe für Gleitführungen

Gleitführungen werden meist im Mischreibungsgebiet betrieben und unterliegen damit einem Verschleiß. Im Hinblick auf die Gleit- und Reibungseigenschaften und

5.1 Hydrodynamische Gleitführungen und Gleitlager

239

damit auf die Langzeiteigenschaft der Gleitführungen kommt der Materialpaarung und Oberflächenbearbeitung der beiden Gleitpartner eine entscheidende Bedeutung zu. Bild 5.20 zeigt eine statistische Verteilung der derzeit eingesetzten Werkstoffpaarungen. Hierbei werden zu 33% die Kombination Grauguss/Kunststoff und zu 29% Stahl/Kunststoff eingesetzt, während die übrigen Paarungen nur in geringem Maße verwendet werden [209]. Beim bewegten Teil der Führung (Schlitten) kommen überwiegend Grauguss und Kunststoffe auf Epoxidharz- und Teflonbasis (PTFE) zum Einsatz. Die Gleitbahn des feststehenden Führungsteils (Bett, Ständer) wird meistens aus Grauguss oder Stahl Ck 45 (vergütet), 16MnCr5 (einsatzgehärtet) oder 90MnV8 (gehärtet) hergestellt. 3 5 A u s w e r tu n g b e i 3 5 W e r k z e u g m a s c h in e n h e r s te lle r n 3 0 S ta n d : 1 9 9 5 2 5

A n te il [% ]

2 0 1 5 1 0 5 0

G ra u g u s s / G ra u g u s s

G ra u g u s s / K u n s ts to ff

S ta h l/ S ta h l

S ta h l/ G ra u g u s s

S ta h l/ K u n s ts to ff

S ta h l/ B ro n z e

Bild 5.20. Eingesetzte Werkstoffpaarungen bei Gleitführungen

Kunststoffgleitbeläge auf Epoxidharzbasis nehmen in geringem Maße Wasser auf. So tritt vor allem bei Langzeiteinwirkung von Kühlemulsion eine Dickenzunahme auf (Bild 5.21). Dieses Phänomen, das auch als „Quellen“ bezeichnet wird und unter ungünstigen Umständen zum Klemmen des Schlittens führen kann, ist der gravierende Nachteil dieser Führungsmaterialart [53]. Die Herstellung von kunststoffbeschichteten Führungen erfolgt durch Aufkleben von Kunststofffolien oder durch Abformtechnik. Bild 5.22 gibt die einzelnen Phasen des Abformvorgangs bei der Spachteltechnik wieder. Die Führungsflächen des Bettes sind fertiggeschliffen, die Laufflächen des Schlittens lediglich grob vorbearbeitet (gefräst oder gehobelt). Die oberen Fotos zeigen die vorbearbeiteten Führungsflächen des umgedrehten Tisches, die mit Kunststoffmasse bespachtelt werden. Die bespachtelten Führungsflächen des Tisches werden daraufhin in die ge-

240

5 Führungen und Lagerungen

1 0

T ro c k n u n g s z e it

E in la g e r u n g s z e it

m m

2 ,5 m m 1 m m

6

M e ta ll

K u n s ts to ff

M e ta ll

D ic k e n ä n d e r u n g

4

P r o b e n g e o m e tr ie 2

T a s ts tre c k e

2 4

3

1 0

0 3 -2

-4

5 0 3 0

2 0

P ro b e T y p T y p T y p

4 0

6 0

Z e it

8 0

n in G le itb a h n ö l U h 20 = 1 7 0 m P a s V W

1 0 0

T a g e

P r o b e n in T y p T y p T y p

1 4 0

4 % U V W

S c h le ife m u ls io n

K u n s ts to ffg le itb e la g a u f E p o x id h a r z b a s is U : s p a c h te lb a r V : in jiz ie r b a r W : in jiz ie r b a r

Bild 5.21. Wirkungen des Umgebungsmediums (Gleitbahnöl, Emulsionen) auf die Dickenänderung verschiedener Kunststoffbeschichtungen

schliffene Gegenführung des Bettes eingesenkt, die vorher mit einem Trennmittel eingesprüht wurde, damit die Kunststoffmasse an der Bettführung nicht anhaftet. Um eine korrekte Ausrichtung des Tisches und eine gleichmäßige Kunststoffschicht zu erzielen, justiert und befestigt man vor dem Einlegen des Tisches Anschlag- und Abstandsleisten am Bett. Durch das Tischgewicht und evtl. zusätzliche Lasten oder Verschraubungen wird der überflüssige Kunststoff aus der Fuge gedrückt. Im Zwischenraum zwischen Tisch und Bett härtet der nicht verdrängte Kunststoff aus. In Bild 5.23 sind konstruktive Details zur Herstellung von kunststoffbeschichteten Gleitführungen mit Hilfe der Einspritztechnik dargestellt. Die zu beschichtende Oberfläche wird für die Gewährleistung einer besseren Haftung zwischen Metall und Kunststoff wie bei der Spachteltechnik grob gefräst oder gehobelt. Bei dieser Technik erfolgt die Beschichtung durch Einpressen der Kunststoffmasse in den Zwischenraum der beiden Bauteile, die genau ausgerichtet und fixiert werden. Zur Vermeidung des seitlichen Austretens der Kunststoffmasse während des Spritzund Aushärtevorganges werden Klebebänder oder Moos-Gummi eingelegt. Die linke Führungsleiste wird durch eine Passfeder zum Bett hin fixiert. Zur Vermeidung von umfangreichen Anpassarbeiten wird auch hier die Kunststoff-Einspritztechnik angewandt. In Bild 5.24 wird die Kunststoffmasse gegen eine Plexiglasscheibe abgeformt, um die Verteilung des Kunststoffes während des Einspritzvorganges darzustellen. Die mäanderförmige Schmiernut wird hierbei wie folgt erzeugt: Zur Volumenver-

5.1 Hydrodynamische Gleitführungen und Gleitlager

241

v o r b e r e ite te r B e tts c h litte n

s c h ic h tw e is e s A u ftr a g e n d e r S p a c h te lm a s s e

b e s c h ic h te te r B e tts c h litte n

A u fle g e n d e s S c h litte n s a u f d a s B e tt

Bild 5.22. Herstellung einer kunststoffbeschichteten Führungsbahn mit der Spachteltechnik. Quelle: Diamant Metallplastic R 1 /4

0 ,0 5 1 -2

0 ,0 5

1 -2

S c h litte n K e ille is te x 0 ,0 5 y

0 ,0 5

E in p r e s s b o h r u n g e n s ta rk a n g e fa s t 0 ,0 5

0 ,0 5

R 1 /4

g e s c h ra u b te F ü h ru n g s le is te u n d P a s s fe d e r P a s s fe d e r

5

5

B e tt

0 ,0 5

0 ,5 2 ,5

E in z e lh e it X

K u n s ts to ffg le itb e la g

A n s ic h t y

F r ä s e n m it E in s c h n e id e r T ie fe ~ 0 ,5

Bild 5.23. Gestaltung einer kunststoffbeschichteten Gleitführungen. Quelle: nach SKCGleitbelagtechnik

242

5 Führungen und Lagerungen

Bild 5.24. Einspritztechnik bei der Herstellung von kunststoffbeschichteten Gleitführungen. Quelle: SKC-Gleitbelagtechnik

drängung werden mäanderförmige Kunststoffkörper (meist aus Thermoplast) hergestellt, die genau die stoffliche Gestalt der Schmiernut besitzen. Diese Kunststoffmäander werden vor dem Ausrichten des Tisches auf die Führungsbahn geklebt. Danach werden Führungsbahn und diese Kunststoffstreifen mit einem Trennmittel besprüht. Nach dem Einspritzen und Aushärten des eingespritzten Gleitbahnkunststoffes und dem Abziehen der Kunststoffmäander ist die gewünschte Schmiernutform in die Kunststoffgleitbahn eingeformt. In dem überwiegenden Teil (ca. 60%) der Kunststoffgleitführungen werden nach dem Aushärten Öltaschen geschabt. Die durch das Schaben erzeugten kleinen Öltaschen verbessern das Gleitverhalten, insbesondere die Anlaufreibung nach längerem Stillstand. Durch das Abformen besitzt die Oberfläche der Kunststoffbeschichtung die gleiche Struktur der Oberflächenrauheit wie die metallische Seite des Gegenpartners. Das führt zu relativ höheren Reibungswerten, da die beiden Gleitpartner zum Verzahnen neigen. Ein geringerer Teil (ca. 25%) kommt ohne weitere Bearbeitung nach dem Abformen zum Einsatz [209]. Die Führungsbahnen aus Grauguss werden durch Schaben, Umfangschleifen, Stirnschleifen und Feinfräsen endbearbeitet, während die gehärteten Stahlleisten meist nur durch Umfang- und Stirnschleifen ihr endgültiges Maß erhalten. Tragende Führungsbahnen sollten wegen Fressgefahr und Verschleiß gehärtet sein. Grauguss wird durch Brenn- bzw. Induktionshärtung oder Gießen gegen Abschreckplatten auf hohe Oberflächenhärten von HB = 4,5...6 kN/mm2 gebracht. Einsatzgehärtete oder nitrierte Stahlführungen (HRC 58 bis 63) sind in Form von Recht-

5.1 Hydrodynamische Gleitführungen und Gleitlager

243

eckführungsleisten, Rundsäulen oder Federbandstahl im Handel erhältlich. Das Material des kürzeren bewegten Gegenpartners sollte aus weicherem Material (Bronze, Kunststoff) bestehen, um ein Fressen bei hohen Pressungen zu vermeiden. 5.1.2.2 Tribologische Eigenschaften

Um die Einflussgrößen, die das Reibungs- und Verschleißverhalten einer Führung bestimmen, beschreiben zu können, ist die Betrachtung des kompletten Tribosystems erforderlich. Es besteht aus Grund- und Gegenkörper, Zwischenstoff und Umgebungsmedium [35, 68] (Bild 5.25).

B e a n s p r u c h u n g s k o lle k tiv te c h n is c h -p h y s ik a lis c h e B e a n s p ru c h u n g s p a ra m e te r

z e itlic h e r B e w e g u n g s a b la u f

B e w e g u n g s fo rm

- k o n tin u ie r lic h - o s z illie r e n d - in te r m ittie r e n d

- G le ite n - R o lle n

-N o -G e -T e -B e

S tr u k tu r d e s T r ib o s y s te m s

E ig e n s c h a fte n v o n G r u n d u n d G e g e n k ö rp e r

G e g e n k ö rp e r

- W e r k s to ff ( G r e n z s c h ic h t) - O b e r flä c h e n s tr u k tu r ( M ik r o - u . M a k r o g e o m e tr ie )

E ig e n s c h a fte n d e s Z w is c h e n s to ffe s

U m g e b u n g s m e d iu m

- A r t ( L u ft, Ö l, E m u ls io n , P a r tik e l) - V is k o s itä t, A d d itiv e - M e n g e , Z e itin te r v a ll

R e ib u n g -F -M -F -R -S

e s tk ö r p e r r e ib u n g is c h r e ib u n g lü s s ig k e its r e ib u n g o llr e ib u n g tic k - S lip

G ru n d k ö rp e r

rm s c m p a n

a lk r a ft h w in d ig k e it e ra tu r s p ru c h u n g s d a u e r

W e c h s e lw ir k u n g e n z w is c h e n d e n E le m e n te n -K o n ta k tz u s ta n d - R e ib u n g s z u s ta n d - V e r s c h le iß m e c h a n is m e n

Z w is c h e n s to ff

V e r s c h le iß - A d h ä s io n ( F r e s s e n ) - A b r a s io n - O b e r flä c h e n z e r ü ttu n g - T r ib o c h e m . R e a k tio n e n - Q u e lle n

Bild 5.25. Einflüsse auf das Reibungs- und Verschleißverhalten einer Werkzeugmaschinenführung

Auf dieses Tribosystem wirken unterschiedliche Einflussgrößen. Das Beanspruchungskollektiv umfasst die Bewegungsart (Gleiten, Rollen usw.), den zeitlichen Bewegungsablauf (kontinuierlich, oszillierend usw.) sowie die Belastungsparameter (Normalkraft FN , Geschwindigkeit v, Temperatur ϑ und Beanspruchungsdauer tB ). Von besonderer Bedeutung sind ferner die Eigenschaften von Grund- und Gegenkörper mit ihren Werkstoffen und ihren Oberflächenstrukturen, sowie der Zwischenstoff nach seiner Art, Viskosität und Menge. Wechselwirkungen zwischen den Elementen resultieren aus dem Kontakt- und Reibungszustand des Tribosystems sowie aus den sich bildenden Verschleißmechanismen. Das Reibungsverhalten von unterschiedlichen Materialpaarungen und Oberflächenstrukturen ist in Bild 5.26 dargestellt [137]. Die hydrostatische Führung und

244

5 Führungen und Lagerungen O b e r p r o b e /B e a r b e itu n g G G

1 2 3 4 5 6

G G G G G G g e f. P T F

2 5 / 2 5 / 2 5 / 2 5 / E p o E m

U m S tir S tir S tir x id it B

fa n g s c h le ife n n frä s e n H M n s c h le ife n n fr ä s e n m . S c h n e id k e r a m ik h a rz / A b fo rm e n r o n z e / U m fa n g s c h le ife n

R e ib u n g s k o e ffiz ie n t f

0 ,1 5

G G G G G G G G G G G G

2 5 2 5 2 5 2 5 2 5 2 5

/ U / U / U / U / U / S

m fa n g s c h m fa n g frä s m fa n g s c h m fa n g s c h m fa n g s c h tir n fr ä s e n

le e le le le H n

ife n

2

O b e rp ro b e U n te rp ro b e

G le itö l h 2 0 = 1 7 0 m P a s ; V = 3 m m 3 S c h m ie r u n g s in te r v a ll D t = 1 5 m in . G le itw e g s = 6 0 k m 1

3

2

v

ife n ife n ife n M

1

0 ,1 0

A = 5 0 ×2 5 0 m m p = 5 0 N / c m 2

U n te r p r o b e /B e a r b e itu n g

- 6 7 8

G le W ä h y d F ü h

itfü h r u n g lz fü h r u n g r o s ta tis c h e ru n g

4 5

0 ,0 5

0

6 8 7 1

2

5

1 0

2 0

5 0

2 0 0

G le itg e s c h w in d ig k e it v

5 0 0

1 0 0 0

m m /m in

1 0 0 0 0

Bild 5.26. Reibungsverhalten unterschiedlicher Materialien und Oberflächenstrukturen

Wälzführung sind mit ihren niedrigen Reibungskoeffizienten zum Vergleich mit eingezeichnet. Bei den Gleitführungen haben die Oberflächenstrukturen starken Einfluss auf den Verlauf der Reibungskennlinie (Stribeck-Kurve). Die Anwendung des Bearbeitungsverfahrens Umfangschleifen für die feststehende Unterprobe (Bett) und die bewegte Oberprobe (Schlitten) führt zu hohem Ruhereibwert mit einem steilen Abfall der Reibungskoeffizienten mit steigender Geschwindigkeit (Kennlinie 1). Der starke Abfall des Reibungskoeffizienten im unteren Gleitgeschwindigkeitsbereich begünstigt die unerwünschte Stick-Slip-Neigung (Ruckgleiten) bei niedrigen Vorschubgeschwindigkeiten. Zur Vermeidung dieses steilen Abfalls sollte der obere Partner der Gleitführung, d.h. meistens der Schlitten, Bearbeitungsriefen quer zur Führungsrichtung, der untere Partner Bearbeitungsspuren in Führungsrichtung aufweisen [136, 209]. Dies ist oben durch Stirnschleifen oder noch besser durch Stirnfräsen und unten durch Umfangschleifen erreichbar. In diesem Fall liegt im unteren Geschwindigkeitsbereich (v < 10 mm/min) das gesamte Niveau der Reibungskoeffizienten deutlich niedriger und die Kennlinien haben bis zu Geschwindigkeiten von 50 bis 100 mm/min eine positive Steigung. Dadurch wird der Stick-Slip-Neigung entgegengewirkt (Kennlinie 2, 3, 4). Eine günstige Reibungskennlinie auch bezüglich niedriger Stick-Slip-Neigung zeigen gefüllte Epoxidharze und PTFE (Teflon) mit Bronze (Kennlinie 5 und 6). Teflon erlaubt sogar Trockenlauf, weist jedoch geringe Drucksteifigkeit (Kantenfestigkeit) auf. Die Schmierung von hydrodynamischen Gleitführungen hat im Hinblick auf deren Reibungs- und Verschleißverhalten eine wichtige Funktion zu erfüllen. Die meisten Werkzeugmaschinen (bis zu 80%) sind mit Impulsschmieranlagen für die Gleitführungen ausgestattet [209]. Kontinuierliche Fallölschmierung und

5.1 Hydrodynamische Gleitführungen und Gleitlager a ) S c h m ie r n u tfo r m

245

b ) S c h m ie r n u tq u e r s c h n itt

g ü n s tig e r e R e ib u n g s k o e ffiz ie n te n

R 1

2

g ü n s tig 1 R

2 2

R

1

t

u n g ü n s tig w e g e n A b s tr e ifw ir k u n g

3

Bild 5.27. Ölschmiernuten für Gleitführungen im oberen Teil des Bewegungspartners

Handschmierungen finden nur in geringem Maße Anwendung. Bei der Schmierung werden Gleitbahnöle mit Viskositäten von η = 30 · 10−3 Ns/mm2 bis 80 · 10−3 Ns/mm2 eingesetzt. Bild 5.27 zeigt Schmiernutformen und -querschnitte für Gleitführungen. Die oben (Bild 5.27 a1) dargestellte Schmiernutform zeigt ein vergleichsweise besseres Reibungsverhalten. Um das Abschaben des Öls zu verhindern, sollte der Schmiernutquerschnitt gerundete Kanten aufweisen (Bild 5.27 b1) und sich im oberen Teil des Bewegungspartners befinden. Als Eindringschutz gegen Schmutzpartikel werden an Gleitführungen Abstreifer (meist aus Kunststoff) angebracht (s. Kapitel 5.7). In Bild 5.28 werden die physikalischen Eigenschaften einiger gebräuchlicher Gleitbahnöle und der Einfluss des Schmieröls auf den Verlauf der Reibungskoeffizienten dargestellt [196]. Die legierten Mineralöle Öl 1, 2 und 3 enthalten verschleißmindernde Zusätze, Additive gegen Stick-Slip und Haftfähigkeitsverbesserer. Bei dem vierten Öl 4 handelt es sich um ein vollsynthetisches Getriebe-, Hydraulikund Kompressorenöl. Die Verläufe der Reibungskoeffizienten verdeutlichen, dass der verwendete Schmierstoff einen beträchtlichen Einfluss auf das Reibungsverhalten haben kann. Insbesondere wirkt sich eine relativ hohe Viskosität auf eine Reibungsverminderung (Verringerung des Festkörperreibungsanteils) im Mischreibungsgebiet aus. Bild 5.29 zeigt die Untersuchungsergebnisse hinsichtlich des Verschleißverhaltens bei unterschiedlichen Materialpaarungen und bei verschiedenen Fertigungsverfahren [178]. Der Verschleiß geschmierter, ungehärteter Grauguss-Gleitführungen liegt bei einer Belastung von 50 N/cm2 in der Größenordnung 1 bis 3 µm je Gleitpartner nach 60 km Gleitweg. Dies entspricht bei einem Einschichtbetrieb einer

246

5 Führungen und Lagerungen 0 ,2 0

W e rk s to ffp a a B e a r b e itu n g : O b e rp ro b e U n te rp ro b e G le itflä c h e : A F lä c h e n p r e s s

Ö l 4

R e ib u n g s z a h l f

0 ,1 5 Ö l 3

ru n g : G G 2 5 /G G 2 5 :

S tir n fr ä s e n U m fa n g s c h le ife n = 2 5 0 .5 0 m m 2 u n g : p = 5 0 N /c m 2 :

0 ,1 0 Ö l 1 Ö l 2

0 ,0 5

0 ,0 0 1

2

5

1 0

2 0

5 0

5 0 0 1 0 0 0 2 0 0 0

2 0 0

1 0 0

1 0 0 0 0

G le it g e s c h w in d ig k e it v [ m m /m in ] E ig e n s c h a fte n A r t d e s Ö ls D ic h te in g /c m 3

b e i 4 0 0

Ö l 4

Ö l 3

Ö l 2

Ö l 1

le g ie r te s u n d a d d itiv ie r te s M in e r a lö l C

k in e m a tis c h e V is k o s itä t in m m 2

/s b e i 4 0

d y n a m is c h e V is k o s itä t in m P a s b e i 4 0 0

0 ,8 6 4

0 ,8 7 8

0 ,8 9

6 6

2 2 0

6 8

6 8 ,3

5 7 ,0 2

1 9 3 ,1 7

5 9 ,7

5 7 ,5 1

C 0

C

s y n th e tis c h e s Ö l a u f P o ly a lp h a o le fin - B a s is 0 ,8 4 2

Bild 5.28. Einfluss des Schmieröls auf das Reibungsverhalten und die physikalischen Eigenschaften einiger gebräuchlicher Gleitbahnöle

3 0

2

p = 5 0 N / c m

U n te rp ro b e 1 0

1 0

2

A = 5 0 ×2 5 0 m m

O b e rp ro b e

3 0 4 0 2 0 G le itw e g s

k m

4

2

O b e rp ro b e

6 0

V e r s c h le iß

V e r s c h le iß

µ m

µ m

U n te rp ro b e

1

2

3

0 -1 -2 -3

U n te rp ro b e

0

O b e rp ro b e 1 0

2 0 3 0 4 0 G le itw e g s

G le itö l n 2 0 = 1 7 0 m P a s ; V = 3 m m 3 S c h m ie r u n g s in te r v a ll D t = 1 5 m in G le itw e g s = 6 0 k m 3

V e r s c h le iß b e tr a g n a c h 6 0 k m

5

µ m

5

2 1 0

G G

G G

G G

G G

G G

G G

G G

G G

-1 -2

O b e rp ro b e U n te rp ro b e

G G

: G ra u g u s s

-3

G G G G g e h ä rte t

P T F E G G m .B ro n z e

G G

g e fü llte s E p o x id h a r z ( g e q u o lle n )

U m fa n g s c h l./ S tir n s c h l./ U m fa n g s c h l./ S tir n fr ä s e n / S tir n fr ä s e n / U m fa n g s c h l./ A b fo r m e n / U m fa n g s c h l. U m fa n g s c h l. S tir n fr ä s e n U m fa n g s c h l. U m fa n g s c h l. U m fa n g s c h l. U m fa n g s c h l.

Bild 5.29. Verschleißwerte nach 60 km Gleitweg

k m

6 0

5.1 Hydrodynamische Gleitführungen und Gleitlager

247

V e r s c h le iß b e tr a g D

l

Betriebsdauer von rund fünf Jahren. Ein Härten der metallischen Führungen bewirkt bei einer geschmierten Gleitbeanspruchung keine gravierende Reduzierung des Verschleißes. Die heutigen abformbaren Kunststoffmaterialien führen durch Quellerscheinungen zu einer negativen Spalthöhenveränderung in der Größenordnung von bis zu 3 µm (d.h. Spalt wird trotz Reibverschleiß kleiner). Da während eines Fertigungsprozesses neben notwendigem Gleitbahnöl auch Kühlemulsion auf die Führungsbahn gelangen kann, ist im Allgemeinen mit höheren Quellwerten der Kunststoffe zu rechnen. Sehr weiche Führungsmaterialien wie reines PTFE zeigen unter einer im Werkzeugmaschinenbau üblichen spezifischen Belastung von 50 N/cm2 einen sehr hohen Verschleiß. Durch Beigabe von geeigneten Zusatzstoffen (z.B. Bronzepulver) verringern sich die Verschleißwerte bei weiterhin günstigen Reibungseigenschaften.

0 ,0 4 µ m /k m

m ittl. V e r s c h le iß b e tr a g /G le itw e g

0 ,0 3

A 6

4 D s

0

2 1 0

D l

2 0

= 5 0 × 2 5 0 m m p = 5 0 N / c m

2

2

O b e rp ro b e 4 0

v

6 0 k m

G le itw e g s

U n te rp ro b e

G le itö l n 2 0 = 1 7 0 m P a s ; V = 3 m m 3 S c h m ie r u n g s in te r v a ll D t = 1 5 m in G le itw e g s = 6 0 k m

0 ,0 2

0 ,0 1 0

-0 ,0 1

G G

G G

G G G G

G G

G G

G G

G G

G G

: G ra u g u ß

U m fa n g s c h l./ U m fa n g s c h l.

S tir n s c h l./ U m fa n g s c h l.

U m fa n g s c h l./ S tir n fr ä s e n O b e rp ro b e

P T F E G G m it B r o n z e E p o x id h a r z

S tir n fr ä s e n / U m fa n g s c h l.

U m fa n g s c h l./ U m fa n g s c h l.

G G

A b fo rm e n / U m fa n g s c h l.

U n te rp ro b e

Bild 5.30. Auf den Gleitweg bezogener Verschleißbetrag bei Gleitführungen

In Bild 5.30 ist der Verschleißanstieg nach der Einlaufphase für verschiedene Gleitpaarungen dargestellt. Hierbei ist zu beobachten, dass bei metallischen Paarungen die Verschleißanstiege relativ gering und bei der Paarung PTFE mit Bronze/Grauguss der Anstieg relativ hoch ist. Bei der Paarung Epoxidharz/Grauguss ist wegen des Quellens beim Kunststoffgleitbelag noch mit einer Spaltverengung zu rechnen.

248

5 Führungen und Lagerungen F lä c h e n p r e s s u n g p n a c h je 4 D o p p e lh ü b e n u m 6 b a r g e s te ig e r t

p

P r o b e n flä c h e

V e rs u c h s w e rk s to ff v

G G

G le itflä c h e n e in g e la u fe n , R

2 5

2

A = 1 8 ×6 0 m m tm

< 1 m m

G le itg e s c h w in d ig k e it v = 0 ,4 m / m in H u b lä n g e h = 5 5 m m T r o c k e n la u f

F lä c h e n p r e s s u n g p b e i F r e s s b e g in n

8 0 b a r 6 0 u n g e h ä rte t

g e h ä rte t 4 0 2 0

0

C 4 5

C 4 5

G G

2 5

G G

2 5

S n B z 8

P o ly a m id K R 1 0 7 6

L a g e rm e ta ll

P h e n o lh a r z G e w e b e

Bild 5.31. Einfluss der Werkstoffpaarungen auf die Neigung zum Fressverschleiß

Man muss nicht nur die Verschleißgeschwindigkeit, sondern auch die Neigung zum sogenannten Fressen bei Schmierungsausfall oder mangelhafter Schmierung als Kriterium für die Wahl einer Werkstoffpaarung betrachten. In den Bild 5.31 zugrunde liegenden Versuchen wurden Proben ohne Schmierung auf einer ebenen Platte aus GG 25 mit einer Gleitgeschwindigkeit von v = 0,4 m/min bei steigender Flächenpressung bewegt. Alle Ausgangsbedingungen wie Rauhtiefe, Hublänge, Probenfläche usw. waren gleich. Während bei Stahl, Grauguss und der Bronzelegierung schon bei relativ geringen Flächenpressungen Fressen eintritt, ist bei Kunststoff und Lagermetall selbst bei Flächenpressungen von über 800 N/cm2 kein Fressen zu beobachten. Mit diesen Werkstoffen sind gute Notlaufeigenschaften zu erzielen. Der Verschleiß steigt näherungsweise linear mit der Flächenpressung an. Die Breite von Führungsbahnen sollte deshalb in Abhängigkeit von der Kraftrichtung genügend groß ausgelegt werden. Bild 5.32 zeigt anschaulich, wie eine gleich große Kraft F bei unterschiedlicher Richtung zu den Führungsbahnflächen zu abweichenden Flächenpressungen (pA , pB ) und damit zu unterschiedlichem Verschleiß (δA , δB ) an den Führungsflächen A und B führt [140]. Der Verschleiß δA und δB bewirkt eine Verlagerung des geführten Schlittens. Aus Bild 5.32 lassen sich zwei Konstruktionsforderungen ableiten: • Die Führungsflächen sollen möglichst senkrecht zur resultierenden Belastungskraft liegen.

5.1 Hydrodynamische Gleitführungen und Gleitlager

F F

F F

A

F F

p

249

F A

B

p

B

F

F A

B

B

A

d

D r

A

d

D r B

g u t

D r

s c h le c h t

Bild 5.32. Einfluss der Belastung auf Flächenpressungen, Verschleiß und Werkstückgenauigkeit. Quelle: [140]



Der resultierende Verschleiß soll möglichst nur eine tangentiale Relativverlagerung von Werkzeug und Werkstück an der Bearbeitungsstelle verursachen, so dass der Fertigungsfehler infolge des Führungsbahnverschleißes gering bleibt.

5.1.2.3 Führungselemente und Konstruktionsmerkmale

Die geometrischen Grundformen der Führungselemente sind aus Rechteck-, Dreieck- oder Kreisformen hergeleitet (Bild 5.33) [140]. Um das Spiel von Geradführungen auszugleichen, werden in der Regel Passleisten eingesetzt. Die dargestellten Grundformen bilden die Ausgangsformen für praktisch eingesetzte Führungskonstruktionen. Eine der heute gebräuchlichsten Gleitführungsformen ist die Flachführung, die einfach zu bearbeiten ist und sich durch eine hohe Steifigkeit auszeichnet. Zur einwandfreien seitlichen Führung des Tisches sollten Schmalführungen verwendet werden (Bild 5.34 unten). Der Abstand b der Führungsflächen sollte möglichst klein sein („Schmal“-Führung), um ein Verkanten (Schubladeneffekt) und thermische Einflüsse auf das Spiel zu verhindern. Bild 5.34 verdeutlicht, dass der Schlitten mit großem Abstand der seitlichen Führungsflächen ein größeres Spiel bei Erwärmung (z.B. durch heiße Späne, die auf dem Tisch liegenbleiben) erhält als der Schlitten, der mit Hilfe einer Schmalführung fixiert ist.

250

5 Führungen und Lagerungen

A : R e c h te c k fü h ru n g A u s g a n g s fo r m d e r F la c h fü h r u n g

C : K le m m b a r e R u n d fü h r u n g m e is t V e r s te llfü h r u n g

B : A b g e fla c h te D r e ie c k fü h r u n g A u s g a n g s fo r m d e r P r is m a u n d S c h w a lb e n s c h w a n z fü h r u n g

D : D o p p e lr u n d fü h r u n g n u r s p ie lfr e i, w e n n g e n ü g e n d g e n a u g e fe r tig t

Bild 5.33. Grundformen für Führungspaare. Quelle: [140] s c h le c h t b s

s : S p ie l o d e r K le m m e n in fo lg e W ä r m e d e h n u n g d e s T is c h e s s b

g u t

Bild 5.34. Flachführungen mit und ohne Schmalführungen

5.1 Hydrodynamische Gleitführungen und Gleitlager

251

In Bild 5.35 sind einige konstruktive Lösungsmöglichkeiten für die Schmalführung gezeigt. Die Lösung A hat eine komplizierte Umgriffleiste, die schwierig anzupassen ist. Darüber hinaus bereitet die innere Führungsfläche der Schmalführung des Bettes infolge der verdeckten Lage Bearbeitungsschwierigkeiten. Demgegenüber sind die Schmalführungsflächen des Bettes in den Lösungen B und C einfacher zu bearbeiten, da sie beidseitig für die Bearbeitung zugänglich sind. In der Lösung D ist die Schmalführung in die Mitte des Tisches verlegt. Auf diese Weise wird das Bett im Bereich der Vertikalführungsflächen nicht durch die Schmalführung geschwächt, und man erhält bei einer Erwärmung des Tisches eine symmetrische thermische Verlagerung zu beiden Seiten hin. p

u

A

p

u

p

B

u C

p

D

u U m g r iffle is te p P a s s le is te

u

Bild 5.35. Lösungsmöglichkeiten für Schmalführungen

Längsführungen, die von der Dreiecksform (vgl. Bild 5.33) abgeleitet sind, fesseln den Tisch in zwei Richtungen, so dass zusätzliche Schmalführungen entfallen. Bei Drehmaschinen findet man häufig die Prismenführung in Kombination mit Flachführungen, in seltenen Fällen auch als Doppelprismenführung (Bild 5.36). Eine Doppelprismenführung bildet eine statisch und dynamisch hervorragende bewegliche Verbindung. Ihr Nachteil ist die statische Überbestimmtheit und der hohe Fertigungsaufwand durch die erforderliche Passarbeit. Bei thermischer Ausdehnung des Schlittens quer zur Bewegungsrichtung wandert der Tisch nach oben, und es kann Klemmen auftreten. Dieser Führungstyp findet deshalb bei weniger belasteten Feinbearbeitungs- und Messmaschinen Anwendung. Demgegenüber ist die

252

5 Führungen und Lagerungen P r is m e n - F la c h fü h ru n g

D o p p e lp r is m e n fü h ru n g

s ta tis c h b e s tim m t

s ta tis c h ü b e r b e s tim m t

D o p p e lp r is m e n F la c h fü h r u n g

s ta tis c h b e s tim m t

Bild 5.36. Prismen-Flach- und Doppelprismenführung

Prismen-Flachführung statisch bestimmt. Der Tisch kann sich unter Wärmeeinwirkung ohne Klemmen in Richtung der Flachführung ausdehnen. Ein Vergleich zur reinen Flachführung (Bild 5.34) zeigt, dass eine Führungsfläche eingespart wird. Prismenführungen zeichnen sich durch einen günstigen Selbstreinigungseffekt aus (Schmutz fließt ab).

F e h le r fr e ie s T r a g e n

F e h le r h a fte s T r a g e n s ta r k r e d u z ie r te S te ifig k e it

Bild 5.37. Schwalbenschwanzführung

Eine weitere Führungsart, die sich von der Dreiecksform ableiten lässt, ist die „Schwalbenschwanzführung“ (Bild 5.37). Diese Führung benötigt nur vier Füh-

5.1 Hydrodynamische Gleitführungen und Gleitlager

253

rungsflächen und baut daher relativ klein. Ihre wirtschaftliche Fertigung stellt mit den heutigen Produktionsmaschinen und der Kunststoffabformtechnik kein Problem dar. Diese Führungsart findet Anwendung bei Stoßmaschinen (Kurzhoblern) und kleineren bis mittelgroßen Fräsmaschinen.

S c h litte n A n tr ie b s s p in d e l

a )

B e tt

V o rs c h u b g e tr ie b e

c ) S c h m ie r s y s te m T e le s k o p a b d e c k u n g

E n d s c h a lte r S c h m u tz a b s tr e ife r

b )

d )

Bild 5.38. Flachführung und Zubehör einer Schlitteneinheit. Quelle: DIAG-Honsberg

Wie bei allen Umgriffkonstruktionen ist auch hier darauf zu achten, dass ein Aufklaffen des Umgriffs unter Last durch eine ausreichend steife Gestaltung vermieden wird. In den folgenden Bildern sind beispielhaft Geradführungen von Werkzeugmaschinenschlitten und -supporten gezeigt. In Bild 5.38 ist eine Schlitteneinheit abgebildet, die beispielsweise in Transferstraßen integriert wird. Auf das Bett sind auswechselbare, gehärtete Führungsbahnen aufgeschraubt. Die Schmierstellen der Führung werden über einen zentralen Anschluss mit Schmiermittel versorgt (c). Um die Führungsbahnen vor Beschädigung zu schützen, sind am Schlitten Schmutzabstreifer (b) und Teleskopabdeckungen (d) angebracht. In Bild 5.39 erkennt man die Anordnung sämtlicher Führungsbahnen für die Ständer-, Schlitten- und Fräskopfbewegungen an einer Vertikalfräsmaschine. Alle Führungen sind an dieser Maschine als kunststoffbeschichtete Flachführungen realisiert. Bild 5.40 zeigt die Lage der Führungen von Support und Reitstock an einer NCSchrägbett-Drehmaschine. Die obere Führung dient der Supportführung (Arbeitsführung), die untere der Reitstockführung (Verstellführung). Als positive Konstruktionsmerkmale erkennt man den innenliegenden Umgriff, der eine hohe Steifigkeit gewährleistet sowie die günstig zu bearbeitenden Flachführungen, die zudem leicht abzudecken sind und in Verbindung mit dem Schrägbett einen guten Spänefall zulassen.

254

5 Führungen und Lagerungen

y z x

Bild 5.39. Führungen an einer Universalfräsmaschine. Quelle: nach Deckel L ä n g s s u p p o rtfü h ru n g x

Q u e rs u p p o rtfü h ru n g

B e tt W e rk s tü c k

z

S p in d e lk a s te n R e its to c k R e its to c k fü h ru n g ( V e r s te llfü h r u n g )

Bild 5.40. Führungen an einer NC-Schrägbett-Drehmaschine. Quelle: Gildemeister

Die Führungsbahnen an Maschinenbetten und Ständern bestehen in der Regel aus geschliffenen durchgehärteten Stahlleisten, die auf das Bett aufgeschraubt werden (Bild 5.41). Wie in Bild 5.42 dargestellt, werden fertiggeschliffene durchgehärtete Führungsleisten als Standardelemente auf dem Markt angeboten. Bei langen Führungsbahnen werden mehrere Stahlleisten aneinandergereiht. Meist werden die Führungsleisten nach ihrer Montage überschliffen. Statt Füh-

5.1 Hydrodynamische Gleitführungen und Gleitlager

255

M e ta ll- o d e r K u n s ts to ffs to p fe n

P a s s s tift

S ta h l G u s s

K le m m le is te

B e is p ie l: F ü h r u n g s le is te n a n e in e m

M a s c h in e n b e tt

K u n s ts to ff

P a s s fe d e r

Bild 5.41. Aufgesetzte Stahlführungsleiste. Quelle: nach Scharmann, Schaerer, Giddings&Lewis, Diedesheim 0 ,0 1

c e

a b

// 0 ,0 1 B / / 0 ,0 1 B

B

/ / 0 ,0 1 A

*

g A

// 0 ,0 1 A

A /B

* b e i g e s c h liffe n e n S tir n s e ite n

in F r e im a ß to le r a n z u n d in P a s s u n g s to le r a n z

M a ß e a , b , c R G e s a m ta b s ta n d s to le r a n z R ü c k e n a b s ta n d O b e r flä c h e n h ä r te

t

3 µ m

fe r tig g e s c h liffe n

t

6 µ m

v o r g e s c h liffe n

R

O b e r flä c h e n g ü te

e

g

+ /- 0 ,6 -0 ,8 m m /m + /- 0 ,5 m m 6 0 + /- 2 H R C

Bild 5.42. Durchgehärtete Führungsleiste. Quelle: BSI

256

5 Führungen und Lagerungen

rungsleisten werden auch geschliffene und gehärtete Stahlbänder als Führungsflächen aufgeklebt (Bild 5.43). e x z e n tr is c h e r S p a n n z a p fe n

W ä lz la g e r

S ta h lle is te S ta h lb a n d

S ta h lb a n d

Bild 5.43. Tischführung mit gespannten Stahlbändern. Quelle: Scharmann

5.1.2.4 Klemmeinrichtungen

Viele Führungen an Werkzeugmaschinen werden je nach Bearbeitungsaufgabe als Bewegungsführung sowie als Verstellführung benutzt. Diese Führungen müssen bei hohen Belastungen im Stillstand durch eine spezielle Einrichtung festgeklemmt werden. Für solche Aufgaben existieren neben firmenspezifischen Lösungen auch Standardelemente, die große Klemmkräfte erzeugen können. In Bild 5.44 oben ist eine Klemm-Untergriffleiste dargestellt. Die Leiste besteht aus einem prismatischen Grundkörper, einer rechteckigen Druckplatte und im Innern aus einem elastischen Formschlauch, der an beiden Enden druckdicht verschlossen ist. Durch Beaufschlagen der Druckplatte mit hydraulischem Druck wird die erforderliche Klemmkraft erzeugt. Wenn ein geringer Platzbedarf gefordert wird, können auch Klemmscheiben (Bild 5.44 rechts) eingesetzt werden. Zum Zentrieren und Spannen von runden Teilen bieten sich als Standardelemente Klemmhülsen, wie in Bild 5.45 am Beispiel eines Rundtisches dargestellt, an. Die Hülsen bestehen aus einem metallischen, in axialer Richtung geschlitzten Mantel,

5.1 Hydrodynamische Gleitführungen und Gleitlager

257 K le m m s c h e ib e n

K le m m le is te

F F

D

F

P F

p

Bild 5.44. Klemmleiste und Klemmscheibe. Quelle: Metron

2 5 0

1 0 0

u m la u fe n d e r T is c h

M a n te l d e r K le m m e in r ic h tu n g

D r u c k ö la n s c h lu s s

p

P o ly a m id r in g

F u n k tio n s p r in z ip

Bild 5.45. Klemmung eines Rundtisches mittels Klemmhülse. Quelle: Kostyrka

h y d r

258

5 Führungen und Lagerungen

der zur Abdichtung von einem Kunststoffring umhüllt ist. Zur Klemmung wird die Innenseite des Kunststoffmantels mit Drucköl beaufschlagt, so dass sich die einzelnen Segmente des Grundkörpers aufbiegen und dadurch den Kraftschluss mit dem Gegenkörper herstellen. Q u e r b a lk e n A

K le m m s tü c k s c h la u c h fö r m ig e s K le m m e le m e n t

Ö ld r u c k

U m g r iffle is te E in z e lh e it A P la n s c h ie b e r

Bild 5.46. Hydraulische Klemmung des Planschiebers einer Karusselldrehmaschine. Quelle: Dörries Scharmann Technologie

Eine andere Klemmeinrichtung für eine Flachführung ist im Bild 5.46 dargestellt. Zur Klemmung werden die schlauchförmigen Gummielemente, die sich in der Umgriffleiste der Flachführung befinden, von innen mit Öldruck beaufschlagt und die Klemmstücke gegen die Querbalkenführung gepresst. Durch die Verwendung der schlauchförmigen Gummielemente erspart man sich teure Hydraulikkolben und die damit verbundenen Dichtungsprobleme. Bild 5.47 zeigt den Schnitt eines Klemmelements, das für die Aufnahme großer Klemmkräfte an Schwerwerkzeugmaschinen geeignet ist. Unterhalb der Führungsbahn des Bettes werden mehrere dieser topfförmigen Klemmeinrichtungen angeschraubt. Im Schlitten ist ein Längsschlitz vorgesehen, durch den die Klemmstangen geführt sind. Die Klemmung geschieht über Tellerfederpakete (rechts im Bild). Gelöst wird die Klemmung hydraulisch (links). Eine solche Klemmeinrichtung besitzt den Vorteil, dass auch bei Ausfall der Hydraulik die Klemmung voll wirksam bleibt. Dies ist auch bei Spannvorrichtungen der Fall, die nach dem Kniehebelprinzip arbeiten. In Bild 5.48 ist das Funktionsprinzip eines solchen Kniehebelspannsystems dargestellt. Der Hydraulikdruck ist dabei nur zum Spannen oder Lösen erforderlich, da das Spannmittel in der Spannstellung selbsthemmend ist. Dazu wird der Kniehebel kurz

5.1 Hydrodynamische Gleitführungen und Gleitlager K le m m s tü c k

259 S c h litte n

S c h litz

B e tt

T e lle r fe d e r n

K le m m v o r r ic h tu n g S ic h e r u n g g e g e n V e rd re h e n d e s K o lb e n s Ö ld r u c k p

p = 0

g e lö s t

g e k le m m t

Bild 5.47. Klemmelement für schwere Führungselemente. Quelle: Dörries Scharmann Technologie

T e lle r fe d e r n

S p a n n w e g

K n ie h e b e l ( S p a n n s te llu n g )

K n ie h e b e l ( L ö s e s te llu n g )

K o lb e n

L ö s e d ru c k

S p a n n d ru c k

N o c k e n s c h a lte r F e d e r z u r S p a n n k r a fte in s te llu n g

Bild 5.48. Prinzipskizze eines Kniehebelspannsystems

260

5 Führungen und Lagerungen

über den Totpunkt hinaus zur Anlage gebracht, und ist somit mechanisch verriegelt. Während des Spannvorgangs wird der gesamte Arbeitsraum im Inneren der Spannvorrichtung mit Hydraulikdruck beaufschlagt, so dass der Kolben nach links gedrückt wird. Gleichzeitig wirkt der Druck aber auch unterstützend in Richtung der Spannkraft. Für die häufig in Werkzeugmaschinen eingesetzten Profilschienenführungen werden von Herstellerseite hydraulische Klemmelemente angeboten. Diese werden wie ein zusätzlicher Führungswagen auf die Schienen aufgeschoben und am Schlitten verschraubt. Im Klemmelement befinden sich Stahlbacken, die hydraulisch die Schiene beidseitig einspannen.

X

h y d r a u lis c h e r Z u g - D r u c k z y lin d e r A n s c h lu s s fü r E n tla s tu n g

A n s c h lu s s fü r K le m m u n g A n s ic h t X

K le m m fü h r u n g

Bild 5.49. Prinzip einer Klemmeinrichtung in Zangenversion. Quelle: nach Waldrich-Siegen

Bild 5.49 zeigt eine Klemmeinrichtung für größere Klemmkräfte in Zangenbauweise. Dabei wird die für die Klemmung notwendige Kraft mit einem Hydraulikzylinder erzeugt und über eine Zange kraftübersetzt auf die Klemm- oder Führungsleiste übertragen. 5.1.2.5 Kompensierung von Führungsfehlern

Führungsfehler verursachen eine Abweichung von der Sollrelativbewegung zwischen Werkzeug und Werkstück. Fehler wirken sich nur dann voll auf die Maßgenauigkeit des Werkstücks aus, wenn die Abweichung an der Schnittstelle normal zur Werkstückoberfläche liegt. Tangentiale Abweichungen zur Werkstückoberfläche haben nur einen geringen Einfluss auf die Genauigkeit.

5.1 Hydrodynamische Gleitführungen und Gleitlager

261

Führungsbedingte Fehler am herzustellenden Werkstück können verursacht werden durch • ungenaue Fertigung der Führungsbahnen, • Verschleiß der Führungsbahnen, • statische Verformungen durch Eigengewichte der Werkzeugmaschinenelemente und/oder durch Schnittkräfte, thermische Verformungen durch Temperaturunterschiede. Genau gefertigte Führungsbahnen sind eine Grundvoraussetzung für eine präzise arbeitende Werkzeugmaschine. Um die Genauigkeitseigenschaften zu garantieren, werden bei größeren Maschinen die zu erwartenden statischen Verformungen z.B. infolge der Supportgewichte durch Korrekturen bei der Fertigung der Führungsbahnen kompensiert. So werden z.B. Querbalken von Portalmaschinen während der Führungsbahnbearbeitung in Richtung ihrer späteren statischen Verformung auf dem Tisch der Schleifmaschine verspannt. Werkstückmaßfehler infolge statischer Verformungen durch Schnittkräfte und Gewichte können durch folgende Maßnahmen vermieden werden: • • • •

möglichst steife Konstruktion, Balligschaben oder Balligschleifen der Führungsbahnen, Ausgleichsgewichte für Supporte und Querbalken, Kompensation mit Hilfe der Maschinensteuerung (s. Band 4)

5.1.2.6 Statisches und dynamisches Verhalten

Das statische und dynamische Verhalten der Gleitführung beeinflusst in starkem Maße das Verhalten der ganzen Werkzeugmaschine. Hierfür ist in erster Linie die Kontaktsteifigkeit und die Kontaktdämpfung in der Kontaktzone verantwortlich [140]. Die Dämpfung in der Kontaktzone kann auf drei verschiedene Ursachen zurückgeführt werden [15]: • • •

Materialdämpfung infolge von Hystereseverlusten im Material bei der elastischen und plastischen Verformung der Rauheitserhebungen (Normalbewegung), Reibungsdämpfung infolge der Mikrobewegungen in der Grenzzone der Oberflächen während der Vibration (Normal- und Tangentialbewegung), Flüssigkeitsdämpfung (Squeeze-Film-Effekt) durch Verdrängung bzw. Ansaugen des Schmiermittels zwischen den Oberflächen (Normalbewegung).

Bei ebenen, geschmierten Gleitflächen kann angenommen werden, dass bei Relativbewegungen senkrecht zur Oberfläche die Flüssigkeitsdämpfung und die Reibungsdämpfung die Materialdämpfung bei weitem übertrifft (vgl. Band 5: „Messtechnische Untersuchung und Beurteilung“). Die Kontaktsteifigkeit einer hydrodynamischen Gleitführung ist im Mischreibungsgebiet auf verschiedene Tragkraftkomponenten zurückzuführen. Im Mischreibungsgebiet stützen sich die Führungsflächen sowohl über den Festkörperkontakt als auch über den hydrodynamischen Schmierfilm ab (vgl. Kapitel 5.1.1.2).

262

5 Führungen und Lagerungen

Im instationären Zustand, d.h. bei einer Veränderung der Betriebsbedingungen (z.B. Last, Geschwindigkeit) findet ein Übergangsvorgang statt, bei dem sich die Zustände in der Kontaktzone, z.B. die Schmierfilmdicke, den neuen Bedingungen anpassen. Die durch Last- bzw. Geschwindigkeitsänderung bedingte Variation der Schmierfilmhöhe erfordert eine Veränderung des Schmiermittelvolumens zwischen den Gleitflächen [15]. Das Schmiermittel wird hierbei gegen den Fließwiderstand aus dem Spalt verdrängt bzw. beim Aufschwimmen zwischen die Gleitflächen gesaugt. Aus der Schmierfilmverdrängung (Squeeze-Film-Effekt) resultiert also eine weitere Kraftkomponente senkrecht zur Gleitebene, die Verdrängungstragkraft. Für die Tragkraft FT im Mischreibungsgebiet folgt somit + Fhydrodyn. + FVerdrang. FT = FFestkorper ¨ ¨ .

(5.46)

Entsprechend den bei unterschiedlichen Gleitgeschwindigkeiten sich ergebenden Spalthöhen und Tragbedingungen ändert sich auch die Dämpfung in der Kontaktzone. Die normal zu den Führungsflächen wirksame Dämpfung hängt von den geometrischen Verhältnissen der Führung, der Gleitgeschwindigkeit und dem Schmiermittel ab. Die tangential zu den Führungsflächen auftretenden Schwingungen werden mit steigender Gleitgeschwindigkeit entsprechend der Abnahme des Reibungskoeffizienten schwächer gedämpft [40] (vgl. Kapitel 5.1.1.4). 5.1.3 Hydrodynamische Gleitlager

Im Werkzeugmaschinenbau haben hydrodynamische Spindellagerungen gegenüber Wälzlagerungen und hydrostatischen Lagern stark an Bedeutung verloren. Hydrodynamisch gelagerte Hauptspindelsysteme trifft man ohnehin nur bei solchen Werkzeugmaschinen an, bei denen ein Betrieb der Lager im Flüssigkeitsreibungsgebiet gewährleistet und kein häufiges Anlaufen notwendig ist. Nur in Einzelfällen werden hydrodynamische Gleitlager noch im Werkzeugmaschinenbau für langsamlaufende Spindeln eingesetzt, da der Betrieb im Mischreibungsgebiet mit relativ hohem Verschleiß verbunden ist und bei höheren Drehzahlen große Reibverlustleistungen auftreten. Von der Konstruktion her unterteilt man die hydrodynamischen RadialGleitlager in kreiszylindrische und Mehrflächenlager, abgekürzt MFL (Bild 5.50). Kreiszylindrische hydrodynamische Gleitlager finden im Werkzeugmaschinenbau kaum Verwendung. Mehrflächenlager führen auf Grund ihres Einspanneffektes zu einer besseren Zentrierung und höheren Steifigkeit der Spindel. Sie werden deshalb in größerem Umfang in Werkzeugmaschinen eingesetzt. Man unterscheidet bei diesen Lagern solche mit feststehenden Gleitflächen und solche mit selbsteinstellbaren Gleitflächen [94, 125]. Die Lager mit selbsteinstellbaren Gleitflächen haben den Vorteil, dass sie sich wechselnden Betriebsbedingungen gut anpassen. Da sie wegen ihres Einstellmechanismus jedoch keine hohe Steifigkeit besitzen, werden sie im Werkzeugmaschinenbau selten eingesetzt.

5.1 Hydrodynamische Gleitführungen und Gleitlager

263

B a u a r te n h y d r o d y n a m is c h e r R a d ia lla g e r

k r e is z y lin d r is c h e L a g e r

M e h r flä c h e n la g e r

fe s te G le itflä c h e n

S p -S m -W

in c h a a

d e ln w e rw s c h in lz e n d

v o n e rk z e u g e n r e h m a s c h in e n

S c h le ifs p in d e F e in b o h r s p in S p in d e ln v o n - F e in d r e h b ä n - P r ü fm a s c h in

ln d e ln k e n e n

b e w e g lic h e G le itflä c h e n

V e rw -W Z M -T u rb -G e n

e n d u -B a in e n e ra to u

n g im -B a u re n -B a u

Bild 5.50. Bauarten und Einsatzgebiete hydrodynamischer Gleitlager im Werkzeugmaschinenbau

Feste Mehrflächenlager besitzen bei einfachem Aufbau eine höhere Steifigkeit. Im Werkzeugmaschinenbau werden sie z.B. zur Lagerung von Schleif- und Feinbohrspindeln sowie für Spindellagerungen von Feindreh- und Prüfmaschinen [17, 94] eingesetzt. Bevor auf die verschiedenen Bauformen von hydrodynamischen Gleitlagerungen näher eingegangen wird, sei zunächst der Druckaufbau und der Anlaufvorgang erläutert. 5.1.3.1 Druckaufbau und Anlaufvorgang

Für den Druckaufbau im Keilspalt eines hydrodynamischen Gleitlagers gelten die in Kapitel 5.1.1.2 abgeleiteten Beziehungen. Im kreiszylindrischen Gleitlager, bei dem der Keilspalt durch die exzentrische Lage der Welle zur Lagerschale entsteht, ergibt sich die in Bild 5.51 dargestellte Druckverteilung im Schmierfilm. Das Druckmaximum liegt vor der engsten Spaltstelle, die sich auf der Verbindungslinie der Mittelpunkte von Welle und Lagerschale befindet (vgl. Bild 5.10). Hinter der engsten Spaltstelle entsteht infolge einer Sogwirkung ein negativer Druck (Unterdruck) [174]. In axialer Richtung fällt der Druck durch das Ausströmen des Öls zu den Seiten hin ab. Die Ölzuführbohrungen sind bei kreiszylindrischen Gleitlagern so anzuordnen, dass der Druckaufbau, der sich aus der vorliegenden Belastungsund Drehrichtung ergibt, nicht gestört wird. Der Wellenmittelpunkt liegt exzentrisch zum Lagermittelpunkt, nähert sich jedoch mit wachsender Drehzahl dem Lagermittelpunkt an.

264

5 Führungen und Lagerungen I

Ö le in tr itt

F

F L

L

D d

0 1 0 2 0

p

( p

m

= 1 3 b a r m

=

F L

I d

)

b a r 3 0 D r u c k v e r la u f

Bild 5.51. Zapfenverlagerung und Verlauf des Schmierfilmdruckes in einem kreiszylindrischen Gleitlager

Dieser Anlaufvorgang ist in Bild 5.52 gezeigt: Bei nicht rotierender Welle liegt diese auf der Lagerschale auf. Die Lastübertragung erfolgt über Festkörperkontakt. Bei beginnender Drehung muss zunächst die Haftreibung überwunden werden. Die Welle wälzt sich infolge der Haftreibung an der Lagerschale hoch und rutscht nach der Überschreitung der Haftreibung wieder nach unten. In dieser Anfangsphase des Anlaufsvorgangs ist der Lauf der Welle instabil. Nach der Ausbildung eines hydrodynamischen Schmierfilms verschiebt sich der Wellenmittelpunkt mit steigender Drehzahl auf dem sogenannten Gümbelschen Halbkreis in den Lagerschalenmittelpunkt. In Bild 5.52 ist zum Vergleich der Anlaufvorgang für ein durch die Last F ausgelenktes hydrostatisches Lager eingetragen, in dem zusätzlich zum statischen Öldruck bei rotierender Welle ein hydrodynamischer Traganteil entsteht (s. Kapitel 5.2). Gleitlager mit kreiszylindrischem Querschnitt neigen bei hohen Umfangsgeschwindigkeiten und bei kleinen Lasten zu instabilem Lauf durch die Entstehung eines mit halber Drehfrequenz umlaufenden Wirbels. Bei Mehrflächenlagern (MFL) kann dieser Effekt auf Grund des mehrfach verengten Schmierspaltes nicht mehr auftreten (Bild 5.53). Es bilden sich mehrere Druckberge, die die Welle mittig einspannen und dem Lager eine hohe radiale Steifigkeit bereits in seiner Mittellage geben.

5.1 Hydrodynamische Gleitführungen und Gleitlager

265

Ö le in tr itt

e

a u s g e le n k te s h y d r o s ta tis c h e s L a g e r

F n

h y d r o d y n a m is c h e s L a g e r

a n =

9 0 °

0 7 ,5 1 0

8 0 ° 7 0 °

2 0 6 0 °

V e r la g e r u n g e

r la V e

3 0

in sw n g ru g e

5 0 °

n

4 0

4 0 °

la ke

3 0 ° 2 0 °

A n la u fp h a s e ( in s ta b il)

5 0

1 0 °

0 °

n = 0

Bild 5.52. Drehzahlabhängige Mittelpunktsverlagerung der Welle im zylindrischen Gleitlager (Gümbelscher Halbkreis) L a g e r s c h a le

w

G le itflä c h e F S p in d e l

F +

+ 4

h 1

0

r R K

e Ö lz u fu h r F 3

B

+

+

F 2

D ru c k b e rg

S c h m ie r n u t F

1 ...4

h e B

0

= T r a g k r a ft e in e r G le itflä c h e

= e n g s te S p a lts te lle = E x z e n tr iz itä t d e r L a g e r flä c h e n

Bild 5.53. Schema und Verlauf des Schmierfilmdruckes in einem Mehrflächenlager

266

5 Führungen und Lagerungen

5.1.3.2 Bauformen

Im Folgenden werden einige spezielle Bauformen von hydrodynamischen Lagern vorgestellt, die sich im praktischen Einsatz bewährt haben. d r u c k lo s e Ö lz u fu h r

D r u c k v e r la u f

n

D r u c k n u llin ie

Bild 5.54. Dreiflächenlager. Quelle: nach Mackensen

Bild 5.54 zeigt das sogenannte Dreiflächenlager nach Mackensen. Das Dreieckprofil der Lagerschalenoberfläche entsteht durch elastisches Verspannen der in Längsachse außen kegeligen und im Querschnitt „dreieckigen“ Lagerbuchse. Durch Einziehen dieser Lagerbuchse in die Lagerbohrung bilden sich drei Keilspalte im Schmierfilm aus. Durch ein mehr oder weniger starkes Einziehen der Lagerbuchse in die Bohrung lässt sich das Lagerspiel ein- bzw. nachstellen. Wegen der geringen Kontaktsteifigkeit zwischen Lagerbuchse und Aufnahmebohrung ist das Lager konstruktionsbedingt nicht sehr steif. Bild 5.55 zeigt ein hydrodynamisches Gleitlager, das sich Temperaturänderungen und Wellenverbiegungen bzw. Fluchtungsfehlern anpasst um ein Kantentragen an den Lagerschalenenden zu verhindern. Dieses sogenannte Caro-Expansionslager besteht aus einer außen gerippten Lagerschale, von der die im Lager entstehende Reibungswärme durch umspülendes Öl gut abgeleitet wird. Durch die elastische Aufhängung in der äußeren Lagerschale sowie durch die Rippen wird bei einer Spindeldurchbiegung oder bei Fluchtungsfehlern „Kantentragen“ vermindert. Wie das Lager nach Mackensen besitzt auch dieses Lager infolge der nachgiebigen Umbauteile eine weitaus geringere Steifigkeit als beispielsweise das kompakte MFLGleitlager in Bild 5.53. Mit dem sogenannten Kippsegment-Lager (Filmatic), Bild 5.56, wird das Ziel verfolgt, eine gute Zentrierung durch eine optimale, selbstanpassende Schmierkeil-

5.1 Hydrodynamische Gleitführungen und Gleitlager

Bild 5.55. Caro-Expansionslager

Ö l

Bild 5.56. Kippsegment-Lager

267

268

5 Führungen und Lagerungen

bildung bei unterschiedlichen Drehzahlen zu erreichen. Dieses Lager besitzt bewegliche Gleitschuhe (vgl. Bild 5.14), die über Schrauben eingestellt werden können. Die Spalthöhe h0 an der engsten Stelle des Spaltes, d.h. die Kipplage der Gleitschuhe zur Welle, passt sich der Drehzahl automatisch an. Damit ergibt sich durch größere Spalte bei höheren Drehzahlen eine geringere Verlustleistung. Für eine einwandfreie Funktion dieses Lagers ist es notwendig, dass die Gleitschuhe ganz mit Öl umgeben sind, damit bei Beginn der Drehung sofort Öl in den Keilspalt gefördert wird. S c h n itt A - A

L a g e r s c h e ib e n

A A

L a u fs c h e ib e

P r o fil d e r L a g e r s c h e ib e

Bild 5.57. Hydrodynamisches Axiallager

Zur Aufnahme axialer Kräfte verwendet man hydrodynamische Axialgleitlager. In die Lagerscheiben der Axialgleitlager werden in der Regel zur Unterstützung der hydrodynamischen Druckbildung Schmierkeile eingearbeitet, die jeweils mit Ölzufuhrbohrungen versehen sind (Bild 5.57). Zur einwandfreien Funktion der Axialgleitlager ist es erforderlich, dass auch bei der elastischen Biegeverformung der Spindel ein seitliches Anlaufen der Lagerlaufflächen vermieden wird. Bei kleineren Schmierspalten ist demnach die Steifigkeit der Spindel entsprechend hoch auszulegen. Radial- und Axiallager werden häufig in einem Bauelement kombiniert. Bild 5.58 zeigt einige Bauformen, wobei z.T. wechselnde Drehrichtungen der Welle möglich sind.

5.1 Hydrodynamische Gleitführungen und Gleitlager

269

Bild 5.58. Kombinierte Axial-Radial-Gleitlager. Quelle: GMH

5.1.3.3 Hydrodynamische Spindel-Lager-Systeme in Werkzeugmaschinen

Wie schon am Anfang dieses Abschnittes erwähnt, werden hydrodynamische Gleitlager im Werkzeugmaschinenbau hauptsächlich in Feinbearbeitungsmaschinen eingesetzt. Einen Schwerpunkt bilden hier die Schleifspindellagerungen, in denen hydrodynamische Lager unter sehr günstigen Bedingungen laufen können: Die Drehzahlen liegen ausreichend hoch, jedoch nicht zu hoch und sind nahezu konstant. Die Schleifspindel braucht nicht häufig an- und ausgeschaltet zu werden, sondern läuft beispielsweise beim Werkstückwechsel durch. Ähnliche Bedingungen gelten auch für Feinbohrspindellagerungen. Bild 5.59 zeigt den Schnitt einer hydrodynamischen Lagerung einer Feinbohrspindel mit Mehrflächenlagern entsprechend Bild 5.53. Diese Lagerung zeichnet sich durch eine sehr einfache Konstruktion aus. Die Lagerbuchsen sind mit Übermaß in die Aufnahmebohrungen des Spindelgehäuses eingeschrumpft. Die kompakte Bauweise der Lagerung gewährleistet in Verbindung mit den Mehrflächenlagern eine sehr hohe Steifigkeit. Bild 5.60 zeigt den Aufbau einer Schleifspindellagerung mit hydrodynamischen Mehrflächenlagern, die mit nachgiebigen Gleitstützen ausgerüstet sind. Durch die schräg angestellten, d.h. kegeligen Laufflächen der beiden Gleitlager wird das zusätzliche Axiallager eingespart. Die Anordnung entspricht der von Kegelrollenlagern in „O-Anordnung“ (s. Kapitel 5.5). Die Gleitstützen besitzen einen sphärischen Rücken, wodurch eine selbsttätige Einstellung des Lagers ermöglicht wird. Der keilförmige Schmierspalt ergibt sich durch elastische Verformung des Unterteils der Gleitstützen. Das Gleitlager auf der Antriebsseite ist axial verschiebbar, das auf der Arbeitsseite ist fest eingebaut. Dadurch wirkt sich eine wärmebedingte Längenänderung

270

5 Führungen und Lagerungen A x ia lla g e r

S p in d e lg e h ä u s e

S p in d e l

L a g e rb ü c h s e n

Bild 5.59. Mehrflächenlagerungen einer Feinbohrspindel a S c h m ie r ö lz u fu h r

L e c k ö l

H y d r o d y n a m is c h e s G le its tü tz e n la g e r

S c h m ie r ö la b flu s s

S c h m ie r ö lz u fu h r

T e lle r fe d e r n

h y d r a u lis c h e s L ö s e n d e r V o rs p a n n u n g

L e c k ö l

S c h e m a e in e r G le its tü tz e

Bild 5.60. Schleifspindellagerung mit hydrodynamischem Gleitstützenlager. Quelle: FAGKugelfischer

5.1 Hydrodynamische Gleitführungen und Gleitlager

271

der Spindel nicht auf das Arbeitsergebnis aus. Die beiden Lager werden über Tellerfedern gegen die Laufflächen der Welle gepresst. Beim An- und Auslaufen wird die Vorspannung hydraulisch gelöst, so dass die Spindel mit Spiel und einem ausreichenden Schmierspalt hoch läuft. Der Anlaufverschleiß wird hierdurch minimiert. Nach dem Hochlaufen auf Solldrehzahl nimmt man den Öldruck weg, und die Lager werden durch die Tellerfedern verspannt. Die Schmierfilmdicke beträgt dann nur wenige µm, je nach Viskosität des Schmieröls und Drehzahl der Spindel. 5.1.3.4 Berechnung von Mehrflächenlagern

Im Folgenden wird der Berechnungsablauf eines Mehrflächenlagers mit vier feststehenden Gleitflächen vorgestellt. Bezüglich ausführlicher Berechnungsvorschriften für hydrodynamische Gleitlager wird auf DIN 31657 T1 bis T4 sowie auf die VDI-Richtlinien 2201 und 2204 verwiesen [31, 167, 168]. Bild 5.61 beschreibt schematisch den Aufbau eines Mehrflächenlagers mit vier feststehenden Segmenten und die wichtigsten geometrischen Größen. Es bedeuten: • D Lager-Nenndurchmesser (Innendurchmesser), • D j Wellendurchmesser, • R j Wellenradius R j = D j /2, • R Lagerinnenradius R = D/2, • RB Krümmungsradius der Lagergleitflächen, • CR Lagerspiel CR = R − R j , • ∆RB Krümmungskreisspiel ∆RB = RB − R j , • eB Exzentrizität der Lagergleitflächen gegenüber der Welle eB = RB − R,

(5.47) (5.48) (5.49)

• γ Umschließungswinkel einer Gleitfläche, • γT Teilungswinkel, hier: γT = 90◦ , • ω j Winkelgeschwindigkeit der Welle, • h0 kleinste Spalthöhe im Lager, • h0,i kleinste Spalthöhe über der Gleitfläche i, • F äußere Lagerlast, • hmin kleinste zulässige Spalthöhe. (5.50) Maßgeblich für den Aufbau hydrodynamischer Druckberge über den vier Gleitflächen sind zum einen der Unterschied zwischen dem Wellenradius und den Krümmungsradien der Gleitflächen und zum anderen die Exzentrizitäten des Wellenmittelpunktes gegenüber den vier Gleitflächenmittelpunkten. Bei der konstruktiven Ge-

272

5 Führungen und Lagerungen D D j

C R

R

B

w

+

+ +

R

+

e B

j

R

+

g g

T

Bild 5.61. Querschnitt durch ein Mehrflächenlager

staltung eines Mehrflächenlagers legt man zunächst das relative Krümmungskreisspiel fest: ΨB =

RB − R j ∆RB = R R

(5.51)

Man wählt meist Werte zwischen 0,1 und 0,4 %, wobei kleinere Werte die Tragfähigkeit und thermische Empfindlichkeit, größere Werte die Reibleistung erhöhen. Mit dem relativen Lagerspiel Ψ=

R−Rj CR = R R

(5.52)

legt man im nächsten Schritt fest, wie nahe die Gleitflächen der Lagerschale an die Wellenoberfläche angelegt werden sollen. Ψ wird bei MFL-Lagern mit feststehenden Gleitflächen mit der Beziehung Ψ=

ΨB ν

(5.53)

ausgewählt. Große Werte für das Spielverhältnis ν erhöhen den Einspanneffekt und den Steifigkeitsanstieg unter Last, niedrige erhöhen die Tragfähigkeit des Lagers. Bei der Nachrechnung der Tragfähigkeit eines Vierflächenlagers wird näherungsweise davon ausgegangen, dass bei Lastrichtung auf die Mitte einer Ölzufuhrnut paarweise gleiche Druckberge mit Druckschwerpunkten unter 45◦ zur Lastrichtung entstehen (Bild 5.62). Die tragfähigkeitssteigernde Wirkung der elastischen

5.1 Hydrodynamische Gleitführungen und Gleitlager

273

w

h 0 3

h 0 4

F

h 0 2 ³

h m in

h 0 1 ³

h m in

Bild 5.62. Druckberge eines Mehrflächenlagers unter Last

Verformungen von Welle und Gleitflächen unter dem Schmierfilmdruck (EHDEffekt) bleibt im folgenden unberücksichtigt und geht als „versteckte“ Sicherheit in die Rechnung ein. In der Regel liegen rein laminare Strömungsverhältnisse vor. Zur Sicherheit sollte bei Lagern mit sehr großen Umfangsgeschwindigkeiten und großen Spalthöhen eine Überprüfung der Reynoldszahl vorgenommen werden [31]. Wegen der bei Werkzeugmaschinen schwer zu berechnenden konvektiven Wärmeströme wird angenommen, dass die vom Gleitlager in Wärme umgewandelte Verlustleistung vollständig durch die das Lager durchströmenden Ölmengen abgeführt wird. Aus Erfahrungswerten ist vor der Lagerberechnung eine Annahme für die Öleintritts- und Ölaustrittstemperatur zu treffen. Ebenfalls aus der Erfahrung oder durch Variationsrechnung ist eine Ölviskositätsklasse nach DIN 51519 so auszuwählen, dass die Betriebsviskosität im Hinblick auf möglichst geringe Reibleistungen niedrig ist, andererseits aber gerade ausreicht, um die Tragfähigkeit des Lagers sicherzustellen. Mit der gewählten Viskositätsklasse entnimmt man Bild 5.9 die Betriebsviskosität η für die nachfolgenden Berechnungen, wobei man für die belasteten Gleitflächen die Öltemperatur am Lageraustritt verwendet und bei den entlasteten Gleitflächen die Öleintrittstemperatur annimmt. Um ein Berühren der Rauhigkeitsspitzen von Welle und Gleitflächen sicher zu verhindern, wird eine mindest zulässige Schmierspalthöhe hmin bestimmt, die auch unter Volllast nicht unterschritten werden darf (h01 ≥ hmin , Bild 5.62). Bild 5.63 zeigt den Verlauf von hmin sowie der Schmierspalthöhe h0ü am Rand des Mischreibungsgebietes in Abhängigkeit vom Lagerdurchmesser und der Rautiefe Rz . Weitere Bestimmungsgrößen für die Lagergeometrie sind:

274

5 Führungen und Lagerungen R a u tie fe n d e r F e r tig u n g m in im a l z u lä s s ig e S c h m ie r s p a lth ö h e S c h m ie r s p a lth ö h e a m Ü b e r g a n g z u r M is c h s c h r e ib u n g

R Z

h h

m in

0 ü

3 0

[m m ]

S c h m ie r s p a lth ö h e h , R a u tie fe R

z

2 0

h

m in

1 0 8

h 6

R

0 ü

4

W e lle n , h a r te L a g e r m e ta lle Z

W e lle n , w e ic h e L a g e r m e ta lle 2

1

2 0

1 0

4 0

6 0

8 0

1 0 0

2 0 0

4 0 0

6 0 0 8 0 0 1 0 0 0

2 0 0 0 3 0 0 0

[m m ]

W e lle n d u r c h m e s s e r d

Bild 5.63. Zusammenhang zwischen Rautiefen Rz , Schmierspalthöhe h0ü und minimal zulässiger Spalthöhe hmin . Quelle: [168]

B Lagerbreite, B = β · D mit β Breiten-Durchmesser-Verhältnis, β = 0, 25 . . . 1.

