Reporting Financial Performance : Konzeption und Darstellung der Erfolgsrechnung nach Vorschriften des ASB, FASB und IASB
 9783835095984, 3835095986 [PDF]

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Zitiervorschau

Janina Bogajewskaja Reporting Financial Performance

GABLER EDITION WISSENSCHAFT

Janina Bogajewskaja

Reporting Financial Performance Konzeption und Darstellung der Erfolgsrechnung nach Vorschriften des ASB, FASB und IASB

Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Martin Richter

Deutscher Universitäts-Verlag

Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Dissertation Universität Potsdam, 2006

1. Auflage Juni 2007 Alle Rechte vorbehalten © Deutscher Universitäts-Verlag | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2007 Lektorat: Frauke Schindler / Stefanie Loyal Der Deutsche Universitäts-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8350-0778-9

Geleitwort Die internationale Rechnungslegung, worunter primär die Normen des (US-amerikanischen) FASB und des (internationalen) IASB verstanden werden, war jahrelang eine Domäne für Spezialisten. Sie galt als eine theoretisch bedenkenswerte Alternative zum HGB. Die internationalen Normen hatten lange Zeit aber nur eine geringe praktische Bedeutung. Dies hat sich in den letzten Jahren insbesondere durch die Hinwendung der EU zu den Normen des IASB dramatisch geändert. Immer mehr Unternehmen, auch in Deutschland, stellen ihre externe Berichterstattung auf die internationale Rechnungslegung um, die auf die Vermittlung entscheidungsrelevanter Informationen ausgerichtet ist und deshalb als kapitalmarktorientiert gilt.

Bei der Jahresabschlussanalyse, d. h. bei der Auswertung von Jahresabschlüssen und der Beurteilung der wirtschaftlichen Entwicklung von Unternehmen, hat die Erfolgsrechnung im Mittelpunkt der Analyse zu stehen. Dies ist in Deutschland wie international unumstritten. Umso erstaunlicher ist es deshalb, dass die Normen der internationalen Rechnungslegung dem Ausweis des Ergebnisses vergleichsweise wenig Beachtung schenken. Zu Recht führt die Verfasserin diesen Mangel auf die Komplexität des Problems einerseits und auf den Konfliktgehalt der Normen zur Ergebnisdarstellung andererseits zurück. Ein anspruchsvolles und außerordentlich verdienstvolles Ziel der Verfasserin ist es deshalb, die aktuell gültigen Normen und die in Entwicklung befindlichen internationalen Regelungen zum Erfolgsausweis eingehend zu analysieren und kritisch zu bewerten.

Das Thema der vorliegenden Arbeit besitzt eine besondere Aktualität und Tragweite. Seit 2004 arbeiten der FASB und der IASB gemeinsam an dem Projekt „Financial Statement Presentation“ (früher „Performance Reporting“). Den Kern dieses Projekts bildet die Umgestaltung der Erfolgsrechnung. Das Projekt stützt sich dabei wesentlich auf die in den Jahren 2000 bis 2003 durchgeführten und in dieser Arbeit ebenfalls analysierten Performance ReportingProjekte der angloamerikanischen Standardsetzer. Es ist davon auszugehen, dass das Financial Statement Presentation-Projekt nicht nur die Ergebnisrechnung im engeren Sinne sondern das gesamte System der Berichterstattung unter IFRS und US GAAP wesentlich verändern wird.

Die Verfasserin geht das Thema methodisch in einer logisch klaren und konsequenten Weise an. Dazu entwickelt sie folgerichtig aus dem Ziel der kapitalmarktorientierten Rechnungsle-

V

gung die Kriterien, an der sie dann die bestehenden Standards zum Performance Reporting und die Weiterentwicklungen prüft. Zusätzliche Fundierung erfahren die erarbeiteten Anforderungen durch eine umfangreiche und in dieser Form bisher nicht vorgenommene Auswertung der empirischen Forschung auf dem Gebiet der Gestaltung der Erfolgsrechnung.

In gelungener Abwägung von Detailgenauigkeit und Übersichtlichkeit werden anschließend die derzeitigen Regelungen und die neueren Konzepte der Standardsetzer dargestellt und analysiert. Ein besonderer Verdienst der Verfasserin liegt darin, dass sie die konzeptionellen Grundlagen der in den Jahren 2000 bis 2003 ausgearbeiteten Modelle beleuchtet. Mit deren Problematik hat man sich im Schrifttum bisher kaum auseinandergesetzt.

Insgesamt bearbeitet die vorliegende Dissertation systematisch und umfassend die Problematik des Erfolgsausweises in der internationalen Rechnungslegung. Die Arbeit ist innovativ und weiterführend. Sie bietet Hintergrundwissen, Perspektiven und Anregungen. Sie leistet einen wichtigen Beitrag zu der sehr aktuellen und äußerst kontrovers geführten Debatte um das „Performance Reporting“. Ich wünsche dieser Arbeit eine weite Verbreitung und viel Beachtung.

Prof. Dr. Martin Richter

VI

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde vom Promotionsausschuss der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Potsdam im Dezember 2006 als Dissertation angenommen.

Meinem akademischen Lehrer, Herrn Prof. Dr. Martin Richter, danke ich für die stete wissenschaftliche Betreuung und konstruktive Anregungen zur Art und Weise der Themenbearbeitung, die meine Arbeit sehr gefördert haben. Mein ganz besonderer Dank gilt außerdem Herrn Prof. Dr. Klaus Pohle, der das Zweitgutachten übernommen und mein gesamtes Promotionsvorhaben außerordentlich unterstützt hat.

Diese Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als Projektmanagerin beim Deutschen Rechnungslegungs Standards Commitee (DRSC) e. V. Ich möchte an dieser Stelle einen besonderen Dank an die Generalsekretärin des DRSC, Frau Liesel Knorr, richten, deren wohlwollende Unterstützung zum Gelingen dieser Arbeit maßgeblich beigetragen hat. Mein Dank gilt außerdem meinen Kollegen Herrn Dr. Martin Schmidt, Herrn Dr. Stefan Schreiber, Frau Dr. Mareike Kühne und Dipl.- Kffr. Kristina Schwedler für ihre kritischen Anmerkungen und ihre Gesprächsbereitschaft. Besonders danke ich Frau Prof. Dr. Regine Buchheim und Dipl.-Kffr. Kati Beiersdorf, die nicht nur wesentliche Teile der Arbeit kritisch gelesen haben, sondern mir in wissenschaftlicher Hinsicht konstruktive und jederzeit ansprechbare Gesprächspartnerinnen waren.

Schließlich möchte ich mich an dieser Stelle bei meiner Mutter bedanken, die mich auf meinem gesamten bisherigen Lebensweg sehr unterstützt hat.

Ohne den Rückhalt meiner ganzen Familie hätte ich die Dissertation nicht beenden können. Einen ganz besonderen Anteil daran trägt mein Mann Hodschat. Er hat die Höhen und Tiefen der Promotion mit mir durchlebt und hat mir stets unterstützend zur Seite gestanden. Dabei soll auch unsere Tochter Daria nicht unerwähnt bleiben, die die letzten zweieinhalb Jahre der Promotion auf ihre Weise bereichert hat. Ihnen ist dieses Buch gewidmet.

Janina Bogajewskaja

VII

Inhaltsübersicht 1

Einleitung ...................................................................................................................... 1 1.1

Problemstellung.................................................................................................... 1

1.1.1

Rolle der angloamerikanischen Standardsetzer FASB, IASB und ASB in der Entwicklung internationaler Rechnungslegung ................................... 1

1.1.2

Bedeutung des Erfolgsausweises für die Vermittlung entscheidungsrelevanter Informationen ......................................................... 4

1.1.3

Überblick über die wichtigsten Probleme des quantitativen Erfolgsausweises in der angloamerikanischen Rechnungslegung ................. 6

1.2

Ziel der Arbeit und Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes ............................................................................. 11

1.3 2

Aufbau der Arbeit.............................................................................................. 15

Entwicklung von Beurteilungskriterien für den Vergleich alternativer Konzepte des Erfolgsausweises.................................................................................. 19 2.1

Normative Zielsetzungen des Jahresabschlusses als Ausgangspunkt der Überlegungen ................................................................... 19

2.1.1

Vorbemerkung.............................................................................................. 19

2.1.2

Ziele des Jahresabschlusses und ihre Konkretisierung in den Rahmenkonzepten des FASB, IASB und ASB............................................ 20

2.1.3

Weitere Konkretisierung der Ziele des Jahresabschlusses auf der Ebene der qualitativen Eigenschaften .......................................................... 24

2.1.4

Ableitung der allgemeinen Anforderungen an die Gestaltung der Erfolgsrechnung im Rahmen einer informationsorientierten Rechnungslegung ......................................................................................... 32

2.1.5

Das gemeinsame Framework-Projekt des IASB und des FASB und mögliche Auswirkungen auf die abgeleiteten Anforderungen an die Gestaltung der Erfolgsrechnung................................................................... 36

2.2

Operationalisierung der aus den normativen Zielsetzungen gewonnenen Anforderungen an den Erfolgsausweis ...................................... 40

2.2.1

Vorbemerkung.............................................................................................. 40

2.2.2

Klassifizierung der relevanten Fragestellungen ........................................... 41

2.2.3

Inhalte und Abgrenzung der Erfolgsrechnung ............................................. 42

IX

2.2.4 2.3

Strukturierung der Erfolgsrechnung............................................................. 68

Zusammenfassung der Anforderungen an die Gestaltung der Erfolgsrechnung im Rahmen einer informationsorientierten Rechnungslegung ............................................................................................... 98

3

Überprüfung der abgeleiteten Anforderungen an die Gestaltung der Erfolgsrechnung anhand von Ergebnissen der empirischen Forschung............. 105 3.1

Vorbemerkung ................................................................................................. 105

3.2

Überblick über die methodologischen Grundkonzepte der empirischen Forschung in der Rechnungslegung ......................................... 106

3.2.1

Kapitalmarktorientierte Forschung ............................................................ 106

3.2.2

Verhaltensorientierte Forschung ................................................................ 113

3.2.3

Studien zur Prognose von Unternehmenskrisen ........................................ 117

3.3

Auswertung relevanter empirischer Studien................................................. 118

3.3.1

Untersuchungen zur Relevanz und zu Präsentationsformaten alternativer Ergebnisgrößen ....................................................................... 118

3.3.2

Studien zur Darstellung von Pro-forma-Ergebnissen ................................ 131

3.3.3

Studien zur Disaggregation und Strukturierung der Erfolgsrechnung....... 142

3.4 4

Zusammenfassung und Interpretation der Ergebnisse ................................ 152

Bestehende Konzepte des Erfolgsausweises ........................................................... 157 4.1

Darstellung der Erfolgsrechnung nach US-GAAP ....................................... 157

4.1.1

Relevante Regelungen: Überblick und Entwicklung ................................. 157

4.1.2

Bestandteile des Jahresabschlusses ............................................................ 159

4.1.3

Gewinn- und Verlustrechnung (Income Statement) .................................. 160

4.1.4

Statement zur Darstellung des Comprehensive Income............................. 170

4.2

Darstellung der Ergebnisrechnung nach den Vorschriften des ASB und des Companies Act.................................................................... 177

4.2.1

Relevante Regelungen: Überblick und Entwicklung ................................. 177

4.2.2

Bestandteile des Jahresabschlusses ............................................................ 179

4.2.3

Gewinn- und Verlustrechnung (Profit and Loss Account) ........................ 180

4.2.4

Statement of Total Recognised Gains and Losses ..................................... 189

4.2.5

Zusätzliche Aufstellungen und Pflichtangaben.......................................... 191

4.3

Darstellung der Ergebnisrechnung nach den Vorschriften des IASB............................................................................................................ 194

X

4.3.1

Relevante Regelungen: Überblick und Entwicklung ................................. 194

4.3.2

Bestandteile des Jahresabschlusses ............................................................ 195

4.3.3

Gewinn- und Verlustrechnung (Income Statement) .................................. 196

4.3.4

Eigenkapitalveränderungsrechnung (Statement of Changes in Equity)..... 203

4.4

Kritische Würdigung der bestehenden Konzepte......................................... 211

4.4.1

Erfüllung der Anforderungen bezüglich der Inhalte und der Abgrenzung der Erfolgsrechnung .............................................................. 211

4.4.2

Erfüllung der Anforderungen an die Strukturierung der

4.4.3

Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse ........................................... 233

Erfolgsrechnung ......................................................................................... 216

5

Projekte zur Weiterentwicklung der Erfolgsrechnung......................................... 237 5.1

Financial Reporting Exposure Draft (FRED) 22 des ASB „Reporting Financial Performance“ .............................................................. 237

5.1.1

Zur Geschichte des Projektes ..................................................................... 237

5.1.2

Gegenstand des Standardentwurfs ............................................................. 238

5.1.3

Statement of Financial Performance und weitere zusätzliche Aufstellungen und Pflichtangaben ............................................................. 239

5.1.4

Struktur und Erfolgsspaltungskonzept des Statement of Financial Performance ............................................................................................... 241

5.2

Projekt des IASB „Reporting Performance/Reporting Comprehensive Income“ ................................................................................. 246

5.2.1

Zur Geschichte des Projektes ..................................................................... 246

5.2.2

Gegenstand und Ziele des Projektes .......................................................... 247

5.2.3

Statement of Comprehensive Income als umfassende Erfolgsrechnung ... 248

5.2.4

Struktur und Erfolgsspaltungskonzept des Statement of Comprehensive Income.............................................................................. 249

5.2.5 5.3

Weitere Untergliederung und Verrechnung der Erfolgskomponenten ...... 256

Projekt des FASB „Reporting Financial Performance by Business Enterprises“ ...................................................................................... 259

5.3.1

Zur Geschichte des Projektes ..................................................................... 259

5.3.2

Gegenstand und Ziele des Projektes .......................................................... 260

5.3.3

Statement of Comprehensive Income als umfassende Erfolgsrechnung ... 261

XI

5.3.4

Struktur und Erfolgsspaltungskonzept des Statement of Comprehensive Income.............................................................................. 262

5.4

Gemeinsames IASB/FASB-Projekt „Financial Statement Presentation“ .................................................................................................... 266

5.4.1

Bisheriger Projektverlauf ........................................................................... 266

5.4.2

Standardentwurf des IASB zur Änderung des IAS 1 „Presentation of Financial Statements“................................................................................. 268

5.5

Kritische Würdigung der vorgeschlagenen Konzepte.................................. 273

5.5.1

Vorbemerkung............................................................................................ 273

5.5.2

Erfüllung der Anforderungen bezüglich der Inhalte und der Abgrenzung der Erfolgsrechnung .............................................................. 273

5.5.3

Erfüllung der Anforderungen an die Strukturierung der

5.5.4

Fazit und Ausblick ..................................................................................... 291

Erfolgsrechnung ......................................................................................... 279

6

Zusammenfassung .................................................................................................... 295

Quellenverzeichnis .......................................................................................................... 303

XII

Inhaltsverzeichnis 1

Einleitung ...................................................................................................................... 1 1.1

Problemstellung.................................................................................................... 1

1.1.1

Rolle der angloamerikanischen Standardsetzer FASB, IASB und ASB in der Entwicklung internationaler Rechnungslegung ................................... 1

1.1.2

Bedeutung des Erfolgsausweises für die Vermittlung entscheidungsrelevanter Informationen ......................................................... 4

1.1.3

Überblick über die wichtigsten Probleme des quantitativen Erfolgsausweises in der angloamerikanischen Rechnungslegung ................. 6

1.2

Ziel der Arbeit und Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes ............................................................................. 11

1.3 2

Aufbau der Arbeit.............................................................................................. 15

Entwicklung von Beurteilungskriterien für den Vergleich alternativer Konzepte des Erfolgsausweises.................................................................................. 19 2.1

Normative Zielsetzungen des Jahresabschlusses als Ausgangspunkt der Überlegungen ................................................................... 19

2.1.1

Vorbemerkung.............................................................................................. 19

2.1.2

Ziele des Jahresabschlusses und ihre Konkretisierung in den Rahmenkonzepten des FASB, IASB und ASB............................................ 20

2.1.3

Weitere Konkretisierung der Ziele des Jahresabschlusses auf der Ebene der qualitativen Eigenschaften .......................................................... 24

2.1.4

Ableitung der allgemeinen Anforderungen an die Gestaltung der Erfolgsrechnung im Rahmen einer informationsorientierten Rechnungslegung ......................................................................................... 32

2.1.5

Das gemeinsame Framework-Projekt des IASB und des FASB und mögliche Auswirkungen auf die abgeleiteten Anforderungen an die Gestaltung der Erfolgsrechnung................................................................... 36

2.2

Operationalisierung der aus den normativen Zielsetzungen gewonnenen Anforderungen an den Erfolgsausweis ...................................... 40

2.2.1

Vorbemerkung.............................................................................................. 40

2.2.2

Klassifizierung der relevanten Fragestellungen ........................................... 41

2.2.3

Inhalte und Abgrenzung der Erfolgsrechnung ............................................. 42

XIII

2.2.3.1

Gewinnkonzeption der angloamerikanischen Rechnungslegung............ 42

2.2.3.1.1 Erfassung von Erträgen und Aufwendungen im Jahresabschluss ..... 42 2.2.3.1.2 Grundlegende Gewinnbegriffe und Accounting-Verfahren der anloamerikanischen Rechnungslegung ............................................. 46 2.2.3.1.2.1 Comprehensive Income und Clean Surplus Accounting............ 46 2.2.3.1.2.2 Net Income und Dirty Surplus Accounting ................................ 48 2.2.3.1.2.3 Das Procedere des „Recycling“.................................................. 52 2.2.3.2

Abgrenzung des Performance Statement im Sinne der Konzeption dieser Arbeit ............................................................................................ 55

2.2.3.2.1 Festlegung der Inhalte der Erfolgsrechnung ..................................... 55 2.2.3.2.2 Beurteilung des „Recycling“ ............................................................. 62 2.2.3.3 2.2.4

Präsentationsformat der Erfolgsrechnung ............................................... 64 Strukturierung der Erfolgsrechnung............................................................. 68

2.2.4.1

Gestaltungsfreiheit des Gliederungsschemas .......................................... 68

2.2.4.2

Gliederung und Gruppierung von Erfolgskomponenten......................... 70

2.2.4.2.1 Ebenen der Disaggregation innerhalb der Erfolgsrechnung.............. 70 2.2.4.2.2 Bildung von Erfolgskategorien ......................................................... 71 2.2.4.2.2.1 Grundlegende Überlegungen und Überblick.............................. 71 2.2.4.2.2.2 Konzepte der Erfolgsspaltung .................................................... 74 2.2.4.2.2.2.1

Getrennter Ausweis von betriebsbezogenen und betriebsfremden Erfolgskomponenten................................ 74

2.2.4.2.2.2.2

Getrennter Ausweis von regelmäßigen und unregelmäßigen Erfolgskomponenten ................................ 77

2.2.4.2.2.2.3 Getrennter Ausweis von Erfolgskomponenten aus Finanzierungsaktivitäten und aus der betrieblichen Tätigkeit.............................................................................. 79 2.2.4.2.2.2.4

Getrennter Ausweis von realisierten und nicht realisierten Erfolgskomponenten ........................................ 82

2.2.4.2.2.2.5 Getrennter Ausweis der Erfolgskomponenten aus der Fair Value-Bewertung und der übrigen Erfolgskomponenten........................................................... 88 2.2.4.2.3 Weitere Untergliederung von Erfolgskomponenten.......................... 92 2.2.4.2.3.1 Gliederung nach den Funktionsbereichen und nach der Art der eingesetzten Produktionsfaktoren......................................... 92

XIV

2.2.4.2.3.2 Ausweis von ungewöhnlichen Posten ........................................ 94 2.2.4.3 2.3

Verrechnung von Erfolgskomponenten .................................................. 96

Zusammenfassung der Anforderungen an die Gestaltung der Erfolgsrechnung im Rahmen einer informationsorientierten Rechnungslegung ............................................................................................... 98

3

Überprüfung der abgeleiteten Anforderungen an die Gestaltung der Erfolgsrechnung anhand von Ergebnissen der empirischen Forschung............. 105 3.1 3.2

Vorbemerkung ................................................................................................. 105 Überblick über die methodologischen Grundkonzepte der empirischen Forschung in der Rechnungslegung ......................................... 106

3.2.1 3.2.1.1

Darstellung des Grundkonzeptes........................................................... 106

3.2.1.2

Kritische Würdigung ............................................................................. 108

3.2.2 3.2.2.1 3.2.2.2 3.2.3 3.3

Kapitalmarktorientierte Forschung ............................................................ 106

Verhaltensorientierte Forschung ................................................................ 113 Darstellung des Grundkonzeptes........................................................... 113 Kritische Würdigung ............................................................................. 114 Studien zur Prognose von Unternehmenskrisen ........................................ 117

Auswertung relevanter empirischer Studien................................................. 118

3.3.1

Untersuchungen zur Relevanz und zu Präsentationsformaten alternativer Ergebnisgrößen ....................................................................... 118

3.3.1.1

Kapitalmarktorientierte Studien ............................................................ 118

3.3.1.2

Verhaltensorientierte Studien................................................................ 123

3.3.2

Kapitalmarktorientierte Studien ............................................................ 131

3.3.2.2

Verhaltensorientierte Studien................................................................ 138

3.3.3

3.4 4

Studien zur Darstellung von Pro-forma-Ergebnissen ................................ 131

3.3.2.1

Studien zur Disaggregation und Strukturierung der Erfolgsrechnung....... 142

3.3.3.1

Kapitalmarktorientierte Studien ............................................................ 142

3.3.3.2

Studien zur Prognose von Unternehmenskrisen.................................... 150

Zusammenfassung und Interpretation der Ergebnisse ................................ 152

Bestehende Konzepte des Erfolgsausweises ........................................................... 157 4.1

Darstellung der Erfolgsrechnung nach US-GAAP ....................................... 157

4.1.1

Relevante Regelungen: Überblick und Entwicklung ................................. 157

4.1.2

Bestandteile des Jahresabschlusses ............................................................ 159 XV

4.1.3

Gewinn- und Verlustrechnung (Income Statement) .................................. 160

4.1.3.1

Inhaltliche Struktur der Gewinn- und Verlustrechnung........................ 160

4.1.3.2

Erfolgsspaltungskonzept der Gewinn- und Verlustrechnung................ 164

4.1.3.2.1 Abgrenzung und Ausweis der Irregular Items ................................ 164 4.1.3.2.1.1 Discontinued Operations .......................................................... 165 4.1.3.2.1.2 Außerordentliche und ungewöhnliche Posten .......................... 166 4.1.3.2.2 Erfolgsspaltung innerhalb des Ergebnisses der gewöhnlichen Tätigkeit........................................................................................... 168 4.1.4

Statement zur Darstellung des Comprehensive Income............................. 170

4.1.4.1.1 Bestandteile des Statement zur Darstellung des Comprehensive Income nach SFAS 130................................................................... 170 4.1.4.1.2 Präsentationsformate ....................................................................... 171 4.2

Darstellung der Ergebnisrechnung nach den Vorschriften des ASB und des Companies Act.................................................................... 177

4.2.1

Relevante Regelungen: Überblick und Entwicklung ................................. 177

4.2.2

Bestandteile des Jahresabschlusses ............................................................ 179

4.2.3

Gewinn- und Verlustrechnung (Profit and Loss Account) ........................ 180

4.2.3.1

Präsentationsformate der Gewinn- und Verlustrechnung ..................... 180

4.2.3.1.1 Rahmenregelung des Companies Act 1985/1989 ........................... 180 4.2.3.1.2 Ergänzende Regelung des FRS 3 .................................................... 182 4.2.3.2

Erfolgsspaltungskonzept der Gewinn- und Verlustrechnung................ 186

4.2.4

Statement of Total Recognised Gains and Losses ..................................... 189

4.2.5

Zusätzliche Aufstellungen und Pflichtangaben.......................................... 191

4.3

Darstellung der Ergebnisrechnung nach den Vorschriften des IASB............................................................................................................ 194

4.3.1

Relevante Regelungen: Überblick und Entwicklung ................................. 194

4.3.2

Bestandteile des Jahresabschlusses ............................................................ 195

4.3.3

Gewinn- und Verlustrechnung (Income Statement) .................................. 196

4.3.3.1

Inhaltliche Struktur der Gewinn- und Verlustrechnung........................ 196

4.3.3.2

Erfolgsspaltungskonzept der Gewinn- und Verlustrechnung................ 197

4.3.3.3

Weitere Untergliederung von Erträgen und Aufwendungen und Saldierung von Posten........................................................................... 201

4.3.4 4.3.4.1

XVI

Eigenkapitalveränderungsrechnung (Statement of Changes in Equity)..... 203 Aufgabe und Formate der Eigenkapitalveränderungsrechnung ............ 203

4.3.4.1.1 Eigenkapitalveränderungsrechnung als Aufstellung der nichteigentümerbezogenen Eigenkapitalveränderungen......................... 204 4.3.4.1.2 Eigenkapitalveränderungsrechnung als Aufstellung sämtlicher Eigenkapitalveränderungen ............................................................. 209 4.4

Kritische Würdigung der bestehenden Konzepte......................................... 211

4.4.1

Erfüllung der Anforderungen bezüglich der Inhalte und der Abgrenzung der Erfolgsrechnung .............................................................. 211

4.4.2

Erfüllung der Anforderungen an die Strukturierung der Erfolgsrechnung ......................................................................................... 216

4.4.2.1

Gestaltungsfreiheit des Gliederungsschemas ........................................ 216

4.4.2.2

Erfolgsspaltung...................................................................................... 221

4.4.2.2.1 Erfolgsspaltung in der Gewinn- und Verlustrechnung.................... 221 4.4.2.2.1.1 Getrennter Ausweis von regelmäßigen und unregelmäßigen Erfolgskomponenten................................................................. 221 4.4.2.2.1.2 Getrennter Ausweis von Erfolgskomponenten aus Finanzierungsaktivitäten und aus der betrieblichen Tätigkeit.. 224 4.4.2.2.1.3 Getrennter Ausweis der Erfolgskomponenten aus der Fair Value-Bewertung und der übrigen Erfolgskomponenten......... 227 4.4.2.2.2 Erfolgsspaltung in der Darstellung der erfolgsneutral erfassten Aufwendungen und Erträge............................................................. 227 4.4.2.3

Weitere Untergliederung von Erfolgskomponenten ............................. 228

4.4.2.4

Darstellung der Ergebniseffekte aus der Änderung von Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden und der Korrektur von Fehlern................................................................................................... 229

4.4.2.5 4.4.3 5

Verrechnung von Erfolgskomponenten ................................................ 231 Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse ........................................... 233

Projekte zur Weiterentwicklung der Erfolgsrechnung......................................... 237 5.1

Financial Reporting Exposure Draft (FRED) 22 des ASB „Reporting Financial Performance“ .............................................................. 237

5.1.1

Zur Geschichte des Projektes ..................................................................... 237

5.1.2

Gegenstand des Standardentwurfs ............................................................. 238

5.1.3

Statement of Financial Performance und weitere zusätzliche Aufstellungen und Pflichtangaben ............................................................. 239

XVII

5.1.4

Struktur und Erfolgsspaltungskonzept des Statement of Financial Performance ............................................................................................... 241

5.2

Projekt des IASB „Reporting Performance/Reporting Comprehensive Income“ ................................................................................. 246

5.2.1

Zur Geschichte des Projektes ..................................................................... 246

5.2.2

Gegenstand und Ziele des Projektes .......................................................... 247

5.2.3

Statement of Comprehensive Income als umfassende Erfolgsrechnung ... 248

5.2.4

Struktur und Erfolgsspaltungskonzept des Statement of Comprehensive Income.............................................................................. 249

5.2.5 5.3

Weitere Untergliederung und Verrechnung der Erfolgskomponenten ...... 256

Projekt des FASB „Reporting Financial Performance by Business Enterprises“ ...................................................................................... 259

5.3.1

Zur Geschichte des Projektes ..................................................................... 259

5.3.2

Gegenstand und Ziele des Projektes .......................................................... 260

5.3.3

Statement of Comprehensive Income als umfassende Erfolgsrechnung ... 261

5.3.4

Struktur und Erfolgsspaltungskonzept des Statement of Comprehensive Income.............................................................................. 262

5.4

Gemeinsames IASB/FASB-Projekt „Financial Statement Presentation“ .................................................................................................... 266

5.4.1

Bisheriger Projektverlauf ........................................................................... 266

5.4.2

Standardentwurf des IASB zur Änderung des IAS 1 „Presentation of Financial Statements“................................................................................. 268

5.4.2.1

Bestandteile des Jahresabschlusses und Vergleichsinformationen ....... 268

5.4.2.2

Änderungen des Formates der Erfolgsrechnung und des Eigenkapitalspiegels.............................................................................. 269

5.4.2.3 5.5

Sonstige Änderungen ............................................................................ 272

Kritische Würdigung der vorgeschlagenen Konzepte.................................. 273

5.5.1

Vorbemerkung............................................................................................ 273

5.5.2

Erfüllung der Anforderungen bezüglich der Inhalte und der Abgrenzung der Erfolgsrechnung .............................................................. 273

5.5.2.1

Erfassung sämtlicher Erträge und Aufwendungen in einer Erfolgsrechnung .................................................................................... 273

XVIII

5.5.2.2

Umsetzungsvarianten des One-Statement Approach ............................ 275

5.5.2.3

Das Verfahren des „Recycling“ ............................................................ 278

5.5.3

Erfüllung der Anforderungen an die Strukturierung der Erfolgsrechnung ......................................................................................... 279

5.5.3.1

Gestaltungsfreiheit des Gliederungsschemas ........................................ 279

5.5.3.2

Erfolgsspaltung...................................................................................... 281

5.5.3.2.1 Getrennter Ausweis von regelmäßigen und unregelmäßigen Erfolgskomponenten ....................................................................... 281 5.5.3.2.2 Getrennter Ausweis von Erfolgskomponenten aus Finanzierungsaktivitäten und aus der betrieblichen Tätigkeit......... 283 5.5.3.2.2.1 Abgrenzung der Kategorie „Financing“................................... 283 5.5.3.2.2.2 Abgrenzung der Kategorie „Operating“................................... 285 5.5.3.2.3 Getrennter Ausweis von Erfolgskomponenten aus der Fair Value-Bewertung und den übrigen Erfolgskomponenten........ 286 5.5.3.3 5.5.4 6

Verrechnung von Erfolgskomponenten ................................................ 290 Fazit und Ausblick ..................................................................................... 291

Zusammenfassung .................................................................................................... 295

Quellenverzeichnis .......................................................................................................... 303

XIX

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1:

Qualitative Eigenschaften der Rechnungslegungsinformationen nach dem Rahmenkonzept des FASB ...................25

Abbildung 2:

Qualitative Eigenschaften der Rechnungslegungsinformationen nach dem Rahmenkonzept des IASB ....................27

Abbildung 3:

Qualitative Eigenschaften der Rechnungslegungsinformationen nach dem Rahmenkonzept des ASB......................30

Abbildung 4:

Allgemeine Anforderungen an die Gestaltung der Erfolgsrechnung im Rahmen einer informationsorientierten Rechnungslegung.......................................................35

Abbildung 5:

Wesentliche Posten, die nach US-GAAP und nach IFRS außerhalb der Gewinn- und Verlustrechnung erfasst werden („dirty surplus items“) .....................................................50

Abbildung 6:

Schematische Darstellung des recycling in einer Erfolgsrechnung ............................................................................54

Abbildung 7:

Gewinn- und Verlustrechnung der Unternehmen des DAX 100 in 2001 ..........................................................................59

Abbildung 8:

Vorschläge zur Gliederung und Gruppierung von Erfolgskomponenten .....................................................................73

Abbildung 9:

Anforderungen an die Gestaltung der Erfolgsrechnung im Rahmen einer informationsorientierten Rechnungslegung.....................................................103

Abbildung 10:

Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung nach dem multiple-step-Format ...................................................................162

XXI

Abbildung 11:

Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung gemäß Regulation S-X, Rule 5-03 ..........................................................163

Abbildung 12:

Spaltung der Gesamtheit der Erfolge in die operating- und non-operating-Sektionen in der Gewinn- und Verlustrechnung nach dem multiple-step-Format...................................169

Abbildung 13:

Beispiel eines Präsentationsformats nach dem one-statement approach ..............................................................173

Abbildung 14:

Beispiel eines Präsentationsformats nach dem two-statement approach ..............................................................174

Abbildung 15:

Beispiel eines Präsentationsformats nach dem statement of changes in equity approach ....................................175

Abbildung 16:

Format 1 der Gewinn- und Verlustrechnung nach CA 1985, Schedule 4 (geändert durch CA 1989)........................181

Abbildung 17:

Beispiel der Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung nach dem CA 1985 und FRS 3....................................................184

Abbildung 18:

Das „layered format“ des FRS 3 ................................................187

Abbildung 19:

Beispiel eines Präsentationsformats für das statement of total recognised gains and losses nach FRS 3........190

Abbildung 20:

Gliederungsschema eines statement of recognised income and expense.....................................................................208

Abbildung 21:

Gliederungsschema eines statement of all changes in equity .......................................................................................210

Abbildung 22:

Statement of comprehensive income nach dem Modell des IASB (Überblick)..................................................................250

XXII

Abbildung 23:

Beispiele der remeasurements.....................................................254

Abbildung 24:

Statement of comprehensive income nach dem Modell des IASB (Detail) ........................................................................257

XXIII

Abkürzungsverzeichnis AAA

American Accounting Association

ABlEU

Amtsblatt der Europäischen Union

AICPA

American Institute of Certified Public Accountants

AIMR

Association for Investment Management and Research

Art.

Artikel

ASB

Accounting Standards Board

ASC

Accounting Standards Committee

Aufl.

Auflage

BB

Betriebs-Berater (Zeitschrift)

BBK

Buchführung, Bilanz, Kostenrechnung (Zeitschrift/Loseblattsammlung)

BC

Basis for Conclusions

Bd.

Band

BFuP

Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis (Zeitschrift)

bspw.

Beispielsweise

BuW

Betrieb und Wirtschaft (Zeitschrift)

bzw.

beziehungsweise

c. p.

ceteris paribus

CA 1985

Companies Act 1985

CA 1985/1989

Companies Act 1985, geändert durch Companies Act 1989

CA 1989

Companies Act 1989

CFA Institute

Chartered Financial Analyst Institute

d. h.

das heißt

DB

Der Betrieb (Zeitschrift)

DBW

Die Betriebswirtschaft (Zeitschrift)

DSOP

Draft Statement of Principles

DStR

Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift)

E, ED

Exposure Draft

EAA

European Accounting Association

EBIT

Earnings Before Interest and Taxes

EBITDA

Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization

XXV

EG

Europäische Gemeinschaft

EU

Europäische Union

e. V.

eingetragener Verein

f.

folgende

F.

Framework

FASB

Financial Accounting Standards Board

ff.

fortfolgende

Fn.

Fußnote

FRED

Financial Reporting Exposure Draft

FRS

Financial Reporting Standard

G4+1

Group Four Plus One of Accounting Standard Setters

GoB

Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung

Hrsg.

Herausgeber

hrsg.

herausgegeben

i. V. m.

in Verbindung mit

IAS

International Accounting Standards

IASB

International Accounting Standards Board

IASC

International Accounting Standards Committee

IFRIC

International Financial Reporting Interpretations Committee

IFRS

International Financial Reporting Standards

IG

Implementation Guidance

IN

Introduction

InsO

Insolvenzordnung

KNNA

Künstliche Neuronale Netzanalyse

KoR

Kapitalmarktorientierte Rechnungslegung (Zeitschrift)

m. a. W.

mit anderen Worten

MBA

Master of Business Administration

m. w. N.

mit weiteren Nachweisen

Mio.

Millionen

No.

Number

Nr.

Nummer

OCI

Other Comprehensive Income

Par.

Paragraph

RL

Richtlinie

XXVI

Rn.

Randnummer

S.

Seite

SEC

U. S. Securities and Exchange Commission

SFAC

Statement of Financial Accounting Concepts

SFAS

Statement of Financial Accounting Standards

sog.

so genannt

SP

Statement of Principles

StuB

Steuern und Bilanzen (Zeitschrift)

u. a.

unter anderem, und andere(n)

u. Ä.

und Ähnliche(s)

UAC

User Advisory Council

U.S., US

United States

UK-GAAP

United Kingdom Generally Accepted Accounting Principles

US-GAAP

United States Generally Accepted Accounting Principles

u. U.

unter Umständen

v.

von, vom

Verf.

Verfasser

vgl.

vergleiche

vs.

versus

WPg

Die Wirtschaftsprüfung (Zeitschrift)

z. B.

zum Beispiel

ZfB

Zeitschrift für Betriebswirtschaft

ZfbF

Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung

ZfhF

Zeitschrift für handelswissenschaftliche Forschung

17 CFR

Title 17, Code of Federal Regulations

XXVII

1

Einleitung

1.1

Problemstellung

1.1.1

Rolle der angloamerikanischen Standardsetzer FASB, IASB und ASB in der Entwicklung internationaler Rechnungslegung

Bedingt durch die Globalisierung der Geschäftsbeziehungen und des Kapitalverkehrs richtet sich eine immer größer werdende Zahl von Unternehmen nicht nur im Hinblick auf die Absatzmärkte, sondern auch im Hinblick auf die Kapitalmärkte international aus.1 Die Notwendigkeit, die Unternehmens- und Managementleistung auf den internationalen Kapitalmärkten adäquat darzustellen, veranlasst dabei immer mehr Unternehmen, ihre externe Berichterstattung auf international anerkannte Rechnungslegungsstandards umzustellen.2 Als international anerkannte Rechnungslegungsstandards sind derzeit nur die IFRS3 und die US-GAAP zu betrachten.4 Den US-GAAP wurde dabei noch vor kurzem der Modellcharakter für die globalen Rechnungslegungsstandards zugebilligt.5 Die Rolle und die Akzeptanz der IFRS sind jedoch insbesondere in den letzten Jahren stark gestiegen. Diese Entwicklung wurde maßgeblich von Initiativen der Europäischen Union (EU) unterstützt, die zu tief greifenden Änderungen der Bilanzierungs- und Publizitätsbestimmungen der kapitalmarktorientierten Unternehmen in den EU-Mitgliedstaaten führten. Diese Initiativen sind Bestandteile des Financial Services Action Plan (FSAP)6, durch den die Integration der europäischen Finanzmärkte vorangetrieben werden soll.7 Zu den wichtigsten, die IFRS-Rechnungslegung betreffenden Maßnahmen des FSAP zählen8:

1 2

3

4

5 6 7 8

Vgl. Baetge/Noelle (2001), S. 174. Zum Stand der Umstellung auf IFRS und zur Anwendung von US-GAAP in Deutschland und in der EU vgl. Burger/Fröhlich/Ulbrich (2006), S. 116, und Burger/Ulbrich (2005), S. 43 ff. Als „IFRS“ werden in der vorliegenden Arbeit zusammenfassend alle vom IASB und vom Vorgängergremium IASC herausgegebenen Rechnungslegungsstandards bezeichnet. Vgl. Lorson (2005), S. 3; Burger/Ulbrich (2004), S. 244; Wagenhofer (2002), S. 233 f.; Baetge/Zülch (2001), S. 543, Fn. 3. Vgl. Kuhner (2004), S. 262. Zum FSAP vgl. ausführlich Kern (2002), S. 9 ff. Vgl. Burger/Ulbrich (2004), S. 235. Vgl. Buchheim/Ulbrich (2004), S. 274.

1

x

Die sog. IAS-Verordnung9, durch die kapitalmarktorientierte Unternehmen mit Sitz in der EU dazu verpflichtet werden, ihre Konzernabschlüsse für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1.1.2005 beginnen, grundsätzlich in Übereinstimmung mit den IFRS zu erstellen.

x

Die sog. Transparenz-Richtlinie10, durch die die bisherigen lückenhaften und veralteten Anforderungen für die periodische und laufende Publizität kapitalmarktorientierter Unternehmen erneuert und angehoben werden. Durch die im Art. 4 der Transparenzrichtlinie verankerte Verpflichtung konsolidierungspflichtiger Emittenten, neben einem nach nationalen Bestimmungen erstellten Einzelabschluss einen IFRSKonzernabschluss vorzulegen, wird der Anwendungsbereich der IAS-Verordnung auf alle EU-Emittenten unabhängig von ihrem Sitzstaat ausgedehnt.11

x

Die sog. Fair Value-Richtlinie12, durch die in Angleichung an die Regelungen des IAS 32 und des IAS 39 für Finanzinstrumente eine ausgeweitete Berücksichtigung der Marktwerte innerhalb des Anwendungsbereichs der 4. und 7. EG-Richtlinie ermöglicht wird.

x

Die sog. Modernisierungsrichtlinie13, durch die die Bestimmungen der 4. und 7. EGRichtlinie den IFRS angenähert werden.

Aufgrund der Tragweite dieser Maßnahmen kann davon ausgegangen werden, dass die IFRSBilanzierungspflicht kapitalmarktorientierter Konzerne auf andere Unternehmensgruppen innerhalb der EU und langfristig auch auf den Einzelabschluss ausstrahlen wird14, so dass die Bedeutung der IFRS-Bilanzierung weiter steigen wird. Aber auch die US-GAAP werden – allein schon aufgrund des Umfanges des US-amerikanischen Kapitalsmarktes – in naher Zukunft ihre globale Ausstrahlung15 weiter entfalten. Beide international führenden Standardsetzer bemühen sich in letzter Zeit zunehmend um die inhaltliche Harmonisierung der von ihnen herausgegebenen Standards.16 Zu diesem Annährungsprozess bekennt sich mittlerweile auch

9 10 11 12 13 14 15

16

2

Vgl. Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 v. 19.7.2002. Vgl. RL 2004/109/EG v. 15.12.2004. Vgl. Buchheim/Ulbrich (2004), S. 278. Vgl. RL 2001/65/EG v. 27.9.2001. Vgl. RL 2003/51/EG v. 18.6.2003. Ähnlich auch Burger/Ulbrich (2004), S. 246. Zum Einfluss der US-GAAP auf die internationale Fortentwicklung der Rechnungslegungsnormen vgl. Berndt/Hommel (2005), S. 410 f.; Haller (2000), S. 26. Der IASB und der FASB haben im Rahmen des sog. Normalk-Abkommens vom 18.9.2002 diese Harmonisierungsabsicht offiziell bekundet, vgl. hierzu FASB/IASB (2002). Allerdings wird dem IASB eine wesentlich höhere Anpassungsbereitschaft als dem FASB bescheinigt, vgl. hierzu kritisch Fischer (2005), S. 66; Hayn (2005), S. 426; Ballwieser (2002), S. 296.

die einflussreiche SEC.17 Obwohl auf dem Gebiet der Konvergenz bereits erhebliche Fortschritte gemacht worden sind,18 bestehen in einigen wichtigen Bereichen weiterhin beträchtliche Unterschiede.19 Die derzeit geltenden Vorschriften zur Gestaltung der Erfolgsrechnung gehören zu diesem bislang nicht harmonisierten Bereich.

Wegen der Bedeutung der IFRS und der US-GAAP für die kapitalmarktorientierten Unternehmen in Deutschland werden im deutschsprachigen Schrifttum unter dem Stichwort „angloamerikanische Rechnungslegung“ hauptsächlich die vom IASB und dem FASB herausgegebenen Rechnungslegungsstandards diskutiert. Wenig Aufmerksamkeit wird dagegen der Tätigkeit eines weiteren angelsächsischen Standardsetzers geschenkt, von dem in der Vergangenheit wichtige Impulse für die Entwicklung der internationalen Rechnungslegung ausgegangen sind. Angesprochen ist hiermit der unter dem Namen ASB (Accounting Standards Board) tätige britische Standardsetzer. Aufgrund der Entstehungsgeschichte und zum Teil auch der geografischen Nähe bestehen zwischen dem IASB20 und dem ASB traditionell enge Kontakte21, so dass die theoretischen Hintergründe und Konzeptionen bestimmter vom IASB herausgegebener Regelungen in einigen Fällen nur unter gleichzeitiger Reflektion entsprechender ASB-Standards bzw. Standardentwürfe und ihrer Entstehungsgeschichte umfassend erklärt werden können. Diese Aussage gilt im besonderen Maße für die in der letzten Zeit vom IASB unternommenen Bemühungen zur Verbesserung der Regelungen zum Erfolgsausweis.

17

18

19 20

21

Die SEC plant, die IFRS-Bilanzierer von der Verpflichtung zu einer Überleitungsrechnung (reconciliation) zu befreien, vgl. SEC (2006); SEC (2005); Berndt/Hommel (2005), S. 408 f; Wadewitz (2005), S. 1. Z. B. im Rahmen des sog. improvements project des IASB, vgl. hierzu KPMG (2004), S. 208 ff.; Brücks (2002), S. 165 ff.; Buchheim (2002), S. 1475 ff. Informationen zu weiteren Konvergenzprojekten und zum aktuellen Stand des Konvergenzprozesses sind abrufbar auf den Webseiten des FASB und des IASB unter http://www.fasb.org/intl/convergence_iasb.shtml bzw. http://www.iasb.org/current/iasb.asp (Stand: 20.02.2006). Vgl. hierzu ausführlich Deloitte (2005); Hayn/Waldersee (2004). Der Begriff IASB wird in dieser Arbeit vereinfachend auch für das IASB-Vorgängergremium IASC gebraucht. Vgl. Ebert (1990), S. 92 ff.

3

1.1.2

Bedeutung des Erfolgsausweises für die Vermittlung entscheidungsrelevanter Informationen

Sowohl die US-GAAP und die IFRS als auch die britischen Financial Reporting Standards (FRS) sind als kapitalmarktorientierte22 Rechnungslegungssysteme konzipiert, denn die jeweiligen Rahmenkonzepte legen eine primäre Orientierung der Rechnungslegung an den Informationsbedürfnissen der Investoren fest. Die Rahmenkonzepte dieser angloamerikanischen Standardsetzer sehen übereinstimmend in der Bereitstellung entscheidungsrelevanter Informationen den obersten Zweck der Rechnungslegung, wobei angenommen wird, dass die Informationsbedürfnisse der Investoren stellvertretend für alle anderen Adressatengruppen gelten.

Im Rahmen einer kapitalmarktorientierten Rechnungslegung kommt den Informationen über die Ertragslage eine besondere Bedeutung zu.23 Die Rahmenkonzepte des IASB und des ASB sehen eines der zentralen Ziele des Jahresabschlusses in der Bereitstellung der Informationen über die Ertragslage, die als „performance“ bzw. „financial performance“ bezeichnet wird.24 Für den FASB stellen die durch die Gewinn- und Verlustrechnung vermittelten Informationen über die Ertragslage sogar das zentrale Element der gesamten Finanzberichterstattung dar.25

Die besondere Bedeutung der Informationen über die Ertragslage ist in erster Linie darauf zurückzuführen, dass diese Informationen Basis für die Abschätzung künftiger Periodenerfolge bzw. cash flows bilden und für die Beurteilung der heutigen und der künftigen Effizienz des Ressourceneinsatzes durch das Unternehmen unerlässlich sind.26 Darüber hinaus unterstützen die Informationen über die Ertragslage die Beurteilung des Managementerfolges im Sinne der Rechenschaftsfunktion der Rechnungslegung und sind nützlich für die Beurteilung der vergangenen und zu erwartenden Ertragslage.27 Aus den genannten Gründen unterstützen die Informationen über die Ertragslage maßgeblich die Beurteilung der Vorteilhaftigkeit einer Investition. Die Informationen über die Ertragslage der Berichtsperiode besitzen ferner einen Überprüfungswert (feedback value) und können für die Überprüfung der in der Vergangenheit

22

23 24 25

26 27

4

Als „Kapitalmarktorientierung“ wird in dieser Arbeit die Zulassung von Wertpapieren eines Unternehmens zum Handel auf einem organisierten bzw. geregelten Markt verstanden. So auch Hollmann (2003), S. 6, in Bezug auf den IAS-Abschluss. Vgl. IASB, F.12; ASB, SP, Par. 1.5. Vgl. FASB, SFAC No. 1, Par. 43. Zur zentralen Rolle der Gewinn- und Verlustrechnung im Abschluss nach US-GAAP vgl. Haller (2000), S. 10 und S. 19. Vgl. IASB, F.17; ASB, SP, Par. 1.14 (b). Vgl. ASB, SP, Par. 1.14 (a).

aufgestellten Prognosen und für die Verbesserung künftiger Prognosen über die Entwicklung der Erfolgslage eingesetzt werden.28

Als Mindestelemente des Jahresabschlusses, die in einem direkten Zusammenhang mit der Messung und der Darstellung der performance stehen, lassen sich Erträge und Aufwendungen ausmachen.29 Der Unternehmenserfolg, der nach wie vor als einer der wichtigsten performance-Indikatoren gilt, ergibt sich im Rahmen der Rechnungslegung als die Residualgröße der Erträge und Aufwendungen. Sehr wichtig für das Verständnis der Ertragslage ist auch die Struktur der Erträge und Aufwendungen. Sie gibt wichtige Anhaltspunkte für die Ermittlung der Quellen des Unternehmenserfolges und der vorhandenen Erfolgspotenziale, die bestimmend für die Entwicklung der Ertragslage im Zeitablauf sind.30

Informationen über die Höhe und die Struktur der Erträge und Aufwendungen werden in erster Linie durch die dafür zuständigen quantitativen Abschlussbestandteile vermittelt. Hierzu zählen nach den gegenwärtig geltenden Regelungen des FASB, des ASB31 und des IASB die Gewinn- und Verlustrechnung und die jeweils unterschiedlich genannten und gestalteten Aufstellungen, die Auskunft über die erfolgsneutral erfassten Erträge und Aufwendungen der Periode geben sollen. Die im Anhang vermittelten Informationen über Aufwendungen und Erträge haben einen ergänzenden Charakter und sollen im Idealfall das durch die quantitativen Abschlussbestandteile vermittelte Bild der Ertragslage zusätzlich verfeinern und ergänzen, nicht aber korrigieren.32

Rein quantitative erfolgsausweisende Abschlussbestandteile spielen somit eine zentrale Rolle für die Darstellung der Ertragslage im Jahresabschluss. Wissenschaftliche Studien belegen, dass nicht nur der Inhalt der Informationen, sondern auch deren Darstellungsform einen wichtigen Einfluss auf Informationsaufnahme- und Entscheidungsprozesse ausüben.33 Dement28 29

30 31

32 33

Vgl. ASB, SP, Par. 1.14 (c). Vgl. IASB, F.69; FASB, SFAC No. 5, Par. 11, Par. 30f, Par. 42. So auch Hollmann (2003), S. 6 in Bezug auf Erträge und Aufwendungen im IAS-Abschluss. Vgl. Coenenberg (1986), S. 161. Es ist darauf hinzuweisen, dass die britischen kapitalmarktorientierten Unternehmen kraft der IASVerordnung ab dem 1.1.2005 die IFRS anzuwenden haben. Der bisherige Geltungsbereich der vom ASB herausgegebenen Standards wird somit stark eingeengt. Die nationalen britischen Standards behalten ihre Bindungskraft nur für diejenigen Unternehmen mit Sitz in Großbritannien, welche nicht der Pflicht zur IFRS-Bilanzierung unterliegen und nicht die durch die Umsetzung der IAS-Verordnung in Großbritannien eingeräumten Wahlrechte zur IFRS-Bilanzierung in Anspruch nehmen. Vgl. Hollmann (2003), S. 9. Zum Überblick über die wichtigsten im Accounting-Kontext relevanten Studien vgl. Hirst/Hopkins (1998), S. 57.

5

sprechend kommt der Gestaltung der Präsentationsformate der Erfolgsrechnung im Hinblick auf die Entscheidungsnützlichkeit der Rechnungslegungsinformationen eine wichtige Bedeutung zu.

1.1.3

Überblick über die wichtigsten Probleme des quantitativen Erfolgsausweises in der angloamerikanischen Rechnungslegung

Obwohl die angloamerikanischen Standardsetzer der Darstellung der Ertragslage im Jahresabschluss offensichtlich eine große Bedeutung beimessen, konnten sie sich bislang auf eine Definition des Begriffs „performance“ nicht festlegen. Weder die von diesen Standardsetzern verabschiedeten Rechnungslegungsstandards noch die jeweiligen Rahmenkonzepte34 enthalten eine klare, umfassende Definition dessen, was für die Zwecke der Rechnungslegung als performance zu verstehen ist. Insbesondere wird nicht eindeutig klargestellt, ob bei der Darstellung der performance im Rahmen der Erfolgsrechnung sämtliche in der Periode erzielte Erträge und Aufwendungen oder nur bestimmte Erfolgselemente zu berücksichtigen sind.

Dieser Zustand ist weder auf ein Versehen noch auf das mangelnde Engagement der hier angesprochenen Standardsetzer zurückzuführen. Das Fehlen einer allgemein anerkannten Definition des Begriffs „performance“ kann eher als ein Indiz für die Komplexität und die Brisanz dieser Problematik gewertet werden. Auch der schwierige Verlauf sämtlicher auf nationaler und internationaler Ebene unternommenen Projekte zur Weiterentwicklung der Erfolgsrechnung35 bzw. zur quantitativen Darstellung der financial performance zeigt, dass es sich um eine sehr komplizierte Frage handelt. Im Zentrum des Problems steht die Frage der Integration von Erträgen und Aufwendungen aus der fair value-Bewertung in den Erfolgsausweis.

Unter dem fair value wird in der angloamerikanischen Rechnungslegung im Allgemeinen der Betrag verstanden, zu dem ein Vermögenswert (oder eine Verbindlichkeit) zwischen ver-

34

35

6

Lediglich das Rahmenkonzept des ASB beinhaltet eine Definition der „financial performance“, vgl. ASB, SP, Par. 1.13. Aber auch diese Definition gibt keine Antwort auf die zentrale Frage, ob sämtliche oder nur bestimmte Erfolgselemente bei der Messung der performance zu berücksichtigen sind. Zu den neueren reporting performance-Projekten vgl. die Ausführungen im Kapitel 5 dieser Arbeit. Ein Überblick über den Verlauf der Projekte, die zur Entstehung der heute noch gültigen FRS 3, des SFAS 130 und des IAS 1 geführt haben, findet sich bei Gerbaulet (1999).

tragswilligen und voneinander unabhängigen Geschäftspartnern getauscht (oder beglichen) werden könnte.36

Die fair value-Bewertung von Vermögenswerten (und Schulden) in der Bilanz führt zur Entstehung von Erfolgskomponenten, die grundsätzlich die Definition von Erträgen und Aufwendungen erfüllen. Diese Erträge und Aufwendungen werden in der heutigen angloamerikanischen Rechnungslegung zum Teil innerhalb der Gewinn- und Verlustrechnung, d. h. erfolgswirksam, und zum Teil erfolgsneutral im Eigenkapital erfasst.37 Aus diesem Grunde enthält die Gewinn- und Verlustrechnung in den Rechnungslegungssystemen angelsächsischer Prägung nicht alle Komponenten, die zu der Eigenkapitalveränderung des abgelaufenen Geschäftsjahres – abgesehen von Entnahmen und Einlagen der Eigentümer – geführt haben.

Durch die Einführung der erfolgsneutralen Behandlung bestimmter Ergebnisse aus der fair value-Bewertung haben die angloamerikanischen Standardsetzer versucht, die mit diesem Bewertungsmaßstab verbundenen Akzeptanzprobleme zu lindern. Keine besondere Beachtung wurde zunächst der Frage einer transparenten Darstellung von erfolgsneutral erfassten Erfolgskomponenten geschenkt. Eine Ausweitung der erfolgsneutralen Erfassung von Erfolgskomponenten aus der fair value-Bewertung in Zusammenhang mit der Erarbeitung von Regelungen zur Bilanzierung von Finanzinstrumenten hat indes Anfang der neunziger Jahre zu einer zunehmenden Verunsicherung der financial community geführt.38 Vor allem seitens der Nutzer der Jahresabschlüsse wurden verschiedentlich Bedenken gegenüber einem derartigen Vorgehen geäußert39, und es wurde eine transparente Darstellung sämtlicher Erträge und Aufwendungen der Periode gefordert.

Die in dieser Arbeit genannten Standardsetzer haben auf diese Kritik reagiert und Projekte zur Verbesserung der Erfolgsdarstellung im Jahresabschluss gestartet. Als Ergebnisse dieser Bemühungen entstanden die bis heute geltenden40 Regelungen SFAS 130 Reporting Comprehensive Income (1997), IAS 1 Presentation of Financial Statements (1997, partiell überarbeitet 2003) und der britische Financial Reporting Standard 3 (FRS 3) Reporting Financial Per36 37

38 39 40

Vgl. z.B. FASB, SFAC No. 7, Glossary of Terms. Mit dem Begriff „erfolgswirksame Erfassung“ wird in dieser Arbeit die Erfassung von Erträgen und Aufwendungen in der herkömmlichen Gewinn- und Verlustrechnung bezeichnet. Unter der „erfolgsneutralen Erfassung“ wird die Erfassung von Erfolgskomponenten im Eigenkapital verstanden. Vgl. statt vieler AIMR (1993), S. 63. Vgl. Gerbaulet (1999), S. 60. Zum Geltungsbereich der britischen Regelungen vgl. Fn. 31. Der IAS 1 wird derzeit erneut überarbeitet, vgl. hierzu Abschnitt 5.4.2.

7

formance (bereits 1992 veröffentlicht). Diese Standards führten neue Abschlussbestandteile zur Darstellung der erfolgsneutral erfassten Komponenten ein.

Das konzeptionelle Grundproblem einer uneinheitlichen Behandlung von Erträgen und Aufwendungen aus der fair value-Bewertung wurde aber mit der Veröffentlichung der vorstehend aufgeführten Standards nicht gelöst. Insbesondere SFAS 130 und IAS 1 haben lediglich die bisherige, durch die einzelnen Standards vorgegebene selektive erfolgswirksame und erfolgsneutrale Erfassung konzeptionslos in die Ausweisvorschriften umgesetzt. Problematisch erscheinen auch die in diesen Regelungen vorgesehenen Darstellungswahlrechte.

Nicht thematisiert wurde im Rahmen der oben genannten Projekte die Frage einer geeigneten Erfolgsspaltung. Die Problematik der Ermittlung eines nachhaltigen, prognosefähigen Ergebnisses aus der Erfolgsrechnung herkömmlicher Prägung rückte aber insbesondere in jüngster Zeit sowohl auf nationaler41 als auch auf internationaler Ebene in den Mittelpunkt des Interesses. Seitens der Adressaten der Rechnungslegung werden zunehmend die Schwierigkeiten kritisiert, die die Abgrenzung von einmaligen, außergewöhnlichen, nicht wiederkehrenden und damit nicht prognostizierbaren Ergebnisbestandteilen bereitet. Die Diskussionen über die Entwicklung von aussagefähigen Erfolgsspaltungskonzepten wurden auch in Zusammenhang mit der zunehmenden Verbreitung von so genannten „Pro-forma-Ergebnissen“ zusätzlich intensiviert.42

Über die oben angesprochenen Fragen hinaus wird auf der internationalen Ebene auch die mangelnde Konsistenz und Vergleichbarkeit der derzeit existierenden angloamerikanischen Formate der Gewinn- und Verlustrechnungen kritisiert.

Trotz der Verabschiedung des FRS 3, des SFAS 130 und des IAS 1 sind somit zahlreiche Fragen hinsichtlich Konzeption und quantitativer Darstellung der Ertragslage im Jahresabschluss unbeantwortet geblieben. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass die für die Zukunft zu erwartende Fortsetzung des bisherigen Trends zu einer umfassenderen fair value-

41

42

8

Als Ergebnis derartiger Diskussionen in Deutschland wurde das Ergebnis nach DVFA/SG entwickelt, vgl. hierzu DVFA/SG (2000). Vgl. hierzu FASB (2001), S. 2, in diesem Sinne auch UAC (2003b), S. 7 f. Zur Problematik der Pro-formaKennzahlen vgl. ausführlich Heiden (2006), S. 357 ff.

Bewertung43 das oben angesprochene Problem der unsystematischen Erfassung der Komponenten des Periodenerfolges weiter verschärfen wird.

Die geschilderten Probleme sind auch den in dieser Arbeit angesprochenen Standardisierungsgremien und weiteren nationalen Standardsetzern nicht verborgen geblieben. Die Arbeit an der Verbesserung der Normen des Erfolgsausweises wurde daher unmittelbar nach der Verabschiedung des SFAS 130 und des IAS 1 auf der internationalen und nationalen Ebene fortgesetzt. Auf Initiative des ASB hat die G4+1-Arbeitsgruppe der Standardsetzer44 das Thema performance reporting Mitte der neunziger Jahre in ihr Arbeitsprogramm aufgenommen. Als Ergebnis der Beratungen wurde 1998 das Diskussionspapier Reporting Financial Performance: Current Developments and Future Directions45 veröffentlicht, das u. a. die Darstellung des Unternehmenserfolges in einer einzigen Erfolgsrechnung vorschlug. In der Folge erschien 1999 ein weiteres Diskussionspapier, Reporting Financial Performance: A Proposed Approach46, das sich mit Gestaltungsmöglichkeiten einer erweiterten Erfolgsrechnung auseinander setzte.

Aufbauend auf den Ergebnissen dieser Forschung hat der ASB im Jahre 2000 seine Vorschläge zur Verbesserung der Erfolgsrechnung in Form eines Financial Reporting Exposure Draft (FRED) 22 Reporting Financial Performance vorgelegt.

Parallel zu seinen Aktivitäten in der G4+1-Arbeitsgruppe hat auch der IASC an der Weiterentwicklung der IAS-Regelungen zum Erfolgsausweis gearbeitet. Das ursprünglich 1997 initiierte Projekt Reporting Financial Performance wurde im Jahre 2001 als ein Kooperationsprojekt mit dem ASB unter dem Titel „Reporting Performance“ neu gestartet.

Als Ergebnis dieser Zusammenarbeit lag dem IASB im Dezember 2003 ein detailliert ausgearbeiteter Standardentwurf vor. Aufgrund der negativen Reaktion der Nutzer und vor allem der Aufsteller der Jahresabschlüsse hat der IASB jedoch von der Veröffentlichung dieses 43

44

45 46

Vgl. Baetge/Lienau (2005), S. 309 ff.; Haller/Schloßgangl (2003), S. 317. Ein Überblick über die aktuelle Diskussion zur Fair Value-Problematik findet sich bei Hillmer (2006), S. 48 f. Die G4+1-Gruppe setzte sich aus den nationalen Standardsetzern von Australien, Kanada, Neuseeland, Großbritannien und USA sowie dem IASB (damals IASC), der ein Beobachterstatus hatte, zusammen. Vgl. Johnson/Lennard (1998). Vgl. Cearns (1999). Zum Überblick über die Vorschläge des Forschungsberichts vgl. ASB (2000), FRED 22, Appendix IV, Par. 20-22.

9

Standardentwurfs abgesehen.47 Diese ablehnende Haltung kam u. a. im Rahmen der field visits, welche der IASB in Kooperation mit zahlreichen nationalen Standardsetzern Mitte 2003 in verschiedenen Ländern der Welt durchgeführt hatte, deutlich zum Ausdruck.

Der IASB entschied, das Projekt neu aufzulegen. Die weitere Arbeit an der Verbesserung der Erfolgsrechnung findet in Zusammenarbeit mit dem FASB statt,48 der in den Jahren 20012003 parallel zum IASB an einem nationalen Projekt mit dem Titel „Reporting Financial Performance by Business Enterprises“ gearbeitet und die Grundprinzipien für die Gestaltung der Erfolgsrechnung entwickelt hat.49

Den in den Jahren 2000-2003 erarbeiteten Vorschlägen des ASB, IASB und des FASB ist gemeinsam, dass sie die Darstellung sämtlicher Erträge und Aufwendungen in einer einzigen erweiterten Erfolgsrechnung vorschreiben wollten. Große Unterschiede bestanden hingegen in weiteren zentralen Fragen der quantitativen Erfolgsdarstellung, wie z. B. die Beibehaltung vs. Auflösung des bisherigen other comprehensive income50, die Behandlung von zunächst erfolgsneutral erfassten Erfolgskomponenten, die nach den heutigen Regelungen bei der Realisierung in die Gewinn- und Verlustrechnung zurückgeführt werden (sog. recycling) oder die Bildung und die Abgrenzung verschiedener Erfolgskategorien. Bei den vom ASB, vom IASB und vom FASB vorgelegten Vorschlägen handelt es sich um alternative, auf unterschiedlichen theoretischen Überlegungen basierende Darstellungsmodelle, die in die künftige Diskussion einfließen und aller Voraussicht nach die weitere Entwicklung der Erfolgsrechnung auf der internationalen Ebene maßgeblich beeinflussen werden.

47

48

49 50

10

Der Standardentwurf wurde auch später nicht veröffentlicht. Das damals vom IASB vorgeschlagene Modell kann daher nur anhand von einzelnen Entscheidungen des IASB rekonstruiert werden, die im monatlich erscheinenden IASB Update und in den Observer Notes veröffentlicht wurden. Mittlerweile liegen auch einige wenige Beiträge zu diesem Thema vor, vgl. Hachmeister (2005), S. 371 ff.; Zülch (2005), S. 228 ff. Dieses 2004 gestartete Joint Project läuft derzeit unter dem Titel „Financial Statement Presentation“. Zu diesem Projekt vgl. FASB/IASB (2006b) sowie die Ausführungen im Abschnitt 5.2. Zu diesem Projekt vgl. FASB (2005a). Der Begriff „other comprehensive income“ kommt ursprünglich aus der US-amerikanischen Rechnungslegung. Die britischen FRS und die IFRS benutzen diesen Terminus nicht. Der Begriff other comprehensive income hat sich dennoch im internationalen Schrifttum zur Rechnungslegung durchgesetzt. Als other comprehensive income werden zusammenfassend die Erfolgskomponenten bezeichnet, die ergebnisneutral, außerhalb der Gewinn- und Verlustrechnung erfasst werden.

1.2

Ziel der Arbeit und Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes

Die Ausführungen im vorangegangenen Abschnitt haben gezeigt, dass der Gestaltung der Erfolgsausweisformate im Hinblick auf die Erfüllung der Informationsvermittlungsfunktion eines kapitalmarktorientierten Abschlusses eine besondere Bedeutung zukommt. Dennoch wird diesem international sehr kontrovers diskutierten Thema im deutschsprachigen Schrifttum bis heute nicht der gebührende Stellenwert eingeräumt. Insbesondere fehlt es bislang an einem systematischen, am Kriterium der Entscheidungsrelevanz orientierten Vergleich und der kritischen Würdigung der derzeit angewandten angloamerikanischen Erfolgsausweisformate.

Was die neueren Projekte der angloamerikanischen Standardsetzer anbetrifft, so ist die Literaturlage noch unergiebiger. Nicht nur im deutschsprachigen Schrifttum, sondern auch in der angloamerikanischen Fachliteratur finden sich bisher kaum Beiträge, die sich eingehend mit den jüngeren Projekten des IASB und des FASB zur Verbesserung des Erfolgsausweises auseinander setzen.

Diese Situation ist wahrscheinlich – zumindest zum Teil – auf die restriktive Informationspolitik der beiden Standardsetzer zurückzuführen. So hat der FASB lange Zeit keine Informationen über die im Rahmen des Projektes getroffenen Entscheidungen und über den Fortgang des Projektes veröffentlicht. Der IASB hat die interessierte Öffentlichkeit im Wesentlichen per Mitteilungen im monatlich erscheinenden IASB Update und auf der IASB-Website projektbegleitend informiert. Nachdem beide Projekte im Jahre 2004 zu einem Joint Project zusammengelegt wurden, haben der IASB und der FASB die von ihnen im Internet veröffentlichten Informationen zu den bisherigen Projekten zum großen Teil zurückgezogen.

Wesentlich schwerer als der Informationsmangel wiegt jedoch, dass die von diesen Standardsetzern bislang nur bruchstückhaft und vereinzelt veröffentlichten Informationen sehr wenig Auskunft über den theoretischen Hintergrund der jeweiligen Entscheidungen geben. Die den jeweiligen Modellen zugrunde liegenden konzeptionellen Überlegungen sind aber für das Verständnis der vorgeschlagenen Änderungen von großer Bedeutung.

11

Vor diesem Hintergrund erscheint eine eingehende Auseinandersetzung mit den angloamerikanischen Vorschriften zum Erfolgsausweis dringend erforderlich. Den Ausgangspunkt soll dabei eine Analyse der bestehenden angloamerikanischen Vorschriften zum Erfolgsausweis bilden. Schließlich haben die gravierenden Mängel der derzeit geltenden Präsentationsformate den ASB, den FASB und den IASB in der jüngsten Zeit dazu veranlasst, kostspielige und konfliktträchtige Projekte zur Verbesserung des quantitativen Erfolgsausweises zu starten.

Das Ziel dieser Arbeit ist daher, die derzeit geltenden US-amerikanischen, britischen und IFRS-Erfolgsausweisformate sowie die Vorschläge der angloamerikanischen Standardsetzer zur Verbesserung dieser Ausweisformate darzustellen und kritisch zu würdigen. Die Beurteilung der Konzepte erfolgt im Hinblick auf ihre Eignung, im Sinne des Abschlusszwecks der angloamerikanischen Rechnungslegung entscheidungsnützliche Informationen zu vermitteln.

Einbezogen in die Untersuchung werden neben den US-amerikanischen Regelungen und den Vorschriften des IASB auch die britischen Vorschriften zum Erfolgsausweis. Dies geschieht aufgrund des Stellenwertes und der Bedeutung der ASB-Überlegungen in der internationalen Diskussion.

Die Regelungen des Erfolgsausweises nach HGB sind dagegen nicht Gegenstand dieser Arbeit. Von der Einbeziehung der einschlägigen handelsrechtlichen Bestimmungen in die hier vorliegende vergleichende Analyse wurde in erster Linie aufgrund der unterschiedlichen Zielausrichtung51 des angloamerikanischen und des deutschen Rechnungslegungssystems abgesehen. Während in der angloamerikanischen Rechnungslegung die Informationsvermittlung das übergeordnete Ziel der Rechnungslegung darstellt52, steht im deutschen Rechnungslegungssystem die Funktion des Gläubigerschutzes im Vordergrund.53 Der Informationsfunktion kommt dagegen – zumindest im Einzelabschluss – lediglich eine untergeordnete Bedeutung zu.54 Ein weiterer Grund für die Einschränkung des Untersuchungsgegenstandes auf angloamerikanische Regelungen liegt darin, dass die herkömmliche deutsche Rechnungslegung die

51

52 53

54

12

Zur Problematik eines Vergleichs von Rechnungslegungssystemen und -normen mit unterschiedlicher Zielausrichtung vgl. Ballwieser (1997), S. 380, 387 ff. Vgl. FASB, SFAC 1, Par. 9; IASB, F.12; ASB, SP, Chapter 1, Principles. Vgl. z. B. Baetge u. a. (1995), S. 92 ff. Nach Kuhner gilt der Gläubigerschutz als oberste rechtspolitische Maxime des deutschen Gesellschaftsrechts, vgl. Kuhner (2001), S. 530. Vgl. Pellens (2001), S. 134.

oben geschilderte, für aktuelle Entwicklungen mit ausschlaggebende Problematik der Integration von fair value-Änderungen in den Erfolgsausweis nicht kennt.55

Die vorliegende Untersuchung konzentriert sich auf die Bestandteile des Abschlusses, die der Vermittlung quantitativer Informationen über die Ertragslage dienen. Dabei werden sämtliche Erträge und Aufwendungen in die Betrachtung einbezogen, sowohl die, die nach den derzeit geltenden Regelungen im Rahmen der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesen werden, als auch die Erträge und Aufwendungen, die derzeit erfolgsneutral im Eigenkapital zu erfassen sind. Sämtliche Abschlussbestandteile zum quantitativen Erfolgsausweis werden in dieser Arbeit zusammenfassend als „Erfolgsrechnung“ bezeichnet. Der Terminus „Erfolgsrechnung“ wird somit nicht auf die herkömmliche Gewinn- und Verlustrechnung beschränkt. Der so abgegrenzte Begriff „Erfolgsrechnung“ und die aus der englischsprachigen Diskussion stammenden Termini „performance statement“ und „statement of financial performance“ werden im Rahmen dieser Arbeit synonym verwendet.

Die Problematik der Vermittlung von qualitativen Informationen über die Ertragslage ist nicht Gegenstand dieser Untersuchung. Auf die Anhangangaben wird nur insoweit eingegangen, als diese die quantitativen Informationen der Erfolgsrechnung ersetzen oder ein Wahlrecht zur Darstellung in der Gewinn- und Verlustrechnung oder im Anhang gegeben ist. Des Weiteren sind die Segmentberichterstattung, die Kapitalflussrechnung und die Vorschriften zum Gewinn pro Aktie nicht Gegenstand der Analyse.

Ferner werden besondere Erfordernisse des Erfolgsausweises bei den Kreditinstituten und Versicherungen nicht berücksichtigt.

Die Arbeit befasst sich mit der Problematik einer zweckgerechten Ausgestaltung der Erfolgsrechnung im Rahmen der derzeit gültigen Ansatz- und Bewertungskonzeptionen. Fragen des Ansatzes und der Bewertung werden nicht weiter diskutiert.

Die in dieser Arbeit dargelegten Überlegungen gelten grundsätzlich sowohl für den Konzernals auch für den Einzelabschluss. Da im angloamerikanischen Raum die Fragen der Ausschüt-

55

Die erfolgsneutrale Erfassung von Erträgen und Aufwendungen existiert zwar auch in der deutschen Rechnungslegung, sie beschränkt sich aber im Wesentlichen auf die erfolgsneutrale Erfassung von Währungsumrechnungsdifferenzen, vgl. zu diesem Thema weiterführend Lachnit/Müller (2005), S. 1638 f.

13

tung und der Steuerbemessung nicht an den Einzelabschluss gekoppelt sind56, wird die Problematik der Ausschüttung, der Kapitalerhaltung und der Steuerbemessung in die Betrachtung nicht einbezogen. Die Beurteilung der alternativen Konzepte des Erfolgsausweises erfolgt allein unter dem Gesichtspunkt der Erfüllung der Informationsfunktion.

Schließlich soll noch darauf hingewiesen werden, dass eine primär auf die Informationsvermittlung ausgerichtete Rechnungslegung in dieser Arbeit als „informationsorientierte Rechnungslegung“ bezeichnet wird.

56

14

Vgl. Pellens (2001), S. 135 in Bezug auf den US-amerikanischen Jahresabschluss. Zum Jahresabschluss in Großbritannien vgl. Hopcroft (1995), S. 6.

1.3

Aufbau der Arbeit

Die Arbeit gliedert sich – abgesehen von der Einleitung – in vier Hauptteile (Kapitel 2 bis 5) und einen Schlussteil (Kapitel 6).

Im ersten Hauptteil (Kapitel 2) werden die methodologischen Grundlagen für die vergleichende Analyse alternativer Erfolgsausweisformate gelegt. Ein sinnvoller Vergleich setzt die Entwicklung einer „Messlatte“ voraus, anhand derer die Vorteilhaftigkeit einzelner Konzepte beurteilt werden kann. Im Kapitel 2 werden die Kriterien herausgearbeitet, die bei der nachfolgenden Analyse alternativer Konzepte des Erfolgsausweises als Beurteilungsmaßstab herangezogen werden. Den Ausgangspunkt der Überlegungen bildet dabei der normative Zweck des Jahresabschlusses.

Im ersten Schritt werden die derzeit geltenden Rahmenkonzepte der FASB, IASB und ASB im Hinblick auf die dort dargelegten Ziele der Rechnungslegung sowie deren Konkretisierung untersucht. Zunächst wird das Framework des FASB als das älteste und gleichzeitig umfangreichste Rahmenkonzept analysiert.57 Anschließend werden die „jüngeren“ Rahmenkonzepte des IASB und des ASB auf mögliche Abweichungen und auf weiterführende Hinweise bzw. ergänzende Informationen untersucht. Die Untersuchung beginnt auf der Zielebene der genannten Rahmenkonzepte und bezieht die Ebene der qualitativen Eigenschaften mit ein.

Anhand des geschilderten Vergleichs sollen zunächst auf der normativen Ebene allgemeine Anforderungen an die Gestaltung des Erfolgsausweises im Rahmen einer informationsorientierten Rechnungslegung gewonnen werden. Eine Verdichtung der aus der Analyse von drei verschiedenen Rahmenkonzepten gewonnenen Kriterien zu einem Anforderungskatalog erscheint unter systematischen Gesichtspunkten unbedenklich, weil die genannten Rechnungslegungssysteme unter dem Primat der Informationsfunktion stehen und – wie noch zu zeigen ist – im Wesentlichen auf die Informationsbedürfnisse desselben Adressatenkreises ausgerichtet sind. Die neueren Entwicklungen im Rahmen des Framework-Projektes des IASB und des

57

Das Rahmenkonzept des FASB bestand noch bis vor kurzem aus sechs in den Jahren 1978 bis 1985 veröffentlichten Statements of Financial Accounting Concepts und wurde 2000 durch ein weiteres Statement ergänzt. Das Rahmenkonzept des IASB (damals IASC) wurde 1989 unter dem Titel „Framework for the Preparation and Presentation of Financial Statements“ verabschiedet und 1997 teilweise in IAS 1 übernommen. Das „jüngste“ Rahmenkonzept ist Statement of Principles for Financial Reporting des ASB, veröffentlicht 1999. Die Rahmenkonzepte des FASB und des IASB befinden sich derzeit in der Überarbeitung, vgl. hierzu Abschnitt 2.1.5.

15

FASB58 werden in die Betrachtung miteinbezogen und auf ihre möglichen Auswirkungen auf die abgeleiteten allgemeinen Anforderungen an die Gestaltung der Erfolgsrechnung untersucht.

Da die auf diesem Wege gewonnenen Anforderungen einen relativ hohen Abstraktionsgrad aufweisen, soll im zweiten Schritt deren Operationalisierung unter Berücksichtigung weiterer Quellen erfolgen. Als Quellen zur Ableitung konkreter Anforderungen werden Empfehlungen der mit dem Jahresabschluss beschäftigten Berufsgruppen, Berichte und Untersuchungen der Standardisierungsgremien herangezogen.

Das Kapitel 2 schließt mit der Zusammenfassung der gewonnenen konkreten Anforderungen an eine zweckgerechte Ausgestaltung der Erfolgsrechnung im Rahmen einer informationsorientierten Rechnungslegung.

Im zweiten Hauptteil (Kapitel 3) werden die zuvor abgeleiteten Anforderungen anhand der Ergebnisse relevanter empirischer Forschung überprüft.

Zunächst wird ein Überblick über die wichtigsten Methoden der empirischen Studien in der Rechnungslegung gegeben, der neben der kurzen Darstellung der Methoden auch deren kritische Würdigung einschließt.

Im nächsten Schritt erfolgen die Darstellung und die Analyse einzelner Studien. Die Auswertung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es liegt mittlerweile eine fast unüberschaubare Zahl an empirischen Arbeiten vor, die in der einen oder anderen Art mit den Themen „Erfolgsrechnung“ oder „Erfolgsgrößen“ in Zusammenhang gebracht werden können.59 In dieser Arbeit werden die Studien analysiert, die inhaltlich geeignet sind, die im Kapitel zwei aufgestellten Aussagen zu bestätigen oder zu widerlegen. Der Schwerpunkt der Betrachtung liegt dabei auf den aktuellen Studien.

Im letzten Abschnitt des Kapitels 3 werden die Ergebnisse der Studien zusammengefasst und anhand dieser Ergebnisse Schlussfolgerungen im Hinblick auf die zuvor abgeleiteten Anforderungen an die Ausgestaltung der Erfolgsrechnung gezogen.

58 59

16

Vgl. FASB/IASB (2006a). Dies bezieht sich insbesondere auf die sog. value relevance-Literatur, vgl. hierzu Abschnitt 3.2.1.

Im dritten Hauptteil (Kapitel 4) werden die derzeit gültigen US-amerikanischen, britischen und IFRS-Regelungen zum Erfolgsausweis dargestellt und analysiert.

Die Konzepte des Erfolgsausweises werden in der Reihenfolge ihrer Entstehung behandelt. Die Darstellung beginnt dementsprechend mit den US-amerikanischen, zum Teil bereits sehr alten, Regelungen und endet mit der Erläuterung der IAS-Regelungen zum Erfolgsausweis aus dem Jahre 1997, die im Jahre 2003 partiell überarbeitet worden sind.

Da es sich bei den Vorschriften des FASB und des ASB um nationale Regelungen handelt, gelten für den Erfolgsausweis in den USA und in Großbritannien60 neben den einschlägigen Rechnungslegungsstandards dieser Standardsetzer auch weitere nationale aufsichtsrechtliche und gesetzliche Regelungen. Um ein vollständiges Bild zu erhalten, erscheint es notwendig, in diesen Fällen neben den Vorschriften der genannten Standardsetzer auch die jeweils relevanten weiteren nationalen Regelungen in die Betrachtung einzubeziehen. Bei den Vorschriften des IASB handelt es sich um internationale Regelungen, die in einer Vielzahl von Nationalstaaten zur Anwendung kommen. Deswegen wird dabei allein auf die vom IASB herausgegebenen Regelungen abgestellt.

Das Kapitel 4 schließt mit einer kritischen Würdigung der dargestellten Konzepte des Erfolgsausweises. Als Beurteilungsmaßstab dienen die im Kapitel 2 abgeleiteten – und im Kapitel 3 empirisch überprüften – Anforderungen an einen zweckgerechten Erfolgsausweis im Rahmen einer informationsorientierten Rechnungslegung. Es wird sich zeigen, dass alle drei Konzepte – wenn auch in unterschiedlichem Maße – schwerwiegende Mängel im Hinblick auf das zentrale Kriterium der Prognoserelevanz aufweisen.

Der vierte Hauptteil dieser Arbeit (Kapitel 5) befasst sich mit den neueren Projekten der angloamerikanischen Standardsetzer zur Weiterentwicklung der Erfolgsrechnung. Das Kapitel 5 enthält drei Abschnitte, die der Darstellung einzelner Projekte des ASB, des IASB und des FASB gewidmet sind, einen weiteren Abschnitt zur Darstellung des gemeinsamen IASB/FASB-Projektes sowie einen Abschnitt zur kritischen Würdigung der vorgestellten Erfolgsausweisformate.

60

Zur Koexistenz der IFRS und den nationalen Vorschriften in Großbritannien vgl. Fn. 31.

17

Die Darstellung erfolgt ebenfalls in chronologischer Reihenfolge. Das Kapitel beginnt daher mit dem Standardentwurf des ASB, der bereits im Jahre 2000 vorgelegt wurde.

Es soll an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass die jeweiligen Projekte einen unterschiedlichen Entwicklungsstand erreicht haben, was einen systematischen Vergleich erschwert. So hat z. B. der ASB bereits 2000 einen detaillierten Standardentwurf veröffentlicht. Der FASB hat dagegen im Rahmen seines 2001-2003 durchgeführten Projektes nur Grundsatzentscheidungen zum angestrebten Erfolgsausweis der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Der IASB hat seinen weitgehend ausgearbeiteten Projektentwurf nicht veröffentlicht. Obwohl Vorschläge des IASB im Rahmen des derzeit laufenden gemeinsamen IASB/FASB-Projektes weiterhin intensiv diskutiert werden, hat der IASB die auf seiner Website zuvor veröffentlichten Informationen zu den bis April 2004 getroffenen Entscheidungen widerrufen.61

Es liegt jedoch insgesamt hinreichend Material vor, um die grundsätzliche Richtung der bisherigen Überlegungen festzustellen und die wichtigsten Merkmale der diskutierten Ausweisformate auszuarbeiten. Ein besonderes Anliegen der Ausführungen im Kapitel 4 ist, nicht nur die jeweiligen Modellmerkmale festzuhalten, sondern auch – soweit möglich – die hinter den Vorschlägen der jeweiligen Standardsetzer stehenden theoretischen Überlegungen zu beleuchten.

Das Kapitel 5 schließt mit der kritischen Würdigung der Vorschläge der ASB, des IASB und des FASB zur Weiterentwicklung der Erfolgsrechnung. Die Beurteilung der Erfolgsausweisformate erfolgt ebenfalls anhand des im Kapitel 2 ausgearbeiteten Anforderungskataloges. Anschließend wird ein Ausblick auf die voraussichtlich zu erwartenden weiteren Entwicklungen gegeben.

Im Kapitel 6 werden die wichtigsten Ergebnisse der gesamten Untersuchung zusammengefasst.

61

18

Auch der FASB hat die auf seiner Webseite veröffentlichten Informationen zu seinem in den Jahren 20012003 durchgeführten Projekt Anfang 2006 teilweise zurückgezogen.

2

Entwicklung von Beurteilungskriterien für den Vergleich alternativer Konzepte des Erfolgsausweises

2.1

Normative Zielsetzungen des Jahresabschlusses als Ausgangspunkt der Überlegungen

2.1.1

Vorbemerkung

Bilanzierungsnormen können als Regulierung verstanden werden.62 Sie regeln gewisse Aspekte der Beziehungen der Unternehmung zu ihrer Umwelt und u. U. auch einige unternehmensinterne Sachverhalte. Sie sind daher nicht wertneutral, sondern dienen bestimmten Zwecken. Damit die Rechnungslegung ihre Regulierungsaufgabe effizient erfüllen kann63, ist es unabdingbar, dass die mit der Standardisierungsfunktion beauftragten Institutionen ihre Standardisierungstätigkeiten konsequent auf die Ziele der jeweiligen Rechnungslegungssysteme ausrichten. Auch bei der Interpretation einzelner bereits bestehender Normen spielt die Frage nach den Zielen und Funktionen der Rechnungslegung sowie nach der Einordnung der zu untersuchenden Norm in Bezug auf die jeweilige Zielhierarchie eine wichtige Rolle.64 In Anbetracht der Zweckgebundenheit65 der Rechnungslegung erscheint es sinnvoll und notwendig, auch bei der Beurteilung der Qualität bzw. der „Güte“ einzelner Rechnungslegungsnormen ihre Zweckmäßigkeit als grundsätzlichen Beurteilungsmaßstab zugrunde zu legen.66 Die Überlegenheit bzw. die relative Vorteilhaftigkeit einzelner Rechnungslegungsnormen soll in erster Linie daran gemessen werden, inwieweit die jeweilige Regelung dazu geeignet ist, zur Erfüllung der postulierten Ziele der Rechnungslegung beizutragen.

62 63

64 65

66

Vgl. Kirchner (1997), S. 275. Zu negativen Auswirkungen von nicht zielorientierten Rechnungslegungsnormen vgl. Ballwieser (1996), S .1. Vgl. Selchert/Erhardt (2003), S. 8 f. Es wird in diesem Zusammenhang oft auch von der „Zweckabhängigkeit“ des Rechnungswesens gesprochen, vgl. z. B. Wagenhofer/Ewert (2003), S. 33. So auch der FASB zur Frage der Qualität der Rechnungslegungsnormen, vgl. Mueller (1999), S. 157. Zu weiteren möglichen methodischen Schemata bei der Messung der Qualität der Rechnungslegungsnormen vgl. Mueller (1999), S. 144 ff.

19

Diese Sichtweise liegt dem methodischen Vorgehen des vorliegenden Kapitels zugrunde. Der Zweck des Jahresabschlusses bildet folglich den Ausgangspunkt bei der Entwicklung eines Bewertungsmaßstabes für den Vergleich alternativer Konzepte des Erfolgsausweises.

2.1.2

Ziele des Jahresabschlusses und ihre Konkretisierung in den Rahmenkonzepten des FASB, IASB und ASB

Der FASB hat seine Vorstellungen bezüglich der grundlegenden Zielsetzungen der Rechnungslegung im Statement of Financial Accounting Concepts (SFAC) No. 1 Objectives of Financial Reporting by Business Enterprises niedergelegt. Die Rechnungslegung sollte zu einer effizienten Funktionsweise der Märkte, insbesondere der Kapitalmärkte, und somit zu einer effizienten Ressourcenallokation beitragen.67 Zur Verwirklichung dieser makroökonomisch geprägten Zielsetzung68 hat die gesamte Rechnungslegung und damit auch der Jahresabschluss69 laut SFAC No. 1, Par. 9, Informationen zu liefern, die für das Herbeiführen wirtschaftlicher Entscheidungen nützlich sind. Die im Rahmenkonzept des FASB verankerte vorrangige Aufgabe der Rechnungslegung kann somit mit dem Ausdruck „Bereitstellung entscheidungsrelevanter Informationen“ (decision usefulness) umschrieben werden.

Die Frage nach den Zielen der Rechnungslegung ist untrennbar verbunden mit der Problematik der Abgrenzung des Adressatenkreises. Das im SFAC No. 1 festgelegte Ziel des Jahresabschlusses wird primär aus den Bedürfnissen externer Nutzer abgeleitet, die ihre Informationsnachfrage nicht durch andere Quellen befriedigen können und somit auf Rechnungslegungsinformationen angewiesen sind.70 Der FASB geht zunächst von einem weiten Kreis potenzieller Interessenten aus. Dazu zählen gemäß SFAC No. 1, Par. 24, Anteilseigner, Kreditgeber, Arbeitnehmer, Lieferanten, Kunden, Finanzanalysten etc. Es wird aufgrund der Unterschiedlichkeit der Informationsinteressen als unmöglich erachtet, ein für alle Adressaten gültiges, homogenes Zielsystem zu formulieren.71 Daher werden die Informationsbedürfnisse einer bestimmten Adressatengruppe, nämlich der Gruppe der aktuellen und potenziellen Eigen- und

67 68 69

70 71

20

Vgl. Haller (2000), S. 9 m. w. N. Vgl. Haller (2000), S. 9. Da der Jahresabschluss das zentrale Element des financial reporting darstellt, gelten die für das financial reporting festgelegten Ziele auch für den Jahresabschluss. Vgl. FASB, SFAC No. 1, Par. 28. Vgl. Kuhlewind (1997), S. 36; FASB, SFAC No. 2, Par. 36.

Fremdkapitalgeber, in den Vordergrund gestellt.72 Die Fokussierung auf die Informationswünsche der Kapitalgeber wird pragmatisch damit begründet, dass ihre Interessen am besten erforscht sind und dass die Ausrichtung auf eine konkrete Adressatengruppe zur Vermeidung nicht nachvollziehbarer Abstraktionen notwendig erscheint.73 Darüber hinaus geht der FASB davon aus, dass die Informationen, die für Kapitalgeber nützlich sind, auch anderen Interessenten Nutzen stiften.74

Basierend auf der postulierten generellen Funktion der Rechnungslegung als Instrument der Informationsvermittlung und unter Heranziehung der weiteren Annahme, dass sämtliche potenzielle Nutzer der Rechnungslegung dem Unternehmen Einkommenserwartungen entgegenbringen75, wird der Inhalt der von der Rechnungslegung zu liefernden Informationen vom FASB weiter konkretisiert. Damit gegenwärtige und potenzielle Investoren, Kreditgeber und andere Interessenten in die Lage versetzt werden, Investitions- und Kreditvergabe- sowie ähnliche wirtschaftliche Entscheidungen rational zu treffen, soll die Rechnungslegung laut SFAC No. 1, Par. 37, Informationen liefern, die eine Abschätzung der Höhe, des Zeitpunktes und der Wahrscheinlichkeit künftiger Netto-Zahlungsströme ermöglichen.

Ein weiterer, im Rahmenkonzept des FASB verankerter Zweck der Rechnungslegung resultiert aus der Trennung des Eigentums am Unternehmen und der Unternehmensführung durch Manager. Die Eigentümer stellen der Unternehmensleitung Ressourcen zur Verfügung und erwarten als Gegenleistung nicht nur die Erhaltung der Ressourcen, sondern auch ihren effizienten und gewinnbringenden Einsatz.76 Die Rechnungslegung soll somit neben der Unterstützung von Investitionsentscheidungen auch als Grundlage zur Beurteilung der Managementqualität in Bezug auf die Verwaltung der ihr anvertrauten Ressourcen dienen.77 Diese Funktion der Rechnungslegung wird als stewardship-Funktion (im deutschen Schrifttum: Rechenschaftsfunktion) bezeichnet.

Aus dem oben Gesagten lässt sich schlussfolgern, dass in Zusammenhang mit der Informationsfunktion der Rechnungslegung typisierend zwei Gruppen von Entscheidungssituationen 72 73 74 75 76 77

Zur Problematik dieser Vorgehensweise vgl. Wüstemann (1999), S. 131 ff. Vgl. Kuhlewind (1997), S. 37; SFAC No. 1, Par. 24, Par. 30. Vgl. FASB, SFAC No. 1, Par. 30. Diese Auffassung wird vom FASB nicht näher begründet. Vgl. FASB, SFAC No. 1, Par. 25. Vgl. Wüstemann (1999), S. 130; FASB, SFAC No. 1, Par. 50. Der FASB weist einschränkend darauf hin, dass die Unternehmensentwicklung nicht allein der Leistung des Managements zuzuschreiben ist, sondern vielmehr einer Vielzahl unbeeinflussbarer Faktoren unterliegt, vgl. weiterführend Kuhlewind (1997), S. 41.

21

der Rechnungslegungsadressaten unterschieden werden können. Zum einen geht es um Entscheidungen hinsichtlich des Kaufes oder der Veräußerung von Anteilen, der Kreditvergabe und ähnlichen Sachverhalten. Diese Art von Entscheidungen können zusammenfassend als Investitionsentscheidungen bezeichnet werden. Zum anderen wird in Zusammenhang mit der stewardship-Funktion die Kontrolle der Unternehmensleitung durch die Anteilseigner angesprochen. Die Entscheidungen, die Kapitalgeber in Zusammenhang mit der Beurteilung der Managementqualität treffen, werden daher im Folgenden als Kontrollentscheidungen bezeichnet.78

Vergleicht man nun die oben dargestellten Zielsetzungen der US-amerikanischen Rechnungslegung mit den Zielvorstellungen von IASB und ASB, entdeckt man weitgehende Ähnlichkeiten.

In Übereinstimmung mit dem Rahmenkonzept des FASB stellen der IASB und der ASB fest, dass die Rechnungslegungsinformationen sich an einen weiten Kreis von Interessenten richten. Aufgrund von divergierenden Informationsbedürfnissen erfolgt jedoch in beiden Rahmenkonzepten analog der Vorgehensweise des FASB eine primäre Orientierung an den Informationsbedürfnissen der Investoren, gestützt auf die Annahme, dass damit die Informationsbedürfnisse der restlichen Interessenten weitgehend erfüllt werden.79 Mit den Investoren sind in erster Linie die Eigenkapitalgeber (provider of risk capital) gemeint. 80

Die Zielsetzung der Rechnungslegung besteht nach Auffassung des IASB und des ASB – wie auch in den USA – in der Vermittlung entscheidungsrelevanter Informationen. Gemäß dem decision usefulness-Gedanken sollen die Jahresabschlussadressaten Informationen erhalten, die sie bei ihren ökonomischen Entscheidungen unterstützen.81 Die von den Abschlussadressaten zu treffenden wirtschaftlichen Entscheidungen erfordern nach Ansicht beider Standardsetzer eine Beurteilung der Fähigkeit des Unternehmens, Zahlungsmittel zu erwirtschaften, einschließlich des Zeitpunktes und der Wahrscheinlichkeit ihres Entstehens.82 Die inhaltliche 78

79

80

81 82

22

Zur Einteilung der Informationszwecke des IAS-Abschlusses in Investitions- und Kontrollentscheidungen vgl. Mujkanovic (2002), S. 30 ff. Eine ähnliche Klassifikation der Informationszwecke in Investitions/Desinvestitionsentscheidungen und Beurteilung der Geschäftsführer findet sich auch bei Moxter (1995), S. 35 f. Vgl. IASB, F.10; ASB, SP, Par. 1.10-1.12. Der ASB spricht in diesem Zusammenhang von einer „widerlegbaren Vermutung“, vgl. ASB, SP, Par. 1.11. Vgl. IASB, F.9 (a), F.10 und ASB, SP, Par. 1.3 (a) und Par. 1.10. So auch Grau (2002), S. 22, und Mujkanovic (2002), S. 24 m. w. N., in Bezug auf das Rahmenkonzept des IASB. Vgl. IASB, F.12; ASB, SP, Chapter 1, Principles. Vgl. IASB, F.15; ASB, SP, Chapter 1, Principles.

Konkretisierung der generellen Anforderung der Entscheidungsnützlichkeit wird somit wie im Rahmenkonzept des FASB durch die Forderung nach der Bereitstellung von Informationen zur Abschätzung von Betrag, Zeitpunkt und Wahrscheinlichkeit künftiger Zahlungsüberschüsse vorgenommen. Darüber hinaus sind laut dem ASB für die wirtschaftlichen Entscheidungen der Adressaten Informationen über die finanzielle Flexibilität (financial adaptability) eines Unternehmens erforderlich.83

Neben den Investitionsentscheidungen werden in den Rahmenkonzepten des IASB und des ASB auch die Kontrollentscheidungen der Anteilseigner angesprochen.84 Dem Rahmenkonzept des FASB lassen sich kaum konkrete Anhaltspunkte über die Einordnung der Rechenschaftsfunktion in die Zielhierarchie der Rechnungslegung entnehmen. In den Rahmenkonzepten des IASB und ASB finden sich dagegen einige weiterführende Hinweise. Die beiden letztgenannten Standardsetzer stellen übereinstimmend fest, dass wirtschaftliche Akteure die Leistungsfähigkeit des Managements beurteilen, um wirtschaftliche Entscheidungen treffen zu können.85 Dazu gehören z. B. Entscheidungen, die Anteile an dem Unternehmen zu halten oder zu veräußern, sowie Entscheidungen, die Unternehmensleitung zu bestätigen oder zu ersetzen.86 Diese Ausführungen deuten darauf hin, dass der IASB und der ASB die Rechenschaftsfunktion nicht als eine von der decision usefulness-Konzeption völlig unabhängige Zielsetzung betrachten.87 Vielmehr sind die Investitions- und die Kontrollentscheidungen als sich ergänzende und zum Teil interdependente Zielsetzungen im Rahmen des umfassenden Entscheidungsprozesses zu verstehen.88 Eine Entscheidung in Zusammenhang mit der stewardship-Funktion hat – wie jede andere Entscheidung – eine zukunfts- und eine vergangenheitsgerichtete Komponente.89 Wenn jedoch bei den Investitionsentscheidungen der Schwerpunkt eindeutig auf der Zukunft liegt, spielt bei der Rechenschaftsfunktion die vergangenheitsgerichtete Komponente eine besonders wichtige Rolle. Die oben abgeleitete konkretisierte Zielsetzung der Rechnungslegung – die Unterstützung der Prognose künftiger Zahlungsüberschüsse – ist auch bei der Konkretisierung der stewardship-Funktion hilfreich, füllt diese aber nicht vollständig aus. Für die Konkretisierung der stewardship-Funktion werden deshalb weitere Kriterien benötigt, die jedoch auf der betrachteten Zielebene nicht abgeleitet werden können. Die Konkretisierung der stewardship-Funktion soll daher erst im Abschnitt 2.1.3 83 84 85 86 87 88 89

Vgl. ASB, 1999, SP, Chapter 1, Principles. Vgl. IASB, F.14, IAS 1.7 (überarbeitet 2004); ASB, SP, Par. 1.3 (a), Par. 1.4. Vgl. IASB, 2003, F.14; ASB, SP, Par. 1.4. Vgl. IASB, F.14; ASB, SP, Par. 1.4. Hierzu explizit ASB, SP, Par. 1.6. Vgl. Grau (2002), S. 27. So auch Leffson (1987), S. 63: „Rechenschaft umfasst Retrospektive und Prospektive.“

23

nach der Analyse der qualitativen Anforderungen an die Rechnungslegungsinformationen abgeleitet werden.

Zusammenfassend kann an dieser Stelle festgehalten werden, dass alle drei untersuchten Rahmenkonzepte die generelle Zielsetzung der decision usefulness inhaltlich durch die Forderung nach der Bereitstellung von Informationen zur Abschätzung künftiger Zahlungsüberschüsse konkretisieren. Die stewardship-Funktion wird dagegen in den untersuchten Rahmenkonzepten auf der Zielebene nicht weiter konkretisiert.

2.1.3

Weitere Konkretisierung der Ziele des Jahresabschlusses auf der Ebene der qualitativen Eigenschaften

Anhaltspunkte für eine weitere Konkretisierung der im Abschnitt 2.1.2 erläuterten Jahresabschlussziele bieten vor allem die in den jeweiligen Rahmenkonzepten beschriebenen qualitativen Charakteristika der Rechnungslegungsinformationen (qualitative qualities bzw. qualitative characteristics). Diese geben Auskunft darüber, welche Eigenschaften die Rechnungslegungsinformationen nach Ansicht der jeweiligen Standardsetzer aufweisen müssen, damit sie entscheidungsrelevant sind. Die in den Rahmenkonzepten des FASB, des IASB und des ASB beschriebenen qualitativen Eigenschaften basieren auf dem decision usefulness-Zielsystem und können als Verbindung zwischen den Zielen der Rechnungslegung und den sich mit den Einzelproblemen beschäftigenden Rechnungslegungsnormen verstanden werden.90

Der FASB unterscheidet in Bezug auf die qualitativen Charakteristika eine nutzerbezogene Ebene (user-specific qualities) und eine entscheidungsbezogene Ebene (decision-specific qualities) (vgl. Abbildung 1). Auf der nutzerbezogenen Ebene haben Rechnungslegungsinformationen die Anforderung der Verständlichkeit (understandability) zu erfüllen. Demnach müssen Rechnungslegungsinformationen für diejenigen Adressaten verständlich sein, die einen angemessenen Sachverstand aufweisen.91

90

91

24

Vgl. Kieso/Weygandt/Warfield (2001), S. 37, in Bezug auf die Rolle der qualitativen Eigenschaften im Rahmenkonzept des FASB sowie FASB, SFAC 2, Par. 1. Vgl. FASB, SFAC 2, Par. 40.

