System sourcing : Erfolgspotenziale der Systembeschaffung ; Management und Controlling von Kooperationen
 3835003283, 9783835003286 [PDF]

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Zitiervorschau

Thomas AndreBen System Sourcing - Erfolgspotenziale der Systembeschaffung

Betriebswirtschaftliche Aspekte lose gekoppelter Systeme und Electronic Business Herausgegeben von Prof. Dr. Dr. h.c. Sonke Albers, Prof.Dr.BirgitFriedl, Prof. Dr. Daniel Klapper, Prof. Dr. Achim Walter, Prof. Dr. Joachim Wolf, Institut fiir Betriebswirtschaftslehre, Christian-Albrechts-Universitat zu Kiel Prof.Dr.UdoKonradt, Institut fiir Psychologie, Christian-Albrechts-Universitat zu Kiel

In der Schriftenreihe werden Ergebnisse von Forschungsarbeiten veroffentlicht, die sich in herausragender Weise mit Fragen des Managements lose gekoppelter Systeme, virtueller Unternehmen und elektronischer Geschaftsprozesse beschaftigen. Die Reihe richtet sich an Leser in Wissenschaft und Praxis, die Anregungen fiir die eigene Arbeit und Problemlosungen suchen. Sie ist nicht auf Veroffentlichungen aus den Instituten der Herausgeber beschrankt.

Thomas AndreSen

System Sourcing Erfolgspotenziale der Systembeschaffung Management und Controlling von Kooperationen

Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Dr. h.c. Sonke Albers

Deutscher Universitats-Verlag

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet iiber abrufbar.

Dissertation Universitat zu Kiel, 2005

1.AuflageMarz2006 Alle Rechte vorbehalten (D Deutscher Universitats-Verlag I GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006 Lektorat: Ute Wrasmann / Britta Gohrisch-Radmacher Der Deutsche Universitats-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de Das Work einschtieBlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschiJtzt. Jede Verwertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fur Vervielfaltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden diirften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Druck und Buchbinder: Rosch-Buch, ScheBlitz Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 3-8350-0328-3

Fur meine Mutter

Geleitwort Bei System Sourcing handelt es sich urn eine komplexe Beschaffimgsstrategie, in der hochwertige Giiter in Kooperation mit einem Lieferanten entwickelt und gefertigt werden. In der bisherigen Forschung wurden allenfalls grobe Tendenzaussagen iiber die Ausgestaltimg und Weiterentwicklimg des System Sourcing getroffen. Thomas AndreBen greift diese Forschungslucke auf und untersucht die Fragestellung, inwiefem ein Abnehmer den Erfolg dieser spezifischen Beschafftingsstrategie steigem kann. Hierfur sind die Ziele des System Sourcing, die EinflussgroBen auf die Ziele (Erfolgsfaktoren) und die relevanten Rahmenbedingungen in der Kooperation zu bestimmen und zu

Thomas Andrefien legt eine sehr sorgfaltig durchgefuhrte und dokumentierte empirische Analyse vor. Hierzu wahlt er einen klassischen Weg: Er beschreibt zunachst die Grundlagen des System Sourcing, um daraus spater die EinflussgroBen auf den Erfolg einer solchen Strategic ableiten zu konnen. Hierfur werden zwei Modellebenen entwickelt, welche einerseits den untemehmungsiibergreifenden FuE-Prozess abbilden und andererseits auf die Implementierung der gesamten Strategic fokussieren. Die einzelnen Hypothesen werden detailliert abgeleitet und umfassen sowohl die Wirkung von Rahmenbedingungen als auch von Strategievariablen auf den Erfolg des System Sourcing. Nach der Operationalisiemng der Variablen schatzt Thomas AndreBen schlieBlich auf statistischem Wege die einzelnen Effekte und deren Starke. Dazu wendet er das Verfahren Partial-LeastSquares an, welches auf dem Kleinste-Quadrate-Prinzip aufbaut und insbesondere bei MultikoUinearitat von Indikatoren durch die schrittweise Schatzung nicht so stark beeinflusst wird. Das Ziel von Thomas AndreBen liegt in der Ableitung von Handlungsempfehlungen fur das Management und Controlling in System-Sourcing-Strategien. Darum analysiert er nicht nur, ob eine Wirkung feststellbar ist, sondem fokussiert auf die Einflussstarke der Variablen. Da manche Variablen iiber indirekte Beziehungen mehrfach auf Erfolgsvariablen wirken, bestimmt er spater den Gesamtbeitrag von Variablen und fmdet dann heraus, welche den Erfolg einer System-Sourcing-Strategie am starksten beeinflussen. Er bleibt dabei allerdings nicht stehen. Heutzutage wird in sehr starkem MaBe diskutiert, dass durch Heterogenitat in den Wirkungsbeziehungen keine alleinigen Regressionsgleichungen efFizient geschatzt werden konnen. Vielmehr miisste man eigentlich Regressionsgleichungen auf Segmentebene schatzen. Unter der Annahme beobachtbarer Heterogenitat clustert er drei Segmente, die er spater als aktives System Sourcing, passives System Sourcing und Systemeinkauf bezeichnet. Er schatzt dann fur die ersten beiden Segmente emeut die Einfliisse und stellt diese in den einzelnen Segmenten einander gegeniiber. In der anschlieBenden Untersuchung kann der Autor belegen, dass sehr Starke Unterschiede zwischen beiden Segmenten bestehen und dass das erste, namlich das aktive System Sourcing, weitaus erfolgssteigemder ist als ein passives System Sourcing. Fiir beide Segmente gibt er anschieBend eine Fiille praxisrelevanter Empfehlungen zur Steigerung des jewei-

VIII

Geleitwort

ligen Erfolges. Im letzten Schritt gelingt es ihm, einen Weg aufzuzeigen, wie man in sinnvoller Weise vom erfolgreichen passiven System Sourcing zum noch erfolgreicheren aktiven System Sourcing gelangen kann. Das vorliegende Werk stellt eine auBerordentlich wichtige Arbeit in der Schnittmenge Controlling, Beschaffiingsmanagement und Kooperationsmanagement dar. Dem interessierten Leser zeigt der Autor in kompetenter Weise, wie in derartig komplexen Beschafftingsstrategien zu verfahren ist. Es handelt sich um eine in methodischer Hinsicht ausgezeichnete Arbeit. Sie enthalt eine sehr differenzierte und detaillierte Operationalisierung der einzelnen Variablen, eine sehr profunde Ableitung von Hypothesen, die Wahl des sich jiingst durchgesetzten Partial-Least-Squares-Paradigmas und damit nicht nur einen statistischen Hypothesentest, sondem eine vergleichende Darstellung der einzelnen Wirkungsstarken von Erfolgsfaktoren fiir ein System Sourcing. Die Arbeit ist somit fur Wissenschaftler als auch Praktiker im strategischen Beschaffungs- und Kooperationsmanagement und -controlling von Interesse. Ich wiirde mich daher sehr freuen, wenn diese Arbeit eine weite Verbreitung fmden wiirde.

Prof. Dr. Dr. h.c. Sonke Albers

Vorwort System Sourcing als eine hoch entwickelte Form des Outsourcing fmdet sich - wenn auch nicht namentlich - in vielen Praxisleitfaden fur das Beschafiungsmanagement. Es freut mich sehr, dass es mir am Lehrstuhl fur Controlling der Christian-Albrechts-Universitat zu Kiel ermoglicht wurde, die Erfolgsfaktoren dieser Beschaf!ungsstrategie zu untersuchen. Hieriur und fur die Ubemahme des Erstgutachtens danke ich Frau Professor Dr. Birgit Friedl. Man sagt, der Teufel lage im Detail. Bei einem Projekt dieses Umfanges fmden sich jede Menge Teufel, von denen jeder einzelne zubeiBt, wenn man nicht aufpasst. Gliicklicherweise kenne ich einige Engel! So ahnlich formulierte es George R.R. Martin, dessen Romane mir bei der vorliegenden Arbeit in den Ruhepausen den notigen Abstand zum System Sourcing brachten. Doch auch ich hatte einige Engel. GroBer Dank gebiihrt meinem Zeitgutachter Herm Professor Dr. Dr. h.c. Sonke Albers, der mich mit konstruktiver Kritik bereichert und stets bei den empirischen Studien unterstiitzt hat. Besonderer Dank gilt Dipl.-Kfm. Raymond Femerling und Dipl.-Kfm. Alexander Himme - meinen Kollegen am Lehrstuhl fur Controlling - mit denen ich viele Diskussionen zum System Sourcing fahren durfle. Weiterhin haben mir Dr. Thomas Elendner, Dr. Jan Becker, Dr. Michel Clement, Dipl.-Wi.-Ing. Martin Haberstroh und Dipl.-Kfm. Tobias-Maria Gunter immer zur Seite gestanden, wenn die Teufel des Details wieder einmal Uberhand nehmen wollten. Fiir die vielen Stunden am Telefon bei der Durchfuhrung meiner empirischen Untersuchung gilt mein Dank unseren Hilfskraften Dipl.-Kffr. Sina Volker und Dipl.-Hdl. Romena Schmitt. Viele Menschen in meinem Umfeld haben mich unterstiitzt und immer an mich und an dieses Projekt geglaubt: Mein Vater Riidiger, Cordelia, Panja und Thurid. Besonders hervorheben muss ich auch meine Freunde Monsee, Janni, Tim, Hennesen, Timo und Felix. Ganz besonderer Dank gilt jedoch meiner eigenen kleinen Familie: Katja, Kay und Jan. Bei Euch habe ich immer den Riickhalt gefunden, den ich fur meinen langen Atem gebraucht habe. Wir haben gemeinsam so manche Durststrecke gemeistert! Meiner Mutter Ingrid Hirath und Herbert Hirath danke ich fur die „multi-iterative" Durchsicht des Manuskriptes. Ihr habt die meisten kleinen Teufel aus der Arbeit vertrieben und Eure Unterstiitzung hat mir immer den notigen Mut gegeben, das Projekt erfolgreich abzuschlieBen. Meiner Mutter widme ich diese Arbeit.

Thomas AndreBen

Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis

XV

1 Problemstellung

1

1.1 Einleitung

1

1.2 Zielsetzung der Arbeit

3

1.3 Aufbau der Arbeit

5

2 Grundlagen des System Sourcing

7

2.1 Analyseobjekt der Untersuchung 2.1.1 BegriffderSystem-Sourcing-Kooperation 2.1.2 Abgrenzung des Analyseumfanges

7 7 11

2.2 Kennzeichnung und Abgrenzung des System Sourcing 2.2.1 Zwecke der Modularisierung 2.2.2 Kennzeichnung einer Beschaffungsstrategie 2.2.2.1 Darstellung der Beschaffungsteilstrategien 2.2.2.2 Verknupfung der Komponenten zu Beschaffungsstrategien 2.2.3 Abgrenzung des System Sourcing zu anderen Ansatzen im strategischen Beschaffungsbereich

13 13 19 19 26

2.3 Auswirkungen einer System-Sourcing-Kooperation auf Lieferant und Abnehmer 2.3.1 Auswirkung des System Sourcing auf die Funktionsbereiche 2.3.2 Auswirkungen des System Sourcing auf das Management und Controlling 2.3.2.1 Kennzeichnung von Management und Controlling 2.3.2.2 Bezugsrahmen von Management und Controlling in SystemSourcing-Kooperationen , 2.3.2.2.1 Koordinationsbedarf in System-Sourcing-Kooperationen 2.3.2.2.2 Aufgaben des Managements in System-SourcingKooperationen 2.3.2.2.3 Aufgaben des Controlling in System-SourcingKooperationen

31 31 36 36

28

40 40 44 48

2.4 Erfolgsfaktoren in System-Sourcing-Kooperationen auf der Objektebene und auf der Beziehungsebene

51

2.5 Uberblick zum Ablauf der folgenden Untersuchung

58

XII

Inhaltsverzeichnis

3 Ziele von System-Sourcing-Kooperationen

61

3.1 Zielbezug in System-Sourcing-Kooperationen

61

3.2 TeilzieleaufderObjektebene

62

3.3 Teilziele auf der Beziehungsebene

70

4 EinflussgroBen auf die Zielerreichung von System-Sourcing-Kooperationen

75

4.1 Erfolgsfaktorenforschung im Kontext von System-Sourcing-Kooperationen

75

4.2 Bestimmung wesentlicher EinflussgroBen 4.2.1 Merkmale der Lieferbeziehung beim System Sourcing 4.2.2 Erkenntnisbeitrag normativer Entscheidungsmodelle zum Outsourcing 4.2.3 EinflussgroBen aus der empirischen Forschung zu vertikalen FuEKooperationen 4.2.4 EinflussgroBen aus der empirischen Forschung zum Beschaffungsbereich 4.2.5 Einfluss der Zulieferstruktur

77 77 81 86 94 100

5 Erfolgsdeterminanten in System-Sourcing-Kooperationen: Theoretische Ansatze und Hypothesen 107 5.1 Hypothesen zur Wirkung der Gestaltungsparameter des Managements und Controlling 5.1.1 Empirische Befunde zum Management und Controlling 5.1.2 Management und Controlling als Ressource des Abnehmers 5.1.3 Ableitung der Hypothesen zur Wirkung der Gestaltungsparameter 5.1.3.1 Hypothesen auf der Objektebene 5.1.3.1.1 Chain Target Costing 5.1.3.1.2 Prufdauer 5.1.3.1.3 Transferleistungen 5.1.3.1.4 Subcontracting 5.1.3.2 Hypothesen auf der Beziehungsebene 5.1.3.2.1 Informationsvemetzung 5.1.3.2.2 Monitoring-Aktivitaten

107 107 113 119 119 120 125 126 127 128 128 132

5.2 Hypothetische Wirkung der indirekten situativen Faktoren 5.2.1 Erkenntnisbeitrag der Transaktionskostentheorie 5.2.2 Ableitung der Hypothesen auf der Objektebene und der Beziehungsebene 5.2.2.1 Kooperationserfahrung 5.2.2.2 Innovationsgrad 5.2.2.3 Management Commitment

135 135 138 138 141 142

Inhaltsverzeichnis

XIII

5.3 Hypothetische Wirkung der direkten situativen Faktoren 5.3.1 Hypothesen auf der Objektebene 5.3.1.1 Spezialisierung 5.3.1.2 Single Sourcing 5.3.1.3 Beschaffiingsftinktion 5.3.2 Hypothesen auf der Beziehungsebene.... 5.3.2.1 Standardisierung 5.3.2.2 Beschaffiingsftinktion 5.3.2.3 Transaktionskosten 5.3.2.4 Vertraulichkeit

144 144 ..144 145 146 148 148 .....150 150 151

5.4 Uberblick der hypothetischen Wirkungszusammenhange

153

6 Empirische Analyse des Erfolgs von System-Sourcing-Kooperationen.............................. 157 6.1 VerlaufderempirischenUntersuchung 6.1.1 Pre-Tests, Design des Fragebogens und Haupterhebung 6.1.2 Analyse fehlender Daten 6.1.2.1 Nichtteilnahme 6.1.2.2 Fehlende Werte 6.1.3 Analyse der Teilnehmer

157 157 158 158 160 161

6.2 Abbildung von Kausalzusammenhangen in einem Pfadmodell 6.2.1 Methodik der Stmkturgleichungsanalyse in Pfadmodellen 6.2.2 Analyse der Wirkungszusammenhange mit Partial Least Squares 6.2.3 Modellevaluation 6.2.3.1 Giite der Messung 6.2.3.2 Verfahren zur Messung der Giite des Pfadmodells

162 162 164 166 166 168

6.3 Operationalisierung und Messung der Konstrukte 6.3.1 Objektebene 6.3.1.1 System-Leistung als Ergebnis des FuE-Prozesses 6.3.1.2 Gestaltungsparameter und indirekt wirkende situative Faktoren 6.3.1.3 Direkt wirkende situative Faktoren 6.3.2 Beziehungsebene 6.3.2.1 Teilziele zur Erreichung des Untemehmungserfolges 6.3.2.2 Gestaltungsparameter und indirekt wirkende situative Faktoren 6.3.2.3 Direkt wirkende situative Faktoren 6.4 Uberpriifiing der Kausalmodelle mittels Partial Least Squares 6.4.1 Empirische Kausalzusammenhange auf der Objektebene 6.4.2 Empirische Kausalzusammenhange auf der Beziehungsebene

169 169 169 176 187 .....191 191 198 .205 211 211 217

XIV

Inhaltsverzeichnis

6.5 Empirische Ergebnisse unter Beriicksichtigung von Heterogenitat 6.5.1 Kennzeichnung von Heterogenitat 6.5.2 Segmentierung und Interpretation der Segmente 6.5.3 Segmentspezifische Uberpriifung der Kausalzusammenhange 6.5.3.1 Relevanz der Segmente 6.5.3.2 Segmentspezifische Analyse der Objektebene 6.5.3.2.1 Ergebnisiiberblick 6.5.3.2.2 Detailanalyse 6.5.3.3 Segmentspezifische Analyse der Beziehungsebene 6.5.3.3.1 Ergebnisuberblick 6.5.3.3.2 Detailanalyse

222 222 223 228 228 229 229 233 243 243 247

6.6 Implikationen fiir das Management und Controlling in System-SourcingKooperationen

256

6.6.1 Verhaltnis von aktivem zu passivem System Sourcing 6.6.2 Ableitimg von Implikationen 6.6.2.1 Aktives System Sourcing 6.6.2.2 Passives System Sourcing 6.6.2.3 Folgen der Kooperationserfahrung, des Innovationsgrades und des Management Commitment 6.6.3 Erkenntnisgewinn fiir das Management und Controlling in System-SourcingKooperationen 6.6.4 Lieferantenentwicklung vom passiven zum aktiven System Sourcing 7 Zusammenfassung und Implikationen fiir die Forschung

256 259 259 265 268 273 279 287

7.1 Zusammenfassung der Ergebnisse

287

7.2 Implikationen fur die Forschung

290

8 Anhang

293

Anhang 1: Korrelationen der Indikatoren in den segmentspezifischen Messmodellen

293

Anhang 2: Teststatistik zum Mittelwertvergleich der Indikatoren des Konstruktes Transaktionskosten

297

Anhang 3: Korrelationen im Modell zur Vertraulichkeit

298

Anhang 4: Anschreiben und Fragebogen

299

Anhang 5: Danksagungen

308

9 Literaturverzeichnis

309

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Abbildung 2: Abbildung 3: Abbildung 4: Abbildung 5: Abbildung 6: Abbildung 7: Abbildung 8: Abbildung 9: Abbildung 10: Abbildung 11: Abbildung 12: Abbildung 13: Abbildung 14: Abbildung 15: Abbildung 16: Abbildung 17: Abbildung 18: Abbildung 19: Abbildung 20: Abbildung 21: Abbildung 22: Abbildung 23: Abbildung 24: Abbildung 25: Abbildung 26: Abbildung 27: Abbildung 28: Abbildung 29: Abbildung 30: Abbildung 31: Abbildung 32:

