Kapitalgesellschaftsrecht [3. Auflage]
 389949461X, 9783899494617 [PDF]

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Zitiervorschau

de Gruyter Lehrbuch

Kapitalgesellschaftsrecht

von

Jan Wilhelm 3., neu bearbeitete und erweiterte Auflage

De Gruyter Recht · Berlin

Dr. iur. Jan Wilhelm, o. Professor an der Universität Passau, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht und Handels- und Wirtschaftsrecht II

∞ Gedruckt auf säurefreiem Papier, ● das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt

ISBN 978-3-89949-461-7 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© Copyright 2009 by De Gruyter Rechtswissenschaften Verlags-GmbH, D - 10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Datenkonvertierung/Satz: WERKSATZ Schmidt & Schulz, Gräfenhainichen Druck und Bindearbeiten: AZ Druck und Datentechnik GmbH, Kempten Umschlaggestaltung: deblik, Berlin

Vorwort zur 3. Auflage

Die neue Auflage bringt das Lehrbuch auf den Stand zu Beginn des November 2008. Sie erfasst das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG), welches der Bundestag mit Beschluss vom 19.9.2008 angenommen hat und das durch Verkündung im Bundesgesetzblatt am 1.11.2008 in Kraft getreten ist. Das Buch ist darüber hinaus darauf ausgerichtet, über die Reformschritte insgesamt zu berichten, die der Gesetzgeber im Kapitalgesellschaftsrecht in großer und immer mehr anwachsender Zahl vollzogen oder unternommen hat. Die Reformintensität, die in heutiger Zeit das Kapitalgesellschaftsrecht kennzeichnet, ist entsprechend in einem Gebiet zu verzeichnen, welches heute notwendigerweise als Ergänzung des Kapitalgesellschaftsrechts betrieben werden muss, im Kapitalmarktrecht. Das Kapitel über Kapitalmarktrecht ist erheblich ausgeweitet worden. Dargestellt werden auch die (in einer wichtigen Variante auf Aktien bezogenen) Finanzinstrumente, die bei der derzeitigen weltweiten Finanzkrise ihre bisher unterschätzte Gefährlichkeit beweisen. Kapitalgesellschafts- und Kapitalmarktrecht sind schon deshalb fortwährender Änderung unterworfen, weil an vielen Stellen der europäische Gesetzgeber tätig wird und die nationalen Gesetzgeber die Reformanstöße aus dem Europarecht umsetzen oder begleiten müssen. Nimmt man noch die auf beiden Gebieten sehr häufig in Anspruch genommene und mit kräftigen Akzenten aufwartende Rechtsprechung hinzu (wieder ist das Stichwort Existenzvernichtungshaftung zu geben), so bleibt für den Autor eines Lehrbuchs mehr oder weniger die Rolle des Chronisten der laufenden Ereignisse. Das Buch versucht ungeachtet der Stofffülle, den Anspruch an eine möglichst knappe, aber trotzdem präzise und vollständige Darstellung des Kapitalgesellschaftsrechts mit dem Kapitalmarktrecht zu erfüllen. Ich habe meinem Mitarbeiterstab großen Dank zu sagen für vielfältige Hilfe zur Text- und Registererstellung: Assessorin Katalin Legradi, Assessoren Markus Fehrenbach, Arndt Kaubisch, LL.M. und Jörn Rauhut, Jurist (Univ.) Nicolai Behr und last but not least meiner Sekretärin Frau Maria Renji. Ein besonderer Dank geht nach Berlin: Frau Dr. Dorothee Berthold, aus der Justiz Baden-Württembergs abgeordnet an das Bundesministerium der Justiz, hat mir getreulich die neuesten Dokumente insbesondere aus dem Prozess der Beratung und Verabschiedung des MoMiG zeitnah zur Verfügung gestellt. Ohne diese Hilfe hätte das Buch nicht zum aktuellen Termin des Inkrafttretens des MoMiG vollendet sein können. Gewidmet ist das Buch unverändert meiner Frau.

Passau, im Dezember 2008

Jan Wilhelm

V

Inhaltsverzeichnis

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V Verzeichnis der Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIX Verzeichnis abgekürzt zitierter Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXVII A. Kapitalgesellschaftsrecht, Kapitalgesellschaften, Kapitalmarktrecht . . . . . . . . . 1 I. Die Rechtsformen, insbesondere die AG als kapitalmarktfähige Kapitalgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Unterscheidung der Rechtsformen Kapitalgesellschaft und Personengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Rechtsfähigkeit von Personen-Außen- und Kapitalgesellschaften . . . IV. Vergleich mit den Genossenschaften, Hinweis auf die Societas Cooperativa Europaea . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Kapital, Fremd-, Eigenkapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Kapitalistische Grundlage der Beteiligung und Haftungsbeschränkung als Begriffsmerkmale der Kapitalgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Gesellschaft und Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Mindestkapital und Kapitalbindung bei den deutschen Kapitalgesellschaften; Solvency-Test . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX. Die Europäische Aktiengesellschaft und die Arbeit an einer Europäischen Privatgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . X. Unterscheidung der AG und GmbH nach deutschem Recht . . . . . . . . XI. Wirtschaftliche Funktion, AG als Kapitalsammelstelle, insbesondere über den Kapitalmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XII. Besondere Gesellschaften zur Kapitalanlage . . . . . . . . . . . . . . . . XIII. Verbundene Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIV. Mischformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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B. System des AktG und des GmbHG und die Entwicklung des Rechts der Kapitalgesellschaften und des Kapitalmarktrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Sinn der Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. System des AktG und des GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Entwicklung des deutschen Rechts der Aktiengesellschaft und der GmbH 1. Charakterisierung der Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Entwicklung bis zum AktG 1965 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Wiedervereinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Europarecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Die Entwicklung der deutschen Gesetzgebung bis zur Gegenwart . . . . a. Übersicht, Gang der Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Gesetz für kleine AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Rechtsanwalts-GmbH und StückAG . . . . . . . . . . . . . . . . . d. Internationalisierung des Bilanzrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . e. KonTraG und NaStraG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f. TransPuG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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VII

Inhaltsverzeichnis

g. h. i. j. k.

Spruchverfahrensgesetz und weitere Gesetze . . . . . . . . . . . . . VorstOG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . UMAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EHUG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . MoMiG im Vergleich zum Vorschlag der EG-Kommission für ein Statut der Europäischen Privatgesellschaft (SPE); Hinweis auf die „Limited“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . l. Initiative „Frauen in den Aufsichtsrat“ . . . . . . . . . . . . . . . . m. Entwurf eines Gesetzes zur Einführung erstinstanzlicher Zuständigkeit des OLG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . n. Referentenentwurf zum Internationalen Gesellschaftsrecht . . . . . o. Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . p. Regierungsentwurf zu einem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz . . q. Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Überführung der Anteilsrechte an der VW-Gesellschaft mit beschränkter Haftung in private Hand . . . . . . . . . . . . . . . . r. Gesetz zur Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenen Risiken (Risikobegrenzungsgesetz) . . . . . . . . . . . . . . . . . . s. Finanzmarktstabilisierungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Das Kapitalmarktrecht als für die Aktien relevante Rechtsmaterie . . . . . V. Das Europäische Gesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ansatzpunkte im EG-Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Überprüfung nationaler Gesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Richtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Societas Europaea . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Die Normgebung und ihre Vorgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . c. Die Lösung der Mitbestimmungsfrage durch die Richtlinie . . . . . d. Die Regelung der SE-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Das auf die SE anwendbare Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Rechtsnatur, Kapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Sitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Gründung; Vorgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Organe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Jahresabschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (7) Auflösung, Zahlungsunfähigkeit, Umwandlung in eine AG . . . (8) Recht der verbundenen Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . (9) Die deutsche Ausführungsregelung (SEEG mit SEAG und SEBG) 5. Der Kommissionsvorschlag für eine Societas Privata Europaea . . . . . C. Die Gründung der AG und der GmbH im Vergleich zu der Kapitalerhöhung gegen Einlagen; Satzung bzw Gesellschaftsvertrag und Änderung . . . . . . . . . . . . I. Bedeutung der Gründungsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Das maßgebliche Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Möglichkeit der Rechtsformwahl für „Gegenstand“ und „Zweck“ . . . . IV. Die Gründungsregelung für AG und GmbH . . . . . . . . . . . . . . . 1. Simultangründung; die Stufen bis zur Entstehung der Gesellschaft .

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a. Simultangründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Die Stufen bis zur Entstehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die einzelnen Regeln der Gründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Gesellschaftsvertrag, Satzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Form, Kapitalgrundlagen; insbesondere die Unternehmergesellschaft (2) Übersicht über den Inhalt, Wesen des notariellen Vertrags; Satzungsänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Firma; Geschäftskorrespondenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Sitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Gegenstand und Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Sacheinlagen, Sachübernahmen, Sondervorteile, Gründungsaufwand (7) Beteiligung Minderjähriger an Gründung oder Anteilsveräußerung bei der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Gründungsbericht, -prüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d. Anmeldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Art und Weise; Bekämpfung des Bestattungsmissbrauchs . . . . . (2) Voraussetzung der Mindestleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Leistung „zu freier Verfügung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e. Prüfung durch das Gericht, Eintragung, Bekanntmachung . . . . . . f. Anteilsübertragung vor Eintragung, Gründerwechsel . . . . . . . . . g. Nachgründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Die an das Gründungsrecht anschließende Regelung der Kapitalerhöhung gegen Einlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Kautelen des Gründungs- und Kapitalerhöhungsrechts bei AG und GmbH 1. Das Thema der Kautelen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sicherung bei Sacheinlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Direkte gesetzliche Sicherung (ohne Umgehungsprävention) . . . . . b. Ergänzung durch die Figur der verdeckten Sacheinlage . . . . . . . . (1) Die frühere Rechtsprechung und die Änderung durch das MoMiG (2) Voraussetzung der verdeckten Sacheinlage . . . . . . . . . . . . . (3) Die Notwendigkeit der Korrektur der Rechtsprechung zur verdeckten Sacheinlage auch im Aktienrecht . . . . . . . . . . . . . 3. Verantwortlichkeit der an der Gründung oder Kapitalerhöhung Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Nichtigkeit, Amtslöschung der eingetragenen Gesellschaft, Heilung . . . 5. Die Prüfung des Anspruchs der Gesellschaft auf Erfüllung der Einlagepflicht (Aufbringungskautelen durch Tilgungserfordernisse) . . . . . . . a. Anspruchsgrundlage und Wegfall des Anspruchs . . . . . . . . . . . b. Bar- oder Sachleistung; Fälligkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Barzahlung, Aufrechnungsverbot betreffend Mindestbarzahlung . . . d. Erfordernis der Zahlung „zu freier Verfügung“ betreffend den Mindest- und den weiteren Betrag; Verbot der Hin- und Herzahlung . e. Aufrechnungsverbote betreffend die über den Mindestbetrag hinausgehende Einlagepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Aufrechnungsverbot für den Gesellschafter aus §§ 66 I 2 AktG, 19 II 2 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Aufrechnungsbeschränkung für die Gesellschaft . . . . . . . . . .

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IX

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f. Abgrenzung der Tilgungshindernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . g. Vorleistungen auf die Übernahme einer Einlage, insbesondere bei der Kapitalerhöhung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h. Verzug, Verfall, Mithaftung der Mitgesellschafter . . . . . . . . . . i. Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Anwendungsfall zum Gründungs- und Kapitalerhöhungsrecht und den darin begründeten Kautelen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Die Vorgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die gesetzliche Regelung der Vorgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Vorgründungsgesellschaft vor der Vorgesellschaft . . . . . . . . . . 3. Die Entwicklung zur Identität zwischen Vorgesellschaft und Kapitalgesellschaft auch hinsichtlich der Verbindlichkeiten . . . . . . . . . . . a. Stufe 1: Einschränkung des Vorbelastungsverbots . . . . . . . . . . b. Stufe 2: Aufgabe des Vorbelastungsverbots, Differenzhaftung . . . . c. Stufe 3: Änderung der Haftung bei der Vorgesellschaft . . . . . . . . d. Kritische Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX. Wirtschaftliche Neugründung“ (Mantel- und Vorratsgründung) . . . . . . . 1. Gründung der Gesellschaft noch nach der Gründung der Gesellschaft? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Vorfrage der Eintragbarkeit und Wirksamkeit einer Vorratsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Analoge Anwendung der Gründungsvorschriften . . . . . . . . . . . . 4. Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Der Schutz des Vermögens der durch Eintragung entstandenen AG und der GmbH . I. Die Schutztatbestände und das zur Erhaltung des gezeichneten Kapitals erforderliche Vermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Kapitalaufbringung und der Grundtatbestand der Kapitalerhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kapitalerhaltung und Erwerb eigener Anteile . . . . . . . . . . . . . . 3. Organhaftung zur Kapitalerhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Mithaftung der Gesellschafter der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Das zur Erhaltung des Garantiekapitals erforderliche Vermögen . . . . 6. Bilanzielle Darstellung der Auszahlung des zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Die darüber hinausgehende Vermögensbindung bei der AG . . . . . . . 8. Cash Pooling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Folgerung aus der unterschiedlichen Vermögensbindung bei AG und GmbH für die Kreditgewährung an Organmitglieder . . . . . . . . . . 10. Ergänzender Vermögensschutz durch Bereicherungsrecht . . . . . . . . 11. Grund des unterschiedlichen Vermögensschutzes bei AG und GmbH . . 12. Warn- und Insolvenzantragspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13. Strafrechtliche Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14. Haftung des faktischen Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Vermögensrechnung bei den Schutztatbeständen . . . . . . . . . . . . . III. Die verdeckte Ausschüttung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die personelle Ausweitung der Vermögensbindung nach §§ 30, 31 GmbHG, 57, 62 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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V. Kapitalerhaltung im Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Beispiel zur Vermögensbindung nach § 30 I 1 GmbHG . . . . . . . . . . . VII. Gesellschafterdarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Nominelle und materielle Unterkapitalisierung . . . . . . . . . . . . . . 2. Die frühere Rechtsprechung zu den eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen und die GmbH-Novelle von 1980 im Gegensatz zum MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Neuregelung der Gesellschafterdarlehen durch das MoMiG . . . . 4. Die analoge Anwendung der Grundsätze betreffend Gesellschafterdarlehen nach der früheren Rechtsprechung und die Neuregelung . . . a. Analoge Anwendung über den Kreis der Gesellschafter und den Darlehnstypus hinaus und das MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . b. Die Ausweitung hinsichtlich der Person des Darlehnsgebers . . . . . c. Ausweitung nach dem Geschäftstyp auf die Nutzungsüberlassung . d. Finanzplankredit und Finanzplannutzungsüberlassung . . . . . . . VIII. Erstattungs- und Schadensersatzpflicht bei Verletzung der Insolvenzantragspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX. Das Problem der materiellen Unterkapitalisierung . . . . . . . . . . . . . . 1. Durchgriffshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Durchgriffshaftung und allgemeine Haftungsgrundlagen . . . . . . b. Analoge Anwendung von Vorschriften über den Vertragskonzern . . c. Die Existenzvernichtungshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Haftung aus dem Sonderrechtsverhältnis der negotiorum gestio . . a. Elemente der Haftung wegen ordnungswidriger Geschäftsführung in der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Überwindung der Durchgriffshaftung aufgrund der Wahrnehmung der juristischen Persönlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Die Konsequenz der Geschäftsführungshaftung . . . . . . . . . . . d. Rechenschaftspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e. Ausschließbarkeit der Haftung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f. Aktivlegitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g. Subsidiäres Eingreifen der Durchgriffshaftung? . . . . . . . . . . . . E. Die Änderung des gezeichneten Kapitals . . . . . . . . . . I. Effektive und nominelle Kapitalveränderung . . . . II. Die effektive Kapitalerhöhung . . . . . . . . . . . . 1. Möglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kapitalerhöhung gegen Einlagen . . . . . . . . a. Zustandekommen und Wirksamwerden . . . b. Das Bezugsrecht der Gesellschafter . . . . . 3. Die bedingte Kapitalerhöhung bei der AG . . . 4. Das genehmigte Kapital bei AG und GmbH . . III. Die nominelle Kapitalerhöhung . . . . . . . . . . . IV. Die Kapitalherabsetzung . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die verschiedenen Fälle der Kapitalherabsetzung 2. Der Grundfall der Kapitalherabsetzung . . . . . 3. Die vereinfachte Kapitalherabsetzung . . . . . . a. Anwendbarkeit und Bedeutung . . . . . . .

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XI

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b. Gläubigerschutz bei der vereinfachten Kapitalherabsetzung und Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Die Fälle Hilgers und Sachsenmilch . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Die Mitgliedschaft der Gesellschafter der Kapitalgesellschaft . . . . . . . . . . . . I. Mitgliedschaft als Mitgestaltungs- und Vermögensrechte umfassende Gesamtrechtsposition; Abspaltungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Aktie als Mitgliedschaft oder Teileinheit der Mitgliedschaft des Aktionärs, die entsprechende Bedeutung des Geschäftsanteils bei der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Aktionärsbeteiligung und Aktie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Die Beteiligung an der AG als Beteiligung von Gesellschaftern am Kapital der AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Die Unterschiedlichkeit der Aktien; Unteilbarkeit, Aktiensplit . . . c. Die Aktie als Wertpapier; Ausschluss des Verbriefungsanspruchs; Nebenpapiere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d. Ruhen, Beschränkung der Rechte aus Aktien . . . . . . . . . . . . . 2. Der Geschäftsanteil bei der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Mitgestaltungsrechte des Aktionärs und des Gesellschafters der GmbH als Thema vor allem der Haupt- und der Gesellschafterversammlung . . . . IV. Die Vermögensrechte der Gesellschafter aus der Mitgliedschaft . . . . . . . 1. Die Vermögensrechte des Aktionärs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Das Gewinnbeteiligungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Das Bezugsrecht der Aktionäre und das Recht der Aktionäre auf Teilnahme am Liquidationserlös; weitere Rechte . . . . . . . . . . . 2. Die Vermögensrechte der Gesellschafter der GmbH . . . . . . . . . . . a. Das Gewinnbeteiligungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Bezugsrecht und Recht auf Beteiligung am Liquidationserlös; weitere Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Beginn und Ende der Mitgliedschaft, insbesondere die Rechtsnachfolge in die Mitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Beginn und Ende der Mitgliedschaft, Rechtsnachfolge bei der AG . . . a. Übersicht, die Veräußerung der Aktie, Übernahmen . . . . . . . . . b. Eigene Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Kaduzierung und Amortisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d. Squeeze-Out . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beginn und Ende der Mitgliedschaft an der GmbH, insbesondere die Rechtsnachfolge in die Mitgliedschaft an der GmbH . . . . . . . . . . . a. Übersicht; die Veräußerung und Vererbung des Geschäftsanteils . . b. Eigene Geschäftsanteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Kaduzierung, Abandon, Amortisation, Ausschluss, Austritt . . . . . G. AG, Aktionär und Aktie in der Praxis – Kapitalmarktrecht – . . . . . . . I. Gegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Kapitalmarktrecht und Gesellschaftsrecht sowie Bürgerliches Recht III. Übersicht über die folgende Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die Sanktionen des Kapitalmarktrechts . . . . . . . . . . . . . . . V. Die wichtigsten Gesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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VI. Der Aktienerwerb in der Rechtswirklichkeit – die „rechtstechnische“ Seite des Aktienerwerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Aktie als Handelsobjekt im Primär- und Sekundärmarkt . . . . . . 2. Mangelnde Praktikabilität der Einzelverbriefung von Aktien beim Handel am Sekundärmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Aktie auf dem Weg in die „Entmaterialisierung“ . . . . . . . . . . 4. Rechtliche Auswirkungen der Rationalisierung im Verhältnis zwischen Veräußerer und Erwerber von Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Ausführungsgeschäft und Depotvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Internationalisierung des Effektenverkehrs . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Handelsplattformen für Kapitalmarkttitel, insbesondere „die Börse“ . . . . 1. Verschiedene Handelsplätze; Börsengesetz . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Börse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die verschiedenen Börsensegmente; Börsenzulassung; Indizes . . . . . . 4. Der Handel an der Börse (regulierter Markt) . . . . . . . . . . . . . . . 5. Die Aufhebung der Börsenzulassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Der Weg der AG an die Börse – Aktienemission im Rahmen eines „Going Public“; börsengesetzliche Prospekthaftung . . . . . . . . . . . . . IX. Going Private/Delisting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Delisting und ungeschriebene HV-Kompetenzen . . . . . . . . . . . . . 2. Die Macrotron-Entscheidung des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . X. Varianten des Erwerbs der Rechtsstellung als Aktionär . . . . . . . . . . . . 1. Die Aktie als Instrument der Mitarbeiterbeteiligung . . . . . . . . . . . 2. Die Beteiligung am Kapitalmarkt über Investmentgesellschaften – der „mittelbare“ Aktionär; Vergleich der UBG . . . . . . . . . . . . . . XI. Weitere „Finanzierungsinstrumente“ für die AG, neben der Aktie . . . . . . 1. Gegenstand des Abschnitts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anleihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Derivate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XII. Das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) als maßgeblicher Normenkomplex für die organisierten Kapitalmärkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Grundgesetz des Kapitalmarktrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Pflichten im Hinblick auf die Möglichkeit der Wahrnehmung von Rechten aus Wertpapieren, Finanzberichterstattung . . . . . . . . . . . 3. Insiderrecht (§§ 12 ff WpHG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ad-hoc-Publizität (§ 15 WpHG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Mitteilungspflichten bei Veränderung von Stimmrechtsanteilen (§§ 21 ff WpHG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Mitteilung von „Directors’ Dealings“ (§ 15a WpHG) . . . . . . . . . . 7. Jährliches Dokument (§ 10 Wertpapierprospektgesetz) . . . . . . . . . 8. Verbot der Marktmanipulation (§ 20a WpHG) . . . . . . . . . . . . . XIII. Die Regelung des WpÜG über Angebote zum Erwerb von Aktien oder von Wertpapieren über Rechte zum Aktienerwerb oder entsprechenden Zertifikaten 1. Entstehung des WpÜG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Überblick über das WpÜG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIV. Die Überwachung des Kapitalmarkts durch die BaFin: Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des Marktes und des Anlegerschutzes . . . . . . . . . .

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XIII

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H. Die Rechtsbeziehungen in der Kapitalgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Treuepflicht der Gesellschafter gegenüber den Mitgesellschaftern . . . . 1. Ausgangspunkt im Recht der GmbH: Das Urteil im ITT-Fall . . . . . . 2. Die Maßgeblichkeit der rechtlichen Haftungsgründe und Gestaltungsmöglichkeiten: VW-Audi/NSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Girmes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die weiteren Entscheidungen zur Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . III. Klagen wegen Beschlüssen von Organen der Kapitalgesellschaft . . . . . . . 1. Die These vom aktienrechtlichen Organstreit . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Entscheidung des BGH im Fall Opel . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Ablehnung des Organstreits aufgrund der Klärung der Begriffe . . . 4. Anfechtung und Nichtigkeit von HV-Beschlüssen und Beschlüssen der Gesellschafterversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Das Thema von Anfechtung und Nichtigkeit, Abgrenzung zur Unwirksamkeit von Beschlüssen, vorbeugender Rechtsschutz . . . . b. Die Anfechtungs- und die Nichtigkeitsklage gegen HV-Beschlüsse der AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Die analoge Anwendung der §§ 241 ff auf die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d. Die Frage der analogen Anwendung der §§ 241 ff auf Aufsichtsratsbeschlüsse der AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e. Die Möglichkeit der Rechtsmissbräuchlichkeit von Anfechtungsklagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Klagerechte der Aktionäre im Hinblick auf Maßnahmen der Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Das Problem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Holzmüller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Siemens/Nold; Mangusta/Commerzbank II . . . . . . . . . . . . . . I. Die Organisation der AG und der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Organe und ihre Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Führungslosigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Wesenszüge der Organisation; shareholder value; Deutscher Corporate Governance Kodex; Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Möglichkeit der Einschaltung Dritter in die Organisation der juristischen Person und die Verbandssouveränität . . . . . . . . . . 3. Die Mitbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Motive der Mitbestimmungsregelung, Überblick . . . . . . . . . b. Das Verhältnis der gesetzlichen Grundlagen der Mitbestimmung zueinander . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Die Anwendungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d. Die Mitbestimmung im Aufsichtsrat; der Arbeitsdirektor . . . . e. Mitbestimmung nach dem MitbestG und die allgemeinen Rechtsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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f. Die Mitbestimmung nach dem MitbestG bei KGaA und der GmbH & Co KG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g. Charakterisierung der Mitbestimmung nach dem MitbestG . . . . . II. Die Organe der AG im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Vorstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Institution, Zusammensetzung, Qualifikation . . . . . . . . . . . . . b. Bestellung, Abberufung, Amtszeit, Vergütung . . . . . . . . . . . . c. Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d. Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . (1) Die Kompetenz des Vorstands nach der gesetzlichen Regelung . (2) Der Inhalt der Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands . . . . (3) Beschränkungen der Leitungsmacht . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Holzmüller-Doktrin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Gelatine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e. Die Vertretungsmacht des Vorstands im Einzelnen; Zurechnung tatsächlicher Handlungen des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . f. Die Haftung des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Im Innenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Im Außenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Institution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Die Zusammensetzung des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . c. Qualifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d. Wahl, Amtsende, Dienstverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e. Organisation, insbesondere Beschlussfassung des Aufsichtsrats . . . f. Mangelhafte Aufsichtsratsbeschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . g. Kompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h. Pflichten, Haftung der Aufsichtsratsmitglieder . . . . . . . . . . . . 3. Die Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Organisation und Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Grundgedanke der Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Einberufung der HV; Teilnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Ablauf der Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Das Auskunftsrecht des Aktionärs in der Hauptversammlung . . (5) Auskunftsrecht hinsichtlich bloßer Minderheitsbeteiligungen der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Sanktionen bei Verletzung des Auskunftsrechts . . . . . . . . . . (7) Stimmrecht und Beschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (8) Stimmbindungsverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (9) Ruhen, Ausschluss des Stimmrechts, Stimmrechtsmissbrauch . . III. Die Organisation der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Organe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Geschäftsführung der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Zusammensetzung; faktischer Geschäftsführer . . . . . . . . . . . . b. Qualifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Bestellung, Amtszeit, Anstellungsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . d. Abberufung, Amtsniederlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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XV

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e. Zuständigkeit der Geschäftsführer; Geschäftsordnung f. Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g. Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Im Innenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Im Außenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Gesellschafter der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . a. Gesellschafter und Gesellschafterversammlung . . . . b. Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Versammlung und Beschluss . . . . . . . . . . . . . .

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J. Konzernrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Aktienrechtlicher Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Wesen und Motive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Zustandekommen, Änderung und Beendigung . . . . . . . . . . . c. Statusänderung, Rechte und Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Faktischer Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Konzerneingangsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Leitungsmacht und Verantwortlichkeit im faktischen Konzern . . d. Gesellschaftsrechtliche und wirtschaftliche Abhängigkeit . . . . . e. Faktischer Konzern und allgemeiner Vermögensschutz in der abhängigen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f. Qualifizierter faktischer Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Eingliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Squeeze-Out, wechselseitig beteiligte Unternehmen . . . . . . . . . . II. GmbH-Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der RegE GmbHG 1972 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Allgemeine Rechtsfigur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Zustandekommen eines GmbH-Vertragskonzerns . . . . . . . . . c. Rechtsfolgen des Vertragskonzerns mit einer GmbH als abhängiger Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Faktischer Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Europäischer Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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K. Die Kommanditgesellschaft auf Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Rechtsnatur und wirtschaftliche Bedeutung, insbesondere die KGaA an der Börse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsnatur und wirtschaftliche Bedeutung der KGaA . . . . . . . . . 2. Die KGaA an der Börse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Gründungsregelung der KGaA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Übersicht über die Gründungsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Zahl der Gründer und Komplementärfähigkeit . . . . . . . . . . . . b. Gründungsakt und Gründungsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . c. Inhalt des Gesellschaftsvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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d. Firma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e. Eintragung in das Handelsregister . . . . . . . . . . . 2. Die KGaA im Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Rechtsstellung der Gesellschafter der KGaA . . . . . . . 1. Die persönlich haftenden Gesellschafter (Komplementäre) 2. Die Kommanditaktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die Organe der KGaA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Zusammensetzung und Kompetenzen . . . . . . . . . b. Mitbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Gesamtheit der Kommanditaktionäre . . . . . . . . V. Die Finanzordnung der KGaA . . . . . . . . . . . . . . . . .

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485 485 485 485 485 486 486 486 486 486 487 487 487

L. Die Rechnungslegung bei AG und GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Bedeutung und Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Buchführung, Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, Anhang und Lagebericht bei AG und GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Übersicht über die Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Buchführung und Bilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Eigenkapital und Jahresergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Verwendung des Jahresergebnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Die Berechnung des Eigenkapitals, Unterbilanz, buchmäßige Überschuldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Gewinn- und Verlustrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Verwendung des Jahresergebnisses in der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung der AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Anhang und Lagebericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Prüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Offenlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Feststellung und Wirksamkeit des Jahresabschlusses . . . . . . . . . . . . 1. Bedeutung der Feststellung, Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Feststellung bei der AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Feststellung bei der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Nichtigkeit und Anfechtung bei der AG . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Nichtigkeit und Anfechtung bei der GmbH . . . . . . . . . . . . . . .

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489 489

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493 493 494 495 496 498

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498 499

. . . . . . . . . .

500 500 501 501 502 502 502 503 504 505

. . . .

506 506 507 508

Paragraphen- und Artikelregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

513

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

527

Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

555

M. Ende oder Umwandlung der Kapitalgesellschaft . . I. Die Auflösung der AG und der GmbH . . . II. Die Auflösung der KGaA . . . . . . . . . . III. Überblick über das UmwG . . . . . . . . . .

Entscheidungsregister

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XVII

Verzeichnis der Abkürzungen

A aA aaO Abl Abs Abt Abw AcP ADHGB aE aF AG AktG AktG 1937 allg Alt a.M. AnfG

Anh Anm AO ApoG ArbGG Art Aufl BaFin BAG BAnz BayObLG BayVBl BayVGH BayVwVfG BB BBergG Bd Bearb bearb

auch andere(r) Ansicht am angegebenen Ort Amtsblatt Absatz Abteilung abweichend Archiv für civilistische Praxis Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch v 1861 idF der Aktienrechtsnovelle v 18.7.1884 am Ende alte(r) Fassung Aktiengesellschaft, Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift) Aktiengesetz idF v 6.9.1965, BGBl. I S. 1089 Aktiengesetz idF v 30.1.1937, RGBl. I S.107 allgemein Alternative am Main Gesetz über die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Insolvenzverfahrens idF v 05.10.1994, BGBl. I S. 2911 Anhang Anmerkung Abgabenordnung v 16.3.1976 idF d Bekanntmachung vom 01.10.2002, BGBl. I S. 3866 Apothekengesetz idF der Bekanntmachung vom 15.10.1980, BGBl. I S. 1993 Arbeitsgerichtsgesetz idF der Bekanntmachung vom 02.07.1979, BGBl. I S. 853, 1036 Artikel Auflage Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bundesarbeitsgericht Bundesanzeiger Bayerisches Oberstes Landesgericht Bayerische Verwaltungsblätter Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz v 23.12.1976 Betriebsberater (Zeitschrift) Bundesberggesetz vom 13.08.1980, BGBl. I S. 1310 Band Bearbeiter, Bearbeitung bearbeitet

XIX

Verzeichnis der Abkürzungen

begr Bek Bekl ber betr BetrVG BetrVG 1952 BFH BGB BGBl BGH BGHSt BGHZ BilKoG BilReG BiRiLiG

BKR BMF BMJ BNotO BörsG BörsZulV BR BRAO BR-Drucks BSG BT-Drucks BV BVerfG BVerfGE BZRG bzw CDO CDS CEO CESR cic DAV DAX

XX

begründet Bekanntmachung Beklagter berichtigt betreffend Betriebsverfassungsgesetz idF der Bekanntmachung vom 25.09.2001, BGBl. I S. 2518 Betriebsverfassungsgesetz v 11.10.1952 Bundesfinanzhof Bürgerliches Gesetzbuch idF der Bekanntmachung vom 02.01.2002, BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738 Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Gesetz zur Kontrolle von Unternehmensabschlüssen v 15.12.2004, BGBl I 3408 Bilanzreformgesetz v 04.12.04, BGBl I 3166 Gesetz zur Durchführung der Vierten, Siebenten und Achten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts (BilanzrichtlinienGesetz) v 19.12.1985, BGBl I, S 2355 Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht Bundesministerium der Finanzen Bundesministerium der Justiz Bundesnotarordnung v 13.02.1937 Börsengesetz v 16.07.2007, BGBl. I S. 1330, 1351 Börsenzulassungsverordnung Bundesrat Bundesrechtsanwaltsordnung v 01.08.1959 Bundesratsdrucksache Bundessozialgericht Bundestagsdrucksache Bayerische Verfassung idF v Bekanntmachung 15.12.1998, GVBl S. 991 Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundeszentralregistergesetz idF der Bekanntmachung vom 21.09.1984, BGBl. I S. 1229, 1985 I S. 195 beziehungsweise Credit Default Option Credit Default Swap Chief Executive Officer Committee of European Securities Regulators – Ausschuss der Europäischen Wertpapierregulierungsbehörden culpa in contrahendo Deutscher Anwaltsverein Deutscher Aktienindex

Verzeichnis der Abkürzungen

DB DCGK DepotG ders dh dies DNotZ DPR DrittelbG DStR DZWIR E EG EGBGB EGHGB EGInsO EGV EHUG

Einl EK eP EStG EU EuGH EuInsVO EuZW EWG EWiR EWIV EWR EWS f, ff FAZ FGG FinDAG FMStG

Der Betrieb (Zeitschrift) Deutscher Corporate Governance Kodex Depotgesetz idF der Bek v 11.1.1995, BGBl. I S. 34 derselbe das heißt dieselbe Deutsche Notar-Zeitschrift Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung e.V. Drittelbeteiligungsgesetz vom 18.05.2004, BGBl. I S. 974 Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht Entwurf Europäische Gemeinschaft Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche idF der Bekanntmachung vom 21.09.1994, BGBl. I S. 2494; 1997 I S. 1061 Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuch v 10.05.1897, RGBl S. 437 Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung vom 5.10.1994, BGBl. I S. 2911 Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft idF v 1.1.1995 Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister vom 10.11.2006, BGBl I S 2553 Einleitung Eigenkapital Europäisches Parlament Einkommensteuergesetz idF der Bekanntmachung vom 19.10.2002, BGBl. I S. 4210; 2003 I S. 179 Europäische Union Europäischer Gerichtshof Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung Europäischer Wirtschaftsraum Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht (Zeitschrift) folgende Frankfurter Allgemeine Zeitung Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit v 17.5.1898 Gesetz über die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 22.4.2002, BGBl I S 1310. Gesetz zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarktes (Finanzmarktstabilisierungsgesetz – FMStG) v 17.10.2008, BGBl I S 1982

XXI

Verzeichnis der Abkürzungen

Fn FRUG FS FWB GAAP GemSObGerB GenG GewStG GG GmbH GmbHG GmbHR GoB GS GVBl GVG GWB HGB HM HRefG hrsg HRV Hs HV IAS IASB idF ie IFRS iG InsO InvG IPR IPRax iS iSd iSv iü iVm JBl JuS JW JZ KAGG

XXII

Fußnote Finanzmarktrichtlinieumsetzungsgsetz v 16.7.2007, BGBl I, 1330 Festschrift Frankfurter Wertpapierbörse Generally Accepted Accounting Principles Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes Genossenschaftsgesetz idF vom 16.10.2006, BGBl. I S. 2230 Gewerbesteuergesetz idF der Bekanntmachung vom 15.10.2002, BGBl. I S. 4167 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland v 23.5.1949 Gesellschaft(en) mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung v 20.4.1892 GmbH-Rundschau (Zeitschrift) Grundsätze ordnungsgemäßer Geschäftsführung Gedächtnisschrift Gesetz- und Verordnungsblatt Gerichtsverfassungsgesetz v 27.1.1877 idF der Bek v 9.5.1975 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen idFder Bekanntmachung vom 15.07.2005, BGBl. I S. 2114 Handelsgesetzbuch v 10.5.1897 herrschende Meinung Handelsrechtsreformgesetz vom 22.06.1998, BGBl. I S. 1474 herausgegeben Handelsrechgisterverordnung Halbsatz Hauptversammlung International Accounting Standards International Accounting Standards Board in der Fassung im einzelnen International Financial Reporting Standards in Gründung Insolvenzordnung v. 5.10.1994 Investmentgesetz vom 15.12.2003, BGBl. I S. 2676 Internationales Privatrecht Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts im Sinne im Sinne des im Sinne von im übrigen in Verbindung mit Juristische Blätter Juristische Schulung Juristische Wochenschrift Juristenzeitung Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften idF der Bekanntmachung vom 09.09.1998, BGBl. I S. 2726

Verzeichnis der Abkürzungen

KapAEG KapMuG KG KGaA Kl KO Kom KonTraG KostO KStG KWG LAG LG li Sp lit LöschG LPG LSG MaKonV MgVG

MiFiD

MitbestErgG

MitbestG mN mwN MoMiG MontanmitbestG

Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz vom 20.4.1998, BGBl. I S. 707 Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz vom 16.08.2005, BGBl I S 2437 Kammergericht, Kommanditgesellschaft(e) Kommanditgesellschaft auf Aktien Kläger Konkursordnung v 10.2.1877 idF der Bek v 20.5.1898, RGBl S. 612 Kommission, Kommentar Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich vom 27.4.1998, BGBl I S 786. Kostenordnung idF der Bekanntmachung vom 26.07.1957, BGBl. I S. 960 Körperschaftsteuergesetz idF der Bekanntmachung v 15.10.2002, BGBl. I S, 4144 Kreditwesengesetz idF der Bekanntmachung vom 09.09.1998, BGBl. I S. 2776 Landesarbeitsgericht Landgericht linke Spalte litera Gesetz über die Auflösung und Löschung von Gesellschaften und Genossenschaften v 9.10.1934 Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft Landessozialgericht Marktmanipulationskonkretisierungsverordnung vom 1.3.2005, BGBl I S 515 Gesetz zur Umsetzung der Regelungen über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten vom 21.12.2006, BGBl I S 3332. RL 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 über Märkte für Finanzinstrumente, ABl L 145 v. 30.4.2004 S. 1 Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie v 7.8.1956, BGBl I S 707 Mitbestimmungsgesetz vom 04.05.1976, BGBl. I S. 1153 mit Nachweis(en) mit weiteren Nachweisen Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen v 23.10.2008, BGBl I S 2026 Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahlerzeugenden Industrie v 21.5.1951, BGBl. I S. 347

XXIII

Verzeichnis der Abkürzungen

MoRaKG Mrd mwN NaStraG nF NJW NJW-RR NV NZA NZG NZI o OGAW OHG OLG OLGZ OTC OVG OWiG PublG pVV Qualifak RabelsZ RefE RegE re Sp RevE RFH RG RGBl RGZ RIW RL RM Rn ROHG Rs S s SA SBW SCE SCEAG

XXIV

Gesetz zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen vom 18.08.2008, BGBl. I S. 1672 Milliarde(n) mit weiteren Nachweisen Gesetz zur Namensaktie und zur Erleichterung der Stimmrechtsausübung v 18.1.2001 BGBl I S 123 neue(r) Fassung Neue Juristische Wochenschrift Neue Juristische Wochenschrift Rechtsprechungsreport Naamloze Vennootschap (niederländische GmbH) Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Neue Zeitschrift für Insolvenzrecht oben Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen einschließlich der freiwilligen Gerichtsbarkeit over the counter Oberverwaltungsgericht Gesetz über Ordnungswidrigkeiten idF vom 19.02.1987, BGBl. I S. 602 Publizitätsgesetz vom 15.08.1969, BGBl. I S. 1189 positive Vertragsverletzung Qualifizierter faktischer Konzern Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Referentenentwurf Regierungsentwurf rechte Spalte Revisionsentscheidung Reichsfinanzhof Reichsgericht Reichsgesetzblatt Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Recht der Internationalen Wirtschaft Richtlinie Reichsmark Randnummer Reichsoberhandelsgericht Rechtssache Satz, Seite, Siehe Siehe Société Anonyme Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte Societas Cooperativa Europaea SCE-Ausführungsgesetz vom 14.08.2006, BGBl. I S. 1911

Verzeichnis der Abkürzungen

SE SEAG SEBG SEC SEEG sog Sp SPE SpruchG StBerG StGB str StuW SZ TOP TransPuG/TrPublG TUG u ua UBGG UG UMAG UmwG UWG v VAG Verf VerkPG VGH vgl VGR VO Vorbem Vorn vorst VorstOG

Societas Europaea SE-Ausführungsgesetz vom 22.12.2004, BGBl. I S. 3675 SE-Beteiligungsgesetz vom 22.12.2004, BGBl. I S. 3675, 3686 Securities and Exchange Commission Gesetz zur Einführung der Europäischen Gesellschaft vom 22.12.2004, BGBl I S 3675 sogenannte Spalte Societas Privata Europaea, Europäische Privatgesellschaft Gesetz zur Neuordnung des gesellschaftsrechtlichen Spruchverfahrens vom 12.6.2003, BGBl I S 838. Steuerberatungsgesetz idFder Bekanntmachung vom 4.11.1975, BGBl. I S. 2735 Strafgesetzbuch idF der Bekanntmachung vom 13.11.1998, BGBl. I S. 3322 streitig Steuer und Wirtschaft (Zeitschrift) Süddeutsche Zeitung Tagesordnungspunkt Transparenz- und Publizitätsgesetz v. 19.7.2002, BGBl I S 2681 Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 05.01.2007, BGBl. I S. 10 unten unter anderem, und andere Gesetz über Unternehmensbeteiligungsgesellschaften vom 17.12.1986, BGBl I S 2488. Unternehmergesellschaft Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts vom 22.09.2005, BGBl I S. 2802 Umwandlungsgesetz vom 28.10.1994, BGBl. I S. 3210 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 03.07.2004, BGBl. I S. 1414 von, vom Versicherungsaufsichtsgesetz idF der Bekanntmachung vom 17.12.1992, BGBl. I S. 2 Verfasser Verkaufsprospektgesetz idF der Bekanntmachung vom 09.09.1998, BGBl. I S. 2701 Verwaltungsgerichtshof vergleiche Gesellschaftsrechtliche Vereinigung Verordnung Vorbemerkung Vornote vorstehend Gesetz über die Offenlegung von Vorstandsvergütungen vom 3.8.2005, BGBl I S 2267.

XXV

Verzeichnis der Abkürzungen

VW-Gesetz

VwGO VwVfG WG WKBG

WM WpAIV WPg WpHG WpPG WpÜG WpÜG-AV

WRV WuB zB ZBB ZGR ZHR Ziff ZIP ZPO ZRP zust ZVG

XXVI

Gesetz über die Überführung der Anteilsrechte an der Volkswagen Gesellschaft mit beschränkter Haftung in private Hand vom 21.07.1960, BGBl. I S. 585 Verwaltungsgerichtsordnung idF der Bekanntmachung vom 19.03.1991, BGBl. I S. 686 Verwaltungsverfahrensgesetz idF der Bekanntmachung vom 23.01.2003, BGBl. I S. 102 Wechselgesetz v 21.6.1933 Gesetz zur Förderung von Wagniskapitalbeteiligungen (WKBG), Art 1 des MoRaKG vom 12. 8.2008 BGBl I, 1672; Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaft Wertpapier Mitteilungen (Zeitschrift) Wertpapierhandelsanzeige- und Insiderverzeichnisverordnung vom 13.12.2004, BGBl I S 3376 Die Wirtschaftsprüfung (Zeitschrift) Gesetz über den Wertpapierhandel idF der Bekanntmachung vom 09.09.1998, BGBl. I S. 2708 Wertpapierprospektgesetz vom 22.06.2005, BGBl. I S. 1698 Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz vom 20.12.2001, BGBl. I S. 3822 Verordnung über den Inhalt der Angebotsunterlage, die Gegenleistung bei Übernahmeangeboten und Pflichtangeboten und die Befreiung von der Verpflichtung zur Veröffentlichung und zur Abgabe eines Angebots vom 27.12.2001, BGBl. I S. 263 Verfassung des Deutschen Reichs [Weimarer Reichsverfassung] v 11.8.1919, RGBl S 1383 Entscheidungssammlung zum Wirtschafts- und Bankrecht zum Beispiel Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Ziffer Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zivilprozessordnung idF der Bekanntmachung vom 05.12.2005, BGBl. I S. 3202; 2006 I S. 431; 2007 I S. 1781 Zeitschrift für Rechtspolitik zustimmend Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung vom 24.03.1897

Verzeichnis abgekürzt zitierter Literatur

Assmann/Schneider/Bearbeiter

Baumbach/Hopt/Bearbeiter

Baumbach/Hueck/Bearbeiter

Buck-Heeb Emmerich/Habersack Kom-KonzR

Emmerich/Habersack LB-KonzR Flume I/1

Flume I/2

Flume II

Geibel/Süßmann/Bearbeiter

GK-AktG/Bearbeiter

Haarmann/Riehmer/ Schüppen/Bearbeiter

Habersack Europäisches Gesellschaftsrecht

Kommentar zum Wertpapierhandelsgesetz, hrsg. von Heinz-Dieter Assmann und Uwe H. Schneider, 4. Aufl., Köln, 2006 Handelsgesetzbuch, Kommentar, begr. von Adolf Baumbach, bearb. von Klaus J. Hopt und Hanno Merkt, 33. Aufl., München, 2008 Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG), begr. von Adolf Baumbach und fortgef. von Alfred Hueck, nunmehr von Lorenz Fastrich, Götz Hueck, Ulrich Noack, Joachim SchulzeOsterloh, Wolfgang Servatius, Wolfgang Zöllner, 18. Aufl., München, 2006 Petra Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, 2. Aufl., 2007 Aktien- und GmbH-Konzernrecht, Kommentar von Volker Emmerich und Mathias Habersack, 5. Aufl., München, 2008 Volker Emmerich, Mathias Habersack, Konzernrecht, 8. Aufl., München, 2005 Werner Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Erster Band, Erster Teil, Die Personengesellschaft, Berlin, Heidelberg, New York, 1977 Werner Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Erster Band, Zweiter Teil, Die juristische Person, Berlin, Heidelberg, New York, Tokyo, 1983 Werner Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Zweiter Band, Das Rechtsgeschäft, 4. Aufl. Berlin, Heidelberg, New York, London, Paris, Tokyo, Hong Kong, Barcelona, Budapest, 1992 Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG), Kommentar, hrsg. von Stephan Geibel und Rainer Süßmann, München, 2002 AktG, Großkommentar, begr. von W. Gadow und E. Heinichen, hrsg. von Klaus J. Hopt und Herbert Wiedemann, 4. Aufl., Berlin, New York, 1992 ff; 3. Aufl., Berlin, New York, 1970 ff, hrsg./bearb. von Wilhelm Gadow, Carl H. Barz (ohne Auflagenangabe 4. Aufl.) Öffentliche Übernahmeangebote – Kommentar zum Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, hrsg. von Wilhelm Haarmann, Klaus Riehmer, Matthias Schüppen, Heidelberg, 2002 Mathias Habersack, Europäisches Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., München, 2006

XXVII

Verzeichnis abgekürzt zitierter Literatur

Hachenburg/Bearbeiter

Happ Heidel/Bearbeiter Hopt/Hehl/Vollrath

Hueck/Canaris Recht der Wertpapiere Hüffer KK/Bearbeiter

Knobbe-Keuk Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht Koller/Roth/Morck/Bearbeiter

Kropff AktG

Kümpel Lenenbach Lutter UmwG Lutter/Hommelhoff/Bearbeiter

Medicus Bürgerliches Recht Merkt US-Amerikanisches Gesellschaftsrecht

XXVIII

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG), Kommentar, hrsg. von Peter Ulmer, 8. Aufl., Berlin, New York, 1992 ff; 7. Aufl., Berlin, New York, 1984 ff, hrsg./bearb. von Max Hachenburg, Carl H. Barz, Volker Kluge (ohne Auflagenangabe 8. Aufl.) Aktienrecht, hrsg. von Wilhelm Happ, 3. Aufl., Köln, Berlin, Bonn; München, 2007 Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, hrsg. von Thomas Heidel, 2. Aufl., Bonn, 2007 Klaus J. Hopt, Günther Hehl, Hans-Joachim Vollrath, Handels- und Gesellschaftsrecht, Band 2, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., München, 1996 Alfred Hueck (Begr.), Recht der Wertpapiere, neu bearb. von Claus-Wilhelm Canaris, 12. Aufl., München, 1986 Aktiengesetz, Kommentar von Uwe Hüffer, 8. Aufl., München, 2008 Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, hrsg. von Wolfgang Zöllner und Ulrich Noack, 3. Aufl., Köln, Berlin, München, 2004 ff; hrsg. von Wolfgang Zöllner, 2. Aufl., Köln, Berlin, Bonn, München, 1988 ff; 1. Aufl., Köln, Berlin, Bonn, München, 1970 ff, hrsg. von Kurt H. Biedenkopf, Wolfgang Zöllner (ohne Auflagenangabe 2. Aufl.) Brigitte Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl., Köln, 1993 Handelsgesetzbuch, Kommentar, hrsg. von Ingo Koller, Wulf-Henning Roth und Winfried Morck, 6. Aufl., München, 2007 Aktiengesetz, Textausgabe des Aktiengesetzes v 6.9. 1965 und des Einführungsgesetzes zum Aktiengesetz v 6.9.1965 mit Begründung des Regierungsentwurfs und Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags, zusammengestellt von Bruno Kropff, Düsseldorf, 1965. Siegfried Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl., Köln, 2004 Markus Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Köln, 2002 Umwandlungsgesetz, Kommentar, hrsg. von Marcus Lutter, Martin Winter, 3. Aufl., Köln, 2004 GmbH-Gesetz, Kommentar, hrsg. von Marcus Lutter, Peter Hommelhoff, bearb. von Walter Bayer, Peter Hommelhoff, 16. Aufl., Köln, 2004 Dieter Medicus, Bürgerliches Recht, 21. Aufl., Köln, 2007 Hanno Merkt, US-Amerikanisches Gesellschaftsrecht, Heidelberg, 1991

Verzeichnis abgekürzt zitierter Literatur

Michalski/Bearbeiter

MüKo-AktG/Bearbeiter

MüKo-BGB/Bearbeiter

MüKo-ZPO/Bearbeiter

Musielak/Bearbeiter Raiser MitbestG

Raiser/Veil Roth/Altmeppen/Bearbeiter

Schanz K. Schmidt

K.Schmidt/Lutter/Bearbeiter Scholz/Bearbeiter

Schwarz Europäisches Gesellschaftsrecht Soergel/Bearbeiter

Spindler/Stilz/Bearbeiter Staub/Bearbeiter

Kommentar zum Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG), hrsg. von Lutz Michalski, München, 2002 Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, hrsg, von Wulf Goette und Mathias Habersack, 3. Aufl., München, 2007 ff; hrsg. von Bruno Kropff und Johannes Semler, 2. Aufl., München, 2000 ff. Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, hrsg. von Kurt Rebmann, Franz Jürgen Säcker, Roland Rixecker, Band 8, 5. Aufl., München, 2008 Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung, hrsg. von Thomas Rauscher, Peter Wax, Joachim Wenzel, 3. Aufl., München, 2007 f. Kommentar zur Zivilprozessordnung, hrsg. von HansJoachim Musielak, 6. Aufl., München, 2008 Mitbestimmungsgesetz, Kommentar von Thomas Raiser, 4. Aufl., Berlin, New York, 2002; 1. Aufl., Berlin, New York, 1977 (ohne Auflagenangabe: 4. Aufl.) Thomas Raiser, Rüdiger Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, 4. Aufl., München, 2006 Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG), Kommentar von Holger Altmeppen und Günter H. Roth, 5. Aufl., München, 2005 Kay-Michael Schanz, Börseneinführung – Recht und Praxis des Börsengangs, 3. Aufl., München, 2007 Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., Köln, Berlin, Bonn, München, 2002; 3. Aufl., Köln, Berlin, Bonn, München, 1997 (ohne Auflagenangabe 4. Aufl.) Kommentar zum Aktiengesetz, hrsg. von Karsten Schmidt, Marcus Lutter, Köln, 2008 Kommentar zum GmbH-Gesetz, begr. von Franz Scholz, bearb. von Georg Crezelius, Volker Emmerich, Hans-Joachim Priester, Karsten Schmidt, Uwe H. Schneider, Klaus Tiedemann, Harm Peter Westermann, Heinz Winter, 9 Aufl., Köln, 2000 ff, 10. Aufl., Köln 2006 f. (ohne Auflagenangabe 10. Aufl.) Günter Christian Schwarz, Europäisches Gesellschaftsrecht, Baden-Baden, 2000 Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, begr. von Hans Th. Soergel, hrsg. von W. Siebert, 13. Aufl., Stuttgart, 1999 ff. Kommentar zum Aktiengesetz, hrsg. von Gerald Spindler, Eberhard Stilz, München, 2007 Handelsgesetzbuch, Großkommentar, begr. von Hermann Staub, hrsg. von Claus-Wilhelm Canaris, Mathias Habersack, Johann Georg Helm, Ingo Koller, Peter Ulmer, 4. Auflage, Berlin, New York, 1995 ff.

XXIX

Verzeichnis abgekürzt zitierter Literatur

Staudinger/Bearbeiter

Ulmer/Bearbeiter

Ulmer/Habersack/ MitbestG Henssler/Bearbeiter

Wiedemann I Wilhelm Rechtsform und Haftung Wilhelm Sachenrecht Würdinger Aktienrecht

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Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, begr. von Julius von Staudinger, Berlin. GmbHG, Großkommentar, hrsg. von Peter Ulmer, Mathias Habersack, Martin Winter, Band 1 §§ 1–28 Tübingen 2005, Band 2 §§ 29–52 2006, Band 3 §§ 53–87 2008 Mitbestimmungsrecht, Kommentar, begr. von Peter Hanau und Peter Ulmer, bearb. von Mathias Habersack, Martin Henssler, Peter Ulmer, 2. Aufl., München, 2006 Herbert Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Band 1, Grundlagen, München, 1980 Jan Wilhelm, Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person, Köln, Berlin, Bonn, München, 1981 Jan Wilhelm, Sachenrecht, 3. Aufl., Berlin, New York, 2007 Hans Würdinger, Aktienrecht und das Recht der verbundenen Unternehmen, 4. Aufl., Heidelberg, Karlsruhe, 1981

Inhaltsverzeichnis

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V Verzeichnis der Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIX Verzeichnis abgekürzt zitierter Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXVII A. Kapitalgesellschaftsrecht, Kapitalgesellschaften, Kapitalmarktrecht . . . . . . . . . 1 I. Die Rechtsformen, insbesondere die AG als kapitalmarktfähige Kapitalgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Unterscheidung der Rechtsformen Kapitalgesellschaft und Personengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Rechtsfähigkeit von Personen-Außen- und Kapitalgesellschaften . . . IV. Vergleich mit den Genossenschaften, Hinweis auf die Societas Cooperativa Europaea . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Kapital, Fremd-, Eigenkapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Kapitalistische Grundlage der Beteiligung und Haftungsbeschränkung als Begriffsmerkmale der Kapitalgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Gesellschaft und Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Mindestkapital und Kapitalbindung bei den deutschen Kapitalgesellschaften; Solvency-Test . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX. Die Europäische Aktiengesellschaft und die Arbeit an einer Europäischen Privatgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . X. Unterscheidung der AG und GmbH nach deutschem Recht . . . . . . . . XI. Wirtschaftliche Funktion, AG als Kapitalsammelstelle, insbesondere über den Kapitalmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XII. Besondere Gesellschaften zur Kapitalanlage . . . . . . . . . . . . . . . . XIII. Verbundene Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIV. Mischformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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B. System des AktG und des GmbHG und die Entwicklung des Rechts der Kapitalgesellschaften und des Kapitalmarktrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Sinn der Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. System des AktG und des GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Entwicklung des deutschen Rechts der Aktiengesellschaft und der GmbH 1. Charakterisierung der Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Entwicklung bis zum AktG 1965 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Wiedervereinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Europarecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Die Entwicklung der deutschen Gesetzgebung bis zur Gegenwart . . . . a. Übersicht, Gang der Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Gesetz für kleine AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Rechtsanwalts-GmbH und StückAG . . . . . . . . . . . . . . . . . d. Internationalisierung des Bilanzrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . e. KonTraG und NaStraG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f. TransPuG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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g. h. i. j. k.

Spruchverfahrensgesetz und weitere Gesetze . . . . . . . . . . . . . VorstOG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . UMAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EHUG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . MoMiG im Vergleich zum Vorschlag der EG-Kommission für ein Statut der Europäischen Privatgesellschaft (SPE); Hinweis auf die „Limited“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . l. Initiative „Frauen in den Aufsichtsrat“ . . . . . . . . . . . . . . . . m. Entwurf eines Gesetzes zur Einführung erstinstanzlicher Zuständigkeit des OLG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . n. Referentenentwurf zum Internationalen Gesellschaftsrecht . . . . . o. Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . p. Regierungsentwurf zu einem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz . . q. Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Überführung der Anteilsrechte an der VW-Gesellschaft mit beschränkter Haftung in private Hand . . . . . . . . . . . . . . . . r. Gesetz zur Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenen Risiken (Risikobegrenzungsgesetz) . . . . . . . . . . . . . . . . . . s. Finanzmarktstabilisierungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Das Kapitalmarktrecht als für die Aktien relevante Rechtsmaterie . . . . . V. Das Europäische Gesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ansatzpunkte im EG-Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Überprüfung nationaler Gesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Richtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Societas Europaea . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Die Normgebung und ihre Vorgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . c. Die Lösung der Mitbestimmungsfrage durch die Richtlinie . . . . . d. Die Regelung der SE-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Das auf die SE anwendbare Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Rechtsnatur, Kapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Sitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Gründung; Vorgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Organe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Jahresabschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (7) Auflösung, Zahlungsunfähigkeit, Umwandlung in eine AG . . . (8) Recht der verbundenen Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . (9) Die deutsche Ausführungsregelung (SEEG mit SEAG und SEBG) 5. Der Kommissionsvorschlag für eine Societas Privata Europaea . . . . . C. Die Gründung der AG und der GmbH im Vergleich zu der Kapitalerhöhung gegen Einlagen; Satzung bzw Gesellschaftsvertrag und Änderung . . . . . . . . . . . . I. Bedeutung der Gründungsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Das maßgebliche Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Möglichkeit der Rechtsformwahl für „Gegenstand“ und „Zweck“ . . . . IV. Die Gründungsregelung für AG und GmbH . . . . . . . . . . . . . . . 1. Simultangründung; die Stufen bis zur Entstehung der Gesellschaft .

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a. Simultangründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Die Stufen bis zur Entstehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die einzelnen Regeln der Gründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Gesellschaftsvertrag, Satzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Form, Kapitalgrundlagen; insbesondere die Unternehmergesellschaft (2) Übersicht über den Inhalt, Wesen des notariellen Vertrags; Satzungsänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Firma; Geschäftskorrespondenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Sitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Gegenstand und Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Sacheinlagen, Sachübernahmen, Sondervorteile, Gründungsaufwand (7) Beteiligung Minderjähriger an Gründung oder Anteilsveräußerung bei der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Gründungsbericht, -prüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d. Anmeldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Art und Weise; Bekämpfung des Bestattungsmissbrauchs . . . . . (2) Voraussetzung der Mindestleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Leistung „zu freier Verfügung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e. Prüfung durch das Gericht, Eintragung, Bekanntmachung . . . . . . f. Anteilsübertragung vor Eintragung, Gründerwechsel . . . . . . . . . g. Nachgründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Die an das Gründungsrecht anschließende Regelung der Kapitalerhöhung gegen Einlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Kautelen des Gründungs- und Kapitalerhöhungsrechts bei AG und GmbH 1. Das Thema der Kautelen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sicherung bei Sacheinlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Direkte gesetzliche Sicherung (ohne Umgehungsprävention) . . . . . b. Ergänzung durch die Figur der verdeckten Sacheinlage . . . . . . . . (1) Die frühere Rechtsprechung und die Änderung durch das MoMiG (2) Voraussetzung der verdeckten Sacheinlage . . . . . . . . . . . . . (3) Die Notwendigkeit der Korrektur der Rechtsprechung zur verdeckten Sacheinlage auch im Aktienrecht . . . . . . . . . . . . . 3. Verantwortlichkeit der an der Gründung oder Kapitalerhöhung Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Nichtigkeit, Amtslöschung der eingetragenen Gesellschaft, Heilung . . . 5. Die Prüfung des Anspruchs der Gesellschaft auf Erfüllung der Einlagepflicht (Aufbringungskautelen durch Tilgungserfordernisse) . . . . . . . a. Anspruchsgrundlage und Wegfall des Anspruchs . . . . . . . . . . . b. Bar- oder Sachleistung; Fälligkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Barzahlung, Aufrechnungsverbot betreffend Mindestbarzahlung . . . d. Erfordernis der Zahlung „zu freier Verfügung“ betreffend den Mindest- und den weiteren Betrag; Verbot der Hin- und Herzahlung . e. Aufrechnungsverbote betreffend die über den Mindestbetrag hinausgehende Einlagepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Aufrechnungsverbot für den Gesellschafter aus §§ 66 I 2 AktG, 19 II 2 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Aufrechnungsbeschränkung für die Gesellschaft . . . . . . . . . .

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f. Abgrenzung der Tilgungshindernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . g. Vorleistungen auf die Übernahme einer Einlage, insbesondere bei der Kapitalerhöhung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h. Verzug, Verfall, Mithaftung der Mitgesellschafter . . . . . . . . . . i. Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Anwendungsfall zum Gründungs- und Kapitalerhöhungsrecht und den darin begründeten Kautelen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Die Vorgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die gesetzliche Regelung der Vorgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Vorgründungsgesellschaft vor der Vorgesellschaft . . . . . . . . . . 3. Die Entwicklung zur Identität zwischen Vorgesellschaft und Kapitalgesellschaft auch hinsichtlich der Verbindlichkeiten . . . . . . . . . . . a. Stufe 1: Einschränkung des Vorbelastungsverbots . . . . . . . . . . b. Stufe 2: Aufgabe des Vorbelastungsverbots, Differenzhaftung . . . . c. Stufe 3: Änderung der Haftung bei der Vorgesellschaft . . . . . . . . d. Kritische Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX. Wirtschaftliche Neugründung“ (Mantel- und Vorratsgründung) . . . . . . . 1. Gründung der Gesellschaft noch nach der Gründung der Gesellschaft? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Vorfrage der Eintragbarkeit und Wirksamkeit einer Vorratsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Analoge Anwendung der Gründungsvorschriften . . . . . . . . . . . . 4. Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Der Schutz des Vermögens der durch Eintragung entstandenen AG und der GmbH . I. Die Schutztatbestände und das zur Erhaltung des gezeichneten Kapitals erforderliche Vermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Kapitalaufbringung und der Grundtatbestand der Kapitalerhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kapitalerhaltung und Erwerb eigener Anteile . . . . . . . . . . . . . . 3. Organhaftung zur Kapitalerhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Mithaftung der Gesellschafter der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Das zur Erhaltung des Garantiekapitals erforderliche Vermögen . . . . 6. Bilanzielle Darstellung der Auszahlung des zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Die darüber hinausgehende Vermögensbindung bei der AG . . . . . . . 8. Cash Pooling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Folgerung aus der unterschiedlichen Vermögensbindung bei AG und GmbH für die Kreditgewährung an Organmitglieder . . . . . . . . . . 10. Ergänzender Vermögensschutz durch Bereicherungsrecht . . . . . . . . 11. Grund des unterschiedlichen Vermögensschutzes bei AG und GmbH . . 12. Warn- und Insolvenzantragspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13. Strafrechtliche Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14. Haftung des faktischen Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Vermögensrechnung bei den Schutztatbeständen . . . . . . . . . . . . . III. Die verdeckte Ausschüttung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die personelle Ausweitung der Vermögensbindung nach §§ 30, 31 GmbHG, 57, 62 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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V. Kapitalerhaltung im Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Beispiel zur Vermögensbindung nach § 30 I 1 GmbHG . . . . . . . . . . . VII. Gesellschafterdarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Nominelle und materielle Unterkapitalisierung . . . . . . . . . . . . . . 2. Die frühere Rechtsprechung zu den eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen und die GmbH-Novelle von 1980 im Gegensatz zum MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Neuregelung der Gesellschafterdarlehen durch das MoMiG . . . . 4. Die analoge Anwendung der Grundsätze betreffend Gesellschafterdarlehen nach der früheren Rechtsprechung und die Neuregelung . . . a. Analoge Anwendung über den Kreis der Gesellschafter und den Darlehnstypus hinaus und das MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . b. Die Ausweitung hinsichtlich der Person des Darlehnsgebers . . . . . c. Ausweitung nach dem Geschäftstyp auf die Nutzungsüberlassung . d. Finanzplankredit und Finanzplannutzungsüberlassung . . . . . . . VIII. Erstattungs- und Schadensersatzpflicht bei Verletzung der Insolvenzantragspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX. Das Problem der materiellen Unterkapitalisierung . . . . . . . . . . . . . . 1. Durchgriffshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Durchgriffshaftung und allgemeine Haftungsgrundlagen . . . . . . b. Analoge Anwendung von Vorschriften über den Vertragskonzern . . c. Die Existenzvernichtungshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Haftung aus dem Sonderrechtsverhältnis der negotiorum gestio . . a. Elemente der Haftung wegen ordnungswidriger Geschäftsführung in der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Überwindung der Durchgriffshaftung aufgrund der Wahrnehmung der juristischen Persönlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Die Konsequenz der Geschäftsführungshaftung . . . . . . . . . . . d. Rechenschaftspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e. Ausschließbarkeit der Haftung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f. Aktivlegitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g. Subsidiäres Eingreifen der Durchgriffshaftung? . . . . . . . . . . . . E. Die Änderung des gezeichneten Kapitals . . . . . . . . . . I. Effektive und nominelle Kapitalveränderung . . . . II. Die effektive Kapitalerhöhung . . . . . . . . . . . . 1. Möglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kapitalerhöhung gegen Einlagen . . . . . . . . a. Zustandekommen und Wirksamwerden . . . b. Das Bezugsrecht der Gesellschafter . . . . . 3. Die bedingte Kapitalerhöhung bei der AG . . . 4. Das genehmigte Kapital bei AG und GmbH . . III. Die nominelle Kapitalerhöhung . . . . . . . . . . . IV. Die Kapitalherabsetzung . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die verschiedenen Fälle der Kapitalherabsetzung 2. Der Grundfall der Kapitalherabsetzung . . . . . 3. Die vereinfachte Kapitalherabsetzung . . . . . . a. Anwendbarkeit und Bedeutung . . . . . . .

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b. Gläubigerschutz bei der vereinfachten Kapitalherabsetzung und Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Die Fälle Hilgers und Sachsenmilch . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Die Mitgliedschaft der Gesellschafter der Kapitalgesellschaft . . . . . . . . . . . . I. Mitgliedschaft als Mitgestaltungs- und Vermögensrechte umfassende Gesamtrechtsposition; Abspaltungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Aktie als Mitgliedschaft oder Teileinheit der Mitgliedschaft des Aktionärs, die entsprechende Bedeutung des Geschäftsanteils bei der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Aktionärsbeteiligung und Aktie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Die Beteiligung an der AG als Beteiligung von Gesellschaftern am Kapital der AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Die Unterschiedlichkeit der Aktien; Unteilbarkeit, Aktiensplit . . . c. Die Aktie als Wertpapier; Ausschluss des Verbriefungsanspruchs; Nebenpapiere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d. Ruhen, Beschränkung der Rechte aus Aktien . . . . . . . . . . . . . 2. Der Geschäftsanteil bei der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Mitgestaltungsrechte des Aktionärs und des Gesellschafters der GmbH als Thema vor allem der Haupt- und der Gesellschafterversammlung . . . . IV. Die Vermögensrechte der Gesellschafter aus der Mitgliedschaft . . . . . . . 1. Die Vermögensrechte des Aktionärs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Das Gewinnbeteiligungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Das Bezugsrecht der Aktionäre und das Recht der Aktionäre auf Teilnahme am Liquidationserlös; weitere Rechte . . . . . . . . . . . 2. Die Vermögensrechte der Gesellschafter der GmbH . . . . . . . . . . . a. Das Gewinnbeteiligungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Bezugsrecht und Recht auf Beteiligung am Liquidationserlös; weitere Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Beginn und Ende der Mitgliedschaft, insbesondere die Rechtsnachfolge in die Mitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Beginn und Ende der Mitgliedschaft, Rechtsnachfolge bei der AG . . . a. Übersicht, die Veräußerung der Aktie, Übernahmen . . . . . . . . . b. Eigene Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Kaduzierung und Amortisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d. Squeeze-Out . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beginn und Ende der Mitgliedschaft an der GmbH, insbesondere die Rechtsnachfolge in die Mitgliedschaft an der GmbH . . . . . . . . . . . a. Übersicht; die Veräußerung und Vererbung des Geschäftsanteils . . b. Eigene Geschäftsanteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Kaduzierung, Abandon, Amortisation, Ausschluss, Austritt . . . . . G. AG, Aktionär und Aktie in der Praxis – Kapitalmarktrecht – . . . . . . . I. Gegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Kapitalmarktrecht und Gesellschaftsrecht sowie Bürgerliches Recht III. Übersicht über die folgende Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die Sanktionen des Kapitalmarktrechts . . . . . . . . . . . . . . . V. Die wichtigsten Gesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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VI. Der Aktienerwerb in der Rechtswirklichkeit – die „rechtstechnische“ Seite des Aktienerwerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Aktie als Handelsobjekt im Primär- und Sekundärmarkt . . . . . . 2. Mangelnde Praktikabilität der Einzelverbriefung von Aktien beim Handel am Sekundärmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Aktie auf dem Weg in die „Entmaterialisierung“ . . . . . . . . . . 4. Rechtliche Auswirkungen der Rationalisierung im Verhältnis zwischen Veräußerer und Erwerber von Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Ausführungsgeschäft und Depotvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Internationalisierung des Effektenverkehrs . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Handelsplattformen für Kapitalmarkttitel, insbesondere „die Börse“ . . . . 1. Verschiedene Handelsplätze; Börsengesetz . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Börse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die verschiedenen Börsensegmente; Börsenzulassung; Indizes . . . . . . 4. Der Handel an der Börse (regulierter Markt) . . . . . . . . . . . . . . . 5. Die Aufhebung der Börsenzulassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Der Weg der AG an die Börse – Aktienemission im Rahmen eines „Going Public“; börsengesetzliche Prospekthaftung . . . . . . . . . . . . . IX. Going Private/Delisting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Delisting und ungeschriebene HV-Kompetenzen . . . . . . . . . . . . . 2. Die Macrotron-Entscheidung des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . X. Varianten des Erwerbs der Rechtsstellung als Aktionär . . . . . . . . . . . . 1. Die Aktie als Instrument der Mitarbeiterbeteiligung . . . . . . . . . . . 2. Die Beteiligung am Kapitalmarkt über Investmentgesellschaften – der „mittelbare“ Aktionär; Vergleich der UBG . . . . . . . . . . . . . . XI. Weitere „Finanzierungsinstrumente“ für die AG, neben der Aktie . . . . . . 1. Gegenstand des Abschnitts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anleihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Derivate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XII. Das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) als maßgeblicher Normenkomplex für die organisierten Kapitalmärkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Grundgesetz des Kapitalmarktrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Pflichten im Hinblick auf die Möglichkeit der Wahrnehmung von Rechten aus Wertpapieren, Finanzberichterstattung . . . . . . . . . . . 3. Insiderrecht (§§ 12 ff WpHG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ad-hoc-Publizität (§ 15 WpHG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Mitteilungspflichten bei Veränderung von Stimmrechtsanteilen (§§ 21 ff WpHG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Mitteilung von „Directors’ Dealings“ (§ 15a WpHG) . . . . . . . . . . 7. Jährliches Dokument (§ 10 Wertpapierprospektgesetz) . . . . . . . . . 8. Verbot der Marktmanipulation (§ 20a WpHG) . . . . . . . . . . . . . XIII. Die Regelung des WpÜG über Angebote zum Erwerb von Aktien oder von Wertpapieren über Rechte zum Aktienerwerb oder entsprechenden Zertifikaten 1. Entstehung des WpÜG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Überblick über das WpÜG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIV. Die Überwachung des Kapitalmarkts durch die BaFin: Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des Marktes und des Anlegerschutzes . . . . . . . . . .

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XIII

Inhaltsverzeichnis

H. Die Rechtsbeziehungen in der Kapitalgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Treuepflicht der Gesellschafter gegenüber den Mitgesellschaftern . . . . 1. Ausgangspunkt im Recht der GmbH: Das Urteil im ITT-Fall . . . . . . 2. Die Maßgeblichkeit der rechtlichen Haftungsgründe und Gestaltungsmöglichkeiten: VW-Audi/NSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Girmes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die weiteren Entscheidungen zur Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . III. Klagen wegen Beschlüssen von Organen der Kapitalgesellschaft . . . . . . . 1. Die These vom aktienrechtlichen Organstreit . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Entscheidung des BGH im Fall Opel . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Ablehnung des Organstreits aufgrund der Klärung der Begriffe . . . 4. Anfechtung und Nichtigkeit von HV-Beschlüssen und Beschlüssen der Gesellschafterversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Das Thema von Anfechtung und Nichtigkeit, Abgrenzung zur Unwirksamkeit von Beschlüssen, vorbeugender Rechtsschutz . . . . b. Die Anfechtungs- und die Nichtigkeitsklage gegen HV-Beschlüsse der AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Die analoge Anwendung der §§ 241 ff auf die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d. Die Frage der analogen Anwendung der §§ 241 ff auf Aufsichtsratsbeschlüsse der AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e. Die Möglichkeit der Rechtsmissbräuchlichkeit von Anfechtungsklagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Klagerechte der Aktionäre im Hinblick auf Maßnahmen der Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Das Problem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Holzmüller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Siemens/Nold; Mangusta/Commerzbank II . . . . . . . . . . . . . . I. Die Organisation der AG und der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Organe und ihre Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Führungslosigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Wesenszüge der Organisation; shareholder value; Deutscher Corporate Governance Kodex; Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Möglichkeit der Einschaltung Dritter in die Organisation der juristischen Person und die Verbandssouveränität . . . . . . . . . . 3. Die Mitbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Motive der Mitbestimmungsregelung, Überblick . . . . . . . . . b. Das Verhältnis der gesetzlichen Grundlagen der Mitbestimmung zueinander . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Die Anwendungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d. Die Mitbestimmung im Aufsichtsrat; der Arbeitsdirektor . . . . e. Mitbestimmung nach dem MitbestG und die allgemeinen Rechtsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XIV

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Inhaltsverzeichnis

f. Die Mitbestimmung nach dem MitbestG bei KGaA und der GmbH & Co KG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g. Charakterisierung der Mitbestimmung nach dem MitbestG . . . . . II. Die Organe der AG im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Vorstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Institution, Zusammensetzung, Qualifikation . . . . . . . . . . . . . b. Bestellung, Abberufung, Amtszeit, Vergütung . . . . . . . . . . . . c. Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d. Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . (1) Die Kompetenz des Vorstands nach der gesetzlichen Regelung . (2) Der Inhalt der Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands . . . . (3) Beschränkungen der Leitungsmacht . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Holzmüller-Doktrin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Gelatine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e. Die Vertretungsmacht des Vorstands im Einzelnen; Zurechnung tatsächlicher Handlungen des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . f. Die Haftung des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Im Innenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Im Außenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Institution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Die Zusammensetzung des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . c. Qualifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d. Wahl, Amtsende, Dienstverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e. Organisation, insbesondere Beschlussfassung des Aufsichtsrats . . . f. Mangelhafte Aufsichtsratsbeschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . g. Kompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h. Pflichten, Haftung der Aufsichtsratsmitglieder . . . . . . . . . . . . 3. Die Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Organisation und Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Grundgedanke der Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Einberufung der HV; Teilnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Ablauf der Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Das Auskunftsrecht des Aktionärs in der Hauptversammlung . . (5) Auskunftsrecht hinsichtlich bloßer Minderheitsbeteiligungen der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Sanktionen bei Verletzung des Auskunftsrechts . . . . . . . . . . (7) Stimmrecht und Beschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (8) Stimmbindungsverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (9) Ruhen, Ausschluss des Stimmrechts, Stimmrechtsmissbrauch . . III. Die Organisation der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Organe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Geschäftsführung der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Zusammensetzung; faktischer Geschäftsführer . . . . . . . . . . . . b. Qualifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Bestellung, Amtszeit, Anstellungsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . d. Abberufung, Amtsniederlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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XV

Inhaltsverzeichnis

e. Zuständigkeit der Geschäftsführer; Geschäftsordnung f. Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g. Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Im Innenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Im Außenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Gesellschafter der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . a. Gesellschafter und Gesellschafterversammlung . . . . b. Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Versammlung und Beschluss . . . . . . . . . . . . . .

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J. Konzernrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Aktienrechtlicher Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Wesen und Motive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Zustandekommen, Änderung und Beendigung . . . . . . . . . . . c. Statusänderung, Rechte und Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Faktischer Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Konzerneingangsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Leitungsmacht und Verantwortlichkeit im faktischen Konzern . . d. Gesellschaftsrechtliche und wirtschaftliche Abhängigkeit . . . . . e. Faktischer Konzern und allgemeiner Vermögensschutz in der abhängigen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f. Qualifizierter faktischer Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Eingliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Squeeze-Out, wechselseitig beteiligte Unternehmen . . . . . . . . . . II. GmbH-Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der RegE GmbHG 1972 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Allgemeine Rechtsfigur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Zustandekommen eines GmbH-Vertragskonzerns . . . . . . . . . c. Rechtsfolgen des Vertragskonzerns mit einer GmbH als abhängiger Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Faktischer Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Europäischer Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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K. Die Kommanditgesellschaft auf Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Rechtsnatur und wirtschaftliche Bedeutung, insbesondere die KGaA an der Börse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsnatur und wirtschaftliche Bedeutung der KGaA . . . . . . . . . 2. Die KGaA an der Börse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Gründungsregelung der KGaA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Übersicht über die Gründungsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Zahl der Gründer und Komplementärfähigkeit . . . . . . . . . . . . b. Gründungsakt und Gründungsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . c. Inhalt des Gesellschaftsvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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XVI

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d. Firma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e. Eintragung in das Handelsregister . . . . . . . . . . . 2. Die KGaA im Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Rechtsstellung der Gesellschafter der KGaA . . . . . . . 1. Die persönlich haftenden Gesellschafter (Komplementäre) 2. Die Kommanditaktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die Organe der KGaA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Zusammensetzung und Kompetenzen . . . . . . . . . b. Mitbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Gesamtheit der Kommanditaktionäre . . . . . . . . V. Die Finanzordnung der KGaA . . . . . . . . . . . . . . . . .

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L. Die Rechnungslegung bei AG und GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Bedeutung und Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Buchführung, Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, Anhang und Lagebericht bei AG und GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Übersicht über die Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Buchführung und Bilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Eigenkapital und Jahresergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Verwendung des Jahresergebnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Die Berechnung des Eigenkapitals, Unterbilanz, buchmäßige Überschuldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Gewinn- und Verlustrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Verwendung des Jahresergebnisses in der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung der AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Anhang und Lagebericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Prüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Offenlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Feststellung und Wirksamkeit des Jahresabschlusses . . . . . . . . . . . . 1. Bedeutung der Feststellung, Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Feststellung bei der AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Feststellung bei der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Nichtigkeit und Anfechtung bei der AG . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Nichtigkeit und Anfechtung bei der GmbH . . . . . . . . . . . . . . .

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Paragraphen- und Artikelregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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M. Ende oder Umwandlung der Kapitalgesellschaft . . I. Die Auflösung der AG und der GmbH . . . II. Die Auflösung der KGaA . . . . . . . . . . III. Überblick über das UmwG . . . . . . . . . .

Entscheidungsregister

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XVII

A. Kapitalgesellschaftsrecht, Kapitalgesellschaften, Kapitalmarktrecht

I. Die Rechtsformen, insbesondere die AG als kapitalmarktfähige Kapitalgesellschaft Das Recht der Kapitalgesellschaften ist nach dem deutschen AktG und GmbHG das Recht der Aktiengesellschaften und der Kommanditgesellschaften auf Aktien und das Recht der GmbH. AG und KGaA (diese hinsichtlich der Kommanditaktionäre) sind die Rechtsformen, die auf eine Vielzahl von Gesellschaftern ausgerichtet sind, die häufig nur gering beteiligt sind. Man spricht auch von der anonymen Kapitalgesellschaft und vom Massenkapital. Bei der börsennotierten AG werden die Aktien über die Börse gehandelt. Folglich muss uns die Behandlung der AG zum Kapitalmarktrecht führen. Die GmbH ist demgegenüber typischerweise auf die Personen ihrer Gesellschafter ausgerichtet. Sie ist die personalistische Kapitalgesellschaft. Die Anteile an ihr sind nicht börsenfähig. Ungeachtet der Rechtsnatur der AG als Gesellschaft des anonymen Massenkapitals sind AG und GmbH aber in den Grundbezügen identische Kapitalgesellschaften. Das beide Rechtsformen vereinigende Recht der Kapitalgesellschaften steht hier im Vordergrund. Das Kapitalgesellschaftsrecht ist ein Ausschnitt aus dem Recht der „rechtsfähigen“ wirtschaftlichen Vereine (§§ 22 ff BGB) im Unterschied zum „nicht rechtsfähigen“ Verein (§ 54 BGB) und zum „rechtsfähigen“ nicht wirtschaftlichen Verein (§ 21 BGB, sog Idealverein oder, so §§ 55 ff BGB, eingetragener Verein). Die lex generalis für unsere Materie sind also die §§ 22 ff BGB ohne die Bestimmungen über den nicht rechtsfähigen Verein (§ 54 BGB) und den eingetragenen Verein (§§ 21, 55 ff BGB) 1. Den „rechtsfähigen“ Vereinen stehen die Personengesellschaften mit der Grundfigur der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§§ 705 ff BGB) gegenüber, auf deren Regelung auch die Norm über den „nicht rechtsfähigen Verein“ verweist (§ 54 S 1 BGB).

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II. Unterscheidung der Rechtsformen Kapitalgesellschaft und Personengesellschaft „Rechtsfähig“ ist hier in Anführungsstriche gesetzt, weil zwar das BGB den Gegensatz zwischen rechtsfähigem Verein und nicht rechtsfähigem Verein, der der Gesellschaft gleich steht, benutzt, die Rechtsentwicklung darüber aber für die nach außen als solche auftretenden Personengesellschaften hinweg gegangen ist: Nach neuerem Verständnis der §§ 124, 161 II HGB sind die Personenhandelsgesellschaften und nach neuerer Rechtsprechung2 auch die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, sofern sie als solche nach außen auftritt (Außengesellschaft), rechtsfähig. Vom Gegensatz zwischen „rechtsfähigen und nicht rechtsfähigen Gesellschaften oder Vereinen“ bleibt übrig die Unterscheidung zwischen der Personengesellschaft als Gemeinschaft ihrer Gesellschafter einerseits und den Kapitalgesellschaften als juristischen Personen „mit eigener Rechtspersönlichkeit“ andererseits (§§ 1 I 1 AktG, 13 I GmbHG,

1 Das Recht der Kapitalgesellschaften ist aber so detailliert geregelt, dass kaum auf die lex generalis zurückgegriffen werden darf oder muss. Relevante Vorschriften aus dem Vereinsrecht sind die §§ 30, 31, 35 BGB. 2 BGHZ 146, 341 ff in Gefolgschaft von Flume I/1 und I/2.

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A. Kapitalgesellschaftsrecht und Kapitalgesellschaften

§ 11 III InsO)3. Stichwortartig kann man folgende acht Einzelunterschiede zwischen Personen- und Kapitalgesellschaft aufzählen, die aus dem Gegensatz folgen und ihn zugleich veranschaulichen: 4 (1) Gründung durch bloßen Vertrag zu einem gemeinsamen Zweck einerseits, Gründung nach dem „System der Normativbestimmungen“, dh bestimmten Ordnungsanforderungen des Gesetzes, deren Erfüllung das Registergericht vor der Eintragung in das Handelsregister zu prüfen hat, andererseits, (2) Bestimmung der Rechtsbeziehungen zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern und der Gesellschafter untereinander durch den Gesellschaftsvertrag (Vertragsprinzip) einerseits, Gestaltung durch die Satzung (bei der GmbH den körperschaftlichen „Gesellschaftsvertrag“) nach dem Mehrheitsprinzip andererseits, (3) Ausscheiden oder Wechsel der Gesellschafter als die Grundlagen der Gesellschaft betreffend einerseits, ohne Relevanz für den Bestand der Gesellschaft andererseits, (4) volle Disposition der Gesellschafter über das Gesellschaftsvermögen einerseits, Vermögensbindung zugunsten der juristischen Person andererseits, (5) Handlungshoheit der Gesellschafter (Selbstorganschaft) einerseits, gesetzliche Vertretung (Fremdorganschaft) andererseits, (6) Haftung der Gesellschafter für die Gesellschaftsverbindlichkeiten einerseits, grundsätzlich nur Haftung der Gesellschaft andererseits, (7) Abhängigkeit der Gesellschaft von mindestens zwei Gesellschaftern einerseits, Möglichkeit der Einmanngesellschaft andererseits, (8) kein Anteil der Gesellschaft an sich selbst einerseits, Möglichkeit „eigener Anteile“ andererseits.

III. Die Rechtsfähigkeit von Personen-Außen- und Kapitalgesellschaften 3

Rechtsfähigkeit bedeutet die Fähigkeit von Personen-Außen- und Kapitalgesellschaften, Inhaber von Rechten und damit auch Adressat von Pflichten zu sein. Im Gesellschaftsrecht wird gern von „Teilrechtsfähigkeit der Gesellschaften“ gesprochen. Damit ist aber nur gemeint, dass die mit Eigenschaften natürlicher Personen (Geschlecht, Alter, Verwandtschaft etc) zusammenhängenden Rechte Gesellschaften nicht zukommen können. Nach Art 19 III GG gelten die Grundrechte auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind. In seinem Mitbestimmungsurteil hat das BVerfG die Regelung der inneren Organisation von Kapitalgesellschaften nur dann als Verletzung des nach außen gerichteten Eigentums der Gesellschaften angesehen, wenn sie die Gesellschaften funktionsunfähig mache 5. Der Grundrechtsschutz der juristischen Personen ist auf Personen-Außengesellschaften zu übertragen, sofern ein Schutz gerade bei diesen ansetzen muss, dh nicht schon durch den Schutz der Gesellschafter vollständig gewährleistet ist. Folglich

3 Dem folgt das Steuerrecht der Einkommensbesteuerung: Die privaten juristischen Personen werden als solche mit ihrem Einkommen durch die Körperschaftsteuer erfasst, bei der Personengesellschaft werden demgegenüber die Gewinnanteile der Gesellschafter der Einkommensteuer unterworfen. 4 Flume I/1 § 7 III S 95 ff; Wilhelm Sachenrecht Rn 200. Nicht nachzuvollziehen die Kritik an Flume durch Raiser/Veil § 3 Rn 10 mit der die Unterscheidung verkennenden Folgerung, dass auch Außengesellschaften bürgerlichen Rechts als juristische Personen anzuerkennen seien. 5 BVerfGE 50, 290, 352 f.

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IV. Vergleich mit den Genossenschaften, Hinweis auf die Societas Cooperativa Europaea

genießen alle Gesellschaften einen Persönlichkeits-, insbesondere Ehrenschutz, allerdings nur im Rahmen ihres sozialen Geltungsanspruchs in ihrem Aufgabenbereich6. Auch besitzfähig sind die Gesellschaften, indem die für sie handelnden geschäftsführungsbefugten Gesellschafter oder Organe, wenn sie selbst die Sachherrschaft im Tätigkeitsbereich der Gesellschaften innehaben oder diese durch ihre Weisungsbefugnis gegenüber Besitzdienern ausüben, für die Gesellschaft besitzen 7.

IV. Vergleich mit den Genossenschaften, Hinweis auf die Societas Cooperativa Europaea Die eingetragenen Genossenschaften nach dem GenG sind juristische Personen mit Kaufmannsnatur (§§ 2, 17 I, II GenG), aber keine Kapitalgesellschaften, dh sie beruhen nicht auf einem festen Eigenkapital mit entsprechendem Kapitaleinsatz und danach bemessener Stimmberechtigung der Mitglieder; sie sind auch nicht, wie es der Kapitalbestimmtheit der Kapitalgesellschaften entspricht, in der Verwendung des aufgebrachten Kapitals zu jedem möglichen Zweck fähig, insbesondere sind sie nicht, wie die Kapitalgesellschaften in deren Hauptanwendung, durch die Führung eines eigenen Unternehmens durch die Gesellschaft geprägt. Nach § 1 I GenG ist ihr Zweck vielmehr darauf gerichtet, den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder oder deren soziale oder kulturelle Belange durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu fördern. Folgerung dieser Ausrichtung auf einen für die Mitglieder gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb ist es, dass es keine Einmann-Genossenschaften gibt, vielmehr eine Mindestzahl von drei Mitgliedern vorhanden sein muss (§ 4 GenG). Bei den Genossenschaften gilt ferner der Grundsatz der Selbstorganschaft, dh nur Mitglieder können in den Vorstand und den Aufsichtsrat gewählt werden (§ 9 II 1 GenG). Zwar spricht die Vorschrift darüber hinaus von der Amtsfähigkeit nur natürlicher Personen. Ihr Fortgang zeigt aber, dass Genossenschaftsmitglieder nicht nur natürliche Personen sein können und dies für die Amtsfähigkeit zu berücksichtigen ist. Andere eingetragene Genossenschaften und jede rechtsfähige Gesellschaft können ebenfalls Mitglied sein. Im Hinblick auf sie heißt das Prinzip der Selbstorganschaft bei der Genossenschaft, dass bei Mitgliedschaft einer anderen Genossenschaft deren Mitglieder, sofern diese natürliche Personen sind, und bei Mitgliedschaft einer Gesellschaft die zu deren Vertretung befugten Personen Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglied der Genossenschaft sein können (§ 9 II 2 Hs 1, 2 GenG). Das Stimmrecht ist personenbezogen: Grundsätzlich hat jedes Mitglied eine Stimme, es können aber unter besonderen Voraussetzungen Mehrstimmrechte geregelt werden (§ 43 III 1–3 GenG). Eine solche Regelung gewährt kein Sonderrecht, welches nur mit Zustimmung des Mitglieds eingeschränkt oder aufgehoben werden kann (§ 43 III 4 GenG). Die Mitglieder haben ein zwingendes Kündigungsrecht (§ 65 I, V GenG). Im Fall der Kündigung erhalten sie unter Beachtung bestimmter Schranken ihr Geschäftsguthaben (s § 19 I 2 GenG, dazu sogleich) ausgezahlt (§ 73 II 2 GenG).

6 BGHZ 78, 24, 26, 274, 278. Mangels Schmerzen und Lebensfreude aber kein Schmerzensgeldanspruch. 7 Wilhelm Sachenrecht Rn 481 Fn 966; speziell am Besitz der Gesamthand hat Flume I/1 § 6 S 75 ff die Rechtsfähigkeit der Gesamthandsgesellschaft (= Außengesellschaft) entwickelt. Zur Zurechnung von Wissen oder Bösgläubigkeit an die Gesellschaften insbesondere für die Haftung als bösgläubige Besitzer Wilhelm Sachenrecht Rn 1243 ff.

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A. Kapitalgesellschaftsrecht und Kapitalgesellschaften

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Das GenG enthält notwendige Satzungsbestimmungen (§§ 6, 7 GenG), weiter einen Satzungsvorbehalt, dh das Erfordernis der Regelung in der Satzung, wenn bestimmte Punkte geregelt werden sollen (§ 8 GenG) und schließlich wie § 23 V 1 AktG für die AG und im deutlichen Gegensatz zur weiten Autonomie bei der GmbH die Schranke für die Satzungsautonomie der Genossenschaft, dass durch Satzung vom Gesetz nur abgewichen werden darf, wenn dieses ausdrücklich zugelassen ist (§ 18 I 2 GenG). Die Satzung normiert die „Geschäftsanteile“ der Mitglieder (§§ 7 Nr 1 Hs 1, 7a GenG), die nicht mit den Geschäftsanteilen an der GmbH verwechselt werden dürfen, und die Einzahlungspflichten der Mitglieder (§ 7 Nr 1 Hs 2 GenG). Sie kann Pflichten der Mitglieder zu Nachschüssen in die Insolvenzmasse vorsehen, andernfalls muss sie solche ausschließen (§ 6 Nr 3 GenG). Die Genossenschaft darf die Geschäftsguthaben der Mitglieder zur Zeit von deren Mitgliedschaft nicht auszahlen (§ 22 IV 1 GenG). Geschäftsguthaben sind Einzahlungen auf den Geschäftsanteil und Gewinnzuschreibungen abzüglich Verlustabschreibungen, wobei der Geschäftsanteil die Obergrenze ist (§ 19 I 2, 3 GenG) und folglich ein darüber hinausgehendes Guthaben einen unbeschränkten schuldrechtlichen Auszahlungsanspruch des Mitglieds begründet 8. Darüber hinaus kann die Satzung sogar ein „Mindestkapital“ enthalten, welches auch bei Kündigung nicht durch Auszahlung an die Mitglieder unterschritten werden darf (§ 8a GenG). Gleichwohl ist der Gläubigerschutz bei der Genossenschaft schwächer ausgeprägt als bei den Kapitalgesellschaften. Gesetzlicher Ausgleich ist, dass die Genossenschaft als Voraussetzung ihrer Anerkennung als eG einem genossenschaftlichen Prüfungsverband angehören und dessen Prüfung unterworfen sein muss (§§ 11 II Nr 3, 53. 54 ff GenG) 9. Der Vergleich mit den Kapitalgesellschaften fällt also in den Grundlinien deutlich aus, ist aber im Einzelnen sehr differenziert durchzuführen. Entscheidend kommt es auf die Satzung der individuellen Genossenschaft an. Durch VO (EG) Nr 1435/2003 des Rates vom 22.7.2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (Societas Cooperativa Europaea – SCE) 10 ist eine europaeinheitliche Form der Genossenschaft eingerichtet worden. Zu der VO ist das deutsche Gesetz zur Einführung der europäischen Genossenschaft und zur Änderung des Genossenschaftsrechts (EuroGenEinfG) vom 14.8.2006 11 ergangen mit dem Ausführungsgesetz zur VO (SCEAG) und dem Gesetz über die Beteiligung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an der Europäischen Genossenschaft (SCE-BetG).

V. Kapital, Fremd-, Eigenkapital 6

Kapital iS des Kapitalgesellschaftsrechts ist Vermögen in einem besonderen Sinn. Es ist Vermögen, eingeordnet danach, wem das Vermögen wertmäßig zusteht. Man kann auch sagen: Es ist der Anspruch auf ein bestimmtes Vermögen. Vermögen ieS ist der Inbegriff der einem Rechtssubjekt gehörenden, dh als solcher unmittelbar zugeordneten Rechte und sonstigen Gegenstände. Der Kapitalbegriff sagt demgegenüber, wem das Vermögen wertmäßig mittelbar zugeordnet ist, wer Anspruch darauf hat. Zu einem Unternehmen gehören Vermögens-

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KomGenG/Beuthien, 14. Aufl 2004, § 7 Rn 4. Dazu KomGenG/Beuthien § 54 Rn 1; ders, WM 1995, 1788, 1790. ABl v 18.8.2003 Nr L 207 S 1. BGBl I S 1911.

V. Kapital, Fremd-, Eigenkapital

gegenstände, die vom Inhaber aus Privatvermögen eingebracht, gegen Leistungen des Unternehmens als Gegenleistung entrichtet, mit Hilfe von Krediten erworben oder von Lieferanten gegen das Versprechen der Kaufpreiszahlung etc geliefert werden. Die Gegenstände, aus denen das Vermögen besteht, gehören unmittelbar dem Unternehmensträger. Eine andere Frage ist, wer Anspruch auf das Vermögen hat (wem es mittelbar zugeordnet ist). Dies wird relevant, wenn man sich vorstellt, dass das Unternehmen in dem gegenwärtigen Zeitpunkt liquidiert würde. Soweit Marktpartner vorgeleistet haben (insbesondere einen Kredit), erwarten sie als Gläubiger der Rückzahlungs- oder Vergütungsforderungen, dass ihre Forderungen bezahlt werden, dh den Gläubigern des Unternehmens steht das Unternehmensvermögen nach dem Betrag ihrer Forderungen zu, sie haben insoweit Anspruch auf das Vermögen. In der Liquidation wäre es ihnen auszufolgern. Soweit das Vermögen nicht solchen Marktpartnern zukommt, kommt es dem Unternehmensträger selbst zu. Es handelt sich um die schuldenfreie Substanz, erweitert um einen etwaigen Ertrag. In dieser Perspektive der mittelbaren Zuordnung ist das Vermögen Kapital. Das Unternehmensvermögen steht mittelbar den daran Beteiligten als Kapitalgebern, nämlich aufgrund ihres Vermögenseinsatzes im Unternehmen, zu. Vorrangig haben in Höhe der Verbindlichkeiten die Gläubiger Anspruch auf das Vermögen, insoweit ist es sog Fremdkapital. In der darüber hinausgehenden Höhe (sog Reinvermögen) hat der Unternehmensträger selbst Anspruch auf das Vermögen (ist das Vermögen als sog Eigenkapital zugeordnet). Bei den Gesellschaften bedeutet das Eigenkapital aufgrund der Beteiligung der Gesellschafter, dass das Reinvermögen der Gesellschaft zwar zunächst der Gesellschaft als Unternehmensträgerin selbst, letztlich aber kraft ihrer Beteiligung den Gesellschaftern zusteht. Insofern sind die Gesellschafter die Eigenkapitalgeber der Gesellschaft. Damit stehen insbesondere Gewinne der Gesellschaft, soweit sie das Reinvermögen steigern, den Gesellschaftern zu. Dies drückt sich in der Aussicht auf Gewinnausschüttungen und, soweit der Gewinn in der Gesellschaft verbleibt, in der Wertsteigerung der Gesellschaftsanteile aus. Eine bemerkenswerte Parallele und Bestätigung zu dieser Deutung des Begriffs des Kapitals, speziell des Eigenkapitals, ist der englische Begriff für Eigenkapital: equity. Das Wort hat eine weite historische Herkunft 12. Es leitet sich her aus der Zeit, da sich im englischen Recht neben dem formal strengen Recht – dem common law – das Recht der equity entwickelt hat. Im Zentrum dieser Entwicklung stand die Rechtsfigur des trust, wir können dazu – mit aller Vorsicht – sagen: Treuhand. Der trust ist im Mittelalter dadurch entstanden, dass – aus heute historischen Gründen – nur eine Person mit bestimmten Eigenschaften das Eigentum an Grundstücken „in law“ innehaben konnte. Personen, die die Eigenschaften nicht aufwiesen, trafen nun mit geeigneten Personen die Abmachung des trust, dh dass die eine Person das Eigentum als trustee für die andere Person halten sollte. Das in law dem trustee gehörige Eigentum stand also letztlich dem Treugeber zu. Dieser konnte aber sein Recht, weil es nicht in law bestand, nicht vor den Gerichten des common law durchsetzen, dazu musste erst das law durch equity (Billigkeitsrecht) und die Gerichte für common law durch Gerichte für equity ergänzt werden. Die Treugeberposition beim trust war also Berechtigung kraft equity. Neben den legal title des trustee tritt der equitable title des beneficiary 13. Davon leitet sich ab, dass das Vermögen der Kapitalgesellschaften, soweit es von Schulden frei ist, den Gesellschaftern als equity = Eigenkapital zusteht.

12 Einleuchtend der Passauer Gelehrte der Rechtsvergleichung, Klaus Schurig. 13 Graf von Bernstorff, Einführung in das englische Recht, 3. Aufl 2006, S 260.

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A. Kapitalgesellschaftsrecht und Kapitalgesellschaften

VI. Kapitalistische Grundlage der Beteiligung und Haftungsbeschränkung als Begriffsmerkmale der Kapitalgesellschaften 8

Diese Einordnung von Gesellschaftsvermögen nach seiner mittelbaren Zuordnung als Fremdkapital oder Eigenkapital – Eigenkapital letztlich der Gesellschafter – gilt für Personen- und Kapitalgesellschaften gleichermaßen. Das Merkmal, welches die Kapitalgesellschaften von den Personengesellschaften unterscheidet, liegt darin, dass sich bei den Kapitalgesellschaften – auch bei der GmbH als personenbezogener Kapitalgesellschaft, bei der KGaA allerdings nur bei den Kommanditaktionären – die Beteiligung der Gesellschafter letztlich auf die Kapitalbeteiligung beschränkt. Dh die Gesellschafter der Kapitalgesellschaft und insbesondere die Kommanditaktionäre haben nur die versprochenen Kapitaleinlagen (Vermögenswerte in der Höhe der übernommenen Kapitalanteile) zu leisten, tragen andererseits aber auch nur das Risiko, dass die Gesellschaft das von ihnen aufgebrachte Vermögen nicht mehrt oder sogar verliert und deshalb die Eigenkapitalbeteiligung der Gesellschafter keine Früchte trägt oder sogar verloren geht. Dieser Beschränkung der vermögensmäßigen Beteiligung entspricht die Bemessung des Stimmrechts (betr Aktien §§ 12 I 1, 134 I 1, betr Kommanditaktien §§ 278 III iVm §§ 12 I 1, 134 I 1 AktG, betr Gesellschafter der GmbH § 47 II GmbHG). Ebenso entspricht dem die Gewinnbeteiligung nach den Kapitalanteilen – bei der GmbH vorbehaltlich der Satzung – (§§ 60 I, 278 III AktG, 29 III 1, 2 GmbHG).

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Der Wesenszug der Beschränkung auf die Kapitalbeteiligung kennzeichnet die GmbH ungeachtet ihres Personenbezuges. Dieser drückt sich, wie wir sogleich sehen werden14, in anderen Eigentümlichkeiten der GmbH im Vergleich zur AG aus. Die Beschränkung auf die Kapitalbeteiligung gilt auch trotz des Namens „Gesellschaft mit beschränkter Haftung“: Die Bezeichnung ist nicht korrekt 15. Was die GmbH selbst betrifft, haftet diese für die Gesellschaftsverbindlichkeiten unbeschränkt. Was sodann die Gesellschafter betrifft, haften diese grundsätzlich überhaupt nicht für die Gesellschaftsverbindlichkeiten. Das, was bei der GmbH beschränkt ist, ist – genau so wie bei der AG – die Vermögenseinlagepflicht der Gesellschafter und ihr Risiko, indem nur die durch ihre Einlage(verpflichtung) begründete kapitalistische Beteiligung verloren gehen kann: Die Gesellschafter müssen in Höhe des Stammkapitals Vermögen in die Gesellschaft einbringen, nach ihrem Anteil an der Aufbringung richtet sich ihr Geschäftsanteil. Mit Verlusten der Gesellschaft schrumpft der Wert der Geschäftsanteile. Indem die Gesellschafter aber nicht mehr als diesen Vermögenswert verlieren können, ist im übertragenen Sinn ihre Haftung, nämlich ihr Risiko, „beschränkt“.

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Kapitalgesellschaften16 sind also Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit, bei denen die Beteiligung ihrer Gesellschafter grundsätzlich kapitalistisch, dh auf das Interesse an dem in der Gesellschaft gebildeten Vermögen und das Risiko, solches Vermögen entweder nicht zu gewinnen oder aber zu verlieren, beschränkt ist. Bei den Personengesellschaften nehmen die Gesellschafter dagegen über die kapitalmäßige Beteiligung hinaus als Person an dem Wirtschaften der Gesellschaften teil, die Personengesellschaften bestehen in den Personen der Gesellschafter. Folglich trifft die Gesellschafter der

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14 Rn 20 ff. 15 Korrekt war sie nach dem Entwurf „einer Gesellschaft mit beschränkter Haftbarkeit“, den der Reichstagsabgeordnete Oechelhäuser vorgeschlagen und den der Gesetzgeber des GmbHG von 1892 verworfen hat. Nach diesem Entwurf sollte die GmbH, wie man vereinfacht sagen kann, als Kommanditgesellschaft ohne Komplementär geregelt werden (der Oechelhäusersche Entwurf von 1884 ist abgedruckt bei Wieland Handelsrecht Bd II, 1931, S 399 ff). 16 Begriff verwendet in § 100 II 1 Nr 3 AktG (betr Inkompatibilität von Organpositionen), § 3 I UmwG (verschmelzungsfähige Rechtsträger) und für die Sondermaterie des Bilanzrechts in §§ 264 ff HGB.

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VII. Gesellschaft und Unternehmen

Personengesellschaften grundsätzlich die volle Mithaftung für die Gesellschaftsverbindlichkeiten. Die Einschränkung „grundsätzlich“ bezieht sich auf die Kommanditgesellschaft. Die KG ist Mischform bei den Personengesellschaften insofern, als die Kommanditisten nur beschränkt haften (§§ 171 ff HGB). In der Gegenrichtung, aufseiten der Kapitalgesellschaften, ist Mischform die Kommanditgesellschaft auf Aktien: Sie ist Mischform der Kapitalgesellschaften insofern, als ihre Kommanditaktionäre nur am Kapital beteiligt sind, ohne für die Verbindlichkeiten der KGaA zu haften (§ 278 I AktG), die KGaA aber mindestens einen unbeschränkt haftenden Gesellschafter haben muss (Komplementär, § 278 I, II AktG). Der Komplementär der KGaA kann zugleich Kommanditaktionär sein: Er kann Kommanditaktien übernehmen und ist dann Komplementär und Kommanditaktionär zugleich (s § 281 II AktG). Es gibt auch die KGaA mit einem einzigen Gesellschafter, der dann notwendigerweise Komplementär und Kommanditaktionär zugleich sein muss. Betreffend die Haftungsbeschränkung bleibt es aber bei dem folgenden Gegensatz17: Die Kapitalgesellschaft haftet als juristische Person für die im Geschäftsverkehr mit ihr begründeten Pflichten grundsätzlich allein mit ihrem Vermögen, das Risiko der Gesellschafter ist also grundsätzlich auf das Risiko des Verlusts dieses Vermögens beschränkt (sog beschränkte Haftung). Nur wenn das Gesetz ausnahmsweise die unbeschränkte Haftung vorsieht, tritt diese hinzu. So ist das bei der KGaA. Entgegengesetzt ist die Lage bei der Personengesellschaft. Hier gilt grundsätzlich die persönliche unbeschränkte Haftung der Gesellschafter. Nur sofern das Gesetz den Status einer Haftungsbeschränkung ermöglich und dieser nach den gesetzlichen Voraussetzungen erreicht ist, gilt ausnahmsweise eine beschränkte Haftung. Dies trifft zu auf die KG. Der Gegensatz zwischen unbeschränkter und beschränkter Haftung geht aber darüber hinaus: Überhaupt ist nämlich selbstverständlicher Grundsatz unserer Rechtsordnung, dass jeder unbeschränkt für seine Verbindlichkeiten einstehen muss. Schließen sich mehrere zusammen, haften sie gemeinsam. Insofern gilt die Feststellung, dass Voraussetzung der beschränkten Haftung ist, dass die Rechtsordnung einen derartigen Status eingerichtet hat und dessen Voraussetzungen erfüllt sind, nicht nur im Rahmen des Kreises der Personengesellschaften (Abgrenzung der KG), sondern auch für die Abgrenzung zwischen Personengesellschaften und juristischen Personen. Ebenso wie die KG ist auch die juristische Person ein Status der Haftungsbeschränkung, der nur bei Erfüllung der Voraussetzungen (hier der juristischen Person) erreicht wird.

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VII. Gesellschaft und Unternehmen Wenn hier von Kapital und Vermögen der Gesellschaften gesprochen wird, gerät nicht aus dem Blick, dass das Vermögen zusammen mit den für die Gesellschaft tätigen Personen wirtschaftlich zu einer Einheit zusammengefasst ist, nämlich dem von der Gesellschaft betriebenen Unternehmen. „Unternehmen“ ist ein typologischer Begriff aus der gesellschaftlich-wirtschaftlichen Wirklichkeit. Das Gesetz verwendet den Begriff vielfach. Das Unternehmen tritt als Organisation zur Fremdbedarfsdeckung mit Angeboten an einem Außenmarkt auf, ist wirtschaftlich selbstständig und plant und entscheidet im Rahmen dieser Selbstständigkeit

17 Raiser/Veil sehen einen solchen nicht (§ 4 Rn 12, § 8 Rn 28).

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A. Kapitalgesellschaftsrecht und Kapitalgesellschaften

autonom gemäß dem Marktablauf (einschließlich des Risikos, bei Fehlentscheidungen vom Markt zu verschwinden). Über das Verhältnis zwischen Gesellschaft und Unternehmen wird eine große Diskussion geführt 18. Wir begnügen uns mit folgenden Feststellungen: Nach dem Unternehmensbegriff ist es ohne Weiteres möglich, die unternehmerisch tätigen Gesellschaften selbst als Unternehmen einzuordnen19. Andererseits ist die Gesellschaft aber auch Trägerin des Unternehmens. Sie ist die rechtsfähige Einheit, der die wirtschaftliche Einheit gehört, die aus Vermögen und den Rechtsbeziehungen zu den im Unternehmen tätigen Personen besteht. So kann eine Gesellschaft auch mehrere Unternehmen betreiben. Das Gesetz kann an die eine oder andere Sichtweise anknüpfen. So beziehen sich die §§ 15 ff, 291 ff AktG über die verbundenen Unternehmen auf die Gesellschaften, die die Unternehmen betreiben. Ebenso ist die nach § 317 I, II HGB maßgebliche „Lage des Unternehmens“ die Lage der Gesellschaft, wie denn auch § 289 I 1 HGB von der Lage der Gesellschaft spricht. § 152 UmwG demgegenüber, der vom Unternehmen eines Einzelkaufmanns spricht, bezieht sich auf das Unternehmen als dem Kaufmann gehörende wirtschaftliche Einheit. Auf die wirtschaftliche Einheit als Objectivum kommt es ebenso an für die Unternehmensveräußerung, wenn diese nicht durch Veräußerung aller oder der meisten Anteile am Unternehmensträger geschieht, und für die Unternehmensbewertung, die bei der Veräußerung eines Unternehmens und bei jeder Abfindung von Unternehmensbeteiligungen, dh Beteiligungen an Unternehmensträgern, zugrunde zu legen ist.

VIII. Mindestkapital und Kapitalbindung bei den deutschen Kapitalgesellschaften; Solvency-Test 15

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Was die Regelung des Kapitals der deutschen Kapitalgesellschaften betrifft, so ist diese durch einen besonderen prinzipiellen Ansatz ausgezeichnet, mit dem sie über das Merkmal der Beschränkung auf die kapitalistische Beteiligung der Gesellschafter (bei der KGaA der Kommanditaktionäre) hinausgeht. Die Normativbestimmungen über die Gründung und die Kapitalerhöhung von Kapitalgesellschaften erlegen den daran sich beteiligenden Gesellschaftern eine Eigenkapitalgarantie auf. Diese ist bei der AG und der GmbH sogar in einem Mindestnennbetrag gesetzlich festgelegt (Mindestgrundkapital bei AG und KGaA, §§ 7, 278 III AktG, Mindeststammkapital bei der GmbH, § 5 Abs 1 GmbHG). Das MoMiG hat jetzt freilich Gesellschaften mbH gestattet, den Mindestbetrag zu unterschreiten (§ 5a I GmbHG), in welchem Falle sie allerdings besonders firmieren müssen (als Unternehmergesellschaften oder UG – haftungsbeschränkt –). In Höhe je des Grund- oder Stammkapitals müssen die Gesellschafter (bei der KGaA die Kommanditaktionäre, zu denen aber auch der Komplementär gehören kann) Vermögen in die Gesellschaft einbringen und, vorbehaltlich einer Kapitalherabsetzung oder der Liquidation der Gesellschaft, erhalten. Die Kapitalgarantie besteht mithin aus Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung: Der einzelne Gesellschafter muss in Höhe des von ihm übernommenen Anteils Vermögen in die Gesellschaft einbringen (Gebot der Kapitalaufbringung). Dem gegenüber gilt das Gebot der Kapitalerhaltung für etwaige Ausschüttungen von Gesellschaftsvermögen an die Gesellschaf-

18 Eingehend Raiser/Veil § 6. 19 So Flume I/2 § 2 VII S 48 ff, allerdings nur für die juristischen Personen und für diese nur dann, wenn sie nicht wie die Bundesrepublik Deutschland, die sehr wohl ein herrschendes Unternehmen iS des Konzernrechts betreiben kann, noch andere Aktivitäten entfaltet als das Betreiben eines Unternehmens.

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VIII. Mindestkapital und Kapitalbindung

ter. Solche dürfen bei werbender Gesellschaft 20 nicht die Deckung des Garantiekapitals antasten. Gedeckt wird das Garantiekapital als Eigenkapital von demjenigen Vermögen, welches nicht den Fremdkapitalgebern zusteht. Zur Deckung des Garantiekapitals kommt also nur das Vermögen abzüglich der Verbindlichkeiten (und der verbindlichkeitsähnlichen Belastungen) in Betracht. Daraus folgt als Inhalt des Gebots der Kapitalerhaltung: Ausschüttungen der Gesellschaft an die Gesellschafter sind verboten, wenn die Gesellschaft nicht über ein Vermögen verfügt, welches die Verbindlichkeiten und sonstigen Belastungen in Höhe des Garantiekapitals übersteigt. Wenn die Gesellschaft über ein solches Vermögen verfügt, sind Ausschüttungen nur insoweit erlaubt, als sie ein Vermögen der Gesellschaft übrig lassen, welches abzüglich der Verbindlichkeiten das Garantiekapital deckt 21. Dieses Gebot der Kapitalerhaltung (Erhaltung des Grund- oder Stammkapitals) ist ein Mindestgebot im deutschen Kapitalgesellschaftsrecht. Das AktG geht noch darüber hinaus: Zunächst ist um das Grundkapital noch ein Schutzwall gezogen in Gestalt der gesetzlichen Rücklage (§ 150 AktG): Ausschüttungen dürfen hier auch das zur Deckung der Rücklage erforderliche Vermögen nicht antasten. Sodann ist der Aktionär überhaupt auf die jährliche Gewinnausschüttung beschränkt (§ 57 III AktG). Das System des Garantiekapitals erscheint dem deutschen Gesellschaftsrechtler als selbstverständlich, das historische deutsche Aktien- und GmbH-Recht hat dieses System zugrunde gelegt. Auf europäischer Ebene ist das System aber nicht mehr unangefochten. Zu unterscheiden ist dabei zwischen dem System der Aufbringung und Erhaltung eines Garantiekapitals, gleich welcher Höhe (nach dem MoMiG auch bei der Unternehmergesellschaft), und der noch strengeren Form, dass darüber hinaus das Gesetz ein Mindestgarantiekapital festlegt (nach dem MoMiG nicht mehr für die Unternehmergesellschaft). In der strengeren Form, also einschließlich der Schranke des Mindestkapitals, ist das System noch verankert in der zweiten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie (sog Kapitalrichtlinie 22). Die Richtlinie gibt dieses System indessen nur für die Publikums-Kapitalgesellschaften vor, in Deutschland für die AG (nach der enumerativen Aufzählung des Art. 1 nicht für die Nebenform der KGaA). Nur für die Publikumskapitalgesellschaft muss europarechtlich zwingend in den Mitgliedstaaten das Erfordernis eines Mindestkapitals (nicht weniger als 25.000 €, Art 6 I der Richtlinie) normiert sein. Gegen das gesamte Prinzip der Kapitalerhaltung werden freilich im europäischen Raum neuerdings heftige Angriffe vorgetragen23. Hier ist eine Studie zu nennen, die von Wissen20 Gesellschaft, die nicht aufgelöst, dh nicht aufgrund Auflösung im Liquidationsstadium ist. 21 Die Pflicht zur Kapitalerhaltung darf also nicht wörtlich verstanden werden: Dasselbe gilt für die sog Kapitalaufbringungspflicht. Diese ist, genau betrachtet, die Pflicht, Vermögen in Höhe der übernommenen Anteile in die Gesellschaft einzubringen. Ob aufgrund der Vermögenseinlagen der Gesellschafter die Gesellschaft ein Reinvermögen in Höhe des Garantiekapitals aufweist, ist vom tatsächlichen Vermögen der Gesellschaft unter Berücksichtigung möglicher erster Kosten und Verbindlichkeiten abhängig. Was sodann die sog Kapitalerhaltung betrifft, bedeutet diese die Beschränkung der Gesellschaft und ihrer Gesellschafter im Hinblick auf unentgeltliche Zuwendungen der Gesellschaft an die Gesellschafter. 22 77/91/EWG vom 13.12.1976 ABl v 31.1.1977 Nr L 26 S 1 idF der Richtlinie 2006/68/EG vom 6.9.2006 ABl v 25.9.2006 Nr L 264 S 32. Zur Kapitalerhaltung s die Formulierung in Art 15 I lit a: „Ausgenommen in den Fällen einer Kapitalherabsetzung darf keine Ausschüttung an die Aktionäre erfolgen, wenn bei Abschluß des letzten Geschäftsjahres das Nettoaktivvermögen, wie es der Jahresabschluß aufweist, den Betrag des gezeichneten Kapitals zuzüglich der Rücklagen, deren Ausschüttung das Gesetz oder die Satzung nicht gestattet, durch eine solche Ausschüttung unterschreitet oder unterschreiten würde“ (Art 15 I lit a). 23 Schärtl Die Doppelfunktion des Stammkapitals im europäischen Wettbewerb 2006 befasst sich mit der Reformfrage.

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A. Kapitalgesellschaftsrecht und Kapitalgesellschaften

schaftlern und Praktikern zum englischen Recht erarbeitet worden ist 24. Im Hinblick auf diese und andere Reformbestrebungen ist in der 2. Erwägung zur Richtlinie 2006/68/EG vom 6.9.2006 zur Änderung der zweiten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie (Kapitalrichtlinie) ausdrücklich zur Prüfung gestellt, „ob es Alternativen zu den Kapitalerhaltungsbestimmungen gibt, mit denen die Interessen der Aktionäre und Gläubiger einer Aktiengesellschaft in angemessener Weise geschützt werden“ 25. Ansatzpunkt der Kritik jener Studie ist die Orientierung des Gebots der Kapitalerhaltung an der Rechnungslegung der Gesellschaften (Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung). In der Tat ist diese Rechnung der Maßstab für das Gebot der Kapitalerhaltung. Nur wenn der Wert des Vermögens der Gesellschaft nach dieser Rechnung die Summe aus Garantiekapital und Verbindlichkeiten sowie Belastungen überschreitet, kann etwas verteilt werden, nämlich dieser Überschuss. Der Bericht der englischen Kommissionsmitglieder kritisiert, dass die Leitgedanken der Normen über die Rechnungslegung 26 unter dem Gesichtspunkt der erforderlichen Information des Kapitalmarkts konzipiert seien. Im Gegensatz dazu solle mit der Kapitalerhaltung der Schutz der Gläubiger vor unangemessener Ausschüttung an die Gesellschafter erreicht werden. Die Ausgestaltung nach dem Informationsgesichtspunkt führe, unter dem Schutzaspekt betrachtet, zu einer unverhältnismäßigen Beschränkung. Der Report schlägt statt des Prinzips von Mindestkapital und Kapitalerhaltung einen „Solvency-Test“ vor: Ausschüttungen sollen immer schon dann zulässig sein, wenn die Leitung der Gesellschaft nach sorgfaltsgemäßer Prüfung erklären kann, dass die Gesellschaft nicht in einer überschaubaren Frist nach der Auszahlung infolge der Ausschüttung insolvent wird.

IX. Die Europäische Aktiengesellschaft und die Arbeit an einer Europäischen Privatgesellschaft 19

Zu den Kapitalgesellschaften nach deutschem Recht ist hinzugekommen eine Kapitalgesellschaft Europäischen Rechts, nämlich die europäische Aktiengesellschaft (societas europaea – SE) aufgrund der europäischen SE-VO27, die am 8.10.2004 in Kraft getreten ist. Das deutsche Ausführungsgesetz zur SE-VO (SEEG) ist mit Wirkung vom 23.12.2004 in Kraft28. Das Prinzip des Mindestkapitals gilt auch für die europäische Aktiengesellschaft29. Weiter liegt, parallel zur Alternative der GmbH im deutschen Recht, ein Entwurf der Europäischen Kommission zu einer Societas Privata Europaea (Europäische Privatgesell-

24 Reforming Capital: Report of the Interdisciplinary Group on Capital Maintenance, edited by Jonathan Rickford, European Business Law Review 2004, 919 ff. Reaktion in Lutter (Hrsg.), Das Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, ZGR, Sonderheft 17, 2006. 25 ABl v 25.9.2006 Nr L 264 S 32. 26 Dazu u Rn 1356 ff. 27 VO (EG) Nr 2157/2001 des Rates vom 8.10.2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE), ABl v 10.11.2001 Nr L 294 S 1; daneben hat der Rat die Richtlinie 2001/86/EG von demselben Tage zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Gesellschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer erlassen (ABl v 10.11.2001 Nr L 294 S 22). 28 Gesetz vom 22.12.2004, BGBl I S 3675. 29 Bei der SE folgt das System des Garantiekapitals aus der Vorschrift des Art 4 II SE-VO über das Mindestkapital mit der Verweisung des Art 5 betreffend das Kapital auf das Recht der Mitgliedstaaten über Aktiengesellschaften und entsprechende Rechtsformen, welches durch die Zweite Gesellschaftsrechtliche Richtlinie (sog Kapitalschutzrichtlinie) harmonisiert ist.

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X. Unterscheidung der AG und GmbH nach deutschem Recht

schaft) vor. In diesem finden sich Ansätze dazu, das Prinzip des Mindestkapitals durch den Solvency-Test zu ersetzen30.

X. Unterscheidung der AG und GmbH nach deutschem Recht Unter den deutschen Kapitalgesellschaften stehen sich die AG und die GmbH als in der Rechtsnatur als Kapitalgesellschaft einheitliche, in der Gesetzestypik aber prinzipiell verschiedene Rechtsformen von Kapitalgesellschaften gegenüber: Nach der Gesetzestypik 31 ist die AG auf das anonyme Aktionärspublikum und die GmbH auf die Personen ihrer Gesellschafter ausgerichtet. Die Beteiligung an einer GmbH ist in bestimmten Eigenarten einer personalistischen Beteiligung angenähert. Diese grundsätzliche Unterscheidung ist für das Verständnis des deutschen Kapitalgesellschaftsrechts grundlegend. Aber auch für die Beratung bei einer Unternehmensgründung oder -umwandlung, für die analoge Anwendung der Vorschriften aus dem einen oder dem anderen gesellschaftsrechtlichen Bereich auf die dort jeweils nicht geregelte Gesellschaftsform32 und für die Lösung allgemeiner Anwendungsprobleme in gesellschaftsrechtlichen Fällen, etwa Beweislastfragen, ist es wichtig, die gegensätzlichen Wesenszüge der AG und der GmbH gegenüberzustellen. Die folgenden sieben Unterschiede machen die GmbH zu einer mehr personalistischen Gesellschaftsform 33: 1. Bei der GmbH sind die Gesellschafter als Gesellschafterversammlung unumschränktes oberstes Willensbildungsorgan, und zwar insbesondere auch im Geschäftsführungsbereich (§§ 37, 45 GmbHG, s demgegenüber § 119 II AktG). 2. Die Gesellschafter der GmbH haben grundsätzlich eine unbeschränkte Satzungsautonomie, während die Satzungsautonomie bei der AG erheblich eingeschränkt ist (§ 23 V AktG), insbesondere können die Gesellschafter der GmbH unbeschränkt Nachschüsse und Nebenleistungen regeln (§§ 3 II, 26 GmbHG, s demgegenüber § 55 AktG). 3. Die Anteile der Gesellschafter der GmbH werden von Person zu Person übertragen (durch notariellen Akt, § 15 III GmbHG), bei der AG sind die Aktien, wenn nicht die Verbriefung ausgeschlossen ist – § 10 V AktG –, in Wertpapieren verbrieft. Die Aktien werden anonym und massenhaft gehandelt, insbesondere über die Börse. Die Geschäftsanteile an der GmbH sind nicht börsenfähig. 4. Die Gründung und ebenso die Kapitalerhöhung sind bei der GmbH einfacher als bei der AG, darüber hinaus gibt es bei der AG eine zusätzliche Art der Kapitalerhöhung. Nur

30 Zum Entwurf u Rn 99, 196 , zur Maßgeblichkeit des „Bilanztests“ Rn 118. 31 In der Realität können die Gesellschaften anders gestaltet sein (Realtypen). 32 Zur Relevanz des Rechtsformenvergleichs über AG und GmbH hinaus s die Schrift des früheren Präsidenten des II. Zivilsenats des BGH, R. Fischer, Das Recht der OHG als ergänzende Rechtsquelle zum GmbHGesetz 1953. Zur ergänzenden Anwendung von Aktienrecht auf die GmbH Fleischer, GmbHR 2008, 673. 33 Diese treffen auch bei der sog Unternehmergesellschaft nach § 5a MoMiG zu, die ja eine Nebenform der GmbH ist. – Die früher bestehenden Unterschiede zwischen AG und GmbH hinsichtlich der Rechnungslegung und Publizität der Rechnungslegung sind jetzt beseitigt. Es gelten die §§ 150 ff AktG, 42 ff GmbHG neuer Fassung in Verbindung mit dem 3. Buch des HGB. Gemäß §§ 264 ff HGB werden GmbH und AG gleichbehandelt. Das 3. Buch des HGB unterscheidet große, mittlere und kleine Kapitalgesellschaften nach Größenklassen (§ 267 HGB). Nur je nach diesen Unterschieden besteht eine unterschiedliche Regelung vor allem der Prüfungspflicht (§ 316 HGB) und der Publizitätspflicht (§§ 325 ff HGB).

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A. Kapitalgesellschaftsrecht und Kapitalgesellschaften

beispielhaft sei genannt: Zunächst bedarf es für die Gründung einer GmbH nur eines Kapitals von mindestens 25.000 € (§ 5 I GmbHG), bei der Unternehmergesellschaft sogar nur des Kapitals in Höhe der Mindestbeträge der Geschäftsanteile (§§ 5a I, 5 II 1 GmbHG), während für die Gründung einer AG ein Kapital von mindestens 50.000 € aufgebracht werden muss (§ 7 AktG). Auch nur bei der AG gibt es noch eine Nachgründungsregelung (§ 52 AktG). Sodann gibt es nur bei der AG das bedingte Kapital (§§ 192 ff AktG). Dieses ist bedeutsam für die Bedienung von Aktienoptionen von Vorständen und Arbeitnehmern (§ 192 II Nr 3 AktG). Die Ausgabe neuer Aktien an Arbeitnehmer ist auch bei dem genehmigten Kapital der AG als besonderer Zweck vorgesehen (§ 202 IV AktG). Das genehmigte Kapital gibt es nach dem MoMiG inzwischen auch bei der GmbH (§ 55a GmbHG). Die Ausgabe von Anteilen an Arbeitnehmer ist auch hier zwar nicht besonders geregelt, aber ein zulässiger Zweck. 5. Die Organisation ist bei der GmbH einfacher: a. Ein Aufsichtsrat ist – vorbehaltlich des Eingreifens der Mitbestimmungsregelung – nur fakultativ (§ 52 GmbHG im Vergleich zu §§ 95 ff AktG). b. Die Gesellschafterversammlung und ihre Beschlüsse sind weniger förmlich (§§ 48 f GmbHG, nur für Satzungsänderungen § 53 GmbHG, s im Vergleich dazu §§ 121 ff, 130 AktG). 6. Die Vermögenssicherung ist bei der GmbH geringer als bei der AG (§§ 30, 31 GmbHG im Gegensatz zu § 57 III AktG; Fehlen einer gesetzlichen Rücklage bei der GmbH im Unterschied zu § 150 AktG). 7. Dem Charakter der GmbH als eines persönlichen Zusammenschlusses und der geringeren Vermögenssicherung bei ihr entspricht die Ausfallhaftung der Gesellschafter nach §§ 24, 31 III GmbHG. 22

Erinnern wir uns an die oben34 aufgeführten Unterschiede 1–8 zwischen Personengesellschaften und juristischer Person, so ist die GmbH als personalistische Kapitalgesellschaft in Hinsicht auf die folgenden Einzelmerkmale der Personengesellschaft angenähert: Den Grundsätzen der Regelung der Rechtsbeziehungen durch Gesellschaftsvertrag (Unterschied 2) und dem Grundsatz der Selbstorganschaft (Unterschied 5) entsprechen die Satzungsautonomie bei der GmbH und die Stellung der Gesellschafterversammlung der GmbH als oberstes Willensbildungsorgan. Der Abhängigkeit der Personengesellschaft von der Person der Gesellschafter (Unterschied oben 3) entspricht die Übertragung des GmbH-Anteils durch förmlichen Akt. Der persönlichen Haftung der Gesellschafter der Personengesellschaft (Unterschied 6) entspricht die Ausfallhaftung der Gesellschafter der GmbH bei geringerer Sicherung des Gesellschaftsvermögens im Vergleich zur AG. Die folgenden Gegensätze zur Personengesellschaft sind für die GmbH immerhin gemildert: Gründung und Kapitalerhöhung sind zwar durch Normativbestimmungen geregelt (vorst 2.), aber immerhin vereinfacht, auch die Vermögensbindung (vorst 4.) ist zwar konstituiert, aber im Vergleich zur AG geringer. Vollständig ist der Gegensatz auch der GmbH im Verhältnis zur Personengesellschaft insoweit, als es bei der GmbH die Möglichkeiten der Einmann-GmbH (Unterschied oben 7) und von eigenen Anteilen gibt (Unterschied oben 8).

34 Rn 2.

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XII. Besondere Gesellschaften zur Kapitalanlage

XI. Wirtschaftliche Funktion, AG als Kapitalsammelstelle, insbesondere über den Kapitalmarkt Was die wirtschaftliche Funktion der GmbH und der Aktiengesellschaft betrifft, so liegt in der kapitalistischen Beteiligung für potenzielle Anleger die Aussicht auf Erträge und Wertsteigerung der Beteiligung einerseits, verbunden mit der beruhigenden Gewissheit andererseits, dass die Haftung ausschließlich die Kapitalgesellschaft trifft. Dadurch wird die Bereitschaft initiiert, in das Unternehmen einer Kapitalgesellschaft zu investieren. Die Aktiengesellschaft ist der Rechtsformtypus für die grundsätzlich ausschließlich kapitalistische Beteiligung. Sie hat die Funktion der Kapitalansammlung für (Groß)-Unternehmen. Sie ist Sammelstelle für die Ansammlung kleiner Beträge zu großem Kapital. Aufgrund der einfachen Möglichkeit, die Aktien wieder zu veräußern, insbesondere bei der börsennotierten AG, kann der Einzahler wie bei der Gewährung von Kredit seine Einzahlung durch die Veräußerung wieder zurückerhalten. Die Aktien sind dadurch mit der zusätzlichen Funktion ausgestattet, kurzfristigen Kredit in Eigenkapital umzuwandeln.

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XII. Besondere Gesellschaften zur Kapitalanlage Als besondere Gesellschaften zur Kapitalanlage sind geregelt die Kapitalanlagegesellschaft (KAG) (§§ 6 ff InvG) 35, die Investmentaktiengesellschaft (§§ 96 ff InvG), die Unternehmensbeteiligungsgesellschaft (UBG) (UBGG 36), die Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaft (nach dem WKBG 37) und die REIT-AG (REITG 38). Dies sind keine besonderen Rechtsformen von Kapitalgesellschaften, sondern Gesellschaften allgemeinen Typs, die einem besonderen Zweck dienen und bei denen das allgemeine Gesellschaftsrecht durch Einzelvorschriften modifiziert ist. Der Schwerpunkt der Regelung liegt jeweils im Steuerrecht. Die KAG ist nach §§ 2 VI, 6 I InvG eine AG oder GmbH, die gesetzlich abgegrenzte Sondervermögen bzw Investmentfonds verwaltet (Abgrenzung in § 2 I–III InvG 39) oder solche Vermögen verwaltet und daneben individuelle Vermögensverwaltung betreibt (s nach § 2 VI InvG nochmals und etwas abweichend § 6 I 1 InvG). Als Sondervermögen kommen insbesondere Immobilien-Sondervermögen (§§ 66 ff InvG) in Betracht. Für deren Rechnung kann die Kapitalanlagegesellschaft unter den Voraussetzungen von § 68 InvG auch Beteiligungen an Immobiliengesellschaften iSv § 68 I 2 InvG erwerben und halten40. 35 InvG v 15.12.2003 BGBl I S 2676. 36 UBGG v 17.12.1986 BGBl I S 2488 id F des Gesetzes zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen –MoRaKG – vom 12.8.2008, BGBl I, 1672 (Art 2). 37 Gesetz zur Förderung von Wagniskapitalbeteiligungen (Art 1 MoRaKG vom 12.8.2008 BGBl I, 1672). 38 REITG v 28.5.2007 BGBl I S 914 (Begriff hergeleitet von der Rechtsfigur des Real Estate Investment Trust aus dem US-amerikanischen Recht). Zu dem Gesetz Übersicht durch Frey/Harbarth, ZIP 2007, 1177; Götze/Hütte, NZG 2007, 332; Quass/Becker, AG 2007, 421; Wienbracke, NJW 2007, 2721. Kom z REITGesetz: Helios/Wewel/Wiesbrock, München 2008. 39 Verwirrend: Nach Abs 1 sind Investmentfonds von KAG gehaltene 3 Arten von Sondervermögen, nach Abs 2 sind Sondervermögen Investmentfonds, die (in einer bestimmten Art) von einer KAG gehalten werden. 40 § 68 I 2 InvG spricht von Immobilien-Sondervermögen „im Sinne dieser Vorschrift“. Auch zu Investmentfonds oder Sondervermögen muss man solche im Sinne des InvG und andere unterscheiden. In der Praxis tauchen nämlich häufig Vermögens-/Immobilien-/Investmentfonds auf, die von anderen Gesellschaften als KAG gehalten werden.

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A. Kapitalgesellschaftsrecht und Kapitalgesellschaften

Investmentaktiengesellschaften haben nach § 2 V InvG zum satzungsmäßigen Gegenstand die Anlage und Verwaltung ihrer Mittel nach dem Grundsatz der Risikomischung zur gemeinschaftlichen Kapitalanlage in einem bestimmten Kreis von Vermögensgegenständen. Merkwürdigerweise hebt § 96 I 1 InvG hervor, dass Investmentaktiengesellschaften nur in der Rechtsform der Aktiengesellschaft betrieben werden dürfen. Möglicherweise soll dadurch noch besonders die sich grundsätzlich nach Aktienrecht bestimmende Rechtsform der KGaA ausgeschlossen werden. Die UBG hat den Zweck des Erwerbs, Haltens und der Verwaltung von im Gesetz abgegrenzten Unternehmensbeteiligungen (§ 2 II 1 UBG)41. Sie kann in den Rechtsformen der AG, GmbH, KG und KGaA betrieben werden (§ 2 I UBGG). Durch die UBG soll auch nicht börsennotierten Unternehmen der Zugang zu den organisierten Eigenkapitalmärkten eröffnet und andererseits dem Anlegerpublikum die Möglichkeit verschafft werden, sich mittelbar an mittelständischen Unternehmen zu beteiligen. Das Gesetz zur Förderung von Wagniskapitalbeteiligungen setzt mit den Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaften den Gedanken des private equity um, dh die Nutzung von Kapital, welches nicht in öffentlichem Investment (über die Börse) bereitgestellt, sondern in den im Gesetz abgegrenzten Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaften gesammelt wird, die sich an bestimmten sog Zielgesellschaften beteiligen. Dabei geht es um die Investition in neue oder zu entwickelnde und deshalb in der Kapitalgrundlage zu erweiternde Unternehmensideen. Aber nicht nur um das Kapital, sondern auch um das in der WKB-Gesellschaft versammelte know how kann es gehen: Nach § 8 II WKBG wird die Beratung der Zielgesellschaft als zulässiger Geschäftsgegenstand hervorgehoben. Die Zielgesellschaften sind Kapitalgesellschaften, die im Zeitpunkt der Beteiligung der WKB-Gesellschaft über nicht mehr als 20 Mio € Eigenkapital verfügen, seit ihrer Gründung nicht schon länger als 10 Jahre bestehen (auch kein länger als die Zielgesellschaft selbst bestehendes Unternehmen betreiben) und keine Wertpapiere emittiert haben, die zu einem organisierten Markt zugelassen oder in ihn einbezogen sind (§ 2 III WKBG). Die WKB-Gesellschaft darf neben Wagniskapitalbeteiligungen auch andere Vermögensanlagen haben (§ 8 WKBG), die Wagniskapitalbeteiligungen müssen aber mindestens 70 % des Vermögens ausmachen (§ 9 I WKBG). Die REIT-AG ist eine AG mit börsennotierten Anteilen42 zu dem besonderen Zweck des steuerbegünstigten Haltens von Immobilienrechten. § 1 REITG bezeichnet den zulässigen Rahmen des Unternehmensgegenstands, §§ 10 f konstituieren die Erfordernisse der Börsenzulassung und einer notwendigen Streuung der Aktien43, § 12 macht Anforderungen an die Vermögens- und Ertragszusammensetzung. In §§ 16 ff REITG wird die steuerliche Begünstigung entfaltet. Im Zusammenhang mit dieser Begünstigung ergibt sich: Während die Kapitalgesellschaften grundsätzlich verselbstständigte Unternehmensträger neben den Anteilsinhabern sind und als solche auch selbstständig besteuert werden, ist die REIT-AG als Rechtsform des mittelbaren Haltens von

41 Nach § 2 II 1 UBG muss Unternehmensgegenstand das Halten, Verwalten und die Veräußerung von Unternehmensbeteiligungen sein. Solche sind Eigenkapitalbeteiligungen an AG, GmbH, OHG, KG, Gesellschaft bürgerlichen Rechts und ausländischen Gesellschaften entsprechender Rechtsformen, sodann die stille Beteiligung, und Genussrechte (§ 1a III UBGG). 42 Nach der Begründung des RegE REITG, BR-Drucks 770/06, S 19 bedarf es nicht der Zulassung eines „Private REIT“, weil es die Immobilienspezialfonds nach dem InvG gibt (§ 66 InvG, nach § 2 II InvG verwaltet von KAG). 43 Zur Kontrolle und Mitteln der Wiederherstellung des Streubesitzes Schroeder, AG 2007, 531.

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XIV. Mischformen

Immobilien durch die Aktionäre konstruiert und unter diesem Aspekt von Körperschaftund Gewerbesteuer befreit (§ 16 REITG regelt die Steuerbefreiung der Gesellschaft, § 19 die Besteuerung der Ausschüttungen bei den Anteilsinhabern). Neben der REIT-AG gibt es den Vor-REIT nach § 2 REITG. Dieser ist eine AG, die dabei ist, zur REIT-AG entwickelt zu werden. Der Vor-REIT soll schon in den Genuss der ExitTax-Regelung kommen, die in dem zusammen mit dem REITG in Kraft getretenen § 3 Nr 70 EStG normiert ist 44. Die Exit-Tax-Regelung besteht in der nur hälftigen Besteuerung des Gewinns, der sich durch Aufdeckung der stillen Reserven bei dem Übergang von Grundbesitz auf die REIT-AG bzw den Vor-REIT ergibt.

XIII. Verbundene Unternehmen Unternehmen derselben und verschiedener Rechtsformen können als „verbundene Unternehmen“ verflochten sein, insbesondere können Unternehmen andere Unternehmen beherrschen oder von ihnen abhängig sein, namentlich im Konzern. Das Aktiengesetz enthält eine ausführliche Regelung der verbundenen Unternehmen in §§ 15 ff und 291 ff AktG. Für dort nicht geregelte Unternehmensverbindungen sind wir auf Analogiebildung oder Grundsätze des allgemeinen Gesellschaftsrechts und des Bürgerlichen Rechts angewiesen.

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XIV. Mischformen Ein anderes Problem sind in Mischformen gebildete wirtschaftlich einheitliche Unternehmen45: Geregelt ist die KGaA (§§ 278 ff AktG). Im Rechtsverkehr gebildet hat sich die GmbH & Co KG, insbesondere die Publikums-GmbH & Co KG. Die typische GmbH & Co KG ist dadurch gekennzeichnet, dass der einzige persönlich haftende Gesellschafter („Komplementär“) eine GmbH ist und alle anderen Gesellschafter als Kommanditisten beschränkt haften. Die GmbH kann, obwohl sie die beschränkte Haftung im Namen trägt, unbeschränkt haftende Komplementärin sein, weil sie als solche (juristische Person) tatsächlich unbeschränkt haftet und die sog Haftungsbeschränkung nur das beschränkte Risiko ihrer Gesellschafter ausdrückt. Dennoch war die Anerkennung der GmbH & Co KG umstritten. Sie ist durch eine berühmte Entscheidung des RG durchgesetzt worden 46. Aufgrund der Prägung durch die allein führende Kapitalgesellschaft wird die GmbH & Co KG als kapitalistische Rechtsfigur eigener Prägung behandelt, auf die auch der Gesetzgeber zunehmend Vorschriften über die Kapitalgesellschaft zur Anwendung bringt. Dies gilt nicht nur für die GmbH & Co KG, sondern darüber hinaus für alle Personengesellschaften, an denen keine natürliche Person als unbeschränkt haftende Gesellschafterin beteiligt ist, (s §§ 19 II, 125a I 2, 172 VI, 264a ff HGB und die neuen Vorschriften der §§ 15a I 2, IV, 39 IV mit I Nr 5, 135 InsO, 6 I AnfG, durch die das MoMiG die früher verstreuten Regelungen über die Insolvenz-

44 Begr RegE, BR-Drucks 770/06, S 28. 45 Obwohl die in Rechtsformenmischung formierten Unternehmen wirtschaftlich einheitliche Unternehmen sind, kommt doch, weil mehrere formal unterschiedene Gesellschaften rechtlich verschiedene Unternehmen sind, auch das Recht der verbundenen Unternehmen in Betracht. 46 RGZ 105, 101 (1922). Nach dem eben (Fn 40) erwähnten § 1a II UBG ist die Komplementärbeteiligung mögliches Wagniskapital von UBG.

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A. Kapitalgesellschaftsrecht und Kapitalgesellschaften

antragspflicht und die Gesellschafterdarlehen bei solchen Mischformen zusammengefasst hat). In jüngerer Zeit ist zur Anerkennung gelangt die GmbH & Co KGaA, bei der entsprechend der GmbH & Co KG eine GmbH einziger Komplementär der KGaA ist 47.

47 Dann ebenso möglich die AG & Co KGaA. Zur Anerkennung u Rn 1330.

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B. System des AktG und des GmbHG und die Entwicklung des Rechts der Kapitalgesellschaften und des Kapitalmarktrechts

I. Sinn der Darstellung Im Folgenden verschaffen wir uns zunächst einen Begriff vom System des AktG und des GmbHG. Sodann betrachten wir die Entwicklung bis zu den deutschen Reformgesetzen aus neuerer und neuester Zeit, ferner die Entwicklung des Europäischen Gesellschaftsrechts und des Kapitalmarktrechts. Damit wird in erster Linie notwendiges Material für die Anwendung, insbesonders die Auslegung unserer Gesetze aufbereitet. Das gilt zunächst für die systematische Auslegung. Bei der Anwendung ist sodann der Vorrang des Europarechts zu beachten. Der Vorrang des Verfassungsrechts darf darüber zwar nicht vergessen werden. Das Europarecht hat aber für uns sehr konkrete Relevanz, weil es geradezu ein Europäisches Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht gibt. Was sodann die deutschen Reformgesetze betrifft, so sind sie zum Teil die Umsetzung europäischer Richtlinien und gehören so zum Kontext des Europarechts. Immer sind sodann ihr teleologischer Zusammenhang und ihre Entstehungsgeschichte zu beachten für die Auslegung der in unsere gesellschafts- und kapitalmarktrechtlichen Gesetze eingefügten Normen. Darüber hinaus haben die Darstellung des Systems der hier im Vordergrund stehenden Gesetze über AG und GmbH und sodann der Entwicklung unserer Rechtsgebiete, hier einschließlich des Europa- und des Kapitalmarktrechts, den Sinn, dass der Leser sich stufenweise in das sehr komplexe Recht der Kapitalgesellschaften und des Kapitalmarkts hineinarbeiten kann, nach der Devise: über die Grundorientierung zur Einzelarbeit. Dies in der folgenden Weise: Zunächst erhält man, indem man sich das System unserer Gesetze über Kapitalgesellschaften bewusst macht, einen Überblick über das Ganze, sozusagen ein Netz des Kapitalgesellschaftsrechts. Schaut man sich sodann die Entwicklungsstufen und die Reformschritte in allen unseren Rechtsgebieten an, so erhält man über die Ansatzpunkte der Reformen immer wieder wichtige deutliche Knoten in jenem Netz und im Netz der weiteren Rechtsgebiete. Dank dieser Grundorientierung hat jede Einzelarbeit an den großen Themen von der Gründung über die Kapitalausstattung und -veränderung, sodann die Mitgliedschaft, auch als Gegenstand des Kapitalmarkts, weiter die Organisation bis zur Konzernierung und schließlich zur Auflösung bzw Umwandlung der Gesellschaften ihren festen, Kenntnis und Verständnis immer mehr vertiefenden Platz.

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II. System des AktG und des GmbHG Hauptgegenstand des hier betrachteten Kapitalgesellschaftsrechts sind die im AktG geregelte AG und die im GmbHG geregelte GmbH. Das AktG regelt in einer umfangreichen Kodifikation die AG als die große Kapitalgesellschaft, die typischerweise Publikumskapitalgesellschaft ist. Aber es gibt auch, abgeleitet von einer einschlägigen Gesetzesnovellierung 48, die sog kleine AG. Diese ist aber keine eigene Art, vielmehr war die Unterscheidung zwischen kleineren und größeren Aktiengesellschaften Motiv für den Gesetzgeber, bei einzelnen Vorschriften des 48 U Rn 69 ff.