Die Merkmale der entscheidungsbezogenen Ebene werden aus der zentralen Anforderung der Entscheidungsnützlichkeit abgeleitet. Die Merkmale Relevanz (relevance) und Verlässlichkeit (reliability) stellen nach Ansicht des FASB die beiden primären Eigenschaften dar, die entscheidungsrelevante Informationen aufweisen müssen. Rechnungslegungsinformationen sind als relevant anzusehen, wenn sie in der Lage sind, die Entscheidung des Adressaten zu beeinflussen oder die Entscheidung bei gleichzeitiger Reduktion der Unsicherheit zu bestätigen.92 Das Merkmal der Relevanz wird durch die untergeordneten Kriterien Prognosewert (predictive value), Überprüfungswert (feedback value) und Zeitnähe (timeliness) konkretisiert. Zu den entscheidungsrelevanten Informationen zählen somit Informationen, die dem Entscheidenden bei der Prognosebildung bzw. Korrektur oder Bestätigung früherer Erwartungen behilflich sind. Die Bedingung dabei ist, dass diese Informationen zeitnah zur Verfügung stehen.

Abbildung 1: Qualitative Eigenschaften der Rechnungslegungsinformationen nach dem Rahmenkonzept des FASB

A H ierarchy of Accountin g Q ualities D EC ISIO N M AK E R S AN D TH EIR C H AR AC TE R IST IC S (F O R EX AM PL E, U N D ER S T AN D IN G O R PR IO R K N O W L ED G E)

USERS OF A C C O U N T IN G IN F O R M A T IO N

P E R V A S IV E C O N ST R AINT

B EN E FITS > CO S TS

U S E R -S P E C IFIC Q U A LIT IE S

U N D E R S T A N D A B ILITY

D E C IS IO N U S E F U L N E S S P R IM A R Y D E C IS IO N -S P E C IFIC Q U A LIT IE S

R E LIA B ILIT Y

R E LE V A N C E

TIM E LIN E S S IN G R E D IE N T S O F P R IM A R Y Q U A LIT IE S

P R E D IC TIV E V A LU E

SECONDARY AND IN T E R A CT IV E Q U A LIT IE S

T H R E S H O LD FO R RE CO G NIT IO N

V E R IFIA B ILITY

R E P R E S E N TA T IO N A L FA ITH FU LN E S S

FE E D B A C K V A LU E C O M P A R A B ILITY (IN C LU D IN G C O N S IS T E N C Y)

N E U TR A LIT Y

M A TE RIALITY

Quelle: FASB, SFAC 2, Par. 33.

92

Vgl. FASB, SFAC 2, Par. 47 und Par. 49; Pellens (2001), S. 139.

25

Während das Kriterium der Relevanz auf den grundsätzlichen Beitrag der Information zur Entscheidungsfindung abstellt, konkretisiert das Merkmal der Verlässlichkeit die Bedingung der zuverlässigen Abbildung realer Verhältnisse.93 Das Merkmal der Verlässlichkeit wird im Rahmenkonzept des FASB im SFAC No. 2, Par. 62, mit den Unterkriterien Abbildungstreue (representational faithfulness), Nachprüfbarkeit (verifiability) und ergänzend mit der Bedingung der Neutralität (neutrality) umschrieben. Diese Unterkriterien werden inhaltlich insbesondere durch die Forderung nach der vollständigen Erfassung sämtlicher Geschäftsvorfälle (Grundsatz der Vollständigkeit) und der intersubjektiven Nachprüfbarkeit angewandter Rechnungslegungsmethoden weiter ausgeführt.94

Die beiden primären Eigenschaften der Relevanz und der Verlässlichkeit sind zum Teil konkurrierend und lassen sich oft nicht gleichermaßen erfüllen. Der FASB diskutiert im Rahmenkonzept den „trade-off“ beider Prinzipien95, gibt jedoch keine abschließende Antwort auf die Frage, welchem Prinzip im Konfliktfall Priorität einzuräumen ist.96

Neben den zuvor beschriebenen primären Charakteristika trägt nach Auffassung des FASB auch die sekundäre Eigenschaft der Vergleichbarkeit (comparability) unter Einbeziehung der Stetigkeit (consistency) zur geforderten Entscheidungsrelevanz der Informationen bei.97 Während comparability in diesem Zusammenhang auf die horizontale, also die zwischenbetriebliche Vergleichbarkeit der Informationen abstellt, bezeichnet consistency die vertikale, also intertemporäre Vergleichbarkeit der zu vermittelnden Informationen.98

Neben den aufgeführten nutzer- und entscheidungsbezogenen Eigenschaften sind einige einschränkende Bedingungen zu beachten. Dazu gehören die Kriterien der Wesentlichkeit (materiality)99 und der Wirtschaftlichkeit (cost-benefit-considerations)100.

Der IASB hat seine Vorstellungen über die notwendigen Eigenschaften der Rechnungslegungsinformationen im Abschnitt Qualitative Characteristics of Financial Statements in sei93 94 95 96

97 98 99 100

26

Vgl. Kuhlewind (1997), S. 85-86; FASB, SFAC No. 2, Par. 59. Vgl. Pellens (2001), S. 139 f. Vgl. FASB, SFAC No. 2, Par. 42-45 und Par. 90. Bei der Betrachtung des gesamten Regelungsgefüges der SFAS lässt sich jedoch feststellen, dass der relevance – insbesondere im Vergleich zu Deutschland – ein tendenziell stärkeres Gewicht als der reliability zukommt, vgl. Haller (2000), S. 13, Fn. 44. Vgl. FASB, SFAC No. 2, Par. 111-122. Vgl. Haller (2000), S. 13. Vgl. FASB, SFAC No. 2, Par. 123-132. Vgl. FASB, SFAC No. 2, Par. 133-144.

nem Rahmenkonzept dargelegt. Die Entscheidungsnützlichkeit der Informationen soll demnach durch die Einhaltung von vier Basisgrundsätzen erreicht werden. Hierzu zählt der IASB laut F.24 Verständlichkeit (understandability), Relevanz (relevance), Verlässlichkeit (reliability) und Vergleichbarkeit (comparability) (vgl. Abbildung 2).

Der Grundsatz der Verständlichkeit stellt auf einen sachkundigen und mit einer angemessenen Sorgfalt arbeitenden Nutzer ab und entspricht somit inhaltlich im Wesentlichen dem understandability -Grundsatz des FASB.

Abbildung 2: Qualitative Eigenschaften der Rechnungslegungsinformationen nach dem Rahmenkonzept des IASB

O B JE C TIV E :

Q U A LITA TIV E C H A R A C TE R IS TIC S :

18 ' ( & ,6 ,2 1 8 6 ( )8 / 1 ( 6 6

U nderstandability

R elevance M ateriality

C O N S TR A IN TS :

R E S U LT:

R eliability

C om parability

Faithful R epresentation S ubstance O ver Form N eutrality P rudence C om pleteness

-Tim eliness - B alance between B enefit and C ost - B alance between Q ualitative C haracteristics

True and Fair View /Fair Presentation

Quelle: In Ahnlehnung an Pellens (2001), S. 442.101

Das Kriterium der Relevanz steht laut F.26 in einem engen Zusammenhang mit der grundlegenden Zielsetzung der Rechnungslegung. Informationen gelten laut dem IASB dann als relevant, wenn sie die wirtschaftlichen Entscheidungen der Adressaten beeinflussen, indem sie 101

Das Rahmenkonzept des IASB beinhaltet keine grafische Darstellung der qualitativen Eigenschaften der Rechnungslegung. Hier wurde daher das bei Pellens (2001), S. 442 dargestellte Schema herangezogen.

27

ihnen bei der Beurteilung vergangener, derzeitiger oder zukünftiger Ereignisse helfen oder ihre Beurteilungen aus der Vergangenheit bestätigen bzw. korrigieren.102 Obwohl der IASB die im Rahmenkonzept des FASB festgelegten Unterkriterien des predictive value und des feedback value nicht explizit benennt, ist die inhaltliche Übereinstimmung offensichtlich. Darüber hinaus wird der Basisgrundsatz der Relevanz zusätzlich mit dem Kriterium der Wesentlichkeit (materiality) verknüpft: Informationen sind gemäß F.29 dann als wesentlich anzusehen, wenn ihr Weglassen oder ihre fehlerhafte Darstellung wirtschaftliche Entscheidungen der Adressaten beeinflussen könnten. Der IASB stellt im F.30 klärend fest, dass er die Wesentlichkeit eher als eine Schwelle oder einen Grenzwert und nicht als eine primäre qualitative Anforderung an entscheidungsnützliche Informationen ansieht.

Eng verbunden mit dem Grundsatz der Relevanz ist der Grundsatz der Verlässlichkeit. Rechnungslegungsinformationen erfüllen nach F.31 dieses Kriterium, wenn sie keine wesentlichen Fehler enthalten und frei von verzerrenden Einflüssen sind. Konkretisiert wird der Grundsatz der Verlässlichkeit durch die Unterkriterien der glaubwürdigen Darstellung (faithful representation), der wirtschaftlichen Betrachtungsweise (substance over form), der Neutralität (neutrality), der Vorsicht (prudence) und der Vollständigkeit (completeness).103

Informationen, welche die Anforderungen der Relevanz und der Verlässlichkeit erfüllen, unterliegen weiteren Einschränkungen durch die Nebenbedingungen der Zeitnähe (timeliness), der Kosten-Nutzen-Abwägung (balance between benefit and cost) und der Ausgewogenheit einzelner qualitativer Grundsätze (balance between qualitative characteristics).104

Der Grundsatz der Vergleichbarkeit bezieht sich wie im Framework des FASB sowohl auf eine intertemporäre als auch auf eine zwischenbetriebliche Vergleichbarkeit.105 Obgleich der IASB den Grundsatz der Vergleichbarkeit zunächst auf der gleichen Ebene mit den Merkmalen der Relevanz und der Verlässlichkeit ansiedelt106, wird seine Bedeutung an einer anderen Stelle relativiert. Die Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden sollen laut F.41 nicht mit Hinweis auf Vergleichbarkeit und Stetigkeit unverändert gelassen werden, wenn es Alternativen gibt, die sich durch eine höhere Relevanz und Zuverlässigkeit auszeichnen oder wenn die angewandten Methoden den genannten Basisgrundsätzen nicht genügen. 102 103 104 105 106

28

Vgl. IASB, F.26. Vgl. IASB, F.33-.38. Vgl. IASB, F.43-.45. Vgl. IASB, F.39. Vgl. IASB, F.26, F.31, F.39.

Die Abbildung 2 gibt einen zusammenfassenden Überblick über das Gefüge der qualitativen Eigenschaften nach dem Rahmenkonzept des IASB.

Die Darstellung der qualitativen Eigenschaften im Rahmenkonzept des ASB ist eng an die des IASB angelehnt, nicht nur inhaltlich, sondern auch in Bezug auf die Struktur und den Zusammenhang einzelner Grundsätze. Dabei ist das im Jahr 1999 verabschiedete Rahmenkonzept des britischen Standardsetzers zum Teil deutlicher als das aus dem Jahr 1989 stammende Rahmenkonzept des IASB und erlaubt einige weitere Schlussfolgerungen bezüglich der inhaltlichen Ausgestaltung einzelner Grundsätze und deren Beziehung zueinander.

Wie auch das Rahmenkonzept des IASB geht der britische Standardsetzer von vier grundlegenden Eigenschaften aus, die Rechnungslegungsinformationen aufweisen müssen, um entscheidungsnützlich zu sein. Dies sind Relevanz (relevance), Verlässlichkeit (reliability), Vergleichbarkeit (comparability) und Verständlichkeit (understandability) (vgl. Abbildung 3).

Die Relevanz ist die grundlegende Eigenschaft, der Rechnungslegungsinformationen genügen müssen und die als Auswahlkriterium für alle Stadien des Prozesses der Finanzberichterstattung heranzuziehen ist.107 In den Fällen, in denen die Relevanz und die Verlässlichkeit in einer konkurrierenden Beziehung zueinander stehen, soll die Erhöhung der Relevanz des gesamten „information package“ angestrebt werden.108 Eine weitere Passage verdeutlicht noch unmissverständlicher die Position des ASB in der schwierigen Frage des „trade-off“ beider Prinzipien: „Information provided by financial statements needs to be relevant and reliable and, if a choice exists between relevant and reliable approaches that are mutually exclusive, the approach chosen needs to be the one that results in the relevance of the information provided being maximised.“ 109 Somit wird in Konfliktfällen die Priorität eindeutig der Entscheidungsrelevanz eingeräumt, wobei ein gewisses Niveau von Verlässlichkeit110 gegeben sein muss.111

107 108 109 110

111

Vgl. ASB, SP, Par. 3.1. Vgl. ASB, SP, Par. 3.1. Vgl. ASB, SP, Chapter 3, Principles. Welches Niveau an Verlässlichkeit in solchen Konfliktfällen als ausreichend zu betrachten ist, wird im Framework des ASB nicht weiter konkretisiert. Es wird lediglich ausgeführt, dass „In such circumstances, [d. h. beim Konflikt zwischen der Relevanz und der Verlässlichkeit, d. Verf.] it will usually be appropriate to use the information that is the most relevant of whichever information is reliable.“, vgl. ASB, SP, Par. 3.34. Vgl. ASB, SP, Par. 3.34, Chapter 3, Principles.

29

Abbildung 3: Qualitative Eigenschaften der Rechnungslegungsinformationen nach dem Rahmenkonzept des ASB

TH E Q U ALIT ATIV E C H AR AC TE R IS TIC S O F FIN AN C IAL IN FO R M AT IO N

W hat m akes financial inform ation useful?

Threshold quality

G iving inform ation that is not m aterial m ay im pair the usefulness of the other inform ation given

M ateriality

R elevance

R eliability

Inform ation that is a com plete and faithful rep resentation

Inform ation that has the ability to influence decisions

P redictive value

C onfirm atory va lue

Faithful representation

N eutral

Free from m aterial error

C om plete

P rudence

C om parability

U nderstandability

S im ilarities and differences can be discerned and evaluated

T he significance of the inform ation can be perceived

C onsistency

D isclosure

U sers’ abilities

A ggregation and classification

Quelle: ASB, SP, S. 34.

Der ASB betrachtet Rechnungslegungsinformationen als relevant, wenn sie dazu geeignet sind, wirtschaftliche Entscheidungen zu beeinflussen.112 Das Merkmal der Relevanz wird durch die Unterkriterien predictive value und confirmatory value konkretisiert; das Letztere entspricht inhaltlich dem im Rahmenkonzept des FASB definierten feed-back value. Die Verbesserung der Relevanz von Rechnungslegungsinformationen beinhaltet die Maximierung von sowohl predictive als auch confirmatory value.113

Das Merkmal der Verlässlichkeit wird dann als erfüllt angesehen, wenn die gelieferten Informationen: a) die Substanz der Transaktionen widerspiegeln, b) frei von wesentlichen Fehlern und vollständig sind und c) im Fall, dass die Vorbereitung von Informationen unter den Bedingungen der Unsicherheit stattfindet, die Schätzungen mit nötiger Vorsicht erfolgen.114 Konkretisiert wird der Grundsatz der Verlässlichkeit durch die Unterkriterien der glaubwürdi-

112

113 114

30

Vgl. ASB, SP, Chapter 3, Principles. Darüber hinaus müssen Informationen zeitnah geliefert werden, so dass wirtschaftliche Entscheidungen der Akteure noch beeinflusst werden können. Vgl. ASB, SP, Par. 3.5. Vgl. ASB, SP, Chapter 3, Principles.

gen Darstellung (faithful representation) sowie der Eigenschaften der Neutralität (neutral), der Fehlerfreiheit (free from material error), der Vollständigkeit (complete) und der Vorsicht (prudence).115

Neben den beiden Merkmalen der Relevanz und der Verlässlichkeit sind noch die Kriterien der Vergleichbarkeit und der Verständlichkeit zu beachten. Sie entsprechen inhaltlich weitgehend den gleichnamigen Kriterien der Rahmenkonzepte des FASB und des IASB. Darüber hinaus ist der Grundsatz der Wesentlichkeit zu berücksichtigen. Dieser stellt eine threshold quality dar, die am Ende über die Einbeziehung einzelner Sachverhalte in den Jahresabschluss entscheidet.116

Zusammenfassend kann an dieser Stelle festgehalten werden, dass auf der Ebene der qualitativen Eigenschaften zwischen den analysierten Rahmenkonzepten viele Ähnlichkeiten bestehen. Insbesondere lassen sich in allen betrachteten Frameworks die vier „Basiseigenschaften“ ausmachen, die für die Konkretisierung des generellen Zwecks der decision usefulness herangezogen werden: die Relevanz, die Verlässlichkeit, die Vergleichbarkeit und die Verständlichkeit. Auch die inhaltliche Beschreibung dieser Basiseigenschaften ist weitgehend ähnlich, wenn auch nicht in allen Punkten identisch. Zu erwähnen ist insbesondere, dass alle drei betrachteten Rahmenkonzepte bei der inhaltlichen Definition der Relevanz die Kriterien „Prognosewert“ und „Überprüfungswert“ heranziehen. Es bestehen aber auch einige Unterschiede. Neben der uneinheitlichen Terminologie ist vor allem die unterschiedliche hierarchische Anordnung der qualitativen Eigenschaften zu nennen. Während das Rahmenkonzept des FASB als primäre Eigenschaften nur die Relevanz und die Verlässlichkeit ansieht, die Vergleichbarkeit der Ebene der „sekundären“ Eigenschaften und die Verständlichkeit der nutzerbezogenen Ebene zuordnet, werden in den Rahmenkonzepten von IASB und ASB alle vier oben genannten „Basiseigenschaften“ auf der gleichen Ebene angesiedelt. Alerdings wird im Rahmenkonzept des IASB die Bedeutung der Vergleichbarkeit durch weitere Ausführungen relativiert.

115 116

Vgl. Abbildung 3 und ASB, SP, Par. 3.8-3.20. Vgl. ASB, SP, Par. 3.28.

31

2.1.4

Ableitung der allgemeinen Anforderungen an die Gestaltung der Erfolgsrechnung im Rahmen einer informationsorientierten Rechnungslegung

Nachdem in den vorangegangenen Abschnitten dargestellt wurde, wie die angloamerikanischen Standardsetzer in ihren Rahmenkonzepten die generelle Anforderung der decision usefulness auf der Zielebene und auf der Ebene der qualitativen Eigenschaften konkretisieren, sollen in diesem Abschnitt auf der Basis dieser Erkenntnisse die grundlegenden allgemeinen Anforderungen an die Ausgestaltung der Erfolgsrechnung im Rahmen einer informationsorientierten Rechnungslegung herausgearbeitet werden.

Die Überlegungen beginnen mit der Festsetzung des übergeordneten Ziels des Jahresabschlusses im Rahmen der informationsorientierten Rechnungslegung. Dieses wird hier in Übereinstimmung mit den untersuchten Rahmenkonzepten in der Unterstützung wirtschaftlicher Entscheidungen (decision usefulness) gesehen.

Für eine Konkretisierung der sich aus diesem übergeordneten Ziel ergebenden Informationspflichten soll zunächst Klarheit über den Adressatenkreis117 geschaffen werden. Aufgrund der Heterogenität möglicher Adressaten ist eine Typisierung unumgänglich. Es soll daher analog der Vorgehensweise der angloamerikanischen Standardsetzer die Gruppe der Eigenkapitalgeber als maßgebende Adressatengruppe festgelegt werden, deren Informationsbedürfnisse stellvertretend für die Informationsbedürfnisse anderer Adressatengruppen gelten.118 Es soll auch die Annahme übernommen werden, dass sämtliche Adressaten der Rechnungslegung an der Einkommenserzielung interessiert sind.

Für eine Konkretisierung des allgemeinen Zwecks des decision usefulness sind die Informationsbedürfnisse der Adressaten ausschlaggebend. Somit bildet die Entscheidungssituation der 117 118

32

Zum Prinzip der Adressatenbezogenheit vgl. Moxter (2003), S. 222 f. Diese Annahme darf nicht dahingehend missverstanden werden, dass die Erfolgsrechnung als Instrument der Informationsversorgung einer einzigen Adressatengruppe, der Eigenkapitalgeber, zu verstehen ist. Die Erfolgsrechnung (wie auch die gesamte Rechnungslegung) dient grundsätzlich der Informationsversorgung zahlreicher Adressatengruppen. Es darf außerdem nicht außer Acht gelassen werden, dass auch die Informationsbedürfnisse einzelner Investoren nicht identisch sind. Sie können je nach Zweck der Analyse, nach Fristigkeit, in Abhängigkeit von den bevorzugten Analysemethoden etc. unterschiedlich sein. Auch ein und dieselbe Person kann in unterschiedlichen Entscheidungssituationen unterschiedliche Informationsbedürfnisse ausweisen. Die Orientierung an den Interessen der Eigenkapitalgeber legt die für die Analyse notwendige Grundorientierung bzw. einen Rahmen fest. In diesem Rahmen muss ein performance statement möglichst als ein „multi-user-statement“ gestaltet werden.

Investoren den Ausgangspunkt der Überlegungen. Wie bereits erläutert, lassen sich die von Kapitalgebern zu treffenden Entscheidungen typisierend in Investitionsentscheidungen und in Kontrollentscheidungen untergliedern. Die Kontrollentscheidungen stehen in Zusammenhang mit der Rechenschaftsfunktion der Rechnungslegung. Geht man analog der Vorgehensweise in den untersuchten Rahmenkonzepten von dem monetären Interesse der Adressaten aus, so lässt sich als die zentrale Zielgröße der Adressaten der Barwert künftiger Einnahmeüberschüsse ausmachen. Somit wird hier der konkretisierte Abschlusszweck im Rahmen einer informationsorientierten Rechnungslegung in der Bereitstellung von Informationen zur Abschätzung von Betrag, Zeitpunkt und Wahrscheinlichkeit künftiger Einnahmeüberschüsse gesehen.119

Für die Erfüllung dieses Zwecks ist die Relevanz der zu liefernden Informationen entscheidend. Als zentrale Anforderung an eine zweckmäßige Gestaltung der Erfolgsrechnung wird somit die Verbesserung der Entscheidungsrelevanz der zu liefernden Informationen festgelegt. Das Kriterium der Relevanz wird konkretisiert durch die Unterkriterien predictive value und feedback value. Aufgrund der gesamten Ausrichtung einer informationsorientierten Rechnungslegung soll dabei der Schwerpunkt insbesondere auf die Verbesserung des predictive value (Prognoserelevanz der zu vermittelnden Informationen) gelegt werden.

Wie im Abschnitt 2.1.2 ausgeführt, werden aufgrund der Komplexität und der Vergangenheitsorientierung der Rechenschaftsfunktion für ihre Konkretisierung weitere Kriterien benötigt. Dies kann auf der Ebene der qualitativen Eigenschaften vorgenommen werden. Hier lässt sich der Kontrollcharakter und die Vergangenheitsorientierung der stewardship-Funktion durch die Anforderung der Vollständigkeit unterstützen. Entsprechend dieser Auffassung sollte über alle Komponenten des in der Periode erzielten Erfolgs berichtet werden. Des Weiteren wird die Rechenschaftsfunktion durch die Anforderung der Vergleichbarkeit unterstützt.

Es soll an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass die Kriterien der Relevanz und der Vollständigkeit zunächst zu widersprüchlichen Forderungen führen. So ergibt sich aus dem Kriterium der Relevanz die Forderung nach der selektiven Darstellung nur bestimmter, für die Abschätzung künftiger Einnahmeüberschüsse relevanter Erfolgskomponenten. Das Kriterium der Vollständigkeit ist dagegen, wie bereits ausgeführt, mit der Forderung nach einer voll-

119

Zu diesem Schluss in Bezug auf die Konkretisierung des Zieles der decision usefulness im Rahmenkonzept des IASB kommt auch Hollmann (2003), S. 77.

33

ständigen Darstellung sämtlicher Erfolgskomponenten verbunden. Dieser Widerspruch kann durch eine desaggregierte und auf das Kriterium der Prognoserelevanz ausgerichtete strukturierte Darstellung sämtlicher Erfolgskomponenten gelöst werden.

Die untersuchten Rahmenkonzepte nennen zwei weitere qualitative Eigenschaften: Verlässlichkeit und Verständlichkeit. Insbesondere der Verlässlichkeit wird eine hohe Bedeutung beigemessen. Für die hier untersuchte Fragestellung ist sie ebenfalls von Bedeutung, jedoch im Vergleich mit dem Kriterium der Relevanz als weniger wichtig einzuschätzen. Dies folgt daraus, dass die Frage der Verlässlichkeit sich im Wesentlichen auf der Ebene des Ansatzes und der Bewertung entscheidet und durch die Art der Darstellung nur noch beschränkt beeinflusst werden kann.120 Die Ansatz- und Bewertungsregelungen sind nicht Gegenstand der vorliegenden Arbeit und werden hier als gegeben vorausgesetzt. Daher soll die Verlässlichkeit nicht als zu optimierendes Kriterium, sondern als eine einschränkende Nebenbedingung („constraint“) beim Vergleich verschiedener Alternativen des Erfolgsausweises herangezogen werden.

Wie erläutert, ergeben sich aus der Rechenschaftsfunktion der Rechnungslegung zusätzlich die Anforderungen der Vollständigkeit und der Vergleichbarkeit.121 Diese Kriterien werden auch als einschränkende Bedingungen betrachtet. Auch das Kriterium der Verständlichkeit wird in dieser Arbeit den einschränkenden Bedingungen zugeordnet.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass in der vorliegenden Arbeit als zentrales zu optimierendes Kriterium die Anforderung der Relevanz mit ihren zwei Dimensionen – predictive value und feedback value – festgelegt wird. Der Schwerpunkt wird dabei auf die Verbesserung des predictive value gelegt. Dementsprechend ist das Format der Erfolgsrechnung in erster Linie auf die Maximierung der Prognoserelevanz auszurichten. Die Kriterien Verlässlichkeit,

120

121

34

Nach dem Rahmenkonzept des FASB wird das Kriterium der Verlässlichkeit – wie auch das Kriterium der Relevanz – den primary qualities zugerechnet. Auch in den Rahmenkonzepten des IASB und des ASB kommt der Verlässlichkeit eine sehr bedeutende Rolle zu. Es muss allerdings bedacht werden, dass das Gefüge der qualitativen Eigenschaften in den betrachteten Rahmenkonzepten in Zusammenhang mit der Gesamtheit der Rechnungslegungsinformationen zu sehen ist. Da in der vorliegenden Arbeit nur Ausweisvorschriften, nicht aber Ansatz- und Bewertungsregelungen untersucht werden, wird hier das Kriterium der Verlässlichkeit nicht als Zielvariable, sondern als eine Nebenbedingung eingestuft. Es soll hier auf die vorhandenen Interdependenzen hingewiesen werden. Das Kriterium der Vergleichbarkeit steht nicht nur mit der Rechenschaftsfunktion und den damit verbundenen Kontrollentscheidungen in Verbindung. Es ist auch für die Unterstützung von Investitionsentscheidungen von großer Bedeutung. Zur Einteilung der Entscheidungssituationen in zwei Gruppen – Investitionsentscheidungen und Kontrollentscheidungen – vgl. die Ausführungen im Abschnitt 2.1.2.

Vollständigkeit, Vergleichbarkeit und Verständlichkeit werden als zu beachtende Nebenbedingungen definiert.

Abbildung 4: Allgemeine Anforderungen an die Gestaltung der Erfolgsrechnung im Rahmen einer informationsorientierten Rechnungslegung

Decision Usefulness

Konkretisierung auf der Zielebene

Unterstützung von Investitionsentscheidungen

Unterstützung von Kontrollentscheidungen

Bereitstellung von Inform ationen zur Abschätzung künftiger Cash Flows

Zentrale zu optim ierende Eigenschaft: Relevanz

Konkretisierung auf der Ebene der qualitativen Eigenschaften

Predictive value

Feedback value

Verlässlichkeit Vollständigkeit Vergleichbarkeit Verständlichkeit

Die Abbildung 4 gibt einen zusammenfassenden Überblick über die Ableitung und die Einordnung der generellen Anforderungen an den Erfolgsausweis im Rahmen einer informationsorientierten Rechnungslegung.

35

2.1.5

Das gemeinsame Framework-Projekt des IASB und des FASB und mögliche Auswirkungen auf die abgeleiteten Anforderungen an die Gestaltung der Erfolgsrechnung

Der FASB und der IASB arbeiten seit Oktober 2004 an einem gemeinsamen Projekt mit dem Titel „Conceptual Framework“.122 Das Ziel des Projektes ist es, ein gemeinsames Rahmenkonzept zu entwickeln, das sowohl lückenfrei („complete“) als auch intern konsistent ist.123 Dieses gemeinsame Framework soll auf den bestehenden Rahmenkonzepten des IASB und des FASB basieren und die Entwicklungen berücksichtigen, die seit der Zeit der Fertigstellung dieser Konzepte stattgefunden haben.

Die beiden Standardsetzer haben das Projekt in acht Phasen eingeteilt:

-

Phase A: Objectives and qualitative characteristics,

-

Phase B: Elements, recognition, and measurement attributes,

-

Phase C: Initial and subsequent measurement,

-

Phase D: Reporting entity,

-

Phase E: Presentation and disclosure, including financial reporting boundaries,

-

Phase F: Framework purpose and status in GAAP hierarchy,

-

Phase G: Applicability to the not-for-profit sector,

-

Phase H: Entire framework.

Der IASB arbeitet derzeit an Fragen der Phasen A und B.124 Die Bearbeitung der für diese Arbeit besonders bedeutenden Phase E hat noch nicht begonnen. Aber auch aus den Entscheidungen der Standardsetzer zur Phase A lassen sich einige Schlussfolgerungen bezüglich möglicher Auswirkungen des Framework-Projektes auf die oben herausgearbeiteten Anforderungen an die Erfolgsrechnung ableiten.

122 123 124

36

Vgl. IASB, IASB Update, October 2004, S. 4. Zum Projekt vgl. FASB/IASB (2006a). Falls nicht anders gekennzeichnet, vgl. im Folgenden FASB/IASB (2006a). Zum Stand des Projektes vgl. FASB/IASB (2006a).

Nach dem bisherigen Stand der Überlegungen125 zeichnen sich folgende Entwicklungen ab, die für die in dieser Arbeit untersuchten Fragestellungen von Bedeutung sein können:

1. Der oberste Zweck der Rechnungslegung wird weiterhin in der Lieferung entscheidungsrelevanter Informationen (decision usefulness) gesehen. Dabei sollen stärker als bisher die Informationsbedürfnisse der Kreditgeber und anderer Gläubiger berücksichtigt werden. Bisher fokussierten sich die Rahmenkonzepte des FASB und insbesondere des IASB auf die Informationsbedürfnisse der Eigenkapitalgeber. 2. Im künftigen gemeinsamen Rahmenkonzept soll explizit festgestellt werden, dass die stewardship-Funktion keinen separaten, von der decision usefulness unabhängigen Zweck der Rechnungslegung darstellt. Beide Standardsetzer gehen davon aus, dass die Informationen, die dem Kriterium der Entscheidungsnützlichkeit genügen, gleichzeitig die stewardship- bzw. accountability-Funktion unterstützen. 3. Es wird ausgeführt, dass relevance eine zentrale qualitative Eigenschaft der Rechnungslegungsinformationen darstellt. Ähnlich wie in den derzeit geltenden Rahmenkonzepten soll sie durch die Eigenschaften predictive value und confirmatory value126 (im FASB-Framework derzeit: feedback value) konkretisiert werden. Die Definition der relevance soll im künfigen Framework darüber hinaus um einen dritten Aspekt erweitert werden, den Aspekt der timeliness. Die Anforderung der timeliness besagt, dass die Information rechtzeitig vorliegen soll, d. h. dann, wenn die Nutzer diese Information benötigen. 4. Als eine weitere zentrale qualitative Eigenschaft soll die Eigenschaft der faithful representation festgelegt werden. Diese soll durch Kriterien der verifiability und neutrality konkretisiert werden. Die faithful representation soll die bisherige qualitative Eigenschaft der reliability ersetzen, welche in der Rechnungslgegungspraxis – so die Standardsetzer – oft missverstanden wird.127 Das künftige Rahmenkonzept soll die Eigenschaft der faithful representation verständlich und hinreichend ausführlich beschreiben. Worin nun der inhaltliche Unterschied zur derzeit in beiden Frameworks enthaltenen reliability genau besteht und wie die Beziehung zu der relevance zu cha-

125

126

127

Die folgende Darstellung basiert auf den im Rahmen der Projektbeschreibung vom IASB und dem FASB veröffentlichten Informationen, vgl. FASB/IASB (2006a). Der für das 2. Quartal 2006 angekündigte Standardentwurf zur Phase A lag zum Zeitpunkt der Fertigstellung dieser Arbeit noch nicht vor. Im IASB-Framework wird der Begriff feedback value nicht explizit erwähnt, die inhaltliche Beschreibung entspricht aber dem des IASB, vgl. hierzu die Ausführungen im Abschnitt 2.1.3. Vgl. FASB/IASB (2006a).

37

rakterisieren ist, kann der bisher veröffentlichten Projektbeschreibung nicht entnommen werden. 5. Comparability soll als weitere wichtige Eigenschaft der Rechnungslegungsinformationen festgelegt werden. Sie soll aber im künftigen Framework den Eigenschaften der relevance und der faithful representation untergeordnet sein, wie dies im heutigen FASB-Framework der Fall ist. 6. Understandability soll als weitere wichtige Eigenschaft der Rechnungslegungsinformationen festgelegt werden. Während diese Eigenschaft heute schon als eine der vier zentralen qualitativen Charakteristika im IASB-Framework genannt wird, ist sie im FASB-Framework der nutzerbezogenen Ebene zugeordet und nicht den qualitativen Charakteristika der Rechnungslegungsinformationen. 7. Materiality soll als „screen or filter“128 beschrieben werden und nicht etwa – wie es im heutigen IASB-Framework der Fall ist – über die Definition der relevance in den Kreis der qualitativen Eigenschaften einbezogen werden. Im Unterschied zum IASBFramework stellt materiality im heutigen FASB-Framework eine „treshold quality“ dar.

Aus diesen Entwicklungen lassen sich folgende Schlussfolgerungen im Hinblick auf die im vorangegangenen Abschnitt definierten allgemeinen Anforderungen an die Gestaltung der Erfolgsrechnung ziehen:

-

Die im vorangegangenen Abschnitt festgelegte Einordnung der stewardship-Funktion als Bestandteil der decision usefulness wird durch die beschriebenen Entwicklungen bestätigt. Allerdings wäre zu überlegen, welche Auswirkungen die Vorschläge der Standardsetzer auf den im Abschnitt 2.1.4 angesprochenen Vergangenheitsbezug der stewardship-Funktion und auf seine Verbindung zur Eigenschaft der Vergleichbarkeit haben werden. Diese Frage kann derzeit noch nicht beantwortet werden, da keine Informationen über die konkrete inhaltliche Umsetzung der geschilderten Überlegungen im künftigen Framework vorliegen.

-

Aus der Neuanordnung der qualitativen Eigenschaften im künftigen Framework lässt sich kein Änderungsbedarf hinsichtlich der im Abschnitt 2.1.4 vorgenommenen Festlegung der Relevanz als zentrale Zielvariable und der weiteren vier Eigenschaften als einschränkenden Nebenbedingungen ableiten. Die Neuanordnung der qualitativen

128

38

FASB/IASB (2006a).

Eigenschaften im künftigen Framework bezieht sich auf die gesamte Rechnungslegung und ändert nichts an den im Anschitt 2.1.4 dargelegten Überlegungen hinsichtlich des Zweckes und der Funktion der Erfolgsrechnung. -

Anzusprechen wäre aber die explizite Einbeziehung der Fremdkapitalgeber in den Kreis der zentralen Adressaten des Jahresabschlusses. Die spezifischen Informationsbedürfnisse dieses Adressatenkreises wären dann eher bei der Ableitung der konkreten Anforderungen an die Erfolgsrechnung und nicht bereits bei der Ableitung der allgemeinen Anforderungen zu berücksichtigen. Die zu erwartende verstärkte Berücksichtigung der Fremdkapitalgeber im künftigen Framework wird dennoch bei weiteren Überlegungen in dieser Arbeit nicht berücksichtigt, weil es sich hierbei zum heutigen Zeitpunkt lediglich um eine vorläufige Entscheidung der Standardsetzer handelt. Der Standardentwurf zur Phase A des Framework-Projektes lag zum Zeitpunkt der Fertigstellung dieser Arbeit noch nicht vor. Darüber hinaus müssen noch die Kommentierungsphase und die endgültigen Entscheidungen der Standardsetzer abgewartet werden.

Weil es sich bei den geschilderten Entwicklungen im Rahmen des Framework-Projektes derzeit noch um „vorläufige Festlegungen“ der Standardsetzer handelt und noch ungewiss ist, ob und ggf. wie die geschilderten „tentative decisions“ in die konkreten Bestimmungen umgesetzt werden, werden sie bei den weiteren Überlegungen nicht berücksichtigt. Für das weitere Vorgehen in dieser Arbeit werden daher die im Abschnitt 2.1.4 ausgearbeiteten allgemeinen Anforderungen an die Erfolgsrechnung zugrunde gelegt.

39

2.2

Operationalisierung der aus den normativen Zielsetzungen gewonnenen Anforderungen an den Erfolgsausweis

2.2.1

Vorbemerkung

Im Abschnitt 2.1 wurden generelle Anforderungen an die Gestaltung der Erfolgsrechnung im Rahmen einer informationsorientierten Rechnungslegung herausgearbeitet. Diese Anforderungen sind immer noch sehr abstrakt und erlauben keine unmittelbaren Schlussfolgerungen auf die gewünschte Ausgestaltung der Erfolgsrechnung.129

Daher widmet sich dieser Abschnitt der Herausarbeitung von konkreten Anforderungen an eine zweckmäßige Ausgestaltung der Erfolgsrechnung im Rahmen einer informationsorientierten Rechnungslegung. Im Folgenden wird untersucht, wie Erträge und Aufwendungen im Rahmen der Erfolgsrechnung darzustellen sind, damit die Relevanz von vermittelten Informationen unter Einhaltung von den genannten Nebenbedingungen erhöht werden kann. Im Einklang mit der im Abschnitt 2.1.4 getroffenen Festlegung der Eigenkapitalgeber als primären Adressaten der Rechnungslegung erfolgt die Ableitung unter der EigenkapitalgeberPerspektive. Eine logisch-deduktive Vorgehensweise alleine erweist sich hier als nicht ausreichend. Die Ableitung soll daher unter Zuhilfenahme von weiteren Quellen vorgenommen werden. Dazu zählen u. a. Berichte und Untersuchungen von Standardisierungsgremien sowie Empfehlungen der mit dem Jahresabschluss beschäftigten Berufsgruppen.

Die auf diesem Wege gewonnenen konkreten Anforderungen an den Erfolgsausweis sollen im Sinne einer prinzipienbasierten Rechnungslegung in Form von Leitgrundsätzen formuliert werden.

129

40

Im Schrifttum wird darauf hingewiesen, dass es aufgrund der großen Abstraktheit und unterschiedlicher Zielausrichtung der Grundsätze der relevance, reliability und comparability kaum möglich ist, diese Prinzipien als Grundlage für eine unmittelbare Deduktion zu benutzen, vgl. hierzu z. B. Kuhner (2004), S. 268. Zur Problematik einer Operationalisierung von relevance und reliability vgl. ausführlich Kuhner (2001), S. 523 ff.

2.2.2

Klassifizierung der relevanten Fragestellungen

Die G4+1-Gruppe hat in ihrem 1998 veröffentlichten Diskussionspapier grundlegende Fragestellungen im Zusammenhang mit dem Thema Performance Reporting wie folgt umrissen:

„The issues to be resolved are as follows:

x

Should all financial performance be reported in a statement of financial performance?

x

Should all financial performance be reported in a single financial statement?

x

Should components of financial performance be reported and, if so, what should those components be and in what order should they be reported?“130

Die erste und zweite Frage können zu einem Fragenkomplex „Inhalte und Abgrenzung der Erfolgsrechnung“ zusammengefasst werden. Dabei ist zunächst zu klären, welche Elemente mit welchen Charakteristika den Gegenstand des performance reporting bilden sollen und ob diese Elemente auf all-inclusive-Basis oder selektiv nach bestimmten Kriterien in die Erfolgsrechnung aufzunehmen sind. Sind diese Punkte geklärt, dann verbleibt noch eine Implementierungsfrage, ob die Darstellung des so definierten financial performance mittels einer oder mehrerer Aufstellungen erfolgen soll. Der gesamte Abschnitt 2.2.3 widmet sich der Beantwortung dieser Fragen.

Den zweiten Fragenkomplex in Zusammenhang mit der Gestaltung der Erfolgsrechnung bilden Fragen der Strukturierung der Erfolgsrechnung. Diesem Fragenkomplex widmet sich der Abschnitt 2.2.4. Hier ist zunächst die Frage zu klären, inwieweit die Gliederung einer Erfolgsrechnung hinsichtlich der Anzahl der auszuweisenden Posten, deren inhaltlicher Konkretisierung und der Reihenfolge der Posten verbindlich vorgegeben werden soll. Im nächsten Schritt wird die zentrale Problematik der geeigneten Erfolgsspaltung erläutert. Es wird untersucht, nach welchen Prinzipien die Aufgliederung und die Gruppierung der zu berichtenden Komponenten vorgenommen werden soll. Anschließend wird die Frage der Verrechnung der Erfolgskomponenten erläutert.

130

Johnson/Lennard (1998), Par. 3.3.

41

2.2.3 2.2.3.1 2.2.3.1.1

Inhalte und Abgrenzung der Erfolgsrechnung Gewinnkonzeption der angloamerikanischen Rechnungslegung Erfassung von Erträgen und Aufwendungen im Jahresabschluss

Folgende Jahresabschlusselemente bildet laut den Rahmenkonzepten des FASB, des IASB und des ASB die Grundlage für die Aufstellung des Jahresabschlusses: Vermögenswerte, Schulden, Eigenkapital, Erträge und Aufwendungen.131 Erträge und Aufwendungen stellen dabei Abschlusselemente dar, die im Rahmen der Erfolgsrechnung Informationen über die financial performance des Unternehmens vermitteln.132

Für die Erfassung der Erträge und Aufwendungen im angloamerikanischen Raum spielt zunächst das accrual principle traditionell eine wichtige Rolle. Dieses besagt, dass das Periodenergebnis eines Unternehmens sich nicht aus der Gegenüberstellung von Einzahlungen und Auszahlungen, sondern durch die sachliche Zuordnung von Erträgen und Aufwendungen zum jeweiligen Geschäftsjahr ergibt.133

Das accrual principle wird durch das realization principle und das matching principle konkretisiert. Das realization principle legt im Grundsatz fest, dass Erträge erst dann ausgewiesen werden, wenn der Umsatzakt erfolgt ist.134 Das matching principle bestimmt, dass Auszahlungen in der Periode aufwandswirksam zu erfassen sind, in der die dazugehörigen Erträge in der Erfolgsrechnung berücksichtigt werden.135

Das accrual principle verkörpert die stromgrößenorientierte Sichtweise, den sog. revenueexpense view. Dieser bilanztheoretischen Auffassung zufolge entspricht der Periodenerfolg 131

132 133

134

135

42

Vgl. FASB, SFAC No. 6, Par. 1 ff.; IASB, F.47; ASB, SP, Par. 4.2. Nach den Rahmenkonzepten des FASB und des ASB stellen darüber hinaus Einlagen und Entnahmen der Anteilseigner eigenständige Elemente des Jahresabschlusses dar, vgl. FASB, SFAC No. 6, Par. 1; ASB, SP, Par. 4.2. Das Rahmenkonzept des FASB nennt außerdem das comprehensive income als ein weiteres eigenständiges Element des Jahresabschlusses, vgl. FASB, SFAC No. 6, Par. 1. Vgl. FASB, SFAC No. 6, Par. 11; IASB, F.69; ASB, SP, Par. 4.2 (b). Vgl. IASB, F.22: „Under this basis, the effects of transactions and other events are recognized when they occur (and not as cash or its equivalent is received or paid) and they are recorded in the accounting records and reported in the financial statements of the periods to which they relate.“ Ähnlich FASB, SFAC No. 6, Par. 139 ff., ASB, SP, Par. 5.28. Vgl. Streim (2000), S. 117. Das angelsächsische realization principle entspricht im Grundsatz dem deutschen Realisationsprinzip, erfährt aber im angloamerikanischen Raum eine weniger restriktive Interpretation, vgl. Haller (2000), S. 14. Ein Überblick über das matching principle in den USA, Großbritannien und nach IAS findet sich bei Strobl (1994), S. 410 ff.

der Differenz zwischen den in der Berichtsperiode realisierten Erträgen und Aufwendungen, die erforderlich sind, um diese Erträge zu generieren. Der Erfolgsrechnung bzw. dem so ermittelten Periodenerfolg wird eine zentrale Bedeutung im Rahmen des Jahresabschlusses beigemessen. Dieser Auffassung folgend kommt der Bilanz dagegen eine nachrangige Bedeutung zu. Die Bilanz dient demnach nicht so sehr der Vermögensermittlung, sondern vorrangig der Erfassung der noch nicht aufwands- oder ertragswirksam verrechneten Zahlungen.

Das accrual principle spiegelt sich in mehreren Ansatzvoraussetzungen wider, die – neben der noch zu erläuternden Erfüllung der Definitionsmerkmale – für die Erfassung von Erträgen und Aufwendungen im Jahresabschluss gelten. So werden nach dem Concept Statement No. 5 des FASB Erträge grundsätzlich dann im Abschluss erfasst, wenn sie sowohl „realised or realizable“136 als auch „earned“137 sind.138 Für die Erfassung der Aufwendungen gilt, dass sie den Verbrauch von Ressourcen im Rahmen der Herstellung von Gütern und Services widerspiegeln muss.139 Auch die Frameworks des IASB und des ASB verweisen auf die für die Erfassung der Erträge und Aufwendungen maßgeblichen Konzepte der Realisation und des „matching“ von Erträgen und Aufwendungen.140

Diese fundamentalen stromgrößenorientierten Grundsätze der Erfolgserfassung werden jedoch in der heutigen angloamerikanischen Rechnungslegung von einer bilanztheoretischen Sichtweise überlagert, welche die gegenwärtige Konzeption der angloamerikanischen Rechnungslegung maßgeblich prägt und als asset-liability view bzw. asset-liability approach bezeichnet wird.141 Gemäß dieser bilanztheoretischen Sichtweise wird der Periodenerfolg als der in der Periode erzielte eigentümerbezogene Vermögenszuwachs (change in owners’ equity) verstanden.142 Vermögenswerte (assets) und Schulden (liabilities) stellen die zentralen Elemente des Abschlusses dar.143 Andere Abschlusselemente werden als Differenzen bzw. Veränderungen dieser Hauptelemente ermittelt. Befürworter dieser bestandsgrößenorientierten Sichtweise betonen zwar die zentrale Stellung der Bilanz als Instrument der Vermögenser-

136 137 138 139 140 141

142

143

Zur Definition vgl. FASB, SFAC No. 5, Par. 83a. Zur Definition vgl. FASB, SFAC No. 5, Par. 83b. Vgl. FASB, SFAC No. 5, Par. 83 f. Vgl. FASB, SFAC No. 5, Par. 85. Vgl. IASB, F. 92 f., F.94 ff.; ASB, SP, Par. 5.28 ff., 5. 33 ff. Vgl. Haller (1994), S. 222 ff.; Gerbaulet (1999), S. 11 f. Zu einer umfassenden Darstellung des assetliability view vgl. Sprouse/Moonitz (1962). Davon ausgenommen werden Vermögensänderungen, die auf Transaktionen mit Anteilseignern zurückgehen. Verrechnungsposten, die den Kriterien eines asset oder einer liability nicht entsprechen, dürfen in der Bilanz nicht angesetzt werden.

43

mittlung, erkennen aber gleichzeitig die Bedeutung der Erfolgsrechnung als Instrument der Darstellung von Vermögensänderungen während der Berichtsperiode an.144

Die bestandsgrößenorientierte Sichtweise spiegelt sich u. a. in den Definitionen der Erträge und Aufwendungen wider. Der FASB, IASB und ASB verwenden leicht abweichende Definitionen, die jedoch im Kern auf den gleichen Sachverhalt abzielen. Sämtlichen Definitionen von Erträgen und Aufwendungen in den einschlägigen Rahmenkonzepten liegt ein konstituierendes Merkmal zugrunde: Erträge und Aufwendungen resultieren aus Veränderungen von Vermögenswerten145 und/oder Schulden146 (= Gesamtvermögen) und führen zu Veränderungen des Eigenkapitals (= Reinvermögen), die nicht auf Transaktionen mit Anteilseignern147 zurückzuführen sind.148 Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass jede nicht eigentümerbezogene Veränderung von Vermögenswerten oder Schulden zur Entstehung von Abschlusselementen führt, die definitionsgemäß Erträge und Aufwendungen darstellen. Da keine weiteren Abschlusselemente in Frage kommen, und das System der doppelten Buchführung die Erfassung von Gegenposten verlangt, muss zwangsläufig bei jeder Veränderung des Gesamtvermögens149, das nicht auf eine Kapitalzuführung oder -entnahme durch Anteilseigner zurückgeht, ein Ertrag oder ein Aufwand erfasst werden. Die Frage nach der Erfassung der Erträge und Aufwendungen entscheidet sich somit bereits auf der Ebene der einzelnen Ansatz- und Bewertungsvorschriften für Vermögenswerte und Schulden.150

Der beschriebene „Automatismus“ der Erfassung von Erträgen bei der (nicht-eigentümerbezogenen) Veränderung der Bilanzwerte von Vermögenswerten und Schulden wird im

144 145

146

147

148

149

150

44

Vgl. Gerbaulet (1999), S. 13 m. w. N. Bei der Definition von Vermögenswerten wird dabei in allen drei Rahmenkonzepten auf einen zukünftigen wirtschaftlichen Nutzen abgestellt, der wahrscheinlich ist, in der Verfügungsmacht des Unternehmens steht und ein Ergebnis von Ereignissen der vergangenen Geschäftsvorfälle darstellt, vgl. FASB, SFAC No. 6, Par. 25; IASB, F.49; ASB, SP, Par. 4.6. Bei der Definition von Schulden stehen (mögliche) künftige Vermögensminderungen, die auf gegenwärtigen Verpflichtungen basieren und aufgrund vergangener Geschäftsvorfälle zustande gekommen sind, im Mittelpunkt, vgl. FASB, SFAC No. 6, Par. 35; IASB, F.49; ASB, SP, Par. 4.23. Transaktionen mit Anteilseignern umfassen Einlagen und Entnahmen des Eigenkapitals (letztere auch in Form von Dividenden). Vgl. FASB, SFAC No. 6, Par. 78-.83, i. V. m. Par. 64; IASB, F.70; ASB, SP, Par. 4.39. Der ASB geht auf die Entstehung von Erträgen und Aufwendungen nicht explizit ein und definiert diese als Erhöhungen bzw. Minderungen des Eigenkapitals (ownership interest), die nicht auf Transaktionen mit Anteilseignern zurückgehen. Da jedoch ownership interest als eine Residualgröße (Vermögensgegenstände abzüglich Schulden) definiert wird, ergibt sich inhaltlich kein Unterschied zu den Definitionen des FASB und des IASB. Es gilt die Voraussetzung, dass der Zunahme bzw. der Abnahme von Vermögenswerten oder Schulden nicht eine kompensierende Gegenbewegung von Vermögenswerten oder Schulden entgegensteht. Die aus dem accrual principle resultierenden Ansatzvoraussetzungen greifen somit nicht umittelbar. Sie können ihre Wirkung nur über die Ansatz- und Bewertungsvorschriften für die Vermögenswerte und Schulden entfalten.

Rahmenkonzept des IASB, F.92 explizit festgehalten: „Income is recognised in the income statement when an increase in future economic benefits related to an increase in an asset or a decrease of a liability has arisen that can be measured reliably. This means, in effect, that recognition of income occurs simultaneously with the recognition of increases in assets or decreases in liabilities […]“. In Bezug auf die Erfassung von Aufwendungen wird vom IASB entsprechend festgestellt, dass „[…] recognition of expenses occurs simultaneously with the recognition of an increase in liabilities or a decrease in assets […]“151. Zusammenfassend kann an dieser Stelle festgehalten werden, dass die Erfassung der Erträge und Aufwendungen in der heutigen angloamerikanischen Rechnungslegung durch ein Nebeneinander beider bilanztheoretischen Sichtweisen gekennzeichnet ist. Es kann dennoch von einer relativ stark ausgeprägten Dominanz des asset-liability approach gesprochen werden. Diese Dominanz und die damit einhergehende zentrale Bedeutung der bestandsgrößenorienterten Definition der Erträge und Aufwendungen führt u. a. dazu, dass die oben erläuterten Definitionen von Erträgen und Aufwendungen auch unrealisierte Erträge und Aufwendungen einschließen.152 Die relative Nachrangigkeit der stromgrößenorientierten Sichtweise im Vergleich zur bestandsgrößenorientierten Sichtweise spiegelt sich auch in der Handhabung des matching principle wider. Obwohl die einschlägigen Rahmenkonzepte ausführen, dass die Aufwandserfassung grundsätzlich der Ertragserfassung folgt, darf das matching principle nicht zum Ansatz von Bilanzposten führen, welche die Definitionen von Vermögenswerten und Schulden nicht erfüllen.153 Der Definition von Vermögenswerten und Schulden wird somit eine höhere Priorität eingeräumt als der reinen Periodenabgrenzung.154 Dadurch wird nochmals die Sichtweise hervorgehoben, dass Erfolgselemente Ergebnis von Veränderungen von Vermögenswerten und Schulden darstellen.

151 152 153 154

IASB, F.94. Vgl. z. B. explizit IASB, F.76 und F.80. Vgl. z. B. IASB, F.95; ASB, SP, 5.29. Zu diesem und zum nächsten Satz vgl. Hollmann (2003), S. 52, m. w. N. in Bezug auf das matching principle unter IAS.

45

2.2.3.1.2

Grundlegende Gewinnbegriffe und Accounting-Verfahren der anloamerikanischen Rechnungslegung

2.2.3.1.2.1

Comprehensive Income und Clean Surplus Accounting

In der heutigen angloamerikanischen Rechnungslegung werden parallel mehrere Gewinnbegriffe verwendet. Als „bottom line“ (Ergebnis) werden „profit/loss“, „earnings“, „net income“, „net profit/loss“ aber auch „comprehensive income“, „total recognised income and expense“ oder „total gains and losses“ ermittelt.155 Die unterschiedlichen Begriffe lassen sich inhaltlich auf zwei Grundkategorien zurückführen: net income und comprehensive income.

Der Begriff des comprehensive income wurde ursprünglich durch den FASB geprägt. Der USamerikanische Standardsetzer hat bereits Anfang der achtziger Jahre den damals in der Rechnungslegungspraxis weitgehend unbekannten Begriff des comprehensive income in seinem Rahmenkonzept verankert. Dieser Begriff hat sich inzwischen im angloamerikanischen Raum etabliert. Unter comprehensive income wird einheitlich, im Einklang mit der FASBDefinition156, die Summe sämtlicher Veränderungen des Eigenkapitals innerhalb einer Periode verstanden, die nicht auf Transaktionen mit Anteilseignern beruhen.

Der Begriff des comprehensive income entspricht somit der bestandsgrößenorientierten bilanztheoretischen Sichtweise, die den Erfolg als nicht-eigentümerbezogene Gesamtvermögensänderung der Periode versteht. Die Abgrenzung der nicht-eigentümerbezogenen Transaktionen von den Transaktionen mit Anteilseignern ist vor allem für Anteilseigner von großer Bedeutung. Denn so kann zwischen den Ergebnissen der Investition und Desinvestition, die insbesondere unter dem Blickwinkel der Eigenkapitalgeber einen bloßen Wertetransfer darstellen, einerseits und den Ergebnissen wertgenerierender Aktivitäten andererseits unterschieden werden.157 Das Konzept des comprehensive income entspricht somit der Eigenkapitalgeber-Perspektive, die auch den angloamerikanischen Rahmenkonzepten zugrunde liegt.

Der Gewinnbegriff des comprehensive income ist ein all-inclusive-Gewinnbegriff. Definitionsgemäß erfasst er sämtliche sich aus bilanziell zu berücksichtigenden Wertänderungen er-

155

156 157

46

Vgl. z. B. IASB, IAS 1.IG, F.69; ASB, FRS 3, Illustrative Examples; FASB, SFAC No. 1, Par. 43 f., SFAC No. 5, Par. 11 und Par. 30 ff. Vgl. FASB, SFAC No. 5, Par. 39. Vgl. Penman (2003), S. 82; Penman (2001), S. 244.

gebende Gewinne und Verluste, d. h. sämtliche nicht-eigentümerbezogene Eigenkapitalveränderungen in einer Periode, unabhängig von dem Entstehungsgrund, von der Häufigkeit des Eintretens, von deren gewöhnlichem oder außergewöhnlichem Charakter etc.158 Das comprehensive income entspricht somit dem all-inclusive income concept, auch clean surplus accounting genannt. Nach diesem Konzept werden sämtliche Erträge und Aufwendungen der Periode erfolgswirksam in einer Erfolgsrechnung berücksichtigt. Eine erfolgsneutrale Erfassung von Erfolgsbestandteilen außerhalb der Erfolgsrechnung ist nach diesem Konzept nicht möglich.159

Hinter dem Konzept des clean surplus accounting verbirgt sich die Sichtweise, dass sämtliche Erträge und Aufwendungen unabhängig von ihrer Häufigkeit, ihrem gewöhnlichen oder außergewöhnlichen Charakter etc. zur langfristigen Rentabilität bzw. Ertragskraft des Unternehmens beitragen.160 Das clean surplus accounting und der Gewinnbegriff des comprehensive income entsprechen einem umfassenden Verständnis der financial performance. Nach diesem Verständnis wird die financial performance als Ergebnis sämtlicher Transaktionen, die zur nicht-eigentümerbezogenen Änderung des bilanziellen Reinvermögens in der Periode beigetragen haben, gesehen. Dieser Auffassung entsprechend soll die Erfolgsrechnung – im Einklang mit der Eigenkapitalgeberperspektive der angloamerikanischen Rechnungslegung – umfassend über alle Quellen der „value added to the shareholder“161 informieren.162

Eine wichtige Eigenschaft des clean surplus accounting ist darin zu sehen, dass es die Einhaltung des Kongruenzprinzips (im angloamerikanischen Schrifttum als clean surplus accounting relation bekannt) garantiert. Bei Kongruenz ergibt sich der Buchwert des Reinvermögens (= Eigenkapitals) als Summe aus dem Eigenkapital der Vorperiode und des Gewinns der Periode abzüglich der in der Periode gezahlten Dividenden. Diese Relation wird nur dann eingehalten, wenn alle Erträge und Aufwendungen der Periode in der Erfolgsrechnung berücksichtigt werden.

Das Kongruenzprinzip ist für die Rechnungslegung von fundamentaler Bedeutung. In einem Rechnungslegungssystem, das das Konguenzprinzip beachtet, entspricht die Summe der Peri-

158 159 160 161 162

Vgl. Holzer/Ernst (1999), S. 355, in Bezug auf das all-inclusive income concept. Vgl. Penman (2001), S. 238. Vgl. Holzer/Ernst (1999), S. 355 m. w. N. Penman (2003), S. 82. Vgl. sinngemäß Penman (2003), S. 82.

47

odenerfolge dem Totalerfolg des Unternehmens.163 Der Totalerfolg entspricht der Summe aller Einzahlungen und Auszahlungen über seine gesamte Lebensdauer (Totalperiode), abzüglich der Einlagen und der nicht-dividendenbezogenen Entnahmen der Eigenkapitalgeber.164 Eine wichtige Funktion des Kongruenzprinzips liegt entsprechend darin, dass es die periodischen Erfolgsrechnungen miteinander zeitlich verknüpft und damit die Unternehmen bilanzpolitisch diszipliniert.165 Zwar können einzelne Periodenerfolge gezielt bilanzpolitisch beeinflusst werden, die Summe der Periodenerfolge bleibt aber davon unberührt. Eine bilanzpolitische Periodenerfolgsgestaltung findet dann in der Folgezeit immer eine erfolgsrechnerische Umkehrung.166

2.2.3.1.2.2

Net Income und Dirty Surplus Accounting

Für den Gewinnbegriff des net income, der eher der stromgrößenorientierten bilanztheoretischen Sichtweise zuzuordnen ist, existiert im Unterschied zum comprehensive income keine einheitliche und präzise Definition. Im Allgemeinen wird unter net income eine Teilmenge sämtlicher in der Periode erfassten Erträge und Aufwendungen verstanden, die im Rahmen der herkömmlichen Gewinn- und Verlustrechnung ermittelt wird. M. a. W. ergibt sich net income als Summe sämtlicher nicht-eigentümerbezogenen Veränderungen des Eigenkapitals während der Berichtsperiode abzüglich bestimmter spezifizierter Erträge und Aufwendungen, welche derzeit erfolgsneutral berücksichtigt werden. Mit dem net income korrespondiert das Verständnis

der

financial

performance

als

eine

Teilmenge

sämtlicher

nicht-

eigentümerbezogenen Transaktionen der Periode. Entsprechend soll das performance statement nur bestimmte, vorselektierte Transaktionen abbilden. In der Frage, welche Erträge und Aufwendungen im Einzelnen bei der Ermittlung des net income auszuschließen sind bzw. welche Erträge und Aufwendungen die financial performance nicht repräsentieren, existiert

163 164

165

166

48

Vgl. z.B. Schmalenbach (1926), S. 96; Linsmeier u. a. (1997), S. 122. Hollmann (2003), S. 96, definiert den Totalerfolg als Summe aller Einzahlungen und Auszahlungen über die gesamte Lebensdauer des Unternehmens (Totalperiode) und bezieht damit die Einlagen und die nichtdividendenbezogenen Entnahmen der Eigentümer in die Definition ein. Diese sind jedoch weder der Wertschöpfung noch der Verwendung des erwirtschafteten Erfolges zuzurechnen, stellen somit einen wertneutralen Kapitaltransfer zwischen dem Unternehmen und den Anteilseignern dar, und sollen daher bei der Definition des Totalerfolges unberücksichtigt bleiben. Vgl. Hollmann (2003), S. 96. Zur Einhaltung des Kongruenzprinzips im Hinblick auf die Totalperiode bei der Anwendung des dirty surplus accounting und zur Funktion des recycling vgl. den Abschnitt 2.2.3.1.2.3. Vgl. Hollmann (2003), S. 96; Schildbach (1999), S. 1814.

kein internationaler Konsens. Die Abgrenzung des net income in unterschiedlichen Rechnungslegungssystemen erfolgt daher nicht einheitlich.167

Das net income wird gegenwärtig in der angloamerikanischen Rechnungslegung im Rahmen eines Verfahrens ermittelt, das oft als dirty surplus accounting168 bezeichnet wird. Bei der Anwendung des dirty surplus accounting werden bestimmte Erfolgskomponenten in Umgehung der eigentlichen Erfolgsrechnung im Eigenkapital gebucht.169

Obwohl das clean surplus accounting aufgrund seines all inclusive-Charakters mit hohen Ergebnisvolatilitäten verbunden sein kann, wurde es in der Vergangenheit uneingeschränkt angewendet.170 Erstmals wurde das Prinzip des clean surplus accounting im angloamerikanischen Raum mit Inkrafttreten der Regelungen zur Währungsumrechnung durchbrochen. Die weitere, von den Standardsetzern vorangetriebene Ausweitung der fair value-Bewertung einerseits und die Schwierigkeiten der Konsensfindung bezüglich der erfolgswirksamen Erfassung der Erfolgskomponenten aus der fair value-Bewertung andererseits führten zu den konzeptionell nicht begründeten und auf ad hoc-Basis herbeigeführten Kompromissen. Diese bestanden darin, bestimmte Ergebnisbeiträge aus der fair value-Bewertung in Umgehung der Gewinn- und Verlustrechnung im Eigenkapital zu erfassen. Derzeit wird das clean surplus accounting im angloamerikanischen Raum durch zahlreiche Regelungen, die eine erfolgsneutrale Erfassung von bestimmten Ergebnisbeiträgen vorsehen, durchbrochen (vgl. Abbildung 5).

Das net income und das dirty surplus accounting wird u. a. mit dem current operating performance concept in Verbindung gebracht, demzufolge in der Erfolgsrechnung ausschließlich übliche und wiederkehrende Ergebnisse zu erfassen sind. Unübliche bzw. unregelmäßig auftretende Erträge und Aufwendungen sind nach dieser Auffassung nicht in der Erfolgsrechnung zu erfassen, da diese keinen Indikator für die zukünftige Ertragskraft darstellen.171

167

168

169 170

171

Zu den Posten, die derzeit nach US-GAAP, nach UK-GAAP und nach IFRS erfolgsneutral in Umgehung der Erfolgsrechnung gebucht werden vgl. die Abbildung 5 sowie die Ausführungen in den Abschnitten 4.1.4.1.1, 4.2.4 und 4.3.4.1.1. Die offensichtlich negative Besetzung des Begriffes wird von Kritikern dieser Vorgehensweise oft mit der Unvollständigkeit des so ermittelten Gewinns begründet. So z. B. Penman (2001), S. 238: „The terms are pejorative, and appropriately so. Under dirty-surplus accounting the income in the income statement is not ,clean’, it is not complete.“ Vgl. Penman (2001), S. 238. Vgl. Holzer/Ernst (1999), S. 356. Darüber hinaus hätte „ein möglicherweise begründetes Abweichen von der Clean Surplus Theory […] vor rund zwei Jahrzehnten noch als eine der „Todsünden“ der Bilanzierung gegolten.“, Holzer/Ernst (1999), S. 356. Vgl. Holzer/Ernst (1999), S. 356; Kieso/Weygandt/Warfield (2001), S. 133 m. w. N.

49

Abbildung 5: Wesentliche Posten, die nach US-GAAP und nach IFRS außerhalb der Gewinnund Verlustrechnung erfasst werden („dirty surplus items“)

Posten

US-GAAP

IFRS

NA

X

X

X

X

NA

X

X

X

X

X

X

Neubewertung von Sachanlagevermögen und von immateriellen Vermögenswerten (IAS 16 und IAS 38) Fremdwährungsgewinne und -verluste in Zusammenhang mit den Investitionen in die ausländischen Teileinheiten (SFAS 52, IAS 21) Additional minimum pension liability (SFAS 87) Unrealisierte Gewinne und Verluste aus available-for-saleFinanzinstrumenten (SFAS 115, IAS 39) Unrealisierte Gewinne und Verluste aus derivativen Finanzinstrumenten im Rahmen der Cash Flow Hedges (SFAS 133, IAS 39) Bestimmte Posten in Zusammenhang mit Ertragsteuern (SFAS 109, IAS 12) Legende:

NA - nicht anwendbar X - Posten, die erfolgsneutral, außerhalb der Gewinn- und Verlustrechnung erfasst werden

172

Quelle: In Anlehnung an Barker (2004), S. 158.

Ein weiteres, für die Abgrenzung des net income oft herangezogenes Konzept ist das Konzept des management control. Mit diesem Konzept ist die Vorstellung verbunden, dass bei der 172

50

Einige dieser Posten werden nach ihrer Realisierung in die Gewinn- und Verlustrechnung zurückgeführt (sog. recycling), andere jedoch nicht. Zur Definition und zur Funktion des recycling vgl. den nachfolgenden Abschnitt. Zur Handhabung der recycling-Procedere unter US-GAAP und IFRS vgl. die Ausführungen im Kapitel 4 dieser Arbeit.

Messung der Performance eines Unternehmens nur die Transaktionen bzw. Ereignisse zu berücksichtigen sind, die der Kontrolle des Managements unterliegen. Folglich dürfen Ergebnisse der Transaktionen, die außerhalb der Kontrolle des Managements liegen bzw. das Ergebnis exogener Einflüsse darstellen, keinen Eingang in die Erfolgsrechnung finden.173

Besonders oft aber wird die Frage der Abgrenzung des net income mit dem Konzept der Realisation in Verbindung gebracht. Unter Realisation wird im angloamerikanischen Raum – im Einklang mit der im Statement of Financial Accounting Concepts (SFAC) No. 6, Par. 143, des FASB gegebenen Definition – die Umwandlung von nicht-monetären Ressourcen und Rechten in liquide Mittel oder Forderungen durch den Umsatzakt am Markt verstanden. Die Anwendung des Realisationsprinzips als Selektionskriterium für die Bestimmung der Elemente, die in die Erfolgsrechnung aufzunehmen sind, führt zu der Forderung, die (noch) nicht realisierten Erfolgsbestandteile außerhalb der Erfolgsrechnung zu erfassen.

Keines dieser Konzepte kann die heutige Abgrenzung des net income, die sich de praxi als Differenzgröße aus der gesamten Menge der Aufwendungen und Erträge abzüglich der durch einzelne Standards bestimmten dirty surplus items ergibt, stichhaltig begründen bzw. erklären. Dies ist auch nicht überraschend, denn „the rules for reporting earnings have been developed piecemeal, over many years, usually in response to particular urgent problems. They have not been related to a set of basic concepts”174. Das heutige net income stellt eine heterogene Größe dar, die durchaus Bestandteile beinhaltet, die – je nach Standpunkt – als nonoperating und/oder außerhalb des management control und/oder unrealisiert betrachtet werden können.

Ungeachtet der fehlenden konzeptionellen Fundierung und des nicht klar definierten Aussagegehaltes kommt der Gewinngröße net income im heutigen Wirtschaftsleben eine außerordentlich große Bedeutung zu. Net income wird nach wie vor von zahlreichen Wirtschaftsakteuren als sehr wichtiger, wenn nicht als zentraler performance-Indikator gewertet.175 Es wird als Basis für die Kalkulation weiterer sehr bedeutender Kennzahlen (wie z. B. Gewinn pro Aktie) verwendet.176 Die Gewinngröße net income besitzt daher eine hohe Signalwirkung im 173 174 175

176

Vgl. Barker (2004), S. 162. Vgl. FASB (1979), zitiert nach Barker (2004), S. 158-159. Vgl. ASBJ (2002), S. 2; Kerkhoff/Diehm (2005), S. 343. Coenenberg betrachtet net income als den „globalen Erfolgsmaßstab“, vgl. Coenenberg (2005), S. 966. Obinata spricht sogar vom „the principal indicator of corporate performance in accounting history“, Obinata (2002), S. 2. Vgl. hierzu z. B. Eriksson (2005), S. 4; Yamada (2005), S. 21.

51

Rahmen der Finanzmarktkommunikation.177 Es ist darüber hinaus in eine Vielzahl von Verträgen eingebettet und stellt die Grundlage für die Bemessung bedeutender vertraglicher Ansprüche (z. B. Mitarbeitervergütungen) dar.178

2.2.3.1.2.3

Das Procedere des „Recycling“

Ein integraler Bestandteil des in der heutigen angloamerikanischen Rechnungslegung praktizierten dirty surplus accounting stellt das recycling dar. Unter recycling wird in der angloamerikanischen Rechnungslegung allgemein das Verfahren verstanden, wonach dieselben Erfolgskomponenten im Jahresabschluss in mehr als einer Periode erfasst werden, weil die Art der Erfolgskomponente („the nature of the item“179) in bestimmter Hinsicht als verändert betrachtet wird.180 Dabei werden die betroffenen Erfolgskomponenten entweder aus einem Abschlussbestandteil in einen anderen überführt (z. B. aus dem Eigenkapitalspiegel in die Gewinn- und Verlustrechnung) oder zwischen den Sektionen desselben Abschlussbestandteils transferiert (z. B. zwischen den Kategorien der Erfolgsrechnung).181

Das recycling, also die „Wiederverwendung“ von Erfolgskomponenten wird generell dann durchgeführt, wenn diese realisiert182 werden. Meist wird daher unter recycling vereinfachend das Verfahren verstanden, bei dem die ursprünglich außerhalb der Gewinn- und Verlustrechnung erfolgsneutral erfassten Wertänderungen bei deren Realisierung in die Gewinn- und Verlustrechnung umgebucht werden.183

Das Verfahren des recycling kann anhand des folgenden Zahlenbeispiels veranschaulicht werden.184 Angenommen, ein Unternehmen erwirbt am 20.01.2006 Wertpapiere im Wert von

177 178 179 180

181 182 183

184

52

In diesem Sinne auch ASBJ (2002), S. 2; Schuster (2005), S. 3. Vgl. Eriksson (2005), S. 4; Yamada (2005), S. 5. IASC Steering Committee on Reporting Financial Performance (2001), Par. B45. Vgl. Cearns (1999), Par. 4.1; IASC Steering Committee on Reporting Financial Performance (2001), Par. B45. Vgl. IASC Steering Committee on Reporting Financial Performance (2001), Par. B45. Zum Begriff der „Realisation“ vgl. den vorangegangenen Abschnitt. Dies ist die meistverbreitete Form des recycling. Aber auch die Umbuchung von Erfolgsbestandteilen z. B. aus einem statement of comprehensive income in das konventionelle income statement oder durch die Realisation der Erfolgskomponenten ausgelöste Transfer von Erträgen und Aufwendungen zwischen den Sektionen einer umfassenden Erfolgsrechnung fällt unter die oben angeführte allgemeine Definition des recycling. In Anlehnung an IASB/FASB (2005b).

600.000 Geldeinheiten und ordnet sie dem available-for-sale-Bestand zu. Zum 31.12.2006 ist der Marktwert der Wertpapiere auf 515.000 Geldeinheiten gesunken. Am 12.02.2007 werden die Wertpapiere für 500.000 Geldeinheiten verkauft.

Nach den vom Unternehmen anzuwendenden Rechnungslegungsnormen müssen availablefor-sale-Wertpapiere zum fair value bewertet werden, wobei die entsprechenden Wertänderungen zunächst erfolgsneutral zu erfassen sind. 185 Wenn diese Finanzinstrumente am Markt umgesetzt („realisiert“) werden, sind die bis dahin erfolgsneutral erfassten Beträge in die Gewinn- und Verlustrechnung zu transferieren. Die entsprechenden Buchungen sehen wie folgt aus186:

20.01.2006: Wertpapiere

600.000 GE Liquide Mittel

600.000 GE

31.12.2006: Kumulierte nicht-eigentümerbezogene Änderungen des Eigenkapitals (unrealisierte Verluste aus Wertpapieren)

85.000 GE

Wertpapiere

85.000GE

12.02.2007: Liquide Mittel

500.000 GE

Realisierte Verluste aus Wertpapieren

100.000 GE

Wertpapiere Kumulierte nicht-eigentümerbezogene

515.000 GE 85.000 GE

Änderungen des Eigenkapitals

185 186

Das geschilderte Verfahren entspricht der Vorgehensweise nach IAS 39.55(b) und nach SFAS 115.13. Die Steuereffekte wurden in diesem Beispiel ausgeklammert.

53

In einer Erfolgsrechnung können die oben geschilderten Transaktionen wie folgt widergespiegelt werden (vgl. Abbildung 6)187:

Abbildung 6: Schematische Darstellung des recycling in einer Erfolgsrechnung

2006

2007

Umsatzerlöse

0

0

Verluste aus Wertpapieren

0

(recycling)

-85.000188 -15.000

Net Income Kumulierte nicht-eigentümerbe-

0 -85.000

-100.000 (Korrekturbuchung)

85.000

zogene Änderungen des Eigenkapitals Comprehensive Income

-85.000

-15.000

Quelle: In Anlehnung an IASB/FASB (2005b).

In einem Rechnungslegungssystem, in dem das dirty surplus accounting angewandt wird, wird vom Verfahren des recycling eine wichtige Funktion übernommen, die wie folgt dargestellt werden kann.

Da beim dirty surplus accounting bestimmte Erträge und Aufwendungen außerhalb der Erfolgsrechnung erfasst werden, führt die Anwendung dieses Verfahrens zur Verletzung des Kongruenzprinzips. Denn, wie oben dargelegt, wird das Kongruenzprinzip nur dann eingehalten, wenn alle Erträge und Aufwendungen der Periode in der Erfolgsrechnung berücksichtigt werden. Wird das Kongruenzprinzip verletzt, entspricht die Summe der Periodenerfolge nicht

187

188

54

Da in unterschiedlichen Rechnungslegungskreisen die Darstellung des comprehensive income, des net income und der erfolgsneutral erfassten Erfolgsbestandteile unterschiedlich geregelt ist, werden auch bezüglich des recycling leicht abweichende Darstellungsmodi angewandt. Die inhaltliche Vorgehensweise bleibt aber immer gleich. Die Abbildung 6 soll den Mechanismus des recycling inhaltlich erläutern und geht auf diese (geringen) Darstellungsunterschiede unter US-GAAP, UK-GAAP und IFRS nicht ein. Nach den derzeit geltenden Regelungen der IFRS und der US-GAAP wird im Ausweis nicht zwischen den Erträgen und Aufwendungen aus dem recycling-Verfahren und den Erträgen und Aufwendungen der laufenden Periode unterschieden. Die getrennte Darstellung in dieser Abbildung erfolgt, um die entsprechenden Effekte deutlicher darstellen zu können.

dem Totalerfolg des Unternehmens. Die bei Kongruenz gegebene zeitliche Verknüpfung einzelner periodischer Erfolgsrechnungen wird damit aufgelöst.

Durch das recycling wird diese Verknüpfung wieder hergestellt, indem die zuvor erfolgsneutral erfassten Erfolgskomponenten in einer späteren Periode in die Erfolgsrechnung übernommen werden.189 Das recycling dient somit bei der Anwendung des dirty surplus accounting der Wahrung des Kongruenzprinzips im Hinblick auf die Totalperiode.

Gleichzeitig unterstützt der Mechanismus des recycling das accrual principle im Hinblick auf die Erfassung der Erfolgskomponenten in der heutigen Gewinn- und Verlustrechnung. Das recycling soll sicherstellen, dass Erträge und Aufwendung erst dann in die Gewinn- und Verlustrechnung gelangen, wenn sie realisiert sind. Allerdings bezieht sich diese Wirkung nur auf diejenigen unrealisierten Erträge und Aufwendungen, die im Einklang mit den Einzelvorschriften zunächst erfolgsneutral, im Eigenkapital gebucht wurden. Da in der heutigen angloamerikanischen Rechnungslegung bestimmte unrealisierte Erfolgskomponenten aus der fair value-Bewertung direkt in die Erfolgsrechnung gelangen, werden in der Gewinn- und Verlustrechnung im Endeffekt sowohl realisierte als auch unrealisierte Erfolgskomponenten ausgewiesen.190

2.2.3.2

Abgrenzung des Performance Statement im Sinne der Konzeption dieser Arbeit

2.2.3.2.1

Festlegung der Inhalte der Erfolgsrechnung

Nachdem in den vorangegangenen Abschnitten der theoretische Hintergrund der Gewinnermittlungskonzeption der angloamerikanischen Rechnungslegung erläutert wurde, widmet sich dieser Abschnitt der Beantwortung der zentralen Frage, welcher Gewinnbegriff der Abgrenzung des performance statement in einer informationsorientierten Rechnungslegung zugrunde gelegt werden soll. M. a. W. wird in diesem Abschnitt der Frage nachgegangen, ob in einer

189

190

Diese Aussage gilt natürlich nur dann, wenn ein lückenloses recycling sämtlicher zuvor im Eigenkapital erfassten Erträge und Aufwendungen stattfindet. Dies ist z. B. nach IFRS nicht immer der Fall. Vgl. hierzu die Ausführungen im Abschnitt 4.3.4.1.1. Zur Rolle des Realisationsprinzips vgl. vertiefend die Ausführungen im Abschnitt 2.2.4.2.2.2.4.

55

Erfolgsrechnung grundsätzlich sämtliche Erträge oder Aufwendungen der Periode oder nur eine bestimmte Teilmenge der Erträge und Aufwendungen zu berücksichtigen sind.

Hier wird die Auffassung vertreten, dass der Abgrenzung der Erfolgsrechnung grundsätzlich ein Konzept zugrunde gelegt werden soll, das eine eindeutige, nachvollziehbare und transparente Zuordnung von Jahresabschlusselementen zu diesem Informationsinstrument ermöglicht, und somit die Vergleichbarkeit der Erfolgsrechnungen und im Endeffekt auch die Verlässlichkeit der Informationsvermittlung unterstützt.

Nur auf diesem Wege ist es möglich, die Erfüllung der in dieser Arbeit abgeleiteten allgemeinen Anforderungen an die Gestaltung der Erfolgsrechnung191 in ihrer Gesamtheit zu gewährleisten. Werden bei der Abgrenzung der Erfolgsrechnung die in dieser Arbeit als Nebenbedingungen formulierten Kriterien der Vollständigkeit, der Vergleichbarkeit, der Verständlichkeit und der Verlässlichkeit beachtet, ist es möglich, im nächsten Schritt durch eine zweckmäßige Disaggregation und Gruppierung der Erfolgskomponenten mit unterschiedlichen Charakteristika die Erfüllung des zentralen Kriteriums der Relevanz sicherzustellen.

Werden dagegen bereits bei der Abgrenzung der Erfolgsrechnung bestimmte als nicht relevant betrachtete Erfolgskomponenten aus der Erfolgsrechnung ausgeschlossen, so wird das Kriterium der Vollständigkeit verletzt. Gelingt es nicht, eine allgemein anerkannte konzeptionelle Plattform für die Identifikation der aus der Erfolgsrechnung auszuschließenden Erfolgskomponenten zu entwickeln, wird auch das Kriterium der Vergleichbarkeit nicht erfüllt. Im Endeffekt können die nicht miteinander vergleichbaren, unvollständigen, im Einzelfall nicht immer nachvollziehbar abgegrenzten Erfolgsrechnungen auch das anfangs avisierte Hauptziel – die Bereitstellung entscheidungsrelevanter Informationen – nicht erfüllen.

Aus dem Gesagten folgt, dass das Konzept des net income in der heutigen Ausprägung keine geeignete Grundlage für die Abgrenzung der Erfolgsrechnung bildet. Wie dargelegt, stellt das heutige net income „ein Gemenge an in einzelne Standards eingeflossene Kompromisse […]“192 dar, „die ein Gesamtkonzept vermissen lassen“193. Es ist bis heute nicht gelungen,

191 192 193

56

Vgl. hierzu den Abschnitt 2.1.4. Haller/Schloßgangl (2003), S. 317. Haller/Schloßgangl (2003), S. 317.

eine konzeptionell stringente und allgemein anerkannte Definition des net income zu entwickeln. 194

Diese Schwierigkeiten sind grundsätzlich als „in der Natur der Sache liegend“ zu betrachten. Die in der Praxis existierende Vielfalt der Abgrenzungen von net income und die Vielzahl der für die Abgrenzung herangezogenen Konzepte stellen keinen Zufall dar. Sie spiegeln die Tatsache wider, dass eine theoretisch unbegrenzte Anzahl von Möglichkeiten existiert, eine Teilmenge des comprehensive income festzulegen.195 In Abwesenheit einer allgemein anerkannten theoretischen Plattform und in Abhängigkeit von der spezifischen Interessenlage können Argumente gefunden werden, die den Ausschluss von bestimmten Erfolgskomponenten aus dem net income oder umgekehrt die Berücksichtigung von bestimmten Erfolgskomponenten innerhalb des net income unterstützen. Aus diesem Grunde ist es außerordentlich schwierig, einen internationalen und branchenübergreifenden Konsens in der Frage der Abgrenzung des net income herbeizuführen.

Mit dem Konzept des comprehensive income liegt dagegen ein Konzept vor, das eine konzeptionell fundierte, klare und widerspruchsfreie Abgrenzung der Erfolgsrechnung ermöglicht. Nach diesem Konzept sind sämtliche Posten, die die Definitionen der Erträge und Aufwendungen erfüllen, in der Erfolgsrechnung zu erfassen. Die Eigenschaft eines Jahresabschlusselements als Ertrag oder Aufwand ist somit für die Erfassung in der Erfolgsrechnung bestimmend.

Diese Vorgehensweise ist transparent, basiert auf einer allgemein anerkannten Definition und steht im Einklang mit den einschlägigen Rahmenkonzepten. Sie entspricht grundsätzlich der Eigenkapitalgeber-Perspektive der angloamerikanischen Rechnungslegung, indem sie sämtliche Quellen der Wertschöpfung aus der Sicht der Anteilseigner aufzeigt.

Die auf dem Konzept des comprehensive income basierende Abgrenzung der Erfolgsrechnung stellt darüber hinaus die durch dirty surplus accounting aufgebrochene Verbindung der Er-

194

195

Vgl. z. B. die knappen, sehr wage gehaltenen und z. T. widersprüchlichen Begründungen des FASB zur Erfassung einzelner Sachverhalte im other comprehensive income, zu finden in den jeweiligen Basis for Conclusions, vgl. SFAS 130.84, SFAS 115.94, SFAS 52.113 und SFAS 133.338. Vgl. IASB (2005b), S. 4.

57

folgsrechnung und der bilanziellen Bewertung wieder her und unterstützt somit die Konsistenz und die Geschlossenheit des gesamten Regelwerkes.196

In der Diskussion über die Abgrenzung der Erfolgsrechnung wird von Opponenten des comprehensive income-Ansatzes oft vorgebracht, dass die heutigen dirty surplus items nachweislich eine geringe Prognoserelevanz besitzen und daher außerhalb der Erfolgsrechnung auszuweisen sind.197 In der Tat bestätigen empirische Forschungen die geringe wahrgenommene Relevanz dieser Posten, was auf die „Andersartigkeit“ dieser Posten schließen lässt.198 Diese „Andersartigkeit“ bedeutet aber nicht, dass diese Erträge und Aufwendungen aus der Erfolgsrechnung ausgeschlossen werden sollen. Auch dirty surplus items, die nach derzeitigen Regelungen außerhalb der Gewinn- und Verlustrechnung erfasst werden, können Informationen übermitteln, die für bestimmte Analysezwecke von Bedeutung sind. Sie geben z. B. Aufschluss über die latente Risikostruktur des Unternehmens und über die Strategien des Managements bei der Absicherung (bzw. Nicht-Absicherung) dieser Risiken.

Bei der Erfassung der dirty surplus items außerhalb der Erfolgsrechnung können diese Faktoren – insbesondere von nicht-professionellen Jahresabschlussnutzern – leicht übersehen werden. So weisen z. B. Leibfried/Amann darauf hin, dass die erfolgsneutral erfassten Ergebnisbeiträge, welche von den nach US-GAAP und IFRS bilanzierenden Unternehmen ausgewiesen werden, in der öffentlichen Diskussion in Deutschland bislang zu kurz kommen.199 Nach Darstellung der Autoren werden Finanzvorstände der Unternehmen mit hohen Beträgen im other comprehensive income200 nur in äußerst seltenen Fällen mit Fragen seitens der Anleger und Analysten zu den betreffenden Positionen konfrontiert.201 Dabei erreichen die erfolgsneutral erfassten Ergebnisbeiträge mittlerweile beträchtliche Ausmaße und können insbesondere in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten die als net income ausgewiesenen Ergebnisbeiträge überschreiten. So berichteten 2001 Unternehmen des DAX 100 insgesamt ein net income von 26.805 Mio. €. Das im selben Zeitraum erwirtschaftete negative other comprehensive in196

197 198

199 200

201

58

So weist auch die American Accounting Association auf die vielfache disziplinierende Wirkung des clean surplus accounting hin, vgl. Linsmeier u. a. (1997), S. 122. Zur Diskussion vgl. z. B. IASB/FASB (2005a). Vgl. z. B. Cheng/Cheung/Gopalakrishnan (1993), S. 195 ff.; Dhaliwal/Subramanyam/Trezevant (1999), S. 43 ff.; Cahan/Courtenay/Gronewoller/Upton (2000), S. 1273 ff. Vgl. Leibfried/Amann (2002), S. 197. Es ist hier nochmals darauf hinzuweisen, dass der Begriff other comprehensive income, welcher aus dem SFAS 130 stammt, in den IFRS nicht explizit erwähnt wird. Aufgrund der inhaltlichen Gleichheit mit der Beschreibung des IAS 1.88 (überarbeitet 1997) wird dieser Begriff von Leibfried/Amann als Sammelbegriff für die im Eigenkapital erfassten Ergebnisbeiträge verwendet, vgl. hierzu Leibfried/Amann (2002), S. 191, Fn. 4. Vgl. Leibfried/Amann (2002), S. 197.

come erreichte 27.634 Mio. €. Wären somit alle direkt im Eigenkapital erfassten Ergebnisbeiträge sofort im Rahmen der Gewinn- und Verlustrechnung erfasst worden, wären die Jahresgewinne der DAX 100-Unternehmen insgesamt negativ ausgefallen (vgl. Abbildung 7).202

Seitens der Jahresabschlussnutzer wurden bereits in der Vergangenheit verschiedentlich Bedenken gegen die Erfassung von Erfolgskomponenten außerhalb der Erfolgsrechnung zum Ausdruck gebracht.203 So äußerte die Vereinigung der Finanzanalysten Association for Investment Management and Research (AIMR) bereits in ihrem 1993 veröffentlichten und viel beachteten Bericht Financial Reporting in the 1990s and Beyond ein Unbehagen über die zunehmende Anzahl von Erträgen und Aufwendungen, die in Umgehung der Gewinn- und Verlustrechnung direkt im Eigenkapital erfasst wurden.204 AIMR hat sich in diesem Zusammenhang deutlich für eine konsequente Umsetzung des comprehensive income-Konzeptes ausgesprochen.205

Abbildung 7: Gewinn- und Verlustrechnung der Unternehmen des DAX 100 in 2001

30.000

Net Income Other Comprehensive Income Comprehensive Income

20.000 10.000 0 -10.000 -20.000 -30.000

2001 Gesamt

US-GAAP (23)

IAS (40)

Quelle: Knorr (2003), S. 3.

202 203 204 205

Vgl. Leibfried/Amann (2002), S. 196. Vgl. Gerbaulet (1999), S. 60 m. w. N. Vgl. AIMR (1993), S. 63. Vgl. AIMR (1993), S. 62 ff.

59

Diese Organisation, die 2004 in das CFA Institute (Chartered Financial Analyst Institute) umbenannt worden ist,206 hat sich auch im neuen, 2005 veröffentlichten Bericht A Comprehensive Business Reporting Model: Financial Reporting for Investors207 mit Fragen des Erfolgsausweises befasst. Die nach eigenen Angaben weltweit größte Vereinigung von Finanzanalysten208 fordert darin mit Nachdruck eine lückenlose, vollständige Erfassung sämtlicher nicht-eigentümerbezogenen Erfolgselemente in einer Erfolgsrechnung.209 Die Erfolgsrechnung darf laut dem Bericht nicht auf die Darstellung von Elementen beschränkt sein, die allgemein als Performance-Indikatoren anerkannt sind. Nach Ansicht der Verfasser des Berichts sollen Investoren und nicht Manager der berichterstattenden Unternehmen darüber entscheiden, welche Erfolgselemente bei der Beurteilung der Unternehmensperformance von Bedeutung sind: „We believe that performance assessment is the responsibility of the investor, not managers. The statement of net assets will allow the investor to select those items that are pertinent to the investor’s particular perspective, analytic requirements, and objectives. Such a statement would continue to meet the needs of all users of financial statements and at the same time provide the richer dataset that long-term common equity investors need.”210

Wie im Kapitel 4 dieser Arbeit noch dargelegt wird, lässt der bisherige Verlauf der Performance Reporting-Projekte ein Bestreben der angloamerikanischen Standardsetzer erkennen, die Abgrenzung der Erfolgsrechnung auf das comprehensive income-Konzept umzustellen. Diese Bestrebungen werden insbesondere von den Vertretern der bilanzierenden Unternehmen mit großem Unbehagen beobachtet und scharf kritisiert.211 Größte Sorge gilt dabei einer möglichen Substitution des bisherigen net income durch das comprehensive income als Endsumme der Erfolgsrechnung und damit verbundenen möglichen Auswirkungen auf das Entscheidungverhalten der Anleger.212

206

207 208

209

210 211 212

60

Informationen zum CFA Insitute sind im Internet abrufbar unter: http://www.cfainstitute.org/support/about/ overview.html (Stand 20.02.2006). Vgl. CFA Institute (2005). Vgl. kritisch zu diesem Bericht Kampmann/Schwedler (2006), UNICE (2006). Derzeit gehören dieser Vereinigung weltweit 79.000 Finanzanalysten an, vgl. hierzu Kampmann/Schwedler (2006), S. 1, Fn. 3. Einige Autoren stellen allerdings die Frage, inwieweit die einzelnen Mitglieder bei der Vorbereitung des Berichts in den Meinungsprozess einbezogen wurden, vgl. in diesem Sinne Kampmann/Schwedler (2006), S. 1, Fn. 3; UNICE (2006), S. 2. Vgl. im Folgenden CFA Institute (2005), S. 30. Diese umfassende Erfolgsrechnung wird im Bericht als Statement of Changes in Net Assets Available to Common Shareowners, verkürzt Statement of Changes in Net Assets oder auch Statement of Net Assets bezeichnet, vgl. CFA Institute (2005), S. 30. CFA Institute (2005), S. 30. Vgl. z. B. World Accounting Report, July 2005, S. 3. Vgl. z. B. IASB (2006), ED IAS 1.BC14.

Um mögliche Missverständnisse zu vermeiden, sollen an dieser Stelle zwei wichtige Implikationen der umfassenden Abgrenzung der Erfolgsrechnung erläutert werden.

Zum einen ist darauf hinzuweisen, dass eine umfassende Abgrenzung der Erfolgsrechnung den Ausweis des net income oder einer vergleichbaren Größe nicht ausschließt. Wie dargelegt, wird die Größe net income – trotz der fehlenden konzeptionellen Fundierung und der mangelhaften Abgrenzung – von einer großen Zahl der Wirtschaftsakteure als der zentrale performance-Indikator wahrgenommen. Diese Gewinngröße stellt daher derzeit einen festen Bestandteil der ökonomischen Realität dar. Diesem Umstand kann Rechnung getragen werden, indem die Gewinngröße net income in das Erfolgsspaltungskonzept des zu entwickelnden Erfolgsausweisformats integriert wird. Der Ausweis des net income oder einer vergleichbaren Ergebnisgröße kann im Rahmen einer umfassenden Erfolgsrechnung z. B. in Form einer (ggf. optisch hervorgehobenen) Zwischensumme erfolgen.

Zum anderen ist zu betonen, dass die hier befürwortete umfassende Abgrenzung des performance statement nicht dahingehend missverstanden werden soll, dass das dort ermittelte Ergebnis ein zentrales performance-Maß darzustellen und somit net income in dieser Funktion zu ersetzen hat. Vielmehr ist mit der umfassenden Abgrenzung des performance statement die Vorstellung verbunden, dass das hochkomplexe „Phänomen“ financial performance sich nicht allein in einer einzigen „bottom-line“ (oder in einigen wenigen Kennzahlen) reflektieren lässt.213 Diese Überlegung findet ihre Entsprechnung in Ergebnissen zahlreicher Befragungen von Finanzanalysten, welche zeigen, dass diese wichtige Gruppe der Jahresabschlussadressaten das net income lediglich als eine Ausgangsgröße bei der Erstellung von Analysen verwendet.214 Auch die Tatsache, dass Finanzanalysten zunehmend individuell erstellte Kennzahlen verwenden215, deutet darauf hin, dass die Performance eines Unternehmens nicht allein mit einigen wenigen Kennzahlen zutreffend erfasst werden kann.

Es ist auch darauf hinzuweisen, dass angesichts der Heterogenität der Adressaten der Rechnungslegung und der Unterschiedlichkeit ihrer Informationsbedürfnisse es prinzipiell nicht möglich ist, ein für alle passendes performance-Maß festzulegen. Die Erfüllung des RelevanzKriteriums wird daher im Rahmen eines umfassenden, als multi-user konzipierten performan-

213 214 215

Vgl. hierzu Linsmeier u. a. (1997), Par. 1.3. Vgl. statt vieler FASB (2002), S. 3. Vgl. z.B. IASB/FASB (2005a).

61

ce statement durch eine hinreichend tiefe Disaggregation und eine zweckmäßige Gruppierung der Erfolgskomponenten mit unterschiedlichen Charakteristika angestrebt.

Basierend auf den in diesem Abschnitt dargelegten Überlegungen wird hier daher die Forderung aufgestellt, sämtliche Erfolgselemente, die die Definitionen der Erträge und Aufwendungen erfüllen, entsprechend einer konsequenten Umsetzung des comprehensive incomeKonzeptes in der Erfolgsrechnung der Periode zu erfassen.

2.2.3.2.2

Beurteilung des „Recycling“

Das recycling stellt – wie im Abschnitt 2.2.3.1.2 dargelegt – einen integralen Bestandteil der auf dem dirty surplus accounting basierenden Rechnungslegung dar. Dieses Verfahren ermöglicht die Rückführung derjenigen Erfolgskomponenten in die Erfolgsrechnung, die zuvor außerhalb der Erfolgsrechnung erfasst wurden. Dadurch werden die in einer Periode begangenen Kongruenzverstöße in einer anderen Periode wieder „geheilt“. Die zuvor aufgelöste Verbindung einzelner Periodenrechnungen wird wieder hergestellt.

Diese wichtige Funktion des recycling darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass dieses Verfahren seine Bedeutung und seine Berechtigung aus den Mängeln des dirty surplus accounting ableitet. Das Verfahren des recycling spiegelt, generell gesehen, die in der heutigen angloamerikanischen Rechnungslegung zu beobachtende fehlende Verknüpfung des Ausweises in der Bilanz und in der Gewinn- und Verlustrechnung wider und stellt das Ergebnis der Bestrebungen dar, eine fair value-Bewertung unter der (zumindest teilweisen) Beibehaltung des bisherigen net income zu ermöglichen.

Bei einer konsequenten Umsetzung des comprehensive income-Konzeptes durch das clean surplus accounting, die hier befürwortet wird, wird die beschriebene Funktion des recycling nicht benötigt. Sämtliche Erträge und Aufwendungen werden in der Periode ihrer Entstehung in der Erfolgsrechnung erfasst, so dass Kongruenzverstöße nicht entstehen. Das Kongruenzprinzip wird in einer auf dem clean surplus accounting basierenden Rechnungslegung sowohl im Hinblick auf die Totalperiode als auch im Hinblick auf Einzelperioden automatisch bewahrt.

62

Gegen die Anwendung des recycling-Procedere sprechen auch weitere konzeptionelle Überlegungen. Es muss festgestellt werden, dass eine nochmalige erfolgswirksame Erfassung von Erfolgskomponenten mit den in den jeweiligen Rahmenkonzepten verankerten Definitionen von diesen Jahresabschlusselementen nicht vereinbar ist. Wie dargelegt, stellt eine Zunahme oder Abnahme von Vermögenswerten und/oder Schulden ein konstituierendes Merkmal der Erträge und Aufwendungen nach den einschlägigen Rahmenkonzepten dar. Eine nochmalige Erfassung von „wieder verwendeten“ Erfolgselementen ist nicht mit einer Zunahme oder Abnahme von Vermögenswerten oder Schulden verbunden. Sie stellt lediglich eine technische Buchung dar, um den jeweiligen Betrag aus dem temporären „Aufbewahrungsort“ (z. B. Eigenkapital) in die Gewinn- und Verlustrechnung zu transferieren. Diese konzeptionelle Kritik gilt unabhängig davon, ob es sich um einen Transfer aus dem Eigenkapital, aus einem zweiten performance statement oder aus einer anderen Sektion desselben performance statement handelt.

Neben konzeptionellen Gründen sprechen auch praktische Überlegungen gegen den recycling approach. So können insbesondere die im Zusammenhang mit der Umbuchung des realisierten Betrages in die Gewinn- und Verlustrechnung vorzunehmenden Korrekturbuchungen sehr missverständlich wirken.216 Diese Korrekturbuchungen sehen auf den ersten Blick wie direkt im Eigenkapital (IFRS) bzw. im other comprehensive income (US-GAAP) erfasste Aufwendungen und Erträge aus (vgl. auch Abbildung 6). Sie besitzen jedoch keinerlei materielle Bedeutung, da es sich lediglich um buchungstechnische Vorgänge zur Vermeidung von Doppelerfassungen im comprehensive income handelt.217

Darüber hinaus führt das Procedere des recycling im Rahmen der heutigen Ausweisformate dazu, dass der Periodenbezug der Erträge und Aufwendungen in der Erfolgsrechnung verwischt wird. Die aus dem recycling stammenden Erfolgskomponenten werden in der angloamerikanischen Erfolgsrechnung derzeit nicht getrennt ausgewiesen. Sie werden somit mit den Erträgen und Aufwendungen vermengt, die aus der erfolgswirksamen fair valueBewertung der aktuellen Periode stammen. Der Ursprung der „wiederverwendeten“ Erfolgskomponenten als Erträge und Aufwendungen aus Vorperioden ist somit nicht erkennbar.

216 217

Vgl. hierzu weiterführend Gerbaulet (1999), S. 177 und S. 222. Vgl. Gerbaulet (1999), S. 177.

63

Aus diesen Überlegungen folgt, dass das recycling von Erträgen und Aufwendungen in einer auf dem clean surplus accounting basierenden informationsorientierten Rechnungslegung abzulehnen ist.

2.2.3.3

Präsentationsformat der Erfolgsrechnung

Ist die grundsätzliche Frage nach den Inhalten und der Abgrenzung eines statement of financial performance beantwortet, bleibt noch die sehr bedeutende Frage nach dem geeigneten Präsentationsformat. In diesem Zusammenhang werden grundsätzlich drei Ausweismöglichkeiten diskutiert:218

(1) Ausweis der Erfolgsbestandteile in einer Erfolgsrechnung und in einem Eigenkapitalspiegel (statement of changes in equity approach), (2) Ausweis der Erfolgsbestandteile in zwei Erfolgsrechnungen (two-statement approach), (3) Ausweis sämtlicher Erfolgsbestandteile in einer einzigen Erfolgsrechnung (onestatement approach).

