159 30 2MB
German Pages 175 Year 2008
Achim Hauck Eigenkapital von Banken als Regulierungsgegenstand
GABLER EDITION WISSENSCHAFT
Achim Hauck
Eigenkapital von Banken als Regulierungsgegenstand Auswirkungen von Eigenkapitalanforderungen auf das Investitionsverhalten bankfinanzierter Unternehmen
GABLER EDITION WISSENSCHAFT
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Dissertation Universität Leipzig, 2008
1. Auflage 2008 Alle Rechte vorbehalten © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2008 Lektorat: Frauke Schindler / Anita Wilke Gabler ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-1181-0
Vorwort
Diese Dissertation ist während meiner Zeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur Geld und Währung an der Universität Leipzig entstanden. Ich möchte besonders meinem akademischen Lehrer Prof. Dr. Uwe Vollmer für seine Bereitschaft danken, als Betreuer und Erstgutachter der Arbeit zu fungieren. Ohne seine fortwährende Unterstützung, Zusammenarbeit und nicht zuletzt auch Geduld würde die Dissertation nicht in dieser Form vorliegen. Ferner gilt mein Dank Prof. Dr. Frank Schuhmacher und Prof. Dr. Wilhelm Althammer für ihren Einsatz als Zweit- und Drittgutachter und Prof. Dr. Harald Wiese für seine Bereitschaft, den Vorsitz der Promotionskommission zu übernehmen. Herzlich bedanken möchte ich mich auch bei meinem Kollegen und Freund Dr. Diemo Dietrich, der immer ein konstruktiver Diskussionspartner war und mir viele hilfreiche Hinweise und Anregungen gegeben hat. Dank gebührt außerdem Monika Bucher und Vera Glöckner, die sich durch unermüdliches Korrekturlesen um die äußere Form dieser Arbeit verdient gemacht und die Lesbarkeit der Arbeit erheblich erhöht haben. Schließlich danke ich meiner Familie und meinen Freunden. Danke für eure Unterstützung und für euer Verständnis, das mir insbesondere die letzte Phase der Fertigstellung dieser Dissertation sehr erleichtert hat. Achim Hauck
Inhaltsverzeichnis
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
V
Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX Tabellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XI Symbolverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .XIII A
Problemstellung und Vorgehensweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A.1 Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A.2 Untersuchungsziel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A.3 Untersuchungsaufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 1 3 6
Teil I Eigenkapitalregulierung von Banken und unternehmerische Investitionsanreize: Besteht ein Erkenntnisdezit? . . . . . . . . . . . . 13 B
C
Portfoliotheoretische Analyse der Wirkung einer Eigenkapitalregulierung von Banken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B.1 State-preference-Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B.2 Mean-variance-Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B.3 Neuere portfoliotheoretische Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B.4 Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15 16 22 29 32
Vertragstheoretische Analyse der Wirkung einer Eigenkapitalregulierung von Banken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C.1 Monitoring-Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C.2 Relationship-lending-Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C.3 Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
35 36 42 48
VIII
Inhaltsverzeichnis
Teil II Renanzierung von Banken und regulatorische Eigenkapitalanforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 D
E
Funktionen von Eigenkapital und Einlagen bei der Bankenrenanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D.1 Modellrahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D.2 Kreditrisikotypisierung und Benchmark . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D.3 Allgemeines Kreditrisiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D.4 Intermediärspezisches Kreditrisiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D.5 Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
53 56 60 63 71 80
Eigenkapitalanforderungen an Banken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E.1 Bewertung nach HGB und IFRS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E.2 Nominalwert- vs. marktwertbasierte Eigenkapitalanforderungen . E.3 Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
85 86 88 91
Teil III Eigenkapitalregulierung von Banken und Investition des Unternehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 F
Eigenkapitalregulierung und unternehmerische Projektwahl . . F.1 Modellrahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F.2 Benchmark . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F.3 Projektwahl bei unregulierter Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F.4 Projektwahl bei regulierter Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F.5 Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
95 97 101 105 117 125
G
Eigenkapitalregulierung und unternehmerische Projektdurchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . G.1 Modellrahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . G.2 Kreditvertrag und Nutzungsmodi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . G.3 Benchmark . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . G.4 Projektdurchführung bei unregulierter Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . G.5 Projektdurchführung bei regulierter Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . G.6 Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
129 131 134 141 143 151 155
H
Zusammenfassung, Schlussfolgerungen und Ausblick . . . . . . . . . 159
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163
Abbildungsverzeichnis
A.1 Stilisierte Darstellung einer intermediären Finanzierung . . . . . . . . . D.1 D.2 D.3 D.4
Investitionsprojekt des Unternehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachverhandlungen zwischen Unternehmer und Kreditgeber . . . . . Nachverhandlungen zwischen Bank und Einleger . . . . . . . . . . . . . . . Mindestzahlung des Unternehmers und Einlagenvolumen . . . . . . . .
4 57 58 65 78
E.1 Bilanz der Bank in t = 0 bei Nominalwertbilanzierung . . . . . . . . . . 89 F.1 Investitionsprojekt j des Unternehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F.2 Mindestzahlung des Unternehmers und Einlagenvolumen . . . . . . . . F.3 Erwartete Kreditrückzahlung und Liquidationswert (ohne Regulierung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F.4 Erwartete Kreditrückzahlung und Liquidationswert (mit Regulierung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
98 107 109 120
G.1 Investitionsprojekt des Unternehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 G.2 Bilanz der Bank in t = 1 bei Nominalwertbilanzierung . . . . . . . . . . 152
Tabellenverzeichnis
F.1 Finanzierungskosten der Projekte (ohne Regulierung) . . . . . . . . . . . 112 F.2 Gewinn des Unternehmers bei optimaler Finanzierung (ohne Regulierung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 F.3 Finanzierungskosten und Gewinn des Unternehmers (mit Regulierung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 G.1 Eigenschaften der Produktionsmodi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139
Symbolverzeichnis
a ar b c e ef f eq f g h i ir j k b k kl l m max mod nr p pl q r reg s t v vl
Gewicht allgemeines Kreditrisiko schlechter Umweltzustand Überwachungskosten Elementaranlage gesamtwirtschaftlich optimal Gleichgewicht Zahl der Einleger guter Umweltzustand hoch Verzinsung einer Alternativanlage intermediärspezisches Kreditrisiko Investitionsprojekt Eigenkapitalquote Mindesteigenkapitalquote keine Liquidation niedrig Wertpapier Maximum Nutzungsmodus ohne Eigenkapitalregulierung Preis partielle Liquidation Menge Ertrag mit Eigenkapitalregulierung Umweltzustand Zeitindex verkaufter Anteil an der Kreditforderung vollständige Liquidation
XIV
x z B D DE E EK H I J L MW Pr R RL U UL J S μ 2
Symbolverzeichnis
Liquidationserlös Barmittelausstattung des Unternehmers Bank Einlagennennwert Einlagen Erwartungswert Eigenkapital Kreditrückzahlungsversprechen Investitionsbedarf Anzahl der verfügbaren Investitionsprojekte Kreditvolumen Marktwert Wahrscheinlichkeit Ertrag Relationship Lender Nutzen unskilled Lender Menge der nanzierbaren Investitionsprojekte Menge der möglichen Umweltzustände Eigenkapitalanteil Abtretungsvolumen Wahrscheinlichkeit Risikoaversionsparameter Anteil der frühen Erträge Erwartungswert Konstante Auszahlung / Rente Varianz Mindestentlohnung des Bankiers Leistung der Bank erwartete Kreditrückzahlung des Unternehmers
A. Problemstellung und Vorgehensweise
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Zusammenhang zwischen Eigenkapitalanforderungen an Banken und dem Investitionsverhalten banknanzierter Unternehmen. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, ob Mindesteigenkapitalquoten für Banken ein geeignetes Instrument sein können, um Bankkreditnehmer zu ezienten Investitionen anzureizen.
A.1 Ausgangspunkt Banken spielen eine wichtige Rolle bei der Unternehmensnanzierung. Dies gilt insbesondere für Deutschland und den restlichen Euro-Währungsraum, wo das Volumen der Bankkredite an nichtnanzielle Kapitalgesellschaften jeweils rund 40% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) beträgt (Europäische Zentralbank 2002, S. 360f.; 2004a, S. 39; Bê Duc et al. 2005, S. 17). Damit umfasst in Deutschland die Verschuldung gegenüber Banken zwei Drittel der Gesamtverschuldung von Unternehmen; im restlichen Euro-Währungsraum verschulden sich Unternehmen ebenfalls hauptsächlich in Form von Bankkrediten (Europäische Zentralbank 2003, S. 54; Deutsche Bundesbank 2006, S. 23; 2007, S. 53*). Entsprechend dieser Evidenz wird das Finanzsystem des Euro-Währungsraums typischerweise als bankbasiert klassiziert und damit vom marktbasierten Finanzsystem in den USA abgegrenzt (Allen und Gale 2000, S. 47.; Allen et al. 2004). Dort ist zwar das Bankkreditvolumen an nichtnanzielle Kapitalgesellschaften mit rund 39% des BIP nur unwesentlich geringer als im Euro-Währungsraum, jedoch nanzieren sich amerikanische Unternehmen in deutlich stärkerem Maße direkt über den Kapitalmarkt, was u. a. an der Aktienmarktkapitalisierung abgelesen werden kann, die in den USA mit über 100% des BIP mehr als doppelt so hoch ist wie
2
A. Problemstellung und Vorgehensweise
im Euro-Währungsraum (Europäische Zentralbank 2004a, S. 34; Bê Duc et al. 2005, S. 17).1 Aufgrund seiner besonderen Bedeutung wird der Bankensektor einer umfänglichen Regulierung unterworfen, die insbesondere in dessen Passivgeschäft eingreift. So sind Banken in einer Vielzahl von Ländern dazu verpichtet, an einem Einlagensicherungssystem teilzunehmen (Demirgüç-Kunt und Kane 2002, S. 175f.); in Deutschland ist dies im Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz geregelt. Die Versicherung von Einlagen, die dem Volumen nach das wichtigste Renanzierungsinstrument2 von Banken sind (Bradley und Shibut 2006, S. 1.; Europäische Zentralbank 2006, S. 38.), wird aus zwei Gründen als notwendig angesehen. Zum einen soll sie Einleger schützen, die nicht hinreichend in der Lage sind oder zu geringe Anreize haben, das Aktivgeschäft ihrer Bank zu überwachen. Zum anderen soll die Versicherung die Stabilität des gesamten Bankensektors erhöhen, indem sie Runs auf einzelne Banken sowie sektorweite Bankenpaniken verhindert (Bryant 1980; Diamond und Dybvig 1983; Chen 1999). Des Weiteren erfolgen regulatorische Eingrie in das Passivgeschäft von Banken über Mindesteigenkapitalanforderungen. Diese wurden bis zum Jahr 2000 auf Grundlage des Konsultationspapiers des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht (1988), dem Basel-I-Akkord, in rund 100 Ländern implementiert (Jackson et al. 1999, S. 1). Gemäß dem Basel-I-Akkord müssen Banken mindestens 8% ihrer risikogewichteten Aktiva in Form von Eigenkapital unterlegen, wobei die Aktiva in vier verschiedene Risikoklassen unterteilt werden (Basler Ausschuss für Bankenaufsicht 1988). Ein Hauptziel bei der Entwicklung des Basel-I-Akkords und seiner Umsetzung war, ähnlich wie bei Einlagenversicherungen, die Erhöhung der Stabilität des 1
2
In der Literatur werden Banken ferner als bedeutsam für den langfristigen Entwicklungspfad von Volkswirtschaften angesehen. Es wird argumentiert, dass ein gut ausgebauter Bankensektor neben anderen Faktoren ursächlich sei für ein verstärktes Investitionsverhalten, eine erhöhte Kapitalakkumulation und ein im Durchschnitt höheres Wachstum des Sozialprodukts (King und Levine 1993a; 1993b). Eine Anmerkung zur Terminologie ist an dieser Stelle zweckmäßig. Um inhaltliche Unklarheiten zu vermeiden, wird im Nachfolgenden der Begri der Renanzierung ausschließlich in Bezug auf Banken verwendet, während sich der Begri der Finanzierung grundsätzlich auf Unternehmen bezieht. An dieser strikten begriichen Trennung wird im gesamten Verlauf der Arbeit festgehalten.
A.2 Untersuchungsziel
3
Bankensektors, wie das folgende Zitat aus dem Konsultationspapier des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht (1988, S. 1) belegt: ”Two fundamental objectives lie at the heart of the Committee’s work on regulatory convergence. These are, rstly, that the new framework should serve to strengthen the soundness and stability of the international banking system; and secondly that the framework should be in fair and have a high degree of consistency in its application to banks in dierent countries with a view to diminishing an existing source of competitive inequality among international banks.” An diesen Zielen der Stabilität und der Wettbewerbsneutralität wurde auch bei der in jüngerer Zeit durchgeführten Revision des Basel-Akkords (Basel II) festgehalten, bei der u. a. eine dierenziertere Berücksichtigung von Bankaktivarisiken für die Festlegung der Eigenkapitalanforderungen vereinbart wurde (Basler Ausschuss für Bankenaufsicht 2006). Mit dem Zusammenhang zwischen Bankenstabilität und regulatorisch festgelegten Mindesteigenkapitalanforderungen beschäftigt sich entsprechend auch eine Vielzahl theoretischer Arbeiten, wobei dort die Analyse des direkten Einusses einer Eigenkapitalregulierung auf das Bankverhalten im Aktivgeschäft im Vordergrund steht. Es wird dabei argumentiert, dass Mindesteigenkapitalquoten insbesondere bei Bestehen von Einlagensicherungssystemen ein zweckmäßiges Instrument zur Stabilisierung des Bankensektors sein können, da Einlagenversicherungen zwar passivseitig Bank-Runs verhindern, jedoch die möglicherweise ohnehin schon geringen Überwachungsanreize der Einleger weiter schwächen, sodass Banken ohne Zwang zu einer hinreichenden Eigenkapitalausstattung zu große Risiken im Aktivgeschäft eingehen (Furlong und Keeley 1989; Gjerde und Semmen 1995). Indes ist diese Sichtweise einer stabilitätserhöhenden Wirkung von Mindesteigenkapitalquoten in der Literatur durchaus nicht unumstritten (Santos 2001, S. 52.).
A.2 Untersuchungsziel Durch einen Regulator vorgegebene Eigenkapitalanforderungen an Banken müssen sich nicht nur direkt auf das Verhalten des Bankensektors und damit auf
4
A. Problemstellung und Vorgehensweise
Überschusseinheiten: Haushaltssektor
Defiziteinheiten:
Eigenkapital Bank Einlagen
Kredite
Unternehmenssektor Staatssektor
Abb. A.1. Stilisierte Darstellung einer intermediären Finanzierung
dessen Stabilität auswirken. Sie können auch indirekt das Verhalten banknanzierter Unternehmen beeinussen. Das Anliegen der nachfolgenden Analyse ist, diesen indirekten Wirkungskanal einer Eigenkapitalregulierung, der bislang in der Literatur nur wenig Beachtung gefunden hat, näher zu beleuchten. Es soll mithin aus theoretischer Sicht untersucht werden, welche Auswirkungen Mindesteigenkapitalanforderungen an Banken auf das Investitionsverhalten von Unternehmen haben. Als Beurteilungskriterium für die Zweckmäßigkeit einer Regulierung soll dabei nicht das Ausmaß der Bankensektorstabilität herangezogen werden, sondern die gesamtwirtschaftliche Ezienz der unternehmerischen Investitionen, d. h. die sich ergebenden Nettoerträge der Investitionen. Mindesteigenkapitalanforderungen werden also als gesamtwirtschaftlich vorteilhaft eingeschätzt, wenn sie zu höheren Investitionserträgen führen, und die primär in dieser Arbeit interessierende Fragestellung lautet folglich: Können regulatorische Eingrie in die Eigenkapitalausstattung von Banken als Anreizinstrument dienen, um die Ezienz von Unternehmensinvestitionen zu steigern? Um die mögliche Relevanz der Passivastruktur von Banken sowie von deren Regulierung für die Investitionsentscheidungen banknanzierter Unternehmen zu verdeutlichen, sei zunächst eine intermediäre Unternehmensnanzierung in stilisierter Form, wie in Abbildung A.1. dargestellt, betrachtet. Die Hauptaufgabe einer Bank besteht typischerweise darin, Mittel von den Überschusseinheiten einer Volkswirtschaft, z. B. in Form von Einlagen und Eigenkapital, aufzunehmen und diese den Deziteinheiten in der Volkswirtschaft in Form von Krediten zur Verfügung zu stellen. Überschusseinheiten sind dabei in der Regel die pri-
A.2 Untersuchungsziel
5
vaten Haushalte, während die Deziteinheiten im Unternehmenssektor sowie im Staatssektor angesiedelt sind.3 Hinsichtlich der Kosten einer intermediären Finanzierung sind für den Kreditnehmer neben dem Kreditvolumen gemäß der Abbildung A.1. drei weitere Größen maßgeblich. Er muss über die Rückzahlung des aufgenommenen Kreditbetrags hinaus erstens die Bank für ihre Intermediationsleistung entlohnen, zweitens die Kosten der Eigenkapitalrenanzierung der Bank tragen und drittens auch für die Kosten der Einlagenrenanzierung der Bank aufkommen. Entsprechend spielt die Passivastruktur der Bank, d. h. das Verhältnis von Eigenkapital und Einlagen, keine Rolle für die Finanzierungskosten des Kreditnehmers, solange die Bankrenanzierungskosten je Einheit Eigenkapital und Einlagen identisch sind. Unterscheiden sich diese hingegen, hängen die Finanzierungskosten des Kreditnehmers von der Passivastruktur der Bank ab. Kostenunterschiede bei der Renanzierung einer Bank über Eigenkapital und Einlagen können entstehen, wenn zwar die Eigenkapitalgeber, nicht aber die Einleger vollständig über das Verhalten der Bank informiert sind, sodass mögliche Anreizprobleme ausschließlich zwischen der Bank und den Einlegern entstehen. Ist ferner das Angebot an informiertem Eigenkapital relativ knapp, erhält dieses tendenziell eine höhere Verzinsung; folglich ist aus Sicht des Kreditnehmers eine Renanzierung der Bank über Eigenkapital relativ teurer (Holmstrom und Tirole 1997). Auch bei gleichem Informationsstand von Eigenkapitalgebern und Einlegern lassen sich Kostenunterschiede rechtfertigen, da sich die mit der jeweiligen Forderung verbundenen Rechte gegenüber der Bank unterscheiden. Diamond und Rajan (2001c) argumentieren dabei, dass Einlagen zwei wesentliche Eigenschaften aufweisen. Erstens sind sie auf Sicht fällig, d. h. sie können zu jedem beliebigen Zeitpunkt bei der Bank eingelöst werden. Zweitens müssen die Einlösewünsche der Einleger von der Bank gemäß dem First-come-rst-served-Prinzip erfüllt werden. Sie ist also dazu verpichtet, Einleger in der Reihenfolge des Eintreens der Einlösewünsche vollständig auszubezahlen, selbst wenn es hierdurch 3
Dies gilt auch für den Euro-Währungsraum, wo der Haushaltssektor über eine positive Nettonanzposition in Höhe von rund 150% des BIP verfügt, der Unternehmenssektor hingegen mit rund 100% des BIP eine negative Nettonanzposition aufweist; die Nettonanzposition des Staats ist ebenfalls negativ und beträgt rund 50% des BIP (Europäische Zentralbank 2002, S. 15).
6
A. Problemstellung und Vorgehensweise
zu einer Insolvenz der Bank kommt und diese später geäußerte Einlösewünsche nicht mehr bedienen kann. Beide Eigenschaften implizieren, dass die Bank ihr Zahlungsversprechen an die Einleger nicht nachverhandeln kann, sodass es nicht zu einem Hold-up der Einleger durch die Bank kommt (Diamond und Rajan 2001c). Eigenkapital hingegen ist zwar mit einem Eigentumsrecht an der Bank verbunden, unterliegt aber keinem First-come-rst-served-Prinzip. Die Bank hat daher die Möglichkeit, von ihren Eigenkapitalgebern durch Nachverhandlungen leistungslose Informationsrenten zu extrahieren. Entsprechend ist wiederum die Eigenkapitalrenanzierung der Bank tendenziell teurer für den Kreditnehmer als eine Einlagenrenanzierung, weil ein Hold-up der Eigenkapitalgeber durch die Bank, anders als bei den Einlegern, nicht vollständig verhindert werden kann (Diamond und Rajan 2000; 2001a). Ein banknanziertes Unternehmen beurteilt die Vorteilhaftigkeit eines Investitionsprojekts anhand der resultierenden Bruttoerträge und der Aufwendungen, die mit der Investition verbunden sind. Da zu Letzteren auch die Finanzierungskosten zählen, wird die Passivastruktur der Bank also potenziell entscheidungsrelevant für das Unternehmen, wenn die Bankrenanzierung über Eigenkapital teurer als über Einlagen ist. In diesem Fall können auch Mindesteigenkapitalanforderungen an Banken Einuss auf den Investitionskalkül des Unternehmens haben. Wie sich diese über den indirekten Kanal der Finanzierungskosten auf die Ezienz der Investitionsentscheidung auswirken, will die nachfolgende Analyse klären. Die Untersuchung soll dabei im Rahmen eines theoretischen Modells erfolgen, das die Existenz von Banken als Mittler zwischen den Überschusseinheiten und den Deziteinheiten in einer Volkswirtschaft endogen begründen kann und mithin eine Berücksichtigung der Besonderheiten einer intermediären Unternehmensnanzierung erlaubt. Worin genau diese Besonderheiten bestehen, wird im weiteren Verlauf dieser Arbeit noch ausführlich diskutiert.
A.3 Untersuchungsaufbau Die Arbeit besteht aus insgesamt drei Teilen. Der erste Teil gibt einen Überblick über den Stand der theoretischen Forschung, die sich mit den Auswirkungen einer Eigenkapitalregulierung von Banken befasst. Dabei wird insbesondere das Erkenntnisdezit hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen regulatorischen
A.3 Untersuchungsaufbau
7
Eigenkapitalanforderungen und unternehmerischen Investitionsanreizen aufgezeigt, und es wird ein geeigneter Modellansatz identiziert, der als Ausgangspunkt für die weitere inhaltliche Analyse dienen kann. Der zweite Teil der Arbeit konzentriert sich auf das Renanzierungsverhalten von Banken im Passivgeschäft und untersucht in grundsätzlicher Form die Funktionen einer Eigenkapital- und Einlagenrenanzierung im Rahmen eines einfachen Intermediationsmodells. Außerdem wird diskutiert, in welcher Form Mindesteigenkapitalanforderungen an Banken in die modelltheoretische Analyse eingebettet werden können. Im dritten Teil der Arbeit wird schließlich das Verhalten eines banknanzierten Unternehmers auf der Grundlage eines erweiterten Intermediationsmodells betrachtet, in dem der Unternehmer bei seiner Investitionsentscheidung über mehrere Handlungsalternativen verfügt, die wegen unterschiedlicher Risiken in unterschiedlichem Maße eine Renanzierung der Bank über Eigenkapital erfordern. Hierbei wird insbesondere analysiert, inwieweit die resultierenden Unterschiede in den Finanzierungskosten Fehlanreize bei der unternehmerischen Investition generieren und ob eine Regulierung der Eigenkapitalausstattung der Bank geeignet ist, diese Fehlanreize abzumildern oder zu eliminieren. Der Literaturüberblick im ersten Teil der Arbeit ”Eigenkapitalregulierung von Banken und unternehmerische Investitionsanreize: Besteht ein Erkenntnisdezit?” erfolgt gemäß der Systematik von Santos (2001) und van Hoose (2006) in zwei Schritten. In Kapitel B. ”Portfoliotheoretische Analyse der Wirkung einer Eigenkapitalregulierung von Banken” werden Ansätze vorgestellt, die sich mit Bankenregulierung im Rahmen einer Modellwelt befassen, die durch eine symmetrische Informationsverteilung zwischen den handelnden Akteuren geprägt ist. Banken werden hierbei typischerweise als Kapitalsammelstellen aufgefasst, die im Passivgeschäft Mittel von den Überschusseinheiten in der Volkswirtschaft aufnehmen und in deren Namen in ein Portfolio risikobehafteter Aktiva investieren. Es wird herausgearbeitet, dass diese Ansätze bislang ausschließlich Erkenntnisse zum Zusammenhang zwischen einer Eigenkapitalregulierung und der Portfoliowahl von Banken erbracht und mithin den Analysefokus auf die direkten Auswirkungen einer Regulierung gelegt haben. Mit möglichen indirekten Eekten auf das Verhalten banknanzierter Unternehmer hat sich diese Literatur hingegen nicht befasst. Ferner wird gezeigt, dass die portfoliotheoretischen Ansätze ungeeignet für die Analyse der in dieser Arbeit interessierenden Implikationen einer Bankenregulierung für das Unternehmerverhalten sind, da sie voll-
8
A. Problemstellung und Vorgehensweise
ständig von möglichen Friktionen abstrahieren, die durch Informationsprobleme zwischen Wirtschaftssubjekten entstehen. Entsprechend können diese Ansätze die Notwendigkeit einer intermediären Unternehmensnanzierung über Banken nicht endogen erklären, sodass auf ihrer Grundlage keine zielführende Analyse des Zusammenhangs zwischen Eigenkapitalanforderungen an Banken und dem Verhalten banknanzierter Unternehmen möglich ist. Das Kapitel C. ”Vertragstheoretische Analyse der Wirkung einer Eigenkapitalregulierung von Banken” diskutiert Ansätze, die Bankenregulierung vor dem Hintergrund von Anreizproblemen untersuchen, die aus asymmetrisch verteilten Informationen zwischen Wirtschaftssubjekten resultieren. Es wird dargestellt, dass diese Ansätze zwar die Existenz von Banken begründen können und das Verhältnis zwischen einer kreditgebenden Bank und einem kreditnehmenden Unternehmer zumindest teilweise explizit modellieren, jedoch trotzdem meist nur die direkten Eekte einer Eigenkapitalregulierung auf das Bankverhalten betrachten. Hinsichtlich möglicher indirekter Implikationen einer Regulierung für Unternehmen wird in der vertragstheoretischen Literatur zwar die Frage nach der Verfügbarkeit von Bankkrediten in einiger Ausführlichkeit diskutiert, potenzielle Anreizwirkungen der Regulierung auf das Unternehmerverhalten bei der Wahl zwischen alternativen Investitionsprojekten oder bei der Durchführung eines Projekts bleiben hingegen weitgehend unberücksichtigt. Die Vorstellung der Literatur zeigt außerdem, dass insbesondere der Ansatz von Diamond und Rajan (2000; 2001a; 2001c), der auf der Theorie unvollständiger Verträge aufbaut, als zweckmäßiger Ausgangspunkt für die inhaltliche Analyse der Frage nach dem Zusammenhang zwischen Mindesteigenkapitalanforderungen an Banken und dem Verhalten banknanzierter Unternehmen dienen kann. Dieser Ansatz begründet die Existenz von Banken mit ihrer Funktion als Relationship Lender, d. h. Banken ermöglichen bei Vorliegen von unvollständigen Finanzverträgen eine Kreditgewährung an Unternehmen, indem sie deren Investitionsprojekte begleiten und mithin eine Beziehung zu den kreditnehmenden Unternehmen aufbauen, sodass eine Bank aufgrund besserer Projektkenntnisse eher vor einem Hold-up durch den Unternehmer geschützt ist, als es weniger informierte Kreditgeber wären. Durch die Kreditgewährung über eine Bank kann der Unternehmer somit eher daran gehindert werden, seine Kreditrückzahlungen im Zuge einer Projektdurchführung nachzuverhandeln. Damit eine intermediäre Finanzierung tatsächlich realisierbar ist, muss indes sichergestellt sein, dass die Bank einen hinreichend
A.3 Untersuchungsaufbau
9
großen Teil der Rückzahlung des Unternehmers an die Überschusseinheiten in der Volkswirtschaft weitergibt. Diese müssen also in hinreichendem Maße vor einem Hold-up durch die Bank geschützt sein, wozu es einer geeigneten Passivastruktur der Bank bedarf, von der Eigenkapital ein Bestandteil sein kann. Der Ansatz von Diamond und Rajan (2000; 2001a; 2001c) kann folglich sowohl die Existenz der Bank als auch die Nutzung von Eigenkapital als Renanzierungsinstrument der Bank potenziell begründen, sodass er als Ausgangspunkt für die inhaltliche Analyse dieser Arbeit als geeignet beurteilt wird. Der zweite Teil der Arbeit ”Renanzierung von Banken und regulatorische Eigenkapitalanforderungen” befasst sich zunächst in Kapitel D. ”Funktionen von Eigenkapital und Einlagen bei der Bankenrenanzierung” mit der Frage, inwiefern die Passivastruktur einer Bank dazu beitragen kann, mögliche Hold-upProbleme zwischen der Bank und ihren Finanziers zu lösen. Diese Frage wird mithilfe eines theoretischen Modells beantwortet, das den Ansatz von Diamond und Rajan aufgreift und erweitert. Dabei wird zum einen das bereits aus der Literatur bekannte Ergebnis bestätigt, dass ein gemäß dem First-come-rstserved-Prinzip abgeschlossener Einlagenvertrag das Hold-up-Problem zwischen der Bank und ihren Finanziers vollständig eliminieren kann, sofern die Kreditrückzahlung des Unternehmers sicher ist und mithin kein Kreditrisiko besteht. Zum anderen wird über die bisherige Literatur hinausgehend gezeigt, dass ein geeignet ausgestalteter Einlagenvertrag auch bei risikobehafteten Kreditrückzahlungen des Unternehmers sicherstellen kann, dass die Bank nicht den Versuch eines Hold-ups ihrer Einleger unternimmt, solange das Kreditrisiko keine intermediärspezischen Ursachen hat, d. h. das Ausmaß der im Zuge der Projektbegleitung zusätzlich gewonnenen Informationen der Bank sicher ist. In diesem Fall ist somit, anders als bislang in der Literatur postuliert, Eigenkapital als Renanzierungsinstrument der Bank redundant. Liegt hingegen intermediärspezisches Risiko vor, kann die optimale Lösung des Hold-up-Problems zwischen der Bank und ihren Finanziers neben Einlagen eine partielle Renanzierung der Bank über Eigenkapital vorsehen, da Eigenkapital zwar aufgrund des fehlenden First-come-rst-served-Prinzips leistungslose Informationsrenten für die Bank impliziert und somit aus Sicht des Unternehmers teurer als Einlagen ist, im Gegensatz zu Letzteren jedoch nicht der Gefahr von Bank-Runs unterliegt, die zu einem Verlust der Fähigkeiten der Bank als Relationship Lender führen würden.
10
A. Problemstellung und Vorgehensweise
Es folgt dann das Kapitel E. ”Eigenkapitalanforderungen an Banken”, das in knapper Form die Frage der Bewertung von Bankaktiva und -passiva in der Bankbilanz behandelt und basierend auf den dabei herausgearbeiteten Bewertungsgrundsätzen klärt, wie Mindesteigenkapitalanforderungen an Banken konsistent in das für die inhaltliche Analyse genutzte Modell integriert werden können. Dazu werden die für die Bankbilanzierung relevanten Bewertungsprinzipien vorgestellt, die aus dem Handelsgesetzbuch (HGB) sowie aus den International Financial Reporting Standards (IFRS) folgen, wobei das HGB eher eine Bilanzierung gemäß dem Nominalwert fordert, während die IFRS eine stärkere Berücksichtigung des Marktwerts bei der Bewertung der jeweiligen Bilanzposition erlauben. Es wird gezeigt, dass eine Marktwertbilanzierung bei Vorliegen unvollständiger Verträge zu Inkonsistenzen führen würde, da z. B. der Marktwert eines Kredits von nicht-verizierbaren Größen abhängt. Entsprechend erfolgt die Einführung einer Eigenkapitalquote der Bank, die potenziell einer Regulierung unterworfen werden kann, auf Grundlage der Nominalwerte der relevanten Bilanzpositionen der Bank. Der dritte Teil der Arbeit ”Eigenkapitalregulierung von Banken und Investition des Unternehmers” beginnt mit dem Kapitel F. ”Eigenkapitalregulierung und unternehmerische Projektwahl”. Dort wird im Rahmen einer Erweiterung des in Kapitel D. eingeführten Modells untersucht, wie sich ein Unternehmer verhält, wenn er nur eine von vielen potenziell möglichen Projektalternativen realisieren kann. Diese weisen zwar alle denselben Investitionsbedarf auf, unterscheiden sich aber in ihren Erträgen sowie hinsichtlich der mit ihnen verbundenen Risiken. Es wird gezeigt, dass der Unternehmer nicht notwendigerweise das Projekt mit dem höchsten Nettoertrag auswählt, sofern die Bank ihre Passivastruktur frei wählen kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn dieses Projekt ein hohes intermediärspezisches Risiko aufweist, sodass die Bank für seine Finanzierung eine relativ hohe Eigenkapitalausstattung benötigen würde. In diesem Fall präferiert der Unternehmer möglicherweise ein anderes, weniger ertragbringendes Projekt, das in geringerem Maße eine Renanzierung der Bank über Eigenkapital erfordert und mithin aus Sicht des Unternehmers mit geringeren Finanzierungskosten verbunden ist. Es besteht also potenziell ein Trade-o für den Unternehmer zwischen Projekterträgen einerseits und Finanzierungskosten andererseits, der dazu führt, dass der Unternehmer ein Projekt gegenüber einer ertragreicheren - und mithin aus gesamtwirtschaftlicher Sicht lohnenderen - Alternative vorzieht, sofern die
A.3 Untersuchungsaufbau
11
hierdurch eingesparten Finanzierungskosten die entgangenen Erträge überkompensieren. Dieser Fehlanreiz bei der Projektwahl kann jedoch durch eine der Bank auferlegte Mindesteigenkapitalquote gemildert werden. Diese nimmt dem Unternehmer die Möglichkeit, Finanzierungskosten einzusparen und bringt ihn dazu, sich bei seiner Investitionsentscheidung stärker an den Nettoerträgen zu orientieren. In Kapitel G. ”Eigenkapitalregulierung und unternehmerische Projektdurchführung” wird eine weitere Modikation des aus Kapitel D. bekannten Modells diskutiert. Es wird ein Unternehmer betrachtet, der eine langfristige Investition plant. Die Möglichkeit, diese trotz anfänglicher Misserfolge in Erwartung zukünftiger Erträge weiterzuführen, hängt dabei von der Eigenkapitalausstattung der nanzierenden Bank ab. Ist sie primär durch Einlagen renanziert, hat sie eine nur geringe Fähigkeit, anfänglich ausbleibende Erträge zu absorbieren, sodass ein vorzeitiger Projektabbruch auch dann unvermeidbar sein kann, wenn der Liquidationserlös die zukünftig erwarteten Erträge bei Fortführung unterschreitet. Dieses Problem kann nur dann vermieden werden, wenn sich die Bank in stärkerem Maße über Eigenkapital renanziert. Die Analyse zeigt mithin, dass ähnlich wie bei der Frage der Projektauswahl aus Sicht des Unternehmers ein Trade-o zwischen der Höhe der Finanzierungskosten einerseits und der Vermeidung eines vorzeitigen Projektabbruchs andererseits vorliegt. Dabei verzichtet er in gesamtwirtschaftlich suboptimaler Weise auf die Option, sein Projekt auch nach anfänglichen Misserfolgen fortsetzen zu können, sofern die hierdurch eingesparten Finanzierungskosten größer als die entgangenen zusätzlichen Erträge sind. Ferner wird gezeigt, dass eine Mindesteigenkapitalanforderung an Banken wiederum als Anreizinstrument geeignet sein kann, um die Entscheidung des Unternehmers aus gesamtwirtschaftlicher Sicht zu verbessern. Die Arbeit schließt mit dem Kapitel H. ”Zusammenfassung, Schlussfolgerungen und Ausblick”, das nach einem kurzen Resümee die Frage diskutiert, inwieweit aus der Analyse wirtschaftspolitische Implikationen abgeleitet werden können, und noch oene Fragen benennt, deren Beantwortung im Rahmen weiterer Forschungsarbeiten lohnend erscheint.
Teil I
Eigenkapitalregulierung von Banken und unternehmerische Investitionsanreize: Besteht ein Erkenntnisdezit?
In den letzten drei Jahrzehnten ist parallel zu der Entwicklung und Implementierung des Basel-Akkords eine umfangreiche Literatur entstanden, die aus theoretischer Sicht die Implikationen einer Eigenkapitalregulierung von Banken untersucht. Die folgenden Kapitel B. und C. bieten eine systematische Aufarbeitung dieser Literatur. Hauptanliegen ist dabei, zwei essenzielle Vorarbeiten für die inhaltliche Analyse im zweiten und dritten Teil dieser Arbeit zu leisten. Es soll einerseits dokumentiert werden, dass die in der Problemstellung aufgeworfene Frage, ob Eigenkapitalanforderungen an Banken als Anreizinstrument für Bankkreditnehmer geeignet sind, noch nicht in befriedigendem Maße beantwortet worden ist. Andererseits soll ein Analyserahmen gefunden werden, auf dessen Grundlage diese Frage untersucht werden kann. Entsprechend dieser beiden Anliegen und aus Gründen des Umfangs wird auf eine vollständige Darstellung aller Aspekte, die in der Literatur bislang behandelt worden sind, verzichtet; umfassende Literaturüberblicke bieten Bhattacharya et al. (1998), Santos (2001), Dionne (2003) sowie van Hoose (2006).
B. Portfoliotheoretische Analyse der Wirkung einer Eigenkapitalregulierung von Banken
Die ältesten Arbeiten zur Analyse einer Eigenkapitalregulierung von Banken basieren auf dem portfoliotheoretischen Paradigma und sind durch zwei wesentliche Merkmale gekennzeichnet. Erstens gehen diese Arbeiten davon aus, dass eine symmetrische Informationsverteilung zwischen allen betrachteten Akteuren vorliegt, sodass jeder Akteur zu jedem Zeitpunkt über denselben Informationsstand verfügt. Es wird also von der Möglichkeit abstrahiert, dass Wirtschaftssubjekte aufgrund von Informationsvorsprüngen strategisch handeln können. Zweitens verzichten diese Arbeiten auf eine explizite Betrachtung des Verhältnisses zwischen einer kreditgebenden Bank und einem kreditnehmenden Unternehmen. Stattdessen wird die primäre Aufgabe von Banken darin gesehen, im Passivgeschäft von Einlegern und Eigenkapitalgebern Mittel aufzunehmen und diese im Aktivgeschäft in (möglicherweise risikobehaftete) Wertpapierportfolios zu investieren.1 Innerhalb der portfoliotheoretischen Literatur können verschiedene Ansätze identiziert werden, die sich hinsichtlich des unterstellten Grads der Marktvollständigkeit sowie der unterstellten Präferenzen der betrachteten Wirtschaftssubjekte unterscheiden. Die Grundlagen und Hauptthesen der beiden wichtigsten portfoliotheoretischen Ansätze sollen nun zunächst, jeweils im Rahmen eines sehr einfachen Modells, vorgestellt werden. Es folgt dann ein Überblick über die Ergebnisse neuerer Arbeiten. Schließlich wird der sich aus der portfoliotheoretischen Literatur ergebende Erkenntnisstand zum Zusammenhang von Mindesteigenkapitalanforderungen an Banken und dem Investitionsverhalten von Unternehmen resümiert, und es wird, insbesondere vor dem Hintergrund der 1
Inwieweit diese Rolle einer Bank als delegierter Portfoliomanager bei Vorliegen einer symmetrischen Informationsverteilung zwischen den Wirtschaftssubjekten sinnvoll begründet werden kann, soll hier und im Folgenden nicht näher diskutiert werden; ausführlich mit dieser Frage befasst sich Breuer (1993).
16
B. Portfoliotheoretische Analyse
zuvor eingeführten formalen Modelle, diskutiert, inwieweit das portfoliotheoretische Paradigma grundsätzlich dazu geeignet erscheint, diesen Zusammenhang zu untersuchen.
B.1 State-preference-Ansatz Der State-preference-Ansatz wurde von Debreu (1959), Arrow (1964) und Hirshleifer (1964) entwickelt und in die wirtschaftswissenschaftliche Diskussion eingeführt. Als zentrale Grundlage dieses Ansatzes dient neben der bereits genannten Annahme einer symmetrischen Informationsverteilung zum einen das Prinzip eines vollständigen Kapitalmarkts und zum anderen das Prinzip einer arbitragefreien Preisbildung. Dabei besagt das erste dem State-preference-Ansatz zugrunde liegende Prinzip der Marktvollständigkeit, dass die Zahl der auf dem Kapitalmarkt gehandelten Wertpapiere nicht geringer als die Zahl der Umweltzustände ist, die zukünftig eintreten können. Es ist daher durch geeignete Kombination der Wertpapiere möglich, für jeden Umweltzustand s eine sogenannte Elementaranlage zu konstruieren. Diese ist dadurch gekennzeichnet, dass sie ausschließlich im Umweltzustand s einen Ertrag der Höhe 1 erbringt; in jedem anderen Umweltzustand hingegen erbringt sie keinen Ertrag (Eichberger und Harper 1997, S. 99.; Zimmermann 1998, S. 11). Es ist somit außerdem bei Marktvollständigkeit möglich, durch geeignete Kombination der Elementaranlagen jeden beliebigen Ertragsstrom zu realisieren. Das zweite dem State-preference-Ansatz zugrunde liegende Prinzip der arbitragefreien Preisbildung besagt, dass der Preis zweier Wertpapierportfolios gleich sein muss, sofern beide Portfolios in jedem Umweltzustand denselben Ertrag erbringen. Denn andernfalls hätten Wirtschaftssubjekte die Möglichkeit, risikolose Arbitragegewinne zu erzielen, indem sie ein relativ teureres Portfolio zugunsten einer relativ billigeren Alternative mit äquivalenten Ertragsströmen verkaufen (Eichberger und Harper 1997, S. 117f.). Die beiden Prinzipien des vollständigen Kapitalmarkts und der arbitragefreien Preisbildung implizieren, dass sich der Preis von jedem auf dem Kapitalmarkt gehandelten Wertpapier aus den Preisen der Elementaranlagen ergibt. Da ein Wertpapier m, das im Umweltzustand s einen Ertrag rs,m erbringt, dieselben Ertragsströme aufweist wie ein aus Elementaranlagen zusammengesetztes
B.1 State-preference-Ansatz
17
Portfolio, in dem jeweils rs,m Einheiten der zum Umweltzustand s gehörenden Elementaranlage enthalten sind, muss für den Preis pm des Wertpapiers gelten: pm =
P
pes rs,m ,
(B.1)
sS
wobei pes den Preis der zum Umweltzustand s gehörenden Elementaranlage und S die Menge der möglichen Umweltzustände bezeichnet (Eichberger und Harper 1997, S. 125; Zimmermann 1998, S. 14.). Ausgehend von der Bestimmungsgleichung (B.1) für die Wertpapierpreise werden im Rahmen des State-preference-Ansatzes die Implikationen von Eigenkapitalanforderungen an Banken in einer Reihe theoretischer Arbeiten untersucht, deren Hauptergebnisse nun mithilfe eines einfachen, an Furlong und Keeley (1989, S. 884.) angelehnten Modells nachvollzogen werden sollen. Es wird hierfür eine Bank betrachtet, die im Zeitpunkt t = 0 über Eigenkapital EK verfügt und außerdem im Passivgeschäft Einlagen mit Nennwert D hereinnimmt. Dabei sind die Ansprüche der Eigenkapitalgeber gegenüber der Bank nachrangig zu den Ansprüchen der Einleger. Ferner haften die Eigenkapitalgeber nur beschränkt, d. h. in Höhe ihres eingesetzten Kapitals. Entsprechend erhalten die Einleger im Zeitpunkt t = 1 nur dann eine Auszahlung gemäß dem Nennwert D ihrer Einlagen, sofern die Bank hinreichend hohe Erträge erwirtschaftet hat. Die Bank kann in t = 0 in zwei Wertpapiere m = 1, 2 investieren. Folglich lautet die Budgetbeschränkung der Bank: EK + M WDE = p1 q1 + p2 q2 .
(B.2)
Hierbei bezeichnet MWDE den Marktwert der Einlagen (Depositen) in t = 0, der dem von den Einlegern zur Verfügung gestellten Betrag entspricht, und qm bezeichnet die Menge des m-ten Wertpapiers. Das erste Wertpapier ist risikobehaftet. Es erbringt in t = 1 nur im guten Umweltzustand s = g einen Ertrag rg,1 = R > 1; im schlechten Umweltzustand s = b erbringt es wegen rb,1 = 0 keinen Ertrag. Das zweite Wertpapier ist hingegen sicher und erbringt unabhängig vom Umweltzustand in t = 1 einen Ertrag der Höhe rg,2 = rb,2 = 1. Für die Budgetbeschränkung der Bank kann folglich unter Nutzung von (B.1) auch geschrieben werden: ¡ ¢ EK + MWDE = peg q1 R + peg + peb q2 .