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B. Entwicklung des Gesellschafts- und Kapitalmarktrechts

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AktG die Anforderungen differenziert auszugestalten (s zB § 121 IV 1 AktG). § 3 II AktG definiert jetzt als eine große Art der AG die börsennotierte Gesellschaft (als solche mit Anteilen an einem von staatlich anerkannten Stellen geregelten und überwachten, regelmäßig stattfindenden und für das Publikum mittelbar oder unmittelbar zugänglichen Markt49). In einzelnen Vorschriften wird eine börsennotierte AG vorausgesetzt (zB in § 161 AktG), in anderen Vorschriften wird eine nicht börsennotierte AG vorausgesetzt (zB § 130 I 3 AktG). Das AktG beginnt in seinem 1. Buch über „die Aktiengesellschaft“ (gemeint ist die einzelne AG) mit „allgemeinen Vorschriften“ über das Wesen, das Kapital und die Gesellschafter (Aktionäre) der AG. Hervorzuheben sind § 1 (eigene Rechtspersönlichkeit mit in Aktien zerlegtem Grundkapital), § 2 (Möglichkeit der Einmanngründung), § 3 (AG als Formkaufmann iSv § 6 I, II HGB), § 4 (Bezeichnung mit Aktiengesellschaft oder AG als notwendigem Firmenbestandteil), § 5 über den Sitz als Satzungssitz im Inland, der entgegen der früheren Fassung nicht mehr mit dem tatsächlichen Geschäftsmittelpunkt oder dem Sitz der Verwaltung der Gesellschaft identisch sein muss, § 6 (Grundkapital als Nennbetrag in €), § 7 (Mindestgrundkapital von 50.000 €), § 8 (Aktien als Nennbetrags- oder Stückaktien, Mindestnennbetrag bzw Mindestanteil der Aktien am Grundkapital von 1 €), § 10 (Inhaber- oder Namensaktien), § 12 (grundsätzlich Stimmrecht pro Aktie, Vorzugsaktien ohne Stimmrecht, dazu §§ 139 ff, weiter Unzulässigkeit von Mehrstimmrechtsaktien), § 14 (Gericht iS des AktG), §§ 15 ff (Definitionen von verbundenen Unternehmen, Mitteilungspflichten bei Überschreitung von Anteilsschwellen). Die Definitionen von verbundenen Unternehmen werden insbesondere im 3. Buch über verbundene Unternehmen (§§ 291 ff) benötigt, dessen Teilgebiet das Konzernrecht ist. Die aktienrechtlichen Mitteilungspflichten gelten nur außerhalb der Reichweite des WpHG (§§ 20 VIII, 21 V AktG). Es folgt im 2. Teil des 1. Buches die Gründung einer AG (§§ 23 ff). Während im 1. Teil die Arten der Aktien und dabei auch die Möglichkeit unterschiedlich berechtigter Gattungen geregelt sind (§ 11), beginnt der 3. Teil des 1. Buches über „die Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter“ mit dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 53a), bei dem aber die Möglichkeit unterschiedlicher Rechtsausstattung vorausgesetzt wird. Sodann widmet sich der 3. Teil der Einlagepflicht und der Kapitalerhaltungspflicht der Aktionäre einerseits (§§ 54 ff) und der Gewinnverwendung in der Gesellschaft, insbesondere der Verteilung unter die Aktionäre andererseits (§§ 58 ff). Konsequenzen aus der Einlagepflicht der Aktionäre sind das Befreiungsverbot (§ 66) und der Schutz des Vermögens der Gesellschaft vor Auszahlungen an die Aktionäre vorbehaltlich der Gewinnauszahlung (§§ 57 ff, 62). Regelungen zu den Gesellschafterdarlehen befinden sich als allgemeine Regelungen des Kapitalgesellschaftsrechts in der InsO (§§ 19 II 3, 39 I Nr 5, IV, V, 135, 143) und in §§ 6, 6a AnfG. Als Konsequenz aus der Sicherung des Gesellschaftsvermögens durch Einlagepflicht und Auszahlungsverbot ist das grundsätzliche Verbot eigener Aktien der Gesellschaft (§§ 56, 71 ff) statuiert50. Schließlich werden im 3. Teil die Legitimation

49 Diese Definition des für den Begriff erforderlichen Marktes ist identisch mit der des organisierten Marktes nach § 2 V WpHG (auf diesen sind manche Vorschriften des WpHG beschränkt. Allgemein ist für das WpHG nur erforderlich, dass die Papiere an einem Markt gehandelt werden, §§ 1 I, 2 I, IIb WpHG). Der Begriff des WpHG ist enger als der des organisierten Marktes in § 2 Nr 13 InvG. Als Grund führt BuckHeeb Rn 73 an, dass unterschiedliche Richtlinien zugrunde gelegen haben. 50 Mit dem Erwerb von Aktien, die an ihr selbst bestehen, verzichtet die Gesellschaft in Höhe der Aktien auf eine Einlage in das Gesellschaftsvermögen oder gibt sie (beim Kauf eigener Aktien) Gesellschaftsvermögen zurück.

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II. System des AktG und des GmbHG

aus Namensaktien und die Übertragung dieser Aktien (§§ 67 f) sowie die Möglichkeit der Kraftloserklärung von Aktienurkunden geregelt (§§ 72 ff). Die so in ihren Grundlagen dargestellte AG muss sodann organisiert werden oder, wie das Gesetz sagt, eine „Verfassung“ erhalten (4. Teil: Verfassung der Aktiengesellschaft, mit §§ 76 ff über den Vorstand, §§ 95 ff über den Aufsichtsrat und §§ 118 ff über die Hauptversammlung). § 117 begründet Schadensersatzpflichten bei schädigender Einflussnahme auf Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder sowie sonstige Geschäftsführungsbeteiligte. Zur Hauptversammlung (HV) werden deren Rechte, die Einberufung und inhaltliche Vorbereitung (§§ 121 ff), der Ablauf mit dem Auskunftsrecht der Aktionäre (§§ 129 ff, 131 f) und der Stimmrechtsausübung (§§ 133 ff), hier den Besonderheiten von Sonderbeschlüssen (§ 138) und hinsichtlich der Vorzugsaktien ohne Stimmrecht (§§ 139 ff), weiter die Möglichkeiten der Erzwingung einer Sonderprüfung (§§ 142 ff) und der Erzwingung der Geltendmachung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft (§ 147) geregelt. Der 5. Teil des 1. Buches befasst sich mit der Rechnungslegung und der Gewinnverwendung in der AG, setzt also die allgemeinen Vorschriften der §§ 58 ff fort. Die Regelung knüpft an das Bilanzrechtsbuch des HGB an (§§ 238 ff, 264 ff HGB mit den unterschiedlichen Größenklassen nach § 267 HGB) und gibt sodann Sondervorschriften für die AG. Wichtig ist hier die Ergänzung des Vermögensschutzes bei der AG durch die Bestimmung über die gesetzliche Rücklage (§ 150 AktG). Nach § 91 I ist der Vorstand zur Obsorge für die Buchführung mit dem Jahresabschluss verpflichtet. In §§ 170 ff werden die Vorlage des Jahresabschlusses an den Aufsichtsrat und dessen Prüfung und dann die sog ordentliche Hauptversammlung geregelt. Diese ist uU zur Feststellung, jedenfalls zur Entgegennahme des Jahresabschlusses und zur Beschlussfassung über die Gewinnverwendung zuständig. §§ 258 ff AktG sehen die Möglichkeit vor, über Ansätze im Jahresabschluss eine Sonderprüfung herbeizuführen. Nach § 161 AktG sind Vorstand und Aufsichtsrat von börsennotierten Gesellschaften zu jährlichen Erklärungen verpflichtet, wie sie es mit den Empfehlungen des „Deutschen Corporate Governance Kodex“ halten. Der 6. Teil des 1. Buches regelt Strukturveränderungen während des Lebens der AG, nämlich: Satzungsänderungen (§§ 179 ff, gleichgestellt die Veräußerung des gesamten Gesellschaftsvermögens, § 179 a), Kapitalerhöhungs- und -herabsetzungsmaßnahmen (§§ 182 ff, dort als ein Anlass des sog bedingten Kapitals – § 192 II Nr 1 – die Ausgabe von Wandelund Gewinnschuldverschreibungen – § 221 –, als eine Art der Kapitalherabsetzung diejenige durch Einziehung von Aktien – § 237 –). Im 7. Teil des 1. Buches werden im Hinblick auf die zuvor normierten Beschlüsse der HV und auf den Jahresabschluss die Nichtigkeit von HV-Beschlüssen (ein Fall: die Nichtigerklärung aufgrund einer Anfechtungsklage, § 241 Nr 5 mit §§ 243 ff) und die Nichtigkeit eines festgestellten Jahresabschlusses (§ 256) normiert. Die Möglichkeit der Sonderprüfung (§§ 258 ff) ist schon genannt. Nach der Regelung der Gründung und der Gestaltung des Lebens der AG sind im 8. Teil des 1. Buches (des Buches über die Einzel-AG) Auflösung und Nichtigerklärung einer AG das Thema (§§ 262 ff). Das 2. Buch behandelt die KGaA (§§ 278 ff). Damit ist das Thema einzelner Gesellschaften des Aktienrechts abgeschlossen. Es folgt im 3. Buch die Regelung der verbundenen Unternehmen (§§ 291 ff im Anschluss an die allgemeinen Vorschriften der §§ 15 ff) mit den Unternehmensverträgen (insbesondere dem Vertragskonzern, §§ 291, 293 ff, 302 f, 304 ff, 308 ff) und der Regelung der Verantwortlichkeit bei Fehlen eines Beherrschungsvertrags (insbesondere im sog faktischen Konzern, §§ 311 ff) sowie der Eingliederung von Gesellschaften (§§ 319 ff) und des sog Squeeze-Out von Min-

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derheitsaktionären (§§ 327a ff) 51. Den Abschluss des 3. Buchs bildet die Vorschrift des § 328 über wechselseitig beteiligte Unternehmen iSv § 19 AktG. Das letzte (vierte) Buch enthält vor allem Vorschriften über strafbare Handlungen oder Ordungswidrigkeiten (§§ 399 ff) 52, daneben noch Sondervorschriften bei Beteiligung von Gebietskörperschaften (§§ 394 f) und die Möglichkeit der Auflösung einer AG oder einer KGaA von Amts wegen (§§ 396 ff). Nach § 410 ist das AktG am 1.1.1966 in Kraft getreten. Das auf die personalistische Kapitalgesellschaft der GmbH bezogene GmbHG kommt mit wesentlich weniger Vorschriften und ohne den Anspruch auf eine „Verfassung“ der Gesellschaft aus. Es ist nicht in Bücher mit Teilen, sondern einfach in (sechs) Abschnitte unterteilt. Das MoMiG hat sich an einer verbesserten Systematisierung des GmbHG versucht: Das äußere System des GmbHG wird dadurch ersichtlich gemacht, dass die als Anlage 2 des MoMiG angefügte Inhaltsübersicht dem GmbHG vorangestellt und für Abschnitts- und §§-Überschriften übernommen wird53. Die alte Fassung sprach zunächst von der Stammeinlage des Gesellschafters (§ 3 I Nr 4 GmbHG aF) und definierte erst in § 14, dass sich nach dem Betrag der Stammeinlage der Geschäftsanteil bestimmt. Das MoMiG hat das Verhältnis umgekehrt: In der Neufassung wird von vornherein vom Geschäftsanteil gesprochen, den jeder Gesellschafter gegen Einlage auf das Stammkapital (Stammeinlage) übernimmt (§ 3 I Nr 4 GmbHG); § 14 normiert dann die Einlagepflicht als Pflicht, auf den Geschäftsanteil eine Einlage zu leisten. Das führt allerdings zu begrifflichen Schwierigkeiten: § 3 muss sogleich beide Begriffe verwenden. Er macht zum notwendigen Inhalt des Gesellschaftsvertrags „die Zahl und die Nennbeträge der Geschäftsanteile, die jeder Gesellschafter gegen Einlage auf das Stammkapital (Stammeinlage) übernimmt“. Erst in § 14 wird bestimmt, dass auf jeden Geschäftsanteil eine Einlage zu leisten ist und sich bei Errichtung der Gesellschaft und einer Kapitalerhöhung die Höhe der Leistung nach dem festgesetzten Nennbetrag des Geschäftsanteils richtet. Weitere Schwierigkeit: Dort wo das Gesetz bisher von der Leistung auf die Stammeinlage gesprochen hatte (so in § 7 II GmbHG aF), spricht die Neufassung von der Leistung auf den Geschäftsanteil, Teilleistung soll die Einzahlung eines Teils des Nennbetrags des Geschäftsanteils sein (§ 7 II nF). Der Zusammenhang der Leistung mit der Einlagepflicht gegenüber der Gesellschaft ist verdeckt.

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Schließlich hat das GmbHG anstelle der bisher in ihm selbst enthaltenen Übergangsvorschriften (§§ 86, 87 aF) jetzt ein EGGmbHG erhalten. Dort ist auch eine Übergangsregelung zum MoMiG eingefügt. Der 1. Abschnitt über die Errichtung der GmbH ist im Kapitel über die Gründung von AG und GmbH darzustellen. Hier sind aber schon die allgemeinen Vorschriften hervorzuheben, die der 1. Abschnitt auch enthält: § 1 über die Möglichkeit der Einmann-GmbH, § 2 über den Gesellschaftsvertrag, der nach Abs 1a jetzt in bestimmten Konstellationen unter Verwendung eines in Anlage 1 enthaltenen Musters vereinfacht geschlossen werden kann, § 4 über die Firmenbildung mit der Bezeichnung als Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder GmbH, es sei denn, es wird eine Unternehmergesellschaft gewählt, für die § 5a I

51 Daneben gibt es einen kapitalmarktrechtlichen Squeeze-Out nach §§ 39a, 39b WpÜG. 52 Die Vorschriften werden hier nicht i e behandelt. Das darf nicht über ihre Wichtigkeit täuschen. Im Strafverfahren gegen die Brüder Haffa im Fall der EM.TV-AG ist das LG München, für die Öffentlichkeit überraschend, nachdem lange über die Strafbarkeit wegen Kursmanipulation (u Rn 829 ff) gestritten worden war, zur Verurteilung aufgrund einer Vorschrift des AktG gekommen: § 400 I Nr 1 betr unrichtige Wiedergabe der Verhältnisse der Gesellschaft durch Mitglieder des Vorstands in Darstellungen über den Vermögensstand der Gesellschaft. Der BGH hat die Revision der Angeklagten zurückgewiesen, BGH NJW 2005, 445. 53 Art 1 Nr 51 MoMiG.

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III. Die Entwicklung des deutschen Rechts der Aktiengesellschaft und der GmbH

GmbHG die Bezeichnung Unternehmergesellschaft oder UG (haftungsbeschränkt) anordnet, weiter § 5 über das Mindeststammkapital von 25.000 €, auch hier mit der Abweichung bei der Unternehmergesellschaft, bei der das Mindeststammkapital unterschritten werden kann (§ 5a I GmbHG). Die Mindesteinlage eines Gesellschafters ist jetzt auf 1 € festgelegt (§ 5 II GmbHG). Schließlich ist § 6 über die Erforderlichkeit eines Geschäftsführers hervorzuheben. Weitere allgemeine Vorschriften kommen im 2. Abschnitt über Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter hinzu: § 13 normiert die selbstständige Rechtspersönlichkeit der GmbH und die Einordnung der Gesellschaft als Formkaufmann. § 14 legt die Einlagepflicht in Höhe des Nennbetrags des übernommenen Geschäftsanteils fest. §§ 15 ff normieren sodann die Übertragung der Geschäftsanteile, §§ 19 ff die Kapitalaufbringung, § 29 die Gewinnverwendung (wieder im Anschluss an §§ 238 ff, 264, 265 ff mit 267 HGB) und §§ 30 ff die Kapitalerhaltung. Auch für die GmbH ist jetzt das Institut der Gesellschafterdarlehen in der für alle juristischen Personen und Gesellschaften ohne natürliche Person als persönlich haftenden Gesellschafter geltenden Vorschriften der InsO und des AnfG geregelt. Der 3. Abschnitt behandelt „Vertretung und Geschäftsführung“. Hier wird die Organisation durch die Geschäftsführung und die Gesellschafterversammlung geregelt (§§ 35 ff, 45 ff). Ein Aufsichtsrat ist nicht zwingend, der Gesellschaftsvertrag kann ihn vorsehen (dann gibt § 52 eine dispositive Regelung). Die Geschäftsführer sind zu Buchführung und Vorlage des Jahresabschlusses verpflichtet (§§ 41 ff). Es folgt der 4. Abschnitt über Abänderungen des Gesellschaftsvertrages (§§ 53 f), zu denen insbesondere Kapitalveränderungsmaßnahmen gehören (§§ 55 ff, 57c ff, 58, 58a ff). Der 5. Abschnitt befasst sich mit Auflösung und Nichtigkeit der Gesellschaft (§§ 60 ff). Der 6. Abschnitt enthält Schlussbestimmungen, wieder insbesondere Straf- und Bußgeldvorschriften (§§ 82 ff), daneben die Bestimmung der Personen, deren Aufgabe die Anmeldung der eintragungspflichtigen Tatsachen zum Handelsregister ist (§ 78), und die Anwendung von Zwang zur richtigen Gestaltung der Geschäftsbriefe (§ 79 I iVm § 35a), während die Anmeldung für konstitutive Eintragungen Sache der Organe ist und nicht erzwungen wird (§ 79 II). Die von diesen Eintragungen abhängigen Akte werden ja erst mit Eintragung wirksam, vorher gilt der bisherige Rechtszustand, also ist das Handelsregister nicht unrichtig, wenn nicht eingetragen wird. Nach dem MoMiG gibt es zwei Anlagen zum GmbHG: die Anlage über den Mustergesellschaftsvertrag nach § 2 Ia und die Anlage zur Inhaltsübersicht.

III. Die Entwicklung des deutschen Rechts der Aktiengesellschaft und der GmbH 1. Charakterisierung der Entwicklung Betrachtet man die historische Entwicklung unseres Rechts der Kapitalgesellschaften von der Erfindung der heutigen Rechtsformen an bis zu dem in der Gegenwart zu beobachtenden Verlauf, so kann man, ganz grob modellierend, eine Zweiteilung feststellen: Die Zeit bis zum AktG von 1965, in dem wir auch heute noch die maßgebliche, wenn auch vielfältig geänderte Grundlage unseres Aktienrechts finden, und darüber hinaus bis in die achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts ist geprägt von wenigen und übersichtlichen Reformschritten. In den neunziger Jahren hat sich demgegenüber das Tempo der Reformen vervielfacht, heute kann man von einem galoppierenden Tempo sprechen. Dies hat – neben konkreten Reformanstößen in Gestalt der Feststellung von Fehlentwicklungen unseres Kapitalgesellschaftsrechts – vor

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allem zwei Gründe. Diese verdoppeln noch ihre Wirkung, weil sie nicht mehr nur auf das nationale, sondern auch auf das Europäische Wirtschaftsrecht einwirken: Der erste Grund ist die rasante Entwicklung des Rechts der Kapitalmärkte, auf denen die großen und mittleren Aktiengesellschaften ihr Kapital einwerben müssen. Der zweite Grund ist die Internationalisierung und Globalisierung der Märkte. Der deutsche, ebenso aber auch der europäische Gesetzgeber muss ständig zum einen die Stärkung und Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts für Anleger aus dem In- und Ausland im Auge behalten. Zum anderen geht es um die dauernde Überprüfung der Bewährung der vorhandenen Rechtsformen. Der Europäische Gesetzgeber muss sich überlegen, ob er europaeinheitliche Rechtsformen schafft, der deutsche muss sich um die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Rechtsformen im Vergleich zu den Rechtsformen im europäischen Ausland, aber auch darüber hinaus bemühen. Ein Beispiel für dieses neuartige Empfinden einer ständigen Reformbedürftigkeit („nach der Reform ist vor der Reform“), welches das Kapitalgesellschaftsrecht nie zur Ruhe kommen lässt, mag das folgende sein: Das grundlegende Gesetz zu einer Reform des GmbH-Rechts (MoMiG) ist noch nicht in Kraft, da haben die Planer des 67. Deutschen Juristentags 2008 in Erfurt angekündigt, dass dieser sich mit einer Reform des Aktien- und Kapitalmarktrechts beschäftigen wird. Inzwischen hat der Juristentag stattgefunden: Nach den im Internet vorveröffentlichten Thesen wird eine Ausdifferenzierung der AG in verschiedene Einzeltypen von Gesellschaften, aber auch Gesellschaftern vorgeschlagen, unter Verbesserung des Zugangs der auf den Kapitalmarkt angewiesenen Gesellschaften zu den verschiedenen Märkten, die nicht notwendig Börsen sein müssen. Thema ist weiter die Schaffung neuer Bedingungen im Wertpapierhandelsgesetz, alles dies unter Berücksichtigung der ausländischen Rechtsordnungen54.

Angesichts dieser Hektik empfiehlt es sich umso mehr, den Blick auf die Gesamtentwicklung zu richten, damit Ephemeres von Wesentlichem, äußere Gestaltungsfragen von gleich bleibenden Problemen und Wertungen getrennt und so Orientierung gehalten werden kann.

2. Die Entwicklung bis zum AktG 1965 40

Die Aktiengesellschaft 55 ist die Rechtsform der Industrialisierung. In Gang gesetzt und gehalten durch die großen technischen Erfindungen 56 und gekennzeichnet durch deren Umset54 Gutachten von Bayer (jetzt Verhdlg. 67. DJT Erfurt 2008, I, Abt Wirtschaftsrecht, E 1 ff.), dazu Spindler, AG 2008, 508, Windbichler, JZ 2008, 840; weiter Referate von Francioni, Mülbert, Wymeersch, Krieger. Nach dem Bericht der FAZ 26.9.2008 Nr 226 S 14 haben Vertreter des BMJ auf dem Juristentag Änderungen bei der Entschädigung der durch Squeeze-Out ausgeschlossenen Aktionäre und weitere Maßnahmen gegen die „räuberischen Aktionäre“ (Problem des Missbrauchs der Anfechtungsklage) angekündigt, die auch ua Thema der Vorträge von Francioni, Mülbert, Krieger waren, FAZ 25.9.2008 Nr 225 S 12. Nach FAZ 1.10.2008 Nr 236 S 27 hat sich die Diskussion geradezu manisch auf die räuberischen Aktionäre fixiert. 55 Der Name Aktie kommt von dem Begriff der actio und bezeichnet den aus der Einlage in die Gesellschaft folgenden anteiligen Anspruch des Gesellschafters auf das Reinvermögen der Gesellschaft. Von Beginn an wurde der Begriff auch auf die Aktienurkunde erstreckt, die ursprünglich eine Quittung über die vom Aktionär geleistete Einlage war, die nach Betrag und Person des Einlegers im Aktienbuch vermerkt und sodann quittiert wurde, K. Lehmann Recht der Aktiengesellschaften Bd I S 64 ff. Zur Geschichte des Aktienrechts in Deutschland jetzt „Aktienrecht im Wandel, 1807–2007“, hrsg aus Anlass der 200-jährigen Geschichte seit Inkrafttreten der Europäischen Ausgangskodifikation des frz Code de Commerce im Jahre 1807 von W. Bayer und M. Habersack, 2 Bände (geschichtliche Entwicklung und Institutionengeschichte), Tübingen 2007, hier insbesondere Altmeppen zu den historischen Grundlagen des Konzernrechts, Bd 2 S 1027 ff. 56 Dampfmaschine, Schiffsschraube, Telegraphie, Erfindungen der Elektrizität, neue Erkenntnisse zur Hebung der Produktivität der Landwirtschaft mit Hilfe der Entwicklung der Chemie, hier ist A. v Thaer zu nennen, s zu ihm Fontane Wanderungen durch die Mark Brandenburg Gesamtwerke X S 103 f; s weiter Th. Nipperdey Deutsche Geschichte 1800–1866 S 147 f.

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zung zu Massenproduktions- und Massentransportmitteln (Eisenbahn, Dampfschifffahrt, Bergbau etc), bedurfte diese Entwicklung, die in den ersten Jahren des 19. Jahrhunderts eingesetzt hat, des Massenkapitals und damit der Kapitalsammelstellen. Als solche wurden von den in die Zeit fallenden Gesetzen die Aktiengesellschaft und die Kommanditgesellschaft auf Aktien geregelt 57. Als Aktiengesellschaften der damaligen Zeit sind die Landwirtschaftliche Akademie Thaers 58 in Möglin, 1803, zu nennen sowie die HAPAG (= Hamburg-Amerikanische-Packetfahrt-Actien-Gesellschaft) von 1847 und weiter die Eisenbahn-Aktiengesellschaften59. Möglich wurde die AG in ihrer modernen Form durch den Umschwung vom merkantilistischen Staatshandelsrecht zur Gewerbefreiheit, den die Französische Revolution bewirkt hat. Im Zeitalter des Merkantilismus konnten Gewerbebetriebe nur aufgrund staatlichen Monopols und Privilegs und gemäß den durch Octroi vorgeschriebenen Regelungen betrieben werden. Vorläufer der Aktiengesellschaft unter diesem alten Rechtszustand waren die überseeischen Handelscompagnien. Die alten Gesellschaften sind mit Ring 60 wie folgt zu kennzeichnen: Wie öffentliche Körperschaften wurden die Aktiengesellschaften alten Rechts einzeln durch staatliche Entschließung geschaffen und unter staatlicher Kontrolle gehalten, ohne Anerkennung der Aktiengesellschaft als allgemeiner und eigenständiger Rechtsform. Mit Beginn des Zeitalters der Gewerbefreiheit stand die Gründung von Gesellschaften unter dem Grundsatz der Privatautonomie. So gab denn auch der französische Code de Commerce von 1807 die Gründung einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (société en commandite par actions) vollständig frei (sogenanntes System der freien Körperschaftsbildung). Von diesem System zu unterscheiden ist einerseits das Konzessionssystem, nach welchem die Gründung einer Kapitalgesellschaft der staatlichen Genehmigung bedarf 61, und andererseits das System der Normativbestimmungen, nach dem die Gesellschaft als juristische Person entsteht, wenn gesetzlich bestimmte Mindestvoraussetzungen erfüllt sind62. Die Freiheit der Körperschaftsbildung wurde für die KGaA im Vertrauen auf die persönliche Haftung des Komplementärs als Führungsperson in der Gesellschaft belassen. Für die Gründung der Aktiengesellschaft (société anonyme63) hatte der Code de Commerce von 1807, der sie erstmals regelte, einen Genehmigungszwang vorgesehen. Bei der KGaA hatte der Code de Commerce auch die Inhaberaktie anerkannt. Aufgrund der Gründungsfreiheit mit anonymen und leicht zirkulierbaren Aktien riss bald ein abenteuerlicher Gründungsschwindel ein: Etwa die Gründung einer KGaA „pour le mariage de l’Amérique et de l’Afrique“ mit 20 Mio Franken Kapital, eingeteilt in Aktien zu einem Franken. In einem anderen Fall wurden Anteilsscheine auf der Tenne mit dem Besen durcheinandergewirbelt, damit sie den Anschein kouranter Papiere erhielten. Erst 1856 fand der fran-

57 Zur Herkunft der Aktiengesellschaft in ihrer Gesamtgeschichte s K. Lehmann Recht der Aktiengesellschaften Bd I S 4 ff. 58 Zu v Thaer s Fontane (Fn 56). 59 Sie wurden geregelt durch das Preußische AktG von 1843, Neuabdruck des Textes und der Materialien in: Baums (Hrsg), Gesetz über die Aktiengesellschaften für die Königlich Preußischen Staaten 1981; zum Preuß AktG auch Hadding/Kießling, FS Hattenhauer 2003, 159 ff. 60 Ring, Kommentar zum Reichsgesetz betr KGaA und AG, 2. Aufl, 1893, S 3 f. 61 Ausführlich GK-AktG/Assmann Einl Rn 21 f. 62 Ausführlich GK-AktG/Assmann Einl Rn 80, 92 f. 63 Der Name rührt von der reinen Sachfirma her (Bezeichnung nur nach dem Unternehmensgegenstand, ohne Hinweis auf Gesellschafternamen).

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zösische Gesetzgeber zu einem besseren Gründungsschutz durch spezialgesetzliche Regelung64. Das durch Gesetzgebungsakte der Staaten des Deutschen Bundes als übereinstimmende Gesetze der Einzelstaaten65 in Kraft gesetzte Allgemeine Deutsche Handelsgesetzbuch (ADHGB) von 1861 regelte vor der Aktiengesellschaft die Kommanditgesellschaft auf Aktien als Spezialform der Kommanditgesellschaft. Entgegen der französischen Regelung statuierte das Gesetz den Genehmigungszwang mit der Staatsaufsicht auch für Kommanditgesellschaften auf Aktien. Nach dem preußischen Entwurf zum ADHGB sollte das Genehmigungserfordernis bei der KGaA durch ein System von Normativbestimmungen ersetzt werden. Das ADHGB hat das System der Normativbestimmungen übernommen, aber inkonsequenterweise mit dem Genehmigungserfordernis gekoppelt. Zum System der Normativbestimmungen bei der KGaA gehörte die Bestimmung, dass der Gesellschaftsvertrag die Bestellung eines Aufsichtsrats vorsehen musste. Dies wurde gerechtfertigt durch die Notwendigkeit des Schutzes der Kommanditaktionäre und der Gesellschaftsgläubiger vor den Komplementären66. Die Sicherheit der Kommanditaktionäre wurde gestärkt durch die Bestimmung über die Höchstdauer von 5 Jahren, für die die Aufsichtsratsmitglieder gewählt werden konnten67. Für die Aktiengesellschaft bestimmte das Gesetz demgegenüber einen obligatorischen Aufsichtsrat nicht. Das Konzessionssystem hat sich als allgemeines Prinzip bei der Gründung von Kapitalgesellschaften nicht bewährt. Die Misslichkeit des Konzessionssystems ist eindrucksvoll im Kommentar von Anschütz/Völderndorff veranschaulicht 68: Die Erfahrungen seien dem Genehmigungssystem entschieden ungünstig. Weder die Genehmigung noch die staatliche Aufsicht hätten die Entstehung unsolider Aktiengesellschaften und die Verluste von Millionen von Aktienkapitalien zu verhindern vermocht, weil Staatsregierungen und Staatsorgane in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle weder imstande seien noch imstande sein könnten, die wirtschaftliche Basis und das künftige Gedeihen kommerzieller und industrieller Unternehmungen amtlich zu prüfen und festzustellen. Das System verhindere nicht den Schaden. Ja, es produziere ihn: Es werde der Anschein eines besonderen Ansehens durch die staatliche Genehmigung erweckt. Dieser Anschein werde zum Kredit ausgenutzt, andererseits würden die Aktionäre von einer eigenen Prüfung und Wachsamkeit abgehalten. Weiterhin verzögere das Genehmigungsverfahren das jeweilige Projekt. Die Genehmigung treffe oft erst ein, wenn die Verhältnisse schon ganz anders lägen als bei der Gründung. In der vom Norddeutschen Bund, der das ADHGB zum Bundesgesetz erhoben hatte, ausgehenden Aktienrechtsnovelle von 1870 wurde aus diesen Gründen das Konzessionssystem für beide Gesellschaftsformen, AG und KGaA, abgeschafft. Man ging nunmehr konsequent zum System der Normativbestimmungen über. Sodann machte die Novelle die Natur der KGaA und der AG als Handelsgesellschaft vom Betreiben eines Handelsgewerbes unabhängig. Die Novelle von 1870 beschränkte allerdings den Schutz durch das System der Normativbestimmungen auf wenige Normen, die leicht zu erfüllen waren. Die Staatsaufsicht wurde

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GK-AktG/Assmann Einl Rn 32. Sog allgemeines Recht im Unterschied zum gemeinen, dh aus einheitlicher Quelle stammenden Recht. Makower Das allgemeine Deutsche Handelsgesetzbuch 1868, Fn 10a zu Art 175. Makower Fn 30 zu Art 191, mit Hinweis auf die Motive des preußischen Entwurfs. Anschütz/Völderndorff-Waradein, Kom zum Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuche mit Ausschluss des Seerechts, Bd II, 1868, S 477.

III. Die Entwicklung des deutschen Rechts der Aktiengesellschaft und der GmbH

jetzt auch für die AG durch den obligatorischen Aufsichtsrat ersetzt. Die Aktienrechtsnovelle von 1870 hat also für die Aktiengesellschaft das dualistische Verwaltungssystem geschaffen, das bis heute für das deutsche Recht charakteristisch geblieben ist. Italien hat dieses System übernommen. Demgegenüber lässt das französische Recht die Wahl zwischen einem besonderen Aufsichtsorgan und dem Board-System iS des anglo-amerikanischen Rechts zu69. Die weitgehende Freiheit der Gestaltung, die die Novelle von 1870 ließ, wurde alsbald erheblich missbraucht. Insbesondere in der Gründerzeit nach dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870/187170 kam es gehäuft zu betrügerischen Operationen, deren Möglichkeit als Folge der Aufhebung des Konzessionssystems die Verfasser der Novelle von 1870 sogar vorausgesehen hatten, mangels konkreter Erfahrungen aber noch nicht hatten steuern wollen71. In den Jahren von 1871–1873 sind 843 AG neu gegründet worden. Dabei sind Bareinlagen durch vorgeschobene Strohmänner gezeichnet worden. Statt Ersteinzahlung auf die Bareinlagen wurden bloße Guthaben der Gesellschaft gegenüber den Gründern eingerichtet. Es war möglich, Interimsscheine auf den Inhaber nach Einzahlung von 40% auf die Einlage auszugeben. Für die sog Einlagegesellschaft (genauer Sacheinlagegesellschaft) war typisch, dass auf die übernommenen Anteile Unternehmen oder Grundstücke eingebracht wurden, die erheblich überbewertet wurden. Es bestand keine Verantwortlichkeit der Gründer. Die Aktien wurden unter Reklamerummel gewinnbringend losgeschlagen, das Agio (eine Vergütungszahlung für die Aktie über den Nominalbetrag hinaus) war als Gewinn ausweisbar, obwohl diese Mehrzahlung, die die Gesellschaft einnimmt, nur einer Spekulation auf künftigen Gewinn entspricht, aber keine Gegenleistung für eigene produktive Tätigkeit der Gesellschaft bedeutet. Ein besonderes Beispiel der Publikumstäuschung war die wie folgt gestaltete Eisenbahngesellschaft: Die Gründer teilten sich in Finanz- und Baukomité auf. Das Finanzkomité zeichnete die Aktien. Das Baukomité baute gegen einen Baupreis, der der gesamten Summe des Grundkapitals der Aktiengesellschaft entsprach. Insgeheim floss ein Teil des Baulohns wieder an das Finanzkomité zurück, das sich daraus bezüglich etwaiger Verluste aus Aktienemittierung bezahlt machte, aber auch einen Gewinn einstrich. Ein solcher, und zwar kräftiger Gewinn, steckte natürlich auch in dem von dem Baukomité geforderten Baupreis (wobei der Rückfluss an das Finanzkomité gleich mit einberechnet war). Besonders gewinnträchtig war es, wenn dieselben Personen sowohl Finanz- wie Baukomité besetzten. Nach langem Ringen und Abwarten72 kam in Reaktion auf die erheblichen Missstände noch vor der Schaffung des neuen HGB die Novelle von 1884 zustande 73. Sie reglementierte die Gründung und vor allem (straf- und zivilrechtlich) die Gründerverantwortlichkeit. Die

69 In Frankreich werden die beiden Systeme „la direction à la française“ und „la direction à l’allemande“ genannt, Cozien/Viandier/Deboissy, Droit des sociétés, 15. Aufl, 2002, S 276. S a Hopt/Wymeersch/Hopt Comparative Corporate Governance, 1997, S 12 f; ders, ZGR 2000, 779, 815. 70 Darstellung s Einleitung von Walther Killy in: Wilhelm v Kügelgen Bürgerleben, 1990. 71 S Ring, Kom z Reichsgesetz betr KGaA und AG S 9. 72 Insbes wurde immer wieder auf das bald erscheinende neue HGB verwiesen, welches mit dem BGB zusammen erlassen werden sollte. 73 Novelle zum „Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich“. Das ADHGB war mit Gesetzen v 16. und 22.4.1871 zum Reichsgesetz erhoben worden. Materialien zur Novelle: Entwurf mit Begründung, vorgelegt dem Bundesrath am 7.9.1883, abgedruckt bei Busch Archiv für Handelsrecht (Archiv für Theorie und Praxis des Allgemeinen Deutschen Handels- und Wechselrechts) Bd 44 (1883), Reichstagsvorlage v 7.3.1884, mit weitgehend identischer Begründung, in: Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages 5. Legislaturperiode IV. Session Bd III 1884 Anlagen Aktenstück Nr 21 S 215 ff, 233 ff.

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Ausgabe von Interimsscheinen auf den Inhaber wurde untersagt, zusätzlich wurde die Haftung der Vormänner bei nicht voller Einzahlung der Einlagen eingerichtet. Das Agio wurde in den Reservefonds verwiesen, wie dies heute noch in § 272 II Nr 1 HGB bestimmt ist. Eine Lücke wies die Novelle von 1884 allerdings hinsichtlich der Klagebefugnis für Aktionäre auf. Zwar regelte sie erstmalig die Anfechtungsklage des Aktionärs gegen HV-Beschlüsse74. Sie verdrängte dadurch aber die in der Rechtsprechung des ROHG entwickelten Ansätze zu einer Gesellschafterklage auch gegen Maßnahmen der Verwaltung75. Allgemein kennzeichnend kann man zu dem Rechtszustand nach der Novelle von 1884 sagen: Die AG erhielt eine gewisse Formstrenge und Starrheit. Die Gründung wurde erheblich aufwendiger. Sie lohnte sich nur noch für den größeren Aktienverein, der mit viel Kapital für große Projekte ins Leben gesetzt wurde. Das forderte dazu heraus, eine kleinere und beweglichere Rechtsform der Kapitalgesellschaft neben die Rechtsform der AG (und der KGaA) zu setzen. Mit GmbH-Gesetz vom 20. April 1892 hat der deutsche Gesetzgeber in Gestalt der GmbH eine Alternativform der Kapitalgesellschaft „erfunden“, die in Europa vielfach übernommen worden ist. Frankreich (Société à responsabilité limitée, S.A.R.L.), Italien (Società a responsabilità limitata, S.r.l.), Spanien (Sociedad de responsabilidad limitada, S.R.L.) und auch Österreich und die Schweiz haben die Rechtsform in ihr Recht übernommen 76. Mit der GmbH wurde neben die seit der Novelle von 1884 streng und starr geregelte AG eine Rechtsform auch für die kleinere, mehr personalistische Unternehmung, die aber ebenso der Haftungsbeschränkung auf ein bestimmtes Kapital bedurfte, gestellt („kleinere Schwester der Aktiengesellschaft“). Der Gesetzgeber hatte sich zu entscheiden zwischen einem Entwurf von Oechelhäuser77 und dem Modell der GmbH als kleiner AG. Oechelhäuser hatte die neue Gesellschaft als eine Abart der KG vorgesehen dergestalt, dass die Haftung aller Gesellschafter auf Kapitaleinlagen beschränkt war, die zusammen das Grundkapital ergaben. Durchgesetzt hat sich das Gegenmodell der kleineren AG. Danach war die GmbH wie die AG als juristische Person konstruiert mit Kapitalaufbringungs- und -erhaltungspflichten der Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft. Im Unterschied zur damaligen Rechtslage bei der AG war ein Mindeststammkapital normiert (20.000 Mark), die Mindestbeteiligung der Gesellschafter aber geringer festgesetzt als bei der AG (500 statt 1000). Die Gründung war vereinfacht und den Gesellschaftern ein größerer Einfluss in der Gesellschaft eingeräumt. Zu fragen ist, wie sich die personalistische Natur der GmbH im Hinblick auf die Problematik des Anlegerschutzes niederschlägt, der sich die Novelle von 1884 für die AG so dringlich angenommen hatte. Die Gesellschafter der GmbH sind nach dem GmbHG kein Anlegerpublikum. Dies kommt insbesondere in der Beschränkung der Umlauffähigkeit der Geschäftsanteile zum Ausdruck. Nach § 15 III GmbHG bedarf die Abtretung von Geschäftsanteilen durch die Gesellschafter eines in notarieller Form geschlossenen Vertrages. Nach Ansicht des Gesetzgebers sollte sich durch diese Beschränkung der Umlauffähigkeit das Schutzproblem, welches bei der AG bestand, erledigen78. 74 Zur Regelung der Novelle Slabschi Die sogenannte rechtsmissbräuchliche Anfechtungsklage 1997 S 20 ff. 75 Knobbe-Keuk, FS Ballerstedt 1975, S 239; Flume I/2 § 8 V 4 S 310. 76 Zur weltweiten Verbreitung der GmbH s Übersicht GmbHR 1992, 428 sowie Lutter, GmbHR 2005, 1, H. P. Westermann, GmbHR 2005, 4. 77 Abgedruckt in Heft 25 der „Schriften des Vereins zur Wahrung der wirtschaftlichen Interessen von Handel und Gewerbe“, 1891, S 59 ff; abgedruckt auch in Wieland Handelsrecht Bd II S 399. 78 Vgl die Begründung zum GmbHG-Entwurf v 11.2.1892, Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages 8. Legislaturperiode I. Session Bd V Anlagen Aktenstück Nr 660 S 3728, 3729.

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Auf diesen historischen Zusammenhang hinzuweisen ist wichtig. Wenn in Vorschlägen zur Reform der GmbH die Umlauffähigkeit der Geschäftsanteile an der GmbH dadurch gesteigert werden soll, dass § 15 III GmbHG aufgehoben wird79, so ist den Verfassern solcher Vorschläge nicht bewusst, dass sie an einem Grundpfeiler des GmbH-Rechts rütteln. Bei der Beschränkung der Umlauffähigkeit durch § 15 III GmbHG geht es nicht nur um den Schutz des Anlegers durch die Betonung der Komplexität des Geschäfts in Hinsicht auf Beteiligungsverhältnisse und Risikostruktur bei der GmbH, die die notarielle Beratung angezeigt sein lässt, sondern auch um die größere persönliche Festlegung der Anleger: Indem die Möglichkeit der Weiterveräußerung eingeschränkt wird, wird die Bestandskraft des persönlichen Zusammenschlusses und des in ihm gewährleisteten Vertrauens gefördert. In der weiteren Reform zur AG in Deutschland wurde der Weg, die Gesellschaft ordnungspolitisch zum Schutz des Verkehrs und der Anleger voll durchzuregeln, weiter beschritten: Das HGB von 1897 hat als bedeutungsvolle Neuerung das Bezugsrecht der Aktionäre bei der Kapitalerhöhung der AG eingeführt (§ 282 HGB idF v 10. 5. 1897). Das Bezugsrecht konnte freilich durch Beschluss der „Generalversammlung“ (heute: HV) mit einfacher Mehrheit ausgeschlossen werden. Weiter reagierte der Gesetzgeber auf zwischenzeitliche Erfahrungen, dass in der Praxis zwar nicht mehr bewusste Überbewertungen, aber doch zu kühne Bewertungen von Sacheinlagen nach einem gegenwärtig hohen Ertrag vorgenommen wurden. Die Reaktion geschah in Regelungen außerhalb des Handelsrechts, nämlich im Börsenrecht, wo eine Wartezeit für AG bis zur Emissionsfähigkeit der Aktien eingerichtet wurde. Im Jahre 1937 wurde das Aktienrecht gänzlich neu kodifiziert (AktG von 1937). Anlass waren wiederum neu aufgetauchte Missstände und Regelungsprobleme, die sich im Leben mit der bisherigen Normierung gezeigt hatten. Nach dem Ersten Weltkrieg drang infolge der Geldentwertung in erheblichem Maße ausländisches Kapital auf den deutschen Aktienmarkt, dh es wurden deutsche Aktien mit billigem Geld gerne erworben. Gegen die ausländische Überfremdung versuchte man, sich mit den Mitteln der Mehrstimmrechtsaktien (Aktien mit mehrfachem Stimmrecht) zu wehren. Dasselbe Mittel wurde dann auch zur Sicherung gegen unerwünschten inländischen Einfluss benutzt oder zum Aufbau einer im Effekt billig kommenden Mehrheitsherrschaft 80. Zum Zweck einer kapitalmäßig nicht fundierten Herrschaft dienten ebenso die sogenannten Verwaltungsaktien, dh Aktien, die der Aktiengesellschaft selbst gehörten („eigene Aktien“) und deren Rechte deshalb von der Verwaltung der Aktiengesellschaft ausgeübt wurden. Beide Mittel, Mehrstimmrechtsaktien und Verwaltungsaktien, förderten in erheblichem Maße die Konzernierung. Sie sichern die Verwaltungsherrschaft, und die Verwaltung folgt gemeinhin der relativen Mehrheit des Aktienkapitals. Folge ist die Herrschaft von Großaktionären, insbesondere Großaktionärsunternehmen81.

79 55. Deutscher Juristentag, Hamburg 1984, Abt. Wirtschaftsrecht II 4, S K 223. Dass jetzt das MoMiG in § 16 III GmbHG den Erwerb der Geschäftsanteile vom Nichtberechtigten ermöglicht, ist eine Reverenz gegenüber der Sicherheit des Rechtsverkehrs, die die Regelung betreffend die Übertragung der Geschäftsanteile nicht im Grundsätzlichen antastet. 80 Das geschah folgendermaßen: Kauf der Aktienmehrheit, Durchsetzung der Mehrstimmrechtsaktien, Verkauf der Stammaktien, soweit diese für die Mehrheit jetzt entbehrlich waren. 81 Zur zugrunde liegenden Vostellung vom „Unternehmen an sich“, die von Rathenaus Betrachtung des modernen Großunternehmens in der 1918 erschienen Schrift „Vom Aktienwesen“ ausging, Wilhelm, Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person, 1981, 111 ff. S a Knut Wolfgang Nörr zur Aktiengesellschaft in den Schriften Franz Kleins, Rudolf Hilferdings und Walther Rathenaus ZHR 172 (2008), 133.

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Infolge der Weltwirtschaftskrise kam es zu einigen spektakulären Zusammenbrüchen: Danat-Bank, Nordwolle AG, Frankfurter Allgemeine Versicherungsaktiengesellschaft (Favag)82. Diese Zusammenbrüche zeigten die Gefährlichkeit der Großaktionärsherrschaft. Diese führte nämlich zur mangelhaften Aufsicht über die Geschäftsführung der AG: Die Vorstände bestanden aus Großaktionären oder wurden unter dem beherrschenden Einfluss der Großaktionäre besetzt; letztlich bestimmten dieselben Großaktionäre über die Bildung des Aufsichtsrats. Folglich hatte dieser keinerlei Gewicht gegenüber der Macht der Vorstände. Der Vorstand der Favag konnte so die Gesellschaft durch versicherungsfremde Finanzgeschäfte ruinieren83. Die „eigenen Aktien“ trugen nicht nur zu dieser Herrschaft der Großaktionäre bei, sondern waren überdies als solche wirtschaftlich gefährlich. Durch die Nachfrage der Gesellschaft nach den eigenen Aktien können Aktionäre und Gläubiger getäuscht werden. Weiter werden durch den Erwerb Gesellschaftsmittel in Anlagen festgelegt, die bei wirtschaftlichem Niedergang der Gesellschaft nicht liquidierbar sind und die mit dem Verlust der Gesellschaft selbst an Wert verlieren, wodurch sich der Verlust verdoppelt. Insbesondere bei der Danat-Bank verwirklichten sich die Gefahren der eigenen Aktien: Die Danat-Bank besaß bei ihrem Zusammenbruch von 60 Mio RM Grundkapital 35 Mio RM eigene Aktien84. Die Zusammenbrüche bewiesen die Uninformiertheit der Aktionäre und des sonstigen Publikums über den Zustand der Gesellschaft. Der Gesetzgeber sah sich zum Einschreiten gezwungen. 1930 begannen die Reformarbeiten (die Notverordnungen von 193185 waren das erste Ergebnis). Umfassende Neuregelungen wurden sodann im erstmals verselbstständigten (aus dem HGB herausgenommenen) Aktienrecht durch das AktG von 1937 eingeführt. Die Reformideen waren: Zulassung nur großer anonymer Aktiengesellschaften, Mindestkapital von 500.000 RM, Steigerung der Publizität, Einschränkung von Verwaltungs- und von Mehrstimmrechtsaktien86 zugunsten legitimer Kapitalbeschaffungsmittel wie Vorzugsaktien ohne Stimmrecht – s. heute §§ 139 ff AktG – und Schaffung von genehmigtem Kapital – s heute §§ 202 ff AktG. Die Möglichkeit, das Bezugsrecht auszuschließen, wurde eingeschränkt. Der Ausschluss musste in bestimmter Frist angekündigt werden und bedurfte der 3/4 -Kapitalmehrheit (§ 153 III, IV AktG 1937). Neben diesen Reformideen ist die damalige Regelung durch eine konzernfreundliche Gestaltung, insbesondere durch die Unterlassung von Schutzregelungen bei Konzernierung, gekennzeichnet. Hinzu kam, aber nicht charakteristisch 87, an einzelnen Stellen nationalsozialistisches Gedankengut. Zu nennen ist § 70 I AktG 1937 mit der Formulierung, der Vorstand solle das 82 Die Favag wurde mit Hilfe der Allianz in die Neue Frankfurter Allgemeine Versicherungs-AG überführt, Eggenkämper/Modert/Pretzlik/Modert Die Frankfurter Versicherungs-AG 1865–2004, 2004 S 19 ff. 83 Modert (Vornote) S 14 ff, 27 ff. Zur Rolle des Aufsichtsrats S 34 ff. 84 Hopt/Hehl/Vollrath Rn 859 Fn 3. 85 VO des Reichspräsidenten über Aktienrecht, Bankenaufsicht und über eine Steueramnestie v 19.10.1931 RGBl I S 493; Dritte VO des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zur Bekämpfung politischer Ausschreitungen v 6.10.1931, RGBl I S 537. 86 § 12 II 1 AktG 1937 hat Mehrstimmrechtsaktien grundsätzlich für unzulässig erklärt. Der Reichswirtschaftsminister konnte Ausnahmen zulassen, wenn das Wohl der Gesellschaft oder gesamtwirtschaftliche Belange es erforderten. Der Ausnahmetatbestand ist im AktG 1965 noch weiter restringiert worden. Durch das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich – KonTraG – (s u Rn 78) ist auch die Ausnahmemöglichkeit für die Zukunft abgeschafft worden. 87 Zu berücksichtigen ist die Herkunft des Gesetzes aus den Reformarbeiten der 20iger Jahre, K. Schmidt § 26 II 2e S 762 f.

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Unternehmen in eigener Verantwortung leiten, „wie das Wohl des Betriebes und seiner Gefolgschaft und der gemeine Nutzen von Volk und Reich es fordern“. Die Formulierung ist durch das Führerprinzip und die Unterwerfung des Individuums unter die im Führer verkörperte Gemeinschaft geprägt. Dieser Tendenz entsprach ebenso die, allerdings satzungsmäßig abdingbare, Regelung des AktG 1937, dass der Vorsitzende des Vorstands gegen die Vorstandsmehrheit entscheiden konnte, § 70 I 2. Die starke Stellung des Vorstands und die Förderung seiner Handlungsfähigkeit hatten aber neben dem nationalsozialistischen Gedankengut ihren Sinn auch in den sachlichen Bedingungen der Führung eines Großunternehmens und in dem nach dem Ersten Weltkrieg aufgetauchten Gedanken der Sozialpflichtigkeit von Großunternehmen88. Das aus der Zeit des Nationalsozialismus stammende AktG 1937 ist in der Bundesrepublik durch die umfassende Neukodifizierung im AktG von 1965 ersetzt worden. Dieses kann unter dem Leitgedanken der Aktionärsdemokratie gesehen werden: Die Rechte und die Mitwirkung der Aktionäre sollten gegen Verwaltungs- und Konzernherrschaft verstärkt werden. Die Aktionäre wurden verstanden als die untereinander gleichgestellten Anteilseigner, unter Einschluss der Kleinaktionäre. Die Mittel der Verstärkung der Aktionärsrechte waren etwa Publizitätssteigerung, Abschwächung des Depotstimmrechts der Banken, verstärkte Gewinnberechtigung (s zB § 254 I des geltenden AktG), Verstärkung des Auskunftsrechts, Entlastung beim Kostenrisiko im Falle von Klagen. Vor allem aber gibt das neue AktG eine umfassende Regelung des Rechts der verbundenen Unternehmen, welche die Konzernherrschaft in rechtliche Schranken fassen soll (§§ 291 ff AktG). Im Gegensatz zu § 70 I 2 des AktG von 1937 (Durchsetzungsfähigkeit des Vorsitzenden gegen die Vorstandsmehrheit) ist heute § 77 I 2 Hs 2 AktG gesetzt. Danach kann nicht durch Satzung bestimmt werden, dass ein Vorstandsmitglied oder mehrere Vorstandsmitglieder Meinungsverschiedenheiten gegen die Mehrheit seiner Mitglieder entscheiden. Aus der historischen Erfahrung wird auch die Satzungsbestimmung, die bei einem zweigliedrigen Vorstand einen Stichentscheid bei Stimmengleichheit regelt, beargwöhnt89. Ein Stichentscheid wird zugelassen bei dem mehr als zweigliedrigen Vorstand 90. Zwischen vier und zwei Mitgliedern mit der Bestimmung eines Vorsitzenden, dem der Stichentscheid zusteht, ist aber nicht sinnvoll zu unterscheiden. Das neue Konzernrecht kann in einen größeren historischen Zusammenhang eingeordnet werden: Mit zögerlichem Beginn im AktG 1937, verstärkt sodann durch das AktG 1965, hat sich die Entwicklung iS des Systems der Normativbestimmungen, die sich vorher bei der Einzel-AG vollzogen hatte, für die Konzerne wiederholt91. In der Begründung des RegE zum AktG 1965 heißt es: Durch die Neuregelung (des Konzernrechts) werde „der gesellschaftspolitischen Aufgabe, immer weitere Schichten und Kreise unseres Volkes an den Produktionsvermögen der Wirtschaft zu beteiligen und einer Massierung des Kapitals in Händen weniger Personen entgegenzuwirken, wirksam gedient und eine für die Verwirklichung der Forderung breitester Streuung des Eigentums auf dem Gebiete

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Raiser/Veil § 2 Rn 5. OLG Hamburg AG 1985, 251; KK/Mertens § 77 Rn 48. BGHZ 89, 48, 59; KK/Mertens aaO. Zum Wechsel von der Betrachtungsweise des 19. Jahrhunderts, die – insbes in der Person Otto v Gierkes – von der Sicht auf die einzelne Gesellschaft mit gleichberechtigten Aktionären bestimmt war, hin zu den modernen Erscheinungsformen der Gegensätze von Mehrheit und Minderheit, Paket- und Streubesitz, unternehmerisch genutzter Beteiligung und bloßer Vermögensanlage Ballerstedt, FS Knur 1972, 1, 7 ff.

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des Aktienwesens entscheidende Voraussetzung geschaffen“ 92. Das klingt sehr sozialpolitisch, ist aber auch wirtschaftspolitisch gemeint oder jedenfalls zu wenden. Durch die Förderung der Möglichkeit zur Anlegergewinnung wird auch das Ziel eines funktionsfähigen Kapitalmarkts verfolgt. Für die GmbH war eine ähnlich breite Reform geplant, wie sie durch das AktG 1965 für die Aktiengesellschaft durchgeführt worden ist, nämlich die Reform unter Bundesjustizminister Vogel durch den Entwurf von 197293. Der Entwurf zeigt eine weitgehende Übereinstimmung des GmbH-Rechts mit dem AktG 1965. Dieser Entwurf ist nicht verwirklicht worden. Statt dessen ist die GmbH-Novelle von 1980 94 verabschiedet worden, die einige wenige Reformregelungen, insbesondere betreffend die Einmann-Gründung und die Gesellschafterdarlehen, gebracht hat. Grundlegend reformiert hat das GmbH-Recht erst das MoMiG von 2008.

3. Die Wiedervereinigung 66

In die Rechtsformen der Kapitalgesellschaften (und Genossenschaften) nach bundesrepublikanischem Recht ist auch die kollektivierte Wirtschaft der ehemaligen DDR überführt worden. Zunächst wurde unter den Übergangsregierungen von Modrow und de Maizière das in der DDR noch rudimentär in Geltung gebliebene alte Gesellschaftsrecht neu belebt. Sodann ist unter de Maizière bestimmt worden – und dies galt nach der Wende weiterhin -, dass die staatswirtschaftlichen Unternehmensformen, sofern nicht in Kommunalvermögen überführt, mit Wirkung zum 1.7.1990 in Kapitalgesellschaften umgewandelt wurden, wobei die Anteile in der Hand der früheren Treuhandanstalt95 vereinigt wurden. Nach dem DM-Eröffnungsbilanzgesetz war eine Eröffnungsbilanz zu erstellen, in der Ausgleichsposten (Forderungen und Lasten) im Verhältnis zur Treuhandanstalt zu buchen waren. Die LPG mussten sich bis Ende 1991 in eingetragene Genossenschaften umwandeln oder haben sich aufgelöst. Die Produktionsgenossenschaften des Handwerks mussten sich bis Ende 1992 in Kapitalgesellschaften oder Personengesellschaften oder eingetragene Genossenschaften umwandeln oder waren aufgelöst96.

4. Europarecht 67

Für die Weiterentwicklung des Gesellschaftsrechts ist in neuerer Zeit grundlegend bedeutsam das Europarecht. Das europäische Gesellschaftsrecht ist in einem eigenen Abschnitt darzustellen97.

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Kropff AktG S 14. BT-Drucks 6/3088 = BT-Drucks 7/253. 4.7.1980 BGBl I S 836. Mit Wirkung v 1.1.1995 umbenannt in Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (VO über Umbenennung etc v 20.12.1994 – BGBl III/FNA Anh IV-0-4). 96 Zu den Einzelheiten Brunner, JuS 1991, 354 f. 97 U Rn 138 ff.

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III. Die Entwicklung des deutschen Rechts der Aktiengesellschaft und der GmbH

5. Die Entwicklung der deutschen Gesetzgebung bis zur Gegenwart a. Übersicht, Gang der Darstellung War die bisher darzustellende Entwicklung des Kapitalgesellschaftsrechts der deutschen Gesetzgebung übersichtlich, nämlich in deutlichen historischen Abschnitten verlaufen, so hat sich in der neuesten Zeit, wie wir schon zu Anfang unserer Betrachtung ausgeführt haben 98, eine sich geradezu überstürzende Normenflut insbesondere über das Recht der AG ergossen99 und ist, wie oben gesagt, weiter unaufhaltsam in Gang. Waren oben die äußeren Anstöße aufgezählt (Entwicklung des Kapitalmarktrechts, Internationalisierung, Globalisierung) so kann man die inhaltlichen Neuerungen unter den folgenden Stichworten zusammenfassen: Deregulierung und Liberalisierung, Nutzung der elektronischen Kommunikation und – mit einem wie vieles Andere auch aus dem amerikanischen Recht überkommenen Schlagwort – Sicherung der „best practices“ im Rahmen der „corporate governance“ (Transparenz, Kontrolle, Teilhabe). Im Folgenden wird versucht, die Gesetzesschritte einigermaßen vollständig anzusprechen. Nur das Wichtigste wird näher ausgeführt. Nicht nochmals angeführt werden die im ersten Teil angesprochenen100 besonderen Anwendungsformen unserer Kapitalgesellschaften nach dem KAG, dem UBG und dem REITG.

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b. Gesetz für kleine AG Dem Ziel der Deregulierung und Liberalisierung hat sich das Gesetz für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts101 verschrieben. Das Gesetz hat die bis dahin im GmbHG geregelte Möglichkeit der Einmann-Gründung auf die AG übertragen (§ 2 AktG). Mit übertragen wurde das Erfordernis der Bestellung einer Sicherung, wenn der Alleingesellschafter die Einlage noch nicht voll geleistet hat (§ 36 II 2 AktG aF). Dieses ist inzwischen für beide Gesellschaftsformen durch das MoMiG beseitigt. Übrig geblieben ist aus dem Gesetz über die kleine AG für die Einmanngründung die Vorschrift des § 42 AktG, wonach der Alleinaktionär dem Handelsregister namhaft zu machen ist, was bei der GmbH durch das Erfordernis der Gesellschafterliste ohnehin erfüllt ist. Weiter kann nach dem Gesetz die Satzung der AG den Anspruch des Aktionärs auf Verbriefung seines Anteils ausschließen oder einschränken (§ 10 V AktG)102. Sodann ist der Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre (Recht auf den Bezug neuer Aktien bei einer Kapitalerhöhung) erleichtert worden. Der Ausschluss ist seitdem insbesondere dann zulässig, wenn eine Kapitalerhöhung gegen Bareinlage den zehnten Teil des Grundkapitals nicht übersteigt und der Ausgabekurs der neuen Aktien den Börsenpreis nicht wesentlich unterschreitet (§ 186 III 4 AktG). Wesentlich und deshalb schon im Namen des Gesetzes hervorgehoben ist der Reformschritt zu einer Unterscheidung zwischen Aktiengesellschaften verschiedener Prägung. Der Name des Gesetzes ist allerdings irreführend: Das Gesetz hat nicht die Rechtsform einer

98 O Rn 39b. 99 Fleischer behandelt die Entwicklung unter den Schlagwörtern „bubble laws“ und „quack regulations“, FS Priester 2007, 75. 100 Rn 24 f. 101 v 2.8.1994 BGBl I S 1961. Dazu Lutter, AG 1994, 429; zur Eignung der kleinen AG Hölters/Buchta, DStR 2003, 79. 102 Dazu Schwennicke, AG 2001, 118 ff.

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„kleinen AG“ 103 geschaffen. Der Gesetzgeber hat nur einige allgemeine Regelungen erleichtert, sofern Aktiengesellschaften bestimmte, von Vorschrift zu Vorschrift variierende und deshalb je für sich formulierte Voraussetzungen erfüllen. Mehrfach taucht allerdings die Unterscheidung zwischen Aktiengesellschaften, die zum Handel an einer Börse zugelassen sind, und solchen, die dies nicht sind, auf. Aber auch das hat den Gesetzgeber damals noch nicht veranlasst, eine Legaldefinition der börsennotierten AG einzuführen. Die börsennotierte AG ist erst durch das spätere KonTraG definiert worden (§ 3 II AktG idF des KonTraG). Börsennotierte AG sind AG (oder KGaA, § 278 III AktG) deutschen Rechts, deren Aktien zum Handel an Märkten (diese können aber auch ausländische sein) zugelassen sind, die durch staatlich anerkannte Stellen geregelt und überwacht werden (anders der Freiverkehr nach § 48 BörsenG), regelmäßig stattfinden und für das Publikum unmittelbar oder mittelbar zugänglich sind (= § 2 V WpHG). Börsennotierte Unternehmen wurden namentlich nach § 58 II 2 idF des Gesetzes für kleine AG besonders behandelt. Die damals neu eingefügte Vorschrift räumte die Möglichkeit ein, die Kompetenz von Vorstand und Aufsichtsrat zur Dotierung der Rücklagen durch Satzung zu erweitern oder zu beschränken. Für börsennotierte AG sollte nur die Erweiterungsmöglichkeit gelten (§ 58 II 2 idF des Gesetzes für kleine AG). Diese Sonderbehandlung ist inzwischen schon wieder beseitigt. Für nicht börsennotierte Unternehmen ist die Niederschrift über den Inhalt der HV erleichtert worden (§ 130 I 3). Vorschriften über die Einberufung der HV und die Bekanntmachung der Tagesordnung wurden unter anderen Voraussetzungen als der des Merkmals der Börsennotiertheit modifiziert (§§ 121 IV, 124 I 3). c. Rechtsanwalts-GmbH und StückAG

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Im Jahre 1998 zählen wir allein fünf neue Gesetze: das über die Rechtsanwalts-GmbH, das StückAG, das KapitalaufnahmeerleichterungsG (Kap-AEG) 104, das KonTraG und das EuroEinführungsG105. Die Regelung der Rechtsanwalts-GmbH und die Einführung der Stückaktien sind als institutionell bedeutsame Gesetze kurz anzusprechen. Das KonTraG ist ein erstes Gesetz, das in die Bemühung um die Verbesserung der Corporate Governance einzuordnen ist. Es ist in einem eigenen Abschnitt anzusehen. Demgegenüber sind das KapAEG und das EuroEG aus aktuellem und punktuellem Anlass erlassen worden (das eine erlaubte die US-amerikanische Art der Rechnungslegung, weil und soweit diese für die Zulassung an der New Yorker Börse erforderlich war; das andere Gesetz diente, wie der Name sagt, zur Umstellung von DM auf Euro). Mit ihrem Anlass sind die Gesetze überholt, das KapAEG deshalb, weil die Internationalisierung der Rechnungslegung inzwischen allgemein, über den Anlass des KapAEG hinaus, fortgeschritten ist. Die Rechtsanwalts-GmbH ist nach langem Streit über ihre Zulässigkeit durch Einfügung spezieller Vorschriften in die BRAO (§§ 59c ff) gesetzlich anerkannt worden106.

103 Hölters/Buchta erkennen richtig, dass der Gesetzgeber keine neue Rechtsform geschaffen, sondern nur ein rechtspolitisches Schlagwort für den teilweisen Verzicht auf Formalien des Aktienrechts gegeben hat (DStR 2003, 79). Die Autoren sprechen dann gleichwohl durchgehend von Strukturvergleich, Gründung etc betreffs kleiner AG. 104 V 20.4.1998 BGBl I S 707. 105 V 9.6.1998 BGBl I S 1242. 106 Gesetz v 31.8.1998 BGBl I S 2600.

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III. Die Entwicklung des deutschen Rechts der Aktiengesellschaft und der GmbH

Im Gesetz über die Zulassung von Stückaktien (StückAG)107 wurde neben die Nennbetragsaktie die Stückaktie gesetzt (§ 8 III AktG). Die Nennbetragsaktie ist eine Aktie mit bestimmtem und auf der Urkunde aufgedrucktem Geldbetrag; die Summe der Nennbeträge aller Aktien ist gleich dem Grundkapital. Die Stückaktie ist ohne Nennbetrag, jede Stückaktie bedeutet die gleiche Beteiligung am Grundkapital (eben Beteiligung pro Stück). Auch die Stückaktien ergeben zusammen das Grundkapital, indem sich dieses auf die Stückaktien aufteilt: Der Quotient aus Grundkapital und der Zahl der Stückaktien ergibt den Betrag pro Stückaktie; das Gesetz nennt diesen Betrag den „anteiligen Betrag des Grundkapitals“ (§ 8 III 3 AktG). Die Einführung der Stückaktie zog Folgeänderungen in zahlreichen weiteren Vorschriften nach sich. d. Internationalisierung des Bilanzrechts Mit dem KapAEG hat in Deutschland die Entwicklung zu einer weltweiten Internationalisierung des Bilanzrechts108 begonnen, die inzwischen auf der europäischen Ebene und der Ebene der deutschen Gesetzgebung erheblich ausgeweitet worden ist. Anwendbar sind in immer mehr zunehmendem Maße neben oder statt der Bilanzierungsregeln unseres HGB die – inzwischen umbenannten – IAS, die inzwischen auch die nach dem KapAEG noch ermöglichte Anwendung der US-GAAP109 verdrängen. Die IAS heißen in Zukunft IFRS (International Financial Reporting Standards). Auf die IAS (künftig IFRS) verweist die IAS-Verordnung der EG110. Für Unternehmen, die als Wertpapieremittenten an einem organisierten Kapitalmarkt auftreten, schreibt sie mit Wirkung vom 1.1.2005 vor, ihre Konzernrechnung (sog Konsolidierung der Rechnungslegung der einzelnen Konzernunternehmen) nach den IAS zu legen. Für nicht an Kapitalmärkten auftretende Unternehmen und für die Einzelabschlüsse aller Kapitalgesellschaften eröffnet die VO den Mitgliedstaaten die Option, die Rechnungslegung nach IAS zu erlauben. Auf der VO und den weiteren einschlägigen Richtlinien beruht das am 5.12.2004 in Kraft getretene BilanzrechtsreformG (BilReG)111. Die Reform geht aber weiter: Inzwischen liegt ein RegE zu einem BilanzrechtsmodernisierungsG (BilMoG) vor112.

107 V 25.3.1998 BGBl I S 590. 108 Europaweit war das Bilanzrecht schon internationalisiert: Die Rechnungslegungsregelung unseres HGB beruht auf der Bilanzrichtlinie der EG. 109 IAS = International Accounting Standards. GAAP = Generally Accepted Accounting Principles. Nach den GAAP musste ein Unternehmen Rechnung legen, wenn es an der New Yorker Börse (New York Stock Exchange) zugelassen werden wollte (so die Bestimmungen der SEC – Securities and Exchange Commission). Inzwischen (FAZ vom 29.8.2008 Nr 202 S 15) gibt es Ansätze der SEC, die IFRS an die Stelle der GAAP zu setzen. 110 VO (EG) Nr 1606/2002 des e P und des Rates vom 19.7.2002, ABl v 11.9.2002 Nr L 243 S 1. Die Modernisierung des Bilanzrechts betreiben weiter die sog Modernisierungsrichtlinie 2003/51/EG des e P und des Rates vom 18.6.2003 ABl v 17.7.2003 Nr L 178 S 16, die Schwellenwertrichtlinie 2003/38/EG des Rates vom 13.5.2003 ABl v 15.5.2003 Nr L 120 S 22 und die Fair-Value-Richtlinie 2001/65/EG des e P und des Rates vom 27.9.2001, ABl v 27.10.2001 Nr L 283 S 28. 111 BGBl I S 3166. Daneben ist 2004 in Kraft getreten das Gesetz zur Kontrolle von Unternehmensabschlüssen (BilanzkontrollG – BilKoG, BGBl I S 3408). Das Gesetz führt eine stichprobenweise und bei Verdacht auf Bilanzmanipulationen erfolgende Prüfung der Rechnungslegung kapitalmarktorientierter Unternehmen durch ein von staatlicher Seite beauftragtes privates Gremium ein. 112 U Rn 125a

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e. KonTraG und NaStraG 78

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Der Deregulierung und der Sicherung von best practices in der AG hat das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG)113 gedient. Erst jetzt wurde in das AktG die Definition der börsennotierten Gesellschaft eingefügt (§ 3 II). Der Erwerb eigener Aktien wurde erleichtert (§ 71 I Nr 6–8 AktG). Eine interne Kontrolle des Geschäftsgangs wurde ausdrücklich angeordnet (§ 91 II AktG) und die Tätigkeit des Aufsichtsrats intensiviert (§ 110 III). Den Auftrag an den Abschlussprüfer hat nunmehr der Aufsichtsrat und nicht mehr der zu prüfende Vorstand selbst zu erteilen (§ 111 II 3 AktG). Auch die Prüfungsvorschriften des HGB wurden verschärft. Für börsennotierte Gesellschaften wurde über die Mehrfachmitgliedschaft von Aufsichtsräten Transparenz hergestellt (§ 125 II 3 AktG). Die Bindung an das Depotstimmrecht der Aktionäre (§ 128 AktG) und die Möglichkeiten der Schadensersatzverfolgung gegen Vorstandsmitglieder und der Sonderprüfung wurden verschärft (§§ 147 III, 315 S 2 AktG). Bereits 2001 erschien die nächste grundsätzliche Anpassung durch das Gesetz zur Namensaktie und zur Erleichterung der Stimmrechtsausübung (NaStraG)114 als notwendig. Sie stand unter den Motiven zum einen der Neugestaltung der Aktien nach US-amerikanischer Praxis (die grundsätzlich mit Anteilen arbeitet, die unseren Namensaktien entsprechen) und zum anderen der Verbesserung der Arbeit der Organe der AG und der Teilhabe der Aktionäre. Der Name Aktienbuch erschien nicht mehr zeitgemäß und wurde entsprechend dem amerikanischen Ausdruck registered shares in „Aktienregister“ umgewandelt (§ 67 I AktG). Die Regelung der Namensaktie wurde verändert (§ 67). Dem Aufsichtsrat wurde die Möglichkeit einer Beschlussfassung außerhalb einer Sitzung eingeräumt (§ 108 IV). Die Vorschriften über die Kommunikation mit den Aktionären wurden erleichtert und so umformuliert, dass auch moderne Kommunikationstechnologien einsetzbar sind (§§ 125, 128). § 134 III 3 erlaubt das „proxy-voting“, dh dass der Aktionär einen von der Gesellschaft eingesetzten Stimmrechtsvertreter beauftragen kann. Auch die Bevollmächtigung von Kreditinstituten wurde neu geregelt (§ 135 I 1). f. TransPuG

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Im Jahre 2002 hat der Gesetzgeber die Arbeit an der corporate governance in einem großen Schritt fortgesetzt in dem Gesetz zur weiteren Reform des Aktien- und Bilanzrechts, zu Transparenz und Publizität (TransPuG)115. Vorausgegangen war die Einberufung der Regierungskommission Corporate Governance (nach ihrem Vorsitzenden Baums-Kommission genannt). Diese hat im Juli 2001 umfangreiche Vorschläge gemacht116. Auf der Grundlage dieser Vorschläge ist die Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex eingerichtet worden (nach deren Vorsitzendem Cromme-Kommission genannt). Diese hat den deutschen Corporate Governance Kodex erstellt 117.

113 V 27.4.1998 BGBl I S 786. Zu den Auswirkungen des KonTraG auf die GmbH Altmeppen, ZGR 1999, 291. 114 V 18.1.2001 BGBl I S 123. 115 BR-Drucks 450/02; in Kraft getreten 19.7.2002, BGBl I S 2681. Häufig wird das Gesetz auch TrPublG genannt. Auf der Homepage des Bundesjustizministeriums wird TransPuG gesagt, offenbar, damit die Bezeichnung wie NaStraG und KonTraG als Schlagwort ausgesprochen werden kann. Wir leben in einer Zeit der Mode- und Schlagwörter. 116 BT-Drucks 14/7515, v 14.8.2001. 117 V 20.8.2002, veröffentlicht vom Bundesjustizministerium im elektronischen Bundesanzeiger.

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III. Die Entwicklung des deutschen Rechts der Aktiengesellschaft und der GmbH

Das TransPuG berücksichtigt den Kodex und setzt einen ersten Teil weiterer Gesetzesvorschläge der Regierungskommission Corporate Governance um. Was den Kodex betrifft, verpflichtet das Gesetz börsennotierte Unternehmen jährlich zu einer sog Entsprechenserklärung von Vorstand und Aufsichtsrat, durch die die Erklärung der Gesellschaft zu Jahresabschluss und Lagebericht zu ergänzen ist. Zu erklären ist, inwieweit den Empfehlungen der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance entsprochen wurde und inwieweit nicht (§ 161 AktG). Im Hinblick auf die Notwendigkeit der elektronischen Kommunikation stellt § 25 AktG nF für Bekanntmachungen der Gesellschaft ab 1.1.2003 auf den elektronischen Bundesanzeiger ab. Die Berichtspflicht des Vorstands gegenüber dem Aufsichtsrat wird spezifiziert und elektronischer Form geöffnet (§ 90 I, V AktG). § 110 AktG über Einberufung und Sitzungsfrequenz des Aufsichtsrats wird gestrafft. Die Mitteilungspflichten des Vorstands nach der Einberufung der HV werden gekürzt. Eine virtuelle Teilnahme von Aufsichtsratsmitgliedern an der HV wird ermöglicht, die HV kann gemäß der Satzung in Ton und Bild übertragen werden. Das Auskunftsrecht der Aktionäre (§ 131 AktG) wird ausdrücklich auf die Konzerndimension erstreckt (§ 131 I 4). Auch bei Jahresabschluss und Lagebericht wird in vielen Regelungen die Konzerndimension einbezogen.

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g. Spruchverfahrensgesetz und weitere Gesetze Verfahrensrechtlich von großer Bedeutung zur Abkürzung von Streitigkeiten, die Maßnahmen aufhalten können, die für das Leben der Gesellschaften existenziell relevant sind, ist das Gesetz zur Neuordnung des gesellschaftsrechtlichen Spruchverfahrens (SpruchG) vom 12.6.2003118. Das Gesetz hat für die Streitigkeiten über die Angemessenheit der Bewertung in den Fällen von Aktientausch oder Abfindung bei Konzernverträgen, Eingliederung, SqueezeOut oder Umwandlung ein gegenüber dem gewöhnlichen Zivilprozess zügig durchzuführendes Spruchverfahren eingeführt.

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Hier nur zu verzeichnen sind das Gesetz über die Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat (DrittelbeteiligungsG) 119, das die alten Vorschriften über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer aus dem BetrVG 1952 (aufrecht erhalten im BetrVG 1972) ersetzt hat, und das Gesetz zur Anpassung von Verjährungsvorschriften an das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts 120, welches Unterlassungssünden der Schuldrechtsreform insbesondere im Bereich der Verjährung aktien- und GmbH-rechtlicher Ansprüche121 behoben hat (Art 11, 13 des Gesetzes).

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h. VorstOG Mit Gesetz vom 3.8.2005 (Gesetz über die Offenlegung von Vorstandsvergütungen – Vorstandsvergütungs-Offenlegungsgesetz – VorstOG)122 sind die Vorschriften über die Angaben im An118 BGBl I S 838 (geändert durch Art 5 des Gesetzes zur Einführung der Europäischen Gesellschaft – SEEG – vom 22.12.2004); zum RegE Emmerich, FS Tilmann 2003, 925; zum Gesetz Bungert/Mennicke, BB 2003, 2021. 119 18.5.2004 BGBl I S 974. 120 BGBl I S 3214 ff vom 14.12.2004. Inkrafttreten am Tag nach der Verkündung (Art 25 des Gesetzes). Zum Gesetz Mansel/Budzikiewicz, NJW 2005, 321 ff; zum E Krämer, GmbHR 2004, R 361 f; Thiessen, ZHR 168 (2004), 503 ff. 121 Aufgedeckt von Altmeppen, DB 2002, 514; ders, DB 2002, 879. 122 BGBl I S 2267. Zur Praxis Hohenstatt/Wagner, ZIP 2008, 945.

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hang von Bilanz und Gewinn- und Verlustrechung bei den Kapitalgesellschaften sowie im Konzernanhang im Sinne größerer Transparenz der Bezüge geändert worden (§§ 285 f, 289, 314 HGB). Einbezogen sind die Bezüge von Geschäftsführungsorganen (insbesondere Vorstand der AG), Aufsichtsrat und Beirat sowie ähnlicher Einrichtungen. Eine Individualisierung ist nur für die Vorstände börsennotierter Aktiengesellschaften vorgesehen, davon kann die Hauptversammlung aber absehen. i. UMAG 84

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Am 22.9.2005 ist das Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) in Kraft getreten123. Das Gesetz verwirklicht weitere Vorschläge der Regierungskommission Corporate Governance. Die Neuregelung betrifft vor allem das Haftungsrecht in der AG, die Kontrollrechte der HV, insbesondere ihrer Minderheit, und die Anfechtung von HV-Beschlüssen. Zur Vorstandshaftung ist ein Haftungsausschlusstatbestand betreffend fehlgeschlagene unternehmerische Entscheidungen124 eingefügt worden (§ 93 Abs 1 S 2 AktG), der auf die „business judgment rule“ des amerikanischen Rechts zurückgeht: Danach liegt eine Pflichtverletzung dann nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln125. Die Bestimmung des früheren Rechts, dass für eine schädigende Einflussnahme auf die Vertretung der AG nicht gehaftet wird, wenn die Einflussnahme durch Ausübung des Stimmrechts in der HV geschieht (§ 117 Abs 7 Nr 1 AktG aF), ist aufgehoben. Hintergrund der früheren Bestimmung war, dass eine schädigende Stimmrechtsausübung schon durch die Anfechtung eines durch sie herbeigeführten Hauptversammlungsbeschlusses wirkungslos gemacht werden konnte. Nach der Begründung des RegE ist dieser Gedanke noch in der Weise relevant, dass das Unterlassen einer Anfechtungsklage durch die überstimmten Aktionäre als Mitverschulden (§ 254 BGB) zu berücksichtigen sei. § 123 AktG, der bisher nur die Einberufungsfrist für die HV geregelt hat, wird durch eine Regelung zur Anmeldung zur HV ergänzt. Ein neuer § 127a regelt die elektronische Kommunikation zwischen Aktionären zur Ausübung von Rechten, die von einem Mindestbesitz oder einer Stimmrechtsquote abhängig sind. § 131 II hat einen neuen Satz 2 erhalten, wonach die Satzung oder die Geschäftsordnung (§ 129 AktG) den Versammlungsleiter ermächtigen kann, das Frage- und Rederecht des Aktionärs zeitlich angemessen zu beschränken und dazu Näheres zu bestimmen. Nach der neuen Nr 7 in § 131 Abs 3 AktG kann der Vorstand das Auskunftsverlangen eines Aktionärs

123 BGBl I 2802. Zugrunde liegt der Regierungsentwurf BT-Drucks 14/4051. Zum E Seibert, WM 2005, 157; Wilsing, DB 2005, 35; Gantenberg, DB 2005, 207; Schütz, NZG 2005, 5; zum vorausgegangenen RefE Meilicke/Heidel, DB 2004, 1479 ff. 124 Davon zu unterscheiden die Verletzung von Informations-, Treuepflichten, allgemeine Gesetzes- und Satzungsverstöße, BR-Drucks, Begründung S 17. 125 Diskussion der Formulierung des RefE, der noch von „ohne grobe Fahrlässigkeit“ gesprochen hat, durch Fleischer, ZIP 2004, 685; Ihrig, WM 2004, 2098; Kinzl, DB 2004, 1653; Paefgen, AG 2004, 245; Roth, BB 2004, 1066; Thümmel, DB 2004, 471; Ulmer, DB 2004, 859. Zum RegE unter Berücksichtigung des Zusammenhangs der Neufassung der Vorstandsverantwortlichkeit und der Minderheitsrechte Weiss/Buchner, WM 2005, 162 ff.

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III. Die Entwicklung des deutschen Rechts der Aktiengesellschaft und der GmbH

zurückweisen, soweit die Auskunft auf der Internetseite der Gesellschaft sieben Tage vor Beginn der HV durchgängig zugänglich ist. In § 142 II und IV AktG über die gerichtliche Bestellung oder Auswechslung von Sonderprüfern sind die Beteiligungsquoten für die Antragsberechtigung geändert. An die Stelle des 10. Teils des Grundkapitals oder eines anteiligen Betrags von 1 Mio Euro126 sind der 100. Teil des Kapitals oder der anteilige Betrag (§ 8 III 3) von 100.000 Euro gesetzt worden. § 145 AktG über die Rechte von Sonderprüfern gegenüber dem Vorstand ist durch die Möglichkeit des Gerichts (§ 14 AktG) ergänzt worden, auf Antrag des Vorstands Tatsachen von der Aufnahme in den Bericht der Sonderprüfer auszunehmen, soweit überwiegende Belange der Gesellschaft dies gebieten und die Tatsachen nicht für die Unredlichkeit oder grobe Pflichtverletzung notwendig dargelegt werden müssen, die die Sonderprüfer aufzuklären haben (§ 145 IV). § 147 AktG über die Erzwingung der Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Gründer, Organe und Einfluss nehmende Personen ist wie folgt geändert worden: Nach § 147 I 1 bedarf es grundsätzlich eines Beschlusses der HV mit einfacher Stimmenmehrheit. Die Möglichkeit der Durchsetzung aufgrund eines Minderheitsverlangens ist gestrichen. Dafür ist in § 148 nF ein neuartiges Recht einer Minderheit begründet, deren Anteile zusammen den 100. Teil des Grundkapitals oder einen anteiligen Betrag von 100.000 € erreichen. Die Minderheit kann beantragen, dafür zugelassen zu werden, Ansprüche gemäß § 147 im eigenen Namen geltend zu machen. Im Rahmen der Geltendmachung nach § 147 (auf Beschluss der HV) kann eine Minderheit, deren Anteile zusammen den 10. Teil des Grundkapitals oder den anteiligen Betrag von 1 Mio € erreichen, beantragen, dass das Gericht für die durch die HV erzwungene Wahrnehmung von Ersatzansprüchen andere Vertreter der Gesellschaft bestellt als die, die gesetzlich zur Vertretung der Gesellschaft berufen sind oder im Beschluss der HV bestellt worden sind (§ 147 II 2). § 243 AktG über die Gründe für die Anfechtung von HV-Beschlüssen wird in Abs 4 in Bezug auf die Anfechtung wegen unvollständiger Information ergänzt, und zwar, was die Kausalität der Beschlussmängel und das Verhältnis des Anfechtungsrechts zum Spruchverfahren betrifft. Das Spruchverfahren soll, wenn es in Betracht kommt, die Anfechtungsmöglichkeit wegen unvollständiger Information über Bewertungsfragen verdrängen. In Hinsicht auf die Kausalität wird die Anfechtung wegen unvollständiger Informationserteilung auf die Fälle beschränkt, dass ein objektiv urteilender Aktionär sein Verhalten vom Inhalt der Information abhängig gemacht hätte. Für die allgemeine Anfechtungsbefugnis von Aktionären (§ 245 Nr 1 AktG) ist über die schon bisher geltenden Voraussetzungen des Erscheinens in der HV und der Erklärung eines Widerspruchs zur Niederschrift hinaus erforderlich, dass der Aktionär die Aktien schon vor der Bekanntmachung der Tagesordnung erworben hatte. Diese Voraussetzung beschränkt sodann jetzt auch die spezielle Klagebefugnis von Aktionären, die von Erscheinen und Widerspruch in der Hauptversammlung unabhängig ist, nämlich die gegen die Verfolgung von Sondervorteilen durch andere Aktionäre (§ 245 Nr 3 iVm § 243 II AktG).

126 Nach § 8 III 3 AktG bezieht sich der Begriff des anteiligen Betrags auf Stückaktien. Er ergibt sich, indem man das Grundkapital durch die Anzahl aller Aktien teilt. Der für § 142 II AktG bisheriger Fassung notwendige anteilige Betrag von 1 Mio Euro ergibt sich, indem man den anteiligen Betrag pro Aktie mit der Zahl der an der Antragstellung beteiligten Aktien multipliziert.

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B. Entwicklung des Gesellschafts- und Kapitalmarktrechts

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Der neue § 246a AktG verallgemeinert das bisher für Eingliederungs- (§ 319 VI AktG), Squeeze-Out- (§ 327e II AktG) und Umwandlungsbeschlüsse (§ 16 III UmwG) geregelte Freigabeverfahren. Danach kann das Prozessgericht, wenn gegen die Eintragung eines HVBeschlusses über eine Maßnahme der Kapitalbeschaffung oder Kapitalherabsetzung oder einen Unternehmensvertrag Klage erhoben ist, auf Antrag der Gesellschaft feststellen, dass die Erhebung der Klage der Eintragung nicht entgegen steht und Mängel des HV-Beschlusses die Wirkung der Eintragung unberührt lassen. Das Freigabeverfahren gilt auch für Nichtigkeitsklagen (§ 249 I 1 iVm § 246a AktG). Aufgrund der Freigabe kann das auf Anfechtungsoder Nichtigkeitsklage ergehende Urteil nicht mehr nach § 248 I 3 AktG in das Handelsregister eingetragen werden (§ 242 II 5 AktG nF). Ist der Kläger im Anfechtungs- oder Nichtigkeitsprozess erfolgreich, hat die Gesellschaft ihm Schadensersatz zu gewähren (§ 246a IV AktG). Eine neue Regelung, die sich nur schwer erschließt, ist die Regelung, die § 249 I 3 für Nichtigkeitsklagen statuiert. Danach gilt § 20 II UmwG für einen HV-Beschluss entsprechend, sofern der Beschluss Voraussetzungen für eine Umwandlung schafft und der Umwandlungsbeschluss eingetragen ist. § 20 II UmwG ist eine Vorschrift zum Umwandlungsfall der Verschmelzung. Für andere Umwandlungsfälle wird aber darauf Bezug genommen. Nach der Vorschrift lassen Mängel der Verschmelzung die Wirkungen der Eintragung der Verschmelzung (zu der es insbesondere aufgrund eines Freigabeverfahrens nach § 16 III UmwG gekommen sein kann) unberührt. Wenn § 249 I 3 AktG nF diese Regelung auf Beschlüsse anwendet, die Voraussetzung für eine Umwandlung sind, meint die Vorschrift insbesondere eine uU für die Durchführung einer Umwandlung erforderliche Kapitalerhöhung bei einer beteiligten Gesellschaft. Zu Nichtigkeitsklagen gegen den Erhöhungsbeschluss kann es noch nach längerer Zeit kommen. Die Anfechtungsfrist gemäß § 246 I gilt nicht (§ 249 I 1 nimmt diese Vorschrift nicht in Bezug). Auch die Ausschlussfrist, die § 14 I UmwG für Klagen gegen Verschmelzungsbeschlüsse allgemein bestimmt, erfasst den einer Verschmelzung zugrunde liegenden Kapitalerhöhungsbeschluss nicht. Dann soll aber wenigstens § 20 II UmwG entsprechend gelten, wonach, wenn die Verschmelzung einmal eingetragen ist, Mängel der Verschmelzung die Wirkung der Eintragung nicht berühren. Für die KGaA werden in § 280 I AktG die Wörter „von mindestens 5 Personen“ gestrichen. Auch eine KGaA kann in Zukunft wie die AG (§ 2 AktG) durch eine einzige Person gegründet werden. Der Einmanngründer muss die Stellung des persönlich haftenden Gesellschafters und zugleich alle Kommanditaktien übernehmen. j. EHUG

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Alle Kapitalgesellschaften sind von der Umstellung des bisherigen Handelsregisters auf ein elektronisches Register mit zentraler Erfassung der Daten durch das vom Bundesministerium der Justiz geführte Unternehmensregister betroffen, zu welcher das Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG) vom 10.11.2006127 geführt hat. Zentrale Regelungen enthalten das HGB und die HandelsregisterVO in der neuen Fassung.

127 BGBl I S 2553 ff.

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III. Die Entwicklung des deutschen Rechts der Aktiengesellschaft und der GmbH

k. MoMiG im Vergleich zum Vorschlag der EG-Kommission für ein Statut der Europäischen Privatgesellschaft (SPE); Hinweis auf die „Limited“ Nach dem tief greifenden Reformschritt, den das UMAG im Aktienrecht erbracht hat, ist jetzt eine ebenfalls tief greifende Reform des Rechts der GmbH durchgeführt worden128. Die beiden Reformansätze sind: Modernisierung und dh Deregulierung des GmbH-Rechts, um im Wettbewerb der europäischen Rechtsformen konkurrenzfähiger zu sein129, und sodann Bekämpfung von Missbräuchen, die sich in der längeren letzten Zeit beim Umgang mit Gesellschaften mbH verbreitet hatten. Die mit dem MoMiG eingeführten Änderungen haben aber auch Folgewirkungen wieder im Aktienrecht. Die Bundesregierung hat deshalb in ihrer Presseerklärung vom 26.6.2008 das MoMiG als die umfassendste Reform seit Bestehen des GmbH-Gesetzes bezeichnet130. Da das MoMiG seine neuen Regeln, soweit die Sachgerechtigkeit dies gebot, zugleich für die AG angeordnet hat, ist das Gesetz ein umfassendes Reformgesetz im gesamten Recht der Kapitalgesellschaften geworden.

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Diese Reform könnte freilich, was die GmbH betrifft, ihrerseits bald erheblich an Bedeutung verlieren, wenn der Europäische Gesetzgeber mit seinem Ansatz ernst macht, neben die Europäische Rechtsform der Europäischen Aktiengesellschaft (Societas Europaea, SE131) eine europäische Rechtsform für kleine und mittlere Unternehmen zu stellen durch Erlass einer Verordnung über das Statut der Europäischen Privatgesellschaft (Societas Privata Europaea, SPE). Ein Vorschlag der Kommission für eine solche Verordnung liegt inzwischen mit Dokument vom 25.6.2008 vor 132. Es ist der Vorschlag zu einer der deutschen GmbH entsprechenden europaeinheitlichen Gesellschaft „mit beschränkter Haftung“ 133 mit nicht öffentlich anbietbaren oder handelbaren Anteilen (Art 3 Nr 1 d mit Nr 2 des vorgeschlagenen Statuts). Er soll vom 1. Juli 2010 an die Gründung einer SPE (oder die Umwandlung in eine solche etc) ermöglichen. Man könnte meinen, dass der soeben durch das MoMiG gestählten Wettbewerbsfähigkeit der GmbH durch die neue Europäische Rechtsform Erhebliches von ihrer Wirksamkeit genommen werden wird. Dies ist aus zwei Gründen jedenfalls vorerst nicht zu befürchten: zum einen der Faktor Zeit. Bis eine abgerundete Gestaltung einer Europäischen GmbH durchverhandelt sein und von den Beteiligten als gelungen wird bezeichnet werden können, wird noch viel Zeit gebraucht. Entweder man nimmt sie sich, dann wird das MoMiG noch lange ohne Druck einer europäischen Konkurrenz wirken können. Oder man nimmt sich die Zeit nicht, dann wird kein konkurrenzfähiges Produkt herauskommen. Zum anderen spricht gerade der Vergleich der deutschen Reform durch das MoMiG mit dem jetzt von der Kommission vorgelegten Vorschlag gegen eine bedrohliche Konkurrenzsituation: Vom zweiten Ansatz des MoMiG, dem der Bekämpfung von Missbräuchen, ist in dem Vorschlag nämlich nichts zu sehen. Wird aber die Normierung der europaeinheitlichen Rechtsform nicht auch in dieser Hinsicht ergänzt, so wird die Europa-GmbH notwendigerweise in Hinsicht auf viele Fragen ergänzend nach nationalem Recht behandelt werden müssen. Hinter VO und Satzung (die in die Satzung mindestens aufzunehmenden Punkte sind in einem Anhang I zusammengestellt) ist nämlich nach dem vorgeschlagenen Statut subsidiär anwendbar das nationale Recht des eingetragenen Sitzes über Privatgesellschaften mit beschränkter Haftung (bei uns insbesondere das GmbHG) – Art 4 Nr 1 des Vorschlags. Damit würde aber die Attraktivität der Rechtsform erheblich leiden. Im Folgenden werden den Neuerungen durch das MoMiG die entsprechenden Regelungen nach dem vorgeschlagenen Statut einer SPE gegenübergestellt.

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128 Wegen des Vorziehens der Bundestagswahlen auf den 18.9.2005 konnte nicht mehr umgesetzt werden der RegE zur Neuregelung des Mindestkapitals der GmbH – MindestkapG – (Herabsetzung auf 10.000 €), BR-Drucks 619/05. Zum neuen GmbH-Recht Wedemann, WM 2008, 1381. 129 Mit der GmbH im Wettbewerb der Rechtsformen hatte sich vor dem Inkrafttreten des MoMiG insbesondere Eidenmüller befasst, ZGR 2007, 168. 130 Homepage des BMJ. 131 Dazu u Rz 151 ff. 132 KOM (2008) 396 endgültig. Dazu Teichmann/Hommelhoff, GmbHR 2008, 897; Siems/Rosenhäger/Herzog, Der Konzern 2008, 393. 133 Kom-Vorschlag Nr 7 Kap 1.

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B. Entwicklung des Gesellschafts- und Kapitalmarktrechts

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Die beiden Anlässe für die Reform des deutschen Rechts durch das MoMiG drücken sich in dem Namen des Gesetzes aus: „Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG)“134. Der erste Ansatz (Modernisierung) lag in der Notwendigkeit einer Reaktion auf die Konkurrenz der Rechtsformen in den europäischen Mitgliedsländern. Nachdem der EuGH für im europäischen Ausland gegründete Gesellschaften, die sich – und sei es auch mit dem Hauptgewicht ihrer Tätigkeit oder sogar ausschließlich – im Inland betätigen, die Anerkennung durch die inländische Rechtsordnung durchgesetzt hat135, können Investoren, wenn sie in Deutschland tätig werden wollen, für ihre Unternehmung unter allen im Inland und in den anderen Mitgliedstaaten bereitstehenden Rechtsformen wählen. Der deutsche Gesetzgeber musste bestrebt sein, seine Rechtsform für die mittelständischen Unternehmen hinreichend attraktiv zu halten. Zugleich musste er Hindernisse des deutschen Rechts beseitigen, wenn umgekehrt deutsche Gründungen im Ausland tätig werden wollen.

101a

Zu diesem Ansatz des MoMiG sei ein kurzer Blick auf die Attraktivität derjenigen im europäischen Ausland beheimateten Rechtsform geworfen, die die Sorge um die eigenen Rechtsformen besonders beschäftigt, die Attraktivität der englischen „private limited company by shares“. Die Charakteristika der „Limited“, für die das englische Gesellschaftsrecht (der 2006 reformierte Companies Act) maßgeblich ist, werden hier nicht beschrieben. Dazu sei auf die Spezialliteratur verwiesen136. Bemerkenswert sind die statistischen Zahlen: Für 2002–2006 werden gegenüber etwa 230.000 Neugründungen in der Rechtsform der GmbH ca 46.000 Zweigniederlassungen von Limiteds in Deutschland gezählt137. Auf der Hand liegen Bedenken gegen ein Engagement für eine gewerbliche Betätigung in Deutschland in der Form der Limited. Zunächst hat die Einfachheit der Gründungserfordernisse die Kehrseite, dass der Betätigung in Limiteds nicht das größte Vertrauen entgegengebracht wird138. Mit einem kurzen Blick in Gründungserfordernisse und Organisation einer Limited nach englischem Recht ist es darüber hinaus nicht getan. Das Gesellschaftsrecht steht in Zusammenhang und Nachbarschaft zum weiteren Privatrecht, insbesondere Insolvenzrecht. Es ist ein großer Vorzug der heimischen Rechtsform, dass sie sich in dem vertrauten Recht des eigenen Staates bewegt. Die Warnungen vor einer leichtfertigen Wahl der Limited nehmen mit Recht zu 139.

101b

Der zweite Reformansatz des MoMiG lag in der Bekämpfung von Missbräuchen der GmbH, die mit dem Stichwort Firmenbestattung gekennzeichnet wurden: Von dahinsiechenden Gesellschaften wird zum Nachteil der Gläubiger das letzte Vermögen abgezogen, die Gesell-

134 V 26.10.2008, BGBl I S 2026. 135 Zuletzt „Inspire Art“ Urt vom 30.9.2003, EuGH Rs C-167/01 Slg 2003, I-10155 = ZIP 2003, 1885. Mit Recht spricht man von Schein-Auslandsgesellschaften (krit Seibert, ZIP 2006, 1158 Fn 14): Realität (nur Schein einer Gesellschaft im Ausland) und rechtliche Anerkennung gehen hier auseinander. 136 Insbesondere Clemens Just, Die englische Limited in der Praxis: Einschließlich Ltd & Co KG, 3. Aufl München 2008; sodann Daniel F. Fritz/Ottmar Hermann, Die Pivate Limited Company in Deutschland, Münster 2008. 137 Westhoff, GmbHR 2007, 474. 138 Dazu die interessanten Befragungsergebnisse von Bayer/Hoffmann, GmbHR 2007, 414. 139 Die Reaktion unseres Gesetzgebers auf die Limited hält angesichts von deren Entwicklung und Gefährlichkeit für überzogen Niemeier, ZIP 2007, 1794. Weiter „For Whom the Bell Tolls – Folgen einer Nichtbeachtung englischer Publizitätsgebote durch in Deutschland aktive Limited Companies“ von Zimmer/ Naendrup, ZGR 2007, 789. Diskussion der Deregulierung der deutschen GmbH bei Grunewald/Noack, GmbHR 2005, 189; Happ, ZHR 169 (2005), 6 ff. Zur schon existierenden französischen Ein-EuroS.A.R.L. (société à responsabilité limitée) Becker, GmbHR 2003, 706; Recq/Hoffmann, GmbHR 2004, 1070. Die spanische „Blitz“-GmbH (SLNE – Sociedad Limitada Nueva Empresa) stellt Fröhlingsdorf, RIW 2003, 584 vor. Zur Gesamtentwicklung des „GmbH“-Rechts im internationalen Rahmen ferner Lutter, GmbHR 2005, 1; Eidenmüller Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht 2004.

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III. Die Entwicklung des deutschen Rechts der Aktiengesellschaft und der GmbH

schaften bleiben als leere Hülle übrig, ohne dass sich die hinters Licht geführten Gläubiger an irgendwelche verantwortlichen Personen halten können (sog Bestattungsfälle)140. A. Erster Ansatz: Modernisierung: In zahlreichen Richtungen ist das GmbH-Recht und, soweit sachgerecht, zugleich das Aktienrecht, dereguliert worden: Künftig können Kapitalgesellschaften auch vom deutschen Recht aus für die Betätigung im Ausland gegründet werden Für das Verhältnis von Satzungs- und Verwaltungssitz werden keine Vorschriften mehr gemacht141.

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Die SPE soll ihren eingetragenen Sitz und die Hauptverwaltung oder Hauptniederlassung im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten haben. Die beiden Orte in zwei Mitgliedstaaten zu haben und die Verlegung vom einen in einen anderen Mitgliedstaat sollen zulässig sein (Art 7 I, II des vorgeschlagenen Statuts und Art 36 ff über das Verlegungsverfahren).

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Die Anmeldevoraussetzung nach dem bisherigen deutschen Recht, dass eine etwa erforderliche behördliche Genehmigung des Geschäftsbetriebs schon für die Anmeldung vorliegen muss (§§ 8 I Nr 6 GmbHG, 37 IV Nr 5 AktG aF), hat das MoMiG aufgehoben. Entsprechend ist § 13e II 2 HGB geändert worden. Das nach altem Recht für die Gründung einer GmbH geltende Formerfordernis der notariellen Beurkundung des Gesellschaftsvertrags (§ 2 I GmbHG) ist erheblich erleichtert worden. Bei Gründung unter Beteiligung von höchstens drei Gesellschaftern können die Gründer, sofern sie Bareinlagen vereinbaren und schon einen Geschäftsführer stellen können, eine unkomplizierte Standardgründung aufgrund eines zu beurkundenden Musterprotokolls (Anlage 1a zu Art 1 Nr 50 MoMiG zur Gründung einer Einmann-GmbH, 1b zur Gründung von höchstens drei Gesellschaftern) wählen. Zur Kostenbegünstigung bei Verwendung des Musterprotokolls ist ein neuer § 41d in die KostO eingefügt worden.

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Die vorgeschlagene SPE-VO soll über die Gründung einer SPE nur wenige Anforderungen vorgeben: Die Gründungssatzung bedarf nach dem Vorschlag der Schriftlichkeit und Unterzeichnung aller Gründungsgesellschafter (Art 8 Nr 2 des vorgeschlagenen Statuts). Schriftform soll auch für Änderungen gelten; wer hier unterzeichnen muss, ist im Vorschlag nicht bezeichnet (Art 8 Nr 3). Die Anmeldung zur Eintragung der SPE soll elektronisch erfolgen können (Art 10 Nr 1; so auch bei uns gemäß § 12 HGB). Art 10 enthält weiter eine erschöpfende Liste von Dokumenten und Angaben, die die Mitgliedstaaten für die Eintragung sollen fordern können.

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Zum Kapital der GmbH ist der auch noch im RegE MoMiG verfolgte Ansatz, das Mindeststammkapital von bisher 25.000 € auf 10.000 € herabzusetzen, im Rechtsausschuss des Bundestages aufgegeben worden. Der Betrag bleibt bei 25.000 € (§ 5 I GmbHG). Die Herabsetzung ist im Hinblick auf die neu geschaffene Möglichkeit unterblieben, dass auch eine sog „Unternehmergesellschaft“ gegründet werden kann, für die das Erfordernis eines Mindeststammkapitals überhaupt nicht besteht (§ 5a GmbHG)142.

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140 Zum Missbrauch des Insolvenzverfahrens zum Zweck der Firmenbestattung AG Duisburg NZG 2007, 439. 141 Zur Auswirkung des MoMiG auf das internationale Gesellschaftsrecht Kindler, AG 2007, 721. Zum vorherigen Rechtszustand, der die grundsätzliche Identität von Satzungs- und Verwaltungssitz vorsah und deshalb bei nachträglichem Auseinanderfallen einen Auflösungsgrund nach § 144a IV 2. Var FGG begründete, BGH DB 2008, 1906. 142 Initiiert worden ist die im Referentenentwurf zum MoMiG noch nicht vorgesehene UG durch den Arbeitsentwurf eines Unternehmergesellschaftsgesetzes (UGG), welchen der CDU-MdB Gehb nach Vor-

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B. Entwicklung des Gesellschafts- und Kapitalmarktrechts

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Die Unternehmergesellschaft muss mit der Rechtsformbezeichnung Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) oder UG (haftungsbeschränkt) firmieren (§ 5a I GmbHG). Grundlage auch der Unternehmergesellschaft bleibt freilich das Stammkapital, dieses allerdings in beliebiger Höhe, sofern nur die Bestimmungen über die Geschäftsanteile eingehalten werden. Die Unternehmergesellschaft wird sodann an das Mindeststammkapital von 25.000 € herangeführt: Aus den Jahresüberschüssen der Gesellschaft sind Rücklagen zu bilden, aus denen das Stammkapital von 25.000 € aufgebaut werden soll (§ 5a III GmbHG). Erreicht oder überschreitet die Gesellschaft durch Kapitalerhöhung das Mindestkapital von 25.000 €, so gelten die Sonderbestimmungen über die UG (haftungsbeschränkt) nicht mehr, ohne dass die Firma geändert werden müsste (§ 5a V GmbHG nF)143. Für die Geschäftsanteile der Gesellschafter der GmbH einschließlich der UG geht das MoMiG von den bisherigen Bestimmungen der Mindesteinlagepflicht in Höhe von 100 € und der Beschränkung jedes Gesellschafters auf die Übernahme eines Anteils (§ 5 I, II GmbHG aF) ab. Es sind nur noch die Maßgaben übrig geblieben, dass die Geschäftsanteile auf volle Euro lauten (§ 5 II 1 GmbHG) und zusammen das Stammkapital ausmachen müssen (§ 5 III 2 GmbHG). Daraus errechnet sich bei der Einmanngründung einer UG ein Mindeststammkapital von 1 €.

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Der Vorschlag einer SPE-VO sieht generell nur ein Mindestkapital von 1 € vor (Art 19 Nr 4). Das Kapital ist in den Anmeldungsformalitäten, die die Mitgliedstaaten für einen Eintragungsantrag verlangen können, aufzuführen (Art 10 Nr 2 c). Die Anteile sollen frei gestaltbar sein, auch Vorzugsanteile soll es geben können (Art 14 Nr 2).

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An die Führung der Gesellschafter und ihrer Anteile in der sog Gesellschafterliste (§§ 8 I Nr 3, 40 GmbHG) knüpft eine grundlegende Neuerung an: § 16 III GmbHG ermöglicht den Erwerb von GmbH-Anteilen vom Nichtberechtigten.144 Nicht umfasst diese Möglichkeit den gutgläubig lastenfreien Erwerb eines Geschäftsanteils, an dem Pfandrecht oder Nießbrauch bestellt sind. In die Gesellschafterliste werden auch nur die Gesellschafter, nicht aber Pfandgläubiger oder Nießbraucher am Geschäftsanteil eingetragen. Also ergibt sich auch nicht aus der Nichteintragung solcher Rechte die Vermutung, dass sie nicht bestehen.

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Auch der Vorschlag für eine SPE-VO sieht die Registrierung der Anteile in einer Liste der Anteilseigner vor, allerdings nicht in den Formalitäten für die Anmeldung (Art 10 Nr 2), sondern als vom Leitungsorgan zu erstellende und aufzubewahrende Aufstellung (Art 15 Nr 1, 3). Die Übertragung der Anteile soll im Gegensatz zur notariellen Form gemäß § 15 III, IV GmbHG nur der Schriftform bedürfen (Art 16 Nr 2). Zur Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs verweist Art 16 Nr 5 S 2 des Vorschlags auf das nationale Recht.

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Erhebliche Erleichterungen hat das MoMiG zu den Problemen der Sacheinlagen und der Verbote des Hin- und Herzahlens und der Aufrechnung erbracht145. Für die AG sind die Erleichterungen (noch) nicht übernommen worden, weil die einschlägigen Fragen in die arbeiten zusammen mit Vertretern der Rechtswissenschaft erarbeitet hat. Zum Vorschlag einer UG im RegE Joost, ZIP 2007, 2242; Wilhelm, DB 2007, 1510; Veil, GmbHR 2007, 1080. 143 Der Bundesrat hatte in seiner Stellungnahme (BR-Drucks 354/07, S 7 f) aufgegeben, weitere Gläubigersicherungen in Hinsicht auf die Beseitigung des Mindestkapitalerfordernisses zu prüfen. Mehr als allgemeine Anregungen (zB Haftung der Gesellschafter wegen materieller Unterkapitalisierung) hatte er aber nicht gegeben. 144 Dazu Nicola Preuss, ZGR 2008, 676. 145 Zur Regelung der verdeckten Sacheinlage im RegE MoMiG Büchel, GmbHR 2007, 1065. Zur Reform im Hinblick auf Kapitalaufbringung, -erhaltung und Haftung in der Krise insgesamt K. Schmidt, GmbHR 2007, 1072.

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III. Die Entwicklung des deutschen Rechts der Aktiengesellschaft und der GmbH

Arbeiten zur Umsetzung der Richtlinie zur Änderung der zweiten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie einbezogen werden146. Sind bei der GmbH Sacheinlagen im Gesellschaftsvertrag festgelegt (§ 5 IV GmbHG, bei Kapitalerhöhung § 56 GmbHG), so ist die Eintragung der Gesellschaft oder der Kapitalerhöhung bei Überbewertung nur noch abzulehnen, wenn die Überbewertung „nicht unwesentlich“ ist (§§ 9c I, 57a GmbHG). Die von der Rechtsprechung entwickelte Figur der sog verdeckten Sacheinlage wird definiert und in den Rechtsfolgen erleichtert. Die Definition lautet (§ 19 IV 1 GmbHG): „Ist eine Geldeinlage eines Gesellschafters bei wirtschaftlicher Betrachtung und aufgrund einer im Zusammenhang mit der bei Übernahme der Geldeinlage getroffenen Abrede vollständig oder teilweise als Sacheinlage zu bewerten (verdeckte Sacheinlage)…“ Entgegen der bisherigen Rechtsprechung wird die Bareinlageschuld trotz solcher Abreden zwar nicht erfüllt (§ 19 IV 1 GmbHG). Die Verträge sind aber nicht unwirksam, vielmehr wird der verdeckt eingebrachte Gegenstand unter einigen Maßgaben angerechnet (§ 19 IV 2–5): Für die Bewertung ist der Zeitpunkt der Anmeldung der Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister oder, falls diese später liegt, derjenige der Überlassung an die Gesellschaft maßgeblich. Die Anrechnung erfolgt nicht vor Eintragung. Den Gesellschafter trifft die Beweislast dafür, welchen Wert der Gegenstand zum maßgeblichen Zeitpunkt hatte. § 19 IV wird für die Kapitalerhöhung in Bezug genommen (§ 56 II GmbHG). Entsprechend hat das MoMiG in §§ 19 V, 56a GmbHG das von der Rechtsprechung entwickelte Verbot des Hin- und Herzahlens von Einlagebeträgen an die Gesellschaft einerseits und von Leistungen der Gesellschaft an den Gesellschafter andererseits aufgenommen und geglättet. Die Leistung der Gesellschaft steht der Erfüllung der Einlageschuld nicht entgegen, wenn sie durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gedeckt ist 147. Schließlich wird das Aufrechnungsverbot des § 19 II 2 GmbHG durch die Zulässigkeit der Aufrechnung in dem Fall eingeschränkt, dass für die Anrechnung der zur Aufrechnung gestellten Forderung § 5 IV 1 GmbHG (Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag) eingehalten wird. Der Vorschlag einer SPE-VO überlässt das „Entgelt für die Anteile“ der Satzung (Art 20 Nr 1), auch die Frage, ob eine Bewertung einer Sacheinlage durch einen Sachverständigen zu erfolgen hat (Erläuterung des Vorschlags Kap IV). Der Vorschlag überlässt sodann die Ausgestaltung der Haftung der Anteilseigner für ihr Entgelt den nationalen Rechtsvorschriften (Art 20 Nr 3). Damit könnten alle Sicherungsvorschriften unseres GmbH-Rechts doch wieder hereinkommen.

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Ein weiterer wichtiger Deregulierungsschritt unseres MoMiG ist zum Recht der Kapitalerhaltung vollzogen worden, jetzt wieder zum GmbH- und zum Aktienrecht. Die Änderung gilt der Problematik der Gesellschafterdarlehen. Gesellschafterdarlehen sind problematisch, weil die Gesellschafter damit als Gesellschaftsgläubiger auftreten wollen, obwohl für sie möglicherweise nach der Lage der Gesellschaft nur eine einzige Alternative bestanden hätte,

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146 Begründung des RegE MoMiG zu Art 5 (Änderung des Aktiengesetzes), S 118. 147 Man beachte die Divergenz der Rechtsfolgen: im Fall des Hin- und Herzahlens (s Vornote, erster Fall) gänzliche Nichterfüllung, wenn der Rückgewähranspruch nicht vollwertig ist; im Fall der verdeckten Sacheinlage (Vornote zweiter Fall) Anrechnung der Einlageleistung, soweit der Darlehensanspruch des Gesellschafters werthaltig ist. Da sich die Entwurfsverfasser ausdrücklich auf die Cash-pooling-Systeme beziehen – s sogleich Rn 117 –, ergibt sich Folgendes: Steht nach gegenwärtigem Stand im PoolingSystem die Gesellschaft im Minus, gilt die Anrechnung, soweit werthaltig; kommt sie dagegen aufgrund der Einbringung ins Plus, gilt Erfüllung, sofern werthaltig. Der Bundesrat hatte zutreffend vorgeschlagen, die Rechtsfolgen anzugleichen, also auch im Fall des Hin- und Herzahlens entsprechend der Regelung bei der verdeckten Sacheinlage zu sagen: „soweit sie gedeckt ist“, BR-Drucks 354/07 Nr 13, S 13 f.

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B. Entwicklung des Gesellschafts- und Kapitalmarktrechts

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nämlich entweder das Eigenkapital der Gesellschaft aufzustocken, damit diese wieder handlungsfähig werden kann, oder aber die Gesellschaft zu liquidieren. Die Rechtsprechung hatte – unter Berufung auf das allgemeine Verbot der Stammkapitalauszahlung (§§ 30 I, 31 GmbHG), dem entspricht das Verbot des § 57 AktG – in komplizierten Ansätzen daran gearbeitet, die Beeinträchtigung anderer Gläubiger durch Gesellschafterdarlehen in Schranken zu setzen. Daneben hatte auch noch der Gesetzgeber, dieser in der InsO, im AnfG und für die Kapitalgesellschaft & Co im HGB, Regeln über Gesellschafterdarlehen geschaffen. Nach dem MoMiG gibt es kein Nebeneinander von Rechtsprechungs- und Gesetzesregeln mehr. Der Rechtsprechung ist die Grundlage entzogen, sodass nur noch die speziell geregelten gesetzlichen Schranken übrig bleiben. Nach §§ 30 I 3 GmbHG, 57 I 3 AktG nF ist das Verbot der Stammkapitalauszahlung bzw von anderen Auszahlungen als der Gewinnausschüttung auf die Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen nicht mehr anwendbar. Sodann ist die gesetzliche Regelung vereinfacht und zusammengezogen worden. Die Regeln der InsO und des AnfG gelten jetzt für alle Kapitalgesellschaften und alle Kapitalgesellschaften & Co. Weiter hat der Gesetzgeber das bisherige Kriterium aufgegeben, dass nur „eigenkapitalersetzende“ Darlehen erfasst werden. Nach § 39 Abs 1 Nr 5 iVm Abs 4 und Abs 5 InsO nF sind grundsätzlich – Sanierungsdarlehen und Darlehen mit höchstens 10 % beteiligter Gesellschafter ausgenommen – alle Darlehensrückzahlungsforderungen im Insolvenzverfahren nachrangig – allerdings mit einer am Ende des Gesetzgebungsverfahrens noch hereingebrachten Inkonsequenz im Überschuldungstatbestand des § 19 II 2 InsO nF (Voraussetzung einer Rangrücktrittsvereinbarung für die Nichtberücksichtigung). § 44a InsO verweist einen Gesellschaftsgläubiger, dem ein Gesellschafter für seine Forderung Sicherheit gewährt hat, primär auf die Befriedigung aus dieser Sicherheit. Leistungen der Gesellschaft zur Sicherung eines Gesellschafterdarlehens sind nach § 135 I Nr 1 InsO, Handlungen zur Befriedigung wegen eines solchen Darlehens sind nach § 135 I Nr 2 InsO und die Befriedigung eines Dritten, den ein Gesellschafter gesichert hatte, ist nach §§ 135 II, 143 III InsO anfechtbar. Im Rahmen der Einzelzwangsvollstreckung entsprechen die §§ 6, 6a, 11 III AnfG den insolvenzrechtlichen Bestimmungen der §§ 135 I, II, 143 III InsO. Einem Darlehen wirtschaftlich entsprechende Handlungen werden ebenfalls dem Nachrang unterworfen. Schließlich haben Gesellschafter – wieder mit den Ausnahmen der Sanierungs- und der Kleinbeteiligung – Gegenstände, die sie der Gesellschaft zur Nutzung überlassen haben, in der Insolvenz der Gesellschaft noch für ein Jahr von der Insolvenzeröffnung an, allerdings gegen Entgelt, zu belassen (§ 135 III InsO148). Auch in der Gegenrichtung von Darlehen der Gesellschaft an die Gesellschafter erleichtert das MoMiG die Praxis. Nach §§ 30 I 2 GmbHG, 57 I 2 AktG nF gelten die Verbote der Normen nicht, wenn der Anspruch der Gesellschaft gegen den Empfänger-Gesellschafter auf Gegenleistung oder Rückzahlung vollwertig ist. Das Gesetz hat hier insbesondere die sog Cash-Pooling-Systeme im Auge, in deren Rahmen konzernangehörige Gesellschaften bei ihnen angesammelte Liquidität anderen Konzernbeteiligten zur Sicherung der Gesamtliquidität des Konzerns zur Verfügung stellen.

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Der Vorschlag zu einer SPE-VO verfolgt einen vollständig anderen Ansatz im Vergleich zu unserem Kapitalerhaltungsrecht: Ausschüttungen aus dem SPE-Vermögen an die Gesellschafter dürfen nur nicht bewirken, dass die SPE dem „Bilanztest“ nicht genügt, dh dass nach der Ausschüttung die Vermögenswerte nicht mehr die Schulden decken (Art 21 Nr 21, zum Schlagwort Bilanztest s die Erläuterungen Kap IV). 148 Zur Auslegung und zu Auslegungsschwierigkeiten K. Schmidt, DB 2008, 1727.

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III. Die Entwicklung des deutschen Rechts der Aktiengesellschaft und der GmbH Die Begriffe von Vermögenswerten und Schulden werden im Vorschlag einer VO nicht definiert. Vielmehr wird in den Erläuterungen Kapitel IV auf die Rechnungslegungsvorschriften der EG verwiesen. Art 25 1 des Vorschlags verweist auf die Vorschriften des nationalen Rechts. Neben dem Bilanztest soll die Satzung einen sog Solvenztest vorschreiben können (Art 21 Nr 2). Der Bilanztest und, wenn vorgeschrieben, auch der Solvenztest sollen über die Zulässigkeit des derivativen Erwerbs eigener Anteile entscheiden (Art 23 Nr 2). Auf diese Tests kann dann auch für die Kapitalherabsetzung verwiesen werden (Art 24 Nr 1).

Als letzter Schritt auf dem Wege der Deregulierung durch das deutsche MoMiG sind die Kapitalgestaltungsmöglichkeiten bei der deutschen GmbH erweitert worden. Das Institut des genehmigten Kapitals, welches bisher nur im Aktienrecht galt (§§ 202 ff AktG), ist jetzt auch für die GmbH vorgesehen (§ 55a GmbHG).

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B. Zweiter Ansatz: Bekämpfung von Missbräuchen: Die vom Bundesrat vorgeschlagene Intransparenzhaftung149 ist nicht eingeführt worden. Danach sollte der Geschäftsführer haften, wenn die Rechnungslegung für die Gesellschaft mit der Folge unzureichend geführt wird, dass der Vermögensstand der Gesellschaft, insbesondere Vermögensvermischungen mit den Gesellschaftern, verschleiert wird. Die Haftung sollte ergänzend die Gesellschafter treffen. Die Vorschriften über die Insolvenzantragspflicht der Handlungsorgane, dh ihrer Pflicht, bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Gesellschaft Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen (§§ 64 I GmbHG, 92 II AktG, 130a, b, 177a HGB aF), sind in die InsO verschoben und auf die Mitglieder der Vertretungsorgane und die Abwickler aller juristischen Personen und Personengesellschaften, an denen keine natürliche Person als persönlich haftende Gesellschafterin beteiligt ist, ausgeweitet worden (§§ 15a I 1150, II InsO, 11 2 EWIV-AusführungsG). Damit sollen auch ausländische juristische Personen, insbesondere die englische private limited company, wenn sie den Mittelpunkt ihrer hauptsächlichen Interessen in der Bundesrepublik haben, erfasst werden (§§ 3, 335 InsO, Art 3 I EuInsVO). Für die GmbH und die AG wird zugleich der von der Insolvenzantragspflicht betroffene Personenkreis ausgeweitet: Bei Fehlen von Geschäftsführern oder Vorständen (sog Führungslosigkeit der Gesellschaft) sind bei der GmbH die Gesellschafter, bei der AG die Aufsichtsratsmitglieder in die Pflicht zur Antragstellung mit einbezogen (§ 15a III InsO) 151. Was sodann den Bestattungsmissbrauch betrifft, so sichert der Entwurf zustellungsfähige Adressen der Gesellschaften und von Personen, die für sie handeln können, und bezieht bei der GmbH auch die Gesellschafter in die Empfangszuständigkeit ein. Die Einbeziehung der Gesellschafter der GmbH, der Aufsichtsratsmitglieder der AG bei Führungslosigkeit der Gesellschaft in die Insolvenzantragspflicht (§ 15a III InsO nF) ist soeben erwähnt. § 8 IV GmbHG nF (mit Übergangsvorschrift in § 3 I EGGmbHG) verlangt die Angabe einer inländischen Geschäftsanschrift bei Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister

149 BR-Drucks 354/07, S 18 f. 150 IdF, die nach dem Beschluss des Bundesrats, gegen die vorliegende Fassung des RegE MoMiG keinen Antrag nach Art 77 II GG zu stellen, mit Beschluss vom 29.8.2008 vom Bundestag angenommen worden ist, fehlt in § 15a I 1 InsO irrtümlich nach Mitglieder die Eingrenzung „des Vertretungsorgans oder die Abwickler“. 151 Ausnahme: Keine Kenntnis von den Insolvenzgründen oder von der Führungslosigkeit. Weitergehend der Bundesrat: Entlastend der Mangel der Kenntnis, ohne dass grobes Verschulden zugrunde liegt (BR-Drucks 354/07 Nr 29, S 26).

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B. Entwicklung des Gesellschafts- und Kapitalmarktrechts

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und in der Eintragung selbst (ebenso § 37 III Nr 1 AktG; entsprechende Änderung in §§ 13 ff und weiteren Anmeldevorschriften des HGB152 und in der HandelsregisterVO). Nach §§ 35 I 2 GmbHG, 78 AktG können bei Führungslosigkeit der Gesellschaft Erklärungen zugehen und Schriftstücke zugestellt werden an Mitglieder des Aufsichtsrats153 (bei der GmbH: wenn ein solcher bestellt ist; wenn ein solcher nicht bestellt ist, sind die Gesellschafter Empfangspersonen). Die Neufassung des HGB begründet zusätzlich die Möglichkeit einer öffentlichen Zustellung, wenn eine empfangsberechtigte Person nicht erreichbar ist (§ 15a HGB nF). Dementsprechend ist § 185 ZPO ergänzt. Schließlich ist noch ein besonderer Ausplünderungsschutz eingerichtet (§§ 64 S 3 GmbHG, § 92 II 3 AktG154): Sowohl im GmbHG als auch im Aktienrecht ist die sog Insolvenzverschleppungshaftung der Verwaltung (Geschäftsführer bzw Vorstand) erweitert worden. Griff sie bisher nur für den Fall ein, dass noch nach Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Gesellschaft Zahlungen geleistet werden, so gilt sie jetzt auch für den Fall, dass Zahlungen an Gesellschafter die Zahlungsunfähigkeit herbeigeführt haben155. Den neuen Bestimmungen hat der Gesetzgeber insbesondere folgende Bedeutung zugedacht: Nach seiner Auffassung weisen sie einen starken „insolvenzrechtlichen Bezug“ auf und „erleichtern“ damit, dass sie als insolvenzrechtliche Norm qualifiziert und nach europäischem Insolvenzrecht (Art 3 I, 4 I, II 1 EuInsVO) auch auf in Deutschland tätige Auslandsgesellschaften angewandt werden156. Europarechtlich genügt aber schon die Qualifizierung der schädigenden Handlung als unerlaubte Handlung, wie dies das OLG Stuttgart und das LG Kiel für die Nachteilszufügung im faktischen Konzern (§ 317 I 1, 2 AktG) angenommen haben mit der Konsequenz, dass damit nach Art 5 Nr 3 EuGGVO die Zuständigkeit des Gerichts am Orte der (Teilakte der) unerlaubten Handlung, wahlweise am Sitz der Gesellschaft, bei der der Schadenserfolg eingetreten ist, begründet ist157. l. Initiative „Frauen in den Aufsichtsrat“

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Am 9.5.2007 haben Abgeordnete der Grünen eine Gesetzesinitiative mit dem Schlagwort „Frauen in den Aufsichtsrat“ eingebracht158. In Anlehnung an Norwegen regen die Abgeordneten an, eine gesetzliche Quote von 40 % Frauen in den Aufsichtsräten börsennotierter Kapitalgesellschaften zu schaffen. Bei Nichterreichen der Quote soll in letzter Konsequenz die Entziehung der Börsenzulassung drohen. Weiter regt die Initiative an, die Höchstzahl der Aufsichtsratsposten nach § 100 II 1 Nr 1 AktG auf fünf zu begrenzen, wobei der Aufsichtsratsvorsitz doppelt zählen soll. 152 Insbesondere für Zweigstellen von Auslandsgesellschaften (§ 13e HGB nF). 153 Nach § 41 I 2 SE-AusführungsG nF gilt dies bei Führungslosigkeit einer SE für den Verwaltungsrat der SE. 154 Ebenso die Änderungen in § 130a HGB, der insbesondere für die GmbH & Co OHG gilt (auf die Vorschrift bezieht sich § 177a HGB für die GmbH & Co KG). 155 Zu Kausalität und Verschulden nach der Neuregelung Böcker/Poertzgen, WM 2007, 1203. Die Reformschritte der Deregulierung (für die Gesellschafter) und der Missbrauchsbekämpfung (mit Haftungsverschärfung für die Geschäftsführer) stellt in einen kritischen Zusammenhang K. Schmidt, GmbHR 2008, 449. 156 RegE S 107 f. 157 OLG Stuttgart ZIP 2007, 1210; LG Kiel NZG 2008, 346. 158 BT-Drucks 16/5279.

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III. Die Entwicklung des deutschen Rechts der Aktiengesellschaft und der GmbH

m. Entwurf eines Gesetzes zur Einführung erstinstanzlicher Zuständigkeit des OLG Der Bundesrat hat den Entwurf eines Gesetzes zur Einführung erstinstanzlicher Zuständigkeit des Oberlandesgerichts in aktienrechtlichen Streitigkeiten beschlossen159. Der Entwurf dient der Beschneidung von Druckmöglichkeiten sog räuberischer Aktionäre mit Anfechtungsklagen gegen die Wirksamkeit von HV-Beschlüssen. Mittel ist die Beschränkung des Verfahrens durch Einrichtung der erstinstanzlichen Zuständigkeit der OLG anstelle der LG.

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n. Referentenentwurf zum Internationalen Gesellschaftsrecht Seit dem 8.1.2008 liegt ein Referentenentwurf eines Gesetzes zum Internationalen Privatrecht der Gesellschaften, Vereine und Juristischen Personen vor160. Er erklärt die Rechtsordnung desjenigen Staates für maßgeblich, in dessen Gebiet die Gesellschaften etc registriert worden sind.

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Wie zum MoMiG berichtet161, ermöglicht das MoMiG parallel zur Reform des Kollisionsrechts durch Änderung des deutschen Sachrechts nun auch deutschen Gesellschaften den Wegzug ins Ausland. Die Neufassung der §§ 5 AktG, 4a GmbHG erlaubt das Auseinanderfallen des notwendig inländischen Satzungssitzes und des Verwaltungssitzes. Damit kann der Verwaltungssitz einer deutschen Gesellschaft künftig auch im Ausland begründet werden oder später dorthin verlegt werden.

o. Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) Der von der Bundesjustizministerin am 24.4.2008 der Öffentlichkeit vorgestellte Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie 162 – ARUG 163 – ist nicht nur der Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie, sondern zugleich ein Entwurf zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Kapitalrichtlinie vom 6.9.2007 164 insofern, als diese die Möglichkeit vorsieht, bei Aktiengesellschaften die Regelung über Sacheinlagen zu erleichtern. In Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie verstärkt der Entwurf die Möglichkeit börsennotierter Aktiengesellschaften, elektronisch mit ihren Aktionären zu kommunizieren, und umgekehrt für diese, elektronisch an der HV teilzunehmen. Darüber hinaus wird das sog Depotstimmrecht der Banken dereguliert. Was sodann die Umsetzung jener Änderungsrichtlinie betrifft, soll auf die Werthaltigkeitsprüfung bei Sacheinlagen verzichtet werden, wenn diese entweder in Wertpapieren bestehen, die an geregelten Märkten gehandelt und zum Durchschnittskurs der letzten drei Monate angesetzt werden, oder in Vermögensgegenständen, die in aktueller Zeit von externen Sachverständigen bewertet worden sind. In einem von der Umsetzung der Richtlinien unabhängigen Ansatz soll schließlich wieder einmal den sog räuberischen Aktionären entgegengetreten werden165: Insofern sieht der Entwurf zum einen die Freigabe eines mit Klage angegriffenen Beschlusses der 159 BR-Drucks 16/9020 vom 30.4.2008. 160 Abrufbar auf der Homepage des BMJ (www.bmj.bund.de); dazu Wagner/Timm, IPRax 2008, 81; Bollacher, RIW 2008, 200. 161 O Rn 103. 162 Richtlinie 2007/36/EG vom 11.7.2007 über die Ausübung bestimmter Rechte von Aktionären in börsennotierten Gesellschaften, ABl v 14.7.2007 Nr L 184 S 17. 163 Zum RefE Stellungnahme des HR-Ausschusses des DAV, NZG 2008, 534; Seibert, ZIP 2008, 901; Zetzsche, Der Konzern 2008, 321; Maike Sauter, ZIP 2008, 1706; Paschos/Goslar, AG 2008, 598. Zur vorgesehenen Neuregelung im Recht der HV Noack, NZG 2008, 441, Horn, ZIP 2008, 1558. 164 Richtlinie 2006/68/EG des Parlaments und des Rates vom 6.9.2006, ABl v 25.9.2006 Nr L 264 S 32. Zur Richtlinie H. P. Westermann, ZHR 172 (2008), 145. Zum RefE in Hinsicht auf die kapitalbezogenen Regelungsvorschläge Böttcher, NZG 2008, 481. 165 Zum Regelungsvorschlag Waclawik, ZIP 2008, 1141; Niemeier, ZIP 2008, 1148.

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B. Entwicklung des Gesellschafts- und Kapitalmarktrechts

HV bei Klägern vor, die in der Zeit von der Bekanntmachung des Beschlusses an auf Anteile unter 100 € (Nennbetrag oder anteiliger Betrag des Grundkapitals) gekommen sind. Weiter soll die bisher maßgebliche Abwägung zwischen dem Interesse der Gesellschaft einerseits und dem Interesse der Minderheitsgesellschafter als geschlossener Gruppe auf der Klägerseite andererseits nur das Interesse des Klägers auf der einen, und dieses gegen die Interessen der Gesellschaft und der übrigen Gesellschafter auf der anderen Seite abgewogen werden. Schließlich will der Entwurf die analoge Anwendung der §§ 82, 83, 84 ZPO (betreffend Ausdehnung der Reichweite einer Prozessvollmacht um des Gegners willen) statuieren, damit der Möglichkeit der Verfahrensverzögerung durch den Einsatz ausländischer Klagegesellschaften beigekommen werden kann. Den Entwurf des Bundesrats, die Angriffe gegen HV-Beschlüsse durch Konzentration des Verfahrens auf die OLG zu beschränken, greift der RefE nicht auf. p. Regierungsentwurf zu einem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz 125a

Die Bilanzrechtsreform geht weiter. Von Mai 2008 liegt ein Regierungsentwurf zu einem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) vor166. Ziel ist insbesondere eine Deregulierung für Einzelkaufleute mit kleinen Umsätzen oder Erträgen sowie die Anhebung der Schwellenwerte für die Größenklassen der Kapitalgesellschaften (§ 267 HGB) und die Einführung von Sondervorschriften für „kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften“ (definiert in § 264d HGB RegE). Auf Kritik stoßen wegen Überflüssigkeit oder Unklarheit muss der vorgeschlagene § 289a HGB, wonach börsennotierte Gesellschaften eine Erklärung zur Unternehmensführung mit der Entsprechenserklärung (ohnehin zu veröffentlichen, s § 161 AktG) und relevanten Angaben zu Unternehmenspraktiken sowie einer Beschreibung der Arbeitsweise von Vorstand und Aufsichtsrat sowie deren Ausschüssen enthalten muss. Auch dass der Aufsichtsrat eines börsennotierten Unternehmens künftig ein Mitglied aufweisen muss, das unabhängig sein und über Rechnungslegungs- und Prüfungssachverstand verfügen muss, ist je nach Auslegung, was den Sachverstand betrifft, für kleinere Gesellschaften und, was die Unabhängigkeit betrifft, aus Gründen der fastparitätischen Mitbestimmung zweifelhaft. q. Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Überführung der Anteilsrechte an der VW-Gesellschaft mit beschränkter Haftung in private Hand

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Mit dem Regierungsentwurf vom 27. Mai 2008 versucht die Bundesregierung einerseits dem Urteil des EuGH nachzukommen, das bestimmte Vorrechte der Bundesrepublik und des Landes Niedersachsen in der (jetzt) VW-AG nach dem VW-Gesetz als europarechtswidrig beanstandet hat, und andererseits wesentliche Sicherungen des Standortes Niedersachsen, die im Gesetz stehen, aufrechtzuerhalten167. r. Gesetz zur Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenen Risiken (Risikobegrenzungsgesetz)

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Sowohl das Aktien- wie das Kapitalmarktrecht und sogar, was hier aber nicht auszuführen ist, das Recht der Sicherungsgrundschuld nach dem BGB betrifft das Risikobegrenzungsgesetz, welches am 12.8. 2008 verkündet worden ist und zT am 1.3., zT am 31.5.2009 in Kraft tritt und im Übrigen am Tag nach der Verkündung in Kraft getreten ist 168. Das Gesetz sieht Änderungen des WpHG, des WpÜG, der Wertpapierhandelsanzeige- und Insiderverzeichnis-

166 Zu dem E Luttermann, ZIP 2008, 1605; Ernst/Seidler, ZGR 2008, 631; Burwitz, NZG 2008, 694. 167 Zu den Bestimmungen des VW-Gesetzes und dem europarechtlichen Rechtsstreit u Rn 141 u 974. 168 BGBl I, 1666.

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III. Die Entwicklung des deutschen Rechts der Aktiengesellschaft und der GmbH

VO, des AktG und eben des BGB vor. Im hier interessierenden Teil wird die Transparenz bei der Beteiligung von Investoren an börsennotierten Aktiengesellschaften verstärkt. Aufgrund einer Änderung des WpHG (§ 27a nF) müssen bei Erreichen oder Überschreitung eines Stimmrechtsanteils von 10 % die mit der Beteiligung verfolgten Ziele und die Herkunft der Mittel für diese Beteiligung der Gesellschaft, an der die Beteiligung besteht, mitgeteilt werden. Diese Bestimmung tritt am 31.5.2009 in Kraft. Bei Verletzung der Meldepflicht soll eine 6-monatige Stimmrechtssperre drohen 169. Weiter ist die Stimmrechtszurechnung für die Schwellen der Mitteilungspflichten nach §§ 21 ff WpHG und für Übernahmeangebote (§ 30 WpÜG), insbesondere im Fall eines sog acting in concert (§§ 22 II WpHG, 30 II WpÜG), genauer gefasst worden. Abgeschafft wurde die Bestimmung des § 25 I 3 WpHG, die die Zusammenrechnung von Finanzinstrumenten, die zum Erwerb von Aktien nur berechtigen, mit direkten Beteiligungen für die Mitteilungspflichten nach §§ 21 ff WpHG grundsätzlich ausschloss. Diese Änderung des § 25 tritt am 1.3.2009 in Kraft. Die Bestimmung des § 25 WpHG über die Gleichstellung von Finanzinstrumenten mit meldepflichtigen Beteiligungen ist im Fall der Übernahme der Continental-AG durch die Schaeffler-Gruppe (unter dem Dach der Schaeffler KG INA) im Sommer 2008 relevant geworden. Der Fall hat für manche gezeigt, dass das WpHG aF, aber auch in der Fassung nach dem RisikobegrenzungsG, in der Einbeziehung von Finanzinstrumenten nicht weit genug gehe. Schaeffler hatte hier, wirtschaftlich betrachtet, eine einflussreiche Position an der Continental-AG erlangt, ohne dass die Meldepflichten eingriffen. Auch nach dem RisikobegrenzungsG bleibt ein solches „Anschleichen“ möglich: Schaeffler hatte mit mehreren Banken (die sich jeweils mit ihrem Anteilserwerb unterhalb der gesetzlichen Mitteilungsschwellen hielten), ua mit der Investmentbank Merrill Lynch, Swap-Geschäfte im Gesamtvolumen von rund 28 % aller ContinentalAktien vereinbart170. Die Einzelheiten hätten wie folgt lauten können171: Swapvereinbarung (sog CashEquity-Swap) auf den Kurs der Conti-Aktien derart, dass bei höherem Kurs zu Ende der Laufzeit die Bank verpflichtet wäre, die Differenz zum Einstandskurs an Schaeffler zu zahlen, bei niedrigerem Kurs dagegen umgekehrt Schaeffler die Differenz an die Bank. Die Bank hätte sich dann sinnvollerweise vorsorglich mit Conti-Aktien zum Einstandskurs versorgt, die sie im Fall der Verwirklichung des sie treffenden Risikos eines höheren Kurses zu diesem höheren Kurs hätte verkaufen können; nahe lag dann die Möglichkeit, sie Schaeffler anzudienen. Schaeffler wäre, wenn die Gruppe die Aktien erwerben wollte, durch die Differenzzahlungspflicht der Bank gesichert. Gegen ein Fallen des Kurses der von der Bank erworbenen Aktien in der Swap-Laufzeit wäre die Bank durch die Differenzzahlungspflicht von Schaeffler abgesichert. Auch in diesem Fall läge zu Ende der Swap-Laufzeit die Veräußerung der ja nur zu Sicherungszwecken erworbenen Aktien nahe, wieder an Schaeffler172. Die aus der schuldrechtlichen Absprache abzuleitende bloße Expektanz bedeutet aber kein von künftigen Umständen unabhängiges Erwerbsrecht iSv § 25 I 1 WpHG nach der gegenwärtigen und auch nicht nach der Fassung des RisikobegrenzungsG 173.

Schließlich wird im RisikobegrenzungsG durch Änderung des § 67 AktG bestimmt, dass in der Satzung von Aktiengesellschaften geregelt werden kann, unter welchen Voraussetzungen die Eintragung von Namensaktien in das Aktienregister im eigenen Namen zulässig ist, auch wenn die Aktien einem anderen gehören. Folge der Verletzung der Satzungsbestimmung ist das Ruhen der Stimmrechte. Darüber hinaus kann mit derselben Verletzungsfolge die Gesell169 170 171 172

Art 1 Nr 4. Kritisch zu diesem Ansatz Möllers, NZG 2008, 166. Fehr/Jahn in FAZ vom 9.8.2008 Nr 185 S 13. Fehr/Jahn aaO. Wie sie wirklich vereinbart waren, ist der Öffentlichkeit nicht kommuniziert worden. S FAZ vom 23.8.2008 Nr 197 S 16: Schaeffler hat die Swap-Geschäfte mit Merrill Lynch gekündigt, die Bank wird jetzt 28 % Aktien an Conti verkaufen, die Schaeffler-KG hat gute Chancen, dass ihr die Aktien dem Unternehmen angeboten werden. 173 Sehr weitherzig auslegend dagegen Uwe H Schneider/Brouwer, AG 2008, 557, bei mit Geldbuße sanktioniertem Tatbestand (§ 39 II Nr 2f WpHG) sehr zweifelhaft. Für die Erfassung des „Anschleichens“ schon durch das geltende WpHG auch Schanz, DB 2008, 1899. Der Vorstoß mehrerer Konzerne, den Schutz vor Überrumpelung zu verbessern, ist von der Bundesregierung zurückhaltend aufgenommen worden (FAZ 29.8.2008 Nr 202 S 15).

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B. Entwicklung des Gesellschafts- und Kapitalmarktrechts

schaft von einem Eingetragenen die Mitteilung verlangen, ob die Aktien im eigenen Namen oder für wen sie gehalten werden. s. Finanzmarktstabilisierungsgesetz 126a

Das binnen einer Woche durch die Gesetzgebung gepeitschte Finanzmarktstabilisierungsgesetz (FMStG) vom 17.10.2008 und die dieses ausfüllende Finanzmarktstabilisierungsfonds-Verordnung (FMStFV) vom 20.10.2008 stellen die eilige Reaktion des Gesetz- und des Verordnungsgebers auf die im Herbst 2008 über die Finanzmärkte hereingebrochene Krise dar. In seinem Art 1 (Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetz, FMStFG) sieht das Gesetz die Schaffung eines Finanzmarktstabilisierungsfonds (nach dem Gesetz FMS, jetzt gebräuchlich SoFFin) vor, mit dessen Mitteln inländischen Unternehmen des Finanzmarktsektors Garantien gewährt, Eigenkapital zur Verfügung gestellt oder Risikopositionen abgenommen werden können. Der Fonds ist ein nicht rechtsfähiges, aber aktiv und passiv parteifähiges Sondervermögen des Bundes iSv Art 110 I, 115 II GG (§§ 2 II, 3 S 1 FMStFG). In seinem Namen handelt nach § 3a FMStFG eine Finanzmarktstabilisierungsanstalt (FMSA). Nach dem FMStG erfolgen die Stützungsmaßnahmen des Fonds entgeltlich und erlegen dem Unternehmen eine risikoaverse Geschäftspolitik auf. Zur beschleunigten Durchführung der Maßnahmen wird vom geltenden Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht an verschiedenen Stellen abgewichen. Darüber hinaus wird der Überschuldungsbegriff des § 19 II InsO für einen Übergangszeitraum bis zum 1.1.2011 durch den klassischen zweistufigen Überschuldungsbegriff ersetzt (Art 5 FMStG).

IV. Das Kapitalmarktrecht als für die Aktien relevante Rechtsmaterie 127

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Für die Aktie als Mitgliedschaft an der AG ist kennzeichnend ihre Handelbarkeit neben anderen Wertpapieren als Gegenstand des Kapitalmarkts. Infolgedessen gewinnt für Aktieninhaber neben dem Recht der AG das Kapitalmarktrecht zunehmende Bedeutung. Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht wachsen zu einer übergreifenden Gesamtmaterie zusammen. Aktien sind zwar weiterhin Gesellschaftsanteile, zugleich sind sie aber Kapitalmarkttitel und so Gegenstand des Schutzes der Marktbeteiligten. Das neue kapitalmarktrechtliche Denken lässt sich nicht ohne Weiteres mit der aktienrechtlichen Ausgestaltung der Aktionärsstellung vereinbaren. Nach jenem herrscht die Rechnung in Geldeinheiten vor, während das Aktienrecht den Aktionär als Mitglied der AG und deshalb auch als an der Bestimmung des Geschehens in der Gesellschaft beteiligt ansieht. Kapitalmarktrechtlich ist der Gesichtspunkt vorrangig, dass der Anleger informierte Investitionsentscheidungen fällt und vor Kapitalverlust geschützt wird. Gesellschaftsrechtlich ist der Gesichtspunkt vorrangig, dass angemessene Mitwirkungsrechte des Aktionärs durchgesetzt werden müssen. Neben dem Einfluss des europäischen Rechts führt die zunehmende Bedeutung des Kapitalmarktrechts zu einer zweiten tiefgreifenden Neuorientierung unseres Kapitalgesellschaftsrechts174. Die Technik der Verbriefung massenhafter Rechte175 in leicht (heutzutage elektronisch) handelbaren Wertpapieren und deren Verwahrung durch Banken ist im Depotgesetz geregelt. 174 Kapitel G (Rn 690 ff). 175 Wir meinen die Verbriefung einzelner Mitgliedschaftsrechte oder Schuldverschreibungen. Davon zu unterscheiden ist die sog Kreditverbriefung, dh die Abgabe ganzer Bündel von Kreditforderungen durch die Banken an Institute (sog Zweckgesellschaften), die auf der Grundlage und gesichert durch die Kredite

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IV. Das Kapitalmarktrecht als für die Aktien relevante Rechtsmaterie

Der Wertpapierhandel ist grundlegend normiert im BörsenG und im WertpapierhandelsG (WpHG). Für Wertpapiere und sonstige öffentlich angebotene Vermögensanlagen ordnet das Gesetz (insbesondere Wertpapierprospektgesetz, WpPG) die Aufstellung von Prospekten an und regelt diese. Am 1.1.2002 ist das Gesetz zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen (WpÜG)176 in Kraft getreten. Das Gesetz regelt öffentliche Angebote zum Erwerb von Wertpapieren, insbesondere Aktien. Angebote zum Kontrollerwerb (mindestens 30 % der Stimmrechte) müssen öffentlich sein und sind dann auf den Erwerb aller Aktien der Zielgesellschaft zu richten. Zu einem solchen Angebot ist der Erwerber von Aktien einer bestimmten Gesellschaft auch dann verpflichtet, wenn er die Kontrollquote bereits anderweitig erlangt hat. Die deutsche Gesetzgebung hat hier mit Bestrebungen konkurriert, eine europäische Übernahmerichtlinie zu schaffen177. Die RL ist als Richtlinie 2004/25/EG vom 21.4.2004 178 erlassen. Der deutsche Gesetzgeber musste – in Abänderung des soeben ergangenen WpÜG – die europäische Übernahmerichtlinie umsetzen179. Auch das Kapitalmarktrecht befindet sich in ständiger Bewegung: Kapitalmarktorientiert sind die oben180 bereits erwähnten Ansätze zur Modernisierung der Rechnungslegung und Information darüber, das Bilanzkontrollgesetz (BilKoG) und der Entwurf eines BilMoG, weiter das soeben181 referierte Risikobegrenzungsgesetz. An demselben Tage wie das BilKoG (29.10.2004) ist das Gesetz zur Verbesserung des Anlegerschutzes (AnlegerschutzverbesserungsG – AnSVG) 182 beschlossen worden: Das Gesetz dient der Umsetzung der EU-Marktmissbrauchsrichtlinie. Das Insiderrecht, das Recht der Ad-hoc-Publizität und die Regelungen zu Marktmanipulationen werden modernisiert. Weiter wird die Prospektpflicht für die Emission von Wertpapieren auf nicht in Wertpapieren verbriefte Anlageformen erweitert mit entsprechenden Haftungskonsequenzen. Eine weitere Reform zur Verbesserung des Anlegerschutzes verwirklicht das Gesetz vom 16.8.2005 über Musterfahren in kapitalmarktrechtlichen Streitigkeiten (KapitalanlegerMusterverfahrensG – KapMuG –) 183. Mit diesem Vorstoß folgt der Gesetzgeber Anregungen

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(„asset backed“) Wertpapiere („Asset backed securities“) schaffen und im Kapitalmarkt unterbringen. Dies sorgt für erhebliche Streuung der Risiken einerseits und Freiraum für die Banken zur Ausgabe neuer Kredite andererseits. Die Krise um die amerikanischen Hypothekenbanken „Fannie Mae“ (für FNMA) und „Freddie Mac“ (für Federal Home Loan Mortgage Corporation) zeigen allerdings die Anfälligkeit des Systems in der gegenwärtigen weltweiten Finanzkrise (s SZ v 12/13.7.2008 Nr 161 S 1). Zur Frage, ob und für welche Forderungen der öffentlichen Hand asset backed securities zur Mittelbeschaffung für die öffentliche Hand in Frage kommen, Zimmermann, WM 2008, 569. V 20.12.2001, BGBl I S 3822. Texte, Quellen, Materialien in Hirte (Hrsg) WpÜG, 2002. Überblick bei Ekkenga/Hofschroer, DStR 2002, 724; zur Regelung betr Übernahmen Hahn, RIW 2002, 741. S den von der Kommission vorgelegten Vorschlag für eine Übernahmerichtlinie v 2.10.2002 KOM (2002) 534 – 2002/0240(COD). ABl v 30.4.2004 Nr L 142 S 12. Gesetz vom 8.7.2006, BGBl I S 1426. Rn 77, 125a. Rn 126. BGBl I S 2630; RegE BT-Drucks 15/3174. Darstellung bei Holzborn/Israel, WM 2004, 1948 ff, Spindler, NJW 2004, 3449 ff; zur Prospektpflicht und -haftung im grauen Kapitalmarkt nach dem Gesetz Fleischer, BKR 2004, 339 ff. Zu drei Verordnungen, die das BMF vorbereitet hatte (und inzwischen erlassen hat) aufgrund einer Ermächtigungsgrundlage, die das AnSVG im WertpapierHandelsG eingefügt hat, – FinAnV, MaKonV, WpAIV –, s ZBB-Dokumentation 2004, 422 ff. BGBl I S 2437 ff. Die ersten Anwendungsfälle betreffen die Deutsche Telekom und Daimler. Im Fall Telekom klagen 2.700 Kläger eine Gesamtsumme von 80 Mio € ein. Die Kläger haben T-Aktien erworben,

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der Regierungskommission Corporate Governance. Das Gesetz ist auf 5 Jahre befristet (Übergangsregelung in § 20 KapMuG). Nach dem Gesetz können Verfahren gebündelt werden, die Kapitalanleger vor dem LG einleiten (ausschließlicher Gerichtsstand nach § 32b ZPO) zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen aus falscher öffentlicher Kapitalmarktinformation oder Erfüllungsansprüchen aus dem WpÜG. Der Kläger kann Antrag auf Musterfeststellung stellen, welchen das Prozessgericht nach Prüfung im Klageregister des BAnz öffentlich bekannt macht. Das Verfahren vor dem LG wird damit unterbrochen (§ 3 KapMuG). Kommen innerhalb von vier Monaten 9 weitere Anträge hinzu, verweist das erstveröffentlichende Prozessgericht an das übergeordnete OLG (§ 4)184. Kommen nicht genügend gleich gerichtete Anträge zustande, weist das Prozessgericht den Antrag zurück und setzt das Verfahren fort. Ist das Musterverfahren durchzuführen, macht das OLG das Musterfahren bekannt. Das Prozessgericht hat daraufhin alle Verfahren auszusetzen (§ 7). Das OLG wählt nach seinem Ermessen einen Musterkläger aus (§ 8 II)185. Die übrigen Kläger werden beigeladen (§ 8 III). Das OLG entscheidet durch Musterentscheid (§ 14), der mit Rechtsbeschwerde (§§ 574 ff ZPO) anfechtbar ist (§ 15). Der bestandsfeste Entscheid entfaltet Bindungswirkung in den nunmehr fortzusetzenden Verfahren vor den LG (§ 16). Die Regelung erscheint wenig attraktiv, weil sie nicht die Erhebung der Klage jedes einzelnen Betroffenen vor dem LG erspart, was schon deshalb nötig bleibt, damit der Anspruch nicht verjährt. Weiter hat die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Haftung für falsche Kapitalmarktinformationen (KapitalmarktinformationshaftungsG – KapInHaG) vorgelegt 186. Aufgrund massiver Kritik aus der Wirtschaft187 ist der Entwurf aber am 10.11. 2004 zu weiterer Abwägung erst einmal wieder zurückgezogen worden. Der Entwurf bedroht mit Schadensersatzhaftung jeden Emittenten, aber auch jedes Mitglied des Leitungs-, Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans eines Emittenten, wenn diese bei der Emission von Finanzinstrumenten unrichtige Angaben machen oder relevante Umstände verschweigen, es sei denn, dass der Emittent oder das Organmitglied die Unrichtigkeit der Angabe nicht gekannt hat und die Unkenntnis oder das Verschweigen nicht auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit beruht. Durch die Fassung wird die Beweislast hinsichtlich des Verschuldens dem Emittenten oder Organmitglied zugeschoben. Als Schaden wird der Unterschiedsbetrag zwischen Kauf-

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deren Kurs verfallen ist, und klagen auf Schadensersatz aus Prospekthaftung wegen unrichtiger Prospektangaben gegen die Deutsche Telekom AG. Am 7.4.2008 ist nach Erfüllung der Voraussetzungen das Musterverfahren vor dem OLG Frankfurt eröffnet worden (SZ v 7.4.2008 Nr 81 S 2). Im Fall Daimler geht es um die Haftung der Daimler AG aus § 37b WpHG wegen Unterlassung einer Ad-hoc-Angabe über den bevorstehenden Rücktritt des Vorstandsvorsitzenden Schrempp als veröffentlichungspflichtige Insiderinformation. Im Musterverfahren hat das OLG Stuttgart AG 2007, 250 eine veröffentlichungspflichtige Information erst bei Beschlussfassung des Aufsichtsrats angenommen und die Haftung abgelehnt; der BGH hat mit Entscheidung vom 25.2.2008 (Der Konzern 2008, 287) die Sache an das OLG zurückverwiesen. Zur Entscheidung Leuering, DStR 2008, 680. Zum KapMusterverfahren im Fall Infomatec BGH ZIP 2008, 1197. – Zu Arbeiten der europäischen Kommission an einer europäischen Sammelklage Mattil/Desoutter, WM 2008, 521. Möglichkeit eines zentralen OLG und – durch Staatsvertrag – auch eines zentralen OLG im ganzen Bundesgebiet nach § 4 V KapMuG, § 71 II Nr 3 GVG. Im Telekom-Verfahren ist dies ein von einer Tübinger Kanzlei vertretener Kläger, der 1,2 Mio € Schadensersatz verlangt. Stand vom 7.10.2004, Diskussionsentwurf des BMF abgedr in NZG 2004, 1042; zum E Sünner, DB 2004, 2460 ff. S Berichte in der FAZ v 25.10.2004, S 13; vom 27.10.2004, S 19.