Inhaltsuberblick 5 Kooperation im Kontinuum von marktlicher und hierarchischer Koordination .... 10 Abgrenzung von System-Sourcing-Kooperationen 11 Analyseumfang und Begriffszuordnung der Untersuchung 12 Modul- und Systemdefinitionen in der Automobilindustrie 16 Potenziale und Gefahren der Modularisierung 18 Gruppierungs- und Standardisierungsaspekt bei Modular bzw. System Sourcing 22 Erstellung einer LKW-Achse - vom Unit zum Modular/System Sourcing 23 Morphologischer Kasten der Sourcing-Komponenten 25 Verhaltnis von Unit Sourcing zu System Sourcing 27 Abgrenzung von Sourcing-Strategien zu anderen Ansatzen 31 Abgrenzung von Beschafftmg, Materialwirtschaft und Logistik 33 Konzepte der Primarkoordination ....38 Koordinationsbedarf in System-Sourcing-Kooperationen 41 Interdependenzen in System-Sourcing-Kooperationen 44 Aufgaben des Managements beim Abnehmer in System-SourcingKooperationen 48 Aufgaben des Controlling bei System Sourcing 50 Funktionen, Aufgabenbereiche und Instrumente des Managements und des Controlling bei System Sourcing 51 Umsetzungdes Situativen Ansatzes 54 Ableitung von Objektmodell und Beziehungsmodell 57 Aufbau der konzeptionellen Abschnitte dieser Untersuchung 59 Zielbezug auf der Objekt- und Beziehungsebene 62 Mehrdimensionale Lieferantenbewertung bei Siemens 63 Ausschnitt aus dem Verfahren einer Lieferantenbewertung bei Siemens 64 Praxisberichte zur Lieferantenbeurteilung 65 Ansatze zur Bewertung der Lieferleistung am Beschaffungsobjekt 68 Teilziele auf der Objektebene 69 Teilziele des Abnehmers auf der Beziehungsebene 71 Teilziele auf der Beziehungsebene 73 EinflussgroBen auf der Objekt- und auf der Beziehungsebene (Stufe 1) 77 Praxisbeispiele zur Systembeschaffung 79 Kennzeichnung von Systemlieferanten in der Automobilindustrie 80

XVI

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 33: EinflussgroBen aufder Objekt- irnd aufder Beziehungsebene (Stufe 2)

81

Abbildung 34: Outsourcing-Entscheidung (nach WALKER)

83

Abbildung 35: EinflussgroBen auf der Objekt- und auf der Beziehungsebene (Stufe 3)

85

Abbildung 36: Anforderungen an Systemlieferanten - Forschung und Entwicklung

87

Abbildung 37: Einflussgrofien bei vertikalen FuE-Kooperationen

90

Abbildung 38: EinflussgroBen auf der Objekt- und auf der Beziehungsebene (Stufe 4)

93

Abbildung 39: EinflussgroBen aus dem Beschaffungsbereich

97

Abbildung 40: EinflussgroBen auf der Objekt- und auf der Beziehungsebene (Stufe 5)

99

Abbildung 41: Wandel vom Teile-zum Systemlieferanten

100

Abbildung 42: EinflussgroBen auf der Objekt- und auf der Beziehungsebene (Stufe 6)

104

Abbildung 43: Ableitung der Hypothesen in Abschnitt 5

105

Abbildung 44: Systembausteine und Effizienz des Controlling

111

Abbildung 45: Empirische Beftinde zum Management und Controlling

112

Abbildung 46: Darstellung des Ressourcenorientierten Ansatzes

116

Abbildung 47: Chain Target Costing

123

Abbildung 48: Hypothesen der Gestaltungsparameter auf der Objektebene

128

Abbildung 49: Eignung von Arten der Kommunikation

130

Abbildung 50: Ablauf einer Auditierung

133

Abbildung 51: Hypothesen der Gestaltungsparameter auf der Beziehungsebene

135

Abbildung 52: Hypothesen der indirekt wirkenden situativen Faktoren

143

Abbildung 53: Agententatigkeit der Beschaffungsfunktion

147

Abbildung 54: Hypothesen der direkten situativen Faktoren auf der Objektebene

148

Abbildung 55: Total Cost of Ownership

151

Abbildung 56: Hypothesen der direkten situativen Faktoren auf der Beziehungsebene

153

Abbildung 57: Hypothesen auf der Objektebene

154

Abbildung 58: Hypothesen auf der Beziehungsebene

155

Abbildung 59: Ablauf der empirischen Analyse

156

Abbildung 60: Teilnahmeverhalten nach 511 Anfragen

158

Abbildung 61: Test auf unit nonresponse bias

160

Abbildung 62: Funktion der Teilnehmer in der Stichprobe

161

Abbildung 63: Beschaffungsvolumen und Mitarbeiterzahl in der Stichprobe

162

Abbildung 64: Notation im Pfadmodell

164

Abbildung 65: Operationalisierung des Konstrukts System-Kosten

170

Abbildung 66: Korrelation der Indikatoren des Konstrukts System-Kosten

170

Abbildung 67: Operationalisierung des Konstrukts System-Fehler

171

Abbildung 68: Operationalisierung des Konstrukts System-Flexibilitat

172

Abbildung 69: Korrelation der Indikatoren des Konstrukts System-Flexibilitat

173

Abbildungsverzeichnis Abbildung 70: AbbildungTl: Abbildung 72: Abbildung 73: Abbildung 74: Abbildung 75: Abbildung 76: Abbildung 77: Abbildung 78: Abbildung 79: Abbildung 80: Abbildung 81: Abbildung 82: Abbildung 83: Abbildung 84: Abbildung 85: Abbildung 86: Abbildung 87: Abbildung 88: Abbildung 89: Abbildung 90: Abbildung 91:

Deskriptive Analyse der System-Leistung (Objektebene) Kennzeichnung des Beschafflingsobjektes Operationalisierung des Konstrukts Chain Target Costing....... Korrelationen der Indikatoren des Konstrukts Chain Target Costing Operationalisierung des Konstrukts Transferleistung Korrelationen der Indikatoren des Konstrukts Transferleistung Operationalisierung des Konstrukts Subcontracting Operationalisierung des Konstrukts Priifdauer Deskriptive Analyse des Managements und Controlling (Objektebene) Operationalisierung des Konstrukts Kooperationserfahrung Operationalisierung des Konstrukts Management Commitment Operationalisierung des Konstrukts Innovationsgrad Korrelationen der Indikatoren des Konstrukts Innovationsgrad Deskriptive Analyse der indirekt wirkenden situativen Faktoren.... Operationalisierung des Konstrukts Single Sourcing Operationalisierung des Konstrukts Beschaffungsftmktion...

XVII 174 175 177 178 179 180 180 181 182 183 183 184 185 186 188 189

Korrelationen der Indikatoren des Konstrukts Beschaffungsfunktion 189 Operationalisierung des Konstrukts Spezialisierung des Lieferanten 190 Deskriptive Analyse der direkt wirkenden situativen Faktoren (Objektmodell) ..191 Operationalisierung der Teilziele auf der Beziehungsebene 195 Korrelationen von Indikatoren der Teilziele (Beziehungsebene) 196 Deskriptive Analyse der aggregierten Teilzielerreichungsgrade (Beziehungsebene) 197 Abbildung 92 Operationalisierung des Konstrukts formale Kommunikation 199 Abbildung 93 Korrelationen der Indikatoren des Konstrukts formale Kommunikation ....200 Abbildung 94: Operationalisierung des Konstrukts informale Kommunikation 200 Abbildung 95 Korrelationen der Indikatoren des Konstrukts informale Kommunikation 201 Abbildung 96: Operationalisierung des Konstrukts Monitoring-Aktivitaten 202 Abbildung 97 Korrelationen der Indikatoren des Konstrukts Monitoring-Aktivitaten 203 Abbildung 98 Deskriptive Analyse des Managements und Controlling (Beziehungsebene) 203 Abbildung 99: Deskriptive Analyse der indirekt wirkenden situativen Faktoren.... ..........204 Abbildung 100: Operationalisierung des Konstrukts der Standardisierung des Systems 206 Abbildung 101: Korrelationen der Indikatoren des Konstrukts der Standardisierung des Systems 206 Abbildung 102: Operationalisierung des Konstrukts der Transaktionskosten ..207 Abbildung 103: Korrelationen der Indikatoren der Transaktionskosten 208 Abbildung 104: Operationalisierung des Konstrukts Vertraulichkeit 209

XVIII

Abbildungsverzeichnis

Abbildimg 105: Korrelationen der Indikatoren des Konstmkts Vertraulichkeit Abbildung 106: Deskriptive Analyse der direkt wirkenden situativen Faktoren (Beziehungsebene) Abbildung 107: Korrelationsmatrix der Indikatoren auf der Objektebene Abbildung 108: Messmodell auf der Objektebene Abbildung 109: Strukturmodell auf der Objektebene Abbildung 110: PfademitErklarungsbeitrag auf der Objektebene Abbildung 111: Korrelationsmatrix der Indikatoren auf der Beziehungsebene Abbildung 112: Messmodell auf der Beziehungsebene Abbildung 113: Strukturmodell auf der Beziehungsebene.... Abbildung 114: Pfade mit Erklarungsbeitrag auf der Beziehungsebene Abbildung 115: Interpretativer Spielraum bei der Kennzeichnung von System Sourcing

209 210 211 213 214 215 217 ...219 ....220 221 224

Abbildung 116: Eignung der ausgewahlten Variablen als Clustervariablen 225 Abbildung 117: Struktogramm der Clusteranalyse nach dem Ward-Verfahren 226 Abbildung 118: GiitemaBe der 3-Segmentl6sung 227 Abbildung 119: Auspragung der FuE-Steuerung in der 3-Segmentl6sung 228 Abbildung 120: Segmentspezifisches Messmodell auf der Objektebene 230 Abbildung 121: Segmentspezifische Wirkungsbeziehungen auf der Objektebene 231 Abbildung 122: Deskriptive Analyse der segmentspezifischen System-Leistung (Objektebene)..234 Abbildung 123: Segmentspezifische Kennzeichnung des Beschaffimgsobjektes..... 235 Abbildung 124: Segmentspezifische Wirkung des Managements und Controlling (Objektebene) 236 Abbildung 125: Deskriptive Analyse des segmentspezifischen Managements und Controlling (Objektebene) 237 Abbildung 126: Segmentspezifische Wirkung indirekter situativer Faktoren (Objektebene) 239 Abbildung 127: Deskriptive Analyse segmentspezifischer indirekter situativer Faktoren (Objektebene) 240 Abbildung 128: Segmentspezifische Wirkung direkter situativer Faktoren (Objektebene) 242 Abbildung 129: Deskriptive Analyse segmentspezifischer direkter situativer Faktoren (Objektebene) 243 Abbildung 130: Segmentspezifisches Messmodell auf der Beziehungsebene 244 Abbildung 131: Segmentspezifische Wirkungsbeziehungen auf der Beziehungsebene 246 Abbildung 132: Deskriptive Analyse segmentspezifischer Zielerreichungsgrade (Beziehungsebene) 248 Abbildung 133: Vergleichende Analyse differenzierter segmentspezifischer Teilzielerreichungsgrade (Beziehungsebene) 249 Abbildung 134: Segmentspezifische Wirkung des Managements und Controlling (Beziehungsebene) 250

Abbildungsverzeichnis

XIX

Abbildung 135: Deskriptive Analyse des segmentspezifischen Managements und Controlling (Beziehungsebene)

251

Abbildung 136: Segmentspezifische Wirkung indirekter situativer Faktoren (Beziehungsebene). 253 Abbildung 137: Segmentspezifische Wirkung direkter situativer Faktoren (Beziehungsebene).... 254 Abbildung 138: Deskriptive Analyse segmentspezifischer direkter situativer Faktoren (Beziehungsebene)

256

Abbildung 139: Systembeschafftmg im Kontinuum von marktlicher und hierarchischer Koordination

257

Abbildung 140: Ablauf bei der Ableitung von Implikationen fur das Management und Controlling

258

Abbildung 141: Zusammenfassung der Zielwirkungen auf der Objektebene

259

Abbildung 142: Zusammenfassung der Zielwirkungen auf der Beziehungsebene

261

Abbildung 143: Segmentspezifischer Vergleich der Transaktionskostenorientierung

264

Abbildung 144: Zusammenfassung von Einflussgrofien auf das Management und Controlling.... 269 Abbildung 145: Indirekte EfFekte auf der Objektebene

270

Abbildung 146: Indirekte EfFekte auf der Beziehungsebene

271

Abbildung 147: Erfolgsfaktoren von System-Sourcing-Kooperationen

273

Abbildung 148: Aufgaben des Managements in System-Sourcing-Kooperationen

276

Abbildung 149: Aufgaben des Controlling in System-Sourcing-Kooperationen

278

Abbildung 150: PLS-Ergebnis des dynamischen Modells zur Vertraulichkeit

281

Abbildung 151: Pfade und Indikatoren mit Erklarungsbeitrag fur die Vertraulichkeit

282

Abbildung 152: Wirkung der Gestaltungsparameter in der Lieferantenentwicklung

285

1

Problemstellung

1.1

Einleitung

Der Fremdbezug vormals selbst erstellter Leistungen wird als Outsourcing bezeichnet. Durch das Outsourcing wird eine Veranderung der Kostenstruktur beim Abnehmer hervorgerufen, da fixe Kosten abgebaut werden konnen und dalur variable Kosten fur jede bezogene Leistungseinheit entstehenJ Gelingt es dem Abnehmer, die durch das Outsourcing entstehenden Uberkapazitaten abzubauen, konnen die Gesamtkosten bei gleicher Leistung sinken, wenn dieser EfFekt nicht durch einen Anstieg der variablen Kosten kompensiert wird. Die okonomische Beurteilung des Fremdbezugs umfasst jedoch auch weitere Aspekte, denn durch die Vergabe der Leistungserstellung an Lieferanten konnen beispielsweise Abhangigkeiten zwischen Lieferant und Abnehmer entstehen,^ und es besteht eine Gefahr des Know-how-Abflusses beim Abnehmer. Ein Fremdbezug ist Aufgabe des Beschaffiingsbereiches. Die hohe Bedeutung des Beschaffungsbereiches fur den Erfolg von Untemehmungen wurde bereits empirisch belegt: Beispielsweise fuhrt eine friihe empirische Untersuchung zu dem Ergebnis, dass die Insolvenzgefahr mittelstandischer Untemehmungen durch Beschaffungs- und Lagerhaltungsprobleme signifikant zunimmt.^ Die folgenden Beispiele von Siemens, Bosch und BMW belegen eindmcksvoll die hohe Bedeutung der Beschaffung von Giitem und Dienstleistungen: • Siemens hat in Deutschland mehrere zehntausend Lieferanten, welche unterschiedliche Standorte und Geschaftseinheiten beliefem. Durch die Reorganisation der Beschaffung konnte die Ertragskraft von Siemens nachhaltig gesteigert werden.'^ • Bosch hat einen Einkaufsanteil am Umsatz in Hohe von uber 50 %.^ • Beim Automobilhersteller BMW entfallen 55 % bis 75 % der gesamten Herstellkosten auf den Kauf von Rohstoffen, Teilen und Baugruppen. 80 % der Inputgiiter werden in Kooperation mit spezialisierten Lieferanten gebaut.^ Zudem ist bekannt, dass die beschafften Giiter und Dienstleistungen im Durchschnitt ca. 60% der gesamten Kosten einer Industrieuntemehmung verursachen.^

Vgl. Bergner (1967), S. 145 f; Suverkriip (1968), S. 253 f. Vgl. Wildemann (1992a), S. 396 f. Vgl. Jung (1975), S. 132 ff. Vgl. Hofftnann/Lumbe (2000), S. 89 ff. Vgl. Colberg et al. (2000), S. 55. Vgl. Sabeletal.(1991),S.214. Vgl. Degraeve/Roodhoft (2001), S. 22.

Problemstelliing Generell wird ein groBes Potenzial zur Kostensenkung im Bereich der Arbeitskrafte gesehen. Da die Entlohnung von Arbeitskraften eine wesentliche KosteneinflussgroBe sein kann, wurden entsprechende RationalisierungsmaBnahmen nach dem Prinzip „reduced labor costs equal higher productivity"^ durchgefiihrt. Ahnliches gilt in traditioneller Sichtweise fur den Einkauf. Da in der Industrie eine hohe Materialintensitat vorherrscht, gilt „lower supplier pricing equals higher profitability"^. Hierbei wird eine marktliche Beziehung von Lieferant und Abnehmer unterstellt, in welcher die Hohe des Beschafftmgspreises das wesentliche Entscheidungskriterium bei der Beschaflfung von Objekten ist. Die Darstellung des partnerschaftlichen und erfolgreichen Umgangs japanischer Produzenten mit ihren extemen Lieferanten fuhrte zu einer veranderten Sichtweise bei der Gestaltung von Lieferanten-Abnehmer-Beziehungen: Japanische Produzenten in der Automobilindustrie waren sehr eng und kooperativ mit ihren Zulieferanten verbunden, woraus eine geringe Anzahl von Zulieferanten (ein Drittel bis ein Achtel gegeniiber amerikanischen Produzenten) und eine Einbeziehung der Lieferanten in den Produktentwicklungsprozess resultierte.'^ Weitere Untersuchungen aufierhalb Japans bestatigen, dass die Bedeutung von Untemehmungszusammenschlussen einerseits deutlich zugenommen hat.'^ Empirische Ergebnisse belegen andererseits, dass sowohl sehr enge als auch relativ lose Beziehungen mit Lieferanten erfolgreich sein konnen.'^ Somit erscheint es notwendig, die Zusammenarbeit von Lieferanten und Abnehmem einer differenzierten Betrachtung zu unterziehen. Traditionell werden viele Inputguter bei einer grofien Anzahl von Lieferanten beschafft. In der Praxis ist jedoch ein Trend von der Beschaflfung einzelner Teile (units) hin zu einer Beschaffiing von hoherwertigen, komplexen Beschafifungsobjekten (moduls bzw. systems) zu beobachten. Eine solche Beschaflfimgsstrategie wird als Modular Sourcing bzw. System Sourcing bezeichnet. Zahlreiche Beispiele belegen die Bedeutung von Modular Sourcing bzw. System Sourcing in der Praxis. ^^ WOMACK ET AL. zeigcu bercits im Jahre 1990 die positive Erfolgswirkung der Beschaflfung von Modulen bzw. Systemen in der japanischen Automobilindustrie,^"* und WAGNER prognostiziert fur deutsche Industrieuntemehmungen einen Zuwachs von Modullieferanten um 61 % und von Systemlie-

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Ziele von System-Sourcing-Kooperationen

69

Als Ergebnis von Praxisberichten und empirischen Arbeiten zur Lieferantenbeurteilung werden drei Teilziele mit Objektbezug formuliert: Kosten, Qualitat und Zeit bzw. Flexibilitat (vgl. Abbildung 26). Im Zusammenhang mit System-Sourcing-Kooperationen sind die Kosten des Beschafftmgsobjektes im Vergleich mit einer Eigenfertigung des Objektes zu beurteilen. Sinken die Differenzkosten, ist dies als ein positives Ergebnis des System Sourcing zu werten. Die Qualitat des Beschaffungsobjektes umfasst die Fehleranfalligkeit des Systems. AbschlieBend wird die Flexibilitat des Lieferanten als Fahigkeit, auf Mengenanderungen reagieren zu konnen, konzeptualisiert. In der folgenden Untersuchung wird der Objektbezug dieser Teilziele durch die Erganzung des Terms , System-* verdeudicht: • System-Kosten Das Teilziel System-Kosten umfasst die Reduzierung der Kosten des Systems im Vergleich zu einer Eigenfertigung (Differenzkosten). Zu den Kosten zahlen insbesondere die Einzelkosten (Material und Fertigung), die mit dem Beschafftingspreis verglichen werden. Die Differenzkosten konnen auch negativ sein, wenn das System zu einem im Vergleich zur Eigenfertigung hoheren Preis beschafft wird. • System-Fehler Das Teilziel der System-Fehler kennzeichnet die Fehleranfalligkeit des Beschaffungsobjektes. Da es sich bei dem Beschaffungsobjekt um das FuE-Ergebnis des Lieferanten handelt, eignet sich ein Vergleich mit den Fehlem einer ,hypothetischen' Eigenfertigung durch den Abnehmer nicht. Darum umfasst das Ziel die Fehleranfalligkeit des Beschaffungsobjektes bei der Systembeschaffung im Vergleich zu anderen Beschaffungen. •

System-Flexibilitat Die System-Flexibilitat beinhaltet die Fahigkeit des Lieferanten, auf kurzfristige und ungeplante Nachfragemengenanderungen des Abnehmers reagieren zu konnen.