(B.3)
18
B. Portfoliotheoretische Analyse
Die Bank berücksichtigt bei ihrer Portfolioentscheidung in t = 0 ausschließlich die Interessen der Eigenkapitalgeber und trachtet danach, den Marktwert des Eigenkapitals MWEK und mithin dessen Preis zu maximieren. Dieser kann wie folgt bestimmt werden: Da die Eigenkapitalgeber nur beschränkt haften und nachrangig zu den Einlegern behandelt werden, erhalten sie in t = 1 keine Auszahlung, sofern der gesamte Portfolioertrag q1 rs,1 + q2 rs,2 der Bank geringer als der Nennwert D der Einlagen ist. In diesem Fall ist die Bank insolvent, und es werden sämtliche Erträge der Bank an die Einleger ausbezahlt. Übersteigt hingegen in t = 1 der Portfolioertrag die Zahlungsverpichtung der Bank gegenüber den Einlegern, so erhalten die Eigenkapitalgeber den Dierenzbetrag q1 rs,1 + q2 rs,2 D. Das Eigenkapital stellt also einen Anspruch dar, der in t = 1 im Umweltzustand s die Auszahlung max {q1 rs,1 + q2 rs,2 D, 0} erbringt, sodass für den Marktwert des Eigenkapitals gemäß (B.1) gilt: MWEK = peg max {q1 R + q2 D, 0} + peb max {q2 D, 0} .
(B.4)
Es kann nun das erste zentrale Ergebnis der State-preference-Literatur abgeleitet werden. Dieses besagt, dass die Bank zwischen allen möglichen Wertpapierportfolios sowie hinsichtlich ihrer Passivastruktur indierent ist, sofern weder eine Einlagenversicherung noch andere Friktionen, z. B. in Form von Insolvenzkosten, vorliegen (Kareken und Wallace 1978, S. 419; Keeley 1990, S. 1187). Entsprechend sind in diesem Fall auch Eigenkapitalanforderungen vollkommen bedeutungslos für das Verhalten der Bank. Um dies zu zeigen, muss der Marktwert MWDE der Einlagen bestimmt werden, für den gilt: M WDE = peg min {q1 R + q2 , D} + peb min {q2 , D} ,
(B.5)
da die Einleger in t = 1 nur dann den vollen Nennwert D ihrer Einlagen ausbezahlt bekommen, wenn die Bank hierfür genügend Mittel hat. Durch Addieren von (B.4) und (B.5) ergibt sich: M WEK + MWDE = peg (q1 R + q2 ) + peb q2 , wofür aufgrund der Budgetbeschränkung (B.3) der Bank auch geschrieben werden kann: MWEK + MWDE = EK + M WDE ,
B.1 State-preference-Ansatz
19
bzw. MWEK = EK. Der Marktwert des Eigenkapitals in t = 0 hängt also tatsächlich weder vom gewählten Portfolio noch von dem insgesamt aufgenommenen Einlagenvolumen ab. Der Grund hierfür ist, dass eine Umschichtung des Portfolios zugunsten des risikobehafteten Wertpapiers 1 ceteris paribus zwar die Zahlung an die Eigenkapitalgeber im guten Umweltzustand s = g erhöhen würde, während sie im schlechten Umweltzustand s = b aufgrund der beschränkten Haftung möglicherweise unverändert bliebe. Gleichzeitig jedoch würde die Zahlung an die Einleger im schlechten Umweltzustand und mithin auch der Marktwert der Einlagen tendenziell sinken, sodass die Bank einen geringeren Betrag zu Investitionszwecken aufnehmen könnte. Der potenziell positive Eekt einer Risikoerhöhung auf den Wert des Eigenkapitals würde also vollständig durch das bei Risikozunahme sinkende Investitionsvolumen kompensiert. Hinsichtlich der Passivastruktur der Bank kann ähnlich argumentiert werden. Die Bank kann nur in dem Maße mehr Einlagen aufnehmen, wie ihr gesamter Portfolioertrag in t = 1 steigt, sodass der Marktwert des Eigenkapitals nicht vom Einlagenvolumen abhängt. Letztlich bestätigen diese Ergebnisse das Theorem von Modigliani und Miller (1958), wonach in einer friktionslosen Welt der Wert einer Firma, in diesem Fall der Bank, unabhängig von ihrem Investitionsverhalten und ihrer Finanzierungsstruktur ist. Damit das Modigliani-Miller-Theorem nicht mehr gilt und somit Eigenkapitalrichtlinien potenziell einen Einuss auf das Bankverhalten haben, wird in der State-preference-Literatur typischerweise die Existenz einer Einlagenversicherung unterstellt, die eventuelle Minderzahlungen der Bank an die Einleger ausgleicht, jedoch hierfür keine faire Versicherungsprämie von der Bank verlangt.2 Sofern die Versicherungsprämie nicht vom Einlagenvolumen D abhängt 2
Diese Annahme ist durchaus nicht unkritisch. Rochet (1992, S. 1138) weist darauf hin, dass vor dem Hintergrund des beim State-preference-Ansatz unterstellten vollständigen Kapitalmarkts weder die Existenz der Einlagenversicherung noch das Fehlen einer fairen Versicherungsprämie endogen begründet werden kann. Es wäre mithin auf einem vollständigen Kapitalmarkt, selbst wenn eine Einlagenversicherung besteht, ohne weiteres möglich, die Prämie fair festzulegen, sodass die Höhe der Versicherungsprämie gerade der erwarteten Leistung der Einlagenversicherung entspricht; siehe zum Begri einer fairen Versicherung auch Wiese (2005b, S. 157).
20
B. Portfoliotheoretische Analyse
und auf null normiert wird, kann der Marktwert des Eigenkapitals weiterhin durch (B.4) beschrieben werden. Der Marktwert der Einlagen lautet hingegen in dieser Situation abweichend von (B.5): ¡ ¢ MWDE = peg + peb D,
(B.6)
da die Einleger aufgrund der Einlagenversicherung unabhängig von der Solvenz der Bank in t = 1 den Nennwert D ihrer Einlagen ausbezahlt bekommen. Durch Addition von (B.4) und (B.6) ergibt sich somit: MWEK + MWDE = peg max {q1 R + q2 , D} + peb max {q2 , D} , und nach Einsetzen der Budgetbeschränkung (B.3) folgt: M WEK = EK + peg max {0, D (q1 R + q2 )} + peb max {0, D q2 } . Da die Budgetbeschränkung zusammen mit (B.6) ferner impliziert, dass der Portfolioertrag der Bank im guten Umweltzustand s = g niemals den Nennwert der Einlagen unterschreitet, folgt:3 M WEK = EK + peb max {0, D q2 } .
(B.7)
Der Marktwert des Eigenkapitals hängt somit bei Existenz einer Einlagenversicherung sowohl vom gewählten Wertpapierportfolio als auch vom Einlagenvolumen ab; das Modigliani-Miller-Theorem gilt folglich nicht mehr. Denn jedwede Zahlung der Versicherung impliziert, dass der Marktwert der von den Einlegern in t = 0 aufgenommenen Mittel größer als der Marktwert der Rückzahlung ist, die in t = 1 von der Bank an die Einleger geleistet wird. Die Einlagenversicherung stellt also aus Sicht der Eigenkapitalgeber der Bank eine Subvention dar, die marktwertsteigernd auf das Eigenkapital wirkt, wobei peb max {0, D q2 } dem Wert dieser Subvention und mithin dem Wert der Zahlung entspricht, die von der Einlagenversicherung bei Insolvenz der Bank getragen werden muss. Dieser Subventionswert ist umso größer, je weniger die Bank in das sichere Wertpapier 3
D q1 R + q2 ist erfüllt, weil sich durch Einsetzen von (B.6) in (B.3) nach wenigen Umformungen ergibt: D = q1 R + q2
1 e pe g +pb
(peb q1 R + EK) .
B.1 State-preference-Ansatz
21
2 investiert und je höher das Einlagenvolumen ist (Merton 1977; Sharpe 1978; Flannery 1989, S. 240; Keeley 1990, S. 1187). Entsprechend würde die Bank, sofern sie ihre Portfolio- und Renanzierungsstruktur frei wählen könnte, ausschließlich in das risikobehaftete Wertpapier 1 investieren und so viele Einlagen wie möglich hereinnehmen, um die von der Einlagenversicherung erhaltene Subvention zu maximieren (Dothan und Williams 1980, S. 75f.; Furlong und Keeley 1989, S. 885f.; Gjerde und Semmen 1995, S. 1162f.).4 Eine Verminderung des Portfoliorisikos und somit des Ausmaßes der Subvention ist indes gemäß der State-preference-Literatur möglich, wenn zusätzlich zur Einlagenversicherung eine Eigenkapitalregulierung eingeführt wird (Furlong und Keeley 1989, S. 886; Gjerde und Semmen 1995, S. 1164f.). Diese kann beispielsweise fordern, dass die Bank zumindest einen Anteil b k ihrer Investition in das risikobehaftete Wertpapier 1 durch Eigenkapital renanzieren muss. In diesem Fall unterliegt das Handeln der Bank der zusätzlichen Restriktion: k :=
EK peg Rq1
b k,
(B.8)
wobei k die tatsächliche Eigenkapitalquote der Bank bezeichnet. Hierfür kann nach Einsetzen der Budgetbeschränkung (B.3) und des Marktwerts der Einlagen (B.6) auch geschrieben werden: D q2
1b k EK e. e b k pg +pb
(B.9)
Eine Mindesteigenkapitalquote gemäß (B.8) zwingt die Bank also dazu, in Abhängigkeit vom Nennwert D der hereingenommenen Einlagen einen Teil der in t = 0 aufgenommenen Mittel in das risikolose Wertpapier 2 zu investieren. Hierdurch wird der Fehlbetrag max {0, D q2 } begrenzt, den die Bank in t = 1 im schlechten Umweltzustand s = b aufweist und der von der Einlagenversicherung getragen werden muss. Gemäß (B.7) nutzt die Bank den Spielraum, den sie bei Vorliegen der Anforderung b k hat, vollständig aus. Sie wählt ihr Einlagenvolumen und ihre Portfoliozusammensetzung so, dass (B.9) gerade mit Gleichheit erfüllt ist. Folglich ist der sich ergebende Marktwert des Eigenkapitals, und damit der Marktwert der Subvention durch die Einlagenversicherung, umso geringer, je höher die Mindesteigenkapitalquote b k ist. Sofern dabei b k = 1 gilt, d. h. die Investition in das 4
Diese Hypothese, dass Einlagenversicherungen zu einer erhöhten Risikobereitschaft von Banken führen, wird durch die empirischen Arbeiten von Thies und Gerlowski (1989), Wheelock (1992) sowie Demirgüç-Kunt und Detragiache (2002) gestützt.
22
B. Portfoliotheoretische Analyse
risikobehaftete Wertpapier ausschließlich durch Eigenkapital renanziert werden kann, folgt aus (B.7) und (B.9) direkt MWEK = EK, sodass keine Subventionierung des Eigenkapitals mehr erfolgt und eine Insolvenz der Bank in jedem Fall vermieden wird (Furlong und Keeley 1989, S. 886f.). Die State-preference-Literatur kommt entsprechend der soeben abgeleiteten Ergebnisse mehrheitlich zu dem Schluss, dass eine Erhöhung der Mindesteigenkapitalanforderung zu einem Absinken des Portfoliorisikos von Banken führt. Indes ist diese Sichtweise auch im Kontext des State-preference-Ansatzes nicht gänzlich ohne Widerspruch geblieben. Homölle (2004) argumentiert, dass Banken auf höhere Eigenkapitalanforderungen auch mit einer verstärkten Renanzierung über unversicherte Einlagen reagieren können, wodurch sich die an die Einlagenversicherung zu zahlenden Prämien verringern und mithin höhere Investitionen in risikoreiche Aktiva möglich sind. Gennote und Pyle (1991) zeigen darüber hinaus, dass es bei Vorliegen von Portfolios mit positivem Kapitalwert zu einer Situation kommen kann, in der höhere Eigenkapitalquoten zu einem höheren Portfoliorisiko führen. Die Frage nach der Wirkungsrichtung einer Eigenkapitalregulierung auf das Portfoliorisiko wird auch im nächsten Abschnitt eine zentrale Rolle spielen, in dem der Mean-variance-Ansatz vorgestellt wird.5 Es kann jedoch unabhängig von dieser Frage zum Abschluss der Diskussion des State-preference-Ansatzes festgehalten werden, dass im Rahmen dieses Ansatzes Interaktionen zwischen einer kreditgebenden Bank und einem kreditnehmenden Unternehmen nicht betrachtet werden. Entsprechend macht die Statepreference-Literatur auch keinerlei Aussage zu der in dieser Arbeit interessierenden Fragestellung, ob sich Mindesteigenkapitalanforderungen an Banken als Anreizinstrument für banknanzierte Unternehmer eignen.
B.2 Mean-variance-Ansatz Der Mean-variance-Ansatz basiert auf den grundsätzlichen portfoliotheoretischen Arbeiten von Markowitz (1952) und Tobin (1958) und hat zwei wesent5
Die empirische Evidenz zu dieser Frage deutet insgesamt eher nicht darauf hin, dass Mindesteigenkapitalanforderungen einen systematischen Einuss auf das Portfoliorisiko von Banken haben (Sheldon 1996; Wagster 1999; Barth et al. 2004); siehe hierzu auch die Untersuchungen von Shrieves und Dahl (1992) sowie Aggarwal und Jacques (2001) für die USA, Ediz et al. (1998) für das Vereinigte Königreich und Rime (2001) sowie Bichsel und Blum (2004) für die Schweiz.
B.2 Mean-variance-Ansatz
23
liche Charakteristika. Zum einen geht er von der Annahme eines unvollständigen Kapitalmarkts aus, auf dem weniger Wertpapiere gehandelt werden, als zukünftig Umweltzustände eintreten können, sodass weder für jeden möglichen Umweltzustand s eine Elementaranlage konstruiert werden kann noch jeder beliebige zukünftige Ertragsstrom durch eine geeignete Portfoliozusammensetzung erreichbar ist. Zum anderen unterstellt er, dass es für die Untersuchung von Portfolioentscheidungen ausreicht, den Erwartungswert μ und die Varianz 2 der Erträge von zur Wahl stehenden Wertpapieren zu betrachten. Dabei ist eine solche Beschränkung der Analyse auf μ und 2 zulässig, sofern die Erträge der Wertpapiere normalverteilt sind, sodass ihre Verteilung vollständig durch den Erwartungswert und die Varianz beschrieben werden kann. Darüber hinaus ist sie auch dann zulässig, wenn die untersuchten Akteure bei ihrer Portfoliowahl danach trachten, ihren erwarteten Nutzen zu maximieren und die zugrunde liegende von Neumann/Morgenstern (1944)-Nutzenfunktion, die Erträge r in einen kardinal messbaren Nutzenindex überführt, einen quadratischen Verlauf hat (Eichberger und Harper 1997, S. 29.). Die portfoliotheoretischen Überlegungen von Markowitz (1952) und Tobin (1958) wurden insbesondere von Michaelsen und Goshay (1967), Pyle (1971) sowie Hart und Jaee (1974) auf Banken übertragen und in späteren Arbeiten um den Aspekt der Auswirkungen von Eigenkapitalanforderungen an Banken erweitert. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse werden nun, wiederum mithilfe eines einfachen Modells, das auf Koehn und Santomero (1980) aufbaut, diskutiert. Hierfür wird eine Bank betrachtet, die in t = 0 Mittel von Eigenkapitalgebern und Einlegern aufnimmt und diese in zwei Wertpapiere m = 1, 2 investiert, die in t = 1 in Abhängigkeit vom eingetretenen Umweltzustand s einen Ertrag rs,m erbringen. Dabei gilt μ1 > μ2 > 1, sodass der in t = 0 für t = 1 erwartete Ertrag μ1 des ersten Wertpapiers größer als der erwartete Ertrag μ2 des zweiten Wertpapiers ist. Ferner sind die Erträge beider Wertpapiere unkorreliert und in gleichem Maße risikobehaftet; sie weisen beide dieselbe, auf eins normierte Varianz 21 = 22 = 1 auf. Hinsichtlich des unterstellten Eigenkapitalbegris unterscheidet sich der Meanvariance-Ansatz typischerweise vom State-preference-Ansatz. Er fasst Eigenkapital zwar auch als eine gegenüber Einlagen nachrangige Forderung auf, geht aber abweichend von der State-preference-Literatur explizit oder implizit von unbeschränkter Haftung des Eigenkapitals aus (Keeley und Furlong 1990, S.
24
B. Portfoliotheoretische Analyse
71f.; Suárez 1998, S. 310). Die Einleger erhalten also unabhängig von den Erträgen der Bank in t = 1 den Nennwert D ihrer Einlagen ausbezahlt, und für die (möglicherweise negative) Auszahlung rs,EK an die Eigenkapitalgeber gilt: rs,EK = q1 rs,1 + q2 rs,2 D. Entsprechend lautet die in t = 0 für t = 1 erwartete Auszahlung an die Eigenkapitalgeber: μEK = q1 μ1 + q2 μ2 D,
(B.10)
2EK = q12 21 + q22 22 = q12 + q22 .
(B.11)
und für die Varianz folgt:
Die Bank handelt bei der Portfoliowahl und der Wahl des Einlagenvolumens D im Interesse ihrer Eigenkapitalgeber und maximiert den Nutzen UEK eines repräsentativen Eigenkapitalgebers, für den gilt: UEK = μEK 12 2EK ,
(B.12)
mit > 0. Der Nutzen des repräsentativen Eigenkapitalgebers steigt also, sofern seine erwartete Auszahlung μEK steigt und sofern das mit der Varianz 2EK gemessene Risiko seiner Auszahlung sinkt. Die Eigenkapitalgeber sind somit risikoavers, wobei ein höheres mit einem höheren Grad der Risikoaversion einhergeht. Begründet werden kann die unterstellte Risikoaversion mit der Unvollständigkeit des Kapitalmarkts, die eine vollumfängliche Risikodiversikation nicht erlaubt (Santomero 1984, S. 581f.; Santos 2001, S. 53). Nach Einsetzen von (B.10) und (B.11) in (B.12) folgt: ¡ ¢ UEK = q1 μ1 + q2 μ2 D 12 q12 + q22 .
(B.13)
Das Handeln der Bank in t = 0 unterliegt zwei Beschränkungen. Zum einen gilt bei der Portfoliowahl analog zu (B.2) die Budgetbeschränkung: EK + D = p1 q1 + p2 q2 ,
(B.14)
wobei unterstellt wird, dass die Einleger keine Verzinsung auf ihr eingesetztes Kapital erhalten und mithin in t = 0 entsprechend dem Nennwert D ihrer Einlagen Mittel zur Verfügung stellen. Zum anderen gilt analog zu (B.8) eine
B.2 Mean-variance-Ansatz
25
Mindesteigenkapitalanforderung. Für diese wird zunächst Kahane (1977, S. 212) sowie Koehn und Santomero (1980, S. 1237) folgend unterstellt, dass sie bindend ist und für sie gilt: EK p1 q1 +p2 q2
=b k.
(B.15)
Die Bank muss also einen Anteil b k ihrer Investition in die risikobehafteten Wertpapiere mit Eigenkapital renanzieren. Ausgehend von der Zielfunktion (B.13) und den Nebenbedingungen (B.14) und (B.15) kann nun die Portfoliowahl der Bank sowie das gewählte Einlagenvolumen in t = 0 in Abhängigkeit vom Risikoaversionsgrad und der geforderten Eigenkapitalquote b k bestimmt werden. Um dabei die formale Analyse möglichst einfach zu halten, seien die Preise der beiden Wertpapiere auf p1 = p2 = 1 normiert. Durch Einsetzen der Nebenbedingungen in (B.13) ergibt sich dann: ³ ³ ´ ³ ´ ´2 ¸ 2 EK 1 EK b , UEK = q1 μ1 + EK μ q 1 k q + q 1 1 2 1 b b b 2 k k k sodass unter Beachtung der notwendigen Bedingung für ein Nutzenmaximum UEK ! q1 = 0 als optimales Portfolio folgt: q1 =
1 2
q2 =
1 2
h
h
EK b k
+
μ1 μ2
EK b k
μ1 μ2
und für das optimale Einlagenvolumen gilt: ³ ´ . D = 1b k EK b k
i ,
(B.16)
,
(B.17)
i
(B.18)
Der Risikoaversionsgrad hat also ceteris paribus keinen Einuss auf die , wohl aber auf die Portinsgesamt gehaltene Wertpapiermenge q1 + q2 = EK b k foliozusammensetzung. Im Fall = , in dem die Eigenkapitalgeber der Bank unendlich risikoavers sind, wird unabhängig vom Ertrag das Portfolio mit der geringsten Varianz gewählt, das gemäß Breuer et al. (2004, S. 160) auch als Basisportfolio bezeichnet werden kann. Dieses sieht wegen der Annahme unkorrelierter Wertpapiererträge mit gleicher Varianz eine hälftige Aufteilung des Investitionsbetrags auf beide Wertpapiere vor. Je geringer ist, desto mehr weicht die Bank von diesem Basisportfolio ab und substituiert zunehmend das
26
B. Portfoliotheoretische Analyse
zweite Wertpapier durch das ertragreichere Wertpapier 1, bis sie schließlich zum Nettoanbieter des zweiten Wertpapiers wird. Die Höhe der Eigenkapitalquote b k beeinusst hingegen die Wertpapiermenge. Ein höheres b k senkt dabei den Gesamtumfang des Portfolios, da es die Fähigkeit der Bank mindert, in t = 0 Einlagen hereinzunehmen. Außerdem impliziert eine Erhöhung von b k, dass die Bank die Menge q beider Wertpapiere in gleichem 1 2 = q , sodass der Anteil des ertragreicheren ersten Wertpapiers Maße senkt, q b k b k im Portfolio tendenziell ansteigt. Aus dem optimalen Portfolio (B.16) und (B.17) ergeben sich direkt zwei wichtige Erkenntnisse der Mean-variance-Literatur. Zum einen folgt nach Einsetzen des Portfoliooptimums und des gewählten Einlagenvolumens (B.18) in (B.10): μEK =
£1 2
¤ (μ1 + μ2 ) 1 EK + EK + b k
2 1 (μ1 μ2 ) , 2
(B.19)
< 0 die erwartete sodass eine Erhöhung der Eigenkapitalquote b k wegen μEK b k Auszahlung an die Eigenkapitalgeber der Bank senkt (Koehn und Santomero 1980, S. 1240.; Lackman 1986, S. 593f.). Zum anderen folgt nach Einsetzen des Portfoliooptimums in (B.11): 2EK =
1 EK 2 2 b k2 2
+
2 1 (μ1 μ2 ) . 2 2
(B.20)
< 0 zu einem geringeren Risiko der AusEin höheres b k führt also wegen EK b k zahlung an die Eigenkapitalgeber (Koehn und Santomero 1980, S. 1240.; Lam und Chen 1985, S. 569; Lackman 1986, S. 593f.). Das Zusammenspiel beider Ergebnisse impliziert, dass die Auswirkung einer Erhöhung der Eigenkapitalquote auf die Insolvenzwahrscheinlichkeit einer Bank nicht unmittelbar klar ist. Insolvenz kann auch hier, analog zum Statepreference-Ansatz, als eine Situation aufgefasst werden, in der die Bank in t = 1 nicht über hinreichende Mittel verfügt, um die Einleger vollständig auszubezahlen. Wegen der beim Mean-variance-Ansatz unterstellten unbeschränkten Haftung des Eigenkapitals ist Insolvenz mit einer negativen Auszahlung rEK an die Eigenkapitalgeber verbunden. Somit senkt ein höheres b k gemäß (B.20) zwar einerseits die Streuung von rEK und mithin ceteris paribus die Gefahr, dass rEK unter null sinkt. Andererseits jedoch senkt ein höheres b k gemäß (B.19) auch das Niveau von rEK , was die Wahrscheinlichkeit einer Insolvenz erhöht.
B.2 Mean-variance-Ansatz
27
Der Gesamteekt einer Änderung der Eigenkapitalnorm auf die Insolvenzwahrscheinlichkeit Pr [rEK 0] kann mithilfe der Tschebyschow-Ungleichung6 abgeschätzt werden, gemäß der gilt: Pr [rEK 0]
2EK . μ2EK
Die obere Schranke für die Insolvenzwahrscheinlichkeit sinkt also nach einer ( 2EK /μ2EK ) < 0 erfüllt ist oder: Erhöhung von b k nur dann, wenn b k μEK
2EK b k
2 2EK μEK < 0. b k
Hierfür kann nach Einsetzen von (B.19) und (B.20) auch geschrieben werden: ´ 2 ³ ³ 2 ´ 2 2 μ EK EK EK 2) μ e EK + EK EK + 12 (μ1 μ 2 μEK < 0, b b b k k2 b k b k b k k e > 0 gesetzt wurde. Nach Bildung der Ableiwobei μ e := 12 (μ1 + μ2 ) 1 mit μ tungen von μEK und 2EK gemäß (B.19) und (B.20) folgt somit nach wenigen Umformungen: ³ ´ 2 3 1 EK 2 ) EK (μ1 μ μe < 0. EK b b 2 b k3 k2 k Die Ungleichung zeigt, dass die Reaktion der Insolvenzwahrscheinlichkeit auf eine Erhöhung von b k vom Risikoaversionsgrad der Eigenkapitalgeber der Bank abhängt. Nur wenn diese hinreichend risikoavers sind und mithin hinreichend groß ist, ist die Ungleichung erfüllt und ein höheres b k geht mit einer geringeren Insolvenzgefahr einher. Es besteht also gemäß dem Mean-variance-Ansatz die Möglichkeit, dass eine Erhöhung der regulatorischen Eigenkapitalanforderung an die Bank deren Insolvenzrisiko erhöht. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Eigenkapitalgeber einen geringen Grad der Risikoaversion aufweisen (Kahane 1977, S. 212.; Koehn und Santomero 1980, S. 1241f.). Die Begründung hierfür liegt in dem bei einer Erhöhung von b k auftretenden Portfoliostruktureekt. Bei wenig risikoaversen Eigenkapitalgebern impliziert eine höhere Eigenkapitalquote, dass sich der Anteil des ersten Wertpapiers im Portfolio der Bank besonders stark ausweitet und sich folglich die Portfoliozusammensetzung stark vom Basisportfolio 6
2
Die Tschebyschow-Ungleichung lautet allgemein Pr [|rEK μEK | ] EK 2 , wobei eine beliebige, von null verschiedene Konstante ist (Sydsæter et al. 2005, S. 195). Somit folgt im Fall = μEK entsprechend Pr [rEK 0]
2 EK μ2 EK
.
28
B. Portfoliotheoretische Analyse
entfernt. Entsprechend sinkt das Portfoliorisiko nicht hinreichend, um die verminderten erwarteten Auszahlungen an die Eigenkapitalgeber zu kompensieren. Somit kann eine gemäß (B.15) auferlegte Eigenkapitalnorm das Insolvenzrisiko nicht wirksam begrenzen, da die Reaktion einer Bank auf diese Norm von den Risikopräferenzen ihrer Eigenkapitalgeber abhängt. Eine Begrenzung des Insolvenzrisikos ist jedoch durch eine modizierte Anforderung b k möglich, bei der die zur Wahl stehenden Wertpapiere unterschiedlich gewichtet werden (Kim und Santomero 1988, S. 1227.). Diese kann beispielsweise vorsehen: k :=
EK a1 p1 q1 +a2 p2 q2
=b k mit a1 =
μ1 p1 p1
und a2 =
μ2 p2 p2 ,
(B.21)
wobei am das Gewicht des m-ten Wertpapiers bezeichnet. In diesem Fall folgt nämlich nach Einsetzen der Budgetbeschränkung (B.14) und der Anforderung (B.21) in (B.10) für die erwartete Auszahlung an die Eigenkapitalgeber: ³ ´ k EK , μEK = 1 + b b k sodass μEK unabhängig vom gewählten Portfolio ist. Entsprechend ist für die Bank bei der Portfoliowahl gemäß ihrer Zielfunktion (B.12) ausschließlich das Portfoliorisiko relevant, und sie wird unabhängig vom Risikoaversionsgrad ihrer Eigenkapitalgeber das Basisportfolio wählen. Die Eigenkapitalanforderung (B.21) sorgt also dafür, dass alle Banken in gleicher Weise auf eine Veränderung von b k reagieren, wodurch letztlich auch das Insolvenzrisiko der Banken wirksam begrenzt werden kann. Insgesamt kann konstatiert werden, dass sich der Mean-variance-Ansatz, trotz Beibehaltung der grundlegenden Annahme einer symmetrischen Informationsverteilung zwischen den handelnden Akteuren, durchaus vom Statepreference-Ansatz unterscheidet, da er erstens nicht einen vollständigen Kapitalmarkt unterstellt und zweitens Risikopräferenzen berücksichtigt. Entsprechend hat der Mean-variance-Ansatz auch einige neue Erkenntnisse und Hypothesen erbracht, die sich aber letztlich auf dieselben Fragestellungen wie beim Statepreference-Ansatz beziehen und sich auf die direkten Auswirkungen von Eigenkapitalnormen auf das Bankverhalten beschränken. Die Schlussfolgerungen für diese Arbeit decken sich somit mit denen des vorangegangenen Abschnitts. Auch der Mean-variance-Ansatz hat bislang weder das Verhältnis zwischen einer Bank und einem banknanzierten Unternehmen explizit betrachtet, noch
B.3 Neuere portfoliotheoretische Ansätze
29
einen Erkenntnisgewinn hinsichtlich der Frage erbracht, wie Unternehmen auf die Einführung von Eigenkapitalnormen für Banken reagieren.
B.3 Neuere portfoliotheoretische Ansätze Nach der ausführlichen Darstellung der beiden grundlegenden portfoliotheoretischen Ansätze und der Klärung ihrer jeweiligen Analysemethoden sollen nun noch in Form eines Überblicks die Ergebnisse neuerer Arbeiten präsentiert werden, die ebenfalls von Informationsasymmetrien zwischen Akteuren abstrahieren und mithin dem portfoliotheoretischen Paradigma zugerechnet werden können. Diese Arbeiten gehen von der Annahme risikoneutraler Akteure aus und erweitern die bislang dargestellten Ansätze, indem sie erstens das Bankverhalten in einem dynamischen Kontext betrachten, zweitens die Preisbildung der Bankpassiva bzw. -aktiva endogenisieren oder drittens alternative Formen der Eigenkapitalregulierung untersuchen. Der Übergang von einem statischen Analyserahmen, in dem es nur einen Entscheidungszeitpunkt für die Bank gibt, zu einem dynamischen Analyserahmen mit mehreren Entscheidungszeitpunkten hat Auswirkungen auf den Investitionskalkül von Banken. In diesem Fall stehen sie bei der Wahl ihres Portfoliorisikos vor einem Trade-o, sofern beschränkte Haftung der Eigenkapitalgeber und eine Einlagenversicherung vorliegen. Denn risikoreichere Wertpapiere sind zwar weiterhin, wie auch im statischen Modell, vorteilhaft, da sie möglicherweise höhere erwartete Erträge erbringen und außerdem eine höhere Subventionierung durch die Einlagenversicherung im Insolvenzfall implizieren. Zusätzlich jedoch weisen sie bei dynamischer Betrachtung den Nachteil auf, dass aufgrund des höheren Insolvenzrisikos eine erhöhte Gefahr besteht, nach einer Insolvenz auf Erträge in zukünftigen Perioden verzichten zu müssen (Blum 1999, S. 759f.; Calem und Rob 1999, S. 329.). Entsprechend kann sich ein u-förmiger Zusammenhang zwischen der Höhe der Eigenkapitalausstattung einer Bank und dem Risiko des von ihr gewählten Portfolios ergeben. Verfügt die Bank über nur sehr wenig Eigenkapital, spielen zukünftig mögliche Erträge wegen der ohnehin sehr wahrscheinlichen Insolvenz eine untergeordnete Rolle gegenüber der möglichen Subvention durch die Einlagenversicherung, sodass die Bank ähnlich wie im statischen State-preference-Ansatz sehr risikoreich investiert. Bei mittlerer Eigenkapitalausstattung hingegen würde
30
B. Portfoliotheoretische Analyse
die Bank im Insolvenzfall nur geringe Zahlungen auf die Einlagenversicherung überwälzen können, sodass für sie der potenzielle Verlust zukünftiger Erträge schwer wiegt und sie somit ein geringes Portfoliorisiko präferiert. Schließlich gilt bei hoher Eigenkapitalausstattung, dass keine Insolvenz droht. In diesem Fall ist die Bank, ähnlich wie beim statischen Mean-variance-Ansatz, bereit, für höhere erwartete Wertpapiererträge ein höheres Portfoliorisiko in Kauf zu nehmen. Die dynamische Betrachtung führt also die konigierenden Verhaltenshypothesen des State-preference-Ansatzes und des Mean-variance-Ansatzes zusammen (Calem und Rob 1999, S. 329.). Der Eekt einer Mindesteigenkapitalanforderung b k auf das Insolvenzrisiko ist entsprechend im Kontext eines dynamischen Modells nicht unmittelbar klar. Einerseits führt eine Erhöhung der Anforderung zu einem erhöhten Kapitalpuer der Bank, der das Insolvenzrisiko senkt. Andererseits vermindert ein höheres b k die zukünftig erzielbaren Erträge, da es mehr Kapital in der Bank bindet, sodass sie zu verstärkten Investitionen in risikoreiche Wertpapiere angereizt wird (Blum 1999, S. 765.; Calem und Rob 1999, S. 335.). Darüber hinausgehend kann mithilfe von Mehrperiodenmodellen auch die Tendenz von Banken erklärt werden, regulatorische Eigenkapitalnormen überzuerfüllen. Hierzu sind sie bei Vorliegen von Risiko aus Vorsichtsgründen bereit, da sie andernfalls einer zu hohen Gefahr unterliegen, zukünftig die Norm zu unterschreiten und sanktioniert zu werden (Barrios und Blanco 2003).7 Die zweite in der neueren Literatur vorgenommene Erweiterung der traditionellen portfoliotheoretischen Ansätze besteht in einer expliziten Modellierung von Wettbewerb zwischen Banken, die eine Endogenisierung der Preisbildung erlaubt und somit die restriktive Annahme gegebener Preise der Bankpassiva oder -aktiva fallenlässt. Dabei betrachtet Repullo (2004) monopolistischen Wettbewerb um die Einleger auf Grundlage des Salop (1979)-Modells einer räumlichen Produktdierenzierung und zeigt, dass das Investitionsverhalten von Banken von der Wettbewerbsintensität auf dem Einlagenmarkt abhängt. Ist diese niedrig, sodass die Einleger einen geringen Zins erhalten, können Banken im Fall ihres 7
Für den deutschen Sparkassen- und Kreditgenossenschaftssektor zeigen Heid et al. (2004), dass Banken mit geringem Kapitalpuer versuchen, gleichzeitig ihre Kapitalausstattung zu verbessern und ihre Risikopositionen zu reduzieren, um wieder einen angemessenen Kapitalpuer aufzubauen, während Banken mit hohem Kapitalpuer ihre Risikopositionen tendenziell erhöhen, wenn ihre Kapitalausstattung steigt.
B.3 Neuere portfoliotheoretische Ansätze
31
Fortbestehens zukünftig relativ hohe Erträge erzielen und sind folglich primär daran interessiert, mithilfe geringer Portfoliorisiken eine Insolvenz zu vermeiden. Bei hoher Wettbewerbsintensität auf dem Markt für Einlagen hingegen haben mögliche zukünftige Erträge ein nur geringes Ausmaß, sodass die Banken hohe Portfoliorisiken eingehen, um im Erfolgsfall kurzfristig hohe Erträge zu erhalten und im Insolvenzfall von der Subvention durch die Einlagenversicherung zu protieren (Repullo 2004, S. 165.). Eigenkapitalnormen führen in diesem Szenario zu einer Erhöhung der Marktmacht einzelner Banken auf dem Einlagenmarkt und vermindern somit die Zinszahlungen an die Einleger. Entsprechend kann durch geeignete Wahl der Norm verhindert werden, dass die Banken zu risikoreich investieren. Zu sehr ähnlichen Ergebnissen kommen auch Bolt und Tieman (2004) sowie Repullo und Suárez (2004), die Wettbewerb auf dem Bankaktivamarkt betrachten und ebenfalls zu dem Schluss gelangen, dass weniger Wettbewerb wie auch höhere Eigenkapitalquoten tendenziell zu einem geringeren Portfoliorisiko führen. Weniger Einigkeit besteht indes hinsichtlich der Frage, ob Eigenkapitalanforderungen notwendigerweise das geeignetste Mittel zur Risikobegrenzung sind, da beispielsweise die Wettbewerbsintensität auf dem Einlagenmarkt auch durch die Einführung von Obergrenzen für den Einlagenzinssatz eingeschränkt werden kann (Chiappori et al. 1995; Hellmann et al. 2000). Die dritte Erweiterung schließlich, die im Rahmen neuerer portfoliotheoretischer Arbeiten eine prominente Rolle spielt, besteht in der Analyse alternativer Formen der Eigenkapitalregulierung von Banken. Insbesondere werden hierbei, in Einklang mit den im Basel-II-Akkord vorgesehenen Richtlinien, Eigenkapitalanforderungen in Abhängigkeit vom Value-at-Risk8 diskutiert, und es wird argumentiert, dass diese möglicherweise das Portfoliorisiko eektiver begrenzen können als ungewichtete oder gewichtete Mindesteigenkapitalquoten, wie sie in (B.15) und (B.21) eingeführt wurden (Dangl und Lehar 2004; Cuoco und Liu 2006). Der Grund hierfür ist, dass bei einer ungewichteten oder gewichteten Mindesteigenkapitalquote Portfolioumschichtungen zwischen Wertpapieren mit gleichem Gewicht zwar die geforderte Eigenkapitalausstattung unverändert lassen, sich jedoch trotzdem auf das Portfoliorisiko auswirken können, wenn z. B. die Umschichtung zu einer geringeren Diversikation des Portfolios führt. Eine 8
Der Value-at-Risk gibt einen Verlustbetrag an, der mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit erreicht oder überschritten wird (Breuer et al. 2006, S. 148).
32
B. Portfoliotheoretische Analyse
Bindung der Mindesteigenkapitalquote an den Value-at-Risk hingegen impliziert, dass die regulatorisch geforderte Eigenkapitalausstattung direkt vom Portfoliorisiko der Bank abhängig ist, sodass eine Steuerung des Risikos eher möglich ist.
B.4 Diskussion Wäre lediglich die soeben diskutierte portfoliotheoretische Literatur verfügbar, könnte die im Titel dieses ersten Teils aufgeworfene Frage, ob hinsichtlich des Zusammenhangs von Eigenkapitalanforderungen an Banken und unternehmerischen Investitionsanreizen ein Erkenntnisdezit besteht, leicht beantwortet werden. Denn der Literaturüberblick hat insgesamt gezeigt, dass dieser Zusammenhang im Rahmen portfoliotheoretischer Arbeiten faktisch nicht behandelt wird. Diese Arbeiten nehmen typischerweise an, dass die Ertragsstruktur aller einer Bank zur Wahl stehenden Aktiva gegeben und damit unabhängig von der Renanzierungsentscheidung der Bank ist. Selbst wenn man also die Erträge dieser Aktiva als Kreditrückzahlungen von Unternehmen interpretieren würde, wäre damit bereits per Annahme ein möglicher Einuss von Mindesteigenkapitalanforderungen über die Renanzierungsstruktur einer Bank auf die Kreditrückzahlungen des Unternehmers und mithin auf sein Verhalten ausgeschlossen. Außerdem ist vor dem Hintergrund des Literaturüberblicks zu konstatieren, dass die portfoliotheoretischen Ansätze eher ungeeignet sind, um die Auswirkungen einer Regulierung der Renanzierungsstruktur von Banken auf das Unternehmerverhalten zu analysieren. Die Gründe hierfür können insbesondere anhand des State-preference-Ansatzes verdeutlicht werden. In diesem Ansatz ist, wie oben gezeigt wurde, die Renanzierungsstruktur einer Bank wegen der Gültigkeit des Modigliani-Miller-Theorems grundsätzlich indeterminiert, solange keine Friktionen exogen in die Analyse eingeführt werden. Gleiches gilt prinzipiell auch für die Finanzierungsstruktur eines Unternehmers. Dieser ist daher sowohl hinsichtlich des Ausmaßes als auch hinsichtlich der Quelle möglicher Kredite indierent; eine intermediäre Finanzierung über Bankkredite weist aus seiner Sicht keinerlei Vorteile gegenüber einer direkten Finanzierung über den Kapitalmarkt auf. Banken spielen also im Rahmen dieses Ansatzes keine besondere Rolle bei der Unternehmensnanzierung, sodass ihre Existenz nicht endogen erklärt werden kann.
B.4 Diskussion
33
Eine recht analoge Argumentation ergibt sich auch bezüglich der anderen portfoliotheoretischen Ansätze. Diese können wegen der angenommenen Informationssymmetrie ebenfalls nicht ohne weiteres begründen, warum für Unternehmen eine Notwendigkeit bestehen sollte, ihren Finanzierungsbedarf über Banken zu decken. Eine gewisse Abhängigkeit von Bankkrediten ist jedoch erforderlich, damit sich Mindesteigenkapitalanforderungen an Banken überhaupt auf das Unternehmerverhalten auswirken können, da Unternehmen andernfalls die Möglichkeit hätten, nach Einführung einer Regulierung vollständig auf Bankkredite zu verzichten und sich stattdessen direkt über den Kapitalmarkt zu nanzieren. Der Zusammenhang von Eigenkapitalanforderungen an Banken und dem Verhalten banknanzierter Unternehmer könnte also nur dann im Rahmen eines portfoliotheoretischen Ansatzes untersucht werden, wenn entweder die Notwendigkeit einer intermediären Unternehmensnanzierung exogen angenommen oder mithilfe mehr oder weniger ad hoc eingeführter Friktionen begründet würde. Es erscheint daher zielführender, der Analyse einen Ansatz zugrunde zu legen, aus dem sich die besondere Rolle von Banken bei der Unternehmensnanzierung und dabei insbesondere deren Vorteilhaftigkeit gegenüber einer direkten Finanzierung endogen ergibt.
C. Vertragstheoretische Analyse der Wirkung einer Eigenkapitalregulierung von Banken
In jüngerer Zeit sind einige Untersuchungen entstanden, die sich mit Eigenkapitalregulierung von Banken auf Grundlage des vertragstheoretischen Paradigmas befassen. Im Mittelpunkt dieses Paradigmas steht die Annahme, dass Informationen zwischen Akteuren asymmetrisch verteilt sind und mithin, anders als bei den im vorangegangenen Kapitel diskutierten portfoliotheoretischen Ansätzen, nicht jeder Akteur zu jedem Zeitpunkt über denselben Informationsstand verfügt (Schweizer 1999, S. 3; Richter 2000, S. 7f.; Richter und Furobotn 2003, S. 215f.). Die vertragstheoretische Literatur zur Bankenregulierung unterstellt dabei, dass Unternehmen aufgrund von Informationsvorsprüngen strategisch gegenüber Kreditgebern agieren können und begründet damit die Relevanz von Banken bei der Unternehmensnanzierung. Diese begleiten die unternehmerische Investition und erhalten hierdurch zusätzliche Kenntnisse, sodass opportunistisches Verhalten des Unternehmers verhindert oder zumindest eingeschränkt wird. Dabei ist eine intermediäre Finanzierung insbesondere bei größeren Investitionsprojekten vorteilhaft, da die Kosten der Informationsgewinnung nur einmal und nicht bei jedem einzelnen Finanzier anfallen. Durch die Unternehmensnanzierung über eine Bank können somit mögliche Skalenerträge bei der Informationsproduktion ausgenutzt werden (Diamond 1984; Ramakrishnan und Thakor 1984; Diamond und Rajan 2001c). Vertragstheoretische Untersuchungen von Eigenkapitalanforderungen an Banken können anhand der jeweils betrachteten Form der Informationsasymmetrie sowie anhand der Fähigkeit von Akteuren, verbindliche Verträge abzuschließen, in zwei wesentliche Ansätze unterteilt werden. Die grundlegenden Annahmen und Ergebnisse dieser Ansätze werden nachfolgend, analog zum Vorgehen in Kapitel B., jeweils mithilfe eines einfachen formalen Modells präsentiert. Hierauf folgt eine zusammenfassende Diskussion des Erkenntnisgewinns, den die vertragstheoretische Literatur bislang zur Frage der Wirkung einer Eigenkapitalre-
36
C. Vertragstheoretische Analyse
gulierung von Banken auf das Unternehmerverhalten erbracht hat, und es wird der geeignete Ansatz identiziert, auf dessen Grundlage dieser Frage im zweiten und dritten Teil der Arbeit nachgegangen werden kann.