V. Das Europäische Gesellschaftsrecht

preis und gewichtetem durchschnittlichem Börsenpreis in der Zeit nach Bekanntwerden der Unrichtigkeit zugrunde gelegt. Das Organmitglied kann die Haftung wegen grober Fahrlässigkeit auf das Vierfache seines Jahreseinkommens (einschließlich variabler Bestandteile wie Aktienoptionen) im letzten Jahr vor der falschen Angabe beschränken. Mit einigen Ausnahmen betreffend steuerliche Regelungen, deren Inkrafttreten von europarechtlichen Maßnahmen abhängig ist, ist am 13.8.2008 das „Gesetz zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen (MoRaKG)“ in Kraft getreten188. Durch das in Art 1 geregelte Gesetz zur Förderung von Wagniskapitalbeteiligungen (Wagniskapitalbeteiligungsgesetz, WKBG) sind sog Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaften geschaffen worden. Art 2 enthält Änderungen des UBGG. Schon das WKBG bringt steuerliche Besonderheiten. Die Art 2–5 des MoRaKG ändern EStG, KStG, GewStG, Art 6 das KWG durch Einfügung der Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaften in § 2 I Nr 6a und Art 7 ändert das FinDAG. Zu dem Gesetz betreffend die gemeinsamen Rechte der Besitzer von Schuldverschreibungen vom 4. Dezember 1899 189 liegt ein RefE zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse bei Schuldverschreibungen aus Anleihen und zur Anpassung kapitalmarktrechtlicher Verjährungsvorschriften vom Mai 2008 vor190. Das deutsche Kapitalmarktrecht ist durch mehrere europäische Richtlinien vorgezeichnet. Das Nähere hierzu ist im Kapitel über Kapitalmarktrecht mit darzustellen191. Hier nur am Rande ist zu erwähnen die sog Beteiligungsrichtlinie192. Ihr geht es um die Erleichterung grenzüberschreitender Beteiligungen im Banken-, Versicherungs- und Wertpapierdienstleistungssektor, soweit hier eine staatliche Kontrolle, insbesondere betreffend Zuverlässigkeit, eingerichtet ist. Es liegt bereits der Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Beteiligungsrichtlinie vom August 2008 vor. Er sieht aufgrund der Richtlinie Änderungen des KWG, VAG, InvG, BörsG ua vor.

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V. Das Europäische Gesellschaftsrecht 1. Ansatzpunkte im EG-Vertrag Der EG-Vertrag gewährleistet die Niederlassungsfreiheit im Gebiet der Mitgliedstaaten (Art 43 EG) und die Kapitalverkehrsfreiheit im Gebiet der Mitgliedstaaten und zwischen Mitglied- und Drittstaaten (Art 56 EG). Der immer weiter zusammenwachsende Wirtschaftsraum der EU erfordert eine zunehmende Vereinheitlichung der nationalen Gesellschaftsrechte193. Für die Verwirklichung der Ziele des EG-Vertrages nennt Art 3 I lit h EG die Harmonisierung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften als eines der wichtigsten Instrumente, insbesondere für die Schaffung binnenmarktähnlicher Verhältnisse in der Gemeinschaft. Dem dienen zwei institutionelle Mittel: Zunächst können die nationalen Gesell188 BGBl I, 1672. RegE BT-Drucks 16/6311, dazu gutachtliche Stellungnahme eines Teams unter Leitung von Ann-Kristin Achleitner/Kaserer, veröff ZBB 2007, 513. 189 RGBl 1899, 691. 190 Dazu Bredow/Vogel, ZBB 2008, 221. 191 U Rn 690 ff. 192 Richtlinie 2007/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5.9.2007, ABl v 21.9.2007 Nr L 247 S 1. 193 Zu Rechtsprinzipien und Regelungskonzepten im europäischen Gesellschaftsrecht Veil, FS Priester 2007, 799.

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B. Entwicklung des Gesellschafts- und Kapitalmarktrechts

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schaftsrechte durch Richtlinien und deren Umsetzung abgestimmt werden. Darüber hinaus können durch VO EU-einheitliche, grenzüberschreitend wirksame Rechtsformen geregelt werden. Zusätzlich zu den institutionellen Mitteln kommt die unmittelbare Einwirkung der Grundfreiheiten nach dem EG-Vertrag auf die nationalen Gesellschaftsrechte in Betracht: Die nationalen Regelungen können unmittelbar gegen die Niederlassungs- oder die Kapitalverkehrsfreiheit verstoßen und insoweit unanwendbar sein. Der EuGH hat insbesondere die Niederlassungsfreiheit allerdings nicht als formal-schematische Schranke angewandt. Besondere Schutzvorschriften der Mitgliedstaaten, die die Niederlassung von Rechtspersonen, die aus anderen Mitgliedstaaten stammen, behindern könnten, sind zulässig nach der sog Gebhard-Formel: Diese Formel macht folgende Voraussetzungen für die Vereinbarkeit einer Schutzvorschrift mit der Niederlassungsfreiheit: nicht diskriminierende Anwendung, zwingende Gebotenheit im Allgemeininteresse und Eignung sowie Erforderlichkeit der Maßnahme194. In institutioneller Hinsicht wird das Ziel der Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit für das Gesellschaftsrecht in Art 44 II lit g EG konkretisiert. Die Vorschrift verpflichtet die Gemeinschaftsorgane Rat und Kommission, die gesellschaftsrechtlichen Schutzbestimmungen zu konkretisieren. Damit ist sie im gesellschaftsrechtlichen Bereich Grundlage für den Erlass von Richtlinien (Art 94 EG) und Verordnungen (Art 95 EG195). Verordnungen sind nach Art 249 II EG unmittelbar verbindliche allgemeine Regelungen. Richtlinien sind nach Art 249 III EG nur hinsichtlich der Regelungsziele verbindlich, überlassen jedoch den Mitgliedstaaten, in welcher Form und mit welchen insbesondere legislatorischen Mitteln sie die Regelungsziele umsetzen. Form und Mittel müssen nur geeignet sein, das verbindliche Richtlinienziel tatsächlich zu erreichen. Die nationalen Rechtsnormen, durch die eine Richtlinie umgesetzt wird, sind richtlinienkonform auszulegen196.

2. Überprüfung nationaler Gesetze 140

Vor der Darstellung der positivrechtlich-institutionellen Verankerung einheitlichen Binnenrechts durch RL oder VO sei die Entwicklung gekennzeichnet, die die Überprüfung nationaler Gesellschaftsrechtsregelungen anhand der allgemeinen Grundsätze der Niederlassungsund der Kapitalverkehrsfreiheit genommen hat197. Aufgrund der Niederlassungsfreiheit hat der EuGH nationales Gesellschaftsrecht für unvereinbar mit dem EG-Vertrag erklärt, soweit dieses aufgrund der – insbesondere bis vor nicht langer Zeit auch in Deutschland noch herrschenden – sog Sitztheorie die Rechtspersönlichkeit bestimmter im Inland tätig werdender Gesellschaften nicht anerkannt hat: Nach der Sitztheorie war die Gründung in einem anderen Staat mit einer Niederlassung im Inland nicht anzuerkennen, wenn die Gründung in dem 194 EuGH Rs C-55/94 Slg 1995, I-4165 (Gebhard). 195 Zusätzliche Grundlage für VO ist Art 308 EG. 196 EuGH Rs 14/83 Slg 1984, 1891 (Colson Kamann); EuGH Rs 80/86 Slg 1987, 3969 (Kolpinghuis Nijmegen BV); EuGH Rs C-91/92 Slg 1994, I-3325 (Faccini Dori); bei Zweifeln steht das Vorlageverfahren nach Art 234 EG zur Verfügung; ausnahmsweise kommt auch eine unmittelbare Geltung der Richtlinie in Betracht; allg Schwarz Europäisches Gesellschaftsrecht 2003 Rn 77, 242 ff. Neben Richtlinien und Verordnungen kommen auch noch Staatsverträge der EG-Mitgliedstaaten mit gesellschaftsrechtlichem Inhalt in Betracht. Sie basieren als begleitendes Gemeinschaftsrecht auf Art 293 EG. Dies bedarf hier jedoch keiner näheren Ausführung, da derartige Staatsverträge im Gesellschaftsrecht keine wesentliche Bedeutung haben. 197 Aufgrund der allgemeinen Grundsätze und der europäischen Verordnungen und Richtlinien beginnt ein Europäisches Gesellschaftsrecht sich zu entwickeln. S zB Schön, RabelsZ 64 (2000), 1 ff.

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V. Das Europäische Gesellschaftsrecht

anderen Staat formell vollzogen wurde, faktisch aber der eigentliche Schwerpunkt bei der Niederlassung im Inland liegen sollte. Der EuGH hat diese Nichtanerkennung für unzulässig erklärt, sofern sie sich auf eine Gründung in einem anderen Mitgliedstaat bezog. Seine Rechtsprechung hat die Möglichkeiten der Gründung von Kapitalgesellschaften erweitert und wird im Kapitel über die Gründung dargestellt198. Die Folgerung aus der Sitztheorie, dass die im Inland gegründete Gesellschaft als aufgelöst gilt und folglich am neuen Sitz neu gegründet werden muss, wenn sie ihren inländischen Verwaltungssitz in einen anderen Mitgliedstaat verlegt, ist von der Niederlassungsfreiheit nicht betroffen199. Will die Gesellschaft hingegen ihren Satzungssitz unter Wechsel des anwendbaren Rechts ins Ausland verlegen, so verstößt es gegen die Niederlassungsfreiheit, wenn das nationale Recht dies mit der Auflösung der Gesellschaft sanktioniert 200. Aufgrund der Kapitalverkehrsfreiheit sind sodann gesellschaftsrechtliche Regelungen angegriffen worden, die auf bestimmte Gesellschaften dem Staat einen besonderen Einfluss sichern sollen. Der EuGH hat Regelungen über sog goldene Aktien (mit Sonderrechten der öffentlichen Hand ausgestattete Aktien) in privatisierten Staatsunternehmen grundsätzlich für unvereinbar mit dem EGV erklärt 201. Vorbehalten hat er die Zulässigkeit von staatlichen Vorrechten, sofern sie bei Unternehmen, die Dienstleistungen im allgemeinen Interesse – Daseinsvorsorge – oder von strategischer Bedeutung erbringen, nicht diskriminierend angewandt und verhältnismäßig seien. Das Argument für generelle Zulässigkeit 202, der Staat brauche überhaupt nicht zu privatisieren, deshalb könne er es auch unter Vorbehalt von staatlichen Sonderrechten tun, hat der EuGH nicht gelten lassen. Vielmehr gilt nach ihm unter Vorbehalt der Gebhard-Formel die Alternative: ganz oder gar nicht. Derzeit steht das VW-Gesetz auf dem europarechtlichen Prüfstand. Dieses sichert dem Land Niedersachsen und dem Bund besondere Einflussrechte bei der Stimmrechtsverteilung und im Aufsichtsrat der VW-AG203. Die bisherige Fassung ist vom EuGH verworfen wor-

198 U Rn 203 ff. 199 So inzwischen der EuGH in der Rechtssache Cartesio (Urteil vom 16.12.2008 Rs C-210/06 Rn 99 ff) in Abweichung von den Schlussanträgen des Generalanwalts Maduro vom 22.5.2008 NZG 2008, 498 = ZIP 2008, 1067. 200 So in Abweichung von der bisher in Deutschland hM (vgl BayObLG DNotZ 2004, 725) nun der EuGH (s Vorn) in einem obiter dictum. 201 Goldene Aktie des französischen Staates im Unternehmen Elf Aquitaine EuGH Rs C-483/99 Slg 2002, I-4781 = BB 2002, 1284 (Goldene Aktien I); Begrenzung der Beteiligungsrechte ausländischer Unternehmen an privatisierten portugiesischen Unternehmen des Banken-, Versicherungs-, Energie- und Verkehrssektors, EuGH Rs C-367/98 Slg 2002, I-4731 = BB 2002, 1282 (Goldene Aktien II); Goldene Aktie der britischen Regierung in Flughafengesellschaft, EuGH Rs C-98/01 Slg 2003, I-4641 = BB 2003, 1524 (Goldene Aktien IV); staatliches Genehmigungserfordernis für Vermögenstransfers in Spanien, EuGH Rs C-463/00 Slg 2003, I-4581 = BB 2003, 1520 (Goldene Aktien V ). Für zulässig erklärt wurden Sonderrechte des belgischen Staates in verschiedenen Energieversorgungsunternehmen, EuGH Rs C-503/99 Slg 2002, I-4809 = BB 2002, 1286 (Goldene Aktien III). Zur Rechtsprechung Armbrüster, JuS 2003, 224; Kilian, NJW 2003, 2653; Bayer, BB 2004, 1, 2 f. 202 Generalanwalt Ruiz-Jarabo Colomer hatte es auf Art 295 EGV (Unberührtheit der Eigentumsordnung durch den EGV) gestützt, Schlussanträge vom 3.7.2001 Slg 2002, I-4731. 203 Gesetz über die Überführung der Anteilsrechte an der Volkswagen Gesellschaft mit beschränkter Haftung in private Hand vom 21.6.1960, BGBl I S 585 mit Änderungsgesetzen von 1966 BGBl I S 461 und von 1970, BGBl I S 1149. Auch dazu Bayer, BB 2004, 1, 3, sowie Krause, NJW 2002, 2747.

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den204. Daraufhin hat die Bundesregierung sich mit einer abgeschwächten Version versucht. Auch gegen diese will die Kommission vorgehen205.

3. Richtlinien 142

Was im Rahmen der positivrechtlichen Vereinheitlichung der mitgliedstaatlichen Gesellschaftsrechtsordnungen die Abstimmung durch Richtlinien betrifft, ist diese durch inzwischen 10 Richtlinien zur Angleichung des Gesellschaftsrechts der Mitgliedstaaten vorangetrieben 206. Es sind die Folgenden: Erste Gesellschaftsrechtliche Richtlinie von 1968 (sog Publizitätsrichtlinie) 207, die ua zur Einführung der positiven Publizität des Handelsregisters (§ 15 III HGB) geführt hat. Entgegen dieser allgemeinen Vorschrift im deutschen HGB betrifft die Richtlinie für Deutschland an sich nur die AG, die KGaA und die GmbH. Sie hat zum Ziel, die Regelungen über die Offenlegung bestimmter gesellschaftsrechtlicher Verhältnisse, die Wirksamkeit der Vertretung durch die Gesellschaftsorgane und die Gründe für die Nichtigkeit von Gesellschaften einheitlich auszurichten und dadurch ein einheitliches Schutzniveau für Dritte zu schaffen, die mit der Gesellschaft zu tun haben 208. Die Zweite Gesellschaftsrechtliche Richtlinie von 1976 (sog Kapitalrichtlinie) 209 hat eine gleichwertige Gestaltung der Eigenkapitalgewährleistung bei den Aktiengesellschaften (in Hinsicht auf Kapitalaufbringung, -erhaltung und -änderung) zum Ziel. Sie bezieht sich folglich allein auf Aktiengesellschaften. Für diese führt sie europaweit den Grundsatz des festen Kapitals mit gesetzlichem Mindestkapital ein. Ua wird das grundsätzliche Verbot vorgegeben, eigene Aktien der Gesellschaft zu erwerben210. In der Änderungsrichtlinie vom 6.9.2006 211 werden die Vorschriften über die Gewährleistung der Werthaltigkeit von Sacheinlagen und über die Zulässigkeit des Erwerbs eigener Aktien erleichtert 212, die Vorgaben zum Gläubigerschutz bei der Kapitalherabsetzung aber verschärft. Im zweiten Erwägungsgrund

204 EuGH Rs C 112/05 Slg 2007, I-8995 = NJW 2007, 3481 (Kommission/BRD) mit Besprechung Kilian, NJW 2007, 3469. 205 S u Rn 974. 206 Die Richtlinien sind zT beziffert und zwar als „Erste Gesellschaftsrechtliche Richtlinie“ etc. Auch das Zahlwort ist aber nur Name, der Ausdruck „Gesellschaftsrechtlich“ weitere Benennung. Es werden aber nicht die auf Gesellschaftsrecht bezogenen Richtlinien durchgezählt. Die Existenz einer Zwölften Gesellschaftsrechtliche Richtlinie bedeutet also nicht, dass es 12 gesellschaftsrechtliche Richtlinien gibt. 207 1. Richtlinie 68/151/EWG des Rates v 9.3.1968 über die Publizität, die Vertretungsmacht der Organe und die Nichtigkeit von Gesellschaften (ABl v 14.3.1968 L 65 S 8); zuletzt geändert durch Beitrittsakte 1994 v 24.6.1994 (ABl v 29.8.1994 Nr C 241 S 194). Umsetzung durch Gesetz v 15.8.1969 (BGBl I S 1146). 208 Einzelheiten bei Habersack Europäisches Gesellschaftsrecht § 5 Rn 1 ff; ferner Dauses/Behrens Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts Bd 1 Loseblatt Stand 3/2002 E III Rn 20 ff mwN. 209 2. Richtlinie 77/91/EWG des Rates v 13.12.1976 (ABl v 31.1.1977 Nr L 26 S 1). 210 Einzelheiten bei Habersack Europäisches Gesellschaftsrecht § 6 Rn 8 ff. 211 Richtlinie 2006/68/EG des Parlaments und des Rates vom 6.9.2006, ABl v 25.9.2006 Nr L 264 S 32. Dazu H. P. Westermann, ZHR 172 (2008), 145. RefE zur Umsetzung ist der RefE zum ARAG, o Rn 125. 212 Im Themenfeld „Erwerb eigener Aktien“ ist besonders relevant die Nebenform dieses Erwerbs, nämlich die Hilfeleistung der Gesellschaft bei dem Erwerb ihrer Aktien durch einen Dritten (sog financial assistance, s derzeit § 71a AktG). Die Erleicherung, die die Änderung der Richtlinie hier vorschreibt, wahrt den Gläubiger- und den Minderheitsschutz: Die Leistungen der Gesellschaft dürfen das Grundkapital nicht angreifen, ihnen muss eine qualifizierte Mehrheit zustimmen (nach deutschem Recht ist der Beschluss anfechtbar). S Freitag, AG 2007, 157 ff.

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zur Richtlinie wird gesagt, „dass unverzüglich damit begonnen werden sollte, generell zu prüfen, ob es Alternativen zu den Kapitalerhaltungsbestimmungen gibt, mit denen die Interessen der Aktionäre und Gläubiger einer Aktiengesellschaft in angemessener Weise geschützt werden“. Die Dritte Gesellschaftsrechtliche Richtlinie von 1978 (sog Verschmelzungs- oder Fusionsrichtlinie) 213 schreibt die Möglichkeit der Verschmelzung von Aktiengesellschaften innerhalb der Mitgliedstaaten214 vor und gewährleistet dabei die Koordinierung der mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen in Hinsicht auf die Verbesserung des Minderheits- und des Gläubigerschutzes 215. Die Vierte Gesellschaftsrechtliche Richtlinie (sog Bilanzrichtlinie)216 war zunächst, was die deutschen Rechtsformen betrifft, für AG, KGaA und GmbH statuiert. Änderungen durch die sog Mittelstandsrichtlinie und die GmbH & Co KG-Richtlinie, beide vom 8.11.1990, dehnten die Richtlinie auch auf die GmbH & Co OHG oder KG aus 217. Die Richtlinien vervollständigen und vereinheitlichen in einem systematischen Ansatz das gesamte Recht der Jahresrechnung der Gesellschaften (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, Anhang, Offenlegung und Prüfung)218. An die Bilanzrichtlinie knüpft die Siebente Gesellschaftsrechtliche Richtlinie (sog Konzernabschlussrichtlinie) 219 an über die Konsolidierung der Bilanzen der Einzelgesellschaften in der Konzernbilanz. Systematisch hinzu gehört die Achte Gesellschaftsrechtliche Richtlinie (sog Abschlussprüferrichtlinie)220, die die Qualifikationsvoraussetzungen für Abschlussprüfer regelt. Die vierte und die siebente Richtlinie sind geändert durch die sog Modernisierungsrichtlinie221. Die Sechste Gesellschaftsrechtliche Richtlinie (sog Spaltungsrichtlinie) 222 gilt im Unterschied zur Verschmelzungsrichtlinie nur für den Fall, dass Mitgliedstaaten die Möglichkeit

213 3. Richtlinie 78/855/EWG des Rates v 9.10.1978 bestreffend die Verschmelzung von Aktiengesellschaften (ABl v 20.10.1978 Nr L 295 S 36); zuletzt geänd durch Beitrittsakte 1994 v 24.6.1994 (ABl v 29.8.1994 Nr C 241, S 194). 214 Zur Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten die Zehnte Richtlinie, u Rn 113. 215 Dazu Habersack Europäisches Gesellschaftsrecht § 7 Rn 25. 216 4. Richtlinie 78/660/EWG des Rates v 25.7.1978 über den Jahresabschluß von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen (ABl v 14.8.1978 Nr L 222 S 11); zuletzt geänd durch Richtlinie 1999/60EG des Rates v 17.6.1999 (ABl v 26.6.1999 Nr L 162 S 65). 217 Umgesetzt in §§ 264a–c HGB. 218 Ausführlich Niessen, RabelsZ 48 (1984), 81 ff mwN. 219 7. Richtlinie 83/349/EWG des Rates v 13.6.1983 über den konsolidierten Abschluß (ABl v 18.7.1983 Nr L 193 S 1); zuletzt geänd durch Beitrittsakte 1994 v 24.6.1994 (ABl v 29.8.1994 Nr C 241 S 194). Näher dazu Habersack Europäisches Gesellschaftsrecht § 8 Rn 36 ff. 220 8. Richtlinie 84/253/EWG des Rates v 10.4.1984 über die Zulassung der mit der Pflichtprüfung der Rechnungsunterlagen beauftragten Personen (ABl v 12.5.1984 Nr L 126 S 20). 221 Richtlinie 2003/51/EG des eP und des Rates vom 18.6.2003 ABl v 17.7.2003 Nr L 178 S 16. Diese führt die mit der IAS-VO (EG) Nr 1606/2002 des Parlaments und des Rates v 19.7.2002, ABl v 11.9.2002 Nr L 243 S 1 begonnene Internationalisierung des europäischen Bilanzrechts weiter. Der Umsetzung des europäischen Rechts in Deutschland dient das Bilanzrechtsreformgesetz v. 4.12.2004, BGBl I S 3166, s den RegE vom 30.4.2004, BR-Drucks 326/04. 222 6. Richtlinie 82/891/EWG des Rates v 17.12.1982 betreffend die Spaltung von Aktiengesellschaften (ABl v 31.12.1982 Nr L 378 S 47).

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der Spaltung vorsehen223. Die Richtlinie will nämlich die Umgehung des Schutzes, den die Verschmelzungsrichtlinie gewährleistet, durch Spaltungsgestaltungen verhindern. Dazu führt sie auch für Spaltungen einen gemeinschaftsweiten Mindestschutz der Minderheitsaktionäre und Gläubiger ein. Die Elfte Gesellschaftsrechtliche Richtlinie über die Offenlegung von Zweigniederlassungen 224 schützt alle Personen, die über eine Zweigniederlassung mit einer ausländischen Gesellschaft in Beziehung treten. Sodann ist in Kraft getreten die Zwölfte Gesellschaftsrechtliche Richtlinie über die Zulässigkeit von Einpersonengesellschaften (Einpersonengesellschaftsrichtlinie)225. Sie gewährleistet die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung für Einzelunternehmer und gewährleistet den nötigen Schutz Dritter durch Offenlegungspflichten und Haftungsregelungen226. In Deutschland betraf die Richtlinie die GmbH. Die Einpersonen-AG wurde bei uns erst durch das Gesetz für die kleine AG 227 zugelassen. Weiter ist die Richtlinie betreffend Übernahmeangebote (sog Übernahmerichtlinie) erlassen worden 228. Sie widmet sich einer Problematik, die Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht miteinander verbindet. Deshalb ist sie nicht „Gesellschaftsrechtliche Richtlinie“ genannt. Das deutsche Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG) ist dieser Richtlinie angepasst worden. Schließlich ist die Zehnte Richtlinie über grenzüberschreitende (internationale) Verschmelzungen in Kraft getreten; sie betrifft alle Kapitalgesellschaften, nicht nur Aktiengesellschaften229. 223 In Deutschland hat die Richtlinie erst 1991 Bedeutung erlangt. Am 5.4.1991 wurde zur Unterstützung der Privatisierung in den neuen Bundesländern mit dem Gesetz über die Spaltung der von der Treuhand verwalteten Unternehmen (SpTrUG), BGBl I S 854, das Rechtsinstitut der Spaltung von Gesellschaften in die deutsche Rechtsordnung eingeführt, dazu Ganske, DB 1991, 791 ff. Allgemeine Bedeutung über diesen Teilbereich hinaus erlangte die Spaltungsrichtlinie dann in Deutschland mit dem neuen UmwG v. 28.10.1994, BGBl I S 3210, ber 1995 I S 428, das ua erstmalig eine umfassende Spaltungsregelung als neues Rechtsinstitut im deutschen Gesellschaftsrecht verankerte. 224 11 Richtlinie 89/666/EWG des Rates v 21.12.1989 über die Offenlegung von Zweitniederlassungen, die in einem Mitgliedstaat von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen errichtet wurden, die dem Recht eines anderen Staates unterliegen (ABl v 30.12.1989 Nr L 395 S 36). 225 Richtlinie v 22.12.1989 (89/667/EWG) ABl v 30.12.1989 Nr L 395 S 40 auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts betreffend Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit einem Gesellschafter – Einpersonen-GmbHRichtlinie –, zuletzt geänd durch Beitrittsakte 1994 v 24.6.1994 (ABl v 29.8.1994 Nr C 241 S 194). 226 Kritisch dazu Lutter, FS Brandner 1996, 82, 93 ff. 227 O Rn 69. 228 Richtlinie 2004/25/EG des eP und des Rates vom 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote, ABl v 30.4. 2004 Nr L 142 S 12. 229 Richtlinie des eP und des Rates über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten vom 26.10.2005 ABl v 25.11.2005 Nr L 310 S 1. – Schon die Gründung einer SE nach der SE-VO (dazu sogleich) durch Verschmelzung war und ist eine rechtssichere Möglichkeit, allerdings nur für Aktiengesellschaften, eine Verschmelzung über die Grenze zu vollziehen; dazu und zur Frage, inwieweit hierin eine entscheidende Motivation zur Wahl der Rechtsform einer SE gesehen werden kann, Thoma/ Leuering, NJW 2002, 1452; Bungert/Beier, EWS 2002, 1, 10 f (aus der Zeit vor Inkrafttreten der Richtlinie zur internationalen Verschmelzung). Der Umsetzung der Richtlinie über internationale Verschmelzungen (Frist nach der Richtlinie bis Dezember 2007) in das deutsche Recht ging voraus das Urteil SEVIC (EuGH Rs C-411/03 Slg 2005, I-10805), in welchem der EuGH die Versagung der Anerkennung einer Verschmelzung einer Gesellschaft des mitgliedstaatlichen Auslands mit einer deutschen Gesellschaft aufgrund des im Gesetz nicht durch die Möglichkeit einer Verschmelzung über die Grenze ergänzten § 1 UmwG (nur Rechtsträger im Inland können umgewandelt werden) für unvereinbar mit EG-Recht erklärt hat.

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V. Das Europäische Gesellschaftsrecht

Mit dem 2. Gesetz zur Änderung des UmwG230 und dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung (MgVG) 231 ist die Richtlinie in Deutschland umgesetzt worden. Weitere Richtlinien, die die Zählung ausfüllen oder fortführen sollten oder sollen, sind gescheitert oder noch in Vorbereitung: Gescheitert sind die Bemühungen um eine Fünfte Gesellschaftsrechtliche Richtlinie (sog Strukturrichtlinie). Sie sollte die Struktur der Aktiengesellschaften harmonisieren (Organe, Besetzung, Kompetenzen, Mitbestimmung, Rechte und Pflichten der Anteilseigner und der Organe). Sie wurde zurückgezogen 232. Kaum noch Aussicht auf Erfolg haben Ansätze zu einer Neunten gesellschaftsrechtlichen RL, der sog Konzernrichtlinie 233. Auf der Agenda bleibt die Verabschiedung einer Vierzehnten Richtlinie betreffend Sitzverlegung (sog Sitzverlegungsrichtlinie) 234. Zu weiterer Fortentwicklung eines einheitlichen Gesellschaftsrechts hat die Europäische Kommission eine Expertengruppe unter Vorsitz von Jaap Winter eingesetzt. Diese hat am 4.11.2002 einen ersten Abschlussbericht vorgelegt235. Die Kommission hat daraufhin einen Aktionsplan zur Modernisierung des Gesellschaftsrechts und Verbesserung der Corporate Governance in der Europäischen Union mit Maßnahmen bis 2005, 2008 und 2009 vorgelegt 236. Diese Initiative hat inzwischen zur Richtlinie über die Ausübung bestimmter Rechte von Aktionären in börsennotierten Gesellschaften 237 geführt. Diese betrifft die Ausübung von Rechten, die mit stimmberechtigten Aktien börsennotierter Gesellschaften im Zusammenhang mit Hauptversammlungen verbunden sind (Art 1). Sie sieht Mindestregelungen zur

230 2. Gesetz zur Änderung des UmwG vom 19.4.2007 (BGBl I S 542 f) mit Einfügung eines 10. Abschnitts im 2. Buch §§ 122a–122l über „Grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften“; zur Richtlinie und ihrer Umsetzung Neye/Timm, AG 2007, 561; Mayer/Weiler, DB 2007, 1235. 231 Art 1 des Gesetzes v 21.12.2006 zur Umsetzung der Verschmelzungsrichtlinie, BGBl I S 3332 ff. 232 Vorschlag v 9.10.1972, ABl v 13.12.1972 Nr C 131 S 49; geänderter Vorschlag v. 19.8.1983 ABl v 9.9. 1983 Nr C 240 S 2, erneut geändert durch Vorschlag v. 20.11.1991, ABl v 12.12.1991 Nr C 321 S 9. Richtlinien-Vorschlag zurückgezogen KOM (2001) 763 endg/2 (DG Markt). Widerstand kam insbes von Seiten Großbritanniens, dazu Nessler, ZfRV 2000, 4. 233 Geänderter Vorentwurf einer 9. Richtlinie v 1984 über das Konzernrecht, abgedruckt bei Lutter Europäisches Unternehmensrecht 4. Aufl 1996 S 244 ff. Ziel des Richtlinienvorentwurfs war es, der immer weiter zunehmenden rechtlichen Verflechtung von Gesellschaften im nationalen und internationalen Wirtschaftsverkehr Rechnung zu tragen. Der Inhalt des Vorentwurfs, der sich weitgehend am deutschen Konzernrecht orientiert, ist schon deshalb, aber auch, weil eine Rechtsvereinheitlichung in diesem Bereich nicht für dringlich gehalten wird, heftig umstritten. 234 Vorentwurf eines Vorschlags für eine 14. Richtlinie über die Verlegung des Sitzes einer Gesellschaft in einen anderen Mitgliedstaat mit Wechsel des für die Gesellschaft maßgebenden Rechts v 20.4.1997 KOM XV/6002/97, abgedr in ZIP 1997, 1721, 1724 sowie anlässlich eines Symposions in ZGR 1999, 157, 164. Zum Diskussionsstand betreffend Sitzverlegung auf europäischer Ebene verweist die Veröffentlichung auf der Internetseite der Kommission vom 10.5.2004 auf das Konsultationspapier der Hochrangigen Gruppe von Experten auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts vom 25.4.2002 bzw 4.11.2002. Angesichts der Ausdehnung der Niederlassungsfreiheit durch die Rechtsprechung des EuGH will die Kommission die Arbeit an der Richtlinie aber nicht weiter betreiben. Kritisch, weil noch keine genügende Rechtssicherheit bestehe, Grohmann/Gruschinske, GmbHR 2008, 27. 235 http://ec.europa.eu/internal_market/company/docs/modern/report_de.pdf. Dazu Maul, DB 2003, 27. 236 KOM(2003)284. 237 Richtlinie 2007/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.7.2007 ABl v 14.7.2007 Nr L 184 S 17.

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B. Entwicklung des Gesellschafts- und Kapitalmarktrechts

Erleichterung der Ausübung vor (Art 3). Dazu gehören Regeln zu Frist und Form der Einberufung (Art 5 I, II) sowie zu den Informationen bei der Einberufung: Informationen über Teilnahme, Ausübung der Rechte gemäß Art 6 (auf Ergänzung der Tagesordnung und Einbringung von Beschlussvorlagen), weiter Informationen über die Stimmrechtsausübung und die Tagesordnung nebst Beschlussvorlagen (Art 5 III, IV). Die Richtlinie befasst sich zudem mit den Voraussetzungen der Teilnahme und der Stimmrechtsausübung (Art 7, der insbesondere für die Stimmrechtsausübung die Anknüpfung an einen „Nachweisstichtag“ vorsieht und dazu Regeln gibt), der Teilnahme auf elektronischem Wege (Art 8), dem Fragerecht (Art 9) und der Stimmrechtsausübung durch Vertreter (Art 10, 11), per Brief (Art 12), ohne Hindernisse (Art 13), schließlich mit der Feststellung der Abstimmungsergebnisse (Art 14). Die Richtlinie ist bis spätestens 3.8.2009 umzusetzen (Art 15) 238.

4. Societas Europaea a. Einführung 151

Zur Einführung in die Geltung der Europäischen Rechtsform der SE in der Bundesrepublik gibt es eine hübsche Pointe: Die Allianz-AG hat sich als erstes Unternehmen aus dem Aktienindex DJ EURO STOXX in eine SE umgewandelt. Gegen die Beschlüsse, durch die die außerordentliche Hauptversammlung vom Februar 2006 der Verschmelzung mit einem Mailänder Unternehmen unter gleichzeitiger Umwandlung in eine SE zugestimmt sowie verschiedene Kapitalmaßnahmen beschlossen hat, haben mehrere Aktionäre Anfechtungsklage erhoben. Die Allianz hat mit einem Freigabeantrag nach § 246a AktG sowie § 16 III UmwG iVm Art 18 SE-VO reagiert. Vor Gericht kam es zu einem Vergleich, in dem sich die Allianz gegen Rücknahme der Klage zur Übernahme der Anwaltskosten der Kläger und weiter dazu verpflichtet hat, eine Darstellung der Unterschiede zwischen SE und deutscher Aktiengesellschaft auf ihre Homepage zu stellen239. Dies ist geschehen240, nach Noack liegt damit „das teuerste Juraskript aller Zeiten“ 241 vor. Hier wird es genutzt. b. Die Normgebung und ihre Vorgeschichte

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Durch VO ist die einheitliche Rechtsform der Societas Europaea (SE) als europäische Rechtsform einer Kapitalgesellschaft geschaffen worden242. Die VO ist begleitet durch eine Richtlinie, in der die Frage der Mitbestimmung der Arbeitnehmer behandelt wird. Nach Art 70

238 Dazu liegt der RefE ARUG vor, o Rn 125. 239 FAZ Nr 166 v 20.7.2006 S 12. 240 Abrufbar unter www.allianz.com/de/allianz_gruppe/investor_relations/ mit Hilfe des Suchbegriffs Darstellung der Rechtsformunterschiede zwischen einer deutschen Aktiengesellschaft und einer Europäischen Gesellschaft. 241 FAZ Nr 177 v 2.8.2006 S 19. Zu den Praxisfragen der Umwandlung einer AG in eine SE Kowalski, DB 2007, 2243. 242 VO (EG) Nr 2157/2001 des Rates über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) vom 8.10.2001 (SEVO), ABl v 10.11.2001 Nr L 294 S 1. Zur SE SE-Kom von Lutter/Hommelhoff, 2008. – Nicht verwechselt werden mit der SE darf die SCE (Societas Cooperativa Europaea), die Europäische Genossenschaft, die inzwischen ebenfalls als europaeinheitliche Rechtsform geschaffen ist. Vor der SE ist schon die Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) institutionalisert worden. Dem mitgliedstaatlichen Gesetzgeber war es überlassen, ob er die EWIV als Personengesellschaft oder juristische Person ausgestalten wollte. Der deutsche Gesetzgeber hat sich für die Einordnung gleich der OHG entschieden (§ 1 EWIV-AusfG).

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V. Das Europäische Gesellschaftsrecht

SE-VO ist die SE-VO am 8.10.2004 in Kraft getreten. Gemäß Art 14 der Richtlinie musste diese bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der VO umgesetzt werden. Aber auch die VO bedarf ungeachtet ihrer unmittelbaren Geltung (Art 249 II 2 EGV) der mitgliedstaatlichen Regelung zur Einführung der SE. Die VO enthält nämlich zahlreiche Regelungsaufträge und Wahlrechte für den nationalen Gesetzgeber. Dies macht ein nationalstaatliches Gesetz zur Ausführung der VO unumgänglich. In Deutschland ist mit Wirkung vom 23.12.2004 das Gesetz zur Einführung der Europäischen Gesellschaft (SEEG) erlassen worden243. Das Gesetz enthält in Art 1 den gesellschaftsrechtlichen Teil (SE-AusführungsG – SEAG), in Art 2 den Teil betreffend die betriebsund unternehmensrechtliche Mitbestimmung der Arbeitnehmer (SE-Beteiligungsgesetzes – SEBG). Die Regelung der Societas Europaea soll für die Betätigung in der EU, auch für Verschmelzungen über die Grenze der Mitgliedstaaten oder nachträgliche Verlegungen des Unternehmenssitzes über die Grenze, eine einheitliche und identisch bleibende Unternehmensform zur Verfügung stellen. In der Zeit bis zur Einführung der SE waren multinationale Gesellschaften, wie sie heute in den Ländern der EG auch unter den kleinen und mittleren Unternehmen verbreitet sind, häufig mithilfe eines Netzes von Holding- und Tochtergesellschaften aufgebaut, die in bis zu 25 Mitgliedstaaten nach deren unterschiedlichen Gesellschaftsrechten niedergelassen sind. Der Aufbau dieses Netzes und die zusätzlichen Management-Ebenen haben direkte Kosten zur Folge 244 und wurden immer wieder als die Effizienz vermindernder Faktor genannt 245. Zwar war aufgrund der Rechtsprechung des EuGH zur Niederlassungsfreiheit auch die Gründung in der Gesellschaftsform eines Mitgliedstaats mit einem Netz bloßer Niederlassungen dieser Gesellschaft in den anderen Mitgliedstaaten möglich. Aber auch die Orientierung an der Rechtsordnung eines Mitgliedstaates erschien nicht ausreichend. Deshalb sollten durch Schaffung einer supranationalen Rechtsform die gesellschaftsrechtlichen, steuerlichen und psychologischen Hemmnisse reduziert werden 246. Die Akzeptanz des SE-Statuts ist lange Zeit hauptsächlich an der Frage der Regelung der Arbeitnehmermitbestimmung gescheitert247. Um dieses Dilemma zu lösen, hat die Kommission eine Sachverständigengruppe eingesetzt (Davignon-Sachverständigengruppe 248). Der Ab-

243 Gesetz vom 22.12.2004, BGBl I S 3675 ff. Die Bezeichnung des Gesetzes folgt der europäischen Bezeichnung Societas Europaea. Im Hinblick auf die Arbeit an einer Societas Privata Europaea ist die Bezeichnung nicht mehr passend. Zur Unterscheidung muss es Europäische Aktiengesellschaft heißen. RegE zum Gesetz BR-Drucks 438/04, BT-Drucks 15/3405. Stellungnahme des BR zum Entwurf BR-Drucks 438/04 (B) vom 9.7.2004. Zum RegE SEEG Ihrig/Wagner, BB 2004, 1749 ff; Nagel, NZG 2004, 883 ff. Zur „Europa-AG im Kontext des deutschen und europäischen Gesellschaftsrechts“ Horn, DB 2005, 147. 244 Der Rat für Wettbewerbsfähigkeit unter dem Vorsitz von Ciampi hat die möglichen Kosteneinsparungen für die Unternehmen durch die Einführung der SE auf bis zu 30 Mrd US-$ geschätzt, Monti, WM 1997, 607 unter Bezugnahme auf den Rat für Wettbewerbsfähigkeit (Competitive Advisory Group, unter dem damaligen Vorsitz von Ciampi). 245 Hopt, ZIP 1998, 96, 100; Blanquet, ZGR 2002, 34 f. 246 Erwägungsgründe (2), (3) der SE-VO. Zu Nutzen und Nachteilen der SE Bungert/Beier, EWS 2002, 1, 8 ff; Buchheim Die Europäische Aktiengesellschaft und grenzübergreifende Konzernverschmelzung 2001 S 235 ff; zu den für die SE-Gründung in Betracht kommenden Unternehmenssektoren Blanquet, ZGR 2002, 36 f; zur vermeintlichen Mittelstandsfeindlichkeit der SE Hirte, NZG 2002, 9; Hommelhoff, AG 2001, 286 f. 247 Einzelheiten bei Hopt, ZIP 1998, 96, 100 mwN; Blanquet, ZGR 2002, 26 f. 248 Besetzt mit sieben Mitgliedern aus Wissenschaft, Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite, ua dem ehemaligen Vorsitzenden des DGB und des europäischen Gewerkschaftsbundes Breit.

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B. Entwicklung des Gesellschafts- und Kapitalmarktrechts

schlussbericht der Gruppe, der auch der der Kommission war 249, hat vorrangig auf eine Verhandlungslösung der Mitbestimmungsfrage durch die an der Gründung der SE beteiligten Gesellschaften gesetzt. Für den Fall, dass innerhalb festgelegter Fristen eine solche Lösung nicht erzielt werde, sollte eine sog Auffangregelung für die Informations-, Konsultations- und Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer gelten250. Nach Widerständen letztlich von Spanien kam eine Einigung über den arbeitsrechtlichen Teil des SE-Dossiers erst auf der Tagung des Europäischen Rats in Nizza (7.– 8.12.2000) zustande. Die Lösung der Mitbestimmungsfrage wird jetzt in der RL festgelegt, die die SE-VO ergänzt (RL 2001/86/EG zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Gesellschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer – SERL251). c. Die Lösung der Mitbestimmungsfrage durch die Richtlinie 155

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Die Lösung des Mitbestimmungsproblems durch die Richtlinie besteht in der folgenden Regelung: Die Richtlinie gibt sowohl die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmervertreter über Angelegenheiten, die die SE selbst oder ihre Tochtergesellschaften oder Betriebe betreffen (betriebliche Mitbestimmung), als auch die sog Unternehmensmitbestimmung der Arbeitnehmer im Aufsichts- oder Verwaltungsorgan der Europäischen Aktiengesellschaft vor. Wir befassen uns hier wie im Mitbestimmungskapitel zum deutschen Recht 252 nur mit der Unternehmensmitbestimmung, die die Struktur der Gesellschaftsorgane betrifft. Die Richtlinie geht vom Schutz erworbener Rechte der Arbeitnehmer aus. Es gilt das sog Vorher-Nachher-Prinzip: Immer dann, wenn vor der Gründung der SE in den beteiligten Unternehmen Mitbestimmungsrechte bestanden, sollen diese Rechte auch nach der Gründung der SE nicht gegen den Willen der Mehrheit der Arbeitnehmer verringert werden können 253. Die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in der SE soll in erster Linie im Wege freier Verhandlungen zwischen den beteiligten Unternehmen und dem „besonderen Verhandlungsgremium“ der Arbeitnehmerseite – special negotiating body, SNB – festgelegt werden (Art 3 SE-RL)254. Der SNB fasst seine Beschlüsse grundsätzlich mit der absoluten Mehrheit seiner

249 Abschlussbericht der Sachverständigengruppe „European Systems of Worker Involvement“, Europäische Kommission, Generaldirektion Beschäftigung, Arbeitsbeziehungen und soziale Angelegenheiten, Mai 1997. Dazu Hopt, ZIP 1998, 96, 100; Blanquet, ZGR 2002, 30 ff; Heinze, ZGR 2002, 70 ff. 250 Vgl Abschlussbericht aaO S 10 Ziff 83 f, der auf eine Verhandlungslösung setzte: Binnen einer Jahresfrist sollten danach anlässlich der Errichtung einer SE Vereinbarungen über die Partizipation der Arbeitnehmer auf Betriebs- und Unternehmensebene erstrebt werden. Für den Fall des Scheiterns war eine Auffanglösung mit folgendem Inhalt vorgesehen: Im Aufsichts- oder Verwaltungsrat hätten ein Fünftel der Sitze, mindestens aber zwei Mitglieder, durch die Arbeitnehmerseite besetzt bzw gewählt werden müssen, wobei es nicht um eine bloße Mitberatung, sondern um einen gleichberechtigten Status aller Aufsichtsoder Verwaltungsratsmitglieder ging. 251 Abl v 10.11.2001 Nr L 294 S 22. 252 U Rn 977 ff. 253 Erwägungsgrund (7) der Richtlinie. 254 Näher mit kritischer Auseinandersetzung zur Verhandlungslösung Heinze, ZGR 2002, 80 ff. Für die Allianz SE ist eine Vereinbarung über die Beteiligung der Arbeitnehmer getroffen worden, die Regelungen im Hinblick auf den SE-Betriebsrat und die Mitbestimmung im Aufsichtsrat der Allianz SE enthält (aaO o Fn 239).

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V. Das Europäische Gesellschaftsrecht

Mitglieder, die gleichzeitig die absolute Mehrheit der Arbeitnehmer in den beteiligten Unternehmen vertreten müssen (Art 3 IV 1 SE-RL). Dagegen ist eine qualifizierte Mehrheit dann erforderlich, wenn die Verhandlungen mit den beteiligten Unternehmen zu einer Minderung der Mitbestimmung führen sollen, wenn also die Anzahl der Arbeitnehmervertreter im Aufsichts- oder Verwaltungsorgan der SE geringer sein soll als der höchste Anteil der Arbeitnehmervertreter in den jeweils beteiligten Gründungsgesellschaften der SE. In diesem Fall muss eine Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des SNB zustimmen255, wobei diese qualifizierte Mehrheit gleichzeitig zwei Drittel der Arbeitnehmer vertreten und aus mindestens zwei Mitgliedstaaten kommen muss (Art 3 IV 3 SE-RL). Für den Fall, dass eine Verhandlungslösung in der (auf 1 Jahr verlängerbaren) Frist von 6 Monaten ab Einsetzung des SNB (Art 7 I 2 b iVm Art 5) nicht zustande kommt, gibt die Richtlinie eine Auffangregelung auf. Sie unterscheidet in Art 7 I, II nach den Arten der Entstehung einer SE, die in der SE-VO vorgesehen sind (Verschmelzung, Gründung einer Holding, Gründung einer Tochter, Umwandlung 256): Für die Umwandlung muss, wenn eine der beteiligten Gesellschaften vor der Eintragung der SE bisher der Mitbestimmung unterlag, die Auffangregelung bestimmen, dass die Mitbestimmung sich auch auf die SE erstreckt und zwar nach Maßgabe des höchsten Mitbestimmungsanteils in den an der Gründung der SE beteiligten Gesellschaften257. Für den Fall der Gründung der SE durch Verschmelzung gilt diese Maßgabe ebenfalls, wenn mindestens 25 % der Arbeitnehmer Mitbestimmungsrechte hatten. Für die Fälle der Gründung der SE als Holding oder als Tochtergesellschaft gilt die Maßgabe dann, wenn mindestens 50 % der an der SE beteiligten Arbeitnehmer Mitbestimmungsrechte hatten258. Wenn bei Verschmelzung oder Gründung zwar Mitbestimmungsrechte bestanden, allerdings unterhalb der genannten Prozentsätze, so ist für die Anwendung der Auffangregelung ein Beschluss des SNB mit absoluter Mehrheit erforderlich (Art 7 II lit b 2. Spiegelstrich, II lit c 2. Spiegelstrich iVm Art 3 IV 1 SE-RL). Wenn in keiner der an der Gründung der SE beteiligten Gesellschaften zuvor Vorschriften über die Mitbestimmung bestanden, so ist auch die SE nicht verpflichtet, eine Mitbestimmung der Arbeitnehmer einzuführen259. In einem Fall lässt die Richtlinie den Mitgliedstaaten noch eine Optionslösung offen. Für den Fall der Gründung durch Verschmelzung haben gemäß Art 7 III SE-RL die Mitgliedstaaten die Möglichkeit, die genannte Auffangregelung nicht in nationales Recht umzusetzen (sog Opt-out-Regelung)260. Folge der Nichtumsetzung ist, dass eine SE in diesem Mitgliedstaat nur dann eingetragen werden kann, wenn eine Vereinbarung über die Beteiligung der Arbeitnehmer in der SE getroffen wird oder aber in allen beteiligten Gesellschaften keine 255 Diese Regelung kommt im Falle einer Gründung der SE durch Verschmelzung, als Holding- oder als Tochtergesellschaft nur dann zur Anwendung, wenn bestimmte Schwellenwerte überschritten werden (vgl Art 3 IV 3 SE-Richtlinie). Für die Gründung der SE durch Umwandlung ist die Sonderregelung des Art 4 IV SE-Richtlinie zu beachten. 256 U Rn 167 ff. 257 Vgl Anhang Richtlinie „Auffangregelung“ Teil 3 II lit b). Für den speziellen Fall der Gründung einer SE durch Umwandlung wird klargestellt, dass alle Komponenten der Mitbestimmung weiterhin in der SE Anwendung finden, vgl Auffangregelung Teil 3 II lit a). 258 Für die Gründung der SE durch Umwandlung ist kein Mindestprozentsatz der Arbeitnehmermitbestimmung festgelegt, vgl Art 7 II lit a) SE-Richtlinie. 259 Vgl Auffangregelung Teil 3 III. 260 Erst durch die Einführung dieser Optionslösung konnte beim Europäischen Rat in Nizza vom 7.–8.12. 2000 die Zustimmung Spaniens zum Statut der Europäischen Gesellschaft erzielt werden, näher dazu Blanquet, ZGR 2002, 33 f.

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B. Entwicklung des Gesellschafts- und Kapitalmarktrechts

Mitbestimmungsrechte bestanden. Ein Mitbestimmungsverlust gegen den Willen der Arbeitnehmer ist daher jedenfalls ausgeschlossen. d. Die Regelung der SE-VO (1) Das auf die SE anwendbare Recht 161

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Die SE-VO regelt Gründung und Struktur der SE. Art 9 bestimmt das auf die SE anwendbare Recht. Zunächst ist danach maßgeblich die Verordnung, sodann, wenn die Verordnung dies für den Bereich ihrer Regelung ausdrücklich zulässt, die Satzung der SE. Soweit die Verordnung selbst einen Bereich nicht oder nur teilweise regelt, greifen auf der nächsten Stufe zunächst die Vorschriften im Rahmen von „Gemeinschaftsmaßnahmen“ ein, die die Mitgliedstaaten speziell zur SE erlassen, dann das auf Aktiengesellschaften anwendbare Recht desjenigen Mitgliedstaats, in dem die SE ihren Sitz hat (bei uns AktG261, HGB, UmwG, WpHG, WpÜG), und nach Maßgabe der Zulassung durch dieses Recht auch die Möglichkeit von Satzungsbestimmungen262. Dass die Maßgeblichkeit des Rechts gerade des Sitzstaates erst zur subsidiären Anwendung des Aktienrechts und nicht schon bei der Anwendung der „Gemeinschaftsmaßnahmen“ auftaucht, ist verwirrend. Mit „Gemeinschaftsmaßnahmen“ können nur die Regelungen der Mitgliedstaaten zur Ausführung der SE-VO gemeint sein. Und es ist kaum denkbar, dass ein Mitgliedstaat in dieser Regelung nicht die eigenen, sondern die Ausführungsvorschriften eines anderen Mitgliedstaates für anwendbar erklärt, insbesondere angesichts dessen, dass die VO jedenfalls für das hilfsweise eingreifende Aktienrecht dasjenige des Sitzstaates für maßgeblich erklärt. § 1 des deutschen SEAG entscheidet richtig, dass die Vorschriften des SEAG auf solche Europäische Gesellschaften Anwendung finden, die ihren Sitz im Inland haben. Neben der allgemeinen Bezugnahmevorschrift des Art 9 verweist die Verordnung in einer Vielzahl von Einzelvorschriften auf das nationale Recht. Die Folge ist, dass es nicht „die“ Europäische Aktiengesellschaft geben wird, sondern so viele unterschiedlich ausgestaltete europäische societates, wie es unterschiedliche Aktienrechte in Europa gibt263. Allerdings ist das Aktienrecht der Mitgliedstaaten, wie wir gesehen hatten, durch die Richtlinien in nicht unwesentlichen Teilen harmonisiert264. (2) Rechtsnatur, Kapital

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Die SE ist eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit 265, so dass die Haftung für Verbindlichkeiten der SE auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt ist (Art 1 SE-VO) 266. Sie ist 261 Zur Anwendung der Vorschriften über die Nichtigkeit und Anfechtung von HV-Beschlüssen Göz, ZGR 2008, 592. 262 Zu Recht weisen Bungert/Beier, EWS 2002, 1, 2 darauf hin, dass das Fehlen eines Bezugs in Art 9 SE-VO auf das Recht der GmbH die Gestaltungsfreiheit für eine durch GmbH gegründete SE empfindlich einschränkt. 263 Dazu Ebenroth/Wilken, JZ 1991, 1016; Hirte, NZG 2002, 2; Hopt, EuZW 2002, 1; Kolvenbach, NZA 1998, 1324; Lutter, BB 2002, 3; Pluskat, EuZW 2001, 528; Bungert/Beier, EWS 2002, 1, 2. 264 Vgl zB die Kapitalrichtlinie, oben Rn 142. 265 Diese wird mit Registereintragung der SE erworben (Art 2 III, 12, 16 I SE-VO). 266 Überflüssiger Weise bestimmt Art 1 II 2 SE-VO, dass die Haftung der Aktionäre beschränkt ist, und zwar auf die Höhe ihrer Einlagen. Wenn für die Verbindlichkeiten der SE die SE als juristische Person haftet, haften dafür die Aktionäre überhaupt nicht (zutr Schwarz Europäisches Gesellschaftsrecht Rn 1092 Fn 375).

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V. Das Europäische Gesellschaftsrecht

Handelsgesellschaft kraft Rechtsform (Art 1 SE-VO). Ihr Kapital ist in Aktien zerlegt (Art 1 II 1 SE-VO). Vorbehaltlich nationaler Sondervorschriften über ein höheres Mindestkapital muss das gezeichnete Kapital mindestens 120.000 € betragen (Art 4 II, III SE-VO) 267. Für Aufbringung, Erhaltung und Änderung des Kapitals sowie für die Aktien der SE findet das nationale Recht für Aktiengesellschaften Anwendung (Art 5 SE-VO) 268. (3) Sitz Der Satzungssitz der Gesellschaft muss in der Gemeinschaft liegen. Der Ort der Hauptverwaltung muss in demselben Mitgliedstaat liegen (Art 7 I SE-VO). Die SE wird in das Handelsregister des Sitzstaates eingetragen (Art 12 SE-VO) 269. Die Eintragung kann erst erfolgen, wenn eine Regelung über die Arbeitnehmerbeteiligung nach der SE-RL erfolgt ist (Art 12 II SE-VO). Die SE kann ihren Satzungs- bzw Register-Sitz innerhalb der Gemeinschaft in einen anderen Mitgliedstaat verlegen, ohne dass dieses wie nach unserem Recht, wonach darin anders als bei einer Verlegung des Satzungssitzes im Inland (§ 45 I AktG) ein Auflösungsbeschluss nach § 262 I Nr 2 AktG zu sehen wäre, zur Auflösung der SE oder zur Gründung einer neuen juristischen Person führt (Art 8 I SE-VO) 270. Wegen der möglicherweise einschneidenden Auswirkungen auf die Rechte der Beteiligten muss entsprechend den Gründungsplänen bei der Gründung einer SE hier ein Verlegungsplan aufgestellt werden. Dieser und ein Bericht dazu sind der HV abzugeben. Nach Art 8 VIII SE-VO ist die Eintragung der SE im neuen Sitzstaat von einer Erklärung der zuständigen Stelle im bisherigen Sitzstaat (in Deutschland: des Gerichts) abhängig, dass die der Verlegung vorangehenden Rechtshandlungen und Formalitäten erfüllt sind.

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(4) Gründung; Vorgesellschaft Eine SE kann originär (Primärgründung) nur in den vier durch SE-VO bestimmten transnationalen Entstehungsarten gegründet werden (numerus clausus der Gründungsformen, Art 1 I iVm Art 2 I-IV SE-VO) 271. Ist eine SE wirksam gegründet, kann diese – ohne Voraussetzung der Transnationalität – eine Tochter-SE gründen (Sekundärgründung). 267 Übergangsvorschriften für Mitgliedstaaten, für die die dritte Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion noch nicht gilt und die deshalb noch eine andere Währung als den Euro haben, in Art 67 SE-VO. 268 Unterschiede im nationalen Recht der Mitgliedstaaten bestehen vor allem im bedeutsamen Bereich der Kapitalaufbringung, vgl dazu näher Habersack Europäisches Gesellschaftsrecht § 6 Rn 1 ff; Lutter Europäisches Unternehmensrecht 4. Aufl 1996 S 49; Schwarz Europäisches Gesellschaftsrecht Rn 582 ff. 269 Folge ist, dass sich auch die Prüfung der Gründungsvoraussetzungen nach dem Recht des Sitzstaates vollzieht, Bungert/Beier, EWS 2002, 1, 3. 270 Das für die Sitzverlegung einzuhaltende Verfahren regelt die Verordnung in Art 8 II-XIII SE-VO. Im Einklang mit Art 8 V SE-VO verlangt § 12 I SEAG, dass im Fall der Sitzverlegung über die Grenze jedem Aktionär, der gegen den Verlegungsbeschluss Widerspruch zur Niederschrift erklärt hat, der Erwerb seiner Aktien gegen Barabfindung anzubieten ist. Geregelt ist mit Sitzverlegung iSd Art 8 SE-VO die Verlegung des Registersitzes, nicht auch die des Verwaltungssitzes (vgl Art 2 IV, 7 SE-VO), so auch Teichmann, ZGR 2002, 390, 456; Bungert/Beier EWS 2002, 1, 6. Fallen somit Registersitz und Hauptverwaltung auseinander, so ist dieses nach Maßgabe von Art 64 I SE-VO durch geeignete mitgliedstaatliche Maßnahmen zu beheben, deren Nichtbefolgung die Auflösung der SE zur Folge hat (Art 64 II SE-VO). Altverbindlichkeiten können Gläubiger gemäß Art 8 X, XVI SE-VO unverändert am alten Sitz der SE geltend machen. 271 Zur Frage der Umgehung der Gründungsformen Hirte, NZG 2002, 1, 3; Teichmann, ZGR 2002, 390, 412.

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Die erste Möglichkeit der – transnationalen – Primärgründung ist die Verschmelzung von mindestens zwei AG, die dem Recht verschiedener Mitgliedstaaten unterliegen (Art 2 I iVm Art 17 ff SE-VO)272. Möglich ist die Verschmelzung durch Aufnahme (Übergang des Vermögens der übertragenden auf die aufnehmende Gesellschaft, die zur SE wird) oder durch Neugründung (Übergang der Vermögen der Gründungsgesellschaften auf eine neue Gesellschaft, die SE wird), für beide Vorgänge wird auf die Dritte Gesellschaftsrechtliche RL (VerschmelzungsRL) verwiesen. Als Beispiel für die Verschmelzung durch Aufnahme können eine niederländische NV und eine deutsche AG (übertragende Gesellschaften) auf eine französische SA als aufnehmende Gesellschaft verschmolzen werden, wodurch die SA zu einer SE wird (Art 17 II 2 SE-VO). Durch Neugründung würde verschmolzen, wenn eine SE, auf die die Gründervermögen übergingen, neu gegründet würde. In beiden Fällen erhalten die Gesellschafter der Gründergesellschaften gegen ihre alten Aktien Anteile an der SE (möglicherweise zzgl einer baren Zuzahlung). Die Gründergesellschaften erlöschen. Grundlage der Verschmelzung ist der Verschmelzungsplan, der dem Verschmelzungsvertrag nach deutschem Umwandlungsrecht entspricht. Zweitens kann eine SE als Holding-SE von AG und/oder GmbH aus verschiedenen Mitgliedstaaten (Angehörigkeit entweder der Gesellschaften selbst oder von Tochtergesellschaften oder Zweigniederlassungen) gegründet werden (Art 2 II iVm Art 32 ff SE-VO). Die Gründergesellschaften bleiben bei dieser Art der Gründung bestehen. Die Holding-SE erhält durch Abtretung seitens der Gesellschafter der Gründergesellschaften Anteile an den Gründergesellschaften. Grundlage ist der dem Verschmelzungsplan entsprechende Gründungsplan. Er hat für die angemessene Wahrung der Rechte der Gesellschafter der Gründergesellschaften und der Arbeitnehmer zu sorgen. Im Gründungsplan wird auch der Mindestprozentsatz festgelegt, zu dem Gesellschafter der Gründergesellschaften ihre Anteile auf die zu gründende Holding-SE übertragen sollen (Art 32 II 3). An jeder Gesellschaft muss die Holding mehr als 50 % der Stimmrechte erreichen (Art 32 II 4). Nur wenn Gesellschafter innerhalb einer bestimmten Frist Anteile in Höhe des Mindestprozentsatzes eingebracht haben, kommt es zur Gründung der Holding-SE (Art 33 I, II, III 2). Die zunächst nicht bereiten Gesellschafter haben, wenn es zur Gründung kommt, noch eine Nachfrist zur Einbringung ihrer Anteile. Die zur Einbringung bereiten Gesellschafter erhalten gegen ihre Anteile an den Gründergesellschaften Anteile an der Holding-SE (Art 33 IV)273. Drittens kann die SE als Tochter-SE von Gesellschaften iSd Art 48 EG-Vertrag274 oder sonstigen juristischen Personen des öffentlichen oder privaten Rechts aus verschiedenen Mitgliedstaaten (Art 2 III SE-VO) gegründet werden (Art 2 III, wiederholt in Art 35 SE-VO). Hier ist nicht die SE an den Gründergesellschaften, sondern sind umgekehrt die Gründergesellschaften mit den bei der Gründung übernommenen Anteilen an der Tochter-SE be-

272 Die Verordnung sieht dazu eigene Vorschriften zum Ablauf des Verschmelzungsverfahrens vor, das im Wesentlichen dem aus dem deutschen UmwG bekannten Schema entspricht: Aufstellung eines Verschmelzungsplans (Art 20 SE-VO), ergänzender Verschmelzungsbericht (Art 22 SE-VO), Sachverständigenprüfung (Art 22 SE-VO), HV-Beschluss (Art 23 SE-VO), Eintragung (Art 27 SE-VO). Im Übrigen erklärt die Verordnung subsidiär Vorschriften des nationalen Verschmelzungsrechts für anwendbar (vgl Art 18, 24, 25, 26, 28, 29 III, 31 I 2, II SE-VO). Als Neuerung sieht sie schließlich die Möglichkeit für nationale Behörden vor, aus ordre-public-Gründen Einspruch gegen eine Verschmelzung einzulegen (Art 19 SE-VO). Näher zur Gründung durch Verschmelzung Teichmann, ZGR 2002, 390, 415 ff. 273 Näher zur Gründung über eine Holding Teichmann, ZGR 2002, 390, 432 ff. 274 Gesellschaften des bürgerlichen und des Handelsrechts einschließlich der Genossenschaften.

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teiligt. Die SE-VO beschränkt sich hier darauf, für die Beteiligung der Gründergesellschaften auf die Regelung der Beteiligung an der Gründung einer AG nach dem Recht des Mitgliedstaats, in dem die Tochter-SE gegründet wird, zu verweisen (Art 36 SE-VO). Dies war in der Entstehungsgeschichte der SE-VO nicht immer so: Im Vorschlag zu einer SE-VO von 1989275 waren auch für die Gründung einer Tochter-SE noch Verfahrensregelungen vorgesehen wie die Aufstellung eines Gründungsplans und die Befragung der HV. Im Entwurf von 1991 gab es solche Regeln nicht mehr276. Dies ist zunächst verständlich, was die Gesellschafter der Gründergesellschaften betrifft: Diese geben hier keine Anteile ab. Allerdings besteht das Problem der Umgehung einer Gründung durch Verschmelzung: Auf die Tochter-SE könnten nachträglich alle betriebsnotwendigen Wirtschaftsgüter im Wege der Einzelübertragung transferiert werden. Zu fragen ist, ob daran die Gesellschafter nicht wie bei der Verschmelzung beteiligt werden müssen277. Weiter ist zu bedenken, dass der Gründungsplan bei der Holding-SE neben den Gesellschafterrechten auch die Auswirkungen auf die Arbeitnehmer zu berücksichtigen hat (Art 32 II 2). Auch das Fehlen einer derartigen Regelung bei der Gründung einer Tochter-SE ist indessen verständlich: Bei der Holding-SE herrscht die neue SE, bei der Tochter-SE herrschen die Gründergesellschaften mit insoweit unveränderten Mitwirkungsbefugnissen der Arbeitnehmer. Schließlich kommt als vierte und letzte Art der Gründung einer SE die Umwandlung (der Formwechsel) einer AG in eine SE in Betracht. Dafür muss die AG ihrerseits nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründet worden sein und ihren Sitz sowie ihre Hauptverwaltung in der Gemeinschaft und seit mindestens zwei Jahren eine dem Recht eines anderen Mitgliedstaats unterliegende Tochtergesellschaft haben (Art 2 IV iVm Art 37 SE-VO) 278. Grundlage ist hier der Umwandlungsplan. Die Übersicht über die Gründungsmöglichkeiten ergibt: Während den Aktiengesellschaften alle Gründungsmöglichkeiten offen stehen, kann eine GmbH nur über die Gründung einer Holding-SE oder einer Tochter-SE und können die übrigen juristischen Personen und die Personengesellschaften nur über die letztere Möglichkeit, natürliche Personen überhaupt nicht zu einer SE kommen. Eine einmal gegründete SE kann wiederum ihrerseits eine oder mehrere Tochter-SE gründen (sog Sekundärgründung; Art 3 II 1 SE-VO). Ferner kann sie an anderen SE-Gründungen wie eine nationale AG als Gründungsmitglied teilnehmen (Art 3 I SE-VO). So können SE-Konzerne aufgebaut werden. Art 16 SE-VO enthält eine Regelung der Vorgesellschaft, die aus den Gründungsbeteiligten vor dem Wirksamwerden der SE besteht. Die Verbindlichkeiten aus dem Vorstadium werden solche der SE, wenn diese sie übernimmt. Ohne die Übernahme haften die an der Gründung Beteiligten. Da hier auch Gesellschaften genannt werden, ist damit nicht eine Handelndenhaftung gemeint, sondern die Haftung der Gründungsgesellschafter, denen die Rechtshandlungen im Vorstadium aufgrund ihrer Beteiligung zuzurechnen sind.

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Vorschlag vom 16.10.1989, ABl v 16.10.1989 Nr C 263 S 41. Dritter geänderter Vorschlag vom 16.5.1991, ABl v 8.7.1991 C 176 S 1. Näher Teichmann, ZGR 2002, 438; ders, ZGR 2003, 396 f. Die Umwandlung der nationalen AG in eine SE hat weder die Auflösung der AG noch die Gründung einer neuen juristischen Person in Form einer SE zur Folge (Art 37 II). I Ü sieht die VO für die Umwandlung ein Verfahren vor, das im Wesentlichen ähnlichen Regeln unterliegt wie der Formwechsel nach dem deutschen UmwG (Aufstellung eines Umwandlungsplans und ergänzender Umwandlungsbericht, Art 37 IV SE-VO, Sachverständigenprüfung, Art 37 VI SE-VO, HV-Beschluss, Art 37 VII SE-VO, Eintragung, Art 37 IX SE-VO).

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Oberstes Organ der SE ist die HV (Art 38 lit a SE-VO279), die aber wie nach deutschem Aktienrecht (§§ 23 V, 119 I AktG) auf die durch das maßgebliche Recht eingeräumten oder offen gelassenen Aufgaben beschränkt ist (Art 52 SE-VO). Nach Art 8 SE-VO beschließt die HV insbesondere über die Verlegung des Sitzes in einen anderen Mitgliedstaat, weiter nach Art 66 VI SE-VO über die Rückumwandlung in eine nationale Aktiengesellschaft. Aufgrund der Verweisung des Art 52 2 SE-VO auf das nationale Recht ist auf die SE mit Sitz in Deutschland auch die deutsche Rechtsprechung zu ungeschriebenen HV-Zuständigkeiten280 anwendbar. Aus der Verweisung folgt auch die Anwendbarkeit der Sonderprüfungs- und Geltendmachungsrechte der HV gemäß §§ 142, 147 AktG bei der SE mit Sitz in Deutschland sowie aufgrund der Generalverweisung des Art 9 I lit c) ii) SE-VO ebenso das Durchsetzungsrecht von Minderheitsaktionären (§§ 142, 148 AktG). Die ordentliche HV hat nach deutschem Recht (§ 175 I AktG) binnen acht Monaten nach Ablauf des Geschäftsjahres stattzufinden, nach der SE-VO (Art 54 I) binnen sechs Monaten. Ein notfalls mithilfe des Gerichts durchzusetzendes Einberufungsverlangen von Minderheitsaktionären sowie ein Verlangen nach Ergänzung der Tagesordnung gibt es ebenso wie nach § 122 AktG auch nach Art 55, 56 SE-VO. Die Mehrheitserfordernisse von Beschlüssen stimmen grundsätzlich in AktG und SE-VO überein (§ 133 AktG, Art 57 SE-VO). Die Bestimmungen über Satzungsänderungen, zu denen auch Kapitalveränderungen gehören, differieren (§ 179 AktG, Art. 59 SE-VO). Art 59 SE-VO behält schärfere Mehrheitserfordernisse nach nationalem Recht vor. Nichtigkeit und Anfechtbarkeit von HV-Beschlüssen richten sich aufgrund der Generalverweisung des Art 9 I c) ii) SE-VO für SE mit Sitz in Deutschland nach den deutschen Vorschriften (§§ 241 ff AktG, betr Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern gelten §§ 250 ff AktG mit einer Ergänzung durch § 37 II SEBG, wenn die Mitbestimmungs-Auffanglösung gilt). Für die Gestaltung der Verwaltungsorgane räumt die VO eine Wahlmöglichkeit ein (Art 38 b SE-VO): Entweder kann das „dualistische System“ (Art 39 ff SE-VO) mit dem Organ Aufsichtsrat sowie einem Leitungsorgan gewählt werden281 oder das „monistische System“ (Art 43 ff SE-VO) mit nur einem Verwaltungsorgan (dem sowohl Leitungs- als auch Überwachungsfunktion obliegen)282. Die Wahl zwischen den Systemen wird in der Satzung getroffen (Art 38 lit b SE-VO). Das gewählte System kann durch Satzungsänderung wieder geändert werden283. Diejenigen Mitgliedstaaten, die bisher nur ein System kennen, wie Deutschland das dualistische System, „können“ in ihren Einführungsgesetzen Regeln für eine SE mit anderem System aufstellen (Art 39 V, 43 IV). Weil eine nach dem Recht des

279 Einzelheiten zur HV finden sich in den Art 52 ff SE-VO. 280 Zur Rechtsprechung u Rn 1065 ff. 281 Für die Allianz SE (s o Rn 151) ist das dualistische Systems gewählt worden, in der o Fn 240 zitierten Darstellung sind die Merkmale, die im Fall des monistischen Systems bestehen, außer Betracht gelassen worden. 282 Gemeinsame Vorschriften für beide Systeme sind in den Art 46 ff SE-VO vorgesehen. Das Statut über die SE geht damit den Weg Frankreichs, das ebenfalls Unternehmen die freie Wahl zwischen dem monistischen (mit einem Conseil d’administration, Art L225-17 ff Code de Commerce) und dem dualistischen Modell lässt (mit einem „Directoire“ und einem „Conseil de Surveillance“, Art L 225-57 ff); vgl dazu Hopt/Wymeersch/Hopt Comparative Corporate Governance 1997 S 12 f; ders, ZGR 2000, 779, 815. 283 Hirte, NZG 2002, 1, 5; Hommelhoff, AG 2001, 279, 283.

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Mitgliedstaats gegründete SE aber die Wahlmöglichkeit hat, sind die Mitgliedstaaten doch praktisch zur Aufstellung entsprechender Vorschriften gezwungen 284. Die Mitglieder des Aufsichtsrats werden grundsätzlich durch die HV bestellt (Art 40 II 1 SE-VO). Gilt die gesetzliche Auffanglösung zur Mitbestimmung, belässt das deutsche Recht es dabei und bestimmt nur, dass die HV an die Wahlvorschläge der Arbeitnehmer gebunden ist (§ 36 IV 1, 2 SEBG). Im dualistischen System werden Vorstandsmitglieder vom Aufsichtsrat bestellt (Art 39 II SE-VO). Organmitglieder werden auf die satzungsmäßig bestimmte Amtsdauer, höchstens 6 Jahre, bestellt (Art. 46 I SE-VO). Wiederbestellung ist – vorbehaltlich der Satzung – zulässig (Art 46 II SE-VO) 285. Bei Stimmengleichheit im Vorstand gibt vorbehaltlich der Satzung die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag (Art 50 II SE-VO). Die Satzung kann dem Vorsitzenden des Organs auch ein Vetorecht einräumen 286. Wird bei Geltung des dualistischen Systems im Einzelfall das Aufsichtsorgan aufgrund der für die SE geltenden Unternehmensmitbestimmung zur Hälfte von Arbeitnehmervertretern besetzt, so muss der Vorsitzende zwingend ein Vertreter der Anteilseignerseite sein (Art 42 S 2 SE-VO)287. Dem der Anteilseignerseite zuzurechnenden Vorsitzenden oder seinem Stellvertreter, wenn dieser ein Anteilseignervertreter ist, muss bei Stimmengleichheit die ausschlaggebende Stimme zustehen – ohne Satzungsvorbehalt (Art 50 II 2 SE-VO). Bezüglich der Kompetenzen der Organe der SE gilt288: Die HV beschließt über alle in der Verordnung oder in Vorschriften, durch die die zugehörige Richtlinie umgesetzt ist, ihr ausdrücklich zugewiesenen Angelegenheiten sowie über die Fragen, für die die HV einer AG nach dem Aktienrecht des Sitzstaats der SE zuständig wäre oder die ihr durch die Satzung im Einklang mit diesem Recht zugewiesen wurden (Art 52 SE-VO). Im dualistischen Leitungssystem führt das „Leitungsorgan“ die Geschäfte der SE, es vertritt die SE gegenüber Dritten (Art 39 I 1 SE-VO, die Art der Vertretung bei einer SE mit Sitz in Deutschland bestimmt sich nach dem gemäß Art 9 I lit c ii SE-VO maßgeblichen § 78 III AktG). Überwacht wird das Leitungsorgan durch das „Aufsichtsorgan“ (Art 40 I SEVO). Zwingend muss in der Satzung ein Katalog von Geschäften festgelegt werden, für die der Vorstand der Zustimmung des Aufsichtsrats bedarf (Art 48 I 1 SE-VO). Der Aufsichtsrat kann die Erweiterung des Kreises beschließen oder in der Geschäftsordnung für den Vorstand festlegen (Art 48 I 2 SE-VO iVm § 19 SEAG).

284 Zur Streitfrage, ob damit ein Rechtssetzungsbefehl für den nationalen Gesetzgeber verbunden ist, Bungert/Beier, EWS 2002, 1, 3; Hirte, NZG 2002, 1, 5; Schwarz, ZIP 2001, 1854; Lutter, BB 2002, 4; Schulz/ Geismar, DStR 2001, 1082. Zu den sich dadurch im deutschen Recht ergebenden Regelungsproblemen Hommelhoff, AG 2001, 282; Teichmann, ZGR 2002, 444 ff. 285 Die Satzung der Allianz SE belässt es bei der § 102 I AktG entsprechenden Regelung, die die 6-JahresFrist nicht überschreitet. 286 So geschehen in der Satzung der Allianz SE (o Fn 240). 287 Die Satzung der Allianz SE (s den Rechtsformenvergleich – o Fn 240 – S 18) bestimmt, dass der Aufsichtsrat aus seiner Mitte einen Vorsitzenden sowie zwei Stellvertreter wählt. Bei der Wahl des Vorsitzenden übernimmt das an Lebensjahren älteste Aufsichtsratsmitglied der Anteilseignerseite den Vorsitz, wobei dessen Stimme bei Stimmengleichheit den Ausschlag gibt. 288 Für die Frage der Organhaftung verweist das Statut in Art 51 SE-VO auf das nationale Recht der Mitgliedstaaten.

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Im monistischen System führt die Geschäfte das „Verwaltungsorgan“. Ein Mitgliedstaat kann vorsehen, dass im Verwaltungsrat ein oder mehrere „Geschäftsführer“ die laufenden Geschäfte in eigener Verantwortung führen (Art 43 I 1, 2 SE-VO). Wie im dualistischen System die Satzung bestimmen muss, welche Art von Geschäftsführungsentscheidungen der Zustimmung des Aufsichtsrats bedürfen, ist im monistischen System zu bestimmen, welche Angelegenheiten eines ausdrücklichen Beschlusses des Verwaltungsorgans bedürfen (Art 48 I SE-VO)289. Die Verantwortlichkeit der Organe ist entsprechend dem deutschen Aktienrecht geregelt. Insbesondere gilt wie hier die sog business judgment rule (§§ 93 I 2, 116 AktG, 51 SE-VO). Die SE-VO hebt ausdrücklich hervor (was aber nach deutschem Aktienrecht aus §§ 93 I 3, 116 auch folgt), dass die Verschwiegenheitspflicht auch für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Amt gilt (Art 49 SE-VO). Die Regeln unseres AktG über die Vergütung (§§ 87, 113–115 AktG) gilt nach Art 9 I lit c ii SE-VO auch für eine SE mit Sitz in Deutschland. (6) Jahresabschluss

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Für die Aufstellung ihres Jahresabschlusses und gegebenenfalls ihres konsolidierten Abschlusses ist die SE den Regelungen unterworfen, die in ihrem Sitzstaat für nationale AG gelten (Art 61 SE-VO). (7) Auflösung, Zahlungsunfähigkeit, Umwandlung in eine AG

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Das nationale Aktienrecht gilt auch für Auflösung, Liquidation, Zahlungsunfähigkeit einer SE (Art 63 SE-VO). Anders als nach nationalem Recht ist die Verlegung des Sitzes in einen anderen Mitgliedstaat kein Auflösungsgrund. Vielmehr gilt das Verfahren nach Art 8 SEVO. Nach Art 66 SE-VO kann eine SE nach einer bestimmten Zeit ohne Identitätsverlust in eine AG nach dem Recht ihres Sitzstaats umgewandelt werden. (8) Recht der verbundenen Unternehmen

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Für die SE mit Sitz in Deutschland gilt zufolge der Generalverweisung in Art 9 I c ii SE-VO das deutsche Recht der verbundenen Unternehmen. (9) Die deutsche Ausführungsregelung (SEEG mit SEAG und SEBG)

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Das deutsche SEAG290 behandelt die in der SE-VO angesprochenen und oben bezeichneten Themen: anzuwendende Vorschriften und die Eintragung; von den vier Primärgründungsarten werden die Verschmelzung und die Gründung einer Holding-SE behandelt (diese erfordern die Abgabe von Gesellschaftsanteilen und begründen folglich das Minderheitsschutzproblem; für die Gründung einer Tochtergesellschaft gelten vorbehaltlich der SE-VO die dafür bestimmten Gründungsvorschriften, für den Formwechsel gilt bei inländischer formwechselnder Gesellschaft unter demselben Vorbehalt das deutsche UmwG). Weiterhin behandelt das SEAG die Sitzverlegung, gibt Vorschriften zum dualistischen System und zum monistischen System, weiter zur HV und schließlich Vorschriften zur Auflösung der SE bei Auseinanderfallen von Sitz- und Hauptverwaltung.

289 Den Mitgliedstaaten steht es frei, rechtsverbindlich die Geschäftsarten abzugrenzen, die zwingend als der Zustimmung des Aufsichtsrats bzw eines Beschlusses des Verwaltungsorgans bedürftig in die Satzung aufzunehmen sind (Art 48 II SE-VO). Im dualistischen System kann dem Aufsichtsrat die Befugnis eingeräumt werden, dass er selbst Geschäfte von seiner Zustimmung abhängig macht (Art 48 I 2). 290 Art 1 des SEEG.

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Über die anzuwendenden Vorschriften bestimmt § 1 SEAG, dass vorbehaltlich der SE-VO auf eine SE mit Sitz im Inland und auf die an der Gründung einer SE beteiligten Gesellschaften mit Sitz im Inland die Vorschriften des SEAG anzuwenden sind. Über den Sitz hatte § 2 SEAG ursprünglich über Art 7 I SE-VO hinaus (Art 7 hatte dazu Freiraum gelassen) bestimmt, dass nicht nur Satzungssitz und Ort der Hauptverwaltung in demselben Mitgliedstaat liegen müssen, sondern dass die Satzung als Sitz den Ort zu bestimmen hat, wo die Verwaltung geführt wird. Die Vorschrift ist durch das MoMiG aufgehoben worden. § 3 SE-AG verweist für die Eintragung der SE in das Handelsregister auf die Vorschriften über die AG, § 21 bestimmt, wer im Fall des monistischen Systems anzumelden hat. Für die gerichtliche Zuständigkeit werden hinsichtlich der sachlichen Zuständigkeit die Vorschriften des FGG für maßgeblich erklärt. Eine Bestimmung über die örtliche Zuständigkeit fehlt. Es gilt § 14 AktG. Zur Gründung durch Verschmelzung sichert das SEAG (§§ 5 ff) den Wertausgleich für die Aktien am übertragenden Unternehmen (insbesondere die Möglichkeit der Anrufung des Gerichts nach dem SpruchG vom 17.6.2003291). Für den Fall, dass der gültige Sitz der SE im Ausland liegt, ist der Gläubigerschutz, der im Fall der Sitzverlegung ins Ausland bestimmt ist (§ 13 SEAG), entsprechend anzuwenden (§ 8). Für die Gründung einer Holding-SE (§§ 9 ff) werden das Abfindungsangebot im Gründungsplan, Einzelheiten zum Zustimmungsbeschluss (Art 32 VI SE-VO erklärt nur Zustimmungsbeschlüsse der HV der beteiligten Gesellschaften für erforderlich) und die Sicherung eines angemessenen Umtauschverhältnisses geregelt. Zur Sitzverlegung in einen anderen Mitgliedstaat (Art 8 SE-VO) werden das angemessene Abfindungsangebot im Verlegungsplan (§ 12 SEAG) und der Gläubigerschutz gesichert (§ 13). Die nach Art 8 VIII SE-VO erforderliche Erklärung der zuständigen Stelle im Sitzstaat der SE (in Deutschland: des Gerichts) über die Durchführung der der Verlegung vorangehenden Rechtshandlungen und Formalitäten macht § 14 SEAG von der Negativerklärung der Vertretungsorgane abhängig, dass Klagen gegen den Verlegungsbeschluss nicht (mehr) anhängig sind. Durch solche Klagen kann nach dem Entwurf die Sitzverlegung also unangenehm gesperrt werden. Zum dualistischen System brauchten, weil es dem deutschen Aktienrecht entspricht, gesellschaftsrechtlich nur wenige Einzelheiten geregelt zu werden, wobei in der SE-VO eingeräumte Ermächtigungen ausgeübt werden. So werden die Zahl der Mitglieder des Leitungsund des Aufsichtsorgans entsprechend unseren aktienrechtlichen Regelungen geregelt (§§ 16 f SEAG entsprechend §§ 76 II 2, 95 S 1–4 AktG). Bei Gesellschaften mit mehr als 3 Mio Grundkapital muss das Leitungsorgan aus mindestens zwei Mitgliedern bestehen, wovon die Satzung aber abweichen kann (§ 16). Das SEAG fügt weiter zur Regelung der SE-VO die Möglichkeit der Festlegung zustimmungsbedürftiger Geschäfte durch das Aufsichtsorgan selbst hinzu (§ 19, entsprechend § 111 IV 2 AktG). Die in Art 39 III 4 SE-VO vorgesehene Möglichkeit, Mitglieder des Aufsichtsorgans zur Wahrnehmung von Aufgaben des Leitungsorgans abzustellen, wird in § 15 SEAG zeitlich begrenzt (entsprechend § 105 II 1, 2 AktG). Für den Fall, dass eine SE das monistische System wählt, gibt der Unterabschnitt 2 SEAG (§§ 20 ff) eine eingehende Regelung des für die deutsche AG nicht etablierten Systems. Nach § 20 SEAG heißt das Verwaltungsorgan „Verwaltungsrat“. Dieser muss bei Gesellschaften mit mehr als 3 Mio Grundkapital zwingend mindestens 3 Mitglieder haben (§ 23 I 1

291 BGBl I S 838.

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Hs 2). Nach § 40 I (Ermächtigung dazu in Art 43 I 2 SE-VO) bestellt der Verwaltungsrat einen oder mehrere geschäftsführende Direktoren, die aus dem Kreis des Verwaltungsrats stammen (dann muss aber die Mehrheit des Verwaltungsrats aus nicht geschäftsführenden Mitgliedern bestehen) oder Dritte sein können. Zum geschäftsführenden Direktor kann auch der Vorsitzende des Verwaltungsrats bestellt werden, und dieser kann nach der Satzung zugleich Vorsitzender der Geschäftsleitung sein. Dadurch wächst ihm eine Machtfülle zu, die vergleichbar ist mit dem amerikanischen CEO (Chief Executive Officer) oder dem französischen PDG (président-directeur général)292. Die geschäftsführenden Direktoren vertreten nach § 41 die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich. Das MoMiG hat eine besondere Vorschrift für den Fall der Führungslosigkeit (Fehlen geschäftsführender Direktoren) der SE eingefügt. Nach § 41 I 2 SEAG nF wird die SE in diesem Fall durch den Verwaltungsrat vertreten. Nach § 49 I treten für die Anwendung der konzernrechtlichen Vorschriften der §§ 308–318 AktG an die Stelle des Vorstands der Gesellschaft die geschäftsführenden Direktoren. Für den Fall, dass die SE der gesetzlichen Auffanglösung zur Mitbestimmung unterliegt 293, ist die mitbestimmungsrechtlich präjudizierte Zusammensetzung des Aufsichtsrats im SEBG 294 (Art 2 des SEEG) geregelt. Sie gilt entsprechend für den Verwaltungsrat im monistischen System. Hier muss bei einem Grundkapital von mehr als 3 Mio das Leitungsorgan im dualistischen und die Gruppe der geschäftsführenden Direktoren im monistischen System mindestens aus zwei Mitgliedern bestehen, von denen eines die Funktion eines Arbeitsdirektors (zuständig für Arbeit und Soziales) einnehmen muss (§ 38 II SEBG). Nach dem Grundsatz der SE-Regelung, dass vorhandene Mitbestimmung gewahrt, aber nicht zusätzliche Mitbestimmung gewährt werden soll, kann auch zum geschäftsführenden Direktor des Verwaltungsrats im monistischen System kein Arbeitnehmervertreter bestellt werden295. Die Möglichkeit der Opt-out Regelung (Art 7 III SE-RL) nutzt das SEBG nicht. §§ 50 f SEAG bestimmen wenige Einzelheiten über die HV. § 52 erklärt, dass das Auseinanderfallen von Satzungssitz und Hauptverwaltung in der Weise, dass die Hauptverwaltung in einem anderen Mitgliedstaat liegt (Verstoß gegen Art 7 der SE-VO), als Mangel der Satzung gilt und, wenn der Mangel nicht abgestellt wird, zur Auflösung der SE führt (Ermächtigungsgrundlage für solche Sanktionen in Art 64 SE-VO). Der in Art 11 SE-RL aufgegebene Schutz vor einem Missbrauch der SE zur Aushöhlung der Beteiligungsrechte der Arbeitnehmer wird durch das Missbrauchsverbot des § 43 S 1 SEBG (konkretisiert durch eine Vermutungsregelung in S 2) umgesetzt. Das Verbot ist strafbewehrt gemäß § 45 I Nr 2 SEBG.

5. Der Kommissionsvorschlag für eine Societas Privata Europaea 196

Neben die europaeinheitliche Rechtsformen der Europäischen Aktiengesellschaft (Societas Europaea, SE) und der Europäischen Genossenschaft (Societas Cooperativa Europaea, SCE) will der europäische Gesetzgeber eine europaeinheitliche Rechtsform für kleine und mittlere Unternehmen stellen, die Societas Privata

292 In der Begründung des E SEAG wird die gesetzliche Zuweisung der Geschäftsführung an den Verwaltungsratsvorsitzenden abgelehnt, weil hierdurch eine dem PDG entsprechende Machtfülle entstehe (BRDrucks 438/04, S 97). Weshalb diese schlecht sein soll (was dann doch wohl auch den Ausschluss entsprechender Satzungsregelungen bedeuten müsste), wird nicht gesagt. 293 Bei der Allianz SE ist die gleiche Regelung in die hier zustande gekommene Vereinbarung über die Beteiligung der Arbeitnehmer aufgenommen worden (o Fn 239). 294 S Rn 152, zum Gesetz Calle/Lambach, RIW 2005, 161 ff. 295 Ihrig/Wagner BB 2004, 1758.

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V. Das Europäische Gesellschaftsrecht Europaea, SPE. Ein Vorschlag der Kommission für eine Verordnung über das Statut einer SPE liegt mit Dokument vom 25.6.2008 vor296. Der ehrgeizige Plan ist, dass Gründungen etc mit der Rechtsform der SPE ab 1.7.2010 möglich sein sollen. Die geplante SPE entspricht ihrer Rechtsnatur nach unserer GmbH. Maßgebliches Recht soll in erster Linie die SPE-VO sein, sodann die Satzung, über deren Mindestinhalt ein Anhang im Vorschlag der Kommission Angaben enthält, und subsidiär das nationale Recht des Mitgliedstaates, in dem die SPE ihren Satzungssitz hat: Dieses soll in Regelungspunkten der VO oder Satzung insoweit anwendbar sein, als die VO dies vorsieht, und sodann vor allem für außerhalb des Gesellschaftsrechts belegene Fragen297. Oben298 ist bereits zum Vergleich mit den Deregulierungsschritten unseres MoMiG über die Vorstellungen der Kommission betreffend die Gründung einer SPE, das Kapital, den Kapitalschutz und schließlich betreffend die Anteile an der SPE, insbesondere deren Übertragung, berichtet worden. Jetzt sind noch kurz die weiteren von der Kommission entworfenen Regelungen zu ergänzen. Zum Thema der Vorgesellschaft299 sagt Art 12 S 1 des Vorschlags, dass die SPE nach ihrer Eintragung die im Vorstadium begründeten Pflichten übernehmen kann. Tut sie das nicht, haften nach S 2 die Personen, die die Handlungen ausgeführt haben, in voller Höhe gesamtschuldnerisch. Das könnte der Handelndenhaftung des deutschen Rechts entsprechen und wie im deutschen Recht offen lassen, wen man alles zu den Handelnden bzw „Ausführenden“ zu rechnen hat. Der Vorschlag muss aber in Zusammenhang mit Art 16 II SE-VO gesehen werden. Wie sich aus dessen Fassung ergibt, sind auch im Kommissionsvorschlag die an der Gründung beteiligten Gesellschafter gemeint, denen die Rechtshandlungen aufgrund ihrer Zustimmung zur Aufnahme des Geschäftsbetriebs zuzurechnen sind. Art 17 und 18 enthalten Regelungen zur Beendigung der Mitgliedschaft aus wichtigem Grund: Art 17 ermöglicht den Ausschluss seitens der SPE. Dieser soll eines Beschlusses mit qualifizierter Mehrheit bedürfen (Art 27 Nr 1 b, Nr 2 des Vorschlags) und auf Antrag der SPE durch das Gericht vollzogen werden. Art 18 ermöglicht einem Anteilseigner das Ausscheiden aus wichtigem Grund durch ein Verfahren mit Übernahme des Anteils durch die SPE oder andere Anteilseigner durch Beschluss mit qualifizierter Mehrheit (Art 27 Nr 1 c, Nr 2 des Vorschlags), notfalls durch Entscheidung des Gerichts. Kapitel V des Vorschlags regelt die Organisation der SPE: Organe sind „die Anteilseigner“, die „Beschlüsse“ fassen (Art 27), und das „Leitungsorgan“ (Art 26 Nr 1 S 1). Nach Art 27 Nr 3 soll es bei hinreichender Einbeziehung aller Anteilseigner nicht der Einberufung einer Hauptversammlung bedürfen. Für die Anfechtung der Beschlüsse soll auf das nationale Recht verwiesen werden. Art 29 regelt nach dem VO-Vorschlag ein Minderheitsrecht auf Bestellung eines unabhängigen Sachverständigen durch Beschluss, hilfsweise durch das Gericht. Das Leitungsorgan ist in Art 2 Nr 1 d als das nach der Satzung für die Leitung der SPE zuständige Organ definiert und vom Aufsichtsorgan (Nr 1 e) unterschieden. Art 30 ff sprechen demgegenüber von den Mitgliedern der Unternehmensleitung, die natürliche Personen sein müssen (Art 30 Nr 1). Für die Organisation der SPE besteht nach Art 26 Nr 2 Satzungsfreiheit, vorbehaltlich der Verordnung: Die Satzung entscheidet, ob ein Mitglied oder mehrere Mitglieder zum Leitungsorgan gehören sollen, ob das monistische oder dualistische System gewählt wird (Erläuterungen zu Kap V). Bei der Eintragung und einer eventuellen Änderung müssen allerdings die Mitglieder der Unternehmensleitung angegeben werden, die nach der Satzung zur Vertretung der SPE gegenüber Dritten befugt sind (Art 10 Nr 2 a, 5, Art 33 Nr 1). Art 30 Nr 2 stellt faktische Organmitglieder wirksam bestellten Mitgliedern gleich. Die Leitungsbefugnis des Leitungsorgans soll nur durch die VO und die Satzung beschränkbar sein (Art 26 Nr 1 S 2). In Art 27 legt der Vorschlag Angelegenheiten fest, für die „zumindest“ bestimmt werden soll, dass ein Mehrheitsbeschluss erforderlich ist (Personalhoheit über das Leitungsorgan, Änderung der Anteilsrechte, Ausschluss bzw Ausscheiden von Mitgliedern, Billigung des Jahresabschlusses, Ausschüttungen, Erwerb eigener Anteile, Kapitalveränderungen, weitere Strukturänderungen sowie die Sitzverlegung in einen anderen Mitgliedstaat, Strukturveränderungen bedürfen wie Ausschluss und Ausscheiden von Mitgliedern eines Beschlusses mit qualifizierter Mehrheit, für deren Bestimmung die VO nach dem Vorschlag der Satzung Untergrenzen geben soll). 296 KOM (2008) 396. Dazu Hommelhoff/Teichmann, GmbHR 2008, 897; Hommelhoff/Krause/Teichmann, GmbHR 2008, 1193; Eidenmüller/Engert/Hornuf, AG 2008, 721. 297 Erläuterung des Vorschlags Kap I aE. Sowie Art 4 Nr 1 Abs 2. 298 Rn 99 ff. 299 Zur Vorgesellschaft nach deutschem Recht u Rn 362 ff.

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B. Entwicklung des Gesellschafts- und Kapitalmarktrechts Für die Mitbestimmung ist nach dem Vorschlag die Rechtsordnung des Sitzstaates maßgeblich (Art 34 Nr 1), bei Verlegung des Sitzes in einen anderen Mitgliedstaat sind detaillierte Vorschriften über das Verlegungsverfahren (Art 36, 37) und den Schutz der Arbeitnehmer vor einer Verminderung ihres Mitbestimmungsstatus vorgesehen (Art 34 Nr 2 iVm Art 38). Für Umwandlungen der SPE und für ihre Auflösung sollen – abgesehen von Auflösungsgründen und der Notwendigkeit der Bekanntgabe, die im Vorschlag aufgeführt werden – das nationale Recht und die Europäische InsolvenzVO maßgeblich sein (Art 39, 40), für grenzüberschreitende Verschmelzungen einer SPE verweist der Vorschlag auf die einschlägige Richtlinie (Art 34 Nr 3).

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C. Die Gründung der AG und der GmbH im Vergleich zu der Kapitalerhöhung gegen Einlagen; Satzung bzw Gesellschaftsvertrag und Änderung I. Bedeutung der Gründungsregelung Die Vorschriften über die Gründung einer AG oder GmbH sind kompliziert. Gerade im Gründungsrecht der AG findet sich der Niederschlag der Novelle von 1884 300. Wegen ihrer Aufwändigkeit ist die Gründung einer AG – anders als die einer GmbH – selten. Häufiger wird ein Unternehmen durch Umwandlung aus einer anderen Rechtsform oder durch Verschmelzung zur AG, beides geregelt im UmwG. Es wird in der Praxis aber auch eine bestehende AG unter Kapitalerhöhung zu einer neuen Unternehmung ausgenutzt.

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Als Beispiel diene der Vorgang um den Maschinenbaukonzern Hanomag301: Die Gesellschafter der Hanomag-Baumaschinen-GmbH wollten aus ihrer Gesellschaft eine AG machen. Dazu haben sie nicht eine AG gegründet und das Baumaschinenunternehmen in diese eingebracht. Vielmehr haben sie eine VA-Vermögensverwaltungs-AG benutzt, die durch Fehlspekulationen tief in Verlust geraten war, nämlich einen steuerlichen Verlustvortrag von 60 Mio DM aufwies. Die Umgründung lief wie folgt ab: Die VA-HV beschließt eine Firmenänderung in Hanomag-AG, sodann wird das Kapital dieser Gesellschaft erhöht. Die neuen Aktien aus der Kapitalerhöhung werden von den Gesellschaftern der Hanomag-GmbH übernommen, die als Gegenleistung ihre GmbH-Anteile als Sacheinlage einbringen. Damit sind die Gesellschafter der Hanomag-GmbH jetzt Aktionäre der Hanomag-AG, die ihrerseits zu 100 % an der HanomagGmbH beteiligt ist. Die Hanomag-GmbH schüttet ihre Gewinne an die AG aus, die diese Gewinne gegen den Verlustvortrag verrechnet302.

Ein solcher Vorgang wird – weil ein Unternehmen gleichsam in eine bestehende Gesellschaft als Mantel eingekleidet wird – Mantelgründung genannt. Statt dass ursprünglich für sich bestehende Gesellschaften als Mäntel umfunktioniert werden, können Gesellschaften aber auch von vornherein ohne eigenen aktuellen Unternehmenszweck gegründet werden, damit sie später für den Aufbau eines Unternehmens genutzt werden können; die Anteile können dann den später auftretenden Investoren für deren unternehmerische Zwecke angeboten werden. Hier spricht man – von der zu gründenden Mantelgesellschaft her betrachtet – von einer Vorratsgründung. War im Fall der Hanomag-Gesellschaft wenigstens die alte VA-AG mit erheblicher neuer Substanz ausgestattet worden, so kommt in anderen Fällen vielfach die Mantelgründung ohne neue Substanz vor. Deshalb stellt sich das Problem, ob zur Vermeidung der Umgehung der Gründungsvorschriften die Vorschriften, insbesondere die über die Kontrolle der Kapitalaufbringung, analog anzuwenden sind. Der BGH und die überwiegende Meinung nehmen das an303. Die Problematik der Mantel- oder Vorratsgründung ist exemplarisch für die Frage nach der Relevanz des Gründungsrechts: Gründungsvorschriften mögen im Aktienrecht selten 300 301 302 303

S Rn 50. FAZ Nr 289 v 14.12.1987, S 15. Möglich vor der Beschneidung des Verlustvortrags durch § 8 IV KStG 1988. BGHZ 153, 158; 155, 318. Darstellung bei K. Schmidt, NJW 2004, 1345 ff; Darstellung der Literatur bei K. Schmidt § 4 III S 66 ff. Zur Frage unten Rn 397 ff.

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C. Die Gründung der AG und der GmbH

direkt zur Anwendung kommen, sie sind aber – und zwar für die AG und die GmbH – iR anderer Rechtsfragen von grundlegender Bedeutung. Zum Ersten ist die Regelung, wie das Beispiel der Mantelgründung zeigt, möglicher Gegenstand analoger Anwendung. Zum Zweiten ist die Gründungsregelung je auf die zu gründende Gesellschaft als besondere Rechtsfigur bezogen. Infolgedessen kann sie mit zur Bestimmung der Rechtsfigur herangezogen werden, die wiederum ihrerseits für Auslegungs- und Analogieschlüsse relevant ist. Schließlich drittens ist die Gründungsregelung das Vorbild der Normierung von Kapitalerhöhungen und Umwandlungen, insbesondere einer Verschmelzung. Die Umwandlung eines einzelkaufmännischen Unternehmens in eine GmbH versteht das UmwG als Ausgliederung aus dem Vermögen des Kaufmanns zur Neugründung (§§ 152, 158 ff UmwG), auf die das Gründungsrecht der GmbH anzuwenden ist (§ 135 II UmwG für die Spaltung, nach § 123 III UmwG ist Ausgliederung ein Fall der Spaltung). Schon aus diesen Erwägungen ist eine fundierte Kenntnis des Gründungsrechts erforderlich.

II. Das maßgebliche Recht 201

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Die für die Gründung einer Gesellschaft maßgebliche Rechtsordnung ist bisher im Gesetz nicht geregelt 304. Nach der in Deutschland lange Zeit herrschenden Sitztheorie 305 ist maßgeblich die Rechtsordnung desjenigen Staates, in dem die Gesellschaft ihren effektiven Verwaltungssitz hat. Als effektiver Verwaltungssitz gilt der Ort, von dem aus die grundlegenden Entscheidungen der Unternehmensleitung effektiv in laufende Geschäftsführungsakte umgesetzt werden. Auf den bloßen Satzungssitz kommt es nicht an. Daraus folgt in Anwendung auf das deutsche Recht: Wird eine ausländische Kapitalgesellschaft mit effektivem Verwaltungssitz in Deutschland gegründet oder verlegt eine im Ausland gegründete Gesellschaft ihren tatsächlichen Verwaltungssitz ins Inland, so ist die Gesellschaft in Deutschland nicht als Kapitalgesellschaft gegründet und damit grundsätzlich nicht rechtsfähig. Die Sitztheorie ist darauf ausgerichtet, dass die mit ihrem tatsächlichen Verwaltungsschwerpunkt in einem Staat tätige Gesellschaft den Sicherungsvorschriften des Gründungsrechts dieses Staates unterworfen sein muss. Bei Verlegung des Sitzes in einen anderen Staat bedeutet das, dass die Gesellschaft sich auflösen und nach dem Gründungsrecht des Sitzstaates neu gründen muss. Der Sitztheorie gegenüber steht die Gründungstheorie. Nach dieser ist für die Anerkennung der Rechtsfähigkeit als Kapitalgesellschaft das Recht desjenigen Staates maßgeblich, nach welchem eine Gesellschaft gegründet (insbesondere durch Registrierung anerkannt) wird. Die danach wirksam gegründete Gesellschaft bleibt auch dann als Kapitalgesellschaft rechtsfähig, wenn sie ihren effektiven Verwaltungssitz in einen anderen Staat verlegt. Die Entscheidung nach der Sitztheorie musste problematisch werden in Fällen, in denen eine in einem Mitgliedstaat der EU wirksam gegründete Gesellschaft mit ihrem tatsächlichen

304 Zum RefE eines Gesetzes zum Internationalen Privatrecht der Gesellschaften, Vereine und Juristischen Personen s o Rn 124. 305 N bei BGH DB 2000, 1114 ff; DB 2003, 986 ff. Gegen die Sitztheorie in einem gründlich vorgetragenen Angriff Knobbe-Keuk, ZHR 154 (1990), 325. Ein anderes Problem ist die Gründung einer Gesellschaft in Deutschland durch einen ausländischen Alleingesellschafter, dem eine selbstständige Erwerbstätigkeit untersagt ist. Hier geht es nicht um die Sicherung der Gründungskautelen, sondern um die Sicherung der Untersagung der Erwerbstätigkeit. Das KG sichert die Untersagung, indem es die Eintragung der Gesellschaft unter dem Gesichtspunkt der Umgehung ablehnt (NJW-RR 1997, 794 f).

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II. Das maßgebliche Recht

Verwaltungssitz in einem anderen Mitgliedstaat der EU tätig werden will. In diesem Fall könnten die Hindernisse, die die Anwendung der Sitztheorie der Gesellschaft an ihrem neuen Sitz bereitet, gegen die in Art 48 EG auf Gesellschaften ausgedehnte Niederlassungsfreiheit nach Art 43 EG verstoßen. Art 293 3. Spiegelstrich, der die Einleitung von Verhandlungen der Mitgliedstaaten über die Fragen der gegenseitigen Anerkennung von Gesellschaften iS von Art 48 II und der Beibehaltung der Rechtspersönlichkeit bei Sitzverlegung vorsieht, könnte freilich gegen eine per-se-Wirkung des Art 48 sprechen306. Der EuGH hat mit seinen Urteilen Centros307,Überseering308 und Inspire-Art 309 den allgemeinen Grundsatz herausgearbeitet, dass aufgrund der Anerkennung einer Briefkastenadresse als „Hauptniederlassung“ einer Gesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat (Hauptbeispiel die Anerkennung als Private Limited Company englischen Rechts 310) derjenige Mitgliedstaat, in dem die Gesellschaft effektiv sitzt und Geschäfte betreibt, das auf seinem Gebiet betriebene Unternehmen als „Zweigniederlassung“ der (im Beispiel: englischen) Unternehmensträgerin akzeptieren muss. Diese für das deutsche Recht verbindliche Rechtsprechung (Art 220, 234 EG-Vertrag) hat in der deutschen Rechtswissenschaft zu einem erstaunlichen Abfall von der Sitztheorie und Überlaufen zur Gründungstheorie geführt. Es soll plötzlich nicht nur die ausländische Gesellschaft anzuerkennen, sondern diese auch vollständig nach dem ausländischen Gründungsstatut zu behandeln sein311. Große Schubkraft hat diese Meinung durch den Entwurf zu einer EG-VO zum Gesellschaftskollisionsrecht erlangt, den der Deutsche Rat für IPR vorgeschlagen312 und den die deutsche Regierung in ihre Zielsetzung für die Zeit ihrer europäischen Ratspräsidentschaft aufgenommen hatte313. Dem Vorschlag entspricht der Referentenentwurf zum Internationalen Privatrecht der Gesellschaften, Vereine und Juristischen Personen vom 8.1.2008314. Er erklärt die Rechtsordnung desjenigen Staates für maßgeblich, in dessen Gebiet die Gesellschaften etc registriert worden sind oder, wenn noch keine Registrierung erfolgt ist, sich organisiert haben. 306 Dagegen sprechen könnten auch die Arbeiten der Kommission an einem Vorschlag für eine 14. Richtlinie über die Sitzverlegung in einen anderen Mitgliedstaat, die die Kommission freilich jetzt aufgrund der Rechtsprechung eingestellt hat, s oben Rn 149 Fn 234. 307 EuGH Rs C-212/97 Slg 1999, I-1459 = NJW 1999, 2027(Centros). Anders noch, ohne Gefährdung der Sitztheorie, die Entscheidung Daily Mail (EuGH Rs C-81/87 Slg 1988, 5483 = IPRax 1989, 381), die die Beschränkung des Wegzuges einer Gesellschaft aus dem Gründungsstaat in einen anderen Mitgliedstaat durch die Rechtsordnung des Gründungsstaates (Konsequenz der Auflösung mit der Notwendigkeit der Neugründung im anderen Mitgliedstaat) mit der Niederlassungsfreiheit für vereinbar erklärt hat. Für die Verletzung der Niederlassungsfreiheit durch eine solche Regelung hat der Generalanwalt Maduro in seinen Schlussanträgen vom 22.5.2008 NZG 2008, 498 = ZIP 2008, 1067 in der Rechtssache Cartesio plädiert. Dem ist der EuGH jedoch nicht gefolgt (Urteil vom 16.12.2008 Rs C-210/06 Rn 99 ff). 308 EuGH Rs C-208/00 Slg 2002, I-9919 = NJW 2002, 3614 (Überseering). Dazu Eidenmüller, ZIP 2002, 2233; Meilicke, GmbHR 2003, 793. 309 EuGH Rs C-167/01 Slg 2003, I-10155 = NJW 2003, 3331= GmbHR 2003, 1260 (Inspire Art) mit Kom Meilicke (1271). 310 Zu dieser Rechtsform o Rn 101a. 311 N dieser Neuausrichtung der hM bei Altmeppen/Wilhelm, DB 2004, 1083 Fn 7; differenzierter im Hinblick auf die Maßgeblichkeit des Gründungsstatuts Bitter, WM 2004, 2190. Für die Geltung der Sitztheorie im Verhältnis zur Schweiz jetzt BGH 27.10.2008 – II ZR 158/06 und II ZR 290/07. 312 Erarbeitet durch eine Kommission des Deutschen Rats, s Sonnenberger/Bauer, RIW-Beilage 1 zu Heft 4/2006. 313 S Günther H. Roth, RdW 2007, 206. 314 S dazu o Rn 124.

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C. Die Gründung der AG und der GmbH

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Die Rechtsprechung des EuGH hatte solche Konsequenzen in Wirklichkeit bisher nicht. Der EuGH hat nur die Nichtanerkennung der nach dem Recht eines anderen Mitgliedstaates wirksam gegründeten Gesellschaft ausgeschlossen. Damit ist nicht der Anwendung von Schutzprinzipien des deutschen Rechts auf eine nur in Deutschland tätige Scheinauslandsgesellschaft widersprochen. Nach dem Schwerpunkt der Rechtsverhältnisse müsste die Scheinauslandsgesellschaft materiellrechtlich nach den Schutzgrundsätzen des deutschen Kapitalgesellschaftsrechts zu behandeln sein315. Die Anwendung dieser Schutzgrundsätze würde auch nicht der Niederlassungsfreiheit widersprechen. Die für die Vereinbarkeit der Anwendung des nationalen Rechts mit der Niederlassungsfreiheit aufgestellte GebhardFormel (nicht diskriminierende Anwendung, zwingende Gebotenheit im Allgemeininteresse, Eignung, Erforderlichkeit der Maßnahme)316 wird durch die Anwendung des deutschen Schutzsystems auf Scheinauslandsgesellschaften nicht verletzt. Nach den sich immer mehr durchsetzenden Prinzipien der Gründungstheorie ist aber zunächst einmal vom Recht des Staates, in dessen Gebiet die Gesellschaft gegründet worden ist, auszugehen317. Soweit sich die danach gemäß dem ausländischen Recht zu behandelnden Gesellschaften im Inland betätigen, sind aber die deutschen Schutzinstitute nach den Grundsätzen des ordre public etc durchzusetzen, soweit das ausländische Gesellschaftsstatut unerträgliche Lücken enthält318. Die Hysterie, die durch die Centros-etc.-Rechtsprechung des EuGH ausgelöst worden ist, zeigt sich nicht nur an Vorschlägen wie den soeben zitierten des Deutschen Rats für IPR, sondern auch an befremdlichen Folgerungen in unserer Gesetzgebung. Man meint319, zwischen gesellschaftsrechtlicher und insolvenzrechtlicher Anknüpfung unterscheiden zu müssen und zu können, um deutsche Regelungsvorstellungen durchzusetzen: In ersterer Hinsicht habe man ausschließlich das Gründungsrecht anzuwenden, während im Insolvenzrecht nach Art 3, 4 der Europäischen Insolvenz-VO das Recht desjenigen Mitgliedstaates maßgeblich ist, in dessen Gebiet der Schuldner den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen hat. Dazu meint man, Vorschriften „mit starkem insolvenzrechtlichen Bezug“ schaffen zu sollen, der die Anwendung der europäischen Insolvenzordnung „erleichtert“. Weiter führt der Gedanke, unterscheiden zu können, zu dem Missgriff, dass zusammengehörige Normen auseinandergerissen werden, weil man mit dem einen Absatz zukünftig auch die in Deutschland tätige private limited company erfassen will und auch meint, europarechtskonform erfassen zu können, während man den anderen Absatz lieber auf deutsche Kapitalgesellschaften und GmbH & Co OHG oder KG uä beschränkt. Dieser Missgriff ist nach dem MoMiG mit §§ 64 GmbHG, 92 II, III AktG, §§ 130a I–III, 177a HGB vorgenommen worden. Die Vorschriften, die zu Anfang dieser Regelungen standen, nämlich die über die Pflicht der Geschäfts-

315 Wilhelm, ZHR 167 (2003), 520, 535 ff; Altmeppen/Wilhelm, DB 2004, 1085 ff. Nicht genügend überlegt Burg, GmbHR 2004, 1379 ff; Paefgen, ZIP 2004, 2253. 316 EuGH Rs C-55/94 Slg 1995, I-4165 (Gebhard). 317 Weitgehend iS der Gründungstheorie aufgrund des deutsch-amerikanischen Freundschaftsvertrags für US-amerikanische Gesellschaften, die ihren Verwaltungssitz in der Bundesrepublik haben, BGH NZG 2004, 1001; NZG 2005, 44 (nur noch Erfordernis eines schwachen genuine link zum Gebiet des amerikanischen Rechts). 318 S Grigoleit in: Neuner, Grundrechte und Privatrecht aus rechtsvergleichender Sicht 2007 S 266, 273 ff. Zur Überlagerung eines fremden Gründungsstatuts durch zwingende Vorschriften des deutschen Sitzrechts skeptisch Sandrock, ZVglRWiss 102 (2003), 447 ff. Gegen die Annahme der Durchsetzbarkeit des deutschen Mitbestimmungsrechts aufgrund des ordre public Sandrock, AG 2004, 57. 319 RegE MoMiG BT-Drucks 16/6140, S 47, s o Rn 123.

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III. Möglichkeit der Rechtsformwahl für „Gegenstand“ und „Zweck“

leitung, bei Insolvenzreife der Gesellschaften die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen, sind als § 15a InsO nF verselbstständigt und auf alle bei uns tätigen juristischen Personen ausgedehnt worden, während die daran anknüpfenden Absätze über die Konsequenz der Pflicht zur Einleitung des Insolvenzverfahrens, dass nunmehr Zahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen zu unterlassen sind und bei Vornahme solcher Zahlungen Schadensersatz an die Gesellschaft zu leisten ist, als gesellschaftsrechtliche Normen in GmbH-, Aktien- und Handelsrecht stehen geblieben sind. Es ist offensichtlich, dass der Schutz der Gesellschaftsgläubiger unabhängig davon gelten muss, ob man Vorschriften dazu in die InsO schreibt oder den Schutz über die Erhaltung des Vermögens der juristischen Person entwickelt.

III. Möglichkeit der Rechtsformwahl für „Gegenstand“ und „Zweck“ Ist deutsches Recht maßgeblich, so ist für die Gründung zunächst die Rechtsform zu wählen. Die Gründer können grundsätzlich für jeden beliebigen, gesetzlich zulässigen Zweck eine AG oder GmbH errichten. Dies bestimmt ausdrücklich § 1 GmbHG, das AktG setzt es dadurch voraus, dass es die Merkmale der AG ohne Rücksicht auf einen bestimmten Zweck normiert und die Gesellschaft ohne Rücksicht darauf, ob sie ein Handelsgewerbe betreibt, zur Handelsgesellschaft macht (§ 3 I AktG). Wenn § 1 GmbHG von Zweck spricht, meint er zugleich den Unternehmensgegenstand iSv §§ 3 I Nr 2 GmbHG, 23 III Nr 2 AktG320. Lässt unser Recht auch grundsätzlich die Kapitalgesellschaft für jeden Zweck und Gegenstand zu, so kennt es doch den gesetzlichen Ausschluss von kapitalgesellschaftlichen Rechtsformen für bestimmte Zwecke oder die Abhängigkeit bestimmter Zwecke einer Kapitalgesellschaft von einer behördlichen Erlaubnis. Derartige Beschränkungen bedürfen freilich der Rechtfertigung vor dem Grundrecht der Berufsfreiheit (Art 12 GG) 321. Gänzlich ausgeschlossen sind die Rechtsformen der Kapitalgesellschaften für bestimmte Berufe nach den für diese geltenden berufsständischen Ordnungen322. Auch für Rechtsanwälte hat man früher diese Beschränkung angenommen. Sie ist aber durch die Entscheidung des BayObLG aus dem Jahre 1994 aufgegeben worden323. Während das BayObLG Fälle zu behandeln hatte, dass die Gesellschaft nur die Aufträge annimmt, die Tätigkeit selbst aber

320 Zur Unterscheidung von Zweck und Gegenstand unten Rn 237 ff. 321 BGHZ 124, 224 (betr Zahnärzte-GmbH). Das BayObLG spricht vom Grundrecht der juristischen Person auf Freiheit in der Berufswahl (NJW 2000, 1647). 322 Für Apotheker nach § 8 ApG, für Notare nach den Berufsanforderungen der BNotO. Im Gegensatz zu den Zahnärzten, denen der BGH die Freiheit zur Wahl der Rechtsform der GmbH zugestanden hat (Vorn), schließt das Bayer. Heilberufskammergesetz für in Bayern praktizierende Ärzte der allgemeinen Medizin die Rechtsform der GmbH aus. Der BayVerfGH hat die Regelung für vereinbar mit der Berufsfreiheit nach Art 101 BV erklärt (NJW 2000, 3418), kritisch Siebel, DStR 2000, 1275; Bachmann, NJW 2001, 3385. Das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) erlaubt die Gründung und kassenrechtliche Zulassung medizinischer Versorgungszentren. Diese können auch in der Rechtsform der Kapitalgesellschaft gebildet werden. Die Versorgungszentren sind fachübergreifende Einheiten; in ihnen müssen entweder mindestens zwei Fachärzte unterschiedlicher Fachrichtungen oder ein Arzt neben der Erbringung mindestens einer sonstigen Leistung iS des SGB V tätig sein. Zur Zulässigkeit der Ärzte-GmbH allgemein Meyer/Kreft, GmbHR 1997, 193. 323 NJW 1995, 199, ergänzend die Entscheidung BayObLG NJW 1996, 3217.

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C. Die Gründung der AG und der GmbH

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durch zugelassene Rechtsanwälte, die der Gesellschaft angehören, ausgeführt wird 324, hat der Gesetzgeber inzwischen in der BRAO geregelt, dass eine GmbH unter bestimmten Voraussetzungen sogar in eigener Person als „Rechtsanwaltsgesellschaft“ zugelassen werden kann (§ 59c BRAO). Die Gesellschaft selbst ist dann fähig, mit der Rechtsstellung eines Rechtsanwalts Gerichts- oder Verfahrensbevollmächtigte zu sein (§ 59l BRAO)325. Mit der in § 5a GmbHG nF zugelassenen Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) hat das MoMiG nicht etwa eine neue für die Rechtsanwaltsgesellschaft nicht verwendungsfähige Rechtsform eingeführt. Die Unternehmergesellschaft ist eine besondere Form der GmbH. Die auf die GmbH bezogenen §§ 59c ff BRAO sind auf die GmbH, also auch auf die Unternehmergesellschaft bezogen. Unzumutbare Gefahren können davon nicht ausgehen, weil die Rechtsanwaltsgesellschaft nach § 59j BRAO eine Berufshaftpflichtversicherung abschließen muss. Im Jahre 2000 hat sich das BayObLG für die Eintragbarkeit der Firma einer Anwalts-AG in das Handelsregister ausgesprochen326. Der BGH hat dem inzwischen die Fähigkeit der AG hinzugefügt, sich als Rechtsanwaltsgesellschaft zulassen zu lassen327. Das Gericht wendet die Voraussetzungen der §§ 59c ff BRAO, insbesondere den § 59e darüber, dass alle Gesellschafter (also auch die Aktionäre) entweder Anwälte sein oder zu den in der BRAO genannten Berufen gehören müssen, entsprechend an328. Bestimmte Rechtsformen sind dadurch ausgeschlossen, dass bestimmte Zwecke nur in bestimmten anderen Rechtsformen betrieben werden können, zB kann die große Versicherungsgesellschaft nur als AG oder Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (§§ 1, 5, 7 I VAG), die KAG nur als AG oder GmbH betrieben werden (§ 6 I 2 InvG)329. Voraussetzung des Geschäftsbetriebs von Kreditinstituten und damit auch solcher, die als Kapitalgesellschaft betrieben werden sollen, ist nach § 32 KWG die Erlaubnis durch die

324 Auf die Trennung von Organisation und Auftragsannahme einerseits und Auftragsausführung andererseits stellt auch der BGH in seiner die Zahnärzte-GmbH betr Entscheidung ab (o Fn 321 f). 325 Obwohl die Zulassung Voraussetzung nur für jene Fähigkeit, insbesondere also die Postulationsfähigkeit der Gesellschaft, ist, haben Zuck, Kom zu §§ 59c ff BRAO, § 59c Rn 9, Henssler/Streck/Henssler Handbuch des Sozietätsrechts 2001 S 651 Rn 48 die frühere Vorschrift des § 8 I Nr 6 GmbHG, wonach bei genehmigungsbedürftigem Gegenstand der Gesellschaft die Erteilung der Genehmigung die Voraussetzung der Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister war, auf die Rechtsanwalts-GmbH angewandt. Das MoMiG hat § 8 I Nr 6 GmbHG beseitigt und dadurch das Problem für die RA-GmbH. 326 NJW 2000, 1647. Nach Ansicht des Gerichts gilt die firmenrechtliche Regelung des § 59k BRAO (s u Fn 361) nicht für die Anwalts-AG (weiter seien Maßgaben nach § 9 Berufsordnung für Rechtsanwälte weder auf die Anwalts-GmbH noch auf die AG anzuwenden). Die vom Registerrichter beanstandete Firma Pro-Videntia Rechtsanwalts-AG sei auch firmenrechtlich zulässig. Weil das Registergericht bisher nur die Firma beanstandet hatte, hat das BayObLG noch nicht – wie in seiner die Anwalts-GmbH betreffenden Entscheidung aus dem Jahre 1994 – Überlegungen zur berufsrechtlich notwendigen Ausgestaltung einer Anwalts-AG angestellt. Kritisch zur Entscheidung des BayObLG angesichts der Nichtexistenz einer berufsrechtlichen Rahmenregelung für die Anwalts-AG Kemptner/Kopp, NJW 2000, 3449. 327 BGHZ 161, 376. AA Kemptner/Kopp, NJW 2004, 3605. Der BGH lässt allerdings bei einem Formwechsel einer Anwalts-GmbH in eine Anwalts-AG die Zulassung der Gesellschaft widerrufen. Dann Neubeantragung der Zulassung für die AG erforderlich. 328 Kritisch zum Ausschluss von Gesellschaften von der Mitgliedschaft an der Anwalts-GmbH (im Gegensatz zur Zulässigkeit bei Patentanwalts-, Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungs-Gesellschaften) Pluskat, GmbHR 2004, 1058. 329 Tautologisch die Bestimmung des § 96 I 1 InvG, dass Investmentaktiengesellschaften nur als Aktiengesellschaften betrieben werden dürfen. Das REITG wiederholt diese Seltsamkeit nicht.

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IV. Die Gründungsregelung für AG und GmbH

BAFin330. Dies gilt ebenso nach § 7 InvG für den Geschäftsbetrieb einer KAG und nach § 97 InvG für den Geschäftsbetrieb von Investmentaktiengesellschaften. Die Erlaubnispflichtigkeit ist kein Anwendungsfall des Konzessionssystems, weil sie dem besonderen Geschäftsbetrieb, nicht der Gründung einer Kapitalgesellschaft gilt 331.

IV. Die Gründungsregelung für AG und GmbH 1. Simultangründung; die Stufen bis zur Entstehung der Gesellschaft a. Simultangründung Für die Gründung der GmbH und der AG gilt das Prinzip der Simultangründung. Nach dem AktG von 1937 war für die AG noch eine Stufengründung möglich. Im Gründungsstadium konnten schon Aktien an das Publikum abgegeben werden. Das Kapital wurde so „nach und nach“ aufgebracht. Nach geltender Regelung müssen dagegen die Gründer der AG ebenso wie die der GmbH alle Anteile übernehmen. Das AktG impliziert diese Festlegung mehr, als dass es sie klar ausdrückt (s §§ 23 II Nr 2, 29 AktG). Im GmbHG ist sie durch das Erfordernis ausgedrückt, dass die Gründungsurkunde von sämtlichen Gesellschaftern unterzeichnet werden muss (§ 2 I 2 GmbHG332). Ganz missverständlich ist im Aktienrecht sogar der Gründerbegriff definiert. In § 28 AktG werden die Gründer als Teilmenge der (zunächst beteiligten) Aktionäre, nämlich als diejenigen Aktionäre umschrieben, die die Satzung feststellen, während es doch so ist, dass die Gründer zusammen die Satzung feststellen und in diesem Rahmen die Aktien der Gesellschaft zu übernehmen haben, wenn sie die Gesellschaft errichten wollen (§ 23 II Nr 1, 2, § 29 AktG).

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Allerdings macht der logisch verdrehte Begriff die Fassung des § 46 IV AktG über die Haftung der Gründer für Ausfälle bei Leistungen von „Aktionären“ verständlich. Gemeint sind Ausfälle bei der Verwirklichung der Leistungszusagen im Gründungsstadium. Folglich geht es – nach Wegfall der Stufengründung – ausschließlich um Ausfälle bei Leistungen von Mitgründern. Formal ist das durch die logisch inkorrekte Definition des § 28 AktG stimmig, wonach die Gründer bestimmte Aktionäre sind.

Die Notwendigkeit der Simultangründung führt im Fall einer AG mit großem Grundkapital zu der praktischen Notwendigkeit, dass eine Emissionsbank oder ein Zusammenschluss von mehreren Beteiligten (Konsortium) gefunden werden muss, die wenigstens einen Teil der Aktien als Mitgründer übernehmen333 und dann durch Weiterübertragung beim Publikum unterbringen. Eine Umgehung der Simultangründung durch Vorratsaktien (Aktien, die die Gesellschaft selbst zeichnet) ist unzulässig, die Übernahme der Aktien ist nach § 134 BGB nichtig (§ 56 I AktG mit Umkehrschluss aus Abs 2 S 2). Ebenso wenig kann die in Gründung befindliche GmbH eigene Anteile übernehmen (§§ 3 I Nr 4, 5 III 3 GmbHG334). 330 § 6 I KWG, s a §§ 1, 4 FinDAG. 331 Die §§ 8 I Nr 6 GmbHG, 37 IV Nr 5 AktG (Genehmigung als Voraussetzung der Anmeldung) hat das MoMiG aufgehoben. 332 Ballerstedt (GmbHR 1967, 66, 67 mit Fn 10) hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Vorschrift als bloße Formvorschrift überflüssig wäre (als solche schon enthalten in § 177 FGG aF, jetzt § 13 I 1 BeurkG). 333 Ein Konsortium kann als BGB-Gesellschaft Mitgründerin einer AG und einer GmbH sein (zur Gründerfähigkeit einer BGB-Gesellschaft bei der AG BGHZ 118, 83, 99 f, bei der GmbH Roth/Altmeppen/Roth § 1 Rn 30 f). 334 § 33 GmbHG ist nicht anwendbar, weil die Geschäftsanteile erst mit Eintragung der Gesellschaft entstehen.

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b. Die Stufen bis zur Entstehung 216

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Finden sich mehrere Personen zur Gründung einer Kapitalgesellschaft zusammen oder entschließt sich eine Person dazu (die Gründung einer Gesellschaft ist durch eine Person oder mehrere Personen möglich, §§ 1 GmbHG, 2 AktG335), so geht die Gründung ersterenfalls in drei, bei der Einmanngründung in zwei Stufen vor sich. Die Gründungsvorschriften des AktG und des GmbHG betreffen bei der Gründung durch mehrere Personen die Schritte von Stufe 2, der Errichtung der Gesellschaft, bis Stufe 3, Eintragung; bei der Einmanngründung ist die Errichtung Stufe 1 und die Eintragung Stufe 2. Auf der ersten Stufe der Mehrpersonengründung schließen die Gründer einen Vertrag darüber, dass sie eine bestimmte Kapitalgesellschaft gründen wollen. Dies ist ein Gesellschaftsvertrag, der die sog Vorgründungsgesellschaft hervorbringt. Sie ist Gesellschaft bürgerlichen Rechts, es sei denn, die Gesellschafter bringen schon ein Handelsgewerbe ein oder bauen es auf, dann handelt es sich um eine OHG. Schon jener Gesellschaftsvertrag bedarf der Form des § 2 I oder Ia GmbHG, weil er die Gründer zum Abschluss einer nach §§ 2 I, Ia GmbHG, 23 I 1 AktG formbedürftigen Vereinbarung verpflichtet336. Bei Nichteinhaltung der Form finden auf die Vorgründungsgesellschaft die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft Anwendung 337. Die zweite Stufe – bei der Einmann-Gründung die erste – besteht in dem Gründungsakt zur Errichtung einer Kapitalgesellschaft. Das AktG nennt die maßgebliche Gründungsregelung Satzung (§ 2 AktG) und den Gründungsakt die Feststellung der Satzung (§ 23 I 1 AktG). Die beteiligten Personen heißen Gründer (§ 28 AktG). Das GmbHG nennt den maßgeblichen Akt – auch bei der Einmann-Gründung – „Gesellschaftsvertrag“ und spricht von dem oder den Beteiligten als „Gesellschaftern“ (§§ 2, 3 etc GmbHG). Die zweite Stufe bei der Mehrpersonen-, die erste bei der Einmann-Gründung besteht also bei der AG in der Feststellung der Satzung (§ 23 AktG), bei der GmbH in dem Abschluss des „Gesellschaftsvertrags“ (§ 2 GmbHG). Nach dem AktG bewirkt die Feststellung der Satzung mit der Übernahme aller Aktien die Errichtung der AG (§ 29 AktG). Auch das GmbHG spricht von der Errichtung (§§ 1, 7 II 3 GmbHG) und meint den Abschluss des Gesellschaftsvertrags. Mit der Errichtung entsteht sowohl bei der Mehrpersonen- wie bei der Einpersonengründung die sog Vorgesellschaft 338. Bei der Einmanngründung besteht sie in einem Sondervermögen als „Vor-AG“ 339 oder „Vor-GmbH“, welches von der sonstigen Sphäre des Gründers verselbstständigt ist. Insbesondere haftet es nur für die Schulden der „Vorgesellschaft“. Während die Vorgesellschaft mit der durch Eintragung entstandenen juristischen Person identisch ist, besteht zwischen der Vorgesellschaft und der Vorgründungsgesellschaft keine Identität. Haben die Gesellschafter in der Vorgründungsgesellschaft ein Handelsgewerbe betrieben oder sonstiges Gesellschaftsvermögen angesammelt, müssen sie die Gegenstände des

335 Früher waren bei der AG fünf Gründer erforderlich, freilich konnte durch nachträglichen Erwerb aller Aktien durch eine Person auch bei der AG schon eine Einmann-Gesellschaft entstehen. Die Zwölfte gesellschaftsrechtliche Richtlinie schreibt die Zulassung der Einpersonengründung für die GmbH vor. Art 6 dieser Richtlinie lässt diese Möglichkeit auch für die AG zu. Von dieser Möglichkeit hat der deutsche Gesetzgeber im „Gesetz für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts“ v 2.8.1994, BGBl I S 1961, Gebrauch gemacht. 336 BGH NJW 1992, 362, 363 mN. 337 Hierzu Flume I/1 § 2 III, K. Schmidt § 6 S 136 ff. 338 Dazu u Rn 362 ff. 339 Nicht hierher gehört der Vor-REIT nach § 2 REITG (dazu o Rn 25).

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IV. Die Gründungsregelung für AG und GmbH

Gewerbes oder Vermögens auf die Vorgesellschaft übertragen. Der Einmann-Gründer muss die von ihm der Vorgesellschaft zugedachten Gegenstände in das Sondervermögen der in seiner Person bestehenden Einmann-„Vorgesellschaft“ übertragen. Die dritte, bei der Einmann-Gründung zweite, Stufe der Gründung ist die Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister. Mit der Eintragung entsteht die AG oder GmbH als solche (§§ 41 I 1 AktG, 11 I GmbHG). Zwischen der Vorgesellschaft und ebenso dem Sondervermögen in der Hand des Einmann-Gründers und der eingetragenen AG oder GmbH besteht Identität, die Vermögensgegenstände bleiben bei der Gesellschaft.

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2. Die einzelnen Regeln der Gründung a. Gesellschaftsvertrag, Satzung (1) Form, Kapitalgrundlagen; insbesondere die Unternehmergesellschaft Die AG wird durch notarielle Feststellung der Satzung errichtet (§ 23 I 1 AktG), die GmbH mit einer Sonderregelung in § 2 Ia GmbHG durch notariellen Gesellschaftsvertrag (§ 2 I 1 GmbHG). Nach § 2 AktG genügt ein Gründer, und Gründer müssen Aktien übernehmen (§§ 2, 23 II Nr 2 AktG). Auch für die GmbH genügt ein Gründer (§ 1 GmbHG), und jeder Gesellschafter muss Geschäftsanteile gegen Einlage auf das Stammkapital (Stammeinlage) übernehmen (§ 3 I Nr 4 GmbHG). Nach § 23 I 1 AktG besteht die Feststellung der Satzung in der notariellen Beurkundung mit dem Inhalt des § 23 II – IV AktG340. Nach § 13 I 1 Hs 1 BeurkG gehört zur Beurkundung die Unterzeichnung durch die Gründer, was § 2 I 2 GmbHG für die GmbH noch ausdrücklich hervorhebt. Sowohl nach § 23 I 2 AktG als auch nach § 2 II GmbHG bedarf es für die Vertretung einer förmlichen Vollmacht341. Für die GmbH hat das MoMiG das Erfordernis der notariellen Beurkundung erheblich erleichtert, wenn auch nicht gänzlich oder auch nur partiell beseitigt (§ 2 Ia GmbHG). Der oder die Gründer können für die notarielle Beurkundung die in der Anlage zum GmbHG zur Verfügung gestellten Musterprotokolle zur Einmann- oder zur Gründung mit höchstens drei Personen wählen342. Dafür müssen die Gründer schon einen Geschäftsführer benennen. Weitere Voraussetzung der Erleichterung ist eine Bargründung (Gründung ausschließlich gegen Bareinlagen). In der Satzung der AG bzw dem Gesellschaftsvertrag bei der GmbH oder einem ebenso formbedürftigen Ergänzungsvertrag werden alle Anteile an der Gesellschaft von den Vertragsbeteiligten, dh den Gründern bzw Gesellschaftern, übernommen (§§ 23 II Nr 2, 29 AktG, 3 I Nr 4 GmbHG). Nach dem MoMiG kann jetzt auch bei der GmbH jeder Gründer mehrere Einlagen übernehmen (§ 5 II 2 GmbHG).

340 Nach BGHZ 80, 76, 78 (für Satzungsänderung bei GmbH) genügt die Beurkundung durch einen ausländischen Notar, wenn dieser und das Verfahren vor ihm gleichwertig sind (N u Einzelheiten bei Raiser/Veil § 26 Rn 3; für Österreich und Schweiz wird Gleichwertigkeit bejaht). Weiter sind nach dem KonsularG die deutschen Konsuln zuständig. 341 Gilt auch für die Genehmigung nach § 177 BGB (bei Einmanngründung nicht möglich, § 180 BGB). 342 Die Musterprotokolle sind gemäß Art 1 Nr 50 MoMiG dem GmbHG als Anlage (Anlage 1a und 1b) beigefügt. Folge der Wahl: Notargebühren von 20 € statt vorher 300 €. Der RegE hatte einen Mustergesellschaftsvertrag vorgesehen, der einer notariellen Beurkundung nicht bedurfte, und an seine Wahl Erleichterungen bei der Änderung des Gesellschaftsvertrags geknüpft (§ 53 II idF des RegE). Der Rechtsausschuss hat diese weitergehenden Erleichterungen zurückgenommen.

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Bei der AG müssen mindestens 50.000 € als Grundkapital (§ 7 AktG) festgesetzt werden. Das Grundkapital ist in die einzelnen Aktien zerlegt (§ 1 II AktG), die entweder als Nennbetragsaktien oder als Stückaktien ausgegeben werden können (§ 8 I AktG). Nennbetragsaktien müssen auf mindestens 1 €, höhere Nennbeträge auf volle Euro lauten (§ 8 II 1, 4 AktG 343). Stückaktien sind Aktien ohne Nennbetrag, die allen Inhabern gleiche Rechte verleihen. Die Stückaktionäre sind also am Grundkapital in gleichem Umfang beteiligt. Der auf sie entfallende Teilbetrag des Grundkapitals (nach § 8 III 3 AktG „anteiliger Betrag“) ergibt sich durch Teilung des Grundkapitals durch die Zahl der Stückaktien344. Dieser Betrag darf einen Euro nicht unterschreiten (§ 8 III 1–3 AktG). Die Aktien müssen mindestens zum Nennbetrag bzw dem auf die Stückaktie entfallenden „anteiligen Betrag“ (Quotient aus Grundkapital und Zahl der Stückaktien, § 8 III 3 AktG) ausgegeben werden (Verbot der Unterpari-Emission, § 9 I AktG). Nach § 9 II AktG ist eine Überpari-Emission zulässig. Bei der GmbH sind die Grundform der GmbH und die sog Unternehmergesellschaft zu unterscheiden. Entscheiden sich die Gründer nicht für die Unternehmergesellschaft, muss im Gesellschaftsvertrag ein Stammkapital von mindestens 25.000 € festgesetzt werden (§ 5 I GmbHG). Bei der Unternehmergesellschaft kann dieser Betrag unterschritten werden (§ 5a I GmbHG), bis hinunter auf den Mindestbetrag der Einlage pro Geschäftsanteil (1 €, § 5 II 1 GmbHG), sofern in der Firma der Rechtsformzusatz Unternehmergesellschaft oder UG (haftungsbeschränkt) aufgenommen, eine reine Bargründung vorgenommen und das volle Stammkapital eingezahlt wird (§ 5a II 1, 2 GmbHG). Die Unternehmergesellschaft wird in der folgenden Weise an den Mindestbetrag des Stammkapitals von 25.000 € herangeführt: Aus den Jahresüberschüssen, abzüglich eines etwaigen Verlustvortrags aus dem Vorjahr, müssen 25 % in Rücklagen eingestellt werden, die nur dazu verwendet werden dürfen, entweder einen Jahresfehlbetrag, der nicht aus einem Gewinnvortrag des Vorjahres gedeckt ist, oder einen Verlustvortrag aus dem Vorjahr, der nicht aus einem Jahresüberschuss des laufenden Jahres gedeckt ist, auszugleichen oder schließlich das Stammkapital der Gesellschaft zu erhöhen (§ 5a III 1, 2 Nr 1-3 GmbHG)345. Erreicht oder überschreitet die Gesellschaft durch Kapitalerhöhung das Mindestkapital von 25.000 €, so fallen die Sonderbestimmungen über die Unternehmergesellschaft weg, ohne dass die Gesellschaft die Firma ändern müsste (§ 5a V GmbHG). Bei der GmbH wie bei der Unternehmergesellschaft müssen die Geschäftsanteile zusammen das im Gesellschaftsvertrag festgesetzte Stammkapital ergeben (§§ 3 I Nr 4, 5 III 2 GmbHG). Der Geschäftsanteil des Gesellschafters bestimmt seine Einlage (§§ 3 I Nr 4, 14 GmbHG). Die Stammeinlage muss nach neuem Recht, weil hier keine Mindesthöhe mehr vorgeschrieben ist, aber die Einlage auf volle € lauten muss, mindestens 1 € betragen (§ 5 I, II 1 GmbHG). Die Gesellschafter sind mit ihren durchlaufend nummerierten Geschäftsanteilen in eine Gesellschafterliste aufzunehmen (§ 8 I Nr 3 GmbHG)346. Wählen die Gründer das Musterprotokoll, gilt dieses zugleich als Gesellschafterliste (§ 2 Ia 4 GmbHG).

343 Durch satzungsändernden Beschluss mit Zustimmung aller Aktionäre können die Aktienbeträge nachträglich vergrößert werden (sog reverse stock split). 344 Bei den Stückaktien iSd AktG handelt es sich deshalb um sog „unechte Stückaktien“. Bei „echten Stückaktien“ besteht keine Beziehung zum Grundkapital; s zur Unterscheidung Heider, AG 1998, 1, 2 f. 345 Zu den Begriffen unten Rn 1385 ff im Bilanzkapitel. 346 Die Gesellschafterliste hat nach dem MoMiG erhöhte Bedeutung als Rechtsscheinträger für den gutgläubigen Erwerb (dazu u Rn 639), zu den damit verbundenen Praxisfragen Götze/Bressler, NZG 2007, 894.

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IV. Die Gründungsregelung für AG und GmbH

Die Übernahme der Stammeinlage begründet nach dem Gesetz die Verpflichtung zur Leistung des Einlagebetrags (§ 19 II GmbHG347, s a § 9 I GmbHG). Das Verbot der Unterpari-Emission gilt bei der GmbH genau so wie bei der AG. Ebenso ist wie bei der AG die Überpari-Emission (durch Regelung des Gesellschaftsvertrags) zulässig. Bei der GmbH muss es nicht bei der Gleichheit des Stammkapitals und der Summe der Stammeinlagen bleiben. Bei ihr gibt es die Einziehung von Geschäftsanteilen, ohne dass damit eine Herabsetzung des Stammkapitals oder eine Heraufsetzung der Einlagen der anderen Gesellschafter verbunden sein muss (§ 34 GmbHG, anders §§ 237 ff AktG). (2) Übersicht über den Inhalt, Wesen des notariellen Vertrags; Satzungsänderung Der Inhalt des notariellen Vertrages gibt bei der AG zunächst die Gründer, die von ihnen übernommenen Aktien und den von ihnen eingezahlten Betrag des Grundkapitals an (§ 23 II Nr 1–3 AktG). Daneben muss in die Urkunde die Satzung aufgenommen sein. Diese muss zusammen mit den Kapitalgrundlagen der Gesellschaft sieben Punkte umfassen (§ 23 III, IV AktG348). Nach § 23 V 1 AktG kann die Satzung der AG von den Vorschriften des AktG nur abweichen, wenn es ausdrücklich zugelassen ist349. Nach § 23 V 2 AktG kann die Satzung das Gesetz ergänzen, es sei denn, das Gesetz enthält eine abschließende Regelung 350. Bei der GmbH unterscheidet das Gesetz nicht vom sonstigen Inhalt des Gesellschaftsvertrags eine Satzung351. § 3 I GmbHG bestimmt einen Mindestinhalt des Gesellschaftsvertrags: Zu ihm gehören neben den Gesellschaftern, dem Betrag des Stammkapitals und den Geschäftsanteilen der Gesellschafter Firma, Sitz und Gegenstand des Unternehmens352. Eine die Gestaltungsfreiheit der Gesellschafter beschränkende Vorschrift, wie sie § 23 V AktG für die AG aufstellt, enthält das GmbHG nicht. So sind entgegen der restriktiven Vorschrift des § 55 AktG bei der GmbH Satzungsregelungen über Nebenleistungen und Nachschüsse grundsätzlich unbeschränkt möglich (§ 3 II GmbHG) 353. Durch den notariellen Vertrag mit den Satzungsbestandteilen und die Übernahme aller Anteile wird die Gesellschaft errichtet (§§ 29 AktG, 1–3 GmbHG). Es besteht jetzt die Vor-

347 § 19 I ist nicht anzuführen, er betrifft nur die Einforderung der Bareinlagen im Innenverhältnis der Gesellschafter. – Sacheinlagen sind bereits vor der Anmeldung vollständig zu leisten, § 7 III GmbHG. 348 Firma und Sitz, Gegenstand des Unternehmens, Höhe des Grundkapitals, Einzelheiten, nach denen sich die Rechte der Aktien bestimmen, in die das Grundkapital zerlegt ist, Art der Zuständigkeit der Aktien (Inhaberaktie als Aktie des Eigentümers als berechtigten Inhabers der Urkunde oder Namensaktie als Aktie eines bestimmten Berechtigten, der aber durch Indossament oder aufgrund eines Indossaments weiterübertragen kann), weiter Zahl der Vorstandsmitglieder oder die für die Zahl maßgeblichen Regeln und – Abs 4 – Form der Bekanntmachungen der Gesellschaft (dazu § 25 AktG). 349 ZB erklärt § 55 AktG unter der Voraussetzung, dass die Aktien vinkuliert sind, die Regelung einer Nebenleistungs-AG für zulässig. Zur nachträglichen Einführung von Nebenleistungen oder Vinkulierung durch Satzungsänderung § 180 I, II AktG.- Die Vertraulichkeit ist für Vorstand und Aufsichtsrat in §§ 93 I 3, 116 AktG geregelt, eine erweiternde Satzungsbestimmung (alle im Amt erlangten Kenntnisse gelten als Firmengeheimnis) ist unzulässig, BGHZ 64, 325 – Bayer –. 350 BGHZ 83, 106 – Siemens –: § 107 III AktG, der dem Aufsichtsrat die Organisationsgewalt hinsichtlich der Bildung von Ausschüssen einräumt, hindert nicht allgemeine Verfahrensregeln für Ausschüsse in der Satzung (hier: Stichentscheid des Vorsitzenden bei Stimmengleichheit). 351 Der allgemeine Sprachgebrauch verwendet aber Gesellschaftsvertrag und Satzung synonym. 352 Die Form der Bekanntmachung ist in § 12 GmbHG gesetzlich geregelt. 353 Soll die Nebenleistung in der Übernahme von Verlusten bestehen, darf die entsprechende Bestimmung nicht zeitlich und in der Begrenzung nach oben unbestimmt sein (BGH DStR 2008, 309).