Abbildung 27 zeigt das Objektmodell unter Beriicksichtigung der abgeleiteten Teilziele auf der Objektebene. Abbildung 27: Teilziele auf der Objektebene Situative Faktoren

Gestaltungsparameter Zielerreichung der Objektebene

o

E

Direkte situative Faktoren Indirekte situative Faktoren

Management & Controlling

- System-Preis - System-Fehler - System-Flexibilitat

70 3.3

Ziele von System-Sourcing-Kooperationen Teilziele auf der Beziehungsebene

Die Beziehungsebene lost sich von dem FuE-Prozess, der auf der Objektebene problematisiert wird. Gegenstand der Beziehungsebene ist die Bestimmung des Beitrages, den eine SystemSourcing-Kooperation zur Erfiillung der abnehmerseitigen Untemehmungsziele leisten kann. System-Sourcing-Entscheidungen sind Gegenstand strategischer Beschaffungsentscheidungen. Nach ARNOLD verfolgt die strategische Beschaffung die Teilziele einer Steigerung von IntegrationsMiigkeit bzw. Innovationsfahigkeit und die Erschlieflung vertikaler bzw. horizontaler Verbundeffekte:^^^ • Die Verbesserung der Integrationsfahigkeit der Beschafftmgsobjekte bezieht sich auf die Einbettung der vom Lieferanten bezogenen Vorleistungen in den Wertschopfungsprozess oder in das Produkt des Abnehmers. Die Integrationsfahigkeit kann durch eine Optimierung der technischen Schnittstellen erreicht werden. Gelingt es, technische Schnittstellen zu reduzieren und zu standardisieren, wird die Integration des Lieferanten gesteigert. • Durch eine hohe Innovationsfahigkeit kann es einer Untemehmung gelingen, Differenzierungsund Kostenvorteile gegeniiber der Konkurrenz zu erlangen. Die Innovationsfahigkeit auBert sich beispielsweise durch schnelle Neuproduktentwicklungen und durch eine qualitatsbedingte Differenzierung der Produkte. Die Steigerung der Innovationsfahigkeit des Abnehmers kann durch den Lieferanten maBgeblich beeinflusst werden. • Vertikale Verbundeffekte konnen durch die Analyse der Wertschopfung vor- und nachgelagerter Stufen in der Wertschopfungskette generiert werden. Eine Realisation vertikaler Verbundeffekte folgt aus einer Reorganisation von Ablaufen und Aufgaben innerhalb der Wertschopfungskette. • Horizontale Verbundeffekte resultieren aus kollektivem Handeln von Abnehmem und beziehen sich hauptsachlich auf die Bildung und Ausgestaltung von Einkaufskooperationen, welche aufgrund der verfolgten Problemstellung dieser Arbeit (2 Kooperationspartner innerhalb einer System-Sourcing-Beziehung) nicht problematisiert werden.

Vgl. Arnold (1997), S. 64 ff.

71

Ziele von System-Sourcing-Kooperationen

Abbildung 28: Teilziele des Abnehmers aufder Beziehungsebene Integrationsfahigkeit

Aufgaben des Abnehmers

Innovationsfahigkeit

Integration der Vorleistungen Schaffiing zeitlicher oder des Lieferanten in die Wertdifferenzierangsbedingter schopftingsprozesse des Ab- Vorteile durch Innovationsnehmers; Gestaltung techni- kraft des Lieferanten. sober Schnittstellen.

Vertikaier Verbund Optimierung der Wertschopfiing vor- und nachgelagerter Stufen durch Reorganisation von Ablaufen und Aufgaben.

Produktleistung Qualitat Kosten

f2

H

Fehlervermeidung

Produktleistung

Heretellkosten

Organisationskosten Produkteinfuhrungszeit

Zeit

Fehlervermeidung

Auftragszeit

Entwickiungsflexibilitat

Flexibflitat

Mengenflexibilitat

Sicherheit

Entscheidungsunabhangigkeit

Mengenflexibilitat Produktflexibilitat Entscheidungsunabhangigkeit

Entscheidungsunabhangigkeit

Informationssicherheit

Die Produktleistung als Qualitatsziel verkorpert den fitness-for-use des Endproduktes,^"^^ also einer Erfullung der Erwartungen von Kunden an das Endprodukt.^"*^ Durch die Integration des Systems beim Abnehmer konnen die Produktleistung und auch die Fehleranfiilligkeit seines Endproduktes verandert werden: Minderwertige oder fehlerhafte Bremsen in einem Auto reduzieren den fitnessfor-use des Kunden. Gleichzeitig stellt das System Sourcing neue Anforderungen an Qualitatssicherungssysteme, welche im Rahmen einer optimalen Reorganisation der Wertschopfungskette neu gestaltet werden miissen. Durch die Integration des Systems wird zudem das Kostenziel des Abnehmers tangiert, da sich die Kosten der Leistungserstellung (insbesondere Materialeinzelkosten, Fertigungseinzelkosten, Fertigungsgemeinkosten und anteilige Materialgemeinkosten) zu Lasten von Kosten fur die Beschaffungsobjekte (Beschaffungsmenge mal Peis) reduzieren. Die Reduzierung von Kosten ist ein haufig genanntes Argument in der Outsourcing-Diskussion.^^ Unklar ist hingegen, ob sich tatsachlich im Saldo ein fur den Abnehmer positiver trade-off zwischen der Kostenreduzierung in der Leistungserstellung und den Kosten des BeschafRmgsobjektes ergibt. Hierbei diirfen die aus der Reorganisation resultierenden Veranderungen von Organisationskosten nicht vemachlassigt werden (Verwaltungsgemeinkosten und anteilige Materialgemeinkosten).

Vgl.Juran(1974),S.2. Vgl. Frohling (1993), S. 545; Kern (1997), S. 335. Vgl. Weilenmann (1984), S. 211 ff.; Koppelmann (1996), S. 3 ff.

72

Ziele von System-Sourcing-Kooperationen

Die Produkteinfiihrungszeit (time to market)^"*^ des Abnehmers wird durch die Entwicklungszeiten des Lieferanten beeinflusst und restringiert aufgmnd der Bedeutung des Systems die Innovationsfahigkeit des Abnehmers. Dieser Aspekt des Zeitziels ist wesentlich fiir System-SourcingKooperationen, da Forschimgs- und Entwicklungsprozesse auf den Lieferanten iibertragen werden. Viele Untemehmungen sehen in der Zeiterspamis einer Neuproduktentwicklung den zweitgroBten Vorteil dieser Art von FuE-Kooperation.^"^^ Des Weiteren wird durch die Gestaltung von organisationalen Schnittstellen zwischen dem Lieferanten und dem Abnehmer die Auftragszeit des Abnehmers beeinflusst. Unter der Auftragszeit wird hier die Zeit zwischen Kundenauftrag und Auftragserfullung verstanden, welche durch Fehldispositionen oder Mangel in der Informationsiibertragung zwischen Lieferant und Abnehmer erhoht werden kann. Das Flexibilitatsziel kennzeichnet die Reaktionsfahigkeit des Abnehmers. Gelingt es, die Innovationskraft des Lieferanten auszuschopfen, kann der Abnehmer auf seinem Markt differenzierungsbedingte Vorteile durch die Reaktionsfahigkeit im FuE-Prozess erlangen. Die Entwicklungsflexibilitat kennzeichnet das Ziel, Produktentwicklungen kurzfristig durchfuhren zu konnen, wahrend unter der Produktflexibilitat das Ziel verstanden wird, spezielle Kundenanforderungen im Produkt integrieren zu konnen. Die Mengenflexibilitat betrifft hingegen den Materialfluss. Dieses Teilziel kennzeichnet die Bestrebung, auf Mengenschwankungen in der Wertschopftingskette reagieren zu konnen. ^'^^ Die Fahigkeit, auf Mengenschwankungen reagieren zu konnen, wird durch die Integration des Systemlieferanten betroffen, da sich Engpasse und Prognosefehler auf vor- und nachgelagerte Wertschopfungsstufen auswirken.^"*^ Durch die Verkniipfung beider Akteure entsteht eine wechselseitige Abhangigkeit, die nicht auf Kapitalbeteiligungen basiert. Die Gefahr der Insolvenz des Lieferanten oder das Risiko durch die Fremdvergabe von FuE-Leistungen zeigt mogliche Abhangigkeiten des Abnehmers auf Durch eine intensivere Bindung an den Lieferanten muss der Abnehmer die Interessen des Lieferanten verstarkt berucksichtigen.^"^^ Zudem besteht die Gefahr, dass wettbewerbsrelevante Informationen durch eine Veroffentlichung beim Lieferanten an Wert verlieren.^^^ SABEL ET AL. formulieren treffend bei der Darstellung von BMW als Systemintegrator: „Das Grundprinzip [...] besteht darin, ein System zu installieren, bei dem die Firma kontinuierlich von ihren Zulieferem lemt, ohne gleichzeitig in einem untragbaren AusmaB verwundbar zu sein."^^^ Daruber hinaus kann der Abnehmer den ZugrifF auf zukiinftige wettbewerbsrelevante Informationen verlieren, wenn diese aus dem FuE-Prozess beim

Vgl. Wildemann (1992a), S. 400; Arnold (1997), S. 67.

248 249

Vgl. ten. Vgl. Vgl. Vgl.

Rotering (1990), S. 105. Der grofite Vorteil besteht in der Entwicklung kompletter Systeme beim LieferanVickery et al. (1999), S. 18 f.; Narasimhan/Das (1999), S. 687 Corsten/Gossinger (2002), S. 459; Gopfert (2002), S. 33. Butzer-Strothmann (1996), S. 223; Sydow (1999), S. 292.

Vgl. Sydow (1999), S. 291. SYDOW spricht allgemein von der Gefahr des ,Kompetenzverlustes'. Sabel etal. (1991), S. 215.

Ziele von System-Sourcing-Kooperationen

73

Lieferanten resultieren und auch bei ihm verbleiben.^^^ Viele Untemehmungen sehen in diesem Verlust eines eigenen Wissensvorsprunges den groBten Nachteil von FuE-Kooperationen.^^^ Somit umfasst das Sicherheitsziel zum einen das Teilziel der Entscheidungsunabhangigkeit und zum anderen das Teilziel einer Sichemng wettbewerbsrelevanter Informationen beim Abnehmer. Abbildung 29: Teilziele aufder Beziehungsebene Situative Faktoren

Gestaitungsparameter

Teilziele Zielerreichung der Strategie

Direkte situative Faktoren Indirekte situative Faktoren

Management & Controlling

- Qualitat - Kosten -Zeit - Flexibilitat - Sicherfieit

Im Kausalmodell auf der Beziehungsebene werden diese fiinf Teilziele beriicksichtigt: Qualitat, Kosten, Zeit, Flexibilitat und Sicherheit, die bereits durch weitere Teilziele konkretisiert worden sind (vgl. emeut Abbildung 28). Fur die folgende graphische Darstellung des Modells reicht der Ausweis der iibergeordneten Zielkategorien aus (vgl. Abbildung 29). Bei der spateren Operationalisierang fur die empirische Untersuchung wird jedoch auf die detaillierten Teilziele zuriickgegriffen.

^^^

Vgl. Hermes (1995), S. 164 K; zur Diskussion urn den Know-how-Schutz vgl. Schindele (1996), S. 151 f. und 155 ff. Auch in der IT-Branche fiirchten sich viele Untemehmungen insbesondere vor dem Verlust wichtiger Informationen. Vgl. Bruce et al. (1995), S. 37 ff.

2^^

Vgl. Rotering (1993), S. 105.

4

EinflussgroOen auf die Zielerreichung von System-SourcingKooperationen

4.1

Erfolgsfaktorenforschung im Kontext von System-Sourcing-Kooperationen

Diejenigen EinflussgroBen, welche eine Wirkimg auf den Erfolg von Untemehmungen ausiiben, werden als Erfolgsfaktoren bezeichnet.^^'* Ziel der empirischen Erfolgsfaktorenforschung ist die Bestimmung derjenigen EinflussgroBen auf den Untemehmungserfolg, welche wesentlich fur den Erfolg einer Untemehmung sind und eine langfristige Giiltigkeit besitzen (Konzept der kritischen Erfolgsfaktoren).^^^ Sind die kritischen Erfolgsfaktoren bestimmt worden, konnen langfristige Entscheidungen in der Untemehmung getroffen und entsprechende Mafinahmen eingeleitet werden, um Starken und Schwachen der Untemehmung ebenfalls langfristig auf- bzw. abzubauen.^^^ Neben der Erklarung des Untemehmungserfolges (Explikationsfunktion) und der Beschrankung auf wesentliche EinflussgroBen (Selektionsfunktion) dient die Erfolgsfaktorenforschung insbesondere der Suche nach Ansatzpunkten zur Gestaltung des Untemehmungserfolges durch die Entscheidungstrager(Dispositionsfunktion)?^^ Das Pendant zur Erfolgsfaktorenforschung ist die Erforschung von Krisen bzw. Misserfolgen von Untemehmungen. Beispielsweise ermittelt HAUSCHILDT neben einem mangelndem Absatz als operative Misserfolgsursache eine unzureichende Forschung und Entwicklung als starkste strategische Misserfolgsursache.^^^ Die Erfolgsfaktoren einer Lieferanten-Abnehmer-Kooperation liegen zunachst in der Auswahl von geeigneten Partnem. Bei der Auswahl von Partnem miissen neben dem okonomischen Erfolg bzw. der Wirkung auf diefinanzielleStabilitat weitere Aspekte wie Vertrauensbasis, technische Fahigkeiten und weitere Geschaftspartner der Akteure berucksichtigt werden.^^^ Auf einem sehr abstrakten Niveau bestatigt BENSAOU eine Beziehung von spezifischen Investitionen und Kooperationserfolg. Spezifische Investitionen sind ein Ausdmck einer hohen Bindung zwischen den Akteuren, da die Investitionen mit dem Wechsel des Partners verloren gehen wiirden. ^^

Vgl. Kriiger/Schwarz (1997), S. 75. Vgl. Steinle et al. (1993), S. 196. Vgl.HoffiTiann(1986),S.831. Vgl. Daschmann (1994), S. 12. Vgl. Hauschildt (1988), S. 148. Vgl. zur Erforschung von Erfolgs- und MisserfolgsgroBen in Untemehmungen auchKruger(1988). Vgl. Ellram( 1990), S.l Iff. Vgl. Bensaou (1999), S. 39.

76

EinflussgroBen auf die Zielerreichimg von System-Sourcing-Kooperationen

Weitere Untersuchungen analysieren die Ausgestaltung partnerschaftlicher LieferantenAbnehmer-Beziehungen. GROVESA^ALSAMAKIS beispielsweise belegen in der Kleidungs- bzw. Elektroindustrie, dass sich partnerschaftliche Beziehungen gegenuber geringer gekoppelten Beziehungen insbesondere durch eine informale Kommunikation im Top-Management, den Austausch von Planen, den Austausch von Produktions-, Transport- und Lagerinformationen und eine wechselseitige Einbeziehung in die Produktentwicklung auszeichnen.^^^ Eine andere Untersuchung von BENSAOU kennzeichnet erfolgreiche strategische Partnerschaften in der Automobilindustrie durch starkes wechselseitiges Vertrauen, friihe Integration des Lieferanten in die Produktentwicklung, stark abgestimmte Handlungen der Akteure und intensiven Informationsaustausch.^^^ Es wird deutlich, dass die empirische Erfolgsfaktorenforschung eine generell positive Wirkung von Kooperationen auf den Untemehmungserfolg nachgewiesen hat. Jedoch existiert keine kausalanalytische Bestimmung der Erfolgsfaktoren von System-Sourcing-Kooperationen. Die folgende Literaturauswertung dient der Bestimmung wesentlicher EinflussgroBen auf die Zielerreichung des Abnehmers bei der Umsetzung einer System-Sourcing-Kooperation. Ziel der Untersuchung ist die Erklarung des Erfolgs von System-Sourcing-Kooperationen auf zwei separaten Untersuchungsebenen: Objektebene und Beziehungsebene (vgl. Abbildung 30). Gegenstand der Objektebene ist die Erklarung des FuE-Ergebnisses im Entstehungszyklus. Ubergeordnet steht die Beziehungsebene, welche den Beitrag der System-Sourcing-Kooperation zu den Unternehmungszielen des Abnehmers erklaren soil. Hierfur werden zunachst situative Faktoren und Gestaltungsparameter aus dem beobachteten Merkmale der Lieferbeziehung beim System Sourcing abgeleitet (Abschnitt 4.2.1) und anschlieBend normative Entscheidungsmodelle zum Outsourcing analysiert (Abschnitt 4.2.2). Gegenstand der folgenden Abschnitte sind empirische Forschungsergebnisse zu vertikalen FuE-Kooperationen (Abschnitt 4.2.3) und zum Beschaffungsmanagement (Abschnitt 4.2.4). AbschlieBend wird die Diskussion um Aspekte der Transaktionskostentheorie und des wettbewerbsorientierten Ansatzes erweitert und im Zusammenhang mit veranderten Lieferstrukturen diskutiert (Abschnitt 4.2.5).

Vgl. Groves/Valsamakis (1998), S. 59. Vgl. Bensaou (1999), S. 39.