(5.54)

Die Tragfähigkeit des Vierflächenlagers wird für den Fall ermittelt, dass sich an den Gleitflächen 1 und 2 gerade die mindest zulässige Schmierspalthöhe hmin einstellt. Die Verlagerung der Welle gegenüber dem Krümmungskreis bildet ein Maß für die Größe des hydrodynamischen Effektes über den einzelnen Gleitflächen. Die relative Exzentrizität über dem Krümmungskreis (relative Krümmungsexzentrizität) εK =

(RB − R j ) − h h = 1− (RB − R j ) ∆RB

(5.55)

erreicht bei der Spalthöhe hmin ihren maximalen Wert. Mit β und dem Umschließungswinkel γ ermittelt man den Wert der erweiterten Sommerfeldzahl bei maximal zulässiger Verlagerung der Welle: [So · (1 − εK )]max . Die in diesem Zustand vorliegende Sommerfeldzahl ergibt sich aus der Beziehung: Somax =

[So · (1 − εK )]max . 1 − εK

(5.56)

Die Sommerfeldzahl ist eine dimensionslose Kennzahl zur Beschreibung der relativen Lagerbelastung. Sie wurde als Parameter zur Unterscheidung zwischen den zwei grundsätzlich zu unterscheidenden Betriebszuständen

5.1 Hydrodynamische Gleitführungen und Gleitlager

• •

275

Schwerlastbereich: So > 1, keilförmiger Schmierspalt, Verlustleistung abhängig von der Lagerlast; Schnellaufbereich: So < 1, Parallelspalt, Verlustleistung lastunabhängig;

eingeführt und nach ihrem Urheber A. Sommerfeld (1904) benannt. Die Sommerfeldzahl ist für Mehrflächenlager definiert als So =

F · Ψ2B . B·D·ω·η

(5.57)

Für die Gleitflächen 1 und 2 des Vierflächenlagers erhält man die maximale Gleitflächentragkraft, wenn die Schmierspalthöhe ihren kleinsten zulässigen Wert hmin einnimmt: Fmax 1,2 =

Somax · B · D · ω · ηA Ψ2B

(5.58)

mit ηA , der Ölviskosität bei Austrittstemperatur. Für die Gleitflächen 3 und 4 gilt entsprechend h03,4 = 2 · ∆RB − hmin , εK3,4 = 1 −

(5.59)

h03,4 . ∆RB

(5.60)

Damit ist [So · (1 − εK )]3,4 aus den Diagrammen in Bild 5.64 zu entnehmen und man erhält So3,4 = F3,4 =

[So · (1 − εK )]3,4 1 − εK3,4

,

So3,4 · B · D · ω · ηE , Ψ2B

(5.61)

(5.62)

mit ηE als Ölviskosität bei Eintrittstemperatur. Die resultierende Lagerkraft besitzt für den Fall hmin ihr Maximum und ergibt sich durch vektorielle Addition der unter 45◦ angreifenden Druckkräfte über den vier Gleitflächen: √ (5.63) Fmax,res = 2 (Fmax 1,2 − F3,4 ) . Liegt diese vom Lager auf die Welle ausgeübte Kraft über der tatsächlichen äußeren Belastung des Lagers, so stellt sich eine Gleichgewichtslage bei geringerer Exzentrizität der Welle ein. Zur Berechnung der tatsächlichen Spalthöhen im belasteten Zustand sind iterative Lösungsverfahren erforderlich, die den dargestellten Rechengang mehrfach durchführen. Zur Bestimmung der Steifigkeit eines Mehrflächenlagers in Lastrichtung bildet man den Differenzenquotienten kLager =

∆F ∆e

(5.64)

276

5 Führungen und Lagerungen

[- ]

[- ] 1 ,0

1 ,0 g = 6 0 °

S o × (1 - e K

0 ,6

b =

b =

0 ,4

B

= 1

D

B B D

0 ,2

0

0 ,2

= 0 ,5

D

b =

0

S o m m e r fe ld z a h l

0 ,8

0 ,4

= 0 ,2 5

0 ,6

e r w e ite r te

S o × (1 - e K

)

)

g = 9 0 °

0 ,8

r e la tiv e K r ü m m u n g s e x z e n tr iz itä t e K

1 ,0

[- ]

0 ,8

0 ,6

B

b = D B

b =

0 ,4

b = D

D

B

= 1 = 0 ,5

= 0 ,2 5

0 ,2

0 0

0 ,2

0 ,4

0 ,6

0 ,8

r e la tiv e K r ü m m u n g s e x z e n tr iz itä t e

1 ,0

[- ]

K

B r e ite n - D u r c h m e s s e r - V e r h ä ltn is b

Bild 5.64. Erweiterte Sommerfeldzahl SO · (1 − εk ) als Funktion der relativen Exzentrizität über dem Krümmungsradius εk für Umschließungswinkel γ = 60◦ und 90◦ . Quelle: [60]

mit der Exzentrizität der Welle √ e = 2 (CR − h0 )

(5.65)

für zwei geringfügig abweichende Spalthöhen h0 . Neben der Tragkraft ist bei der Auslegung eines Gleitlagers die zu erwartende Verlustleistung zu betrachten. Sie wird durch Flüssigkeitsreibung im Schmierfilm hervorgerufen. Unter Betriebsbedingungen, wie sie in Werkzeugmaschinen auftreten, wird die entstehende Reibungswärme hauptsächlich vom Öl selbst abgeführt. Zur Ermittlung  der Reibleistung einer Gleitfläche bedient man sich der Reibungskennzahl Ψf . Sie ist eine dimensionslose Größe, die nur von der Sommerfeldzahl und der Bauform des Lagers abhängt (Bild 5.65). Die Reibkräfte an den einzelnen Gleitflächen i = 1 . . . 4 erhält man mit den entnommenen Werten für die Reibungskennzahl zu   f · ΨB mit Fi = Gleitflächentragkraft. (5.66) FRi = Fi · Ψ i Die gesamte, am Wellenumfang verteilte Reibkraft ergibt sich für das Vierflächenlager zu: FRges = 2 · (FR 1,2 + FR 3,4 ) und die Reibleistung zu:

(5.67)

5.2 Hydrostatische Gleitführungen und Gleitlager

[- ]

1 0 0

8 0 6 0

b =

4 0

B D

277

= 0 ,5 ...1

R e ib u n g s k e n n z a h l f /y

2 0

1 0 8

6

g = 1 2 0 °

4

g = 9 0 ° g = 6 0 ° 2

1 0 ,8 0 ,6 0 ,4 0 ,2

0 ,1 0 ,0 1

0 ,0 2 0 ,0 4 0 ,0 6 0 ,0 8

0 ,1

0 ,2

0 ,4

0 ,6 0 ,8

1

2

4 6

8

1 0

2 0

S o m m e r fe ld z a h l S o

4 0

6 0 8 0

1 0 0

[- ]

Bild 5.65. Reibungskennzahlen (f/ψ) für Mehrflächenlager. Quelle: [60]

PR = FR · u;

u = ω·r

(5.68)

mit der Wellenumfangsgeschwindigkeit u. Zur Abführung der Reibleistung ist die Kühlölmenge QK =

PR k · (ϑA − ϑE )

(5.69)

erforderlich, mit k Wärmekapazität des Öls, in den meisten Fällen: k = 1, 8 · 106W s/(m3 · K) ; ϑA ; ϑE Eintritts bzw. Austrittstemperatur des Öls.

5.2 Hydrostatische Gleitführungen und Gleitlager Bei einer hydrostatischen Lagerung wird der in den vorangegangenen Abschnitten beschriebene hydrodynamische Effekt zur Erzeugung des tragenden Druckes im Schmierspalt weitgehend ersetzt durch das hydrostatische Prinzip, bei dem der Öldruck außerhalb der Lagerung erzeugt wird. Dabei werden die Berührungsflächen zweier aufeinander gleitender Maschinenteile während des Betriebs durch einen dauernden Ölfilm voneinander getrennt [122]. Die zur Erzeugung und Aufrechterhaltung dieses Ölfilms nötige Ölmenge wird von einem außerhalb der Lagerung

278

5 Führungen und Lagerungen

angeordneten Ölversorgungssystem geliefert. Somit ist die Höhe des Ölfilms im Gegensatz zur hydrodynamischen Gleitlagerung praktisch unabhängig von der Gleitgeschwindigkeit. Außerdem bewirkt diese Art der Ölversorgung, dass hydrostatische Lagerungen verschleißfrei sind und keine Anlaufreibung, sondern stets reine Flüssigkeitsreibung aufweisen. Ein Ruckgleiten (Stick-Slip) ist damit selbst bei geringer Gleitgeschwindigkeit ausgeschlossen. 5.2.1 Grundlagen, Funktionsprinzip und Begriffe

Der grundsätzliche Aufbau einer hydrostatischen Führung ist in Bild 5.66 verdeutlicht. In einer der beiden Gleitflächen sind Aussparungen – sogenannte Taschen – eingearbeitet. Diese sind von Stegen umgeben und werden über Zuführleitungen mit Öl versorgt. Der Raum zwischen Steg und darüber liegender Gleitfläche bildet den Ölspalt h. Dieser hat je nach Auslegung eine Ausgangshöhe h0 (Spalthöhe im unbelasteten Zustand) von ca. 10 µm bis 60 µm.

D r u c k v e r la u f ü b e r d e m L a g e r

G le itflä c h e n

T a s c h e n d ru c k p B e la s tu n g F

G le itb e w e g u n g Ö ls p a lt h

L a g e rs te g

L a g e rta s c h e

T

Ö lm e n g e Q

Bild 5.66. Grundsätzlicher Aufbau eines hydrostatischen Lagers

Der Spalt bildet einen hydraulischen Widerstand, der den Ölabfluss aus der Tasche drosselt und somit den Druckaufbau ermöglicht, der der äußeren Belastung entgegenwirkt. Die Differenz zwischen dem Druck in der Tasche und dem Atmosphärendruck wird als Taschendruck pT bezeichnet. Dieser Druck fällt, wie oben in Bild 5.66 eingezeichnet, über den Lagerstegen auf null ab, da an den äußeren Stegseiten im allgemeinen Atmosphärendruck herrscht. Einen Ausschnitt aus dem die Lagertasche umgebenden Steg zeigt Bild 5.67. Bei laminarer Strömung im Parallelspalt über dem Steg lässt sich die Durchflussmenge mit Hilfe des HagenPoiseuilleschen Gesetzes berechnen. In Analogie zum Ohmschen Gesetz der Elektrotechnik lassen sich die Druckdifferenz ∆p mit der elektrischen Spannung U und die Durchflussmenge Q mit dem

5.2 Hydrostatische Gleitführungen und Gleitlager

279

F p 1

Q

p 2

h

l b Q Q

h

l

b

D p = p 1-p 2

D u rc h D ru c k B r e ite L ä n g e S p a lth

flu s s a b fa d e s d e s ö h e

G e s e tz v o n H a g e n - P o is e u ille m e n g e ll ü b e r d e r L ä n g e l b h 3 Q = D p S p a lte s q u e r z u r S tr ö m u n g s r ic h tu n g 1 2 h l S p a lte s in S tr ö m u n g s r ic h tu n g

Bild 5.67. Strömung im Parallelspalt

Strom I vergleichen. Man erhält so den hydraulischen Widerstand des Parallelspaltes: RT =

∆p 12 · η · l = . Q b · h3

(5.70)

Die Analogie zum Ohmschen Gesetz und zu den Kirchhoffschen Verzweigungsgesetzen bedeutet für die Berechnung hydrostatischer Lager, die im Allgemeinen aus einem Verbund von Taschen und Widerständen in den Ölzuleitungen bestehen, eine große Hilfe. Bild 5.68 veranschaulicht den Druckaufbau über der Lagertasche und den Stegen. Der Druckabfall über den Stegen kann in erster Näherung als linear betrachtet werden. Ersatzweise kann man deshalb annehmen, dass der volle Taschendruck über die Tasche hinaus noch bis zur Mitte der Stege wirksam ist. Die Fläche, über der der volle Taschendruck pT angenommen wird, bezeichnet man als effektive Fläche Ae f f , wie in Bild 5.68 rechts gezeigt. Sie lässt sich berechnen aus der effektiven Taschenlänge Le und der effektiven Taschenbreite Be über den Stegmitten. Bild 5.69 verdeutlicht diese Zusammenhänge an einer schematisch dargestellten Lagertasche. Folgende Kenngrößen und Beziehungen gelten:

280

5 Führungen und Lagerungen B L p = p

e

e

A

e ff

p

T

T

p 0= 0

F T= A

e ff

r e a le r D r u c k v e r la u f

. p T

a n g e n ä h e r te r D r u c k v e r la u f ©

W Z L

Bild 5.68. Darstellung des Druckaufbaus und der effektiven Lagerfläche



Abströmlänge l:



Abströmbreite : b = 2 (Be + Le )



Stegfläche : AR = l · b Belastung : F = Ae f f · pT Durchflussmenge : 3 T bh Q = p12 ηl hydraulischer Taschenwiderstand : ηl RT = pQT = 12 b h3

• • •

Breite des Steges in Strömungsrichtung Umfang der Tasche an der Stegmittellinie (= Summe der mittleren Steglängen, senkrecht zur Strömungsrichtung) Stegoberfläche, die für die Reibung maßgebend ist Kräftegleichgewicht von äußerer Belastung und Lagerkraft Gesetz von Hagen-Poiseuille Umformung des Hagen-Poiseuilleschen Gesetzes entsprechend dem Ohmschen Gesetz R =

U I .

Wird eine Lagertasche mit unterschiedlichen Abströmlängen ausgeführt, wie l1 und l2 in Bild 5.70, wird zur Berechnung des gesamten hydraulischen Taschenwiderstandes RT der Durchfluss aufgeteilt in einen Durchfluss Q1 , der über die Breite 2Be abströmt und Q2 , der über 2Le abströmt. Es gilt das analoge Ersatzschaltbild mit zwei parallel geschalteten Teilwiderständen R1 und R2 : R1 =

12η l1 · , h3 2Be

RT =

R 1 · R2 , R1 + R2

R2 = RT =

12η l2 · , h3 2Le

pT 12η l1 · l 2 = . · 3 h 2 · (Be · l2 + Le · l1 ) Q

(5.71) (5.72)

5.2 Hydrostatische Gleitführungen und Gleitlager

p F

T

1 2 h l b h 3 =

Q

m it a b g e w ic k e lte r m ittle r e r S te g lä n g e a ls A b s t r ö m b r e ite b : h

Q Q

B

p

R t= T

281

l

Q e

L

B e

L e

e

b l L

b A

B e

b = L e

+ B e

+ L e

+ B e= 2 ( B e

e

+ L e

)

e ff

Bild 5.69. Hydrostatische Lagertasche (schematisch) T a s c h e m it u n te r s c h ie d lic h e n A n a lo g e s E r s a tz s c h a ltb ild A b s tr ö m lä n g e n B e Q = Q 1 + Q 2 R 1 R

l1 Q

p =

2

l2 T

R

2

L

p

1

=

p R

1

p =

R T

T

e

Q

Q

2

T

. h T

3

2 (

=

1 2 h

B e

h

1 2 h l1 3

2 (B e

l2 + L

L +

l1 l2 e

e

)

l2

l1 )

=

p T

Q

Bild 5.70. Durchfluss und hydraulischer Taschenwiderstand bei unterschiedlichen Abströmlängen

282

5 Führungen und Lagerungen

5.2.1.1 Ölversorgungssysteme

Hydrostatische Lager und Führungen benötigen zur Aufnahme außermittiger Lasten stets mehrere Lagertaschen. Damit sich in den Taschen entsprechend den Gleichgewichtsbedingungen unterschiedliche Drücke aufbauen können, muss die Ölversorgung der Taschen unabhängig voneinander sein [121, 122]. Bild 5.71 zeigt zwei mögliche Ölversorgungssysteme. Das links dargestellte System„eine Pumpe pro Tasche“, auch als „Q=konst.“ bezeichnet, hat die größte Tragfähigkeit, da der Taschendruck nur durch die Höhe des maximal zulässigen Pumpendruckes begrenzt wird. Die Installation vieler Pumpen verursacht jedoch hohe Anschaffungs- und Betriebskosten. Das System „gemeinsame Pumpe und Vordrosseln“, oder auch „p p =konst.“, ist aus wirtschaftlichen Gründen sehr verbreitet. Die Vorwiderstände bei diesem System werden durch Querschnittsverengungen in den Zuleitungen zwischen Pumpe und Taschen realisiert.

1 P u m p e p ro T a s c h e (Q = k o n s t.)

G e m e in s a m e P u m p e u n d V o r d r o s s e ln (p p= k o n s t.)

F p

F T

p T= p M

p

p P

T

p P

T

M p

p 0

R

R

T 1

Q p

Q Q

=

2

1

=

p R

P 1

R

p

= k o n s ta n t

P 2

p

R

T 1

R 2

p

P 1

R

T 2

Q 1

0

Q

K 1

k o n s ta n t =

T 2

p T= p P

R 2

K 2

P

Q

p =

1

R

T 1 P 2

Q 1

T 2

Q 2

= R

P

T 1

p

T 2

+ R P

+ R

p =

K 1

=

K 2

T 1

p

R

T 1 T 2

R

T 2

p P = k o n s ta n t

Bild 5.71. Prinzip der hydrostatischen Lagerung mit unterschiedlichen Ölversorgungssystemen

5.2 Hydrostatische Gleitführungen und Gleitlager

283

Für die Ölversorgung des Systems „eine Pumpe pro Tasche (Q=konst.)“ verwendet man Mehrkreiszahnradpumpen. Bild 5.72 zeigt eine Mehrkreiszahnradpumpe, bei der mehrere (bis zu 10) Pumpenzahnräder um ein zentrales Antriebszahnrad angeordnet sind. Jedes Pumpenzahnrad ist mit der gemeinsamen Pumpeneingangskammer verbunden und besitzt einen eigenen Druckausgang. Das Antriebszahnrad kämmt mit jedem der Pumpenzahnräder, so dass an allen Pumpenausgängen der gleiche Volumenstrom gefördert wird. Das Öl wird dabei durch die Kammern, die durch die Zahnlücken der Zahnräder und dem Pumpengehäuse gebildet werden, zum Druckanschluss transportiert. Vorteile dieser Bauweise sind die Kompaktheit und die Nutzung nur eines Antriebsmotors. Auch bei sehr kleinen Ölmengen ist eine gleichmäßige Förderung möglich. Für größere Fördervolumina sind Pumpenbauformen gebräuchlich, bei denen eine entsprechende Anzahl von Pumpen hintereinander auf eine gemeinsame Pumpenwelle aufgesteckt wird. In Bild 5.73 ist eine aus zwei Innenzahnradpumpen aufgebaute Mehrkreispumpe (Durchtriebspumpe) dargestellt.

Z

A n tr ie b s r a d

P u m p e n rä d e r

E in z e lh e it Z

D r u c k a n s c h lu s s P u m p e n ra d Ö lz u fü h r u n g

A n tr ie b s r a d D r u c k a n s c h lu s s ( D r u c k s e ite )

Ö lz u fü h r u n g ( S a u g s e ite )

Bild 5.72. Mehrkreiszahnradpumpe mit zentralem Antriebsrad. Quelle: W. Vogel

Eine weitere Möglichkeit, das Ölversorgungsprinzip „eine Pumpe pro Tasche (Q=konst.)“ zu realisieren, besteht in der Aufteilung des von einer Pumpe geförderten Volumenstromes über Stromregelventile. Bild 5.74 zeigt ein Stromregelventil in Primärreglerbauart, das unabhängig von dem Taschendruck (bzw. von der Belastung) eine konstante Ölmenge pro Zeiteinheit zur Tasche strömen lässt. Das abgebildete 2-Wege-Stromregelventil ist als Differenzdruckregler mit nachgeschalteter Verstellblende ausgeführt. Der Differenzdruckregler (Druckwaage) besteht aus Regelkolben (1), Druckfeder (2) und Regelblende (3). Mit der Verstellblende (4), bestehend aus Spindel (5) und Drehknopf (6), wird der erforderliche Durch-

284

5 Führungen und Lagerungen A

K u p p lu n g

A n tr ie b s w e lle

A x ia ld ic h ts c h e ib e n A G e h ä u s e

A n s c h lu s s m ö g lic h k e it fü r w e ite r e P u m p e n

A - A

F ü s e F ü d ic

S a u g s e ite R itz e l H o h lr a d

lls tü g m e lls tü h ts e

c k n tträ g e r c k g m e n t

Z a h n fu ß b o h ru n g e n D r u c k s e ite

Bild 5.73. Mehrkreiszahnradpumpe bestehend aus zwei Innenzahnradpumpen mit gemeinsamer Antriebswelle. Quelle: Voith 1 R e g e lk o lb e 2 D ru c k fe d e r 3 R e g e lb le n d 4 V e r s te llb le n 5 S p in d e l 6 D re h k n o p f 7 G e h ä u s e 8 K le m m s c h r 9 R ü c k s c h la g

A

6 n e

8

d e 3 5

a u b e v e n til

p

p 2

7 p

1

3

B 4

A

A 2

1

9

3

2

Bild 5.74. Stromregelventil. Quelle: Hydac

5.2 Hydrostatische Gleitführungen und Gleitlager

285

fluss eingestellt. Bei einer Durchströmung von A nach B wird durch das Nachregeln der Druckwaage ein konstanter Volumenstrom erzeugt. In Gegenrichtung (B nach A) wird das Ventil über das eingebaute Rückschlagventil (9) bei geringem Druckverlust ungeregelt durchströmt. Die Volumenstromregelung läuft wie folgt ab: Vor dem Ventil baut sich der Systemdruck p1 auf. Der Druck p3 wird vom Arbeitswiderstand am Verbraucher (Hydrostatiktasche) bestimmt. Bei Änderung von p3 durch Be- oder Entlastung der Tasche würden wegen der geänderten Druckdifferenz von p1 nach p3 unterschiedliche Volumenströme fließen. Um das zu verhindern, muss an der Regelblende immer die gleiche Druckdifferenz p2 − p3 herrschen. Dieses wird mit dem Regelkolben (Druckwaage) als beweglicher Drosselstelle erreicht. Die Feder drückt den Kolben in Öffnungsrichtung. Der zugeführte Volumenstrom durchfließt die Regelblende und wird vom Druck p1 auf den Druck p2 gedrosselt. Über die zentrale Bohrung im Regelkolben wirkt der Druck p2 auf die linke Kolbenfläche A2 . Der Druck p3 wirkt auf die Fläche A3 . Bei durchströmtem Ventil befindet sich der Kolben im Kräftegleichgewicht, so dass gilt: p2 · A2 = p3 · A3 + FFeder .

(5.73)

Für A2 = A3 = A gilt dann: p2 − p3 =

FFeder = Q · RVerstellblende . A

(5.74)

Die Druckdifferenz p2 − p3 hängt also nur von der Federkraft und der Kolbenfläche A ab. Ändert sich der Durchfluss Q auf Grund einer Änderung des Druckes p3 , wieder verschiebt sich der Kolben soweit, bis die Druckdifferenz p2 − p3 = FFeder A erreicht ist, so dass die Änderung des Durchflusses ausgeregelt wird. Dadurch wird gewährleistet, dass ein konstanter, nahezu lastunabhängiger Volumenstrom durch das Ventil und durch die Lagertasche fließt. Für das System „gemeinsame Pumpe und Vordrosseln (p p = konst.)“ werden häufig Kapillaren als Vorwiderstände eingesetzt, da hierbei das Durchflussgesetz in gleicher Weise wie bei den Taschenwiderständen viskositätsabhängig ist und sie außerdem einfach aufgebaut sind. Für die Auslegung des Ölversorgungssystems und für die Abstimmung der Kapillarenwiderstände auf die Taschenwiderstände sind entsprechend der Ohmschen Analogie die Durchflussmenge und der Kapillarwiderstand von Bedeutung. Die Durchflussmenge durch eine Kapillare und damit der Kapillarenwiderstand berechnen sich zu Q=

8 · η · lK ∆p · π · rK4 bzw. RK = . 8 · η · lK π · rK4

Dabei ist ∆p rK lK

Druckabfall über der Kapillarenlänge, Kapillarenradius, Kapillarenlänge.

(5.75)

286

5 Führungen und Lagerungen

Entsprechend den unterschiedlichen Einbauverhältnissen und Anforderungen gibt es verschiedene Ausführungsformen von Kapillaren. Kurze Kapillaren, die zur Erzeugung des geforderten Widerstandes einen sehr kleinen Durchmesser haben müssen, können wie in Bild 5.75 oben gezeigt in den Zuleitungsbohrungen untergebracht werden. Der Innendurchmesser ist dabei jedoch wegen der Verstopfungsgefahr durch die Größe der Schmutzpartikel im Öl nach unten begrenzt. Die Untergrenze für Standardanwendungen in der Praxis liegt bei einem Kapillarendurchmesser von 0,8 mm. Bei größerem Innendurchmesser werden lange Kapillaren zu Spiralen aufgewickelt, Bild 5.75 links unten. Eine Gewindenut dient bei der rechts in Bild 5.75 gezeichneten Wendeldrossel als einstellbare Kapillare. Der Kapillarenwiderstand wird hierbei auf einem Prüfstand justiert.

P u m p e n d ru c k

T a s c h e n d ru c k k u r z e K a p illa r e

T a s c h e n d ru c k

P u m p e n d ru c k la n g e K a p illa r e

W e n d e ld r o s s e l

Bild 5.75. Verschiedene Ausführungsformen von Kapillaren

Neben Drosseln mit konstantem Strömungswiderstand, auch konstante Drosseln genannt, setzt man solche mit lastabhängigem Widerstand ein. Damit kann die Tragfähigkeit und besonders die Steifigkeit einer Lagertasche beträchtlich verbessert werden, da der Drosselwiderstand mit zunehmender Lagerbelastung, d.h. mit steigendem Taschendruck pT , abnimmt. Bild 5.76 zeigt zwei Beispiele für derartige lastabhängige Vorwiderstände. Mit diesen Widerständen soll erreicht werden, dass der Ölspalt h bei Laständerungen weitgehend konstant bleibt. Aus dem Hagen-Poiseuilleschen Gesetz für eine Lagertasche

5.2 Hydrostatische Gleitführungen und Gleitlager D r o s s e lflä c h e

287

D r o s s e lflä c h e

M e m b ra n

F h

D e c k e l p

R in g n u th ü ls e

P

p T

M

M itte ls tü c k P u m p e n d ru c k

T a s c h e n d ru c k

Bild 5.76. Lastabhängige Drosseln für hydrostatische Lagerungen

h3 =

Q 12 · η · l · pT b

(5.76)

ist ersichtlich, dass sich bei einer Konstanthaltung des Lagerspaltes h die Durchflussmenge Q mit dem Taschendruck pT linear ändern muss. In beiden Ausführungen ist die Funktionsweise wie folgt: Bei Steigerung der Belastung F vergrößert sich der Taschendruck pT . Dadurch verlängert sich die Ringnuthülse bzw. biegt sich die Membran auf. Der Drosselwiderstand wird geringer und mehr Öl strömt trotz höherer Belastung durch das Lager. Umgekehrt vermindert ein erhöhter Drosselwiderstand vor den weniger belasteten Lagertaschen die Öldurchflussmenge. Eine weitere lastabhängige Vordrossel ist der in Bild 5.77 gezeigte ProgressivMengenregler. Der Aufbau dieses Reglers ähnelt dem eines Stromregelventils mit nachgeschaltetem Regelkolben. Während beim Stromregler die beiden Kolbenflächen gleich groß sind, ist beim Progressiv-Mengenregler die federbelastete Kolbenfläche aufgeteilt in die Fläche A2 , auf die der gedrosselte Zuführdruck p2 wirkt, und die Fläche A3 , die vom Druck pT in der Taschenzuleitung beaufschlagt wird. Durch diese Rückführung des Taschendruckes auf den Regelkolben kann bei geeigneter Auslegung erreicht werden, dass der Durchfluss proportional zum Taschendruck ansteigt bzw. abfällt. Zu den lastabhängigen Vordrosseln zählen auch die Laufspaltdrosseln. Dieses System ist prinzipbedingt nur bei Lagern und Führungen mit Umgriff anwendbar. Die lastabhängige Beeinflussung des Drosselwiderstandes wird dadurch ermöglicht, dass die Drossel in Form einer hydrostatischen Tasche in den gegenüberliegenden Spalt eingebaut ist. In Bild 5.78 ist schematisch das Funktionsprinzip der Ölversorgung über Laufspaltdrosseln dargestellt. Das Öl für ein gegenüberliegendes Taschenpaar wird jeweils durch die mittlere Nut der rechteckigen Drosselfläche in der Lagertaschenmitte zugeführt. Über die beiden äußeren Nuten der Drosselfläche gelangt der Ölstrom in die jeweils gegenüberliegende Lagertasche. Bei einer Belastung der oberen Lagertasche durch eine Kraft F in Bild 5.78 wird der Spalt der oberen Tasche 1 kleiner, der der unteren Tasche 2 größer. Dadurch, dass der Vorwiderstand für die Tasche 1 durch den Spalt der

288

5 Führungen und Lagerungen T a n k

P u m p e p

A

M e m b ra n fe d e r 1

Q

P

p p la m in a r e D ro s s e l p

A 2

P

Q R

A 2

0

p 3

p T

R e g e ld r o s s e l z u r T a s c h e

T

D u r c h flu s s k e n n lin ie : Q = Q 0 + k p T

Bild 5.77. Progressiv-Mengenregler. Quelle: Hyprostatik L a u fs p a ltd r o s s e l R L a g e rta s c h e 1

h

D r o s s e lle itu n g T a s c h e n d ru c k p

0

T 1

L 2

F D r o s s e lle itu n g T a s c h e n d ru c k p

Z u fü h rd ru c k p

T 2

P

P u m p e Ö lr ü c k la u f

L a g e rta s c h e 2 L a u fs p a ltd r o s s e l R

L 1

Bild 5.78. Funktionsprinzip einer hydrostatischen Führungsleiste mit Laufspaltdrosseln. Quelle: Zollern

Tasche 2 bestimmt wird, wird der Tasche 1 mehr Öl zugeführt. Der Vorwiderstand für die Tasche 2 nimmt dagegen zu, so dass der Druck in dieser Tasche stärker abnimmt, als dies bei Ölversorgungssystemen mit konstantem Drosselwiderstand der Fall ist. Dadurch wird eine höhere Anfangssteifigkeit als bei der Ölversorgung mit Kapillardrosseln erreicht. Bei größeren Verlagerungen fällt die Steifigkeit jedoch unter die eines Kapillardrossellagers. In Bild 5.79 ist eine hydrostatische Führung mit Ölversorgung über Laufspaltdrosseln gezeigt, die paarweise z.B. als Maschinenschlittenführung eingesetzt wird.

5.2 Hydrostatische Gleitführungen und Gleitlager

289

o b e r e F ü h r u n g s le is te s e itlic h e F ü h r u n g s le is te u n te r e F ü h r u n g s le is te

Ö lz u fü h r n u te n z u r g e g e n ü b e r lie g e n d e n T a s c h e (p T)

Z u fü h rb o h ru n g e n m it V e r s c h lu s s D r o s s e lflä c h e Ö lz u fü h r n u t v o n d e r P u m p e (p P) L a g e rta s c h e S te g flä c h e

Ö lz u fü h r u n g v o n d e r g e g e n ü b e r lie g e n d e n T a s c h e (p T)

V e rs c h ra u b u n g s b o h ru n g e n

Bild 5.79. Hydrostatische Umgriffführung mit Laufspaltdrosseln. Quelle: Zollern

In Bild 5.80 ist die Lagerspalthöhe in Abhängigkeit von der Belastung für die Ölversorgungssysteme „eine Pumpe pro Tasche“, „gemeinsame Pumpe mit konstanten Vordrosseln“ sowie „gemeinsame Pumpe mit lastabhängigen Vordrosseln“ aufgetragen. Daraus geht hervor, dass das Ölversorgungssystem „gemeinsame Pumpe mit lastabhängiger Drossel“ bei richtiger Auslegung nahezu den Idealfall erreicht, d.h. es erfolgt keine Verlagerung bei einer Änderung der Belastung in einem bestimmten Bereich [122]. Die Anwendung einer lastabhängigen Drossel ist jedoch nur dann sinnvoll, wenn auch die Lagerumbauteile entsprechend steif ausgelegt sind. Eine höhere Steifigkeit bei großen Belastungen hat das System „eine Pumpe pro Tasche“ bzw. „Q=konst.“. Es wird eingesetzt, wenn eine hohe Überlastbarkeit des Lagers gefordert wird. Das System „gemeinsame Pumpe und Kapillaren“ hat zwar die geringste Steifigkeit, wird aber aus wirtschaftlichen Gründen in der Praxis häufig angewandt. Bei entsprechender Auslegung kann man auch hiermit eine gute Lagersteifigkeit erreichen.

290

5 Führungen und Lagerungen K a p illa r e B le n d e M e m b ra n d ro s s e l (Q ~ p )

Q ~ p

Q = k o n s t. B le n d e

P M - R e g le r h = k o n s t.

S p a lth ö h e h

D u r c h flu s s m e n g e Q

P M - R e g le r M e m b ra n d ro s s e l

Q = k o n s t.

K a p illa r e

T a s c h e n d ru c k

p T

p T= p P

B e la s tu n g F

Bild 5.80. Ölspaltveränderung bei verschiedenen Ölversorgungssystemen ohne Umgriff

5.2.1.2 Lagerberechnung

Die Anzahl der konstruktiven Freiheitsgrade ist bei hydrostatischen Lagerungen sehr groß. Zielgrößen der Berechnung sind die Sicherstellung einer ausreichenden Tragfähigkeit bei den auftretenden Lagerbelastungen und die angestrebte Steifigkeit bei einer möglichst geringen Pumpen- und Reibleistung. Folgende Auslegungs- und Nachrechnungsformeln lassen sich aus den bisher erläuterten Beziehungen ableiten [131]: 5.2.1.2.1 Ölversorgungssystem „eine Pumpe pro Tasche (Q = konst.)“ ohne Umgriff Für eine Tasche gilt pP = pT =

F0 + F , Ae f f

(5.77)

mit F0 als Ausgangsbelastung (z.B. Schlittenlast) und F als zusätzlicher Arbeitslast (Bild 5.81). Laut Gleichung 5.70 gilt Q=

F0 + F b · h3 pT . = · RT Ae f f 12 · η · l

(5.78)

Durch Umstellen lässt sich daraus die Last-Verformungsbeziehung bestimmen. Mit h = h0 − x, h0 als Ausgangsspalthöhe, die sich bei der Ausgangslast F0 einstellt, und x als Verlagerung des Führungselementes unter der zusätzlichen Last F, erhält man: (F + F0 ) =

12 · η · l · Ae f f · Q 1 · . b (h0 − x)3

(5.79)

Bezieht man Gleichung 5.79 auf den Ausgangszustand, der sich bei der Last F0 und F = 0 einstellt, d.h. auf

5.2 Hydrostatische Gleitführungen und Gleitlager

F0 =

291

12 · η · l · Ae f f · Q , b · h30

(5.80)

so ergibt sich die normierte Darstellung F + F0 = F0

1

3

(5.81)

3 − 1,

(5.82)

1 − hx0

bzw. 1

F = F0

1 − hx0

mit h0 aus Gleichung 5.80 12 · η · l · Ae f f · Q . h0 = 3 b · F0

(5.83)

1 ,0 k =

0 ,8

F x

=

3 F h

0 0

b e z o g e n e V e r la g e r u n g

h

x

0

0 ,6 0 ,4 0 ,2 F 0

F 0

(= G )

-0 ,2

h = h 0 b e i F x

-0 ,4

0

Q = k o n s t.

-0 ,6 -0 ,8

-2

0 5

1 0

2 0 F

1 5

b e z o g e n e B e la s tu n g F

F 0

2 5 p = = p T 0 . A e ff p

3 0

3 5

T T 0

Bild 5.81. Verlagerungs-Belastungsdiagramm: „eine Pumpe pro Tasche (Q = konst.)“ ohne Umgriff

292

5 Führungen und Lagerungen

Bild 5.81 gibt den Zusammenhang des Last-Verformungsverhaltens von Gleichung 5.82 wieder. Für das nicht lineare Steifigkeitsverhalten gilt laut Gleichung 5.82   k=

d

F

F0 F0 dF =   dx d hx0 h0

bzw. 3 · Fh00

k= 

1−

x h0

4 .

(5.84)

Für den Anfangspunkt (F=0, x=0) beträgt die Steifigkeit kx=0 = 3 ·

F0 . h0

(5.85)

Gleichung 5.84 und Gleichung 5.85 ist zu entnehmen, dass zur Erzielung einer ausreichenden Steifigkeit eine entsprechend große Ausgangslast F0 vorliegen muss. Der Ausgangsspalt h0 ist so klein wie möglich zu wählen. Seine minimale Größe wird jedoch durch Fertigungsungenauigkeiten und elastische Verformungen der Bauteile bestimmt, da ein Kontakt der beiden zu führenden Teile in jedem Fall zu vermeiden ist. Unter der maximal auftretenden Last Fmax sollte das Lager nicht mehr als 0,3 bis maximal 0,5 h0 nachgeben. Als Anhaltswerte gelten Ausgangsspalthöhen h0 von etwa 10 µm (Lager) bis maximal 80 µm (Führungen). Mit Gleichung 5.82, Gleichung 5.83, Gleichung 5.84 bzw. mit Bild 5.81 lässt sich die Lagerdimensionierung durchführen. Die erforderliche Pumpenleistung beträgt dabei PPmax =

pPmax · Q . εP

(5.86)

5.2.1.2.2 Ölversorgungssystem „Pumpe mit Vordrosseln (Kapillaren) (pP = konst.)“ Die elektrische Analogieschaltung für eine Lagertasche und die Ölzuleitung ist in Bild 5.82 dargestellt. Darin bedeuten RT RK pT pP

hydraulischer Widerstand der Lagertasche, hydraulischer Widerstand in der Ölzuleitung (Kapillare), Taschendruck, Pumpendruck.

Der hydraulische Schaltkreis setzt sich aus einer Reihenschaltung von konstantem Widerstand und variablem Widerstand zusammen. Für eine Tasche gilt: Rges = RT + RK .

(5.87)

5.2 Hydrostatische Gleitführungen und Gleitlager

293

F R h

p = 0 1

T

h 3

R p

p R K

T

T

T

R

= k o n s t p

K

P

p R K

p P= k o n s t P

+ R T

= R

p T

T

Bild 5.82. Hydrostatisches Lager mit Vordrossel ohne Umgriff und seine elektrische Analogieschaltung

Für den Durchfluss Q gilt analog zum Ohmschen Gesetz: I=

pT pP U ⇒ Q= = . R RT RT + RK

(5.88)

Eine Umformung der Gleichung liefert die aus der Elektrotechnik bekannte Spannungsteilerregel: RT pT = , pP RT + RK

(5.89)

1 (F0 + F) = . Ae f f · pP 1 + RRKT

(5.90)

Bezieht man Gleichung 5.90 auf den Ausgangszustand, der sich bei der Ausgangslast (F0 , h0 ), d.h. bei F = 0 und x = 0, einstellt, so ergibt sich 1 + RRTK F0 + F 0 = , F0 1 + RRKT

(5.91)

mit RT0 =

12 · η · l . b · h30

(5.92)

Das Verhältnis der Widerstände ξ = RRTK wird als Drosselverhältnis bezeichnet. Nach 0 Umstellen erhält man für die Last-Verformungsbeziehung

294

5 Führungen und Lagerungen

1+ξ F = −1 F0 1 + ξ · (1 − hx0 )3

(5.93)

bzw. an Hand von Gleichung 5.89 und Gleichung 5.90 pT0 = pP · F0 =

1 , 1+ξ

pP · Ae f f 1+ξ

(5.94) (5.95)

oder F = Ae f f · pP

1 1 . 3 −  1 + ξ 1 + ξ · 1 − hx0

(5.96)

Bild 5.83 gibt die Zusammenhänge aus Gleichung 5.93 und Gleichung 5.96 in Form eines Diagramms wieder. Wie dem Bild zu entnehmen ist, wird die hohe Steifigkeit des Systems Q=konst. von dem System pP =konst. nur bei hohen Drosselverhältnissen annähernd erreicht. Hohe Drosselverhältnisse führen jedoch zu großen Pumpenleistungen und Drosselverlustleistungen (Gleichung 5.100). Daher wird das Drosselverhältnis in der Regel auf den Wert 1,0 festgelegt. In Bild 5.84 ist das Verlagerungs-Belastungsdiagramm für das System „Pumpe mit Vordrosseln (Kapillaren) (pP = konst.)“ ohne Umgriff für den üblichen Arbeitsbereich vergrößert dargestellt. Die Verlagerung, bezogen auf die Ausgangsspalthöhe, zeigt bereits bei geringen Belastungen Unterschiede. Mit steigendem Drosselverhältnis verringert sich die Verlagerung bereits bei kleinen bezogenen Belastungen. Die Steifigkeitsbeziehung lautet, abgeleitet aus Gleichung 5.93, k=

x 2 F0 (1 + ξ) · ξ · (1 − h0 ) dF = 3· ·  3 2 .  dx h0 x 1 + ξ · 1 − h0

(5.97)

Für den Ausgangspunkt (F = 0, x = 0) gilt: kx=0 = 3 ·

F0 ξ . · h0 1 + ξ

(5.98)

Die Pumpenleistung beträgt im unbelasteten Zustand (F = 0) unter Nutzung von Gleichung 5.94 Q · pP p2P = εP (RK + RT0 ) · εP   2 pT0 · (1 + ξ)2 F0 2 (1 + ξ)2 1 = = · · . (RK + RT0 ) · εP Ae f f RK + RT0 εP

PP =

(5.99)

5.2 Hydrostatische Gleitführungen und Gleitlager p 1 ,0 0 ,9

p P

x

T 0

= 2 =

3

3 F k = 2 h

4

2 1

295 5

3

6

4

7

8 6

5

7

0 0

h

x

0

0 ,8 b e z o g e n e V e r la g e r u n g

0 ,7 0 ,6 Q = k o n s t.

0 ,5 0 ,4

F

0 ,3

F R

0 ,2 p

-1 ,0

-0 ,4 3 -0 ,2 5 -0 ,2 -0 ,1 7 -0 ,1 4 -0 ,1 2

-0 ,3

0 ,2 5

-0 ,4

0 ,2

-0 ,6

x = 2 0 ,6 7 0 ,4

0 ,2 0 ,2

0 ,6 0 ,4

0 ,2

x = 3 0 ,7 5 0 ,6

0 ,4

0 ,2 0 ,1

0

x 5

4 F F

7 6

0

h h

0 ,2

0 ,3

F 0

0 ,8 6

0 ,6 0 ,4

p P = k o n s t. (F + F 0)

x = 5 0 ,8 3

0 ,6

0 ,6

0 ,5 D p p P

-1 ,1 x = 1 -1 ,2

Q = k o n s t. 0

x = 4 0 ,8

0 ,4

-1 ,0 x = 7

K

P

x = 1 0 ,4

-0 ,8 -0 ,9

b e z o g e n e B e la s tu n g

0 ,5

-0 ,7

3

2

1

-0 ,5

(= G ) h ,h

0 ,1

-0 ,5

0

T

= A

0 ,7 F e ff

. p

x = 6 0 ,8

x = 7 0 ,8 8

P

Bild 5.83. Verlagerungs-Belastungsdiagramm: „eine Pumpe und Kapillaren (p p =konst.)“ ohne Umgriff

Weitere Pumpendaten: Q ≥ 1, 2 ·

pP ; RK + RT0

pPmax ≥ 1, 5 · pTmax (1 + ξ) .

(5.100) (5.101)

296

5 Führungen und Lagerungen x = 1

2

3 4 5 6 7

Q = k o n s t.

0 ,1 5

b e z o g e n e V e r la g e r u n g

h

x

0

0 ,2

0 ,1 0 ,0 5

0 -0 ,0 5 -0 ,2 5 0

0 ,5

0 ,2 5

b e z o g e n e B e la s tu n g F

0 ,7 5 F

1

0

Bild 5.84. Verlagerungs-Belastungsdiagramm: „eine Pumpe und Kapillaren (p p =konst.)“ ohne Umgriff (Ausschnitt aus Bild 5.83)

5.2.1.2.3 Ölversorgungssystem „eine Pumpe pro Tasche (Q = konst.)“ mit Umgriff Durch den Umgriff kann eine beliebig hohe Vorspannung F0 erzeugt werden. Dieses führt, neben dem „Einspanneffekt“, zu einer wesentlich größeren Steifigkeit als bei Systemen ohne Umgriff. Darüber hinaus ist die Führung in beiden Richtungen belastbar. Unter Verwendung der vorher abgeleiteten Gleichung 5.82 ergibt sich für die Last-Verformungsbeziehung folgende Gesetzmäßigkeit: 1

F = F0

1 − hx0

1

1

3 − 

1 + λ·hx

3

(5.102)

01

mit Index 1: Tasche 1 (Tragbahn) Index 2: Tasche 2 (Umgriff) und den folgenden Kenngrößen: • Vorspannung (für Tragbahn und Umgriff gleich groß) F0 =

12 · η · l1 · Q1 · Ae f f1 12 · η · l2 · Q2 · Ae f f2 = , b1 · h301 b2 · h302

• Ausgangsspaltverhältnis

(5.103)

5.2 Hydrostatische Gleitführungen und Gleitlager

297

λ= •

h02 = h01

3

l2 Q2 b1 · · · ϕ, l1 Q1 b2

(5.104)

Flächenverhältnis Ae f f 2 . Ae f f1

(5.105)

0 ,6

-4

-2

0 1

l = 1 ,0 ; 0 ,8 0 ,6

0 ,2 0 ,2 0

2 0 ,2

-0 ,2

0 ,6

F Q

p

F A

1

8 F 0 e ff1

T 1

-0 ,4

0 ,8 l = 1 ,0

1 0

0 1

0 ,4

4 6 b e z o g e n e B e la s tu n g

1

-6

6 F F x = h 0 =

(l = 1 ;x = 0 )

,h

-8

0 ,4

k

x

h

-1 0

b e z o g e n e V e r la g e r u n g

h

x

0 1

ϕ=

2 T 2

A

e ff2

0 2

p

h

Q

,h

2

-0 ,6

Bild 5.85. Verlagerungs-Belastungsdiagramm: „eine Pumpe pro Tasche (Q = konst.)“ mit Umgriff

Bild 5.85 zeigt Gleichung 5.102 als Diagramm. Für die Steifigkeit ergibt sich die Beziehung ⎛ ⎞ k=

F0 ⎜ dF = 3· ·⎝ dx h01

1 1 − hx0

1 λ

4 + 

1

Für den Anfangswert (F = 0, x = 0) gilt:   F0 1 . · 1+ kx=0 = 3 · h01 λ

1 + λhx

⎟ 4 ⎠ .

(5.106)

01

(5.107)

298

5 Führungen und Lagerungen

In Bild 5.86 ist das Verlagerungsdiagramm für das System „eine Pumpe pro Tasche (Q = konst.)“ mit Umgriff für den üblichen Arbeitsbereich vergrößert dargestellt.

k

(l = 1 ; x = 0 )

0 ,1

b e z o g e n e V e r la g e r u n g

h

x

0 1

0 ,2

0 l = 0 ,2 0 ,4

-0 ,1

0 ,6 -0 ,2

0 ,8 1 ,0 -2

-1 0 b e z o g e n e B e la s tu n g F

1 F

2

0

Bild 5.86. Verlagerungs-Belastungsdiagramm: „eine Pumpe pro Tasche (Q = konst.)“ mit Umgriff (Ausschnitt aus Bild 5.85)

Eine Tangente an die bezogene Verlagerungskurve für das Ausgangsspaltverhältnis λ = 1 und für die Verlagerung x = 0 beschreibt die Nachgiebigkeit der Lagerung für den unbelasteten Fall. Bild 5.87 zeigt den Steifigkeitsverlauf als Funktion der bezogenen Verlagerung hx0 und des Spaltverhältnisses λ. 1

5.2.1.2.4 Ölversorgungssystem “Pumpe mit Vordrosseln (Kapillaren) (pP = konst.)“ mit Umgriff Mit den in Kapitel 5.2.1.2.3 abgeleiteten Beziehungen ergibt sich für ein hydrostatisches Umgrifftaschenpaar die Last-Verformungsgleichung F = pP · Ae f f1

1 ϕ 3 − 3   x 1 + ξ1 · 1 − h0 1 + ξ2 · 1 + λ·hx

(5.108)

01

1

bzw. auf die Vorspannung F0 bezogen F = F0

1 + ξ1 1 + ξ2 3 − 3   1 + ξ1 · 1 − hx0 1 + ξ2 · 1 + λ·hx 1

01

(5.109)

5.2 Hydrostatische Gleitführungen und Gleitlager

299

Q

T 1

A 1

e ff1

h

p

, h

F

0 1

4 5

1

5 0

x

4 0

b e z o g e n e S te ifig k e it k * =

p

e ff2

, h

Q 2

0 2

A

3 0

T 2

h

F d ( F ) 0 d ( x ) h 01

2

3 5

2 5 2 0

0 ,6

0 ,8 1 ,0

1 5 1 0

0 ,4

l = 1 ,5

5 0

-0 ,5

-0 ,4

-0 ,3

-0 ,2

-0 ,1 0

b e z o g e n e V e r la g e r u n g

0 ,1

h

0 ,2 x

0 ,3

0 ,4

0 ,5

0 1

Bild 5.87. Bezogene Steifigkeit in Abhängigkeit von x/h01 und λ: „eine Pumpe pro Tasche (Q = konst.)“ mit Umgriff

mit Index 1: Tasche 1 (Tragbahn), Index 2: Tasche 2 (Umgriff) und den Kenngrößen: •

Vorspannung (für Tragbahn und Umgriff gleich groß) F0 =

Ae f f1 · pP Ae f f2 · pP = , 1 + ξ1 1 + ξ2

• Ausgangsspaltverhältnis

(5.110)

300

5 Führungen und Lagerungen

λ= •

h02 , h01

(5.111)

Flächenverhältnis ϕ=

Ae f f2 , Ae f f1

(5.112)

• Drosselverhältnis ξ1 =

RK1 RK2 ; ξ2 = . RT0 1 RT0 2

(5.113)

Zwischen den beiden Drosselverhältniswerten und dem Taschenflächenverhältnis besteht die funktionale Abhängigkeit ϕ=

ξ2 + 1 . ξ1 + 1

(5.114)

Bild 5.88 zeigt Gleichung 5.108 in grafischer Form. Da Untersuchungen gezeigt haben, dass der Steifigkeitsverlauf dann optimal ist, wenn man ξ2 ≈ ϕ wählt, wurde auch diese Beziehung für Bild 5.88 berücksichtigt. Das Ausgangsspaltverhältnis wurde zu λ = 1 gesetzt. Wie durch den Vergleich der Kurvenverläufe in Bild 5.85 und Bild 5.88 festzustellen ist, unterscheidet sich das Steifigkeitsverhalten beider Systeme vor allem bei den höheren Belastungen. Während die Steifigkeit bei dem System „pP = konst.“ bei hohen Lasten gegen null geht, strebt sie bei dem System „Q = konst.“ gegen ∞. In Bild 5.89 ist das Verlagerungsdiagramm für das System „Pumpe mit Vordrosseln (Kapillaren) (pP = konst.)“ mit Umgriff für den Arbeitspunkt vergrößert dargestellt. Mit steigendem Flächenverhältnis ϕ steigt die Steifigkeit der Lagerung im unbelasteten Zustand Die allgemeine Steifigkeitsbeziehung wird durch eine komplizierte Formel beschrieben, so dass an dieser Stelle nur die Steifigkeit für den Ausgangspunkt (F = 0, x = 0) wiedergegeben wird. F0 dF = 3· · kx=0 = dx h01

"

ξ2 · λ1 ξ1 + 1 + ξ1 1 + ξ2

# .

(5.115)

Bild 5.90 zeigt diese Steifigkeit gemäß Gleichung 5.115 als Funktion des Ausgangsspaltverhältnisses λ und des Taschenflächenverhältnisses ϕ. 5.2.1.2.5 Berechnungsbeispiel Nachfolgend ist exemplarisch der mögliche Berechnungsgang für ein hydrostatisches Lager, System „eine Pumpe und Vordrosseln (Kapillaren)“ ohne Umgriff, dargestellt. Meist sind vorgegeben:

5.2 Hydrostatische Gleitführungen und Gleitlager

301

x p P

.

F

0 ,2 0 ,2 5 ,0

2

x

1

A

0 ,8

= j

0 e ff1

0 ,6 0 ,6 1 ,6 6 7

0 ,4 0 ,4 2 ,5

0 ,8 0 ,8 1 ,2 5

1 ,0 1 ,0 1 ,0

0 ,1 6 7 0 ,2 8 5 0 ,3 7 5 0 ,4 4 4

0 ,5

j = 0 ,2

0 ,6

0 ,4 0 ,6

0 ,4 0 ,2

-1 ,0

-0 ,8

-0 ,6

-0 ,4

0 ,4

0 ,2 -0 ,2

0

h

0 ,6

0 ,8

b e z o g e n e B e la s tu n g p

A

T 1

p

F P

1 ,0 . A

e ff1

e ff1

0 1

-0 ,4

F

0

fü r j = 1 , l = 1 , x 2= j

1 ,0

-0 ,2

F

k = 3

0 ,8

1

j

2

,h

l = 1 , x

b e z o g e n e V e r la g e r u n g hx

0 1

1 ,0

h

x -0 ,6

2

j = 1 ,0 0 ,4

0 ,2

-1 ,0

p

,h

-0 ,8 A

0 2

0 ,6

e ff2

h

0 ,8

T 2

p P

Bild 5.88. Verlagerungs-Belastungsdiagramm: „eine Pumpe und Kapillaren (pP = konst.)“ mit Umgriff (λ = 1, ξ2 = ϕ)

• Tischgewicht F0 (als Vorspannung), • maximale Betriebsbelastung Fmax , • gewünschte Steifigkeit k. Zunächst sollten die Randbedingungen überprüft werden. Aus Gleichung 5.98 für die Steifigkeit des unbelasteten Lagers ergibt sich für die Ausgangsspalthöhe h0 (mit ξ = 1): h0 = 3 ·

3 F0 F0 ξ = · · . kx=0 1 + ξ 2 kx=0

Für die gegebenen Werte ist zu prüfen, ob die Ausgangsspalthöhe im üblichen Auslegungsbereich liegt, d.h. ob 20µm < h0 < 60µm ist. Falls h0 < 20µm ist, muss das Tischgewicht F0 erhöht werden oder ein Lager mit Umgriff gewählt werden. Für 20µm < h0 < 60µm ist die weitere Auslegung sinnvoll. Das Drosselverhältnis ξ ist zu wählen (meist 1). Die Ausnutzung des Spaltes h0 unter Last wird häufig zu 30% gewählt, d.h. für die Verlagerung bei Fmax gilt: xmax = 0, 3h0 .

302

5 Führungen und Lagerungen j = 0 ,2

0 ,2

j = 0 ,4

b e z o g e n e V e r la g e r u n g

h

x

0 1

j = 0 ,6 j = 0 ,8 j = 1 ,0 0 ,1

0

0 ,1

-0 ,2 -0 ,2

0 ,1

0

b e z o g e n e B e la s tu n g p

P

F

. A

0 ,1

0 ,2

e ff1

Bild 5.89. Verlagerungs-Belastungsdiagramm: „eine Pumpe und Vordrosseln (Kapillaren) (pP = konst.)“ mit Umgriff (Auschnitt aus Bild 5.88)

Aus dem Diagramm in Bild 5.83 ist für das Verhältnis entnehmen. Dabei sind folgende Fälle möglich: •

Fmax F0

der Wert für

xmax h0

zu

xmax h0

> 0.3. Dies bedeutet, dass das Tischgewicht F0 zu klein für die Belastung ist. Entweder muss das Tischgewicht vergrößert oder ein Lager mit Umgriff verwendet werden. • xmax h0 < 0.3. Die weitere Auslegung ist sinnvoll. Mit F0 =

Ae f f · pP 1+ξ

sind Ae f f und pP festzulegen. Dabei wird die effektive Fläche Ae f f durch räumliche Gegebenheiten in der Konstruktion und der mögliche Pumpendruck pP durch das Pumpenangebot bestimmt. Für RT0 =

12 · η · l b · h30

sind l, b aus Ae f f in Abhängigkeit von Pumpen- und Reibleistung zu bestimmen. Aus ξ=

RK =1 RT0

5.2 Hydrostatische Gleitführungen und Gleitlager

p

T 1

A

e ff1

0 1

3 ,0

1

F

,h

3 ,5

303

h

p

x

P

b e z o g e n e S te ifig k e it k * = b e i x = 0

d (

p

T 2

,h

A

e ff2

0 2

p

2 ,0

h

P

.

F

A

d ( x ) h 01

2

e ff1

)

2 ,5

1 ,5 j = 1 = 0 = 0 = 0

1 ,0 0 ,5

,0 ,8 ,6 ,4

= 0 ,2 0

0 ,5

1 ,0

1 ,5

V e r h ä ltn is d e r A u s g a n g s s p a lth ö h e n

2 ,0 h l = 02 h 01

Bild 5.90. Bezogene Steifigkeit bei x=0 in Abhängigkeit von λ und ϕ: „eine Pumpe und Vordrosseln (Kapillaren) (pP = konst.)“ mit Umgriff

wird RK bestimmt. Für RK =

8 · η · lK π · rK4

sind lK und rK festzulegen. Der Ölvolumenstrom durch die Tasche beträgt QT (h) =

pP pP = RK + RT (h) RK + 12·η·l 3 b(h −x(F)) 0

mit h = h0 − x(F) als lastabhängiger Spaltweite. Der maximale Volumenstrom ergibt sich bei der Spalthöhe h0 , d.h. bei F = 0: QTmax = QT0 =

pP . RK + RT0

Der erforderliche Pumpenvolumenstrom Q wird auf Q > 1, 2 · QTmax festgelegt, da ein gewisser Teil des Volumenstroms über das Druckbegrenzungsventil abgeführt wird. Die Pumpenleistung wird dann PP =

Q · pP . εP

304

5 Führungen und Lagerungen

Die Reibkraft des bewegten Lagers ergibt sich zu: FR = AR · η ·

υ υ = b·l ·η· . h h

Die Reibleistung ist damit: PR = FR · υ = AR · η ·

υ2 υ2 = b·l ·η· h h

mit der Stegfläche AR als Reibfläche und v als Gleitgeschwindigkeit. 5.2.1.3 Dämpfung an einer hydrostatischen Tasche

Neben der Steifigkeit ist die auf dem Squeeze-Film-Effekt basierende Dämpfung eine wichtige Eigenschaft hydrostatischer Führungen. Durch die Abwärtsbewegung der oberen Führungsbahnfläche wird das Öl zwischen den Stegflächen durch den sich verengenden Spalt nach außen und in die Tasche verdrängt. Bild 5.91 zeigt die für die Berechnung der Dämpfungskraft verwendete effektive Breite bzw. effektive Länge der Tasche. Dabei wird angenommen, dass sich über den Stegflächen der effektiven Länge Le bzw. der Breite Be eine parallele Abströmung über der Abströmlänge l1 bzw. l2 ausbildet (vgl. Kapitel 5.2.1.1). Bei der Berechnung der Dämpfung wird die Dämpfungswirkung im Bereich der Taschenfläche auf Grund der im Vergleich zur Spalthöhe wesentlich größeren Taschentiefe vernachlässigt, lediglich die Stegfläche wird berücksichtigt. Die resultierende Dämpfungskraft berechnet sich unter Anwendung der Beziehung von Hagen-Poiseuille und der Reynoldschen Differentialgleichung zu: ⎡

F=

η · (Le + l1 )3 · (Be + l2 ) · y˙ 8h3

2    3 ⎤ Le −l1 Be −l2 · 1 − · 1 + L +l B +l ⎢ ⎥  e 1 3 e 2 ⎦ ·⎣  Be −l2 Le −l1 + 1 + Be +l2 · 1 − Le +l1 Be +l2 Le +l1

(5.116) Für den Dämpfungskoeffizienten ergibt sich somit: ⎡

c=

dF = d y˙

η · (Le + l1 )3 · (Be + l2 )· 8h3

2    3 ⎤ Le −l1 Be −l2 · 1 + Le +l1 · 1 − Be +l2 ⎥ ⎢   3 ·⎣  ⎦ Le −l1 2 · 1 − + 1 + BBee −l +l2 Le +l1 Be +l2 Le +l1

(5.117)

5.2.1.4 Energiebedarf und hydraulischer Kreis

Der Energiebedarf einer hydrostatischen Lagerung setzt sich nach Bild 5.92 aus der Reibleistung und aus der Pumpenleistung zusammen. Die Gesamtleistung ist die

5.2 Hydrostatische Gleitführungen und Gleitlager p h L

d y n a m is c h e B e w e g u n g t

y

L e: B e: p t: h 0: Q i: y : l i: h :

e

l1

Q

305

l2 2

B Q

e ffe k t. T a s c h e n lä n g e e ffe k t. T a s c h e n b r e ite T a s c h e n d ru c k S p a lth ö h e Ö ld u r c h flu s s m e n g e S c h w in g u n g s r ic h tu n g A b s tr ö m lä n g e V is k o s itä t

e

D ä m p fu n g s k o e ffiz ie n t: 1 .(B . l 3 + L . l 3 ) c = 2 h e 2 e 1 h 03 1

Bild 5.91. Dämpfungskoeffizient an einer hydrostatischen Tasche

Verlustleistung der Lagerung, die völlig in Wärme umgesetzt wird [122]. Wie schon bei den Verhältnissen am Gleitlager abgeleitet wurde, berechnet sich die hydrodynamische Reibkraft nach Newton zu υ (5.118) FR = AR · η · . h Darin sind: AR η υ h

die Fläche aller Lagerstege, die Ölviskosität, die Gleitgeschwindigkeit und die Ölspalthöhe.

Im Gegensatz zur Reibfläche bei einer hydrodynamischen Gleitlagerung bleiben bei einer hydrostatischen Lagerung die Flächen der Taschen unberücksichtigt, da die Taschentiefe sehr viel größer als die Höhe des Ölspaltes ist und somit in diesem Bereich die Reibkräfte vernachlässigt werden können. Die Reibleistung ist PR = FR · υ,

PR = AR · η ·

υ2 . h

(5.119)

Der zweite Summand der Verlustleistung, die Pumpenleistung, ergibt sich aus dem Produkt von Durchflussmenge und Pumpendruck, dividiert durch den Pumpenwirkungsgrad: PP =

Q · pP . εP

(5.120)

306

5 Führungen und Lagerungen R e ib le is tu n g v P

v =

R

A 2

R

h

h

P M P

Q =

P

p e

= P V

+ P R

P

W ä rm e

P

P

P u m p e n le is tu n g

Bild 5.92. Ursachen der Verlustleistung einer hydrostatischen Lagerung

Um den Energiebedarf und damit die Erwärmung des Lages gering zu halten, ist eine möglichst niedrige Gesamtverlustleistung anzustreben. Die Gesamtverlustleistung P ist in Bild 5.93 links als Funktion der Spalthöhe h und rechts in Abhängigkeit von der Viskosität η bzw. von der Abströmlänge l für das System „Q = konst.“ aufgetragen.

G e s a m tle is tu n g P

g e s

= P

R

1 ,1 5 *

P m in

P P

P m in

P R

h P R P

1 0

=

(

p P

2

1 2 e

b P

)

h 3 l h +

S p a lth ö h e h

3

o p t

1

( v

2

b

) h

l h

h = k o n s t l = k o n s t (o d e r h = k o n s t)

L e is tu n g P

L e is tu n g P

+ P

h = k o n s t l = k o n s t

P g e s

P

P

P g e s 1 ,1 5 *

P m in P m in

P R

P P

o d e r ( lo 0 ,3 3

h

o p t

p t

1

V is k o s itä t A b s tr ö m lä n g e l ) P R 3 P P

K le in s te G e s a m tle is tu n g fü r ü b lic h e S p in d e lu m fa n g s g e s c h w in d ig k e ite n

Bild 5.93. Optimierung der Gesamtleistung für das System Q = konst.

P P

R P

= 1 ...3

5.2 Hydrostatische Gleitführungen und Gleitlager

307

Die diesen Kurvenverläufen zu Grunde liegende Gleichung für Pges ist oben in Bild 5.93 aufgeführt. Für die Durchflussmenge Q bei der Pumpenleistung ist das Gesetz von Hagen-Poiseuille und für die Reibfläche AR bei der Reibleistung ist die aus der Taschengeometrie zu bestimmende Stegfläche eingesetzt. Hält man die Daten des Ölversorgungssystems und die Gleitgeschwindigkeit υ konstant, so kann die Gesamtleistung z.B. in Hinblick auf die Spalthöhe h und die Ölviskosität η minimiert werden. Im linken Diagramm ergibt sich für den Verlauf von Pges als Summe von PP und PR bei der optimalen Spalthöhe hopt ein ausgeprägtes Minimum. Entsprechend ist auch im rechten Diagramm bei ηopt bzw. bei der optimalen Abströmlänge lopt ein Minimum für Pges ersichtlich. Es ergibt sich die geringste Gesamtleistung bei einem Verhältnis von Reibleistung zu Pumpenleistung zwischen 1 und 3. v h T

R e y n o ld s z a h l d e r T a s c h e v h T r R e T= h l B

T a s c h e n flä c h e A T= B L - b l

b L

Bild 5.94. Bezeichnung an der Lagertasche für die Berechnung der Reibleistung schnelllaufender Wellen

Für schnelllaufende Wellen sollte nach [149] und [30] die Reibung durch Sekundarströmung in den Taschen mit einbezogen werden, da sonst durch ihre Vernachlässigung zu geringe Reibleistungswerte ermittelt werden. Mit den Bezeichnungen aus Bild 5.94 ergibt sich für eine laminare Strömung in den Taschen mit einer Reynoldszahl ReT =

υ · hT · ρ < 1000 η

(5.121)

die Reibleistung PR,T in den Taschen zu: PR,T = 4 ·

η · υ2 · AT . hT

Damit ändert sich die Gesamtverlustleistung in

(5.122)

308

5 Führungen und Lagerungen

Pges = PP + PR + PR,T .

(5.123)

Für eine turbulente Taschenströmung mit einer Reynoldszahl ReT > 1000 ist Gleichung 5.123 nicht verwendbar. Die Reibleistung in den Taschen vergrößert sich in diesem Fall und kann nicht mit einfachen Ansätzen berechnet werden. Die Versorgung der einzelnen Taschen mit Drucköl sowie die Wiederaufnahme des aus den Taschen austretenden Öls erfolgt im sogenannten hydraulischen Kreis. Dieser hat folgende Aufgaben: • • •

Versorgung des Lagers mit Drucköl, Abfuhr der aus der Verlustleistung anfallenden Wärme, Sicherung des Lagers gegen Anlaufen bei Ausfall der Pumpe.

T a s c h e n T a s c h e n d ru c k p V e r te ile r P u m p e n d ru c k p

A b flu s s T

P

A g g re g a t

H y d r o s p e ic h e r D ru c k w ä c h te r

M

F ilte r P u m p e

M

D r b e v e S a

u c k g re n z u n g s n til u g p u m p e

K ü h le r

Bild 5.95. Ölkreislauf und Zubehör einer hydrostatischen Lagerung

Den Aufbau eines hydraulischen Kreises für das System „eine Pumpe und Vordrosseln“ zeigt Bild 5.95 schematisch. Die einzelnen Taschen werden über Kapillaren aus einem Verteiler gespeist. Dieser wird über Hydrospeicher, Druckwächter und Druckbegrenzungsventil sowie einen Filter von der Pumpe mit dem konstanten Druck pP versorgt. Als Pumpen kommen alle volumetrischen Bauarten in Frage, also Axial- und Radialkolbenpumpen, Flügelzellen- Zahnrad- und Schraubenpumpen. Meist werden die relativ preiswerten Zahnradpumpen eingesetzt. Für die Wärmeabfuhr sorgt gegebenenfalls ein Kühler hinter der Saugpumpe. Die Sicherung gegen Anlaufen bei Ausfall der Pumpe übernimmt die im Hydrospeicher befindliche Ölreserve, die die Lagerung mit Notöl versorgt [122]. Der Hydrospeicher sorgt außerdem für eine Glättung des Ölstroms, erforderlich z.B. bei Pulsation in Zahnradpumpen, und damit für einen stabilen Betrieb der Lagerung.

5.2 Hydrostatische Gleitführungen und Gleitlager

309

5.2.2 Hydrostatische Gleitführungen

Die prinzipiellen Bauformen und die Anordnung der Führungsbahnen unterscheiden sich im Wesentlichen nicht von denen herkömmlicher Gleitführungen. Deshalb soll in diesem Abschnitt nur auf besondere Konstruktionsmerkmale und Anwendungsbeispiele sowie auf die Möglichkeit zur Kompensation von Führungsfehlern eingegangen werden. 5.2.2.1 Konstruktionsmerkmale und Ausführungsformen

Die in Bewegungsrichtung liegenden Führungsbahnen sind jeweils mit mehreren Taschen versehen. Die Anordnung der Taschen in einer Tischführung ist in Bild 5.96 dargestellt. Zur Aufnahme von Momenten sind je Führungsbahn mindestens zwei Taschen erforderlich. Durch eine größere Anzahl der Taschen können Welligkeiten der Gleitbahnen besser ausgeglichen und die Eigenverformungen des Tisches besser aufgefangen werden. Deshalb empfiehlt es sich, mehrere und dafür kürzere Taschen vorzusehen. Die Geometrie der Taschen kann unterschiedlich gestaltet sein. Bild 5.97 zeigt drei mögliche Ausführungsformen [122]. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Taschentiefe etwa 10 bis 100 mal größer sein muss als die Höhe des Ölspaltes, also etwa 0,5 bis 5 mm, damit im Inneren der Tasche eine gleichmäßige Druckausbreitung erfolgen kann und die Reibleistung klein bleibt. Liegen niedrige Gleitgeschwindigkeiten vor, so genügt oft eine Nut, wie bei der Lagertasche rechts im Bild. Der Vorteil dabei ist, dass sich auf diese Weise bei Pumpendruckausfall durch eine geringere Flächenpressung bessere Notlaufeigenschaften erzielen lassen und so beim eventuellen Anlaufen der Schaden begrenzt wird. Wegen der Verschmutzungsgefahr muss man scharfkantige Taschenränder vermeiden. Erfahrungen haben weiterhin gezeigt, dass die Abströmlänge l bei Führungen etwa 1/3 bis 1/5 der Gesamtbreite eines Taschenelementes betragen sollte. Neben unterschiedlichen Taschenformen sind je nach Abströmverhältnis verschiedene Taschentypen definiert. Der Taschentyp hängt von der Anordnung der Taschen auf den Führungsbahnen ab, wie Bild 5.98 verdeutlicht. Bei der freistehenden Tasche vom Typ I, links im Bild, fließt Öl über alle Stege ab. Dies wird durch Rücklaufnuten zwischen den Taschen ermöglicht und bedingt bei gleicher Tragfähigkeit einen größeren Öldurchsatz. Dieser Taschentyp wird nur in Sonderfällen verwandt. Bei Typ II handelt es sich um die äußere Tasche einer Reihe. Hier fließt Öl nur über drei Stegseiten ab. Bei der inneren Tasche in einer Reihe (Typ III) wird nur der Ölabfluss über die Längsseiten berücksichtigt. Der Ölfluss von einer in die andere Tasche kann hierbei vernachlässigt werden, da benachbarte Taschen in der Regel ein ähnliches Druckniveau besitzen. Unten im Bild sind für die entsprechenden Taschentypen die Berechnungsgleichungen für die Abströmbreiten b und die effektive Fläche Ae f f dargestellt. Hydrostatische Führungen sind in der Regel mit einem Umgriff versehen. Ausnahmen bilden die großen und schweren Tische von Großwerkzeugmaschinen (z.B.

310

5 Führungen und Lagerungen

S c h litte n

Bild 5.96. Anordnung der Taschen einer hydrostatischen Tischführung P T

B

l

Bild 5.97. Verschiedene Taschenformen für eine hydrostatische Lagerung

Portalmaschinen). In Bild 5.99 sind dazu beispielhaft drei Bauformen für Schlittenführungen dargestellt. Im oberen Bildteil ist eine Rundführung skizziert. Sie hat den Vorteil einer einfachen Fertigung und den Nachteil, dass bei schlanken Säulen eine starke Durchbiegung auftritt. Weiterhin ist sie statisch überbestimmt. Die in Bildmitte gezeigte Führung mit außenliegendem Umgriff ist weit verbreitet, da sie einfach zu montieren ist. Die unten gezeigte Führung mit innenliegendem Umgriff hat gegenüber der mit außenliegendem Umgriff den Vorteil, dass sie auf Grund der geringeren Aufbiegung des Umgriffs steifer ist. Die Verlagerung und die Steifigkeit wurden bereits in Kapitel 5.2.1 für eine einzelne Tasche berechnet. Bei einer größeren Anzahl von Taschen und bei mehreren Führungsbahnen entsteht jedoch ein statisch mehrfach unbestimmtes System, das

5.2 Hydrostatische Gleitführungen und Gleitlager

I

T a s c h e n ty p

II

I

I

311

III

I

I

I Z

Z

I B

r

B e

I L e L

L e L

b

B e = B - I

B e = B - I

B e = B - I

L e = L - I

L e = L - 1 /2

= 2 L e + 2 B e A e ff » L e .

B e

b

L e L

.

= 2 L e + B e A e ff » L e .

B e

L e = L I b

= 2 L e A e ff » L e .