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gesellschaft, die durch Eintragung zu der „Gesellschaft als solcher“ wird (s §§ 41 I 1 AktG, 11 I GmbHG). In Anbetracht der Freiheit der Gestaltung des Gesellschaftsvertrags der GmbH vereinigt dieser Vertrag häufig verschiedenartige Bestandteile. Zu unterscheiden sind Satzungsbestandteile, Individualvertragsbestandteile354 und Geschäftsführungsbestandteile. Nur für die satzungsmäßigen Bestandteile, die die Geschicke der Gesellschaft als überindividueller Einheit, unabhängig von der Person der dieser gerade angehörenden Gesellschafter, bestimmen sollen, gilt das Prinzip der objektiven Auslegung nach dem Urkundeninhalt, und dies auch nur für die Zeit nach der Eintragung der Gesellschaft. Ebenso beziehen sich nur auf die satzungsmäßigen Bestandteile von der Eintragung der Gesellschaft an die Vorschriften über die Satzungsänderung (§§ 53 f GmbHG), für die Änderung der Individualvertragsbestandteile bedarf es einer Vertragsänderung aller Vertragschließenden. Vor Eintragung der Gesellschaft gilt für Satzungsbestandteile ebenso wie für individualvertragliche Bestandteile das Erfordernis der Einstimmigkeit. Für individualvertragliche Bestandteile gilt aber schon nicht mehr das Formerfordernis des § 2. Schließlich gibt es Geschäftsführungsbestandteile, die nicht einmal dem Erfordernis der Einstimmigkeit unterliegen, so wird zB der erste Geschäftsführer durch Beschluss mit einfacher Mehrheit (§ 47 I GmbHG) bestellt, wenn nicht bestimmten Gesellschaftern durch die Satzung ein Sonderrecht, dh ein ihnen in Person zustehendes Recht, zugestanden ist355. Exemplarisch sind die unterschiedlichen Möglichkeiten, über die Einlagepflicht in Höhe der Geschäftsanteile hinaus ein Agio zu bestimmen356. Dieses kann statutarisch, insbesondere im Beschluss über eine Kapitalerhöhung festgelegt werden, die Bestimmung wird dann mit Eintragung des Beschlusses wirksam mit der Folge, dass die allgemeinen Vorschriften über Willensmängel nicht mehr anwendbar sind357. Die Gesellschafter können aber auch rein schuldrechtlich untereinander die Zahlung eines Agios vereinbaren. Die Satzung der AG kann nach § 179 I, II 1 AktG durch Beschluss der HV mit einer Mehrheit von mindestens 3/4 des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals, der Gesellschaftsvertrag der GmbH kann nach § 53 I, II 1 GmbHG durch Beschluss der Gesellschafter mit einer Mehrheit von 3/4 der abgegebenen Stimmen geändert werden. Erstaunlicherweise scheint bei der AG größere Satzungsautonomie zu bestehen als bei der GmbH: Die Satzung der AG kann eine andere und nur zur Änderung des Unternehmensgegenstandes ausschließlich eine größere Mehrheit bestimmen (§ 179 II 2 AktG), während § 53 II GmbHG nur – wie auch bei der AG – weitere Erfordernisse neben der – insofern hier als zwingend bestimmten – 3/4 Mehrheit zulässt. Allerdings ist bei der GmbH die Bestimmung der Stimmkraft disponibel (nach Köpfen, Beteiligungshöhe etc). Die Beschlüsse der GmbH über Änderungen des Gesellschaftsvertrages müssen notariell beurkundet werden, § 53 II GmbHG. Von diesen Beschlüssen sind bloße Satzungsdurchbrechungen zu unterscheiden, für die es zwar auch der satzungsändernden Mehrheit be-

354 Derselbe Gegenstand kann als Satzungsbestandteil, aber auch als Gegenstand einer schuldrechtlichen Abrede vereinbart sein, BGHZ 38, 155. Es kommt dann auf die Feststellung des Parteiwillens unter Berücksichtigung der Umstände an. 355 S BGHZ 18, 205. 356 BGH DB 2007, 2826. 357 Im Insolvenzverfahren kann ohne Erfordernis eines Einziehungsbeschlusses der Insolvenzverwalter das Agio einziehen, BGH aaO.

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IV. Die Gründungsregelung für AG und GmbH

darf, aber nicht der nur für generell-abstrakte Neuregelung vorgesehenen Form und Eintragung 358. (3) Firma; Geschäftskorrespondenz In der Satzung bzw dem Gesellschaftsvertrag muss insbesondere die Firma festgelegt werden (§§ 23 III Nr 1 AktG, 3 I Nr 1 GmbHG). Hinzukommt die Publizität in der Geschäftskorrespondenz nach §§ 80 AktG, 35a GmbHG359. Die gesetzliche Regulierung der Firmenbildung bei AG oder GmbH nach der aF der §§ 4 AktG, 4 GmbHG ist schon vor dem MoMiG beseitigt worden. Die beiden Vorschriften schreiben nur noch den Rechtsformzusatz („Aktiengesellschaft“ oder „Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ oder eine allgemein verständliche Abkürzung wie AG oder GmbH bzw Gesellschaft mbH360) vor. Für die Unternehmergesellschaft ist statt GmbH der Zusatz Unternehmergesellschaft oder UG (haftungsbeschränkt) erforderlich (§ 5a I GmbHG nF). Bei der Firmenbildung sind weiterhin die allgemeinen (§§ 18, 21 ff, 30 HGB) und etwaige auf die konkrete Gesellschaft bezogene besondere firmenrechtliche Vorschriften361 zu beachten,

358 BGHZ 123, 15, 19 lässt die Frage offen, weil jedenfalls der in seinem Fall zu prüfende Beschluss Dauercharakter hatte. Nach Zöllner ist ein satzungsdurchbrechender Beschluss entweder als Satzungsverletzung anfechtbar oder, weil mit der nötigen satzungsändernden Mehrheit als Abweichung für den Einzelfall gewollt, rechtmäßig (Zöllner, FS Priester 2007, 879). 359 Sanktion mögliche Haftung, insbesondere Rechtsscheinhaftung (nach LG Detmold GmbHR 1991, 23 auch aus § 823 II BGB), Zwangsgeld nach §§ 407 AktG, 79 I GmbHG. 360 Unzulässig nach OLG München NZG 2007, 191 die Bezeichnung gGmbH (für gemeinnützige GmbH), weil den Eindruck einer besonderen Form, für die etwas vom GmbHG Abweichendes gelten könnte, hervorrufend. In seiner Stellungnahme zum E MoMiG hatte der Bundesrat die Aufnahme des Rechtsformzusatzes gGmbH als zulässig in § 4 GmbHG vorgeschlagen, BR-Drucks 354/07, S 4. Die Bundesregierung hat dies zurück- und darauf hingewiesen, dass der Bestandteil „gemeinnützig“ als Bestandteil der sonstigen Firmenbezeichnung zulässig und nur eben nicht im Rechtsformzusatz zuzulassen sei (Anlage 3 zur elektronischen Vorabfassung des RegE MoMiG, S 2). 361 Die Firma der Rechtsanwaltsgesellschaft muss nach § 59k I 1 BRAO den Namen wenigstens eines Gesellschafters, die Bezeichnung Rechtsanwaltsgesellschaft und als gesetzlich vorgeschriebenen Bestandteil (s § 59k I 3 BRAO) nach §§ 4 (für die GmbH allgemein) und 5a I GmbHG (für die Unternehmergesellschaft) die Rechtsformbezeichnung enthalten (dh nach „-gesellschaft“ den Zusatz mit beschränkter Haftung oder mbH bzw Unternehmergesellschaft oder UG – haftungsbeschränkt –). Da nur die Rechtsanwaltsgesellschaft mbH oder UG – haftungsbeschränkt – als Rechtsanwaltsgesellschaft firmieren darf (§ 59k II BRAO), gilt die firmenrechtliche Vorschrift der BRAO nicht für die Anwalts-AG (zutr BayObLG aaO o Fn 326). §§ 59c, k BRAO enthalten den Widerspruch, dass nur eine als Rechtsanwaltsgesellschaft zugelassene GmbH sich Rechtsanwaltsgesellschaft nennen darf, es aber schon für die Entstehung der GmbH durch Eintragung in das Handelsregister (§ 11 I GmbHG) der Firma bedarf. Vor Inkrafttreten des MoMiG löste die Literatur den Widerspruch auf, indem sie die Zulassung als Genehmigung des Unternehmensgegenstands nach § 8 I Nr 6 GmbHG auffasste, womit die Zulassung schon für die Anmeldung beim Registergericht vorhanden sein musste (Henssler/Streck/Henssler, Handbuch des Sozietätsrechts, 2001, S 651 Rn 48). Dieser Weg ist durch die Aufhebung des § 8 I Nr 6 GmbHG durch das MoMiG nicht mehr gangbar. Aber auch nach dem früheren Recht entstand wiederum die andere Schwierigkeit, dass nach § 59c I BRAO nur eine GmbH als Rechtsanwaltsgesellschaft zugelassen werden kann, die GmbH aber nach § 11 I GmbHG erst mit Eintragung entsteht. Dies wurde dahin aufgelöst, dass entweder für § 8 I Nr 6 GmbHG auf eine bloße Unbedenklichkeitsbescheinigung der Zulassungsbehörde abgestellt wurde (so für andere Fälle BGHZ 102, 212 obiter, Baumbach/Hueck/Hueck/Fastrich § 8 Rn 9; für die Rechtsanwaltsgesellschaft wies der RegE zur Änderung der BRAO diesen Weg, BT-Drucks 13/9820, S 16) oder die Zulassungsmöglichkeit schon auf die Vor-GmbH angewandt wurde

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weiter der Schutz von Namen und Firmen mit Priorität vor der zu bildenden Firma und das Irreführungsverbot nach §§ 3, 5 I UWG. Nach dem Grundsatz der Firmeneinheit können AG und GmbH nur eine Firma führen, auch wenn sie mehrere Unternehmen betreiben. Die Gesellschaften können aber Zweigniederlassungen führen und für diese die Firma mit einem Zusatz versehen (§ 13 HGB). Die Firma kann durch Änderung der Satzung bzw des Gesellschaftsvertrags geändert werden. Für den Fall, dass bei der Führung der Firma der Rechtsformzusatz weggelassen wird, kommt die Rechtsscheinhaftung der Gesellschafter in Betracht. Da auch eine Sachfirma (Firmenbildung mit dem Unternehmensgegenstand) gewählt werden kann, entscheidet sich ein Gesellschafter, der seinen Personennamen für die Firma der juristischen Person zur Verfügung stellt, dafür, den Namen an die juristische Person abzugeben, was Konsequenzen auch für den Fall der Insolvenz der GmbH hat. Anders war es bei der Personengesellschaft zu der Zeit, als hier noch die Benutzung eines Personennamens zwingend vorgeschrieben war. Bei der GmbH kann der Insolvenzverwalter über das Unternehmen der Gesellschaft zusammen mit der Firma verfügen362. Für den Gesellschafter, der der GmbH den Namen auch bei Ausscheiden belassen muss, besteht kein Unterschied zwischen dem Insolvenzfall und dem Fall, dass alle Anteile der juristischen Person übertragen werden, in welchem Fall die juristische Person bestehen bleibt. (4) Sitz

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Die Satzung bzw der Gesellschaftsvertrag müssen den Sitz der Gesellschaft angeben (§§ 23 III Nr 1 AktG, 3 I Nr 1 GmbHG), und der Sitz ist umgekehrt der Ort, den Satzung bzw Gesellschaftsvertrag bestimmen (§§ 5 I AktG, 4a I GmbHG). Der Sitz der Gesellschaft entscheidet über das zuständige Registergericht (§§ 14, 36 AktG, 7 GmbHG) und den allgemeinen Gerichtsstand (§ 17 ZPO). Am Sitz der Gesellschaft soll, vorbehaltlich abweichender Satzungsregelung, die Haupt- bzw die Gesellschafterversammlung stattfinden (§ 121 V 1 AktG, der im GmbH-Recht analog gilt). Der Steuersitz der Gesellschaft entscheidet über die unbeschränkte Steuerpflicht (§§ 1 I KStG, 11 AO). Ob und in welchem Sinne der Sitz, insbesondere der Sitz einer Zweigniederlassung, auch für das anwendbare Recht maßgeblich ist, ist oben363 erörtert worden. Über den satzungsmäßigen Sitz bestimmen die durch das MoMiG neu gefassten §§ 5 AktG, 4a GmbHG Näheres. Zunächst räumt die Reform, und zwar sowohl im GmbHG als auch im AktG, auch vom deutschen Recht aus den deutschen Gesellschaften dasselbe Recht zur Betätigung im Ausland ein, wie dieses den Gründungen im mitgliedstaatlichen Ausland zukommt. Das bisherige Hindernis des deutschen Rechts für eine Ausrichtung deutscher Gründungen auf die Tätigkeit im Ausland ist beseitigt worden: Bisher war Sitz der Gesellschaft der Satzungssitz (§§ 5 I AktG aF, 4a I GmbHG aF), und der Satzungssitz musste in der Regel mit dem Betriebs- oder Verwaltungsort identisch sein (Abs 2 aF der Vorschriften). In Zukunft muss als Satzungssitz ein Ort im Inland festgelegt sein (damit eine Gründung nach deutschem Recht vorliegt), für das Verhältnis von Satzungs- und Verwaltungssitz werden aber keine Vorschriften mehr gemacht.

(so Henssler/Streck/Henssler aaO S 651 f Rn 48 ff). Allein diese Lösung kommt aufgrund der Aufhebung des § 8 I Nr 6 GmbHG durch das MoMiG in Betracht. 362 BGHZ 85, 221, 224; 109, 364, 367. 363 Rn 205 f.

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IV. Die Gründungsregelung für AG und GmbH

Bei einer deutschen Gründung ist ein Satzungssitz im Ausland unzulässig. Die Verlegung des Satzungssitzes in das Ausland wird als Auflösungsbeschluss mit nachfolgender Liquidation angesehen. Die Verlegung des Verwaltungssitzes ohne Satzungsänderung in das Ausland ist dagegen nicht mehr gehindert. Verlegt eine im Ausland gegründete Gesellschaft ihren Satzungssitz in das Inland, ist das nur wirksam, wenn der Wegzugsstaat den Fortbestand annimmt und zugleich die Voraussetzungen für die Eintragung nach deutschem Recht erfüllt sind 364. Die Eintragung deutscher Zweigniederlassungen ausländischer „GmbH“ und „AG“, dh Gesellschaften, die nach ihrem Wesen einer GmbH oder AG entsprechen, wird in §§ 13d ff HGB geregelt. Entsprechendes gilt, wenn eine im Europäischen Mitgliedstaat gegründete Gesellschaft ihren Verwaltungssitz nach Deutschland verlegt. Über die erhebliche Liberalisierung der Rechtswahl und der Sitzwahl, die der Referentenentwurf zum Internationalen Privatrecht der Gesellschaften etc vorschlägt, ist oben 365 berichtet.

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(5) Gegenstand und Zweck Nach §§ 23 III Nr 2 AktG, 3 I Nr 2 GmbHG muss der Gesellschaftsvertrag (die Satzung) den Gegenstand der Gesellschaft bestimmen 366. Fehlt die Bestimmung, kann jeder Gesellschafter und jedes Organmitglied darauf klagen, dass die Gesellschaft für nichtig erklärt wird (§§ 275 I AktG, 75 I GmbHG). Das Registergericht kann die Gesellschaft auch von Amts wegen als nichtig löschen (§ 144 FGG). §§ 276 AktG, 76 GmbHG ermöglichen die Heilung durch satzungsändernden (bei der AG) oder einstimmigen Gesellschafterbeschluss (bei der GmbH). Der Gegenstand ist nach § 23 III Nr 2 AktG für Industrie- und Handels-Aktiengesellschaften näher zu bezeichnen. Die Vorschrift gilt aber darüber hinaus, etwa für Dienstleistungsunternehmen, und entsprechend auch im Recht der GmbH (zu § 3 I Nr 2 GmbHG). Der Gegenstand muss weder bei der AG noch bei der GmbH in einem Unternehmen oder Handelsgewerbe bestehen, zB kann eine GmbH reiner Vermögensträger, Organisationsrahmen eines Forschungslaboratoriums oder eines Planungsstabes, Rechtsform zur Verfolgung ideeller oder hoheitlicher Zwecke sein. Nach §§ 3 I AktG, 13 III GmbHG gelten AG und GmbH, unabhängig von ihrem Gegenstand, kraft ihrer Rechtsform als Handelsgesellschaften und damit als Kaufleute (§§ 6, 1 HGB). Sie sind also kraft ihrer Rechtsform Kaufleute, sog Formkaufleute. Für die Fälle, dass der Geschäftsbetrieb der Gesellschaft einer behördlichen Genehmigung bedarf, war die Genehmigungsurkunde nach §§ 8 I Nr 6 GmbHG, 37 IV Nr 5 AktG aF schon für die Anmeldung zum Handelsregister erforderlich. Das MoMiG hat die Vorschriften aufgehoben. Entsprechend ist das Erfordernis für die Errichtung von Zweigniederlassungen in § 13e II 2 HGB beseitigt worden. Vom Gegenstand ist zu unterscheiden der Zweck der Gesellschaft. Als Satzungsbestandteil unterliegt der Gegenstand den Vorschriften über die Satzungsänderung. Für Zweckänderungen gilt demgegenüber nach § 33 I 2 BGB, der auch für AG und GmbH gilt, das Erfordernis der Zustimmung aller Mitglieder. § 33 I 2 BGB kann freilich nach § 40 BGB durch Sat-

364 Baumbach/Hueck/Hueck/Fastrich § 4a Rn 11. 365 Rn 124. 366 Zur Freiheit der Rechtsformwahl für beliebige Gegenstände o Rn 208 ff.

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C. Die Gründung der AG und der GmbH

zungsregelung abbedungen werden. Eine solche bedarf aber ihrerseits der Zustimmung aller Mitglieder367. Die Gegenstandsänderung fällt nicht unter § 33 I 2 BGB. Der „Zweck“ iS von § 33 I 2 BGB wird als Endzweck (der meist in der Gewinnerzielung liegt), der Unternehmensgegenstand als Mittel zu dem Endzweck definiert368. Der Zweck als finaler Sinn des Zusammenschlusses ist die Geschäftsgrundlage im inneren Verhältnis der Gesellschafter, der Gegenstand ist das Mittel der Zweckverwirklichung. Er bezeichnet den Inhalt der Tätigkeit der Gesellschaft nach außen369. Eine trennscharfe Abgrenzung ist nicht möglich, wie die Gleichsetzung des Zwecks mit dem Begriff der Geschäftsgrundlage anzeigt. Klare Fälle der Zweckänderung sind der Wechsel vom idealen Zweck in den wirtschaftlichen Zweck und die umgekehrte Veränderung. Grundsätzlich ist eine bloße Gegenstandsänderung die Änderung der Branche des Unternehmens. Anders ist es, wenn die Art der Tätigkeit das Wesen der Gesellschaft bestimmt. So ist es bei der Rechtsanwalts-GmbH. Wird bei dieser die Besorgung von Rechtsangelegenheiten verlassen, ist das einer Zweckänderung zumindest gleichzustellen. Die Aufgabe der Unabhängigkeit der Gesellschaft durch vertragliche Unterwerfung unter die Herrschaft eines anderen Unternehmens ist als solche keine Zweckänderung und deshalb mit Recht in § 293 I AktG nur von einer qualifizierten Mehrheit abhängig gemacht 370. Zur Unterscheidung von Gegenstand und Zweck eines Verbandes hat sich der BGH im Fall der Änderung der Satzung eines eingetragenen Vereins gegen unlauteren Wettbewerb geäußert371. In der Satzung war die Verfolgung von Verbraucherinteressen gestrichen worden unter Beschränkung der Verbandstätigkeit auf die Interessen Gewerbetreibender an dem Schutz vor unlauterem Wettbewerb. Hintergrund dafür war, dass nach der Rechtsprechung des BGH ein Mischverband nicht nach § 13 UWG aF (§ 8 III Nr 2 nF) klagebefugt war. Nach der Vereinssatzung entschied über Satzungsänderungen die Mehrheit der Mitglieder. Nach der Auffassung des BGH gilt eine solche Regelung grundsätzlich nicht für Änderungen des Vereinszwecks, es sei denn, dass sich die Einbeziehung der Zweckänderung eindeutig aus der Satzung ergibt. In dem gegebenen Fall sei aber keine Zweckänderung festzustellen. Der Zweck sei die große Linie, um deretwillen die Mitglieder sich zusammengeschlossen hätten und mit deren Abänderung ein Mitglied bei seinem Beitritt schlechterdings nicht habe rechnen können. Die Akzentverschiebung in der Ausrichtung des Kampfes gegen unlauteren Wettbewerb gehöre nicht dazu. Dem BGH ist auch im Hinblick darauf beizupflichten, dass ein Verein als Verbandsperson von der Person der Mitglieder verselbstständigt ist.

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Die Vorschriften des AktG und des GmbHG verlangen nur die Festlegung des Gegenstands in der Satzung. Fehlt der Gegenstand, gilt als Rechtsfolge: Die Gesellschaft kann für nichtig erklärt werden mit Heilungsmöglichkeit (§§ 275 I AktG, 75 GmbHG mit § 144 FGG). (6) Sacheinlagen, Sachübernahmen, Sondervorteile, Gründungsaufwand

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Sollen statt einer Bareinlage auf die übernommenen Anteile Sacheinlagen372 geleistet werden, so müssen der Gegenstand der Sacheinlage und der Nennbetrag der gegen sie zu gewähren-

367 Soergel/Hadding § 33 Rn 7a, 12. 368 Hüffer § 23 Rn 22; MüKo-AktG/Pentz § 23 Rn 71. 369 So kann man die unterschiedlichen Definitionsansätze (entweder nach Zweck und Mittel, so etwa Hüffer § 23 Rn 22, oder nach interner Geschäftsgrundlage und Tätigkeit der Gesellschaft, so K. Schmidt § 4 II 3 a, b S 65 f; Spindler/Stilz/Limmer § 23 Rn 18) zusammenführen. 370 Die Frage, ob die Regelung des Konzernvertrags dafür spreche, statt der Geltung des § 33 I 2 BGB im Recht der Kapitalgesellschaften die Zweckänderung durch qualifizierte Mehrheit gegen Abfindung der Minderheit (analog § 305 AktG) zuzulassen (K. Schmidt § 28 IV 4 a S 848), stellt sich somit nicht. 371 BGHZ 96, 245, dazu Reuter, ZGR 1987, 475. 372 Begriff in § 27 I 1 AktG.

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den Anteile in der Satzung bestimmt werden (§§ 27 I AktG, 5 IV 1 GmbHG). Fehlt es daran, schließt § 27 IV AktG eine Heilung in der Zeit nach Eintragung der Gesellschaft aus. Dasselbe hob § 19 V 1. Var GmbHG aF hervor, wonach Sacheinlagen ausschließlich unter den Voraussetzungen des § 5 IV 1 GmbHG befreiend geleistet werden konnten. Das MoMiG hat § 19 V aF aufgehoben, ohne für den Fall, dass schlicht statt Geld Sacheinlagen geleistet und an Erfüllungs Statt angenommen werden, eine Ersatzregelung einzusetzen. Die früher in § 19 V 1. Var. GmbHG ausdrücklich hervorgehobene Maßgeblichkeit des § 5 IV 1 GmbHG ist aber in der Tat schon dem § 5 IV 1 GmbHG selbst genügend klar zu entnehmen. Dieser bestimmt: Sollen statt Geld Sacheinlagen geleistet werden, ist dafür die Festsetzung im Gesellschaftsvertrag erforderlich. Gegenstand einer Sacheinlage kann nur ein Vermögensgegenstand sein, dessen Wert feststellbar ist (§ 27 II Hs 1 AktG)373. Verpflichtungen zu Dienstleistungen können nicht Sacheinlagen sein (§ 27 II Hs 2 AktG). § 27 II AktG, in dem beides bestimmt ist, gilt für die GmbH entsprechend. E contrario folgt, dass schon die Verpflichtung zu anderen Leistungen als solche Gegenstand einer Sacheinlage sein kann. Davon geht auch § 36a II 2 AktG aus. Dieser regelt die Sacheinlage durch Übernahme einer Verpflichtung zur Übertragung von Vermögensgegenständen374. Für die AG stellt § 27 I 1 AktG in Bezug auf die Notwendigkeit der Satzungsregelung den Sacheinlagen sog Sachübernahmen gleich. Dies sind Vereinbarungen im Gründungsstadium375 darüber, dass die Gesellschaft Vermögensgegenstände übernehmen soll, wobei anders als bei der Sacheinlage die Vermögensgegenstände nicht als Einlagen auf Anteile geleistet werden und auch nicht (so die Abgrenzung nach § 27 I 2) eine Vergütung gewährt wird, die auf die Einlage angerechnet werden soll, vielmehr eine Vergütung ohne Anrechnungsvereinbarung gewährt wird. Nach § 26 I AktG muss jeder einem einzelnen Aktionär oder einem Dritten gewährte Sondervorteil (Gewinnvorrechte, Warenbezugsrechte etc) in der Satzung unter Bezeichnung des Berechtigten festgesetzt werden. Darunter fallen nicht Entschädigungen oder Belohnungen, die zulasten der Gesellschaft Aktionären oder Dritten für die Gründung oder deren Vorbereitung gewährt werden (Gründungsaufwand). Insofern muss nach § 26 II AktG nur der Gesamtaufwand in der Satzung gesondert festgesetzt werden. Die Einzelheiten sind aber in

373 Bei obligatorischen Nutzungsrechten ist der Wert feststellbar, wenn ihre Nutzungsdauer in Form einer festen Laufzeit oder als konkret bestimmte Mindestdauer feststeht (Zeitwert = für die Dauer des Rechts kapitalisierter Nutzungswert), so für die AG (betr Rechte zur Verwertung der Namen und Logos von Sportvereinen) die Adidas-Entscheidung BGHZ 144, 290, für die GmbH (betr Grundstückspacht) BGH NZG 2004, 910. Kritisch zur Einlagefähigkeit obligatorischer Nutzungsrechte im Anschluss an KnobbeKeuk, ZGR 1980, 214 Boehme, GmbHR 2000, 841. Für die Einlagefähigkeit von Darlehensansprüchen gegen die als Konzernmutter beteiligte Gesellschafterin Cahn, ZHR 166 (2002), 278. Zur Einlagefähigkeit von Domain-Namen Sosnitza, GmbHR 2002, 821. 374 Wenn man obligatorische Nutzungsrechte für einlagefähig hält (s Vornote), muss man das auch für die Verpflichtung zur Leistung anderer Gegenstände bejahen. Nicht überzeugend Henze, DB 2001, 1469, der die Einlagefähigkeit obligatorischer Ansprüche verneint und dann die Einlagefähigkeit obligatorischer Nutzungsrechte (betr Güter des Einlegenden) bejaht (1471). § 36a II 2 AktG spricht für die Einlagefähigkeit von obligatorischen Rechten schlechthin. 375 Nach der Entstehung der AG gilt für Verträge mit Gründern oder mehr als 10 % beteiligten Aktionären gegen eine Vergütung, die den zehnten Teil des Grundkapitals übersteigt, noch für zwei Jahre die Nachgründungsregelung des § 52 AktG.

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der Anmeldung der Gesellschaft anzugeben (§ 37 IV Nr 2 AktG). Die Vorschriften über die Festsetzung im Gesellschaftsvertrag gelten für die GmbH entsprechend 376. (7) Beteiligung Minderjähriger an Gründung oder Anteilsveräußerung bei der GmbH 244

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Insbesondere bei einer Familien-GmbH kommt die Beteiligung Minderjähriger am Gesellschaftsvertrag vor. Der Minderjährige wird entweder durch den gesetzlichen Vertreter vertreten (§§ 1629 I, 1793 I 1 BGB) oder bedarf nach § 107 BGB der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters377. Der Vertreter ist, wenn er zusätzlich selbst oder ein naher Angehöriger iS des § 1795 I Nr 1 BGB beteiligt ist, von der Vertretung ausgeschlossen (§§ 1795 II, 181, 1795 I Nr 1 BGB, § 1629 II BGB iVm diesen Vorschriften). In diesen Fällen ist für den Minderjährigen nach § 1909 BGB ein Ergänzungspfleger zu bestellen. Weiter kommen Vorschriften in Betracht, die Geschäfte des Minderjährigen von der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts (bei der Vertretung durch die Eltern: des Familiengerichts) abhängig machen. Wenn schon im Vorstadium der Gesellschaft ein Erwerbsgeschäft betrieben werden soll, bedürfen die Verträge über die Vorgründungsgesellschaft und über die Errichtung der GmbH nach §§ 1643, 1822 Nr 3 2. Var BGB der Genehmigung des Vormundschafts- oder Familiengerichts. Der Grund liegt in den – weiter unten378 noch zu entwickelnden – Haftungsrisiken der Vorgesellschaft. Unrichtig wendet die hM § 1822 Nr 3 BGB auch dann an, wenn das Erwerbsgeschäft erst von der GmbH als juristischer Person betrieben werden soll379. In diesem Fall kommt wie auch in Fällen, in denen kein Erwerbsgeschäft betrieben werden soll, nur die Genehmigungsbedürftigkeit nach § 1822 Nr 10 BGB wegen Übernahme fremder Verbindlichkeiten in Betracht. Da jedenfalls die Ausfallhaftung gem § 24 GmbHG für eine Differenzhaftung nach § 9 GmbHG oder die Vorbelastungshaftung380 drohen, ist die Genehmigungsbedürftigkeit nach § 1822 Nr 10 BGB zu bejahen. Sehr streitig ist, ob das Erfordernis der Genehmigung des Vormundschafts- oder Familiengerichts ebenso wie bei der Gründung auch bei der Veräußerung oder dem Erwerb von Anteilen an der GmbH durch minderjährige Gesellschafter oder Erwerber gilt381. Auch hier sind wieder382 § 1822 Nr 3 BGB betreffend Veräußerung oder Erwerb eines Erwerbsgeschäfts und Nr 10 betreffend die Übernahme einer fremden Verbindlichkeit zu prüfen. Nr 10 kommt im Hinblick auf die Haftungsrisiken nach §§ 16 III, 22, 24 und 31 III GmbHG in Betracht. § 1822 Nr 3 BGB wird nach hM383 nur auf den Fall der Veräußerung oder des Erwerbs eines Anteilsbesitzes von 100 % angewandt (schon dies ist zweifelhaft). Die Gründung mit Betreiben eines Erwerbsgeschäfts schon im Vorstadium und der Erwerb von An-

376 Der Rechtsausschuss hat einen vorgesehenen § 5a GmbHG, der § 26 AktG fast wörtlich entsprach, in die GmbH-Novelle 1980 nicht übernommen, weil die in § 26 AktG zum Ausdruck kommenden Grundsätze geltendem ungeschriebenem Recht entsprächen (BT-Drucks 8/3908, S 70). 377 Steht ein Gründer unter Betreuung, bedarf er der Zustimmung, wenn das Vormundschaftsgericht einen Einwilligungsvorbehalt angeordnet hat (§ 1903 BGB). Für Einpersonengründungen gilt § 111 BGB, für Mehrpersonengründungen § 108 BGB, für Fälle des Einwilligungsvorbehalts iVm § 1903 I 2 BGB. 378 S Rn 379 ff. 379 Baumbach/Hueck/Hueck/Fastrich § 2 Rn 22, 24 mwN. 380 U Rn 381 ff, 388. 381 Vgl MüKo-BGB/Wagenitz § 1822 Rn 17; Staudinger/Engler [2004] § 1822 Rn 41 ff. 382 Von Sonderfällen abgesehen, in denen sich die Genehmigungsbedürftigkeit wegen Verfügung über Vermögensgesamtheiten nach § 1822 Nr 1 BGB ergibt. 383 Baumbach/Hueck/Hueck/Fastrich § 15 Rn 4; Lutter/Hommelhoff/Lutter/Bayer § 15 Rn 4: (nahezu) alle Gesellschaftsanteile.

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teilen an der GmbH sind nicht gleichzustellen, weil die Gründung mit den Haftungsrisiken der Vorgesellschaft verbunden ist, der Erwerb dagegen nicht. Die Mithaftung nach den erwähnten Vorschriften, insbesondere nach § 16 III GmbHG ist nach § 1822 Nr 10 BGB zu bewerten. Die Genehmigungsbedürftigkeit nach § 1822 Nr 10 BGB greift nur für die Übernahme einer fremden Verbindlichkeit ein, dh für diejenige Übernahme, die mit der Hoffnung auf Regress beim eigentlichen Schuldner verbunden und deshalb riskant ist. Die Übernahme als eigene (beim Erwerb des Geschäftsanteils in Anrechnung auf den Kaufpreis) löst die Genehmigungsbedürftigkeit nicht aus384. Weiter müssen eine zu übernehmende Haftung mit Regressmöglichkeit nach den Vorschriften des GmbH-Gesetzes bestehen. Sind alle Einlagen geleistet und bestehen keine Anhaltspunkte für eine Rückzahlung iSv § 30 GmbHG, so ist eine Genehmigung iSd § 1822 Nr 10 BGB nicht erforderlich385. b. Organisation Zur Organisation der durch den notariellen Vertrag errichteten Gesellschaft wird bei der AG zunächst in notarieller Form386 der Aufsichtsrat – auch bei einer später eventuell mitbestimmten AG noch ohne Arbeitnehmervertreter – in der gesetzlich oder satzungsmäßig festgelegten Zahl (§ 95 I 1-4 AktG) bestellt (§ 30 I 1, 2 AktG). Wenn für die Gesellschaft mitbestimmungsrechtliche Regelungen eingreifen werden, wird zur Mitbestimmung erst übergeleitet (§§ 30 II, III, 31 AktG). Weiter wird in notarieller Form der Abschlussprüfer für das erste Jahr bestellt (§ 30 I 1, 2 AktG) 387. Der Aufsichtsrat bestellt den ersten Vorstand (§ 30 IV AktG). Der Vorstand hat insbesondere für die Einlagezahlungen auf das Konto der Gesellschaft zu sorgen (§ 54 III AktG) und mit Gründern und Aufsichtsrat zusammen die Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden (§ 36 AktG). Bei der GmbH wird der erste Geschäftsführer durch den Gesellschaftsvertrag bestellt, wenn die Bestellung nicht durch Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung nach § 46 Nr 5 GmbHG erfolgt (§ 6 I, III 2 GmbHG). Wie der Vorstand hat auch der Geschäftsführer für die Einlageleistungen zu sorgen (§ 8 II 1 GmbHG). Die Anmeldung obliegt den Geschäftsführern ohne Notwendigkeit der Mitwirkung der Gründer (§ 78 GmbHG).

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c. Gründungsbericht, -prüfung Sodann geht es um die Feststellung der Ordnungsgemäßheit des Gründungsvorgangs: Bei der AG verfassen die Gründer (s § 28 AktG) den schriftlichen Gründungsbericht (§ 32 AktG). Dieser hat sich auf die Angemessenheit der Leistungen für Sacheinlagen oder Sachübernahmen, weiter auf Aktien, die Gründer für Rechnung von Vorstands- oder Aufsichtsratsmitgliedern übernommen haben, und auf etwaige Sondervorteile oder Gründungsvergütungen

384 BGHZ 107, 23, 26 f. 385 BGH aaO S 28. 386 Dies deutet auf das Erfordernis der Einigung der Gründer hin (für die aber, wenn ein Gründer selbst Aufsichtsrat werden soll, nicht § 181 BGB gilt); anders für die Anwendung des § 133 AktG über die Mehrheitsbeschlüsse der HV Hüffer § 30 Rn 2; MüKo-AktG/Pentz § 30 Rn 11. 387 Fraglich ist, ob im Hinblick auf die Exemtion der kleinen Kapitalgesellschaft von der Prüfungspflicht (§ 316 I 1 HGB) eine Einschränkung zu § 30 AktG gemacht werden muss. Aufgrund der Bezogenheit des § 30 auf die Gründung, während die Kriterien für die kleine Kapitalgesellschaft in § 267 HGB auf das gesamte Geschäftsjahr bezogen sind, ist dies zu verneinen.

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für Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglieder zu beziehen (§ 32 II, III AktG)388. Bei der GmbH ist ein Bericht nur bei Sacheinlagen erforderlich (der sog Sachgründungsbericht, § 5 IV 2 GmbHG). Bei der AG ist der Hergang der Gründung zu prüfen: Zu prüfen haben Vorstand und Aufsichtsrat (§ 33 AktG), bei Identität der Organpersonen mit den Gründern, Vorteilsgewährung an sie sowie im Fall der Sachgründung zusätzlich ein oder mehrere Gründungsprüfer (§ 33 II Nr 1– 4 AktG). Bei der GmbH ist keine Prüfung als eigener Gründungsschritt vorgeschrieben; das Registergericht kann aber iR des Registerverfahrens im Hinblick auf die Möglichkeit, dass die Eintragung, insbesondere wegen Überbewertung von Sacheinlagen, abzulehnen ist (§ 9c GmbHG), Gutachten über die Eintragungsvoraussetzungen anfordern389. d. Anmeldung (1) Art und Weise; Bekämpfung des Bestattungsmissbrauchs

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Die Anmeldung ist elektronisch, in öffentlich beglaubigter Form vorzunehmen (§ 12 I 1 HGB mit §§ 129, 126a BGB). Die AG ist von allen Gründern, Vorständen und Aufsichtsräten zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden (§ 36 I AktG). Die GmbH ist von den Geschäftsführern anzumelden (§§ 7 I, 78 GmbHG). Bezüglich des Inhalts der Anmeldung sagen §§ 37 AktG, 8 GmbHG die Einzelheiten: Diese betreffen insbesondere Erklärungen über die Erbringung von Mindesteinlageleistungen390. Dazu kommen wir noch. Hier sind die urkundlichen Unterlagen der Gründung zu nennen. Diese werden in §§ 37 IV AktG, 8 I GmbHG aufgeführt: Das Aktienrecht nennt nebeneinander die Satzung und die Urkunden, in denen die Satzung festgestellt worden ist und die Aktien durch die Gründer übernommen worden sind. § 8 I GmbHG nennt den Gesellschaftsvertrag und eine Liste mit den Gesellschaftern und den von diesen übernommenen Einlagen. Auch das Aktienrecht verlangt eine Liste, aber eine solche mit den Mitgliedern des Aufsichtsrats. Schließlich sind Urkunden über die Bestellung der Organe einzureichen. Das MoMiG hat Neuerungen gebracht, die dazu dienen sollen, des Missbrauchs der sog Bestattung von Gesellschaften (Verschiebung des Vermögens ins Ausland, Verschwinden von zuständigen Organpersonen oder Gesellschaftern) Herr zu werden. §§ 37 III Nr 1 AktG, 8 IV GmbHG nF verlangen die Angabe einer inländischen Geschäftsanschrift bei der Anmeldung. Entsprechend ist in die Eintragungsvorschriften der §§ 13 ff HGB die Eintragung der inländischen Geschäftsanschrift mit Zustellungsmöglichkeit an darunter erreichbare Personen 391 aufgenommen. Möglich ist auch die Anmeldung einer inländisch erreichbaren,

388 Letzteres unabhängig davon, ob die Vorteile zu Lasten der Gesellschaft gewährt werden. Wenn dies zutrifft, hat der Gründungsbericht darauf einzugehen, auch wenn die Vorteile nach § 26 III AktG in der Satzung festgesetzt sind. 389 Vgl Baumbach/Hueck/Hueck/Fastrich § 9c Rn 2; Ulmer/Ulmer § 9c Rn 16. 390 Nach § 37 I 2 AktG ist insbes die Leistung des eingeforderten Betrags (§ 36 I) zu freier Verfügung des Vorstands nachzuweisen. Nach S 3 ist der Nachweis durch Vorlage einer Bankbestätigung möglich. Andere Nachweise kommen in Betracht, wenn sie von vergleichbarer Zuverlässigkeit sind (BayObLG AG 2002, 397, 398). Strafbewehrung der Pflicht zu richtigen Angaben nach § 399 I Nr 1 AktG. – Nach § 8 II 1 hat der Geschäftsführer die Versicherung abzugeben, dass die Leistungen nach § 7 II, III erbracht sind und zu freier Verfügung der Gesellschaft stehen. Die Pflicht, die Erklärung wahrheitsgemäß abzugeben, ist nach § 82 Nr 1 GmbHG strafbewehrt. 391 Insbesondere für Zweigstellen von Auslandsgesellschaften (§ 13e HGB nF).

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IV. Die Gründungsregelung für AG und GmbH

für Willenserklärungen und Zustellungen an die Gesellschaft empfangsberechtigten Person (§§ 39 I 2 AktG, 10 II 2 GmbHG). Ergänzend tritt die Neufassung der §§ 78 AktG, 35 GmbHG hinzu: Neben der Vertretung der AG durch den Vorstand (§ 78 AktG), der GmbH durch den oder die Geschäftsführer (§ 35 GmbHG) wird in einem neuen S 2 der §§ 78 I, 35 I bestimmt, dass bei Fehlen von Vorstand oder Geschäftsführern (sog Führungslosigkeit der Gesellschaft) Erklärungen zugehen und Schriftstücke zugestellt werden können an die Mitglieder des Aufsichtsrats der AG, bei der GmbH, und zwar auch dann, wenn ein Aufsichtsrat bestellt ist, an die Gesellschafter. Nach §§ 78 II AktG, 35 II GmbHG können an die zuvor genannten Personen Erklärungen abgegeben und Schriftstücke unter der Geschäftsanschrift der Gesellschaft zugestellt werden392. Im HGB ist zusätzlich die Möglichkeit einer öffentlichen Zustellung von Willenserklärungen begründet worden für den Fall, dass eine empfangsberechtigte Person nicht erreichbar ist (§ 15a HGB nF). Dementsprechend ist § 185 ZPO betreffend die Zustellung prozessrelevanter Urkunden ergänzt worden (Nr 2). (2) Voraussetzung der Mindestleistung In vermögensmäßiger Hinsicht ist für die erfolgreiche Anmeldung der Gesellschaft Voraussetzung, dass auf die übernommenen Einlagen Mindestleistungen erbracht sind. Dafür ist zwischen Bargründung und Gründung mit Sacheinlagen (Sachgründung) zu unterscheiden. Bei der AG unterscheidet das Gesetz noch zusätzlich zwischen dem auf das Grundkapital eingezahlten Betrag, der in der Urkunde über die Feststellung der Satzung angegeben wird (§ 23 II Nr 3 AktG), weiter der Einforderung der Einlage und drittens der Einzahlung des eingeforderten Betrags. Der eingezahlte Betrag muss, wenn die Angabe in der Gründungsurkunde richtig sein soll, von den Gründern wirklich schon eingezahlt sein. Bei der Anmeldung der Gesellschaft ist die Leistung des eingeforderten Betrags zu freier Verfügung des Vorstands nachzuweisen (§§ 36 II 1, 37 I 2 AktG). Die Einforderung geschieht bei der AG durch den Vorstand nach §§ 78 I, 63 I 1 AktG, bei der GmbH durch den Gesellschaftsvertrag oder einen Beschluss der Gesellschafterversammlung (§§ 45 II, 46 Nr 2 GmbHG) und der diese umsetzenden Anforderung durch den Geschäftsführer393. Bei der AG müssen im Falle einer Bargründung eingefordert (und vor Anmeldung eingezahlt) werden mindestens 25 % des geringsten Ausgabebetrags der Aktien (zu diesem s § 9 I AktG) und das sogenannte Agio394 (§ 36a I AktG). Für die Zahlung kommen nur Barzahlung oder bargleiche Zahlung an die Gesellschaft bzw den Vorstand in Betracht (§ 54 II AktG). § 36 II 1 AktG behält den Abzug von Steuern und Gebühren vor. Keinen Vorbehalt macht das AktG betreffend den Gründungsaufwand gemäß § 26 II, III 1 AktG und für die

392 Nach § 41 I 2 SE-AusführungsG nF gilt Beides bei einer SE mit monistischem System im Fall der Führungslosigkeit der SE für den Verwaltungsrat der Gesellschaft – bei dualistischem System gilt aufgrund der ergänzend anwendbaren Vorschriften des AktG § 78 I 2 AktG –. 393 Beides konkludent möglich durch Einvernehmen aller Gesellschafter, von denen einer der Geschäftsführer ist (BGH ZIP 2002, 2045, 2046). 394 Das Gesetz sagt „Mehrbetrag“ (§ 36a I AktG). Agio oder Mehrbetrag ist die Differenz, um die bei der Nennbetragsaktie der Ausgabebetrag den Nennbetrag, bei der Stückaktie der Ausgabebetrag den auf die Aktie entfallenden anteiligen Betrag des Grundkapitals (§ 9 II, I iVm § 8 III 3 AktG) übersteigt. Die Zulässigkeit dieser sogenannten „Überpari-Emission“ ergibt sich aus § 9 II AktG.

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Lasten der Gesellschaft aus wirksam vereinbarten Sacheinlagen (§ 27 I, III AktG). Insoweit wird das Erfordernis der Zahlung des Mindestbetrages zu freier Verfügung also nicht berührt. Im Fall der Sachgründung einer AG verlangt das Gesetz für die Anmeldung (§ 37 I 1 AktG) in § 36a II 1 AktG vollständige Leistung395. In S 2 legt es für die in der Übertragung eines Vermögensgegenstands auf die Gesellschaft bestehende Leistung eine 5-Jahres-Frist fest, beginnend mit der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister. Das ist kein Widerspruch. S 2 geht nämlich davon aus, dass die Sacheinlage in der bloßen Übernahme einer Verpflichtung bestehen kann, wie dies auch der Abgrenzung in § 27 II Hs 2 AktG (e contrario) entspricht. Für den Fall, dass diese Verpflichtung darauf gerichtet ist, einen Gegenstand auf die Gesellschaft zu übertragen, muss nur die in der Verpflichtungsübernahme bestehende Leistung nach S 1 vor der Anmeldung erbracht sein, während für die Leistung zur Erfüllung der Verpflichtung bestimmt ist, dass die Verpflichtung auf die Erfüllung in der 5-Jahres-Frist gerichtet sein muss396. Bei der GmbH sind die allgemeine Rechtsform und die Unternehmergesellschaft zu unterscheiden. Bei der GmbH allgemeiner Rechtsform sind vor der Anmeldung auf Bareinlagen mindestens 25 % einzuzahlen, die Sacheinlagen sind vollständig zu erbringen (§ 7 II 1, III GmbHG). Durch Bar- und Sacheinlagen sind insgesamt mindestens 12.500 € (Hälfte des Mindestkapitals nach § 5 I GmbHG) einzubringen (§ 7 II 2 GmbHG). Bei der Unternehmergesellschaft muss das Stammkapital in voller Höhe eingezahlt werden, Sacheinlagen sind ausgeschlossen (§ 5a II GmbHG nF). Anders als das AktG stellt § 8 II 1 GmbHG für die Anmeldung der GmbH das Merkmal zu freier Verfügung ohne Rücksicht auf Steuern und Gebühren auf. Der Vorbehalt betreffend Steuern und Gebühren muss aber hier entsprechend gelten. Für die Art und Weise der Einlageleistung bei der GmbH gilt, dass Geldeinlagen bar oder barzahlungsgleich zu freier Verfügung der Geschäftsführung 397 zu leisten sind 398. Nachdem §§ 27 II Hs 2, 36a II 2 AktG dies für die AG anerkannt haben, sollte auch für die GmbH gelten, dass Sacheinlagen auch in der bloßen Übernahme einer Verpflichtung (nur nicht zu Dienstleistungen, § 27 II Hs 2 AktG) bestehen können und dann schon durch die Verpflichtungsübernahme als solche vollständig geleistet sind. Die Prüfung der Werthaltigkeit hat sich dann auf die Solvenz des Einlegers zu erstrecken. Die ganz hM wendet sich indessen gegen die Einlagefähigkeit bloßer Verpflichtungsübernahmen399. Die Leistung der erforderlichen Einlagen und die Lage, dass sie zu freier Verfügung des Handlungsorgans stehen, sind bei der AG nachzuweisen, insbesondere durch Bestätigung

395 Also insoweit gleiche Rechtslage wie nach § 7 III GmbHG. Klarstellend entgegen abw Stimmen Zöllner, FS Wiedemann 2002, 1384 Fn 5. 396 Die gegensätzlichen Interpretationen, von denen Hüffer § 36a Rn 4 spricht, laufen, genau besehen, auf dasselbe hinaus. Die analoge Anwendung der Sicherstellungspflicht eines Alleingesellschafters nach § 36 II 2 AktG (Hüffer § 36 Rn 15; MüKo-AktG/Pentz § 36 Rn 93; Spindler/Stilz/Döbereiner § 36a Rn 13) ist mit Aufhebung dieser Vorschrift durch das MoMiG entfallen. 397 S den Inhalt der in der Anmeldung zum Handelsregister zu gebenden Versicherung nach § 8 II GmbHG. 398 Roth/Altmeppen/Roth § 7 Rn 24 ff. Bei Einmanngründung ist die Barzahlung, wenn der Gründer auch noch Geschäftsführer ist, durch für einen Außenstehenden objektiv erkennbare Sonderung des Barbetrages zu leisten (am besten auf ein Konto der Gesellschaft, aber auch durch Aufbewahrung in Kasse in Geschäftsräumen der Gesellschaft. Vorzeigen bei Notar reicht nicht, OLG Oldenburg ZIP 2008, 267 = DB 2007, 2195). 399 Roth/Altmeppen/Roth § 7 Rn 39 ff; Ulmer/Ulmer § 5 Rn 78.

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der kontoführenden Bank (§ 37 I AktG). Bei der GmbH hat die Geschäftsführung darüber eine Versicherung abzugeben (§ 8 II 1 GmbHG). Nach dem neuen § 8 II 2 GmbHG kann das Gericht bei erheblichen Zweifeln an der Richtigkeit der Versicherung Nachweise verlangen. Die Anmeldungserfordernisse sind sanktioniert durch die Haftung nach §§ 46 ff AktG, 9a GmbHG für falsche Angaben. Hat eine Bank bei Anmeldung einer AG falsch bestätigt, dass Einzahlungen auf ein bei ihr geführtes Konto geleistet seien, haftet sie der Gesellschaft nach § 37 I 4 AktG. Dies gilt, sofern hier eine Bankbestätigung beigebracht wird, entsprechend auch für die GmbH. Weiter greifen bei falschen Angaben die Straftatbestände der §§ 399 AktG, 82 GmbHG ein. (3) Leistung „zu freier Verfügung“ Das Erfordernis der Rechtslage, dass die vor der Anmeldung erbrachten Leistungen zu freier Verfügung des Handlungsorgans stehen, ist in §§ 36 II 1, 37 I 2 AktG für die Bareinzahlung bei der AG, bei der GmbH in § 7 III GmbHG erst nur für Sacheinlagen, dann aber betreffend alle Mindestleistungen in den Erfordernissen der Anmeldung gemäß § 8 II 1 GmbHG bestimmt. Das Merkmal ist also nur unsystematisch eingefügt. Es gilt aber selbstverständlich für alle Leistungen, die für die Eintragung nachzuweisen sind. Eine besondere Folgerung aus dem Merkmal der Zahlung zu freier Verfügung könnte sich im Hinblick darauf ergeben, dass der gezahlte Betrag im Zeitpunkt der Anmeldung der Gründung nicht schon verwirtschaftet sein darf. Zu fragen ist, ob ein Unversehrtheits- oder Thesaurierungsgrundsatz gilt in dem Sinne, dass im Anmeldungszeitpunkt in Höhe der Zahlung noch ein Überschuss im Gesellschaftsvermögen festzustellen sein muss. Hierzu ist ein Blick auf die Regelung der Kapitalerhöhung gegen Einlagen zu werfen. Für die Anmeldung der Kapitalerhöhung gilt das Erfordernis der Leistung zu freier Verfügung ebenfalls (§ 188 II 1 iVm § 36 II 1 AktG, §§ 56a iVm § 7 III, 57 II 1 GmbHG). Für die Kapitalerhöhung hat der BGH die Folgerung iS des Unversehrtheitsgrundsatzes verneint400. Zunächst hat er stattdessen gefordert, dass die zugeflossenen Mittel nicht ohne vollen Gegenwert ausgegeben worden sein dürften (Erfordernis wertgleicher Deckung). Folglich beeinträchtige der Eintritt von Verlusten der Gesellschaft im sonstigen Unternehmensbereich die Eintragungsvoraussetzung nicht 401. Inzwischen hat der BGH auch das Erfordernis einer wertgleichen Deckung des Kapitalerhöhungsbetrags aufgegeben, weil es mit der Existenz der juristischen Person als handlungsfähigen Rechtssubjekts nicht vereinbar sei. Der Übernehmer einer Kapitalerhöhungseinlage habe mit Einzahlung des Betrages zu freier Verfügung der Geschäftsführung seine Einlageschuld erfüllt. Auch nur die Versicherung, dass der Betrag zu freier Verfügung der Geschäftsführung eingezahlt und nicht zurückgezahlt worden sei, müsse dem Registergericht erklärt werden402. Für die Gründung hatte die Rechtsprechung ursprünglich daran festgehalten, dass nicht ausgeglichene Verbindlichkeiten der Vor-GmbH die freie Verfügbarkeit der Einzahlungen

400 BGHZ 119, 177. 401 Wird mit den eingezahlten Mitteln eine Gesellschaftsverbindlichkeit gegenüber einem Dritten getilgt – bei Tilgung einer Gesellschafterforderung kommt nach der Rechtsprechung eine verdeckte Sacheinlage in Betracht –, so ist ein äquivalenter Gegenwert vorhanden, wenn die Forderung des Dritten fällig, liquide und vollwertig war, BGHZ 119, 177. Zu den Begriffen Rn 348. 402 NJW 2002, 1716.

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und damit die Eintragung der Gesellschaft ausschlössen403. Inzwischen würde für die Gründung wohl nur noch das Erfordernis wertgleicher Deckung angewandt404, welches der BGH ursprünglich für die Kapitalerhöhung entwickelt, dort aber inzwischen aufgegeben hat. Für die Gründung sollte aber genau so wie für die Kapitalerhöhung auch das Erfordernis wertgleicher Deckung verneint werden. Das früher geltende Vorbelastungsverbot wird nicht mehr angewandt405. Die Vorgesellschaft kann genau so wirtschaften wie die vollendete Gesellschaft, die ihr Kapital erhöht. An die Stelle der Kapitalsicherung bei der vollendeten Gesellschaft tritt bei der Vorgesellschaft die persönliche Haftung der Gesellschafter (nach BGH: Verlustausgleichshaftung gegenüber der Gesellschaft mit Ausnahmefällen direkter Außenhaftung) und bei der Eintragung der Vorgesellschaft die Vorbelastungs-(Unterbilanz-)haftung der Gesellschafter406. Nur soweit die Solvenz der Gesellschafter und damit die Deckung des Stammkapitals der Gesellschaft, was die Ansprüche gegen die Gesellschafter betrifft, gefährdet sind, ist die Eintragung der Gesellschaft abzulehnen. Wegen der Vorbelastunghaftung ist allerdings die Aufgabe des Vorbelastungsverbots und des Gebots wertgleicher Deckung mit einer Schranke zu verbinden in dem Fall, dass ein Gesellschafter freiwillig mehr als den gesetzlichen Mindestbeitrag leisten will. Diese Leistung hat Befreiungswirkung nur dann, wenn die anderen Gesellschafter der Mehrleistung zustimmen407. e. Prüfung durch das Gericht, Eintragung, Bekanntmachung

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Das Registergericht hat die Ordnungsgemäßheit der Errichtung und der Anmeldung zu prüfen (§ 38 I 1 AktG, § 9c I 1 GmbHG), weiter erfolgt bei der AG eine Evidenzprüfung im Hinblick auf Mängel des Gründungsberichts und des von den Organen gegebenen Prüfungsberichts (§ 38 II 1 AktG). Bei beiden Gesellschaften kommt sodann die Ablehnung der Eintragung wegen Überbewertung von Sacheinlagen in Betracht (bei der AG zusätzlich von Sachübernahmen). Weil sich bei der AG aber schon Bericht, Prüfung durch die Organe und die Gründungsprüfung auf die Sacheinlagen beziehen, tritt hier die Prüfung durch das Registergericht zurück. Zu prüfen hat das Gericht bei Erklärung der Gründungsprüfer, dass die Sacheinlagen überbewertet sind. Hinzugesetzt wird der Fall, dass nur das Gericht selbst dieser Auffassung ist (§ 38 II 2 AktG). Wenn aber Bericht, Prüfung durch die Organe und Gründungsprüfung keine Überbewertungen angeben, dann müssen schon besondere Umstände dazwischen treten, die dem Gericht Anlass geben, im Hinblick darauf, dass es zu einer anderen Auffassung kommen könnte, in eine selbstständige Prüfung einzutreten. Sind bei der GmbH Sacheinlagen im Gesellschaftsvertrag festgelegt (§ 5 IV GmbHG, bei Kapitalerhöhung § 56 GmbHG), so ist die Eintragung der Gesellschaft oder der Kapitalerhöhung bei Überbewertung nach der Neufassung durch das MoMiG nur noch abzulehnen, wenn die Überbewertung „nicht unwesentlich“ ist (§§ 9c I, § 57a GmbHG). Das Gericht hat nach § 12 FGG von Amts wegen zu ermitteln.

403 BGHZ 80, 129, 143; 80, 182, 184 f; KG NJW-RR 1997, 794 f. W Nachw bei Baumbach/Hueck/Hueck/ Fastrich § 8 Rn 14, § 9c Rn 11 f. 404 So obiter der BGH NJW 2002, 1716, 1717. 405 S u Rn 379 ff. 406 S u Rn 381 ff, 388. 407 Raiser/Veil § 26 Rn 43 mwN.

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IV. Die Gründungsregelung für AG und GmbH

Mit der inzwischen zur Vorgesellschaft entwickelten Rechtslage unvereinbar ist die Auffassung, dass jede Vorbelastung der Gesellschaft mit Verbindlichkeiten, die vor der Anmeldung entstanden sind, ein Eintragungshindernis ist408. Es wäre unsinnig, müsste man den Gesellschaftern aufgeben, jene Vorbelastungen ohne Rücksicht auf gewährte Zahlungsziele vor der Anmeldung auszugleichen, damit die Eintragung möglich wird. Ebenso ist die Unterscheidung zwischen der Zeit vor und nach Anmeldung nicht sinnvoll. Für das angebliche Eintragungshindernis der Vorbelastung gilt ebenso wie für das Thema des Vorbelastungsverbots: Schon die Vorgesellschaft soll wirtschaften können. Ausgleich ist die Vorbelastungshaftung der Gesellschafter, die auf den Eintragungszeitpunkt bezogen ist. Der BGH sieht ein Eintragungshindernis nicht schon dann, wenn überhaupt Vorbelastungen bestehen, sondern erst dann, wenn durch solche Vorbelastungen eine Unterbilanz eingetreten ist 409, dh wenn der Wert der Vermögensgegenstände der Gesellschaft nicht mehr in Höhe des Stammkapitals die Summe aus Verbindlichkeiten und sonstigen Belastungen der Gesellschaft übersteigt. Wird aber eine solche Unterbilanz festgestellt und beharren die Gesellschafter auf Eintragung, so gleicht die Vorbelastungshaftung der Gesellschafter, sofern diese solvent sind, die Unterbilanz aus. Besteht keine Unterbilanz, fragt sich, ob das Gericht wegen zu geringer Kapitalisierung (Unterkapitalisierung) die Eintragung ablehnen kann. Wegen der deutlich restriktiven Prüfungskompetenz des Gerichts nach den gesetzlichen Vorschriften ist dies grundsätzlich abzulehnen410. Die Prüfung von Mängeln der Satzung bzw des Gesellschaftsvertrags ist nach §§ 38 III AktG, 9c II GmbHG auf enumerativ aufgezählte Punkte beschränkt 411. Auf die Anmeldung erfolgt, wenn kein Eintragungshindernis besteht, die Eintragung in das Handelsregister nach § 39 AktG bzw nach § 10 I GmbHG. Mit dem Wirksamwerden der Eintragung durch elektronische Verfügbarkeit (§ 8a HGB) entsteht die Gesellschaft als solche (§§ 41 I AktG, 11 I GmbHG), dh als juristische Person und Formkaufmann (§§ 3 AktG, 13 GmbHG, beide Vorschriften mit § 6 I, II HGB). Die Kapitalgesellschaft ist rechtsfähiger Verein (§§ 21 ff BGB), und zwar rechtsfähiger wirtschaftlicher Verein iSd § 22 BGB.

408 Baumbach/Hueck/Hueck/Fastrich § 9c Rn 9; Lutter/Hommelhoff/Lutter/Bayer § 9c Rn 19. Richtig die abweichende Meinung von Heinrich in Münchener Hdb GmbH § 8 Rn 36; s a Scholz/Winter/Veil § 9c Rn 29. 409 Entscheidung vom 9.12.2002 (NZG 2003, 170, 171): Die Versicherung nach § 8 II GmbHG habe zum Inhalt, dass im Anmeldezeitpunkt die Mindesteinlagen nach § 7 II, III nicht durch schon entstandene Verluste ganz oder teilweise aufgezehrt seien. „Nur wenn zureichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass dieses – entgegen der Versicherung – nicht der Fall ist, darf und muss das Registergericht seine Prüfung auch auf die Frage erstrecken, ob die GmbH im Zeitpunkt der Anmeldung der Mantelverwendung nicht bereits eine Unterbilanz aufweist“. 410 Raiser/Veil § 26 Rn 50 behalten eine Missbrauchsprüfung vor. Die Ablehnung der Eintragung wegen missbräuchlicher Anmeldung ist aber nur bei Ersichtlichkeit gerechtfertigt, dass Vorbelastungen des Stammkapitals bestehen und die Vorbelastungshaftung nicht wird realisiert werden können. 411 Hinsichtlich des Punktes 3 (Nichtigkeit der Satzung bzw. des Gesellschaftsvertrags) wird wegen des Sinns der Vorschriften, das Eintragungsverfahren zu beschleunigen, auf die Gesetz- oder Sittenwidrigkeit der Satzung oder das Gesellschaftsvertrags nach deren Wortlaut abgestellt. Danach darf das Registergericht nicht prüfen, ob hinter der ganzen Gründung die Absicht sittenwidriger Gläubigerschädigung steht, BayObLG DB 1999, 956 mwN. Das Gericht weist darauf hin, dass diese Beschränkung nur für die Eintragung gilt, die zur Entstehung der Gesellschaft führt (in § 57a GmbHG ist § 9c II für die Eintragung einer Kapitalerhöhung nicht in die Verweisung aufgenommen).

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Die Eintragung der Gesellschaft wird in elektronischen Medien bekannt gemacht, § 10 HGB. Mit der gesetzlichen Regelung, dass mit der Eintragung die Kapitalgesellschaft als solche entsteht, ist nicht vereinbar die Anwendung des § 15 I HGB mit der Konsequenz, dass sich die Gründer Dritten gegenüber auf die Entstehung der Gesellschaft so lange nicht berufen könnten, wie die Bekanntmachung noch aussteht und Dritte keine Kenntnis von der Eintragung haben412. f. Anteilsübertragung vor Eintragung, Gründerwechsel

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Nach § 41 IV AktG können vor der Eintragung der Gesellschaft Anteilsrechte (an der künftigen Gesellschaft) nicht übertragen werden, Aktien oder Zwischenscheine nicht ausgegeben werden. Im Unterschied dazu ist bei der GmbH eine Vorausabtretung der mit Eintragung entstehenden Anteilsrechte nach § 15 GmbHG möglich, die mit Eintragung der Gesellschaft wirksam wird413. Davon unberührt ist die Möglichkeit eines Gesellschafterwechsels in der Vorgesellschaft. Nach den Grundsätzen des Rechts der Personengesellschaften kommt die formfreie Abtretung des Gesellschaftsanteils (§ 413 BGB) unter Zustimmung aller Mitgesellschafter in Betracht. Der BGH erkennt aber nur einen Gesellschafterwechsel durch Änderung des Gesellschaftsvertrags, bei der AG durch Neufeststellung der Satzung an414. Weil es bei dem Gesellschafterwechsel um die Teilnahme an dem Gründungsgeschehen geht, ist dieser Auffassung zuzustimmen. Aus demselben Grund ist in dem Fall, dass ein Gründungsmitglied seine Mitgliedschaft abtritt, die Teilnahme des Zessionars an der Vorgesellschaft auch nicht nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft als wirksam zu behandeln415. g. Nachgründung

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Das Aktienrecht fügt für die AG der Regelung über die Gründung der Gesellschaft in § 52 AktG noch das Institut der Nachgründung hinzu. Hiernach sind besonders abgegrenzte umfangreiche Geschäfte mit Gründern oder mehr als 10 % beteiligten Aktionären, die die Gesellschaft in einem ihrer Eintragung nahen Zeitraum abschließt, unter besondere, dem Gründungsrecht entsprechende Kautelen gestellt. Die Regelung gehört in das Problem der verdeckten Sacheinlage hinein und ist dort zu behandeln416.

V. Die an das Gründungsrecht anschließende Regelung der Kapitalerhöhung gegen Einlagen 273

Mit Rücksicht darauf, dass es bei der Gründung der Kapitalgesellschaft vor allem um die Aufbringung des Grund- oder Stammkapitals (zusammengefasst: Garantiekapitals) geht, stellt sich die Erweiterung dieser Kapitalgrundlage, sofern sie wiederum mit Aufbringungsleistungen der Gesellschafter verbunden ist, als eine Art Umgründung dar. Bei einer Er-

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So aber anscheinend Roth/Altmeppen/Roth § 10 Rn 7. Dazu zuletzt BGH NJW 1995, 128, 129; s iÜ Baumbach/Hueck/Hueck/Fastrich § 15 Rn 24. Urteil vom 13.12.2004, GmbHR 2005, 354 mit Kom von Manger. BGH aaO. Es bleibe nur der Schutz Dritter nach Rechtsscheingrundsätzen. Diese Auffassung trifft hier unabhängig davon zu, wie man grundsätzlich in der Frage der Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft auf die Anteilsabtretung entscheidet (zur Frage K. Schmidt, BB 1988, 1053 ff). 416 Rn 307 ff.

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V. Die an das Gründungsrecht anschließende Regelung der Kapitalerhöhung gegen Einlagen

höhung des Garantiekapitals gegen Einlagen müssen diejenigen, die sich daran beteiligen, in Höhe des Steigerungsbetrages Einlagen leisten. Folge der Erhöhung ist zum anderen, dass die Gesellschaft den Gesellschaftern nichts auszahlen darf, soweit entweder schon vorher oder infolge der Auszahlung das Vermögen der Gesellschaft nicht in Höhe des jetzt erhöhten Garantiekapitals die Schulden und sonstigen Belastungen überschreitet. Eine Kapitalerhöhung kann auch aus Gesellschaftsmitteln erfolgen. Die Gesellschaft muss dann über Vermögen verfügen, welches über die Summe aus Schulden/Belastungen und bisherigem Garantiekapitalbetrag hinausgeht. Sie kann dann den Überschussbetrag in Garantiekapital umwandeln. Hier brauchen keine Einlagen geleistet zu werden. Es wird nur das Auszahlungsverbot begründet, soweit entweder schon vor der Auszahlung oder infolge der Auszahlung das Vermögen nicht mehr in Höhe des erhöhten Betrages Schulden und sonstige Belastungen übersteigt. Von der Änderung des statutarischen Kapitals der Gesellschaften sind als beweglichere Eigenkapitalposten Nachschüsse zu unterscheiden, die die Gesellschafter über ihre Einlagepflichten auf das Garantiekapital hinaus leisten. Bei der AG können solche nur schuldrechtlich versprochen werden, die GmbH kennt die Möglichkeit, Nachschusspflichten durch den Gesellschaftsvertrag zu bestimmen (§ 26 GmbHG), unbeschränkt gemäß § 27, beschränkt gemäß § 28 GmbHG. In der Bilanz sind Zuzahlungen als Kapitalrücklage auszuweisen (§ 272 II Nr 4 HGB), § 42 II GmbHG regelt die Aktivierungspflicht für statutarische Nachschussforderungen bei der GmbH. Über die Rückzahlung geleisteter Nachschüsse entscheidet bei der GmbH die Gesellschafterversammlung (§ 46 Nr 3 GmbHG). Die Rückzahlung unterliegt den Beschränkungen des § 30 II GmbHG, insbesondere dem Vorbehalt der Deckung des Stammkapitals. Die zuletzt genannte Erhöhung des Garantiekapitals, die sog Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln, interessiert hier – im Hinblick auf die Parallele zur Gründung – nicht. Der Gründung entspricht vielmehr diejenige Kapitalerhöhung, bei der die Beteiligten in Höhe der Kapitalerhöhung Einlagen in die Gesellschaft einbringen müssen, das ist die Kapitalerhöhung gegen Einlagen. Die Kapitalerhöhung gegen Einlagen ist in §§ 182 ff AktG und §§ 55 ff GmbHG normiert. Zu der Kapitalerhöhung gegen Einlagen gibt es bei der AG noch die Unterfälle der bedingten Kapitalerhöhung (§§ 192 ff AktG)417 und des genehmigten Kapitals (§§ 202 ff AktG)418, bei der GmbH den Unterfall des genehmigten Kapitals (§ 55a GmbHG). Der Grundfall der Kapitalerhöhung gegen Einlagen wird hier als Parallele zur Gründung behandelt. Die Kapitalerhöhung gegen Einlagen ist in weitgehender Anlehnung an das Gründungsrecht geregelt. An die Stelle der Feststellung der Satzung bzw des Gesellschaftsvertrags tritt bei der Kapitalerhöhung der Kapitalerhöhungsbeschluss (§§ 182 AktG, 53 GmbHG) unter Übernahme der neuen Anteile (§ 185 AktG nennt dies Zeichnung, § 55 GmbHG spricht von Übernahmeerklärung)419.

417 Zu einem Anwendungsfall führen die Wandelschuldverschreibungen, § 221 AktG. 418 Den Maßnahmen der Kapitalerhöhung stehen gegenüber solche der (Grund- oder Stamm-) Kapitalherabsetzung (bei der AG Kapitalherabsetzung, §§ 222 ff AktG, vereinfachte Kapitalherabsetzung, §§ 229 ff, und Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien, §§ 237 ff AktG; bei der GmbH Kapitalherabsetzung, §§ 58 ff, mit dem Sonderfall der vereinfachten Kapitalherabsetzung, § 58a, Kapitalherabsetzung bei gleichzeitiger Erhöhung des Stammkapitals, § 58f GmbHG). 419 S ausführlich u Rn 542 ff.

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Etwaige Sacheinlagen420 müssen im Beschluss bestimmt sein (§§ 183 AktG, 56 GmbHG). Auch hier ist nach dem Gesetz eine Heilung nach dem maßgeblichen Zeitpunkt (Wirksamwerden der Kapitalerhöhung) nicht möglich (§§ 183 II 4 AktG, 56 I 1 GmbHG). Über die Festlegung im Beschluss hinaus müssen Sacheinlagen in der Übernahmeerklärung festgelegt sein (§ 185 I Nr 3 AktG, § 56 I 2 GmbHG). Bei der AG findet im Unterschied zur Gründung eine Prüfung durch externe Prüfer nur bei der Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen statt (§ 183 III 1, 2 AktG). Werden bei der GmbH Sacheinlagen bestimmt, ist es wie bei der Gründung der GmbH auch hier Sache des Gerichts, eine Prüfung anzuordnen (§ 57a GmbHG). Für die Mindesteinzahlung verweist § 188 II AktG auf §§ 36 II, 36a AktG. Für die GmbH verweist § 56a GmbHG zunächst auf die Einzahlungsquote gemäß § 7 II 1 (ohne S 2 betreffend das Erfordernis des Erreichens der Hälfte des Mindeststammkapitals). Bei der Beschränkung auf die Quote ist wieder die Ausnahme der Volleinzahlungspflicht für die Unternehmergesellschaft nach § 5a II zu beachten, die bis zum Erreichen des Mindeststammkapitals iSv § 5 I GmbHG gilt (§ 5a V GmbHG). Weiter verweist § 56a auf § 7 III (Leistung der Sacheinlagen zu freier Verfügung) und § 19 V (betreffend das Hin- und Herzahlungsverbot)421. Schließlich begründet § 57 II GmbHG für die Anmeldung der Kapitalerhöhung zum Handelsregister das Erfordernis der Versicherung über die Leistung der Einlagen nach § 7 II 1, III (entspricht § 8 II 1) und verweist weiter auf § 8 II 2 GmbHG (Recht des Gerichts, Nachweise zu verlangen). Anzumelden sind bei der AG die beiden Schritte des Kapitalerhöhungsbeschlusses und sodann der Durchführung der Kapitalerhöhung (§§ 184, 188 AktG). Die beiden Anmeldungen können miteinander verbunden werden (§ 188 IV AktG). Bei der GmbH ist nur der Erhöhungsbeschluss nach der Übernahme der Anteile anzumelden (§ 57 GmbHG). Das Registergericht kann bei der AG schon die Eintragung des Kapitalerhöhungsbeschlusses ablehnen, wenn die Prüfer angeben oder das Gericht selbst feststellt, dass eine Sacheinlage überbewertet ist (§ 183 III 3 AktG). Bei der GmbH gilt nach § 57a GmbHG die Gründungsvorschrift des § 9c I GmbHG entsprechend. Auf die Eintragung und Bekanntmachung beziehen sich wie bei der Gründung die §§ 8a (Wirksamwerden mit elektronischer Verfügbarkeit) und 10 HGB (Bekanntmachung). § 189 AktG hebt hervor, dass erst mit Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung die Maßnahme wirksam wird. §§ 190 AktG, 57b GmbHG über die Bekanntmachung sind aufgehoben (§ 190 durch das EHUG, § 57b erst durch das MoMiG).

VI. Kautelen des Gründungs- und Kapitalerhöhungsrechts bei AG und GmbH 1. Das Thema der Kautelen 282

Kautele bedeutet Sicherung, und deshalb behandeln wir hier die Frage, durch welche Instrumente, Haftungs- und Prüfungsvorkehrungen Gesetz und Rechtsprechung die vorgeschriebenen Grundanforderungen an Gründung und Kapitalerhöhung, insbesondere die vorgeschriebene Kapitalaufbringung, absichern. Die Sicherungen sind so vielfältig, dass sie kaum über-

420 Bei der AG sind nicht mehr wie bei der Gründung Sachübernahmen, wenn die Vergütung nicht auf die neuen Anteile angerechnet wird, den Sacheinlagen gleichgestellt. 421 Dazu u Rn 340 ff.

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VI. Kautelen des Gründungs- und Kapitalerhöhungsrechts bei AG und GmbH

schaubar sind. Wir wollen in der folgenden Weise aufteilen: Zunächst sind die gesetzlichen Regelungen der Möglichkeit, an die Stelle einer Bareinlage eine Sacheinlage zu setzen, weiter der Verantwortlichkeit der an der Gründung oder Kapitalerhöhung Beteiligten und schließlich die Regelung der Nichtigkeit oder Amtslöschung einer trotz Mängeln eingetragenen Gesellschaft darzustellen. Im Anschluss daran422 können wir weitere Kautelen im Rahmen der dem Juristen vertrauten Frage ansprechen, wie der im Zentrum stehende Anspruch, hier derjenige der Gesellschaft auf die versprochene Einlage, begründet und zu prüfen ist. Dabei geht es um die Voraussetzungen der korrekten Tilgung der Einlageforderungen. Auch diese muss gesichert werden und mit ihr wird zugleich die Kapitalaufbringung gesichert (Aufbringungskautelen durch Tilgungserfordernisse). Die beiden Abschnitte sind nicht trennscharf auseinanderzuhalten. Mit dem Thema der verdeckten Sacheinlage kommen wir auch schon im ersten Abschnitt zur Frage der Tilgung. Durch die frühere Rechtsprechung war eine – insbesondere im Verhältnis der einzelnen Schranken zueinander – verwirrende Fülle von Kautelen entwickelt worden. Das MoMiG hat hier kräftig aufgeräumt.

2. Sicherung bei Sacheinlagen a. Direkte gesetzliche Sicherung (ohne Umgehungsprävention) Nach Aktienrecht sind Verträge über die Ersetzung der Bar- durch Sacheinlagen ohne eine Festsetzung in der Satzung oder im Kapitalerhöhungsbeschluss nach §§ 27 III 1, 183 II 1 AktG unwirksam. Auch das GmbHG stellt Sacheinlageleistungen in § 5 IV 1 („sollen Sacheinlagen geleistet werden“) unter die Voraussetzung der Festsetzung im Gesellschaftsvertrag. Die Vorschrift nimmt ihnen, wenn die Voraussetzung nicht erfüllt wird, die Wirkung der Tilgung der Einlagepflicht, dh macht eine darauf bezogene Vereinbarung in deren schuldrechtlichem Teil – Bestimmung der Einlagepflicht iS einer Pflicht zur Sacheinlage, insbesondere durch Annahme als Leistung an Erfüllungs Statt, – unwirksam. In §§ 19 V 1. Var, 56 II iVm 19 V GmbHG aF war der Ausschluss der Tilgungswirkung im Rahmen der Bestimmung über die Einzahlung der Gesellschafter nochmals hervorgehoben. § 19 V 2. Var GmbHG aF ergänzte diese Regelung durch ein Aufrechnungsverbot: Ohne gehörige Festlegung im Gesellschaftsvertrag konnte auch nicht die Forderung eines Gesellschafters auf Vergütung für einen anderen Vermögensgegenstand auf seine Bareinlagepflicht verrechnet werden. Eine entsprechende Beschränkung ergibt sich im Aktienrecht aus der Gleichstellung der Sachübernahme (Übernahme eines Vermögensgegenstands) mit einer Sacheinlage, sofern die Vergütung auf die Bareinlage des Gesellschafters angerechnet wird (§§ 27 I 2, 183 I 1 AktG). Die Neufassung des GmbHG hat die ausdrückliche Hervorhebung des Ausschlusses der Tilgungswirkung einer nicht in Geld bestehenden Leistung in § 19 V 1. Var aF beseitigt: An die Stelle des § 19 V GmbHG aF ist jetzt die Vorschrift über die verdeckte Sacheinlage gesetzt worden. Diese ist aber jetzt Abs 4, weil die bisher in § 19 IV GmbHG aF bestimmte Sicherungspflicht eines Alleingesellschafters weggefallen ist. § 19 V enthält jetzt das weiter unten zu behandelnde Hin- und Herzahlungsverbot. Das in § 19 V GmbHG aF den Ausschluss der Tilgungswirkung ergänzende Aufrechnungsverbot, dh das Verbot, einen Vergütungsanspruch für eine Sachleistung auf die Einlagepflicht zu verrechnen, wenn nicht die Voraussetzungen des § 5 IV 1 GmbHG gewahrt

422 Rn 334 ff.

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sind, ist in das Aufrechnungsverbot des § 19 II 2 GmbHG verschoben worden. Dort wird jetzt die Aufrechnung mit einer Forderung aus der Überlassung von Vermögensgegenständen nur dann für zulässig erklärt, wenn für die Anrechnung der zur Aufrechnung gestellten Forderung § 5 IV 1 GmbHG eingehalten ist 423. Die aktienrechtlichen Vorschriften erfassen im Gegensatz zu denjenigen des GmbHG auch das Verfügungsgeschäft. Der BGH will § 27 III 1 AktG mit der Nichtigkeit des Verfügungsgeschäfts analog auch auf die GmbH anwenden 424. Entgegen der Formulierung des Aktienrechts tritt nicht nur eine relative Unwirksamkeit der Verfügungsgeschäfte ein. Die Formulierung „der Gesellschaft gegenüber“ soll nur das Verhältnis zur Gesellschaft von dem der Gründer untereinander trennen; ob Unwirksamkeit auch für Letzteres eintritt, will das Gesetz nicht regeln 425. Relative Unwirksamkeit macht nur Sinn als Unwirksamkeit zugunsten des Geschützten. Geschützte ist die Gesellschaft. Soweit an die Gesellschaft geleistet wird, ist die Unwirksamkeit des Verfügungsgeschäfts der Gesellschaft sogar nachteilig. Es kann aber auch nicht eine einseitige Unwirksamkeit der von der Gesellschaft erbrachten Leistungen geben. Deshalb handelt es sich insgesamt nicht um relative Unwirksamkeit. Die Unwirksamkeit eines Vertrags über Sacheinlagen erfasst vor der Eintragung der Gesellschaft oder der (Durchführung der) Kapitalerhöhung – vorbehaltlich der Möglichkeit der Umdeutung in ein Bareinlageversprechen (§ 140 BGB) – auch die Beitritts- bzw Zeichnungserklärung des betroffenen Gesellschafters. In entsprechender Weise wie die Vereinbarung einer Sacheinlage ohne gehörige Festsetzung ist auch die Vereinbarung über die Anrechnung einer überbewerteten Sacheinlage unwirksam. Nach §§ 34, 183 III AktG, 9c I 2, 57a GmbHG ist eine festgelegte Sacheinlage auf ihre Werthaltigkeit zu überprüfen.

423 Die Verschiebung hat einen Schönheitsfehler: Selbstverständlich darf weder die Gesellschaft noch der Gesellschafter ohne Einhaltung des § 5 IV 1 GmbHG aufrechnen. So auch die alte Bestimmung des § 19 V, während der Gedanke jetzt in das nur für den Gesellschafter geltende Aufrechnungsverbot des § 19 II 2 GmbHG (betr Aufrechnung gegen den Anspruch der Gesellschaft) verschoben ist. Weiter verweist das MoMiG für die Kapitalerhöhung in § 56 II auf § 19 II 2 und IV GmbHG. In § 19 II 2 wird aber § 5 IV 1 in Bezug genommen, der sich auf die Gründung bezieht. Stattdessen ist für die Kapitalerhöhung die entsprechende Maßgabe in § 56 I 1 GmbHG selbst enthalten. 424 BGH NJW 2003, 3127, 3129 f gegen zahlreiche Stimmen der Literatur. Zur Begründung beruft sich der BGH auf § 5b RegE GmbH-Novelle 1980 und dass die Vorschrift nur deshalb nicht Gesetz geworden sei, weil sie „inhaltlich weitgehend geltendem Recht“ entsprochen habe (BT-Rechtsausschuss BT-Drucks 8/3908, S 69 f). Das Argument ist angesichts der geltenden §§ 5 IV, 19 V GmbHG und der dazu vertretenen Literaturmeinung nicht schlüssig. „Weitgehende Entsprechung“ hieß gerade nicht vollständige Entsprechung, insbes konnte sie das nicht betr die Nichtigkeitsfolge bedeuten. Der BGH erspart sich die saubere Durchführung des Analogieschlusses. Diese Prüfung hätte spätestens bei der Frage der teleologischen Übertragbarkeit zur Verneinung der analogen Anwendbarkeit des § 27 III 1 AktG führen müssen. Nach der amtlichen Begründung der Vorläufervorschrift zu § 27 AktG musste diese (§ 20 AktG 1937) die Nichtigkeit der Verfügungen anordnen, wenn anders die Vorschrift ihrer Bedeutung nicht entkleidet werden sollte (Klausing AktG 1937 S 18 f). Diese Begründung ist nicht durchdacht. Schon die Verwehrung des Tilgungseffekts hat die sehr praktische Bedeutung, dass die Gesellschaft ihren Bareinlageanspruch behält. Die Nichtigkeit der Verfügungsgeschäfte kann nur eine zusätzliche Bedeutung haben. Diese ist aber in dem gewöhnlichen Fall, dass die Sachleistung vom Gesellschafter kommt, höchst fragwürdig. Sie nimmt der Gesellschaft den Verfügungsgegenstand. Wenn das GmbH-Recht diese Folge vermeidet, dient das gerade dem Schutz der Gesellschaft und ist nicht durch das Aktienrecht zu konterkarieren. 425 S Knobbe-Keuk, ZIP 1986, 885, 886 Fn 12.

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VI. Kautelen des Gründungs- und Kapitalerhöhungsrechts bei AG und GmbH

Bei Unwirksamkeit eines Vertrags über Sacheinlagen, insbesondere also bei – nach nF des GmbHG nicht unwesentlicher – Überbewertung einer Sacheinlage, ist die Eintragung der Gesellschaft oder der (Durchführung der) Kapitalerhöhung abzulehnen (§§ 38 II 2, III Nr 2, 183 II 4, III 3 AktG, 9c I 2, II Nr 2, 57 III Nr 3, 57a GmbHG). Wird trotz solcher Fehler eingetragen, ist zwischen den Fällen des Fehlens der Form und der Überbewertung zu unterscheiden. Bei Fehlen der Form für die Sacheinlagevereinbarung haftet der betroffene Gründer oder Zeichner auf Bareinzahlung der von ihm übernommenen Anteile (§§ 27 III 3, 183 II 3 AktG, Gründungs- bzw Übernahmeerklärung iVm §§ 5 IV 1, 56 I 1 GmbHG). Im Fall der Überbewertung der Sacheinlage haftet der Gründer auf Zahlung der fehlenden Differenz (sog Differenzhaftung426). Nach § 24 GmbHG trifft die Mitgesellschafter der GmbH in beiden Fällen die Mithaftung für die Barzahlungspflicht. Die Differenzhaftung ist nur in §§ 9, 57a GmbHG ausdrücklich angeordnet. Sie ist aber auch für die AG anerkannt. Mittelbar belegen lässt sich das mit §§ 36a II 3, 188 II 1 AktG, die auch auf die volle Aufbringung der übernommenen Kapitaleinlage gerichtet sind. Der BGH folgert die Zuzahlungspflicht deshalb mit Recht aus einer Kapitaldeckungszusage der Gründer oder – im Fall der Kapitalerhöhung – Zeichner427. Streitig ist, ob wie nach § 9 GmbHG auch im Aktienrecht nur die Differenz zur Einlage auf das Garantiekapital, das wäre nach Aktienrecht der Nennbetrag oder der anteilige Betrag des Grundkapitals (§ 9 I AktG), oder die Differenz zu diesem Betrag zuzüglich eines Agios auszugleichen ist. §§ 36a II 3, 188 II 1 AktG beziehen das Agio ausdrücklich ein. Die Fassung des § 9 I GmbHG beruht auf der Trennung zwischen Einlage und Nebenpflichten (§ 3 II GmbHG), die das Aktienrecht nicht macht428.

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b. Ergänzung durch die Figur der verdeckten Sacheinlage (1) Die frühere Rechtsprechung und die Änderung durch das MoMiG Der BGH hat seit jeher die Ansicht vertreten, dass Transaktionen zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern 429, genauer: zwischen der Gesellschaft und den Gründern oder den Beteiligten einer Kapitalerhöhung, die bis zur Eintragung der Gesellschaft oder der (Durchführung

426 Auch Bei Störung der Sacheinlageleistung, insbes mangelhafter Leistung, kommt die Differenzhaftung in Betracht. Es soll freilich nach hM zur GmbH zunächst das allgemeine Leistungsstörungs- und Mängelgewährleistungsrecht gelten. Im Gegenseitigkeitsverhältnis sollen die Sacheinlage des Gesellschafters und der ihm zu gewährende Gesellschaftsanteil stehen. Nur soweit danach der Gesellschafter nicht in Höhe des übernommenen Stammeinlagebetrages haftet, greife die Differenzhaftung nach § 9 I GmbHG ein (BGHZ 45, 338; Roth/Altmeppen/Roth § 5 Rn 67; zur Barzahlungspflicht bei Unmöglichkeit der Erbringung der Sacheinlage BGH GmbHR 1997, 545). Nach der Schuldrechtsreform mit ihrem Vorrang des Nacherfüllungsanspruchs passt das nicht mehr. Auch die Rückgewährpflicht des Käufers = Gesellschafters im Fall eines Rücktritts oder einer Minderung der Verkäuferin = Gesellschaft passt nicht: Der Gesellschafter müsste seinen Gesellschaftsanteil (oder einen Teil davon) zurückgewähren. Die hM geht von einer „Ummünzung“ dieser Pflichten in eine Zahlungspflicht aus. Das bedeutet schlicht die Anwendung des § 9 I GmbHG statt der §§ 434 ff (iVm § 453) BGB. Schließlich ist die besondere Ausgestaltung der Haftung für (mangelhafte) Sacheinlagen in §§ 9a II GmbHG, 46 II AktG gegen eine Schadensersatzhaftung aus § 453 iVm §§ 434, 437 Nr 3 BGB anzuführen. Zur Problematik s Fall 1 (Variante 3) im Begleitbuch von Brauer Fälle zum Kapitalgesellschafts- und Kapitalmarktrecht 2005. 427 BGHZ 64, 52, 62. 428 Zutreffend für die Einbeziehung des Agios im Aktienrecht Raiser/Veil § 11 Rn 24 mwN. 429 Gleich gestellt werden dem Gesellschafter nahe stehende Dritte.

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der) Kapitalerhöhung ohne Erfüllung der Sacheinlagevoraussetzungen abgesprochen werden, eine Umgehung der Bareinlagepflicht und damit eine verdeckte oder verschleierte Sachgründung (oder verdeckte Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen) bedeuten430. So hat die Rechtsprechung etwa bei der Vereinbarung des Austauschs einer Sachleistung des Gesellschafters gegen eine Vergütung durch die Gesellschaft, wenn die Vereinbarung bei Gründung oder Kapitalerhöhung getroffen wurde, die Vergütungszusage der Gesellschaft als Versprechen der Bevorschussung oder Rückzahlung der Bareinlage und die Gegenleistung des Gesellschafters als (verdeckte) Sacheinlage eingeordnet431. Wenn der Wert der Leistung des Gesellschafters und folglich auch die von der Gesellschaft zu zahlende Vergütung die übernommene Einlage überstieg, war dies kein Grund gegen die Annahme einer verdeckten Sacheinlage. Die Rechtsprechung hat hier von einer gemischten (verdeckten) Sacheinlage gesprochen432. Wenn das Geschäft wegen der Unteilbarkeit der vom Gesellschafter zu erbringenden Sachleistung einheitlich war, unterlag es vollständig den Regeln über die verdeckte Sacheinlage. Nach der Rechtsprechung sollte es auf den Zeitpunkt der Absprache, also nicht darauf ankommen, ob die Absprache während des Gründungs- bzw des Kapitalerhöhungsstadiums oder nach der Entstehung der juristischen Person oder nach Wirksamwerden der Kapitalerhöhung vollzogen wurde. Neben der verdeckten Sacheinlage im Gewand von Austauschgeschäften stand nach der Rechtsprechung die verdeckte Sacheinlage durch Hin- und Herzahlungen, die nach Auffassung der Rechtsprechung im Ergebnis eine Verrechnung von Forderungen bedeutete: Neueres Beispiel war die folgende Gestaltung im Rahmen einer Konzernverrechnung (cash-poolSystem)433. Eine Konzerngesellschaft stand im Debet bei der die Liquidität der anderen Gesellschaften des Konzerns sammelnden und Liquidität an andere Konzerngesellschaften ausreichenden Zentralgesellschaft. Das Kapital der Konzerngesellschaft wurde erhöht, die beiden Gesellschafter (die Beklagten, Vater und Sohn), die auch die Zentralgesellschaft beherrschten, übernahmen Bareinlagen; für sie beide zahlte die Zentralgesellschaft die Beträge auf ein besonderes Konto der Konzerngesellschaft ein. Nach Eintragung der Kapitalerhöhung wurde der Betrag auf das in das Cash-Pool-System einbezogene Konto der Konzerngesellschaft übertragen und von diesem aus zur Verrechnung mit dem Debet bei der Zentralgesellschaft an diese transferiert. Nach Auffassung der Rechtsprechung lag in diesem Vorgang die verdeckte Sacheinlage der Befreiung von der Darlehensverbindlichkeit gegenüber der Zentralgesellschaft, mit der die Bareinlagepflicht letztlich nur verrechnet werde. Die Bareinlagepflicht sei folglich nicht erfüllt und (insbesondere in der Insolvenz der Konzerngesellschaft) noch zu tilgen.

430 BGHZ 15, 52, 60; 110, 47 (IBH/Lemmerz). Der von einer GmbH einem Rechtsanwalt erteilte Auftrag, die für eine Kapitalerhöhung erforderlichen Erklärungen vorzubereiten, kann im Hinblick auf das Risiko verdeckter Sacheinlagen Schutzwirkung zugunsten der teilnehmenden Altgesellschafter haben, BGH JZ 2000, 469, dazu Zumbansen, JZ 2000, 442. 431 S etwa BGH NJW 1982, 2444, 2446; NJW 2003, 3127. Übungsfall bei Brauer Fälle zum Kapitalgesellschafts- und Kapitalmarktrecht 2005 – Fall 1, Variante 3. 432 BGH AG 2007, 121 = JZ 2007, 943 mit Anm Bezzenberger; BGHZ 173, 145 (Lurgi, dazu Martens, AG 2007, 732; Habersack, ZGR 2008, 48); BGH WM 2008, 784 (Rheinmöve, sic!, dazu Böttcher, NZG 2008, 416). 433 Urteile des II. Senats vom 16.1.2006 – II ZR 75/04, Der Konzern 2006, 382, und II ZR 76/04, NJW 2006, 1736.

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Im Anschluss gerade an solche Gestaltungen hat die Rechtsprechung insbesondere in dem Aufrechnungsverbot des § 19 V 2. Var GmbHG aF einen Anhaltspunkt für ihre Judikatur zur Durchsetzung der Sacheinlagevorschriften gegen eine Umgehung gesehen. Das Hin- und Herzahlungsverbot bei verdeckter Sacheinlage aus der entsprechenden Anwendung des § 19 V 2. Var GmbHG aF hat der BGH namentlich auf das Schütt-ausHol-zurück-Verfahren angewandt 434. Das Verfahren besteht darin, dass die Gesellschafter Gewinnausschüttungen von der Gesellschaft erhalten und im Gegenzug (schon vorher oder nachher) Einzahlungen auf Einlagen vornehmen, die sie im Rahmen einer Kapitalerhöhung übernommen haben. Der BGH hat dieses Vorgehen unter der Voraussetzung der Absprache bei Kapitalerhöhung als verdeckte Sacheinlage in Gestalt des Gewinnanspruchs der Gesellschafter behandelt435. Die von der Rechtsprechung entwickelte Figur der sog verdeckten Sacheinlage wird jetzt im GmbHG definiert. Die Definition lautet (§ 19 IV 1 GmbHG nF): „Ist eine Geldeinlage eines Gesellschafters bei wirtschaftlicher Betrachtung und aufgrund einer im Zusammenhang mit der bei Übernahme der Geldeinlage getroffenen Abrede vollständig oder teilweise als Sacheinlage zu bewerten (verdeckte Sacheinlage) …“, so gelten die anschließenden Rechtsfolgen. Die neue gesetzliche Regelung mildert aber für die GmbH die von der Rechtsprechung bisher vertretenen Rechtsfolgen entscheidend ab. Für die AG sind die Erleichterungen (noch) nicht übernommen worden, weil die einschlägigen Fragen in die Arbeiten zur Umsetzung der Richtlinie zur Änderung der zweiten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie einbezogen werden sollen436. Nach der Rechtsprechung war die erste wesentliche Rechtsfolge der Annahme einer verdeckten Sacheinlage, dass die Zahlung des Gesellschafters auf die Bareinlage keinen Tilgungseffekt hatte. Jedenfalls bei der AG sollte darüber hinaus das als verdeckte Sacheinlage zu wertende Geschäft und eine Übereignung an die Gesellschaft aufgrund dieses Geschäfts auch unwirksam sein (entsprechend § 27 III 1 AktG). Bei der gemischten (verdeckten) Sacheinlage in Gestalt einer unteilbaren Leistung sollte das gesamte Geschäft unwirksam sein437. Wie zitiert 438, hat der BGH die aktienrechtliche Unwirksamkeitsvorschrift analog auf die GmbH angewandt. Wegen seiner Einlagezahlung, die ohne Tilgungseffekt blieb, hatte der Gesellschafter einen Anspruch auf Rückzahlung aus ungerechtfertigter Bereicherung. Diesen konnte er aber nicht gegen die unberührt gebliebene Bareinlagepflicht aufrechnen (§§ 66 I 2 AktG, 19 II 2 GmbHG aF). Daneben hatte der Gesellschafter die Ansprüche aufgrund der Unwirksamkeit des Sacheinlagegeschäfts: Bei unwirksamer Übereignung hatte der Gesellschafter also zusätzlich den Anspruch nach § 985 BGB. Soweit die Leistung des Gesellschafters als Werkleistung oder unbare Zahlung von der Nichtigkeitsfolge nicht erfasst wurde, war sie nach Bereicherungsrecht zurückzugewähren.

434 BGHZ 113, 335; BGH ZIP 2002, 2045. 435 In der Entscheidung ZIP 2002, 2085 hat der BGH bei Fehlen einer (zu vermutenden) Vorverabredung noch § 19 II 1 GmbHG (Befreiungsverbot) analog angewandt. 436 Begründung des RegE MoMiG zu Art 5 (Änderung des Aktiengesetzes), S 118. Im RefE zum ARUG (o Rn 125) ist zwar die Änderungsrichtlinie zur Kapitalrichtlinie insoweit umgesetzt, als sie die Voraussetzungen einer Sacheinlagevereinbarung liberalisiert. Weitere „Arbeiten“ enthält der RefE aber nicht. 437 BGHZ 173, 145 Rn 16. 438 O Fn 424 (BGH NJW 2003, 3127).

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Den Ansprüchen des Gesellschafters stand ein Anspruch der Gesellschaft wegen der von ihr geleisteten Vergütung gegenüber. Die Rechtsprechung hat aufgrund der Unwirksamkeit des Sacheinlagegeschäfts einen Bereicherungsanspruch auf Rückzahlung der Vergütung gegeben. Der Gesellschaft stand aber bezüglich ihrer Zahlung nicht etwa der bereicherungsunabhängige Anspruch zu, den das Gesellschaftsrecht bei verbotener Vermögensausschüttung gewährt (§§ 62 AktG, 31 GmbHG)439. Auf die beiderseitigen Bereicherungsansprüche war nach der Rechtsprechung die Saldotheorie anzuwenden440. Die Lehre von der verdeckten Sacheinlage bedrohte Gesellschaft wie Gesellschafter mit harten Konsequenzen: Wurde zB das Unternehmen des (Mit)-Gründers einer GmbH als Unternehmen der GmbH fortgeführt und dafür der Weg gewählt, dass der Gründer das Unternehmen der GmbH verkaufte und übertrug und seinerseits eine Bareinlage übernahm, so war diese Absprache nach den genannten Kriterien eine verdeckte Sachgründung. Dies bedeutete für die Gesellschaft: Die Gesellschaft musste ihr Unternehmen und zusätzlich die mangels Tilgungserfolgs rechtsgrundlose Bareinlagezahlung dem Gesellschafter zurückgeben. Dagegen konnte sie ihre Kaufpreiszahlung zurück- und die Bareinlage neu einfordern. Der Verlust des Unternehmens drohte der Gesellschaft möglicherweise in Zeiten wirtschaftlichen Erfolges. Den Gesellschafter trafen harte Konsequenzen in der Insolvenz der Gesellschaft 441: Der Insolvenzverwalter konnte trotz der Zahlung des Gesellschafters auf die Einlage die Einlageleistung nochmals voll einfordern, sogar dann, wenn der Gesellschafter die Gesellschaft durch das Umgehungsgeschäft nicht geschädigt, vielleicht sogar begünstigt hatte442. Für die nachträgliche erneute Aufbringung der Einlage haftete bei der GmbH nicht nur der Gesellschafter, der die Einlage übernommen hatte, sondern hafteten auch die Mitgesellschafter (§ 24 GmbHG), neben diesen etwaige Rechtsvorgänger (§ 22 GmbHG) und Nachfolger in den betroffenen Geschäftsanteil (§ 16 III GmbHG). Hinsichtlich der Gegenansprüche des Gesellschafters war nach der Rechtsprechung zu unterscheiden: Mit dem Anspruch auf Rückgewähr seiner ohne Tilgungserfolg erbrachten Bareinzahlung war der Gesellschafter auf die Beteiligung als Insolvenzgläubiger am Insolvenzverfahren beschränkt. Diese Beschränkung griff auch bezüglich des Anspruchs auf Rückgewähr der Sachleistung ein, soweit die Sachleistung wie etwa eine Werkleistung nicht von der Unwirksamkeitsvorschrift des § 27 III 1 AktG erfasst war. Insoweit half der BGH aber wenigstens dadurch, dass er den über die erneute Einzahlung der Einlage hinausgehenden Gegenanspruch der Gesellschaft auf Rückgewähr ihrer Vergütung durch die Anwendung der Saldotheorie beschränkte443.

439 BGHZ 173, 145 Rn 17 ff (Lurgi); WM 2008, 784 (Rheinmöve). 440 BGH – Lurgi – aaO; erneut Rheinmöve aaO. Folge im Fall Lurgi: Der eine Werkleistung erbringende Gesellschafter war in der Insolvenz der Gesellschaft nicht bei voller eigener Wertersatzpflicht hinsichtlich seines eigenen Anspruchs auf die Quote beschränkt. Argument: Bei von der Nichtigkeitsfolge erfasster Sachleistung stünde dem Gesellschafter der dingliche Anspruch zu. – Folge im Fall Rheinmöve: Bei Übertragung von Vermögen und Verbindlichkeiten seitens einer KG auf eine Auffang-AG Pflicht der KG zur Herausgabe des Saldos aus von der AG ausgeglichenen Verbindlichkeiten einerseits und übertragenem und nicht mehr herausgebbarem Vermögen samt Nutzungsmöglichkeiten andererseits. 441 Kritisch zu dieser überharten Rechtsfolge K. Schmidt § 37 II 4 b S 1124 f. 442 Nach §§ 54 IV AktG, 19 VI GmbHG idF des Gesetzes über die Anpassung von Verjährungsvorschriften an das neue Schuldrecht hilft dem Gesellschafter die auf 10 Jahre verkürzte Verjährungsfrist. 443 BGHZ 173, 145 Rn 20 – Lurgi –.

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Der BGH hat darüber hinaus Wege zur Heilung bzw sogar Vermeidung einer verdeckten Sacheinlage eröffnet. Zunächst konnte nach Ansicht des BGH das Schütt-aus-Hol-zurückVerfahren in der folgenden Weise gesetzeskonform durchgeführt werden:444 Bei Offenlegung des Verfahrens vor dem Registergericht seien die Vorschriften über die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln (§§ 207 ff AktG, 57c ff GmbHG) sinngemäß anzuwenden. Im Rahmen dieser sinngemäßen Anwendung sollte der Ausweis von Kapital- und Gewinnrücklagen in der letzten Jahresbilanz (§ 57d) entfallen, der Richter aber, was die GmbH betrifft, in entsprechender Anwendung von § 57i I 1 iVm §§ 57a, 9c GmbHG aufgrund der in § 57i I 2, II GmbHG bestimmten Grundlagen prüfen müssen, ob die Gewinnansprüche der Gesellschafter werthaltig seien. Mit der Registereintragung (für den Inhalt sei § 57i IV anzupassen) sei zugleich die nötige Publizität gewährleistet. Hinzutreten müsse in entsprechender Anwendung der Vorschrift des § 57 II 1 GmbHG über die Kapitalerhöhung gegen Einlagen die Versicherung der Geschäftsführer, dass die Leistung endgültig zur freien Verfügung der Geschäftsführer stehe445. Über diesen Weg zur gesetzeskonformen Durchführung des Schütt-aus-Hol-zurück-Verfahrens hinaus hat der BGH für die GmbH eine Möglichkeit zur Heilung der verdeckten Sacheinlage eingeräumt446. Die Satzung der GmbH könne mit der nötigen Mehrheit iS einer Sacheinlagevereinbarung geändert werden. Über das Sacheinlagegeschäft müsse ein Bericht mit Unterzeichnung durch alle Geschäftsführer und betroffenen Gesellschafter erstattet werden; die Vollwertigkeit der Sacheinlage sei durch eine von einem Wirtschaftsprüfer testierte Bilanz, bezogen auf den Zeitpunkt der Prüfung, der unmittelbar vor Eintragung in das Handelsregister zu liegen habe, nachzuweisen447; die Änderung der Satzung sei unter Beifügung der Bilanz und des Berichts sowie einer Versicherung der Geschäftsführer, dass die Sacheinlage werthaltig und an die Gesellschaft geleistet sei, beim Registergericht zur Eintragung anzumelden. In der Entscheidung vom 7.7.2003 hat der BGH angenommen, dass der Inferent einer verdeckten Sacheinlage von den Mitgesellschaftern aus dem Gesichtspunkt der gesellschafterlichen Treuepflicht auf Mitwirkung an einer „heilenden“ Änderung der Bar- zur Sacheinlage in Anspruch genommen werden könne448.

444 BGHZ 135, 381 im Anschluss an Lutter/Zöllner, ZGR 1996, 164, 178. Auf diese Prüfung beruft sich OLG Hamm ZIP 2008, 1475 für seine Auffassung, dass eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln, die durch die vorherige Bildung einer Kapitalrücklage durch Zuzahlung sacheinlagenah gestaltet sei, ungeachtet dessen nach den Vorschriften über die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln behandelt werden könne (s u Rn 582a). 445 Bei der Anwendung der hiermit neu herangezogenen Vorschriften auf den gegebenen Fall lässt der BGH Großzügigkeit walten. Der II. Senat benutzt offenkundig die gesetzliche Regelung als Spielmaterial. 446 BGHZ 132, 141. Für die AG ist eine Heilung in analoger Anwendung des § 52 AktG vertreten worden (Knobbe-Keuk, ZIP 1986, 885 ff; K. Schmidt § 29 II 1 c bb S 889 mwN in Fn 63). 447 Nach LG Frankfurt a.M. NJW-RR 2001, 1406, welches sich auf die Anwendung der Vorschriften über die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln in BGHZ 135, 381 (o Rn 294) und im Rahmen dieser Vorschriften auf § 57i II GmbHG beruft (mwN), reicht ein Werthaltigkeitstestat aus, das auf eine Schlussbilanz Bezug nimmt, die nicht älter als acht Monate ist. 448 NJW 2003, 3127 = JZ 2004, 199 mit Anm Witt (vorher schon OLG Koblenz NZG 2002, 977). In dem komplizierten Fall, in welchem die Vermögensbewegungen, in denen die „verdeckte“ Sacheinlage bestand, unter Beteiligung einer KG, an der die GmbH als Kommanditistin beteiligt war, durchgeführt worden waren, musste der BGH allerdings die Voraussetzung für die Inanspruchnahme aus Treuepflicht hinzufügen, dass das Umgehungsgeschäft einer wirksamen Heilung zugänglich sein müsse (im Fall bejaht).

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Dieser komplizierten, überharte oder frei erfundene Folgen enthaltenden früheren Rechtslage hat das MoMiG für die GmbH in der folgenden Weise abgeholfen: Bei der ersten von der Rechtsprechung angenommenen Rechtsfolge, dass die Bareinlageschuld trotz Abreden, die die Annahme einer verdeckten Sacheinlage begründen, nicht erfüllt wird, ist es geblieben (§ 19 IV 1 GmbHG nF). Entgegen der Rechtsprechung ist das Sacheinlagegeschäft nach dem neuen Gesetz aber nicht unwirksam (§ 19 IV 2 GmbHG). Die also wirksam bzw mit Rechtsgrund erbrachte, nicht in Geld bestehende Leistung des Gesellschafters wird vielmehr auf die Einlageschuld angerechnet, allerdings nicht vor der Eintragung der Gesellschaft (bzw bei der Kapitalerhöhung vor Eintragung der Kapitalmaßnahme, § 56 II iVm § 19 IV GmbHG nF). Maßgebend ist der Wert zur Zeit der Anmeldung der Gesellschaft (bzw der Kapitalerhöhung) oder der späteren Überlassung des Gegenstands. Den Gesellschafter trifft die Beweislast für die Werthaltigkeit des Gegenstands (§ 19 IV 4–6). (2) Voraussetzung der verdeckten Sacheinlage

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Zur Auslegung der gesetzlichen Definition der verdeckten Sacheinlage in § 19 IV 1 GmbHG nF sind die Kriterien der bisherigen Rechtsprechung unverändert maßgeblich: Die Voraussetzung der verdeckten Sacheinlage ist nach der Rechtsprechung grundsätzlich449 eine Absprache über die Verrechnung von Forderung und Bareinlage des Gesellschafters oder über den Austausch der Bareinlage gegen eine Vergütung durch die Gesellschaft im Rahmen eines Austauschgeschäfts. Diese Absprache muss während der Gründungs- oder Kapitalerhöhungsphase getroffen werden. Für die Forderungsverrechnungsfälle bei Kapitalerhöhung gibt der BGH folgende nähere Bestimmungen: Es soll zwischen der Verrechnung mit Ansprüchen des Gesellschafters, die vor dem Kapitalerhöhungsbeschluss entstanden sind („Altforderungen“), und Ansprüchen, die nachher entstanden sind, zu unterscheiden sein. Die Verrechnung mit „Altforderungen“ soll jedenfalls nur dadurch erfolgen können, dass die Forderung des Gesellschafters ordnungsgemäß als Sacheinlage eingebracht wird. Insoweit kommt es also gar nicht auf die Absprache an, sondern nur darauf, ob die Forderung des Gesellschafters bei Gründung oder Kapitalerhöhung schon als möglicher Gegenstand einer Sacheinlage zur Verfügung stand. Ist die Forderung des Gesellschafters dagegen nach dem Kapitalerhöhungsbeschluss entstanden, soll eine verdeckte Sacheinlage nur dann anzunehmen sein, wenn die Verrechnung vor oder bei Fassung des Kapitalerhöhungsbeschlusses unter den Beteiligten definitiv abgesprochen worden sei. Dafür spreche eine Vermutung, wenn die Verrechnung in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem Kapitalerhöhungsbeschluss vorgenommen worden sei450. Für die Bewertung von Austauschgeschäften als verdeckte Sacheinlage ist ein objektiver Zusammenhang nach dem Muster der Unterscheidung zwischen der Verrechnung mit Altforderungen und der mit Forderungen, die aus der Zeit nach der Eintragung stammen, bisher noch nicht als ausreichend angesehen worden. Die Argumentation, bestimmte Gegenstände seien bereits vor der Eintragung existent und also sacheinlagefähig gewesen, ist auf Austauschgeschäfte nicht übertragen worden. Auch hier wird aber bei zeitlichem und sachlichem Zusammenhang der Leistung der Gesellschaft mit der bei Gründung oder Kapitalerhöhung übernommenen Einlage die Absprache vermutet.

449 Selbstverständlich nicht bei der Einmann-GmbH. „Vorhaben“ reiche hier aus, BGH DB 2008, 751. 450 Der sachliche Zusammenhang ist bei Austausch von Geldzahlungen – etwa Bareinlagezahlung vor oder nach Gewinnausschüttung – selbstverständlich.

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Was den zeitlichen Zusammenhang betrifft, hat der BGH diskutiert451, ob bei Vornahme des verdächtigen Geschäfts in einem Zeitraum von 6 Monaten nach der Eintragung der Gesellschaft oder der (Durchführung der) Kapitalerhöhung der nötige Zusammenhang zu vermuten sei. Dies blieb dahingestellt. Bei Überschreitung von 3 Jahren sei die Vermutung jedenfalls unbegründet. In einer anderen Entscheidung, die die Anwendung der Umgehungsvorschrift des § 19 V 2. Var GmbHG aF auf das Schütt-aus-Hol-Zurück-Verfahren betraf (Gewinnausschüttung, danach Einlagezahlung), hat der BGH bei Überschreitung von 8 Monaten zwischen Kapitalerhöhung und Gewinnauszahlung die Annahme eines Zusammenhangs, der die Vermutung der Vorverabredung begründe, für unangebracht gehalten452. Wegen der Ungewissheit der künftigen Gewinnsituation müssten sich die Gesellschafter die Anwendung des Verfahrens vorbehalten können, ohne vorsorglich oder nachträglich die Sacheinlagevorschriften einhalten zu müssen. In der Literatur wird vorgeschlagen, dass nach Ablauf von 1 Jahr nach Eintragung der (Durchführung der) Kapitalerhöhung der nötige Zusammenhang auszuschließen sei453. Was schließlich die personelle Reichweite des Tatbestands der verdeckten Sacheinlage betrifft, bezieht die Rechtsprechung Geschäfte der Gesellschaft, der eine beteiligte Gesellschaft die Einlage zu erbringen hat (Inferentin), mit dritten Gesellschaften ein, wenn die Inferentin über die dritte Gesellschaft einen beherrschenden Einfluss hat oder ihrerseits dem beherrschenden Einfluss der dritten Gesellschaft unterliegt454.

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(3) Die Notwendigkeit der Korrektur der Rechtsprechung zur verdeckten Sacheinlage auch im Aktienrecht Dem Gesetzgeber ist nachdrücklich zu raten, seine Restriktion der Rechtsprechung zur verdeckten Sacheinlage auch in der anstehenden Reform des Aktienrechts fortzuführen. Die Rechtsprechung zur verdeckten Sacheinlage war nämlich mit dem bisherigen Recht, und zwar gerade dem Aktienrecht, nicht vereinbar 455. Zu den Sacheinlagen hatten wir die oben456 zusammengestellten Regeln des Gesetzes nach dessen bisheriger Fassung: (1) Erforderlichkeit der Festsetzung einer Sacheinlage im Gesellschaftsvertrag bzw Kapitalerhöhungsbeschluss (§§ 27 I, 183 I AktG, §§ 5 IV, 56 I 1 GmbHG), (2) Überprüfung der festgelegten Sacheinlage auf ihre Werthaltigkeit (§§ 34, 183 III AktG, 9c I 2, 57a GmbHG), (3) Unwirksamkeit der Vereinbarung bzw keine Befreiungswirkung ohne die Festlegung in Gesellschaftsvertrag oder Erhöhungsbeschluss (§§ 27 III 1, 183 II 1 AktG, §§ 19 V, 56 II iVm § 19 V GmbHG aF),

451 BGHZ 132, 141, 146; s a BGH WM 2003, 199, 200; OLG Stuttgart GmbHR 2002, 1128 f. 452 ZIP 2002, 2045, 2048. 453 Versuch der zeitlichen Festlegung bei Lutter/Gehling, WM 1989, 1447; weitere N bei Henze, DB 2001, 1469, 1473. 454 BGHZ 171, 113 mit Ablehnung einer verdeckten Sacheinlage in seinem Fall, weil die Inferentin und die Geschäftspartner-Gesellschaft zwar zu einem Konzern gehörten, aber weder die Inferentin noch jene Gesellschaft einen beherrschenden Einfluss auf die jeweils andere Gesellschaft hatten. Zustimmend Bork, NZG 2007, 375. 455 Kritisch zur Rechtsprechung betreffend die verdeckte Sacheinlage Bergmann, AG 1987, 57; Loos, AG 1989, 381; Meilicke Die verdeckte Sacheinlage – eine deutsche Fehlentwicklung 1989; Einsele, NJW 1996, 2681; Wilhelm, ZHR 152 (1988), 333; ders, GS Knobbe-Keuk 1997, 321, 326 ff, 343 ff; ders, ZHR 167 (2003), 520, 524 ff; Roth/Altmeppen/Roth § 5 Rn 70, § 19 Rn 55. 456 Rn 283 ff.

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C. Die Gründung der AG und der GmbH (4) bei Unwirksamkeit oder mangels Befreiungswirkung Barzahlungspflicht des Gesellschafters nach Eintragung (§§ 27 III 3, 183 II 3 AktG, § 19 V GmbHG), (5) keine Heilung nach Eintragung in das Handelsregister (§§ 27 IV, 183 II 4 AktG, § 19 V GmbHG), (6) Ausschluss der Verrechnung der Vergütungsforderung für die Überlassung eines Vermögensgegenstands auf die Bareinlage (§§ 19 V 2. Var, 56 II iVm § 19 V GmbHG, §§ 27 I 2, 183 I 1 AktG).

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Zunächst wusste das Aufrechnungsverbot des § 19 V 2. Var GmbHG aF, welches Rechtsprechung und Literatur insbesondere zum Anhaltspunkt für die Umgehungsjudikatur genommen hatten457, nichts von einem Zusammenhang mit verdeckten Einlagen. Das Gesetz hatte seine Regelung in § 19 V 2. Var GmbHG aF ausschließlich auf die Frage bezogen, ob die vom Gesellschafter grundsätzlich übernommene Bareinzahlungspflicht durch eine Sacheinlage abgelöst werden kann. Darüber hinaus bezog sich das frühere Recht insgesamt auf die Fragen, ob und wie die vom Gesellschafter grundsätzlich übernommene Bareinzahlungspflicht durch Vereinbarung einer Sacheinlage abgelöst werden kann. Dabei arbeitete es ausschließlich mit objektiv feststellbaren Merkmalen: Zunächst bedarf es einer wirksamen Sacheinlagevereinbarung. Diese wird unter die Einhaltung gesetzlicher Kautelen gestellt. Ohne diese Einhaltung ist sie unwirksam. Übrig bleibt dann, wenn einmal eingetragen ist, die Bareinlagepflicht. Zahlt der Gesellschafter, so erfüllt er. Eine nachträgliche Umwandlung der Bar- in eine Sacheinlagepflicht kam nach dem früheren Recht nicht in Betracht. Die Rechtsprechung zur verdeckten Sacheinlage arbeitete demgegenüber mit subjektiven und unklaren Kriterien. Sie sollten das Gesetz vor Umgehung schützen, hatten aber die Fragwürdigkeit, das objektiv klare Gesetz in der Anwendung unklar zu machen. Die Kriterien waren sodann nicht nur entgegen dem Gesetz unklar und subjektiv, sondern auch schon in sich nicht stimmig. Die Rechtsprechung wandte das Merkmal der (vermuteten) Absprache während der Gründung oder Kapitalerhöhung an. Zu deren Feststellung stellte sie auf den Zusammenhang der als verdeckte Sacheinlage verdächtigten Transaktion mit Gründung oder Kapitalerhöhung ab. Wenn es aber darum gehen soll, die Ersetzung der Bareinlage durch eine Sacheinlage zu verhindern, sofern nicht die dafür aufgestellten Kautelen erfüllt sind, konnte es gar nicht auf eine Absprache im Gründungs- oder Kapitalerhöhungsstadium und einen Zusammenhang der Bareinlagezahlung mit diesen Stadien ankommen, sondern es musste der Zusammenhang entscheiden, in dem eine Zuwendung an den Gesellschafter mit der Bareinlagezahlung des Gesellschafters steht. Auf diesen Zusammenhang stellte die Rechtsprechung an anderer Stelle ab: Sie wandte insoweit nicht das Verbot der verdeckten Sacheinlage an, sondern brachte gegen Aufrechnungen und Hin- und Herzahlungen das Merkmal „zu freier Verfügung“ in Stellung und prüfte das Befreiungsverbot der §§ 66 I 1 AktG, 19 II 1 GmbHG458. Genauer betrachtet, durfte es insoweit aber nicht um verschiedene Tatbestände, sondern musste es um den Einheitstatbestand der verdeckten Sacheinlage gehen. Die Abtrennung der verdeckten Sacheinlage durch das Merkmal der Absprache bei Gründung oder Kapitalerhöhung war in sich nicht schlüssig. Die Rechtsprechung richtete mit ihren Umgehungsansätzen bei der verdeckten Sacheinlage, dem Merkmal zu freier Verfügung und den Aufrechnungsverboten ein kaum zu durchdringendes Dickicht

457 Gegen die Rechtsprechung Wilhelm, ZHR 152 (1988), 333, 354 mit Fn 67. Teilweise wurde § 19 V GmbHG aF sogar, weil er die Umgehung der Vorschriften über Sacheinlagen bezwecke, auf verdeckte Sacheinlagen beschränkt, so etwa K Schmidt § 34 II 4 e S 1003 f. 458 Dazu unten Rn 340 ff.

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an. Oder, wie Hachenburg zur Lehre von der verdeckten Sacheinlage gesagt hat: „Man kommt in einen kasuistischen Sumpf, aus dem es kein Entrinnen gibt“459. Die Neufassung des GmbHG durch das MoMiG hat den Bedenken gegen die Tragweite der Rechtsprechung zur verdeckten Sacheinlage immerhin durch eine Beschränkung der Rechtsfolgen Rechnung getragen. Allerdings hat die Neufassung den Gedanken der verdeckten Sacheinlage jetzt im Gesetz fixiert (§ 19 IV GmbHG nF) und dadurch verbindlich gemacht. In den Schranken, die das MoMiG ihm mitgibt, ist er also für die GmbH anzuwenden. Freilich zeigt gerade das MoMiG, dass der Gedanke der verdeckten Sacheinlage von den weiteren Ansätzen zum Umgehungsschutz, insbesondere zum Verbot des Hin- und Herzahlens460, kaum schlüssig abgrenzbar ist. In § 19 V GmbHG nF ist das Verbot des Hin- und Herzahlens von Einlagebeträgen an die Gesellschaft einerseits, Leistungen der Gesellschaft an den Gesellschafter andererseits aufgenommen. Voraussetzung ist eine vor der Leistung der Einlage getroffene Vereinbarung einer Leistung, die wirtschaftlich einer Einlagenrückgewähr entspricht und nicht bereits verdeckte Sacheinlage ist. Die Leistung steht der Erfüllung der Einlageschuld nicht entgegen, wenn sie durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gedeckt ist. Der gedachte Fall, der nicht schon eine verdeckte Sacheinlage sein soll, ist nicht leicht zu verstehen. Nach der Begründung des RegE461 ist zu unterscheiden etwa zwischen den Fällen des Darlehens der Gesellschaft an den Gesellschafter und umgekehrt des Darlehens des Gesellschafters an die Gesellschaft: In dem Fall, dass die Gesellschaft den eingezahlten Betrag dem Gesellschafter als Darlehen zurückgibt, soll das Hin- und Herzahlungsverbot gelten (§ 8 IV idF des RegE, jetzt § 19 V GmbHG); in dem Fall, dass der Gesellschafter der Gesellschaft ein Darlehen gewährt hat und die Einlagezahlung als Darlehensrückgewähr zurückbekommt, soll es sich um eine verdeckte Sacheinlage handeln. Man beachte die Divergenz der Rechtsfolgen: im Fall des Hin- und Herzahlens (Wiederauszahlung als Darlehen der Gesellschaft) gänzliche Nichterfüllung, wenn der Rückgewähranspruch nicht vollwertig ist; im Fall der verdeckten Sacheinlage (Auszahlung auf Darlehen des Gesellschafters) Anrechenbarkeit der Einlageleistung, also Wegfall der Einlagepflicht, soweit der Darlehensanspruch des Gesellschafters werthaltig ist. Die Entwurfsverfasser beziehen sich auf die Cash-Pooling-Systeme. Zu diesen ergibt sich Folgendes: Steht nach dem gegenwärtigen Stand der Zahlungsströme im Pooling-System die Gesellschaft im Minus, gilt die Anrechnung, soweit werthaltig; kommt sie dagegen aufgrund der Einbringung ins Plus, gilt Erfüllung, sofern werthaltig. Der Bundesrat hatte die Divergenz der Rechtsfolgen der verdeckten Sacheinlage einerseits und der Hin- und Herzahlung andererseits kritisiert, die Bundesregierung sie aber verteidigt 462.

459 460 461 462

JW 1924, 199 r Sp. S sogleich Rn 340 ff. BT-Drucks 16/6140, S 34 r Sp. BR-Drucks 354/07 Nr 13, S 13 f. Dazu Gegenäußerung der BReg in der Anlage 3 der Elektronischen Vorabfassung des RegE BT-Drucks 16/6140, Stellungnahme zu Nummer 13 (S 7): Bei der Hin- und Herzahlung erreiche im Unterschied zur verdeckten Sacheinlage die Gesellschaft weder ein tatsächlicher Mittelzuwachs noch werde eine Altforderung des Gesellschafters gegen die Gesellschaft getilgt, sondern es solle die Einlageleistung durch eine neu begründete schuldrechtliche Forderung (sic!) ersetzt werden. Diese sei aber in jedem Fall ein „Minus“ gegenüber der (wenn auch verdeckten) Einbringung einer Sacheinlage. Die Stellungnahme der Bundesregierung behält sowohl die Möglichkeit einer Heilung bei Hinund Herzahlung als auch die erfüllende Wirkung späterer Zahlungen gemäß der bisherigen Rechtsprechung vor.

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Wie oben schon berichtet 463, sind die Erleichterungen, die das MoMiG zur verdeckten Sacheinlage bewirkt, für die AG (noch) nicht übernommen worden, weil die einschlägigen Fragen in die Arbeiten zur Umsetzung der Richtlinie zur Änderung der zweiten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie einbezogen werden sollen. Damit ist zumindest im Aktienrecht noch Raum zur Klärung. Sie sollte noch weiter gehen, als jetzt schon erreicht. Dieser Schritt ist um so dringlicher insofern, als die Rechtsprechung zur verdeckten Sacheinlage im Gegensatz zu einer aktienrechtlichen Regelung steht, die gerade im Zusammenhang mit der Sacheinlageproblematik geschaffen wurde, der Nachgründungsregelung des AktG. Im Aktienrecht sind die Gründungskautelen durch die Nachgründungsregelung des § 52 AktG noch erweitert464. Die Regelung ist in vierfacher Hinsicht eine Absage an die Lehre von der verdeckten Sacheinlage im Aktienrecht: 1. § 52 stellt in einem – nach der Neufassung des Abs 9 muss man sagen: – möglichst eindeutig abgegrenzten Anwendungsbereich bestimmte Geschäfte unter bestimmte Sicherungen. Die Gesellschafter wissen, woran sie sind. Nach der Unwirksamkeitsdrohung der Rechtsprechung bei unklaren subjektiven Kriterien wissen sie das nicht465. 2. Entgegen dem Umgehungszusammenhang, den die Rechtsprechung für relevant erklärt 466, fügt § 52 X ausdrücklich hinzu, dass Geschäfte aus der Gründerzeit in der in § 52 I bestimmten Frist nur den Vorschriften der Nachgründungsregelung unterliegen und außerhalb der Frist unbeschränkt möglich, aber nicht deshalb unwirksam sind, weil die Gründer schon in der Gründungszeit eine – nichtige – Absprache über denselben Gegenstand getroffen haben. 3. Weiter sind Geschäfte, die nicht von der in § 52 geregelten Art sind, nach der Nachgründungsregelung wirksam. Eine Ausdehnung der Unwirksamkeitssanktion unter Umgehungsgesichtspunkten ist damit ausgeschlossen. 4. Erst recht kommt für die AG kein Eingriff in die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft nach Wirksamwerden einer Kapitalerhöhung467 in Betracht.

463 Rn 291. 464 Zur Nachgründungsregelung Jens Koch Die Nachgründung 2002, mit Bespr Heidenhain, NJW 2002, 3529. Zu der o Fn 432 angeführten Entscheidung des BGH zur verdeckten Sacheinlage (Lurgi) im Verhältnis zur Nachgründungsregelung Habersack, ZGR 2008, 48. – Durch das NaStraG ist § 52 AktG in zweifacher Hinsicht geändert worden: einbezogen sind nur noch Geschäfte mit Gründern und solchen Aktionären, die mit über 10 % beteiligt sind (Abs 1). Die Ausnahme in Abs 9 ist jetzt erweitert auf den Erwerb von Vermögensgegenständen im Rahmen der laufenden Geschäfte der Gesellschaft, in der Zwangsvollstreckung oder an der Börse. – Anwendungsfall bei Brauer Fälle zum Kapitalgesellschaftsund Kapitalmarktrecht 2005 – Fall 7. 465 Diese Zielsetzung spricht gegen die Ansicht (Raiser/Veil § 11 Rn 30 mN über den Streitstand), dass es für die Anwendung der Vorschrift darauf ankommt, inwieweit aufgrund der Leistung der Gesellschaft das Grundkapital nicht mehr gedeckt ist. Die Nachgründungsregelung ist entstanden als Reaktion auf die Schwierigkeiten, die die Rechtsprechung mit der Möglichkeit der Umgehung des Gründungsrechts, insbesondere der Regelung der Sachgründung, gehabt hat. Sie grenzt in genauer, rechtssicherer Abgrenzung Geschäfte ab, die noch einmal dem Gründungsrecht entsprechenden Kautelen unterworfen werden müssen. Die Prüfung, ob das Grundkapital tangiert ist, gehört nicht zu den Kriterien. Man weiß auch nicht, welchen Sinn es haben soll, das Geschäft nur im Hinblick auf die Leistung der Gesellschaft und nicht im Hinblick auf den – ja auf Angemessenheit zu prüfenden – Leistungsaustausch am Grundkapital zu messen. 466 S besonders zugespitzt BGHZ 173, 145 Rn 13 – Lurgi –, wo die durchaus in Betracht kommende Anwendung des § 52 AktG für irrelevant erklärt wird, weil die Voraussetzungen der verdeckten Sacheinlage erfüllt seien. 467 Die hM nimmt die analoge Anwendbarkeit der Nachgründungsregelung auf Kapitalerhöhungen gegen Sacheinlagen an (MüKo-AktG/Pentz § 52 Rn 73 f; Hüffer § 52 Rn 11, § 183 Rn 5; OLG Oldenburg AG

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Die Begründung aus der Einführung der Nachgründungsregelung durch die Aktienrechtsnovelle von 1884 lautet: Zu gewährleisten sei, dass „die Organe der Gesellschaft in ihren geschäftlichen Dispositionen nur soweit behindert (werden), als dies im unbedingten Interesse der Gesellschaft geboten erscheint“ 468. Damit schützt § 52 AktG die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft durch ihre Organe. Die Rechtsprechung von der verdeckten Sacheinlage verletzt die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft469. Weiter zwingt die Lehre von der verdeckten Sacheinlage die Gründer oder die Beteiligten einer Kapitalerhöhung dazu, möglicherweise nur erst erwogene Transaktionen schon im Gründungsstadium oder dem Stadium der Kapitalerhöhung zu fixieren, wollen sie nicht bei späterer Vornahme in die Gefahr des Verdikts einer verdeckten Sacheinlage geraten. Dadurch tritt zur Verletzung der Handlungsfähigkeit der Gesellschaft ein Kontrahierungszwang für Gesellschaft und Gesellschafter hinzu 470.

2002, 620; zustimmend Grub/Fabian, AG 2002, 614), nicht ganz deutlich wird jeweils, ob die Analogie nur bei Kapitalerhöhungen innerhalb der Frist des § 52 I 1 AktG gelten soll. Kritisch gegen die hM Spindler/Stilz/Heidinger § 52 Rn 48; Bork/Stangier, AG 1984, 320, 322 f. Gegen analoge Anwendung K. Schmidt/Lutter/Veil § 183 Rz 7. Gegen die analoge Anwendung zumindest auf die Einmann-AG, weil hier der auf den Schutz der Aktionäre gerichtete Gesetzeszweck des § 52 gegenstandslos sei, OLG Hamm ZIP 2008, 1475, 1477. Die Sache ist einfach: Es gilt die Nachgründungsregelung. Wenn in der Frist des § 52 I 1 AktG eine Kapitalerhöhung und danach – immer noch in der Frist – ein Geschäft iSv § 52 I 1, IX vorgenommen wird, gilt die Nachgründungsregelung, und zwar direkt (Wilhelm, ZHR 152 [1988], 333, 352). Die Bezugnahme des UmwG auf die Nachgründungsregelung (§§ 197, 67 UmwG) besagt nichts anderes. Gerade auf die Zwei-Jahres-Frist seit Eintragung der Gesellschaft stellen §§ 76 I, 141 UmwG ab. 468 Abdruck des Entwurfs der Novelle und seiner Begründung in Buschs Archiv 44 (1883), 200. Bestätigung der grundsätzlichen Handlungsfreiheit der Gesellschaft durch das AktG 1937 aufgrund des Entwurfs eines Gesetzes über Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien, s Abdruck der Entwurfsbegründung Berlin 1930, S 99. Der Entwurf von 1930 steht unter dem Einfluss von Flechtheim, JW 1929, 2105 ff, der sich selbst wiederum auf Hachenburg, JW 1924, 199 ff berufen hat. Zur Beseitigung einer im HGB von 1897 noch vorhandenen Umgehungsregelung durch das AktG 1937 in demselben Zusammenhang der Gewährleistung der, abgesehen von der Nachgründungsregelung, unbeschränkten Handlungskompetenz der Gesellschaft durch ihre Organe s Wilhelm, ZHR 152 (1988), 333, 352 f. 469 Zur Beschneidung der Handlungsfähigkeit der Kapitalgesellschaft durch die Umgehungsrechtsprechung Wilhelm, ZHR 152 (1988), 333 ff. Ein besonders drastisches Beispiel behandelt Just, NZG 2003, 161: Auszahlung des Geschäftsführergehalts an den Gründer, der als Geschäftsführer bestellt wird, als mögliche Hin- und Herzahlung von Einlage und Gehaltszahlung. Richtig fordert Just entgegen Hoffmann, NZG 2001, 433 ff (der sich auf BGH NJW 1979, 216 beruft) Handlungsfreiheit der Gesellschaft ein. Zutreffend (s schon Wilhelm, ZHR 152 [1988], 333, 361 Fn 78) zieht Just (für die GmbH analog) für die nicht sacheinlagefähigen Dienstleistungen die Vorschrift des § 26 AktG über Sondervorteile und Gründungsaufwand heran. In die Vorschrift (iVm § 34 I Nr 1 AktG) muss allerdings eine Angemessenheitsprüfung hineininterpretiert werden. Dafür Hüffer § 34 Rn 3 mwN und ebenso Just. Die Interpretation ist unsicher, wie sich bei Hüffer daran zeigt, dass er an anderer Stelle (§ 26 Rn 6) zum Gründeraufwand iSv § 26 II AktG ausführt, dass „überhöhte Vergütungen“ Sondervorteile iSd § 26 I seien (ebenso Just Fn 16), also nur wirksam bei genauer Angabe unter Bezeichnung des Berechtigten. Im Hinblick auf die Einlagepflicht des Gründers und das Verbot der Befreiung davon (im Aktienrecht § 66 I) ist auszuschließen, dass überhöhte Vergütungen unter der Voraussetzung der Festsetzung in der Satzung wirksam sein können. Die Einzelregelungen des Kapitalaufbringungsrechts sind in den Gesamtschutz der Gesellschaft in der Unterscheidung von Kapitalaufbringungsrecht und Kapitalerhaltungsrecht einzubeziehen (Wilhelm aaO S 359 ff). 470 Wilhelm, ZHR 152 (1988), 333, 354 f.

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Unter dem Fluch der bösen Tat steht die Rechtsprechung zur Heilung der verdeckten Sacheinlage, insbesondere beim Schütt-aus-Hol-zurück-Verfahren. Das Gesetz kennt nur die Unwirksamkeit der Sacheinlage mit der unweigerlichen Folge der Bareinlagepflicht. Die Heilungsmöglichkeit ist ein Notstopfen, den die Rechtsprechung unter freier Verwendung irgendwelcher im Gesetz vorfindlicher Einzelmerkmale zu entwickeln sich gezwungen gesehen hat. Das AktG (§§ 27 IV, 183 II AktG) schließt die Heilungsmöglichkeit klar aus, ebenso wie das Gesetz den Gesellschaftern klare Vorgaben für Sachleistungsgeschäfte macht. Der Rechtszustand nach der Lehre von der verdeckten Sacheinlage ist dazu konträr: Ebenso wie unter den Gesellschaftern das Vorliegen einer verdeckten Sacheinlage unklar und streitig sein kann, kann die Frage, ob zur Heilung geschritten wird oder (etwa gemäß gesellschafterlicher Treuepflicht) geschritten werden muss, unklar und streitig sein. Was insbesondere die Annahme einer Treuepflicht, den Heilungsmaßnahmen zuzustimmen, betrifft, verletzt sie die Privatautonomie desjenigen Gesellschafters, der nur die Bareinlage übernommen und daneben ein Austauschgeschäft mit der Gesellschaft geschlossen hat. Zwar muss der Gründer oder der an einer Kapitalerhöhung Beteiligte bei Unwirksamkeit einer Sacheinlage nach der Entstehung der Gesellschaft oder nach Wirksamwerden der Kapitalerhöhung gegenüber der Gesellschaft auf die Bareinlage haften. Wieso er aber seinen Mitgesellschaftern, die die Absprache mit getroffen oder akzeptiert haben, dahin gehend treuepflichtig sein soll, den vereinbarten Vermögenstransfer durch einen vollständig anderen zu ersetzen, ist nicht einzusehen 471. Mit durchgreifenden Argumenten ist die Lehre von der verdeckten Sacheinlage sodann als europarechtswidrig angegriffen worden472. In einem Vorlageverfahren vor dem EuGH473 hat Generalanwalt Tesauro allerdings nicht eindeutig Stellung genommen474: Einerseits hat er den auch hier gezogenen Gegenschluss aus der beschränkten Nachgründungsregelung (§ 52 AktG entspricht dem Art 11 I der zweiten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie) bestätigt, andererseits hat er aber die Zulässigkeit der Anwendung des Umgehungsgedankens nach dem nationalen Recht eingeräumt. Der EuGH hat die Sache dann nicht zur Entscheidung angenommen475. Die Rechtsprechung zur verdeckten Sacheinlage ist schließlich deshalb aufzugeben, weil das Gesetz keine Schutzlücken aufweist, die durch einen Umgehungsschutz zu schließen wären. Die vermeintlichen Schutzlücken sind ausgefüllt durch die allgemeinen Schutzprinzipien des Bereicherungs- und des Schädigungsverbots, die wie alle Rechtssubjekte auch die Kapitalgesellschaften als juristische Personen schützen476.

471 Besonders lag allerdings der Fall BGH NJW 2003, 3127, in dem der von dem Verdikt der verdeckten Sacheinlage betroffene Kläger seinerseits von den Mitgesellschaftern, die für die schief gegangene Gründungsregelung verantwortlich waren, Heilung verlangte. 472 Prüfungsmaßstab ist die zweite gesellschaftsrechtliche Richtlinie. Für Europarechtswidrigkeit Meilicke Die verdeckte Sacheinlage – eine deutsche Fehlentwicklung 1989; Knobbe-Keuk, DB 1990, 2573, 2583; Wilhelm, GS Knobbe-Keuk 1997, 321, 343 Fn 107. Der BGH hat demgegenüber die Vereinbarkeit mit der zweiten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie bejaht, BGHZ 110, 47. 473 Auf Vorlagebeschluss des LG Hannover in der Sache Meilicke/DAV-ORGA ZIP 1991, 369. 474 Anregung der Annahme der Vorlage und Schlussanträge durch Tesauro, ZIP 1992, 1036 ff. Darstellung der – nicht widerspruchsfreien – Stellungnahme Tesauros bei Wilhelm, GS Knobbe-Keuk 1997, 321, 343 Fn 107. 475 Nichtannahmeentscheidung des EuGH Rs C-83/91 Slg 1992, I-4871 = ZIP 1992, 1076 (Meilicke v ADV/ ORGA F. A. Meyer AG) mit Anm Frey. 476 Wilhelm, ZHR 167 (2003), 520, 540 ff, 543 ff.

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Im Hinblick auf das Bereicherungsverbot sind alle Geschäfte der Gesellschaft mit ihren Gesellschaftern darauf zu überprüfen, ob der Gesellschafter dadurch Sondervorteile477 entnimmt. Vor allem die einflussstarken Gesellschafter können das Handeln der Gesellschaft mit bestimmen und so im Fall eines Geschäfts mit der Gesellschaft auf beiden Seiten der Geschäfte über die Geschäfte entscheiden. Dadurch ist die Privatautonomie der Gesellschaft gestört. Sie muss durch eine objektive Prüfung der Geschäfte nach dem Marktvergleich substituiert werden. Für diese objektive Prüfung ist zwischen dem Recht der Kapitalaufbringung und dem der Kapitalerhaltung zu unterscheiden. In der Gründungsphase und der Phase einer Kapitalerhöhung ist das Recht der Kapitalaufbringung maßgeblich, von der Entstehung der Gesellschaft und dem Wirksamwerden einer Kapitalerhöhung an (betreffend das erhöhte Kapital) ist das Recht der Kapitalerhaltung und der Vermögensschutz der Gesellschaft insgesamt maßgeblich. Das führt zu der folgenden Unterscheidung: Von der Errichtung der Gesellschaft bis zur Anmeldung ist für die Prüfung durch das Registergericht der gesamte Geschäftsverkehr zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern auf Angemessenheit hin zu untersuchen. Soweit die Prüfung ergibt, dass dem Gesellschafter Sondervorteile gewährt wurden, ist dies einer Befreiung von seiner Einlagepflicht gleich zu achten und macht, wenn die Eintragung nicht abgelehnt werden soll, die Festlegung einer (Nach-)Zahlungspflicht des Gesellschafters erforderlich. Ein solcher Sondervorteil kann auch in der bevorzugten Bedienung einer Verbindlichkeit der Gesellschaft gegenüber ihrem Gesellschafter liegen, dh in deren Bedienung, obwohl sie nicht fällig oder nicht liquide oder nicht vollwertig ist478. Die Angemessenheitsprüfung ist schon im Hinblick auf die Notwendigkeit der Deckung des Garantiekapitals, letztlich durch die Vorbelastungshaftung der Gesellschafter479, erforderlich. Wegen der Möglichkeit der Vorbelastungshaftung ist die Prüfung auch noch nach der Anmeldung bis zur Eintragung der Gesellschaft fortzusetzen. Sie geschieht insoweit im Rahmen der Rechnungslegung für die Gesellschaft. Entsprechendes muss – hier ohne die Stütze durch die Notwendigkeit der Realisierung der Vorbelastungshaftung – aufgrund der Unterscheidung von Kapitalaufbringungs- und Kapitalerhaltungsrecht für die Kapitalerhöhung gelten. Von der Entstehung der Gesellschaft an und, was die Erhöhung des Kapitals betrifft, von dem Wirksamwerden der Kapitalerhöhung an, gilt zunächst das Recht der Kapitalerhaltung, dh für die AG der Schutz nach §§ 57, 62, 92 II AktG, für die GmbH der Schutz nach §§ 30 f und 64 GmbHG. Der Kapitalerhaltungsschutz ist bei der GmbH zwar auf das Stammkapital beschränkt. Darüber hinaus darf sich aber nach einem selbstverständlichen Grundsatz des Gesellschaftsrechts (s nur § 243 II AktG) schon zum Schutz der Mitgesellschafter kein Gesellschafter ohne die Zustimmung der Mitgesellschafter Sondervorteile aus dem Gesellschaftsvermögen ziehen. Was zum anderen das Schädigungsverbot betrifft, gelten die allgemeinen Haftungstatbestände der Sorgfaltshaftung der Geschäftsführung aus §§ 93 AktG, 43 GmbHG, der Haftung der Gesellschafter aus § 826 BGB, neben die nach den allgemeinen zivilrechtlichen Schadensersatznormen aber auch die Sorgfaltshaftung der sich in die Leitung der Gesell-

477 IS von § 243 II, nicht iS von § 26 I AktG. 478 Zu den Kriterien unten Rn 348. 479 Dazu Rn 379 ff, 388.

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schaft einschaltenden Gesellschafter aus Sonderverbindung (§§ 311 II Nr 3, 280 BGB) treten muss 480.

3. Verantwortlichkeit der an der Gründung oder Kapitalerhöhung Beteiligten 319

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Die Gründer der AG (§ 28 AktG) haften der AG gegenüber (von deren Eintragung an, § 41 I 1 AktG481) für die Richtigkeit der von ihnen gemachten gründungsrelevanten Angaben nach §§ 46, 50 AktG. Nach § 399 I Nr 1, 2 AktG sind falsche Angaben strafbar. Zum Schutz der Aktionäre greifen der Deliktsschutz nach § 823 II BGB iVm § 399 I Nr 1, 2 AktG und die Prospekthaftung482 ein, der unmittelbare Deliktsschutz gilt auch zugunsten der Gläubiger neben dem Zugriff auf den Anspruch der Gesellschaft. Die Gründer der AG haften insbesondere für den Ausfall von Zahlungen oder (bei Sacheinlage) sonstigen Leistungen eines Aktionärs (dh Mitgründers), dessen Beteiligung die Gründer in Kenntnis seiner Zahlungs- oder Leistungsunfähigkeit angenommen haben (§ 46 IV AktG)483. Das Pendant für die Gründerhaftung bei der AG – allerdings unter Ausklammerung der Ausfallhaftung gemäß § 46 IV AktG – ist bei der GmbH die Gesellschafterhaftung (auch hier gegenüber der Gesellschaft) nach § 9a, flankiert durch die Strafnormen des § 82 I Nr 1, 2 GmbHG. Auch die Haftung gegenüber der Gesellschaft nach dem GmbHG besteht der Gesellschaft gegenüber von deren Eintragung an. Für die GmbH ist die subsidiäre Einlageaufbringungshaftung nach § 46 IV AktG durch die Novelle 1980 bewusst nicht übernommen worden. Grund ist das andersartige Haftungssystem bei der GmbH (§ 24 GmbHG)484. Neben den Gründern sind auch Hintermänner, dh Personen verantwortlich, für deren Rechnung Gründer Aktien übernommen haben (§§ 46 V AktG, 9a IV GmbHG). Nach Aktienrecht gilt die Hintermännerhaftung insbesondere für die in das Recht der GmbH nicht übernommene Ausfallhaftung nach § 46 IV AktG. Unabhängig von dem erst später durch die Novelle von 1980 eingefügten § 9a IV GmbHG hat der BGH in dem berühmten Lufttaxi-Fall 485, in dem auch die Rechtsprechung zu den eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen begründet worden ist, bei der GmbH die Kapitalsicherung generell auf den Hintermann erstreckt 486.