Diese drei Varianten lehnen sich an die Darstellungsalternativen des SFAS 130 für das comprehensive income219 an und decken sämtliche nach den Vorschriften des FASB, ASB und IASB derzeit zugelassene Ausweisformate ab.220

Beim one-statement approach wird die herkömmliche Erfolgsrechnung um die erfolgsneutral erfassten Erträge und Aufwendungen erweitert. Diese erweiterte Erfolgsrechnung beinhaltet somit sämtliche Komponenten der Gewinn- und Verlustrechnung und zusätzlich die erfolgsneutral erfassten Aufwendungen und Erträge. Das net income kann dabei als eine Zwischensumme beibehalten werden (muss aber nicht). Die Endsumme dieser erweiterten Erfolgsrechnung entspricht dem comprehensive income.

218 219 220

64

Vgl. Johnson/Lennard (1998), Par. 2.14. Vgl. hierzu ausführlich Abschnitt 4.1.4. Vgl. Johnson/Lennard (1998), Par. 2.14; Hollmann (2003), S. 92. Zu weiteren Ausführungen in diesem Abschnitt vgl. auch Hollmann (2003), S. 92 ff.

Beim two-statement approach wird die herkömmliche Gewinn- und Verlustrechnung unverändert beibehalten. Zusätzlich wird eine zweite Erfolgsrechnung aufgestellt. Diese zweite Erfolgsrechnung beginnt mit dem Ergebnis laut der Gewinn- und Verlustrechnung (net income), listet die erfolgsneutral erfassten Erträge und Aufwendungen auf und schließt mit dem comprehensive income als Endsumme. Diese zweite Erfolgsrechnung stellt somit eine Art Überleitungsrechnung vom Ergebnis der Gewinn- und Verlustrechnung zum comprehensive income dar.

Beim statement of changes in equity approach werden die erfolgsneutral erfassten Erträge und Aufwendungen ausschließlich im Rahmen des Eigenkapitalspiegels dargestellt. Die Gewinn- und Verlustrechnung wird unverändert beibehalten.

Ad (1) Ausweis der Erfolgsbestandteile in einer Erfolgsrechnung und in einem Eigenkapitalspiegel

Wie bereits dargestellt, ist die Unterscheidung zwischen den Transaktionen, die einen reinen Kapitaltransfer darstellen, und den wertgenerierenden Transaktionen wichtig. Diese Unterscheidung ist insbesondere für die Eigenkapitalgeber von Bedeutung, denn „The shareholder invests to add value. He or she therefore wants a clear distinction between changes in equity that are due to investment and disinvestment (share issues, share repurchases and dividends) from changes in equity that are from earnings that add value“221.

Die der Erfolgsrechnung und dem Eigenkapitalspiegel ursprünglich zugedachten unterschiedlichen Aufgaben basieren auf dieser fundamentalen Unterscheidung. Während die Erfolgsrechnung die Ertragslage des Unternehmens darzustellen hat222, ist es die primäre Aufgabe des Eigenkapitalspiegels, die Entwicklung einzelner Eigenkapitalpositionen vom Eröffnungsbilanzsaldo zum Schlussbilanzsaldo darzustellen.223

Der Eigenkapitalspiegel hat somit einen bilanzbezogenen Charakter: er erläutert die Entwicklung des in der Bilanz ausgewiesenen Abschlusselements „Eigenkapital“.224 Ertäge und Auf-

221 222 223 224

Penman (2003), S. 82. Vgl. z. B. IASB, F.19. Vgl. Johnson/Lennard (1998); Hollmann (2003), S. 95; Zülch (2005), S. 54. Vgl. Hollmann (2003), S. 95.

65

wendungen sind dagegen erfolgsbezogene Abschlusselemente. Sie bilden Ergebnisse wertgenerierender Aktivitäten ab.

Bei der Abbildung von erfolgsneutral erfassten Erträgen und Aufwendungen im Eigenkapitalspiegel wird die Funktionstrennung zwischen der Erfolgsrechnung und dem Kapitalspiegel undeutlich. Denn ein um erfolgsneutral erfasste Erträge und Aufwendungen erweiterter Eigenkapitalspiegel übernimmt zusätzlich die Funktion einer zweiten Erfolgsrechnung. Aufgrund der primär bilanzbezogenen Funktion des Eigenkapitalspiegels wird eine derartige „Zusatzfunktion“ von Abschlussnutzern nicht unbedingt erwartet.225 Dadurch entsteht die Gefahr, dass die im Eigenkapitalspiegel ausgewiesenen Erfolgsbestandteile von Jahresabschlussnutzern übersehen oder missverstanden werden.

Wie im Kapitel 3 noch aufgezeigt wird, bestätigen Ergebnisse empirischer Untersuchungen diese These.226 Einige experimentelle Studien227 belegen, dass entscheidungsrelevante Informationen bei der Darstellung im Eigenkapitalspiegel oft als solche nicht erkannt werden, da das Hauptaugenmerk der Bilanzleser auf die Gewinn- und Verlustrechnung gerichtet ist. Die Darstellungsalternative „Eigenkapitalspiegel“ unterstützt daher nicht die Verbesserung der Entscheidungsrelevanz der zu liefernden Informationen, die in dieser Arbeit als zentrale Anforderung an eine zweckmäßige Gestaltung der Erfolgsrechnung festgelegt wurde (Kriterium der Relevanz). Darüber hinaus verletzt eine derartige Darstellung von Erfolgsbestandteilen die als Nebenbedingungen festgelegten Kriterien der Verständlichkeit, der Vollständigkeit und der Verlässlichkeit228.

Dass die Darstellung bestimmter Komponenten der Ertragslage im Eigenkapitalspiegel keine geeignete Alternative darstellt, wurde auch von der G4+1-Gruppe erkannt. Diese gemeinsame Position der beteiligten Standardsetzer wurde in ihrem 1998 veröffentlichten Diskussionspapier wie folgt festgehalten: „For those reasons, the working group concluded that a statement of changes in equity is not an adequate statement in the long term for reporting financial per-

225 226 227

228

66

Vgl. Hollmann (2003), S. 95. In diesem Sinne auch Zülch (2005), S. 95. Vgl. hierzu ausführlich Abschnitt 3.3.1.2. So insbesondere die Studien von Hirst/Hopkins (1998) und Maines/McDaniel (2000), die im Abschnitt 3.3.1.2 kommentiert werden. Das letztere Kriterium (Verlässlichkeit) wird verletzt, weil eine glaubwürdige Darstellung nicht mehr gewährleistet ist.

formance. Instead, all items of financial performance should be reported in a statement that does not include any items unrelated to financial performance.“229

Ad (2) und (3) Ausweis der Erfolgsbestandteile in zwei Erfolgsrechnungen oder in einer einzigen Erfolgsrechnung Nach der Hypothese der mittelstrengen Informationseffizienz der Kapitalmärkte230 kommt es bei der Bildung der Marktpreise nur darauf an, dass eine Information öffentlich verfügbar ist, nicht aber auf die Form der Publikation.231 Demnach würde es c. p. keine Rolle spielen, ob Informationen über die Ertragslage in einem oder in zwei Statements dargestellt werden. Forschungsarbeiten in Psychologie und Studien über menschliches Informationsverhalten zeigen aber deutlich, dass die Form der Darstellung die Beurteilung von Informationen durch den Informationsempfänger sowie deren Entscheidungsverhalten beeinflussen kann.232

Wie im Fall des Eigenkapitalspiegels ist mit der Darstellung von Erfolgskomponenten in zwei Erfolgsrechnungen die Gefahr verbunden, dass bestimmte Teile von Informationen durch eine übermäßige Fokussierung auf eine Teilrechnung übersehen bzw. als weniger wichtig empfunden werden.233 Diese Informationskomponenten büßen dann an wahrgenommener Relevanz ein.234 Darüber hinaus besteht ein weiterer Nachteil der Präsentation in mehreren Erfolgsrechnungen darin, dass der Abschlussnutzer sich zunächst die Informationen zusammensuchen muss. Dies führt zu einer Erhöhung des Analyseaufwands.

Auch hat die Association for Investment Management and Research (AIMR) bereits 1993 darauf hingewiesen, dass Analysten es als mühsam empfinden, an verschiedenen Stellen ausgewiesene Erträge und Aufwendungen zu lokalisieren und für Beurteilungszwecke zusammenzuführen. AIMR hat in diesem Zusammenhang festgestellt, dass „Financial statement users need in one place all the data reporting an enterprise’s economic activity, which they then may sort out to suit their own purposes“235.

229 230 231 232 233 234 235

Johnson/Lennard (1998), Par. 3.10. Zum Konzept und zu den Graden der Informationseffizienz vgl. Wagenhofer/Ewert (2003), S. 104 ff. Vgl. Wagenhofer/Ewert (2003), S. 110 m. w. N. Vgl. weiterführend Hirst/Hopkins (1998), S. 57. Vgl. Johnson/Lennard (1998), Par. 3.18. So auch Gerbaulet (1999), S. 212; Hollmann (2003) S. 98 f. Vgl. Hollmann (2003), S. 99. AIMR (1993), S. 64.

67

Die Nachfolgeorganisation des AIMR, das CFA Insitute, hat auch in ihrem 2005 veröffentlichten Bericht wiederholt den Umstand kritisiert, dass Erfolgselemente weiterhin in unterschiedlichen Bestandteilen von financial statements dargestellt werden und für die Analysezwecke zusammengeführt werden müssen.236 Das CFA Institute hat darauf hingewiesen, dass dies den Analyseaufwand erheblich erhöht.237 Die Vereinigung der Finanzanalysten hat sich in ihrem neuen Bericht für die Erfassung sämtlicher Erfolgselemente in einer einzigen Erfolgsrechnung (single statement) ausgesprochen.238

Durch die Darstellung sämtlicher Erfolgskomponenten in einer einzigen Erfolgsrechnung hat der Abschlussnutzer die Möglichkeit eines unmittelbaren Überblicks über alle Erträge und Aufwendungen eines Unternehmens.239 Dies erhöht die Vergleichbarkeit und die Verständlichkeit der Erfolgsrechnung. Der Ausweis sämtlicher Erfolgskomponenten in einer einzigen Erfolgsrechnung entspricht am besten dem Kriterium der Vollständigkeit und stellt eine konzeptionell konsequente Umsetzung des comprehensive income-Konzeptes und des Kongruenzprinzips dar.

Es kann somit festgehalten werden, dass der Ausweis sämtlicher Erträge und Aufwendungen in einer einzigen Erfolgsrechnung (one-statement approach) dem Ausweis in zwei Erfolgsrechnungen (two-statement approach) vorzuziehen ist.240 Er stellt auch im Vergleich zu einem teilweisen Ausweis im Eigenkapitalspiegel die bessere Alternative dar.

2.2.4 2.2.4.1

Strukturierung der Erfolgsrechnung Gestaltungsfreiheit des Gliederungsschemas

Bevor die zentrale Problematik einer geeigneten Erfolgsspaltung erläutert wird, soll zunächst die Frage beantwortet werden, inwieweit die Gliederung einer Erfolgsrechnung hinsichtlich

236 237 238 239 240

68

CFA Institute (2005), S. 6. CFA Institute (2005), S. 6. CFA Institute (2005), S. 6, 30. Vgl. Hollmann (2003), S. 98. Zu diesem Schluss gelangte auch die G4 +1 Gruppe, vgl. Johnson/Lennard (1998), Par. 3.19; Cearns (1999), Par. 2.5.

Anzahl der auszuweisenden Posten, deren inhaltlicher Konkretisierung, Bezeichnung und der Reihenfolge der Posten verbindlich vorgegeben werden soll.241

Eine mögliche Alternative wäre es, auf die Vorgabe eines Gliederungsschemas vollständig zu verzichten. In diesem Fall würde es im Ermessen des bilanzierenden Unternehmens liegen, eine Klassifizierung und Gruppierung der Erfolgskomponenten vorzunehmen und die Bezeichnung sowie die Reihenfolge der jeweiligen Posten und Zwischensummen in der Erfolgsrechnung festzulegen. Diese Vorgehensweise hätte den Vorteil, dass das bilanzierende Unternehmen ein auf seine Besonderheiten abgestimmtes Gliederungsschema entwickeln könnte. Dies könnte u. U. die Relevanz der dargestellten Informationen erhöhen. Es ist jedoch offensichtlich, dass auf diesem Wege keine zwischenbetriebliche Vergleichbarkeit der Abschlüsse erreicht werden kann. Darüber hinaus würde auch die Verständlichkeit der Erfolgsrechnung darunter leiden, da die Abschlussnutzer sich mit den Besonderheiten und Inhalten individueller Gliederungen vertraut machen müssten, was hohe Kosten nach sich ziehen würde. Eine Erhöhung der Informationsrelevanz ist dagegen nur unter der Bedingung möglich, dass das bilanzierende Unternehmen transparent und verständlich darlegt, welche Inhalte welchen Posten zugewiesen wurden.

In diesem Zusammenhang darf auch die mit einer voll flexiblen Gliederung verbundene Gefahr eines Missbrauchs zum Zwecke des Gewinnmanagements nicht außer Acht gelassen werden. Sind der Inhalt, die Bezeichnungen und die Reihenfolge der Posten nicht eindeutig vorgegeben, kann das bilanzierende Unternehmen unerwünschte Ergebnisbestandteile und Ergebnisentwicklungen den Abschlussnutzern gegenüber verschleiern und bestimmte Erfolgskomponenten unverhältnismäßig hervorheben.242 Der Abschlussnutzer würde somit dazu verleitet, unzutreffende Schlussfolgerungen im Hinblick auf die Entscheidungsrelevanz einzelner Informationen zu ziehen.

Aus diesen Überlegungen folgt, dass im Rahmen einer informationsorientierten Rechnungslegung die Vorgabe eines verbindlichen Gliederungsschemas mit einer gewissen Mindestgliederungstiefe, mit dem festgelegten Inhalt der Posten und der verbindlichen Bezeichnung sowie der Reihenfolge der Posten zweckmäßig und notwendig ist. Als ein möglicher Anhaltspunkt für ein derartiges Mindestgliederungsschema kann das im § 275 HGB kodifizierte handels-

241 242

Zu den weiteren Ausführungen in diesem Abschnitt vgl. Hollmann (2003), S. 103 ff. Vgl. Hollmann (2003), S. 103.

69

rechtliche Gliederungsschema für die Gewinn- und Verlustrechnung dienen.243 Eine empirische Untersuchung von Baetge244 zeigt, dass die tiefe und einheitliche handelsrechtliche Gliederung von Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung eine zutreffendere Beurteilung von Unternehmen erlaubt als eine weniger detaillierte und weniger einheitliche Gliederung nach US-GAAP.245

Im Hinblick auf die Erhöhung der Informationsrelevanz sollte ergänzend erlaubt sein, – analog der Regelung des § 265 Abs. 5 HGB –, im Rahmen der vorgegebenen Gliederung zusätzliche Untergliederungen einzelner Posten vorzunehmen oder zusätzliche Posten hinzuzufügen. Die Einfügung von unternehmensspezifischen Zwischenergebnissen soll dagegen nicht gestattet sein, da eine derartige Option die Darstellung von subjektiv bestimmten und nicht vergleichbaren pro forma earnings246 im Rahmen einer Erfolgsrechnung begünstigen würde.

2.2.4.2 2.2.4.2.1

Gliederung und Gruppierung von Erfolgskomponenten Ebenen der Disaggregation innerhalb der Erfolgsrechnung

In den vorangegangen Abschnitten wurde bereits auf die Rolle der Disaggregation von Erfolgskomponenten für die Verbesserung der Prognoserelevanz der Erfolgsrechnung hingewiesen. Es gilt inzwischen als allgemein anerkannt, dass eine strukturierte Darstellung der Erfolgskomponenten einen höheren Informationsgehalt hat als eine aggregierte Erfolgsgröße, die oftmals hinsichtlich Stabilität, Vorhersehbarkeit und Risiko stark voneinander abweichende Ergebniswirkungen zusammenfasst.247 Der höhere Informationsgehalt ist darauf zurückzuführen, dass eine disaggregierte Erfolgsdarstellung eine bessere Prognose zukünftiger Erfolge ermöglicht. Auch die Rahmenkonzepte des FASB, IASB und ASB betonen übereinstimmend die Rolle der Disaggregation und der strukturierten Darstellung der Erfolgskomponenten für die Aussagefähigkeit der Erfolgsrechnung.248

243 244 245 246

247 248

70

Vgl. Hollmann (2003), S. 105. Vgl. Baetge (2000), S. 35 f. Zu dieser Studie vgl. ausführlich Abschnitt 3.3.3.2. Vgl. Baetge (2000), S. 35 f.; Hollmann (2003), S. 105. Zur Problematik der Pro-forma-Berichterstattung vgl. Heiden (2006). Zu pro forma earnings vgl. auch Hillebrandt/Sellhorn (2004), S. 153 f.; Volk (2003), S. 503 ff., sowie die Ausführungen im Abschnitt 3.3.2. Vgl. Johnson/Lennard (1998), Par. 1.6 ff. Vgl. FASB, SFAC No. 6, Par. 219; IASB, F.72 f; ASB, SP, Par. 7.9 ff.

Die Disaggregation der Erfolgkomponenten wird vor allem auf zwei Ebenen unterschieden. Zum einen kann das errechnete Periodenergebnis in die Erfolgskategorien aufgegliedert werden. Dabei werden die Erträge und Aufwendungen nach bestimmten Merkmalen zu den Gruppen zusammengefasst, deren Summen dann als Zwischensummen in der Erfolgsrechnung erscheinen. Die Bildung von Erfolgskategorien wird im nachfolgenden Abschnitt 2.2.4.2.2 erläutert.

Darüber hinaus stellt sich die Frage, wie die Erfolgskomponenten unterhalb der Kategorieebene weiter aufgegliedert werden können. Es handelt sich hierbei um die unterste Ebene der Disaggregation in der Erfolgsrechnung. Im angloamerikanischen Bereich wird diese Art der Disaggregation als „line disaggregation“ bezeichnet. Dieses Thema wird im Abschnitt 2.2.4.2.3 erläutert.

2.2.4.2.2 2.2.4.2.2.1

Bildung von Erfolgskategorien Grundlegende Überlegungen und Überblick

Die Frage der Bildung geeigneter Erfolgskategorien innerhalb der Erfolgsrechnung gehört zu den schwierigsten Fragestellungen im Zusammenhang mit der Gestaltung der Erfolgsrechnung. Zwar ist die hohe Bedeutung der Aufgliederung und der Gruppierung von Erfolgskomponenten für die Verbesserung der Prognoserelevanz der Erfolgsrechnung allgemein anerkannt. In der Frage, anhand welcher Kriterien die Klassifizierung und Gruppierung einzelner Erfolgskomponenten durchgeführt werden soll, herrscht dagegen kein Konsens.

Es existieren zahlreiche Vorschläge zur Definition möglicher Kategorien, die oft durch unpräzise oder gar fehlende Abgrenzungen, Überlappungen, mangelnde konzeptionelle Fundierung und Unklarheiten bei der praktischen Umsetzung gekennzeichnet sind. So finden sich z. B. im vom ASB im Jahre 2000 vorgelegten FRED 22 folgende Ausführungen:

„The financial performance of an entity is made up of components that exhibit differing characteristics in terms of, for example, their nature, cause, function, relative continuity or recurrence, stability, risk, predictability and reliability. All these components are relevant to an assessment of financial performance and therefore need to be reported on in the statement of financial per-

71

formance, although their individual characteristics mean that some will carry more weight than others.“ 249

Diese Aussage greift mehrere mögliche Unterscheidungskriterien auf, ohne sie inhaltlich zu füllen. Insbesondere wird nicht definiert, was unter nature, cause, function etc. verstanden wird, so dass der Bilanzierende im Endeffekt ohne einen Leitfaden zur praktischen Umsetzung und ohne eine konzeptionelle Fundierung der vorgeschlagenen Dichotomien auskommen muss. Auch die jeweiligen Rahmenkonzepte weisen zwar auf die Notwendigkeit der Klassifizierung von Erfolgskomponenten hin, bieten aber nur begrenzt Unterstützung bei der Findung konkreter Erfolgsspaltungskriterien.250

Konkretere Anhaltspunkte für die Gewinnung möglicher Gliederungskriterien bieten dagegen Empfehlungen und Berichte professioneller Finanzanalysten sowie weiterer mit dem Jahresabschluss beschäftigter Berufsgruppen. Auch die G4+1-Gruppe hat in ihren Berichten mehrere Vorschläge unterbreitet.251 Die Abbildung 8 gibt einen Überblick über Vorschläge einiger wichtiger Untersuchungen und Berichte.

Aus diesen Vorschlägen lassen sich im Wesentlichen folgende Dichotomien ableiten, die der Klassifizierung und Gruppierung von Erfolgskomponenten zugrunde gelegt werden können:

x

betriebsbezogene vs. betriebsfremde Erfolgskomponente (Dichotomie „operating/non-operating“),

x

regelmäßige vs. unregelmäßige Erfolgskomponente (Dichotomie „recurring/nonrecurring“),

x

Erfolgskomponente aus Finanzierungsaktivitäten und aus der betrieblichen Tätigkeit (Dichotomie „operating/financing“),

x

realisierte vs. nicht realisierte Erfolgskomponente (Dichotomie „realised/nonrealised“),

x

Erfolgskomponente aus der fair value-Bewertung und übrige Erfolgskomponenten (Dichotomie „fair value measurement/non-fair value measurement”).

249 250

251

72

ASB (2000), FRED 22, Par. 7. Vgl. z. B. die sehr vagen Ausführungen zu möglichen Abgrenzungskriterien im F.72 (IASB) und im SFAC No. 6, Par. 6 (FASB). Vgl. Johnson/Lennard (1998), S. 31 ff. und Cearns (1999), S. 18 ff.

Abbildung 8: Vorschläge zur Gliederung und Gruppierung von Erfolgskomponenten

Quelle

Inhalt der Vorschläge

Genannte Kategorien

AIMR (Association for Investment Management and Research): Financial Reporting in the 1990s and Beyond, Charlottesville 1993, S. 63 f.

Getrennter Ausweis von Bewertungsgewinnen und -verlusten einerseits und den Resultaten der betrieblichen Tätigkeit andererseits. Trennung von realisierten und nicht realisierten Änderungen der Marktwerte. Trennung von ungewöhnlichen und einmaligen Ergebniswirkungen und Ergebnissen betrieblicher Tätigkeit. Trennung von trading items und capital items. Capital items umfassen im Wesentlichen realisierte und unrealisierte Erfolge aus der Bewertung und Veräußerung langfristiger Vermögenswerte und Schulden.

x changes in market values/ operating activities x realized changes in market value/ unrealized changes in market value x unusual and nonrecurring items/operating activities

Trennung in Kerntätigkeiten und Nebentätigkeiten. Kerntätigkeiten werden definiert als gewöhnliche oder wiederkehrende Tätigkeiten. Gewöhnliche Tätigkeiten umfassen dabei für das Unternehmen typische Aktivitäten. Das Management hat zu definieren, welche Tätigkeiten ungewöhnlich oder nicht wiederkehrend sind. Die Gruppe der Kerntätigkeiten bildet somit die Residualkategorie. Neben den Nebentätigkeiten sind noch Finanzaufwendungen zu unterscheiden. Separater Ausweis von wiederkehrenden und nicht wiederkehrenden Erfolgen, basierend auf dem Kriterium der persistence. Separater Ausweis von Ergebnissen der fair value-Bewertung. Financing items werden oft mark-to-market bewertet, operating items dagegen mit Anschaffungskosten. Daraus folgt die Notwendigkeit eines separaten Ausweises des betriebswirtschaftlichen Erfolges und des finanzwirtschaftlichen Erfolges. Definition einer neuen Kennzahl: core earnings; core earnings = sämtliche Erträge und Aufwendungen, die mit den company’s ongoing operations verbunden sind. Bestandteile der core earnings (Beispiele): Restrukturierungsaufwendungen, Aufwendungen im Zusammenhang mit stock compensation plans oder pension plans. Keine Bestandteile dieser Kennzahl sind goodwill impairments, unrealisierte Ergebnisse im Zusammenhang mit Sicherungszusammenhängen u. a.

x core activities/non-core activities and financial costs x core activities = usual + recurring items x noncore activities = unsual + nonrecurring activities

IIMR (Institute of Investment Management and Research): The Definition of IIMR Headline Earnings, Statement of Investment Practice No. 1, 1993, Appendix B, S. 25 sowie Appendix D, S. 30. AICPA (American Institute of Certified Public Accountants): Improving Business Reporting – A Customer Focus, 1994, S. 80 f.

AAA (American Accounting Association) Financial Accounting Standards Committee: An Issues Paper on Comprehensive Income, 1997, S. 124 f.

Measures of Corporate Earnings, Standards & Poor’s, 2002, S. 5 ff.

x trading items/capital items

x recurring/non-recurring x income items that are result of marking to fair value x income from operating activities/income from financing activities

x core earnings = all the revenues and costs associated with company’s ongoing operations

73

Diese Konzepte und die den Konzepten zugrunde liegenden Kriterien der Erfolgsspaltung sollen im Folgenden im Hinblick auf ihre Zweckentsprechnung, konzeptionelle Fundierung und praktische Umsetzbarkeit überprüft werden. Eine zweckmäßige Gruppierung von Erfolgskomponenten soll darauf gerichtet sein, die Prognoserelevanz der in der Erfolgsrechnung dargestellten Informationen zu erhöhen. In formeller Hinsicht ist zu fordern, dass die Kategorisierung transparent zu gestalten ist.252

2.2.4.2.2.2

2.2.4.2.2.2.1

Konzepte der Erfolgsspaltung

Getrennter Ausweis von betriebsbezogenen und betriebsfremden Erfolgskomponenten

In der Diskussion über Erfolgsspaltungskonzepte wird oft gefordert, Ergebnisse von unternehmenstypischen, für das Unternehmen zentralen Aktivitäten von den Ergebnissen der Nebenaktivitäten zu trennen. Das dieser Dichotomie zugrunde liegende Kriterium wird hier als Kriterium der „Betriebsbezogenheit“ bezeichnet.

Dieses Kriterium der Erfolgsspaltung wird oft in Kombination mit anderen Kriterien, insbesondere mit dem der „Regelmäßigkeit“, das im nachfolgenden Abschnitt erläutert wird, angewendet. Derartige Kombinationen führen zur Entstehung von Dichotomien, wie z. B. core earnings/non-core earnings, operating earnings/non-operating earnings u. Ä.253

Hinweise auf das Kriterium der Betriebsbezogenheit finden sich teilweise auch in Rahmenkonzepten angloamerikanischer Standardsetzer. So unterscheidet z. B. der FASB zwischen den revenues und gains (und parallel zwischen den expenses und losses). Revenues resultieren nach Definition des FASB in SFAC No. 6, Par. 78, aus den Aktivitäten, die „the entity’s ongoing major or central operations“ 254 konstituieren. Gains dagegen resultieren aus „periphe-

252 253 254

74

Vgl. Cearns (1999), Par. 1.4 (c). Vgl. z. B. Measures of Corporate Earnings (2002), S. 3 ff.; AICPA (1994), S. 80 ff. FASB, SFAC No. 6, Par. 78.

ral or incidental transactions“255. Eine ähnliche Unterscheidung findet sich auch im Framework des IASB.256

Die häufig geäußerte Forderung nach dem getrennten Ausweis von betriebsfremden Erfolgsbestandteilen verwundert unterdessen nicht, denn diesen Erfolgskomponenten wird zu Recht eine geringe Prognoserelevanz beigemessen. Die aus den für das Unternehmen untypischen Aktivitäten (Rand- oder Nebenaktivitäten) stammenden Erfolge geben keine Auskunft über die Struktur und das Potenzial der primären wertschaffenden Faktoren dieses Unternehmens. Sie sind aus diesem Grunde für die Prognose künftiger Unternehmenserfolge nur eingeschränkt nützlich.

Das Kriterium der Betriebsbezogenheit weist daher einen direkten Bezug zu der als Zielvariablen definierten Prognoserelevanz auf. Bei der Ausarbeitung eines Standards zum Format der Erfolgsrechnung sollte allerdings auch auf die Wahrung der in dieser Arbeit formulierten Nebenbedingungen, namentlich der Verlässlichkeit, der Vergleichbarkeit, der Vollständigkeit und der Verständlichkeit, geachtet werden. Im Zusammenhang mit der Nebenbedingung der Verlässlichkeit sollte auch eine intersubjektiv nachprüfbare Umsetzbarkeit des gewählten Erfolgsspaltungskriteriums überprüft werden. Unter diesem Gesichtspunkt erscheint ein auf dem Kriterium der Betriebsbezogenheit basierendes Erfolgsspaltungsformat aus folgenden Gründen als problematisch:

Für ein Industrieunternehmen können bestimmte Erfolgskomponenten, wie z. B. fair valueÄnderungen aus der Neubewertung von Anlageimmobilien, in vielen Fällen als betriebsfremd bzw. non-operating klassifiziert werden. Für ein Unternehmen einer anderen Branche, z. B. Immobilienhandel, werden diese Erfolgskomponenten als betriebsbezogen bzw. operating gelten. Diese Abgrenzung ist somit branchenabhängig. Darüber hinaus wird oft eine bestimmte Aktivität bei Unternehmen gleicher Branche je nach Modifikationen des Geschäftsmodells unterschiedlich eingestuft. Eine eindeutige, standardisierbare Grenze lässt sich kaum ziehen, weil diese Abgrenzung vom individuellen Geschäftsmodell des Unternehmens abhängig ist.257 255 256

257

FASB, SFAC No. 6, Par. 83. Vgl. IASB, F.74-75. Der IASB weist darauf hin, dass auch „gains“ definitionsgemäß Erträge darstellen und daher im Rahmenkonzept des IASB nicht als eigenständige Elemente des Jahresabschlusses gewertet werden. Das Rahmenkonzept des ASB beinhaltet keine derartigen Abgrenzungen. Der ASB benutzt die Begriffe „gains“ und „losses“ als Oberbegriffe und beschränkt sich auf den Hinweis, dass die genannten Termini auch die Posten, die oft als „revenue“ und „expenses“ bezeichnet werden, beinhalten, vgl. ASB, SP, Par. 4.40. Hier und zu den folgenden Ausführungen in diesem Abschnitt vgl. Barker (2004), S. 163 f.

75

Es ist auch darauf hinzuweisen, dass international tätige Konzerne aufgrund der weit verbreiteten Diversifikationsstrategien kaum noch einer Branche zuzurechnen sind.

Für einen Standardsetzer ist dies ein unbefriedigendes Ergebnis. Denn ein Rechnungslegungsstandard sollte nicht auf einer Unterscheidung basieren, die grundsätzlich nicht standardisierbar ist.

Ein möglicher Ausweg kann darin gesehen werden, dem Management des berichtspflichtigen Unternehmens die Klassifizierung zu überlassen. Jedes Unternehmen würde dann individuell bestimmen, welche seiner Aktivitäten als operating einzustufen sind. Eine solche Regelung hätte den Nachteil, dass eine zwischenbetriebliche Vergleichbarkeit der Erfolgsrechnungen nicht gewährleistet wäre. Ein weiteres Problem ist darin zu sehen, dass auch im Rahmen der Entscheidungen für ein einzelnes Unternehmen eine eindeutige, widerspruchsfreie Zuordnung aller Aktivitäten entweder zur Kategorie operating oder zur Kategorie non-operating nicht immer möglich ist. Das Kriterium „Betriebsbezogenheit“ erfordert daher bei der Anwendung einen Rückgriff auf andere Variablen, und diese sind vor allem die Häufigkeit und der Umfang der zu beurteilenden Aktivitäten. Die Häufigkeit und der Umfang stellen aber ebenfalls kontinuierliche Variablen dar. Dies führt dazu, dass auch bei jedem einzeln betrachteten Unternehmen keine eindeutige Grenze zwischen Erfolgskategorien existiert. Es handelt sich öfter nicht um eindeutig operative oder nicht-operative Aktivitäten, sondern um „mehr oder weniger“ operative oder nicht operative Tätigkeiten. Der Klassifizierung in solchen Fällen liegt somit unvermeidlich eine Ermessensentscheidung zugrunde.

Die erläuterte Problematik spiegelt sich wider in Mängeln der von den Standardsetzern verwendeten Definitionen. So empfiehlt z. B. das Statement of Financial Accounting Concepts (SFAC) No. 6 des FASB, gains und losses getrennt von den Ergebnissen der operating activities auszuweisen. Bei der Definition von gains und losses findet dieser Standardsetzer aber keinen besseren Weg, als sie als non-operating zu beschreiben.258 Es liegt eine zirkuläre Definition vor: operating earnings stellen Ergebnisse unter dem Ausschluss von gains dar, und die Letzteren werden als non-operating definiert. Auch der IASB hat keine befriedigende Definition für die gains und losses im Unterschied zu den revenues und expenses aus den ordinary activities gefunden. Der IASB definiert gains und losses als Ergebnisse, die „may, or may

258

76

Vgl. FASB, SFAC No. 6, Par. 78-84.

not, arise in the course of the ordinary activities“259. Die Ambivalenz der IASB-Definition ruft den Eindruck hervor, dass es sich hier um eine Unterscheidung handelt, die eigentlich nicht umsetzbar ist.260

Das Fazit aus diesen Überlegungen ist, dass das Kriterium der Betriebsbezogenheit sich der Standardisierung entzieht. Hier wird daher die Ansicht vertreten, dass dieses Erfolgsspaltungskriterium nicht bei der Bildung der Erfolgskategorien innerhalb der Erfolgsrechnung verwendet werden sollte.

2.2.4.2.2.2.2

Getrennter Ausweis von regelmäßigen und unregelmäßigen Erfolgskomponenten

Ein weiteres, oft diskutiertes Kriterium der Erfolgsspaltung ist das Kriterium der „Regelmäßigkeit“. Anhand dieses Kriteriums soll die Separierung der regelmäßigen, anhaltenden Erfolgskomponenten von den nicht wiederkehrenden bzw. vorübergehenden Erfolgskomponenten vorgenommen werden.

Wie beim Kriterium der Betriebsbezogenheit kann auch dem Kriterium der Regelmäßigkeit ein direkter Bezug zur Zielvariable „Prognoserelevanz“ bescheinigt werden. Denn unregelmäßige Erträge und Aufwendungen sind dem Grunde oder der Höhe nach nicht wiederkehrender Natur und daher als Prognoseindikator nur sehr eingeschränkt verwendbar.261

Die Kriterien der Betriebsbezogenheit und der Regelmäßigkeit können insofern als verwandte Konzepte charakterisiert werden, als sie beide versuchen, die zentralen, fortlaufenden Aktivitäten eines Unternehmens abzugrenzen.262 Die Identifikation der nicht wiederkehrenden Erfolge263 ist unterdessen mit ähnlichen Problemen behaftet wie die Separierung von betriebsfremden Aktivitäten. Zwischen wiederkehrenden und nicht wiederkehrenden Erfolgen lässt sich keine klare Trennlinie ziehen. So können z. B. Restrukturierungsaufwendungen je nach Beurteilungsstandpunkt als einmalig oder als wiederkehrend eingestuft werden, denn alle Or259 260 261 262 263

IASB, F.75. Vgl. Barker (2004), S. 164. Vgl. Hollmann (2003), S. 126. Zu den Ausführungen in diesem Absatz vgl. Barker (2004), S. 164. Als Bezugspunkt bei der Betrachtung der Regelmäßigkeit wird die Berichtsperiode verstanden. Die Regelmäßigkeit setzt somit die Wiederholung der Erfolge in den folgenden Berichtsperioden voraus.

77

ganisationen unter going concern-Prämisse unterliegen kontinuierlichem Wandel und Entwicklung. So werden die in Zusammenhang mit der Integration neu erworbener Geschäftsbereiche oder mit der Implementierung neuer Geschäftsstrategien stehenden Aufwendungen oft als nicht wiederkehrende Restrukturierungsaufwendungen eingestuft. Wie groß und wie verschieden soll eine interne Reorganisation sein, damit sie als Restrukturierung eingestuft werden kann? Und wie sind die dem Auslöseereignis in den nächsten Jahren folgenden Änderungen einzustufen?

Diese Fragen verdeutlichen, dass die Forderung nach einem separaten Ausweis der Kategorie von nicht wiederkehrenden Erfolgsbestandteilen für einen Standardsetzer nur schwer umsetzbar ist. Aufgrund der inhärenten Subjektivität dieses Kriteriums kann die Einhaltung der Nebenbedingungen der Vergleichbarkeit und schließlich der Verlässlichkeit nicht gewährleistet werden. Es lässt sich nur ein eindeutiger Fall von nicht wiederkehrenden Erfolgen feststellen: die Erträge und Aufwendungen aus aufgegebenen Geschäftsbereichen. Ergebnisse aufgegebener Geschäftsbereiche haben aufgrund ihres auslaufenden Charakters eine geringere Prognoserelevanz als übrige Aufwendungen und Erträge. Die Zuordnung ist relativ eindeutig und auf einer objektiven Basis möglich.264 Die Erträge und Aufwendungen aus den aufgegebenen Geschäftsbereichen sollten daher getrennt ausgewiesen werden. Eine pauschale Forderung nach dem getrennten Ausweis einer Kategorie der „nicht wiederkehrenden“ oder „unregelmäßigen“ Erfolgskomponenten erfordert dagegen Zuordnungen, die auf Ermessensentscheidungen basieren und würde zu einer künstlichen und intersubjektiv nicht nachprüfbaren Kategorisierung von Erfolgskomponenten führen.

Auch die Anwendung des Kriteriums der „Regelmäßigkeit“ in Kombination mit anderen Kriterien führt zu keinen befriedigenden Ergebnissen. So haben angloamerikanische Standardsetzer in der Vergangenheit versucht, mit den Vorschriften zum getrennten Ausweis von außerordentlichen Posten Ereignisse mit keinem oder nur indirektem Bezug zu den zentralen Unternehmensaktivitäten zu erfassen und im Ausweis hervorzuheben. Das Merkmal der „Seltenheit“ bzw. „Unregelmäßigkeit“ kam dabei, meist in der Kombination mit anderen Kriterien, wie z. B. Ungewöhnlichkeit des Tatbestandes, „Abnormität“ oder Verschiedenartigkeit, regelmäßig zur Anwendung. Es hat sich jedoch gezeigt, dass derartige Abgrenzungen einen breiten Spielraum für bilanzpolitische Gestaltungen öffnen. Die inhärente Subjektivität der 264

78

Dies setzt voraus, dass die Abgrenzung der aufgegebenen Geschäftsbereiche und der entsprechenden Ergebnisbeiträge hinreichend präzise gefasst ist. Zur Problematik dieser Abgrenzung nach IFRS im Kontext der Erfolgsstrukturanalyse vgl. Kirsch (2003), S. 2454 f.

auf dem Kriterium der Regelmäßigkeit basierenden Abgrenzungen stellt insbesondere dann ein großes Problem dar, wenn durch die Art der Strukturierung der Erfolgsrechnung diese Abgrenzung besonders hervorgehoben wird, wie dies z. B. beim getrennten Ausweis der Zwischensummen wie „Ergebnis vor außerordentlichen Posten“ der Fall ist. Die angloamerikanischen Standardsetzer haben dieses Problem erkannt. Seit einiger Zeit kann im angloamerikanischen Raum der Trend festgestellt werden, den Ausweis von Erfolgsbestandteilen als außerordentlichen Posten weitgehend einzuschränken bzw. gänzlich zu verbieten.265 Auch in dieser Arbeit wird die Ansicht vertreten, dass eine auf dem Kriterium der „Regelmäßigkeit“ basierende Kategorienbildung und der getrennte Ausweis von „außerordentlichen Posten“ eine nur sehr eingeschränkte Aussagekraft haben, für optische Korrekturen des Ergebnisses missbraucht werden können266 und daher unterbleiben sollten.

Zusammenfassend ist an dieser Stelle festzuhalten, dass das Kriterium „Regelmäßigkeit“ zwar einen hohen Bezug zur Variable der Prognoserelevanz aufweist, auf einer objektiven und intersubjektiv nachprüfbaren Basis aber kaum umsetzbar ist. Es ist daher nur eingeschränkt als Grundlage für die Bildung der Erfolgskategorien innerhalb der Erfolgsrechnung verwendbar. Das Kriterium der „Regelmäßigkeit“ soll im Rahmen der Kategorienbildung lediglich bei der Abgrenzung einer Kategorie zum Ausweis von Ergebnissen aufgegebener Geschäftsbereiche zur Anwendung kommen.

2.2.4.2.2.2.3

Getrennter Ausweis von Erfolgskomponenten aus Finanzierungsaktivitäten und aus der betrieblichen Tätigkeit

Als ein mögliches Konzept der Erfolgsspaltung wird häufig die Trennung der Erfolgskomponenten in die Kategorien operating (oder business) und financing (oder treasury) diskutiert.

In den vorangegangenen Abschnitten wurden Probleme geschildert, die bei der Abgrenzung von betrieblichen, zentralen Unternehmensaktivitäten anhand der Kriterien der „Betriebsbezogenheit“ und der „Regelmäßigkeit“ auftreten. Generell gesehen erfordert eine Positivabgrenzung der betrieblichen Tätigkeit die Berücksichtigung von individuellen Besonderheiten

265 266

Vgl. die diesbezüglichen Ausführungen im Kapitel 4. Vgl. z. B. Ergebnisse einer empirischen Untersuchung bei Küting/Koch (2002), S. 1037.

79

eines Unternehmens und ist mit gewissen Auslegungsspielräumen verbunden.267 Es erscheint daher unter Praktikabilitätsgesichtspunkten als geboten, zunächst den finanzwirtschaftlichen Bereich abzugrenzen, und die Ergebnisse der betrieblichen Tätigkeit als eine Residualkategorie zu definieren. Der Kategorie operating sollen somit alle Erträge und Aufwendungen zugeordnet werden, die nicht der Kategorie financing oder den anderen definierten Kategorien zuzuordnen sind.

Für die Abgrenzung des finanzwirtschaftlichen Bereichs kommen zwei grundsätzliche Möglichkeiten in Betracht:

a) Abgrenzung nach der „Natur“ der Bilanzpositionen. Demnach sind alle Ergebnisse aus Bilanzpositionen, die als Finanzinstrumente klassifiziert werden, dem finanzwirtschaftlichen Bereich zuzuordnen. b) Abgrenzung nach der „Funktion“ der Transaktionen. Als finanzwirtschaftlich gelten dann Ergebnisse aus Transaktionen, die der Finanzierung des Unternehmens dienen.

Als entscheidender Nachteil der Alternative a) ist die Tatsache anzusehen, dass diese Abgrenzungsmöglichkeit keinen unmittelbar ersichtlichen Bezug zum Merkmal der Prognoserelevanz aufweist. Bei der Anwendung dieses Abgrenzungskriteriums wäre z. B. ein Sicherungsinstrument der Kategorie financing zuzuordnen, auch wenn das gesicherte Grundgeschäft innerhalb der Kategorie business ausgewiesen wäre. Ausschlaggebend für die Klassifizierung ist hier allein die Tatsache, dass das Sicherungsinstrument ein Finanzinstrument darstellt, das Grundgeschäft aber nicht. Eine derartige Darstellung würde das Verständnis der wirtschaftlichen Zusammenhänge erschweren. Auch die praktische Umsetzung des Klassifizierungskriteriums „Natur der Bilanzpositionen“ ist schwierig, denn es muss festgelegt werden, welche Definition von Finanzinstrumenten heranzuziehen ist. Im gewissen Sinne können alle Bilanzpositionen als Finanzinstrumente bzw. liquide Mittel oder Vermögenswerte betrachtet werden, die im Rahmen des Produktionszyklus des Unternehmens sich auf dem Weg zur Umwandlung in Finanzinstrumente oder liquide Mitteln befinden. So stellen z. B. Forderungen und Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen nach den Bestimmungen des IAS 32 und IAS 39 Finanzinstrumente dar.268 Eine solche Abgrenzung würde dem derzeit vorherr-

267 268

80

Vgl. Halstenberg (1989), S. 15. Vgl. IASB, IAS 32.11 (überarbeitet 2005); IAS 39.8 (überarbeitet 2005).

schenden Verständnis dieser Positionen als Bestandteil der betrieblichen Tätigkeit widersprechen.

Die Abgrenzung des finanzwirtschaftlichen Bereichs anhand der Alternative b) lässt sich dagegen konzeptionell gut begründen und findet zudem in der Praxis der Bilanzanalyse Anwendung. Die konzeptionelle Begründung geht auf die von Modigliani und Miller entwickelte These der Irrelevanz der Kapitalstruktur269 zurück. Nach Modigliani/Miller ist der durch einen bestimmten Umfang an betrieblichen Aktivitäten generierte Unternehmenswert unabhängig von der Struktur des Kapitals, das zur Finanzierung dieser Aktivitäten eingesetzt wird.270 Die Erfolgsgröße comprehensive income zeigt den Unternehmenserfolg nach teilweiser Verwendung, denn die Vergütung des Fremdkapitals ist darin bereits berücksichtigt.271 Bei der Gleichheit aller anderen Parameter führt eine höhere Eigenkapitalquote zu einem höheren comprehensive income. Umgekehrt wird ein Unternehmen, das einen höheren Erfolg am gesamten eingesetzten Kapital erwirtschaftet, ein niedrigeres comprehensive income aufweisen, nur weil es mehr Fremdkapital aufgenommen hat. Ohne einen getrennten Ausweis der Finanzierungskosten können diese Effekte nicht transparent gemacht werden.

Eine separate Darstellung der Kosten der Fremdmittelbeschaffung ermöglicht eine von der jeweiligen Kapitalstruktur unabhängige Analyse der Unternehmensperformance und unterstützt somit bei einer konsistenten Umsetzung die außerbetriebliche Vergleichbarkeit. Die Popularität von Kennzahlen, die den Unternehmenserfolg vor Finanzierungskosten errechnen (wie z. B. EBIT), belegt die Entscheidungsrelevanz einer derartigen Erfolgsspaltung.

Aus den obigen Ausführungen folgt, dass die Abgrenzung der Kategorie financing anhand der „Funktion“ der zugrunde liegenden Aktivitäten der Abgrenzung anhand der „Natur“ der Bilanzpositionen vorzuziehen ist. Zusammenfassend kann eine Unterscheidung der Erfolgskomponenten in business und financing gefordert werden, wobei der Abgrenzung der Kategorie financing die „Funktion“ der Aktivitäten zugrunde zu legen ist. Die financing-Kategorie umfasst gemäß diesem Ansatz Aufwendungen und Erträge, die aus den zur Finanzierung der betrieblichen Aktivitäten eingesetzten Verbindlichkeiten resultieren.

269 270

271

Vgl. Modigliani/Miller (1958), S. 261 ff.; Modigliani/Miller (1961), S. 411 ff. Zu den grundlegenden Annahmen zählen vollkommene und vollständige (Kapital)Märkte, rational handelnde Investoren und die vollkommene Sicherheit. Ferner wird die in der Realität gegebene unterschiedliche steuerliche Behandlung des Eigen- und Fremdkapitals nicht berücksichtigt. Vgl. Bogajewskaja/Gröner/Zeimes (2004), S. 17.

81

An dieser Stelle soll noch darauf hingewiesen werden, dass das in diesem Abschnitt formulierte Prinzip für die Abgrenzung der financing-Kategorie zwar eine konsistente Abgrenzungsgrundlage bildet, es aber alleine alle Zweifelsfragen der Zuordnung nicht lösen kann. Diese Aussage gilt gleichermaßen auch für die anderen in diesem Kapitel ausgearbeiteten Kategorisierungsprinzipien. Es ist grundsätzlich nicht möglich, eine Kategorisierung zu entwickeln, die Ermessensspielräume vollständig ausschließt. Bei einer Umsetzung der vorgeschlagenen Prinzipien in einen Rechnungslegungsstandard wäre es daher notwendig, die erarbeiteten Prinzipien durch weitere Konkretisierungsregelungen zu ergänzen. Ein Beispiel für die angesprochenen Zweifelsfragen der Zuordnung stellt die Frage nach der Zuordnung der Erfolge aus Beteiligungen dar. Die vorgeschlagene Kategorisierungsregelung gibt keine unmittelbare Antwort darauf, ob diese Erfolgselemente der financing-Kategorie zuzuordnen sind. Weil dem entwickelten Kategorisierungsprinzip die Funktion der zugrunde liegenden Aktivitäten zugrunde liegt, könnte zunächst vermutet werden, dass die Zuordnung der Beteiligungserträge zur financing- oder zur operating-Kategorie durch die (im Ermessen des Managements liegende) Zuordnung der Beteiligungen zum financing- oder zum operating-Bereich bestimmt wird. Dieser Argumentationslinie wird hier nicht gefolgt. Um die Schaffung zusätzlicher Wahlrechte zu vermeiden, wird in dieser Arbeit vorgeschlagen, die Beteiligungserträge immer in der financing-Kategorie auszuweisen.

2.2.4.2.2.2.4

Getrennter Ausweis von realisierten und nicht realisierten Erfolgskomponenten

Die Notwendigkeit bzw. die Zweckmäßigkeit eines getrennten Ausweises der nicht realisierten Erfolgsbestandteile wurde in den letzten Jahren besonders intensiv diskutiert.272 Im Zentrum der Debatte stand insbesondere die Frage, ob es sinnvoll ist, die als unrealisiert erachteten Gewinne und Verluste außerhalb der eigentlichen Erfolgsrechnung in einem zweiten Rechenwerk (Eigenkapitalspiegel) bzw. in einem zweiten performance statement auszuweisen.

Die Frage der Abgrenzung des performance statement wurde im Abschnitt 2.2.3.2 auf der Grundsatzebene erörtert. Dort wurde die Schlussfolgerung gezogen, dass eine Ausgliederung 272

82

Vgl. z. B. die diesbezügliche Diskussion im G4+1 Discussion Paper „Reporting Financial Performance: A Proposed Approach“ , Cearns (1999), Par. 4.14 ff. und die vom IASB veröffentlichten umfangreichen Kommentierungen zu diesem Diskussionspapier, abrufbar unter http://www.iasb.org/current/comment_letters_g4. asp?show Page Content=no&xml=16_70_97_05012000.htm (Stand: 11.04.2005).

von Erträgen und Aufwendungen aus der Erfolgsrechnung – unabhängig von möglichen, in Frage kommenden Ausgliederungskriterien – im Rahmen einer informationsorientierten Rechnungslegung nicht zweckdienlich ist. Es wurde daher die Anforderung gestellt, sämtliche Erfolgselemente, welche die Definitionen von Erträgen und Aufwendungen erfüllen, in der Erfolgsrechnung der Periode zu erfassen.

In Anbetracht dessen, dass das Kriterium der Realisation in der Vergangenheit für die meisten Ausgliederungen von Erfolgskomponenten aus der Erfolgsrechnung verantwortlich war und weiterhin eine sehr bedeutende Rolle in der performance reporting-Diskussion spielt, soll in diesem Abschnitt vertiefend auf die Problematik der Abgrenzung des performance statement mit Hilfe des Realisationsprinzips eingegangen werden. Darüber hinaus wird im vorliegenden Abschnitt die grundsätzliche Frage erörtert, ob das Kriterium der Realisation im Rahmen einer informationsorientierten Rechnungslegung ein geeignetes Erfolgsspaltungskriterium darstellt.

Unter der Realisation soll im Folgenden – im Einklang mit der oben bereits erwähnten Definition des Statement of Financial Accounting Concepts (SFAC) No. 6, Par. 143, – die Umwandlung von nicht-monetären Ressourcen und Rechten in liquide Mittel oder Forderungen durch den Umsatzakt verstanden werden.273 Entsprechend werden auch die Begriffe „realisiert“ und „unrealisiert“ abgegrenzt: „The related terms realized and unrealized therefore identify revenues or gains or losses on assets sold and unsold, respectively.“274

Das Prinzip, dass Gewinne nicht vor ihrer Realisation in die Gewinn- und Verlustrechnung aufgenommen werden dürfen, stellte in der Vergangenheit schlichtweg ein Axiom der „vernünftigen“ Rechnungslegung dar. Mit der Entwicklung aktiver Märkte für Finanzinstrumente und des Handels auf diesen Märkten wurde die bisher angenommene universelle Gültigkeit des Realisationsprinzips zunehmend in Frage gestellt. 275

Die Bedeutung der Realisation als „Prüfstein“ für den Ansatz von Gewinnen gründete ursprünglich darauf, dass die Realisation als Indikator für das Ende des Verkaufsprozesses diente. In buchhalterischen Termini markierte die Realisation das Ende des Umwandlungsprozes273

274 275

Vgl. FASB, SFAC No. 6, Par. 143: „Realization in the most precise sense means the process of converting noncash resources and rights into money and is most precisely used in accounting and financial reporting to refer to sales of assets for cash or claims to cash.“ Vgl. FASB, SFAC No. 6, Par. 143 [Hervorhebung in der Fettschrift durch Verf.]. Vgl. Cearns (1999), Par. 4.12 ff.

83

ses der hergestellten Güter in Forderungen. Von diesem Ausgangspunkt aus wurde die Anwendung des Realisationsprinzips auf weitere Situationen ausgedehnt. De facto ging es darum, die Aufnahme von denjenigen Erfolgskomponenten in die Erfolgsrechnung aufzuschieben, die bereits Eingang in die Bilanz gefunden hatten, aber als sehr volatil, reversibel und/oder außerhalb der betrieblichen Tätigkeit liegend erachtet wurden. Die Anwendung des Realisationsprinzips als Selektionskriterium für den „Reifegrad“ der Erträge und Aufwendungen erfolgte dabei auf ad hoc-Basis, als Reaktion auf die unmittelbar aufgetretenen Probleme und führte in Folge zu einem inkonsistenten Ergebnis.

Die Inkonsistenzen zeigen sich u. a. darin, dass in der heutigen anglomerikanischen Gewinnund Verlustrechnung sowohl realisierte als auch unrealisierte Erträge und Aufwendungen erfasst und im Ausweis nicht unterschieden werden. Darüber hinaus wird ein Teil der unrealisierten Erfolgskomponenten außerhalb der Gewinn- und Verlustrechnung gebucht. Die durch einzelne Standards gezogene Grenze zwischen den erfolgswirksam und den erfolgsneutral zu erfassenden Erfolgskomponenten lässt sich jedoch nur z. T. mit dem Realisationsprinzip begründen und ist aus dem Blickwinkel der Realisation nicht in allen Fällen nachvollziehbar. So werden z. B. unrealisierte Erträge und Aufwendungen aus der fair value-Bewertung von u. U. hochliquiden Wertpapieren, die dem available-for-sale-Bestand zugeordnet wurden, nach den Regelungen des IAS 39 und des SFAS 115 bis zu ihrer Realisierung erfolgsneutral erfasst. Werden die gleichen Wertpapiere dem Handelsbestand zugeordnet, sind die jeweiligen unrealisierten Erträge und Aufwendungen gleich in der Periode ihrer Entstehung erfolgwirksam zu erfassen.276

Darüber hinaus führt die „klassische“ Realisierung der Erträge und Aufwendungen durch einen Umsatzakt in der heutigen angloamerikanischen Rechnungslegung nicht immer zu ihrer Erfassung in der Gewinn- und Verlustrechnung. So werden unter IFRS die zuvor im Eigenkapital erfassten Beträge aus der fair value-Bewertung von Sachanlagevermögen und von immateriellen Vermögenswerten bei ihrer Realisierung in Umgehung der Gewinn- und Verlustrechnung erfolgsneutral mit den Gewinnrücklagen verrechnet.277 Diese Erfolgskomponenten finden somit in keiner Periode Eingang in die Erfolgsrechnung. 276

277

84

Hier entspricht die Zuordnung dem sog. „management intent“, nicht aber der Realisation. Zu erwähnen ist die folgende kritische Bemerkung des Chairman des IASB Sir David Tweedie, die sich auf die Inkonsistenz dieser Regelung des IAS 39 bezieht: „And then the one I have never quite understood: ‘available for sale’, so you mark to market but don’t bring them into the income statement.“, vgl. PricewaterhouseCoopers (2003), S. 7. Vgl. hierzu Abschnitt 4.3.4.1.1.

Kritisiert wird auch die Rolle der Realisation als „triggering event“ für die Aufnahme von Erfolgskomponenten in die Erfolgsrechnung in Zusammenhang mit der fair value-Bewertung von Vermögenswerten, die auf aktiven Märkten gehandelt werden.278 Wenn ein Vermögenswert auf einem aktiven Markt nach Belieben veräußert oder erworben werden kann, markiert die Realisation weniger das Ende des Verkaufsprozesses, sondern signalisiert lediglich die Entscheidung des Managements, von einer Investitionsform in die andere zu wechseln. Es wird daher argumentiert, dass es ist nicht unmittelbar ersichtlich ist, warum diese Entscheidung die Aufnahme von Gewinnen in die Erfolgsrechnung auslösen soll. Auch der Zeitpunkt der Realisation und folglich der Zeitpunkt der Aufnahme der Erfolgskomponenten in die Gewinn- und Verlustrechnung liegt bei diesen Situationen im Ermessen des Managements, was von Opponenten dieses Verfahrens als nicht im Sinne der objektiven Rechnungslegung liegend erachtet wird.279

Die Schwierigkeiten, die offensichtlich mit dem Anliegen verbunden sind, mit Hilfe des Realisationsprinzips eine konsistente, widerspruchsfreie Abgrenzung der Erfolgsrechnung herbeizuführen, können auf die konzeptionelle Problematik zurückgeführt werden. In der heutigen angloamerikanischen Rechnungslegung, die durch den asset-liability-view dominiert wird, aber auch Merkmale des revenue-expense view aufweist, ist die Rolle des Realisationsprinzips nicht auf allen Ebenen umfassend und klar bestimmt. Wie im Abschnitt 2.2.3.1.1 dargelegt, führt die Dominanz des asset-liability view dazu, dass sämtliche Veränderungen des Gesamtvermögens, die nicht auf Einlagen und Entnahmen der Eigentümer zurückgehen, zur Entstehung von Abschlusselementen führen, die die Definitionen von Erträgen und Aufwendungen erfüllen. In einem derart gestalteten Rechnungslegungssystem müssen bereits die Einzelvorschriften für den Ansatz und die Bewertung der Vermögenswerte und Schulden sicherstellen, dass die Ansatzkriterien für die Erträge und Aufwendungen erfüllt sind.280 Die Bemühungen um eine konsequente und zweckadäquate Anwendung des Realisationsprinzips sind daher in einem derart konzipierten Rechnungslegungssystem auf der Ebene der einzelnen Ansatz- und Bewertungsvorschriften anzusiedeln. Wenn jedoch die Wertveränderungen für hinreichend sicher befunden wurden, um den Eingang in die Bilanz zu finden, sollten sie auch als hinreichend sicher für die Erfolgserfassung sein, denn diese Elemente stellen definitionsgemäß Erträge und Aufwendungen dar.

278 279 280

Vgl. z.B. Cearns (1999), Par. 4.12. In diesem Sinne z.B. Cearns (1999), Par. 4.12 ff. Vgl. Hollmann (2003), S. 29 f. in Bezug auf IAS.

85

Diese Überlegungen sollen nicht dahingehend missverstanden werden, dass die fundamentale Bedeutung des Realisationsprinzips in der Rechnungslegung in Frage gestellt wird. Ein ausgewogenes Verhältnis von Sicherheit und Risiko ist und bleibt für die Rechnungslegung essentiell. Die obigen Überlegungen führen aber zu dem folgenden Schluss: in einem Rechnungslegungssystem, das auf dem mixed-attribute-measurement-model basiert, werden die Erträge und Aufwendungen neben der klassischen „Realisation“ durch den Umsatzakt auch durch die fair value-Bewertung von bestimmten Bilanzposten generiert; in einem derartigen Rechnungslegungssystem stellt die Eigenschaft der Erträge und Aufwendungen als realisiert oder nicht realisiert keine geeignete Grundlage für die Abgrenzung der Erfolgsrechnung dar. Auch von diesem Standpunkt wird die zuvor abgeleitete Forderung nach einer lückenlosen Erfassung sämtlicher Erträge und Aufwendungen in der Erfolgsrechnung281 bestätigt.

Diese Schlussfolgerung schließt aber die Anwendung des Realisationsprinzips als Erfolgsspaltungskriterium innerhalb einer nach dem all-inclusive-Prinzip aufgestellten umfassenden Erfolgsrechnung per se nicht aus. Im Folgenden wird daher diskutiert, ob die Realisation ein geeignetes Kriterium für die Kategorisierung von Erträgen und Aufwendungen in einer informationsorientierten Rechnungslegung darstellen kann.

Mehrere anglomerikanische Standardsetzer haben sich in der Vergangenheit gegen die Anwendung der Realisation als Erfolgsspaltungskriterium ausgesprochen.282 Es wurde im Kern dahingehend argumentiert, dass die Realisation von Erträgen und Aufwendungen lediglich die Reduzierung des Unsicherheitsgrades, die ein Objekt im Laufe des Produktionszyklus bei der Umwandlung in Zahlungsmittelzuflüsse erfährt, indiziert, aber nichts über die Wiederholbarkeit und somit die Vorhersagbarkeit des damit verbundenen Erfolges aussagt.283 Dieser Überlegung kann nur teilweise zugestimmt werden. Wird z. B. ein zuvor neu bewerteter Gegenstand des Anlagevermögens veräußert, so bringt diese „Realisation“ alleine in der Tat keine zusätzlichen Informationen bezüglich der Nachhaltigkeit oder der Wiederholbarkeit dieses Erfolges.284 Aus diesem Grunde kann der Realisation tatsächlich kein direkter Bezug zur Variable der Prognoserelevanz zugesprochen werden. Allerdings stellt die Entscheidungsrelevanz keine eindimensionale Variable dar. Neben der reinen Vorhersagbarkeit des Erfolges 281 282

283 284

86

Vgl. Abschnitt 2.2.3.2. So z. B. der ASB im FRED 22, der IASB im Rahmen des bisherigen Performance Reporting-Projektes sowie die G4+1-Arbeitsgruppe. Vgl. ASB, FRED 22, Appendix IV, Par. 26; IASB, IASB Update, January 2002, S. 4; Cearns (1999), Par. 4.14. Vgl. Cearns (1999), Par. 4.13. In diesem Sinne Cearns (1999), Par. 4.7. So auch Barker (2004), S. 165 bezüglich der goodwill impairments.

können weitere Faktoren, die nur indirekt mit der Prognoserelevanz verbunden sind, Entscheidungen der Abschlussadressaten unterstützen. Folgende Aspekte können dabei berücksichtigt werden:

Mit der Realisation ist im Allgemeinen der mit der Erfüllung des Vertrages einhergehende Übergang von Rechten und Pflichten und damit der Verfügungsmacht und der Risiken verbunden. Diese wichtige Information wird in einem auf dem mixed-attribute-measurementmodel basierenden Rechnungslegungsystem aus den Bilanzansätzen nicht ersichtlich. Die Informationen über die oben erwähnte Reduktion des Unsicherheitsgrades, die mit der Realisation einhergeht, können daher gerade in einem derartigen Rechnungslegungssystem für die Nutzer der Jahresabschlüsse sehr bedeutend sein. Eine das Kriterium der Realisation berücksichtigende Erfolgsspaltung könnte die Übermittlung derartiger Informationen zumindest z. T. unterstützen. Darüber hinaus steht das Realisationsprinzip in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Funktion der Ausschüttungsbemessung.285 Die Ausschüttungsbemessungsfunktion gehört zwar nicht zu den in den jeweiligen Rahmenkonzepten festgelegten Aufgaben des Jahresabschlusses. Allerdings zeigt die aktuell geführte Debatte um die Notwendigkeit der Ergebnisgröße net income, dass auf der derzeitigen Etappe der Entwicklung in der Praxis ein deutliches Bedürfnis nach einer Ergebnisgröße der Erfolgsrechnung, die annährend den ausschüttbaren Erfolg abbildet und als ein „gemeinsamer Nenner“ in der Finanzmarktkommunikation verwendet werden kann, vorhanden ist.

Diese Faktoren gehören nicht unbedingt zu den rein konzeptionellen Aspekten der Diskussion, können aber in der praktischen Standardsetzung nicht vernachlässigt werden. Daher sollte das Kriterium der Realisation, trotz des fehlenden direkten Bezuges zur Variablen der Prognoserelevanz, in der Praxis bei der Erarbeitung eines neuen Standards zur Darstellung der Erfolgsrechnung nicht gänzlich ignoriert werden. Aufgrund des engen Zusammenhangs zwischen der Realisations- und Bewertungsproblematik werden Überlegungen zu diesem Thema am Ende des nachfolgenden Abschnittes „Getrennter Ausweis der Erfolgskomponenten aus der Fair Value-Bewertung und der übrigen Erfolgskomponenten“ vorgestellt.

285

Vgl. hiezu Schröer (1998), S. 146 ff. m. w. N.

87

2.2.4.2.2.2.5

Getrennter Ausweis der Erfolgskomponenten aus der Fair Value-Bewertung und der übrigen Erfolgskomponenten

Als Quintessenz der Kritik am Realisationsprinzip als Kriterium der Erfolgsspaltung wurde im Rahmen des 1999 von der G4+1-Arbeitsgruppe veröffentlichten, bereits mehrfach zitierten Diskussionspaper angeführt, dass es sich bei dem Merkmal der Realisation um ein temporäres Charakteristikum handelt, welches nichts über die inhärente „Natur“ dieses Erfolges aussagt.286 Mitglieder der G4+1-Arbeitsgruppe kamen zu dem Schluss, dass „If the measurement is sufficiently certain for recognition of the gain or loss to be possible, then it is the nature of the item itself that should determine how it is classified in a statement of financial performance”287. Dieser Überlegung ist grundsätzlich zuzustimmen.

Eine derartige, an der „Natur“ bzw. der Beschaffenheit des Erfolges sich orientierende Klassifizierung stellt die Unterscheidung der Erfolgskomponenten in die Erträge und Aufwendungen, die aus einer Bewertung zum fair value resultieren, und die übrigen, nicht aus der fair value-Bewertung resultierenden Erfolgskomponenten dar. In einer derartigen Dichotomie würden Erfolgskomponenten gemäß der Quelle ihrer Entstehung288, und nicht nach dem Stadium der Realisation oder eines anderen Indikators der Sicherheit klassifiziert. Ergibt sich z. B. bei der Neubewertung einer Immobilie ein Ertrag und wird die Immobilie anschließend verkauft, so ändert dies nichts an der Tatsache, dass es sich bei dem (realisierten) Ertrag aus der Neubewertung um einen Ertrag aus der fair value-Bewertung handelt. Dementsprechend würde es im Rahmen einer derartigen Erfolgsspaltung auch kein „recycling“ der Neubewertungsgewinne bei deren Realisierung geben.

Die Unterteilung sämtlicher Erträge und Aufwendungen in die Erfolgskomponenten aus der fair value-Bewertung und in die übrigen Erträge und Aufwendungen kann wie folgt begründet werden:

Der fair value als Bewertungsmaßstab unterscheidet sich hinsichtlich seines Informationsgehaltes von den herkömmlichen Bewertungsmaßstäben. Bei der Ermittlung der fair values werden sämtliche zum Bewertungszeitpunkt vorliegende Informationen berücksichtigt. Im Vergleich zu den auf historischen Kosten basierenden Wertansätzen stellen daher die fair va286 287 288

88

Vgl. Cearns (1999), Par. 4.14. Cearns (1999), Par. 4.14. D. h. bewertungsinduziert oder nicht bewertungsinduziert.

lue-Wertansätze „aktuellere“ Werte dar. Weil aber die fair value-Werte sämtliche Erwartungen bezüglich künftiger Entwicklungen bereits „verkörpern“, können sie weitere Prognosen nicht unterstützen.

Erträge und Aufwendungen, die aus der Bewertung zum fair value resultieren, sind grundsätzlich nicht regelmäßiger Natur und daher nicht extrapolationsfähig. Sie sind im Wesentlichen Folge von Marktpreisänderungen, stark volatil und bewegen sich nach dem Zufallsmuster.289 Rückschlüsse auf nachhaltig erzielbare Erfolge und damit nachhaltige Zahlungsüberschüsse lassen sich mit den auf der fair value-Bewertung basierenden Erfolgsschwankungen kaum ziehen.290 So kann z. B. ein aus der fair value-Bewertung von derivativen Finanzinstrumenten sich ergebender Gewinn nicht als Indikator für die Wiederholbarkeit von derartigen Gewinnen in den nächsten Berichtsperioden betrachtet werden. Er kann auch nicht für die Überprüfung der Qualität der bisherigen Prognosen herangezogen werden. Die fair value-Änderungen sind somit sowohl ex ante als auch ex post durch eine geringe Prognoserelevanz gekennzeichnet.

Der geringe Prognosewert von Erträgen und Aufwendungen aus der fair value-Bewertung bedeutet aber nicht, dass diese Erfolgskomponenten für die Beurteilung der Unternehmenslage ohne Bedeutung sind. Sie haben eine unmittelbare Auswirkung auf die finanzielle Struktur des Unternehmens sowie auf die Chancen und Risiken, die aus den Vermögenswerten (und ggf. Verbindlichkeiten) dieses Unternehmens resultieren. Diese Erfolgskomponenten können auch Aufschluss über die Risikomanagementstrategien des Unternehmens geben und dadurch die Aufstellung von Prognosen indirekt unterstützen. Diese Erträge und Aufwendungen müssen daher transparent berichtet werden, und zwar dann, wenn sie entstehen, und nicht erst in der Zukunft, wenn sie durch einen Umsatzakt bestätigt sind.

Die im angloamerikanischen Raum seit einiger Zeit zu beobachtende rapide Ausweitung der fair value-Bewertung wird im Schrifttum oft kritisch gesehen. Da diese Arbeit sich mit den Fragen der Bewertung nicht befasst,291 wird hier auf die vorliegende, mittlerweile sehr umfangreiche kritische Auseinandersetzung mit der fair value-Bewertung in der Literatur292 nicht eingegangen. Es erscheint jedoch wichtig, an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass die Er289 290 291 292

Vgl. Linsmeier u. a. (1997), S. 124. Vgl. Hollmann (2003), S. 126; Kley (2001), S. 2262. Vgl. hierzu Abschnitt 1.2. Vgl. beispielsweise Böcking/Lopatta/Rausch (2005), S. 97 ff.; Küting (2005), S. 503 ff.; Hitz, (2005), S. 1021 ff.; Lorson (2005), S. 20 ff; S. 586 ff.; Siener /Gröner (2005), S. 347 ff.; Ballwieser/Küting/Schildbach (2004), S. 535 ff.; Streim/Bieker/Esser (2003), S. 457 ff.; Baetge/Zülch (2001), S. 558 f.; Schildbach (1998).

89

mittlung von fair value(s) zahlreiche Probleme aufweist und breite Ermessensspielräume eröffnet.293 Auch unter diesem Aspekt kommt einem transparenten Ausweis dieser Erfolgskomponenten eine besondere Bedeutung zu. Eine Darstellung dieser Erfolgskomponenten im Rahmen einer gesonderten Kategorie der Erfolgsrechnung würde dem Bilanzleser die im heutigen angloamerikanischen mixed attribute accounting-Modell294 vermengten Erfolgswirkungen aus den bilanzinduzierten fair value-Erfolgskomponenten und den traditionell, mit Hilfe des accrual principle und des matching principle ermittelten Erträgen und Aufwendungen transparent machen. Die Unterscheidung zwischen fair value-Änderungen sowie allen übrigen Aufwendungen und Erträgen kann somit mit größerer Klarheit die Ergebniseffekte unterschiedlicher Bewertungsmodelle darstellen. Da eine solche Unterscheidung auf die Bewertungsverfahren zurückgreift, erfordert sie bei der Klassifizierung keine Ermessensentscheidungen, ist objektiv, transparent und trägt bei konsequenter Anwendung zur zwischenbetrieblichen Vergleichbarkeit der Abschlüsse bei.

Zusammenfassend wird hier vorgeschlagen, die aus der fair value-Bewertung resultierenden Erträge und Aufwendungen in einer gesonderten Kategorie auszuweisen.

In vorangegangenen Abschnitten wurde auf das in der Praxis empfundene Bedürfnis nach dem Ausweis eines net income oder einer vergleichbaren Größe sowie nach der Berücksichtigung des Realisationsprinzips im Format der Erfolgsrechnung hingewiesen. Um diesem Bedürfnis zu entsprechen, könnte die hier vorgeschlagene „fair value-Kategorie“ weiter aufgeteilt werden, indem bestimmte Fair Value-Änderungen aus dieser Kategorie ausgegliedert und im Rahmen einer weiteren, separaten Kategorie ausgewiesen werden. Folgende Kriterien könnten der Abgrenzung einer derartigen Kategorie zugrunde gelegt werden:

x

Die in die Kategorie aufzunehmenden Posten müssen aus Bewertungsvorgängen resultieren;

x

Die Realisation dieser Wertänderungen hat nicht stattgefunden und ist in der nächsten Zukunft unwahrscheinlich;

293 294

90

Vgl. statt vieler Ballwieser/Küting/Schildbach (2004), S. 535 ff. Vgl. hierzu Barker (2004), S. 166.

x

Es handelt sich um Erträge und Aufwendungen im Zusammenhang mit den im Unternehmen langfristig gebundenen Vermögenswerten und Schulden, für die keine liquiden Märkte existieren.295

Eine derart abgegrenzte Kategorie, die für die Arbeitszwecke im Folgenden „OCI-Kategorie“ (= „other comprehensive income-Kategorie“) genannt wird, würde im Wesentlichen die Posten umfassen, die heute als „dirty surplus items“ erfolgsneutral berücksichtigt werden. So würden z. B. die Sachverhalte wie Gewinne und Verluste aus der Fremdwährungsumrechnung in Zusammenhang mit den ausländischen Tochtergesellschaften, Neubewertungsgewinne und -verluste aus Sachvermögen, versicherungsmathematische Gewinne und Verluste u. Ä. in die OCI-Kategorie fallen. Im Einzelnen würde aber eine auf den gelisteten Prinzipien basierte Abgrenzung die Revision der Zusammensetzung des heutigen other comprehensive income und damit auch des net income erfordern. Beispielsweise würde eine derart abgegrenzte „OCI-Kategorie“ die fair value-Änderungen der available-for-sale-Wertpapieren nicht umfassen. Diese müssten dann innerhalb der „regulären“ „fair value-Kategorie“ ausgewiesen werden.

Da das Erfordernis eines net income-Ausweises in der heutigen Zusammensetzung und der entsprechenden Abgrenzung des other comprehensive income eher ein Erfordernis der Praxis darstellt296 und sich konzeptionell nur schwer begründen lässt, wird im Rahmen dieser Arbeit keine Anforderung aufgestellt, eine entsprechende Kategorisierung innerhalb der Erfolgsrechnung vorzunehmen. Auch die im Abschnitt 2.2.3.1.2.2 angesprochene Frage einer möglichen konzeptionellen Abgrenzung der net income wird hier nicht weiter untersucht.297 Es erschien der Verfasserin jedoch wichtig, auf diese in der Praxis der Standardsetzung äußerst bedeutende Problematik zumindest hinzuweisen.

Abschließend soll an dieser Stelle noch auf eine weitere, für die Problematik des net income bedeutende Entwicklung hingewiesen werden. Seit einiger Zeit wird auf der europäischen 295

296 297

Es muss darauf hingewiesen werden, dass diese Abgrenzung – wie auch die in den vorangegangenen Abschnitten dargelegten Vorschläge zur Erfolgsspaltung – die Ermessensspielräume nicht gänzlich eliminieren kann. Jede Abgrenzung beinhaltet Zweifelsfragen der Zuordnung, so dass die in diesem Kapitel erläuterten Grundprinzipien bei ihrer praktischen Anwendung durch weitere Detailregelungen ergänzt werden sollten. Vgl. hierzu die Ausführungen im Abschnitt 2.2.3.1.2.2. Die Entwicklung einer konzeptionellen Plattform für das net income oder einer vergleichbaren Ergebnisgröße gehört zu den schwierigsten und äußerst kontrovers diskutierten Fragestellungen auf dem Gebiet der Rechnungslegung. Sie könnte den Gegenstand einer eigenständigen Untersuchung bilden und würde über den Rahmen dieser Arbeit hinausgehen.

91

Ebene an der Überarbeitung der Kapitalrichtlinie für Aktiengesellschaften (2. Richtlinie des Rates)298 gearbeitet, welche das System des Gläubigerschutzes durch bilanzielle Kapitalerhaltung kodifiziert. Die durch die EU-Kommission eingesetzten Gesellschaftsrechtsexperten der High Level Group plädieren dafür, ein neues Kapitalschutzkonzept für Europa zu entwickeln.299 Es wird vorgeschlagen, das traditionelle europäische Gläubigerschutzsystem der bilanziellen Kapitalerhaltung durch einen Gläubigerschutz durch Solvenztests300 zu ersetzen. Die Funktion des Jahresüberschusses als Ausschüttungsbemessungsgrundlage würde in einem derartigen System entfallen. Sollten die Vorschläge der High Level Group umgesetzt werden, so könnte dies dazu führen, dass die in der Praxis wahrgenommene Relevanz der Größe net income sinken wird.

2.2.4.2.3 2.2.4.2.3.1

Weitere Untergliederung von Erfolgskomponenten Gliederung nach den Funktionsbereichen und nach der Art der eingesetzten Produktionsfaktoren

In den vorangegangenen Abschnitten wurden Erfolgsspaltungskonzepte diskutiert, die für die Gruppierung von Erfolgskomponenten zu Kategorien innerhalb der Erfolgsrechnung in Frage kommen. Die sich daraus ergebende primäre Gliederung gewährleistet aber noch keine hinreichende Gliederungstiefe. Es soll daher eine weitere Untergliederung der Erträge und Aufwendungen im Rahmen dieser primären Gliederungskategorien vorgenommen werden.

Als zwei alternative Möglichkeiten einer weiteren Untergliederung kommen zunächst die Gliederung nach Funktionsbereichen und die Gliederung nach der Art der eingesetzten Produktionsfaktoren in Betracht.301 Die Gliederung nach Funktionsbereichen beinhaltet Kategorien wie z. B. Herstellungskosten, Vertriebskosten, Forschung und Entwicklung etc. Bei der Gliederung nach der Art der eingesetzten Produktionsfaktoren werden Kategorien wie z. B. Personalkosten, Materialkosten, Kosten der Nutzung des Anlagevermögens etc. unterschieden. Die Gliederung der betrieblichen Aufwendungen nach Funktionsbereichen entspricht

298 299 300 301

92

Vgl. RL 77/91/EWG v. 13.12.1977. Vgl. Pellens/Jödicke/Richard (2005), S. 1393; High Level Group (2002), S. 94 ff. Zur Diskussion der Solvenztests vgl. Pellens/Jödicke/Richard (2005), S. 1393 ff. Vgl. z. B. IASB, IAS 1.88 ff. (überarbeitet 2005).

dem Umsatzkostenverfahren nach § 275 Abs. 3 HGB.302 Die Gliederung nach der Art der eingesetzten Produktionsfaktoren entspricht im betrieblichen Bereich dem Gesamtkostenverfahren nach § 275 Abs. 2 HGB.303

Beide Kategorien weisen einen Bezug zu der Zielvariablen der Prognoserelevanz auf. Die Gliederung nach der Art der eingesetzten Produktionsfaktoren erweist sich als prognoserelevant, weil entsprechende Kostenkategorien von unterschiedlichen ökonomischen Determinanten beeinflusst werden und auf diese unterschiedlich reagieren. Die Gliederung nach Funktionsbereichen erweist sich ebenfalls als prognoserelevant, weil sie die Prognosen unterstützt, die auf das Geschäftsmodell des Unternehmens abstellen und z. B. Margenvergleiche und die Bestimmung entsprechender Entwicklungstrends innerhalb einer bestimmten Branche erlauben. Dieses Gliederungsprinzip ist daher im Hinblick auf die Prognoserelevanz als etwas vorteilhafter einzustufen. Andererseits ist es auch subjektiver, weil es Kostenallokationen erfordert. Nicht zu vermeidende Ermessensentscheidungen bei der Kostenallokation wirken sich nachteilig auf die zwischenbetriebliche Vergleichbarkeit aus.

Beide Methoden, die Gliederung nach Funktionsbereichen und die Gliederung nach der Art der eingesetzten Produktionsfaktoren, haben ihre Vorteile, die in Abhängigkeit von der Branche, von den individuellen Besonderheiten des bilanzierenden Unternehmens etc. jeweils ausschlaggebend sein können.304 Daher wird hier von der Empfehlung zugunsten des einen oder des anderen Verfahrens abgesehen. Gefordert wird lediglich eine weitere Untergliederung der Erfolgskomponenten unterhalb der Kategorienebene, welche nach Funktionsbereichen oder nach Produktionsfaktoren erfolgen kann.

Es ist auch möglich, eine Gliederung nach dem Prinzip der Funktionszugehörigkeit durch eine weitere, zusätzliche Untergliederung nach Art der eingesetzten Produktionsfaktoren zu ergänzen. Bei einer derartigen Gliederung werden z. B. Herstellungskosten in ihre Bestandteile wie Löhne und Gehälter, Materialkosten, Mietkosten, Abschreibungen etc. zerlegt.305 Eine derart aufgebaute Aufgliederung würde wertvolle Einblicke in die Zusammensetzung der Funktionskosten bieten, welche häufig als wenig aussagefähige hochaggregierte Größen ausgewiesen werden. Eine derart aufgebaute Gliederung kombiniert die Vorteile beider Verfahren, er302 303 304 305

Vgl. auch Hollmann (2003), S. 133. Vgl. auch Hollmann (2003), S. 133. Vgl. IASB, IAS 1.94 (überarbeitet 2004). Vgl. zu einem ähnlichen Vorschlag auch CFA Institute (2005), S. 32.

93

höht ihre Vergleichbarkeit306 und mindert zum Teil die Subjektivität der Gliederung nach Funktionsbereichen, indem sie die Zusammensetzung der Funktionskosten transparent macht. Ein Gebot der zusätzlichen Untergliederung der Funktionskosten erscheint daher als sinnvoll. Um aber die Gefahr einer Überfrachtung der Erfolgsrechnung zu vermeiden, ist dem Bilanzersteller das Wahlrecht einzuräumen, die Angaben zur zusätzlichen Untergliederung nach Art der Produktionsfaktoren im Anhang zu machen.

Nicht zu verwechseln mit der empfohlenen weiteren Untergliederung der Funktionskosten sind die sog. „gemischten“ Gliederungen, bei denen bestimmte Positionen selektiv aus den Funktionskosten ausgegliedert und als separater Posten ausgewiesen werden. Derartige „gemischte“ Gliederungen, die z. B. durch die Bildung von populären Erfolgszwischensummen wie EBITDA (Earnings before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization) innerhalb der Erfolgsrechnung zustande kommen können, beeinträchtigen die Aussagefähigkeit der Erfolgsrechnung beträchtlich. Denn durch die Darstellung einer EBITDA-Zwischensumme in einer nach Funktionsbereichen gegliederten Erfolgsrechnung kommt es zum separaten Ausweis von z. B. planmäßigen Abschreibungen und somit zu einer Unterbewertung entsprechender Aufwandskategorien.307 Darüber hinaus beeinträchtigt eine „gemischte“ Gliederung die Vergleichbarkeit mit den Erfolgsrechnungen, die einheitlich nach einem Verfahren aufgestellt sind.308 Derartige „gemischte“ Gliederungen sind daher zu vermeiden.

2.2.4.2.3.2

Ausweis von ungewöhnlichen Posten

Im Abschnitt 2.2.4.2.2.2.2 „Getrennter Ausweis von regelmäßigen und unregelmäßigen Erfolgskomponenten“ wurde dargelegt, dass das Kriterium der Regelmäßigkeit aufgrund seiner inhärenten Subjektivität als Kriterium der Erfolgsspaltung nur eingeschränkt anwendbar ist. Die Bildung einer auf diesem Kriterium basierenden Kategorie, wie z. B. die Kategorie „außerordentliche Posten“, wurde daher abgelehnt.

306 307 308

94

Vgl. bereits Chmielewicz (1990), S. 31. Vgl. Haller/Schloßgangl (2003), S. 321. Vgl. Haller/Schloßgangl (2003), S. 321.

Im Schrifttum wird dennoch immer wieder die Forderung nach einem getrennten Ausweis von regelmäßigen und unregelmäßigen Erfolgskomponenten erhoben.309 Wie bereits dargelegt, weist dieses Kriterium der Erfolgsspaltung einen direkten Bezug zur Zielvariablen der Prognoserelevanz auf. Aufgrund seines direkten Bezugs zur Prognoserelevanz gehört das Kriterium der Regelmäßigkeit zu den grundlegenden Kriterien der Erfolgsstrukturanalyse.310

Obwohl in dieser Arbeit das Kriterium der Regelmäßigkeit als Grundlage der Kategorienbildung abgelehnt wurde, kann die Regelmäßigkeit als Kriterium der Erfolgsspaltung nicht gänzlich verworfen werden. Um den Jahresabschlussadressaten eine Grundlage für die differenzierte Analyse zu ermöglichen, wird hier vorgeschlagen, einen getrennten Ausweis der ungewöhnlichen Posten innerhalb der Kategorie, zu der diese Posten inhaltlich gehören, vorzuschreiben. Das Kriterium der Regelmäßigkeit sollte bei der Festlegung der Definition von ungewöhnlichen Posten als Abgrenzungskriterium herangezogen werden. Als „ungewöhnliche Posten“ könnten z. B. in Anlehnung an die frühere Regelung des IAS 8311 Posten verstanden werden, die von einer derartigen Größe, Art oder Häufigkeit sind, dass ihre Angabe relevant für die Erklärung der Ertragskraft des Unternehmens ist. Dieser Ausweis soll von Erläuterungen im Anhang begleitet werden.

Zwar wird durch eine derartige Regelung das Problem der inhärenten Subjektivität des Kriteriums der Regelmäßigkeit nicht behoben. Durch den Verzicht auf die Bildung einer separaten Kategorie für „außerordentliche“ oder „außergewöhnliche“ Posten fällt aber diese Subjektivität weniger ins Gewicht. Die grundsätzliche Struktur der Erfolgsrechnung wird durch einen getrennten Ausweis der ungewöhnlichen Posten unterhalb der Kategorienebene nicht verändert. Es kommt auch nicht zum Ausweis von Zwischensummen bzw. Ergebnissen vor unregelmäßigen oder „außerordentlichen“ Komponenten. Der getrennte Ausweis von ungewöhnlichen Posten innerhalb der jeweiligen Kategorien kann aber die Identifikation von Sondereinflüssen unterstützen. Ein gesonderter Ausweis, begleitet von den Erläuterungen im Anhang, ermöglicht den Abschlussadressaten eine selbstständige Reflexion der Sachverhalte und die Aufstellung eigener Hypothesen über die Nachhaltigkeit bzw. die Wiederholbarkeit der betroffenen Erfolgskomponenten. 309

310 311

Vgl. z. B. Lachnit (1991), S. 773; Halstenberg, (1989), S. 15 f.; Hollmann (2003), S. 126 f. Zum Überblick über entsprechende Vorschläge in den englischsprachigen Berichten und Untersuchungen vgl. Abbildung 8 dieser Arbeit. Zur besonderen Rolle der Aufgliederung nach unterschiedlicher Wiederkehrvermutung vgl. auch Moxter (1984), S. 133 f.; Moxter (2000), S. 2147. Zur strukturellen Ergebnisanalyse vgl. Coenenberg (2005), S. 1046 ff. Vgl. IAS 8.16 (überarbeitet 1993).

95

2.2.4.3

Verrechnung von Erfolgskomponenten

Zu den wesentlichen Fragen der Gestaltung einer Erfolgsrechnung gehört die Frage der Zulässigkeit der Verrechnung von Erfolgskomponenten. Eine Erfolgsrechnung kann grundsätzlich als eine Brutto- oder eine Nettorechnung ausgestaltet sein.312 Dementsprechend werden Erträge und Aufwendungen entweder unsaldiert ausgewiesen oder lediglich Ertrags- oder Aufwandsüberhänge gezeigt. Im letztgenannten Fall kann die Saldierung sich auf ähnliche Erträge und Aufwendungen beschränken oder darüber hinausgehen.

Wird mit einer Erfolgsrechnung die Verbesserung der Entscheidungsrelevanz von vermittelten Informationen angestrebt, dann ist ein unsaldierter Ausweis von Erträgen und Aufwendungen zu fordern. Aufgrund ihrer grundsätzlichen Orientierung an unterschiedlichen Märkten reagieren Erträge und Aufwendungen i. d. R. unterschiedlich auf Änderungen von ökonomischen Variablen im Umfeld des Unternehmens. Die Entwicklung der Erträge wird im Wesentlichen durch Entwicklungen auf den Absatzmärkten des Unternehmens beeinflusst. Für die Aufwendungen ist dagegen der Beschaffungsmarkt relevant. So gehören zu den Schlüsseldeterminanten der Umsatzentwicklung eines Konsumgüterproduzenten Faktoren wie Konsumentennachfrage und die Wettbewerbssituation auf dem Absatzmarkt, während die Entwicklung von dazugehörigen Herstellungskosten durch Faktoren wie z. B. Verfügbarkeit von qualifiziertem Personal, Materialpreise etc. bestimmt wird. Ein Bruttoausweis von Erträgen und Aufwendungen ist daher im Hinblick auf die angestrebte Prognoserelevanz der vermittelten Information unerlässlich.313

Eine uneingeschränkte Forderung nach einem Bruttoausweis sämtlicher Erträge und Aufwendungen kann jedoch u. U. die Verständlichkeit einer Erfolgsrechnung beeinträchtigen. Das Abweichen vom Bruttoprinzip soll daher nur in den Fällen gestattet sein, in denen ein Bruttoausweis einen geringen Beitrag zur Prognoserelevanz leistet (z. B. bei der Darstellung von Ergebnissen aufgegebener Geschäftsbereiche oder beim Abgang eines Gegenstandes des Anlagevermögens, analog der einschlägigen Ausnahme aus dem handelsrechtlichen Saldierungsverbot314). 312 313

314

96

Zu weiteren Ausführungen in diesem Absatz vgl. Hollmann (2003), S. 106. Der Bruttoausweis von Erträgen und Aufwendungen („Saldierungsverbot“) gilt auch im deutschsprachigen Schrifttum als grundlegendes betriebswirtschaftliches Prinzip für den Aufbau einer Erfolgsrechnung und ist in § 246 Abs. 2 HGB kodifiziert, vgl. Hollmann (2003), S. 107 m. w. N. Nach GoB sind der Verkaufserlös und der Buchwert des verkauften Gegenstandes des Anlagevermögens saldiert auszuweisen, vgl. hierzu z. B. Adler/Düring/ Schmaltz, § 275 HGB, Tz. 73.

Diese Ausnahmetatbestände, bei denen das Bruttoprinzip nicht zur Anwendung kommt, sind bei der Umsetzung dieses Grundsatzes durch einen Standardsetzer näher zu spezifizieren.

97

2.3

Zusammenfassung der Anforderungen an die Gestaltung der Erfolgsrechnung im Rahmen einer informationsorientierten Rechnungslegung

Das Ziel des vorliegenden Kapitels war es, operationale Anforderungen an die Gestaltung der Erfolgsrechnung im Rahmen einer informationsorientierten Rechnungslegung zu entwickeln. Diese Anforderungen sollen im Rahmen dieser Arbeit als Beurteilungsmaßstab für den Vergleich alternativer Konzepte des Erfolgsausweises herangezogen werden.

Basierend auf der Analyse der Rahmenkonzepte des FASB, des IASB und des ASB wurde auf der Zielebene als konkretisierter Abschlusszweck im Rahmen einer informationsorientierten Rechnungslegung die Bereitstellung von Informationen zur Abschätzung von Betrag, Zeitpunkt und Wahrscheinlichkeit künftiger Einzahlungsüberschüsse herausgearbeitet. Diese generelle Anforderung wurde auf der Ebene der qualitativen Eigenschaften weiter konkretisiert. Als zentrale Anforderung an die zweckmäßige Gestaltung einer Erfolgsrechnung wurde die Verbesserung der Entscheidungsrelevanz der zu liefernden Informationen definiert. Als zentrales zu optimierendes Kriterium wurde entsprechend das Kriterium der Relevanz festgelegt. Darüber hinaus wurden vier weitere Anforderungen an die Gestaltung der Erfolgsrechnung definiert, die als Nebenbedingungen zu beachten sind: Verlässlichkeit, Vollständigkeit, Vergleichbarkeit und Verständlichkeit.

Diese generellen Anforderungen sind noch sehr abstrakt und stellen keine unmittelbar anwendbaren Regeln dar. Daher wurde eine Operationalisierung dieser Anforderungen vorgenommen.

In Bezug auf die konkrete Ausgestaltung der Erfolgsrechnung wurden zwei Fragenkomplexe identifiziert. Es handelt sich hierbei um Fragen der Inhalte und der Abgrenzung der Erfolgsrechnung sowie um Fragen der Strukturierung der Erfolgsrechnung.

Die Untersuchung des ersten Fragenkomplexes hat gezeigt, dass die Erfassung sämtlicher Erträge und Aufwendungen der Periode in einer Erfolgrechnung im Rahmen einer informationsorientierten Rechnungslegung zweckmäßig und notwendig ist. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass der Ausweis sämtlicher Erfolgskomponenten der Periode in einer einzigen Erfolgs-

98

rechnung die bestmögliche Alternative darstellt. Dementsprechend können folgende Grundsätze für eine zweckadäquate Gestaltung der Erfolgsrechnung formuliert werden:

Grundsatz 1: Sämtliche Erträge und Aufwendungen der Periode sind entsprechend dem comprehensive income-Konzept in der Erfolgsrechnung zu erfassen.

Grundsatz 2: Sämtliche Erträge und Aufwendungen sind in einem einzigen Statement of Financial Performance auszuweisen.

Des Weiteren wurde festgestellt, dass das recycling aus konzeptionellen und praktischen Gründen abzulehnen ist. Entsprechend wird der Grundsatz 3 formuliert:

Grundsatz 3: Jeder Ertrag und jeder Aufwand ist nur ein einziges Mal in der Erfolgsrechnung zu erfassen. Das Verfahren des Recycling ist nicht anzuwenden.

Die Problematik der Strukturierung der Erfolgsrechnung wurde in drei Themenbereiche aufgeteilt: Gestaltungsfreiheit des Gliederungsschemas, Gliederung und Gruppierung von Erfolgskomponenten und Verrechnung von Erfolgskomponenten.

Bezüglich der Gestaltungsfreiheit des Gliederungsschemas wurde festgestellt, dass ein Mindestgliederungsschema im Rahmen einer informationsorientierten Rechnungslegung notwendig ist. Basierend auf den Schlussfolgerungen des entsprechenden Abschnitts kann folgender Grundsatz formuliert werden:

Grundsatz 4: Es ist ein verbindliches Gliederungsschema mit einer hinreichenden Mindestgliederungstiefe und einer verbindlichen Bezeichnung und Reihenfolge der Posten vorzugeben. Ergänzend sollen eine zusätzliche Untergliederung einzelner Posten sowie die Hinzufügung neuer Posten erlaubt sein. Die Einfügung von unternehmensspezifischen Zwischenergebnissen ist dagegen nicht zu gestatten.

Der Abschnitt „Gliederung und Gruppierung von Erfolgskomponenten“ widmete sich der Identifizierung geeigneter Erfolgsspaltungskonzepte. Die Untersuchung hat gezeigt, dass das Kriterium der „Realisation“, konzeptionell gesehen, kein geeignetes Kriterium für die Er-

99

folgsspaltung im Rahmen eines auf dem mixed-attribute-measurement-model basierenden Rechnungslegungssystems darstellt. Bezüglich der Kriterien der „Betriebsbezogenheit“ und der „Regelmäßigkeit“ wurde festgestellt, dass diese zwar einen direkten Bezug zur Zielvariablen der Prognoserelevanz aufweisen, sich aber der Standardisierung im Wesentlichen entziehen. Sie sollen daher als maßgebende Abgrenzungskriterien bei der Bildung der Kategorien innerhalb der Erfolgsrechnung nicht verwendet werden. Im Fall des Kriteriums der Regelmäßigkeit wurde ein einziger Anwendungsfall identifiziert, der eine intersubjektiv nachprüfbare, ermessensfreie Bildung einer Kategorie mit der eindeutig geringeren Prognoserelevanz erlaubt. Es handelt sich hierbei um Ergebnisse aufgegebener Geschäftsbereiche. Daher wird folgender Grundsatz definiert:

Grundsatz 5: Ergebnisse aufgegebener Geschäftsbereiche sind in einer separaten Kategorie auszuweisen.

Als ein zweckmäßiges Gliederungsprinzip wurde die Trennung der Erfolgsbestandteile in Ergebnisse der Finanzierungsaktivitäten und in Ergebnisse der betrieblichen Tätigkeit anhand der Funktion der zugrunde liegenden Funktionen herausgearbeitet. Es wurde gezeigt, dass eine entsprechende Abgrenzung des finanzwirtschaftlichen Bereichs nach der „Natur“ der Funktion eine geeignete Abgrenzung darstellt. Entsprechend wird hier der folgende Grundsatz definiert:

Grundsatz 6:. Das Format der Erfolgsrechnung muss die Unterscheidung der Erfolgskomponente in Ergebnisse der Finanzierungsaktivitäten und in Ergebnisse der betrieblichen Tätigkeit ermöglichen. Die Abgrenzung der Kategorie „financing“ ist anhand der Funktion der zugrunde liegenden Aktivitäten vorzunehmen.

Es wurde außerdem dargelegt, dass ein separater Ausweis der Erfolgskomponenten, die aus der fair value-Bewertung von Bilanzposten resultieren, die Prognoseeignung der Erfolgsrechnung erhöht. Basierend auf dieser Schlussfolgerung wird folgender Grundsatz definiert:

Grundsatz 7: Ergebnisse aus der fair value-Bewertung sind in einer separaten Kategorie der Erfolgsrechnung auszuweisen.

100

Als „Hauptkategorien“ werden dabei die Kategorien operating, financing und die „fair valueKategorie“ festgelegt.

Bezüglich der erforderlichen Untergliederung der Erfolgskomponenten innerhalb der oben genannten Hauptkategorien wurde festgestellt, dass sowohl die Gliederung nach Funktionsbereichen als auch die Gliederung nach der Art der eingesetzten Produktionsfaktoren sinnvoll sein können, eine „gemischte“ Gliederung aber zu vermeiden ist. Darüber hinaus wurde das Gebot einer zusätzlichen Untergliederung nach Art der Produktionsfaktoren für die primär funktionsorientierten Gliederungen abgeleitet, wobei ein Wahlrecht für die Darstellung in der Erfolgsrechnung oder im Anhang zu empfehlen ist. Ferner wurde der getrennte Ausweis von ungewöhnlichen Posten innerhalb der Kategorie, zu der sie inhaltlich gehören, gefordert. Diese Überlegungen führen zu den folgenden Grundsätzen:

Grundsatz 8: Erfolgskomponenten innerhalb der Hauptkategorien sind weiter zu untergliedern. Die weitere Untergliederung kann nach Funktionsbereichen und nach der Art der eingesetzten Produktionsfaktoren vorgenommen werden.

Grundsatz 9: Primär funktionsorientierte Gliederungen sind durch die weitere Untergliederung nach Art der Produktionsfaktoren zu ergänzen, wobei diese Angaben wahlweise in der Erfolgsrechnung oder im Anhang erfolgen können. Selektive Ausgliederungen bestimmter Sachaufwendungen aus den Funktionskosten („gemischte“ Gliederungen) sind nicht gestattet.

Grundsatz 10: Ungewöhnliche Posten sind innerhalb der Kategorie, zu der sie inhaltlich gehören, gesondert auszuweisen.

Die Untersuchung der Frage nach der Verrechnung von Erfolgskomponenten hat gezeigt, dass grundsätzlich ein unsaldierter Ausweis anzustreben ist, es sei denn, ein derartiger Ausweis leistet nur einen geringen Beitrag zur Prognoserelevanz. Der entsprechende Grundsatz lautet dann:

Grundsatz 11: Erträge und Aufwendungen sind unsaldiert auszuweisen. Das Abweichen vom Bruttoprinzip ist nur dann zu gestatten, wenn ein Bruttoausweis einen nur geringen Beitrag zur Prognoserelevanz leistet. Die entsprechenden Anwendungsfälle sind konkret zu definieren.

101

Die Abbildung 9 gibt einen zusammenfassenden Überblick über die abgeleiteten Grundsätze. Diese stellen den Bewertungsmaßstab dar, anhand dessen die Vorteilhaftigkeit bzw. die Zweckadäquatheit der einzelnen Erfolgsausweiskonzepte in den folgenden zwei Kapiteln dieser Arbeit beurteilt wird.

102

Abbildung 9: Anforderungen an die Gestaltung der Erfolgsrechnung im Rahmen einer informationsorientierten Rechnungslegung (Fortsetzung siehe folgende Seite)

Anforderungen an die Gestaltung der Erfolgsrechnung im Rahmen einer informationsorientierten Rechnungslegung Inhalte und Abgrenzung Strukturierung der Erfolgsrechnung der Erfolgsrechnung Gestaltungsfreiheit des Gliederungsschemas

Grundsatz 1 und 2: Erfassung sämtlicher Erträge und Aufwendungen in einer einzigen Erfolgsrechnung.

Grundsatz 3: Verbot des recycling.

Grundsatz 4: Vorgabe eines verbindlichen Gliederungsschemas. Ergänzend: Wahlrecht, eine zusätzliche Untergliederung einzelner Posten vorzunehmen oder neue Posten hinzufügen. Verbot der Einfügung von unternehmensspezifischen Zwischenergebnissen.

Erfolgsspaltung Grundsätze 5, 6 und 7: Bildung der Hauptkategorien: x Operating, x Financing, x Ergebnisse aus der Fair ValueBewertung. Separater Ausweis der Kategorie: x Ergebnisse aufgegebener Geschäftsbereiche.

Grundsatz 8: Gebot einer weiteren Untergliederung der Erfolgskomponenten innerhalb von Hauptkategorien. Wahlrecht zwischen der Untergliederung nach Funktionsbereichen und nach der Art der eingesetzten Produktionsfaktoren.