B e

Bild 5.98. Verschiedene Taschentypen für hydrostatische Lagerungen

R u n d fü h ru n g

F ü h r u n g m it a u ß e n lie g e n d e m U m g r iff

F ü h r u n g m it in n e n lie g e n d e m U m g r iff

Bild 5.99. Hydrostatische Schlittenführungen mit Umgriff

312

5 Führungen und Lagerungen

einer Berechnung nicht ohne weiteres zugänglich ist. Zur Vereinfachung der Berechnung nimmt man an, dass sowohl das Bett als auch der Tisch starr sind und alle Verlagerungen auf Änderungen der Ölspalte zurückzuführen sind. Auch der nicht parallele Spalt der Taschen bei Schiefstellung des Tisches in Folge nicht mittiger Belastung wird vernachlässigt. 5.2.2.2 Anwendungsbeispiele

D r e h tis c h

G e w ic h ts k r a ft F

T ra g b a h n

h y d r o s ta tis c h e L in e a r fü h r u n g , L o s la g e r

G

L a s t F L

h y d r o s ta tis c h e R o ta tio n s fü h r u n g

T ra g b a h n

U m g r iff S c h m a lfü h r u n g

h y d r o s ta tis c h e L in e a r fü h r u n g , F e s tla g e r

T r a g le is te

Bild 5.100. Hydrostatisch gelagerter Werkstücktisch einer Ultrapräzisions-Hobelmaschine (Querschnitt). Quelle: Fraunhofer IPT

Bild 5.100 zeigt den Querschnitt eines hydrostatisch gelagerten Werkzeugmaschinenschlittens mit Drehtisch für eine Ultrapräzisionshobelmaschine. Für die Berechnung der Verlagerungen des Tisches wendet man zweckmäßigerweise entsprechende rechnerbasierte Simulationsprogramme an. Unter Berücksichtigung aller Taschen werden die Gleichgewichtsbedingungen aufgestellt, woraus sich die örtlichen Verlagerungen und die Schiefstellung des Schlittens ergeben. Häufig ist das elasti-

5.2 Hydrostatische Gleitführungen und Gleitlager

313 K a p illa r e

o b e re S tö ß e lfü h r u n g

S tö ß e lk o p ffü h r u n g fü r d ie K ip p b e w e g u n g u n te r e S tö ß e lfü h r u n g

Bild 5.101. Hydrostatische Führung von Stößel und Stößelkopf einer Wälzstoßmaschine. Quelle: Liebherr

sche Verhalten des Gestellbauteils und der Umbauteile mit in die Berechnung einzubeziehen (s. Kapitel 2.7.1.2), da man nur auf diese Weise die effektiven Spalthöhen erfassen und die Gesamtverlagerungen exakt bestimmen kann. Als weiteres Anwendungsbeispiel zeigt Bild 5.101 die hydrostatische Führung des Stößels und Stößelkopfes einer Wälzstoßmaschine zur Zahnradherstellung [121]. Zur Vermeidung des Wechsels von Haft- und Bewegungsreibung bei der Stößelbewegung bietet hier der Einsatz von Hydrostatik besondere Vorteile. Die obere Führung dient als Längsführung des Stößels für die Auf- und Abbewegung. Diese Führung, deren Querschnitt in Bild 5.102 dargestellt ist, überträgt auch die über Schnecke und Schneckenrad eingeleitete Drehbewegung für den Wälzvorgang während des Stoßens. Die untere Führung besteht aus einer einfachen Rundführung des Stößels und einer Flachführung des Stößelkopfes. Die Flachführung ist für die kippende Abhebebewegung des Werkzeugs beim Rückhub erforderlich. (Eine ausführliche Erläuterung der Wirkungsweise erfolgt in Zusammenhang mit der Erläuterung der Wälzstoßmaschinen in Band 1 dieser Buchreihe.)

314

5 Führungen und Lagerungen

Bild 5.102. Hydrostatische Stößelführung. Quelle: Liebherr W e r k z e u g r e v o lv e r

H y d r o s ta tis c h g e la g e r te r L ä n g s s c h litte n

L ä n g s s c h litte n

L ä n g s s c h litte n Q u e r s c h litte n

H a u p ts p in d e l

H y d r o s ta tis c h e F ü h r u n g s s ä u le

L a g e rta s c h e n

F ü h r u n g s le is te z u r M o m e n ta u fn a h m e G e w in d e a n s c h lu s s

K u g e lg e w in d e s p in d e l

M a s c h in e n b e tt

Bild 5.103. Hydrostatische Führung eines Drehmaschinenschlittens. Quelle: Monforts

Die als Schnittzeichnung in Bild 5.102 dargestellte Führung besteht aus einem geradverzahnten Stirnrad mit 12 Zähnen, bei dem jeder dritte Zahn zur Anordnung der Lagertaschen entfernt wurde, und einer entsprechenden Außenform, der Buchse. Die maßgenaue Herstellung der Buchseninnenform geschieht durch Ausgießen mit Kunststoff. Zur Einarbeitung der Lagertaschen klebt man Folien als Negativform auf die Zahnflanken des Stirnrades. Nach Herausnahme des Stirnrades können die Folien aus dem ausgehärteten Kunststoff entfernt werden. Das Schrumpfmaß der Kunststoffschicht bestimmt die Größe des Spaltes. Bild 5.103 zeigt die hydrostatische Rundführung eines Drehmaschinenschlittens. Die Ölversorgung der insgesamt acht Lagertaschen des Schlittens erfolgt über eine Pumpe mit den Taschen vorgeschalteten Kapillaren. Die Momente um die Führungssäule werden von einer Führungsleiste mit Rollenumlaufschuhen aufgenommen.

5.2 Hydrostatische Gleitführungen und Gleitlager D r u c k ö lz u fu h r

L a g e rs te g

315

L in e a r a c h s e m it w ä lz g e la g e r te r u n d h y d r o s ta tis c h e r P r o fils c h ie n e n fü h r u n g

L a g e rta s c h e

h y d r o s ta tis c h e L a g e r flä c h e n

F ü h ru n g s w a g e n

N a c h g ie b ig k e it [µ m /N ]

0 .1 1 2 0 .0 1

0 .0 0 1

P h a s e [° ]

0 .0 0 0 1 1 8 0 1

9 0

2

0 -9 0 -1 8 0 0

1 0 0

2 0 0

3 0 0

4 0 0

5 0 0 6 0 0 F re q u e n z [H z ]

7 0 0

8 0 0

9 0 0

1 0 0 0

1 - P r o fils c h ie n e n w ä lz fü h r u n g ( G r . 4 5 ) F ü h r u n g s s c h ie n e

Ö lv e r s o r g u n g (Q = k o n s t.)

2 - H y d r o s ta tis c h e P r o fils c h ie n e n fü h r u n g ( G r . 4 5 )

Bild 5.104. Aufbau und Dämpfungseigenschaften einer hydrostatischen Profilschienenführung

Ein neuartiges Anwendungsbeispiel im Bereich Profilschienenführungen zeigt Bild 5.104. Konventionelle Wälzführungssysteme verfügen prinzipbedingt über ein schlechteres Dämpfungsverhalten als hydrodynamische oder hydrostatische Führungen. Dieses kann bei ungünstigen Randbedingungen zu einer starken Beeinträchtigung des Bearbeitungsergebnisses führen. Andererseits ermöglichen aber die Wälzführungen durch ihre geringe Reibung und die vergleichsweise geringe Neigung zum Ruckgleiten (Stick-Slip-Effekt) sehr hohe Verfahrgeschwindigkeiten und eine genaue Positionierung. Hydrostatische Führungssysteme weisen neben der hohen Dämpfung normal zur Bewegungsrichtung eine sehr geringe Verfahrreibung bei niedrigen Geschwindigkeiten auf. Sie arbeiten zudem verschleißfrei und zeigen keinerlei Anlaufreibung, da der hydrostatische Ölfilm die Lagerflächen vollständig voneinander trennt. In Bild 5.104, links ist eine alternative, hydrostatische Lösung eines modularen Schienenführungssystems dargestellt. Durch die Integration von hydrostatischen Lagertaschen in den Führungswagen des Profilschienenführungssystems lassen sich die Vorzüge eines käuflichen Wälzführungsmaschinenelements mit den hohen Dämpfungseigenschaften der Hydrostatikführungen kombinieren. Das Führungssystem besteht aus einem kompakten Führungswagen und einer Profilschiene mit verbreiterten Lagerflächen. Beide Bauteile sind mit den genormten Anschlussmaßen konventioneller Wälzführungssysteme versehen. Über die Zuleitungen am Führungswagen wird das Führungssystem mit Drucköl versorgt. Der Führungswagen kann mit einem umschließenden Dichtungssystem ausgestattet werden (im Bild nicht dargestellt), in das eine Ölabsaugung integriert ist. Das aus den Lagerflächen

316

5 Führungen und Lagerungen

austretende Öl wird dann im Führungswagen abgesaugt und in den Ölkreislauf zurück gefördert. Im rechten Teil von Bild 5.104 sind die Nachgiebigkeitsfrequenzgänge einer Maschinenachse dargestellt, die mit einer Wälz- und HydrostatikProfilschienenführung ausgerüstet wurde. Beim Einsatz der hydrostatischen Führung ergeben sich begrenzte statische Steifigkeiten und Maximalbelastungen, da der Öltaschendruck im Führungswagen nicht beliebig gesteigert werden kann. Der eigentliche Vorteil des hydrostatischen Schienenführungssystems liegt in seiner hohen Dämpfungswirkung quer zur Führungsrichtung. Wie Bild 5.104 zeigt, konnte die Resonanzamplitude der Wälzführung bei 700 Hz nahezu vollständig unterbunden werden. 5.2.2.3 Kompensation von Führungsfehlern

S te llg lie d P u m p e n d ru c k g e r e g e lte Ö lm e n g e

S

ru lld te

ck

lu Z u

lld S o

ru

P n e u m a tis c h e r P I- R e g le r

ck

td Is

ft

ru

ck

M e s s d ü s e R e g e lg r ö ß e = L a g e d e s T is c h e s L a g e r s p a lt A r b e its b e r e ic h

0 ,0 5 m m

B e z u g s e b e n e ( L in e a l) g e n a u e F ü h ru n g T r a g b a h n ( W e llig k e it, V e r fo r m u n g e n ) A u fn a h m e d e r B e la s tu n g

Bild 5.105. Schematische Darstellung der Lageregelung eines Werkzeugmaschinenschlittens

Führungen weisen, wie schon bei den hydrodynamisch geschmierten Gleitführungen gezeigt, Ungenauigkeiten auf. Diese können verschiedene Ursachen haben und lassen sich auf Fertigungsfehler, Verschleiß oder eine Verformung der Führungsbahnen auf Grund äußerer Kräfte sowie Temperatureinflüsse zurückführen. Durch eine Regelung der Taschendrücke ist es möglich, die Spalthöhe gezielt zu verändern und damit diese Fehler zu kompensieren. Das Prinzip einer solchen hydrosta-

5.2 Hydrostatische Gleitführungen und Gleitlager

317

tischen Lageregelung ist in Bild 5.105 gezeigt. Die vertikale Führung des Schlittens erfolgt auf vier Taschen, für die je ein separater Regelkreis vorhanden ist [42]. Alle Regelkreise sind zu einem System gekoppelt. Die Bezugsebene für die pneumatische oder optische Messung der aktuellen Lage des Tisches bilden zwei Lineale. An vier Stellen wird der Istdruck nach dem Prinzip Düse-Prallplatte zwischen Messdüse und Lineal gemessen und mit einem Solldruck, der der exakten Schlittenlage entspricht, verglichen. Die Abweichungen zwischen Soll- und Istdruck verstellen eine pneumatisch gesteuerte Membrandrossel, die die Ölmenge regelt. Durch die resultierende Spaltänderung wird dann die Lageabweichung des Tisches kompensiert. Anstatt des pneumatischen Systems mit Messdüse und Lineal ist auch eine elektronische Regelung über Laserstrahl mit Fotozellen möglich, wobei das Lineal durch einen Referenzlaser ersetzt wird. 4 0

F s

u m m

a

3 2

+

o h n e R e g e lu n g 2 8

+

o h n e

a

+

B e la s tu n g F = 7 7 0 0 N

2 4

K ip p w in k e l d e s S c h litte n s

+ +

+

+

m it

2 0

+

+ +

1 6

+ +

+

+

+

1 2

+

+ + +

8

o h n e B e la s tu n g m it +

4

+

+

0

m it R e g e lu n g

-4 -8 0

2 0

4 0

6 0

8 0

c m

1 2 0

Bild 5.106. Kippwinkel des Schlittens in Abhängigkeit vom Verfahrweg

Die Verbesserung der Schlittenführung durch eine Lageregelung ist im Bild 5.106 gezeigt. Beim Verfahren des Schlittens ergibt sich eine Schiefstellung um den Kippwinkel α, der belastungsabhängig ist. Der große Streubereich ist betriebsbedingt und kann u.a. auf thermische Einflüsse zurückgeführt werden. Durch die Lageregelung wird eine deutliche Verbesserung erzielt. Mit dem dargestellten

318

5 Führungen und Lagerungen

Regelsystem können Lageabweichungen von bis zu ± 60 µm und einer Frequenz von 1 Hz kompensiert werden. 5.2.3 Hydrostatische Gleitlager

Neben Wälz- und hydrodynamischen Gleitlagern besitzen hydrostatische Lager, z.B. als Spindellager oder Rundtischlager, in Werkzeugmaschinen eine besondere Bedeutung. Ausschlaggebend dafür ist die im Funktionsprinzip begründete spezifische Kombination von Eigenschaften. Diese Eigenschaften können in weiten Bereichen den Erfordernissen angepasst werden. Hydrostatische Lager weisen neben der Verschleißfreiheit eine hohe Laufruhe, einen weiten Drehzahlbereich sowie eine gute statische Steifigkeit bei hoher Dämpfungsfähigkeit auf. Nachteilig ist jedoch, wie allgemein bei der Hydrostatik, der hohe Aufwand für das Versorgungs- und Sicherheitssystem und die funktionsbedingte hohe Verlustleistung bei hohen Drehzahlen. 5.2.3.1 Bauformen

Bild 5.107 zeigt unterschiedliche Bauformen hydrostatischer Gleitlager. Gliedert man sie nach der Hauptbelastungsrichtung, so lassen sich drei Gruppen unterscheiden [105]: • Radiallager, • kombinierte Radial- und Axiallager sowie • Axiallager. Radiallager haben meist zylindrische, zur Montageerleichterung zuweilen auch schwach kegelige Lagerflächen und können nur Kräfte aufnehmen, die in Lagermitte und senkrecht zur Spindelachse wirken. Kombinierte Lager, wie sie in der Bildmitte dargestellt sind, können zusätzlich auch Kräfte in Richtung der Spindelachse aufnehmen. Sie können weiter untergliedert werden in konische Lager, die vor allem dann Anwendung finden, wenn die Anbringung eines separaten Axiallagers beispielsweise aus Platzgründen nicht möglich oder wegen geringer Axialkräfte nicht nötig ist. Sphärische Lager entsprechen in der Wirkungsweise den konischen Lagern. Sie werden bevorzugt eingesetzt, wenn große Schiefstellungen zwischen Spindel und Lager (z.B. durch Spindelbiegung) zugelassen werden müssen. Das sogenannte Yates-Lager ist eine Kombination aus zylindrischem Radial- und ebenem Axiallager. Das seitlich aus dem Radiallager strömende Öl wird zur Versorgung der Ringkammern des Axiallagers genutzt. Allen kombinierten Lagern gemeinsam ist eine wechselseitige Beeinflussung der Steifigkeit und Tragfähigkeit in den beiden extremen Lastrichtungen. Die dritte Gruppe bilden die ebenen Axiallager, die nur Kräfte parallel zur Spindelachse aufnehmen können. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist das Vorhandensein von Ölrücklaufnuten zwischen den Lagertaschen. Während Lager ohne Nuten bei gleichem Leistungsbedarf eine höhere Steifigkeit aufweisen als Lager mit Nuten, ist bei diesen die

5.2 Hydrostatische Gleitführungen und Gleitlager

319

H y d r o s ta tis c h e S p in d e lla g e r k o m b in ie r te R a d ia l- A x ia lla g e r

R a d ia lla g e r z y lin d r is c h

k o n is c h

s p h ä r is c h

m it N u te n z w is c h e n d e n T a s c h e n

G e m e in s a m e P u m p e u n d B le n d e n a ls V o r w id e r s tä n d e

G e m e in s a m e P u m p e u n d la s ta b h ä n g ig e D r o s s e ln a ls V o r w id e r s tä n d e

z y lin d r is c h ( Y a te s )

A x ia lla g e r M e h r-T a s c h e n

E in - T a s c h e n

o h n e N u te n z w is c h e n d e n T a s c h e n

G e m e in s a m e P u m p e u n d K a p illa r e n a ls V o r w id e r s tä n d e

G e m e in s a m e P u m p e u n d S tr o m r e g e lv e n til (Q = k o n s t.)

E in e P u m p e p ro T a s c h e

Bild 5.107. Bauformen hydrostatischer Spindellager

Wärmeabfuhr aus dem Lager infolge des größeren Öldurchsatzes besser. Darüber hinaus sind prinzipiell alle unten in Bild 5.107 genannten Ölversorgungssysteme möglich: • • • • •

Gemeinsame Pumpe und Blenden als Vorwiderstände, Gemeinsame Pumpe und lastabhängige Drosseln als Vorwiderstände, Gemeinsame Pumpe und Kapillaren als Vorwiderstände, Gemeinsame Pumpe und Stromregelventil (Q=konst.), Eine Pumpe pro Tasche.

5.2.3.2 Druckaufbau

Den Druckverlauf über den Taschen eines zylindrischen Radiallagers mit Ölrücklaufnuten zeigt Bild 5.108. Oben im Bild ist die Druckverteilung im unbelasteten Lager im Quer- und Längsschnitt durch die Taschen dargestellt. An der unten im Bild gezeigten Verteilung des Druckes auf Grund einer Belastung F in Richtung der Taschenmitte erkennt man, dass zwei gegenüberliegende Taschen ähnlich wie bei einer Führung mit Umgriff wirken, während die beiden Taschen senkrecht zur Belastungsrichtung keine Veränderung des Druckes erfahren. Durch die Ölrücklaufnuten, die zwei benachbarte Taschen in Umfangsrichtung voneinander trennen, kann das Drucköl über alle vier Stege einer Tasche sowohl

320

5 Führungen und Lagerungen

u n b e la s te t

F b e la s te t

Bild 5.108. Druckverlauf in einem Radiallager mit Ölrücklaufnuten zwischen den Taschen.

u n b e la s te t

F

b e la s te t

Bild 5.109. Druckverlauf in einem Radiallager ohne Ölrücklaufnuten zwischen den Taschen.

5.2 Hydrostatische Gleitführungen und Gleitlager

321

axial als auch in Umfangsrichtung abströmen, wobei an den Außenseiten der Stege der Druck jeweils auf null abfällt. Im Gegensatz dazu zeigt Bild 5.109 den Druckaufbau in einem Lager ohne Rücklaufnuten zwischen den Taschen. Bei dieser heute allgemein gebräuchlichen Bauweise kann das Öl nur in axialer Richtung aus dem Lager abfließen. Die Taschendrücke sind nicht voneinander unabhängig. Bei hohen Relativgeschwindigkeiten bzw. Drehzahlen ist darauf zu achten, dass nicht Luft in das Lager eingeschleppt wird. Das ist der Fall, wenn die Strömungsgeschwindigkeit über den Stegen geringer ist als die entgegen gerichtetet Relativgeschwindigkeit der Partner. Gegen dieses Phänomen sind Lager und Führungen ohne Ölrücklaufnuten zwischen den Taschen eher gesichert, da das Öl von einer Tasche in die nächste geschleppt wird. Bei Lagern mit Ölrücklaufnuten zwischen den Taschen müssen diese gefüllt bleiben oder Öl muss auf andere Weise auf der Einlaufseite der Tasche angeboten werden, das an Stelle von Luft in die Tasche hinein geschleppt wird. 5.2.3.3 Lager mit strukturierten Oberflächen

Eine Variante hydrostatischer Lager stellen Lager mit strukturierten Lagerflächen dar. Diese Lagerart ist dadurch gekennzeichnet, dass die Funktion der Vordrossel in Form von feinen Kanalstrukturen in die Führungsfläche integriert ist, um die sonst erforderliche vorgeschaltete Drossel zu ersetzen. Die einzelnen Lagerstellen werden über eine Pumpe nach dem System „gemeinsame Pumpe mit Vordrosseln“ mit Öl versorgt. Bild 5.110 zeigt den Aufbau eines konventionellen Taschenlagers im Vergleich zu einem strukturierten Lager. Zum Vergleich sind die elektrischen Analogieschaltungen ebenfalls aufgeführt. Das Strömungsverhalten in einem Lager mit strukturierten Oberflächen kann nicht analytisch sondern nur durch aufwändige Simulationsberechnungen der Gesamtströmung (Navier-Stokes) beschrieben werden. Zur Verdeutlichung der Funktionsweise ist die stark vereinfachte Ersatzschaltung mit zwei in Reihe geschalteten Widerständen, dem Kanalwiderstand und dem Spaltwiderstand, dargestellt. Im Gegensatz zum Taschenlager sind beim Lager mit strukturierter Oberfläche beide Widerstände abhängig vom Lagerspalt. Bei einem sehr kleinen Lagerspalt ist der Spaltwiderstand sehr groß gegenüber dem Kanalwiderstand. Die Tragkraft hat hier ihren maximalen Betrag. Der Pumpendruck liegt in den Kanalstrukturen bis an den Lagerrand an, wird zwischen den Kanälen durch die Spaltfläche gedrosselt und fällt zur Umgebung hin auf p0 ab. Bei zunehmendem Lagerspalt h bildet sich eine Spaltströmung aus, wobei der Spaltwiderstand mit h3 abnimmt. Im Bereich größerer Lagerspalte verliert die Kanalstruktur zunehmend an Wirkung. Die Drosselung erfolgt dann überwiegend über die Lagerfläche, so dass sich ein kegelförmiges Druckgebirge ausbildet; die Tragkraft nimmt dabei ab. Eine analytische Berechnung der einzelnen Widerstände und eine Ableitung der hydrostatischen Eigenschaften strukturierter Lager ist auf Grund der komplexen Zusammenhänge zwischen Kanal- und Spaltströmung nicht möglich, da Wechsel-

322

5 Führungen und Lagerungen p

p T

p p

V o rd ro s s e l

0

p

p p

P

P

R

p t

p

h 1

h 1

» 0

h 2

h 2

> h 1

h 3

h 3

> h 2

P

P

S p a lt

p

p T

R

S p a lta b h ä n g ig e D ro s s e l

p

0

K a p illa r e

T

h

P

h

p

0

T

0

S p a lta b h ä n g ig e D ro s s e l M ik r o s tr u k tu r d ro s s e l

K o n v e n tio n e lle s T a s c h e n la g e r

S tr u k tu r ie r te s L a g e r

Bild 5.110. Aufbau konventioneller Taschenlager und strukturierter Lagerflächen S te ifig k e it [N /µ m ]

B e la s tu n g [N ] 2 5 0 0

1 6 0

2 0 0 0

R ü c k s te llm o m e n t [N m ] 3

2 0 0

B e la s tu n g ( T r a g k r a ft)

1 5 0 0

1 2 0

1 0 0 0

8 0

5 0 0

4 0

2 ,5 2 1 ,5

S te ifig k e it 0 0

1 0

2 0

S p a lth ö h A S P K K

3 0

4 0

e [µ m ] u ß e n d u rc h m e s tru k tu rd u rc h m e u m p e n d ru c k 4 0 a n a lb r e ite 0 ,2 m a n a ltie fe 6 5 µ m

5 0

0

m ittle r e r S p a lt 3 5 µ m 1

K ip p r ic h tu n g

0 ,5 0

s e r 3 0 m m s s e r 2 5 m m b a r m

V e rk ip p u n g

0

m ittle r e r S p a lt 5

1 0

1 5

2 0

2 5

V e r k ip p u n g [µ m ] D r u c k v e r la u f b e i v e r k ip p te m L a g e r ( D a r s te llu n g fü r h a lb e s L a g e r )

3 0

z u n e h m e n d e V e r k ip p u n g

Bild 5.111. Kennwerte strukturierter Lagerflächen: Tragkraft, Steifigkeit und Kippverhalten

5.2 Hydrostatische Gleitführungen und Gleitlager

323

wirkungen zwischen den Widerständen nicht hinreichend genau beschrieben werden können. Die Auslegung und Berechnung strukturierter Lager gelingt mit Hilfe der Finite-Elemente-Methode für Fluidströmungen (FEM-CFD). Dreidimensionale Strömungssimulationen ermöglichen eine gute Näherungslösung der Strömungsgleichungen von Navier-Stokes. In die Oberfläche des strukturierten Lagers wird anders als beim konventionellen Taschenlager keine Tasche sondern eine feine Kanalstruktur eingebracht. Bild 5.111 zeigt die Belastungs- und Steifigkeitsverläufe von vier unterschiedlichen Kanalstrukturen, jeweils mit einer Kanaltiefe von 65 µm und einer Kanalbreite von 0,2 mm für einen Pumpendruck von 40 bar. Die Lagereigenschaften werden durch die geometrische Anordnung der Kanäle auf der Lagerfläche sowie durch die Breite und Tiefe der Kanäle selbst bestimmt. Der optimale Betriebspunkt liegt hier bei 10 µm, bei großflächigeren Lagern können mit angepasster Kanalgeometrie auch Lagerspalte bis zu 20 µm realisiert werden. Eine besondere Eigenschaft strukturierter Lager ist die selbsttätige Rückstellung bei Verkippung, die konventionelle Lager nicht aufweisen. Die Lager bauen bei Schiefstellung ein Rückstellmoment auf, vgl. Bild 5.111 rechts. Das Rückstellmoment ist nahezu linear mit der Verkippung des Lagers. Das Druckgebirge wandert mit größer werdendem Kippwinkel nach außen. Dieser Umstand kann besonders bei Präzisionsführungen genutzt werden, um das Führungssystem selbstständig auszurichten. Der Wirkungsbereich eines strukturierten Lagers ist auf Grund der ausgebildeten Spaltströmungen und der damit verbundenen hohen Volumenströme auf kleine Lagerspalte begrenzt. Aus Bild 5.112 ist zu erkennen, dass die strukturierten Lager gegenüber kapillargedrosselten Taschenlagern eine deutlich geringere Steifigkeit aufweisen. Die erreichbaren Belastungen (Tragkräfte) sind bei strukturierten Lagern im unteren Spaltbereich ebenfalls geringer als bei Taschenlagern, bedingt durch den abfallenden Lagerdruck im Spalt. Bei hohen Geschwindigkeiten ist bei strukturierten Lagern auf Grund der großen Stegfläche mit höheren Reibleistungen zu rechnen. Die im Vergleich zu Taschenlagern größere Stegfläche ermöglicht bei Druckabfall bessere Notlaufeigenschaften auf Grund einer geringeren Flächenpressung. 5.2.3.4 Lagerauslegung

Die Auslegung und Berechnung von hydrostatischen Axiallagern unterscheidet sich im Prinzip nicht von der Berechnung einer Geradführung, wie sie in Kapitel 5.2.1 erläutert wurde. Aus diesem Grund soll hier auf die Berechnung der Axiallager nicht weiter eingegangen werden. Axiallager werden je Planfläche entweder mit einer als Ringkammer ausgebildeten Tasche oder aber mit mehreren Taschen ausgeführt (vgl. Bild 5.107). Im Gegensatz zu Ringkammerlagern können Axiallager mit mehreren Taschen auch Momente senkrecht zur Spindelachse aufnehmen. Bei einem hydrostatischen Radiallager sind die Verhältnisse in der Spaltgeometrie komplizierter. Für die Auslegung sowohl der Lager als auch des Ölversorgungssystems gelten die zur Elektrotechnik analogen Schaltbilder, wie sie in Bild 5.113

324

5 Führungen und Lagerungen B e la s tu n g [N ] 3 0 0 0

T a s c h e n la g e r o s s e lv e r h ä ltn is m p e n d ru c k p P s g a n g s s p a lth ö ß e n d u rc h m e s s s c h e n d u rc h m e

x = 1 = 4 0 b a h e h 0 = e r 3 0 m s s e r 2 5 r

2 4 0 0

2 0 µ m m m m

3 0 0

1 8 0 0 1 2 0 0

p e n d ru c k p P = g a n g s s p a lth ö h e n d u rc h m e s s e k tu rd u rc h m e s s a lb r e ite 0 ,2 m m a ltie fe 6 5 µ m

2 0 0

S te ifig k e it

S tr u k tu r ie r te s L a g e r P u m A u s A u ß S tru K a n K a n

4 0 0

B e la s tu n g ( T r a g k r a ft)

1 0 0

6 0 0

4 0 b a r e h 0 = 2 0 µ m r 3 0 m m e r 2 5 m m

0

1 0 0

2 0

3 0

4 0

S p a lt [µ m ]

0

5 0

Z u flu s s

s tr u k tu r ie r te s L a g e r 2 5

T a s c h e n la g e r m it K a p illa r d r o s s e l

3 0

D r P u A u A u T a

S te ifig k e it [N /µ m ] 5 0 0

Bild 5.112. Belastbarkeit und Steifigkeit von Standardtaschenlager und strukturiertem Lager p

= k o n s ta n t P

2

Q

= k o n s ta n t

3 F L

1

2

3 F L

1 4

4

Ö lv e r s o r g u n g s s y s te m :

G e m e in s a m e P u m p e m it V o r w id e r s tä n d e n R K

R K

R u 2 3 p 2

p = p

R a 2 a tm

R K

R u 3 4 p 3

R a 2

R a 3

E in e P u m p e je T a s c h e

R K

R u 4 1 p 4

R a 3

R a 4

p p 0 = Q 2 . R a 0 Q

R u 1 2

R u 2 3

R a 1

R a 1

p = p

R a 2

R a 2

Q

R u 3 4 p 3

p 2

p 1

R a 4

Q

R a 3

R u 4 1

R u 1 2

p 4

R a 3

R a 4 R a 4

p 1

R a 1

R a 1

a tm

Bild 5.113. Elektrisch analoge Schaltbilder für Lager mit vier Taschen (nach Kirchhoff)

5.2 Hydrostatische Gleitführungen und Gleitlager

325

für Lager mit vier Taschen bei Belastung in Stegrichtung dargestellt sind. Bei dem links dargestellten System „gemeinsame Pumpe und Kapillaren“ fließt das Öl zunächst durch den Kapillarenwiderstand RK . Hinter den Kapillaren kann Öl sowohl in Umfangsrichtung über die Widerstände Ru in die benachbarten Taschen abfließen als auch über die Widerstände Ra in die beiden axialen Richtungen. Die Axialwiderstände können, da die gleiche Druckdifferenz anliegt, parallel geschaltet werden. Für das System „eine Pumpe pro Tasche“ ergeben sich gleiche Beziehungen jedoch ohne die Kapillarenwiderstände. Mit dieser Analogieschaltung und den Durchflussgleichungen für Parallelspalt und Kapillaren können die Taschendrücke, die Durchflussmengen und die Lagerspalte unter Last berechnet werden [105]. Bei einem Lager mit Ölrücklaufnuten zwischen den Taschen gemäß Bild 5.108 setzt sich der hydraulische Widerstand jeder Tasche aus einer Parallelschaltung der Widerstände Ru in Umfangsrichtung und Ra in Axialrichtung zusammen, die beide auf dem atmosphärischen Druck bei p = patm enden. Bei der Auslegung eines Lagers ist außer der Tragfähigkeit die Steifigkeit der Lagerung eine wichtige Kenngröße. Das Last-Verlagerungsverhalten ist für einige Radiallager mit verschiedenen Taschenzahlen und unterschiedlichen Ölversorgungssystemen in Bild 5.115 bis Bild 5.118 dargestellt. Dabei wurden die Kennlinien sowohl bei Belastungsrichtung über Stegmitte als auch bei Belastungsrichtung über Taschenmitte mit Hilfe der vorgenannten Analogiebetrachtung ermittelt. Die in Bild 5.115 und Bild 5.116 angegebenen Formelzeichen haben folgende Bedeutung: pP DL Le h0

Pumpendruck; Lagerdurchmesser (Welle); effektive Lagerlänge; Lagerspalt bei F = 0 ohne Berücksichtigung des Welleneigengewichts; Welle liegt konzentrisch zur Lagerbuchse

ξ

Drosselverhältnis, ξ =

RK

Kapillarwiderstand,

RT0

Taschenwiderstand bei h0 , (RT0 = 0, 5 · Ra0 bei Taschen ohne Zwischennut); axialer Taschenteilwiderstand bei h0 ,

hier

Ra0

Ra 0 = Ru0

s. a. Gleichung 5.71;

12ηla ; ba h30

(5.124)

radialer Taschenteilwiderstand bei h0 , Ru0 =

κ

RK ↓ = 1; RT0 8ηlK RK = πr4 , K

12ηlu ; bu h30

(5.125)

Widerstandsverhältnis von Axial- zu Umfangsrichtung bei der Ausgangsspalthöhe h0 ,

326

5 Führungen und Lagerungen

κ= x χ

(5.126)

Verlagerung des Wellenzapfens auf Grund der Last Fx ; bezogene Verlagerung in Folge der Last F, rel. Exzentrizität, χ = hx0 .

b b

R a0 la bu = (s.Bild 5.114); Ru0 ba lu

b u

la a

b

la a

u

lu lu

lu

o h n e Z w is c h e n n u t

m it Z w is c h e n n u t

Bild 5.114. Längen- und Breitenverhältnisse zur Bestimmung von κ

1 ,0

1 ,0

0 ,9

0 ,9

k = 4

0 ,5 1

0

0 ,7

2 1

0

x h b e z o g e n e V e r la g e r u n g

x

0 ,2 5

h b e z o g e n e V e r la g e r u n g

k = 4

0 ,8 o

2

o

0 ,8

0 ,5 0 ,2 5

0 ,6 0 ,5

D r o s s e lv e r h ä ltn is

0 ,4

x =

W id e r s ta n d s v e r h ä ltn is

0 ,3

R K

T 0

k =

= 1 R

R

a 0 u 0

F

0 ,2

0 ,1

0 ,2

0 ,3

0 ,4

b e z o g e n e B e la s tu n g

0 ,5

p

D r o s s e lv e r h ä ltn is

0 ,4

0 ,6

. D . L L

L a s tr ic h tu n g : S te g m itte

0 ,7

0 ,3

0 ,8 0

R

R K

T 0

= 1

k = R

R

a 0 u 0

F x 0 ,1

0 ,2

0 ,3

0 ,4

b e z o g e n e B e la s tu n g e

x =

W id e r s ta n d s v e r h ä ltn is

0 ,1

F

p

0 ,5

0 ,2

x

0 ,1 0

R

0 ,7 0 ,6

0 ,5

p

0 ,6

0 ,7

0 ,8

p

F

. D . L L e

L a s tr ic h tu n g : T a s c h e n m itte

Bild 5.115. Last-Verlagerungsdiagramm für Lager mit vier Taschen. System: Gemeinsame Pumpe mit Kapillaren

5.2 Hydrostatische Gleitführungen und Gleitlager

327

1 ,0

1 ,0

0 ,9 0 ,8

0 ,9

0

k = 8 4

1 2

k = 8

0 ,8

0 ,5

0 ,7

4 2

0 1

0 ,5

o

x h 0 ,6 0 ,5

D r o s s e lv e r h ä ltn is

0 ,4

x = R

W id e r s ta n d s v e r h ä ltn is

0 ,3

R

= 1

K T 0

k = R

R

a 0 u 0

F

0 ,2

0 ,6

b e z o g e n e V e r la g e r u n g

b e z o g e n e V e r la g e r u n g

h

x

o

0 ,7

0 ,5

0 ,1 0

0 ,2

0 ,4

0 ,3

0 ,8

0 ,7

. D . L L p

K T 0

= 1

k = R

R

a 0 u 0

x 0 ,1

0

F

p

R

F

0 ,2 0 ,1

0 ,6

0 ,5

b e z o g e n e B e la s tu n g

x = R

W id e r s ta n d s v e r h ä ltn is

0 ,3

x

0 ,1

D r o s s e lv e r h ä ltn is

0 ,4

0 ,2

0 ,3

0 ,4

e

L a s tr ic h tu n g : S te g m itte

0 ,6

0 ,5

b e z o g e n e B e la s tu n g

0 ,7

0 ,8

F

p

. D . L L p

e

L a s tr ic h tu n g : T a s c h e n m itte

Bild 5.116. Last-Verlagerungsdiagramm für Lager mit sechs Taschen. System: Gemeinsame Pumpe mit Kapillaren = Q

T 0

R

T 0

=

Q 0

4

R

T 0

=

Q 0

8 b

1 2 h la ; 3 a h 0

k =

1 ,0

1 ,0 0 ,9

2

b e z o g e n e V e r la g e r u n g

0 ,7

0 ,5

0 ,6 0 ,5

0 ,2 5

0 ,4

0

0 ,3

F

0 ,2

0 ,2

0 ,4

0 ,6

0 ,8

1 ,0

b e z o g e n e B e la s tu n g

1 ,4

1 ,2

p

la b lu b

u a

0 ,8

. D . L L

L a s tr ic h tu n g : S te g m itte

0 ,7

k = 4

0 ,6

2

0 ,5

1

0 ,3

F x

1 ,8

2 ,0 0

0 ,2

0 ,4

0 ,6

0 ,8

b e z o g e n e B e la s tu n g e

0 ,5 0 ,2 5 0

0 ,4

0 ,1

1 ,6

F

o

=

0 ,2

x

0 ,1

0

a 0 u 0

x

o

1

R R

h

k = 4

0 ,8

h b e z o g e n e V e r la g e r u n g

0

0 ,9

x

o

p

1 ,0

p

1 ,2

1 ,4

1 ,6

1 ,8

2 ,0

o

F

. D . L L e

L a s tr ic h tu n g : T a s c h e n m itte

Bild 5.117. Last-Verlagerungsdiagramm für Lager mit vier Taschen. System: Eine Pumpe pro Tasche

328

5 Führungen und Lagerungen 2

1

0 ,5

0 ,5

0 ,2 5

r e la tiv e E x z e n tr iz itä t

h

x

o

k = 4

r e la tiv e E x z e n tr iz itä t x h o

0 ,5 0 ,4

x =

0 ,3

p

p p

0 ,2

T 0

F x

0 ,1 0

- 1 = 1

0

0 ,1

0 ,2

0 ,4

0 ,3

b e z o g e n e B e la s tu n g

0 ,5

p

0 ,7

0 ,6

0 ,8

p

F

. D . L L

k = 4

2 1

0 ,5 0 ,2 5

0 ,4

x = p

0 ,3 0 ,2

L a s tr ic h tu n g : S te g m itte

- 1 = 1

F

0

0 ,1

0 ,2

0 ,3

0 ,5

0 ,4

b e z o g e n e B e la s tu n g e

p T 0

x

0 ,1 0

p

p

0 ,7

0 ,6

0 ,8

p

F

. D . L L e

L a s tr ic h tu n g : T a s c h e n m itte

Bild 5.118. Last-Verlagerungsdiagramm für Lager mit vier Taschen. System: Laufspaltdrosseln. Quelle: Zollern

Die beiden Diagramme gelten für das optimale Drosselverhältnis ξ = 1. Wie dem Verlauf der Kurven zu entnehmen ist, wächst die Steifigkeit mit abnehmendem Widerstandsverhältnis κ an. Vorteil des Lagers mit sechs Taschen gegenüber dem mit vier Taschen ist die geringere Richtungsempfindlichkeit der Steifigkeit vor allem bei größeren κ-Werten. Bild 5.117 zeigt die Kennlinien für ein viertaschiges Lager mit einem Ölversorgungssystem „eine Pumpe pro Tasche“, d.h. Q = konstant. Für überschlägige Berechnungen ist auf Grund dieser Kurven für verschiedene Lagertypen eine empirische Gleichung entwickelt worden [122], bei der die unteren Teile der Kurven durch Geradenstücke angenähert werden: 1 3 κ F x = ; (5.127) χ= h0 0, 24 z2 pP DL Le pP DL Le 3 z2 dF = 0, 24 ; (5.128) k= dx h0 κ wobei z für die Anzahl der Taschen steht. Für die Anwendung der Gleichung gelten die folgenden Einschränkungen: ξ = 1;

z ≥ 4;

χ ≤ 0, 6;

z2 z2

1

j £ 6 0 ° :

2

V e r n a c h lä s s ig u n g d e r K rü m m u n g

In d iz K = K Q = Q S = S

e s r e is u a d ra t tr e ife n

Bild 5.127. Geometrische Beschreibung aerostatischer Lagerflächen. Quelle: [19]

Mit diesen einfachen Beschreibungskenngrößen wird es möglich, einzelne Lagerflächen zu berechnen, zu optimieren und mit ihrer Hilfe schließlich die Gesamtlagerdaten durch vektorielle Addition zu bestimmen [19]. Zur Realisierung bestimmter Anfangsspalthöhen müssen die Lager vorgespannt werden. Dies kann durch Gewichtskraft, Vakuum, Magnetkraft oder durch Gegenlager in Form von Umgriffen erfolgen. In Bild 5.128 sind die Gleichungen zur Berechnung der Lagerkraft und Steifigkeitskomponenten dargestellt. Die Lagerkraft F eines Luftlagers und die daraus resultierende Änderung des Lagerspalts lassen sich in Abhängigkeit des Winkels α in ihre Richtungskomponenten zerlegen. Mit den Gleichungen lässt sich berechnen, dass sich die Tragkräfte gegenüber angeordneter Lagerflächen subtrahieren. Im Gegensatz dazu addieren sich die Steifigkeiten nebeneinander als auch gegenüber an-

340

5 Führungen und Lagerungen

z

z

E in z e lh e it A h E in z e lh e it A

Z

F

h

a a

F h

L a g e rk ra ftk o m p o n e n te n F

= F × s in a x

F

= F ×c o s a Z

L a g e r s p a ltk o m p o n e n te n h h

x

F

Z

=

s in a h c o s a

x X

S te ifig k e its k o m p o n e n te n D F D h

k =

k

= X

h =

X

F

x a

h

Z

a

k Z

=

D F D h

D F D h

X

= X

Z

= Z

D F s in a D h s in a

= k × s in

D F c o s a D h c o s a

= k ×c o s

2

a

2

a

Bild 5.128. Steifigkeit in den Koordinatenrichtungen bei nicht orthogonalem Spalt

geordneter Lagerflächen. Dies zeigt, dass durch Vorspannung mit Gegenlagern die Steifigkeiten erhöht werden können. 5.3.3 Berechnung aerostatischer Lagerelemente

Im Folgenden werden die Berechnungsgrundlagen für düsengeregelte Lager hergeleitet. Bei einer kleinen Belastung ist der Luftspalt groß. Er verkleinert sich, je größer die Kraft und damit die Belastung des Lagers wird. Bei der sogenannten Maximalbelastung, die als Grenzlast Fmax bezeichnet wird, setzt das Lager auf. Die Steifigkeit k des Lagers berechnet sich nach Gleichung 5.131 zu k=−

dF . dh

(5.131)

Bei geringen Steifigkeiten tritt schon bei einer kleinen Belastungserhöhung ein Aufsitzen des Lagers ein. Erfolgt die Berührung infolge einer geringen Keilform der Lagerfläche zuerst am Rand des Lagers, bricht die Strömung lokal ab. Dieser Effekt hat einen Druckanstieg zur Folge, der bewirkt, dass sich das Lager wieder anhebt. Kommt das Lager durch diesen Effekt ins Schwingen, wird es instabil. Voraussetzung für ein brauchbares Luftlager ist daher die Einstellung eines stabilen Strömungszustandes.

5.3 Aerostatische Gleitführungen und Gleitlager

341

In Bild 5.129 links ist ein kreisrundes Elementarlager mit seinem Druckverlauf über dem Spalt dargestellt. Bei Verwendung von Polarkoordinaten können die Navier-Stokesschen Gleichungen stark vereinfacht werden [58]. Unter Vernachlässigung der Glieder höherer Ordnung und Annahme laminarer Spaltströmung ergibt sich das Kräftegleichgewicht für das in Bild 5.129 rechts dargestellte Volumenelement zu: ∂ p ∂2 u = 2 ·η, ∂r ∂z

(5.132)

mit p r u z η

lokaler Druck im Lagerspalt, Radienkoordinate, Strömungsgeschwindigkeit im Spalt, Lagerspalthöhenkoordinate, dynamische Viskosität.

z

V o lu m e n e le m e n t p

p

D ü s e

h

p

r O

Æ d T

r i

r

p ×d r ×d z z

p

t

r

d z

p ×r ×d j ×d z

æ

h ×r ×dj ×d r× d z

ç p + è

d j

a

a

æ ¶ u ¶ 2u ö × d z ÷÷ h × r × d j × d r × çç + 2 è ¶ z ¶ z ø

d r

¶u ¶z

¶ p ö ×d r÷ ×r ×d j ×d z ¶ r ø

p ×d r ×d z

Bild 5.129. Berechnung aerostatischer Lager. Quelle: [58]

Die zweifache Integration ergibt unter Berücksichtigung der Randbedingung z = 0, u=−

z=h



u = 0,

h:

Spalthohe ¨

1 ∂p · · z · (h − z) . 2η ∂r

(5.133) (5.134)

Diese Gleichung stellt den Geschwindigkeitsverlauf an einer beliebigen Stelle im Lagerspalt in Abhängigkeit vom Druckabfall dar. Daraus ergibt sich ein Volumenstrom von Q=

π · r ∂p · · η ∂r

h  o

 1 πr ∂p 3 ·h . z · h − z2 dz = − · · 6 η ∂r

(5.135)

342

5 Führungen und Lagerungen

Bei planparallelen Lagerflächen, also bei einem konstanten Lagerspalt, ergibt sich der Druckverlauf zu dp = −

6 · Q · η dr · . π r · h3

(5.136)

Unter Berücksichtigung der Expansion der Luft und unter Annahme einer isothermen Zustandsänderung hat man in Gleichung 5.136 QL = QNL ·

pa p

(5.137)

einzusetzen, mit QL QNL pa p

Volumenstrom im Lager, auf Normalbedingungen umgerechneter Volumenstrom im Lager, Umgebungsdruck und Gasdruck im Lager.

Daraus leitet sich ab: p 6QNL η dr ·dp = − . pa π rh3

(5.138)

Nach Integration mit den Anfangsbedingungen p = pt für r = ri ergibt sich der Luftverbrauch eines einzelnen Lagers QNL =

π pt2 − p2a   · h3 . · 12 η pa ln rrai

(5.139)

Der Volumenstrom ist dabei bei jedem Radius r infolge der Kontinuität gleich groß. Setzt man den Volumenstrom bei p = pa für r = ra zum Verhältnis mit dem Volumenstrom eines beliebigen Radius r im Spalt, so ergibt sich der Druckverlauf für kompressible Gase zu ln( rri ) , (5.140) p(r) = pt2 − (pt2 − p2a ) · ln( rrai ) mit pt Taschendruck, ri Taschenradius und ra Lagerradius. Die Tragkraft F lässt sich durch Integration des Druckes über der Lagerfläche ermitteln: F = π · ri2 · (pt − pa ) + 2 · π ·

 ra ri

r · (p(r) − pa ) · dr

(5.141)

5.3 Aerostatische Gleitführungen und Gleitlager

343

Eine geschlossenen Integration von Gleichung 5.141 ist nicht möglich. Daher muss die Tragkraft entweder numerisch oder mit Hilfe von Näherungsgleichungen bestimmt werden. Normalerweise ergeben sich bei der Berechnung mit der Annahme einer inkompressiblen Strömung gute Näherungen für die kompressible Strömung [75]. Um eine gezielte, spaltabhängige Tragkraftänderung zu erzeugen, ist wie bei den hydrostatischen Lagern ein Vorwiderstand (Düse) erforderlich. Auf Grund der geringen Luftviskosität haben sich insbesondere kurze, gut gerundete Düsen als Drosselelemente bewährt. Ihr Durchfluss lässt sich nach Gleichung 5.142 berechnen. 2 π · d2 · ψ · ϕ · p0 (5.142) QND = 4 ρa pa mit QND p0 d ρa pa

auf Normalbedingungen umgerechneter Volumenstrom in der Düse, Speisedruck, Düsendurchmesser, auf Normalbedingungen umgerechnete Luftdichte, auf Normalbedingungen umgerechneter Umgebungsdruck,

wobei ϕ < 1 die Einschnürungsziffer und ψ die Durchflussfunktion ist. Für gut gerundete Düsen ist ϕ = 0, 75. Für überkritisches Druckverhältnis pt ≤ 0, 528 p0

(5.143)

ψ = 0, 484

(5.144)

ist

und für unterkritisches Druckverhältnis pt > 0, 528 p0 lautet die Durchflussfunktion κ ψ= · [(pt /p0 )2/κ − (pt /p0 )κ+1/κ ] κ−1

(5.145)

(5.146)

mit κ als Verhältnis der spezifischen Wärmekapazität (Luft: κ = c p /cr = 1, 4). Durch Gleichsetzen der Volumenströme der Düse QND und des Lagers QNL lässt sich die Lagerkraft in Abhängigkeit der Spalthöhe numerisch berechnen. Normierte Kennwerte, die auf die Fläche eines einzelnen Lagers bezogen sind, werden in Bild 5.130 dargestellt. Die Werte der spezifischen Tragfähigkeit bzw. die Werte der spezifischen Steifigkeit beziehen sich jeweils auf den optimalen Lagerspalt, dargestellt in den Diagrammen rechts im Bild. Der optimale Lagerspalt hat denjenigen Wert, bei dem die Steifigkeit ihr Maximum erreicht.

344

5 Führungen und Lagerungen

m m 8

o p t

0 ,4

s p e z . T ra g k ra ft

0 ,3

s p e z . S te ifig k e it

6 4

0 ,2 0 ,1 2

0 0

0 ,3

0 ,2

0 ,1

0 ,4

r

R a d ie n v e r h ä ltn is 1 7 ,5 d m m in

p a = 1 0 5P a 3

h = h

p a

o

0 ,2

o p t

2 0

0 ,1

0 ,2

0 ,3

0 ,4

r

m m

D ü s e n d u rc h m e s s e r d

0 ,5

p a = 1 0 5P a p p

2

h = h

2 0 p 1 0

1 6

r

6 8

4

0

0 ,1 0

0 ,2

0 ,4

0 ,3

r

R a d ie n v e r h ä ltn is

0 ,0 4

0 ,3

0 ,0 2

0 ,5

0

0 ,1

d = 0 ,1 m m 0 ,2

0 ,4

0 ,2

0 ,3

R a d ie n v e r h ä ltn is

0 ,4

r

r

0 ,5

= 2

8

0 ,5

= 5 a

a

4

a

o

o

p

1 2

i

o p t

0 ,0 6

0

d = 0 ,1 5 m m

m m

2 8

m m m m

s p e z . S te ifig k e it 0 ,3

4

0 ,0 2

N

2

0 ,1

8

o p t

6

0

= 1 0

4

0

= 1 0

0 ,0 4

a

7 ,5

0

a

o

R a d ie n v e r h ä ltn is

6

2 ,5

h = h

i

8

5 ,0

2 8 p

d = 0 ,1 5 m m

0 ,0 6

0 ,5

o p t

1 0 ,0

2

0 ,1 p

1 2 ,5

L u ftv e rb ra u c h Q

r

p

p a = 1 0 5P a

m m

o p tim a le r L a g e r s p a lt h

N

o p t

a

= 1 0

k m ax p r a2

h = h

o

k m ax p r a2

2 a

2

0 ,1 p

F

m a x

m m

p r

p

p a = 1 0 5P a

o p tim a le r L a g e r s p a lt h

0 ,6 N

r

a

p

m m 2 0

o

p

d = 0 ,5 m m

0 ,5

i

= 5 a

0 ,4

1 6

0 ,3

1 2

0 ,2

8

0 ,1

4 0 0

i a

0 ,1

0 ,2

0 ,3

0 ,5

0 ,4

R a d ie n v e r h ä ltn is

r

r

i a

Bild 5.130. Normierte Kennlinien düsengeregelter aerostatischer Lager

5.3.4 Dynamische Stabilität aerostatischer Gleitführungen und Gleitlager

Bei Luftlagern können eine Vielzahl von Instabilitäten auftreten, die einen funktionssicheren Betrieb beeinträchtigen. Die meisten Instabilitäten lassen sich durch geeignete konstruktive Maßnahmen beseitigen [158]. Auf Grund der Kompressibilität des Schmiermediums können selbsterregte Schwingungen auftreten, die unter den Begriffen Air-Hammer oder pneutmatische Instabilität bekannt sind. Das aus Restriktor, Tasche, Spalt und Masse bestehende Lagersystem bildet ein schwingungsfähiges System, das sich durch eine Differentialgleichung dritter Ordnung beschreiben lässt. Mit Hilfe der Stabilitätskriterien von Routh und Hurwitz lassen sich diejenigen Lagerparameter bestimmen, bei denen das Lager stabil arbeitet. Entsprechende Ansätze sind in der Literatur zu finden [74]. Insbesondere die im Lager befindliche Luftmassse hat großen Einluss auf die Stabilität gegen selbsterregte Schwingungen. Bei düsengeregelten Lagern muss daher die Taschenfläche sowie die Taschentiefe sehr klein gewählt werden. Maßnahmen zur Beseitigung pneumatischer Instabilität sind: • • • • •

Verkleinerung der Taschenfläche bzw. -tiefe, Verringerung des Lagerspaltes, Verkleinerung des Speisedruckes, Verringerung des Restriktorwiderstandes, Erhöhung der Vorspannkraft durch Gegenlager,

5.3 Aerostatische Gleitführungen und Gleitlager



345

Verringerung der gelagerten Masse.

Die dynamische Stabilität lässt sich weiterhin durch die Kompressionssteifigkeit beschreiben. Bei hohen Frequenzen kann die im Lagerspalt eingeschlossene Luft nicht beliebig schnell abfließen und wird komprimiert. Die erzeugte Druckänderung führt zu einer Lagerkraftänderung, aus der sich mit der Schwingungsamplitude die Kompressionssteifigkeit kc berechnen lässt [91]. Bei Luftlagern kann von einer isothermen Zustandsänderung ausgegangen werden, für die sich eine Kompressionssteifigkeit von kc = −n ·

 A

p(r) dA h

(5.147)

mit n als Polytropenexponent (isotherm: n = 1) ergibt. Erfahrungswerte zeigen, dass Lager nicht zu selbsterregten Schwingungen neigen, bei denen die Kompressionssteifigkeit größer als die statische Steifigkeit des Lagers ist. Dies lässt sich durch ein geringes Gasvolumen im Lagerspalt erreichen, d.h. durch einen sehr geringen Lagerspalt, eine geringe Taschenfläche und eine geringe Taschentiefe. Für aerostatische Lager, die nicht zu selbsterregten Schwingungen neigen, ist sowohl das Taschenvolumen kleiner als das kritische Grenzvolumen als auch die statische Steifigkeit des Lagers kleiner als die Kompressionssteifigkeit. Vt < VGrenz ,

(5.148)

kstat < kc .

(5.149)

Das Taschenvolumen berechnet sich dabei als Produkt aus der Taschenfläche und der Taschentiefe. Das kritische Grenzvolumen ist dasjenige Taschenvolumen, bei dem sich das Lager an der Stabilitätsgrenze zu selbsterregten Schwingungen befindet. Aus praktischen Erfahrungswerten und Berechnungen lassen sich Richtwerte für pneumatisch stabile Luftlager angeben (Bild 5.131). Bei aerostatisch gelagerten Spindelsystemen können zusätzliche Instabilitäten durch die Rotation entstehen. Bei den aus der Hydrodynamik bekannten Halbfrequenzwirbeln rotiert der Rotormittelpunkt mit halber Drehfrequenz um das Statorzentrum. Der dabei auftretende Luftmassentransport führt zu einer Veränderung des Druckprofils über dem Umfang, die den Rotor relativ zur Lagerschale verschiebt. Bleibt die Gesamtverlagerung, gebildet aus der Verlagerung durch die aufgebrachte Last und dem Rotationsradius des Wirbels, kleiner als die Einbauspalthöhe, so ist der Wirbel unbedenklich für die Funktionssicherheit. Ist die Verlagerung größer, so darf die Wellendrehzahl nicht die kritische Wirbeldrehzahl erreichen [61]. Biegekritische Drehzahlen treten dann auf, wenn die Drehzahl mit der Biegeeigenfrequenz des Spindel-Lager-Systems übereinstimmt. Sie sind abhängig von der Rotorgestalt, dem Rotormaterial, der Lageranordnung und der Lagersteifigkeit. Bei einfachen Geometrien lassen sie sich analytisch berechnen, bei komplexen Strukturen können sie numerisch mit Kleinrechnerprogrammen (s. Kapitel 5.6.3.2) bestimmt werden.

5 Führungen und Lagerungen

V t

2

= p ×ri × t

t h r i

r

A = p × ra a

2

0 ,0 0 7 m m

V k k

t

V

G re n z

n

s ta t c

s ta t

< k

2

c

× p × t < = - n × A

ò

V

G re n z

p (r ) ×d A h

: T a s c h e n v o lu m e n : G r e n z v o lu m e n : s ta tis c h e S te ifig k e it d e s L a g e r s : K o m p r e s s io n s s te ifig k e it : P o ly tr o p e n e x p o n e n t ( is o th e r m : n = 1 )

V G re n z p × r a2

i

p a = 1 0 5 P a d = 0 ,1 5 m m

= 4

a

6

0 ,0 0 4

8

0 ,0 0 3

1 0

0 ,0 0 2 0 ,0 0 1 0 0

0 ,1

0 ,2

0 ,3

0 ,4

R a d ie n v e r h ä ltn is 0 ,0 0 7 m m m m

s p e z . G r e n z v o lu m e n

2 . k

= r t

0

p 2

Z w e i S ta b ilitä ts b e d in g u n g e n 1 . V

p

3

m m

s p e z . G r e n z v o lu m e n

d

V G re n z p × r a2

346

3

0 ,5

ri

ra

p a = 1 0 5 P a p o = 5 p a

d = 0 ,5 m m 2

0 ,4

0 ,0 0 4

0 ,3

0 ,0 0 3

0 ,2

0 ,0 0 2

0 ,1

0 ,0 0 1 0 0 ,1

0 ,2

0 ,3

R a d ie n v e r h ä ltn is

0 ,4

ri

0 ,5

ra

Bild 5.131. Stabilitätsbedingungen für aerostatische Lager

Als weitere Instabilität tritt die Inversion auf. Ab einer bestimmten Drehzahl (n > nkritisch ) dreht die Spindel nicht mehr um ihr geometrisches Zentrum, sondern um ihren Masseschwerpunkt. Die kritische Drehzahl stimmt mit der Eigenfrequenz des Systems aus Spindelmasse und Lagerfedersteifigkeit überein. Die Inversion kann durch sorgfältiges Auswuchten beseitigt werden [61]. 5.3.5 Anwendungsbeispiele

Anhand einiger Anwendungsbeispiele sollen verschiedene Ausführungen aerostatischer Rund- und Linearführungen mit ihren konstruktiven Details dargestellt und erläutert werden. Die Speiseluft für diese Systeme wird üblicherweise dem Werkstatt-Druckluftnetz entnommen. Da an die zugeführte Luft erhöhte Qualitätsansprüche gestellt werden, kommen spezielle Luftaufbereitungsanlagen zum Einsatz (Bild 5.132). In einer vorgeschalteten Aufbereitungsstufe wird mittels handelsüblicher Wasserabscheider und Filter die Luft vorgereinigt. Mikro-Feinstfilter mit Maschenweiten von wenigen Mikrometern sowie Aktivkohle-Filter sorgen in der nachgeschalteten Feinstaufbereitungsstufe für staub- und ölfreie Luft. Zum Abscheiden der Feuchtigkeit finden Wasserabscheider mit hygroskopischen Stoffen oder Kältetrockner Anwendung. Ein Speichertank mit Druckregelventil glättet Druckschwankungen des Netzes und sorgt bei einem eventuellen Ausfall des Netzdruckes in

5.3 Aerostatische Gleitführungen und Gleitlager W e rk s ta ttd r u c k lu ftn e tz

F e in s ta u fb e r e itu n g s s tu fe

V o r r e in ig u n g s s tu fe V o r filte r

L a g e ru n g

347

D ru c k w ä c h te r

W a s s e ra b s c h e id e r

M ik r o filte r

D r u c k r e g e lv e n til

A k tiv k o h le Ö la b s c h e id e r

S p e ic h e r

K ä lte tro c k n e r

R ü c k s c h la g v e n til

Bild 5.132. Schematischer Aufbau der Druckluftaufbereitungsanlage einer aerostatischen Lagerung

Verbindung mit einem Druckwächter für Notlaufsicherheit bis zum Stillstand der Spindel. 5.3.5.1 Aerostatisch gelagertes Schlittensystem

Bild 5.133 zeigt die aerostatische Schlittenführung einer Fräsmaschine. Sie ist auf zwei Flachführungsschienen in Fest-Loslagerbauweise aufgebaut. Bei den großen Abmessungen ist es sehr schwierig, alle Lagerflächen bezüglich Maß, Parallelität und Winkligkeit so herzustellen und auszurichten, dass sich über dem gesamten Verfahrweg ein konstanter paralleler Luftspalt von ca. 10 µm einstellt. Deshalb wurden in dieser Ausführung konstruktive Maßnahmen getroffen, die zur Umgehung der genannten Probleme beitragen. Zur sehr genauen, reibungsfreien Führung des Tisches sind nur drei Führungsflächen mit aerostatischen Lagern vorgesehen. Die Vorspannung der Luftlager erfolgt durch federbelastete Stützrollen. Trotz hoher Vorspannkräfte sind die Federsteifigkeiten dieser Vorspannsysteme jedoch sehr gering, so dass die Rollen die Führung des Tisches nicht beeinträchtigen und kein Klemmen des Tisches verursachen. Im unteren Teil des Bildes, einer Ansicht des Tisches von unten, sind die Luftlagerflächen und die Vorspannrollen zu erkennen. In die Luftlagerflächen sind Strömungskanäle eingebracht, die zur Ausbildung eines bestimmten Druckprofils und Strömungsverlaufes beitragen. Innerhalb der Kanäle stellt sich bei Betrieb der Taschendruck ein. Durch diese Druckverteilung können die Tragkraft und Steifigkeit des Lagers wesentlich gesteigert

348 e in g e k le b te S ta h lle is te

fe d e r b e la s te te S tü tz r o lle

5 Führungen und Lagerungen e in g e k le b te g e h ä r te te S ta h lp la tte

D ü s e n

a u fg e k le b te K u n s ts to ffp la tte n L a g e r flä c h e m it S tr ö m u n g s k a n ä le n

Bild 5.133. Aerostatisch gelagerter Fräsmaschinenschlitten. Quelle: DST

werden. Die prinzipbedingte Neigung des Systems zu pneumatischen Instabilitäten kann durch die Wahl größerer Düsendurchmesser beseitigt werden. 5.3.5.2 Aerostatisch gelagerte Rundtische

Bild 5.134 zeigt die mit kreisrunden Elementarlagern aufgebaute Radial-/Axiallagerung eines Rundtisches. Die Radiallagerung besteht aus zwölf düsengeregelten Lagern. Die Axiallagerung ist ebenfalls aus je zwölf vorgespannten Lagern aufgebaut. Dadurch ist eine einfache Luftzufuhr über das dargestellte Bohrungssystem möglich. Die Speiseluft strömt über einen Ringkanal in die radialen Bohrungen und verteilt sich dort auf die einzelnen Eintrittsöffnungen. Am Ende der Bohrungen sind Messingbuchsen mit eingebrachten Düsenbohrungen so tief eingeklebt, dass sich die berechnete Taschentiefe ergibt, die einen schwingungsfreien Betrieb erlaubt.

5.3 Aerostatische Gleitführungen und Gleitlager D ü s e

349

R a d ia lla g e r A x ia lla g e r

T ra g k ra ft

a x ia l: 4 8 0 0 N r a d ia l: 9 0 0 N 4 6 0

S te ifig k e it

a x ia l: 1 2 0 0 N /m m r a d ia l: 9 0 0 N /m m

S p e is e d r u c k : 5

1 0 5

P a

Bild 5.134. Aerostatisch gelagerter Rundtisch

Bei der Konstruktion des Tisches wurde großer Wert darauf gelegt, die Funktionsflächen mit höchster Genauigkeit fertigen zu können. Alle genauigkeitsbestimmenden Teile sind so gestaltet, dass die axialen Flächen mit Hilfe von Zweischeiben-Planläppmaschinen und die Umfangsflächen mit Hilfe von Präzisionsrundschleifmaschinen bearbeitbar sind. Damit die Schraubenverbindungen nicht unzulässig große Verformungen an den genauigkeitsbestimmenden Funktionsflächen hervorrufen, wurde ein großer Abstand zwischen ihnen und den Führungs- und Montageflächen gewählt. Die verformungsarme Befestigung der Lagerschale erfolgt durch Klemmung zwischen den hochgenau geläppten Klemmringen. Der Zwischenring ist zur definierten Klemmung der Lagerschale auf Untermaß geläppt. Er besitzt zusätzlich die Aufgabe, den Speiseluft-Ringkanal abzudichten. Bild 5.135 zeigt den Schnitt durch einen Rundtisch von 800 mm Durchmesser. Dieser Tisch wird vorwiegend für Messaufgaben an großen Werkstücken sowie für Feinstbearbeitungsoperationen wie Feinstfräs-, -dreh-, -schleif- oder Polierbearbeitungen eingesetzt. Die Lagerflächen werden im Abformverfahren mit einer Kunststoffmasse hergestellt. Durch die Wahl der Schichtdicke kann bei bekanntem Schrumpfungsverhalten die Einbauspalthöhe des Radiallagers eingestellt werden. Insbesondere bei großen Durchmessern werden die Kosten von Wälzlagerringen sehr hoch, so dass der Einsatz von Luftlagern kostengünstiger sein kann. Zum besonders gleichförmigen, schwingungsarmen Antrieb des Tisches wird ein endloser Flachriemen eingesetzt.

350

5 Führungen und Lagerungen

T r a g k r a ft a x ia l: 1 0 S te ifig k e it a x ia l: 1 0 2 5 S te ifig k e it r a d ia l: 1 0

0 0 0 0 0 0 0 0

0 N b is N /m m N /m m

K u n s ts to ffla g e r flä c h e n

O 8 0 0 V a k u u m V o rs p a n n u n g

P la n la u f: 2 m m

R u n d la u f: 2 m m

D ü s e n

F la c h r ie m e n

V a k u u m - R in g k a n a l

D r u c k lu ft- R in g k a n a l

Bild 5.135. Aerostatisch gelagerter Rundtisch. Quelle: Maschinenfabrik Einmeldingen

Ist eine Drehbewegung des Tisches während der Bearbeitung nicht erforderlich, so kann der Speisedruck der aerostatischen Lager nach dem Positioniervorgang abgeschaltet werden. Die Kraft durch das Vakuum zieht den Tisch fest auf die Lagerflächen nach unten. Mit dem entstehenden Festkörperkontakt wird eine im Vergleich zu wälzgelagerten Tischen wesentlich höhere Steifigkeit erreicht. Der Tisch kann Lasten bis zu 10000 N aufnehmen, die Steifigkeiten liegen, je nach aufgebrachter Last, zwischen 1000 und 2500 N/µm. Zur Vorspannung des Axiallagers wird die Unterseite des Tisches mit Vakuum beaufschlagt. Auf Grund der unterschiedlichen Druckverhältnisse an der Innen- und Außenseite des Axiallagerringes sind die Einlassöffnungen asymmetrisch angeordnet. Die in der Zeichnung dargestellte Lage der Einlasskanäle ist empirisch ermittelt worden. Für sie ergeben sich die besten Lagereigenschaften. 5.3.5.3 Aerostatisch gelagerte Spindel-Lager-Systeme

Bei der in Bild 5.136 dargestellten Doppelsphärenspindel sind die Lagerflächen so angeordnet, dass sie gleichzeitig zur radialen wie auch zur axialen Führung beitragen. Dadurch kann der Herstellungsaufwand für die einzelnen Luftzufuhrkanäle reduziert werden. Als Lagerflächen dienen die sphärischen Flächen von Rotor und Stator. Vorteile dieser Bauart sind die einfache Montage der sehr eng tolerierten Kugelflächen und – bedingt durch die Kugelsymmetrie – die Unempfindlichkeit gegen Ausrichtungsfehler der Lagerflächen.

5.3 Aerostatische Gleitführungen und Gleitlager

351 T ra g k ra ft a x ia l: 2 0 0 0 N r a d ia l: 1 5 0 0 N

1 3 0

S te ifig k e it a x ia l: 2 5 0 N / m m r a d ia l: 1 7 0 N / m m R u n d la u f < 0 ,1 m m P la n la u f < 0 ,1 m m

7 D ü s e n

Bild 5.136. Aerostatisch gelagerte Doppelsphärenspindel

Die sphärischen Bauteile lassen sich sehr einfach und genau mit den in der Optikfertigung eingesetzten Linsen-Topfschleifmaschinen oder numerisch gesteuerten Asphären-Schleifmaschinen herstellen. Die Lagerspalthöhe kann durch Anpassen der Verbindungswelle des Rotors eingestellt werden. Die Spindel besitzt eine Tragfähigkeit von ca. 2000 N in axialer und ca. 1500 N in radialer Richtung. Die Steifigkeiten liegen axial bei 250 N/µm und radial bei 170 N/µm. Die Rund- und Planlaufabweichungen sind kleiner als 0,1 µm. Bild 5.137 zeigt eine Hochfrequenzspindel für Drehzahlen von bis zu 120000 min–1 . Luftgelagerte HF-Spindeln werden vorwiegend für Bohr-, Fräs- und Schleifoperationen im Bereich der Leiterplattenindustrie und in der Feinwerktechnik eingesetzt. Der vibrationsarme Lauf mit geringen Rundlaufabweichungen ermöglicht maßgenaue Beabeitungsoperationen. Zur Abführung der Motorwärme und der Reibleistung der Lager ist die Spindel wassergekühlt. Axial- und Radiallager sind jeweils düsengeregelte Lager. Eine spezielle Kunststoffschicht sorgt für gute Notlaufeigenschaften. Der Lagerspalt beträgt für Radial- und Axiallager 20 µm. Die Spindel wird über einen AC-Hochfrequenzmotor angetrieben. Die Kurzschlussstäbe des Läufers sind in die Welle eingearbeitet. Die Spindel verfügt über eine kraftbetätigte Spannzange. Über einen zweifach wirkenden Pneumatik-Membranzylinder wird mit Hilfe einer nicht rotierenden Kolbenstange das Tellerfederpaket bei stehender Spindel in der Spannzange entlastet. Das Werkzeug kann so vollautomatisch gewechselt werden.

352 S p a n n z a n g e

v o rd e re s W a s s e rR a d ia lla g e r k ü h lu n g S ta to r

W e lle

K o lb e n s ta n g e ( n ic h t- r o tie r e n d )

M e m b ra n h in te r e s R a d ia lla g e r A x ia lla g e r z y lin d e r

o 6 1 ,9 1

W e rk z e u g

5 Führungen und Lagerungen

A u s g a n g s le is tu n g : m a x im a le D r e h z a h l: r a d ia le T r a g la s t: a x ia le T r a g la s t: r a d ia le S te ifig k e it: a x ia le S te ifig k e it: V e rs o rg u n g s d ru c k : L u ftv e rb ra u c h : L a g e r s p a lt a x ia l: L a g e r s p a lt r a d ia l:

9 0 0 W 1 2 0 0 0 0 m in 8 0 N 2 4 5 N 5 ,7 8 N /m m 1 0 N /m m 5 b a r 7 5 l/m in 2 0 m m 2 0 m m

-1

2 m m H u b d e r K o lb e n s ta n g e ( n ic h t- r o tie r e n d ) D r e h z a h ls ig n a l S p a n n u n g s v e rs o rg u n g A n tr ie b s m o to r

V e rs o rg u n g d e r L u ftla g e r

B e tä tig u n g d e s M e m b ra n z y lin d e r s

Bild 5.137. Aerostatisch gelagerte Hochfrequenzspindel. Quelle: HAM

Bild 5.138 zeigt eine aerostatisch gelagerte Spindel einer CNC- Drehmaschine. Die Spindel ist über aerostatische Lager mit konvergentem Spalt (vgl. Bild 5.126) und Düsen in zwei Radiallagern und mit einem Axiallager mit Umgriff gelagert. Zum Antrieb wird ein Synchronmotor eingesetzt, dessen Läufer sich zwischen den Radiallagern befindet. Die Spindel ist im Bereich des Einbaumotors wassergekühlt, so dass die anfallende Verlustwärme im Motor und in der Lagerung von der Kühlung aufgenommen werden kann. Durch ein integriertes Winkelmesssystem kann mit der Spindel eine Winkelpositionierung vorgenommen werden. Zum Spannen der Werkstücke wird ein kraftbetätigtes Spannmittel verwendet.

5.4 Rundlaufverhalten unterschiedlicher Spindelsysteme Für geringe Belastung, z.B. bei der hochpräzisen Feinstbearbeitung oder in Messmaschinen, ist das statisch-dynamische Verhalten, also die Steifigkeit und Dämpfung, für die Auswahl einer geeigneten Lagerung weniger relevant. Vielmehr interessiert hier das geometrische Verhalten der Spindel, da es durch Abweichungen von der idealen Rundlaufbewegung zu Bearbeitungsfehlern oder bei Messrundtischen zu Messfehlern kommt. Die Bewegungsabweichungen einer Spindel von der idealen Drehbewegung werden in verschiedene Fehleranteile aufgeteilt. Man unterscheidet wiederholbare und nichtwiederholbare Bewegungsabweichungen. Wiederholbare Bewegungsabweichungen treten bei jeder Umdrehung in gleicher Weise auf. Unter nichtwiederholbaren Bewegungsabweichungen werden Abweichungen verstanden, deren Frequenz kein ganzzahliges Vielfaches der Drehfrequenz ist und die von stochastischer Natur ist.

5.4 Rundlaufverhalten unterschiedlicher Spindelsysteme D r e h z a h lm e s s e r

W in k e lm e s s s y s te m

h in te r e s R a d ia lla g e r

H a u p tm o to r

353 v o rd e re s R a d ia lla g e r

A x ia lla g e r

A x ia lla g e r

D ü s e

v o r d e r e s R a d ia lla g e r m it k o n v e r g e n te m S p a lt

Bild 5.138. Aerostatisch gelagerte Spindel einer hochgenauen CNC-Drehmaschine. Quelle: Hembrug B.V.

Die Zerlegung des Gesamtfehlers in diese Fehleranteile dient dazu, den Einfluss der Spindelbewegungen auf die entstehende Werkstückqualität abzuschätzen und die Fehlerursachen zu finden. So ist zum Beispiel der wiederholbare Fehleranteil bei einer Längsdrehoperation für die bei der Fertigung entstehende Kreisformabweichung und der nichtwiederholbare Fehleranteil für die entstehende Rauheit verantwortlich. Exemplarisch ist in Bild 5.139 die Rundlaufabweichung einer Luft, Wälz- und einer hydrostatisch-gelagerten Spindel bei einer Betriebsdrehzahl von 100 min–1 gezeigt. Die Rundlaufabweichungen wurden berührungslos mit kapazitiven Aufnehmern aufgezeichnet und in einem Polardiagramm dargestellt [184]. Die Polardiagramme zeigen, dass sich das Rundlaufverhalten der Spindeln deutlich voneinander unterscheidet. Besonders die wälzgelagerte Spindel zeigt ein deutlich breiteres Band der Rundlaufabweichung. Durchmesserfehler der Wälzkörper wirken sich z.B. auf die nichtwiederholbaren Abweichungen aus. Ein Vergleich der Fehleranteile zeigt, dass insbesondere der nichtwiederholbare Fehleranteil der aerostatischen Lagerung mit einem Wert von 0,05 µm geringer als der der beiden anderen Spindellagerungen ist.