480 Zu der zu § 826 BGB ergangenen Rechtsprechung des II. Senats (Stichwort der Existenzvernichtungshaftung) u Rn 514 ff; zur Notwendigkeit ihrer Ergänzung Rn 523 ff. 481 Das AktG kann angesichts des Standes des Themas Vorgesellschaft zur Zeit des Erlasses des Gesetzes nur die rechtsfähige Gesellschaft meinen; das genügt auch (hM). Raiser/Veil § 26 Rn 145 vertreten die Anspruchsberechtigung schon der Vorgesellschaft. 482 Zur bürgerlich-rechtlichen Propekthaftung Lenenbach Rn 9.24 ff, zur gesetzlichen Prospekthatung Lenenbach Rn 8.78 ff. 483 Das Gesetz spricht zwar von Aktionären, hat dabei aber offenbar übersehen, dass nach Wegfall der Stufengründung die Gründer iS der Vorschrift eine Beteiligung nur von einem Mitgründer, nicht etwa von einem späteren Aktionär annehmen können. Die Erwähnung der Sacheinlage hat die diesbezügliche Streitfrage eindeutig geklärt, KK/Kraft § 46 Rn 38. Nach hM ist Voraussetzung der Haftung der Mitgründer die erfolglose Durchführung des Kaduzierungsverfahrens nach § 64 AktG, KK/Kraft § 46 Rn 41; aA Hüffer § 46 Rn 15; MüKo-AktG/Pentz § 46 Rn 56. 484 S Ulmer, ZHR 156 (1992), 377, 383. 485 BGHZ 31, 258, s u Rn 446, 456 ff. 486 Das alte Urteil ist bestätigt worden durch BGHZ 118, 107. Vgl dazu Ulmer, ZHR 156 (1992), 377: Gerade wegen des Ausschlusses der Analogie zu § 46 V AktG durch die Novelle von 1980 sei eine generelle Erstreckung auf den Treugeber nicht gerechtfertigt. Anders sei zu entscheiden bei offener (darunter versteht Ulmer die gesellschaftsintern offene) Treuhand, d h bei Einbeziehung des Treugebers in die Gesell-

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Neben der Gründer- und der Hintermännerhaftung ist im Fall der Gründung einer AG eine Haftung der Mitwisser, Emittenten und Prüfer begründet. Die Mitwisserhaftung ist in § 47 Nr 1, 2, die Emittentenhaftung in § 47 Nr 3 AktG und die Haftung der Gründungsprüfer in § 49 AktG geregelt. Bei AG und GmbH haften bei Gründung und Kapitalerhöhung die Organe. Für die Gründung der AG ist die Organhaftung in § 48 AktG bestimmt, für die Kapitalerhöhung gilt die allgemeine Verantwortlichkeit nach §§ 93 und 116 AktG. Bei der GmbH bestimmt § 9a GmbHG neben der Gesellschafterhaftung die Haftung der Geschäftsführer, die Vorschrift gilt auch für die Kapitalerhöhung (§ 57 IV GmbHG). Ein Verzicht auf oder Vergleich über die Haftung der Gründer etc sind nach §§ 50 AktG, 9b I GmbHG beschränkt (gesetzliches Verbot iS von § 134 BGB). Die Ansprüche verjähren nach den Sondervorschriften der §§ 51 AktG, 9b II GmbHG. Eine actio pro socio der Mitgesellschafter betreffs der Gründerhaftung oder ihre Anspruchsberechtigung nach § 823 II BGB iVm mit den gesellschaftsrechtlichen Haftungsnormen ist abzulehnen. Nur die Haftung gegenüber einem Gesellschafter aus § 826 BGB kommt in Betracht487. Die Ansprüche nach §§ 46 AktG, 9a GmbHG etc dienen der Aufbringung des Kapitals der Kapitalgesellschaft und stehen nur – nach deren Eintragung – der Gesellschaft zu. Nach § 37 I 3 AktG ist, wenn der vor der Anmeldung aufzubringende Mindestbetrag durch Gutschrift auf ein Konto der Gesellschaft oder des Vorstands bei der Deutschen Bundesbank oder einem Kreditinstitut – § 54 III AktG – eingezahlt worden ist, eine Erklärung des Kreditinstituts oder der Bundesbank beizubringen, dass der eingezahlte Betrag (abgesehen von Steuern und Gebühren, s § 37 I 5 AktG) endgültig zur freien Verfügung des Vorstands steht488. Nach § 37 I 4 AktG ist für die Richtigkeit der Bestätigung das Kreditinstitut der Gesellschaft verantwortlich, das Institut unterliegt einer Gewährleistungshaftung für die Richtigkeit der eigenen Erklärung. Soweit die Bestätigung unrichtig ist, muss es seinerseits zahlen489. Dasselbe Erklärungserfordernis und dieselbe Haftung treffen das Kreditinstitut nach §§ 188 II 1, 37 I 3, 4 AktG auch im Fall der Kapitalerhöhung bei der AG. Der BGH wendet diese Bankenhaftung insbesondere in dem Fall an, dass der Betrag zwar eingezahlt worden ist, aber mit Wissen der Bank iR einer „verdeckten Sacheinlage“ 490 später wieder abgeflossen ist 491. Gerade betreffend einen solchen Fall hat der BGH § 37 I 4 (mit § 188 II 1) AktG analog auch auf die GmbH angewandt. Zwar ist die Bestätigung des Kreditinstituts entgegen §§ 37 I 3, 188 II 1 AktG bei der GmbH nicht gesetzlich vorgeschrieben. Sie kann jedoch dort freiwillig beigebracht werden. Wird sie beigebracht, ist sie für den Registerrichter iR der ermessensmäßigen Prüfung ebenso maßgeblich wie die gesetzlich vorgeschriebene im Aktienrecht.

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schafterrechte, was der Zustimmung aller Gesellschafter und der Form des § 15 III GmbHG bedürfe. Bei einem Treugeber aber, der allein die Gesellschaft beherrsche – so der Fall des BGH –, sei beides irrelevant. In der Tat ist die Kapitalaufbringungspflicht nach §§ 19, 24 GmbHG von der Einbeziehung in die gesellschafterliche Mitwirkung abhängig zu machen. S auch BGHZ 119, 191. Hüffer § 46 Rn 4; teilweise anders Baumbach/Hueck/Hueck/Fastrich § 9a Rn 1. Zu den Anforderungen BGH NJW-RR 2008, 860. So BGHZ 119, 177, 181. Zu den Voraussetzungen einer Bankbestätigung, ihrer Unrichtigkeit und den Folgen der Unrichtigkeit BGH Der Konzern 2008, 231. Zu dieser Figur soeben Rn 287 ff. Zur Rechtsprechung Nicolai, WM 1997, 993.

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Daher ist die Bank hier in gleicher Weise für die Richtigkeit der Bestätigung verantwortlich wie im Aktienrecht 492.

4. Nichtigkeit, Amtslöschung der eingetragenen Gesellschaft, Heilung 331

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Ist die nach Gründung angemeldete Gesellschaft trotz Mängeln eingetragen, so kann bezüglich bestimmter Mängel (Fehlen des Stamm- bzw Grundkapitals oder des Gegenstands des Unternehmens in der Satzung) Nichtigkeitsklage erhoben werden (§§ 275 AktG, 75 GmbHG). Daneben kann bei denselben Mängeln das zuständige Registergericht nach § 144 I FGG die Gesellschaft von Amts wegen als nichtig löschen. Die Eintragung der Nichtigkeit aufgrund endgültiger Entscheidung, sei es auf die Nichtigkeitsklage hin, sei es aufgrund des Löschungsbeschlusses, führt zur Auflösung der Gesellschaft (§§ 277 AktG, 77 GmbHG). Nur bei Fehlen des Gegenstands können die Gesellschafter dem mit einer Heilung zuvorkommen, §§ 276 AktG, 76 GmbHG. Bei Fehlen des Stammkapitals bleibt nur die Neugründung. Von der Frage der Wirksamkeit der Gesellschaft ist die der Wirksamkeit der Beteiligung von Gesellschaftern an der Gründung zu unterscheiden. Bei Mangel der Geschäftsfähigkeit, Vertretung ohne Vertretungsmacht und anderen Gründen der Nichtzurechenbarkeit der Mitwirkung ist die Beteiligung unwirksam, und müssen die übrigen Gesellschafter das Garantiekapital an die dadurch fehlende Kapitalbeteiligung anpassen. Bei Willensmängeln ist die Beteiligung gleichwohl nach den Grundsätzen über den fehlerhaften Gesellschaftsbeitritt wirksam und kommt nur bei der GmbH der Austritt aus wichtigem Grund in Betracht 493. Bezüglich anderer Mängel iS von § 23 III AktG, § 3 GmbHG regelt § 144a FGG zunächst die Aufforderung durch das Gericht, die Mängel abzustellen. Wenn der Aufforderung nicht fristgerecht gefolgt wird, stellt das Gericht den Mangel fest (§ 144a II FGG). Die Folge ist die Auflösung nach §§ 262 I Nr 5 AktG, 60 I Nr 5 GmbHG. Das AktG enthält keine Regelung betreffend die Heilung von Mängeln der Ursprungssatzung der AG. Der BGH hat sich für die analoge Anwendung des § 242 II AktG über die Nichtigkeit von HV-Beschlüssen ausgesprochen494.

5. Die Prüfung des Anspruchs der Gesellschaft auf Erfüllung der Einlagepflicht (Aufbringungskautelen durch Tilgungserfordernisse) a. Anspruchsgrundlage und Wegfall des Anspruchs 334

Die Anspruchsgrundlage für die Einlageverpflichtung der Gesellschafter der Kapitalgesellschaft besteht in den zur Übernahme der Anteile erforderlichen Rechtsakten, zu denen die Übernahmeerklärung der Anleger gehört. Bei der Gründung einer AG ist Anspruchsgrundlage die „Satzung“ (§ 23 I AktG) und darin – oder in einem späteren Ergänzungsakt – die Übernahme der Anteile durch die Gründer (§ 23 II Nr 2 AktG). Bei der Gründung einer GmbH ist die Anspruchsgrundlage der Gesellschaftsvertrag und die darin enthaltene Übernahme der Geschäftsanteile (§§ 3 I Nr 4 14 1, 2 GmbHG). Bei der Kapitalerhöhung ist Anspruchsgrundlage die von der Gesellschaft organisierte und angenommene Übernahmeerklärung der zeichnungswilligen Anleger (bei der AG nach § 185 AktG die schriftliche „Zeichnung“, bei der GmbH nach § 55 I GmbHG die notariell aufgenommene oder beglaubigte Übernahmeerklärung des übernehmenden Gesellschafters). 492 BGHZ 113, 335, 354. 493 Besonders zu behandeln ist der Fall der fehlerhaften Anteilsübertragung, s o Rn 271. 494 BGHZ 144, 365; MüKo-AktG/Hüffer § 242 Rn 30.

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VI. Kautelen des Gründungs- und Kapitalerhöhungsrechts bei AG und GmbH

Die Einlageverpflichtung entfällt, wenn bei der Gründung die Gesellschaft oder bei der Kapitalerhöhung die Erhöhung nicht in das Handelsregister eingetragen wird495. Diesfalls ist bei der Gründung die Gesellschaft zu liquidieren, wenn die Gründer sie nicht als Personengesellschaft fortsetzen. Beim Scheitern einer Kapitalerhöhung hat die Gesellschaft den Anlegern die eingezahlten Beträge nach Bereicherungsrecht zu erstatten.

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b. Bar- oder Sachleistung; Fälligkeit Die wirksame Einlageverpflichtung ist grundsätzlich darauf gerichtet, den Nennbetrag der übernommenen Anteile in bar zu entrichten. Die Leistung von Sacheinlagen ist zu prüfen, wenn die Gesellschaft einen Anspruch auf eine Sacheinlage erhebt oder wenn der Gesellschafter sich darauf beruft, dass er Barzahlung nicht schulde, dass er insbesondere wegen seiner Leistung einer Sacheinlage den Einlageanspruch schon erfüllt habe (§ 362 I BGB) oder die Sachleistung an Erfüllungs Statt angenommen worden ist (§ 364 I BGB). Für Beides kommt es darauf an, ob wirksam statt der Bareinlage eine Sacheinlage statuiert worden ist. Ist eine Sacheinlage bei der Gründung nicht, wie nach §§ 27 I AktG, 5 IV 1 GmbHG erforderlich, in Gesellschaftsvertrag oder Satzung vereinbart oder bei der Kapitalerhöhung nicht, wie nach §§ 183 I 1 AktG, 56 I 1 GmbHG erforderlich, im Beschluss über die Erhöhung des Grund- oder Stammkapitals festgesetzt worden, so kann sich der Gesellschafter vor der Eintragung auf die Unwirksamkeit berufen. Von der Eintragung der Gesellschaft an tritt an die Stelle der unwirksamen Sacheinlageverpflichtung die Geldzahlungsverpflichtung (§§ 54 II AktG, 5 IV 1 GmbHG; §§ 183 II 3 AktG, 56 I 1 GmbHG). Eine wirksam übernommene Sacheinlage ist bei der GmbH vor der Anmeldung vollständig zu freier Verfügung der Geschäftsführung zu leisten (§§ 7 III, 56a GmbHG), bei der AG ebenso (§§ 36a II 1, 37 I 1, 188 II 1 AktG). Nach dem AktG kann die Sacheinlage in der Übernahme einer Verbindlichkeit, mit Ausnahme einer Verbindlichkeit zu Dienstleistungen, bestehen (§§ 27 II, 36a II 2 AktG). Es gibt keinen Grund, für die GmbH etwas Anderes zu sagen. Nach § 36a II 2 AktG ist, wenn die Sacheinlage in der Verbindlichkeit zur Leistung eines Vermögensgegenstands besteht, dieser Gegenstand binnen einer Frist von 5 Jahren zu leisten. Diese auf der Zweiten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie (zum Kapitalschutz bei der AG) beruhende Bestimmung496 gilt für die GmbH nicht. Greift eine wirksame Grundlage zur Bareinlageverpflichtung ein, so wird die Verpflichtung fällig durch Ein- und Anforderung 497.

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c. Barzahlung, Aufrechnungsverbot betreffend Mindestbarzahlung Für die Fragen, wie der Barzahlungsanspruch zu erfüllen ist und ob gegen ihn aufgerechnet werden kann, oder ob gegebenenfalls Erfüllung (§ 362 I BGB) oder Erlöschen durch Aufrechnung (§ 389 BGB) eingetreten ist, ist zu unterscheiden zwischen dem vor der Anmeldung zu leistenden Mindestbetrag und der übrigen Einlageverpflichtung. Der Mindestbetrag (§§ 36a I, 188 II 1 AktG, 7 II 1–3, 56a iVm § 7 II 1, 3 GmbHG) ist bei der AG nach §§ 54 495 Bei der Kapitalerhöhung kann der Übernehmer vom Übernahmevertrag zurücktreten, wenn die Kapitalerhöhung oder die Durchführung nicht binnen angemessener Zeit in das Handelsregister eingetragen wird. Lutter/Hommelhoff/Lutter/Hommelhoff § 55 Rn 31 nehmen für die Kapitalerhöhung bei der GmbH ohne genügenden rechtlichen Anhalt ipso-iure-Auflösung des Übernahmevertrages nach Ablauf einer Frist von 6 Monaten an. 496 Dazu Hüffer, NJW 1979, 1065, 1067. 497 Zuständigkeit: §§ 78 I, 63 I 1 AktG, 46 Nr 2 GmbHG.

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C. Die Gründung der AG und der GmbH

III 1, 188 II 2 AktG zwingend in bar oder in der in den Vorschriften zugelassenen Weise barzahlungsgleich einzuzahlen. Auch für die GmbH wird aus § 7 II 1 GmbHG das Erfordernis der baren oder barzahlungsgleichen Zahlung des Mindestbetrags an die in Gründung befindliche GmbH entnommen498. Damit ist gegen die Forderung auf den Mindestbetrag eine Aufrechnung mit Forderungen des Gesellschafters ausgeschlossen, wie ebenso die Gesellschaft nicht mit ihrer Forderung auf den Mindestbetrag gegen solche des Gesellschafters aufrechnen kann. d. Erfordernis der Zahlung „zu freier Verfügung“ betreffend den Mindest- und den weiteren Betrag; Verbot der Hin- und Herzahlung 340

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Zunächst für den Mindestbetrag verlangen §§ 36 II, 188 II AktG, 8 II 1, 56 II 1 GmbHG des weiteren, allerdings nicht als Erfüllungs-, sondern als Eintragungsvoraussetzung, dass der Betrag bei der Anmeldung der Gesellschaft oder der Kapitalerhöhung zu freier Verfügung der Gesellschaft steht499. Obwohl das Gesetz das Kriterium der Zahlung zu freier Verfügung betreffs der Barzahlung nur als Voraussetzung wirksamer Anmeldung und hier nur für den Mindestbetrag regelt, hat die Rechtsprechung darin in einzelnen Entscheidungen eine Erfüllungsvoraussetzung, und zwar für den gesamten Einlagebetrag500, gesehen. Keine Zahlung zu freier Verfügung soll vorliegen, wenn der Gesellschafter den Einlagebetrag zwar einzahlt, aber einen entsprechenden Betrag binnen weniger Tage ausgezahlt bekommt501. Genauer grenzt die Rechtsprechung die Hin- und Herzahlung von zulässigen Verwendungsabsprachen ab, „die allein der Umsetzung von Investitionsentscheidungen der Gesellschafter oder sonstiger ihrer Weisung unterliegender geschäftspolitischer Zwecke dienen“502. Zu einer unzulässigen Hin- und Herzahlung führe eine Abrede dann, wenn sie 498 Wenn auch nicht unter Beschränkung auf die in § 54 III AktG genannten Zahlungsformen, s Baumbach/Hueck/Hueck/Fastrich § 7 Rn 5; Scholz/Winter/Veil § 7 Rn 26. 499 Näher o Rn 260 ff. 500 BGH GmbHR 2001, 1114 f mit Anm Klaus J. Müller. Eine Zahlung ist auch bei Überweisung auf ein im Debet stehendes Konto der GmbH zu deren freier Verfügung erbracht, wenn das Debet im Rahmen eines weiterhin zur Verfügung stehenden Kreditrahmens besteht und folglich in Höhe der Rückführung des Debet Liquidität im Kreditrahmen zur Verfügung steht oder wenn mit Rücksicht auf die Kapitalerhöhung anderweitiger Kredit eingeräumt wird, BGH NJW 2002, 1716 f. Zur Leistung der Stammeinlage im Fall der Einpersonen-GmbH OLG Hamburg GmbHR 2001, 972. 501 BGH aaO. Raten genügen, wenn von vornherein beabsichtigt, BGH GmbHR 2008, 818. Nach BGH WM 2003, 199 keine Zahlung zu freier Verfügung, wenn der eingezahlte Einlagebetrag absprachegemäß „umgehend“ (im Fall: am Tag nach der Einzahlung) als Darlehen an den Inferenten (hier: die beiden geschäftsführenden Gesellschafter) oder ein mit ihm verbundenes Unternehmen (hier: eine aus beiden Gesellschaftern gebildete OHG) zurückfließe. Rechne der Gesellschafter (oder das verbundene Unternehmen) später gegen die Darlehensschuld auf, werde mit dieser auch die Einlageverbindlichkeit getilgt, sofern dem nicht § 19 II sowie V aF (IV nF) GmbHG entgegenstehe. Bei Verrechnung längere Zeit nach dem Vorgang, in dessen Rahmen die Bareinlage übernommen sei, komme nicht mehr § 19 V aF, sondern nur noch § 19 II 2 in Betracht. Wirksam sei die Verrechnung danach unter der Voraussetzung des Einvernehmens der GmbH mit der Verrechnung und der Fälligkeit, Liquidität und Vollwertigkeit der verrechneten Forderung (zu § 19 II 2, V GmbHG a und nF s sogleich Rn 345 ff.).- Nach BGH DStR 2008, 311 (dazu Theiselmann, GmbHR 2008, 521; K. Schmidt, ZIP 2008, 481) Hin- und Herzahlung auch bei der Kapitalerhöhung in der Komplementär-GmbH einer GmbH & Co KG, wenn der vom Inferenten eingebrachte Betrag sogleich an die von dem oder den Inferenten beherrschte KG als Darlehen weiterfließt. – Eine Wiedereinzahlung, die den Verbotsverstoß aufhebt, wird nur bei eindeutiger objektiver Zuordnung von Zuflüssen zur noch offenen Einlageschuld anerkannt, BGH GmbHR 2008, 818. 502 BGH WM 2003, 199, 200.

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„(auch) dahin geht, die Einlagemittel unter (objektiver) Umgehung der Kapitalaufbringungsregeln mittelbar oder gar unmittelbar wieder an den Einleger zurückfließen zu lassen“. Eine solche Abrede sei bei engem zeitlichem und sachlichem Zusammenhang der Einzahlung mit einer Auszahlung an den Inferenten oder ein mit ihm verbundenes Unternehmen zu vermuten503. In § 19 V GmbHG nF ist das Verbot des Hin- und Herzahlens von Einlagebeträgen an die Gesellschaft einerseits, Leistungen der Gesellschaft an den Gesellschafter andererseits in das Gesetz aufgenommen, aber geglättet. Nach dem Gesetz ist Voraussetzung eine vor der Leistung der Einlage getroffene Vereinbarung einer Leistung, die wirtschaftlich einer Einlagenrückgewähr entspricht und nicht bereits verdeckte Sacheinlage ist. Die Leistung steht der Erfüllung der Einlageschuld nicht entgegen, wenn sie durch einen vollwertigen und fälligen oder sofort durch Kündigung fällig zu stellenden Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gedeckt ist. Eine solche Leistung oder Vereinbarung einer Leistung der Gesellschaft ist in der Anmeldung der Gesellschaft anzugeben. Eine Rechtsfolge bei Nichtanmeldung ist nicht bestimmt. In Betracht kommen §§ 43 II, 82 I Nr 1 GmbHG. Keinesfalls entfällt ohne Anmeldung die Anerkennung als Einlageleistung. In § 56a GmbHG ist § 19 V GmbHG für die Kapitalerhöhung gegen Einlagen in Bezug genommen. Die neue Vorschrift des § 19 V GmbHG wirkt sich auch auf das Merkmal der Leistung zu freier Verfügung aus. Dazu hat der Rechtsausschuss des Bundestages festgestellt: „Wenn § 19 Abs 5 unter den dort genannten Voraussetzungen eine Erfüllungswirkung anordnen(t), versteht es sich von selbst, dass diese nicht unter Berufung auf das Merkmal der `Leistung zur endgültigen freien Verfügung der Gesellschafter´ wieder infrage gestellt werden kann.“ 504 Die Schwierigkeit der Abgrenzung der Hin- und Herzahlungsbeschränkung einerseits und der verdeckten Sacheinlage andererseits und die nicht einleuchtende Divergenz der Rechtsfolgen in beiden Fällen wurden schon erwähnt505. Darüber hinaus ist offen, wieso der Ausgleich durch einen vollwertigen Gegenanspruch im GmbHG, aber nicht im Aktienrecht zugelassen worden ist. Was den Schutz des Gesellschaftsvermögens vor Ausschüttungen an die Gesellschafter betrifft, ist der Ausgleich durchaus ebenso wie in § 30 I 2 GmbHG nF für die GmbH auch im Aktienrecht eingefügt worden (§ 57 I 2 AktG). Was sodann die Fassung des Ausgleichs in § 30 I 2 GmbHG betrifft, ist wiederum fraglich, wieso dort für den Ausgleich nur ein vollwertiger, aber nicht wie in § 19 V GmbHG ein fälliger oder sofort fällig zu stellender Anspruch verlangt ist.

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e. Aufrechnungsverbote betreffend die über den Mindestbetrag hinausgehende Einlagepflicht (1) Aufrechnungsverbot für den Gesellschafter aus §§ 66 I 2 AktG, 19 II 2 GmbHG Das nach der Rechtsprechung geltende Hin- und Herzahlungsverbot kann nicht dahin ausgeweitet werden, dass es auch die Aufrechnung der Gesellschaft gegen Forderungen des Gesellschafters ausschließt, soweit sie die über den Mindestbetrag hinausgehende Einlageforderung betrifft. Soweit eine Aufrechnung mit der oder gegen die Einzahlungsforderung über die Mindestzahlungspflicht hinausgeht, sind zunächst die Vorschriften der §§ 66 I AktG, 19 II GmbHG maßgeblich. Diese gelten aufgrund ihres allgemeinen Inhalts auch für die Einlagepflichten aus Übernahme neuer Anteile im Rahmen einer Kapitalerhöhung.

503 BGH aaO. 504 BT-Drucks 16/9737 zu Art. 1 Nummer 17, zu Abs 5. 505 O Rn 305.

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Nach § 19 II 2 GmbHG kann der Gesellschafter gegen die Einlageverpflichtung mit einer Forderung auf Vergütung eines sonstigen Vermögensgegenstandes nur dann aufrechnen, wenn diese Anrechnung nach § 5 IV 1 GmbHG vereinbart war. In § 66 I 2 AktG ist es bei der alten Fassung geblieben, dass eine Aufrechnung gegen die Einlagepflicht nicht zulässig ist. Der Gegenschluss aus beiden Vorschriften ergibt, dass – im Unterschied zur Forderung auf die Mindesteinlage – der Gesellschaft die Aufrechnung mit der über die Mindesteinlage hinausgehenden Einlageforderung unter Vorbehalt des Befreiungsverbots – §§ 66 I 1 AktG, 19 II 1 GmbHG, dazu sogleich – möglich ist und die Bestimmungen ebenso wenig einer Aufrechnungsvereinbarung entgegenstehen. (2) Aufrechnungsbeschränkung für die Gesellschaft

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Auch die Aufrechnungsmöglichkeit für die Gesellschaft nach dem Gegenschluss aus §§ 66 I 2 AktG, 19 II 2 GmbHG wird allerdings durch S 1 der Vorschriften beschränkt: Danach gilt für die Gesellschaft ein Befreiungsverbot: Sie kann die Gesellschafter von der Einlageverpflichtung nicht befreien (§§ 66 I 1 AktG, 19 II 1 GmbHG). Einer gänzlichen oder teilweisen Befreiung würde es gleichkommen, wenn die Gesellschaft mit der Einlageforderung gegen einen solventen Gesellschafter gegen eine Forderung des Gesellschafters aufrechnen würde, die in ihrem Wert gemindert oder wertlos ist. Daraus folgt, dass die Gesellschaft nur gegen eine Forderung des Gesellschafters aufrechnen kann, die fällig, liquide und vollwertig ist 506. Fälligkeit bedeutet, dass sofort zu zahlen ist, Liquidität, dass die Forderung unstreitig oder ohne Weiteres beweisbar ist, Vollwertigkeit, dass das Gesellschaftsvermögen alle Verbindlichkeiten der Gesellschaft, also auch die Gegenforderung des Gesellschafters, deckt. Für den Begriff der Vollwertigkeit ist nach Ansicht des BGH nicht die laufende Bilanz, sondern die Feststellung der tatsächlichen Vermögenslage der Gesellschaft nach Liquidationswerten maßgeblich 507. Fehlt die Voraussetzung der Vollwertigkeit, so ist die Aufrechnung nicht nach dem Maß der Werthaltigkeit wirksam, sondern mangels einer geeigneten Gegenforderung unwirksam508. Die Rechtsprechung wendet die Schranken der Fälligkeit, Liquidität und Vollwertigkeit auch auf die Sicherungsabtretung oder Verpfändung der Einlageforderung an einen Gläubiger der Gesellschaft oder die Pfändung der Einlageforderung durch einen Gesellschaftsgläubiger an, dh die Abtretung etc ist unwirksam, wenn die Forderung des Gläubigers nicht fällig, liquide und vollwertig ist 509. Nur ausnahmsweise kann die Gesellschaft auch gegen eine nicht vollwertige Forderung des Gesellschafters aufrechnen, wenn die Einlage des Gesellschafters sonst uneinbringlich oder ihre Einbringung stark gefährdet wäre 510.

506 507 508 509 510

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S K. Schmidt § 37 II 2 e S 1117; Lutter/Hommelhoff/Lutter/Bayer § 19 Rn 22; Ulmer/Ulmer § 19 Rn 70. BGHZ 90, 370. K. Schmidt § 37 II 2 e S 1117; Ulmer/Ulmer § 19 Rn 72 mwN. BGHZ 15, 52; Roth/Altmeppen/Roth § 19 Rn 31, 47. S Roth/Altmeppen/Roth § 19 Rn 13. Ebenso auf die Verrechnung der Einlageforderung mit der Forderung eines Dritten in dessen Einverständnis, BGH DStR 1997, 1257, 1258. In dem Fall einer Sicherungsabtretung, in welchem die Voraussetzungen der Fälligkeit etc fehlten, hat das OLG Stuttgart die Abtretung in eine gewillkürte Prozessstandschaft des Zessionars, den Anspruch für die GmbH geltend zu machen, umgedeutet (GmbHR 2002, 1123). Die Umdeutung eines Antrags auf Zahlung an sich selbst in einen solchen auf Zahlung an die GmbH kommt nicht in Betracht. Der Kläger muss seinen Antrag umstellen, und das hatte die Klägerin im Fall des OLG auch getan. Das OLG hat deshalb umgedeutet,

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f. Abgrenzung der Tilgungshindernisse Zu fragen ist, wie die verschiedenen Tilgungshindernisse: verdeckte Sacheinlage, Verstoß gegen das Befreiungsverbot, keine Zahlung zu freier Verfügung – voneinander abzugrenzen sind. Nach der früheren Rechtsprechung waren das Erfüllungshindernis der verdeckten Sacheinlage und die Unzulässigkeit der Aufrechnung bzw Hin- und Herzahlung aufgrund des Befreiungsverbots (§§ 19 II 1 GmbHG, 66 I AktG) zu unterscheiden, wie folgt: Für das Verbot der verdeckten Sacheinlage kam es auf einen Zusammenhang der Erfüllung der Gesellschafterforderung mit der Festlegung der Einlagepflichten bei Gründung oder Kapitalerhöhung an. Dieser Zusammenhang war für das Befreiungsverbot irrelevant. Dieses greift ja jedenfalls ein. Wenn jener Zusammenhang bestand, kam es nicht auf Fälligkeit, Liquidität, Vollwertigkeit iS des Befreiungsverbots an; wenn er fehlte, waren diese Kriterien des Befreiungsverbots maßgeblich. Nach geltendem Recht sind nur noch die Regelungen der verdeckten Sacheinlage, der Hin- und Herzahlung und des Befreiungsverbots voneinander abzugrenzen. Sowohl für die verdeckte Sacheinlage (§ 19 IV GmbHG) als auch für die Beschränkung der Hin- und Herzahlung (§ 19 V GmbHG) ist ein Zusammenhang mit der Einlage erforderlich, bei der verdeckten Sacheinlage die Verabredung vor der Vereinbarung der Geldeinlage, bei der Hin- und Herzahlung die Abrede vor der Einlageleistung. Zur weiteren Unterscheidung erklärt das Gesetz die Regelung der verdeckten Sacheinlage für vorrangig (§ 19 V GmbHG). Von einem Zusammenhang mit vorherigen Abreden unabhängig ist das Befreiungsverbot des § 19 II 1 GmbHG.

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g. Vorleistungen auf die Übernahme einer Einlage, insbesondere bei der Kapitalerhöhung Zu fragen ist, ob Vorleistungen auf die bei der Errichtung der Gesellschaft oder einer Kapitalerhöhung zu übernehmenden Einlagen als wirksame Einlageleistungen zu behandeln sind511. Grundsätzlich verfehlt ist es, hier ohne Weiteres von einem dem Gesellschafter zustehenden Bereicherungsanspruch zu reden, der im Rahmen der dann entstehenden Einlagepflicht uU als Sacheinlage anzurechnen sei512. Die Voreinzahlung geschieht, wenn sich Leistender und Empfänger einig sind, mit dem Rechtsgrund der Voreinzahlung auf künftige Verbindlichkeit, hier der künftigen Einlagepflicht. Der Rechtsgrund steht unter der auflösenden Bedingung des Nichtzustandekommens der Einlagepflicht oder der Nichtanrechnung der Leistung als Einlageleistung. Treten diese Bedingungen nicht ein, wird aus dem Rechtsgrund der Vorleistung die causa solvendi betreffend die Einlagepflicht.

damit die Klage schon von ihrer Erhebung an eine solche auf Zahlung an die Gesellschaft war. Darauf kam es deshalb an, weil das OLG sich an seiner Entscheidung nicht durch die eines amerikanischen Gerichts hindern lassen und dazu die Rechtshängigkeit der deutschen Klage vor der in den USA begründen wollte. Mit Recht kritisiert K. Schmidt (§ 37 II 2 f S 1118 f) die ganze Verwendung des Kapitalaufbringungsrechts durch die Rechtsprechung gegen Gläubiger, die keine Gesellschafterstellung haben. Unsicherheiten der Rechtsprechung in der Frage, ob die Beschränkungen auch für den Anspruch der Gesellschaft bei Wiederauszahlung des Kapitals (§ 31 GmbHG) gelten: Verneinend BGHZ 69, 274; distanzierend dazu BGHZ 146, 105, 108. Zu den beiden Entscheidungen Roth/Altmeppen/Altmeppen § 31 Rn 27. 511 Zur Frage im Recht der GmbH Goette, FS Priester 2007, 95. 512 So Werner, GmbHR 2002, 530; auch BGH WM 2000, 2304, 2306 l Sp im Fall der Bareinzahlung vor einem Kapitalerhöhungsbeschluss. Vorsichtiger zuvor für die Frage, ob die Vorleistung von Sachwerten als Sacheinlage anerkannt werden kann („unter Umständen ein Anspruch …“).

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Allerdings muss der Gesellschafter, wenn er die Möglichkeit haben will, die Leistung als Vorleistung auf die Einlagepflicht anrechnen zu lassen, zunächst einmal den Rechtsgrund der Vorleistung beweisen513. Weiter müssen der Gesellschaft noch bei Begründung der Einlagepflicht im Rahmen der Errichtung oder Kapitalerhöhung in Höhe der Leistung liquide Mittel zu freier Verfügung stehen, dh es müssen aus der Voreinzahlung im Zeitpunkt der Begründung der Einlagepflicht noch entsprechende liquide Mittel verblieben sein514. Ausreichende Liquidität soll zur Verfügung stehen bei (Vor)-Einzahlung auf ein im Debet befindliches Bankkonto, wenn die Bank insoweit wieder Kredit und damit Liquidität gewährt515. Ist im Fall der Gründung die Voreinzahlung schon an die Vorgründungsgesellschaft geleistet, muss diese (nach § 267 BGB) liquide Mittel auf die Einlageschuld des Gründers an die Vorgesellschaft leisten. Dies geschieht schon durch Fortführung des Bankkontos der Vorgründungs- durch die Vorgesellschaft, wenn darüber entsprechende liquide Mittel zur Verfügung bleiben. Etwas anderes gilt für Sacheinlagen einerseits und für Bareinlagen im Sanierungsfall andererseits. Sacheinlagen müssen noch im Zeitpunkt der Anmeldung gegenständlich vorhanden sein (§§ 7 III, 56a, 8 II, 57 II GmbHG, 36a II, 37 I 1, 188 II 1 AktG)516. Es reicht nicht aus, dass aus Umsätzen mit der Sacheinlageleistung im Zeitpunkt der Begründung der Verpflichtung noch liquide Mittel vorhanden sind. Was den Sanierungs-Fall betrifft, ist dieser durch das Drohen der Insolvenzantragspflicht (§ 15a InsO) gekennzeichnet. Hier muss beachtet werden, dass die Insolvenzantragspflicht in der vom Gesetz dafür gewährten Frist nicht durch eine Kapitalerhöhung abgewendet werden kann. Aus der Zwangslage können Voreinzahlungen auf eine dann vorzunehmende Kapitalerhöhung befreien. Sie sind auf die Kapitalerhöhung schon dann anzurechnen, wenn zwischen Voreinzahlung und Fassung des Kapitalerhöhungsbeschlusses nur so viel Zeit vergeht, wie nach den Umständen des konkreten Falles zur Vorbereitung der Haupt- bzw Gesellschaftsversammlung zwingend erforderlich ist517.

513 So ist die Forderung des BGH einzuordnen, dass der Zweck der Voreinzahlung eindeutig sein müsse, ZIP 1996, 1466 = DNotZ 1997, 495 mit Anm Kanzleiter. 514 Betreffend den Zeitpunkt, für den die liquiden Mittel vorhanden sein müssen, ist Manches unklar: BGH ZIP 1996, 2214 verlangt, dass der voreingezahlte Betrag im Zeitpunkt der Begründung der Einlagepflicht noch als solcher im Gesellschaftsvermögen vorhanden ist. Die Frage stellt sich: Auf Sperrkonto? Mit Recht kritisch Ehlke, ZIP 2007, 749. Haben liquide Mittel im Zeitpunkt der Begründung der Einlagepflicht der Gesellschaft zur Verfügung gestanden, gilt von da ab wieder das oben zur Möglichkeit der Verwendung der Mittel bis zum Anmeldungszeitpunkt Gesagte. Weiter ist zu beachten, dass zur Begründung der Einlagepflicht der Kapitalerhöhungsbeschluss und die Übernahme des Anteils erforderlich sind. BGH NZG 2008, 512 und OLG Köln DB 2001, 1550 sprechen aber beide vom Zeitpunkt des Kapitalerhöhungsbeschlusses. Freilich behandelt der BGH zwar zunächst die Prüfungspflicht des Notars bei der Beurkundung eines Kapitalerhöhungsbeschlusses im Hinblick darauf, ob möglicherweise eine Voreinzahlung gegeben ist. Dann wird aber die Beurkundung der Übernahmeerklärungen (nach § 55 GmbHG) mit erwähnt. 515 BGH ZIP 1996, 1467. 516 BGH WM 2000, 2304, 2306 fordert das Vorhandensein zumindest im Zeitpunkt des Kapitalerhöhungsbeschlusses. 517 BGH ZIP 2006, 2214; Werner, GmbHR 2002, 530, 533 mwN.

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h. Verzug, Verfall, Mithaftung der Mitgesellschafter Wird eine Bareinlage nicht rechtzeitig geleistet, dh nicht auf die Zahlungsaufforderung so schleunig wie möglich, so muss der säumige Gesellschafter nach Aktienrecht 5 % Zinsen, nach GmbH-Recht „Verzugszinsen“ zahlen (§§ 63 II 1 AktG, 20 GmbHG). Die Vorschriften beziehen sich auch auf die vor der Anmeldung der Gesellschaft eingeforderte Einlage518. Mit dem Ausdruck „Verzugszinsen“ scheint das GmbH-Recht für die Zeit von dem Inkrafttreten der Neuregelung des Verzuges gem Art 229 § 5 EGBGB an auf § 288 mit § 247 BGB zu verweisen und damit einen Zins von 5 % über Basiszinssatz zu regeln. Diese erhebliche Überschreitung der aktienrechtlichen Rechtsfolge ist vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt. Mit Verzugszinsen gemeint war der nach bisherigem Recht geltende Zinssatz von 4 %. § 20 GmbHG ist berichtigend auszulegen als Verweis auf den gesetzlichen Fälligkeitszinssatz von 4 % (§ 246 BGB) 519. Im Fall der Säumigkeit bei der Zahlung eingeforderter Bareinlagen kann als weitere Sanktion die Kaduzierung 520 verhängt werden. Diese betrifft im Fall der AG die nach der Entstehung der Gesellschaft auszugebenden Aktien und im Fall der GmbH die mit Entstehung der Gesellschaft begründeten Geschäftsanteile. Nach GmbH-Recht kommt die Kaduzierung über die Bareinlage hinaus auch im Fall der Bestimmung einer Nachschusspflicht (§ 26 GmbHG) in Betracht (§ 28 GmbHG). Das Kaduzierungsverfahren läuft wie folgt ab: Der säumige Gesellschafter kann erneut unter der Androhung, dass er mit dem Anteil ausgeschlossen wird, zur Zahlung binnen bestimmter Frist aufgefordert werden. Zahlt er nicht fristgemäß, wird er seines Anteils und der geleisteten Teilzahlungen zugunsten der Gesellschaft für verlustig erklärt (§§ 64 AktG, 21 GmbHG). Ihn trifft aber weiter eine Haftung für den Ausfall bei den weiteren Rechten, die die Gesellschaft hat (§§ 64 IV 2 AktG, 21 III GmbHG). Die Gesellschaft kann im sog Staffelregress den Rechtsvorgänger des Ausgeschlossenen, bei Uneinbringlichkeit in dessen Person wieder dessen Vormann etc in Anspruch nehmen (§§ 65 I AktG521, 22 GmbHG522). Gegen die Zahlung wächst der Anteil dem Zahlenden zu. Ist die Zahlung auch im Staffelregress nicht aufzubringen, so kann (im Aktienrecht muss) der Anteil nach §§ 65 III AktG, 23 GmbHG veräußert werden. Bei der GmbH kann die Zahlungspflicht, wegen derer ein Gesellschafter säumig werden kann, auf derjenigen eines Rechtsvorgängers beruhen. Nach § 16 III GmbHG haftet nämlich der Erwerber eines Geschäftsanteils neben dem Veräußerer für die Leistungen auf den Geschäftsanteil, die zur Zeit der Anmeldung der Zession bei der Gesellschaft (§ 16 I) rückständig (dies bedeutet fällig, dh ein- und angefordert, und nicht bezahlt) waren. Für die nach Anmeldung fällig werdenden Leistungen haftet der Veräußerer als Rechtsvorgänger nach § 22 GmbHG. Soweit die GmbH die Bareinlage weder von den Zahlungspflichtigen einziehen noch durch Veräußerung decken kann, haften zwingend (§ 25 GmbHG) neben dem Ausgeschlosse-

518 Zutr für die GmbH Roth/Altmeppen/Altmeppen § 20 Rn 2. 519 Roth/Altmeppen/Altmeppen § 20 Rn 11; Lutter/Hommelhoff/Lutter/Bayer § 20 Rn 5. 520 Von caducus = einem Anfallberechtigten (Fiskus) verfallen. Kaduzierung also Verlustigerklärung zugunsten eines Anfallberechtigten. 521 § 65 AktG spricht vom Aktienregister, meint also Namenspapiere. Er wird aber darüber hinaus angewandt, also zB auch dann, wenn entgegen § 10 II AktG Inhaberaktien ausgegeben worden sind (Hüffer § 65 Rn 2; MüKo-AktG/Bayer § 65 Rn 24). 522 Nach OLG Dresden GmbHR 1998, 884, 886 nicht erst bei Zahlungsunfähigkeit des ausgeschlossenen Gesellschafters.

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C. Die Gründung der AG und der GmbH

nen (§ 21 III GmbHG) die Mitgesellschafter (aber nicht der Erwerber aus der Veräußerung durch die Gesellschaft) nach dem Verhältnis ihrer Geschäftsanteile (§ 24 GmbHG). i. Verjährung 360

Auf die Verjährung der Einlageansprüche hat sich das neue Verjährungsrecht der Schuldrechtsreform bezogen, welches generell ab 1.1.2002, für vorher fällig gewordene Ansprüche nach der Übergangsregelung des Art 229 § 6 IV EGBGB gilt. Die Regelung war aber zumindest für die Einlageansprüche bei der GmbH nicht durchdacht. Sie musste im GmbH-Recht berichtigend ausgelegt werden. Wegen der Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung für die Einziehung kam die Anwendung der kurzen Verjährung nach den Grundvorschriften der §§ 195,199 I nicht in Betracht. Vielmehr war § 199 IV BGB anzuwenden in dem Sinne, dass die Ansprüche in 10 Jahren seit Fälligkeit verjähren523. Das inzwischen in Kraft getretene Gesetz zur Anpassung der Verjährungsvorschriften an das neue Schuldrecht (an sich müsste es umgekehrt heißen) bestimmt jetzt in § 19 VI GmbHG eine 10-jährige Verjährungsfrist. Auch § 54 IV AktG nF lässt den aktienrechtlichen Einlageanspruch in 10 Jahren verjähren.

VII. Anwendungsfall zum Gründungs- und Kapitalerhöhungsrecht und den darin begründeten Kautelen 361

Der Fall Kerkerbachbahn524: Der Kl war Aktionär der K-AG. Die HV der AG beschließt im Mai 1984, ihr Grundkapital um 4,76 Mio auf 8,19 Mio zu erhöhen durch Ausgabe neuer Aktien zu einem Ausgabekurs von 500 % des Nennbetrages. Die Aktien übernimmt ein Konsortium, bestehend aus der S-GmbH (deren Geschäftsführer der Vorstandsvorsitzende der K-AG war) und der Bekl zu 1 (einem Kreditinstitut in der Form der KG mit dem Bekl zu 2 als persönlich haftendem Gesellschafter). Die Bekl zu 1 erklärt in einem durch den Bekl zu 2 ausgestellten Zeichnungsschein, dass sie 2,1 Mio neue Stammaktien und 2,66 Mio neue Vorzugsaktien (Summe gleich Kapitalerhöhungsbetrag von 4,76) zeichne und die Summe (bei einem Kurs von 500 %) in Höhe von 23,8 Mio zahle. In einem Schreiben an die K-AG teilt sie mit, sie habe der AG 23,8 Mio auf einem Sonderkonto „Kapitalerhöhung 1984“ gutgeschrieben und bestätige gemäß § 188 II, III iVm §§ 36 II, 37 I AktG, dass die K-AG in der Verfügung über den eingezahlten Betrag nicht beschränkt sei. Der Vorstandsvorsitzende der K-AG legt diese Urkunden dem Registergericht vor und erwirkt so am 19.6.1984 die Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung. Entgegen der Mitteilung waren weder Einzahlung noch Gutschrift erfolgt. Der Beklagte zu 2 hatte von der S-GmbH (mit dem Vorstandsvorsitzenden als Geschäftsführer) einen Scheck über 23,8 Mio erhalten, dann aber zurückgeschickt. Später stellt sich heraus, dass der Scheck nicht gedeckt war. Mit der Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung waren die jungen Aktien zur Sammelverwahrung nach dem DepotG zugelassen. Der Kl erwarb über eine Bank, welche die Aktien von der Bekl zu 1 bezog, 12 junge Stammaktien und 340 Vorzugsaktien zum Gesamtbetrag von 88.888. – Am 28.9.1984 ist über das Vermögen der K-AG das Konkursverfahren eröffnet worden. Der Kl verlangt von den Bekl Schadensersatz. Der Beklagte zu 2 behauptet, mit dem Vorstandsvorsitzenden der K-AG sei verabredet gewesen, dass von den Urkunden erst dann Gebrauch gemacht werden dürfe, wenn der Scheck über 23,8 Mio eingelöst sei. Der BGH prüft einen Schadensersatzanspruch aus § 823 II BGB iVm § 399 I Nr 4 AktG. Er bejaht die Natur der aktienrechtlichen Vorschrift als Schutzgesetz zugunsten der Aktionäre vor Kapitalerhöhungsschwindel. Die vom Vorstandsvorsitzenden der K-AG ausgehende Täuschung sei für den Aktienerwerb des Kl ursächlich gewesen. Dafür komme es auf die Kenntnis des Anlegers davon an, dass die infrage stehenden Angaben bei der Anmeldung zum Handelsregister gemacht worden sind. Eine solche Kenntnis

523 Altmeppen, DB 2002, 516; Roth/Altmeppen/Roth § 19 Rn 69 mwN. 524 BGH ZIP 1988, 1112 = NJW 1988, 2794, EWiR § 399 AktG 1/88, 951 (Schulze-Osterloh).

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VIII. Die Vorgesellschaft sei schon dann anzunehmen, wenn einem Anleger der Inhalt des Kapitalerhöhungsbeschlusses und die Eintragung der Durchführung im Handelsregister bekannt gemacht seien. Damit seien dem Erwerber die für die Anmeldung zum Handelsregister und die Eintragung maßgebenden Einzelheiten bekannt (Mindesteinzahlung nach §§ 188 II, 36 II, 36a I, 37 I AktG, zu freier Verfügung der Gesellschaft, § 37 I 2 AktG). Daraus ergebe sich für den Erwerber die Schlussfolgerung, dass die für die Barerhöhungen vorgeschriebenen Erklärungen mit dem Inhalt des Erhöhungsbeschlusses und der dafür maßgebenden Vorschriften übereinstimmten. Im Bezugsangebot, welches der Kl von der K-AG bekommen habe, seien die Einzelheiten des Beschlusses, der Erhöhungsbetrag, die Ausführung durch ein Konsortium, dem ein Kreditinstitut als Bezugsstelle angehört habe (§ 186 V AktG), zu erkennen gewesen. Daraus und aus der Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister sei der Schluss auf die zwingend zu machenden Angaben begründet gewesen. Da der Kl nach Empfang des Bezugsangebots davon Gebrauch gemacht habe, könne davon ausgegangen werden, dass die Annahme der Ordnungsgemäßheit der Durchführung der Kapitalerhöhung für seinen Entschluss zum Bezug zumindest mit ursächlich gewesen sei. Er werde Wert darauf gelegt haben, dass dem Unternehmen Mittel zugeflossen seien und die Erklärungen der Wirklichkeit entsprochen hätten. Für die Berufung der Bekl auf Nichtursächlichkeit hätten Umstände für die Nichtursächlichkeit des geschilderten Vertrauens des Kls vorgetragen und festgestellt werden müssen. Dem Kl sei der gesamte Schaden zu ersetzen. Ob die AG auch bei ordnungsgemäßer Kapitalerhöhung in Konkurs gegangen wäre, sei irrelevant, weil der Kl ohne die unrichtigen Angaben jedenfalls keine Aktien erworben hätte. Der Schaden sei nicht durch den Schadensersatz an die Gesellschaft verdrängt (§§ 117 I 2, 317 I 2 AktG seien nicht maßgeblich). Zwar habe die K-AG gegen die Beklagte zu 1 nach §§ 188 II 1, 37 I 4 AktG, gegen beide Beklagte nach §§ 823 II BGB, 399 I Nr 4 AktG, gegen den Vorstandsvorsitzenden nach § 93 II AktG Schadensersatzansprüche. Dieser Schadensersatz gehe aber nur insoweit vor, als Aktionäre an der Gesellschaft bereits beteiligt seien, nicht dagegen insoweit, als der Schaden wie hier betreffend die vom Kl erworbenen jungen Aktien darin bestehe, dass sich Personen nunmehr an der Gesellschaft beteiligten. Die Bekl seien allerdings nur als Gehilfen der Tat nach § 399 I Nr 4 AktG schadensersatzpflichtig. Täter könnten nur die in § 399 I Nr 4, §§ 184 I, 188 I, 107 AktG Genannten sein. Zwar hätten die Bekl objektiv Beihilfe nach § 27 StGB geleistet (Aushändigung der Erklärung, von der der Vorstandsvorsitzende Gebrauch gemacht hat). Die behauptete Abrede mit dem Vorstandsvorsitzenden ändere an der objektiven Beihilfehandlung nichts. Sie könne aber den subjektiven Tatbestand beeinflussen. Für den Vorsatz sei ein billigendes Inkaufnehmen unter Kenntnis der Möglichkeit der Tat erforderlich. Hier sei demgegenüber die Hoffnung vorgetragen, dass der Vorstandsvorsitzende ohne Einlösung des Schecks von den Erklärungen keinen Gebrauch machen werde. Das schließe ein billigendes Inkaufnehmen aus. Das Berufungsgericht habe das Bewusstsein der Möglichkeit des Gebrauchmachens mit der Billigung gleichgesetzt. Das sei rechtsfehlerhaft. Deshalb sei das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Das Berufungsgericht habe dann auch Gelegenheit, Schadensersatzansprüche nach §§ 826, 830 II BGB zu prüfen. Das Vorgehen des Vorstandsvorsitzenden sei sittenwidrig gewesen.

VIII. Die Vorgesellschaft 1. Die gesetzliche Regelung der Vorgesellschaft Die Vorgesellschaft 525 kommt mit der Errichtung der Gesellschaft durch den notariellen Errichtungsakt zustande. Auf die Phase der Vorgesellschaft bezieht sich die gesetzliche Regelung der Gründung einer Kapitalgesellschaft. Sie normiert aber vor allem die Erfordernisse dafür, dass aus der Vorgesellschaft durch die Eintragung in das Handelsregister die juristische Person AG oder GmbH wird. Zu den Rechtsverhältnissen der Vorgesellschaft selbst enthält das Gesetz nur wenige Aussagen. §§ 41 I 1 AktG, 11 I GmbHG stellen fest: Vor der Eintragung besteht die Kapitalgesellschaft „als solche“ nicht. Wenn vor der Eintragung im Namen der Gesellschaft gehandelt wird (wie § 54 S 2 BGB hervorhebt: rechtsgeschäftlich),

525 Nochmals sei darauf hingewiesen: Nicht hierher gehört der sog Vor-REIT (o Rn 25).

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haften nach §§ 41 I 2 AktG, 11 II GmbHG die Handelnden. Folglich gehen die Verbindlichkeiten aus diesem Handeln nicht auf die juristische Person über. Sie müssten durch Schuldübernahme übernommen werden. Dazu passend enthält § 41 II, III AktG eine Regelung zur Vereinfachung dieser Schuldübernahme einerseits, zu ihrer Begrenzung andererseits. Von einer Übertragung der Vermögensgegenstände, die für die errichtete Gesellschaft begründet oder ihr übertragen werden, spricht das Gesetz dagegen nicht. Insofern geht es vom Verbleiben der Vermögensgegenstände aus, indem die Rechtsträgerin bestehen bleibt und nur ihre Natur von einer errichteten zur vollendeten Gesellschaft als einer juristischen Person verändert526. Nach dem Gesetz ist also die juristische Person mit der Vorgesellschaft identisch hinsichtlich der Vermögensgegenstände, nicht identisch hinsichtlich der Verbindlichkeiten. Diesen Rechtszustand, wie er sich aus der gesetzlichen Regelung ergibt, nannte man den Zustand des Vorbelastungsverbots527. Die Annahme der Identität zwischen Vorgesellschaft und juristischer Person betreffend das Vermögen hat Konsequenzen für die jetzt allgemein zulässige Einmann-Gründung528. Auch bei der Einmann-Gründung ist Identität zwischen dem Gründer insoweit, als auf seine „Vorgesellschaft“ Vermögen übertragen wird und er dafür handelt, und der vollendeten juristischen Person gegeben. Das Vermögen der Vorgesellschaft ist Sondervermögen in der Hand des Einmann-Gründers. Bei Entstehung der juristischen Person wird aus dem Gründer mit jenem Sondervermögen die juristische Person529. Daraus, dass die Vorgesellschaft jedenfalls hinsichtlich der Vermögensgegenstände mit der vollendeten juristischen Person identisch ist, sind Folgerungen für die Behandlung der Vorgesellschaft zu ziehen. Grundsätzlich sind schon auf die Vorgesellschaft die Regeln über die vollendete juristische Person anzuwenden530. Insbesondere ist die Vorgesellschaft wie die juristische Person rechts- und parteifähig531. Nur Regeln, die gerade von der Rechtsfähigkeit in Gestalt der juristischen Persönlichkeit abhängig sind, finden auf die Vorgesellschaft keine Anwendung. Die Rechtsprechung spricht von einer Rechtsform sui generis 532. Abhängig von der Rechtsfähigkeit als juristische Person ist vor allem nach §§ 41 I AktG, 11 I GmbHG die Beschränkung der Haftung auf die Gesellschaft als solche, unter Ausschluss der persönlichen

526 Zur Rechtspersönlichkeit bei der juristischen Person im Anschluss an Flume Wilhelm Sachenrecht Rn 157, 181, 199. 527 In Wirklichkeit war hier nichts verboten, vielmehr waren die Verbindlichkeiten aus dem Vorstadium für die juristische Person nicht wirksam. 528 S o Rn 69. 529 Flume I/2 § 5 IV 2 S 174. Für Gesamtrechtsnachfolge der späteren juristischen Person Hüffer § 41 Rn 17g; MüKo-AktG/Pentz § 41 Rn 77. Hüffer § 41 Rn 17e spricht sich auch für die Möglichkeit der Privatgläubiger des Einmann-Gründers aus, vor der Entstehung der juristischen Person in das Sondervermögen zu vollstrecken. Eine unterschiedliche Behandlung von Einmann- und Mehrpersonengründungen ist aber vom Gesetz nicht gewollt. Zur Konsequenz bei späterem Fehlschlagen der Einmanngründung Petersen, NZG 2004, 400. 530 Die Bestellung der Geschäftsführer kann nach dem Recht der vollendeten juristischen Person, dh durch Mehrheitsentscheidung, erfolgen, BGH NJW 1981, 2125. Die Vorgesellschaft ist grundbuchfähig, LG Hildesheim GmbHR 1997, 799 mN. 531 Aufgrund der Rechtsfähigkeit der OHG und der Anerkennung der Rechtsfähigkeit auch der BGB-Gesellschaft bleibt die Vorgesellschaft auch dann parteifähig, wenn die Gesellschafter die Eintragungsabsicht aufgeben und die Gesellschaft trotzdem (je nach Gesellschaftszweck als OHG oder BGB-Gesellschaft) fortführen. Befindet sich die Vorgesellschaft im Prozess und hat sie einen Prozessbevollmächtigten, bleibt sie nach § 86 ZPO auch prozessfähig, BGH NJW 2008, 2441. 532 S nur BGHZ 21, 242, 246.

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VIII. Die Vorgesellschaft

Haftung der Gesellschafter. Aber auch die Formierung der Mitgliedschaftsrechte als Aktie und Geschäftsanteil mit der Folge von deren Übertragbarkeit nach den darauf bezogenen Regeln (insbesondere § 15 GmbHG) sind von der Entstehung der juristischen Person abhängig533. Gut gegenüberstellen kann man von der juristischen Persönlichkeit abhängige und unabhängige Regeln im Beispiel der Kündigung der Vorgesellschaft aus wichtigem Grund. Für die Möglichkeit der Kündigung wendet der BGH nicht das Recht der juristischen Person, sondern §§ 314, 723 BGB an. Die Abwicklung lässt er aber bei einer Vor-AG durch den Vorstand analog § 265 I AktG durchführen534. Der irreguläre Rechtszustand bei der Vorgesellschaft (Identität betreffend das Vermögen, Nichtidentität betreffend die Verbindlichkeiten) sollte durch die Gründer nach Möglichkeit zügig überwunden werden. Deshalb unterlegte das RG der Handelndenhaftung eine Druckfunktion in der Richtung, dass die Eintragung so schnell wie möglich herbeigeführt würde535. Aus dem Verständnis iS der Druck- und Ausgleichsfunktion ergab sich nach der Auffassung des RG ein weiter Handelndenbegriff iSv §§ 11 II GmbHG, 41 I 2 AktG536. Alle Mitgründer, die der Geschäftsaufnahme zugestimmt hatten, sollten als Handelnde haften.

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2. Die Vorgründungsgesellschaft vor der Vorgesellschaft Die Vorgesellschaft, dh die errichtete Gesellschaft, ist von der Vorgründungsgesellschaft abzugrenzen. Diese entsteht, wenn sich mehrere Personen zur Gründung einer Kapitalgesellschaft verabreden. Weil mit dieser Abrede die Verpflichtung zu dem notariellen Errichtungsakt übernommen wird, bedarf auch die Abrede der notariellen Beurkundung. Die Vorgründungsgesellschaft ist eine gewöhnliche Personengesellschaft, OHG oder BGB-Gesellschaft, je nachdem, was sie betreibt. Sie ist voll wirksam bei Erfüllung des auch dafür schon geltenden Formerfordernisses der notariellen Beurkundung. Fehlt die Beurkundung, ist die Gesell-

533 S o Rn 271. Auf die Vorgesellschaft nicht anwendbar sind auch § 82 AktG und §§ 35, 37 GmbHG über die unbeschränkte Vertretungsmacht des Vorstands und der Geschäftsführer (Baumbach/Hueck/Hueck/ Fastrich § 11 Rn 18; Hüffer § 41 Rn 11; aA Scholz/K. Schmidt § 11 Rn 63). Deren Vertretungsmacht beschränkt sich im Gründungsstadium – vorbehaltlich weitergehender Ermächtigung durch die Gesellschafter – auf die Geschäfte im Rahmen des Gründungszwecks. Die Ermächtigung muss einstimmig erfolgen, ist aber nicht formgebunden. Geschäftsführer, die ohne eine solche Ermächtigung über den Gründungszweck hinausgehen, haften persönlich nach § 179 BGB, haben aber, wenn einzelne Gründer zustimmen, diesen gegenüber einen Regressanspruch aus §§ 675, 670, 421 BGB, falls die zustimmenden Gründer die Verantwortung ohne Rücksicht auf die Mitzustimmung der anderen übernommen haben. Auf eine Ermächtigung kommt es nur selten an in dem Fall, dass ein Unternehmen schon in die Vorgesellschaft eingebracht ist (ist es Gegenstand einer Sacheinlage, so ist die vorherige Einbringung nach § 7 III GmbHG zwingend). Zum Gründungsgeschäft, zu dem Vertretungsmacht besteht, gehört hier die gesamte Führung des Unternehmens. Ist das Unternehmen ein Handelsgeschäft, so ergibt sich eine unbeschränkte Vertretungsmacht aus § 54 S 1 BGB iVm § 126 HGB (dies sollte unabhängig davon gelten, ob ein Gründer oder ein Dritter Geschäftsführer ist, Beuthien, NJW 1997, 565). – § 64 GmbHG über die Insolvenzantragspflicht der Geschäftsführer beschränkt sich auf die entstandene GmbH. Nur bei dieser bedarf es wegen der Haftungsbeschränkung des Gläubigerschutzes nach der Vorschrift (Altmeppen, ZIP 1997, 273). 534 BGH DNotZ 2007, 142. Wichtiger Grund zur Kündigung sei das Unvermögen eines Gesellschafters, die Einlage zu erbringen. 535 Die Auffassung, dass die Haftung sogar Straffunktion für die im Vorstadium aufgenommene Geschäftstätigkeit hatte, wurde schon vom RG in RGZ 159, 33, 43 aufgegeben. 536 Zum früheren Verständnis der Handelndenhaftung s Hachenburg/Ulmer § 11 Rn 96 ff.

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schaft eine fehlerhafte Gesellschaft. Für die Vorgründungsgesellschaft gilt nicht die in §§ 11 II GmbHG, 41 I 2 AktG geregelte Haftung der Handelnden537. Auch wenn die Gesellschafter in der Namensgebung – beispielsweise durch den Zusatz „iG“ – schon auf das Projekt der Kapitalgesellschaft hinweisen, führt das nicht dazu, dass nicht das Recht der BGB-Gesellschaft oder OHG gilt. Insbesondere ist zu § 105 I HGB zu beachten538, dass die richtige Firma nicht etwa Voraussetzung für die OHG, sondern die Pflicht zu der richtigen Firmenführung Rechtsfolge aus der gemäß ihren Wesensgrundlagen entstandenen OHG ist. Ebenso wissen wir, dass die unbeschränkte Haftung nicht Voraussetzung der OHG ist, sondern ihrerseits aus der Rechtsform der OHG folgt, und umgekehrt eine wirksame Haftungsbeschränkung, etwa nach den Grundsätzen über die KG (§§ 161 ff HGB), Voraussetzung dafür ist, dass nicht eine OHG mit allseits unbeschränkter Haftung existiert. Die OHG ist wie die BGB-Gesellschaft Auffang-Rechtsform. Insbesondere ist sie Auffang-Rechtsform für die Vorgründungsgesellschaft539. Vorgründungsgesellschaft einerseits und Vor-GmbH oder Vor-AG andererseits sind nicht identisch, auch nicht hinsichtlich der Vermögensgegenstände. Dies folgt ganz formal aus der selbstständigen Rechtssubjektivität der vollendeten juristischen Person und der Identität der Vorgesellschaft mit dieser, die deshalb begründet ist, weil mit dem Gründungsakt, der die Vorgesellschaft entstehen lässt, die juristische Person „errichtet“ ist. Soll Vermögen der Vorgründungsgesellschaft auf die Vorgesellschaft übergehen, so ist dazu die Übertragung der Vermögensgegenstände erforderlich540. Ungeachtet dessen ist die Entwicklung von der Vorgründungsgesellschaft zur errichteten Gesellschaft kontinuierlich und diese Kontinuität ist rechtlich nach Möglichkeit zu wahren. Wenn zB § 23 II Nr 3 AktG von dem eingezahlten Betrag spricht, so ist dies der an die Vorgründungsgesellschaft eingezahlte Betrag. Es bedarf zwar der Abtretung des Bankguthabens an die Vorgesellschaft (= errichtete AG oder GmbH). Diese Abtretung ist aber ohne Weiteres als mit dem notariellen Vertrag iS von § 23 AktG vorgenommen anzunehmen. Das Konto wird einfach weitergeführt. Hat die Vorgründungsgesellschaft Aktien erworben und ein Stimmrechtsvertreter in der HV diese Aktien vertreten und gegen einen Beschluss der HV Widerspruch erhoben, so ist ohne weiteres iS von § 245 AktG derjenige klageberechtigt, der hic et nunc Inhaber der Aktien ist: die Vorgründungsgesellschaft, die Vorgesellschaft oder die vollendete juristische Person. Die etwa im Depot verwahrten Aktien werden mit Selbstverständlichkeit nach §§ 930, 931 BGB auf die Vorgesellschaft übertragen. Die Frage der Klagebefugnis ist allerdings in der Literatur umstritten541. Sollen Schulden der Vorgründungsgesellschaft die Vorgesellschaft treffen, müssen sie nach §§ 414 ff BGB übernommen werden542. Die Erleichterungen der Schuldübernahme, die § 41 II AktG für das Verhältnis zwischen Vorgesellschaft und vollendeter juristischer Person

537 Haftung nach §179 I BGB möglich, wenn der Handelnde im Namen einer nicht vorhandenen Gesellschaft gehandelt hat, BAG NZG 2006, 751. 538 Grundlegend K. Schmidt Zur Stellung der oHG im System der Handelsgesellschaften 1972. 539 Gegen Haftungsbeschränkungsvorschläge für die BGB-Gesellschaft (etwa nach BGH NJW 1992, 3037) Flume I/1 § 16 IV S 314 ff; s auch Plambeck Die Vereinbarung der Haftungsbeschränkung in der Gesellschaft bürgerlichen Rechts 1993. Grundlagen für eine ausnahmsweise Haftungsbeschränkung nennen Wilhelm, DB 1996, 461, 463 und K. Schmidt, NJW 1997, 2201. 540 Scholz/K. Schmidt § 11 Rn 20; Lutter/Hommelhoff/Lutter/Bayer § 11 Rn 2 mwN. 541 Zur Klagebefugnis bei Wechsel der Aktionärsstellung s u Rn 912. 542 Lutter/Hommelhoff/Lutter/Bayer § 11 Rn 2. Die Übernahme wird bei unverändertem Geschäftsgang konkludent erklärt, s OLG Hamm GmbHR 1997, 602 f.

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VIII. Die Vorgesellschaft

bestimmt, greifen für die Vorgründungsgesellschaft nicht ein. Ebenso gibt es bei der Vorgründungsgesellschaft nicht die Handelndenhaftung. Auch wenn unbestimmt im Namen der GmbH oder AG gehandelt wird, handelt es sich – vorbehaltlich des Sonderfalls eines auf den Zeitpunkt der Eintragung der juristischen Person aufschiebend bedingten Handelns – um das Handeln für den wahren Unternehmensträger, also die Vorgründungsgesellschaft543.

3. Die Entwicklung zur Identität zwischen Vorgesellschaft und Kapitalgesellschaft auch hinsichtlich der Verbindlichkeiten a. Stufe 1: Einschränkung des Vorbelastungsverbots Der vom Gesetz vorgesehene Rechtszustand des Vorbelastungsverbots544 hat sich als nicht durchführbar erwiesen. Zunächst musste das Vorbelastungsverbot eingeschränkt werden. Im Anschluss an die Regeln der §§ 26 II, 36 II, 27 III AktG war anzuerkennen, dass für die wirtschaftlich und satzungsmäßig notwendigen Geschäfte nicht das Vorbelastungsverbot gelten konnte, sondern insoweit auch hinsichtlich der Verbindlichkeiten der Identitätsgrundsatz gelten musste. Dies war zwingend für den praktisch häufigen Fall, dass ein existentes Unternehmen in der Kapitalgesellschaft betrieben und vom bisherigen Inhaber als Sacheinlage eingebracht werden soll. Bei der GmbH ist eine Sacheinlage nach § 7 III GmbHG sogar zwingend im Stadium der Vorgesellschaft einzubringen. Bei der AG ist die frühzeitige Einbringung wirtschaftlich geboten. Das für die AG oder GmbH geführte Unternehmen kann aber keinesfalls mit den Aktiva bei der vollendeten Kapitalgesellschaft bleiben, andererseits aber aufgrund des Vorbelastungsverbots von den Unternehmensverbindlichkeiten frei sein. Für die Interpretation des § 41 III AktG bedeutete dies: § 41 III AktG sagt nur, dass die Gesellschaft Verpflichtungen aus nicht in der Satzung festgelegten Sacheinlagen nicht übernehmen kann. Er enthält aber nicht die Aussage, dass, auch wenn Sacheinlagen in der Satzung festgelegt sind, die Verpflichtungen aus ihnen doch erst noch übernommen werden müssen, wenn dies auch entgegen den in der Satzung nicht festgelegten Sacheinlagen möglich sein soll. Eine zweite Lücke des Gesetzes war das Fehlen einer Antwort auf die Frage nach der Haftung der Vorgesellschaft selbst und ihrer Gesellschafter. Für die Vorgesellschaft wird im Vorstadium gehandelt. Die Vorgesellschaft muss wie jede Gesellschaft aus diesem Handeln haften, und an diese Haftung muss die Haftung der Gesellschafter der Vorgesellschaft anknüpfen im Gegensatz zu einer bloßen gesetzlichen Handelndenhaftung mit Druck- und Ausgleichsfunktion. Zunächst stellte der BGH für die rechtsgeschäftlichen Verbindlichkeiten im Namen der Vorgesellschaft die Haftung der Vorgesellschaft fest und entwickelte ein Modell für die Haftung der Gesellschafter. Er nahm die beschränkte Haftung der Gründer nach Art von Kommanditisten (nach deren Eintragung) an545. Der BGH stellte die Haftungsbeschränkung

543 BGHZ 91, 148. 544 O Rn 363. 545 BGHZ 65, 378. Gründe für die Haftungsbeschränkung waren die in Aussicht stehende Haftungsbeschränkung bei der vollendeten juristischen Person und der daraus folgende allgemein erkennbare und anzuerkennende Wille der Gesellschafter zu nur beschränkter Haftung, schließlich die Anerkennung der beschränkten Haftung auch beim nicht rechtsfähigen Verein; für die der Kommanditistenhaftung entsprechende Art der Haftung führte der BGH die Unterscheidung der Vielzahl von Mitgliedern mit kleinen Beiträgen beim Verein einerseits und der nach Art von Kommanditisten Einlagen leistenden Gründer der Kapitalgesellschaft andererseits an.

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allerdings unter folgenden Vorbehalt: Werde die Gründung der GmbH nicht ernsthaft betrieben, so entfalle die Haftungsbeschränkung und komme die normale Haftung der Gesellschafter einer Personengesellschaft zur Anwendung, und zwar sowohl für Alt- wie für Neuschulden546. Was sodann die gesetzlichen Verbindlichkeiten betraf, vertrat hierzu das BSG die unmittelbare und gesamtschuldnerische Haftung der Gesellschafter der Vorgesellschaft547. Das Vorbelastungsverbot blieb, soweit es galt (also vorbehaltlich der wirtschaftlich oder satzungsmäßig notwendigen Geschäfte), neben der Haftung der Vorgesellschaft und der beschränkten Haftung der Gesellschafter und der Handelndenhaftung bestehen. Folglich waren nach der Entstehung der juristischen Person noch Gläubiger der Vorgesellschaft zu berücksichtigen, denen die juristische Person infolge des Vorbelastungsverbots nicht haftete. Daraus resultierte die Möglichkeit einer merkwürdigen doppelten Haftung der Gründer für rechtsgeschäftliche Verbindlichkeiten: zum einen im Verhältnis zu den Gläubigern der Vorgesellschaft nach Art von Kommanditisten in Höhe der noch nicht geleisteten Einlage, zum anderen auf denselben Einlagebetrag gegenüber der juristischen Person iR der Kapitalaufbringung. Diese neue Sicht hatte Folgen für das Verständnis der Handelndenhaftung iSv §§ 11 II GmbHG, 41 I 2 AktG. Sie war nun neben der beschränkten Haftung der Gesellschafter der Vorgesellschaft begründet. Damit konnten die Gesellschafter nicht mehr in den Handelndenbegriff einbezogen werden. Zwar hatte die Handelndenhaftung immer noch Ausgleichsfunktion, sie dient nämlich dem Ausgleich dafür, dass die Gesellschafter beschränkt hafteten, ohne dass schon die Sicherungen der juristischen Person eingriffen. Aber der Ausgleich konnte nicht mehr die Gesellschafter selbst treffen, für die ja die beschränkte Haftung angenommen wurde. Es kam nur noch die Haftung derjenigen Personen in Betracht, die konkret im Namen der juristischen Person gehandelt hatten. So ergab sich ein enger Handelndenbegriff 548. b. Stufe 2: Aufgabe des Vorbelastungsverbots, Differenzhaftung

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Mit Urteil vom 9.3.1981549 hat der BGH diese unübersichtliche Rechtslage betreffend die GmbH beseitigt. Er hat nämlich den Kernsatz dieser Rechtslage, das Vorbelastungsverbot, für die GmbH aufgegeben und durch eine andere Sicherung des Vermögens der Kapitalgesellschaft ersetzt. Vorgesellschaft und juristische Person sind jetzt uneingeschränkt identisch. Die Verbindlichkeiten der Vorgesellschaft werden Schulden der juristischen Person. An die Stelle des Vorbelastungsverbots tritt eine vom BGH zunächst sogenannte Differenzhaftung der Gesellschafter 550. Statt dass das Kapital durch konkrete Einlagen gedeckt wird, denen keine 546 Zu Letzterem BayObLG DB 1986, 106. 547 Die vom BGH für die beschränkte Haftung angeführten Gründe griffen nur bei rechtsgeschäftlichen Verbindlichkeiten ein. Darstellung der früheren Rechtsprechung in BSG NJW-RR 2000, 1125, 1126. 548 BGHZ 65, 378, 380. 549 BGHZ 80, 129. Der BGH hat sich Ulmer, FS Ballerstedt 1975, 279, 290 ff, 293, 294 ff angeschlossen. Die Differenzhaftung hat Flume angestoßen (seit FS Gessler 1971, 3, 33 bis zu dem Aufsatz DB 1980, 1781). Den Anstoß in FS Gessler übergeht Ulmer bei seiner grundlegenden Verankerung der Differenzhaftung in FS Ballerstedt aaO. 550 Zur Umbenennung u Rn 388. Nach ihrer Begründung ist die Differenzhaftung auf GmbH wie AG gleichermaßen anzuwenden. § 41 II AktG hindert das nicht. Die Lösung der Differenzhaftung tauscht einen Rechtszustand aus, der im Gesetz vorausgesetzt, aber nicht angeordnet ist. Insbes § 41 II AktG setzt einen bestimmten Rechtszustand voraus, ordnet ihn aber nicht an. Schon seit eh und je war § 41 III AktG

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VIII. Die Vorgesellschaft

Vorbelastungen entgegenstehen dürfen, haften die Gesellschafter, nach dem Vorbild der Differenzhaftung bei überbewerteten Sacheinlagen (§ 9), auf die wertmäßige Deckung des Stammkapitals im Zeitpunkt der Eintragung. Soweit also das Stammkapital im Zeitpunkt der Eintragung der Gesellschaft nicht gedeckt ist (dh soweit der Wert der Vermögensgegenstände nicht den Betrag von Verbindlichkeiten und Rückstellungen um den Betrag des Stammkapitals überschreitet 551), müssen die Gesellschafter anteilig Nachschüsse leisten. Hinzu tritt die ergänzende Ausfallhaftung nach § 24 GmbHG 552. Aufgrund dieser Sicherung der GmbH durch die Differenzhaftung erklärt der BGH die Gesellschafterhaftung und die neben ihr bestehende Handelndenhaftung aus dem Vorstadium mit der Vollendung der GmbH und dem Übergang der Verbindlichkeiten auf sie für erloschen553. Die Handelndenhaftung bleibt nur noch in den Fällen aufrechterhalten, in denen die Handelnden ohne Einverständnis aller Gründer und damit nicht wirksam für die Vorgesellschaft gehandelt haben (sog Sicherungsfunktion der Handelndenhaftung554).

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c. Stufe 3: Änderung der Haftung bei der Vorgesellschaft Die Sicherung der vollendeten juristischen Person durch die Differenzhaftung anstelle des Vorbelastungsverbots musste Konsequenzen für die Haftung bei der Vorgesellschaft haben. Auf diese Haftung kommt es an, wenn die Vorgesellschaft wegen Insolvenz oder, weil die Gesellschafter keine Erfolgsaussichten sehen, nicht zur juristischen Person fortentwickelt wird. Die Notwendigkeit von Konsequenzen wird offenbar, wenn man die Differenzhaftung in ihrer Reichweite genau begreift. Die Differenzhaftung bedeutet im Ergebnis eine unbeschränkte Haftung der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Vorgesellschaft. Die Gesellschafter müssen ja aufgrund dieser Haftung ein Gesellschaftsvermögen von einem solchen Wert herstellen, dass alle Verbindlichkeiten sowie die sonstigen Belastungspositionen der Passivseite gedeckt sind. Nach der Aufgabe des Vorbelastungsverbots schließt die Deckung der Verbindlichkeiten die der Verbindlichkeiten aus dem Vorstadium ein. Die Haftung der Gesellschafter geht sogar noch darüber hinaus: Es muss ein zusätzlicher Wert in Höhe des Stammkapitals aufgebracht werden. Damit war die bisherige Haftungsgestaltung bei der Vorgesellschaft nicht mehr aufrecht zu erhalten: Nach dieser hafteten die Gesellschafter beschränkt, die Handelnden unbeschränkt. Mit Entstehung der juristischen Person trat jetzt aufgrund der Differenzhaftung

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mit der Aussage, dass auch satzungsmäßige Lasten übernommen werden müssten, obsolet. Insoweit war der Ausgangspunkt des Gesetzes durch die Annahme der Identität zwischen Vorgesellschaft und vollendeter juristischer Person ersetzt. Setzt man nun insgesamt den anderen Rechtszustand der Differenzhaftung voraus, so ist § 41 II AktG darüber hinaus gegenstandslos. Nur so kommt es ja auch zur Beendigung der Handelndenhaftung nach der Auffassung des BGH, während das Gesetz von dem Fortbestand – vorbehaltlich einer Schuldübernahme – ausgeht. § 41 II AktG kommt nur noch bei einer Haftung der Handelnden, die ohne Vertretungsmacht der Gründer handeln, in Betracht. Zur Vermögensrechnung genauer unten Rn 427 ff. BGHZ 80, 129, 140 ff. BGHZ 80, 129, 144. S BGH DStR 2004, 1396 für die AG (§ 41 I 2 AktG). Nach dem Schutzzweck (kein Einblick des Gläubigers in die gesellschaftsinternen Verhältnisse) soll die Haftung aber nicht zugunsten des ersten Vorstands gegen den Aufsichtsrat, der ihn bestellt hat, eingreifen. Im Fall bestanden aber auch gegen das Vorliegen einer Ermächtigung durch alle Gesellschafter keine Bedenken. Auch keine Unwirksamkeit des Dienstvertrags gegenüber der Gesellschaft nach § 26 III AktG mangels Aufnahme der Vergütung als Gründungsaufwand in die Satzung. Zur Handelndenhaftung bei der AG auch OLG Bremen AG 2005, 167 ff.

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eine unbeschränkte Haftung der Gesellschafter ein und fiel die Handelndenhaftung weg. Das war nicht haltbar. Man brauchte sich nur die Kämpfe vorzustellen, die zwischen der Geschäftsführung und den Gesellschaftern ausbrechen konnten: Die Geschäftsführung will die Gesellschaft anmelden, damit ihre Handelndenhaftung endet, die Gesellschafter wollen dies verhindern, weil mit der Eintragung aus ihrer beschränkten eine im Ergebnis unbeschränkte Haftung wird. Allein konsequent erschien demgegenüber, dass die Gesellschafter schon im Vorstadium unbeschränkt haften. Den notwendigen Schritt zur unbeschränkten Haftung der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Vorgesellschaft hat der II. Senat in seinem Vorlagebeschluss an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes555 und seinem abschließenden Urteil vom 27.1.1997556 vollzogen557. Der BGH hat sich zu dem Prinzip bekannt, dass die Gesellschafter einer noch nicht zur Kapitalgesellschaft gewordenen Gesellschaft für die Gesellschaftsverbindlichkeiten unbeschränkt haften, sofern und solange sie nicht mit dem einzelnen Gläubiger etwas anderes vereinbaren. Der BGH hat daraus aber nicht eine unbeschränkte gesamtschuldnerische Außenhaftung der Gesellschafter der Vor-GmbH angenommen, sondern sein Modell der Differenzhaftung auf die Vorgesellschaft übertragen. Dabei war allerdings die Haftung auch noch auf Deckung des Stammkapitals wegzulassen. Denn dieses ist erst der juristischen Person „garantiert“. Nach der neuen Konzeption des BGH sollen die Gesellschafter iR einer Innenhaftung gegenüber der Gesellschaft anteilig auf Deckung aller Verluste der Gesellschaft haften, soweit durch die Verluste die Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht gedeckt sind558. Voraussetzung ist neben der wirksamen Begründung der Verbindlichkeit für die Gesellschaft, dass der in Anspruch genommene Gesellschafter der Geschäftsaufnahme für die Gesellschaft zugestimmt hat. Fällig wird der Verlustdeckungsanspruch der Vorgesellschaft mit dem Scheitern der Eintragung, dh mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder mit Aufgabe der Eintragungsabsicht durch die Gesellschafter und Beginn der Liquidation der Gesellschaft. Geltend zu machen ist der Verlustdeckungsanspruch durch Gläubiger der Vorgesellschaft aufgrund eines Titels gegen die Gesellschaft und Pfändung des Innenhaftungsanspruchs. In der Insolvenz kann ihn allein der Insolvenzverwalter geltend machen (analog §§ 92 f InsO). Die Begründung des BGH für die Innenhaftung lautet: Dem Gesellschafter seien die Inanspruchnahme iR einer unbegrenzten gesamtschuldnerischen Haftung anstelle einer durch die Anfangsverluste begrenzten anteiligen Verlustdeckungshaftung und auch schon die Rechtsverteidigung gegen eine Klage, die von einem Gesellschaftsgläubiger gegen ihn erhoben werde, nachdem die Gesellschaft selbst die Zahlung abgelehnt habe, nicht zuzumuten559. Man wird einen weiteren Grund vermuten dürfen: Nur wenn die Gesellschafterhaftung als für die Gläubiger mühselig, nämlich durch Klage und Vollstreckung gegen die Vorgesell-

555 ZIP 1996, 590. Der Vorlagebeschluss ist iR einer Revision gegen das Urteil OLG Dresden ZIP 1996, 178 ergangen. Mit seiner Vorlage ist der für Gesellschaftsrecht zuständige Senat in die Vorlage eingetreten, die das BAG (ZIP 1995, 1892) wegen Abweichung von der Rechtsprechung des BSG (ZIP 1986, 645) an den gemeinsamen Senat gerichtet hatte. 556 BGHZ 134, 333. 557 Der BGH ist damit im Ansatz Flume gefolgt, DB 1980, 1781; I/2 § 5 III S 148 ff. 558 Anwendungsfall zur Haftung in den verschiedenen Gründungsstadien: Brauer Fälle zum Kapitalgesellschafts- und Kapitalmarktrecht 2005: Fall 1. 559 BGH NJW 1997, 1507, 1509.

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VIII. Die Vorgesellschaft

schaft zu nutzende, Innenhaftung ausgestaltet wurde, blieb noch ein Sinn für die im Gesetz stehende unmittelbare Außenhaftung der Handelnden (bis zur Eintragung) übrig. Die neue Haftung nennt der BGH Verlustdeckungshaftung. Die bisher sog Differenzhaftung gegenüber der vollendeten juristischen Person tauft der BGH um: Zur Unterscheidung von der Differenzhaftung nach § 9 GmbHG nennt der BGH die Haftung gegenüber der vollendeten GmbH nunmehr „Vorbelastungs- oder Unterbilanzhaftung“560. Für bestimmte Fälle gewährt der BGH561 anstelle der Verlustdeckungs- als Innenhaftung die unmittelbare Außenhaftung:

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(a) Fehlen der Eintragungsabsicht unter Fortbetreiben der Gesellschaft. Erst spricht der BGH nur von dem Fall, dass die Gesellschafter von Anfang an nicht die Absicht hatten, die Gesellschaft in das Handelsregister eintragen zu lassen. Später hat der BGH den Fall ergänzt, dass die Gesellschafter später die Eintragungsabsicht aufgeben, ohne dann die Geschäftstätigkeit sofort zu beenden und die Gesellschaft abzuwickeln562. (b) Vermögenslosigkeit der Gesellschaft563, (c) Klagender Gläubiger einziger Gläubiger, (d) Einmann-Vor-GmbH. Im ersten Fall kommt den Gesellschaftern kein Privileg bzgl der Haftung zu. Im zweiten ist der Gang der Gläubiger über die Klage gegen die Gesellschaft sinnlos. Im dritten Fall ist keine Gläubigerkonkurrenz hinsichtlich eines vorhandenen Gesellschaftsvermögens zu beachten. Im vierten hat der Gesellschafter ohnehin für alle Verbindlichkeiten aufzukommen. Nach der Rechtfertigung der Verlustdeckungshaftung durch den BGH kann es sich im zweiten und dritten Fall nur um eine anteilige, nicht um eine gesamtschuldnerische Haftung der Gesellschafter handeln564.

560 BGH NJW 1997, 1507, 1509. Unterbilanz liegt vor, wenn der Wert der Aktiva nicht die Verbindlichkeiten zzgl des Betrags des Garantiekapitals deckt. Dafür sind die Vermögensgegenstände im Fall der Prognose, dass das Unternehmen fortbestehen wird, zu Fortführungs-, nicht zu Liquidationswerten zu bewerten. Hat die Tätigkeit der Vorgesellschaft schon zum Aufbau einer als Unternehmen anzusehenden Organisationseinheit geführt, ist das Unternehmen im Ganzen zu bewerten (BGHZ 140, 35; DStR 2002, 1538). 561 S NJW 1997, 1507, 1509 unter III 2 b, 3, sodann die Darstellung von Goette, DStR 1996, 518 sowie die Interpretation durch BAG GmbHR 1997, 694, das in seinem Fall die Sache zur Prüfung der Außenhaftung wegen Vermögenslosigkeit der Gesellschaft zurückverweist. 562 BGH NJW 2003, 429. In diesem Fall trete die Außenhaftung auch gegenüber den Gläubigern aus der Zeit des Bestehens der Eintragungsabsicht ein. Zur Verwandlung der Vorgesellschaft in eine normale Personengesellschaft bei Fortsetzung der Gesellschaft trotz Aufgabe der Eintragungsabsicht auch BGH NJW 2008, 2441. 563 Der BGH ergänzt unklar (sub III 2 b): „hat (die Gesellschaft) insbes keinen Geschäftsführer mehr“. Es geht darum, dass die primäre Inanspruchnahme der Vorgesellschaft den Gläubigern nicht zumutbar ist. Das soll offenbar bei Mangel des Vermögens oder der Außenorganisation zutreffen. Bei der Frage nach der Vermögenslosigkeit ist der Innenhaftungsanspruch der Gesellschaft gegen die Gesellschafter auszuklammern. 564 S Altmeppen, NJW 1997, 3273, 3274 unter IV 2. Für anteilige Außenhaftung bei Vermögenslosigkeit BSG NJW-RR 2000, 1125.

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Trotz der Konsequenz der Rechtsfortentwicklung durch den BGH ist der jetzt erreichte Zustand nicht befriedigend565. Mit seiner Figur der Differenz- oder jetzt Vorbelastungs- oder Unterbilanzhaftung genannten Haftung hat der BGH zwar Beifall in der Literatur erhalten566. Die Annahme dieser Haftung hat allerdings in der Begründung eine offene Flanke. Nach dem Gesetz haben die Gründer lediglich ihre Einlagen aufzubringen. Auch was die Sacheinlagen betrifft, stehen die Gesellschafter nach dem Gesetz für die Werthaltigkeit nur zur Zeit der Anmeldung ein (s § 9). Die im Vorstadium zu leistenden Steuern und Gebühren und ein satzungsmäßiger Gründungsaufwand gehen Rechtens vom Betrag der Einlagen ab, die in Höhe des Garantiekapitals zu erbringen sind. Das gesetzliche Recht der Kapitalaufbringung erlegt den Gesellschaftern also keineswegs die Deckung des Garantiekapitals im Zeitpunkt der Eintragung auf 567. Man kann auch nicht sagen, die Differenzhaftung trete nur an die Stelle des gesetzlichen Schutzes der Gesellschaft durch das Vorbelastungsverbot. Das Vorbelastungsverbot galt ja nicht für satzungsmäßig notwendige Geschäfte, also für alle diejenigen Schulden nicht, die bei ordnungsgemäßer Einbringung eines Unternehmens als Sacheinlage anfielen568. Tritt jetzt um einer Patentlösung willen für jede unternehmerische Tätigkeit der Vorgesellschaft die Differenz- oder Unterbilanzhaftung an die Stelle des Vorbelastungsverbots, so wird eine Haftung hinsichtlich der satzungsmäßigen Tätigkeit der Vorgesellschaft neu begründet. Kritisch ist auch die neue Auffassung des BGH von der unbeschränkten Haftung der Gesellschafter der Vorgesellschaft in Gestalt einer Verlustdeckungs-Innenhaftung zu sehen569. Das Haftungsmodell kann zunächst gar nicht funktionieren570. Verlustdeckungshaftung heißt Ausgleich aller Verluste am Gesellschaftsvermögen, die zur Unterdeckung der Verbindlich-

565 Möglicherweise wird die Anwendung des europäischen Gesellschaftsrechts noch Korrekturen erzwingen, s zur Außenhaftung der Handelnden (dh Gesellschafter) nach der SE-VO und dem Vorschlag zu einer SPE oben Rn 172a, 196; sodann Kersting Die Vorgesellschaft im europäischen Gesellschaftsrecht 2000 (Bespr von Hammen, WM 2001, 2183). 566 S etwa K. Schmidt, NJW 1981, 1345. Kritisch zur Differenzhaftung Heerma Mantelverwendung und Kapitalaufbringungspflichten 1997 S 120 ff. 567 Kritisch gegen die Bezugnahme der Vorbelastungshaftung nach der hM auf den Zeitpunkt der Eintragung zu Recht K. Schmidt § 34 III 4 c S 1029. K. Schmidt (S. 1030 f) will die Lösung auf operative Verluste beschränken, das heiße auf die Nichterfüllbarkeit der Verbindlichkeiten des Vorstadiums aus freiem Vermögen, während, wie § 9 GmbHG zeige, eine bloße Entwertung eingebrachter Gegenstände in der Zeit zwischen Einbringung und Eintragung die Haftung nicht auslöse. Aber erstens ist nach § 9 GmbHG der Zeitpunkt der Anmeldung und nicht der der Einbringung maßgeblich, zweitens geht es nicht um eine Erfüllung von Verbindlichkeiten aus freiem Vermögen, sondern um die Frage, inwieweit bei Erfüllung der Verbindlichkeiten aus dem Vorstadium noch Aktivawerte in Höhe der neuen Verbindlichkeiten zuzüglich des Garantiekapitals vorhanden sind und wirkt sich drittens ersichtlich jene Entwertung auf die Deckung von Verbindlichkeiten und Garantiekapital aus. Viertens sind operative Verluste nicht nur Verluste aufgrund von Verbindlichkeiten (s § 275 II Nr 14, 275 III Nr 13 HGB). 568 S nur Ulmer/Ulmer § 11 Rn 86 ff. 569 Zutreffend Beuthien, WM 2002, 2261, der BGH habe sein Haftungsmodell nur zufällig, weil er eine VorGmbH zu behandeln gehabt habe, analog zur Kapitalaufbringung bei der Kapitalgesellschaft entwickelt. Bei einer Vorgenossenschaft wäre er nicht auf die Idee gekommen. Die Grundsätze der persönlichen Verantwortlichkeit bis zur Entstehung der juristischen Person seien aber allgemeiner Natur. Zur Alternative zwischen Innen- und Außenhaftung Zöllner, FS Wiedemann 2002, 1383. 570 Altmeppen hat (zusammenfassend NJW 1997, 3272) das Innenhaftungskonzept geradezu ad absurdum geführt. Kritisch auch Zöllner, FS Wiedemann (Vorn).

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keiten geführt haben, dh Herstellung eines Vermögens, das zur Tilgung aller Schulden der Gesellschaft ausreicht. Die Gesellschafter müssen also letztlich doch für alle Schulden aus dem Vorstadium aufkommen. Sie haften darauf nach dem Konzept des BGH der Gesellschaft pro rata, wobei die Anteile nach dem Gesamtbetrag der nicht gedeckten Verbindlichkeiten berechnet werden. In diesen Anspruch der Gesellschaft gegen den einzelnen Gesellschafter auf Zahlung einer Quote der Unterdeckung der gesamten Verbindlichkeiten können die Gläubiger vollstrecken571. Jeder vollstreckende Gläubiger kann sich aus dem hinsichtlich des gesamten Unterdeckungsbetrags bestehenden Quotenanspruchs der Gesellschaft gegen den Gesellschafter wegen seines Anspruchs befriedigen. Damit haftet der Gesellschafter ihm zwar mittelbar, aber nicht quotal, was den einzelnen Gläubigeranspruch betrifft, sondern je nach Gesamtunterdeckung aller Verbindlichkeiten und seiner Quote daran mehr oder weniger unbeschränkt572. Sodann ist das Konzept des BGH ohne gesetzliche und rechtliche Grundlage573. Schon das Nebeneinander von Grundsatz und Ausnahmefällen zeigt das. Sodann kann für die grundsätzliche Innenhaftung die Vorbelastungs-(Unterbilanz)-Haftung gegenüber der entstandenen juristischen Person als Grundlage nicht dienen. Diese bedarf selbst der Begründung und ist deshalb nicht Ausgangspunkt für eine Ausdehnung auf die Rechtsverhältnisse der Vorgesellschaft. Wir haben gesehen, dass sich die Unterbilanzhaftung mit der gesetzlichen Regelung der Kapitalaufbringung nicht begründen lässt. Sucht man nach einer Begründung der Vorbelastungs-(Unterbilanz)-Haftung, so ergibt sich diese, aber auch ihr genauer Umfang, gerade aus dem Prinzip der unbeschränkten Haftung der im Wirtschaftsverkehr Handelnden, welches der BGH in seinen neuen Entscheidungen als Grundsatz anerkennt, dann aber mit der Statuierung einer Innenhaftung verletzt. Es ergibt sich also gerade entgegen dem Vorgehen des BGH die Vorbelastungshaftung aus der unbeschränkten gesamtschuldnerischen Außenhaftung bei der Vorgesellschaft und ist nicht

571 Im Insolvenzverfahren macht ihn der Verwalter geltend. 572 Ganz undurchdacht ist auch das Argument des BGH, dass bei Außenhaftung möglicherweise der Gesellschafter sich allein gegen eine Klage eines Gesellschaftsgläubigers verteidigen müsse. Richtet ein Gläubiger tatsächlich, was schon ganz unwahrscheinlich ist, die Klage gegen den Gesellschafter allein, so kann der Gesellschafter der Gesellschaft mit Rücksicht auf seinen Regressanspruch den Streit verkünden (§§ 68 ff, 74 ZPO). S Altmeppen, NJW 1997, 3272 unter III 1. 573 S Wilhelm, GS Knobbe-Keuk 1997, 321, 331 ff, 354 ff; s auch Wilhelm, DB 1996, 921, 922. Im rechtlichen Endergebnis laufen zwar, wie gesehen, Außen- und Innenhaftung auf das Gleiche hinaus: Die Gesellschafter müssen für die gesamten Verbindlichkeiten aufkommen. Dafür ist aber die Außenhaftung der rechtlich begründete Weg. Und er ist auch sachlich richtig: Es ist Sache der unternehmerisch tätigen Gesellschafter, für den Schuldendienst aus dem Gesellschaftsvermögen zu sorgen, nicht dagegen Sache des Gläubigers, Verlustausgleichsansprüche der Gesellschaft gegen ihre Gesellschafter ausfindig zu machen (wozu er die Vermögenslage der Gesellschaft, sodann die im maßgeblichen Zeitpunkt der Gesellschaft angehörigen Gesellschafter, das Verlustanteilsverhältnis unter den Gesellschaftern und schließlich zusätzlich, weil der Ausfall eines Gesellschafters den Verlustanteil der anderen erhöht, die Solvenz der Gesellschafter ausfindig machen muss), sodann in die Verlustausgleichsansprüche zu vollstrecken und dann erst gegen den Gesellschafter vorzugehen. Der BGH erreicht auf seinem Weg einen tatsächlichen Unterschied: Dass nämlich Gläubiger auf dem ihnen vom BGH gewiesenen Weg vorzeitig aufgeben (insbes, wenn die verschiedenen Wege prozessual durchgesetzt werden müssen) und es so zu einer Risikominderung der Gesellschafter auch im Ergebnis kommt. Das ist Haftungsfreistellung ohne Rechtsgrund. Es kann nach allem nicht verwundern, dass aufgrund der neuen Linie des BGH in der Rechtsprechung keineswegs Ruhe eingekehrt ist: Für die gesamtschuldnerische Außenhaftung der Gesellschafter LSG Baden-Württemberg ZIP 1997, 1651 mit Anm Altmeppen und LAG Köln NZA-RR 1997, 375.

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umgekehrt diese analog jener zu beschränken. Nur weil nämlich die Gesellschafter der Vorgesellschaft nach dem Prinzip der unbeschränkten Haftung für die Schulden der Vorgesellschaft haften, ergibt sich ihre Haftung gegenüber der juristischen Person nach deren Entstehung: Die Gesellschafter haften der juristischen Person deshalb, weil die juristische Person mit den Verbindlichkeiten der Vorgesellschaft belastet wird und damit Verbindlichkeiten trägt, die aufgrund der Haftung der Gesellschafter der Vorgesellschaft an sich diese tragen müssten. Die Vorbelastungshaftung ist der Ausgleich für die ungerechtfertigte Belastung der juristischen Person mit den Verbindlichkeiten der Vorgesellschaft. Folglich ist sie der Sache nach ein Anspruch der juristischen Person gegen ihre Gesellschafter wegen Bereicherung in sonstiger Weise (§ 812 I 1 2. Var BGB). Daraus ergibt sich die notwendige Begrenzung der Vorbelastungs-(Unterbilanz)-Haftung. Sie kann nur eine wirkliche Haftung auf Ausgleich der im Vorstadium entstandenen Verbindlichkeiten sein. Eine Haftung für jede Unterbilanz, auch die durch den sonstigen Verlust am Vermögen der Gesellschaft, also den Verlust durch Entwertung oder Zerstörung von Vermögensgegenständen, kann die Gesellschafter, sofern sie entweder bar eingezahlt haben oder – bei Sacheinlagen – der Wert im Zeitpunkt der Anmeldung den Einlagebetrag erreicht hat (s § 9 I GmbHG), nicht treffen574. Folglich ergibt sich für die Vorgesellschaft die unverfälschte Anwendung des Prinzips, dass jeder im Wirtschaftsverkehr Tätige für sein Handeln und die dadurch begründeten Verbindlichkeiten unbeschränkt haftet, sofern und solange er nicht eine andere Vereinbarung mit dem einzelnen Gläubiger oder einen gesetzlichen Status der beschränkten Haftung erreicht. Handeln mehrere zusammen, so ergibt sich unter jenem Vorbehalt die unmittelbare gesamtschuldnerische Haftung. Die gesetzliche Handelndenhaftung ordnet sich wie folgt ein: Die Haftung der einzelnen Gesellschafter der Vorgesellschaft setzt deren Zustimmung dazu voraus, dass die Gesellschaft den Geschäftsbetrieb aufnimmt. Durch ihre Zustimmung werden die Gesellschafter Handelnde. Sofern nicht alle Gesellschafter zugestimmt haben, haftet der Geschäftsführer mit als Handelnder entsprechend der Vertreterhaftung nach § 179 BGB575.

IX. Wirtschaftliche Neugründung (Mantel- und Vorratsgründung) 1. Gründung der Gesellschaft noch nach der Gründung der Gesellschaft? 397

Die Anwendung des Gründungsrechts ist mit der Darstellung der Gründung einer Kapitalgesellschaft noch nicht beendet. Eine schon gegründete Kapitalgesellschaft kann erst in Zukunft mit einem Unternehmen auszufüllen sein oder in Zukunft zu ganz anderen unternehmerischen Zwecken als bisher benutzt werden, indem die Anteile auf neue Investoren übertragen werden und diese in der Gesellschaft ein neues Unternehmen aufbauen. Man spricht im ersten Fall von einer Vorrats-, im zweiten von einer Mantelgründung576. Zu fragen ist, ob auf diese Vorgänge das Gründungsrecht analog anzuwenden ist. Schon bei der Ausweitung der Kapitalgrundlagen einer Gesellschaft durch eine Kapitalerhöhung gegen

574 Dazu Wilhelm, GS Knobbe-Keuk 1997, 321, 366. 575 § 11 II GmbHG überträgt also den Gedanken des § 179 BGB auf einen entsprechenden Fall, tritt aber nicht an dessen Stelle (etwa für den Fall, dass ein Geschäftsführer ohne jede Vertretungsmacht handelt), zu Letzterem zutr André Meyer, GmbHR 2002, 1176. 576 S o Rn 198, auch zu den Begriffen. Anwendungsfall zum Recht der Mantelgründung bei Brauer Fälle zum Kapitalgesellschafts- und Kapitalmarktrecht 2005: Fall 2.

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Einlagen war von Umgründung zu sprechen und zu zeigen, dass das Gesetz für die Kapitalerhöhung gegen Einlagen Regeln vorsieht, die den Gründungsregeln weitgehend entsprechen577. Allerdings knüpft das Gesetz selbst diese Regeln an, und es knüpft sie an die formellen Strukturmaßnahmen der Satzungsänderung und der Ausgabe neuer Anteile gegen Einlageversprechen an. Betreffs der Vorrats- oder Mantelgründung stellt sich demgegenüber das Analogieproblem.

2. Die Vorfrage der Eintragbarkeit und Wirksamkeit einer Vorratsgesellschaft In den Fällen, dass eine Gesellschaft schon für erst in der Zukunft liegende Zwecke gegründet wird (sog Vorratsgesellschaft), ist zunächst zu fragen, ob eine solche Gesellschaft überhaupt ungeachtet des Fehlens eines aktuellen Unternehmenszwecks einzutragen und, wenn eingetragen, wirksam ist. Der BGH hat die Eintragung einer auf Vorrat gegründeten Aktiengesellschaft in das Handelsregister in dem Fall versagt, dass der gemäß § 23 III Nr 2 AktG in der Satzung festzulegende Unternehmensgegenstand578 fiktiv sei. Werde hingegen die Vorratsgründung offengelegt, indem etwa die Verwaltung des eigenen Vermögens als Gegenstand bestimmt werde, sei gegen die Vorratsgründung als solche nichts einzuwenden579. Auch im Fall des fiktiven Gegenstands besteht nur die Möglichkeit, die Eintragung zu verweigern. Ist eingetragen, so ist die Bestimmung des Unternehmensgegenstands zwar nach § 117 BGB unwirksam, dies begründet aber nur die Möglichkeit der Nichtigkeitsklage und der Löschung als nichtig von Amts wegen, die zur Auflösung der Gesellschaft führen können (§§ 275, 277 AktG, 75 GmbHG). Der Fehler betreffs des Gegenstands kann auch noch geheilt werden, § 276 AktG, § 76 GmbHG.

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3. Analoge Anwendung der Gründungsvorschriften Was sodann die Frage der analogen Anwendung der Gründungsvorschriften bei Verwendung einer Vorratsgesellschaft oder bei einer Mantelgründung betrifft, bejahen Rechtsprechung und hM unter dem Stichwort „wirtschaftliche Neugründung“ die analoge Anwendung der Gründungsvorschriften auf beide Fälle580. Für die Vorrats-GmbH hat der II. Zivilsenat ausgeführt: Würden im Rahmen der Neuverwendung der GmbH Tatsachen wie Firmen- oder Satzungsänderung zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet, habe das Registergericht analog § 9c GmbHG die Erfüllung der Anmeldevoraussetzungen gemäß dem Gründungsrecht (§ 8 GmbHG) zu überprüfen und bei Nichterfüllung eines Erfordernisses die Ein-

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O Rn 273 ff. Für die GmbH ist die Festlegung nach § 3 I Nr 2 GmbHG erforderlich. BGHZ 117, 323, 333 ff. Grundlegende Entscheidung für die analoge Anwendung der Gründungsvorschriften auf die VorratsGmbH BGHZ 153, 158; sodann für die Anwendung auf die Mantelgründung BGHZ 155, 318. Darstellung bei K. Schmidt, NJW 2004, 1345 ff und der Literatur bei K. Schmidt § 4 III S 66 ff. Gegen die analoge Anwendung der Gründungsvorschriften BayObLG DB 1999, 954 = GmbHR 1999, 607; OLG Frankfurt GmbHR 1992, 456. Die Haftungskonsequenzen daraus, dass die Verwendung der Vorratsgesellschaft als Neugründung zu behandeln ist, stehen in Konkurrenz zu der Haftung des Anteilserwerbers neben dem Veräußerer nach allgemeinem Gründungsrecht (§ 16 III aF – § 16 II nF – GmbHG bei Fehlen der Voraussetzungen der Erbringung einer Bareinlage, verbotener Hin- und Herzahlung), OLG Oldenburg ZIP 2008, 267.

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tragung abzulehnen581. Dies impliziert, dass die Ansprüche auf die Einlageleistungen nach dem Gesellschaftsvertrag wieder aufleben582. Zusätzlich wendet der BGH den Schutz auf der (materiell-rechtlichen) Haftungsebene, dh durch die Handelndenhaftung (§ 11 II GmbHG) und die vom Senat entwickelte Unterbilanzhaftung, an583. Aus dem für die Unterbilanzhaftung bestimmten maßgeblichen Zeitpunkt folgt über die Unterbilanzhaftung hinaus, dass der Senat für die Geschäfte mit der Vorrats- oder Mantelgesellschaft vor diesem Zeitpunkt die Verlustdeckungshaftung anwenden will, die nach der Rechtsprechung die Gesellschafter einer Vor-GmbH trifft. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung einer Unterbilanz ist nämlich nach Auffassung des BGH nicht wie im Fall der Gründung der Zeitpunkt der Eintragung (bei Gründung: der angemeldeten Gesellschaft), sondern der Zeitpunkt der Anmeldung der Tatsachen, aus denen sich die wirtschaftliche Neugründung ergibt, zum Handelsregister584. Bis zu diesem Zeitpunkt drohe die auf diesen Zeitpunkt abgestellte Unterbilanzhaftung. Für die Entwicklung der Gesellschaft nach diesem Zeitpunkt sei die Unterbilanzhaftung nicht mehr anzuwenden. Da die Zeit vor jenem Zeitpunkt, insbesondere dann, wenn die Anmeldung der zur Neugründung gehörenden Tatsachen hinausgeschoben wird, nicht haftungsfrei sein kann, bleibt für diese Zeit nur die Verlustdeckungshaftung wie bei einer Vorgesellschaft übrig. Darauf deutet auch die Formulierung des BGH hin, dass vor der Anmeldung der zur wirtschaftlichen Neugründung gehörenden Tatsachen die Handelndenhaftung für den Fall gelte, dass nicht alle Gesellschafter der Geschäftsaufnahme zugestimmt hätten. Wenn alle Gesellschafter zugestimmt haben, gilt statt der Handelndenhaftung die Haftung der Gesellschafter wie bei der Vorgesellschaft. Streitig unter den Verfechtern der analogen Anwendung des Gründungsrechts auf die Mantel- und die Vorratsgründung war, ob für die Kapitalaufbringung das gesetzliche Mindestkapital (§§ 7 AktG, 5 I GmbHG) oder das in der Satzung der Mantelgesellschaft

581 BGH NZG 2003, 170. Im Fall hatten nach dem Erwerb der Anteile an einer auf Vorrat gegründeten GmbH die neuen Gesellschafter die Änderung der Satzung iS eines neuen Sitzes, einer neuen Firma und eines neuen Unternehmensgegenstands (Eintragung erforderlich nach § 54 GmbHG) sowie die Abberufung des alten Geschäftsführers und die Bestellung eines neuen (Eintragung erforderlich nach § 39 GmbHG) zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet. Das Registergericht hatte die Eintragung abgelehnt, weil die nach § 8 II GmbHG erforderliche Erklärung über die Erbringung der nach § 7 II und III GmbHG notwendigen Leistungen und über die freie Verfügbarkeit des Leistungsgegenstandes für die Geschäftsführung fehle. 582 Nach OLG Hamburg ZIP 2004, 2431 müssen die in § 7 II, III GmbHG bezeichneten Leistungen bewirkt sein und sich zur endgültig freien Verfügung der Geschäftsführer befinden. Man muss annehmen, dass die Ansprüche aus dem Gesellschaftsvertrag wieder aufleben (ob in Höhe des gesellschaftsvertraglichen Kapitals oder des gesetzlichen Mindestkapitals, ist streitig, s u Rn 401). Schwierigkeiten bereitet der Fall, dass im Gesellschaftsvertrag – selbstverständlich bezogen auf den vergangenen Gründungszeitpunkt – Sacheinlagen vereinbart waren. 583 BGHZ 153, 158 behält die Anwendung vor; BGHZ 155, 318 entscheidet sich dafür, ebenso OLG Schleswig ZIP 2007, 822; OLG Köln GmbHR 2008, 704 gibt mit Entscheidung, die durch Revision beim BGH angegriffen ist, einen Rückwirkungsschutz. Zur Unterbilanz- oder Vorbelastungshaftung BGHZ 80, 129, 140; 105, 300, 303; 134, 333 (s o Rn 379 f, 388). 584 BGHZ 155, 318. Argument: Die Eintragungen seien nicht wie bei der Gründung einer Gesellschaft für deren Existenz konstitutiv. Schutz in Fällen aus der Zeit vor der Entscheidung: Beginn der Verjährung der Unterbilanzhaftung, deren Frist analog § 9 II GmbHG zu bemessen sei, nicht erst mit Anmeldung, sondern bereits mit dem „Vorgang“ der wirtschaftlichen Neugründung (BGH DStR 2008, 933).

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bestimmte Kapital auch dann, wenn es höher ist, maßgeblich ist585. In seinem die Mantelgründung betreffenden Beschluss hat sich der II. Zivilsenat für die Maßgeblichkeit des statutarischen Kapitals entschieden586.

4. Kritik Die Rechtsprechung des BGH zur Vorrats- und Mantelgründung reiht sich ein in die schon zur Figur der verdeckten Sacheinlage beobachtete und kritisierte Tendenz der Rechtsprechung, die Vorschriften zur Kapitalaufbringung bei den Kapitalgesellschaften ohne Rücksicht auf die auf möglichst weitgehende Rechtsklarheit und Handlungsfreiheit bedachte Regelung des Gesetzes vor Umgehung zu sichern587. Überzeugend ist diese Tendenz auch hier nicht588. Sie ist mit dem Gründungsrecht (und dem Recht der Umgründung durch Kapitalerhöhung) nicht vereinbar. Die Regelung der Gründung hat klare Kriterien, diese sind auf die Entstehung eines Rechtsträgers (oder: bei der Kapitalerhöhung auf die Änderung der Kapitalregelung) bezogen und nicht auf die Entstehung eines Unternehmens589. Jenseits der gesetzlichen Kriterien droht auch kein Vakuum hinsichtlich der mit der Regelung verfolgten Zwecke, welches mit einem Umgehungsschutz gefüllt werden müsste. Vielmehr greift dort ein anderes Schutz- und Sanktionsregime ein. Geschützt ist die Gesellschaft (und sind damit die Gesellschaftsgläubiger) durch das allgemeine Bereicherungs- und das Schädigungsverbot590. Entgegen der Figur der wirtschaftlichen Neugründung beschränkt sich das Gesetz darauf, die präventive Sicherung der Kapitalausstattung des Rechtsträgers für den Zeitpunkt seiner Entstehung (oder des Wirksamwerdens der Kapitalerhöhung) zu gewährleisten. Dazu gehört bei der Gründung, dass die Gesellschaft von ihren Gesellschaftern von Verbindlichkeiten aus dem Entstehungsstadium entlastet werden muss. Vom Zeitpunkt der Entstehung an existiert die Gesellschaft aber mit allen Höhen und Tiefen. Ob sie nach einem unternehmerischen Stillstand von den bisherigen oder von neuen Gesellschaftern, ob im Rahmen des bisherigen Unternehmensgegenstands oder unter Setzung eines (etwas, sehr, gänzlich?) veränderten Gegenstands belebt wird und wie lange der Stillstand in der Zwischenzeit gedauert hat, kann 585 Nur Anwendung der Vorschriften über Mindeststammkapital und Mindeststammeinlagen nach OLG Schleswig GmbHR 2002, 1135. Maßgeblichkeit des satzungsmäßigen Kapitals OLG Frankfurt GmbHR 1999, 32, 33. 586 BGHZ 155, 318. 587 Dazu Wilhelm, ZHR 167 (2003), 521 ff. Unerklärlich ist, wieso das OLG Düsseldorf ZIP 2003, 1501 sogar die Vorschrift des § 16 III (jetzt II) GmbHG über die Haftung des Anteilserwerbers für rückständige Einlagen durch die Behandlung des Mantelerwerbs als Neugründung vor Umgehung sichern will. § 16 GmbHG setzt nicht, wie das OLG sagt, den Erwerb an einer neu gegründeten Gesellschaft voraus. 588 Überzeugend Heerma Mantelverwendung und Kapitalaufbringungspflichten 1997, s dens, GmbHR 1999, 640 ff. Kritisch auch Kleindiek, FS Priester 2007, 369. 589 Zutreffend K. Schmidt, NJW 2004, 1345, 1350 f. 590 Zu den Verboten oben Rn 312 ff betreffend die weitere Umgehungsrechtsprechung zur verdeckten Sacheinlage. Mit entsprechendem Hinweis gegen das Analogiekonzept Heerma Mantelverwendung und Kapitalaufbringungspflichten 1997 S 147 ff; ders, GmbHR 1999, 640, 642; Wilhelm, ZHR 167 (2003), 521, 531; K. Schmidt, NJW 2004, 1345, 1352 f (K. Schmidt und Wilhelm mit Vorschlägen für eine Erweiterung der Existenzvernichtungshaftung und der Insolvenzverschleppungshaftung). Ebenso Roth/Altmeppen/ Roth § 3 Rn 14. In NZG 2003, 145 ff bleibt Altmeppen bei der Ablehnung des Analogiekonzepts für die Mantelverwendung, während er im Fall der Verwendung einer auf Vorrat gegründeten Gesellschaft dem II. Senat folgt (S 146). Seine Begründung ist, dass die Erklärung nach § 8 II GmbHG hier nicht die geringsten Probleme bereiten dürfe. Wenn das aber nicht der Fall ist, ist die Erklärung unnötig. Soweit das doch der Fall ist, gilt nichts anderes als sonst bei der Mantelgesellschaft.

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C. Die Gründung der AG und der GmbH

nicht erheblich sein591. Ebenso ist eine Prüfung von Einzelanmeldungen betreffend eine Gesellschaft (zu Firma, Sitz, Unternehmenszweck, sonstigen Satzungsänderungen, Änderung der Geschäftsführung) im Hinblick darauf, ob und wann sie den Gesamteindruck einer wirtschaftlichen Neugründung rechtfertigen, nicht im Sinne von Rechtssicherheit und Praktikabilität592. Erst recht kommt keine Belastung der Gesellschafter oder „Handelnder“ mit Verbindlichkeiten aus dem Stadium vor der – wann immer zu bejahenden – Offenlegung der „wirtschaftlichen Neugründung“ in Betracht: Die Verbindlichkeiten sind auch aus der Warte der Gläubiger für eine existente Gesellschaft eingegangen. Der Tatbestand der „Neugründung“ kann für „Handelnde“ oder Gesellschafter durchaus offen sein, was insbesondere ein mit unabsehbaren Risiken verbundenes Verharren und Wirtschaften in dem Zustand, der dann im Nachhinein als Neugründung gewertet werden könnte, zur Folge haben kann. Bisher war anerkannt, dass die Gesellschafter die Auflösung ihrer Gesellschaft beschließen, diesen Beschluss aber auch wieder rückgängig machen können. Gesellschafter, die das Letztere überlegen, müssen in Zukunft sehr genau abwägen, ob sie mit ihrem Beschluss nicht Gefahr laufen, die volle Härte der analogen Anwendung des Gründungsrechts auf sich zu ziehen. Das alles sollte nicht in Betracht kommen.

591 Überzeugend Altmeppen, NZG 2003, 145, 148. Abschreckend die Abgrenzung, die das OLG Jena durchführen will: Die wirtschaftliche Neugründung sei abzugrenzen sowohl von der Sanierung einer „dahindümpelnden“ GmbH als auch von einer Umstrukturierung (ZIP 2004, 2327 ff). Das OLG sucht nach „Indizien“ für eine wirtschaftliche Neugründung in Gestalt von „Veränderungen, die häufig – aber nicht notwendig – auch kumulativ auftreten“. Es bejaht in seinem Fall genügende Indizien, obwohl die Gesellschaft, eine Getränkehandels-GmbH, zwar ihre Getränkeanlagen verkauft und den Getränkehandel zwei Jahre lang nicht betrieben, aber dann vom bisherigen Gesellschafter selbst wieder aufgenommen worden war und in der Zwischenzeit immerhin die Forderung aus dem Verkauf der Anlagen als Darlehensforderung „verwaltet“ hatte. Das Gericht überlegt, ob den beklagten Alleingesellschafter die Vorbelastungshaftung für alle Verbindlichkeiten der (im Insolvenzverfahren befindlichen) GmbH treffe, die vor dem Zeitpunkt der Erklärungen, die analog §§ 7 III, 8 II GmbHG abgegeben werden müssten, entstanden seien (dies führt zur persönlichen Haftung bis zum St-Nimmerleins-Tag, wenn die Gesellschafter nicht von genügenden Indizien für eine wirtschaftliche Neugründung ausgehen und deshalb derartige Erklärungen unterlassen). Das Gericht erwägt einen Vertrauensschutz im Hinblick auf die erst vor kurzem erfolgte Feststellung des BGH zur Mantelgründung. Mindestens komme freilich die Haftung auf die Differenz zwischen Stammkapitaldeckung (fraglich, ob hierzu vom Mindestkapital auszugehen sei) und tatsächlichem Vermögen der GmbH im Zeitpunkt der Aufnahme der unternehmerischen Tätigkeit (dokumentiert durch Anmeldung einer etwaigen Satzungsänderung) in Betracht. Dazu stellt das Gericht Erwägungen über anrechenbare Forderungen der GmbH an. Das Gericht hat seine Überlegungen nicht zu Ende geführt; für die Zusprechung der Klage reiche die Verpflichtung des Gesellschafters zur nochmaligen Einzahlung der Stammeinlage aus; dies wird mit Argumenten hinsichtlich der freien Verfügbarkeit der bisherigen Zahlungen des Gesellschafters begründet. Das Urteil ist aus dem Dickicht der gängigen Umgehungserwägungen zum Gründungsrecht zu erklären und zeigt deutlich, dass diese kein Ruhmesblatt sind. 592 S nur OLG Schleswig ZIP 2007, 822, 823, das auf eine Gesamtschau von Indizien im Hinblick darauf abstellt, ob „in irgendeiner noch gewichtbaren Weise“ (Formulierung des BGH) an den bisherigen Geschäftsbetrieb angeknüpft werde.

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D. Der Schutz des Vermögens der durch Eintragung entstandenen AG und der GmbH

I. Die Schutztatbestände und das zur Erhaltung des gezeichneten Kapitals erforderliche Vermögen 1. Die Kapitalaufbringung und der Grundtatbestand der Kapitalerhaltung An das Thema der Kapitalaufbringung bei der Gründung und der Kapitalerhöhung schließt sich das Thema der Kapitalerhaltung an. Ist die Gesellschaft ordnungsgemäß mit Eigenkapital ausgestattet worden, so geht es in der Folge um die Erhaltung des Eigenkapitals, wenn die Gesellschaft nicht aufgelöst ist (sog werbende Gesellschaft). § 30 I 1 GmbHG formuliert: „Das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft darf an die Gesellschafter nicht ausgezahlt werden.“ § 57 I 1 AktG meint zunächst einmal dasselbe, wenn er sagt: „Den Aktionären dürfen die Einlagen nicht zurückgewährt werden.“ 593 Mit der Erhaltung des „Kapitals“ geht es um die Erhaltung eines Eigenkapitals in Höhe des Grundoder Stammkapitals. Man nennt das Grund- und das Stammkapital auch Garantiekapital 594. § 266 III A I HGB gebraucht für Grund- und Stammkapital den Oberbegriff „gezeichnetes Kapital“. Darauf nehmen die Bilanzvorschriften der §§ 152 I 1 AktG, 42 I GmbHG Rücksicht. § 272 I 1 HGB definiert das gezeichnete Kapital als „Kapital, auf das die Haftung der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Kapitalgesellschaft gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft beschränkt ist“. Rechtlich ist aber weder eine Haftungsbeschränkung begründet, noch werden Grundoder Stammkapital garantiert. Die Gesellschafter der Kapitalgesellschaft haften für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft vorbehaltlich von besonderen Tatbeständen persönlicher Haftung überhaupt nicht. Was die Zeichnung von Kapital bedeutet, ergibt sich, wenn man die Vermögensbindung bei der Kapitalgesellschaft genau betrachtet. Dabei ist Vermögen iS des Inbegriffs von Rechten und sonstigen Vermögensgegenständen einerseits und Kapital iS des Vermögens, dieses betrachtet andererseits nach seiner wertmäßigen mittelbaren Zuordnung, zu unterscheiden. Dann löst sich zugleich die Garantievorstellung auf. „Garantiekapital“ bedeutet, dass die Gesellschaft in Höhe des Grund- oder Stammkapitals Eigenkapital aufweisen soll, dh dass in dieser Höhe der Wert des Vermögens die Verbindlichkeiten und

593 Das AktG formuliert aber nicht glücklich. Das sieht man schon an § 57 I 2, der die Formulierung des Abs 1 S 1 korrigieren muss. Weiter zeigt § 93 III Nr 1 AktG die ungenaue Wortwahl des Gesetzes. Dort spricht das AktG von der Rückgewähr von Einlagen, meint aber jeden Verstoß gegen § 57 AktG, Hüffer § 93 Rn 23. Und Zahlungen der AG an die Gesellschafter sind über § 57 I 1 hinaus verboten (s § 57 III). Auch § 57 I 1 selbst erfasst mehr als das in Höhe des Grundkapitals aufgebrachte Vermögen. Der Begriff Einlage umfasst auch das sogenannte Agio, also den über den Nennbetrag der Aktie hinaus gezahlten Einlageteil im Fall einer sogenannten Überpari-Emission. Am besten geht man von der Aussage des § 30 I 1 GmbHG aus, die auch den Kern des Verbots des § 57 I 1 AktG ausmacht, und ergänzt, was das AktG zusätzlich in die Vermögensbindung nach Aktienrecht einbezieht. 594 Michalski/Fleischer Syst Darstellung 6 Rn 61. Von Garantiefonds sprechen Hachenburg/Goerdeler/Welf Müller § 30 Rn 15.

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D. Der Schutz des Vermögens der AG und der GmbH

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sonstigen Belastungen der Gesellschaft595 übersteigen soll. Durch die gesetzliche Aufbringung und Erhaltung des Kapitals wird dies aber keineswegs garantiert. Die sog Aufbringung des Grund- oder Stammkapitals bedeutet, so haben wir gesehen, nichts weiter, als dass nach den Vorschriften über die Gründung und die Kapitalerhöhung von den Gesellschaftern in Höhe des Grund- oder Stammkapitalbetrags (bzw nach dem Maß seiner Erhöhung) Einlagen, dh die Leistung von Vermögensgegenständen in einer bestimmten Höhe, zu übernehmen sind. Voraussetzung der Eintragung der Gesellschaft und der Kapitalerhöhung596 ist, dass die Gesellschafter in Höhe des (Erhöhungs-)Betrages Geld oder Sacheinlagen übernommen und mindestens in Höhe der vorgeschriebenen Mindestleistungen eingebracht haben. In der restlichen Höhe bleiben sie zur Einlage verpflichtet. Die geleisteten Einlagen und die übrig bleibenden Einlageforderungen gehören zu den Aktiva der Gesellschaft. Ob und in welcher Höhe sich aus diesen Aktiva ein Eigenkapital der Gesellschaft ergibt, hängt vom Wert der Aktiva und weiter dem Gesamtvermögensstand der Gesellschaft ab. Eigenkapital ist ja derjenige Wert des Vermögens, der nach Abzug der Verbindlichkeiten und sonstigen Belastungen der Gesellschaft übrig bleibt. Schon weil nun die offen bleibenden Einlageforderungen selbst – das Gleiche gilt für etwaige Forderungen der Gesellschaft aus der Vorbelastungshaftung – in ihrer Realisierbarkeit von der Vermögensentwicklung bei den haftenden Gesellschaftern abhängig und deshalb unsicher sind, ist mit der Kapitalaufbringung nicht jedenfalls ein Eigenkapital der Gesellschaft in Höhe des gezeichneten Kapitals erreicht. Nur bei erheblichen Zweifeln an der Leistungsfähigkeit der Gesellschafter im Zeitpunkt der Prüfung hat das Registergericht die Eintragung abzulehnen. Andernfalls wird eingetragen, und dann ist offen, ob die Forderungen die Aktivaseite in Höhe ihres Nominalbetrags verstärken. Was sodann die Kapitalerhaltung oder, wie man auch sagt, Vermögensbindung betrifft, bedeutet auch diese nicht die Garantie eines Eigenkapitals in Höhe des Grund- oder Stammkapitals. Nach § 30 I 1 GmbHG darf das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der GmbH an die Gesellschafter nicht ausgezahlt werden597. Zahlungen, die dem Verbot des § 30 zuwider geleistet sind, müssen nach § 31 I GmbHG der Gesellschaft erstattet werden. Dieser Anspruch ist auch der Kernbereich des Anspruchs aus §§ 57 I 1, 62 I AktG. Die aktienrechtliche Vermögensbindung geht nur noch darüber hinaus. Hier sind die Tatbestandsmerkmale des Anspruchs aus §§ 31 I, 30 I 1 GmbHG festzustellen. Die nähere Erörterung findet sich in den weiteren Abschnitten. Die Tatbestandsmerk-

595 Auch in Höhe etwaiger Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten und drohende Verluste aus schwebenden Geschäften (§ 249 I HGB) ist das Vermögen nicht Eigenkapital. 596 Bei der AG: der Durchführung der Kapitalerhöhung (§ 188 AktG); vorher oder zugleich (§ 188 IV) ist der Kapitalerhöhungsbeschluss einzutragen (§ 184). 597 Die Vermögensbindung ist signifikant unterschieden von der Rechtslage bei der OHG, §§ 120, 121 HGB. – Zum Verhältnis der Kapitalerhaltung zu kapitalmarktrechtlichen Ansprüchen eines Aktionärs gegen die AG u Rn 691. – Die Einlageleistung des Gesellschafters ist nicht den Anfechtungstatbeständen entzogen: Hat ein Gesellschafter seine Einlage in Verwirklichung eines Tatbestands nach dem AnfG oder der InsO (vormals KO) geleistet, so kann dem Anfechtungsanspruch der Gläubiger nicht der Kapitalschutz nach § 30 I GmbHG entgegengehalten werden, RGZ 24, 14; 74, 16; BGHZ 128, 184; zustimmend Hüttemann, GmbHR 2000, 357 ff. – Vorrang gegenüber §§ 30, 31 GmbHG (in der Anwendung auf die Darlehenshingabe einer als Gesellschafterin beteiligten staatlichen Förderbank) hat das Europäische Beihilferecht. So BGH DB 2007, 2133. Nach dem MoMiG ist freilich inzwischen die Anwendung der §§ 30, 31 GmbHG auf Gesellschafterdarlehen entfallen (§ 30 I 3 GmbHG nF).

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I. Die Schutztatbestände und das erforderliche Vermögen

male sind: Zahlung (§ 31 I). Dies bedeutet jede Leistung der Gesellschaft598. Diese muss § 30 I 1 verletzen. Dazu ist erforderlich, dass die Zahlung an einen Gesellschafter geleistet worden ist. Das sind nicht nur die gegenwärtigen Gesellschafter der GmbH. Im Fall des Urteils des BGH vom 18.6. 2007 599 hatten Gesellschafter ihre Anteile an einen Dritten unter der aufschiebenden Bedingung der Kaufpreiszahlung abgetreten. Die GmbH hatte für den Kaufpreisanspruch Sicherheit geleistet. Die Sicherheit war verwertet worden. Hier war die Leistung der GmbH sowohl den Veräußerern als Noch-Gesellschaftern als auch dem Erwerber, der durch die Leistung der GmbH Gesellschafter wurde, zugutegekommen. Mit Recht hat der BGH sowohl die Veräußerer als auch den Erwerber in die Haftung aus §§ 30, 31 GmbHG einbezogen 600.

Weiter muss eine Auszahlung aus dem Gesellschaftsvermögen festzustellen sein. Das setzt eine aufgrund der Gesellschafterstellung unentgeltliche Leistung der Gesellschaft voraus (Leistung causa societatis). Schließlich muss die Auszahlung aus zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichem Vermögen erfolgt sein. Das trifft zu, soweit aufgrund der Auszahlung der Wert des Vermögens der Gesellschaft nicht mehr die Verbindlichkeiten (und Rückstellungen) um den Betrag des Stammkapitals übersteigt oder sofern die Auszahlung eine schon bestehende Unterdeckung noch vergrößert hat. In Höhe des fehlenden Betrags ist der Rückerstattungsanspruch aus § 31 I GmbHG begründet 601. Der Anspruch der Gesellschaft ist, wenn er einmal entstanden ist, nicht weiterhin von der laufenden Vermögensrechnung derart abhängig, dass er nicht mehr geltend gemacht werden kann, wenn inzwischen die Sollgröße des Stammkapitals durch die Vermögensentwicklung der Gesellschaft wieder erreicht ist 602. Hat etwa ein Gesellschafter entgegen § 30 I GmbHG eine Auszahlung aus dem Gesellschaftsvermögen erlangt, so ist der Anspruch der Gesellschaft gegen ihn nach § 31 I GmbHG auf Rückzahlung entstanden und in der Vermögens-

598 Übernahme der Prospekthaftung eines Aktionärs durch AG ist Auszahlung, die – wegen der weitergehenden Vermögensbindung bei der AG jedenfalls – verboten ist, LG Bonn AG 2007, 715. 599 BGHZ 173, 1. 600 Die Leistung der Gesellschaft bestand in der Übertragung ihres Wertpapierdepots an die Veräußerer zur Sicherheit für deren Kaufpreisanspruch. Abfluss des Sicherungsguts durch Verwertung (nicht erst bei Auskehrung des Erlöses). 601 Das Verpflichtungsgeschäft über die Auszahlung ist nicht nach § 134 BGB nichtig. Dem Anspruch auf die Leistung steht aber im Hinblick auf den Rückerstattungsanspruch nach § 31 I GmbHG die dolopetit-Einrede entgegen. Wird ausgezahlt, gilt der Rückerstattungsanspruch (BGHZ 136, 125, 130 f). Hat die Gesellschaft keine Zahlung, sondern eine Leistung anderer Art erbracht, ist der Erstattungsanspruch auf diese Leistung gerichtet. Nach der Regel, dass das allgemeine Recht dort eingreift, wo das spezielle nichts regelt, müssten die allgemeinen Regeln über Leistungsstörungen gelten (so – nach altem Schuldrecht – Keuk, StuW 1973, 259; GK-AktG/Barz 3. Aufl § 62 Anm 5). Der BGH entnimmt aber aus dem Gebot der Kapitalerhaltung einen ergänzenden Wertersatzanspruch, wenn sich der Wert des Vermögensgegenstands beim Empfänger verringert (BGHZ 122, 333), es sei denn der Empfänger könnte dartun und notfalls beweisen, dass dieselbe Wertminderung auch bei der Gesellschaft eingetreten wäre (BGH JZ 2008, 734 mit Anm K. Schmidt). – Auf den Erstattungsanspruch nach § 31 I GmbHG wendet der BGH den Ausschluss der einseitigen Aufrechnung durch den Gesellschafter nach § 19 II 2 GmbHG analog an (BGHZ 146, 105). Kritisch dazu Lange, NJW 2002, 2293 ff. 602 BGHZ 144, 336 (Balsam/Procedo) entgegen der früheren Entscheidung BGH NJW 1988, 139, 140 = ZIP 1987, 1113 mit Anm H. P. Westermann. In dem Urteil Balsam/Procedo stellt der BGH zusätzlich die Verrechnung des Anspruchs aus § 31 I GmbHG mit einer Forderung des Gesellschafters ebenso wie die Verrechnung eines Einlageanspruchs unter die Voraussetzungen der Fälligkeit, Liquidität und Vollwertigkeit der Forderung des Gesellschafters. Zu dem Urteil weitgehend zustimmend Kort, ZGR 2001, 615 ff.

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D. Der Schutz des Vermögens der AG und der GmbH

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entwicklung der Gesellschaft als Aktivum zu berücksichtigen. Übersteigt das Aktivvermögen unter Einschluss des Rückerstattungsanspruchs das stammkapitaldeckende Vermögen, so können im Rahmen dieser Überschreitung unter Beachtung der Zuständigkeitsordnung Ausschüttungen an die Gesellschafter vorgenommen werden. Das Entsprechende zum Vermögensschutz bei der GmbH ergibt das Verbot der Einlagenrückgewähr nach §§ 57 I 1, 62 I 1 AktG. Bei der AG ist darüber hinaus das gesamte Gesellschaftsvermögen gebunden, indem an die Aktionäre vor der Auflösung der Gesellschaft nur der Bilanzgewinn ausgeschüttet werden darf (§ 57 III AktG).

2. Kapitalerhaltung und Erwerb eigener Anteile 409

Die Kapitalerhaltung bei der GmbH (iS von § 30 I GmbHG) muss auch gewahrt werden, wenn die GmbH Anteile ihrer Gesellschafter als sog eigene Anteile erwerben will (§ 33 II 1 GmbHG). Der Erwerb muss aus stammkapitalübersteigendem Vermögen möglich sein. Zusätzlich muss nach § 33 II 1 GmbHG die nach § 272 IV 1 HGB zu bildende Rücklage für eigene Anteile gebildet werden können, ohne dass das Stammkapital oder eine satzungsmäßige, nicht für Auszahlungen an die Gesellschafter bestimmte Rücklage gemindert werden. Dh zunächst einmal muss in Höhe des Erwerbspreises Vermögen über die Summe aus Verbindlichkeiten plus sonstige Belastungen plus Stammkapital hinaus vorhanden sein. § 33 II 1 GmbHG sagt dies in seinem ersten und zweiten Satzteil gleich doppelt603. Was § 33 II 1 GmbHG darüber hinaus fordert, ist nicht einfach zu verstehen. Was zunächst die satzungsmäßigen Rücklagen betrifft, begründet die Vorschrift die zusätzliche Anforderung, dass die Zahlung des Erwerbspreises für die eigenen Anteile das Vermögen nicht nur insoweit nicht angreifen darf, als es das Stammkapital deckt, sondern auch insoweit, als eine eventuelle satzungsmäßige Rücklage gedeckt bleiben muss. Was sodann die Rücklage für eigene Anteile betrifft, ist zu berücksichtigen, dass sie wegen und in Höhe der Einbuchung der erworbenen Anteile zu bilden ist und an sich nur der Neutralisierung des in Gestalt des eigenen Anteils hinzugekommenen, aber zweifelhaften Aktivums dient. § 33 II 1 GmbHG berücksichtigt hier aber den Fall, dass trotz der Einbuchung der eigenen Anteile kein freies, stammkapitalübersteigendes Vermögen da ist, aus dem überhaupt erst eine Rücklage gebildet werden kann, und schließt den Erwerb eigener Anteile auch in diesem Fall aus. Die Regelung des Erwerbs eigener Aktien bei der AG (§§ 71 ff AktG) lässt in bestimmten Fällen und in bestimmtem Maß diesen Erwerb vom Aktionär zu und bedeutet damit eine Einschränkung der umfassenden Vermögensbindung bei der AG (§ 57 III AktG). Als Vermögensschutz bleibt übrig eine Gewährleistung entsprechend derjenigen, die auch das GmbHRecht beim Erwerb eigener Anteile bestimmt (§ 71 II 2 AktG, auch hier wieder iVm § 272 IV

603 Pleonastische Formulierung nennt Roth/Altmeppen/Altmeppen § 33 Rn 10 den Gesetzeswortlaut. Altmeppen erklärt die Formulierung aus einem wegen der Unterschiedlichkeit der Vermögensbindung nicht berechtigten Anschluss an die aktienrechtliche Vorschrift (zu dieser s im Text sogleich). § 71 II 2 AktG hat aber den Mangel der Verdoppelung nicht. § 33 II 1 GmbHG hat freilich die aktienrechtliche Formulierung aufgegriffen, und dadurch ist es zur Verdoppelung gekommen. – § 33 GmbHG ist in weiterer Hinsicht klärungsbedürftig: Nach Abs 3 wird der Erwerb für bestimmte Fälle zugelassen unter den Voraussetzungen, die § 33 II 1 schon allgemein aufstellt. Abs 3 muss mit Abs 1 zusammengedacht werden. Nach § 33 I GmbHG ist der Erwerb grundsätzlich gänzlich ausgeschlossen bei eigenen Anteilen, auf welche die Einlagen nicht vollständig geleistet sind. Abs 3 hat folglich die Bedeutung, dass für bestimmte Fälle unter den in § 33 II bezeichneten Voraussetzungen auch Anteile erworben werden können, auf die die Einlagen nicht vollständig geleistet sind.

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I. Die Schutztatbestände und das erforderliche Vermögen

HGB und unter Sicherung hier nicht nur satzungsmäßiger, sondern auch gesetzlicher auszahlungswidriger Rücklagen)604.

3. Organhaftung zur Kapitalerhaltung Die Auszahlungsverbote werden zusätzlich gesichert durch §§ 93 III Nr 1 AktG, 43 III GmbHG: Vorstand und Geschäftsführung605 haften der Gesellschaft bei verbotenen Auszahlungen an die Gesellschafter auf Schadensersatz. § 93 V AktG verstärkt bei der AG den Schutz durch ein Recht der Gläubiger, die Haftung des Vorstands geltend zu machen. Ein solches Verfolgungsrecht enthält das GmbHG nicht. Die Verantwortlichkeit des Vorstands der AG wird nach § 116 S 1 AktG auf den Aufsichtsrat erstreckt. Hat die GmbH einen Aufsichtsrat, so verweist § 52 I GmbHG für dessen Haftung nicht auf die Vorschriften des § 116 iVm § 93 III, V AktG.

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4. Mithaftung der Gesellschafter der GmbH Bei der GmbH besteht die Besonderheit, dass die Mitgesellschafter für die Rückerstattung nach § 31 I GmbHG subsidiär anteilig mithaften, soweit dies zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich ist (§ 31 III). Der BGH hat ohne Anhaltspunkt in der gesetzlichen Regelung aus Billigkeitsgründen die Mithaftung auf den Betrag des Stammkapitals beschränkt606.

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5. Das zur Erhaltung des Garantiekapitals erforderliche Vermögen Zur Anwendung der Auszahlungsverbote ist zunächst zu definieren, was das zur Erhaltung des Stammkapitals (oder Grundkapitals) erforderliche Vermögen der Gesellschaft ist und was folglich die Auszahlung dieses Vermögens bedeutet. Ist das Stammkapital gerade gedeckt, ist das gesamte Vermögen zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlich. Das Stammkapital ist dann voll gedeckt, wenn Eigenkapital in Höhe des Stammkapitals vorhanden ist. Dies ist dann der Fall, wenn der Gesellschaft Vermögensgegenstände in einem so hohen Wert gehören, dass dieser die Summe aus Verbindlichkeiten und Rückstellungen zuzüglich des Betrags des Stammkapitals erreicht607. In dieser Situation ist das ganze Vermögen erforderlich, jede Auszahlung an die Gesellschafter unzulässig. Weil zum anderen sich jedes Eigenkapital, also auch Eigenkapital in Höhe des Stammkapitalbetrages, dadurch aufbaut, dass zunächst die Verbindlichkeiten und Rückstellungen gedeckt werden und dann weiterer Vermögenswert hinzukommt, ist gerade und zunächst ein-

604 Näher zu den eigenen Anteilen u Rn 662 ff. 605 Zur Geschäftsführung zählt die Rechtsprechung nicht allein formell bestellte, sondern auch den sog faktischen Geschäftsführer, BGHZ 143, 184. 606 BGHZ 150, 61; zu der Entscheidung Altmeppen, ZIP 2002, 961. Klarstellung von BGHZ 150, 61 in BGH NJW 2003, 3629, 3632: Beschränkung auf den Stammkapitalbetrag, nicht auf den Betrag der eigenen Einlage, auf den Stammkapitalbetrag ohne Abzug des eigenen Anteils. – Versuch einer Annäherung an die Meinung des BGH über bilanzielle Erwägungen bei Jungmann, DStR 2004, 688 ff. – Umfassend zur Ausfallhaftung der Gesellschafter der GmbH im Rahmen der Kapitalaufbringung (§ 24 GmbHG) und Kapitalerhaltung (§ 31 III GmbHG) Görner/Kling, GmbHR 2004, 714 ff und 778 ff. 607 Formelhaft ausgedrückt ist das Stammkapital (StK) gerade gedeckt, das erforderliche Vermögen gerade vorhanden bei dem folgenden Vermögensstand: Aktivvermögenswert minus Verbindlichkeiten minus sonstige Belastungen (etwa Rückstellungen), also AW – (V + B) = StK. Ist das Stammkapital nur gerade gedeckt, so erfolgt eine Auszahlung an die Gesellschafter notwendiger Weise aus zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichem Vermögen, jede Auszahlung ist also verboten.

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mal der die Verbindlichkeiten deckende Vermögenswert zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlich. Falls nur dieser Vermögenswert und damit gar kein Eigenkapital vorhanden ist oder wenn der Gesellschaft nicht einmal Vermögen in Höhe der Verbindlichkeiten sowie Rückstellungen gehört, greift die Auszahlungssperre erst recht ein. Die Folgerung daraus, dass bei Deckung oder sogar Unterdeckung des Stammkapitals nichts an die Gesellschafter ausgezahlt werden darf, war nach dem früheren Recht, dass das Auszahlungsverbot auch dann galt, wenn der empfangende Gesellschafter aufgrund der Auszahlung zur Rückzahlung an die Gesellschaft verpflichtet und die Rückzahlungsforderung durchaus vollwertig war. Das hat der BGH richtig erkannt. Die Folgerung war freilich, dass die Darlehensgewährung an Konzerngesellschaften in Cash-Pooling-Systemen durch die gesellschaftsrechtlichen Auszahlungsverbote bedroht war. Dem hat das MoMiG abgeholfen. Diese Problematik ist weiter unten zu behandeln608. Das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen ist also der Wert des Vermögens in Höhe der Summe aus Verbindlichkeiten, sonstigen Belastungen und Stammkapital. Eine Auszahlung dieses Vermögens erfolgt an die Gesellschafter mithin immer dann und insoweit, wenn und soweit entweder schon vor der Auszahlung oder aber aufgrund der Auszahlung der Wert des Aktivvermögens der Gesellschaft nicht (mehr) die Verbindlichkeiten und sonstigen Belastungen um den Betrag des Stammkapitals überschreitet609. Bei der Bewertung des Aktivvermögens aufgrund der Auszahlung war nach früherem Recht eine Rückzahlungshaftung des empfangenden Gesellschafters nicht zu berücksichtigen. Im Fall einer GmbH & Co KG können Ausschüttungen aus dem Vermögen der KG an einen Gesellschafter der GmbH und der KG das Stammkapital der Komplementär-GmbH auf zweifache Art angreifen: zum einen durch Wertverminderung des Anteils der GmbH an der KG; zum anderen durch die persönliche Haftung der GmbH für die Verbindlichkeiten der KG dann, wenn das nach der Auszahlung verbleibende Restvermögen der KG für die Begleichung der Schulden der KG nicht ausreicht610.

6. Bilanzielle Darstellung der Auszahlung des zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens 415

Wir werden noch sehen, dass für die Kriterien der Auszahlung von gebundenem Vermögen grundsätzlich die Gesellschaftsbilanz maßgeblich ist611. Das Auszahlungsverbot iSv § 30 I GmbHG ist anhand der Bilanzregelung der §§ 266, 272 HGB darzustellen612. Zum Verständnis ist in Erinnerung zu halten, dass Aktiva = Passiva sind, indem die Passiva-Seite ausdrückt, wem die Aktivvermögensgegenstände wertmäßig zustehen. Soweit der

608 Rn 417 f. 609 Wieder formelhaft: Das Auszahlungsverbot greift immer dann ein, wenn das Stammkapital nicht gedeckt ist, der Vermögensstand vor der Auszahlung sich also wie folgt darstellt: (AW – (V + B)) < StK. Wenn die Gesellschaft demgegenüber den Vermögensstand hat: (AW – (V + B)) > StK, ist eine Auszahlung nur dann verboten, wenn sie den Vermögensstand auf den Saldo (AW – (V + B)) < StK herabführt, und in diesem Fall auch nur in Höhe der Unterschreitung, also des Differenzbetrags (StK – AW + V + B). 610 Eine andere Frage ist, ob als Gesellschafter iSv § 30 I GmbHG auch der Nurkommanditist herangezogen wird (dh der Kommanditist, der nicht auch an der Komplementär-GmbH beteiligt ist), dazu unten Rn 444. 611 S Rn 430. 612 Die Anwendung des HGB steht unter dem Vorbehalt, dass spezialgesetzlich internationale Bilanzgrundsätze eingreifen können (u Rn 1363 ff).

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I. Die Schutztatbestände und das erforderliche Vermögen

Wert des Aktivvermögens die Summe aus Verbindlichkeiten + Belastungen übersteigt, handelt es sich um Eigenkapital, dh steht das Vermögen der Gesellschaft und mittelbar den Gesellschaftern zu. Nach § 266 III A Eigenkapital (EK) I – V HGB steht das den Gesellschaftern zustehende Vermögen zunächst als gezeichnetes Kapital, dann als Kapital- und Gewinnrücklagen sowie Gewinnvortrag und schließlich als Jahresüberschuss den Gesellschaftern zu. Ergeben sich Verluste, können die negativen Beträge „Verlustvortrag“ und „Jahresfehlbetrag“ zu buchen sein. Diese sind von den positiven EK-Posten abzuziehen. Solange und soweit etwaige Negativbeträge von den EK-Posten II – IV abziehbar sind, ist das gezeichnete Kapital (EK I) noch gedeckt. Erst wenn und soweit ein Negativbetrag (auch) vom gezeichneten Kapital abgezogen werden muss, ist eine Minderung des zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens eingetreten613. Wenn und soweit die Minderung auf einer Auszahlung an die Gesellschafter beruht, ist die Auszahlung verboten. Umgekehrt: Eine Auszahlung ist dann und insoweit vom Kernsatz der Vermögensbindung (§ 30 I 1 GmbHG) nicht erfasst, wenn und soweit sich aufgrund ihrer entweder gar keine oder nur vom EK II – IV abziehbare Negativbeträge ergeben.

7. Die darüber hinausgehende Vermögensbindung bei der AG Bei der AG ist freilich noch mehr Vermögen gesetzlich gebunden als das Aktivvermögen in Höhe von Verbindlichkeiten plus sonstige Belastungen plus Grundkapitalbetrag 614. Nach § 57 III AktG darf vor der Auflösung der Gesellschaft an die Aktionäre nur der Bilanzgewinn verteilt werden615. Zum Verständnis des Unterschieds gehen wir wieder von der Bilanz aus. Die Bildung von Gewinn heißt nicht notwendig, dass der Gewinn auch verteilt wird. Er kann in der Gesellschaft verbleiben („thesauriert“ werden), indem die Vermögenssteigerung auf der Passivseite als Gewinnvortrag oder Rücklage gebucht wird. Soll in der Folgezeit der thesaurierte Gewinn ausgeschüttet werden, so müssen bei der AG der Gewinnvortrag oder die Rücklage erst aufgelöst und statt ihrer ein Bilanzgewinn verbucht werden, wenn die Ausschüttung nach § 57 III AktG zulässig sein soll. Dazu bedarf es der Aufstellung und Feststellung eines Abschlusses, der grundsätzlich der Jahresabschluss nach §§ 170 ff AktG ist.