Grundsatz 9: Gebot einer weiteren Untergliederung nach Art der Produktionsfaktoren für die primär funktional aufgestellten Gliederungen. Verbot von „gemischten“ Gliederungen.

103

Abbildung 9: Anforderungen an die Gestaltung der Erfolgsrechnung im Rahmen einer informationsorientierten Rechnungslegung (Fortsetzung) Anforderungen an die Gestaltung der Erfolgsrechnung im Rahmen einer informationsorientierten Rechnungslegung Inhalte und Abgrenzung Strukturierung der Erfolgsrechnung der Erfolgsrechnung Erfolgsspaltung Grundsatz 10: Gebot eines separaten Ausweises ungewöhnlicher Posten innerhalb der Kategorie, zu der sie inhaltlich gehören.

Verrechnung von Erfolgskomponenten Grundsatz 11: Gebot eines unsaldierten Ausweises von Erträgen und Aufwendungen. Option eines saldierten Ausweises für die konkret definierten Fälle, bei denen ein Bruttoausweis nur einen geringen Beitrag zur Prognoserelevanz leistet.

104

3

Überprüfung der abgeleiteten Anforderungen an die Gestaltung der Erfolgsrechnung anhand von Ergebnissen der empirischen Forschung

3.1

Vorbemerkung

Im Kapitel 2 wurden ausgehend von den Zwecken des Jahresabschlusses Anforderungen an die Gestaltung der Erfolgsrechnung in einer informationsorientierten Rechnungslegung ausgearbeitet. In diesem Kapitel werden Ergebnisse relevanter empirischer Studien ausgewertet, um diese Anforderungen anhand der Ergebnisse empirischer Forschung zu überprüfen.

Da eine sehr große Zahl an empirischen Studien vorliegt, die in einen Zusammenhang mit der in dieser Arbeit untersuchten Fragestellung gebracht werden können,315 stellt sich zunächst die Frage nach einer möglichen Systematisierung dieser Studien. Bevor mit der Auswertung einzelner Studien begonnen wird, soll daher zunächst ein Überblick über die wichtigsten methodologischen Grundkonzepte der empirischen Forschung in der Rechnungslegung gegeben werden. Ein derartiger Überblick erscheint auch deswegen wichtig, weil sich aus der Methodik der Studien bestimmte Einschränkungen ergeben, die bei der Interpretation der Ergebnisse beachtet werden müssen.

315

So liegen beispielsweise allein zum Thema „Bewertungsrelevanz der accounting earnings im Vergleich zu cash flows“ Hunderte von Studien vor. Zum Überblick über diese Studien vgl. z. B. Obinata (2002), S. 6 ff.

105

3.2

Überblick über die methodologischen Grundkonzepte der empirischen Forschung in der Rechnungslegung

3.2.1 3.2.1.1

Kapitalmarktorientierte Forschung Darstellung des Grundkonzeptes

Die kapitalmarktorientierten Studien versuchen, mittels statistischer Analysen den Einfluss von Rechnungslegungsinformationen auf das Verhalten der Kapitalmarktakteure zu erhellen.316 Dabei wird nicht das Entscheidungsverhalten einzelner Kapitalmarktteilnehmer untersucht, sondern es werden die aggregierten Folgen dieser Entscheidungen am Markt betrachtet.317 Die Reaktion des Kapitalmarktes auf die Veröffentlichung von Rechnungslegungsinformationen wird meist anhand der Entwicklung von Börsenpreisen und der Aktienrenditen gemessen,318 die als das komprimierte Gesamtergebnis der Aktivitäten von Marktteilnehmern gesehen werden.

Viele kapitalmarktorientierte Studien versuchen, aus der Reaktion des Kapitalmarktes Schlussfolgerungen bezüglich der Entscheidungsrelevanz von Rechnungslegungsinformationen zu ziehen. Es wird unterstellt, dass Marktteilnehmer sich bei der Informationsverarbeitung nur von solchen Größen leiten lassen, die als entscheidungsrelevant – d. h. relevant und in hinreichendem Maße zuverlässig – angesehen werden.319 Die Beziehung zwischen den Marktpreisen und den Rechnungslegungsgrößen wird dabei nicht im Sinne einer Theorie „erklärt“, sondern mit Hilfe von statistischen Korrelations- und Bestimmungsmaßen erfasst.320 Die Stärke der Korrelation wird in diesen Studien als maßgebliches Beurteilungskriterium für die Güte der Rechnungslegung bzw. einzelner Rechnungslegungsregeln angesehen321 und dient in vielen Studien als Basis für die Ableitung von Empfehlungen für die Standardset-

316

317 318 319

320 321

106

Vgl. Coenenberg/Haller (1993a), S. 564 ff. Kothari beschreibt den capital markets research in accounting als ein breiteres Forschungsfeld, das neben den in diesem Abschnitt beschriebenen Forschungsrichtungen noch weitere Forschungszweige, insbesondere tests of market efficiency und fundamental analysis, einschließt, vgl. Kothari (2001), S. 105 ff. Den Ausführungen in dieser Arbeit wird dennoch die Definition von Coenenberg/Haller zugrunde gelegt, da die kapitalmarktorientierten Studien außerhalb dieser Definition – wie die Studien zur Markteffizienz oder zur Fragen der Fundamentalanalyse – wenig geeignet erscheinen, Empfehlungen zur Abgrenzung und zur Strukturierung der Erfolgsrechnung empirisch zu überprüfen. Vgl. Schmidt (2005), S. 99. Vgl. Möller/Hüfner (2002), S 415. Vgl. Wagenhofer/Ewert (2003), S. 120. Zum trade off dieser beiden Rechnungslegungseigenschaften vgl. Abschnitt 2.1.3. Vgl. Schmidt (2005), S. 99. Vgl. Wagenhofer/Ewert (2003), S. 120.

zung. Diese Forschungsrichtung, die sich selbst als ein Weg zur empirisch-kapitalmarktorientierten Operationalisierung der Entscheidungsnützlichkeit versteht,322 wird als value relevance-Literatur bezeichnet.323 Nach Holthausen/Watts324 lassen sich value relevance-Studien unter methodischen Gesichtspunkten in drei Gruppen einteilen:

x

Relative association studies. Diese Studien vergleichen mittels der Regressionsanalysen die Assoziation325 zwischen den Marktpreisen der Finanztitel und den alternativen Ergebnisgrößen, wie z. B. earnings und das comprehensive income. Die Ergebnisgrößen mit dem höheren Bestimmungsmaß R2 werden als Ergebnisgrößen mit höherer Bewertungs- und Entscheidungsrelevanz326 („value relevance“) interpretiert.327

x

Incremental association studies. Diese Studien untersuchen, ob ein statistischer Zusammenhang zwischen bestimmten Rechnungslegungsgrößen und den Aktienpreisen oder -renditen über einen längeren Zeitraum festgestellt werden kann. Die untersuchte Rechnungslegungsgröße wird als bewertungsrelevant interpretiert, wenn der ermittelte Regressionskoeffizient signifikant von Null abweicht.

x

Marginal information content studies. Diese Studien untersuchen, ob ausgewählte Rechnungslegungsgrößen für Investoren einen zusätzlichen Informationsgehalt besitzen, welcher über den Informationsgehalt des sonstigen üblichen „information set“

322 323 324 325

326

327

Vgl. in diesem Sinne auch Barth/Beaver/Landsman (2001), S. 80 f. Vgl. Holthausen/Watts (2001), S. 4, Wagenhofer/Ewert (2003), S. 120. Vgl. zu den Methoden Holthausen/Watts (2001), S. 5 f. Die Begriffe „Assoziation“, „Korrelation“ und „statistischer Zusammenhang“ werden im Folgenden als Synonyme verwendet. Coenenberg unterscheidet zwischen der Entscheidungsnützlichkeit (= Entscheidungsrelevanz) und der Bewertungsrelevanz, vgl. Coenenberg u. a. (1978), S. 498. Bei der Entscheidungsnützlichkeit geht es um die Frage, ob die Rechnungslegungsinformationen die Entscheidungen der Akteure beeinflussen. Unter der Frage nach der Bewertungsrelevanz wird die Frage verstanden, ob Rechnungslegungsinformationen den Börsenwert des Unternehmens im Zeitvergleich „erklären“ können, vgl. hierzu auch Schmidt (2005), S. 99. Dieser Begrifflichkeit wird hier nicht gefolgt. Value relevance-Studien unterstellen gerade, dass Rechnungslegungsinformationen – wenn sie den Börsenwert „beeinflussen“ – von Kapitalmarktakteuren als entscheidungsrelevant erachtet werden. In der Systematik von Coenenberg lassen sich die oben beschriebenen Forschungsrichtungen relative and incremental association studies der Richtung „Studien zur Bewertungsrelevanz“ zuordnen, die marginal information content studies würden dann der Forschungsrichtung „Studien zur Entscheidungsnützlichkeit“ entsprechen. Das Bestimmungsmaß R2 gibt an, welcher Anteil der Streuung der abhängigen Variable durch die Streuung der unabhängigen Variable erklärt werden kann, vgl. hierzu Möller/Hüfner (2002), S. 431.

107

hinausgeht. In der Regel werden hierzu sog. Ereignisstudien (event studies328) durchgeführt. Es wird innerhalb eines relativ kurzen Zeitraumes mittels statistischer Analysen getestet, ob zwischen der Veröffentlichung bestimmter Rechnungslegungsinformationen und den Preisänderungen am Markt ein Zusammenhang besteht. Werden Marktreaktionen festgestellt, so wird daraus auf die Entscheidungsrelevanz der veröffentlichten Informationen geschlossen.

In allen drei Forschungsrichtungen lassen sich Studien finden, die bei der Überprüfung der Empfehlungen zur Gestaltung der Erfolgsrechnung herangezogen werden können.

3.2.1.2

Kritische Würdigung

Die erst im Anschluss an eine 1989 erschienene Arbeit von Lev329 entstandene und daher relativ junge value relevance-Richtung hat mittlerweile einen sehr beachtlichen Umfang erreicht. Trotz des ungebrochenen weiteren Wachstums dieser Forschungsrichtung – oder vielleicht gerade deshalb – wurde value relevance-Forschung insbesondere in der letzten Zeit zum Gegenstand scharfer Kritik.330 Im Kern geht es vor allem um die Frage, ob gemessene Korrelationen tatsächlich entscheidende Faktoren für einen Standardsetzer bei der Gestaltung von Rechnungslegungsnormen sein können.331

Im Einzelnen können folgende wichtige Kritikpunkte genannt werden:

x

Ausschließliche Konzentration auf die Bewertung des Eigenkapitals. Es wird kritisiert, dass die Fokussierung auf die Bewertung des Eigenkapitals, die diese Studien kennzeichnet, eine willkürliche Festlegung darstellt.332 Sie wird durch die (angloamerikanischen) Rahmenkonzepte nicht unterstützt.333 Beispielsweise wird im Framework des

328 329

330

331 332 333

108

Zu Ereignisstudien vgl. Bowman (1983), S. 561 ff. Vgl. Lev (1989). In dieser Arbeit wurde erstmalig die Höhe der Korrelation zwischen Kapitalmarktrenditen und Gewinnen explizit als ein maßgebliches Beurteilungskriterium für die „Güte“ der Rechnungslegung propagiert, vgl. Wagenhofer/Ewert (2003), S. 121. Vgl. stellvertretend Holthausen/Watts (2001) und Ronen (2001). Zur Gegenmeinung vgl. Barth/Beaver/ Landsman (2001). Vgl. Wagenhofer/Ewert (2003), S. 131. Vgl. ausführlich Holthausen/Watts (2001), S. 23 ff. Dies wiegt nach Holthausen/Watts (2001) besonders schwer, weil eine allgemeine theory of accounting and standard setting nicht existiert, vgl. hierzu Holthausen/Watts (2001), S. 23 ff.

FASB explizit klargestellt, dass die Bereitstellung des direkten Inputs für die Bewertung des Eigenkapitals nicht die Aufgabe der Rechnungslegung ist.334 Die Ausrichtung der value relevance-Studien, die im Grunde „equity valuation tests“335 darstellen, vernachlässigt dagegen die im Framework des FASB verankerte multi-user-Funktion der Rechnungslegung.336

Selbst wenn man die Fokussierung auf die Bewertung des Eigenkapitals akzeptieren würde, so besteht ein weiteres grundlegendes Problem: eine Information über das Jahresergebnis, die den stärksten statistischen Zusammenhang mit den Preisen der Anteile aufweist, muss nicht notwendigerweise die beste Maßgröße für den Wert des Eigenkapitals oder seine Änderungen sein.337

x

Keine Untersuchung des Ursache-Wirkungszusammenhangs. In den value relevanceStudien wird allein auf die empirische Assoziation zwischen Erfolgsgrößen und Marktpreisen abgestellt, unabhängig davon, ob diese Erfolgsgrößen auch ursächlich für die beobachteten Preisänderungen waren.338 In der Realität werden aber in den Marktpreisen auch zahlreiche Informationen aus anderen Informationsquellen verarbeitet, die die eigentliche Ursache für die Preisänderungen sein können. Eine empirisch hohe Korrelation zwischen den ausgewiesenen Gewinnen und den Marktpreisen kann daher auch dann gemessen werden, wenn der Rechnungslegung keine originäre Informationswirkung zukommt, weil z. B. Informationen aus anderen Quellen früher verfügbar sind als die der Rechnungslegung.339

x

Verzahnte Wirkung der Relevanz und der Verlässlichkeit. Value relevance-Studien stellen bereits definitionsgemäß „joint tests“ der Relevanz und der Verlässlichkeit dar.340 Wird eine geringe value relevance einer Information festgestellt, so kann daraus keine Aussage abgeleitet werden, ob diese geringe value relevance auf die mangelnde Relevanz oder auf die mangelnde Verlässlichkeit oder auf beide Faktoren zurückzuführen ist.341

334 335 336 337 338 339 340 341

Vgl. weiterführend Holthausen/Watts (2001), S. 23. Vgl. auch FASB, SFAC No. 1, Par. 41. Holthausen/Watts (2001), S. 63. Vgl. Holthausen/Watts (2001), S. 23. Vgl. ausführlich Holthausen/Watts (2001), S. 15 ff. m. w. N. Zu den Ausführungen in diesem Absatz vgl. Wagenhofer/Ewert (2003), S. 132 f. Vgl. auch Ronen (2001), S. 133. In diesem Sinne auch Barth/Beaver/Landsman (2001), S. 81. So auch Barth/Beaver/Landsman (2001), S. 81.

109

Einfluss der gewählten Datenbasis. Ein weiteres Problem besteht darin, dass viele va-

x

lue-relevance-Studien, insbesondere die, die kurz nach Einführung eines Standards durchgeführt werden, auf den Daten aus der Zeit vor Einführung der untersuchten Regelung basieren und versuchen, aus dieser Analyse Schlussfolgerungen hinsichtlich der Sinnhaftigkeit der neuen Regelung zu ziehen.342 Holthausen/Watts weisen in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass „An accounting number that is value relevant in a study before it becomes part of GAAP could well cease to be value relevant after it becomes part of GAAP if it is not verifiable. Or, an accounting number that is not value relevant in such a study may become value relevant after it is mandated and audited. […] Thus a finding of value relevance or non-value relevance using pre-standard data is not a sufficient condition for an accounting standard.”343

x

Prämisse der Informationseffizienz. In der Literatur werden unterschiedliche Ansichten darüber geäußert, ob die Prämisse der Informationseffizienz344 für sämtliche Arten von value relevance-Studien notwendig ist.345 Es ist aber davon auszugehen, dass diese Prämisse zumindest bei derartigen Varianten von value relevance-Studien explizit erforderlich ist, bei denen bestimmte Regressionskoeffizienten mit theoretischen Hypothesen über die Größenordnung dieser Koeffizienten verglichen werden.346 Dies ist z. B. bei den Ereignisstudien, die den oben angesprochenen marginal information content studies zugrunde liegen, der Fall.347 Aufgrund der vorliegenden kritischen Evidenz zur Informationseffizienz realer Märkte348 ist davon auszugehen, dass diese Prämisse die Interpretation der gemessenen Ergebnisse deutlich erschwert.349

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346 347 348

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110

Vgl. auch die Ausführungen zur Studie von Chambers/Linsmeier/Shakespeare/Sougiannis (2005) im Abschnitt 3.3.1.1, die explizit auf dieses Problem und seine Auswirkungen im studienspezifischen Konzept hingewiesen haben. Holthausen/Watts (2001), S. 29. Nach der klassischen Definition von Fama ist ein Markt dann (informations-)effizient, wenn seine Preise stets die verfügbaren Informationen vollständig reflektieren, vgl. Fama (1976), S. 383. Dabei werden unterschiedliche Formen der Informationseffizienz im Zusammenhang mit den Arten der verfügbaren Informationen unterschieden. Bei der hier interessierenden mittelstrengen Informationseffizienz handelt es sich um alle öffentlich zugänglichen Informationen. Zum Konzept und zu den Graden der Informationseffizienz vgl. Wagenhofer/Ewert, S. 104 ff. Zur Notwendigkeit dieser Prämisse für sämtliche value relevance-Studien vgl. stellvertretend Holthausen/Watts (2001), S. 18. Vgl. weiterführend Wagenhofer/Ewert (2003), S. 134. Zur Methodik der Ereignisstudien vgl. weiterführend Bowman (1983), S. 561 ff. Vgl. Wagenhofer/Ewert (2003), S. 104 ff. Zum Überblick über die Studien zur Informationseffizienz vgl. Beaver (1983), S. 344 ff., und Beaver (1989), S. 138 ff., Fama (1998), S. 283 ff., und Fama (1991), S. 1600 ff., Sapusek (1998), S. 210 ff., Kothari (2001), S. 110 f. Zu den Studien in Bezug auf den deutschen Kapitalmarkt vgl. Möller (1985), S. 504, und May (1991), S. 313 ff. Zur grundsätzlichen Problematik der empirischen Überprüfung der Informationseffizienz vgl. eingehend Neumann/Klein (1982), S. 175 ff. Vgl. hierzu ausführlich Wagenhofer/Ewert (2003), S. 104 ff. und Schmidt (2005), S. 104 ff.

x

Verwendete Bewertungsmodelle sowie die Verbindung zwischen den verwendeten Modellen und den Rechnungslegungsgrößen. Weitere Einschränkungen für die Interpretation der Ergebnisse können sich aus den verwendeten Bewertungsmodellen und aus der Festlegung der Verbindung zwischen dem verwendeten Modell und den Rechnungslegungsgrößen ergeben.350 Beispielsweise basiert ein beträchtlicher Teil der association studies seit den Veröffentlichungen von Ohlson351 und Feltham/Ohlson352 auf dem nach diesen Autoren benannten Modell (Feltham-Ohlson-Modell). Dieses stellte erstmals einen theoretischen Zusammenhang zwischen den Vergangenheitsdaten der Rechnungslegung und dem Marktwert des Eigenkapitals dar.353 Zu den Prämissen des Modells gehört u. a. die Einhaltung der clean surplus relation354 in der Rechnungslegung, die die benötigten Rechnungslegungsdaten bereitstellt.355 Keine der derzeit praktizierten Rechnungslegungssysteme im angloamerikanischen Raum genügt dieser Bedingung.356

Einige dieser Kritikpunkte lassen sich durch die Gegenargumentation der Befürworter der value relevance-Forschung357 entkräften oder zumindest relativieren. So wird z. B. dem oben erläuterten Vorwurf der Konzentration auf die Bewertung des Eigenkapitals entgegengehalten, dass die value relevance-Studien zwar die Marktpreise der Anteile als valuation benchmark benutzen, nicht aber direkt die Bewertung des Eigenkapitals bezwecken.358 Dies ist das Ziel der Fundamentalanalyse (fundamental analysis research). Die Konzentration der value relevance-Studien auf einzelne Rechnungslegungsgrößen widerspiegelt die Fokussierung des FASB auf die einzelnen Vermögenswerte, Schulden und earnings-Komponenten; diese Studien sind nicht auf die Bewertung des gesamten Unternehmens ausgerichtet. Im Übrigen bestätigen die Befürworter dieser Forschungsrichtung eine gewisse Fokussierung der value relevance-Studien auf die Informationsinteressen der Eigenkapitalgeber. Sie weisen aber (zutreffend) darauf hin, dass diese Fokussierung der Ausrichtung der Rahmenkonzepte sämtlicher

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357 358

Zum umfassenden Überblick über die verwendeten Modelle und über die damit verbundenen Implikationen vgl. Holthausen/Watts (2001), S. 52 ff. Vgl. Ohlson (1995). Vgl. Feltham/Ohlson (1995). Zur Kommentierung der Ableitung vgl. z. B. Möller/Hüfner (2002), S. 417 ff. und Wagenhofer/Ewert (2003), S. 125 ff. Zur clean surplus relation vgl. Abschnitt 2.2.3.1.2.1. Zu weiteren Implikationen vgl. z. B. Streim (2000), S. 124. Zur weiteren Kritik an der Verwendung des Feltham-Ohlson-Modells in den value-relevance-Studien vgl. Holthausen/Watts (2001), S. 59 ff. Vgl. zur Gegenargumentation Barth/Beaver/Landsman (2001), S. 94 f. Vgl. im Folgenden Barth/Beaver/Landsman (2001), S. 90.

111

Standardsetzer im angloamerikanischen Raum entspricht, da diese Rahmenkonzepte die Eigenkapitalgeber als die zentrale Adressatengruppe definieren.359

Einige der zentralen Kritikpunkte werden aber auch von den Befürwortern dieser Forschungsrichtung in ihrer Kernaussage anerkannt. Beispielsweise wird von Barth/Beaver/Landsman explizit bestätigt, dass die value relevance-Studien die „joint tests“ der Relevanz und der Verlässlichkeit darstellen, so dass es im Grunde nicht möglich ist, festzustellen, ob eine ggf. konstatierte Bewertungsrelevanz einer Rechnungslegungsgröße auf ihre Relevanz oder auf ihre Verlässlichkeit oder auf diese beiden Eigenschaften zurückgeht.360 Es wird aber in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die Relevanz und die Verlässlichkeit zwei zentrale, sehr wichtige qualitative Eigenschaften im Rahmenkonzept des FASB darstellen. Die value relevance-Studien versuchen, diese zentralen Konzepte (wenn auch im Verbund) empirisch zu operationalisieren.361

Ferner wird von den Befürwortern dieser Forschungsrichtung bestätigt, dass die Bewertungsrelevanz einer Rechnungslegungsgröße gemessen werden kann, ohne dass diese Rechnungslegungsgröße von den Marktteilnehmern als entscheidungsrelevant angesehen wird, z. B. weil die gemessene Bewegung der Marktpreise auf eine neuere vorliegende Information zurückgeht.362 Es wird in diesem Zusammenhang eingeräumt, dass die Konzepte der Bewertungsrelevanz und der Entscheidungsrelevanz nicht deckungsgleich sind.363

Nach der Abwägung der aufgeführten Kritikpunkte und der Gegenargumente kann die Schlussfolgerung gezogen werden, dass viele zentrale Kritikpunkte zumindest im Kern gerechtfertigt erscheinen und dass aufgrund der dargelegten Einschränkungen insgesamt offen bleibt, inwieweit Ergebnisse von value relevance-Studien bei den regulativen Überlegungen berücksichtigt werden sollten.364 Dennoch stellt die value relevance-Literatur einen interessanten und beachtenswerten Versuch dar, Eigenschaften wie Relevanz und Zuverlässigkeit

359 360 361 362 363 364

112

Vgl. im Folgenden Barth/Beaver/Landsman (2001), S. 89. Vgl. im Folgenden Barth/Beaver/Landsman (2001), S. 81. Vgl. Barth/Beaver/Landsman (2001), S. 81. Vgl. Barth/Beaver/Landsman (2001), S. 81. Vgl. Barth/Beaver/Landsman (2001), S. 81. Holthausen/Watts (2001, S. 64) konstatieren in diesem Zusammenhang, dass „Conversations with individuals currently and formerly associated with the FASB suggest those individuals are confused about how to interpret the value relevance evidence and how to use it in their deliberations. While intuitively those individuals, as well as academics, sense something useful must arise from the degree of association between equity valuations and accounting numbers, they find it hard to pinpoint exactly what implications that association has for standard setting.”

der Rechnungslegung zu operationalisieren.365 Es ist auch Wagenhofer/Ewert darin zuzustimmen, dass „[m]ehr als konzeptionell-threoretische Analysen einerseits und empirische Arbeiten andererseits […] die Forschung grundsätzlich nicht zu bieten [hat]. Von beiden Richtungen lässt sich viel lernen, bei empirischen Studien zur value relevance […] jedenfalls über einige Zusammenhänge an Kapitalmärkten. Für die Gesamtbeurteilung von Rechnungslegungsvarianten ist dies aber nur ein Bestandteil neben vielen anderen.“366

3.2.2 3.2.2.1

Verhaltensorientierte Forschung Darstellung des Grundkonzeptes

In der verhaltensorientierten Forschung in der Rechnungslegung (behavioral accounting research) werden – stark vereinfachend – die rechnungslegungsbezogenen Informationsverarbeitungsprozesse und die Entscheidungswirkung der Rechnungslegungsinformationen auf deren Adressaten untersucht.367 Die theoretische und methodologische Grundlage dieser Untersuchungen ergibt sich aus der Psychologie und Soziologie (z. B. Modelle zur Entscheidungs-, Lern- und Motivationstheorie).368 Das zentrale Merkmal dieser Studien ist die Beschäftigung mit dem konkreten rechnungslegungsbezogenen Verhalten einzelner Individuen.

Die typischen Untersuchungsmethoden der verhaltensorientierten Forschung in der Rechnungslegung sind die Beobachtung des Entscheidungsprozesses und die Befragung der Beteiligten; vorherrschend sind die Feldforschung, das Feldexperiment und das Laborexperiment.369

Verhaltensorientierte Studien ermöglichen sowohl eine kontrollierte und systematische Variation der Input-Variablen (z. B. Art der gegebenen Informationen, Grad der Aggregation, Darstellungsform etc.) als auch eine – wenn auch begrenzte – Untersuchung des realen Entschei-

365 366 367

368 369

Vgl. Wagenhofer/Ewert (2003), S. 136. Wagenhofer/Ewert (2003), S. 136. Vgl. Coenenberg/Haller (1993b), S. 508. Zur Integration der ursprünglich auf neoklassischen ökonomischen Theorien basierenden Forschungsrichtung „experimental economics“ in die klassische „behavioral accounting research“ vgl. Moser (1998), S. 95 ff., sowie Haynes/Kachelmeier (1998), S. 97 ff. Vgl. nachfolgend Coenenberg/Haller (1993a), S. 563. Vgl. Coenenberg (1993), S. 76.

113

dungsverhaltens und des Informationsprozesses.370 Begrenzt muss die Untersuchung des realen Entscheidungsverhaltens vor allem deshalb bleiben, weil es sich um hochkomplexe Informationsverarbeitungsprozesse handelt, die naturgemäß „im Kopf“ des Entscheidenden ablaufen und diesem oft selbst nicht bewusst sind.

Verhaltensorientierte Studien erlauben ferner die Untersuchung der Unterschiede im Entscheidungsverhalten von Individuen in subjektiver (z. B. Vorhandensein von Fachwissen, Beruf, Alter, Risikoneigung) als auch in objektiver (z. B. die verfügbare Zeit, Häufigkeit der Entscheidungen, Einzel- oder Gruppenentscheidungen) Hinsicht.371

3.2.2.2

Kritische Würdigung

Ein großer Teil der verhaltensorientierten Studien konzentriert sich auf die rechnungslegungsbezogenen Entscheidungen der Manager und Wirtschaftsprüfer sowie auf deren Auswirkungen auf Prognosen von Finanzanalysten und auf das Kaufverhalten von Investoren. Diese eindeutige Konzentration auf die Beurteilungs- und Entscheidungsprozesse hat in den sechziger und siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts insbesondere im angloamerikanischen Raum zu einer explosionsartigen Zunahme der entsprechenden Publikationen geführt.372 Diese früheren verhaltensorientierten Studien wurden zum Gegenstand scharfer Kritik373, was dann in den achtziger und neunziger Jahren zu einem starken Rückgang der Anzahl der Studien geführt hat.374 Die zentralen Kritikpunkte waren insbesondere 1) das Fehlen von Theorien, die im Experiment beobachtetes Verhalten „erklären“ konnten, 2) der Einsatz von Untersuchungsmethoden, die für die gewählten Fragestellungen nicht geeignet waren, 3) die Irrelevanz des individuellen Verhaltens für Marktprozesse, in denen der Wettbewerb individuelle Fehler eliminieren würde, 4) die mangelnde Konzentration auf die relevanten Aspekte der untersuchten Entscheidungssituationen, wie z B. Eigenschaften der Entscheidungsträger oder die institutionellen Rahmenbedingungen.375

370 371 372 373 374 375

114

Vgl. nachfolgend Schmidt (2005), S. 97. Vgl. Schmidt (2005), S. 98 m. w. N. Vgl. Libby/Bloomfield/Nelson (2002), S. 775. Vgl. stellvertretend Gonedes/Dopuch (1974), S. 48 ff. Vgl. Libby/Bloomfield/Nelson (2002), S. 776. Vgl. hierzu z. B. Maines (1995), S. 76 ff.; Berg/Dickhaut/McCabe (1995), S. 102 ff.

Seit etwa Mitte der neunziger Jahre wird eine „Wiederbelebung“ dieser Forschungsrichtung beobachtet.376 Ein Teil der früher geäußerten Bedenken konnte durch die Verbesserung und die Verfeinerung der Untersuchungsmethodik und des Untersuchungsdesigns ausgeräumt werden.377 Auch die seitdem stattgefundenen Entwicklungen vor allem in der Psychologie und in der Entscheidungstheorie ermöglichen eine wesentlich bessere theoretische Fundierung der neueren Studien.

Einige weitere Entwicklungen außerhalb des eigentlichen Gebietes der verhaltensorientierten Forschung haben zusätzlich die Weiterentwicklung dieser Forschungsrichtung begünstigt, so insbesondere die kritische Diskussion der Kapitalmarkteffizienz. Zahlreiche in den späten achziger und in den neunziger Jahren durchgeführte Studien haben ernsthafte Zweifel an der Hypothese der Kapitalmarkteffizienz, sogar in ihrer mittelstrengen und schwachen Form, begründet,378 was das Interesse am individuellen Verhalten der Marktakteure als wichtiges Element der Marktprozesse wieder geweckt hat.

Darüber hinaus versuchen die neueren Studien, den „komparativen Vorteil“ der verhaltensorientierten Forschung bewusst auszunutzen und auszubauen.379 Im Unterschied zu den kapitalmarktorientierten Studien werden bei den verhaltensorientierten Studien das konkrete individuelle Entscheidungsverhalten, und nicht die Folgen des aggregierten (und unbekannten) Entscheidungsverhaltens am Kapitalmarkt untersucht.380 Daher ermöglichen allein die verhaltensorientierten Studien einen Einblick in das konkrete Entscheidungsverhalten und die Informationsverarbeitungsprozesse von Kapitalmarktakteuren. Die zentrale Stärke der experimentellen verhaltensorientierten Forschung und zugleich ihr „komparativer Vorteil“ im Vergleich zur kapitalmarktorientierten Forschung besteht in der Möglichkeit, die in den realen Marktprozessen im Verbund wirkenden Variablen zu „entwirren“ und die Wirkung einzelner Variablen gezielt und kontrolliert zu untersuchen.381 Im Experiment können daher auch die Konstellationen getestet werden, die in der Realität nicht oder nicht in hinreichender Quantität vorhanden sind.

376 377 378

379 380 381

Vgl. Libby/Bloomfield/Nelson (2002), S. 776. Vgl. nachfolgend weiterführend Libby/Bloomfield/Nelson (2002), S. 777 ff. Zum Überblick über diese Studien vgl. Fama (1998), S. 283 ff., und Kothari (2001), S. 110 ff. Zu den Graden der Informationseffizienz vgl. Wagenhofer/Ewert (2003), S. 108 ff. Vgl. Libby/Bloomfield/Nelson (2002), S. 778. Vgl. Schmidt (2005), S. 98 f. Vgl. nachfolgend Libby/Bloomfield/Nelson (2002), S. 778.

115

Die Konzentration dieser Studien auf das konkrete, kontextbezogene Entscheidungsverhalten bestimmter Gruppen von Individuen führt aber zugleich zu einer wichtigen, nach wie vor vorhandenen Einschränkung hinsichtlich der Aussagefähigkeit der Ergebnisse. Von einer im Experiment oder im Feldtest festgestellten Entscheidungsnützlichkeit bestimmter Informationen kann nicht auf die Entscheidungsnützlichkeit am Markt geschlossen werden. Da die meisten Untersuchungen mit professionellen Anlegern (wie z. B. Finanzanalysten oder Aktienhändlern) oder zumindest mit Personen mit überdurchschnittlichen Rechnungslegungskenntnissen (wie z. B. MBA-Studierenden) durchgeführt werden,382 ist das Problem der mangelnden Übertragbarkeit offensichtlich.383 So gesehen kann lediglich nur eine potenzielle Entscheidungsnützlichkeit der Information nachgewiesen werden.384

Aus der Testsituation ergeben sich außerdem weitere Einschränkungen hinsichtlich der Aussagefähigkeit der Ergebnisse. So wird z. B. hinterfragt, inwieweit es grundsätzlich möglich ist, in einem Test reale Entscheidungsbedingungen nachzustellen,385 nicht zuletzt aufgrund des Fehlens von Entscheidungskonsequenzen für den Entscheidungsträger.386 Es kann nicht angenommen werden, dass die realen Entscheidungssituationen, die für Kapitalmarktteilnehmer mit Konsequenzen für das eigene Vermögen verknüpft sind, voll identisch sind mit der Situation in einem Experiment oder in einer Befragung.387

382 383 384 385

386 387

116

Vgl. Haller (1989), S. 384. Vgl. Schmidt (2005), S. 99. In diesem Sinne auch Coenenberg (1984), S. 309. Zur Problematik der Wahl von realitätsnahen Anreizen im Experiment vgl. Libby/Bloomfield/Nelson (2002), S. 797. Vgl. Coenenberg/Haller (1993a), S. 564. In diesem Sinne auch Schmidt (2005), S. 99. Zur Kritik am „behavioral accounting“ in methodologischer Hinsicht vgl. weiterführend Dyckman/Gibbins/ Swieringa (1978), S. 49 ff.

3.2.3

Studien zur Prognose von Unternehmenskrisen

Neben der kapitalmarktorientierten Forschung und der verhaltensorientierten Forschung kann noch eine weitere Forschungsrichtung genannt werden, die sich mit der Prognose von Unternehmenskrisen befasst.388 Dabei wird untersucht, ob zwischen dem Auftreten bestimmter negativer Ereignisse und der Ausprägung typischer und spezifischer Charakteristika in der Rechnungslegung (meist Bilanzkennzahlen, aber auch qualitative Daten) ein statistischer Zusammenhang festgestellt werden kann.389 Basierend auf diesen Beobachtungen wird versucht, Kennzahlen und Indikatoren herauszufiltern, die besonders gut Unternehmenskrisen „vorhersagen“ können. Als negatives Ereignis, das vorhergesagt werden soll, wird fast ausschließlich die Insolvenz390 betrachtet.391

Diese Studien operieren mit Kennzahlen und Indikatoren, die auf den Daten sämtlicher Bestandteile des Jahresabschlusses basieren, und nicht ausschließlich – sondern sogar eher weniger – auf Daten der Gewinn- und Verlustrechnung zurückgreifen. Dabei kommen in erster Linie die kombinierten Auswirkungen der Ansatz- und Bewertungsvorschriften zum Tragen, und nicht die der existierenden Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung. Daher eignen sich diese Studien weniger dafür, konkrete Empfehlungen für das Format der Erfolgsrechnung abzuleiten. Als einzige Studie dieser Forschungsrichtung soll in diesem Kapitel eine Studie von Baetge392 kommentiert werden, die aufgrund des individuellen Studiendesigns die Ableitung gewisser Aussagen hinsichtlich der hier untersuchten Fragestellung erlaubt.393 Es konnten keine weiteren Studien dieser Richtung gefunden werden, die geeignet sind, die im Kapitel 2 abgeleiteten Empfehlungen zur Gestaltung der Erfolgsrechnung zu bestätigen oder zu widerlegen.

388

389 390 391 392 393

Coenenberg/Haller (1993a) unterscheiden neben der verhaltensorientierten Forschung und der kapitalmarktorientierten Forschung noch die prognosewertorientierte Forschung, der sie außer der Prognose der Unternehmenskrisen noch die Untersuchung von Prognoseeigenschaften einzelner Ergebnisgrößen zuordnen, vgl. Coenenberg/Haller (1993a), S. 566. Die Studien zur Prognoseeignung einzelner Ergebnisgrößen werden in dieser Arbeit der kapitalmarktorientierten Forschung zugeordnet und in diesem Zusammenhang dargestellt, vgl. die Ausführungen im Abschnitt 3.3.1.1. Vgl. hierzu Coenenberg/Haller (1993a), S. 577, in Bezug auf die prognosewertorientierte Forschung. Vgl. zu den Insolvenzgründen §§ 17, 18, 19 InsO. Vgl. weiterführend Schmidt (2005), S. 114. Vgl. Baetge (2000). Vgl. hierzu ausführlich Abschnitt 3.3.3.2. Zur methodischen Eignung dieser Studie im Hinblick auf die Überprüfung der im Kapitel 2 abgeleiteten Anforderungen vgl. Fn. 658.

117

Auswertung relevanter empirischer Studien394

3.3 3.3.1

Untersuchungen zur Relevanz und zu Präsentationsformaten alternativer Ergebnisgrößen

3.3.1.1

Kapitalmarktorientierte Studien

Die Bewertungs- bzw. Kapitalmarktrelevanz395 der Größe comprehensive income und seiner Komponenten wurde in zahlreichen value relevance-Studien untersucht.396 Die Ergebnisse dieser Studien sind uneinheitlich.

Ältere Studien zu diesem Thema tendieren mehrheitlich zu der Aussage, dass comprehensive income keine Kapitalmarktrelevanz hat. So haben z. B. Cheng/Cheung/Gopalakishnan397 die Korrelationen zwischen Aktienrenditen und alternativen Ergebnisgrößen net income und comprehensive income untersucht398 und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass das compehensive income einen geringeren Informationsgehalt besitzt als die Ergebnisgröße net income.399 Die Differenz zwischen den Größen net income und comprehensive income – also das heutige other compehensive income – besitzt laut dieser Studie keinen Informationsgehalt.400 Auch die Studie von Dhaliwal/Subramanyam/Trezevant401 befasste sich mit der relativen Bewertungsrelevanz des compehensive income im Vergleich zum net income.402 In der Studie konnten zwischen Aktienrenditen und der Größe comprehensive income keine engeren Assoziationen als zwischen Aktienrenditen und dem net income festgestellt werden.403 Darüber hinaus fanden Dhaliwal/Subramanyam/Trezevant eine engere Assoziation des Marktwerts des Eigenkapitals mit dem net income als mit dem comprehensive income. Nach Ansicht der Autoren widersprechen diese Ergebnisse der gelegentlich geäußerten Meinung, dass das 394

395 396

397 398 399 400 401 402 403

118

An dieser Stelle soll nochmals daran erinnert werden, dass in dieser Arbeit eine Vollerhebung nicht beabsichtigt ist. Herangezogen werden Studien, die inhaltlich geeignet sind, die im Kapitel 2 ausgearbeiteten Empfehlungen zu bestätigen oder zu widerlegen, wobei der Schwerpunkt der Betrachtung auf den aktuellen Studien liegt. Die Begriffe „Bewertungsrelevanz“ und „Kapitalmarktrelevanz“ werden hier als Synonyme verwendet. Die meisten in diesem Kapitel zitierten Studien basieren auf den Daten des US-amerikanischen Kapitalmarktes. Falls es sich um Untersuchungen handelt, denen Unternehmensdaten aus anderen Ländern zugrunde liegen, wird dies explizit erwähnt. Vgl. Cheng/Cheung/Gopalakrishnan (1993). Zur Methodik der Untersuchung vgl. Cheng/Cheung/Gopalakrishnan (1993), S. 196 ff. Vgl. Cheng/Cheung/Gopalakrishnan (1993), S. 199. Vgl. Cheng/Cheung/Gopalakrishnan (1993), S. 200. Vgl. Dhaliwal/Subramanyam/Trezevant (1999). Zur Methodik der Untersuchung vgl. Dhaliwal/Subramanyam/Trezevant (1999), S. 48 ff. Vgl. nachfolgend Dhaliwal/Subramanyam/Trezevant (1999), S. 47.

comprehensive income eine bessere Performance-Kennzahl darstellt als net income, und sie stellen die Nützlichkeit der im SFAS 130 verankerten Offenlegungsanforderungen404 für comprehensive income in Frage.405

Die Ergebnisse von Dhaliwal/Subramanyam/Trezevant stehen im Einklang mit den Ergebnissen der Untersuchung von O’Hanlon/Pope406, die sich auf englische Unternehmen bezog.407 O’Hanlon/Pope stellten fest, dass die Komponenten des other comprehensive income kaum Bewertungsrelevanz für Unternehmen in Großbritannien besitzen.408

Insgesamt legen die Ergebnisse der erläuterten älteren Studien die Schlussfolgerung nahe, dass comprehensive income und Komponenten des other comprehensive income von Markteilnehmern bei der Bewertung von Aktien kaum beachtet werden und entsprechend keine oder nur geringe Entscheidungsrelevanz besitzen.

Jüngere Studien zu diesem Thema liefern aber differenziertere und z. T. abweichende Ergebnisse. So wurde in der Studie von Biddle/Choi409 die Entscheidungsrelevanz von net income und comprehensive income zum einen für Zwecke der Aktienbewertung und zum anderen für die Bestimmung von variablen Vergütungen für Führungskräfte410 untersucht.411 Im Gegensatz zu Dhaliwal/Subramanyam/Trezevant stellten Biddle/Choi anhand ihrer Analysen fest, dass das comprehensive income eine höhere Bewertungsrelevanz für Aktienrenditen besitzt als das net income und dass jede einzelne Komponente des other comprehensive income412 einen zusätzlichen Informationsgehalt über den des net income aufweist.413 Diese Ergebnisse unterstützen nach Ansicht der Autoren die Offenlegungsanforderungen des SFAS 130. Be404 405 406 407 408

409 410

411 412

413

Vgl. hierzu Abschnitt 4.1.4. Vgl. Dhaliwal/Subramanyam/Trezevant (1999), S. 64. Vgl. O’Hanlon/Pope (1999). Zur Methodik der Untersuchung vgl. O’Hanlon/Pope (1999), S. 467 ff. Vgl. O’Hanlon/Pope (1999), S. 479. Während aber O’Hanlon/Pope die Bewertungsrelevanz sämtlicher Komponenten des other comprehensive income verneinen, wurde in der oben zitierten Studie von Dhaliwal/Subramanyam/Trezevant (1999) die Bewertungsrelevanz der Ergebnisse aus der fair value-Bewertung von available-for-sale-Wertpapieren für Unternehmen des Finanzsektors nachgewiesen, vgl. Dhaliwal/Subramanyam/Trezevant (1999), S. 47. Vgl. Biddle/Choi (2002). Der Fokus lag dabei auf den variablen Gehältern und Boni. Aktienoptionspläne und ähnliche Instrumente wurden aus der Betrachtung ausgeklammert, um die kombinierte Wirkung weiterer Faktoren, die die Aktienpreise beeinflussen, einzuschränken, vgl. Biddle/Choi (2003), S. 12. Zur Methodik der Untersuchung vgl. Biddle/Choi (2002), S. 10 ff. Separat getestet wurden allerdings nur drei Komponenten des other comprehensive income: unrealisierte Gewinne und Verluste aus available-for-sale-Wertpapieren, aus Fremdwährungsumrechnungen und aus minimum pension liability adjustments. Weitere Bestandteile des other comprehensive income wurden in einer Größe other dirty surplus items zusammengefasst, vgl. Biddle/Choi (2002), S. 13. Zu den Ergebnissen der Untersuchung vgl. Biddle/Choi, S. 3 und S. 16 ff.

119

züglich der „executive cash compensation“ wurde in der Studie festgestellt, dass net income dem comprehensive income bei der „Erklärung“ von variablen Vergütungen überlegen ist, und dass in diesem Kontext keine der other comprehensive income-Komponenten des SFAS 130 einen zusätzlichen Informationsgehalt über den des net income besitzt. Basierend auf diesen Feststellungen kommen die Verfasser der Studie zu dem Ergebnis, dass alternative Ergebnisgrößen bei unterschiedlichen Anwendungen (in dieser Studie: valuation application und contracting application414) unterschiedliche Relevanz aufweisen können.415 In einer Studie von Kanagaretnam/Mathieu/Shehata416 wurde der zusätzliche Informationsgehalt der Komponenten des other comprehensive income im Vergleich zum net income für zwei Perioden – vor der Einführung des SFAS 130 (1994-1997) und nach der Einführung dieses Standards (1998-2003) – untersucht und verglichen. Die Untersuchung basierte auf Daten von US-amerikanischen und kanadischen Firmen, die in den USA gelistet waren und den SFAS 130 anwendeten.417 Im Gegensatz zu Dhaliwal/Subramanyam/Trezevant stellten diese Autoren fest, dass sämtliche Komponenten des other comprehensive income eine Assoziation mit den Marktrenditen aufweisen.418 Die Assoziationen waren für die Periode nach der Einführung des SFAS 130 stärker als für die Periode vor der Einführung. Zusätzlich untersuchten Kanagaretnam/Mathieu/Shehata die Assoziationen von beiden alternativen Ergebnisgrößen (comprehensive income und net income) mit den Ergebnisgrößen der folgenden Berichtsperiode (im Einzelnen: net income, comprehensive income und operating cash flows der nächsten Berichtsperiode). Sie stellten fest, dass – gemessen an statistischen Korrelationen – das net income eine größere „Erklärungskraft“ (relativ predictive power) für künftige Erfolge besitzt als das comprehensive income.419 Die Autoren vermuten, dass dies an der geringeren Wiederholbarkeit der Komponenten des other comprehensive income liegt.420 Insgesamt bestätigen die Ergebnisse der Studie nach Ansicht der Autoren die Nützlichkeit der Offenlegungsanforderungen des SFAS 130 für das comprehensive income und seine Komponenten.421

414 415 416 417 418

419 420 421

120

Vgl. Biddle/Choi, S. 3. Vgl. Biddle/Choi, S. 2. Vgl. Kanagaretnam/Mathieu/Shehata (2005). Vgl. Kanagarenam/Mathieu/Shehata (2005), S. 12 ff. Vgl. Kanagaretnam/Mathieu/Shehata (2005), S. 5 und 22. Diese Autoren haben als Erste auch die Assoziation zwischen den unrealisierten Ergebnissen aus den cash flow hedges und den Aktienrenditen explizit getestet. Vgl. Kanagaretnam/Mathieu/Shehata (2005), S. 5 und 22. Vgl. Kanagaretnam/Mathieu/Shehata (2005), S. 5. Vgl. Kanagaretnam/Mathieu/Shehata (2005), S. 23.

Eine ähnliche Fragestellung wurde bereits in einer jüngeren Studie von Cahan/Courtenay/Gronewoller/Upton422 anhand von Daten neuseeländischer Unternehmen untersucht. Der in Neuseeland seit 1995 geltende Financial Reporting Standard (FRS) 2 erfordert die Offenlegung von Komponenten des other comprehensive income in einem Eigenkapitalspiegel,423 so dass bereits im Jahr 2000 ein mehrjähriger Vergleich der Assoziationen vor und nach der Einführung von Offenlegungsanforderungen möglich war.424 Die Verfasser der Studie kamen zu dem Ergebnis, dass für die neuseeländischen Unternehmen der Informationsgehalt der Komponenten des comprehensive income nach der Einführung der Offenlegungsanforderungen sich nicht verändert hat. Darüber hinaus stellten sie fest, dass das comprehensive income zwar einen zusätzlichen Informationsgehalt im Vergleich zum net income hat, die Komponenten des other comprehensive income aber keinen zusätzlichen Informationsgehalt über den der aggregierten Größe comprehensive income aufweisen. Basierend auf diesen Ergebnissen schlussfolgern die Verfasser der Studie, dass die Offenlegungsanforderungen für die einzelnen Komponenten des other comprehensive income unnötig sind.425 Die Autoren weisen aber darauf hin, dass Ergebnisse ihrer Untersuchung aufgrund der bestimmten länderspezifischen Eigenschaften der zugrunde liegenden Daten426 möglicherweise nicht repräsentativ sind.427

Sehr aufschlussreich für die untersuchte Fragestellung ist die Studie von Chambers/Linsmeier/Shakespeare/Sougiannis428, die hier daher etwas ausführlicher dargestellt wird. Die Autoren haben als Erste explizit darauf hingewiesen, dass es sich bei einem Großteil der bisherigen kapitalmarktorientierten Studien zum comprehensive income um Studien handelt, die auf Daten aus der Zeit vor Einführung des SFAS 130 basieren, aus der Zeit also, in der es noch keine Vorschriften zur Offenlegung des other comprehensive income und seiner Komponenten gab.429 Diese Studien arbeiten daher mit dem „als ob“-other comprehensive income-Konstrukt. Dies impliziert, dass es sich notwendigerweise um einen joint test von 422 423

424 425 426

427 428 429

Vgl. Cahan/Courtenay/Gronewoller/Upton (2000). Der Eigenkapitalspiegel nach dem neuseeländischen Standard FRS 2 erfordert u. a. eine separate Darstellung von eigentümerbezogenen und nicht-eigentümer-bezogenen Komponenten, so dass das comprehensive income getrennt ausgewiesen wird, vgl. Cahan/Courtenay/Gronewoller/Upton (2000), S. 1279. Vgl. Cahan/Courtenay/Gronewoller/Upton (2000), S. 1276 und 1294 ff. Vgl. Cahan/Courtenay/Gronewoller/Upton (2000), S. 1276 und 1294 ff. Vgl. hierzu ausführlich Cahan/Courtenay/Gronewoller/Upton (2000), S. 1294 ff. Hier sei nur darauf verwiesen, dass die Stichprobe lediglich 48 Unternehmen umfasste, sehr große Unterschiede in der Größe der Unternehmen bestanden, und dass nach dem FRS 2 lediglich zwei Komponenten des other comprehensive income – die unrealisierten Ergebnisse aus der Neubewertung von Anlagevermögen und aus der Fremdwährungsumrechnung – offen gelegt werden, so dass entsprechend nur der Informationsgehalt dieser zwei (spezifischen) Komponenten getestet werden konnte. Vgl. Cahan/Courtenay/Gronewoller/Upton (2000), S. 1297. Vgl. Chambers/Linsmeier/Shakespeare/Sougiannis (2005). Vgl. nachfolgend Chambers/Linsmeier/Shakespeare/Sougiannis (2005), S. 1 ff.

121

zwei Hypothesen handelt: dass in der Zeit vor SFAS 130 Investoren einen „als ob“-other comprehensive income ermittelt haben, und dass sie dieses Konstrukt bei der Aktienbewertung verwendet haben.

Chambers/Linsmeier/Shakespeare/Sougiannis greifen mehrere in bisherigen Studien bereits angesprochene Fragestellungen auf und untersuchen sie für die beiden Perioden, vor Einführung des SFAS 130 (in diesem Fall: 1994-1997) und nach der Einführung des Standards (1998-2001). Als Erstes wurde die Bewertungsrelevanz des other comprehensive income in der Zeit vor und nach der Einführung des SFAS 130 untersucht. Die Autoren stellten fest, – im Prinzip konsistent mit der oben zitierten Studie von Dhaliwal/Subramanyam/Trezevant – dass „als ob“-other comprehensive income in der Zeit vor SFAS 130 als nicht bewertungsrelevant einzustufen ist.430 In der Zeit nach der Einführung des Standards erwies sich das other comprehensive income aber als bewertungsrelevant. Die Verfasser der Studie schlussfolgern, dass das Fehlen von Bewertungsrelevanz in der Zeit vor SFAS 130 auf die geringe Nutzung von „als ob“-Zahlen zurückgeht, und dass die obligatorische Offenlegung des other comprehensive income und seiner Bestandteile zu mehr Beachtung und entsprechend zur stärkeren Berücksichtigung dieser Daten bei der Bewertung am Markt geführt hat.431

Des Weiteren untersuchten Chambers/Linsmeier/Shakespeare/Sougiannis, ob die Bewertungsrelevanz in der Zeit nach SFAS 130 auf ein bestimmtes Darstellungsformat zurückgeht. Sie haben die untersuchten Abschlüsse in zwei Gruppen eingeteilt: a) mit der Darstellung des other comprehensive income im Eigenkapitalspiegel oder im Anhang und b) mit der Darstellung des other comprehensive income innerhalb der Gewinn- und Verlustrechnung (one statement approach) oder als separates statement of comprehensive income zusätzlich zur Gewinn- und Verlustrechnung (two statement approach). Die Autoren stellten fest, dass es in beiden Fällen eine Korrelation mit den Marktpreisen gab, fanden aber keine signifikante Differenz in der Korrelationsstärke zwischen den beiden Gruppen.432

Ferner wurde die Bewertungsrelevanz von fünf unterschiedlichen Komponenten des other comprehensive income untersucht,433 separat für die Zeit vor und nach SFAS 130. Keine der

430 431 432 433

122

Vgl. Chambers/Linsmeier/Shakespeare/Sougiannis (2005), S. 2 und ausführlich S. 14 ff. Vgl. Chambers/Linsmeier/Shakespeare/Sougiannis (2005), S. 2. Vgl. Chambers/Linsmeier/Shakespeare/Sougiannis (2005), S. 18. Dies ist bisher die umfassendste Analyse dieser Art. Analysiert wurden unrealisierte Ergebnisse im Zusammenhang mit der Währungsumrechnung, mit dem minimum pension liability adjustment, mit den avai-

untersuchten Komponenten erwies sich als bewertungsrelevant für die Zeit vor SFAS 130. In der Zeit nach SFAS 130 wurde insbesondere für die Ergebnisse aus available-for-saleWertpapieren eine signifikante Bewertungsrelevanz nachgewiesen.434

Dieser Test wurde dann separat für Unternehmen von insgesamt fünf unterschiedlichen Branchen durchgeführt.435 In diesem Test konnte die Bewertungsrelevanz sämtlicher einzelner Komponenten des other comprehensive income im branchenspezifischen Kontext nachgewiesen werden. Es zeigte sich, dass gleiche Erfolgskomponenten zum gleichen Zeitpunkt für unterschiedliche Branchen unterschiedlich starke Korrelationen mit der Preisentwicklung aufweisen.436

Basierend auf diesen Ergebnissen plädieren die Autoren für die Offenlegung von comprehensive income und seiner Komponenten im Jahresabschluss, finden aber, dass die Ergebnisse die Forderung nach der Darstellung des comprehensive income in einem performance statement nicht unterstützen.437

3.3.1.2

Verhaltensorientierte Studien

Bis heute liegen nur wenige verhaltensorientierte Studien vor, die sich unmittelbar mit der Wirkung alternativer Ergebnisgrößen und den Darstellungsformaten der Erfolgsrechnung auf die Entscheidungsprozesse der Investoren befassen. Diese wenigen Studien können aber als aufschlussreich charakterisiert werden. Um eine viel beachtete Studie handelt es sich bei der Studie von Hirst/Hopkins438. Im Experiment mit 96 buy-side-Finanzanalysten439 wurde untersucht, ob das Urteil der Analysten über den Preis der Aktien durch die Art der Darstellung von Erfolgselementen in der Erfolgsrech-

434 435 436 437 438 439

lable-for-sale-Wertpapieren, mit Derivaten und mit sonstigen Komponenten, vgl. Chambers/Linsmeier/Shakespeare/Sougiannis (2005), S. 4. Vgl. Chambers/Linsmeier/Shakespeare/Sougiannis (2005), S. 19. Vgl. weiterführend Chambers/Linsmeier/Shakespeare/Sougiannis (2005), S. 19. Vgl. Chambers/Linsmeier/Shakespeare/Sougiannis (2005), S. 24. Vgl. Chambers/Linsmeier/Shakespeare/Sougiannis (2005), S. 3. Vgl. Hirst/Hopkins (1998). Während die sell-side-Finanzanalysten den Vertrieb der Bank gegenüber den Kunden unterstützen, agieren die buy-side-Finanzanalysten auf der Käuferseite eines Kreditinstitutes und unterstützen die Entscheidung, welche Finanzinstrumente das Kreditinstitut auf eigene Rechnung oder im Rahmen der Vermögensverwaltung der Kunden erwerben soll, vgl. hierzu Schmidt (2005), S. 121.

123

nung oder im Eigenkapitalspiegel beeinflusst werden kann.440 Einzelnen Teilgruppen der Teilnehmer wurden Jahresabschlüsse eines hypothetischen Industrieunternehmens vorgelegt, die sich hinsichtlich nur eines Parameters voneinander unterschieden: es handelte sich einmal um die Situation ohne Gewinnmanagement und einmal um die Situation mit Gewinnmanagement. Im ersten Fall hat das Unternehmen seine available-for-sale-Wertpapiere aufgewertet, ohne sie zu verkaufen; die entsprechenden Gewinne wurden im Einklang mit den Vorschriften des SFAS 115 erfolgsneutral erfasst, so dass das Unternehmen kein Ergebniswachstum im net income verzeichnete. Im zweiten Fall hat das Unternehmen seine aufgewerteten Wertpapiere verkauft, so dass zunächst ein 11 %-Wachstum des net income registriert wurde; anschließend hat das Unternehmen die Wertpapiere zum selben Preis wieder gekauft. Diese zwei Grundsituationen wurden in drei unterschiedlichen Formaten berichtet: a) im pre-SFAS 130-Format ohne eine separate Darstellung des (other) comprehensive income, b) mit Darstellung des (other) comprehensive income in einem performance statement direkt im Anschluss an die Gewinn- und Verlustrechnung und c) mit der Darstellung des (other) comprehensive income in einem Eigenkapitalspiegel. Insgesamt ergaben sich sechs Konstellationen. Die Teilnehmer wurden gebeten, anhand der jeweils vorgelegten Daten die Aktien des Unternehmens zu bewerten. Ergebnisse des Experiments bestätigten die von Hirst/Hopkins aufgestellte Hypothese,441 dass die Darstellung des comprehensive income und seiner Komponenten in einem separaten performance statement das Gewinnmanagement für die Analysten transparenter macht: Die von den Analysten errechneten Preise der Aktien des Unternehmens mit bzw. ohne Gewinnmanagement waren bei dieser Form der Darstellung fast identisch.442 Bei der Darstellung im Eigenkapitalspiegel (und im pre-SAS 130-Format) wurden dagegen die Aktien des Unternehmens, das Gewinnmanagement betrieb, höher bewertet als in der Situation ohne Gewinnmanagement. Auch die Auswertung eines zusätzlichen Fragenbogens bestätigte, dass die beteiligten Finanzanalysten die Erfolgsbestandteile, die in einem Eigenkapitalspiegel präsentiert wurden, wesentlich schlechter wahrnahmen als die gleichen Erfolgsbestandteile, wenn sie in einer Erfolgsrechnung dargestellt wurden.443

440 441 442 443

124

Vgl. im Folgenden Hirst/Hopkins (1998), S. 60 ff. Vgl. hierzu Hirst/Hopkins (1998), S. 57 ff. Vgl. im Folgenden Hirst/Hopkins (1998), S. 64 ff. Vgl. Hirst/Hopkins (1998), S. 65 ff.

In einer experimentellen Studie von Maines/McDaniel444 wurde untersucht, ob die Form der Darstellung von unrealisierten Gewinnen und Verlusten deren Wahrnehmung durch nichtprofessionelle Anleger beeinflusst. Stellvertretend für nicht-professionelle Anleger mit überdurchschnittlichen

Rechnungslegungskenntnissen

waren

am

Experiment

95

MBA-

Studierende mit durchschnittlich 5,77 Jahren Erfahrung im Umgang mit privaten Investitionen und durchschnittlich 5,93 Jahren Berufserfahrung beteiligt.445 Keiner der Teilnehmer hatte Erfahrungen als professioneller Anleger. Den Teilnehmern wurden Daten von zwei hypothetischen Versicherungsunternehmen vorgelegt, die sich ausschließlich hinsichtlich der Höhe und der Volatilität der unrealisierten Gewinne und Verluste aus available-for-saleWertpapieren unterschieden. Die Rentabilität und die übrigen Parameter der beiden Unternehmen waren identisch. Die Daten beider Unternehmen wurden mit drei Offenlegungsvarianten getestet: Darstellung nach SFAS 115 im Eigenkapitalspiegel,446 Darstellung nach SFAS 130 in der Variante „Eigenkapitalspiegel“ und Darstellung nach SFAS 130 in einem separaten performance statement.447 Die Untersuchung hat ergeben, dass nicht-professionelle Anleger die Informationen über die unrealisierten Gewinne und Verluste zwar unabhängig von der Form der Darstellung wahrnehmen, die Information über die Volatilität der unrealisierten Erfolge aber bei Darstellung in unterschiedlichen Formaten unterschiedlich gewichteten.448 Die Information über die Volatilität der unrealisierten Erfolgskomponenten wurde von Teilnehmern nur bei der Darstellung in einem performance statement als „wichtig“ empfunden, nicht aber, wenn sie im Eigenkapitalspiegel offen gelegt wurde. Entsprechend wurde die Performance des Unternehmens mit niedrigerer Volatilität als eine „bessere“ Performance im Vergleich zu der mit der hohen Volatilität nur dann gewertet, wenn die unrealisierten Gewinne und Verluste im performance statement dargestellt wurden.

Die Studien von Hirst/Hopkins und von Maines/McDaniel stimmen in ihrem Endergebnis darin überein, dass die Verarbeitung von Ergebnisinformationen allein durch die Form der Darstellung der Ergebnisrechnung beeinflusst werden kann. Im Unterschied zu den professionellen Finanzanalysten in der Untersuchung von Hirst/Hopkins haben aber die nichtprofessionellen Anleger im Experiment von Maines/McDaniel die unrealisierten Ergebnisbestandteile unabhängig von der Form der Darstellung zumindest zunächst „registriert“. Mai444 445 446

447 448

Vgl. Maines/McDaniel (2000). Zur Methodik der Untersuchung vgl. Maines/McDaniel (2000), S. 189 ff. Im Unterschied zur „Eigenkapitalspiegel“-Variante des SFAS 130 werden die unrealisierten Gewinne und Verluste bei der Darstellung nach SFAS 115 nicht als „income“ bezeichnet, vgl. hierzu weiterführend Maines/McDaniel (2000), S. 185. Vgl. Maines/McDaniel (2000), S. 189 ff. Vgl. im Folgenden Maines/McDaniel (2000), S. 199 ff.

125

nes/McDaniel erklären diese Beobachtung damit, dass nicht-professionelle Anleger im Unterschied zu professionellen Anlegern die Information in der Reihenfolge ihrer Darstellung „lesen“.449 Finanzanalysten suchen dagegen gezielt nach Informationen, die sie für ihre Bewertungsmodelle benötigen. Es ist daher möglich, dass sie Informationen und sogar gesamte Aufstellungen ignorieren, wenn sie diese für ihre Bewertung als irrelevant oder weniger relevant betrachten. Wie Hirst/Hopkins bereits im Vorfeld vermutet haben, haben Finanzanalysten unrealisierte Gewinne und Verluste bei der Darstellung im Eigenkapitalspiegel in der Anteilsbewertung nicht berücksichtigt. Diese Hypothese steht im Einklang mit den Ergebnissen einer früheren Studie von Brown,450 der zufolge Finanzanalysten den Eigenkapitalspiegel als den am wenigsten wichtigen Bestandteil des Abschlusses betrachten.451 Hirst/Hopkins und auch Maines/McDaniel vermuteten außerdem, dass Finanzanalysten in der Studie von Hirst/Hopkins möglicherweise auch deswegen nicht gezielt nach unrealisierten Gewinnen aus Wertpapieren gesucht haben, weil in der Studie Daten eines Industrieunternehmens getestet wurden und für Industrieunternehmen Ergebnisse aus Wertpapieren typischerweise nicht zu den „core operations“ gehören.452 Sie sind daher für die Bewertung der Industrieunternehmen weniger wichtig als für die Bewertung von Unternehmen der Finanzbranche. Maines/McDaniel453 und Lipe454 haben zusätzlich die Frage aufgeworfen, ob der in den Studien von Maines/McDaniel und Hirst/Hopkins festgestellte Einfluss des Präsentationsformates auf das Entscheidungsverhalten auch bei den Finanzanalysten, die sich auf die Bewertung von Unternehmen des Finanzsektors spezialisieren (im Folgenden: Bank-Analysten), festzustellen wäre.455 Für Unternehmen der Finanzbranche gehören unrealisierte Gewinne und Verluste aus der fair value-Bewertung von Finanzinstrumenten zu den „core operations“.456 Sie sind daher für die Richtigkeit der Prognosen sowie der Kauf- und Verkaufsempfehlungen von großer Bedeutung. Es wäre daher zu erwarten, dass die spezialisierten Bank-Analysten nach diesen fair-value-Informationen gezielt suchen und sie benutzen, unabhängig davon, wo sie dargestellt sind.457

449 450 451 452 453 454 455 456 457

126

Vgl. hierzu weiterführend Maines/McDaniel (2000), S. 185 m. w. N. Vgl. Brown (1997). Vgl. Brown (1997), S. 43 f. Vgl. Hirst/Hopkins (1998), S. 59, Maines/McDaniel (2000), S. 185. Vgl. Maines/McDaniel (2000). Vgl. Lipe (1998). Vgl. Maines/McDaniel (2000), S. 200 und Lipe (1998), S. 78. Vgl. nachfolgend Maines/McDaniel (2000), S. 200 m. w. N. Vgl Maines/McDaniel (2000), S. 200; Hirst/Hopkins/Wahlen (2004), S. 458.

Diese Überlegung wurde von Hirst/Hopkins/Wahlen458 in einer experimentellen Studie mit 56 Bank-Analysten und Portfolio Managern überprüft. Die Teilnehmer haben Jahresabschlüsse und umfangreiche weitere Daten von zwei Finanzinstituten vorgelegt bekommen, die sich nur hinsichtlich ihres Zinsrisiko-Exposures unterschieden: eines der beiden Finanzinstitute agierte mit offenen Zinsrisiko-Positionen (unhedged bank), das andere hat sein Zinsrisiko durch Fristenkongruenz weitgehend gesichert (hedged bank).459 Beide Situationen wurden mit zwei Varianten der Erfassung von fair value-Änderungen aus Finanzinstrumenten kombiniert: einmal im Einklang mit der derzeit nach US-GAAP geltenden partiellen fair value-Bewertung und einmal nach dem full fair value-Modell, so dass sich insgesamt vier Konstellationen ergaben. Im Fall der partiellen fair value-Bewertung wurden die (zinsinduzierten) fair valueÄnderungen aus investment securities im separaten performance statement dargestellt, die (zinsinduzierten) fair value-Änderungen sämtlicher sonstiger Finanzinstrumente wurden im Anhang offen gelegt. Bei der Erfassung von fair value-Änderungen nach dem full fair valueModell wurden die (zinsinduzierten) fair value-Änderungen sämtlicher Finanzinstrumente direkt im separaten performance statement und in der Bilanz erfasst.

Den Hintergrund des gewählten Studiendesigns bilden folgende Überlegungen. In der Diskussion vor der Veröffentlichung des SFAS 130 haben insbesondere die Finanzinstitute argumentiert, dass die partielle fair value-Bewertung eine irreführende Darstellung der ökonomischen Risiken und der Performance der Finanzinstitute zur Folge hätte.460 Insbesondere wurde darauf hingewiesen, dass das comprehensive income bei der partiellen fair value-Bewertung der Finanzinstrumente das Zinsrisikomanagement der Banken unzutreffend darstellt, weil das comprehensive income unter diesem Modell nur die (zinsinduzierten) Änderungen der fair value von available-for-sale-Wertpapieren beinhaltet, nicht aber die (ebenfalls zinsinduzierten) fair value-Änderungen aller anderen finanziellen Vermögenswerte (z. B. held-tomaturity-Wertpapiere) und der finanziellen Verbindlichkeiten (z. B. Sichteinlagen). Dieses „mismatch“ könne bei den Jahresabschlussadressaten zu einer verzerrten Wahrnehmung der Risikosituation führen. Insbesondere die Banken, die ihr Zinsrisiko absichern, könnten dabei durch einseitige Erfassung der fair value-Änderungen als Banken mit besonders hohem Zinsrisiko-Exposure erscheinen.461

458 459 460 461

Vgl. Hirst/Hopkins/Wahlen (2004). Vgl. im Folgenden Hirst/Hopkins/Wahlen (2004), S. 459 ff. Vgl. Hirst/Hopkins/Wahlen (2004), S. 459 ff. m. w. N. Vgl. Hirst/Hopkins/Wahlen (2004), S. 457 ff. m. w. N.

127

Hirst/Hopkins/Wahlen haben ihrer Untersuchung die Hypothese vorangestellt, laut der auf Banken spezialisierte Finanzanalysten die für die Bewertung der Anteile relevanten fair value-Informationen verarbeiten, und zwar unabhängig davon, ob sie im performance statement oder im Anhang dargestellt werden.462 Die Autoren erwarteten daher, dass die beteiligten Analysten für die Bank mit gesicherten Zinsrisiko-Positionen ein geringeres ZinsrisikoExposure und einen höheren Anteilswert bestimmen würden als für die Bank mit ungesicherten Positionen. Diese Hypothesen wurden in der Studie nicht bestätigt. Der überwiegende Teil der beteiligten Analysten war nur bei der Anwendung des full fair value-Modells mit der Darstellung der entsprechenden Effekten im performance statement in der Lage, zwischen dem hedged bank und unhedged bank zu unterscheiden.463 Bei der Anwendung der partiellen fair value-Bewertung mit der überwiegenden Darstellung von fair value-Änderungen im Anhang haben Teilnehmer keinen signifikanten Unterschied zwischen den Risikoparametern und den Anteilspreisen zweier Kreditinstitute mit fundamental unterschiedlichen Risikocharakteristika gesehen.464

Diese Ergebnisse könnten laut Hirst/Hopkins/Wahlen darauf zurückzuführen sein, dass bei der partiellen fair value-Bewertung mit der Offenlegung im Anhang die von Finanzanalysten wahrgenommenen Kosten der Informationsgewinnung sehr hoch sind, so dass diese möglicherweise die Suche nach Informationen unterlassen.465 Einige verhaltensorientierte Untersuchungen belegen, dass Finanzanalysten in ihrer Arbeit den zunehmenden Einschränkungen hinsichtlich der zur Verfügung stehenden Zeit und der zu investierenden Bemühungen unterliegen.466 Finanzanalysten operieren mit zunehmend komplexen Daten, müssen einen stetigen und diffusen Fluss an verschiedenen Informationen aus unterschiedlichen Quellen bewältigen und sehen sich einem zunehmenden Zeitdruck ausgesetzt. Zudem belegt eine Untersuchung von Barker,467 dass Finanzanalysten keine rationalen, d. h. ökonomischen Anreize haben, die Rechnungslegung als ihre ausschließliche oder zumindest primäre Informationsquelle zu betrachten und dass Rechnungslegungskenntnisse entsprechend nicht zu ihren zentralen Kompe-

462 463 464

465 466 467

128

Vgl. im Folgenden Hirst/Hopkins/Wahlen (2004), S. 458. Zu den Ergebnissen vgl. Hirst/Hopkins/Wahlen (2004), S. 463 ff. Vgl. Hirst/Hopkins/Wahlen (2004), S. 467. Die Autoren weisen darauf hin, dass diese Ergebnisse offensichtlich nicht auf eine einfache „Fixierung“ der Analysten auf die unterschiedliche Ausprägung des comprehensive income zurückgeführt werden können. Denn in diesem Fall gäbe es Unterschiede in der Bewertung zwischen der partiellen fair value-Bewertung und der Bewertung nach dem full fair valueModell bei der hedged bank. Das war aber in der Untersuchung nicht der Fall. Vgl. hierzu Hirst/Hopkins/Wahlen (2004), S. 467. In diesem Sinne Hirst/Hopkins/Wahlen (2004), S. 458 f. Vgl. hierzu z. B. Bloomfield (2002); Hirshleifer/Lim/Teoh (2002); Hirshleifer/Teoh (2002). Vgl. Barker (2000).

tenzen gehören.468 Unter diesen Umständen ist es nicht ausgeschlossen, dass auch „Spezialisten“ (auf bestimmte Branchen spezialisierte Finanzanalysten) die im Anhang dargestellten fair value-Informationen nicht „zusammensuchen“ und folglich in ihrer Analyse nicht berücksichtigen.469

Obwohl die geschilderte Untersuchung von Hirst/Hopkins/Wahlen in erster Linie dem Thema „recognition vs. disclosure“ zuzurechnen ist, und daher über die in dieser Arbeit untersuchte Fragestellung hinausgeht,470 gibt diese Studie auch einige wichtige Hinweise für die hier untersuchte Problematik. Aus ihr folgt, dass zum einen die Form der Darstellung von fair valueÄnderungen deren Wahrnehmung auch bei spezialisierten Finanzanalysten beeinflussen kann und zum anderen die Darstellung dieser Änderungen im performance statement im Vergleich zur Darstellung im Anhang für diese Gruppe von Finanzanalysten transparenter ist.

Auch zahlreiche weitere Studien zum Thema „recognision vs. disclosure“ belegen, dass die durch diesen Ansatz erfassten Rechnungslegungsgrößen von Markteilnehmern eher berücksichtigt werden als die gleichen Informationen, wenn sie nur im Anhang offen gelegt werden.471 Ferner bestätigen auch psychologische Studien, dass die Form der Darstellung von Informationen einen wesentlichen Einfluss auf die Beurteilung dieser Informationen und auf das Entscheidungsverhalten haben können.472

Auskunft über die Arbeitsweise von professionellen Anlegern in der neueren Zeit gibt eine Studie von Glaum/Friedrich473, die sich mit den Techniken und Bewertungsmethoden der Finanzanalysten in der Zeit nach dem „high-tech bubble“ befasste. Die Studie basierte auf der Auswertung einer Serie von Interviews mit sell-side-Analysten474, die sich auf die europäische

468

469 470

471

472 473 474

Vgl. Barker (2000), S. 95. Auch in einer Reihe älterer Studien wurden Zweifel an der Effizienz, mit der Finanzanalysten die vorhandenen Informationen nutzen, geäußert, vgl. hierzu weiterführend Barker (2000), S. 97 m. w. N. Vgl. Hirst/Hopkins/Wahlen (2004), S. 459. Wie in der Einleitung dargelegt, befasst sich diese Arbeit nicht mit Fragen des Ansatzes und der Bewertung. Daher wird hier auch die fair value-Problematik nicht weiter diskutiert. Es muss auch erwähnt werden, dass Hirst/Hopkins/Wahlen die Ergebnisse ihrer Untersuchung nicht als einen Beweis dafür sehen, dass fair value-Bewertung generell zu „besseren“ Urteilen von Analysten führen, vgl. Hirst/Hopkins/Wahlen (2004), S. 467. Vgl. z. B. Imhoff/Lipe/Wright (1995) in Bezug auf lease accounting; Aboody (1996) in Bezug auf oil and gas accounting; Davis-Friday u. a (1999) in Bezug auf post-employment benefits; Espahbodi u. a. (2002) in Bezug auf stock-based compensation. Vgl. z. B. Russo (1977); Nisbett/Zukier/Lemley (1981); Johnson/Payne/Bettman, (1988). Vgl. Glaum/Friedrich (2006). Zum Begriff „sell-side-Analyst“ vgl. 439.

129

Telekommunikationsbranche spezialisierten.475 Die Befragung ergab, dass diese Finanzanalys-

ten Jahresabschlüsse als eine wichtige Informationsquelle betrachten.476 Darüber hinaus gaben die befragten Finanzanalysten an, heute sorgfältiger und kritischer in ihren Analysen zu sein als dies noch Ende der neunziger Jahre der Fall war.477 Die Studie zeigte aber auch, dass – obwohl die bevorzugten Analyse- und Bewertungsmethoden sich seit dem Ende der neunziger Jahre verändert haben478 – Finanzanalysten unverändert die herkömmliche Gewinn- und Verlustrechnung als den wichtigsten Bestandteil des Jahresabschlusses betrachten.479 Der Anhang und der Lagebericht, also ausgerechnet die Bestandteile des Jahresabschlusses, die die Informationslücken der Gewinn- und Verlustrechnung hinsichtlich der Analyse und Bewertung zumindest teilweise kompensieren könnten, wurden von den Befragten als wesentlich weniger wichtig eingeschätzt.480

Eine

weitere

aktuelle,

im

deutschen

Sprachraum

durchgeführte

Studie

von

Ernst/Gassen/Pellens481 belegt eine starke (und einseitige) Fokussierung auf die Gewinn- und Verlustrechnung unter einer anderen Gruppe der Adressaten der Jahresabschlüsse, den Privatanlegern. Die unter etwa 800.000 Privatanlegern der Deutschen Post AG durchgeführte, auf einem Rücklauf von über 80.000 Fragebögen basierende Studie befasste sich schwerpunktmäßig mit dem Informationsverhalten deutscher Kleinaktionäre sowie deren Einstellung zur Ausschüttungspolitik und zum Stimmrecht.482 Die Studie hat ergeben, dass der Großteil der deutschen Privatanleger sich bei seiner Anlageentscheidung hauptsächlich über die Presse informiert.483 Der Geschäftsbericht mit dem Jahresabschluss wird dagegen als wesentlich weniger bedeutend und vor allem als weniger verständlich eingeschätzt. Hinsichtlich der Nutzungsintensität der einzelnen Bestandteile des Jahresabschlusses zeigt die Studie eine starke Präferenz zugunsten der Gewinn- und Verlustrechnung und der Bilanz. Das in etwas älteren Befragungsstudien festgestellte Interesse der Anleger im angloamerikanischen Raum für die Segmentberichterstattung und die Kapitalflussrechnung484 ist laut der Studie von

475 476 477 478 479 480

481 482

483 484

130

Zur Methodik der Studie vgl. Glaum/Friedrich (2006), S. 160 ff. Vgl. Glaum/Friedrich (2006), S. 164. Vgl. Glaum/Friedrich (2006), S. 173. Zu hierzu Glaum/Friedrich (2006), S. 170 ff. und 173. Vgl. Glaum/Friedrich (2006), S. 165. Der Lagebericht wurde in den Umfragen sogar als das mit Abstand am wenigsten bedeutsame Bestandteil des Jahresabschlusses angegeben, vgl. Glaum/Friedrich (2006), S. 166. Vgl. Ernst/Gassen/Pellens (2005). Vgl. Ernst/Gassen/Pellens (2005), S. 15 ff. Auf die Ergebnisse bezüglich der Einstellung zur Ausschüttungspolitik und zum Stimmrecht wird hier nicht eingegangen. Vgl. im Folgenden Ernst/Gassen/Pellens (2005), S. 20 ff. Vgl. Anderson/Epstein (1996), S. 46; Bartlett/Chandler (1997), S. 245.

Ernst/Gassen/Pellens bei deutschen Privatanlegern wesentlich schwächer ausgeprägt.485 Nur 12 % der befragten Klainaktionäre haben angegeben, den für das Verständnis der Rechenwerke sehr bedeutenden Anhang intensiv oder sehr intensiv zu nutzen. Zu erwähnen ist schließlich, dass unter Performance-Indikatoren der Gewinn als die wichtigste Größe genannt wurde, gefolgt von der Dividende und dem Cash Flow.486 Basierend auf diesen Ergebnissen fordern die Verfasser der Studie, Finanzberichte transparenter zu gestalten und dabei die Informationsbedürfnisse der Privatanleger besonders zu berücksichtigen.487

3.3.2 3.3.2.1

Studien zur Darstellung von Pro-forma-Ergebnissen Kapitalmarktorientierte Studien

Eine relativ junge, aber schnell wachsende Richtung der empirischen Forschung im Zusammenhang mit der Performance-Darstellung beschäftigt sich mit den pro forma earnings. Unter pro forma earnings werden im Allgemeinen nicht standardisierte, individuell definierte „Alsob-Ergebnisse“488 verstanden, die durch Abzug von bestimmten Erträgen und insbesondere Aufwendungen vom Ergebnis der Gewinn- und Verlustrechnung zustande kommen.489

Die schnelle Verbreitung der pro forma earnings insbesondere innerhalb des letzten Jahrzehnts, die auch in empirischen Studien dokumentiert wird,490 hat eine lebhafte Debatte über die Motive und Auswirkungen der Veröffentlichung derartiger Größen ausgelöst. Insbesondere seitens der Aufsichtsbehörden und Standardsetzer wurden Befürchtungen geäußert, dass diese nicht standardisierten und nicht durch Bestätigungsvermerk eines Wirtschaftsprüfers abgesicherten Ergebnisgrößen u. U. zwecks absichtlicher Irreführung der Investoren eingesetzt werden können.491

485 486 487 488 489 490 491

Vgl. im Folgenden Ernst/Gassen/Pellens (2005), S. 22. Vgl. Ernst/Gassen/Pellens (2005), S. 23. Vgl. Ernst/Gassen/Pellens (2005), S. 39. Hillebrandt/Sellhorn (2002b), S. 153. Zur Definition vgl. z. B. Frederickson/Miller (2004), S. 668. Vgl. hierzu z. B. Bradshaw/Sloan (2002) und Bhattacharya/Black/Christensen/ Mergenthaler (2004). Vgl. hierzu Bradshaw/Sloan (2002), S. 668 m. w. N., und Bhattacharya/Black/ Christensen/Mergenthaler (2004), S. 28 m. w. N. Die diesbezüglichen Diskussionen haben schließlich in den USA zur Verschärfung der aufsichtsrechtlichen Regelungen im Hinblick auf die Darstellung von Pro-forma-Ergebnissen geführt, vgl. hierzu z. B. Bhattacharya/Black/Christensen/Mergenthaler (2005), S. 3.

131

Befürworter der pro forma earnings, meist bilanzierende Unternehmen, begründen dagegen den Ausweis von Pro-forma-Ergebnissen mit der höheren Aussage- und Prognosekraft im Vergleich zum herkömmlichen Ergebnis der Gewinn- und Verlustrechnung (net income).492 Es wird argumentiert, dass net income-Größen Aufwandspositionen enthalten, die einmalig, selten, nicht zahlungswirksam oder aus anderen Gründen unwichtig für das Verständnis der operativen Ertragskraft des Unternehmens sind. Der Ausschluss dieser Aufwendungen erhöhe die Prognosekraft der ausgewiesenen Ergebnisgröße, die dadurch eine höhere Entscheidungsrelevanz bekomme als das herkömmliche Ergebnis laut der Gewinn- und Verlustrechnung.493

Dieser Argumentation folgend, wird in vielen kapitalmarktorientierten Studien getestet, ob Aktienpreise auf die Ankündigung von Pro-forma-Ergebnissen stärker reagieren als auf die Veröffentlichung des erreichten net income. Bradshaw/Sloan494 wiesen in ihrer Studie nach, dass die Verbreitung der Pro-forma-Ergebnisse in den Jahren 1985-1997 stark angestiegen ist.495 Die von den Autoren (neben anderen Hypothesen) aufgestellte Hypothese, dass pro forma earnings eine höhere Kapitalmarktrelevanz aufweisen, wurde in der Untersuchung bestätigt.496 Auch die Studie von Brown/Sivakumar497 lieferte bestimmte Beweise für die Kapitalmarktrelevanz der pro forma earnings. Die Autoren wiesen in ihrer Studie nach, dass Marktpreise im Kurzzeittest stärker auf Mitteilungen der Pro-forma-Ergebnisse als auf die Mitteilungen des erreichten net income reagieren.498 Auch Bhattacharya/Black/Christensen/Larson499 kamen zum Ergebnis, dass Investoren den Pro-forma-Ergebnissen einen signifikant höheren Informationsgehalt beimessen als dem net income.500 Diese Untersuchung basierte auf der Auswertung von abnormalen Renditen im Kurzzeitfenster nach den Ergebnisankündigungen.

Demgegenüber wird eine höhere Kapitalmarktrelevanz von Pro-forma-Ergebnissen in den Studien von Johnson/Schwartz501 und Lougee/Marquardt502 – die ihren Studien allerdings 492

493

494 495 496 497 498 499 500 501 502

132

Vgl. nachfolgend Bradshaw/Sloan (2002), S. 668 m. w. N., und Bhattacharya/ Black/Christensen/Mergenthaler (2004), S. 28 m. w. N. Zu den Pro-Kontra-Argumenten in der Diskussion über pro forma earnings vgl. weiterführend Johnson/Schwartz (2005), S. 919 und S. 923 f. m. w. N. Vgl. Bradshaw/Sloan (2002). Vgl. Bradshaw/Sloan (2002), S. 65. Vgl. Bradshaw/Sloan (2002), S. 65. Vgl. Brown/Sivakumar (2003). Vgl. Brown/Sivakumar (2003), S. 561 ff. Vgl. Bhattacharya/Black/Christensen/Larson (2003). Vgl. Bhattacharya/Black/Christensen/Larson (2003), S. 288 ff. Vgl. Johnson/Schwartz (2005). Vgl. Lougee/Marquardt (2004).

kleinere Stichproben zugrunde legen – nicht bestätigt. Johnson/Schwartz konnten in ihrer Studie keinen signifikanten Unterschied zwischen der Reaktion der Marktpreise auf Ankündigungen von Pro-forma-Ergebnissen und herkömmlichen Ergebnissen feststellen.503 Lougee/Marquardt konstatierten, dass Pro-forma-Ergebnisse für Marktteilnehmer nur dann einen höheren Informationsgehalt als das net income besitzen, wenn der Informationsgehalt des ausgewiesenen net income niedrig ist oder wenn net income höher als erwartet ausfällt.504 In den Situationen dagegen, wenn das net income der Unternehmen einen hohen Informationsgehalt hat oder geringer als erwartet ausfällt, konnten die Autorinnen bei Pro-formaErgebnissen keinen höheren Informationsgehalt als bei herkömmlichen Ergebnissen nachweisen.

Die Untersuchungen der Kapitalmarktrelevanz von Pro-forma-Ergebnissen stellen eine Möglichkeit dar, zu überprüfen, ob der Kapitalmarkt die darin enthaltenen Informationen nutzt.505 Es wird aber zu Recht kritisiert, dass diese Art von Studien die (sehr wichtige) Frage, ob Proforma-Ergebnisse tatsächlich eine höhere Prognosequalität als net income besitzen, nicht beantwortet.506 Doyle/Lundholm/Soliman507 sind in ihrer Studie der Frage nachgegangen, ob die teilweise dokumentierte kurzfristige Fokussierung des Kapitalmarktes auf pro forma earnings durch langfristige Kursentwicklung gerechtfertigt ist.508 Die Autoren haben festgestellt, dass Unternehmen mit hohen Aufwendungen, die bei der Kalkulation der Pro-forma-Ergebnisse eliminiert wurden, in den folgenden Jahren niedrigere cash flows und niedrigere Aktienrenditen aufweisen.509 Doyle/Lundholm/Soliman kommen zu dem Ergebnis, dass ein Großteil der eliminierten Aufwendungen nicht irrelevant und nicht von ausschließlich einmaliger Natur ist, sondern durchaus eine langfristige Prognosequalität besitzt.510 In der Studie wird darüber hinaus dokumentiert, dass der Kapitalmarkt die vorhandene Prognosequalität der herauskorrigierten Aufwendungen zum Zeitpunkt der Ankündigung kaum berücksichtigt. Die Kapitalmarkt503

504 505 506 507 508 509 510

Vgl. Johnson/Schwartz (2005), S. 954 f. Basierend auf dem market-multiples test (vgl. hierzu Johnson/Schwartz (2005), S. 936 ff.) fanden die Verfasser zunächst gewisse Hinweise darauf, dass die Firmen mit Pro-forma-Ergebnissen höher bewertet werden können als die Firmen, die derartige Ankündigungen nicht einsetzen. Anhand der Analyse bestimmter Offenlegungscharakteristika und des zeitlichen Anfalls der Preisreaktionen konnten aber Johnson/Schwartz keinen Zusammenhang mit der Veröffentlichung der Pro-forma-Ergebnisse feststellen. Bei der Untersuchung der Aktienrenditen im Kurzzeitfenster nach der Ergebnisankündigung haben die Verfasser keine „Bewertungsprämie“ für die Firmen festgestellt, die Proforma-Ergebnisse ankündigten. Vgl. hierzu Johnson/Schwartz (2005), S. 947 ff. und S. 954 f. Vgl. nachfolgend Lougee/Marquardt (2004), S. 770 f. und 784 ff. Vgl. hierzu Doyle/Lundholm/Soliman (2003), S. 147. Vgl. Doyle/Lundholm/Soliman (2003), S. 147. Vgl. Doyle/Lundholm/Soliman (2003). Vgl. nachfolgend auch Hillebrandt/Sellhorn (2002b), S. 153. Vgl. Doyle/Lundholm/Soliman (2003), S. 170. Vgl. Doyle/Lundholm/Soliman (2003), S. 170 f.

133

teilnehmer reagieren nur geringfügig verhaltener auf positive Ergebnisüberraschungen, wenn diese ausschließlich auf hohe bereinigte Aufwendungen zurückzuführen sind.511 Die Autoren schlussfolgern daraus, dass Kapitalmarktteilnehmer sich von den Veröffentlichungen der Proforma-Ergebnisse irreführen lassen.

Mehrere kapitalmarktorientierte Studien versuchen außerdem, die „wahre“ Motivation des Managements dadurch zu beleuchten, dass statistische Korrelationen zwischen Publikation der Pro-forma-Ergebnisse und bestimmten Charakteristika der publizierenden Firmen, wie z. B. Profitabilität, Verschuldungsgrad, Zugehörigkeit zu bestimmten Branchen etc. untersucht werden. Bowen/Davis/Matsumoto512 haben in ihrer Studie festgestellt, dass Unternehmen mit geringer Kapitalmarktrelevanz des net income eher dazu neigen, Pro-formaErgebnisse in den Ankündigungen der Quartalsergebnisse durch Art der Darstellung zu betonen.513 Dies würde nach Ansicht der Autoren die „gute“ Motivation des Managements bestätigen, die Investoren mit aussagefähigeren Informationen zu versorgen. In der Studie wurde aber auch festgestellt, dass Unternehmen diejenige Ergebnisgröße betonen, die auf eine bessere Performance schließen lässt. Dieses Ergebnis – so Bowen/Davis/Matsumoto – lässt auf opportunistische Motive des Managements schließen. Die Verfasser der Studie wiesen dennoch darauf hin, dass beide Motive in der Praxis koexistieren können.514 Die Analyse zeigte ferner, dass die Betonung der pro forma earnings durch die Form der Darstellung zu einer stärkeren Reaktion des Kapitalmarktes auf eine positive Ergebnisüberraschung führt.515

Auch in weiteren Studien wurde versucht, die Frage nach der möglichen Motivation des Managements zur Veröffentlichung von Pro-forma-Ergebnissen zu beantworten. Lougee/Marquardt516 stellten fest, dass Pro-forma-Ergebnisse eher von Unternehmen veröffentlicht werden, die Ergebniserwartungen des Kapitalmarktes nicht erfüllen können.517 Die zu Beginn dieses Abschnittes bereits erläuterten Ergebnisse dieser Studie hinsichtlich der Kapitalmarktrelevanz der pro forma earnings erlauben aber auch gewisse Rückschlüsse auf eine mögliche „gute“ Motivation des Managements, nämlich auf die Absicht, den Kapitalmarkt bei geringem Informationsgehalt des net income durch relevantere Informationen zu unterstützen. Lougee/Marquardt weisen daher darauf hin, dass ihrer Meinung nach die Ergebnisse ihrer 511 512 513 514 515 516 517

134

Vgl. nachfolgend Doyle/Lundholm/Soliman (2003), S. 170 f. Vgl. Bowen/Davis/Matsumoto (2004). Vgl. nachfolgend Bowen/Davis/Matsumoto (2004), S. 2 f. und 30. Vgl. Bowen/Davis/Matsumoto (2004), S. 7. Vgl. Bowen/Davis/Matsumoto (2004), S 3. und 30. Vgl. Lougee/Marquardt (2004). Vgl. Lougee/Marquardt (2004), S. 791.

Studie keine eindeutige Antwort auf die Frage ermöglichen, ob Pro-forma-Ergebnisse durch das Management zwecks Irreführung der Investoren eingesetzt werden.518 Ferner wurde in der Studie von Doyle/Soliman519 überprüft, ob die Veröffentlichung von Proforma-Ergebnissen mit der Wahrscheinlichkeit, die Analystenprognosen zu treffen oder zu übertreffen, positiv korreliert.520 Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass Unternehmen, die beim Errechnen von pro forma earnings Aufwendungen von geringerem Volumen herauskorrigieren, es eher schaffen, Analystenerwartungen zu treffen oder zu übertreffen als Unternehmen, die diese Korrekturen nicht vornehmen.521 Doyle/Soliman schlussfolgern, dass Vorbehalte gegen Pro-forma-Ergebnisse sehr wohl berechtigt sind, da diese als Instrument des Gewinnmanagements eingesetzt werden. Hillebrandt/Sellhorn522 fanden dagegen keine eindeutigen Beweise für eine massive missbräuchliche Verwendung von pro forma earnings.523 In dieser Studie wurde untersucht, ob sich der Ausweis der Kennzahl EBITDA (Earnings before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization) auf bestimmte Unternehmenseigenschaften zurückführen lässt. Die Studie basierte auf Daten von deutschen Industrieunternehmen aus dem DAX100 und dem NEMAX50.524 Die Autoren stellten fest, dass Firmen mit einem hohen Goodwill signifikant häufiger als andere Unternehmen ein EBITDA ausweisen und deutlich niedrigere Eigenkapitalquoten haben. Allerdings wurde kein statistisch nachweisbarer Zusammenhang zwischen dem EBITDA-Ausweis und der Rentabilität der Firmen festgestellt sowie keine überproportionale Verwendung von pro forma earnings von den Firmen mit geringerer finanzieller Stabilität525. Die Autoren konnten auch keine statistische Korrelation zwischen dem Ausweis von EBITDA und der Firmengröße, dem Marktsegment und dem verwendeten Rechnungslegungssystem feststellen. Hillebrandt/Sellhorn wiesen aber auf mangelnde Transparenz der Darstellung von Pro-forma-Ergebnissen hin: in den untersuchten Geschäftsberichten fehlten häufig Erläuterungen zur Kalkulation des EBITDA bzw. Überleitungen zum Ergebnis laut der Gewinn- und Verlustrechnung.526 518 519 520 521 522 523 524 525

526

Vgl. Lougee/Marquardt (2004), S. 791. Vgl. Doyle/Soliman (2002). Vgl. nachfolgend Doyle/Soliman (2002), S. 5 ff. Vgl. nachfolgend Doyle/Soliman (2002), S. 13 f. Vgl. Hillebrandt/Sellhorn (2002a). Vgl. im Folgenden Hillebrandt/Sellhorn (2002a), S. 24. Vgl. Hillebrandt/Sellhorn (2002a), S. 6. Die finanzielle Stabilität wurde mit Hilfe der Kennzahlen equity-to-assets and cash flow-to-debt gemessen, vgl. Hillebrandt/Sellhorn (2002a), S. 11. Vgl. Hillebrandt/Sellhorn (2002a), S. 24.

135

Die mangelnde Transparenz in der Darstellung von EBIT-Kennzahlen (Earnings before Interest and Taxes) wird auch in der Untersuchung von Kriete/Padberg/Werner527 festgestellt. In dieser Studie wurden die Geschäftsberichte von 71 europäischen Unternehmen (zwölf davon deutsche Unternehmen) untersucht, die im Jahre 2001 Teil des Dow Jones Euro Stoxx 50 oder im Dow Jones Euro Stoxx 50 waren.528 Die Autoren stellten neben einer fehlenden Objektivierung in Form konkreter Überleitungsrechnungen auch fest, dass verschiedene Unternehmen gleich bezeichnete Kennzahlen unterschiedlich definieren. Die Autoren kommen zum Ergebnis, dass die zwischenbetriebliche Vergleichbarkeit der EBIT-Kennzahlen nicht gegeben ist und dass EBIT-Kennzahlen sich für die externe Unternehmensanalyse nicht eignen.529

Küting/Heiden untersuchten die Verwendung von EBIT-Kennzahlen in deutschen Geschäftsberichten über einen Zweijahreszeitraum (2001-2002).530 Ähnlich wie Hillebrandt/Sellhorn konnten diese Autoren keine Abhängigkeit der EBIT-Berichterstattung von der Unternehmensgröße feststellen.531 Die Untersuchung ergab ferner, dass technologieabhängige Unternehmen nicht signifikant häufiger zur Pro-forma-Ergebnisberichterstattung neigen als andere Unternehmen. Küting/Heiden stellten auch fest, dass Kennzahlen, in denen Abschreibungen auf immaterielle Vermögenswerte (Amortization) rückgängig gemacht werden, im Zeitablauf an Bedeutung gewinnen.532 Die Studie von Bhattacharya/Black/Christensen/Mergenthaler533 liefert Ergebnisse, die hinsichtlich der Charakteristika der Unternehmen, die Pro-forma-Ergebnisse veröffentlichen, von den Ergebnissen von Hillebrandt/Sellhorn und teilweise auch von den Ergebnissen der Studie von Küting/Heiden abweichen. Bhattacharya/Black/Christensen/Mergenthaler stellten fest, dass Unternehmen, die pro forma earnings berichten, eine geringere Rentabilität, einen höheren Verschuldungsgrad und geringere Eigenkapitalquoten aufweisen als der Durchschnitt der Unternehmen in ihrer Branche.534 Darüber hinaus konstatierten sie, dass unter Firmen, die Pro-forma-Ergebnisse publizieren, relativ „junge“ Unternehmen, die insbesondere der Hightech-Branche zuzurechnen sind, überrepräsentiert sind. Bhattacharya/Black/Christensen/

527 528 529 530

531 532 533 534

136

Vgl. Kriete/Padberg/Werner (2003). Vgl. im Folgenden Kriete/Padberg/Werner (2003), S. 508 f., zitiert nach Heiden (2006), S. 453. Vgl. Kriete/Padberg/Werner (2003), S. 514, zitiert nach Heiden (2006), S. 453. Zu dieser Untersuchung vgl. Küting/Heiden (2002), S. 1087 ff.; Küting/Heiden (2003), S. 1547 f.; Heiden (2006), S. 453 ff. Vgl. im Folgenden Heiden (2006), S. 455. Zu weiteren Ergebnissen dieser Untersuchung vgl. Heiden (2006), S. 455. Vgl. Bhattacharya/Black/Christensen/Mergenthaler (2004). Vgl. im Folgenden Bhattacharya/Black/Christensen/Mergenthaler (2004), S. 30 ff.

Mergenthaler zeigten außerdem, dass die Mehrheit der Unternehmen ihre eigenen Pro-formaKennzahlen im Zeitablauf nicht konsistent definieren. Nur 22 % der Firmen, die wiederholte Ankündigungen von pro forma earnings machen, verwenden die mit den bisherigen Ankündigungen konsistenten Definitionen.535 Dagegen verwenden 66 % der Firmen, die wiederholt pro forma earnings publizieren, in Folgeankündigungen abweichende Definitionen, indem sie jedes Mal unterschiedliche Aufwendungen herauskorrigieren.536 Nach Meinung der Autoren deutet dieses Ergebnis darauf hin, dass – wie öfter unterstellt – das Management pro forma earnings als Instrument des Gewinnmanagements einsetzt, um Analystenerwartungen zu treffen oder zu übertreffen und/oder das Absinken des konventionellen Ergebnisses zu kaschieren.537

Weitere Einsichten in die Wirkung der Pro-forma-Informationen könnten sich aus der Beantwortung der Frage ergeben, ob unterschiedliche Gruppen von Investoren auf die Ankündigungen von pro forma earnings unterschiedlich reagieren. In einer aktuellen Studie von Bhattacharya/Black/Christensen/Mergenthaler538 wurde untersucht, ob die Kurzzeitreaktionen der erfahrenen institutionellen Anleger auf die Ankündigungen von pro forma earnings sich von denen der weniger erfahrenen Privatanleger unterscheiden.539 Die Charakteristika „Erfahrenheitsgrad“ und „Individuen vs. Institutionen“ wurden nicht direkt erhoben, sondern stellvertretend über die Höhe des Umsatzes einzelner Transaktionen erfasst.540 Die Autoren zeigten, dass abnormale Käufe541 der kleinen Investoren eine signifikante positive Korrelation mit der Höhe und der Richtung der Ergebnisüberraschungen, die auf Pro-forma-Zahlen basieren, aufweisen.542 Dagegen konnten die Autoren keine nennenswerte Korrelation zwischen Transaktionen der großen Investoren und Ergebnisüberraschungen laut der publizierten Pro-formaInformationen feststellen. Bhattacharya/Black/Christensen/Mergenthaler schlussfolgern daraus, dass die von ihnen festgestellten abnormalen Preisreaktionen an den Tagen nach der An-

535 536 537 538 539 540

541

542

Vgl. Bhattacharya/Black/Christensen/Mergenthaler (2004), S. 36. Vgl. Bhattacharya/Black/Christensen/Mergenthaler (2004), S. 36. Vgl. Bhattacharya/Black/Christensen/Mergenthaler (2004), S. 27. Vgl. Bhattacharya/Black/Christensen/Mergenthaler (2005). Vgl. Bhattacharya/Black/Christensen/Mergenthaler (2005), S. 6. D. h., es wird unterstellt, dass Transaktionen mit großen Volumen eher auf institutionelle, d. h. erfahrene Investoren zurückgehen, während Transaktionen mit geringem Volumen eher auf Privatanleger zurückgehen, die als weniger erfahren angesehen werden. Zur Methodik der Untersuchung vgl. Bhattacharya/Black/Christensen/Mergenthaler (2005), S. 9 ff. Diese werden gemessen als Differenz zwischen Netto-Einkäufen (= Käufe minus Verkäufe) an drei Tagen nach der Ankündigung von Pro-forma-Ergebnissen und Netto-Einkäufen an „normalen“ Tagen, vgl. Bhattacharya/Black/Christensen/Mergenthaler (2005), S. 11. Zu den Ergebnissen vgl. Bhattacharya/Black/Christensen/Mergenthaler (2005), S. 13.