C.1 Monitoring-Ansatz Der Monitoring-Ansatz knüpft an die grundsätzlichen informationsökonomischen Überlegungen von Akerlof (1970), Ross (1973) und Mirrlees (1976) an. Er geht erstens von einem Unternehmer aus, der für die Durchführung seiner Investitionsprojekte einen Kredit benötigt, wobei nur ihm einige projektrelevante Größen bekannt sind. Diese können mithin weder ohne weiteres von seinen Kreditgebern beobachtet noch durch Gerichte veriziert werden; sie können folglich nicht ohne weiteres Bestandteil eines Kreditvertrags sein. Beispiele für solche nicht-beobachtbaren und nicht-verizierbaren Größen sind das Anstrengungsniveau des Unternehmers bei der Projektdurchführung, seine Fähigkeiten oder die Höhe der sich letztlich ergebenden Projekterträge. Der Monitoring-Ansatz geht zweitens davon aus, dass Finanzierungsverträge verbindlich abgeschlossen werden. Er abstrahiert somit von der Möglichkeit, dass Vertragsparteien nach erfolgtem Vertragsabschluss zu einem späteren Zeitpunkt willens oder in der Lage sind, einzelne Bestandteile des Vertrags nachzuverhandeln. Das Verhältnis von Unternehmer und Kreditgeber entspricht somit gemäß der Terminologie von Schweizer (1999, S. 34) sowie Dietrich und Vollmer (2005, S. 40f.) einer Prinzipal-Agent-Beziehung, wobei dem schlechter informierten Kreditgeber die Rolle des Prinzipals und dem besser informierten Unternehmer die Rolle des Agenten zukommt. Der Informationsvorsprung eines Unternehmers und die hieraus resultierende Möglichkeit, sich nach erfolgter Investition opportunistisch gegenüber seinen Kreditgebern zu verhalten, kann dazu führen, dass eine direkte Finanzierung seines Investitionsprojekts nicht möglich oder mit zu hohen Kosten verbunden ist. In diesem Fall besteht die Aufgabe einer Bank bei einer intermediären Finanzierung des Projekts darin, durch Überwachung (Monitoring) des Unternehmers die bestehende Informationsasymmetrie abzubauen und so dessen Opportunismus auf ein akzeptables Maß zu begrenzen (Diamond 1984; Ramakrishnan und Thakor 1984). Sofern jedoch die Überwachungsaktivitäten der Bank nicht von ihren Finanziers beobachtet werden können und mithin ein bestimmtes Über-
C.1 Monitoring-Ansatz
37
wachungsniveau nicht vertraglich festgelegt werden kann, erfüllt die Bank ihre Aufgabe nur dann, wenn sie hierzu einen Anreiz hat. Gemäß der auf dem Monitoring-Ansatz beruhenden Literatur hängt das von einer Bank gewählte Überwachungsniveau neben anderen Größen auch von ihrer Renanzierungsstruktur ab. Entsprechend diskutiert diese Literatur über den bislang betrachteten Aspekt der Aktivawahl von Banken hinausgehend insbesondere die Frage nach den Auswirkungen von Mindesteigenkapitalanforderungen auf die Überwachungsanreize von Banken. Diese Frage wird typischerweise durch Betrachtung einer risikoneutralen Bank beantwortet, die in t = 0 einem Unternehmer den Betrag L in Form eines Kredits zur Verfügung stellt und diesen über Eigenkapital und Einlagen renanziert. Dabei soll zunächst in Anlehnung an Rochet (2004, S. 96.) unterstellt werden, dass das beschränkt haftende Eigenkapital vollständig vom Bankier selbst stammt und die Einleger durch eine Einlagenversicherung geschützt sind. Die Budgetbeschränkung der Bank in t = 0 lautet somit: EK + D = L,
(C.1)
wobei die Prämienzahlung an die Einlagenversicherung auf null normiert wurde und EK bzw. D in bekannter Weise das zur Verfügung stehende Eigenkapital bzw. das Einlagenvolumen bezeichnet. Der Kreditvertrag enthält für den Zeitpunkt t = 1 je geliehenem Euro ein Rückzahlungsversprechen H 1 des Unternehmers.1 Dieses Versprechen kann er jedoch nur dann einhalten, wenn sein Investitionsprojekt erfolgreich verlaufen ist; andernfalls erbringt das Projekt keinen Ertrag, und er leistet keine Rückzahlung. Die Erfolgswahrscheinlichkeit des Projekts wird mit bezeichnet; sie hängt beispielsweise vom Anstrengungsniveau des Unternehmers ab und kann von der Bank durch Überwachung des Unternehmers von l auf h > l gesteigert werden. Indes entstehen der Bank in diesem Fall je geliehenem Euro nicht-pekuniäre Überwachungskosten mit einem pekuniären Gegenwert der Höhe c. Sofern sich der Bankier und mithin der Eigenkapitalgeber also für eine Überwachung des Unternehmers entscheidet, lautet sein in t = 0 für t = 1 erwarteter Ertrag: h (HL D) cL. 1
(C.2)
Da das gesamte Kreditvolumen L beträgt, beläuft sich somit das gesamte Kreditrückzahlungsversprechen des Unternehmers für t = 1 auf HL L.
38
C. Vertragstheoretische Analyse
Denn über die anfallenden nicht-pekuniären Überwachungskosten cL hinaus erhält der Bankier in diesem Fall mit der Wahrscheinlichkeit h vom Unternehmer die Zahlung HL L und hat somit nach erfolgter Auszahlung der Einleger einen Ertrag der Höhe HL D, während er mit der Gegenwahrscheinlichkeit 1 h vom Unternehmer keine Zahlung erhält, sodass die Einlagenversicherung die Einleger aufgrund der beschränkten Haftung des Bankiers auszahlen muss und der Ertrag des Bankiers entsprechend null ist. Überwacht er hingegen den Unternehmer nicht, hat er einen erwarteten Ertrag der Höhe: l (HL D) .
(C.3)
Somit ergibt sich durch einen Vergleich von (C.2) und (C.3), dass die Bank den Unternehmer nach erfolgter Finanzierung nur dann überwacht, wenn gilt: ³ ´¡ ¢ c h l H D (C.4) L . Ausgehend von dieser Bedingung kann nun der in einem Teil der vertragstheoretischen Literatur postulierte Zusammenhang zwischen Mindesteigenkapitalquoten und den Überwachungsanreizen von Banken abgeleitet werden. Falls die Eigenkapitalanforderung bindend ist und fordert: EK L
=b k,
(C.5)
sodass die Bank einen Anteil b k des Kreditvolumens L durch Eigenkapital renanzieren muss, ergibt sich nach Einsetzen der Budgetbeschränkung (C.1) und der Eigenkapitalanforderung (C.5) in die Anreizbedingung (C.4): ´³ ´ ³ k . c h l H 1 + b Eine Bank wird somit umso eher den Unternehmer überwachen, je höher die geforderte Eigenkapitalquote ist. Dieser Zusammenhang gilt unabhängig davon, welche Reaktionsmöglichkeit der Bank nach Erhöhung der Eigenkapitalanforderung oensteht. Er gilt gemäß Blum (2003, S. 12f.) sowie Decamps et al. (2004, S. 142f.) erstens, wenn sie bei gegebenem Einlagenvolumen ihr Eigenkapital und damit das Kreditvolumen ausweitet. Er gilt gemäß Rochet (2004, S. 98f.) sowie Morrison und White (2005, S. 1552f.) zweitens, wenn sie bei gegebenem Eigenkapital weniger Einlagen hereinnimmt und somit das Kreditvolumen senkt. In beiden Fällen impliziert eine höhere Eigenkapitalanforderung, dass der Einlagenanteil an der Kreditrenanzierung zugunsten des Eigenkapitals sinkt, sodass die
C.1 Monitoring-Ansatz
39
Erträge der Bank im Erfolgsfall steigen und sie entsprechend einem stärkeren Anreiz unterliegt, den Unternehmer zu überwachen. Die Wirkungsrichtung einer Erhöhung der Eigenkapitalanforderung auf die Überwachungsanreize einer Bank kehrt sich jedoch um, wenn das Kreditvolumen xiert ist und die Bank zusätzliches Eigenkapital nur von externen Finanziers aufnehmen kann (Boot und Greenbaum 1993, S. 266f.; Besanko und Kanatas 1996, S. 171f.). Von diesen erhält der Bankier in t = 0 nur dann zusätzliche Mittel, wenn er ihnen den Anteil seiner Erträge nach Befriedigung der Ansprüche der Einleger zusichert, sodass der Bankier selbst nur den Anteil 1 der Residualerträge erhält. Somit wird er, analog zur Anreizbedingung (C.4), den Unternehmer nur dann überwachen, wenn gilt: ´¡ ³ ¢ (C.6) c (1 ) h l H D L . Die Budgetbeschränkung der Bank in t = 0 lautet in diesem Fall: EK + h (HL D) + D = L,
(C.7)
wobei der zweite Summand auf der linken Seite der erwarteten Zahlung an die externen Eigenkapitalgeber und somit dem in t = 0 von ihnen aufgenommenen Betrag entspricht. Für die Eigenkapitalanforderung kann daher geschrieben werden: EK+h (HLD) L
=b k.
(C.8)
Somit folgt nach Einsetzen von (C.7) und (C.8) in (C.6): ³ h ´ i³ h l´ c h (H 1) 1 h b k + EK , L h und es kann, wie oben postuliert, festgehalten werden, dass eine Erhöhung der Eigenkapitalanforderung b k die Überwachungsanreize der Bank vermindert. Der Grund hierfür ist, dass eine höhere Anforderung die Bank zwingt, durch die Versicherung subventionierte Einlagen durch nicht-subventioniertes externes Eigenkapital zu ersetzen, sodass ihr Ertrag im Erfolgsfall und damit auch ihr Interesse an einer Überwachung des Unternehmers sinkt. Die bislang vorgestellten Ergebnisse könnten möglicherweise dazu verleiten, auch direkte Schlussfolgerungen hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen einer Eigenkapitalregulierung von Banken und dem Investitionsverhalten banknanzierter Unternehmen ziehen zu wollen. So böte sich beispielsweise auf den
40
C. Vertragstheoretische Analyse
ersten Blick die Argumentation an, dass sich eine Mindesteigenkapitalquote, indem sie die Überwachungsanreize der Bank in der oben beschriebenen Weise verändert, auch auf das Verhalten eines Unternehmers bei der Projektdurchführung auswirkt. Eine solche direkte Interpretation der bisherigen Ergebnisse wäre jedoch aus mindestens zwei Gründen bestenfalls mit sehr großer Vorsicht zulässig. Erstens läge sie außerhalb des unmittelbaren Erkenntnisziels der diskutierten Literatur, die durchgehend auf die Betrachtung eines explizit agierenden Unternehmers verzichtet. Zweitens geht diese Literatur durchgehend von der vereinfachenden Annahme aus, dass das im Kreditvertrag vereinbarte Rückzahlungsversprechen H gegeben ist und nicht von der Mindesteigenkapitalquote b k abhängt. Sie ignoriert somit die Möglichkeit, dass sich eine Eigenkapitalanforderung nicht nur auf die Überwachungsanreize einer Bank, sondern auch auf die Ausgestaltung des Kreditvertrags zwischen Bank und Unternehmer Einuss nimmt. Eine veränderte Mindesteigenkapitalquote impliziert jedoch möglicherweise eine Veränderung des Kreditangebots, sodass sich potenziell Auswirkungen für den Kreditzins ergeben. Darüber hinaus wird ein Unternehmer, der z. B. wegen einer veränderten Eigenkapitalanforderung erwartet, stärker durch die Bank überwacht zu werden, möglicherweise auf ein geringeres vertragliches Rückzahlungsversprechen bestehen. Auch wird die Bank aufgrund der höheren Kreditrückzahlungswahrscheinlichkeit dann eher bereit sein, eine geringere vertragliche Rückzahlung zu akzeptieren.2 Um mithin im Rahmen des Monitoring-Ansatzes belastbare Erkenntnisse zum Zusammenhang zwischen Eigenkapitalanforderungen an Banken und dem Verhalten banknanzierter Unternehmen ableiten zu können, erscheint es notwendig, das Verhältnis zwischen Bank und Unternehmer bei Bestehen von Eigenkapitalrichtlinien und dabei insbesondere das Zustandekommen der Inhalte des Kreditvertrags in expliziterer Form zu betrachten, als dies in der bislang 2
Aus diesem Grund können auch die Arbeiten von Vlaar (2003) sowie Kopecky und van Hoose (2006, S. 2250.) kaum dazu genutzt werden, Aussagen zum Zusammenhang zwischen Eigenkapitalanforderungen und dem Unternehmerverhalten zu treffen. Diese erweitern zwar die bisher diskutierte Literatur, indem sie zusätzlich eine Kreditnachfragefunktion in Abhängigkeit vom Rückzahlungsversprechen H betrachten, abstrahieren aber ebenfalls sowohl von einem explizit handelnden Unternehmer als auch von potenziellen Auswirkungen des erwarteten Ausmaßes der Überwachung auf den Kreditvertrag.
C.1 Monitoring-Ansatz
41
vorgestellten Literatur der Fall ist. Es gibt indes nur wenige Arbeiten, die dieser Anforderung genügen. Hierzu gehören Chiesa (2001) und Vollmer (2001), die Eigenkapitalregulierung im Rahmen eines auf Holmstrom und Tirole (1997) basierenden Modells betrachten, in dem zumindest einige Unternehmen für ihr Investitionsprojekt nur dann eine Finanzierung erhalten können, wenn sie in hinreichendem Maße von einer Bank überwacht werden, da sie andernfalls bei der Projektdurchführung ein zu geringes Anstrengungsniveau wählen würden und ihr Projekt hierdurch einen negativen Kapitalwert hätte. Sofern außerdem die Eigenkapitalausstattung der Banken gegeben ist und nicht verändert werden kann, führen steigende Eigenkapitalnormen tendenziell dazu, dass die Banken weniger Einlagen aufnehmen können und sich ihr Kreditangebot entsprechend vermindert. Eine erhöhte Norm erhöht somit den Kreditzins, sodass weniger Unternehmen Zugang zu einem Bankkredit haben und ihre Projekte durchführen können (Chiesa 2001, S. 38.; Vollmer 2001, S. 587.).3 Über diesen negativen Eekt auf die gesamtwirtschaftliche Investitionstätigkeit hinaus zeigen Allen et al. (2006, S. 10.), dass recht analog zu der obigen Diskussion höhere Eigenkapitalnormen zu einer verstärkten Überwachungstätigkeit von Banken und mithin zu einem höheren Anstrengungsniveau der banknanzierten Unternehmer führen können, sofern die Banken nach einer Erhöhung der Norm nicht auf zusätzliches Eigenkapital von externen Finanziers zurückgreifen können. Es kann somit festgehalten werden, dass der Monitoring-Ansatz bislang weitergehende Erkenntnisse zum Zusammenhang von Eigenkapitalanforderungen an Banken und dem Unternehmerverhalten als die portfoliotheoretische Literatur erbracht hat. Diese Erkenntnisse beschränken sich jedoch auf den Aspekt der Verfügbarkeit von Bankkrediten sowie den Aspekt des unternehmerischen Anstrengungsniveaus nach erfolgter Investition. Den entsprechenden Analysen liegt dabei durchgehend die Annahme zugrunde, dass jedem betrachteten Unternehmen nur ein Investitionsprojekt zur Verfügung steht und dieses Projekt kurzfristig ist, d. h. zwischen der Investition und dem Projektabschluss nur eine Periode liegt. Die dem Monitoring-Ansatz verpichtete Literatur gibt somit keine Antwort 3
Auf einen solchen negativen Zusammenhang zwischen dem Kreditangebot und Eigenkapitalrichtlinien deuten auch die empirischen Untersuchungen von Brinkmann und Horvitz (1995) und Lown und Peristiani (1996) für die USA sowie von Chiuri et al. (2002) für einige Entwicklungsländer hin.
42
C. Vertragstheoretische Analyse
auf die Frage, wie sich Mindesteigenkapitalquoten auf das Unternehmerverhalten auswirken, wenn diese zwischen mehreren alternativen Investitionsprojekten wählen können; sie beantwortet ferner auch nicht, welche Implikationen sich für die Durchführung langfristiger Projekte ergeben, die sich über mehrere Perioden erstrecken.
C.2 Relationship-lending-Ansatz Der jüngste und bislang am wenigsten erforschte Ausgangspunkt für die Analyse von Eigenkapitalanforderungen an Banken ist der Relationship-lending-Ansatz. Kennzeichnend für diesen Ansatz ist zum einen die Annahme, dass anders als beim Monitoring-Ansatz eine Informationsasymmetrie nicht zwischen Vertragsparteien, wohl aber gegenüber Dritten und dabei insbesondere gegenüber Gerichten besteht. Für einen Unternehmer, der eine Finanzierung für die Durchführung seines Investitionsprojekts benötigt, sind somit zwar alle projektrelevanten Größen zu jedem Zeitpunkt in demselben Maße wie für seine Finanziers beobachtbar; zumindest einige dieser Größen können jedoch nicht von einem Gericht veriziert werden, sodass eine Konditionierung des Kreditvertrags auf diese Größen ausgeschlossen ist. Im Rahmen des Relationship-lending-Ansatzes wird zum anderen, abweichend vom Monitoring-Ansatz, davon ausgegangen, dass sich Vertragsparteien nicht dauerhaft an einen Vertrag binden können; Teile eines zuvor vereinbarten Vertrags können also durch Nachverhandlungen zwischen den involvierten Parteien verändert werden. Gemäß der Terminologie von Schweizer (1999, S. 4.) sowie Dietrich und Vollmer (2005, S. 41f.) geht der Relationshiplending-Ansatz also von einem Szenario aus, in dem unvollständige Verträge abgeschlossen werden.4 4
Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die Unterscheidung zwischen Theorien unvollständiger Verträge und den im vorangegangenen Abschnitt C.1 diskutierten Prinzipal-Agent-Theorien zwar inhaltlich gerechtfertigt, jedoch begriich nur bedingt zweckmäßig ist. Denn auch bei Vorliegen einer Prinzipal-Agent-Beziehung werden keine vollständigen Verträge abgeschlossen, da diese keine unbeobachtbaren Größen enthalten können. Trotzdem soll diese Terminologie im Nachfolgenden verwendet werden, da sie im überwiegenden Teil der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur üblich ist. Es wird also im weiteren Verlauf dieser Arbeit ein Vertrag genau dann als unvollständig bezeichnet, wenn er im Laufe der Vertragsbeziehung nachverhandelt werden kann.
C.2 Relationship-lending-Ansatz
43
Die Unvollständigkeit eines Vertrags wird zum Problem, wenn im Verlauf der Vertragsbeziehung Handlungen erforderlich sind, die nur innerhalb der Vertragsbeziehung ihren vollen Wert entfalten, außerhalb der Beziehung hingegen relativ wertlos sind. Durch eine solche Handlung, die Hart (1995, S. 26) folgend als beziehungsspezische Investition bezeichnet werden kann, bindet sich ein Akteur an seinen Vertragspartner und reizt diesen möglicherweise zu opportunistischem Verhalten an. Denn der Vertragspartner kann, nachdem die beziehungsspezische Investition getätigt wurde, mit einem Scheitern der Vertragsbeziehung drohen und mithilfe dieser Drohung die Aufteilung der Erträge zu seinen Gunsten nachverhandeln. Dieses Hold-up-Problem kann zwar gemildert werden, indem die Eigentums- und Kontrollrechte an den Vertragsgegenständen in geeigneter Weise zwischen den Parteien aufgeteilt werden; es führt aber trotzdem tendenziell dazu, dass Investitionen, die in hohem Maße beziehungsspezisch sind, in Antizipation des Hold-ups nicht realisiert werden können, obwohl sie insgesamt lohnenswert wären (Grossman und Hart 1986; Hart und Moore 1988; 1994). Übertragen auf einen Unternehmer bedeutet dies, dass er nicht ohne weiteres eine Finanzierung für sein Investitionsprojekt erhält, sofern die Projekterträge ohne sein Humankapital sehr gering ausfallen und ein Gericht nicht verizieren kann, ob der Unternehmer sein Humankapital in das Projekt einbringt, sodass er sich hierzu nicht durch einen Kreditvertrag verpichten kann. Die Verhandlungsmacht des Unternehmers nach erfolgter Investition wäre dann zu groß und damit seine Rückzahlung zu gering, als dass potenzielle Finanziers zu einer Finanzierung des Projekts bereit wären. Banken können in dieser Situation eine Kreditvergabe an Unternehmen ermöglichen, indem sie deren Investitionsprojekte begleiten und so zusätzliche Kenntnisse über die Projekte erhalten. Eine Bank baut also im Zuge einer Projektnanzierung eine Beziehung zum Unternehmer auf und fungiert als dessen Relationship Lender. Hierdurch kann sie auch ohne das Humankapital des Unternehmers hinreichend hohe Projekterträge generieren. Dies begrenzt die Möglichkeit des Unternehmers, seine Kreditverpichtung gegenüber der Bank nach erfolgter Investition nachzuverhandeln; es erlaubt somit höhere Kreditrückzahlungen des Unternehmers. Darüber hinaus muss jedoch auch sichergestellt sein, dass die Bank ihre zusätzlichen Kenntnisse in ausreichendem Maße im Sinne ihrer Finanziers einsetzt und einen ausreichenden Teil der Zahlungen des Unternehmers an diese weiterleitet. Denn nur dann sind die Finanziers der Bank
44
C. Vertragstheoretische Analyse
bereit, ihre Mittel für eine intermediäre Finanzierung zur Verfügung zu stellen (Diamond und Rajan 2000; 2001a; 2001c). Die Relationship-lending-Literatur postuliert, dass die möglichen Zahlungen einer Bank an ihre Finanziers u. a. durch die von der Bank gewählten Renanzierungsinstrumente determiniert werden, sodass sich Mindesteigenkapitalanforderungen an Banken, indem sie deren Wahlmöglichkeiten bei der Renanzierung einschränken, tendenziell negativ auf die Fähigkeit von Banken auswirken, Kredite an Unternehmen zu vergeben (Diamond und Rajan 2000, S. 2454f.; 2001b, S. 54f.; Diamond 2001, S. 75). Da die möglichen Renanzierungsinstrumente einer Bank sowie die Frage der Verfügbarkeit von Bankkrediten insbesondere im zweiten Teil der Arbeit in Kapitel D. noch ausführlich thematisiert und dabei die Hypothesen der Relationshiplending-Literatur einer kritischen Würdigung unterzogen werden, soll der gegenwärtige Stand der Literatur zu diesen Aspekten in etwas ausführlicherer Form nachvollzogen werden. Dies kann anknüpfend an die Analyse von Diamond und Rajan (2000) anhand einer Bank geschehen, die im Zeitpunkt t = 0 das Investitionsprojekt eines Unternehmers mithilfe eines Kreditvertrags nanziert, der für t = 1 ein Rückzahlungsversprechen H des Unternehmers enthält. Die tatsächliche Rückzahlung des Unternehmers ist dabei durch den Betrag xRL begrenzt, den die Bank ohne Kooperation des Unternehmers, z. B. durch Liquidation, aus dem Projekt erlösen kann; jedes höhere Rückzahlungsversprechen H > xRL würde der Unternehmer nach erfolgter Investition nachverhandeln, indem er mit dem Abzug seines Humankapitals aus dem Projekt droht. Somit beträgt die von der ª © Bank für t = 1 erwartete Zahlung des Unternehmers min H, xRL . In der Relationship-lending-Literatur wird typischerweise davon ausgegangen, dass der Bankier nicht über eigene Mittel zur Finanzierung des Projekts verfügt, er jedoch Mittel von externen Finanziers durch die Hereinnahme von Einlagen oder Eigenkapital aufnehmen kann. Einlagen werden dabei als eine Forderung gegenüber der Bank aufgefasst, die auf Sicht fällig ist und dem Firstcome-rst-served-Prinzip unterliegt. Jeder Einleger hat also das Recht, zu jedem beliebigen Zeitpunkt die Rückzahlung seiner Einlage zu verlangen, wobei die Bank Rückzahlungswünsche sequenziell in der Reihenfolge ihres Eintreens vollumfänglich bedienen muss, solange sie hierzu in der Lage ist; später eintreende Rückzahlungswünsche werden hingegen nicht erfüllt. Das First-comerst-served-Prinzip stellt sicher, dass die Bank nach erfolgter Kreditvergabe den
C.2 Relationship-lending-Ansatz
45
Gesamtnennwert D der Einlagen unter keinen Umständen nachverhandeln kann; es kommt also nicht zu einem Hold-up der Einleger durch die Bank. Denn jedweder Nachverhandlungsversuch würde zu einem sofortigen Run der Einleger auf die Bank führen, in dessen Verlauf sie ihre Kreditforderung gegenüber dem Unternehmer an einen Dritten verkaufen müsste, um die Auszahlungswünsche zumindest einiger Einleger befriedigen zu können (Diamond und Rajan 2001c).5 Eigenkapital hingegen wird als ein langfristiger Anspruch gegenüber der Bank aufgefasst, der nachrangig zu den Einlagen behandelt wird und keiner Firstcome-rst-served-Bedingung unterliegt. Die Eigenkapitalgeber erhalten jedoch ein unbedingtes Verfügungsrecht über die Aktiva der Bank, das auch die Möglichkeit umfasst, den Bankier von seinen Aufgaben als Relationship Lender zu entbinden und ihn mithin aus der Kreditbeziehung mit dem Unternehmer auszuschließen (Diamond und Rajan 2000, S. 2433).6 Aufgrund dieser Option, den Bankier zu entlassen, verfügen die Eigenkapitalgeber zwar über eine gewisse Verhandlungsmacht gegenüber dem Bankier. Sie sind aber trotzdem wegen des fehlenden First-come-rst-served-Prinzips im Zuge einer Kreditnanzierung des Unternehmers nicht vollständig vor Nachverhandlungen mit der Bankier geschützt, da dieser damit drohen kann, seine überlegenen Projektkenntnisse und somit seine Fähigkeit, den Unternehmer zu höheren Rückzahlungen in t = 1 zu bewegen, nicht einzusetzen. Das Ergebnis der Nachverhandlungen kann dabei beispielsweise Diamond und Rajan (2001b, S. 50) oder Diamond (2001, S. 77f.) folgend vorsehen, dass sich die Eigenkapitalgeber und der Bankier die in t = 1 erzielten Residualerträge nach Befriedigung der Ansprüche der Einleger hälftig teilen. Die Bank würde somit nach erfolgter Finanzierung des Unternehmers an die Einleger in t = 1 insgesamt den Betrag D ausbezahlen, und die Eigenkapital¡ © ª ¢ geber erhielten 12 min H, xRL D . Entsprechend kann die Bank in t = 0 5
6
Das First-come-rst-served-Prinzip führt somit zu einem kollektiven Handlungsproblem auf Seiten der Einleger, d. h. jeder einzelne Einleger hätte den Anreiz, auf ein Hold-up durch die Bank mit einem sofortigen Abzug seiner Einlage zu reagieren, um möglichst noch eine vollständige Rückzahlung zu erhalten. Hierdurch käme es insgesamt zu einem Bank-Run und damit zu einer vollständigen Disintermediation, was zwar ex post suboptimal wäre, da die Fähigkeiten der Bank als Relationship Lender verloren gingen, ex ante jedoch optimal ist, da hierdurch die Bank von jedwedem Nachverhandlungsversuch abgehalten wird; siehe hierzu auch die Ausführungen in Abschnitt D.3. Der in der Relationship-lending-Literatur verwendete Eigenkapitalbegri entspricht somit dem in Myers (2000) eingeführten Konzept des outside Equity.
46
C. Vertragstheoretische Analyse
¡ © ª ¢ maximal Mittel der Höhe D + 12 min H, xRL D von ihren externen Finanziers aufnehmen, sodass eine Kreditgewährung an den Unternehmer nur dann möglich ist, wenn gilt: D+
1 2
¡ © ª ¢ min H, xRL D L = 1,
(C.9)
wobei L das auf eins normierte Kreditvolumen bezeichnet, das dem Finanzierungsbedarf des Unternehmers entspricht. Sofern die Bank außerdem aufgrund einer Eigenkapitalanforderung zumindest den Anteil b k des Kredits über Eigenkapital renanzieren muss, folgt als zweite Bedingung für das Zustandekommen einer intermediären Finanzierung des Unternehmers: 1 RL 2 (min{H,x }D) L
=
1 2
¡ © ª ¢ min H, xRL D b k.
(C.10)
Da (C.9) eine Unter- und (C.10) eine Obergrenze für das Einlagenvolumen D impliziert, ergibt sich aus der Kombination beider Grenzen als notwendige Bedingung für die Realisierbarkeit einer Finanzierung des Unternehmers über eine Bank: ª © k. min H, xRL 1 + b Gemäß dieser Bedingung folgt aus der Einführung einer Mindesteigenkapitalquote b k, dass alle Investitionsprojekte, aus denen die Bank ohne das Humankapital k) erlösen würde, nicht des Unternehmers einen Ertrag der Höhe xRL [1; 1 + b mehr nanziert werden können. Ein Unternehmer mit einem solchen Projekt wäre zwar in der Lage, der Bank eine hinreichende Kreditrückzahlung zu versprechen, aufgrund der Eigenkapitalquote ginge aber ein zu großer Teil seiner Zahlung als Rente an die Bank, sodass die Finanziers der Bank ihre Mittel nicht bereitstellen. Eigenkapitalanforderungen wirken sich also negativ auf die Verfügbarkeit von Bankkrediten für Unternehmen aus. In der soeben dargestellten Situation einer sicheren Kreditrückzahlung des Unternehmers an die Bank trägt zusätzliches Eigenkapital niemals zu einer Verbesserung der Kreditverfügbarkeit bei, da es mit höheren Renten der Bank einhergeht und die möglichen Zahlungen an deren Finanziers vermindert.7 Dies 7
Eine Ausnahme von diesem Prinzip ergibt sich bei risikoaversen Banken, die Eigenkapital bei Unsicherheit über Nachverhandlungskosten als strategisches Instrument einsetzen können, um höhere Rückzahlungen des Unternehmers zu erzwingen. Ab
C.2 Relationship-lending-Ansatz
47
ändert sich jedoch potenziell, wenn die Zahlungen des Unternehmers, z. B. aufgrund eines risikobehafteten Liquidationswerts xRL seines Investitionsprojekts, unsicher sind. Gemäß der Relationship-lending-Literatur führen Einlagen in diesem Fall wegen der fehlenden Nachverhandlungsmöglichkeit der Bank zwingend zu einem Bank-Run, sobald die Zahlung des Unternehmers das Einlagenvolumen D zu unterschreiten droht. Es wird daher argumentiert, dass eine partielle Renanzierung der Bank über Eigenkapital trotz der hierdurch entstehenden Renten notwendig sein kann, um Bank-Runs zu vermeiden und eine Kreditvergabe an den Unternehmer zu ermöglichen (Diamond und Rajan 2000). Indes beruht diese Hypothese auf der in der bisherigen Relationship-lending-Literatur durchgehend vertretenen Sichtweise, dass Einlagen vollkommen unexibel sind und Banken auch in schlechten Zeiten, wenn der Unternehmer eine geringe Zahlung leistet, ihre Verpichtungen gegenüber den Einlegern niemals nachverhandeln können. Diese Sichtweise ist jedoch, wie in Kapitel D. noch gezeigt werden soll, nur bei Vorliegen bestimmter, intermediärspezischer Risiken gerechtfertigt, sodass Eigenkapital nur dann eine mögliche Rolle bei der Kreditrenanzierung zukommt. Über den Aspekt der Verfügbarkeit von Bankkrediten hinausgehend wird außerdem diskutiert, wie sich Mindesteigenkapitalanforderungen auf die Bereitschaft von Banken auswirken, langfristige Kreditbeziehungen zu Unternehmen auch dann aufrecht zu erhalten, wenn sich diese kurzfristig aufgrund sich verzögernder Projekterträge in Zahlungsschwierigkeiten benden. Hierbei wird argumentiert, dass höhere Eigenkapitalanforderungen zu zwei gegenläugen Eekten führen. Einerseits wirken sie sich recht analog zu der obigen Diskussion negativ auf die Fähigkeit einer Bank aus, ihre langfristige Kreditforderung gegenüber dem Unternehmer zu beleihen; die Bank ist daher bei einem Zahlungsverzug des Unternehmers eher dazu gezwungen, dessen Projekt zu liquidieren, um ihren eigenen kurzfristigen Liquiditätsbedarf zu decken. Andererseits ist bei einer höheren Eigenkapitalanforderung der kurzfristige Liquiditätsbedarf der Bank wegen des verminderten Einlagenvolumens geringer, sodass sie eher dazu bereit ist, das Projekt eines Unternehmers trotz kurzfristig ausbleibender Kreditrückzahlungen weiterlaufen zu lassen. Sofern, wie in der diesbezüglichen Literatur einem bestimmten Eigenkapitalniveau führt eine Erhöhung des Eigenkapitals dann zu höheren möglichen Zahlungen an die Finanziers der Bank, wobei jedoch auch in diesem Fall die Bankkreditverfügbarkeit am größten ist, wenn sich die Bank nicht über Eigenkapital renanzieren muss (Dietrich und Vollmer 2007, S. 159f.).
48
C. Vertragstheoretische Analyse
durchgehend unterstellt, eine durch Kreditrationierung gekennzeichnete Situation vorliegt, überwiegt der zweite Eekt einer höheren Mindesteigenkapitalquote, sodass diese tendenziell positiv auf die Bereitschaft von Banken wirkt, Kreditbeziehungen zu Unternehmen auch im Fall eines Zahlungsverzugs fortzuführen (Diamond und Rajan 2001b, S. 51.). Dies gilt auch für international agierende Banken, die nur bedingt in der Lage sind, lokale Liquiditätsengpässe über interne Kapitalmärkte auszugleichen (Dietrich und Vollmer 2006, S. 14.). Hinsichtlich möglicher Implikationen einer Eigenkapitalregulierung von Banken für das Unternehmerverhalten ergeben sich also auch aus dem Relationshiplending-Ansatz einige Erkenntnisse, die sich zum einen, analog zum MonitoringAnsatz, auf die Frage des verfügbaren Bankkreditangebots und zum anderen auf die Möglichkeit von Unternehmen beziehen, langfristige Investitionsprojekte ohne Interventionen der sie nanzierenden Bank durchzuführen. Indes geht die Relationship-lending-Literatur dabei durchgehend in vereinfachender Weise von einem Szenario aus, in dem Unternehmer nicht zwischen verschiedenen Investitionsalternativen wählen können; es bleibt also oen, wie sich Eigenkapitalanforderungen an Banken auf die Projektwahl von Unternehmen auswirken. Ferner basiert die Analyse langfristiger Kreditbeziehungen auf der Annahme, dass Kredite an Unternehmen rationiert sind und daher Unternehmer unabhängig von der Höhe einer Mindesteigenkapitalquote nur dann einen Kredit erhalten, wenn sie gegenüber der Bank das größtmögliche Rückzahlungsversprechen abgeben. Die Relationship-lending-Literatur beantwortet somit nicht die Frage, wie sich Eigenkapitalanforderungen im Fall eines weniger restriktiven Kreditangebots auf die Kreditvertragsausgestaltung und damit auf die Durchführung langfristiger Investitionen auswirken.
C.3 Diskussion Die Bestandsaufnahme der vertragstheoretischen Literatur hat insgesamt gezeigt, dass sich diese Literatur anders als die portfoliotheoretischen Ansätze mit einzelnen Teilbereichen der Frage nach dem Zusammenhang zwischen Eigenkapitalanforderungen an Banken und dem Investitionsverhalten banknanzierter Unternehmen in systematischer Form befasst. Es ist jedoch auch deutlich geworden, dass auch die auf dem vertragstheoretischen Paradigma beruhende Literatur keine vollumfängliche Diskussion dieses Themenkomplexes bietet. Die im Titel
C.3 Diskussion
49
dieses ersten Teils formulierte Frage, ob ein Erkenntnisdezit bestehe, kann daher auch vor dem Hintergrund der vertragstheoretischen Literatur weiterhin mit einiger Berechtigung positiv beantwortet werden. Insbesondere zwei Fragestellungen haben sich im Zuge des Literaturüberblicks herauskristallisiert, die bislang keine nähere Beachtung gefunden haben. Zum einen ist dies die Frage, wie sich Eigenkapitalregulierung von Banken auf die Allokationsentscheidung von Unternehmen auswirkt, wenn diesen verschiedene Investitionsalternativen zur Wahl stehen. Zum anderen ist dies die Frage, wie sich die Regulierung auf die Durchführung langfristiger Projekte auswirkt, wenn Unternehmen nicht einer Kreditrationierung unterliegen. Diesen beiden Fragen soll daher, nach der grundsätzlichen Analyse der Rolle von Eigenkapital bei der Bankrenanzierung im zweiten Teil, im dritten Teil dieser Arbeit systematisch nachgegangen werden. Es muss indes noch geklärt werden, welcher Ansatz als Grundlage für die Untersuchung dieser Fragestellungen dienen soll. Hierfür seien noch einmal kurz die Funktionen von Banken bei der Unternehmensnanzierung, die sich aus den vertragstheoretischen Ansätzen ergeben, rekapituliert. Gemäß dem Monitoring-Ansatz besteht die Aufgabe einer Bank darin, den Unternehmer im Namen der Kreditgeber zu überwachen, und sie erfüllt diese Aufgabe, sofern sie hinreichend an den Erträgen der Überwachung partizipiert. Dies erfordert jedoch nicht notwendigerweise eine vollständig intermediäre Finanzierung, bei der die Bank sämtliche vom Unternehmer benötigten Mittel aufnimmt und ihm diese in Form eines Kredits zur Verfügung stellt. Eine Alternative bestünde beispielsweise darin, dass der Unternehmer nur einen Teil der Mittel von der Bank erhält und er seinen verbleibenden Finanzierungsbedarf direkt über weitere Kreditgeber deckt. Solange sich dabei die Residualerträge der Bank nach Auszahlung ihrer Finanziers nicht ändern, ändern sich auch nicht die Überwachungsanreize der Bank. Eine solche Alternative, die Holmstrom und Tirole (1997, S. 674f.) folgend als Zertizierungslösung bezeichnet werden kann, ist aus Sicht der handelnden Akteure insbesondere dann interessant, wenn die Bank einer Eigenkapitalregulierung unterworfen wird. Denn diese kann faktisch umgangen werden, indem ein Teil der andernfalls als Einleger der Bank agierenden Finanziers ihre Mittel dem Unternehmer direkt zur Verfügung stellen. Der Monitoring-Ansatz ist daher nicht unmittelbar als Grundlage für die Analyse der Auswirkungen von Eigenkapitalnormen geeignet. Zumindest müsste, sofern
50
C. Vertragstheoretische Analyse
dieser Ansatz genutzt werden sollte, explizit modelliert werden, warum eine Zertizierungslösung ausgeschlossen ist. Gemäß dem Relationship-lending-Ansatz hingegen haben Banken die Aufgabe, Unternehmen zu hinreichend hohen Kreditrückzahlungen zu bewegen. Außerdem muss eine Bank dafür sorgen, dass ein ausreichender Teil dieser Zahlungen an diejenigen Akteure geht, die ihre Mittel für die Kreditvergabe an einen Unternehmer bereitstellen. Die Erfüllung der zweiten Aufgabe ist dabei nur dann gewährleistet, wenn diese Akteure nanzielle Ansprüche gegenüber der Bank haben, die sie in ausreichendem Maße vor einem Versuch der Bank schützen, die Einbringung ihrer Fähigkeiten als Relationship Lender nachzuverhandeln (Diamond und Rajan 2000; 2001c). Eine Zertizierungslösung, wie sich beim Monitoring-Ansatz möglich wäre, ist daher im Rahmen des Relationshiplending-Ansatzes ausgeschlossen. Dieser Ansatz soll daher für die Analyse der oben aufgeworfenen Fragestellungen zu den Implikationen von Eigenkapitalanforderungen auf das Unternehmerverhalten herangezogen werden.
Teil II
Renanzierung von Banken und regulatorische Eigenkapitalanforderungen
Um eine zielführende theoretische Analyse der Implikationen von regulatorischen Eigenkapitalanforderungen an Banken für das Unternehmerverhalten durchführen zu können, ist nicht nur die Zugrundelegung eines geeigneten Modellansatzes erforderlich, der die Besonderheiten einer intermediären Unternehmensnanzierung in hinreichendem Maße abbildet. Es muss außerdem auch für den genutzten Modellansatz geklärt werden, welche prinzipiellen Funktionen Eigenkapital als Renanzierungsinstrument von Banken relativ zu anderen möglichen Renanzierungsinstrumenten hat. Ferner muss geklärt werden, in welcher Form Mindesteigenkapitalanforderungen konsistent in den Ansatz eingeführt werden können. Das Anliegen des zweiten Teils dieser Arbeit ist, beiden zusätzlichen Anforderungen nachzukommen. Es wird also zunächst in Kapitel D. im Rahmen eines theoretischen Modells, das den Relationship-lending-Ansatz von Diamond und Rajan erweitert, die Rolle von Eigenkapital und Einlagen bei der Renanzierung von Banken untersucht. Hiernach diskutiert das Kapitel E., wie sich Eigenkapitalanforderungen sinnvoll in den Relationship-lending-Ansatz, der von einer durch unvollständige Verträge charakterisierten Modellwelt ausgeht, integrieren lassen.
D. Funktionen von Eigenkapital und Einlagen bei der Bankenrenanzierung
Eine jede Theorie zur Renanzierungsstruktur von Banken geht typischerweise von Friktionen aus, die das Modigliani-Miller-Theorem außer Kraft setzen und mithin zu einer unvollständigen Substituierbarkeit der verfügbaren Renanzierungsinstrumente führen. Ältere Arbeiten unterstellen hierbei häug, dass die Instrumente in unterschiedlicher Weise besteuert werden. Entsprechend ist in dieser Situation aus Sicht einer Bank diejenige Renanzierungsstruktur optimal, bei der die Steuerbelastung minimiert wird (Miller 1977; DeAngelo und Masulis 1980).1 Neuere Arbeiten zur Renanzierungsstruktur von Banken bauen hingegen auf dem vertragstheoretischen Paradigma auf und betrachten insbesondere Friktionen, die durch asymmetrisch verteilte Informationen zwischen der Bank und ihren Finanziers entstehen. In dieser vertragstheoretischen Literatur werden Einlagen bislang hauptsächlich zwei potenzielle Funktionen zugeschrieben. Erstens können Einlagen dazu genutzt werden, um Wirtschaftssubjekte gegen unvorhergesehene Liquiditätsrisiken abzusichern. Zweitens können sie als Disziplinierungsinstrument dienen, d. h. sie können Banken daran hindern, sich aufgrund von Informationsvorsprüngen opportunistisch gegenüber ihren Einlegern zu verhalten.2 Der Relationship-lending-Ansatz greift beide Funktionen auf. Wie be1
2
Einen Überblick über diese steuerbasierten Ansätze, die im Nachfolgenden nicht näher betrachtet werden sollen, bieten Berger et al. (1995, S. 395.). Die Versicherungsfunktion von Bankeinlagen wurde von Diamond und Dybvig (1983) in die Literatur eingeführt, wobei jedoch Jacklin (1987) und Hellwig (1994) darauf hinweisen, dass eine Versicherung gegen Liquiditätsrisiken auch über alternative Mechanismen möglich sein kann, sodass es keiner Einlagen hereinnehmenden Bank bedürfe; siehe hierzu auch Samartín (2001); die Disziplinierungsfunktion von Einlagen geht auf die Arbeiten von Gorton und Pennacchi (1990), Calomiris und Kahn (1991) sowie Flannery (1994) zurück. Ein Überblick über die Literatur, die sich mit den Funktionen von Einlagen befasst, ndet sich in Dwyer und Samartín (2006).
54 D. Funktionen von Eigenkapital und Einlagen bei der Bankenrenanzierung
reits in Abschnitt C.2 dargestellt, wird dabei hinsichtlich der Bankdisziplinierung argumentiert, dass ein gemäß dem First-come-rst-served-Prinzip vereinbarter Einlagenvertrag bei unvollständigen Vertragsbeziehungen Schutz vor einem Hold-up durch die Bank bietet, da dieser Vertrag der Bank jede Möglichkeit nimmt, ihre Zahlungsverpichtung gegenüber den Einlegern nachzuverhandeln (Diamond und Rajan 2001c). Die Unmöglichkeit von Nachverhandlungen ist jedoch problematisch, sobald eine Bank Kredite vergibt, die mit risikobehafteten Kreditrückzahlungen verbunden sind. Bei einem zu hohen Einlagenvolumen droht dann in schlechten Zeiten, wenn geringe Kreditrückzahlungen erwartet werden, ein Bank-Run durch die Einleger, in dessen Verlauf die Bank ihre Fähigkeiten als Relationship Lender verliert. Die Relationship-lending-Literatur sieht daher bei Kreditrisiko potenziell eine Notwendigkeit, dass Banken ihre Kreditvergabe an Unternehmen teilweise über Eigenkapital renanzieren, da sich Eigenkapital wegen des fehlenden First-come-rst-served-Prinzips eher als Einlagen dazu eigne, Kreditrisiken ohne die Gefahr eines Bank-Runs zu absorbieren.3 Eigenkapital schützt jedoch gleichzeitig auch in geringerem Maße vor einem Hold-up durch den Bankier; dieser kann also leistungslose Informationsrenten auf Kosten der Eigenkapitalgeber extrahieren (Diamond und Rajan 2000). Die Hypothese der Relationship-lending-Literatur, dass neben Einlagen auch Eigenkapital als Teil der Renanzierungsstruktur von Banken erforderlich sein kann, wenn Kreditrisiko vorliegt, soll in diesem Kapitel einer kritischen Überprüfung unterzogen werden. Diese wird ergeben, dass die Literatur bislang zu pessimistisch hinsichtlich der Einsatzmöglichkeiten von Einlagen als Instrument zur Lösung des Hold-up-Problems zwischen einer Bank und ihren Finanziers gewesen ist. Denn durch eine geeignete Ausgestaltung des Einlagenvertrags sind auch bei risikobehafteten Krediten sowohl Bank-Runs als auch Renten für den Bankier vermeidbar, sodass Eigenkapital als Renanzierungsinstrument einer Bank nicht benötigt wird. Dies gilt zumindest dann, wenn die Kreditrisiken bestimmte, noch näher zu spezizierende Eigenschaften aufweisen. 3
Die Rolle von Eigenkapital als Risikopuer wurde zuvor bereits von Dowd (1996) und Sakuragawa (2002) diskutiert. Außerdem wird in der Literatur Eigenkapital als bedeutsam für die Monitoring-Anreize von Banken angesehen; siehe hierzu über die bereits in Kapitel C. diskutierte Literatur hinausgehend z. B. Winton (1995) und Almazan (2002).