613 Übersteigen die Negativposten nicht nur das EK II – IV, sondern auch das EK I (gezeichnetes Kapital), so kann dies nicht mehr als Abzugsposten vermerkt werden. Vielmehr ist jetzt auf der Aktivseite ein Korrekturposten einzustellen: den nennt das Gesetz einen „nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag“ (§ 268 III HGB). Die Ausdrucksweise ist ungenau: Das Eigenkapital wird durch Vermögen gedeckt, deckt aber selbst nichts. Es geht um einen Fehlbetrag, der nicht vom Eigenkapital abgezogen werden kann. Durch die Buchung des Korrekturpostens drückt die Bilanz aus, wie viel weiterer Aktivvermögenswert nötig wäre, damit die Verbindlichkeiten und sonstigen Belastungen (Rückstellungen) gedeckt wären. Übersteigt der Fehlbetrag sogar über die EK-Posten hinaus den Betrag der sonstigen Belastungen, dann sind nicht einmal die Verbindlichkeiten gedeckt. In diesem Fall ist die Gesellschaft „buchmäßig überschuldet“. Dies muss aber wegen eventueller stiller Reserven in der Bilanz (bei zu vorsichtigem Ansatz der Posten) keine insolvenzrechtliche Überschuldung bedeuten. Macht die Gesellschaft in der Folgezeit Gewinn, so entfällt insoweit zunächst jener Korrekturposten und baut sich sodann der positive Eigenkapitalposten des gezeichneten Kapitals und bauen sich weiterhin, soweit diese noch nicht aufgelöst sind, die Posten EK II–IV auf. Erst soweit die Aktivvermögenswerte die Verbindlichkeiten samt sonstigen Belastungen und das gezeichnete Kapital übersteigen, kommen Auszahlungen an die Gesellschafter in Betracht. 614 Dazu Henze, AG 2004, 405 ff. 615 Folgerung des LG München I AG 2004, 159: Unzulässigkeit des Verkaufs der Anteile an 100%iger Tochter unter Wert an Holdinggesellschaft des Mehrheitsgesellschafters der AG.

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D. Der Schutz des Vermögens der AG und der GmbH

Außerdem schreibt das AktG in § 150 zwingende Rücklagen vor, verwehrt also deren Umwandlung in Bilanzgewinn. Schließlich entscheidet über die Gewinnausschüttung die HV (§ 119 I Nr 2 AktG).

8. Cash Pooling 417

Die Folgerung daraus, dass insbesondere im GmbH-Recht bei Deckung oder sogar Unterdeckung des Stammkapitals nichts an die Gesellschafter ausgezahlt werden durfte, war nach dem früheren Rechtszustand, dass das Auszahlungsverbot auch dann galt, wenn der empfangende Gesellschafter aufgrund der Auszahlung zur Rückzahlung an die Gesellschaft verpflichtet und die Rückzahlungsforderung durchaus vollwertig war. Reichte eine GmbH also bei einem Vermögensstand, in dem gerade das Stammkapital oder nicht einmal dieses gedeckt war, ein Darlehen an einen Gesellschafter aus und waren die sonstigen Kriterien der Auszahlung (kein normales Verkehrsgeschäft der Gesellschaft, sondern Zuwendung wegen der Eigenschaft des Empfängers als Gesellschafter, kurz: Leistung causa societatis) erfüllt, dann war dies eine unzulässige Auszahlung auch dann, wenn der Gesellschafter uneingeschränkt solvent war und für das Darlehen Zinsen als Entgelt dafür zahlte, dass er nicht sogleich wieder zurückzahlen musste. Für diese Konsequenz sprachen zwei Argumente: zunächst die Vorschrift des § 43a GmbHG, der uneingeschränkt, also unabhängig von Vollwertigkeit etc, von einer Kreditgewährung aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen spricht. Sodann die Regelung der §§ 30, 31 GmbHG selbst: Danach war die Rückzahlungshaftung die Konsequenz aus einer verbotenen Auszahlung, eine Rückzahlungshaftung setzte also die Verbotenheit voraus und hob sie nicht auf. Deshalb war dem BGH darin zu folgen, dass in dem Fall, dass die Auszahlung der Gesellschaft an den Gesellschafter in einem causa societatis gewährten Darlehen bestand, der Rückzahlungsanspruch nach § 31 I GmbHG unabhängig davon eingriff, ob der Anspruch der Gesellschaft auf Rückzahlung des Darlehens aufgrund der Solvenz des Gesellschafters vollwertig war616. Die Entscheidung des BGH war von erheblicher praktischer Bedeutung insofern, als sie die Praxis der „aufsteigenden Darlehen“ oder „upstream loans“ im Rahmen eines konzerninternen cash-pooling berührte617. Im Vertragskonzern stellte sich die Frage der Vermögensbindung freilich nicht: Nach § 291 III AktG, der auf den Vertragskonzern mit einer GmbH als Untergesellschaft analog anzuwenden war – das MoMiG hat jetzt die Grundvorschriften der §§ 57 AktG und 30 GmbHG entsprechend ergänzt (§§ 57 I 3, 30 I 2) – , ist die Regelung der Vermögensbindung durch die vertragliche Ausgestaltung der Abhängigkeit suspendiert. Was den faktischen Konzern betrifft, war entscheidend die Frage der causa societatis. Gerade im Konzern war diese aber schnell zu bejahen. Es brauchte nur festgestellt zu werden, dass die Liquidität besser im Rahmen des Geschäftsbetriebs der gewährenden Gesellschaft gebraucht werden konnte oder nicht zu Bedingungen des normalen Kreditmarkts ausgereicht wurde618.

616 BGHZ 157, 72 ff (Entscheidung vom 24.11.2003, sog November-Urteil); übertragen auf die AG durch OLG Jena DStR 2008, 368. 617 Umstritten, ob in der Entscheidung ein Todesstoß für das Cash-Pooling zu sehen ist oder nicht (für letzteres Schäfer, GmbHR 2005, 133). Warnung vor zu weitgehender Folgerung ohne Ansehung des Urteils bei Ulmer, ZHR 169 (2005), 1, 4. Anwendung des Kriteriums der Vollwertigkeit aus § 57 I 3 AktG nF (s a E dieser Rn) im Rahmen des § 311 AktG als Spezialvorschrift zu § 57 AktG jetzt durch BGH – Urteil v 1.12.2008 – II ZR 102/07 –. 618 Wilhelm, DB 2006, 2729, 2732.

152

I. Die Schutztatbestände und das erforderliche Vermögen

Die Reform durch das MoMiG hat die Problematik des Cash-Pooling jetzt im GmbHund im AktG einheitlich geregelt, nämlich durch Einfügung der §§ 30 I 2 GmbHG, 57 I 3 AktG. Darin ist nicht nur die Unanwendbarkeit der Vermögensbindung im Vertragskonzern ausdrücklich hervorgehoben619, sondern nach beiden Vorschriften sind auch die Verbote der Auszahlung von Gesellschaftsvermögen für den Fall außer Kraft gesetzt worden, dass die Leistung der Gesellschaft durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Empfänger-Gesellschafter gedeckt ist. Die Negativfassung (das Verbot gilt nicht, wenn) weist Darlegungs- und Beweislast dem Gesellschafter zu. Damit sollen freilich nach einer neueren Untersuchung 620 die Probleme des Cash-Pooling nur für die Liquiditätsverschiebung von der Tochter- auf die Muttergesellschaft oder auf deren Anweisung an Schwestergesellschaften erfasst sein (sog upstream loans). Die Liquiditätsverschiebung in der umgekehrten Richtung (downstream loans) mache weiterhin Probleme, weil sie unter die Neuregelung der Gesellschafterdarlehen durch das MoMiG falle. Für die Ausgleichsansprüche von Mutter und Schwestern (das sind Darlehensansprüche gegenüber der Tochter) hätten etwaige Gegenansprüche der Tochter für den Fall, dass die Liquidität sich entgegengesetzt entwickle, die Funktion von Sicherheiten. Damit fielen sie unter die 10-Jahres-Anfechtungsfrist von § 135 I Nr 1 InsO mit der Folge, dass für diese ganze Zeit Verrechnungen nach § 96 I Nr 3 InsO (dem die Rechtsprechung Rückwirkung zuspreche) unzulässig seien. Dem könne nur beigekommen werden, wenn auf das Cash-Pooling das Barzahlungsprivileg nach § 142 InsO angewandt werde. Ob die Vorschrift allerdings bei Gesellschafterdarlehen helfen solle, sei zumindest zweifelhaft. In der Einzelanfechtung nach dem AnfG gelte das Barzahlungsprivileg darüber hinaus gar nicht. An dem letzten Gedanken fällt auf, dass nach dem AnfG ja auch nicht der Aufrechnungsausschluss nach § 96 InsO gilt, aus dem die Unzulässigkeit der Verrechnung in der 10-Jahres-Frist folgen soll. Für die Anwendung des § 6 AnfG auf Gesellschafterdarlehen im Cash-Pooling kommt also die Anwendung der 10-Jahres-Frist betreffend Sicherheiten gar nicht in Betracht. Die Verrechnungen sind schlicht Rückführungen der Darlehen und fallen damit unter die Jahres-Frist des § 6 Nr 1 AnfG. Dies sollte auch für das Insolvenzverfahren gelten: Auch § 96 I Nr 3 InsO darf nicht dazu führen, dass von den Anfechtungstatbeständen des § 135 I Nr 1 und 2 für längst durchgeführte Verrechnungen die lange Frist betreffend Sicherheiten und nicht die 1-Jahres-Frist betreffend Rückzahlungen gilt. Freilich führt auch die Anwendung der 1-Jahres-Frist nach §§ 135 Nr 2 InsO, 6 Nr 2 AnfG zu einer erheblichen Gefährdung des Cash Pooling.

417a

9. Folgerung aus der unterschiedlichen Vermögensbindung bei AG und GmbH für die Kreditgewährung an Organmitglieder Die unterschiedliche Vermögensbindung bei AG und GmbH wirkt sich in den Vorschriften über die Zulässigkeit von Krediten der Gesellschaft an Mitglieder der Geschäftsleitung aus. §§ 89, 115 AktG stellen Kredite an Vorstandsmitglieder, an Personen, die mit umfassender Vertretungsmacht ausgestattet sind, sowie an Aufsichtsratsmitglieder gänzlich unter inhaltliche und verfahrensmäßige Sicherungen. § 43a GmbHG erfasst demgegenüber Kredite der Gesellschaft an Geschäftsführer und mit umfassender Vertretungsmacht ausgestattete Personen nur, soweit die Kreditzahlung aus zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichem Vermögen geschieht, untersagt solche Kredite allerdings vollständig.

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10. Ergänzender Vermögensschutz durch Bereicherungsrecht Bei dem Vergleich des Vermögensschutzes bei der GmbH und der AG ist zu beachten, dass § 30 I GmbHG nur die gesetzliche Stammkapitalbindung regelt, aber nicht den gesamten 619 Die Formulierung „Leistungen … bei Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags“ ist auf das Merkmal der Auszahlung an den Gesellschafter zu beziehen. Damit stehen den Zahlungen direkt an den beherrschenden Gesellschafter nur solche gleich, die auf dessen Anweisung an Dritte geschehen (Begründung der Fassung durch den Rechtsausschuss BT-Drucks 16/9739 zu Art. 1 Nr 20). 620 Klinck/Gärtner, NZI 2008, 457. Replik durch Hamann, NZI 2008, 667.

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D. Der Schutz des Vermögens der AG und der GmbH

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Schutz des Vermögens der Gesellschaft 621. Ein über § 30 I hinausgehender, zusätzlicher Schutz des Gesellschaftsvermögens bei der GmbH kann sich aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung ergeben622. Der Gesellschafter, dem ohne rechtfertigenden Gesellschafterbeschluss623 seitens der Geschäftsführung eine sog verdeckte Gewinnausschüttung (nicht voll entgoltene Leistung der Gesellschaft) zufließt, wird ungerechtfertigt bereichert. Die Geschäftsführung hat nicht die Kompetenz, bestimmte Gesellschafter durch verdeckte Gewinnausschüttungen zu bevorzugen. Schließt der Geschäftsführer mit einem Gesellschafter Verträge, bei denen die Leistung der Gesellschaft nicht ausgeglichen wird (Zuwendungen causa societatis), so handelt er ohne Vertretungsmacht, die Leistung der Gesellschaft aufgrund dieser Verträge ist deshalb jedenfalls sine causa. Die unbeschränkte Vertretungsmacht des Geschäftsführers (§§ 35, 37 GmbHG) gilt nicht im Verhältnis zu Gesellschaftern. Diese müssen sich die innergesellschaftliche Kompetenzverteilung entgegenhalten lassen624. Obwohl der Mangel der Vertretungsmacht auf das dingliche Geschäft durchschlagen könnte, ist der Sonderregelung der §§ 30, 31 GmbHG zu entnehmen, dass nur ein schuldrechtlicher Rückgewähranspruch zu gewähren ist. Das Gesetz beschränkt nämlich hier entgegen der Folgerung, dass nach dem Telos der §§ 30, 31 GmbHG auch in den Fällen dieser Vorschriften die dingliche Unwirksamkeit der Leistung der Gesellschaft in Betracht kommt, den Vermögensschutz auf den schuldrechtlichen Rückgewähranspruch. Mit Rücksicht auf diese Spezialregelung ist auch der Unwirksamkeitsgrund des Fehlens der Vertretungsmacht auf die schuldrechtliche Vereinbarung der causa societatis zu beschränken. Aus derselben Rücksicht auf die §§ 30, 31 GmbHG als leges speciales ergibt sich, dass, was die Fälle dieser Vorschriften betrifft, der Rückgewähranspruch aus diesen Vorschriften den allgemeinen Bereicherungsanspruch verdrängt. Der allgemeine Bereicherungsanspruch kann nur den Rückgewähranspruch dort, wo dieser nicht eingreift, ergänzen.

621 Flume, ZHR 144 (1980), 18, 26 ff; Wilhelm, FS Flume II 1978, 337, 368 ff. Nach BGH DStR 1997, 1216 = JZ 1997, 965 mit Anm Altmeppen regeln §§ 30, 31 GmbHG, soweit sie die Kapitalerhaltung regeln, diese ausschließlich, unter Verdrängung der §§ 134, 812 ff BGB. Die Folgerung, auch bei bewusstem Verstoß gegen § 30 GmbHG sei die Feststellung der Auszahlung aus Stammkapital nicht entbehrlich, ist allerdings ohne Sinn: Ohne die Feststellung ist der Verstoß nicht gegeben. Die ganze Entscheidung des BGH ergibt letztlich nicht mehr als die Tautologie, dass, wenn es nur um den Schutz der Gesellschaft nach §§ 30, 31 GmbHG geht, nur diese Vorschriften anzuwenden sind. Geht es nämlich im Einzelfall um einen weitergehenden Schutz, nämlich den der Gesellschaft (und damit auch von Gesellschaftsgläubigern oder Minderheitsgesellschaftern) aufgrund der Unwirksamkeit der Geschäfte bei Überschreitung der Vertretungsmacht (s weiter im Text), so ist dieser Schutz nicht etwa durch §§ 30, 31 GmbHG verdrängt. Wie sollte er? Zutr Altmeppen aaO. Umfassend zum Gläubiger- und Gesellschafterschutz vor verdeckten Gewinnausschüttungen bei AG und GmbH Bitter, ZHR 168 (2004), 302 ff. 622 Nach BGH ZIP 2001, 157 ist auf den Anspruch nach §§ 30, 31 GmbHG das gegen den Gesellschafter gerichtete Aufrechnungsverbot des § 19 II 2 GmbHG analog anzuwenden. Lieb will dies auf den bereicherungsrechtlichen Anspruch der Gesellschaft erweitern (ZIP 2001, 3013, 3016). Das erstere ist zweifelhaft, das letztere nicht annehmbar. Für einen in einem allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Grundsatz begründeten Schutz vor verdeckten Gewinnausschüttungen über §§ 30, 31 GmbHG hinaus Bitter, ZHR 168 (2004), 302. 623 Der Tatbestand kann also nicht eingreifen im Verhältnis zwischen der durch den EinmanngesellschafterGeschäftsführer vertretenen GmbH einerseits und dem Gesellschafter andererseits. 624 S K. Schmidt § 37 III f S 1137; Wilhelm, FS Flume II 1978, 337, 371 f. Entsprechend ist die Einschränkung der Handelndenhaftung, die der BGH für den Anspruch eines Vorstandsmitglieds aus Dienstvertrag gegenüber der Vorgesellschaft angenommen hat (o Rn 380 Fn 554).

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I. Die Schutztatbestände und das erforderliche Vermögen

11. Grund des unterschiedlichen Vermögensschutzes bei AG und GmbH Nehmen wir noch die GmbH-rechtliche Besonderheit der Mithaftung der Gesellschafter für die Rückgewähr von unzulässigen Auszahlungen nach § 31 III GmbHG hinzu, so ergibt sich der Grund für die unterschiedliche Behandlung von AG und GmbH625: Nach dem Grundtypus der GmbH sind die Gesellschafter als Person an der Gesellschaft beteiligt. Bei der AG sind sie dagegen nicht in die Gesellschaft eingebunden, sondern an ihr nur durch frei veräußerliche Anteile kapitalistisch beteiligt. Infolge dessen gibt es nach der Leistung der Einlage durch den Aktionär nicht mehr die Vermischung der Gesellschafts- und Gesellschaftersphären durch frei regelbare Ein- und Auszahlungen von Nachschüssen (an die Gesellschaft) und Vermögenszuwendungen (an den Gesellschafter). Vielmehr können die Aktionäre ihre Einlage nur über die Veräußerung ihrer Anteile wieder gewinnen. IÜ sind sie aber nur über die Gewinnbeteiligung an der Vermögensentwicklung der AG beteiligt. Daraus folgt eine zweifache Regelung des AktG, die die AG vom Volumen der Vermögensbindung her begünstigt:

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1. Beschränkung der Aktionäre auf den Gewinn (Ausschluss sonstiger Vermögensleistung). 2. Mangels der Bindung der Aktionäre an die Gesellschaft muss die Gesellschaft vor dem Gewinninteresse der Aktionäre stärker abgesichert werden: Das führt zur Regelung der gesetzlichen Rücklage nach § 150 II AktG.

Gerade aufgrund der personalistischen Eigenart der GmbH ist bei dieser die – im Volumen beschränktere – Vermögensbindung weitergehend gesichert als bei der AG: durch die Mithaftung der Gesellschafter.

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12. Warn- und Insolvenzantragspflicht Weiter wird die Entwicklung des Eigenkapitals im Hinblick auf die Deckung des Grund- und Stammkapitals durch die Mitteilungs- und Einberufungspflicht von Vorstand oder Geschäftsführung nach §§ 92 I AktG, 49 III, 5a IV GmbHG kontrolliert. Mit Ausnahme der Unternehmergesellschaft nach § 5a GmbHG müssen Vorstand und Geschäftsführung bei Verlusten der Gesellschaft mit der Folge, dass die Hälfte des Grund- oder Stammkapitals nicht mehr gedeckt ist (so ist der missverständliche Wortlaut des § 92 I AktG zu berichtigen626), Alarm geben, dh die HV bzw Gesellschafterversammlung einberufen. Abweichend von dieser Regelung ist bei der Unternehmergesellschaft, bei der es kein gesetzliches Mindestkapital gibt, nach § 5a IV GmbHG die Versammlung bei drohender Zahlungsunfähigkeit einzuberufen. Die grundsätzlich geltende Schwelle der Nichtdeckung des Garantiekapitals in Höhe von mindestens 50 % ist in der Bilanz erreicht, wenn Negativbeträge das EK I um 50 % vermindern. Durch die Einberufung erhält die Versammlung Gelegenheit, die der Sachlage entsprechenden Beschlüsse zu fassen, zB den der Auflösung der Gesellschaft nach §§ 262 I Nr 2 AktG, 60 I Nr 2 GmbHG oder aber Beschlüsse über Kapitalherabsetzung und Wiedererhöhung des Kapitals (gegen neue Einlagen) – sog Kapitalschnitt –. Schließlich wird der Rechtsverkehr vor dem Verlust des Gesellschaftsvermögens durch die Insolvenzantragspflicht und Insolvenzverschleppungshaftung der Geschäftsführung bzw des Vorstands geschützt. Hier hat das MoMiG erhebliche Veränderungen bewirkt: Nach §§ 64 I GmbHG, 92 II AktG aF hatten Vorstand bzw Geschäftsführung in den Fällen der Zahlungs-

625 S Wilhelm, FS Flume II 1978, 337, 357. 626 Hüffer § 92 Rn 2.

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D. Der Schutz des Vermögens der AG und der GmbH

unfähigkeit627 oder Überschuldung628 der Gesellschaft ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber 3 Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen. Nach §§ 64 II GmbHG, 92 III iVm § 93 II, III Nr 6 AktG aF hatten sie Zahlungen zu ersetzen, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder nach Feststellung der Überschuldung geleistet worden waren, sofern die Zahlungen nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns vereinbar waren. Das MoMiG hat die Vorschriften über die Insolvenzantragspflicht der Geschäftsführer (§ 64 I GmbHG aF) und des Vorstands der Aktiengesellschaft (§ 92 II AktG aF)629 in die InsO verschoben630 und auf die Mitglieder der Vertretungsorgane oder die Abwickler aller juristischer Personen und solcher Personengesellschaften, bei der keine natürliche Person unbeschränkt haftet, ausgeweitet (§ 15a InsO idF des MoMiG631). Damit werden auch ausländische juristische Personen mit tatsächlichem Mittelpunkt der Tätigkeit in der Bundesrepublik erfasst (§§ 3, 335 InsO, Art 3 I EuInsVO), insbesondere die englische private limited company 632. Für GmbH, AG (und Genossenschaft) wird zugleich der von der Insolvenzantragspflicht betroffene Personenkreis ausgeweitet: Bei Fehlen von Geschäftsführern oder Vorständen (sog Führungslosigkeit der Gesellschaft – bzw Genossenschaft) werden bei der GmbH die Gesellschafter, bei der AG (und der Genossenschaft) die Aufsichtsratsmitglieder in die Pflicht zur Antragstellung mit einbezogen werden (§ 15a III InsO)633. Nach § 15 I 2 InsO nF sind bei allen juristischen Personen im Fall der Führungslosigkeit auch alle Gesellschafter zur Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens berechtigt 634. Durch die Verschiebung der Antragspflichten in die InsO sind in §§ 64 GmbHG, 92 AktG die Ersatzpflichten der Organe bei Zahlungen noch nach Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung allein übrig geblieben (§§ 64 GmbHG, 92 II AktG nF). Das MoMiG hat sie noch erweitert. Diese Neuregelung der zivilrechtlichen Haftungskonsequenzen ist weiter unten635 zu erörtern. 627 Das auf dem Mangel an Zahlungsmitteln beruhende Unvermögen, die sofort zu erfüllenden Schulden zu berichtigen. Näher BGHZ 163, 134, 137 ff. S a OLG Düsseldorf GmbHR 1997, 699, 700: Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn die GmbH aus Mangel an Zahlungsmitteln voraussichtlich dauernd nicht in der Lage sei, ihre fälligen (dh sofort zu erfüllenden) Geldverbindlichkeiten im Wesentlichen zu begleichen. Das OLG gibt Erfahrungsregeln, die die Feststellung erleichtern. 628 Dafür ist ein besonderer Überschuldungsbegriff, nicht die bilanzielle Überschuldung maßgeblich (u Rn 433 ff). 629 Ebenso die Vorschriften über die strafrechtliche Sanktionierung: §§ 84 I Nr 2 GmbHG, 401 I Nr 2 AktG. 630 Ebenso nach § 15a I 2 InsO die Antragspflicht der organschaftlichen Vertreter gleichgestellter Gesellschaften (insbesondere der GmbH & Co OHG und KG, bisher §§ 130a, b, 177a HGB). Auf die Vorschrift des § 15a I 2 InsO verweist sodann § 11 S 2 EWIV-AusführungsG. Ebenso § 22 V 2 SE-AusführungsG nF. 631 Strafvorschriften jetzt in § 15a IV, V InsO. 632 Bedenken gegen diese insolvenzrechtliche Anknüpfung der Antragspflicht in der Stellungnahme des Bundesrats: Bedenkliche Folge sei, dass keine Insolvenzantragspflicht besteht für deutsche juristische Personen mit Betriebsmittelpunkt im Ausland, die betreffs der GmbH durch § 4a GmbHG nF gerade ermöglicht werden sollen (BR-Drucks 354/07, Nr 30 S 26 f). 633 Ausnahme: Keine Kenntnis von Insolvenzgründen oder Führungslosigkeit. 634 Der Bundesrat will, ohne den Gegensatz zu bemerken, nur die Gesellschafter der GmbH und bei AG und Genossenschaft nur die Mitglieder des Aufsichtsrats in das Antragsrecht einbeziehen (BR-Drucks 354/07, Nr 28 S 25). Darüber hinaus verlangt er für deren Antragsrecht die Glaubhaftmachung der Führungslosigkeit. 635 Rn 487 ff.

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II. Die Vermögensrechnung bei den Schutztatbeständen

13. Strafrechtliche Sanktionen Der Vermögensschutz ist strafrechtlich sanktioniert. Eine Auszahlung von Gesellschaftsvermögen unter Verminderung des Grund- oder Stammkapitals kann als Untreue (§ 266 StGB) oder Beihilfe bzw Anstiftung dazu strafbar sein, und zwar auch im Verhältnis des Alleingesellschafters, der zugleich Geschäftsführer ist, zur Einmann-GmbH636. §§ 401 I AktG, 84 I GmbHG stellen Verstöße gegen die Pflicht zur Benachrichtigung der HV oder der Gesellschafterversammlung bei Verlust der Hälfte der Grund- oder Stammkapitaldeckung unter Strafe. Die Strafbarkeit der Unterlassung, den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen, ist von AktG und GmbHG in § 15a IV, V InsO verschoben worden. Schließlich kommt strafbarer Bankrott in Betracht (§ 283 I StGB). § 283 II StGB erfasst auch die Herbeiführung von Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit durch Handlungen iSv § 283 I.

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14. Haftung des faktischen Geschäftsführers Die Rechtsprechung stellt bei der GmbH dem wirksam bestellten Geschäftsführer den sog faktischen Geschäftsführer gleich, und zwar auch für die Strafbarkeit nach § 84 I Nr 2 GmbHG aF (jetzt § 15a IV, V InsO) 637.

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II. Die Vermögensrechnung bei den Schutztatbeständen Die unterschiedlichen Ansätze zum Vermögensschutz bei den Kapitalgesellschaften erfordern eine unterschiedliche Vermögensrechnung, und zwar abhängig vom jeweiligen Tatbestand. Nicht auf eine rechnerische Vermögensaufstellung, sondern schlicht auf das Vorhandensein von Zahlungsmitteln kommt es dagegen an für das Kriterium der Zahlungsunfähigkeit638. Bei Notwendigkeit einer Vermögensaufstellung ist zu unterscheiden zwischen bilanzieller Rechnung und Rechnung nach Liquidationswerten, genauer – weil auch die Letztere als Bilanz (Liquidationsbilanz) aufzustellen ist – zwischen der Rechnung aufgrund der Rechnungslegung zum Jahresabschluss mit der Jahresschlussbilanz (nach § 242 I 1 HGB „Bilanz“) und der Rechnung aufgrund einer Liquidationsbilanz. Entsprechend ist zwischen bilanzieller und insolvenzrechtlicher Überschuldung zu unterscheiden. Wenn nach der Bilanz das Vermögen die Schulden nicht deckt (bilanzielle Überschuldung), muss das nicht eine Überschuldung iS des Insolvenzrechts bedeuten. Für diese gilt eine besondere Rechnung. Die bilanzielle Überschuldung ist bei den Kapitalgesellschaften nicht gleichbedeutend mit der sog Unterbilanz: Sie ist nur ein spezieller Fall der Unterbilanz. Unterbilanz ist bei den Kapitalgesellschaften schon dann gegeben, wenn das Vermögen nicht mehr die Summe aus Schulden, sonstigen Belastungen und Garantiekapital deckt. Die Liquidationsbilanz zwingt zur Aufstellung des Aktivvermögens nach dem Wert, der jedem einzelnen Gegenstand im Fall seiner Veräußerung, zu der die Zerschlagung der Gesellschaft nötigt, zukommen würde. Bei der bilanziellen Rechnung ist die letzte „Bilanz“ der Gesellschaft maßgeblich, diese ist aber fortzuführen durch eine Bilanz, die zu dem für den

636 S BGHSt 34, 379 = DB 1987, 1930 mit – unrichtiger – Besprechung durch Fleck, EWiR § 29 GmbHG 2/87, 987. Zum Untreuetatbestand in unserem Bereich Maurer, GmbHR 2004, 1549. 637 BayObLG NJW 1997, 1936 f. Zur Strafbarkeit nach § 82 I Nr 1, 3 GmbHG BGH WM 2000, 1515. 638 O Rn 424 Fn 627.

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D. Der Schutz des Vermögens der AG und der GmbH

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Schutztatbestand maßgeblichen Zeitpunkt aufgestellt wird. Die Bilanz muss ordnungsgemäß aufgestellt sein. Nach dem Kontinuitätsprinzip sind bisherige Bilanzansätze fortzuführen (§ 252 I Nr 1, 6 HGB), sofern von ihnen nicht unter Wahrung der Grundsätze ordnungsgemäßer Bilanzierung abgewichen wird. Falschannahmen sind zu berichtigen. Das Ergebnis der bilanziellen Rechnung kann über dem der Rechnung nach Zerschlagungswerten liegen, muss dies aber nicht: Die Letztere kann sogar günstiger sein. Die bilanziellen Wertansätze können höher sein, weil sie „going concern“, dh unter der Annahme des Fortbestands des Unternehmens, anzusetzen sind (§ 252 I Nr 2 HGB). Insbesondere darf aufgrund dieser Annahme ein Unternehmenswert berücksichtigt werden, wenn das Unternehmen entgeltlich erworben wurde und der Preis die Differenz aus Vermögenswerten abzüglich der Schulden des Unternehmens übersteigt (§ 255 IV 1 HGB). Andererseits können in der Bilanz aufgrund der vorgeschriebenen vorsichtigen Bewertung (§§ 252 I Nr 4, 253 HGB) sog stille Reserven vorhanden sein, sodass sich insofern möglicherweise bei der Bewertung zu Liquidationswerten höhere Werte ergeben639. Weiter enthält die Bilanz, wieder unter dem Gesichtspunkt des Fortbestands des Unternehmens, als sonstige Belastungen des Vermögens „Rückstellungen“ für zukünftige Risiken (§ 249), während bei der Liquidationsbilanz nur die im Liquidationszeitpunkt bestehenden Verbindlichkeiten zu berücksichtigen sind. Die Definition der beiden Rechnungen zeigt, wann die eine, wann die andere Rechnung maßgeblich ist. Die bilanzielle Rechnung ist maßgeblich, wenn der Vermögensschutz während fortbestehenden Unternehmens zu prüfen ist. Die Rechnung nach Liquidationswerten ist dann maßgeblich, wenn der Vermögensschutztatbestand auf die aktuelle oder hypothetische Notwendigkeit der Liquidation abstellt. Das Auszahlungsverbot des § 30 I 1 GmbHG schützt das Gesellschaftsvermögen bei laufender Gesellschaftstätigkeit. Für die Frage, ob eine Auszahlung aus dem Vermögen der GmbH das zur Deckung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der GmbH erfasst, ist folglich die Bilanz der Gesellschaft maßgeblich640. Von der Vermögensrechnung nach § 30 I 1 GmbHG ist zu unterscheiden die Frage, ob die Rückerstattung einer nach § 30 I 1 unzulässigen Auszahlung „zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich“ ist. Darauf kommt es nach § 31 II GmbHG an, wenn auch ein gutgläubiger Empfänger haften soll, und nach § 31 III GmbHG, wenn die übrigen Gesellschafter mithaften sollen. Dafür ist die sogleich zu definierende Überschuldungsbilanz maßgeblich641. Wie grundsätzlich für § 30 I GmbHG ist die bilanzielle Rechnung maßgeblich auch für die Warnpflicht bei Verlust der Hälfte des Grund- oder Stammkapitals (§§ 92 I AktG, 49 III GmbHG). Entgegen der Maßgeblichkeit für das Auszahlungsverbot und das Warngebot ist die Rechnung nach der gewöhnlichen Bilanz nicht maßgeblich für die Feststellung der Pflicht, wegen Überschuldung der Gesellschaft den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen 639 Stille Reserven sind allerdings auch im Rahmen von § 30 I GmbHG zu berücksichtigen, wenn sie vor der Auszahlung aufgelöst werden und ihre Auflösung ordnungsgemäßer Bilanzierung entspricht, BGHZ 106, 7, 12. Ohne gewinnwirksame Auflösung ist auch der „Sonderposten mit Rücklageanteil“ (§§ 247 III, 273 HGB) nicht als ausschüttbares Eigenkapital zu berücksichtigen (Joachim Schmitt, GmbHR 2002, 349 ff). 640 Baumbach/Hueck/Hueck/Fastrich § 30 Rn 6; Lutter/Hommelhoff/Lutter/Hommelhoff § 30 Rn 13 ff; Ulmer/Habersack § 30 Rn 30 ff. Folgerung nach OLG Celle WM 2004, 988: Unzulässigkeit der Anrechnung eines selbst geschaffenen Firmenwerts (Aktivierungsverbot nach § 248 II HGB). 641 BGH NJW 2003, 3629. Nach dem Sinn des Kriteriums sind aber Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten (§ 249 I HGB) zu berücksichtigen.

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II. Die Vermögensrechnung bei den Schutztatbeständen

(§ 15a I InsO). Insofern geht es um die Notwendigkeit der Abwicklung des Unternehmens und folglich grundsätzlich um die Bewertung nach Liquidationswerten. Damit ist dennoch nicht die Liquidationsbilanz maßgeblich. Vielmehr ist von einer besonderen Überschuldungsbilanz oder dem Überschuldungsstatus zu sprechen642. Nach der InsO ist bei juristischen Personen und gleichgestellten Personengesellschaften schon die Überschuldung Grund für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 19 I, II, III InsO). Nach § 19 II InsO liegt Überschuldung vor, wenn das Vermögen die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Die Begründung für diesen besonderen Insolvenzgrund liegt darin, dass bei den einbezogenen Schuldnern ausschließlich ein Vermögen und nicht eine natürliche Person für die Verbindlichkeiten einsteht, sodass schon dann Anlass für das Insolvenzverfahren besteht, wenn das Vermögen die Verbindlichkeiten nicht deckt. Überschuldung heißt begrifflich, dass die Aktiva der Gesellschaft die Verbindlichkeiten nicht decken. Davon geht auch § 19 II InsO aus. Dieser wurde jetzt durch Art 5 des FMStG neu gefasst. Art 6 III setzt mit Wirkung vom 1.11.2011 (Art 7 II FMStG) die frühere Fassung wieder in Kraft 642a. Auch die Neufassung geht vom Überschuldungsbegriff der Nichtdeckung der Schulden durch das Vermögen aus. Der Tatbestand der Insolvenzreife durch Überschuldung wird jedoch durch die Bestimmung eingeschränkt, dass Insolvenzreife nicht eintritt, wenn die Fortführung des Unternehmens nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich ist (sog Fortführungsprognose). Damit kehrt der Gesetzgeber vorübergehend zum sog zweistufigen Überschuldungsbegriff zurück. Nach § 19 II InsO idF vor dem FMStG war die Fortführungsprognose nur für die Bewertung des Vermögens des Schuldners bei Aufstellung des Überschuldungstatus relevant. Erschien die Fortführung des Unternehmens überwiegend wahrscheinlich, so war das Vermögen zu Fortführungswerten, andernfalls zu den regelmäßig wesentlich niedrigeren Liquidationswerten anzusetzen. Je nachdem war die Überschuldungsbilanz reine Liquidationsbilanz oder Bilanz going concern. Nach dem zweistufigen Überschuldungsbegriff steht die Bewertung nach Liquidationswerten auf der ersten Stufe der Prüfung. Ergibt diese die Unterdeckung der Verbindlichkeiten, so ist damit die sog rechnerische Überschuldung festgestellt. Hinzu kommt aber als zweite Prüfungsstufe die Prüfung im Hinblick auf eine positive Fortführungsprognose. Der Grundgedanke liegt darin, dass, solange das Unternehmen fortgesetzt werden kann, für die Gläubiger allein die Zahlungsfähigkeit relevant ist. Der zweistufige Überschuldungsbegriff ist von K. Schmidt entwickelt worden 643, die Rechtsprechung hatte ihn akzeptiert 644. 642 Nach früherem Recht waren Rückzahlungsforderungen aus dem Kredit eines Gesellschafters nicht zu berücksichtigen, wenn der Gesellschafter erklärte, dass er mit seiner Forderung hinter alle anderen Insolvenzgläubiger zurücktrete (KG NZI 2006, 596). Ohne eine solche Rangrücktrittserklärung waren die Forderungen auch dann zu berücksichtigen, wenn die Darlehen eigenkapitalersetzend waren (BGHZ 146, 264, 272 f; zur früheren Rechstprechung betreffend eigenkapitalersetzende Darlehen u Rn 455 ff). Die InsO in der Fassung des MoMiG behandelt jetzt die Darlehensforderungen von Gesellschaftern generell als nachrangig (§ 39 I Nr 5, IV, V InsO nF). 642a Bei der Inkraftsetzung der alten Fassung mit Wirkung vom 1.11.2011 hat der Gesetzgeber übersehen, dass er § 19 II InsO wenige Tage nach dem Inkrafttreten des FMStG durch das MoMiG um S 2 ergänzt hat: Keine Berücksichtigung von Gesellschafterdarlehen im Überschuldungsstatus bei Rangrücktrittsvereinbarung. Dieser S 2 ist in der Wiederherstellung der alten Fassung durch Art 6 III FMStG nicht enthalten. 643 AG 1978, 334. 644 BGHZ 119, 201. Die besondere Art der Anwendung des Überschuldungstatbestands, die das OLG Köln ZIP 1996, 915, 917 r Sp für die Phase des Anlaufens der Gesellschaft meinte anwenden zu sollen (die

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D. Der Schutz des Vermögens der AG und der GmbH Beispiel für die Verneinung der negativen Fortbestehensprognose ist der Dornier-Fall 645. In diesem war die Entwicklung eines Flugzeugtyps („Seastar“) so weit voran getrieben und durch Subventionszusagen etc so gut abgesichert, dass der BGH zu der Ansicht gelangte, dass trotz einer Überschuldung, die sich, gemessen an den Liquidationswerten, ergab, von einem Fortbestehen der Gesellschaft ausgegangen werden konnte.

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Der Gesetzgeber der InsO von 1999 hatte den zweistufigen Überschuldungsbegriff bewusst nicht übernommen. Die aus ihm resultierende Möglichkeit, dass die Gesellschaft trotz Mangels eines die Schulden deckenden Vermögens fortgeführt wird, wirke sich erheblich zum Nachteil der Gläubiger aus, wenn sich die Prognose als unrichtig erweist.646 Von dieser zutreffenden Erwägung wendet sich nun der Gesetzgeber des FMStG ab. Die Finanzkrise habe zu erheblichen Wertverlusten insbesondere bei Aktien und Immobilien geführt. Dies könne bei Unternehmen, die von diesen Verlusten besonders massiv betroffen seien, sehr bald zu einer Überschuldung im Sinne des bisherigen § 19 II InsO und somit zur Insolvenz führen. Dieses Ergebnis sei bei positiver Fortführungsprognose ökonomisch unbefriedigend.646a Im Vertrauen auf die Bewältigung der Finanzkrise verlagert also der Gesetzgeber das Risiko einer weiteren Verschlechterung der Lage der betroffenen Unternehmen von den Gesellschaftern auf die Gläubiger. Zudem nimmt er eine erhebliche Verunsicherung bei der Prüfung der Überschuldung in Kauf. Wenn man an die Insolvenzantragspflicht der geschäftsführenden Organe (§ 15a I ff InsO) und die daran anknüpfenden Straftatbestände (§ 15a IV f InsO) denkt, ist dies ein äußerst fragwürdiger Schritt. Die Kriterien der Überschuldungsprüfung waren auch relevant im Tatbestand der eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen647. Das Merkmal des Eigenkapitalersatzes ist aber in der Reform durch das MoMiG aufgegeben worden. Ist für den Überschuldungsbegriff von Liquidationswerten mit der Möglichkeit einer anderen Bewertung bei überwiegender Wahrscheinlichkeit des Fortbestehens des Unternehmens auszugehen, so geht umgekehrt von der bilanziellen Rechnung mit der Möglichkeit einer im Einzelfall begründeten Prognose des Nichtfortbestehens die Rechtsprechung für die von ihr angenommene Vorbelastungs-(Unterbilanz)-Haftung648 aus. Grundsätzlich wird hier vom Fortbestand der Gesellschaft ausgegangen, dh in der Regel ist auf den Stichtag der Eintragung der Gesellschaft eine gewöhnliche Bilanz („going concern“) aufzustellen. Nach Liquidationswerten wird das Vermögen der Gesellschaft aber dann erfasst, wenn die Fortbestehensprognose negativ ist649. Für die Verlustdeckungshaftung der Gesellschafter650 in den Fällen, dass schon die Eintragung abgelehnt wird oder die Gesellschafter die Eintragungsabsicht aufgeben, ist aus der Ergänzung des Stammkapitals durch Fremdfinanzierung in dieser Phase sei zulässig, eine relevante Überschuldung bestehe nur dann, wenn das Scheitern der Gesellschaft unter Berücksichtigung der Fremdmittel mit Händen zu greifen sei), hat der BGH WM 1997, 1481, 1482 unter II 1 zurück gewiesen. 645 BGHZ 119, 201. Im Insolvenzverfahren kann sich der Insolvenzverwalter auf die Feststellung der Überschuldung durch einen Sachverständigen stützen. Es ist Last der Bekl, Anhaltspunkte für eine positive Fortbestehensprognose darzulegen, BGH GmbHR 1997, 890 (betr eigenkapitalersetzende Darlehen nach der früheren Rechtsprechung, zur Maßgeblichkeit des Überschuldungskriteriums für die Frage des Eigenkapitalersatzes s u Rn 452 ff). 646 Beschlussempfehlung Rechtsausschuss BT-Drucks 12/7302 S 157. 646aBegr FMStG BT-Drucks 16/10600 S 21 (elektronische Vorabfassung). 647 S Rn 452 ff. 648 O Rn 379 ff., 388. 649 BGHZ 124, 282, 285; BGH ZIP 1997, 2008. Mit dem KG ist bei Bewertung „going concern“ ein Geschäftswert, wenn ein Substrat schon vorhanden ist, mit zu berücksichtigen (§ 266 II A I. 2. HGB), DB 1997, 1863. 650 O Rn 383 ff.

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III. Die verdeckte Ausschüttung

Rechtsprechung zu folgern, dass das Gesellschaftsvermögen zu Liquidationswerten zu bewerten ist. Nach der Rechtsprechung wird nämlich die Haftung erst mit Eröffnung der Liquidation oder des Insolvenzverfahrens fällig. Schließlich wird die Vermögensrechnung nach Liquidationswerten von der Rechtsprechung iR des § 19 II 1 GmbHG angewandt. Danach kann die Gesellschaft ihre Gesellschafter von der Einlageschuld nicht befreien. Die Rechtsprechung folgert daraus, dass die Gesellschaft trotz der Aufrechnungsmöglichkeit, die sich e contario aus § 19 II 2 ergibt, die Einlageforderung nicht gegen Forderungen der Gesellschafter aufrechnen kann, wenn diese Forderungen nicht fällig, liquide und vollwertig sind 651. Für die Voraussetzung der Vollwertigkeit des Anspruchs stellt der BGH nicht auf die Bilanz, sondern auf die tatsächliche Vermögenslage der Gesellschaft nach Liquidationswerten ab652. Sieht man, dass der Begriff der Vollwertigkeit die Deckung aller Schulden durch das Vermögen der Gesellschaft meint, bei Nichtvollwertigkeit also Überschuldung vorliegt, ist der Überschuldungsbegriff anzuwenden, dh Vollwertigkeit bei Überschuldung iSv § 19 II InsO zu verneinen.

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III. Die verdeckte Ausschüttung Eine Auszahlung aus dem Gesellschaftsvermögen iSv §§ 30 I 1, 31 I GmbHG, 57 I, III, 62 I 1 AktG kann auch dadurch erfolgen, dass zwar formal zwischen Gesellschaft und Gesellschafter ein Austauschgeschäft abgeschlossen wird, dieses aber eine verdeckte Ausschüttung enthält653. Dafür sind drei Merkmale zu prüfen: (1) Minderung des Gesellschaftsvermögens durch eine Leistung der Gesellschaft an den Gesellschafter, (2) die Leistung wird objektiv nicht voll durch eine Gegenleistung des Gesellschafters ausgeglichen, (3) der Gesellschafter wird um seiner Eigenschaft als Gesellschafter willen begünstigt, dh die Leistung erfolgt causa societatis 654. Der BGH prüft die teilweise Unentgeltlichkeit ausschließlich anhand objektiver Wertmaßstäbe. Eine verdeckte Gewinnausschüttung liege dann vor, wenn ein gewissenhaft nach kaufmännischen Grundsätzen handelnder Geschäftsführer das Geschäft unter sonst gleichen

651 BGHZ 90, 370. S Rn 348. 652 BGH aaO. 653 Anhaltspunkt für den Schutz des Vermögens der AG vor verdeckten Ausschüttungen: § 61 AktG. Zum Aktienrecht Fleischer, WM 2007, 909. Fleischer weist auf das zusätzliche Kontrollinstrument der Notwendigkeit hin, sog related party transactions im Anhang zum Jahresabschluss aufzuführen (Richtlinie 2006/46/EG v 14.6.2006 zur Änderung der Richtlinie 78/660 EWG über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen, ABl v 16.8.2006 Nr L 224 S 1; Entwurf zur Umsetzung im RegE BilMoG Art 1 Nr 29 (Einfügung eines § 285 1 Nr 21 HGB; dort soll freilich nur vorgeschrieben werden, „zumindest die nicht zu marktüblichwen Bedingungen zustande gekommenen Geschäfte“ aufzuführen). Begriff der related party (nahe stehende Personen oder Unternehmen) in IAS 24. – Der Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung stammt aus dem Steuerrecht. Das Steuerrecht besteuert den Gewinn und beachtet deshalb nur die verdeckte Gewinnausschüttung, s etwa § 8 III 2 KStG. Nach der Vorschrift mindern verdeckte Gewinnausschüttungen das Einkommen der Körperschaft nicht. Zur steuerrechtlichen verdeckten Gewinnausschüttung s Knobbe-Keuk Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht S 584, 642 ff. Zur Abgrenzung von der Berichtigung des Einkommens durch Berücksichtigung von Aktiva, etwa Schadensersatzansprüchen der Gesellschaft gegen den Gesellschafter, BFH NJW 1997, 1804. – Fall zur verdeckten Gewinnausschüttung: Brauer Fälle zum Kapitalgesellschafts- und Kapitalmarktrecht 2005 – Fall 7. 654 Entnimmt ein Gesellschafter-Geschäftsführer Vermögenswerte aus dem Gesellschaftsvermögen, so trifft ihn die Beweislast, wenn er der Gesellschaft Gegenwerte erbracht haben will (OLG Celle GmbHR 1997, 647).

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D. Der Schutz des Vermögens der AG und der GmbH

Umständen zu gleichen Bedingungen mit einem Nichtgesellschafter nicht abgeschlossen hätte (sog Drittvergleich)655. Eine Grundlage für diese objektive Kontrolle wird nicht angegeben. Maßgebend muss demgegenüber grundsätzlich die Vereinbarung der Vertragspartner sein. Danach muss das Geschäft nicht nur durch die Inäquivalenz, sondern auch durch die causa societatis bestimmt sein, dh die Gesellschaft muss um der Stellung des Geschäftspartners als Gesellschafters willen ihre Leistung unter Marktwert abgegeben haben. Nur im Fall eines Vertragsschlusses zwischen der Gesellschaft und einem beherrschenden Gesellschafter ist statt der Maßgeblichkeit der Vereinbarung zwischen Gesellschaft und Gesellschafter eine objektive Überprüfung angebracht. Der beherrschende Gesellschafter kann nämlich die Gestaltung des Vertrages aufseiten der Gesellschaft mit beeinflussen, sodass die Privatautonomie auf beiden Seiten des Vertrages, die für die Rechtfertigung der Geltung einer vertraglichen Regelung erforderlich ist, nicht gewährleistet ist. Im angeführten Fall des BGH656 hatte der (mit)beherrschende Gesellschafter den Vertrag abgeschlossen. Die Entscheidung des BGH ist also im Ergebnis zu billigen. 442

Für eine verdeckte Ausschüttung ist, wenn nicht ein Geschäft mit dem beherrschenden Gesellschafter infrage steht, beides erforderlich: die (teilweise) Unentgeltlichkeit und die causa societatis. Es kann auch einmal ein Geschäft causa societatis vorliegen, dessen Unentgeltlichkeit fraglich ist. So im Fall Ingram Macrotron AG des LG München I657, in welchem aber wegen der Beteiligung eines beherrschenden Gesellschafters über seine Einmann-GmbH als Empfängerin der Leistung die causa societatis schon mit der objektiven Unentgeltlichkeit gegeben gewesen wäre, es also auf die Unterscheidung gar nicht ankam: In dem Fall hatte eine AG die 100 % Anteile, die sie an einer GmbH besaß, an eine andere GmbH verkauft und übertragen, die dem beherrschenden Gesellschafter der AG zu 100 % gehörte. Der Kaufvertrag enthielt die Klausel, dass der Kaufpreis aufgebessert werden sollte, wenn ein von einem Gericht bestellter Sachverständiger feststellen sollte, dass der Wert des veräußerten Unternehmens höher sei als der Kaufpreis. Einen solchen Vertrag würde ein neutraler Dritter nicht schließen, die causa societatis ist also offenkundig gegeben. Fraglich ist aber wegen der Klausel die Unentgeltlichkeit. Im Ergebnis ist aber auch diesem Merkmal nicht durch die Klausel abzuhelfen. Die Parteien müssen von vornherein die ordnungsgemäße Basis des Vertrags herstellen. Wenn sie den Vertrag erst einmal durchführen und nur eine unbestimmte zukünftige Anpassungsmöglichkeit aufnehmen658, ändert das nichts an dem Verstoß gegen die Vermögensbindung, wenn sich die Unterschreitung der Leistung der Gesellschaft durch den Kaufpreis herausstellt.

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Hat die Gesellschaft in diesem Sinne an den Gesellschafter eine verdeckte Gewinnausschüttung geleistet659 und ist – so die erforderliche zusätzliche Prüfung bei der GmbH, wenn der gesetzliche Tatbestand des § 30 I 1 GmbHG angewandt werden soll – durch die causa societatis erbrachte Leistung Vermögen abgegeben worden, das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlich ist, so hat der Gesellschafter der GmbH nach § 31 I die Ausschüttung zu 655 BGH ZIP 1987, 575, 576. 656 S Vornote. 657 AG 2004, 159 (betreffend eine Anfechtungsklage gegen den Zustimmungsbeschluss der HV, welcher der Vorstand das Vertragswerk offenbar in Hinsicht auf die „Holzmüller-Doktrin“ – u Rn 1065 ff – vorgelegt hatte). 658 Die hier schon deshalb unbestimmt war, weil das gerichtliche Verfahren, in dem ein Sachverständiger hätte bestellt werden können, gar nicht absehbar war. Ein Fall des Spruchverfahrensgesetzes lag jedenfalls nicht vor. 659 Hat die Gesellschaft noch nicht geleistet, so muss sie wegen § 30 I GmbHG die Leistung verweigern (keine freie Einrede), dh der Geschäftsführer muss dies tun (andernfalls Haftung nach § 43 III GmbHG), es sei denn, der Vermögensstand der Gesellschaft verbessert sich, so dass § 30 GmbHG nicht mehr verletzt ist (insofern keine endgültige, sondern schwebende Verbotswidrigkeit der Leistung). Der Gesellschafter kann die Anwendung des Verbots nicht durch Angebot einer angemessenen Gegenleistung abwenden. Dies wäre eine einseitige Vertragsänderung, Roth/Altmeppen/Altmeppen § 30 Rn 84.

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IV. Die personelle Ausweitung der Vermögensbindung nach §§ 30, 31 GmbHG

erstatten. Dh die Vorteilszuwendung der Gesellschaft ist weder in schuldrechtlicher noch in dinglicher Hinsicht unwirksam, sie ist nur der Gesellschaft zu erstatten. Der Erstattungsanspruch der Gesellschaft ist folglich grundsätzlich auf Zahlung der Differenz bis zum Ausgleich der beiderseitigen Leistungen gerichtet. Hat die Gesellschaft einen Vermögensgegenstand oder eine Dienstleistung gegen eine Vergütung unterhalb des Marktwerts erbracht, muss der Gesellschafter nachzahlen660. Hat der Gesellschafter einen Vermögensgegenstand oder eine Dienstleistung gegen eine Vergütung über Marktwert erbracht, hat er grundsätzlich die Differenz in Geld zu erstatten. Im Fall der Leistung eines Vermögensgegenstands kann er aber dann, wenn dies ohne Nachteil für die Gesellschaft möglich ist, statt der Zahlung der Differenz die Rückgewähr des von ihm geleisteten Gegenstands gegen Rückgewähr des von der Gesellschaft überhöht geleisteten Preises verlangen661.

IV. Die personelle Ausweitung der Vermögensbindung nach §§ 30, 31 GmbHG, 57, 62 AktG Insbesondere durch die Rechtsprechung zu den – so das seinerzeit angewandte Kriterium – eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen662 ist im GmbH-Recht die Tendenz aufgekommen, die Vermögensbindung nach §§ 30, 31 GmbHG, dh die Haftung des Empfängers bei Auszahlungen aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der GmbH, auf Personen auszuweiten, die nicht, wie es § 30 I 1 GmbHG seinem Wortlaut nach fordert, Gesellschafter der GmbH sind, aber als Auftraggeber hinter Strohmanngesellschaftern oder über einen Gesellschafter beherrschenden Einfluss nehmen, insbesondere mit Gesellschaftern in einem Unternehmensverbund stehen oder schließlich mit der GmbH über eine gemeinsame Gesellschaft verbunden sind (etwa als Kommanditisten einer KG, der die GmbH als Komplementärin angehört)663. Inzwischen liegt, aus der Hand des XI. Senats, auch ein Urteil zur ausweitenden Anwendung der Vermögensbindungsvorschriften bei der AG (§§ 57, 62 AktG) vor664. Die Ausweitung im Anschluss an die Rechtsprechung zu den eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen liegt nahe, weil die Rechtsprechung auch ihre Sanktion der Rückgewährhaftung des Gesellschafters bei Rückzahlung eines eigenkapitalersetzenden Darlehens den §§ 30, 31 entnommen hat. Es ist jedoch ein entscheidender Unterschied zwischen der Haftung unmittelbar aus §§ 30, 31 GmbHG einerseits und der Anwendung der Vorschriften im Rahmen der Grundsätze zu den eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen andererseits zu beachten. Die Sanktion der Umqualifizierung von Gesellschafterdarlehen zu Eigenkapitalersatz beruhte, was zunächst die Gesellschafter betrifft, auf der unternehmerischen Beteiligung und der daraus erwachsenden Finanzierungsverantwortung der Gesellschafter, 660 So im Fall BGH ZIP 1987, 575, in dem die Gesellschaft causa societatis eine Bau-Werkleistung zu einer Vergütung unter dem üblichen Entgelt erbracht hatte. 661 Flume, ZHR 144 (1980), 24. 662 U Rn 452 ff. 663 S Roth/Altmeppen/Altmeppen § 30 Rn 31 ff. Von der Anwendung des § 30 I GmbHG bei der GmbH & Co KG auch auf den Nur-Kommanditisten geht neuerlich aus das OLG Celle NJW-RR 2004, 1040. Anderer Fall, deshalb nicht als Gegenmeinung verwendbar OLG Köln WM 2003, 1423: Weiterleitung der Einlageleistung des GmbH-Gesellschafters und Kommanditisten in einer GmbH & Co KG durch die GmbH an die KG (!). 664 BGH AG 2008, 120, zum Fall sogleich Fn 668. Mangel der Schwerpunktsetzung des Urteils bei § 71a AktG rügt Nodoushani, NZG 2008, 291.

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D. Der Schutz des Vermögens der AG und der GmbH

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was es rechtfertigte, die in der Krise gewährten Darlehen als Eigenkapital zu werten. Dieser Gedanke trägt über die formale Stellung als Gesellschafter hinaus. Auch ein Dritter kann kraft seines unternehmerischen Einflusses auf die Gesellschaft in die Finanzierungsverantwortung hineinkommen. Demgegenüber ist die unmittelbare Anwendung der §§ 30, 31 GmbHG von einer Krisenfinanzierungsentscheidung ganz unabhängig. Die Vorschriften beruhen auf dem Kapitalaufbringungs- und -erhaltungsversprechen der Gesellschafter, und ein solches geben zunächst einmal nur die Gesellschafter ab. Was die Ausweitung auf Dritte in diesem Bereich betrifft, ist zu differenzieren: Auszahlungen an Dritte, die von einem Gesellschafter veranlasst werden,665 sind zunächst dem veranlassenden Gesellschafter selbst nach §§ 30, 31 GmbHG und ebenso nach §§ 57, 62 AktG zuzurechnen. Zusätzlich muss aber auch der Dritte haften, wenn er gleichsam nur Empfangsstation für den Gesellschafter ist. Dies trifft zu in Fällen, in denen der Gesellschafter die Auszahlung an eine Gesellschaft lenkt, an der er als Alleingesellschafter oder beherrschender Gesellschafter beteiligt ist666. Daraus folgt sodann die alleinige Haftung eines Dritten in dem Fall, dass der Dritte um des Erwerbs von Anteilen an der Gesellschaft willen eine Auszahlung der Gesellschaft veranlasst667 und nur als Empfangsstation für Auszahlung und späteren Erwerb eine nahestehende Person vorschiebt668. Von diesen Fällen sind Fälle der Auszahlung an einen Dritten zu unterscheiden, die ein außerhalb der Gesellschaft stehender Dritter aufgrund eigenen Rechtsgrunds veranlasst. Eine von einem solchen Dritten selbst veranlasste Auszahlung hatte die Reklameflug- und Lufttaxi-GmbH-Entscheidung des BGH669 zum Gegenstand. Der BGH hat hier den Auftraggeber von Strohmanngesellschaftern als Gesellschafter behandelt und dadurch vollständig – über die im Fall relevante Darlehensrückzahlung hinaus – in die Kapitalaufbringungs- und -erhaltungshaftung einbezogen. Mit dieser weit gezogenen Folgerung verletzt die Entscheidung die Privatautonomie. Soweit nicht Sondervorschriften wie § 46 V 1 AktG iVm Abs 4 der Vorschrift den Hintermann in die Aufbringungshaftung einbezieht, gilt wie allgemein so auch im Verhältnis zu Gesellschaftern einer GmbH oder AG und für deren Beteiligung an der Gesellschaft die Privatautonomie, also auch die Entscheidung der Beteiligten für ein bloßes Auftragsverhältnis der Gesellschafter zu einem Hintermann. Es gibt für eine GmbH oder AG keinen Grund, sie anders zu behandeln als andere Personen, die mit Treuhändern zu tun haben. Es können ja auch Gesellschafter, die keinen Hintermann haben, sich als ebenso zahlungsschwach herausstellen wie zahlungsschwache Strohmanngesellschafter. Zwischen Strohmanngesellschaftern und dem Auftraggeber bestehen wenigstens noch schuldrechtliche Ansprüche auf Zahlung der Einlage, auf die die Gesellschaft im Vollstreckungsweg zugreifen 665 Davon wieder ist zu unterscheiden der Fall, dass ein Gesellschafter an der Auszahlung an einen Mitgesellschafter (!) mitwirkt oder sie zulässt. Insoweit ist die Haftung durch § 31 III GmbHG speziell geregelt (BGHZ 142, 92, 96). 666 Umfassende Erörterung bei Roth/Altmeppen/Altmeppen § 30 Rn 54 ff. 667 Vorauszahlungen auf die künftige Gesellschafterstellung sind Auszahlungen iS der Vermögensbindungsvorschriften. 668 So im Fall des XI. Senats, BGH AG 2008, 120: Dritte war hier eine AG, vorgeschoben war die Ehefrau eines Vorstandsmitglieds. Hinzukam, dass die erworbenen Aktien von der auszahlenden AG zurückzukaufen waren, die Auszahlung also letztlich dem unzulässigen Erwerb eigener Aktien diente. Die Auszahlung war auf ein Darlehen erfolgt. Dieses war nach § 71a I AktG nichtig. 669 BGHZ 31, 258. Die Entscheidung ist bestätigt worden durch BGHZ 118, 107 (dazu Ulmer, ZHR 156 (1992), 377). S schon o Rn 323. Auf die Entscheidung beruft sich auch das Urteil vom 13.12.2004, BGH ZIP 2005, 117 (mit Anm Altmeppen, Berichtigung der Anm S 157) zur Durchgriffshaftung, s u Rn 516 Fn 798.

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VI. Beispiel zur Vermögensbindung nach § 30 I 1 GmbHG

kann. Wenn der Auftraggeber zahlungsschwache Strohleute für sich agieren lässt und dann versuchen sollte, sich durch Absprachen mit seinen Beauftragten Ausgleichsansprüche, auf die die Gesellschaft zugreifen könnte, vom Leibe zu halten, muss er der Gesellschaft nach § 826 BGB haften.

V. Kapitalerhaltung im Konzern Stehen Kapitalgesellschaften in einer Beziehung als verbundene Unternehmen (§§ 15 ff AktG), insbesondere in einem Konzern (§ 18 AktG), so stellen sich zwei Probleme in der Anwendung des allgemeinen Rechts der Kapitalerhaltung: zum einen das vorstehend unter dem Thema der personellen Ausweitung des Kapitalschutzes behandelte Problem, ob die Verantwortlichkeit für die Kapitalerhaltung in der Gesellschaft über den Kreis der Gesellschafter hinaus auf Unternehmen als Dritte ausgeweitet wird, die mit Gesellschaftern in einem Unternehmensverbund stehen. Zum anderen stellt sich die Frage, ob das allgemeine Recht verdrängt wird dadurch, dass zwischen der Gesellschaft und einem Unternehmen als Gesellschafter ein Beherrschungs- und Abhängigkeitsverhältnis begründet ist. Dazu ist § 291 III AktG, dem jetzt die allgemeinen Vorschriften der §§ 57 I 3 AktG, 30 I 2 1. Alt GmbHG entsprechen, hervorzuheben: Danach sind Leistungen im Rahmen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrages mit einer AG als beherrschter Gesellschaft von der Vermögensbindung nach § 57 AktG, in der GmbH gemäß § 30 I 2 1. Alt GmbHG von der Bindung nach §§ 30, 31 GmbHG, ausgenommen. An die Stelle der allgemeinen Regelung tritt die Pflicht des herrschenden Unternehmens zum Verlustausgleich nach § 302 AktG. Der Anspruch auf Verlustausgleich muss aber werthaltig sein, andernfalls sind Weisungen des herrschenden Unternehmens, Leistungen vorzunehmen, nicht von § 308 AktG gedeckt und damit rechtswidrig. Also kann insoweit auch nicht die Exemtion von der allgemeinen Vermögensbindungsregelung gelten. Bei Unternehmensabhängigkeit ohne Bestehen eines Konzernvertrages stehen die allgemeinen Vorschriften neben der konzernrechtlichen Regelung der §§ 311 II, 317 f AktG. Die konzernrechtliche Regelung ist nur eine Anwendung allgemeiner Grundsätze ordnungsgemäßer Geschäftsführung670 und verdrängt nicht die allgemeinen Vermögensbindungsvorschriften, im faktischen GmbH-Konzern gelten die konzernrechtlichen Regeln analog671 und daneben §§ 30 f GmbHG.

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VI. Beispiel zur Vermögensbindung nach § 30 I 1 GmbHG 448

Eine GmbH weist folgende Bilanz auf: 672 Guthaben bei Kreditinstitut 500.000 € EK I Stammkapital 100.000 € EK II–IV 300.000 € Verbindlichkeiten 100.000 € Die Gesellschaft kauft nunmehr von einem einflussreichen Gesellschafter ein (objektiv 200.000 € wertes) Grundstück zum Kaufpreis von 300.000 €. Der Kaufpreis wird gezahlt. Später fällt die Gesellschaft in die Insolvenz. Zu prüfen ist, ob der Insolvenzverwalter gemäß §§ 30, 31 I vom Gesellschafter Zahlung in Höhe von 100.000 € verlangen kann.

670 S u Rn 1274 ff. 671 Streitig, s u Rn 1317 ff. 672 Zu den Posten s § 266 III A HGB.

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D. Der Schutz des Vermögens der AG und der GmbH

1. § 31 I verlangt eine Zahlung. Zahlung iS der Vorschrift ist jede Vermögensbewegung. 2. Weiter verlangt § 31 I, dass die Zahlung dem Verbot des § 30 1 zuwider erfolgt. Dazu sind die einzelnen Merkmale des § 30, zunächst des § 30 I 1, zu prüfen (den Spezialfall des § 30 II lassen wir hier beiseite). 3. Die Zahlung muss eine Zahlung an den Gesellschafter sein673. Dies ist in unserem Fall gegeben. 4. Weiter muss die Zahlung Auszahlung von Gesellschaftsvermögen sein. Dazu ist erforderlich, dass die Gesellschaft nicht aufgrund eines Verkehrsgeschäfts, sondern causa societatis unentgeltlich an den Gesellschafter leistet. Im vorliegenden Fall hat sie die Schuld aus dem Grundstückskauf getilgt und dafür einen Gegenwert erlangt. Es könnte aber eine verdeckte Ausschüttung vorliegen und zwar in der Weise, dass das Geschäft causa societatis teilweise unentgeltlich getätigt wurde. Die Unentgeltlichkeit könnte durch den Vergleich der beiden Leistungen angezeigt sein. Der Gesellschafter hat für den objektiven Wert des Grundstücks iHv 200.000 € einen Preis von 300.000 € erlangt, 100.000 € also objektiv ohne Gegenleistung. Diese objektive Inäquivalenz muss sodann causa societatis vereinbart worden sein. Wegen der Beeinflussung der Geschäftsführung durch den einflussreichen Gesellschafter, die die Autonomie aufseiten der Gesellschaft verhindert, bleibt es bei der objektiven Prüfung durch Vergleich der Kaufpreisvereinbarung mit den Preisen, die mit Dritten vereinbart worden wären (Drittvergleich). Aufgrund dieses Vergleichs ergibt sich im vorliegenden Fall eine Auszahlung von Gesellschaftsvermögen in Höhe von 100.000 €. 5. Die Auszahlung aus dem Gesellschaftsvermögen muss schließlich aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen erfolgt sein. Dazu ist zu prüfen, ob nach der Zahlung das Stammkapital der GmbH (noch) erhalten ist oder nicht. Für die Prüfung ist die Bilanz maßgeblich. Ob und inwieweit das Stammkapital der GmbH gedeckt ist und ob und inwieweit je nachdem eine verbotene Auszahlung iS von § 30 I vorliegt oder nicht, ist aus der ordnungsgemäß aufgestellten Bilanz zu ermitteln, nicht wie in der Überschuldungsrechnung 674 aus dem Status des tatsächlich vorhandenen Vermögens. Nach der Bilanz haben sich im vorliegenden Fall die Aktiva in Höhe von 500.000 € durch die Kaufpreiszahlung um 300.000 € vermindert, andererseits um die Leistung des Grundstücks im Werte von 200.000 € vermehrt, sodass Aktiva in Höhe von 400.000 € der Gesellschaft gehören. Es ergibt sich damit folgende Bilanz: Guthaben bei Kreditinstitut Grundstücke

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200.000 € 200.000 €

EK I Stammkapital EK II–IV Jahresfehlbetrag Verbindlichkeiten

100.000 € 300.000 € ./. 100.000 € 100.000 €

Die Gesellschaft weist noch ein Eigenkapital (hier wegen Fehlens von Rückstellungen: Vermögen abzüglich Verbindlichkeiten) in Höhe von 300.000 € auf. Damit ist das Stammkapital von 100.000 € trotz der verdeckten Ausschüttung noch erhalten. Bilanziell wird dies durch Abzug des Jahresfehlbetrags von EK II–IV ausgedrückt (hier werden es EK IV: Gewinnvortrag oder EK III sein: Gewinnrücklagen), während das Stammkapital noch nicht berührt ist. Die 100.000 € betragende verdeckte Ausschüttung konnte hier dem Vermögen entnommen werden, soweit es Verbindlichkeiten, sonstige Belastungen (hier nicht vorhanden) und Stammkapital überstieg. Die Gesellschaft hat gegen den Gesellschafter keinen Anspruch aus § 31 I. 673 Zur Frage der personellen Ausweitung des § 31 I GmbHG o Rn 444 ff. 674 S o Rn 433 ff.

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VII. Gesellschafterdarlehen

Weiter kommt ein Bereicherungsanspruch der Gesellschaft gegen den Gesellschafter, der die verdeckte Ausschüttung erhalten hat, in Betracht. Mangels Zuständigkeit der Geschäftsführung, einseitige Gewinnverteilungen vorzunehmen, ist die Zuwendung causa societatis ohne Vertretungsmacht vereinbart worden, also rechtsgrundlos erfolgt675. Der Bereicherungsanspruch auf Rückzahlung des causalos erlangten Vorteils von 100.000 € ist zu bejahen676.

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VII. Gesellschafterdarlehen 1. Nominelle und materielle Unterkapitalisierung Die Vorschriften der §§ 30, 31, 43 III GmbHG, 57 III, 62 I 1, 93 III Nr 1 AktG verbieten bestimmte Auszahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen an die Gesellschafter, dh Leistungen der Gesellschaft causa societatis. Folglich scheint die Rückzahlung von Darlehen, die die Gesellschafter der Gesellschaft gewähren, nicht berührt zu sein: Die §§ 57 I 4 AktG, 30 I 3 GmbHG stellen dies ausdrücklich klar. Dies weist darauf hin, dass die Unanwendbarkeit der Ausschüttungsverbote auf die Darlehensrückzahlung nicht selbstverständlich ist. Nach dem Rechtszustand vor dem MoMiG war die Rechtslage auch noch anders. Die Rechtsprechung, insbesondere die Rechtsprechung zur GmbH, hat nämlich Darlehen, die die Gesellschafter der Gesellschaft gewähren, unter bestimmten Voraussetzungen als eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen677 – und damit wie Eigenkapital – behandelt, mit der Folge, dass die Rückzahlung wie die Rückgewähr einer Einlage als Auszahlung von Gesellschaftsvermögen iSv § 30 I GmbHG aF anzusehen war 678. Die Rechtsprechung hat damit der verbreiteten Neigung der Gesellschafter zur Risikominimierung Grenzen gesetzt. Die Gesellschafter würden gerne das Stammkapital, in dessen Höhe sie Einlagen erbringen müssen, die im Fall eines Misserfolgs der GmbH verloren sind, möglichst gering halten. Weiteren Kapitalbedarf der Gesellschaft würden sie, wenn überhaupt, gerne durch Darlehen aufbringen, weil Darlehen vermögensbindungsfrei rückzahlbar sind und auf sie, wenn es nicht zur Rückzahlung kommt, bevor das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft eröffnet wird, wenigstens noch die Insolvenzquote entfällt. Durch die Ausstattung der Gesellschaft mit geringem Stammkapital und dem darüber hinaus gehenden Kapital als Gesellschafter-Fremdkapital entsteht aber die Gefahr der Unterkapitalisierung. Dadurch werden die Drittgläubiger der Gesellschaft gefährdet. Dieser Gefährdung beugt entgegen dem Eindruck, den man aus §§ 57 I 4 AktG, 30 I 3 GmbHG nF entnehmen könnte, auch das MoMiG vor. Das neue Recht verfolgt aber einen ganz anderen Ansatz als die frühere Rechtsprechung. Das Kriterium des Eigenkapitalersatzes durch Darlehen ist aufgegeben und deshalb auch die Anknüpfung an die Ausschüttungsverbote der §§ 57 AktG, 30 GmbHG. Hinsichtlich der Unterkapitalisierung unterscheidet man die nominelle und die materielle Unterkapitalisierung. Das Problem der nominellen Unterkapitalisierung ist das Problem der Gesellschafterdarlehen. Durch sie geben die Gesellschafter ihrer Gesellschaft Kapital, 675 Zur Beschränkung des Mangels der Vertretungsmacht auf das schuldrechtliche Geschäft o Rn 420. 676 S bereits o Rn 419 f. 677 Es geht um Eigenkapitalersatz, nicht um Kapitalersatz (falscher Wortgebrauch in §§ 39 I Nr 5, 135 InsO, richtig dagegen § 32a III 2 GmbHG). – Klausurfall zu den eigenkapitalersetzenden Darlehen (sowie zur eigenkapitalersetzenden Nutzungsüberlassung) im Begleitbuch von Brauer (Fälle zum Kapitalgesellschafts- und Kapitalmarktrecht 2005 – Fall 6). 678 Fleischer zieht Parallelen zur amerikanischen Figur der Equitable Subordination (NZG 2004, 1133 f). Aus ökonomischer Sicht stellt Rudolph, ZBB 2008, 82 die Problematisierung der Gesellschafterdarlehen im Hinblick auf den Gläubigerschutz in Frage.

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D. Der Schutz des Vermögens der AG und der GmbH

insoweit ist materiell Kapital vorhanden, aber die Gesellschafter geben es unter einem problematischen nomen, nämlich als Fremd- statt als Eigenkapital. Bei der materiellen Unterkapitalisierung handelt es sich demgegenüber um das Problem, dass die Gesellschafter ihre Gesellschaft angesichts der mit dieser eingegangenen Risiken mit zu wenig Eigenkapital betreiben und dies auch nicht durch Gesellschafterdarlehen ergänzen. Zu fragen ist dann, ob wegen missbräuchlicher Ausgestaltung der Gesellschaft die Gesellschafter für die Schulden der Gesellschaft im Wege der sogenannten Durchgriffshaftung 679 heranzuziehen sind.

2. Die frühere Rechtsprechung zu den eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen und die GmbH-Novelle von 1980 im Gegensatz zum MoMiG 455

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Im Kapitel über die Kapitalerhaltung ist die unzulässige Auszahlung von Gesellschaftsvermögen zu behandeln. Zu einer solchen konnte es nach dem früheren Rechtszustand auch im Fall der Rückzahlung eigenkapitalersetzender Gesellschafterdarlehen kommen. Im Zusammenhang mit der Kapitalerhaltung ist also das Problem der nominellen Unterkapitalisierung zu behandeln. Zu dieser Frage hatte sich im Recht der GmbH eine festgefügte Rechtsprechung gebildet, die die Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen unter bestimmten Voraussetzungen als unzulässige Auszahlung iS insbesondere der Kapitalerhaltungsnormen des GmbHG (§§ 30, 31 GmbHG) angesehen hat. Durch die GmbH-Novelle vom 4.7.1980 680 ist eine gesetzliche Regelung zu den Gesellschafterdarlehen geschaffen worden. Mit dem KapAEG vom 20.4.1998 sind das sog Kleinbeteiligungsprivileg und mit dem KonTraG vom 27.4.1998 das sog Sanierungsprivileg 681 eingeführt worden. Die gesetzliche Regelung ist nicht nur dem GmbHG eingefügt worden (§§ 32 a, b GmbHG aF), sondern war über weitere Gesetze verstreut: Nach Ersetzung der KO durch die InsO waren die Gesellschafterdarlehen neben dem GmbHG in den §§ 39 I Nr 5, 135, 264 III InsO, 6 AnfG sowie §§ 172a, 129a HGB geregelt. Die Rechtsprechung hat sich aber dafür entschieden, ihre Grundsätze zu §§ 30, 31 GmbHG neben den neuen gesetzlichen Regeln aufrechtzuerhalten682. Das MoMiG hat zunächst dieser Gemengelage von Rechtsprechungs- und Gesetzesregeln ein Ende gemacht. Es hat der Rechtsprechung die Grundlage entzogen, sodass nur noch die gesetzlichen Schranken übrig bleiben. Sodann hat es aber auch die gesetzlichen Schranken selbst grundlegend verändert. In den genannten Vorschriften der §§ 57 I 4 AktG, 30 I 3 GmbHG, die die Ausschüttungsverbote auf die Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen unanwendbar machen, ist die Monopolisierung der gesetzlichen Regelung der Gesellschafterdarlehen festgeschrieben. Die veränderte gesetzliche Regelung ist jetzt einheitlich in der InsO zu finden. Um den neuen Rechtszustand zutreffend einzuordnen, ist ein Überblick über die frühere Entwicklung des Rechts der Gesellschafterdarlehen erforderlich: Ausgangsentscheidung war (nach früheren Entscheidungen aus der Rechtsprechung des RG683, die sich noch an § 826 BGB hielten) die Reklameflug- und Lufttaxi-GmbH-Entscheidung des BGH684: 679 Nach dem bildhaften englischen Ausdruck: piercing the corporate veil. Zu dem Problem u Rn 497 ff. 680 „Gesetz zur Änderung des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung und anderer handelsrechtlicher Vorschriften“, BGBl I S 836. Das Gesetz ist zum 1.1.1981 in Kraft getreten. 681 Entgegen der Rechtsprechung, die unterschiedslos auch Kreditgeber, die Gesellschaftsanteile übernommen hatten, um die Sanierung zu versuchen, in die Rechtsprechung zu den eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen einbezogen hat, s insbesondere das Mitropa/Sonnenring-Urteil BGHZ 81, 311 ff, vollständige Übersicht in der Vorauflage Rn 417. 682 BGHZ 90, 370 („Nutzfahrzeuge“). 683 U a. RG JW 1938, 862 f. 684 BGHZ 31, 258; s schon o Rn 323, 445 f.

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VII. Gesellschafterdarlehen Sachverhalt: Im Jahre 1953 war eine GmbH zur Durchführung von Werbe- und Taxiflügen mit einem Stammkapital von 20.000 DM gegründet worden. Die GmbH sollte an die Stelle einer vorher maßgeblich vom Beklagten gehaltenen GmbH treten, deren Betrieb von der Alliierten Luftaufsichtsbehörde eingestellt worden war, weil gegen die drei Gesellschafter ein Strafverfahren wegen unerlaubten Besitzes von Flugzeugen durchgeführt wurde. Damit die neue GmbH den Flugbetrieb unbehelligt durchführen konnte, hatte der Beklagte zwei Strohmanngesellschafter vorgeschoben, von denen der eine einen brasilianischen Pass besaß. Nach zwei Monaten war das Kapital der GmbH verbraucht. Der Bekl gab Darlehen in Höhe von 56.000 DM. Die GmbH zahlte sie etwa zur Hälfte zurück und fiel danach in Konkurs. Der Konkursverwalter verlangte vom Bekl die Rückzahlung der als Darlehensrückgewähr ausgezahlten Beträge.

Der BGH hat den Anspruch aus § 31 I GmbHG bejaht. Zunächst hat er dafür den Beklagten als Hintermann sowohl für die Aufbringung der Einlage (einschließlich der Mithaftung für die Aufbringung der Einlage eines anderen Gesellschafters nach § 24 GmbHG) als auch für die Kapitalerhaltung nach §§ 30 I aF, 31 I GmbHG der Verantwortlichkeit als Gesellschafter unterworfen. Die Begründung ist: Rechne man dem Bekl nicht die Gesellschafterstellung zu, so seien insbesondere die Vorschriften der §§ 24, 19 II 1 GmbHG nicht praktizierbar. Nach § 24 könnte zur Mithaftung nur der möglicherweise zahlungsunfähige Strohmanngesellschafter in Anspruch genommen werden. Und entgegen § 19 II 1 könnten die Strohmanngesellschafter ihren Hintermann davon befreien, für die Einzahlungspflicht der Strohmanngesellschafter aufzukommen685. Sodann hat der BGH die Darlehensrückzahlung als Auszahlung von Gesellschaftsvermögen iSv § 30 I GmbHG aF eingeordnet. Er hat argumentiert, dass die der GmbH zur Abwehr der Insolvenz oder der Illiquidität als Gesellschafterdarlehen gewährten Mittel nicht wie Fremdkapital zurückverlangt werden könnten, sondern, solange der Abwehrzweck nicht nachhaltig erreicht sei, wie Eigenkapital zu behandeln seien. Bei Fehlen von genügend Vermögen, welches über die Stammkapitaldeckung hinausgehe686, verstoße die Auszahlung mithin gegen § 30 I (aF)687. Für die Einordnung der Darlehensrückzahlung in den Tatbestand der verbotenen Vermögensausschüttung musste exakt bestimmt werden, wie sich Darlehensrückzahlung und § 30 I GmbHG a.F. zueinander verhielten: Für die verbotene Ausschüttung ist ja eine Zuwendung der Gesellschaft an den Gesellschafter causa societatis erforderlich. Was die Darlehensrückzahlung betraf, ist fraglich, welche Leistung causa societatis als verbotswidrig aufzufassen war. Und dafür galt, dass nicht irgendeine Zahlung causa societatis vorgenommen wurde, sondern causa societatis gerade das Darlehen getilgt wurde. Mithin trat der Tilgungserfolg ein, er musste nur unter der Voraussetzung des § 30 I GmbHG rückgängig gemacht werden. Genauer: Zwar trat die Darlehenstilgung ein, sie konnte aber nicht als Gegenwert für die Zahlung der Gesellschaft aufgefasst werden. Im Unterschied sodann zu dem zurückgezahlten Darlehen waren allerdings als Verbindlichkeiten in der für § 30 I maßgeblichen Bilanz zu berücksichtigen die noch nicht zurückgezahlten Darlehen dieses Gesellschafters oder anderer Gesellschafter. Für die Umqualifizierung von Gesellschafterdarlehen in Eigenkapitalersatz hatte die Rechtsprechung Kriterien des Eigenkapitalersatzes herausgearbeitet. Maßgeblich war, ob die Gesellschaft bei Darlehensgewährung unfähig war, auf dem Kreditmarkt bei Dritten Dar-

685 BGHZ 31, 258, 266. 686 Klarstellung, dass gegen die Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen nur das Stammkapitaldeckungsvermögen geschützt ist, in BGHZ 76, 326. 687 BGHZ 31, 258, 272.

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D. Der Schutz des Vermögens der AG und der GmbH

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lehen zu erlangen. Dh die Notwendigkeit, Eigenkapital zuzuschießen, war aus der Warte eines objektiv prüfenden Kreditgebers zu beurteilen. Die Unfähigkeit, auf dem Kreditmarkt Fremdkapital aufzunehmen, war insbesondere gegeben, wenn die Gesellschaft illiquide oder überschuldet war. Kreditunwürdigkeit war darüber hinaus allgemein anzunehmen, wenn die Gesellschaft Darlehen zu marktüblichen Bedingungen anderweitig nicht hätte erreichen können. Der Hingabe von Darlehen in der Krise stand es gleich, wenn die Gesellschafter ursprünglich „intakte“ Darlehen in der Krise stehen ließen688. In seinem Beton- und Monierbau (BuM)-Urteil689 hat der BGH die Grundsätze über die eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen auch auf die Aktiengesellschaft für prinzipiell anwendbar erklärt. Es könne allerdings nicht jeder Aktionär (auch der nur unwesentlich an einer Publikums-AG beteiligte Aktionär) als Adressat der Grundsätze gelten. Nur ein solcher Darlehensgeber sei einzubeziehen, der an der AG unternehmerisch beteiligt sei. Davon sei regelmäßig bei einem Aktienbesitz von etwas mehr als 25 % des Grundkapitals auszugehen690. Liege die Beteiligung des Aktionärs darunter, sei sie aber immerhin nicht unbeträchtlich, so könne das in der Krise gegebene Darlehen des Aktionärs dann als haftendes Kapital einzustufen sein, wenn die Beteiligung iVm weiteren Umständen den Einfluss des Aktionärs auf die Unternehmensleitung sichere und der Aktionär ein entsprechendes unternehmerisches Interesse erkennen lasse691. Diese Einschränkung des Kreises der Adressaten der Grundsätze über eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen bei der AG hat der BGH aus dem Gedanken der Finanzierungsverantwortung gefolgert692: Danach sei eine unternehmerische Stellung des Gesellschafters Voraussetzung für die Möglichkeit der Einstufung seiner Darlehen als Eigenkapitalersatz. Auch auf die GmbH & Co KG, und zwar hier auf die KG und ihre Gesellschafter, unabhängig davon, ob der betroffene Gesellschafter sowohl an der KG wie an der KomplementärGmbH beteiligt oder Nur-Kommanditist ist, hat der BGH die Rechtsprechungsgrundsätze zu §§ 30, 31 GmbHG angewandt693. Im Vergleich zu diesen Grundsätzen der Rechtsprechung sind die aus der Novelle von 1980 stammenden früheren gesetzlichen Regeln über den Eigenkapitalersatz wie folgt zusammen-

688 BGHZ 75, 334. Stehenlassen war Unterlassen der Kündigung trotz Möglichkeit der Kenntnisnahme von der Krise (BGHZ 127, 336, 344). 689 BGHZ 90, 381. 690 BGHZ 90, 381, 390 f. Der BGH bezieht sich damit auf die Sperrminorität gegen satzungsändernde Beschlüsse. Der BGH hat vor der Einführung des § 32a III 2 GmbHG entschieden. Aber dieser ist nicht nach seiner Einführung für die AG maßgeblich, Früh, GmbHR 1999, 842, 843 f. 691 BGHZ 90, 381, 392. Im BuM-Fall hatte die beklagte Westdeutsche Landesbank (WestLB) nur 20,5 % vom Grundkapital innegehabt. Deshalb hatte sie nach Auffassung des BGH nur dann eine unternehmerische Beteiligung besessen, wenn dies aus anderen Einflussmöglichkeiten hervorgehe. Dazu soll aber die bloße Kreditgeberposition der WestLB nicht ausreichen. Aufgrund der Kreditgeberposition habe die WestLB nur externe Geldgeberinteressen wahrgenommen, bei der die Aktionärsstellung keine erkennbare Rolle gespielt habe. Dies folge schon daraus, dass die WestLB angesichts der wirtschaftlichen Entwicklung der BuM ihren Aktienbesitz immer weiter zurückgeführt habe. 692 BGHZ 90, 381, 389. 693 BGHZ 110, 342, 357. Beeinträchtigung des Stammkapitals der GmbH entweder durch Wertverminderung des Anteils der GmbH an der KG oder aufgrund der persönlichen Haftung der GmbH als Komplementärin möglich.

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VII. Gesellschafterdarlehen

zufassen: Nach § 32a I GmbHG aF konnte ein Gesellschafter einen Darlehensanspruch im Insolvenzverfahren nur als nachrangiger Insolvenzgläubiger (§ 39 I Nr 5 InsO) geltend machen, wenn das Darlehen in einem Zeitpunkt gewährt worden ist, in welchem die Gesellschafter der Gesellschaft als ordentliche Kaufleute Eigenkapital zugeführt gehabt hätten (nach der Legaldefinition sog Krise der Gesellschaft). Nach Abs 2 konnte in dem Fall, dass ein Dritter der Gesellschaft in der Krise ein Darlehen gegeben und ein Gesellschafter dafür eine Sicherung bestellt hat, der Dritte sich am Insolvenzverfahren nur mit dem Anteil seiner Forderung beteiligen, mit dem er durch Inanspruchnahme des Gesellschafters nicht zur Befriedigung gekommen war. Nach Abs 3 S 1 fanden die Vorschriften der Abs 1 und 2 sinngemäße Anwendung auf wirtschaftlich entsprechende Rechtshandlungen. S 2 und 3 enthielten das Kleingesellschafter- und das Sanierungsprivileg. § 32b GmbHG verpflichtete den Gesellschafter zur Rückzahlung an die Gesellschaft in Höhe seiner Sicherheit, wenn die Gesellschaft ein von einem Dritten gewährtes, von dem Gesellschafter besichertes Darlehen an den Dritten innerhalb eines Jahres vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach dem Antrag zurückgezahlt hatte. § 32b gab der Sache nach ein Anfechtungsrecht des Insolvenzverwalters. Dies zeigten die Regelung der Frist und die Verweisung auf § 146 InsO. Deshalb war für den Anspruch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu verlangen. Wurde mangels Masse nicht eröffnet (§ 26 InsO), blieb nur die Einzelanfechtung entsprechend § 6 AnfG. Aufgrund der Nachrangigkeit der Forderungen aus Eigenkapitalersatz (§ 32a I GmbHG) rangierten derartige Forderungen gemäß § 39 I Nr 5 InsO hinter den übrigen Forderungen und den in den Nr 1– 4 aufgezählten Forderungen der Insolvenzgläubiger. Nach § 135 InsO konnte der Insolvenzverwalter Sicherungs- und Befriedigungshandlungen der Gesellschaft wegen eigenkapitalersetzender Darlehen oder gleichgestellter Forderungen anfechten, Sicherungshandlungen dann, wenn sie in dem Zeitraum von 10 Jahren vor Antrag auf Verfahrenseröffnung oder nach diesem Antrag, Befriedigungshandlungen dann, wenn sie im letzten Jahr vor dem Antrag auf Verfahrenseröffnung oder nach diesem Antrag erfolgt waren. § 6 AnfG gab vergeblich vollstreckenden Gläubigern ein entsprechendes Anfechtungsrecht. Die Vorschrift bezog die Zeiträume statt auf den Antrag auf Verfahrenseröffnung auf die Anfechtung. Schließlich erstreckten die §§ 129a, 172a HGB die Vorschriften der §§ 32a, 32b GmbHG und damit selbstverständlich auch die daran sich anschließenden Vorschriften der InsO und des AnfG auf die OHG und die KG, an der keine natürliche Person als unbeschränkt haftender Gesellschafter beteiligt ist. Der Vergleich zwischen den Grundsätzen der Rechtsprechung und der Novellenregelung führt zu folgenden Feststellungen: Die Definitionen des Eigenkapitalersatzes waren zwar unterschiedlich. Man war sich jedoch einig, dass keine sachlichen Divergenzen zwischen der Rechtsprechung mit ihrem Kreditmarkttest und § 32a I GmbHG aF mit der dort für maßgeblich erklärten Warte eines ordentlichen Kaufmanns bestanden. Ebenso wenig wich § 32a I GmbHG aF vom Tatbestand der Rechtsprechung insofern ab, als mit der Formulierung von der Darlehensgewährung nur die Hingabe der Darlehen und nicht auch das Stehenlassen erfasst gewesen wäre. Beträchtliche sachliche Unterschiede ergaben sich jedoch im Hinblick auf die Rechtsfolgen der Darlehensrückzahlung durch die Gesellschaft und die Geltendmachung des Eigenkapitalersatzes. Die GmbH-Novelle war im ersteren Punkte strenger, im letzteren Punkte weniger streng als die Anwendung der §§ 30, 31 GmbHG durch die Rechtsprechung: Die Novellenregelung regelte die Unzulässigkeit der Darlehensrückzahlung in zwei Punkten strenger:

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D. Der Schutz des Vermögens der AG und der GmbH a) §§ 31, 30 GmbHG waren (und sind) auf die Stammkapitaldeckung beschränkt, §§ 135 InsO, 6 AnfG dagegen nicht 694. b) Wurde das Darlehen im Laufe des letzten Jahres vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zurückgezahlt, so konnte nach § 135 InsO nicht geltend gemacht werden, dass der Kapitalersatzcharakter inzwischen weggefallen war. Bei Anwendung des § 31 GmbHG war dieser Einwand möglich.

Weniger streng war die Novellenregelung in drei Punkten betreffend die Geltendmachung des Eigenkapitalersatzes: a) Es fehlte die subsidiäre Mithaftung der übrigen Gesellschafter nach § 31 III GmbHG. b) §§ 39 I Nr 5, 135 InsO und § 6 AnfG halfen nur bei Insolvenzverfahren bzw Anfechtung. Nur das Anfechtungsrecht des Einzelgläubigers nach § 6 AnfG blieb übrig, wenn ein Insolvenzverfahren (noch) nicht, insbesondere mangels Masse nicht eröffnet wurde (§ 26 InsO). Die Kapitalersatzfunktion konnte also nicht durch den Geschäftsführer der Gesellschaft selbst geltend gemacht werden 695. Soweit nur die gesetzliche Regelung in Betracht kam, musste der Geschäftsführer auf Verlangen des Gesellschafters auszahlen, er konnte nicht zurückfordern, er hätte höchstens einen Gläubiger zur Geltendmachung seines Anfechtungsrechts nach § 6 AnfG animieren können. Nach § 31 I GmbHG in der Anwendung durch die Rechtsprechung war dagegen gegen die Rückforderung eines eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehens, wenn dazu das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen belastet wurde, die Arglist-Einrede des Geschäftsführers begründet (dolo-petit-Einrede), § 31 I GmbHG galt sodann auch bei Liquidation ohne Insolvenzverfahren. c) §§ 135 InsO, 6 AnfG setzten für die Anfechtungsrechte (Erstattungsforderungen) bei ausgezahltem Darlehen Jahresfristen. Das Anfechtungsrecht unterlag der Verjährung (das Anfechtungsrecht des Insolvenzverwalters nach § 146 InsO). Der Anspruch aus § 31 I GmbHG setzte keine Auszahlung in irgendeiner Frist voraus und verjährte in 10 Jahren (§ 31 V GmbHG).

Im Hinblick auf diese Unterschiede hat der BGH seine Rechtsprechungsgrundsätze neben der Novellenregelung aufrechterhalten.

3. Die Neuregelung der Gesellschafterdarlehen durch das MoMiG 464

Das MoMiG hat die Regelung der Gesellschafterdarlehen wesentlich vereinfacht. Zur Vereinheitlichung der Regeln ist der Rechtsprechung zu §§ 30, 31 GmbHG, 57 AktG durch die Klarstellung der Unanwendbarkeit der Vorschriften in §§ 57 I 4 AktG, 30 I 3 GmbHG die Grundlage entzogen, sodass nur noch die gesetzlichen Schranken übrig bleiben. Weiter hat das MoMiG für die gesetzliche Regelung das Kriterium des Eigenkapitalersatzes aufgegeben696.

694 Folgerung: Im Fall, dass in der Jahresfrist ausgezahlt wird, aber trotz Auszahlung das Stammkapital gedeckt ist, kam § 31 nicht in Betracht. § 135 InsO griff ein, wenn das Darlehen bei Hingabe oder Stehenlassen in der Krise kapitalersetzend war (§ 32a I). Darauf, dass die Gesellschaft noch bei Auszahlung kreditunwürdig war (so Roth/Altmeppen/Altmeppen § 32a Rn 85), kam es nicht an. 695 Praktisch denkbar nach einem Herrschaftswechsel in der GmbH. 696 Zur Konzeption des MoMiG U. Huber, FS Priester 2007, 259. Der Gesetzgeber hat die Konsequenzen der Neuregelung zu unkritisch gesehen (zutreffend Klinck/Gärtner, NZI 2008, 457, 458 mit Fn 16): Nach früherem Recht konnte der darlehensgebende Gesellschafter bei Feststellung, dass seine Gesellschaft in die Krise kam, das Darlehen kündigen und abziehen. Er verhütete damit, dass sein Darlehen eigenkapitalersetzend wurde und verfiel. Wenn der Gesellschafter sich jetzt in der gleichen Weise verhält, ist er dennnoch von der Zurücksetzung betroffen, weil ihn das Anfechtungsrecht nach §§ 135 InsO, 6 AnfG trifft, sofern die Gesellschaft in den 11 Monaten nach Abzug in Insolvenz fällt. Die Anfechtungsvorschriften sind nicht mehr auf eigenkapitalersetzende Darlehen beschränkt.

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VII. Gesellschafterdarlehen

Sodann ist die gesetzliche Regelung vereinfacht und zusammengezogen: Die bisher geltenden §§ 32a, b GmbHG, 129a, 172a HGB aF sind aufgehoben; die §§ 39, 44a, 135, 143 InsO, 6, 6a, 11 AnfG sind zT neu gefasst, zT eingefügt worden. Nach § 39 Abs 1 Nr 5 iVm Abs 4 und Abs 5 InsO sind grundsätzlich alle Darlehensrückzahlungsansprüche (und wirtschaftlich entsprechende Ansprüche) von Gesellschaftern bei Gesellschaften der auch bisher schon, nur durch verstreute Grundlagen, einbezogenen Rechtsformen ohne weitere Prüfung im Insolvenzverfahren nachrangig. § 39 IV 1 InsO fasst die Rechtsformen zusammen zu „Gesellschaften, die weder eine natürliche Person noch eine Gesellschaft als persönlich haftenden Gesellschafter haben, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist“. Damit sind in der einen Norm und der einen Definition die GmbH, die AG, die typische GmbH & Co KG und andere Gesellschaften ohne natürliche Person als unbeschränkt haftende Beteiligte erfasst697. Vom Nachrang ausgenommen sind nach § 39 IV 2 InsO bis zur nachhaltigen Sanierung bestehende oder neu gewährte Darlehen von Gläubigern, die bei eingetretener Überschuldung oder eingetretener oder drohender Zahlungsunfähigkeit Anteile zum Zwecke der Sanierung übernommen haben (hierhin ist das sog Sanierungsprivileg gewandert). § 39 I Nr 5 gilt nach § 39 V InsO auch nicht für Darlehen von nicht geschäftsführenden Gesellschaftern, die mit höchstens 10 % beteiligt sind (Kleinbeteiligungsprivileg, bisher § 32a III 2 GmbHG aF) 698. Entgegen diesem Nachrang werden Gesellschafterdarlehen gemäß § 19 II 2 InsO nF im Überschuldungsstatus des § 19 II 1 InsO nur dann nicht berücksichtigt, wenn der Rangrücktritt vereinbart ist. Der bisherige § 32a II GmbHG über die Behandlung von Fremdgläubigern, denen ein Gesellschafter Sicherheit gewährt hat, findet sich jetzt in § 44a InsO: Danach muss sich ein Gesellschaftsgläubiger, dem ein Gesellschafter Sicherheit gewährt hat (Bürgschaft oder andere Sicherheiten), primär an die Sicherheit halten. Seine mit anderen Gläubigern gleichberechtigte Teilnahme an der Verteilung der Insolvenzmasse wird auf den Teil seiner Forderung reduziert, mit dem er bei Inanspruchnahme der Sicherheit ausgefallen ist. Die Anfechtung von Leistungen der Gesellschaft im Zusammenhang mit der Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen (und gleichgestellten Forderungen) ist in § 135 I InsO wie bisher geregelt, abgesehen davon, dass es nicht kapitalersetzende Darlehen sein müssen, sondern 697 Ebenso wie auf den Nur-Kommanditisten einer GmbH & Co KG (s bereits OLG Celle GmbHR 2003, 900) hat schon der BGH die §§ 30, 31 GmbHG auf eine Person angewandt, die am Handelsgewerbe einer GmbH als stiller Gesellschafter beteiligt ist, sofern der Stille – ähnlich wie der GmbH-Gesellschafter – die Geschicke der GmbH bestimmt sowie an Vermögen und Ertrag der GmbH beteiligt ist, BGHZ 106, 107. Nach OLG Saarbrücken ZIP 1999, 2150 reicht für eine Finanzierungsverantwortung die bloße Beteiligung als stiller Gesellschafter nicht aus. Es bedürfe weiterer Umstände wie einer besonderen persönlichen oder rechtlichen Verbindung zu einem Gesellschafter. Jetzt gelten die Kriterien des § 39 IV 1 InsO und des Kleinbeteiligungsprivilegs (§ 39 V InsO). Mit der Definition der einbezogenen Rechtsformen in § 39 IV 1 InsO unvereinbar ist die früher in der Literatur vertretene Anwendung der Grundsätze über Gesellschafterdarlehen auf den Kommanditisten einer KG, an der eine natürliche Person als Komplementär beteiligt ist. So Joost, ZGR 1987, 370, 382 ff; K. Schmidt seit der 3. Aufl § 18 III 4 S 530 f, § 53 IV 3 d S 1551 (in der 4. Aufl S 532, 1553). In GmbHR 1986, 337 wollte K. Schmidt noch nur § 237 HGB analog anwenden. Ablehnend dagegen zu Recht LG Düsseldorf ZIP 1988, 1569 mit Anm Fleck, EWiR § 171 HGB 1/88, 1223 und grundsätzlich auch Koller, FS Heinsius 1991, 357. Auf den Kommanditisten einer KG mit natürlicher Person als Komplementärin könnte man allerdings in der Tat § 136 InsO (früher § 237 HGB) entsprechend anwenden. 698 Zum früheren Recht hat der BGH festgestellt, dass das Kleinbeteiligungsprivileg nicht eingreift, wenn mehrere Gesellschafter mit zusammen mehr als 10 % koordiniert Kredit gewähren oder stehen lassen, DStR 2007, 648.

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D. Der Schutz des Vermögens der AG und der GmbH

jedes Gesellschafterdarlehen erfasst ist, welches bei den einbezogenen Rechtsformen und außerhalb von Sanierungs- sowie Kleinbeteiligungsprivileg gewährt ist: Nach § 135 I Nr 1 sind Leistungen der Gesellschaft zur Sicherung eines Darlehens iSv § 39 I Nr 5 InsO anfechtbar, sofern die Sicherung binnen 10 Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gewährt worden ist. Nr 2 macht Handlungen zur Befriedigung wegen eines solchen Darlehens anfechtbar, sofern sie binnen einem Jahr vor der Antragstellung vorgenommen worden sind. Nach § 135 II InsO ist anfechtbar auch die in der vorgenannten Jahresfrist vorgenommene Befriedigung eines Dritten, den ein Gesellschafter gesichert hatte. Die Folge dieser Anfechtung ist in § 143 III InsO normiert: Der sichernde Gesellschafter muss die Leistung bis zur Höhe der Sicherheit zurückerstatten, er kann seine Rückerstattungspflicht ablösen durch Einbringung der sichernden Gegenstände in die Insolvenzmasse (bisher § 32 b GmbHG aF). §§ 6, 6a AnfG entsprechen betreffs der Einzelzwangsvollstreckung dem, was § 135 I, II InsO für das Insolvenzverfahren sagen (an die Stelle des Zeitpunkts der Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens tritt hier derjenige der Erlangung eines vollstreckbaren Schuldtitels). Der Haftung des Gesellschafters nach § 143 III InsO nF entspricht § 11 III AnfG nF.

4. Die analoge Anwendung der Grundsätze betreffend Gesellschafterdarlehen nach der früheren Rechtsprechung und die Neuregelung a) Analoge Anwendung über den Kreis der Gesellschafter und den Darlehnstypus hinaus und das MoMiG 466

Die frühere Rechtsprechung hat die Sonderbehandlung von Gesellschafterdarlehen in zweifacher Hinsicht über die Bereiche hinaus ausgeweitet, die mit der Bezeichnung Gesellschafterdarlehen angesprochen sind, nämlich sowohl ausgeweitet über den Kreis von Gesellschaftern als auch über die Gewährung von Darlehen hinaus. Die personelle Ausweitung ist schon in dem Ausgangsfall der Rechtsprechung des BGH, dem Lufttaxi-Fall, relevant geworden, indem dort der Hintermann eines Gesellschafters in die Verantwortung einbezogen worden ist699. Als Geschäftstyp, der der Gewährung von Darlehen entsprechend zu behandeln sei, ist die Nutzungsüberlassung an die Gesellschaft, insbesondere von Grundstücken des Gesellschafters, eingeordnet worden. Das MoMiG lässt für die Fortführung dieser Rechtsprechung Raum: § 39 I Nr 5 InsO stellt den Forderungen auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens Forderungen aus Rechtshandlungen gleich, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen. Zu untersuchen ist folglich die frühere Rechtsprechung einerseits und ihre mögliche Modifikation durch die Neufassung des MoMiG andererseits. b) Die Ausweitung hinsichtlich der Person des Darlehnsgebers

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Zur Frage der personellen Ausweitung der Grundsätze über eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen sind maßgeblich die Lufttaxi-Entscheidung und das Mitropa/Sonnenring-Urteil700. In diesen Entscheidungen hat der BGH die Eigenkapitalgrundsätze auf Dar699 O Rn 456. 700 O Rn 456, 455 Fn 681. Zur Ausweitung des personellen Anwendungsbereichs der Ansprüche aus direkter Anwendung der §§ 30, 31 GmbHG im Anschluss an die Rechtsprechung zu den eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen o Rn 444 ff.

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VII. Gesellschafterdarlehen

lehen des Hintermanns von Strohmanngesellschaftern und auf Darlehen einer beherrschenden Gesellschaft, die nicht selbst, sondern mittelbar über eine Tochtergesellschaft an der GmbH beteiligt ist, ausgedehnt701. In einer weiteren Ausdehnung hat der BGH in den Fällen der Darlehensrückzahlung an ein minderjähriges Kind des Gesellschafters und an einen Zessionar der Forderung aus eigenkapitalersetzendem Darlehen das Kind und – obiter – den Zessionar für rückerstattungspflichtig erklärt702. Grundsätzlich führe zwar die Regelung der Gesellschafterdarlehen nicht zu der Haftung eines Dritten, an den die Gesellschaft nach § 267 BGB die Rückzahlung des eigenkapitalersetzenden Darlehens oder die Auszahlung des eigenkapitalersetzend stehen gelassenen Vergütungsanspruchs eines Gesellschafters leiste. Anders sei es aber schon dann, wenn der Gesellschafter die durch die dolo-petit-Einrede aus §§ 30, 31 GmbHG einredebehaftete Forderung aus eigenkapitalersetzendem Gesellschafterdarlehen an den Dritten zediert habe. Ebenso sei der minderjährige Sohn des Gesellschafters im zu entscheidenden Fall zur Rückerstattung nach § 31 GmbHG verpflichtet, wenn der in der Revision zu unterstellende Sachverhalt zutreffe und demgemäß das Darlehen, das der Vater des Kindes der GmbH durch Stehenlassen seiner Vergütungsforderung gewährt habe, eigenkapitalersetzend gewesen sei. Für den Sohn waren mit der Gesellschaft Kaufverträge über Wohnungseigentum abgeschlossen worden. Zur Finanzierung des Kaufpreises hatte der Vater dem Sohn Darlehen zugesagt. Die Kaufpreisschulden des Sohnes waren mit den Darlehensforderungen des Vaters gegenüber der GmbH verrechnet worden. Trotz der Alleingesellschafter- und -geschäftsführerstellung des Vaters in der GmbH hat der BGH die Verrechnung nur in dem Fall als unwirksam angesehen, dass der Vater bewusst gegen die Kapitalerhaltungsgrundsätze verstoßen hätte. Dies bedürfe aber keiner Feststellung, weil der Sohn auch ohne einen bewussten Verstoß schon aus § 31 I GmbHG hafte. Für die Zurechnung der Leistung der Gesellschaft an den Sohn als Dritten beruft sich der BGH auf die Haftung des Hintermanns oder des beherrschenden Gesellschafters im Lufttaxi-Reklameflug-GmbH- und im Mitropa/Sonnenring-Fall. Weitere Fälle der Drittzurechnung kämen hinzu: Der BGH verweist auf §§ 89, 115 AktG, die die Kreditgewährung an Organe der AG regeln. Die Vorschriften stellen nicht nur die ohne Zustimmung des Aufsichtsrates erfolgende Kreditgewährung an Organpersonen, sondern auch die an Ehegatten und minderjährige Kinder derselben unter die Voraussetzung der Zustimmung des Aufsichtsrats (§§ 89 III, 115 II). Weiter zieht der BGH §§ 31 Nr 2, 32 Nr 2 KO (jetzt §§ 133 II, 138 InsO) heran703. Dahingestellt lässt der BGH, ob bei der ausdehnenden Anwendung des § 31 I GmbHG ein Unterschied zu § 89 III AktG mit Rücksicht darauf zu machen sei, dass bei einem Organkredit die Rückzahlung jedenfalls im Raum stehe, während dies bei § 31 I nicht so sei. Es komme in Betracht, im Fall des § 31 die Erkennbarkeit des Verstoßes gegen § 30 für den Empfänger zu verlangen. Dies brauche hier aber nicht entschieden zu werden: Die Kenntnis

701 S a OLG Schleswig ZIP 2007, 1217 (eigenkapitalersetzende Leistungen über BGB-Gesellschaft, die Gesellschafter mit seiner Ehefrau eingegangen ist, und über verbundenes Unternehmen des Gesellschafters). – Abgrenzend BGH DB 2008, 1370: Finanzierungshilfe einer Schwester-AG an GmbH, an welcher die andere Schwester beteiligt ist, trotz gemeinsamer Abhängigkeit beider Schwestern von der Muttergesellschaft kein Eigenkapitalersatz, weil Vorstand der gewährenden Schwester nach § 76 AktG aus eigener Verantwortung handelt. 702 BGHZ 81, 365. 703 BGHZ 81, 365, 369.

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des Gesellschafters sei, weil dieser alleiniger gesetzlicher Vertreter des Minderjährigen gewesen sei, dem Minderjährigen zuzurechnen704. Dem BGH war weder im Zessions-Fall noch im Fall der Verrechnung mit Schulden des minderjährigen Kindes eines Gesellschafters zu folgen. Die Zession einer Forderung aus eigenkapitalersetzendem Darlehen war, wenn §§ 30, 31 GmbHG eingriffen, nicht gegenstandslos, sondern Abtretung einer durch die dolo-petit-Einrede geschwächten Forderung. Die Einrede wirkte nach § 404 BGB gegen den Zessionar 705. Wurde auf die abgetretene Forderung an den Dritten gezahlt, so konnte die Zahlung vom Dritten nach § 813 I 1 BGB 706 und nicht nach § 31 I GmbHG zurückverlangt werden. Infolgedessen war die Rückforderung nach § 814 BGB ausgeschlossen, wenn die Gesellschaft in Kenntnis der dolo-petitEinrede gezahlt hatte. Diese Zahlung war dann um des Gesellschafters und Zedenten willen geleistet und deshalb von diesem, aber nicht vom Zessionar nach § 31 I GmbHG zu erstatten. Ebenso war die (nach BGH: wirksame) Verrechnung von Forderungen der Gesellschaft gegen das minderjährige Kind eines Gesellschafters mit einer Forderung des Gesellschafters aus eigenkapitalersetzenden Darlehen die Auszahlung dieses Darlehens an den Gesellschafter, wenn sie auf Veranlassung des Gesellschafters, weil dieser dem Kind seinerseits Darlehen zugesagt hatte, vorgenommen wurde. Wir hatten eine Anweisungsleistung vor uns, bei der der Angewiesene (hier die GmbH) an den Anweisenden (den Vater) gezahlt und zugleich dessen Leistung auf das Darlehen an den Anweisungsempfänger (das Kind) bewirkt hat. Die Auszahlung an den Gesellschafter führte zu dessen Erstattungspflicht nach § 31 I GmbHG. Der Anweisungsempfänger haftete nicht. Die Berufung des BGH auf das Lufttaxi- und das Mitropa/Sonnenring-Urteil war eine Verkehrung: Das Kind hat nicht das Darlehen an die Gesellschaft und dessen Rückzahlung dirigiert. Zudem lag in jenen Fällen eine Zwei-Parteien-Beziehung und kein Dreiecksverhältnis betreffs der Rückzahlung der Gesellschaft vor. Die vom BGH angeführten aktienrechtlichen Vorschriften beschränken die Darlehensvergabe durch eine AG. Sie haben mit der Konsequenz, dass die Leistung der Gesellschaft an einen Gesellschafter zugleich einem Dritten zuzurechnen war, nichts zu tun. Auch die insolvenzrechtliche Vorschrift hat einen Tatbestand mit Voraussetzungen und Ausschlussgründen. Der BGH hat nicht einmal versucht, die Merkmale zu prüfen und die Voraussetzungen als erfüllt sowie die Ausschlussgründe als nicht einschlägig darzulegen. Nach dem geltenden Recht sind, wie es dem Vorbild der Lufttaxi- und der Mitropa/ Sonnenring-Entscheidungen entspricht, als Forderungen aus wirtschaftlich entsprechenden Rechtshandlungen auch die Forderungen von Hintermännern und von mittelbar herrschen-

704 BGHZ 81, 365, 370. 705 K. Schmidt, ZIP 1981, 689, 694 will § 404 BGB nicht anwenden. § 32a I GmbHG wende sich gegen ein venire contra factum proprium, ein solches venire contra factum proprium sei aber dem Zessionar nicht zur Last zu legen, auch nicht über § 404 BGB, weil der Vorwurf nicht an der Forderung, sondern an der Person hafte. Dem Zessionar könne allerdings nach § 32a III (jetzt S 1) GmbHG das venire contra factum proprium zugerechnet werden, wenn Darlehensgewährung und Abtretung zusammen Rechtshandlungen seien, die der Gewährung eines Gesellschafterdarlehens in der Krise wirtschaftlich entsprächen. Indiz dafür sei die Insolvenznähe des Vorgangs. Einreden, die nur an der Person hängen, gibt es nicht und die Zurechnung an einen Dritten, der nicht wie die beherrschende Gesellschaft den Gesellschafter dirigiert, ist auch nicht über § 32a III 1 GmbHG begründbar. 706 Dass sich die Situation, die zur Umqualifizierung eines Darlehens in Eigenkapital führt, bessern kann, macht die Einrede während dieser Situation nicht zu einer Einrede, die den Anspruch nicht iSd § 813 I 1 BGB dauernd ausschließt.

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den Gesellschaftern anzusehen. Ein uneinheitliches Bild ergibt sich demgegenüber für die Fälle der Zession einer Forderung aus Gesellschafterdarlehen einerseits und der Verrechnung von Darlehensforderungen eines Gesellschafters mit der Forderung der Gesellschaft gegen einen Dritten auf Anweisung des Gesellschafters andererseits. § 39 I Nr 5 InsO macht Forderungen aus Gesellschafterdarlehen nachrangig. Damit steht diesen Forderungen nicht mehr nur eine Einrede wie nach §§ 30, 31 GmbHG aufgrund der früheren Rechtsprechungsgrundsätze entgegen. Eine nachrangige Forderung kann aber nicht durch Abtretung gleichrangig werden. Insoweit wäre dem BGH mit seiner Beurteilung des Zessionsfalls aufgrund des geltenden Rechts zuzustimmen. Daraus sind aber nach wie vor entgegen dem BGH keine Folgerungen gegen den anweisungsbegünstigten Minderjährigen zu ziehen: Die Verrechnung auf Anweisung eines Gesellschafters ist dem Anweisenden, nicht dem Anweisungsbegünstigten zuzurechnen. c. Ausweitung nach dem Geschäftstyp auf die Nutzungsüberlassung Nach heftiger Diskussion hat der BGH die Grundsätze über eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen über Darlehen hinaus auf Fälle angewandt, dass Gesellschafter ihrer Gesellschaft bewegliche oder unbewegliche Sachen nicht übereignen, sondern zur Nutzung überlassen. Im Mittelpunkt steht hier die Fallgestaltung der sogenannten Betriebsaufspaltung 707. Ein einheitliches Unternehmen wird dadurch aufgespalten, dass eine Gesellschaft, die Betriebsgesellschaft, die unternehmerische Betätigung trägt, während eine andere Gesellschaft oder die Gesellschafter selbst das zur Betriebsführung der Betriebsgesellschaft erforderliche Vermögen halten und der Betriebsgesellschaft nur nutzungsweise zur Verfügung stellen. In mehreren Entscheidungen hat der BGH eine Rechtsprechung über die eigenkapitalersetzende Nutzungsüberlassung entwickelt708. In dieser Rechtsprechung hat der BGH die Versuche abgewehrt, die darauf gerichtet waren, die Gesellschafter, die der Gesellschaft Vermögensgegenstände nicht übertragen, sondern nur zur Nutzung überlassen, unter dem Gesichtspunkt des Eigenkapitalersatzes ihrer Rechte, insbesondere des Eigentums an beweglichen Sachen oder Grundstücken, gänzlich zu berauben. Kernsatz des BGH ist (im Rahmen der Anwendung des Ausschüttungsverbots des § 30 I GmbHG): Die Grundsätze über den Eigenkapitalersatz enthalten ein Verbot des Abzugs zugeführten Kapitals, aber kein Gebot der Kapitalzuführung709. Hätten die Gesellschafter der Gesellschaft kein Eigentum gewährt, könne dieses nicht per Kapitalersatz dem Gesellschaftsvermögen zugeschlagen werden. Stattdessen hat der BGH die Möglichkeit einer kapitalersetzenden Nutzungsüberlassung entwickelt. Seien unter Berücksichtigung der Lage der Gesellschaft Nutzungsrechte eingeräumt worden, die in dieser Lage ein Dritter nicht eingeräumt hätte, so müssten die Gesellschafter der Gesellschaft das Nutzungsrecht so belassen, als wenn sie das Nutzungsrecht in Form einer Sacheinlage zur Verfügung gestellt hätten. Maßgeblich für die Dauer dieser Gewährung als Sacheinlage seien zunächst die – ernst gemeinten – vertraglichen Begrenzungen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter (unter Ausklammerung allerdings eines für den Insolvenzfall vereinbarten Kündigungsrechts), bei Fehlen solcher Vereinbarungen die Min-

707 Diskussion aus der Zeit vor der Rechtsprechung s etwa bei Knobbe-Keuk, BB 1984, 1. 708 BGHZ 109, 55 – Lagergrundstück I; BGHZ 121, 31– Lagergrundstück II; BGHZ 127, 1 – Lagergrundstück III; BGHZ 127, 17 – Lagergrundstück IV. Nicht hierher gehört die teilweise „Lagergrundstück V“ genannte Entscheidung BGH ZIP 1997, 1375. 709 Präzisierung durch BGHZ 127, 17, 23.

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destdauer, auf der ein Dritter bei entgeltlicher Gewährung hätte bestehen müssen, um über die Vergütungen (Mietzinszahlungen) seine Investitionskosten zuzüglich eines angemessenen Gewinns hereinzuholen 710. Aus diesen Grundsätzen konnten sich die folgenden Rechtsfolgen ergeben: Verwehrung der gleichrangigen Geltendmachung von Mietzinsansprüchen und eines Vermieterpfandrechts im Insolvenzverfahren, Rückgewähr gezahlten Mietzinses711, bei Abzug der Vermögensgegenstände durch die Gesellschafter der Anspruch auf Wiedereinräumung des Nutzungsrechts oder bei Unmöglichkeit derselben auf Schadensersatz 712. Der Kernsatz, dass die Grundsätze über den Eigenkapitalersatz ein Abzugsverbot, kein Zuführungsgebot begründen, hat aber der ganzen Rechtsprechung zur kapitalersetzenden Nutzungsüberlassung entgegengestanden: Nach diesem Satz konnte sogar die ganz auf die Zwecke der Gesellschaft hin eingeräumte Nutzungsgestattung nicht Kapitalersatz sein. Die Beendigung der Gestattung ist kein Abzug von Gesellschaftsvermögen. Die Langfristigkeit der Gestattung hat nur den Sinn, dass die Gesellschaft verpflichtet ist, langfristig gegen Vergütung zu nutzen, zu dem Endzweck, dass sich die Investition des Gesellschafters lohnt. Der Gesellschafter räumt aber keine langfristige Berechtigung zur Nutzung ein, die notfalls auch ohne Vergütung fortbesteht. Nutzung heißt immer Nutzungsgestattung auf Zeit, für die Zukunft beendbar durch Kündigung. Beide Partner gehen von der Langfristigkeit aus. Wenn die Gesellschaft aber nicht zahlt, wird die Nutzung nicht mehr weiter gewährt. Es folgt die Kündigung. Die Kündigung hat nicht die Bedeutung, dass ein Recht abgezogen wird, sondern die Bedeutung, dass die Nutzung in Zukunft nicht weiter gewährt wird. Wurde dem Gesellschafter nach der Auffassung des BGH die Weitergewährung der Nutzung auferlegt, so wurde ihm die Zuführung des Rechts auferlegt, statt dass ihm nur ein Abzug verboten wurde 713. Mit Recht hat der BGH die Auffassung für unrichtig erklärt, zwischen einer Übertragung in das Vermögen der GmbH und einem obligatorischen Nutzungsrecht dürfe kein Unter-

710 BGHZ 127, 10 ff. 711 Lagergrundstück I BGHZ 109, 55. In Lagergrundstück II BGHZ 121, 31 wird dagegen ein Schadensersatzanspruch wegen Verlustes oder Beschädigung der Mietsachen zugestanden, vorbehaltlich der Umwandlung dieses Anspruchs in Eigenkapitalersatz deshalb, weil er in der Krise der Gesellschaft stehen gelassen wurde. In Lagergrundstück III wird der Konkursverwalter nochmals auf das Nutzungsrecht beschränkt (welches er aber auch durch Überlassung der Nutzung an Dritte ausüben könne), mit der Folge, dass er, wenn er die zur Nutzung überlassene Sache veräußere, auf das Nutzungsrecht verzichte; der Erlös stehe – vorbehaltlich einer anderen Vereinbarung – als Eigentumssurrogat den Gesellschaftern zu (BGHZ 127, 1, 15). Der Konkursverwalter könne auch nicht statt des Nutzungsrechts einen Anspruch auf Zahlung in Höhe des kapitalisierten Werts der Nutzungen während der Restdauer der Überlassung geltend machen (Lagergrundstück IV BGHZ 127, 17, 29 f). 712 Lagergrundstück III BGHZ 127, 1, 14 f. Nach BGH NJW 1999, 577 endete das Abzugsverbot, dh konnten Pachtzinsen verlangt werden, wenn das überlassene Grundstück mit einem Grundpfandrecht belastet war und zwangsverwaltet wurde; das Verlangen sei entsprechend §§ 146 ff ZVG, 1123, 1124 II BGB von dem wirksamen Beschlagnahmebeschluss an begründet, zust Pohlmann, DStR 1999, 595 ff; Habersack, ZGR 1999, 427. 713 Als der BGH in GmbHR 2000, 932, 934 den Gesellschafter zusätzlich zur unentgeltlichen Weiterüberlassung der Nutzung noch zur Tragung von Mietnebenkosten für verpflichtet erklärt hat, weil ihm diese nach dem (doch aber entgeltlichen!) Mietvertrag zur Last fielen, ist die Überschreitung des Grundsatzes, dass die Kapitalersatzregeln nur ein Verbot des Kapitalabzugs, aber nicht ein Gebot der Kapitalzuführung begründen, evident geworden.

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schied gemacht werden714. Ebenso wie diese Unterscheidung war aber auch die Unterscheidung zwischen einem Nutzungsrecht unter Vorbehalt der Kündigung und einem kündigungsunabhängigen Nutzungsrecht zu treffen. Nach allem war zutreffend der Standpunkt, der zu Beginn der Diskussion über die eigenkapitalersetzende Nutzungsüberlassung von Brigitte Knobbe-Keuk 715 vertreten worden ist. Nur die bereits gewährte Nutzung ist gewährte Nutzung. Soweit eine Nutzung in der Vergangenheit trotz Krise der Gesellschaft noch weiterhin, und zwar ohne Zinsen, fortgesetzt wird, so gelten für diese nicht eingezogenen Zinsen die Grundsätze betreffend eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen. Geradezu einen Widerspruch in sich bedeutete die vom BGH angestellte Prüfung zunächst der Kapitalersatzfunktion anhand der Frage, ob ein Dritter ein entsprechendes Nutzungsrecht gewährt hätte, und sodann, wenn diese Frage zu verneinen war, die Folgerung, dass dem Gesellschafter ein unentgeltliches Nutzungsrecht in dem Maße aufzuerlegen sei, wie ein Dritter es entgeltlich gewährt hätte. Erfreulich ist demgegenüber die Klarstellung in der Begründung des RegE MoMiG: Die vom BGH vertretene Pflicht zur unentgeltlichen Belassung der Nutzung weiche von den §§ 103 ff InsO ab, weil diese dem Insolvenzverwalter nur Rechte in Bezug auf die Erfüllung von Rechtsgeschäften, aber keine Rechte zur Neubegründung unter Entzug von Eigentumsrechten geben. Der RegE fügt hinzu: In der Neuregelung finde die Rechtsprechung ohnehin keine Grundlage, weil diese auf das vom BGH angeführte Merkmal des Eigenkapitalersatzes überhaupt nicht mehr abstelle 716. Keine Reverenz an das Eigenkapitalersatzdenken bedeutet die Beschränkung der Rechte bei Nutzungsüberlassung, die aus dem Gesetzesverfahren jetzt in § 135 III InsO herausgekommen ist: Zwar wird hiernach dem Gesellschafter, der der Gesellschaft einen Gegenstand zum Gebrauch oder zur Ausübung überlassen hat, für die Dauer des Insolvenzverfahrens, höchstens für ein Jahr ab Eröffnung des Verfahrens, der Aussonderungsanspruch versagt, wenn der Gegenstand für die Fortführung des Unternehmens von erheblicher Bedeutung ist. Der Gesellschafter erhält aber eine Vergütung in Höhe der Durchschnittsvergütung aus der letzten Zeit vor der Insolvenzeröffnung 717.

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d. Finanzplankredit und Finanzplannutzungsüberlassung Mit derselben Klarheit ist weiteren Versuchen der Rechtsprechung entgegenzutreten, die mit dem Merkmal des Eigenkapitalersatzes angestellt worden sind. Zunächst ist hier zu nennen die Entscheidung des BGH, in der er die in der Literatur diskutierte 718 Möglichkeit eines eigenkapitalersetzenden Finanzplankredits aufgegriffen hat 719. Die Gesellschafter einer GmbH, die eine Bodenwaschanlage zur Altlastenentsorgung betreiben sollte, hatten in Gesellschaftsvertrag und Darlehensverträgen entsprechend ihren Anteilen Darlehen übernommen, die nur aus Gewinnerträgen und Liquidationsüberschüssen rückzahlbar waren. Behauptet war, dass die Gesellschafter, als das Projekt nicht in Gang kam und die Gesellschaft in die Krise geriet, auf weitere Auszahlung der Darlehen verzichtet hatten. Der

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BGHZ 127, 1, 8; BGHZ 127, 17, 24 f. BB 1984, 1. BT-Drucks 16/6140, S 56. S die Analyse von K. Schmidt, DB 2008, 1727. N K. Schmidt § 18 III 4 S 530. BGHZ 142, 116 = LM § 607 BGB Nr 170 mit Anm Wilhelm.

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Gesamtvollstreckungsverwalter klagte auf Auszahlung der Darlehen an die Masse. Der BGH stellte zwar eindeutig fest, dass es nach den Kriterien der §§ 32a, b GmbHG aF keine eigenständige Kategorie eines Finanzplankredits gebe, vielmehr die allgemeinen Kriterien anwendbar seien, die ein Abzugsverbot, aber kein Zuführungsgebot begründeten. Dann aber räumte er die Möglichkeit ein, dass die Darlehen hier einlageähnlich versprochen waren mit der Folge der analogen Anwendung des § 19 II 1, III und der Verwehrung eines Kündigungsrechts nach § 610 aF (jetzt § 490) BGB. Unter dieser Voraussetzung könne der Verwalter von den Gesellschaftern noch Darlehensauszahlung an die Masse verlangen. Damit erweitert der BGH letztlich doch die Eigenkapitalersatzsanktion: Neben das Abzugsverbot nach §§ 32a, b aF tritt ein Zuführungsgebot aufgrund der objektiven Würdigung einer Darlehensabsprache als einlageähnlich 720. Mit Recht hat Altmeppen den Unterschied zwischen der Vereinbarung von Nachschüssen (§ 26) und Darlehen betont 721. Nur erstere sind Eigenkapital (§§ 30 II GmbHG, 272 II HGB). Darlehen sind, selbst wenn sie mit Rangrücktrittsvereinbarung versehen sind, Fremdkapital. Dieses ist hinsichtlich der Rückzahlung in der Insolvenz zurückgesetzt. Für die Verpflichtung zur Darlehensauszahlung entgegen der getroffenen Vereinbarung und der Vertragsergänzung durch § 490 BGB ergibt sich daraus nichts 722. Es bleibt dabei, dass die Eigenkapitalersatzgrundsätze dem Gesellschafter nicht mehr entziehen konnten, als was er hingegeben hat: Abzugsverbot, aber kein Zuführungsgebot. Mit der Verabschiedung des Eigenkapitalersatzmerkmals hat das MoMiG derartigen Folgerungen die Grundlage entzogen. Die Klarstellung des BGH, dass es jedenfalls im Rahmen der §§ 32 a, b GmbHG aF keine eigenständige Kategorie des Finanzplankredits gebe, schloss es immerhin aus, die Figur der eigenkapitalersetzenden Nutzungsüberlassung auf den Fall einer finanzplangemäßen Nutzungsüberlassung zu erweitern, also einer Nutzungsüberlassung, die nicht in der Krise oder für den Fall der Krise der GmbH erfolgte, sondern nach einer die Kapitalausstattung der GmbH umfassenden Finanzplanung. Diese Erweiterung hat dennoch zu Unrecht das OLG Karlsruhe vertreten 723.

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Oben 724 war die Antragspflicht der Organe juristischer Personen bei Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit angesprochen. Das MoMiG hat die entsprechenden Vorschriften aus dem AktG und dem GmbHG (§§ 92 II AktG, 64 I GmbHG mit den Strafsanktionen aus §§ 401 I Nr 2 AktG, 84 I Nr 2 GmbHG aF) in die InsO verschoben (§ 15a InsO). Es hat die in der alten Fassung an die Bestimmung der Antragspflicht anschließende Ersatzpflicht von Vorstand oder Geschäftsführung in den Fällen, dass trotz Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit noch Zahlungen geleistet wurden, im GmbHG und AktG allein zurückgelassen.

720 S Wilhelm aaO. 721 FS Sigle 2000, 211, 213 ff. 722 Entgegen Flume I 2 S 85, Wilhelm aaO auch nichts daraus, dass die Darlehen causa societatis versprochen sind. Daraus ergibt sich nicht mehr als das, was versprochen ist. Richtig Altmeppen aaO. 723 ZIP 1996, 918. Die Entscheidung des OLG Karlsruhe ist durch Nichtannahme der Revision durch den BGH rechtskräftig geworden, ZIP 1997, 1292. Zur Entscheidung s die Voraufl Rn 451 ff, 456. 724 Rn 423 ff.

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VIII. Erstattungs- und Schadensersatzpflicht bei Verletzung der Insolvenzantragspflicht

Dort ist sie jetzt Gegenstand der §§ 92 II AktG und 64 GmbHG nF. Als Strafsanktion ist in AktG und GmbHG allein die für die Unterlassung der Einberufung der Versammlungen bei Verlust in Höhe der Hälfte des Garantiekapitals zurückgeblieben (§§ 401 I AktG, 84 I GmbHG, jeweils nF). Das MoMiG hat die Ersatzpflichten darüber hinaus ergänzt und zwar betreffend Zahlungen an Gesellschafter: Vorstand und Geschäftsführung trifft jetzt die Ersatzpflicht nicht nur bei allen Zahlungen nach Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit, sondern auch bei Zahlungen an Gesellschafter insoweit, als solche zur Zahlungsunfähigkeit führen mussten (gemeint ist eine zwar nicht notwendig mit der Leistung unmittelbar verbundene, aber doch absehbar eintretende Zahlungsunfähigkeit725), vorbehaltlich der Entlastung wegen Nichterkennbarkeit bei Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters oder Geschäftsmanns (§§ 92 S 2 AktG, 64 S 3 GmbHG) 726. Auch für den Eintritt des Zahlungsverbots von Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung an genügt die Erkennbarkeit der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung. Die Formulierung des § 64 II 1 aF, § 64 S 1 nF GmbHG, der das Zahlungsverbot bei Überschuldung mit der „Feststellung“ der Überschuldung beginnen lässt, darf nicht irreführen. Die Formulierung ist ein Relikt aus der früheren Fassung der Vorschrift, die für die Überschuldung auf deren bilanziellen Ausweis abstellte. Nach der Neufassung kommt es für die Haftung wegen Verstoßes gegen das Zahlungsverbot bei Überschuldung wie für die Haftung bei Zahlungsunfähigkeit auf Verschulden (§ 84 II, 15a GmbHG: Fahrlässigkeit), dh die Erkennbarkeit der betreffenden Situationen an. Im Rahmen der zivilrechtlichen Haftung trifft die Beweislast dafür, dass diese Zustände nicht erkennbar waren, die Geschäftsführer 727. Das folgt aus dem allgemeinen Grundsatz der Rechenschaftspflicht der Geschäftsführer (§ 666 BGB). Das MoMiG kann durch seine Trennung von Insolvenzantragspflicht einerseits und zivilrechtlicher Ersatzpflicht andererseits die Lösung einer Frage beeinflussen, die zur Auslegung der früheren Vorschriften der §§ 64 GmbHG, 92, 93 AktG entstanden war. Nach der früheren Regelung war Abs 2 über die zivilrechtliche Ersatzpflicht die zivilrechtliche Sanktion in den Fällen, dass die in Abs 1 bestimmte Pflicht zur Antragstellung versäumt wurde728. Die Rechtsprechung hat dies allerdings anders gesehen. Sie hat nämlich aus den früheren Vorschriften zwei Anspruchsgrundlagen entnommen. Neben das in den Vorschriften selbst angeordnete Auszahlungsverbot mit Schadensersatzpflicht (§ 64 II 1 GmbHG aF, § 92 III mit § 93 II, III Nr 6 AktG aF) hat die Rechtsprechung noch zusätzlich eine Schadensersatzpflicht aus den voraufgehenden Absätzen über die Insolvenzantragspflicht abgeleitet, indem sie diese als Schutzgesetze zugunsten der Gesellschaftsgläubiger iSv § 823 II BGB eingeordnet hat 729. Während der in den Vorschriften selbst bestimmte Ersatzanspruch ein solcher der Gesellschaft aus organschaftlicher Pflichtenstellung (nach Aktienrecht mit Geltendmachungsbefugnis der Gläubiger gemäß § 93 V 1 AktG) ist, sollte der zweite Anspruch ein Delikts725 BT-Drucks 16/6140, S 46 f. 726 Zum Entwurf der Vorschrift des GmbHG Knof, DStR 2007, 1536 ff, 1580 ff. 727 BGHZ 143, 184. Eine Enlastungsmöglichkeit sieht OLG München DB 2008, 457 für einen nicht mit der kaufmännischen Leitung betrauten Geschäftsführer darin, dass dieser die Insolvenzreife aufgrund eines Verlustübernahmeanspruchs im Rahmen eines Konzernvertrags nicht habe erkennen können. 728 Wilhelm, ZIP 2007, 1781, 1783 ff. 729 Nicht in den Schutzbereich soll fallen die Bundesagentur für Arbeit als Trägerin des Insolvenzgelds. Möglich nur Haftung des Geschäftsführers nach § 826 BGB, BGHZ 108, 134. Anwendungsfall OLG Koblenz ZIP 2006, 120, dazu Schmülling, ZIP 2007, 1095.

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anspruch der Gesellschaftsgläubiger sein730. Im Aktienrecht hatten die Gläubiger danach sowohl das Recht aus § 93 V 1 AktG, den Ersatzanspruch der Gesellschaft geltend zu machen – gemeint ist: durch Verlangen der Zahlung an sich selbst –, soweit sie von der Gesellschaft keine Befriedigung erlangen können, als auch den Schadensersatzanspruch nach § 92 II aF AktG iVm § 823 II BGB 731. Die Erstattungspflicht nach § 64 II GmbHG (§§ 93 II, III Nr 6, 92 III AktG), jeweils aF, hat der BGH bei konkreten Auszahlungen der Geschäftsleitung trotz Illiquidität oder Überschuldung der Gesellschaft herangezogen732. Eine unklare Rechtslage ergab sich bei Abführung der Arbeitnehmeranteile der Sozialversicherung oder der Lohnsteuer im Rahmen der Fortsetzung der Arbeitsverhältnisse trotz Insolvenzreife. Früher hat der II. Zivilsenat des BGH die Abführung dem Geschäftsführer (bzw Vorstand) als Auszahlung iSv § 64 II GmbHG (und §§ 92 III, 93 III Nr 6 AktG) nach alter Fassung zur Last gelegt. Der Normbefehl zur Sicherung der Insolvenzmasse sei vorrangig vor den Sanktionen bei Nichtabführung von Sozialversicherung und Steuer. Wenn der Geschäftsführer dem Zahlungsverbot entsprechend Beträge nicht abführe, entfalle insbesondere der Deliktsvorwurf nach §§ 266a StGB, 823 II BGB wegen Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen733. Diesen Vorrang hat der 5. Strafsenat des BGH angesichts der Strafdrohung des § 266a StGB nicht gelten lassen734. Nur während der 3-Wochen-Frist des § 64 I GmbHG aF sei der Geschäftsführer zu Sanierungsbemühungen berechtigt, was einen Rechtfertigungsgrund für die Nichtabführung der Beiträge im Rahmen des § 266a StGB bedeute. Folglich stand der Geschäftsführer vom

730 Seit BGHZ 29, 100, s BGH ZIP 1994, 1103, 1106 f. Folgerung in BGH GmbHR 2008, 702: Für den Deliktsanspruch gelte die Möglichkeit der Teilnahme Dritter gemäß § 830 BGB, für den Ersatzanspruch nach § 64 II GmbHG aF als Anspruch eigener Art dagegen nicht. – Von dem Schutzgesetzcharakter des § 64 I GmbHG aF ist ohne weiteres ausgegangen Wagner, FS Gerhardt 2004, 1043 ff. – Übungsfall bei Brauer Fälle zum Kapitalgesellschafts- und Kapitalmarktrecht 2005: Fall 6 (Variante). 731 Im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Aktiengesellschaft übte der Insolvenzverwalter den Anspruch der Gesellschaft aufgrund seines Verfügungsrechts über die Rechte des Insolvenzschuldners (§ 80 I InsO) und nach § 93 V 4 AktG auch das Wahrnehmungsrecht der Gläubiger aus. Das Verfügungsrecht nach der InsO galt auch für den Anspruch der GmbH nach § 64 II GmbHG. Aber auch der Anspruch der Gesellschaftsgläubiger aus § 823 II BGB war im Insolvenzverfahren vom Insolvenverwalter auszuüben (§ 92 InsO). 732 Zum Begriff der Zahlungen OLG Brandenburg GmbHR 2002, 910. Nach BGHZ 143, 184 ist eine Zahlung iS von § 64 II GmbHG bewirkt durch Einreichung von Schecks der überschuldeten GmbH bei der Bank auf ein debitorisches Konto der GmbH. Keine Zahlung iSv § 64 II GmbHG ist die Überweisung von einem debitorischen Konto an einen Gesellschaftsgläubiger, weil, abgesehen von der Begründung von Zinsansprüchen der Bank, die aber keine Zahlung darstelle, nur Gläubiger ausgewechselt würden, BGHZ 138, 211, 217. Nach BGH NJW 2001, 304 ist der Anspruch aus § 64 II GmbHG außerhalb eines Insolvenzverfahrens, insbes bei Ablehnung des Verfahrens mangels Masse, von Gesellschaftsgläubigern pfändbar. Von der Erstattungspflicht ist nach dem Zitat von BGH WM 1994, 1030, 1031 in BGHZ 143, 184, 189 abzuziehen die Quote, die der Zahlungsempfänger bei ordnungsgemäßer Durchführung des Insolvenzverfahrens erhalten hätte. In BGHZ 143, 184 selbst erklärt der BGH diese Ansicht in seinem Fall mangels Aussicht auf eine Quote für nicht relevant (S 189). BGHZ 146, 278 f ersetzt den Abzug durch die Lösung: Unbeschränkte Erstattungspflicht des Geschäftsführers mit der Möglichkeit, wegen ungerechtfertigter Bereicherung der Masse mit einem Ersatzanspruch im Rang und in der Höhe der Beteiligungsquote des Zahlungsempfängers am Insolvenzverfahren teilzunehmen. Ebenso BGH ZIP 2007, 1501. Weiter zur Rechtsprechung K. Schmidt, ZHR 168 (2004), 637, 648 ff, 666 mit dem berechtigten Anliegen, gegenüber solchen Unübersichtlichkeiten die Insolvenzverschleppungshaftung zu bereinigen. 733 BGHZ 146, 264; ZIP 2005, 1026. 734 ZIP 2003, 2213; ZIP 2005, 1678.

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VIII. Erstattungs- und Schadensersatzpflicht bei Verletzung der Insolvenzantragspflicht

Ablauf der 3 Wochen an zwischen der Haftung bei Abführung und der Strafdrohung bei Nichtabführung. Dem hat der 2. Zivilsenat mit Urteil vom 14.5.2007 ein Ende gemacht 735. Er hat in diesem anerkannt, dass die Abführung von Steuern und Beiträgen zu den in den Vorschriften der §§ 64 II 2 GmbHG, 92 III 2 AktG aF vorbehaltenen Maßnahmen der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters gehöre und deshalb nicht zur Haftung nach § 64 II 1 GmbHG bzw § 93 II, III Nr 6 iVm § 92 III AktG – jeweils aF – führe 736. Der 2. Senat hat für seinen Fall die Argumentation hinzugefügt, dass den beklagten Vorstand auch kein Verschulden treffe im Hinblick darauf, dass er die (möglicherweise gegebene) Insolvenzreife der Gesellschaft nicht erkannt hatte. Er habe dem Votum eines anerkannten Wirtschaftsprüfers vertrauen dürfen, nach dem die Gesellschaft zwar bilanziell, aber nicht iS des Überschuldungstatbestands überschuldet gewesen sei. Diese Prüfung ist nicht eingeordnet. Sie gehört zur Insolvenzantragspflicht nach § 92 II AktG aF (= § 64 I GmbHG aF), aus der die Rechtsprechung Ansprüche der Gesellschaftsgläubiger herleitet. Hier ging es aber um die Haftung des Vorstands gegenüber der Gesellschaft wegen Verletzung des Zahlungsverbots nach § 92 III AktG aF (= § 64 II GmbHG aF). Es zeigt sich, dass das Verhältnis der beiden Absätze nicht geklärt war und noch zu klären ist. Dies trifft auch deshalb zu, weil weitere Ungereimtheiten bei der Anwendung der Schadensersatzpflichten hinzukamen. Zu der von ihr angenommenen Schadensersatzverpflichtung von Vorstand oder Geschäftsführung aus den Bestimmungen über die Insolvenzantragspflicht iVm § 823 II BGB gegenüber den Gesellschaftsgläubigern hat die Rechtsprechung früher eine generelle Beschränkung des Umfangs des Schadensersatzes vertreten737. Die Geschäftsführung, die den Insolvenzantrag rechtzeitig zu stellen versäumt, sollte nur auf den sog Quotenschaden haften. Der Quotenschaden bestand in der Differenz zwischen derjenigen Insolvenzquote, die die Gesellschaftsgläubiger aufgrund der tatsächlichen, erst später erfolgten Insolvenzeröffnung erhalten, und derjenigen Insolvenzquote, die die Gläubiger erhalten hätten, wenn die Insolvenz rechtzeitig beantragt worden wäre. Den Altgläubigern aus der Zeit vor der Insolvenzreife entstand durch die Hinauszögerung des Antrags als Schaden in der Tat nur der Quotenschaden. Für sie hatte es also vom Standpunkt der Rechtsprechung zur Insolvenzantragspflicht iVm § 823 II BGB aus beim Ersatz des Quotenschadens zu bleiben. Aber auch die sogenannten Neugläubiger, dh Gläubiger, die mit der Gesellschaft erst nach dem Zeitpunkt in Kontakt getreten sind, in dem schon die Insolvenzeröffnung hätte beantragt werden müssen, waren nach der früheren Rechtsprechung auf den Quotenschaden beschränkt. An sich bestand der Schaden dieser Gläubiger darin, dass sie überhaupt noch mit einer insolvenzreifen Gesellschaft in Kontakt gekommen waren und dadurch zu Schaden gekommen sind, dass sie eine nicht mehr voll durchsetzbare Forderung erlangt haben. Die alte Rechtsprechung berechnete dennoch nur den Quotenscha-

735 ZIP 2007, 1265 mit Besprechung Wilhelm ZIP 2007, 1781 = NJW 2007, 2118 mit Anm Altmeppen = DStR 2007, 1174 mit Anm Goette. 736 In BGH DB 2008, 1428 übertragen auf die Tilgung von Verbindlichkeiten mit Geldern, die dazu im Konzern zur Verfügung gestellt waren, weil andernfalls der Vorwurf der Untreue wegen weisungswidriger Verwendung gedroht habe (kritisch zur Entscheidung Dahl/Jan Schmitz, NZG 2008, 532). – Folgerung umgekehrt: Der Geschäftsführer, der die nach Liquiditätslage der Gesellschaft noch mögliche Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen vorsätzlich unterlässt, haftet – weil nunmehr eine Pflichtenkollision nicht mehr geltend gemacht werden kann – auf Schadensersatz aus „vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung“ nach §§ 266a StGB, 823 II BGB, BGH WM 2008, 1403. 737 BGHZ 29, 100, 104 ff, 107; BGHZ 100, 19, 23 ff.

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den in der Weise, dass sie für die Neugläubiger den Zeitpunkt, in dem richtigerweise Insolvenz hätte beantragt werden müssen, mit dem Zeitpunkt der Forderungsentstehung identifiziert hat. Dh im Fall eines Vertrages hat die Rechtsprechung die Schadensersatzpflicht nicht darauf gegründet, dass die Geschäftsführer den weiteren Vertragsschluss überhaupt hätten unterlassen müssen, sondern auf den von der Schädigungshandlung unabhängigen Vorwurf, dass die Geschäftsführer in einem Zeitpunkt, in dem die Pflicht zur Antragstellung längst verletzt war, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens neuerlich nicht beantragt haben. Von diesem unhaltbaren Ansatz ist der BGH mit der Entscheidung vom 6.6.1994 738 abgerückt („Abschied vom Quotenschaden“) 739. Der BGH hat sich in dieser Entscheidung dafür ausgesprochen, dass den Neugläubigern der volle Schaden zu ersetzen sei, den sie dadurch erlitten, dass sie veranlasst worden seien, einer insolvenzreifen Gesellschaft noch Kredit zu gewähren oder eine Vorleistung zu erbringen740. Weil der BGH ausdrücklich vom Vertrauensschaden durch Kreditgewährung oder Vorleistung gesprochen hat, war dieser Schutz der Neugläubiger nicht auf gesetzliche Neugläubiger zu erstrecken 741. In derselben Entscheidung hatte der BGH sodann festgestellt, dass bei einem bloßen Geschäftsabschluss oder geschäftlichen Handeln für eine insolvenzreife Gesellschaft nur dieser Anspruch aus § 64 I GmbHG aF oder § 92 II AktG aF, jeweils iVm § 823 II BGB, gegeben und nicht daneben noch eine Haftung der Geschäftsführer aus cic (Haftung aus dem Gesichtspunkt des wirtschaftlichen Eigeninteresses der Geschäftsführung oder aus dem Gesichtspunkt der Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens, jetzt §§ 311 III, 241 II BGB) begründet sei 742. Mit einer Entscheidung aus dem Jahre 1998 743 hat der BGH sodann die Geltendmachungsbefugnis des Insolvenzverwalters nach § 92 InsO auf den Quotenschaden der Altgläubiger beschränkt. Der „Abschied vom Quotenschaden“ ist insoweit zwingend gewesen, als der Schaden der Neugläubiger als Quotenschaden unhaltbar konstruiert worden ist. Der Rechtsprechung war dennoch nicht beizupflichten. Die alte Rechtsprechung zum Quotenschaden bei Alt- und Neugläubigern war insoweit richtig, als § 64 I, II GmbHG aF (ebenso §§ 93 II, III Nr 6 AktG aF) alle Gläubiger nur vor einer Verminderung der Insolvenzmasse geschützt hat. Der individuelle Schaden von Neugläubigern war dagegen hier gar nicht erfasst und nur aus allge738 BGHZ 126, 181 = ZIP 1994, 1103. 739 Zur Vorbereitung der Rechtsprechungsänderung durch alle obersten Gerichte hindurch BGH ZIP 1993, 763. Die Probleme der Konkursverschleppungshaftung zusammenfassend Altmeppen, ZIP 1997, 1173. Der Ausdruck „Abschied vom Quotenschaden“ stammt aus dem Titel von Hirte Der qualifzierte faktische Konzern, Fortsetzungsband zu RWS-Dokumentation 12, Nachtrag „Abschied vom Quotenschaden“, 1994. Der Ausdruck geht aber, schon wegen der auf den Quotenschaden beschränkten Altgläubiger, zu weit, s a im weiteren Text. 740 Die Position, mit ihrer Forderung am Insolvenzverfahren teilnehmen und hier die Quote erhalten zu können, war nach der Rechtsprechung nicht schadensmindernd, sondern entsprechend § 255 BGB dadurch zu berücksichtigen, dass dem Geschäftsführer gegen seine volle Schadensersatzleistung die Forderung abzutreten war (BGH ZIP 2007, 676, 679). Nach BGHZ 131, 325 (= JZ 1997, 622 mit Anm Glöckner; LM § 64 GmbHG Nr 13 mit Anm Wilhelm) konnte der Geschäftsführer auch nicht einwenden, seine Haftung sei deshalb gemindert, weil der Insolvenzverwalter die Geltendmachung von Anfechtungsrechten versäumt habe. 741 S BGHZ 164, 51, 60. Für Gleichbehandlung der Deliktsgläubiger Wagner, FS Gerhardt 2004, 1046 ff. 742 Wie der BGH OLG Düsseldorf GmbHR 1997, 699 mit dem Ergebnis in seinem Fall, dass der beklagte Geschäftsführer und Alleingesellschafter mangels Verschuldens von Haftung frei sei. 743 BGHZ 138, 211. Ebenso OLG Karlsruhe GmbHR 2002, 1076.