137

kündigung von pro forma earnings fast ausschließlich auf das Handeln von weniger erfahrenen, individuellen Investoren zurückgehen.543

Die Ergebnisse dieser aktuellen Studie stehen im Einklang mit den Ergebnissen einer Untersuchung von Bhattacharya/Black/Christensen/Allee aus dem Jahre 2003.544 Auch in dieser Untersuchung kamen die Verfasser zu dem Ergebnis, dass die gemessenen Preisreaktionen nach der Ankündigung von Pro-forma-Ergebnissen fast ausschließlich auf das Handeln von kleinen Investoren zurückzuführen sind.545 Ferner wiesen die Autoren nach, dass Aktienpreise auf Ankündigungen von pro forma earnings stärker reagieren, wenn pro forma earnings in den Veröffentlichungen durch die Art der Darstellung besonders betont werden.

3.3.2.2

Verhaltensorientierte Studien

Weitere Einsichten in die Verarbeitung von Pro-forma-Informationen durch Investoren bieten die verhaltensorientierten Studien. Frederickson/Miller546 berichteten über ein im Jahr 2002 durchgeführtes Experiment mit 46 MBA-Studierenden und 34 professionellen Finanzanalysten, die als Stellvertreter für jeweils nicht-professionelle und professionelle Investoren gewählt wurden.547 Jede Gruppe von Teilnehmern hatte umfangreiche Informationen zu einem hypothetischen Unternehmen bekommen, das als Zulieferer in der Medizintechnik-Branche tätig war. Zusätzlich zu den anderen Finanzdaten wurden innerhalb jeder Gruppe die Ergebnisankündigungen verteilt, die zum Teil nur konventionelle Ergebnisse laut der Gewinn- und Verlustrechnung (net income) und zum Teil beide Ergebnisse, net income und das davon abweichende Pro-forma-Ergebnis, enthielten.548 Die konventionellen Ergebnisse wurden unter der Überschrift „reported earnings“, die Pro-forma-Ergebnisse – unter der Überschrift „operating earnings“ präsentiert.549 Die Proforma-Ergebnisse waren höher als das net income, eine Konstellation, die durch empirische 543 544 545 546 547 548

549

138

Vgl. Bhattacharya/Black/Christensen/Mergenthaler (2005), S. 3. Vgl. Bhattacharya/Black/Christensen/Allee (2003). Vgl. im Folgenden Bhattacharya/Black/Christensen/Allee (2003), S. 3 ff. Vgl. Frederickson/Miller (2004). Vgl. Frederickson/Miller (2004), S. 674 ff. In beiden Fällen enthielten die Ankündigungen außerdem die Abschlüsse der aktuellen Periode und Vergleichszahlen der Vorperioden, vgl. Frederickson/Miller (2004), S. 676. Vgl. Frederickson/Miller (2004), S. 675.

Studien als eine für die Praxis der Berichterstattung typische Konstellation bestätigt wird.550 Die Teilnehmer wurden gebeten, die Anteile des Unternehmens zu bewerten und eine Reihe von weiteren Fragen zu beantworten, die darauf abzielten, den Informationsverarbeitungsprozess der Teilnehmer zu beleuchten.

Frederickson/Miller stellten fest, dass die am Experiment beteiligten Analysten die Proforma-Informationen zwar wahrnahmen, bei der Bewertung von Anteilen aber kaum berücksichtigten.551 Diese Gruppe der Teilnehmer hat in beiden Fällen – mit und ohne Vorlage der Pro-forma-Zahlen – die Anteile fast identisch bewertet. Im Unterschied dazu haben die MBAStudierenden die Anteile bei der Vorlage der pro forma earnings deutlich höher bewertet als ohne deren Vorlage. Die Auswertung eines zusätzlichen Fragebogens und ein weiterer Test haben ergeben, dass beteiligte MBA-Studierende Pro-forma-Ergebnisse eher unbewusst berücksichtigten, und nicht, weil sie diesen Informationen etwa eine höhere Relevanz und Verlässlichkeit als dem net income beimaßen.552 Frederickson/Miller führen die Ergebnisse ihres Experiments – wie Maines/McDaniel553 dies bereits in einem anderen Kontext getan haben – auf Unterschiede im Informationsverarbeitungsprozess der professionellen und nicht-professionellen Investoren zurück.554 Basierend auf den in weiteren Studien in der Psychologie und in der Rechnungslegung gewonnenen Erkenntnissen555 weisen Frederickson/Miller darauf hin, dass Finanzanalysten im Allgemeinen theoretisch fundierte, konsistente Bewertungsmodelle anwenden, die es ihnen ermöglichen, gezielt nach benötigten Informationen zu suchen. Nicht-professionelle Anleger dagegen verwendeten mangelhafte, heuristische Bewertungsmodelle. Aufgrund ihrer geringeren Kenntnisse über die Bedeutung und die Nachhaltigkeit einzelner Posten neigten sie eher dazu, manipulierte Pro-forma-Ergebnisse unbewusst in ihre Bewertung einfließen zu lassen, insbesondere dann, wenn sie an einer prominenten Stelle in der Ergebnismitteilung dargestellt werden.556

550 551 552 553 554 555 556

Vgl. hierzu z. B. Bhattacharya/Black/Christensen/Larson (2003), S. 287, Lougee/Marquardt (2004), S. 771. Vgl. im Folgenden Frederickson/Miller (2004), S. 678 ff. Vgl. hierzu weiterführend Frederickson/Miller (2004), S. 682 f. Vgl. hierzu Abschnitt 3.3.1.2. Vgl. nachfolgend Frederickson/Miller (2004), S. 671. Vgl. hierzu weiterführend Frederickson/Miller (2004), S. 673 ff. Vgl. Frederickson/Miller (2004), S. 672.

139

Die Ergebnisse von Frederickson/Miller wurden durch die Studie von Elliott557 im Wesentlichen bestätigt. In dieser experimentellen Studie wurde untersucht, ob die Betonung der Proforma-Zahlen in den Ergebnisankündigungen und dem Format ihrer Darstellung das Entscheidungsverhalten von Investoren beeinflusst und ob professionelle und nicht-professionelle Investoren dadurch ggf. in unterschiedlichem Ausmaß beeinflusst werden.558 Am Experiment waren 55 Analysten, stellvertretend für professionelle Investoren, und 89 MBA-Studierende, stellvertretend für nicht-professionelle Investoren, beteiligt. Die Teilnehmer haben Daten eines hypothetischen Unternehmens der Technologiebranche erhalten. Variiert wurden folgende Kriterien: 1) Art der dargestellten Information (nur net income oder beide Ergebnisse, das net income und das Pro-forma-Ergebnis), 2) Betonung des ggf. dargestellten Pro-formaErgebnisses durch die Art der Darstellung (Nennung bereits in der Titelzeile etc.) und 3) Darstellungsformat (Darstellung des Pro-forma-Ergebnisses neben dem konventionellen Ergebnis mit der Überleitung, im Folgenden: side-by-side-Darstellung, und die aufeinander folgende Darstellung beider Ergebnisse). Im Unterschied zur von Frederickson/Miller dargestellten Konstellation wies die hypothetische Firma laut der Gewinn- und Verlustrechnung einen Verlust auf. Das Pro-forma-Ergebnis war positiv.559 Die Teilnehmer wurden gebeten, eine Investitionsentscheidung bezüglich der beschriebenen Firma zu tätigen.

Die Untersuchung von Elliott zeigte, dass nicht-professionelle Investoren durch die Betonung der Pro-forma-Ergebnisse beeinflusst werden.560 Bei der Betonung der pro forma earnings in der Darstellung haben die beteiligten MBA-Studierenden dem Unternehmen eine bessere Performance bescheinigt und höhere Investitionen in das Unternehmen getätigt als dies ohne die Betonung der Fall war. Bei der side-by-side-Darstellung der Pro-forma-Ergebnisse ist aber der Unterschied bei der Beurteilung durch MBA-Studierende kleiner ausgefallen. In diesem Fall waren die Performance-Beurteilung – auch bei der Betonung des Pro-forma-Ergebnisses – weniger positiv und die Investitionen geringer. Basierend auf der Auswertung der zusätzlich gestellten Fragen führt Elliott dieses Ergebnis darauf zurück, dass die dargestellte Überleitung möglicherweise fehlende Kenntnisse der Materie partiell „ersetzt“ hatte oder diese Investoren 557 558 559

560

140

Vgl. Elliott (2004). Zu Hypothesen und Methodik der Studie vgl. Elliott (2004), S. 88 ff. Auch diese Konstellation trifft laut empirischen Untersuchungen auf einen beträchtlichen Teil von Proforma-Ankündigungen zu. In der 2004 veröffentlichten Studie von Bhattacharya/Black/Christensen/Mergenthaler, der Unternehmensdaten aus den Jahren 1998 bis 2000 zugrunde lagen, beinhalteten 13 % der Ankündigungen ein negatives net income und ein positives Pro-forma-Ergebnis, vgl. Bhattacharya/Black/Christensen/Mergenthaler (2004), S. 39. In der Studie von Bowen/Davis/Matsumoto (2004), in der Ergebnisankündigungen im Zeitraum 2001-2002 untersucht wurden, waren es 20 % der Ankündigungen, vgl. Bowen/Davis/Matsumoto (2004), S. 18. Vgl. nachfolgend Elliott (2004), S. 22 ff.

auf ihre weniger fundierten Kenntnisse aufmerksam machte und daher vorsichtiger stimmte.561

Die Auswertung des zusätzlichen Fragebogens hat ergeben, dass die beteiligten MBAStudierenden auch bei der Betonung des Pro-forma-Ergebnisses das konventionelle Ergebnis als relevanteres und auch verlässlicheres Ergebnis charakterisiert haben.562 Dies weist laut Elliott darauf hin, dass nicht-professionelle Investoren die Pro-forma-Ergebnisse bei ihren Investitionsentscheidungen unbewusst berücksichtigen, worauf wie beschrieben bereits in der Untersuchung von Frederickson/Miller563 hingewiesen wurde.

Die Investitionsentscheidungen von beteiligten Finanzanalysten waren dagegen auch bei der Betonung des Pro-forma-Ergebnisses fast genauso ausgefallen, wie bei der alleinigen Darstellung des net income.564 Dieses Ergebnis ist ebenfalls konsistent mit den Ergebnissen im Experiment von Frederickson/Miller. Interessanterweise haben Finanzanalysten die Performance des zu beurteilenden Unternehmens bei der side-by-side-Darstellung etwas positiver beurteilt als bei der aufeinander folgenden Darstellung beider Ergebnisse mit der eindeutigen Betonung der pro forma earnings. Elliott vermutet, dass das Vorhandensein einer Überleitung die Wahrnehmung der Darstellungstransparenz und dadurch auch ihre Gesamtbeurteilung durch die Finanzanalysten positiv beeinflusst haben könnte.565

561 562 563 564 565

Vgl. Elliott (2004), S. 23. Vgl. nachfolgend Elliott (2004), S. 19 f. Vgl. die Ausführungen zur Studie von Frederickson/Miller (2004) in diesem Abschnitt. Vgl. nachfolgend Elliott (2004), S. 24. Vgl. Elliott (2004), S. 24.

141

3.3.3 3.3.3.1

Studien zur Disaggregation und Strukturierung der Erfolgsrechnung Kapitalmarktorientierte Studien

Der Zusammenhang zwischen den traditionellen Gewinngrößen der Rechnungslegung (earnings bzw. net income)566 und den Aktienpreisen beschäftigt seit langem Verfasser zahlreicher empirischer Studien. Die Arbeiten von Ball/Brown567 und Beaver568 wiesen erstmalig diesen Zusammenhang nach und legten zugleich den Grundstein für eine fast unüberschaubare Anzahl weiterer empirischer Studien, die sich mit diesem Thema befassten.569

Die Bewertungsrelevanz der accounting earnings wurde im Anschluss an die oben genannten grundlegenden Arbeiten von Ball/Brown und Beaver in zahlreichen weiteren kapitalmarktorientierten Studien nachgewiesen.570 Obwohl es mittlerweile als unumstritten gilt, dass earnings einen Informationsgehalt für den Kapitalmarkt besitzen,571 belegen sehr viele Studien konsequent, dass dieser Informationsgehalt niedrig ist.572 Zu einem gewissen Grad können diese Ergebnisse als ein Nachweis dafür herangezogen werden, dass die „bottom line“ allein einen unzureichenden Performance-Indikator darstellt und dass Investoren weitere Informationen benötigen.573 Auch belegen weitere Untersuchungen, dass die Bewertungsrelevanz der earnings (und der Rechnungslegungsdaten im Allgemeinen) in den letzten zehn bis zwanzig Jahren konsequent abgenommen hat.574 Schließlich dokumentieren Francis/Schipper/Vincent,575 dass Ergebnisgrößen im Zeitablauf immer detaillierter dargestellt und um weitere Angaben ergänzt werden, um Investoren mit weiteren aktuellen und/oder zukunftsorientierten Informationen zu versorgen.576

566

567 568 569

570 571 572 573 574 575 576

142

In den nachfolgend erläuterten Studien wird mit dem Begriff „earnings“ das Ergebnis laut der Gewinnund Verlustrechnung bezeichnet. Vgl. Ball/Brown (1968), S. 159 ff. Vgl. Beaver (1968), S. 67 ff. Vgl. Lev (1989), S. 153. Zu einem Überblick über die Studien dieser Forschungsrichtung vgl. z. B. Lev (1989), S. 154 ff.; Kothari (2001), S. 108 ff.; Obinata (2002), S. 4 ff. Die Studien von Ball/Brown (1968) und Beaver (1968) werden darüber hinaus häufig als Auslöser der gesamten empirischen Kapitalmarktforschung bezeichnet, vgl. hierzu Lindemann (2004), S. 140. Vgl. hierzu ausführlich Obinata (2002), S. 6 ff. Vgl. z. B. Obinata (2002), Abstract. Vgl. Lev (1989), S. 155. Vgl. Barker (2002), Tz. II. Vgl. hierzu Lev/Zarowin (1999), S. 383 und Brown/Lo/Lys (1999), S. 107. Vgl. Francis/Schipper/Vincent (2002). Vgl. Francis/Schipper/Vincent (2002), S. 543.

Angesichts dieser Erkenntnisse befassten sich weitere Studien mit der Auswirkung der Disaggregation der „bottom line“ auf deren Bewertungsrelevanz und mit dem Informationsgehalt bestimmter Komponenten der accounting earnings.

Auf der Ebene der aggregierten earnings belegen mehrere Untersuchungen, wie z. B. die Arbeiten von Beaver/Lambert/Morse,577 Kormendi/Lipe578 und Liu/Thomas,579 dass die Reaktion der Aktienpreise auf Ergebnisüberraschungen eine eindeutige positive Korrelation mit derer Wiederholbarkeit (earnings recurrence) aufweist.580 Ferner untersuchten Baginski/Lorek/ Willinger581 mittels Korrelationsanalyse die ökonomischen Determinanten der earnings re-

currence. Sie fanden – konsistent mit einer Reihe früherer empirischer Studien und anderer Arbeiten auf dem Gebiet der Wirtschafts- und Managementtheorie582 –, dass die Existenz der Markteintrittsbarrieren, die Kapitalintensität der Branche und die Art der hergestellten Güter (unterschieden nach „durable“ und „nondurable“) wesentliche Determinanten der Nachhaltigkeit des Gewinns darstellen.583 Der Einfluss der Firmengröße auf die earnings recurrence konnte dagegen nicht konsequent nachgewiesen werden.584

Die Thematik der earnings recurrence wurde auch auf der Ebene einzelner Erfolgskomponenten untersucht. Typischerweise befassen sich diese Studien mit dem Informationsgehalt der außerordentlichen und ungewöhnlichen Erfolgskomponenten. Strong/Walker585 fanden – konsistent mit der von ihnen im Vorfeld formulierten Hypothese –, dass außerordentliche und ungewöhnliche Erfolgskomponenten im Vergleich zu den pre-exceptional earnings eine geringere Wiederholbarkeit und eine geringere Bewertungsrelevanz für den Kapitalmarkt aufweisen.586 Zu etwas differenzierteren Ergebnissen kommen Elliott/Hanna.587 In dieser Studie wurde die Berichterstattung von unusual bzw. special items und ihre Auswirkung auf den Informationsgehalt dieser Posten sowie auf den Informationsgehalt von earnings before special items in einem Zeitfenster von 19 Jahren588 anhand von Quartalsdaten untersucht.589 Die Ver577 578 579 580 581 582 583 584 585 586 587 588 589

Vgl. Beaver/Lambert/Morse (1980), S. 26. Vgl. Kormendi/Lipe (1987), S. 343 f. Vgl. Liu/Thomas (2000), S. 71 ff. Vgl. hierzu auch Barker (2004), S. 160. Vgl. Baginski/Lorek/Willinger (1999). Zum Überblick über diese Literatur vgl. Baginski/Lorek/Willinger (1999), S. 107 f. Zur Erklärung möglicher Ursachen vgl. ausführlich Baginski/Lorek/Willinger (1999), S. 107 f. m. w. N. Vgl. hierzu weiterführend Baginski/Lorek/Willinger (1999), S. 107 f. Vgl. Strong/Walker (1993). Vgl. Strong/Walker (1993), S. 392 ff. Vgl. Elliott/Hanna (1996). Die Zeitspanne umfasste die Jahre 1956-1994, vgl. Elliott/Hanna (1996), S. 137. Vgl. Elliott/Hanna (1996), S. 140 ff.

143

fasser stellten fest, dass die Häufigkeit der als „ungewöhnlich“ berichteten wesentlichen Aufwendungen im untersuchten Zeitfenster signifikant angestiegen ist. Die Untersuchung der special items zeigte, dass es sich nur in Einzelfällen um die einmaligen „big baths“ handelte. Häufig waren dagegen die Sequenzen von sich über mehrere Jahre hinziehenden „special items“, z. B. im Zusammenhang mit den früher begonnenen Restrukturierungen.590 Die Autoren schlussfolgern, dass „Firms reporting write-offs currently tend to report additional write-offs in the future. The analysts’ references to the "recurring nonrecurring item" are justified.”591 Zusätzlich zu den Quartalsabschlüssen wurden in der Studie die Jahresabschlüsse von 46 Unternehmen evaluiert, die innerhalb des gewählten Zeitfensters besonders häufig ungewöhnliche Aufwendungen berichtet hatten. Auffallend ist, dass 19 von diesen 46 Firmen (also 41 % der Stichprobe) insolvent oder einer extremen Reorganisation unterzogen wurden.592 Hinsichtlich der Bewertungsrelevanz wurde in der Studie festgestellt, dass earnings before special items eine höhere „Erklärungskraft“ im Hinblick auf Aktienrendite aufweisen als die operating earnings ohne Abzug von special items.593 Es wurde aber auch festgestellt, dass bei der Berichterstattung von special items über längere Zeiträume die Bewertungsrelevanz von earnings before special items dieser Unternehmen sinkt. Eine mögliche Erklärung dafür wäre, dass eine derartige Berichterstattung die Investoren verunsichert, und diese dann der insgesamt als unsicher empfundenen earnings-Information ein geringeres Gewicht beimessen.594

Des Weiteren wurde in zahlreichen Studien die Problematik der Disaggregation von earnings in einzelne Kategorien von Erfolgskomponenten untersucht. Swaminathan/Weintrop595 legten ihrer Studie das einfachste Disaggregationsmodell zugrunde – die Unterteilung in Erträge und Aufwendungen. Sie stellten fest, dass der Informationsgehalt der Erträge und Aufwendungen, zusammen betrachtet, den Informationsgehalt der aggregierten Gewinngröße earnings über-

590 591 592 593 594

595

144

Vgl. Elliott/Hanna (1996), S. 142. Eliott/Hanna (1996), S. 153. Vgl. Elliott/Hanna (1996), S. 142. Vgl. nachfolgend Elliott/Hanna (1996), S. 153. Vgl. Elliott/Hanna (1996), S. 154. Die Verfasser weisen allerdings darauf hin, dass mehrere Interpretationen möglich sind und legen sich auf eine der Interpretationen nicht fest, vgl. Elliott/Hanna (1996), S. 153 f. Neben der oben angeführten Erklärung wäre es laut Verfasser auch möglich, dass diese Unternehmen bereits vor der Ergebnisankündigung die Informationen zugänglich machen, so dass die earningsInformationen weniger überraschend sind und die Kurse entsprechend schwächer reagieren. Eine weitere mögliche Interpretation ist, dass die Sequenzen von als special items berichteten Restrukturierungsaufwendungen den tatsächlichen Umständen entsprechen und die Situationen wiedergeben, in denen einer gescheiterten Restrukturierung eine neue folgt usw., vgl. Elliott/Hanna (1996), S. 154. Vgl. Swaminathan/Weintrop (1991).

steigt.596 Dieses Ergebnis unterstützt die Sichtweise, dass Absatz- und Beschaffungsmärkte dem Einfluss unterschiedlicher Faktoren unterliegen, und dass Investoren diese Zusammenhänge erkennen und berücksichtigen.597 Auch Lipe598 kam in seiner Studie zum Ergebnis, dass der desaggregierte Gewinn, unterteilt in einzelne Erfolgskomponenten, besser die Veränderungen der Aktienrenditen „erklären“ kann als der Gewinn alleine.599 In dieser Studie wurden sechs Erfolgskomponenten betrachtet: gross profit, general and administrative expense, depreciation expense, interest expense, income taxes und other items. Lipe stellte darüber hinaus fest, dass jede dieser Erfolgskomponenten einen zusätzlichen Informationsgehalt über den Informationsgehalt der Summe der jeweils übrigen fünf Komponenten aufweist.600 Weitere Studien bestätigten die Ergebnisse von Lipe. Wild601 untersuchte den Informationsgehalt von sechs Erfolgskomponenten: revenue, operating expence, depreciation, interest expense, taxes und other expenses/revenues und stellte fest, dass diese Erfolgskomponenten einen zusätzlichen Informationsgehalt über den der aggregierten earnings aufweisen.602 Allerdings wurde für die Komponenten interest expense und other expenses/revenues nur ein geringer

zusätzlicher 604

field/Sweeney/John

Informationsgehalt

nachgewiesen.603

Ferner

stellten

Fair-

fest, dass die Aufspaltung des Ergebnisses in Erfolgskomponenten in

der Gewinn- und Verlustrechnung die Prognosen künftiger Rentabilität unterstützt.605 Die Rentabilität wurde in dieser Studie anhand der Kennzahlen ROE (return-on-equity) und ROEBSI (ROE before special items, extraordinary items and discontinuing operations) gemessen.606 Betrachtet wurden insgesamt vier Disaggregationsmodelle mit unterschiedlichem Disaggregationsgrad.607

596 597 598 599 600 601 602 603 604 605 606 607

Vgl. Swaminathan/Weintrop (1991), S. 425. Vgl. hierzu weiterführend Barker (2002), Tz. VI. Vgl. Lipe (1986). Vgl. Lipe (1986), S. 57. Vgl. hierzu Lipe (1986), S. 57 ff. Vgl. Wild (1992). Vgl. Wild (1992), S. 125. Vgl. Wild (1992), S. 134. Vgl. Fairfield/Sweeney/Yohn (1996). Vgl. Fairfield/Sweeney/Yohn (1996), S. 354. Vgl. Fairfield/Sweeney/Yohn (1996), S. 338. Vgl. hierzu weiterfürend Fairfield/Sweeney/Yohn (1996), S. 240 ff.

145

Ohlson/Penman608 analysierten die Korrelationen zwischen Aktienrenditen und mehreren Erfolgskomponenten (gross margin, operating expense, depreciation expense, tax expense, other income/expense, extraordinary/unusual items) in einem Zeitraum von 1970 bis 1987.609 Die Analyse zeigte, dass die „Reaktion“ der Rendite auf einzelne Erfolgskomponenten bei der Betrachtung kürzerer Zeiträume unterschiedlich ausfiel. Bei der Betrachtung längerer Zeiträume näherten sich jedoch die gemessenen Korrelationskoeffizienten an. Eine mögliche Erklärung hierfür sehen die Autoren darin, dass die Verlässlichkeit der auf kürzere Sicht mit Unsicherheit behafteten Positionen (wie z. B. Einkommensteuer) bei der Betrachtung längerer Zeiträume steigt, was dazu führt, dass auf längere Sicht auch das aggregierte Ergebnis aussagefähiger wird.610

Fragen der Disaggregation der Gewinn- und Verlustrechnung wurden auch in einigen internationalen Studien untersucht. Diese liefern zusätzliche Erkenntnisse, da sie – im Unterschied zu den oben dargestellten, auf den Daten des US-amerikanischen Kapitalmarktes basierenden Studien – die Reaktion anderer Kapitalmärkte, die z. T. als „emerging markets“ klassifiziert werden, untersuchen. So z. B. analysierte Ballas611 den Informationsgehalt mehrerer Erfolgskomponenten der Gewinn- und Verlustrechnung griechischer Unternehmen. Diese waren ordinary income before interest and taxes, exceptional income (dieses beinhaltete auch außerordentliche Erträge und Aufwendungen), net financing expenses, tax expenses und depreciation.612 Besonders strenge Korrelationen mit der Entwicklung des Aktienkurses wurden für das operative Ergebnis und für das Finanzergebnis festgestellt.613 Dem exceptional income wurde dagegen ein wesentlich geringerer Erklärungsgehalt beigemessen. Als die Erfolgskomponente mit geringster Entscheidungsnützlichkeit erwiesen sich in der Untersuchung die Steueraufwendungen. Ballas führt dies u. a. auf sehr häufige Änderungen der griechischen Steuergesetzgebung zurück, so dass diese Informationen von Marktteilnehmern möglicherweise als unverlässlich bzw. nicht extrapolationsfähig eingeschätzt werden.614

608 609

610 611 612 613 614

146

Vgl. Ohlson/Penman (1992), S. 553 ff. Vgl. Ohlson/Penman, (1992), S. 554. Es wurden u. a. mehrere aufeinander folgende Zeitfenster von zehn Jahren betrachtet (sog. moving window approach), vgl. hierzu Ohlson/Penman, (1992), S. 554 f. Vgl. Ohlson/Penman, (1992), S. 572. Vgl. Ballas (2000). Vgl. Ballas (2000), S. 3. Zu den Ergebnissen vgl. Ballas (2000), S. 15 ff. Vgl. Ballas (2000), S. 18.

In der Studie von Giner/Reverte615 wurde die Bewertungsrelevanz einzelner obligatorisch auszuweisender Komponenten der Gewinn- und Verlustrechnung spanischer Unternehmen in den Jahren 1991-1995 untersucht. Spanische börsennotierte Unternehmen waren zur damaligen Zeit zum separaten Ausweis von lediglich vier Posten in der Gewinn- und Verlustrechnung verpflichtet: operating profit, financial profit, extraordinary earnings and corporation tax.616 Die Autoren stellten fest, dass die in die genannten Komponenten desaggregierten earnings einen zusätzlichen Informationsgehalt über den der aggregierten earnings aufweisen.617 Giner/Reverte sehen daher die der Untersuchung (unter anderem) vorangestellte Hypothese, dass die Disaggregation die Entscheidungsnützlichkeit der durch die Gewinn- und Verlustrechnung gelieferten Informationen erhöht, als bestätigt. Überraschend ist, dass in dieser Untersuchung bei den Ertrag-steuern ein auffallend hoher Informationsgehalt gemessen wurde. Die Verfasser vermuten, dass dieses Ergebnis u. a. auf die in Spanien verbreitete Einschätzung der Ertragsteuer als „earnings proxy“ zurückgehen konnte.618 Beim Finanzergebnis und dem außerordentlichen Ergebnis wurde im Vergleich zu den aggregierten earnings kein zusätzlicher Informationsgehalt gemessen. Das Ergebnis hinsichtlich des außerordentlichen Ergebnisses unterstützt nach Ansicht der Autoren die restriktive Politik des damaligen IASC in Bezug auf den separaten Ausweis dieser Posten.619 Giner/Reverte räumen allerdings ein, dass der gemessene geringe relative Informationsgehalt des außerordentlichen Ergebnisses auch auf deren relative Unwesentlichkeit (1,6 % der total earnings) zurückgehen konnte.620 Herrmann/Inoue/Thomas621 untersuchten anhand der Daten von Unternehmen des Einzelhandels und der Industrie in den USA und Japan den Zusammenhang zwischen dem Grad der Disaggregation der Gewinn- und Verlustrechnung und deren Prognosetauglichkeit.622 Die Autoren stellten fest, dass sowohl in den USA als auch in Japan die Prognosetauglichkeit der Erfolgsrechnung mit zunehmender Disaggregation steigt.623 Allerdings fiel dieser Effekt in der Untersuchung für die japanischen Unternehmen geringer aus als für die US-amerikanischen Unternehmen. Die Autoren vermuten, dass dieses Ergebnis auf die engere Bindung der japanischen Rechnungslegungsregeln an die steuerliche Gesetzgebung zurückgehen könnte, was 615 616 617 618 619

620 621 622 623

Vgl. Giner/Reverte (1999). Vgl. Giner/Reverte (1999), S. 614. Zu den Egebnissen vgl. Giner/Reverte (1999), 617 ff. Vgl. Giner/Reverte (1999), S. 626. Vgl. Giner/Reverte (1999), S. 620. Nach dem derzeit gültigen IAS 1 ist der Ausweis außerordentlicher Posten nicht mehr erlaubt, vgl. hierzu die Ausführungen im Abschnitt 4.3.3.2. Vgl. Giner/Reverte (1999), S. 620. Vgl. Herrmann/Inoue/Thomas (2000). Zur Methodik der Untersuchung vgl. ausführlich Herrmann/Inoue/Thomas (2000), S. 52 ff. Vgl. Herrmann/Inoue/Thomas (2000), S. 67.

147

in einem konservativeren Rechnungslegungssystem resultiere.624 Die Ergebnisse in Japan seien generell vorhersagefähiger als in den USA, und daher fiele der Effekt der Disaggregation auf die Prognosetauglichkeit des Ergebnisses geringer aus.625

Einige Studien untersuchten den Einfluss der Bewertungsmethoden auf die Aufnahme der Informationen über die betroffenen Posten durch den Kapitalmarkt. In der oben bereits zitierten Studie von Ohlson/Penman626 wurde festgestellt, dass insbesondere die Erfolgskomponenten, bei denen die Subjektivität der Bewertung eine große Rolle spielt, besonders schwache Korrelationen mit Aktienrenditen aufweisen.627 Auch andere Studien bestätigen, dass Unterschiede in den angewandten Bewertungsmethoden (und damit verbundene Unterschiede in der Verlässlichkeit der Bewertung) zu einer unterschiedlichen Bewertung betroffener Posten durch den Kapitalmarkt führen.628 So zeigten beispielsweise Barth/Clinch629 basierend auf den Daten von australischen Unternehmen, dass Neubewertungen von unterschiedlichen Klassen von Vermögensgegenständen unterschiedliche Bewertungsrelevanz aufweisen.630 Auch aus der Studie von Barth/Beaver/Landsmann631 lässt sich schließen, dass der Grad der Verlässlichkeit der fair value-Bewertung die Nutzung dieser Daten durch die Marktteilnehmer beeinflusst. Im Einzelnen wurde in der Studie aufgezeigt, dass die pension related components der Gewinnund Verlustrechnung durch höhere Korrelationskoeffizienten gekennzeichnet sind als nonpension components, was in der Studie auf das geringere Risiko-Exposure der pension assets im Vergleich zu den non-pension assets zurückgeführt wird.632 Schließlich soll hier noch auf Studien eingegangen werden, die sich mit dem Gewinnmanagement mittels der Umschichtung von Erfolgskomponenten in der Gewinn- und Verlustrechnung (classification shifting) befassen. Im Vergleich zum Gewinnmanagement durch die Ausnutzung von Spielräumen im Bereich des Ansatzes und der Bewertung (accrual management) und durch die Sachverhaltgestaltung ist diese Art des Gewinnmanagements für deren Anwender mit geringeren „Nebenwirkungen“ verbunden.633 Zum einen reduziert das Gewinnmanagement durch die Umschichtung von Erträgen und Aufwendungen in der Gewinn624 625 626 627 628 629 630 631 632 633

148

Vgl. Herrmann/Inoue/Thomas (2000), S. 68. Vgl. Herrmann/Inoue/Thomas (2000), S. 68. Vgl. Ohlson/Penman (1992). Vgl. Ohlson/Penman (1992), S. 567, 572. Vgl. hierzu auch Barker (2002), Tz. VIII. Vgl. Barth/Clinch (1998). Vgl. Barth/Clinch (1998), S. 230. Vgl. Barth/Beaver/Landsman (1992). Vgl. Barth/Beaver/Landsman (1992), S. 27, 55. Vgl. im Folgenden McVay (2005), S. 1 f.

und Verlustrechnung nicht die Gewinne künftiger Perioden, was z. B. beim accrual management der Fall ist; zum anderen ändert es nicht das Ergebnis laut der Gewinn- und Verlustrechnung. Die Wahrscheinlichkeit, dass Umgestaltungen durch classification shifting von Wirtschaftsprüfern und Aufsichtsbehörden „unter die Lupe“ genommen werden, ist daher geringer als bei anderen Arten des Gewinnmanagements.634 Empirische Studien belegen, dass es sich bei classification shifting um ein wirkungsvolles Instrument des Gewinnmanagements handelt, das von bilanzierenden Unternehmen auch aktiv genutzt wird. Eine aktuelle Studie von McVay635 befasste sich mit der Umschichtung von Erfolgselementen zwischen core expenses (denen in der Studie cost of goods sold und selling, general und administrative expenses zugerechnet werden) und special items. Basierend auf der Analyse von Unternehmensdaten aus den Jahren 1989-2003 wurde in der Studie festgestellt, dass die unerwarteten core earnings, definiert als die Differenz zwischen den tatsächlich berichteten core earnings und den errechneten erwarteten core earnings636, im Jahr der Erfassung von special items stiegen, und dass diese unerwartete Verbesserung von core earnings im Folgejahr sich umkehrte.637 In der Studie wird die Schlussfolgerung gezogen, dass bilanzierende Unternehmen Aufwendungen, die ihrem Inhalt den core earnings zuzurechnen sind, als special items ausweisen. Es wurde weiter festgestellt, dass Unternehmen besonders viele core expenses nach diesem Schema umschichten, wenn sie dadurch in die Lage versetzt werden, Analystenerwartungen zu erfüllen.638 Auch weitere Studien bestätigen die von McVay festgestellte Nutzung des classification shifting als Instrument des Gewinnmanagements. Kinney/Trezevant639 untersuchten die Darstellung von special items in Jahresabschlüssen. In der Studie wurde festgestellt, dass bilanzierende Unternehmen dazu tendieren, die negativen special items (ungewöhnliche Aufwendungen) als separate Posten in der Gewinn- und Verlustrechnung aufzuzeigen, um damit ihre Eigenschaft als ungewöhnliche, nicht oder selten wiederkehrende Erfolgskomponente hervorzuheben.640 Die Ungewöhnlichkeit der positiven special items wird dagegen in der Gewinnund Verlustrechnung selten hervorgehoben und ist öfter nur aus den Anhangsangaben ersichtlich. Die Verfasser der Studie empfehlen daher den Finanzanalysten, die Informationen zu 634 635 636 637 638 639 640

Vgl. McVay (2005), S. 2 m. w. N. Vgl. McVay (2005). Zum Modell zur Berechnung von erwarteten core earnings vgl. McVay (2005), S. 14 f. Vgl. im Folgenden McVay (2005), S. 2 f. Vgl. McVay (2005), S. 4. Vgl Kinney/Trezevant (1997). Vgl. im Folgenden Kinney/Trezevant (1997), S. 45 f.

149

den ungewöhnlichen Posten in Jahresabschlüssen sehr sorgfältig auszuwerten.641 In dieser Studie wurde ferner festgestellt, dass bei der unterjährigen Betrachtung das vierte Quartal des Berichtsjahres durch einen erhöhten Einsatz von special items gekennzeichnet ist. Laut den Autoren bestätigt auch diese Beobachtung die These, dass special items von bilanzierenden Unternehmen als Instrument des Gewinnmanagements eingesetzt werden.642

Ähnliche Ergebnisse in Bezug auf die Darstellung von extraordinary items lieferte die Studie von Barnea/Ronen/Sadan.643 In dieser Untersuchung wurde aufgezeigt, dass bilanzierende Unternehmen in der Zeit vor APB Opinion 30644 die damals bestehenden Freiräume hinsichtlich der Zuordnung von bestimmten Aufwendungen als außerordentliche oder gewöhnliche Aufwendungen aktiv genutzt haben, um Ausschläge des Ergebnisses vor außergewöhnlichen Posten zu kaschieren und eine stete Aufwärtsentwicklung dieser Zwischensumme im Zeitablauf zu erreichen.645

Schließlich wurde der Einsatz des classification shifting zum Zwecke des Gewinnmanagements auch in den zahlreichen Studien zu den pro forma earnings dokumentiert, die bereits ausführlich im Abschnitt 3.3.2 erläutert wurden.

3.3.3.2

Studien zur Prognose von Unternehmenskrisen

In diesem Abschnitt soll die Studie von Baetge646 kommentiert werden, in der die Prognoseeignung der HGB-Abschlüsse mit der Prognoseeignung der US-GAAP-Abschlüsse verglichen wurde. Als Messinstrument wurde die Künstliche Neuronale Netzanalyse (KNNA)647 angewandt, die es erlaubt, insolvenzgefährdete Unternehmen von „gesunden“ Unternehmen zu unterscheiden.648

641 642 643 644

645 646 647 648

150

Vgl. Kinney/Trezevant (1997), S. 45. Vgl. Kinney/Trezevant (1997), S. 46. Vgl. Barnea/Ronen/Sadan (1976), S. 110 ff. Zu APB Opinion 30 Reporting Results of Operations – Reporting the Effects of Disposal of a Segment of a Business, and Extraordinary, Unusual and Infrequently Occurring Events and Transactions (1973) vgl. die Ausführungen im Abschnitt 4.1.3.2. Vgl. Barnea/Ronen/Sadan (1976), S. 119. Vgl. Baetge (2000). Zur KNNA vgl. weiterführend Baetge (2002), S. 2282 f.; Baetge/Kirsch/Thiele (2004), S. 552 ff. Vgl. Ruhnke (2005), S. 45.

Im ersten Schritt wurden über 11.000 HGB-Abschlüsse ausgewertet. Basierend auf 14 ausgewählten Abschlusskennzahlen649 wurde ein Klassifikator (im Folgenden: HGB-Klassifikator) gebildet, mit dessen Hilfe es gelang, mit sehr hoher Zuverlässigkeit650 insolvenzgefährdete Unternehmen frühzeitig, d. h. bis zu drei Jahre vor ihrer Insolvenz, zu identifizieren.651

Anschließend wurde versucht, diesen HGB-Klassifikator auf amerikanische US-GAAPAbschlüsse anzuwenden. Dies gelang jedoch nicht, weil die in der Studie angewandten und für die HGB-Abschlüsse errechneten sehr differenzierten Kennzahlen für die USamerikanischen Abschlüsse aufgrund ihrer geringen Gliederungstiefe nicht gebildet werden konnten.652

Basierend auf den Daten von knapp 33.000 amerikanischen US-GAAP-Abschlüssen wurde daher ein anderer, auf zehn ausgewählten Kennzahlen653 basierender Klassifikator (im Folgenden: US-GAAP-Klassifikator) gebildet.654 Dieser wurde mit der gleichen Sorgfalt entwickelt wie der HGB-Klassifikator und funktionierte ebenfalls gut, dennoch nicht so gut, wie der HGB-Klassifikator. Die Fehlerfläche655 beim US-GAAP-Klassifikator war mit 14,9 % deutlich größer als beim HBG-Klassifikator (11,6 %), was eine höhere Klassifikationskraft des HGB-Klassifikators belegt.656 Die in der Studie formulierte Hypothese, dass die wirtschaftliche Lage des Unternehmens anhand eines US-GAAP-Abschlusses besser beurteilt werden kann als anhand eines HGB-Abschlusses, wurde somit falsifiziert.657 Baetge führt dieses Ergebnis vor allem auf die Ausweisvorschriften der §§ 266 und 275 HGB zurück, die eine sehr detaillierte und verbindliche Gliederung der Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung vorschreiben, und welche die Abschlüsse der amerikanischen Unternehmen (selbst der SEC-berichtspflichtigen Unternehmen) vermissen lassen.658

649 650

651 652 653 654 655

656 657 658

Vgl. hierzu weiterführend Baetge (2002), S. 30. Der HGB-Klassfikator ermöglichte es, 91,25 % der insolvenzgefährdeten Unternehmen bis zu drei Jahre vor ihrer Insolvenz als solche korrekt zu klassifizieren. Bei den „gesunden“ Unternehmen wurden 66,45 % als solche korrekt klassifiziert. Vgl. Baetge/Kirsch/Thiele (2004), S. 562 ff. Vgl. Baetge (2002), S. 2283. Vgl. Baetge (2000), S. 35. Vgl. hierzu weiterführend Baetge (2000), S. 36. Vgl. im Folgenden Baetge (2000), S. 37 ff. Die Fehlerfläche ergab sich durch die Eintragung des gemessenen Į-Fehlers (Anteil der tatsächlich „kranken“ Unternehmen, die als gesund eingestuft wurden) und des ȕ-Fehlers (Anteil der tatsächlich „gesunden“ Unternehmen, die als „krank“ eingestuft wurden) in das Koordinatensystem. Vgl. hierzu Baetge (2000), S. 27 f. Vgl. Baetge (2000), S. 38. Vgl. Baetge (2000), S. 39. Vgl. Baetge (2000), S. 39. Es muss allerdings darauf hingewiesen werden, dass in dieser Studie die Ursachen für die schlechtere Funktionsfähigkeit des US GAAP-Indikators nicht untersucht wurden. Daher han-

151

3.4

Zusammenfassung und Interpretation der Ergebnisse

Die Analyse der vorliegenden empirischen Untersuchungen hat gezeigt, dass die einzelnen Studien nicht in allen Fragen zu übereinstimmenden und allgemeingültigen Erkenntnissen kommen. Es lassen sich aber gewisse Tendenzen erkennen, die Anhaltspunkte für die Überprüfung einzelner Anforderungen an die Gestaltung der Erfolgsrechnung liefern.

x

Die Frage nach der Bewertungsrelevanz des (other) comprehensive income wird in den kapitalmarktorientierten Studien uneinheitlich beantwortet. Die älteren Studien tendieren mehrheitlich zu der Aussage, dass das (other) comprehensive income und seine Komponenten keine Relevanz für den Kapitalmarkt haben. In jüngeren Studien wird dagegen die Bewertungsrelevanz des (other) comprehensive income eher bejaht, wenn sie auch geringer als beim net income ausfällt. Ferner wurde in aktuellen Studien festgestellt, dass auch die einzelnen Komponenten des other comprehensive income eine Bewertungsrelevanz besitzen und dass die gleiche Erfolgskomponente je nach Bewertungszweck und nach Branchenzugehörigkeit des Unternehmens unterschiedliche Bewertungsrelevanz ausweisen kann. Diese Ergebnisse unterstützen im Grundsatz die im Kapital 2 angeleitete Forderung nach einer umfassenden und tief untergliederten Erfolgsrechnung (vgl. Grundsätze 1, 2 und 4).

x

Die ausgewerteten verhaltenswissenschaftlichen Studien zeigen, dass die Wahl des Darstellungsformates für das other comprehensive income die Wahrnehmung der Unternehmensperformance sowohl der nicht-professionellen als auch der professionellen Anleger beeinflussen kann. Die Darstellungsalternative „Eigenkapitalspiegel“ erweist sich dabei als eine Variante mit besonders geringer Transparenz. Es wurde aufgezeigt, dass bei der Darstellung von Erfolgskomponenten im Eigenkapitalspiegel diese Erfolgskomponenten selbst von professionellen Finanzanalysten „übersehen“ werden können. Auch diese Ergebnisse unterstützen die Forderung nach der vollständigen Erfassung sämtlicher Erträge und Aufwendungen in der Erfolgsrechnung (vgl. Grundsatz 1).

x

Die im Kapitel 2 postulierte Überlegenheit der Darstellung sämtlicher Erfolgskomponenten in einer einzigen Erfolgsrechnung im Vergleich zur Darstellung in zwei Erfolgsrechnungen konnte dagegen empirisch nicht überprüft werden. Es liegen keine

delt es sich bei der zitierten Schlussfolgerung um eine Interpretation und nicht um eine in der Studie getestete und durch den empirischen Nachweis verifizierte Aussage.

152

verhaltenswissenschaftlichen oder kapitalmarktorientierten Studien vor, die die Auswirkungen dieser Darstellungsformate vergleichend untersuchen. Hinsichtlich der kapitalmarktorientierten Studien muss allerdings eingeräumt werden, dass diese Art von Studien die Wirkung von Darstellungsalternativen, die in der Realität nicht zur Anwendung kommen, auch nicht messen kann. Bisher nutzte die überwiegende Mehrheit der US GAAP- und IFRS-Anwender die „Eigenkapitalspiegel“-Alternative,659 so dass beide anderen Darstellungsformate nur selten zum Einsatz kamen.660 x

Die besondere Notwendigkeit einer transparenten und lückenlosen Darstellung sämtlicher Erträge und Aufwendungen ergibt sich im Hinblick auf das Entscheidungsverhalten der Privatanleger. Die Befragung von Kleinaktionären der Deutschen Post hat gezeigt, dass diese sich bei Anlageentscheidungen hauptsächlich über die Presse informieren, sich sehr stark an der Gewinngröße net income orientieren und den Anhang wenig nutzen. Daraus folgt, dass Erfolgskomponenten, die nicht in der Gewinn- und Verlustrechnung erfasst werden und nicht in den net income einfließen, kaum Chancen haben, von diesen Investoren überhaupt wahrgenommen zu werden. Auch wenn diese Ergebnisse nicht direkt auf die Privatanleger in anderen Ländern und auch nicht auf sämtliche deutschen Anleger ohne weiteres übertragbar sind, so ist dennoch anzunehmen, dass diese Adressatengruppe einen besonderen Bedarf nach einer transparenten Darstellung sämtlicher Erfolgskomponenten hat. Auch diese Ergebnisse unterstützen im Prinzip die Forderung nach einer lückenlosen Erfassung sämtlicher Erträge und Aufwendungen in der Erfolgsrechnung (vgl. Grundsatz 1).

x

In der Frage, ob die Darstellung von pro forma earnings auf Investoren irreführend wirkt, kommen nicht alle kapitalmarktorientierten Studien zu gleichen Ergebnissen. Aus diesen Studien kann dennoch tendenziell abgeleitet werden, dass eine Irreführung der Kapitalmarktteilnehmer zumindest nicht ausgeschlossen werden kann. Ergebnisse experimenteller Forschung zu diesem Thema unterstützen diese Aussage. Ferner belegen sowohl verhaltensorientierte als auch kapitalmarktorientierte Studien, dass die Darstellung von Pro-forma-Ergebnissen insbesondere das Entscheidungsverhalten von

659 660

Vgl. hierzu die Ausführungen im Abschnitt 4.4.1. Der Anteil der IFRS-Anwender, die die OCI-Bestandteile im Eigenkapitalspiegel berichten, wird in Zukunft schrumpfen. Ab dem Geschäftsjahr 2005 nehmen britische und eine Reihe kontinentaleuropäischer Unternehmen das durch die Änderung des IAS 19 im Dezember 2004 eingeführte Wahlrecht zur erfolgsneutralen Erfassung der versicherungsmathematischen Gewinne und Verluste wahr, vgl. hierzu Gohdes (2006), S. 993. Nach der Neufassung des IAS 19 müssen bei Inanspruchnahme dieses Wahlrechts die OCIBestandteile verpflichtend im statement of recognised income and expense berichtet werden; die Darstellung der OCI-Bestandteile ausschließlich im Eigenkapitalspiegel ist in diesem Fall nicht gestattet. Vgl. hierzu die Ausführungen im Abschnitt 4.3.4.1.

153

individuellen, weniger erfahrenen Anlegern beeinflusst. Es wurde auch aufgezeigt, dass die Wirkung der pro forma earnings auf diese Investorengruppe durch ihre Betonung in den Ergebnisankündigungen weiter erhöht werden kann. Bei den professionellen Finanzanalysten konnte in experimentellen Studien dagegen keine Beeinflussung durch die Pro-forma-Informationen nachgewiesen werden. x

Die durch empirische Studien nachgewiesene starke Verbreitung der pro forma earnings könnte als ein Hinweis darauf gewertet werden, dass der Kapitalmarkt das heutige net income als einen unzureichenden Performance-Indikator ansieht. Dies unterstützt – zumindest indirekt – die in dieser Arbeit vertretene Auffassung, dass financial performance ein hochkomplexes „Phänomen“ darstellt, das nicht durch eine oder auch mehrere Kennzahlen wiedergegeben werden kann, und dass ein gangbarer Weg zu einer zutreffenden Darstellung der financial performance eine desaggregierte und sinnvoll strukturierte umfassende Erfolgsrechnung ist. Diese Überlegungen führen zu der Forderung nach einer umfassenden Erfolgsrechnung (Grundsatz 1) mit einer verbindlichen, hinreichend tief strukturierten Gliederung (Grundsatz 4).

x

Ferner wurde in Studien zu pro forma earnings aufgezeigt, dass die herauskorrigierten Aufwendungen nicht ausschließlich einmaliger Natur sind und durchaus Prognosequalität besitzen (können). Dieses Ergebnis spricht ebenfalls zugunsten einer umfassenden Erfolgsrechnung, in der die unterschiedliche „Natur“ der Erfolgskomponenten durch eine geeignete Gliederung und den separaten Ausweis bestimmter Komponenten hervorgehoben wird. Mehrere Studien kommen zum Ergebnis, dass pro forma earnings als Instrument des Gewinnmanagements eingesetzt werden, wobei dies nicht notwendigerweise das einzige Motiv sein muss. Besonders schwer wiegt im Hinblick auf das Kriterium der Vergleichbarkeit die Feststellung, dass in vielen Fällen Unternehmen ihre eigenen Pro-forma-Ergebnisse im Zeitablauf unterschiedlich definieren.

x

Diese Ergebnisse unterstützten insgesamt das im Kapital 2 geforderte Gebot des separaten Ausweises ungewöhnlicher Posten innerhalb der Kategorie, zu der sie inhaltlich gehören (Grundsatz 10), das geforderte Verbot der Einfügung von unternehmensspezifischen Zwischensummen in die Erfolgsrechnung (vgl. Grundsatz 4) und das geforderte Verbot der „gemischten“ Gliederungen (vgl. Grundsatz 9).

x

Was die Strukturierung der Erfolgsrechnung anbetrifft, so stellen zahlreiche empirische Studien übereinstimmend fest, dass eine disaggregierte Darstellung von Erfolgskomponenten die Aussagefähigkeit der Erfolgsrechnung erhöht. Ferner ergibt sich aus ausgewerteten Studien, dass gleiche Erfolgskomponenten im unterschiedlichen Um-

154

feld unterschiedliche Bewertungsrelevanz aufweisen können, in Abhängigkeit vom rechtlichen und steuerlichen Umfeld, von der Branchenzugehörigkeit des analysierten Unternehmens etc. Dieses Ergebnis unterstützt im Prinzip die Forderung nach einer umfassenden Erfolgsrechnung (Grundsatz 1). Ferner wurde in der Studie von Baetge auf die Rolle einer verbindlichen und feinen Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung für die Insolvenzprognose hingewiesen. Diese Erkenntnisse unterstützen insbesondere die aufgestellte Forderung nach einer verbindlichen und hinreichend tiefen Gliederung der Erfolgsrechnung (Grundsatz 4). x

Ferner wurde in einer Studie aufgezeigt, dass bereits die Aufgliederung der earnings in Erträge und Aufwendungen die Aussagefähigkeit der Erfolgsrechnung erhöht. Dieses Ergebnis kann darauf zurückgeführt werden, dass Absatz- und Beschaffungsmärkte dem Einfluss unterschiedlicher Faktoren unterliegen, woraus sich eine Verbindung zur Forderung nach einer unsaldierten Darstellung von Erträgen und Aufwendungen ergibt (Grundsatz 11).

x

Des Weiteren wurde in zahlreichen empirischen Studien die wichtige Rolle der Wiederholbarkeit bzw. der Regelmäßigkeit der Erträge und Aufwendungen für die Prognose der künftigen Unternehmensentwicklung bestätigt. Die Studien zeigen aber keinen Weg, wie das Kriterium der Regelmäßigkeit eindeutig und widerspruchsfrei in der Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung umgesetzt werden kann, so dass eine vergleichbare und manipulationsrobuste Zuordnung von Erträgen und Aufwendungen gewährleistet wäre. Daher wird hier weiterhin die Auffassung vertreten, dass die Bildung von Erfolgskategorien nach dem Kriterium der Regelmäßigkeit zwar wünschenswert wäre, unter dem Gesichtspunkt der Standardisierbarkeit aber nicht umsetzbar erscheint und daher unterbleiben sollte.

x

In mehreren Studien wurde nachgewiesen, dass die Anwendung unterschiedlicher Bewertungsmethoden sich in der Bewertung dieser Erfolgskomponenten durch den Markt widerspiegelt. Dieses Ergebnis spricht im gewissen Maße für die vorgeschlagene Einteilung von Erfolgskomponenten in Kategorien nach dem Kriterium fair value/non fair value-Bewertung (vgl. Grundsatz 7).

x

Ferner belegen mehrere Studien, dass die Umschichtung der Erfolgskomponenten innerhalb der Erfolgsrechnung ein wirksames und auch beliebtes Instrument des Gewinnmanagements darstellt. Eine verbindliche Gliederung der Erfolgsrechnung mit möglichst klar definierten Inhalten einzelner Posten (vgl. Grundsatz 4) könnte dem entgegenwirken. Im Einzelnen wurde in einigen Studien aufgezeigt, dass insbesondere 155

die Ausgliederung der ungewöhnlichen Posten aus den Funktionskosten661 und deren separater Ausweis zum Zwecke des Gewinnmanagements aktiv genutzt wird. Das Gebot des Ausweises ungewöhnlicher Posten innerhalb der Kategorien, zu denen sie inhaltlich gehören (Grundsatz 10) und das Verbot von „gemischten“ Gliederungen (vgl. Grundsatz 9) würde dieser Tendenz entgegenwirken.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Ergebnisse empirischer Studien einen Teil der im Kapitel 2 ausgesprochenen Empfehlungen für die Gestaltung der Erfolgsrechnung unterstützen. Nicht alle Fragestellungen werden allerdings durch empirische Untersuchungen inhaltlich abgedeckt. Einige der abgeleiteten Grundsätze konnten daher empirisch nicht abgesichert werden. Es wurde aber keine der ausgesprochenen Empfehlungen durch Ergebnisse vorliegender empirischer Untersuchungen widerlegt. Daher werden die im Kapitel 2 abgeleiteten Anforderungen an eine zweckgerechte Ausgestaltung der Erfolgsrechnung für weitere Betrachtungen übernommen und im Folgenden als Messkriterien für die Beurteilung einzelner Standards und Vorschläge angewandt.

661

156

Unter Funktionskosten werden hier die den einzelnen Funktionsbereichen des Unternehmens zugeordneten Kosten (wie z. B. Herstellungskosten, Vertriebskosten, Kosten der Forschung und Entwicklung) verstanden. Zur Gliederung der Erfolgskomponenten nach Funktionsbereichen vgl. Abschnitt 2.2.4.2.3.1.

4

Bestehende Konzepte des Erfolgsausweises

4.1

Darstellung der Erfolgsrechnung nach US-GAAP

4.1.1

Relevante Regelungen: Überblick und Entwicklung

In der US-amerikanischen Rechnungslegung existieren mehrere Verlautbarungen, die sich mit Fragen des Erfolgsausweises beschäftigen. Dabei lassen sich zwei Bereiche unterscheiden: Regelungen zur Darstellung des Erfolges innerhalb der herkömmlichen Gewinn- und Verlustrechnung und Regelungen zur Darstellung des comprehensive income.

Obwohl die Gewinn- und Verlustrechnung nach wie vor als das wichtigste Instrument in der US-amerikanischen Rechnungslegung gilt662, gibt es unter US-GAAP bisher keine allgemeine und für alle Unternehmen geltende Regelung zur Ausgestaltung der Gewinn- und Verlustrechnung.663 Stattdessen existieren einige Einzelverlautbarungen, die sich mit bestimmten Erfolgskomponenten befassen. Hierzu zählen APB Opinion 30 Reporting the Results of Operations, APB Opinion 30 Reporting Results of Operations – Reporting the Effects of Disposal of a Segment of a Business, and Extraordinary, Unusual and Infrequently Occurring Events and Transactions (1973), SFAS 144 Accounting for the Impairment or Disposal of LongLived Assets (2001) sowie SFAS 154 Accounting Changes and Error Corrections — a replacement of APB Opinion No. 20 and FASB Statement No. 3 (2005).

Für die Unternehmen, die bei der SEC registriert sind, legt die Regulation S-X, Rule 5-03 gewisse verbindliche Anforderungen an den Aufbau der Gewinn- und Verlustrechnung fest. Die 1940 erstmals eingeführte und 1980 grundlegend geänderte Regulation S-X enthält Vorschriften über Form, Inhalt, Prüfung und Offenlegungsfristen der bei der SEC einzureichenden Abschlüsse sowie die Anforderungen an die Qualifikation und Unabhängigkeit der Abschlussprüfer.664

662 663

664

Vgl. KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft (2003), S. 133. Vgl. IASC-U.S. Comparison Project (1999), S. 65; IAS/US GAAP Comparison (2002), S. 45, KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft (2003), S. 133; Schildbach (2000), S. 133. Vgl. Born (2002), S. 269.

157

Für die Darstellung des comprehensive income unter US-GAAP existiert dagegen eine neuere allgemeine Regelung. Es handelt sich hierbei um SFAS 130 Reporting Comprehensive Income (1997).

Das primäre Ziel bei der Entwicklung des SFAS 130 war es, die Darstellung der bisher direkt im Eigenkapital erfassten Erfolgskomponenten zu vereinheitlichen.665 Der Standard sollte helfen, die von Abschlussnutzern geforderte Transparenz der Darstellung dieser Erfolgskomponenten zu erreichen und die Kompatibilität der Abschlüsse zu erhöhen.666 Darüber hinaus wollte der FASB Abschlussnutzer dazu ermuntern, die Komponenten des comprehensive income aktiver als bisher zu nutzen, anstatt die Urteilsfindung allein auf die Größen net income und earnings per share zu stützen.667 SFAS 130 verpflichtete die bilanzierenden Unternehmen erstmalig668, das comprehensive income und seine Komponenten im Rahmen eines Abschlussbestandteiles darzustellen, welcher mit der gleichen Prominenz wie die bisherigen Abschlussbestandteile zu präsentieren war.669 Der FASB beschränkte den Geltungsbereich des SFAS 130 ausdrücklich auf die Problematik der Darstellung des comprehensive income und seiner Komponenten.670 Zu Fragen des Ansatzes und der Bewertung von Komponenten des comprehensive income wird im Standard keine Stellung bezogen. Nicht kommentiert wird auch die Frage, nach welchem Prinzip Erfolgskomponenten im net income oder im comprehensive income außerhalb des net income zu erfassen sind. Ein derart weit gefasstes Vorhaben war nach Ansicht des FASB zur Zeit des Erarbeitung des SFAS 130 nicht realisierbar, da es die Beantwortung grundlegender konzeptioneller Fragestellungen und eine umfassende Überprüfung bestehender Rechnungslegungsnormen erfordern würde.671

665 666 667 668

669 670

671

158

Vgl. FASB, SFAS 130.40, SFAS 130.49. Vgl. FASB, SFAS 130.52. Vgl. die diesbezüglichen Ausführungen in den „Dissents“ zum SFAS 130, vgl. FASB, SFAS 130. Der FASB hat bereits in seinem Rahmenkonzept die Definition des comprehensive income verankert und die Empfehlung abgegeben, dass ein vollständiger Abschluss die Darstellung des comprehensive income enthalten sollte, vgl. FASB, SFAC No. 5 Par. 13, Par. 39ff.; SFAC No. 6, Par. 70. Die Umsetzung des comprehensive income-Konzeptes erfolgte jedoch erst durch SFAS 130. Vgl. FASB, SFAS 130, Summary. Vgl. SFAS 130.53. Die Fragen der Darstellung bzw. Strukturierung der Erfolgskomponenten im Rahmen der herkömmlichen Gewinn- und Verlustrechnung werden im SFAS 130 aber nicht erörtert. Vgl. Johnson/Reither/Swieringa (1995), S. 133; Gerbaulet (1999), S. 62.

4.1.2

Bestandteile des Jahresabschlusses

Gemäß dem Rahmenkonzept des FASB sollte ein vollständiger Abschluss (full set of financial statements) folgende Informationen enthalten:672

x

Financial position at the end of the period,

x

Earnings (net income) for the period,

x

Comprehensive income (total nonowner changes in equity) for the period,

x

Cash flows during the period,

x

Investments by and distributions to owners during the period.

Diese Informationen werden derzeit durch folgende Abschlussbestandteile dargestellt:673

x

Bilanz (statement of financial position),

x

Gewinn- und Verlustrechnung (income statement oder statement of earnings),

x

Aufstellung über Veränderungen des Eigenkapitals, die nicht auf Transaktionen mit Anteilseignern

zurückzuführen

sind

(statement

of

comprehensive

income

oder statement of total nonowner changes in equity), x

Kapitalflussrechnung (cash flow statement),

x

Eigenkapitalspiegel (statement of investments by and distributions to owners).

Quantitative Informationen über Erträge und Aufwendungen werden in aggregierter Form in der Gewinn- und Verlustrechnung und in der Darstellung des comprehensive income abgebildet. Die folgenden Ausführungen konzentrieren sich auf diese beiden unmittelbar erfolgsausweisenden Bestandteile des Jahresabschlusses.

672 673

Vgl. FASB, SFAC No. 5, Par. 13. Die Pflichtbestandteile des Abschlusses stellen nach den derzeit geltenden Regelungen des FASB die Bilanz, die Gewinn- und Verlustrechnung, die Kapitalflussrechnung und die Darstellung des comprehensive income dar. Der Eigenkapitalspiegel ist nach derzeitigen FASB-Regelungen kein obligatorischer Abschlussbestandteil, wird aber von der SEC von den berichtspflichtigen Unternehmen im Rahmen des Jahresabschlusses gefordert. Ferner ist der Anhang kein Bestandteil der financial statements, aber ein integraler Bestandteil der Rechnungslegung insgesamt. Seine Erstellung wird von der SEC ebenfalls gefordert.

159

4.1.3

Gewinn- und Verlustrechnung (Income Statement)

4.1.3.1

Inhaltliche Struktur der Gewinn- und Verlustrechnung

Wie bereits erwähnt, beinhalten US-GAAP keine für alle Unternehmen geltende Regelung zur Ausgestaltung der Gewinn- und Verlustrechnung. Für die Unternehmen, die nicht bei der SEC registriert sind, existieren daher auch keine expliziten Gliederungsvorschriften.674 Der Ausweis kann flexibel gehandhabt werden. I. d. R. findet das Umsatzkostenverfahren Anwendung.675

Lediglich einige einzelne Verlautbarungen schreiben eine separate Darstellung bestimmter Erfolgskomponenten in der Gewinn- und Verlustrechnung vor. Zu den separat darzustellenden Erfolgskomponenten gehören im Wesentlichen:676

x

Ergebnisse aufgegebener Geschäftsbereiche (discontinued operations) nach SFAS 144,

x

außerordentliche Posten (extraordinary items) nach APB Opinion No. 30,

x

ungewöhnliche Posten (unusual gains and losses) nach APB Opinion No. 30.

Diese Posten gelten als irregular items und sind von den Ergebnissen der üblichen Geschäftsvorfälle getrennt auszuweisen.677

Keine Vorschriften existieren darüber, wie die Ergebnisse der üblichen Geschäftsvorfälle im Detail aufzugliedern sind.678 Es gilt lediglich das allgemeine Prinzip, dass die wesentlichen Positionen, deren Hervorheben für das Erreichen einer fair presentation notwendig ist, getrennt dargestellt werden müssen.679 Auch zur Verrechnung von Erträgen und Aufwendungen

674

675

676

677 678 679

160

Vgl. IASC-U.S. Comparison Project (1999), S. 65; IAS/US GAAP Comparison (2002); S. 45, KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft (2003); Schildbach (2002), S. 133. Vgl. KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft (2003), S. 133. Unternehmen einiger Branchen wie z. B. Kreditinstitute verwenden z. T. Darstellungen, die vom Umsatzkostenverfahren abweichen. Das Gesamtkostenverfahren ist jedoch nicht anwendbar, vgl. KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft (2003), S. 133. Vgl. Delaney u. a. (2002), S. 68; IASC-U.S. Comparison Project (1999), S. 83; Kieso/Weygandt/Warfield (2001), S. 139. Vgl. Kieso/Weygandt/Warfield (2001), S. 139; Schildbach (2002), S. 137. Vgl. Schildbach (2002), S. 139. Vgl. IASC-U.S. Comparison Project (1999), S. 68; Kieso/Weygandt/Warfield; Schildbach (2000), S. 133 m. w. N.

gibt es unter US-GAAP keine expliziten Regelungen.680 Generell gilt das Bruttoprinzip: Erträge und Aufwendungen müssen separat dargestellt werden.681

Zur Darstellung der Ergebnisse der üblichen Geschäftsvorfälle haben sich in der USamerikanischen Rechnungslegungspraxis zwei Formate ausgebildet: das sog. single-step income statement und das multiple-step income statement.682 Bei einem single-step-Verfahren werden Erträge und Aufwendungen außerhalb der irregular items jeweils in einem Block zusammengefasst, so dass das Ergebnis der gewöhnlichen Tätigkeit in einem einzigen Schritt aus der Differenz der Erträge und Aufwendungen ermittelt wird. Bei einem multiple-stepVerfahren wird eine Einteilung der Erträge und Aufwendungen in operative und nicht operative Aktivitäten sowie eine Aufteilung von Kosten nach Funktionsbereichen vorgenommen.683 Dabei werden Erträge und Aufwendungen durch eine geeignet erscheinende, in vielen Fällen auch ähnliche, aber nicht durch Vorschriften vorgegebene Grobgliederung in mehreren Teilergebnissen zusammengefasst.684 Die Abbildung 10 zeigt in schematischer Form ein Beispiel für den Aufbau der Gewinn- und Verlustrechnung nach dem multiple-step-Verfahren.

Ein konkretes Gliederungsschema für die Gewinn- und Verlustrechnung existiert nur im Rahmen der SEC-Vorschriften. Die Regulation S-X, Rule 5-03 schreibt den registrierungspflichtigen Unternehmen ein Mindestgliederungsschema vor (vgl. die Abbildung 11).

680

681 682 683 684

Vgl. IASC-U.S. Comparison Project (1999), S. 74. Spezielle Vorschriften existieren dagegen für die Verrechnung von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten in der Bilanz, vgl. IASC-U.S. Comparison Project (1999), S. 74 f.; IAS/US GAAP Comparison (2002), S. 41. Vgl. IASC-U.S. Comparison Project (1999), S. 74. Vgl. Kieso/Weygandt/Warfield (2001), S. 134. Vgl. Dexheimer (2002), S. 453. Vgl. Schildbach (2002), S. 139. Ausführlicher zu den single-step- und multiple-step-Formaten vgl. Delaney u. a. (2002), S. 70 f.; Kieso/Weygandt/Warfield (2001), S. 134 ff.

161

Abbildung 10: Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung nach dem multiple-step-Format

(1) Net sales or revenues (2) Cost of sales/Cost of goods sold Gross profit (3) Operating expenses Operating income (4) Other income (expense) Income before income taxes, extraordinary items, cumulative effects of change in accounting principle, and discontinued operations (5) Income tax expense Income before extraordinary items, cumulative effects of change in accounting principle, and discontinued operations (6) Discontinued operations (net of tax) a. Income (loss) from operations of a discontinued segment b. Gain (loss) from disposal of discontinued segment (7) Extraordinary items (net of tax) (8) Cumulative effect at beginning of year of changes in accounting principles (net of tax) Net income (9) Earnings per share

Quelle: In Anlehnung an: KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft (2003), S. 134.

162

Abbildung 11: Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung gemäß Regulation S-X, Rule 5-03

1. Net sales and gross revenues 2. Costs and expenses applicable to sales and revenues 3. Other operating costs and expenses 4. Selling, general and administrative expenses 5. Provision for doubtful accounts and notes 6. Other general expenses 7. Non-operating income 8. Interest and amortization of debt discount and expense 9. Non-operating expenses 10. Income or loss before income tax expense and appropriate items below 11. Income tax expense 12. Minority interest in income of consolidated subsidiaries 13. Equity in earnings of unconsolidated subsidiaries and 50 percent or less owned persons 14. Income or loss from continuing operations 15. Discontinued operations 16. Income or loss before extraordinary items and cumulative effects of changes in accounting principles 17. Extraordinary items, less applicable tax 18. Cumulative effects of changes in accounting principles 19. Net income or loss 20. Earnings per share data

Quelle: Regulation S-X (17 CFR Part 210) Rule 5-03 (b).

Inhaltlich lässt sich diese Gliederung dem multiple-step-Format zuordnen. Zu den einzelnen Zwischensummen bestehen weitere Untergliederungsvorschriften.685 Die Konkretisierung von Posten gibt die SEC selbst nicht vor. Sie ist per Verweis aus den Verlautbarungen des FASB, seiner Vorgängergremien sowie des AICPA zu entnehmen.686

685 686

Vgl. Erläuterungen in Regulation S-X (17 CFR Part 210) Rule 5-03 (b). Vgl. Dexheimer (2002), S. 454 m. w. N.

163

4.1.3.2

Erfolgsspaltungskonzept der Gewinn- und Verlustrechnung

4.1.3.2.1

Abgrenzung und Ausweis der Irregular Items

Wie oben erläutert, müssen nach US-GAAP die als irregular items geltenden Erfolgskomponenten getrennt ausgewiesen werden. Kennzeichnend für die US-amerikanische Gewinn- und Verlustrechnung ist somit zunächst die Spaltung des Erfolges in Ergebnisse der üblichen Geschäftsvorfälle einerseits und irregular items andererseits.687 Die letzteren werden in gesondert zu präsentierende Einzelbestandteile aufgegliedert. Es ergeben sich somit folgende Kategorien bzw. Strukturblöcke:

x

Ergebnisse der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (in der Literatur oft unter der Überschrift income from continuing operations zusammengefasst688),

x

Ergebnisse aufgegebener Geschäftsbereiche (discontinued operations),

x

außerordentliche Posten (extraordinary items),

x

ungewöhnliche Posten (unusual gains and losses).

Für die Erfolgsspaltung bedeutende Zwischensummen beziehen sich auf Ergebnisse der gewöhnlichen Tätigkeit vor und nach Steuern, auf ein Ergebnis aufgegebener Geschäftsbereiche sowie ein Ergebnis vor und nach außerordentlichen Posten.689

Die Kategorie „Ergebnisse der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit“ wird negativ abgegrenzt. Alle in der Gewinn- und Verlustrechnung zu erfassenden Erträge und Aufwendungen, die nicht unter discontinued operations und extraordinary items fallen, sind innerhalb dieses Blocks auszuweisen.690 Discontinued operations und extraordinary items werden im Anschluss an die Darstellung der Ergebnisse der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit ausgewiesen,

687 688

689 690

164

Vgl. Schildbach (2002), S. 137. Vgl. Delaney u. a. (2002), S. 68, 73. Die Bezeichnung der entsprechenden Zwischensumme variiert jedoch in der Praxis in Abhängigkeit davon, welche Kategorien der irregular items in der betroffenen Gewinnund Verlustrechnung vorhanden sind. So wird die Zwischensumme i. d. R. nur dann als income from continuing operations bezeichnet, wenn die Kategorie discontinued operations dargestellt wird. In dem Fall, dass lediglich die Kategorie der extraordinary items vorhanden ist, wird die Zwischensumme im Regelfall als income before extraordinary items genannt, usw. Vgl. Dexheimer (2002), S. 453 m. w. N. Unusual items sind innerhalb der Ergebnisse der gewöhnlichen Tätigkeit auszuweisen, vgl. weitere Ausführungen in diesem Abschnitt.

wobei nur die Position discontinued operations zwingend in der Gewinn- und Verlustrechnung selbst auszuweisen ist.691

Die Abgrenzung und der Ausweis einzelner Kategorien der irregular items werden im Folgenden eingehender erläutert.

4.1.3.2.1.1

Discontinued Operations

Die bilanzielle Behandlung der discontinued operations richtet sich nach den Regelungen des SFAS 144 Accounting for the Impairment or Disposal of Long-Lived Assets. Der Begriff der discontinued operations bezieht sich laut SFAS 144.42 auf eine Teileinheit des Unternehmens (component of an entity692), deren Geschäftstätigkeit und die damit verbundenen Zahlungsflüsse von den übrigen Unternehmensteilen klar getrennt werden können.693 Das Ergebnis einer derartigen Teileinheit ist dann als discontinued operation zu berichten, wenn folgende zwei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind: a) die Teileinheit wurde bereits aufgegeben oder steht zum Verkauf, und b) dem Unternehmen stehen keine wesentlichen Rechte und Pflichten aus der Geschäftstätigkeit dieser Teileinheit mehr zu.694

Das Ergebnis aus der Geschäftstätigkeit der im Geschäftsjahr aufgegebenen oder zum Verkauf stehenden Teileinheit ist nach SFAS 144 in der Gewinn- und Verlustrechnung der Periode gesondert als discontinued operations auszuweisen.695 Der Ausweis erfolgt gemäß SFAS 144.43 im Anschluss an die Darstellung der Ergebnisse der gewöhnlichen Tätigkeit und vor den außerordentlichen Posten. Darüber hinaus ist laut SFAS 144.43 der Gewinn bzw. Verlust aus der Veräußerung bzw. der Aufgabe der Teileinheit anzugeben, wobei ein gesonderter Ausweis wahlweise in der Gewinn- und Verlustrechnung innerhalb der Kategorie discontinued operations oder im Anhang erfolgen kann.

691 692 693 694 695

Vgl. Dexheimer (2002), S. 453. Zum Begriff des component of an entity vgl. FASB, SFAS 144.41. Vgl. FASB, SFAS 144.41. Vgl. FASB, SFAS 144.42. Vgl. FASB, SFAS 144.43. Die Angabe des Ergebnisses erfolgt vor und nach Steuern. Der entsprechende Steueraufwand ist gesondert anzugeben.

165

4.1.3.2.1.2

Außerordentliche und ungewöhnliche Posten

Für die Zuordnung eines Geschäftsvorfalls oder eines Ereignisses zu den extraordinary items müssen nach APB Opinion 30, Par. 20, zwei Voraussetzungen kumulativ erfüllt werden:

x

Ungewöhnlichkeit des Tatbestands („unusual nature“) und

x

Seltenheit bzw. Unregelmäßigkeit des Eintritts („infrequency of occurrence“).

Bei der Erfüllung nur einer Voraussetzung – Ungewöhnlichkeit oder Seltenheit – gelten Erträge und Aufwendungen aus diesem Geschäftsvorfall als ungewöhnliche Gewinne oder Verluste (unusual gains and losses).696 Sie sind, sofern wesentlich, noch vor den außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen innerhalb der „operating section“697 als gesonderte Komponente des income from continuing operations oder in den notes auszuweisen.698 Sie gelten somit als Erfolgsgröße aus dem laufenden Geschäft.699 Alternativ ist eine Darstellung im Anhang möglich.

Sind beide o. g. Kriterien erfüllt, so sind entsprechende Erträge und Aufwendungen laut APB Opinion 30, Par. 11, gesondert in der Gewinn- und Verlustrechnung als außerordentliches Ergebnis auszuweisen. Ersatzweise ist jedoch eine Angabe im Anhang zulässig.700 Auch bei den unusual gains and losses kann die Offenlegung gemäß APB Opinion 30, Par. 26, wahlweise im Anhang erfolgen.

APB Opinion 30 liefert die Definitionen der Trennungskriterien „Ungewöhnlichkeit“ und „Seltenheit“. So muss der vorliegende Geschäftsvorfall in großem Maße untypisch sein, und es darf kein eindeutiger Bezug zur gewöhnlichen Tätigkeit vorliegen, damit das Kriterium der „Ungewöhnlichkeit“ erfüllt wird.701 Das Kriterium der „Seltenheit“ erfordert, dass es sich beim vorliegenden Geschäftsvorfall um ein Ereignis handelt, das sich unter gleichen Bedin696 697

698

699 700 701

166

Vgl. Kieso/Weygandt/Warfield (2001), S. 142; APB, APBO 30.26. Zur „operating section“ vgl. den nachfolgenden Abschnitt „Erfolgsspaltung innerhalb des Ergebnisses der gewöhnlichen Tätigkeit“. Vgl. APB, APBO 30.26. Nach Kieso/Weygandt/Warfield (2001) erfolgt der Ausweis in der Praxis oft unter other revenues and gains oder other expenses and losses, vgl. Kieso/Weygandt/Warfield (2001) S. 146. Im Unterschied zu den außerordentlichen Posten ist der Ausweis eines „ungewöhnlichen Ergebnisses“ in der Gewinn- und Verlustrechnung jedoch untersagt, um Verwechslungen mit den extraordinary items zu vermeiden, vgl. Dexheimer (2002), S. 454, Fn. 72. Vgl. Kuhlewind (2000), S. 305. Vgl. APB, APBO 30.11. Vgl. APB, APBO 30.20 (a).

gungen in absehbarer Zukunft wahrscheinlich nicht wiederholen wird.702 Die Anwendung dieser Kriterien ermöglicht aber keine trennscharfe Abgrenzung der außergewöhnlichen von den ungewöhnlichen Tatbeständen.703 Die konzeptionelle Unschärfe dieser Abgrenzung spiegelt sich u. a. in der Tatsache wider, dass sowohl APB Opinion 30704 als auch eine weitere Reihe von Verlautbarungen Auflistungen und Kommentierungen705 der Tatbestände enthalten, die nicht als außerordentliche Posten zu klassifizieren sind.706 In letzter Zeit ist die insgesamt als restriktiv zu bezeichnende Handhabung707 der Zuordnung von Geschäftsvorfällen zu den außerordentlichen Tatbeständen weiter verschärft worden. Zu nennen hier ist insbesondere die Stellungnahme EITF 01-10 Accounting for the Impact of the Terrorist Attacks of September 11, 2001, wonach die Aufwendungen im Zusammenhang mit den Folgen der Terroranschlägen vom 11. September 2001 nicht unter diesem Posten auszuweisen sind.

Bis vor kurzem zählten zu den irregular items über die oben erläuterten Posten hinaus noch die Auswirkungen der Änderung von Rechnungslegungsmethoden (changes in accounting principles). Der Ergebniseffekt einer Änderung der Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden war nach bisherigen Regelungen der APB Opinion 20 Accounting Changes bis auf bestimmte Ausnahmen im Ergebnis der Berichtsperiode zu berücksichtigen und zwischen extraordinary items und net income als cumulative effect of change in accounting principle in einem separaten Posten auszuweisen.708 Die APB Opinion No. 20 wurde 2005 durch SFAS 154 Accounting Changes and Error Corrections – a replacement of APB Opinion No. 20 and FASB Statement No. 3 ersetzt. Die neue Regelung schreibt im Wesentlichen eine retrospektive Erfassung der Ergebnisse der Änderungen von Rechnungslegungsmethoden durch Anpassung der Vortragssalden in den Vorperioden vor. Durch diese Überarbeitung wurden die USamerikanischen Regelungen zur Darstellung von Änderungen der Rechnungslegungsmethoden an die neuere IAS-Regelung709 angeglichen. Gleichzeitig wurde die bisher vorhandene uneinheitliche Behandlung der Ergebnisse aus der Änderung von Rechnungslegungsmethoden und aus der Korrektur von Fehlern eliminiert. Die letzteren waren auch früher schon retrospektiv, d. h. erfolgsneutral zu berücksichtigen. 702 703

704 705 706 707

708 709

Vgl. APB, APBO 30.20 (b). Vgl. hierzu Burke (2004). Der IASB spricht in diesem Zusammenhang von „arbitrary segregation“, vgl. IASB, IAS 1.BC18. Vgl. die Auflistung in APBO 30.23. Hierzu vgl. weiterführend KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft (2003), S. 138 f. So auch Kuhlewind (2000), S. 305. Vgl. z. B. Kieso/Weygandt/Warfield (2001), S. 141; KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft (2003), S. 139. Vgl. APB, APBO 20.19, .20. Zu den einschlägigen Regelungen des überarbeiteten IAS 8 vgl. die Ausführungen im Abschnitt 4.3.4.1.1.

167

4.1.3.2.2

Erfolgsspaltung innerhalb des Ergebnisses der gewöhnlichen Tätigkeit

Die Tiefe und das Schema der Erfolgsspaltung innerhalb des Ergebnisses der gewöhnlichen Geschäftsvorfälle hängen davon ab, ob ein single-step-Verfahren oder ein multiple-stepVerfahren angewandt wird. Ein single-step-Format weist eine nur rudimentäre Erfolgsspaltung auf, denn es werden lediglich zwei Gruppen von Erfolgskomponenten – Erträge und Aufwendungen – unterschieden. Das Erfolgsspaltungsschema beim multiple-step-Verfahren (inklusive dem in der Regulation S-X vorgegebenen Gliederungsschema) ist wesentlich differenzierter und erlaubt eine tiefer gehende Erfolgsquellenanalyse.710 Eine große Bedeutung wird insbesondere der Spaltung der Gesamtheit der gewöhnlichen Erfolge in betriebliche (operating) und anderweitig induzierte (non-operating) Erträge und Aufwendungen beigemessen (als Beispiel einer derartigen Spaltung vgl. Abbildung 12).711 Die betrieblichen Erträge und Aufwendungen werden dabei als Widerspiegelung des nachhaltigen Kerngeschäftes des Unternehmens interpretiert.

Die Abgrenzung der betrieblichen gegenüber den sonstigen Aktivitäten orientiert sich zunächst an dem Kriterium der Betriebsbezogenheit („operating“).712 Aber auch die Kriterien der Gegenwärtigkeit („current“) und der Wiederholbarkeit („recurring“) werden als weitere Konkretisierungshilfen herangezogen. Diese Kriterien werden dabei im gegenseitigen Verbund und in gegenseitiger Ergänzung interpretiert. Mit dem Betriebszweck in Verbindung stehende, aber dennoch einmalige Aufwendungen und Erträge können deshalb aus der Ermittlung des net operating income ausgeschlossen werden, da sie die Voraussetzung der Wiederholbarkeit nicht erfüllen.

710 711

712

168

Vgl. Kuhlewind (2000), S. 294. In dem Gliederungsschema der Regulation S-X (vgl. Abbildung 11) entsprechen die Posten 1 bis 6 der operating section und die Posten 7 bis 14 der non-operating section, vgl. z. B. Darstellung bei Kuhlewind (2000), S. 294-295, Abbildung 2. Zu weiteren Ausführungen in diesem Absatz vgl. Kuhlewind (2000), S. 302 f. m. w. N.

Abbildung 12: Spaltung der Gesamtheit der Erfolge in die operating- und non-operatingSektionen in der Gewinn- und Verlustrechnung nach dem multiple-step-Format

(Operating section): (1) Net sales or revenues (2) Cost of sales/Cost of goods sold Gross profit (3) Operating expenses Operating income

(Non-operating section): (4) Other income (expense) Income before income taxes, extraordinary items, cumulative effects of change in accounting principle, and discontinued operations (5) Income tax expense Income before extraordinary items, cumulative effects of change in accounting principle, and discontinued operations (6) Discontinued operations (net of tax) a. Income (loss) from operations of a discontinued segment b. Gain (loss) from disposal of discontinued segment (7) Extraordinary items (net of tax) (8) Cumulative effect at beginning of year of changes in accounting principles (net of tax)

Net income

Eine explizite Abgrenzung des Finanzergebnisses gegenüber dem Betriebsergebnis ist im Gliederungsschema weder in der Regulation S-X noch in den von der Praxis entwickelten single-step- oder multiple-step-Verfahren vorgesehen.713 Ihre Ermittlung ist aufgrund der wei-

713

Vgl. Coenenberg (2001), S. 477.

169

ten Geltungsbereiche der Begriffe non-operating income und non-operating expenses714 ohne Korrekturrechnungen nicht möglich.715

Statement zur Darstellung des Comprehensive Income716

4.1.4 4.1.4.1.1

Bestandteile des Statement zur Darstellung des Comprehensive Income nach SFAS 130

Basierend auf der im Rahmenkonzept des FASB verankerten Definition717 wird im SFAS 130 mit dem Begriff comprehensive income die Gesamtheit sämtlicher nicht-eigentümerbezogener Eigenkapitalveränderungen bezeichnet.718 Das comprehensive income beinhaltet somit nach SFAS 130.10 zum einen das Ergebnis laut der Gewinn- und Verlustrechnung (net income) und zum anderen die als other comprehensive income bezeichneten Erträge und Aufwendungen, die im Einklang mit den geltenden Rechnungslegungsnormen außerhalb der Gewinnund Verlustrechnung erfasst werden.

Nach derzeit geltenden Rechnungslegungsstandards werden im Wesentlichen folgende Sachverhalte erfolgsneutral im other comprehensive income erfasst:719

x

Währungsumrechnungsdifferenzen im Zusammenhang mit den selbstständig operierenden Tochtergesellschaften nach SFAS 52 Foreign Currency Translation,

x

Minimum pension liability adjustments nach den Regelungen des SFAS 87 Employers' Accounting for Pensions,

x

unrealisierte Gewinne und Verluste aus available-for-sale-Wertpapieren nach

x

Marktwertänderungen aus derivativen Finanzinstrumenten im Rahmen eines Cash

SFAS 115 Accounting for Certain Investments in Debt and Equity Securities,

Flow Hedges nach SFAS 133 Accounting for Derivative Instruments and Hedging Activities. 714 715 716

717 718 719

170

Vgl. Regulation S-X (17 CFR Part 210) Rule 5-03, Footnote 2. Vgl. Kuhlewind (2000), S. 294 m. w. N. SFAS 130 sieht keine bestimmte Bezeichnung für den Abschlussbestandteil zur Darstellung des comprehensive income vor. Vgl. FASB, SFAC No. 5, Par. 39; SFAC No. 6, Par. 70. Vgl. FASB, SFAS 130.8ff. Vgl. KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft (2003), S. 155.

Da das comprehensive income sowohl das Periodenergebnis laut der Gewinn- und Verlustrechnung als auch die im other comprehensive income erfolgsneutral berücksichtigten Erträge und Aufwendungen beinhaltet, besteht die Gefahr einer Doppelerfassung.720 So werden z. B. unrealisierte Gewinne aus available-for-sale-Wertpapieren, die in Vorperioden erfolgsneutral im other comprehensive income erfasst wurden, bei ihrer Realisation in die Gewinn- und Verlustrechnung übernommen und somit ein zweites Mal (als Bestandteil des net income) im comprehensive income berücksichtigt.721 Um derartige Doppelerfassungen zu vermeiden, sind nach SFAS 130.18 Korrekturbuchungen im other comprehensive income vorgesehen. Sofern einer der oben aufgeführten Sachverhalte in den Folgejahren gemäß den Bestimmungen der einschlägigen Standards zu einer erfolgswirksamen Erfassung in der Gewinn- und Verlustrechnung führt, ist eine Kürzung des other comprehensive income um den entsprechenden Betrag vorzunehmen.722 Derartige Kürzungen werden im SFAS 130.18 als reclassification adjustments bezeichnet. Reclassification adjustments sind nach SFAS 130.20 für jeden Bestandteil des other comprehensive income723 in der Darstellung des comprehensive income oder im Anhang anzugeben.

4.1.4.1.2

Präsentationsformate

Laut SFAS 130 sind das comprehensive income und seine Bestandteile im Rahmen eines Abschlussbestandteils auszuweisen. Dieser ist nach SFAS 130.66 mit der gleichen Prominenz darzustellen wie die übrigen Abschlussbestandteile Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung sowie Kapitalflussrechnung. SFAS 130 schreibt kein bestimmtes Berichtsformat vor.724 Der Standard fordert lediglich, dass die Darstellung den Gesamtbetrag des comprehensive income725, das Ergebnis laut der 720 721 722 723

724 725

Vgl. Gerbaulet (1999), S 67. Vgl. Gerbaulet (1999), S. 67 f. Vgl. FASB, SFAS 130.18; KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft (2003), S. 155. Minimum pension liability adjustments sind von dieser Pflichtangabe ausgenommen, vgl. FASB, SFAS 130.19. Im SFAS 130.91 wird als Begründung hierfür lediglich ausgeführt, dass „The Board concluded that […] is not practicable for an enterprise to calculate reclassification adjustments for minimum pension liability adjustments.” Zu vermuten ist, dass der FASB aufgrund der Zurechnungsproblematik in Zusammenhang mit den unrecognized actuarial losses nach SFAS 87 vom verpflichtenden Bruttoausweis der recycling-Beiträge für diesen Posten abgesehen hat. Zur Berechnung der minimum pension liability und minimum pension liability adjustments vgl. KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft (2003), S. 114 f. Vgl. FASB, SFAS 130.22. Vgl. FASB, SFAS 130.14.

171

Gewinn- und Verlustrechnung726 sowie die Darstellung des other comprehensive income und seiner Komponenten beinhalten muss.727 Zudem verweist SFAS 130.22 auf die im Anhang zum SFAS 130 beispielhaft aufgeführten Präsentationsformate. Nach der Darstellung im SFAS 130, Appendix B stehen den Unternehmen grundsätzlich drei unterschiedliche Ausweisformen zur Verfügung: Ausweis nach dem one-statement approach, nach dem twostatement approach und nach dem statement of changes in equity approach.

Beim one-statement approach wird die traditionelle Gewinn- und Verlustrechnung um den Ausweis des other comprehensive income und seiner Bestandteile erweitert. Das net income bildet dabei eine Zwischensumme im Rahmen dieser Aufstellung (vgl. Abbildung 13).

Beim two-statement approach wird das herkömmliche income statement unverändert beibehalten und zusätzlich ein statement of comprehensive income erstellt. Dieses nimmt als Ausgangspunkt das im Rahmen der Gewinn- und Verlustrechnung errechnete Ergebnis (net income) und führt anschließend die Bestandteile und die Gesamtsumme des other comprehensive income auf (vgl. Abbildung 14). Bei dieser Vorgehensweise werden zwei getrennte Jahresabschlussbestandteile erstellt. Die dritte Ausweismöglichkeit728 stellt ein statement of changes in equity dar. Dieses als Eigenkapitalveränderungsrechnung konzipierte Ausweisformat zeigt die Veränderung sämtlicher Eigenkapitalpositionen. Der Ausweis in Form einer derartigen Eigenkapitalveränderungsrechnung beinhaltet somit Informationen über das Ergebnis der Gewinn- und Verlustrechnung, über sämtliche Positionen des other comprehensive income sowie die Informationen des statement of retained earnings (vgl. Abbildung 15). Die Darstellung des comprehensive income mittels eines statement of changes in equity hat nach Bestimmungen des SFAS 130.65 ebenfalls als ein gesonderter Jahresabschlussbestandteil zu erfolgen. Laut dieser Regelung ist die Darstellung im Anhang unzulässig.

726 727 728

172

Vgl. FASB, SFAS 130.22. Vgl. FASB, SFAS 130.14. Der Appendix B zum SFAS 130 beinhaltet zwei Darstellungsalternativen für ein statement of changes in equity, eine in Tabellenform (Alternative 1) und eine in Staffelform (Alternative 2). Konzeptionelle Unterschiede zwischen beiden Darstellungsalternativen gibt es nicht, deshalb wird hier zusammenfassend auf das statement of changes in equity approach als eine der drei grundlegenden Darstellungsalternativen Bezug genommen.

Abbildung 13: Beispiel eines Präsentationsformats nach dem one-statement approach

Statement of Income and Comprehensive Income Revenues Expenses Other gains and losses Gain on sale of securities Income from operations before tax Income tax expense Income before extraordinary item and cumulative effect of accounting change Extraordinary item, net of tax Income before cumulative effect of accounting change Cumulative effect of accounting change, net of tax Net income Other comprehensive income, net of tax: Foreign currency translation adjustments Unrealized gains on securities: Unrealized holding gains on securities arising during period Less: reclassification adjustment for gains included in net income Minimum pension liability adjustment Other comprehensive income Comprehensive income

XX (XX) XX XX XX (XX) XX (XX) XX (XX) XX XX XX

XX (XX) (XX) XX XX

Quelle: In Anlehnung an FASB, SFAS 130, Appendix B, Format A.

173

Abbildung 14: Beispiel eines Präsentationsformats nach dem two-statement approach

Statement of Income Revenues Expenses Other gains and losses Gain on sale of securities Income from operations before tax Income tax expense Income before extraordinary item and cumulative effect of accounting change Extraordinary item, net of tax Income before cumulative effect of accounting change Cumulative effect of accounting change, net of tax Net income

XX (XX) XX XX XX (XX) XX (XX) XX (XX) XX

Statement of Comprehensive Income Net income Other comprehensive income, net of tax: Foreign currency translation adjustments Unrealized holding gains on securities arising during period Less: reclassification adjustment for gains included in net income Minimum pension liability adjustment Other comprehensive income Comprehensive income

XX XX XX XX (XX) (XX) XX XX

Quelle: In Anlehnung an FASB, SFAS 130, Appendix B, Format B.

174

Abbildung 15: Beispiel eines Präsentationsformats nach dem statement of changes in equity approach

Total

Beginning balance Comprehensive income Net income Other comprehensive income, net of tax Unrealized gains on securities Foreign currency translation adjustments Minimum pension liability adjustment Other comprehensive income Comprehensive income Common stock issued Dividends declared on common stock Ending balance

Compr. Income

XXX

XX

XX

XX

XX

XX

XX

(XX)

(XX)

Retained Accumulated Common Earnings Other Compr. Stock Income XX XX XX

Paid-in Capital XXX

XX

XX

XX

XX XX (XX)

(XX)

XXX

XXX

XXX

XX

XXX

XXX

XXX

Quelle: In Anlehnung an SFAS 130, Appendix B, Format C (Alternative 1729).

729

Der Appendix B zum SFAS 130 führt auch ein Beispiel für eine weitere Darstellungsalternative im Rahmen des statement of changes in equity approach (Alternative 2) an, bei der die Darstellung in Staffelform erfolgt. Sie wird hier nicht wiedergegeben.

175

Obwohl nach SFAS 130 alle drei Ausweisformen zulässig sind, hat der FASB im SFAS 130.23 deutlich gemacht, dass er die Darstellung des comprehensive income mittels des one-statement approach oder two-statement approach befürwortet. Die Darstellung des comprehensive income im Rahmen eines statement of changes in equity war im Standardentwurf zum SFAS 130 nicht vorgesehen. Der FASB reagierte mit der Einführung dieser Ausweismöglichkeit auf die überwiegend ablehnenden Kommentare der im Standardentwurf vorgeschlagenen Darstellung des comprehensive income mittels eines „Statement of Financial Performance“ durch one-statement oder two-statement approach.730 Die Kommentatoren haben Bedenken geäußert, dass die Darstellung von zwei Gewinngrößen (net income und comprehensive income) die Verwirrung unter den Jahresabschlussnutzern hinsichtlich der maßgeblichen performance-Größe auslösen könnte.731 Durch die Einführung einer dritten Ausweismöglichkeit in Form von statement of changes in equity sollte diesen Bedenken Rechnung getragen werden.

730 731

176

Vgl. Gerbaulet (1999), S. 65. Vgl. FASB, SFAS 130.60.

4.2

Darstellung der Ergebnisrechnung nach den Vorschriften des ASB und des Companies Act

4.2.1

Relevante Regelungen: Überblick und Entwicklung

Kraft der EU-Verordnung haben die kapitalmarktorientierten Unternehmen in Großbritannien ihre Konzernabschlüsse für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1.1.2005 beginnen, in Übereinstimmung mit den IFRS zu erstellen. Darüber hinaus hat der britische Gesetzgeber sämtliche in der EU-Verordnung vorgesehenen Optionen auf Wahlrechte zur IFRSBilanzierung in die Unternehmenswahlrechte umgesetzt.732 Der Geltungsbereich der britischen General Accepted Accounting Principles (UK-GAAP)733, die vor dem Inkrafttreten der IAS-Verordnung für alle britischen Unternehmen galten, wird infolge dieser Maßnahmen erheblich schrumpfen. Die bisherigen nationalen britischen Regelungen zum Erfolgsausweis stellen jedoch eine wertvolle Quelle im Hinblick auf die Erörterung alternativer Möglichkeiten des Erfolgsausweises dar. Sie werden daher in diesem Hauptabschnitt dargestellt und analysiert.

Im Rahmen der bisherigen UK-GAAP sind die Bestimmungen zum Erfolgsausweis im Wesentlichen im Companies Act 1985 (geändert 1989) und im FRS 3 Reporting Financial Performance verankert.

Die gesetzliche Grundlage des britischen Handelrechts bilden traditionell Companies Acts. Mit der Umsetzung der EU-Richtlinien wurde in Großbritannien die bis dahin wenig detaillierte und unübersichtliche gesetzliche Normierung ausgedehnt und systematisiert.734 Mit dem Companies Act 1980 wurde die 2. EU-Richtlinie, mit dem Companies Act 1981 die 4. EURichtlinie in nationales Recht umgesetzt. Mit der Transformation der 4. EU-Richtlinie wurden in das britische Handelsrecht u. a. Formate für den formalen Aufbau der Gewinn- und Verlustrechnung eingeführt. Die Handelsgesetzbücher aus den Jahren 1948 bis 1981 wurden anschließend im Companies Act 1985 (CA 1985) zusammengefasst, welcher daher als „basic act“ bezeichnet wurde. Mit dem Companies Act 1989 (CA 1989) wurden die 7. und die

732

733

734

Zur Umsetzung der EU-Verordnung vgl. http://europa.eu.int/comm/internal_market/accounting/ docs/ias/ias-use-of-options_en.pdf (Stand: 15.15.2006). Zur Abgrenzung und den Inhalten des Begriffes „UK-GAAP“ vgl. Student’s Manual of Accounting (1999), S. 2001 ff. Zu Ausführungen in diesem Absatz vgl. Köhler/Rotter (1994), S. 376.

177

8. EU-Richtlinie in nationales Recht transformiert und die Regelungen des CA 1985 entsprechend geändert.

Die gesetzlichen Bilanzierungsvorschriften des CA 1985 (geändert 1989) blieben in vielen Fällen wenig detailliert.735 Dieser relativ unpräzise gesetzliche Rahmen736 wurde in erster Linie durch die Standards des Accounting Standards Board (ASB) (Financial Reporting Standards, FRS) und die vom ASB übernommenen Standards des Vorgängergremiums Accounting Standards Committee (ASC) (Statements of Standard Accounting Practice, SSAP)737 ausgefüllt. Den Standards kam quasi Gesetzescharakter zu.738

Die Regelungen zur Ausgestaltung der Erfolgsrechnung wurden durch FRS 3 festgelegt. Sie ergänzten die im CA 1985 festgelegten Regelungen zu den Formaten der Gewinn- und Verlustrechnung. FRS 3 wurde 1992 verabschiedet und löste den bis dahin geltenden SSAP 6 Extraordinary Items and Prior Period Adjustments ab. Mit der Entwicklung des FRS 3 reagierte der ASB auf die von verschiedenen Seiten geäußerte Kritik an den Bestimmungen des SSAP 6. Kritisiert wurden vor allem die im SSAP 6 enthaltene unklare und manipulationsanfällige Abgrenzung zwischen gewöhnlichen und außergewöhnlichen Posten739 sowie die unzureichenden Vorschriften zur Darstellung der im Eigenkapital erfassten Erfolgsbestandteile.740

Zentral für die Konzeption des Standards FRS 3 war die Überlegung, dass die Erfolgslage von komplexen Organisationen nicht durch eine einzige Gewinnziffer hinreichend beschrieben werden kann.741 Der traditionellen Übergewichtung der bottom-line figure stellte der FRS 3 einen sog. information set approach gegenüber.742 Die grundlegende Eigenschaft des information set approach ist der umfassende und nach bestimmten Prinzipien desaggregierte Gewinnausweis. Die Entscheidung darüber, welche Komponenten des Erfolges in einer bestimmten Situation als wichtig zu erachten sind, soll dagegen dem Abschlussnutzer selbst

735 736 737

738 739

740 741 742

178

Vgl. Köhler/Rotter (1994), S. 379. Vgl. Köhler/Rotter (1994), S. 380. SSAPs wurden nachträglich vom ASB übernommen und erhielten dadurch den Status der Rechnungslegungsstandards im Sinne des CA 1985, vgl. Hopcroft (1995), S. 4. Vgl. Schedule 1 Par. 7 CA 1989. Diese Abgrenzung war insofern von großer praktischer Bedeutung, als eine der am weitesten verbreiteten performance-Kennzahlen „Gewinn pro Aktie“, unter Ausschluss von außergewöhnlichen Posten berechnet wurde. Vgl. Student's Manual of Accounting (1999), S. 7001 f.; Gerbaulet (1999), S. 108 ff. Vgl. Chopping/Carroll/Skerratt (2001), S. 127. Vgl. Schröer (1998), S. 160.