77

Einflussgrofien auf die Zielerreichung von System-Sourcing-Kooperationen Abbildung 30: Einflussgrofien aufder Objekt- und aufder Beziehungsebene (Stufe 1) Situative Faktoren

Gestaltungsparameter

TS

S

^

o

Zielerreichung der Objektebene

Dirckte situative Faktoren Indirekte situative Faktoren

Management & Controlling

%

Direkte situative Faktoren

s

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4.2

- System-Preis - System-Fehler - System-Flexibilitat

Zielerreichung der Strategic

B

s

Teilziele

Indirekte situative Faktoren

Management & Controlling

- Qualitat - Kosten -Zeit - Flexibilitat - Sicheiheit

Bestimmung wesentlicher EinflussgroBen

4.2.1

Merkmale der Lieferbeziehung beim System Sourcing

System-Sourcing-Kooperationen unterscheiden sich von marktlichen Lieferanten-AbnehmerBeziehungen. Im Folgenden werden auf der Grundlage von Praxisberichten und empirischen Analysen System-Sourcing-spezifische Merkmale abgeleitet, die einen Einfluss auf den Erfolg der Kooperation haben konnen. Im Rahmen von Praxisberichten verdeudichen Untemehmungen die Entwicklung zum System Sourcing: •

BMW als ,Systemintegrator' verwandelte den eigenen Fertigungsbereich vom ,Ort der Wertschopfung' zum ,Ort strategischer Lemprozesse*. In der Fertigung werden Entwicklungen und Forschungsergebnisse ausgewertet, um den Know-how-Zufluss durch Lieferanten nutzbar zu machen. Zudem wurden Kompetenzbereiche institutionalisiert, in denen bekannt gewordene Entwicklungen (der Lieferanten) analysiert und fiir BMW verfiigbar gemacht werden. Die folgenden make-or-buy-Entscheidungen werden durch ein Team von Technikem, Einkaufem und

78

EinflussgroBen auf die Zielerreichung von System-Sourcing-Kooperationen

Controllem getroffen. Am Beispiel des Sportwagens Zl wird ersichtlich, dass durch diese MaBnahmen die Entwicklungszeit von 8 Jahren auf 43 Monate gesenkt werden konnte.^^^ •

Chrysler profitiert von der kooperativen Entwicklung modularer Einheiten. Durch die friihzeitige Einbindung der Lieferanten konnten sehr innovative Losungen fur das Scheibenwischsystem des Chrysler Jeeps ,Cherokee' gefunden werden, die sich beispielsweise uber Kosteneinsparungen fur Chrysler und deren Kunden auswirkten. Die Lieferanten konnten zudem das entwickelte Know-how fur Produkte aufierhalb der Automobilbranche einsetzen.^^

Andere Praxisberichte schildem einen unterschiedlichen Bedarf an Zusammenarbeit bei SystemSourcing-Kooperationen: Der HiFi-Hersteller Bang & Olufsen^^^ ist stark vom Know-how seiner Systemlieferanten abhangig und hat demnach einen hoheren Bedarf an Zusammenarbeit als die Aalbourg Industries'^, welche aufgrund hoher eigener Wertschopfungsanteile relativ unabhangig von ihren Lieferanten sind.'^^ In Abbildung 31 werden neben den bereits erlauterten Beispielen noch weitere Praxisberichte zur Systembeschaffung in unterschiedlichen Branchen genannt.'^^

263 264

Vgl.Sabeletal. (1991), S. 214 ff. Vgl.Hsuan (1999), S. 204 ff. Bang & Olufsen agieren in der HiFi-Industrie mit gehobener Kundenklientel. Es besteht grofier Bedarf an Qualifikationen der Lieferanten bei einem hohen Anteil extemer Leistungserstellung. Aalbourg Industries als Produzenten in der Schwerindustrie (industrielle Wassererhitzung, Gasleitsysteme) mit Anwendung im terrestrischen und maritimen Bereich haben einen hohen Anteil an intemer Leistungserstellung. Vgl. Momme et al. (2000), S. 138 if. Vgl. zur Automobilindustrie auch Abbildung 5 bzw. Schindele (1996), S. 85 ff.

EinflussgroBen auf die Zielerreichung von System-Sourcing-Kooperationen

79

Abbildung 31: Praxisbeispiele zur Systembeschaffung Objekt

Branche

Quelle

Brancheniibergreifend

^f269

Zl-Roadster (BMW)

Automobil

Sabeletal. (1991), S. 214 ff.

Programm (Nike)

Sportartikel

QuinnMilmer(1994),S.51.

Schiebedach (VW/Rockwell Golde)

Automobil

Freiling(1995),S.33ff.

Interieur (BMW/Sommer Allibert Lignotok)

Automobil

Frontend (VW/Hella)

Automobil

Rader(VW) Z. B. Bremssystem, Sitz, ABS, Cockpit (Audi, BMW, Ford, Mercedes Benz, Opel, Porsche, VW)

Automobil

Herold (1996), S. 116 ff.

Automobil

Schindele(1996),S. 85ff.^^®

Z3-Roadster(BMW)

Automobil

Kleinaltenkamp/Wolters (1997), S. 97; Traudt(1997),S.317

Programm (Adidas)

Sportartikel

Biihner/Tuschke (1997), S. 23

Cockpitmodule (Mercedes-Benz)

Automobil

G6pfert(1998), S.209ff.

Elektrolokomotive (Datranz)

Maschinenbau (Bahn)

Gopfert (1998), S. 259 ff.

Chemie, Elektro- und Metallindustrie, Fahrzeugindustrie etc.

Wolters(1995),S. 190 ff.

Scheibenwischsystem (Chrysler)

Automobil

Hsuan (1999), S. 204 ff.

Elektrobauteile (Bang & Olufsen)

HiFi

Momme et al. (2000), S. 138 ff.

Anlagen (Aalbourg Industries)

Schwerindustrie

Momme et al. (2000), S. 138 ff.

Instrumentenkonsole (General Motors)

Automobil

Gadde/Jellbo(2002),S.43

Die Praxisberichte gewahren einen Einblick in das vielfaltige Spektrum von System-SourcingKooperation und dem daraus folgenden Nutzen. Zur Ableitung situativer Faktoren sind jedoch generelle Aussagen uber Merkmale von System-Sourcing-Kooperationen notwendig. WERTZ untersucht Lieferanten-Abnehmer-Beziehungen in der Automobilindustrie. Im standardisierten Fragebogen (n = 70) werden die Befragten aufgefordert, eine Einordnung des Lieferanten als Einzelteil-, Komponenten-, Modul- oder Systemlieferanten vorzunehmen.

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Von Eick/Femerling (1991), S. 31, nennen als weitere Anwendungsgebiete Festplatten, Nasszellen, Laufwerke und Gewurzmischungen. Vgl. auch die Gegeniiberstellung von Modul- und Systembegriff in Abbildung 5 der vorliegenden Arbeit.

80

EinflussgroBen auf die Zielerreichung von System-Sourcing-Kooperationen

Abbildung 32: Kennzeichnung von Systemlieferanten in der Automobilindustrie ^ Kriterien Umsatz Dauer der Geschaftsbcziehung Anteil Single Sourcing

Komponentenlieferant

ModuUieferant

Systemlieferant

Niedrig 15,9Jahre Durchschnittlich 31

Mittel 18,3Jahre Durchschnittlich

Sehr hoch 18,6Jahrc Uberdurchschnittlich 34

25

Aus Abbildung 32 wird ersichtlich, dass System-Sourcing-Kooperationen durch uberdurchschnittlich hohe Umsatze mit dem Lieferanten, eine hohe Kooperationserfahrung durch die Dauer der Geschaftsbcziehung und einen hohen Anteil an Single Sourcing gepragt sind (zumeist wird das System nur durch einen einzigen (System-)Lieferanten erstellt). Letztere EinflussgroBe besitzt eine hohe Affinitat zur Objektebene des System Sourcing, da Single Sourcing iiber die Realisation von Skaleneffekten unmittelbar auf den Einkaufspreis des Beschaffungsobjektes wirken kann. Single Sourcing wird dementsprechend als situativer Faktor mit direktem Bezug auf der Objektebene eingeordnet (vgl. Abbildung 33). Des Weiteren resultiert aus der Dauer der Geschaftsbcziehung eine groBere Kooperationserfahrung, die sowohl auf der Objektebene als auch auf der Beziehungsebene wirken kann. Es wird vermutet, dass es sich hierbei um einen indirekten Effekt handelt, der seine Wirkung iiber das Management und Controlling in System-Sourcing-Kooperation entfaltet. Dementsprechend wird die Kooperationserfahrung in beiden Modellen als situativer Faktor mit indirektem Bezug berucksichtigt (vgl. Abbildung 33).

Quelle: In Anlehnung an Weitz (2000) als Kombination von Abbildung 12 auf S. 134 und Tabelle 10 auf S. 142. Einzelteillieferanten werden nicht aufgefuhrt.

EinflussgroBen auf die Zielerreichung von System-Sourcing-Kooperationen

81

Abbildung 33: Einflussgroften aufder Objekt- und aufder Beziehungsebene (Stufe 2) EinflussgroBen aus den Merkmalen der Lieferbeziehung beim System Sourcing Situative Faktoren Modell

Direkte situative Faktoren Single Sourcing

Objektebene Beziehungsebene

Indirekte situative Faktoren

Gestaltungsparameter von Management & Controlling

Kooperationserfahrung Kooperationserfahrung

Ubertrag in die Modelle

Situative Faktoren

Gestaltungsparameter

Direkte situative Faktoren

Zielerreichung auf der Objektebene

- Single Sourcing

o

Indirekte situative Faktoren

Teilziele

- System-Preis - System-Fehler - System-Flexibilitat Management & Controlling

- Kooperationserfahrung

Zielerreichung der Strategic

Direkte situative Faktoren

Indirekte situative Faktoren

Management & Controlling

- Qualitat -Zeit - Kosten - Flexibility - Sicherheit

- Kooperationserfahrung

4.2.2 Erkenntnisbeitrag normativer Entscheidungsmodelle zum Outsourcing Normative Entscheidungsmodelle zum Outsourcing dienen der Entscheidungsunterstutzung bei make-or-buy-Entscheidungen. Ziel dieser Modelle ist die Bestimmung einer optimalen Entscheidung fur Eigenfertigung oder Fremdbezug unter gegebenen Bedingungen fur eine Unternehmung. Die Modelle postulieren, dass Outsourcing demnach in einer bestimmten Situation erfolgreicher sein kann als in anderen Situationen (z. B. hohes FuE-Risiko der Eigenentwicklung). Bei einer strikten zeitlichen Trennung von Outsourcing-Entscheidung (Fremdvergabe der FuE-Tatigkeit an einen Lieferanten) und der Umsetzung einer Outsourcing-Entscheidung (Kontrolle der FuE-

82

Einflussgrofien auf die Zielerreichung von System-Sourcing-Kooperationen

Tatigkeit des Lieferanten) wurden die in den Modellen verwendeten situativen Faktoren zeitlich vor der Problemstellung dieser Untersuchung wirken. Dennoch bleibt die Wirkung der situativen Faktoren auch nach der erfolgten Outsourcing-Entscheidung bestehen (hohes FuE-Risiko beim Lieferanten wirkt auf Risiko beim Abnehmer). Daher ist es sinnvoll, EinflussgroBen, die zur buyEntscheidung gefuhrt haben, bei der Umsetzung der Entseheidung ebenfalls zu beriicksichtigen. Grundlage jedes normativen Entscheidungsmodells sind situative GroOen, aus denen als optimale Entseheidung Eigenfertigung oder Fremdbezug abgeleitet werden. Zumeist besitzen die Modelle eine Analogie zum Portfolio-Ansatz des strategischen Managements, indem eine GroBe den Status Quo der Unternehmung und eine andere GroBe das zukunftige (bzw. erwartete) Potenzial der Entseheidung abbildet. Bei make-or-buy-Entscheidungen wird der Status Quo als das Verhaltnis der Kompetenz einer Unternehmung zur Kompetenz eines moglichen Lieferanten abgebildet.272 Dieses Verhaltnis kann auch zwischen der Unternehmung und dem besten aller moglichen Lieferanten gebildet werden.273 Andere Begriffe fur diesen Status Quo sind die Ressourcenstarke274, die relative Effizienz bei der Leistungserstellung275 oder die Know-how-Barriere einer Eigenfertigung276. Das zukunftige Potenzial der Eigenfertigung bzw. des Fremdbezugs umfasst die strategische Bedeutung277 bzw. die Wirkung auf die Wettbewerbsfahigkeit278 der Unternehmung. Negativ formuliert handelt es sich um das strategische Risiko279. Eine exemplarische Darstellung dieser PortfolioAnsatze findet sich in der Abbildung 34, wobei System Sourcing dem ,complex contracting' zuzuordnen ist.

Vgl. Apte/Mason (1995), S. 1257 ff.; Hinterhuber/Stuhtec (1997), S, 4 ff. und S. 10. Vgl. Walker (1988), S. 62 ff. Vgl Pfeiffer/Dogl (1986), S. 258 ff. Sie setzt sich aus der Beherrschung der Technologie, dem bekannten Weiterentwicklungspotenzial und der aktuellen Reaktionsfahigkeit auf Weiterentwicklungen der Konkurrenz zusammen. Vgl. Apte/Mason (1995), S. 1257 ff. Vgl. Picot (1991b), S. 349 ff. Vgl. Apte/Mason (1995), S. 1257 ff; ahnliche Ansatze greifen auf die ,Bedeutung fur den Kunden' (vgl. Hinterhuber/Stuhtec (1997), S. 4 ff.) oder die Jeehnologieattraktivitat' (vgl. Pfeiffer/Dogl (1988), S. 259.) zuriick. Vgl. Sislan/Sative (2000), S. 5 f. Vgl. Walker (1988), S. 62 ff.; Quinn/Hilmer (1994), S. 48 f; Picot (1991b), S. 349 ff.

EinflussgroBen auf die Zielerreichung von System-Sourcing-Kooperationen

83

Abbildung 34: Outsourcing-Entscheidung (nach WALKER)

complex contracting Strategisches Risiko, das mit einer Lieferbeziehung verbunden wird

Trend zum make

make

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Trend zum make

Investition in Anlagen

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gering

Kompetenzverhaltnis des Abnehmers zum besten Lieferanten

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Grundsatzlich eignen sich Aktivitaten dann zum Outsourcing, wenn der Lieferant einen Kompetenzvorsprung besitzt und nur eine geringe Wirlcung auf die Wettbewerbsfahigkeit bzw. ein geringes Risiko von der Ubertragung ausgeht.281 Die Kompetenz des Lieferanten wird im Strukturmodell als situativer Faktor unter der Bezeichnung Spezialisierung des Lieferanten eingebracht. Da die Spezialisierung des Lieferanten eine unmittelbare Wirkung auf das Ergebnis des FuE-Prozesses hat (z. B. System-Fehler), wird sie als direkter Faktor auf der Objektebene beriicksichtigt (vgl. Abbildung 35). Ein wesentliches Risiko bei System-Sourcing-Kooperationen besteht in der Unkenntnis zukunftiger Ergebnisse von Forschung und Entwicklung des Beschaffungsobjektes beim Lieferanten. Ursachlich fur dieses Risiko ist der Innovationsgrad, welcher die aus einem neuen Produkt resultierenden Veranderungen umfasst.282 Diese Unsicherheit wird auf der Objektebene durch die Gestaltungsparameter des Managements und Controlling mediiert.283 So ist zu erwarten, dass die Kommunikation zwischen den Akteuren bei unterschiedlichen Innovationsgraden variiert. Der Innovationsgrad kann zudem auf der Beziehungsebene wirken, da das System in die Produktion des Abnehmers zu integrieren ist. Somit hat das Management und Controlling das Risiko aus dem Innovationsgrad zu bestimmen und mogliche Folgen durch PraventionsmaBnahmen auf der Beziehungsebene abzuschwachen. Der Innovationsgrad wird folglich als situativer Faktor mit indirektem Bezug in beiden Modellen beriicksichtigt (vgl. Abbildung 35). Deutlich wird die Relevanz des Innovationsgrades am Beispiel eines neuen Scheibenwischsystems fur Jeeps des Herstellers Chrysler. Das neue System sollte in einer Neuentwicklung des Jeeps ver-

Quelle: In Anlehnung an Walker (1988), S. 70. Vgl. Pfeiffer/Dogl (1986), S. 164 ff.; Walker (1988), S. 70; Apte/Mason (1995), S. 1257; Hinterhuber/Stuhtec (1997), S. 10. Vgl. auch Sislan/Sativ (2000), S. 5 ff. Vgl. Hauschildt/Schlaak (2001), S. 164. Vgl. zu mediierenden Effekten Baron/Kenny (1986), S. 1176 ff.

84

EinflussgroBen auf die Zielerreichung von System-Sourcing-Kooperationen

wendet werden. Hieraus ergaben sich erhebliche Kompatibilitatsprobleme mit vorhandenen Bauteilen. Zudem erfullte die Neuentwicklung zunachst nicht die hohen Anforderungen an ein Scheibenwischsystem eines Autos der Premium-Klasse (z. B. Uberhitzung des Motors). Zur Losung des Problems wurde ein neuer Lieferant in die Produktentwicklung aufgenommen. Durch eine vertrauensvolle und enge Zusammenarbeit konnten die technischen Probleme letztendlich behoben werden.284 Eine Befiirwortung von Outsourcing bei geringer strategischer Bedeutung erfasst jedoch nicht das vollstandige Potenzial, das in einer System-Sourcing-Kooperation vorhanden sein kann. Neben dem Risiko des Outsourcing besteht namlich die Chance, durch das Outsourcing die eigene Wettbewerbsfahigkeit zu steigern. Diese Chance folgt nicht nur aus der Nutzung von Spezialkenntnissen des Lieferanten innerhalb eines Beschaffungsobjektes, sondern sie ergibt sich hinsichtlich des eigenen Produktionsprogramms. Gelingt es, das Beschaffungsobjekt zu standardisieren, kann es in verschiedenen Objekten des Produktionsprogramms als Inputgut verwendet werden. Hierdurch kann ein Differenzierungsvorteil (Spezialkenntnisse des Lieferanten) auf mehrere Produkte iibertragen werden. Dieser Effekt auf der Beziehungsebene kann sich somit direkt auf das Qualitatsziel auswirken. Gleichzeitig entsteht durch die Standardisierung des Systems eine Abhangigkeit des Abnehmers vom Lieferanten, welche direkt auf das Teilziel der Sicherheit wirken kann. Weiterhin konnen durch die Systembeschaffung Skaleneffekte realisiert werden. Hierbei sind zwei Griinde zu unterscheiden. Einerseits konnen Skaleneffekte durch den Lieferanten ausgelost werden, indem Spezialkenntnisse in verschiedenen Systemen beim Lieferanten Verwendung finden. Andererseits kann der Abnehmer als Folge einer Standardisierung des Systems Skaleneffekte durch eine Mehrnachfrage auslosen. Skaleneffekte konnen sich insbesondere auf den System-Preis und die System-Fehleranfalligkeit auf der Objektebene auswirken. Zur Realisation von Skaleneffekten kann eine Single-Sourcing-Strategie empfohlen werden. Somit wird die Wirkung eines Single Sourcing, welche bereits im Abschnitt 4.2.1 im Modell integriert wurde, im Rahmen normativer Entscheidungsmodelle bestatigt. Die Einordnung von Single Sourcing als situativer Faktor mit direktem Bezug auf das Ergebnis der Objektebene wird dementsprechend beibehalten. In Abbildung 35 werden die Erkenntnisse aus den normativen Entscheidungsmodellen in die Modellstrukturen dieser Untersuchung integriert.