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VIII. Erstattungs- und Schadensersatzpflicht bei Verletzung der Insolvenzantragspflicht

meinen zivilrechtlichen Haftungsgrundsätzen (§§ 311 III, 280, 241 II BGB) zu ersetzen 744. Der zivilrechtliche Anspruch ist auf Ersatz des individuellen Kontrahierungsschadens des Neugläubigers gegen Abtretung von dessen Anspruch gegen die insolvente Gesellschaft (§ 255 BGB) gerichtet. Die ganzen Probleme der alten Rechtsprechung: vermeintlicher Widerspruch zwischen dem Zahlungsverbot aus §§ 64 II GmbHG, 92 II AktG, jeweils aF, einerseits und der Pflicht zur Abführung von Steuern und Sozialabgaben andererseits und sodann die Probleme um den Quotenschaden sind entstanden aus der Annahme der Rechtsprechung, aus der Insolvenzantragspflicht ergebe sich iVm § 823 II BGB ein selbstständiger Anspruch der Gesellschaftsgläubiger auf Ersatz des Quotenschadens oder welches Schadens auch immer noch neben dem Ersatzanspruch der Gesellschaft aus §§ 64 II GmbHG, 92 III AktG aF 745. Die Regelung war einheitlich in dem Sinne, dass die Verwaltung gemäß sorgfältiger Prüfung das Insolvenzverfahren zu beantragen hatte und dann, wenn sie dies nicht tat, sondern das Vermögen der Gesellschaft sorgfaltswidrig verminderte, auf Ausgleich des Gesellschaftsvermögens haftete. Wenn sie die Gesellschaft sorgfaltswidrig weiterführte, waren selbstverständlich auch die öffentlich-rechtlichen Abgaben abzuführen, nur war genau das ein durch NichtÜberführung der Gesellschaft in das Insolvenzverfahren herbeigeführter und deshalb zu ersetzender Schaden 746. Das Auseinanderreißen der Norm in viele Gläubigeransprüche aus der Insolvenzantragspflicht iVm § 823 II BGB einerseits und den Anspruch der Gesellschaft aus dem Zahlungsverbot andererseits, obwohl das Zahlungsverbot unmittelbar auf den Absatz über die Insolvenzantragspflicht folgt, war mit einem sinnvollen Verständnis der Normen nicht vereinbar 747. § 64 I, II GmbHG aF und ebenso § 92 II, III AktG aF hatten zwei Verhaltenspflichten der Verwaltung angeordnet, die an Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung anknüpften und die ordentliche Verteilung der Masse bei Insolvenzreife einerseits und ihre Erhaltung zu diesem Zweck andererseits sichern sollten: zum einen die Insolvenzantragspflicht, zum ande-

744 Zutreffend Flume, ZIP 1994, 337. 745 Zur gesetzlichen Innenhaftung mit Kritik an dem von der Rechtsprechung weiterhin vertretenen Ansatz bei § 823 II BGB schon Wilhelm, ZIP 1993, 1833; Altmeppen/Wilhelm, NJW 1999, 673, 679. 746 Wilhelm, ZIP 2007, 1781, 1785 f. An dem Zusammenhang, dass die Weiterführung des Unternehmens einerseits die dem entsprechende Abführung öffentlicher Abgaben bedingt, die Weiterführung aber andererseits gerade einschließlich dieser Abgaben pflichtwidrig iS der Haftung gegenüber der Gesellschaft sein kann, gehen vorbei Tiedtke/Peterek, GmbHR 2008, 617. Bemerkenswert, dass sich der Standpunkt des BGH von der Pflichtenkollision jetzt dahin verselbstständigt, dass, wann immer ein strafrechtlicher Vorwurf auftaucht, dem Geschäftsführer im Falle von Zahlungen, mit denen dem Vorwurf entgangen werden soll, die Berufung auf den Ausnahmetatbestand der ordnungsgemäßen Geschäftsführung zugestanden wird, so BGH DB 2008, 1428 in dem Fall, dass der Geschäftsführer einer konzernangehörigen GmbH Mittel des Konzerns, die nur zur Erfüllung von Verbindlichkeiten der GmbH zur Verfügung gestellt sind, statt auf Treuhandkonto (Aussonderungsrecht) auf Geschäftskonto der Gesellschaft geleitet und dann von diesem entgegen dem Zahlungsverbot weitergeleitet hat. Nach der Entscheidung kann der Geschäftsführer den Fehler der Belassung auf dem Geschäftskonto durch die Auszahlung wieder gut machen. Mit der Weiterleitung handele der Geschäftsführer ordnungsgemäß, weil er damit dem Vorwurf der Untreue entgehen dürfe (mit Recht kritisch Dahl/Jan Schmitz, NZG 2008, 532). 747 Wilhelm, ZIP 2007, 1781, 1783 ff. Bestätigend für die Ableitung nur eines einzigen Anspruchs, nämlich des Anspruchs, den die Normen selbst enthielten, die Zusammenfassung beider Pflichten (zur Antragstellung und zur Unterlassung von Zahlungen) in einen einheitlichen Schadensersatzanspruch in § 130a III HGB aF betreffend GmbH & Co OHG oder (§ 177a HGB aF) KG.

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ren die Pflicht zur Unterlassung von Zahlungen noch nach Insolvenzreife. Die Trennung zwischen beiden Anordnungen im Sinne zweier selbstständiger Anspruchsgrundlagen unterschiedlicher Gläubiger hat gegen die evidente Einheitlichkeit des Normgedankens verstoßen. Beide bei Insolvenzreife statuierten Pflichten (zur Antragstellung und zur Unterlassung von Zahlungen) waren solche zu ordnungsgemäßer Geschäftsführung bei Insolvenzreife. Aus der Verletzung der Antragspflicht als solcher ging allerdings noch kein Schaden, vielmehr nur eine Gefährdung der Gläubiger hervor, deshalb hat das Gesetz diese Verletzung durch eine Strafanordnung sanktioniert (§§ 84 I Nr 2 GmbHG, 401 I Nr 2 AktG aF). Schädigend wirkte erst die Verletzung der zweiten Pflicht, nämlich die Veranlassung von Zahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen trotz Insolvenzreife. Die Sanktion der Schadensersatzpflicht haben die Gesetze deshalb an die zweite Anordnung, das Zahlungsverbot, angeknüpft. Diese Schadenshaftung gegenüber der Gesellschaft war folglich die zivilrechtliche Sanktion der Sorgfaltsverletzung in Bezug auf die Situation der Insolvenzreife. Verallgemeinert bedeutete sie: Soweit das schuldhafte Verhalten zu einem Schaden führte, galt die Schadensersatzhaftung, und zwar gegenüber der Gesellschaft. Unmissverständlich hatte der Gesetzgeber diese einheitliche Schadensersatzhaftung gegenüber der Gesellschaft bei der Übertragung der Insolvenzantragspflicht und des Zahlungsverbots auf diejenigen Personengesellschaften normiert, an denen keine natürliche Person als unbeschränkt haftender Gesellschafter beteiligt war (§§ 130a III 1 1., 2. Alt, 177a HGB). Die Insolvenzverschleppungstatbestände waren Sondertatbestände der Haftung für eine ordnungswidrige Geschäftsführung bei der juristischen Person und gleichstehenden Personengesellschaften. Auf § 43 GmbHG über die Haftung des Geschäftsführers verwies ja auch § 64 II S 2, 3 GmbHG aF mit dem Entlastungsbeweis und hinsichtlich weiterer Einzelheiten. Und § 93 III AktG führte in Nr 6 die Zahlung entgegen dem Zahlungsverbot nach § 92 III AktG als besonderen Fall der Vorstandshaftung gegenüber der Gesellschaft nach § 93 II AktG auf. Den Schutz der Gesellschaftsgläubiger durch die Sorgfaltspflichten bei Insolvenzreife hat das Gesetz durch die Haftung gegenüber der juristischen Person begründet. Er war ein Schutz vor dem Gesamtschaden aus sorgfaltswidriger Verminderung der Insolvenzmasse. Damit war gewährleistet, dass im Insolvenzverfahren der gesamte Schaden aus Insolvenzverschleppung vom Insolvenzverwalter geltend zu machen war (§§ 80 I InsO, 93 V 4 AktG). Außerhalb des Insolvenzverfahrens war nach § 93 V 3 AktG bei der AG und in Analogie zu dieser Vorschrift ebenso bei der GmbH der einzelne Gläubiger befugt, den Anspruch der Gesellschaft zu seiner Befriedigung geltend zu machen. War die Schadenshaftung der Verwaltung gegenüber der Gesellschaft als einheitliche Haftung wegen pflichtwidriger Verminderung des Gesellschaftsvermögens zu verstehen, so war der Begriff der Zahlung iSv §§ 92 III AktG, 64 II GmbHG aF richtig zu verstehen. Zahlung war pars pro toto für jede Verminderung des Vermögens der Gesellschaft, die sich aus dem Unterschied zwischen dem Vermögensstatus im Zeitpunkt, in dem der Insolvenzantrag zu stellen gewesen wäre, und dem Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (bei Geltendmachung durch den Insolvenzverwalter) oder der letzten mündlichen Verhandlung (bei Geltendmachung durch einen Gläubiger) ergab. Im Hinblick auf die Erfassung aller Verluste aus der unzulässigen Geschäftsführung war der Anspruch der Gesellschaft ein Verlustausgleichsanspruch 748. Mit diesem wurde die Masse aufgefüllt und insofern der Gesamtschaden

748 Altmeppen/Wilhelm, NJW 1999, 673; Roth/Altmeppen/Altmeppen § 64 GmbHG Rn 55 ff. Zur praktischen Durchsetzung unter Berücksichtigung der Darlegungslast der Geschäftsführer entsprechend § 666 BGB Altmeppen, ZIP 2001, 2201, 2209.

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VIII. Erstattungs- und Schadensersatzpflicht bei Verletzung der Insolvenzantragspflicht

aller Gläubiger aus der verspäteten Einstellung der GmbH ausgeglichen. Der Verlustausgleich war maW die richtige Art des Quotenschadensersatzes 749. Die „Zahlung“ wurde in den Normen nur insofern hervorgehoben (insbesondere in §§ 130a II, III 1 2. Alt, 177a HGB aF), als Auszahlungen grundsätzlich sorgfaltswidrig sind und der Geschäftsführer oder Vorstand sich im Hinblick darauf entlasten müssen, dass sie sorgfaltsgemäß gehandelt haben. Eine mögliche Entlastung ist, dass die Zahlungen keinen Verlust herbeigeführt haben, sondern durch andere Vorgänge ausgeglichen worden sind 750. Die Neufassung durch das MoMiG bietet die Chance, die Erkenntnis durchzusetzen, dass die zivilrechtliche Sanktion der Pflichten im Zusammenhang mit der Insolvenz oder Überschuldung der Gesellschaft eine einzige und einheitliche ist: die Ersatzpflicht der Verwaltung, die ihre Pflichten zur Antragstellung verletzt, gegenüber der Gesellschaft auf Ausgleich der Verluste, die durch Fortbetreiben der Gesellschaft trotz Insolvenzreife entstanden sind. Man muss dafür sehen, dass der Schutz der Gesellschaft den Gesellschaftsgläubigern zugutekommt, indem das durch die Ersatzpflicht erweiterte Gesellschaftsvermögen unter die Gläubiger zu verteilen ist. An sich war diese Erkenntnis auch nach der früheren Fassung der Normen schon unumgänglich, indem die Normen die Statuierung der Pflicht zur Antragstellung mit der Zahlungsunterlassungspflicht und der Ersatzpflicht bei Vornahme von Zahlungen fortsetzten. Die Rechtsprechung hat sich daran aber nicht gehalten. Jetzt steht die Zahlungsunterlassungspflicht nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung mit der Ersatzpflicht bei Vornahme von Zahlungen in §§ 64 GmbHG, 92 II AktG, 130a I–III, 177a HGB nF für sich. Sie ist aber ergänzt durch die Ersatzpflicht bei Auszahlungen an Gesellschafter, die zur Illiquidität führen müssen. Damit enthalten die Normen in der Neufassung eine über die nach Insolvenz oder Überschuldung eintretende Zahlungsunterlassungspflicht hinausgehende Verantwortlichkeit gegenüber der Gesellschaft. In der InsO nF stehen nur

749 Damit ist erfüllt das Anliegen K. Schmidts, ZHR 168 (2004), 637 ff (in Fortführung früherer Beiträge), die Insolvenzverschleppungshaftung als einheitliche Haftung aus Verletzung der Antragspflicht nach § 64 I GmbHG aF zu etablieren und damit unübersichtliche und ungerechte Wucherungen der Rechtsprechung (zu §§ 823 II BGB, 64 I GmbHG aF einerseits, § 64 II GmbHG aF andererseits) zurückzuschneiden. Man sollte aber nicht, wie K. Schmidt es getan hat, den Ansatz weiterhin bei § 823 II BGB suchen, unter Deutung des § 64 II GmbHG aF als Vermutung eines Mindestbetrages des Gesamtgläubigerschadens (S 642, 654 ff, 666). Mit § 823 II BGB und einem daran angeknüpften Schadensersatz (§§ 249 ff BGB) war die These von dem Ersatz einer für alle Gläubiger gleich hohen Differenz zwischen Soll- und Istquote mit Befugnis des Insolvenzverwalters zur Wahrnehmung nach § 92 InsO und daneben bestehenden Forderungen etwaiger Neugläubiger auf Ersatz eines darüber hinausgehenden Schadens nicht zu machen, ganz zu schweigen von der Umdeutung der gesellschaftsrechtlichen Innenhaftungsregelung. Nur wenn man die gesellschaftsrechtliche Sanktionierung als Innenhaftungsregelung ernst nahm, ergab sich die Gesamtliquidation durch den Insolvenzverwalter im Rahmen eines einheitlichen Anspruchs der GmbH als der Insolvenzschuldnerin. Damit stand § 64 II GmbHG aF in einer Linie mit den verwandten Vorschriften des Gesellschaftsrechts, insbes mit § 130a III HGB, auf die Schmidt so viel Wert gelegt hat (einzig anders die Schadensersatzpflicht gegenüber den Gläubigern nach §§ 42, 53 BGB; nach Mot Mugdan I, 410 soll die Haftung selbstverständlich sein und neben der Haftung des Vorstands gegenüber dem Verein stehen; die Problematik der richtigen Schadensabwicklung ist hier also nicht annähernd durchdacht worden). Die Berufung auf die Rechtsfortbildung, die zur Bejahung der Schutzgesetzqualität des § 64 I GmbHG aF nach § 823 II BGB geführt habe, mit der Folgerung, dass das Ernstnehmen der Innenhaftungsregelung „überholt“ sei (Schmidt S 659, s a S 664, 671), war angesichts der Inkonsistenz des mit § 823 II verbundenen Rechtszustands nicht überzeugend. 750 Zutreffende Korrektur des § 64 II GmbHG aF iS eines Schadensausgleichs wegen sorgfaltswidriger Verminderung der Insolvenzmasse K. Schmidt, ZIP 2005, 2177.

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D. Der Schutz des Vermögens der AG und der GmbH

noch die Antragspflichten. An diese kann ebenso wenig eine Schutzgesetzhaftung gegenüber den Gläubigern geknüpft werden wie an die Pflicht aus §§ 64, 92 II AktG nF, Zahlungen an Gesellschafter zu unterlassen. Die tatbestandsmäßig erweiterte Verantwortlichkeit der Verwaltung als eine solche gegenüber der Gesellschaft, wobei der Schutz der Gesellschaft über die Ergänzung von deren Vermögen den Gesellschaftsgläubigern zugutekommt, ist die umfassende Verantwortlichkeit. Mit ihr verträgt sich eine zusätzliche Verantwortlichkeit unmittelbar gegenüber den Gläubigern nach der Reform noch weniger als vor der Reform. Immer zu beachten ist dabei allerdings, dass diese Verantwortlichkeit aus den Organpflichten nichts zu tun hat mit der individuellen Schadensersatzhaftung von Verwaltungsmitgliedern gegenüber einzelnen Gläubigern aus einer Pflichtverletzung nach §§ 311 III, 280, 241 II BGB.

IX. Das Problem der materiellen Unterkapitalisierung 1. Durchgriffshaftung a. Durchgriffshaftung und allgemeine Haftungsgrundlagen 497

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Im Falle der bloßen Nutzungsüberlassung, insbesondere wenn diese „finanzplanmäßig“ erfolgt, ist entgegen der früheren Judikatur nicht von kapitalersetzenden Leistungen der Gesellschafter zu sprechen, sondern das Problem der materiellen Unterkapitalisierung zu lösen. Die Frage ist, ob es den Tatbestand der Haftung der Gesellschafter wegen materieller Unterkapitalisierung gibt, dh der Haftung unter dem Gesichtspunkt, dass die Gesellschafter die Gesellschaft mit zu wenig Vermögen ausstatten oder eine mit zu geringem Eigenkapital ausgestattete Gesellschaft fortführen. In der Literatur wird die materielle Unterkapitalisierung als ein Fall der sog Durchgriffshaftung der Gesellschafter 751 angenommen752. Die Durchgriffshaftung wegen materieller Unterkapitalisierung soll zumindest die maßgeblichen Gesellschafter treffen. Sie soll sich in teleologischer Restriktion der Vorschrift über die auf die Gesellschaft beschränkte Haftung (§ 13 II GmbHG) ergeben 753. Bei eindeutiger, nach den Maßstäben ordnungsgemäßer Unternehmensfinanzierung nicht vertretbarer Unterausstattung der Gesellschaft mit Vermögen sollen die Gesellschafter von den Gläubigern der Gesellschaft unmittelbar für die Gesellschaftsschulden in Anspruch genommen werden können. Die Rechtsprechung hat eine Durchgriffshaftung wegen materieller Unterkapitalisierung bisher nicht anerkannt. Dafür gibt es zwei Gründe: Das Gesetz verlangt nur die Aufbringung eines Mindestkapitalbetrags (s § 5 I GmbHG), bei der Unternehmergesellschaft nicht einmal diese (§ 5a I GmbHG). Genügend eindeutige betriebswirtschaftliche Grundsätze, die nach

751 Bekannter US-amerikanischer Ausdruck für die Durchgriffshaftung, die es auch im US-amerikanischen Recht gibt: piercing the corporate veil oder disregard of legal entity. Zur Diskussion in Deutschland Nachweise – allerdings nur einseitige – bei Fleischer, NZG 2004, 1133. Den Durchgriff auf eine Eigentümer-GmbH für den Anspruch auf Bestellung einer Bauhandwerkersicherungshypothek nach § 648 BGB, wenn der Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Eigentümer-GmbH den Auftrag für eine andere GmbH erteilt hat, deren Geschäftsführer er ebenfalls ist, vertritt KG NJW-RR 2007, 1663. Gegen einen solchen – rechtlich nicht qualifizierbaren – Durchgriff Wilhelm Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person 1981 S 369 ff und ders, NJW 1975, 2322. 752 Baumbach/Hueck/Hueck/Fastrich § 5 Rn 6, § 13 Rn 10 ff mwN; Lutter/Hommelhoff/Lutter/Hommelhoff § 13 Rn 7 ff. 753 Hachenburg/Ulmer Anh § 30 Rn 51 ff; Wiedemann I § 10 IV 3b S 571.

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IX. Das Problem der materiellen Unterkapitalisierung

Gegenstand und Umfang eines Unternehmens Maßstäbe für dessen Kapitalisierung abgeben könnten, stehen nicht zur Verfügung 754. Aufgrund seiner neuen Judikatur zur Haftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs hat der II. Senat die Haftung wegen materieller Unterkapitalisierung schon aufgrund einer Abgrenzung zum Tatbestand des existenzvernichtenden Eingriffs abgelehnt: Wegen des Erfordernisses des Eingriffs in das zweckgebundene Vermögen der Gesellschaft gebe es keine Haftung, weil die Gesellschaft nur zu wenig Vermögen habe 755. Neben den Ansatzpunkt der materiellen Unterkapitalisierung treten als weitere Gesichtspunkte, die auch nach der Rechtsprechung756 die Durchgriffshaftung auslösen können, die Vermögensvermischung (ohne saubere Trennung vorgenommene Verwendung des Gesellschaftsvermögens, Verschiebungen zwischen den Vermögen der Gesellschaft und der Gesellschafter und deren sonstigen Gesellschaften) und – ähnlich – die Sphärenvermischung (keine klare Abgrenzung der Gesellschaftssphäre von anderen Tätigkeitsbereichen, insbesondere der Privatsphäre der Gesellschafter – sog Waschkorblage) 757. Haftungsgrundlage soll der Missbrauch der Rechtsform der juristischen Person sein758. Wegen der unsicheren Begründung und Konturierung der Haftung wird diese nur subsidiär angewandt. Insbesondere die gesetzlichen Tatbestände der Kapitalerhaltung (§§ 57, 62 AktG, 30, 31 GmbHG) werden als vorrangig angesehen. Dort, wo sie eingreifen können, verdrängen sie die Durchgriffshaftung759. Im Insolvenzverfahren ist ausschließlich der Insolvenzverwalter berechtigt, die Durchgriffshaftung geltend zu machen 760. Weil die Durchgriffshaftung auf den Missbrauch der juristischen Person durch die Gesellschafter gestützt wird, wird nur der Durchgriff für Gesellschaftsverbindlichkeiten auf die Gesellschafter anerkannt, aber nicht der sog umgekehrte Haftungsdurchgriff 761. In Fällen der Vermögens- oder Sphärenvermischung ist von der Fallgestaltung her die Folgerung allerdings nicht abwegig, dass auch der umgekehrte Haftungsdurchgriff zu eröffnen sei.

754 Henze, NZG 2003, 649, 659 mit vorsichtigen Vorbehalten für die mögliche Einbeziehung von Fällen in die Durchgriffshaftung, in denen schon durch die Satzung der Gesellschaft die Fähigkeit vorenthalten wird, die normalen vorhersehbaren Geschäftsrisiken zu bewältigen. 755 Entscheidung Gamma ZIP 2008, 1232. 756 In dieser freilich bisher nur angesprochen, nicht als Grundlage von Entscheidungen verwendet (BGH WM 2006, 573; BGHZ 125, 366; BGH WM 2008, 302). 757 Henze, NZG 2003, 658. Henze nennt weiter: Konzerneinbindung – Entzug zentraler Unternehmensfunktionen, Eingehung eines Haftungsverbundes der abhängigen Gesellschaft gegenüber der Konzernobergesellschaft –; Überbürdung unvertretbarer Risiken, Übertragung der Rolle des Kostenträgers (Aschenputtelgesellschaften); Einbindung in das zentrale Cash-Management ohne Gewährleistung jederzeitiger Liquidität der abhängigen Gesellschaft. 758 Entgegen der Annahme der Vorinstanz hat der BGH die Durchgriffshaftung abgelehnt im Fall eines Ideal-Vereins, der sich über das Nebenzweckprivileg hinaus, in dessen Rahmen eine wirtschaftliche Betätigung eines Idealvereins zulässig ist, betätigt hatte und insolvent geworden war. Die Sanktionen der Amtslöschung oder der Entziehung der Rechtsfähigkeit (§§ 159 I, 142 FGG, § 43 BGB) hätten ausschließliche Geltung (DStR 2008, 363). Für die Durchgriffshaftung wegen Vermögensvermischung in seinem Fall das KG GmbHR 2008, 703. 759 BGHZ 95, 330, 333. 760 BGHZ 151, 187. 761 BGH DStR 1999, 1822, 1823 mit Anm Goette; „regelmäßig nicht“ KG DStR 2003, 794 mit Anm Wälzholz.

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Keine Durchgriffshaftung, sondern eine Haftung nach einem allgemeinen deliktsrechtlichen Tatbestand 762 ist die mögliche Haftung der Gesellschafter gegenüber den Gesellschaftsgläubigern auf Schadensersatz wegen vorsätzlicher, sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB 763. Aber auch für die Gesellschaft selbst kommt der Schutz nach § 826 BGB in Betracht. Gerade durch den Schadensersatzanspruch der Gesellschaft nach § 826 BGB hat der BGH mit Urteilen vom 16.7.2007 (Trihotel) 764 und vom 28.4.2008 (Gamma) 765 die Ansätze zu einer Haftung wegen Unterkapitalisierung überwunden. Der tatbestandsmäßige Eingriff wird durch den Begriff der Existenzvernichtung veranschaulicht. Existenzvernichtung ist die Ausplünderung einer Gesellschaft zum Nachteil der Gesellschaftsgläubiger. Die Gesellschafter können zB versucht sein, das Vermögen einer angeschlagenen Gesellschaft auf eine andere Gesellschaft zu verschieben, um in dieser das Unternehmen ohne die Schulden der ersten Gesellschaft fortzuführen. Darin sieht der BGH eine sittenwidrige Schädigung der ersteren Gesellschaft. b. Analoge Anwendung von Vorschriften über den Vertragskonzern

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Vor dieser Entwicklung hat der BGH versucht, das Konzernrecht für eine Durchgriffshaftung fruchtbar zu machen. Er hat die Figur des sog qualifizierten faktischen Konzerns („Qualifak“) herausgearbeitet. Auftakt war das Autokran-Urteil 766. Der BGH hat sich dabei einem Vorschlag des Arbeitskreises GmbH-Reform angeschlossen 767. Seit dem Urteil Bremer Vulkan 768 ist der BGH von der Anknüpfung an eine konzernrechtliche Leitungsverantwort-

762 Deshalb interessant, wenn man bei Auslandsgesellschaften über das Deliktsstatut zur Haftung nach deutschem Recht kommen möchte. Die EuGGVO versteht unter Haftung für unerlaubte Handlung weitergehend jede gesetzliche Haftung, also auch die aus Sonderverbindung. Auf die Grundlage in einem deutschen Deliktstatbestand kommt es also nicht an, N o Rn 123. 763 BGH NZG 2004, 1107; dazu G. H. Roth, LMK 2004, 223. Als weiterer deliktsrechtlicher Tatbestand kommt die Haftung bei Untreue (§ 266 StGB) iVm § 823 II BGB in Betracht. Spätestens das Mannesmann-Urteil (u Rn 1044) lehrt, wie wenig greifbar der Untreuetatbestand nach der Rechtsprechung ist. Zu § 266 StGB im hier interessierenden Bereich BGHSt 49, 147; Maurer, GmbHR 2004, 1549. – Neben der Deliktshaftung gegenüber den Gläubigern kommt als Haftung nach den im allgemeinen Privatrecht anerkannten oder erörterten Rechtsfiguren eine Haftung von Konzernobergesellschaften wegen cic (§§ 311 II Nr 1, 241 II, 280 BGB) aufgrund der Inanspruchnahme besonderen Vertrauens – parallel zur Eigenhaftung des Vertreters – und allgemein aus Vertrauenshaftung (jetzt verankert in § 311 II, III BGB), im vorliegenden Zusammenhang einer Haftung aus der Inanspruchnahme von Konzernvertrauen, in Betracht. Mit Recht bejahend die Haftung wegen Inanspruchnahme besonderen Vertrauens, verneinend die Haftung wegen Inanspruchnahme von Konzernvertrauen (die Konzerngestalt gemäß dem Trennungsprinzip ist rechtlich anerkannt) Lutter, GS Knobbe-Keuk 1997, 235. Der von Lutter sodann geäußerte Gedanke einer Außenhaftung der Mutter aus der „Auslobung“ eines „besonderen Standards der Konzerngeschäftsführung“ (S 244) ist wenig fassbar. 764 BGHZ 173, 246. 765 BGH ZIP 2008, 1232. 766 BGHZ 95, 330. 767 Thesen und Vorschläge zur GmbH-Reform Bd II S 50, 59 f, 67. 768 BGHZ 149, 10, 15: Hier klagte die Nachfolgegesellschaft der Treuhand aus eigenem Recht und aus abgetretenen Ansprüchen der abhängigen GmbH (MTW Schiffswerft Wismar) gegen Vorstandsmitglieder der herrschenden AG (der Bremer Vulkan AG, die kraft unmittelbaren und mittelbaren Anteilsbesitzes quasi die Alleingesellschafterin der geschädigten MTW war) aufgrund des Vorwurfs, dass die AG Investitionshilfen, die die Treuhand der MZW gewährt hatte, treuwidrig verwendet habe. Die Anwendung der Vorschriften über den Vertragskonzern (insbes der §§ 302, 303 AktG) konnte dadurch relevant wer-

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IX. Das Problem der materiellen Unterkapitalisierung

lichkeit abgegangen. In diesem Urteil und sodann insbesondere in dem Urteil KBV 769 hat er an die Stelle des Gedankens der Konzernverantwortlichkeit zunächst eine Durchgriffshaftung wegen bestands-770 oder existenzvernichtenden Eingriffs 771 gesetzt, bevor er sich für die Innenhaftung der Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft aus § 826 BGB wegen existenzvernichtenden Eingriffs entschieden hat. Das Abrücken des BGH von der Haftung im qualifizierten faktischen Konzern bedeutet aber nicht, dass man sich mit diesem Gedanken nicht mehr auseinandersetzen müsste. Der BGH hat mit der Figur des qualifizierten faktischen Konzerns die Anwendung einer konzernrechtlichen Anspruchsgrundlage de lege lata vertreten. Dieser Ansatz ist im Rahmen einer vollständigen Prüfung nach wie vor ernst zu nehmen. Die Rechtsprechung zum qualifizierten faktischen Konzern hat aus einer qualifizierten Verbindung von Gesellschaften, die als qualifizierter faktischer Konzern bezeichnet wurde, die Anwendbarkeit von Vertragskonzernrecht ohne Konzernvertrag gefolgert und damit eine Durchgriffshaftung begründet. Der Ausgangspunkt war das Autokran-Urteil 772.

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Sachverhalt: Der Fall ist mit dem Stichwort „Der Wolf und die sieben Geißlein“ zu charakterisieren. Eine Familie, geführt von dem späteren Bekl, betrieb das Autoverschrottungswesen. Als Betriebsgesellschaften waren 7 Gesellschaften mbH gegründet worden. Daneben war eine Verwaltungs-GmbH, die V-Verwaltungs- und Organisationszentrale-H-GmbH, gegründet worden. Sie hatte die gesamte Buchführung, Finanzierung und das Factoring für die 7 Betriebsgesellschaften zu erledigen. In allen Gesellschaften war der Bekl beherrschend beteiligt, möglicherweise über eine Treuhandstellung seiner Familienangehörigen sogar allein herrschend. Die Gesellschaften leasten von der Kl Autokräne. Diese Autokräne wurden zwischen allen 7 Gesellschaften unkontrolliert hin- und hergeschoben. Es bestanden weder Versicherungen noch wurden Maßnahmen zur Bestandserhaltung getätigt. Die Kräne sind auch zum Bau des Privathauses der Familie eingesetzt worden. Ordnungsgemäße Abrechnungen mit reellen Gewinnchancen der einzelnen GmbH soll es nicht gegeben haben. Die Kl hat titulierte Forderungen gegen die 7 GmbH auf ausstehende Mietzinsen. Ihre Zwangsvollstreckung war weitgehend ergebnislos. Die Kl nimmt nunmehr den Bekl in Anspruch. Der Bekl beruft sich auf den Ausschluss der Haftung der Gesellschafter einer GmbH für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft nach § 13 I, II GmbHG. Weiterhin wendet er ein, dass die Kräne mangelhaft und dass die Ansprüche der Kl verjährt seien. Die wegen Titulierung der Forderung gegen die GmbH geltende Unterbrechung der Verjährung gelte nicht gegen ihn.

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Der BGH prüft zunächst eine Haftung des Bekl aus Durchgriff wegen Vermögensvermischung. Einen solchen lehnt er ab, weil die Vermischungsvorgänge auf Einzeleingriffen beruht hätten, die nach §§ 30 f GmbHG erfassbar seien. Eine undurchdringliche Buchhaltung, die allenfalls für den Durchgriff sprechen könne, sei von der Kl nicht genügend dargelegt worden 773. Der BGH hält aber eine Haftung des herrschenden Gesellschafters analog § 303 I AktG (Verpflichtung des herrschenden Unternehmens, bei Beendigung eines Beherrschungs- oder

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769 770 771 772

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den, dass sich mit der konzernrechtlichen Verantwortlichkeit des herrschenden Gesellschafters gemäß §§ 309 II, 317 III AktG die Verantwortlichkeit von dessen Organen verbindet. Der BGH prüft von der MTW der Kl abgetretene Schadensersatzansprüche gegen die Vorstandsmitglieder der AG. Der BGH hat hier aber die Anwendung des Haftungssystems der §§ 291 ff AktG verworfen. Eine GmbH werde nach §§ 30, 31 (mit § 43 III) GmbHG und ergänzend durch Bestandsschutz gegen Entziehung der Zahlungsfähigkeit durch den Gesellschafter geschützt. BGHZ 151, 181 = NJW 2002, 3024. BGHZ 149, 10, 16. Wieder aufgenommen in BGH NJW 2002, 1803, 1805. So das KBV-Urteil BGHZ 151, 181. BGHZ 95, 330; dazu Wilhelm, DB 1986, 2113 ff. Verklagt waren drei Gesellschafter. Für die Haftung kam aber letztlich nur der Bekl zu 1 als allein entscheidender Hauptgesellschafter in Betracht. Im Folgenden wird der Einfachheit halber nur vom Bekl zu 1 (Bekl) gesprochen. BGHZ 95, 330, 333.

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D. Der Schutz des Vermögens der AG und der GmbH

Gewinnabführungsvertrags den Gläubigern der abhängigen Gesellschaft Sicherheit zu leisten) und § 322 II AktG (Beschränkung der Einwendungen gegen die Verbindlichkeit der eingegliederten Gesellschaft bei der Haftung des Hauptgesellschafters im Fall der Eingliederung) für möglich. Dazu nimmt der BGH an: 1. Die analoge Anwendbarkeit der Vorschriften über den aktienrechtlichen Vertragskonzern auf die abhängige GmbH. 2. Eine dem Beherrschungsvertrag iSv § 303 I AktG vergleichbare Lage. Zunächst sei im vorliegenden Fall ein Konzernverhältnis zwischen den Gesellschaften und dem Bekl gegeben. Dazu musste der Bekl nach §§ 17, 18 AktG Unternehmen sein. Der BGH hat einen Unternehmensbegriff entwickelt, nach dem eine als Gesellschafter beteiligte natürliche Person auch dann, wenn sie kein eigenes Unternehmen leitet, Unternehmen sein kann. Dies soll dann zu bejahen sein, wenn der Gesellschafter auch noch an anderen Gesellschaften mit Tätigkeitskreisen, die der ersten Gesellschaft zumindest nahe stehen, beteiligt ist. Grundlage dieser Auslegung ist die teleologische Ausrichtung der Vorschriften über verbundene Unternehmen auf mögliche Interessenkonflikte zwischen den verbundenen Unternehmen. Die Gefahr solcher Interessenkonflikte bestehe auch bei Beteiligung eines Gesellschafters an mehr als einer sich im Unternehmensgegenstand sachlich nahestehenden Gesellschaft. Der BGH spricht vom „multiplen Mehrheitsbesitz“, der die Unternehmenseigenschaft des an mehreren Gesellschaften beteiligten Gesellschafters begründe 774. Wegen seiner Beteiligung an mehreren Gesellschaften wird der Bekl als Unternehmen eingeordnet. 3. Auch die einheitliche Leitung der Gesellschaften durch den Bekl iSd § 18 AktG bejaht der BGH. Der Bekl sei also herrschendes Konzernunternehmen775. 4. Der Konzern mit den sieben konzernierten Gesellschaften könne einem Beherrschungsvertrag iSd § 303 AktG gleich zu achten sein. Voraussetzung der Gleichsetzung sei eine breitflächige Einflussnahme auf die Gesellschaften mbH, aufgrund derer für die Gesellschaften eine Gefährdungslage begründet sei, die derjenigen bei einem Vertragskonzern entspreche. Mit dem Arbeitskreis GmbH-Reform 776 sei von einem qualifizierten faktischen Konzern zu sprechen. a) Feststellung des qualifizierten faktischen Konzerns: Ein solcher sei bei dauernder, umfassender Geschäftsleitung zu vermuten, dh zu vermuten sei die dem Vertragskonzern ähnliche Gefährdungslage. Mit der Darlegung einer dauernden und umfassenden Geschäftsleitung werde die Vermutung begründet, dass auf die Belange der einzelnen Gesellschaften keine Rücksicht genommen worden sei und das Konzerninteresse die Geschäftstätigkeit der Gesellschaften entscheidend bestimmt habe. Das herrschende Unternehmen könne die Vermutung widerlegen, insbesondere durch die Darlegung, dass die abhängige Gesellschaft iS ordentlicher Geschäftsführung wie bei einem pflichtmäßig handelnden Geschäftsführer in einer selbstständigen Gesellschaft geführt worden sei 777.

774 775 776 777

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In der Entscheidung NJW 1997, 943, 944. BGHZ 95, 330, 337. Thesen und Vorschläge zur GmbH-Reform Bd II, S 59 und 67. BGHZ 95, 330, 345.

IX. Das Problem der materiellen Unterkapitalisierung

In casu sei die erforderliche Verdichtungslage nach dem Vortrag der Kl evident. Für einen Gegenvortrag und die erforderliche Sachverhaltsfeststellung sei die Sache an das Berufungsgericht zurück zu verweisen. b) Im Falle der Bestätigung des Kl-Vortrags und unzureichenden Gegenvortrags des Bekl sei die Rechtsfolge des qualifizierten faktischen Konzerns die unmittelbare Haftung des Bekl für den Anspruch der Kl analog § 303 AktG 778: aa) Der Beendigung des Beherrschungsvertrages iS der Vorschrift sei die tatsächliche Beendigung des Beherrschungsverhältnisses aufgrund Vermögenslosigkeit der abhängigen Gesellschaften gleich zu stellen. bb) Statt der von der Vorschrift angeordneten bloßen Sicherung der Gesellschaftsgläubiger sei eine unmittelbare Haftung gegenüber den Gläubigern begründet, denn bei Vermögenslosigkeit der abhängigen GmbH sei eine bloße Sicherung sinnlos. cc)

Die in der Vorschrift bestimmte 6-Monats-Frist sei nicht anwendbar. Sie sei auf die Sicherung der Gläubiger bei normaler Beendigung des Vertragskonzerns und Publizierung der Beendigung im Handelsregister (§ 298 AktG) bezogen, dh sie gelte nur von einem klaren Zeitpunkt der publizierten Beendigung ab als Übergangslösung, bis die abhängige Gesellschaft wieder auf eigenen Füßen stehe. Diese Übergangslösung komme bei Vermögenslosigkeit der abhängigen Gesellschaft nicht in Betracht.

dd) Damit greife – vorbehaltlich der erneuten Prüfung in der Vorinstanz – eine Haftung wie bei der Eingliederung ein. Folglich sei auf die Einwendungen des Bekl (hier Einwendung der Mangelhaftigkeit der Kräne sowie der Verjährung der Ansprüche auf Leasingraten) § 322 II AktG anwendbar: Die herrschende Gesellschaft werde mit Einwendungen, die die Schuldner-Gesellschaft selbst nicht mehr geltend machen könne, präkludiert. In seinen späteren Urteilen hat der BGH der analogen Anwendung der Haftung nach § 303 AktG gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft die des § 302 AktG über die Verlustübernahmepflicht des herrschenden Gesellschafters gegenüber der abhängigen Gesellschaft im Vertragskonzern hinzugefügt. Sie war relevant dadurch, dass in der Insolvenz der abhängigen Gesellschaft der Konkurs- bzw jetzt der Insolvenzverwalter den Anspruch geltend machen konnte 779. Die analoge Anwendung des § 303 AktG durch den BGH trotz vielfacher Notwendigkeit der Modifikation der anzuwendenden Vorschrift musste von Anfang an zweifelhaft erscheinen. Aber es geht im Grunde nur um einen einzigen Punkt, der entscheidend ist, und dieser ist für § 303 wie für § 302 AktG entscheidend. Das ist die Gleichstellung der Verdichtungslage bzw der Lage bei breitflächiger Beeinflussung einer abhängigen GmbH mit einem Vertragskonzern, der mit einer AG besteht. Vollzieht man diese Gleichstellung, dann folgt aus dieser Gleichstellung in der Tat alles andere. 778 BGHZ 95, 330, 346 f. An sich knüpft § 303 AktG an die Regelung des § 302 AktG an. Der BGH lässt offen, ob § 302 AktG auf die Einmann-GmbH angewandt werden könne, und wendet § 303 AktG isoliert an. Im Video-Urteil BGHZ 115, 187 greift der BGH die Zusammengehörigkeit der §§ 302, 303 AktG nochmals auf und behebt den Zweifel, indem er § 302 AktG auch auf die Einmann-GmbH für anwendbar erklärt; es gehe ja um die Außerkraftsetzung der Kapitalsicherungsvorschriften in der abhängigen Gesellschaft im Rahmen eines Vertragskonzerns. Die Kapitalsicherungsvorschriften gälten aber auch für die Einmann-GmbH (S 197). 779 BGHZ 107, 7,15 ff.

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D. Der Schutz des Vermögens der AG und der GmbH

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An der Unmöglichkeit dieser Gleichstellung von Vertragskonzern und gesellschaftsgefährdender Verdichtungslage ist der konzernrechtliche Ansatz des BGH, wie der BGH inzwischen selbst gesehen hat, jedoch gescheitert: Nach dem Autokran-Urteil kam es nicht schon auf die Verdichtungslage durch umfassende Geschäftsleitung als solche an, sondern auf die – bei Verdichtungslage allerdings zu vermutende – ordnungswidrige Geschäftsführung. Die Haftung wegen ordnungswidriger Geschäftsführung 780 hat aber nichts mit den Pflichten des herrschenden Unternehmens nach §§ 302, 303 AktG zu tun: Die ordnungswidrige Geschäftsführung ist Merkmal einer Haftung für die im Einzelfall festzustellende Verletzung der Pflicht zu ordnungsgemäßer Geschäftsführung. Demgegenüber sind die Rechte der abhängigen Gesellschaft im Vertragskonzern generelle Rechte aus dem Rechtsstatus der abhängigen Gesellschaft, die durch einen rechtlich sanktionierten Vertrag der Leitung des Vertragspartners unterworfen ist 781. Im Tiefbau-Urteil 782 hat der BGH die Gleichstellung mit §§ 302, 303 AktG anders angesetzt und abgegrenzt: Es gehe um die Gefährdung der Interessen der Gesellschaft, der außenstehenden Gesellschafter und der Gläubiger, die in §§ 302, 303 AktG für den Fall der vertraglichen Unterwerfung der Haftung zugrunde gelegt sei und die entsprechend bei breitflächiger tatsächlicher unternehmerischer Einflussnahme zur Haftung führen müsse. Aus diesem Ansatz bei der Gläubigergefährdung im qualifizierten faktischen Konzern folgert der BGH eine andere Fassung der Entlastungsmöglichkeit für den herrschenden Gesellschafter: Diesem wird nicht mehr die Möglichkeit des Nachweises ordnungsgemäßer Geschäftsführung eingeräumt. Vielmehr kann er nur noch nachweisen, dass die eingetretenen Verluste auf Umständen beruhen, die mit der Ausübung der Leitungsmacht nichts zu tun hatten 783. Auch damit hat der BGH aber den Sinnzusammenhang der §§ 302, 303 AktG verfehlt, nach welchem nicht eine unbestimmte Gefährdung, sondern ein vertraglich konstituierter Rechtsstatus der Unterwerfung Grundlage der Verantwortlichkeit der herrschenden Gesellschaft ist. Das Video-Urteil 784 hat gezeigt, wohin man mit der analogen Anwendung der §§ 302, 303 AktG aufgrund der Interpretation geraten konnte, dass die Vorschriften aus unternehmerischer Führung auf die Gefährdung der geführten Gesellschaft und daraus auf die unbeschränkte Haftung des führenden Unternehmens (dh nach der weiten Fassung des Unternehmensbegriffs: der führenden Gesellschafter) schließen ließen. Das Urteil hat jede Person mit der unbeschränkten Haftung für die Schulden einer GmbH schon dann bedroht, wenn sie Geschäftsführer der GmbH ist und sich daneben noch in einem sachlich angrenzenden

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BGHZ 95, 330, 345 f. Dazu Kap J (Rn 1259 ff). BGHZ 107, 7. BGHZ 107, 7, 18. Im nachfolgenden Video-Urteil hat der BGH eine Rechtfertigung der Nachweismöglichkeit versucht, die er entgegen der ansonsten für analog angesehenen Rechtslage beim Vertragskonzern eingeräumt hat: Der Grund für die Unterscheidung zum Recht des Vertragskonzerns bestehe darin, dass beim faktischen Konzern das Weisungsrecht, mit Einschluss des Rechts zu schädlichen Weisungen, nicht übergehe (BGHZ 115, 187, 193 f). Das (ehemalige) Mitglied des II. Senats Henze hat der Rechtsprechung zum Qualifak zwei Vermutungen entnommen: (1) keine angemessene Rücksicht auf die Belange der abhängigen Gesellschaft, (2) bei Zusammenbruch Kausalität der Benachteiligung für den Zusammenbruch; dementsprechend auch zwei Widerlegungsmöglichkeiten: (1) Verluste ohne Zusammenhang mit der Leitung, (2) Zusammenbruch aufgrund anderer Umstände als der Benachteiligung (NZG 2003, 649, 654). 784 BGHZ 115, 187.

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IX. Das Problem der materiellen Unterkapitalisierung

Bereich unternehmerisch betätigt 785. Damit war das erwünschte möglichst vielfältige unternehmerische Engagement insbesondere im Mittelstand im Kern bedroht. In der Folgezeit hat der BGH mit Recht seinen Versuch, §§ 302 f AktG iS einer allgemeinen Durchgriffshaftung wegen unternehmerischer Einflussnahme in einer Gesellschaft entsprechend anzuwenden, aufgegeben 786.

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c. Die Existenzvernichtungshaftung In seinen Urteilen „Bremer Vulkan“ 787 und „KBV“ 788 hat der BGH an die Stelle der konzernrechtlichen Haftung die Durchgriffshaftung wegen sog Existenzvernichtung gesetzt. Die Haftung wird aus der Notwendigkeit einer Mindestrücksichtnahme auf die Erhaltung des Gesellschaftsvermögens im Interesse der Gläubiger gefolgert und auf die Verletzung dieser Mindestrücksichtnahme gestützt. Das Gesellschaftsvermögen diene vorrangig zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger. Dafür sei es abgesondert und zweckgebunden. Absonderung und Zweckbindung seien Voraussetzungen dafür, dass die Gesellschafter die Beschränkung der Haftung auf das Gesellschaftsvermögen in Anspruch nehmen könnten. Daraus hat der BGH zunächst die nachstehende Folgerung gezogen: „Entziehen die Gesellschafter unter Außerachtlassung der gebotenen Rücksichtnahme auf diese Zweckbindung des Gesellschaftsvermögens durch offene oder verdeckte Entnahmen Vermögenswerte und beeinträchtigen sie dadurch in einem ins Gewicht fallenden Ausmaß die Fähigkeit der Gesellschaft zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten, so liegt darin … ein Missbrauch der Rechtsform der GmbH …“ 789 Dieser müsse zum Verlust des Haftungsprivilegs führen, „soweit nicht der der GmbH durch den Eingriff insgesamt zugefügte Nachteil schon nach §§ 30, 31 GmbHG vollständig ausgeglichen werden kann oder kein ausreichender Ausgleich in das Gesellschaftsvermögen erfolgt“ 790. Mit der Anknüpfung an den Schutz des Gesellschaftsvermögens war ein Perspektivenwechsel begründet: An die Stelle der Missachtung der juristischen Person nach der herrschenden Durchgriffslehre trat die Beachtung des Schutzes der juristischen Person mit ihrem Vermögen. Hinsichtlich der Schlussfolgerung und der Rechtsfolge (unmittelbare 785 Gegen das Urteil vehement Flume, DB 1992, 25 und Knobbe-Keuk, DB 1992, 1461. Eine Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil ist erfolglos geblieben, BVerfG NJW 1993, 2600, dazu Kindler, NJW 1993, 3120 (vorher Stellungnahme der Bundesregierung ZIP 1992, 1664 mit Anm Altmeppen). 786 Im Urteil Bremer Vulkan BGHZ 149, 10, s o Rn 503 Fn 768. Im TBB-Urteil BGHZ 122, 123 hatte der BGH noch mit der analogen Anwendung der §§ 302, 303 AktG gearbeitet, den Haftungsgrund aber schon verschoben, weg von der einheitlichen Leitung hin zum Missbrauch der beherrschenden Gesellschafterstellung durch Beeinträchtigung der Interessen der abhängigen Gesellschaft. Im Urteil Bremer Vulkan statuiert der BGH nunmehr, dass gemäß dem TBB-Urteil der herrschende Gesellschafter wegen Missbrauchs seiner Gesellschafterstellung haften könne, diese Haftung aber entgegen dem TBB-Urteil nicht konzernrechtlich angeknüpft sei. Folglich scheide auch die konzernrechtliche Organhaftung der Bekl aus. 787 S Vorn. 788 BGHZ 151, 181. Zur Rechtsprechung Ulmer, JZ 2002, 1049; Altmeppen, ZIP 2002, 1553; Roth, NZG 2003, 1081; Emmerich, AG 2004, 423; Fleischer, NJW 2004, 2867; Wilhelm, NJW 2003, 175. Umfassende Bemühung um dogmatische Einordnung bei Schön, ZHR 168 (2004), 268. 789 BGHZ 151, 181, 187. Die Formulierung im Leitsatz 1 des Urteils lautet etwas anders: „Zugriffe der Gesellschafter auf das Gesellschaftsvermögen, welche die auf Grund dieser Zweckbindung gebotene angemessene Rücksichtnahme auf die Erhaltung der Fähigkeit der Gesellschaft zur Bedienung ihrer Verbindlichkeiten in einem ins Gewicht fallenden Maße vermissen lassen, stellen deshalb einen Missbrauch der Rechtsform der GmbH dar“. 790 BGHZ aaO Vorn.

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D. Der Schutz des Vermögens der AG und der GmbH

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Haftung der Gesellschafter gegenüber den Gläubigern) blieb der II. Senat aber bei der Lehre vom Durchgriff wegen Missbrauchs der juristischen Person stehen. Nach dem neuesten Stand (Urteile Trihotel 791 und Gamma 792) hat der BGH seinen Standpunkt vollends iS der Beachtung der Selbstständigkeit der juristischen Person geklärt: Die Existenzvernichtungshaftung wird nun als Binnenhaftung gegenüber der Gesellschaft aus sittenwidriger Schädigung des Gesellschaftsvermögens im Sinne des § 826 BGB eingeordnet 793. Mit diesem Schritt hat der BGH im Bereich des Vorwurfs der unzulänglichen Vermögensausstattung der Gesellschaft sowohl seine eigene frühere Judikatur von der persönlichen Haftung der Gesellschafter unter Beiseiteschieben der juristischen Person aufgegeben als auch den mannigfaltigen Durchgriffslehren eine Absage erteilt. Er stimmt nunmehr hier mit der Gegenansicht überein, dass die rechtliche Rahmensetzung für die beschränkte Haftung der Gesellschafter gerade umgekehrt aus der Beachtung der Rechtsstellung der juristischen Person als Rechtssubjekt folge 794. Der bisherige Standpunkt zur Existenzvernichtungshaftung bleibt freilich insofern aufrechterhalten, als auch nach den neuen Urteilen Voraussetzung für die Schadensersatzpflicht gegenüber der Gesellschaft missbräuchliche Eingriffe in das Gesellschaftsvermögen erforderlich sind, nämlich für die sittenwidrige Schädigung iSv § 826 BGB: Missbräuchlich sind kompensationslose Eingriffe, die zur Insolvenz der GmbH führen oder diese vertiefen. Sie sind missbräuchlich, weil sie das Gesellschaftsvermögen schädigen, das der Zweckbindung zur vorrangigen Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger dient. Zusammengefasst: Missbräuchlich ist die kompensationslose Selbstbedienung aus dem Gesellschaftsvermögen zulasten der Gläubiger, die wegen Herbeiführung der Insolvenz unbefriedigt bleiben 795.

791 BGHZ 173, 246. Zur Entscheidung Schanze, NZG 2007, 681; Weller, ZIP 2007, 1681; Paefgen, DB 2007, 1907; Wilhelm, EWiR § 826 BGB 3/07, 557; Dauner-Lieb, ZGR 2008, 34; M. Schwab, ZIP 2008, 341; Gehrlein, WM 2008, 761; Osterloh-Konrad, ZHR 172 (2008), 274; Habersack, ZGR 2008, 533. Von Grund auf kritisch Hönn, WM 2008, 769. 792 ZIP 2008, 1232. Abgrenzend (kein existenzvernichtender Eingriff bei Einzug von Gesellschaftsschulden, aber Weiterleitung der Mittel zur Tilgung von Gesellschaftsschulden mit zusätzlicher Schuldtilgung aus eigenen Mitteln) BGH DB 2008, 1557. – Der IX. Senat hat bei existenzvernichtender Entziehung von Geldbeträgen den Gesellschafter vom Zeitpunkt der Entziehung an auf Verzugszinsen haften lassen (§ 286 Nr 4 BGB), DB 2008, 520. 793 S die genaue Analyse des Urteils Gamma durch Altmeppen, ZIP 2008, 1201 ff. Nach Altmeppen gibt es wegen der eindeutigen Anwendung des § 826 BGB eine Existenzvernichtungshaftung iS einer eigenständigen Fallgruppe nicht mehr. Man wird den Namen als Bezeichnung einer Fallgruppe des § 826 BGB aufrechterhalten. Zur Entscheidung Gamma auch Kleindiek, NZG 2008, 686. 794 Das ist die Kernthese der Schrift von Wilhelm, Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person, 1981. Da im Fall Trihotel der Beklagte vom Insolvenzverwalter in Anspruch genommen wurde, brauchte der BGH an sich nicht zu entscheiden, ob der Anspruch der Gesellschaft, wie von Wilhelm entwickelt (aaO S 363 f) analog aktienrechtlichen Normen (§§ 62 II, 93 V, 116 iVm § 93 V, 117 V, 309 IV 3, 310 IV, 318 IV, die beiden letzten Vorschriften iVm § 309 IV 3 AktG) subsidiär von den Gesellschaftsgläubigern wahrgenommen werden kann. Der BGH wollte aber sein Gesamtkonzept entwickeln und hat deshalb die Frage aufgegriffen. Er hat sich gegen die unmittelbare Wahrnehmungsbefugnis der Gläubiger entschieden, freilich die Analogie zu den aktienrechtlichen Vorschriften nicht thematisiert. Für das Gläubigerverfolgungsrecht Altmeppen, ZIP 2008, 1201, 1204 mN in Fn 33. 795 In der Entscheidung BGH WM 2008, 302 weist der BGH darauf hin, dass die Existenzvernichtung nur ein Fall des § 826 BGB sei, aber andere Fallgestaltungen der sittenwidrigen Schädigung in Betracht kämen: etwa dass der beklagte Alleingesellschafter einer GmbH Forderungen der Gesellschaft „auf sich umgeleitet“ hätte.

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IX. Das Problem der materiellen Unterkapitalisierung

Das Erfordernis des Eingriffs in das zweckgebundene Vermögen ist jetzt nicht nur statt in den Durchgriffsgedanken in den Tatbestand des Schutzes der Gesellschaft nach § 826 BGB eingeordnet. Es dient dem BGH auch zur Abgrenzung des Haftungstatbestandes gegenüber der in der Literatur vertretenen Haftung wegen materieller Unterkapitalisierung: Mangels Eingriffs gibt es keine Haftung gegenüber der Gesellschaft aus § 826 wegen materieller Unterkapitalisierung 796. Die neue Einordnung der Existenzvernichtungshaftung als Binnenhaftung aus § 826 BGB hat schließlich eine Konsequenz hinsichtlich der Konkurrenz der Haftungsnormen: Solange die Existenzvernichtungshaftung als Durchgriffshaftung eingeordnet wurde, folgte aus der Subsidiarität der Durchgriffshaftung der Vorrang eines Anspruchs der Gesellschaft, wenn diese GmbH ist, aus §§ 30, 31 GmbHG. Aufgrund des Verständnisses der Existenzvernichtungshaftung als Schadensersatzhaftung ist diese Folgerung entfallen. Der Senat bejaht jetzt eine Anspruchskonkurrenz zwischen den verschiedenen Ansprüchen der Gesellschaft.

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Fallbeispiel: Im Fall KBV hatte die insolvent gewordene KBV-GmbH zwei Gesellschafter, Schwiegervater und Schwiegersohn, der erstere war zu 40 %, der letztere, der zugleich das Geschäftsführeramt innehatte, zu 60 % beteiligt. Die KBV hatte vom Schwiegervater Fabrikations- und Geschäftsräume gemietet. Nach einem zum 31.12.1995 aufgestellten Vermögensstatus wies die Gesellschaft einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von ca 3,8 Mio DM auf. Darin enthalten waren insgesamt rund 3 Mio DM Gesellschafterdarlehen. Ende 1995 haben die Gesellschafter den Geschäftsbetrieb der Gesellschaft eingestellt. Die Gesellschafter verwendeten eine zweite, von ihnen gehaltene Gesellschaft als Auffanggesellschaft. Diese übernahm das Personal der KBV, und ihr wurden die Forderungen und der Warenbestand der KBV übertragen. Im Gegenzug übernahm die Auffanggesellschaft in bestimmter Höhe Verbindlichkeiten der KBV. Darunter befand sich die Forderung der Kl indessen nicht. Unter Zugrundelegung des Vermögensstatus zum 31.12.1995 hatte die Auffanggesellschaft Forderungen und Waren im Gesamtbetrage von ca 1,2 Mio DM gegen Verbindlichkeiten in Höhe von ca DM 825.000 übernommen, also ein Vermögen in Höhe von ca 375.000 DM. Wie bei der KBV war aber auch bei der Auffanggesellschaft inzwischen die Eröffnung des Konkursverfahrens abgelehnt worden. Nach dem Vortrag der Kl hatte weiterhin der Schwiegervater Anlagegüter der KBV erworben und den Kaufpreis mit angeblichen Zahlungsrückständen aus den mit ihm abgeschlossenen Miet- und Leasingverträgen verrechnet. Das Anlagevermögen habe der Schwiegervater versteigern lassen und den Versteigerungserlös für sich vereinnahmt. Nach Klageabweisung durch die beiden ersten Instanzen hat der BGH aufgrund der angeführten Erwägungen die Möglichkeit eines Missbrauchs der Rechtsform der GmbH gesehen, das Urteil der Vorinstanz aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

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Nach dem neuen Stand der Rechtsprechung des 2. Senats ist die Existenzvernichtungshaftung, wie folgt, zu prüfen. Zu untersuchen ist der Anspruch der Gesellschaft. Im Insolvenzverfahren wird er vom Insolvenzverwalter geltend gemacht 797. Die Klage eines einzelnen Gläubigers könnte auf die analoge Anwendung der Wahrnehmungsbefugnis der Gläubiger gemäß §§ 93 V, 309 IV 2, 310 IV, 317 IV, 318 IV AktG gestützt werden. Diese Folgerung würde an die Formulierung des BGH von der Zweckbindung des GmbH-Vermögens zugunsten der Gesellschaftsgläubiger anschließen. In seinem Urteil Trihotel hat sich der Senat

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796 BGH ZIP 2008, 1232 (Gamma). Von der Frage eines Anspruchs der Gesellschaft aus § 826 BGB ist die Möglichkeit einer Haftung von Gesellschaftern gegenüber den Gläubigern zu unterscheiden, die aus § 826 BGB oder culpa in contrahendo im Hinblick darauf begründet sein kann, dass die GmbH nach ihrer Gestaltung und Tätigkeit evident auf Gläubigerschädigung hinauslaufen musste (Altmeppen, ZIP 2008, 1201, 1205, 1206 sub V 2, VI). 797 Früher, als der BGH noch die Durchgriffshaftung annahm, musste noch auf das Wahrnehmungsrecht des Insolvenzverwalters nach § 93 InsO aufgrund ausnahmsweise persönlicher Haftung des betroffenen Gesellschafters zurückgegriffen werden (so in Ausführung des KBV-Urteils BAG NJW 2005, 2172, 2174). Jetzt ist Grundlage das allgemeine Verfügungsrecht nach § 80 I InsO.

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D. Der Schutz des Vermögens der AG und der GmbH

aber ausdrücklich gegen die unmittelbare Wahrnehmungsbefugnis der Gläubiger entschieden und deren Vorgehen gegen die Gesellschaft unter Vollstreckung in deren Anspruch aus Existenzvernichtungshaftung für allein möglich, aber auch ausreichend erklärt. Eine Auseinandersetzung mit der Analogie zu den aktienrechtlichen Vorschriften ist aber unterblieben. Entscheidet man sich gegen den BGH für die Wahrnehmungsbefugnis eines Gläubigers, ist zusätzlich die Forderung des klagenden Gläubigers gegen die Gesellschaft zu prüfen. Dem Umfang nach ist die Haftung gegenüber dem Gläubiger beschränkt auf die Höhe des Ausfalls, den der Gläubiger erleidet. Zur Prüfung des Anspruchs gegen die Gesellschafter ist der folgende Weg einzuhalten: Der Gesellschaft könnte gegen den Beklagten ein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB zustehen. 1. Aktivlegitimation des Klägers (nach BGH nur die Gesellschaft, insbesondere der Insolvenzverwalter; einzelne Gesellschaftsgläubiger könnten analog aktienrechtlichen Legitimationsvorschriften aktivlegitimiert sein, was der BGH aber bisher ablehnt). 2. Gesellschaftereigenschaft und Eingriffsteilnahme des Anspruchsgegners: Zu den Gesellschaftern zählen auch mittelbare Gesellschafter 798. Dem unmittelbar Vermögen entziehenden Gesellschafter wird derjenige Gesellschafter gleichgestellt, der zwar nichts empfangen hat, aber sein Einverständnis mit dem Vermögensentzug gegeben hat. Ist eine Gesellschaft als Gesellschafter beteiligt, richtet sich deren etwaige Haftung nicht gegen die Verwaltungsmitglieder 799. 3. Eingriff des Anspruchsgegners in das Gesellschaftsvermögen ohne Ausgleich. a) Entzug von Vermögen. Darunter fällt nicht nur der Entzug gegenwärtigen Vermögens, sondern auch der von Geschäftschancen. b) Entzug von Vermögen der Gesellschaft. Dazu ist nicht eine bilanzielle Betrachtung anzustellen, sondern danach zu fragen, ob der Gegenstand, um den es geht, im Insolvenzfall allen Gläubigern zur Befriedigung zur Verfügung steht 800. c) Kompensationsloser Entzug: Vom Beklagten veranlasste Ausgleichsleistungen zugunsten des Gesellschaftsvermögens sind entlastend zu berücksichtigen.

798 In zwei dem KBV-Urteil nachfolgenden Urteilen vom 13.12.2004 ZIP 2005, 117 (mit Anm Altmeppen, Berichtigung der Anm S 157), ZIP 2005, 250 (zu beiden Urteilen Kessler, GmbHR 2005, 257 ff) hat der BGH die Möglichkeit der Existenzvernichtungshaftung auf einen Dritten ausgedehnt, sofern dieser in der Lage sei, über einen (mittelbaren) Gesellschafter der Schuldner-GmbH in dieser einen beherrschenden Einfluss auszuüben (so im ersten Fall der Bekl aufgrund seiner beherrschenden Stellung in einer GmbH, die Alleingesellschafterin der Schuldner-GmbH war, im zweiten Fall der Bekl aufgrund einer Mehrheitsbeteiligung an einer Gesellschaft, die mittelbar über eine Mehrheitsbeteiligung an der Schuldner-GmbH verfügte). Der BGH beruft sich dazu auf die oben Rn 444 f ausgeführte personelle Erweiterung, die die Rechtsprechung zur Haftung für Kapitalaufbringung und -erhaltung annimmt. Seine Begründung, nur so seien die Gläubiger „wirksam und praktikabel“ geschützt, ist ohne rechtliche Substanz. Für die Ausweitung auf einen beherrschenden Dritten vorher schon OLG Rostock ZIP 2004, 118. 799 Dies hat der BGH in der Entscheidung Bremer Vulkan festgestellt, BGHZ 149, 10, 15. Der BGH prüft hier stattdessen Ansprüche der klagenden Treuhandanstalt gegen die Vorstandsmitglieder des Bremer Vulkan zum einen aus abgetretenem Recht der geschädigten Werft aus §§ 823 II BGB iVm Straftatbeständen (Verantwortlichkeit der Organe nach § 14 I Nr 1 StGB), nämlich §§ 266 I 2 StGB, 263 I StGB, 400 I Nr 1 AktG, sodann aus eigenem Recht der Klägerin: aus § 823 II BGB iVm §§ 263, 266 StGB, 400 I Nr 1 AktG. Die Vermögensbetreuungspflicht iS des Tatbestands der Untreue (hier zum Nachteil der Ostwerft) setzt der II. Zivilsenat mit der Rücksichtnahmepflicht im Rahmen der Existenzvernichtungshaftung gleich, nur das Merkmal des Vorsatzes sei zu prüfen, BGHZ 149, 10, 17. Vorbehalt gegenüber dieser Gleichstellung in dem Urteil des 5. Strafsenats des BGH im Fall Bremer Vulkan, BGHSt 49, 147, 160. 800 BGH ZIP 2005, 250, 252.

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IX. Das Problem der materiellen Unterkapitalisierung 4. Missachtung der Zweckbindung des Gesellschaftsvermögens: Dies setzt die Außerachtlassung der gebotenen Rücksichtnahme auf die Zweckbindung des Gesellschaftsvermögens zugunsten der Gesellschaftsgläubiger voraus. Davon sind abzugrenzen bloße Managementfehler 801. 5. Beeinträchtigung der Fähigkeit der Gesellschaft zur Erfüllung der Verbindlichkeiten mit der Folge der Insolvenz oder Überschuldung. Zur Beweislast s. 6.b) 6. Entfallen ist die Voraussetzung, dass keine vorrangigen anderen Haftungsgründe eingreifen dürfen: a) Nach dem Stand, als die Rechtsprechung noch die Durchgriffshaftung vertrat, waren die Ansprüche aus der gesetzlichen Vermögensbindung vorrangig, die Durchgriffshaftung ist nämlich subsidiär. Demgegenüber besteht zwischen dem Schadensersatzanspruch der Gesellschaft aus § 826 BGB und den Ansprüchen etwa einer GmbH aus §§ 30, 31 GmbHG Anspruchskonkurrenz. b) Nicht zur Subsidiarität gehört die Frage, ob der Eingriff nur zu einem begrenzten Nachteil geführt hat (im Vergleich mit der Lage bei einem redlichen Verhalten). Da es aber von vornherein nur noch um einen Schadensersatzanspruch der Gesellschaft geht, scheint der Einwand, dass das Verhalten des Gesellschafters nicht zur Existenzvernichtung, sondern nur zu einem begrenzten Nachteil geführt hat, nicht mehr relevant zu sein. Allerdings gehört er zu dem Kriterium der Existenzvernichtung, und dieses ist nach der neuen Version der Rechtsprechung zwar nicht für die Durchgriffshaftung, aber doch unverändert für die Haftungsauslösung konstitutiv, jetzt in Gestalt des Sittenwidrigkeitsverdikts. Aber die Existenzvernichtung ist nur ein Fall der sittenwidrigen Schädigung. Auch begrenzte Eingriffe können sittenwidrige Schädigung sein. Also gehört der Einwand der Vergangenheit an. Er war ein Ansatz zur Milderung der vollen Durchgriffshaftung und ist mit dieser in Wegfall geraten. 7. Schaden der Gesellschaft infolge des Eingriffs.

Im Unterschied zur Haftung im qualifizierten faktischen Konzern kommt es nach der neuen Rechtsprechung auf die Voraussetzung eines Konzernverhältnisses zwischen dem in Anspruch genommenen Gesellschafter einerseits und der Gesellschaft andererseits und die beiden Vermutungen erstens der Gefährdungslage durch Leitung der abhängigen Gesellschaft und zweitens von deren Ursächlichkeit für den Zusammenbruch der Gesellschaft nicht mehr an.

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2. Die Haftung aus dem Sonderrechtsverhältnis der negotiorum gestio a. Elemente der Haftung wegen ordnungswidriger Geschäftsführung in der Rechtsprechung Die Rechtsprechung des BGH erst zur Durchgriffshaftung im qualifizierten faktischen Konzern, sodann zur subsidiären persönlichen Haftung wegen Existenzvernichtung, die auch nichts anderes als eine Durchgriffshaftung war, und jetzt zur Binnenhaftung aus § 826 BGB

801 Der BGH hat den sachlichen Haftungstatbestand auf Fälle der Entnahmen (ZIP 2005, 117) bzw „gezielter betriebsfremden Zwecken dienender Eingriffe“ in das Gesellschaftsvermögen (ZIP 2005, 250) beschränkt. Managementfehler bei dem Betrieb des Gesellschaftsunternehmens lösten die Haftung nicht aus (ZIP 2005, 250, 252). In beiden Fällen hat er die Sache zurückverwiesen, weil die sachlichen Haftungskriterien noch nicht genügend festgestellt seien. Im ersten der beiden Fälle hat er die Prüfung aufgegeben, ob der Bekl der Schuldner-Gesellschaft deren BMW-Vertriebsposition zugunsten der Alleingesellschafter-GmbH ohne angemessenen Ausgleich entzogen habe. Auch wenn dies festgestellt werde, greife die Existenzvernichtungshaftung aber dann nicht ein, wenn der Bekl nachweisen könne, dass die Gesellschaft im Vergleich zu einem redlichen Verhalten nur einen begrenzten Nachteil, der als solcher auszugleichen sei, erlitten habe. Dem ist zu entgegnen, dass der Einwand nur den Schaden begrenzt, aber nicht den Anspruch dem Grunde nach betrifft (s sogleich im Text 6.b). Auch im zweiten Fall hat der BGH die Prüfung aufgegeben, ob die Schuldner-Gesellschaft durch Überleitung des Kundenstamms auf eine andere Gesellschaft des Bekl geschädigt worden sei.

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D. Der Schutz des Vermögens der AG und der GmbH

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wegen Existenzvernichtung hat immer wieder einen Tatbestand berührt, der über die Binnenhaftung aus § 826 BGB hinaus als allgemeiner zivilrechtlicher Haftungstatbestand zur Haftung der Gesellschafter führt, nämlich die Haftung gegenüber der Gesellschaft wegen ordnungswidriger Geschäftsführung 802. Dieser Tatbestand macht, wenn man ihn beachtet, zum einen die Bemühungen um den unbestimmten und deshalb kaum im Einzelnen formulierbaren Durchgriffsgedanken verzichtbar, zum anderen erweist er die Anführung nur des § 826 BGB als zu eng. Allerdings ist die richtige Abkehr des 2. Senats vom Durchgriffsgedanken und seine Hinwendung zu einer Haftung gegenüber der Gesellschaft aus § 826 BGB ein Fortschritt. Der Senat bleibt aber auf halbem Wege stehen, wenn er für die Anwendung des § 826 BGB bei den Kriterien der Existenzvernichtungshaftung bleibt. Demgegenüber begründet der Tatbestand der Haftung aus ordnungswidriger Geschäftsführung die Haftung gegenüber der Gesellschaft weitergehend. Die Rechtsprechung hat bisher nur nicht den Mut zur Konsequenz aufgebracht. Die Anhaltspunkte für die Haftung aus ordnungswidriger Geschäftsführung in der Rechtsprechung des 2. Senats sind die folgenden: Im Autokran-Urteil hat der BGH die analoge Anwendung der §§ 302 f AktG letztlich genau auf jenes Kriterium der ordnungswidrigen Geschäftsleitung gestützt. Im KBV-Urteil spricht der BGH von der Zweckbindung des Gesellschaftsvermögens und der Rücksicht, die die Gesellschafter darauf zu nehmen hätten, als Voraussetzung dafür, dass die Haftungsbeschränkung der Gesellschafter eingreifen könne. Im Urteil Bremer Vulkan heißt es, wie folgt: „Der Schutz einer abhängigen GmbH gegenüber Eingriffen ihres Alleingesellschafters … beschränkt sich auf die Erhaltung ihres Stammkapitals im Sinne der §§ 30 f GmbHG, für die im Rahmen des § 43 III GmbHG auch ihre Geschäftsführer haften, und die Gewährleistung ihres Bestandsschutzes in dem Sinne, dass ihr Alleingesellschafter bei Eingriffen in ihr Vermögen und ihre Geschäftschancen angemessene Rücksicht auf ihre seiner Disposition entzogenen eigenen Belange zu nehmen hat.“ 803 In den beiden Urteilen vom 13.12.2004 804 hat der BGH die Haftung auf einen leitend in die GmbH eingreifenden Dritten ausgedehnt, der nicht Gesellschafter der GmbH war. Das passte seinerzeit nicht zu dem Gedanken, dass die Gesellschafter einer GmbH irgendwann ihre Berechtigung verwirkt hätten, sich auf ihre Haftungsbeschränkung in der GmbH zu berufen. An die Stelle dessen hat der 2. Senat jetzt die Haftung aus § 826 BGB gesetzt. Wenn diese Haftung in jenen Fällen aber an die Leitung anknüpft, ist es die Haftung aus ordnungswidriger Geschäftsführung und nicht nur aus § 826 BGB. b. Überwindung der Durchgriffshaftung aufgrund der Wahrnehmung der juristischen Persönlichkeit

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Mit seinen Ansatzpunkten und konsequent jetzt mit der Entscheidung für die Innenhaftung nach § 826 BGB hat der BGH die eingefahrene Orientierung am Gedanken einer Durchgriffshaftung verlassen: Diese Haftung beruhte auf der Grundannahme, dass die Gesellschafter der Kapitalgesellschaft Miteigentümer des Unternehmens sind, für die die Rechtsform der juristischen Person nur ein Mittel zur Beschränkung ihrer Haftung ist. In

802 Überzeugend die Folgerung von Schön aus der Rechtsprechung, ZHR 168 (2004), 268, 289 f. Wesentliche Substanz und Differenzierung zu der hier vertretenen These von der Haftung für negotiorum gestio trägt Grigoleit (Gesellschafterhaftung für interne Einflussnahme im Recht der GmbH, 2006) bei. 803 BGHZ 149, 10, 16. 804 O Rn 516 Fn 798.

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IX. Das Problem der materiellen Unterkapitalisierung

Konsequenz daraus ist die Durchgriffshaftung die unbeschränkte Haftung der Gesellschafter als Miteigentümer und kann deshalb und dann eingreifen, wenn und weil die Gesellschafter die zur Haftungsbeschränkung führende Rechtsform missbrauchen und ihnen folglich die Berufung auf die Haftungsbeschränkung zu versagen ist. Der positivistische Ansatzpunkt ist (bei der GmbH) die teleologische Reduktion der Haftungsbeschränkung nach § 13 II GmbHG. Gegenüber dieser tief verwurzelten Sicht waren Grundsätze des allgemeinen Zivil- und Gesellschaftsrechts durchzusetzen 805: Nach der rechtlichen Regelung sind die Gesellschafter keineswegs Miteigentümer des Unternehmens der Kapitalgesellschaft, und die juristische Person ist keineswegs bloße Rechtsform zur Haftungsbeschränkung. Die juristische Person ist Rechtssubjekt und als solches Inhaberin des Unternehmens. Die Gründung der juristischen Person als eigenständiger und wie jede Person grundsätzlich unbeschränkt haftender Rechtsperson ist nicht vereinbar mit der Annahme einer Haftung „hinter ihr“ stehender natürlicher Personen. Anders als die Lehre von der Durchgriffshaftung es schon ihrer Bezeichnung nach unterstellt, geht es also nicht um die teleologische Reduktion der Konstruktion, aufgrund deren der Gesellschafter von seiner an sich bestehenden Haftung iS einer Haftungsbeschränkung abgeschirmt wird, sondern umgekehrt um die Konstituierung der Haftung einer Person (des Gesellschafters), obwohl zunächst einmal aus dem maßgeblichen Geschehen heraus die Haftung einer anderen (der juristischen Person) begründet ist. Dafür kann nicht auf den Wegfall von Voraussetzungen einer Haftungsbeschränkung verwiesen werden, sondern es müssen positive Argumente für die zusätzliche Haftung erbracht werden806. Mit einem „Missbrauchsgedanken“ ist hier jedenfalls nicht auszukommen. Diese Eigenständigkeit der juristischen Person ist zwingend zu beachten, weil diese Person als selbstständiges Rechtssubjekt in die Rechtswelt eingetreten ist. Die juristische Person ist allerdings nicht Rechtssubjekt um ihrer selbst willen, wie dies für die natürliche Person zutrifft. Sie ist Rechtssubjekt um aller derer willen, die mit ihr zu tun haben, insbesondere um der Gläubiger und der Gesellschafter willen (aller Gesellschafter, Mehrheits- und Minderheits-Gesellschafter). Dafür hat die Rechtsordnung die Rechtsstellung der juristischen Person bestimmt, etwa die der GmbH durch §§ 30 ff, 43 GmbHG, was die werbende Gesellschaft, und durch die Regelung von Auflösung und Liquidation (mit §§ 64 GmbHG, 15a InsO), was die Abwicklung der Gesellschaft betrifft. Indem die Rechte und Pflichten, die die juristische Person nach der rechtlichen Regelung als Rechtssubjekt hat, geachtet werden, kommen alle, die mit ihr zu tun haben, zu ihrem Recht. Die Gesellschafter haben ihre Rechte aufgrund ihrer Mitgliedschaft in der juristischen Person. Damit aber jeder Gesellschafter und jeder Gläubiger und der Rechtsverkehr insgesamt zu ihrem Recht kommen, bestehen, so hat BGH jetzt zutreffend herausgestellt, die Zweckbindung des Gesellschaftsvermögens und die Pflicht der Gesellschafter zur Rücksichtnahme.

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c. Die Konsequenz der Geschäftsführungshaftung Die mangelnde Folgerichtigkeit der Rechtsprechung in der Umsetzung dieser Prämissen wird in der Textpassage sichtbar, die im Urteil Bremer Vulkan auf die angeführte Passage folgt:

805 Dazu Wilhelm Rechtsform und Haftung passim. 806 Der BGH geht sogar im Stadium der Vorgesellschaft, wo wirklich eine Außenhaftung in Betracht kommt (weil die „haftungsbeschränkende“ juristische Person noch gar nicht besteht), gerade nicht von der Außenhaftung aus, sondern folgert aus der – erst angestrebten – juristischen Person die Innenhaftung der Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft.

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D. Der Schutz des Vermögens der AG und der GmbH

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Dort wird gesagt, an der angemessenen Rücksichtnahme fehle es dann, wenn die Gesellschaft infolge der Eingriffe des Alleingesellschafters ihren Verbindlichkeiten nicht mehr nachkommen könne. Eingriffe dieses Ausmaßes nennt der BGH dann bestandsvernichtend, und stützt auf sie die Haftung wegen sog existenzvernichtenden Eingriffs 807. Wieso erst bei existenzvernichtenden Eingriffen die angemessene Rücksichtnahme fehlt, was überhaupt angemessene Rücksichtnahme heißt, wird nicht dargelegt. Im KBV-Urteil schwächt der BGH seine Missbrauchsformulierung aus Bremer Vulkan noch weiter ab dahin gehend, dass die Gesellschafter „in einem ins Gewicht fallenden Ausmaß“ die Fähigkeit der Gesellschaft zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten beeinträchtigen müssten. Gänzlich ohne Rechtfertigung ist schließlich die Einschränkung der Haftung durch die beiden Urteile vom 13.12. 2004 808. Wenn danach der leitend eingreifende Bekl nur für Entnahmen oder für betriebsfremden Zwecken dienende Eingriffe iS etwa des Entzugs von Geschäftschancen soll haften können, ist dies ein Verstoß gegen Grundprinzipien unseres Haftungsrechts: Danach sind Vermögensrechte nicht nur vor einer Bereicherung zugunsten des Eingreifers (§§ 812 ff, 285 BGB), sondern ebenso auch vor Schädigung geschützt (§§ 823 ff, 280 BGB). Nicht einmal in der bisherigen Diskussion der Durchgriffshaftung ist eine Einschränkung auf Entnahmen aus dem Gesellschaftsvermögen vertreten worden. Wieso die Schädigung der Gesellschaft durch Eingehen unvertretbarer Risiken anders als die Vernichtung durch Aussaugung des Gesellschaftsvermögens haftungsfrei bleiben soll, ist auch gar nicht nachvollziehbar. Die vom BGH erkannten Elemente müssen also konsequenter, als der BGH dies bisher getan hat, weiter gedacht werden. Dann führen sie unvermeidlich zu dem Haftungstatbestand wegen ordnungswidriger Geschäftsführung, und dieser ist ebenso unvermeidlich zur Konsequenz zu bringen. Der Tatbestand wird in den Blick gerückt durch die Erkenntnis des BGH einerseits, dass das Gesellschaftsvermögen der GmbH im Rahmen der §§ 30, 31 GmbHG für die Zwecke der Gesellschaft (an denen die Gesellschafter nach Maßgabe ihrer Mitgliedschaftsrechte beteiligt sind) und ihrer Gläubiger zweckgebunden und also ein den Gesellschaftern nicht gehörendes Vermögen ist, und die Erkenntnis andererseits, dass die Gesellschafter, wenn sie in das Gesellschaftsvermögen leitend eingreifen, auf die Gesellschaft Rücksicht zu nehmen haben, wie dies allgemein Personen tun müssen, die fremde Geschäfte besorgen. Dies letztere hat für die leitenden Gesellschafter insbesondere das Autokran-Urteil mit dem Gesichtspunkt der ordnungswidrigen Geschäftsleitung direkt angesprochen. Die erstere Erkenntnis wird in Bremer Vulkan, KBV und den Urteilen vom 13.12.2004 zum Ausdruck und nur nicht zur Konsequenz gebracht. Die Haftung wegen ordnungswidriger Geschäftsführung bzw aufgrund einer negotiorum gestio809 ist eine Haftung gegenüber der Gesellschaft auf Schadensersatz 810. In der Insolvenz

807 Nach seinen neueren Urteilen will der BGH als Eingriffe iSd neuen Haftung nur Entnahmen aus dem Gesellschaftsvermögen zugunsten der Gesellschafter oder einer mit ihnen verbundenen Gesellschaft (so ZIP 2005, 117) bzw einen gezielten, betriebsfremden Zwecken dienenden Entzug von Vermögenswerten (ZIP 2005, 250) anerkennen. 808 ZIP 2005, 117; ZIP 2005, 250. 809 Für die Haftung aus negotiorum gestio (Bezeichnung von Flume) Wilhelm Rechtsform und Haftung S 346 ff; Flume I/2 § 3 III S 88 ff; Priester, ZGR 1993, 515, 521 ff; Schnauder/Müller-Christmann, JuS 1988, 984, für die Haftung mit Einschränkung auf gröbliches Verschulden (unter Berufung auf § 93 V 2 Hs 1 AktG) Altmeppen, ZIP 2001, 1837, 1842 ff; ders, ZIP 2002, 961, 966 f; ders, ZIP 2002, 1553, 1562; ders, NJW 2002, 321, 323; Roth/Altmeppen/Altmeppen § 43 Rn 97 ff (zu der Einschränkung Wilhelm, NJW 2003, 175, 179 Fn 55). Henze, NZG 2003, 657 leistet sich die negatio auctoris, für die Haftung aus negotiorum gestio nur die Auffassung von Altmeppen anzuführen. Gegen die Haftung aus negotiorum

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IX. Das Problem der materiellen Unterkapitalisierung

der Gesellschaft macht die Haftung der Insolvenzverwalter geltend (als Anspruch der im Insolvenzverfahren befindlichen Gesellschaft, § 80 I InsO). Außerhalb eines Insolvenzverfahrens können, wie wir sehen werden, die Gesellschaftsgläubiger den Anspruch der Gesellschaft wahrnehmen, soweit sie von der Gesellschaft keine Befriedigung erlangen können. Unser geltendes Privatrecht erfasst mit einer ganzen Reihe von Tatbeständen die Haftung bei der Führung fremder Geschäfte (s nur die §§ 662, 675 I, 713 BGB, sodann §§ 43 GmbHG, 93, 317 AktG etc). Insbesondere die Haftung des herrschenden Unternehmens und seiner gesetzlichen Vertreter bei faktischer Abhängigkeit (§ 317 AktG) ist der Ausdruck für die Verantwortlichkeit bei Ausübung der Leitung in einer Gesellschaft. Es ist nicht recht nachvollziehbar, wieso der BGH zuerst im Rahmen der Figur des qualifizierten faktischen Konzerns ausgerechnet Vorschriften über den Vertragskonzern analog herangezogen und mit dem Übergang zur Haftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs das Konzernrecht vollständig verlassen hat, also die einschlägige und weiterführende Regelung des faktischen Konzerns beharrlich außer Acht gelassen hat. Insbesondere die Fälle der Entscheidungen vom 13.12.2004 811 waren Fälle des faktischen Konzerns und demgemäß die Haftung des Beklagten nach § 317 III (aufgrund der Wahrnehmungsbefugnis der Gläubiger nach § 317 IV iVm § 309 IV 3 AktG) zu prüfen. Im allgemeinen Schuldrecht ist ergänzend heranzuziehen die Haftung aus Sonderrechtsverhältnis (nach §§ 280, 311 II Nr 3, 241 II BGB). Dem entsprechen im Konzernrecht die Absätze 1 und 3 des § 317 AktG mit der Sorgfaltshaftung des herrschenden Unternehmens und seiner Verwaltungsmitglieder aufgrund der faktischen Einwirkungsmöglichkeiten auf das abhängige Unternehmen. Ein solches Sonderrechtsverhältnis im Sinne der Führung fremder Geschäfte kommt allgemein dann zustande, wenn sich Gesellschafter einer GmbH, insbesondere Mehrheitsgesellschafter, leitend in die Geschäftsführung der GmbH einmischen. Aus diesem Geschäftsführungsverhältnis sind nach unserem Recht zwingend (§§ 30, 31 GmbHG 812) die Konsequenzen zu ziehen.

gestio, aber doch für die Annahme einer Haftung des Alleingesellschafters einer GmbH aus Sonderrechtsverhältnis zur GmbH Ulmer, ZIP 2001, 2026; K. Schmidt § 9 IV 4 c bb S 243 f; ders, ZIP 1988, 1505; ders, NJW 2001, 3580; s a Wiedemann, FG BGH II 2000, 353. Das Argument von Henze (aaO) gegen die Haftung der leitenden Gesellschafter aus negotiorum gestio, das Verhalten, welches dem Gesellschafter nicht verboten sei, müsse auch dem Geschäftsführer erlaubt sein, begehe aber der Geschäftsführer keine Pflichtverletzung, so auch der Gesellschafter nicht in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer, ist, wenn überhaupt zu verstehen, eine Berufung darauf, dass ein weisungsabhängiger Geschäftsführer sich durch die Weisung des weisungsbefugten Gesellschafters entlasten könne. Diese Entlastung kann aber nicht dem die Herrschaft innehabenden Gesellschafter zugutekommen. Insgesamt gilt zu dem Argument: „Wie der Herr, so’s Gescherr“ ist kein Rechtssatz, erst recht nicht die Umkehrung. 810 Ordnungswidrigkeit setzt die Überschreitung des unternehmerischen Ermessens bei Führung einer Gesellschaft voraus (neumodisch: gemessen an der „Business Judgment Rule“). So auch Henze für die Durchgriffshaftung der Rechtsprechung, NZG 2003, 657, 658 r Sp. Es zeigt sich wie bei Autokran die Nähe der Rechtsprechung zur Haftung wegen ordnungswidriger Geschäftsleitung. Wenn der BGH jetzt „Managementfehler“ schlechthin von der Haftung ausnehmen will (ZIP 2005, 250), verfehlt er die maßgebliche Unterscheidung. 811 BGH ZIP 2005, 117; ZIP 2005, 250 812 Für Gesellschaften, für die weder §§ 30, 31 GmbHG noch das Vermögensbindungssystem des AktG gelten (s die o Rn 142 referierten Tendenzen im Europäischen Recht), ist als Minimum das Vermögen der Gesellschaft in Höhe der Verbindlichkeiten und sonstigen Belastungen gebunden (Wilhelm, ZHR 167 (2003), 520, 540 f).

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D. Der Schutz des Vermögens der AG und der GmbH

d. Rechenschaftspflicht 527

Eine bedeutsame Konsequenz hinsichtlich der Anspruchsbegründung ist die, dass nach den selbstverständlichen Grundsätzen der Geschäftsführungshaftung die kraft ihrer beherrschenden Position in die Leitung der Gesellschaft eingreifenden Gesellschafter rechenschaftspflichtig sind (analog §§ 666, 675 I, 713 BGB). Soweit der Gesellschaft das Gesellschaftsvermögen, welches zur Deckung des Garantiekapitals 813 erforderlich ist, abhandengekommen ist, haben die herrschenden Gesellschafter anhand der Rechnungslegung für die Gesellschaft darzulegen und im Bestreitensfall zu beweisen, dass und inwieweit das Vermögen in Verlust gekommen ist, ohne dass dies auf einer ordnungswidrigen Geschäftsführung ihrerseits beruht. Soweit sie dazu nicht in der Lage sind, haften sie auf Wiedereinzahlung 814. e. Ausschließbarkeit der Haftung?

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Der Schadensersatzanspruch der GmbH gegen ihre sich in die Leitung einschaltenden Gesellschafter bei ordnungswidriger Geschäftsführung kann nicht durch einen Gesellschafterbeschluss ausgeschlossen oder beschränkt werden, an dem die leitenden Gesellschafter selbst teilnehmen. Die Regelung, dass ein Geschäftsführer außerhalb des durch § 43 III 1, 3 GmbHG gezogenen Rahmens (keine Entlastung von einer zur Gläubigerbefriedigung erforderlichen Haftung bei verbotswidrigen Auszahlungen an Gesellschafter) durch Gesellschafterbeschluss entlastet werden kann, ist kein Berufungsgrund für diese Möglichkeit 815. Eine Selbstentlastung (am krassesten: eine in dem Handeln eines Alleingesellschafters implizit enthaltene Selbstentlastung) kann es nicht geben 816. f. Aktivlegitimation

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Eine weitere wichtige Konsequenz des hier vertretenen Ansatzes liegt in der Anspruchsrichtung: Es geht vom Tatbestand her um einen Anspruch der Gesellschaft gegen den Gesellschafter, nicht um einen „Durchgriff“ unter Missachtung der Gesellschaft. Allerdings sind die Gesellschaftsgläubiger außerhalb des Insolvenzverfahrens nicht auf den Weg angewiesen, im Rahmen der Inanspruchnahme der Gesellschaft in deren Haftungsanspruch gegen den Gesellschafter zu vollstrecken. Die Gesellschaftsgläubiger können selbst aus dem Anspruch der Gesellschaft aktiv legitimiert sein. Außerhalb eines Insolvenzverfahrens können sie, soweit sie von der Gesellschaft keine Befriedigung erhalten können, den Anspruch der Gesellschaft zu eigener Befriedigung geltend machen. Dies folgt aus einer Gesamtanalogie zu §§ 62 II, 93 V, 117 V, 309 IV 3, 310 IV, 317 IV AktG 817.

813 Mindestens: zur Deckung der Verbindlichkeiten und sonstigen Belastungen (s Vornote). 814 Das von Henze (NZG 2003, 657) als Hintergrund der Lösung des BGH angeführte praktische Problem der Schadensfeststellung besteht damit nicht. 815 Zu formalistisch die aus § 43 GmbHG gezogene Folgerung des BGH NJW 2000, 1571. Roth/Altmeppen/ Altmeppen § 43 Rn 97 ff; ders, ZIP 2001, 1837, 1834 f; ders, ZIP 2002, 961, 966 f; ders, NJW 2002, 321, 323 will dem nur die Grenze analog § 93 V 2 AktG (Vorbehalt eines gröblichen Verschuldens) entgegensetzen. So kommt Altmeppen zur Bejahung der Haftung wegen negotiorum gestio nur bei gröblichem Verschulden. 816 Gegen solche Ansätze Wilhelm NJW 2003, 175, 179 Fn 55. 817 Wilhelm, Rechtsform und Haftung S 363 f; Altmeppen, ZIP 2001, 1846; Ulmer, ZIP 2001, 2027.

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IX. Das Problem der materiellen Unterkapitalisierung

g. Subsidiäres Eingreifen der Durchgriffshaftung? Die allgemeine zivilrechtliche Haftung aus negotiorum gestio ist wie andere gesetzliche Tatbestände, zB die Haftung aus § 826 BGB, vorrangig vor der nur subsidiär zu erwägenden Durchgriffshaftung. Damit ist die Durchgriffshaftung nicht ausgeschlossen. Der Gedanke des Missbrauchs von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten ist ein allgemeiner Gedanke unseres Rechts. Auf die Durchgriffshaftung kommt es aber praktisch nicht an. Sie ist mit ihren ausfüllungsbedürftigen, aber kaum der Ausfüllung fähigen Floskeln zu einer rechtlichen Begrenzung der Betätigung in einer GmbH oder sonstigen juristischen Person letztlich nicht geeignet. Ein die Haftung wegen Missbrauchs der juristischen Person in Anspruch nehmender Gläubiger weiß gar nicht, was er alles vortragen muss oder soll, um den Richter zu dem Urteil zu bewegen, dass hier keine „angemessene“ Rücksicht auf das Eigeninteresse der Gesellschaft geübt worden ist. Es kann aber ohnehin nicht Sache des außerhalb der juristischen Person stehenden Gläubigers sein, alle möglichen und möglichst viele interne Umstände eines zweifelhaften Umgangs mit der Gesellschaft auszuspähen. Die Frage, was alles die Tatsacheninstanzen und wie es die in Betracht kommenden Tatsachen berücksichtigen sollen, um entweder die Haftung (noch gerade) abzuweisen oder die Beklagten zu verurteilen, ist nicht programmierbar.

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E. Die Änderung des gezeichneten Kapitals

I. Effektive und nominelle Kapitalveränderung 531

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Die Reichweite der Kapitalaufbringungs- und -erhaltungspflicht wird determiniert durch die Garantiekapitalziffer (Betrag des „gezeichneten Kapitals“ iSv §§ 266 III A I, 272 I 1 HGB) in Satzung bzw Gesellschaftsvertrag. Diese ist durch die Gründung nicht ein für alle Mal fixiert, sie kann variiert werden. Die Kapitalgesellschaften können und sind durch die wirtschaftliche Entwicklung oder die Neuausrichtung ihrer Strategie häufig dazu genötigt, in vielfältiger Weise ihr Grund- oder Stammkapital anzupassen. Die Kapitalerhöhung gegen Einlagen haben wir schon als Parallele zur Gründung von Kapitalgesellschaften erkannt und skizziert 818. Sie ist insbesondere dann angebracht, wenn die Gesellschaft ihre Eigenkapitalgrundlage für höhere Investitionen im Rahmen der Ausweitung ihres Erfolgs- und Geschäftskreises verstärken will. Eine andere Entwicklung ist, dass das Eigenkapital dauerhaft unter die Garantiekapitalziffer herab geschrumpft ist. In diesem Fall ist die Herabsetzung des Grund- oder Stammkapitals zu überlegen, die aber auch mit einer gleich im Anschluss daran durchgeführten Kapitalerhöhung gegen Einlagen verbunden werden kann. Im Folgenden ist die ganze Vielfalt der Kapitalveränderungsregelungen darzustellen. Dabei ist ein Fixpunkt im Auge zu behalten: Weil die Kapitalgesellschaften auf der Eigenkapitalausstattung durch ihre Gesellschafter aufbauen und die Anteilsrechte der Gesellschafter sich nach deren Eigenkapitalbeteiligung (genauer: der Aufteilung des Grund- oder Stammkapitals auf die Anteile der Gesellschafter) bemessen, sind Maßnahmen der Kapitalveränderungen Strukturmaßnahmen, die in die Rechte der Gesellschafter eingreifen und Satzungsänderungen erfordern. Zu unterscheiden sind die effektive und die nominelle Kapitalerhöhung sowie die effektive und die nominelle Kapitalherabsetzung. Immer geht es um Eigen-, nicht um Fremdkapital. Gemeinsam ist den Kapitalmaßnahmen die Veränderung des satzungsmäßigen Grund- oder Stammkapitals, nach unserem Bilanzrecht des „gezeichneten Kapitals“ (§§ 266 III A I, 272 I 1 HGB), landläufig Garantiekapital genannt. Was Kapitalveränderung bedeutet, ergibt sich aus den Begriffen des Kapitals und des Garantiekapitals: Stand das Gesellschaftsvermögen wertmäßig, soweit sein Wert die Summe aus Verbindlichkeiten und sonstigen Belastungen überstieg, bisher in Höhe der Satzungsziffer x den Gesellschaftern als gebundenes Vermögen zu, so steht es in Zukunft in Höhe von > x oder < x als gebundenes Vermögen zu. Unterschritt der die Belastungen übersteigende Vermögenswert die Ziffer x, war also das Garantiekapital nicht gedeckt, so kann durch eine Kapitalherabsetzung die Deckung erreicht werden. Überstieg der Vermögenswert sogar die Summe aus x + Belastungen, so kann durch eine Kapitalerhöhung erreicht werden, dass der Überschuss nicht mehr an die Gesellschafter auszahlbar, sondern als Bestandteil der Deckung des erhöhten Garantiekapitals in die Gesellschaft gebunden ist. Das sind Anpassungen des gezeichneten Kapitals an den tatsächlichen Vermögensstand der Gesellschaft, die sog nominellen Kapitalveränderungen. Ebenso kann aber auch das Ziel sein, dass die Gesellschafter eine Erhöhung des Kapitals durch Übernahme und Einzahlung neuer Einlagen bewirken oder dass in der Gegenrichtung aus vorhandenem gebundenem

818 O Rn 273 ff.

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I. Effektive und nominelle Kapitalveränderung

Vermögen auszahlbares Vermögen wird und die Gesellschafter Auszahlungen aus der Gesellschaft erhalten. Das sind die sog effektiven Kapitalveränderungen. Eine effektive Kapitalveränderung korrespondiert nicht notwendig mit einer entsprechenden Deckung des Garantiekapitals. Bei der effektiven Kapitalerhöhung ist weder Voraussetzung die Deckung des bisherigen Garantiekapitals noch entspricht die tatsächliche Vermehrung des Gesellschaftsvermögens notwendig einer Deckung des erhöhten Kapitals. Auf die bisherige Kapitalaufbringung nimmt nur die Vorschrift des § 182 IV 1 AktG Bedacht: Danach soll bei der AG das Grundkapital nicht erhöht werden, solange ausstehende Einlagen auf das bisherige Grundkapital noch erlangt werden können (Einschränkungen in S 2 und 3 der Vorschrift). Nach § 184 II ist in der Anmeldung eines Kapitalerhöhungsbeschlusses zu erklären, welche Einlagen noch nicht geleistet sind und warum sie nicht erlangt werden können. Die Vorschriften gelten nicht für die bedingte Kapitalerhöhung (Gegenschluss aus § 192 III 2, 193 I 3 AktG). Für das genehmigte Kapital enthält § 203 III wieder entsprechende Vorschriften. Bei der GmbH gibt es nicht einmal derartige Bestimmungen, sie gelten auch nicht entsprechend 819. Die effektive Kapitalerhöhung entspricht nur der Höhe des Betrages der von den Gesellschaftern nunmehr übernommenen Einlagen. Inwieweit die Übernahme der Einlagen zur Deckung des erhöhten gezeichneten Kapitals führt, hängt vom sonstigen Vermögen der Gesellschaft und vom Wert der Einlagenübernahme ab. Standen zB dem derzeitigen Grundkapital von 100.000 € ein Differenzbetrag aus Aktiva minus Belastungen iHv 80.000 € gegenüber, war also das Grundkapital von 100.000 € nur iHv 80.000 € gedeckt und wird es nun um 100.000 € erhöht, und zwar effektiv, so vermehrt sich das Gesellschaftsvermögen, wenn die Einlagen der Gesellschafter dem Erhöhungsbetrag entsprechen und der Wert des Gesellschaftsvermögens sonst unverändert bleibt, um 100.000 €. Das neue Grundkapital beträgt dann 200.000 €, ist aber immer noch nicht voll, sondern nur iHv 180.000 € gedeckt. Nicht einmal die prozentuale Änderung der Deckung korrespondiert mit der effektiven Kapitalerhöhung. In unserem Beispiel war das Kapital vor der Erhöhung zu 80 % gedeckt, nach der Erhöhung ist es zu 90 %, also nur um 10 % mehr gedeckt, obwohl die Aktiva auf mehr als das Doppelte gewachsen sind. Bei der effektiven Kapitalherabsetzung gibt es ebenfalls keine Entsprechung von Vermögensauszahlung und Deckung. Die Deckung des Grund- bzw Stammkapitals ist allerdings die Grenze der Auszahlung. Dies beruht auf der Vermögensbindung. Infolge der Vermögensbindung ist die Auszahlung des Gesellschaftsvermögens (bei der AG: die Gewinnauszahlung) dadurch begrenzt, dass die Deckung des neu festgesetzten Kapitals, dh ein positiver Saldo aus Aktiva minus Verbindlichkeiten/Belastungen, in Höhe des neu festgesetzten Kapitals übrig bleiben muss, vollständiger formuliert, dass die Auszahlung gehindert ist, soweit nach der Auszahlung der Saldo nicht (mehr) besteht.

819 RGZ 132, 392, 394. Der Unterschied liegt im Kapitalaufbringungssystem bei der GmbH begründet. So haftet für die offenen Einlagen ein neu eintretender Gesellschafter subsidiär mit (§ 24 GmbHG).

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E. Die Änderung des gezeichneten Kapitals

II. Die effektive Kapitalerhöhung 1. Möglichkeiten 538

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Nach Aktienrecht gibt es drei Möglichkeiten der effektiven Kapitalerhöhung: die Kapitalerhöhung gegen Einlagen (§§ 182 ff), die bedingte Kapitalerhöhung (§§ 192 ff) und das genehmigte Kapital (§§ 202 ff). Das GmbHG regelte bis zum Inkrafttreten des MoMiG nur die Kapitalerhöhung gegen Einlagen (§§ 55 ff), seit dem MoMiG gibt es auch bei der GmbH das genehmigte Kapital (§ 55a GmbHG). Die Kapitalerhöhung gegen Einlagen 820 kann begrifflich entweder durch eine Erhöhung der bisherigen Beteiligungen oder die Übernahme neuer Beteiligungen, jeweils gegen Einlagen, geschehen. Denn das Grundkapital der AG ist in Aktien zerlegt (§ 1 II), und ebenso muss bei der GmbH der Gesamtbetrag der Geschäftsanteile (in deren Höhe Stammeinlagen zu übernehmen sind) mit dem Stammkapital übereinstimmen (§§ 5 III 3, 3 I Nr 4 GmbHG). Die Gesetze stellen freilich von den begrifflich in Betracht kommenden zwei Möglichkeiten nur die Möglichkeit der Ausgabe neuer Anteile zur Verfügung (§§ 182 I 1, 4 AktG, 55 II 1, III GmbHG). Bei der GmbH ist aber in bestimmten Fällen doch die Erhöhung des Nennbetrags der „alten“ Geschäftsanteile für zulässig zu halten: § 55 II 1 und III GmbHG stehen im Zusammenhang mit der Sicherung der Einlagenaufbringung nach §§ 21 ff GmbHG, und zwar mit der Haftung des Rechtsvorgängers nach § 22. Der Rechtsvorgänger kann nicht durch eine Erhöhung des Nennbetrags des von ihm weiter gegebenen Anteils beschwert werden. Folglich ist eine Erhöhung des Nennbetrags dann möglich, wenn die Haftung eines Rechtsvorgängers nicht in Betracht kommt. Dies ist zum einen bei voll eingezahlten Anteilen und zum anderen bei Anteilen, die sämtlich noch in der Hand der Gründer sind, der Fall. Nach § 56 AktG, der analog auch für die GmbH gilt, ist die Übernahme neuer als eigener Anteile durch die Gesellschaft ausgeschlossen 821. Selbst wenn diese Übernahme bei der GmbH aus stammkapitalübersteigenden Mitteln finanzierbar wäre, ist sie unzulässig 822. Insoweit würde es sich nämlich um eine nominelle Kapitalerhöhung handeln, denn der Gesellschaft flössen keine neuen Mittel zu, vielmehr würde bisheriges freies Vermögen in gebundenes Vermögen umgewandelt. Dafür ist die Regelung der nominellen Kapitalerhöhung zu beachten.

820 Zu ihr bereits o Rn 273 ff in Gegenüberstellung der Kapitalerhöhung zur Gründung der Kapitalgesellschaft. 821 S für die GmbH BGHZ 15, 391, 393. § 56 AktG beruht darauf, dass die Kapitalerhöhung gegen Einlagen bedeutet, dass Kapital für eine durch dieses Kapital verstärkte Gesellschaft eingeworben wird. Der Einleger kann sich darauf verlassen, dass andere so wie er die Gesellschaft mit Kapital ausstatten. Darin liegt ein Urteil des Marktes über die Erfolgsaussichten der Gesellschaft. Weiter kann der Einleger davon ausgehen, dass er entsprechend seiner Einlage neben anderen Gesellschaftern an der Gesellschaft beteiligt wird. Zu beidem würde in Widerspruch stehen, wenn bestimmte Anteile von der Gesellschaft selbst unter Verminderung ihres Vermögens und zur Ausübung durch die Verwaltung erworben werden könnten. Diesem Gedanken entsprechend ist nach § 56 II AktG auch die Übernahme von Anteilen durch Gesellschaften, die von der betreffenden Gesellschaft abhängig sind oder in ihrem Mehrheitsbesitz stehen, unzulässig. Auch dies gilt für die GmbH analog (so mwN, aber ohne Zitat des § 56 AktG, Baumbach/Hueck/ Zöllner § 55 Rn 17). 822 BGHZ 15, 391, 392.

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II. Die effektive Kapitalerhöhung

Wie soeben 823 angeführt, soll bei der AG – im Unterschied zur GmbH – nach § 182 IV 1 AktG das Grundkapital grundsätzlich (Einschränkungen in S 2, 3) nicht erhöht werden, solange ausstehende Einlagen auf das bisherige Grundkapital noch erlangt werden können. § 184 II zieht daraus Folgerungen für das Eintragungsverfahren. §§ 192 III 2, 193 I 3 AktG ergeben, dass Gleiches nicht für die bedingte Kapitalerhöhung gilt, während § 203 III AktG für das genehmigte Kapital bei der AG entsprechende Vorschriften enthält.

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2. Kapitalerhöhung gegen Einlagen a. Zustandekommen und Wirksamwerden Die Kapitalerhöhung gegen Einlagen vollzieht sich bei AG und GmbH in den folgenden Schritten: Grunderfordernis ist, weil Grund- und Stammkapital in der Satzung festgelegt sind, ein satzungsändernder Beschluss der HV bzw Gesellschafterversammlung823a. Bei der AG ist der Beschluss über die Kapitalveränderung als besonderer Beschluss geregelt (§ 182 I 1–3, II AktG 824). Das GmbHG fasst die Kapitalerhöhung als Unterfall der in §§ 53 ff GmbHG geregelten Änderung des Gesellschaftsvertrags auf. Die Versammlung ist bei ihrer Entschließung frei. Verträge, die die Gesellschaft zu einer Kapitalerhöhung verpflichten, sind insoweit unwirksam 825. Das AktG verlangt eine Mehrheit von mindestens 3/4 des vertretenen Grundkapitals (§ 182 I 1). Hinzukommen muss, wie immer, die Stimmenmehrheit 826. Die Satzung kann eine andere Kapitalmehrheit, für die Ausgabe von Vorzugsaktien ohne Stimmrecht (§§ 139 ff AktG) aber nur eine größere Kapitalmehrheit bestimmen (§ 182 I 2). Außerdem kann sie weitere Erfordernisse aufstellen. Das GmbHG verlangt eine Mehrheit von mindestens 3/4 der abgegebenen Stimmen (§ 53 II 1 GmbHG). Der Gesellschaftsvertrag kann noch andere Erfordernisse aufstellen. Bei AG und GmbH ist der Beschluss zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden (§§ 184 I AktG, 54 I 1 GmbHG) 827. Bei der GmbH ist die Eintragung Wirksamkeitserfordernis der Kapitalveränderung (§ 54 III GmbHG) und damit zugleich Wirksamkeitserfordernis des Beschlusses, der sie festlegt. Bei der AG kommt es für das Wirksamwerden der Kapitalerhöhung auf die Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung an (§ 189). Wenn § 188 IV aber bestimmt, dass die Anmeldung des Kapitalerhöhungsbeschlusses mit der Anmeldung der Durchführung verbunden werden kann (§ 188 IV), wird beides, Eintragung des Kapitalerhöhungsbeschlusses und seiner Durchführung, zu den Wirksamkeitserfordernissen 823 Rn 535. 823a Zur Stabilisierung des Finanzmarktes sieht das FMStG (s o Rn 126a) in Art 2 § 3 für Unternehmen des Finanzsektors, die in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft betrieben werden, befristet bis zum 31.12. 2009 ein kraft Gesetzes bestehendes genehmigtes Kapital vor, das dem Finanzmarktstabilisierungsfonds die Eigenkapitalbeteiligung an der Gesellschaft ermöglichen soll. Die Mitwirkung der Hauptversammlung ist nicht erforderlich. Zur Satzungsänderung ist der Aufsichtsrat ermächtigt. Die Regelung ist europarechtlich bedenklich, Hellwig, FAZ 5.11.2008 Nr 259 S 23. 824 Es bedarf aber auch bei der AG der Satzungsänderung, die Vorschriften darüber sind ergänzend heranzuziehen, vgl Hüffer § 188 Rn 11. 825 OLG Schleswig NZG 2004, 1006. Die Unwirksamkeit steht nach Ansicht des Gerichts aber nicht der Anwendung des Vertrages insoweit entgegen, als die Gesellschaft zum Wertersatz für schon als Sacheinlage erbrachte Leistungen, und zwar nach der vertraglichen Bewertung der Leistungen, verpflichtet wird. Zur schuldrechtlichen Wirkung von Vereinbarungen über Kapitalerhöhungen Hermanns, ZIP 2003, 788. 826 Das kann bei Stimmrechtsbeschränkungen relevant sein, insbesondere bei nicht voll eingezahlten Aktien (§ 134 II 1 AktG). 827 Die Frage fehlerhaft angemeldeter Kapitalerhöhungen behandeln Lutter/Leinekugel, ZIP 2000, 1225.

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der ganzen Maßnahme gerechnet und ist die Eintragung damit ebenso wie bei der GmbH Wirksamkeitserfordernis auch des Beschlusses, der sie festlegt. Daraus, dass auch bei der AG der Kapitalerhöhungsbeschluss mit Eintragung wirksam wird, folgt, dass es von der Eintragung an zur Aufhebung des Beschlusses einer qualifizierten Mehrheit, und zwar derjenigen entsprechend § 222 I AktG, bedarf 828. Drittes Erfordernis ist die Übernahme der neuen Anteile 829. Daran schließen sich die Mindestaufbringungspflichten und die Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister an. Aktienund GmbH-rechtliche Regelung weichen hier voneinander ab: Bei der GmbH schließt sich die Übernahme der neuen Anteile an den Kapitalerhöhungsbeschluss an. Der Beschluss kann nach § 57 I GmbHG zur Eintragung in das Handelsregister erst angemeldet werden, nachdem das erhöhte Kapital durch Übernahme von Stammeinlagen gedeckt ist (dh dem Erhöhungsbetrag in der Summe gleichkommende Einlagen übernommen sind). Die Übernahme bedarf einer notariell aufgenommenen oder beglaubigten Erklärung des Übernehmers (§ 55 I). Diese ist Bestandteil eines korporativen Akts, an dem auf der anderen Seite die Gesellschafterversammlung mitwirkt 830. Die Gesellschafterversammlung kann aber einen Bevollmächtigten bestellen, insbesondere den Geschäftsführer zum Abschluss des Übernahmegeschäfts ermächtigen. Die Bevollmächtigung ist nicht Bestandteil der satzungsändernden Regelung, also genügt für die Bestellung die einfache Mehrheit 831. Nach der Auffassung des BGH832 unterliegt der Einmanngesellschafter, wenn er selbst den Beschluss der Gesellschafterversammlung fasst und auf der anderen Seite selbst die neuen Anteile übernimmt, dem Verbot des Selbstkontrahierens nach § 181 BGB 833. Durch die Übernahme unter Mitwirkung der Gesellschafterversammlung erwirbt der Übernehmer bei der GmbH den neuen Geschäftsanteil noch nicht. Die Kapitalerhöhung, die den Anteil erst zum Entstehen bringt, ist von der Eintragung abhängig (§ 54 III). Durch die mit den Einlageversprechen verbundene Übernahme von Geschäftsanteilen wird die Kapitalerhöhung „gedeckt“ (§ 57 I). Der Übernehmer erwirbt auch nicht unter der aufschiebenden Bedingung der Eintragung, vielmehr ist der Erwerb unsicher, bis alle Geschäftsanteile gezeichnet sind und die Kapitalerhöhung durch Eintragung wirksam geworden ist. Für die Erfordernisse hinsichtlich der Mindestleistung auf die Einlage im Zeitraum vor der Anmeldung wird (unter Ausklammerung des Erfordernisses der Einlageleistung in Höhe der Hälfte des Stammkapitals, § 7 II 2) auf das Gründungsrecht verwiesen (§§ 56a, 57 II GmbHG). 828 Hüffer § 182 Rn 16 mwN. 829 Zur Problematik der Anfechtung der Übernahmeerklärung, etwa wegen arglistiger Täuschung, (möglich bis zur Eintragung der (Durchführung) der Kapitalerhöhung, danach nicht mehr), s das Begleitbuch von Brauer Fälle zum Kapitalgesellschafts- und Kapitalmarktrecht 2005 Fall 9. 830 S BGHZ 49, 117, 119. 831 Nicht zutreffend deshalb Raiser/Veil § 39 Rn 12. Die einfache Mehrheit hat auch Vertretungsmacht dazu, selbst den Übernahmevertrag abzuschließen. Insoweit ist nicht etwa die Mitwirkung aller Gesellschafter als Gesamtvertreter nötig. S OLG Frankfurt AG 1981, 230, dazu Mertens, AG 1981, 216. 832 AaO 833 Mit Recht kritisch Baumbach/Hueck/Zöllner § 55 Rn 35. Der BGH entwertet die Schranke des § 181 BGB sogleich wieder, indem er § 181 BGB dadurch für ausschaltbar erklärt, dass der Einmanngesellschafter als Gesellschafterversammlung den Geschäftsführer (eine von ihm vollständig abhängige Person) zum Abschluss des Übernahmevertrages auf Seiten der Gesellschaft ermächtigen und zugleich durch den Geschäftsführer, unter Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens, sich selbst bei der Übernahme der Anteile vertreten lassen könne. § 181 BGB ist demgegenüber bei Einmann-Gesellschaften auf die Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung überhaupt nicht anwendbar. Für die Beschlussfassung von Gesellschafterversammlungen ist § 47 IV 2 GmbHG maßgeblich. Dieser gilt für den Einmanngesellschafter richtiger Ansicht nach nicht, s Wilhelm Rechtsform und Haftung S 148 ff.

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II. Die effektive Kapitalerhöhung

Bei der AG kann der Kapitalerhöhungsbeschluss schon vor der Übernahme der neuen Aktien zum Handelsregister angemeldet werden (§§ 184, 188 IV AktG) 834. Die Übernahme der neuen Aktien geschieht hier durch „Zeichnung“ 835. Diese bedarf der schriftlichen Erklärung, des sogenannten Zeichnungsscheins (§ 185 I 1AktG). Die andere Erklärung geschieht in Vertretung der AG, dh durch den Vorstand 836. Hinsichtlich des Aktienerwerbs ist die Lage wie bei der GmbH: Durch die Zeichnung erwerben die Zeichner die Aktien noch nicht (§ 191 AktG), auch kein Anwartschaftsrecht. Es gilt nur, dass, wenn das neue Kapital gezeichnet ist, diejenige Eintragung in das Handelsregister erfolgen kann, die die Kapitalerhöhung bei der AG wirksam macht. Dies ist die Eintragung der Durchführung der Erhöhung des Grundkapitals (§ 189 AktG). Die Zeichnung wird im Zeichnungsschein mit einer Frist versehen, mit deren Ablauf die Zeichnung unverbindlich wird, wenn nicht bis dahin die Durchführung der Erhöhung des Grundkapitals erreicht ist (§ 185 I 3 Nr 4 AktG). Erst von der Eintragung der Durchführung der Erhöhung des Grundkapitals an können die neuen Aktien ausgegeben werden (§ 191 AktG). Die Anmeldung der Durchführung ist in § 188 AktG geregelt. Wie die Regelung der Anmeldung des Kapitalerhöhungsbeschlusses im GmbH-Recht – allerdings ohne Einschränkung – verweist § 188 II AktG bezüglich der Erfordernisse der Mindesteinlage auf das Gründungsrecht 837. Besonders geregelt ist die Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen (§§ 183 AktG, 56 GmbHG). Im Wesentlichen wird hier das Gründungsrecht wieder aufgenommen. §§ 183 I 1 AktG, 56 I GmbHG verlangen die der Regelung des Gründungsakts entsprechenden Festsetzungen im Kapitalerhöhungsbeschluss. Wie bei der Gründung besteht zwischen AG und GmbH die Verschiedenheit, dass bei der AG eine Prüfung vorgeschaltet wird (§ 183 III AktG), während es bei der GmbH im Ermessen des Registerrichters steht, die ordnungsgemäße Bewertung der Sacheinlagen im Eintragungsverfahren nachzuprüfen (§ 57a iVm § 9c GmbHG). Mit dieser Unterschiedlichkeit hängt es zusammen, dass die subsidiäre Barzahlungspflicht bei der AG nur im Fall der Unwirksamkeit der Sacheinlagebestimmung bestimmt ist (§ 183 II 3 AktG), während das GmbHG den Gesellschafter der GmbH neben dieser Zahlungspflicht, die sich aus dem Fehlen der Voraussetzungen für eine wirksame Sacheinlage ergibt, auch mit der Pflicht zu einer ergänzenden Zahlung belegt, nämlich dann, wenn der Wert seiner Sacheinlage im Zeitpunkt der Anmeldung der Kapitalerhöhung nicht den Betrag der dafür übernommenen Stammeinlage erreicht (§ 56 II, § 9 GmbHG). Bei der AG wird die Differenzhaftung aber aus dem Kapitaleinlageversprechen des Zeichners gefolgert 838.

834 Zum Problem fehlerhaft angemeldeter Kapitalerhöhungen Lutter/Leinekugel, ZIP 2000, 1225. 835 Praktisch wird das Zeichnungserfordernis idR durch die Zusage einer Bank oder eines Bankenkonsortiums erfüllt, die neuen Aktien zwecks Unterbringung im Publikum zu übernehmen. Diese Praxis berücksichtigt § 186 V AktG, der bestimmt, dass durch diese Übernahme das Bezugsrecht der Aktionäre nicht ausgeschlossen wird, und weiter das Bezugsangebot durch den Übernehmer an die Aktionäre regelt. 836 § 185 IV AktG, der jede nicht im Zeichnungsschein enthaltene Beschränkung der Gesellschaft gegenüber für unwirksam erklärt, bedeutet eine Beschränkung der Vertretungsmacht des Vorstands (Brodmann Komm z Aktienrecht 1928 § 281 HGB Anm 2 S 449). 837 Der Vorstand muss bei Anmeldung der Durchführung der Kapitalerhöhung versichern, dass Bareinzahlungen gemäß dem Kapitalerhöhungsbeschluss in seine uneingeschränkte Verfügungsmacht gelangt sind, BGH AG 2002, 456, zum pflichtgemäßen Ermessen des Registerrichters BayObLG DB 2002, 1544. Zu Voreinzahlungen auf künftige Kapitalerhöhungen o Rn 352 ff sowie Kort, DStR 2002, 1223. 838 KK/Lutter § 183 Rn 66; Spindler/Stilz/Servatius § 183 Rn 64.

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Bei der AG bezieht das Gründungsrecht die Sacheinlageregelung auch auf Sachübernahmen (§ 27 I 1 AktG), dies wird in § 183 I AktG für die Kapitalerhöhung nicht wiederholt. An beiden Stellen wird die Heilung einer unwirksamen Sacheinlagebestimmung durch nachträgliche Satzungsänderung ausdrücklich ausgeschlossen (§§ 27 IV, 183 II 4 AktG). Die zeitlichen Sperren indessen, die das Gründungsrecht für die Änderung oder Aufhebung wirksamer Sacheinlagebestimmungen setzt (§ 27 V), finden sich im Kapitalerhöhungsrecht nicht. § 56 II GmbHG verweist für die GmbH neben der Bestimmung über die ergänzende Leistungspflicht bei zu geringem Wert der Sacheinlage (§ 9 GmbHG) auf den Aufrechnungsausschluss vorbehaltlich der Erfüllung der Voraussetzungen für eine Sacheinlage (§ 19 II 2) und auf die Regelung über die verdeckte Sacheinlage (§ 19 IV GmbHG). b. Das Bezugsrecht der Gesellschafter

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Nach § 186 I 1 AktG haben die Aktionäre ein Recht auf den Bezug der neuen Aktien bei der Kapitalerhöhung838a. Dieses entsteht mit der Eintragung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister 839. Das Bezugsrecht ist selbstverständliche Konsequenz der Mitgliedschaft an der Gesellschaft. Kraft der Mitgliedschaft in der Gesellschaft haben die Aktionäre Anteil auch an der Erweiterung der Gesellschaft, wenn sie an der Erweiterung teilnehmen wollen. Deshalb kommt ein Recht auf den Bezug der neuen Anteile, obwohl das GmbHG davon, auch im neuen § 55a GmbHG über das genehmigte Kapital, nicht ausdrücklich spricht, auch den Gesellschaftern der GmbH zu 840. Die Bedeutung insbesondere des Bezugsrechts der Aktionäre zeigt sich in folgenden Faktoren: 1. Das Bezugsrecht hat Vermögenswert. Zur Unterbringung im Publikum werden die neuen Aktien bei der Festsetzung des Ausgabebetrags über pari (§ 9 AktG) mit einem Kursabschlag ausgegeben. Das Bezugsrecht ist das Recht zum Erwerb von Aktien unter Kurswert. 2. Durch den geringeren Gegenwert für die neuen Aktien, obwohl die neuen Aktionäre entsprechend ihrer Quote gleichberechtigt beteiligt werden, ergibt sich für die bisherigen Aktien vermögensmäßig ein Verwässerungseffekt 841. 3. Durch die neuen Beteiligungen ändern sich die Stimmverhältnisse, möglicherweise geht eine Sperrminorität bisheriger Aktionäre gegenüber Beschlüssen verloren, die eine qualifizierte Kapitalmehrheit erfordern. Weiter sind die Minderheitsrechte aus §§ 93 IV 3, 120 I 2, 122 II, 142 II 1, 147, 148, 258 II 3, 309 III 1, 317 IV iVm 309, 318 IV iVm 309 bedroht. 4. Möglich ist auch, dass die AG sich in die Abhängigkeit von einem neuen Aktionär begibt. Die Folge kann sein, dass die Kurse der abhängig werdenden AG fallen.

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Das Bezugsrecht der Aktionäre kann nur mit einer Kapitalmehrheit von mindestens 3/4 des vertretenen Kapitals (hier ohne den Vorbehalt abweichender Satzungsregelung nach § 182 I 2 AktG) ausgeschlossen werden (§ 186 III AktG). § 186 IV verlangt die Bekanntmachung des 838a Kraft Gesetzes kein Bezugsrecht haben die Aktionäre beim gesetzlich genehmigten Kapital zugunsten des Finanzmarktstabilisierungsfonds (Art 2 § 3 III FMStG, s o Fn 823a). Es wird ersetzt durch ein zeitlich gestrecktes Erwerbsrecht. Bei der Weiterveräußerung soll der Fonds gem Art 2 § 13 FMStG den Aktionären ein Bezugsrecht einräumen. 839 LG Düsseldorf AG 1999, 238. Kein Bezugsrecht der Aktionäre der Muttergesellschaft bei Kapitalerhöhungen der Tochtergesellschaft, Kort, AG 2002, 369. Zum Problem im Zusammenhang mit Börsengängen unten Rn 742. 840 Baumbach/Hueck/Zöllner § 55 Rn 20 ff. 841 Zur Berechnung des Verwässerungseffekts Köhler, AG 1985, 52. Zur Angemessenheitskontrolle hinsichtlich des Ausgabebetrags für die neuen Aktien (vorbehaltlich der Zustimmung aller Gesellschafter) bei personalistischen Aktiengesellschaften (kein Ausgleich über den Börsenkurs möglich) Rottnauer, ZGR 2007, 401 im Anschluss an OLG Stuttgart NZG 2000, 156 (Rottnauer S 403, 439).

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II. Die effektive Kapitalerhöhung

vorgesehenen Ausschlusses als Punkt in der Tagesordnung (§ 124 I) und einen Bericht des Vorstands über Ausschlussgrund und Ausgabepreis. Nach einer Auffassung in der Literatur, die aber keine Begründung nennt, gilt das Erfordernis der qualifizierten Kapitalmehrheit (zusätzlich zum Erfordernis der 3/4-Stimmenmehrheit nach § 53 II 1 GmbHG) auch für den Bezugsrechtsausschluss bei der GmbH 842. Weiter werden Ankündigung und Begründung wie nach § 186 IV AktG auch für die GmbH verlangt 843. Die Zulassung des Bezugsrechtsausschlusses mit qualifizierter Mehrheit reicht zur Rechtfertigung des Ausschlusses aber nicht aus. Im Kali & Salz-Urteil 844 hat der BGH materielle Voraussetzungen für den Ausschluss des Bezugsrechts aufgestellt. Allein maßgeblich für die Überprüfung, ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist der Bericht des Vorstands 845. Nach den Grundsätzen des Kali & Salz-Urteils ist der Beschluss über den Ausschluss des Bezugsrechts nach §§ 243, 255 AktG anfechtbar, wenn der Ausschluss nicht im Interesse der AG sachlich zu rechtfertigen ist (Erfordernis des sachlichen Grundes)846. Weiter darf der Zweck nicht auf schonendere Weise erreichbar sein (Grundsatz der Erforderlichkeit)847. Dritte Voraussetzung ist das Erfordernis der Verhältnismäßigkeit ieS: Gemäß der konkreten Situation darf der Nachteil für die Gesellschafter nicht außer Verhältnis zu dem Vorteil der Gesellschaft stehen. Dieses Erfordernis galt nach der früheren Rechtsprechung des BGH generell. Jetzt hat der BGH es für das genehmigte Kapital (bei der AG) eingeschränkt 848 : Bei der Ermächtigung zur Kapitalerhöhung an den Vorstand ist eine Überprüfung im Hinblick auf das Erfordernis der Verhältnismäßigkeit noch nicht möglich, weil das Ziel der Maßnahme noch nicht feststeht. Die Möglichkeit zu solchen Ermächtigungen ist aber um der unternehmerischen Flexibilität auf den internationalen Kapitalmärkten willen unentbehrlich und deshalb vom Gesetzgeber eingeräumt. Genaue Angaben im Voraus sind schon aus Geheimhaltungsinteressen aus unternehmensstrategischen Gründen ausgeschlossen. Bei der gewöhn-

842 Baumbach/Hueck/Zöllner § 55 Rn 25; Ulmer/Ulmer § 55 Rn 44 ff. 843 Baumbach/Hueck/Zöllner aaO mwN. 844 BGHZ 71, 40. S a BGHZ 120, 141, 145 f (Bankverein Bremen); 125, 239, 241 (Deutsche Bank), ZIP 1995, 372, 373 (Siemens/Nold). 845 BGHZ 83, 319, 326; OLG Celle AG 2002, 292, 293. 846 Sehr differenzierte Prüfung mit dem Ergebnis, dass keine Rechtfertigung vorlag, bei OLG Celle aaO. Ein typischer Fall der sachlichen Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses ist das Bestreben der Gesellschaft, eine Sacheinlage zu erwerben. Hier muss das Bezugsrecht der Aktionäre um der Übernahme der Anteile durch den Sacheinleger willen ausgeschlossen werden. Denn die Sacheinlage kann nun einmal nur vom Sacheinleger und nicht von den Aktionären, die die Sache ja nicht haben, eingebracht werden. Im Kali & Salz-Urteil hat der BGH die sachliche Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses ohne weiteres bejaht, weil die Gesellschaft eine Sacheinlage aufnehmen wollte (BGHZ 71, 40, 46 f). Zu beachten war aber, dass das Bezugsrecht zugunsten des Großaktionärs der Gesellschaft ausgeschlossen wurde. Hier kommt alternativ in Betracht, dass das Kapital so weit erhöht wird, dass allen Aktionären das Bezugsrecht gewährt werden kann und auf den Großaktionär ein genügender Anteil entfällt, dass er darauf die Sacheinlage einbringen kann. So mit Recht Flume I/2 § 7 III S 214 f. – Ein weiteres Beispiel für die Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses ist die Ausgabe der neuen Aktien als Belegschaftsaktien, s § 192 II Nr 3 AktG. Zum sachlichen Grund Bezzenberger, ZIP 2002, 1917. 847 Will die AG die neuen Anteile bestimmten Aktionären aus Gründen des Überfremdungsschutzes zuwenden, so ist dies kein legitimes Interesse (MüKo-AktG/Peifer § 186 Rn 98; Hüffer § 186 Rn 32), der Überfremdungsschutz kann auch durch die Vinkulierung der Aktien erreicht werden (§ 68 II AktG). Zu der aus der Voraussetzung der Erforderlichkeit folgenden Berichtspflicht Natterer, ZIP 2002, 1672. 848 Unten Rn 576 ff.

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lichen Kapitalerhöhung gegen Bareinlagen gilt das Erfordernis der Verhältnismäßigkeit aber weiterhin849. Die Rechtsprechung des BGH zur sachlichen Rechtfertigung ist mit europäischem Recht vereinbar. Der BGH hatte im Siemens/Nold-Verfahren gezweifelt, ob seine Rechtsprechung mit der Zweiten Gesellschaftsrechtlichen Richtlinie in Einklang stehe, und die Frage gemäß Art 177 EGV (jetzt Art 234 EG) dem EuGH vorgelegt 850. Aus der Umsetzung der Richtlinie stammt allerdings schon die Vorschrift des § 186 IV 2 AktG, wonach der Vorstand der HV, wenn ein Bezugsrechtsausschluss vorgesehen ist, einen schriftlichen Bericht über den Grund des Ausschlusses vorzulegen hat. Freilich hatte die Richtlinie nur bei der Barkapitalerhöhung ein Bezugsrecht vorgesehen 851. Im Fall des BGH war demgegenüber ein Bezugsrechtsausschluss iR einer Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen zu prüfen. Da bei der Sachkapitalerhöhung nach der Richtlinie kein Bezugsrecht und demgemäß auch kein Bezugsrechtsausschluss vorgesehen sind, war daraus gefolgert worden, die Sachkapitalerhöhung unterliege nach der Richtlinie lediglich einer Missbrauchskontrolle, der Bezugsrechtsausschluss sei iÜ an keinerlei Voraussetzungen geknüpft 852. Der EuGH ist dem nicht gefolgt 853. Aus dem Umstand, dass die Richtlinie nur bei der Barkapitalerhöhung ein Bezugsrecht vorsehe, könne nicht geschlossen werden, dass ein Bezugsrecht bei einer Sachkapitalerhöhung unzulässig sei 854. Eines der Ziele der Richtlinie bestehe darin, einen wirksameren Schutz der Aktionäre zu gewährleisten, daher entspreche die Rechtsprechung des BGH der Richtlinie 855. Inzwischen ist das Erfordernis der sachlichen Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses über die angeführte Vorschrift des § 186 IV 2 AktG hinaus in das Aktiengesetz aufgenommen. Das Gesetz über die kleine AG 856 hat in § 186 III einen S 4 eingefügt, wonach der Ausschluss des Bezugsrechts insbesondere dann zulässig ist, wenn die Kapitalerhöhung 10 % des Grundkapitals nicht überschreitet und der Ausgabebetrag den Börsenpreis nicht wesentlich unterschreitet. Da der Bezugsrechtsausschluss in § 186 III 1 bereits für zulässig erklärt ist, ist § 186 III 4 vordergründig sinnlos. Die Bestimmung hat nur Sinn vor dem Hintergrund des von der Rechtsprechung praeter legem entwickelten Erfordernisses der materiellen Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers soll es, liegen die Voraussetzungen des § 186 III 4 AktG nF vor, einer sachlichen Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses iS der Rechtsprechung des BGH nicht bedürfen 857.

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OLG Celle AG 2002, 292. ZIP 1995, 372; dazu Natterer, ZIP 1995, 1481. Art 29 I der Richtlinie. Kindler, ZHR 158 (1994) 339, 361 f; der BGH greift diese Argumentation im Vorlagebeschluss auf, BGH ZIP 1995, 372, 374. EuGH Rs C-42/95 Slg 1996, I-6017 = ZIP 1996, 2015 (Siemens/Nold); s auch den Schlussantrag des Generalanwalts Tesauro ZIP 1996, 1825. EuGH Rs C-42/95 Slg 1996, I-6017 Rn 16 = ZIP 1996, 2015, 2017 (Siemens/Nold). EuGH Rs C-42/95 Slg 1996, I-6017 Rn 19, 21 = ZIP 1996, 2015, 2017 (Siemens/Nold). Ausführliche Diskussion bei Natterer, Kapitalveränderung der Aktiengesellschaft, Bezugsrecht der Aktionäre und ,sachlicher Grund‘, 2000, S 237 ff. S o Rn 69 ff. So die Begründung zum Gesetzesentwurf, BT-Drucks 12/6721, S 10 re Sp u; s auch die umfangreiche Rechtfertigung der Neuregelung durch den daran beteiligten Referenten im Bundesjustizministerium, Seibert in: Seibert/Köster/Kiem Die kleine AG 1996 Rn 180a ff. Anwendungsfall zum Recht der Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss bei Brauer Fälle zum Kapitalgesellschafts- und Kapitalmarktrecht 2005, Fall 3.

II. Die effektive Kapitalerhöhung

Im Recht der GmbH gilt das Erfordernis der materiellen Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses uneingeschränkt. § 186 III 4 AktG ist nicht entsprechend anwendbar 858.

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3. Die bedingte Kapitalerhöhung bei der AG Das AktG regelt als besondere Art der effektiven Kapitalerhöhung die bedingte Kapitalerhöhung (§§ 192 ff AktG). Sie „soll“ nach § 192 II Nr 1–3 „nur“ dem Bezug von Aktien durch Gläubiger von Wandelschuldverschreibungen, zur Vorbereitung des Zusammenschlusses mehrerer Unternehmen oder zur Gewährung von Bezugsrechten an Arbeitnehmer und Mitglieder der Geschäftsführung der Gesellschaft oder eines verbundenen Unternehmens (sog stock options oder, weil nicht mit Wandelschuldverschreibungen verknüpft, „isolierte Bezugsrechte“859) dienen. Die Wandelschuldverschreibungen (§ 192 II Nr 1 AktG) sind in § 221 AktG geregelt 860. Der Begriff des Zusammenschlusses (Nr 2 der Vorschrift) umfasst Fälle, in denen die rechtliche Selbstständigkeit der Unternehmen erhalten bleibt, ebenso wie Fälle, in denen sie verloren geht. Anwendungsfälle der Nr 2 sind der Konzernvertrag und die Eingliederung, bei denen die Gesellschafter der vereinnahmten Gesellschaft in eigenen Anteilen der vereinnahmenden Gesellschaft abgefunden werden müssen (§§ 305 II Nr 1, 320b AktG). Hier werden die abzufindenden Gesellschafter als Bezugsberechtigte der neuen Aktien festgestellt (§ 193 II Nr 3 AktG). Weitere Fälle sind Umwandlungsfälle solcher Art, bei der die eine Gesellschaft Anteile an der anderen gegen Hingabe eigener erwirbt 861. Bezugsrechte iSv § 192 II Nr 3 AktG (sog stock options) können nur an Arbeitnehmer oder Mitglieder der Geschäftsführung 862 gewährt werden, nicht an Mitglieder des Aufsichtsrats. Die Ausschließung der Aufsichtsratsmitglieder von der Möglichkeit der bedingten Kapitalerhöhung zum Zwecke von Aktienoptionsplänen, die § 192 II Nr 3 zum Ausdruck bringt, hat der BGH auf Optionspläne erstreckt, die mithilfe eigener Aktien der Gesellschaft nach § 71 I Nr 8 S 5 AktG durchgeführt werden sollen863. Die Begründung der Ausschließung durch den Gesetzgeber (des KonTraG) sei allerdings vordergründig: In der Begründung werde gesagt, die Erstreckung auf Aufsichtsratsmitglieder stoße deshalb auf Schwierigkeit, weil der Aufsichtsrat die Einzelbedingungen der Aktienausgabe, die über die Festsetzungskompetenz der HV (§ 193 II Nr 4 AktG) hinaus gingen, schlecht für sich selbst festsetzen könne. Dieses Argument könne nicht das entscheidende gewesen sein. Denn jener Schwierigkeit hätte der Gesetzgeber ohne Weiteres mit der Ausweitung der HV-Kompetenz (ohnehin angelegt in § 113 I 2 AktG) Rechnung tragen können. Die Entscheidung des Gesetzgebers müsse also eine tiefere Begründung haben: Offenbar habe der Gesetzgeber eine – der Kontrollfunktion des Aufsichtsrats möglicherweise abträgliche – Ausrichtung der Vergütung von Aufsichtsräten am Aktienkurs für nicht angebracht erachtet: Der Aktienkurs sei durch

858 Baumbach/Hueck/Zöllner § 55 Rn 26 f. 859 „naked warrants“. 860 Nach § 221 IV AktG haben die Aktionäre nach Maßgabe des § 186 ein Bezugsrecht auf Wandelschuldverschreibungen. Analog § 203 II 1 AktG kann die HV den Vorstand zum Bezugsrechtsausschluss ermächtigen, BGH DB 2006, 493; DB 2007, 2472. Zu den Kontrollinstrumenten der Aktionäre, die sie dazu haben, die Einhaltung der Maßgaben sicherzustellen, unter denen der Vorstand tätig werden darf, Bayer, ZHR 168 (2004), 132. 861 Nicht in Betracht kommt der Fall der Verschmelzung durch Neugründung nach §§ 2 Nr 2, 36 ff, 73 ff UmwG. Hier entstehen die Anteile durch Neugründung. 862 Das Gesetz wählt einen neutralen Begriff, weil die mit einbezogenen verbundenen Unternehmen möglicherweise nicht durch einen Vorstand geleitet werden. 863 BGHZ 158, 122 (Mobilcom) = JZ 2004, 1185 mit Anm Fuchs.

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E. Die Änderung des gezeichneten Kapitals gezielte Sachverhaltsgestaltungen des Managements beeinflussbar und erfahrungsgemäß auch sonst nicht immer ein zuverlässiger Maßstab für den inneren Wert und den langfristigen Erfolg eines Unternehmens. § 113 III AktG sehe andere Arten von erfolgsabhängigen Vergütungen vor, der Deutsche Corporate Governance Kodex behalte diese vor, empfehle aber keine Aktienoptionen an Aufsichtsratsmitglieder. Diese Wertung und ebenso jene vordergründige Begründung des § 192 Nr 3 durch den Gesetzgeber des KonTraG stünden auch Aktienoptionsplänen über § 71 I Nr 8 S 5 AktG im Wege. Die Verweisung der Vorschrift auf § 193 II Nr 4 nehme eine Norm in Bezug, die ihrerseits selbstverständlich auf den Teilnehmerkreis des § 192 II Nr 3 bezogen sei und diesen damit voraussetze. Die Unterschiede zwischen Aktienoptionsplänen über § 192 II Nr 3 einerseits und § 71 I Nr 8 S 5 andererseits (bedingtes Kapital bedeute Schaffung neuer Anteile und damit eine gewisse Verwässerung des Aktienbesitzes der Altaktionäre, § 71 I Nr 8 dagegen einen Abfluss aus dem Gesellschaftsvermögen) seien für eine unterschiedliche Behandlung nicht relevant. Die Neuregelung der Vorschriften machte auch die bisherige Anwendung der Wandel- oder Optionsanleihen (§ 221 AktG) für ein Aktienoptionsprogramm für Aufsichtsratsmitglieder zweifelhaft. Dies brauche aber hier nicht entschieden zu werden.

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Die HV kann nach § 192 II Nr 3 AktG der Gewährung von stock options zustimmen oder dazu ermächtigen. Die Formulierung ist unglücklich. Eine Zustimmung liegt in Wirklichkeit in dem Kapitalerhöhungsbeschluss selbst. Aus diesem erwächst der Anspruch der Bezugsberechtigten (s § 197 S 2 AktG), der durch die Nichtigkeit entgegenstehender Beschlüsse geschützt ist (§ 192 IV AktG). Ermächtigung bedeutet demgegenüber, dass die HV der künftigen Entwicklung von Optionsplänen (für die Optionen an Vorstandsmitglieder durch den Aufsichtsrat, § 87 AktG, für die Optionen an Arbeitnehmer durch den Vorstand) zustimmt. Für die vom Gesetz ermöglichten Fälle des bedingten Kapitals hat die HV nach §§ 192 I, 193 II Nr 1–4 AktG nähere Maßgaben zu treffen. Dazu gehört nach § 193 II Nr 3 die Bestimmung des Ausgabebetrags oder der Grundlagen, nach denen dieser Betrag errechnet wird. Legt die HV nur einen Mindestbetrag fest und erteilt sie i ü dem Vorstand die Ermächtigung zur Festsetzung (etwa bei Ausübung der Ermächtigung nach § 192 II Nr 1), so ist der Beschluss wegen Verletzung des § 193 II Nr 3 AktG nach § 241 Nr 3 AktG iVm § 139 BGB nichtig 864. Bei der bedingten Kapitalerhöhung wird das Grundkapital nur insoweit aufgestockt, als von den Bezugsrechten, die die HV einräumt, Gebrauch gemacht wird (§ 192 I). Ein späterer Beschluss der HV, der einem Beschluss über die Einräumung von Bezugsrechten entgegensteht, ist nichtig (§ 192 IV). Die bedingte Kapitalerhöhung ist selbstständig geregelt. Auf das allgemeine Kapitalerhöhungsrecht wird nur in Einzelverweisen zurückgegriffen (s §§ 192 III 2, 193 I 3).

4. Das genehmigte Kapital bei AG und GmbH 571

Im Aktienrecht ist seit dem AktG 1937 als eine Art der effektiven Kapitalerhöhung das sog genehmigte Kapital geregelt (heute in §§ 202 ff AktG). Das FMStG hat zur Bewältigung der Finanzkrise vorübergehend gesetzlich genehmigtes Kapital eingeführt 864a. Das MoMiG hat dieses Institut jetzt auch für die GmbH eingeführt (§ 55a GmbHG). Bei der AG kann der Vorstand für die Dauer von höchstens 5 Jahren durch die Satzung ermächtigt sein oder durch Änderung der Satzung ermächtigt werden, bis zu einer zu bestimmenden Grenze, höchstens bis zu 50 %, das Grundkapital durch Ausgabe neuer Aktien 865 gegen Einlagen, 864 KG ZIP 2008, 648; OLG Hamm AG 2008, 506; OLG Celle AG 2008, 85. AA Spiering/Grabbe, AG 2004, 91. Der Ref ARUG (o Rn 125) will in Zukunft die Festsetzung eines bloßen Mindestbetrags zulassen. 864a S o Fn 823a, 838a. 865 Auch Vorzugsaktien ohne Stimmrecht, wenn noch keine bei der AG bestehen (s für diesen Fall § 204 II), OLG Schleswig AG 2005, 48.

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II. Die effektive Kapitalerhöhung

gegen Sacheinlagen nur bei besonderer Ermächtigung (§ 205 I AktG), zu erhöhen (§ 202 I, III AktG). Der Vorstand legt den Inhalt der Aktienrechte und die Bedingungen der Aktienausgabe fest, soweit die Ermächtigung keine Bestimmungen enthält (§ 204 I 1). Dazu bedarf er der Zustimmung des Aufsichtsrats (§ 204 I 2). Die Ausnutzung des genehmigten Kapitals ist einzutragen866 und bekannt zu machen (§§ 203 I, 188 I, 189 AktG, 10 HGB). Für die GmbH schafft § 55a GmbHG nF die dem § 202 AktG ganz entsprechenden Möglichkeiten, durch den Gesellschaftsvertrag für die Zeit von 5 Jahren ab Eintragung der Gesellschaft oder durch Änderung des Gesellschaftsvertrags für 5 Jahre ab Eintragung der Änderung die Geschäftsführung zu ermächtigen, das Stammkapital der GmbH durch Ausgabe von Geschäftsanteilen gegen Einlagen (bei besonderer Ermächtigung auch gegen Sacheinlagen) zu erhöhen. Der Ermächtigungsbetrag darf auch bei der GmbH die Hälfte des zur Zeit der Ermächtigung vorhandenen Garantie- (hier Stamm)kapitals nicht übersteigen. Mehr bestimmt die neue Norm nicht. Ansonsten gilt also die Regelung des GmbHG über die Kapitalerhöhung gegen Einlagen. Die weiteren Ausführungen hier beziehen sich auf das Aktienrecht. Bleiben wir im Aktienrecht, so ist der Hauptzweck des Instituts des genehmigten Kapitals 867, dass dem Vorstand ermöglicht wird, kurzfristig sich bietende Chancen auf dem Kapitalmarkt für die Eigenkapitalfinanzierung auszunutzen868. Hierin war es begründet, dass es bis zum MoMiG eine vergleichbare Figur bei der GmbH nicht gab. Die Überlegung war: Die Anteile an einer GmbH sind nicht an der Börse handelbar und werden auch sonst am Kapitalmarkt nicht in vergleichbarem Umfang nachgefragt. Zum Zweck der kurzfristigen Ausnutzung von Kapitalmarktchancen vermeidet das Institut des genehmigten Kapitals das schwerfällige Verfahren der ordentlichen Kapitalerhöhung und wirkt dem entgegen, dass der Zweck der kurzfristigen Ausnutzung der Marktlage auf unerwünschtem Wege, nämlich durch verdeckte Haltung von Vorratsaktien der AG (§§ 71a II, 71d AktG), zu erreichen versucht wird. Die HV kann bereits im Beschluss über die Schaffung des genehmigten Kapitals gemäß §§ 203 I 1, 186 III, IV das Bezugsrecht der Aktionäre ausschließen. Es besteht aber auch die Möglichkeit, dass die HV das Bezugsrecht nicht selbst ausschließt, sondern den Vorstand zur Entscheidung über den Ausschluss des Bezugsrechts ermächtigt (§ 203 II 1)869. In diesem Fall bedarf der Vorstand für die Entscheidung über den Bezugsrechtsausschluss der Zustimmung des Aufsichtsrates (§ 204 I 2 Hs 2). In seiner Holzmann-Entscheidung 870 hatte der BGH die Grundsätze über den Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre aus Kali & Salz 871 auf einen Beschluss der HV zur Schaffung genehmigten Kapitals übertragen, bei dem der Vorstand zugleich gemäß § 203 II 1 zum

866 Da bei Notwendigkeit der Zustimmung des Aufsichtsrats die Kapitalerhöhung ohne die Zustimmung nicht eingetragen werden darf, ist der Registerrichter berechtigt, im Fall der Notwendigkeit den Zustimmungsbeschluss des Aufsichtsrats anzufordern (BayObLG AG 2002, 397, 398). 867 Es kann aber auch die Ausgabe an Arbeitnehmer vorgesehen werden, § 202 IV AktG. 868 Der Vorstand entscheidet allein, ob er Aktien ausgibt. Der Zustimmung des Aufsichtsrats bedarf nur die – vom Ermächtigungsbeschluss offen gelassene – Entscheidung des Vorstands betreffs des Inhalts der Rechte und der Bedingungen der Ausgabe (§ 204 I 1, 2 AktG). 869 Die 10 %-Schranke des § 186 III 4 AktG für den Bezugsrechtsausschluss gilt auch für den Ermächtigungsbeschluss, OLG München NJW-RR 1997, 871 (Hypo-Bank). 870 BGHZ 83, 319; vollständiger Abdruck in WM 1982, 660. 871 BGHZ 71, 40, s o Rn 560.