55
In der Relationship-lending-Literatur wurden Einlagen bislang als ein Anspruch aufgefasst, der einen festen Nennwert hat und zu jedem beliebigen Zeitpunkt gemäß dem First-come-rst-served-Prinzip zur Einlösung vorgelegt werden kann. Der Wert dieses Anspruchs hängt aus Sicht eines Einlegers nicht davon ab, welche Kreditrückzahlung der Unternehmer an die Bank leisten würde. Es ist daher bei diesem Einlagenvertrag auch in schlechten Zeiten, wenn der Unternehmer den Kredit nicht vollständig zurückzahlt, ausgeschlossen, dass die Bank ihre Zahlung an die Einleger nachverhandeln kann, sodass es bei Kreditrisiko möglicherweise zu einem Bank-Run kommt. Dieses Problem wird jedoch zumindest abgemildert, wenn ein modizierter Einlagenvertrag abgeschlossen wird, der für die Bank eine Wahlmöglichkeit beinhaltet, einem Einleger ggf. nicht den zuvor festgelegten Nennwert der Einlage auszuzahlen, sondern ihm einen zuvor festgelegten Teil ihrer Kreditforderung gegenüber dem Unternehmer zu überlassen. Der Wert dieses Teils der Kreditforderung hängt aus Sicht eines Einlegers davon ab, welche Kreditrückzahlung er vom Unternehmer erhalten würde. Daher ergibt sich möglicherweise in schlechten Zeiten für die Bank die Option, in Nachverhandlungen mit den Einlegern einzutreten, sodass ineziente Bank-Runs verhindert werden können.4 Die Auswirkungen dieses modizierten Vertrags auf die Renanzierungsstruktur von Banken werden nachfolgend für zwei Szenarien untersucht. In dem ersten Szenario, das mit Ausnahme des betrachteten Einlagenvertrags dem Modell von Diamond und Rajan (2000, S. 2434.) entspricht, ist das Ausmaß der zusätzlichen Kenntnisse, die eine Bank als Relationship Lender erwirbt, sicher, sodass Kreditrisiko ausschließlich allgemeine, nicht in der Funktion des Relationship Lenders begründete, Ursachen hat. Für dieses Szenario wird gezeigt, dass der modizierte Einlagenvertrag das Hold-up-Problem zwischen der Bank und ihren Finanziers vollständig löst; er verhindert also sowohl Bank-Runs als auch Rentenextraktion durch den Bankier. Entsprechend kann Eigenkapital, anders 4
Neben der soeben eingeführten Spezikation des Einlagenvertrags, die als Grundlage für die formale Analyse in diesem Kapitel dienen wird, sind alternative Vertragsausgestaltungen denkbar, die sich in demselben Maße dazu eignen, ineziente Bank-Runs zu verhindern. Eine mögliche Alternative bestünde beispielsweise darin, die Bank mit einer Wahlmöglichkeit auszustatten, bei Bedarf ihre Kreditforderung an einen Einlagenversicherer übertragen zu können, der die Bank abwickelt und die Einleger ausbezahlt. Auf diese alternative Interpretation des Einlagenvertrags wird in der Diskussion noch näher eingegangen.
56 D. Funktionen von Eigenkapital und Einlagen bei der Bankenrenanzierung
als bislang in der Literatur vermutet, bei ausschließlich allgemeinem Kreditrisiko keine Funktion bei der Renanzierung von Banken zugeschrieben werden. In dem zweiten Szenario hingegen wird über Diamond und Rajan (2000, S. 2434.) hinausgehend eine Situation betrachtet, in der ausschließlich das Ausmaß der zusätzlichen Kenntnisse der Bank als Relationship Lender risikobehaftet ist, sodass ausschließlich intermediärspezisches Kreditrisiko vorliegt. In diesem Fall kann der modizierte Einlagenvertrag nicht mehr grundsätzlich für eine vollständige Lösung des Hold-up-Problems zwischen der Bank und ihren Finanziers sorgen, sodass Eigenkapital potenziell neben Einlagen als Renanzierungsinstrument genutzt werden muss.5 Die nachfolgende Analyse ist wie folgt aufgebaut: Im ersten Abschnitt wird der theoretische Modellrahmen eingeführt. Der zweite Abschnitt nimmt eine formal exakte Typisierung der möglichen Kreditrisiken vor; des Weiteren werden in diesem Abschnitt als Benchmark die Eigenschaften des zwischen der Bank und dem Unternehmer abgeschlossenen Kreditvertrags für den Fall untersucht, dass kein Hold-up-Problem zwischen der Bank und ihren Finanziers besteht. Hiernach untersuchen die Abschnitte 3 und 4 die Kreditausgestaltung bei allgemeinem und bei intermediärspezischem Kreditrisiko. Im fünften Abschnitt folgt schließlich eine Diskussion, in der zum einen auf die Robustheit der abgeleiteten Ergebnisse und zum anderen auf alternative Interpretationen des betrachteten Einlagenvertrags eingegangen wird.
D.1 Modellrahmen Es wird eine einperiodige Modellökonomie mit risikoneutralen Akteuren betrachtet, in der ein Unternehmer ein Investitionsprojekt durchführen möchte. Das Projekt erfordert, wie in Abbildung D.1. dargestellt, zu Periodenbeginn in t = 0 eine Investition I = 1. Sofern der Unternehmer sein Humankapital in das Projekt einbringt, ergibt sich am Periodenende in t = 1 ein Ertrag rs , der vom 5
Über diese zwei Szenarien hinausgehend ist auch eine Situation denkbar, in der eine Mischform beider Kreditrisiken, d. h. sowohl allgemeines als auch intermediärspezisches Risiko vorliegt. Dieser Fall wird in der nachfolgenden Analyse aus Gründen der Vereinfachung nicht behandelt; indes deuten die Ergebnisse in Hauck (2005, S. 10.) darauf hin, dass Eigenkapital in naheliegender Weise umso eher als zusätzliches Renanzierungsinstrument von Banken benötigt wird, je größer das Ausmaß des intermediärspezischen Kreditrisikos relativ zum allgemeinen Kreditrisiko ist.
D.1 Modellrahmen
t
57
t 1
0
Unternehmer:
T Investition I
Umweltzustand s
g
unskilled Lender:
1
1T
Unternehmer: Umweltzustand s
b
rg
Relationship Lender: xgRL
xUL g rb
Relationship Lender: xbRL unskilled Lender:
xbUL
Abb. D.1. Investitionsprojekt des Unternehmers
Umweltzustand s abhängt. Dabei sind zwei Umweltzustände möglich. Im guten Umweltzustand s = g, der mit der Wahrscheinlichkeit eintritt, ist der Ertrag hoch und beläuft sich auf rg . Mit der Gegenwahrscheinlichkeit 1 tritt hingegen der schlechte Umweltzustand s = b ein; in diesem Fall ist der Projektertrag niedrig und beträgt rb rg . Der Unternehmer ist mittellos. Er benötigt somit in t = 0 einen Kredit, um die Investition in sein Projekt tätigen zu können. Eine Kreditbeziehung zwischen dem Unternehmer und seinem Finanzier hat dabei zwei wesentliche Merkmale. Erstens sind die beteiligten Akteure nicht in der Lage, die Konditionen eines Kreditvertrags in t = 0 für die gesamte Vertragslaufzeit unabänderlich festzulegen; der Kreditvertrag ist also unvollständig, und es besteht die Möglichkeit, seine Bestandteile im Laufe der Kreditbeziehung nachzuverhandeln. Zweitens kann ein Gericht nicht verizieren, ob der Unternehmer sein Humankapital tatsächlich in das Projekt einbringt. Sofern der Unternehmer hierauf verzichtet, kann ein Kreditgeber das Projekt bestenfalls liquidieren. Der durch Liquidation erzielbare Erlös xs ist dabei in jedem möglichen Umweltzustand geringer als rs und hängt außerdem gemäß Abbildung D.1. von den Kenntnissen des Kreditgebers ab. Hat er das Projekt von Anfang an begleitet und ist er so zum Relationship Lender des Unternehmers geworden, erhält er bei Liquidation < rs , wobei xRL xRL gilt und somit sein Liquidationserlös im den Erlös xRL s g b guten Umweltzustand höher als im schlechten Umweltzustand ist. Hat er das Projekt hingegen nicht begleitet, beträgt sein als unskilled Lender erzielbarer L L L xRL mit xU xU Liquidationserlös lediglich xU s s g b . Neben der Einbringung des unternehmerischen Humankapitals kann auch der eingetretene Umweltzustand s zwar von allen Akteuren beobachtet, nicht aber
58 D. Funktionen von Eigenkapital und Einlagen bei der Bankenrenanzierung
Der Unternehmer bietet die Rückzahlung H* an; er bringt sein Humankapital nur dann in das Projekt ein, wenn das Angebot angenommen wird.
Der Kreditgeber nimmt das Angebot an; er erhält in t = 1 den Betrag H*.
Der Kreditgeber lehnt das Angebot ab; er muss das Projekt in t = 1 liquidieren.
Abb. D.2. Nachverhandlungen zwischen Unternehmer und Kreditgeber
durch ein Gericht veriziert werden. Das in t = 0 im Kreditvertrag abgegebene Rückzahlungsversprechen H des Unternehmers für t = 1 muss daher zustandsunabhängig sein. Der Unternehmer wird dieses Versprechen indes aufgrund der beiden beschriebenen Merkmale der Kreditbeziehung unter bestimmten Umständen nachverhandeln. Denn nach erfolgter Investition hängt der Projektertrag entscheidend vom Humankapital des Unternehmers ab, und ein Kreditgeber kann den Unternehmer wegen der fehlenden Verizierbarkeit nicht dazu zwingen, sein Humankapital in das Projekt einzubringen. Es besteht mithin die Möglichkeit eines Hold-ups des Kreditgebers durch den Unternehmer. Es sei angenommen, dass der Unternehmer, nachdem der Umweltzustand s eingetreten ist, in Nachverhandlungen ein Take-it-or-leave-it-Angebot machen kann. Er bietet also seinem Kreditgeber eine alternative Rückzahlung H an und droht mit dem Abzug seines Humankapitals aus dem Projekt, sofern dieses Angebot nicht akzeptiert wird (siehe Abbildung D.2.). Dem Kreditgeber verbliebe nach Ablehnung des Angebots nur die Liquidation des Projekts. Der dabei erzielbare Liquidationserlös xs entspricht somit dem Drohpunkt des Kreditgebers, und er wird jedes Angebot H des Unternehmers akzeptieren, das den Drohpunkt xs nicht unterschreitet. Aus der Nachverhandlungsmöglichkeit des Unternehmers folgt somit, dass dessen tatsächliche Kreditrückzahlung an den Kreditgeber aufgrund der Holdup-Problematik begrenzt ist. Sofern er einem Relationship Lender gegenüberund verhandelt jedes höhere zuvor steht, zahlt der Unternehmer maximal xRL s abgegebene Rückzahlungsversprechen H nach. Die tatsächliche Zahlung des Unternehmers beträgt also im Fall eines Relationship Lenders:
D.1 Modellrahmen
59 © ª min H, xRL . s
(D.1)
Ist der Kreditgeber des Unternehmers hingegen ein unskilled Lender, so erhält L dieser vom Unternehmer maximal eine Zahlung der Höhe xU s , sodass die tatsächliche Zahlung des Unternehmers: ª © L min H, xU s
(D.2)
beträgt. Das Hold-up-Problem kann folglich dazu führen, dass die Kreditrückzahlung des Unternehmers ex ante risikobehaftet ist, obwohl sein in t = 0 abgegebenes Rückzahlungsversprechen zustandsunabhängig ist. Das Hold-up-Problem impliziert ferner, dass ein Relationship Lender aufgrund seiner besseren Verhandlungsposition gegenüber dem Unternehmer tendenziell eine höhere Kreditrückzahlung erhält als ein unskilled Lender. Die insgesamt in der Modellökonomie vorhandenen Mittel übersteigen annahmegemäß den Investitionsbedarf I = 1 des Unternehmers. Außerdem ist neben dem Investitionsprojekt lediglich eine unverzinste Lagerhaltungstechnologie verfügbar, und die Zeitpräferenzrate ist null. Der Unternehmer erhält daher einen Kredit, solange seine erwartete Kreditrückzahlung zumindest das in t = 0 aufgenommene Kreditvolumen L = 1 deckt. Indes gilt für den erwarteten Liquidationserlös des Investitionsprojekts, sofern ein unskilled Lender liquidiert: £ L¤ L UL := xU < 1. E xU s g + (1 ) xb
(D.3)
Die erwartete Kreditrückzahlung des Unternehmers ist also gemäß (D.2) in jedem Fall zu gering, wenn auf die Kenntnisse eines Relationship Lenders vollständig verzichtet wird.6 Es sollen nun noch zwei weitere Annahmen eingeführt werden, die zusammen mit der Bedingung (D.3) die Notwendigkeit einer intermediären Unternehmensnanzierung begründen. Es sei erstens angenommen, dass nur ein Akteur in der Modellökonomie über die grundsätzlichen Fähigkeiten verfügt, um zum Relationship Lender des Unternehmers zu werden. Zweitens sei angenommen, dass kein einzelner Akteur über ausreichende Mittel verfügt, um den Kredit alleine zu vergeben. Die Kreditgewährung an den Unternehmer muss daher intermediär über 6
Ein Unternehmer, dessen Investitionsprojekt die Ungleichung (D.3) nicht erfüllt, kann mithin auf eine direkte Finanzierung über einen unskilled Lender zurückgreifen und ist nicht auf einen Relationship Lender, d. h. eine Bank, angewiesen.
60 D. Funktionen von Eigenkapital und Einlagen bei der Bankenrenanzierung
eine Bank erfolgen. Diese wird zum Relationship Lender des Unternehmers und nimmt denjenigen Teil des Kreditvolumens, den sie nicht selbst beisteuern kann, von anderen Akteuren auf. Aus Gründen der Vereinfachung sei dabei unterstellt, dass die Bank nicht über eigene Mittel zur Kreditvergabe verfügt, sodass sie das vollständige Kreditvolumen L = 1 renanzieren muss. Hierzu ist sie indes nur dann in der Lage, wenn das bei intermediärer Finanzierung des Unternehmers entstehende zusätzliche Hold-up-Problem zwischen der Bank und ihren Finanziers in hinreichendem Maße gelöst ist. Dieses zweite Hold-up-Problem entsteht, da die Finanziers der Bank relativ zum Unternehmer den Status eines unskilled Lenders aufweisen. Die Bank könnte daher gegenüber ihren Finanziers mit dem Abzug ihrer überlegenen Kenntnisse als Relationship Lender drohen, was möglicherweise zu einer geringeren Kreditrückzahlung des Unternehmers führen würde.
D.2 Kreditrisikotypisierung und Benchmark In diesem Abschnitt sollen zwei wichtige Vorarbeiten für die nachfolgende Analyse geleistet werden. Zum einen soll eine Typisierung der möglichen Kreditrisiken erfolgen. Dabei werden insbesondere die Begrie des allgemeinen und des intermediärspezischen Kreditrisikos voneinander abgegrenzt. Diese Unterscheidung wird sich als bedeutsam für die Frage herausstellen, ob Eigenkapital ein relevantes Renanzierungsinstrument von Banken ist. Zum anderen soll der sich ergebende Kreditvertrag für den Fall bestimmt werden, dass kein Hold-up-Problem zwischen der Bank und ihren Finanziers besteht. Dieser Fall kann als Benchmark für die dann folgende Analyse dienen. Kreditrisiko liegt vor, wenn ex ante die Kreditrückzahlung des Unternehmers an seinen Kreditgeber risikobehaftet ist. Um eine Typisierung der möglichen Kreditrisiken vornehmen zu können, sei zunächst die Größe: s :=
xRL s L xU s
(D.4)
eingeführt. Diese Größe misst die zusätzlichen Kenntnisse, die eine Bank relativ zu einem unskilled Lender hat; sie kann mithin als Maß für die Leistung der Bank aufgefasst werden bzw. für deren Erfolg, eine Beziehung zum Unternehmer aufzubauen. Ein steigendes s impliziert, dass der Drohpunkt der Bank in
D.2 Kreditrisikotypisierung und Benchmark
61
Nachverhandlungen mit dem Unternehmer relativ zum Drohpunkt eines unskilled Lenders steigt. Hiermit einher geht auch, dass sich die gemäß (D.1) maximal an die Bank relativ zur gemäß (D.2) maximal mögliche Kreditrückzahlung xRL s L an einen unskilled Lender erhöht. möglichen Kreditrückzahlung xU s Ausgehend von (D.4) soll von einer ausschließlich durch allgemeines KreditL risikobehaftet risiko gekennzeichneten Situation gesprochen werden, wenn xU s und s konstant ist, sodass in jedem möglichen Umweltzustand s gilt: L = xU xRL s s .
(D.5)
In diesem Fall ist der relative Kenntnisvorsprung der Bank gegenüber einem unskilled Lender unabhängig vom eingetretenen Umweltzustand. Risikobehaftete Kreditrückzahlungen des Unternehmers entstehen also nicht aufgrund von Risiken, die mit dem Erfolg der Bank bei der Erlangung ihrer Fähigkeiten als Relationship Lender zusammenhängen, sondern liegen in allgemeinen Projektcharakteristika begründet, die in gleichem Maße auch zu Risiken für unskilled Lender führen würden. Ausschließlich intermediärspezisches Risiko liegt hingeL konstant und s risikobehaftet ist. In diesem Fall gilt für gen vor, wenn xU s jeden möglichen Umweltzustand: xRL = s xU L , s
(D.6)
sodass die Kreditrückzahlungen des Unternehmers nur im Fall einer intermediären Finanzierung unsicher sind; an einen unskilled Lender würde er hingegen eine sichere Rückzahlung leisten.7 Als zweiter Vorschritt soll nun noch geklärt werden, welche Eigenschaften der in t = 0 zwischen dem Unternehmer und der Bank abgeschlossene Kreditvertrag hätte, wenn die Bank keinen Anreiz zu einem Hold-up ihrer Finanziers hat und entsprechend jedwede Zahlung des Unternehmers an diese weiterleiten kann. Sofern die Bank außerdem keine Kompensationszahlung für ihre als Relationship Lender erbrachte Leistung verlangt, ist in diesem Fall eine Kreditgewährung an den Unternehmer möglich, solange er mindestens eine erwartete Kreditrückzahlung: ª © ª © + (1 ) min H, xRL (D.7) := min H, xRL g b 7
Die in der Kapiteleinführung in Fußnote 5 angesprochene Mischform von allgemeinem Kreditrisiko und intermediärspezischem Kreditrisiko läge somit vor, wenn soals auch s risikobehaftet wäre. wohl xUL s
62 D. Funktionen von Eigenkapital und Einlagen bei der Bankenrenanzierung
der Höhe 1 leistet, die seinem Finanzierungsbedarf und mithin dem Kreditvolumen entspricht. Das in t = 0 im Kreditvertrag vereinbarte Rückzahlungsversprechen H muss somit der Bedingung: 1
(D.8)
genügen. Da die erwarteten Projekterträge nicht von dem gewählten Kreditvertrag abhängen, ist der Unternehmer ausschließlich an einer möglichst geringen erwarteten Kreditrückzahlung interessiert. Daher folgt für das aus seiner Sicht optimale, d. h. gleichgewichtige Kreditrückzahlungsversprechen H eq unter Berücksichtigung der Bedingung (D.8): Lemma D.1 Sofern kein Hold-up-Problem zwischen der Bank und ihren Finanziers besteht, erhält der Unternehmer einen Kredit, wenn: ¤ £ RL 1 := xRL E xRL s g + (1 ) xb
(D.9)
erfüllt ist. Für das Kreditrückzahlungsversprechen H eq des Unternehmers und für seine erwartete Kreditrückzahlung eq gilt dann:8 1. im Fall xRL 1: b H eq = 1, eq = 1, < 1: 2. im Fall xRL b H eq = xRL + b
1
¡ ¢ 1 xRL , b
eq = 1. Die Interpretation des Lemmas ist oensichtlich. Der Unternehmer wählt sein Rückzahlungsversprechen so, dass die Bank bzw. deren Finanziers gerade zu 8
Das Kreditrückzahlungsversprechen H eq ergibt sich, indem die im Benchmarkfall gemäß (D.8) optimale erwartete Kreditrückzahlung eq mit (D.7) gleichgesetzt und nach H aufgelöst wird; die Bedingung (D.9) gilt, weil die erwartete Kreditrückzah£ ¤ nicht übersteigen kann, lung des Unternehmers wegen (D.7) den Betrag E xRL s £ ¤ sodass der Unternehmer nur dann einen Kredit erhält, wenn E xRL eq erfüllt s ist.
D.3 Allgemeines Kreditrisiko
63
einer Kreditvergabe bereit sind. Wenn selbst im schlechten Umweltzustand der seines Projekts nicht geringer als sein Finanzierungsbedarf Liquidationserlös xRL b I = 1 ist, gibt er somit ein Rückzahlungsversprechen H eq = 1 ab und hält < 1, dieses mit Sicherheit in beiden Umweltzuständen ein. Gilt hingegen xRL b muss er ein höheres Rückzahlungsversprechen H eq > 1 abgeben. Denn er wird nachverhandeln, was im schlechten Umweltzustand seine Rückzahlung auf xRL b durch eine entsprechend höhere Zahlung im guten Umweltzustand kompensiert werden muss. Dies ist jedoch nur bis zu dem Punkt möglich, an dem er sein Rückzahlungsversprechen auch im gutem Unweltzustand nachverhandeln würde. Es kann also zunächst festgehalten werden, dass der Unternehmer zumindest in einigen Fällen einen Kreditvertrag abschließen muss, dessen Rückzahlung aus Sicht der Bank ex ante risikobehaftet ist.
D.3 Allgemeines Kreditrisiko Kann der Unternehmer den in Lemma D.1 spezizierten optimalen Kreditvertrag auch dann mit der Bank abschließen, wenn die Bank nicht ohne weiteres dazu in der Lage ist, ihren Finanziers die Einbringung ihrer Fähigkeiten als Relationship Lender glaubhaft zuzusichern? Dieser Frage soll in diesem Abschnitt für den Fall nachgegangen werden, dass die Kreditbeziehung zwischen dem Unternehmer und der Bank ausschließlich durch allgemeines Risiko gekennzeichnet ist, sodass gemäß (D.5) in jedem Umweltzustand gilt: L = xU xRL s s .
(D.10)
Kreditrisiko hängt also nicht mit der Erlangung der spezischen Kenntnisse eines Relationship Lenders zusammen, sondern entsteht durch allgemeine Projektcharakteristika. Es wird sich herausstellen, dass der gleichgewichtige Kreditvertrag in dieser Situation selbst bei risikobehafteten Kreditrückzahlungen des Unternehmers unverändert bleibt, da ein hinreichend exibler Einlagenvertrag existiert, der das Hold-up-Problem zwischen der Bank und den Einlegern vollständig löst und gleichzeitig der Bank erlaubt, ihre Zahlungen an die Einleger in schlechten Zeiten nachzuverhandeln. Folglich spielt Eigenkapital bei unvollständigen Vertragsbeziehungen, anders als in Diamond und Rajan (2000) postuliert, bei allgemeinem Kreditrisiko keine Rolle als Renanzierungsinstrument der Bank.
64 D. Funktionen von Eigenkapital und Einlagen bei der Bankenrenanzierung
Analog zum vorangegangenen Abschnitt wird ein Szenario betrachtet, in dem die Bank mit dem Unternehmer in t = 0 einen Kreditvertrag abschließt, der für t = 1 ein Rückzahlungsversprechen H enthält. Entsprechend könnte die Bank in Abhängigkeit vom eingetretenen Umweltzustand s gemäß (D.1) eine © ª Kreditrückzahlung min H, xRL vom Unternehmer erzwingen. s Die Bank renanziert den Kredit in t = 0 über die Hereinnahme von Einlagen. Diese haben zwei wesentliche Eigenschaften. Erstens können sie analog zu den in Diamond und Rajan (2000; 2001a; 2001c) unterstellten Einlagenverträgen zu jedem beliebigen Zeitpunkt gemäß dem First-come-rst-served-Prinzip bei der Bank eingelöst werden. In Erweiterung der bisherigen Literatur ist die Bank jedoch zweitens nur dann dazu verpichtet, den Nennwert einer Einlage auszuzahlen, wenn die Einlage am Periodenende in t = 1 eingelöst wird. Bei einer Einlösung der Einlage vor t = 1 hat die Bank hingegen eine Wahlmöglichkeit bei ihrer Entscheidung, in welcher Form sie dem vorzeitigen Einlösewunsch nachkommt. Sie kann dann entweder den Nennwert der Einlage auszahlen oder einen Teil ihrer Kreditforderung gegenüber dem Unternehmer an den Einleger abtreten. Um diesen Einlagenvertrag zu formalisieren, sei ohne Verlust der Allgemeingültigkeit angenommen, dass die Bank in t = 0 Einlagen von insgesamt f Einlegern hereinnimmt, wobei jeder Einleger den Anteil f1 am gesamten Einlagenvolumen hält. Im Einlagenvertrag wird in t = 0 ein Gesamtnennwert D festgelegt sowie ein Gesamtabtretungsvolumen .9 Sofern also der Vertrag nicht zuvor nachverhandelt wurde, hat jeder Einleger das Recht, in t = 1 die Auszahlung des Nennwerts f1 D seiner Einlage zu verlangen. Bei einem vorzeitigen Einlösewunsch indes erhält er in Abhängigkeit von der Entscheidung der Bank entweder den Nennwert f1 D ausbezahlt oder die Bank tritt an ihn den Teil f1 ihrer Kreditforderung ab.10 Dieser Einlagenvertrag wird im Folgenden durch das Tupel hD; i repräsentiert. 9
10
Dabei entspricht dem Anteil an der Kreditforderung gegenüber dem Unternehmer, den die Bank (hypothetisch) an die Gesamtheit ihrer Einleger abtreten müsste, sofern sie an keinen Einleger eine Zahlung gemäß dem Einlagennennwert D leisten wollte. Damit die Option der Forderungsabtretung durchführbar ist, muss somit die Zahl f der Einleger hinreichend groß sein, sodass f1 1 erfüllt ist, weil die Bank maximal ihre gesamte Kreditforderung abtreten kann. Für die nachfolgende Analyse sei f >> unterstellt.
D.3 Allgemeines Kreditrisiko
65
Die Bank bietet den Gesamtnennwert D* an; sie bringt ihre Kenntnisse nur dann in die Kreditbeziehung mit dem Unternehmer ein, wenn das Angebot angenommen wird; die Bank legt fest, wie die Einlösewünsche ablehnender Einleger erfüllt werden.
Der Einleger nimmt das Angebot an; er erhält in t = 1 eine Zahlung gemäß D*, falls die Bank hierzu in der Lage ist.
Der Einleger lehnt das Angebot ab; er bekommt einen Platz in der Reihe aller ablehnenden Einleger zugewiesen.
Der Einleger löst seine Einlage ein, wenn er an der Reihe ist und die Bank noch über Aktiva verfügt.
Der Einleger erhält nichts, wenn er an der Reihe ist und die Bank bereits alle Aktiva verloren hat.
Abb. D.3. Nachverhandlungen zwischen Bank und Einleger
Die sich aus hD; i ergebenden Gesamtzahlungen der Bank an ihre Einleger in t = 1 können durch Betrachtung der Nachverhandlungen zwischen der Bank und den Einlegern ermittelt werden. Diese nden ggf. vor t = 1 statt, d. h. bevor die Bank durch ihre Kenntnisse als Relationship Lender eine ausreichende Kreditrückzahlung des Unternehmers erzwungen hat. Sie werden möglicherweise von der Bank dazu genutzt, den in t = 0 vereinbarten Gesamtnennwert D der Einlagen und damit ihre Zahlungsverpichtung gegenüber den Einlegern zu vermindern. Für die Nachverhandlungen wird der folgende, in Abbildung D.3. dargestellte Ablauf unterstellt: Die Bank macht zunächst ein Take-it-or-leave-it-Angebot über einen alternativen Gesamtnennwert D und droht mit dem Abzug ihrer Fähigkeiten als Relationship Lender, sofern D nicht akzeptiert wird. Dabei muss das Angebot der Bedingung: © ª D min H, xRL s
(D.11)
genügen, da das Angebot andernfalls aufgrund der zu geringen Kreditrückzahlung des Unternehmers nicht glaubwürdig wäre. Gleichzeitig legt die Bank fest, in welcher Form sie den Einlösewünschen derjenigen Einleger nachkommt, die das Angebot ablehnen. Jeder einzelne Einleger hat dann zwei Reaktionsmöglichkeiten. Er kann zum einen das Angebot D annehmen. Er erhält dann von
66 D. Funktionen von Eigenkapital und Einlagen bei der Bankenrenanzierung
der Bank in t = 1 die Auszahlung f1 D , sofern sie diese Auszahlung nach dem Ende der Nachverhandlungen mit allen Einlegern noch leisten kann. Zum anderen kann der Einleger das Angebot ablehnen und sich für die Einlösung seiner Einlage entscheiden. In diesem Fall reiht er sich in die Schlange aller ablehnenden Einleger ein, wobei die ihm zugewiesene Position in der Schlange durch eine faire Lotterie bestimmt wird. Wenn sein Einlösewunsch dann an der Reihe ist, erhält er gemäß der vorherigen Festlegung der Bank entweder den ursprünglichen Nennwert f1 D ausbezahlt oder den Teil f1 der Kreditforderung gegenüber dem Unternehmer, falls die Bank, nachdem sie die Einlösewünsche der vor ihm in der Schlange platzierten Einleger erfüllt hat, hierzu noch in der Lage ist. Andernfalls erhält er nichts. Als erste Implikation des Nachverhandlungsspiels ergibt sich, dass die Bank niemals ein Gesamtangebot D < D mit der Ankündigung verbinden kann, ablehnenden Einlegern ggf. den ursprünglichen Nennwert f1 D ihrer Einlagen auszuzahlen. Dies kann ähnlich wie in Diamond und Rajan (2001c, S. 308.) durch Betrachtung des Kalküls eines einzelnen Einlegers begründet werden. Wenn alle anderen Einleger das Angebot D < D annehmen, erhielte er in t = 1 die Auszahlung f1 D , wenn er das Angebot ebenfalls annähme. Lehnt er hingegen das Angebot als einziger ab und löst seine Einlage ein, muss die Bank einen Teil v ihrer Kreditforderung gegenüber dem Unternehmer an einen Dritten verkaufen, um den Einlösewunsch des Einlegers befriedigen zu können. Der Erlös aus dem ª © L Forderungsverkauf ist dabei zwar gemäß (D.2) auf den Betrag v min H, xU s begrenzt, den der Dritte als unskilled Lender in t = 1 vom Unternehmer erhielte. Er reicht aber für ein hinreichend hohes v aus, um dem Einleger den vollständigen Nennwert f1 D seiner Einlage auszuzahlen, da f1 D wegen der großen Gesamtzahl f der Einleger hinreichend klein ist. Für den Einleger ist es also wegen f1 D > f1 D zumindest dann eine strikt dominante Strategie, ein Gesamtangebot D < D der Bank abzulehnen, wenn er als einziger ablehnt und die Bank ihm daher mit Sicherheit den ursprünglichen Nennwert seiner Einlage vollständig auszahlt.11 11
Wäre die Zahl der Einleger hingegen sehr gering, würde der Erlös der Bank möglicherweise nicht ausreichen, um den Anspruch des einzelnen Einlegers aus dem Forderungsverkauf zu erfüllen. In diesem Fall wären es also möglich, dass der Einleger einem Angebot DW < D zustimmt.
D.3 Allgemeines Kreditrisiko
67
Übertragen auf das Verhalten aller Einleger bedeutet dies, dass bei einem Angebot D < D kein Gleichgewicht möglich ist, in dem zumindest ein Einleger das Angebot akzeptiert und die Bank nach der Erfüllung der Einlösewünsche aller ablehnenden Einleger noch über Kreditforderungen verfügt. Denn in diesem Fall hätte jeder akzeptierende Einleger den Anreiz, das Angebot ebenfalls abzulehnen. Jedes Angebot D < D führt also zu massiven Kreditforderungsverlusten für die Bank, wenn sie ablehnenden Einlegern die Rückzahlung des ursprünglichen Einlagennennwerts zusichert. Dieses Ergebnis bestätigt zunächst die in der Relationship-lending-Literatur vertretene Sichtweise, dass eine Bank den in t = 0 vereinbarten Nennwert D der Einlagen niemals nachverhandeln kann, wenn sie nach einem Scheitern der Nachverhandlungen einzelnen Einlegern diesen Nennwert auszahlen muss. Ein Nachverhandlungsspielraum besteht jedoch möglicherweise für die Bank, wenn sie ihre Wahlmöglichkeit nutzt und ein Gesamtangebot D < D mit der Ankündigung verbindet, jedem ablehnenden Einleger ggf. den Teil f1 ihrer Kreditforderung zu übertragen, solange ihr dies möglich ist. Da ein Einleger gegenüber dem Unternehmer als unskilled Lender auftreten würde, erhielte er vom Unterª © L , wenn er in Besitz nehmer gemäß (D.2) eine Kreditrückzahlung min H, xU s der gesamten Kreditforderung wäre. Entsprechend hat die Übertragung des Teils © ª 1 1 UL . Sofern also f der Kreditforderung für den Einleger den Wert f min H, xs die Bank in Nachverhandlungen ein gemäß (D.11) glaubwürdiges Angebot: © ª L D min H, xU s
(D.12)
abgibt, existiert ein Gleichgewicht, in dem alle Einleger das Angebot annehmen, da in diesem Fall jeder Einleger in t = 1 von der Bank den Betrag f1 D erhält, © ª L ist, der sich für der zumindest nicht geringer als der Betrag f1 min H, xU s einen einzelnen Einleger nach Ablehnung ergäbe.12 12
Neben dem beschriebenen Gleichgewicht existiert noch ein weiteres Gleichgewicht. Denn sofern ein Einleger erwartet, dass alle anderen Einleger das Angebot DW ablehnen, hat er unabhängig vom Angebot ebenfalls den Anreiz, dass Angebot abzulehnen, um überhaupt eine Zahlung zu erhalten. Das zweite Gleichgewicht im Nachverhandlungsspiel zwischen der Bank und den Einlegern führt also zu einem Bank-Run, der aufgrund sich selbst erfüllender Erwartungen entsteht. Für die nachfolgende formale Analyse wird unterstellt, dass dieses Run-Gleichgewicht nicht eintritt; indes wird dieser Aspekt in der Diskussion noch einmal aufgegrien.
68 D. Funktionen von Eigenkapital und Einlagen bei der Bankenrenanzierung
Die Bank wird somit den ursprünglichen Nennwert D der Einlagen nachverhandeln und das gemäß (D.12) geringstmögliche Angebot: © ª L D = min H, xU s
(D.13)
machen, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind. Zum einen muss: ª © L min H, xU L hingegen wird sie, indem sie mit der Abtretung ihrer Kreditforderung droht, immer in Nachver© ª handlungen eintreten und in t = 1 nur eine Zahlung min H, xU L gemäß dem Forderungsabtretungswert an die Einleger leisten. Die Zustandsunabhängigkeit der möglichen Zahlungen an die Einleger hat zwei unmittelbare Konsequenzen. Zum einen impliziert sie, dass die im Einlagenvertrag enthaltene Wahlmöglichkeit der Bank redundant ist, da jeder Vertrag hD; i gemäß Lemma D.3 durch einen äquivalenten Vertrag ersetzt werden kann, ªª © © der lediglich einen Gesamtnennwert der Höhe min D, min H, xU L hat und keine Wahlmöglichkeit für die Bank enthält, den Einlegern bei Bedarf einen Teil ihrer Kreditforderung zu übertragen. Entsprechend kann ohne Verlust der Allgemeingültigkeit unterstellt werden, dass die Bank mit den Einlegern in t = 0 einen Vertrag hD; i abschließt und somit auf ihre Nachverhandlungsoption verzichtet. Zum anderen bewirkt die Zustandsunabhängigkeit der möglichen Zahlungen an die Einleger, dass die Fähigkeit der Bank, einen Kredit über Einlagen zu renanzieren, tendenziell sinkt. Denn es kann zumindest im Fall einer risikobehafteten Kreditrückzahlung des Unternehmers nicht mehr dafür gesorgt werden, dass diese Rückzahlung in jedem Umweltzustand vollumfänglich von der Bank an die Einleger weitergegeben wird. Die bei ausschließlich intermediärspezischem Kreditrisiko bestehenden Möglichkeiten, einen Kredit mit Rückzahlungsversprechen H über Einlagen zu renanzieren, hängen vom in t = 0 vereinbarten Einlagennennwert D ab. Sofern ª © hereinnimmt, kann sie die die Bank Einlagen mit Nennwert D min H, xRL b Ansprüche ihrer Einleger auch im schlechten Umweltzustand, in dem der Unª © an die ternehmer gemäß (D.1) eine Kreditrückzahlung der Höhe min H, xRL b Bank leistet, vollständig befriedigen. Entsprechend sind die Einleger in diesem Fall in t = 0 dazu bereit, insgesamt den Betrag D für die Kreditvergabe zur Verfügung zu stellen. Hätten die von der Bank hereingenommenen Einlagen hin© ª gegen einen Nennwert D > min H, xRL , käme es zumindest im schlechten b Umweltzustand in jedem Fall zu einem Bank-Run. Denn sofort nach Bekanntwerden des schlechten Umweltzustands wäre aus Sicht der Einleger klar, dass die Bank aufgrund der zu geringen Kreditrückzahlung des Unternehmers in t = 1 zumindest einige Einlagen nicht vollständig zurückzahlen wird. Daher hat je-
74 D. Funktionen von Eigenkapital und Einlagen bei der Bankenrenanzierung
der Einleger den Anreiz, seine Einlage unverzüglich einzulösen, solange die Bank noch über Kreditforderungen gegenüber dem Unternehmer verfügt. Es käme also vor möglichen Nachverhandlungen mit dem Unternehmer zu einem Run, in dessen Verlauf die Bank ihre gesamte Kreditforderung an einen Dritten verkaufen muss. Der Unternehmer würde also im schlechten Umweltzustand in Nachverhandlungen einem unskilled Lender gegenüberstehen und diesem lediglich den ª © Betrag min H, xU L zahlen. Für die nachfolgende Analyse sei unterstellt, dass die Vereinbarung eines © ª , das zumindest im schlechten UmweltzuEinlagenvolumens D > min H, xRL b stand zwingend zu einem Bank-Run und zu einer entsprechend verminderten Kreditrückzahlung des Unternehmers führen würde, ausgeschlossen ist. Dieser Ausschluss lässt sich auf zwei alternative Weisen begründen. Es kann erstens angenommen werden, dass für den Liquidationserlös des unternehmerischen Investitionsprojekts über die Bedingung (D.3) hinausgehend gilt: UL < 1. xRL g + (1 ) xb
(D.20)
des UnterIn diesem Fall wäre die maximal mögliche Kreditrückzahlung xRL g nehmers im guten Umweltzustand zusammen mit der nach einem Bank-Run L des Unternehmers im schlechten Umweltmaximal möglichen Rückzahlung xU b zustand zu gering, sodass seine erwartete Kreditrückzahlung das in t = 0 benötigte Kreditvolumen L = 1 niemals decken kann. Entsprechend ist bei Gültigkeit von (D.20) jedwede Kreditvergabe an den Unternehmer ausgeschlossen, die im schlechten Umweltzustand mit einem Run auf die Bank verbunden wäre. Zweitens kann argumentiert werden, dass die Bank nicht dazu bereit ist, sich der Gefahr eines Bank-Runs auszusetzen. Ein möglicher Grund hierfür wäre, dass die Bank im Zuge eines Runs geschlossen würde und somit nicht mehr die Möglichkeit hätte, in zukünftigen Perioden durch eine Kreditvergabe an Unternehmen oder andere Bankgeschäfte Erträge zu erzielen. Sofern die Kreditvergabe an den Unternehmer nur mit einem Einlagenvoluª © möglich ist, das einen Bank-Run unter allen Umstänmen D min H, xRL b den verhindert, entsteht ein Bedarf für weitere Renanzierungsinstrumente der Bank. Dies gilt zumindest dann, wenn das Investitionsprojekt des Unternehmers < 1 aufweist, sodass die Bank bestenfalls den Teil xRL des die Eigenschaft xRL b b Kredits über Einlagen renanzieren kann.
D.4 Intermediärspezisches Kreditrisiko
75
Als mögliches weiteres Renanzierungsinstrument kommt Eigenkapital in Betracht. Hierbei sei vollkommen analog zu dem üblicherweise in der Relationshiplending-Literatur unterstellten Eigenkapitalbegri angenommen, dass die Eigenkapitalgeber einen langfristigen Anspruch gegenüber dem Bankier erhalten, der zwar nachrangig zu den Einlagen behandelt wird und keiner First-come-rstserved-Bedingung unterliegt, jedoch ein unbedingtes Verfügungsrecht über die Aktiva der Bank enthält, sodass die Eigenkapitalgeber den Bankier entlassen und aus der Kreditbeziehung mit dem Unternehmer ausschließen können (Diamond und Rajan 2000, S. 2433). Wenn die Eigenkapitalgeber dieses Recht jedoch in Anspruch nehmen, müssen sie selbst als Kreditgeber des Unternehmers auftreten, wobei sie ihm gegenüber wegen ihrer fehlenden Projektkenntnisse den Status eines unskilled Lenders haben. Aufgrund des fehlenden First-come-rst-served-Prinzips ist es dem Bankier möglich, zumindest in gewissem Umfang Renten auf Kosten der Eigenkapitalgeber zu extrahieren. Denn er kann ihnen damit drohen, seine Kenntnisse als Relationship Lender nicht einzusetzen. In diesem Fall müsste die Kreditbeziehung mit dem Unternehmer durch die Eigenkapitalgeber fortgeführt werden, sodass dieser in t = 1 gemäß (D.2) lediglich eine Kreditrückzahlung der Höhe ª © min H, xU L leisten würde. Entsprechend ergäbe sich für die Eigenkapitalgeber in t = 1 ein Ertrag der Höhe: ª ª © © max min H, xU L D, 0 ,
(D.21)
da die Eigenkapitalgeber nur einen Anspruch auf die Residualerträge der Bank nach Befriedigung der Forderung D der Einleger haben, sie jedoch durch beschränkte Haftung vor Verlusten geschützt sind. Sofern also die Eigenkapitalgeber in Nachverhandlungen mit der Bank keine Einigung erzielen, erhalten sie eine Auszahlung gemäß (D.21); diese Auszahlung entspricht dem Drohpunkt der Eigenkapitalgeber in Nachverhandlungen. Der Drohpunkt des Bankiers liegt hingegen bei null, da die Eigenkapitalgeber für den Fall einer Nichteinigung damit drohen können, den Bankier von seinen Aufgaben zu entbinden. In den Nachverhandlungen zwischen dem Bankier und den Eigenkapitalgebern wird über die Aufteilung der Residualerträge der Bank zwischen beiden Verhandlungsparteien in t = 1 entschieden. Dabei haben die Residualerträª © D, da von der Kreditrückge im Umweltzustand s den Wert min H, xRL s ª © RL des Unternehmers die Ansprüche D der Einleger abgezahlung min H, xs
76 D. Funktionen von Eigenkapital und Einlagen bei der Bankenrenanzierung
hen. Es sei angenommen, dass diese Residualerträge gemäß der Nash (1953)Verhandlungslösung auf den Bankier und die Eigenkapitalgeber aufgeteilt werEK an die Eigenkapitalgeden.13 Die Rente des Bankiers B s und die Zahlung s ber wird also so festgelegt, dass das Produkt der über die jeweiligen Drohpunkte hinausgehenden Zahlungen an beide Verhandlungsparteien maximiert wird: ¢¡ © © £¡ B ª ª¢¤ EK s 0 EK max min H, xU L D, 0 max B s s , s s.t. © ª EK B D. = min H, xRL s + s s Somit folgt: Lemma D.4 Sofern sich die Bank bei ausschließlich intermediärspezischem Kreditrisiko neben Einlagen auch über Eigenkapital renanziert, beträgt die Rente des Bankiers in t = 1: B s =
1 2
¡ © ª ¢ min H, xRL D s
1 2
© © ª ª max min H, xU L D, 0 ,
und die Eigenkapitalgeber erhalten in t = 1 den Betrag: = EK s
¡ © ª ¢ min H, xRL D s © © ª ª + 12 max min H, xU L D, 0 . 1 2
(D.22)
Gemäß dem Lemma können zwei Fälle unterschieden werden. Wenn die Bank ª © in t = 0 ein relativ hohes Einlagenvolumen D > min H, xU L hereingenommen hat, das die Eigenkapitalgeber in t = 1 ohne Kooperation des Bankiers nicht vollständig zurückzahlen können, teilen sich der Bankier und die Eigenkapitalgeber die Residualerträge der Bank in t = 1 hälftig. In diesem Fall ist der Drohpunkt beider Parteien identisch, da beide ohne die Hilfe des jeweils anderen keine Erträge erzielen können. Ist das Einlagenvolumen in t = 0 hingegen relativ gering mit ª © D min H, xU L , ergäbe sich für die Eigenkapitalgeber auch ohne den Bankier in t = 1 ein Erlös, sodass sich ihr Anteil am Residualertrag entsprechend erhöht. 13
Das Konzept der Nash-Verhandlungslösung wird beispielsweise in Wiese (2005a, S. 275.) dargestellt. Alternativ könnte hinsichtlich des Ablaufs der Nachverhandlungen zwischen dem Bankier und den Eigenkapitalgebern auch Diamond und Rajan (2000, S. 2437f.) folgend unterstellt werden, dass jede Verhandlungspartei mit der Wahrscheinlichkeit 12 ein Take-it-or-leave-it-Angebot über eine Aufteilung machen kann. Die sich in diesem Fall ergebende Aufteilungsregel wäre identisch zu der hier betrachteten Nash-Verhandlungslösung.