VgLHsuan (1999), S. 204 ff.

85

Einflussgrofien auf die Zielerreichung von System-Sourcing-Kooperationen Abbildung 35: Einflussgrofien aufder Objekt- und aufder Beziehungsebene (Stufe 3)

Einflussgrofien aus normativen EntscheidungsmodeUen zum Outsourcing Situative Faktoren Modell

Direkte situative Faktoren

|

Indirekte situative Faktoren Innovationsgrad

Objektebene

Single Sourcing Spezialisierung des Lieferanten

Beziehungsebene

Standardisierung des Systems

Innovationsgrad

Gestaltungsparameter von Management & Controlling

-

Ubertrag in die Modelle

Situative Faktoren

Gestaltungsparameter

Direkte situative Faktoren

Zielerreichung auf der Objektebene

- Single Sourcing - Spezialisierung des Lieferanten

Indirekte situative Faktoren

Teilziele

- System-Preis - System-Fehler - System-Flexibilitat Management & Controlling

- Kooperationserfahrung - Innovationsgrad

Direkte situative Faktoren

Zielerreichung der Strategic

- Standardisierung des Systems Indirekte situative Faktoren - Kooperationserfahrung - Innovationsgrad

Management & Controlling

- Quali tat -Zeit - Kosten - Flexibility - Sicherheit

86

Einflussgrofien auf die Zielerreichung von System-Sourcing-Kooperationen

4.2.3 EinflussgroBen aus der empirischen Forschung zu vertikalen FuE-Kooperationen Die empirische Analyse von System-Sourcing-Kooperationen bzw. vertikalen FuE-Kooperationen in der Literatur ist sehr fragmentiert. Ein Grofiteil der veroffentlichten Untersuchungen bezieht sieh auf die Automobilindustrie bzw. die Automobilzuliefererindustrie.285 WERTZ untersucht Lieferanten-Abnehmer-Beziehungen in der Automobilindustrie. Der Untersuchungsgegenstand sind diejenigen Geschaftsbeziehungen, die sich gegeniiber marktlichen Beziehungen durch eine verstarkte Integration von Wissen und die wechselseitige Beeinflussung der verfolgten Ziele auszeiehnen.286 Im Rahmen einer multiplen Regression (R2 = 0,657) konnen insbesondere die Erfolgswirkungen von Transferleistungen signifikant bestatigt werden. Hierunter fallen einerseits Know-how-Transfers zum Lieferanten (beispielsweise Uhterstutzung durch Expertenteams des Abnehmers) und andererseits die Qualitat des Informationsaustausches. Des Weiteren kann als Bedingung fur den Erfolg die Notwendigkeit einer Lieferantensteuerung nachgewiesen werden.287 WOLTERS untersucht die Veranderung im Beschaffungsbereich von Herstellern der Automobilindustrie, die aus der Entwicklung vom Unit Sourcing zum Modular/System Sourcing resultieren. Durch die weitergehende Differenzierung von Kundenbedurfhissen in der Automobilbranche nehmen die Technologieintensitat und Komplexitat der Produkte zu. Dementsprechend steigt die Anzahl zu steuernder Schnittstellen fur den Hersteller von Automobilen, was ihr Koordinationsvermogen aus- bzw. iiberlastet.288 Durch eine System-Sourcing-Kooperation konnte diese Problematik abgemildert werden, indem ein Teil der Komplexitat auf Lieferanten ubertragen wird. WOLTERS befragt 16 Automobilproduzenten mit Hilfe eines standardisierten Fragebogens.289 Das Ziel der Untersuchung liegt in der deskriptiven Analyse von Anforderungsprofilen der Automobilindustrie an Modul-/Systemlieferanten. Die Anforderungsprofile werden fur die Bereiche FuE, Produktion/Logistik, Finanzwirtschaft und Marketing/Umwelt fur das Jahr 1993 erfasst und fur das Jahr 2000 prognostiziert.290 Erganzt wird die Untersuchung durch halbstandardisierte Interviews bei 23 Lieferanten.291 GemaB der Prognose von WOLTERS sollen die Anforderungen im FuE-Bereich zwischen 1993 und 2000 deutlich angestiegen sein (vgl. Abbildung 36). Die groBten Zuwachse sind in den Bereichen

285

Vgl. von Eicke/Femerling (1991); Abend (1992); Wolters (1995); Schindele (1996); Hsuan (1999); Wertz (2000).

286

Die Integration von Wissen wird hierbei als ,K6nnen-Komponente' und die Veranderung der Ziele als ,WollenKomponente' der (Netzwerk-)Beziehungen bezeichnet. Vgl. Wertz (2000), S. 75. Vgl. Wertz (2000), S. 158, bzw. die Faktorbildung S. 150 ff. WERTZ bezeichnet steuernde Eingriffe als ,Durchsetzung'. Die vertrauensvolle Situation zwischen den Akteuren wird in der Untersuchung von WERTZ durch die Bildung zweier Faktoren (Vertrauen und kooperative Konfliktlosung) jedoch ubergewichtet Vgl. Wolters (1995), S. 31 f. Vgl. Wolters (1995), S. 204 ff.

287

288 289 290 291

Vgl. Wolters (1995), S. 86 ff. Vgl. Wolters (1995), S. 204 ff.

87

Einflussgroflen auf die Zielerreichung von System-Sourcing-Kooperationen

Simultaneous Engineering, EDV-Anbindung und Systemverantwortung des Lieferanten zu verzeichnen. Systemverantwortung bezeichnet die Ubernahme der Gesamtverantwortung fur das Beschaffungsobjekt durch den Lieferanten. Hierzu gehort ein eigenstandiger FuE-Prozess und die Gewahrleistung von Qualitats- und Sicherheitsanforderungen. Abbildung 36: Anforderungen an Systemlieferanten - Forschung und Entwicklung

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Die Auswertungen von SCHINDELE basieren auf unstandardisierten Interviews bei Automobilherstellern (n = 6) und einer fragebogengestiitzten Datenerhebung von Lieferanten (n = 53) in Deutschland. Nach Aussagen einiger Abnehmer werden sie weiterhin die Gesamtverantwortung fur die Entwicklung und Produktion von Autos behalten. Die Hersteller tendieren jedoch dazu, ihre Lieferanten weitaus fruher in die Produktentwicklung zu integrieren. Der Anteil der Lieferanten in der Vorentwicklung (typenunabhangige Entwicklungsleistung/Grundlagenforschung) wird von 10 % auf 80 bis 90 % ansteigen. In der Projektdefmition (Ziel: Erstellung des Rahmenlastenheftes) soil der Anteil von 0 % auf 10 % und in der Serienentwicklung (Umsetzung des Lastenheftes/Pflichtenheftes) von 20 % auf 90 % ansteigen.293 Als Erfolgsfaktoren bei vertikalen Kooperationen nennen die Abnehmer in der Untersuchung von SCHINDELE im Wesentlichen funf EinflussgroBen:294 1. Gewahrung eines angemessenen Freiraums fur die Lieferanten, urn die Innovationskraft der Lieferanten bei der Suche eigenstandiger Losungen nicht zu schmalern.

Quelle: in Anlehnung an Woltere (1995), S. 87 mit Skalierung 1 = Unwichtig; 6 = Sehr wichtig. Vgl. Schindele (1996), S. 121. Vgl. Schindele (1996), S. 147.

88

EinflussgroBen auf die Zielerreichung von System-Sourcing-Kooperationen

2. Friihzeitige Integration der Akteure in die jeweiligen Entwicklungsprozesse, um eine iibergreifende Funktionalitat des Endproduktes und seiner Teilsysteme sicherzustellen. 3. Forderung eines Gesamtverantwortungsbewusstseins des Lieferanten, um sicherzustellen, dass der Erfullungsgrad von Anforderungen an das System hoch ist. Lieferanten sollen die eigenen Grenzen einschatzen konnen. Gegebenenfalls nriissen Gegensteuerungsmafinahmen zur Schaffung und Sieherung von Anforderungen an das System eingeleitet werden. 4. Schaffung einer einheitlichen Informationsbasis. 5. Sicherstellung des Know-how-Schutzes der Lieferanten, soweit diese nicht durch Patente geschiitzt sind.

BRUCE ET AL. analysieren in einer explorativen Studie die Erfolgsfaktoren von vertikalen FuEKooperationen in der Informationstechnologie- und Kommunikationsbranche (IT). Hierzu werden die Aussagen von n = 108 Lieferanten (UK) mit Hilfe eines standardisierten Fragebogens erhoben.295 Die Ergebnisse der Studie machen den Risikoaspekt bzw. Sicherungsaspekt im FuE-Bereich deutlich. Ein Drittel der Befragten furchtet sich vor Informationsverlusten, Verlust von Steuerungsfahigkeiten und/oder zunehmenden Entwicklungszeiten. Sehr viele der Befragten erwarten generelle Ergebnisse aus der FuE-Kooperation, da nur 2 % befurchten, dass das Ergebnis zu sehr auf den Kooperationspartner zugeschnitten sei.296 Als wichtigster Einflussfaktor wurde die deutliche und klare Definition von grundlegenden Regeln und hierbei der Zielsetzungsprozess identifiziert. Als zweit wichtigste EinflussgroBe wirkt das Commitment ,at all levels' auf den Erfolg der FuEKooperationen.297 Gegenstand der Analyse von EISENHARDT/TABRIZI ist die Wirkung verschiedener Aspekte der Lieferantenintegration in den FuE-Prozess auf die benotigte Zeit fur eine Produktentwicklung. Hierfur wird ein Datensatz von 36 Unternehmungen der Computerindustrie herangezogen. Jede Unternehmung antwortete fur zwei Produkte, so dass die Auswertung n = 72 Falle umfasst. Eine starke und fruhzeitige Integration von Lieferanten fuhrt hierbei grundsatzlich zu verlangerten Entwicklungszeiten.298 In weiteren Analysen wird jedoch belegt, dass dieser Zusammenhang nur bei Produktentwicklungen mit hoher Unsicherheit gilt.299 Dariiber hinaus wird widerlegt, dass durch eine simultane Produktentwicklung (project overlap) und eine zeitaufwendige Planung zu Beginn des Entwicklungsprojektes die gesamte Entwicklungszeit reduziert werden kann.300

Vgl. Bruce ctal. (1995), S. 35. Vgl. Bruce et al. (1995), S. 37 ff. Vgl. Bruce et al. (1995), S. 40 ff. Vgl. Eisenhard/Tabrizi (1995), Table 3 auf S. 101. Vgl. Eisenhard/Tabrizi (1995), S. 103 und insbsondere Table 4 auf S. 103. Vgl. Eisenhard/Tabrizi (1995), Table 3 auf S. 101.

EinflussgroBen auf die Zielerreichung von System-Sourcing-Kooperationen

89

Als Ergebnis der Analyse von EISENHARDT/TABRIZI kann fur die folgende Untersuchung festgehalten werden, dass die Planungsintensitat, die Interaktionshaufigkeit der Akteure und die Unsicherheit bezuglich des zu entwickelnden Systems wesentliche EinflussgroBen auf den Erfolg darstellen. In der Arbeit von TAKEISHI wird die Wirkung von internen und zwischenbetrieblichen Gestaltungsparametern und Fahigkeiten (capabilities) auf die System-Leistung in der japanischen Automobilindustrie analysiert. Die Befragung von sieben Lieferanten fuhrt zu n = 45 Lieferanten-AbnehmerBeziehungen.301 Multiple Regressionsanalysen belegen, dass eine zunehmende Abhangigkeit des Lieferanten (sales dependency) zur Steigerung der System-Leistung fuhrt. Des Weiteren konnen signifikante Wirkungen von Vorgaben des Abnehmers im FuE-Prozess (integrated problem solving pattern) auf die System-Leistung nachgewiesen werden.302 Die Vorgaben des Abnehmers beziehen sich auf dessen Sorgfalt bei der Vorgabe von Produktspezifikationen, Preisen und Zeiten sowie die Berucksichtigung spezieller Gegebenheit des Lieferanten. Eine positive Wirkung der Kommunikationsintensitat zwischen den Akteuren ist zwar signifikant, aber nur sehr schwach ausgepragt.303 Abbildung 37 gibt einen Uberblick zu den empirischen Forschungsarbeiten vertikaler FuEKooperationen

Die Teilnehmer beantworteten den Fragebogen fur drei bis sieben ihrer Lieferanten. Vgl. Takeishi (2001), S. 411 und insbesondere Table 2 auf S. 412. Vgl. zur Operationalisierung Takeishi (2001), Appendix Table 1 auf S. 425 f. Vgl. Takeishi (2001), S. 414 ff. und insbesondere Table 4 auf S. 415.

90

EinflussgroBen auf die Zielerreichung von System-Sourcing-Kooperationen

Abbildung 37: Einflussgrofien bei vertikalen FuE-Kooperationen

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0,7. Vgl. Simpson et al. (2002), S. 30 f. Vgl. Simpson et al. (2002), Table III auf S. 33.

96

Einflussgrofien auf die Zielerreichung von System-Sourcing-Kooperationen

• Fahigkeiten der im Beschaffungsprozess beteiligten Humanpotenziale: CARR/SMELTZER untersuchen die Wirkung von Fahigkeiten im Beschaffungsbereich (purchasing skills) auf das strategische Beschafrungsmanagement (strategic purchasing), den finanziellen Erfolg (financial performance) und die Reaktion der Lieferanten (supplier responsiveness). Auf der Grundlage des Ressourcenorientierten Ansatzes werden 53 unterschiedliche Mitarbeiter der Einkaufsbereiche in der Automobilbranche hinsichtlich notwendiger Fahigkeiten befragt. Die erhobene Menge von 42 Fahigkeiten (skills) wurde durch theoretische Uberlegungen auf 35 reduziert. Die Auspragung dieser Fahigkeiten und deren Wirkung wurden dann mit Hilfe von standardisierten Fragebogen bei n = 163 Unternehmungen verschiedenster Branchenzugehorigkeit erhoben. Als Ergebnis ist hervorzuheben, dass der explorativ ermittelte Faktor technical-skills324 eine signifikante Erklarung des Unternehmungserfolges zulasst. Weiterhin ist fur die folgende Untersuchung interessant, dass der Faktor behavior skills325 keinerlei signifikante Wirkungen auf den Erfolg, das strategische Beschafrungsmanagement und das Lieferantenverhalten hat. Des Weiteren wirkt der Faktor skill-techniques326 zwar nicht auf den Erfolg der Unternehmung, aber dafur sowohl auf das strategische Beschafrungsmanagement als auch auf die Reaktion der Lieferanten. In einer Literaturanalyse identifizieren GIUNIPERO/PEARCY die am haufigsten verwendeten bzw. diskutierten Fahigkeiten von Humanpotenzialfaktoren im BeschafTungsbereich.327 Darauf aufbauend testen sie ein Set von letztendlich 30 Einzelfahigkeiten durch einen Fragebogen bei n = 46 Einkaufern. Eine Erfolgswirkung der Fahigkeiten wird nicht untersucht. Lediglich die subjektive Bedeutung der Fahigkeiten fur die einzelnen Einkaufer wird abgefragt. Durch eine explorative Faktorenanalyse werden die hinter den 30 Einzelfahigkeiten stehenden sieben Faktoren identifiziert. Interessant fur die folgende Untersuchung ist die Bestatigung der Wichtigkeit der technical-skills und skill-techniques,328 die schon bei CARR/SMELZER identifiziert wurden.

In Abbildung 39 werden die wesentlichen Einflussgrofien der empirischen Arbeiten zum Beschafrungsmanagement aufgefuhrt.

Technical skills sind u. a. mathcmatische, materialwirtschaftliche oder anwendungsbezogene Kenntnisse (CAD). Vgl. Carr/Smeltzer (2000), Appendix A auf S. 48. Behavior skills sind u. a. Detailorientierung, Verstandnis fur andere Abteilungen, Fahigkeit der personlichen Flexibility oder Stressbewaltigung. Vgl. Carr/Smeltzer (2000), Appendix A (continued) auf S. 49. Skill techniques sind u. a. analytische Fahigkeiten, Kommunikationsfahigkeiten, Presentations- und Koordinationsfahigkeiten. Vgl. Carr/Smeltzer (2000), Appendix A (continued) auf S. 49. Vgl. Giunipero/Pearcy (2000), S. 7 und insbes. Table HI auf S. 7.

97

EinflussgroBen auf die Zielerreichung von System-Sourcing-Kooperationen Abbildung 39: Einflussgrofien aus dem Beschaffungsbereich

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Erfolgsdeterminanten in System-Sourcing-Kooperationen: Ansatze und Hypothesen

5.1.2

113

Management und Controlling als Ressource des Abnehmers

Die grundlegenden Aussagen des Ressourcenorientierten Ansatzes gehen auf PENROSE 363 zuriick und wurden durch WERNERFELT 364 und BARNEY 365 entscheidend weiterentwickelt und prazisiert. In seiner urspriinglichen Ausrichtung wurde der Ressourcenorientierte Ansatz als Gegenposition zur Industrieokonomik entwickelt.366 Im Ressourcenorientierten Ansatz werden Unternehmungen als Bundel oder Vektoren materieller und immaterieller Ressourcen verstanden.367 In Anlehnung an WERNERFELT werden Ressourcen definiert als "those (tangible and intangible) assets which are tied semipermanently to the firm.... Examples of resources are: brand names, in-house knowledge of technology, employment of skilled personel, trade contracts, machinery, efficent procedures, capital etc."368 BARNEY prazisiert diese enumerative Aufzahlung: Ressourcen sind „all assets, capabilities, organizational processes, firm attributes, information, knowledge, etc. controlled by a firm that enable the firm to conceive of and implement strategies that involve its efficiency and effectiveness."369 Damit ist der Ressourcenorientierte Ansatz grundlegend anders als der Ansatz der Industrieokonomik, welcher durch seine Analyseeinheiten ,Branche' und ,strategische Gruppe' dazu neigt, Unternehmungen als homogene Einheiten zu betrachten.370 Die Kernaussage des Ressourcenorientierten Ansatzes besagt jedoch, dass jede Unternehmung durch seine historische Entwicklung zu einer im Vergleich zu den Wettbewerbern einzigartigen Ressourcenausstattung gelangt.371 Diese Ressourcenausstattung kann, muss jedoch nicht die Grundlage zur Erzielung von nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen auf einem Markt darstellen:372 Die Unterschiede in der Faktorausstattung bilden die Grundlage fur uberdurchschnittliches Gewinnpotenzial373 bzw. der Abschopfung von Renten.374 Begrundet wird dieser Vorteil dadurch, dass Unternehmen durch die Qualitat ihrer Ressourcenausstattung bestimmte Aktivitaten dauerhaft besser oder zu geringeren Kosten erbringen konnen als

Vgl. Penrose (1959). Vgl. Wernerfelt (1984). Vgl. Barney (1991); Barney (2001). "Ideally, the size of a firm for our purpose should be measured with the respect to the present value of the total of its resources (including its personel) used for its own productive purposes." Penrose (1959), S. 25. Vgl. auch Bamberger/Wrona (1996a), S. 130 f. 367 368

Vgl. Bamberger/Wrona (1996b), S. 386. Wernerfelt (1984), S. 172. Barney (1991), S. 101. Vgl. Bamberger/Wrona (1996b), S. 386. Vgl. Freiling (2000), S. 185 ff. Vgl. Barney (1991), S. 101.