überlassen werden.743 Die generelle Zielsetzung des FRS 3 bestand dementsprechend darin, verschiedene Komponenten der financial performance eines Unternehmens so darzustellen, dass die Bilanzleser in die Lage versetzt werden, ihre eigene Analyse der Ertragslage aufzustellen und sich ein Urteil über diese zu bilden.744

Neben den Vorschriften zur desaggregierten Darstellung des Erfolges gemäß dem information set approach brachte FRS 3 weitere bedeutende Änderungen für den Erfolgsausweis. Zu den wichtigsten zählten u. a. die Ausweitung der Definition gewöhnlicher Posten, die zum weitgehenden Verschwinden von außerordentlichen Erträgen und Aufwendungen aus den Abschlüssen britischer Unternehmen führte, sowie die Einführung eines neuen obligatorischen Jahresabschlussbestandteils zur umfassenden Darstellung sämtlicher Erfolgskomponenten.

4.2.2

Bestandteile des Jahresabschlusses

Nach dem Rahmenkonzept des ASB bilden folgende Aufstellungen die primary statements im Rahmen des Jahresabschlusses:745

x

Statement(s) of financial performance, z. B. die Gewinn- und Verlustrechnung (profit and loss account) und das statement of total recognised gains and losses,

x

Bilanz (balance sheet),

x

Kapitalflussrechnung (cash flow statement).

Neben den primary statements stellt der Anhang (notes), der die Informationen in den primary statements ergänzt und erläutert, einen integralen Bestandteil des Jahresabschlusses dar.746

Unmittelbar die Erträge und Aufwendungen ausweisende Abschlussbestandteile sind die Gewinn- und Verlustrechnung und das statement of total recognised gains and losses. Diese Abschlussbestandteile zeigen in aggregierter, quantitativer Form sämtliche Erträge und Aufwen-

743 744 745 746

Vgl. Schröer (1998), S. 160 m. w. N. Vgl. ASB, FRS 3.1. Vgl. ASB, SP, Par. 7.3. Vgl. ASB, SP, Par. 7.3.

179

dungen der Periode. Die folgenden Ausführungen konzentrieren sich auf diese beiden unmittelbar erfolgsausweisenden Abschlussbestandteile.

4.2.3 4.2.3.1 4.2.3.1.1

Gewinn- und Verlustrechnung (Profit and Loss Account) Präsentationsformate der Gewinn- und Verlustrechnung Rahmenregelung des Companies Act 1985/1989

Der britische Gesetzgeber hat alle nach der 4. EU-Richtlinie möglichen Formate zur Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung übernommen und das Mitgliedstaatenwahlrecht als Unternehmenswahlrecht weitergegeben.747 Britische Unternehmen konnten sich für eines der vier möglichen Formate entscheiden: das Umsatzkostenverfahren in Staffel- oder Kontoform und das Gesamtkostenverfahren in Staffel- oder Kontoform. I. d. R. wurde das Umsatzkostenverfahren in Staffelform angewandt.748 Die Abbildung 16 zeigt dieses in der Praxis gebräuchlichste Gliederungsformat (Format 1, entsprechend Schedule 4 CA 1985, Umsatzkostenverfahren in Staffelform).749

Nach den Regelungen der CA 1985, Schedule 4 Par. 2, ist das gewählte Gliederungsschema in den Folgejahren beizubehalten, es sei denn, besondere Gründe sprechen für den Wechsel des Formats. In diesen Fällen müssen die Details der Änderungen im Anhang offen gelegt und die Gründe für dieses Vorgehen erläutert werden.750

747 748 749

750

180

Vgl. Köhler/Rotter (1994), S. 412; Castan (1993), S. 193. Vgl. Riese (1990), S. 111. Das Format 2 nach Schedule 4 CA 1985 entspricht dem Gesamtkostenverfahren in Staffelform, die Formate 3 und 4 dem Umsatzkostenverfahren und dem Gesamtkostenverfahren in Kontoform. Diese Formate werden hier nicht abgebildet. Vgl. Schedule 4 Par. 2 CA 1985.

Abbildung 16: Format 1 der Gewinn- und Verlustrechnung nach CA 1985, Schedule 4 (geändert durch CA 1989)

Format 1 1

Turnover

2

Cost of sales

3

Gross profit or loss

4

Distribution costs

5

Administrative expenses

6

Other operating income Operating profit*

7

Income from shares in group undertakings

8

Income from participating interests (parent company accounts only)

8.

Income from interests in associated undertakings (group accounts only)

8.

Income from other participating interests (group accounts only)

9

Income from other fixed asset investments

10 Other interest receivable and similar income 11 Amounts written off investments 12 Interest payable and similar charges Profit or loss on ordinary activities before taxation 13 Tax on profit or loss on ordinary activities 14 Profit or loss on ordinary activities after taxation Minority interests** 15 Extraordinary income 16 Extraordinary charges 17 Extraordinary profit or loss 18 Tax on extraordinary profit or loss Minority interests** 19 Other taxes not shown under the above items 20 Profit or loss for the financial year

Legende: * Eingeführt durch FRS 3. ** Diese Posten sind wie die mit arabischen Zahlen versehenen Posten zu behandeln. Quelle: In Anlehnung an Companies Acts 1985 und 1989 (1996), S. 319.

181

Die in den Wahlformaten vorgegebene Reihenfolge und die Bezeichnung der Posten sind nach den Bestimmungen des Schedule 4 Par. 1 CA 1985 grundsätzlich beizubehalten. Dieser allgemeine Grundsatz wird im CA 1985, Schedule 4 Par. 3, relativiert: Es wird den Unternehmen gestattet, von den festgelegten Formaten abzuweichen, und zwar sowohl zum Zwecke der feineren Aufgliederung als auch einer vereinfachten, die Positionen mit arabischen Ziffern zusammenfassenden Darstellung, bei der allerdings eine Aufgliederung im Anhang erfolgen muss.751 Die Zusammenfassung von mit arabischen Ziffern versehenen Posten ist dann erlaubt, wenn die einzelnen Beträge nicht wesentlich sind oder wenn die zusammengefasste Darstellung einen besseren Einblick in die Ertragslage gewährleistet.752 Auch Änderungen der Postenbezeichnungen sind nach den Regelungen des Schedule 4 Par. 3 CA 1985 erlaubt, wenn die Besonderheiten des Geschäftes dies erfordern. Die Saldierung von Aufwands- und Ertragspositionen ist laut Schedule 4 Par. 5 CA 1985 grundsätzlich nicht gestattet.

4.2.3.1.2

Ergänzende Regelung des FRS 3

Der FRS 3 schreibt weitere obligatorische Posten der Gewinn- und Verlustrechnung sowie eine weitere Untergliederung der Positionen vor. Unabhängig vom gewählten Format sind nach FRS 3.14 alle Positionen beginnend mit Umsatz (turnover) und bis hin zum Betriebsergebnis (operating profit) in Ergebnisse fortbestehender Geschäftsbereiche (continuing operations) und Ergebnisse aufgegebener Geschäftsbereiche (discontinued operations) zu untergliedern.753

Akquisitionen (acquisitions) müssen dabei separat als Bestandteil der fortbestehenden Geschäftsbereiche ausgewiesen werden. Die Untergliederung muss für die Positionen Umsatz und Betriebsergebnis direkt in der Gewinn- und Verlustrechnung erfolgen. Die entsprechende Untergliederung anderer gesetzlich vorgeschriebener Posten zwischen dem Umsatz und dem Betriebsergebnis kann laut FRS 3.14 in der Gewinn- und Verlustrechnung oder im Anhang vorgenommen werden.

751 752

753

182

Vgl. Schedule 4 Par. 3 CA 1985; vgl. auch Köhler/Rotter (1994), S. 412. Vgl. Schedule 4 Par. 3 CA 1985. Ein abweichendes Format ist zwingend vorgeschrieben, wenn die spezielle Natur des Geschäftszweiges es erfordert, vgl. Schedule 4 Par. 3 CA 1985. Die Untergliederung der Posten nach dem Betriebsergebnis wird nicht gefordert, sie darf aber vorgenommen werden. Aufgrund der Subjektivität einer solchen Allokation muss das bilanzierende Unternehmen in diesem Fall die Methode und die Annahmen der Allokation offen legen, vgl. ASB, FRS 3.14.

Der obligatorisch auszuweisende Posten „Betriebsergebnis“ ist in den Formaten des CA 1985/1989 nicht vorgesehen und wurde erst durch FRS 3 eingeführt. Für Unternehmen, die nicht dem Finanzsektor angehören, stellt das Betriebsergebnis nach FRS 3.14 die Zwischensumme vor den Erträgen aus Beteiligungen an verbundenen Unternehmen (profit before income from shares in group undertakings) dar.754 Außerdem sind nach FRS 3.20 folgende außergewöhnliche Posten (exceptional items)755 nach dem Betriebsergebnis und vor Zinsen obligatorisch auszuweisen und fortbestehenden oder aufgebenen Bereichen zuzuordnen:

x

Gewinn oder Verlust aus dem Verkauf oder der Liquidation eines Geschäftsbereichs (profits or losses on the sale or termination of an operation),

x

Aufwendungen für die grundlegende Reorganisation oder Restrukturierung (costs of a fundamental reorganisation or restructuring),

x

Gewinne oder Verluste aus dem Verkauf von Sachanlagen (profits or losses on the disposal of fixed assets).

Zusätzlich ist bei diesen Posten zwischen laufenden und eingestellten Aktivitäten zu unterscheiden.

Außer den genannten drei Positionen sind alle anderen außergewöhnlichen Posten gemäß FRS 3.19 unter den Gliederungspunkten auszuweisen, zu denen sie gehören, und ebenfalls fortbestehenden oder aufgegebenen Bereichen zuzuordnen. Der Betrag jedes außergewöhnlichen Postens oder der Summe der ähnlichen außergewöhnlichen Posten ist offen zu legen, im Anhang oder direkt in der Gewinn- und Verlustrechnung, je nachdem, welche Darstellung zur Wahrung des true and fair view notwendig erscheint.756 Die Bezeichnung jedes außergewöhnlichen Postens muss laut FRS 3.19 so gewählt werden, dass sie die Beschaffenheit dieses Postens verständlich umschreibt.

754

755 756

In einem Konzernabschluss würde das Betriebsergebnis eine Zwischensumme vor der Position income from interests in associated undertakings bilden, vgl. Student’s Manual of Accounting (1999), Par. 7.16. Der ASB räumt ein, dass in bestimmten Fällen Ergebnisse aus Beteiligungen als ein Bestandteil des Betriebsergebnisses betrachtet werden können, vgl. ASB, FRS 3.39. Zum Begriff der außergewöhnlichen Posten nach FRS 3 vgl. Abschnitt 4.2.3.2. Vgl. ASB, FRS 3.19.

183

Abbildung 17: Beispiel der Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung nach dem CA 1985 und FRS 3 (Fortsetzung siehe folgende Seite) Turnover757 Continuing operations Acquisitions

Discontinued operations

X X X X X (X) X

Cost of sales Gross profit Distribution costs Administrative expenses Other operating income Net operating expenses Operating profit Continued operations Acquisitions

Discontinued operations

X X X (X)

X X X X X (X) (X) X (X)

Loss on the termination of an operation Costs of a fundamental reorganisation Profit on the disposal of fixed assets

Income from shares in group undertakings Income from participating interests Income from other fixed asset investments Other interest receivable and similar income Amounts written off investments Interest payable and similar charges

X X X X (X) (X) X

757

758

184

Profit or loss on ordinary activities before taxation Tax on profit or loss on ordinary activities Profit or loss on ordinary activities after taxation

X (X) X

(Extraordinary items)758

--

Profit or loss for the financial year Dividends

X

Die durch Fettdruck hervorgehobenen Positionen stellen die Posten dar, die zwingend in der Gewinn- und Verlustrechnung anzugeben sind. Wegen einer umfassenden Definition des gewöhnlichen Ergebnisses im FRS 3 ist ein Ausweis von Erträgen und Aufwendungen als außerordentlicher Posten kaum mehr möglich (vgl. hierzu die Ausführungen im nachfolgenden Abschnitt).

Abbildung 17: Beispiel der Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung nach dem CA 1985 und FRS 3 (Fortsetzung).

Retained profit for the financial year Earnings per share Adjustments Adjusted earnings per share

Quelle: In Anlehnung an FRS 3, Illustrative Examples, Profit and Loss Account Example 1.759

Außerdem sind außerordentliche Posten (extraordinary items) separat in der Gewinn- und Verlustrechnung zu zeigen. Zu den extraordinary items zählen nach FRS 3.6 Posten, die außerhalb der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit des Unternehmens anfallen, durch ein hohes Maß an Abnormität gekennzeichnet sind und sich üblicherweise nicht wiederholen.760 Sie sind gemäß den Bestimmungen des FRS 3.22 nach dem Ergebnis der gewöhnlichen Tätigkeit nach Steuern (profit or loss on ordinary activities after taxation) und im konsolidierten Abschluss nach dem Abzug von Minderheitsanteilen in der Gewinn- und Verlustrechnung auszuweisen.

Die Abbildung 17 zeigt ein Beispiel der Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Format 1 (Umsatzkostenverfahren in Staffelform) des CA 1985, erweitert durch die nach dem FRS 3 erforderlichen Angaben. Die durch Fettdruck hervorgehobenen Positionen stellen die Posten dar, die zwingend in der Gewinn- und Verlustrechnung anzugeben sind und nicht in den Anhang verlagert werden dürfen.

Der Abbildung kann entnommen werden, dass sich aus der Gesamtheit der Regelungen des CA 1985/1989 und des FRS 3 ein relativ detailliertes verbindliches Mindestgliederungsschema für die Gewinn- und Verlustrechnung ergibt.

759

760

Der separate Ausweis von Ergebnissen der fortbestehenden und der aufgegebenen Geschäftsbereiche kann auch in Form von Spaltenangaben vorgenommen werden, vgl. FRS 3, Illustrative Examples, Profit and Loss Account Example 2. Zu den außerordentlichen Posten nach FRS 3 und deren Abgrenzung von den außergewöhnlichen Posten vgl. weiterführend Abschnitt 4.2.3.2.

185

4.2.3.2

Erfolgsspaltungskonzept der Gewinn- und Verlustrechnung

Die obigen Ausführungen zur Gliederungstiefe der Gewinn- und Verlustrechnung nach FRS 3 zeigen, dass der britischen Gewinn- und Verlustrechnung ein relativ differenziertes Erfolgsspaltungskonzept zugrunde liegt. Insbesondere erfordert der FRS 3 einen getrennten Ausweis von:

x

Ergebnissen der fortbestehenden Geschäftsbereiche und Ergebnisse aufgegebener Geschäftsbereiche (continuing operations und discontinued operations),

x

außergewöhnlichen Posten (exceptional items),

x

außerordentlichen Posten (extraordinary items).

FRS 3 spricht in diesem Zusammenhang von einem „layered format“ (vgl. Abbildung 18), das dazu bestimmt ist, einige Komponenten der financial performance hervorzuheben.761 Die Abgrenzung und der Ausweis der genannten Erfolgskomponenten soll im Folgenden erläutert werden. Ein Geschäft ist nach FRS 3 im Wesentlichen dann als aufgegeben (discontinued) zu betrachten, wenn die Stilllegung oder der Verkauf in der Berichtsperiode stattgefunden hat und die Beendigung der Tätigkeit unwiderruflich ist.762 Darüber hinaus muss noch eine Reihe von weiteren Anforderungen erfüllt sein.763 U. a. müssen sich die den discontinued operations zuzurechnenden Vermögenswerte, Schulden, Ergebnisse und Tätigkeiten klar abgrenzen lassen.764

Nach FRS 3.14 muss die Unterscheidung in Ergebnisse der fortbestehenden Geschäftsbereiche und der aufgegebenen Geschäftsbereiche für die Posten vom Umsatz bis zum Betriebsergebnis vorgenommen werden. Eine Untergliederung von Posten nach dem Betriebsergebnis, insbesondere eine Untergliederung der Zinsen, würde laut FRS 3.40 eine subjektive Allokation erfordern, und wird daher nicht gefordert.

761 762

763 764

186

Vgl. ASB, FRS 3, Summary, Par. b. Vgl. ASB, FRS 3.4. Vgl. auch ASB (2000), FRED 22 Appendix IV, Par. 55 zu den zentralen Abgrenzungskriterien der discontinued operations nach FRS 3. Vgl. hierzu ASB, FRS 3.4. Vgl. ASB, FRS 3.4(d).

Abbildung 18: Das „layered format“ des FRS 3

Continuing

Discontinued

Normal Operations

Normal Operations

Specified exceptional items

Specified exceptional items

Extraordinary items – being unusual items outside ordinary activities

Quelle: In Ahnlehnung an die Darstellung in FRS 3, Summary, Par. b.

Des Weiteren fordert der Standard den getrennten Ausweis von außergewöhnlichen Posten. Diese dürfen aber nach FRS 3.19 nicht zusammengefasst unter einer Überschrift, wie etwa „exceptional items“, in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesen werden, sondern sind unter den Posten, zu denen sie inhaltlich gehören, darzustellen. Der FRS 3.20 fordert aber für drei spezifizierte Kategorien der außergewöhnlichen Posten765 einen separaten Ausweis nach dem Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit und vor Zinsen.

FRS 3.5 definiert außergewöhnliche Posten als wesentliche Positionen, die der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit des Unternehmens zuzuordnen sind, aber aufgrund ihrer Größe oder Seltenheit zur Wahrung des true and fair view-Prinzips gesondert ausgewiesen werden müssen.

Zu unterscheiden sind hiervon die außerordentlichen Posten (extraordinary items), für die FRS 3 ebenfalls einen gesonderten Ausweis vorsieht. Als außerordentlich gelten nach FRS 3.6 die Posten, die außerhalb der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit des Unternehmens anfallen, durch ein hohes Maß an Abnormität gekennzeichnet sind und sich üblicherweise nicht wie-

765

Vgl. den Abschnitt 4.2.3.1.2.

187

derholen. Bei der Unterscheidung von außergewöhnlichen und außerordentlichen Posten kommt es vor allem auf die Abgrenzung der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit an. FRS 3 hat eine sehr breite Definition der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit festgelegt, so dass sie praktisch jede erdenkliche Aktivität oder jedes Ereignis im Leben eines Unternehmens einschließt.766 Einschlägige Kommentierungen unterstreichen, dass sogar Ereignisse wie Kriege, Naturkatastrophen oder fundamentale Änderungen des Besteuerungssystems nach FRS 3 nicht mehr als außerordentliche, sondern lediglich als außergewöhnliche Ereignisse zu klassifizieren sind.767 Der ASB stellt in FRS 3.48 fest, dass aufgrund der großen Seltenheit von extraordinary items der Board keine Beispiele für solche Posten bereitstellen konnte. Die formal nicht verbotene Kategorie von außerordentlichen Posten768 wurde somit durch FRS 3 de facto aufgehoben.769

Neben den geschilderten explizit abgegrenzten Kategorien der Erfolgskomponenten lässt das Gliederungsschema der britischen Gewinn- und Verlustrechnung die Erfolgsspaltung in Betriebs- und Finanzergebnis erkennen. Das Betriebsergebnis ist, wie bereits erläutert, im FRS 3 definiert und als eine Zwischensumme direkt in der Gewinn- und Verlustrechnung auszuweisen. Eine Zwischensumme „Finanzergebnis“ ist in der Gliederung nach CA 1985/1989 und des FRS 3 nicht vorgesehen. Die Positionen zwischen dem Betriebsergebnis (operating profit) nach Berücksichtigung von separat auszuweisenden außergewöhnlichen Posten und dem Ergebnis der gewöhnlichen Tätigkeit vor Steuern (profit or loss on ordinary activities before taxation) lassen sich jedoch ihrem Inhalt nach dem Finanzergebnis zuordnen (vgl. Abbildung 17).770 Das Finanzergebnis würde sich hiernach aus folgenden Positionen zusammensetzen:771

x

Erträge aus Anteilen an verbundenen Unternehmen (income from shares in group undertakings),

x

Erträge aus Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht (income from participating interests), Erträge aus anderen Finanzanlagen (income from other fixed asset investments),

x

Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge (other interest receivable and similar income),

766

x

767 768

769 770 771

188

Vgl. ASB, FRS 3.2. Vgl. z. B. Student's Manual of Accounting (1999), Par. 7.82. Der ASB hat formal die Kategorie der außerordentlichen Posten beibehalten, weil diese nach den gesetzlichen Anforderungen des CA 1985/1989 vorgesehen ist. Vgl. Wild/Creighton/Deloitte & Touche Technical Departement (2000), Par. 9.84. So auch Köhler/Rotter (1994), S. 415 f. Vgl. Köhler/Rotter (1994), S. 415 f. Diese Positionen entsprechen den Positionen Nr. 7 bis 12 des Format 1 (vgl. Abbildung 16).

x

Abschreibungen auf Finanzwerte (amounts written off investments),

x

Zinsen und ähnliche Aufwendungen (interest payable and similar charges).

Die Auflistung zeigt, dass in ein derart abgegrenztes Finanzergebnis sowohl Aufwendungen für die Kapitalbeschaffung als auch Erträge aus der Kapitalanlage einfließen.

4.2.4

Statement of Total Recognised Gains and Losses

Nach Ansicht des ASB vermittelt die Gewinn- und Verlustrechnung allein kein vollständiges Bild der Ertragslage, da bestimmte Erträge und Aufwendungen im Einklang mit den bestehenden Rechnungslegungsstandards oder gesetzlichen Normen direkt im Eigenkapital erfasst werden.772 Diese erfolgsneutral erfassten Erfolgskomponenten stellen jedoch laut FRS 3.56 einen integralen Bestandteil der financial performance eines Unternehmens dar und müssen bei der Beurteilung der Ertragslage berücksichtigt werden. Daher führte FRS 3 ein neues Jahresabschlusselement, das statement of total recognised gains and losses ein. Das statement of total recognised gains and losses soll sämtliche Erträge und Aufwendungen der Periode widerspiegeln und umfasst neben dem Periodenergebnis laut Gewinn- und Verlustrechnung die direkt im Eigenkapital berücksichtigten Erfolgselemente. Dieser Abschlussbestandteil stellt somit eine Überleitung vom Periodenergebnis laut der Gewinn- und Verlustrechnung zum comprehensive income dar. Zu den nach den britischen Regelungen direkt im Eigenkapital zu erfassenden Erfolgsbestandteilen gehören im Wesentlichen:

x

Gewinne und Verluste aus der Fremdwährungsumrechnung von Auslandsbeteiligungen gemäß SSAP 20 Foreign Currency Translation,

x

Gewinne und Verluste aus der Neubewertung von Anlageimmobilien gemäß SSAP 19 Accounting for Investment Properties,

x

Gewinne und Verluste aus der Neubewertung von Gegenständen des Sachanlagevermögens gemäß dem FRS 15 Tangible Fixed Assets,

x

Versicherungsmathematische Gewinne und Verluste gemäß dem FRS 17 Retirement Benefits.

772

Vgl. ASB, FRS 3.56. Zu weiteren Ausführungen in diesem Abschnitt vgl. auch Gerbaulet, S. 115 ff.

189

FRS 3.13 unterstreicht, dass Erträge und Aufwendungen nur dann außerhalb der Gewinn- und Verlustrechnung im Eigenkapital erfasst werden dürfen, wenn Rechnungslegungsstandards oder das Gesetz dies erlauben oder vorschreiben. Sie sind dann im statement of total recognised gains and losses zu berücksichtigen. Nicht Bestandteil dieses Jahresabschlusselements sind dagegen Eigenkapitalveränderungen, die auf Transaktionen mit Anteilseignern zurückgehen.773 Dem statement of total recognised gains and losses kommt wie auch der Bilanz, der Gewinn- und Verlustrechnung und der Kapitalflussrechnung der Status eines primary statement zu, welches an hervorgehobener Stelle im Jahresabschluss zu präsentieren ist.774

FRS 3 gibt kein verbindliches Schema für die Struktur des statement of total recognised gains and losses vor. Der Standard enthält lediglich ein Beispiel für einen möglichen Aufbau dieses Jahresabschlusselements (vgl. Abbildung 19). FRS 3 enthält auch keine Regelungen zur Verrechnung von Erträgen und Aufwendungen innerhalb des statement of total recognised gains and losses.

Abbildung 19: Beispiel eines Präsentationsformats für das statement of total recognised gains and losses nach FRS 3

Profit for the financial year

X

Unrealised surplus on revaluation of properties

X

Unrealised loss/gain on trade investment

X X

Currency translation differences on foreign currency net investments

X

Total recognised gains and losses relating to the year

X

Quelle: In Anlehnung an ASB, FRS 3, Illustrative Examples, statement of total recognised gains and losses.

773

774

190

Sie werden in der Aufstellung reconciliation of movements in shareholders’ funds erfasst, vgl. Abschnitt 4.2.5. Vgl. ASB, FRS 3.27.

Neben der Einführung des statement of total recognised gains and losses stellte das Verbot des recycling eine weitere, durch FRS 3 eingeführte fundamentale Änderung gegenüber der bisherigen Rechnungslegungsübung dar.775 Demnach dürfen die einmal im statement of total recognised gains and losses ausgewiesenen Gewinne oder Verluste nicht mehr – auch nicht bei ihrer Realisierung – in diesem Abschlussbestandteil erfasst werden.776 Wird z. B. ein zuvor neu bewerteter Gegenstand des Anlagevermögens, dessen Wertänderungen zuvor im Eigenkapital und somit im statement of total recognised gains and losses erfasst wurden, veräußert, so dürfen die nun realisierten Wertänderungen nicht über die Gewinn- und Verlustrechnung ein weiteres Mal in das statement of total recognised gains and losses eingehen.777 Erfolgswirksam wird lediglich der Gewinn oder Verlust aus der Veräußerung der Sachanlagen erfasst. Dieser errechnet sich als die Differenz aus dem erzielten Verkaufspreis und dem aktuellen Buchwert gemäß der zuvor durchgeführten Neubewertung.

4.2.5

Zusätzliche Aufstellungen und Pflichtangaben

Neben den Vorschriften zur Gewinn- und Verlustrechnung und zum statement of total recognised gains and losses beinhaltet FRS 3 Ausführungen zu weiteren Aufstellungen und Pflichtangaben.

Hierzu gehört eine reconciliation of movements in shareholders’ funds. Diese Aufstellung beinhaltet eine Überleitung der Eröffnungssalden einzelner Eigenkapitalpositionen zu deren Endsalden und soll einen Überblick über sämtliche Bewegungen des Eigenkapitals während der Periode geben.778 Der Standard führt in diesem Zusammenhang aus, dass neben dem profit and loss account und dem statement of total recognised gains and losses, welche die Performance des Unternehmens in der Periode darzustellen haben, weitere Änderungen der Eigenkapitalpositionen existieren, die für das Verständnis der financial position von Bedeutung sein können.779 Die Aufgabe der reconciliation of movements in shareholders’ funds besteht lauf FRS 3.59 darin, diese Änderungen zu beleuchten. Der Fokus der reconciliation of movements in shareholders’ funds liegt somit auf der Darstellung der eigentümerbezogenen 775 776 777 778 779

In diesem Sinne auch Schröer (1998), S. 159. Vgl. ASB, FRS 3.56; Schröer (1998), S. 159. Vgl. Gerbaulet (1999), S. 116 m. w. N. Vgl. ASB, FRS 3.28, 3.59. Vgl. ASB, FRS 3.59.

191

Änderungen des Eigenkapitals während der Berichtsperiode. Die reconciliation of movements in shareholders’ funds kann als primary statement oder auch im Anhang dargestellt werden. Wird die Aufstellung über Eigenkapitalbewegungen als primary statement im Abschluss dargestellt, so ist sie nach FRS 3.59 getrennt vom statement of total recognised gains and losses zu präsentieren.

Außerdem schreibt FRS 3 die Aufstellung einer note on historical cost profits and losses vor. Hierbei handelt es sich um eine modifizierte Darstellung der Gewinn- und Verlustrechnung unter Zugrundelegung der historischen Anschaffungskosten.780 Diese Aufstellung muss nach FRS 3.26 eine Überleitung vom berichteten Ergebnis der gewöhnlichen Tätigkeit vor Steuern zum entsprechenden Betrag unter Zugrundelegung der historischen Anschaffungskosten sowie die Angabe der einbehaltenen Gewinne für die Periode auf Basis der historischen Kosten beinhalten.781 Die note on historical cost profits and losses ist gemäß FRS 3.26 dann erforderlich, wenn wesentliche Unterschiede zwischen dem in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesenen Ergebnis und dem Ergebnis auf der Basis von Bewertungen mit historischen Anschaffungskosten bestehen. Diese Aufstellung ist unmittelbar im Anschluss an die Gewinnund Verlustrechnung oder an das statement of total recognised gains and losses zu präsentieren.782

FRS 3.54 beschreibt die note on historical cost profits and losses als ein gekürztes restatement der Gewinn- und Verlustrechnung, bei dem die in der Gewinn- und Verlustrechnung vorgenommenen Neubewertungen der Vermögenswerte durch entsprechende „adjustments“ eliminiert werden.783 Der Standard nennt zwei Beispiele für die Sachverhalte, für die Anpassungen vorzunehmen sind:784

x

Erträge und Aufwendungen, die bereits in den Vorperioden im statement of total recognised gains and losses erfasst und in der Berichtsperiode realisiert worden sind. Ein Beispiel hierfür ist die Differenz zwischen dem Gewinn aus dem Abgang eines Gegenstandes des Anlagevermögens, errechnet auf Basis der historischen Anschaf-

780 781 782

783 784

192

Vgl. Hopcroft (1995), S. 15; ASB, FRS 3, Summary, Tz. e. Vgl. ASB, FRS 3.26, 3.54 ff. Als einen Grund für dieses Erfordernis nennt der ASB Wahlrechte bei den Neubewertungen, die die Vergleichbarkeit der Abschlüsse beeinträchtigen. Außerdem soll die Aufstellung die realisierten und daher ausschüttbaren Ergebnisse aufzeigen. Vgl. FRS 3.55. Vgl. Hopcroft (1995), S. 15; ASB, FRS 3, Summary, Tz. e. Vgl. ASB, FRS 3.54.

fungskosten, und dem entsprechenden Gewinn, der unter Zugrundelegung der zuvor vorgenommenen Neubewertungen errechnet wurde.785 x

Die Differenz zwischen den Abschreibungen unter Zugrundelegung der historischen Anschaffungskosten und den Abschreibungen, die unter Zugrundelegung der Neubewertungen errechnet wurden.

Als einen Grund für das Erfordernis, eine note on historical cost profits and losses aufzustellen, nennt der ASB die Wahlrechte bei den Neubewertungen, die die Vergleichbarkeit der Abschlüsse beeinträchtigen.786 Darüber hinaus bezieht sich der Standardsetzer auf den Wunsch von „certain users“787, die Ergebnisse aus dem Abgang des Sachanlagevermögens auf Basis von Anschaffungskosten beurteilen zu können. Mit der note on historical cost profits and losses soll diesen Informationsbedürfnissen entsprochen werden.

Ferner sind nach FRS 3.29 Angaben über die Auswirkungen von Korrekturen früherer Perioden (prior period adjustments) erforderlich. Diese werden in FRS 3.7 definiert als wesentliche Korrekturen, die aufgrund von Änderungen der Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden oder der Berichtigung grundlegender Fehler vorgenommen werden. Korrekturen früherer Perioden werden durch die Anpassung der Vorjahreszahlen berücksichtigt. Sie werden somit nicht der aktuellen Periode, sondern den Vorperioden zugeordnet. Die Auswirkungen der Korrekturen früherer Perioden müssen in der Aufstellung der Eigenkapitalbewegungen kenntlich gemacht und als Anmerkung am Ende der statement of total recognised gains and losses angegeben werden.788 Die „normalen“ periodenfremden Positionen, die auf die Aktualisierung von Schätzungen zurückgehen, zählen nicht zu prior period adjustments und werden in der Gewinn- und Verlustrechnung der Periode, in der sie festgestellt werden, erfasst.789

785

786 787 788 789

In diesem Zusammenhang muss daran erinnert werden, dass FRS 3 die Umbuchung der im statement of total recognised gains and losses erfassten Erfolgselemente in die Gewinn- und Verlustrechnung bei deren Realisierung nicht gestattet. Der in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesene Gewinn oder Verlust aus dem Abgang eines Gegenstands des Anlagevermögens errechnet sich daher als die Differenz aus dem erzielten Verkaufspreis und dem aktuellen Buchwert gemäß der zuvor durchgeführten Neubewertung. Hierzu vgl. die Ausführungen im vorangegangenen Abschnitt. Vgl. im Folgenden ASB, FRS 3.54 f. ASB, FRS 3.55. Vgl. ASB, FRS 3.62 f. Vgl. ASB, FRS 3.60.

193

4.3

Darstellung der Ergebnisrechnung nach den Vorschriften des IASB

4.3.1

Relevante Regelungen: Überblick und Entwicklung

Die IFRS-Bestimmungen zum Erfolgsausweis sind im IAS 1 Presentation of Financial Statements verankert. Diese Vorschrift wurde seit ihrer erstmaligen Verabschiedung Anfang der siebziger Jahre zweimal grundlegend überarbeitet.790 Die erste Überarbeitung erfolgte im Jahre 1997.

Das zentrale Ziel der Überarbeitung im Jahre 1997 war es, eine einheitliche Grundlage für die Darstellung eines Jahresabschlusses vorzugeben, um die Vergleichbarkeit und die Qualität der Abschlüsse zu verbessern.791 Die davor existierenden IFRS-Vorschriften zur Erstellung und Darstellung des Jahresabschlusses waren lückenhaft, inkonsistent und nicht den Entwicklungen des Rahmenkonzeptes angepasst.792 Sie wiesen darüber hinaus breite Ermessenspielräume aus.793

Im Rahmen der 1997 vorgenommenen Überarbeitung des IAS 1 legte der damalige IASC neben den Grundsätzen für die Darstellung des Jahresabschlusses auch die Anforderungen an den Inhalt und an die Struktur des Abschlusses respektive seiner einzelnen Bestandteile fest.794 Es wurde auch eine Anpassung an das Rahmenkonzept vorgenommen. Von besonderer Bedeutung für den Erfolgsausweis war die Einführung eines neuen obligatorischen Abschlussbestandteils, in dem u. a. die direkt im Eigenkapital erfassten Erträge und Aufwendungen auszuweisen waren. Mit der Schaffung des neuen Abschlussbestandteils wollte der IASC den Forderungen der Abschlussnutzer nach umfassenderen Informationen über die Ertragslage des Unternehmens nachkommen.795 Von großer Bedeutung für den Erfolgsausweis war auch die Festlegung inhaltlicher Mindestangaben für die Gewinn- und Verlustrechnung.

790

791 792

793 794 795

194

Derzeit wird IAS 1 erneut überarbeitet. Im März 2006 hat der IASB einen Standardentwurf zur Änderung des IAS 1 vorgelegt. Die Kommentierungsfrist läuft bis zum 17.07.2006. Die Verabschiedung des geänderten IAS 1 ist für das erste Halbjahr 2007 geplant, vgl. hierzu IASB Work Plan, abrufbar unter http://www.iasb.org/current/iasbworkplan.asp (Stand 15.05.2006). Zu diesem Standardentwurf vgl. die Ausführungen im Abschnitt 5.4.2. Vgl. Kleekämper/Harding (1997), S. 16; Achleitner/Kleekämper (1997a), Tz. 120. Vgl. Achleitner/Kleekämper (1997b), S. 117. Die Überschneidungen und Diskrepanzen zwischen dem Rahmenkonzept und dem IAS 1 waren darauf zurückzuführen, dass das Rahmenkonzept 15 Jahre nach IAS 1 verabschiedet wurde, vgl. Achleitner/Kleekämper (1997a), Tz. 4. Vgl. Achleitner/Kleekämper (1997a), Tz. 1. Vgl. Achleitner/Kleekämper (1997a), Tz. 120. Vgl. IASB, IAS 1 (überarbeitet 1997), Introduction, Par. 3.

Die zweite Überarbeitung des IAS 1 erfolgte 2001-2003 im Rahmen des improvements project, das neben IAS 1 die Überarbeitung zahlreicher weiterer IFRS-Standards umfasste. Mit dem improvements project verfolgte der IASB vor allem folgende Ziele: Reduzierung bzw. Aufhebung von Wahlrechten, Förderung der weltweiten Konvergenz der Rechnungslegungsvorschriften sowie allgemeine Verbesserungen der betroffenen Standards.796 Durch das improvements project wurden im IAS 1 u. a. einige Änderungen der Ausweisbestimmungen vorgenommen, wie z. B. das Verbot des Ausweises von außerordentlichen Posten. Auch wurden die bisher in anderen IAS enthaltenen Ausweisregelungen überarbeitet und in IAS 1 integriert.797 Die im IAS 1 (überarbeitet 1997) verankerte grundlegende Konzeption des Erfolgsausweises wurde jedoch durch das improvements project nicht geändert.798 Weitere, bisher nicht gelöste Probleme im Zusammenhang mit der Darstellung des Periodenerfolges sollten im Rahmen des comprehensive income-Projektes des IASB aufgegriffen werden.799

4.3.2

Bestandteile des Jahresabschlusses

Ein Jahresabschluss besteht gemäß IAS 1.8 aus folgenden, nach IAS 1.46 eindeutig zu bezeichnenden Pflichtbestandteilen:800

796 797

798

799 800

x

Bilanz (balance sheet),

x

Gewinn- und Verlustrechnung (income statement),

x

Eigenkapitalveränderungsrechnung (statement of changes in equity),

x

Kapitalflussrechnung (cash flow statement),

x

Anhang (notes). Vgl. IAS 1.BC2 (überarbeitet 2005); Brücks (2002), S. 167. Hierzu zählt insbesondere die Überarbeitung und die Integration der Ausweisregelungen aus dem bisherigen IAS 8 Net Profit or Loss for the Period, Fundamental Errors and Changes in Accounting Policies. Auch die Ausweisbestimmungen des damals noch geltenden IAS 35 Discontinuing Operations wurden in IAS 1 integriert. IAS 35 wurde 2004 durch den IFRS 5 Non-current Assets Held for Sale and Discontinued Operations ersetzt. Vgl. IAS 1.BC3 (überarbeitet 2005). Soweit nicht anders gekennzeichnet, wird im Folgenden als „IAS 1“ die derzeit gültige Fassung des IAS 1 von 2005 zitiert. Diese Fassung basiert auf den Ergebnissen der letztmaligen grundlegenden Überarbeitung des IAS 1 im Jahre 2003 und berücksichtigt sämtliche Anpassungen, die sich aus Änderungen anderer IFRSs bis zum 31.12.2005 ergeben haben. Vgl. IAS 1.BC3. Zu den Vorschlägen des im März 2006 vorgelegten ED IAS 1 zu den Pflichtbestandteilen des Jahresabschlüsses vgl. Abschnitt 5.4.2.

195

Die folgenden Ausführungen konzentrieren sich auf die Darstellung der Gewinn- und Verlustrechnung und der Eigenkapitalveränderungsrechnung. Diese stellen die unmittelbar erfolgsausweisenden Abschlussbestandteile dar.

4.3.3

Gewinn- und Verlustrechnung (Income Statement)

4.3.3.1

Inhaltliche Struktur der Gewinn- und Verlustrechnung

Gemäß IAS 1.78 sind alle Erträge und Aufwendungen grundsätzlich in der Gewinn- und Verlustrechnung zu berücksichtigen. Ausnahme bilden Erfolgskomponenten, die nach Bestimmungen anderer IAS nicht in der Gewinn- und Verlustrechnung zu erfassen sind.801

Nach IAS 1.81 sind in der Gewinn- und Verlustrechnung mindestens folgende Posten auszuweisen:

(a) Erlöse (revenue), (b) Finanzierungsaufwendungen (finance costs), (c) Gewinn- oder Verlustanteile an assoziierten Unternehmen und Joint Ventures, die nach der Equity-Methode bilanziert werden (share of the profit or loss of associates and joint ventures accounted for using the equity method), (d) Steueraufwendungen (tax expense), (e) Gesamtergebnis aus eingestellten Geschäftsbereichen, bestehend aus (i) dem Nachsteuerergebnis aus eingestellten Bereichen und (ii) dem Nachsteuerergebnis aus der Neubewertung der langfristigen Vermögenswerte oder Gruppen von langfristigen Vermögenswerten und langfristigen Schulden der eingestellten Bereiche oder aus deren Veräußerung802 (a single amount comprising the total of (i) the post-tax profit or 801

802

196

Vgl. IASB, IAS 1.78-.80. Diese Erfolgskomponenten werden in der Eigenkapitalveränderungsrechnung erfasst (vgl. hierzu Abschnitt 4.3.4). Vgl. die Übersetzung dieser Postenbezeichnung bei Zülch (2005), S. 145. In der offiziellen deutschen Übersetzung wird die Bezeichnung dieses Postens wie folgt vorgenommen: „ein gesonderter Betrag, welcher der Summe entspricht aus (i) dem Ergebnis nach Steuern des aufgegebenen Geschäftsbereichs und (ii) dem Ergebnis nach Steuern, das bei der Bewertung mit dem beizulegenden Zeitwert abzüglich Veräußerungskosten oder der Veräußerung der Vermögenswerte oder Veräußerungsgruppe(n), die den aufgegebenen Geschäftsbereich darstellen, erfasst wurde“, vgl. Verordnung (EG) Nr. 2236/2004 v. 29.12. 2004, IFRS 5, Anhang C, Tz. C1. Zur Kritik der deutschen Übersetzungen der IFRS vgl. Niehus (2005), der u. a. bemängelt, dass „das Deutsch, das einem in den Übersetzungen entgegentritt, vielfach schwerfällig ist und teils holprig klingt“, Niehus (2005), S. 2478.

loss of discontinued operations and (ii) the post-tax gain or loss recognised on the measurement to fair value less cost to sell or on the disposal of the assets or disposal group(s) constituting the discontinued operation) und (f) Periodenergebnis (profit or loss).

Darüber hinaus ist unterhalb des Periodenergebnisses in der Gewinn- und Verlustrechnung darzustellen, wie das Periodenergebnis sich auf die Anteilseigner und die Minderheitsgesellschafter aufteilt.803

Nach IAS 1.84 können die Bezeichnungen und die Reihenfolge der im IAS 1.81 geforderten Posten geändert werden, wenn dadurch ein besserer Einblick in die Ertragslage erreicht wird.

Zusätzliche Posten, Überschriften oder Zwischensummen sind in der Gewinn- und Verlustrechnung nach IAS 1.83 darzustellen, wenn dies für eine den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende Darstellung der Ertragslage notwendig ist. Da diese Posten nicht allgemeingültig festgelegt werden können, liegt ihr Ausweis im Ermessen des Unternehmens.804 Bei der Entscheidung, zusätzliche Posten in die Gewinn- und Verlustrechnung aufzunehmen, sind nach IAS 1.84 insbesondere die Faktoren wie Wesentlichkeit, Art und Funktion der Erträge und Aufwendungen zu berücksichtigen. Das Gleiche gilt auch für den geforderten getrennten Ausweis von wesentlichen Klassen ähnlicher Posten.805

4.3.3.2

Erfolgsspaltungskonzept der Gewinn- und Verlustrechnung

Die im IAS 1.81 beschriebenen Anforderungen an die inhaltliche Mindeststruktur der Gewinn- und Verlustrechnung können als sehr bescheiden charakterisiert werden, denn der Standard fordert den obligatorischen Ausweis von lediglich sechs Posten. Dennoch erfordert IAS 1.81 den getrennten Ausweis von Finanzierungskosten und von Ergebnissen aufgegebener Geschäftsbereiche, was darauf schließen lässt, dass der Standard dem Prinzip der Erfolgs803

804 805

Vgl. IAS 1.82. Die Anforderung, Minderheitsanteile und Anteile der Eigenkapitalgeber als Ergebnisverwendung zu zeigen, wurde in den IAS 1 im Rahmen des improvements project eingeführt. Diese Ausweisanforderung steht im Einklang mit entsprechenden Änderungen in IAS 27 Consolidated and Separate Financial Statements, wonach Minderheitenanteile im Eigenkapital des Konzerns separat auszuweisen sind, vgl. IAS 1.BC19. Vgl. Hollmann (2003), S. 152. Vgl. IAS 1.29-.31.

197

spaltung im gewissen, wenn auch sehr beschränkten Rahmen folgt.806 Diese Ausweisanforderungen sollen nachfolgend kurz kommentiert werden.

Der Begriff „Finanzierungskosten“ wird weder im IAS 1 noch in anderen IFRS inhaltlich definiert. Der Wortlaut lässt zunächst vermuten, dass es sich ausschließlich um Aufwendungen im Zusammenhang mit der Kapitalbeschaffung handelt. Das Schrifttum unterstützt jedoch diese aus dem Wortlaut entnommene inhaltliche Bestimmung nicht und interpretiert diesen Posten als eine Nettogröße, bestehend aus Erträgen aus der Kapitalanlage und Aufwendungen für die Kapitalbeschaffung.807 Der Posten „Finanzierungskosten“ zuzüglich der Position „Gewinn- oder Verlustanteile an assoziierten Unternehmen und Joint Ventures, die nach der Equity-Methode bilanziert werden“808 entspricht laut Kommentierung dem herkömmlichen Finanzergebnis.809

Außerdem geht aus einer Klarstellung des International Financial Reporting Interpretations Committee (IFRIC) bezüglich der Zulässigkeit einer saldierten Darstellung der net finance cost vom Oktober 2004 klar hervor, dass in dieser Position sowohl Erträge als auch Aufwendungen aus dem Finanzierungsbereich zu erfassen sind.810

Neben dem Ausweis von finance costs fordert der überarbeitete IAS 1 den separaten Ausweis eines zusammengefassten Nachsteuerergebnisses aus eingestellten Geschäftsbereichen sowie aus der Abschreibung auf den Nettoveräußerungspreis und der Veräußerung von als eingestellter Geschäftsbereich klassifizierten Vermögenswerten und disposal group(s). 811 Das Erfordernis eines separaten Ausweises der Ergebnisse aufgegebener Geschäftsbereiche wurde in IAS 1 im Rahmen des improvements project aus dem bisherigen IAS 35 übernommen. Infolge der Verabschiedung des IFRS 5 Non-current Assets Held for Sale and Discontinued Operations und der damit einhergehenden Aussetzung des IAS 35 wurden die Ausweisanforderungen des IAS 1 nachträglich angepasst. 806

807 808

809

810 811

198

Küting/Keßler/Gattung (2005), S. 20 sprechen in diesem Zusammenhang von einer rudimentären Erfolgsspaltung. Vgl. z. B. Bailey/Wild (2000), S. 49; Cairns (2002), S. 166. Da durch die Änderungen des IAS 27 und IAS 28 im Rahmen des improvement project die EquityMethode im Einzelabschluss nicht mehr angewendet werden darf, ist ein gesonderter Ausweis dieses Postens nur noch in einer Konzern-Gewinn- und Verlustrechnung erforderlich, vgl. Zülch (2005), S. 179. Vgl. Baetge/Kirsch/Thiele (2005), S. 681, 615; Coenenberg (2005), S. 1065; Zülch (2005), S. 176; Hollmann (2003), S. 176. Vgl. IFRIC, IFRIC Update, October 2004, S. 2 f. Vgl. hierzu auch die Ausführungen im Abschnitt 4.3.3.2. Unter disposal group wird im IFRS 5 eine Gruppe von Vermögenswerten und ggf. Schulden verstanden, die gemeinsam in einer einzigen Transaktion veräußert werden sollen, vgl. IASB, IFRS 5.4. Kritisch zur Abgrenzung der disposal group vgl. Schildbach (2005), S. 557.

Die Abgrenzung der nach IAS 1.81(e) auszuweisenden Position richtet sich nach den Bestimmungen des IFRS 5. Als discontinued operation gilt nach IFRS 5 ein Unternehmensbereich (component), der entweder veräußert oder als zur Veräußerung gehalten eingestuft wird und

a) einen wesentlichen Geschäftszweig oder geografisch abgrenzbaren Geschäftsbereich des bilanzierenden Unternehmens darstellt, oder b) Teil eines einzelnen, abgestimmten Plans zur Veräußerung eines gesonderten wesentlichen Geschäftszweigs oder geografischen Geschäftsbereichs ist, oder c) ein mit Weiterveräußerungsabsicht erworbenes Tochterunternehmen ist.812

Ein aufgegebener Geschäftsbereich muss darüber hinaus über einen Cash Flow verfügen, der für Zwecke der Berichterstattung von den übrigen Cash Flows des Unternehmens klar getrennt werden kann.813 Es muss sich demnach um eine zahlungsmittelgenerierende Einheit (cash generating unit) nach IAS 36.6 oder eine Gruppe solcher Einheiten handeln.814 Der Ausweis als discontinued operation setzt weiter voraus, dass der Angang im Rahmen eines Verkaufs sehr wahrscheinlich ist, die betreffenden Aktiva in ihrem bestehenden Zustand verkauft werden können und der erwartete Verkaufspreis in einem angemessenen Verhältnis zum beizulegenden Wert steht.815

Die Summe des Nachsteuerergebnisses eingestellter Bereiche ist nach IFRS 5.33 weiter zu untergliedern. Diese Aufgliederung kann wahlweise in der Gewinn- und Verlustrechnung oder im Anhang erfolgen. Offen zu legen sind nach dieser Bestimmung u. a. die in die Summe eingehenden Teilerfolgsgrößen, wie die Erträge und Aufwendungen aus der Geschäftstätigkeit der eingestellten Bereiche, sowie der Gewinn oder Verlust des aufgegebenen Geschäftsbereiches vor Steuern und der entsprechende Steueraufwand.

Die Überarbeitung des IAS 1 im Jahre 2003 führte zur Eliminierung einiger in der Version des IAS 1 aus dem Jahre 1997 noch obligatorisch auszuweisender Posten. Im Einzelnen wurden folgende Positionen aus dem Mindestgliederungsschema des IAS 1 (überarbeitet 1997) eliminiert: 812

813 814 815

Vgl. IASB, IFRS 5.32; Zülch (2005), S. 181 f.; Zülch/Lienau (2004), S. 451. Vgl. hierzu kritisch zu dieser Abgrenzung Schildbach (2005), S. 559. Vgl. IASB, IFRS 5.31; Zülch (2005), S. 182; Zülch/Lienau (2004), S. 447. Vgl. Weber (2006), Tz. 48. Vgl. Weber (2006), Tz. 49.

199

x

Ergebnis der betrieblichen Tätigkeit (the results of operating activities),

x

Ergebnis der gewöhnlichen Tätigkeit (profit or loss from ordinary activities),

x

außerordentliche Posten (extraordinary items).

Die Position „Ergebnis der betrieblichen Tätigkeit“ folgte in der Mindeststruktur des IAS 1 (überarbeitet 1997) unmittelbar der Position „Erlöse“. Die Streichung dieser Position begründete der IASB im IAS 1.BC12 damit, dass das Ergebnis der betrieblichen Tätigkeit im IAS 1 nicht definiert sei und der Ausweis von nicht definierten Positionen nicht gefordert werden könne. Diese Änderung ist nicht mit einem Verbot des Ausweises dieser Position gleichzusetzen. Nach IAS 1.83 hat das bilanzierende Unternehmen zusätzliche Posten, Überschriften oder Zwischensummen in die Gewinn- und Verlustrechnung einzufügen, falls diese für das Verständnis der Ertragslage relevant sind. Somit ist auch der Ausweis eines „Ergebnisses der betrieblichen Tätigkeit“ möglich, ohne dass diese Position genau definiert ist.816 Der IASB führt im IAS 1, Basis for Conclusions, aus, dass ein Unternehmen den getrennten Ausweis dieser oder einer ähnlichen Position als erforderlich erachten und einen entsprechenden Ausweis in der Gewinn- und Verlustrechnung vornehmen kann.817 Das bilanzierende Unternehmen hat in diesem Fall sicherzustellen, dass die entsprechende Position repräsentativ für die Aktivitäten ist, welche i. d. R. als betriebliche Aktivitäten zu verstehen sind. Eine abweichende branchenspezifische Rechnungslegungspraxis ist dabei unbeachtlich. Der Standardsetzer stellt im IAS 1.BC13 klar, dass er es als nicht sachgerecht erachtet, Aktivitäten mit einem eindeutigen Bezug zur betrieblichen Tätigkeit des Unternehmens (wie z. B. Abschreibungen auf Vorräte oder Restrukturierungsaufwendungen) aus dem betrieblichen Ergebnis auszuschließen, nur weil diese selten oder irregulär auftreten oder der Höhe nach ungewöhnlich sind.

Im Gegensatz zum „Ergebnis der betrieblichen Tätigkeit“ ist der Ausweis der außerordentlichen Posten durch die neu eingeführte Bestimmung des IAS 1.85 explizit verboten worden.818 Die außerordentlichen Posten wurden bisher definiert als „income or expenses that arise from events or transactions that are clearly distinct from the ordinary activities of the enterprise and therefore are not expected to recur frequently or regularly“819. Nach Ansicht des IASB resultieren die bisher als außerordentlich klassifizierten Posten aus dem normalen Geschäfts816 817 818 819

200

Vgl. Küting/Keßler/Gattung (2005), S. 18. Zu den weiteren Ausführungen in diesem Absatz vgl. IASB, IAS 1.BC13. Dieses Verbot bezieht sich auch auf die entsprechende Bezeichnung im Anhang. IASB, IAS 8.6 (überarbeitet 1993).

risiko.820 Ein Ausweis in einer gesonderten Position bzw. Kategorie ist somit laut IAS 1.BC 17 nicht gerechtfertigt.

Die bisherige Definition der außerordentlichen Posten stellte im Wesentlichen auf das Kriterium der Regelmäßigkeit ab. Im überarbeiteten IAS 1 nimmt der IASB Abstand von diesem Kriterium der Erfolgsspaltung. Nicht die „Wiederholbarkeit“ der Transaktionen und Ereignisse, sondern deren „Natur“ bzw. „Substanz“ sollten gemäß IAS 1.BC17 für die Darstellung in der Erfolgsrechnung entscheidend sein. Das Verbot des getrennten Ausweises außerordentlicher Posten eliminiere die willkürlichen Zuordnungen, die bisher bei der Klassifizierung von Posten als „gewöhnlich“ oder als „außerordentlich“ bzw. bei der Abgrenzung der dazugehörenden Aufwendungen und Erträge notwendig waren.821 Sollte der Einfluss eines außerordentlichen Ereignisses bedeutend für die Beurteilung der Ertragslage des Unternehmens sein, so kann der externe Bilanzleser die Auswirkungen aus den Erläuterungen im Anhang ersehen, da der Bilanzierende nach IAS 1.86 verpflichtet ist, die Art und Höhe der (wesentlichen) Geschäftsvorfälle im Jahresabschluss anzugeben.822

Mit dem Verbot des Ausweises außerordentlicher Posten ist aus Erfolgsspaltungssicht auch die gesonderte Darstellung der gewöhnlichen Tätigkeit überflüssig geworden.823 Der IASB hat daher diesen Gliederungspunkt aus dem Mindestgliederungsschema des IAS 1.81 eliminiert.

4.3.3.3

Weitere Untergliederung von Erträgen und Aufwendungen und Saldierung von Posten

Nach IAS 1.88 muss im Jahresabschluss eine Analyse der Aufwendungen präsentiert werden. Diese Analyse kann sich gemäß IAS 1.88 entweder nach der Art der Aufwendungen (nature of expense method824) oder nach deren Funktion (cost of sales method825) richten. Der Standard erlaubt es, die Analyse der Aufwendungen entweder in der Gewinn- und Verlustrech-

820 821 822 823 824 825

Vgl. IASB, IAS 1.BC17. Vgl. IASB, IAS 1.BC18 und das Beispiel dort. Vgl. Küting/Keßler/Gattung (2005), S. 18; IASB, IAS 1.86. Vgl. Küting/Keßler/Gattung (2005), S. 18. Vgl. IASB, IAS 1.91. Vgl. IASB, IAS 1.92.

201

nung oder im Anhang darzustellen. Im IAS 1.89 wird jedoch ausdrücklich empfohlen, die Analyse der Aufwendungen direkt in der Gewinn- und Verlustrechnung vorzunehmen. Keiner der beiden Analysearten wird im Standard eindeutig den Vorzug gegeben.826 Es wird lediglich festgestellt, dass beide Verfahren, je nach Unternehmenstyp, ihre Vorteile haben. Das bilanzierende Unternehmen hat laut IAS 1.94 das Verfahren anzuwenden, mit dem die Ertragslage dieses Unternehmens am besten dargestellt werden kann.

Ferner sind die Erträge und Aufwendungen nach der Bestimmung des IAS 1.86 weiter zu untergliedern, wenn sie als wesentlich827 einzustufen sind. Dies kann laut der Einordnung dieser Anforderung in den Abschnitt Information presented either on the Face of the Income Statement or in the Notes in der Gewinn- und Verlustrechnung oder im Anhang erfolgen.

Erträge und Aufwendungen dürfen nach IAS 1.32 grundsätzlich nicht saldiert werden. Lediglich dann, wenn eine spezielle IAS-Regelung eine Saldierung erlaubt oder vorschreibt, darf nach der genannten Vorschrift vom Saldierungsverbot abgewichen werden. IFRSRegelungen, die eine Saldierung von Erträgen und Aufwendungen vorsehen, sind z. B. die Regelungen zur Vorratsbilanzierung nach IAS 2 (IAS 2.34) und die Regelungen zur bilanziellen Behandlung von Rückstellungen nach IAS 37 (IAS 37.54).828 Gewinne und Verluste, die aus einer Gruppe von ähnlichen Geschäftsvorfällen stammen, müssen aber nach IAS 1.35 saldiert ausgewiesen werden (so z. B. Erträge und Aufwendungen aus der Währungsumrechnung oder aus den held-for-sale-Finanzinstrumenten). Wenn jedoch solche Gewinne und Verluste als wesentlich einzustufen sind, sind sie gesondert darzustellen.829 Im IAS 1.33 stellt der IASB fest, dass Saldierungen grundsätzlich die Fähigkeit des Adressaten vermindern, Geschäftsvorfälle zu verstehen und künftige Cash Flows des Unternehmens abzuschätzen. Dies trifft nach IAS 1.33 nur dann nicht zu, wenn eine Saldierung den wirtschaftlichen Gehalt eines Geschäftsvorfalls widerspiegelt.

Die Anwendung des generellen Saldierungsverbotes des IAS 1.32 auf die Darstellung der Erträge und Aufwendungen im Rahmen der Position finance cost nach IAS 1.81 (b) wurde im 826

827 828 829

202

IAS 1.92 stellt allerdings fest, dass die cost of sales method „can provide more relevant information“ (IASB, IAS 1.92). Einige Autoren sehen darin eine gewisse Bevorzugung des cost of sales method, vgl. z. B. Küting/Keßler/Gattung (2005), S. 18. Zur Definition der „Wesentlichkeit“ vgl. IAS 1.11. Vgl. Zülch (2005), S. 147. Vgl. IASB, IAS 1.35 und IAS 1.86.

Oktober 2004 vom IFRIC diskutiert. Das Interpretationsgremium stellte klar, dass der alleinige Ausweis einer saldierten Nettogröße in der Position finance costs nach IAS 1.81(b) nicht ausreichend und daher unzulässig ist. Der Ausweis einer Zwischensumme net finance cost nach der Angabe der entsprechenden Erträge und Aufwendungen direkt in der Gewinn- und Verlustrechnung ist dagegen als zulässig zu erachten.830

4.3.4 4.3.4.1

Eigenkapitalveränderungsrechnung (Statement of Changes in Equity) Aufgabe und Formate der Eigenkapitalveränderungsrechnung

Die Eigenkapitalveränderungsrechnung als verpflichtend auszuweisender Jahresabschlussbestandteil wurde durch die Überarbeitung des IAS 1 im Jahre 1997 erstmalig in das IFRSRegelwerk eingeführt. Die Eigenkapitalveränderungsrechnung soll eine klare Darstellung aller Erträge und Aufwendungen der Berichtsperiode gewährleisten, einschließlich der Erträge und Aufwendungen, die direkt im Eigenkapital erfasst werden.831

Für die Form der Darstellung besteht grundsätzlich ein Wahlrecht. Die Eigenkapitalveränderungsrechnung kann entweder als Aufstellung der nicht-eigentümerbezogenen Eigenkapitalveränderungen (changes in equity other than those arising from transactions with equity holders acting in their capacity as equity holders) oder als Aufstellung sämtlicher Eigenkapitalveränderungen (all changes in equity) ausgestaltet sein.832

Durch die Neufassung des IAS 19 im Dezember 2004 wurde eine Ausnahme von diesem Wahlrecht geschaffen. Wenn die versicherungsmathematischen Gewinne und Verluste in Ausübung des Wahlrechts gemäß IAS 19.93A833 erfolgsneutral erfasst werden, müssen sie nach IAS 19.93B in einem als Aufstellung der nicht-eigentümerbezogenen Änderungen ges830 831 832 833

Vgl. IFRIC, IFRIC Update, October 2004, S. 2 f. Vgl. IASB, IAS 1.99; Achleitner/Kleekämper (1997b), S. 119; Hollmann (2003), S. 185. Vgl. IASB, IAS 1.8 sowie IAS 1.96-.97 i. V. m. IAS 1.101. Es handelt sich um die sog. „dritte Option“ zur sofortigen erfolgsneutralen Erfassung von versicherungsmathematischen Gewinnen und Verlusten nach IAS 19. Die zwei anderen Möglichkeiten bestehen gemäß IAS 19.92-.93 in der a) sofortigen erfolgswirksamen Erfassung sämtlicher versicherungsmathematischer Gewinne und Verluste in der Gewinn- und Verlustrechnung der laufenden Periode, und b) Aufschiebung der Erfassung versicherungsmathematischer Gewinne und Verluste und Amortisation über die Gewinnund Verlustrechnung über viele Jahre, vgl. Schruff/Zeimes (2006), Tz. 102 ff. Ein Überblick über die derzeitigen Wahlrechte bei der Behandlung versicherungsmathematischer Gewinne und Verluste nach USGAAP, IFRS und HGB findet sich bei Gohdes (2006), S. 992 f.

203

talteten Eigenkapitalspiegel offen gelegt werden. In diesem Fall ist die Erstellung des Eigenkapitalspiegels als die Aufstellung sämtlicher Eigenkapitalveränderungen nicht gestattet.834

In allen übrigen Fällen ist es möglich, zwischen der Darstellung als Aufstellung der nichteigentümerbezogenen Eigenkapitalveränderungen oder als Aufstellung sämtlicher Eigenkapitalveränderungen zu wählen. Diese zwei Formate sollen im Folgenden erläutert werden.

4.3.4.1.1

Eigenkapitalveränderungsrechnung als Aufstellung der nicht-eigentümerbezogenen Eigenkapitalveränderungen

Bei dieser Darstellungsform werden in der Eigenkapitalveränderungsrechnung alle Veränderungen des Eigenkapitals des Unternehmens in der Berichtsperiode dargestellt, die nicht aus Transaktionen mit Anteilseignern resultieren (wie z. B. Kapitaleinlagen oder Dividenden). Eine als Aufstellung der nicht-eigentümerbezogenen Eigenkapitalveränderungen erstellte Eigenkapitalveränderungsrechnung muss nach IAS 1.96 unter der Bezeichnung „statement of recognised income and expense“ offengelegt werden. Darzustellen sind gemäß IAS 1.96 folgende Komponenten:

(a) das Periodenergebnis, (b) jeder Ertrags- und Aufwandsposten, der nach anderen IAS-Regelungen oder Interpretationen direkt im Eigenkapital erfasst wird, sowie die Summe dieser Posten, (c) die Summe aller Erträge und Aufwendungen der Periode (berechnet als Summe aus (a) und (b)), wobei die Aufteilung dieser Summe auf die Anteilseigner und die Minderheitsgesellschafter aufzuzeigen ist835, und (d) für jede Komponente des Eigenkapitals die Gesamtauswirkungen der Änderungen der Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden und der Berichtigung von Fehlern, die nach IAS 8 erfasst werden.

834 835

204

Vgl. IAS 19.93B, vgl. hierzu Hasenburg/Dräxler (2006), S. 290. Die Anforderung des getrennten Ausweises der auf die Anteilseigner und auf die Minderheitsgesellschafter entfallenden Anteile wurde in den IAS 1 durch das improvements project eingeführt, vgl. hierzu Fn. 803.

Das Periodenergebnis ergibt sich aus der Gewinn- und Verlustrechnung. Die Präsentationsform der Erträge und Aufwendungen im Rahmen der Gewinn- und Verlustrechnung wurde bereits im vorangegangenen Abschnitt erläutert. Hier sollen daher nur die unter (b), (c) und (d) aufgeführten Posten erläutert werden.

Zu den in der Vorschrift des IAS 1.96 unter dem Unterpunkt (b) angesprochenen, direkt im Eigenkapital zu erfassenden Erfolgsbestandteilen gehören im Wesentlichen:

x

Gewinne und Verluste im Zusammenhang mit der Neubewertung von Sachanlagevermögen nach IAS 16 Property, Plant and Equipment836,

x

Gewinne und Verluste aus der Fremdwährungsumrechnung von Auslandsbeteiligungen nach IAS 21 The Effects of Changes in Foreign Exchange Rates,

x

Gewinne und Verluste aus Neubewertungen nach IAS 38 Intangible Assets837,

x

Gewinne und Verluste aus den als available-for-sale designierten Finanz-instrumenten sowie aus Sicherungsinstrumenten im Rahmen von cash flow hedges und von Absicherungen einer Nettoinvestition in eine Auslandsbeteiligung nach IAS 39 Financial Instruments: Recognition and Measurement,

x

Versicherungsmathematische Gewinne und Verluste nach IAS 19 Employee Benefits.838

Die Handhabung des recycling-Procedere wird nicht im IAS 1, sondern in einzelnen IAS geregelt. Einige der genannten IAS schreiben verpflichtend die erfolgswirksame Erfassung der davor im Eigenkapital erfolgsneutral erfassten Erträge und Aufwendungen bei deren Realisierung vor, andere jedoch nicht. So ist z. B. eine Umbuchung der im Eigenkapital erfassten Erträge und Aufwendungen in die Gewinn- und Verlustrechnung bei der Realisierung der zugrunde liegenden Geschäfte nach IAS 21 und IAS 39 vorgeschrieben;839 nach IAS 16 und IAS 38 wird die Neubewertungsrücklage bei Aufgabe oder Verkauf des Vermögenswertes 836

837

838 839

IASB 16 sieht zwei alternative Bewertungsansätze vor: die Methode der fortgeführten historischen Anschaffungskosten (cost model) nach IAS 16.30 und die Neubewertungsmethode (revaluation model) nach IAS 16.31 f. Bei der Anwendung der Neubewertungsmethode wird nach IAS 19.39 eine Erhöhung des Buchwertes eines Vermögenswertes aufgrund einer Neubewertung unmittelbar im Eigenkapital erfasst, vgl. hierzu weiterführend Peemöller (2006), Tz. 73 f. Ähnlich dem IAS 16 sieht IAS 38 ein Wahlrecht zwischen dem Ansatz der fortgeführten Anschaffungsoder Herstellungskosten und einer Neubewertung, vgl. IAS 39.72. Bei der Anwendung der Neubewertungsmethode werden nach IAS 38.85 Wertsteigerungen grundsätzlich erfolgsneutral erfasst, vgl. hierzu weiterführend Schruff/Haaker (2006), Tz. 62 ff. Die sog. „dritte Option“ nach IAS 19.93A. Zu den Alternativen vgl. Fn. 833. Vgl. IASB, IAS 39.55(b) und IAS 21.32 und IAS 21.48.

205

dagegen erfolgsneutral in die Gewinnrücklagen umgegliedert.840 Eine Erklärung der unterschiedlichen Handhabung von im Eigenkapital erfassten Änderungen aus der fair valueBewertung bietet das IFRS-Regelwerk nicht.

Die im IAS 1.96(c) verankerte Anforderung, die Summe sämtlicher Erträge und Aufwendungen der Periode in der Eigenkapitalveränderungsrechnung darzustellen, wurde durch das improvements project in IAS 1 eingeführt.841 Eine entsprechende Position war bereits im Beispiel eines statement of recognised gains and losses in der bisherigen Fassung des IAS 1 enthalten, ohne dass ihr ein Verpflichtungscharakter zukam. Mit der Neufassung des IAS 1 hat der IASB die Darstellung dieser Position in der Eigenkapitalveränderungsrechnung verbindlich vorgeschrieben. Diese Pflichtangabe hilft, die Komponenten des comprehensive income im Ausweis von den Ergebnissen der Transaktionen mit Anteilseignern zu trennen. IAS 1 folgt bei dieser Änderung der Regelung des SFAS 130.14, die verpflichtend eine derartige Angabe vorsieht.

Wie oben angeführt, müssen in einer Aufstellung der nicht-eigentümerbezogenen Eigenkapitalveränderungen neben den direkt im Eigenkapital erfassten Erträgen und Aufwendungen laut IAS 1.96(d) auch die nach IAS 8 zu erfassenden Gesamtauswirkungen der Änderungen der Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden und der Berichtigung von Fehlern berücksichtigt werden.842 Nach IAS 8.19(b) sind Änderungen von Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden grundsätzlich retrospektiv zu erfassen.843 Retrospektive Berücksichtigung erfolgt laut IAS 8.22 durch die Anpassung der Eröffnungssalden betroffener Eigenkapitalpositionen für die früheste dargestellte Periode und anderer Vergleichzahlen für jede dargestellte Periode. Änderungen von Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden werden somit so dargestellt, als seien diese Methoden schon immer angewandt worden.

Anpassungen aus der Korrektur von Fehlern sind nach IAS 8.42 ebenfalls retrospektiv vorzunehmen. Nach dieser Vorschrift sind zwei Techniken für diese retrospektive Korrektur vorgesehen. Entweder werden Vergleichszahlen der Periode, in der der Fehler unterlaufen ist, entsprechend korrigiert; oder, wenn der Fehler in der Zeit vor der frühesten dargestellten Periode 840 841 842

843

206

Vgl. IASB, IAS 16.41 und IAS 38.87. Vgl. IASB, IAS 1.IN19. Die Angabe hat getrennt für jede Komponente des Eigenkapitals zu erfolgen, wobei die Gesamtauswirkungen der Änderungen der Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden und der Berichtigung von Fehlern jeweils getrennt anzugeben sind, vgl. IASB, IAS 1.96 (d), IAS 1.100. Soweit nicht anders gekennzeichnet, wird im Folgenden als „IAS 8“ IAS 8 in der derzeit geltenden Fassung von 2005 zitiert.

geschehen ist, werden die Eröffnungssalden der Vermögenswerte, der Verbindlichkeiten und des Eigenkapitals dieser Periode angepasst. Die Korrektur von Fehlern ist somit so darzustellen, als ob diese Fehler nie passiert wären.

Durch die im IAS 8 vorgeschriebene Behandlung werden somit die jeweiligen Anpassungen nicht der aktuellen Periode, sondern Vorperioden zugeordnet. Diese Anpassungen stellen daher keinen Bestandteil der nicht-eigentümerbezogenen Eigenkapitalveränderungen der Berichtsperiode dar. Die unter IAS 1.96(c) angesprochene Gesamtsumme aller erfassten Erträge und Aufwendungen enthält daher nicht die Gesamtauswirkungen der Änderungen der Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden und der Berichtigung von Fehlern, die nach IAS 8 erfasst werden. Diese Anpassungen stellen somit lediglich eine Zusatzinformation in der Aufstellung von nicht-eigentümerbezogenen Eigenkapitalveränderungen der Berichtsperiode dar.844

Die vor dem improvements project geltende Fassung des IAS 8 beinhaltete weitere, als allowed alternative treatments vorgesehene Methoden zur Erfassung von Änderungen der Rechnungslegungsmethoden und der Korrektur von wesentlichen Fehlern. In Bezug auf die retrospektive Erfassung von Auswirkungen der Änderungen der Bilanzierungsmethoden war die (erfolgswirksame) Erfassung der kumulierten Anpassung in der Gewinn- und Verlustrechnung der aktuellen Periode als allowed alternative treatment erlaubt. Bei der Korrektur von wesentlichen Fehlern ermöglichte ebenfalls ein allowed alternative treatment die Erfassung des Korrekturbetrages in der Gewinn- und Verlustrechnung der aktuellen Periode. Diese alternativ zulässigen Methoden wurden durch das improvements project abgeschafft.845 Ebenfalls abgeschafft wurde die in der bisherigen Fassung des IAS 8 enthaltene Unterscheidung zwischen den grundlegenden und anderen wesentlichen Fehlern und als Folge die unterschiedliche Erfassung von entsprechenden Korrekturen.846

IAS 1 enthält keine weiteren verbindlichen Bestimmungen zur Struktur der Aufstellung der nicht-eigentümerbezogenen Eigenkapitalveränderungen. Ein Beispiel der möglichen Gliederung enthält die guidance zur Umsetzung von IAS 1 (IAS 1.IG) (vgl. Abbildung 20).

844 845 846

Vgl. Hollmann (2003), S. 205. Vgl. IASB, IAS 8.BC4 ff. Zur Begründung vgl. IASB, IAS 8.BC7. Zur Begründung vgl. IASB, IAS 8.BC12.

207

Diese Gliederung stellt lediglich ein Beispiel dar und ist nicht verbindlich. Die Reihenfolge und die Bezeichnung der Posten liegen im Ermessen des bilanzierenden Unternehmens.847 Eine weitere Untergliederung oder die Einfügung zusätzlicher Posten ist möglich.848

Abbildung 20: Gliederungsschema eines statement of recognised income and expense

STATEMENT OF RECOGNISED INCOME AND EXPENSE

Gain/(loss) on revaluation of properties Available-for-sale investments: Valuation gains/(losses) taken to equity Transferred to profit or loss on sale Cash flow hedges: Gains/(losses) taken to equity Transferred to profit or loss for the period Transferred to the initial carrying amount of hedged items Exchange differences on translation of foreign operations Tax on items taken directly to or transferred from equity Net income recognised directly in equity Profit for the period Total recognised income and expense for the period Attributable to: Equity holders of the parent Minority interest

Effect of changes in accounting policy: Equity holders of the parent Minority interest

X (X) (X) X X (X) (X) (X) X X X

X X X

(X) (X) (X)

Quelle: In Anlehnung an IASB, IAS 1.IG.

Für die Saldierung von Erträgen und Aufwendungen im Rahmen der Eigenkapitalveränderungsrechnung sind keine speziellen Regelungen vorgesehen. Es gelten somit die im Ab847

848

208

Vgl. Hollmann (2003), S. 203 in Bezug auf IAS 1 (überarbeitet 1997). Durch die Überarbeitung des IAS 1 im Jahre 2003 und consequential amendments in den Jahren 2004-2005 haben sich diesbezüglich keine Änderungen ergeben. Vgl. Hollmann (2003), S. 204, in Bezug auf IAS 1(überarbeitet 1997). Durch die Überarbeitung des IAS 1 im Jahre 2003 und consequential amendments in den Jahren 2004-2005 haben sich diesbezüglich keine Änderungen ergeben.

schnitt 4.3.3.3 bereits beschriebenen allgemeinen Regelungen des IAS 1.32 ff. zur Verrechnung von Posten.

4.3.4.1.2

Eigenkapitalveränderungsrechnung als Aufstellung sämtlicher Eigenkapitalveränderungen

Zusätzlich zu den nicht-eigentümerbezogenen Veränderungen des Eigenkapitals hat das bilanzierende Unternehmen nach IAS 1.97 noch Angaben zu den übrigen Eigenkapitalveränderungen zu machen. Gemäß IAS 1.97 sind folgende Posten anzugeben:

(a) Kapitaltransaktionen mit Anteilseignern, wobei Ausschüttungen an Anteilseigner gesondert auszuweisen sind, (b) den Anfangs- und Endbestand der Gewinnrücklagen und deren Änderungen während der Periode und (c) eine Überleitungsrechnung der Buchwerte jeder Kategorie des Eigenkapitals (z. B. gezeichnetes Eigenkapital, Kapitalrücklagen, andere Rücklagen etc.) zu Beginn und zum Ende der Periode, die die Bewegung in jeder Kategorie gesondert angibt.

Diese Posten können nach IAS 1.97 in die Eigenkapitalveränderungsrechnung aufgenommen oder im Anhang dargestellt werden. Werden die Angaben zu den übrigen Eigenkapitalveränderungen zusammen mit den nicht-eigentümerbezogenen Veränderungen des Eigenkapitals in einer Eigenkapitalveränderungsrechnung gemacht, dann stellt die Eigenkapitalrechnung eine Aufstellung sämtlicher Eigenkapitalveränderungen dar (statement showing all changes in equity)849.

IAS 1 schreibt keine verbindliche Gliederung für die Aufstellung sämtlicher Eigenkapitalveränderungen vor und enthält lediglich ein Beispiel für eine mögliche Ausgestaltung dieser Aufstellung. Dieses in der implementation guidance zum IAS 1 enthaltene Gliederungsbeispiel ist in der Abbildung 21 wiedergegeben.

849

Vgl. IAS 1.8(c) (i).

209

Abbildung 21:

Gliederungsschema eines statement of all changes in equity

STATEMENT OF CHANGES IN EQUITY

Balance at 31 December 20X0 Changes in accounting policy Restated balance Changes in equity for 20X1 Gain on property revaluation Available-for-sale investments: Valuation gains/(losses) taken to equity Transferred to profit or loss on sale Cash flow hedges: Gains/(losses) taken to equity Transferred to profit or loss for the period Transferred to initial carrying amount of hedged items Exchange differences on translating foreign operations Tax on items taken directly to or transferred from equity Net income recognised directly in equity Profit for the period Total recognised income and expense for the period Dividends Issue of share capital Equity share options issued

Attributable to equity holders of the Minority Total parent interest equity Share Other Trans- Retained Total capital reserves* lation earnings reserve X X (X) X X X X

Balance at 31 December 20X1

X

(X) X

(X) X

(X) X

X

X

X

X

(X)

(X)

(X)

(X)

(X)

(X)

X

X

X

X

X

X

X

X

(X)

(X)

X

(X)

(X)

(X)

(X)

(X)

X

(X)

(X)

(X)

X

(X)

X X

X X

X X

X X

(X)

X (X)

X (X) X X

X (X)

X (X) X X

(X)

X

X

X

X

X X X

210

(X)

(X)

X

*Other reserves are analysed into their components, if material. Quelle: In Anlehnung an IAS 1.IG.

(X) X

4.4

Kritische Würdigung der bestehenden Konzepte

4.4.1

Erfüllung der Anforderungen bezüglich der Inhalte und der Abgrenzung der Erfolgsrechnung

Im Kapitel 2 dieser Arbeit wurden die Anforderungen an die Gestaltung der Erfolgsrechnung im Rahmen einer informationsorientierten Rechnungslegung herausgearbeitet. Im Rahmen des Fragenkomplexes „Inhalte und Abgrenzung der Erfolgsrechnung“ wurde unter dem Grundsatz 1 die Anforderung festgelegt, sämtliche Erträge und Aufwendungen in der Erfolgsrechnung zu erfassen. Nach der Analyse bestehender Ausweisregelungen kann festgestellt werden, dass keines der betrachteten Konzepte des Erfolgsausweises diese Anforderung erfüllt. Zwar liegt den betrachteten Rahmenkonzepten sowie der grundsätzlichen Vorgehensweise in der USamerikanischen, britischen und in der Rechnungslegung nach IAS der Gewinnbegriff des comprehensive income bzw. des all-inclusive income concept zugrunde. Die einzelnen Rechnungslegungsstandards sehen aber zahlreiche, zum Teil gravierende Ausnahmen850 von dem Prinzip der Erfassung sämtlicher Erträge und Aufwendungen in der Gewinn- und Verlustrechnung vor. Das Konzept des comprehensive income wird insofern in keinem der betrachteten Rechnungslegungssysteme im Sinne des clean surplus accounting konsequent umgesetzt.

Die betrachteten Regelungen zur Darstellung des comprehensive income reflektieren die Bemühungen angloamerikanischer Standardsetzer, die durch die einzelnen Rechnungslegungsvorschriften verursachten Kongruenzverstöße zumindest durch transparente Darstellung partiell zu beseitigen. In Anbetracht des völlig unbefriedigenden Zustandes vor Einführung der Regelungen des SFAS 130, des FRS 3 und des IAS 1 stellten diese Bemühungen zur damaligen Zeit zweifellos eine begrüßenswerte Entwicklung dar. Es muss aber festgestellt werden, dass das Ziel einer transparenten Darstellung der erfolgsneutral erfassten Komponenten mit den genannten Regelungen im Allgemeinen nicht erreicht worden ist.

Im Einzelnen ist dennoch eine differenzierte Betrachtung angebracht, denn die Breite der Gestaltungswahlrechte, die SFAS 130, FRS 3 und IAS 1 den Bilanzierenden einräumen, ist sehr unterschiedlich. 850

So Schildbach (1999), S. 1813, in Bezug auf US-GAAP.

211

SFAS 130 bietet den bilanzierenden Unternehmen drei Ausweismöglichkeiten an. Die zuvor erfolgsneutral erfassten Erträge und Aufwendungen können neben der Darstellung in einer erweiterten Erfolgsrechnung (one-statement approach) auch in einem zusätzlichen statement of comprehensive income (two-statement approach) oder in einem Eigenkapitalspiegel ausgewiesen werden.

Lediglich der one-statement approach erfüllt die als Grundsatz 2 festgelegte Anforderung, sämtliche Erträge und Aufwendungen in einer einzigen Erfolgsrechnung auszuweisen. Der two-statement approach und der Ausweis in einem Eigenkapitalspiegel genügen dieser Anforderung nicht. Als besonders nachteilig aus der Sicht der Informationsempfänger erweist sich dabei der Ausweis in einem Eigenkapitalspiegel. Bei diesem Ausweisformat werden Ergebnisse der wertgenerierenden Aktivitäten mit den Ergebnissen des Kapitaltransfers zwischen dem Unternehmen und den Eigenkapitalgebern vermischt. Dies wirkt sich nachteilig auf die wahrgenommene Relevanz der betroffenen Erfolgskomponenten aus. Darüber hinaus führt diese Vermischung dazu, dass die Funktion und der Charakter des Eigenkapitalspiegels unklar werden.

Bei dem nach dem two-statement approach erstellten statement of comprehensive income handelt es sich in formaler Hinsicht um eine zweite Erfolgsrechnung. Da aber der FASB dem recycling approach851 folgt, kommt dem statement of comprehensive income lediglich die Funktion eines temporary holding tank852 zu, in dem Gewinne und Verluste bis zu ihrer Realisierung „zwischengelagert“ werden.853 Inhaltlich handelt es sich hierbei daher eher um einen der eigentlichen Erfolgsrechnung vorgelagerten Ausweisspiegel.

Zu erwähnen ist auch, dass bei der Anwendung des two-statement approach ebenfalls die (wenn auch geringere) Gefahr besteht, dass eine der beiden Erfolgsrechnungen von den Abschlussnutzern weniger beachtet wird.854 Die jeweiligen Informationen verlieren dann an wahrgenommener Relevanz.855

851

852 853 854 855

212

Unter dem Begriff „recycling approach“ wird im Allgemeinen die Anwendung des recycling-Verfahrens im Accounting verstanden, unter dem Begriff „non-recycling approach“ - der Verzicht auf die Anwendung dieses Verfahrens. Vgl. ASB (1996), Par. 5.3.1. Vgl. Gerbaulet (1999), S. 176. Vgl. Hollmann (1999), S. 210 in Bezug auf die Regelungen des IAS 1. Vgl. Hollmann (1999), S. 210 in Bezug auf die Regelungen des IAS 1.

Das nach SFAS 130 aus drei Alternativen bestehende Gestaltungswahlrecht für die Darstellung des comprehensive income wirkt sich negativ auf die Vergleichbarkeit und die Verständlichkeit der Abschlüsse aus und ermöglicht das sog. cherry picking. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang die von Campbell/Crawford/Franz durchgeführte Untersuchung unter den Frühanwendern des SFAS 130.856 Die Ergebnisse der Untersuchung zeigten, dass Unternehmen mit einem negativen oder unwesentlichen other comprehensive income bevorzugt die Darstellungsalternative statement of changes in equity wählten, während Unternehmen mit einem positiven und wesentlichen other comprehensive income eher den one-statement approach oder two-statement approach anwendeten.857 In dieser Untersuchung wurde die Vermutung geäußert, dass in Zukunft, insbesondere bei schwieriger wirtschaftlicher Entwicklung, die Darstellung der erfolgsneutralen Erfolgskomponenten im Eigenkapitalspiegel zunehmend zur Anwendung kommen wird.858 Inzwischen kann festgestellt werden, dass diese Vermutung sich als zutreffend erwiesen hat.859

IAS 1 sieht anstatt drei lediglich zwei Darstellungsalternativen vor, was allerdings angesichts der inhaltlichen Gestaltung des Wahlrechts keinen Vorteil darstellt. Der one statement approach ist im IAS 1 gar nicht vorgesehen. Die bilanzierenden Unternehmen haben die Möglichkeit, zwischen dem nach dem two-statement approach erstellten statement of recognised gains and losses und dem Ausweis der erfolgsneutral erfassten Erträge und Aufwendungen in einem Eigenkapitalspiegel zu wählen. Die an den Bestimmungen des SFAS 130 geübte Kritik gilt daher im Wesentlichen auch für IAS 1.860

Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass sowohl der FASB als auch der damalige IASC bei der Erarbeitung der jeweiligen Standards ursprünglich die Darstellung sämtlicher Erfolgskomponenten in einem (oder mehreren) statement(s) of financial performance mit eindeutig erfolgsbezogenem Charakter angestrebt haben.861 Die Möglichkeit des Ausweises in einem Eigenkapitalspiegel war in den jeweiligen Standardentwürfen nicht vorgesehen. Mit Einführung dieser Ausweisalternative reagierten die beiden Standardsetzer auf 856 857 858 859

860 861

Vgl. Campbell/Crawford/Franz (1999), S. 13 f. Vgl. Campbell/Crawford/Franz (1999), S. 19 f. Vgl. Campbell/Crawford/Franz (1999), S. 20. Zum bevorzugten Ausweis des other comprehensive income im Rahmen des Eigenkapitalspiegels vgl. z. B. Penman (2003), S. 82. Zu erwähnen ist noch, dass bei einer Untersuchung der best practice von 100 IFRSAnwendern in Deutschland festgestellt wurde, dass sämtliche in die Stichprobe einbezogenen Unternehmen die Darstellung der erfolgsneutral erfassten Erfolgskomponenten im Eigenkapitalspiegel gewählt haben, vgl. hierzu Keitz (2004), S. 215. Kritisch zur Erfassung von Erfolgskomponenten im Eigenkapitalspiegel vgl. auch Zülch (2005), S. 296. Vgl. Johnson/Reither/Swieringa (1995), S. 129; IASC (1996), Par. 9-12.

213

die überwiegend ablehnende Kommentierung der jeweiligen Standardentwürfe.862 Begründet wurde diese ablehnende Haltung u. a. mit der Gefahr einer möglichen Verwirrung der Abschlussnutzer angesichts der Einführung einer neuen Gewinngröße und mit dem Hinweis auf die konzeptionell ungelösten Fragen hinsichtlich von Status und Funktion des neuen Abschlussbestandteils. Mit der Einführung einer zusätzlichen – und wie dargestellt unbefriedigenden – Ausweisalternative entschieden sich der FASB und der IASC für eine flexiblere Regelung, ohne jedoch eine eindeutige Aussage über aufgeworfene grundlegende konzeptionelle Fragestellungen zu treffen.

Bezüglich des im IAS 1 zur Anwendung kommenden two-statement approach muss noch eine Besonderheit erwähnt werden, die dieses Format in der Ausprägung des IAS 1 von dem des SFAS 130 unterscheidet. Während der SFAS 130 im Einklang mit dem generellen Vorgehen nach US-GAAP ganz überwiegend dem recycling approach folgt, ist die Regelung des IAS 1 in dieser Hinsicht nicht eindeutig. Entsprechend der Vorgehensweise der einzelnen IAS werden sowohl recycling approach als auch non-recycling approach angewandt. Bei der Anwendung des recycling approach kommt dem statement of recognised gains and losses die Funktion eines Ausweisspiegels zu.863 Bei der ausschließlichen Anwendung des non-recycling approach erscheinen die Gewinne und Verluste nur ein einziges Mal in der Erfolgsrechnung. Gemäß diesem Vorgehen würde dem statement of recognised gains and losses eine eigenständige Funktion bei der Darstellung des Periodenerfolges zukommen, was die Klassifizierung als eine „echte“ zweite Erfolgsrechnung rechtfertigen würde. Das gleichzeitige Anwenden beider Ansätze wirkt aber verwirrend und erlaubt keine Aussage über den Status und die Funktion des statement of recognised gains and losses. Anstatt sich für eine der beiden Vorgehensweisen zu entscheiden, übernimmt IAS 1 die widersprüchliche Handhabung, die aus einzelnen IAS resultiert.864

Als ein gravierender Mangel, der dem SFAS 130 und dem IAS 1 gemeinsam ist, erweist sich schließlich die Tatsache, dass die genannten Standards keine konzeptionelle Begründung der unterschiedlichen Erfassung von Erfolgskomponenten liefern. Es wird aus SFAS 130 und IAS 1 nicht ersichtlich, warum bestimmte Erfolgskomponenten für eine erfolgsneutrale Erfassung bestimmt wurden, andere aber nicht. Die Standardsetzer haben auch hier die konzeptionslose,

862 863 864

214

Zu den weiteren Ausführungen in diesem Absatz vgl. Gerbaulet, S. 65, 153 f. Vgl. Gerbaulet (1999), S. 200 m. w. N. Vgl. Gerbaulet (1999), S. 202.

auf ad hoc-Basis zustande gekommene Vorgehensweise einzelner Standards kommentarlos übernommen.

Dieser schwerwiegende Mangel haftet auch der Regelung des FRS 3 an. Auch in diesem Standard wird keine Erklärung für die abweichende Behandlung bestimmter Erfolgskomponenten angeboten. Die Ausweisregelungen des FRS 3 sind aber wesentlich konsequenter und eindeutiger als die analysierten Vorschriften des SFAS 130 und des IAS 1.

FRS 3 bietet keine Wahlmöglichkeit bei der Bestimmung des Ausweisformates für die Darstellung des comprehensive income. Zwingend vorgeschrieben ist die Aufstellung eines statement of total recognised gains and losses nach dem two-statement approach. Der Eigenkapitalspiegel wird als Ausweisalternative nicht zugelassen.

Darüber hinaus folgt der ASB konsequent dem non-recycling approach. Gewinne und Verluste, die zuvor bereits im statement of total recognised gains and losses berücksichtigt wurden, dürfen nicht noch einmal in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesen werden. Demnach dient das statement of total recognised gains and losses als eigenständiges statement of financial performance und nicht als ein der Gewinn- und Verlustrechnung vorgelagerter Ausweisspiegel der unrealisierten Gewinne und Verluste.865 Der Periodenerfolg ergibt sich aus der zusammenfassenden Betrachtung beider Erfolgsrechnungen.

Wie dargelegt, stellt der two-statement approach im Vergleich zum one-statement approach eine nachteiligere Lösung dar. Die Tatsache, dass der ASB dennoch dem two-statement approach den Vorzug vor dem konzeptionell überlegenen one-statement approach gegeben hat, ist darauf zurückzuführen, dass der englische Standardsetzer sich eine größere Akzeptanz dieser Lösung gegenüber dem one-statement approach versprochen hat.866 Es muss an dieser Stelle daran erinnert werden, dass FRS 3 bereits 1992 eingeführt worden ist. Zur damaligen Zeit stellte die Einführung eines umfassenden statement of total recognised gains and losses eine gravierende Änderung im Vergleich zur bisherigen Bilanzierungspraxis dar und muss entsprechend gewürdigt werden.

865 866

Vgl. Gerbaulet (1999), S. 193. Vgl. Gerbaulet (1999), S. 192.

215

Zusammenfassend soll an dieser Stelle festgehalten werden, dass keine der betrachteten Regelungen zum Erfolgsausweis die in Kapitel 2 dieser Arbeit aufgestellten Anforderungen an die Inhalte und Abgrenzung des statements of financial performance vollständig erfüllt. Dennoch ist festzustellen, dass die Regelungen des ASB die schlüssigere Konzeption abbilden und den aufgestellten Anforderungen am nächsten kommen.

4.4.2

Erfüllung der Anforderungen an die Strukturierung der Erfolgsrechnung

4.4.2.1

Gestaltungsfreiheit des Gliederungsschemas

Hinsichtlich der Erfüllung der Anforderungen an die Gestaltungsfreiheit des Gliederungsschemas stellen die US-amerikanischen, britischen und IAS-Regelungen ein sehr differenziertes Bild dar.

Unter US-GAAP existieren keine allgemeingültigen Gliederungsvorschriften für die Gewinnund Verlustrechnung. Es existiert entsprechend auch kein verbindliches Mindestgliederungsschema. Lediglich bestimmte Einzelvereinbarungen schreiben den separaten Ausweis der irregular items vor.

Bei den in der Praxis angewandten one-step- und multiple-step-Formaten handelt es sich um nicht verbindliche, in der Praxis entwickelte Verfahren. Es gibt keine verbindliche Vorgabe bezüglich der Mindestanzahl von Posten, deren Bezeichnung, Inhalten und der Reihenfolge. Dieser Nachteil wird zum Teil dadurch aufgefangen, dass zu der Ausgestaltung der genannten Formate eine umfangreiche Kommentierung in Nachschlagewerken und Lehrbüchern zur Rechnungslegung existiert. Die Kommentierungsliteratur kann aber lediglich als Orientierungshilfe bei der Ausarbeitung der individuellen Gliederung dienen. Die konkrete Ausgestaltung der Gewinn- und Verlustrechnung liegt im Ermessen des bilanzierenden Unternehmens.

Zudem handelt es sich bei den one-step- und multiple-step-Formaten um zwei Ver-fahren, die hinsichtlich der grundsätzlichen Vorgehensweise und des Einblicks in die Struktur der Erträge und Aufwendungen große Unterschiede aufweisen. Beide Ver-fahren kommen in der US-

216

amerikanischen Bilanzierungspraxis zur Anwendung.867 Dies wirkt sich negativ auf die Vergleichbarkeit und die Verständlichkeit der Abschlüsse aus.

Bei dem Gliederungsschema der Regulation S-X handelt es sich um ein verbindliches Gliederungsschema. Allerdings gilt es nur für Unternehmen, die bei der SEC berichtspflichtig sind, und ist für die übrigen Bilanzaufsteller nicht bindend.

Der Verzicht auf die Vorgabe einer verbindlichen Formalstruktur amerikanischer Gewinnund Verlustrechnungen wird mit der Dominanz des Grundsatzes substance over form begründet.868 Das Fehlen einer verbindlichen Mindestgliederung beeinträchtigt aber schwerwiegend die Vergleichbarkeit, die Verständlichkeit und auch die Verlässlichkeit der Abschlüsse. Zwar bietet eine individuell an die Gegebenheiten des bilanzierenden Unternehmens angepasste Gliederung gewisse Vorteile hinsichtlich der Relevanz der Informationen; allerdings gilt dies nur dann, wenn die Unternehmen ihre Gliederungsschemata im Sinne einer möglichst den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Darstellung der Ertragslage gestalten und die bestehende Gestaltungsfreiheit nicht zum Zwecke der Bilanzpolitik einsetzen.869 Diese Prämisse ist in der Praxis sicherlich nicht in allen Fällen erfüllt. Es ist auch davon auszugehen, dass für Unternehmen bei derartig breiten Spielräumen auch kaum Anreize bestehen, bilanzpolitische Maßnahmen zu unterlassen.

Dass die im US-amerikanischen Recht bestehende Gestaltungsfreiheit dennoch nicht zu völlig unterschiedlichen Darstellungsformen führt, ist nach Ansicht einiger Autoren auf die Bindung der Testierung an die US-GAAP zurückzuführen.870 Denn der Abschlussprüfer testiert u. a. die Einhaltung der fair presentation im Abschluss.871

Im Unterschied zu US-GAAP existiert im IFRS-Regelwerk mit IAS 1 eine Vorschrift, die eine Regelung zur Gestaltung der Gewinn- und Verlustrechnung beinhaltet.872 Positiv hervorzuheben ist, dass IAS 1 ein Mindestmaß an auszuweisenden Posten der Gewinn- und Verlustrechnung festlegt. Allerdings ist die Gliederungstiefe mit sechs mindestens auszuweisenden Posten zu gering, um einen ausreichenden Einblick in die Struktur der Erträge und Aufwen867 868 869 870 871 872

Vgl. Dexheimer (2002), S. 453, m. w. N. Vgl. Kuhlewind (2000), S. 297, m. w. N. Vgl. Hollmann (2003), S. 217. Vgl. z. B. Kuhlewind (2000), S. 297. Vgl. Kuhlewind (2000), S. 297 m. w. N. Zu der Erfüllung des Kriteriums „Gestaltungsfreiheit des Gliederungsschemas“ in Bezug auf IAS 1 vgl. ausführlich Hollmann (2003), S. 214 ff.

217

dungen zu gewähren. Zudem können die Bezeichnungen und die Reihenfolge der im IAS 1 geforderten Posten geändert werden.

Aufgrund der Flexibilität dieser Bestimmungen liegt die konkrete Gestaltung des Gliederungsschemas im Ermessen des Bilanzierenden. Die in IAS 1.81 geforderten Angaben können daher nicht als ein Mindestgliederungsschema klassifiziert werden.873 Durch diese Gliederungsvorschriften wird lediglich eine grobe inhaltliche Mindeststruktur der Gewinn- und Verlustrechnung vorgegeben.874

Zu kritisieren ist auch die mangelhafte inhaltliche Bestimmung der wenigen durch IAS 1.81 vorgegebenen Gliederungspunkte. Der Standard selbst liefert keine Definitionen hierzu. Anhaltspunkte für die inhaltliche Abgrenzung einzelner Posten können nur zum Teil aus anderen IAS gewonnen werden.875 Eine umfassende inhaltliche Bestimmung sämtlicher obligatorischer Posten liefert das IFRS-Regelwerk nicht.

Der oben erwähnte Nachteil der zu geringen Gliederungstiefe wird teilweise durch die im IAS 1 vorgeschriebene Analyse der Aufwendungen nach Art oder Funktion gemildert.876 Negativ zu vermerken ist jedoch, dass IAS 1 den Ausweis dieser Analyse in der Gewinn- und Verlustrechnung empfiehlt, aber nicht zwingend vorschreibt.877 Sie kann alternativ auch im Anhang präsentiert werden. Auch inhaltlich wird die geforderte Aufwandsanalyse im IAS 1 nur beispielhaft umrissen. Die genaue Gestaltung der Aufwandsanalyse bezüglich der Anzahl, Reihenfolge und zum Teil auch der Inhalte der darzustellenden Posten bleibt im Ermessen des bilanzierenden Unternehmens.

Um den Bilanzlesern einen tieferen Einblick in die Aufwands- und Ertragsstruktur des Unternehmens zu ermöglichen, erlaubt IAS 1 eine zusätzliche Untergliederung der mindestens auszuweisenden Posten. Dies entspricht der im Kapitel 2 dieser Arbeit abgeleiteten Empfehlung (vgl. Grundsatz 4). Der Standard erlaubt aber die Bildung zusätzlicher unternehmensspezifischer Zwischensummen, ein Wahlrecht, das in dieser Arbeit nicht empfohlen wird. Es muss allerdings eingeräumt werden, dass das im Kapital 2 geforderte Verbot der Einfügung von 873 874

875 876 877

218

Vgl. Hollmann (2003), S. 151; in diesem Sinne auch Haller/Schloßgangl (2003), S. 320. Vgl. Hollmann (2003), S. 151 m. w. N.; vgl. auch Küting/Keßler/Gattung (2005), S. 20; kritisch auch Zülch (2005), S. 213. So auch Dexheimer (2002), S. 455. Zu den Ausführungen in diesem Absatz vgl. Hollmann (2003), S. 215 f. Vgl. kritisch auch Zülch (2005), S. 160.

zusätzlichen Zwischensummen nur in Zusammenhang mit einer hinreichend tief gegliederten, verbindlich vorgeschriebenen Gliederung sinnvoll erscheint. Angesichts der Tatsache, dass IAS 1.81 nur eine grobe inhaltliche Mindeststruktur vorgibt, erscheint das Wahlrecht zur Einfügung von unternehmensspezifischen Zwischensummen fast unumgänglich.878 Es muss aber gleichzeitig betont werden, dass die derzeitige Ausgestaltung der Gliederungsvorschriften nach IAS 1 sehr breite Ermessensspielräume für die Unternehmen eröffnet, was im Endeffekt den Ausweis der pro forma earnings begünstigt und die angestrebte Vergleichbarkeit der Jahresabschlüsse nicht unterstützt.

Als Zwischenfazit ist an dieser Stelle festzuhalten, dass die im Kapitel 2 aufgestellten Anforderungen bezüglich des Grades der Gestaltungsfreiheit des Gliederungsschemas nach IAS nur ungenügend und nach US-GAAP, bedingt durch das Fehlen einer allgemeingültigen verbindlichen Gliederung, gar nicht erfüllt werden.

Ein positiveres Bild bietet sich bei der Analyse der britischen Gliederungsvorschriften für die Gewinn- und Verlustrechnung. CA 1985/1989 schreibt aufgrund europarechtlicher Vorgaben ein im Grundsatz verbindliches, hinreichend detailliertes Gliederungsschema vor, welches hinsichtlich der Gliederungstiefe mit der Regelung des § 275 HGB vergleichbar ist. Das Wahlrecht, die Gliederung zum Zwecke des besseren Einblicks in die Ertragslage weiter zu untergliedern, erlaubt die Anpassung an individuelle Gegebenheiten des bilanzierenden Unternehmens. Allerdings ist auch eine weitgehende Zusammenfassung der Posten gestattet. Dieser Nachteil wird nur zum Teil dadurch gemildert, dass in diesem Fall eine Aufgliederung gemäß dem vorgegebenen Schema im Anhang zu erfolgen hat.