D.4 Intermediärspezisches Kreditrisiko
77
Mithilfe der Lemmata D.3 und D.4 sowie der oben eingeführten Beschrän© ª kungen D min H, xRL und = kann nun untersucht werden, unter b welchen Umständen der Unternehmer eine Kreditnanzierung für sein Investitionsprojekt erhält. Damit ein Kreditvertrag zwischen dem Unternehmer und der Bank in t = 0 zustande kommt, muss die sich ergebende erwartete Zahlung an die Finanziers der Bank zumindest dem benötigten Kreditvolumen L = 1 entsprechen, da diese andernfalls nicht in hinreichendem Maße Mittel bereitstellen. Es muss mithin gelten: + (1 ) EK 1, D + EK g b
(D.23)
wobei der erste Summand auf der linken Seite der erwarteten Zahlung an die Einleger gemäß Lemma D.3 entspricht und die beiden anderen Summanden der erwarteten Zahlung an die Eigenkapitalgeber der Bank gemäß Lemma D.4 entsprechen. Für (D.23) kann unter Nutzung von (D.7) und (D.22) nach wenigen Umformungen auch geschrieben werden: ª ª © © 2 D max min H, xU L D, 0 ,
(D.24)
wobei in bekannter Weise die erwartete Kreditrückzahlung des Unternehmers bezeichnet. Die Bedingung (D.24) stellt den für diese Arbeit zentralen Zusammenhang zwischen der mindestens zu leistenden erwarteten Kreditrückzahlung des Unternehmers und dem von der Bank in t = 0 aufgenommenen Einlagenvolumen D her; eine graphische Darstellung von (D.24) bietet Abbildung D.4. Die Bedingung besagt, dass zumindest ab einem hinreichend hohen Einlagennennwert ª © D min H, xU L jede zusätzliche Einheit von D die Mindestzahlung des Unternehmers um eine Einheit senkt. Der Grund hierfür ist, dass jeder zusätzliche über Einlagen renanzierte Euro des Kredits das für die Renanzierung benötigte Eigenkapital um einen Euro senkt. Hiermit geht wegen der hälftigen Teilung der Residualerträge zwischen den Eigenkapitalgebern und dem Bankier einher, dass auch die Rente des Bankiers um einen Euro sinken kann, sodass sich insgesamt die Mindestzahlung des Unternehmers um einen Euro vermindert. Dieser Zusammenhang gilt lediglich dann nicht, wenn die Bank nur sehr wenige Einlaª © gen D < min H, xU L hereinnimmt, da der Bankier in diesem Bereich, selbst wenn er das Einlagenvolumen weiter vermindert, keine zusätzlichen Renten von dem zusätzlich benötigten Eigenkapital extrahieren kann.
78 D. Funktionen von Eigenkapital und Einlagen bei der Bankenrenanzierung
Mindestzahlung des Unternehmers 2
^
2 min H , xUL
` 1
min^H , xUL `
1
D
Abb. D.4. Mindestzahlung des Unternehmers und Einlagenvolumen
Der Unternehmer ist wegen der weiterhin gegebenen Projekterträge auch bei intermediärspezischem Kreditrisiko ausschließlich daran interessiert, seine Finanzierungskosten und mithin seine erwartete Kreditrückzahlung zu minimieren. Er wird daher den Kreditvertrag mit der Bank so abschließen, dass (D.24) gerade mit Gleichheit erfüllt ist. Außerdem wird der Unternehmer dafür sorgen, dass die Bank den größtmöglichen Teil des Kredits über Einlagen renanziert, weil so der Eigenkapitalbedarf der Bank und die damit verbundene Rentenzahlung an den Bankier, die aus Sicht des Unternehmers unproduktiv ist, minimiert werden kann. Da jedoch die Fähigkeit der Bank zur Aufnahme von Einlagen begrenzt ist, weil bei intermediärspezischem Kreditrisiko auf den Betrag xRL b andernfalls ein Bank-Run unvermeidbar wäre, folgt: Proposition D.2 Bei ausschließlich intermediärspezischem Kreditrisiko (ir) erhält der Unternehmer einen Kredit, wenn: ª £ ¤ © (D.25) 1 + max 1 xRL E xRL s b ,0 eq erfüllt ist. Für das Kreditrückzahlungsversprechen Hir des Unternehmers, seine eq erwartete Kreditrückzahlung ir und den von der Bank gewählten Einlagenver14 trag hD; ieq ir gilt dann: 14
ª © RL eq in ir ergibt sich durch Einsetzen des optimalen Einlagenvolumens min 1, xb eq die Bedingung (D.24), wobei diese mit Gleichheit erfüllt sein muss. Hir kann dann
D.4 Intermediärspezisches Kreditrisiko
79
1. im Fall xRL 1: b eq Hir = 1,
eq ir = 1, hD; ieq ir = h1; i , 2. im Fall xRL < 1: b ¡ ¢ eq = xRL + 2 1 xRL Hir , b b ¡ ¢ eq RL ir = 1 + 1 xb , RL ® hD; ieq ir = xb ; . Aus der Proposition D.2 ergeben sich zwei weitere Hauptergebnisse dieses Kapitels D. Zum einen zeigt ein Vergleich mit Lemma D.1, dass sich bei ausschließlich intermediärspezischem Kreditrisiko das zusätzliche Hold-up-Problem zwischen der Bank und ihren Finanziers durchaus auf den gleichgewichtigen Kreditvertrag auswirken kann. Zum anderen ist es bei intermediärspezischem Kreditrisiko möglich, dass die Bank bei der Kreditrenanzierung neben Einlagen auch auf Eigenkapital zurückgreifen muss. Die Konsequenzen des Hold-up-Problems bei intermediärspezischem Risiko unterscheiden sich somit grundlegend von den Konsequenzen bei allgemeinem Kreditrisiko. Hierfür ist der Einlagenvertrag verantwortlich, der bei intermediärspezischem Risiko lediglich zustandsunabhängige Zahlungen der Bank an die Einleger zulässt. Um die Auswirkungen dieser Problematik auf den im Gleichgewicht vereinbarten Kreditvertrag im Detail zu verstehen, ist eine Unterscheidung zwischen verschiedenen Projekttypen zweckmäßig. Im Fall eines Investitionsprojekts mit 1 kann die Bank auch im schlechten Umweltzustand eine KreditrückzahxRL b lung des Unternehmers durchsetzen, die das Kreditvolumen L = 1 deckt. Eine vollumfängliche Renanzierung der Bank über Einlagen ist also möglich. Diese wird vom Unternehmer erzwungen, indem er ein Kreditrückzahlungsversprechen eq = 1 abgibt, das er mit Sicherheit einhält, und das der Bank jede MöglichHir keit nimmt, über die Hereinnahme von Eigenkapital Renten zu extrahieren. Es kann also ein Kreditvertrag wie im Benchmarkfall gemäß Lemma D.1 abgeschlossen werden. Dies ist indes nicht mehr möglich, wenn für das Investitionsprojekt bestimmt werden, indem eq gleichgesetzt und nach H aufgelöst wird, und ir mit (D.7) ¤ £ (D.25) folgt aus der Anforderung E xRL eq s ir , weil der Unternehmer andernfalls keine hinreichende erwartete Kreditrückzahlung zusichern könnte.
80 D. Funktionen von Eigenkapital und Einlagen bei der Bankenrenanzierung
xRL < 1 gilt. Dann verhandelt der Unternehmer seine Kreditrückzahlung im b schlechten Umweltzustand nach; die Bank nimmt daher nur Einlagen mit Nennherein. Den Teil 1 xRL des Kredits renanziert sie entsprechend über wert xRL b b Eigenkapital, sodass der Bankier eine Rente in gleicher Höhe extrahiert. Somit ¡ ¢ RL muss die erwartete Kreditrückzahlung des Unternehmers eq ir = 1 + 1 xb £ RL ¤ ¡ ¢ betragen, und er erhält nur dann einen Kredit, wenn E xs 1 + 1 xRL b gilt, d. h. eine ausreichende erwartete Kreditrückzahlung sichergestellt werden £ ¤ ¡ ¢ kann. Gilt hingegen E xRL < 1 + 1 xRL , wäre seine Kreditrückzahlung s b in jedem Fall zu gering. Ein Kredit an den Unternehmer käme dann wegen des Hold-up-Problems zwischen der Bank und ihren Finanziers nicht zustande, obwohl der Unternehmer möglicherweise eine erwartete Zahlung an die Bank leisten könnte, die das Kreditvolumen L = 1 deckt. Es kann also festgehalten werden, dass ein zwischen der Bank und ihren Finanziers bestehendes Hold-up-Problem bei intermediärspezischem Kreditrisiko neben Einlagen eine partielle Kreditrenanzierung über Eigenkapital erfordert, < 1 risiwenn die Kreditrückzahlung des Unternehmers an die Bank wegen xRL b kobehaftet ist. Für den Unternehmer hat dies mindestens die Konsequenz, dass sich seine Finanzierungskosten aufgrund der mit dem Eigenkapital verbundenen Renten für den Bankier erhöhen, wobei es im schlimmsten Fall sogar dazu kommen kann, dass er keinen Kredit mehr erhält.
D.5 Diskussion Die im Rahmen dieses Kapitels D. vollzogene Untersuchung hat insgesamt die in der Relationship-lending-Literatur vertretene Sichtweise bestätigt, dass im Fall von unvollständigen Vertragsbeziehungen sowohl Einlagen als auch Eigenkapital bei der Renanzierung von Banken die grundsätzliche Funktion zukommt, mögliche Hold-up-Probleme zwischen der Bank und ihren Finanziers zu lindern. Dies ist notwendig, um das Zustandekommen einer intermediären Unternehmensnanzierung zu ermöglichen, bei der die Bank im Namen aller Kreditgeber als Relationship Lender des Unternehmers fungiert. Eine Linderung der Hold-upProbleme wird erreicht, indem den Einlegern und Eigenkapitalgebern jeweils bestimmte Rechte zugebilligt werden, die diese ggf. bei einem versuchten Hold-up durch den Bankier ausüben können.
D.5 Diskussion
81
Es ist jedoch auch deutlich geworden, dass die bislang in der Relationshiplending-Literatur postulierten Umstände, unter denen Einlagen oder Eigenkapital bei der Renanzierung von Banken genutzt werden, einer Korrektur bzw. einer Konkretisierung bedürfen. Denn Einlagen sind nicht nur gemäß der bisherigen Argumentation der Literatur dazu geeignet, das Hold-up-Problem zwischen der Bank und ihren Finanziers vollständig zu lösen, wenn die Kreditbeziehung zwischen der Bank und dem Unternehmer durch Sicherheit gekennzeichnet ist. Sie lösen außerdem das Hold-up-Problem auch dann vollständig, wenn allgemeines Kreditrisiko vorliegt. Diese weitergehende Einsetzbarkeit von Einlagen ergibt sich, sofern der Bank zusätzlich eine Wahlmöglichkeit eingeräumt wird, an die Einleger bei Bedarf einen zuvor festgelegten Teil ihrer Kreditforderung abzutreten. Da der Wert dieser Forderungsabtretung bei allgemeinem Kreditrisiko hinreichend synchron mit der Kreditrückzahlung des Unternehmers verläuft, erhält die Bank so, trotz der den Einlagen zugrunde liegenden First-come-rstserved-Bedingung, eine Möglichkeit, ihre Zahlungsverpichtung gegenüber den Einlegern im Fall von Kreditausfällen nachzuverhandeln, ohne dass es zu einem Bank-Run oder zu einer Rentenextraktion durch den Bankier kommt. Gemäß dieser erweiterten Funktion von Einlagen ist Kreditrisiko allein noch keine hinreichende Bedingung dafür, dass auch Eigenkapital als Renanzierungsinstrument von Banken in Erscheinung tritt. Stattdessen muss das Kreditrisiko in ausreichendem Maße intermediärspezisch sein, da nur dann Nachverhandlungen zwischen der Bank und den Einlegern in schlechten Zeiten, wenn der Unternehmer sein Kreditrückzahlungsversprechen nicht vollständig einhält, nicht oder nur eingeschränkt möglich sind. Entsprechend kann in diesem Fall eine partielle Renanzierung der Bank über Eigenkapital notwenig werden, das zwar wegen des fehlenden First-come-rst-served-Prinzips zu Renten für den Bankier führt und mithin die Finanzierungskosten eines Unternehmers erhöht, jedoch anders als Einlagen nicht der Gefahr eines Bank-Runs unterliegt. Vor dem Hintergrund des in einigen Punkten eher restriktiven Modellrahmens stellt sich die Frage, wie robust diese Ergebnisse im Kontext allgemeiner formulierter Szenarien sind. Zumindest einige denkbare Modellerweiterungen sollen daher hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Nutzung von Einlagen bzw. Eigenkapital bei der Bankenrenanzierung diskutiert werden. Bereits teilweise angesprochen wurde der Fall einer Erweiterung des betrachteten Ereignisraums, in dem eine größere Zahl von Umweltzuständen möglich
82 D. Funktionen von Eigenkapital und Einlagen bei der Bankenrenanzierung
ist. Diese hätte bei allgemeinem Kreditrisiko, wie im dritten Abschnitt bereits gezeigt wurde, keine Auswirkungen auf die Fähigkeit von Einlagen, das Holdup-Problem zwischen der Bank und deren Finanziers vollständig zu lösen. Außerdem bliebe auch die zwingende Zustandsunabhängigkeit der Zahlungen der Bank an die Einleger bei intermediärspezischem Kreditrisiko bestehen, da für die dem Lemma D.3 zugrunde liegenden Überlegungen die Zahl der Umweltzustände keine Rolle spielt. Indes könnte ein erweiterter Ereignisraum dazu führen, dass Banken bei intermediärspezischem Risiko eher zu der Hereinnahme höherer Einlagenvolumina bereit sind, solange die damit verbundene Gefahr von Bank-Runs nicht zu groß wird. Als Folge würde sich der quantitative Anteil von Einlagen an der Bankenrenanzierung tendenziell erhöhen, die qualitativen Ergebnisse hinsichtlich der potenziellen Notwendigkeit von Eigenkapital blieben davon jedoch unberührt. Ebenfalls keine qualitativen Auswirkungen hätte die Betrachtung eines alternativen Nachverhandlungsszenarios, in dem die jeweils mit schlechteren Projektkenntnissen ausgestattete Verhandlungspartei keinem Take-it-or-leave-it-Angebot ausgesetzt ist, sondern über eine größere Verhandlungsmacht verfügt. Es würde sich dann zwar zum einen der grundsätzliche Bedarf an einer intermediären Unternehmensnanzierung vermindern, da mehr Unternehmer auch gegenüber unskilled Lendern eine hinreichend hohe erwartete Kreditrückzahlung garantieren und somit eine direkte Finanzierung erhalten könnten. Auch würden sich zum anderen die möglichen Zahlungen der Bank sowohl an die Einleger als auch an die Eigenkapitalgeber erhöhen. Die grundsätzlichen Bedingungen jedoch, unter denen Einlagen bzw. Eigenkapital als Teil der Renanzierungsstruktur von Banken auftreten, blieben bestehen, solange die Bank gegenüber ihren Finanziers zumindest noch eine gewisse Verhandlungsmacht hat. Potenziell kritischer als die beiden zuvor genannten Aspekte ist die in der Analyse getroene Annahme, dass die Einleger in Nachverhandlungen mit der Bank immer dazu in der Lage sind, sich bei einem akzeptablen Angebot der Bank auf ein Gleichgewicht zu koordinieren, in dem es nicht zu einem Bank-Run kommt. Denn wie bereits im dritten Abschnitt erwähnt wurde, besteht auch ein zweites Gleichgewicht, in dem unabhängig vom Angebot der Bank ein BankRun entsteht. Die Existenz multipler Gleichgewichte und dabei insbesondere die Problematik, dass sich selbst erfüllende Erwartungen zu einem Bank-Run führen, ergibt sich indes nicht nur in dem hier betrachteten Nachverhandlungsspiel
D.5 Diskussion
83
zwischen der Bank und den Einlegern. Sie ist typisch für jedweden Typ von Einlagenverträgen, da eine sofortige Einlösung aus Sicht eines Einlegers immer eine zumindest schwach dominante Strategie darstellt. Hinsichtlich des sich ergebenden Gleichgewichts stellt sich somit die Frage nach einem geeigneten Selektionsmechanismus. In diesem Kapitel wurde diesbezüglich das Pareto-Kriterium genutzt. Es wurde also angenommen, dass sich die Akteure grundsätzlich auf das pareto-optimale Gleichgewicht koordinieren. Dies kann beispielsweise mithilfe eines Selbstselektionsarguments begründet werden, das besagt, dass jeder potenzielle Einleger, der an der Koordinationsfähigkeit aller Einleger zweifelt, von vornherein auf eine Einlage verzichtet, da diese für ihn einen negativen Wert hätte. Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass durchaus weitere Selektionsmechanismen für Gleichgewichte existieren, die zumindest mit einer positiven Bank-Run-Wahrscheinlichkeit im Fall von Nachverhandlungen verbunden sind und mithin die Fähigkeit von Einlagen, das Holdup-Problem zwischen der Bank und ihren Einlegern bei allgemeinem Kreditrisiko zu lösen, einschränken.15 Eine explizite Einbeziehung solcher alternativen Selektionsmechanismen ist daher sicherlich eine lohnenswerte Aufgabe für zukünftige Forschungsarbeiten. Zum Abschluss dieser Diskussion sei noch auf den bereits im Rahmen der Kapiteleinführung erwähnten Aspekt eingegangen, dass neben dem bislang betrachteten Einlagenvertrag hD; i weitere Vertragsausgestaltungen möglich sind, die mit denselben grundsätzlichen Implikationen verbunden sind und mithin ebenfalls nur dann zu einer potenziellen Notwendigkeit führen, Banken teilweise über Eigenkapital zu renanzieren, wenn intermediärspezisches Kreditrisiko vorliegt. Zu diesem Ergebnis kommt es z. B. auch, wenn die Einleger, wie in einer Vielzahl von Ländern üblich, durch eine Einlagenversicherung geschützt sind. Die bislang durch repräsentierte Wahlmöglichkeit der Bank, ihren Einlegern ggf. einen Teil ihrer Kreditforderung zu überlassen, kann dann als eine Option der Bank aufgefasst werden, ggf. den Einlagenversicherer einzuschalten, der sämtliche Aktiva der Bank ebenso wie deren Zahlungsverpichtungen gegenüber den 15
Einen Überblick über gängige in der ökonomischen Theorie genutzte Selektionsmechanismen gibt Cooper (1999). Es existiert eine umfangreiche Literatur zu dieser Thematik, die insbesondere an das Diamond und Dybvig (1983)-Modell anknüpft; siehe hierzu z. B. Temzelides (1997), Ennis (2003) sowie Peck und Shell (2003).
84 D. Funktionen von Eigenkapital und Einlagen bei der Bankenrenanzierung
Einlegern übernimmt.16 Der Einlagenversicherer hätte gegenüber dem Unternehmer ebenso wie die Einleger den Status eines unskilled Lenders, sodass er ª © L des Unternehmers durchsetgemäß (D.2) eine Kreditrückzahlung min H, xU s zen könnte. Entsprechend ergäben sich bei Existenz einer Einlagenversicherung analoge Implikationen wie beim Einlagenvertrag hD; i, wenn der Versicherer dazu verpichtet wäre, den Einlegern insgesamt den Anteil der Erträge auszuzahlen, die er aus der Verwertung der Bankaktiva erzielt. Diese alternative Interpretation weist auf ein weiteres mögliches Betätigungsfeld für die zukünftige Forschung hin, die sich explizit mit der Rolle eines Einlagenversicherers im Rahmen des Relationship-lending-Ansatzes befassen könnte.
16
Der Bankier würde also in diesem Fall durch den Einlagenversicherer von der Kreditbeziehung mit dem Unternehmer ausgeschlossen. Eine hiermit konsistente Regelung ndet sich beispielsweise im Statut des Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands deutscher Banken. Dort ist in § 5 Abs. 11 Nr. 4 festgelegt, dass der Bundesverband dazu berechtigt ist, Hilfsmaßnahmen für Banken mit sachlichen oder personellen Auagen zu verbinden, die von der jeweils in Schwierigkeiten bendlichen Bank erfüllt werden müssen.
E. Eigenkapitalanforderungen an Banken
Banken müssen gemäß den im Rahmen des Basel-II-Akkords vereinbarten Richtlinien mindestens 8% der Summe ihrer risikogewichteten Aktiva mit Eigenkapital unterlegen. Diese Mindesteigenkapitalanforderungen sind, zusammen mit den ebenfalls im Basel-II-Akkord enthaltenen Regelungen zu erweiterten Oenlegungspichten bei der externen Rechnungslegung und zum bankaufsichtlichen Überprüfungsprozess, durch entsprechende Änderungen des Kreditwesengesetzes sowie der zugehörigen Verordnungen in deutsches Recht überführt worden, die zum 1. Januar 2005 in Kraft getreten sind. Ein theoretisches Modell, das sich mit den Auswirkungen von Mindesteigenkapitalanforderungen befasst, ist zwar aufgrund seines notwendigerweise hohen Abstraktionsgrads unter keinen Umständen in der Lage, sämtliche Details der im Basel-II-Akkord getroenen Vereinbarungen, deren Umfang immerhin rund 350 Seiten beträgt, zu berücksichtigen. Eine grundsätzliche Frage jedoch, die im Vorfeld jeder theoretischen Analyse geklärt werden muss, betrit die Bewertung der für die geforderte Eigenkapitalquote relevanten Bilanzpositionen einer Bank. Hierbei stehen prinzipiell zwei Alternativen zur Auswahl. Zum einen kann eine Bewertung der jeweiligen Positionen gemäß dem Nennwert erfolgen, und zum anderen ist eine Bewertung gemäß dem Marktwert möglich. In diesem Kapitel soll die Bewertungsfrage für den Relationship-lendingAnsatz, der von unvollständigen Vertragsbeziehungen ausgeht, diskutiert werden. Das Anliegen des Kapitels ist mithin zu prüfen, wie Eigenkapitalanforderungen konsistent in den Relationship-lending-Ansatz integriert werden können. Hierfür werden zunächst kurz die für deutsche Banken wichtigsten Bewertungsgrundsätze vorgestellt, die sich aus dem Handelsgesetzbuch bzw. aus den International Financial Reporting Standards ergeben. Dann werden anhand des aus dem vorangegangenen Kapitel bekannten Intermediationsmodells die Implikationen einer Bewertung gemäß dem Nominal- bzw. Marktwert diskutiert, und es wird
86
E. Eigenkapitalanforderungen an Banken
schließlich das für den Relationship-lending-Ansatz geeignete Bewertungsprinzip identiziert, auf dessen Grundlage eine regulatorische Eigenkapitalanforderung in das Modell eingeführt werden kann.
E.1 Bewertung nach HGB und IFRS Traditionell waren für die Rechnungslegung von Banken in Deutschland primär die im Handelsgesetzbuch (HGB) enthaltenen Bilanzierungsvorschriften relevant. Dies hat sich jedoch insbesondere in den letzten beiden Jahren fundamental geändert. Denn seit dem 1. Januar 2005 besteht für sämtliche kapitalmarktorientierte Unternehmen die Picht, ihre Bilanz gemäß den International Financial Reporting Standards (IFRS) zu erstellen. Darüber hinaus besteht für nicht-kapitalmarktorientierte Unternehmen die Möglichkeit, freiwillig auf Basis der IFRS zu bilanzieren (Blaschke und Schildbach 2005, S. 309.). Die Vorschriften des HGB unterscheiden sich nicht nur deutlich von jenen der IFRS, sie sind auch mit anderen Zielsetzungen verbunden. Während die Rechnungslegung nach dem HGB eher dem Gläubigerschutz und der Kapitalerhaltung dienen soll, steht bei der Bilanzierung nach den IFRS die Bereitstellung von Informationen für Investoren im Vordergrund (Weißenberger et al. 2004, S. 6). Die wichtigsten Bewertungsgrundsätze sowohl einer HGB- als auch einer IFRS-Bilanzierung sollen nachfolgend, soweit sie für Banken bedeutsam sind, kurz dargestellt werden. Hinsichtlich der Bewertungsvorschriften des HGB ist insbesondere der grundlegende § 252 Abs. 1 Nr. 4 relevant. Dieser fordert: ”Es ist vorsichtig zu bewerten, namentlich sind alle vorhersehbaren Risiken und Verluste, die bis zum Abschlußstichtag entstanden sind, zu berücksichtigen, selbst wenn diese erst zwischen dem Abschlußstichtag und dem Tag der Aufstellung des Jahresabschlusses bekanntgeworden sind; Gewinne sind nur zu berücksichtigen, wenn sie am Abschlußstichtag realisiert sind.” Es ist also bei der Bewertung prinzipiell das in den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung verankerte Vorsichtsprinzip anzuwenden. Dieses sieht für Gewinne eine Bewertung gemäß dem Realisationsprinzip vor, Verluste müssen hingegen gemäß dem Imparitätsprinzip bilanziert werden, d. h. sie sind nicht erst
E.1 Bewertung nach HGB und IFRS
87
zum Zeitpunkt ihres Entstehens zu erfassen, sondern müssen so früh wie möglich, sobald sie mit hinreichender Sicherheit bekannt sind, in die Bilanz einießen (Coenenberg 2005, S. 43.). Über den allgemeinen Grundsatz des § 252 HGB hinaus existieren außerdem mit den §§ 340e bis g HGB spezielle Vorschriften für die Bilanzierung von Banken. Aus den Regelungen des HGB folgt zum einen, dass die aus einer Kreditvergabe resultierenden Forderungen einer Bank gegenüber einem Kreditnehmer zum Zeitpunkt der Kreditvergabe mit ihren Anschaungskosten zu bewerten sind. Bei originären Forderungen, die nicht von einem anderen Kreditgeber erworben, sondern neu entstanden sind, entsprechen die Anschaungskosten dabei dem Kreditvolumen, das dem Kreditnehmer zur Verfügung gestellt wird. Im weiteren Verlauf der Kreditbeziehung wird eine bilanzielle Wertberichtigung der Kreditforderung notwendig, sofern akute Kreditrisiken bestehen und mithin eine hinreichend hohe Ausfallwahrscheinlichkeit besteht (Schrapf 2002, S. 90.; Gebhardt und Strampelli 2005, S. 511f.). Zum anderen folgt aus den Regelungen des HGB, dass die Verbindlichkeiten einer Bank gemäß dem jeweiligen Auszahlungsbetrag zu bilanzieren sind (Schrapf 2002, S. 457). Hat also eine Bank z. B. Einlagen hereingenommen, so sind diese mit ihrem Nennwert in der Bilanz zu berücksichtigen. Entgegen der durch Vorsicht geprägten Bewertungsgrundsätze des HGB, die zu einem insgesamt eher pessimistischen Gesamtbild über die wirtschaftliche Lage von Unternehmen und damit auch zur Bildung stiller, nicht in der Bilanz ausgewiesener Reserven führen, orientieren sich die IFRS in deutlich stärkerem Maße an einer dem tatsächlichen Marktwert entsprechenden Bilanzierung. Die hierbei relevanten Bewertungsgrundsätze für nanzielle Vermögenswerte und Verbindlichkeiten ergeben sich aus dem International Accounting Standard (IAS) 39, der zwar nicht in Gänze, wohl aber in weiten Teilen in Deutschland und der EU übernommen wurde (Löw und Lorenz 2005, S. 423.). Für Kreditforderungen sieht der IAS 39 unter bestimmten Voraussetzungen ein Wahlrecht bei der Bewertung vor. Zum einen können Kreditforderungen, sofern kein aktiver Sekundärmarkt für gleichartige Forderungen existiert, ähnlich wie im HGB zu Anschaungskosten bilanziert werden (Gebhardt und Strampelli 2005, S. 515.; Löw und Lorenz 2005, S. 478f.). Zum anderen ist jedoch auch eine Bilanzierung der Kreditforderungen gemäß ihrem beizulegenden Zeitwert (Fair Value) möglich, sofern dieser intersubjektiv nachvollziehbar ist, d. h. die
88
E. Eigenkapitalanforderungen an Banken
Bandbreite plausibler Schätzungen des Zeitwerts niedrig ist (Löw und Lorenz 2005, S. 478f.). Dabei ist der beizulegende Zeitwert im IAS 39.9 deniert als ”der Betrag, zu dem zwischen sachverständigen, vertragswilligen und voneinander unabhängigen Geschäftspartnern ein Vermögenswert getauscht oder eine Schuld beglichen werden könnte”.1 Für nanzielle Verbindlichkeiten ergeben sich aus den Regeln der IFRS hingegen ähnliche Bewertungsanforderungen wie bei einer HGB-Bilanzierung. Verbindlichkeiten müssen also auch nach den IFRS mit ihrem jeweiligen Auszahlungsbetrag bilanziert werden (Löw und Lorenz 2005, S. 424f., S. 487f.). Es kann somit festgehalten werden, dass sich die IFRS insbesondere hinsichtlich der Bewertung von Kreditforderungen von den Regelungen des HGB unterscheiden. Während Erstere hierbei eher eine marktwertorientierte Bewertung erlauben, fordern Letztere eine strikte Orientierung an den jeweiligen Nominalwerten.
E.2 Nominalwert- vs. marktwertbasierte Eigenkapitalanforderungen Der vorherige Abschnitt hat gezeigt, dass sich aus den in Deutschland gültigen Rechnungslegungsvorschriften für Banken zwei alternative Bewertungsmethoden für die in einer regulatorischen Eigenkapitalanforderung enthaltenen Größen ergeben. Es stellt sich daher die Frage, welche Methode am besten mit dem Relationship-lending-Ansatz vereinbar ist, und ob mithin eine nominalwertbasierte oder eine marktwertbasierte Eigenkapitalanforderung im Rahmen dieses Ansatzes genutzt werden sollte. Um diese Frage zu beantworten, wird auf das aus dem vorangegangenen Kapitel D. bekannte Szenario zurückgegrien. Es wird also eine Bank betrachtet, die im Zeitpunkt t = 0 einen Kreditvertrag mit einem Unternehmer abschließt. Der Kreditvertrag ist mit einem Kreditvolumen der Höhe L = 1 verbunden und enthält für den Zeitpunkt t = 1 ein Rückzahlungsversprechen H 1 des 1
Diese Möglichkeit zur Marktwertbilanzierung wird von der Europäischen Zentralbank (2004b, S. 76.) als potenziell stabilitätsgefährdend für den Bankensektor beurteilt; siehe zu dieser Frage auch die Untersuchungen von Yonetani und Katsuo (1998) sowie Landsman (2006).
E.2 Nominalwert- vs. marktwertbasierte Eigenkapitalanforderungen
Aktiva
Passiva Einlagen
Kreditforderung
89
1
Eigenkapital
D
1 D
Abb. E.1. Bilanz der Bank in t = 0 bei Nominalwertbilanzierung
Unternehmers. Die Bank renanziert den Kredit durch die Hereinnahme von Einlagen mit Nennwert D, wobei aus Gründen der Vereinfachung gemäß dem Fall des intermediärspezischen Kreditrisikos = unterstellt sei, sodass die Bank das Einlagenvolumen niemals nachverhandelt.2 Außerdem renanziert die Bank den Kredit ggf. zusätzlich über Eigenkapital. Die sich ergebende Bilanz der Bank in t = 0 hat somit drei wesentliche Bestandteile. Auf der Aktivseite enthält sie die Kreditforderung gegenüber dem Unternehmer, und auf der Passivseite werden zum einen die Verbindlichkeiten gegenüber den Einlegern und zum anderen das Eigenkapital verbucht. Es sei nun zunächst eine HGB-konforme Bilanzierung nach den jeweiligen Nominalwerten betrachtet. In diesem Fall muss die Kreditforderung der Bank gegenüber dem Unternehmer, wie in Abbildung E.1. dargestellt, im Zeitpunkt t = 0 mit ihren Anschaungskosten, die dem im Vertrag vereinbarten Kreditvolumen L = 1 entsprechen, bewertet werden. Die Verbindlichkeiten gegenüber den Einlegern hingegen sind zunächst mit dem vertraglich vereinbarten Auszahlungsbetrag D in der Bilanz zu berücksichtigen, sodass in t = 0 der Buchwert des Eigenkapitals als Residualgröße L D = 1 D beträgt. Entsprechend lautet die Eigenkapitalquote k der Bank in t = 0, die dem Verhältnis des Eigenkapitalbuchwerts zum Buchwert der Aktiva entspricht: 2
Der Fall H < 1 kann hier vernachlässigt werden, da die erwartete Kreditrückzahlung des Unternehmers dann in jedem Fall zu gering wäre, um die Finanziers der Bank zu einer Mittelbereitstellung zu bewegen. Die Beschränkung auf den Fall = erfolgt vor dem Hintergrund, dass im dritten Teil der Arbeit durchgehend von einem Szenario ausgegangen wird, das durch intermediärspezisches Kreditrisiko geprägt ist.
90
E. Eigenkapitalanforderungen an Banken
k=
LD L
= 1 D.
(E.1)
Der Unternehmer wird sein ursprüngliches Rückzahlungsversprechen H möglicherweise nachverhandeln, nachdem er den in t = 0 aufgenommenen Betrag investiert und sich der Umweltzustand s realisiert hat, sodass der Unternehmer geª © mäß (D.1) in t = 1 eine tatsächliche Kreditrückzahlung der Höhe min H, xRL s an die Bank leistet. Diese Nachverhandlungsoption des Unternehmers ist vollkommen folgenlos für die Höhe der Eigenkapitalquote k der Bank, solange ein ª © 1 gilt. Denn in diesem Umweltzustand s eintritt, in dem min H, xRL s Fall muss die Bank vor t = 1 keine Wertberichtigung ihrer Kreditforderung in der Bilanz vornehmen, sodass die Bilanz bis zum Ende der Kreditbeziehung der Darstellung in Abbildung E.1. entspricht und die Eigenkapitalquote der Bank somit durch (E.1) gegeben ist. Tritt hingegen ein Umweltzustand mit ª © < 1 ein, so muss die Bank vor t = 1 einen Teil ihrer Kreditfordemin H, xRL s rung abschreiben. Der Umweltzustand s ist jedoch nicht-verizierbar. Die Bank kann daher nicht dazu gezwungen werden, die Wertberichtigung vorzunehmen, bevor die Nachverhandlungen mit dem Unternehmer tatsächlich stattgefunden ª © im Kreditvertrag haben und das neue Rückzahlungsversprechen min H, xRL s vereinbart wurde. Ab diesem Moment kann die Bank jedoch unbegrenzt neues Eigenkapital aufnehmen. Denn nachdem der Unternehmer in den Nachverhandlungen die Einbringung seines Humankapitals zugesichert hat, werden ihre Fähigkeiten als Relationship Lender nicht mehr benötigt, sodass neue Eigenkapitalgeber kein Hold-up durch die Bank fürchten müssen. Selbst wenn also eine Wertberichtigung der Kreditforderung erforderlich wird, muss die Eigenkapitalquote k der Bank bis zum Ende der Kreditbeziehung in t = 1 zumindest nicht sinken. Die einzige Auswirkung einer nominalwertbasierten Mindesteigenkapitalanforderung b k ist somit gemäß (E.1), dass die Bank in t = 0 der Restriktion: 1D b k bzw. D 1b k
(E.2)
unterworfen wird. Die Mindesteigenkapitalquote b k legt also lediglich eine Obergrenze für das Einlagenvolumen fest, das die Bank in t = 0 aufnehmen kann. Da-
E.3 Diskussion
91
bei ist die nominalwertbasierte Regulierung vollkommen mit dem Relationshiplending-Ansatz konsistent, da sich die ihr zugrunde liegende Eigenkapitalquote k der Bank zu jedem Zeitpunkt vollumfänglich aus Größen ergibt, die vertraglich vereinbart und mithin durch ein Gericht verizierbar sind. Indes folgt die hier diskutierte nominalwertbasierte Bestimmung der Eigenkapitalquote nicht vollständig den Richtlinien des HGB. Denn diese würden für © ª den Fall min H, xRL < 1 eine Wertberichtigung der Kreditforderung bereits s in dem Moment fordern, in dem deren Notwendigkeit oenbar wird, d. h. ein entsprechender Umweltzustand eingetreten ist. Dies kann ein Regulator jedoch nicht durchsetzen, weil er hierfür einen Sanktionsmechanismus benötigen würde, der in Abhängigkeit vom eingetretenen Umweltzustand s greift, und der wegen der fehlenden Verizierbarkeit des Umweltzustands nicht zur Verfügung steht. Die soeben dargelegten Ausführungen machen bereits deutlich, dass eine marktwertbasierte Ermittlung der für eine regulatorische Anforderung relevanten Eigenkapitalquote der Bank kaum in Einklang mit dem Relationship-lendingAnsatz gebracht werden kann. Denn bereits vor dem Eintreten des Umweltzustands s könnte die Bank nur dann zu einer marktwertgerechten Bilanzierung gezwungen werden, wenn die erwartete Kreditrückzahlung des Unternehmers verizierbar wäre. Es müsste also sowohl die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Umweltzustände als auch die zu den Umweltzuständen gehörenden Kreditrückzahlungen des Unternehmers in t = 1 verizierbar sein. Außerdem ergäbe sich nach Eintreten des Umweltzustands s wiederum das Problem, dass wegen der fehlenden Verizierbarkeit von s eine marktwertgerechte Bilanzierung zumindest solange ausgeschlossen wäre, bis es ggf. zu Nachverhandlungen zwischen der Bank und dem Unternehmer gekommen ist.
E.3 Diskussion Die Analyse dieses Kapitels hat insgesamt gezeigt, dass eine nominalwertbasierte Eigenkapitalregulierung, die sich an die gesetzlichen Rechnungslegungsvorschriften des HGB anlehnt, am ehesten mit dem Relationship-lending-Ansatz harmoniert. Denn nominalwertbasierte Anforderungen können in einem Szenario, das durch unvollständige Vertragsbeziehungen und durch nicht-verizierbare Größen geprägt ist, eher vom Regulator durchgesetzt werden als marktwertbasierte Anforderungen, die den Grundsätzen der IFRS folgen. Es soll daher für
92
E. Eigenkapitalanforderungen an Banken
die nachfolgende Untersuchung der Frage, wie sich Eigenkapitalanforderungen an Banken auf das Verhalten banknanzierter Unternehmen auswirken, eine nominalwertbasierte Mindesteigenkapitalquote genutzt werden, die gemäß (E.2) ausschließlich das in t = 0 mögliche Renanzierungsvolumen einer Bank über Einlagen beschränkt.
Teil III
Eigenkapitalregulierung von Banken und Investition des Unternehmers Im bisherigen Verlauf dieser Arbeit wurde gezeigt, dass der Zusammenhang zwischen einer Eigenkapitalregulierung von Banken und dem Investitionsverhalten banknanzierter Unternehmen bislang in der Literatur noch nicht in vollständig befriedigender Weise untersucht worden ist. Außerdem wurde gezeigt, dass Eigenkapital als Renanzierungsinstrument von Banken neben Einlagen bedeutsam sein kann, wenn die Investitionsprojekte der kreditnehmenden Unternehmen intermediärspezisches Risiko aufweisen. Die Renanzierung der Bank über Eigenkapital ist jedoch aus Unternehmersicht teurer als die Renanzierung über Einlagen, weil Eigenkapital im Gegensatz zu Einlagen mit Hold-up-Problemen und einer Rentenextraktion durch den Bankier einhergeht. Aus diesen bisherigen Ergebnissen ergeben sich zwei grundsätzliche Fragen: • Bestehen im Vorfeld oder während einer unternehmerischen Investition möglicherweise Fehlanreize, die mit der Nutzung von Eigenkapital bei der Kreditrenanzierung zusammenhängen? • Sind Eigenkapitalanforderungen an Banken möglicherweise dazu geeignet, die ggf. bestehenden Fehlanreize der kreditnehmenden Unternehmer zu eliminieren oder wirken sie sich sogar verstärkend auf die Fehlanreize aus? Beiden Fragen geht dieser dritte Teil der Arbeit nach. Es werden hierfür auf Grundlage des Relationship-lending-Ansatzes zwei Szenarien analysiert. Zunächst betrachtet das Kapitel F. die Investitionsentscheidung eines banknanzierten Unternehmers, der zwischen mehreren alternativen Projekten, die kurzfristiger Natur sind, wählen muss. Danach wird in Kapitel G. das Verhalten eines Unternehmers bei der Durchführung eines langfristigen Investitionsprojekts untersucht.
F. Eigenkapitalregulierung und unternehmerische Projektwahl
Im Aktivgeschäft von Banken nimmt die Kreditvergabe an investitionswillige Unternehmen eine zentrale Rolle ein. Entsprechend haben nicht nur die Entscheidungen des Bankmanagements Einuss auf die Aktivastruktur einer Bank, sondern auch die Dispositionen der kreditnachfragenden Unternehmen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Unternehmen über eine Vielzahl von Investitionsalternativen verfügen und mithin vor oder nach einer Kreditaufnahme über die interne Allokation der Mittel, die durch den Kredit bereitgestellt werden, entscheiden müssen. Um die Chancen und Risiken im Aktivgeschäft von Banken abschätzen zu können, ist es daher erforderlich, die Investitionsanreize der Bankkreditnehmer in hinreichendem Maße zu verstehen. Mit dem Investitionsverhalten von Unternehmen hat sich seit dem Aufkommen des vertragstheoretischen Paradigmas eine sehr große Zahl theoretischer wie empirischer Arbeiten beschäftigt, in deren Mittelpunkt typischerweise die Frage nach der Ezienz von Unternehmensinvestitionen steht.1 Als ein mögliches Hindernis für eine eziente Ressourcenallokation sind dabei bislang Anreizprobleme zwischen Unternehmern und ihren externen Kapitalgebern identiziert worden, die einer Kreditgewährung für eigentlich protable Projekte entgegenstehen können und damit, analog zu den Ergebnissen in Kapitel D., gesamtwirtschaftlich zu einer zu geringen Investitionstätigkeit führen (Jaee und Russell 1976; Stiglitz und Weiss 1981; 1983; Myers und Majluf 1984). Weiterhin wird in der Literatur argumentiert, dass Verzerrungen aus Anreizproblemen zwischen den Unternehmenseignern und dem Management resultieren können. Zu Verzerrungen kommt es beispielsweise, wenn das Management zu Empire-Building oder Overcondence neigt, d. h. in sachlich nicht gerechtfertigter Weise die Durchführung be1
Einen Überblick über diese Literatur bietet Stein (2003).
96
F. Eigenkapitalregulierung und unternehmerische Projektwahl
sonders großer Projekte präferiert oder die Ertragschancen möglicher Projekte zu optimistisch einschätzt.2 Als potenziell ursächlich für Inezienzen werden außerdem unternehmensinterne Kapitalmärkte angesehen, die nicht reibungslos funktionieren. Rajan et al. (2000) argumentieren dabei, dass die interne Allokation knapper Ressourcen in multidivisionalen Unternehmen durch Machtkämpfe zwischen verschiedenen Unternehmensdivisionen behindert werden kann, während Stein (2002) sowie Brusco und Panunzi (2005) auf Probleme bei der internen Informationsweitergabe oder der Leistungsbereitschaft von Divisionsmanagern hinweisen. In Scharfstein und Stein (2000) sowie Inderst und Müller (2003) wird schließlich gezeigt, dass auch Unternehmenszentralen zu einer inezienten Ressourcenallokation neigen können. Charakteristisch für die soeben referierte Literatur ist, dass sie die Renanzierung der Kreditgeber von Unternehmen nicht problematisiert. Sie blendet mithin mögliche Anreizprobleme zwischen den Kreditgebern und deren Finanziers vollständig aus und ist daher eher dazu geeignet, Aussagen zum Allokationsverhalten solcher Unternehmen zu treen, die ihre Investitionen direkt über den Kapitalmarkt oder über einbehaltene Gewinne nanzieren. Denn insbesondere die Ergebnisse des Kapitels D. legen die Vermutung nahe, dass sich Anreizprobleme, die bei einer intermediären Unternehmensnanzierung im Passivgeschäft einer Bank bestehen, möglicherweise über den Kanal der Finanzierungskosten auf die Allokationsentscheidungen des Unternehmers auswirken. Ob ein solcher Wirkungszusammenhang tatsächlich begründet werden kann, soll in diesem Kapitel untersucht werden. Hierfür wird der bereits aus dem Kapitel D. bekannte Analyserahmen aufgegrien und um die Betrachtung eines Unternehmers erweitert, der vor dem Erhalt eines Bankkredits entscheiden muss, wie er die dann zur Verfügung stehenden Mittel intern auf kurzfristige Projekte alloziiert. Es wird sich dabei zeigen, dass ineziente Allokationsentscheidungen des Unternehmers drohen, wenn die gesamtwirtschaftlich optimalen Investitionsprojekte ein hohes intermediärspezisches Risiko aufweisen und aus Sicht des Unternehmers mit entsprechend hohen Finanzierungskosten verbunden wären. 2
Ausgangspunkt dieser Literatur ist die Arbeit von Jensen und Meckling (1976). Die Idee des Empire-Building wurde u. a. von Jensen (1986; 1993), Stulz (1990) sowie Zwiebel (1996) weiterentwickelt, und das Argument der Overcondence geht auf Roll (1986) sowie Heaton (2002) zurück.