373 374

Vgl. Bamberger/Wrona (1996a), S. 132. Vgl. Bamberger/Wrona (1996a), S. 134 f.

114

Erfolgsdeterminanten in System-Soureing-Kooperationen: Ansatze und Hypothesen

andere Untemehmen. Somit besitzen Ressourcen, die einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil ermoglichen, einen Wert (value),376 d. h. es handelt sich um wertvolle Ressourcen. Eine wertvolle Ressource kann aber nur dann zu einem nachhaltigen Wettbewerbsvorteil verhelfen, wenn sie zudem •

knapp (rare),



beschrankt imitierbar oder



schlecht substituierbar ist.

Ware eine Ressource nicht knapp (rare), konnten Wettbewerber diese relativ leicht beschaffen und den aus der Ressource resultierenden Wettbewerbsvorteil egalisieren.377 Die Nachhaltigkeit des Wettbewerbsvorteils wird durch die Moglichkeit der Wettbewerber zur Imitation der Ressource beeinflusst. Die Entwicklung von beschrankt imitierbaren (imperfectly imitable) Ressourcen in Untemehmen kann durch drei Moglichkeiten begriindet werden: Erstens konnen solche Ressourcen, z. B. Aufbauorganisationen, durch eine einzigartige historische Entwicklung (unique historical condition) entstehen. Zweitens kann eine beschrankte Imitierbarkeit aus der Unkenntnis der Wettbewerber (causual ambiguity) iiber den Zusammenhang von Ressource und Wettbewerbsvorteil liegen. Drittens konnen solche Ressourcen aus der sozialen Struktur (social complexity) der Unternehmung resultieren. Beispielsweise sind personliche Kontakte zwischen Managern einer Unternehmung nicht unmittelbar durch eine andere Unternehmung zu kopieren.378 Neben der beschrankten Imitierbarkeit von Ressourcen miissen diese zudem noch schlecht substituierbar (substitutable) sein.379 Durch beschrankt substituierbare und beschrankt imitierbare Ressourcen entstehen Wettbewerbsbarrieren (resource position barriers), welche die Nachhaltigkeit des Wettbewerbsvorteils gewahrleisten.380 Sind Ressourcen knapp und wertvoll und zudem noch beschrankt imitier- und/oder substituierbar, so resultiert aus ihnen ein nachhaltiger Wettbewerbsvorteil. Im Ressourcenorientierten Ansatz werden zudem die Fahigkeit (capability) der Unternehmung zur Biindelung und zum erfolgsmaximalen Einsatz der Ressourcen diskutiert.381 An anderer Stelle wird

375 376 377 378 379 380 381

Vgl. Hungenberg(1999), S. 17. Vgl. Barney (1991), S. 106. Vgl. Barney (1991), S. 106. Vgl. Barney (1991), S. 107 ff. Vgl. Barney (1991), S. I l l f. Vgl. Wernerfelt(1984), S. 172. Vgl. Grant (1991), S. 118 f.

Erfolgsdeterminanten in System-Sourcing-Kooperationen: Ansatze und Hypothesen

115

fur diese Fahigkeit auch der Begriff der strategic assets' verwendet.382 Beiden Bezeichnungen liegt jedoch ein sehr ahnliches Begriffsverstandnis zu Grunde.383 Eine Realisation von Wettbewerbsvorteilen resultiert aus der Abschopfung von Renten. Die Abschopfung von Renten ist kein automatischer Prozess, sondern erfordert den Einsatz der Ressourcen im Rahmen der Unternehmungstatigkeit. Die erfolgreiche Abschopfung von Renten, also eine vorhandene capability', wird im Folgenden als Nutzungsfahigkeit bezeichnet.384 An einem Beispiel lasst sich die Bedeutung der Nutzungsfahigkeit verdeutlichen: Ein Mitarbeiter ist in einer Unternehmung beschaftigt. Er besitzt besondere Fahigkeiten (knappe Ressource, wertvolle Ressource), die auf seiner Erfahrung beruhen (beschrankt imitierbare und schwer substituierbare Ressource). Ist dem Mitarbeiter die Bedeutung seiner Person als wertvolle Ressource bekannt, kann er sich die aus der Ressource erzielbare Rente iiber Verhandlungen sichern (geringe bis keine Nutzungsfahigkeit fur die Unternehmung).385 Die Nutzungsfahigkeit bezieht sich auf eine gegebene Ressourcensituation. Neben der Nutzungsfahigkeit benotigt die Unternehmung Gestaltungsfahigkeiten (dynamic capabilities), um wertvolle Ressourcen zu entdecken, weiterzuentwickeln und zu schiitzen. Unter Gestaltungsfahigkeiten konnen „the firms processes that use resources - specifically the process to integrate, reconfigurate, gain and release resources - to match and even create market change"386 verstanden werden. Eine uberlegene Gestaltungsfahigkeit fuhrt somit zu dem Vorteil einer Unternehmung, besser und effektiver zu lernen, zu organisieren und zu koordinieren.387 Gestaltungsfahigkeiten auflern sich in Prozessen (routines) (z. B. Produktentwicklungsprozessen), die in Abhangigkeit von der Dynamik (z. B. hohe Innovationsgrade in der Produktentwicklung) des Problems mehr oder minder strukturiert, vorhersehbar und komplex sind.388 Somit stellt das ,Management von Ressourcen' eine Grundlage zur Erlangung von Wettbewerbsvorteilen dar.389 Einen Uberblick iiber den Ressourcenorientieren Ansatz gibt die Abbildung 46.

Vgl. Amit/Schoemaker(1993), S. 35. Vgl. Buchholz/Olemotz (1995), S. 18. In Anlehnung an die Begriffswahl bei Bamberger/Wrona (1996a), S. 134. Vgl. Bamberger/Wrona (1996a), S. 139. Eisenhardt/Martin (2000), S. 1107. Vgl. Hinterhuber/Friedrich (1997), S. 997. Mahoney (1995), S. 95 ff. betont insbesondere die Lernfahigkeit einer Organisation. Vgl. Eisenhardt/Martin (2000), S. 1110 ff., die auf ,Marktdynamik' fokussieren. Vgl. Friedrich (2000a), S. 236 f. FRIEDRICH spricht auch von ,Ressourcen hoherer Ordnung' bzw. ,organisationalen Fahigkeiten'.

116

Erfolgsdeterminanten in System-Sourcing-Kooperationen: Ansatze und Hypothesen

Abbildung 46: Darstellung des Ressourcenorientierten Ansatzes Gestaltungsfahigkeit "Dynamic Capability" V Heterogenic

w Wertvolle und knappe wettbewerbsrelevante Ressourcen

Wettbewertmorteil

Nachhaltigkeit Abnutzbarkeit Transferierbarkeit Imitierbarkeit Substituierbarkeit

Nutzungsfahigkeit "Capability"

X UberdurchschnittUchel dauerhafte Zielbeitrige

Durch den hohen Abstraktionsgrad des Ressourcenorientierten Ansatzes ist eine griffige Verwendung seiner Aussagen problembehaftet.391 Zur Operationalsierung des Ressourcenorientierten Ansatzes kann deshalb auf das SOS-Konzept (steering-operating-service-Konzept)392 zuriickgegriffen werden, wonach sich Aufgaben und Prozesse der Unternehmung in Operative Kompetenz, Managementkompetenz und Servicekompetenz unterscheiden lassen.393 • Operative Kompetenzen: Operative Kompetenzen haben einen direkten Bezug zum Leistungserstellungsprozess. Hierzu zahlen die Kompetenzen fur die Entwicklung, die Erstellung und auch die marktliche Verwertung von erzeugten Sach- und Dienstleistungen.394 Durch eine System-Sourcing-Kooperation

Quelle: Um Gestaltungsfahigkeiten erweiterte Darstellung von BambergerAVrona (1996a), S. 136. Vgl. auch die Darstellung bei Hinterhuber/Friedrich (1997) in Abb. 3 auf S. 998. Vgl. die Discission bei Priem/Butler (2001a); Barney (2001); Priem/Butler (2001b). Abkurzungsubernahme aus Wild (1973), S. 30; andere Belegung bei Buchholz/Olemotz (1995), S. 22. Vgl. Wild (1973), S. 30 ff.; Kriiger (1993), S. 37 f.; und die Erweiterung bei Buchholz/Olemotz (1995), S. 22 ff. Zur inhaltlichen Klassifikation der Prozessorganisation vgl. Buchholz (1994), S. 8 ff. Vgl. Kriiger (1993), S. 124.

Erfolgsdeterminanten in System-Sourcing-Kooperationen: Ansatze und Hypothesen

117

werden hauptsachlich die operativen Kompetenzen des Lieferanten tangiert, da Leistungserstellungsprozesse auf den Lieferanten iibertragen werden. •

Managementkompetenzen: Die Managementkompetenz395 umfasst die Kompetenz zur Primarkoordination bei Sach- und Verhaltensinterdependenzen. Die Managementkompetenz bezieht sich im Fall des System Sourcing auf die Analyse, Realisation, Kontrolle und Sicherung von Ressourcen des Lieferanten. Hierbei begriinden die Ressourcen des Lieferanten hauptsachlich Prozessverbunde: der Abnehmer kann die Effizienz der eigenen Leistungserstellung nicht ohne die Leistungserstellung des Lieferanten erreichen.

• Servicekompetenzen: Servicekompetenzen396 haben einen indirekten Leistungsbezug. Servicekompetenzen liegen in der Fahigkeit zur Gestaltung der baulichen, produktionswirtschaftlichen, organisatorischen Struktur der Unternehmung und in der Bereitstellung der notwendigen materiellen, finanziellen, personalen und informatorischen Potenzialfaktoren.397 Die Unterscheidung von Servieekompetenz und Managementkompetenz ist nicht immer eindeutig und liegt offensichtlich in der hierarchischen Anordnung. Aufgaben und Prozesse der Managementkompetenz sind hierarchisch holier einzustufen als Aufgaben und Prozesse der Servicekompetenz, was beispielhafte Prozessbeschreibungen deutlich machen: Wahrend Strategieplanung und -umsetzung den Managementprozessen zugeordnet werden, fallen Informationsversorgung und Sachressourcenversorgung in den Bereich der Serviceprozesse.398 Im Folgenden wird das Controlling als Servicekompetenz verstanden, welche die Servicekompetenz des Abnehmers inhaltlieh aber nicht ausflillt. Beispielsweise begriindet die EDV-Leistung eines GroBreehners Servicekompetenzen, hierbei handelt es sich jedoch nicht urn Controlling. Wettbewerbsvorteile aus einer System-Sourcing-Kooperation resultieren aus der Strategieumsetzung bzw. Strategieimplementierung. KAPLAN/NORTON identifizieren drei wesentliche Ressourcen, die fur eine erfolgreiche Strategieimplementierung notwendig sind: human capital (skills, talent, knowledge), information capital (database, information system, network) und organization capital (culture, leadership, alignment with strategic goals).399 Im Folgenden werden diejenigen

Das urspriingliche SOS-Konzept nennt anstelle der Managementkompetenz die SteuerungsaufgabenAprozesse bzw. die ,Steuerungsfunktion'. Vgl. Wild (1973), S. 30. Die Steuerung wurde jedoeh im Rahmen ubertragener Planungs- und Steuerungskompetenzen an die Lieferanten belegt, so dass in Anlehnung an Buchholz/Olemotz (1995), S. 22 ff., der Begriffder Managementkompetenz Verwendung findet. Der urspriingliche Terminus ,Service' (vgl. Wild (1973), S. 30 f.; Kruger (1993), S. 37) wurde in anderen Veroffentlichungen durch den Begriffder ,Untersrutzung' ersetzt, vgl. Kruger (1993b), S. 582 f. bzw. gemeinsam verwendet, vgl. Buchholz/Olemotz (1995), S. 22 und S. 24. Vgl. Kruger (1993), S. 124. Vgl. Kruger (1993), S. 124. Vgl. Kaplan/Norton (2004), S. 55.

118

Erfolgsdeterminanten in System-Sourcing-Kooperationen: Ansatze und Hypothesen

Kompetenzauspragungen abgeleitet, die in der Strategieumsetzung als Quelle nachhaltiger Wettbewerbsvorteile dienen konnen. Im Rahmen der operativen Kompetenzen ergeben sich fur den Abnehmer insbesondere technische Herausforderungen. Durch das Outsourcing konnen anlagen- oder humanpotenzialbezogene Uberkapazitaten entstehen, wenn Aktivitaten an Lieferanten iibertragen werden. Unabhangig davon reduzieren sich fur den Abnehmer strategiebedingt sowohl FuE-Tatigkeiten als auch Produktionsund Logistiktatigkeiten. Mit Ausnahme des technischen Problems einer Integration des Beschaffungsobjektes in die eigene Produktion sinkt der interne Koordinationsbedarf beim Abnehmer. Durch die Kooperation mit dem Lieferanten werden interorganisationale Sach- und Verhaltensinterdependenzen bedeutender. Im Rahmen der Zusammenarbeit bei der Produktentwicklung mussen die FuE-Aktivitaten des Lieferanten auf den Bedarf des Abnehmers ausgerichtet werden. Hierfur sind unternehmungsubergreifende Informations-, Planungs- und Kontrollsysteme abnehmerseitig zu gestalten (Servicekompetenz) und beim Lieferanten durchzusetzen (Managementkompetenz). Die Erfullung dieser Aufgaben liegt in dem Verantwortungsbereich eines unternehmungsubergreifenden Managements und Controlling in der FuE-Phase der Kooperation (Management und Controlling im Entstehungszyklus). Um die wettbewerbsrelevanten Ressourcen des Lieferanten auf der generellen Beziehungsebene sicherzustellen, sind ebenfalls unternehmungsubergreifende Koordinationssysteme und Informationssysteme durch den Abnehmer zu gestalten (Servicekompetenz) und eine Anbindung der Systeme beim Lieferanten zu gewahrleisten (Managementkompetenz). Zur Erfullung dieser Aufgaben wird ein Management und Controlling auf der Beziehungsebene benotigt. Zudem muss ein spezielles Beschaffungsmanagement und -controlling eingesetzt werden. Aufgabe des Beschaffungsmanagements/Beschafrungscontrolling ist die Uberbriickung von Schnittstellen zwischen den Funktionsbereichen auf der Lieferanten- und auf der Abnehmerseite (Managementkompetenz und Servicekompetenz). Es wird deutlich, dass die Kompetenzen des Managements und Controlling auf der Objekt- und der Beziehungsebene als wesentliche Erfolgsfaktoren bei der Strategieumsetzung einzuordnen sind. Somit wirken Management und Controlling grundsatzlich positiv auf die Zielerreichungsgrade auf der Objekt- und Beziehungsebene. Die in Abschnitt 5.1.1 dargestellten empirischen Ergebnisse zur Management- und Controllingforschung bestatigen diese Schlussfolgerung. Hieraus folgen die grundsatzlichen Wirkungshypothesen fur die Gestaltungsparameter. Bei diesen und alien folgenden Hypothesen handelt es sich um Mehrfachhypothesen, deren Einzelbeziehungen getestet werden. Beispielsweise wirken auf der Objektebene bis zu vier Gestaltungsparameter auf bis zu drei Ziele. Jede einzelne Wirkungsbeziehung wird gleichfalls einzeln beurteilt.

Erfolgsdeterminanten in System-Sourcing-Kooperationen: Ansatze und Hypothesen

119

H [OBJ]-Gestaltung: Management und Controlling wirken positiv aufdie Ziele der Objektebene. H [BEZ]-Gestaltung: Management und Controlling wirken positiv aufdie Ziele der Beziehungsebene.

Diese Hypothesen erscheinen zunachst trivial - in ihrer Konsequenz sind sie jedoch sehr bedeutsam: System Sourcing betrifft im Wesentlichen die operativen Kompetenzen beider Akteure, indem Elemente der Leistungserstellung von der Produktentwicklung bis zur Produktion im Marktzyklus auf den Lieferanten ubertragen werden. Sollten sieh die Hypothesen jedoeh bewahrheiten, kann der Abnehmer durch den Einsatz von Gestaltungsparametern des Managements und Controlling den Erfolg der Strategic nachhaltig beeinflussen. Folgende Fragen leiten sich aus diesen Hypothesen ab: 1. Welche Gestaltungsparameter wirken mit welcher Intensitat auf welche Ziele? 2. Gibt es Wechselwirkungen zwischen den Zielen? 3. Konnen die negativen Wechselwirkungen durch die Intensitat von Gestaltungsparametern abgeschwacht werden? Um diese Fragen empirisch beantworten zu konnen, ist entsprechend den Hypothesen (H [OBJ]Gestaltung und H [BEZ]-Gestaltung) zunachst von einer positiven Wirkung auf alle Ziele der jeweiligen Modelle auszugehen. Als Folge sind die Gestaltungsparameter genauer zu analysieren, um ein Verstandnis ihrer Wirkungsweise und damit ihrer Zielwirkung zu bekommen, woraus eine Neuformulierung der Hypothesen notwendig werden kann. Auf der Objektebene wurden Chain Target Costing, Transferleistungen, Subcontracting und Priifdauer als Gestaltungsparameter des Managements und Controlling identiflziert. Auf der Beziehungsebene wurde auf die formale und informale Informationsvernetzung und auf MonitoringAktivitaten fokussiert. Im folgenden Abschnitt werden die Gestaltungsparameter des Managements und Controlling beider Modellebenen inhaltlich konkretisiert, um Erkenntnisse uber ihre Wirkungsweisen zu gewinnen.

5.1.3 Ableitung der Hypothesen zur Wirkung der Gestaltungsparameter 5.1.3.1

Hypothesen auf der Objektebene

Die Gestaltungsparameter des Managements und Controlling wirken auf der Objektebene auf die Auspragung der System-Leistung. Zur Steigerung der System-Leistung wurden drei Teilziele konzeptionalisiert: Reduzierung von System-Kosten, Reduzierung von System-Fehlern und Steigerung

120

Erfolgsdeterminanten in System-Sourcing-Kooperationen: Ansatze und Hypothesen

der System-Flexibilitat. Im Folgenden werden die Gestaltungsparameter konzeptionalisiert und hinsichtlich ihrer hypothetischen Wirkungen auf diese Teilziele diskutiert.