354

5 Führungen und Lagerungen

L u ftla g e r u n g

L u ftla g e r u n g

L u ftg e la g e r te S p in d e l R u n d la u ffe h le r in r a d ia le r X - R ic h tu n g D r e h z a h l: G e s a m tfe h le r : A s y n c h r o n fe h le r :

S p in d e lk ü h lu n g

1 0 0 0 ,1 0 ,0 5

m in m m m m

-1

W ä lz g e la g e r te S p in d e l R u n d la u ffe h le r in r a d ia le r X - R ic h tu n g D r e h z a h l: G e s a m tfe h le r : A s y n c h r o n fe h le r :

R a d ia lla g e r u n g

A x ia lla g e r u n g

1 0 0 0 ,3 5 0 ,3

m in m m m m

-1

H y d r o s ta tis c h e S p in d e l R u n d la u ffe h le r in r a d ia le r X - R ic h tu n g D r e h z a h l: G e s a m tfe h le r : A s y n c h r o n fe h le r :

1 0 0 0 ,2 5 0 ,1

m in m m m m

-1

Bild 5.139. Rundlauffehler hochgenauer Spindelsysteme

Der Rundlauffehler der hydrostatischen Spindel wird von wiederholbaren Fehleranteilen dominiert. Formfehler der Welle, die zu unterschiedlichen hydraulischen Widerständen an den drei Taschen der hydrostatischen Lagerung führen, verursachen einen unterschiedlichen Druck in den Taschen, der zu winkelabhängigen, radialen Verlagerungen der Welle führt. Diese Verlagerungen treten bei jeder Umdrehung wieder auf und gehen somit in den wiederholbaren Fehleranteil ein. Der im Vergleich zur aerostatisch gelagerten Spindel hohe nichtwiederholbare Fehleranteil kann mit Druckpulsationen in der hydrostatischen Versorgung erklärt werden. Der Hydraulikdruck in den Lagertaschen wird über Zahnradpumpen erzeugt. Durch die geringe Kompressibilität der Hydraulikflüssigkeit im Vergleich zu der in der aerostatischen Lagerung verwendeten Luft wirken sich Druckpulsationen stärker aus. Bei Verwendung von Spindeln mit äußerst geringen Zylindrizitätsabweichungen und Maßnahmen zur Glättung des Speisedruckes können die Rundlaufabweichungen einer hydrostatischen Lagerung noch weiter reduziert werden. Grundsätzlich können die Spindeln mit hydrostatischer Lagerung bei sorgfältiger Fertigung eine gleich hohe Rundlaufqualität wie aerostatisch gelagerte Spindeln erreichen.

5.5 Elektromagnetische Lager

355

5.5 Elektromagnetische Lager 5.5.1 Konstruktionsprinzip

Elektromagnetische Lagersysteme sind für sehr hohe Drehzahlen geeignet, da sie wegen des relativ großen Luftspaltes so gut wie keine Reibmomente besitzen. Insbesondere bei der Hochgeschwindigkeitszerspanung sind solche Systeme vereinzelt im Einsatz. Ein aktives elektromagnetisches Lagersystem, das zur Lagerung von Werkzeugmaschinen-Hauptspindeln geeignet ist, besteht aus zwei getrennten Komponenten: • •

der Lagerung und dem elektronischen Regelsystem.

Zur Lagerung der Spindel werden voneinander unabhängige Axial- und Radiallager verwendet. Die Wirkungsweise soll anhand des Prinzipbildes für ein Radiallager mit dem zugehörigen Regelsystem erläutert werden (Bild 5.140).

V e r g le ic h e r S o llw e r t W

F ilte r

R e g le r

L e is tu n g s v e rs tä rk e r

S c h e m a tis c h e D a r s te llu n g e in e s e le k tr o m a g n e tis c h e n R a d ia lla g e r s E le k tr o m a g n e t

+

F e h le r W -X S ta to r -

R o to r Is tw e rt X

g e b le c h te W e lle

S te llu n g s s e n s o r

S e n s o r s ig n a l R e g e lu n g fü r E le k tr o m a g n e te

Bild 5.140. Regelung einer aktiven Magnetlagerung. Quelle: S2M

Das Radiallager besteht aus einem Rotor und einem Stator. Der Rotor ist mit ferromagnetischem Material geblecht. Er wird von gegenüberliegenden Magneten im Stator angezogen und schwebt somit in einem magnetischen Feld. Zumeist nach dem Induktionsprinzip oder Hall-Effekt wirkende Lagesensoren messen jeweils den Abstand der Welle von den Magneten. Abweichungen aus der Mittellage der Spindel werden durch die Stromänderung für die Magnete, d.h. durch die Veränderung der magnetischen Kräfte, ausgeregelt.

356

5 Führungen und Lagerungen

E le k tr o m a g n e te

S ta to r

S p in d e la b s c h n itt F a n g la g e r

R o to r

S e n s o r fü r d ie a x ia le P o s itio n ie r u n g d e r S p in d e l

Bild 5.141. Schematische Darstellung des Axiallagers. Quelle: S2M

Die Funktionsweise des Axiallagers basiert auf demselben Prinzip. Der Rotor besteht hier aus einem Scheibenanker, der durch axial wirkende Elektromagneten in Position gehalten wird (Bild 5.141). Der axiale Positionssensor ist häufig in der Nähe der Bearbeitungsstelle angeordnet, da für den praktischen Einsatz insbesondere die axiale Wellenverlagerung an diesem Ort für die Arbeitsgenauigkeit entscheidend ist. Neben den elektromagnetischen Lagern sind zusätzlich Fanglager vorgesehen, die bei Ausfall der Magnetlagerung, Stromausfall oder Überbelastung der Lagerung eine Zerstörung verhindern sollen. Diese Fanglager sind in der Regel ungeschmierte oder fettgeschmierte Wälzlager, welche im normalen Betrieb nicht von der Spindel berührt werden und somit nicht mitlaufen. Das Spiel zwischen Welle und den Fanglagerinnenringen ist gleich der Hälfte des Luftspieles im elektromagnetischen Radiallager, so dass der Rotor nicht mit den Statormagneten zur Anlage kommt. 5.5.2 Ausführungsformen elektromagnetischer Lagerungen

Bild 5.142 zeigt eine magnetgelagerte Hochgeschwindigkeitsspindel. Die Spindel wird durch zwei Radiallager und ein Axiallager elektromagnetisch geführt. Als Spindelantrieb dient ein Hochfrequenzmotor, welcher in die Spindeleinheit integriert ist. Die Spindel kann mit einer Drehzahl von bis zu 40000 min–1 betrieben werden. Die maximale Antriebsleistung beträgt 40 kW. Da der Luftspalt zwischen Rotor und Stator etwa 0,5 mm beträgt, sind nur sehr geringe Reibungsverluste zu erwarten. Der elektrische Leistungsbedarf für die Magnetspulen liegt für das gesamte Spindelsystem bei ca. 1 bis 3 kW. Da die Magnetlagerung aktiv geregelt wird, ist die Systemsteifigkeit und die Dämpfung ausschließlich von der Regelkreisdynamik abhängig.

5.5 Elektromagnetische Lager F a n g la g e r

R o to r

357

A x ia lla g e r

M o to r

R a d ia lla g e r

P o s itio n s s e n s o r

F a n g la g e r

Bild 5.142. Konstruktion einer elektromagnetisch gelagerten Werkzeugmaschinenspindel. Quelle: IBAG

Bis zu hohen Drehzahlen ist das Magnetlagersystem in der Lage, den Rotor auf gesteuerten Exzenterbahnen zu bewegen. Hierdurch wird bis zu einem gewissen Grade eine Rotorauswuchtung durch die Lager möglich. 5.5.3 Eigenschaften elektromagnetischer Lagerungen

Elektromagnetische Lagerungen sind aktive Maschinenelemente. Ihre Eigenschaften, wie Steifigkeit und Dämpfung, sind über eine Regelung beeinflussbar. Sie werden häufig so betrieben, dass die Betriebsdrehzahl über der Eigenfrequenz liegt. Durch diesen überkritischen Betrieb dreht der Rotor bei Betriebsdrehzahl im Leerlauf um die Schwereachse und läuft somit frei von Unwuchtkräften. Der Rundlauf, der sich bei Betriebsdrehzahl einstellt, wird daher durch die Wuchtgüte des Rotors bestimmt. Da der Fertigungsgenauigkeit des Rotors Grenzen gesetzt sind, ist auch bei elektromagnetischen Lagerungen ein fehlerfreier Rundlauf nicht möglich. Dadurch, dass der Abstand zwischen Rotor und Stator gemessen und geregelt wird, beeinflusst auch die Formgenauigkeit des Rotors den Rundlauf. Der Rundlauf wird also, ähnlich wie bei Wälzlagern, sowohl durch die Wuchtgüte als auch durch die Formgenauigkeit des Rotors bestimmt. Daher sind ähnliche Werte für den Rundlauf zu erwarten, wie sie mit Wälzlagern erreichbar sind. Die Regelung des Abstandes zwischen Stator und Rotor erlaubt es, verschiedene Steifigkeiten der Lagerung einzustellen. Der mit einer elektromagnetischen Lagerung maximal mögliche Wert der statischen Steifigkeit ist durch das integrale Verhalten des Reglers höher als bei einer Wälzlagerung. Die maximale Tragkraft liegt aber deutlich unter der von Wälzlagern. Für einen Rotordurchmesser von 50 mm kann mit einer elektromagnetischen Lagerung durch den I-Anteil des Reglers ein statischer Steifigkeitswert von max. 800 N/µm erreicht werden (Quelle: GMN). Im Vergleich dazu beträgt die Steifigkeit zweier Schrägkugellager der Baureihe B70C mit 50 mm Bohrung in O-Anordnung je nach Vorspannung zwischen 56 und 135

358

5 Führungen und Lagerungen

N/µm (Quelle: FAG). Auch die dynamischen Steifigkeitswerte sind durch den überkritischen Betrieb der Spindel in Verbindung mit der vergleichsweise hohen Masse des Rotors gut. Der Vorteil einer elektromagnetischen Lagerung liegt demnach im hohen erreichbaren Drehzahlbereich, im unwuchtfreien Rundlauf, in regelbaren Eigenschaften und hohen Steifigkeiten bei gleichzeitig geringem Reibmoment. Nachteilig ist der große Aufwand für Regelung und Energieversorgung und damit der hohe Preis. Elektromagnetische Lagerungen werden daher nur in Einzelfällen für Spezialaufgaben eingesetzt.

5.6 Wälzführungen und Wälzlager 5.6.1 Wälzführungen

Neben Gleitführungen finden wälzgelagerte Geradführungen in der Praxis eine breite Anwendung. Sie haben in den letzten zwanzig Jahren bei mittelgroßen und kleinen Maschinen die Gleitführungen nahezu vollkommen verdrängt. Gegenüber Gleitführungen bieten sie folgende Vorteile: leichter Lauf auf Grund der Rollreibung, kein Stick-Slip, kostengünstigere Montage, beinahe Wartungsfreiheit und ihre Verfügbarkeit als käufliches Standardelement. Als Nachteile sind bei dieser Führungsart gegenüber hydrostatischen und hydrodynamischen Führungen die geringe Dämpfung normal und parallel zur Bewegungsrichtung zu nennen. Die geringe Dämpfung senkrecht zur Führungsrichtung äußert sich hauptsächlich in einer Verringerung der Gesamtstrukturdämpfung der Maschine, während die geringere Dämpfung in Führungsrichtung die Einstellung der Kv -Werte bei der Regelung der Vorschubantriebe negativ beeinflusst. 5.6.1.1 Bauarten und Eigenschaften

Wälzgelagerte Linearführungen lassen sich nach mehreren Gesichtspunkten unterscheiden. Konstruktive Unterscheidungsmerkmale zwischen den einzelnen Elementen sind: • • • •

Wälzkörpertyp, Berührungsart zwischen Wälzkörper und Laufbahnen, Anzahl und Anordnung der Wälzkörperreihen, Wälzkörperleisten oder Wälzkörperrückführung in den Laufeinheiten.

Für die Genauigkeit der gesamten Wälzführung ist außer der Qualität der beiden Führungsflächen die Maß- und Formgenauigkeit der Wälzkörper sowie die genaue Führung im Käfig entscheidend. Bei zylindrischen Wälzkörpern (Rollen) können fehlerhafte Käfige bzw. nicht-parallele Führungsflächen eine Schiefstellung (Schränkung) und ein seitliches Ausbrechen der Rollen bewirken, was zur Zerstörung der Laufflächen und des Käfigs durch Bohrreibung führt. Dieses Problem tritt

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

359

bei Kugeln als Wälzelementen nicht auf. Dafür haben diese Führungen jedoch den Nachteil geringerer Steifigkeit und Tragfähigkeit gegenüber den Rollenführungen gleicher Baugröße (Punktkontakt statt Linienberührung). Die wichtigsten Bauformen von Wälzführungen sind: • • • • •

Wellenführungen (Kugelbüchsen), Laufrollenführungen, Flachkäfigführungen, Rollenumlaufschuhe, Profilschienenwälzführungen mit umlaufenden Wälzkörpern.

Einen Überblick über die unterschiedlichen konstruktiven Ausführungsformen von Wälzführungen und deren Eigenschaften zeigen Bild 5.143 und Bild 5.144.

A n o rd n u n g d e r W ä lz k ö r p e r

W ä lz k ö rp e r

K u g e ln

A rt d e r B e rü h ru n g

4 -P u n k tB e rü h ru n g

A n z a h l d e r W ä lz k ö rp e rr e ih e n

z w e i

T H K

W ä lz k ö rp e r

A n z a h l A rt d e r B e r ü h r u n g d e r W ä lz k ö rp e rr e ih e n

Z y lin d e r - 2 - L in ie n r o lle n B e rü h ru n g

e in e

Z y lin d e r - 2 - L in ie n r o lle n B e rü h ru n g

z w e i

Z y lin d e r - 2 - L in ie n r o lle n B e rü h ru n g

e in e

S c h n e e b e rg e r

K u g e ln

2 -P u n k tB e rü h ru n g

v ie r IN A

T H K

Z y lin d e r - 2 - L in ie n B e rü h ru n g r o lle n IN A

A n o rd n u n g d e r W ä lz k ö r p e r

v ie r IN A

Bild 5.143. Unterschiedliche Ausführungsformen von Wälzführungselementen. Quelle: nach THK, INA und Schneeberger

Bei den in Bild 5.143 links dargestellten Bauformen handelt es sich um Profilschienenwälzführungen mit umlaufenden Wälzkörpern. Die Anwendung dieser Systeme ist für beliebig große Verfahrwege möglich. Das Lastaufnahmevermögen der Systeme ist einerseits von der Anzahl der Wälzkörperreihen sowie vom Wälzkörpertyp abhängig. Die maximalen Verfahrgeschwindigkeiten betragen bis zu 300 m/min mit Beschleunigungen bis 15 g. Neben Zug-, Druck- und Seitenkräften können diese Systeme auch beliebige Momente aufnehmen. Unabhängig von der Bauform sind Profilschienenwälzführungen generell in verschiedenen Vorspannklassen, d.h. mit verschieden hohen Vorspannungen, verfügbar. Als Einsatzbe-

360

5 Führungen und Lagerungen

reiche sind der allgemeine Maschinenbau sowie insbesondere für die tragfähigeren 4-reihigen Kugel- und Rollensysteme der Werkzeugmaschinenbau zu nennen. Zylinderrollen/Nadelrollen-Flachkäfigführungen (Bild 5.143 rechts oben und Mitte) werden bei höchsten Genauigkeitsansprüchen an das Laufverhalten der Führungselemente sowie gleichzeitig höchsten Anforderungen an Tragfähigkeit und Steifigkeit in Werkzeugmaschinen eingesetzt. Die maximal zulässige Verfahrgeschwindigkeit beträgt bei diesen Führungstypen ca. 100 m/min mit Beschleunigungen bis zu 25 g. Wegen des fehlenden Kugelumlaufes sind die realisierbaren Verfahrwege durch die Länge der Wälzkörperkäfige begrenzt. Die Vorspannung und somit die Steifigkeit der Führungselemente ist bei Flachkäfigführungen durch eine entsprechende Gestaltung der Umgebungskonstruktion und/oder Belastungssituation aufzubringen.

T r a g fä h ig k e it

R e ib u n g

G e s c h w in d ig k e it

L in e a r w e lle n fü h r u n g L a u fr o lle n fü h ru n g z w e ir e ih ig e K u g e ls c h ie n e n F ü h ru n g v ie r r e ih ig e K u g e ls c h ie n e n fü h ru n g R o lle n s c h ie n e n e fü h ru n g R o lle n u m la u fs c h u h e F la c h k ä fig fü h ru n g

Bild 5.144. Eigenschaften unterschiedlicher Wälzführungssysteme. Quelle: nach INA

Sind geringere Tragfägkeitskennwerte zulässig, so z.B. insbesondere im Handlingsbereich und bei hochdynamischen Anwendungen, werden für Führungsaufgaben Linearwellenführungen und Laufrollenführungen eingesetzt (Bild 5.144). Die maximalen Verfahrgeschwindigkeiten der Linearwellenführungen betragen bis zu 300 m/min und die der Laufrollenführungen bis zu 600 m/min mit maximalen Be-

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

361

schleunigungen von ca. 5 bis 10 g. Beide Führungsbauarten gestatten beliebig lange Verfahrwege. Sind höchste Tragfähigkeit, Steifigkeit und Genauigkeit in anpassbaren FestLoslager-Systemen erforderlich, werden Rollenumlaufschuhe (Bild 5.143 rechts unten, Bild 5.144) eingesetzt. Rollenumlaufschuhe sind anwendbar für Verfahrgeschwindigkeiten bis zu 120 m/min und Beschleunigungen bis zu 10 g. Rollenumlaufschuhe sind zur Realisierung beliebig langer Verfahrwege geeignet. Für die Aufbringung der erforderlichen Vorspannung/Steifigkeit der Rollenumlaufschuhe gilt das bereits im Falle der Flachkäfigführungen Gesagte. Bild 5.145 zeigt verschiedene geometrische Grundformen von Flachkäfigführungen. Im oberen Bildteil sind eine Flach- und eine Prismenführung dargestellt, während im unteren Bildteil eine Kreuzrollenkette und eine Kugelführung skizziert sind. Bei der Kreuzrollenkette werden die Wälzkörper durch den Käfig jeweils um 90◦ versetzt geführt.

C A C

( B A

1 B

) (

2 C

A B

)

C C A

C B

1 D

C

D

3

D D

F la c h fü h r u n g p r is m a tis c h e F ü h r u n g K r e u z r o lle n k e tte K u g e lfü h r u n g 2 3 4 B

A

C

4 D

C

W ä lz K ä fig ä u ß e V o rs

k ö rp e r e re K rä fte p a n n u n g s k rä fte

Bild 5.145. Geometrische Grundformen von Flachkäfigführungen. Quelle: Schneeberger

Bild 5.146 zeigt verschiedene Ausführungen von Flachkäfigführungen. Generell legen die Wälzkörper beim Abwälzen den halben Verschiebeweg s des Schlittens zurück. Links unten im Bild ist die Wälzkette kürzer als der Schlitten. Bei vorgegebener Schlittenlänge richtet sich der Verschiebeweg s nach der Differenz von Schlittenlänge und Kettenlänge. Da der Schlitten aus Stabilitätsgründen in seinen Endstellungen die Wälzkörperketten im Verhältnis zu seiner Gesamtlänge nur geringfügig überragen sollte, ist der Verschiebeweg sehr begrenzt. Bei der rechts unten

362

5 Führungen und Lagerungen

im Bild gezeigten Ausführung sind das Bett und die Wälzkette länger als der Schlitten. In diesem Fall muss die Kettenlänge mindestens gleich der Summe aus dem halben Verschiebeweg und der Schlittenlänge sein. Der Verschiebeweg ist auch hier sehr begrenzt, da die Wälzführung sonst zuviel Bauraum in Anspruch nehmen würde.

K u g e lfü h r u n g

K r e u z r o lle n fü h r u n g W ä lz k e tte k ü r z e r a ls F ü h r u n g s s c h ie n e L

s /4 L . .

.

W ä lz k e tte lä n g e r a ls F ü h r u n g s s c h ie n e

s /4 K

.

. .

. .

s

s /2

. .

.

.

s /2

. .

. .

.

s /2

.

s /2 . .

. .

s L

M itte ls te llu n g s /4

. .

N a d e lr o lle n fü h r u n g

.

.

. .

. .. .

.

r e c h te E n s te llu n g

lin k e E n d s te llu n g

Bild 5.146. Ausführungen von Flachkäfigführungen. Quelle: INA, Schneeberger und Cleveland

Zur Realisierung großer Verschiebewege werden im Allgemeinen Wälzführungen mit umlaufenden Wälzkörpern verwendet, Bild 5.147 zeigt ein Ausführungsbeispiel. Es handelt sich um eine Profilschienenwälzführung, bei der die Wälzkörper in einer endlosen Schleife laufen, so dass der Verschiebeweg nur durch die Länge der Schiene begrenzt wird. Diese Ausführungsform hat gegenüber den Wälzführungen ohne Rücklauf den Nachteil, dass die Wälzkörper im Bereich der Umlenkungen durch eine i.A. abrupte Richtungsänderung stoßartige Belastungen verursachen. Diese führen zu einer entsprechenden Geräuschentwicklung sowie zu Verschleiß der Umlenkelemente und Wärmeentwicklung und sind im Wesentlichen für die Begrenzung der Verfahrgeschwindigkeit dieser Führungsart verantwortlich. Bei zu hohen Geschwindigkeiten werden die Massenkräfte in den Umlenkungen so hoch, dass die Umlenkungselemente einem erhöhten Verschleiß unterworfen werden. Bei Wälzführungen mit umlaufenden Wälzkörpern tritt auch generell eine geringe Modulation der Steifigkeit auf, die durch den ständigen Wechsel von n bzw. n + 1 tragenden Wälzkörpern hervorgerufen wird.

5.6 Wälzführungen und Wälzlager R o lle n u m la u fe in h e it

363 S c h m ie r n ip p e l

F ü h ru n g s s c h ie n e

W ä lz k ö r p e r U m le n k u n g

Bild 5.147. Profilschienenwälzführung. Quelle: INA

Bild 5.148 zeigt zwei weitere Ausführungsformen von Wälzführungen mit Rückführung. Beim Rollenumlaufschuh ist die Führungsbahn eine ebene, gehärtete Stahlleiste. In der Regel sind zwei Rollenumlaufschuhe (Umgriff) erforderlich, um die Kraft in beiden Richtungen aufnehmen zu können und um die erforderliche Vorspannung zu erzeugen. Die Rund-Linearführungseinheiten mit Kugelumläufen (Kugelführungsbuchsen) sind ähnlich wie Profilschienenwälzführungen als Normalien auf dem Markt erhältlich. Durch das völlige Umschließen der Führungsbuchse um den Führungsdorn können Querkräfte in allen Richtungen gleichermaßen aufgenommen werden. Die Auswahl von Wälzführungen basiert im Wesentlichen auf der Tragfähigkeit der Elemente. Die wesentlichen Kennzahlen für die Tragfähigkeit von Wälzführungen sind die dynamische Tragzahl C und die statische Tragzahl C0 . Dabei wird die dynamische Tragzahl nach DIN 636 als diejenige in Größe und Richtung unveränderliche Belastung definiert, die die Wälzführung theoretisch für eine nominelle Lebensdauer von 100000 m zurückgelegter Strecke ohne Schädigung aufnehmen kann. Die statische Tragzahl entspricht der Belastung, bei der eine bleibende Gesamtverformung von Wälzkörper und Laufbahnen auftritt, die etwa dem 0,0001fachen des Wälzkörperdurchmessers entspricht. Die Berechnung dieser Tragzahlen erfolgt nach DIN 636. Bei einem direkten Vergleich der Tragfähigkeit verschiedener Wälzführungen muss berücksichtigt werden, dass fernöstliche Hersteller die Tragzahlen zumeist nur für eine Lebensdauer von 50 000 m Verfahrweg angeben. Im Vergleich zu den nach DIN berechneten Tragzahlen, die sich auf 100 000 m Verfahrweg beziehen, erscheinen diese deshalb fälschlicherweise um mehr als 20 % höher.

364

5 Führungen und Lagerungen

L in e a r la g e r e in h e it e in e r K u g e lu m la u ffü h r u n g

R o lle n u m la u fs c h u h

Bild 5.148. Wälzführungen mit umlaufenden Wälzkörpern. Quelle: INA R o lle n

K u g e ln z w e ir e ih ig

2 x 4 -P u n k tK o n ta k t

v ie r r e ih ig

4 x 4 -P u n k tK o n ta k t

4 x 2 -P u n k tK o n ta k t O -A n o rd u n g

X -A n o rd u n g

s e c h s r e ih ig

v ie r r e ih ig

6 x 2 -P u n k tK o n ta k t

4 x 2 - L in ie n K o n ta k t O -A n o rd u n g

X -A n o rd u n g

Bild 5.149. Unterschiedliche Bauformen von Profilschienenwälzführungen

Die am häufigsten im Werkzeugmaschinenbau eingesetzte Führungsart ist die Profilschienenwälzführung. Dabei werden Ausführungsformen mit Rollen und Kugeln eingesetzt. Bei Elementen mit Kugeln unterscheidet man je nach Gestaltung der Laufbahnen solche mit Vier- bzw. Zweipunktkontakt. Die spielfreie Einspannung der einzelnen Kugeln zwischen vier Punkten erlaubt auch Ausführungen mit lediglich zwei Kugelreihen. Im Gegensatz dazu müssen Systeme mit Zweipunktbzw. Zweilinienkontakt der Wälzkörper vier Wälzkörperreihen besitzen. Bei letzteren unterscheidet man hinsichtlich der Kontaktlinienrichtung zwischen Elementen mit X- oder mit O-Anordnung der Wälzlager (Bild 5.149). In Bild 5.150 sind die statischen Nachgiebigkeiten von zwei-, vier- und sechsreihigen kugelgeführten Elementen und einem rollengeführten System unter Zugund Druckbelastung dargestellt. Es handelt sich dabei um Messungen an Führungen der Baugröße 45. Die Angabe für die Baugröße bezieht sich dabei auf die Schie-

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

365 Z u Z g u b g e b r e e r i ec h i c h

V e r la g e r u n g [µ m ]

D D r u r c u k c b k e b r e e r e i c i hc h

4 K u g e lr e ih e n 4 -P u n k tk o n ta k t

-5 0

1 5 0

4 K u g e lr e ih e n 2 -P u n k tk o n ta k t

4 R o lle n r e ih e n L in ie n k o n ta k t

1 0 0 5 0

-2 5 0

2 5

K ra ft [k N ]

5 0

-5 0 -1 0 0

2 K u g e lr e ih e n 6 K u g e lr e ih e n 4 -P u n k tk o n ta k t 2 -P u n k tk o n ta k t

Bild 5.150. Vergleich der statischen Nachgiebigkeiten verschiedener Profilschienenwälzführungen unter Druck- und Zugbelastung

nenbreite in mm. Für die Messungen wurden jeweils Elemente mit der höchsten Vorspannungsklasse verwendet. Auf Grund der höheren Kontaktsteifigkeiten des Linienkontaktes weist das rollengeführte System die höchste Steifigkeit auf. Die gemessenen Nachgiebigkeiten der Kugelführungen mit Zwei- und mit Vierpunktkontakt unterscheiden sich nur wenig, obwohl bei dem Element mit Vierpunktkontakt alle vier Wälzkörperreihen tragen. Dies liegt darin begründet, dass auf Grund der geometrisch vergleichsweise beengten Platzverhältnisse in Führungen mit Vierpunktkontakt zumeist kleinere Wälzkörper im Vergleich zu Führungen mit Zweipunktkontakt eingesetzt werden. Bei dem Führungselement mit sechs Kugelreihen liegt stets Zweipunktkontakt vor, wobei bei Druckbelastung vier und bei Zugbelastung zwei Kugelreihen tragen. Unter Zugbelastung ist das Steifigkeitsverhalten von Profilschienenwälzführungen auf Grund des ungünstigeren Kraftflusses (Öffnen des Führungswagens) schlechter als unter Druck. Die Steifigkeitswerte liegen unter Zugbelastung teilweise nur bei 50 % der Werte bei Druckbelastung. Profilschienenwälzführungen können auf dem Markt mit unterschiedlichen Vorspannungsklassen gekauft werden. Die Vorspannung wird seitens des Herstellers über den Durchmesser der Wälzkörper eingestellt. Um eine signifikante Lebensdauerverkürzung zu vermeiden, ist die maximal erhältliche Vorspannung von dem meisten Herstellern auf auf einen Wert von ca. 13 % der dynamischen Tragzahl C begrenzt. Den Einfluss der Vorspannung auf das Nachgiebigkeitsverhalten eines Profilschienenkugelführungssystems zeigt Bild 5.151. Die Messungen wurden mit jeweils baugleichen Kugelführungen der

366

5 Führungen und Lagerungen

vom Hersteller erhältlichen Vorspannungsklassen 2, 8 und 13 % durchgeführt. Bei äußeren Lasten kleiner als die Vorspannung ist die Steifigkeit der Systeme größer als bei höheren Lasten. Bei Lasten größer als die Vorspannung verlaufen die Nachgiebigkeitskurven der einzelnen Systeme parallel. Dadurch, dass bei den Systemen mit hoher Vorspannung der Bereich größerer Steifigkeit erst später verlassen wird, ist das Steifigkeitsverhalten dieser Systeme insgesamt und besonders im unteren Lastbereich besser. 1 0 0 m m F

V e r la g e r u n g

8 0

2 %

V o rs p a n n u n g

6 0 8 %

4 0

1 3 %

2 0

0 0

1 0 0 0 0

2 0 0 0 0

V o rs p a n n u n g

V o rs p a n n u n g

3 0 0 0 0

4 0 0 0 0

N

5 0 0 0 0

K ra ft

Bild 5.151. Einfluss der Vorspannung auf das Nachgiebigkeitsverhalten

Im Vergleich zu hydrodynamischen Gleitführungen weisen Profilschienenwälzführungen in allen Richtungen ein wesentlich geringeres Dämpfungsmaß auf. Abhilfe bei dynamischen Problemen mit Profilschienenwälzführungen können zum Teil sogenannte Dämpfungswagen bringen, die von einigen Herstellern angeboten werden (s. Kapitel 2.4.3.6). Diese wirken zumeist ähnlich wie bei Gleitführungen nach dem Squeeze-Film-Prinzip. Dazu wird ein zusätzlicher Führungsschuh auf die Führungsschiene geschoben und mit dem Schlitten verschraubt. Die Flächen, die die Führungsschiene umschließen, sind mit einem Kunststoffgleitbelag versehen, so dass sich ein definierter, ölgefüllter Spalt zwischen Schiene und Wagen bildet. Tritt nun eine Relativbewegung zwischen Wagen und Schiene auf, so muss das Öl aus dem Spalt jeweils herausgedrückt bzw. wieder hineingezogen werden. Dabei wird ein Teil der kinetischen Energie durch Reibung in Wärme umgewandelt. Um einen Effekt zu erzielen, können diese Dämpfungsschlitten aber nur sinnvoll eingesetzt werden, wenn die Schwin-

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

367

gungsform eine hohe Relativbewegung zwischen Schlitten und Maschinenbett erzwingt.

1 0

in d u k tiv e W e g a u fn e h m e r R e la tiv e r r e g e r

m m /N

S tä n d e r 4 W a g e n B e tt

N a c h g ie b ig k e it

F

0 ,0 0 1

v

= 2 0 k N

H ilfs s tä n d e r z x

y

0

G le itfü h r u n g s e le m e n t g le ic h e r B a u g r ö ß e

F re q u e n z

4 W a g e n + 2 D ä m p fu n g s w a g e n

H z

4 0 0

Bild 5.152. Nachgiebigkeitsfrequenzgang eines Maschinenständers

In Bild 5.152 sind die Nachgiebigkeitsfrequenzgänge eines massiven Maschinenständers mit verschiedenen Führungssystemen gegenübergestellt. Der Maschinenständer wurde mit vier rollengeführten Schuhen auf zwei Profilschienenwälzführungen montiert und sein dynamisches Kippschwingverhalten mit und ohne Dämpfungsschuhe gemessen. Des Weiteren wurde das Verhalten des gleichen Ständers auch mit einer Gleitführung gleicher Baugröße untersucht. Bei allen drei Versuchen wurde der Ständer zusätzlich zu seinem Gewicht von 730 kg mit einer senkrecht nach unten wirkenden Last von 20 kN über ein Stahlseil auf das Bett gezogen, um realistische Belastungen der Führungen zu simulieren. Deutlich ist zu erkennen, dass der Einsatz zweier Dämpfungswagen eine erhebliche Reduzierung der Resonanznachgiebigkeit um den Faktor 17 bewirkt hat. Die Dämpfungswirkung ist mit der von Gleitführungen vergleichbar. Untersuchungen mit sechs Wälzführungswagen ergaben hingegen keine Verbesserung des dynamischen Verhaltens. Es wurde lediglich der Resonanzbereich zu höheren Frequenzen hin verschoben. Der Einsatz von Dämpfungswagen bei Profilschienenwälzführungen

368

5 Führungen und Lagerungen

ist dann sinnvoll, wenn die Wälzkontakte die Hauptnachgiebigkeitsursache für eine Schwingungsform darstellen. 5.6.1.2 Einsatz in Werkzeugmaschinen

Im praktischen Einsatz werden Flachkäfigführungen zur Erhöhung der Steifigkeit und zum Ausschalten von Spiel vorgespannt. In Bild 5.153 sind zwei Lösungen für die Vorspannung einer Kreuzrollenführung mit Rollenleisten dargestellt.

S te lls c h r a u b e fü r V o rs p a n n u n g

Im

N o r m a lfa ll w ir k t d ie S te lls c h r a u b e a u f d ie S c h ie n e .

S te lls c h r a u b e fü r V o rs p a n n u n g

F ü r h ö h e r e G e n a u ig k e it u n d S te ifig k e it w ir d e in e Z w is c h e n p la tte v e r w e n d e t.

Z w is c h e n p la tte

Bild 5.153. Spieleinstellung einer Kreuzrollenführung. Quelle: Schneeberger

Bild 5.154 zeigt den Querschnitt einer Tischführung für eine NC-Bohrmaschine mit Rollenumlaufschuhen. Auch hier wird die Vorspannung je gegenüberliegendem Rollenumlaufschuhpaar durch Keilleisten erreicht. Bild 5.155 zeigt die vierreihigen Rollen-Profilschienenwälzführungssysteme zur Führung des Querhauptes und der Hauptspindel eines Bearbeitungszentrums in Gantrybauweise. Die vier Führungsleisten bezwecken eine Einspannung des Querhauptes zwischen den beiden Wänden des Maschinengestells. Hierdurch können Momente, die durch die Biegeverformung des Querhauptes bei Belastung in zRichtung hervorgerufen werden, aufgenommen werden, was zu einer höheren Systemsteifigkeit führt. 5.6.2 Wälzlager

Das am häufigsten vertretene Lagerprinzip für Spindellagerungen, Getriebewellen und auch für untergeordnete Funktionen ist die Wälzlagerung. Der Hauptgrund für diese Entwicklung liegt in der Vielzahl positiver Eigenschaften dieser Lager, besonders in der internationalen Standardisierung und der relativ einfachen Berechnung und Auswahl anhand von Katalogen.

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

369

1 1 3 2 1 2

1 : R o lle n u m la u fs c h u h

V o r s p a n n v o r r ic h tu n g Z u g s c h ra u b e

B e fe s tig u n g s s c h r a u b e n d e r H a lte p la tte

5

4 1 1

2

2 : V o r s p a n n v o r r ic h tu n g

3 , 4 : F ü h r u n g s s c h ie n e n 5 : P a s s fe d e r e in g e p r e s s t

A x ia l v e r s c h ie b b a r e r K le m m k e il

Z u g s c h r a u b e z u m E in s te lle n d e r V o r s p a n n u n g

K o n te rs c h ra u b e z u m K le m m e n d e r H a lte p la tte

F r e i b e w e g lic h e H a lte p la tte

Bild 5.154. Tischführung einer NC-Bohrmaschine. Quelle: INA

5.6.2.1 Übersicht der Lagerbauarten

Bild 5.156 zeigt eine Zusammenstellung gebräuchlicher Wälzlager und ihrer typischen Eigenschaften. Die über den Einsatz entscheidenden Forderungen nach Belastbarkeit, Steifigkeit, axialer Winkeleinstellbarkeit, erhöhter Führungsgenauigkeit und hohen Drehzahlen werden von den einzelnen Lagerbauarten sehr unterschiedlich erfüllt. Deshalb ist jede Lagerbauart mehr oder weniger nur für einen charakteristischen Anwendungsbereich geeignet. Generell ist z.B. festzuhalten, dass Rollenlager tragfähiger als Kugellager gleicher Baugröße sind. Jedoch sind sie bei kombinierter radialer und axialer Belastung und auch bezüglich der Drehzahlgrenzen den Kugellagern unterlegen. Die Auswahl des Lagertyps richtet sich nach dem an die Lagerung gestellten Anforderungensprofil, das beispielsweise aus Drehzahl, Tragfähigkeit, Lastrichtung und Lebensdauer besteht. 5.6.2.2 Lager für Spindellagerungen und Toleranzen für ihre Umbauteile

Die speziellen Anforderungen an Spindellagerungen resultieren aus der erforderlichen hohen Arbeitsgenauigkeit unter hoher Belastung in einem weiten Drehzahlbe-

370

5 Führungen und Lagerungen Q u e rh a u p t

F ü h r u n g s s c h ie n e n

F ü h ru n g s w a g e n

M a s c h in e n g e s te ll

Z Y X

Bild 5.155. Vierreihige Rollen-Profilschienenwälzführung in einer Werkzeugmaschine. Quelle: INA B a u a rt

N a m e

1

2

3

4

5

6

7

B a u a rt

8

a = 1 5 ° a = 2 5 ° a = 4 0 ° a = 6 0 °

a

u n e in g e s c h rä n k t v e rw e n d b a r

R a d ia ls c h r ä g k u g e lla g e r a

A x ia ls c h r ä g k u g e lla g e r

m it E in s c h r ä n k u n g e n v e rw e n d b a r

z w e ir e ih ig e s A x ia ls c h r ä g k u g e lla g e r

n ic h t v e rw e n d b a r

P e n d e lk u g e lla g e r

e n tfä llt

e in r e ih ig e s Z y lin d e r r o lle n la g e r

N a m e Z y lin d e r r o lle n la g e r m it B o r d ( e n )

R ille n k u g e lla g e r

z w e ir e ih ig e s Z y lin d e r r o lle n la g e r

1

2

3

4

5

6

7

8

N a d e lla g e r

K e g e lr o lle n la g e r T o n n e n la g e r P e n d e lr o lle n la g e r e in s e itig w ir k e n d e s A x ia lk u g e lla g e r z w e is e itig w ir k e n d e s A x ia lk u g e lla g e r

1 : A u fn a h m e r a d ia le r L a s te n

5 : E in b a u fä lle , d ie z e r le g b a r e L a g e r e r fo r d e r n

2 : A u fn a h m e a x ia le r L a s te n

6 : A u s g le ic h v o n F lu c h tfe h le r n d u r c h W in k e le in s te llb a r k e it d e r L a g e r

3 : L ä W 4 : L ä o d

n g ä lz n g e r

e n k ö e n d e

a u s g rp e r a u s g s A u

le ic u n d le ic ß e n

h d L a h d r in

u r g e u r g e

c h a x ia le V e r s c h ie b b a r k e it z w is c h e n r r in g c h S c h ie b e s itz d e s In n e n s

7 : A u s fü h r u n g in e r h ö h te r G e n a u ig k e it 8 : D r e h z a h le n ü b e r d e n n o r m a le n G r e n z e n

Bild 5.156. Gebräuchliche Wälzlager und deren Merkmale. Quelle: FAG

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

371

reich. Hieraus lassen sich bestimmte Eigenschaften ableiten, wie eine hohe Rundlaufgenauigkeit und eine hohe Steifigkeit. Deshalb sind spezielle Wälzlager für den Werkzeugmaschinenbau entwickelt worden, die sich u.a. durch hohe Laufgenauigkeit und Steifigkeit sowie zur Vermeidung thermischer Probleme durch niedrige Reibungsmomente auszeichnen. Bild 5.157 zeigt die erreichbare Laufgenauigkeit einer Spindel in Abhängigkeit von der Genauigkeit der Wälzlager und der Umbauteile. Entsprechend den Anforderungen an die Präzision einer Maschine sind die in Bild 5.156 aufgeführten Lager in sehr engen Fertigungstoleranzen erhältlich, was durch die der Lagertypbezeichnung nachgestellten Kennung, z.B. SP für Spezialpräzision, UP für Ultrapräzision (übliche Toleranzen: P2 bis SP), zum Ausdruck kommt [16]. Der Einbau hochgenauer Wälzlager bringt nur dann Erfolg, wenn auch die Genauigkeit der Umbauteile diesen Toleranzmaßstäben entspricht, da sich die relativ dünnen Lagerringe leicht der fehlerhaften Gehäusebohrung bzw. Wellenform anpassen.

E r d e d e d e (S

r e ic h b a r S p in d r F e r tig r e in z e p in d e ld

re L e l in u n g ln e n u rc h

a u A s g K m

fg b h e n o m . £

e n a u ig ä n g ig k a u ig k e p o n e n 1 2 0 m

k e it e it it te n m )

K Z z S

1 - 3 m m Z u o r d n u n g d e r IS O - T o le r a n z k la s s e n z u d e n T o la r a n z w e ite n

E in z e lto le r a n z e n d e r b e te ilig te n K o m p o n e n te n

K o m p o n e n te W ä lz la g e r e g e lr o lle n la g e y lin d e r r o lle n la w e is e itig e s A x p in d e lla g e r ( S

2 - 5 m m

r g e r , z w e ir e ih ig ia l- S c h r ä g k u g e ll. c h r ä g k u g e lla g e r )

P 5 , S P S P S P P 4 , P 4 S

U P U P

H G , P 2

S p in d e l u n d h e it y lin d e r fo r m to l. e s a m tp la n la u f o a x ia litä t

IT 2 /2 IT 2 /2 IT 1 /2 IT 4

IT 1 /2 IT 1 /2 IT 0 IT 3

G e h ä u s e R u n d h e it Z y lin d e r fo r m to l. G e s a m tp la n la u f K o a x ia litä t

IT 2 /2 IT 2 /2 IT 2 IT 4

IT 1 /2 IT 1 /2 IT 1 IT 3

R Z G K

N e n n d u rc h m e s s e r in m m

IT 0

IT 1

IT 2

IT 3

IT 4

> 6 - 1 0

0 ,6

1

1 ,5

2 ,5 4

> 1 0 - 1 8

0 ,8

1 ,2

2

3

> 1 8 - 3 0

1

1 ,5

2 ,5

T o le r a n z b e r e ic h in m m

> 3 0 - 5 0 1

1 ,5

2 ,5

> 5 0 - 8 0

1 ,2

2 3

> 8 0 - 1 2 0

1 ,5

2 ,5

5 4 6 4

8 5

4

7

6

1 0

Bild 5.157. Erreichbare Laufgenauigkeit der Spindel in Abhängigkeit von den Fertigungstoleranzen des Gehäuses und der Spindel. Quelle: FAG, GMN

Die jeweils zulässigen Form- und Planlaufabweichungen sind auf die Lagerausführung abgestimmt und werden durch Angabe der ISO-Toleranzen (IT) nach DIN ISO 286 Teil 1 gekennzeichnet. Die erforderlichen Werte der ISO-Toleranzen beziehen sich auf den Durchmesser der Welle. Die in Bild 5.157 rechts gezeigte Ta-

372

5 Führungen und Lagerungen

belle stellt einen Auszug der ISO-Toleranzwerte für IT 0 bis IT 4 bei einem Durchmesser zwischen 6 und 120 mm dar. Spindellager Als Spindellager werden Schrägkugellager mit einem Druckwinkel zwischen 12◦ und 25◦ bezeichnet. Diese haben sich besonders für die Lagerung von schnelldrehenden Hauptspindeln von Werkzeugmaschinen durchgesetzt, da sie sich im Vergleich zu anderen Lagern durch kleinere Kontaktflächen besser schmieren lassen. Ihre Reibleistung ist daher geringer und die kinematische Führung der Wälzkörper unproblematisch. Die gestiegenen Anforderungen vor allem an die Maximaldrehzahlen hat zu der Entwicklung von Sondertypen – den Hochgeschwindigkeits- und Hybridlagern (HS- und HC-Lager) – geführt.

L a g e rty p

B 7 0 2 0 C

B 7 0 2 0 C .D L R

B 7 1 9 2 2 C

H S 7 0 2 0 C

H C B 7 0 2 0 C

H C 7 0 2 0 C

X C B 7 0 2 0 C

( B e z e ic h n u n g n a c h F A G )

E ig e n s c h a ft H y b r id

4 )

D re n x b e i D re n x b e i

h z a h lk e n d m [1 0 6 F e tts c h m h z a h lk e n d m [1 0 6 Ö l- L u ft- S

n w e rt m m /m ie r u n g n w e rt m m /m c h m ie

in ] 1 )

-

1 ,0 6 / 1 ,2 5 2 )

in ] ru n g 1 )

D y n a m is c h e T ra g z a h l C [k N ]

r a d ia le S te ifig k e it e in e s L a g e r p a a r e s b e i le ic h te r V o rs p a n n u n g [N /m m ] 5 ) a x ia le S te ifig k e it e in e s L a g e r p a a r e s b e i le ic h te r V o rs p a n n u n g [N /m m ] 5 ) R e ib m o m e n t 3 ) b e i 1 0 .0 0 0 1 /m in m it F e ttS c h m ie r u n g ( 3 2 c S t) [N m ] r e la tiv e r P r e is

H y b r id

H N S /H y b r id

2 )

1

1 ,3 7 5

1 ,3 7 5

1 ,6 2 5

1 ,7 5

2 )

2 )

1 ,7 5 / 2 ,3 5

2 ,5

1 ,6 9

2 ,2 5

2 ,2 5 / 2 ,6 2 5

2 ,3 7

2 ,7 5

8 1 ,5

8 1 ,5

5 8 ,5

3 8

5 6

2 6 ,5

1 2 4 ,9

6 2 4

6 2 4

5 8 2

4 2 0

5 3 4

4 1 0

5 3 4

1 0 4

1 0 4

9 7

7 0

8 9

6 8

8 9

0 ,1 5 2

0 ,1 5 2

0 ,1 5 8

0 ,1 1 2

0 ,1 3 9

0 ,1 0 5

0 ,1 3 0

1 0 0 %

1 1 0 %

1 3 3 %

1 1 3 %

3 5 8 %

1 9 4 %

4 6 0 %

1 ) b e i k o n s ta n te r V o rs p a n n u n g 3 ) B e re c h n u n g d u rc h d a s W Z L 2 ) im W Z L - P r ü fs ta n d s b e tr ie b 4 ) S c h m ie r u n g d u r c h d e n A u ß e n r in g 5 ) le ic h te V o r s p a n n u n g la u t K a ta lo g v a r iie r t b e i d e n u n te r s c h ie d lic h e n A u s fü h r u n g e n

Bild 5.158. Vergleich charakteristischer Lagerkenngrößen am Beispiel eines Spindellagers 7020 mit einem Druckwinkel von 15◦ in unterschiedlicher Ausführung

Bild 5.158 zeigt charakteristische Wälzlager-Kennwerte des Spindellagers 7020 (Innenbohrung 100 mm, Außendurchmesser 150 mm, Breite 24 mm, Druckwinkel 15◦ ) in unterschiedlichen konstruktiven Ausführungen, die im Folgenden näher diskutiert werden. Die Hochgeschwindigkeitslager (HS) besitzen kleinere, dafür mehr Kugeln. Durch die hierdurch veränderten Kontaktbedingungen verbessert sich das Reibverhalten. Auf Grund der kleineren Wälzkörperdurchmesser erhöht sich die Kontakt-

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

373

steifigkeit, so dass HS- und HC-Lager eine höhere Steifigkeit als Standardlager aufweisen, wenn sie mit der gleichen Vorspannung betrieben werden. Eine Schmierstoffzuführung durch den Außenring erlaubt es vor allem bei hohen Drehzahlen den Schmierstoff nahe an der Kontaktstelle sicher bereitzustellen. Hybridlager besitzen Siliziumnitrid-Kugeln (Si3 N4 ) mit einer im Vergleich zu Stahl geringeren Dichte von 3, 16 g/cm3 und einem hohen E-Modul von 320.000 N/mm2 (im Gegensatz zum üblichen Wälzlagerstahl 100Cr6 mit einer Dichte von 7, 85 g/cm3 bzw. einem E-Modul von 210.000 N/mm2 ). Der E-Modul beeinflusst maßgeblich die Federung. Durch den hohen E-Modul ergeben sich für Hybridlager erhöhte Steifigkeiten bei gleicher Vorspannung – aber auch höhere Hertz’sche Pressungen und geringere Tragzahlen. Um diese höheren Hertz’schen Pressungen bei Hybridlagern auf einem vergleichbaren Niveau wie dem der Stahllager zu halten, wird die Vorspannung der Hybridlager in derselben Vorspannklasse (laut Katalog) reduziert. Dadurch fallen die aufgeführten Steifigkeiten im Vergleich zum Stahllager in Bild 5.158 niedriger aus. Der keramische Werkstoff hat in Verbindung mit Stahl sehr gute tribologische Eigenschaften, so dass sich ein verbessertes Reibverhalten und auch ein verbessertes Verschleißverhalten im Vergleich zu den Hochgeschwindigkeitslagern ergibt. Daher ist eine Drehzahlsteigerung vor allem durch den Einsatz von Keramikkugeln aus Si3 N4 möglich. Weiterhin wird eine Leistungssteigerung durch speziellen hochnitrierten Lagerstahl (HNS) möglich. Die wesentlich feinere Gefügestruktur dieses rostfreien Stahls und seine höhere Zähigkeit gegenüber dem Wälzlagerstahl 100Cr6 erlauben ein höheres Belastungsniveau. Neueste Entwicklungen gehen dahin, Hartstoffschichten auf die abwälzenden Oberflächen aufzubringen. Mit diesen Schichten soll der Verschleißwiderstand der Oberflächen weiter erhöht bzw. die Reibungsverhältnisse verbessert werden. Bei der Lagerwahl muss der Mehrpreis von Lagern aus Spezialwerkstoffen mit berücksichtigt werden. Dieser Aufpreis muss durch den jeweiligen Anwendungsfall gerechtfertigt sein. 5.6.2.3 Lagerspiel

Unter Lagerspiel (Lagerluft) versteht man das Maß, um das sich ein Lagerring gegenüber dem anderen ohne Belastung von einer Grenzstellung in die andere verschieben lässt. Entsprechend der Richtung der Verschiebbarkeit ist zwischen Radialund Axialspiel zu unterscheiden. Je nach dem Zustand des Wälzlagers ist dieses Lagerspiel unterschiedlich (Bild 5.159). Generell werden Wälzlager mit einem bestimmten Fertigungsspiel ∆ rF hergestellt. Entsprechend der Größe des Fertigungsspiels wird zwischen sogenannten Lagerluftgruppen (C1 bis C5) unterschieden. Lager mit normaler Fertigungsluft liegen zwischen C3 und C4. Durch den Sitz der Lagerringe nach dem Einbau ergibt sich die verminderte Einbaulagerluft ∆ rE (Bild 5.159 oben links). Die Größe der Spielabnahme hängt ab von der elastischen Aufweitung des Innenrings und dem Zusammendrücken des Außenrings entsprechend der Passungspaarung der Lagerringe zu den Umbauteilen und

374

5 Führungen und Lagerungen

G e h ä u s e

E

D r 2

2

m

+

d

d

d

B

D d

D r

e in g e b a u t, S tills ta n d

W e lle

B e tr ie b s z u s ta n d

Bild 5.159. Einbaulagerluft und Betriebslagerluft. Quelle: FAG

weiterhin vom Grad der Glättung der Oberflächen der Passfugen (Kaltaufpressen, Warmfügen). Auf Grund der schlechteren Wärmeabfuhr der Welle gegenüber dem Gehäuse und der daraus resultierenden stärkeren Erwärmung des Innenringes wird das Lagerspiel im Betrieb weiter reduziert. Einen ähnlichen Effekt hat bei sehr schnell drehenden Lagern die Aufweitung des Wellendurchmessers und des Innenrings unter der Einwirkung der Fliehkräfte. 5.6.2.4 Federung und Vorspannung bei Radiallagern

Unter der Lagerfederung δr versteht man die gegenseitige Verschiebung beider Lagerringe unter der Einwirkung einer äußeren Kraft. Bild 5.160 verdeutlicht diesen Zusammenhang für verschiedene Einbaufälle eines Radiallagers. Im linken Bildteil ist ein Lager mit positiver Lagerluft (∆ r > 0) dargestellt. Unter der Einwirkung einer äußeren Kraft Fr verschieben sich die beiden Lagerringe um ∆ r/2 sowie um die elastische Federung der Scheitelrolle δe max gegenüber der Mittellage. Bei positivem Lagerspiel ist die belastete Zone (−ψ0 bis +ψ0 ) des Lagers geringer als 360◦ , so dass nur wenige Wälzkörper die äußere Last Fr aufnehmen und die Lagerfederung entsprechend groß ist. Beim Einbau eines Lagers mit Vorspannung ergibt sich bereits ohne äußere Last eine gleichmäßige elastische Einfederung aller Wälzkörper. Auf Grund dieser Anfangsdeformation der Wälzkörper (Abplattung) sowie der Tatsache, dass die gegenüberliegenden Wälzkörper durch Entlastung an der Aufnahme der äußeren Last beteiligt sind (belastete Zone = ˆ 360◦ ), ist die unter der Einwirkung der äußeren

5.6 Wälzführungen und Wälzlager M itte lla g e o h n e ä u ß e re K ra ft b e i L a g e r lu ft D r > 0

375 B e la s te te Z o n e a u fg r u n d e in e r ä u ß e r e n K r a ft F r b e i V o rs p a n n u n g (D r < 0 )

B e la s te te Z o n e b e i V o rs p a n n u n g (D r < 0 )

B e la s te te Z o n e a u fg r u n d e in e r ä u ß e r e n K r a ft F r b e i L a g e r lu ft D r > 0

e m in

= - d r

- D r/2

r

D r/2

d

F

d

r

d

F 0

y

r

0

D r/2

y

r

+ y

- y

d

e m a x

= d r

- D r/2 d

e m a x

= - D r/2 d

e m a x

= d r

- D r/2

r

M itte lla g e ( L a g e r lu ft D r )

R a d ia le L a g e r fe d e r u n g

d

p o s itiv e s L a g e r s p ie l

D r 2

D r = 0

s p ie lfr e i

D r < 0

v o rg e s p a n n t

R a d ia lk r a ft F

Bild 5.160. Zusammenhang zwischen Lagerspiel, belasteter Zone und Lagerfederung. Quelle: nach FAG, SKF

Last auftretende Lagerfederung geringer als bei Einbau mit positivem Lagerspiel. Eine qualitative Darstellung zwischen Radialkraft und Lagerfederung für drei verschiedene Einbaufälle eines Radiallagers zeigen die im unteren Teil von Bild 5.160 angegebenen Federkennlinien. Wie diese Darstellung weiterhin erkennen lässt, sind die Federkennlinien eines Wälzlagers nichtlinear, da die mit steigender Kraft zunehmende Deformation der Wälzkörper zur Erhöhung der Kontaktfläche und damit zu einer Steifigkeitserhöhung führt. Im Einzelnen lassen sich diese Zusammenhänge am Verspannungsdiagramm eines Radiallagers verdeutlichen, wie es in Bild 5.161 in Analogie zum Verspannungsdiagramm zweier Federn dargestellt ist. Geht man vom spielfrei eingebauten Lager aus, so ergibt sich auf Grund einer äußeren Radialkraft Fr die voll ausgezogene Federkennlinie. Wird das Lager vorgespannt, bedeutet dies ein Ineinanderschieben einer hierzu spiegelbildlichen, linken Federkennlinie von der anderen durch F entlasteten Seite des Lagers. In das Diagramm wurde zunächst die unter der Einwirkung der äußeren Radialkraft Fr sich für das spielfreie Lager ergebende Lagerfederung δ∗r eingetragen. Wird das Lager mit der Vorspannkraft Fvr1 , die sich bei einem theoretisch negativen Spiel von ∆ r = −δ∗r ergibt, eingebaut, trägt die andere Seite des Lagers mit und es ergibt sich unter der Einwirkung derselben äußeren Kraft Fr exakt die halbe Lagerfederung δr1 . Eine Erhöhung der Lagervorspannung auf Fvr2 durch betragsmäßiges Heraufsetzen des negativen Spiels auf ∆ r = −2δ∗r bringt eine

376

5 Führungen und Lagerungen d u r c h F r e n tla s te te S e ite d e s L a g e r s

R a d ia lk r a ft F

r

F e d e r - E r s a tz s c h a ltb ild

D r = 2 d *r D r = d *r

F

F r

r

d u r c h F r b e la s te te S e ite d e s L a g e r s

F v

= 0

F

F

V r1

F

V r 2

v

= 0

d r2

F

V r 2

F

F

V r1

d r1 *

F r

r

L a g e rfe d e ru n g d r

d r 0

L a g e r v o r s p a n n u n g ( n e g a tiv e s L a g e r s p ie l)

Bild 5.161. Einfluss der Vorspannung auf die Lagerfederung

weitere Verminderung der Lagerfederung auf δr2 , da sich hierbei die Progression der Federsteifigkeitskennlinie des Lagers auswirkt. Zur quantitativen Ermittlung der radialen Lagerfederung wurden für die im Werkzeugmaschinenbau gebräuchlichen Spindellager Nomogramme erstellt (Bild 5.162), denen die Berechnungsformeln von Lundberg-Stribeck [128] zugrunde liegen. Ausgangspunkt dieser Berechnung ist das spielfrei eingestellte Lager unter folgenden idealisierten Randbedingungen: • • • •

geometrisch genaue Wälzkörper und Lagerringe, geometrisch genaue Lagersitze, Festsitz beider Lagerringe, unendlich steife Lagerumbauteile.

Zur Anwendung der Nomogramme sind weiterhin die inneren Lagerdaten i, z, la und Dw erforderlich, die nicht immer katalogisiert vorliegen, sondern im Einzelfall beim Wälzlagerhersteller erfragt werden müssen. Mit Hilfe dieser Nomogramme kann die Federung δ∗r für gerade spielfrei eingestellte Lager in Abhängigkeit der äußeren Radialkraft Fr ermittelt werden [177]. Über einen dimensionslosen Federungsbeiwert β wird aus der Federung δ∗r des spielfreien Lagers die Federung δr für beliebiges Lagerspiel berechnet: δr = β · δ∗r . Es ist zu beachten, dass sich δ∗r nach der Nennbetriebslast Fr richtet.

(5.150)

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

( iz )

2 ,5

la

0 ,8 3

9 1 0

la

1 0 8

2 0 4 3

0 ,8 0 ,5 4

1

8 6

6

5

8 1 0 1 5

6

z .B .: F r /iz = D W = = d *r 3

2 1 ,5

1 ,5 1

i A n z a h l d e r W ä lz la g e r r e ih e n z A n z a h l d e r W a lz k ö r p e r p r o R e ih e F

D

Ia W r

2 0 2 5 3 0

K u g e lla g e r

4

2

4 0

3 4

1 0 8

3

2 5

2

1 /3 W

1 5

1 0

4

3 0

D

2 0

2 0 1 5

2 0

z .B .: F r / iz = 1 2 d a N la = 6 m m d *r = 5 ,8 m m

2

1 0 8 6

1 5

R o lle n la g e r

F

3 0

8

( iz )

2 /3

4 0

4 0 3 0

r

d *r

4 0

6

F r

d *r = 5 , 8 5

m m 1 ,5

2 /3

1 0 0 8 0 6 0

1 0 0 8 0 6 0

5 7

0

2 0 0 1 5 0 4

2 0

3 0 0 m m 2 0 0 1 5 0

0

w

1 0 0 8 0 6 0

/ iz

0 ,9

1 0 0 8 0 6 0 4 0 3 0

2 0 0

r

F r

/ iz

3 0 0

d *r = 2 , 6

1

0 N

D

4 0 0 3 0 0 2 0 0

4 0 0

0 ,9

6 0 d a 4 0 3 0

F

d a N 6 0 0

1 ,7 m m 2 ,0

d *r

1 0 0 0 m m 6 0 0

1 0 0 0

377

4 0 5 0 6 0

4 0 d a N 1 2 m m 2 9 ,5 m m

8 0

tr a g e n d e W a lz k ö r p e r lä n g e ( m m ) D u rc h m e s s e r d e r K u g e l (m m ) R a d ia lk r a ft ( d a N )

Bild 5.162. Nomogramme zur Bestimmung der radialen Federung spielfreier Lager [128] 2 ,0

R o lle n la g e r

K u g e lla g e r

1 ,8 1 ,6

F e d e r u n g s b e iw e r t ß

1 ,4 1 ,2 1 ,0 0 ,8 0 ,6 0 ,4 0 ,2 0

V o rs p a n n u n g

-4

-3

-2

-1

L a g e r lu ft

0

1

D r / d *r

2

3

p o s itiv e L a g e r lu ft

V o rs p a n n u n g

p o s itiv e L a g e r lu ft

4

-4

-3

-2

0

-1

L a g e r lu ft

Bild 5.163. Zusammenhang zwischen der bezogenen Lagerluft wert ß. Quelle: SKF

∆r δ∗r

1

2

3 4

D r / d *r

und dem Federungsbei-

378

5 Führungen und Lagerungen

Den Zusammenhang zwischen der bezogenen Lagerluft und dem Federungsbeiwert β für Rollenlager und Kugellager gibt Bild 5.163 an. Um eine vom jeweiligen Lager unabhängige Darstellung des Federungsbeiwerts ß zu ermöglichen, wurden die Abszissen der dargestellten Kennlinien auf die Federung der spielfreien Lager (δ∗r ) normiert. Zu beachten ist, dass bei positivem Lagerspiel in der nach der o.g. Methode ermittelten Lagerfederung der konstante Anteil des halben Lagerspiels ∆ r/2 bereits enthalten ist. Der Einfluss der Lagervorspannung auf die Lagersteifigkeit kann direkt aus dem Kehrwert des Federungsbeiwertes ß ermittelt werden, und zwar für beide Steifigkeitsdefinitionen entsprechend Kapitel 2.3.2. Es gilt allgemein: 1 k(∆ r) = k(δ∗ ) · . β

(5.151)

Man sieht, dass bei Zylinderrollenlagern bei einer spezifischen Lagervorspannung von ∆δ∗r = −1 etwa die doppelte Lagersteifigkeit gegenüber Spielfreiheit erreicht r wird, und eine weitere Erhöhung der Vorspannung nur noch unwesentlichen Gewinn an Steifigkeit bringt. Bei Kugellagern liegen die Verhältnisse etwas anders. Hier ist auch bei größerer Lagervorspannung noch eine weitere Steigerung der Lagersteifigkeit bis etwa auf das 5fache der Steifigkeit bei Spielfreiheit zu erreichen. Im Vergleich beider Lager muss jedoch berücksichtigt werden, dass absolut gesehen die Steifigkeit von Zylinderrollenlagern wesentlich größer ist als von Kugellagern gleicher Baugröße. Bei der Ausnutzung der Vorspannung zur Erhöhung der Lagersteifigkeit handelt es sich um ein Optimierungsproblem, da der Steifigkeitserhöhung durch zunehmende Vorspannung eine steigende Rollreibung und damit eine erhöhte Lagertemperatur sowie eine Verminderung der Gebrauchsdauer entgegenstehen. Die Gebrauchsdauer eines Wälzlagers ist die Laufzeit, die das richtig bemessene, vorschriftsmäßig eingebaute und gewartete Lager unter vorgegebenen Belastungen ohne Schäden zu laufen vermag. Eine optimale Vorspannung kann überschlägig angegeben werden zu: −0, 8 · δ∗r > ∆ropt > −1, 2 · δ∗r ,

(5.152)

wobei δ∗r eine Funktion der Belastungsgröße Fr ist (Bild 5.162). Hier ist zu berücksichtigen, dass diese Vorspannung im Arbeitspunkt, d.h. bei Betrieb des Lagers (Betriebsspiel), vorliegen soll. Sie darf deshalb nicht etwa mit dem Einbaulagerspiel oder dem Fertigungslagerspiel verwechselt werden. Den Einfluss der Lagervorspannung auf die Lagerfederung für verschiedene Lagerbelastungen zeigt Bild 5.164 am Beispiel eines zweireihigen Zylinderrollenlagers. Hier wurde für verschiedene Radiallasten die theoretische Lagerfederung über der Lagervorspannung aufgetragen (ausgezogene Linien). Unter Berücksichtigung der Steifigkeit der Lagerumbauteile liegen die tatsächlich auftretenden Lagerfederungen jeweils etwas höher (gestrichelte Linien). Das Bild lässt erkennen, dass sich die optimale Lagervorspannung in Abhängigkeit von der Radiallast in einem Bereich von etwa −2 bis −5µm, d.h. ∆δ∗r ≈ −1, 6 , bewegt. r

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

379

1 0

r

= 1 0 0 0 d a N

r a d ia le F e d e r u n g d

r

F

m m

8

7

8 0 0

D r d *r

r a d ia le F e d e r u n g d

r

6

D r d *r

= 2

= 1 6 0 0

5 4 0 0 4

3 2 0 0 2

g e re c h n e t g e m e s s e n

0

1

-1 5

-1 0

0

-5

r a d ia le s L a g e r s p ie l D

m m 5

r

Bild 5.164. Federung des zweireihigen Zylinderrollenlagers NN 3016 K in Abhängigkeit vom Lagerspiel mit Fr als Parameter. Quelle: SKF 5.6.2.5 Federung und Vorspannung bei Axiallagern und Axial-Radiallagern

Während bei Radiallagern die Vorspannung eines einzelnen Lagers durch Aufweitung des Innenrings ohne zusätzliche äußere Kräfte möglich ist, müssen Axialbzw. Axial-Radiallager, wie z.B. Schrägkugel- oder Kegelrollenlager, durch äußere Kräfte (z.B. durch ein zweites Lager oder Federn) vorgespannt werden. Wie in Bild 5.165 dargestellt, werden die Wälzkörper bei Lagern, bei denen der Berührungswinkel α > 0◦ ist zusätzlich durch Kreiselmomente belastet (α ist der Winkel zwischen der Wirkungslinie der Wälzkörperbelastung und der Rotationsebene des Lagers) [177]. Diese Kreiselmomente entstehen durch die Richtungsänderung der Drehachse der Wälzkörper (Dralländerung) und versuchen, die Wälzkörper senkrecht zu ihrer Bewegungsrichtung zu drehen, so dass z.B. bei Kegelrollenlagern durch ein Verkanten der Kegelrollen die Lagerringe auseinandergedrückt werden. Bei Axialrillenkugellagern besteht die Gefahr, dass diese Kreiselmomente eine Drehung

380

F

5 Führungen und Lagerungen a F

a

m M m F

F

D r a lls a tz :

Z

F

K r e is e lm o m e n t a n e in e r K u g e l: M

k

w

) w k

s in a m

D r a llv e k to r d e r K u g e l q

T r ä g h e its m o m e n t d e r K u g e l k

w q

( q =

k

Z

q

d q

d t

Z

k

F

m

d q =

Z

a

w

M

w

w k

W in k e lg e s c h w in d ig k e it d e s K ä fig s m

d

q + d q

W in k e lg e s c h w in d ig k e it d e r K u g e l k

D u r c h m e s s e r d e r W ä lz k ö r p e r b a h n m

D

W ä lz k ö r p e r d u r c h m e s s e r w

B e r ü h r u n g s w in k e l a

N o tw e n d ig e B e d in g u n g , d a s s k e in G le ite n a u ftr itt: F

Z

D w

m >

q k

w k

w m

s in a

Bild 5.165. Kreiselmoment an einer Kugel eines Axial-Rillenkugellagers

der Wälzkörper normal zu ihrer Rotationsachse bewirken. Aus diesem Grund muss eine axiale Mindestvorspannung vorliegen, so dass Kreiselbewegungen verhindert werden, da sie ein Gleiten zwischen Wälzkörper und Laufflächen bedeuten, was zu Reibverschleiß führt. Den genauen Sachverhalt zeigt Bild 5.165. Im Einzelnen muss die Mindestvorspannung so gewählt werden, dass das Produkt Fz · Dw · µ größer ist als die Kreiselmomente (Fz ist die Belastung je Wälzkörper). Des Weiteren ist zu beachten, dass bei schnell umlaufenden Axiallagern die am einzelnen Wälzkörper wirkenden Fliehkräfte die Lagerringe auseinander drücken, so dass die Berührlinie nach außen verlagert wird. Für die axiale Mindestvorspannkraft, die diese beiden Effekte berücksichtigt, gilt die Zahlenwertgleichung  n max 2 mit Fa min in daN. (5.153) Fa min = M · 1000 M ist dabei ein lagerspezifischer Kennwert, der im Herstellerkatalog angegeben ist. Auch bei Schrägkugellagern, welche die Funktion von Axial- und Radiallagern in sich vereinen, bewirkt die Fliehkraft und das Kreiselmoment der einzelnen Wälzkörper bei hohen Drehzahlen eine Verlagerung der Berührpunkte zwischen Kugeln und Laufbahnen des äußeren und inneren Lagerringes (Bild 5.166). Bei stehendem, gerade spielfreiem oder vorgespanntem Lager ist die Verbindungslinie zwischen diesen Berührpunkten, die durch den Wälzkörpermittelpunkt geht, um den Nenndruckwinkel α0 zur Lagerdurchmesserebene geneigt. Bei hohen Drehzahlen wandert die

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

381

Kugel durch den Fliehkraft- und Kreiselmomenteffekt relativ zur Lagermittellinie weiter nach außen. Der Berührwinkel αa zwischen Kugel und Außenringlaufbahn reduziert sich entsprechend, der Druckwinkel αi zwischen Kugel und Innenringlaufbahn wird größer. Gleichzeitig bewirkt die höhere Fliehkraft einen Anstieg der Normalkraft Fa zwischen Kugel und Außenringlaufbahn. Aus den geänderten Druckwinkelverhältnissen und dem Fliehkrafteffekt bei steigenden Drehzahlen folgt, dass die Kugel zunehmend nur noch am Außenring geführt wird und dort abwälzt. Am Innenring kann dem Wälzen ein Gleiten auf Grund zu geringer Führungskräfte und ein erhöhtes Bohren durch die veränderten Druckwinkelverhältnisse überlagert werden [96].

F

F

u n te r D r e h z a h le in flu s s

a

w

w

F a

b o h r,a

M

0

a

S c h r ä g k u g e lla g e r im F e r tig u n g s z u s ta n d

a

w a

w ä lz

w

b o h r,i

a

F F M

F

K

F

F

r e ib ,i

i

i

In n e n r in g

F

- F lie h k r a ft

b o h r , i, a

- B o h r g e s c h w in d ig k e it ( in n e n , a u ß e n )

i, a

- N o r m a lk r a ft ( in n e n , a u ß e n ) a

w ä lz

- W ä lz w in k e l d e r K u g e l

r e ib , i, a

- R e ib k r a ft ( in n e n , a u ß e n ) a

i, a

- D r u c k w in k e l ( in n e n , a u ß e n )

- K r e is e lm o m e n t a

0

- N e n n d r u c k w in k e l im

K

w

r e ib ,a

i

w F

a

i, a

- W ä lz k ö r p e r w in k e lg e s c h w in d ig k e it ( in n e n , a u ß e n )

w

w

In n e n r in g

F e r tig u n g s z u s ta n d

- W in k e lg e s c h w in d ig k e it d e s In n e n r in g s

Bild 5.166. Kräfte und Momente am Wälzkörper eines Schrägkugellagers

Dieser aus Gleiten und Bohren bestehende Schlupf kann bei unzureichenden Schmierverhältnissen zu einem erheblichen Oberflächenverschleiß der Wälzkontaktpartner führen. Eine Verminderung des Schlupfanteils lässt sich nur durch eine Erhöhung der axialen Lagervorspannung erreichen. Diese Vorspannung muss jedoch stets unterhalb der Lagerbelastungsgrenze bleiben. Wird das Lager radial belastet, so ergibt sich eine Verlagerung des Lagerinnenrings gegenüber dem Lageraußenring. Diese Verlagerung führt im Lager zu einer Modulation der Laufbahn- und Wälzkörperbelastung in Abhängigkeit vom Umfangswinkel (vgl. Kapitel 5.6.2.4). So ändern sich die lastbestimmenden Druckwinkel αi und αa , was in Bild 5.167 am Beispiel des Druckwinkels αi gezeigt wird. Durch die Schiefstellung des Innenringes ergeben sich ebenfalls unterschiedliche

382

5 Führungen und Lagerungen

Geschwindigkeiten der Kugeln beim Umlauf um den Innenring, die sich in unterschiedlichen Wegstrecken der Kugeln niederschlagen. Im entlasteten Umfangsbereich des Lagers ist die Übersetzung zwischen Kugel und Innenring größer, so dass sich die Kugeln hier schneller entlang der Laufbahn bewegen – der sogenannte Kugelvorlauf. Werden die Wegdifferenzen der Kugeln am Umfang größer als das Spiel der Käfigtaschen, droht die Zerstörung des Käfigs und damit des Lagers [163] (Bild 5.167).