Als wesentlicher Beitrag zur Erreichung der Vergleichbarkeit und Verständlichkeit der bisherigen britischen Jahresabschlüsse ist die Regelung des FRS 3 zu werten. Durch FRS 3 hat der ASB eine weitere Desaggregierung der im CA 1985/1989 vorgesehenen Posten eingeführt und dabei eine Reihe von obligatorischen Posten festgelegt, die in der Gewinn- und Verlustrechnung verpflichtend auszuweisen sind. Aus der Gesamtheit der obligatorischen Positionen nach CA 1985/1989 und nach FRS 3 ergibt sich ein relativ detailliertes verbindliches Mindestgliederungsschema für die Gewinn- und Verlustrechnung.

878

Zugunsten der Bildung von zusätzlichen Zwischensummen in einer nach IFRS erstellten Gewinn- und Verlustrechnung vgl. Zülch (2005); S. 157 f.

219

Die Inhalte der durch FRS 3 eingeführten obligatorischen Posten wurden im Standard selbst inhaltlich weitgehend festgelegt. Als unbefriedigend erwies sich aber, dass die Posten des Basisgliederungsschemas des CA 1985 mit wenigen Ausnahmen inhaltlich nicht bestimmt sind.879 Als erleichternder Umstand wirkt hier die vorhandene umfangreiche Kommentierung.

Was die Gliederung der Aufstellung über das comprehensive income anbetrifft, so bestehen diesbezüglich zwischen den US-amerikanischen, britischen und IAS-Regelungen keine großen Unterschiede. In allen drei Rechnungslegungskreisen sind entsprechende Vorschriften ähnlich wenig detailliert und durch ähnlich große Spielräume gekennzeichnet. Eine genaue Gliederung wird nicht vorgeschrieben. Alle untersuchten Regelungen fordern den Ausweis des Ergebnisses laut der Gewinn- und Verlustrechnung, der erfolgsneutral erfassten Komponenten und der Summe sämtlicher Aufwendungen und Erträge der Periode. Nach SFAS 130 und IAS 1 ist noch zusätzlich die Summe der im other comprehensive income bzw. im Eigenkapital erfassten Erträge und Aufwendungen auszuweisen. Wie genau die erfolgsneutral erfassten Komponenten darzustellen sind, wird nicht vorgeschrieben. Am genauesten ist in dieser Hinsicht SFAS 130, der vorschreibt, den Ausweis nach der Natur der Erfolgskomponenten auszurichten und zählt beispielhaft die Posten auf, die zum Zeitpunkt der Verabschiedung des SFAS 130 nach einzelnen SFAS erfolgsneutral zu erfassen waren. IAS 1 enthält einen ähnlichen Verweis auf die Regelungen einzelner IAS. In den Beispielen, die in den Anhängen zum SFAS 130, FRS 3 und IAS 1 aufgeführt sind, wird eine sich an den einzelnen Standards orientierende Postenbildung dargestellt.

Es ist anzumerken, dass die Regelungslücken hinsichtlich der Gliederung der Aufstellung über die Komponenten des comprehensive income nicht so schwer wiegen, wie dies bei der Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung der Fall ist.880 Diese Aufstellung hat bei weitem nicht die Vielzahl und die inhaltliche Vielfalt an Erträgen und Aufwendungen im Vergleich zur Gewinn- und Verlustrechnung. Daher können vorhandene Spielräume die Aussagefähigkeit der Aufstellung über das comprehensive income nicht in dem Maße beeinträchtigen, wie dies bei der Gewinn- und Verlustrechnung der Fall ist.

879 880

220

Vgl. hierzu Köhler/Rotter (1994), S. 412. Zu den Ausführungen in diesem Absatz vgl. Hollmann (2003), S. 218. Die Schlussfolgerungen von Hollmann (2003) beziehen sich auf IAS 1, lassen sich aber auf die entsprechenden Regelungen in allen drei betrachteten Rechnungslegungssystemen übertragen.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass keine der betrachteten Regelungen zum Erfolgsausweis die im Kapitel 2 festgelegten Anforderungen hinsichtlich der Gestaltungsfreiheit des Gliederungsschemas vollständig erfüllt. Die britischen Regelungen des Erfolgsausweises erreichen aber bei der Gesamtbetrachtung eine wesentlich bessere Beurteilung als die USamerikanischen Regelungen und die Vorschriften des IASB.

4.4.2.2 4.4.2.2.1 4.4.2.2.1.1

Erfolgsspaltung Erfolgsspaltung in der Gewinn- und Verlustrechnung Getrennter Ausweis von regelmäßigen und unregelmäßigen Erfolgskomponenten

Im Kapitel 2 dieser Arbeit wurden mehrere, oft diskutierte Erfolgsspaltungskonzepte sowie die diesen Konzepten zugrunde liegenden Erfolgsspaltungskriterien analysiert. Bezüglich des Kriteriums der „Regelmäßigkeit“ wurde die Schlussfolgerung gezogen, dass dieses Kriterium sich nur eingeschränkt für die Strukturierung der Erfolgsrechnung im Rahmen der Kategorienbildung eignet. Als Implementierungsanforderung ergab sich die Anforderung der Bildung einer Kategorie discontinued operations (Grundsatz 5). Ansonsten wurde die Anwendung dieses Kriteriums als Basiskriterium bei der Kategorienbildung nicht empfohlen, da die „Regelmäßigkeit“ eine kontinuierliche Variable darstellt und daher eine objektive und trennscharfe Einordnung von Erfolgskomponenten in die Kategorien „regelmäßig“ und „nicht regelmäßig“ nicht ermöglicht.

Positiv hervorzuheben ist, dass alle drei analysierten Erfolgsrechnungsformate die Bildung einer getrennten Kategorie für die Ergebnisse aufgegebener Geschäftsbereiche vorsehen. Im Übrigen kommt das Kriterium der „Regelmäßigkeit“ in den untersuchten Erfolgsrechnungsformaten im unterschiedlichen Umfang zur Anwendung.

Im Rahmen der US-amerikanischen Erfolgsrechnung spielt dieses Erfolgsspaltungskriterium eine wichtige Rolle. Zu nennen ist zunächst die grundlegende Unterscheidung sämtlicher Komponenten der Gewinn- und Verlustrechnung in Ergebnisse der üblichen Geschäftsvorfälle einerseits und irregular items andererseits. Innerhalb der letztgenannten Gruppe kommt das

221

Kriterium der „Regelmäßigkeit“ neben der Kategorie discontinuing operations bei der Abgrenzung der außerordentlichen Posten und der ungewöhnlichen Posten maßgebend zur Anwendung. Im Abschnitt 4.1.3.2.1.2 „Außerordentliche und ungewöhnliche Posten“ wurde bereits die fehlende konzeptionelle Klarheit bei der Abgrenzung der außerordentlichen von den ungewöhnlichen Posten kritisiert. Diesem Mangel wird angesichts der zunehmend restriktiven Handhabung beim Ausweis der außergewöhnlichen Posten nach US-GAAP in Zukunft weniger Bedeutung zukommen. Neben dem FASB haben auch andere Standardsetzer erkannt, dass der Ausweis außerordentlicher Posten als eine separate Kategorie breite Räume für die Bilanzpolitik öffnet und im Sinne der Entscheidungsnützlichkeit nicht zielführend ist. So hat der ASB bereits 1992 im Rahmen des FRS 3 eine Regelung eingeführt, die einem de facto-Verbot des Ausweises von außerordentlichen Posten gleichkommt. Schließlich hat auch der IASB im Rahmen des improvements project ein Verbot des getrennten Ausweises außerordentlicher Posten in die Neufassung des IAS 1 (überarbeitet 2003) aufgenommen. Diese begrüßenswerte Entwicklung wird möglicherweise vom FASB abgeschlossen, der ebenfalls angekündigt hat, den Ausweis derartiger Posten im Rahmen einer separaten Kategorie in Zukunft gänzlich zu verbieten.881

Wie erwähnt, kommt das Kriterium der „Regelmäßigkeit“ neben den außerordentlichen Posten auch bei der Abgrenzung der „außergewöhnlichen“ oder „ungewöhnlichen“ Posten zur Anwendung. So werden in der APB Opinion No. 30 unusual items als Erfolgskomponenten definiert, die entweder der Art nach ungewöhnlich sind oder selten bzw. unregelmäßig auftreten. Ein ähnliches Konzept liegt auch der Abgrenzung der exceptional items nach FRS 3 zugrunde: Als außergewöhnliche Posten werden die Positionen klassifiziert, die aufgrund ihrer Größe oder Seltenheit zur Wahrung des true and fair view-Prinzips gesondert ausgewiesen werden müssen.

Im Kapitel 2 dieser Arbeit wurde die Schlussfolgerung gezogen, dass bei der Untergliederung der Posten innerhalb der Kategorien auf das Kriterium der Regelmäßigkeit nicht verzichtet werden kann. Es wurde daher ein gesonderter Ausweis der ungewöhnlichen Posten empfohlen, aber nur innerhalb der Kategorien, zu denen sie inhaltlich gehören (vgl. Grundsatz 10). Diese Anforderung wird von keiner der hier betrachteten Regelungen vollständig erfüllt.

881

222

Vgl. FASB Action Alert No. 01-39, S. 2, zitiert nach Dexheimer (2002), S. 454, Fn. 75. Allerdings ist seit der zitierten Meldung bereits einige Zeit vergangen. Der FASB hat das Thema seitdem nicht erneut thematisiert.

Am nächsten kommen dieser Anforderung die Regelungen des FRS 3. Dieser Standard beinhaltet eine allgemeine Regelung zum Ausweis von exceptional items, die sich mit der oben genannten Anforderung vollständig deckt. Zu kritisieren ist aber, dass der Standard für drei spezifizierte Kategorien882 der außergewöhnlichen Posten einen separaten Ausweis außerhalb des Ergebnisses der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit und vor Zinsen vorsieht. Mit einem derartigen Ausweis ist die Gefahr verbunden, dass Ergebnisse vor diesen außergewöhnlichen Posten ins Zentrum der Aufmerksamkeit der Bilanzleser rücken und die Erwartung hervorrufen, dass in Zukunft keine derartigen außergewöhnlichen Posten zu erwarten sind.883 Auch kann es zur Unterbewertung der Aufwandskategorien kommen, zu denen diese Posten inhaltlich gehören.

APB Opinion No. 30 schreibt lediglich einen getrennten Ausweis der ungewöhnlichen Posten innerhalb des Ergebnisses der gewöhnlichen Tätigkeit oder im Anhang vor. Die genaue Art des Ausweises wird nicht festgelegt. Indes stellen Kieso/Weygandt/Warfield fest, dass sich in den letzten Jahren eine Tendenz abgezeichnet hat, ungewöhnliche Posten als eine separate Kategorie vor dem Ergebnis vor Steuern und außerordentlichen Posten auszuweisen.884 Die an den Regelungen des FRS 3 geübte Kritik gilt daher auch für diese Ausweispraktiken.

Die derzeit gültige Fassung des IAS 1 beinhaltet keine Regelung zum Ausweis außergewöhnlicher Posten. Auch die Regelungen des IAS 1 und des IAS 8 vor der letzten Überarbeitung 2003 enthielten keine explizite Definition der „ungewöhnlichen“ oder „außergewöhnlichen“ Posten. Im IAS 8 war aber eine Vorschrift enthalten, die ihrem Sinn nach dem vom FASB und vom ASB verwendeten Konzept der unusual items bzw. exceptional items entsprach: IAS 8.16 (überarbeitet 1993) forderte einen gesonderten Ausweis von Posten, die aufgrund ihrer Größe, Art und Häufigkeit für die Erklärung der Ertragskraft des Unternehmens von Bedeutung waren. Diese Vorschrift wurde bei der Überarbeitung des IAS 1 im Jahre 2003 gestrichen. Zur Anwendung kommt stattdessen das Merkmal der „Wesentlichkeit“. Nach IAS 1.86 müssen wesentliche885 Erträge und Aufwendungen dem Betrag und ihrer Beschaffenheit nach gesondert angegeben werden. Die Angabe kann dabei direkt in der Gewinn- und Verlustrechnung oder im Anhang erfolgen. Diese Entwicklung lässt darauf schließen, dass der 882

883 884 885

Es handelt sich um die Kategorien profits or losses on the sale or termination of an operation, costs of a fundamental reorganisation or restructuring und profits or losses on the disposal of fixed assets, vgl. Abschnitt 4.2.3.1.2. Vgl. ASB (2000), FRED 22, Appendix IV, Par. 60. Vgl. Kieso/Weygandt/Warfield (2001), S. 143 und S. 146. Zur Definition des Begriffes „material“ vgl. IAS 1.11.

223

IASB die Anwendung des Kriteriums der „Regelmäßigkeit“ als Kriterium der Erfolgsspaltung einschränken will. Die Streichung der bisherigen Regelung des IAS 8.16 (überarbeitet 1993) allein kann aber einen getrennten Ausweis von wesentlichen außergewöhnlichen Posten als eine getrennte Kategorie außerhalb des Betriebsergebnisses886 nicht ausschließen. Dieser Umstand hat den IFRIC veranlasst, die Notwendigkeit eines Verbotes derartiger Ausweispraktiken zu überprüfen. Das Gremium stellte fest, dass einige Unternehmen die Aufwandposten wie z. B. Abschreibungen auf Vorräte, Abfindungen an Personal u. ä. separat als außergewöhnliche Posten außerhalb des Betriebsergebnisses ausweisen, während die funktionalen Aufwendungen, zu denen diese Posten inhaltlich gehören, innerhalb des Betriebsergebnisses ausgewiesen werden.887 Dies führt u. a. zur Unterbewertung der entsprechenden funktionalen Aufwandkategorien und zum Ausweis eines überhöhten Betriebsergebnisses. Damit derartige Ausweispraktiken effektiv unterbunden werden können, müssten einige weitere IAS 1Regelungen geändert werden. U. a. wäre nach Ansicht des IFRIC auch ein Verbot der „gemischten“ Gliederungen nötig, welche nach der Funktion mit dem zusätzlichen selektiven Ausweis bestimmter Posten nach Art der Aufwendungen aufgestellt werden. Der IASB und der IFRIC sind zu dem Schluss gekommen, dass die notwendigen Änderungen die Befugnisse des IFRIC als Interpretationsgremium überschreiten würden und daher mittels einer IFRICInterpretation nicht vorgenommen werden können.888 Das erläuterte Problem soll im Rahmen des performance reporting-Projektes des IASB weiter diskutiert werden.

4.4.2.2.1.2

Getrennter Ausweis von Erfolgskomponenten aus Finanzierungsaktivitäten und aus der betrieblichen Tätigkeit

Eine weitere im Kapitel 2 dieser Arbeit abgeleitete Anforderung an die Strukturierung der Erfolgsrechnung ist die Anforderung des getrennten Ausweises von Erfolgskomponenten aus Finanzierungsaktivitäten und aus der betrieblichen Tätigkeit, wobei die Abgrenzung der financing-Kategorie anhand der „Funktion“ der zugrunde liegenden Aktivitäten zu erfolgen hat (Grundsatz 6). Im vorliegenden Abschnitt soll analysiert werden, inwieweit die untersuchten Erfolgsrechnungsformate diese Anforderung erfüllen.

886

887 888

224

Zum Ausweis der Zwischensumme „Betriebsergebnis“ nach IAS 1 (überarbeitet 2005) vgl. die Ausführungen im nächsten Abschnitt. Vgl. IFRIC Observer Notes zur Sitzung October 2004, Application Issues for IAS 1, Par. 8. Vgl. IFRIC-Update, December 2004.

Die US-amerikanische Gewinn- und Verlustrechnung beinhaltet keine separate Kategorie, die die Erträge und Aufwendungen im Zusammenhang mit der Finanzierung betrieblicher Aktivitäten umfassen würde. Im Rahmen des single-step-Formates wird innerhalb des gewöhnlichen Ergebnisses nur zwischen Erträgen und Aufwendungen unterschieden. Es ist offensichtlich, dass eine derartig rudimentäre Erfolgsspaltung keine tief greifende Erfolgsanalyse ermöglicht. Dieses unter dem Gesichtspunkt der Erfolgsspaltung ausgesprochen nachteilige Präsentationsformat ist aber in der US-amerikanischen Rechnungslegungspraxis nach wie vor ziemlich verbreitet.889

Aber auch das multiple-step-Format (inklusive des in der Regulation S-X vorgegebenen Gliederungsschemas) sieht keine separate Kategorie für die Darstellung der Erfolge in Zusammenhang mit der Finanzierungstätigkeit vor. Der Erfolgsspaltung des gewöhnlichen Ergebnisses nach dem multiple-step-Format liegt ein anderer Strukturierungsgedanke zugrunde: unterschieden wird zwischen den betrieblichen (operating) und anderweitig induzierten (nonoperating) Erfolgen. Die Abgrenzung orientiert sich primär am Kriterium der „Betriebsbezogenheit“. Wie im Kapitel 2 dargelegt, entzieht sich dieses Kriterium aufgrund seiner Orientierung an den individuellen Gegebenheiten eines Unternehmens der Standardisierbarkeit. Die Tatsache, dass für die Abgrenzung der betrieblichen gegenüber den nicht betrieblichen Erfolgen noch das Kriterium der „Wiederholbarkeit“ bzw. der „Regelmäßigkeit“ und das Kriterium der „Gegenwärtigkeit“ herangezogen werden, macht diese Abgrenzung weder einfacher noch transparenter. Die gleichzeitige Anwendung dieser Kriterien, die im gegenseitigen Verbund und in gegenseitiger Ergänzung interpretiert werden müssen890, kann keine intersubjektiv nachprüfbaren Ergebnisse liefern und öffnet breite Interpretationsspielräume.

Festzustellen ist zudem, dass Erfolgskomponenten, die der geforderten Kategorie financing zuzurechnen wären, sich im US-amerikanischen multiple-step-Format sowohl in der operating als auch in non-operating section wieder finden. Eine Abgrenzung der financingKategorie wäre daher nur mit Hilfe von zusätzlichen Überleitungsrechnungen möglich.

Die Gewinn- und Verlustrechnung nach Vorschriften des FRS 3 und des CA 1985/1989 lässt im Gegensatz zu der US-amerikanischen Erfolgsrechnung zumindest ansatzweise eine Erfolgsspaltung in Betriebs- und Finanzergebnis erkennen, wenn auch das Finanzergebnis nicht 889

890

Nach den Erhebungen des AICPA wird das single-step-Verfahren immerhin von ca. einem Drittel der vom AICPA untersuchten Firmen angewandt, vgl. AICPA (2000), ATT-Sec. 3.07. Vgl. Abschnitt 4.1.3.2.2.

225

explizit abgegrenzt wird. Die Posten, die zwischen dem Betriebsergebnis abzüglich definierten außergewöhnlichen Posten und dem Ergebnis der gewöhnlichen Tätigkeit vor Steuern auszuweisen sind, umfassen Erträge und Aufwendungen in Zusammenhang mit der Finanzierungstätigkeit des Unternehmens. Das britische Ausweisformat würde daher eine relativ problemlose Ableitung einer financing-Kategorie ermöglichen.

Die Regelung des IAS 1 sieht explizit einen obligatorisch auszuweisenden Posten financing costs vor, was auf den ersten Blick ein Vorteil dieser Regelung gegenüber den USamerikanischen und den britischen Vorschriften zu sein scheint. Als ein bedeutender Mangel stellt sich aber die Tatsache heraus, dass der Inhalt dieses Postens in keiner IFRS-Vorschrift definiert ist. Die genaue inhaltliche Abgrenzung dieses Postens liegt daher im Wesentlichen im Ermessen des bilanzierenden Unternehmens.

Die Gliederungsvorschriften des IAS 1 in der Fassung von 1993 beinhalteten neben dem Posten „Finanzierungskosten“ noch eine weitere Position, die nicht einmal ansatzweise im IFRSRegelwerk definiert war: die Position „Ergebnis der betrieblichen Tätigkeit“ (results of operating activities). Bei der Überarbeitung des IAS 1 im Jahre 2003 hat der IASB diese Position gestrichen. Diese Entwicklung deutet auf ein (grundsätzlich positiv zu bewertendes) Bestreben des Gremiums hin, die Struktur der Erfolgsrechnung durch explizit definierte Kategorien festzulegen und damit die Vergleichbarkeit der Abschlüsse zu verbessern.

Allerdings sind die praktischen Auswirkungen dieser Änderung eher als gering einzuschätzen. Angesichts des rudimentären Charakters der Gliederungsvorschriften des IAS 1.81 wird den Bilanzierenden durch IAS 1.83 die Verpflichtung auferlegt, zusätzliche Posten, Überschriften und Zwischensummen in die Gewinn- und Verlustrechnung einzufügen, sofern sie für das Verständnis der Ertragslage relevant sind. Somit ist auch der Ausweis eines „Betriebsergebnisses“ in der Gewinn- und Verlustrechnung möglich, ohne dass dieser Posten im IAS 1 definiert wird.891

In Bezug auf Änderungen des IAS 1 im Rahmen des improvements project ist in diesem Zusammenhang generell zu kritisieren, dass der IASB die ohnehin geringe Gliederungstiefe der Gewinn- und Verlustrechnung weiter reduziert hat, ohne neue Kategorien und deren weitere Untergliederung einzuführen. Diese „Bereinigung“ wurde ursprünglich als erster Schritt vor 891

226

Vgl. Küting/Keßler/Gattung (2005), S. 19.

der baldigen Einführung einer neuen, verbesserten Gliederung angedacht, welche sich als Ergebnis des reporting performance-Projektes ergeben sollte. Angesichts der massiven Verzögerung des Projektes892 müssen die Jahresabschlussadressaten sich auf eine längere Zeit mit einer noch weniger differenzierteren Gliederung einstellen, die kaum erfolgsspaltungsorientiert ist und auch keine bessere Vergleichbarkeit gewährleistet.

4.4.2.2.1.3

Getrennter Ausweis der Erfolgskomponenten aus der Fair Value-Bewertung und der übrigen Erfolgskomponenten

Im Kapitel 2 wurde die Anforderung abgeleitet, Erfolgskomponenten aus der fair valueBewertung im Rahmen einer separaten Kategorie der Erfolgsrechnung auszuweisen (Grundsatz 7). Diese Anforderung wird von keinem der hier untersuchten Formate der Erfolgsrechnung erfüllt.

Zum einen wird ein wesentlicher Teil der aus der fair value-Bewertung resultierenden Erfolgskomponenten in den betrachteten Rechnungslegungssystemen erfolgsneutral außerhalb der Gewinn- und Verlustrechnung erfasst. Zum anderen wird ein anderer Teil der bewertungsinduzierten Erträge und Aufwendungen direkt in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesen, ohne dass die Herkunft dieser Erfolgskomponenten kenntlich gemacht wird. Die Formate der US-amerikanischen, der britischen sowie der Gewinn- und Verlustrechnung nach IAS sehen eine Unterscheidung der Erfolgskomponenten nach dem Merkmal der fair valueBewertung nicht vor.

4.4.2.2.2

Erfolgsspaltung in der Darstellung der erfolgsneutral erfassten Aufwendungen und Erträge

Die Analyse der Vorschriften zur Darstellung des comprehensive income nach SFAS 130, nach FRS 3 und nach IAS 1 hat gezeigt, dass die Präsentation der erfolgsneutral erfassten Erfolgskomponenten in allen drei Rechnungslegungssystemen sich an den einzelnen jeweils gel-

892

Vgl. Abschnitt 5.3.1 und 5.4.1.

227

tenden Rechnungslegungsstandards orientiert, die die erfolgsneutrale Erfassung von Erfolgskomponenten vorschreiben. Die in diesem Kapitel analysierten Abschlussbestandteile zur Darstellung der erfolgsneutral erfassten Aufwendungen und Erträge lassen somit kein explizites Erfolgsspaltungskonzept erkennen.

Da aber die Erfolgselemente, die nach den Regelungen einzelner Standards erfolgsneutral zu erfassen sind, als separate Komponenten dargestellt werden, kann die Ableitung eines erfolgsneutralen Finanzergebnisses erfolgen. Das Gleiche gilt auch in Bezug auf die geforderte getrennte Darstellung von Erfolgselementen aus der fair value-Bewertung.

4.4.2.3

Weitere Untergliederung von Erfolgskomponenten

Die Frage, ob die analysierten Regelungen die Anforderung einer Untergliederung der Erträge und Aufwendungen innerhalb der geforderten Erfolgskategorien (Grundsatz 8) erfüllen, wurde bereits im Zusammenhang mit der Beurteilung der Gestaltungsfreiheit des Gliederungsschemas im Abschnitt 3.4.2.1 erörtert.

Ferner wurde im Kapitel 2 ein Verbot der „gemischten“ Gliederungen gefordert. Diese Anforderung wird von keinem der hier untersuchten Erfolgsdarstellungsformate erfüllt, was als ein wesentlicher Mangel der jeweiligen Regelung klassifiziert werden kann. Denn derartige „gemischte“ Gliederungen ermöglichen durch einen getrennten Ausweis von ausgewählten Aufwandposten eine verkürzte Darstellung von jeweiligen funktionalen Aufwendungen und können daher bei den Bilanzadressaten ein verzerrtes Bild der funktionalen Kosten ergeben. Darüber hinaus beeinträchtigen derartige „gemischte“ Gliederungen die Vergleichbarkeit der Jahresabschlüsse.

Zu bemängeln ist auch, dass keines der untersuchten Formate ein Erfordernis der weiteren Untergliederung von primär nach Funktionsbereichen aufgestellten Gliederungen vorsieht. Eine derartige Untergliederung wurde im Kapitel 2 empfohlen (Grundsatz 9).

228

4.4.2.4

Darstellung der Ergebniseffekte aus der Änderung von Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden und der Korrektur von Fehlern

Die Analyse von derzeit geltenden Vorschriften zur Behandlung von Änderungen der Rechnungslegungsmethoden hat gezeigt, dass sämtliche analysierten Vorschriften eine erfolgsneutrale retrospektive Erfassung der Auswirkungen von Änderungen der Rechnungslegungsmethoden durch die Anpassung von Vorjahreszahlen vorschreiben. Auch sämtliche hier untersuchten Vorschriften zur Korrektur von Fehlern sehen eine retrospektive erfolgsneutrale Erfassung der Korrekturen vor.

Dieses einheitliche Bild ist das Ergebnis jüngerer Konvergenzbemühungen von Standardsetzern im angloamerikanischen Raum. Wie dargelegt, führte die 2003 vorgenommene Überarbeitung der diesbezüglichen IAS-Regelungen zur Streichung des Wahlrechts zur erfolgswirksamen Erfassung der Anpassungsbeträge und zur Eliminierung der Unterscheidung zwischen den grundlegenden und sonstigen Fehlern. Die einschlägigen US-amerikanischen Regelungen wurden 2005 überarbeitet und an die neuere IAS-Regelung angeglichen. Die bisher nach USGAAP geltende unterschiedliche Behandlung von Ergebnissen aus der Änderung der Rechnungslegungsmethoden und aus der Korrektur von Fehlern wurde somit aufgehoben.

Der dargestellte Konvergenztrend und die Streichung von Wahlrechten sind grundsätzlich zu begrüßen. Eine einheitliche Behandlung dieser wichtigen Sachverhalte im angloamerikanischen Raum unterstützt die Bemühungen für die verbesserte Vergleichbarkeit der Jahresabschlüsse. Die eingeschlagene Richtung dieser Konvergenzbemühungen muss aber hinterfragt werden.

Die Anpassung der Vortragssalden von Vermögenswerten und Schulden führt zur Entstehung von Erfolgskomponenten, die grundsätzlich die Definition von Erträgen und Aufwendungen erfüllen. Wie im Kapitel 2 erläutert, verstößt die erfolgsneutrale Erfassung von Erträgen und Aufwendungen gegen das Kongruenzprinzip. Da bei den dargestellten Erfassungsmethoden die Erfolgskomponenten in keiner Periode über die Erfolgsrechnung geführt werden, sind diese Kongruenzverstöße dauerhaft. Somit wird die zeitliche Verknüpfung der Erfolgsrechnun-

229

gen aufgelöst.893 Die Korrektur bzw. die Änderung der Erfolgswirkungen in den vergangenen Perioden findet in den Folgeperioden keine erfolgsrechnerische Umkehrung. Durch die einheitliche Umstellung auf die erfolgsneutrale Erfassung von Änderungen der Rechnungslegungsmethoden und der Korrekturen von Fehlern nehmen die Kongruenzverstöße zu.

Es muss auch erwähnt werden, dass die erfolgsneutrale Erfassung durch die Anpassung der Eröffnungssalden der Rücklagen die Bilanzidentität durchbricht. Der Grundsatz der Bilanzidentität ist in den jeweiligen Rahmenkonzepten zwar nicht ausdrücklich genannt, ergibt sich aber aus der Anforderung der Vergleichbarkeit von Rechnungslegungsinformationen.

Darüber hinaus ist auch auf die Problematik der Abgrenzung von Fehlern von der Änderung der Bewertungsannahmen und Schätzungen hinzuweisen. Die Änderungen der Schätzungen werden in den betrachteten Rechnungslegungskreisen derzeit einheitlich erfolgswirksam in der laufenden Periode erfasst. Da bislang noch keine Lösung für eine einwandfreie, trennscharfe Unterscheidung zwischen den Fehlern und Änderungen der Schätzungen gefunden wurde, kann es in Extremfällen zu einer absichtlichen, bilanzpolitisch motivierten Erzeugung von Fehlern kommen.894

Die G4+1-Arbeitsgruppe hat bereits 1999 in ihrem Bericht Reporting Financial Performance: A Proposed Approach zur grundsätzlichen Frage der erfolgswirksamen vs. erfolgsneutralen Erfassung von Änderungen vergangener Perioden Stellung bezogen. Die Arbeitsgruppe hat sich zugunsten der erfolgsneutralen Erfassung ausgesprochen.895 Nach Ansicht der Arbeitsgruppe ist bei dieser Frage ausschlaggebend, dass sich die jeweiligen Ergebnisbeiträge auf frühere Perioden beziehen. Sie sollten daher nicht der performance der laufenden Periode angelastet werden.896

Dieser Auffassung wird hier nicht gefolgt. Es ist zwar der Arbeitsgruppe zuzustimmen, dass die Auswirkungen von Änderungen der Rechnungslegungsmethoden periodenfremde Sachverhalte darstellen; dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass es sich bei diesen Änderun-

893

894 895 896

230

Zu den Ausführungen in diesem und in den zwei folgenden Absätzen vgl. Hollmann (2003), S. 211 f. Die Ausführungen bei Hollmann (2003) beziehen sich auf die IAS-Regelungen, lassen sich aber aufgrund der nun einheitlichen Behandlung dieser Sachverhalte auch auf US-GAAP und UK-GAAP übertragen. So auch Hollmann (2003), S. 211, in Bezug auf die entsprechenden IAS-Regelungen. Vgl. Cearns (1999), Par. 8.5. Vgl. Cearns (1999), Par. 8.5.

gen grundsätzlich um Bestandteile des comprehensive income handelt.897 Nach den derzeit geltenden Regelungen des FASB, ASB und des IASB werden aber die Auswirkungen von Änderungen der Rechnungslegungsmethoden in den jeweiligen Aufstellungen zur Darstellung des comprehensive income entweder überhaupt nicht (US GAAP) oder lediglich als eine Angabe außerhalb der dem comprehensive income entsprechenden Endsumme aufgeführt (UK GAAP und IFRS). Diese Art der Darstellung impliziert, dass dem Merkmal der Aperiodität Vorrang vor der Eigenschaft als Bestandteil des comprehensive income bzw. als Ertrag oder Aufwand eingeräumt wird.898 Eine in dieser Arbeit empfohlene konsequente Umsetzung des comprehensive

income-Konzeptes

erfordert

aber

die

Erfassung

sämtlicher

nicht-

eigentümerbezogener Erfolgskomponenten in der Erfolgsrechnung. Die Andersartigkeit der Erfolgskomponenten, wie z. B. die Aperiodität, sollte durch einen gesonderten Ausweis innerhalb der Erfolgsrechnung kenntlich gemacht werden.

4.4.2.5

Verrechnung von Erfolgskomponenten

Positiv hervorzuheben ist zunächst, dass alle drei untersuchten Erfolgsausweisformate im Grundsatz dem Bruttoprinzip folgen. Erträge und Aufwendungen dürfen nach US-GAAP, UK-GAAP und IFRS grundsätzlich nicht saldiert werden. Ausnahmen von diesem Grundsatz ergeben sich aus einzelnen Regelungen, was der im Kapitel 2 empfohlenen Vorgehensweise entspricht.

Bei der Umsetzung des Grundsatzes des unsaldierten Ausweises von Posten finden sich aber zwischen den einzelnen Ausweisformaten beträchtliche Unterschiede. Durch die Vorgabe eines detaillierten Gliederungsschemas, in dem Erträge und Aufwendungen im Wesentlichen unsaldiert dargestellt werden, wird dieses Gebot durch das britische Ausweisformat tendenziell zufrieden stellend umgesetzt. Die sehr undifferenzierte Aufstellung von mindestens auszuweisenden Posten nach IAS 1 sieht dagegen hauptsächlich saldierte Positionen vor und verstößt somit gegen das Gebot des unsaldierten Ausweises von Erträgen und Aufwendungen. 897

898

Vgl. Robinson (1991), S. 107; Linsmeier u.a. (1997), S. 125; Johnson/Lennard (1998), Par. 1.14; Gerbaulet (1999), S 225. Im Zusammenhang mit den im März 2006 vorgelegten Vorschlägen des ED IAS 1 zur getrennten Darstellung der nicht-eigentümerbezogenen Änderungen des Eigen-kapitals (vgl. hierzu Abschnitt 5.4.2) haben EFRAG und auch das IdW darauf hin-gewiesen, dass Ergebniseffekte aus den Änderungen der Rechnungslegungsmetho-den definitionsgemäß nicht-eigentümerbezogene Änderungen des Eigenkapitals darstellen, ausweistechnisch aber nicht als solche behandelt werden, vgl. EFRAG (2006), S. 3 f.; IdW (2006), S. 3 f.

231

Unter US-GAAP existiert kein für alle Unternehmen geltendes Gliederungsschema für die Gewinn- und Verlustrechnung. Die konkrete Umsetzung des Gebotes des unsaldierten Ausweises von Posten liegt daher im Wesentlichen im Ermessen des bilanzierenden Unternehmens.

In Bezug auf das Ausweisformat unter IFRS ist dennoch positiv hervorzuheben, dass IAS 1 eine explizit ausformulierte und begründete allgemeine Regelung zur Verrechnung von Erfolgskomponenten beinhaltet. Die Bestimmungen des IAS 1.32 ff. könnten als Grundsatzplattform für künftige Verbesserungen herangezogen werden. Andererseits beinhaltet IAS 1 aber eine weitere ergänzende Regelung, die die Wirkung des explizit verankerten Bruttoprinzips wieder einschränkt. IAS 1.35 bestimmt, dass Gewinne und Verluste aus ähnlichen Transaktionen auf Nettobasis dargestellt werden müssen, es sei denn, einzelne Gewinne und Verluste sind wesentlich. Als Beispiele werden Gewinne und Verluste aus der Währungsumrechnung und aus held-for-trading-Finanzinstrumenten angeführt. In Abwesenheit einer speziellen Regelung für die Darstellung erfolgsneutral erfasster Erfolgskomponenten ist aufgrund der Vorschrift des IAS 1.35 davon auszugehen, dass für die im statement of changes in equity erfolgsneutral erfassten Erträge und Aufwendungen ein Saldierungsgebot gilt.899 Auch die saldierte Darstellung in den Beispielen in der guidance zum IAS 1 bestätigt diese Annahme. Die Posten des statement of changes in equity stellen somit grundsätzlich saldierte Größen dar, es sei denn, einzelne Erträge und Aufwendungen sind so wesentlich, dass die Saldierung gegen die Vorschrift des IAS 1.35 verstoßen würde.900

SFAS 130 und FRS 3 enthalten keine expliziten Regelungen zur Saldierung von erfolgsneutral erfassten Erträgen und Aufwendungen innerhalb einzelner Posten der Darstellung des comprehensive income bzw. des statement of total recognised gains and losses. Die in diesen Standards beispielhaft aufgeführten Formate zeigen aber einen saldierten Ausweis der erfolgsneutral erfassten Erträge und Aufwendungen. Diese Vorgehensweise verstößt gegen den im Kapitel 2 abgeleiteten Grundsatz der Bruttodarstellung.

899 900

232

Vgl. Hollmann (2003), S. 201 und S. 220. Vgl. Gerbaulet (1999), S. 220 f. sinngemäß.

4.4.3

Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse

Die Analyse der US-amerikanischen, britischen und der IFRS-Vorschriften zum Erfolgsausweis hat wesentliche Schwächen erkennen lassen. Die im Kapitel 2 aufgestellten Anforderungen an die zweckgerechte Gestaltung der Erfolgsrechnung im Rahmen einer informationsorientierten Rechnungslegung werden von keinem der hier untersuchten Erfolgsdarstellungsformate vollständig erfüllt.

Im Einzelnen bestehen aber zwischen den betrachteten Formaten nicht unerhebliche Unterschiede.

Sowohl in der US-amerikanischen als auch in der britischen Rechnungslegung und in der Rechnungslegung nach IAS werden bestimmte Erträge und Aufwendungen erfolgsneutral erfasst. Somit wird gegen die Anforderung der lückenlosen Erfassung sämtlicher Erträge und Aufwendungen in einer einzigen Erfolgsrechnung verstoßen. Die erfolgsneutrale Erfassung von Erfolgskomponenten führt zur Verletzung des Kongruenzprinzips. Es findet keine konsequente Umsetzung des comprehensive income-Konzeptes im Sinne des clean surplus accounting statt. Als gravierender Mangel der dargestellten Regelungen ist darüber hinaus die Tatsache zu werten, dass für die unterschiedliche (erfolgswirksame und erfolgsneutrale) Behandlung von Erfolgskomponenten keine konzeptionelle Begründung vorliegt.

Bei der Darstellung von erfolgsneutral erfassten Erträgen und Aufwendungen bestehen zwischen den untersuchten Formaten beträchtliche Unterschiede. Die einschlägigen Vorschriften des FASB und die IFRS-Vorschriften sehen umfangreiche Gestaltungswahlrechte bei der Darstellung dieser Erfolgskomponenten vor. Als besonders nachteilig im Sinne der informationsorientierten Rechnungslegung erweist sich die Darstellung dieser Erfolgskomponenten in einem Eigenkapitalspiegel. Die Regelung des FRS 3 schreibt dagegen zwingend die Darstellung von erfolgsneutral erfassten Erfolgskomponenten in einem statement of total recognised gains and losses vor. Der Eigenkapitalspiegel als Ausweisalternative wird unter dieser Regelung nicht zugelassen.

In Bezug auf das britische Ausweisformat ist darüber hinaus positiv hervorzuheben, dass im Rahmen dieses Formates das Verfahren des recycling nicht erlaubt ist. Dies verleiht dem statement of total recognised gains and losses den Charakter einer eigenständigen zweiten Er233

folgsrechnung. Die Ausweisformate nach den Regelungen des FASB und des IASB sehen dagegen die Umbuchung bestimmter zuvor erfolgsneutral erfasster Erfolgskomponenten bei der Realisierung in die Gewinn- und Verlustrechnung vor und verstoßen somit gegen die im Kapitel 2 aufgestellte Forderung, Aufträge und Aufwendungen nur einmal in der Erfolgsrechnung zu erfassen. Bezüglich der IFRS-Regelungen muss noch negativ angemerkt werden, dass sowohl der recycling approach als auch der non-recycling approach zur Anwendung kommen, ohne dass eine Begründung für die unterschiedlichen Vorgehensweisen geliefert wird.

Auch bezüglich der Strukturierung der Erfolgsrechnung bieten die hier untersuchten Erfolgsausweisformate ein sehr differenziertes Bild.

Im Rahmen der US-GAAP existiert kein für alle Unternehmen geltendes Gliederungsschema der Gewinn- und Verlustrechnung, was sich negativ auf die Vergleichbarkeit und die Verständlichkeit der Abschlüsse von nicht SEC-berichtspflichtigen Unternehmen auswirkt. Auch die parallele Anwendung der in der Praxis entwickelten, der Methodik nach sehr unterschiedlichen one-step- und multiple-step-Verfahren wirkt sich negativ auf die Verständlichkeit und die Vergleichbarkeit der Jahresabschlüsse aus. Nur für die bei der SEC registrierten Unternehmen existiert ein relativ detailliertes verbindliches Gliederungsschema.

Die Regelung des IAS 1 beinhaltet dagegen allgemein verbindliche Vorschriften zu den obligatorischen Posten der Gewinn- und Verlustrechnung. Aufgrund der sehr geringen Gliederungstiefe und zum Teil fehlenden Definitionen der Posteninhalte kann aber diese Postenaufstellung nicht als ein Gliederungsschema gewertet werden. Es handelt sich hierbei lediglich um eine rudimentäre Mindeststruktur der Gewinn- und Verlustrechnung.

Das britische Ausweisformat bietet hinsichtlich der Vorgabe eines verbindlichen, hinreichend tief gegliederten Ausweisschemas ein viel positiveres Bild. Die Struktur der britischen Gewinn- und Verlustrechnung wird durch die gesetzlichen Vorschriften des CA 1985/1989 weitgehend bestimmt. Die Detailliertheit dieses Gliederungsschemas wurde durch die Regelungen des FRS 3 weiter erhöht. Positiv anzumerken ist auch, dass die Inhalte der durch FRS 3 eingeführten obligatorischen Posten im Rahmen dieses Standards weitgehend bestimmt wurden.

234

Hinsichtlich der Gliederung in der Darstellung von erfolgsneutral erfassten Erfolgskomponenten oder des gesamten comprehensive income bestehen zwischen den drei analysierten Formaten keine großen Unterschiede. In allen drei Rechnungslegungskreisen sind die entsprechenden Vorschriften ähnlich wenig detailliert und durch weite Spielräume gekennzeichnet.

Auch die Anforderungen an die Erfolgsspaltung werden von keinem der hier untersuchten Formate erfüllt. Die im Kapitel 2 vorgeschlagene Aufspaltung der Erfolgskomponenten in die (Haupt-)Kategorien operating, financing, und „fair value-Kategorie“ ist in dieser Form in keinem der drei untersuchten Erfolgsausweisformate vorgesehen.

Bei der Erfolgspaltung kommt das in dieser Arbeit kritisierte Kriterium der Regelmäßigkeit zur Anwendung. Innerhalb der US-amerikanischen Erfolgsrechnung spielt darüber hinaus das Kriterium der Betriebsbezogenheit eine große Rolle. Diese Kriterien wurden in der vorliegenden Arbeit als Kriterien charakterisiert, die sich der Standardisierung entziehen und daher bei der Kategorienbildung in der Erfolgsrechnung nicht verwendet werden sollten.

Das Gebot des unsaldierten Ausweises von Erträgen und Aufwendungen findet sich im Grundsatz in allen drei Rechnungslegungskreisen. Eine zufrieden stellende Umsetzung dieses Gebotes in der Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung findet aber nur innerhalb des britischen Ausweisformates statt. Die Darstellung der erfolgsneutral erfassten Erfolgskomponenten in allen drei hier untersuchten Ausweisformaten verstößt aber gegen das geforderte Gebot des unsaldierten Ausweises.

Bei der Gesamtbetrachtung ist festzustellen, dass bezüglich der Erfüllung der aufgestellten Anforderungen an die Inhalte und die Abgrenzung der Erfolgsrechnung und an die Strukturierung der Erfolgsrechnung das britische Ausweisformat dem US-amerikanischen und dem Ausweisformat nach IAS als überlegen zu werten ist. Den bisherigen britischen Regelungen könnten daher wertvolle Anhaltspunkte für weitere Bemühungen zur Verbesserung des Erfolgsausweises entnommen werden.

Der geringste Grad an Erfüllung der abgeleiteten Anforderungen wird bei der Gesamtbetrachtung durch die IFRS-Vorschriften erreicht. Die Darstellung der Ertragslage nach den derzeit geltenden Vorschriften des IASB ist sehr undifferenziert und durch weitgehende Spielräume gekennzeichnet. Es ist in diesem Zusammenhang Hollmann zuzustimmen, dass „Rechnungs-

235

legungsvorschriften, die die Form und Struktur des Erfolgsausweises weitgehend dem Ermessen der berichtenden Unternehmen überlassen, [...] nicht als investororientiert, sondern [...] als unternehmensorientiert bezeichnet werden“ müssen.901

Mit der Umsetzung der EU-Verordnung gewinnen die IFRS sehr stark an Bedeutung. Die Vereinheitlichung der Rechnungslegungsregeln ist für das effiziente Funktionieren der Finanzmärkte außerordentlich wichtig und kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Die Kehrseite der Medaille stellt jedoch die Tatsache dar, dass die zum Teil weiterentwickelten nationalen Regelungen durch die derzeit als unterlegen zu bezeichnenden IFRS-Vorschriften abgelöst werden. Die Analyse hat gezeigt, dass das Gesagte auf die bisherigen britischen Vorschriften zum Erfolgsausweis zutrifft. Umso wichtiger und dringender erscheinen die vom IASB derzeit unternommenen Bemühungen zur Weiterentwicklung der Erfolgsrechnung.

Wie in der Einleitung bereits dargelegt, hat der IASB zusammen mit dem ASB in den Jahren 2001-2003 an einem Kooperationsprojekt zur Verbesserung der Erfolgsdarstellung im Jahresabschluss gearbeitet. Die Erkenntnisse aus dem vom ASB zuvor durchgeführten nationalen Projekt zur Weiterentwicklung der Erfolgsrechnung sind in dieses gemeinsame Projekt eingeflossen. Auch der FASB arbeitete in den Jahren 2001-2003 an einem Projekt mit dem Titel „Reporting Financial Performance by Business Enterprises“. Seit 2004 wird das Thema des Erfolgsausweises vom IASB und dem FASB im Rahmen eines gemeinsamen Projektes bearbeitet.

Das folgende Kapitel befasst sich mit der Darstellung der Vorschläge zur Verbesserung des Erfolgsausweises, die im Rahmen dieser neueren Projekte vom ASB, vom IASB und vom FASB bisher vorgelegt wurden. Anschließend werden diese Vorschläge mit Hilfe der im Kapitel 2 herausgearbeiteten Anforderungen an den Erfolgsausweis kritisch gewürdigt.

901

236

Hollmann (2003), S. 245.

5

Projekte zur Weiterentwicklung der Erfolgsrechnung

5.1

Financial Reporting Exposure Draft (FRED) 22 des ASB „Reporting Financial Performance“

5.1.1

Zur Geschichte des Projektes

Der ASB hat den Financial Reporting Exposure Draft (FRED) 22 „Reporting Financial Performance“ im Jahre 2000 veröffentlicht. Dieser Standardentwurf stellt bis zum heutigen Tag den einzigen Vorschlag zum performance reporting dar, der das Stadium eines veröffentlichten Standardentwurfs erreicht hat.902

Angedacht war es ursprünglich, dass der auf dem FRED 22 basierende Rechnungslegungsstandard bei seiner Verabschiedung den bisher geltenden FRS 3 ablösen wird. Angesichts des Überganges auf die IFRS ab dem Geschäftsjahr 2005 hat der ASB nicht weiter an der Umsetzung des FRED 22 in einen FRS gearbeitet.

Die Ergebnisse des ASB-Projektes sind aber als Input in das in den Jahren 2001-2003 durchgeführte IASB-Projekt „Reporting Performance/Reporting Comprehensive Income“ eingeflossen und haben den Verlauf des IASB-Projektes in einem nicht geringen Maße beeinflusst. Die im Standardentwurf des ASB aufgezeigten Lösungsvorschläge werden auf internationaler Ebene weiterhin diskutiert.903

902

903

Der im Abschnitt 5.4.2 dargestellte neue Standardentwurf des IASB zur Änderung des IAS 1 führt lediglich einige wenige punktuelle Änderungen hinsichtlich der inhaltlichen Ausgestaltung der Erfolgsrechnung ein. Der Standardentwurf beinhaltet kein neues Modell zur Darstellung der financial performance. Bei diesem Standardentwurf handelt es sich lediglich um einen Zwischenschritt im Rahmen des gemeinsamen IASB/FASB-Projektes „Financial Statement Presentation“, vgl. hierzu die Ausführungen im Abschnitt 5.4. Vgl. hierzu Abschnitt 5.4.

237

5.1.2

Gegenstand des Standardentwurfs

FRED 22 befasste sich mit der Darstellung der financial performance von Unternehmen. Diese wurde im Standardentwurf wie folgt definiert:

„The financial performance of an entity comprises the return it obtains on the resources it controls, the components of that return and the characteristics of those components, insofar as they can be captured by the accounting model.“904

Der britische Standardsetzer vertrat im Standardentwurf die Auffassung, dass sämtliche Gewinne und Verluste der Periode zur financial performance eines Unternehmens gehören.905 FRED 22 führte aus, dass die financial performance in mathematischen Termini der Änderung des Reinvermögens während der Periode, abzüglich der Einlagen und Entnahmen der Anteilseigner, entspricht.906

Die Einführung der Regelungen des FRS 3 im Jahre 1992 stellte nach Ansicht des ASB einen wichtigen Schritt auf dem Wege zur Verbesserung des Erfolgsausweises dar.907 Die Vielzahl der neuen Entwicklungen, die seitdem stattgefunden haben, machte jedoch die Überarbeitung dieses Standards notwendig.908 U. a. erschwerte das Fehlen einer Konzeption zur Darstellung der financial performance nach Ansicht des ASB die Entwicklung weiterer Ansatz- und Bewertungsregelungen.

Bei der Ausarbeitung des Standardentwurfes hat der ASB u. a. Kommentierungen des Diskussionspapiers der G4+1-Arbeitsgruppe Reporting Financial Performance: A Proposed Approach909 berücksichtigt.910

904 905 906 907 908 909 910

238

ASB (2000), FRED 22, Definitions. Vgl. ASB (2000), FRED 22, Definitions. Vgl. ASB (2000), FRED 22, Definitions. Vgl. ASB (2000), FRED 22, Appendix IV, Par. 6. Vgl. ausführlich hierzu ASB (2000), FRED 22, Appendix IV, Par. 7. Vgl. Cearns (1999). Vgl. ASB (2000), FRED 22, Appendix IV, Par. 8 ff.

5.1.3

Statement of Financial Performance und weitere zusätzliche Aufstellungen und Pflichtangaben

Die zentrale Neuerung im Vergleich zum FRS 3 stellte die Zusammenfassung der bisherigen Gewinn- und Verlustrechnung und des statement of total recognised gains and losses zu einem statement of financial performance dar.911 Gemäß FRED 22.6 sollten bilanzierende Unternehmen912 verpflichtet werden, sämtliche Erträge und Aufwendungen der Periode in einem statement of financial performance darzustellen. Dieses sollte im Sinne der Weiterentwicklung des bereits im FRS 3 vorhandenen information set approach den Überblick über die komplette performance eines Unternehmens geben.913

Komponenten, die keine Erträge und Aufwendungen darstellen, durften nach FRED 22.8 nicht in das statement of financial performance aufgenommen werden. Aus diesem Prinzip wurde u. a. abgeleitet, dass die einmal in einem statement of financial performance erfassten Erträge und Aufwendungen nicht nochmals in diesem dargestellt werden dürfen. Darauf aufbauend sah FRED 22.10 ein Verbot des recycling zwischen den einzelnen Sektionen bzw. Abschnitten des statement of financial performance vor.

Eine weitere wichtige Änderung stellte die im FRED 22.91 verankerte Verpflichtung dar, eine reconciliation of ownership interest als ein primary statement abzubilden. Die reconciliation of ownership interest entsprach inhaltlich der bereits nach FRS 3 erforderlichen reconciliation of movements in shareholders’ funds, durfte aber nicht mehr – wie nach FRS 3 noch erlaubt – im Anhang dargestellt werden. Die in der Überleitungsrechnung bisher erforderliche getrennte Darstellung des Ergebnisses laut der Gewinn- und Verlustrechnung und der sonstigen, erfolgsneutral erfassten Erfolgskomponenten entfiel. FRED 22.91 sah eine getrennte Darstellung folgender Posten in der reconciliation of ownership interest vor: Ergebnis der Periode laut des performance statement, Dividenden der Periode (getrennt nach Eigenkapitalanteilen und nicht-eigenkapitalbezogenen Anteilen) und kumulierte Auswirkungen der prior period adjustments.

911 912

913

Vgl. ASB (2000), FRED 22, Preface. FRED 22 sieht besondere Bestimmungen für die Unternehmen des Banken- und Versicherungssektors sowie für investment companies vor, vgl. ASB (2000), FRED 22.77-.87. Diese branchenspezifischen Bestimmungen gehören nicht zum Gegen-stand der vorliegenden Arbeit und werden hier nicht weiter erläutert. Vgl. ASB (2000), FRED 22, Preface.

239

Weitere Aufstellungen und Pflichtangaben sollten nach FRED 22 das statement of financial performance ergänzen. Der ASB wies darauf hin, dass diese Aufstellungen und Pflichtangaben als Bestandteil des erweiterten information set914 zu verstehen seien und dem Bilanzleser helfen sollten, den Zusammenhang zwischen den Informationen des performance statement und den Änderungen der Bilanzpositionen zu erkennen.915 Der ASB unterschied hierbei zwischen den footnotes to the performance statement und den notes to the performance statement.916 Zu den erstgenannten gehörten Angaben zum Gewinn pro Aktie917 nach FRED 22.93 f., zu den Dividenden nach FRED 22.96 und den prior period adjustments nach FRED 22.97. Als zusätzliche Aufstellungen, notes to the performance statement, nannte FRED 22 u. a. note on historical cost profits and losses, beschrieben im FRED 22.104 ff., und das neu eingeführte table of exceptional items nach den Bestimmungen des FRED 22.63. Für die note on historical cost profits and losses sah der Standardentwurf im Unterschied zu FRS 3 lediglich ein Aufstellungswahlrecht, aber keine Aufstellungspflicht mehr vor. Der ASB nannte zwei Gründe für die Streichung der Aufstellungspflicht.918 Zum einen war der ASB nicht überzeugt, dass die Angabe der Informationen auf Basis der historischen Kosten tatsächlich í wie vielfach unterstellt í die Vergleichbarkeit der Abschlüsse erhöhe. Beispielsweise í so der ASB í seien die auf den historischen Anschaffungskosten basierenden Gewinne und Verluste aus Veräußerung der Vermögenswerte nur dann vergleichbar, wenn diese Vermögenswerte zur gleichen Zeit gekauft und veräußert würden. Zum anderen war der ASB der Meinung, dass volle Information über die historischen Anschaffungskosten möglicherweise nicht in allen Situationen vorliege bzw. ihre Beschaffung u. U. mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden sein könnte. Diese Überlegungen stellten nach Ansicht des ASB die Nützlichkeit der note on historical cost profits and losses in Frage. Da aber Nutzer des Jahresabschlusses vielfach den Wunsch geäußert haben, die note on historical cost profits and losses beizubehalten, hat sich der ASB für ein Wahlrecht entschieden.919

914 915 916 917 918 919

240

Vgl. ASB (2000), FRED 22, Summary. Vgl. ASB (2000), FRED 22, Preface. Vgl. ASB (2000), FRED 22, Appendix IV, Par. 68. Vgl. ASB (2000), FRED 22.93 ff. Vgl. im Folgenden ASB (2000), FRED 22, Appendix IV, Par. 75. Vgl. ASB (2000), FRED 22, Appendix IV, Par. 76.

5.1.4

Struktur und Erfolgsspaltungskonzept des Statement of Financial Performance

Der Standardentwurf beinhaltete Bestimmungen zur Strukturierung der Erfolgsrechnung. Das statement of financial performance war nach FRED 22.14 in drei Sektionen aufzuteilen:

(a) operating, (b) financing and treasury und (c) other gains and losses.

Sämtliche Gewinne und Verluste waren gemäß FRED 22.15 einer der Sektionen des performance statement zuzuordnen. Das Ziel der Einteilung in die Sektionen bestand laut FRED 22.16 darin, „ [...] to facilitate understanding of the performance achieved in a period and to help users judge how far past results are useful in assessing potential future results”. Die Einteilung bezweckte somit die Erhöhung des predictive value und des feedback value der Erfolgsrechnung.

Die operating section stellte die Standardsektion dar. Sie sollte laut FRED 22.19 die Erlöse umfassen, die das Unternehmen für seinen Output erzielt, sowie die Aufwendungen, die im Zusammenhang mit diesem Output entstanden sind. Es galt die Annahme, dass Erträge und Aufwendungen der Periode grundsätzlich aus operating activities resultieren.920 Die Ausnahme bildeten laut FRED 22.18 lediglich genau bestimmte Erträge und Aufwendungen, die gemäß Regelungen dieses Standardentwurfs oder anderer Rechnungslegungsstandards in einer der beiden anderen Sektionen auszuweisen waren.

In der financing and treasury section waren gemäß FRED 22.23 Erfolgskomponenten auszuweisen, die in Zusammenhang mit der Finanzierung von Unternehmensaktivitäten entstehen. Ob Erfolgskomponenten ihrer „Natur“ nach als financial einzustufen sind, war dagegen für die Zurechnung zur financing and treasury section oder zur operating section nicht relevant.921 In der financing and treasury section waren laut FRED 22.21 nur Erfolgskomponenten auszuweisen, die durch diesen Standardentwurf oder andere Rechnungslegungsstandards spezifiziert sind. Der Standardentwurf benannte einzeln die in der financing and treasury sec920 921

Vgl. ASB (2000), FRED 22.20. Vgl. ASB (2000), FRED 22.23.

241

tion auszuweisenden Erträge und Aufwendungen. Nach FRED 22.22 waren innerhalb dieser Sektion folgende Positionen auszuweisen: Zinsaufwendungen und Zinserträge, Ergebnisse aus Abzinsung langfristiger Positionen (z. B. Pensionsrückstellungen), Einkommen aus Investitionen, welche als ein Teil der treasury activities gehalten wurden, Gewinne und Verluste aus dem Wiederkauf oder aus der Rückzahlung von Schulden vor Fälligkeit sowie weitere, durch die anderen FRS oder UITF Abstracts für den Ausweis in dieser Sektion vorgesehenen Erfolgskomponenten.

Der Standardentwurf nahm nicht Stellung zur Frage, in welcher Sektion der Erfolgsrechnung die Beteiligungserträge auszuweisen waren. Der einzige Anhaltspunkt für die Zuordnung dieser Erfolgskomponenten ließ sich aus der Bestimmung des FRED 22.22(c) gewinnen, wonach das Einkommen aus Investitionen, welche als ein Teil der treasury activities gehalten werden, in der financing and treasury section auszuweisen waren. Es kann daher lediglich vermutet werden, dass für den Ausweis der Beteiligungserträge die Zuordnung der zugrunde liegenden Beteiligungen zu den Finanzierungsaktivitäten oder zum operativen Bereich ausschlaggebend war, und dass der Standardentwurf diese Zuordnung dem Ermessen des bilanzierenden Unternehmens überließ.

Ferner bestimmte FRED 22.24, dass einzelne Posten der Sektion financing and treasury im Anhang aufzulisten seien, wenn sie im performance statement nicht getrennt ausgewiesen würden.

In der Sektion other gains and losses waren ebenfalls nur Erfolgskomponenten ausgewiesen, die in den Rechnungslegungsstandards einzeln festgelegt sind.922 FRED 22.26 enthielt eine abschließende Liste der in dieser Sektion auszuweisenden Posten. Hierzu gehörten Gewinne und Verluste aus der Neubewertung von Sachanlagevermögen, Gewinne und Verluste aus der Veräußerung von Gegenständen des Sachanlagevermögens, versicherungsmathematische Gewinne und Verluste in Zusammenhang mit den defined benefit schemes, Gewinne und Verluste aus der Veräußerung von einzustellenden Bereichen, Gewinne und Verluste aus der Fremdwährungsumrechnung von Auslandsbeteiligungen, Gewinne und Verluste aus der Neubewertung von Anlageimmobilien sowie weitere, durch andere FRS oder UITF Abstracts für den Ausweis in dieser Sektion vorgesehene Erfolgskomponenten.

922

242

Vgl. ASB (2000), FRED 22.25.

Generell gesehen sollten in der Sektion other gains and losses die sog. holding gains and losses erfasst werden. Diese waren laut FRED 22.27 als Erfolgskomponenten zu sehen, die mit den zentralen Aktivitäten des Unternehmens nur indirekt verbunden sind. Nach Ansicht des ASB entstehen holding gains and losses im Zusammenhang mit den eher auf längere Zeit gehaltenen Positionen und reflektieren im Wesentlichen die Länge der Zeitspanne, während derer die entsprechenden Objekte gehalten werden und die Preisänderungen während dieser Periode.923

Für die other gains and losses section galt nach FRED 22.28 schließlich, dass einzelne Posten der Sektion im Anhang aufzulisten seien, wenn sie im performance statement nicht getrennt ausgewiesen würden.

Neben der Spaltung der Erfolgskomponenten in operating, financing und other gains and losses schrieb FRED 22.30 einen obligatorischen getrennten Ausweis von continuing operations, Akquisitionen (als Komponente der continuing operations) und discontinuing operations innerhalb der operating section vor. Für jede Position dieser Sektion waren daher die auf continuing operations, auf Akquisitionen und auf discontinuing operations entfallende Beträge getrennt anzugeben. So beispielsweise war die Position „Umsatzerlöse“ in die Umsätze weiter aufzugliedern, die aus den continuing operations, aus den erworbenen Aktivitäten und aus den discontinuing operations resultierten. Diese Aufgliederung sollte entweder direkt in der Erfolgsrechnung oder im Anhang angegeben werden.924 Der Standardentwurf erlaubte, die genannte Aufgliederung auch für die Positionen der financing and treasury section und für other gains and losses vorzunehmen, es sei denn, die Aufspaltung würde schwer durchführbar sein oder irreführend wirken.925 Innerhalb der operating section war die oben genannte Aufspaltung des Erfolges mindestens für die Positionen Umsatz und Betriebsergebnis unmittelbar in der Erfolgsrechnung vorzunehmen.926 Der Standardentwurf gestattete, die Aufspaltung für die restlichen Positionen zwischen Umsatz und Betriebsergebnis auch im Anhang darzustellen.927

923 924 925

926 927

Vgl. ASB (2000), FRED 22, Appendix IV, Par. 27. Vgl. ASB (2000), FRED 22, Par. 31. Vgl. ASB (2000), FRED 22, Par. 30. Der Standardentwurf bestimmte, dass bei der Ausübung dieses Wahlrechts die Prämissen für die vorgenommenen Allokationen von Erfolgskomponenten offen zu legen waren, vgl. ASB (2000), FRED 22, Par. 32. Vgl. ASB (2000), FRED 22, Par. 31. Vgl. ASB (2000), FRED 22, Par. 31.

243

Die Abgrenzung der discontinuing operations (im FRS 3 noch „discontinued operations“) wurde im FRED 22 an die des damals gültigen IAS 35 angepasst.928 Das Erfordernis der Vollendung der discontinuation in der Berichtsperiode und der Unwiderruflichkeit der Beendigung wurde gestrichen. Stattdessen definierte FRED 22 in Anlehnung an die damals geltenden Bestimmungen des IAS 35 discontinuing operations als Tätigkeiten, die von dem Rest der Tätigkeiten eindeutig unterscheidbar sind und für die ein verpflichtender Verkaufsvertrag unterzeichnet oder ein Abwicklungsplan bekannt gemacht wurde.929

Eine weitere im Standardentwurf vorgeschlagene Änderung betraf den Ausweis der außergewöhnlichen Posten.930 FRED 22.61 bestimmte, dass die außergewöhnlichen Posten nur innerhalb der Sektion, zu der sie inhaltlich gehörten, auszuweisen waren. Das im FRS 3 noch vorhandene Erfordernis des getrennten Ausweises für drei spezifizierte Kategorien der außergewöhnlichen Posten wurde im Standardentwurf gestrichen. Der Betrag jedes einzelnen außergewöhnlichen Postens oder der aggregierte Betrag von ähnlichen außergewöhnlichen Posten war nach FRED 22.61 im Anhang, oder, wenn das Prinzip des true and fair view dies erforderte, direkt in der Erfolgsrechnung offen zu legen. Ferner bestimmte der Standardentwurf, dass in den Fällen, in denen auf die financial performance des Unternehmens als die performance abzüglich oder einschließlich der außergewöhnlichen Posten Bezug genommen wurde, zusätzliche Erklärungen beizufügen waren. Aus diesen Erklärungen sollte die Bedeutung des Ausschlusses oder der Einbeziehung dieser Posten für das Ergebnis der Periode und für die Beurteilung der Nachhaltigkeit der Ergebnisse hervorgehen.931

Neben den geschilderten Erfolgsspaltungskategorien war im FRED 22 die Kategorie der außerordentlichen Posten beschrieben. Die äußerst restriktive Abgrenzung dieser Kategorie wurde unverändert aus dem FRS 3 übernommen,932 so dass es in der Praxis nur extrem selten oder gar nicht zum Ausweis der außerordentlichen Posten kommen durfte.

Angesprochen im Standardentwurf war außerdem die Frage der Verrechnung von Erfolgskomponenten. Nach FRED 22.12 sollte die Verrechnung von Erträgen und Aufwendungen im statement of financial performance nach FRED 22.12 grundsätzlich verboten sein, es sei denn: 928 929 930 931 932

244

Vgl. ASB (2000), FRED 22, Appendix IV, Par. 55 f. Vgl. ASB (2000), FRED 22, Definitions; ASB (2000), FRED 22, Summary, Par. i. Die Definition der außergewöhnlichen Posten wurde aus dem FRS 3 unverändert übernommen. Vgl. ASB (2000), FRED 22.65 f. Vgl. hierzu die Ausführungen im Abschnitt 4.2.3.2.

x

Erträge und Aufwendungen bezogen sich auf das gleiche Ergebnis oder den gleichen Vorgang und

x

die unsaldierte Darstellung würde die Abschätzung künftiger Ergebnisse oder die Beurteilung der vergangenen Transaktionen nicht unterstützen.

Als ein Beispiel für den beschriebenen Ausnahmetatbestand nannte der ASB Gewinne und Verluste aus dem Abgang von Gegenständen des Anlagevermögens.933 Der ASB argumentierte, dass in diesem Fall die separat dargestellten Informationen über die Verkaufserlöse und die korrespondierenden Kosten (Buchwerte dieser Vermögenswerte) aus der Sicht der Investoren kaum zur Prognoserelevanz beitragen würden. Die Angabe der saldierten Größe (= Gewinn oder Verlust) aus dem Abgang eines Gegenstandes des Anlagevermögens erschien dem ASB daher ausreichend.

933

Vgl. nachfolgend ASB, FRED 22.13.

245

5.2

Projekt des IASB „Reporting Performance/Reporting Comprehensive Income“

5.2.1

Zur Geschichte des Projektes

Der IASB arbeitet bereits seit mehreren Jahren an der Verbesserung der IFRS-Vorschriften zum Erfolgsausweis. Noch bevor 1997 der überarbeitete IAS 1 verabschiedet wurde, hatte der damalige IASC das Projekt „Reporting Financial Performance“ in sein Arbeitsprogramm aufgenommen.934 Die ersten Arbeitsergebnisse wurden von der zuständigen Arbeitsgruppe dem IASC in Form eines Draft Statement of Principles (DSOP) Reporting Recognised Income and Expense935 vorgelegt. Diese Vorschläge wurden aber nicht in einen Standard umgesetzt.

Das Projekt wurde 2001 als ein Kooperationsprojekt mit dem ASB unter dem Titel „Reporting Performance“ neu gestartet. Das Projekt wurde in den Jahren 2001-2003 mehrmals umbenannt. Zuletzt liefen die entsprechenden Aktivitäten unter dem Titel „Reporting Performance/Reporting Comprehensive Income“.

Der IASB hatte ursprünglich geplant, im Dezember 2003 einen Standardentwurf vorzulegen.936 Zu dem geplanten Termin lag dem Board ein weitgehend ausgearbeiteter Standardentwurf vor, der sehr weitgehende Änderungen des derzeitigen IFRS-Berichtsformates vorsah. Der IASB hat jedoch von der geplanten Veröffentlichung abgesehen. Der Standardentwurf wurde auch später nicht veröffentlicht. Der Grund dafür ist in erster Linie in einer überwiegend ablehnenden Kommentierung der vorgelegten Vorschläge zu sehen, welche im Rahmen der vom IASB Mitte 2003 in verschiedenen Ländern durchgeführten Befragungen der Nutzer und Aufsteller von Jahresabschlüssen (field visits) deutlich wurde.

Nach den Beratungen hat sich der IASB im April 2004 für eine Neuauflage des Projektes in einer engen Zusammenarbeit mit dem FASB entschieden.937 Dieses im Jahre 2004 gestartete gemeinsame Projekt des IASB und des FASB wird im Abschnitt 5.4 dargestellt. Die Ausführungen im vorliegenden Abschnitt konzentrieren sich ausschließlich auf das Modell des IASB, das in den Jahren 2001-2003 im Rahmen des Projektes „Reporting Perfor-

934 935

936 937

246

Vgl. Kleekämper/Harding (1997), S. 17. Zur eingehenden Analyse der Vorschläge des DSOP vgl. Hollmann (2003), S. 247 ff. Vgl. auch Zülch (2005), S. 219 ff. Vgl. IASB (2003b), S. 8. Vgl. IASB, IASB Update, April 2004, S. 5.

mance/Reporting Comprehensive Income“ in Kooperation mit dem englischen Standardsetzer entwickelt wurde. Obgleich der IASB dieses Projekt im Jahre 2004 stillgelegt hat, sind die Vorschläge des IASB für die gesamte weitere Entwicklung auf diesem Gebiet von großer Bedeutung. U. a. bilden sie neben den entsprechenden Vorschlägen des FASB die Grundlage für die derzeit laufenden Diskussionen beider international führenden Standardsetzer und weiterer an den Beratungen dieser Standardsetzer beteiligten Gremien.938

5.2.2

Gegenstand und Ziele des Projektes

Das in den Jahren 2001-2003 durchgeführte Projekt des IASB befasste sich mit der Darstellung der financial performance.939 Auf die Definition des Begriffs financial performance hat sich der IASB im Rahmen dieses Projektes nicht festgelegt.

Das Projekt fokussierte sich auf die Überarbeitung der heutigen Gewinn- und Verlustrechnung und sollte primär zur Überarbeitung des Formats der Erfolgsrechnung führen. Weitere Änderungen als Folge dieser Überarbeitung waren für das statement of changes in equity und für das cash flow statement angedacht. Fragen des Ansatzes und der Bewertung zählten ausdrücklich nicht zum Gegenstand des Projektes.

Nach Ansicht des IASB machten folgende Umstände die Überarbeitung der Vorschriften zur Erfolgsdarstellung notwendig:

x

Einzelne Ertrags- und Aufwandsposten, die heute in der Gewinn- und Verlustrechnung dargestellt werden, sind in den IFRS nicht vollständig definiert. Dies beeinträchtigt die zwischenbetriebliche Vergleichbarkeit der Abschlüsse.

x

In der Praxis werden unterschiedliche Definitionen von earnings verwendet. Eine verbindliche, in einem Standard festgelegte Definition existiert nicht. Dies beeinträchtigt ebenfalls die Vergleichbarkeit der Abschlüsse.

938 939

Vgl. hierzu Abschnitt 5.4. Zu Ausführungen in diesem Abschnitt vgl. IASB (2003a) sowie Bogajewskaja/Gröner/Zeimes (2004). Zum Modell des IASB vgl. auch IASB/FASB (2005c), Par. 21 ff.; Hachmeister (2005), S. 379 ff.; Zülch (2005), S. 228 ff.

247

x

Die Kategorisierung von Erträgen und Aufwendungen unterschiedlicher Natur in der Gewinn- und Verlustrechnung ist derzeit nicht sehr aussagefähig und soll verbessert werden.

x

Derzeit werden unter IFRS bestimmte Erfolgskomponenten in der Gewinn- und Verlustrechnung, andere dagegen direkt im Eigenkapital erfasst. Eine schlüssige theoretische Begründung für diese unterschiedliche Behandlung von Erfolgskomponenten existiert nicht.

Die vom IASB neu gestaltete Erfolgsrechnung sollte diese Mängel beheben. Das Ziel des Projektes war es, sämtliche Erträge und Aufwendungen der Periode im Rahmen des neuen Ausweisformats so anzuordnen und darzustellen, dass die Nutzer der Jahresabschlüsse bei der Beurteilung der Performance des Unternehmens in der Berichtsperiode und bei der Aufstellung der Prognosen über die künftige Entwicklung der Unternehmensperformance unterstützt werden.940

5.2.3

Statement of Comprehensive Income als umfassende Erfolgsrechnung

Das IASB-Modell sah die Erfassung sämtlicher Erfolgsbestandteile in einem umfassenden statement of comprehensive income vor.941 Diese neue Erfolgsrechnung sollte sowohl die in der Gewinn- und Verlustrechnung als auch die bisher im Eigenkapital erfassten Erfolgsbestandteile ausweisen. Mit dem Begriff „comprehensive income“ bezeichnete der IASB entsprechend der im angloamerikanischen Raum anerkannten Definition die Summe sämtlicher nicht-eigentümerbezogenen Veränderungen des Reinvermögens der Periode.

Jeder Erfolgsbestandteil sollte grundsätzlich nur einmal in der so umrissenen Erfolgsrechnung erfasst werden. Entsprechend sah der IASB ein Verbot des recycling von Erträgen und Aufwendungen im Rahmen seines Formats vor.

Als einzige Ausnahme von diesem Grundsatz wurde vom IASB ein „quasi recycling“ für die Darstellung der cash flow hedges vorgesehen. Im Rahmen dieser Sicherungszusammenhänge

940 941

248

Vgl. IASB (2003a). Zu Ausführungen in diesem Abschnitt vgl. Bogajewskaja/Gröner/Zeimes (2004), S. 19 ff.

können die Erfolgswirkungen von Grundgeschäft und Sicherungsgeschäft (wie z. B. bei der Absicherung künftiger Transaktionen durch derivative Finanzinstrumente) in unterschiedlichen Berichtsperioden eintreten. Um die Auswirkungen der Absicherung einmal in ihrer Gesamtheit zeigen zu können, gestattete das Ausweismodell des IASB die „Zwischenlagerung“ der Erträge und Aufwendungen aus der fair value-Bewertung des Sicherungsinstruments in einer separaten Kategorie der Erfolgsrechnung. Erst wenn das Grundgeschäft zur Erfassung von Erträgen und Aufwendungen in der Erfolgsrechnung führt, sollten nach der Vorstellung des IASB die aus der fair value-Bewertung des Sicherungsinstruments entstandenen Erfolgskomponenten aus der speziellen cash flow hedges-Kategorie in die Zeile der Erfolgsrechnung umgebucht werden, in der auch das Grundgeschäft erfasst wurde.

5.2.4

Struktur und Erfolgsspaltungskonzept des Statement of Comprehensive Income

Die vom IASB entworfene neue Erfolgsrechnung hatte als Summe „unter dem Strich“ die Größe comprehensive income auszuweisen. Da aber auch dem comprehensive income als Saldo nur eine geringe Prognoserelevanz zugesprochen werden könne, sollte die Erfolgsrechnung sein Zustandekommen der Höhe und den Quellen nach erläutern.942 Entsprechend strebte der IASB die Ausarbeitung einer umsetzbaren und entscheidungsrelevanten Disaggregation und die Klassifikation von Erfolgskomponenten an.

Das vom IASB ausgearbeitete Ausweismodell sah die Einteilung der Erfolgsrechnung in vier Hauptkategorien vor: business, financing, tax und discontinuing activities. Eine zusätzliche Kategorie wurde wie erläutert für cash flow hedges vorgesehen. Mit der Einteilung in die genannten Kategorien hat der IASB eine vertikale Strukturierung der Erfolgsrechnung vorgenommen (vgl. Abbildung 22).

942

Vgl. Bogajewskaja/Gröner/Zeimes (2004), S. 20.

249

Abbildung 22: Statement of comprehensive income nach dem Modell des IASB (Überblick).

Category

Total

Before

Remeasure-

remeasure-

ments

ments Business Alternative categorization

Operating Profit Other Business

Profit before

Profit

Financial Income

Financial Income

Financial Income

Financing expenses Tax Discontinuing activities Cash flow hedges Comprehensive Income

Quelle: Bogajewskaja/Gröner/Zeimes (2004), S. 22.

Die Kategorie business hatte der IASB als eine Residualkategorie definiert. In dieser Kategorie waren Erfolgskomponenten zu erfassen, die nicht in eine der oben genannten vier restlichen Kategorien fallen.

Nach der Vorstellung des IASB hatte die Hauptkategorie financing sämtliche Rückflüsse an die Fremdkapitalgeber abzubilden. Der Abgrenzung der Kategorie financing legte der internationale Standardsetzer die Vorstellung zugrunde, dass das Format der Erfolgsrechnung es ermöglichen soll, die Verzinsung des gesamten eingesetzten Kapitals von der Verzinsung des Eigenkapitals zu unterscheiden.943 Hinter dieser Forderung stand die Überlegung, dass beim Errechnen des comprehensive income die Zinsaufwendungen und andere Zahlungen an die

943

250

Vgl. IASB, IASB Update, January 2002, S. 4.

Fremdkapitalgeber als Abzug berücksichtigt werden. Das comprehensive income stellte den Erfolg dar, der nach der Vergütung des Fremdkapitals für die Eigenkapitalgeber übrig bleibt.944 Damit der gesamte Erfolg vor der Vergütung von Fremdkapitalgebern errechnet werden konnte, mussten die Kosten der Nutzung des Fremdkapitals getrennt ausgewiesen werden. Die Summe der Positionen der Kategorie business (= business profit) sollte somit im IASB-Format die gesamte vom Unternehmen produzierte Wertschöpfung zeigen, und zwar unabhängig von der jeweiligen Kapitalstruktur. Mit anderen Worten entsprach business profit im Modell des IASB der Vergütung des Eigenkapitals und des Fremdkapitals und konnte mit dem Unternehmenswert in Verbindung gebracht werden, während comprehensive income mit dem Marktwert des Eigenkapitals und financing expenses mit dem Marktwert des Fremdkapitals in Verbindung stand.945 Basierend auf dem erläuterten Abgrenzungsprinzip wollte der IASB in der Kategorie financing nur die Kosten der Kapitalbeschaffung, aber keine Erträge aus der Kapitalanlage berücksichtigen.

Konkret sollten in der Hauptkategorie financing alle Zinsaufwendungen und Effekte aus der Abzinsung sämtlicher Verbindlichkeiten erfasst werden, wenn diese nach den gültigen Rechnungslegungsstandards separat ausgewiesen werden.946 Diese Abgrenzung folgte laut der IASB daraus, dass Finanzierungskosten Kosten darstellen, die mit dem Zeitablauf entstehen, weil die Erfüllung der Verpflichtung in die Zukunft verschoben wird. Sämtliche Verbindlichkeiten konnten nach Ansicht des IASB als „financing“ angesehen werden, weil sie durch „deferred settlement of the entity’s obligations“947 gekennzeichnet sind.948

Die nächste vom IASB vorgesehene Hauptkategorie war die Kategorie business. Für diese Hauptkategorie hat der Board eine Unterteilung in die Kategorien operating profit, other business profit und financial income oder alternativ in profit before financial income und financial income vorgeschlagen (vgl. Abbildung 22). Die Kategorie financial income sollte Erträge und Aufwendungen aus financial assets umfassen.

Für den separaten Ausweis der Kategorie financial income führte der IASB folgende Argumentation an:949 944 945 946 947 948 949

Vgl. im Folgenden IASB (2003a). Vgl. IASB (2003a). Vgl. IASB, IASB Update, September 2002, S. 5. IASB, IASB Update, September 2002, S. 5. Vgl. IASB, IASB Update, September 2002, S. 5. Zu den Ausführungen im folgenden Absatz vgl. IASB (2003a).

251

Zum einen ermögliche der separate Ausweis dieser Kategorie, den in der Praxis gebräuchlichen Gesamterfolg des treasury management auszurechnen, indem income from financial assets und financing expenses zusammengefasst werden. Zum anderen werde in der Praxis der Unternehmensbewertung oft in operating activities und financial activities unterschieden. Operating activities werden dabei als Quelle der Wertschöpfung angesehen. Bei der Analyse dieser Aktivitäten werde auf die abdiskontierten und prognostizierten künftigen Zahlungsflüsse Bezug genommen. Financial activities können als unabhängig von den operating activities angesehen und direkt anhand der Marktwerte bewertet werden. Der getrennte Ausweis der Kategorie financial income sollte derartige Analysen unterstützen.

Für die Kategorie other business profit hat der IASB die Komponenten disposal gain/ loss, revaluation of property, plant and equipment (PPE revaluation), investment property, goodwill sowie foreign currency gain/loss on net investment vorgesehen. Eine konzeptionelle Begründung für die Auswahl dieser Komponenten hat der IASB nicht vorgelegt.950

Die Kategorie operating profit sollte im Unterschied zu den Kategorien financial income und other business profit nicht direkt definiert, sondern nur als Residualgröße bestimmt werden.

Die Hauptkategorie cash flow hedges sollte die Zwischenlagerung der Ergebnisse aus den Sicherungsinstrumenten im Rahmen der cash flow hedges ermöglichen. Die Abgrenzung der cash flow hedges richtete sich nach den einschlägigen Regelungen des IAS 39, Financial Instruments, Recognition and Measurement.

Die Abgrenzung der Hauptkategorien tax und discontinued operations richtete sich nach den einschlägigen IAS/IFRS (IAS 12 Income Taxes und IFRS 5 Non-current Assets Held for Sale and Discontinued Operations) und wurde vom IASB nicht weiter diskutiert.

Neben der vertikalen Gliederung sollte die Erfolgsrechnung nach den Vorstellungen des IASB auch horizontal gegliedert werden. Die sog. remeasurements waren getrennt von den anderen laufenden Aufwendungen und Erträgen des Unternehmens auszuweisen.951 Remeasurements resultierten nach Vorstellung des IASB aus Veränderungen der Buchwerte von Vermögens-

950 951

252

Zu der Diskussion möglicher Abgrenzungsalternativen vgl. IASB, IASB Update, February 2003, S. 6. Zum Konzept des remeasurements vgl. ausführlich Barker (2004), S. 165 ff.

werten oder Verbindlichkeiten, die als Folge von Preis- oder Schätzänderungen entstehen.952 Folgende Erfolgskomponenten stellten im Rahmen des IASB-Konzeptes definitionsgemäß keine remeasurements dar:953

x

Aufwendungen und Erträge, die aus der erstmaligen Erfassung von Vermögenswerten und Schulden resultieren,

x

Aufwendungen, die aus dem Verbrauch von Vermögenswerten während einer Periode entstehen sowie

x

Zinsaufwendungen und -erträge.

Erträge und Aufwendungen, die nicht als remeasurements klassifiziert wurden, sollten nach dem vom IASB entwickelten Strukturierungsmodell in der Kategorie before remeasurements ausgewiesen werden.

Die Abgrenzung der Kategorie remeasurements im IASB-Modell kann anhand der Aufteilung der Erträge und Aufwendungen aus Sachanlagevermögen veranschaulicht werden.954 Wertminderungsaufwendungen (impairments), Erträge aus Wertaufholungen und Gewinne und Verluste aus der Veräußerung von Sachanlagevermögen resultieren aus den Änderungen der Bilanzwerte und sollten nach dem Konzept des IASB der Kategorie remeasurements zugeordnet werden. Die planmäßigen Abschreibungen des Sachanlagevermögens entstehen dagegen primär nicht aufgrund der Änderung der Bilanzwerte, sondern bilden den zeitabhängigen Verbrauch der Vermögenswerte ab. Sie stellten daher im IASB-Modell keine remeasurements dar.

Ähnlich wurden nach dieser Klassifikation z. B. die Wertberichtigungen auf Forderungen aus vergebenen Krediten der Kategorie remeasurements zugeordnet. Die entsprechenden Zinserträge fielen nicht in die Kategorie remeasurements.

952 953 954

Vgl. Barker (2004), S. 165. Vgl. Bogajewskaja/Gröner/Zeimes (2004), S. 17 f. Zu diesem und weiteren Beispielen vgl. Barker (2004), S. 165 f.

253

Abbildung 23: Beispiele der remeasurements

Property, Plant, and

Before Remeasurements

Remeasurements

Depreciation

Revaluation

Equipment (PPE)

Impairment Disposal gains/losses

Financial Instruments

Interest income and expense

All other income/expense

Pensions

Service cost

Actuarial gain/loss on

Interest cost

obligation

Expected return on assets

Unexpected return on assets

Initial recognition

Changes to estimated settlement

Interest costs

amount of the initial provision

Rental income

Changes in property values

Provisions

Investment property Goodwill and intangible assets

Amortization

Impairment

Inventory

Cost of sales

Impairment

Stock compensation

Initial recognition

Revisions to the fair value of any resulting liabilities Revisions to the deferred tax asset

Quelle: Barker (2004), S. 166.

Remeasurements bezogen sich nach dem Konzept des IASB nicht nur auf preisinduzierte Änderungen der Bilanzwerte. Auch die Revisionen der in den vergangenen Perioden vorgenommenen Schätzungen führten zu remeasurements.955 Die Zuführungen und die Auflösungen der in der Vergangenheit gebildeten Rückstellungen gehörten daher zu remeasurements, nicht aber die Beträge aus der erstmaligen Bildung einer Rückstellung. Die Abbildung 23 gibt einen Überblick über die Zuordnung verschiedener Sachverhalte zu den Kategorien remeasurements und before remeasurements.

Nach Ansicht des IASB waren derart abgegrenzte remeasurements durch veränderte Erwartungen über zukünftigen wirtschaftlichen Nutzen oder Verpflichtungen verursacht.956 Sie traten zum einen auf, wenn in dem wirtschaftlichen Umfeld, in dem das Unternehmen tätig war,

955 956

254

Vgl. Barker (2004), S. 167. Vgl. IASB (2002), Par. 9.

zukünftige Entwicklungen schwer einzuschätzen waren;957 in diesen Fällen machten Einflüsse späterer Perioden eine andere Beurteilung von Sachverhalten in den Folgeperioden nötig. Zum anderen entstand die Notwendigkeit zu remeasurements dann, wenn die zwangsläufig vorhandene Subjektivität in der Bewertung von Vermögenswerten und Schulden zur Bilanzpolitik genutzt wurde. Derart beeinflusste Schätzungen mussten dann in den Folgeperioden revidiert und als remeasurements ausgewiesen werden.

Der IASB begründete die Unterteilung in die Kategorien remeasurements und before remeasurements mit der unterschiedlichen Prognosequalität dieser Kategorien.958 In der Kategorie remeasurements sollten sich Erträge und Aufwendungen wieder finden, die nur schwer prognostizierbar sind und daher nur geringe (oder gar keine) predictive value und feed-back value besitzen. Die Prognoseeignung der dargestellten Information sollte daher durch den getrennten Ausweis von remeasurements verbessert werden.

Der IASB argumentierte, dass die Unterteilung sämtlicher Erträge und Aufwendungen in die Kategorien remeasurements und before remeasurements durch die in der kapitalmarkttheoretischen Diskussion des Gewinnbegriffs seit langem bekannte Unterscheidung zwischen dem Kapital und dem Einkommen unterstützt wird.959 Die heutige Gewinn- und Verlustrechnung vermische income streams und capital gains and losses.960 Umsatzerlöse und Herstellungskosten könnten z. B. als periodische Realisierung des permanenten Einkommensstroms betrachtet werden. Vermögenswerte und Verbindlichkeiten seien dagegen Kapitalbeträge. Remeasurements würden Korrekturen der Kapitalwerte verkörpern und seien einmalig bzw. der Höhe nach nicht wiederkehrend. So entstehe z. B. ein Goodwill-Impairment infolge der unerwarteten Korrekturen zu den bisherigen Schätzungen des künftigen wirtschaftlichen Nutzens. Bei der Ermittlung des Impairment-Betrages werden sämtliche Erwartungen und vorhandenen Informationen berücksichtigt. Aussagen über künftige Abwertungen könnten daraus nicht abgeleitet werden.

Um remeasurements getrennt ausweisen zu können, hat der IASB die Erfolgsrechnung in drei Spalten eingeteilt. Die Erfolgsrechnung wurde somit zu einer Matrix. Die erste Spalte enthielt die Summe, die in zwei weiteren Spalten jeweils in die Bestandteile before remeasurements 957 958 959

960

Vgl. Bogajewskaja/Gröner/Zeimes (2004), S. 21. Vgl. Bogajewskaja/Gröner/Zeimes (2004), S. 25. Zur kapitalmarkttheoretischen Fundierung des remeasurements-Konzeptes vgl. Barker (2004), S. 161, S. 165 m. w. N. Zu weiteren Ausführungen in diesem Absatz vgl. Barker (2004), S. 165.

255

und remeasurements untergliedert wurde. Der IASB hat die Summenspalte als erste Spalte im Format verankert, um das Hauptaugenmerk der Nutzer auf diese Spalte zu richten und die zweite und dritte Spalte als Ergänzung und nicht als Ersatz zum Ergebnis der Summenspalte zu etablieren.961 Damit wollte der IASB insbesondere verhindern, dass die Summe der Spalte before remeasurements als Ersatz für die bisherigen earnings verstanden wird.

Die Abbildung 24 gibt einen Überblick über die Details der von dem IASB entwickelten Strukturierung des Erfolgsausweisformats.

5.2.5

Weitere Untergliederung und Verrechnung der Erfolgskomponenten

Im Rahmen des IASB-Modells sollte es für die Bilanzierenden erlaubt sein, eine weitere Untergliederung der Erfolgsrechnung wahlweise nach Funktionsbereichen oder nach der Art der eingesetzten Produktionsfaktoren vorzunehmen.962

Eine weitere unternehmensindividuelle Disaggregierung der Aufwendungen und Erträge, um bestimmte Posten kenntlich zu machen, sollte nach dem Willen des IASB erlaubt werden.963 Ein gesonderter Ausweis von Ergebnissen der Transaktionen, die vom Management des berichterstattenden Unternehmens als ungewöhnlich, außerhalb der Kontrolle der Management liegend etc. charakterisiert wurde, hätte laut dem IASB die Entscheidungsrelevanz der dargestellten Informationen unterstützen können. Ein gesonder ter Ausweis derartiger Posten sollte daher erlaubt sein. Die Zusammenfassung derartiger Posten unter einer Überschrift und der Ausweis von Ergebnissen vor und nach Abzug derartiger Posten wollte der IASB aber explizit verbieten.964 Ebenfalls verboten werden sollte der Ausweis separater Kategorien mit den Überschriften wie „extraordinary“, „exceptional“, „unusual“, „special“ oder „abnormal“.

961 962 963 964

256

Vgl. Bogajewskaja/Gröner/Zeimes (2004), S. 21. Vgl. IASB, IASB Update, July 2003, S. 9. Vgl. IASB, IASB Update, May 2002, S. 3. Vgl. IASB, IASB Update, May 2002, S. 3.

Abbildung 24: Statement of comprehensive income nach dem Modell des IASB (Detail)

Category Alternative categorization

Revenue Write-down of accounts receivable Cost of sales Selling, general, administration

Revenue Write-down of accounts receivable Cost of sales Selling, general, administration

Total

Before remeasurements

Remeasurements

1000

Revenue -

Write-down of accounts receivable

(10) (400)

Materials, labour etc. Depreciation/amortisation Rental/other income Provision, initial recognition Service cost

(250)

Operating Profit

340

Disposal gain/loss PPE revaluation Investment property

Disposal gain/loss PPE revaluation Investment property

100 150 -

Goodwill Foreign currency gain/loss on net investment

Goodwill Foreign currency gain/loss on net investment

Profit before financial income

Other Business Profit Income from associates Equity investments Debt investments

(100)

Negative goodwill -

Provision, remeasurement Pension actuarial loss (cash flow assumptions) Disposal gain/loss PPE revaluation Investment property fair value change Goodwill impairment FX gain/loss on net investment

(50)

100

50 (60) 20

Pension assets

(150)

Financial Income Business Profit (Option)

(140)

Income from associates Interest income -

Equity investment return Fair value change on debt investments Return on pension assets

300 Interest expenses

Interest on liabilities Pension financing expenses

(120)

Financing expense

(200)

(80) Unwinding of discount rate

Tax

(30)

Discontinuing activities

(10)

Cash flow hedges Comprehensive Income

-

Inventory impairments PPE/intangible impairment

50

Change in provision discount rate Change in pension obligation discount rate

-

-

Net discontinuing

Net discontinuing

-

Fair value changes in cash flow hedging instruments

110

Quelle: in Anlehnung an Bogajewskaja/Gröner/Zeimes (2004), S. 23.

257

Die Frage der Verrechnung von Erfolgskomponenten wurde vom IASB im Rahmen des erläuterten Projektes nicht detailliert diskutiert. Eine explizite Regelung wurde nur für die Darstellung aufgegebener Geschäftsbereiche vereinbart. Die Erträge und Aufwendungen aus diesen Transaktionen waren im IASB-Format saldiert in der Erfolgsrechnung darzustellen, begleitet von einer disaggregierten Darstellung im Anhang.965

965

258

Vgl. IASB, IASB Update, May 2002, S. 3.

5.3

Projekt des FASB „Reporting Financial Performance by Business Enterprises“

5.3.1

Zur Geschichte des Projektes

Parallel zum IASB arbeitete der FASB in den Jahren 2001-2003 an einem eigenen Projekt mit dem Titel „Reporting Financial Performance by Business Enterprises“.

Während der IASB erst vor der geplanten Veröffentlichung des Standardentwurfs eine Befragung von Jahresabschlussadressaten durchgeführt hat, ist der eigentlichen Diskussion im FASB eine initial research phase vorausgegangen.966 Im Rahmen dieser Vorbereitungsphase zwischen Februar und Dezember 2002 hat der FASB eine Reihe von Interviews mit Investoren und Finanzanalysten zur Darstellung der Erfolgslage in den Jahresabschlüssen durchgeführt.967 2003 wurde auch ein User Advisory Council968 gebildet, welcher seitdem den FASB bei seiner Arbeit an der Verbesserung des performance reporting unterstützt.

Der FASB hat bis Ende 2003 eine Reihe von Vorschlägen zur Gestaltung der Erfolgsrechnung ausgearbeitet und diese auf seiner Webseite im Internet veröffentlicht.969 Der FASB hat sein Modell in einem (kleinen) Feldversuch mit fünf Bilanzerstellern getestet. Die Reaktion der Befragten war überwiegend kritisch.970 Der FASB ist daher zu dem Ergebnis gekommen, dass eine grundlegende Überarbeitung der Vorschläge notwendig ist.971

Seit April 2004 wird das neu aufgelegte Projekt zum Performance Reporting in Kooperation mit dem IASB bearbeitet.972 Der US-amerikanische Standardsetzer arbeitet daher derzeit nicht mehr an seinem in den Jahren 2001-2003 entwickelten Modell. Die im Rahmen des nationalen Projektes ausgearbeiteten Modellmerkmale fließen aber als Input in das derzeit laufende gemeinsame IASB/FASB-Projekt ein. Sie stellen neben den Vorschlägen des IASB und des ASB eine wichtige Grundlage für weitere Diskussionen auf internationaler Ebene dar und werden im Rahmen des gemeinsamen Projektes als eine mögliche Darstellungsalternative erörtert. 966 967 968

969 970 971 972

Zu den Ausführungen in diesem Absatz vgl. FASB (2005a). Zu den Ergebnissen der Befragung vgl. FASB (2002), S. 2 ff. Informationen zum User Advisory Council sind abrufbar unter http://www.fasb.org/user_advisory_council/ index.shtml (Stand 15.03.2006). Vgl. FASB (2005a). Vgl. zu den Ergebnissen IASB/FASB (2005c), Par. 19 f. Vgl. IASB/FASB (2005c), Par. 20. Zu diesem Projekt vgl. die Ausführungen im Abschnitt 5.4.

259

Die Ausführungen in diesem Abschnitt beziehen sich auf das Modell des FASB, das in den Jahren 2001-2003 im Rahmen des nationalen Projektes ausgearbeitet wurde.

5.3.2

Gegenstand und Ziele des Projektes

Das Projekt des FASB befasste sich mit der Form und dem Inhalt, mit der Klassifikation und der Aggregation sowie mit der Darstellung der Informationen in den Bestandteilen des Jahresabschlusses.973 Nicht behandelt wurden in diesem Projekt die Fragen der Management Discussion and Analysis, die Darstellung der pro forma earnings in den Pressemitteilungen und anderen Mitteilungen außerhalb des Jahresabschlusses sowie die Segmentberichterstattung. Ebenfalls nicht Gegenstand des Projektes waren Fragen des Ansatzes und der Bewertung.

Als Hauptgründe für die Aufnahme des Projektes nannte der FASB folgende Entwicklungen, die laut dem Board von Adressaten der Rechnungslegung als besorgniserregend eingestuft werden können: 974

x

Das Fehlen von einheitlichen, allgemein akzeptierten Definitionen der Elemente der financial performance und die Uneinheitlichkeit von Darstellungen der Erfolgslage in der Praxis.

x

Die zunehmende Verbreitung des pro forma reporting und anderer Entwicklungen, die darauf hindeuten, dass die Bedeutung des net income als performance-Indikator sinkt.

x

Das Fehlen von einheitlichen, allgemein akzeptierten Definitionen der wichtigsten Kennzahlen oder Indikatoren zur Messung der financial performance.

Das Ziel des Projektes war es, die Informationsdarstellung in den Jahresabschlüssen so zu verbessern, dass Adressaten der Rechnungslegung eine bessere Grundlage für die Analyse der Unternehmensperformance bekommen als bisher. Es sollte auch die Frage der Standardisierung wichtigster performance-Indikatoren betrachtet werden.

973

974

260

Soweit nicht anders gekennzeichnet, vgl. zu weiteren Ausführungen im Abschnitt 4.3 FASB (2005a). Zu einem Überblick über das FASB-Modell vgl. auch IASB/ FASB (2005c), Par. 11 ff.; Zülch (2005), S. 290 ff. Vgl. FASB (2001), S. 1 f.

Das FASB-Projekt hatte die Überarbeitung der Präsentationsformate sämtlicher Bestandteile des Jahresabschlusses zum Gegenstand. Diskutiert wurde aber im Rahmen des nationalen Projektes in den Jahren 2001-2003 allein die Überarbeitung der Erfolgsrechnung. Als zentrales Ziel des Projektes wurde vom FASB die Erhöhung des predictive value und des feedback value der Erfolgsrechnung festgelegt.

5.3.3

Statement of Comprehensive Income als umfassende Erfolgsrechnung

Nach der Vorstellung des FASB sollten sämtliche Erträge und Aufwendungen, Gewinne und Verluste in einer einzigen Erfolgsrechnung erfasst werden. Die alternativen Darstellungsmöglichkeiten nach SFAS 130, die die Darstellung der Erfolgskomponenten mittels zwei Statements erlauben, sollten damit nach der Verabschiedung des künftigen Standards wegfallen.

Das durch SFAS 130 eingeführte other comprehensive income sollte aber auch im neuen statement of comprehensive income975 als eine gesonderte Kategorie weiter bestehen.976 Diese Kategorie umfasste Erfolgskomponenten, die nach einzelnen SFAS erfolgsneutral erfasst werden und heute nach den Regelungen des SFAS 130 darzustellen sind. Die Möglichkeit, das OCI aufzulösen, wurde vom FASB diskutiert und abgelehnt.977 Zum einen erlaube die Beibehaltung des OCI auch die Beibehaltung des net income, gegen dessen Eliminierung ein starker Widerstand der bilanzierenden Unternehmen und der Jahresabschlussnutzer weiterhin bestehe.978 Zum anderen würde die Auflösung des OCI unverhältnismäßige Kosten für die Adressaten der Rechnungslegung verursachen. Einige Mitglieder des Board sahen die Notwendigkeit der OCI-Kategorie im derzeitigen mixed-measurementattribute-Modell begründet. In diesem Zusammenhang ist davon auszugehen, dass der FASB die OCI-Kategorie als „evolutionary bucket“ betrachtet hat, der so lange bestehen sollte, bis

975

976 977 978

Über die Bezeichnung der neuen Erfolgsrechnung hat der FASB im Rahmen des nationalen Projektes keine Entscheidung getroffen. Als Arbeitstitel wurde die Bezeichnung statement of comprehensive income verwendet. Zur Diskussion vgl. FASB (2003c). Zur Diskussion vgl. FASB (2003c). Zu den Ausführungen in diesem Absatz vgl. FASB (2003c), S. 4 ff. sowie FASB (2003d).

261

sich der FASB durch Einzelprojekte in die Richtung fair value accounting model vorgearbeitet hat.979

Der FASB hat keine Beschlüsse bezüglich des Procedere des recycling bekannt gemacht. Aufgrund der inneren Logik des Modells ist aber davon auszugehen, dass das recycling der Bestandteile des OCI in Form einer Umgliederung zwischen den Sektionen der neuen Erfolgsrechnung beibehalten werden sollte.

5.3.4

Struktur und Erfolgsspaltungskonzept des Statement of Comprehensive Income

Wie auch der IASB ging der FASB davon aus, dass durch eine Disaggregation und die Strukturierung von Erfolgselementen die Entscheidungsnützlichkeit der Rechnungslegungsinformationen erhöht wird.

Im Rahmen des nationalen Projektes sollte das statement of comprehensive income mindestens in drei Hauptkategorien unterteilt werden: business, financing und other gains and losses.980 Darüber hinaus waren drei weitere Kategorien – income taxes, discontinued operation und other comprehensive income – vorgesehen.

Die Zusammensetzung bzw. die Abgrenzung der Kategorien income taxes, discontinued operation und other comprehensive income richteten sich nach dem jeweils einschlägigen SFAS.981 Die Abgrenzung dieser Kategorien wurde daher vom FASB nicht weiter diskutiert.