F.1 Modellrahmen
97
Er weicht dann möglicherweise auf Projektalternativen aus, die zwar geringere Erträge erbringen, jedoch gleichzeitig in stärkerem Maße Kosten bei der Finanzierung einsparen. Der Unternehmer unterliegt also einem gesamtwirtschaftlich nicht gewünschten Trade-o zwischen der Höhe der möglichen Erträge einerseits und dem Ausmaß der Finanzierungskosten andererseits, sodass er potenziell eine suboptimale Investitionsentscheidung trit. Dies kann jedoch unterbunden werden, indem eine Eigenkapitalanforderung an die Bank eingeführt wird, die zu einer generellen Erhöhung der Finanzierungskosten führt und damit dem Unternehmer die Möglichkeit nimmt, Kosten durch Verzicht auf mögliche Erträge einzusparen. Das Kapitel untergliedert sich in insgesamt fünf Abschnitte: Der erste Abschnitt geht auf den theoretischen Modellrahmen ein. Hieran anschließend diskutiert der zweite Abschnitt die Projektwahl des Unternehmers für den Benchmarkfall, in dem sämtliche Anreizprobleme zwischen der Bank und ihren Finanziers exogen gelöst sind. Im dritten bzw. vierten Abschnitt wird dann auf die Projektwahl eingegangen, wenn die Renanzierungsstruktur der Bank keiner Regulierung bzw. einer Eigenkapitalregulierung unterworfen wird. Eine Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse erfolgt schließlich im fünften Abschnitt.
F.1 Modellrahmen In einer einperiodigen Modellökonomie mit risikoneutralen Akteuren verfügt ein Unternehmer über insgesamt J alternative Projektideen, von denen er maximal eine verwirklichen kann. Jedes mögliche Projekt j = 1, ..., J erfordert dabei zu Periodenbeginn eine Investition, die der Unternehmer aufgrund nicht vorhandener Eigenmittel nur dann tätigen kann, wenn er einen Kredit bei einer Bank aufnimmt. Eine intermediäre Finanzierung des Unternehmers ist indes mit der Gefahr verbunden, dass es im Zuge der Projektdurchführung zu einem Hold-up der Bank durch den Unternehmer kommt. Außerdem ist auch ein Hold-up der Finanziers der Bank durch die Bank nicht ausgeschlossen. Beide Hold-up-Probleme wirken sich potenziell auf die Entscheidung des Unternehmers aus, welches der J zur Wahl stehenden Projekte er letztlich realisiert. Die Eigenschaften eines jeden verfügbaren Projekts sind weitgehend identisch zu dem in Kapitel D. betrachteten Szenario; sie sind in Abbildung F.1. dargestellt. Sofern sich der Unternehmer für das Projekt j entschieden hat, muss er in
98
F. Eigenkapitalregulierung und unternehmerische Projektwahl
t
t 1
0
Unternehmer:
Tj Investition I j
Umweltzustand s
g
rg , j
Relationship Lender: xgRL, j unskilled Lender:
0
Unternehmer:
rb, j
1 1T j
Umweltzustand s
b
Relationship Lender: xbRL, j unskilled Lender:
0
Abb. F.1. Investitionsprojekt j des Unternehmers
t = 0 eine auf Ij = 1 normierte Investition tätigen.3 Am Periodenende in t = 1 ist dann im guten Umweltzustand s = g ein hoher Ertrag rg,j und im schlechten Umweltzustand s = b ein niedriger Ertrag rb,j rg,j möglich, wobei der gute Umweltzustand mit der Wahrscheinlichkeit j eintritt. Der Projektertrag rs,j ergibt sich jedoch nur, wenn der Unternehmer sein projektspezisches Humankapital einbringt. Zieht er hingegen sein Humankapital ab, kann das Investitionsprojekt lediglich liquidiert werden. Dies führt in t = 1 im Umweltzustand s zu einem Erlös xRL s,j rs,j , sofern die Liquidation von der Bank durchgeführt wird, die das Projekt von Anfang an begleitet hat und so zum Relationship LenRL der des Unternehmers geworden ist. Dabei gilt xRL g,j xb,j ; der von der Bank erzielbare Liquidationserlös ist also im guten Umweltzustand nicht geringer als im schlechten Umweltzustand. Erfolgt die Liquidation stattdessen durch einen anderen Akteur, der das Projekt nicht begleitet hat und somit den Status eines L unabhängig vom eingetretenen Umunskilled Lenders aufweist, ist der Erlös xU j UL weltzustand innitesimal klein, wobei xj aus Gründen der Vereinfachung auf null normiert sei. Gemäß der in Abschnitt D.2 eingeführten Terminologie sind die verfügbaren Investitionsprojekte des Unternehmers also mit ausschließlich intermediärspezischem Risiko verbunden.4 3
4
Die hier vorgenommene Normierung, dass jede Projektidee denselben Investitionsbedarf Ij = 1 aufweist, hat keinerlei Auswirkungen auf die sich ergebenden qualitativen Ergebnisse. Auf die sich ergebenden Implikationen, wenn zusätzlich bei zumindest einigen Projektideen auch allgemeines Kreditrisiko vorliegt, wird im Rahmen der Diskussion noch kurz eingegangen.
F.1 Modellrahmen
99
Sämtliche relevante Größen sind zwar von allen Akteuren beobachtbar, können aber nicht durch Gerichte veriziert werden. Ein in t = 0 vereinbarter Kreditvertrag kann daher nur ein zustandsunabhängiges Rückzahlungsversprechen H des Unternehmers für t = 1 enthalten. Es liegen ferner unvollständige Kreditverträge vor. Nach erfolgter Investition in ein Projekt j kann es also zu Nachverhandlungen zwischen dem Unternehmer und seinem Kreditgeber und mithin zu einem Hold-up des Kreditgebers kommen. Sofern der Unternehmer in Nachverhandlungen eintritt, droht er mit dem Abzug seines Humankapitals und unterbreitet, da die gesamte Verhandlungsmacht annahmegemäß beim Unternehmer liegt, dem Kreditgeber ein Take-it-or-leave-it-Angebot über eine alternative Kreditrückzahlung. Die tatsächliche Kreditrückzahlung des Unternehmers in t = 1 lautet also min{H, xRL s,j }, sofern zum Zeitpunkt der Nachverhandlungen die Bank L =0 als Kreditgeber fungiert. Ein unskilled Lender würde hingegen wegen xU j in t = 1 keine Kreditrückzahlung vom Unternehmer erhalten. Die Kreditvergabe an den Unternehmer in t = 0 muss über die Bank erfolgen, da nur sie eine positive Kreditrückzahlung durchsetzen kann. Die Bank verfügt jedoch nicht über eigene Mittel; sie muss somit das gesamte Kreditvolumen L = 1 renanzieren, wobei ihre Finanziers nicht zu einer Begleitung des Investitionsprojekts fähig sind und somit gegenüber dem Unternehmer als unskilled Lender auftreten würden. Es müssen daher geeignete Vorkehrungen getroen werden, um ein Hold-up der Banknanziers durch die Bank in hinreichendem Maße zu verhindern. Aus dem Abschnitt D.4 ist bekannt, dass sich hierfür bei Investitionsprojekten, die durch intermediärspezisches Risiko gekennzeichnet sind, grundsätzlich zwei Instrumente anbieten. Zum einen können für die Renanzierung der Bank in t = 0 Einlagen hD; i genutzt werden, die dem First-come-rst-served-Prinzip unterliegen und daher die Bank vollständig davon abhalten, den Einlagennennwert D gegenüber den Einlegern nachzuverhandeln. Allerdings käme es zu einem Bank-Run, sobald D > min{H, xRL s,j } gilt und mithin das Einlagenvolumen größer als die Kreditrückzahlung des Unternehmers ist, die von der Bank durchgesetzt werden kann, nachdem der Unternehmer in t = 0 ein Kreditrückzahlungsversprechen H abgegeben und eine Investition in das j-te Projekt getätigt hat. Wie in Abschnitt D.4 sei unterstellt, dass jede Finanzierung des Unternehmers unmöglich ist, die mit einer positiven Wahrscheinlichkeit für einen BankRun verbunden ist, weil entweder die Bank hierzu nicht bereit oder die Kre-
100
F. Eigenkapitalregulierung und unternehmerische Projektwahl
ditrückzahlung des Unternehmers dann in jedem Fall zu gering wäre.5 Bei der Renanzierung eines Kredits für das Investitionsprojekt j muss das gewählte Einlagenvolumen D also die Bedingung: © ª D min H, xRL b,j
(F.1)
erfüllen, sodass ein Bank-Run in jedem Umweltzustand vermieden wird. Zum anderen kann die Renanzierung der Bank über Eigenkapital erfolgen. Dieses unterliegt keiner First-come-rst-served-Bedingung und führt entsprechend nicht zu der Gefahr von Bank-Runs. Eigenkapital erönet dem Bankier jedoch in gewissem Umfang die Möglichkeit eines Hold-ups seiner Eigenkapitalgeber. Der Bankier kann also mit einem Abzug seiner Fähigkeiten als Relationship Lender des Unternehmers drohen und so gegenüber den als unskilled Lender agierenden Eigenkapitalgebern Renten extrahieren. In Analogie zu den in Abschnitt D.4 in Lemma D.4 beschriebenen Ergebnissen sei unterstellt, dass sich der Bankier und die Eigenkapitalgeber die Residualerträge der Bank in t = 1, die der Dierenz aus der Kreditrückzahlung min{H, xRL s,j } des Unternehmers und dem Einlagennennwert D entsprechen, hälftig teilen. Bei einem gegebenen D impliziert ein in t = 0 für t = 1 abgegebenes Kreditrückzahlungsversprechen H nach einer Investition in das j-te Projekt also, dass für die Auszahlung EK s,j an die Eigenkapitalgeber und für die Auszahlung B an den Bankier in t = 1 im Umweltzustand s jeweils gilt: s,j B EK s,j = s,j =
1 2
¡ © ª ¢ min H, xRL D . s,j
Die in t = 0 für t = 1 erwartete Auszahlung an die Eigenkapitalgeber und an den Bankier lautet daher: £ ¤ £ ¤ 1 ¡ © ª ¢ RL = E B E EK s,j s,j = 2 j min H, xg,j D ¡ © ª ¢ + 12 (1 j ) min H, xRL D , b,j wofür nach Einsetzen der erwarteten Kreditrückzahlung: © © ª ª RL = j min H, xRL g,j + (1 j ) min H, xb,j 5
(F.2)
Die Annahme, dass es nicht zu einem Bank-Run kommen darf, wird primär aus Gründen der Vereinfachung getroen; inwieweit diese Annahme kritisch ist, wird in der Diskussion geklärt.
F.2 Benchmark
101
des Unternehmers auch geschrieben werden kann: £ ¤ £ ¤ E EK = E B s,j s,j =
1 2
( D) .
(F.3)
Es sei über das aus Kapitel D. bekannte Modell hinausgehend angenommen, dass zwar weiterhin die Rate der Zeitpräferenz null beträgt, jedoch die beste Alternativverwendung für die in t = 0 in der Modellökonomie vorhandenen Mittel eine sichere Verzinsung i erbringt. Die Bank kann daher das für die Investition benötigte Kreditvolumen L = 1 in t = 0 nur dann renanzieren, wenn sie in der Lage ist, ihren Finanziers für t = 1 zumindest eine erwartete Zahlung der Höhe 1+i zuzusichern. Ferner fordert die Bank für ihre Leistung als Relationship Lender des Unternehmers eine Mindestentlohnung < 1, deren Höhe beispielsweise durch die Wettbewerbsintensität im Bankensektor determiniert wird.6
F.2 Benchmark Es soll nun zunächst untersucht werden, in welches Projekt der Unternehmer in t = 0 investiert, wenn kein Hold-up-Problem zwischen der Bank und ihren Finanziers besteht, sodass die Bank in t = 1 jeden beliebigen Teil der Kreditrückzahlung des Unternehmers an ihre Finanziers weitergeben kann, ohne hierfür besondere Vorkehrungen treen zu müssen. Für diesen Fall, der analog zum Vorgehen in Kapitel D. als Benchmark für die nachfolgende Analyse dient, kann die Projektwahl des Unternehmers in zwei Schritten bestimmt werden. Zuerst muss für jedes zur Wahl stehende Projekt j = 1, ..., J untersucht werden, ob eine intermediäre Kreditnanzierung des Unternehmers überhaupt möglich ist und welche Konditionen der sich ggf. ergebende Kreditvertrag hat. Hiernach ist zu bestimmen, welches der nanzierbaren Projekte aus Sicht des Unternehmers optimal ist. 6
Es wird also wie in Kapitel D. angenommen, dass der Bank bei der Begleitung eines Investitionsprojekts keine Kosten entstehen, sodass die Höhe der Mindestentlohnung als Maß für die Marktmacht der Bank gegenüber dem Unternehmer aufgefasst werden kann. Eine alternative Interpretation von als geforderte Entschädigungszahlung für Kosten, die der Bank entstehen, wäre indes problemlos möglich. Der einzige Unterschied in der Analyse wäre dann, dass bei der gesamtwirtschaftlichen Beurteilung eines Investitionsprojekts, die auf den Nettoerträgen des Projekts basiert, diese Kosten der Bank als zusätzlicher Aufwand berücksichtigt werden müssten.
102
F. Eigenkapitalregulierung und unternehmerische Projektwahl
Im ersten Schritt sei nun also die Frage betrachtet, ob und wie eine Finanzierung des Unternehmers erfolgen kann, wenn dieser für t = 0 eine Investition in das j-te Projekt plant. Der zu Periodenbeginn vereinbarte Kreditvertrag muss dann zwei Anforderungen genügen. Zum einen muss er sicherstellen, dass die für t = 1 erwartete Auszahlung an die Banknanziers mindestens 1 + i beträgt, da das Kreditvolumen L = 1 andernfalls nicht renanziert werden könnte. Zum anderen muss der Kreditvertrag sicherstellen, dass die für t = 1 erwartete Auszahlung an den Bankier mindestens beträgt, da er andernfalls nicht dazu bereit wäre, seine Rolle als Relationship Lender zu übernehmen. In dem Benchmarkfall ist jede beliebige Aufteilung der Kreditrückzahlung des Unternehmers zwischen der Bank und ihren Finanziers möglich. Daher können beide Anforderungen an den Kreditvertrag konsolidiert werden zu der Bedingung: 1 + i + ,
(F.4)
wobei die erwartete Kreditrückzahlung des Unternehmers dem Ausdruck (F.2) entspricht und die rechte Seite von (F.4) gemäß obiger Diskussion die Mindestrückzahlung angibt. Da der erwartete Ertrag des j-ten Investitionsprojekts gegeben ist, maximiert der Unternehmer seinen erwarteten Gewinn, wenn er minimiert. Somit folgt aus (F.4) für den optimalen Kreditvertrag direkt: Lemma F.1 Sofern kein Hold-up-Problem zwischen der Bank und ihren Finanziers besteht, erhält der Unternehmer für eine Investition in das Projekt j einen Kredit, wenn: ¤ £ E xRL s,j 1 + i +
(F.5)
erfüllt ist. Für das Kreditrückzahlungsversprechen H eq des Unternehmers und für seine erwartete Kreditrückzahlung eq gilt dann:7 7
Das Kreditrückzahlungsversprechen H eq ergibt sich, indem die im Benchmarkfall gemäß (F.4) optimale erwartete Kreditrückzahlung eq mit (F.2) gleichgesetzt und nach H aufgelöst wird; die Bedingung (F.5) gilt, weil die erwartete Kreditrückzah¤ £ lung des Unternehmers wegen (F.2) den Betrag E xRL nicht übersteigen kann, s,j £ ¤ eq erfüllt sodass der Unternehmer nur dann einen Kredit erhält, wenn E xRL s,j ist.
F.2 Benchmark
103
1. im Fall xRL b,j 1 + i + : H eq = eq , eq
= 1 + i + ,
(F.6) (F.7)
2. im Fall xRL b,j < 1 + i + : H eq = xRL b,j + eq
1 j
= 1 + i + .
¡ eq ¢ xRL b,j ,
(F.8) (F.9)
Das Lemma beinhaltet insgesamt drei zentrale Ergebnisse. Erstens ist die erwartete Kreditrückzahlung eq des Unternehmers gemäß (F.7) und (F.9) bei allen Projekten, für deren Verwirklichung er in t = 0 überhaupt einen Kredit aufnehmen kann, gleich. Sie entspricht genau dem absoluten Minimalbetrag 1 + i + , der nicht unterschritten werden darf, da es sonst in jedem Fall ausgeschlossen wäre, dass sowohl die Bank als auch die Banknanziers zu einer Kreditgewährung bereit sind. Die erwartete Kreditrückzahlung des Unternehmers ist also zum einen höher, je höher die Alternativverzinsung i ist, da dies eine höhere Zahlung an die Banknanziers erfordert. Zum anderen ist sie höher, je höher die geforderte Entlohnung der Bank ist. Die Unabhängigkeit der erwarteten Kreditrückzahlung eq vom gewählten Projekt j folgt direkt aus dem im Benchmarkfall fehlenden Hold-up-Problem zwischen der Bank und ihren Finanziers. Da also im Benchmarkfall die Kreditrückzahlung beliebig zwischen diesen beiden Parteien aufgeteilt werden kann, wird der Kreditvertrag grundsätzlich so abgeschlossen, dass die für t = 1 erwartete Auszahlung an jeden an der Kreditgewährung beteiligten Akteur genau dem Betrag entspricht, der für seine Teilnahmebereitschaft erforderlich ist. Das zweite Ergebnis des Lemmas bezieht sich auf das im Kreditvertrag vereinbarte Rückzahlungsversprechen H eq . Dieses hängt gemäß (F.6) und (F.8), anders als eq , von den Eigenschaften des gewählten Projekts ab. Sofern das Projekt auch im schlechten Umweltzustand einen relativ hohen Liquidationswert xRL b,j 1 + i + aufweist, wird in t = 0 für t = 1 ein Rückzahlungsversprechen H eq vereinbart, das der Unternehmer in jedem Fall einhält. Im Fall xRL b,j < 1 + i + wäre dies hingegen nicht möglich, da die sich ergebende erwartete Kreditrückzahlung dann zu gering wäre. Der Unternehmer macht daher ein Rückzahlungsversprechen H eq > xRL b,j , das er im guten Umweltzustand einhält, im schlechten Umweltzustand jedoch nachverhandelt. Während also im Fall
104
F. Eigenkapitalregulierung und unternehmerische Projektwahl
xRL b,j 1 + i + die Kreditrückzahlung des Unternehmers an die Bank sicher ist, ist sie im Fall xRL b,j < 1 + i + risikobehaftet. Schließlich folgt als drittes Ergebnis aus der im Lemma enthaltenen Bedingung (F.5), dass die Zahl der Projektideen, für deren Realisierung der Unternehmer in t = 0 einen Kredit aufnehmen kann, sowohl von der Höhe des Alternativzinssatzes i als auch von der geforderten Entlohnung der Bank abhängt. Denn wegen des bestehenden Hold-up-Problems zwischen dem Unternehmer und der Bank kann die erwartete Kreditrückzahlung eq niemals den erwarteten Liquidationswert E[xRL s,j ] eines Projekts j übersteigen. Entsprechend impliziert ein Ansteigen von i oder , dass die Zahl der dem Unternehmer tatsächlich zur Wahl stehenden Investitionsprojekte tendenziell sinkt. Zum Abschluss der Diskussion des Lemmas sei noch kurz auf den Zusammenhang zu dem in Abschnitt D.2 behandelten Benchmarkfall hingewiesen. Die dort in Lemma D.1 zusammengefassten Ergebnisse ergeben sich als Spezialfall des Lemmas F.1, wenn zum einen J = 1 gilt, d. h. der Unternehmer lediglich über genau eine Projektidee verfügt, und zum anderen wegen i = = 0 weder die beste Alternativverwendung der in der Modellökonomie vorhandenen Mittel eine Verzinsung erbringt noch die Bank für ihre Leistung als Relationship Lender eine Entlohnung verlangt. Unter Nutzung des Lemmas F.1 kann nun untersucht werden, welches Investitionsprojekt der Unternehmer durchführt. Hierfür sei zunächst die Menge aller Projektideen, für die er gemäß (F.5) im Benchmarkfall überhaupt eine Kredit erhalten kann, mit J bezeichnet; es wird also in jedem Fall ein Projekt j J gewählt. Der Unternehmer trachtet bei der Projektwahl danach, seinen für t = 1 erwarteten Gewinn zu maximieren. Dieser ergibt sich aus dem erwarteten Projektertrag abzüglich seiner erwarteten Kreditrückzahlung. Das Optimierungsproblem des Unternehmers bei der Projektwahl lautet im Benchmarkfall also: max [E [rs,j ] eq ] , jJ
(F.10)
wobei E [rs,j ] := j rg,j + (1 j ) rb,j den erwarteten Ertrag von Projekt j bezeichnet. Hierfür kann wegen (F.7) bzw. (F.9) auch geschrieben werden: max [E [rs,j ] (1 + i + )] , jJ
und es ergibt sich folglich:
F.3 Projektwahl bei unregulierter Bank
105
Lemma F.2 Sofern kein Hold-up-Problem zwischen der Bank und ihren Finanziers besteht, lautet die Menge J der nanzierbaren Investitionsprojekte: © £ ¤ ª J = j = 1, ..., J | E xRL (F.11) s,j 1 + i + , und der Unternehmer investiert in dasjenige Projekt j eq , für das gilt: j eq = arg max [E [rs,j ] (1 + i)] . jJ
(F.12)
Gemäß (F.12) wählt der Unternehmer im Benchmarkfall aus der Menge J aller nanzierbaren Investitionsprojekte also grundsätzlich das Projekt mit dem höchsten erwarteten Nettoertrag aus, wobei dieser der Dierenz aus dem erwarteten Projektertrag und den Opportunitätskosten der Investition entspricht. Denn neben der Entschädigung 1 + i, die an die Banknanziers für deren Opportunitätskosten der Mittelbereitstellung gezahlt werden muss, bestehen die Finanzierungskosten des Unternehmers lediglich noch aus der Entlohnung des Bankiers, deren Höhe im Benchmarkfall nicht von der Projektwahl abhängt und die damit nicht entscheidungsrelevant für den Unternehmer ist. Entsprechend sinkt der erwartete Nettoertrag der unternehmerischen Investition tendenziell, wenn der Alternativzinssatz i bzw. die geforderte Mindestentlohnung der Bank ansteigt, da in diesem Fall wegen (F.11) bei tendenziell mehr Projekten eine Finanzierung ausgeschlossen ist und mithin möglicherweise ein bislang optimales Projekt nicht mehr realisiert werden kann, sodass der Unternehmer auf eine weiterhin nanzierbare Projektalternative mit geringeren Erträgen zurückgreifen muss.
F.3 Projektwahl bei unregulierter Bank Der Unternehmer kann nur eine seiner insgesamt J Projektideen verwirklichen. In diesem Abschnitt wird untersucht, für welches Projekt er sich entscheidet, wenn zwischen der ihn nanzierenden Bank und deren Finanziers zwar ein Holdup-Problem besteht, die Bank jedoch keine Mindesteigenkapitalanforderung erfüllen muss, sodass sie das Ausmaß ihrer Einlagen- bzw. Eigenkapitalrenanzierung unter Beachtung der Bedingung (F.1) frei wählen kann. In diesem Fall weicht die Projektwahl des Unternehmers, wie nachfolgend gezeigt wird, möglicherweise von der gesamtwirtschaftlich optimalen Wahl ab, d. h. der Unternehmer entscheidet sich möglicherweise nicht für die Projektidee, die den höchsten
106
F. Eigenkapitalregulierung und unternehmerische Projektwahl
erwarteten Nettoertrag verspricht. Die Analyse vollzieht sich in drei Schritten, wobei die ersten beiden Schritte dem Vorgehen beim soeben betrachteten Benchmarkfall entsprechen. Zuerst wird also für jede Projektidee j = 1, ..., J geprüft, ob und ggf. zu welchen Konditionen eine Finanzierung zustande kommt. Dann wird die Investitionsentscheidung des Unternehmers bestimmt, und schließlich erfolgt als dritter Schritt eine Beurteilung dieser Entscheidung aus gesamtwirtschaftlicher Sicht. Unter welchen Umständen kann in t = 0 tatsächlich in eine Projektidee j des Unternehmers investiert werden? Eine Kreditgewährung für das Projekt j ist analog zu dem im vorangegangenen Abschnitt diskutierten Benchmarkfall möglich, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind. Einerseits muss die in t = 0 für t = 1 erwartete Auszahlung an die Einleger und die Eigenkapitalgeber der Bank mindestens den Betrag 1 + i decken, damit diese das für die Investition benötigte Kreditvolumen L = 1 zur Verfügung stellen. Es muss also gelten: ¤ £ 1 + i, D + E EK s,j
(F.13)
sodass nach Einsetzen von (F.3) folgt: 2 (1 + i) D.
(F.14)
Andererseits muss die in t = 0 für t = 1 erwartete Auszahlung an den Bankier mindestens der geforderten Entlohnung für seine Leistung als Relationship Lender entsprechen, d. h. es muss gelten: ¤ £ E B s,j ,
(F.15)
wofür sich nach Einsetzen von (F.3) ergibt: 2 + D.
(F.16)
Mit (F.14) und (F.16) bestehen also zwei Untergrenzen für die vom Unternehmer zu leistende erwartete Kreditrückzahlung , die beide vom gewählten Einlagenvolumen D der Bank abhängen. Gemäß (F.14) sinkt die aus der Teilnahmebedingung (F.13) der Banknanziers folgende Untergrenze für bei steigendem Einlagenvolumen. Der Grund hierfür ist bereits aus dem Abschnitt D.4 bekannt. Wenn die Bank mehr Einlagen hereinnimmt, benötigt sie weniger Eigenkapital für die Renanzierung des
F.3 Projektwahl bei unregulierter Bank
107
Mindestzahlung des Unternehmers 21 i
/
21 i D /
2W D
2W 1 1 i W 21 i 1 2W
1 i W
1
D
Abb. F.2. Mindestzahlung des Unternehmers und Einlagenvolumen
Kredits. Entsprechend kann auch die Rente des Bankiers sinken, sodass sich die erforderliche Kreditrückzahlung des Unternehmers insgesamt verringert. Gemäß (F.16) hingegen steigt die aus der Teilnahmebedingung (F.15) des Bankiers folgende Untergrenze für bei steigendem Einlagenvolumen. Denn wenn die Einleger eine größere Auszahlung erhalten, muss sich die erwartete Kreditrückzahlung des Unternehmers in gleichem Maße erhöhen, damit der Bankier weiterhin in der geforderten Höhe entlohnt werden kann. Insgesamt ergibt sich also aus (F.14) und (F.16) zwischen der Mindestkreditrückzahlung des Unternehmers und dem Einlagenvolumen ein v-förmiger Zusammenhang. Dieser ist in Abbildung F.2. dargestellt. Die Mindestkreditrückzahlung erreicht dabei ihr absolutes Minimum, wenn: D =1+i
(F.17)
gilt, und sie lautet in diesem Fall: = 1 + i + .
(F.18)
Denn dieses , das exakt dem im Benchmarkfall (F.7) bzw. (F.9) gezahlten Betrag eq entspricht, führt zusammen mit (F.17) gemäß (F.3) sowohl für die Eigenkapitalgeber als auch für den Bankier zu einer erwarteten Auszahlung in Höhe von:
108
F. Eigenkapitalregulierung und unternehmerische Projektwahl £ ¤ £ ¤ E EK = E B s,j s,j = ,
(F.19)
sodass gemäß (F.17) und (F.19) die Teilnahmebedingung (F.13) der Banknanziers ebenso wie die Teilnahmebedingung (F.15) des Bankiers mit Gleichheit erfüllt ist. Jedes von (F.17) abweichende Einlagenvolumen D führt hingegen zu einer höheren Mindestkreditrückzahlung als (F.18), weil dann entweder die Teilnahmebedingung der Banknanziers oder die Teilnahmebedingung des Bankiers übererfüllt werden muss. Der Unternehmer ist, wenn er sich für das j-te Projekt entschieden hat, ausschließlich an einem möglichst geringen interessiert, da er den erwarteten Projektertrag nicht beeinussen kann. Bestünde keine Restriktion für das Einlagenvolumen der Bank, würde er daher in t = 0 gemäß (F.17) und (F.18) mit der Bank ein Arrangement vereinbaren, bei dem D = 1 + i gewählt und derselbe Kreditvertrag wie im Benchmarkfall abgeschlossen wird, sodass die erwartete Kreditrückzahlung des Unternehmers = 1 + i + lautet. Das Einlagenvolumen unterliegt jedoch einer Restriktion, denn gemäß (F.1) darf es keinesfalls den Betrag xRL b,j überschreiten, weil sonst im schlechten Umweltzustand wegen der zu geringen Kreditrückzahlung des Unternehmers ein Bank-Run unvermeidbar wäre. Daher muss der Unternehmer möglicherweise ein geringeres Einlagenvolumen als (F.17) akzeptieren, sodass insgesamt gilt: Lemma F.3 Sofern die Bank keiner Eigenkapitalregulierung unterliegt (nr), erhält der Unternehmer für eine Investition in das Projekt j einen Kredit, wenn: ª ¤ © £ RL E xRL s,j 1 + i + max 1 + i xb,j ,
(F.20)
eq erfüllt ist. Für das Kreditrückzahlungsversprechen Hnr des Unternehmers, seine eq erwartete Kreditrückzahlung nr und das von der Bank gewählte Einlagenvolueq gilt dann:8 men Dnr
1. im Fall xRL b,j 1 + i : 8
eq eq nr ergibt sich durch Einsetzen des optimalen Einlagenvolumens Dnr = min{1 + RL i , xb,j } in die Bedingung (F.14), wobei diese mit Gleichheit erfüllt sein muss; eq kann dann bestimmt werden, indem damit ist auch die Bedingung (F.16) erfüllt. Hnr eq nr mit (F.2) gleichgesetzt und nach H aufgelöst wird, und (F.20) folgt aus der £ ¤ Anforderung E xRL eq nr , weil der Unternehmer andernfalls keine hinreichende s,j erwartete Kreditrückzahlung zusichern könnte.
F.3 Projektwahl bei unregulierter Bank
109
/eqnr , Dnreq 21 i
1 i W
> @
1 i xbRL, j
> @
RL b, j
E S sB, j
1 i
ES
1 i W
EK s, j
1 i x
/eqnr
B s, j
> @
W
> @
W
ES
E S sEK ,j
1 i W
Dnreq
1
xbRL, j
Abb. F.3. Erwartete Kreditrückzahlung und Liquidationswert (ohne Regulierung) eq Hnr = H eq ,
(F.21)
eq nr
= 1 + i + ,
(F.22)
eq Dnr
= 1 + i ,
(F.23)
¡ eq ¢ nr xRL b,j , ¡ ¢ = 1 + i + 1 + i xRL b,j ,
(F.24)
2. im Fall xRL b,j < 1 + i : eq = xRL Hnr b,j +
eq nr
eq Dnr = xRL b,j .
1 j
(F.25) (F.26)
Das Lemma F.3 besagt, dass die Eigenschaften der Verträge, die in t = 0 bei einer geplanten Investition in die j-te Projektidee abgeschlossen werden, vom Liquidationswert xRL b,j des Projekts und somit von der maximal möglichen Kreditrückzahlung des Unternehmers im schlechten Umweltzustand abhängen. Die Abbildung F.3. veranschaulicht dies graphisch, wobei die obere Kurve der erwarteten Kreditrückzahlung eq nr und die untere Kurve dem zugehörigen Eineq entspricht.9 lagenvolumen Dnr 9
Es sei darauf hingewiesen, dass die Abszisse in der Abbildung gestreckt ist; bei eq -Kurve genau der einer maßstabsgetreuen Abbildung würde der erste Teil der Dnr Winkelhalbierenden entsprechen.
110
F. Eigenkapitalregulierung und unternehmerische Projektwahl
RL Ist xRL b,j relativ hoch mit xb,j 1 + i , wird das vom Unternehmer angestrebte Arrangement verwirklicht. Der in t = 0 vereinbarte Kreditvertrag (F.21) entspricht also dem in Lemma F.1 beschriebenen Benchmarkfall, obwohl ein Hold-up der Banknanziers durch die Bank möglich wäre, und die für t = 1 erwartete Kreditrückzahlung (F.22) des Unternehmers lautet:
eq nr = 1 + i + . Sie ist damit unabhängig von xRL b,j , sodass die entsprechende Kurve im rechten Bereich der Abbildung parallel zur Abszisse verläuft. Das Hold-up-Problem hat in diesem Fall keinerlei Auswirkung, weil die Bank gemäß (F.23) Einlagen eq = 1 + i hereinnimmt und außerdem der sich ergebenmit Nennwert Dnr eq de erwartete Residualertrag eq nr Dnr = 2 der Bank hälftig zwischen den Eigenkapitalgebern und dem Bankier aufgeteilt wird, sodass weder die Teilnahmebedingung (F.13) der Banknanziers noch die Teilnahmebedingung (F.15) des Bankiers übererfüllt wird. Interessanter ist indes der Fall eines relativ geringen Liquidationswerts xRL b,j < 1+i von Projekt j, der zu einer entsprechend geringen möglichen Kreditrückzahlung im schlechten Umweltzustand führt. Der Kreditvertrag weicht dann vom Benchmarkfall ab, weil die Bank gemäß (F.26) wegen des andernfalls drohenden eq = xRL Bank-Runs lediglich das Einlagenvolumen Dnr b,j wählt. Für die erwartete RL Auszahlung an die Eigenkapitalgeber muss somit E[ EK s,j ] = 1 + i xb,j > gelten, damit der Kredit vollständig renanziert werden kann, und da der Bankier denselben Betrag erhält, wird der Kreditvertrag (F.24) so abgeschlossen, dass sich als erwartete Kreditrückzahlung (F.25) des Unternehmers: ¡ ¢ RL eq nr = 1 + i + 1 + i xb,j > 1 + i +
ergibt. Wie in Abbildung F.3. dargestellt, ist also eq nr in diesem Fall umso höher, RL je geringer das mögliche Einlagenvolumen xb,j ist, d. h. dem Unternehmer entstehen in Abhängigkeit von xRL b,j höhere Finanzierungskosten als im Benchmarkfall (F.9). Denn wegen des auf xRL b,j beschränkten Einlagenvolumens besteht ein über hinausgehender Eigenkapitalbedarf bei der Kreditrenanzierung, sodass zwar weiterhin die Teilnahmebedingung (F.13) der Banknanziers mit Gleichheit erfüllt werden kann, die Teilnahmebedingung (F.15) des Bankiers jedoch übererfüllt werden muss. Dies wirkt sich auch, wie ein Vergleich von (F.5) und (F.20) zeigt, tendenziell negativ auf die Finanzierbarkeit der Projektideen aus;
F.3 Projektwahl bei unregulierter Bank
111
im Gegensatz zum Benchmarkfall ist eine Kreditaufnahme für jedes Projekt mit: £ ª ¤ © RL 1 + i + E xRL s,j < 1 + i + max 1 + i xb,j ,
unmöglich, da der Unternehmer dann die unvermeidbare zusätzliche Rente für den Bankier nicht glaubhaft zusichern kann. Zusammenfassend ergibt sich somit aus Lemma F.3, dass die Finanzierungskosten der Projektideen durchaus unterschiedlich sein können, wenn nicht nur zwischen dem Unternehmer und der Bank, sondern auch zwischen der Bank und ihren Finanziers ein Hold-up-Problem existiert. Dabei werden die Finanzierungskostenunterschiede einerseits tendenziell umso größer, je höher der Alternativzinssatz i ist, da dies bei Projekten, die mit einer geringen Fähigkeit der Bank zur Hereinnahme von Einlagen einhergehen, zu einem höheren Eigenkapitalbedarf bei der Kreditrenanzierung führt, sodass die Rente des Bankiers weiter ansteigt und daher noch stärker über dem für seine Teilnahme erforderlichen Niveau liegt. Andererseits verringern sich die Finanzierungskostenunterschiede tendenziell, wenn die geforderte Entlohnung des Bankiers ansteigt, weil in diesem Fall mehr Eigenkapital für die Kreditrenanzierung genutzt werden kann, ohne dass es zu einer Überzahlung des Bankiers kommt. Diese für die nachfolgende Argumentation wichtigen Zusammenhänge sollen anhand eines einfachen Beispiels illustriert werden. Beispiel Es sei unterstellt, dass dem Unternehmer zwei Projektalternativen j = 1, 2 zur Auswahl stehen. Projekt 1 erbringt bei Liquidation durch die Bank RL einen sicheren Erlös xRL g,1 = xb,1 = 1, 1. Der Liquidationserlös von Projekt 2 ist hingegen unsicher. Mit der Wahrscheinlichkeit 2 = 23 ist er hoch mit 1 RL xRL g,2 = 1, 15; mit der Gegenwahrscheinlichkeit 3 ist er niedrig mit xb,2 = 0, 96. Für den Zinssatz einer Alternativanlage gelte i = 0. Die aus Lemma F.3 resultierenden Finanzierungskosten der beiden Projekte bei alternativen Werten für die geforderte Entlohnung des Bankiers sind in Tabelle F.1. angegeben. Die Finanzierung von Projekt 2 ist für den Unternehmer mithin teurer als die Finanzierung von Projekt 1, solange < 0, 04 gilt, weil die Bank wegen xRL b,2 = 0, 96 beim zweiten Projekt immer mindestens 4% der für die Renanzierung des Kredits benötigten Mittel über Eigenkapital aufnehmen muss, während bei Projekt 1 ein solcher Zwang nicht besteht. Die Kostendierenz nimmt dabei mit steigendem ab, da hierdurch auch der Kredit für das Projekt 1 zunehmend über Eigenkapital renanziert wird.
112
F. Eigenkapitalregulierung und unternehmerische Projektwahl
0, 00 0, 01 0, 02 0, 03 0, 04 0, 05
Projekt 1 eq Deq nr nr 1, 00 1, 00 0, 99 1, 01 0, 98 1, 02 0, 97 1, 03 0, 96 1, 04 0, 95 1, 05
Projekt 2 eq Deq nr nr 0, 96 1, 04 0, 96 1, 04 0, 96 1, 04 0, 96 1, 04 0, 96 1, 04 0, 95 1, 05
Tabelle F.1. Finanzierungskosten der Projekte (ohne Regulierung)
Aus Lemma F.3 kann nun recht unmittelbar die Investitionsentscheidung des Unternehmers in t = 0 für den Fall abgeleitet werden, dass die Bank keiner Eigenkapitalregulierung unterliegt. Dem Unternehmer steht dann die mit Jnr bezeichnete Menge seiner Projektideen zur Wahl, deren Liquidationswert der Bedingung (F.20) genügt, und er wird sich für jenes Projekt entscheiden, das ihm den höchsten erwarteten Gewinn erbringt. Das Entscheidungsproblem des Unternehmers lautet folglich: max [E [rs,j ] eq nr ] .
jJ nr
Nach Einsetzen von (F.22) bzw. (F.25) ergibt sich hierfür: ¡ © ª¢¤ £ max E [rs,j ] 1 + i + max 1 + i xRL , b,j ,
jJ nr
und somit gilt: Proposition F.1 Sofern die Bank keiner Eigenkapitalregulierung unterliegt, lautet die Menge Jnr der nanzierbaren Investitionsprojekte: © £ ªª ¤ © RL Jnr = j = 1, ..., J | E xRL , s,j 1 + i + max 1 + i xb,j ,
(F.27)
eq und der Unternehmer investiert in dasjenige Projekt jnr , für das gilt:
© ª¤ £ eq jnr = arg max E [rs,j ] (1 + i) max 1 + i xRL . b,j ,
jJ nr
(F.28)
Die Proposition macht deutlich, dass die Projektwahl des Unternehmers von seiner im Benchmarkfall getroenen Wahl, die in Lemma F.2 diskutiert wurde, abweichen kann. Eine potenzielle Ursache hierfür liegt in den bereits angesprochenen negativen Auswirkungen, die das Hold-up-Problem zwischen der
F.3 Projektwahl bei unregulierter Bank
113
Bank und ihren Finanziers auf die Finanzierbarkeit von Investitionsprojekten hat. Gemäß (F.11) und (F.27) gilt folglich Jnr J, und möglicherweise steht dem Unternehmer das im Benchmarkfall optimale Projekt j eq wegen j eq / Jnr überhaupt nicht zur Wahl. Selbst wenn der Unternehmer jedoch für das Projekt j eq einen Kredit aufnehmen kann, d. h. wenn j eq Jnr gilt, ist nicht ausgeschlossen, dass er hierauf verzichtet. Denn anders als im Benchmarkfall dient dem Unternehmer nicht nur der erwartete Nettoprojektertrag als alleiniges Entscheidungskriterium. Relevant ist für ihn außerdem gemäß dem dritten Term von (F.28) die Höhe von xRL b,j . Weist im schlechten also das Projekt j eq einen sehr geringen Liquidationswert xRL eq b,j Umweltzustand und somit einen hohen Eigenkapitalbedarf der Bank bei der Kreditrenanzierung auf, sodass die Rente des Bankiers sehr hoch wäre, weicht der Unternehmer unter Umständen auf eine ertragsärmere Projektalternative aus, deren Finanzierung weniger Eigenkapital seitens der Bank bedarf. Nachdem die Projektwahl des Unternehmers für den Fall einer unregulierten Bank mit der Proposition F.1 geklärt worden ist, muss nun noch im letzten Analyseschritt das aus gesamtwirtschaftlicher Sicht optimale Projekt bestimmt werden. Dieses soll erstens als Referenz für eine Beurteilung der Investitionsentscheidung des Unternehmers dienen. Zweitens soll es im weiteren Verlauf des Kapitels dazu genutzt werden, um die mögliche Vorteilhaftigkeit eines regulatorischen Eingris zu messen. Bei der gesamtwirtschaftlichen Betrachtung sind prinzipiell verschiedene Sichtweisen denkbar. Sie könnte beispielsweise auf Grundlage aller Projektideen j = 1, ..., J oder aller im Benchmarkfall nanzierbaren Projekte j J erfolgen, sodass potenziell auch Projekte j / Jnr berücksichtigt würden, für die gemäß Proposition F.1 keine Finanzierung verfügbar ist. Dann jedoch wäre im Fall einer als suboptimal identizierten Investition des Unternehmers nicht unmittelbar ersichtlich, ob sich diese ausschließlich wegen der Hold-up-Probleme ergibt oder durch mögliche Fehlanreize des Unternehmers bei der Projektwahl entsteht. Außerdem wäre ein solches Optimum für die Beurteilung einer Regulierung unzweckmäßig, da diese zwar potenziell die Kreditausgestaltung und damit die Projektwahl beeinussen kann, jedoch nicht dazu in der Lage ist, Informationsasymmetrien und hieraus resultierende Hold-up-Probleme abzubauen. Er erscheint daher zweckmäßiger, bei der gesamtwirtschaftlichen Analyse einen
114
F. Eigenkapitalregulierung und unternehmerische Projektwahl
Second-best-Ansatz zu wählen und lediglich jene Projekte j Jnr zu berücksichtigen, die dem Unternehmer tatsächlich zur Wahl stehen. Für die Beurteilung der Projekte aus gesamtwirtschaftlicher Sicht soll der erwartete Nettoertrag einer Investition herangezogen werden, sodass folgt: Proposition F.2 Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht ist dasjenige Projekt j ef f optimal, für das gilt: j ef f = arg max [E [rs,j ] (1 + i)] , jJ nr
(F.29)
und sofern die Bank keiner Eigenkapitalregulierung unterliegt, kommt es zu einer eq 6= gesamtwirtschaftlich suboptimalen Investition des Unternehmers, wenn jnr ef f gilt, d. h. wenn ein Projekt j Jnr existiert mit: j n o £ ¤ E rs,j ef f E [rs,j ] < max 1 + i xRL (F.30) b,j ef f ,
ª © RL max 1 + i xb,j , . Die in der Proposition postulierte Bedingung (F.30) folgt direkt aus (F.28). Sie besagt, dass der Unternehmer eine vom gesamtwirtschaftlichen Optimum abweichende Investitionsentscheidung trit, wenn die hierdurch gemäß der rechten Seite von (F.30) eingesparten Finanzierungskosten größer als die Erträge sind, auf die dann gemäß der linken Seite von (F.30) verzichtet werden muss. Es sind also zwei Fälle zu unterscheiden. Sofern erstens das gesamtwirtschaftlich optimale Projekt j ef f mit einem relativ hohen Liquidationserlös xRL b,j ef f 1+i verbunden ist, wird die rechte Seite von (F.30) für keine nanzierbare Projektidee j Jnr positiv, d. h. die Finanzierungskosten können durch die Wahl eines anderen Projekts nicht gesenkt werden. In diesem Fall könnte die Bank einen Kredit für das Projekt j ef f in hinreichendem Maße über Einlagen renanzieren. Es würde also nur wenig Eigenkapital benötigt und eine über hinausgehende Entlohnung des Bankiers wäre nicht erforderlich, sodass für dieses Projekt gemäß (F.22) ein Kreditvertrag mit einer erwarteten Kreditrückzahlung eq nr = 1 + i + vereinbart würde, der sowohl die Teilnahmebedingung der Banknanziers als auch die Teilnahmebedingung des Bankiers mit Gleichheit erfüllt. Entsprechend existiert keine Projektalternative, deren Finanzierungskosten aus Sicht des Unternehmers geringer wären. Da das Projekt j ef f außerdem den höchsten erwarteten Ertrag aufweist und mithin die linke Seite von (F.30) niemals negativ wird, investiert der Unternehmer in
F.3 Projektwahl bei unregulierter Bank
115
eben dieses Projekt; er unterliegt somit in diesem Fall keinem Fehlanreiz bei der Projektwahl. Der Unternehmer wird sich hingegen nicht mehr notwendigerweise für das aus gesamtwirtschaftlicher Sicht optimale Projekt j ef f entscheiden, wenn xRL b,j ef f < 1 + i gilt. Denn dann wären die Finanzierungskosten bei diesem Projekt gemäß (F.25) größer als 1 + i + , weil die Bank relativ viel Eigenkapital für die Kreditrenanzierung aufnehmen müsste und eine Überzahlung des Bankiers unvermeidbar wäre. Die rechte Seite von (F.30) kann also positiv werden und der Unternehmer investiert womöglich in ein anderes Projekt j, dessen Kredit die RL Bank wegen xRL b,j > xb,j ef f mit einem größeren Einlagenvolumen renanzieren kann. Dies geschieht zumindest dann, wenn die hierdurch sinkenden Finanzierungskosten die entgangenen Erträge überkompensieren. Ursächlich für das Anreizproblem des Unternehmers bei seiner Projektwahl ist somit das Hold-up-Problem zwischen der Bank und ihren Finanziers, das nicht bei allen Projekten in demselben Maße durch Einlagen gelöst werden kann und daher bei einigen Projekten zu übermäßigen Renten des Bankiers führt. Diese sind zwar aus gesamtwirtschaftlicher Sicht irrelevant, da sie lediglich eine Umverteilung der Erträge zwischen dem Unternehmer und dem Bankier darstellen. Aus Sicht des Unternehmers jedoch sind die Renten des Bankiers durchaus entscheidungsrelevant, weil sie einen Teil seiner Finanzierungskosten ausmachen. Ist daher das aus gesamtwirtschaftlicher Sicht optimale Projekt mit übermäßigen Renten für den Bankier und entsprechend hohen Finanzierungskosten für den Unternehmer verbunden, so ist dieser potenziell in gesamtwirtschaftlich suboptimaler Weise dazu bereit, auf mögliche Projekterträge zu verzichten, um die Rentenzahlungen an den Bankier zu senken. Der Unternehmer unterliegt also einem Trade-o zwischen Projekterträgen einerseits und Finanzierungskosten andererseits, der aus gesamtwirtschaftlicher Sicht nicht gewünscht ist. Ob es zu einer suboptimalen Investitionsentscheidung des Unternehmers kommt, hängt gemäß (F.30) auch von der Höhe des Alternativzinssatzes i und der Mindestentlohnung des Bankiers ab. Ein steigendes i führt bei Projekten, die einen geringen Liquidationswert xRL b,j im schlechten Umweltzustand aufweisen, zu einem tendenziell steigenden Eigenkapitalbedarf der Bank bei der Kreditrenanzierung, sodass das Problem übermäßiger Renten des Bankiers bei diesen Projekten zunimmt und es eher zu einer vom gesamtwirtschaftlichen Optimum abweichenden Projektwahl kommen kann. Eine steigende Mindestentloh-
116
F. Eigenkapitalregulierung und unternehmerische Projektwahl
0, 00 0, 01 0, 02 0, 03 0, 04 0, 05
Projekt 1 mit E [rs,1 ] = 1, 15 eq Gewinn nr 1, 00 0, 15 1, 01 0, 14 1, 02 0, 13 1, 03 0, 12 1, 04 0, 11 1, 05 0, 10
Projekt 2 mit E [rs,2 ] = 1, 16 eq Gewinn nr 1, 04 0, 12 1, 04 0, 12 1, 04 0, 12 1, 04 0, 12 1, 04 0, 12 1, 05 0, 11
Tabelle F.2. Gewinn des Unternehmers bei optimaler Finanzierung (ohne Regulierung)
nung des Bankiers wirkt sich hingegen tendenziell egalisierend auf die Finanzierungskosten der einzelnen Projekte aus. Das Anreizproblem des Unternehmers bei der Projektwahl verschärft sich also zum einen, wenn i ansteigt und sich mithin die Wettbewerbsintensität zwischen den Anbietern von ausleihbaren Mittel verringert. Zum anderen verschärft es sich, wenn wegen einer steigenden Wettbewerbsintensität zwischen den Banken sinkt. Zum Abschluss dieses Abschnitts sollen die soeben dargestellten Zusammenhänge mithilfe des bereits bekannten Beispiels noch einmal verdeutlicht werden: Beispiel (1. Fortsetzung) Es sei weiterhin das aus dem Beispiel auf S. 111 bekannte Szenario betrachtet, in dem der Unternehmer zwischen zwei Investitionsalternativen wählen kann. Zusätzlich sei unterstellt, dass Projekt 1 einen erwarteten Ertrag E [rs,1 ] = 1, 15 erbringt, sofern der Unternehmer sein Humankapital einbringt; Projekt 2 erbringt in diesem Fall einen erwarteten Ertrag E [rs,2 ] = 1, 16. Der sich jeweils bei Abschluss eines optimalen Kreditvertrags gemäß Tabelle F.1. ergebende Gewinn des Unternehmers für alternative Werte von ist in Tabelle F.2. angegeben. Der Unternehmer wählt das ertragreichere Projekt 2 somit nur, wenn 0, 03 gilt. Ansonsten zieht er Projekt 1 vor, da die Kostenersparnis bei der Finanzierung den entgangenen Ertrag überwiegt. Die Bedeutung von kann auch verdeutlicht werden, indem man den kritischen Wert für den erwarteten Ertrag bestimmt, den Projekt 2 mindestens aufweisen muss, damit es vom Unternehmer gewählt wird. Für = 0, 00 beträgt dieser 1, 19; für
= 0, 02 beträgt er 1, 17. Er sinkt mithin mit steigendem .