F R

S c h r ä g k u g e lla g e r 7 0 2 0 , a n g e s te llt im N e n n d r u c k w in k e l: a 0 = 1 5 ° F V : a x ia le V o r s p a n n k r a ft

s ta rre n O -P a k e t

D r e h z a h l: R a d ia lb e la s tu n g p r o L a g e r :

= 1 0 0 0 0 m in = 5 0 0 0 N

j = 0 °

] -1

= 1 6 0 0 N

K ä fig d r e h z a h l b z w .

i

D r u c k w in k e l a

2 1

1 8

1 7

F

1 6 0

6 0

1 2 0

v

= 5 0 0 0 N

1 8 0 2 4 0 U m fa n g s w in k e l j

3 0 0

3 6 0

L a g e r m itte la c h s e [m in

v

W ä lz k ö r p e r d r e h z a h l u m

F

1 9

F R

-1

j

2 2

2 0

n

4 5 4 0

F v

= 1 6 0 0 N

4 5 2 0

4 5 0 0

4 4 8 0

4 4 6 0

4 4 4 0

F

4 4 2 0 0

6 0

1 2 0

v

1 8 0

= 5 0 0 0 N 2 4 0

3 0 0

3 6 0

U m fa n g s w in k e l j

Bild 5.167. Druckwinkel αi und Käfigdrehzahl bzw. Wälzkörperdrehzahl um Lagermittelachse nk bei hoher Drehzahl, Radialbelastung und Variation der Vorspannung eines Schrägkugellagers mit ungefesseltem Innenring

Die geschilderten Last- und Kinematikverhältnisse, welche aus einer Radialbelastung folgen, ergeben zusätzlich zu den Reibungsverhältnissen im Leerlauf eine lastabhängige Werkstoffbelastung in Abhängigkeit vom Umfangswinkel des Lagers. Bei unzureichender Vorspannung kann es bei hohen Drehzahlen zu Schlupf und zur entsprechenden Gleitreibung im Lager kommen. Die sich einstellenden Verhältnisse sind jedoch in erheblichem Maße von der axialen Lagervorspannung abhängig. Bild 5.167 zeigt diese Abhängigkeit. Durch eine Erhöhung der Vorspannung lässt sich ein Abwandern der Kontaktbahnen aus der idealen Mitte reduzieren und somit die Druckwinkelmodulation vermindern. Hieraus folgt eine Abnahme des radiallastbedingten Wälzkörperschlupfes. Jedoch ist auch hier wieder zu beachten,

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

383

dass durch die Erhöhung der Lagervorspannung die obere Lagerbelastungsgrenze hinsichtlich der Hertzschen Pressung nicht überschritten wird. Zur Berechnung und Analyse der komplexen kinematischen und der Belastungsverhältnisse in Wälzlagern wurden Berechnungsprogramme entwickelt (vgl. Anhang). Diese Programme tragen zum Verständnis der Lagereigenschaften und des Lagerverhaltens insbesondere bei hohen Drehzahlen bei und haben die gezielte Auslegung von Hochgeschwindigkeitslagern ermöglicht. 5.6.2.6 Gegenüberstellung von radialen bzw. axialen Federkennlinien verschiedener Lagerarten

Die Steifigkeit von Wälzlagern, die maßgeblich die statischen und dynamischen Eigenschaften eines Spindel-Lager-Systems beeinflusst, wird von der Lagerbauart, dem Bohrungsdurchmesser und der gewählten Vorspannung bestimmt (Bild 5.162 bis Bild 5.164). Bild 5.168 zeigt eine quantitative Gegenüberstellung von Federkennlinien gängiger Lagertypen für eine spielfreie Einstellung. Für den gegebenen Lastbereich lässt sich die radiale Federung über der Radiallast in guter Näherung als Gerade angeben. r a d ia le B e la s tu n g

2 0

a x ia le B e la s tu n g

4 0 m m

1 5

3 0

B 7 0 2 0 E , a 0

= 2 5 °

B 7 0 2 0 E , a 0

= 2 5 °

1 0

3 2 0 2 0 X ,a 5

0

= 2 0 °

a x ia le F e d e r u n g

r a d ia le F e d e r u n g

d

d

r

a

m m

B 7 0 2 0 E , a

2 0

3 2 0 2 0 X ,a

0

1 0

2 3 4 4 2 0 , a 0

0

= 2 5 °

= 2 0 ° = 6 0 °

N N 3 0 2 0

0

2

4

6

R a d ia lk r a ft F

8 r

k N 1 0 0

a 0

=

N e n n d r u c k w in k e l

2

4

A x ia lk r a ft F

6 8

k N 1 0

a

Bild 5.168. Kennlinie der radialen und axialen Federung unterschiedlicher Lagerbauarten, Wellendurchmesser di = 100 mm. Quelle: FAG

Die größten radialen Steifigkeitswerte werden mit dem Zylinder- und Kegelrollenlager erreicht. In axialer Richtung erreichen das Kegelrollenlager und das Axialschrägkugellager mit einem großen Druckwinkel von 60◦ die höchsten Steifigkeitswerte.

384

5 Führungen und Lagerungen

Mit diesen Lagertypen lassen sich jedoch keine sehr hohen Drehzahlen realisieren (z.B. bei Schleifspindeln nötig). Deshalb ist häufig ein Kompromiss zwischen ausreichender Lagersteifigkeit und maximaler Drehzahl zu schließen. 5.6.2.7 Käfigschlupf bei Radiallagern

Die von den Kontaktbelastungen erzeugten Normalkräfte und zwischen Wälzkörpern und Lagerringen wirksamen tangentialen Reibkräfte treiben die Wälzkörper gegen den hydrodynamischen Widerstand durch die Schmiermittelbewegung an. Bei unzureichender Vorspannung oder Belastung können diese durch die Kontaktkräfte erzeugten Reibkräfte kleiner sein als die hydrodynamische Widerstandskraft. In diesem Fall geht die Rollbewegung der Wälzkörper in eine Gleitbewegung über, d.h. Wälzkörper und Käfig bleiben hinter der kinematischen Sollgeschwindigkeit zurück, es entsteht Schlupf zwischen den Wälzkörpern und den Lagerringen. Der Schlupf erreicht ein drehzahlabhängiges Maximum und zeigt dann ein zeitlich instationäres Verhalten. Schlupf und Schlupfschwankungen bewirken Abrieb und unregelmäßige Beschleunigungen zwischen Wälzkörpern und Lagerringen bzw. zwischen Käfig und Wälzkörpern. Abhilfe bringt nur eine angemessene Erhöhung der Vorspannung. 5.6.2.8 Wälzlager unter dem Einfluss hoher Winkelbeschleunigungen

Antriebselemente werden mit jeder Entwicklungsstufe leistungsfähiger. Bei der Definition der Betriebsbedingungen von Wälzlagern spielt zusätzlich zu den steigenden Drehzahlen das immer höher werdende Beschleunigungspotenzial der Antriebe eine Rolle. Legt man die extrem kurzen Hochlaufzeiten der Motoren zu Grunde, so ist deren Einfluss auf die Winkelbeschleunigungen der einzelnen Wälzlagerelemente und auf deren Betriebsverhalten interessant. Höchste Beschleunigungen können zum Käfigbruch führen und Schlupf zwischen Wälzkörpern und Ringen verursachen. Bei unzureichender Vorspannung bewirken die Trägheitskräfte ein Rutschen des Wälzkörpersatzes oder einzelner Wälzkörper. An den Kugeln in Schrägkugellagern greifen Kreiselmomente an, die bei hohen Drehzahlen eine Drehbewegung senkrecht zur Lagerrotationsachse (vgl. Bild 5.165) erzeugen können. Die dann entstehenden sogenannten Äquatorialrillen (mehrere sich kreuzende, auf dem Umfang verlaufende Rillen) auf der Kugeloberfläche sind Ausfallursache schnelldrehender, unzureichend vorgespannter Spindellager. Schlupf muss daher im Sinne einer langen Lebensdauer vermieden werden. Um Schlupf während eines Beschleunigungsvorganges in einem Wälzlager zu verhindern, ist eine erforderliche Mindestlast aufzubringen. Mit zunehmender Belastung eines Lagers steigen die Normalkräfte im Wälzkontakt an, so dass in Umfangsrichtung höhere Reibkräfte FR übertragen werden können. Bild 5.169 zeigt das Beschleunigungsverhalten eines federnd im O-Paket angestellten Spindellagers 7210 (50 mm Innenbohrung) mit einem Druckwinkel von 25◦ . Das Lager wurde

5.6 Wälzführungen und Wälzlager 9 0 0 0

S p in d D ru c k Ö l- L u fe d . a

8 0 0 0

D r e h z a h l [m in

-1

]

7 0 0 0

e lla w in ft-S n g e

g e r 7 2 1 0 k e l 2 5 ° c h m ie r u n g s t. O -P a k e t

385

1

th e o r e tis c h e r In n e n r in g 2 3

k o n s t. B e s c h le u n ig u n g v o n : 3 5 .0 0 0 ra d /s 2

6 0 0 0 5 0 0 0

In n e n r in g d r e h z a h l th e o r e tis c h e K ä fig d r e h z a h l

D r e h z a h lv e r la u f m it e in e r

K ä fig d r e h z a h l, 2 8 0 N V o r s p a n n u n g

4

K ä fig d r e h z a h l, 4 4 5 N V o r s p a n n u n g 5

K ä fig d r e h z a h l, 5 5 0 N V o r s p a n n u n g

2

4 0 0 0 3 0 0 0

5 1

2 0 0 0

4 3

1 0 0 0

E r h ö h u n g d e r B e la s tu n g 0 0

2 5

5 0

7 5 1 0 0 B e s c h le u n ig u n g s z e it [m s ]

1 2 5

1 5 0

Bild 5.169. Beschleunigungsverhalten eines Kugelsatzes (Käfigs) in Abhängigkeit der Vorspannung. Quelle: [151]

durch eine Minimalmengenschmierung mit 80 Milligramm Öl pro Stunde mit einer Viskosität von 67 mm2 /s versorgt. In den Versuchsreihen wurde die Vorspannung stufenweise erhöht, um den Einfluss auf den Käfigschlupf zu erkennen. In Bild 5.169 ist die gemessene Käfigdrehzahl für unterschiedliche Vorspannungen der theoretisch zur Innenringdrehzahl korrespondierenden schlupflosen Käfigdrehzahl gegenübergestellt. Wird eine geringe Vorspannung auf die Lager aufgebracht, kann der Käfig der durch den Innenring vorgegebenen Bewegung nicht folgen und beschleunigt entsprechend langsamer. Die Differenz zwischen der theoretisch berechneten Käfigdrehzahl und der messtechnisch ermittelten Drehzahlkurve stellt ein Maß für den Schlupf dar. Eine nach Katalogvorgabe leichte Vorspannung von 280 N hat zur Folge, dass der Käfig seine Enddrehzahl von 3.700 min−1 für einen schlupffreien Berieb erst nach 247 ms erreicht. Auch die dargestellten 550 N Vorspannung (mittlere Vorspannung laut Katalogvorgabe) sind bei einer maximalen Beschleunigung von 35.000 rad/s2 noch nicht ausreichend, um den Schlupf zu vermeiden. Eine weitere Erhöhung der Vorspannung bzw. Axiallast ist für Schlupffreiheit erforderlich. Genaue Untersuchungen des Betriebsverhaltens verschiedener Lagerbautypen und Lagerbaugrößen zeigen, dass hohe Beschleunigungen auch bei vorhandenem Schlupf nicht unmittelbar einen Wälzlagerschaden zur Folge haben müssen. Der Schlupf zwischen den Wälzpartnern verursacht zunächst keinen erhöhten Verschleiß, wenn eine ausreichende Menge an Schmierstoff im Wälzkontakt vorhanden ist. Schlupf sollte jedoch vermieden werden, weil durch eine hohe Differenzgeschwindigkeit zwischen den Wälzpartnern eine sehr große Reibarbeit im Schmierstoff geleistet wird, die zur Erwärmung und zur Verschlechterung der Gebrauchseigenschaften sowie zur Verkürzung der Gebrauchsdauer führt.

386

5 Führungen und Lagerungen N o tw e n d ig e B e la s tu n g z u r V e r m e id u n g v o n S c h lu p f

1 0 0 0

B o h ru n g s -Æ : 2 0 m m B e s c h le u n ig u n g : 1 0 0 .0 0 0 ra d /s 2

1 0 0 B o h ru n g s -Æ : 5 0 m m B e s c h le u n ig u n g : 1 0 .0 0 0 ra d /s 2

B o h ru n g s -Æ : 1 0 0 m m B e s c h le u n ig u n g : 6 .0 0 0 ra d /s 2

el .

el .

el .

el .

62 20 ,a x. B D ,a x. 30 B 22 0, ax N U .B 22 0, ra d. B 72 20 C

62 10 ,a 72 x. 10 B e C l. D ,a x 30 .B 21 el . 0, ax N .B U 21 el . 0, ra d. B e l.

1 0

62 04 ,a 72 x. 04 B e C l. D ,a x. 30 B e 20 l. 4, a x. N U B e 20 l. 4, ra d. B e l.

e r fo r d e r lic h e B e la s tu n g (a x ia l/r a d ia l) [N ]

1 0 0 0 0

Bild 5.170. Notwendige axiale bzw. radiale Belastung unterschiedlicher Lagertypen und Lagerbaugrößen zur Vermeidung von Schlupf. Quelle: [151]

Bild 5.170 zeigt für verschiedene Lagertypen (Rillenkugellager, Schrägkugellager, Kegelrollenlager und Zylinderrollenlager) für verschiedene Baugrößen (Bohrungsdurchmesser 20 mm, 50 mm und 100 mm) die notwendige axiale bzw. radiale Belastung, ab der Schlupf vermieden wird. In Bild 5.170 ist berücksichtigt, dass das Beschleunigungsvermögen der einzelnen Lagertypen mit wachsendem Bohrungsdurchmesser auf Grund der Massenträgheit abnimmt. 5.6.2.9 Wälzlager als Schwingungserreger

Die Abweichungen (Formfehler) der Wälzlagerlaufbahnen sowie der Wälzkörper von der idealen Rundheit führen beim Lagerlauf zu kinematischen Fehlern und damit zu unregelmäßiger Mittenbewegung der Welle. Sie regen damit eine Schwingung an. Hierbei stören in der Regel die langen Welligkeiten der Laufbahnfehler die Laufgenauigkeit der Welle, während die kurzwelligen Formfehler der Wälzkörper häufig das Laufgeräusch der Lagerung bestimmen. Da die verschiedenen Bauelemente des Wälzlagers, also der Innenring, die Wälzkörper und der Käfig, mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten rotieren, regen sie die umgebenden Bauteile mit verschiedener Frequenz zu Schwingungen an. In Tabelle 5.6 werden den einzelnen Bauelementen eines Wälzlagers Frequenzen zugeordnet, die durch sie angeregt werden können. Außer diesen Formfehlern bewirkt der auch bei einem ideal runden Wälzlager grundsätzlich vorliegende Steifigkeitswechsel zwischen der Scheitelstellung bzw. Symmetriestellung der Wälzkörper, Bild 5.171, eine Schwingungsanregung. Die

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

387

Frequenz dieser Schwingungsanregung (Überrollfrequenz) berechnet sich zu:   z Dw (5.154) fE = 0, 5 · n · 1 − · cos α0 · . dm 60

Tabelle 5.6. Durch das Wälzlager angeregte Frequenzen F re q u e n z

F o rm e l

a n g e tr ie b e n e r In n e n r in g = W e lle n d r e h fr e q u e n z

f i =

K ä fig

fk =

W ä lz k ö r p e r

fw =

Ü b e r r o lle n d e s A u ß e n r in g s

fÜ a

i

D

çç 1 -

f i æç T 2 çè D

ö

c o s a 0 ÷÷ w

2 è

T

ø

D -

w

T

w

c o s

2

ö

a 0 ÷÷ ø

= æ fi - fk × z è æ



fi æ

è

Ü b e r r o lle n d e s In n e n r in g s

n 6 0

= fk × z

n : D r e h z a h l [1 /m in ], D w : W ä lz k ö r p e r d u r c h m e s s e r [m m ], z : A n z a h l d e r W ä lz k ö r p e r , a 0 : N e n n d r u c k w in k e l [° ], T : T e ilk r e is d u r c h m e s s e r [m m ]

Die Steifigkeitsmodulation wird um so geringer, je mehr Wälzkörper die Lagerbelastung aufnehmen, so dass auch aus dieser Sicht eine Lagervorspannung zu empfehlen ist. Weiterhin wirkt sich der Einsatz zweireihiger Wälzlager, bei denen die beiden Wälzkörperreihen um eine halbe Teilung versetzt angeordnet sind, sehr günstig aus. So ist z.B. bei einem zweireihigen Zylinderrollenlager die Schwingamplitude bei sonst unveränderten Lagerungsgegebenheiten um etwa 70% geringer als bei Einsatz eines vergleichbaren einreihigen Zylinderrollenlagers, vgl. Bild 5.162 unten. 5.6.2.10 Schmierung und Temperaturverhalten

Die primäre Aufgabe des Schmiermittels ist die Bildung eines Schmierfilms in den Kontaktzonen zwischen Wälzkörper und Laufbahn, Wälzkörper und Käfig sowie zwischen Käfig und Innen- bzw. Außenring, so dass eine unmittelbare metallische Berührung verhindert und damit der Verschleiß des Lagers vermieden wird. In Tabelle 5.7 sind die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen, derzeit im Werkzeugmaschinenbau üblichen Schmiersysteme gegenübergestellt. Die Öleinspritzschmierung sorgt für ein Überangebot an Schmierstoff und garantiert somit für jeden Betriebszustand den einwandfreien Schmierfilmaufbau und bewirkt darüber hinaus auf Grund des hohen Ölangebotes eine entsprechende Wärmeabfuhr. Demgegenüber sind als wesentlicher Nachteil die mit den hohen Planschverlusten

388

L a g e rfe d e ru n g

d r

m m

5 Führungen und Lagerungen

e in r e ih ig e s L a g e r

d r m a x

d r m in R o llw e g F r

F r

y

S c h e ite ls te llu n g

S y m m e tr ie s te llu n g

L a g e rfe d e ru n g

d r

m m

z w e ir e ih ig e s L a g e r

d r m a x d r m in

R o llw e g

F r

F r

y 2

Bild 5.171. Wälzlager als Schwingungserreger. Quelle: SKF

in Verbindung stehenden Verlustleistungen zu nennen, die meist eine Ölkühlung erfordern. Beim Einsatz der Ölminimalmengen- oder Öl-Luft-Schmierung wird das Lager mit der zum Aufbau des Schmierfilms notwendigen geringen Ölmenge versorgt, so dass keine Leistungsverluste auf Grund von Planscharbeit auftreten. Gleiches gilt bei der Fettschmierung, welche prinzipiell eine Variante der Minimalmengenschmierung darstellt. Das Lager wird hier durch das in dem Dickungsmittel des Fettes gespeicherte Grundöl versorgt. Das Öl diffundiert während der Fettgebrauchsdauer in geringen, aber ausreichenden Mengen allmählich aus dem in unmittelbarer Wälzkontaktnähe befindlichen Fett und erhält so den Schmierfilm im Wälzkontakt aufrecht. Die Fettschmierung, häufig auch als Lebensdauerschmierung bezeichnet, ist das im Werkzeugmaschinenbau zur Zeit am häufigsten verwendete Schmierprinzip. Eine zusätzliche Schmieranlage ist nicht erforderlich, so dass sich dieses Schmierprinzip konstruktiv wesentlich leichter realisieren lässt als die Öleinspritz- und die Öl-Luft-Minimalmengenschmierung. Nachteil der Fettschmierung ist jedoch, dass sie nur bis zu einer bestimmten Drehzahlgrenze zuverlässig eingesetzt werden kann. Dieser Drehzahlkennwert und

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

389

Tabelle 5.7. Vergleich verschiedener Schmiersysteme für Wälzlager Ö le in s p r itz s c h m ie r u n g

Ö lm in im a lm e n g e n s c h m ie r u n g

F e tts c h m ie r u n g

V o r te ile -

k e in e P la n s c h a r b e it A u fb a u d e s E H D - S c h m ie r film s -

-

K ü h lm ö g lic M e n g e n re g S c h m ie r film w ä h r le is te t k o n s tr u k tiv k e in e U m w k e in e D r e h -

h k e it d u r c h u lie r u n g a u fb a u is t g e -

-

k e in e A u fb a S c h m k e in e e in fa c A u fb a S c h m

-

lö s b a r e ltb e la s tu n g z a h lg r e n z e

-

P la n s c h a r b u d e s o p tim ie r film s S c h m ie r a n h e r k o n s tru u , k e in e a u ie r k a n ä le n

e it a le n la g e k tiv e r fw ä n d ig e n o tw e n d ig

N a c h te ile -

la b ile r S c h m ie h o h e n D re h z a - s c h w ie r ig e D o m ö g lic h k e it - z u s ä tz lic h e s D e r fo r d e r lic h - a u fw ä n d ig e Ö fü h r u n g in je d

rz u s ta n d b e i h le n s ie r u n g s o s ie r g e r ä t l/L u ft- K a n a le s L a g e r

-

h o h e P la n s - z u s ä tz lic h e e r fo r d e r lic h - Ö lr ü c k fü h r u s c h w ie r ig - S c h a u m b ild D r e h z a h le n

c h v Ö lk w e n g

e r lu s te ü h lu n g k a n n rd e n k o n s tr u k tiv -

6 D r e h z a h lg r e n z e ( n ×d m < 1 0 ) F e ttw e c h s e l n a c h 1 0 0 0 b is 5 0 0 0 B e tr ie b s s tu n d e n

u n g b e i h o h e n

L a g e r a u ß e n r in g te m p e r a tu r

8 0

-

3 ,0

L a g e r v e r lu s tle is tu n g

k W

°C 7 0

K e g e lr o lle n la g e r T 4 C C 1 0 0 ( Ö le in s p r itz s c h m ie r u n g 2 l/m in )

2 ,5

6 0

T e m p e ra tu r

4 0 S c h r ä g k u g e lla g e r 7 0 2 0 C ( Ö le in s p r itz s c h m ie r u n g 0 ,5 l/m in )

3 0 2 0

V e r lu s tle is tu n g

2 ,0 5 0

K e g e lr o lle n la g e r T 4 C C 1 0 0 ( Ö le in s p r itz s c h m ie r u n g 2 l/m in ) 1 ,5

1 ,0 S c h r ä g k u g e lla g e r 7 0 2 0 C ( Ö le in s p r itz s c h m ie r u n g 0 ,5 l/m in )

R a u m te m p e ra tu r 0 ,5

1 0

0

2 0 0 0

4 0 0 0

6 0 0 0

D re h z a h l

8 0 0 0

1 1 0 0 0 0 m in 0

2 0 0 0

4 0 0 0

6 0 0 0

D re h z a h l

8 0 0 0

1 1 0 0 0 0 m in

Bild 5.172. Außenringtemperatur und Verlustleistung des vorderen Lagers der Versuchsspindeln mit Schrägkugel- und Kegelrollenlagern (vgl. Bild 5.173 und Bild 5.174)

390

5 Führungen und Lagerungen

die Einsatzdauer ist unter anderem von den Betriebsbedingungen wie der Belastung, der Lauftemperatur und dem Luftdurchsatz durch das Lager abhängig. Weiterhin beeinflusst die Lagerausführung (Stahl- oder Hybridlager) die Höhe des erreichbaren Drehzahlkennwertes. Mit Fetten, die speziell auf hohe Drehzahlen abgestimmt sind, können mit Stahllagern unter optimalen Verhältnissen in etwa Drehzahlkennwerte von n · dm = 1, 3 · 106 mm/min erreicht werden. Mit Hybridlagern lassen sich höhere Kennwerte von in etwa n · dm = 1, 5 · 106 mm/min und darüber hinaus sicher erreichen. Des Weiteren muss bei diesem Schmierprinzip eine Schmierstofflebensdauergrenze berücksichtigt werden. Der Verdicker unterliegt einer Alterung und ab einer Einsatzdauer von ca. 4 Jahren ist er ausgeölt, so dass ein Fettwechsel bzw. ein Nachfetten erforderlich wird [120]. 3 4 0

E in s p r itz d ü s e n

E in s p r itz d ü s e

h y d r.V e rs p a n n u n g s r e g u lie r u n g

1 0 0

1 0 0 Ø

Ø

S c h m ie r ö l- / D r u c k lu ftz u fu h r

S c h m ie r ö la b la u f

S c h m ie r ö la b la u f

L a g e r B a u r e ih e 7 0 R in g k o lb e n flä c h e E in s p r itz d ü s e n

Bild 5.173. Konstruktion einer schnelllaufenden Spindel mit Schrägkugellagern

Bild 5.172 zeigt die sich einstellende Lageraußenringtemperatur und die Verlustleistung für zwei verschiedene Spindellagersysteme (Bild 5.173 und Bild 5.174). Die Temperaturmessstelle liegt an dem vorderen Lager der Kegelrollenbzw. Schrägkugellagerung. Beide Spindellagersysteme verfügen über eine Öleinspritzschmierung. Die Vorspannung der Lagersysteme erfolgt hydraulisch. Bei der Spindel mit Kegelrollenlagern ist dafür ein spezielles Lager, das „Hydra-Rib“-Lager vorgesehen. Ein hydraulisch verschiebbarer Ringkolben drückt über die bewegliche Bordscheibe die Kegelrollen axial zwischen die Lagerringe. Bei der Spindel mit

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

391 3 5 0

K a rtu s c h e

H y d r a - R ib - L a g e r

1 0 0

1 0 0

K ra ftu n d T e m p e r a tu r m e s s s te lle

S c h m ie r s to ffz u fu h r

S p in d e l S c h m ie r s to ffz u fu h r

S c h m ie r s to ffz u fu h r

K e g e lr o lle n la g e r E in s p r itz d ü s e n

R in g k o lb e n flä c h e

a x ia le S c h m ie r ö lb o h ru n g

Bild 5.174. Konstruktion einer schnelllaufenden Spindel mit Kegelrollenlagern

Schrägkugellagern befindet sich das gesamte hintere Stützlager in einem hydraulisch verschiebbaren Ringkolben, der für eine ausreichende Vorspannung sorgt. Die Lagertemperatur ist bei Einspritzschmierung in hohem Maße von der Drehzahl und von der eingeführten Ölmenge je Zeiteinheit abhängig. Bild 5.175 zeigt die Temperatur und Verlustleistung eines Schrägkugellagers mit 100 mm Innendurchmesser der in Bild 5.173 gezeigten Schrägkugellagerspindel in Abhängigkeit von der Lagerdrehzahl und der Schmierölmenge. Da das Kegelrollenlager eine wesentlich höhere Reibung insbesondere durch den Bord am Innenring aufweist als das Schrägkugellager, liegt trotz vierfacher Ölmenge (2 l/m bzw. 0, 5 l/m) die Temperatur des Kegelrollenlagers bedeutend über der des Schrägkugellagers. So zeigt die gemessene Verlustleistung des Kegelrollenlagers im gesamten Drehzahlbereich entsprechend wesentlich höhere Werte. Durch eine Erhöhung der Schmierölmenge lässt sich insbesondere bei höheren Drehzahlen die Lagertemperatur deutlich senken. Dabei muss jedoch ein gleichzeitig erheblicher Anstieg der Verlustleistung in Kauf genommen werden. Diese hohe Verlustleistung ist auf die Planscharbeit im Lager zurückzuführen, die durch die sich ergebende Verdrängung des Schmierölüberangebotes entsteht. Um diese Planscharbeit zu vermeiden und somit die Reibung beträchtlich zu reduzieren, wird häufig die Lagerschmierung nach dem Minimalmengenprinzip angewandt. In Bild 5.176 ist die drehzahlabhängige Lageraußenringtemperatur des vor-

392

5 Führungen und Lagerungen 6 0 0

V o rs p a n n k ra ft: 1 5 0 0 N L e e r la u fb e tr ie b

V

1 0 0

T e m p e ra tu r

V

Ö l

= 1 l/m in

Ö l

= 0 ,5 l/m in

Ö l

= 0 ,2 5 l/m in

Ö l

= 0 ,5 l/m in

Ö l

= 0 ,2 5 l/m in

4 0 0

6 0

4 0

2 0

0

= 1 l/m in

V

V

V

V e r lu s tle is tu n g P

V °C

V W

Ö l

3 0 0

2 0 0

1 0 0

2 0 0 0

4 0 0 0

6 0 0 0

D re h z a h l n

m in

-1

1 0 0 0 0 0

2 0 0 0

4 0 0 0

6 0 0 0

m in

-1

1 0 0 0 0

D re h z a h l n

Bild 5.175. Temperatur und Verlustleistung eines Schrägkugellagers Typ 7020 C bei verschiedenen Öleinspritzmengen

deren Lagers der bereits in Bild 5.173 präsentierten Schrägkugellagerspindel bei Variation von Spindelbelastung und Schmierprinzip gezeigt. Beim Betrieb der Spindel im Leerlauf mit einer axialen Lagervorspannung von Fax = 1500 N ist die Lagertemperatur für die hohen Drehzahlen von 10000 min–1 mit Fett- oder Ölminimalmengenschmierung auf einem ähnlichen Niveau wie mit Einspritzschmierung (vgl. Bild 5.175). Durch das Überangebot des kühlenden Öles zeigt die Öleinspritzschmierung keine so hohe Temperatur-Last-Abhängigkeit, wie das bei der Fett- und Minimalmengenschmierung der Fall ist. Bei Fett- und Ölminimalmengenschmierung hingegen steigt die Lagertemperatur mit zunehmender Belastung wesentlich mehr an. Die durch die Lagerbelastung hervorgerufene Reibungswärme im Lager wird hier nicht wie bei der Einspritzschmierung durch das Schmieröl abgeführt. Die Wärmeabfuhr erfolgt ausschließlich über die Spindelgehäuseoberfläche und reicht bei den höheren Spindelbelastungen nicht mehr aus, wenn davon ausgegangen wird, dass im Werkzeugmaschinenbau die Lagertemperatur 60◦ C, d.h. ca. 40◦ C über Raumtemperatur, nicht überschreiten sollte. Höhere Temperaturen führen zu erheblichen thermoelastischen Verformungen der Maschinenstruktur, so dass die Arbeitsgenauigkeit der Maschine häufig nicht mehr ausreicht. In diesem Fall ist eine Kühlung des Öls und/oder der Umbauteile (Spindelkastenlagerung) notwendig. Es ist hierbei darauf zu achten, dass durch die Kühlung der Außenringe die Lagervorspannung nicht zu hoch wird und das Lager dadurch zerstört wird (Selbstmordschaltung).

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

393

T e m p e r a tu r m e s s s te lle

1 0 0

Ö le in s p r itz s c h m ie r u n g

° C

x

F F

S p in d e lla g e r 7 0 2 0 C

1 0 0

a x

A r b e its s e itig e L a g e r u n g d e r V e r s u c h s s p in d e l

ra d

F F

a x ra d

x

6 0 x x x

4 0 x x

0

: A x ia lb e la s tu n g a m S p in d e lk o p f : R a d ia lb e la s tu n g a m S p in d e lk o p f

F

= 1 2 = 1 2 = 1 2 F ax= 1 2 F ax= 1 2

x

F F x

2 0 0 0

x

a x a x a x

k N

F

k N

F

k N

ra d ra d

F

k N

6 0 0 0

4 0 0 0

F

=

0 k N 4 k N 8 k N = 2 k N = 1 4 k N

ra d

k N F

ra d ra d

= =

8 0 0 0 m in

-1

1 0 0 0 0

D re h z a h l n

1 0 0 ° C

Ö lm in im a lm e n g e n s c h m ie r u n g

8 0

8 0

F e ttm e n g e : 1 5 g

T e m p e ra tu r

T e m p e ra tu r

x

= 1 5 0 0 N

v a x

F e tts c h m ie r u n g

° C

x

Ö lm e n g e : 1 ,4 l/m in

2 0

V o r s p a n n k r a ft in a x ia le r R ic h tu n g : F

1 0 0

T e m p e ra tu r

8 0

6 0 4 0 2 0

0

L e e r la u f F a x = F ra d = 2 0 0 0

4 0 0 0

F

2 k N 6 0 0 0

D re h z a h l n

F

a x a x

= F = F

ra d ra d

-1

3

/h

4 0 2 0

= 8 k N = 1 4 k N

8 0 0 0 m in

Ö lm e n g e : 1 0 0 m m 6 0

F 1 0 0 0 0 0

2 0 0 0

4 0 0 0

L e e r la u f F ax= 6 k N 1 4 k N a x = 6 0 0 0

F F

ra d ra d

= 6 k N = 0 k N

8 0 0 0 m in

-1

1 0 0 0 0

D re h z a h l n

Bild 5.176. Temperaturverhalten des vorderen Schrägkugellagers einer Werkzeugmaschinenspindel bei verschiedenen Schmierprinzipien, Belastungen und Drehzahlen

5.6.2.11 Veränderung der Kinematik eines Spindellagers in Abhängigkeit von Belastung und Drehzahl

Die Kinematik eines Schrägkugellagers steht in direkter Abhängigkeit zu Last, Temperatur und Drehzahl. Auch der Einbaufall, die gewählte Passung und die Anordnung der Lager beeinflussen die Kinematik. Insbesondere Veränderungen der radialen Lagerluft haben einen großen Einfluss auf die Druckwinkel, Kräfte und Geschwindigkeiten im Lager. Betrachtet man ein mit zusätzlich hoher Drehzahl rotierendes Schrägkugellager, so weitet sich der Innenring durch die angreifenden Fliehkräfte auf. Stellt sich dann im Betrieb eine typischerweise höhere Temperatur des Innenrings gegenüber dem Außenring ein (Übertemperatur), wird die Aufweitung durch die entsprechende thermische Dehnung verstärkt. Die Innenringaufweitung reduziert somit die radiale Lagerluft, wodurch sich ein kleinerer Druckwinkel einstellen muss. Die Berührpunkte der Kugeln am Innen- und Außenring ändern sich und nähern sich dem Rillengrund an. Zusätzlich verändern die drehzahlbedingten hohen Kugelfliehkräfte die Kräfteverteilung am Innen- und Außenring (Bild 5.177). Waren die Kugelnormalkräfte bei niedriger Drehzahl und Temperatur entgegengesetzt und gleich groß, sind sie bei hoher Drehzahl und Temperatur außen größer als innen. Die Fliehkraft an der Kugel, die Temperaturdifferenz der Lagerringe und die Fliehkraft am Innenring üben also über ein komplexes Wirksystem Einfluss auf die Kinematik aus.

394

5 Führungen und Lagerungen

Ä n d e r u n g d e r a x i a l e n L a g e x IR d e s In n e n r in g s b e i e la s t is c h e r A n s t e llu n g

F n

F v

F n

F v

F

F

n

f

F n

F f

F v h o h e D re h z a h l u n d /o d e r D T

F n

F n

g e r in g e D re h z a h l

F v

F n

F v

F f

D x

F v

g e r in g e D re h z a h l

F n

F v

F n

F v

F n

F v

E rh ö h u n g d e r V o rs p a n n k ra ft b e i s t a r r e r A n s t e llu n g im O - P a k e t

F n

F f F f

F n F n

F f h o h e D re h z a h l u n d /o d e r D T

F v

F v

F f

IR

w ir k e n d e a x ia le V o r s p a n n k r a ft

D T

E rw ä rm u n g d e s In n e n - g e g e n ü b e r d e m

K u g e ln o r m a lk r a ft im

D x

a x ia le V e r la g e r u n g d e s In n e n r in g s

W ä lz k o n ta k t

IR

A u ß e n r in g

F lie h k r a ft a n K u g e ln o d e r In n e n r in g

Bild 5.177. Wirkung hoher Drehzahl und Erwärmung des Innenrings auf die Veränderung der Normalkräfte, Druckwinkel, Vorspannkraft und axialen Lage des Innenrings

Je nach Einbausituation wirkt sich eine Lagerluftreduzierung durch die oben aufgezählten Effekte unterschiedlich aus. Bei einer elastischen Anstellung der Lager verändert sich die Axialposition des Innenrings relativ zum Außenring. Der Innenring muss sich als Folge der Aufweitung in Richtung des Druckwinkels verschieben (Bild 5.177, links), da radiale und axiale Wegänderungen wie über ein Keilgetriebe miteinander verbunden sind. Wird die axiale Verlagerung des Innenrings durch eine starre Anstellung (Anstellung im starren O- oder X-Paket) behindert oder gänzlich unterbunden, kommt es bei einer Aufweitung des Innenrings zu einem beträchtlichen Anstieg der Vorspannung (Bild 5.177, rechts). Das Lager ist dann einer starken Belastung ausgesetzt, wodurch sich das Reibmoment bzw. die Temperatur erhöht. Da zwischen Wärmeproduktion und Vorspannung eine Rückkopplung über die radiale Aufweitung des Innenrings besteht, kann es zu einer sogenannten Selbstmordschaltung kommen. Schaukeln sich Vorspannung und Temperatur auf, kann das Lager innerhalb kürzester Zeit zerstört werden. Aus diesem Grund werden Spindeln für höchste Drehzahlen (Drehzahlkennwert über 1, 5 x 106 mm/min) ausnahmslos federnd, hydraulisch oder auch pneumatisch vorgespannt gelagert. Bei einer elastischen Anstellung der Lagerringe kann allerdings die Reibung zwischen Außenringen und Gehäuse die axialen Verschiebungen, die zum Erhalt der Vorspannung erforderlich sind, verhin-

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

395

dern (vgl. Kapitel 5.6.3.1.5). Dann kann es auch bei elastisch angestellten Spindeln zu Ausfällen durch ein Überschreiten der zulässigen Vorspannung kommen. Um höchste Drehzahlen sicher zu erreichen, muss also zum einen eine elastische Anstellung der Lagerung gewählt werden und zum anderen ihre korrekte Arbeitsweise tatsächlich sichergestellt sein. Berechnung der Lagerkinematik am Beispiel einer elastischen Anstellung von Spindellagern in Tandem-O-Anordnung Am Beispiel einer elastisch angestellten Frässpindellagerung werden im Folgenden anhand von Rechenergebnissen die komplexen Einflüsse auf die Lagerkinematik erläutert. Ein speziell entwickeltes Berechnungsprogramm ”Winlager” erlaubt die Berechnung der Lagerzustände in unterschiedlichen Anstellungen. Das Programm berechnet für ein Lastkollektiv von Drehzahl, Temperatur und Last bzw. Vorspannung (FV ) den Betriebszustand des Lagers unter Berücksichtigung der Fliehkräfte an Kugel und Lagerinnenring, sowie der gegenseitigen Beeinflussung miteinander verspannter Lager [164]. Bei der in Bild 5.178 dargestellten Lagerung handelt es sich um eine federnd angestellte Tandem-O-Anordnung mit zwei unterschiedlichen Baugrößen von Hybridlagern. Auf der Festlagerseite kommen zwei Hybridlager des Typs 7020 (Druckwinkel 15◦ , Kugeldurchmesser 15, 88 mm) und auf der Loslagerseite zwei Lager des Typs 7017 (Druckwinkel 15◦ , Kugeldurchmesser 14, 29 mm) zum Einsatz. Der Stützabstand der Lagerung beträgt 305 mm. Die Lagerpakete sind durch Federn mit einer Kraft von 2160 N vorgespannt. G le itb u c h s e

F e s tla g e r ( H C ) B 7 0 2 0 C H S K 8 0 S c h n itts te lle

S c h m ie r a n s c h lu s s

L o s la g e r ( H C ) B 7 0 1 7 C V o rs p a n n u n g d u rc h F e d e rn

Bild 5.178. Federnd angestellte Tandem-O-Lagerung einer Frässpindel mit Lagern 7020 und 7017

396

5 Führungen und Lagerungen

Auf jedes Lager wirkt so eine effektive Vorspannkraft von 1080 N. Die ermittelten Rechenwerte stehen für den Idealfall einer Spindellagerung, deren Vorspannung auch bei höchsten Drehzahlen konstant ist. Bild 5.179 (links) beschreibt die Wirkung der Fliehkraft und der Temperatur auf die Aufweitung des Innenrings bei einem Hybridlager des Typs 7020 mit einer für hohe Drehzahlen angepassten Passungsüberdeckung am Innenring von 24 µm.

1 2

IR - R a d ia la u fw e itu n g , 0 ° C IR - Ü b e r te m p e r a tu r IR - R a d ia la u fw e itu n g , 2 0 ° C IR - Ü b e r te m p e r a tu r

9 0

2

5 0 4 0 3 0 2 0 1

1 0 0 0

4

8

1 2 1 6 D r e h z a h l [1 0 0 0 /m in ]

3 4

2 0

2 4

In n A u In n A u

e n ß e e n ß e

d r n d d r n d

u c ru u c ru

k w c k k w c k

in k w in in k w in

e l, 0 k e l, e l, 2 k e l,

°C 0 °C 0 °C 2 0 °

IR -Ü b e IR -Ü b IR -Ü b C IR -Ü

rte m p e e rte m p e rte m p b e rte m

ra tu r e ra tu r e ra tu r p e ra tu r

H y b r id la g e r 7 0 2 0 , 1 5 ° D r u c k w in k e l, F v : 1 0 8 0 N 2

D r u c k w in k e l [° ]

A u fw e itu n g [µ m ]

7 0 6 0

2

2 0 1 8 1 6 1 4 1 2 1 0

H y b r id la g e r 7 0 2 0 , 1 5 ° D r u c k w in k e l, F v : 1 0 8 0 N

8 0

1

1 3 4

8 6

0

4 2 0

4

8 1 2 1 6 D r e h z a h l [1 0 0 0 /m in ]

2 0

2 4

Bild 5.179. Radiale Innenringaufweitung infolge Drehzahl und Temperatur sowie Druckwinkeländerung an Außen- und Innenring durch Fliehkraft für ein Lager HCB7020C bei 24 µm Überdeckung

Die mit der Drehzahl wachsende Fliehkraft bewirkt, dass sich der Innenring in seinem Durchmesser vergrößert und dadurch die Lagerluft verkleinert. Die Änderung der Kurvensteigung bei einer Drehzahl von circa 15.000 min−1 weist darauf hin, dass sich die Druckspannung in der Passfuge zwischen Innenring und Spindel abgebaut hat. Ab dieser Drehzahl beginnt sich der Innenring von der Spindel abzulösen. Die nicht dargestellte Abhebedrehzahl des kleineren Loslagers (14 µm Überdeckung) liegt bei ungefähr 15.100 min−1 . Die Übertemperatur des Innenrings gegenüber dem Außenring bewirkt eine zusätzliche Innenringaufweitung, d.h. der drehzahlbedingte Aufweitungsverlauf wird um 30 µm nahezu parallel in Richtung der y-Achse verschoben. Die Druckwinkel am Innen- und Außenring verändern sich ebenfalls unter der Einwirkung von Fliehkraft und Temperatur (Bild 5.179, rechts). Der Nenndruckwinkel von 15◦ verringert sich durch die Passung trotz der Vorspannung im Einbauzustand auf 14◦ . Mit zunehmender Drehzahl bewirkt die auf den Innenring und die Kugeln wirkende Fliehkraft am Innenring einen steigenden und am Außenring einen fallenden Druckwinkel. Beginnt sich der Innenring von der Spindel zu lösen und radial verstärkt aufzuweiten, vermindern sich die Druckwinkel an beiden Lagerringen. Eine Erhöhung der Übertemperatur hat die gleiche vermindernde Wirkung auf die

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

397

Druckwinkel. Die dadurch bedingte Reduzierung der Lagerluft überwiegt also bei hohen Drehzahlen die Auswirkungen der Kugelfliehkraft auf die Druckwinkel.

1 2

V o r s p a n n k r a ft [k N ]

1 0

A x ia le R e a k tio n s k r a ft [k N ], 0 ° C Ü b e r te m p e r a tu r A x ia le R e a k tio n s k r a ft [k N ], 2 0 ° C Ü b e r te m p e r a tu r

8

E r L o L a L a

s a tz s la g g e r g e r A u s g a

s c e r 7 0 7 0 n g

h fu 2 1 s

a u b ild n k tio n 0 s ta rr 7 , v o rs p a

im F a lle e in e r fe h le n d e n d e s H in te r la g e r s : a n g e s te llt g e g e n e in n n u n g F v : 1 0 8 0 N

7 0 2 0 6

7 0 1 7

2

4

1

2 0 0

4

8 1 2 1 6 D r e h z a h l [1 0 0 0 /m in ]

2 0

2 4

s ta r r e Z w is c h e n h ü ls e n

Bild 5.180. Entwicklung der Vorspannkraft bei einem starren O-Paket mit Hybridlagern HCB7020C und HCB7017C

Auch bei federnder Anstellung kann es auf Grund von Reibung am Lageraußenring durch unzureichende Verlagerung, also dem Ausfall der Loslagerfunktion, zu einem Vorspannungsanstieg kommen. Die dann vorliegende starre Anstellung der Lagerpakete lässt hohe Vorspannungen entstehen (Bild 5.180). Die Kurven zeigen Werte für eine starre Verspannung eines Lagers HCB7020C mit einem Lager HCB7017C. Bis zur Abhebedrehzahl (circa 15.000 min−1 ) kann es vor allem durch ein Ansteigen der Temperatur zu einem erheblichen Vorspannungsanstieg kommen. Bei der federnd angestellten Lagerung bewirkt der aufgeweitete Innenring und der veränderte Druckwinkel eine relative axiale Verschiebung der Lagerringe zueinander. In Bild 5.181 (links) ist die relative Verlagerung des Festlagers (bzw. des Spindelkörpers) unter Drehzahleinfluss dargestellt. Die oben beschriebenen Vorgänge finden auch an den Loslagern statt. Da diese aber frei im Gehäuse verschiebbar eingebaut und über die Spindel mit der FestlagerVerlagerung gekoppelt sind, führen sie zusätzlich zu ihrer kinematischen Ringverlagerung noch die der Festlager mit aus. Diesen Zusammenhang zeigt die schematische Darstellung des Spindel-Lager-Systems in Bild 5.182. Dargestellt sind die richtungsabhängigen Verlagerungen, die sich zwischen Innen- und Außenring des Festlagers und zwischen Loslager-Außenring und dem Gehäuse ergeben. Bild 5.181 (rechts) zeigt die absolute Verlagerung der Loslageraußenringe bei verschiedenen Übertemperaturen. Bei der Übertemperatur von 20◦C ist die thermische Spindeldehnung über den Stützabstand von 305 mm berücksichtigt, die bei einer Erwärmung von 20◦C 71 µm beträgt. Diese thermische Spindeldehnung wirkt der kinematischen Ringverlagerung entgegen und wird daher abgezogen.

398

5 Führungen und Lagerungen IR - A x ia lv e r la g e r u n g , 0 ° C IR - Ü b e r te m p e r a tu r IR - A x ia lv e r la g e r u n g , 2 0 ° C IR - Ü b e r te m p e r a tu r 1 2

1 2 3

2 0 0 1 8 0 1 6 0 1 4 0 1 2 0 1 0 0 8 0 6 0 4 0 2 0 0

In n e n -r in g u n d A u ß e n r in g v e r la g e r u n g [µ m ]

In n e n r in g v e r la g e r u n g [µ m ]

4

H y b r id la g e r 7 0 2 0 , 1 5 ° D r u c k w in k e l, F v : 1 0 8 0 N

2

0

1

4

8 1 2 1 6 D r e h z a h l [1 0 0 0 /m in ]

2 0

2 4

r e la r e la a b s a b s B e r

tiv e IR - A x ia lv tiv e IR - A x ia lv o lu te A R - A x ia o lu te A R - A x ia ü c k s ic h tig u n g

e r la e r la lv e lv e d e

g e ru n g g e ru n g r la g e r u r la g e r u r a x ia le

, 0 ° , 2 0 n g , n g , n th

C IR -Ü b e rte m p ° C IR -Ü b e rte m 0 ° C IR -Ü b e rte m 2 0 ° C IR -Ü b e rte e r m is c h e n S p in

e ra tu r p e ra tu r p e ra tu r m p e r a tu r m it d e ld e h n u n g

H y b r id la g e r 7 0 1 7 , 1 5 ° D r u c k w in k e l, F v : 1 0 8 0 N

2 5 0 2 0 0

4 3

1 5 0 1 0 0 2

5 0 1

0 0

4

8 1 2 1 6 D r e h z a h l [1 0 0 0 /m in ]

2 0

2 4

Bild 5.181. Innenringverlagerung des Festlagers bei einer Überdeckung von 24 µm sowie Innen- und Außenringverlagerung des federnd angestellten Loslagers bei einer Überdeckung von 14 µm B ild n u m m e r : 2 7 9 9 9 - 9 9 9

"F e s t"-L a g e ru n g

V o rs p a n n fe d e r

D a te in a m e : T S R - R a h m e n 9 5 . D R W

K u g e lb ü c h s e

"L o s "-L a g e ru n g

K u g e lb ü c h s e

A r b e its s e ite k in e m a tis c h e In n e n r in g v e r la g e r u n g ( k in e m a tis c h e B e w e g u n g d e s S p in d e lk ö r p e r s )

th e r m is c h e D e h n u n g d e s S p in d e lk ö r p e r s

k in e m a tis c h e A u ß e n r in g v e r la g e r u n g d e r L o s la g e r s e ite ( e n ts p r ic h t c a . d e r d o p p e lte n B e w e g u n g d e s S p in d e lk ö r p e r s )

Bild 5.182. Einfluss der relativen Ringverlagerungen und der Spindeldehnung auf die absolute Außenringverlagerung des Loslagers

Vergleich der Entwicklung der Übertemperatur von starr und federnd verspannten Spindellagern in Stahl- und Hybridausführung Die theoretischen Berechnungen zeigen, dass die Lagertemperatur die Kinematik der Spindellager stark beeinflusst. Die durch Verlustreibung im Wälzlager erzeugte Wärme wird aus der Spindeleinheit in die Maschinenstruktur abgeführt und kann durch thermoelastische Verformungen die Arbeitsgenauigkeit der Werkzeugmaschine beeinflussen. Die Gestaltung der Spindel, die Verwendung unterschiedlicher Lagerbaugrößen und eine unterschiedliche Konvektion sowie Wärmestrahlung in die Umgebung an jeder Lagerstelle bedingen, dass sich in Abhängigkeit der Drehzahl unterschiedliche Temperaturfelder im Spindel-Lager-System einstellen. Bild 5.183 (links) zeigt die Entwicklung der Erwärmung entlang eines fremdgetriebenen Spindelkörpers für unterschiedliche Drehzahlstufen von 2.000 bis 14.000 min−1 .

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

399 1

E rw Ü b e E rw Ü b e 2 3

E r w ä r m u n g d e s A u ß e n r in g s [K ] Ü b e r te m p e r a tu r d e s In n e n r in g s [K ]

4

A R 1 [K F L -IR A R 2 [K F L -IR

], H 1 [K ], H 2 [K

C B 7 ], H C C B 7 ], H C

0 2 0 C B 7 0 2 0 C 0 2 0 C B 7 0 2 0 C

6

[1 x 1 0 m m /m in ] 1 .2 1 .4 1 .6

1 4 0 1 2 0 1 0 0 8 0 6 0 4 0 2 0

4 0 3 0 2 0 1 0 0

5 0

F e s tla g e r 1 F L : F L L :L o A R : A IR : In

1 0 0

1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0 4 0 0 a x ia le S e n s o r p o s itio n [m m ]

F e s tla g e r 2

e s tla g e r s la g e r u ß e n r in g n e n r in g

L o s la g e r 1

0 0 1 0 0 1 0 0 1 0 0 1 0 0 1 0 0 1 0 0 1

/m in /m in /m in /m in /m in /m in /m in

2 0 1 0 2

0 0

1

2 E rw Ü b e E rw Ü b e

2

4 5 0

L o s la g e r 2

3 1

3 0

3 4

E r w ä r m u n g d e s A u ß e n r in g s [K ] Ü b e r te m p e r a tu r d e s In n e n r in g s [K ]

S p in d e le r w ä r m u n g In n e n r in g e r w ä r m u n g [K ]

F L r a m F L r a m

4 0

5 0

0

g a m e ra tu g a m e ra tu

F e s tla g e r u n g ; F v : 1 0 8 0 N

5 0

6 0

u n m p u n m p

D r e h z a h lk e n n w e r t n x d m 0 .2 0 .4 0 .6 0 .8 1 0

6 0

ä rm rte ä rm rte

u n m p u n m p

g a m e ra tu g a m e ra tu

L L r a m L L r a m

A R 1 L L -IR A R 2 L L -IR

D r e h z a h lk e n n w e r t n x d m 0 .2 0 .4 0 .6 0 .8 0

6 0

ä rm rte ä rm rte

4 6 8 1 0 D r e h z a h l [1 0 0 0 /m in ]

4

[K ], H 1 [K [K ], H 2 [K

1 2

C B 7 ], H C C B 7 ], H C

1 4

0 1 7 C B 7 0 1 7 C 0 1 7 C B 7 0 1 7 C

6

[1 x 1 0 m m /m in ] 1 1 .2 1 .4

L o s la g e r u n g ; F v : 1 0 8 0 N

5 0 4 0 3 0

3

E rw ä rm u n g d u rc h K ä fig r a s s e ln

2 0

1

1 0 2

0

4

0

2

4

6

8

1 0 D r e h z a h l [1 0 0 0 /m in ]

1 2

1 4

Bild 5.183. Entwicklung der Innen- und Außenringtemperaturen einer elastisch verspannten Spindellagerung mit Hybridlagern 7020 und 7017 mit 15◦ Druckwinkel im Laufversuch

Es stellt sich ein zur Loslagerstelle hin abfallendes Temperaturgefälle ein. Dies liegt vor allem an den geringeren Reibverlusten der kleineren Lagerbaugröße auf der Loslagerseite und einer gegenüber der Arbeitsseite besseren Wärmeabfuhr an die Umgebung. Die am Außenring gemessenen Temperaturen weisen nur geringfügige Differenzen auf. Nebeneinander liegende Lager laufen bei unterschiedlichen Übertemperaturen (Differenz der Innen- gegenüber der Außenringtemperatur) und folglich bei verschiedenen Druckwinkeln. In Extremfällen kann eine stark unterschiedliche Übertemperatur bei Tandemlagern eine unterschiedliche Lastaufnahme bewirken. Ein Vergleich von Stahl- und Hybridlagern zeigt das deutlich unterschiedliche Temperaturverhalten beider Lagertypen unter identischen Einbaubedingungen (Bild 5.184). Wird als Wälzkörperwerkstoff Stahl verwendet, erwärmen sich die Stahllager bei einer Vorspannung von 1.080 N durchschnittlich um 18◦C stärker als die Hybridlager. Dafür sind die besseren tribologischen Eigenschaften der Keramikkugeln aus Si3 N4 maßgeblich verantwortlich. Trotz der starken Erwärmung der Lageraußenringe entwickeln sich im Stahllager durchschnittlich 1, 8◦C geringere

400

5 Führungen und Lagerungen

Übertemperaturen. Dies kann auf die höhere Wärmeleitfähigkeit des Wälzkörperwerkstoffes zurückgeführt werden, der für Stahl ca. 45 W /m◦C und für Keramik 35 W /m◦C beträgt.

3

E r w ä r m u n g / Ü b e r te m p e r a tu r [K ]

E r w ä r m u n g / Ü b e r te m p e r a tu r [K ]

4

ä rm rte ä rm rte

u n m p u n m p

g a e ra g a e ra

m tu m tu

F r a F r a

L -A m L -A m

R F L R F L

2 [K -IR 2 [K -IR

D r e h z a h lk e n n w e r t n x d m 0 .2 0 .4 0 .6 0 .8 1 0

6 0

F e s tla g e r (H C )B 7 0 2 0 C F v : 1 0 8 0 N

5 0 4 0

], H 2 [K ], S 2 [K

y b r ], H ta h ], S 6

[1 x 1 0 1 .2

id la g e r y b r id la g e r lla g e r ta h lla g e r 2 3 4

m m /m in ] 1 .4 1 .6

1 4

1 4

F L 2 3

3 0

1

2 0 1 0

2 4

0 0

2

6 0

0

4

6 8 1 0 D r e h z a h l [1 0 0 0 /m in ]

D r e h z a h lk e n n w e r t n x d m 0 .2 0 .4 0 .6 0 .8 1

6

[1 x 1 0 1 .2

1 2 m m /m in ] 1 .4 1 .6

F e s tla g e r (H C )B 7 0 2 0 C F L 2 F v : 2 1 6 0 N

5 0 4 0

3

3 0 1

2 0 4

1 0 0 0

2

4

6

8

1 0

D r e h z a h l [1 0 0 0 /m in ]

2

1 2

F e s tla g e r s e ite v o m T y p 7 0 2 0 , in n e n lie g e n d e s L a g e r F L 2

E rw Ü b e E rw Ü b e 1

E r w ä r m u n g / Ü b e r te m p e r a tu r [K ]

2

E r w ä r m u n g / Ü b e r te m p e r a tu r [K ]

E rw Ü b e E rw Ü b e 1

ä rm rte ä rm rte

u n m p u n m p

g a e ra g a e ra

m tu m tu

L L -A r a m L L -A r a m

R L L R L L

1 [K -IR 1 [K -IR

D r e h z a h lk e n n w e r t n x d m 0 .2 0 .4 0 .6 0 .8 0

6 0

], H 1 [K ], S 1 [K

y b r ], H ta h ], S

id la g e r y b r id la g e r lla g e r ta h lla g e r

6

m m /m in ] 1 .2 1 .4

[1 x 1 0 1

L o s la g e r (H C )B 7 0 1 7 C L L 1 F v : 1 0 8 0 N

5 0 4 0

3

3 0

1

2 0 1 0

2 4

0 0

6 0

0

2

4

6 8 1 0 D r e h z a h l [1 0 0 0 /m in ]

D r e h z a h lk e n n w e r t n x d m 0 .2 0 .4 0 .6 0 .8

[1 x 1 0 1

6

1 2

1 4

m m /m in ] 1 .2 1 .4

L o s la g e r (H C )B 7 0 1 7 C L L 1 F v : 2 1 6 0 N

5 0 4 0 3 0

3

2 0 1

1 0 0

2

4

0

2

4

6

8

1 0 D r e h z a h l [1 0 0 0 /m in ]

1 2

1 4

L o s la g e r s e ite v o m T y p 7 0 1 7 , in n e n lie g e n d e s L a g e r L L 1

Bild 5.184. Entwicklung der Temperaturen von Stahl- und Hybridlagern der innen liegenden Lager der Fest- und Loslagerseite in Abhängigkeit der Vorspannung einer elastisch verspannten Spindellagerung (AR: Außenring, IR: Innenring)

Bei einer Verdopplung der Lagervorspannung auf 2.160 N laufen beide Lagertypen bei deutlich höheren Temperaturen. Die Grenzdrehzahl, bei der die zulässige Außenringerwärmung von 50◦C erreicht wird, liegt für die Stahllager nun bei 11.000 min−1 . Die Differenzen der Übertemperaturen beider Lagertypen fallen zwar geringer aus, allerdings liegen die Übertemperaturen der Stahllager bei hoher Vorspannung nun überhalb denen der Hybridlager. Der Leistungszuwachs durch die besseren tribologischen Eigenschaften gerade bei hoher Belastung tritt in den Vordergrund und zeigt ein überlegenes Temperaturverhalten. Die bessere Wärmeleitung der Stahlkugeln kann die höhere Wärmeproduktion im Stahllager bedingt durch die

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

401

schlechteren tribologischen Eigenschaften nicht mehr ausgleichen. Das Stahllager wird am Rande seiner praktisch nutzbaren Belastungsgrenze betrieben. In der Praxis wird ein derart hohes Temperaturniveau wenn möglich vermieden. 5.6.2.12 Berechnung der Wälzlagerlebensdauer

Das klassische Berechnungsverfahren zur Bestimmung der Wälzlagerlebensdauer basiert auf der Ermittlung der Werkstoffermüdungszeit. Dabei werden jedoch die Umgebungsbedingungen, der Schmierzustand im Lager, die Lagerbetriebstemperatur und die Lagerwerkstoffeigenschaften nicht berücksichtigt. Um diese Parameter in die Lebensdauerermittlung mit eingehen zu lassen, wurde das Lebensdauerberechnungsverfahren erweitert [101]: Lhna = a1 · a2 · a3 · Lh .

(5.155)

Hierin bedeuten: Lhna Lh

modifizierte Lebensdauer, nominelle Lebensdauer, Lh = 106 /(60 n) · (C/P) p ,

mit n C P p a1 a2 a3

Drehzahl in min−1 , dynamische Tragzahl, dynamisch äquivalente Lagerlast, Exponent für die Lagerart (z.B. Kugellager: p = 3), Lebensdauerbeiwert für die Erlebenswahrscheinlichkeit, Faktor für die Lagerwerkstoffeigenschaften, Faktor für die Betriebsbedingungen.

Der Faktor a1 steht für die Erlebenswahrscheinlichkeit bzw. die Ausfallwahrscheinlichkeit. In Tabelle 5.8 sind die Werte für diesen Einflussfaktor für die üblicherweise bei der Lagerauslegung vorausgesetzten Ausfallwahrscheinlichkeiten von 1% bis 10% angegeben.

Tabelle 5.8. Von 10 % abweichende Ausfallwahrscheinlichkeiten nach DIN ISO 281 A u s fa llw a h r s c h e in lic h k e it [% ] E r m ü d u n g s la u fz e it F a k to r a 1

1 0 L 1

1 0

5 L

4 5

0 ,6 2

L

3 4

0 ,5 3

L

2 3

0 ,4 4

L

1 2

0 ,3 3

L 1

0 ,2 1

Der Faktor a2 berücksichtigt die Eigenschaften des Lagerwerkstoffes auf Grund seiner Legierungszusammensetzung und seiner Wärmebehandlung.

402

5 Führungen und Lagerungen

Der Faktor a3 berücksichtigt den Schmierzustand bei Betriebsdrehzahl und -temperatur sowie die Betriebsbedingungen, die zu einer Änderung der Werkstoffeigenschaften führen. So vermindern z.B. zu hohe Betriebstemperaturen die Werkstoffhärte. Auf Grund der wechselseitigen Beziehung der Faktoren a2 und a3 für Werkstoff und Betriebsbedingungen werden diese in der hier präsentierten Lebensdauerberechnung zu einem Faktor a23 zusammengefasst, so dass gilt: Lhna = a1 · a23 · Lh .

(5.156)

B e r e ic h Ü b e r g a n g z u r D a u e r fe s tig k e it V o r a u s s e tz u n g : H ö c h s te S a u b e r k e it im S c h m ie r s p a lt

2 0 1 0

G u te S a u b e r k e it im S c h m ie r s p a lt G e e ig n e te A d d itiv e im S c h m ie r s to ff

e r r e ic h b a r e E r m ü d u n g s la u fz e it L L =

a 1

a

= =

h

n =

n1 =

= a 1

.

a

2 3

.

L

[h ]

h

F a k to r fü r d ie A u s fa llw a h r s c h e in lic h k e it a = 1 fü r 1 0 % A u s fa llw a h r s c h e in lic h k e it

2 3

L

h n a

h n a

5

2 3

2

F a k to r a

U n g ü n s tig e B e tr ie b s b e d in g u n g e n V e r u n r e in ig u n g e n im S c h m ie r s to ff U n g e e ig n e te S c h m ie r s to ffe

1 0 ,5

F a k to r fü r d e n W e r k s to ff u n d d ie B e tr ie b s b e d in g u n g e n

0 ,2

n o m in e lle L e b e n s d a u e r

0 ,1

K = 0

K = 1 K = 2 K = 3

4 K = 5 K = 6 = K

0 ,0 5

B e tr ie b s v is k o s itä t d e s S c h m ie r s to ffe s

( v g l. B ild 5 .1 8 6 )

B e z u g s v is k o s itä t

( v g l. B ild 5 .1 8 7 )

0 ,1

K

0 ,2

0 ,5

6

1

V is k o s itä ts v e r h ä ltn is

2

k

5

n 1 0 n1

Bild 5.185. Diagramm für die erweiterte Lebensdauerberechnung. Quelle: FAG

Den Wertebereich des Faktors für Werkstoff und Betriebsbedingungen a23 zeigt Bild 5.185. Bestimmungsgrößen für den a23 -Faktor sind • • •

der Lagerbetriebszustand, welcher in Abhängigkeit von der Sauberkeit im Schmierspalt, Lagerbelastung und Schmierstoffauswahl in drei Zustandsbereiche aufzuteilen ist, die Betriebsviskosität ν und die Bezugsviskosität ν1 .

Die Betriebsviskosität ν gibt die Schmierstoffviskosität bei dem gegebenen Lagerbetriebszustand an (Bild 5.186).

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

403

1 2 0

V is k o s itä t m m 2 /s b e i 4 0 o C

C 1 0 0

1 5 0 0 1 0 0 6 8 0 0

9 0 8 0

0 46 2 0 3 0 2 2

0 1 5

6 0

0 1 0

6 8

5 0

4 6 3 2

B e tr ie b s te m p e r a tu r t

7 0

4 0

2 2

1 5

3 0

1 0

2 0

1 0 4

6 8

2 0

1 0

3 0

4 0

B e tr ie b s v is k o s itä t n

6 0

1 0 0

m m 2

2 0 0

3 0 0

/s

Bild 5.186. Bestimmung der Betriebsviskosität. Quelle: FAG

Die Bezugsviskosität ν1 ist eine definierte Größe, welche sich aus dem mittleren Lagerdurchmesser dm = (di + da ) /2

(5.157)

mit di da

als innerer Lagerdurchmesser und als äußerer Lagerdurchmesser

und der Lagerdrehzahl ergibt (Bild 5.187). Mit Hilfe dieser Größen lässt sich das dimensionslose Viskositätsverhältnis κ = ν/ν1

(5.158)

herleiten, welches einen Kennwert für die Wirksamkeit der Schmierung darstellt. Der wichtigste Bereich ist der Bereich II, in dem die meisten Einsatzfälle liegen [101]. In diesem Bereich sind die Wälzpartner im Lager nicht mehr vollständig voneinander getrennt, d.h. es liegt Mischreibung vor, die zu Verschleiß führt. Dieser Verschleiß ist abhängig von

404

5 Führungen und Lagerungen

1 0 0 0 m m s 2

2 5

5 0 0 1 0 2 0 -1

2 0 0 5 0

n

m

in

1

B e z u g s v is k o s itä t n

1 0 0

5 0

2 0 0

1 0 0

5 0 0 0 1 0 0 0

2 0 2 0 0 0 5 0 0 0

1 0

1 0 0 0 0 2 0 0 0 0

5 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0

5 3

1 0

2 0

5 0

1 0 0

5 0 0

2 0 0

m ittle r e r L a g e r d u r c h m e s s e r d

m m

1 0 0 0

m

Bild 5.187. Bestimmung der Bezugsviskosität. Quelle: FAG

• den Normalkräften zwischen Wälzkörpern und Lagerringen, • den auf die Wälzkörper wirkenden Tangentialkräften und der durch sie bedingten Reibung und von • der Wärmedehnung. Für die Bestimmung des Faktors a23 im Bereich II werden die folgenden, verschleißbestimmenden Parameter herangezogen: • • • • •

das Viskositätsverhältnis κ als Maß für die Schmierungswirksamkeit, die Höhe der Lagerbelastung, die lagerbauartabhängige Geometrie in den Kontaktflächen (Lagertyp), die Sauberkeit des Schmierstoffes, die Additivierung des Schmierstoffes.

Für den Bereich II lässt sich der Wert des Faktors a23 mit Hilfe von Tabelle 5.9 bestimmen. Hierzu müssen im einzelnen folgende Bestimmungsgrößen bekannt sein: • die statische Belastungskennzahl fS = CP00 , • die Lagerbauart, • der Schmierstoff und • das Viskositätsverhältnis κ aus Bild 5.186 und Bild 5.187.

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

405

Tabelle 5.9. Bestimmungsgrößen K1 und K2 in Abhängigkeit von der statischen Kennzahl, der Lagerbauart und dem Schmierstoff. Quelle: FAG B e s tim m u g s g rö ß e K 1 u n d K 2

s ta tis c h e K e n n z a h l

L a g e rb a u a rt u n d S c h m ie r s to ff K u g e lla g e r

L a g e rb a u a rt

K

1

S c h m ie r s to ff 2

0

P e n d e lr o lle n la g e r A x ia l- P e n d e lr o lle n la g e r A x ia l- Z y lin d e r r o lle n la g e r v o llr o llig e Z y lin d e r r o lle n la g e r A d d itiv ie r u n g o h n e A d d itiv e , n /n o h n e A d d itiv e , n /n

B e s tim m u n g s g r ö ß e K = K 1 + K 2

Z u g e o rd n e te r a

2 3 b is 4 5 b is 6 7

a

-F a -F a a 23-F a B e r e ic a

2 3 2 3

k to r a k to r in k to r a h ;

2 3

u f d e d e r u f d e d .h .

g ü ltig fü r d e n B e r e ic h II b e i g u te r S a u b e r k e it im

1 1

=> 0 , 4 < 0 ,4

fs < 4

0 0

K e g e lr o lle n la g e r Z y lin d e r r o lle n la g e r K

8 > f s => 4

f s => 8

0

1 2

2 1

3

2

3

7

> 7

> 7

2

1 4

6

-W e rt

r o b e re n M itte d e s r u n te re n V e rb e s s e

K u r v e d e s B e r e ic h s , B ild 5 .1 8 5 B e r e ic h s . B ild 5 .1 8 5 K u r v e d e s B e r e ic h s , B ild 5 .1 8 5 r u n g d e r B e tr ie b s b e d in g u n g e n a n s tr e b e n

S c h m ie r s p a lt u n d fü r d e n B e r e ic h III

Mit Hilfe der Bestimmungsgrößen K1 und K2 , die aus der Tabelle entnommen werden können, wird ein Summenwert gebildet: K = K1 + K2 .

(5.159)

Dieser Wert gibt die Betriebsgrenzen vor, für die das Diagramm im Bild 5.187 Gültigkeit hat. Die entsprechenden Werte für a23 sind Bild 5.185 zu entnehmen. Für den Fall, dass K ≥ 7 ist oder unabhängig vom K-Wert der Schmierstoff in unzulässigen Maßen verunreinigt ist, ist der Faktor a23 aus dem Bereich III (Bild 5.185) zu entnehmen. Es sind dann Verbesserungsmaßnahmen zu ergreifen, da wegen der vorliegenden ungünstigen Betriebsbedingungen die Ermüdungslaufzeit sehr verkürzt wird. Bei höchster Sauberkeit und einem Wert K ≤ 6 kann der a23 -Faktor auch im Bereich I liegen. Der Faktor a23 wird dann zunächst so bestimmt, wie er sich für gute Sauberkeit im Bereich II ergeben würde. Im Anschluss ist er mit dem Faktor f zu multiplizieren, welcher in Abhängigkeit von dem Viskositätsverhältnis κ und der

a

2 3

a u s T a b e lle 5 .7

2 3

L

h n a

= k

fs =

= a 1

n

n

h

a u s d e n B ild e r n 5 .1 8 6 u n d 5 .1 8 7 1

C O

P

3

.L

O

k = 1 ,5

k = 2 ,0

k = 2 ,5

1 0

8 0, k = 8

a u s D ia g r a m m

. a * 2

1 5

F a k to r f

f

k = 3 , 0

2 0

. f

k= 0 , 9

a *2 3 = a

k = 1 ,0

3 0

k = 3 ,5

5 Führungen und Lagerungen k = 4 ,0

406

s ta tis c h e B e la s tu n g s k e n n z a h l

6

0 ,7 k =

5 4

,6 k = 0 3

2

k = 0 ,5

1 ,5 1 3 4

5 6

8 7

9

1 0

1 1

1 2

1 3

1 4

1 5

s ta tis c h e B e la s tu n g s k e n n z a h l fs k

£

0 ,4

: f = 1

Bild 5.188. Faktor a∗23 im Bereich I in Abhängigkeit von der statischen Kennzahl fs . Quelle: FAG

statischen Kennzahl fs (Bild 5.188) ermittelt wird: a∗23 = a23 · f

(5.160)

mit a∗23 als Faktor a23 für höchste Sauberkeit und einen K-Wert ≤ 6. Bei κ ≤ 0, 4 ist f = 1 zu setzen. Die nominelle Lebensdauer ist den Wälzlagerkatalogen zu entnehmen. 5.6.2.13 Eigenschaften von Wälzlagern im Vergleich zu denen anderer Lager

Bild 5.189 zeigt eine vergleichende Darstellung der wichtigsten Eigenschaften von Wälzlagern, hydrodynamischen, hydrostatischen, aerostatischen und elektromagnetischen Lagern. Detaillierte Darstellungen für die Gleitlager und die elektromagnetischen Lager wurden in den vorhergehenden Abschnitten gegeben und sollen hier nicht diskutiert werden (vgl. Kapitel 5.1, Kapitel 5.2 und Kapitel 5.4). Für den Einsatz von Wälzlagern sprechen im Einzelnen die folgenden Vorteile: • •

Austauschbarkeit auf Grund genormter Abmessungen und Eigenschaften, hoher Standardisierungsgrad,

5.6 Wälzführungen und Wälzlager W ä lz la g e r h o h e r D r e h z a h lk e n n w e r t n

d m

407 h y d ro d y n . L a g e r

h y d ro s t. L a g e r

a e ro s t. L a g e r

m a g n e t. L a g e r

1 )

s e h r g ü n s tig 2 )

h o h e L e b e n s d a u e r

2 )

2 )

g ü n s tig

h o h e L a u fg e n a u ig k e it

m itte l

h o h e D ä m p fu n g

u n g ü n s tig

h o h e S te ifig k e it g e r in g e r A u fw a n d fü r S c h m ie r u n g u n d S c h m ie r s y s te m

3 )

g e r in g e R e ib u n g g ü n s tig e r P r e is (B e s c h a ffu n g , W a rtu n g )

3 )

4 )

1 ) a b h ä n g ig v o n S c h m ie r s y s te m u n d W ä lz la g e r a rt 2 ) L e b e n s d a u e r u n b e g re n z t b e i s tö ru n g s fr e ie m B e tr ie b 3 ) m itte l b e i Ö ls c h m ie r u n g 4 ) h o h e r R e g e lu n g s a u fw a n d fü r M a g n e tk rä fte

Bild 5.189. Vergleich der Lagerarten

• • •

Auslegungsmöglichkeiten mit Hilfe von Katalogen, geringe Baubreite, hohe Tragfähigkeit beginnend bei der Drehzahl n = 0, da für die Tragfähigkeit nicht wie beim Gleitlager erst ein Schmierfilmaufbau (n > 0) erforderlich ist, • Belastung und Drehzahl darf im Betrieb stark schwanken, • Radiallager können je nach Bauart gleichzeitig axiale Kräfte aufnehmen, • durch Abwälzbewegung nur geringe Reibung (µ = 0,0015) bei kleinen Drehzahlen, • geringe Leistungsverluste, niedrige Lagertemperaturen bei Fett- und Minimalmengenschmierung, • große Wartungsintervalle bei richtiger Auslegung, • Steigerung der Führungsgenauigkeit und Steifigkeit durch Vorspannung. Als Nachteile von Wälzlagerungen sind zu nennen: • • • • • • • •

Schmier- und Kühlprobleme bei hohen Drehzahlen, Abnahme der Tragfähigkeit bei hohen Drehzahlen, großer radialer Raumbedarf, hohes Gewicht, hohe Kosten bei genauen Sonderlagern (im Vergleich zu anderen Lagerarten allerdings immer noch geringe Kosten), begrenzte Gebrauchsdauer (Pittingausbrüche) bei Überlastung, bei Axial-, Schräg- und Kegelrollenlagern sind die Kreiselwirkung und der Fliehkrafteinfluss zu berücksichtigen, Schwingungserregung und Geräuschanregung.