Die Diskussionen beim FASB konzentrierten sich im Wesentlichen auf die Fragen der Definition bzw. der Abgrenzung der „Hauptkategorien“ business, financing und other gains and losses. Im FASB-Modell sollten die Kategorien business und financing durch den künftigen Standard direkt definiert werden. Die Kategorie other gains and losses sollte nach der Vor-

979 980 981

262

Vgl. FASB (2003c), S. 5 und FASB (2003d), S. 5. Vgl. FASB (2003d), S. 2. Vgl. SFAS 109, Accounting for Income Taxes, SFAS 144, Accounting for Impairment or Disposal of LongLived Assets und SFAS 130, Other Comprehensive Income.

stellung des FASB dagegen als eine Residualkategorie abgegrenzt werden, in die alle Erfolgselemente fallen, die nicht den übrigen oben genannten Kategorien zuzurechnen sind.

Der FASB hat 2002 eine Befragung von Nutzern der Jahresabschlussinformationen durchgeführt.982 Während dieser Interviews hat sich herauskristallisiert, dass die Mehrheit der Befragten die Informationen über „core“ oder „operating results“ als die wichtigsten Informationen für die Prognose der künftigen Erfolgslage betrachten.983 Der FASB hat sich daher entschlossen, ein Modell herauszuarbeiten, in dem die business-Kategorie bereits im ersten Schritt abgegrenzt wird, und nicht, wie im IASB-Modell, eine Residualkategorie darstellt.984

Für die Definition der business-Kategorie zog der FASB den sog. management approach heran. Unter diesem Ansatz sollte die Abgrenzung der business-Kategorie unternehmensindividuell erfolgen. Das Management des bilanzierenden Unternehmens sollte darüber entscheiden, welche Erträge und Aufwendungen, Gewinne und Verluste in Anbetracht des Geschäftszwecks des Unternehmens als „business activities“ dieses Unternehmens zu klassifizieren sind.985 Wurden vom Management bestimmte Erfolgselemente der business-Kategorie zugeordnet, so waren ähnliche Erträge und Aufwendungen ebenfalls in dieser Kategorie zu berichten, es sei denn, sie waren nach SFAS 144 oder nach SFAS 109 als discontinued operations bzw. income taxes zu klassifizieren.986

Der management approach wurde bereits bei der Ausarbeitung des SFAS 131, Disclosures about Segments of an Enterprise and Related Information als Basis für die Segmentabgrenzung verwendet.

Dem management approach folgend beabsichtigte der FASB, im künftigen Standard keine Definition der business activities festzulegen, sondern lediglich eine Richtlinie zu geben, die den Bilanzierenden bei der Klassifikation helfen sollte.

Eine weitere Kategorie, die nach den Entscheidungen des FASB direkt definiert werden sollte, war die Kategorie financing. Wie der IASB sah der FASB die Notwendigkeit, Finanzie982 983 984 985 986

Vgl. hierzu FASB (2002). Vgl. FASB (2002), S. 4; FASB (2003d), S. 2. Vgl. FASB (2003d), S. 2. Vgl. FASB (2003d), S. 2. Vgl. FASB (2003d), S. 2 f. Ferner sollte der Transfer von Erfolgselementen aus der Kategorie business in andere Kategorien verboten werden, mit Ausnahme der Fälle, in denen das Erfolgselement unter discontinued operation nach SFAS 144 fiel.

263

rungsaktivitäten des Unternehmens im Rahmen der Erfolgsrechnung separat darzustellen. Eine separate Darstellung der Finanzierungsaktivitäten entsprach laut dem FASB dem oft geäußerten Wunsch der Jahresabschlussnutzer, die Unternehmensperformance unabhängig von der jeweiligen Kapitalstruktur zu analysieren. Der FASB hat mehrere mögliche Vorgehensweisen bei der Abgrenzung der Kategorie financing, inklusive des Modells des IASB, diskutiert987 und hat sich für die Entwicklung eigener Abgrenzungskriterien entschieden. Das Ziel der Abgrenzung der financing-Kategorie sollte laut FASB sein, eine Darstellung der gesamten Kosten der Unternehmensfinanzierung zu ermöglichen. Bei der Definition der financingKategorie legte der FASB daher das Konzept des net debt zugrunde. Dieses Konzept basiert auf der Überlegung, dass bestimmte finanzielle Vermögenswerte mit hoher Liquiditätsnähe für die Rückzahlung der Unternehmensverbindlichkeiten herangezogen werden können.988 Es erfordert daher bei der Bestimmung des „outstanding debt“ die Verrechnung von Verbindlichkeiten mit bestimmten Vermögenswerten.

Der FASB wies darauf hin, dass bisher keine allgemein akzeptierte Definition des Begriffs „net debt“ existiert, obwohl diese Konstruktion sowohl in der Unternehmensbewertung als auch in der Bilanzanalyse verwendet wird.989 Der FASB hat daher eine eigene Definition der Komponenten des net debt ausgearbeitet. Nach Vorstellung des FASB gehören dazu sämtliche Verbindlichkeiten sowie liquide Mittel und deren Äquivalente. Zur financing-Kategorie zählten somit im FASB-Modell alle Aufwendungen, die im Zeitablauf im Zusammenhang mit sämtlichen Verbindlichkeiten des Unternehmens entstehen sowie die im Zeitablauf im Zusammenhang mit liquiden Mitteln und deren Äquivalenten entstehenden Erträge.

Marktgängige Wertpapiere sollten nach der Auffassung des FASB bei der Bildung der Kategorie financing nicht herangezogen werden, da diese eher den Investitionsaktivitäten zuzurechnen seien.990 Der FASB argumentierte außerdem, dass das Heranziehen der Wertpapiere subjektive Entscheidungen darüber erfordern würde, welches Teil des Portfolios für die Schuldenbegleichung zur Verfügung steht und welches nicht.991

Die dritte Kategorie, other gains and losses, stellte im FASB-Modell eine Residualkategorie dar. Sie sollte die Ergebnisse der Transaktionen zeigen, die ihrem Charakter nach weder fi987 988 989 990 991

264

Vgl. FASB (2003c), S. 4 und FASB (2003b), S. 1 ff. Vgl. FASB (2003b), S. 4. Vgl. FASB (2003b), S. 4. Vgl. FASB (2003b), S. 4. Vgl. FASB (2003d), S. 3.

nanzieller noch operativer Natur sind. In früheren FASB-Diskussionen wurde diese Kategorie daher unter dem Titel „nonbusiness/nonfinancing“ behandelt.992 Die konkrete Zusammensetzung dieser residualen Kategorie hing in erster Linie davon ab, wie das Management des bilanzierenden Unternehmens die business-Kategorie definiert.

Wie bereits dargelegt, wollte der FASB das bisherige OCI in der Form einer separaten Kategorie beibehalten. Die Beibehaltung des OCI erlaubte eine problemlose Ableitung des bisherigen Ergebnisses der Gewinn- und Verlustrechnung (net income). In der Frage, ob die Darstellung einer Zwischensumme net income in der neuen Erfolgsrechnung erlaubt, verboten oder gefordert werden sollte, hat sich der FASB im Rahmen des nationalen Projektes nicht festgelegt.993 Beschlossen wurde aber, eine zusätzliche Zwischensumme net income (loss) from continuing operations einzuführen, die eine Summe der Ergebnisse der Kategorien business, financing, other gains and losses und income tax darstellt. Diese Zwischensumme war nach der Vorstellung des FASB direkt in der Erfolgsrechnung, vor den Kategorien discontiued operation (nach Steuern) und other comprehensive income (ebenfalls nach Steuern), auszuweisen.

Schließlich muss noch erwähnt werden, dass die außerordentlichen Posten in der neuen Erfolgsrechnung nicht als gesonderte Posten gezeigt werden sollten, sondern innerhalb der Kategorien, zu denen sie sachlich gehören (auf vor Steuern-Basis).

992 993

Vgl. FASB (2003d), S. 2. Vgl. FASB (2003d), S. 5.

265

5.4

Gemeinsames IASB/FASB-Projekt „Financial Statement Presentation“

5.4.1

Bisheriger Projektverlauf

Auf einer gemeinsamen Sitzung im Oktober 2003 haben der IASB und der FASB beschlossen, ihre jeweiligen Aktivitäten zur Verbesserung des performance reporting zu einem Joint Project zusammenzuführen.994 Sie reagierten damit u. a. auf die vielfach geäußerte Kritik an der unkoordinierten Vorgehensweise beider Standardsetzer bei einem derart wichtigen Thema.995 Die Arbeiten am gemeinsamen IASB/FASB-Projekt Performance Reporting begannen im April 2004.

Nach einer Bestandsaufnahme der bisherigen Aktivitäten haben sich die beiden Standardsetzer zunächst auf eine Erweiterung des Projektgegenstandes geeinigt. Im April 2004 wurde das Ziel gesetzt, neben der Darstellung des comprehensive income auch die Darstellung der Bilanz sowie der Kapitalflussrechnung zu überarbeiten.996 Im März 2006 wurde das Projekt in Financial Statement Presentation-Projekt umbenannt. Mit der Umbenennung wollten IASB und FASB klarer als bisher herausstellen, dass das Projekt die Überarbeitung sämtlicher Bestandteile des Jahresabschlusses umfasst und nicht nur die Überarbeitung der Erfolgsrechnung.997

Bei der konstituierenden Sitzung im April 2004 haben der FASB und der IASB auch die künftige Vorgehensweise festgelegt. Um in einer angemessenen Zeit Fortschritte erzielen zu können, wurde das Projekt in zwei Phasen (A und B) aufgeteilt.998 In der Phase A sollten Fragen der Erfolgsdarstellung behandelt werden, die der Konvergenz beider Regelwerke dienen und auf kürzere Sicht hin lösbar erscheinen. Der Gegenstand der Phase B sind die long-term improvements, die die schwierigeren Fragen der Darstellung von Rechnungslegungsinformationen umfassen, wie z. B. die Strukturierung und Gruppierung der Elemente des Jahresab-

994 995 996

997

998

266

Vgl. IASB, IASB Update, October 2003, S. 11. Vgl. Bogajewskaja/Gröner/Zeimes (2004), S. 29. Vgl. IASB, IASB Update, April 2004, S. 5. Im März 2006 haben beide Boards die Abgrenzung des Projektgegenstandes noch einmal eingehend diskutiert und bestätigt, dass das Projekt die Überarbeitung der Präsentationsformate sämtlicher Bestandteile des Jahresbaschlusses umfasst, vgl. hierzu FASB/IASB (2006b). Vgl. hierzu IASB, IASB Update, March 2006, S. 1; FASB, Action Alert, abrufbar unter http://www.fasb.org/action/aa041306.shtml#fsp (Stand: 08.05. 2006). Soweit nicht anders gekennzeichnet, vgl. im Folgenden Bogajewskaja (2006), S. 1155 ff.

schlusses im Rahmen einzelner Statements, Bildung der Summen und Zwischensummen und die Notwendigkeit des recycling.

Darüber hinaus haben der IASB und der FASB im April 2004 die Bildung einer Joint International Group (JIG) beschlossen, die die Arbeit beider Standardsetzer bei diesem Projekt als beratendes Gremium unterstützen soll. Die Arbeitsgruppe setzt sich zusammen aus weltweit ausgewählten Fachkräften, die im Accounting-Bereich über umfangreiche praktische Erfahrungen verfügen und die unterschiedlichen Gruppen der Jahresabschlussadressaten repräsentieren.999 Diese Arbeitsgruppe hat bislang nur zweimal getagt: im Januar 2005 und im Juni 2006. Diskutiert wurden wichtige Grundsatzfragen des performance reporting, wie z. B. die Notwendigkeit des net income, mögliche Prinzipien für die Kategorienbildung in der Erfolgsrechnung, etc. Zu den Ergebnissen der zweiten Sitzung liegt ein (allerdings sehr kurzes) Protokoll vor.1000 Das Protokoll der ersten Sitzung wurde von den beiden Standardsetzern bisher nicht veröffentlicht. Aus den vorliegenden Materialien lässt sich auf eine insgesamt eher kritische Einstellung der Arbeitsgruppe zu den bisherigen Vorschlägen der Standardsetzer schließen. Ob und ggf. inwieweit die beiden Standardsetzer die Arbeitsergebnisse dieser internationalen, hochrangig besetzten Expertengruppe bei ihren Beratungen berücksichtigt haben, kann nicht beurteilt werden.

Ursprünglich wollten der IASB und der FASB inhaltlich abgestimmte Standardentwürfe zu Fragen der Phase A herausgeben, die im Wesentlichen darauf abzielten, den Umfang des Jahresabschlusses nach IFRS und US-GAAP und die Regelungen zur Darstellung des other comprehensive income zu vereinheitlichen. Der IASB hat geplant, die entsprechenden Änderungen durch Anpassungen des IAS 1 einzuführen. Der FASB beabsichtigte, einen nach dem Vorbild des IAS 1 erarbeiteten neuen SFAS Presentation of Financial Statements herauszugeben und den SFAS 130 Reporting Comprehensive Income entsprechend zu ändern. Aufgrund der im November 2005 offensichtlich gewordenen Meinungsunterschiede hinsichtlich der Einführung einer umfassenden Erfolgsrechnung1001 hat der FASB beschlossen, keinen eigenständigen Standardentwurf zu Fragen der Phase A zu veröffentlichen und die Fragen der Phase A und B zusammen in einem für den Anfang 2007 geplanten discussion document zu erörtern. Der IASB hielt aber an seinem Entschluss fest, die Themen der Phase A so schnell 999

1000 1001

Die Informationen zur Zusammensetzung der Joint International Group sind abrufbar unter http://www.fasb.org/project/jig_membership.shtml (Stand: 06.05.2006). Abrufbar unter http://www.fasb.org/project/06-14-05_jigminutes.pdf (Stand: 28.05.2006). Vgl. hierzu die Ausführungen im Abschnitt 5.4.2.2.

267

wie möglich zur Diskussion zu stellen und hat den Standardentwurf zur Änderung des IAS 1 Presentation of Financial Statements: A Revised Presentation schließlich im März 2006 veröffentlicht.

Die im Standardentwurf vorgeschlagenen Änderungen des IAS 1 werden nachfolgend dargestellt.

5.4.2

Standardentwurf des IASB zur Änderung des IAS 1 „Presentation of Financial Statements“

5.4.2.1

Bestandteile des Jahresabschlusses und Vergleichsinformationen

Nach ED IAS 1.31 besteht ein vollständiger Abschluss (complete set of financial statements) aus folgenden Bestandteilen:

- Statement of financial position as at the beginning of the period, - Statement of financial position as at the end of the period, - Statement of recognised income and expense for the period, - Statement of changes in equity for the period, - Statement of cash flows for the period, - Notes, comprising a summary of significant accounting policies and other explanatory information.

Neu im Vergleich zur bisherigen Vorschrift des IAS 1.8 ist die Anforderung, eine Bilanz zu Beginn der Periode darzustellen. Diese neue Bestimmung entfaltet ihre Wirkung im Zusammenhang mit der Vorschrift des ED IAS 1.38 zur Darstellung der Vergleichzahlen. Da die Bilanz zu Beginn des Berichtsjahres und die Bilanz zum Ende des Vorjahres identisch sind, sind insgesamt – so explizit auch ED IAS 1.39 – drei Bilanzen darzustellen: die Bilanz zum Ende des Berichtsjahres, die Bilanz zum Ende des Vorjahres und die Bilanz zu Beginn des Vorjahres. Bisher waren nach IAS 1.8 i. V. m. IAS 1.36 nur zwei Bilanzen erforderlich – zum Ende des Berichtsjahres und zum Ende des Vorjahres.1002

1002

268

Vgl. hierzu weiterführend Bogajewskaja (2006), S. 1156.

Darüber hinaus hat der IASB die bisher im IAS 1 benutzten Begriffe „balance sheet“ und „cash flow statement“ durch die Bezeichnungen „statement of financial position“ und „statement of cash flows“ ersetzt. Diese Bezeichnungen entsprechen der US GAAPTerminologie.1003 Der IASB hat aber die US-amerikanischen (und gleichzeitig international üblichen) Bezeichnungen für die umfassende Erfolgsrechnung, ihre Ergebnisse und Bestandteile nicht übernommen. Der Standardentwurf spricht vom „total recognised income and expense“ anstatt des international üblichen „comprehensive income“, vom „other recognised income and expense“ anstatt von „other comprehensive income“ und vom „statement of recognised income and expense“ anstatt vom „statement of comprehensive income“.1004 Der IASB begründet die Einführung dieser Begriffe damit, dass sie der bisherigen IFRSTerminologie entsprechen.1005

Laut dem Standardentwurf sind sämtliche oben aufgeführten Bezeichnungen – sowohl die für die Bestandteile des Jahresabschlusses als auch die für die Ergebnisse und Bestandteile der Erfolgsrechnung – nicht obligatorisch.1006 Es kann vermutet werden, dass ein wichtiger Beweggrund des IASB bei der Einräumung dieses Wahlrechts das Anliegen war, den Anwendern die Nutzung international üblicher Bezeichnungen wie z. B. comprehensive income zu ermöglichen.

5.4.2.2

Änderungen des Formates der Erfolgsrechnung und des Eigenkapitalspiegels

Der Standardentwurf fordert einen separaten Ausweis der nicht-eigentümerbezogenen Änderungen des Eigenkapitals und der eigentümerbezogenen Änderungen des Eigenkapitals.1007 Der ED IAS 1 führt aus, dass die nicht-eigentümerbezogenen Änderungen des Eigenkapitals sämtliche Erträge und Aufwendungen der Periode umfassen und in der Summe die Ergebnisgröße total recognised income and expense ergeben.1008 Sie sind zu unterscheiden von den

1003 1004 1005 1006 1007 1008

Hier und im Folgenden vgl. weiterführend Bogajewskaja (2006), S. 1156 f. Die vorgeschlagenen Begriffe sind erläutert im IASB (2006c), ED IAS 1.7 (Definitions). Vgl. IASB (2006c), ED IAS 1.BC19. Kritisch zum „Bezeichnungswahlrecht“ vgl. z. B. Hasenburg/Dräxler (2006), S. 298. Vgl. IASB (2006c), ED IAS 1, Summary of Main Changes, ED IAS 1.81. Vgl. IASB (2006c), ED IAS 1.7; ED IAS 1.BC11.

269

eigentümerbezogenen Änderungen des Eigenkapitals, die aus Einlagen und Entnahmen der Anteilseigner resultieren.1009

Den logischen Ausfluss des Grundsatzes der separaten Darstellung von non-owner changes in equity stellt die im ED IAS 1.82 festgelegte Anforderung dar, sämtliche Erträge und Aufwendungen in der Erfolgsrechnung darzustellen. Die bisher im IAS 1.96 verankerte Alternative, ergebnisneutral erfasste Erträge und Aufwendungen ausschließlich im Eigenkapital zu präsentieren, soll entfallen.1010 Nach ED IAS 1.106 hat der Eigenkapitalspiegel nur das Gesamtergebnis (total recognised income and expense), nicht aber die einzelnen erfolgsneutral erfassten Posten aufzulisten. Die OCI-Posten müssen nach ED IAS 1.82 im Rahmen einer Erfolgsrechnung (statement of recognised income and expense) gezeigt werden, wobei diese Erfolgsrechnung wahlweise als eine einzige umfassende Rechnung (single statement) oder als zwei Rechnungen (two statements) erfolgen kann.1011 Die als single statement aufgestellte Erfolgsrechnung endet mit der Ergebnisgröße total recognised income and expense und führt das bisherige Ergebnis der Gewinn- und Verlustrechnung (profit or loss) als eine Zwischensumme auf. Bei der Darstellung der Erfolgselemente in zwei Statements entspricht die erste Rechnung der bisherigen Gewinn- und Verlustrechnung.1012 Die zweite Rechnung stellt eine Art Überleitung vom profit/loss zum total recognised income and expense dar. Diese zweite Rechnung ist, wie auch die erste Rechnung - die herkömmliche Gewinn- und Verlustrechnung -, ein integraler Bestandteil des Jahresabschlusses. Sie muss daher laut ED IAS 1.33 unmittelbar nach der ersten Rechnung dargestellt und darf nicht etwa in den Anhang „verbannt“ werden. Dies folgt aus dem im ED IAS 1.32 verankerten Grundsatz der gleichrangigen Darstellung einzelner Bestandteile des Jahresabschlusses.

Ursprünglich wollten der FASB und der IASB bereits in der Phase A des Projektes die Darstellung der Erfolgsrechnung als ein single statement verpflichtend vorschreiben.1013 Die Notwendigkeit eines obligatorischen single statement gehörte zu den wenigen inhaltlich wichtigen Punkten, in denen beide Standardsetzer im Rahmen ihrer bisherigen separat geführten Projekte zu übereinstimmenden Schlussfolgerungen gekommen sind. Nach einer sehr kontrovers geführten Diskussion auf der Sitzung im November 2005 hat sich der IASB dennoch im 1009 1010 1011 1012 1013

270

Vgl. IASB (2006c), ED IAS 1.BC 11. Vgl. IASB (2006c), ED IAS 1, Summary of Main Changes; ED IAS 1.106. Vgl. IASB (2006c), ED IAS 1.84. Sie wird im ED IAS 1.33 als separate statement of profit or loss bezeichnet. Vgl. z. B. IASB Update, April 2005 sowie das Protokoll der gemeinsamen IASB/FASB-Sitzung vom 21.04.2005, S. 2, abrufbar unter http://www.fasb.org/board_meeting_minutes/04-21-05_pr.pdf (Stand: 8.5.2006).

Alleingang überraschend entschieden, ein Wahlrecht zur Darstellung der Erfolgsrechnung als ein Statement oder zwei Statements vorgeschlagen. In der Basis for Conclusions zum Standardentwurf wird explizit ausgeführt, dass der IASB nach wie vor ein obligatorisches single statement befürwortet und dieses für die konzeptionell richtige Lösung hält; der IASB musste aber zur Kenntnis nehmen, dass das Konzept des single statement in der Bilanzierungspraxis auf großen Widerstand stößt.1014 Es wird insbesondere befürchtet, dass bei einer verpflichtenden Einführung des single statement das comprehensive income als neue „bottom line“ das bisherige net income in seiner Rolle als zentraler Performance-Indikator ablösen könnte.1015 Auch wenn das heutige net income einen Indikator mit eingeschränkter Aussagekraft darstelle – so die Argumentation der Opponenten des single statement – sei das comprehensive income aufgrund seiner hohen Volatilität und der Heterogenität als ein Performance-Indikator noch weniger geeignet. Eine sofortige Festlegung auf das single statement wäre daher voreilig, auch deshalb, weil Diskussionen zu den Grundsatzfragen des Performance Reporting, wie die Bildung von Kategorien und Zwischensummen in der Erfolgsrechnung, erst in der Phase B des Projektes geführt werden sollen.1016

Der IASB hat diese Kritik zur Kenntnis genommen und sich für eine Kompromisslösung entschieden. Im ED IAS 1 wurde ein Wahlrecht zur Aufstellung der Erfolgsrechnung als ein Statement oder zwei Statements eingeräumt. Allerdings wollten vier IASB-Mitglieder diese Entscheidung nicht mittragen und haben gegen den Entwurf gestimmt, so dass der Standardentwurf nur mit einer knappen Mehrheit verabschiedet werden konnte.1017 Auch der FASB hat diese vom IASB im Alleingang im November 2005 getroffene Entscheidung nicht unterstützt und entschieden, auf einen eigenständigen Standardentwurf zum Segment A zu verzichten. Mehrere FASB-Mitglieder haben bereits im Vorfeld dieser IASB-Entscheidung durchblicken lassen, dass aus ihrer Sicht ein eigenständiger Standardentwurf zur Phase A ohne das single statement sich nicht lohne.1018

1014 1015 1016 1017

1018

Vgl. IASB (2006c), ED IAS 1.BC13 f. Vgl. hierzu auch IASB (2006c), ED IAS 1.BC14. Vgl. z. B. IASB (2006c), ED IAS 1.BC14. Vgl. IASB (2006c), ED IAS 1, Alternative Views, AV2 ff. Ein weiteres, fünftes IASB-Mitglied war mit den Bezeichnungen für die Bilanz und die Erfolgsrechnung nicht einverstanden und hat aus diesen Gründen gegen den Entwurf gestimmt, vgl. ED IAS 1, AV8 ff. Zur Diskussion vgl. ausführlich das Protokoll der FASB-Sitzung vom 7.12.2005, abrufbar unter http://www.fasb.org/board_meeting_minutes/12-07-05_perf_ reporting.pdf (Stand: 08.05.2006).

271

5.4.2.3

Sonstige Änderungen

Der Standardentwurf fordert einen separaten Ausweis von reclassification adjustements für jede Komponente des OCI.1019 Die Verpflichtung, postenbezogene reclassification adjustements separat auszuweisen, soll die Umgliederung der Komponenten in die Gewinn- und Verlustrechnung und die betreffenden Realisationseffekte transparenter machen.1020 Diese Angaben können nach ED IAS 1.94 direkt in der Erfolgsrechnung oder im Anhang gemacht werden. Diese neuen Bestimmungen entsprechen den Anforderungen des SFAS 130, Par. 18 und 20, und gleichen den IAS 1 in diesem Punkt an die 1998 verabschiedete US-amerikanische Regelung an.

Ferner müssen nach ED IAS 1.90 Steuereffekte, inklusive der auf reclassification adjustements entfallenden Effekte, für jede Komponente des OCI separat aufgeführt werden. Diese Angaben können ebenfalls direkt in der Erfolgsrechnung oder im Anhang gemacht werden.1021 Auch diese Regelung entspricht der einschlägigen Bestimmung des SFAS 130 „Reporting Comprehensive Income“.1022 Eine weitere, durch den ED IAS 1 eingeführte Änderung bezieht sich auf die Darstellung der Dividenden und Dividenden pro Aktie. Während nach der derzeit gültigen Fassung des IAS 1 die Darstellung dieser Informationen direkt im Anschluss an die Gewinn- und Verlustrechnung nicht verboten ist, stellt ED IAS 1.107 explizit klar, dass Dividenden und Dividenden pro Aktie im Eigenkapitalspiegel oder im Anhang anzugeben sind. Diese Änderung steht im Einklang mit dem oben erläuterten Grundsatz der separaten Darstellung von eigentümerbezogenen und nicht-eigentümerbezogenen Änderungen des Eigenkapitals. Dividenden stellen eine Mittelverwendung dar und sind den owner changes in equity zuzurechnen.1023 Sie dürfen daher nicht mehr im Zusammenhang mit der Erfolgsrechnung dargestellt werden, da die Erfolgsrechnung nur die non-owner changes in equity zu präsentieren hat.

1019 1020 1021 1022 1023

272

Vgl. IASB (2006c), ED IAS 1.92. Vgl. IASB(2006c), ED IAS 1.BC22. Vgl. IASB (2006c), ED IAS 1.90. Vgl. SFAS 130.25. Vgl. im Folgenden IASB (2006c), ED IAS 1.BC28.

5.5 5.5.1

Kritische Würdigung der vorgeschlagenen Konzepte Vorbemerkung

Die in den Abschnitten 5.1 bis 5.3 analysierten Konzepte behandeln sowohl Fragen der Abgrenzung als auch Fragen der Strukturierung der Erfolgsrechnung und können als relativ weit ausgearbeitete Modelle der Erfolgsdarstellung charakterisiert werden. Der im Abschnitt 5.4 vorgestellte Standardentwurf des IASB zur Änderung des IAS 1 beinhaltet dagegen lediglich einige wenige punktuelle Änderungen des Formates der heutigen Erfolgsrechnung. Die für diese Arbeit sehr wichtigen Fragen der Strukturierung der Erfolgsrechnung und die Frage nach der Notwendigkeit des recycling werden in diesem Standardentwurf nicht behandelt. Diese zentralen Fragen der Erfolgsdarstellung sollen erst im Rahmen der Phase B des derzeit laufenden gemeinsamen IASB/FASB-Projektes diskutiert werden. Beim ED IAS 1 handelt es sich um kein geschlossenes Konzept zur Gestaltung der Erfolgsrechnung, sondern lediglich um einen Zwischenschritt im Rahmen des Projektes.

Bei der im nachfolgenden Abschnitt dargestellten kritischen Würdigung werden daher hauptsächlich die von den drei Standardsetzern in den Jahren 2000-2003 entwickelten, relativ umfassenden Konzepte berücksichtigt. Falls auf einzelne Vorschläge des ED IAS 1 Bezug genommen wird, wird dies explizit gekennzeichnet. Ansonsten beziehen sich sämtliche nachstehende Ausführungen auf die in den Abschnitten 5.1 bis 5.3 dargestellten Konzepte.

5.5.2

Erfüllung der Anforderungen bezüglich der Inhalte und der Abgrenzung der Erfolgsrechnung

5.5.2.1

Erfassung sämtlicher Erträge und Aufwendungen in einer Erfolgsrechnung

Die Ausführungen in den vorangegangenen Abschnitten haben gezeigt, dass sowohl der FASB als auch der IASB und der ASB grundsätzlich die Erfassung sämtlicher Erträge und Aufwendungen in einer Erfolgsrechnung nach dem one-statement approach anstreben. Sämtliche in den Abschnitten 5.1 bis 5.3 diskutierten Präsentationsformate erfüllen daher die im

273

Kapitel 2 aufgestellte Anforderung der Erfassung sämtlicher Erfolgskomponenten in einer einzigen Erfolgsrechnung.1024

Die in dieser bedeutenden Frage zu beobachtende Einigkeit der einflussreichen Standardsetzer stellt das Ergebnis einer langen Entwicklung dar. Es ist anzunehmen, dass die genannten Standardsetzer bereits bei der Vorbereitung der heute geltenden Standards zur Darstellung der Erfolgsrechnung den one-statement approach als konzeptionell überlegene Lösung betrachtet haben, diese aber als verbindliches Präsentationsformat zur damaligen Zeit nicht durchsetzen konnten.1025 Der ASB räumt z. B. in den Erläuterungen zum FRED 22 explizit ein, dass die Einführung eines single performance statement bei der Erarbeitung des FRS 3 nicht vorgenommen werden konnte, weil dies im Vergleich zur damaligen Bilanzierungspraxis eine zu starke Änderung bedeutet hätte.1026

In dem 1999 veröffentlichten Diskussionspapier der G4+1-Arbeitsgruppe Reporting Financial Performance: A Proposed Approach haben die Mitglieder der Arbeitsgruppe einstimmig den Vorschlag unterbreitet, sämtliche Erträge und Aufwendungen in einer einzigen Erfolgsrechnung zu erfassen.1027 Dieser Vorschlag wurde in vielen Stellungnahmen zum Diskussionspapier begrüßt.1028 Es gab aber auch sehr viele kritische Stimmen, die zeigten, dass in der business community noch kein Konsensus bezüglich dieser fundamentalen Frage der Ergebnisdarstellung vorhanden ist. Es wurde u. a. die Befürchtung geäußert, dass Investoren noch nicht in der Lage wären, ein derartiges performance statement adäquat zu interpretieren.1029

Es ist nicht auszuschließen, dass die Einführung eines Erfolgsdarstellungsformats nach dem one-statement approach eine umfangreiche Aufklärungsarbeit erforderlich machen wird. Unabhängig davon muss aber festgestellt werden, dass es sich bei diesem Erfolgsdarstellungsformat um eine in konzeptioneller und auf längere Sicht auch in praktischer Hinsicht überlegene Lösung handelt. 1024

1025 1026 1027 1028

1029

274

Diese Aussage gilt im Rahmen der derzeit gültigen Ansatz- und Bewertungsvorschriften. Zu den Kongruenzverstößen, die u. a. durch die derzeitigen Regelungen zur Erfassung von Korrekturen vergangener Perioden verursacht werden vgl. die Ausführungen am Ende dieses Abschnitts. Vgl. Abschnitt 4.4.1. Vgl. ASB (2000), FRED 22, Appendix IV, Par. 15. Vgl. Cearns (1999), Par. 2.5. Von den dem IASB insgesamt zugegangenen 51 Stellungnahmen haben sich 31 für die Erstellung eines single performance statement ausgesprochen. 16 Kommentatoren waren gegen den Vorschlag. Die Stellungnahmen zum G4+1-Diskussionspapier von 1999 sind abrufbar unter http://www.iasb.org/current/ comment_letters_g4. asp?show PageContent =no&xml= 16_70_97_05012 000.htm (Stand: 09.01.2006). Vgl. z. B. die Stellungnahme der London Investment Banking Association (LIBA) zum G4+1Diskussionspapier von 1999.

Mit dem Ausweis sämtlicher Erträge und Aufwendungen in einer Erfolgsrechnung wird die Erfolgslage viel verständlicher dargestellt als es bisher nach den gültigen Standards der Fall ist.1030 Der Wegfall alternativer Präsentationsformate wird die internationale Vergleichbarkeit der Abschlüsse unterstützen. Der Eigenkapitalveränderungsnachweis wird auf die Darstellung der Kapitaltransaktionen mit Anteilseignern beschränkt, was die Funktion dieses Abschlussbestandteils klar herausstellt. Auch die heute vorhandene Gefahr der geringen Beachtung von im Eigenkapitalveränderungsnachweis dargestellten Erfolgskomponenten wird beseitigt.

Darüber hinaus würde die Einführung eines Erfolgsdarstellungsformats nach dem onestatement approach die hohe Zahl der Verstöße gegen das Kongruenzprinzip, die heute in der angloamerikanischen Rechnungslegung vorzufinden sind, signifikant reduzieren.1031 Sie würde diese aber nicht vollständig beseitigen, da die nach einigen derzeit gültigen Rechnungslegungsnormen vorgeschriebene erfolgsneutrale Erfassung bestimmter Erfolgskomponenten durch die Anpassung von Gewinnrücklagen von dieser Entwicklung nicht erfasst wird.1032

Besonders kritisch sind in diesem Zusammenhang die neueren Regelungen zur Darstellung der Änderungen der Rechnungslegungsmethoden und der Korrektur von Fehlern zu sehen. Durch den Wegfall von alternativ zulässigen Methoden der erfolgswirksamen Erfassung nach IAS und der Anpassung der US-amerikanischen Regelungen an die Regelungen der IAS werden die Kongruenzverstöße wieder ausgeweitet. Die genannten Änderungen sind als eine Entwicklung zu werten, die im Widerspruch zu den bisherigen Bemühungen der angloamerikanischen Standardsetzer im Rahmen der performance-Projekte steht.

5.5.2.2

Umsetzungsvarianten des One-Statement Approach

Während die angloamerikanischen Standardsetzer sich bisher einheitlich zugunsten des onestatement approach ausgesprochen haben, ist bei der Wahl des konkreten Präsentationsformats keine Einigkeit festzustellen. Die international führenden Standardsetzer IASB und 1030

1031

1032

Zu den Ausführungen in diesem und im nächsten Absatz vgl. Hollmann (2003), S. 272. Die Schlussfolgerungen bei Hollmann (2003) beziehen sich auf den Draft Statement of Principles (DSOP) des IASB, in dem ebenfalls ein single performance statement vorgeschlagen wurde. Sie sind auf die hier analysierten Modelle übertragbar. Diese Ausführungen beziehen sich vor allem auf die Modelle des ASB und des IASB, da der FASB im Rahmen des nationalen Projektes keine Beschlüsse zur Frage des recycling bekannt gemacht hat. Vgl. z.B. IAS 16.41 und IAS 38.78.

275

FASB haben unterschiedliche Umsetzungsvarianten vorgeschlagen, die in der jüngeren internationalen Diskussion mit den Begriffen „pure single statement approach“ und „modified single statement approach“ bezeichnet werden.1033

Im Modell des IASB wurden die bisher erfolgsneutral erfassten Aufwendungen und Erträge vollständig in die erweiterte Erfolgsrechnung integriert und unterschiedlichen Kategorien und Spalten zugeordnet. Das bisherige OCI wurde in diesem Modell somit restlos aufgelöst. Infolgedessen ist es nicht möglich, auch das bisherige net income aus dieser geänderten Erfolgsrechnung abzulesen.

Im FASB-Modell sollte dagegen das OCI in der Form einer gesonderten Kategorie beibehalten werden. Somit würde auch die bisherige Ergebnisgröße net income erhalten bleiben bzw. könnte aus der Erfolgsrechnung direkt abgelesen werden. Die neue erweiterte Erfolgsrechnung in diesem Modell besteht somit quasi aus zwei Teilen: aus der wie bisher abgegrenzten, aber neu strukturierten Gewinn- und Verlustrechnung und dem bisherigen OCI in Form einer neuen Kategorie.

Nach der kritischen Gegenüberstellung der beiden oben erläuterten Umsetzungsalternativen wird in dieser Arbeit dem modified single statement approach der Vorzug gegeben. Dieser Ansatz weist die Vorteile des one statement approach auf und ermöglicht gleichzeitig die Beibehaltung des bisherigen net income, das auf der gegenwärtigen Etappe der Entwicklung unverzichtbar erscheint. Die Ergebnisgröße net income stellt in der Praxis nach wie vor einen sehr wichtigen performance-Indikator dar und ist im Sinne der Finanzmarktkommunikation derzeit nicht wegzudenken.1034 Zahlreiche empirische Studien bestätigen die Relevanz dieser Größe für die Preisbildung am Kapitalmarkt.1035 Aufgrund ihrer Rolle als zentraler performance-Indikator ist diese Ergebnisgröße ein Bestandteil vieler Verträge, an den sich vertraglich vereinbarte Konsequenzen knüpfen.1036 Diese Ergebnisgröße ist eingebettet in eine Viel-

1033

1034

1035 1036

276

Das Modell des ASB stellt eine Mischvariante dar. Eine Zwischensumme net income ist im Modell des ASB nicht vorgesehen, ließe sich aber aus der vorgeschlagenen Erfolgsrechnung leicht ableiten. Die Ausführungen in diesem Abschnitt konzentrieren sich nur auf die Modelle des IASB und des FASB, die als zwei grundsätzliche Alternativen zur Umsetzung des one-statement approach betrachtet werden. Vgl. ASBJ (2002), S. 2; Coenenberg (2005), S. 966; Eriksson (2005), S. 4; Kerkhoff/Diehm (2005), S. 343; Obinata (2002), S. 2; Schuster (2005), S. 3; Yamada (2005), S. 5; Yaekura (2005), S. 5. Vgl. hierzu Abschnitt 3.3.1.1. Vgl. Eriksson (2005), S. 4; Yamada (2005), S. 5. Zur Beziehung zwischen der „valuation role“ und der „contracting role“ des net income vgl. z. B. Bushman/Engel/Smith (2006), S. 54 ff. m. w. N.

zahl von Rechnungslegungsstandards. Die Ergebnisgröße net income stellt somit zurzeit einen festen Bestandteil der ökonomischen Realität dar.

Es überrascht daher nicht, dass das „Verschwinden“ des net income im Modell des IASB bei den field visits auf eine sehr starke Ablehnung der Kommentatoren gestoßen ist. Nicht von der Hand zu weisen ist auch der von vielen Kommentatoren erhobene Vorwurf, dass es durch die vom IASB vorgeschlagenen Änderungen der Ausweisvorschriften de facto zu massiven Änderungen der Bewertungsvorschriften einzelner Standards kommen würde, ohne dass diese den notwendigen due process1037 durchlaufen haben. So beispielsweise stellt die heutige Fassung des IAS 39 Financial Instruments: Recognition and Measurement, die für verschiedene Gruppen von Finanzinstrumenten eine unterschiedliche Behandlung hinsichtlich der Erfolgswirksamkeit vorsieht, das Ergebnis jahrelanger Suche nach Konsensfindung und der zahlreichen, mühsam errungenen Kompromisse dar. Die einheitliche Erfassung sämtlicher fair value-Änderungen der Finanzinstrumente in der remeasurements-Spalte würde zu einer de facto-Aufhebung dieser differenzierten Regelungen führen, ohne dass die „broad international consultation“1038 und die vorgesehenen Schritte des formalen due process1039 im Hinblick auf die Veränderung dieser speziellen Regelungen stattgefunden haben.

Der im Abschnitt 5.4.1 geschilderte Verlauf des jüngeren gemeinsamen IASB/FASBProjektes belegt allerdings, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch das „moderate“ modified single statement approach in der Praxis wenig Akzeptanz findet.1040 Diese Tatsache hat den IASB schließlich dazu bewogen, von seinen bisherigen Entscheidungen abzuweichen und ein Wahlrecht zur Aufstellung der Erfolgsrechnung in einer oder in zwei Rechnungen vorzuschlagen. Dieses Wahlrecht ist zwar konzeptionell bedenklich, kann aber unter den Gesichtspunkten der praktischen Standardsetzung akzeptiert werden. Auch der gemäß den „moderaten“ Vorschlägen des Standardentwurfs geänderte IAS 1 würde eine Verbesserung im Vergleich zum heutigen IAS 1 darstellen, da der Standardentwurf die für die Nutzer des Jahresasbchlusses besonders intransparente Darstellung der OCI-Elemente im Eigenkapitalspiegel abschafft1041 und erstmalig das one-statement approach in den IAS 1 einführt. Positiv zu würdigen ist auch die Einführung des Grundsatzes der separaten Darstellung der eigentümerbezo1037

1038 1039 1040 1041

Vgl. der IASB zum Procedere der Entwicklung neuer IFRS: „IFRSs are developed through a formal system of due process and broad international consultation.“, IASB (2006a), Introduction, S. 5. Vgl. IASB (2006a), Introduction, S. 5. Zu den Schritten des due process vgl. IASB (2006a), Introduction, S. 5 f. Vgl. hierzu Abschnitt 5.4.1. Zustimmend zu dieser Änderung vgl. auch Hasenburg/Dräxler (2006), S. 298.

277

genen und der nicht-eigentümerbezogenen Änderungen des Eigenkapitals. Dieser konzeptionell fundierte Grundsatz schafft im IAS 1 erstmalig eine Grundlage für die Aufstellung der Erfolgsrechnung nach dem one-statement approach.

5.5.2.3

Das Verfahren des „Recycling“

Im Kapitel 2 wurde die Anforderung abgeleitet, Erträge und Aufwendungen nur ein einziges Mal in der Erfolgsrechnung zu erfassen (Grundsatz 3).

Der Standardentwurf des britischen Standardsetzers entspricht vollständig dieser Anforderung, da FRED 22 explizit ein Verbot des recycling zwischen den einzelnen Sektionen bzw. Abschnitten des statement of financial performance vorsieht. Anzumerken ist auch, dass der ASB sich schon sehr frühzeitig in dieser Hinsicht festgelegt hat: Bereits nach den 1992 erlassenen Regelungen des FRS 3 war das recycling nicht gestattet.

Auch das bisherige IASB-Modell erfüllt die oben genannte Anforderung, wenn auch mit gewissen Einschränkungen. Der IASB hat sich für ein grundsätzliches Verbot des recyclingVerfahrens ausgesprochen. Dem Standardsetzer gelang es jedoch nicht, dieses Verbot konsequent durchzuhalten. Von dem Grundsatz, dass jeder erfolgswirksame Sachverhalt nur einmal erfasst werden soll, ist der IASB bei den cash flow hedges abgewichen. Der IASB gestattete diese Form des recycling in seinem Erfolgsdarstellungsformat aus der Überlegung heraus, dass betriebswirtschaftlich sinnvolle Absicherungsgeschäfte eventuell unterbleiben würden, wenn die Bilanzierenden keine Möglichkeit hätten, diese auch adäquat abzubilden.1042

Beim FASB-Modell ist, wie erläutert, davon auszugehen, dass das Verfahren des recycling weiterhin angewandt werden sollte. Das FASB-Modell würde somit gegen das im Kapitel 2 geforderte Verbot dieses Verfahrens verstoßen. Es muss allerdings eingeräumt werden, dass angesichts der im vorangegangenen Abschnitt erfolgten Empfehlung zugunsten des modified single statement approach auch die Forderung nach einem strikten Verbot des recycling relativiert werden muss. Die Anwendung des recycling-Procedere in Form einer Umgliederung zwischen den Sektionen einer erweiterten Erfolgsrechnung entspricht der inneren Logik des 1042

278

Vgl. Bogajewskaja/Gröner/Zeimes (2004), S. 20.

FASB-Modells und kann unter Praktikabilitätsgesichtspunkten als eine befristete Übergangslösung im Rahmen des modified single statement approach akzeptiert werden. Die beim IASB geführten Diskussionen bezüglich der cash flow hedges haben gezeigt, wie schwierig es ist, im Rahmen der mixed attribute model auf derartige Konstruktionen zu verzichten. Der Mechanismus des recycling ist ein Ausfluss des in der heutigen angloamerikanischen Rechnungslegung existierenden Nebeneinanders der fair value-Bewertung und der historischen Anschaffungskosten-Ansätze. Diese Problematik wird mit der Erarbeitung neuer Erfolgsdarstellungsregeln nicht beseitigt.

Schließlich muss auch hier den Opponenten des IASB-Modells insofern zugestimmt werden, als dass die bisher nicht befriedigend gelöste Problematik des Umganges mit den fair valueÄnderungen nicht einfach durch die Änderung der Ausweisvorschriften bereinigt werden kann und darf. Neben dem net income ist auch das recycling in zahlreiche Rechnungslegungsstandards eingebettet, deren Änderung der Durchführung des due process-Procederes bedarf. Diese aus Praktikabilitätsgründen erfolgende Empfehlung zugunsten des recycling als befristeter Übergangslösung im Rahmen des modified single statement approach ändert freilich nichts an der bisher konstatierten Tatsache, dass für das recycling keine konzeptionelle Basis vorhanden ist und dass dieses Verfahren im Widerspruch zu den einschlägigen Rahmenkonzepten steht.

5.5.3 5.5.3.1

Erfüllung der Anforderungen an die Strukturierung der Erfolgsrechnung Gestaltungsfreiheit des Gliederungsschemas

Angesichts des unterschiedlichen Entwicklungsstandes der hier betrachteten Vorschläge kann keine abschließende Beurteilung vorgenommen werden, inwieweit mit den vorgeschlagenen Ausweisformaten Fortschritte hinsichtlich der Gestaltungsfreiheit des Gliederungsschemas erzielt werden könnten. Es können jedoch einige Feststellungen bezüglich der bisher beobachteten Entwicklungsrichtung gemacht werden.

Die bisherigen britischen Regelungen des CA 1985/1989 i. V. m. FRS 3 legten bereits ein verbindliches, hinreichend tiefes Mindestgliederungsschema fest, so dass keine großen Defizite hinsichtlich der Erfüllung dieser Anforderung bestanden. FRED 22 schlug die Zusammen279

führung der bisherigen Gewinn- und Verlustrechnung und des statement of total recognised gains and losses zu einem umfassenden statement of financial performance vor sowie die Einteilung der bisher vorgesehenen Positionen in die neuen Kategorien. Der bisherige hohe Detaillierungsgrad des Gliederungsschemas würde dabei weiter bestehen. FRED 22 würde hiermit weitere Verbesserungen im Vergleich zur bisherigen Situation bringen, wobei auch die bisherigen Regelungen hinsichtlich der Gestaltungsfreiheit des Gliederungsschemas als ausreichend zu bezeichnen sind.

Bezüglich des IASB-Modells kann festgestellt werden, dass das bisher diskutierte IASBAusweisformat aus den Jahren 2001-2003 hinsichtlich der Gestaltungsfreiheit des Gliederungsschemas eine wesentliche Verbesserung im Vergleich zu den derzeitigen Regelungen des IAS 1 bringen würde. Die im IAS 1 enthaltenen Vorschriften zur Gliederung der Erfolgsrechnung wurden im Kapitel 3 als rudimentär und völlig unzureichend charakterisiert. Das neue IASB-Modell bietet in dieser Hinsicht verbesserte Informationsmöglichkeiten. Aus den Vorschlägen des IASB ergibt sich ein verbindliches, vertikal tief strukturiertes Gliederungsschema, gekennzeichnet durch einen hohen Grad an Disaggregation. Die Postenbezeichnung und die Reihenfolge der Posten werden durch dieses Schema verbindlich vorgegeben. Auch die Inhalte der Posten der vertikalen Gliederung1043 wurden im neuen Ausweisformat wesentlich genauer konkretisiert als nach den gegenwärtigen Regelungen. Das vom IASB vorgeschlagene neue Ausweisformat würde daher die derzeit bestehenden Ermessensspielräume hinsichtlich der Gestaltungsfreiheit des Gliederungsschemas deutlich reduzieren.

Im Rahmen der vom IASB durchgeführten field visits wurde oft eingewendet, dass die durch die neue Gliederung geforderten Informationen zum überwiegenden Teil auch jetzt dem Anhang zum IFRS-Abschluss entnommen werden können. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass erfahrungsgemäß Jahresabschlussnutzer den Anhangsinformationen eine geringere Relevanz im Vergleich zu den Posten der Erfolgsrechnung beimessen. Eine zusammenfassende Darstellung der Informationen an nur einer Stelle ist daher für die Nutzer eindeutig transparenter und mindert den Analyseaufwand.

Der FASB hat im Rahmen des in den Jahren 2001-2003 durchgeführten nationalen Projektes nur die neu zu bildenden Kategorien diskutiert, woraus sich noch kein hinreichend tief struk-

1043

280

Die Inhalte der vom IASB vorgeschlagenen „horizontalen“ Erfolgsspaltung (die Spalten remeasurements und before remeasurements) werden im folgenden Abschnitt kommentiert.

turiertes Gliederungsschema ergibt. Die Frage einer weiteren Disaggregation von Erträgen und Aufwendungen innerhalb der festgelegten Kategorien gehört aber zu den Fragen, die der FASB in der Phase B des derzeit laufenden Joint Project „Financial Statement Presentation“ noch intensiv diskutieren will.1044 Das Thema einer weiteren Disaggragation wurde von Nutzern des Jahresabschlusses in mehreren mit dem FASB geführten Diskussionen1045 als besonders wichtig eingestuft.1046

Weitere Vorschläge des FASB müssen somit abgewartet werden. In Anbetracht dessen, dass derzeit in den USA überhaupt kein für alle Unternehmen geltendes Gliederungsschema existiert, stellen auch die bisherigen Überlegungen des FASB einen gewissen Fortschritt dar.

5.5.3.2 5.5.3.2.1

Erfolgsspaltung Getrennter Ausweis von regelmäßigen und unregelmäßigen Erfolgskomponenten

Im Kapitel 2 dieser Arbeit wurde empfohlen, das Kriterium der Regelmäßigkeit als Erfolgsspaltungskriterium nur eingeschränkt anzuwenden. Befürwortet wurde die Bildung einer getrennten Kategorie für den Ausweis von Ergebnissen aufgegebener Geschäftsbereiche. Eine darüber hinausgehende Anwendung des Kriteriums der Regelmäßigkeit als Kriterium für die Kategorienbildung wurde nicht empfohlen.

Hinsichtlich der Bildung einer getrennten Kategorie für die Ergebnisse aufgegebener Geschäftsbereiche kann festgestellt werden, dass ein getrennter Ausweis von discontinued operations in allen drei betrachteten Projekten angestrebt wird. Allerdings sehen die bereits derzeit geltenden Regelungen einen getrennten Ausweis dieser Erfolgskomponenten vor, so dass auch heute diesbezüglich keine wesentlichen Defizite bestehen.

Eine Änderung bringt lediglich FRED 22 insofern ein, als im Standardentwurf neben dem getrennten obligatorischen Ausweis der Ergebnisse der discontinued operations innerhalb der 1044 1045

1046

Vgl. FASB (2003c). U. a. in den im Jahr 2002 durchgeführten User Interviews sowie in den Diskussionen mit dem User Advisory Council, vgl. FASB (2002), S. 4, und UAC (2003b), S. 8. Vgl. FASB (2003c).

281

operating section ein Ausweis der Gewinne bzw. Verluste aus der Veräußerung von aufgegebenen Geschäftsbereichen innerhalb der other gains and losses-Kategorie vorgeschlagen wird. Aufgrund der Angabepflichten für die einzelnen Posten des other gains and losses wäre die Zusammenfassung der Komponenten von discontinued operations zu einer Kategorie problemlos möglich, so dass diese Darstellungsform aus der Sicht der hier vorgeschlagenen Kategorisierung keinen wesentlichen Nachteil darstellt. Es muss aber auch festgestellt werden, dass der Ausweis der Gewinne bzw. Verluste aus der Veräußerung von aufgegebenen Geschäftsbereichen innerhalb der other gains and losses-Kategorie aus dem vom ASB gewählten Konzept der holding gains and losses folgt und innerhalb dieser Konzeption konsequent ist.

Außerhalb des Themas „discontinued operations“ kann im Rahmen der dargestellten Projekte ein gewisser Trend festgestellt werden, die Anwendung des Kriteriums der Regelmäßigkeit einzuschränken. Dies folgt u. a. aus der restriktiveren Handhabung des Ausweises von außergewöhnlichen Posten. So ist nach den Vorschlägen des FRED 22 die Streichung des nach FRS 3 getrennt auszuweisenden Blocks spezifizierter außergewöhnlicher Erfolgskomponenten vorgesehen. Außergewöhnliche Posten sind nach FRED 22 nur noch innerhalb der Posten, zu denen sie gehören, auszuweisen. Auch nach den Vorschlägen des FASB sollen die außergewöhnlichen Sachverhalte nicht als ein gesonderter Posten, sondern innerhalb der Kategorien, zu denen sie sachlich gehören, ausgewiesen werden. Angesichts der Schwierigkeiten, die mit der Anwendung des Kriteriums der „Regelmäßigkeit“ verbunden sind1047, sind diese Änderungen positiv zu werten. Zu begrüßen ist auch die im FRED 22 vorgesehene zusätzliche Offenlegungspflicht im Zusammenhang mit den außergewöhnlichen Posten für den Fall, dass auf die financial performance des Unternehmens als die Performance abzüglich oder einschließlich der außergewöhnlichen Posten Bezug genommen wird. Diese Angabepflicht würde mehr Transparenz in die unternehmensindividuellen Pro-forma-Informationen bringen.

1047

282

Vgl. Abschnitt 2.2.4.2.2.2.2.

5.5.3.2.2

Getrennter Ausweis von Erfolgskomponenten aus Finanzierungsaktivitäten und aus der betrieblichen Tätigkeit

5.5.3.2.2.1

Abgrenzung der Kategorie „Financing“

Es ist zunächst positiv hervorzuheben, dass in allen drei betrachteten Ausweismodellen ein separater Ausweis der Kategorie financing vorgesehen wurde. Im Kapitel 2 wurde gefordert, die Abgrenzung der Kategorie financing anhand des Kriteriums „Funktion der zugrunde liegenden Aktivitäten“ vorzunehmen (Grundsatz 6). Die Abgrenzung im FRED 22 sowie die vom IASB und vom FASB aufgestellten Abgrenzungen erfüllen diese Anforderung. Alle drei Standardsetzer wollten in der Kategorie financing Erfolgskomponenten aufzeigen, die im Zusammenhang mit den zur Finanzierung der betrieblichen Aktivitäten eingesetzten Verbindlichkeiten entstehen. Diese Abgrenzung der financing-Kategorie soll eine von der jeweiligen Kapitalstruktur unabhängige Analyse der Unternehmensperformance ermöglichen.

Bei der Bestimmung dessen, was unter Verbindlichkeiten (debt) zu verstehen ist, gingen die Standardsetzer unterschiedliche Wege.

Der IASB legte der Abgrenzung der financing-Kategorie das Prinzip zugrunde, dass die Struktur der Erfolgsrechnung die Unterscheidung zwischen der Verzinsung des gesamten eingesetzten Kapitals und der Verzinsung des Eigenkapitals ermöglichen soll. Als Folge wurden in der Kategorie financing nur Finanzierungskosten, aber keine Erträge der finanzwirtschaftlichen Kapitalanlage berücksichtigt.

Der FASB grenzte dagegen die financing-Kategorie nach dem Konzept des net debt ab. Erträge aus den finanziellen Vermögenswerten wurden dabei als Erträge gesehen, die zur Bedienung der Schulden zur Verfügung stehen. Sie wurden daher bei der Abgrenzung der financing-Kategorie berücksichtigt.

Die vom IASB vorgeschlagene Abgrenzung der financing-Kategorie ist in konzeptioneller Hinsicht insofern stringenter als die Abgrenzung im Modell des FASB, weil sie keine willkürlichen Zurechnungen von finanziellen Vermögenswerten zum financing- bzw. operatingBereich erfordert. Das Konzept des IASB ermöglicht aber nicht die Abbildung von treasuryAktivitäten. Dies wurde von Kommentatoren im Rahmen der field visits als ein schwerwie-

283

gender Nachteil der vorgeschlagenen Klassifizierung gewertet.1048 Um der Forderung nach der Abbildung der treasury-Aktivitäten nachzukommen, hat der IASB einen separaten Ausweis der Erträge aus finanziellen Vermögenswerten im Rahmen einer Unterkategorie financial im Rahmen der Hauptkategorie business vorgeschlagen. Ein derartiger Ausweis soll die Zusammenfassung von Ergebnissen der Kapitalbeschaffung und der Kapitalanlage ermöglichen. Das Nebeneinander der Kategorien financing und financial erhöht aber wiederum die Komplexität der Erfolgsrechnung und kann u. U. verwirrend wirken.

In dieser Arbeit wird dem Vorschlag des FASB der Vorzug gegeben. Das FASB-Modell liefert ein kompletteres Bild der Finanzierungsaktivitäten als das Modell des IASB. Die Beschränkung der einzubeziehenden finanziellen Vermögenswerte auf liquide Mittel und deren Äquivalente ist als eine konzeptionell zwar schwer begründbare, aber praktikable Lösung des geschilderten Abgrenzungsproblems zu werten. Die vom FASB vorgeschlagene Abgrenzung der einzubeziehenden finanziellen Vermögenswerte auf liquide Mittel und deren Äquivalente stellt einen relativ unproblematischen, vom Geschäftsmodell unabhängigen „gemeinsamen Nenner“ dar, welcher von Unternehmen verschiedener Branchen akzeptiert werden kann.

Der ASB diskutierte im FRED 22 nicht, nach welchem Prinzip die Bestimmung der Komponenten der financing-Kategorie zu erfolgen hat. Die Aufzählung der auszuweisenden Posten, die u. a. Zinserträge und Einkommen aus Investitionen im Rahmen der treasury activities beinhaltete, belegt aber, dass der ASB dem Konzept des net debt im Standardentwurf folgte. Im Unterschied zum FASB traf der englische Standardsetzer keine Entscheidung, welche finanziellen Vermögenswerte konkret als Bestandteil des net debt anzusehen sind. Indem der ASB die Umschreibung „income from investments held as part of treasury activities“ verwendete, überließ er diese Entscheidung den bilanzierenden Unternehmen. Diese Vorgehensweise ermöglicht bilanzpolitische Gestaltungen und kann keine zwischenbetriebliche Vergleichbarkeit gewährleisten.

Die Umsetzung des net debt-Konzeptes im FRED 22 ist daher wegen der inhaltlichen Unbestimmtheit abzulehnen.

1048

284

Vgl. Bogajewskaja/Gröner/Zeimes (2004), S. 27.

5.5.3.2.2.2

Abgrenzung der Kategorie „Operating“

Bei der Abgrenzung der operating- bzw. business-Kategorie gingen die Standardsetzer ebenfalls unterschiedliche Wege.

Der IASB definierte die Kategorie business explizit als eine Residualkategorie. In dieser wurden Erfolgskomponenten erfasst, die nicht in die anderen Kategorien fallen. Im ASB-Modell stellte die operating section die Standardsektion dar. Es galt die Annahme, dass Erträge und Aufwendungen der Periode grundsätzlich aus operating activities resultieren, es sei denn, es handelt sich um genau bestimmte Erträge und Aufwendungen, die einer anderen Sektion zuzuweisen sind. Obwohl der ASB eine andere Beschreibung als der IASB gewählt hat und durch die Definition der operating section als Standardsektion diese auch anders gewichtete, bestehen bei der Abgrenzung dieser Kategorie in beiden Modellen keine prinzipiellen Unterschiede. Beide Standardsetzer nahmen keine direkte Abgrenzung der operating-Kategorie vor. Es handelt sich in beiden Fällen um eine Negativabgrenzung. Dies entspricht der im Kapitel 2 dieser Arbeit empfohlenen Vorgehensweise.

Der FASB hat bei der Abgrenzung der business-Kategorie eine fundamental andere Vorgehensweise gewählt. Im FASB-Modell sollte die business-Kategorie mit Hilfe des management approach direkt definiert werden. Das Management des bilanzierenden Unternehmens hätte darüber zu entscheiden, welche Erträge und Aufwendungen als „business activities“ zu klassifizieren und demzufolge der business-Kategorie zuzuordnen sind. Es handelt sich hierbei um die sog. „through the eyes of management“-Abgrenzung.1049

Die Problematik einer direkten Abgrenzung der operating- bzw. business-Kategorie wurde im Zusammenhang mit dem Kriterium der „Betriebsbezogenheit“ im Kapitel 2 dieser Arbeit erläutert. Dort wurde aufgezeigt, dass es sich hierbei um eine im Hinblick auf die Prognoserelevanz zwar wünschenswerte, aber im Sinne der Standardisierung nicht umsetzbare Abgrenzung handelt. Der management approach kann das Problem der mangelnden Standardisierbarkeit nicht lösen, da er ebenfalls auf die unternehmensindividuellen Abgrenzungen abstellt. Die „through the eyes of management“-Abgrenzung von betrieblichen Aktivitäten kann grundsätzlich die Vergleichbarkeit der Abschlüsse nicht unterstützten.1050 Diese Abgrenzung führt 1049 1050

Vgl. Barker (2004), S. 163. Vgl. Barker (2004), S. 164.

285

darüber hinaus zu Inkonsistenzen im gesamten Modell. So können bestimmte Erträge und Aufwendungen, die die Definition des financing erfüllen und ansonsten dieser Kategorie zuzurechnen wären, durch die Anwendung des management approach in die Kategorie business eingeordnet werden.1051

Die Befürworter des management approach argumentieren, dass dieser Ansatz zum einen mit der internen Steuerung des Unternehmens und zum anderen mit der Vorgehensweise bei der Segmentberichterstattung nach SFAS 131 kompatibel ist.1052 Dieser Überlegung ist zwar grundsätzlich zuzustimmen. Im Hinblick auf die Ziele der externen Berichterstattung am Kapitalmarkt ist dennoch der Vergleichbarkeit und der Konsistenz – zumindest bei den Basisbestandteilen des Jahresabschlusses („primary financial statements“) – eine höhere Priorität einzuräumen.1053

Dem von Finanzanalysten oft geäußerten Wunsch nach der Identifikation von „non-core“ bzw. „non-operating items“ kann besser durch eine umfassende disaggregierte Darstellung von Erfolgskomponenten innerhalb der business-Kategorie entsprochen werden. Dies wird es den Nutzern des Jahresabschlusses ermöglichen selbst zu entscheiden, welche Komponenten der business-Kategorie für ihre Zwecke als non-operating zu betrachten sind. Es muss unterstrichen werden, dass diese Meinung u. a. von mehreren Mitgliedern des vom FASB einberufenen User Advisory Council vertreten wird.1054

5.5.3.2.3

Getrennter Ausweis von Erfolgskomponenten aus der Fair Value-Bewertung und den übrigen Erfolgskomponenten

Die Bildung einer „fair value-Kategorie“ in Reinform ist in keinem der hier untersuchten Formate vorgesehen. Das Ausweisformat des ASB und insbesondere das des IASB beinhalten 1051 1052 1053

1054

286

Vgl. FASB (2003d), S. 4. Vgl. FASB (2003d), S. 5. Es ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass der IASB sich entschieden hat, im Rahmen der angestrebten short-term convergence den IAS 14 Segment Reporting zu überarbeiten und den management approach des SFAS 131 für die Segmentberichterstattung zu übernehmen, vgl. z. B. IASB, IASB Update, January 2005, S. 4. Ein entsprechender Standardentwurf (ED 8 Operating Segments) wurde vom IASB im Januar 2006 veröffentlicht, vgl. IASB (2006b). Zum Standardentwurf vgl. z. B. Schween (2006), S. 516; Alvarez/Büttner (2006), S. 307 ff. Das management approach findet in diesem Zusammenhang in derzeitiger Diskussion viel Zustimmung, vgl. IASB (2006b), ED 8.BC 6-7; World Accounting Report, February 2006, S. 3. Kritisch vgl. Alvarez/Büttner (2006), S. 318. Vgl. UAC (2003a), S. 8 und FASB (2003d), S. 7.

jedoch Abgrenzungskonzepte, die der auf der fair value-Bewertung basierenden Abgrenzung von Erfolgskomponenten sehr nahe kommen.

Das ASB-Modell sah eine Kategorie other gains and losses vor, welche holding gains and losses umfasst. Diese resultierten aus den Preisänderungen während der Zeit, in der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten gehalten werden. Holding gains and losses wurden als Erfolgskomponenten verstanden, die mit den zentralen Aktivitäten des Unternehmens nur indirekt verbunden sind.

Ein wesentliches Problem der auf der holding/non-holding-Dichotomie basierenden Abgrenzung der operating section von den other gains and losses ist darin zu sehen, dass holding gains and losses zum Teil Erfolgskomponenten beinhalten, die nach dem heutigen Verständnis dem betrieblichen Ergebnis zuzurechnen sind. So würden z. B. die Gewinne und Verluste aus der Haltung von Vorräten bei der strikten Anwendung des holding gains-Konzeptes in die Kategorie other gains and losses fallen.1055 Diese Gewinne und Verluste sind aber gemäß dem heutigen Verständnis eng mit dem operating result des Unternehmens verbunden. Sie wurden daher im FRED 22 nicht der other gains and losses-Sektion zugerechnet. Ferner stellen diese Aktivitäten für Unternehmen bestimmter Branchen, die als Hauptaktivität den Handel mit Anlageimmobilien betreiben, operating activities dar. Nach der allgemeinen Regelung des FRED 22.26 sind aber Gewinne und Verluste aus der Bewertung von Anlageimmobilien sowie aus der Veräußerung von Sachanlagevermögen in der Sektion other gains and losses auszuweisen. FRED 22 führte daher aus, dass von der oben beschriebenen Abgrenzung zwischen operating section und der other gains and losses section u. U. Ausnahmen gemacht werden müssen.1056

Bei der Bildung einer auf das Bewertungsmodell orientierten Kategorie stellt sich das oben beschriebene Problem nicht. Die Unterscheidung zwischen fair value-Änderungen und allen übrigen Aufwendungen und Erträgen soll die Ergebniseffekte unterschiedlicher Bewertungsmodelle darstellen und bezweckt nicht die Trennung der dezentralen von den zentralen Aktivitäten des Unternehmens. Da eine solche Unterscheidung auf das Bewertungsverfahren zurückgreift, ist sie objektiver und erfordert bei der Abgrenzung entsprechender Kategorien keine Ermessensentscheidungen. 1055 1056

Vgl. im Folgenden ASB (2000), FRED 22, Appendix IV, Par. 32. Die Ausnahmen sollen aber laut dem ASB nur in genau bestimmten, durch die Rechnungslegungsstandards spezifizierten Fällen zugelassen werden, vgl. ASB (2000), FRED 22, Appendix IV, Par. 32.

287

Im IASB-Modell ist die Einteilung sämtlicher Erfolgskomponenten in die Kategorien remeasurements und before remeasurements vorgesehen. Remeasurements resultieren aus Veränderungen der Buchwerte von Bilanzpositionen, die als Folge von Preis- oder Schätzänderungen entstehen.

Das IASB-Konzept weist bestimmte Vorteile auf, die auch der reinen fair value-Abgrenzung eigen sind. Durch die Aufnahme der fair value-Änderungen in die Spalte remeasurements ermöglicht das IASB-Format tendenziell eine Trennung hinsichtlich der nachhaltigen Erfolgsbestandteile und der Wertvolatilitäten.1057 Die Trennung der Erfolgsbestandteile in die Kategorien remeasurements und before remeasurements führt darüber hinaus zu einem besseren Verständnis von Effekten der Marktbewertungen.1058

Diesen positiven Momenten steht jedoch eine Reihe von Nachteilen gegenüber. Ein wesentliches Problem der vom IASB vorgeschlagenen Dichotomie liegt in der Kombination der Kriterien „fair value-Änderungen“ und „Schätzänderungen“ begründet. Die Kombination dieser Kriterien wird angewendet, um Erfolgselemente mit geringer Prognoserelevanz zu identifizieren. Angesetzt wird dabei an den Veränderungen der Vermögenswerte und Schulden in der Bilanz.1059 Die Veränderung der Bilanzposten ist jedoch auf unterschiedliche Gründe zurückzuführen, z. B. auf falsche Einschätzungen des Managements, Bilanzpolitik oder Ereignisse späterer Perioden, die zum damaligen Zeitpunkt nicht vorauszusehen waren. Deshalb findet sich auch in der Spalte remeasurements eine Gemengelage unterschiedlicher Veränderungsursachen. Dies beeinträchtigt die Aussagekraft der vorgeschlagenen Erfolgsspaltung. Als Folge werden in der als nicht prognoserelevant deklarierten Spalte remeasurements Erfolgskomponenten ausgewiesen, die durchaus als prognoserelevant einzustufen sind. So finden sich z. B. außerplanmäßige Abschreibungen am betriebsnotwendigen Vermögen, die von der Ratingagentur Standard & Poor’s den (prognoserelevanten) core earnings zugerechnet werden1060, im IASB-Format in der Spalte remeasurements. Ferner sind bei der Berechnung des Ergebnisses nach DVFA/SG beispielsweise die Abschreibungen auf Vorräte explizit unter den nicht zu bereinigenden Sondereinflüssen ausgewiesen1061, nach dem vorgeschlagenen IASB-Format finden sich diese Posten aber ebenfalls in der (nicht prognoserelevanten) Spalte remeasurements. 1057 1058 1059 1060 1061

288

Vgl. AKEU (2003), S. 7. Vgl. AKEU (2003), S. 9. Zu den Ausführungen in diesem Absatz vgl. Bogajewskaja/Gröner/Zeimes (2004), S. 25 f. und S. 28. Vgl. Measures of Corporate Earnings (2002), S. 8 f. Vgl. DVFA/SG (2000), S. 31.

Es ist in diesem Zusammenhang auch die Frage zu stellen, ob Schätzänderungen grundsätzlich in die Spalte remeasurements gehören, denn sie treten regelmäßig auf.1062

Die vom IASB gewählte Kombination der Kriterien „fair value-Änderungen“ und „Schätzänderungen“ beeinträchtigt darüber hinaus in einem weiteren Punkt die Aussagefähigkeit des Modells. Weil in die Spalte remeasurements nicht nur Änderungen der fair value, sondern auch Änderungen anderer Natur einfließen, werden die Bewertungseffekte nicht unmittelbar ersichtlich.

Zusammenfassend ist in Bezug auf die vom IASB vorgeschlagene Dichotomie remeasurements/bevor remeasurements festzustellen, dass aufgrund der konzeptionell nicht ausgereiften Abgrenzung der Spalten der materielle Gehalt der vorgeschlagenen Erfolgsspaltung unklar bleibt.

Die Einteilung sämtlicher Komponenten in die Spalten remeasurements und before remeasurements wurde im Rahmen der vom IASB durchgeführten field visits besonders kritisch beurteilt. Neben der konzeptionellen Problematik haben viele Kommentatoren die beträchtliche Komplexitätserhöhung und die mangelnde Übersichtlichkeit des vorgeschlagenen Spaltenformates bemängelt. Kritisch gesehen wurde auch die Gefahr von „Zahlenfriedhöfen“ im Zusammenhang mit der Darstellung von Vergleichszahlen für vergangene Perioden.

Nach Ansicht vieler Kommentatoren würde der cost-benefit-Test für das Spaltenmodell des IASB negativ ausfallen. Diesen Bedenken ist zuzustimmen, insbesondere in An-betracht des im Endeffekt unklaren Aussagegehalts der Spaltentrennung.

Im Unterschied zu den Modellen des ASB und des IASB ist im Modell des USamerikanischen Standardsetzers eine separate Darstellung der fair value-Änderungen nicht vorgesehen. Vorgesehen ist stattdessen ein getrennter Ausweis der Kategorie other comprehensive income. Zum getrennten Ausweis der Kategorie OCI wurde bereits im Abschnitt 5.5.2.2 Stellung genommen.

Angesprochen werden soll an dieser Stelle aber ein weiterer wichtiger, direkt mit der fair value-Problematik im Zusammenhang stehender Aspekt des oben erläuterten FASB1062

In diesem Sinne auch AKEU (2003), S. 7.

289

Vorschlages bezüglich der Behandlung des other comprehensive income. Nach dem letzten bekannt gegebenen Stand der Beratungen im Rahmen des nationalen Projektes wollte der FASB die geplante other comprehensive income-Kategorie für die Aufnahme weiterer Positionen in Zukunft offen halten.1063 Die Begründung dieser Entscheidung erschließt sich aus dem folgenden Protokollauszug einer FASB-Sitzung: „Some Board members stated that they could not anticipate the future, and therefore, would want to keep the option of adding items to the category of OCI available.“1064 Diese Einstellung erscheint besorgniserregend, denn sie deutet auf eine mögliche Fortsetzung des bisherigen konzeptionslosen Umgangs mit der fair value-Problematik hin.

5.5.3.3

Verrechnung von Erfolgskomponenten

Das Thema „Verrechnung von Erfolgskomponenten“ wurde bislang nur vom ASB im Rahmen des FRED 22 relativ detailliert behandelt. Der IASB hat die Problematik der Verrechnung nur am Rande diskutiert. Von dem FASB lagen keine Arbeitsergebnisse zu diesem Thema vor. Im Folgenden wird daher nur der Vorschlag des ASB kommentiert.

Positiv hervorzuheben ist, dass der FRED 22 ein explizit ausformuliertes generelles Verbot der Verrechnung der Erfolgskomponenten beinhaltet. Von diesem Grundsatz war im Standardentwurf eine Ausnahme vorgesehen. Diese umfasst Erträge und Aufwendungen, die sich auf das gleiche Ereignis beziehen und bei denen die unsaldierte Darstellung die Abschätzung künftiger Ergebnisse bzw. die Beurteilung der Effekte vergangener Situationen nicht unterstützt. Die zweite Bedingung entspricht inhaltlich dem in dieser Arbeit geforderten Gebot des unsaldierten Ausweises mit Ausnahme der Situationen, in denen ein Bruttoausweis nur einen geringen Beitrag zur Prognoserelevanz leistet. Das Wahlrecht, die sich auf das gleiche Ereignis beziehenden Erträge und Aufwendungen zu verrechnen, schränkt das im FRED 22 vorgesehene Verrechnungsverbot zusätzlich ein. Gegen diese zusätzliche Bedingung ist dennoch nichts einzuwenden. Zu kritisieren ist aber, dass der britische Standardentwurf keine Einschränkung der im FRED 22.12 dargelegten Leitlinie auf die konkret definierten Fälle bzw. keinen Verweis auf die konkreten Verrechnungsregelungen beinhaltet. Ohne eine derartige Einschränkung öffnet der Grundsatz bei der praktischen Anwendung Auslegungsspielräume. 1063 1064

290

Vgl. FASB (2003e), S. 7. Vgl. FASB (2003e), S. 7.

5.5.4

Fazit und Ausblick

Der bisherige Verlauf der Projekte des ASB, des IASB und des FASB belegt, dass diese führenden angloamerikanischen Standardsetzer eine grundlegende Überarbeitung der derzeitigen Formate der Erfolgsrechnung anstreben. Die Analyse der vorliegenden Vorschläge hat gezeigt, dass der bisherige Erfolgsausweis durch die bisher vorgeschlagenen Neuerungen in Teilbereichen verbessert würde.

Es ist zunächst zu begrüßen, dass alle drei hier angesprochenen Standardsetzer den Ausweis sämtlicher Erträge und Aufwendungen in einer einzigen Erfolgsrechnung anstreben. Die derzeit nach den Vorschriften des IASB und FASB bestehenden Ausweisalternativen für die Darstellung des comprehensive income würden damit entfallen. Der Eigenkapitalspiegel würde nicht mehr als ein Abschlussbestandteil mit einem partiell erfolgsausweisenden Charakter missbraucht. Zum Einsatz soll einheitlich der one-statement approach kommen, der unter dem Aspekt der Informationsvermittlung als der überlegene Ansatz anzusehen ist.

Der FASB wollte diese grundlegende Änderung im Rahmen eines nationalen Projektes mit Augenmaß umsetzen und beabsichtigte, das bisherige OCI als eine separate Kategorie der neuen Erfolgsrechnung sowie das recycling-Procedere als Übergangslösung beizubehalten. Damit wäre das bisherige net income auch aus der neuen Erfolgsrechnung direkt ablesbar.

Der IASB hatte dagegen mit seinem in den Jahren 2001-2003 entwickelten Erfolgsausweismodell eine radikale Änderung vorgeschlagen. Das IASB-Modell sah die Auflösung des OCI und das Verbot des recycling vor.

Es wurde festgestellt, dass dem Vorschlag des FASB bezüglich der Umsetzung des one statement approach der Vorzug zu geben ist. Der Ansatz ermöglicht das Beibehalten des bisherigen net income, das auf der heutigen Etappe der Entwicklung unverzichtbar erscheint. Der in den Jahren 2001-2003 entwicklete IASB-Vorschlag erweist sich in diesem Punkt dagegen als wenig überzeugend. Ohne den Begriff „performance“ zu diskutieren, zementiert das IASB-Modell die Ansicht, dass Wertvolatilitäten sich unmittelbar in der performance eines Unternehmens niederschlagen. Die vom IASB durchgeführten Befragungen haben gezeigt, dass die weltweite Gemeinschaft der Jahresabschlussadressaten diese Ansicht (noch) nicht teilt. 291

Der im März 2007 vorgelegte Standardentwurf zur Änderung des IAS 1 ist bei der Gesamtbetrachtung positiv zu werten. Zu begrüßen ist vor allem die Streichung der bisher im IAS 1 vorhandenen Option, die OCI-Posten ausschließlich im OCI zu präsentieren. Positiv zu würdigen ist auch die Einführung des Grundsatzes, wonach sämtliche nicht-eigentümerbezogenen Änderungen von den eigentümerbezogenen Änderungen getrennt ausgewiesen werden sollen. Es muss allerdings betont werden, dass der ED IAS 1 lediglich ein Zwischenschritt im Rahmen des Projektes „Financial Statement Presentation“ darstellt und kein geschlossenes Erfolgsdarstellungskonzept beinhaltet. Weitere Entwicklungen müssen abgewartet werden.

Bezüglich des Themas „Gestaltungsfreiheit des Gliederungsschemas“ ist positiv zu würdigen, dass alle hier angesprochenen Standardsetzer die Gestaltungsfreiheit der jeweiligen Gliederungsschemata reduzieren wollen. Insbesondere das IASB-Modell würde im Vergleich zu dem heutigen rudimentären Mindestinhaltsschema große Fortschritte in diesem Punkt bringen.

Bei den wichtigsten Fragen der Erfolgsspaltung haben die Standardsetzer bisher unterschiedliche Vorstellungen entwickelt.

Der ASB und der IASB wollten die operating-Kategorie als eine Residualkategorie definieren, was der in dieser Arbeit ausgesprochenen Empfehlung entspricht. Der FASB setzt nach dem bisherigen Diskussionsstand auf den management approach und strebt eine direkte Definition der operating- bzw. business-Kategorie an. Das zentrale Problem im Zusammenhang mit diesem Ansatz ist darin zu sehen, dass der management approach keine Standardisierung ermöglicht und daher nicht die Vergleichbarkeit der Abschlüsse gewährleisten kann. Darüber hinaus gefährdet der management approach die Konsistenz des gesamten Modells der Erfolgsspaltung.

Bei der Abgrenzung der financing-Kategorie ist insofern eine Übereinstimmung festzustellen, als alle hier angesprochenen Standardsetzer der Kategorie financing Erfolgskomponenten zuweisen wollten, die im Zusammenhang mit den zur Finanzierung der betrieblichen Aktivitäten eingesetzten Verbindlichkeiten entstehen. Diese Vorgehensweise steht im Einklang mit der in dieser Arbeit abgegebenen Empfehlung, die Abgrenzung der Kategorie financing anhand des Kriteriums „Funktion der zugrunde liegenden Aktivitäten“ durchzuführen. Die von den Standardsetzern vorgeschlagenen Implementierungsalternativen unterscheiden sich aber in einzel-

292

nen Modellen beträchtlich. Der ASB und der FASB wollten die Abgrenzung nach dem net debt-Konzept durchführen. Diese Vorgehensweise ermöglicht eine (zumindest teilweise) Abbildung der treasury management-Aktivitäten und wird auch in dieser Arbeit befürwortet. Der IASB dagegen wollte keine Erträge aus finanziellen Vermögenswerten in die financingKategorie einbeziehen. Sie sollen in der financial-Sektion, die als eine separate Unterkategorie im Rahmen der business-Kategorie auszuweisen war, erfasst werden. Diese Vorgehensweise erhöht die Komplexität der Erfolgsrechnung und ist zumindest erklärungsbedürftig.

Eine „fair value-Kategorie“ in Reinform ist in keinem der hier untersuchten Modelle vorgesehen. Die remeasurements-Abgrenzung im Modell des IASB und die holding gains and losses im Modell des ASB kommen aber zumindest teilweise der hier vorgeschlagenen fair valueAbgrenzung entgegen. Es wurde aber festgestellt, dass diese Ansätze einige bedeutende Nachteile gegenüber der in dieser Arbeit vorgeschlagenen Kategorisierung aufweisen.

In der Frage der Verrechnung der Erfolgskomponenten lagen bisher keine detaillierten Arbeitsergebnisse vor. Die weitere Entwicklung muss abgewartet werden.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass keines der hier untersuchten Ausweismodelle die in dieser Arbeit herausgearbeiteten Anforderungen an die zweckgerechte Gestaltung der Erfolgsrechnung im Rahmen einer informationsorientierten Rechnungslegung in vollem Umgang erfüllt. Einzelne Vorschläge, einmal umgesetzt, würden aber einige Verbesserungen im Vergleich zum heutigen Stand bringen. Der IASB hat dabei im Rahmen des bisherigen Modells, welches in bestimmten Punkten als eine Fortentwicklung der ASB-Vorschläge gewertet werden kann, einige konzeptionell anspruchsvolle und interessante Anregungen eingebracht. Bei der Gesamtbetrachtung muss aber das IASB-Modell als nicht ausgereift beurteilt werden. Das Modell des FASB nimmt mehr Rücksicht auf Rahmenbedingungen des Standardisierungsprozesses in der Rechnungslegung und hat daher mehr Aussicht auf eine Implementierung.

Im März 2007 haben der IASB und der FASB Beratungen zur Phase B des derzeit laufenden gemeinsamen Projektes „Financial Statement Presentation“ aufgenommen. Obwohl die in den Abschnitten 5.1 bis 5.3 dargestellten Projekte nicht weiter verfolgt werden, ist davon auszugehen, dass die in diesen Projekten ausgearbeiteten und in dieser Arbeit analysierten Konzepte der Erfolgsdarstellung die Grundlage weiterer Diskussionen bilden werden. In der Phase A des Projektes konnten bisher nur relativ geringfügige Fortschritte erreicht werden. Sämtli-

293

che bedeutende, fundamentale Fragen des Performance Reporting sollen erst im Rahmen der Phase B behandelt werden. Die Disksussionen beider Standardsetzer zu diesen Fragen dürfen nun mit Spannung erwartet werden.

In Bezug auf die voraussichtliche weitere Entwicklung ist Folgendes festzuhalten:

Der bisherige schwierige Verlauf sämtlicher Projekte zur Darstellung der financial performance zeigt, dass es sich hierbei um einen Themenbereich mit einem hohen Konfliktpotenzial handelt. Es ist davon auszugehen, dass mit der Verabschiedung einer umfassenden Reform der derzeitigen Standards zur Darstellung der Erfolgslage in der nächsten Zukunft nicht zu rechnen ist. Der Erfolg aller weiteren Bemühungen der Standardsetzer in dieser Frage wird in einem hohen Maße davon abhängen, ob es gelingt, einen auf breiter Basis herbeigeführten Konsens der involvierten Kreise zu erreichen. Eine international angelegte, auf breiter Basis geführte Grundsatzdiskussion darüber, was die „performance“ eines Unternehmens ausmacht und welchen Beitrag zur Darstellung der performance eines Unternehmens die Erfolgsrechnung liefern kann und soll, erscheint daher absolut unerlässlich. Eine derartige Diskussion hat bislang noch nicht stattgefunden. Die vom IASB und FASB geplanten Maßnahmen, ob in Form von Diskussionspapieren oder in Form von round table-Diskussionen und weiteren Publikationen, würden den ersten notwendigen, längst überfälligen Schritt in dieser Richtung darstellen.

294

6

Zusammenfassung

Das Ziel der vorliegenden Arbeit war es zu analysieren, inwieweit die gegenwärtigen Erfolgsausweisvorschriften des FASB, des ASB und des IASB sowie die von diesen Standardsetzern in jüngster Zeit vorgeschlagenen neuen Ausweisformate geeignet sind, im Sinne des Abschlusszwecks der angloamerikanischen Rechnungslegung entscheidungsnützliche Informationen zu vermitteln.

Ausgehend vom normativen Zweck des Jahresabschlusses wurden im ersten Hauptteil (Kapitel 2) zunächst die allgemeinen Anforderungen an die Gestaltung des Erfolgsausweises im Rahmen einer informationsorientierten Rechnungslegung abgeleitet.

Als zentrale allgemeine Anforderung an die zweckmäßige Gestaltung einer Erfolgsrechnung wurde die Verbesserung der Entscheidungsrelevanz der zu liefernden Informationen herausgearbeitet. Als zentrales zu optimierendes Kriterium wurde entsprechend das Kriterium der Relevanz festgelegt, wobei der Schwerpunkt auf die Verbesserung der Prognoserelevanz (predictive value) der zu vermittelnden Informationen gelegt wurde. Darüber hinaus wurden die Kriterien der Verlässlichkeit, der Vollständigkeit, der Vergleichbarkeit und der Verständlichkeit als zusätzlich zu beachtende Nebenbedingungen festgelegt.

Aufgrund des hohen Abstraktionsgrades dieser allgemeinen Anforderungen war es notwendig, eine Operationalisierung der Anforderungen an einen zweckgerechten Erfolgsausweis vorzunehmen. Im zweiten Teil von Kapitel 2 wurde ein Katalog von konkreten, unmittelbar umsetzbaren Anforderungen entwickelt, welche in Form von Grundsätzen festgelegt wurden.

Hinsichtlich der Inhalte und der Abgrenzung der Erfolgsrechnung ist zu fordern, sämtliche Erträge und Aufwendungen in einer einzigen Erfolgsrechnung zu erfassen (Grundsätze 1 und 2). Darüber hinaus erscheint ein Verbot des recycling-Procederes notwendig (Grundsatz 3).

Hinsichtlich der Gestaltungsfreiheit des Gliederungsschemas ist die Festlegung eines verbindlichen Gliederungsschemas mit einer hinreichenden Mindestgliederungstiefe und der verbindlich vorgegebenen Bezeichnungen und der festgelegten Reihenfolge der Posten zu fordern 295

(Grundsatz 4). Ergänzend sollen eine zusätzliche Untergliederung einzelner Posten sowie die Hinzufügung neuer Posten erlaubt sein; die Einfügung von unternehmensspezifischen Zwischenergebnissen ist dagegen nicht zu gestatten (Grundsatz 4).

Im Hinblick auf die zweckgerechte Erfolgsspaltung ist die Bildung folgender (Haupt-) Erfolgskategorien zu verlangen (Grundsätze 6 und 7):

x

Operating,

x

Financing,

x

Ergebnisse aus der fair value-Bewertung.

Zu fordern ist darüber hinaus der getrennte Ausweis von Ergebnissen aufgegebener Geschäftsbereiche (Grundsatz 5).

Ferner erscheint das Gebot einer weiteren Untergliederung der Erträge und Aufwendungen innerhalb der Hauptkategorien notwendig. Die Untergliederung soll wahlweise nach Funktionsbereichen oder nach der Art der eingesetzten Produktionsfaktoren vorgenommen werden (Grundsatz 8). Darüber hinaus ist eine sekundäre Untergliederung nach Art der Produktionsfaktoren für die Gliederungen zu verlangen, die primär funktionsorientiert sind (Grundsatz 9). „Gemischte“ Gliederungen, bei denen bestimmte ausgewählte Aufwandsposten aus den Funktionskosten ausgegliedert und getrennt ausgewiesen werden, sind zu verbieten (Grundsatz 9). Für die ungewöhnlichen Posten ist der gesonderte Ausweis innerhalb der Kategorie, zu der diese Posten inhaltlich gehören, zu fordern (Grundsatz 10).

Hinsichtlich des Verrechnungsgrades der Erfolgskomponenten ist ein Bruttoausweis zu verlangen (Grundsatz 11). Das Abweichen vom Bruttoprinzip ist nur dann zu gestatten, wenn ein Bruttoausweis einen nur geringen Beitrag zur Prognoserelevanz leistet (Grundsatz 11).

Im zweiten Hauptteil dieser Arbeit (Kapitel 3) wurden Ergebnisse relevanter empirischer Studien ausgewertet, um die zuvor abgeleiteten Anforderungen anhand der Ergebnisse empirischer Forschung zu überprüfen.

Die Auswertung hat gezeigt, dass die Ergebnisse empirischer Studien einen Teil der im Kapitel 2 ausgesprochenen Empfehlungen für die Gestaltung der Erfolgsrechnung unterstützen. 296

Ferner wurde festgestellt, dass nicht alle untersuchten Fragestellungen durch empirische Untersuchungen inhaltlich abgedeckt werden. Einige der abgeleiteten Grundsätze konnten daher empirisch nicht abgesichert werden. Keine der ausgesprochenen Empfehlungen wurde aber durch Ergebnisse vorliegender empirischer Untersuchungen widerlegt. Die im Kapitel 2 abgeleiteten Anforderungen an eine zweckgerechte Ausgestaltung der Erfolgsrechnung wurden daher für weitere Betrachtungen übernommen und als Messkriterien für die Beurteilung einzelner Standards und Vorschläge angewandt.

Im dritten Hauptteil (Kapitel 4) dieser Arbeit wurden die gegenwärtigen Vorschriften des FASB, des ASB und des IASB dargestellt und anhand der im Kapitel 2 entwickelten Anforderungen auf ihre Zweckdienlichkeit überprüft.

Die Analyse hat wesentliche Schwächen der betrachteten Regelungen erkennen lassen.

Zu kritisieren ist zunächst, dass in allen drei betrachteten Rechnungslegungssystemen eine erfolgsneutrale Erfassung bestimmter Aufwendungen und Erträge außerhalb der Gewinn- und Verlustrechnung stattfindet. Die Anforderung einer lückenlosen Erfassung sämtlicher Erfolgskomponenten in der Erfolgsrechnung wird somit nicht erfüllt. Dies führt zur Verletzung des Kongruenzprinzips und beeinträchtigt die angestrebte Prognoserelevanz der Erfolgsrechnung. Darüber hinaus werden insbesondere die Vollständigkeit und die Verständlichkeit und infolge auch die Verlässlichkeit der Erfolgsrechnung beeinträchtigt.

Die nach den Vorschriften des FASB und IASB vorgesehenen Wahlrechte zur Darstellung von erfolgsneutral erfassten Erfolgskomponenten beeinträchtigen zusätzlich die Aussagefähigkeit der Erfolgsrechnung. Als besonders nachteilig im Sinne der informationsorientierten Rechnungslegung erweist sich dabei die in beiden genannten Rechnungslegungssystemen zugelassene Darstellung dieser Erfolgskomponenten in einem Eigenkapitalspiegel. Die britischen Ausweisregelungen schreiben dagegen zwingend die Darstellung von erfolgsneutral erfassten Erfolgskomponenten in einem statement of total recognised gains and losses vor und stellen eine in dieser Hinsicht vorteilhaftere (wenn auch nicht die bestmögliche) Ausweisalternative dar.

In Bezug auf das britische Ausweisformat ist darüber hinaus positiv hervorzuheben, dass im Rahmen dieses Formates das Verfahren des recycling nicht erlaubt ist. Die Regelungen des

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FASB und des IASB sehen eine Umbuchung der zuvor erfolgsneutral erfassten Erfolgskomponenten bei ihrer Realisation in die Gewinn- und Verlustrechnung vor. Dieses Verfahren verstößt gegen die einschlägigen Rahmenkonzepte und weist keinen Bezug zur Zielvariablen der Prognoserelevanz auf.

Hinsichtlich der Gestaltungsfreiheit des Gliederungsschemas wurden beim IASB- und beim FASB-Ausweisformat schwerwiegende Mängel festgestellt. Die Gliederungsvorschriften des IAS 1 können aufgrund der sehr geringen Gliederungstiefe und zum Teil fehlenden Definitionen der Posteninhalte nicht als ein Gliederungsschema, sondern lediglich als eine grob umrissene inhaltliche Mindeststruktur der Gewinn- und Verlustrechnung qualifiziert werden. Im Rahmen der US-GAAP existiert kein für alle Unternehmen geltendes Gliederungsschema der Gewinn- und Verlustrechnung. Nur für die bei der SEC registrierten Unternehmen wird ein relativ detailliertes verbindliches Gliederungsschema vorgegeben.

Das Fehlen eines verbindlichen, hinreichend tief aufgeschlüsselten Gliederungsschemas wirkt sich negativ auf die Vergleichbarkeit und Verständlichkeit der Jahresabschlüsse aus und eröffnet einen breiten bilanzpolitischen Spielraum.

Dagegen wird die Struktur der britischen Gewinn- und Verlustrechnung durch die gesetzlichen Vorschriften des CA 1985/1989 und die Regelungen des FRS 3 weitgehend bestimmt.

Hinsichtlich der Erfolgsspaltung ist festzustellen, dass die im Kapitel 2 abgeleiteten Anforderungen von keinem der hier untersuchten Formate erfüllt werden. Die vorgeschlagene Aufspaltung der Erfolgskomponenten in die (Haupt-)Kategorien operating, financing und „fair value-Kategorie“ ist in dieser Form in keinem der drei untersuchten Erfolgsausweisformate vorgesehen. Dagegen kommen die in dieser Arbeit kritisierten Kriterien der Regelmäßigkeit und der Betriebsbezogenheit als Kriterien der Erfolgsspaltung zur Anwendung.

Auch das geforderte Gebot des unsaldierten Ausweises von Erträgen und Aufwendungen wird weder im US-amerikanischen noch im britischen Ausweisformat oder im Ausweisformat des IAS 1 zufrieden stellend umgesetzt.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass keines der untersuchten Ausweisformate die in dieser Arbeit aufgestellten Anforderungen an eine zweckgerechte Ausgestaltung der Erfolgsrech-

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nung vollständig erfüllt. Das britische Ausweisformat ist aber bei der Gesamtbetrachtung dem US-amerikanischen und dem Ausweisformat nach IAS vorzuziehen. Den britischen Regelungen könnten daher wertvolle Anhaltspunkte für die Weiterentwicklung der Erfolgsrechnung entnommen werden.

Die IFRS-Regelungen zum Erfolgsausweis sind dagegen als völlig unzureichend zu bewerten.

Im vierten Hauptteil (Kapitel 5) wurden die in jüngster Zeit vom FASB, vom ASB und dem IASB vorgelegten Vorschläge zur Verbesserung des quantitativen Erfolgsausweises dargestellt und mit Hilfe der oben genannten Anforderungen hinsichtlich ihrer Zweckdienlichkeit ausgewertet.

Aufgrund des unterschiedlichen Entwicklungsstandes kann kein umfassender und detaillierter Vergleich der Ausweisalternativen vorgenommen werden. Die grundsätzliche Ausrichtung der in den Abschnitten 5.1. bis 5.3 dargelegten bisherigen Vorschläge ist jedoch erkennbar und kann bewertet werden.

Positiv hervorzuheben ist zunächst, dass alle drei hier angesprochenen Standardsetzer grundsätzlich den Ausweis sämtlicher Erträge und Aufwendungen in einer einzigen Erfolgsrechnung anstreben. Die Erfolgslage würde bei einer verpflichtenden Anwendung des onestatement approach viel verständlicher dargestellt als dies nach derzeitigen Standards der Fall ist, und die Vergleichbarkeit der Erfolgsrechnungen würde erhöht. Auch die vom FASB, ASB und IASB angestrebte bessere Strukturierung der Erfolgsrechnung durch die Bildung von Erfolgskategorien und eine weitere Disaggregation innerhalb dieser Kategorien ist im Hinblick auf die angestrebte Erhöhung der Prognoserelevanz sehr zu begrüßen.

Neben diesen Gemeinsamkeiten sind aber die vorgelegten Vorschläge durch eine Reihe von Unterschieden gekennzeichnet.

So haben sich bei der Frage der Umsetzung des one-statement approach in der Vergangehneit zwei gegensätzliche Positionen abgezeichnet, vertreten durch die beiden international führenden Standardsetzer IASB und FASB. Der IASB hat im Rahmen seines Modells die Entwicklung eines Erfolgsausweisformates nach dem pure single statement approach vorgeschlagen, bei dem das bisherige other comprehensive income vollständig aufgelöst wird, und das Verbot

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des recycling gefordert. Der FASB wollte die Forderung nach der Erfassung sämtlicher Erfolgskomponenten in einer Erfolgsrechnung durch den modified single statement approach umsetzen, bei dem die bisherige Erfolgsgröße net income erhalten bleibt. Auch das Verfahren des recycling sollte als Übergangslösung im Rahmen des modified single statement approach zunächst weiter bestehen.

In dieser Arbeit wird dem Vorschlag des FASB Vorzug gegeben. Der Vorschlag des IASB würde zur Abschaffung des heute als unverzichtbar geltenden net income führen und ist daher abzulehnen.

Auch in zentralen Fragen der Strukturierung der Erfolgsrechnung haben die in dieser Arbeit angesprochenen Standardsetzer unterschiedliche Vorstellungen entwickelt.

Alle drei Standardsetzer haben in ihren Modellen die Bildung von Kategorien operating und financing vorgesehen, wollen diese aber unterschiedlich abgrenzen. Der FASB strebte eine direkte Abgrenzung der Kategorie operating nach dem management approach an. Diese Vorgehensweise unterstützt nicht die Vergleichbarkeit der Jahresabschlüsse und gefährdet die Konsistenz des gesamten Darstellungsmodells. Sie wird in dieser Arbeit nicht befürwortet. Der ASB und der IASB wollten dagegen die Kategorie operating als eine Residualkategorie abgrenzen, was der in dieser Arbeit ausgesprochenen Empfehlung entspricht.

Bei der Abgrenzung der financing-Kategorie waren ebenfalls unterschiedliche Positionen festzustellen. Der FASB strebte die Abgrenzung nach dem net debt-Konzept an und legte die in die Kategorie einzubeziehenden finanziellen Vermögenswerte fest. Die FASB-Abgrenzung ermöglicht eine (zumindest teilweise) Abbildung der treasury-Aktivitäten und wird hier befürwortet. Die vom IASB vorgeschlagene Abgrenzung, wonach nur Finanzierungsaufwendungen, nicht aber Erträge aus finanzwirtschaftlicher Kapitalanlage berücksichtigt werden, wird als nicht zielführend gewertet. Der Vorschlag des ASB, der sich zwar grundsätzlich am net debt-Konzept orientiert, aber im FRED 22 nicht zufrieden stellend umgesetzt wurde, ist ebenfalls abzulehnen.

Die in dieser Arbeit empfohlene Bildung einer „fair value-Kategorie“ wird in keinem der hier analysierten Modelle in Reinform umgesetzt. Der vom IASB eingebrachte Vorschlag zum getrennten Ausweis von remeasurements kommt der hier empfohlenen Kategorisierung rela-

300

tiv nah, erweist sich aber bei der Gesamtbetrachtung als nicht ausgereift und ist in der vorgelegten Form zur Umsetzung nicht zu empfehlen.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass keines der hier betrachteten, in den Jahren 2000-2003 entwickelten neuen Ausweismodelle der angloamerikanischen Standardsetzer die im Kapitel 2 abgeleiteten Anforderungen an die Gestaltung der Erfolgsrechnung vollständig erfüllt. Einzelne Vorschläge, einmal umgesetzt, würden aber erhebliche Verbesserungen im Vergleich zu den heutigen Ausweisformaten bringen.

Die in den Abschnitten 5.1 bis 5.3 dargestellten Projekte wurden von den jeweiligen Standardsetzern inzwischen stillgelegt. Es ist aber zu erwarten, dass die in diesen Projekten entwickelten Erfolgsausweiskonzepte die Grundlage für die weiteren Diskussionen des IASB und des FASB im Rahmen des gemeinsamen Projektes zur Financial Statement Presentation bilden werden.

Mit dem Entwurf zur Änderung des IAS 1 liegt inzwischen das erste Ergebnis dieses Projektes vor. Die Umsetzung einiger im Standardentwurf enthaltener Vorschläge würde gewisse Verbesserungen im Vergleich zum heutigen IAS 1 bringen. Der Standardentwurf markiert aber lediglich einen Zwischenstand der Überlegungen und beinhaltet kein geschlossenes Erfolgsausweiskonzept. Sämtliche zentralen, fundamentalen Fragen des performance reporting sollen erst im Rahmen der Phase B des Projektes diskutiert werden. Zum Zeitpunkt der Fertigstellung dieser Arbeit lagen im Rahmen der Phase B noch keine konkreten Ergebnisse vor.

Wie die weitere Entwicklung verlaufen wird, kann derzeit nur schwer abgeschätzt werden. Angesichts der hohen Komplexität und des hohen Konfliktpotenzials der Problematik ist mit dem Abschluss der Arbeiten an einer grundlegenden Überarbeitung der Erfolgsausweisregelungen in nächster Zukunft nicht zu rechnen. An dieser Stelle ist jedoch nochmals darauf hinzuweisen, dass der langfristige Erfolg bei der von den Standardsetzern angestrebten grundlegenden Reform des Erfolgsausweises das Erreichen eines Konsenses der weltweiten business community in den Grundsatzfragen des performance reporting voraussetzt. Eine internationale, auf breiter Basis geführte Grundsatzdiskussion zur Darstellung der Performance erscheint daher als absolut unerlässlich.

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