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Ausschluss des Bezugsrechts ermächtigt wurde 872. Nach der Entscheidung musste der Vorstand den Ausschluss des Bezugsrechts nicht erst dann sachlich rechtfertigen, wenn aufgrund des Ermächtigungsbeschlusses die neuen Aktien ausgegeben wurden. Bereits bei der Beschlussfassung der HV müssten – so damals der BGH – bestimmte tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Vorstand während der Dauer seiner Ermächtigung im Gesellschaftsinteresse genötigt sein könnte, die Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss durchzuführen. Ohne dass sich eine bestimmte Entwicklung abzeichne, an Hand derer die sachliche Rechtfertigung überprüfbar sei, also als Ermächtigung gleichsam „auf Vorrat“, sei die Ermächtigung unzulässig 873. In der Berichtspflicht des Vorstands gemäß § 203 II 2 iVm § 186 IV 2 sah der BGH eine Bestätigung seiner Rechtsprechung 874. Diese Auffassung hat der BGH in dem schon erwähnten Siemens/Nold-Urteil 875 aufgegeben, also in dem Endurteil gerade desjenigen Verfahrens, in dem der BGH zuvor die Entscheidung des EuGH eingeholt und dieser die Richtlinienkonformität des Erfordernisses der sachlichen Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses bestätigt hatte 876. Der BGH hält jetzt die bisherige Rechtsprechung, gleich, ob die HV selbst das Bezugsrecht ausschließt oder den Vorstand zum Bezugsrechtsausschluss ermächtigt, für nicht vereinbar mit der Funktion des genehmigten Kapitals. Die Möglichkeit schnellen Reagierens insbesondere auf internationale Marktbewegungen werde vereitelt. Außerdem sei die Abgrenzung zwischen zulässigen Ermächtigungs- und unzulässigen Vorratsbeschlüssen mit kaum überwindbaren Schwierigkeiten verbunden. Die Voraussetzungen des Bezugsrechtsausschlusses seien neu zu bestimmen: Die HV könne den Bezugsrechtsausschluss auch ohne Angabe konkreter Tatsachen beschließen oder zu ihm ermächtigen, wenn 1) die durch das genehmigte Kapital unter Bezugsrechtsausschluss anzustrebende Maßnahme im Bericht des Vorstands an die HV allgemein umschrieben werde und 2) die Maßnahme im wohlverstandenen Interesse der Gesellschaft liege. Wenn der Vorstand sodann eine konkrete Maßnahme durchführe, habe er im Rahmen seines unternehmerischen Ermessens sorgfältig zu prüfen, ob 1) die Maßnahme im Rahmen des satzungsmäßigen Unternehmensgegenstands liege, 2) sie der abstrakten Umschreibung durch den HV-Beschluss entspreche, 3) sie – auch jetzt noch – im wohlverstandenen Interesse der Gesellschaft liege, 4) bei Festsetzung des Ausgabebetrags durch den Vorstand § 255 II AktG beachtet sei. Der Aufsichtsrat habe diese Voraussetzungen bei seiner Zustimmungsentscheidung (§ 204 I 2 Hs 2 AktG) zu kontrollieren. Der Vorstand habe der HV auf der nachfolgenden ordentlichen Versammlung zu berichten und Rede und Antwort zu stehen. Die

872 BGHZ 83, 319, 321 f. Nach OLG Frankfurt AG 2002, 352 Angreifbarkeit des Beschlusses (auch) in entspr Anwendung des § 144 II FGG. Zur sachlichen Rechtfertigung OLG Schleswig AG 2005, 48. Keine Rechtfertigung kann es bedeuten, wenn ein Beschluss über die Kapitalerhöhung gegen Bareinlagen ergeht, der Vorstand aber gegen Sacheinlagen ausgeben will. Dadurch würde § 205 verletzt. – Zur sachlichen Rechtfertigung bei sog Stock-for-Stock-Akquisitionen (statt an die Aktionäre gibt der Vorstand die jungen Aktien an den Inhaber der Beteiligung an einem Zielunternehmen, der als Sacheinlage gegen die Aktien seine Beteiligung einbringt), Kossmann, AG 2005, 9 ff. 873 BGHZ 83, 319, 322, 325. 874 BGHZ 83, 319, 326. 875 BGHZ 136, 133 ff, o Rn 561. 876 Der II. Senat des BGH hat sich bei seiner Wendung einer Presseerklärung zufolge von dem Bestreben leiten lassen, durch die Liberalisierung des Aktienrechts den Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken (abgedruckt NJW 1997, Heft 29 S XIV). Dazu und zur Reaktion der Wirtschaft Natterer Kapitalveränderung der Aktiengesellschaft, Bezugsrecht der Aktionäre und ,sachlicher Grund‘ 2000 S 121, 124 ff.

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III. Die nominelle Kapitalerhöhung

Ordnungsmäßigkeit des Verhaltens des Vorstands werde durch folgende mögliche Sanktionen gesichert: Verweigerung der Entlastung, Schadensersatzpflicht, Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Maßnahme, ggf schon vorher Klage auf Unterlassung gegen die Gesellschaft 877. Die Beschränkung der Aktionäre auf die Nachkontrolle hat der BGH in den Entscheidungen Mangusta/Commerzbank I und II bestätigt 878. Die Siemens/Nold-Entscheidung geht am Gesetz vorbei, dh aber nicht, dass die Holzmann-Entscheidung richtig war 879. Beide Entscheidungen gingen in dem zu entscheidenden Fall am Gesetz vorbei. Das Gesetz unterscheidet den Bezugsrechtsausschluss durch die HV selbst und die Ermächtigung des Vorstands zum Bezugsrechtsausschluss. Holzmann betraf den Ermächtigungsfall und hat hier unrichtig die volle Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses schon beim Ermächtigungsbeschluss gefordert. Siemens/Nold betraf den Fall des Bezugsrechtsausschlusses durch die HV selbst und hat unrichtig für diesen auf die volle Rechtfertigung verzichtet. Im Fall der Ermächtigung (Beispiel Holzmann) ordnet § 203 II AktG nur die „sinngemäße“ Anwendung des § 186 IV AktG auf den HV-Beschluss über die Satzungsänderung (§ 202 II AktG) an. Der vom Vorstand in sinngemäßer Anwendung des § 186 IV 2 AktG zu gebende Bericht muss diesem Ermächtigungsbeschluss die Grundlage geben. Der Vorstand muss darin begründen, weshalb er die Ermächtigung benötigt. Dagegen braucht er nicht schon eine volle sachliche Rechtfertigung für den künftigen Bezugsrechtsausschluss darzulegen. Ein solches Verlangen ist in Anbetracht dessen, dass das genehmigte Kapital ein flexibles Finanzinstrument sein soll und 5 Jahre Laufzeit haben kann (§ 202 II AktG), geradezu abwegig. Auf die sachliche Rechtfertigung iSv Kali & Salz kommt es erst bei der Ausübung der Ermächtigung zum Bezugsrechtsausschluss an. Die Aktionäre sind hier dadurch geschützt, dass der Aufsichtsrat zustimmen muss (§ 204 II 2 AktG). Der Vorstand ist auch nicht verpflichtet, der HV eine Vorabinformation zu geben 880. Die Aktionäre, die nachträglich von der Maßnahme unter Bezugsrechtsausschluss erfahren, haben die Feststellungsklage und ggf Schadensersatzklagen 881. Im Fall des Bezugsrechtsausschlusses schon durch die HV selbst (Beispiel Siemens/Nold) verweist § 203 I 1 AktG auf § 186 III, IV AktG, dh der Beschluss über das genehmigte Kapital tritt an die Stelle des Kapitalerhöhungsbeschlusses unter Bezugsrechtsausschluss. Die Kali & Salz-Kriterien müssen schon bei dem HV-Beschluss erfüllt sein. Ist das nicht darlegbar, muss der Vorstand sich zum Bezugsrechtsausschluss ermächtigen lassen.

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III. Die nominelle Kapitalerhöhung Ein erster Fall der nominellen Kapitalerhöhung ist schon iR der Regelung des genehmigten Kapitals bei der AG zu finden. Er ist dort selbstständig geregelt. Nach § 202 IV AktG kann die Satzung vorsehen, dass die aufgrund der Ermächtigung des Vorstands auszugebenden neuen Aktien an Arbeitnehmer der Gesellschaft ausgegeben werden. § 204 III AktG ermög-

877 Dazu verweist der BGH auf die Holzmüller-Entscheidung BGHZ 83, 122, 125, 133 ff. 878 BGHZ 164, 241; 164, 249. Zur Rechtsprechung Henze, FS Priester, 2007, 201. 879 Zum Folgenden Natterer Kapitalveränderung der Aktiengesellschaft, Bezugsrecht der Aktionäre und ,sachlicher Grund‘ 2000 S 133 ff; ders, ZIP 2002, 1672 ff. 880 So jetzt zutreffend der BGH in Mangusta/Commerzbank I BGHZ 164, 241, 245 f. 881 Mangusta/Commerzbank II BGHZ 164, 249.

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licht, dass die Einlagen auf diese Aktien aus dem Teil des Jahresüberschusses gedeckt werden, der nach § 58 II AktG durch Vorstand und Aufsichtsrat in freie Rücklagen eingestellt werden kann 882. Allgemein ist die nominelle Kapitalerhöhung, dh die vom Gesetz sogenannte Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln 883, für die AG in §§ 207 ff geregelt. Bei der GmbH war die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln früher in einem besonderen Gesetz884 geregelt, jetzt befindet sich die Regelung in §§ 57c ff GmbHG 885. Während bei der AG sich das erhöhte Grundkapital zwingend in der Ausgabe neuer Aktien auswirkt, gibt es bei der GmbH zwei Arten der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln: die Erhöhung durch Bildung neuer Geschäftsanteile und die Erhöhung des Stammkapitals durch Erhöhung des Nennbetrags der Geschäftsanteile (§ 57h I 1 GmbHG). Bei teileingezahlten Anteilen kann die Erhöhung nur durch Erhöhung des Nennbetrags ausgeführt werden (§ 57l II 2 GmbHG). Das Prinzip der nominellen Kapitalerhöhung ist, dass bei einem Stand des Gesellschaftsvermögens, in dem der Saldo aus Aktivawert minus Belastungen das Grund- oder Stammkapital übersteigt, dieser Mehrbetrag oder ein Teil davon als Erhöhung des Grund- oder Stammkapitals festgelegt wird. Vor dieser Erhöhung steht das Vermögen in Höhe des Mehrbetrags den Gesellschaftern nicht als gebundenes, sondern als ausschüttbares Vermögen zu. In der Bilanz erscheint dieses Eigenkapital in Gestalt des Ausweises von Rücklagen. Deshalb spricht das Gesetz davon, dass bei der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln Rücklagen in Grund- oder Stammkapital umgewandelt werden (§§ 207 I AktG, 57c GmbHG). Damit können diese Reserven nicht mehr als Gewinn oder – bei der GmbH – als stammkapitalübersteigendes Vermögen ausgeschüttet werden. Die nominelle Kapitalerhöhung bedeutet also eine Verstärkung der Stellung der Gläubiger und demzufolge eine Kreditstärkung. Wählt ein Alleinaktionär statt des Wegs der Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen den Weg der Einbringung von Vermögenswerten in das Gesellschaftsvermögen als Zuzahlung iSv § 272 II Nr 4 HGB 886 unter Bildung einer Kapitalrücklage und sodann einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln nach § 207 I AktG, wendet das OLG Hamm 887 mit Recht nicht unter Umgehungsgesichtspunkten die Vorschriften über die Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen (§§ 183 ff AktG) an. Durch den nach § 210 IV AktG vorgeschriebenen Zusatz bei der Eintragung der Kapitalerhöhung, dass es sich um eine solche aus Gesellschaftsmitteln handelt, gewährleistet die Regelung dieser Kapitalerhöhung selbst, dass dem Rechtsverkehr deutlich gemacht wird, dass bei der Kapitalerhöhung kein realer Zufluss erfolgt ist. Zudem enthält die Regelung selbst genügende Ansätze zur gegenwartsbezogenen Werthaltigkeitsprüfung der „Zuzahlung“: Die Bildung der Kapitalrücklage muss sich aus einer testierten Bilanz (§§ 316 ff HGB) ergeben, die nicht

882 S § 58 II AktG: Die Satzung kann für den Fall, dass die HV den Jahresabschluss feststellt, bestimmen, dass bis zu 50 % in Rücklagen einzustellen sind. Ohne Satzungsregelung können Vorstand und Aufsichtsrat bis zu 50 % in die Rücklage einstellen. Die Satzung kann zur Einstellung über 50 % ermächtigen, es sei denn, die Rücklagen erreichen die Hälfte des Grundkapitals. Ohne Satzungsgrundlage kann noch die HV im Gewinnverwendungsbeschluss die freien Rücklagen bedienen. S dazu aber § 254 AktG. 883 Europäischer Rechtsvergleich im Hinblick auf die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln bei Hirte/ Butters, ZBB 1998, 286. 884 Gesetz über die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln und über die Verschmelzung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung – Kapitalerhöhungsgesetz – v 23.12.1959. Das Kapitalerhöhungsgesetz ist durch Art 5 des Gesetzes zur Bereinigung des Umwandlungsrechts (v 28.12.1994, BGBl I S 3210) aufgehoben worden. 885 Der BGH wendet die Vorschriften analog an auf das Schütt-aus-hol-zurück-Verfahren (o Rn 294). 886 In dem vom OLG Hamm (nä Fn) entschiedenen Fall Einbringung von Anteilen an einer GmbH unter Ergänzung durch eine Barzahlung. 887 ZIP 2008, 1475.

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III. Die nominelle Kapitalerhöhung älter als acht Monate ist (§ 209 I AktG) 888. §§ 317 I, 319 I HGB beziehen die Prüfung der Bilanz auch auf die Werthaltigkeit der Zuzahlungen. Weiter haben Vorstand und Aufsichtsratsvorsitzender (die Anmeldenden gemäß §§ 207 II 1, 184 I 1 AktG) bei der Anmeldung zu erklären, dass nach ihrer Kenntnis seit dem Stichtag der Bilanz bis zum Tage der Anmeldung der Kapitalerhöhung keine Vermögensminderung eingetreten ist (§ 210 I 2, II AktG). Das OLG zieht aus dem umgehungsnahen Vorgang in seinem Fall nur die Konsequenz, dass das Prüfungsermessen des Registergerichts (§ 210 III AktG) dahin eingeschränkt ist, dass das Registergericht bei Anhalt für Zweifel an den Grundlagen der Werthaltigkeitsprüfung eigene Feststellungen zu treffen hat.

Bei der AG sind den Aktionären bei einer Kapitalerhöhung durch Ausgabe neuer Aktien diese Aktien zwingend zugewiesen (§ 212 AktG, sog Gratisaktien). Im Fall von Stückaktien kann die Ausgabe neuer Aktien unterbleiben (§ 207 II 2 AktG). In diesem Fall verteilt sich das erhöhte Kapitals auf die vorhandenen Stückaktien und erhöht sich deren anteiliger Betrag (§ 8 III 3 AktG). Bei der GmbH gibt es, wie angeführt, vorbehaltlich des § 57 l II 2 GmbHG (teileingezahlte Anteile) die zwei Arten der Kapitalerhöhung durch Ausgabe neuer Anteile und durch Erhöhung des bisherigen Nennbetrags der Anteile (§ 57h I 1 GmbHG). Der Grund für die Beschränkung auf die Erhöhung des Nennbetrags im Fall teileingezahlter Anteile besteht darin, dass bei teileingezahlten Anteilen die Möglichkeiten der Kaduzierung (§ 21 GmbHG) und Verwertung (§ 23 GmbHG) für die Beteiligung der Gesellschafter als eine einheitliche bestehen, die ja durch die nominelle Kapitalerhöhung nur dem Gesellschaftsvermögen angepasst wird. Insbesondere die sonst denkbaren selbstständigen Teilrechte (§ 57k GmbHG) sollen hier ausgeschlossen sein. Auch bei der GmbH ist, wenn hier die Kapitalerhöhung durch Ausgabe neuer Anteile erfolgt, die Ausgabe der neuen Anteile als Gratisgeschäftsanteile an die bisherigen Gesellschafter zwingend (57j GmbHG). Die Gratisaktien bzw -anteile sind selbstverständlich veräußerlich, sie bedeuten einen Dividenden- bzw Ausschüttungsersatz. Bei der börsennotierten AG ist nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage die Folge der Ausgabe von Gratisaktien, dass der Börsenkurs der Aktien regelmäßig sinkt. Das hat den Vorteil, dass der Erwerb der Aktien für Kleinanleger wieder möglich wird. Dadurch steigt auch die Möglichkeit, anschließend an die nominelle eine effektive Kapitalerhöhung durchzuführen. Was die für die Umwandlung in Garantiekapital erforderlichen Rücklagen betrifft, unterscheidet das Gesetz die Fälle, dass nur die letzte Jahresbilanz oder dass zusätzlich eine aktuelle Zwischenbilanz zugrunde gelegt wird. Ausschließlich auf den Rücklagenausweis in der Jahresbilanz kann die Kapitalerhöhung nach §§ 209 I AktG, 58e I GmbHG gestützt werden, wenn der Stichtag der Bilanz höchstens 8 Monate vor der Anmeldung des Erhöhungsbeschlusses zur Eintragung in das Handelsregister liegt. Liegt der Stichtag längere Zeit zurück, muss eine Zwischenbilanz aufgestellt und der Beschluss auf die Erhaltung der Rücklagen in dieser gestützt werden. Auch in diesem Fall bedarf es allerdings jedenfalls aktienrechtlich zusätzlich des Ausweises der Rücklagen in der letzten Jahresbilanz. Dies ist aus dem Erfordernis der Rücklagenzuweisung begründet, für die das AktG in § 58 die Kompetenz an

888 Entsprechendes gilt für die GmbH nach § 57i I iVm § 57a, 9c GmbHG, dazu BGHZ 135, 381 (das OLG zitiert BGHZ 113, 335, das ist aber die Entscheidung, die das Schütt-aus-Hol-zurück-Verfahren als verdeckte Sacheinlage eingeordnet hat; die Heilung in Anwendung der Regeln des GmbHG über die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln hat der BGH in BGHZ 135, 381 entwickelt).

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die Aufstellung des Jahresabschlusses und die Verwendung des Jahresüberschusses knüpft und dies wegen der Abgrenzung zum Gewinnanspruch der Aktionäre zwingend ist 889. Für die GmbH müsste demgegenüber die Satzungsautonomie gelten, im Anschluss an § 57 II GmbHG vertritt die Literatur jedoch dieselbe Beschränkung wie im Aktienrecht 890. Jedenfalls sollte aber – und dies für AG und GmbH gleichermaßen – das Erfordernis eines Rücklagenausweises auch im Jahresabschluss bei Zustimmung aller Gesellschafter zu einer Zwischenbilanz mit Rücklagenzuweisung überwindbar sein. Der dem Kapitalerhöhungsbeschluss zugrunde gelegte Rücklagenausweis muss durch Prüfung der Bilanz und uneingeschränkten Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers gesichert sein (auch bei Zugrundelegung einer Zwischenbilanz, s §§ 209 III–VI AktG, 57f GmbHG) 891.

IV. Die Kapitalherabsetzung 1. Die verschiedenen Fälle der Kapitalherabsetzung 587

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Zur Herabsetzung des Kapitals 892 unterscheidet das Gesetz nicht eine effektive und eine nominelle Kapitalherabsetzung bzw entsprechend den gesetzlichen Kategorien der Kapitalerhöhung zwischen einer Kapitalherabsetzung unter Auszahlung von Einlagen und einer Kapitalherabsetzung unter Aufhebung der Vermögensbindung für einen Teil der Gesellschaftsmittel. Eine Kapitalherabsetzung unter Auszahlung von Einlagen kann es bei der AG schon deshalb nicht geben, weil es bei der AG keine Rückzahlung der Einlagen gibt, sondern die Aktionäre auf die Gewinnauszahlung beschränkt sind (§ 57 I 3 AktG). Weiter ist die Kapitalherabsetzung allgemein im Hinblick auf den Gegensatz zwischen effektiver und nomineller Veränderung von der Kapitalerhöhung dadurch unterschieden, dass die Kapitalerhöhung eine zusätzliche feste Vermögensbindung einführt, dh einen neuen festen Kapitalisierungszustand schafft, hinsichtlich dessen man klar zwischen nominell und effektiv unterscheiden kann, die Kapitalherabsetzung aber demgegenüber nur freigibt. Die Herabsetzung schafft Freiräume, die jetzt oder in den kommenden Geschäftsjahren unterschiedlich genutzt werden können. So kommt es, dass bei einer Kapitalherabsetzung immer Auszahlungen möglich, dass sie aber nie fest vorzusehen sind, und dass auch bei einer Kapitalherabsetzung, die man im Ansatz als nominell bezeichnen könnte, Vermögensauszahlungen denkbar sind, allerdings erst in einem späteren Zeitraum. AktG und GmbHG unterscheiden zwischen der Kapitalherabsetzung (§§ 222 ff AktG, 58 GmbHG) und der vereinfachten Kapitalherabsetzung. Das AktG fügt noch die Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien hinzu (§§ 237 ff AktG). Das GmbHG regelt insoweit nur die Einziehung (§ 34 GmbHG), die als solche ohne Wirkung für die Bezifferung von Stammeinlagen und Stammkapital (s insoweit § 34 III GmbHG) ist. Die Einziehungsverfahren werden unten893 bei der Beendigung der Mitgliedschaft behandelt. 889 S Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zum RegE eines BiRiliG BT-Drucks 10/4268 zu Nr 40 S 126. 890 S Baumbach/Hueck/Zöllner § 57d Rn 4. 891 Fehlt die geprüfte Bilanz bei der Beschlussfassung, ist der Beschluss über die Kapitalerhöhung nach § 241 Nr 3 AktG nichtig (BayObLG AG 2002, 397, 398). Dies gilt in entsprechender Anwendung der Vorschrift auch für die GmbH. 892 Zur Kapitalherabsetzung im Zuge der Umstellung auf Euro Heidinger, DNotZ 2000, 661. 893 Rn 671.

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IV. Die Kapitalherabsetzung

Die vereinfachte Kapitalherabsetzung ist im Ansatz eine nominelle Kapitalveränderung (§§ 229 ff AktG, 58a ff GmbHG). Die Grundregelung der Kapitalherabsetzung geht von der Konsequenz aus, dass die Gesellschaft aufgrund der Kapitalveränderung alsbald Auszahlungen vornehmen kann. Deshalb sorgt sie für umfassenden Gläubigerschutz. Die vereinfachte Kapitalherabsetzung kann demgegenüber bei AG und GmbH gleichermaßen dazu dienen, Wertminderungen auszugleichen oder sonstige Verluste zu decken (§§ 229 I 1 AktG, 58a I GmbHG). Bei der AG kann die vereinfachte Kapitalherabsetzung auch noch dazu dienen, Beträge in die Kapitalrücklage einzustellen (§ 229 I 1). § 58b II GmbHG sagt auch etwas von der Kapitalrücklage. Die Bedeutung ist noch zu klären894. Jedenfalls sieht man, dass es zunächst nur um die Änderung der Art der Zuordnung des Gesellschaftsvermögens geht. Aus der geänderten Zuordnung können aber in der Zukunft Auszahlungsmöglichkeiten resultieren.

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2. Der Grundfall der Kapitalherabsetzung Die praktischen Fälle, in denen eine Kapitalherabsetzung um alsbaldiger Auszahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen willen überlegt werden kann, sind vor allem durch Desinvestitionen gekennzeichnet. ZB wird eine Zeche stillgelegt, werden Betriebsgrundstücke verkauft. Nach dem neuen Zuschnitt des Unternehmens kann die bisherige Eigenkapitalbasis überhöht erscheinen. Die Gesellschafter oder die Gesellschaft können an einer höheren Ausschüttung oder anderweitigen Investitionsmöglichkeiten interessiert sein. Die Kapitalherabsetzung kann auch dazu benutzt werden, die Gesellschafter von der Verpflichtung zur Leistung ihrer Einlagen zu befreien (§§ 66 III AktG, 19 III GmbHG). Die Kapitalherabsetzung ist wie die Kapitalerhöhung eine Strukturmaßnahme, zu der es einer Satzungsänderung bedarf. Es gilt insoweit im Wesentlichen das Gleiche wie für die Kapitalerhöhung, auch was den Unterschied zwischen AG und GmbH betrifft, dass bei der AG zwischen dem Veränderungsbeschluss und seiner Durchführung getrennt wird, während das GmbHG nur Zustandekommen und Wirksamwerden des Kapitalveränderungsbeschlusses regelt. Spezifische Probleme der Kapitalherabsetzung sind zwei, das erste ist das des Gläubigerschutzes, das zweite ist, dass bei der Herabsetzung des Garantiekapitals auch die darauf entfallenden Anteile vermindert werden müssen. Was den Gläubigerschutz betrifft, setzt das AktG für Auszahlungen an die Gesellschafter eine Sperrfrist von sechs Monaten vom Zeitpunkt der Bekanntmachung der Eintragung des Herabsetzungsbeschlusses im Handelsregister an. Die Gläubiger können in der Frist, worauf sie in der Bekanntmachung hinzuweisen sind, Befriedigung oder Sicherheitsleistung verlangen (§ 225 AktG) 895. Bei der GmbH ist die Sperre vor der Anmeldung des Herabsetzungsbeschlusses zum Handelsregister gesetzt. Die Geschäftsführung hat den Beschluss drei Mal in den Gesellschaftsblättern (§ 12 GmbHG) unter der Aufforderung an die Gläubiger, sich zu melden, bekanntzumachen, damit diese befriedigt oder sichergestellt werden können. Aus den Handelsbüchern der Gesellschaft ersichtliche oder bekannte Gläubiger erhalten eine besondere Mitteilung. Nur die Gläubiger, die der Herabsetzung des Kapitals nicht zustimmen, sind zu befriedigen oder abzusichern896.

894 U Rn 600. 895 Ausnahme in § 225 I 3 AktG. 896 Der Unterschied zur Regelung bei der AG ist nicht groß. Die Gläubiger der AG haben zwar unbeschränkt das Recht auf Befriedigung oder Sicherstellung. Sie brauchen es aber nicht geltend zu machen.

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Die Sperrfrist beträgt 1 Jahr von der letzten der drei Bekanntmachungen an und gilt für die Anmeldung des Beschlusses zur Eintragung im Handelsregister (§ 58 I Nr 1–4 GmbHG). Die zusammen das Garantiekapital ergebenden Anteile sind im Zuge der Kapitalherabsetzung entsprechend der Herabsetzung zu vermindern. Bei der AG sind die Nennbetragsaktien und die Stückaktien zu unterscheiden. Die Stückaktien vermindern sich ohne Weiteres dadurch, dass jetzt das verminderte Kapital auf die einzelnen Stücke aufgeteilt ist (§ 8 III 2 AktG). Die Zahl der Stückaktien muss nur dann verändert werden, wenn sonst der Quotient aus neuem Kapital und Aktien den Mindestbetrag unterschreiten würde (§ 8 III 3). In diesem Fall ist eine Zusammenlegung der Aktien erforderlich (§ 222 IV 2 AktG). Die Anpassung der Nennbetragsaktien geschieht gem § 222 IV 1 AktG grundsätzlich durch Herabsetzung des Nennbetrags aller Aktien. Wie bei den Stückaktien ist eine Zusammenlegung der Aktien insoweit erforderlich und zulässig, als sonst der Mindestbetrag (§ 8 II 1) unterschritten würde (§ 222 IV 2 AktG). Die erforderliche Zusammenlegung von Stück- oder Nennbetragsaktien erfolgt durch Einreichung der bisherigen Aktien gegen Herausgabe einer im Verhältnis der Herabsetzung verringerten Anzahl. Verfügt der Aktionär nicht über die zur Zusammenlegung zu einer neuen Aktie notwendigen Anzahl alter Aktien oder bleiben Bruchteile seines Bestandes übrig, die nicht einer neuen Aktie entsprechen, so werden seine nicht zureichenden Aktien für kraftlos erklärt (§ 226 I 2 AktG). Der Aktionär kann nur noch einen Anteil am Erlös aus der Veräußerung neuer Aktien erwarten. Die Gesellschaft hat nämlich die neuen Aktien, die auf die Gesamtzahl der für kraftlos erklärten Aktien entfallen, zum Börsenpreis oder, wenn es einen solchen nicht gibt, durch Versteigerung für Rechnung der Betroffenen zu veräußern (§ 226 III AktG). Jedenfalls verliert der Aktionär die Mitgliedschaftsrechte aus den für die Zusammenlegung nicht ausreichenden Aktien. Unter besonderen Voraussetzungen ist eine Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien (Amortisation) möglich (§§ 237 ff AktG). Bei der GmbH sind Garantiekapital und Anteile nicht formal (stücke- oder nennbetragsmäßig) aufeinander bezogen. Dass die Summe der Geschäftsanteile der Gesellschafter mit dem Stammkapital übereinstimmen muss, gilt für Gründung (§ 5 III 1 GmbHG) und Kapitalerhöhung (§ 55 IV iVm § 5 III GmbHG). Dagegen bedeutet die Kapitalherabsetzung nicht notwendig die Herabsetzung der Einlagen und damit der Geschäftsanteile (§ 3 I Nr 4 GmbHG). Das Gesetz muss bei der Kapitalherabsetzung deshalb zunächst nur sichern, dass – vorbehaltlich der Unternehmergesellschaft (§ 5a I GmbHG) – der Mindestbetrag des Stammkapitals nicht unterschritten werden darf (§ 58 II 1 GmbHG). Sodann unterscheidet es, ob die Einlagen im Zuge der Kapitalherabsetzung unverändert bleiben sollen oder ob Einlagezahlungen erlassen oder zurückgewährt werden sollen (§ 58 II 2 GmbHG). Im ersteren Fall ändert sich durch die Kapitalherabsetzung nur das Maß des nach §§ 30 ff GmbHG gebundenen Vermögens 897. Nur im letzteren Fall müssen über den Mindestbetrag des Stammkapitals hinaus die Übereinstimmung der Nennbeträge der Geschäftsanteile mit dem Stammkapital (§ 5 III 2 GmbHG) und der Mindestnennbetrag pro Geschäftsanteil (§ 5 II 1 GmbHG) gewährleistet werden (§ 58 II 2 GmbHG).

897 Soll durch die Kapitalherabsetzung eine Unterbilanz beseitigt werden, ist § 57h GmbHG aus dem Recht der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln einzuhalten (Baumbach/Hueck/Zöllner § 58 Rn 9).

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IV. Die Kapitalherabsetzung

3. Die vereinfachte Kapitalherabsetzung a. Anwendbarkeit und Bedeutung Die vereinfachte Kapitalherabsetzung ist eine Herabsetzung, bei der vorerst eine Auszahlung an die Gesellschafter ausgeschlossen ist. Die Kapitalherabsetzung kann zunächst einmal zum Ausgleich von Wertminderungen und zur Deckung sonstiger Verluste dienen (§§ 229 I 1 AktG, 58a I GmbHG). Es geht um den Ausgleich erwarteter Wertminderungen oder Verluste. §§ 232 AktG, 58c GmbHG regeln den Fall, dass sich die Erwartung nicht erfüllt. Unterschiedlich formulieren §§ 229 AktG und 58a GmbHG, was einen weiteren möglichen Zweck der vereinfachten Kapitalherabsetzung betrifft: die Einstellung von Beträgen in die Kapitalrücklage. § 229 I 1 AktG nennt ihn als weiteren möglichen Zweck neben dem ersteren. In Bezug auf beide zulässigen Zwecke bestimmt Absatz 2 neben der Voraussetzung, dass kein Gewinnvortrag vorhanden ist, vorrangig durchzuführende Maßnahmen: Erst einmal müssen etwaige Gewinnrücklagen aufgelöst werden sowie ebenfalls die gesetzliche Rücklage und die Kapitalrücklage, soweit diese beiden zusammen 10 % des neuen Grundkapitals übersteigen. Dh, was insbesondere den Zweck der Einstellung in die Kapitalrücklage betrifft, darf die Kapitalherabsetzung nur insoweit vorgenommen werden, als die durch Kapitalherabsetzung frei werdenden und einzustellenden Beträge die Kapitalrücklage zusammen mit der gesetzlichen Rücklage auf höchstens 10 % des neuen Grundkapitalbetrags ansteigen lassen. Entgegen § 229 I AktG nennt § 58a I GmbHG als zulässigen Zweck der vereinfachten Kapitalherabsetzung nur den Ausgleich von Wertminderungen oder sonstigen Verlusten. Dann folgen in Absatz 2 die Grenzen betreffend Gewinnvortrag und Rücklagen, die § 229 II AktG entsprechen: Was die Rücklagen betrifft, darf nur eine Summe von Kapital- und Gewinnrücklagen in Höhe von maximal 10 % des neuen Stammkapitals übrig bleiben. Höhere Rücklagen sind „vorweg aufzulösen“. Im Unterschied zu § 229 AktG spricht das GmbHG nicht von der gesetzlichen Rücklage. Die gibt es entgegen § 150 AktG bei der GmbH nicht. In einem weiteren Unterschied sind bei der GmbH die Gewinnrücklagen nicht vollständig aufzulösen, sondern nur Gewinn- und Kapitalrücklage zusammen, soweit sie 10 % des neuen Stammkapitals übersteigen. Letztlich keinen Unterschied des GmbH-Rechts zum Aktienrecht bedeutet es demgegenüber, dass § 58a I GmbHG als zulässigen Zweck der vereinfachten Kapitalherabsetzung nicht die Einstellung in die Kapitalrücklage erwähnt. § 58b II 1 ergänzt, dass „daneben“ die gewonnenen Beträge in die Kapitalrücklage eingestellt werden dürfen, soweit die 10 %-Grenze nicht überschritten wird. „Daneben“ kann nicht heißen, dass die Kapitalherabsetzung immer in erster Linie zur Deckung von Verlusten dienen muss. Das wäre neben der 10 %-Grenze ohne Sinn, insbesondere ohne rechtfertigenden Grund im Vergleich zur Regelung des Aktienrechts. Die 10 %-Grenze des § 58b II GmbHG ist noch in einer weiteren Hinsicht zur Klärung einer unklaren Formulierung maßgeblich: Die Rede in § 58a II GmbHG davon, dass Rücklagen „vorweg aufzulösen“ sind, heißt nicht, dass zur Deckung von Verlusten zunächst die Rücklagen zu verwenden sind. Die gesamte Kapitalherabsetzung kann so geplant werden, dass neben dem verringerten Stammkapital Rücklagen unter Wahrung der 10 %-Grenze je nachdem verbucht bleiben oder verbucht werden 898.

898 Zutreffend Baumbach/Hueck/Zöllner § 58b Rn 6: Die Vorschrift bestimme eine Zulässigkeits-, aber keine Buchungsgrenze. Beispiel: Ist bei einem Stammkapital von 100.000 und Rücklagen von 43.000 ein erwarteter Verlust von 42.000 auszugleichen, so muss dieser nicht voll durch Auflösung der Rücklagen gedeckt

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E. Die Änderung des gezeichneten Kapitals

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Die Kapitalherabsetzung und ebenso die Auflösung von Rücklagen zur Deckung von Verlusten sind aus den Begriffen des Verlustes, des Garantiekapitals (nach § 266 III A I HGB „gezeichnetes Kapital“) und der Rücklagen zu verstehen. Verlust ist eine negative Entwicklung des Reinvermögens der Gesellschaft (des Saldos aus Aktivawerten und Verbindlichkeiten/Belastungen), er kann entweder durch eine Minderung der Aktivavermögenswerte oder durch eine Steigerung der Verbindlichkeiten/Belastungen entstehen, häufig kommt auch beides zusammen. In der Bilanz ist ein Verlust, vorbehaltlich des Falls eines nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrages (§ 268 III HGB), als negativer Betrag auf der Passivseite zu buchen (§ 266 III A IV, V HGB). Gezeichnetes Kapital und Rücklagen sind demgegenüber Bilanzpassivposten zur Berücksichtigung von Vermögensmehrungen der Gesellschaft. Mit dem ersteren Posten werden die aufgrund der Kapitalzeichnung einzubringenden Vermögenseinlagen berücksichtigt, mit den Rücklagen sonstige Einlagen und Gewinne im Gesellschaftsvermögen. Treten jetzt Verluste ein, so kann dies bedeuten, dass das Reinvermögen der Gesellschaft nicht mehr dem gezeichneten Kapital und den Rücklagen entspricht. Insoweit bedeuten Verluste zunächst einmal, dass die genannten Passivposten (Rücklagen oder Garantiekapital) nicht gedeckt sind. Wenn das Gesetz jetzt umgekehrt in §§ 58a I GmbHG, 229 I AktG von der „Deckung von Verlusten“ spricht, so geht es um die Verminderung der Passivposten dergestalt, dass die verminderten Passivposten jetzt doch vom Vermögenssaldo gedeckt sind bzw, wie das Gesetz sich ausdrückt, jetzt ihrerseits diesen decken 899. Wird das gezeichnete Kapital zur Deckung von Verlusten herabgesetzt, so ändert sich die materielle Rechtsposition der Gesellschaft und der Gesellschafter in der Gesellschaft, wie folgt: Der Verlust als Minderung des im Restbetrag (nach Abzug der Belastungen) den Gesellschaftern zustehenden Vermögens bleibt bestehen. Die Gesellschafter haben insofern weiterhin weniger Vermögensaussicht. Es bleibt auch bestehen, dass alles Reinvermögen (Aktiva nach Abzug der Belastungen) den derzeitigen Gesellschaftern zusteht. Was sich ändert, ist folgendes: Erstens die Art und Weise, in der das Vermögen den Gesellschaftern zusteht: Mit der Kapitalherabsetzung wird bewirkt, dass künftige Gewinne nicht zunächst noch im gebundenen Vermögen eintreten (also die Deckung des Garantiekapitals erst wieder „auffüllen“ müssen), sondern zur Gewinnverwendung, auch zur Ausschüttung an die Gesellschafter, zur Verfügung stehen. werden, so dass nur noch Rücklagen von 1.000 übrig bleiben. Nach § 58b II GmbHG dürfen nur nicht Rücklagen von mehr als 10 % des herabgesetzten Stammkapitals verbleiben. Das muss bei der Kapitalmaßnahme berücksichtigt werden. Diese ist aber vom Ergebnis her zu planen, nichts ist „vorweg aufzulösen“. Die Gesellschaft kann also etwa eine Kapitalherabsetzung auf 92.000 durchführen. Dann dürfen in Höhe von 10 % des neuen Kapitals = 9.200 Rücklagen verbleiben. In Höhe der Differenz zum bisherigen Rücklagenbetrag (43.000./.9.200 = 33.800) sind die Rücklagen zwingend zur Verlustdeckung aufzulösen. Es bleibt übrig ein Verlustbetrag von 8.200 (42.000./.33.800). In Höhe von 8.000 ist der Betrag durch die Kapitalherabsetzung von 100.000 auf 92.000 gedeckt, es verbleibt ein Verlust-Restbetrag von 200, der noch aus den Rücklagen zu decken ist. Ergebnis: Neues Stammkapital 92.000, Rücklagen von 9.000. 899 Der Bilanzbegriff der „Deckung“ hat also den Charakter eines Chamäleons: Einerseits werden die Passivposten durch das Vermögen gedeckt, andererseits decken sie ihrerseits das Vermögen. Wenn man sagt: das Stammkapital ist gedeckt, meint man, dass ein Reinvermögen in Höhe des Stammkapitals vorhanden ist. Wenn das Gesetz in § 268 III HGB vom „nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag“ spricht, meint es die Deckung in der Gegenrichtung: Verluste, die nicht mehr den Vermögenssaldo in Höhe des Eigenkapitals (Rücklagen, gezeichnetes Kapital) nur vermindern, sondern darüber hinausgehen. Folge für die Kapitalherabsetzung: Man kann Verluste dadurch decken, dass man Eigenkapitalposten vermindert und die verminderten Posten das verminderte Reinvermögen wieder decken.

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IV. Die Kapitalherabsetzung

Zweitens nehmen die bisherigen Gesellschafter durch die Verlustdeckung den Verlust auf ihre Rechnung, dh sie tragen ihn durch die Anpassung ihrer Aktien oder Geschäftsanteile gemäß der Verminderung des Garantiekapitals. Auch das GmbHG sorgt dafür, indem es bei der vereinfachten Kapitalherabsetzung ebenso, wie dies bei der Kapitalherabsetzung im Fall der AG generell zutrifft, die Geschäftsanteile an die Kapitalveränderung anpassen lässt: Im Unterschied zur gewöhnlichen Kapitalherabsetzung bei der GmbH (§ 58 II) müssen hier die Nennbeträge der Geschäftsanteile entsprechend dem verminderten Stammkapital herabgesetzt werden (§ 58a III 1). Die Verlusttragung durch die Anpassung der Aktien und der Geschäftsanteile bedeutet, näher betrachtet: Dem bisherigen Garantiekapital entspricht die Anteilsberechtigung der derzeitigen Gesellschafter. Jeder Vermögenszuwachs der Gesellschaft kommt den bisher beteiligten Gesellschaftern in dieser Anteilsverteilung zu. Beteiligen sich neue Kapitalgeber, so wird das gezeichnete Kapital erhöht. Das erhöhte Kapital verteilt sich unter Berücksichtigung der alten Anteile auf alte und neue Beteiligte. Würden das Kapital und entsprechend die Anteile der bisherigen Gesellschafter nicht zuvor herabgesetzt, so nähmen die neuen Beteiligten an dem vor ihrem Hinzutreten eingetretenen Verlust am gezeichneten Kapital teil. Indem im Rahmen der Kapitalherabsetzung die Anteile der bisherigen Gesellschafter herabgesetzt werden, entfällt der Verlust allein auf die bisherigen Gesellschafter. Sie schaffen damit Platz für Kapitalerhöhungen, an der neue Kapitalgeber vernünftigerweise teilnehmen können.

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Beispiel: Nehmen wir an, das Grundkapital einer AG betrage € 8 Mio € und sei in 8.000 Aktien à 1.000 € aufgeteilt. Das Reinvermögen der Gesellschaft soll nach erheblichen Verlusten der Gesellschaft nur noch 4 Mio € betragen. Die Aktien sind damit in Wirklichkeit nur noch die Hälfte wert: Würde die Gesellschaft jetzt liquidiert, bekäme jeder der 8.000 Aktionäre nur 500 €. Würde – ohne Liquidation – von dem Stand des Verlusteintritts aus eine Kapitalerhöhung in Höhe von 4 Mio € vorgenommen, so brauchte man dazu 4000 neue Aktien. Würden diese gezeichnet und die Einlagen aufgebracht, hätten wir ein Reinvermögen von 8 Mio €. Dieses würde 12.000 Aktionären zustehen. Würde jetzt liquidiert, bekämen die alten Aktionäre statt 500 € 666,66 €, dasselbe bekämen die neuen Aktionäre für ihre Einzahlung von 1.000 €. Folglich würden die neuen Aktionäre vernünftigerweise auch nur je 666,66 € für ihre Aktie zahlen. Die Aktien wären damit zu pari gar nicht unterzubringen. Eine Ausgabe unter pari ist unzulässig (§ 9 I AktG) und würde den benötigten Betrag von 4 Mio € nicht erbringen. Deshalb muss erst das Kapital auf 4 Mio € herabgesetzt werden, unter Beschränkung der alten Aktionäre, danach kann es wieder auf 8 Mio € erhöht werden.

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Deshalb setzt eine Kapitalerhöhung häufig eine Kapitalherabsetzung voraus. Ein solcher „Kapitalschnitt“ ist tägliches Brot bei Sanierungsbedarf der Gesellschaft. Im Fall einer Kapitalherabsetzung bei gleichzeitiger Kapitalerhöhung ist ausnahmsweise die Unterschreitung des Mindestgrund- bzw -stammkapitalbetrags zulässig (§§ 228 I AktG, 58a IV GmbHG). Weiter kann mit der Kapitalherabsetzung auch die Kapitalerhöhung schon auf das letzte Geschäftsjahr zurückbezogen werden (§§ 234, 235 AktG, 58e, f GmbHG) 900.

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900 Eine vereinfachte Kapitalherabsetzung muss immer dann, wenn nur sie im zeitlichen Ablauf zum Ziel führt und Überbrückungskredite und dgl nicht oder unter zu großen Aufwendungen zu erlangen sind, der Gesellschaft möglich sein. Die Verweisung insbes des Aktienrechts auf die Rücklagenauflösung (§§ 229 II, 231 AktG) bedeutet keine Beschränkung auf die Rücklagenauflösung im Jahresabschluss. Wenn zB die Vorschrift des § 150 IV AktG auf Beträge der Jahresbilanz verweist, liegt das daran, dass dort nur der Jahresabschluss im Blick ist. Die Beschränkung auf den Jahresabschluss muss allerdings insoweit gelten, als nicht nach der Feststellung des Jahresabschlusses nun plötzlich doch eine andere Rücklagengestaltung in der turnusmäßigen Rechnungslegung vorgenommen werden kann. Etwas anderes muss aber für die vereinfachte Kapitalherabsetzung als Sanierungsmaßnahme gelten. Insoweit tritt eine

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E. Die Änderung des gezeichneten Kapitals

b. Gläubigerschutz bei der vereinfachten Kapitalherabsetzung und Sanktionen 608

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Bei der auf Wertminderungsausgleich, Verlustdeckung und/oder Zuführung zur Kapitalrücklage eingeschränkten vereinfachten Kapitalherabsetzung besteht Gefahr für die Gläubiger dadurch, dass aufgrund der bilanziellen Entwicklung im Jahr nach dem Ausgleich der Wertminderungen etc theoretisch wieder Gewinnausschüttungen möglich werden können. Solche werden in §§ 233 I AktG, 58d I GmbHG unter die Voraussetzung eines Mindestbestandes der Rücklagen gestellt, bei der AG des Bestandes der gesetzlichen Rücklage und der Kapitalrücklage, bei der GmbH des Bestandes der Gewinn- und der Kapitalrücklagen, darüber hinaus hier beschränkt auf die Dauer von 5 Geschäftsjahren. Bei der GmbH, bei der es keine gesetzliche Rücklage gibt, begründet zudem § 58b III GmbHG – ebenfalls für 5 Jahre – eine Verwendungsbindung für den Fall, dass im Rahmen der Kapitalherabsetzung die Kapitalrücklage aufgestockt wird. Zusätzlich gilt für AG wie GmbH eine Sperre der Gewinnauszahlung für eine Zeit von zwei Geschäftsjahren bezüglich eines Gewinnanteils von mehr als 4 % (§§ 233 II 1 AktG, 58d II 1 GmbHG), es sei denn, dass zuvor die Gläubiger befriedigt oder sichergestellt worden sind, die sich in einer 6-Monats-Frist von der Bekanntmachung des Jahresabschlusses über die Gewinnverteilung angemeldet haben (§§ 233 II 2 AktG, 58d II 2 GmbHG) 901. Beschlüsse, die diese Gläubigerschutzvorschriften verletzen, sind nichtig (§ 241 Nr 3 AktG in direkter oder analoger Anwendung). Bei unzulässigen Auszahlungen haften die Organe der Gesellschaft und den Gläubigern (s § 93 V 1, 2 AktG) auf Schadensersatz, der auch auf Herstellung der Lage wie bei ordentlicher Kapitalherabsetzung, dh auf Sicherstellung der Gläubiger gerichtet sein kann (s § 58 I Nr 2 GmbHG). Anders als die Verletzung der Gläubigerschutzvorschriften führt die Verletzung der Vorschriften über die Zwecke der vereinfachten Kapitalherabsetzung und die Vorwegauflösung der über 10 % des verminderten Garantiekapitals hinausgehenden Rücklagen nur zur Anandere Situation ein, als im Jahresabschluss vorausgesehen. Diese andere Situation kann auch nach § 229 AktG den Aktionären unterbreitet werden (Beschlussfassung nach § 229 I 2, III mit § 222 I AktG), ohne dass § 229 AktG eine zeitliche Beschränkung enthält. Im Rahmen dieser Unterbreitung ist es jedenfalls möglich, eine Bilanz aufzustellen und daraus die Rücklagensituation ersichtlich zu machen. Die Jahresbilanz ist nur eine Pflichtbilanz; dass nicht auch zu anderen Zeitpunkten bilanziert werden darf, ist damit nicht gesagt (s auch § 92 AktG mit der Zwischenbilanz). Wenn aber nach § 229 AktG den Aktionären die Beschlussfassung zur vereinfachten Kapitalherabsetzung jederzeit angetragen und dazu weiter die Rücklagensituation bilanziell dargestellt werden darf, ist nicht einzusehen, weshalb, wenn zu der vereinfachten Kapitalherabsetzung eine Rücklagenauflösung nötig ist, diese Rücklagenauflösung nicht zur Verwirklichung der vereinfachten Kapitalherabsetzung soll vorgenommen werden können. Insofern ist, entgegen KK/Lutter § 229 Rn 26, nicht an den Wortlaut des § 229 AktG mit seinen untechnischen Begriffen (Wertminderungen und sonstige Verluste) anzuknüpfen, sondern an das Institut der vereinfachten Kapitalherabsetzung einerseits und den beschränkten Sinn der Regelung, dass § 150 IV AktG auf Beträge der Jahresbilanz verweist, andererseits. – Für die GmbH gilt ganz das Gleiche. 901 Anderes gilt merkwürdigerweise iR der Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien in der vereinfachten Gestaltung des § 237 III, IV AktG. Es werden danach zwar keine Mittel der Gesellschaft, die gebunden sind, zur Gegenleistung in Anspruch genommen, aber mit der Einziehung der Aktien verringert sich das Grundkapital. Das führt, wenn die Aktien nicht zum Nominalwert aktiviert waren und so die Verringerung des Grundkapitals durch Wegfall dieses Aktivums ausgeglichen wird, notwendig zu einem Buchgewinn. § 237 V AktG sagt nur, dass ein den eingezogenen Aktien entsprechender Betrag des Grundkapitals in die Kapitalrücklage einzustellen ist. Aus der Rücklage kann ein Verlust gedeckt werden, § 150 III AktG. Damit können die in der Folgezeit entstehenden Betriebsgewinne ausgeschüttet werden, die Grenze des § 233 AktG ist nicht maßgeblich. S KK/Lutter § 237 Rn 112 f.

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IV. Die Kapitalherabsetzung

fechtbarkeit. Die Vorschriften zu dem Fall, dass die angenommenen Grundlagen der Herabsetzungsmaßnahme nicht zutreffen (§§ 232 AktG, 58c GmbHG), zeigen, dass es nur um die richtige Buchung geht, aber nicht wegen Nichtigkeit die ursprüngliche Höhe des Garantiekapitals in Geltung bleibt. c. Die Fälle Hilgers und Sachsenmilch Im Fall Hilgers 902 hat der BGH bei einer Kapitalherabsetzung auf Null, mit der eine Kapitalerhöhung verbunden war, eine Gesetzesverletzung durch den HV-Beschluss angenommen, durch den eine Anzahl von Minderheitsaktionären aus der Gesellschaft ausgeschlossen wurden 903. Das Grundkapital von 6,93 Mio DM (eingeteilt in 138.600 Aktien à 50 DM) war auf null herabgesetzt und gleichzeitig auf 115.500 DM (2.310 Aktien à 50 DM) erhöht worden. Den Aktionären war ein Bezugsrecht eingeräumt worden. Aufgrund der Relation (138.600 alte zu 2.310 neuen Aktien) waren 60 alte Aktien für den Umtausch in eine neue erforderlich. Wäre der Nennbetrag der neuen Aktien demgegenüber, wie zulässig (zur Zeit, in der der Fall sich ereignet hat), auf 5 DM festgesetzt worden, hätten 6 Aktien zum Umtausch ausgereicht. Die Folge der Beibehaltung des alten Nennbetrags von 50 DM bei der Kapitalerhöhung war, dass viele Kleinaktionäre – ohne Bezugsrechtszukauf, dessen Möglichkeit nach dem Sachverhalt überdies zweifelhaft war – aus der Gesellschaft ausscheiden mussten. Dies kam dem Mehrheitsaktionär der Gesellschaft zugute. Der BGH hat die Verletzung der Treuepflicht durch den Mehrheitsaktionär angenommen. Der Nennbetrag von 50 DM sei aus der Zeit, in der das Gesetz einen Mindestnennbetrag der Aktie von 50 DM gefordert hatte, übrig geblieben. Die Beibehaltung in einer Zeit mit einem geringen Mindestnennbetrag sei sachlich nicht gerechtfertigt.

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Im Fall Sachsenmilch 904 hat der BGH demgegenüber gegen die ausgeschlossenen Minderheitsaktionäre entschieden. In diesem Fall ging es um die Sanierung der in Gesamtvollstreckung gefallenen Sachsenmilch-AG. Diese hatte ein Grundkapital von 75 Mio DM, eingeteilt in 37.500 Stück vinkulierte Namensaktien à 1.000 DM (= 37,5 Mio) und 750.000 Stück Inhaberaktien à 50 DM (= 37,5 Mio). In Vorbereitung waren Investitionsmaßnahmen des Müller-Milch-Konzerns, auf dessen Holding-Tochter der Vollstreckungsverwalter schon das Anlagevermögen der beklagten Gesellschaft übertragen hatte. Die Maßnahmen waren unter der Voraussetzung des Mehrheitserwerbs des M-Konzerns im Rahmen einer Kapitalherabsetzung auf den Mindestnennbetrag (seinerzeit 100.000 DM) in Aussicht gestellt. Das Grundkapital sollte demgemäß von 75 Mio DM auf 100.000 DM herabgesetzt werden. Das entspricht einer Kapitalherabsetzung im Verhältnis 750 zu 1. Der nicht zu unterschreitende Mindestbetrag pro Aktie betrug damals 5 DM. Durch Herabsetzung des Nennbetrags auf 5 DM konnte das in Namensaktien eingeteilte Kapital auf 187.500 DM, das in Inhaberaktien eingeteilte Kapital auf 3.750.000 DM herabgesetzt werden. Die weitere Kapitalherabsetzung auf 100.000 DM musste durch Zusammenlegung der Aktien vollzogen werden. Die 37.500 Namensaktien und die 3.750.000 Inhaberaktien mussten so weit zusammengelegt werden, dass sie jeweils 50.000 DM des Grundkapitals repräsentierten. Die Namensaktien gehörten einer S-Beteiligungs-AG und konnten von dieser ohne Weiteres in neue Aktien umgetauscht werden. Für die breit gestreuten Inhaberaktien bedeutete die Zusammenlegung eine solche im Verhältnis von 3.750.000 : 50.000 = 75 : 1. Das hieß für viele Aktionäre, dass sie die für die Umwandlung auf eine neue Aktie erforderliche Zahl von Aktien nicht besaßen. Kauften sie nicht die erforderliche Anzahl hinzu oder konnten sie dies nicht, war die Kraftloserklärung ihrer Aktien nach § 226 AktG (unter Veräußerung der neuen Aktien, die auf die für kraftlos erklärten Aktien entfielen, für Rechnung der Altaktionäre) unvermeidlich. Von dieser Konsequenz bedrohte Minderheitsaktionäre haben gegen die Kapitalherabsetzungsbeschlüsse (des Namensaktionärs und der Inhaberaktionäre, § 222 II 1, 2 AktG) Anfechtungsklage erhoben.

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902 BGHZ 142, 167 = NZG 1999, 1158 mit Anm Rottnauer. 903 Gegen die Möglichkeit eines Hinaussetzens der Minderheitsaktionäre durch Kapitalherabsetzung auf Null Priester, DNotZ 2003, 592. 904 BGHZ 138, 71. Berufungsentscheidung OLG Dresden ZIP 1996, 1780. Entscheidung nach Zurückverweisung durch den BGH OLG Dresden AG 2001, 489.

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E. Die Änderung des gezeichneten Kapitals LG und Berufungsgericht haben der Klage stattgegeben. Das OLG Dresden hat gemeint, die Beschlüsse bedürften ebenso, wie dies nach der Kali & Salz-Rechtsprechung für den Ausschluss des Bezugsrechts bei einer Kapitalerhöhung zutreffe, der sachlichen Rechtfertigung und erfüllten dieses Erfordernis nicht. Der BGH hat demgegenüber eine materielle Beschlusskontrolle entsprechend den Erfordernissen für einen Bezugsrechtsausschluss abgelehnt und nur wegen der vom Berufungsgericht nicht mehr geprüften Möglichkeit, dass das Auskunftsrecht der Aktionäre verletzt sei, zurückverwiesen. Eine Kapitalherabsetzung zu Sanierungszwecken könne auch ohne gleichzeitige Kapitalerhöhung durchgeführt werden, und zwar sogar dann, wenn sich die Gesellschaft im Insolvenzverfahren befinde. Eine etwaige Gläubigergefährdung beruhe nicht auf der Kapitalherabsetzung, sondern auf den bereits eingetretenen Verlusten. Der Ausschluss der Minderheitsaktionäre bedürfe keiner besonderen sachlichen Rechtfertigung. Die gesetzliche Regelung (insbesondere die Stufung in Herabsetzung des Nennbetrags und erst als ultima ratio zulässige Zusammenlegung, § 222 IV) enthalte die erforderliche Abwägung selbst. Die Minderheitsaktionäre könnten durch Zukauf weiterer Teilrechte die zum Erwerb neuer Aktien erforderliche Anzahl erreichen oder aber ihre unzureichenden „Spitzen“ veräußern 905.

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Im Fall Hilgers wie im Fall Sachsenmilch haben wir Gestaltungen zur Umgehung des Bestandsschutzes der Beteiligung von Minderheitsaktionären vor uns 906. In beiden Fällen ist der BGH den Gestaltungen aufgesessen. Im Fall Hilgers hat er aber wenigstens im Ergebnis richtig entschieden. In diesem Fall ist die Regelung des § 222 IV AktG umgangen worden, mit ihrer Stufung: erst Herabsetzung des Nennbetrags, nur als ultima ratio die Zusammenlegung. Umgangen worden ist die Regelung dadurch, dass eine Kapitalherabsetzung auf null beschlossen und dann der gewünschte Nennbetrag durch eine in Verbindung mit der Herabsetzung beschlossene Erhöhung erreicht worden ist. Selbstverständlich handelte es sich aber schlicht um eine Kapitalherabsetzung auf den gewünschten Nennbetrag. § 222 IV AktG war anzuwenden, die Herabsetzung des Nennbetrags, soweit möglich, ging nach dieser Vorschrift zwingend vor. Im Fall Sachsenmilch bestand die Umgehung darin, dass die notwendige Kapitalmaßnahme bei dem ersten Teil, der Kapitalherabsetzung, künstlich abgebrochen worden ist. Die bloße Kapitalherabsetzung im Gesamtvollstreckungsverfahren war von der im Gesamtvollstreckungsverfahren befindlichen Gesellschaft her ohne Sinn. Sie bestand lediglich in einer Umstellung der Grundkapitalziffer, war also für den Vermögensstand der zu sanierenden Gesellschaft ohne jede Wirkung. Allerdings hatte die Maßnahme durchaus einen materiellen Effekt, freilich nicht für die Gesellschaft, sondern für die Aktionäre – genauer: gegen die Minderheitsaktionäre. Die Maßnahme war mit dem einzigen Sinn verbunden, durch Zusammenlegung der Aktien möglichst viele Minderheitsaktionäre zu expedieren. Die angestrebte Veränderung für den investitionswilligen M-Konzern bestand darin, dass er, statt die Mehrheit der Aktien nach deren bisherigem Bestand erwerben zu müssen, sich nunmehr darauf beschränken konnte, von den übrig bleibenden Aktionären die Mehrheit nach dem herabgesetzten Grundkapital zu erwerben. Eine Kapitalherabsetzung zur Hinausquetschung von Aktionären ist aber nicht in §§ 222 ff oder §§ 229 ff AktG, sondern in §§ 237 ff AktG geregelt und bedarf der satzungsmäßigen Grundlage. Heutzutage kommt noch die Squeeze-OutRegelungen der §§ 327a ff AktG, 39a ff WpÜG hinzu.

905 BGHZ 138, 71, 77. Mit Recht kritisch Natterer Kapitalveränderung der Aktiengesellschaft, Bezugsrecht der Aktionäre und ,sachlicher Grund‘ 2000 S 282 ff sowie ders, AG 2001, 629. 906 Zum Folgenden Wilhelm, FS Ulrich Huber 2006, 1019, 1022 ff (S 1023 musste es im Sachverhalt zu Sachsenmilch heißen: Nach Herabsetzung des Nennbetrags der Aktien betrug das Inhaberaktienkapital 3.750.000, nicht 750.000).

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IV. Die Kapitalherabsetzung

Die ordentliche Kapitalherabsetzung muss dem Interesse der Gesellschaft, die vereinfachte Herabsetzung dem Ausgleich von Wertminderungen oder Verlusten oder der Zuführung zur Kapitalrücklage dienen. Diese Kapitalherabsetzungsmöglichkeiten zur Verminderung des Aktionärsstandes zu benutzen, ist ein Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten. Man hätte die HV-Beschlüsse der Sachsenmilch-AG sogar als mit dem Wesen der AG unvereinbar oder gegen die guten Sitten verstoßend nichtig ansehen können (§ 241 Nr 3, 4 AktG). Jedenfalls waren sie nach § 243 II AktG anfechtbar, weil sie dem M-Konzern Sondervorteile einräumten 907.

907 Zu eng hat der BGH § 243 II AktG nur im Hinblick darauf geprüft, dass der S-Beteiligungs-AG angesichts ihres Aktienbesitzes keine Nachteile aus der Zusammenlegung drohten (BGHZ 138, 71, 80 f). Mehr hatte die Revision freilich auch nicht geltend gemacht.

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F. Die Mitgliedschaft der Gesellschafter der Kapitalgesellschaft

I. Mitgliedschaft als Mitgestaltungs- und Vermögensrechte umfassende Gesamtrechtsposition; Abspaltungsverbot 614

Der Kapitalaufbringungs- und -erhaltungspflicht der Gesellschafter kraft ihrer Mitgliedschaft entspricht ihre Anteilsberechtigung kraft der Mitgliedschaft an der Kapitalgesellschaft. Die Mitgliedschaft ist die Gesamtrechts- und -pflichtenposition in der Gesellschaft. In Betreff der Rechte umfasst sie das Recht zur Mitgestaltung der Geschicke der Gesellschaft und Rechte vermögensrechtlichen Gehalts. Viel erörtert ist die Frage, ob die Mitgliedschaft ein subjektives und insbesondere absolutes Recht iS von § 823 I BGB ist 908. Die Mitgliedschaft ist, soweit sie in dem Verhältnis des Gesellschafters zur Gesellschaft besteht, eine relative Position. Ihre Durchsetzung und ihr Schutz bestimmen sich nach Gesellschafts-, insbesondere Korporationsrecht und dessen sinngemäßer Ergänzung nach den Grundsätzen über Sonderbeziehungen (§§ 241 II, 280, 311 I–III BGB) 909. Weiter kommt § 826 BGB in Betracht. Vorbehaltlich dieser Grundsätze sind Organmitglieder der Korporation durch ihre Organpflichten mit der Korporation und nicht mit den Mitgliedern verbunden. Andererseits hat jedes relative Recht, also auch die Mitgliedschaft, insofern eine absolute Beziehung, als es allein dem Inhaber gehört, das Mitgliedschaftsrecht allein dem Mitglied. Die Anmaßung eines Mitgliedschaftsrechts, insbesondere die Verfügung darüber durch Dritte, löst den Schutz absoluter Rechte aus.910 Besonders ist die Rechtslage, wenn das Mitgliedschaftsrecht in einem Wertpapier verkörpert ist. Zerstörung oder Entwendung des Papiers sind Eingriffe in das Sacheigentum am Papier, mit dem das Mitgliedschaftsrecht aus dem Papier verbunden ist. Die aus der Mitgliedschaft fließenden Einzelrechte sind vorbehaltlich von konkreten schuldrechtlichen Ansprüchen (sog Gläubigerrechten) integrale Bestandteile der Mitglied-

908 BGHZ 110, 323 (Schärenkreuzer) ordnet die Mitgliedschaft in einem Verein zur Förderung eines bestimmten Bootstyps und zur Förderung der Eigner dieses Typs als ein sonstiges Recht iS von § 823 I BGB ein. Verneine der Vereinsvorsitzende unrichtig die Regattazulassungsvoraussetzungen für das Boot des Kl und baue dieser das Boot entsprechend um, so könne der Verein und auch der Vorsitzende selbst nach § 823 I BGB (der Verein nach dieser Vorschrift iVm § 31 BGB) schadensersatzpflichtig sein. Die Ersatzpflicht entfalle freilich – möglicherweise sogar vollständig – nach § 254 BGB, weil der Kl gegen die Erklärung des Vorsitzenden eine Feststellungsklage hätte anstrengen können. Darüber hinaus sei der Vorsitzende dann nicht schadensersatzpflichtig, wenn er in Vollzug einer bindenden Versammlungsentscheidung gehandelt habe. Der Schärenkreuzer-Entscheidung entsprechend schon BGHZ 90, 92. 909 Zur Sonderbeziehung zur Gesellschaft s bereits o Rn 518 ff im Rahmen des Themas der Durchgriffshaftung. Zur Sonderbeziehung unter den Gesellschaftern (Stichwort: Treuepflicht) u Rn 858 ff. 910 Beispiel Verwertung verpfändeter Mitgliedschaftsrechte durch den Pfandgläubiger, obwohl die gesicherte Forderung beglichen ist (RGZ 100, 274, 278). Im Schärenkreuzer-Fall (Fn 908) ging es um die Verletzung der relativen Beziehung zwischen Mitglied und Verein. Es kam danach allein die Schadensersatzpflicht des Vereins nach den Grundsätzen der Haftung aus Sonderbeziehung (mit § 278 BGB) in Betracht. – Viel zu weitgehend die Mitgliedschaft als absolutes Herrschaftsrecht einordnend Habersack Die Mitgliedschaft – subjektives und ,sonstiges‘ Recht 1996. Dazu mit Recht kritisch die Besprechung von Reuter, AcP 197 (1997), 322. Aber auch die von Reuter gezogene Parallele zum Eltern-Kind-Verhältnis (S 325 f) ist nicht angemessen.

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II. Die Aktie als Mitgliedschaft oder Teileinheit der Mitgliedschaft des Aktionärs

schaft, also mit dieser übertragbar und durch Pfandrecht oder Nießbrauch belastbar, aber nicht von dieser abspaltbar (Abspaltungsverbot, vgl § 717 BGB).

II. Die Aktie als Mitgliedschaft oder Teileinheit der Mitgliedschaft des Aktionärs, die entsprechende Bedeutung des Geschäftsanteils bei der GmbH 1. Aktionärsbeteiligung und Aktie a. Die Beteiligung an der AG als Beteiligung von Gesellschaftern am Kapital der AG Die AG wird durch eine oder mehrere Personen, die „Gründer“ (§ 28 AktG), gegründet (§ 2). Dh diese beteiligen sich an der Feststellung der Satzung und übernehmen darin die Aktien gegen Einlagen. Ihre Aktionärsstellung ist die Gesamtrechtsstellung ihrer Mitgliedschaft in der AG, erwerben sie mehrere Aktien, sind die Aktien Teileinheiten der Mitgliedschaft. Die AG kann begrifflich nicht – nach Münchhausen-Art – Mitgründerin (ihrer selbst) sein. § 56 I AktG, der der AG die Zeichnung eigener Aktien verbietet, ist also erst für die Kapitalerhöhung bedeutsam. Mit der Übernahme aller Aktien durch die Gründer ist die Aktiengesellschaft „errichtet“ (§ 29 AktG). Die Aktien sind Teile des Grundkapitals. Dieses muss auf Euro lauten (§ 6 AktG). Es muss mindestens 50.000 € betragen (§ 7 AktG). Es ist in Aktien zerlegt (§ 1 II AktG). Diese sind entweder Nennbetragsaktien oder Stückaktien (§ 8 I AktG). Die Nennbetragsaktie weist einen bestimmten Nennbetrag aus, der auf volle Euro lauten muss (§ 8 II 4 AktG); die Nennbeträge können auch unterschiedlich sein (§ 23 III Nr 4 AktG). Zusammen ergeben die Nennbeträge der Aktien den Betrag des Grundkapitals, der Anteil der einzelnen Aktie ist durch das Verhältnis des Nennbetrags zum Grundkapital bestimmt (§ 8 IV AktG). Die Stückaktie hat keinen Nennbetrag, die AG gibt vielmehr eine bestimmte Anzahl von Aktien aus, die den gleichen Anteil am Grundkapital haben müssen (§§ 8 III 1, 2, 23 III Nr 4 AktG). Der auf die einzelne Aktie entfallende „anteilige Betrag des Grundkapitals“ (§ 8 III 3) ergibt sich dadurch, dass man das Grundkapital, welches man durch Blick in das Handelsregister ermitteln muss, durch die Anzahl der Aktien (maßgeblich nach § 8 IV AktG) teilt. Dadurch unterscheidet sich die Stückaktie von der Quotenaktie, bei der die Aktie mit der Bestimmung einer Quote vom Grundkapital ausgegeben wird, was bei jeder Änderung des Grundkapitals geändert werden müsste. Der Nennbetrag einer Nennbetragsaktie und der anteilige Betrag des Grundkapitals pro Stückaktie beträgt mindestens 1 € (§ 8 II 1, III 3 AktG) 911. Mindestens iH des Nennbetrags oder des anteiligen Betrags pro übernommene Aktie haben die Gründer Vermögen in die AG einzubringen (§ 9 I AktG – „geringster Ausgabebetrag“) 912. Die Festlegung einer geringeren Einbringungspflicht („Unterpariemission“) ist folglich unzulässig. Eine höhere Einbringungspflicht („Überpari-Emission“) ist zulässig (§ 9 II AktG). Das sog Agio (der Differenzbetrag zwischen Grundkapital-Nennbetrag und höherem Ausgabebetrag) ist, soweit erzielt, in die gesetzliche Rücklage einzustellen (§ 272 II Nr 1 HGB).

911 Die Herabsetzung von ursprünglich DM 50 auf nunmehr € 1 als Mindestnennbetrag beruht auf Art 3 § 1 des Euro-Einführungsgesetzes v 9.6.1998 (BGBl I S 1242). 912 Zum Verbot der Unterpari- sowie zur Möglichkeit der Überpari-Emission s o Rn 223.

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F. Die Mitgliedschaft der Gesellschafter der Kapitalgesellschaft

b. Die Unterschiedlichkeit der Aktien; Unteilbarkeit, Aktiensplit 618

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Grundsätzlich bemisst sich die Anteilsberechtigung des Aktionärs nach dem Nennbetrag oder dem anteiligen Betrag pro Stückaktie. Nennbetragsaktien können auf unterschiedliche Nennbeträge lauten, dann bedeuten sie eine unterschiedliche Beteiligung. Diese Art der Unterschiedlichkeit nach den Beträgen ist aufgrund des Wesens der Aktie als Kapitalbeteiligung vorgegeben und bedeutet keine unterschiedliche Ausstattung der Aktien. Nach § 12 I 1 AktG gewährt jede „Aktie“ das Stimmrecht. „Vorzugsaktien“ können als Aktien ohne Stimmrecht ausgegeben werden (§ 12 I 2 AktG, dazu §§ 139 ff AktG). Nach § 134 I 1 AktG wird das Stimmrecht nach Aktiennennbeträgen oder der Zahl der Stückaktien ausgeübt. Für den Fall, dass einem Aktionär mehrere Aktien gehören, kann aber die Satzung einer nicht börsennotierten AG – vorbehaltlich der Berechnung satzungsmäßiger oder gesetzlicher Kapitalmehrheiten (§ 134 I 6 AktG) – das Stimmrecht durch Festsetzung eines Höchstbetrags oder von Abstufungen beschränken (§ 134 I 2 mit näheren Bestimmungen in den Folgesätzen). Nach § 60 I AktG bestimmen sich die Anteile der Aktionäre am Gewinn der Gesellschaft nach den Anteilen am Grundkapital (§ 8 IV AktG). Nach § 271 II AktG ist bei Auflösung und Abwicklung der Gesellschaft das nach Berichtigung der Gesellschaftsverbindlichkeiten verbleibende Vermögen unter die Aktionäre grundsätzlich nach den Anteilen am Grundkapital zu verteilen. Schließlich ist der Aktionär nach § 186 I 1 AktG bei der Kapitalerhöhung gegen Einlagen vorbehaltlich eines Bezugsrechtsausschlusses 913 berechtigt, denselben Prozentsatz neuer Aktien zu erwerben, wie sein Anteil am bisherigen Grundkapital der Gesellschaft beträgt. Die Aktien können (nach der Satzung § 23 III Nr 5 AktG) auf den Inhaber oder auf Namen lauten (§ 10 I AktG). Auch beide Formen können ausgegeben werden. „Inhaber“ meint den Eigentümer oder Miteigentümer der Urkunde(n), die über die Aktien ausgegeben sind. „Name“ meint einen bestimmten Berechtigten. Dieser kann aber die Aktie durch Zession oder Indossament weiter übertragen (§ 68 I AktG iVm Art 12 ff WG). Zentralnorm für das Verhältnis zwischen Namensaktionär und AG ist § 67 II AktG: Dieser bestimmt für Namensaktien bei der AG, dass im Verhältnis zur Gesellschaft als Aktionär nur gilt, wer in das Aktienregister eingetragen ist (§ 67 II AktG) 914. Das Risikobegrenzungsgesetz 915 hat neue Gewährleistungen dazu eingeführt, dass die AG auch wirklich mit demjenigen verbunden ist, dem die Aktien gehören. Nach dem bisherigen Abs 1, der nunmehr Abs 1 S 1 geworden ist, sind die Identifizierungsmerkmale des Inhabers und seiner Aktien in das Register einzutragen. S 2 nF hebt jetzt die Pflicht des Inhabers zur Mitteilung der Merkmale hervor. Weiter trägt das Gesetz in der neuen Fassung dem Umstand Rechnung, dass Namensaktien sich häufig in der Hand von Personen befinden, denen sie nicht gehören (etwa Banken). § 67 I 3 ermächtigt jetzt die Gesellschaften, durch Satzung zu bestimmen (Ermächtigung iSv § 23 V 1 AktG), unter welchen Voraussetzungen (dh auch Beschränkungen) Eintragungen im eigenen Namen für Aktien zulässig sind, die einem anderen gehören. Für Aktien, die zu einem Investmentvermögen gehören, wird geklärt, wem sie dann rechtlich zuzuordnen sind (S 4). In Abs 2 S 2 wird als Folge der Überschreitung einer nach I 3 in der Satzung bestimmten Höchstgrenze und als Sanktion bei Verletzung einer satzungsmäßigen Mitteilungspflicht das Stimmrecht ausgeschlossen. Auch der bisherige Abs 4 wird erheblich ergänzt. Nach bisheriger Fassung sind die an Übertragung oder Verwahrung beteiligten Kreditinstitute verpflichtet, der Gesellschaft die für das Register erforderlichen Einzelheiten gegen Erstattung der Kosten mitzuteilen (S 1). Auf Verlangen der Gesellschaft sind sie bei Nichteintragung des Inhabers verpflichtet, sich selbst in das Register eintragen zu lassen (S 2

913 S o Rn 559 ff, 574 ff. 914 Zum nicht registrierten Namensaktionär (Problem der freien Meldebestände) Uwe H. Schneider/Müllervon Pilchau, AG 2007, 181 915 O Rn 126.

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II. Die Aktie als Mitgliedschaft oder Teileinheit der Mitgliedschaft des Aktionärs aF). S 3 aF stellt durch Verweisung auf § 125 V AktG Finanzdienstleistungsunternehmen den Kreditinstituten gleich. Weiter nimmt der bisherige S 4 nur vorübergehend eingetragene Kreditinstitute von den Pflichten registrierter Aktionäre aus. Durch das Risikobegrenzungsgesetz ist in § 67 IV AktG das Folgende dazugekommen: Nach § 67 IV 2 Hs 1 der Neufassung ist ein im Register Eingetragener auf Verlangen zur Mitteilung verpflichtet, inwieweit für ihn eingetragene Aktien nicht ihm gehören. Nach Hs 2 hat er zusammen mit dieser Mitteilung die Identifizierungsmerkmale iSv Abs 1 S 1 über denjenigen mitzuteilen, für den er die Aktien hält. Wenn dieser andere die Aktien wiederum für einen Dritten hält, gilt die Mitteilungspflicht auch für diesen anderen usw (S 3 nF). S 4 nF verweist in Hs 1 auf die Zuordnung für Investmentvermögen gemäß Abs 1 S 4 der Neufassung; S 4 Hs 2 erlegt die Kosten der Mitteilung wie nach dem bisherigen Abs 4 S 1 der Gesellschaft auf (S 5). Die bisherigen S 2–4 werden folglich S 5–7. § 405 AktG ist durch Bußgeldandrohung bei Verletzung der neuen Mitteilungspflichten ergänzt.

Auf die Legitimation, die bei Namensaktien gewährleistet ist, kommt es an, wenn noch Einlagebeträge offen sind, deshalb können dann nur Namensaktien ausgegeben werden (§ 10 II AktG). An die Gewährleistung des persönlichen Bandes zwischen Aktionär und AG knüpft § 68 II AktG bei Namensaktien die Möglichkeit der Vinkulierung 916. Nach § 8 V AktG sind die Aktien unteilbar. Dh es gibt keine Teilübertragung von Aktien. Auch die Gesellschaft kann nicht eine Aufteilung der Aktien bestimmen. Sehr wohl möglich ist aber der sog Aktiensplit, dh eine Neustückelung der Aktien. Dafür wird durch Satzungsänderung die Aufteilung des Grundkapitals in die Nennbetragsaktien mit den bisherigen Nennbeträgen oder die bisherige Anzahl von Stückaktien derart geändert, dass mehr Aktien mit kleineren Nennbeträgen zusammen das Grundkapital ergeben oder das Grundkapital in mehr Stückaktien aufgeteilt ist. Motiv ist häufig die leichtere Handelbarkeit an der Börse. Die bisherigen Stückaktien können bleiben, es müssen aber neue hinzugegeben werden, damit der Aktionär denselben anteiligen Betrag des Grundkapitals behält. Die Nennbetragsaktien mit den nun zu hohen Nennbeträgen werden ungültig und gegen eine höhere Anzahl ausgetauscht, die denselben Gesamtnennwert haben wie die bisherigen Aktien. § 226 AktG über den Umtausch im Zuge einer Kapitalherabsetzung ist analog anzuwenden917. Auch der gegenteilige Vorgang (Aktienzusammenlegung oder reverse stock split) ist denkbar. Aktien können auch bei gleichem Nennwert oder gleicher Stückzahl verschiedene Rechte gewähren, namentlich bei der Verteilung des Gewinns und des Gesellschaftsvermögens, (§ 11 S 1 AktG) 918. Aus dieser Verschiedenheit ergeben sich in der Satzung anzugebende (§ 23 III Nr 4) Aktiengattungen (§ 11 S 2). Grundsätzlich können die besonderen Rechte solcher Aktiengattungen durch Satzungsänderung auch zum Nachteil der Aktionäre geändert werden. Dafür bedarf es aber eines Sonderbeschlusses der betroffenen Aktionäre (§ 179 III AktG). Nicht ohne Zustimmung jedes einzelnen Betroffenen durch Sonderbeschluss abänderbar ist das Recht von Aktionären auf Entsendung von Aufsichtsratsmitgliedern (§ 101

916 Zustimmungserfordernis für die Übertragung, Verpfändung (bei Pfändung grundsätzlich Gläubigerinteresse vorrangig, also Zustimmung zur Verwertung zu erteilen vorbehaltlich Unzumutbarkeit für Gesellschaft), Bestellung eines Nießbrauchs, kein Zustimmungserfordernis für den Verpflichtungsvertrag dazu. Beispiele zur Überprüfung der Verweigerung der Zustimmung bei Raiser/Veil § 12 Rn 69. 917 GK-AktG/Brändel § 6 Rn 19. 918 Z B tracking stocks (Spartenaktien), deren Gewinnbezugsrecht nicht vom Ergebnis des Gesamtunternehmens, sondern von dem eines bestimmten Geschäftsbereichs abhängt (dazu Baums – Hrsg – Bericht der Regierungskommission Corporate Governance 2001 Rn 237 ff). Keine besondere Ausstattung von Aktien, sondern eine besondere Gestaltung des Grundkapitals kommt in § 105 II InvG zum Ausdruck: Bei Investmentaktiengesellschaften mit veränderlichem Kapital gibt es die sog redeemable shares (rückerwerbbare Aktien).

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F. Die Mitgliedschaft der Gesellschafter der Kapitalgesellschaft

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II AktG). Das Gesetz stellt dafür klar, dass durch eine solche Berechtigung keine besondere Gattung zustande kommt (§ 102 II 3 AktG). Eines Sonderbeschlusses der Aktionäre jeder Gattung bei Vorhandensein mehrerer Gattungen bedarf es sodann bei Kapitalerhöhung (§ 182 II) und bei Kapitalherabsetzung (§ 222 II). Sonderbeschlüsse sind nach Maßgabe des § 138 AktG zu fassen. Im Gegensatz zu den Möglichkeiten unterschiedlicher Vermögensanteilsrechte kommt eine unterschiedliche Berechtigung hinsichtlich der Gestaltungsrechte in der Gesellschaft, weil das Gesetz insoweit kaum Freiheit für die Satzung lässt (§ 23 V), nur sehr eingeschränkt in Betracht. Die Rechte auf Entsendung von Aufsichtsratsmitgliedern sind nur bedingt zu nennen, weil sie keine besondere Gattung iSv § 11 begründen (§ 101 II 3). Zu nennen sind aber die soeben erwähnten Vorzugsaktien ohne Stimmrecht, die in §§ 139 ff AktG näher geregelt sind 919. Die Zulassung von Mehrstimmrechten ist abgeschafft (§ 12 II) 920. Der Grundsatz der Gleichbehandlung der Aktionäre (§ 53a) steht unter dem Vorbehalt der Möglichkeit satzungsmäßiger Sonderausstattung von Aktien (s § 11). Der Grundsatz setzt deshalb unterhalb der Satzungsebene und erst beim Verhalten der Gesellschaftsorgane, insbesondere der HV-Mehrheit, an 921. c. Die Aktie als Wertpapier; Ausschluss des Verbriefungsanspruchs; Nebenpapiere

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Die Aktie als Mitgliedschaft an der AG (Anteil am Grundkapital, § 1 II AktG) wird nach dem Ausgangspunkt des AktG, welcher heute aber weitgehend obsolet ist, in einem einzelnen

919 Der Sprachgebrauch unterscheidet Stammaktien, kurz Stämme, also Aktien mit Stimmrecht, und Vorzugsaktien, kurz Vorzüge (Vorzug bezogen auf die Dividendenberechtigung). Zu Vorzugsaktien als Finanzierungsmittel Siebel, ZHR 161 (1997), 628. Vorzugsaktien mit besonderem Dividendenrecht können bis zu 50 % des Grundkapitals ausmachen (§ 139 II AktG). Sinn der Schranke ist die Verhinderung der Herrschaft nur weniger stimmrechtsbegabter Aktionäre. Die Vorzugsdividende ist keine Einlagenverzinsung, sondern setzt verteilbaren Bilanzgewinn voraus (s dazu BGHZ 7, 263; 9, 279). Nur wird durch Nachzahlung eine gewisse Gleichmäßigkeit der Dividendenzahlung gewährleistet (§§ 139 I, 140 II 1 AktG). Häufig wird durch Ansammlung eines Dividendenreservenfonds die Auszahlung der Dividenden auch in ertragslosen Jahren gesichert und so die Notwendigkeit einer Nachzahlung (oder ein Wiederaufleben des Stimmrechts, § 140 II AktG) vermieden. Die Vorzugsaktionäre haben, solange sie bevorzugt bedient werden (näher § 140 II AktG), kein Stimmrecht; sie sind aber antrags- bzw vorschlagsberechtigt (§§ 126, 127, 137 – iVm § 124 III 1 – AktG), auskunftsberechtigt (§§ 131 f AktG) und anfechtungsberechtigt (§ 245 Nr 1–3 AktG). Bei Kapitalerhöhung unter Ausgabe von Aktien mit vorgehenden oder gleichberechtigten Sonderrechten müssen die Vorzugsaktionäre in gesonderter Versammlung – § 138 AktG – mit qualifizierter Mehrheit zustimmen (§ 141 II 3 AktG) – mit einer Ausnahme gem § 141 II 2 AktG. Ebenso zustimmungsbedürftig ist der Beschluss über die Aufhebung oder Beschränkung des Vorzugs (§ 141 I AktG). Zur Umwandlung von Vorzugs- in Stammaktien Wirth/Arnold, ZGR 2002, 859. 920 Durch das KonTraG. Übergangsregelung in § 5 EGAktG, dazu Wasmann, BB 2003, 57. Zur Ausgleichspflicht BayObLG BB 2003, 66; Löwe/Thoß, ZIP 2002, 2075; Hering/Olbrich, ZIP 2003, 104. 921 Hüffer § 11 Rn 2. Eine unterschiedliche Behandlung durch den Vorstand (etwa bei Erteilung oder Verweigerung der Zustimmung bei vinkulierten Aktien – § 68 II 2 AktG –) oder durch die HV ist ein rechtswidriger Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn sie nicht sachlich gerechtfertigt ist (dazu Beispiele BGHZ 70, 122 f betr Einführung eines Höchststimmrechts nach § 134 I 2 AktG aF – noch ohne Beschränkung auf nicht börsennotierte AG –, BGHZ 33, 175 betr Ausschluss von Aktionären vom Bezugsrecht bei einer Kapitalerhöhung). Rechtsfolgen: Anspruch auf Gleichbehandlung, Anfechtung des HV-Beschlusses nach § 243 I AktG etc, s Raiser/Veil, § 12 Rn 61.

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II. Die Aktie als Mitgliedschaft oder Teileinheit der Mitgliedschaft des Aktionärs

Wertpapier verkörpert 922. Auch dieses Wertpapier über die Mitgliedschaft des Aktionärs wird Aktie genannt (§ 10 I AktG). Die Aktie als Wertpapier kann Inhaber- oder Namenspapier sein (§§ 10 I, 23 III Nr 5 AktG 923). Ist sie Inhaberpapier, so gehört sie dem Eigentümer des Papiers, wird also nach §§ 929 ff BGB, 366 f HGB übereignet 924. Ist die Aktie Namenspapier, so gehört sie zunächst einmal dem im Papier Benannten. Sie ist aber sog Orderpapier, dh sie kann durch Indossament (Benennung eines neuen Berechtigten oder – sog Blankoindossament – des jeweiligen Erwerbers als Berechtigten), zu dem die Begebung an den Erwerber hinzukommen muss, übertragen werden (§ 68 I AktG iVm Art 12, 14, 16 WG 925). Die Namensaktie „kann“ so übertragen werden, dh sie kann auch nach §§ 413, 398 BGB durch Zession übertragen werden926. Vor der Ausgabe von Aktien können Zwischenscheine erteilt werden (§ 8 VI AktG). Diese kommen insbesondere in Betracht, wenn Inhaberaktien vorgesehen sind, die Gesellschafter aber noch nicht die volle Einlage erbracht haben. In dieser Lage sind nur Namenspapiere zulässig (§ 10 II 1 AktG), insbesondere also, weil diese nach § 10 III AktG auf Namen lauten müssen, Zwischenscheine. Vor der Eintragung der Gesellschaft oder, bei neuen Aktien, vor der Durchführung der Kapitalerhöhung können Aktien und Zwischenscheine nicht ausgegeben werden (§§ 41 IV, 191 AktG). Gibt die Gesellschaft unter Verstoß gegen § 10 II AktG vor der vollen Leistung des Nennbetrags oder des höheren Ausgabebetrags Inhaberaktien aus, so erwirbt der Aktionär, der noch nicht voll geleistet hat, die Aktien nicht. Veräußert er sie aber und ist der Erwerber gutgläubig, so erwirbt dieser die Aktie als Inhaberaktie (§§ 932 ff iVm § 793 I 1 BGB, die letztere Vorschrift in entsprechender Anwendung). Die offen stehende Einlage schuldet der Veräußerer und nicht der gutgläubige Erwerber. Insofern kann sich auch die Einforderung der Einlage durch den Vorstand (§ 63 I 1 AktG) nur an den Veräußerer richten. Diesen müssen also auch die Nebenpflichten und Sanktionen nach §§ 63 II, 3, 64 AktG treffen927. Der Erwerber kann nur gegenüber dem Veräußerer schadensersatzpflichtig sein, wenn er eine Aufforderung des Vorstands nicht an den Veräußerer weiter gibt.

922 Von der ausgebenden AG geht die Aktie – Einzelverbriefung vorausgesetzt – auf den Aktionär (häufig zunächst eine Emssionsbank) durch Begebung des unterzeichneten Papiers über (Hueck/Canaris Recht der Wertpapiere S 217). Die Unterschrift auf der Aktienurkunde kann vervielfältigt sein, § 13 AktG. Aufgrund der Eigenschaft des Wertpapiers als Vorlegungspapier sind Inhaber- oder Namensaktie, wenn sie verloren gehen, durch das Aufgebotsverfahren für kraftlos zu erklären (§ 72 I AktG iVm §§ 946 ff ZPO). Der Antragsteller ist aufgrund des Aufgebotsurteils aus der verlorenen Aktie berechtigt (§ 1018 ZPO). Er kann aber auch von der AG die Ausstellung einer neuen Aktie verlangen (§ 72 I 2 AktG iVm § 800 BGB). 923 Die Satzung kann ein Recht auf Umwandlung der einen Papierart in die andere bestimmen (§ 24 AktG). Durch Satzung kann auch die Umwandlung selbst bestimmt werden (Hüffer § 24 Rn 6). 924 Mentz/Fröhling, NZG 2002, 201, 202 f und im Anschluss an sie Hüffer § 68 Rn 3 meinen, Inhaberaktien könnten auch durch Zession übertragen werden. Dies ist mit der Ausgabe an den Inhaber (= Eigentümer) des Papiers nicht vereinbar. 925 § 68 I 2 AktG verweist nur auf Art 12, 13, 16 WG; Art 14 ist aber die selbstverständlich mit geltende Ergänzung. 926 So jetzt noch die ausdrückliche Hervorhebung durch das „auch“ in § 68 I AktG. Das von der früheren Rspr (s noch KG AG 2003, 568) und manchen in der Literatur der Zession hinzugefügte Erfordernis der Übergabe des Papiers ist mit den gesetzlichen Tatbeständen nicht vereinbar (richtig dagegen die hM, Hüffer § 68 Rn 3; Spindler/Stilz/Cahn § 68 Rn 24). 927 Anders Hüffer § 63 Rn 4. Der Veräußerer sei nicht mehr Mitglied. Seine Zahlungspflicht sei nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 284 ff BGB zu beurteilen.

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F. Die Mitgliedschaft der Gesellschafter der Kapitalgesellschaft

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Bis zur Ausgabe des Wertpapiers „Aktie“ oder eines Zwischenscheins als Wertpapier ergibt sich die Mitgliedschaft an der AG als unverkörperte Rechtsstellung einerseits aus der Erklärung gegenüber der Gesellschaft, dass der Erklärende bestimmte Aktien zeichne, und andererseits aus der Eintragung der AG oder der Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung 928. Dies ist der historische Ausgangspunkt. Für die massenhaft vorkommende Aktie, die an der Börse gehandelt wird, trifft diese Lage, die auf die Aktie als einzelnes Wertpapier bezogen ist, nicht mehr zu: Inzwischen ist die Entwicklung zur Sammelverwahrung einer Vielzahl gattungsmäßig gleicher Aktien desselben Emittenten bei einer Wertpapiersammelbank und sogar darüber hinaus zur Verwahrung einer Sammel- oder Globalurkunde über solche Aktien weitergegangen ist. Bei der Sammelverwahrung besteht immerhin noch Miteigentum der einzelnen Aktionäre am Sammelbestand der mehreren einzelnen Aktienpapiere (§ 6 I 1 DepotG). Auch der Unterschied in der Übertragungsform durch Ausstellung des einzelnen Papiers entweder als Inhaber- oder als Namensaktie ist noch spürbar. Die sammelverwahrten Aktien müssen nämlich sammelverwahrfähig sein (§ 5 DepotG), und das ist eine Namensaktie erst dann, wenn sie mit einem Blankoindossament versehen ist. Dadurch wird sie wie eine Inhaberaktie weiterübertragungsfähig 929. Auf die unterschiedliche Übertragungsform kann es dagegen von vornherein nicht mehr ankommen, wenn über die Aktien eine Sammel- oder Globalurkunde ausgestellt ist (§ 9a DepotG). Dann gibt es entweder eine Einzelverbriefung der Aktien erst dann, wenn der Aktionär die Ausstellung einer solchen verlangt, es kann aber auch dieser Anspruch nach dem einzelnen Rechtsverhältnis ausgeschlossen sein. Stattdessen hat der Aktionär Miteigentum an der Sammel- oder Globalurkunde (§ 9a II iVm § 6 DepotG). Was das Rechtsverhältnis des Aktionärs zur AG betrifft, bestimmt § 10 V AktG, dass der Anspruch des Aktionärs auf Einzelverbriefung seines Anteils in der Satzung ausgeschlossen oder eingeschränkt werden kann (§ 10 V AktG). Unter den in § 10 V zugelassenen Einschränkungen der Verbriefung sind etwa die Beschränkung auf eine Urkunde pro 100 Aktien oder die Regelung zu verstehen, dass der Aktionär eine Verbriefung nur auf seine Kosten verlangen könne 930. Die Möglichkeit des Verbriefungsausschlusses in § 10 V wird von der hM so verstanden, dass der Anspruch des Aktionärs darauf, dass die Aktien irgendwie verbrieft würden, nicht angetastet werde 931. Dies bezieht sich darauf, dass immerhin noch die Globalurkunde über die Aktien errichtet wird. Die hM hat Anhalt im Wortlaut der Vorschrift. Danach kann nur der Anspruch des Aktionärs auf Verbriefung „seines Anteils“ ausgeschlossen werden. Der Anspruch, dass alle Aktien mindestens in einer Sammel- oder Globalurkunde iSv § 9a DepotG zu verbriefen sind, wird nicht berührt.

928 Da die Mitgliedschaft bereits mit Eintragung der AG oder der Durchführung der Kapitalerhöhung entsteht, ist das Wertpapier Aktie ein sogenanntes deklaratorisches Wertpapier. 929 Hüffer § 68 Rn 3; Lenenbach Rn 5.46. Das Erfordernis des Blankoindossaments folgt aus der Voraussetzung der Sammelverwahrfähigkeit, dass die Aktie vertretbar, dh austauschbar sein muss. Das wird sie durch das Blankoindossament, weil sie aufgrund dessen durch bloße Weiterbegebung übertragbar ist (§ 68 I 2 AktG iVm Art 14 II Nr 3 WG). 930 Unzulässig wegen Verletzung der freien Übertragbarkeit der Aktie und nach § 241 Nr 3 AktG nichtig ist der Beschluss der HV über eine Satzungsänderung dahingehend, dass zum Nachweis der Übertragung nicht verbriefter Namensaktien eine beglaubigte Unterschrift auf Kosten des betreffenden Aktionärs beigebracht werden muss (BGH NJW 2004, 3561, dazu Bayer/Lieder, LMK 2004, 224). 931 Reiche Nachweise bei Schwennicke, AG 2001, 118, 119 Fn 10.

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II. Die Aktie als Mitgliedschaft oder Teileinheit der Mitgliedschaft des Aktionärs

Bei der Sammelverwahrung und der Globalurkunde geschieht die Verfügung über „die Aktien“ durch Verfügung über den Miteigentumsanteil der Aktionäre 932. Zu fragen ist, was dann noch von dem Unterschied zwischen Inhaber- und Namensaktie verbleibt. Als Vorzug der Namensaktie wird angesehen, dass hier der Aktionär in das Aktienregister eingetragen wird und deshalb ein persönlicher Kontakt zwischen AG und Aktionär besteht. An diesen Vorzug knüpft bei der Namensaktie die Möglichkeit der Vinkulierung an (§ 68 II AktG). Um des Vorteils der persönlichen Verbundenheit willen hat das NaStraG 933 die Namensaktie neu geregelt. Nach § 67 I AktG ist der Namensaktionär mit seinen Identitätsmerkmalen und Angaben über seine Aktien in das Aktienregister einzutragen 934. Im Verhältnis zur AG gilt nur der Eingetragene als Aktionär (§ 67 II AktG). Die Eintragungsobliegenheit (und nach § 67 I 2 idF des Risikobegrenzungsgesetzes auch Pflicht) ist noch für den ersten Aktionär, an den die Emissionsbank die Aktie austeilt, zu erfüllen. Der persönliche Kontakt kann aber nicht mehr an die Benennung des Nachfolgers auf der Aktienurkunde anknüpfen, wenn die Namensaktie nach einem Blankoindossament genau so übertragen wird wie die Inhaberaktie oder aufgrund Blankoindossaments in einen Sammelbestand aufgenommen oder von vornherein in einer Globalurkunde beurkundet ist. Denn hier vollzieht sich die Übertragung durch Übergabe oder Umbuchung. Nach § 67 III AktG mit näherer Bestimmung in Abs V haben dann zwar Löschung und Neueintragung im Aktienregister „auf Mitteilung und Nachweis“ zu erfolgen. In der Praxis dürfte dies aber häufig nicht erfüllbar sein. Dies berücksichtigt die nähere Regelung des § 67 AktG idF des Risikobegrenzungsgesetzes 935. Zur Teilnahme an der HV und der Stimmrechtsausübung in ihr muss der Aktionär aus der Aktie legitimiert sein. Dies ist der Aktionär bei der Namensaktie durch die Eintragung im Aktienregister (§ 67 II AktG) oder an seiner Stelle die Eintragung des depotführenden Instituts oder sonstiger Personen, die die Aktie für ihn halten (§ 67 IV 2 ff AktG). Bei der Inhaberaktie an einer nicht börsennotierten Gesellschaft ist der Aktionär legitimiert durch Vorlegung der Inhaberaktie. Diese ist durch die Hinterlegung beim Notar und die notarielle Bescheinigung darüber zu vollziehen 936. Die Satzung hat hier Freiraum, wie sie die Nachweisart bestimmt (§ 123 III 1 AktG). Bei börsennotierten Gesellschaften reicht eine in Textform erstellte Bescheinigung der depotführenden Bank aus (§ 123 III 2 AktG) 937. Über die wiederkehrenden Ansprüche des Aktionärs auf Gewinnauszahlung können Gewinnanteilsscheine iSv § 804 BGB ausgegeben werden (Dividendenscheine, Kupons). Sie werden in der Praxis zu Kuponbögen zusammengefasst. Für den Fall, dass diese aufgebraucht sind, gibt es einen Erneuerungsschein (Talon) iS von § 805 BGB. Die Vorschriften des BGB regeln zusammen mit Spezialvorschriften des AktG (§§ 72 II, 75 AktG) die Legitimation für die Ausgabe neuer Urkunden und das Problem des Verlusts der Urkunden. Bei der sammelverwahrten oder global beurkundeten Aktie werden die Ansprüche mithilfe der Depotbank realisiert.

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S u Rn 659 f. O Rn 79. Zu Auskunft über die Eintragung und Verwendung des Eintragungsinhalts § 67 VI AktG. O Rn 619a. Happ Aktienrecht 10.01 Rn 4, Muster von Hinterlegungsbescheinigungen in 10.02. § 123 AktG in der Fassung des UMAG sieht eine Hinterlegung nicht mehr vor. Der Begriff sei ausländischen Investoren nicht klar (Begr BT-Drucks 14/4051, S 26). 937 Wenn die Satzung hier noch Regelungen treffen soll, dann kann das nur iS einer Erleichterung geschehen.

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F. Die Mitgliedschaft der Gesellschafter der Kapitalgesellschaft

d. Ruhen, Beschränkung der Rechte aus Aktien 636

Rechte aus Aktien können ruhen. Das Ruhen wird zunächst einmal angeordnet als Konsequenz von Mitteilungspflichten, die die §§ 20 und 21 AktG zur Aufklärung über einflussreiche und möglicherweise zur Konzernierung führende Beteiligungen anordnen. Solange die Pflichten nicht erfüllt werden, können die Rechte aus den Aktien nicht ausgeübt werden (§§ 20 VI, 21 IV AktG). Gleichfalls wird das Ruhen bestimmt für Aktien, die für Rechnung der Aktiengesellschaft, an der sie bestehen, übernommen werden (§ 56 III 3 AktG). Ist die Gesellschaft Inhaberin eigener Aktien, stehen ihr keine Rechte daraus zu (§ 71b AktG). Sind Unternehmen wechselseitig beteiligt, sind die Rechte aus den Aktien eingeschränkt (§ 328 I, II AktG) 938.

2. Der Geschäftsanteil bei der GmbH 637

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Die Gesellschafter der GmbH übernehmen bei der Gründung oder der Kapitalerhöhung Geschäftsanteile mit Einlagen auf das Stammkapital iHv je mindestens 1 € (§§ 3 I Nr 4, 5 II 1 GmbHG). Die Gesellschafter können mehrere Geschäftsanteile übernehmen (§§ 5 II 2, 55 IV GmbHG). Die Nennbeträge der Geschäftsanteile können unterschiedlich hoch sein (§§ 5 III 1, 55 IV GmbHG). Im Gesamtbetrag ergeben sie die Stammeinlagen entsprechend dem Zusammenhang von Aktien und Grundkapital bei der AG 939 das Stammkapital der GmbH (§§ 5 III 2, 55 IV GmbHG). Nach dem im Gesellschaftsvertrag oder – bei der Kapitalerhöhung – in der Übernahmeerklärung festgesetzten Nennbetrag der Geschäftsanteile bestimmt sich die Einlagepflicht jedes Gesellschafters (§ 14). Die Geschäftsanteile sind teilbar (§ 46 Nr 4 GmbHG) 940, veräußerlich und vererblich (§ 15 I GmbHG). Zur Übertragung 941 bedarf es eines in notarieller Form geschlossenen Vertrages (§ 15 III) 942. Der Zentralnorm des § 67 II AktG für Namensaktien bei der AG mit dem Inhalt, dass im Verhältnis zur Gesellschaft als Aktionär nur gilt, wer in das Aktienregister eingetragen ist (§ 67 II AktG), entspricht im Recht der GmbH § 16 I 1 GmbHG: Im Verhältnis zur Gesellschaft gilt im Fall einer Veränderung in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung als Inhaber eines Geschäftsanteils nur, wer als solcher in die im Handelsregister aufgenommene Gesellschafterliste eingetragen ist (§ 8 I Nr 4 GmbHG). Die Eintragungspflicht regelt § 40 GmbHG. § 16 I 1 GmbHG wird relevant, wenn ein Gesellschafter seinen Anteil oder nach Aufteilung des Anteils einen Teil davon veräußert oder wenn er den

938 Zu weiteren Reglementierungen durch das WpHG unten Rn 824 ff. 939 S o Rn 621. 940 Die Vorschrift des § 17 aF über ein besonderes Genehmigungsverfahren für eine Anteilsaufteilung ist aufgehoben. Es bedarf nach § 46 Nr 4 GmbHG schlicht der Zustimmung der Gesellschafter. Im Gesellschaftsvertrag kann davon verschärfend oder abschwächend abgewichen werden. 941 Nach §§ 398, 413 BGB handelt es sich um eine Abtretung. Dem entspricht der Wortlaut des § 15 III GmbHG. 942 Auch das Verpflichtungsgeschäft ist schon formbedürftig (§ 15 IV 1 GmbHG). Der Formmangel hier wird aber durch notarielle Erfüllung geheilt (§ 15 IV 2 GmbHG). Entgegen seiner sonstigen Deregulierungstendenz hat das MoMiG hier keine Formerleichterung angebracht. Die Begründung des RegE verweist auf das Vorhaben von Formerleichterungen in einem künftigen Gesetz zur Erleicherung von beurkundungsrechtlichen Vorschriften (BT-Drucks 16/6140, S 25 f). Grundsätzlich nicht formbedürftig die Übertragung des Anteils an einer BGB-Gesellschaft, deren Vermögen aus einem GmbH-Anteil besteht; Ausnahme bei Umgehungskonstruktion; so BGH ZIP 2008, 876.

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III. Die Mitgestaltungsrechte des Aktionärs und des Gesellschafters der GmbH

Anteil oder einen Teil davon verpfändet oder daran einen Nießbrauch bestellt (§§ 1069. 1274 BGB verweisen auf die Vorschriften über die Übertragung) 943. Im Fall der Veräußerung haftet nach § 16 II GmbHG für im Zeitpunkt der Eintragung noch offene Einlagen der Erwerber von der Eintragung an neben dem Veräußerer (§ 16 II GmbHG). Verpfändung und Nießbrauchsbestellung sind hier nicht gemeint. Für die Anwendung auf Verpfändung und Nießbrauchsbestellung sind die Frage der Legitimation und die Auferlegung einer Haftung zu unterscheiden. Für den Erben gilt § 16 II GmbHG ebenfalls nicht. Er haftet nach den Vorschriften über die Erbenhaftung, also für alle Lasten mit der Möglichkeit der Haftungsbeschränkung. Wenn § 16 I 2 GmbHG sagt, dass in dem Fall, dass die Eintragung in die Gesellschafterliste unverzüglich nach einer Rechtshandlung bewirkt, die Rechtshandlung ex tunc wirksam wird (§ 16 I 2 GmbHG), so ist diese Vorschrift als Legitimationsvorschrift auf den Gewinnanspruch des Nießbrauchers anzuwenden 944. Wenden wir uns wieder dem Wesen des Geschäftsanteils zu: Auch bei der GmbH ist die Gesellschafterbeteiligung Kapitalbeteiligung, und so ergibt sich ihr unterschiedliches Gewicht je nach ihrem Betrage (s § 47 II für das Stimmrecht). Aufgrund der grundsätzlich bestehenden Vertragsfreiheit kann der Gesellschaftsvertrag der GmbH bestimmte Geschäftsanteile mit vielfältigen besonderen Rechten, den Sonderrechten, ausstatten945. Die Geschäftsanteile können anders als die Aktien nicht in Wertpapieren verbrieft, sondern nur in Beweisurkunden aufgenommen werden 946.

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III. Die Mitgestaltungsrechte des Aktionärs und des Gesellschafters der GmbH als Thema vor allem der Haupt- und der Gesellschafterversammlung Was die mitgliedschaftliche Berechtigung zur Mitgestaltung der Geschicke der Gesellschaft betrifft, ist diese bei der AG, vorbehaltlich von Sonderbestimmungen des Gesetzes 947, das 943 Dazu Dieter Meyer, DNotZ 2008, 403. Die Aufnahme der Liste in das Handelsregister setzt voraus, dass sie in dem für das entsprechende Registerblatt (§ 9 I HRV) bestimmten Registerordner gespeichert ist. Die am Erwerb beteiligten Gesellschafter müssen also für dreierlei sorgen bzw sie müssen aufpassen, dass es geschieht: Mitteilung und Nachweis des Erwerbs gegenüber der Geschäftsführung (§ 40 I 2 GmbHG), soweit nicht der Notar zuständig ist (§ 40 II 1 GmbHG), Eintragung in die Liste, Aufnahme in das Handelsregister. 944 Zutreffende Unterscheidung zum alten Recht bei Ulmer/Winter/Löbbe § 16 Rn 64. 945 ZB Sonderrecht zur Geschäftsführung, OLG Düsseldorf DNotZ 2007, 394. S weiter Roth/Altmeppen/ Altmeppen § 14 Rn 21, der das Erfordernis hervorhebt, dass bei nachträglicher Einführung von Sonderrechten die dadurch benachteiligten Gesellschafter zustimmen müssen. Bei Änderung von Sonderrechten müssen die Sonderberechtigten zustimmen (§ 35 BGB). Aus wichtigem Grund, der zur Unzumutbarkeit für die anderen Gesellschafter führt, kann ein Sonderrecht ohne Zustimmung eingeschränkt oder entzogen werden (Raiser/Veil § 27 Rn 8). Ohne wichtigen Grund einschränkende oder entziehende Beschlüsse sind unwirksam, statt Anfechtungsklage kommt die allgemeine Feststellungsklage in Betracht. – Auf Zustimmung der betroffenen Gesellschafter will der BGH im Aktienrecht für die nachträgliche Einführung eines Höchststimmrechts der Aktien verzichten (u Rn 1183). 946 Roth/Altmeppen/Altmeppen § 14 Rn 9; Ulmer/Raiser § 14 Rn 15 f. Das Erfordernis der Vorlegung und die Legitimation durch ein Papier als Merkmale des Wertpapiers sind mit dem personalistischen Charakter der GmbH, insbes der Übertragung der Anteile durch notariellen Vertrag, nicht vereinbar. 947 Etwa betr die Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage (§§ 245, 249 AktG), den Anspruch auf Einberufung der HV und Bekanntmachungen zur Tagesordnung (§ 122 I, II AktG), auf Mitteilung (§ 125 II AktG),

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F. Die Mitgliedschaft der Gesellschafter der Kapitalgesellschaft

Recht auf Teilnahme und Abstimmung in der HV (§ 118 II AktG). Bei der GmbH bestimmt sich das Mitgestaltungsrecht nach dem Gesellschaftsvertrag (§ 45 I GmbHG); mangels anderer Bestimmungen – hier des Gesellschaftsvertrags – werden aber auch bei der GmbH die Beschlüsse der Gesellschafter in Versammlungen gefasst (§§ 45 II, 48 I GmbHG). Das Recht der HV oder der Gesellschafterversammlung ist bei der Darstellung der Organisation der Kapitalgesellschaften zu erörtern 948.

IV. Die Vermögensrechte der Gesellschafter aus der Mitgliedschaft 1. Die Vermögensrechte des Aktionärs a. Das Gewinnbeteiligungsrecht 642

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Die Regelung des Rechtsverhältnisses des Aktionärs zu seiner Gesellschaft beginnt nach der Voranstellung des Gleichbehandlungsgrundsatzes (§ 53a AktG) mit den Pflichten des Aktionärs (§§ 54 f AktG) und dem, was die Gesellschaft, insbesondere im Verhältnis zu ihren Aktionären, nicht tun darf (§§ 55–57 II AktG). Dann erst erscheint das Gewinnbeteiligungsrecht des Aktionärs 949, aber auch bei diesem wird in § 57 III AktG zunächst die Beschränkung hervorgehoben: Vor Auflösung der Gesellschaft darf unter die Aktionäre nur der Bilanzgewinn verteilt werden. Erst in § 58 IV AktG wird das Gewinnbeteiligungsrecht positiv formuliert, doch auch die positive Formulierung steht noch unter mehrfachem Vorbehalt: Die Aktionäre haben Anspruch auf den Bilanzgewinn, soweit er nicht nach Gesetz oder Satzung, durch HV-Beschluss nach § 58 III AktG oder als zusätzlicher Aufwand aufgrund des Gewinnverwendungsbeschlusses 950 von der Verteilung unter die Aktionäre ausgeschlossen ist. Sieht man die in § 58 IV AktG angeführten Vorbehalte für den Anspruch auf den Bilanzgewinn im Zusammenhang mit den Vorbehalten, unter denen noch dazu die Größe des Bilanzgewinns steht, auf den der Aktionär den vorbehaltlichen Anspruch hat, erweist sich die Rede des Gesetzes von den Anteilen der Aktionäre am Gewinn der Gesellschaft (§ 60 I AktG) als irreführend 951. Gewinn ist, wie das Steuerrecht sinnvoll definiert 952, der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen 953, vermindert um den Wert der Einlagen 954. Dieser Gewinn ist aber nicht der Gewinn des Kapitalgesellschaftsrechts, insbesondere nicht der des AktG. Das

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auf Einsichtnahme in den Jahresabschluss und etwaige Unternehmensverträge sowie die Erteilung von Abschriften (§§ 175 II, 293 lit f, 295 I, 2 AktG, 63 I, 3 UmwG), das Recht auf Sonderprüfung (§§ 142 II, IV, 258 II, 315 AktG) sowie auf Geltendmachung von Ersatzansprüchen (§ 148 AktG), das Recht auf Einleitung des Verfahrens zur Klärung der maßgeblichen Aufsichtsratsregelung nach § 98 II Nr 3 AktG. S u Rn 1152 ff (HV), 1236 ff (Gesellschafterversammlung). Sogenanntes Dividendenrecht (vom lateinischen Ausdruck für „Aufzuteilendes“; man müsste genauer also von Gewinndividendenrecht sprechen). Ausschluss des Dividendenrechts bei Inanspruchnahme des Fonds nach FMStG (s o Rn 126a), Art 1 § 10 II Nr 5 FMStG iVm § 5 II Nr 5 FMStV. Je nach dem Beschluss kann sich eine höhere steuerliche oder Tantiemebelastung ergeben, als im Jahresabschluss berücksichtigt. S schon Wilhelm, ZHR 159 (1995), 454, 456. § 4 I 1 EStG, der nach §§ 7 I, II, 8 I KStG auch für die Kapitalgesellschaften gilt. Diese bedeuten Abschöpfung, aber nicht Verminderung des Betriebsergebnisses. Diese bedeuten Vermehrung der Kapitalgrundlage des Betriebs, sind aber nicht Betriebsergebnis.

IV. Die Vermögensrechte der Gesellschafter aus der Mitgliedschaft

AktG verwendet für diesen Gewinn weitestgehend deckungsgleich 955 den Terminus Jahresüberschuss (§§ 266 III A V HGB, 58 AktG). Ist aber der Gewinn der Jahresüberschuss, so muss der Bilanzgewinn etwas anderes sein. Er ist diejenige Größe, die aus dem Jahresüberschuss nach dessen Verwendung übrig bleibt. Nach § 268 I 2 HGB kommt der Bilanzgewinn heraus, wenn das Jahresergebnis teilweise verwendet (§ 270 II HGB), insbesondere ihm ein etwa vorhandener Gewinnvortrag aus dem Ergebnis der Bilanz des Vorjahres hinzugefügt, ein Verlustvortrag von ihm abgezogen wird (§ 268 I 2 Hs 2 HGB). Die Verwendung mit dem Ergebnis des Postens Bilanzgewinn/-verlust ist bei der AG zwingend (nach § 152 AktG iVm § 268 I 2 HGB für die Bilanz, nach § 158 I mit S 1 Nr 5 AktG für die Gewinn- und Verlustrechnung). Die teilweise Verwendung des Jahresergebnisses heißt insbesondere die Einstellung von Teilen des Jahresergebnisses in Rücklagen. § 158 I 1 AktG zählt unter Nr 4 die folgenden Einstellungen in Rücklagen auf: Einstellung in gesetzliche Rücklagen (dazu § 150 AktG), die Einstellung in die Rücklage für eigene Aktien (§ 272 IV HGB) 956, die Einstellung in satzungsmäßige Rücklagen und die Einstellung in andere Rücklagen. Die Möglichkeit der Einstellung in „andere“ Rücklagen regelt § 58 I–III AktG. § 58 II gibt zunächst Vorstand und Aufsichtsrat – neben der besonderen Einstellungsmöglichkeit des § 58 IIa 957 – allgemein für den Fall, dass sie den Jahresabschluss feststellen (s § 172 AktG), die Befugnis, bis zur Hälfte des Jahresüberschusses in andere Rücklagen einzustellen, wenn nicht die Satzung sie zur Einstellung eines noch höheren oder eines geringeren Teils ermächtigt (§ 58 II 2) 958. Für den Fall, dass die HV den Jahresabschluss feststellt, kann die Satzung die Einstellung in andere Rücklagen, wieder bis zu 50 % des Jahresüberschusses, bestimmen (§ 58 I). Ohne Satzungsbestimmung oder aufgrund einer lediglich ermächtigenden Satzungsbestimmung kann die HV die Einstellung nicht vornehmen (§ 173 II 2 AktG) 959. Die Satzungsbestimmung über „andere“ Rücklagen verdrängt nicht die weitere Möglichkeit, satzungsmäßige Rücklagen zu bilden. Nach § 158 I Nr 4 AktG stehen satzungsmäßige und „andere“ Rücklagen nebeneinander. § 58 I AktG bezieht sich auf andere Rücklagen. Kommt erst unter Berücksichtigung all’ dieser Möglichkeiten der Bilanzgewinn zustande, so setzt auch hier noch nicht das Gewinnbeteiligungsrecht der einzelnen Aktionäre an. Über die Verwendung des Bilanzgewinns entscheidet vielmehr die HV (§ 174 AktG), und diese kann nach § 58 III AktG im Verwendungsbeschluss noch weitere Beträge in Gewinnrücklagen 960 einstellen oder als Gewinn vortragen und – bei Ermächtigung in der Satzung – anderen Zwecken 961 zuführen als demjenigen der Rücklageneinstellung oder der Verteilung unter die Aktionäre (§ 58 III AktG). Für die Rücklagenbildung und den Gewinnvortrag gibt es keine Obergrenze. Nur § 254 AktG gibt, allerdings unter verschiedenen Voraussetzungen, die Möglichkeit, durch Anfechtungsklage wenigstens eine Gewinnausschüttung von 4 % des

955 Zu einer Differenz s Wilhelm Rechtsform und Haftung S 456 Fn 5. 956 Darauf bezieht sich die den Erwerb eigener Aktien zusätzlich beschränkende Vorschrift des § 71 II 2 AktG. Dazu o Rn 409. 957 Sie bezieht sich auf die Auflösung nicht mehr gerechtfertigter Abschreibungen (und der darin liegenden stillen Reserven, s etwa § 280 HGB). Der Erhöhungsbetrag abzüglich der Steuerbelastung (die Differenz ist der sog Eigenkapitalanteil) kann in die Rücklage eingestellt werden, womit eine Erhöhung von Aktiva durch Erhöhung der Rücklage als Passivum neutralisiert wird. Aus stiller wird offene Rücklage. 958 Mit der Beschränkung des § 58 II 3 AktG. 959 Stellt die HV ein, so besteht ein Nichtigkeitsgrund gem § 256 I Nr 4 AktG. 960 In andere oder auch gesetzliche Rücklagen, s Hüffer § 58 Rn 22 f. 961 Etwa einer gemeinnützigen Verwendung, s Hüffer § 58 Rn 25.

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F. Die Mitgliedschaft der Gesellschafter der Kapitalgesellschaft

Grundkapitals – abzüglich noch nicht eingezahlter Einlagen – zu sichern. Auf den Gewinn gemäß dem unter diesen Schranken und Vorbehalten zustande kommenden Ausschüttungsbeschluss haben die Aktionäre nach dem Verhältnis ihrer Anteile am Grundkapital (§ 60 I AktG) Anspruch (§ 58 IV AktG) 962. Nach § 59 AktG kann die Satzung den Vorstand ermächtigen, nach Abschluss des Geschäftsjahrs auf den voraussichtlichen Bilanzgewinn eine Abschlagszahlung zu gewähren. Das Gewinnbeteiligungsrecht ist ein individuelles Sonderrecht iS von § 35 BGB. Eine nachträgliche Beschränkung des auf die Aktien entfallenden Gewinnanteils durch Satzungsänderung ist nicht möglich 963. b. Das Bezugsrecht der Aktionäre und das Recht der Aktionäre auf Teilnahme am Liquidationserlös; weitere Rechte 647

Der Aktionär hat bei Kapitalerhöhungen, die die Gesellschaft gegen Einlagen vornimmt, ein Bezugsrecht 964, bei einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln das Recht auf Gratisaktien 965. Weiter ist der Aktionär nach § 271 AktG bei Auflösung und Liquidation der Gesellschaft am Liquidationserlös beteiligt. Zu nennen sind darüber hinaus Rechte auf Ausgleich, Umtausch oder Abfindung nach Konzern- und Umwandlungsrecht.

2. Die Vermögensrechte der Gesellschafter der GmbH a. Das Gewinnbeteiligungsrecht 648

Nach § 29 I aF GmbHG hatten die Gesellschafter einen Anspruch auf den nach der jährlichen Bilanz sich ergebenden Reingewinn, soweit nicht im Gesellschaftsvertrag ein anderes bestimmt war. Es galt das sogenannte Vollausschüttungsgebot. § 29 aF GmbHG ist durch das BiRiLiG 966 von 1985, dem in der Hauptsache das 3. Buch des HGB entstammt, geändert worden. Die Änderung hat die Vorschrift des § 29 GmbHG an das System und die Terminologie des 3. Buchs des HGB angepasst. Zudem hat sie der Gesellschafterversammlung von Gesellschaften mbH, die nach dem 1.1.1986 gegründet worden sind, die grundsätzliche – dh auch ohne Grundlage im Gesellschaftsvertrag bestehende – Möglichkeit gegeben, durch Gesellschafterbeschluss Gewinne zu thesaurieren 967.

962 Anders als die Stimmberechtigung, die grundsätzlich erst mit der vollen Einzahlung der Aktie beginnt (§ 134 II 1 AktG) – vorbehaltlich des Falls, dass noch auf keine Aktie voll eingezahlt ist (§ 134 II 4 AktG) und vorbehaltlich einer Satzungsregelung, die das Stimmrecht mit der Zahlung der Mindesteinlage beginnen lässt (§ 134 II 2 AktG) –, beginnt die Gewinnberechtigung mit der Beteiligung als Aktionär als solcher, wobei nur gem § 60 II AktG ein Voraus auf die geleistete Einzahlung in Betracht kommt, und nach § 60 III AktG die Satzung überhaupt etwas anderes bestimmen kann. 963 BGHZ 23, 150, 157; Hüffer § 58 Rn 28. 964 Näher dazu o Rn 556 ff Zum Bezugsrecht bei Gewinn- und Wandelschuldverschreibungen o Rn 565 Fn 860. 965 O Rn 583. 966 BiRiLiG v 19.12.1985 BGBl I S 2355. 967 Roth/Altmeppen/Roth § 29 Rn 1. Dort auch zur Übergangsregelung. Nach der früheren Fassung konnte die notwendige Bildung von Reserven durch Bildung stiller Reserven in der Bilanz erfolgen. Dies hat das BiRiLiG beendet (§§ 279, 280 HGB, Folgevorschriften sind § 58 IIa AktG – dazu o Rn 645 – und die entsprechende Vorschrift des § 29 IV GmbHG). Schon wegen des grundsätzlichen Ausschlusses stiller Reserven musste das Vollausschüttungsgebot – das dadurch verschärft worden wäre – abgeschafft werden, Roth/Altmeppen/Roth § 29 Rn 5, 24.

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IV. Die Vermögensrechte der Gesellschafter aus der Mitgliedschaft

Sieht man sich die neue Regelung an, so scheint nach wie vor ein bedeutsamer Unterschied zur AG zu bestehen: Anders als die Aktionäre haben die Gesellschafter der GmbH nach der neuen Regelung grundsätzlich nicht nur einen – vorbehaltlichen – Anspruch auf den seinerseits sich erst nach Abzugsmöglichkeiten ergebenden Bilanzgewinn, sondern sie haben einen – allerdings auch noch mit einem Vorbehalt versehenen (gesetzlicher, satzungsmäßiger oder sonstiger Ausschluss von der Verteilung) – Anspruch auf den Jahresüberschuss, zuzüglich eines Gewinnvortrags und abzüglich eines Verlustvortrags (§ 29 I 1 GmbHG). § 29 I 2 GmbHG erwähnt allerdings auch die Möglichkeit, die Bilanz unter Berücksichtigung der teilweisen Ergebnisverwendung aufzustellen (§ 268 I 1 HGB). Da nach der für AG und GmbH einheitlich geltenden Vorschrift des § 268 I 2 HGB in diesem Fall an die Stelle des Jahresüberschusses der Posten Bilanzgewinn tritt, in den ein vorhandener Gewinn- oder Verlustvortrag einzubeziehen ist, haben auch die Gesellschafter der GmbH in diesem Fall statt des Anspruchs auf den Jahresüberschuss zuzüglich Gewinnvortrags, abzüglich Verlustvortrags, den Anspruch auf den Bilanzgewinn (§ 29 I 2 GmbHG). Zum Anspruch auf Bilanzgewinn muss berücksichtigt werden, dass sich der Bilanzgewinn nach § 270 II HGB dadurch ergibt, dass schon bei der Aufstellung der Bilanz neben der Berücksichtigung eines Gewinnoder Verlustvortrags die gesetzlich oder nach dem Gesellschaftsvertrag in Gewinnrücklagen einzustellenden Beträge abzuziehen sind (§ 270 II HGB). Zum Anspruch auf den Jahresüberschuss behält § 29 I 1 GmbHG genau so jene Beträge vor. Also besteht zwischen den beiden Anspruchsgestaltungen kein Unterschied. Vergleichen wir danach AG und GmbH, so ist vorerst nur der Unterschied zu entdecken, dass es bei der GmbH auch die Aufstellung der Bilanz mit dem Ergebnis des Jahresüberschusses, dh ohne Berücksichtigung der teilweisen Verwendung des Jahresergebnisses, gibt 968. Der Unterschied zwischen der Stellung des Aktionärs auf der einen und der des Gesellschafters der GmbH auf der anderen Seite ist also nicht in der Formulierung des Anspruchsgegenstands begründet. Er liegt vielmehr in den Schranken einerseits und den Spielräumen andererseits, die für die Gewinnausschüttung, sei es in Bezug auf die Ausschüttung des Jahresüberschusses, sei es in Bezug auf die Bildung des Bilanzgewinns aus dem Jahresüberschuss, bestehen. Was die Schranken betrifft, gibt es bei der GmbH zunächst einmal keine gesetzliche Rücklage, wie diese für die AG in § 150 AktG geregelt ist. Weiter gibt es nicht die gesetzlichen Möglichkeiten der Verwaltung, Teile des Jahresüberschusses in Rücklagen einzustellen, die § 58 II AktG eröffnet 969. Was andererseits die Spielräume betrifft, ist zunächst der Gesellschaftsvertrag der GmbH anders als die Satzung der AG (§ 23 V AktG) grundsätzlich frei gestaltbar. Der Gesellschaftsvertrag kann sowohl über die Rücklagenbildung als auch über die Verwendung des nicht in Rücklagen einzustellenden Gewinns frei bestimmen. Satzungsmäßige Rücklagen und „andere“ Rücklagen, hinsichtlich derer die Satzung der AG gebunden ist (§ 58 I AktG), brauchen bei der GmbH mangels einer solchen Bindung nicht unterschieden zu werden. Ebenso freigestellt ist die Gesellschafterversammlung. Sie kann – vorbehaltlich anderer Be968 Die Bildung der Rücklage betr eigene Anteile, die § 158 I Nr 3 lit b, 4 lit b AktG bei der Entwicklung des Bilanzgewinns anspricht, ist auch bei der GmbH und auch hier schon aufgrund der Vorschrift des § 272 IV 1, 3 HGB bei der Aufstellung der Bilanz vorzunehmen (§ 33 III GmbHG nimmt auf § 272 IV HGB Bezug). 969 Zur Einstellung in Rücklagen entsprechend § 58 IIa AktG (nämlich des Eigenkapitalanteils von Wertaufholungen bei Vermögensgegenständen und von steuerlich gebildeten Passivposten) benötigt die Geschäftsführung bei der GmbH die Zustimmung der Gesellschafter (dh der Gesellschafterversammlung – Roth/Altmeppen/Roth § 29 Rn 47) oder – wenn vorhanden – des Aufsichtsrates (§ 29 IV GmbHG).

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F. Die Mitgliedschaft der Gesellschafter der Kapitalgesellschaft

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stimmungen des Gesellschaftsvertrags – im Beschluss über die Ergebnisverwendung (§ 46 Nr 1 GmbHG) mit einfacher Mehrheit (§ 47 I GmbHG) beliebig Beträge des Jahresüberschusses in Gewinnrücklagen oder als Gewinnvortrag einstellen. Da die Gesellschafterversammlung vorbehaltlich des Gesellschaftsvertrags 970 nach § 46 Nr 1 GmbHG für die Feststellung des Jahresabschlusses und die Ergebnisverwendung zuständig ist, braucht zu der Rücklagenbildung nicht zwischen der Feststellung des Jahresabschlusses und der Verwendung des Jahresergebnisses unterschieden zu werden. Schließlich gibt es eine § 254 AktG entsprechende Anfechtungsvorschrift im Recht der GmbH nicht 971. Die Verwendung freilich zu anderen Zwecken als der Gewinnreservierung oder -verteilung ist der Gesellschafterversammlung im Ergebnisverwendungsbeschluss nicht mehr möglich. Der zusätzliche Aufwand aufgrund des Beschlusses, von dem § 29 I 1 GmbHG spricht, ist der zusätzliche körperschaftsteuerliche Aufwand, der sich je nach Gewinnverwendung ergibt 972. Auch die Anteile an dem zur Verteilung kommenden Gewinn sind bei der GmbH disponibel. Die Verteilung bemisst sich grundsätzlich nach dem Verhältnis der Geschäftsanteile – ohne Rücksicht auf deren Einzahlung. Dies steht aber unter dem Vorbehalt, dass im Gesellschaftsvertrag nicht ein anderer Maßstab der Verteilung – ein Maßstab muss es aber sein – festgesetzt ist (§ 29 III GmbHG). Der Gewinnanspruch der Gesellschafter entsteht aufgrund des Beschlusses der Gesellschafterversammlung über die Ergebnisverwendung 973. Entsprechend der Unterschiedlichkeit des Wesens und der Vermögensbindungssysteme beider Gesellschaftsformen ist die Haftung auf Rückzahlung, wenn die Gesellschafter etwas als Gewinn ausgezahlt erhalten haben, was kein Gewinn ist, bei AG und GmbH unterschiedlich geregelt. Haben Aktionäre der AG gesetzwidrig Beträge bezogen, die als Gewinnanteile ausgezahlt worden sind, so sind sie zur Rückzahlung verpflichtet, wenn sie wussten oder infolge von Fahrlässigkeit nicht wussten, dass sie zum Bezuge nicht berechtigt waren (§ 62 I 1 AktG). Gesellschafter der GmbH haben einen verbotenen Empfang, wenn sie beim Empfang im guten Glauben waren, nur insoweit zu erstatten, als die Erstattung zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist (§ 31 II GmbHG). Insbesondere dasjenige, was die Gesellschafter im guten Glauben als Gewinnanteil bezogen haben, sind sie gemäß § 32 GmbHG nur nach § 31 I GmbHG zurückzuzahlen verpflichtet, dh nach § 31 I iVm § 30 I GmbHG, soweit die Leistung aus dem zur Stammkapitaldeckung erforderlichen Vermögen

970 Die Ermächtigung eines anderen Organs durch den Gesellschaftsvertrag zur Feststellung des Jahresabschlusses beinhaltet aber nicht die Ermächtigung, Rücklagen zu bilden, s Roth/Altmeppen/Roth § 29 Rn 18. 971 Gegen die weitgehende Dispositionsmöglichkeit der Mehrheit in der GmbH über die Gewinnausschüttung wird eine Beschränkung, dh ein Minderheitsschutz, unter dem Gesichtspunkt der Treuepflicht, erörtert. S Roth/Altmeppen/Roth § 29 Rn 20 f. Es dürfte aber § 243 II AktG in entsprechender Anwendung ausreichen. Auch an den Austritt aus wichtigem Grund ist zu denken, der freilich ultima ratio ist, s u Rn 689. 972 Roth/Altmeppen/Roth § 29 Rn 19, 75. S ebenso § 174 II Nr 5 AktG. 973 Aber nicht, wenn der Gesellschaftsanteil vor Fassung des Ergebnisverwendungsbeschlusses kaduziert worden ist, BGH GmbHR 1998, 1177. Nach – allerdings bestrittener – Ansicht hat ein der Gesellschaft angehörender Gesellschafter darauf, dass ein Beschluss über die Ergebnisverwendung gefasst wird, einen gem § 888 ZPO durchsetzbaren Anspruch (Roth/Altmeppen/Roth § 29 Rn 50; näher Gutbrod, GmbHR 1995, 551).

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V. Beginn und Ende der Mitgliedschaft, insbesondere die Rechtsnachfolge in die Mitgliedschaft

erfolgt ist, und nach § 31 II GmbHG, soweit die Rückzahlung zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich ist. b. Bezugsrecht und Recht auf Beteiligung am Liquidationserlös; weitere Rechte Auch die Gesellschafter der GmbH haben bei der Kapitalerhöhung, die ihre Gesellschaft gegen Einlagen vornimmt, ein Bezugsrecht und bei der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln ein Recht auf Gratisaktien974. Nach § 72 GmbHG wird – wie bei der Gewinnverteilung vorbehaltlich abweichender Bestimmung des Gesellschaftsvertrags – das in der Liquidation übrig bleibende Vermögen unter die Gesellschafter nach dem Verhältnis ihrer Geschäftsanteile verteilt. Darüber hinaus sind wie bei der AG Rechte auf Ausgleich, Umtausch, Abfindung nach Konzern- und Umwandlungsrecht zu nennen.

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V. Beginn und Ende der Mitgliedschaft, insbesondere die Rechtsnachfolge in die Mitgliedschaft 1. Beginn und Ende der Mitgliedschaft, Rechtsnachfolge bei der AG a. Übersicht, die Veräußerung der Aktie, Übernahmen Die Mitgliedschaft an der Gesellschaft, die zunächst Vor-AG und mit der Eintragung AG ist (§ 41 I 1 AktG), beginnt mit der Teilnahme am Gesellschaftsvertrag und der Übernahme von Aktien, mit der Zeichnung neuer Aktien und dem Wirksamwerden einer Kapitalerhöhung nach der (§ 189 AktG) und mit dem Erwerb von Aktien durch Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge 975. Sie endet mit dem Tod des Gesellschafters, der Veräußerung des Anteils, gesellschaftsrechtlichen Aufhebungsgründen oder mit der Auflösung und Abwicklung der Gesellschaft. Bei Tod und (wirksamer) Veräußerung ist das Ende auf der anderen Seite der Beginn der Mitgliedschaft des Erben oder des Erwerbers. Die Veräußerlichkeit von Aktien ist ein Grundmerkmal des Aktienrechts. Beschlüsse, durch die die Veräußerung (etwa von Namensaktien) über das Gesetz hinaus (s § 68 I AktG mit der Möglichkeit auch der Abtretung) erschwert werden, sind nach § 241 Nr 3 AktG nichtig 976. Veräußerung und rechtsgeschäftlicher Erwerb der Aktie geschehen durch Zession oder Übereignung 977. Die Übertragung der Namensaktie kann durch die Satzung an die Zustimmung der Gesellschaft gebunden sein (sog Vinkulierung, § 68 II). Weil massenhaft vorhandene (vertretbare) Inhaberaktien oder mit Blankoindossament versehene Namensaktien in Sammelverwahrung genommen werden (§ 5 DepotG), wenn sie nicht sogar nur in einer Sammel- oder Globalurkunde verbrieft sind (§ 9a DepotG), und dadurch Miteigentum der Aktionäre am Sammelbestand oder der Sammelurkunde ent-

974 O Rn 557, 583. 975 Die Beteiligung als Gründer kann nur durch Vertragsänderung mit Zustimmung aller Mitgründer übertragen werden, die Rechtsstellung aus der Zeichnung neuer Aktien nur mit Zustimmung der Gesellschaft. 976 So der BGH im Fall Einführung des Erfordernisses der Unterschriftsbeglaubigung auf Kosten des Aktionärs statt beliebiger Nachweismöglichkeiten, NJW 2004, 3561. 977 Weiter kommt der gesetzliche Eigentumserwerb durch Absendung eines Stückeverzeichnisses durch einen mit dem Einkauf beauftragten Kommissionär nach § 18 III DepotG in Betracht.

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steht 978, werden hier die Aktien durch Übertragung des Miteigentums veräußert. Die Verfügung über „die Aktien“ bedeutet jetzt die Verfügung über den Miteigentumsanteil des einzelnen Miteigentümers. Auf solche Verfügungen sind, wie bei anderen Miteigentumsanteilen auch, die §§ 929 ff BGB anwendbar. Die Übereignung wird durch eine bloße Buchung der verwahrenden Bank vollzogen. In dieser kommt die Übergabe zum Ausdruck. Die Buchung bedeutet nämlich die Umstellung des Besitzmittlungsverhältnisses auf den Erwerber 979. An die wertpapierrechtliche Übereignung einzelner Aktien und auch an die Übertragung des Miteigentums bei Sammelverwahrung oder Sammelbeurkundung knüpft die weitgehende Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs an. Für einzelne Inhaberaktien beurteilt sich diese nach §§ 932 ff BGB mit § 935 II BGB, §§ 366 f HGB, für Namensaktien nach § 68 I AktG iVm Art 16 II WG. Wird allerdings die Namensaktie durch Zession übertragen, besteht die Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs vom Nichtberechtigten nach §§ 398 ff BGB nicht. Sind die Aktien in Sammelverwahrung genommen oder in einer Sammel- oder Globalurkunde verbrieft, ist die Umbuchung aufgrund der Übertragung als Grundlage des gutgläubigen Erwerbs anerkannt. Dies ist genau zu analysieren: Zu suchen ist nach einer passenden Rechtsscheingrundlage, die über den Rechtsschein für das Bestehen eines Anteils als solchen hinaus (dieser Rechtsschein ist schon im mittelbaren Mitbesitz an den Urkunden zu sehen) auch auf die Höhe dieses Anteils hinweist 980. Im Interesse des Verkehrsschutzes erkennt die überwiegende Ansicht hier rechtsfortbildend einen gesetzlich nicht vorgesehenen Rechtsscheinträger an: die Buchung im Verwahrungsbuch der Wertpapiersammelbank, § 14 DepotG. Die Wertpapierübertragung wird ja durch Umbuchung in den Verwahrungsbüchern der Wertpapiersammelbank ausgedrückt. An die Stelle der „normalen“ sachenrechtlichen Übergabe tritt folglich der Buchungsakt. Die Buchung bildet neben dem Mitbesitz ein weiteres, ja sogar das eigentliche Vertrauenselement 981. Die Depotbuchung ist letztlich Surrogat

978 O Rn 629 f. Bei Miteigentum an einem Sammelbestand müsste, dogmatisch exakt betrachtet, der Miteigentumsanteil an jeder einzelnen Urkunde bestehen. „Zur Vermeidung einer heillosen Zersplitterung und einer unerträglichen Rechtsunsicherheit kann nach übereinstimmender Literaturmeinung der Depotkunde nicht über die einzelnen Miteigentumsrechte, sondern nur über deren Summe verfügen“, Kümpel Rn 11.164. Der Miteigentumsanteil soll sich also nach ganz überwiegender Ansicht auf den ganzen Sammelbestand beziehen. Verfügen kann der Miteigentümer über diesen Anteil insgesamt oder quotal. 979 Sogenannter stückeloser Effektengiroverkehr, s Hueck/Canaris Recht der Wertpapiere S 16. Zu Einzelheiten, insbes zu den gestuften Besitzmittlungsverhältnissen zwischen Anleger, Hausbank und Wertpapiersammelbanken muss auf die weiterführende Literatur verwiesen werden, zB Kümpel Rn 11.194 ff, 11.298 ff; Lenenbach Rn 5.51 ff. Gegen die Anwendung der §§ 929 ff mit Hilfe der Figur der Umstellung des Besitzmittlungsverhältnisses und damit für ein reines Wertrecht Habersack/Mayer, WM 2000, 1678 für den Fall, dass Ansprüche auf Ausstellung und Herausgabe von Einzelurkunden ausgeschlossen sind. Der Ausgang des DepotG beim Miteigentum an der Globalurkunde führt aber zu § 929 1 BGB. In allen Fällen von Miteigentum haben aufgrund der Einheit der im Miteigentum stehenden Sache die Miteigentümer keinen separaten Herausgabeanspruch. Die Herausgabe gehört zur gemeinsamen Verwaltung (§§ 744, 1011, 432 BGB), der Anspruch steht allen Miteigentümern bzw für alle Miteigentümer gemeinsam zu. Damit sind alle Miteigentümer mittelbare Besitzer (zutreffend Koller, DB 1972, 1857, 1861). – Zu technischen Einzelheiten der Übertragung (insbes den eingesetzten Computersystemen) Lenenbach Rn 5.48 ff. 980 Aufgrund des bloßen Mitbesitzes ist nach überwiegender Ansicht der gute Glaube an die Höhe der Miteigentumsquote nicht geschützt, vgl Wilhelm Sachenrecht Rn 1005 ff. 981 Grundlegend Koller DB 1972, 1905, 1908; weiter Wilhelm Sachenrecht Rn 1011.

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der Rechtsscheingrundlage Besitz, soweit es um die zu veräußernde Anteilsquote geht. Anders ist der Effektengiroverkehr nicht aufrechtzuerhalten 982. Ein bedeutsames Thema zur Übertragung der Aktien ist der Aktienerwerb zur Übernahme der Herrschaft über ein anderes Unternehmen. Besonders geregelt ist das sog Übernahmeangebot, das ein Großaktionär an die anderen Aktionäre der Zielgesellschaft abgibt oder sogar abgeben muss, wenn sein Aktienbesitz eine bestimmte Quote überschreitet 983. Das Thema ist Gegenstand der europäischen Übernahmerichtlinie und des deutschen WpÜG. Es ist im Kapitel über das Kapitalmarktrecht zu behandeln984.

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b. Eigene Aktien Bis zum Inkrafttreten des KonTraG 985 durfte die AG grundsätzlich Aktien, die an ihr selbst bestehen, die sog eigenen Aktien, nicht erwerben. Vorbehalten waren nur bestimmte Fälle, in denen der Erwerb zur Abwendung eines schweren Schadens, für die Gewährung von Umtauschrechten an Investoren oder zur Einziehung der Aktien erforderlich ist. Dieses grundsätzliche Verbot eigener Aktien bestand zu Recht: Soweit die eigenen Aktien eingezahlt sind, ist der Erwerb eigener Aktien, wenn er entgeltlich erfolgt, einer Einlagenrückgewähr gleich zu achten, die in § 57 I 1 AktG grundsätzlich verboten ist. Darüber hinaus und unabhängig von der Ent- oder Unentgeltlichkeit des Erwerbs verbindet sich mit dem Erwerb eigener Aktien historisch die Erfahrung der Gefährdung der Gesellschaft und der Täuschung der Öffentlichkeit 986. Weiter stehen zwar nach § 71b der Gesellschaft aus eigenen Aktien keine Rechte zu, das nach der Kapitalgrundlage bestimmte Gewicht der echten Aktionäre wird aber auch schon durch bloßes Mitrechnen eigener Aktien verfälscht. Trotz dieser Argumente hat das KonTraG im Anschluss an die dies zulassende zweite gesellschaftsrechtliche Richtlinie (Kapitalrichtlinie) der EG außer in besonders begründeten Ausnahmefällen (§ 71 I Nr 1 – 7 AktG) den Erwerb eigener Aktien im Rahmen eines Anteils am Grundkapital von 10 % generell zugelassen (Einfügung des § 71 I Nr 8 durch das KonTraG). Das Gesetz hat allerdings bestimmte Kautelen (§ 71 I Nr 8 S 2 ff, III) und Schran-

982 Lenenbach Rn 6.71: „lebensnotwendig“. Dabei findet selten Erwähnung, dass die Gegebenheiten des Effektengiroverkehrs insoweit über den „normalen“ gutgläubigen Erwerb weit hinausgehen. Nach § 166 I BGB soll es nämlich auf den Kenntnisstand der Clearstream Banking AG ankommen (genauer: dort auf den tätig werdenden Mittler, § 166 I BGB analog), die als Vertreterin der Käuferbank die Übertragungsofferte annimmt, Lenenbach Rn 5.73. Damit ist der Eigentumserwerb eines Wertpapierkäufers gewissermaßen „automatisiert“, denn Bösgläubigkeit der Clearstream Banking AG dürfte selten nachweisbar sein. 983 Es geht um den Verfahrensschutz der Aktionäre in einem geregelten Übernahmeverfahren, um die Möglichkeiten und Schranken der Verwaltung des Zielunternehmens, sich der Übernahme zu erwehren, und um die Pflichten der Organverantwortlichen in Bezug auf die Übernahme überhaupt (insbes wenn sie, wie im Fall Krupp/Thyssen das Aufsichtsratsmitglied bei Thyssen aus dem Vorstand der für Krupp tätigen Deutschen Bank, auf beiden Seiten Organstellung innehaben). 984 U Rn 833 ff. Zum Stand vor dem WpÜG umfassend Witt Übernahmen von Aktiengesellschaften und Transparenz der Beteiligungsverhältnisse 1998. 985 O Rn 78. 986 S Rn 57 f. Eine empirische Studie zu den (häufig fehlgeleiteten) Reaktionen des Kapitalmarkts auf den Rückkauf eigener Aktien liefern Bayer/Hoffmann/Weinmann, ZGR 2007, 457.

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ken (§ 71 II) eingefügt 987. Eine Sicherung enthält namentlich die Schranke des § 71 II 2, dass durch Zahlung des Erwerbspreises für eigene Aktien nicht die Deckung des Grundkapitals und einer gesetzlichen und satzungsmäßigen Kapitalrücklage angegriffen werden darf 988. Lediglich die Eingangsformulierung, dass eigene Aktien „nur“ erworben werden dürfen, wenn die enumerativ bestimmten Voraussetzungen zutreffen, zeigt noch die Grundlage in einer grundsätzlichen Unzulässigkeit des Erwerbs. Bei einem unzulässigen Erwerb eigener Aktien ist das schuldrechtliche Geschäft nichtig (§ 71 IV 2 AktG), nicht der Erwerb selbst (§ 71 IV 1). Aus der Unwirksamkeit des schuldrechtlichen Geschäfts folgen bereicherungsrechtliche Rückgewähransprüche 989. Das Gesetz fügt in § 71c I AktG die Bestimmung an, dass die AG zur Veräußerung der unzulässig erworbenen Anteile binnen Jahresfrist verpflichtet ist. Damit ist in erster Linie die Rückveräußerung der Anteile iR der Rückabwicklung an den früheren Aktionär gemeint. Wählt die AG ohne Grundlage im schuldrechtlichen Verhältnis zu dem Aktionär eine anderweitige Veräußerung und erzielt sie hierbei einen schlechten Preis, kann sie vom Aktionär nicht den an diesen gezahlten Kaufpreis unter Anrechnung nur des schlechteren Veräußerungserlöses verlangen. Eine Veräußerungspflicht trifft die AG auch hinsichtlich ihres zulässigen Erwerbs eigener Aktien: Wenn nämlich der, gleich nach welcher Ziffer des § 71 I AktG, zulässigerweise vorgenommene Gesamterwerb die Schwelle von 10 % des Grundkapitals übersteigt, hat die AG den Besitz eigener Aktien binnen drei Jahren auf 10 % zurückzuführen (§ 71c II AktG). Kommt es in den Fristen nicht zur Veräußerung, sind die Aktien nach § 237 AktG einzuziehen (§ 71c III AktG). Nach § 71b AktG stehen der Gesellschaft aus eigenen Aktien keine Rechte zu. §§ 71a, d und e AktG beziehen mit dem Dritterwerb unter Steuerung der Gesellschaft 990 und der Inpfandnahme eigener Aktien durch die Gesellschaft Vorgänge in die Regelung des

987 Muster eines HV-Beschlusses gemäß § 71 I 1 Nr 8 AktG bei Kindl, DStR 1999, 1276, 1281. Zugelassen sind verschiedene Erwerbsarten, so auch der Erwerb im Auktionsverfahren, Leuering, AG 2007, 435. Das Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel (jetzt BaFin) hat Grundsätze zum Erwerb eigener Aktien herausgegeben, WM 2000, 438. Zum Verhältnis der Schrankenregelun