408

5 Führungen und Lagerungen

5.6.3 Wälzgelagerte Spindel-Lager-Systeme im Werkzeugmaschinenbau 5.6.3.1 Anforderungsprofil, Konstruktionsprinzipien und Auslegungskriterien

5.6.3.1.1 Lageranordnung Als wesentliche Aufgaben von Haupt- und Arbeitsspindeln spanender Werkzeugmaschinen sind zu nennen: • Führung des Werkzeuges und/oder des Werkstückes an der Schnittstelle mit ausreichender kinematischer Genauigkeit, • Aufnahme äußerer Kräfte, wie z.B. Werkstückgewicht und Schnittkraft bei geringen statischen, dynamischen und thermischen Verlagerungen. Die Genauigkeit und Oberflächenqualität der bearbeiteten Werkstücke sowie die umsetzbare Zerspanleistung einer Werkzeugmaschine hängen u.a. unmittelbar vom statischen, dynamischen und thermischen Verhalten des Spindel-Lager-Systems ab. Damit kommt der Auslegung dieser Baugruppe eine zentrale Bedeutung zu. Im Wesentlichen haben sich je nach Anwendungsfall folgende Konstruktionsprinzipien für die Gestaltung der Lagerung von Werkzeugmaschinenspindeln bewährt: • Kegelrollenlager: unterer Geschwindigkeitsbereich, hohe Steifigkeit (Drehen, Fräsen), • ein- oder zweireihige Zylinderrollenlager in Verbindung mit Axialschrägkugellager: mittlerer Geschwindigkeitsbereich, sehr hohe Steifigkeit (Drehen, Fräsen, Bohren, Schleifen), • Schrägkugellager und Zylinderrollenlager: oberer Geschwindigkeitsbereich, mittlere Steifigkeit (Schleifen, Drehen, Fräsen mit höheren Drehzahlen) mit hohen Belastungen (Riemen) am hinteren Spindellager, Zylinderrollenlager • reine Schrägkugellagerlösung, O-Pakete, starr angestellt: oberer Geschwindigkeitsbereich, mittlere Steifigkeit, geringe Verlustleistung (Schleif-, Dreh- und Fräsbearbeitung mit hohen Drehzahlen und geringeren Belastungen am hinteren Lager). • reine Schrägkugellagerlösung, Tandem-O-Paket, elastisch angestellt, Hybridlager: High-Speed-Anwendungen (Motorspindeln), mittlere Steifigkeit, geringste Verlustleistung (Schleif- und Fräsbearbeitung mit höchsten Drehzahlen und geringen Belastungen am hinteren Lager). • Schrägkugellager und Zylinderrollenlager, O-Paket vorn, elastisch angestellt, Hybridlager: High-Speed-Anwendungen (Motorspindeln), mittlere Steifigkeit, geringe Verlustleistung (Schleif- und Fräsbearbeitung mit höchsten Drehzahlen und geringen Belastungen am hinteren Lager). Bild 5.190 zeigt den prinzipiellen Aufbau und einige wichtige Merkmale dieser sechs unterschiedlichen Spindelkonstruktionen [16]. Die Unterschiede in der radialen und axialen Steifigkeit resultieren vor allem aus den Eigenschaften der arbeitsseitigen Lagerungen [16]. In radialer Richtung werden die höheren Werte bei

5.6 Wälzführungen und Wälzlager S p in d e lla g e r s y s te m

S p in d e lla g e r s y s te m

A

S p in d e lla g e r s y s te m

m it K e g e lr o lle n la g e r n

S p in d e lla g e r s y s te m

B

S p in d e lla g e r s y s te m m it Z y lin d e r r o lle n - u n d A x ia ls c h r ä g k u g e lla g e r n S p in d e lla g e r s y s te m

C

S p in d e lla g e r s y s te m m it S c h r ä g k u g e lu n d Z y lin d e r r o lle n la g e r S p in d e lla g e r s y s te m

409

S p in d e lla g e r s y s te m

m it S c h r ä g k u g e lla g e r n

S p in d e lla g e r s y s te m E

D

F

S p in d e lla g e r s y s te m m it S c h r ä g k u g e lla g e r n in T a n d e m - O - A n s te llu n g

S p in d e lla g e r s y s te m m it S c h r ä g k u g e lu n d Z y lin d e r r o lle n la g e r n

S te ifig k e it a x ia l S te ifig k e it r a d ia l L a g e r te m p e r a tu r

D r e h z a h lk e n n w e r tg r e n z e ( F e tts c h m ie r u n g )

A B C D E F

D r e h z a h lk e n n w e r t n d

A B C D E F

L a g e rte m p e ra tu r

A B C D E F

S te ifig k e it r a d ia l

S te ifig k e it a x ia l

m

[m m /m in ] 1 ,8

1 0 6

1 ,4

1 0 6

1 ,0

1 0 6

0 ,6 1 0 6

0 ,2 1 0 6

H y b r id

F E D C B A

6 0

1 4 0

2 2 0

L a g e rb o h ru n g s d u rc h m e s s e r d [m m ]

Bild 5.190. Wichtige Merkmale gebräuchlicher Spindelkonstruktionen

der Spindel mit Kegelrollenlagern (Spindel A) und der Spindel mit Zylinderrollenlagern (Spindel B) erreicht. In axialer Richtung erreicht die Spindel B mit ihren Axialschrägkugellagern (α0 = 60◦ ) den größten Steifigkeitswert. Die Spindel A hat trotz des großflächigen Wälzkontaktes der Kegelrollenlager im Vergleich zu den Axialschrägkugellagern (α0 = 60◦ ) von Spindel B eine geringere axiale Steifigkeit. Die Ursache hierfür liegt in dem kleineren Druckwinkel der Kegelrollenlager (α0 = 20◦ ). Bei den Spindeln mit Schrägkugellagern liegen die axialen Steifigkeiten nochmals niedriger. Auch hierfür ist der geringere Nenndruckwinkel verantwortlich. Der übliche Druckwinkel von Schrägkugellagern beträgt 15◦ oder 25◦ . Bei der Verwendung von Lagern mit einem Nenndruckwinkel von 25◦ werden die Spindeln in axialer Richtung steifer, so dass der Unterschied zu den Spindeln A und B nicht so groß ausfällt. Jedoch muss in diesem Falle gleichzeitig eine Steifigkeitseinbuße

410

5 Führungen und Lagerungen

in radialer Richtung hingenommen werden. Durch die am Beispiel der Spindel E gezeigte paarweise Anordnung von je 2 Schrägkugellagern im Tandem-O kann die Steifigkeit in axialer Richtung ebenfalls angehoben werden.

Tabelle 5.10. Vergleich von Spindelkonstruktionen gemäß Bild 5.190 A

-

K e g e lr o lle n la g e r

g ro ß e h o h e e in fa c G e fa h k e in e d e r W -

B

-

Z w e ir e ih ig e Z y lin d e r r o lle n la g e r / A x ia ls c h r ä g k u g e lla g e r

Z y lin d e A x ia lfü V e rb e s A lte r n a -

C

-

Z w e ir e ih ig e Z y lin d e r r o lle n la g e r / S c h r ä g k u g e lla g e r -

-

S c h r ä g k u g e lla g e r e la s tis c h a n g e s te llt F

E in r e ih ig e s z y lin d e r r o lle S c h rä g k u g e e la s tis c h a n

n la g e r fü d u rc h A g d e r S y u K e g e lr

tiv e z u K e r a d ia le S s e ru n g d e e r L a g e r s R e ib m o

e r e r g ib t h o h e s ta tis c h e S te ifig k e it it b e i s p ie lfr e ie n L a g e r n , n u r g e r in g e D r e h z a h le n m ö g lic h e r z u g r o ß e n S p ie ls d u r c h th e r m is c h e D e h n u n g e n L a g e r s p ie lä n d e r u n g , fa lls s ic h d ie D r e h a c h s e n P u n k t a u f d e r S p in d e la c h s e s c h n e id e n

r r a d ia le K r ä fte x ia l- S c h r ä g k u g s te m s te ifig k e it o lle n la g e r n fü r

: e r g ib e lla g e d u rc h m ittle r

t h r m o p e D

o h it tim re

e S h o h a le h z a

te ifig k e it e r a x ia le r S te ifig k e it L a g e r s p ie le in s te llu n g h le n

g e lr o lle n la g e r n fü r h ö h e r e D r e h z a h le n te ifig k e it r S te ifig k e it d u r c h a b g e s tim m te s H in te r e in a n d e r s c h a lte n m e n t

O - A n o r d n u n g je L a g e r s te lle g e r in g e r a d ia le S te ifig k e it g e e ig n e t fü r h o h e D r e h z a h le n ( z .B . S c h le ifs p in d e ln ) -

S c h r ä g k u g e lla g e r p a a r s ta r r a n g e s te llt

E

r r o lle h ru n g s e ru n tiv e z

A lte r n a m ittle r e V e rb e s m e h re r g e r in g e -

D

S tü tz w e ite d e r L a g F ü h r u n g s g e n a u ig k e h , w ir ts c h a ftlic h r d e s K le m m e n s o d th e r m is c h b e d in g te ä lz k ö r p e r in e in e m

H y b r id n la g e r / lla g e r p a a r , g e s te llt -

-

-

-

-

T a k o g e g e

n d e n s ta r in g e ig n

m -O -A n o rd n te V o rs p a e r a d ia le S e t fü r s e h r

K e k o u n g e g e

r a m ik w ä lz k ö n s ta n te V o rs a u fw ä n d ig e r in g e r a d ia le e ig n e t fü r s e

rp p a L o S h r

n u n g n n k ra te ifig k h o h e

ü b e r d ie S p in d e llä n g e ft e it D r e h z a h le n ( z .B . M o to r s p in d e ln )

e r S i3 N 4 n n k ra ft s la g e r g e s ta ltu n g im H in te r la g e r b e r e ic h te ifig k e it h o h e D r e h z a h le n ( z .B . M o to r s p in d e ln )

Der qualitative Vergleich der Lagertemperatur gilt unter der Voraussetzung, dass die verschiedenen Lagersysteme mit identischer Drehzahl und Belastung sowie gleichem Schmierprinzip betrieben werden. Das thermisch günstigste Verhalten ist bei den Systemen E und F zu erwarten, da die Lagerung hier insgesamt die geringste Reibung aufweist. Für das System F gilt diese Aussage insbesondere bei Verwendung eines Hybridzylinderrollenlagers (d.h. Wälzkörper aus Keramik). Andernfalls liegen die Lauftemperaturen im Loslagerbereich etwas höher als im Bereich der Festlagerung (s. heller Zusatzbalken). Die ebenfalls in Bild 5.190 gezeigten Drehzahlgrenzen für die verschiedenen Lagersysteme gelten für Fettschmierung. Die Lagersysteme C und D mit Schrägkugel- und Zylinderrollenlagern bzw. nur mit Schrägkugellagern in starrer Anstellung sind für höhere Drehzahlen im Vergleich zu

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

411

den Systemen A und B geeignet. Um beim Lagersystem B noch eine weitere Drehzahlsteigerung erreichen zu können, wird zur Verminderung der Verlustleistung auf der Loslagerseite anstelle des zweireihigen Zylinderrollenlagers häufig ein einreihiges Zylinderrollenlager oder auch ein verspanntes Schrägkugellagerpaar verwendet (Variante F). Jedoch ist diese Lösung von der radialen Belastung des Lagers (Riemenantrieb) abhängig. Bei den Varianten E und F handelt es sich um High-Speed Spindelsysteme, die häufig in Motorspindeln Verwendung finden. Durch die elastische Anstellung der Schrägkugellager wird eine konstante Vorspannung über der Drehzahl gewährleistet. Diese Maßnahme ermöglicht im Vergleich zu den Varianten C und D eine weitere Steigerung der Drehzahlen. Höchste Drehzahlen werden durch Hybridlager realisiert. Am Beispiel der Schrägkugellager in Tandem-O-Anstellung ist mit einer zweiten Kennlinie dargestellt, dass durch die Verwendung von Keramikwälzkörpern (Si3 N4 ) (Hybridlager) die Drehzahlkennwerte zusätzlich angehoben werden können. Für die Bearbeitung mit geringer Zerspanleistung und höchsten Drehzahlkennwerten, d.h. 0, 8 · 106 mm/min ≤ n · dm ≤ 2, 7 · 106 mm/min, werden ausschließlich Schrägkugellager verwendet. Ein Beispiel für solch ein System ist in Bild 5.191 gezeigt. Die Spindellager sind in Tandem-O angeordnet und besitzen gegenüber herkömmlichen Schrägkugellagern kleinere Kugeln, um die Zentrifugalkraftentwicklung und somit die Belastung der Außenringwälzkontakte (vgl. Kapitel 5.6.2.5) zu vermindern. Auch hier gilt, dass durch die Verwendung von Hybridlagern die Drehzahlen weiter gesteigert werden können. Die Lager werden durch eine Öl-Luft-Minimalmengenschmierung mit Öl versorgt. Die Lagervorspannung wird durch eine Wellenmutter an der Spindelantriebsseite erzeugt und über geeignet bemessene Distanzhülsen übertragen. Sind die Distanzhülsen zudem noch in axialer Richtung gezielt elastisch ausgeführt, so haben relative thermische Dehnungen zwischen Spindel und Gehäuse wenig Einfluss auf die Lagervorspannung. Die Außenhülse ist mit einer Kühlwendel ausgestattet, die von einem kühlenden Ölstrom durchflossen wird. Der erreichbare Drehzahlkennwert beträgt ca. 1, 6 · 106 mm/min. Eine weitere Steigerung der Drehzahlen bis zu Kennwerten von 2, 7 · 106 mm/min erreicht man zur Zeit mit Motorspindeln (Bild 5.193) weil die Problematik der Riemenquerkraft und der Riemenschwingungen vermieden wird. Die wichtigsten Merkmale der oben beschriebenen Spindelkonstruktionen sind in Tabelle 5.10 zusammengefasst. Beim paarweisen Einbau von Wälzlagern, deren Druckwinkel α = 0◦ ist (z.B. Kegelrollenlager, Schrägkugellager), gibt es grundsätzlich drei Möglichkeiten der Lageranordnung, wie sie am Beispiel des Schrägkugellagers in Bild 5.192 gezeigt sind. Die im linken Bildteil gezeigte O-Anordnung weist auf Grund der Lage der Wirkungslinien der Kraftweiterleitung über die Wälzkörper eine größere Einspannwirkung für die Welle auf, so dass diese Anordnung sich besonders zur Aufnahme hoher Kraglasten eignet. Sie kann weiterhin Axialkräfte in beiden Richtungen auf-

412

5 Führungen und Lagerungen S c h m ie r s to ffz u fu h r ( M in im a lm e n g e n p r in z ip )

Æ 6 5

R ie m e n s c h e ib e

S c h m ie r s to ffz u fu h r

K ü h lm itte lz u fu h r ( Ö l)

Æ 7 0

K ü h lm itte la b fu h r

S c h m ie r s to ffa u s la s s

A n tr ie b s le is tu n g : 7 ,5 k W O b e r e D r e h z a h lg r e n z e : 1 7 . 0 0 0 m in -1 G e h ä u s e k ü h lu n g e r g ib t S e n k u n g d e r B e tr ie b s ü b e r te m p e r a tu r v o n 2 0 ° C

a u f 1 0 ° C

Bild 5.191. Hauptspindel für ein Bearbeitungszentrum mit Schrägkugellagern in Tandem-OAnordnung. Quelle: FAG

nehmen. Jedoch nimmt die Vorspannung mit Zunahme der Temperaturdifferenz von Innen- zu Außenring ab. Die in der Bildmitte dargestellte X-Anordnung nimmt ebenfalls Axialkräfte in beiden Richtungen auf. Durch den geringen Abstand der Schnittpunkte der Kraftwirkungslinien mit der Wellenachse ist diese Anordnung allerdings nicht so gut geeignet, Momente durch Kraglasten aufzunehmen. Hier nimmt die Vorspannung mit der Temperaturdifferenz zu. Bei größeren Kräften werden die Lager im Tandem angeordnet. Damit bei dieser Anordnung Axialkräfte in beiden Richtungen aufgenommen werden können, sind ein oder zwei weitere Stützlager in O- oder X-Anordnung erforderlich.

O

- A n o rd n u n g

X - A n o rd n u n g

T a n d e m

- A n o rd n u n g

Bild 5.192. Möglichkeiten der paarweisen Anordnung von Schrägkugellagern. Quelle: FAG

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

413

Beim paarweisen, gegensinnigen Einbau von Schrägkugellagern bzw. Kegelrollenlagern verteilt sich die radiale Last gleichmäßig auf beide Lager. Diese Doppellager werden für die jeweiligen Einbaufälle paarweise vom Hersteller geliefert, so dass ohne Verwendung von Passscheiben bereits eine definierte Lagerluft bzw. Vorspannung vorliegt. Bild 5.193 zeigt eine Motorschleifspindel mit vier in Tandem-O-Anordnung montierten Präzisions-Schrägkugellagern, die elastisch angestellt sind. Das hintere Lagerpaar ist in einer Kugelbuchse montiert, die axial beweglich im Gehäuse gelagert ist. Die Vorspannung wird durch ein Tellerfederpaket erzeugt (s. vergrößerte Darstellung). Die Größe der Vorspannkraft kann über einen Schraubeinsatz justiert werden.

K ü h lm itte lz u le itu n g

K u g e lb ü c h s e

S c h m ie r m itte lz u le itu n g e n

S ta to r R o to r H S K W e rk z e u g a u fn a h m e

K ü h lw e n d e l

D r e h z a h lg e b e r T e lle r fe d e r p a k e t

Bild 5.193. Schleifspindel mit Tandem-O-Lagerung und elastisch verspanntem hinteren Lagerpaket. Quelle: GMN

Neben der HSK-Schnittstelle zur Aufnahme des Werkzeugs sind die Zuleitungen für den Schmierstoff sowie das Kühlmittel für Motor und Lager zu erkennen. Im Sinne einer kompakten Bauweise befindet sich der Antrieb zwischen Fest- und Loslager. Der Spindelkörper wird so direkt durch den aufgeschrumpften Rotor angetrieben. Der äußere Mantel des Stators und auch die Außenringe der vorderen Wälzlager werden wassergekühlt.

414

5 Führungen und Lagerungen

5.6.3.1.2 Vorspannung des Lagersystems Die Eigenschaften eines einzelnen Wälzlagers und auch eines Spindel-LagerSystems sind in starkem Maße von der Vorspannung abhängig, die den Lagern aufgeprägt wird (vgl. Kapitel 5.6.2.4). Daher ist es sehr wichtig, eine ausreichende, andererseits aber auch nicht zu hohe Vorspannung über den gesamten Betriebsbereich zu gewährleisten. Das größte und oftmals unzureichend gelöste Problem in diesem Zusammenhang stellt die Veränderung der Vorspannung durch die unterschiedlichen thermischen Dehnungen von Spindel und Gehäuse dar. Auch ist der Dehnungseinfluss durch die hohen Zentrifugalkräfte funktionsbestimmend. Unter der allgemeingültigen Randbedingung, dass die Spindel im Betrieb wegen ihrer kleineren wärmeabgebenden Oberfläche und geringeren Wärmeableitmöglichkeit eine höhere Temperatur aufweist als das Gehäuse, ist die radiale und axiale thermische Dehnung der Spindel größer als die des Gehäuses. Da die Vorspannung der Lager durch eine Verschiebung der Lagerringe gegeneinander bewirkt wird, beeinflusst die thermisch bedingte Veränderung der Abstände zwischen Spindel und Gehäuse die Vorspannung unmittelbar. Die radiale Dehnung der Spindel führt dabei immer zu einer Erhöhung der Vorspannung in den Lagern. Die axiale Dehnung hat nur bei Lagern, die axiale und radiale Kräfte gleichzeitig aufnehmen, einen Einfluss auf die Vorspannung. Je nach Lageranordnung (0- oder X-Anordnung) hat sie dabei unterschiedliche Auswirkungen. O

- A n o rd n u n g

X - A n o rd n u n g

T

T L L (1 + k @ T )

: th e r m is c h e R e la tiv v e r la g e r u n g k : W ä r m e a u s d e h n u n g s k o e ffiz ie n t T : T e m p e ra tu r

L L (1 + k @ T )

T + @ T

T + @ T V o r s p a n n u n g v e r m in d e r t s ic h

V o r s p a n n u n g e r h ö h t s ic h

Bild 5.194. Wirkung axialer, thermisch bedingter Verlagerung auf die Lagervorspannung gepaarter Lager in X- und O-Anordnung

Im Falle einer O-Anordnung werden durch die größere Dehnung der Spindel die Lagerringe voneinander entfernt, d. h. die Vorspannung wird gesenkt. Diese

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

415

Relativbewegung führt im Falle der X-Anordnung, wie Bild 5.194 zeigt, zu einer Vorspannungserhöhung, die zur Zerstörung der Lagerung führen kann. Konstruktiv lässt sich die Vorspannung auf unterschiedliche Weise verwirklichen. Grundsätzlich kann man zwischen starrer und elastischer Anstellung unterscheiden.

F

S c h r ä g k u g e lla g e r d u r c h F e d e r n a n g e s te llt B

S c h r ä g k u g e lla g e r s ta r r a n g e s te llt A

F v

d T

d

D e h n b e r e ic h

S c h r ä g k u g e lla g e r h y d r a u lis c h a n g e s te llt C

g e s c h lit z te T e lle r fe d e r n v

D

D e h n b e r e ic h T

Z y lin d e r r o lle n la g e r d u r c h K o n u s r a d ia l a n g e s te llt Ö ld r u c k a n s c h lu s s z u r D e m o n ta g e

Ö ld r u c k

F v

d T

D e h n b e r e ic h

v

d T

D e h n b e r e ic h

F

e la s tis c h e A b s ta n d s b u c h s e n

A n p a s s r in g

Bild 5.195. Einfluss der Temperaturdifferenz δT zwischen Außen- und Innenring auf die Vorspannkraft

Die elastische Anstellung kann mit Tellerfederpaketen, einigen am Umfang verteilten Schraubenfedern oder durch einen hydraulisch betätigten Kolben realisiert werden. In Bild 5.195 sind einige der Möglichkeiten am Beispiel von Schrägkugelund Zylinderrollenlagern dargestellt. Die Alternativen unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Federkennlinie und damit in der Vorspannkraftänderung infolge von Temperaturdehnungen. Eine starre Anstellung (Beispiel A, Bild 5.195), d. h. die axiale Festsetzung der inneren und äußeren Lagerringe, ist die einfachste Lösung. Es werden die wenigsten Bauteile und der geringste Bauraum benötigt. Aus den o. g. Gründen sollte eine starre Anstellung mit Hilfe von Distanzringen jedoch nur zwischen Lagern mit geringem Abstand eingesetzt werden, da sich sonst die Vorspannung bei steigender Temperaturdifferenz zwischen Spindel und Gehäuse stark verändert. Elastische Lagervorspannungen (Bild 5.195 B und C) halten die Vorspannung auch bei thermisch bedingten Relativbewegungen zwischen Spindel und Gehäuse weitgehend konstant. Sie sind daher insbesondere bei größerem Lagerabstand

416

5 Führungen und Lagerungen

unverzichtbar. Bei ihrer konstruktiven Umsetzung muss allerdings darauf geachtet werden, dass die elastischen Elemente bei axialer Belastung nicht im Kraftfluss liegen und somit die Steifigkeit des Lagersystems in dieser Richtung nicht drastisch reduziert wird. Bei einer Spindellagerung, bei der das Lagersystem insgesamt aus einer starr angestellten Festlagerung besteht, verwendet man je ein Kegelrollenlager oder je ein Schrägkugellager (auch als Tandemausführung) auf beiden Seiten der Spindel. Die Vorspannung bleibt unter der Vorraussetzung, dass sich Spindel und Gehäuse gleichmäßig erwärmen, dann nahezu gleich, wenn sich die Rotationsachsen der Wälzkörper von beiden Seiten der Spindel in einem Punkt auf der Spindelachse treffen (Bild 5.196).

Bild 5.196. Thermosymmetrische Konstruktion einer Kegelrollen- bzw. Schrägkugellagerung

Zylinderrollenlager haben eine kegelige Bohrung des Innenringes. Durch axiales Verschiebung des Innenringes auf der ebenfalls kegeligen Spindel wird der Innenring elastisch aufgeweitet und die erforderliche Vorspannung erzielt. Zur einfacheren Montage wird die Aufweitung hydrostatisch unterstützt. Mit der Dicke des Anpassringes wird das Maß der Aufweitung und damit der Vorspannung bestimmt. Der Innenring des Lagers wird zur schnellen Montage und Demontage fest gegen den Anpassring gedrückt. Auf diese Weise wird dieselbe Vorspannung reproduzierbar wieder hergestellt (Bild 5.195 D). 5.6.3.1.3 Spindellager für hohe Drehzahlen Die aktuelle Entwicklung im Werkzeugmaschinenbau wird bestimmt durch ständig steigende Anforderungen an das Leistungsvermögen der Maschinen sowie wachsendes Kostenbewusstsein des Anwenders. Die anzustrebenden Rationalisierungsmöglichkeiten betreffen dabei insbesondere eine Verkürzung der Fertigungszeit bei gleichzeitiger Erhöhung der Qualität. Die dazu angewandten Strategien zielen einerseits auf die Senkung der Rüst- und Nebenzeiten, andererseits auf eine Reduzierung der Hauptzeit durch Erhöhung der Schnittgeschwindigkeit. Letzteres setzt die

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

417

Verwendung von hochgeschwindigkeitstauglichen Spindel-Lagersystemen voraus, die ausreichende Steifigkeitskennwerte entsprechend der geforderten Fertigungstoleranzen gewährleisten. Zusätzlich tritt die Forderung nach hoher Zuverlässigkeit der Hauptspindeln immer mehr in den Vordergrund. Infolgedessen werden Schrägkugel- und Zylinderrollenlager, die in modernen Werkzeugmaschinenspindeln hauptsächlich eingesetzt werden, in Hinblick auf eine Erhöhung der Leistungsfähigkeit weiterentwickelt. 3- und 4-Punkt-Spindellager Kinematisches Verhalten konventioneller Spindellager In konventionellen Spindellagern weichen die Druckwinkel an Innen- und Außenring mit steigender Drehzahl durch die entstehenden Zentrifugalkräfte und thermischen Deformationen stark voneinander ab. Typische Konsequenzen sind die axiale Verlagerung des Innenringes (bei elastischer Lageranstellung) und ansteigende Normalkräfte in den Wälzkontakten am Außenring. Die genannten Effekte können somit eine Verringerung der Lagerlebensdauer bewirken. Bei Anordnung der Lager im starren O-Paket entwickelt sich mit steigender Drehzahl bzw. Übertemperatur des Innenringes eine extrem hohe axiale Verspannkraft zwischen den Lagern, die ebenfalls zur Zerstörung der Lagerung führen kann. Berechnungen zu den genannten Effekten zeigen die Diagramme in Bild 5.197.

1 0

1 0 0

L a g e r-T y p : B 7 0 2 0 C (S ta h lk u g e ln ) P a s s u n g ( In n e n r in g - S p in d e l) : 2 4 µ m E la s tis c h e L a g e r a n o r d n u n g K o n s t. a x ia le V o r s p a n n u n g : 5 0 0 N

8 0 6 0 4 0 2 0

A b h e b e n d e s In n e n r in g e s 0 0

4

8

1 2 1 6 D r e h z a h l [1 0 0 0 m in

-1

]

2 0

S ta rre L a g e ra n o rd n u n g A x ia le V o r s p a n n u n g ( n = 0 m in

A x ia le V o r s p a n n k r a ft [k N ]

A x ia le V e r la g e r u n g [µ m ]

1 2 0

-1

): 5 0 0 N

8 6 A b h e b e n d e s In n e n r in g e s 4 2 0

2 4 0

4

8 1 2 1 6-1 D r e h z a h l [1 0 0 0 m in ]

2 0

2 4

Bild 5.197. Innenringverlagerung / Vorspannkrafterhöhung im Spindellager

Die zuvor beschriebenen Eigenschaften der konventionellen Spindellager werden u.a. durch die axiale und radiale Verlagerung der Wälzkörper bewirkt. Das Konzept für die neuen Lagerkinematiken basiert daher auf der Idee, dass die Kugeln (sowie auch der Innenring) an ihrer Verlagerung in axialer und radialer Richtung durch einen zusätzlichen Wälzkontakt an der Laufbahn des Außenringes gehindert werden sollen. Lagertypen mit ähnlicher Innengeometrie werden zur Zeit z.B. in

418

5 Führungen und Lagerungen

der Luftfahrt eingesetzt (Flugtriebwerke). Diese Anwendungen weisen allerdings andere Schmier- und Abwälzbedingungen auf. Einen Überblick der Konzepte gibt Bild 5.198. Neben dem 3-Punkt-Lager (b) mit zwei Wälzkontakten am Außenring sind zwei Varianten von 4-Punkt-Lagern dargestellt [214]. Bei dem 3-Punkt-Lager wird die Problematik des mit steigender Drehzahl zunehmenden Wanderns der Kugel in den Scheitelpunkt (α → 0◦ ) durch den Doppelkontakt am Außenring verhindert. Eine Vorspannung des Innenrings durch ein dagegen verspanntes Lager ist weiterhin notwendig. Das starre 4-Punkt-Lager (c) kann als Festlager verwendet werden. Jedoch steigen bei hohen Drehzahlen die Belastungen an den Kontaktstellen durch die elastische und thermische Aufweitung der Spindel und des inneren Lagerringes stark an, so dass eine natürliche Drehzahlgrenze vorliegt. Das elastisch verspannte 4-Punkt-Lager (d) weist diesen Nachteil nicht auf. Die geteilten Innenringhälften streben bei einer thermik- und zentrifugalkraftbedingten Aufweitung auseinander, so dass sich die Kontaktkräfte nur wenig ändern. Dieses Lager ist durch die Federn gegen Überlast gesichert. Auch die Kühlung des Außenrings wird möglich, ohne dass das Lager durch das wechselseitige Aufschaukeln von Verspannkräften und Lagererwärmung (die sogenannte „Selbstmordschaltung“) gefährdet ist. Die Federkraft sollte in jedem Fall größer sein als die maximale axiale Spindelbelastung in der Richtung, in der die Ringe auseinander gezogen werden. Wie Bild 5.198 zu entnehmen ist, sind die Berührwinkel am Innenring kleiner als am Außenring. Dies hat zur Folge, dass die Vektoren der Normal-Kontaktkräfte an den Berührpunkten des Innenringes immer zwischen die beiden Berührpunkte des Außenringes weisen. Damit wird sicher gestellt, dass die Kugeln kontinuierlich an beiden Kontaktpunkten des Außenringes anliegen. Im oberen Drehzahlbereich werden die Wälzkörper zusätzlich durch die Zentrifugalkräfte verstärkt in den Außenring hineingepresst. In diesem Betriebszustand verlaufen die Wälzkörperdrehachsen annähernd parallel zu der Spindelachse und es stellen sich absolut konstante Abwälzbedingungen ein.

(a )

(b )

(c )

(d )

K o n v e n tio n e lle s S p in d e lla g e r

3 - P u n k t- S p in d e lla g e r

4 - P u n k t- S p in d e lla g e r

4 - P u n k t- S p in d e lla g e r m it F e d e r - V o r s p a n n u n g

Bild 5.198. Neue Kinematikkonzepte

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

419

Rechnerische Analyse am Beispiel des 3-Punkt-Lagers Wie schon in Bild 5.198 gezeigt, besteht ein 3-Punkt-Lager aus einem konventionellen Innenring und einem Außenring, dessen innere Laufbahngeometrie einem gotischen Spitzbogen ähnelt. Bild 5.199, links, zeigt in einer Gegenüberstellung die drehzahlabhängige Entwicklung der Druckwinkel im 3-Punkt-Lager und im konventionellen Spindellager. Wie bereits angesprochen, weist das konventionelle Spindellager an Innen- und Außenring eine stark unterschiedliche Druckwinkelentwicklung (Kennlinien 1 und 2) auf. Der Innendruckwinkel steigt an, während der Außendruckwinkel extrem abfällt. Im Gegensatz dazu weisen die Druckwinkel im 3-Punkt-Lager einen nahezu konstanten Verlauf auf (Kennlinien 3 und 4). Dieser Effekt wird durch die in radialer und axialer Richtung fixierten Kugeln bewirkt. Die Abnahme des Innendruckwinkels ist durch die fliehkraftbedingte Aufweitung des Innenringes zu erklären. Der Wälzkontaktpunkt zwischen Kugel und Innenring verlagert sich in Richtung des Rillenscheitelpunktes, so dass der Druckwinkel leicht abfällt.

D r u c k w in k e l 2 5 °

3 0 D r u c k w in k e l [° ]

1 ,4 4

2 5 3

2 0

L a g e r-T y p : B 7 0 2 0 E (S ta h lk u g e ln ) K o n s t. a x . V o rs p a n n k ra ft: 5 0 0 N P a s s u n g : 3 0 µ m

1 5 1 0 5

1 : In 2 : A 3 : In 4 : A

1 ,6 1 N o r m a lk r a ft [k N ]

3 5

1 ,2

n e u ß n e u ß

n r e n n r e n

in g r in in g r in

, k g , , 3 g e

o n k o -P , 3

v . n v u n -P

S p in d e lla g e r . S p in d e lla g e r k t-L a g e r u n k t-L a g e r

1 2

0 ,8 0 ,6 4

0 ,4 0 ,2

2 0

1

0

0 4

8

1 2

1 6

D r e h z a h l [1 0 0 0 m in

2 0 -1

2 4 ]

0

4

8

1 2

1 6

D r e h z a h l [1 0 0 0 m in

3 2 0

-1

2 4

]

Bild 5.199. Druckwinkel / Normalkräfte im konv. Spindellager und im 3-Punkt-Lager

Die Entwicklung der Normalkräfte in den beiden Lagertypen über der Drehzahl wird in Bild 5.199, rechts, vorgestellt. In dem Wälzkontakt am Außenring des konventionellen Spindellagers steigt die Belastung bei zunehmender Drehzahl extrem an (Bild 5.199, Kurve 2). Dieser Effekt, der hauptsächlich auf die an den Wälzkörpern angreifenden Zentrifugalkräfte zurückzuführen ist, kann durch die Verwendung von Keramikkugeln (Si3 N4 ) reduziert werden, da deren Masse durch die geringere Dichte der Keramik (3, 19 g/cm3 ) deutlich niedriger ist. Dennoch ist festzuhalten, dass die Hertz’schen Pressungen nur geringfügig abnehmen, weil die Keramik im Vergleich zu Stahl über einen wesentlich höheren E-Modul verfügt (315.000 N/mm2 zu 210.000 N/mm2 ). Im Fall des 3-Punkt-Lagers dagegen werden die Zentrifugalkräfte durch zwei Wälzkontakte abgestützt, so dass sich die von der Drehzahl abhängigen Normalkräfte pro Kontakt am Außenring auf

420

5 Führungen und Lagerungen

ca. 50 % reduzieren (Bild 5.199, Kurven 4). Die Normalkräfte am Innenring des Spindellagers sowie auch des 3-Punkt-Lagers bleiben über der Drehzahl annähernd konstant (Bild 5.199, Kurven 1 und 3). Experimentelle Erprobung Der Einfluss der Gestaltung der Innengeometrie (Schmiegung, Druckwinkel, Lagerluft) auf das Betriebsverhalten der Lager mit neuer Kinematik wird nachfolgend anhand von Versuchsergebnissen vorgestellt. Alle Testlager sind so ausgelegt, dass sich im montierten Zustand eine radiale Luft von ca. 0 µm, d.h. Kontakt in allen vier Berührstellen, einstellt. Die Schmiegung ist wie folgt als Quotient aus Kugelradius (RKugel ) und Rillenradius (RRille ) definiert, die Angabe erfolgt immer in Prozent: RKugel · 100%. RRille

S=

(5.161)

T e m p e ra tu r a m

A u ß e n r in g [° C ]

Alle Versuche wurden als Stufenversuche durchgeführt. Als Referenz für das Verhalten der Mehrpunkt-Lager wurde ein Testlauf mit einem konventionellen Spindellager vergleichbarer Baugröße (7014, Kugel-Durchmesser: 12, 7 mm) vorgenommen. Bei einer mittleren axialen Vorspannkraft (800 N) konnte bis zum Überschreiten der definierten Grenztemperatur von 70◦ C eine Drehzahl von 23.000 min−1 realisiert werden.

8 0

A u ß e n r in g

7 0

A x ia le V o rs p a n n k ra ft

6 0

a 1

a 2

i1

i2

1 2

A x ia lla s t: 8 0 0 N F e tts c h m ie r u n g : 5 g

5 0 4 0

1 5 .0 0 0

L a g e rg rö ß e : 7 0 1 4 K u g e ld u r c h m e s s e r : 1 2 ,7 m m K e r a m ik w ä lz k ö r p e r ( S i 3 N 4 )

V a r D ru i1 = 1 S c h i1 = 9

ia n te 2 c k w in k e l: 5 ° / i2 = 1 5 ° // a 1 = 2 0 ° / a 2 = 2 0 ° m ie g u n g : 3 % / i2 = 9 3 % // a 1 = 9 5 % / a 2 = 9 5 %

ia n te 1 c k w in k e l: 0 ° / i2 = 2 0 ° // a 1 = 2 0 ° / a 2 = 2 0 ° m ie g u n g : 1 % / i2 = 8 7 % // a 1 = 8 7 % / a 2 = 9 1 %

V a r D ru i1 = 1 S c h i1 = 8

ia n te 3 c k w in k e l: 0 ° / i2 = 1 0 ° // a 1 = 1 5 ° / a 2 = 1 5 ° m ie g u n g : 7 % / i2 = 8 7 % // a 1 = 9 1 % / a 2 = 9 1 %

1 3 .0 0 0 1 1 .0 0 0

3 0

9 .0 0 0 7 .0 0 0

2 0

V a r D ru i1 = 2 S c h i1 = 9

1 0 0 0

2

4

6

2 3 .0 0 0

2 2 .0 0 0

2 1 .0 0 0

2 0 .0 0 0

1 9 .0 0 0

1 7 .0 0 0

3

8

1 0

1 2

1 4

Z e it [h ]

Bild 5.200. Lagervarianten mit 4-Punkt-Geometrie – Stufenläufe

1 6

1 8

2 0

2 2

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

421

Bild 5.200 zeigt im Vergleich eine Auswahl von Versuchsergebnissen für Lager mit unterschiedlichen Innengeometrien (Schmiegung, Druckwinkel, Lagerluft). Die Axiallast 800 N entspricht annähernd einer mittleren Vorspannung für ein Spindellager entsprechender Baugröße. Die Variante 1 hat in den Versuchen die schlechteste Laufleistung gezeigt. Die am Lageraußenring gemessene Temperatur liegt höher als bei vergleichbaren konventionellen Spindellagern, was auf eine zu starke interne Verspannung des Lagers zurückzuführen ist. Wie Berechnungen gezeigt haben, resultiert aus einer negativen radialen Lagerluft direkt ein extremer Anstieg der in den einzelnen Wälzkontakten vorliegenden Hertz’schen Pressungen. Diese Überlastung der Wälzkontakte wirkt sich in Form von stark ansteigenden Betriebstemperaturen im Lagers aus. Die Variante 2 dagegen weist eine geringere radiale Verspannung sowie kleinere Druckwinkel am Innenring auf. Die Schmiegungen sind denen des konventionellen Spindellagers vergleichbar. Die Lauftemperaturen konnten durch die geometrischen Veränderungen im Vergleich zu der Variante 1 gesenkt werden. Das beste Verhalten in diesen Testreihen zeigte die Lagervariante 3 mit offenen Schmiegungen am Innenring (87%) und Druckwinkeln von maximal 15◦ (am Außenring). Es konnten Enddrehzahlen von 23.000 min−1 angefahren werden. Im Vergleich zu den Varianten 1 und 2 wurden die Lagertemperaturen deutlich gesenkt. Dies zeigt die Bedeutung einer Anpassung der Lagergeometrie an die neuen Kinematiken. Es ist hervorzuheben, dass die Lager nicht aufgrund von Zerstörung der Bauteile ausgefallen sind, sondern ausschließlich durch Überschreitung der für den Versuch definierten Grenztemperatur. Die Vorteile des Lagers mit geteiltem Innenring und interner Federvorspannung werden in Bild 5.201 demonstriert. Die Kennlinie 1 zeigt noch einmal den Verlauf der Außenringtemperatur der in Bild 5.200 vorgestellten Lagervariante 2. Die Kennlinie 2 zeigt das Verhalten dieses Lagers bei einer Temperierung des Außenringes auf 40◦C durch einen umlaufenden Wasserstrom. Bei der Erhöhung der Drehzahl von 17.000 min−1 auf 19.000 min−1 tritt ein drastischer Anstieg der Lagertemperatur auf, so dass die entstehende Wäme durch die Temperierungseinheit nicht mehr abgeführt werden kann. Dieser Effekt ist auf die schon zuvor angesprochene sogenannte Selbstmordschaltung im Lager zurückzuführen. Das Verhalten des Lagers mit geteiltem Innenring und einer internen Federvorspannung von ca. 750 N zeigt Kurve 3. Sie liegt 8 bis 10◦ C oberhalb der Kurve 1, da die einzelnen Wälzkontakte zusätzlich zu der äußeren Last von 800 N durch die Federvorspannung beansprucht sind. Dementsprechend sind die realisierten Drehzahlen geringer. Kurve 4 stellt das Verhalten dieses Lagertyps bei Temperierung auf 40◦C dar. Es ist ersichtlich, dass kein Verspannen des Lagers auftritt, so dass wesentlich höhere Drehzahlen erzielt werden können. Einen wesentlichen Vorteil der neuen Lagerkinematiken gegenüber konventionellen Spindellagern stellt die erhöhte radiale Steifigkeit dar. Messungen und Berechnungen haben erbracht, dass sie etwa das Doppelte der Steifigkeit des Spindellagers beträgt.

422

5 Führungen und Lagerungen 8 0

A x ia lla s t: 8 0 0 N F e tts c h m ie r u n g : 5 g

7 0

T e m p e ra tu r a m

A u ß e n r in g [° C ]

3

6 0

V e r k le m m e n d e s L a g e r s d u r c h z u s ta r k e A u fw e itu n g d e s In n e n r in g e s 1

5 0 2

4

4 0 3 0 7 .0 0 0

2 0

1 3 .0 0 0

1 1 .0 0 0

9 .0 0 0

1 7 .0 0 0

1 5 .0 0 0

1 : 4 2 : 4 3 : 4 4 : 4

1 0

-P u -P u -P u -P u

n k t n k t n k t n k t

0 0

2

4

6

8

1 0

1 2

L a g L a g L a g L a g

2 3 .0 0 0

2 2 .0 0 0

2 1 .0 0 0

2 0 .0 0 0

1 9 .0 0 0

e r e r, e r, e r, T 1 4

T e m in te in te e m p

p e r ie r u rn e F e d rn e F e d e r ie r u n 1 6

n g e rv e rv g 4

4 0 °C o rs p a n n u n g c a .7 5 0 N o rs p a n n u n g c a . 7 5 0 N 0 °C 1 8

2 0

2 2

2 4

Z e it [h ]

Bild 5.201. Temperierung der Lager mit 4-Punkt-Geometrie – Stufenläufe

5.6.3.1.4 Modifizierte Zylinderrollenlager für hohe Drehzahlen Durch geometrische Veränderungen der Lagerkomponenten von Zylinderrollenlagern kann ihre Zuverlässigkeit bei sehr hohen Drehzahlen gesteigert werden. Gleichzeitig führt die Verwendung solch modifizierter Lager zu einer Lebensdauersteigerung und erweitert deutlich ihren Einsatzbereich. Zylinderrollenlager werden in der Hochgenauigkeitsausführung vor allem als Loslager in Hauptspindeln mit Fest-Loslagerung eingesetzt. Sie stellen ideale Loslager dar, da sie bei der thermischen Dehnung des Spindelkörpers eine axiale Relativbewegung von Innen- und Außenring zulassen, wobei die rotierenden Rollen eine schraubenförmige Bewegung vollziehen. Zusätzlich wird die Bildung von Passungsrost ausgeschlossen und die Loslagerfunktion über die gesamte Spindellebensdauer sichergestellt (s. Kapitel 5.6.3.1.3). Generell werden die Loslager bei Drehmaschinen-Spindellagerungen mit Zylinderrollenlagern ausgerüstet. Die Drehzahlkennwerte bei Drehoperationen liegen im Bereich von n · dm = 1 · 106 mm/min. Hohe Bearbeitungskräfte und lange Werkstückauskragungen bei gleichzeitig geforderter hoher Bearbeitungsqualität verlangen biegesteife Spindelkörper und eine steife Lagerung. Zylinderrollenlager werden im Einbauzustand radial vorgespannt. Dadurch erhöht sich die Steifigkeit und minimiert sich der Rundlauffehler (s. Kapitel 5.6.2.4). Auf Grund der guten Loslagereigenschaften wird das Zylinderrollenlager auch in Frässpindellagerungen bei höheren Drehzahlkennwerten von über n · dm = 1, 5 · 106 mm/min verwendet. Bei Frässpindellagerungen kommt es im Wesentlichen auf eine zuverlässige Loslagerung an, eine besonders hohe radiale Steifigkeit ist weniger bedeutend.

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

423

Zylinderrollenlager sind auf Grund der verwendeten Zylinderrollen als Wälzkörper im Vergleich zu Kugellagern radial sehr viel steifer und höher belastbar. Die Kontaktflächen der Wälzpartner im Zylinderrollenlager sind um ein Vielfaches größer. Der Linienkontakt im Zylinderrollenlager erhöht zum einen die Laufreibung, zum anderen ist diese größere Kontaktfläche schlechter zu schmieren. Allerdings ist durch die reine Abrollbewegung der Zylinderrollen die Kinematik der Wälzbewegung gegenüber Kugeln in Schrägkugellagern (Bohrreibung) günstiger. Wird die Spindel in Rotation versetzt, erwärmen sich Innen- und Außenring durch die Reibungsverluste jedoch unterschiedlich. Der Außenring kann seine Reibungswärme über das Gehäuse an die Umgebung besser abführen als der Innenring, der die Reibungswärme über den Spindelkörper und durch Konvektion an die Luft abführt. Der Temperaturgradient zwischen Innenring und Außenring verändert die im Einbau eingestellte radiale Vorspannung durch die unterschiedliche Wärmedehnung der Lagerkomponenten. Eine erhöhte Vorspannung sorgt wiederum für eine entsprechend erhöhte Wärmeproduktion im Lager. Die gegenseitige Beeinflussung von Übertemperatur und interner Belastung ist selbstverstärkend. Wird eine von den Einbaubedingungen des Lagers bestimmte Grenzvorspannung überschritten, kann das Lager die entstehende Wärme, vor allem am Innenring, nicht schnell genug abführen. Das Lager befindet sich in einer Selbstmordschaltung, die innerhalb weniger Sekunden durch interne Überbelastung das Lager zerstören kann (Bild 5.202). Die durch den Zerspanprozess oder den Antrieb bedingte Abwärme beeinflusst die Verspannung des Lagers ebenfalls und kann seine Leistungsfähigkeit mindern. Um die Zuverlässigkeit zu erhöhen, ist es daher sinnvoll, Zylinderrollenlager unempfindlicher gegenüber Änderungen der radialen Vorspannung zu gestalten, so dass thermische, radiale Dehnungen, einen geringeren Einfluss auf die Lagervorspannung haben. Dies gelingt durch eine gezielte Schwächung der Lagerkomponenten, die im Kraftfluss der internen Vorspannung liegen, oder durch reibungssenkende Maßnahmen, die die Wärmeproduktion minimieren. Dazu wurden verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten in Testreihen untersucht und analysiert [24]. Bild 5.203 zeigt entsprechende Varianten. Allen Varianten ist gemeinsam, dass die thermischen Dehnungen durch nachgiebige Lagerkomponenten zugelassen werden, ohne dass die Kontaktkräfte ihren Grenzwert überschreiten. Infolgedessen verschiebt sich der Punkt der gerade noch zulässigen Verspannung vor Erreichen der Selbstmordschaltung zu höheren Grenzen hin. Ein funktionsbedingter Nebeneffekt der Ring- und Rollenschwächung ist eine Reduzierung der radialen Steifigkeit, die aber aus Sicht der Statik und Dynamik eines Spindel-Lager-Systems unproblematisch ist. Trotz einer Reduzierung der Steifigkeit liegt sie über den minimal geforderten Werten für gute statische und dynamische Eigenschaften des Lagersystems. Die Temperaturschriebe modifizierter, fettgeschmierter Lager des Typs N1014K zeigen den Effekt von Einstichen an den Lagerringen und einer Verschmälerung der Innenringlaufbahn. Der Stufenversuch, bei dem die Drehzahl in diskreten Schritten

424

5 Führungen und Lagerungen s ta b ile r L a u f d e s L a g e rs

L a g e rs c h a d e n a m E n d e d e r S e lb s tm o r d s c h a ltu n g

N iv e a u d e r Ü b e rte m p e rtu r b le ib t s ta b il

R o ta tio n d e s L a g e r s

p r o d u z ie r te u n d a b g e fü h rte W ä rm e m e n g e s in d id e n tis c h

P r o d u k tio n v o n R e ib u n g s w ä r m e

Ü b e r s c h r e itu n g z u lä s s ig e r W e rte

n im m t z u

In te rn e B e la s tu n g s te ig t a n

L e b e n s d a u e rv e r m in d e r u n g

u n te r s c h ie d lic h e A b fu h r d e r W ä rm e ü b e r In n e n r in g u n d A u ß e n r in g

V e r s c h le iß / P ittin g b ild u n g

A u fh e iz e n v o n In n e n r in g u n d W ä lz k ö r p e r n g e g e n ü b e r d e m A u ß e n r in g

K o n ta k tp re s s u n g e n n e h m e n z u A b n a h m e d e r L a g e r r a d ia llu ft

Bild 5.202. Selbstmordschaltung in einem Zylinderrollenlager G e o m e tr is c h e V a r ia tio n e n z u r V e r m e id u n g d e r th e r m is c h e n V e r s p a n n u n g v o n R in g e n u n d R o lle n

n a c h g ie b ig e r A u ß e n r in g

n a c h g ie b ig e r In n e n r in g

n a c h g ie b ig e H o h lr o lle n

G e o m e tr is c h e V a r ia tio n e n z u r M in im ie r u n g d e r R e ib u n g s v e r lu s te im

s c h m a le L a u fb a h n

b a llig e s R o lle n p r o fil

W ä lz k o n ta k t

k e r a m is c h e W ä lz k ö r p e r

Bild 5.203. Erhöhung der Lagernachgiebigkeit durch den Einbau von statischen Schwachstellen und Verbesserung der Reibverhältnisse

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

425

bis zur Abbruchtemperatur von 70◦C am Außenring erhöht wird, zeigt das bessere Temperaturverhalten der modifizierten Lager. Eine niedrigere Lauftemperatur ist mit einer geringeren Verspannung während des Betriebs gleichzusetzen. Die Lagermodifikation mit einem Einstich am Innenringsitz hat gegenüber den anderen Modifikationen ein deutlich besseres Temperaturverhalten. Oberhalb von 15.000 min−1 , wo Temperatureffekte die voreingestellten Verspannung von 2 µm weiter erhöhen, steigt die Außenringtemperatur des unmodifizierten Lagers stärker an als die der übrigen Lager. Die bei 70◦C erreichte Enddrehzahl liegt beim unmodifizierten Lager bei 18.000 min−1 . Die Modifikationen mit schmaler Innenring-Laufbahn und eingestochenem Außenring besitzen noch bei 20.000 min−1 ein stabiles Temperaturverhalten (Bild 5.204).

1 5

4 F

1 r

5

2

3

1

2

o h n e M o d ifik a tio n 0

s c h m a le L a u fb a h n

-5

-6 0 0 0

-4 0 0 0

-2 0 0 0

0

2 0 0 0

4 0 0 0

6 0 0 0

K r a ft [N ] 7 0

4

n a c h g ie b ig e r A u ß e n r in g

n a c h g ie b ig e r In n e n r in g 1

6 0

T e m p e r a tu r v e r la u f fe ttg e s c h m ie r te r Z y lin d e r r o lle n la g e r d e s T y p s N 1 0 1 4 K

3 0 2 8 2 6

]

3

5 0

T e m p e ra tu r [° C ]

3 2

4

2 4 2 2

2

2 0

4 0

1 8 1 6

3 0

1 4 1 2

2 0

1 0 8

D r e h z a h ls tu fe n

1 0

-1

-1 5

3

Z u g - /D r u c k s te ifig k e it

-1 0

D r e h z a h l [1 0 0 0 m in

W e g [µ m ]

1 0

6 4

0

2 0

2

4

6

8

1 0

1 2

1 4

1 6

Z e it [h ]

1 8

2 0

2 2

2 4

2 6

2 8

3 0

3 2

Bild 5.204. Temperaturverhalten modifizierter Zylinderrollenlager N1014K im Stufenversuch

Die Eigenschaft, thermische Dehnungen im Lager ohne extreme Vorspannungsänderungen zuzulassen, verbessert die Betriebssicherheit der Lager im niedrigen bis mittleren Drehzahlbereich und führt gleichermaßen zu höheren maximal erreichbaren Drehzahlen. Durch eine Kombination von modifizierten Lagerkomponenten und

426

5 Führungen und Lagerungen

der Verwendung von Keramikwälzkörpern wird der Einsatz im Hochgeschwindigkeitsbereich möglich. 5.6.3.1.5 Gestaltung der Loslagerung Bei der Auslegung einer elastischen Lageranstellung ist zu beachten, dass die axiale Bewegungsmöglichkeit der Lagerringe gewährleistet wird. Thermische Dehnungen im Betrieb zehren das geringe Spiel von Gleitbuchsen auf; zusätzlich kommt es zur Passungskorrosion, so dass sich die Gleitbuchsen nicht mehr bewegen können und die Vorspannung nicht mehr gezielt aufrecht erhalten werden kann. Bild 5.205 zeigt vier Konstruktionsvarianten, die eine zuverlässige Loslagerfunktion gewährleisten. Es werden zunächst zwei Praxisbeispiele sowie anschließend zwei Forschungsansätze vorgestellt [23]. Die einfachste Lösung stellt die Verwendung von Gleitbuchsen dar, die ins Gehäuse eingesetzt werden und ihrerseits die Außenringe der Spindellager aufnehmen (Bild 5.205A). Um die axiale Beweglichkeit sicherzustellen, muss ein radiales Mindestspiel vorgesehen werden, dass vom jeweiligen Lastkollektiv und der Spindelkonstruktion abhängt. Wird das erforderliche Mindestspiel durch thermische Dehnung unterschritten oder kommt es zur Bildung von Passungsrost, kann die Loslagerfunktion aufgehoben und somit die Lagerung zerstört werden. Abhilfe bietet hier z.B. die Verwendung von Buntmetall bzw. von Bohrungsbeschichtungen. Die Vorteile der Gleitbuchsen-Lösung liegen in der guten Wärmeabfuhr aus dem Lager ins Gehäuse und dem einfachen konstruktiven Aufbau. Zur Reduzierung der Reibung zwischen den relativ zueinander bewegten Elementen der Loslagereinheit kann eine axial bewegliche Kugelbuchse eingesetzt werden (Bild 5.205 B). Bei der Auslegung dieser Variante muss beachtet werden, dass durch die kleinen Radien der Kugeln die Hertz’schen Pressungen im Kontakt zum Gehäuse durch thermische Dehnung und durch Dehnung auf Grund der Zentrifugalkraft des Lagers stark ansteigen können. Weiterhin bewirkt die reduzierte Kontaktfläche eine verschlechterte Wärmeabfuhr, woraus je nach Betriebszustand eine Überhitzung des Lagers resultieren kann. Bild 5.205 C zeigt eine Loslagergestaltung mit einer Buchse mit hydraulischem Gegendruck. Die Öltaschen werden durch O-Ringe abgedichtet, so dass die Oberflächen durch einen Ölfilm getrennt werden. Der Ölgegendruck kompensiert die Kugelkräfte, die das Verklemmen auslösen, ohne dass radiales Spiel bei der Fertigung vorgesehen werden muss oder sich im Betrieb bildet. Die letzte Variante zeigt eine gänzlich andere kostruktive Lösung der beweglichen vorgespannten Außenringe des Loslagers (Bild 5.205 D). Die Spindellager sind in einer Buchse montiert, die radial freigestellt und über radial steife, axial nachgiebige membranfederartige Elemente im Gehäuse abgestützt ist. Die Membranen sind in der gezeigten Konstruktion mit der Buchse mittels Laserstrahlen verschweißt. Durch geeignete Auslegung des Abstandes zwischen den Stützelementen wird die notwendige Kippsteifigkeit der Buchse sichergestellt. Die axiale und radiale Steifigkeit der Loslagerung kann durch die Federcharakteristik der Bauteile beeinflusst werden.

5.6 Wälzführungen und Wälzlager T e m p e r a tu r fü h le r

427 O - R in g e

G le itfü h r u n g s b u c h s e A : G le itfü h r u n g s b u c h s e Ö l- L u ftS c h m ie r u n g

Ö lta s c h e n

B u c h s e m it h y d r a u lis c h e m G e g e n d ru c k C : B u c h s e m it h y d r a u lis c h e m B o h ru n g z u r T e m p e ra tu rm e s s u n g

K u g e lb u c h s e

G e g e n d ru c k

g ro ß e M e m b ra n

k le in e M e m b r a n

K u g e lb u c h s e B : K u g e lb u c h s e

M e m b ra n fe d e rn D : M e m b ra n fe d e r

Bild 5.205. Gestaltungsmöglichkeiten der Loslagereinheit [23]

Neben diesen konstruktiv umgesetzten Loslagergestaltungen werden häufig auch Zylinderrollenlager eingesetzt. Die Lagerumbauteile können dabei relativ einfach gehalten werden, weil die axiale Verschiebbarkeit schon innerhalb des Lagers reibungsarm umgesetzt werden kann. Nachteilig ist zu bewerten, dass dieser Lagertyp eine aufwändige Montageprozedur zur richtigen Einstellung der Vorspannung erfordert und auf Grund der hohen radialen Steifigkeit sehr empfindlich auf Veränderungen des radialen Spiels insbesondere durch Wärmeentwicklung bei hohen Drehzahlen reagiert. Auch die Zentrifugalkräfte an den Wälzkörpern und die Aufweitung der Spindel und des Innenringes erhöhen die innere Vorspannung. Der Einsatz von Silizium-Nitrid-Rollen bietet durch die im Vergleich zu Stahl weniger als

428

5 Führungen und Lagerungen

halb so große Dichte und durch die geringere Wärmeentwicklung deutliches Optimierungspotenzial. 5.6.3.1.6 Statisches Systemverhalten Maßgebend für die Arbeitsgenauigkeit eines Hauptspindelsystems ist die Auslenkung y der Spindel an der äußeren Kraftangriffsstelle [177]. In der Regel bilden Spindellagerungen statisch überbestimmte Systeme, die nur numerisch mit Hilfe der FEM berechnet werden können. Für einfache, schnelle Abschätzungen ist es daher erforderlich, die Lagerung auf ein statisch bestimmtes System mit zwei Lagerstellen zurückzuführen, so dass eine analytische Berechnung möglich wird. In diesem Fall setzt sich die Auslenkung gemäß Bild 5.206 aus mehreren Anteilen zusammen. Spindelanteil: a F · b · a2  · 1+ , 3·J ·E b J = konst. über der Länge (Biegeträgheitsmoment). ySp =

(5.162)

Lageranteil:

  F (a + b)2 a2 yL = 2 · . + b kA kB

(5.163)

Der Anteil der Umbauteile (Gehäuse) yk ist rechnerisch schwieriger erfassbar. Man kann hierzu die Finite-Elemente-Methode anwenden (s. Kapitel 2.7.1.2). Die Gesamtfederung ergibt sich zu: y = ySp + yL + yk .

(5.164)

Wegen der Reihenschaltung der Federungsanteile ergibt sich die Gesamtnachgiebigkeit an der Kraftangriffsstelle zu: ySp yL yk 1 1 1 1 = + + + + = k kSp kL kk F F F

(5.165)

kL · kk + kSp · kk + kSp · kL . (5.166) kSp · kL · kk Die Gesamtnachgiebigkeit eines Spindel-Lager-Systems ergibt sich aus dem Zusammenwirken der Lagersteifigkeiten, des Lagerabstands b, der Kraglänge a sowie der Geometrie der Spindel (Biegeträgheitsmoment J). Für ein gegebenes Spindel-Lager-System zeigt Bild 5.207 den Einfluss der Steifigkeit kA der vorderen Lagerstelle auf die Gesamtnachgiebigkeit. Es ist zu erkennen, dass eine Lagersteifigkeit kA > 750 N/µm praktisch keine Erhöhung der Gesamtsteifigkeit des Systems bewirkt, da hier die Nachgiebigkeit der Spindel dominierend ist. k=

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

429

b

B

a

F A

k

Y

S p

B

F k

k

Y L

A

k B

F

k

Y k

Y k

k A

Y F Y

L

Y

S p

Bild 5.206. Verlagerung einer Hauptspindel

Bei derartigen Zwei-Lager-Systemen gibt es einen Lagerabstand b, bei dem die Verlagerung an der Kraftangriffsstelle unter Beibehaltung aller übrigen Parameter ein Minimum hat (statisch optimaler Lagerabstand) [101]. Differenziert man die Gleichung für die Gesamtnachgiebigkeit y = ySp + yL + yk nach dem Lagerabstand b und setzt das Ergebnis gleich null („Minimax-Aufgabe”), so erhält man eine kubische Gleichung für b, deren nomographische Lösung in Bild 5.208 dargestellt ist. y = ySp + yL ,

(5.167)

430

5 Führungen und Lagerungen 0 ,0 8

m m /N k

0 ,0 7

B

N m m

= 6 0 0

J = 6 0 0 c m

k

4

F A

k

k

L

B

3 5 0

5 7 5 1

S p

y

0 ,0 6

N a c h g ie b ig k e it

y

0 ,0 5

1

0 ,0 4

k

0 ,0 3 1 k

y

S p

=

=

1 k

S p

1 + k L

S p

F

0 ,0 2 1

0 ,0 1

0

k

2 5 0

5 0 0

7 5 0

= L

1 0 0 0

y L

F

1 2 5 0

1 5 0 0

S te ifig k e it d e s v o r d e r e n L a g e r s k

N /m m

2 0 0 0

A

Bild 5.207. Systemnachgiebigkeit in Abhängigkeit von der Steifigkeit des vorderen Lagers (Aufteilung in Spindel- und Lageranteil)

  b k1 + k2 dy 6·E ·J = 0 = b3 − + , · db k1 a k2   6·E ·J b k1 + k2 3 + . · b = k1 a k2

(5.168) (5.169)

In dem Diagramm ist b3 in Form der Geraden dargestellt. Für den rechten Teil der Gleichung werden zwei Punkte für zwei willkürliche b-Werte (am besten für die Ränder des Nomogrammes 5 und 200 cm) berechnet und durch eine Gerade verbunden. Der Schnittpunkt mit der b3 -Geraden ergibt die erste Näherung für bopt . Da der rechte Gleichungsteil im doppelt logarithmischen Netz keine Gerade darstellt, sollte die Rechnung für zwei weitere b-Werte rechts und links neben dem im ersten Schritt erhaltenen Schnittpunkt wiederholt werden. Man erhält so eine bessere Näherung für bopt .

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

431

3 0 0 0 0 0 0 2 0 0 0 0 0 0 c m

3 0 0 0 0 0 0 2 0 0 0 0 0 0

3

J

1 0 0 0 0 0 0 k

6 0 0 0 0 0

b k 2

c m a

3

1 0 0 0 0 0 0 1

6 0 0 0 0 0 4 0 0 0 0 0

2 0 0 0 0 0

2 0 0 0 0 0

1 0 0 0 0 0

1 0 0 0 0 0

6 0 0 0 0

6 0 0 0 0

4 0 0 0 0

4 0 0 0 0

2 0 0 0 0 1 5 0 0 0

2 0 0 0 0 1 5 0 0 0

1 0 0 0 0

1 0 0 0 0

6 0 0 0

6 0 0 0

4 0 0 0

4 0 0 0

2

+ k k 2 1

k + 2 0 0 a ( 6 J E k 1 = 2

y

y

1

=

6 J E k 1

(

5

a

+

k

1

+ k k 2

2

)

)

4 0 0 0 0 0

2 0 0 0

B e is p ie l :

1 0 0 0

a = 3 5 c m d = 1 0 0 m m

6 0 0

E = 2

4

4 0 0

k 1 = 1 0 0 0 N /m m

4 0 0

2 0 0

b

2 0 0

1 5 0

1 .1

0

2 0 0 0 1 0 0 0

( S p in d e l- ) N /m m

2

6 0 0

5

k 2 = 6 0 0 N /m m

6

8 1 0

1 5

o p t.

2 0

o p tim a le r L a g e r a b s ta n d b

= 3 0 0 m m

3 0

4 0

6 0

8 0

o p t

; 5 c m

< b

o p t

1 0 0

c m

2 0 0

1 5 0

< 2 0 0 c m

Bild 5.208. Nomogramm zur Ermittlung des statisch optimalen Lagerabstands

Durch den Einsatz von leistungsfähigen PCs in der Konstruktion werden Auslegungsrechnungen und Auslegungsoptimierungen in der Regel mit Hilfe von Rechenprogrammen ausgeführt [220]. Der Einfluss der Parameter Werkzeugauskragung, Spindeldurchmesser und Lagerabstand auf die radiale Steifigkeit der Werkzeugspindel wird in Bild 5.209 gezeigt [163]. Es ist zu erkennen, dass eine Unterschreitung des optimalen Lagerabstands wesentlich kritischer zu bewerten ist als eine Überschreitung. Außerdem wird hier die große Bedeutung der Werkzeugauskragung für die statische Steifigkeit des Systems deutlich. Bei einer Verlängerung des Kragarms von 100 mm auf 200 mm wird die radiale Steifigkeit auf weniger als ein Viertel des ursprünglichen Wertes reduziert. Wie Bild 5.209 zeigt, kann bei zu großer Auskraglänge auch durch eine

432

5 Führungen und Lagerungen N /µ m H in te r 0 N /µ m 5 0 0 N 0 N /µ m H in te r

L a g la g e L a /µ m L a la g e

e r s te ifig k r g e r s te ifig im H in te g e r s te ifig r

e it im k e it im r la g e r k e it im

V o rd e rV o r d e r la g e r V o rd e r-

D r e h m a s c h in e n - S p in d e l,

1 0 0 0 D

a

= 1 0 0 m m , D i= 7 0 m m

L a g e r a b s ta n d / S p in d e ld u rc h m e s s e r = 4

8 0 0

S te ifig k e it, K r a g a r m S te ifig k e it, K r a g a r m S te ifig k e it, K r a g a r m

5 0 0 r a d ia le S p in d e ls y s te m s te ifig k e it [N /µ m ]

r a d ia le S p in d e ls y s te m s te ifig k e it [N /µ m ]

5 0 0 u n d 2 5 0 1 u 2 n 0 0d 2 5 0 u n d

6 0 0

4 0 0

2 0 0

1 0 0 m m 1 5 0 m m 2 0 0 m m

4 5 0 4 0 0 3 5 0

D r e h m a s c h in e D = 1 0 0 m m , D 3 0 0 L aa g e r s t e i f i g k e p r o m m S p in d 2 5 0 d .h . 5 0 0 N /µ m

n i= it v e ld

S p in 7 0 m o rn e u rc h

d e m 5 m

,

l,

N /µ m e s s e r,

2 0 0 1 5 0 1 0 0 5 0

0 0

0

5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 W e rk z e u g a u s k ra g u n g [m m ]

K ra g a rm

0

2 4 6 V e r h ä ltn is L a g e r a b s ta n d /S p in d e ld u rc h m e s s e r [-]

8

L a g e ra b s ta n d V o r d e r la g e r u n g

H in te r la g e r u n g

S p a n n fu tte r W e rk z e u g

D

D

i

a

S p in d e lk ö r p e r

Bild 5.209. Einfluss von Werkzeugauskragung, Lagerabstand und Spindeldurchmesser auf die radiale Spindelsystemsteifigkeit. Quelle: [163]

Erhöhung der Lagersteifigkeiten keine Verbesserung der Spindelsteifigkeit erzielt werden [163]. Falls keine Verringerung der Kraglänge möglich ist, muss zur Optimierung des statischen Verhaltens die Spindelbiegesteifigkeit durch Vergrößerung des Spindeldurchmessers erhöht werden. 5.6.3.1.7 Dynamisches Systemverhalten Die unter statischen Gesichtspunkten optimierten Lagerabstände sind nicht identisch mit einer dynamisch optimierten Lösung. Ziel der dynamischen Optimierung ist es zum einen, die Resonanzfrequenzen des Spindel-Lager-Systems, bei denen es zu starken Überhöhungen der Verlagerung kommt, aus dem Bereich der Antriebsdrehzahl oder der Schneideneingriffs-

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

433

frequenz herauszulegen. Zum anderen sollen die Resonanzüberhöhungen selbst reduziert werden. Hier spielt die Dämpfung des schwingenden Systems eine dominierende Rolle, die sowohl von der Massenverteilung, der Steifigkeit, wie auch von der Energiedissipation der Lagerstelle, der sonstigen Fügestellen und der Materialdämpfung abhängt. Zur Beurteilung des dynamischen Systemverhaltens werden die Kenngrößen Resonanzfrequenz, Resonanzamplitude (Resonanzüberhöhung xdyn /xstat ), Schwingungsform und Systemdämpfung herangezogen. Zur Berechnung des dynamischen Verhaltens von Spindel-Lager-Systemen werden PC-basierte Rechenprogramme genutzt. In Kapitel 5.6.3.2 wird dazu ein Beispiel vorgeführt.

R e c h e n m o d e ll

N a c h g ie b ig k e its fr e q u e n z g a n g

F r

f

1 0 -1

N a c h g ie b ig k e it f/F

r

m m /N

K ip p - S c h w in g u n g

B ie g e s c h w in g u n g 1 0

b

-2

1 0 -3

a

0

L a g e r a b s ta n d s ta tis c h o p tim ie r t

5 0 0

1 0 0 0

1 5 0 0

H z

2 0 0 0

a : A u s k r a g lä n g e , h ie r a = 1 0 0 m m b : L a g e ra b s ta n d , w e n n A b s ta n d s ta tis c h o p tim ie r t, d a n n b = 3 9 0 m m

F re q u e n z

Bild 5.210. Nachgiebigkeitsfrequenzgang eines Spindel-Lager-System-Modells

Resonanzfrequenzen und -amplituden lassen sich aus dem berechneten Nachgiebigkeitsfrequenzgang entnehmen, welcher die Systemnachgiebigkeit in Abhängigkeit der Frequenz darstellt. Bild 5.210 zeigt ein Rechenmodell einer 490 mm langen Frässpindel mit statisch optimalem Lagerabstand (bstat = 390 mm) und den zugehörigen Frequenzgang, welcher mit der Finite-Elemente-Methode (FEM) ermittelt wurde. Als Strukturelemente wurden Balken benutzt [179]. Die Nachgiebigkeitskurve weist zwei markante Eigenfrequenzen bei • 670 Hz, Nachgiebigkeit 0, 110 µm/N und • 920 Hz, Nachgiebigkeit 0, 070 µm/N auf, in denen die Nachgiebigkeit um den Faktor zehn über dem statischen Wert liegt. Die Ursache für diese Eigenfrequenzen verdeutlicht die Schwingungsformanalyse.

434

5 Führungen und Lagerungen

Bei 670 Hz vollführt die unverformte Welle eine Starrkörperbewegung in den Lagern; sie bleibt gerade und biegt nicht. Die markanten Federn und Dämpfer sind die Lager, die Masse stellt die Welle dar (Bild 5.210). Die Schwingungsform bei 920 Hz entspricht der ersten Biegeeigenform der Welle. Der Lagerabstand des in Bild 5.210 gezeigten Spindelmodells wurde ausschließlich nach statischen Gesichtspunkten optimiert, d. h. der Lagerabstand wurde so gewählt, dass für den Fall der vorliegenden Kragarmlänge a der Spindel, des vorliegenden Spindeldurchmessers und für die gewählten Lager die statische Auslenkung an der Spindelnase minimal ist.