F.4 Projektwahl bei regulierter Bank
117
F.4 Projektwahl bei regulierter Bank Die bisherige Analyse hat gezeigt, dass der Unternehmer bei der Wahl seines Investitionsprojekts Fehlanreizen unterliegen kann, die zu einer gesamtwirtschaftlich suboptimalen Investitionsentscheidung führen. Dieser Abschnitt geht nun der Frage nach, ob eine Regulierung der den Unternehmer nanzierenden Bank ein probates Mittel ist, um dessen Verhalten in geeigneter Weise zu beeinussen. Dabei wird sich zeigen, dass eine Mindesteigenkapitalanforderung an die Bank dazu in der Lage ist, jeglichen Fehlanreiz des Unternehmers bei der Projektwahl vollständig zu eliminieren. Bevor jedoch dieses zentrale Ergebnis des Abschnitts abgeleitet werden kann, muss zunächst das Modell um eine regulatorische Eigenkapitalnorm erweitert werden. Gemäß der Argumentation des Kapitels E. steht mit dem hier betrachteten Szenario, das durch unvollständige Vertragsbeziehungen und durch mangelnde Verizierbarkeit relevanter Größen gekennzeichnet ist, am ehesten eine nominalwertbasierte Eigenkapitalnorm in Einklang. Es wird daher unterstellt, dass die Bewertung aller Bilanzpositionen, die in der regulatorischen Eigenkapitalquote der Bank enthalten sind, entsprechend der ihnen jeweils zugrunde liegenden Verträge erfolgt. Auf der Aktivseite der Bankbilanz betrit dies die Kreditforderung gegenüber dem Unternehmer, deren Bilanzwert in t = 0 dem Anschaungswert, d. h. dem vertraglich vereinbarten Kreditvolumen L = 1, entspricht, während auf der Passivseite die Verbindlichkeiten gegenüber den Einlegern mit dem vertraglich vereinbarten Einlagennennwert D bewertet werden. Als Bilanzwert des Eigenkapitals folgt somit der Residualbetrag 1 D, sodass für die Eigenkapitalquote k der Bank, die als der Quotient des Bilanzwerts des folgt und mithin Eigenkapitals und der Kreditforderung deniert ist, k = 1D 1 eine Mindesteigenkapitalanforderung b k mit b k 1 zu der Beschränkung: D 1b k
(F.31)
führt. Über diese Beschränkung des in t = 0 vereinbarten Einlagenvolumens hinaus hat b k indes, wie aus dem Kapitel E. bekannt ist, keine Auswirkungen, weil die Bank ggf. erforderliche Wertberichtigungen ihrer Kreditforderungen wegen der fehlenden Verizierbarkeit erst dann vornehmen muss, wenn kein Hold-upProblem mehr zwischen ihr und ihren Finanziers besteht. Ausgehend von diesen Vorüberlegungen soll nun analog zum Vorgehen im vorangegangenen Abschnitt als erster Analyseschritt untersucht werden, wel-
118
F. Eigenkapitalregulierung und unternehmerische Projektwahl
chen Kreditvertrag der Unternehmer wählt, wenn er sich für eine Investition in ein Projekt j entschieden hat. Die sich in diesem Fall ergebenden Teilnahmebedingungen der Banknanziers sowie des Bankiers sind vollkommen identisch zu dem Szenario ohne eine Mindesteigenkapitalanforderung b k. Die Banknanziers stimmen also in t = 0 einer Finanzierung des Unternehmers zu, sofern ihre für t = 1 erwartete Auszahlung zumindest den Betrag 1 + i deckt bzw. sofern gemäß (F.14) für die erwartete Kreditrückzahlung des Unternehmers gilt: 2 (1 + i) D,
(F.32)
und der Bankier ist zu einer Kreditgewährung bereit, wenn er mindestens eine erwartete Entlohnung der Höhe erhält bzw. wenn gemäß (F.16) gilt: 2 + D.
(F.33)
Entsprechend besteht trotz der Regulierung weiterhin der aus Abbildung F.2. bekannte v-förmige Zusammenhang zwischen der Mindestkreditrückzahlung des Unternehmers und dem Einlagenvolumen D. Der Unternehmer würde es somit wie in (F.17) und (F.18) weiterhin präferieren, wenn die Bank für die Kreditrenanzierung Einlagen mit Nennwert: D =1+i
(F.34)
hereinnähme und er wie im Benchmarkfall eine erwartete Kreditrückzahlung der Höhe: =1+i+
(F.35)
leisten würde. Aufgrund dieser Präferenz des Unternehmers folgt für jede Mindesteigenkapitalanforderung b k i, bei der wegen (F.31) ein Einlagenvolumen (F.34) zulässig wäre, direkt: Lemma F.4 Sofern die Bank eine Mindesteigenkapitalquote b k i erfüllen muss, ergeben sich dieselben Verträge wie in dem in Lemma F.3 beschriebenen Fall ohne eine Mindesteigenkapitalquote. Die bloße Einführung einer Eigenkapitalanforderung b k führt also nicht notwendigerweise zu Veränderungen bei der Finanzierung eines Projekts j des Unternehmers. Ist die der Bank auferlegte Anforderung relativ gering mit b k i,
F.4 Projektwahl bei regulierter Bank
119
so liegt die aus b k folgende Restriktion (F.31) für das Einlagenvolumen oberhalb dessen, was die Bank und der Unternehmer im unrestringierten Fall gemäß Lemma F.3 vereinbaren würden. Entsprechend bleibt b k ohne jede Konsequenz für die sich ergebenden Vertragsinhalte. Dies ändert sich jedoch, wenn eine höhere Mindesteigenkapitalanforderung b k > i eingeführt wird. Aus (F.31) folgt dann: D 1b k < 1 + i ,
(F.36)
und eine Finanzierung gemäß (F.34) und (F.35) wird somit in jedem Fall unterbunden, d. h. sie ist selbst dann nicht möglich, wenn die Bank eigentlich wegen eines hinreichend hohen xRL b,j dazu in der Lage wäre, das entsprechende Einlagenvolumen in t = 0 hereinzunehmen. In diesem Fall gilt, da der Unternehmer neben (F.36) weiterhin die aus (F.1) folgende Restriktion D xRL b,j für das Einlagenvolumen zur Vermeidung von Bank-Runs beachten muss: Lemma F.5 Sofern die Bank eine Mindesteigenkapitalquote b k > i erfüllen muss (reg), erhält der Unternehmer für eine Investition in das Projekt j einen Kredit, wenn: o n ¤ £ RL b (F.37) E xRL s,j 1 + i + max 1 + i xb,j , k + i eq erfüllt ist. Für das Kreditrückzahlungsversprechen Hreg des Unternehmers, seine und das von der Bank gewählte Einlagenvoluerwartete Kreditrückzahlung eq reg eq gilt dann:10 men Dreg
b 1. im Fall xRL b,j 1 k: (
RL eq ³ ´ wenn xb,j reg , eq RL RL reg xb,j wenn xb,j < eq + reg ´ ³ k+i , = 1+i+ b
eq Hreg =
eq reg
eq reg xRL b,j
1 j
eq Dreg = 1b k, 10
(F.38) (F.39) (F.40)
des optimalen Einlagenvolumens = min{1 wobei diese mit Gleichheit erfüllt sein muss; damit eq kann dann bestimmt werden, indem ist auch die Bedingung (F.33) erfüllt. Hreg eq reg mit (F.2) gleichgesetzt und nach H aufgelöst wird, und (F.37) folgt aus der £ ¤ eq Anforderung E xRL s,j reg , weil der Unternehmer andernfalls keine hinreichende erwartete Kreditrückzahlung zusichern könnte.
eq reg ergibt sich durch Einsetzen b k, xRL b,j } in die Bedingung (F.32),
eq Dreg
120
F. Eigenkapitalregulierung und unternehmerische Projektwahl
eq /eq reg , Dreg
21 i
1 i kˆ i 1 i W
1 i 1 i W 1 kˆ
/eqreg
> @
1 i xbRL, j
> @
1 i xbRL, j
E S sB, j
E S sEK ,j
> @
kˆ i
> @
kˆ i
E S sB, j E S sEK ,j
eq Dreg
1 kˆ
1 i W
1
xbRL, j
Abb. F.4. Erwartete Kreditrückzahlung und Liquidationswert (mit Regulierung)
b 2. im Fall xRL b,j < 1 k: (F.41)
eq reg
¡ eq ¢ reg xRL b,j , ¡ ¢ = 1 + i + 1 + i xRL b,j ,
eq Dreg
=
(F.43)
eq Hreg = xRL b,j +
xRL b,j .
1 j
(F.42)
In Abhängigkeit vom Projektliquidationswert xRL b,j im schlechten Umweltzustand können somit, analog zu der in Lemma F.3 diskutierten Situation ohne Regulierung, zwei Bereiche unterschieden werden. Dabei wirkt sich die regulatorische Mindesteigenkapitalquote b k, wie in Abbildung F.4. dargestellt, gemäß dem Lemma F.5 ebenso auf die Grenze der beiden Bereiche aus wie auf die sich ergebenden Verträge im ersten Bereich, der durch ein relativ hohes xRL b,j gekennzeichnet ist. b Sofern der Liquidationswert eines Projekts j der Bedingung xRL b,j 1 k genügt, folgt aus (F.1) und (F.36) direkt, dass die Bank wegen der hinreichend hohen Kreditrückzahlung des Unternehmers, die sie auch im schlechten Umweltzustand durchsetzen kann, grundsätzlich zu der Hereinnahme eines höheren Einlagenvolumens als bei b k zulässig in der Lage wäre, ohne einen Bank-Run zu riskieren. Die für die Akteure relevante Restriktion für D folgt also aus b k. Da diese Restriktion (F.36) außerdem unterhalb des aus Unternehmersicht optimalen Niveaus (F.34) liegt, vereinbart er mit der Bank, den bestehenden Spielraum
F.4 Projektwahl bei regulierter Bank
121
hinsichtlich des Einlagenvolumens vollständig auszunutzen. Die Bank nimmt aleq = 1b k herein. Damit so gemäß (F.40) in t = 0 Einlagen mit Nennwert Dreg der Kredit vollständig renanziert werden kann, muss den Eigenkapitalgebern b dann noch eine für t = 1 erwartete Auszahlung E[ EK s,j ] = k + i > zugesichert werden, die gemäß (F.3) mit einer Rente des Bankiers in derselben Höhe verbunden ist, sodass der abgeschlossene Kreditvertrag (F.38) gemäß (F.39) zu einer erwarteten Kreditrückzahlung: ³ ´ ª © RL b eq (F.44) reg = 1 + i + k + i 1 + i + max 1 + i xb,j ,
des Unternehmers führt; diese hängt nicht von xRL b,j ab, wie auch aus dem rechten Bereich der Abbildung F.4. ersichtlich ist. Die Mindesteigenkapitalanforderung b k > i erhöht also, wie ein Vergleich b von (F.22) bzw. (F.25) und (F.44) zeigt, im Fall xRL b,j 1 k die Finanzierungskosten des Unternehmers, indem sie ihn zu einer höheren Zahlung an den Bankier zwingt, als für dessen Bereitschaft zur Teilnahme an der Kreditnanzierung nötig wäre. Sie kann daher auch sinngemäß als eine regulatorische Mindestentlohnung des Bankiers, die über das sich im Wettbewerb ergebende Niveau hinausgeht, aufgefasst werden. Hat das Projekt j im schlechten Umweltzustand hingegen einen geringen Lib quidationswert xRL b,j < 1k, kann die Bank in t = 0 wegen der aus (F.1) folgenden unter keinen Umständen bis zu der durch b k vorgegebenen Bedingung D xRL b,j b Grenze D 1 k Einlagen hereinnehmen. Die vereinbarten Vertragsinhalte verändern sich daher im Vergleich zum unregulierten Szenario nicht, d. h. die Bank eq = xRL nimmt gemäß (F.43) das maximal mögliche Einlagenvolumen Dreg b,j herein und schließt mit dem Unternehmer den Kreditvertrag (F.41) so ab, dass für dessen erwartete Kreditrückzahlung (F.42) gilt: ´ ³ ¡ ¢ RL b eq reg = 1 + i + 1 + i xb,j > 1 + i + k + i . Die Einführung einer Mindesteigenkapitalanforderung b k an die Bank führt also insgesamt nicht dazu, dass die Unterschiede in den Finanzierungskosten zwischen den möglichen Investitionsprojekten vollständig eliminiert werden. Wohl aber führt sie zu einer Verringerung der Unterschiede. Der Grund hierfür liegt in der asymmetrischen Wirkung der Anforderung. Während sie auf jede Projektnanzierung, die ohnehin mit einem relativ hohen Eigenkapitalbedarf bei der Bank und entsprechend überhöhten Renten des Bankiers verbunden ist, keinen
122
F. Eigenkapitalregulierung und unternehmerische Projektwahl
Einuss nimmt, zwingt sie den Unternehmer bei allen anderen Projekten, eine über das eigentlich erforderliche Ausmaß hinausgehende Renanzierung des Kredits über Eigenkapital zuzulassen. Damit stellt die Eigenkapitalanforderung bei den letztgenannten Projekten auch eine zusätzliche Hürde für das Zustandekommen eines Kreditvertrags dar, weil gemäß (F.20) und (F.37) bei jedem Projekt mit: ª £ RL ¤ © 1 + i + max 1 + i xRL b,j , E xs,j
o n b < 1 + i + max 1 + i xRL b,j , k + i
die nun notwendige Kreditrückzahlung des Unternehmers in t = 0 nicht mehr glaubhaft zugesichert werden kann. Eine Erhöhung der Anforderung b k wirkt sich, da sie den Unternehmer zu höheren Rentenzahlungen an den Bankier zwingt, genauso wie eine Erhöhung der vom Bankier geforderten Mindestentlohnung aus. Sie impliziert zum einen, dass sich die Finanzierungskosten der möglichen Projekte weiter angleichen und macht zum anderen bei tendenziell mehr Projektideen eine Finanzierung unmöglich.11 Inwiefern kann die Projektwahl des Unternehmers in t = 0 durch eine Mindesteigenkapitalanforderung an die Bank in gesamtwirtschaftlich gewünschter Weise beeinusst werden? Um diese Frage zu beantworten, sei zunächst an die aus dem vorangegangenen Abschnitt bekannte Proposition F.2 erinnert. Dort wurde als gesamtwirtschaftlich optimales Projekt jenes Projekt j ef f Jnr identiziert, das den höchsten Nettoertrag: max [E [rs,j ] (1 + i)]
jJ nr
aufweist. Ferner wurde dort gezeigt, dass es im unregulierten Fall zu einer vom gesamtwirtschaftlichen Optimum abweichenden Investitionsentscheidung kommen kann, wenn xRL b,j ef f < 1 + i gilt. Die Bank könnte dann bei einem Kredit für das Projekt j ef f gemäß Lemma F.3 lediglich Einlagen mit Nennwert: D = xRL b,j ef f 11
(F.45)
Es bestätigt sich also wiederum der bereits beim Literaturüberblick in Kapitel C. angesprochene negative Zusammenhang zwischen der Höhe der Eigenkapitalanforderung und der Verfügbarkeit von Bankkrediten.
F.4 Projektwahl bei regulierter Bank
123
hereinnehmen, sodass der Unternehmer eine relativ hohe erwartete Kreditrückzahlung: ³ ´ = 1 + i + 1 + i xRL (F.46) b,j ef f leisten müsste und er mithin möglicherweise in eine Projektalternative investiert, RL die zwar geringere Erträge erbringt, jedoch wegen eines höheren xRL b,j > xb,j ef f gleichzeitig zu geringeren Finanzierungskosten führt. Sofern nun der Bank eine Mindesteigenkapitalanforderung b k 1 xRL b,j ef f auferlegt wird, ändert sich an den Konditionen, zu denen der Unternehmer einen Kredit für das gesamtwirtschaftlich optimale Projekt j ef f aufnehmen kann, nichts. Denn für die aus b k folgende Obergrenze des Einlagenvolumens gilt wegen (F.31) in diesem Fall 1 b k xRL b,j ef f , und die Bank würde somit in der in Lemma F.5 beschriebenen Weise trotz der Eigenkapitalanforderung weiterhin Einlagen gemäß (F.45) hereinnehmen und mit dem Unternehmer einen Kreditvertrag abschließen, der zu einer erwarteten Kreditrückzahlung (F.46) führt, wenn er sich für das Projekt j ef f entscheidet. Sein erwarteter Gewinn würde entsprechend: ´ ³ ¤ £ (F.47) E rs,j ef f (1 + i) 1 + i xRL b,j ef f betragen. Eine Veränderung ergibt sich hingegen durch b k bei den anderen Projekten, die der Unternehmer wegen ihres hohen Liquidationswerts xRL b,j ohne Regulierung billiger als j ef f nanzieren kann. Dies gilt zumindest im Fall b k = 1 xRL b,j ef f , in dem die Bank gemäß den Ausführungen in Lemma F.5 auch Kredite für diese Projekte nur noch mit einem Einlagenvolumen D = xRL b,j ef f renanzieren kann. Folglich vermindert sich der Gewinn des Unternehmers, der sich nach der Wahl RL eines Projekts mit xRL b,j > xb,j ef f ergibt, auf: ´ ³ E [rs,j ] (1 + i) 1 + i xRL b,j ef f ,
(F.48)
und da gemäß Proposition F.2 das gesamtwirtschaftlich optimale Projekt j ef f den höchsten erwarteten Ertrag aufweist, folgt aus dem Vergleich von (F.47) und (F.48) direkt: Proposition F.3 Sofern die Bank eine Mindesteigenkapitalquote: b k = 1 xRL b,j ef f
(F.49)
124
F. Eigenkapitalregulierung und unternehmerische Projektwahl
0, 00 0, 01 0, 02 0, 03 0, 04 0, 05
Projekt 1 mit E [rs,1 ] = 1, 15 eq Deq Gewinn reg reg 0, 96 1, 04 0, 11 0, 96 1, 04 0, 11 0, 96 1, 04 0, 11 0, 96 1, 04 0, 11 0, 96 1, 04 0, 11 0, 95 1, 05 0, 10
Projekt 2 mit E [rs,2 ] = 1, 16 eq Deq Gewinn reg reg 0, 96 1, 04 0, 12 0, 96 1, 04 0, 12 0, 96 1, 04 0, 12 0, 96 1, 04 0, 12 0, 96 1, 04 0, 12 0, 95 1, 05 0, 11
Tabelle F.3. Finanzierungskosten und Gewinn des Unternehmers (mit Regulierung)
erfüllen muss, investiert der Unternehmer in das gesamtwirtschaftlich optimale Projekt j ef f . Das Anreizproblem des Unternehmers bei der Projektwahl kann also durch eine in geeigneter Weise ausgestaltete Mindesteigenkapitalanforderung, die der Bank auferlegt wird, vollständig eliminiert werden. Hierzu kommt es, wenn b k so festgelegt wird, dass die Bank grundsätzlich bei keinem Investitionsprojekt dazu in der Lage ist, einen Kredit in stärkerem Maße über Einlagen zu renanzieren als bei dem gesamtwirtschaftlich optimalen Projekt. Der Unternehmer steht dann nicht mehr, wie im unregulierten Fall, vor einem Trade-o zwischen der Höhe seiner Projekterträge einerseits und der Höhe seiner Finanzierungskosten andererseits, d. h. er kann nicht mehr Finanzierungskosten durch einen Verzicht auf Erträge einsparen und hat daher keinen Grund mehr, in ein anderes als in das gesamtwirtschaftlich optimale Projekt zu investieren. Zur Illustration dieses Ergebnisses soll noch einmal auf das aus dem vorangegangenen Abschnitt bekannte Beispiel zurückgegrien werden: Beispiel (2. Fortsetzung) Es sei wiederum das aus dem Beispiel auf S. 111 bzw. S. 116 bekannte Szenario betrachtet, in dem der Unternehmer über zwei Investitionsalternativen verfügt. Es sei zusätzlich angenommen, dass die Bank eine regulatorische Eigenkapitalnorm b k = 0, 04 erfüllen muss, sodass das von ihr hereingenommene Einlagenvolumen der Restriktion D 0, 96 unterliegt. Die sich aus Lemma F.4 bzw. F.5 ggf. ergebenden Inhalte der Finanzierungsverträge beider Projekte sowie die hieraus resultierenden Gewinne des Unternehmers sind in Tabelle F.3. angegeben. Aus der Tabelle wird deutlich, dass der Unternehmer unabhängig von der geforderten Mindestentlohnung des Bankiers aufgrund der Eigenkapitalnorm nun immer eine Investition in das Projekt 2 tätigt; er unter-
F.5 Diskussion
125
liegt mithin nicht mehr wie im unregulierten Fall dem Anreiz, bei einem geringen
auf das gesamtwirtschaftlich nicht gewünschte Projekt 1 auszuweichen. Es sei zum Abschluss dieses Abschnitts noch auf eine weitere Implikation der Proposition F.3 hingewiesen. Aus ihr ergibt sich, dass eine Regulierung, die nach dem One-size-ts-all-Prinzip vorgeht und Banken bei jeder Kreditbeziehung dieselbe Mindesteigenkapitalanforderung auferlegt, nur bedingt zweckmäßig ist. Denn während bei einigen Unternehmern gemäß (F.49) ein relativ hohes b k erforderlich sein kann, damit es nicht zu Fehlanreizen bei ihren Investitionsentscheidungen kommt, führt solch ein hohes b k bei anderen Unternehmen gemäß (F.37) möglicherweise dazu, dass sie für ihr gesamtwirtschaftlich optimales Projekt keinen Kredit mehr aufnehmen können und entsprechend auf eine weniger lohnende Alternative ausweichen müssen. Sofern die Regulierung also ihr volles Potenzial zur Verbesserung der unternehmerischen Investitionsanreize entfalten soll, muss den individuellen Eigenschaften der jeweiligen Projekte in hinreichendem Maße Rechnung getragen werden.
F.5 Diskussion Die Ergebnisse des in diesem Kapitel behandelten Modells deuten insgesamt darauf hin, dass die Leitfrage dieser Arbeit, ob sich Eigenkapitalanforderungen an Banken als Anreizinstrument für banknanzierte Unternehmen eignen, prinzipiell positiv beantwortet werden kann. Denn die Analyse hat gezeigt, dass einerseits Fehlanreize bei der unternehmerischen Projektwahl möglich sind, andererseits jedoch eine geeignete Eigenkapitalregulierung dazu imstande ist, die Fehlanreize zu eliminieren. Es ist für die Diskussion zweckmäßig, noch einmal in grundsätzlicher Form die vier entscheidenden Modellbestandteile zu rekapitulieren, die für dieses Resultat verantwortlich sind. Erster Bestandteil ist ein Unternehmer, dessen Investitionsprojekte in hohem Maße projektspezisches Humankapital erfordern. Der Unternehmer muss deshalb im Zuge einer Projektdurchführung in besonderer Weise durch einen Relationship Lender begleitet werden, weil andernfalls ein zu großes Hold-up-Problem bestünde und eine Finanzierung des Unternehmers ex ante nicht zustande käme. Als zweiter Bestandteil wird ein Hold-up-Problem zwischen dem Relationship Lender und seinen Finanziers benötigt, das ohne geeignete Gegenmaßnahmen zu einer überhöhten Rentenextraktion durch den Relationship
126
F. Eigenkapitalregulierung und unternehmerische Projektwahl
Lender führt. Dritter Bestandteil ist ein gesamtwirtschaftlich optimales Investitionsprojekt des Unternehmers, das ein hohes intermediärspezisches Risiko aufweist. Es ist daher bei diesem Projekt nicht möglich, das Hold-up-Problem im Passivgeschäft des Relationship Lenders durch Einlagen umfänglich zu lösen. Stattdessen wäre es bei diesem Projekt erforderlich, dass der Relationship Lender für einen signikanten Teil seiner Renanzierung Eigenkapital nutzt, was den Kredit aus Unternehmersicht aufgrund der dabei entstehenden übermäßigen Renten des Relationship Lenders verteuern würde. Schließlich besteht der vierte Bestandteil in der Erhältlichkeit einer Projektalternative, die ein geringeres Ausmaß an intermediärspezischem Risiko aufweist und daher zu geringeren Finanzierungskosten für den Unternehmer führt, solange der Relationship Lender keiner Eigenkapitalanforderung unterworfen wird. Ein Indiz dafür, dass die in diesem Kapitel abgeleiteten Ergebnisse robust sind, d. h. das Zusammenspiel der vier genannten Bestandteile unabhängig von dem konkret betrachteten Modellrahmen bereits ausreicht, um sowohl die Existenz eines Anreizproblems bei der unternehmerischen Allokationsentscheidung als auch die ezienzsteigernde Wirkung einer Eigenkapitalregulierung zu begründen, liefert die Analyse von Dietrich und Hauck (2007). Dort werden multinationale Firmen betrachtet, die über Bankkredite Mittel für Investitionszwecke aufnehmen können und dabei über die rmeninterne Allokation der Mittel zwischen ihren in- und ausländischen Produktionsstätten entscheiden müssen. Dietrich und Hauck (2007) zeigen, dass auch bei dieser Entscheidung grundsätzlich ein Trade-o zwischen der allokativen Ezienz und der Höhe der Finanzierungskosten entstehen kann. Denn die Humankapitalspezität ist bei Auslandsinvestitionen potenziell größer als bei möglichen Aktivitäten im Inland, weil für die Produktion im Ausland beispielsweise zusätzliche Kenntnisse über lokale Gegebenheiten erforderlich sind, über die ein inländischer Kreditgeber nicht notwendigerweise verfügt. Bei Vorliegen von Kreditrisiko ist daher die Fähigkeit einer kreditgebenden Bank, sich über Einlagen zu renanzieren, invers mit dem Anteil der Auslandsinvestitionen am Gesamtinvestitionsvolumen verbunden. Dies kann bei international agierenden Unternehmen zu dem Anreiz führen, in inezienter Weise verstärkt im Inland zu investieren. Denn hierdurch vermindert sich der Eigenkapitalbedarf bei der Bankrenanzierung, sodass Finanzierungskosten eingespart werden können. Eine in geeigneter Weise implementierte Eigenkapitalanforderung an die Bank nimmt dann wiederum den Unterneh-
F.5 Diskussion
127
men die Möglichkeit, Finanzierungskosten zulasten möglicher Investitionserträge einzusparen und reizt sie hierdurch zu ezienten Allokationsentscheidungen an (Dietrich und Hauck 2007). Die formale Analyse in diesem Kapitel basierte auf zwei vereinfachenden Annahmen, die jedoch beide nicht kritisch für die abgeleiteten qualitativen Ergebnisse sind. Zum einen wurde angenommen, dass der Unternehmer nur dann eine Finanzierung für eine seiner Projektideen erhalten kann, wenn ein Bank-Run mit Sicherheit ausgeschlossen ist. Wäre stattdessen eine positive Wahrscheinlichkeit eines Bank-Runs zulässig, so würde sich bei einem Kredit für einige Projektideen zwar das Ausmaß der möglichen Einlagenrenanzierung der Bank erhöhen, die grundsätzlichen Finanzierungskostenunterschiede zwischen den Projektideen blieben jedoch bestehen. Somit bestünde auch weiterhin, solange das gesamtwirtschaftlich optimale Projekt ein hinreichend hohes intermediärspezisches Risiko aufweist, ebenso das unternehmerische Anreizproblem bei der Projektwahl wie auch die Möglichkeit, das Anreizproblem durch eine Eigenkapitalanforderung an die Bank zu lösen. Zum anderen wurde angenommen, dass alle Projektideen ausschließlich intermediärspezisches Kreditrisiko aufweisen. Läge außerdem bei einigen oder allen Projekten allgemeines Kreditrisiko vor, so würden sich gemäß der Erkenntnisse aus Abschnitt D.3 die Finanzierungskosten dieser Projekte nicht grundlegend ändern, da dieses zusätzliche Risiko durch geeignete Einlagenverträge absorbiert werden könnte; die grundsätzlichen Ergebnisse hätten somit weiterhin Bestand. Schließlich seien zum Abschluss der Diskussion noch zwei weitere Aspekte angesprochen, die in der bisherigen formalen Analyse nicht berücksichtigt wurden. Beide können einer vollständigen Lösung des unternehmerischen Anreizproblems entgegenstehen, ändern aber nichts an dem qualitativen Ergebnis, dass sich die Regulierung als Instrument zur Verbesserung der Investitionsanreize eines Unternehmers eignet. Anknüpfungspunkt ist dabei jeweils die Beobachtung, dass Eigenkapitalanforderungen an Banken zu einer Umverteilung der Investitionserträge vom Unternehmer hin zum Bankier führen und somit die Gewinne des Unternehmers schmälern. Es wurde erstens bislang von dem Vorhandensein einer Investitionsalternative abstrahiert, die ein relativ geringes Ausmaß an spezischem Humankapital erfordert und die mithin auch ohne Nutzung eines Relationship Lenders direkt über den Kapitalmarkt nanziert werden könnte. Auf solche Alternativen wür-
128
F. Eigenkapitalregulierung und unternehmerische Projektwahl
den Unternehmer möglicherweise ausweichen, wenn zu hohe Eigenkapitalnormen implementiert werden, sodass der Regulator einem Trade-o bei der Festlegung der Norm unterliegt. Denn einerseits impliziert deren sukzessive Erhöhung, dass sich die Unternehmerpräferenzen hinsichtlich aller möglichen Projekte, die intermediär nanziert werden müssen, aus gesamtwirtschaftlicher Sicht verbessern. Andererseits jedoch wächst bei einer sukzessiven Erhöhung der Norm auch die Gefahr, dass auf eine direkt über den Kapitalmarkt nanzierbare Alternative ausgewichen wird. Es wurde außerdem zweitens in der Analyse davon abstrahiert, dass Unternehmen über die Projektwahl hinausgehend weitere Entscheidungen treen müssen, die potenziell durch Eigenkapitalanforderungen tangiert werden. So verfügen Unternehmen z. B. typischerweise nicht, wie in der Analyse unterstellt, per se über verschiedene Projektalternativen, sondern müssen diese im Vorfeld möglicher Investitionen durch entsprechende Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen generieren. Dies führt aus Sicht des Regulators wiederum zu einem Trade-o. Denn während eine Erhöhung der Eigenkapitalnorm weiterhin die Projektauswahl von Unternehmen in gesamtwirtschaftlich gewünschter Weise beeinusst, vermindert sie tendenziell deren Anreize, durch Forschungsaktivitäten Projektalternativen zu entwickeln. Ohne Zweifel ergibt sich speziell aus dieser Frage, wie genau sich Eigenkapitalanforderungen bei Vorliegen solcher mehrdimensionalen Entscheidungsprobleme auf das Unternehmerverhalten auswirken, ein weites Feld für zukünftige Forschungsarbeiten.
G. Eigenkapitalregulierung und unternehmerische Projektdurchführung
Nachdem die Allokationsentscheidungen von banknanzierten Unternehmen in einiger Ausführlichkeit behandelt worden sind, soll in diesem Kapitel nun das unternehmerische Verhalten bei der Durchführung langfristiger Investitionsprojekte untersucht werden. Im Mittelpunkt des Interesses stehen dabei wiederum insbesondere zwei Aspekte. Zum einen wird gefragt, welche grundsätzlichen Anreizwirkungen aus den spezischen Bedingungen resultieren, die im Rahmen einer intermediären Unternehmensnanzierung vorliegen. Zum anderen werden die Implikationen einer Regulierung der Eigenkapitalausstattung von Banken für das Unternehmerverhalten diskutiert. Zum Investitionsverhalten von Unternehmen bei Vorliegen langfristiger Investitionsprojekte ist bereits eine durchaus umfängliche Literatur verfügbar, die sich primär mit möglichen Ursachen von Inezienzen im Zuge der Projektdurchführung befasst. Diese Literatur kann in zwei Gruppen eingeteilt werden. Die erste Gruppe sieht dabei rmeninterne Anreizprobleme, die zwischen dem Management und den Firmeneignern bestehen, als ursächlich für inezientes Verhalten an. Es wird u. a. argumentiert, dass Manager dazu neigen, auf langfristige Ertragschancen zugunsten kurzfristiger Erträge zu verzichten, wenn sie durch diese Erträge dem Arbeitsmarkt ihre Fähigkeiten signalisieren und mithin ihre Karriereaussichten verbessern können (Narayanan 1985a; 1985b; Holmstrom und Ricart I Costa 1986; Bebchuk und Stole 1993). Einen weiteren Erklärungsansatz für Inezienzen bei der Projektdurchführung bieten Shleifer und Vishny (1989) sowie Noe und Rebello (1997). Dort werden Unternehmenseigner betrachtet, die an einer eher kurzfristigen Investitionspolitik interessiert sind, weil sie andernfalls eine zu große Abhängigkeit des Unternehmenserfolgs vom Humankapital des Managements und hierdurch entstehende Hold-up-Probleme fürchten. Die zweite Gruppe der Literatur geht hingegen von Informationsasymmetrien aus, die auf Finanzmärkten bestehen und zu einem inezienten Investitionsverhalten
130
G. Eigenkapitalregulierung und unternehmerische Projektdurchführung
führen können. So zeigen Shleifer und Vishny (1990), dass es durch nicht-rational handelnde Akteure auf den Finanzmärkten zu Bewertungsabschlägen bei langfristigen Investitionsprojekten kommen kann, die den Horizont investitionswilliger Unternehmen verkürzen; ähnlich argumentieren in diesem Zusammenhang auch Stein (1989) und Webb (1993).1 Neben der soeben aufgeführten Literatur, die Besonderheiten einer intermediären Unternehmensnanzierung nicht berücksichtigt, existieren auch einige Arbeiten, die sich mit der Durchführung langfristiger Investitionsprojekte auf Grundlage des Relationship-lending-Ansatzes beschäftigen und deren Hauptergebnisse bereits in Abschnitt C.2 vorgestellt worden sind. Wie dort bereits erwähnt, gehen diese Arbeiten jedoch durchgängig von einer durch Kreditrationierung gekennzeichneten Situation aus. Sie sind daher nur sehr bedingt dazu geeignet, Aussagen zu den Auswirkungen einer intermediären Finanzierung auf die Verhaltensanreize von Unternehmen zu treen. Denn die Kreditrationierungsannahme impliziert, dass ein banknanziertes Unternehmen gezwungen ist, eine möglichst hohe Kreditrückzahlung an die Bank zu gewährleisten. Hiermit geht einher, dass der Unternehmer die Entscheidungsbefugnis über die Frage, wie seine Investition durchgeführt wird, faktisch auf die ihn nanzierende Bank übertragen muss. Bei Kreditrationierung ist der Unternehmer somit passiv, was die Verwendung seines Projekts betrit, sodass die existierende Literatur eher Ergebnisse zu den Verhaltensanreizen einer Bank liefert. In diesem Kapitel wird, um die Unternehmensanreize bei der Projektdurchführung tatsächlich untersuchen zu können, die Annahme einer Kreditrationierungssituation aufgegeben. Die Analyse erfolgt dabei im Rahmen eines Intermediationsmodells, das mit Ausnahme des betrachteten Investitionsprojekts, das nun langfristigen Charakter hat und daher eine dauerhafte Kreditbeziehung zwischen dem Unternehmer und der Bank erfordert, dem aus Kapitel D. bekannten Modell entspricht. Dabei wird sich herausstellen, dass es bei der Projektdurchführung zu Anreizproblemen auf Seiten des Unternehmers kommen kann, deren Ursprung und Eigenschaften ähnlich zu dem Fall der Projektwahl sind. Denn auch bei der Projektdurchführung unterliegen banknanzierte Unternehmen po1
An diese Literatur anknüpfend sind in jüngerer Zeit auch Arbeiten entstanden, die sich mit den Möglichkeiten befassen, den Planungshorizont des Unternehmensmanagements durch eine geeignete Verschuldungsstruktur des Unternehmens zu steuern; siehe hierzu z. B. von Thadden (1995) und Yanagawa (2000).
G.1 Modellrahmen
131
tenziell dem Anreiz, auf langfristige Erträge zu verzichten, wenn sie hierdurch ihre Finanzierungskosten senken können. Als entsprechend ähnlich werden sich auch die Auswirkungen einer Eigenkapitalregulierung herausstellen, die sich wiederum als Anreizinstrument eignet, da sie das Unternehmerverhalten in gesamtwirtschaftlich gewünschter Weise beeinussen kann. Die Untersuchung in diesem Kapitel erfolgt in sechs Schritten: Der erste Abschnitt legt den theoretischen Modellrahmen fest. Der zweite Abschnitt geht danach auf die Beziehung zwischen dem Unternehmer und der Bank ein und fragt in grundsätzlicher Form, welche Auswirkungen ein langfristiger Kreditvertrag auf die am Vertrag beteiligten Akteure hat. Im dritten Abschnitt erfolgt eine Analyse des Benchmarkfalls, bei dem kein Hold-up-Problem im Passivgeschäft der Bank droht. Der vierte bzw. fünfte Abschnitt diskutiert die unternehmerische Projektdurchführung ohne bzw. mit Vorliegen einer Eigenkapitalregulierung, und schließlich werden im sechsten Abschnitt die Ergebnisse diskutiert.