5.1.3.1.1 Chain Target Costing Aus der Sicht des Abnehmers steigt die Unsicherheit iiber die Erreichung der System-Leistung mit steigendem relativen Innovationsgrad und ansteigender Objektkomplexitat. Durch die Intensitat der Planung, Kontrolle und dem Transfer von objektspezifischen Informationen im FuE-Prozess zwischen den Akteuren kann diese Unsicherheit sukzessive reduziert werden. Als klassisches Instrument zum Transport entwicklungsobjektbezogener Informationen dienen Lasten- und Pflichtenhefte. Im Lastenheft werden die Ziele eines Entwicklungsprojektes festgehalten. Zusammen mit den Kosten-, Zeit- und Personalbedarfsschatzungen bilden sie das Pflichtenheft einer Entwicklung.400 Durch das Pflichtenheft wird sichergestellt, dass sich die Entwicklungstatigkeit einer Unternehmung auf der Grundlage von Unternehmungszielen und Marktkenntnissen vollzieht.401 Im Rahmen von Lieferbeziehungen umfasst das Pflichtenheft die zu erbringenden Leistungen innerhalb der Geschaftsbeziehung. Die vom Lieferanten erstellten Entwurfe, Prototypen und gelieferten Systeme werden hinsichtlich der im Lastenheft bzw. Pflichtenheft festgehaltenen Funktions-, Einsatz- und Sicherungsanforderungen gepriift.402 Die Architektur eines modularen Objektes umfasst seine Funktions- und Baustruktur. Wahrend die Funktionsstruktur die Dekomposition der Hauptfunktion des Objektes in seine Teilfunktionen enthalt, werden die physischen Anforderungen an das Objekt und die Anordnung der Objektkomponenten in der Baustruktur festgehalten.403 Gegeniiber dem Unit Sourcing sind die Beschaffungsobjekte durch eine hohere Komplexitat gekennzeichnet. Mit ansteigender Komplexitat des Beschaffungsobjektes konnen Baustruktur und Funktionsstruktur nicht zu Beginn des FuEProzesses endgiitltig festgelegt werden, weshalb eine einmalige Vorgabe bzw. Verhandlung eines Lastenheftes zu Gunsten eines Groblastenheftes bzw. Rahmenlastenheftes verdrangt wird. Im weiteren Fortschritt der Entwicklung werden die konkretisierten Ergebnisse abschlieBend in einem Lastenheft festgehalten.404 Folglich sind die Pflichten des Lieferanten im Rahmen des Entwicklungsprozesses beim Lieferanten und beim Abnehmer sukzessive an den Fortschritt der Entwicklung anzupassen. Zur Verkurzung der Entwicklungszeit und Verringerung der Entwicklungskosten wird ein simultaner Ent-

400 401 402 403 404

Vgl. Brockhoff (1999a), S. 328. Vgl. Brockhoff (1999b), S. 202. Vgl. Wildemann (1992b), S. 30. Vgl.G6pfert(1998),S.91ff. Vgl. Schindele (1996), S. 106 ff.

Erfolgsdeterminanten in System-Sourcing-Kooperationen: Ansatze und Hypothesen

121

wicklungsprozess von Lieferanten und Abnehmern empfohlen.405 Hierfiir wird ein an der modularen Produktarchitektur ausgerichtetes Pflichtenheft aller in das Endprodukt eingehenden Komponenten mit fest definierten Schnittstellen benotigt 406 Ein solches untemehmungsubergreifendes Simultaneous Engineering umfasst sowohl alle im FuE-Prozess beteiligten Bereiche des Abnehmers als auch die der (voraussichtlichen) Lieferanten.407 Es werden sog. ,SE-Partnerschaften'408 gebildet. Zur Umsetzung einer parallelen Entwicklung mussen aktualisierte Anforderungen zwischen den SE-Partnern ausgetauscht werden, Es entsteht ein iterativer Austauschprozess zwischen Lieferant und Abnehmer, durch den Entwicklungskosten und Entwicklungszeit reduziert werden konnen.409 Es ist empfehlenswert, die Lieferanten fruhestmoglich in die Erstellung des Pfliehtenheftes einzubeziehen.410 Da die SE-Partner nur Teilbereiche des Gesamtobjektes entwickeln, muss der Abnehmer iiber ein geeignetes Verfahren sicherstellen, dass die aktualisierten Anforderungen an das Beschaffungsobjekt bestimmt und dem Lieferanten kommuniziert werden. Target Costing (TC) und Quality Function Deployment (QFD) stellen einen geeigneten Ansatz zur Losung dieser Problemstellung dar.411 WILDEMANN kennzeichnet QFD treffend als „eine Vorgehensweise, die iiber die Verkmipfung von Planungsschritten mit zunehmendem Detaillierungsgrad aus Kundenwiinschen messbare Produkt- und Prozessmerkmale ableitet, deren gegenseitige Abhangigkeit abbildet und die Auswirkung der Beriicksichtigung von Realisationsrestriktionen auf die urspriingliche Nutzenerwartung des Kunden iiber ein zusammenhangendes Bewertungssystem erfafit."412 Durch QFD und TC werden die kaufmannischen (System-Kosten) und die qualitatsbezogenen (System-Fehlerfreiheit) Teilziele der Produktentwicklung beeinflusst.413 Das Target Costing ist im Wesentlichen durch drei Phasen gekennzeichnet: In der ersten Phase werden die Kosten geplant, die eine Produkteinheit unter Beriicksichtigung des voraussichtlich erzielbaren Marktpreises und des angestrebten Erfolgsbeitrages hochstens verursachen darf (Zielkosten des Produktes). Je nachdem, wie die Zielkosten bestimmt werden, lassen sich drei Ansatze unterscheiden:414

Vgl. Koppelmann (1995), S. 106; Werner (1997), S. 156. Vgl. Eversheim (1995), S. 31 f. Vgl. Hahn/Laflmann (1990), S. 141. Ruppert (1997), S. 139. Vgl. Sabeletal.( 1991), S. 211. Vgl. Eversheim (1995), S. 34 f. Vgl. Eversheim (1995), S. 63 ff.; Cooper/Slagmulder (1999b), S. 24 ff. Wildemann (1992b), S. 23. Vgl.Werner(1997),S.213ff. Vgl. Sakurai(1989),S.43.

122

Erfolgsdeterminanten in System-Sourcing-Kooperationen: Ansatze und Hypothesen

Der marktorientierte Ansatz des Target Costing ist durch eine top-down gerichtete Vorgehensweise gekennzeichnet.415 Das Management des Abnehmers legt die Zielkosten des eigenen Produktes fest, indem der geplante Stiickerfolg von dem erzielbaren Marktpreis subtrahiert wird. Die beim marktorientierten Ansatz ermittelten Zielkosten werden als allowable costs' bezeichnet, da sie als vom Markt ,akzeptiert' anzusehen sind. Bei dem unternehmungsorientierten Ansatz werden die Stiickkosten bottom-up auf Basis von Standardkosten geplant, die gegebenenfalls urn erwartete Kostensenkungen korrigiert werden. Die so bestimmte Kostenvorgabe wird als ,drifting costs' bezeichnet. Der integrierte Ansatz verbindet den marktorientierten und den unternehmungsorientierten Ansatz, indem die Kostenvorgabe, die mittels des marktorientierten Ansatzes gewonnen wurde, mit der Kostenvorgabe, die durch den unternehmungsorientierten Ansatz gewonnen wurde, verglichen und zwischen den Kostenverantwortlichen verhandelt wird. Die auf diese Weise bestimmten Zielkosten liegen in der Regel zwischen den drifting costs und den allowable costs. Der Vorteil des integrierten Ansatzes liegt darin, dass die Kostenvorgabe aufgrund der Marktorientierung zwar streng, aber wegen der Abstimmung mit den drifting costs doch erreichbar ist. In der zweiten Phase werden die Zielkosten gespalten, um Kostenvorgaben fur einzelne Komponenten (Baugruppen, Teile) zu erhalten. Dadurch wird die Umsetzbarkeit des Target Costing verbessert. Bei Produkten mit einem hohen Innovationsgrad werden iiber eine Conjoint-Analyse zunachst die von den Kunden gewiinschten Funktionen und deren Gewichtungen erhoben.416 AnschlieBend werden Komponenten gesucht bzw. entwickelt, die geeignet sind, die gewiinschten Produktfunktionen zu erfullen. Dann wird ermittelt, inwieweit die einzelnen Komponenten bzw. deren Prototypen zur Erfullung der Funktionen beitragen.417 Aus den Funktionsgewichten und den Komponentenbeitragen zur Erfullung der Funktionen lassen sich iiber Matrizenmultiplikationen die (impliziten) Bedeutungen der Komponenten fur den Kunden (Komponentengewichte) bestimmen. Die Komponentengewichte werden mit den Zielkosten des Produktes multipliziert, so dass man die Zielkosten der Komponenten erhalt. In der dritten Phase des Target Costing wird die Einhaltung der komponentenbezogenen Kostenvorgaben gesteuert. Hierzu bedient man sich des sogenannten ,Value Control Chart'. Dabei handelt es sich um ein Instrument zum Vergleich des voraussichtlichen Kostenanteils einer Komponente (Wird-Kosten-Anteil) mit deren Gewichtung. Aus der Differenz von Soil- und Wird-Kosten werden Kostenanderungen fur die Produktentwicklung vorgegeben.418 Die Einbindung von Lieferanten in den Target-Costing-Prozess des Produzenten ermoglicht bei Vorliegen einer modularen Produktarchitektur die Realisation weiterer Kostensenkungs- und Leistungssteigerangspotenziale (vgl. Abbildung 47). Mit zunehmender Tiefe (1st tier, 2nd tier, 3rd tier,

415 416 417

418

Fur einen Uberblick der Ansatze vgl. Friedl (1994a), S. 454. Die Funktionsgewichte mussen sich zu eins addieren. Die Beitrage der Komponenten zur Erfullung einer Funktion mussen sich zu eins addieren, damit siehergestellt ist, dass die Funktionen vollstandig erfiillt werden. Vgl. zur Darstellung Schweitzer/Kupper (2003), S. 705 ff.

Erfolgsdeterminanten in System-Sourcing-Kooperationen: Ansatze und Hypothesen

123

Rohstofflieferant) werden die Preis- und Funktionsanforderungen an das Beschafrungsobjekt starker fixiert, so dass immer geringere Freiheitsgrade des Lieferanten zur Erfullung der Anforderungen vorhanden sind.419 System Sourcing ist aufgrund der Komplexitat des Beschafrungsobjektes im Bereich der 1st- und 2nd-tier-Lieferanten einzuordnen. Abbildung 47: Chain Target Costing

1

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- Bezug zum Endkunden - Festlegung von Target Costs der Hauptfunktionen - Dekomposition auf Komponenten - Verhandlung mit System-Lieferanten

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1

Segment 3

Abbildung 121: Segmentspezifische Wirkungsbeziehungen der Objektebene (Fortsetzung)

K

Empirische Analyse des Erfolgs von System-Sourcing-Kooperationen

233

Durch die Segmentierung ist eine (iberwiegend deutliche Verbesserung der Erklarungskraft auf der Objektebene zu verzeichnen: • Ziele: Bei den Zielen der Objektebene liegt das R2 der Reduziemng von System-Kosten und SystemFehlern deutlich liber den Ergebnissen ohne Berucksichtigung von Heterogenic, wobei die Erklarungskraft im Segment 1 groBer ist als im Segment 2. Nur hinsichtlich der System-Flexibilitat ist zu konstatieren, dass trotz der Segmentierung keine Verbesserung erzielt werden konnte. • Gestaltungsparameter: Die Fortsetzung der Abbildung 121 zeigt die Erklarungskraft des Modells fur die Intensitat der Gestaltungsparameter des Managements und Controlling. Als Folge der Segmentierung steigt die Erklarung der abhangigen Konstrukte deutlich an. Auch hier liegt die Erklarungskraft, mit Ausnahme der Prufdauer im Segment 1 deutlich iiber der im Segment 2. Hervorzuheben ist die Erklarung der Transferleistung mit einem R2 = 0,728 im Segment 1. Das Ziel der Segmentierung war die Bestimmung homogener Gruppen von System-SourcingKooperationen, die sich innerhalb der Gruppen schwach, zwischen den Gruppen aber stark unterscheiden. Die gestiegene Erklarungskraft des Modells in den Segmenten zeigt, dass dieses Ziel erreicht werden konnte. Der Gehalt der Segmentierung wird zudem durch die ausgewiesenen Pfadkoeffizienten unterstrichen: Zum einen nimmt in beiden Segmenten die Zahl von Pfadkoeffizienten zu, welche eine erklarende Wirkung auf die endogenen Konstrukte haben.673 Zum anderen zeigt sich, dass die allgemeingultigen Aussagen der Homogenitatslosung teilweise zu revidieren sind. Aufgrund der geringen Erklarungskraft des Objektmodells fur die System-Flexibilitat konzentriert sich die folgende Analyse auf die Erfolgsfaktoren zur Senkung der System-Kosten und der SystemFehler. Das Ziel der folgenden Analyse ist die detaillierte Bestimmung von segmentspezifischen Merkmalen und Wirkungszusammenhangen auf der Objektebene. Hierfur ist zunachst die Zielerreichung im Zusammenhang mit dem Beschafrungsobjekt jedes Segmentes zu bestimmen. Diese Ergebnisse stellen die Grundlage zur weiteren Analyse von Gestaltungsparametern, indirekten und direkten situativen Faktoren dar.

6.5.3.2.2 Detailanalyse Der deskriptive Vergleich von aktivem System Sourcing (Segment 1) und passivem System Sourcing (Segment 2) bei der Erreichung der Teilziele auf der Objektebene ist Gegenstand der Abbildung 122.

Eine erklarende Wirkung entspricht einem t > 1,0. Vgl. Hansen (1987), S. 523.

234

Empirische Analyse des Erfolgs von System-Sourcing-Kooperationen

Abbildung 122: Deskriptive Analyse der segmentspeziflschen System-Leistung (Objektebene) hoch

negativ

keine 4

2

1

Senkung der System-Objektkosten [SY-OB-KO] Senkung der System-Transport-/Lagerkosten [SY-T/L-KO] Senkung der System-Fehler [SY-FEL]

I

hoch 7 System-Flexibilitat des Lieferanten [SY-FLXJ

A

\ \ Segment 1



Segment 2

In der deskriptiven Statistik in Abbildung 122 wird deutlich, dass sich die Zielwirkungen der Objektebene zwischen den beiden Segmenten kaum unterscheiden. Wie aus der Abbildung 123 ersichtlich wird, dienen die Entwicklungsprozesse in den Segmenten der Entwicklung unterschiedlicher Arten von Beschaffungsobjekten, durch welche die Zielerreichung in den Segmenten differenziert zu beurteilen ist.

Empirische Analyse des Erfolgs von System-Sourcing-Kooperationen

235

Abbildung 123: Segmentspeziflsche Kennzeichnung des Beschaffungsobjektes Beschaffungsobjekt Objektive GroBen:

Segment 1 (Aktives System Sourcing)

Segment 2 (Passives System Sourcing)

11-100 11-100 6-50

11-100 11-100 1-10

Anzahl Teile/Substanzen: Arbeitsschritte zur Erstellung beim Lieferanten: Arbeitsschritte bei der Verwendung:

Subjektive GroBen:

hoch 7

mittel 4

gering 1

Empfundener Unterschied der Teile/Substanzen in Gewicht, Volumen, Empfindlichkeit: Empfundene Verschiedenartigkeit der Verbindungen wie SchweiBen, Schrauben, Kleben, Mischen: Empfundene Herausforderung durch die Anzahl an Verbindungen fiir den Lieferanten: Segment 1

• Segment 2

Die objektiven GroBen in Abbildung 123 zur Kennzeichnung der Beschaffungsobjekte machen zwar deutlich, dass sich die Anzahl der verwendeten Teile/Substanzen und die notwendigen Arbeitsschritte der Lieferanten zur Erstellung der Objekte in beiden Segmenten im gleichen Intervall bewegen, jedoch benotigen die Abnehmer bei aktivem System Sourcing im Mittel mehr Arbeitsschritte zur Verwendung der Objekte. Im Vergleich der Segmente sind die Beschaffungsobjekte im Segment 1 als relativ komplex in ihrer Verwendung einzustufen. Der Unterschied von verwendeten Teilen/Substanzen, die Verschiedenartigkeit der Verbindungen und die empfundene Herausforderung fur die Lieferanten als subjektive GroBen in Abbildung 123 unterstreichen, dass die realisierte Zielerreichung bei aktivem System Sourcing weitaus hoher einzuschatzen ist als bei passivem System Sourcing, da die beschafften Objekte einer hoheren Komplexitat bei ihrer Erstellung unterliegen. Des Weiteren ist zu beachten, dass in der vorliegenden Untersuchung keine Messung der Leistungsbedeutung von Beschaffungsobjekten fur die Abnehmer vorgenommen wurde. Auf der Beziehungsebene des Homogenitatsmodells konnte jedoch bereits gezeigt werden, dass als Folge der Kooperation sehr hohe Zuwachse bei der Qualitat der Abnehmer zu verzeichnen sind. Es kann vorgegriffen werden, dass sich dieses Ergebnis auch unter der Heterogenitatsannahme bestatigt.674 Somit kann als gesichert angenommen werden, dass durch die System-Sourcing-Kooperation ein sehr hoher Beitrag zur Steigerung der qualitativen Leistung des Beschaffungsobjektes erreicht werden

Vgl. Abschnitt 6.3.2.1.