D y n a m is c h e O p tim ie r u n g d e s L a g e ra b s ta n d e s

M o d e ll d e s S p in d e l- L a g e r - S y s te m s

F r

8 0 0 H z

b

a

a : A u s k r a g lä n g e , h ie r a = 1 0 0 m m b : L a g e ra b s ta n d , w e n n A b s ta n d s ta tis c h o p tim ie r t, d a n n b = 3 9 0 m m

1 . E ig e n fr e q u e n z fK

ip p

f

d y n a m is c h o p tim a le r L a g e ra b s ta n d b = 3 7 5 m m

7 5 0

s ta tis c h o p tim a le r L a g e ra b s ta n d b = 3 9 0 m m

7 0 0

6 5 0

3 0 0

4 0 0

m m

5 0 0

L a g e ra b s ta n d b

Bild 5.211. Kippeigenfrequenz in Abhängigkeit vom Lagerabstand

Eine Optimierung des dynamischen Verhaltens einer Maschinenstruktur läuft auf eine Maximierung der Eigenfrequenz ω0 hinaus, da man in der Regel auf die Dämpfungseigenschaften wenig Einfluss nehmen kann. Am Beispiel des Einmassenschwingers kann gezeigt werden, dass die maximale Nachgiebigkeit bei der Resonanzfrequenz xdyn (ω0 ) 1 = Fdyn c · ω0

(5.170)

 liegt (mit dem Dämpfungskoeffizienten c und der Systemeigenfrequenz ω0 = k m ). Das bedeutet, eine Eigenfrequenzverdopplung halbiert den Betrag der Resonanzüberhöhung. Eine Erhöhung der Eigenfrequenz ist mit einer Vergrößerung der Steifigkeit und/oder Reduktion der schwingenden Masse möglich. Nach diesen Erkentnissen sollten die beiden wichtigsten Eigenschwingungsformen, die Starrkörperschwingung der unverformten Welle mit Futter und Werkstück

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

435

4 0 0

F d y n

2 0 0

3 0 0 x 1 0 3 N s /m 1 0 0 0

2 0 0

4 0 0

6 0 0

8 0 0 m in -1 1 2 0 0

F V A -R e f.Ö l 1 F V A -R e f.Ö l 3

2 0 0

4 0 0 6 0 0 8 0 0 m in -1 1 2 0 0 D re h z a h l n

0 - A n o rd n u n g , L a g e r d ir e k t g e g e n e in a n d e r v e rs p a n n t

F s ta t 1 7 2 F d y n

L a g e r s te ifig k e it k L

2 8

6 0 0

0 L a g e rd ä m p fu n g c L

F s ta t

1 0 0 0 N /m m 8 0 0

1 3 0 0 N /m m 1 1 0 0

L a g e rd ä m p fu n g c L

L a g e r s te ifig k e it k L

und die Biegeschwingung, bei möglichst hohen Frequenzen liegen. Bild 5.211 zeigt die Eigenfrequenz der Starrkörperschwingung des Spindelmodells nach Bild 5.210 in Abhängigkeit vom Lagerabstand. Beim Abstand b = 375 mm besitzt diese Eigenfrequenz ein Maximum. Es gibt somit einen dynamisch optimalen Abstand für die Starrkörperschwingung. In der Beispielrechnung liegt der Wert für den dynamisch optimierten Lagerabstand sehr nahe bei dem für den statisch optimalen Lagerabstand (bstat = 390 mm). Bisher ist jedoch noch nicht erwiesen, ob diese Ähnlichkeit allgemein zutrifft. Die Systemdämpfung wird zu einem geringen Anteil durch die Werkstoffdämpfung der Spindel und unter Vernachlässigung der Umbauteile zu einem wesentlichen Anteil durch die Lagerdämpfung bestimmt. Wie praktische Untersuchungen zeigen, kommt die Lagerdämpfung hauptsächlich auf Grund viskoser (geschwindigkeitsproportionaler) Dämpfung zustande, deren Kennwert die Lagerdämpfungskonstante c [Ns/m] ist, über die derzeit jedoch noch wenige Zahlenwerte vorliegen.

8 0 x 1 0 3 N s /m 4 0

9 0 0 0

2 0 0

6 0 0

4 0 0

8 0 0

m in -1 1 2 0 0

F V A -R e f.Ö l 1 F V A -R e f.Ö l 3

2 0 0

2 0 0

6 0 0

4 0 0

8 0 0

m in -1 1 2 0 0

D re h z a h l n

S c h r ä g k u g e lla g e r T y p 7 0 2 4 V o rs p a n n k ra ft : F V = 5 0 0 0 N

0 - A n o rd n u n g , L a g e ra b s ta n d 1 7 2 m m

D y n a m is c h e F V A -R e f.Ö l 1 F V A -R e f.Ö l 3 S te ifig k e its - u . D ä m p fu n g s w e r te a b g e le ite t a u s M e s s u n g d e s N a c h g ie b ig k e its - u . D ä m p fu n g s v e r h a lte n s d e s G e s a m ts y s te m

1 7 2

V is k o s itä t b e i 4 0 ° C . : h = 1 5 , 3 5 1 0 -3 P a s . : h = 8 5 , 2 1 0 -3 P a s s

Bild 5.212. Steifigkeit und Dämpfung eines Schrägkugellagers 7024 C. Quelle: [88]

Bild 5.212 zeigt die drehzahlabhängigen Lagersteifigkeiten und -dämpfungen eines Schrägkugellagers vom Typ 7024 C, welche mit Hilfe des im Bild gezeigten Prüfstandes ermittelt wurden [120]. In diesem Prüfstand waren die Versuchslager in O-Anordnung mit der Kraft FV = 5000 N vorgespannt. Während die Lager beim ersten Versuch (Bild 5.212, links) direkt gegeneinander verspannt waren, wurden

436

5 Führungen und Lagerungen

sie für den zweiten Versuch (Bild 5.212, rechts) mit einem Abstand von 172 mm eingebaut. Das Steifigkeits- und Dämpfungsverhalten wurde in Abhängigkeit von der Drehzahl und von zwei unterschiedlichen Schmierölen gemessen. Die beiden FVA-Öle unterscheiden sich durch ihre Viskosität. Die Viskosität des FVA-Öles 3 liegt über der des FVA-Öles 1. Bei einer Betriebstemperatur von 40◦C beträgt die Viskosität des FVA-Öles 1 η1 = 15, 35 · 10−3 Pas und die des FVA-Öles 3 η3 = 85, 2 · 10−3 Pas. Sind die Lager ohne Abstand verspannt, so nimmt die Lagersteifigkeit insbesondere bei Verwendung des höherviskosen Öles 3 mit steigender Drehzahl zu. Dieser Anstieg ist in erster Linie eine Folge der thermisch bedingten Vorspannungszunahme. Im Hinblick auf den Dämpfungswert ist bei niedrigen Drehzahlen der Einfluss der verschiedenen Öle gering. Ab der Drehzahl n = 600 min−1 hingegen führen die verschiedenen Schmierstoffe zu deutlichen Unterschieden. Bei Schmierung mit dem Öl 1 fällt die Lagerdämpfung mit größer werdender Drehzahl ab. Der Einsatz von FVA-Ref. Öl 3 führt hingegen zu einem erheblichen Anstieg der Dämpfung. Die Tatsache, dass sich bei Einsatz des Öles 3 der Drehzahleinfluss sehr viel stärker bemerkbar macht als bei Öl 1 ist im wesentlichen darauf zurückzuführen, dass die Schmierfilmdicke und deren geschwindigkeitsabhängige Änderung beim höherviskosen Öl 3 deutlich größer sind als bei dem Öl 1. Die Steifigkeit des Lagers liegt bei einem Lagerabstand von 172 mm bis zu zweifach über der der engen Lageranordnung. Auch bleibt der Steifigkeitswert über den gesamten Drehzahlbereich bei dem weiten Lagerabstand konstant. Offenbar wird hier die radiale, thermisch bedingte Aufweitung, die die Vorspannung steigert, durch die axiale Längung kompensiert, die die Vorspannung bei O-Anordnung im Lager senkt. Die Dämpfungswerte der beiden Systeme verhalten sich genau umgekehrt. Auf Grund des größeren Lagerabstandes sind die Dämpfungswerte erheblich geringer als bei direkt gegeneinander verspannten Lagern. Die Dämpfungswerte überstreichen bei dem weiten Lagerabstand einen Bereich von 30.000 Ns/m ≤ c1 ≤ 60.000 Ns/m, während sie bei dem engen Abstand zwischen 50.000 und 250.000 Ns/m liegen. Bild 5.213 zeigt die Lagersteifigkeit und die Lagerdämpfung eines zweireihigen Zylinderrollenlagers bei Ölschmierung in Abhängigkeit von der Drehzahl, wie sie an einem speziellen Prüfstand unter Laborbedingungen gemessen wurden. Die im oberen Bildteil dargestellte Lagersteifigkeit nimmt mit steigender Drehzahl auf Grund der betriebsbedingten Lagerspielabnahme zu. Die obere Kurve gilt für das spielfrei eingebaute Lager, während sich die untere Kurve auf einen Einbaufall mit positivem Lagerspiel (∆r = 3 · δ∗r = 5 µm) bezieht. Die im unteren Bildteil dargestellte Lagerdämpfung beträgt bei ruhender Spindel etwa 2.000 Ns/m. Sie steigt mit beginnender Rotation zunächst steil an, ist in ihrem Wert jedoch nicht eindeutig reproduzierbar. Oberhalb einer Drehzahl von rund 100 min−1 ergibt sich bei steigender Drehzahl eine Abnahme des Dämpfungswertes bis auf ein Minimum von rund 2.000 Ns/m mit anschließendem Anstieg bei weite-

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

437

1 8 0 0 N m m 1 4 0 0 L a g e r s te ifig k e it k

L

L a g e r N N

1 2 0 0 D

»

r E

1 0 0 0 D

8 0 0

r

3 0 1 1

E

5

m m

» 0 m m

h = 0 ,0 5 2

6 0 0

K U P

N s /m

2

(2 9 8 K )

0 0

4 0 0

8 0 0

1 2 0 0

1 6 0 0

m in

-1

2 4 0 0

1 6 0 0

m in

-1

2 4 0 0

R o to rd re h z a h l n

L a g e rd ä m p fu n g c

L

1 0 0 0 0 N s m 6 0 0 0 4 0 0 0 2 0 0 0 0 0

4 0 0

8 0 0

1 2 0 0 R o to rd re h z a h l n

Bild 5.213. Lagersteifigkeit und Lagerdämpfung in Abhängigkeit von der Drehzahl bei einem zweireihigen Zylinderrollenlager

rer Drehzahlerhöhung. Die Messkurven für positives Einbaulagerspiel sowie für den spielfreien Lagereinbau zeigen über der Drehzahl qualitativ den gleichen Verlauf. Die vorgestellten Ergebnisse zeigen deutlich, dass die Betriebsbedingungen, wie z.B. Schmierstoff, Temperatur und Drehzahl, die dynamischen Eigenschaften des Lagers beeinflussen. Der wesentliche Einflussparameter ist allerdings der Lagerabstand. Dabei ist für die Änderungen der Steifigkeits- und Dämpfungseigenschaften nicht ursächlich dieser geometrische Parameter verantwortlich, sondern die auf Grund von unterschiedlichen Lagerabständen geänderten Belastungsprofile des Lagers. Das bedeutet, dass die Steifigkeits- und Dämpfungseigenschaften des Lagers in erster Linie durch die tatsächlich wirkenden axialen und radialen Kräfte und Momente bestimmt werden. Bild 5.214 zeigt die Resonanzkurven der Verlagerung an der Kraftangriffsstelle des im Analogiemodell dargestellten Spindel-Lager-Systems. Die Resonanzkurven wurden berechnet unter der Annahme, dass die Dämpfungskonstanten c der Lager

438

5 Führungen und Lagerungen

mit zunehmender Lagersteifigkeit abfallen. Prinzipiell besteht zunächst Interesse an möglichst großer statischer Steifigkeit an der Kraftangriffsstelle. 1 2 a b

m m k

1 0

3

9

= 2 0 0 0 N /m m C

8

7

6

C 0

3 2

0 1

y F

0

a = 3 4 5 m m ; b = 5 7 5 m m , 8

0

F = 1 5 N ; k

A m p litu d e y

4 5

k 6

3

3

= 6 0 0 N / m m

= 1 0 0 0 N /m m D ä m p fu n g s k o n s ta n te C fä llt m it z u n e h m e n d e r L a g e r s te ifig k e it

4 k

8

= 6 0 0 N /m m

0

2

0

1 0 0

1 4 0

1 8 0

2 2 0

2 6 0

3 0 0

3 4 0

3 8 0

H z

4 2 0

F re q u e n z f

Bild 5.214. Amplitudengang in Abhängigkeit von der Lagersteifigkeit

Wie Bild 5.214 zeigt, erhöht sich jedoch mit der Lagersteifigkeit die Resonanzüberhöhung der Nachgiebigkeit des Spindel-Lager-Systems. Die Ursache für diese zunächst widersprüchliche Erscheinung liegt in der Tatsache begründet, dass mit zunehmender Lagersteifigkeit keine ausreichenden Relativbewegungen im Lager zustande kommen können, die hauptsächlich für das System dämpfungswirkend sind. Bei der hohen Lagersteifigkeit k3 = 2.000 N/µm ist als Systemdämpfung nur noch die Materialdämpfung der Spindel wirksam. Da die dynamischen Eigenschaften eines bestimmten Wälzlagers nur in engen Grenzen (z.B. über die Lagervorspannung und nur geringfügige Änderungen des Lagerabstandes) veränderbar sind, kann das dynamische Verhalten eines SpindelLager-Systems in erster Linie nur durch die Wahl und Anordnung der Lager sowie durch die Geometrie der Spindel beeinflusst werden. Hierzu sollte der Konstrukteur entsprechend den Ausführungen in Kapitel 5.6.3.1.6 einen möglichst kurzen Kragarm (geringe Masse bei hoher Federsteife) und einen ausreichend großen Spindeldurchmesser anstreben. Wegen der Unsicherheiten bei der Festlegung der Lagerdämpfungswerte sind alle Vorausberechnungen des dynamischen Nachgiebigkeitsverhaltens mit einer ge-

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

439

wissen Skepsis zu betrachten. Dies gilt insbesondere für die berechneten Amplitudenwerte im Resonanzfrequenzbereich; wohingegen auf Grund der relativ genau vorliegenden Steifigkeits- und Massewerte die Eigenfrequenzen und die statische Nachgiebigkeit ( f = 0 Hz) im Allgemeinen mit ausreichender Genauigkeit berechnet werden. 5.6.3.2 Berechnung von Spindel-Lager-Systemen

An die Baugruppe Spindel-Lager-System werden auf Grund ständig steigender Genauigkeitsanforderungen immer höhere Ansprüche hinsichtlich der statischen Steifigkeit und der dynamischen Eigenschaften gestellt. Schwachstellen dieser Baugruppe wirken sich unmittelbar auf die Qualität der zu bearbeitenden Produkte und auch auf die mögliche Ausnutzung der Maschinenleistung aus. Zur optimalen Gestaltung dieser Baugruppe verwendet man immer häufiger moderne Berechnungsverfahren, die einen schnellen Vergleich alternativer Konstruktionsvarianten ermöglichen. Die Realisierung dieser Berechnungsverfahren auf Personal-Computern ermöglicht es auch dem EDV-ungeübten Konstrukteur, bei entsprechender Gestaltung der Berechnungssoftware dieses Hilfsmittel nutzbringend anzuwenden [206]. Wie derartige Programme den Konstrukteur sinnvoll unterstützen können, soll am Beispiel der Optimierung einer Arbeitsspindel gezeigt werden. Ausgangspunkt ist die in Bild 5.215 skizzierte Spindel eines Bearbeitungszentrums. Die Spindel in Pinolenausführung wird axial verschiebbar in einer Pinolenhülse geführt, die ihrerseits mit vier Schrägkugellagern (Tandem-O-Anordnung) in einer im Spindelkasten angebrachten Traghülse gelagert ist. Die Positionen 1 und 2 bezeichnen die zwei extremen Ausfahrstellungen der Spindel. Bei der beabsichtigten Änderung der Spindellagerung, die vor allem auf eine Erhöhung der statischen Spindelsteifigkeit zielt, dürfen bestimmte Randbedingungen, wie die Geometrie des Spindelkastens, der Spindeldurchmesser und die erreichbaren Arbeitspositionen der Spindel, nicht verändert werden. Abschätzung der statischen Verformung Ein Bild über das Verlagerungsverhalten der bisherigen Spindelausführung ergibt sich zunächst mit einem stark vereinfachten Modell, für das eine Verformungsberechnung durchgeführt wird (Programm YSPINDEL für Windows) [143]. In dem Modell wird die Spindel (Pinole) einschließlich Pinolenhülse durch einen auskragenden Biegebalken konstanten Querschnitts angenähert, der an zwei Punkten entsprechend der ungefähren Lageranordnung in radialer Richtung elastisch gelagert ist. Die Steifigkeiten der Lager werden zuvor mit einem Hilfsprogramm (Programm WZL WinLager2v0) [164] ermittelt. Dieses Programm unterstützt den Konstrukteur bei der Auswahl von Wälzlagern und ermöglicht die Nachrechnung wesentlicher

440

5 Führungen und Lagerungen

1

3 0 8 F

2 6 6

3 0 8

P in o le n h ü ls e

T ra g h ü ls e

S p in d e l ( P in o le )

S p in d e lk a s te n

1 2 5

2

1

1 2 5

7 2 F

3 0 0

7 2

2

7 2

1

2 6 6

Bild 5.215. Prinzip einer Arbeitsspindel; Spindelvariante 1

Lagereigenschaften wie radiale und axiale Steifigkeit sowie Verlustleistungen. Bild 5.216 zeigt das berechnete radiale Federungsverhalten der hier verwendeten Schrägkugellager bei verschiedenen axialen Vorspannungen und in Abhängigkeit von der Radiallast. Bisherige Spindelkonstruktion Das Ergebnis der überschlägigen Verformungsberechnung der AusgangsSpindelausführung (Variante 1) ist in Bild 5.217 dargestellt. Das Diagramm zeigt für die beiden extremen Ausfahrstellungen der Spindel (Lastangriffsorte F1 und F2 ) jeweils die gesamte radiale Verlagerung der Spindelnase infolge einer dort wirkenden Radiallast von 10 kN sowie die Verlagerungsanteile, die allein auf die Spindelbiegung zurückzuführen sind. Der Lagerabstand wird bei dieser Berechnung bei jeweils konstanter Auskraglänge der Spindel variiert. Vor allem bei der maximalen Ausfahrstellung (Position 2) der Spindel ist ersichtlich, dass die Gesamtverlagerungen an der Spindelnase bei einem bestimmten Lagerabstand (etwa 350 mm) minimal werden. Bei diesem Lagerabstand beträgt der Biegeanteil an der Gesamtverlagerung in beiden Ausfahrstellungen etwa 75%, die restlichen 25% werden durch die Federung in den Lagern verursacht.

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

R a d ia le V e r la g e r u n g d e s In n e n r in g e s [µ m ]

7 0

L a g e A x ia 1 : 2 : 3 : 1 4 : 4 5 : 1 0

6 0 5 0 4 0

rty le V 2 5 5 0 .4 7 .9 2 .1 6

p : o r 0 N 0 N 8 N 1 N 4 N

B 7 1 9 3 6 E s p a n n k ra ft F

441

V ,a x

( le ic h te V o r s p a n n u n g s k la s s e ) ( m ittle r e V o r s p a n n u n g s k la s s e ) ( h o h e V o r s p a n n u n g s k la s s e ) 1

3 0

2 3

4

2 0

5

1 0 0 0

5

1 0 R a d ia le L a g e r la s t F R

1 5 [k N ]

2 0

2 5

Bild 5.216. Radiales Federungsverhalten eines Schrägkugellagers, ermittelt mit dem Programm WinLager2v0. Quelle: [164] 3 0 0

V e r la g e r u n g e n V a r ia n te 1 L a g e re in fe d e r u n g

P o s itio n 2

2 0 0 F S p in d e lb ie g e a n te il

y -g e s

S p in d e ln a s e

m m 2 5 0

1 5 0 1 0 0

F 2

B ie g e a n te il d e r S p in d e l in P o s itio n 1 1

g e s a m te V e r la g e r u n g in P o s itio n 1 y

P o s itio n 2

b 1

B ie g e a n te il d e r S p in d e l in P o s itio n 2 g e s a m te V e r la g e r u n g in P o s itio n 2

5 0

F

L a g e r a n te il in P o s . 1

R a d ia l

= 1 0 k N

S p in d e lb ie g e a n te il in P o s . 1

0

2 0 0

3 0 0

4 0 0

5 0 0

m m

6 0 0

L a g e ra b s ta n d b

Bild 5.217. Spindelverlagerung der Spindelvariante 1 in Abhängigkeit vom Lagerabstand, ermittelt mit dem Programm YSPINDEL für Windows. Quelle: [143]

442

5 Führungen und Lagerungen

Hieraus lässt sich schließen, dass eine Vergrößerung der Lagersteifigkeiten nur geringfügig zu einer Verbesserung des statischen Verformungsverhaltens beitragen kann. Mehr Erfolg verspricht hier eine Reduzierung der Spindelbiegung. Maßnahmen zur Verringerung des Spindelanteils können die Versteifung der Spindel (Durchmesservergrößerung) und Änderung der Lageranordnung (Beeinflussung der Hebelarme) sein. Auf Grund der vorgegebenen Randbedingungen ist bei dem Berechnungsbeispiel nur die letztgenannte Änderung möglich. Konstruktionsvariante In Bild 5.218 ist eine dementsprechend modifizierte Konstruktionsvariante (Variante 2) dargestellt. Um die vordere Lagerstelle näher an die Bearbeitungsstelle zu legen und damit gleichzeitig die Länge des auskragenden Spindelteils zu verkürzen, hat man die am Spindelkasten befestigte Traghülse verlängert und verstärkt. Der Lagerabstand vergrößert sich dadurch auf 466 mm, Lagerdurchmesser und Spindeldurchmesser bleiben unverändert. 1

1 0 8 F

4 6 6

2

1

F

3 0 0

1

1 0 8

T ra g h ü ls e

P in o le n h ü ls e

S p in d e lk a s te n

S p in d e l ( P in o le )

4 6 6

2

Bild 5.218. Konstruktionsvariante der Arbeitsspindel; Spindelvariante 2

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

443

Eine grobe Untersuchung dieser Variante mit dem vereinfachten Berechnungsmodell lässt je nach Ausfahrstellung, wie ein Vergleich der Berechnungsergebnisse in Bild 5.219 mit Bild 5.217 zeigt, Verbesserungen des Verlagerungsverhaltens zwischen 40% (Stellung 2) und 60% (Stellung 1) erwarten.

3 0 0

V e r la g e r u n g e n V a r ia n te 2 F

m m

F 2

S p in d e ln a s e

2 5 0

1

y P o s itio n 2

b 1

2 0 0

B ie g e a n te il d e r S p in d e l in P o s itio n 1 g e s a m te V e r la g e r u n g in P o s itio n 1

1 5 0

y -g e s

P o s itio n 2

1 0 0

B ie g e a n te il d e r S p in d e l in P o s itio n 2

L a g e r a n te il in P o s . 1

g e s a m te V e r la g e r u n g in P o s itio n 2

S p in d e lb ie g e a n te il in P o s . 1

F

5 0

0

2 0 0

3 0 0

4 0 0

5 0 0

m m

R a d ia l

= 1 0 k N

6 0 0

L a g e ra b s ta n d b

Bild 5.219. Spindelverlagerung der Spindelvariante 2 in Abhängigkeit vom Lagerabstand, ermittelt mit dem Programm YSPINDEL für Windows. Quelle: [143]

Detaillierte Nachrechnung der Konstruktionsvariante Natürlich kann die Berechnung mit dem stark vereinfachten Rechenmodell nur Anhaltswerte für das reale Verhalten der Spindelkonstruktion liefern. Aus diesem Grund werden im Anschluss an die Voruntersuchung der verschiedenen Spindelvarianten für die günstigsten Lösungen detailliertere Nachrechnungen mit aufwändigeren Finite-Elemente-Rechenmodellen (s. Kapitel 2.7.1) durchgeführt. Das speziell für verzweigte, ebene Spindel-Lager-Systeme ausgelegte Programm „NewSpilad für Windows“ [146] ermöglicht die Berechnung des statischen Last-Verformungsverhaltens, des Fliehkraftverhaltens, des Temperaturfeldes sowie der Überlagerung des statischen Last-Verformungsverhaltens mit der durch die Thermik hervorgerufenen Belastung. Weiterhin kann das gedämpfte und ungedämpfte dynamische Verhalten ebener, linearer Balkensysteme (Spindeln) ermittelt werden. Ein Vorteil des Programmes liegt in der Möglichkeit, die reale Geometrie von Spindel und Pinolengehäuse sowie die Lageranordnung genau zu erfassen. Hierzu wird die Spindel in einzelne (Balken-)Abschnitte zerlegt, die über ihre Länge jeweils konstante Querschnittsdaten (Außen- und Innendurchmesser) aufweisen. Die

444

5 Führungen und Lagerungen

Lagerstellen werden durch linearelastische Federelemente in Verbindung mit Dämpfungselementen angenähert, so dass die Simulation von Wälz- und Gleitlagern möglich wird. Die Steifigkeiten entsprechen denen der verwendeten Lagertypen. Sie besitzen entsprechend der Modellfreiheitsgrade zwei translatorische (Radial und Axial-)Steifigkeiten und eine rotatorische (Verdreh-)Steifigkeit, zusätzlich ist die Zuweisung von Dämpfungseigenschaften möglich. Es muss hierzu allerdings angemerkt werden, dass die Berechnung von Dämpfungswerten für Spindellager zur Zeit noch nicht vorgesehen ist. Falls die Dämpfung in die Analyse eingehen soll, wird daher die Unterstützung durch messtechnische Untersuchungen erforderlich (s. Kapitel 5.6.3.1.5). Die Belastungen, die auf das System einwirken, können an beliebig vielen Angriffsorten eingeleitet werden, wobei Radiallasten und Biegemomente in der Modellebene zugelassen sind und Eigengewichtseinflüsse automatisch überlagert werden können. Weiterhin besteht die Möglichkeit, Fliehkräfte sowie thermische Effekte in den Berechnungen zu berücksichtigen. Zusätzlich können in einem Berechnungslauf mehrere voneinander unabhängige Belastungszustände analysiert werden. Statisches Verformungsverhalten Bild 5.220 zeigt die Ergebnisse einer statischen Verformungsberechnung mit diesem Programm für die Konstruktionsvarianten 1 und 2 bei maximaler Spindelauskragung. Dargestellt ist jeweils das Modell aus NewSpilad sowie die zugehörige Biegelinie. Die Wälzlager sind in der Modellskizze durch Federn, die Anbindung an den Spindelkasten ist durch Dreiecke symbolisiert. Die Spindelnase wird in beiden Fällen durch eine Querkraft von 10 kN belastet. Die Variante 1 zeigt eine maximale radiale Verlagerung an der Spindelnase von 258,8 µm. Dies entspricht bei einer Last von 10.000 N einer maximalen statischen Nachgiebigkeit von 0,026 µm/N. Die Radialverlagerung kann durch die Umkonstruktion auf 133,1 µm/N reduziert werden, was einer radialen Nachgiebigkeit von 0,013 µm/N entspricht. Die Nachgiebigkeit des Systems kann somit um ca. 48 % verringert werden. Die entsprechenden Werte für die eingefahrene Position betragen 0,007 µm/N bzw. 0,002 µm/N, was einer Abnahme von ca. 71 % entspricht. Damit liegen die Verbesserungen des statischen Verhaltens sogar über den zuvor mit dem groben Modell abgeschätzten Werten. Dynamisches Verhalten Neben dem statischen Verformungsverhalten ermöglicht die Software die Ermittlung der ungedämpften und gedämpften Biegeeigenfrequenzen und Schwingungsformen. Bei einer Berücksichtigung der Dämpfung können ebenfalls Nachgiebigkeitsfrequenzgänge berechnet werden. Bild 5.221 zeigt Berechnungsergebnisse für

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

445

K o n s tr u k tio n s v a r ia n te 1

L a g e ru n g A n k o p p lu n g a n S p in d e lk a s te n

M a x im a le r a d ia le V e r fo r m u n g : y

m a x

= 2 5 8 ,8 µ m

B ie g e lin ie d e s S p in d e ls y s te m s

F

R a d ia l

= 1 0 k N

K o n s tr u k tio n s v a r ia n te 2

L a g e ru n g A n k o p p lu n g a n S p in d e lk a s te n

M a x im a le r a d ia le V e r fo r m u n g : y

m a x

= 1 3 3 ,1 µ m

B ie g e lin ie d e s S p in d e ls y s te m s F

R a d ia l

= 1 0 k N

Bild 5.220. Statisches Verformungsverhalten der Konstruktionsvarianten 1 und 2; Rechenmodell (Spindel in Position 2) und Biegelinie, ermittelt mit dem Programm NewSpilad für Windows. Quelle: [146]

das ungedämpfte Verhalten für die vorgestellte Konstruktionsvariante der Arbeitsspindel. Dargestellt sind die unteren drei Eigenfrequenzen. Auf das gedämpfte Verhalten wird hier verzichtet, da – wie schon erwähnt – allgemeingültige Dämpfungswerte für Spindellager nicht vorliegen. Bei der ersten Eigenfrequenz (etwa 397 Hz) liegt eine Biegeschwingung der Spindel vor, die durch die weit auskragende Pinole auf der vorderen Seite verursacht wird. Bei der zweiten Eigenfrequenz (etwa 436 Hz) schwingt die Spindel in axialer Richtung. Bei der dritten Eigenfrequenz liegt eine kombinierte Kipp- und Hubschwingung der Spindel um den vorderen Lagerbereich vor. Die vierte Eigenfrequenz ist wiederum eine ausgeprägte Biegeschwingung. Inwieweit diese Eigen-

446

5 Führungen und Lagerungen

L a g e ru n g A n k o p p lu n g a n S p in d e lk a s te n

E ig e n fr e q u e n z 4 : 8 2 1 H z

S c h w in g u n g s fo r m e n T r a g h ü ls e

E ig e n fr e q u e n z 3 : 6 0 7 H z

T r a g h ü ls e

E ig e n fr e q u e n z 2 : 4 3 6 H z E ig e n fr e q u e n z 1 : 3 9 7 H z

T r a g h ü ls e

Bild 5.221. Dynamisches Verformungsverhalten der Konstruktionsvariante 2; Rechenmodell (Spindel in Position 2) und Schwingungsformen, ermittelt mit dem Programm NewSpilad für Windows. Quelle: [146]

frequenzen für das Bearbeitungsverhalten der Maschine relevant sind, hängt unter anderem von den auftretenden Erregerfrequenzen und -kräften ab. Zur Berechnung der absoluten Werte der Resonanznachgiebigkeit ist die Kenntnis der Dämpfung in den Lagern und in den Kontaktstellen zwischen Pinole und Pinolenhülse erforderlich. Diese Daten liegen jedoch im Allgemeinen nicht mit ausreichender Genauigkeit vor. Bestehen ähnliche Konstruktionen in ausgeführter Form, so können dynamische Nachgiebigkeitsuntersuchungen Anhaltswerte für die Dämpfungsgrößen liefern, die bei der Berechnung Anwendung finden können. Jedoch ist den Ergebnissen der dynamischen Berrechnung immer eine ausreichende Skepsis entgegen zu bringen.

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

447

5.6.3.3 Konstruktive Maßnahmen zur Verbesserung des dynamischen Verhaltens

Die statischen und dynamischen Eigenschaften einer mechanischen Struktur lassen sich häufig nicht gleichzeitig optimieren. Dämpfungskräfte, die die Resonanzüberhöhungen reduzieren, werden beispielsweise in Lagern nur wirksam, wenn Relativbewegungen im Lager durch die Eigenschwingungsform möglich werden. Dies ist aber nur dann gegeben, wenn die statischen Steifigkeitswerte, d. h. die Einspannkräfte durch die Lager nicht zu hoch ausfallen.

Bild 5.222. Verschiedene Spindel-Lager-System-Konstruktionen mit vorderer Lagerstelle aus verspannten Lagern. Quelle: FAG, SKF

Häufig sind die Forderungen für ein möglichst günstiges dynamisches bzw. statisches Verhalten aus konstruktiven Gründen auf Grund des vorliegenden Bauraumes nicht erfüllbar (Antriebszahnrad der Spindel, große Masse der Riemenscheibe des Hauptgetriebes, Anbau des schweren massebehafteten Werkstückspannfutters). In diesen Fällen bieten sich zur Verbesserung des statischen und dynamischen Verhaltens folgende konstruktive Gestaltungsmöglichkeiten an: • Querkraftfreier Antrieb, wodurch die Masse der Riemenscheibe abgestützt wird, so dass sie keine dynamische Beeinflussung des Spindelsystems hervorruft und

448

5 Führungen und Lagerungen

sich die im Betrieb wirksamen Belastungsänderungen nicht in Form von Querkräften auf das Biegeverhalten der Spindel auswirken können. Eine Alternative ist die Konzeption der Spindel als Motorspindel. • Gezieltes Einspannen der Spindel an der vorderen, arbeitsseitigen Lagerstelle durch Verwendung mehrerer verspannter Lager (Bild 5.222) • Dämpfung der Biegeschwingung der Spindel durch Verwendung eines Dämpfungselementes (Bild 5.223). • Dämpfung der Lagerstelle durch Verwendung einer hydrostatischen Buchse um das Wälzlager (Bild 5.224). Die Hauptspindellagersysteme in Bild 5.222 sind repräsentativ für die Erhöhung der Systemsteifigkeit durch Verwendung mehrerer verspannter Lager in einem großen Abstand. D ä m p fu n g s b u c h s e

9

8

6 7

5

4 3

2

1 0

y C

k 0

C 8

5

5 7 5 6

o h n e z u s ä tz lic h e D ä m p fu n g fR = 2 1 7 ,5 H z ; D = 3 . 1 0 -2 ;

A m p litu d e y

m m

C 0

k

F 3

3 4 5 F = 1 5 N

m it z u s ä tz lic h e r D ä m p fu n g . C 5 = 2 ; D = 1 7 ,6 . 1 0 -2 C 0 2 k 3

= 1 0 0 0 N /m m ; k 8

= 6 0 0 N /m m

0

-2

Bild 5.223. Schwingungsform einer Spindel mit und ohne Dämpfungsbuchse

Sie erhalten durch das zweite Hauptlager eine größere statische Systemsteifigkeit (Einspanneffekt); zwangsläufig verbessert sich auch durch die Beibehaltung der Masseverteilung das dynamische Verhalten. Darüber hinaus bringt das zweite Hauptlager weitere Dämpfung in das System. Zu beachten ist, dass ein höherer

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

449

fertigungstechnischer Aufwand erforderlich ist und dass das zusätzliche Lager eine weitere Wärmequelle darstellt, die evtl. zusätzliche Kühlungsmaßnahmen erfordert. Bild 5.223 zeigt die Auswirkungen eines zusätzlichen Dämpfungslagers auf die dynamische Biegelinie an der Stelle ihrer größten Amplitude. Das am Massenpunkt 5 des Analogiemodells wirkende Dämpfungsglied besteht aus einer Buchse mit großer Ölspalthöhe (z.B. 400 µm). Wegen des großen Ölspaltes hat es keine radiale statische Steifigkeit, sondern besitzt nur eine dämpfende Wirkung (Squeeze-FilmDämpfung) [165]. Das Dämpfungsglied erhöht die Systemdämpfung im vorliegenden Fall von D = 3·10−2 auf D = 17,6·10−2 ; die Resonanzamplitude wird von 6 µm auf 1 µm (Erregerkraft F = 15 N) verringert. Die Dämpfungsbuchse kann man auch konisch ausführen, so dass bei entsprechender Gestaltung der Welle die Ölspalthöhe durch axiales Verschieben der Hülse verändert und somit optimal eingestellt werden kann. Bei allen spanenden Verfahren kann ein mangelndes Dämpfungsverhalten der Maschinenspindeln zu Instabilitäten des Prozesses führen, die sich in sogenannten Ratterschwingungen äußern. Bild 5.224 zeigt eine weitere Möglichkeit, Dämpfung in das Spindellagersystem zu bringen. Hierzu ist um das Hauptlager eine hydrostatische Buchse, die zur Dämpfung der Hauptspindeleinheit verwendet wird, angebracht. Sie wird eingesetzt im Bereich der Lagerung, die dem Tool-Center-Point zugewandt ist. Die beiden Spindellager in Tandem-Anordnung werden in einem stark dämpfenden, nicht rotierenden hydrostatischen Lager aufgenommen, das in axialer und radialer Richtung wirkt. Die geometrischen Abmessungen des Lagers, wie z.B. Stegbreite und -länge, sowie die Viskosität des Hydrauliköls sind so zu wählen, dass die angestrebte Lagersteifigkeit und die optimale Dämpfung möglichst gleichzeitig erreicht werden. Die vorgestellte Konstruktion ermöglicht es, die Führungsgenauigkeit und Drehzahleignung von Wälzlagern mit guten Dämpfungseigenschaften zu kombinieren. In Bild 5.225 ist das gemessene Nachgiebigkeitsverhalten des Lagersystems mit und ohne Dämpfungsbuchse dargestellt. Man erkennt, dass die statische Steifigkeit am TCP durch das zusätzlich in Reihe geschaltete Lager zwar geringfügig reduziert wird, gleichzeitig nimmt aber auch die dynamische Nachgiebigkeitsüberhöhung der ersten Biegeeigenschwingung der Spindel bei 403 Hz deutlich ab. Außer der bisher erläuterten konstruktiven Optimierung hinsichtlich des Systemverhaltens in radialer Richtung mit ihrem Einfluss auf die Gesamtverlagerung ist auch die axiale Steifigkeit eines Spindel-Lager-Systems zu berücksichtigen. Bei Spindellagerungen kann im allgemeinen die axiale Steifigkeit der Spindel als wesentlich größer angesehen werden als die der Lager. Zur Erzielung sehr hoher axialer Steifigkeiten eignen sich besonders Axialkugellager und gegeneinander verspannte Kegelrollenlager, wie sie in Bild 5.226 an einer Getriebewelle gezeigt sind. Mit dem Verspannungsschaubild lassen sich die Auswirkungen einer Vorspannung auf die elastischen Verlagerungen infolge der Belastung verdeutlichen. Bild 5.227 zeigt die Federkennlinien der verspannten Lager und ihrer Umbauteile entsprechend Bild 5.226. Die von links nach rechts ansteigende Kennlinie gehört zu

450

5 Führungen und Lagerungen

H y d r o s ta tis c h e s L a g e r , a x ia l

S p in d e l- G e h ä u s e

H y d r o s ta tis c h e s L a g e r , r a d ia l D ä m p fu n g s b u c h s e

Ö l- L u ftE in s p r itz d ü s e n

S p in d e lk ö r p e r

W ä lz la g e r

Bild 5.224. Hydrostatische Dämpfungsbuchse für wälzgelagerte Spindeln 1 .0 0 0 o h n e D ä m p fu n g s b u c h s e

m it D ä m p fu n g s b u c h s e

0 .1 0 0

0

0 .0 1 0

-9 0

0 .0 0 1 0

2 0 0

4 0 0

6 0 0

8 0 0

F re q u e n z [H z ]

P h a s e [° ]

N a c h g ie b ig k e it [µ m /N ]

4 0 3 H z

-1 8 0 1 2 0 0

Bild 5.225. Messtechnisch ermittelter Nachgiebigkeitsfrequenzgang für eine Spindel mit hydrostatischer Dämpfungsbuchse

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

451 B

A

F

d

a 1

D is ta n z r in g e

Bild 5.226. Vorgespannte Kegelrollenlagerung. Quelle: SKF

den durch die Betriebskräfte zusätzlich belasteten Bauteilen; die durch Betriebskräfte entlasteten Bauteile sind durch die von rechts nach links ansteigenden Kennlinien repräsentiert. Man erkennt aus Bild 5.227, dass die Anordnung durch die Lagerumbauteile weicher wird (gestrichelt: Lager allein; ausgezogen: Lager mit Umbauteilen). Fall 1: Fall 2: Fall 3:

Lager A ist gegen Lager B mit Fv1 vorgespannt; zusätzliche Axialkraft F (am Ritzel) verursacht axiale Verschiebung δa1 . FV 2 < FV 1 ; F verursacht die Federung δa2 ; Lager B wird gerade spielfrei. Lagerung A, B nicht vorgespannt (aber spielfrei). F erzeugt Federung δa3 (δa3 > δa2 > δa1 ). Lager B völlig entlastet, spielbehaftet, Schlupf, d. h. die axiale Steifigkeit ist in diesem Fall wesentlich geringer als im Fall 1.

Wie in Kapitel 5.6.3.1.2 beschrieben, beeinflussen der Gesamttemperaturgang und die relativen thermoelastischen Geometrieveränderungen die Lagervorspannung. Dieser Vorgang verändert zwangsläufig das statische und dynamische Verhalten der Spindel-Lager-Systeme. Es ist daher auch wichtig, das thermische Verhalten zu kennen, denn die durch die Verlustleistung der Wälzlager erzeugten Wärmemengen können zu erheblichen Verformungen des Spindelkastens und damit zu thermischen Verlagerungen der Spindel führen (vgl. Kapitel 2.5). Die radial und axial auftretenden Verlagerungen beeinflussen direkt die Arbeitsgenauigkeit. Deshalb soll die thermoelastische Verlagerung in Richtung des Werkzeugangriffspunktes möglichst gering sein. Die axiale Spindelausdehnung kann weitestgehend durch Anordnung des Axiallagers dicht neben dem Hauptlager im Hinblick auf die Arbeitsgenauigkeit unwirksam gemacht werden.

452

5 Führungen und Lagerungen L a g e r B

L a g e r A

o h n e U m b a u te ile

L a g e r s te lle B g e s a m t

L a g e r s te lle A g e s a m t m it U m b a u te n

A x ia lk r a ft F

a

V o rs p a n n k ra ft F

v

F a ll 1 F

v 1

F

F a ll 2 F F

v 2

a A

F F

F a ll 3

d d

a 2

d

a 1

a B

d a

a 3

a x ia le F e d e r u n g ( V o r s p a n n w e g )

Bild 5.227. Abhängigkeit der Vorspannkraft vom Vorspannweg. Quelle: SKF

Die thermisch bedingte Verlagerung kann bereits im Konstruktionsstadium berücksichtigt werden, indem durch Variantenrechnung, z.B. nach der FiniteElemente-Methode, innerhalb vorgegebener Randbedingungen die thermischen Verlagerungen verschiedener Gehäuseentwürfe überprüft werden (Auffinden einer thermosymmetrischen Konstruktion, vgl. Kapitel 2.5). Schließlich besteht bei bereits im Einsatz befindlichen Werkzeugmaschinen die Möglichkeit, thermische Verlagerungen durch entsprechende Korrektur der Werkzeugzustellung automatisch zu kompensieren (s. Band 3). 5.6.3.4 Abdichtung der Lagersysteme

Die Abdichtung eines Spindel-Lager-Systems hat eine Doppelfunktion. Zum einen soll sie die Lagerung vor Staub, Kühlflüssigkeiten oder Schneidflüssigkeiten aus der Spindelumgebung schützen und somit eine hinreichende Funktionstüchtigkeit und Lebensdauer der Lagerung gewährleisten. Zum anderen soll sie verhindern, dass Lagerschmierstoff aus dem Lagersystem austritt, was im Falle der Fettschmierung nach einer gewissen Laufzeit zum Trockenlauf und somit zur Lagerzerstörung und im Falle der Öl-Minimalmengen- bzw. Öleinspritzschmierung zu einer chemischen Zersetzung der Kühlemulsion oder zu einer unnötigen Umweltbelastung führen kann.

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

453

Grundsätzlich können Dichtungen je nach Anwendung in Systeme für statische und dynamische Dichtstellen unterschieden werden (Bild 5.228). Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist, ob die Funktion des Dichtens berührend oder berührungsfrei erfolgt [109].

D ic h tu n g e n D y n a m is c h e D ic h ts te lle n

S ta tis c h e D ic h ts te lle n

d re h e n d b e w e g t

W e lle n d ic h tu n g e n

b e r ü h ru n g s fre i

b e rü h re n d

O - R in g E n tlü ftu n g D ic h tm a s s e B a lg d ic h tu n g P r o fild ic h tu n g F la c h d ic h tu n g M e m b r a n d ic h tu n g H o c h d r u c k v e r s c h lu s s S c h n e id r in g d ic h tu n g . .

T e il 1

S ta n g e n - , K o lb e n - , L in e a r f ü h r u n g s d ic h tu n g e n

b e rü h re n d

b e r ü h ru n g s fre i

F ilz r in g S to p fb u c h s e G le itr in g d ic h tu n g R a d ia lw e lle n d ic h tr in g . . .

S p a ltd ic h tu n g L a b y r in th d ic h t. S p e r r lu ftd ic h tu n g . . . .

a b z u d ic h te n d e r S to ff

F

lin e a r b e w e g t

b e rü h re n d N u tr in g A b s tr e ife r D ic h tk a n te n r in g K o m p a k td ic h tu n g . . .

a b z u d ic h te n d e r S to ff

T e il 1

L e c k a g e L e c k a g e H ilfs s to ff ( D ic h tk ö r p e r )

F

T e il 2

B e r ü h r e n d e D ic h tu n g

T e il 2

th e r m o d y n a m is c h e u n d s tr ö m u n g s te c h n is c h e E ffe k te

B e r ü h r u n g s fr e ie D ic h tu n g

Bild 5.228. Einteilung von Dichtungen. Quelle: Haas

Generell wird eine berührende Dichtung dadurch realisiert, dass die Fuge zwischen zwei abzudichtenden Teilen mit einem geeigneten Hilfsstoff gefüllt wird. Dieser Hilfsstoff wird so stark verpresst, dass sowohl seine internen Poren als auch die Mikrospalte zwischen Hilfsstoff und abzudichtenden Teilen so klein werden, dass der zurückzuhaltende Stoff nicht mehr durchdringen kann. Bei berührungsfreien Dichtungen wird versucht, mit thermodynamischen und strömungstechnischen Effekten den abzudichtenden Stoff zurückzuhalten. Eine Dichtung wird dann als „berührungsfreie Dichtung“ bezeichnet, wenn die beiden

454

5 Führungen und Lagerungen

dichtspaltbildenden Teile mit und ohne Bewegung und ohne Hilfsenergie dauerhaft durch einen endlichen Spalt voneinander getrennt sind [51, 66, 67]. Bei der berührenden Abdichtung eines bewegten Maschinenteils wird in der Regel ein beweglicher, in sich dichter Dichtkörper durch eine Anlegekraft so an seine Gegendichtfläche angepresst, dass obige Forderung statisch erfüllt ist. Bewegt sich nun eine der Dichtflächen genügend schnell, so bildet sich zwischen den Dichtflächen ein dynamischer Dichtspalt. Sowohl die Trägheit und Viskoelastizität des Dichtkörpers als auch hydrodynamische und vor allem elasto- und mikroelastohydrodynamische Effekte zwischen den Dichtflächen führen zur Spaltbildung. Der makro- und/oder mikroskopische Pressungsverlauf bestimmt die elastohydrodynamische Schmierfilmbildung. 5.6.3.4.1 Berührende Dichtsysteme Zur berührenden Abdichtung rotierender Maschinenteile gibt es einige unterschiedliche Dichtsysteme (Bild 5.229).

A

B

C

D

E F

G

p

P T F E H

I

p J

K

L

M

Bild 5.229. Berührende Dichtungsysteme. Quelle: Haas

An der Spindelnase kommen in der Praxis außer I, J, K und M alle dargestellten Elemente zum Einsatz; häufig werden der V-Ring (B), die PTFEManschettendichtung (H) und der Radial-Wellendichtring (F) eingesetzt. Problematisch bei allen berührenden Elementen ist die aus der Reibleistung PR resultierenden Erwärmung des Systems (Bild 5.230). Betrachtet man nicht den Temperaturgang der Spindel, sondern nur das Dichtelement, dann ist die dort herrschende Temperatur der begrenzende Faktor für die Gleitgeschwindigkeit zwischen den Dichtflächen. Diese ist neben der Grundtemperatur des technischen Systems von der erzeugten Reibleistung und der Wärmeabfuhr aus dem Dichtflächenbereich (Berührfläche) abhängig.

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

455 R e ib le is tu n g :

G e h ä u s e

µ

Z u g fe d e r M e m b ra n R a d ia lk r a ft F N

t h A u

b e i V o lls c h m ie r u n g

b a

D ic h tk a n te b

W e lle

B e r ü h r flä c h e :

D ic h tlip p e T e m p e ra tu r J

P re s s u n g :

p p b

d

= R e ib w e r t = R e ib le is tu n g [W ] N = N o r m a lk r a f t [ N ] = S c h u b s p a n n u n g [N /m m ²] = V is k o s itä t [N s /m ² ] = B e r ü h r flä c h e [m m ² ] = U m fa n g s g e s c h w in d ig k e it [m /s ] m = m it t le r e B e rü h rp re s s u n g [N /m m ²] L = L in ie n p r e s s u n g [ N / m m ] = D u rc h m e s s e r = B e r ü h r b r e ite R

F

a b z u d ic h te n d e F lü s s ig k e it

B e r ü h r b r e ite

P

B e rü h rflä c h e

Bild 5.230. Berechnungsgrundlage eines Radial-Wellendichtrings (RWDR). Quelle: Haas

Soll nun die Einsatzgrenze eines berührenden Dichtelements angehoben werden, ist entweder die Reibleistung zu verringern und/oder die Wärmeabfuhr zu verbessern. Eine geringere Anpresskraftkraft und eine schmalere Berührfläche führen zum gewünschten Ergebnis. Die Reibleistung wird geringer und die Wärmeabfuhr wird durch die schmalere Berührfläche verbessert. Beim V-Ring verringert sich mit zunehmender Umfangsgeschwindigkeit infolge der Fliehkraft die Anpressung. Bei ca. 15 m/s hebt die Dichtlippe von der Gegenlauffläche ab. 5.6.3.4.2 Berührungsfreie Dichtsysteme Sind Fluide auch bei höchsten Drehzahlen verlustleistungsarm und langzeitbetriebssicher abzudichten, versagen alle berührenden Dichtsysteme [51,66,67]. Dies ist nur mit berührungsfreien Dichtsystemen möglich (Bild 5.231). Sind Wellendurchtrittsstellen nur bespritzt oder drucklos schwallartig überflutet, eignen sich hierfür besonders Fanglabyrinth- und Sperrluftdichtsysteme. Die dargestellten erhältlichen Dichtsysteme versagen jedoch bei starker Flüssigkeitsbespritzung. Fanglabyrinth-Dichtungen Günstig gestaltete berührungsfreie Dichtsysteme (Bild 5.232) beinhalten möglichst häufig die 8 Wirkprinzipien Abweisen, Abspritzen, Abschirmen, Umlenken, Drosseln, Rückfördern, Auffangen, Abführen und werden Fanglabyrinth-Dichtungen genannt. Das Dichtsystem Fanglabyrinth wird in Eingangs-, Innen-, Ablauf- und Ausgangsbereich unterteilt. Am wichtigsten ist der Eingangsbereich. Was nicht in den Innenbereich eindringt, muss dort auch nicht entsorgt werden.

456

5 Führungen und Lagerungen A

B

G

C

H

I

P r im ä r b e s p r itz u n g

D

E

J

F

K

L

S e k u n d ä r b e s p r itz u n g

R ü c k la u f

Bild 5.231. Berührungsfreie Wellen-Dichtsysteme. Quelle: Haas Z w e c k g e r e c h te G e s ta ltu n g e in e r b e r ü h r u n g s fr e ie n W e lle n a b d ic h tu n g F a n g la b y r in th - D ic h tu n g R e a lis ie r u n g : P r a x is a u s fü h r u n g

V o ra u s s e tz u n g

A u ffa n g e n

A b w e is e n , U m le n k e n A b s c h ir m e n

In te g r a tio n d e r W ir k p r in z ip ie n • A b w e is e n • A b s p r itz e n • A b s c h ir m e n

a n s p r itz e n d e F lü s s ig k e it

• U m le n k e n • D r o s s e ln • R ü c k fö rd e rn • A u ffa n g e n • A b fü h re n

R e a lis ie r u n g - Id e a lis ie r te F o r m F a n g r in n e

A b s p r itz e n

Ü b e rd e c k u n g a n s p r itz e n d e F lü s s ig k e it

A u s g a n g s b e r e ic h

In n e n b e r e ic h A b la u fb e r e ic h

S tir n flä c h e n s p a lt R in g s p a lt

a n s p r itz e n d e F lü s s ig k e it E in g a n g s b e r e ic h

A b fü h re n

A b s c h ir m e n

Bild 5.232. Gestaltung einer Fanglabyrinth-Dichtung. Quelle: Haas

D r o s s e ln , R ü c k fö rd e rn

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

457

Mit der Ausführung des Eingangsbereichs werden die Größe, die Komplexität, die Kosten und auch die erzeugte Verlustleistung maßgeblich festgelegt. Ideal sind eine gehäusefeste Fangrinne mit daran anschließendem überdeckten Stirnflächenspalt und nachfolgendem „engen“ Ringspalt. Bild 5.233 zeigt, wie wirksam verschieden gestaltete Eingangsbereiche das Eindringen von Flüssigkeit in den Innenbereich der Dichtung verhindern. B

A

2 5 0

B

A

D

D H

E E

F

G H

C

F D H

1

C

G

E F

G

U m fa n g s g e s c h w in d ig k e it

Bild 5.233. Eindringen von Flüssigkeit bei Anwendung verschieder Dichtprinzipien im Eingangsbereich. Quelle: Haas

Bei Bespritzung von rechts fließen durch einen Eingangsbereich der günstigen Ausführung G nur noch 0,4 % der Menge verglichen mit der Ausführung A, einem einfachen, engen achsparallelen Spalt. Stirnflächen- und Ringspalte verhalten sich prinzipiell unterschiedlich. Während bei rotierender Welle Stirnflächenspalte eingedrungene Flüssigkeit aktiv nach außen pumpen und sich entleeren, verhalten sich achsparallel Ringspalte nahezu passiv und entleeren sich nicht. Bild 5.234 zeigt einen optimal gestalteten Eingangsbereich mit Erläuterung der Gestaltungsmerkmale und die Bewertung von Gestaltungsvarianten. Die dichtungstechnische Wirkung wird in diesem Bild durch die Anzahl der dunklen Punkte angegeben. Die Bewertung der Spindelabdichtung gilt für beliebige Spindellagen und Anspritzrichtungen. In Bild 5.235 sind die wesentlichen Gestaltungsmerkmale und Funktionen einer Dichtkammer dargestellt. Eine so gestaltete Dichtkammer beinhaltet die Wirkprinzipien Abspritzen, Umlenken, Auffangen und Abführen. Eine zentrale Forderung bei der Dichtkammergestaltung besteht darin, die Kammer weitest gehend mit stationären und so wenig wie möglich mit bewegten (rotierenden) Wänden zu begrenzen. Rotierende Teile wie z.B. Spritzscheiben dürfen nur so weit wie unbedingt erforderlich in die Kammer radial hineinstehen. Dies gilt ganz besonders für hohe

458

5 Führungen und Lagerungen

A b w e is e n

•

F lü s s ig k m itte ls m g ro ß e r G fa n g r in n a n g e fa s s c h e ib e v e r m e id

e its s ta ö g lic h e h ä u s e u n d te r S p r

•

u

s t e itz -

e n

D e r a n s p r itz e n d e n F lü s s ig k e it a m S p a lte in g a n g m ö g lic h s t w e n ig B e n e tz u n g s flä c h e a n b ie te n

U m le n k e n

S tr a h lim p u ls v o m S p a lte in g a n g fe r n h a lte n

•

A u ffa n g e n •

V e r d ir e a n s g e k s c h

h in d e r n k te n S p p r itz u n g rö p fte S e ib e

tio n ä r e h ä u s e fa n g r in n e m it g lic h s t g r o ß e m e r s c h n itt

F r e ie s A b s p r itz e n v o n d e r m itr o tie r e n d e n S p r itz s c h e ib e s ic h e r s te lle n

G e d a S p a b

h ä u s e fa n g r in n e rf d u rc h r itz s c h e ib e n ic h t g e d e c k t s e in !

• D r o s s e ln • R ü c k fö r d e r n

D r o s s e ln

C

D

E

• •

B

A b s p r itz e n

S ta G e m ö Q u

S p a lth ö h e 0 ,1 ... 0 ,3 m m

A

d e r a ltd u rc h p r itz -

A b s c h ir m e n

A b s c h ir m e n d e s a x ia le n E in g a n g s s p a lts v o r d ir e k te r F lü s s ig k e its b e s p r itz u n g

G la tte S p a ltflä c h e n , k e in e S c h ra u b e n k ö p fe , F ö rd e rs tru k tu re n u .s .w . S p a lth ö h e 0 ,2 ... 0 ,5 m m

D ie A n z a h l d e r d u n k le n P u n k te g ib t d ie d ic h tu n g s te c h n is c h e W ir k s a m k e it a n .

Bild 5.234. Gestaltungsrichtlinien für den Eingangsbereich einer berührungsfreien Spindelabdichtung. Quelle: Haas

Umfangsgeschwindigkeit (größer 20 m/s) und Dichtkammern nahe dem Ausgangsbereich des Dichtsystems. Der Grund dafür ist, möglichst wenig Luftbewegung in diesen Dichtkammern anzufachen, um größere Druckunterschiede und Luftturbulenzen, die Flüssigkeitströpfchen losreißen und unkontrollierbar umherwirbeln, zu vermeiden. Erfahrungsgemäß wirken Dichtkammern um so besser, je weniger Luftturbulenzen im Inneren auftreten. Die aus dem Ringspalt in Bild 5.235 in eine Fangkammer einströmende Flüssigkeit muss am axialen Weiterfließen entlang der Oberfläche der Welle gehindert werden. Hierzu muss die Welle einen radial etwa 2 mm überstehenden schmalen Ring aufweisen, der auch als Spritzring oder Stauscheibe bezeichnet wird. Dieser Ring muss einen genügend großen Abstand (größer 2 mm) von der eingangseitigen Stirnwand der Kammer aufweisen, um ein aktives Einsaugen von Flüssigkeit in die Dichtkammer zu vermeiden. Bei stillstehender oder langsam drehender Welle dient dieser Ring als Barriere gegen axiales Durchströmen in Richtung des Austrittsspalts der Fangkammer (Stauscheibe). Bei zunehmender Drehzahl wird die Flüssigkeit dann nach außen an die Kammerwand geschleudert (Spritzring). Bei sehr hoher Drehzahl wird die mitrotierende Flüssigkeit jedoch größtenteils schon vor dem Spritzring an der Welle abgeschleudert bzw. abgedrängt und fließt entlang den Dichtkammerwänden und der Fangrinnne den Rücklaufkanälen zu. Um zu vermeiden, dass die Flüssigkeit beim Aufprall an der Kammerwand stark zerspritzt und auf die Welle zurückprallt, soll die auffangende Kammerwand zur Abspritzrichtung geneigt – also kegelig – sein. Über der Welle ist die Fangkammer begrenzt von einer zylindrischen Fangrinne, deren Rand zusammen mit der austrittsseitigen Stirnfläche des Spritzrings den Ausgangsstirnspalt aus der Kammer

5.6 Wälzführungen und Wälzlager G e h ä u s e

459 D ic h tk a m m e r

k e g e lig e W a n d F a n g r in n e F lü s s ig k e it S p r itz r in g ( S ta u s c h e ib e )

S tir n flä c h e n s p a lt

R in g s p a lt W e lle

R ü c k la u fk a n a l

Bild 5.235. Gestaltung und Elemente der Dichtkammer. Quelle: Haas

bildet. Erstreckt sich die kegelige Wand steil genug über den Ausgangsspalt hinweg, so tropft auch nach dem Stillsetzen der Welle nichts von oben in diesen Spalt. Ein kegeliger Rand des Spritzrings und der Fangrinne verhindern, dass anhaftende Flüssigkeit bei ruhender Welle in den Ausgangsspalt, den Stirnflächenspalt, abläuft. Für besondere Anforderungen – viel, wenig, sehr wenig Flüssigkeit dringt ein – kann die Gestalt der Dichtkammer speziell optimiert werden. Bild 5.236 zeigt einige Gestaltungsvarianten mit Bewertung. In den Fangkammern fließt die aufgefangene Flüssigkeit infolge der Schwerkraft und der Luftströmung über die Ringflächen und die Stirnflächen des Gehäuses. Sie muss möglichst schnell in den unteren Bereich der Kammer gelangen. Bei hoher Drehzahl kann die Wirkung der Luftströmung örtlich überwiegen, das heißt, die Flüssigkeit wird in einem Teil der Kammer nach oben getrieben und gelangt erst auf der anderen Seite nach unten. Vom tiefsten Bereich jeder Fangkammer muss ein Rücklaufkanal mit möglichst großem Querschnitt, also geringem Strömungswiderstand ausgehen. Der Rücklaufkanal jeder Kammer soll getrennt geführt werden. In der Regel sind Bohrungen von der Größe der Kammerbreite zu klein. Besser sind von der tiefsten Stelle der Fangkammer ausgehende, in Umfangsrichtung möglichst breite Auslaufschlitze. Der Übergang vom ringförmigen Teil der Fangkammer zum Auslaufschlitz sollte trichterförmig angeschrägt sein. Die Fangkammer darf keinesfalls, auch nicht für kurze Zeit, so weit gefüllt sein, dass der Flüssigkeitsspiegel bis zum Austrittsspalt ansteigt oder die Welle in die Flüssigkeit eintaucht.

460

5 Führungen und Lagerungen

I. E rs te D ie e B e im d u rc h

D rs fü e

ic te n in

h tk a n v ie fte n s e p

m m e r, r B e is p B e is p ie a ra t a u

w e n n ie le s l m u s f d e r

in fo lg e u in d V a r ia s d a s G e S p in d e l m

n g ü n s tig n te n , b e h ä u s e g o n tie r te

e m i d e e te s T

E in n e n ilt w e il r

g a n d ie e rd e e a lis

g s b e r e ic S p in d e l n . E in r a ie r t w e r d

h v ie l F lü s s ig k e it e in d r in g t. a x ia l v o n v o r n e s te c k b a r is t. d ia le r E in g a n g s s p a lt k a n n e n .

II. Z w e ite D ic h tk a m m e r o d e r a u c h e r s te D ic h tk a m m e r . V o r a u s s e tz u n g : N u r n o c h w e n ig F lü s s ig k e it d r in g t e in . D a e in e w e ite r e G e h ä u s e te ilu n g in a lle r R e g e l n ic h t a k z e p tie r t w e r d e n k a n n , m u s s b e i e in e r z w e ite n o d e r d r itte n D ic h tk a m m e r d ie S p in d e l a x ia l s te c k b a r s e in .

III. D r itte b z w . le tz te D ic h tk a m m e r . N u r n o c h ä u ß e r s t g e r in g e F lü s s ig k e its s tr ö m e tr e te n in d e r D ic h tk a m m e r e in . W e s e n tlic h is t e in w e ite r A u s g a n g s s p a lt, e in e F a n g r in n e , e in e s c h r ä g e D ic h tk a m m e r w a n d ü b e r d e m A u s g a n g s s p a lt u n d fr e ie s A b s p r itz e n d e s S c h le u d e r r in g s .

Bild 5.236. Dichtkammergestaltung bei waagerechter Spindellage. Quelle: Haas A u s g a n g s -R a d ia ls p a lt

A u s g a n g s -A x ia ls p a lt

A u ffa n g e n

S c h rä g e K a m m e rw a n d

S e k u n d ä r a b d ic h tu n g

G e e v e rh v o n S p a

L in H ä S p R e V e g e S p

S ta tio n ä r e F a n g r in n e m it m ö g lic h s t g r o ß e m Q u e r s c h n itt, tie f.

V e r h in d e r t d a s A b tr o p fe n v o n F lü s s ig k e it

E la s to m e r - O - R in g

ig n in d F lü lth ö

e te S p e r t d ie s s ig k e h e 1 ,0

a lth ö h e B ild u n g its r in g e n . ... 2 ,0 m m

A b fü h re n ø 6 / 8 x 1 2 J e d e D ic h tk a m m e r is t m it e in e m g e n ü g e n d g r o ß e n A b la u fk a n a l z u v e r s e h e n . D a b e i s o llte in d e r e r s te n D ic h tk a m m e r d e r A b la u fk a n a l d ie g a n z e D ic h tk a m m e r b r e ite a u s n u tz e n . R ü c k la u fb o h r u n g a u s d e r le tz te n D ic h tk a m m e r im S p in d e lg e h ä u s e n ic h t p a r a lle l z u r S p in d e la c h s e a n o rd n e n . N e ig u n g ³ 1 0 ° .

k e r T e il: e n g lt F e tt a m L a g e r a lth ö h e 0 ,2 ... 0 ,5 c h te r T e il: w e it r h in d e r t d ie B ild u s c h lo s s e n e n F lü s a lth ö h e 1 ,0 ... 2 ,0

G e h ä u s e e in b e u g t P la n s r o tie r e n d e n F lü s s ig k e its

n g e in e s s ig k e its r in g s m m

D r o s s e ln R ü c k fö rd e rn S p a lth ö h e 0 ,2 ... 0 ,5 m m

A u ffa n g e n ø 1 2 0

A n d e r M a s c h in e n w a a m S p in d e lg e h ä u s e a b la u fe n d e F lü s s ig k e g ro ß e r G e h ä u s e fa n g u m d ie D ic h ts te lle h e a b le ite n .

n d , it in r in n e ru m

A b w e is e n U m le n k e n A b s p r itz e n A b s c h ir m e n

A u ffa n g e n G e g e b e n e n fa lls A b s c h ir m u n g d e s R ü c k la u fk a n a ls .

m m

d re h u n g c h e n d e r S p in d e l im s u m p f v o r.

F r e ie s A b A b s c h ir m E in g a n g s g e k rö p fte

s p e n s p S

r itz e n u n d d e s a lte s d u r c h p r itz s c h e ib e .

D r o s s e ln R ü c k fö rd e rn

D r o s s e ln

S p a lth ö h e 0 ,2 ... 0 ,5 m m

S p a lth ö h e 0 ,2 ... 0 ,3 m m

E in F lü E in g a n m itte ls u n d a b s c h e ib D ie d ir s p r itz u

Bild 5.237. Dichtungsbeispiel für beliebige Wellenlage im Raum. Quelle: Haas

s s ig k e its s ta u g s b e r e ic h w ir G e h ä u s e fa n g g e s c h rä g te r S e v e r m ie d e n . e k te S p a lta n n g w ir d v e r h in d

im r in n e p r itz d e rt.

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

461

Im Ausgangsbereich müssen die Spalte möglichst weit sein. Damit vermeidet man Flüssigkeitsbrücken, die sich infolge von Adhäsion und zwischenmolekularen Kräften der Flüssigkeit über den Spalt spannen und nach dem Stillsetzen der Welle als Leckage auslaufen können. Neben der richtigen Gestaltung der dynamischen, d.h. bewegten Dichtstelle ist auch die statische Dichtstelle des Dichtsystems von Bedeutung. Jede Gehäuse- und Wellenfuge muss abgedichtet sein; am besten mittels einer ElastomerFormdichtung, z.B. einem O-Ring. Bild 5.237 zeigt ein erläutertes Ausführungsbeispiel für ein FanglabyrinthDichtsystem einer Spindel. Da die Welle Luft mitschleppt, entsteht in den Dichtkammern eine meist turbulente Luftströmung und oft ein Luftzug durch die Dichtung hindurch. Auch glatte Flächen der Welle wirken als Ventilatoren, da sie die Luft tangential mitschleppen und dadurch nach außen pumpen. Eine Abstufung der Welle im Bereich der Dichtung bewirkt einen Luftdurchzug zum größeren Durchmesser hin. Die durchziehende Luft kann Flüssigkeitsnebel oder Staubpartikel transportieren und dadurch je nach Zugrichtung zu einer Umweltbelastung oder zu Funktionsstörungen des technischen Systems führen. 0 m l/m in

0 L u fts tro m b e i I/P = 1 /9

L u fts tro m

P a

b e i I/P = 5 /5

-1 0 0 0

-3 0

L u fts tro m

L u fts tro m

b e i I/P = 1 0 /0

-2 0 0 0

-6 0 D r u c k v e r la u f b e i T r o c k e n la u f

-3 0 0 0

-4 0 0 0 0

D p

1 5 0 0

3 0 0 0

D iffe r e n z d r u c k

D

p

L u fts tro m b e i T r o c k e n la u f

-9 0 I/P = Im p u ls - /P a u s e n v e r h ä ltn is in 1 0 - te l S e k u n d e n

4 5 0 0

6 0 0 0

7 5 0 0

m in

-1

9 0 0 0

-1 2 0

D re h z a h l

Bild 5.238. Selbstinduzierte Luftförderung einer berührungsfreien Wellendichtung. Quelle: Haas

Wird der Luftdurchzug hauptsächlich von den rotierenden Teilen der Dichtung erzeugt, so steht seine Richtung auf Grund der Gestalt der Dichtung fest (Bild 5.238). Hierbei wurde die selbstinduzierte Luftförderung bei freier Durchströmung und Druckaufbau in einem geschlossenen Raum einer berührungsfreien

462

5 Führungen und Lagerungen

Wellendichtung, NILOS-LSTO-Ring mit einem Wellendurchmesser von 60 mm, untersucht. Bei dem Versuch wurde das Verhalten im Trockenlauf und bei Bespitzung mit verschiedenem Impuls-/Pausenverhältnisen, I/P in 10-tel Sekunden, ermittelt. Beeinflussen angrenzende Rotorteile wie beispielsweise Kupplungen, Zahnräder, Spannfutter usw. den Luftstrom zusätzlich, so muss eventuell die Richtung des Luftdurchzugs experimentell ermittelt werden.

L h

F lu id h

ø D n

V is k o s it ä t h [m P a ·s ]

S p a lth ö h e h [m m ]

S c h le p p le is tu n g P [W ]

L u ft 0 ,0 1 8

0 ,0 1 0 ,0 5 0 ,3 1

1 5 ,3 3 ,1 0 ,5 0 ,1 5

W a s s e r 1

0 ,0 1 0 ,0 5 0 ,3 1

8 5 0 1 7 0 2 8 8 ,5

S p in d e lö l 1 0

0 ,0 1 0 ,0 5 0 ,3 1

8 5 0 0 1 7 0 0 2 8 0 8 5

S c h m ie r ö l 1 0 0

0 ,0 1 0 ,0 5 0 ,3 1

8 5 .0 0 0 1 7 .0 0 0 2 .8 0 0 8 5 0

S c h le p p le is tu n g

P = A

B e is p ie l:

D

· t · u = p · D

· L ·

h · u h

2

= 1 0 0 m m / L = 1 0 m m u = 5 2 m ·s n = 1 0 .0 0 0 m in -1 Þ

-1

Bild 5.239. Leistungsverlust im Fluid. Quelle: Haas

Ein geringer Luftdurchzug lässt sich bei berührungsfreien Dichtungen meist nicht vermeiden. Oft kann er toleriert werden und manchmal ist er erwünscht, weil er Kondenswasser trocknet. Unter günstigen Bedingungen kann die Luftförderung durch geeignete Gestaltung der Welle nahezu unterbunden werden. Dass ein berührungsfreies Dichtsystem praktisch keine Verlustleistung hat, stimmt nur so lange, wie bewegte und stationäre Wände nicht durch Flüssigkeitsbrücken miteinander in Wechselwirkung stehen. Betrachtet man einen fluidgefüllten Spalt hinsichtlich seiner Verlustleistung bei höherer Gleitgeschwindigkeit, so stellt man fest, dass in engen Spalten, die mit höherviskosem Fluid gefüllt sind, eine erhebliche Verlustleistung erzeugt wird und es demzufolge auch zur meist unerwünschten Erwärmung des technischen Systems kommt (Bild 5.239). Dominant für die Verlustleistung ist die Gleitgeschwindigkeit, die quadratisch eingeht. Sperrluftdichtungen Bei Sperrluftdichtungen bildet die Druckluft das Dichtmittel. Zwischen zwei engen Spalten L1 und L2 wird über eine Ringnut Luft oder ein anderes Gas unter Druck

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

463

eingeleitet (Bild 5.240). An der Einleitungsstelle baut sich ein Druck p0 auf und die Luft strömt durch die Spalte ab. Dabei sinkt der statische Druck der Luft im Spalt auf den Umgebungsdruck am Spaltende. Wird nun ein Spaltende mit Flüssigkeit beaufschlagt und damit für die durchströmende Luft zumindest teilweise verschlossen, so dringt die Flüssigkeit nur so weit in den Spalt vor, bis der jeweilige örtliche Luftdruck im Spalt gleich dem dortigen Flüssigkeitsdruck ist. Der Flüssigkeitsdruck kann durch einen gemäß Bild 5.234 günstig gestalteten Eingangsbereich sehr gering gehalten werden. Die Luft muss allerdings aufbereitet werden, d.h. sie muss getrocknet und gefiltert der Dichtung zugeführt werden, um Schmutzpartikel und Kondenswasser aus der Lagerung fern zu halten.

V

s ta tis c h

0

6

p

5 0

4 3

V

d y n a m is c h 2

p

L 2

2

2

L

1 1

v

F lü s s ig k e it p

V p

p

F 1

, p 0

0

p (x ) o h n e F lü s s ig k e it p

p 2

x 1

p p

V 0

0

p

m it F lü s s ig k e it p 2

p

0

= c o n s t = c o n s t

F

p 1

x

Bild 5.240. Prinzip einer Sperrluftdichtung. Quelle: Haas

Wird nach einem günstigen Eingangsbereich statt eines Fanglabyrinths eine Sperrluftdichtung integriert, so spart man meist Bauraum in axialer Richtung, wie der Vergleich in Bild 5.241 zeigt. Die Dichtfunktion ist lageunabhängig, d.h. sie wirkt in waagerechter wie auch senkrechter Einbaulage. Beim Fanglabyrinth müssen dagegen Ablauföffnungen nach unten oder waagrecht zeigen. Bild 5.242 stellt verschiedene konstruktive Lösungen zur Gestaltung der Sperrluftdichtung vor. Neben den starren Luftzufuhrvarianten (A bis C) werden auch solche mit selbst einstellendem Luftspalt eingesetzt (D bis I). Die selbst einstellenden Systeme nutzen den aerostatischen Luftlagereffekt. Der bewegliche Dichtring wird hierbei durch die Düsen der Luftlager auf zentrischem Abstand zur Welle gehalten.

464

5 Führungen und Lagerungen a n s p r itz e n d e F lü s s ig k e it

A u ffa n g e n

A b w e is e n , U m le n k e n A b s c h ir m e n

F a n g la b y r in th o h n e S p e r r lu ft

A b s p r itz e n

g e w o n n e n e r B a u ra u m S p e r r lu ft- S p a lte S p e r r lu ft- Z u fu h r

E in g a n g s b e r e ic h m it S p e r r lu ft D r o s s e ln , R ü c k fö rd e rn

Bild 5.241. Axialer Bauraumgewinn durch Sperrluftdichtungsvariante. Quelle: Haas

A

B

C

D

E

p o r ö s

F

G

Bild 5.242. Sperrluftdichtsysteme. Quelle: Haas

H

I

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

465

Die starren Dichtringe D bis F sind jedoch aufwändiger und weniger betriebssicher. Dagegen verhalten sich die Systeme mit elastischem Ring H und I wesentlich sicherer. Hier wird auch bei ausbleibender Sperrluft der Spalt berührend verschlossen. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass mit den Sperrluftdichtungen eine effektivere Abdichtung erreicht werden kann. Allerdings erfordern die engen Spalte eine präzise Fertigung. Häufig stellt eine Kombination aus Fanglabyrinthund Sperrluftdichtung die optimale Lösung dar. Abdichtung von Stäuben Bei modernen Bearbeitungsmaschinen zur Trockenbearbeitung tritt eine vermehrte Staubbildung durch Makrospäne im Arbeitsraum auf. Hierbei versagen nach dem momentanen Stand der Technik berührungsfreie Dichtsysteme ohne zusätzliche Sperrluftunterstützung. Eine effektive Abdichtung des Spindel-Lager-Systems ist hier nur mit der Kombination von Sperrluftuntersützung und einem günstig gestalteten Eingangsbereich der Dichtstelle möglich. 5.6.3.5 Schmierversorgungsanlagen

Reibung und Verschleiß sind die Hauptursachen der Lebensdauer- und Leistungsgrenze. Um die Lebensdauer der Maschinenelemente zeitlich auszudehnen und damit die Störanfälligkeit der Maschinen zu verbessern, muss stets eine ausreichende Schmierung der gegeneinander bewegten Teile gewährleistet sein. Zur Zuführung des Schmierstoffes werden auf dem Markt eine Reihe von Ölversorgungsanlagen angeboten. Grundsätzlich ist zwischen Systemen für die • •

Ölminimalmengenschmierung und Öleinspritz-Umlaufschmierung

zu unterscheiden, deren Verwendung vom Schmierstoffbedarf der Lagerung abhängt. Das Ölminimalmengenschmierprinzip lässt sich folgendermaßen realisieren: • • •

mittels Ölnebel-Schmierung, mittels Öl-Luft-Schmierung, indirekt durch die Fettschmierung.

Für die beiden erstgenannten Schmierprinzipien sind entsprechende Versorgungsanlagen auf dem Markt erhältlich. Im Folgenden werden der Aufbau und die Funktionsweise dieser Versorgungsanlagen vorgestellt und erläutert [179]. Ölnebel-Schmiersystem Bild 5.243 zeigt den prinzipiellen Aufbau einer Anlage und eine Spindel für Ölnebelschmierung. Der für dieses Schmierprinzip erforderliche Ölnebel wird im Mikronebel-Öler erzeugt. Dies geschieht durch eine Zerstäubung des Schmieröles

466

5 Führungen und Lagerungen

in einem Luftstrom. Es entstehen kleinste Öltropfen mit einem Durchmesser von 0,5 bis 1,5 µm, welche dann vom Öler aus, im Luftstrom schwebend, durch Rohrleitungen zum Lager transportiert werden. Kurz vor Eintritt in das Lager wird in der Regel der Ölnebel durch Verdichterdüsen geleitet, welche den Durchmesser der Öltröpfchen vergrößern. Es entstehen Makrotröpfchen mit einem Durchmesser von 5 bis 10 µm, welche sich auf Grund ihrer größeren äußeren Oberfläche besser im Lager abscheiden lassen.

Ö ln e b e ls c h m ie r a n la g e

L u ftn e tz A n s c h lu s s

S p e r r v e n til

W a r tu n g s e in h e it z u r F ilte r u n g u . E n tfe u c h tu n g

S p in d e l-L a g e r -S y s te m

M ik r o n e b e l- Ö le r

D r u c k m in d e r e r u . -m a n o m e te r

M a n o m e te r

D r u c k s c h a lte r

Ö ln e b e l- Z u fü h r u n g

Ö la b la u f

Bild 5.243. Prinzipieller Aufbau einer Ölnebelschmieranlage und Spindel-Lager-System mit Ölnebelschmierung. Quelle: [179]

Vorteil einer Ölnebelanlage ist, dass die Ölminimalmengenschmierung mit recht geringem Aufwand realisiert wird. Ansonsten besitzt dieses Schmierprinzip einige gravierende Nachteile, die im Folgenden aufgeführt werden: •

Bei schnell drehenden Wälzlagern besteht die Gefahr, dass der Transportluftdruck nicht ausreicht, um die Luftverwirbelung im Bereich der Wälzkörper zu durchdringen. • Da eine Ölzuführung mehrere Lager gleichzeitig versorgt, können die im Ölnebel geführten Schmierstoffmengen dem tatsächlichen Schmierstoffbedarf des

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

467

Lagers nicht exakt angepasst werden. Aus diesem Grunde wird zur Sicherung der Lagerfunktion stets eine Überölung angestrebt. • Bei der Luft-/Ölnebelführung vom Öler über Ölleitungen, Bohrungen und Fittings kommt es zwangsläufig an einigen Stellen zu Luftverwirbelungen und Ölausscheidungen bzw. Ölansammlungen. Diese sich anhäufenden Ölvolumina, die in gewissen Zeitabständen in das Lager geraten, führen zu einer Reibungserhöhung durch die zu große EHD-Schmierfilmdicke und damit zu kurzzeitiger Überhitzung und Überlastung des Lagers. Häufig wird hierdurch das Lager derart geschädigt, dass es seine Funktion nicht mehr erfüllen kann und ausgetauscht werden muss. Diese betriebsunsicheren Eigenschaften sind die Ursache dafür, dass die Ölnebelschmierung in der Praxis selten vorzufinden ist. Öl-Luft-Schmiersystem Die Öl-Luft-Schmierung wurde entwickelt, um die Nachteile der Ölnebelschmierung hinsichtlich Dosierbarkeit und Ölabscheidung im Zuführkanal zu beheben. Der grundsätzliche Unterschied zur Ölnebelschmierung besteht darin, dass das Öl wie ein Rinnsal an der Innenwand des Zuführrohres durch den Luftstrom zum Lager transportiert wird. Hierzu wird in regelmäßigen Zeitabständen mit Hilfe einer Dosieranlage eine geringe Ölmenge (Tropfen) in den Ölkanal eingegeben. Um eine gleichmäßige Streckung des Öltropfens in einen Film zu erreichen, sind Schlauchbzw. Rohrlängen von mindestens einem Meter erforderlich. Der Innendurchmesser beträgt etwa 2mm. Die Funktionsweise einer Ölversorgungsanlage wird in den Bild 5.244 und Bild 5.245 an Hand der skizzierten Dosierverteileranlage vorgestellt [83, 179]. L u fts tro m Ö ls tr o m

Z a h n ra d p u m p e n a g g re g a t

S c h a ltv e n til R ü c k s c h la g v e n til

L u ft

D ru c k b e g re n z e r D ru c k w ä c h te r (L u ft)

Ö l Ö ls ta n d w ä c h te r D ru c k w ä c h te r

z u d e n L a g e rs te lle n

D r u c k s p e ic h e r P u m p e

M

F ilte r D o s ie r v e r te ile r

Ö l- R e s e r v o ir

Bild 5.244. Prinzipieller Aufbau des Öl-Luft-Aggregates auf Dosierverteiler-Basis. Quelle: Willy Vogel

468

5 Führungen und Lagerungen z u m

z u m

L a g e r

L a g e r

S c h m ie r s te lle n le itu n g H u b v o lu m in a K o lb e n

K o lb e n fe d e r A M a n s c h e tte n lip p e

H a u p tle itu n g

R u h e s te llu n g A -A 4 :1

K o lb e n r a u m

V ie r k a n ts te u e r s tü c k

F ö rd e rta k t

U m s c h ie b e ta k t

Bild 5.245. Funktionsweise der Dosiereinheit. Quelle: Willy Vogel

Jede zu versorgende Lagerstelle besitzt ihren eigenen Dosierkolben, der die erforderliche Ölmenge in die Zuführleitung gibt. In bestimmten Zeitabständen wird in der Hauptleitung der Ölversorgungsanlage über das Schaltventil Druck aufgebaut. Durch diesen Druck strömt der Schmierstoff um die Manschettenlippe in den Kolbenraum und bewegt den Kolben gegen die Federkraft (Fördertakt). Nach Beendigung der Schmierstoffförderung wird der Druck in der Hauptleitung abgebaut. Sobald der Druck abfällt, drückt die Feder auf den sich unter dem Kolben befindenden Schmierstoff. Dadurch wird die Lippe der Steuermanschette gespreizt. Das mit der Manschette verbundene Vierkantsteuerstück wird nach unten bewegt und gibt die Umsteuerbohrung frei. Der Schmierstoff wird aus dem Kolbenraum in den Federraum gedrückt (Umschiebetakt). Am Ende hat der Kolben wieder seine Ruhestellung erreicht, und der Verteiler ist für den nächsten Schmierimpuls vorbereitet. Die notwendige Anpassung der Ölmenge, die an die Zuführleitungen abgegeben wird, an die Bedürfnisse der Lagerung wird durch eine Veränderung der Frequenz des Kolbenhubes ermöglicht. In der Schmierstellenleitung wird der dosierte Öltropfen durch die strömende Luft an der Innenwand der Leitung bis zur Schmierstelle weiter befördert. Während des Transports soll er zu einem dünnen Film gestreckt werden, der dann als quasistationärer Volumenstrom in das Lager eingeblasen wird. Die in Bild 5.244 dargestellte Versorgungsanlage kann mit einem Überwachungssystem gekoppelt werden, das folgende Aufgabe übernimmt [163]: • • • • •

Druckaufbau und Druckabbau in der Hauptleitung, Schmierstoffdurchflusskontrolle, Füllstandsüberwachung im Schmierstoffbehälter, Öltemperaturkontrolle, Verteilerfunktion,

5.6 Wälzführungen und Wälzlager



469

Schmierstoffmengenregulierung.

Bild 5.246 zeigt die praktische Ausführung einer Spindel mit Öl-Luft-Schmierung. Bei der Gestaltung des Ölzufuhrrohrsystems und der Ölschmierstelle unmittelbar am Lager sind die nachstehenden Richtlinien einzuhalten:



Querschnittsänderungen müssen vermieden werden. Falls eine Querschnittsänderung unumgänglich ist, so sind stetige, z.B. konische, Übergänge vorzusehen, um den Ölfilm an der Rohrwandung nicht zu unterbrechen. Die Zuführstelle des Öles am Lager richtet sich nach der Lagerart (Bild 5.247). Bei Lagern, die in einer Richtung eine Pumpwirkung besitzen, wie es u.a. beim Schrägkugel- und Kegelrollenlager der Fall ist, muss das Öl in Pumpenrichtung zugeführt werden.

Æ 1 0 0

Ö l- L u ft- Z u fu h r le itu n g e n

L a g e r 7 0 2 0 C

h y d r a u lis c h e V o r s p a n n e in r ic h tu n g

Æ 1 0 0



S c h m ie r s to ffa b flu s s

Bild 5.246. Spindel-Lager-System mit Öl-Luft-Schmierung

Insbesondere bei schnellaufenden Spindeln (n · dm > 2 · 106 mm/min), in denen die Fettschmierung ihre Grenzen erreicht, sollte diese Schmierungsart Anwendung finden. Die Luftturbulenzen um den rotierenden Wälzkörperkäfig verhindern jedoch den Eintritt der Minimalölmengen in die Wälzkörper-/Lagerring-Kontaktstellen. Eine erfolgversprechende Möglichkeit, das Öl an die richtige Stelle zu bringen, ist in Bild 5.247 rechts (WZL-Schrägkugellager) dargestellt. Durch ein bis drei Bohrungen im Außenring direkt neben der Kontaktbahn der Wälzkörper wird das Öl mit der Förderluft in das Lager gebracht. Die Bohrungen mit ca. 0, 3mm Durchmesser werden mit einem YAG-Laser in den gehärteten Ring eingebracht. Jede Zuführbohrung hat ihren eigenen Öleranschluss.

470

5 Führungen und Lagerungen W Z L - m o d ifiz ie r te s S c h r ä g k u g e lla g e r

S ta n d a rd - L a g e r

Ö lz u fu h r Ö la b fu h r

Ö l + L u ft A b lu ft

Ö lz u fu h r d u r c h A u ß e n r in g b is z u 3 x a m U m fa n g

Bild 5.247. Geeignete Zuführstelle des Öles. Quelle: [120]

Gestaltung der Fettkammern für die Fettschmierung Das Prinzip der Fettschmierung beruht darauf, dass sich das bei der Spindelmontage in das Lager eingegebene Fett durch einen Fettverteilungslauf der Spindel hauptsächlich im Außenring in der Nähe der Wälzkörperkontaktbahnen ansiedelt. Das im Fett gespeicherte Öl fließt von hier in äußerst geringen Mengen zur Laufbahn und versorgt diese in ausreichender Weise. Nach ca. 5.000 bis 10.000 Stunden Betriebszeit je nach Drehzahl und Betriebstemperaturniveau des Lagers ist das Fett ausgeölt und muss ersetzt werden. Bei Verwendung der Fettschmierung sind keine Versorgungsanlagen wie bei den verschiedenen Ölschmierarten nötig. Dennoch ist hier besondere Sorgfalt bei der Bemessung der Fettmenge im Lager aufzubringen. Die Fettmenge sollte ein Drittel des freien Lagerraumes nicht überschreiten. Vor und hinter dem Lager ist konstruktiv genügend Freiraum vorzusehen, damit überschüssiges Fett während des Einlaufvorganges durch die drehenden Wälzkörper und den rotierenden Käfig aus dem Lager herausgedrängt werden kann. An den Lagerrändern bildet sich dann ein Fettkragen, welcher einen Fett- bzw. Ölvorrat darstellt. Häufig werden vor und hinter dem Lager Fettvorratskammern angeordnet (Bild 5.248), die ebenfalls mit Fett gefüllt werden. Sie haben die Funktion, zusätzliche Fettreserven aufzunehmen, deren Grundöl ebenfalls die Wälzkontaktflächen im Lager versorgen kann (vgl. Abschn. 5.6.2.9). Diese Vorratskammern sollten höchstens bis zur Hälfte mit Fett gefüllt werden, damit noch hinreichend Platz für das während der ersten Laufstunden aus dem Lager verdrängte Fett übrig bleibt. Der Au-

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

471

F e ttm e n g e n : im

fr e ie n L a g e r r a u m : b is z u 3 0 % d e s fr e ie n L a g e r r a u m s in V o r r a ts k a m m e r n : b is z u 5 0 % d e s K a m m e r v o lu m e n s

V o rd e re K a m m e r m it F e ttv o r r a t

F e tt im fr e ie m L a g e rra u m

H in te r e K a m m e r m it F e ttv o r r a t

Bild 5.248. Fettvorratskammern

ßendurchmesser des Kammerfreiraumes sollte dem Innendurchmesser des Lageraußenringbordes entsprechen. Auf diese Art kann eine Fettbrücke ungehindert von der Kammer bis zur Lagerlaufbahn entstehen, welche für die Grundölbelieferung der Lagerlaufflächen aus den Vorratskammern heraus Voraussetzung ist [179].

-1

-1

-1

-1

-1

-1

4 0 0 0 m in

4 0 0 0 m in

4 0 0 0 m in

4 0 0 0 m in

4 0 0 0 m in

-1

3 0 0 0 m in

4 0 0 0 m in

-1

2 0 0 0 m in

T e m p e ra tu r [D J ]

3 -7 0 2 2 E

1 -N N 3 0 2 0

S p in d e lla g e r - G r u p p e Z y lin d e r r o lle n la g e r

3 0 s e c

D J 5 m in

6 0 s e c

D J

= 1 4 K

= 8 K

Bild 5.249. Fettverteilungslauf einer Spindellagerung mit 110 mm Spindeldurchmesser. Quelle: FAG

472

5 Führungen und Lagerungen

Bevor fettgeschmierte Lager in den Dauerbetrieb genommen werden, muss in einem Einlaufvorgang die Fettverteilung im Lager vorgenommen werden. Dazu ist in bestimmten Zeitabständen die Spindel kurzzeitig auf mindestens die halbe Betriebsdrehzahl hochzufahren und nach kurzer Zeit wieder stillzusetzen (Bild 5.249). Die in den Lagern entstandene Wärme verteilt sich auf Spindel und Gehäuse. Eine Lagerüberbelastung auf Grund zu großer Temperaturdifferenzen zwischen Innen- und Außenring kann so vermieden werden. Nach einer bestimmten Pausenzeit ist der Vorgang zu wiederholen, wobei jetzt jedoch die Drehzahl höher eingestellt werden kann als beim ersten Mal. Dieser Vorgang ist mehrmalig durchzuführen, bis nach dem Hochfahren die Lagertemperatur bei der Spindelbetriebsdrehzahl einen Beharrungszustand erreicht. Ab dann ist der Fettverteilungsvorgang abgeschlossen. Die Betriebszeit bzw. die Lebensdauer des fettgeschmierten Lagers ist in erheblichem Maße von den Betriebszuständen Lagerdrehzahlbereich und -belastung sowie von konstruktiven Gegebenheiten, wie insbesondere der Fertigungsgenauigkeit des Lagers, der Spindel, des Gehäuses und der Umbauteile sowie der Dichtigkeit der Spindel, abhängig. Bei einem Einsatz der Spindel mit mittlerer Drehzahl ist eine Lebensdauer der Fettschmierung von mindestens vier bis fünf Jahren zu erwarten [179]. Danach muss das Fett ersetzt werden. Öleinspritzschmiersysteme Beim Lagereinsatz mit Drehzahlkennwerten n · dm > 2 · 106 mm/min wird häufiger das Öleinspritzschmierprinzip verwendet, da es z.Zt. als einziges Schmiersystem eine betriebsunabhängige Vollschmierung des Lagers gewährleistet (vgl. Kapitel 5.6.2.10). Bild 5.250 zeigt den prinzipiellen Aufbau einer Öleinspritzschmieranlage. Diese Anlage ist aufwendiger zu realisieren als eine Minimalmengenschmieranlage: • Wegen der wesentlich größeren Ölmengen, die hier je Lager nötig sind (1 bis 3 l/min statt 10 bis 50 mm3 /h), sind hier erheblich höhere Pumpenleistungen erforderlich. • Es ist eine Rückkühlung des vom Lager zurückkommenden Öles notwendig, da das Öl insbesondere bei größeren Lagerdrehzahlen durch die Planscharbeit im Lager stark erwärmt wird (s. Kapitel 5.6.2.10).

5.6.3.6 Drehdurchführungen

Das modifizierte Anforderungsprofil der Hochgeschwindigkeitsbearbeitung, d.h. höhere Spindeldrehzahlen und gestiegene Kühlschmierstoffmengen bzw. Kühlschmierstoffdrücke, sorgt nicht nur im Falle des Spindel-Lager-Systems für steigende Belastungen, sondern auch bei den Drehdurchführungen, durch die Kühlschmierstoff, Druckluft und bei Bedarf auch andere Medien (z.B. Hydrauliköl, Schneidöl) in die Spindel eingeleitet und ggf. auch zurückgeleitet werden.

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

473

D ru c k w ä c h te r M a n o m e te r F ilte r m it D u r c h flu s s w ä c h te r

S p in d e l

M

S a u g p u m p e

Ü b e r d r u c k v e n til (p = k o n s ta n t) K ü h le r P u m p e

M

Bild 5.250. Prinzip der Einspritzschmierung mit zusätzlicher Kühlung

Drehdurchführungen besitzen einen mit der Spindel verbundenen Rotor und einen Stator, in den das durchzuführende Medium eingespeist wird. Sie werden durch ein Lastkollektiv aus dem Druck des durchzuführenden Mediums und der Drehzahl der Spindel belastet. Sowohl Druck als auch Drehzahl bewirken Belastung und Verschleiß der sich bewegenden und berührenden Elemente. Die Drehdurchführung muss dem Anwendungsfall (Medium) angepasst werden. Ein Betrieb bei Maximaldrehzahl und gleichzeitigem Maximaldruck sollte daher unbedingt vermieden werden. Mit steigenden Anforderungen können drei Ausführungsformen der Drehdurchführungen unterschieden werden. Die einfachste Bauform ist gleitgelagert, wobei als Gleitlagermaterialien Kohlegraphitringe, ölgetränkte Lagermetallbuchsen oder Elastomerringe zum Einsatz kommen (Bild 5.251). Solche Durchführungen erreichen in der Regel Drehzahlen bis ca. 250 min−1 und können Flüssigkeitsdrücke bis ca. 200 bar übertragen. Bei Druckluft bleibt der Maximaldruck aus Lebensdauerund Dichtheitsgründen auf 10 bar beschränkt (Quelle: Deublin). Um höhere Drehzahlen zu erreichen, werden Drehdurchführungen mit wälzgelagerten Rotoren eingesetzt. Zur Dichtung werden fast ausschließlich berührende Gleitringdichtungen eingesetzt, die vor allem bei hohen Drehzahlen und Drücken in ihrer Funktion weniger beeinträchtigt werden und weniger Verschleiß aufweisen als etwa Radialwellendichtringe. Eine Gleitringdichtung besteht aus zwei hochgenau bearbeiteten, planparallelen Dichtflächen, die aneinander anliegen und aneinander abgleiten. Die Dichtwirkung wird durch eine üblicherweise mit Federn aufgebrachte Anpresskraft erzeugt. Diese wird im Betrieb durch den Druck des durchgeführten Mediums unterstützt, der auf einen der Gleitringe wirkt. Als Dichtungsmaterial für diese Standard-

474

5 Führungen und Lagerungen S ta to r

R a d ia l- G le itla g e r A x ia l- G le itla g e r

A x ia l- G le itla g e r

R o to r

M e d iu m

F e d e r

L e c k ö l

L e c k ö l

O - R in g - D ic h tu n g

Bild 5.251. Prinzip einer gleitgelagerten Drehdurchführung für den Einsatz bei niedrigen Drehzahlen. Quelle: Deublin

R ille n k u g e lla g e r

L a b y r in th d ic h tu n g z u m S c h u tz d e r K u g e lla g e r

v e r d r e h g e s ic h e r te r G le itr in g

G e h ä u s e

R o to r

M e d iu m

D r u c k e n tla s tu n g (L e c k a g e rü c k fü h ru n g )

F e d e r fe in g e lä p p te D ic h tflä c h e n a u s S iliz iu m k a r b id

Bild 5.252. Wälzgelagerte Standard-Drehdurchführung für Drehzahlen bis 10000 min−1 und 70 bar Kühlmitteldruck. Quelle: Deublin

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

475

Drehdurchführungen, die bis ca. 10000 min−1 eingesetzt werden können, wird Stahl mit Kohlegraphit oder Siliziumkarbid gepaart. Bild 5.252 zeigt ein Beispiel einer solchen Drehdurchführung. V e r d r e h s ic h e r u n g

S ta to r

D ic h tflä c h e R o to r

D ic h tr in g

p

O - R in g A n d ru c k fe d e r

p

M e d ie n d r u c k p w ir k t v o n b e id e n S e ite n a u f d ie R in g k o lb e n flä c h e d e r G le itr in g d ic h tu n g

Bild 5.253. Druckentlastete Gleitringdichtung. Quelle: Deublin

Der Maximaldruck liegt für Flüssigkeiten etwa bei 70 bar bzw. bei 10 bar für Druckluft (Quelle: Deublin). Der Verschleiß der Dichtungen kann durch eine hydrostatische Entlastung reduziert werden (Bild 5.253), indem der Druck des durchgeführten Mediums nicht nur auf eine Seite des Gleitrings wirkt, sondern auf beide Seiten. Der Einsatzbereich solcher Standard-Drehdurchführungen wird durch verschiedene Maßnahmen erweitert: • Einsatz von Schrägkugellagern in Genauigkeitsausführung (Spindellager) in XAnordnung (Quelle: Deublin). • Einsatz der Werkstoffpaarung Hartmetall/Keramik oder Keramik/Keramik (Siliziumkarbid) als Material für die Gleitringdichtungen. • Einsatz von Rotorzentrierungen oder Flanschrotoren zur Reduzierung der Unwuchten. Bild 5.254 zeigt eine solchermaßen modifizierte Drehdurchführung. Die Einsatzgrenze der Durchführungen kann auf Drehzahlwerte bis zu 25.000min−1 angehoben werden. Der Maximaldruck ist in diesem Fall auf 240 bar bei Flüssigkeiten (Quelle: Deublin) und 20 bar bei geöltem Luftdruck (Quelle: GAT) beschränkt. Nicht für jede Arbeitsoperation wird dem Werkzeug Kühlschmierstoff durch die Spindel angeboten. In diesen Fällen läuft die Drehdurchführung trocken, was nach kurzer Zeit zu einem Totalausfall führen würde, da es zu Fressen bzw. hohem Verschleiß der Dichtflächen kommt. Wird die Kraft der Feder, die die Anpresskraft der

476

5 Führungen und Lagerungen W e llfe d e r z u m S c h r ä g k u g e lla g e r

a x ia le n V e r s p a n n e n d e r K u g e lla g e r v e r d r e h g e s ic h e r te r G le itr in g G e h ä u s e

R o to r

e la s to m e r e M e m b ra n

M e d iu m D r u c k e n tla s tu n g (L e c k a g e rü c k fü h ru n g )

fe in g e lä p p te D ic h tflä c h e n a u s S iliz iu m k a r b id S e k u n d ä r d ic h tu n g z u m S c h u tz d e r K u g e lla g e r

Bild 5.254. Trockenlauffähige Drehdurchführung für Drehzahl bis 15000 min−1 und 120 bar. Quelle: Deublin

Dichtringe erzeugt, durch eine Elastomermembran (Bild 5.254) ersetzt, kann dieses Problem vermieden werden. Der Grund hierfür ist, dass die Elastomermembran eine druckproportionale Anpresskraft nur dann liefert, wenn sie mit Druck des Mediums beaufschlagt wird. Während des Trockenlaufs, d.h. im drucklosen Zustand, berühren sich die beiden Dichtringe nicht, so dass kein Verschleiß auftreten kann. Diese Drehdurchführung zeichnet sich durch einen großen Leckagesammelraum und eine besondere, optimierte Labyrinthdichtung zum Schutz der Kugellager aus. Eine weitere Leistungssteigerung ist durch die Verwendung von berührungslosen Dichtungen möglich. Diese Dichtungen wirken durch die Drosselwirkung enger axialer Spalte und weisen eine in engen Grenzen gehaltene Leckage auf. 5.6.4 Kugelrollspindelsysteme

Die Entwicklung numerisch gesteuerter Werkzeugmaschinen forderte u.a. StickSlip- und spielfreie Vorschub- und Antriebssysteme. Dazu mussten reibungsarme Antriebs- und Führungselemente geschaffen werden. Wälzführungen und Kugelrollspindelsysteme sind das Ergebnis dieser Bemühungen. Ein Kugelrollspindelsystem ist als die Aufwicklung einer Wälzführung auf einer Spindel darstellbar. Sie dient wie alle Schrauben-Mutter-Systeme zur Umwandlung einer Drehbewegung in eine Linearbewegung oder umgekehrt. Als Hauptanwendungsgebiete sind Vorschubantriebe sowie Bewegungsachsen im Messgerätebau zu nennen.

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

477

L a g e ru n g e n

S p in d e lm u tte r S p in d e l

F ü h ru n g s b a h n e n S p in d e l

M o to r

Bild 5.255. Aufbau des Kugelrollspindelsystems. Quelle: Bosch Rexroth AG

Bild 5.255 zeigt die Abbildung eines Kugelrollspindelsystems für einen Schlittenantrieb und eine Abbildung der Spindellagerung. Die positiven Eigenschaften der Kugelrollspindel sind: • sehr guter Wirkungsgrad auf Grund der Rollreibung (bis zu 95 %), • kein Stick-Slip (Ruckgleiten), • bei richtiger Dimensionierung kaum Verschleiß und dadurch ausreichende Lebensdauer, • vorspannbar und damit spielfrei, • ausreichende Federsteifigkeit. Als nachteilig sind die geringe Dämpfung und die Erwärmung der Mutter sowie der Spindel bei hohen Drehzahlen durch die Kugelumlenkung zu erwähnen. Da die Kugeln zwischen den Führungsnuten von Spindel und Mutter abwälzen, führen sie eine Tangential- bzw. Umfangsbewegung aus. Hierdurch wird eine Rückführung der Kugeln notwendig. In Bild 5.256 ist ein Kugelrollspindelsystem mit Kugelrückführung über die gesamte Mutterlänge gezeigt. Durch eine angepasste Gestaltung der Kugelumlenkstücke treten die Kugeln tangential aus dem tragenden Mutterbereich aus bzw. in ihn ein. Dennoch ist ein Stoß durch die Kugel bei hohen Drehzahlen unvermeidbar. Die geometrische Gestaltung und der Werkstoff der Umlenkung entscheiden über die Geräuschentwicklung, die Erwärmung und den Verschleiß der Mutter bei höheren Drehzahlen. Ebenso sind Muttern im Einsatz, bei denen die Kugeln nach jedem ersten oder zweiten Gewindegang zurückgeführt werden. Der Vorteil liegt dabei im geringen

478

5 Führungen und Lagerungen

Bild 5.256. Kugelrollspindel mit Kugelrückführung. Quelle: Bosch Rexroth AG

Platzbedarf der Muttern. Die Vielzahl der Kugelein- und -austritte wirkt sich jedoch nachteilig auf ein gleichmäßiges Abwälzen aus und bewirkt eine Erhöhung von Reibung, Verschleiß und Geräusch.

M u tte r

D is ta n z s c h e ib e

D is ta n z s c h e ib e

M u tte r

M u tte r S p in d e l D o p p e lm u tte r u n te r Z u g s p a n n u n g (O -V o rs p a n n u n g )

D o p p e lm u tte r u n te r D r u c k s p a n n u n g (X -V o rs p a n n u n g ) M u tte r

M u tte r

S p in d e l E in z e lm u tte r m it 2 - P u n k t- V o r s p a n n u n g

E in z e lm u tte r m it 4 - P u n k t- V o r s p a n n u n g

Bild 5.257. Erzeugung der Vorspannung bei Kugelrollspindeln. Quelle: THK

5.6 Wälzführungen und Wälzlager

479

Im Allgemeinen wird hohe Steifigkeit und/oder Spielfreiheit (keine Umkehrspanne) gefordert, so dass man Kugelrollspindelsysteme vorspannt. Dies kann entweder durch eine Zweiteilung der Spindelmutter (Doppelmutter) oder durch eine vorgespannte Einzelmutter realisiert werden. Bild 5.257 zeigt unterschiedliche Möglichkeiten zur Erzeugung der Vorspannung. Im oberen Teil sind 2 Doppelmuttern unter Zug- bzw. Druckspannung abgebildet. Zwischen den Muttern ist ein kalibrierter Distanzring eingefügt, der die beiden Mutternhälften auseinander- bzw. zusammendrückt. Im unteren Bildteil sind zwei Einzelmuttern mit 2- bzw. 4-Punkt-Kontakt dargestellt. Die 2-PunktVorspannung wird durch einen Steigungssprung in der Mitte der Mutter erreicht. Die Vorspannung zwischen Spindel und Mutter wird, wie auch bei der Mutter mit 4-Punkt-Vorspannung, durch die gerichtete Auswahl der Kugeldurchmesser ermöglicht. Solche Einzelmuttern verbessern die Gesamteigenschaften des Kugelgewindetriebs, wie hohe Steifigkeit, gutes Drehvermögen, hohe Taumelgenauigkeit, kompakte und leichte Bauweise. Die 4-Punkt-Kontakt-Mutter hat jedoch den Nachteil, dass Differentialschlupf auftritt, wodurch erhöhter Verschleiß und vorzeitige Genauigkeitsverluste verursacht werden. In Abhängigkeit von der Richtung der größten äußeren Belastung ist zu entscheiden, ob die Vorspannung des Kugelrollspindelsystems auf Zug- oder Druckspannung der Spindel vorzusehen ist. Zur Erhaltung hoher Steifigkeit muss gewährleistet sein, dass auch bei Einwirkung einer äußeren Belastung eine geforderte Mindestvorspannung erhalten bleibt (vgl. Kapitel 5.6.2.4). Z a h n k ra n z A

P a s s s c h e ib e z u m V e r s p a n n e n d e r b e id e n G e w in d e m u tte r te ile

Z a h n k ra n z

G e w in d e s p in d e l

Z a h n r a d a n G e w in d e r o lle A

G e w in d e r o lle

S c h n itt A :A

Bild 5.258. Planetenrollengewindetrieb. Quelle: INA

Bei längeren Spindeln stellen diese im Gesamtstrukturverband eine statische und häufig auch dynamische Schwachstelle dar. Um die Steifigkeit zu erhöhen, wird die Spindel an beiden Seiten durch axial wirkende Lager vorgespannt. Der Vorteil dieser konstruktiven Lösung wird im Band 3 dieser Buchreihe eingehend diskutiert. Werden besonders hohe Anforderungen an die Steifigkeit bei nicht zu großer Verfahrgeschwindigkeit gestellt, bietet sich als Alternative zur Kugelrollspindel auch die Planetenrollengewindespindel an (Bild 5.258). Allerdings weisen solche

480

5 Führungen und Lagerungen

Spindeln größere Wälz- und Gleitkontaktflächen auf, so dass hier eine erhöhte Reibung und somit Wärmeentwicklung in Kauf genommen werden muss. Bei diesen Planetenrollengewindetrieben befinden sich zwischen der Gewindemutter und der Spindel Planetenrollen. Die Planetenrollen werden durch ein Planetenzahnradgetriebe auf Abstand gehalten. Hierzu besitzen die Planetengewinderollen an ihren Enden Zahnradritzel, die in die Zahnkränze an den Mutternenden eingreifen. Die Gewinderollen wälzen zwischen Mutter und Spindel ab. Eine Vorspannung zwischen Spindel und Mutter wird auch hier durch eine Zweiteilung der Mutter erreicht. Die beiden Mutternhälften werden durch eine Passscheibe auf Abstand gehalten, deren Dickenmaß für die Höhe der Vorspannung verantwortlich ist. In Band 3 wird ausführlich auf die Gewindegetriebe in Verbindung mit Vorschubantrieben eingegangen.

5.7 Abdichtung, Schmierung und Abdeckung von Führungselementen Die technische Entwicklung im Werkzeugmaschinenbau ist gleichermaßen durch steigende Bearbeitungsgeschwindigkeiten und Genauigkeitsanforderungen gekennzeichnet. Die heute üblichen Schnittgeschwindigkeiten produzieren Spanmengen und erfordern Kühlschmierstoff-Volumenströme, die die Funktionstüchtigkeit und Lebensdauer der Führungselemente deutlich beeinträchtigen. Maßnahmen zum Schutz der Führungen sind daher von zunehmender Wichtigkeit. Schutzeinrichtungen haben prinzipiell die Aufgabe, das Eindringen von Spänen und auch von Kühlschmierstoff zwischen die Führungspartner zu verhindern. Auch mechanische Beschädigungen der Führungsbahn durch umherfliegende Teile und eventuell durch Werkzeuge und Werkstücke haben die Abdeckungen auszuschließen. Bei größeren Werkzeugmaschinen muss die Abdeckung begehbar sein. Alle diese Aufgaben haben die Abdeckungen und Abdichtungen ohne nennenswerte Einflussnahme auf den Zerspanprozess und sonstige Funktionen der Maschinen zu erfüllen. Aus wirtschaftlichen Gründen ist der Verlust an Schmierstoff klein zu halten. Auch dürfen die Abstreifer auf keinen Fall Stick-Slip erzeugen. Bild 5.259 veranschaulicht schematisch das Grundprinzip der Abdeckung mit seiner schützenden und dichtenden Aufgabe. 5.7.1 Dichtungstechnik und Schmierung von Profilschienenführungen

In der Praxis existiert eine Vielfalt unterschiedlicher Bauformen von Abstreifern. Sie bestehen im Wesentlichen aus Elastomer-Dichtstreifen, die in speziellen Fassungen gehalten mit einem Teil des Maschinengehäuses bzw. des Maschinentisches verbunden sind. Bild 5.260 zeigt eine typische Form eines Abstreifers, die an Halteblechen angespritzt bzw. anvulkanisiert oder in Halteteile eingeknöpft sind. Die Abstreifer berühren mit einer oder zwei Abstreifkanten die Gleitfläche. Beim Einsatz von Profilschienenwälzführungen in Werkzeugmaschinen ist der Abdichtung der Führungswagen besondere Aufmerksamkeit zu widmen, da Ausfälle

5.7 Abdichtung, Schmierung und Abdeckung von Führungselementen

481

A b d e c k u n g

S ta u b

S p ä n e

S c h m ie r s to ffe ( M in e r a lö l, E s te r ) K ü h ls c h m ie r s to ff F ü h ru n g s b a h n

D o p p e la b s tr e ife r

Bild 5.259. Prinzipieller Aufbau eines Bahnabstreifers. Quelle: Fachwissen Dichtungstechnik

v o r E in b a u

E in b a u z u s ta n d

P r e s s u n g s v e r la u f Ö ffn u n g s w in k e l

P r e s s u n g s g r a d ie n t ~ 3 8 0 M P a /m m

B a u n V e e in

h n a b s tre d F ü h ru n r u n r e in ig e n s tö rtu

ife g s u n n g

r s c b a h g e n s fre

h ü n e u ie

tz e n v n d n B

n G le ito r g a r a tie r e n e tr ie b

Bild 5.260. Doppelabstreifer für Werkzeugmaschinen-Führungsbahnen. Quelle: Fachwissen Dichtungstechnik

482

5 Führungen und Lagerungen

dieser Systeme fast ausnahmslos nicht auf Grund von Materialermüdung der Führungskomponenten, sondern durch den Eintrag von Schmutzpartikeln in die Führungswagen erfolgen. Bei Führungssystemen mit Fettschmierung zur Einsparung der Kosten für eine Zentralschmiereinheit ist ein Ausschwemmen von Schmutzpartikeln aus den Führungswagen gar nicht oder nur sehr bedingt möglich. Hierdurch wird ein besonderer Schutz der Laufbahnen und Wälzkörper vor Fremdpartikeln erforderlich. Verstärkt wird diese Forderung noch durch den Einsatz moderner Zerspanungstechnologien wie z.B. der Trockenbearbeitung, bei der feinste Partikel des zerspanten Werkstoffes durch die Abstreifer in den Wälzführungswagen gelangen können. Neben Kunststoffabstreifern mit einer Dichtlippe zur Abdichtung der Stirnseiten der Führungswagen sowie in Längsrichtung gegen den Schienenfuß sind mehrstufige Dichtsysteme, wie z.B. Doppellippen-Dichtungen, Lamellenabstreifer sowie Längsdichtleisten gegen den Schienenkopf als auch innerhalb der Führungswagen im Einsatz. Die Mehrlippensysteme können in den Zwischenräumen zwischen den Dichtlippen Schmutzpartikel sammeln und somit deren Eindringen in den Tragkörperraum des Führungswagens verhindern. Bild 5.261 zeigt im oberen Teil eine vierreihige Kugelführung mit Doppellippen-Dichtung an den Stirnseiten und zusätzlichen Längs-Dichtleisten gegen den Schienenkopf um ein Eindringen von auf den Führungsschienen liegenden Schmutzpartikeln in den Tragkörper zu verhindern. L ä n g s d ic h tu n g e n

S c h m ie r s to ffR e s e r v o ir

D o p p e llip p e n d ic h tu n g

Ö ls p e ic h e r ( p o r ö s e s M a te r ia l) L a n g z e itS c h m ie r e in h e it

Ö lz u f u h r z u d e n L a u fflä c h e n ( F ilz )

Bild 5.261. Abdichtung und Schmierung einer vierreihigen Kugelführung. Quelle: nach INA

5.7 Abdichtung, Schmierung und Abdeckung von Führungselementen

483

Zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Kunststoffdichtungen sind die Berührflächen an der Führungsschiene mit möglichst geringer Rautiefe auszuführen, zusätzlich ist für eine ausreichende Schmierung der Dichtlippen zu sorgen. In einer neueren Entwicklung, dem Lamellen-Kontaktabstreifer, wurde diesem Umstand dadurch Rechnung getragen, dass die Lamellen des Abstreifers aus ölgetränktem synthetischem Kautschuk bestehen (Bild 5.262). Zusätzlich zu den genannten Abstreifern werden Führungswagen außen mit Metallabstreifern versehen. Hierdurch werden schwere und auch heiße Späne weggeschoben, so dass sie die innen liegenden, empfindlichen Kunststoffdichtungen nicht belasten. U m le n k s tü c k

F lü s s ig k e it

S p ä n e

D o p p e llip p e n d ic h tu n g

L a m e lle n - K o n ta k ta b s tr e ife r

S ta h la b s tr e ife r

Bild 5.262. Aufbau des Lamellen-Kontaktabstreifers. Quelle: nach THK

Heutige Werkzeugmaschinen sollten möglichst wartungsarm ausgelegt sein. Das bedeutet, dass der Anwender eine Lebensdauerschmierung von Maschinenelementen wie Hauptspindellagerungen und Wälzführungen erwartet. Ein Nachschmieren wird erst nach ungefähr fünf Jahren im Einsatz notwendig. Dieser Forderung wird bei Profilschienenwälzführungen Rechnung getragen, indem in die Tragkörper integrierte Schmierstoff-Reservoirs sowie zusätzliche Langzeitschmiereinheiten vorgesehen werden. Bild 5.261 zeigt den Führungswagen einer vierreihigen Kugelwälzführung mit integriertem Schmierstoff-Reservoir (oben rechts) direkt neben den Laufbahnen und Langzeit-Schmiereinheit (unten). Eine weitere Möglichkeit zur Reduzierung des Wartungsaufwandes bei Profilschienenwälzführungen stellt der Einsatz von Abstandshaltern (Käfig, Kette) zwischen den Wälzkörpern dar. Diese aus Kunstoff bestehenden Separatoren dienen als integriertes Schmierstoff-Depot. In Bild 5.263 ist der Führungswagen einer vierreihigen Rollenwälzführung mit einer sogenannten Rollenkette dargestellt. Die Rollenkette bevorratet in den Käfigtaschen Schmierstoff, welcher während der Bewegungsvorgänge permanent an die Wälzkörper abgegeben wird. Der Wegfall der me-

484

5 Führungen und Lagerungen

Bild 5.263. Profilschienenwälzführung mit Rollenkette. Quelle: nach THK

tallischen Kontaktreibung zwischen den Wälzkörpern bewirkt somit eine Reduzierung des Verschleißes sowie des Geräuschpegels während des Bewegungsablaufes. Bild 5.264 zeigt beispielhaft den Einsatz von Langzeit-Schmiereinheiten und umfangreiche Abdichtungsmöglichkeiten des Führungswagens mit einer Kugelkette als Kugel-Führungssystem. Unabhängig von den gewählten Abstreif-, Dicht- und Schmiersystemen ist zur Gewährleistung funktionsfähiger Abdichtungen der Führungswagen der Oberflächenbeschaffenheit der i.d.R. mit Verschraubungslöchern ausgeführten Kopfflächen der Führungsschienen (von oben verschraubte Führungsschienen) besondere Aufmerksamkeit zu schenken, da die Kopfflächen für Schmutzpartikel sehr leicht zugänglich sind und somit eine besondere Gefährdung hinsichtlich des Schmutzeintrages in die Tragkörper darstellen. Der Verschluss der Schienenverschraubungslöcher ist mit Verschlusskappen aus Kunststoff, Messing oder Stahl oder Abdeckbändern aus Federstahl gebräuchlich. Für eine dauerhafte Dichtwirkung ist eine ebene und glatte Oberfläche des Schienenkopfes erforderlich. Der wirtschaftlichste Verschluss der Schraubenlöcher wird im Allgemeinen durch die Anwendung eines Abdeckbandes erreicht, da dieses ohne weitere Vorarbeiten auf den Schienen montiert (geklebt, geclipst) werden kann. Ungleich aufwändiger ist der Verschluss der Verschraubungslöcher mit Verschlusskappen, da diese einzeln eingebracht und in die Ebene der Kopffläche der Führungsschiene eingearbeitet werden müssen um einer Beschädigung der Dichtlippen der Führungswagendichtsysteme auszuschliessen. Die ideale Lösung, meist aus konstruktiven Gründen jedoch nicht realisierbar, stellen von unten verschaubbare Führungsschienen dar. In diesem Fall erfolgt die Relativbewegung zwischen Führungsschiene und berührendem Dichtungssys-

5.7 Abdichtung, Schmierung und Abdeckung von Führungselementen

485

F e ttr e s e r v o ir

K o m p a k tfü h ru n g m it K u g e lk e tte S c h m ie r s y s te m

E n d d ic h tu n g e n L a m e lle n k o n ta k ta b s tr e ife r R a u m z u m A b fa n g e n d e r F r e m d p a r tik e l M e ta lla b s tr e ife r

Bild 5.264. Abdichtungsmöglichkeiten von Profilschienenführungen. Quelle: nach THK

tem direkt auf der geschliffenen Kopffläche der Führungsschiene und gewährleistet somit eine optimale Abdichtung der Führungswagen. 5.7.2 Verschleiß von Profilschienenwälzführungen beim Einsatz in Werkzeugmaschinen

Die Schutzwirkung einiger der im vorigen Abschnitt dargestellten Maßnahmen zur Abdichtung der Führungssysteme wurden in Langzeitversuchen untersucht. Beispielhaft ist das Ergebnis einer solchen Prüfstandsuntersuchung unter industriellen Bedingungen in Bild 5.265 dargestellt. Es wurde ein 4-reihiges fettgeschmiertes Kugelführungssystem mit gotischem Laufbahnprofil untersucht. Jeder Führungswagen war auf jeder Stirnseite mit zwei Schmiereinheiten (ölgetränkter poröser Kunststoff) sowie einem Ein-Lippenabstreifer ausgerüstet. Längsdichtleisten, die die Führungswagen gegen den Schienenfuß abdichteten, waren ebenfalls vorhanden. Die Verschraubungslöcher der Führungsschienen waren durch ein geklebtes Abdeckband verschlossen worden. Als Prüfstand diente ein Vertikalbearbeitungszentrum in Fahrständerbauweise, bei dem an dem horizontal angeordneten wälzgelagerten Führungssystem der XVorschubachse die Verschiebekräfte an den Führungswagen sowie die Stromaufnahme des Vorschubmotors gemessen wurde.

486

Z u r ü c k g e le g te r W 2 6 ,7

4 0 ,1

5 3 ,4

6 6 ,8

e g [k m ] 8 0 ,1

9 3 ,5

1 0 6 ,8

1 2 0 ,2

4 0 0

V e r s c h ie b e k r a f t in t a k te r F ü h r u n g s w a g e n

1 ,7

V e r s c h ie b e k r a ft a u s g e fa lle n e r F ü h r u n g s w a g e n M o to rs tro m

x - A c h s a n tr ie b

3 0 0

1 ,5

2 0 0

1 ,3

1 0 0

1 ,1

0 0

2 0 0

4 0 0

6 0 0

8 0 0

1 0 0 0

1 2 0 0

V e rs u c h s d a u e r [h ]

1 4 0 0

1 6 0 0

1 8 0 0

[A ]

1 3 ,4

M o to rs tro m

0 ,0

V e r s c h ie b e k r a ft [N ]

M e s s u n g d e r V e r s c h ie b e k r a ft u n d d e s M o to rs tro m s a m X - V o r s c h u b a n tr ie b A u s fa ll d e s F ü h r u n g s w a g e n s d u r c h A u s b r u c h d e s U m le n k s tü c k e s n a c h 1 2 7 k m L a u fle is tu n g b e i K o n ta m in a tio n m it G G - S p ä n e n

5 Führungen und Lagerungen

0 ,9

A u s fa ll

Bild 5.265. Auswirkung von Verschleißerscheinungen in Führungssystemen auf Antriebssignale

Eine der zwischen den Führungswagen und Maschinenschlitten angeordneten Messplatten zur Messung der Verschiebekräfte mittels Dehungsmessstreifen ist im unteren linken Bildteil dargestellt. Zur Gewährleistung praxisnaher Umgebungsbedingungen während des Dauerversuchs ist eine Führungsschiene mit GG-Spänen und die andere mit GG-Spänen und Kühlschmierstoff (KSS) kontaminiert worden. Die Durchführung des Dauerversuchs erfolgte mit einem aus der Praxis stammenden NC-Programm, so dass die statischen und dynamischen Belastungsänderungen der Führungswagen durch die Bewegung des Fahrständers sowie des Spindelkastens (inkl. Zusatzmasse zur Simulation der Massen der Hauptspindel, Werkzeuge, Werkzeugwechsler und Werkzeugmagazin) real nachgebildet werden konnten. Das im rechten Bildteil dargestellte Diagramm zeigt die Auswertung der während des 1.900-stündigen Dauerversuchs einmal täglich ermittelten Messergebnisse. Während bei dem Verlauf der Verschiebekraft des intakten mit GG-Spänen und KSS kontaminierten Führungswagens auf Grund des Einlaufvorganges eine lineare Abnahme festzustellen ist, zeigt der Graph der Verschiebekraft des nur mit GGSpänen beaufschlagten Führungswagens nach 1.150 Stunden einen starken Anstieg. Die starken Schwankungen dieser Verschiebekraft sind auf die durch die Spänekontamination in die Führungswagen eingedrungenen Späne zurückzuführen. Diese verursachten gegenseitig wechselnde Verklemmungen und Lockerungen der Wälzkörper zwischen den Laufbahnen der Führungsschiene und dem Führungswagen. Der Versuchsabbruch nach 127 km Laufleistung erfolgte auf Grund des Austritts von Wälzkörpern aus einem mit trockenen GG-Spänen beaufschlagten Führungswagen, verursacht durch den Ausbruch eines Umlenkstücks. Neben den Verschiebekräften ist in dem Diagramm der Verlauf des Motorstroms des Vorschubmotors dargestellt. Wie ersichtlich kann eine gute Korrelation des Verlaufes der Verschiebekraft des ausgefallenen Führungswagens mit dem des Motorstroms festgestellt werden. Dieses Ergebnis deutet auf die Möglichkeit einer sensorlosen, auf der Basis des Motorstroms des Vorschubantriebes realisierbaren Zustandsüberwachung eines Vorschubantriebsstranges hin.

5.7 Abdichtung, Schmierung und Abdeckung von Führungselementen

487

Ein Vergleich der Ergebnisse des geschilderten Tests mit denen anderer Versuche zeigt, unabhängig von der Art des Führungssystems (Rolle/Kugel) sowie den eingesetzten Dichtungs- und Schmiersystemen, dass die Art der Verschlusstechnik der Verschraubungslöcher der Führungsschienen einen großen Einfluß auf die Gebrauchsdauer der Führungssysteme darstellt. Die höchsten Laufleistungen wurden stets mit Führungssystemen erreicht, deren Führungsschienen-Schraubenlöcher mit Messingstopfen (im Gegensatz zum geklebten Abdeckband) verschlosssen waren. 5.7.3 Abdeckung von Führungsbahnen

Zum umfassenden Schutz der Führungen sowie weiterer Komponenten des Vorschubantriebes (Zahnstange, Zahnriemen oder Kugelrollspindel) werden je nach Erfordernis unterschiedliche Abdeckungen eingesetzt. Die in Bild 5.266 dargestellten Varianten eignen sich hinsichtlich ihrer Eigenschaften für unterschiedliche Anwendungsgebiete.

F a lte n b ä lg e

R o lla b d e c k u n g m it K u n s ts to ff- u n d S ta h lb a n d T e le s k o p S ta h la b d e c k u n g e n

F a lte n b ä lg e m it S ta h lla m e lle n

S p ir a lfe d e r n

G lie d e r s c h ü r z e n

L e ic h tb a u s c h ü r z e n

Bild 5.266. Abdeckung von Führungselementen in Werkzeugmaschinen. Quelle: Hennig

Teleskopabdeckungen stellen die am weitesten verbreitete Form der Abdeckung dar. Der prinzipielle Aufbau einer solchen Teleskopabdeckung ist in Bild 5.267 abgebildet. Damit während des Verfahrens beim Erreichen der Endlage eines Segmentes keine massenproportionalen Stoßkräfte durch den Anschlag an das benachbarte Element verursacht werden, werden Scheren eingebaut, die ein gleichmäßiges und gleichzeitiges Verfahren aller Segmente sicherstellen. Die Schermechanik verhin-

488

5 Führungen und Lagerungen

dert dabei ein gegenseitiges Anschlagen der Elemente und macht die Teleskopabdeckung besonders leise. Die Stoßkräfte insbesondere bei hohen Vorschubgeschwindigkeiten regen die Maschinenstruktur zu Schwingungen an, die zu Oberflächenmarkierungen auf dem Werkstück führen. Sie sind daher in jedem Fall zu vermeiden.

1 G le ite r 2 R o lle 3 A u fh ä n g e v o r r ic h tu n g 4 In te g r a lw a s s e r r in n e 5 O b e r flä c h e n b e h a n d e lte S ta h l- o d e r E d e ls ta h lb le c h e 6 A b s tr e ifs y s te m e 7 T e le s k o p d ä m p fe r 8 S c h e re n 9 F ü h r u n g s s c h ie n e n

A b d e c k k ä s te n g le ic h m ä ß ig h a lb a u s e in a n d e r g e z o g e n

A b d e c k k ä s te n z u s a m m e n g e s c h o b e n

A b d e c k k ä s te n k o m p le tt a u s e in a n d e r g e z o g e n

Bild 5.267. Schematische Aufbau einer gängigen Teleskopabdeckung. Quelle: Hennig

Teleskopabdeckungen sind außerordentlich robust und z.B. auch, je nach Ausführung, für ein Betreten durch das Bedienpersonal ausgelegt. Durch in die Teleskopsegmente integrierte Abstreifer lässt sich eine zufriedenstellende Dichtigkeit zu den darunterliegenden Führungsbahnen erzielen (Bild 5.268). Die Abstützung und seitliche Führung der einzelnen Segmente kann durch Stützgleitlager und Stützrollen erfolgen (Bild 5.269). Für spezielle Hochgeschwindigkeitsbearbeitungen sind je nach Geometrie und Abmessung, Teleskopabdeckungen auf dem Markt erhältlich, die für Beschleunigungen von bis zu 2, 5 g und Geschwindigkeiten bis 200 m/min im Dauereinsatz getestet sind. Hauptnachteil der Teleskope ist ihre vergleichsweise große Masse. Massen-, Hub- und Reibungskräfte zehren einen erheblichen Teil der Leistung der Vorschubantriebe auf. Daher wird zunehmend der Einsatz alternativer Werkstoffe erwogen. Durch modular aufgebaute Teleskopabdeckung, in deren Rahmen aus AluminiumProfilen Abdeckplatten verschiedener Werkstoffe (Stahl, Aluminium, faserverstärk-

5.7 Abdichtung, Schmierung und Abdeckung von Führungselementen

489

A b d e c k u n g

W a s s e r r in n e A b s tr e ife r

Bild 5.268. Abstreifsystem einer Teleskopabdeckung. Quelle: Kabelschlepp A b d e c k u n g s s e g m e n t

G le itr o lle

S c h e re

S c h e re F ü h r u n g s s c h ie n e

Bild 5.269. Teleskopabdeckung einer Werkzeugmaschine. Quelle: Kabelschlepp

ter Kunststoff) eingesetzt werden können, kann bei einer vergleichbaren Stabilität eine Gewichtsreduzierung von bis zu 70% erreicht werden. Faltenbälge eignen sich durch ihr geringes Eigengewicht besonders für den hochdynamischen Betrieb. Sie bestehen aus mehrschichtigem Chemiefasergewebe, das (gestützt durch PVC-Rippen) ziehharmonikaförmig gefaltet ist, und einem Endflansch zur Befestigung an der Maschine (Bild 5.270). Um das nur begrenzt mechanisch und thermisch belastbare Gewebe vor direktem Beschuss durch heiße Späne zu schützen, werden Faltenbälge häufig, wie in Bild 5.270 gezeigt, durch zusätzlich in die Faltspitzen eingenähte Leichtmetallschuppen bewehrt. Rolloabdeckungen zeichnen sich durch ihren minimalen Raumbedarf aus. Prinzipbedingt durch die geringe Masse eignen sie sich besonders für hohe Verfahrgeschwindigkeiten. Rolloabdeckungen gibt es in verschiedenen Ausführungen mit Kunststoffband oder auch mit nichtrostendem Federstahlband, wobei sich Rolloab-

490

5 Führungen und Lagerungen 1 A ( F 2 R 3 E 4 Z 5 F 6 G 7 K

F a lte n b a lg o h n e S c h u p p e n p a n z e r

u s z u g s b e g re n z u n g s s y s te m e S c h e r e n , H a lb s c h e r e n , a lte n s p e r r e n ) o lle n d ra h m e n w is c h e n r a h m e n ü h ru n g s ra h m e n le ite r u p p lu n g s s c h ie n e

F a lte n b a lg m it S c h u p p e n p a n z e r

Bild 5.270. Teleskopabdeckung einer Werkzeugmaschine. Quelle: Hennig

deckungen aus Federstahl besonders für erhöhte mechanische Belastungen eignen. Zur Steigerung der Stabilität können sie auf der Bandunterseite durch querliegende Stahl- oder Aluminiumprofile versteift werden. Je nach Baugröße wird das Band beim Verfahren der Vorschubeinheit von einem Motor auf eine am Ende der Führungsbahn liegende Trommel oder von einer internen Feder aufgerollt (Bild 5.271).

n ic h tr o s te n d e s F e d e r s ta h lb a n d o d e r K u n s ts to ffb a n d

K u g e lg e la g e r te R o lle m it F e d e r a n tr ie b z u m A u fw ic k e ln d e s R o llo b a n d e s

Bild 5.271. Rolloabdeckung. Quelle: Hennig

Abdeckschürzen werden vorwiegend dort eingesetzt, wo aus Platzgründen Teleskopabdeckungen keine Verwendung finden können. Die Abdeckschürzen liegen

5.7 Abdichtung, Schmierung und Abdeckung von Führungselementen

491

direkt auf den Führungsbahnen auf und können ohne besondere Führung am Bahnende lose herabhängen oder auch aufgewickelt werden (Bild 5.272). Auf ein reißfestes Trägerband aus Gummi oder Gewebe sind beidseitig Flachprofile aus Stahl, Messing oder Aluminium genietet.

lo s e h e r u n te r h ä n g e n d e A d e c k s c h ü rz e a u s A lu m in iu m la m e lle n

Bild 5.272. Abdeckschürzen. Quelle: Kabelschlepp

Bei der Abdeckung von Vorschubgewindespindeln, Wellen und Säulen finden Spiral-Wendelfedern Verwendung (Bild 5.273). Neben dem Schutz vor Verunreinigung und Beschädigung wird hiermit auch die Unfallgefahr verringert. Die Federn werden aus Federbandstahl gefertigt. Sie können ohne Demontage des zu umkleidenden Bauteils durch Umwickeln angebracht werden. Für größere Verfahrwege werden zwei Federn gekoppelt montiert.

T e s c u n u n A u B e

le s k o p F e d e r b a n d s p ir a le n h ü tz e n u m la u fe n d e S p in d e ln d W e lle n v o r V e r u n r e in ig u n g e n d B e s c h ä d ig u n g e n . s s e r d e m s c h ü tz e n s ie d a s d ie n p e r s o n a l v o r U n fä lle n .

Bild 5.273. Teleskop-Federbandspiralen. Quelle: Hennig/ Kabelschlepp

6 Hauptantriebe

6.1 Motoren Die Abschnitte über Hauptantriebselemente beginnen mit den Motoren, wobei entsprechend der Gliederung in Bild 6.1 die zwei Hauptgruppen „Elektrische Hauptantriebe“ und „Hydraulische Hauptantriebe“ unterschieden werden.

M o to r e n fü r H a u p ta n tr ie b e

E le k tr is c h e M o to r e n

L in e a r e e le k tr is c h e M o to r e n

S y n c h ro n e r L in e a r m o to r

A s y n c h ro n e r L in e a r m o to r

H y d r a u lis c h e M o to r e n

R o ta to r is c h e e le k tr is c h e M o to r e n

G le ic h s tro m m o to r

S y n c h ro n m o to r

L in e a r e h y d r a u lis c h e M o to r e n

A s y n c h ro n m o to r

Z y lin d e r

R o ta to r is c h e h y d r a u lis c h e M o to r e n

A x ia lk o lb e n m o to r

R a d ia lk o lb e n m o to r

F lü g e lz e lle n m o to r

Bild 6.1. Gliederung der Hauptantriebe

Beide Arten kommen im Werkzeugmaschinenbau zur Erzeugung der Hauptarbeitsbewegungen zum Einsatz. Dies sind die Hauptspindelbewegung bei Dreh-, Fräs-, Bohr-, Schleif- oder Sägemaschinen, die Tischbewegungen bei Hobelmaschinen und die Bewegungen des Stößels bei Pressen und Stoßmaschinen. Die Entscheidung für einen elektrischen oder hydraulischen Motor wird durch die spezielle Antriebsaufgabe bestimmt, wobei für den hydraulischen Antrieb das

494

6 Hauptantriebe

geringere Leistungsgewicht sowie das höhere Beschleunigungsvermögen auf Grund geringerer Massenträgheit sprechen. Den elektrischen Antrieb zeichnen die höhere Lebensdauer, ein größerer Wirkungsgrad und geringere Wärmeentwicklung aus.

Tabelle 6.1. Anforderungen an elektrische Werkzeugmaschinenantriebe

D r e h z a h lb e r e ic h

H a u p ta n tr ie b e

N e b e n a n tr ie b e

H ilfs a n tr ie b e

F r ä s - , D r e h s p in d e l, P re s s e n s tö ß e l

V o r s c h u b a n tr ie b x , y , z , A , B , C

K ü h lm itte l, L ü fte r , B e s c h ic k u n g

0 ... 3 0 .0 0 0 m in

-1

0 ... 6 .0 0 0 m in

-1

-

D r e h z a h lv e r s te llb e r e ic h

> 1 :5 0 0 .0 0 0

> 1 :5 0 0 .0 0 0

k o n s ta n t

L e is tu n g

b is 1 0 0 k W

b is 2 0 k W

n ie d r ig

2 0 ... 7 5 0 N m

5 ... 1 0 0 N m

n ie d r ig

D re h m o m e n t D y n a m ik

5 ... 5 0 0 m s a u f N e n n d re h z a h l

5 ... 5 0 m s a u f N e n n d re h z a h l

n ie d r ig

Die Anforderungen, die hinsichtlich des Betriebsverhaltens und Leistungsvermögens an Hauptantriebe zu stellen sind, ergeben sich aus Tabelle 6.1. Zum Vergleich sind die Anforderungen an Neben- und Hilfsantriebe aufgeführt. Nebenantriebe (s. Band 3) erzeugen Vorschubbewegungen von Tischen, Supports oder Pinolen, während Hilfsantriebe z.B. Kühlmittelpumpen, Lüfter oder andere Zusatzaggregate antreiben. Bei der Festlegung des Spindeldrehzahlbereiches, beispielsweise einer Drehmaschine, müssen entsprechend der Beziehung n = v/(d · π) die zu erzielenden Schnittgeschwindigkeiten sowie der Durchmesserbereich des Werkstückspektrums berücksichtigt werden. Die Drehsteifigkeit des Antriebs muss dabei gewährleisten, dass die Schnittgeschwindigkeit bei Belastungsänderungen nahezu konstant bleibt. In den folgenden Abschnitten werden einzelne Motorarten vorgestellt und ihr grundsätzlicher Aufbau und ihre Wirkungsweise beschrieben, wobei auf Belastungsgrenzen und Möglichkeiten zur Drehzahleinstellung hingewiesen wird. 6.1.1 Elektromotoren 6.1.1.1 Gleichstrommotoren

Fremderregte Gleichstrommotoren wurden lange als Hauptantriebe an Werkzeugmaschinen eingesetzt, da sie im geregelten Zustand eine hohe Drehsteifigkeit unter Last aufweisen und ihre Drehzahl in weiten Grenzen variiert werden kann. Heute haben sie ihre vorrangige Position bei den Haupt- und Vorschubantrieben an die Synchronmotoren verloren. Dennoch wird im Folgenden das Verhalten der Gleichstrommotoren beschrieben, da ihre Eigenschaften grundsätzlich auch für andere Motorengattungen gelten. Zum Betrieb einer Gleichstrommaschine ist eine elektrische Energiequelle erforderlich, die eine einstellbare Gleichspannung erzeugt.

6.1 Motoren

495

6.1.1.1.1 Aufbau und Wirkungsweise Der prinzipielle Aufbau und das Schaltbild einer fremderregten Gleichstrommaschine sind in Bild 6.2 dargestellt. Im Maschinenständer (Stator) wird durch den Erregerstrom I f ein magnetischer Fluss φ erzeugt, der über den Luftspalt den Anker (Rotor) durchdringt. In den Wicklungen des Ankers, im Bild als doppelte Leiterschleife senkrecht zur Zeichenebene dargestellt, fließt der Ankerstrom. Nach dem physikalischen Prinzip, dass ein Magnetfeld auf einen stromdurchflossenen Leiter eine Kraft ausübt, entsteht ein Drehmoment in der eingezeichneten Richtung. Damit die Richtung des Drehmomentes konstant bleibt (Rotation), muss die Richtung des Ankerstroms in dem jeweiligen Spulenteil nach einer halben Umdrehung des Läufers umgekehrt (kommutiert) werden. Dies geschieht mit Hilfe der Kollektorlamellen auf der Welle, die den Ankerstrom, der über Kohlebürsten zugeführt wird, mit wechselnder Richtung durch die Läuferwicklungen leiten, so dass ein räumlich stehendes Ankerfeld entsteht. Bei realen Gleichstrommaschinen sind sowohl die Ständerwicklungen als auch die Läuferwicklungen über den Umfang verteilt, um ein gleichmäßiges Drehmoment zu erzeugen. Bild 6.2 (unten) zeigt in Form einer Abwicklung die Läuferwicklungen, ihre Anbindungen, die Kollektorlamellen und die Lage der Bürsten.

F (t)

A B - L ä u fe r w ic k lu n g C D - S tä n d e r w ic k lu n g

N

R

IA

If

IA

R A

A M

U

If f

U A

U f

U A

C

f

D

B S

K o m m u ta to r la m e lle n 1 -

B ü rs te 1

2

3

4

S p u le 1

5

6

+ B ü rs te 2

7

8

S p u le 2

9

2

1 0 -

-

B ü rs te 1

B ü rs te 1

3

4

S p u le 1

5

6

7

+ B ü rs te 2

8

9

1 0

S p u le 2

B e i M o to r d r e h u n g w a n d e r n d ie W ic k lu n g e n , d ie S p u le n b le ib e n o r ts fe s t

Bild 6.2. Prinzip und Schaltbild der fremderregten Gleichstrommaschine

1 B ü rs te 1

496

6 Hauptantriebe

Ein weiterer physikalischer Effekt ist mitbestimmend für das Verhalten der Gleichstrommaschine. Durch die Bewegung der Ankerwicklung im Ständerfeld wird im Ankerkreis eine Gegenspannung induziert, die proportional der Drehzahl steigt und der Ankerspannung entgegengerichtet ist. Die Auswirkung dieses Effektes auf das Betriebsverhalten der Maschine wird im folgenden Abschnitt erläutert. 6.1.1.1.2 Grund- und Betriebsgleichungen Die Grundgleichungen des Gleichstrommotors lauten: Ui = k1 · φ · n induzierte Gegenspannung

(6.1)

UA = Ui + RA · IA UA = k1 · φ · n + RA · IA oder UA = k2 · φ · ω + RA · IA mit ω = 2 · π · n und k2 = k1 ·

(6.2) 1 , 2·π

k1 · φ · IA . (6.3) 2π Hierin sind UA die Ankerspannung, RA der Ohmsche Ankerinnenwiderstand, IA der Ankerstrom und φ der durch die Erregerwicklung erzeugte magnetische Fluss. Ui = k1 · φ · n ist die induzierte Gegenspannung des Motors und k1 , k2 sind motorspezifische Konstanten, die sich aus dem Aufbau, der Größe und der Wicklungsanordnung der jeweiligen Maschine ergeben. Dabei besteht der Zusammenhang k1 = 2 · π · k2 . Beim Anfahren (n = 0) gilt für die induzierte Gegenspannung Ui : M = k2 · φ · IA =

n = 0 : Ui = k1 · φ · n = 0.

(6.4)

Es fließt der höchste Ankerstrom IAmax , der gemäß Gleichung 6.2 nur durch den Innenwiderstand des Ankers begrenzt ist: n = 0 : IAmax =

UA . RA

(6.5)

Entsprechend groß ist das Motormoment beim Anfahren M = k2 · φ · IAmax = k2 · φ ·

UA RA

(6.6)

zur Beschleunigung von Rotor und angekoppelter Last. Proportional zur steigenden Drehzahl wächst die induzierte Gegenspannung gemäß Gleichung 6.1, bis sie den Wert der angelegten Ankerspannung, reduziert um den lastabhängigen Ankerspannungsverlust (IA · RA ), erreicht. Für den Leerlauf des Motors (ohne Reibungsverluste) ergibt sich aus Gleichung 6.3:

6.1 Motoren

M=0 :

497

IA = 0.

(6.7)

Für den Ankerstrom IA = 0 gilt nach Gleichung 6.2 für die Leerlaufdrehzahl n0 : UA = Ui :

n0 =

1 · UA k1 · φ

(6.8)

Für den Betrieb ergibt sich aus Gleichung 6.2 und Gleichung 6.3 die lastabhängige Drehzahlgleichung des ungeregelten Gleichstrommotors: n=

RA UA − · M. k1 · φ k1 · k2 · φ2

(6.9)

Dieser Zusammenhang ist in Form des Drehzahl-Drehmoment-Kennlinienfeldes in Bild 6.3 gezeigt, wobei auch der Übergang in den Generatorbetrieb dargestellt wird. Wie man Gleichung 6.9 entnehmen kann, bestehen zwei Möglichkeiten die Drehzahl des Gleichstrommotors zu verändern. Zunächst verstellt man im Drehzahlbereich n = 0 bis n0 die Ankerspannung UA bei maximalem Erregerfeld φmax . Für eine weitere Drehzahlerhöhung über n0 hinaus wird das Feld φ geschwächt. Der belastungsabhängige (M) Drehzahlabfall wird durch den zweiten Term in Gleichung 6.9 bestimmt: RA · M. k1 · k2 · φ2

(6.10)

Er wird durch die Verlustleistung des Ankerwiderstandes RA hervorgerufen. Die negativen Steigungen der Geraden 1 bis 3 sind parallel, da φ = φmax = konstant eingestellt ist. Im Drehzahlbereich der Feldschwächung n > n0 wird die Feldstärke φ reduziert. Somit ändert sich die Steigung der Lastgeraden 4 und 5 mit φ12 . Das heißt, der lastabhängige Drehzahlabfall nimmt zu. 6.1.1.1.3 Drehzahlverstellung und Belastungsgrenzen Die Einstellung der Drehzahl einer Gleichstrommaschine kann mit Hilfe der Ankerspannung UA (Anker- oder Primärverstellung) oder des magnetischen Flusses φ (Feld- oder Sekundärverstellung) (Bild 6.4) erfolgen. Entsprechend Gleichung 6.9 bewirkt dabei eine Vergrößerung der Ankerspannung eine Erhöhung der Drehzahl. Dagegen führt eine Erhöhung des Flusses φ zu einer Verminderung der Drehzahl. In beiden Verstellbereichen ergeben sich unterschiedliche Belastungsgrenzen, die anhand von Bild 6.4 erläutert werden sollen. In der oberen Bildhälfte sind die beiden Einstellgrößen, Ankerspannung und magnetischer Fluss, über der Drehzahl aufgetragen, im unteren Teil die dazugehörende Kennlinienschar M(n) sowie die Grenzkennlinien für das Lastmoment Mmax und den zulässigen Ankerstrom IAmax . Ebenfalls eingetragen sind die Grenzen für die maximal verfügbare Leistung Pmech an der Motorwelle und die dabei aus dem Netz aufgenommene elektrische Leistung Pmax . Der maximal zulässige Dauerankerstrom (Einschaltdauer

498

6 Hauptantriebe

R U

A

IA

R

If

f

A

U

5

f

n 4 3

f

n

f < f 0

2

U 1 U

G e n e ra to r

< <