236

Empirische Analyse des Erfolgs von System-Sourcing-Kooperationen

kann, wobei die Steigerung beim aktiven System Sourcing groBer ausgepragt ist als beim passiven System Sourcing. In Abbildung 124 werden signifikante Wirkungszusammenhange der Gestaltungsparameter auf die Teilziele der Objektebene im Pfadmodell dargestellt. Erneut wird deutlich, dass gegenuber der Homogenitatslosung eine verbesserte Anpassung des Modells zu verzeichnen ist, wobei die Erklarungskraft im Segment 1 hoher ausgepragt ist als im Segment 2. Es sei angemerkt, dass die ausgewiesenen erklarten Varianzen der Gestaltungsparameter im Rahmen der indirekten situativen Faktoren diskutiert werden. Abbildung 124: Segmentspezifische Wirkung des Managements und Controlling (Objektebene)

Der Index zum Chain Target Costing visualisiert erneut die Wirkung der Segmentierung. Im aktiven System Sourcing steuern die Abnehmer durch ein sehr intensives Chain Target Costing bei vergleichsweise kurzer Priifdauer. Diese {Combination dient der Steigerung der System-Leistung im

Empirische Analyse des Erfolgs von System-Sourcing-Kooperationen

237

Produktentwicklungsprozess des Lieferanten (vgl. Abbildung 125). Im Folgenden sind die Gestaltungsparameter bezuglich ihrer Wirkung auf die System-Kosten und die System-Fehler zu beurteilen. Die fur das aktive System Sourcing charakteristisch hohe Intensitat des Chain Target Costing bewirkt eine Reduzierung der System-Fehler (0,282). Im passiven System Sourcing ist entsprechend der geringen Intensitat des Gestaltungsparameters keine Wirkung feststellbar. Zudem hat eine erhohte Prufdauer in beiden Segmenten eine negative Wirkung auf die System-Leistung. Die im Segmentvergleich langere Prufdauer im passiven System Sourcing wirkt sich negativ auf die System-Kosten (-0,181) und die System-Fehler (-0,265) aus. Trotz der geringeren Prufdauer im aktiven System Sourcing sind negative Wirkungen auf die System-Leistung zu konstatieren (-0,439 bzw.-0,415). Abbildung 125: Deskriptive Analyse des segmentspezifischen Managements und Controlling (Objektebene) hoch 7

gering 6

5

4



Segment 1



3

2

1

Chain Target Costing [CTC] Unterstiitzung Subcontracting [SUB] Prufdauer beim Abnehmer [PRUF] Unterstiitzung durch Freistellung von Mitarbeitem [TRA-MA] Unterstiitzung durch erfolgsunabhangige Zahlungen [TRA-ZA] Unterstiitzung durch eigene FuE-Ergebnisse [TRA-ERG] Unterstiitzung durch regelmaflige Treffen (Workshops) [TRA-TRE]

Segment 2

Hinsichtlich der Unterstiitzung des Subcontracting zeigt die deskriptive Analyse in Abbildung 125 nur geringe Untersehiede zwischen den Segmenten auf. Dennoch wird der Erkenntnisgewinn im Vergleich zur Homogenitatslosung erneut verdeutlicht, da die Unterstiitzung des Subcontracting bei aktivem System Sourcing eine geringe positive Wirkung auf die System-Kosten ausiibt (0,183). Zum Teil deutliche Untersehiede ergeben sich bei der Analyse der Transferleistungen vom Abnehmer auf den Lieferanten (vgl. Abbildung 125). Im aktiven System Sourcing geben die Abnehmer einen wesentlich grofieren Teil ihrer Ressourcen in Form vonfreigestelltenMitarbeitem [TRAMA], erfolgsunabhangigen Zahlungen [TRA-ZA] und der Organisation regelmdfiiger Treffen [TRA-TRE] an ihre Lieferanten weiter. Somit ubernehmen die Abnehmer eine grdlkre Verantwor-

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Empirische Analyse des Erfolgs von System-Sourcing-Kooperationen

tung im Entwicklungsprozess und tragen einen groBeren Anteil am Entwicklungsrisiko der Lieferanten. Nur bei der Unterstiitzung durch eigene FuE-Ergebnisse [TRA-ERG] ist ein sehr geringer Unterschied zwischen den Segmenten festzustellen. Allerdings folgen aus der Strukturgleichungsanalyse ambivalente Ergebnisse hinsichtlich der Erfolgswirkung von Transferleistungen. Im aktiven System Sourcing haben Transferleistungen zwar einen moderaten positiven Effekt auf die SystemFehler (0,280), jedoch wird dieser Effekt durch eine stark negative Wirkung auf die System-Kosten uberschattet (-0,415). Bei passivem System Sourcing liegt dieser letztgenannte Effekt in abgeschwachter Form ebenfalls vor (-0,227). Eine Steigerung der Qualitat (entspricht der Reduzierung von System-Fehlern) wird durch Transferleistungen forciert, indem FuE-relevantes Know-how zum Lieferanten flieBt. Interessanterweise ergibt sich jedoch in beiden Segmenten ein negativer trade-off zu den System-Kosten. Zwar kann die Qualitat des Beschaffungsobjektes durch Transferleistungen gesteigert werden, doch fuhrt die Beriicksichtigung des Know-how-Transfers zum Anstieg der System-Kosten beim Lieferanten. Die ambivalente Wirkung von Transferleistungen hat fur das Management und Controlling eine hohe Bedeutung und ist beim Einsatz des Gestaltungsparameters zu beriicksichtigen. Im Sinne des situativen Ansatzes determinieren die indirekten situativen Faktoren den Einsatz der Gestaltungsparameter. Im Uberblick wurde bereits deutlich, dass als Folge der Segmentierung ein trennscharferes Bild bei der Erklarung der Gestaltungsparameter erzeugt werden kann. In der Abbildung 126 wird der relevante Ausschnitt des Pfadmodells beider Segmente dargestellt. Wie bei der Analyse der Zielwirkungen auf der Objektebene zeigt sich auch in diesem Fall, dass im Segment 1 mit Ausnahme der Prufdauer eine hohere Modellanpassung (gemessen an der erklarten Varianz) als im Segment 2 zu verzeichnen ist. Gegenuber der Homogenitatslosung steigt zudem in beiden Segmenten die Anzahl signifikanter Wirkungszusammenhange. Daruber hinaus ergeben sich in der Heterogenitatslosung aus der Kooperationserfahrung und dem Innovationsgrad zum Teil unterschiedliche Wirkungen auf die Gestaltungsparameter.

Empirische Analyse des Erfolgs von System-Sourcing-Kooperationen

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Abbildung 126: Segmentspezifische Wirkung indirekter situativer Faktoren (Objektebene)

Eine im Vergleich zum passiven System Sourcing groBere Kooperationserfahrung des aktiven System Sourcing kommt dadurch zum Ausdruck, dass die deskriptive Messung dieses Segmentes einen Wert im oberen Intervall von drei bis zehn Jahren ergibt (vgl. Abbildung 127). Diese erhohte gemeinsame Erfahrung der Lieferanten und Abnehmer begriindet das Vertrauen, aus dem die Abnehmer im aktiven System Sourcing ihre Bereitschaft zur Risikoubernahme schopfen. Dementsprechend erweist sich das Konstrukt der Kooperationserfahrung mit einer hohen Wirkung auf das Chain Target Costing (0,701), bei dessen Einsatz Informationen auf vertrauensvoller Basis ausgetauscht werden. Als Folge dieser Vertrauenssituation uberlassen die Abnehmer den Lieferanten auch die Verantwortung im Subcontracting (-0,223). Da keine Wirkungszusammenhange von der Kooperationserfahrung zu den Transferleistungen und zur Prufdauer messbar sind, beide die Transferleistungen deskriptiv hoher und die Prufdauer deskriptiv geringer ausgepragt sind als im Segment 2 (vgl. zur deskriptiven Statistik erneut Abbildung 125), kann geschlussfolgert werden, dass sowohl Transfers als auch Priifungsroutinen innerhalb der System-Sourcing-Kooperation fest-

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Empirisehe Analyse des Erfolgs von System-Sourcing-Kooperationen

gelegt sind und sich somit zeitlich invariant verhalten. Die Wirkungen bei passivem System Sourcing lassen hingegen den Schluss zu, dass in diesem Segment ein Vertrauensaufbau stattfindet, welcher bei ansteigender Kooperationserfahrung zum Anstieg von Transferleistungen fiihrt (0,196). Dass dieser Prozess noch nicht abgeschlossen worden ist, belegen ansteigende Kontrollzeiten (erhohte Prufdauer) im ubergreifenden FuE-Prozess (-0,164). Da im Segment 2 kaum Chain-TargetCatfmg-Aktivitaten zu beobaehten sind, stehen den Abnehmern dieses Segmentes nur wenige Informationen iiber den Entwicklungsfortschritt der Lieferanten zur Verfugung, was ebenfalls zu einer erhohten Prufdauerfiihrenkonnte. Abbildung 127: Deskriptive Analyse segmentspezifischer indirekter situativer Faktoren (Objektebene)

Die deskriptive Statistik in Abbildung 127 macht deutlich, dass sich die Unterstiitzung der SystemBeschafiung durch das Top Management (Management Commitment = Bereitstellung von Ressourcen ftlr die Beschaflfungsstrategie) in beiden Segmenten auf gleichem Niveau befindet. Im aktiven

Empirische Analyse des Erfolgs von System-Sourcing-Kooperationen

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System Sourcing geben die Abnehmer jedoch einen wesentlich groBeren Teil dieser Ressourcen in Form von freigestellten Mitarbeitern [TRA-MA], erfolgsunabhdngigen Zahlungen [TRA-ZA] und der Organisation regelmafiiger Treffen [TRA-TRE] an ihre Systemlieferanten weiter (vgl. erneut Abbildung 125). Nur bei der Unterstiitzung durch eigene FuE-Ergebnisse [TRA-ERG] ist ein geringer Unterschied zwischen den Segmenten festzustellen. Insgesamt ubernehmen die Abnehmer bei aktivem System Sourcing eine groBere Verantwortung am Entwicklungsprozess und tragen einen groBeren Anteil am Entwicklungsrisiko der Lieferanten, was sich in der erhohten Wirkung des Management Commitment auf die Transferleistungen im Segment 1 (0,480) im Vergleich zum Segment 2 (0,360) auBert. Interessanterweise erhoht das Management Commitment die Prufdauer der Abnehmer in beiden Segmenten (0,296 bzw. 0,183). Offensichtlich lost die Bereitstellung von Ressourcen durch das Top Management eine verstarkte Kontrollintensitat aus. Dieses Ergebnis ist bedenklich, da - wie die Analyse der Gestaltungsparameter zeigte - eine geringe Prufdauer sowohl in der Homogenitatslosung als auch in beiden Modellen der Heterogenitatslosung eine stark positive Wirkung auf die System-Leistung ausubt. Dieses Ergebnis lasst auf eine Fehlallokation der Ressourcen schlieBen, die bei der Ableitung von Implikationen fur das Management und Controlling im folgenden Abschnitt zu diskutieren ist. Die deskriptive Analyse belegt auBerdem, dass der Innovationsgrad beim aktiven System Sourcing geringfugig hoher ausgepragt ist als beim passiven System Sourcing. Wie postuliert, wirkt sich in beiden Segmenten ein ansteigender Innovationsgrad positiv auf die Prufdauer (0,321 bzw. 0,349) und auf die Vorgaben im Subcontracting (0,267 bzw. 0,272) aus. Anders als in der Homogenitatslosung suggeriert, besteht zudem eine Wirkung des Innovationsgrades auf das Chain Target Costing: Je neuartiger das Beschaffungsobjekt ist, desto geringer ist die Intensitat des Chain Target Costing (-0,456). Der im vorliegenden Fall relativ geringe (vgl. die Indikatoren [IG-VG/MA] und [IG-SUB] in Abbildung 127) bzw. moderate Innovationsgrad ([IG-TEC]) erklart demnach die hohe Auspragung des Chain Target Costing bei aktivem System Sourcing. Eine Analyse der direkten situativen Faktoren zeigt die unterschiedliche Bedeurung dieser Rahmenbedingungen auf der Objektebene (vgl. Abbildung 128). Es ist ersichtlich, dass die Rahmenbedingungen im passiven System Sourcing eine hohere Bedeutung als im aktiven System Sourcing haben. Weiterhin ist zu konstatieren, dass die bereits bei der Homogenitatslosung festgestellte positive Wirkung der Lieferantenkonzentration (Tendenz zum Single Sourcing) in beiden Segmenten erhartet wird, wobei die Spezialisierung der Lieferanten unterschiedliche Wirkungen auf die Zielerreichung der Segmente ausubt. Wird der deskriptive Vergleich der Segmente hinzugezogen (vgl. Abbildung 129), zeigt sich, dass bei aktivem System Sourcing eine erhohte Tendenz zum Single Sourcing zu verzeichnen ist, wobei sich die Lieferanten zudem durch eine uberproportionale Spezialisierung auszeichnen. Entgegen der postulierten Wirkungsbeziehung haben beide Faktoren einen positiven Effekt auf die SystemKosten (0,222 bzw. 0,589). Hieraus lassen sich folgende Schlussfolgerungen ziehen: Zunachst er-

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Empirische Analyse des Erfolgs von System-Sourcing-Kooperationen

faint die bereits diskutierte Vertrauensbasis zwischen den Akteuren weitere Unterstiitzung; basierend auf einer hoheren Kooperationserfahrung mit den Lieferanten, partizipieren die Abnehmer verstarkt an der Leistung ihrer Lieferanten (benefit sharing). Dementsprechend lassen die positiven Wirkungen von Single Sourcing und Spezialisierung auf einen hoheren Entwicklungsstand des System Sourcing in diesem Segment schlieBen. Im passiven System Sourcing ist eine negative Wirkung von der Spezialisierung der Lieferanten auf die System-Kosten zu verzeichnen (-0,293). Dieser hypothesenkonforme Effekt zeigt, dass die Lieferanten dieses Segmentes - im Gegensatz zum aktiven System Sourcing - eine Vergiitung ihres Know-hows bei ihren Abnehmern durchsetzen. Abbildung 128: Segmentspezifische Wirkung direkter situativer Faktoren (Objektebene)

Die deskriptive Analyse der direkten situativen Faktoren auf der Objektebene in Abbildung 129 zeigt, dass die Beschaffungsfunktion im aktiven System Sourcing nur geringfugig starker ausgepragt ist als bei den Abnehmern im passivem System Sourcing. In der Homogenitatslosung wurde eine

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Empirische Analyse des Erfolgs von System-Sourcing-Kooperationen

generelle Bedeutung der Beschaffungsfunktion ausgewiesen. Diese Aussage muss aufgrund der segmentspezifischen Schatzung partiell revidiert werden. Wie Abbildung 128 zeigt, werden nur im passiven System Sourcing positive Effekte auf die System-Kosten (0,117) und auf die SystemFehler (0,216) ausgewiesen, so dass auf der Objektebene keine generelle Wirkungsbeziehung der Beschaffungsfunktion zu den Zielen besteht. Es ist naheliegend, dass die Erklarung dieses Phanomens in dem unterschiedlichen Einsatz von Gestaltungsparametern der Segmente liegt. Da die Abnehmer im passiven System Sourcing kaum auf Chain Target Costing und nur in geringerem Umfang auf Transferleistungen zuriickgreifen, iibernimmt die Beschaffungsfunktion vermehrt die Steuerung des Lieferanten. Aufgrund der hohen Qualifikation im passiven System Sourcing lassen sich hierdurch positive Effekte auf die Teilziele der Objektebene realisieren. Abbildung 129: Deskriptive Analyse segmentspezifischer direkter situativer Faktoren (Objektebene) hoch 7

genng 6

3

2

1

Spezialisierung des Lieferanten (Patente) [SPZJ Fahigkeiten Beschaffungsfunktion [BF] Single-Sourcing [SISO]



Segment 1

6.5.33



Segment 2

Segmentspezifische Analyse der Beziehungsebene

6.5.33.1 Ergebnisiiberblick Das Ergebnis der segmentspezifischen Schatzung des Messmodells auf der Beziehungsebene wird in Abbildung 130 aufgefuhrt. Hierbei ist zu konstatieren, dass die Indikatoren zur Messung der Gestaltungsparameter in den Segmenten unterschiedlich ausgepragt sind. Im aktiven System Sourcing dominieren die wechselseitigen Prdsentationen [IK-PRS] die informale Kommunikation und die Verkniipfung der Informationssysteme [FK-IS] die formate Kommunikation. Ein anderes Ergebnis ist im passiven System Sourcing zu verzeichnen. Hier wird das Konstrukt der informalen Kommunikation durch die Nutzung des kurzen Dienstweges [IK-DW] und das Konstrukt der formalen Kommunikation durch den Einsatz des DV-Kommunikation (EDI und DFU) bestimmt. Zudem tragt im passiven System Sourcing die Kontrolle des Berichtswesens [MO-BER] zur Bildung des Kon-

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Empirische Analyse des Erfolgs von System-Sourcing-Kooperationen

strukts der Monitoring-Aktivitaten bei. Bei der anschlieBenden Detailanalyse der Kausalbeziehungen im Strukturmodell sind diese Unterschiede zu berucksichtigen.

Abbildung 130: Segmentspezifisches Messmodell auf der Beziehungsebene Segment 1 (Aktives System Sourcing)

Segment 2 (Passives System Sourcing)

Gewicht

Mittelwert

Gewicht

Mittelwert

1,000

6,09

1,000

5,79

1,000

5,03

1,000

4,50

1,000

5,33

1,000

4,80

1,000

4,92

1,000

4,73

1,000

4,67

1,000

4,16

*

1,004

3,82

5,566

0,037

3,46

[IK-DW]

-0,393

5,76

-0,869

0,986

5,52

7,237

[FK-DV] [FK-IS]

-0,063 1,015 0,688 0,647 -0,160

4,39 4,88 4,82 3,27 4,47

-0,204 6,403 1,698 1,707 -0,642

0,955 0,098 0,541 0,404 0,339

3,84 3,91 3,87 2,64 3,19

1,978 0,170 1,579 1,108 1,578

1,000

3,96

1,000

3,96

1,000

5,83

1,000

5,65

1,000

5,56

1,000

5,10

[VER-LIF] [VER-HIT] [VER-IMI]

0,925 1,018 0,573

4,36 1,67 4,65

0,829 -0,064 0,573

3,96 1,52 4,24

rKER1 J

1,000

3,82

1,000

3,44

[IG-TEC]

0,620

4,36

2,831

0,817

3,94

3,120

[IG-VE/MA] (Index) [IG-SUB]

-0,507

2,40

-1,819

-0,421

2,21

-1,857

0,648

2,76

2,568

0,309

2,64

1,054

1,000

5,97

1,000

5,98

Konstruktbildung

I 1 iI f 11P P HII

Indikator

Informale Kommunikation Gestaltungsparameter

Formale Kommunikation M

° " » Aktivitaten A

J "

(lndex)

[MO-BNCH] [MO-AUD] L

J

[MO-BER] Standardisierung [ f ™ D ]

Direkte situative Faktoren

Beschaffiingsfunktion Transaktionskosten Vertraulichkeit Kooperationserfahrung

T A.

, Indirekte situative Faktoren

Innovationsgrad

Management Commitment

[BF] (Index) [TAK] (Index)

L

J

t-Wert

1,926 3,640 1,297

t-Wert

0,146

3,746 -0,170 1,570

Verglichen mit der aggregierten Analyse des Modells liefert die segmentspezifische Schatzung ein differenziertes Bild der Beziehungsebene in System-Sourcing-Kooperationen:

Empirische Analyse des Erfolgs von System-Sourcing-Kooperationen

245

• Ziele: Als Folge der Segmentierung erhoht sich auch auf der Beziehungsebene die Erklarungskraft des Modells. Abbildung 131 kann entnommen werden, dass das Modell insbesondere zur Erklarung des Erfolgs von aktivem System Sourcing (Segment 1) geeignet ist. Hier liegen die R2 sehr deutlich uber denen der Homogenitatslosung. • Gestaltungsparameter: In der Homogenitatslosung konnte bereits ein wesentlicher Anteil der informalen Kommunikation und der Monitoring-AMvitaten erklart werden. In der Fortsetzung von Abbildung 131 ist ersiehtlich, dass die Erklarungskraft des Modells partiell gestiegen ist. Zwar sinkt im Segment 1 das R2 der informalen Kommunikation, jedoch sind deutliche Verbesserungen im R2 der formalen Kommunikation und der Monitoring-AMvitaten im Segment 1 zu verzeiehnen. Im Segment 2 steigt hingegen die Erklarungskraft der informalen Kommunikation und der MonitoringAMvitaten. Des Weiteren belegen die Pfadkoeffizienten der indirekten situativen Faktoren, dass die Gestaltungsparameter in den Segmenten unterschiedlich determiniert werden. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass durch die Segmentierung auf der Beziehungsebene ein Erkenntnisgewinn erzielt werden konnte. Die folgende Detailanalyse dient der differenzierten Bestimmung von wesentlichen Einflussgrdfien in beiden Segmenten.

246

Empirische Analyse des Erfolgs von System-Sourcing-Kooperationen

Abbildung 131: Segmentspeziflsche Wirkungsbeziehungen auf der Beziehungsebene

136 666)

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