G.1 Modellrahmen Im Mittelpunkt der Analyse steht ein Unternehmer, dem die Möglichkeit offensteht, eine Investition in die Entwicklung einer Produktionstechnologie zu tätigen, mit der dauerhaft Güter produziert werden können und die zwei zentrale Charakteristika hat. Zum einen sind die aus der Vermarktung dieser Güter insgesamt erzielbaren Erträge zwar sicher, ihre zeitliche Verteilung ist jedoch risikobehaftet. Denn im Anfangsstadium der Produktion werden, z. B. aufgrund von neuen Erkenntnissen über die Präferenzen der Nachfrager, möglicherweise Modikationen an der Technologie erforderlich, die mit einem gewissen Zeitaufwand verbunden sind und die Gütervermarktung verzögern, ohne langfristig zu Ertragseinbußen zu führen. Zum anderen wird es mit fortschreitender Nutzungsdauer der Produktionstechnologie zunehmend schwieriger, eine ertragbringende Alternativverwendung für die Technologie zu nden. Der Produktionserfolg hängt also umso stärker vom Humankapital des Unternehmers ab, je länger die Produktion bereits andauert. Um dieses Szenario zu formalisieren, wird eine zweiperiodige Modellökonomie mit drei Zeitpunkten t = 0, 1, 2 betrachtet, in der neben dem Unternehmer noch eine Bank und eine Vielzahl weiterer Wirtschaftssubjekte agiert, wobei alle Akteure risikoneutral sind. Der Unternehmer muss, damit er die Produkti-
132
G. Eigenkapitalregulierung und unternehmerische Projektdurchführung
t
t 1
0
t
T Investition I
s
g
Unternehmer:
Ob r
Unternehmer:
1
1T
Unternehmer: s b
2
Og r Relationship Lender: x RL 0 unskilled Lender: Unternehmer:
1 O r g
Relationship Lender:
0
unskilled Lender:
0
1 Ob r
Relationship Lender: x RL
Relationship Lender:
0
unskilled Lender:
unskilled Lender:
0
0
Abb. G.1. Investitionsprojekt des Unternehmers
onstechnologie nutzen kann, zu Beginn der ersten Periode in t = 0 den Betrag I = 1 investieren. Er verfügt jedoch nicht über eigene Mittel. Die Investition ist daher nur dann möglich, wenn dem Unternehmer in t = 0 ein Kredit von der Bank gewährt wird. Diese ist zwar ebenso wie der Unternehmer mittellos, kann das Kreditvolumen L = 1 aber renanzieren, indem sie den benötigten Betrag von den anderen Akteuren in der Modellökonomie durch die Hereinnahme von Einlagen und Eigenkapital aufnimmt. Es ist nicht nur die Produktionstechnologie erforderlich, damit Güter produziert werden können, sondern auch das Humankapital des Unternehmers. Sofern er dieses in beiden Perioden in die Produktion einbringt, erwirtschaftet der Unternehmer insgesamt einen sicheren Ertrag r, dessen Aufteilung auf die Zeitpunkte t = 1 und t = 2 gemäß der Darstellung in Abbildung G.1. vom Umweltzustand s abhängt. In bekannter Weise tritt dabei entweder ein guter Umweltzustand s = g oder ein schlechter Umweltzustand s = b ein, und die Wahrscheinlichkeit des guten Umweltzustands beträgt . Konkret sei zum einen angenommen, dass für den Anteil s am Gesamtertrag r, den der Unternehmer bereits in t = 1 erwirtschaften kann, g > b gilt. Ist also der gute Umweltzustand eingetreten, so ist in t = 1 der Ertrag g r höher als im schlechten Umweltzustand, während der in t = 2 erzielbare Ertrag wegen (1 g ) r < (1 b ) r in diesem Fall entsprechend niedriger ausfällt. Der Umweltzustand s = g führt also zu einer früheren Realisation der Erträge aus der Güterproduktion und wird aufgrund dieser Eigenschaft als gut aufgefasst. Zum anderen sei angenommen, dass der in t = 0 für t = 1 erwartete Ertrag E [s r] aus der Güterproduktion die Bedingung:
G.1 Modellrahmen
133
E [s r] := g r + (1 ) b r 1
(G.1)
erfüllt, d. h. die erwarteten frühen Erträge decken das Kreditvolumen L = 1. Verzichtet der Unternehmer hingegen in der ersten Periode darauf, sein Humankapital einzubringen, so werden in dieser Periode keine Güter produziert. Die Technologie kann dann bestenfalls am Periodenende in t = 1 einer Alternativverwendung zugeführt werden, die als Liquidation bezeichnet wird. Hierzu ist jedoch neben dem Unternehmer lediglich die Bank in der Lage, da nur sie als Relationship Lender des Unternehmers über die notwendigen Kenntnisse verfügt, während jedem anderen Akteur keine sinnvolle Alternativnutzung der Technologie bekannt ist. Wenn die Produktionstechnologie durch den Unternehmer oder die Bank in t = 1 liquidiert wird, ergibt sich zwar ein unmittelbarer Erlös, jedoch muss dann in allen Folgeperioden auf Erträge verzichtet werden. Die Liquidation kann also beispielsweise als ein Verkauf der Technologie an einen Dritten aufgefasst werden. Der unmittelbare Liquidationserlös würde dann dem Preis entsprechen, den der Käufer entrichtet, und der Kenntnisvorsprung der Bank gegenüber den anderen Akteuren würde in diesem Fall darin bestehen, dass neben dem Unternehmer nur sie hinreichend mit den Marktgegebenheiten vertraut und somit anders als die anderen Akteure dazu imstande ist, einen geeigneten Käufer zu nden. Es sei angenommen, dass bei einer Liquidation in t = 1 der Erlös xRL sicher ist und außerdem in jedem Umweltzustand s die Eigenschaft: s r < xRL < r
(G.2)
aufweist. Die Liquidation erbringt somit zwar kurzfristig einen höheren Erlös als die Güterproduktion, ist aber in langer Frist inezient, da ihr Erlös geringer als der Ertrag r ist, der bei einer kontinuierlichen Güterproduktion möglich wäre. Auch am Ende der zweiten Periode kann, falls sich der Unternehmer zuvor gegen eine Güterproduktion entschieden und sein Humankapital abgezogen hat, die Technologie liquidiert werden. Diese ist jedoch dann bereits relativ lange in Besitz des Unternehmers und entsprechend stark auf dessen spezisches Humankapital zugeschnitten, sodass ohne sein Humankapital nur noch wenige ertragbringende Verwendungsalternativen für die Technologie zur Verfügung stehen. Folglich ist der mögliche Liquidationserlös in t = 2 relativ gering, und er sei aus Gründen der Vereinfachung auf null normiert.
134
G. Eigenkapitalregulierung und unternehmerische Projektdurchführung
Alle weiteren Charakteristika der Modellökonomie ergeben sich vollkommen analog zu den Modellen, die in den vorangegangenen Kapiteln diskutiert wurden. Es sind also wiederum sämtliche Größen nicht durch ein Gericht verizierbar, und ein Abschluss verbindlicher Verträge ist unmöglich. Der zwischen dem Unternehmer und der Bank ggf. vereinbarte Kreditvertrag kann somit lediglich für die beiden Zeitpunkte t = 1 und t = 2 zustandsunabhängige Rückzahlungsversprechen Ht des Unternehmers enthalten, die möglicherweise im Zuge der Kreditbeziehung nachverhandelt werden. Den Wirtschaftssubjekten in der Modellökonomie steht in t = 0 neben der Möglichkeit, der Bank ihre Mittel für die Kreditgewährung zu überlassen, eine Lagerhaltungstechnologie zur Verfügung. Diese erbringt bis zum Zeitpunkt t = 2 wegen i = 0 keine Verzinsung und die Zeitpräferenzrate ist null, sodass die Bank den Kredit nur dann renanzieren kann, wenn sie ihren Einlegern und Eigenkapitalgebern zumindest eine erwartete Gesamtzahlung in Höhe des Kreditvolumens L = 1 zusichert. Ferner fordert der Bankier für seine Leistung als Relationship Lender keine Entlohnung, d. h. es gilt = 0.2
G.2 Kreditvertrag und Nutzungsmodi Die Bestimmung der tatsächlichen Kreditrückzahlung des Unternehmers an die Bank ist, ebenso wie sein Produktionsverhalten, in dem hier betrachteten Szenario einer zweiperiodigen Produktionstechnologie ungleich komplexer als im einperiodigen Fall. Denn die Langfristigkeit der Kreditbeziehung impliziert, dass es nicht nur einmal, sondern zweimal zu Nachverhandlungen über die Inhalte des Kreditvertrags kommen kann; ein Hold-up der Bank durch den Unternehmer droht also sowohl in der ersten als auch in der zweiten Periode. Aus diesem Grund werden nun zunächst die Auswirkungen eines in t = 0 abgeschlossenen Kreditvertrags ermittelt, der für t = 1 eine Rückzahlung H1 und für t = 2 2
Die beiden Normierungen i = = 0 implizieren zwar, dass komparativ statische Betrachtungen im Rahmen der formalen Analyse nicht möglich sind, vereinfachen diese aber erheblich, da sie eine Vielzahl sonst notwendiger Fallunterscheidungen eliminieren. Es wird sich außerdem im Zuge der Analyse zeigen, dass einige fundamentale Analogien zum vorangegangenen Kapitel F. bestehen, sodass durchaus belastbare Aussagen zu den Auswirkungen einer Änderung von i oder getroen werden können. In der Diskussion wird auf diese Frage noch einmal eingegangen.
G.2 Kreditvertrag und Nutzungsmodi
135
eine Rückzahlung H2 des Unternehmers vorsieht. Dann werden die verschiedenen möglichen Nutzungsmodi der zweiperiodigen Produktionstechnologie klassiziert. Da der Unternehmer über eine zweimalige Nachverhandlungsoption verfügt, muss sein Verhalten mithilfe des Rückwärtsinduktionsprinzips abgeleitet werden. Es muss also zunächst das Ergebnis der möglichen Nachverhandlungen zwischen dem Unternehmer und der Bank in der zweiten Periode bestimmt werden. Bevor die Nachverhandlungen ggf. stattnden, sind den Verhandlungsparteien neben dem aktuell im Kreditvertrag enthaltenen Rückzahlungsversprechen für t = 2 zwei weitere Größen bekannt, die das Verhandlungsergebnis potenziell beeinussen. Sie kennen erstens den zuvor eingetretenen Umweltzustand s sowie zweitens die Höhe der seit t = 1 in Besitz des Unternehmers bendlichen Barmittel zs . Dabei sei die Barmittelausstattung zs des Unternehmers für den Moment als gegeben hingenommen; auf ihre Bestimmung wird nachfolgend noch näher eingegangen. Außerdem sei unterstellt, dass der Kreditvertrag in der ersten Periode nicht nachverhandelt wurde und mithin noch das ursprünglich vereinbarte Rückzahlungsversprechen H2 des Unternehmers enthält; auch dies wird im weiteren Verlauf noch begründet. Es wird angenommen, dass der Unternehmer in der zweiten Periode dazu in der Lage ist, der Bank ein Take-it-or-leave-it-Angebot zu unterbreiten. Sofern die Bank das Angebot des Unternehmers ablehnt, kann sie lediglich in t = 2 die im Unternehmen vorhandenen Barmittel zs an sich nehmen, da sie in t = 2 nicht mehr über eine ertragbringende Liquidationsoption verfügt. Damit entspricht zs dem Drohpunkt der Bank in den Nachverhandlungen, und folglich lautet die tatsächliche Kreditrückzahlung des Unternehmers in t = 2: min {H2 , zs } .
(G.3)
Denn während der Unternehmer im Fall H2 > zs in Nachverhandlungen eintritt und sich mit der Bank auf die Alternativrückzahlung zs einigt, wird er im Fall H2 zs auf Nachverhandlungen verzichten und das Rückzahlungsversprechen H2 erfüllen, da die Bank dann kein Angebot akzeptieren würde, das geringer als H2 ist. Nachdem mit (G.3) die tatsächliche Kreditrückzahlung des Unternehmers in der zweiten Periode geklärt worden ist, muss nun auf der Grundlage dieses Ergebnisses, dem Rückwärtsinduktionsprinzip weiter folgend, die erste Periode
136
G. Eigenkapitalregulierung und unternehmerische Projektdurchführung
analysiert werden, in der es ebenfalls zu Nachverhandlungen zwischen dem Unternehmer und der Bank kommen kann. In diese tritt der Unternehmer möglicherweise ein, nachdem der Umweltzustand s bekanntgeworden ist, jedoch bevor Güter produziert worden sind, weil der Unternehmer andernfalls nicht mehr glaubwürdig gegenüber der Bank damit drohen könnte, sein Humankapital nicht einzubringen. Während der ggf. stattndenden Nachverhandlungen verfügt der Unternehmer also über keinerlei Barmittel, weil er in t = 0 das Kreditvolumen L = 1 vollumfänglich investieren musste und noch keine Erträge erwirtschaftet hat. Es sei auch für die Nachverhandlungen in der ersten Periode angenommen, dass der Unternehmer ein Take-it-or-leave-it-Angebot macht, das die Bank entweder annehmen oder ablehnen kann. Entscheidet sie sich für Letzteres, so hat sie in t = 1 die Möglichkeit, die Produktionstechnologie zu liquidieren, was ihr den Erlös xRL erbringen würde. Dieser Drohpunkt der Bank impliziert, dass sich der Unternehmer in der ersten Periode unter keinen Umständen für Nachverhandlungen mit der Bank entscheiden wird. Denn träte er in Nachverhandlungen ein, so müsste er die Technologie in t = 1 liquidieren und den gesamten Liquidationserlös xRL an die Bank abführen, sodass der Unternehmer keinen positiven Gewinn erzielen würde. Dies kann in zwei Schritten begründet werden. Zunächst ist offensichtlich, dass die Bank ein Zahlungsangebot H1 = xRL des Unternehmers akzeptieren würde, das ihrem Drohpunkt entspricht und mit einer Liquidation der Technologie in t = 1 verbunden ist. Wollte der Unternehmer in der ersten Periode hingegen Güter produzieren, so könnte er der Bank für t = 1 lediglich eine Zahlung: H1 s r anbieten, die den Ertrag s r aus der Güterproduktion nicht übersteigt. Für seine zu Beginn der zweiten Periode vorhandenen Barmittel zs , die der Dierenz aus dem Ertrag s r und der Zahlung H1 an die Bank in t = 1 entsprechen, würde dann gelten: zs = s r H1 .
(G.4)
Folglich ergibt sich wegen (G.3) und (G.4) als maximal mögliches glaubwürdiges Kreditrückzahlungsangebot des Unternehmers für t = 2: H2 = s r H1 ,
(G.5)
G.2 Kreditvertrag und Nutzungsmodi
137
und aus der Summe von H1 und (G.5) folgt als maximales Gesamtzahlungsangebot s r, das wegen (G.2) unterhalb des Drohpunkts xRL der Bank liegt und somit nicht akzeptiert würde. Dieses Ergebnis, dass jedweder Nachverhandlungsversuch des Unternehmers in der ersten Periode zu einer vollständigen Liquidation der Technologie führt, ist wenig überraschend, wenn man sich die Charakteristika der Technologie noch einmal vor Augen führt. Denn zum einen wird die Bank in Nachverhandlungen auf einer möglichst frühen Zahlung des Unternehmers bestehen, weil sie aufgrund der im Zeitverlauf schwindenden Liquidationsoption in späteren Perioden nur noch geringe Kreditrückzahlungen durchsetzen könnte. Zum anderen jedoch kann der Unternehmer, da die Güterproduktion eher langfristig Erträge erbringt, in kurzer Frist nur dann hinreichende Zahlungen anbieten, wenn er die Technologie liquidiert. Das Problem liegt also in der fehlenden Synchronität der durchsetzbaren Kreditrückzahlungen des Unternehmers einerseits und der durch die Güterproduktion erzielbaren Erträge andererseits. Weil der Unternehmer gemäß der soeben vorgebrachten Argumente kein Interesse an Nachverhandlungen in der ersten Periode hat, wird er die ursprünglich für t = 1 zugesagte Kreditrückzahlung H1 erfüllen, solange dies irgend möglich ist. Im Fall H1 s r erwirtschaftet er somit durch die Güterproduktion in t = 1 den Ertrag s r, zahlt H1 an die Bank und verfügt entsprechend in t = 1 über Barmittel der Höhe: zs = s r H1 ,
(G.6)
sodass sich als Kreditrückzahlung des Unternehmers an die Bank in t = 2 durch Einsetzen von (G.6) in (G.3) ergibt: min {H2 , s r H1 } .
(G.7)
Im Fall s r < H1 xRL hingegen wird die Technologie vom Unternehmer liquidiert, da er andernfalls in t = 1 mit seiner Kreditrückzahlung in Verzug geriete und die Bank ihr Liquidationsrecht ausüben würde. Folglich lautet seine Barmittelausstattung in t = 1, nachdem er H1 an die Bank gezahlt hat, in diesem Fall: zs = xRL H1 , und er zahlt mithin in t = 2 gemäß (G.3) und (G.8) den Betrag:
(G.8)
138
G. Eigenkapitalregulierung und unternehmerische Projektdurchführung © ª min H2 , xRL H1
(G.9)
an die Bank.3 Aus der Summation von H1 und (G.7) bzw. H1 und (G.9) ergibt sich unmittelbar: Lemma G.1 Sofern die Bank mit dem Unternehmer in t = 0 einen Kreditvertrag abschließt, der für t = 1 ein Kreditrückzahlungsversprechen H1 und für t = 2 ein Kreditrückzahlungsversprechen H2 enthält, gilt: 1. im Fall H1 s r, dass der Unternehmer in beiden Perioden Güter produziert und insgesamt eine Kreditrückzahlung der Höhe: min {H1 + H2 , s r}
(G.10)
an die Bank leistet, 2. im Fall H1 > s r, dass der Unternehmer die Produktionstechnologie in t = 1 liquidiert und insgesamt eine Kreditrückzahlung der Höhe: © ª min H1 + H2 , xRL
(G.11)
an die Bank leistet. Aus dem Vergleich von (G.10) und (G.11) wird zunächst deutlich, dass die Möglichkeit einer dauerhaften Güterproduktion tendenziell mit insgesamt geringeren Kreditrückzahlungen des Unternehmers an die Bank einhergeht. Der Grund hierfür liegt in der zeitlichen Struktur der Erträge aus der Güterproduktion sowie in dem kurzfristigen Horizont der Bank in Nachverhandlungen. Dieser impliziert, dass der Unternehmer nur dann dauerhaft Güter produzieren kann, wenn er für t = 1 ein hinreichend geringes Rückzahlungsversprechen H1 abgibt, das durch die Erträge aus der Produktion gedeckt ist. Über diese Erträge in t = 1 hinausgehend wird der Unternehmer jedoch keine Zahlungen an die Bank leisten, da deren Verhandlungsposition nach t = 1 hierfür zu schwach ist. Ausgehend von Lemma G.1 können außerdem insgesamt drei Nutzungsmodi für die Produktionstechnologie unterschieden werden, die sich jeweils in Abhängigkeit vom anfänglich vereinbarten Kreditvertrag ergeben; einen Überblick 3
Es ist evident, dass jeder Kreditvertrag mit H1 > xRL zu exakt denselben Kreditrückzahlungen des Unternehmers wie ein Kreditvertrag mit H1 = xRL führt. Der Fall H1 > xRL wird daher nachfolgend nicht weiter behandelt.
G.2 Kreditvertrag und Nutzungsmodi
139
Modus
Verhalten des Unternehmers erwarteter s=g s=b Ertrag Periode Periode Periode Periode 1 2 1 2 kl-Modus Produk- Produk- Produk- Produkr tion tion tion tion pl-Modus Produk- Produk- Liquidar + (1 ) xRL tion tion tion vl-Modus LiquidaLiquidaxRL tion tion Tabelle G.1. Eigenschaften der Produktionsmodi
über deren wichtigste Eigenschaften bietet Tabelle G.1. Der erste Nutzungsmodus folgt aus einem Kreditvertrag, der für t = 1 ein Rückzahlungsversprechen H1 b r des Unternehmers enthält. In diesem Modus kommt es unter keinen Umständen zu einer frühzeitigen Liquidation der Produktionstechnologie, d. h. dem Unternehmer ist es immer möglich, in beiden Perioden Güter zu produzieren, sodass sich insgesamt der Ertrag r aus der Technologie ergibt. Dieser Modus wird nachfolgend als kl-Modus (”keine Liquidation”) bezeichnet. Der pl-Modus (”partielle Liquidation”) hingegen ist mit einem im Kreditvertrag vereinbarten H1 (b r, g r] verbunden. Er erlaubt dem Unternehmer nur im guten Umweltzustand eine dauerhafte Nutzung der Technologie für die Güterproduktion und zwingt ihn im schlechten Umweltzustand, die Technologie in t = 1 zu liquidieren. Entsprechend ergibt dieser Modus einen erwarteten Ertrag der Höhe r + (1 ) xRL . Zum dritten möglichen Nutzungsmodus kommt es schließlich im Fall H1 > g r. Der Unternehmer muss die Technologie dann in jedem Fall in t = 1 liquidieren, weswegen dieser Modus als vl-Modus (”vollständige Liquidation”) bezeichnet wird. Die mit den jeweiligen Nutzungsmodi der Produktionstechnologie einhergehenden erwarteten Gesamtkreditrückzahlungen des Unternehmers an die Bank sowie die maximal möglichen erwarteten Gesamtkreditrückzahlungen max können mithilfe von (G.10) und (G.11) bestimmt werden. Dabei gilt: Lemma G.2 Sofern die Bank mit dem Unternehmer in t = 0 einen Kreditvertrag abschließt, der für t = 1 ein Kreditrückzahlungsversprechen H1 und für t = 2 ein Kreditrückzahlungsversprechen H2 enthält, gilt für die erwartete Gesamtkre-
140
G. Eigenkapitalregulierung und unternehmerische Projektdurchführung
ditrückzahlung des Unternehmers und für seine maximal mögliche erwartete Gesamtkreditrückzahlung max : 1. im Fall des kl-Modus (H1 b r): kl = min {H1 + H2 , g r} + (1 ) min {H1 + H2 , b r} , kl max = g r + (1 ) b r = E [s r] ,
(G.12)
2. im Fall des pl-Modus (H1 (b r, g r]): © ª pl = min {H1 + H2 , g r} + (1 ) min H1 + H2 , xRL , RL pl , max = g r + (1 ) x
(G.13)
3. im Fall des vl-Modus (H1 > g r): © ª vl = min H1 + H2 , xRL , RL vl . max = x
(G.14)
Mit dem Lemma sind nun die Auswirkungen des anfänglich vereinbarten Kreditvertrags auf das Produktionsverhalten des Unternehmers ebenso wie die Auswirkungen auf dessen erwartete gesamte Kreditrückzahlung geklärt. Dabei wird zum einen deutlich, dass die Hauptfunktion des Kreditrückzahlungsversprechens H1 für t = 1 in der Festlegung des Nutzungsmodus der Technologie liegt, während die Summe der Rückzahlungsversprechen H1 + H2 zusammen mit dem jeweiligen Nutzungsmodus die Höhe der erwarteten Gesamtkreditrückzahlung determiniert. In der nachfolgenden Analyse kann also anstelle eines Kreditvertrags, der für die beiden Zeitpunkte t = 1 bzw. t = 2 jeweils ein Versprechen H1 bzw. H2 enthält, auch ein Kreditvertrag betrachtet werden, der einen Nutzungsmodus der Technologie (durch geeignete Wahl von H1 ) sowie ein Gesamtrückzahlungsversprechen H := H1 + H2 des Unternehmers festlegt. Zum anderen zeigt sich aus einem Vergleich von (G.12), (G.13) und (G.14), dass wegen (G.1) und (G.2):
pl vl 1 kl max < max < max
(G.15)
gilt, sodass bei jedem Nutzungsmodus eine erwartete Gesamtkreditrückzahlung in Höhe des Kreditvolumens L = 1 geleistet werden kann und ferner ein inverser
G.3 Benchmark
141
Zusammenhang zwischen der Wahrscheinlichkeit einer dauerhaften Güterproduktion und der Höhe der möglichen erwarteten Kreditrückzahlung besteht. Je eher also der gewählte Nutzungsmodus eine Güterproduktion zulässt und den Unternehmer mithin nicht in t = 1 zu einer Liquidation der Produktionstechnologie zwingt, desto geringer ist die mögliche erwartete Zahlung des Unternehmers. Der Grund hierfür liegt in der mangelnden Fähigkeit der Bank, über die in t = 1 realisierten Erträge hinausgehend Zahlungen vom Unternehmer durchzusetzen sowie in der Eigenschaft der Produktionstechnologie, wegen s r < xRL in kurzer Frist durch Güterproduktion geringere Erträge als durch Liquidation zu erbringen. Dieser inverse Zusammenhang zwischen der Güterproduktionswahrscheinlichkeit und der maximalen Gesamtkreditrückzahlung wird in der nachfolgenden Analyse noch eine prominente Rolle spielen.
G.3 Benchmark Ist es möglich, dass sich Hold-up-Probleme bei der Renanzierung von Banken auf die Durchführung langfristiger Investitionsprojekte von banknanzierten Unternehmen auswirken? Um diese Frage beantworten zu können, muss zunächst als Benchmark die unternehmerische Projektdurchführung für den Fall untersucht werden, dass kein Anreizproblem zwischen der ihn nanzierenden Bank und deren Finanziers besteht. Dies soll nun in zwei Schritten geschehen. Es wird zuerst für jeden der drei möglichen Nutzungsmodi der Produktionstechnologie untersucht, welche Eigenschaften der gleichgewichtige Kreditvertrag ggf. hätte. Dann erfolgt mithilfe eines Vergleichs der Verträge und der jeweils möglichen Gewinne des Unternehmers die Bestimmung des insgesamt optimalen Kreditvertrags, den er in t = 0 mit der Bank im Benchmarkfall vereinbart. Wenn der Unternehmer einen bestimmten Nutzungsmodus mod {kl, pl, vl} anstrebt, muss sichergestellt sein, dass er eine hinreichend hohe erwartete Kreditrückzahlung mod leistet, da andernfalls ein Kreditvertrag in t = 0 nicht zustande käme. Weil die Bank annahmegemäß keine Entlohnung für ihre Leistung als Relationship Lender verlangt, muss dabei nur die Teilnahmebedingung der Banknanziers beachtet werden, die wegen des auf i = 0 normierten Alternativzinssatzes in t = 0 nur dann ihre Mittel für den Kredit bereitstellen, wenn sie bis zum Zeitpunkt t = 2 mindestens eine dem Kreditvolumen L = 1 entsprechende Auszahlung erwarten können. Da im Benchmarkfall kein Hold-up-Problem
142
G. Eigenkapitalregulierung und unternehmerische Projektdurchführung
zwischen der Bank und ihren Finanziers besteht, folgt also die Anforderung: mod 1.
(G.16)
Gemäß der Darstellung im vorangegangenen Abschnitt ist jeder Nutzungsmodus mit einem Gesamtertrag verbunden, der nicht von den ansonsten im Kreditvertrag vereinbarten Größen abhängt. Bei einer gegebenen Entscheidung über den Modus will der Unternehmer also seine erwartete Kreditrückzahlung minimieren. Daher ergibt sich unter Berücksichtigung der aus Lemma G.2 bekannten mod : jeweiligen Obergrenze mod max für Lemma G.3 Sofern kein Hold-up-Problem zwischen der Bank und ihren Finanziers besteht und sich der Unternehmer für einen bestimmten Nutzungsmodus mod {kl, pl, vl} der Produktionstechnologie entschieden hat, gilt für seine erwartete Gesamtkreditrückzahlung mod eq :4 mod eq = 1.
(G.17)
Der Unternehmer wird also im Benchmarkfall den Kreditvertrag grundsätzlich so abschließen, dass seine erwartete Gesamtkreditrückzahlung (G.17) genau dem Kreditvolumen L = 1 entspricht und somit gemäß (G.16) gerade ausreicht, um ein Zustandekommen der Finanzierung zu gewährleisten. Dabei ist er in der Wahl des Nutzungsmodus der Produktionstechnologie vollkommen frei, weil wegen (G.15) für jeden denkbaren Modus mod max 1 gilt und mithin die erforderliche Gesamtkreditrückzahlung glaubhaft zugesichert werden kann. Das sich im Gleichgewicht ergebende Verhalten des Unternehmers kann nun für den Benchmarkfall recht einfach bestimmt werden. Da gemäß (G.17) seine Finanzierungskosten unabhängig vom gewählten Nutzungsmodus sind und außerdem alle möglichen Modi zur Wahl stehen, wird sich der Unternehmer für den Modus mit dem höchsten erwarteten Ertrag entscheiden. Weil ferner aus dem vorangegangenen Abschnitt bekannt ist, dass der erwartete Ertrag sich erhöht, 4
Hier und in den nachfolgenden Lemmata bzw. Propositionen werden die in den jeweiligen Kreditverträgen enthaltenen Gesamtkreditrückzahlungsversprechen H mod eq aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht expliziert. Sie können indes analog zum Vorgehen in den vorangegangenen Kapiteln leicht bestimmt werden, indem die gemäß Lemma G.2 zum jeweils betrachteten Modus gehörende erwartete Gesamtkreditrückzahlung mod mit dem jeweils angegebenen mod eq gleichgesetzt und nach H (bzw. H1 + H2 ) aufgelöst wird.
G.4 Projektdurchführung bei unregulierter Bank
143
wenn eine Liquidation der Technologie in t = 1 unwahrscheinlicher wird, folgt direkt: Lemma G.4 Sofern kein Hold-up-Problem zwischen der Bank und ihren Finanziers besteht, gilt für die erwartete Gesamtkreditrückzahlung eq des Unternehmers und für den von ihm gewählten Nutzungsmodus modeq : eq = 1, eq
mod
(G.18)
= kl.
Das Lemma besagt, dass der Unternehmer im Benchmarkfall prinzipiell den kl-Modus wählt. Denn erstens kann er nur bei diesem Modus die Produktionstechnologie unabhängig vom eingetretenen Umweltzustand für die Güterproduktion nutzen, sodass sich aus der Investition der maximal mögliche Ertrag r ergibt, und zweitens besteht keine Notwendigkeit, auf einen anderen Modus auszuweichen, weil der Unternehmer die erforderliche Zahlung (G.18) wegen kl max 1 in jedem Fall trotz des Hold-up-Problems zwischen ihm und der Bank zu versprechen in der Lage ist.
G.4 Projektdurchführung bei unregulierter Bank Bislang wurde von einem Hold-up-Problem im Passivgeschäft der Bank abstrahiert, und es wurde gezeigt, dass ohne dieses zusätzliche Problem eine optimale Nutzung der Produktionstechnologie gewährleistet ist. In diesem Abschnitt wird nun geklärt, wie sich das Unternehmerverhalten im Zuge der Durchführung des Investitionsprojekts ändert, wenn ein Hold-up der Banknanziers durch die Bank nicht per se ausgeschlossen ist, wobei zunächst von regulatorischen Eingrien in die Passivastruktur der Bank abgesehen wird. Um die Analyse vollziehen zu können, müssen zuerst die im Passivgeschäft der Bank genutzten Instrumente explizit in den Modellrahmen eingeführt werden. Dann kann wie im Benchmarkfall der optimale Kreditvertrag für die verschiedenen Nutzungsmodi der Technologie bestimmt und der aus Unternehmersicht optimale Modus ermittelt werden. Hinsichtlich des Instrumentariums, das der Bank in t = 0 für die Vermeidung oder Linderung möglicher Hold-up-Probleme mit ihren Finanziers zur Verfügung steht, seien vollständig die Annahmen übernommen, auf denen die Analyse im
144
G. Eigenkapitalregulierung und unternehmerische Projektdurchführung
vorangegangenen Kapitel F. basierte. Die Bank kann in t = 0 also erstens Einlagen hereinnehmen, die dem First-come-rst-served-Prinzip unterliegen und deren Gesamtnennwert D unter keinen Umständen von der Bank nachverhandelt wird. Die Hereinnahme von Einlagen ist dabei wegen der andernfalls drohenden Gefahr von Bank-Runs durch die kleinstmögliche Gesamtkreditrückzahlung des Unternehmers beschränkt, die sich nach Abschluss eines Kreditvertrags ergeben kann. Auf die genaue Höhe des maximal möglichen Einlagenvolumens, die u. a. von dem gewählten Nutzungsmodus der Produktionstechnologie abhängt, wird unten noch näher eingegangen.5 Die Bank kann die Kreditvergabe an den Unternehmer in t = 0 zweitens über Eigenkapital renanzieren, wobei die Eigenkapitalgeber wegen des fehlenden First-come-rst-served-Prinzips nicht vollumfänglich vor einem Hold-up durch den Bankier geschützt sind. Der Bankier kann mithin Nachverhandlungen über die Aufteilung der Residualerträge der Bank, die der Dierenz aus der Gesamtkreditrückzahlung des Unternehmers und der Auszahlung an die Einleger entsprechen, initiieren. Für diese sei angenommen, dass sie im Ergebnis zu einer hälftigen Teilung der Residualerträge zwischen den Eigenkapitalgebern und dem Bankier führen, sodass für die erwartete Gesamtauszahlung an die Eigenkapitalgeber sowie an den Bankier wie in (F.3) gilt: ¢ ¤ £ ¤ 1 ¡ mod £ D . (G.19) = E B E EK s s = 2 Sofern also der Unternehmer einen bestimmten Nutzungsmodus mod für die Produktionstechnologie anstrebt, lautet die für ihn relevante Teilnahmebedingung der Banknanziers: £ ¤ 1 (G.20) D + E EK s bzw. wegen (G.19): 5
Es wird also bei dem hier unterstellten Einlagenvertrag von der Möglichkeit abstrahiert, dass die Bank wie in Kapitel D. den Einlegern bei Bedarf einen anfangs festgelegten Teil ihrer Kreditforderung übertragen kann. Dies ist zulässig, weil die Produktionstechnologie aus Sicht der Einleger unabhängig vom eingetretenen Umweltzustand s keinen (bzw. einen innitesimal kleinen) Wert hat und mithin die Zahlung der Bank an die Einleger, selbst wenn die Übertragungsoption zusätzlich berücksichtigt würde, weiterhin zustandsunabhängig wäre. Für die Rechtfertigung des Ausschlusses von Bank-Runs kann analog zu der Diskussion in Abschnitt D.4 eine entsprechende Aversion des Bankiers oder eine im Fall von möglichen Runs zu geringe Gesamtkreditrückzahlung des Unternehmers herangezogen werden.
G.4 Projektdurchführung bei unregulierter Bank
mod 2 D.
145
(G.21)
Aus seiner Sicht wäre es also optimal, wenn die Bank den Kredit durch Wahl von: D=1 vollständig über Einlagen renanzieren und er eine erwartete Gesamtkreditrückzahlung der Höhe: mod = 1
(G.22)
leisten würde. Ist dies hingegen wegen der Beschränkung des Einlagenvolumens ausgeschlossen, so präferiert der Unternehmer bei einem gegebenen Nutzungsmomod und leistet dus mod die Wahl des maximal möglichen Einlagenvolumens Dmax dann gemäß (G.21) eine Gesamtkreditrückzahlung: mod , mod = 2 Dmax
(G.23)
bei der die Teilnahmebedingung (G.20) der Banknanziers mit Gleichheit erfüllt ist und der Bankier eine eigentlich nicht erforderliche Rente erhält, die aber immerhin auf dem geringstmöglichen Niveau ist. Wie lautet nun für die drei zur Wahl stehenden Nutzungsmodi das jeweils mod , das die Bank in t = 0 hereinnehzugehörige maximale Einlagenvolumen Dmax men könnte? Eine Antwort auf diese Frage ist mithilfe der Lemmata G.1 und G.2 möglich. Die Lemmata besagen für den kl-Modus, bei dem H1 b r gilt und der Unternehmer unabhängig vom eingetretenen Umweltzustand s Güter produzieren kann, dass gemäß (G.10) die maximal mögliche Gesamtkreditrückzahlung des Unternehmers an die Bank im guten Umweltzustand g r und im schlechten Umweltzustand b r < g r beträgt. Folglich gilt für das maximal mögliche Einlagenvolumen bei diesem Modus: kl = b r. Dmax
(G.24)
Im Fall des pl-Modus hingegen, der mit H1 (b r, g r] und einer Liquidation der Technologie im schlechten Umweltzustand einhergeht, kann der Unternehmer gemäß (G.10) im guten Umweltzustand maximal den Gesamtbetrag g r und im schlechten Umweltzustand gemäß (G.11) maximal den Betrag xRL zahlen. Da
146
G. Eigenkapitalregulierung und unternehmerische Projektdurchführung
ferner aus (G.1) und (G.2) 1 < g r < xRL folgt, gilt somit für das maximale Einlagenvolumen: pl Dmax = g r > 1.
(G.25)
Schließlich ergibt sich für den vl-Modus, bei dem wegen H1 > g r immer liquidiert wird: vl Dmax = xRL > 1.
(G.26)
Somit folgt als optimaler Kreditvertrag bei einer gegebenen Wahl des Nutzungsmodus mod: Lemma G.5 Sofern die Bank keiner Eigenkapitalregulierung unterliegt (nr) und sich der Unternehmer für einen bestimmten Nutzungsmodus mod {kl, pl, vl} der Produktionstechnologie entschieden hat, gilt für die erwartete Gesamtkrediteq des Unternehmers und das von der Bank gewählte Einlarückzahlung mod nr mod eq 6 genvolumen Dnr : 1. im Fall des kl-Modus, falls die Bedingung: kl max = E [s r] 1 + (1 min {1, b r})
(G.27)
eq kl = 1 + (1 min {1, b r}) , nr
(G.28)
erfüllt ist:
kl eq = min {1, b r} , Dnr
2. im Fall des pl-Modus sowie des vl-Modus: eq eq pl = vl = 1, nr nr pl eq Dnr
=
vl eq Dnr
= 1.
(G.29) (G.30)
Aus dem Vergleich des Lemmas mit den in Lemma G.3 enthaltenen Ergebnissen wird zunächst deutlich, dass sich bei einer jeweils gegebenen Wahl des Nutzungsmodus trotz des nun zusätzlich vorhandenen Hold-up-Problems zwischen 6
eq mod eq mod ergibt sich jeweils durch Einsetzen des optimalen Einlagenvolumens Dnr nr in die Bedingung (G.21), wobei diese mit Gleichheit erfüllt sein muss; (G.27) folgt aus kl eq der Anforderung kl max nr , weil der Unternehmer andernfalls keine hinreichende erwartete Kreditrückzahlung zusichern könnte.
G.4 Projektdurchführung bei unregulierter Bank
147
der Bank und den Banknanziers derselbe Kreditvertrag wie im Benchmarkfall ergäbe, wenn b r 1 gilt. Denn in diesem Fall reichen die frühen Erträge aus der Güterproduktion selbst im schlechten Umweltzustand aus, um eine Kreditrückzahlung H1 = 1 zu leisten, sodass unabhängig vom Modus eine vollumfängliche mod eq Renanzierung der Bank über Einlagen durch Wahl von Dnr = 1 möglich ist und damit eine Rentenextraktion durch den Bankier verhindert werden kann. Weist die Produktionstechnologie hingegen die Eigenschaft b r < 1 auf, so ergeben sich für den kl-Modus relativ zum Benchmarkfall zwei Änderungen. Zum einen kann die Bank dann nach Wahl dieses Modus in t = 0 nur noch Einlagen kl eq = b r hereinnehmen, weil der Unternehmer im schlechten mit Nennwert Dnr Umweltzustand keine höhere Gesamtkreditrückzahlung zusichern kann. Folglich wird für die Kreditrenanzierung Eigenkapital der Höhe 1b r benötigt, was zu einer Rente des Bankiers in selbiger Höhe führt und damit die erwartete Gesamteq = 1 + (1 b r) erhöht. Zum anderen liegt kreditrückzahlung (G.28) auf kl nr diese erhöhte Zahlung möglicherweise oberhalb des Betrags kl max , den der Unternehmer insgesamt glaubhaft zu versprechen in der Lage ist, sodass durch das zusätzliche Hold-up-Problem eine Realisierung des kl-Modus unmöglich werden kann. Im Gegensatz dazu ergeben sich beim pl-Modus sowie beim vl-Modus grundsätzlich keinerlei Änderungen zum Benchmarkfall. Denn beide Modi sind zumindest im schlechten Umweltzustand mit einer Liquidation der Technologie verbunden, sodass der Unternehmer in allen möglichen Umweltzuständen eine hinreichend hohe Gesamtkreditrückzahlung versprechen kann und eine vollständige Renanzierung der Bank über Einlagen möglich ist. Bei beiden Modi extrahiert der Bankier somit keine Rente, was jeweils die Vereinbarung derselben Kreditverträge wie im Benchmarkfall ermöglicht. Insgesamt lassen sich somit aus dem Lemma G.5 zwei grundsätzliche Aussagen ableiten. Die Anreizproblematik führt erstens dazu, dass sich die Finanzierung des kl-Modus aus Unternehmersicht relativ zu den anderen Modi tendenziell verteuert. Er muss also nun, wenn er dauerhaft und unabhängig vom Umweltzustand Güter produzieren möchte, möglicherweise zusätzliche Kosten in Kauf nehmen. Zweitens kann es sogar aufgrund der Anreizproblematik unmöglich werden, den kl-Modus zu wählen, sodass der Unternehmer zumindest zu einer Liquidation der Technologie im schlechten Umweltzustand gezwungen wird, da er andernfalls keinen Kredit erhielte.
148
G. Eigenkapitalregulierung und unternehmerische Projektdurchführung
Bevor nun bestimmt wird, für welchen Nutzungsmodus sich der Unternehmer entscheidet, sei zunächst der optimale Modus aus gesamtwirtschaftlicher Sicht charakterisiert. Aus dieser Sicht sind lediglich die Nettoerträge einer Investition relevant. Entsprechend ist gesamtwirtschaftlich gesehen der kl-Modus optimal, gefolgt vom pl-Modus und dem vl-Modus. Damit folgt unter Zugrundelegung des bereits aus dem Abschnitt F.3 bekannten Second-best-Ansatzes, der die bestehenden Hold-up-Probleme und mithin die Bedingung (G.27) für die Verfügbarkeit des kl-Modus als unabänderlich gegeben hinnimmt: Lemma G.6 Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht gilt für den optimalen Nutzungsmodus modef f der Produktionstechnologie: 1. im Fall kl max = E [s r] 1 + (1 min {1, b r}): modef f = kl, 2. im Fall kl max = E [s r] < 1 + (1 min {1, b r}): modef f = pl. Ausgehend von diesem Lemma und mithilfe des Lemmas G.5 kann nun der vom Unternehmer gewählte Nutzungsmodus der Produktionstechnologie sowohl bestimmt als auch gesamtwirtschaftlich beurteilt werden. Zunächst wird aus Lemma G.5 deutlich, dass sich der Unternehmer unter keinen Umständen für den vl-Modus, der in jedem Fall zu einer Liquidation der Produktionstechnologie in t = 1 führen würde, entscheidet. Denn während der vl-Modus gemäß (G.29) mit denselben Finanzierungskosten wie der pl-Modus verbunden ist, führt Letzterer zu höheren Erträgen, da er zumindest im guten Umweltzustand eine Güterproduktion zulässt. Der vl-Modus wird also von dem pl-Modus strikt dominiert. Es muss somit nur noch aus Unternehmersicht der kl-Modus mit dem plModus verglichen werden. Nach Wahl des kl-Modus würde der erwartete Gewinn des Unternehmers: r [1 + (1 min {1, b r})]
(G.31)
lauten, da er durch die Güterproduktion in beiden Perioden den Gesamtertrag r erwirtschaften würde und eine Gesamtkreditrückzahlung gemäß (G.28) leisten müsste. Der pl-Modus hingegen würde ihm, weil er dann im schlechten Umweltzustand die Produktionstechnologie liquidieren und als Gesamtkreditrückzahlung (G.29) leisten müsste, den Gewinn:
G.4 Projektdurchführung bei unregulierter Bank
r + (1 ) xRL 1
149
(G.32)
einbringen. Aus dem Vergleich von (G.31) und (G.32) ergibt sich zusammen mit dem aus Lemma G.5 bekannten Ergebnis, dass der kl-Modus nur dann überhaupt zur Wahl steht, wenn (G.27) erfüllt ist: Proposition G.1 Sofern die Bank keiner Eigenkapitalregulierung unterliegt, gilt für den vom Unternehmer gewählten Nutzungsmodus modeq nr der Produktionstechnologie: ef f , modeq nr = pl 6= mod
falls sowohl: kl max = E [s r] 1 + (1 min {1, b r})
(G.33)
¡ ¢ (1 ) r xRL < 1 min {1, b r}
(G.34)
als auch:
erfüllt ist. Falls hingegen (G.33) oder (G.34) nicht erfüllt ist, gilt:7 ef f modeq . nr = mod
(G.35)
Es ist also möglich, dass sich der Unternehmer für eine vom gesamtwirtschaftlichen Optimum abweichende Projektdurchführung entscheidet. Hierzu kommt es, wenn zwei Voraussetzungen gleichzeitig erfüllt sind. Zum einen muss (G.33) gelten, sodass neben einer Projektdurchführung gemäß dem pl-Modus (sowie dem dominierten vl-Modus) auch der kl-Modus, der insgesamt die höchsten Investitionserträge verspricht und daher gesamtwirtschaftlich optimal ist, verfügbar ist. Zum anderen müssen die beim kl-Modus relativ zum pl-Modus zusätzlich entstehenden Erträge, die der linken Seite von (G.34) entsprechen, geringer als die möglichen zusätzlichen Finanzierungskosten auf der rechten Seite von (G.34) sein. Letztere entstehen, sobald b r < 1 gilt. Die rechte Seite von (G.34) ist dann positiv und hat den Wert 1b r, der nach Wahl des kl-Modus genau dem Eigenkapitalbedarf der Bank bei der Renanzierung und damit der unvermeidbaren 7
Es sei darauf hingewiesen, dass (G.35) zwei mögliche Ausprägungen haben kann. Sofern (G.33) nicht erfüllt ist, gilt gemäß Lemma G.6 modef f = pl und somit modeq nr = pl. Ist hingegen zwar (G.33), nicht aber (G.34) erfüllt, so gilt Lemma G.6 modef f = kl und somit modeq nr = kl.
150
G. Eigenkapitalregulierung und unternehmerische Projektdurchführung
Rente des Bankiers entspricht, die im Fall des pl-Modus nicht anfallen würde. Ist mithin b r hinreichend gering und damit der kl-Modus aus Unternehmersicht hinreichend teuer, so weicht er auf den pl-Modus aus und akzeptiert damit, seine Produktionstechnologie im schlechten Umweltzustand liquidieren zu müssen. Ist hingegen (G.34) nicht erfüllt, so wird der Unternehmer trotz der dabei möglicherweise entstehenden zusätzlichen Finanzierungskosten den kl-Modus wählen, sodass sich aus gesamtwirtschaftlicher Sicht kein Problem ergibt. Gleiches gilt auch, wenn (G.33) nicht erfüllt ist. Der kl-Modus ist dann wegen der zu massiven Hold-up-Probleme bei der Finanzierung außer Reichweite, sodass der Unternehmer den pl-Modus wählt, weil dieser zumindest nach Eintreten des guten Umweltzustands die relativ zur Liquidation lohnendere Güterproduktion erlaubt. Sofern also nicht nur zwischen dem Unternehmer und der Bank, sondern auch zwischen der Bank und deren Finanziers ein Hold-up-Problem besteht und außerdem kein regulatorischer Eingri in die Passivastruktur der Bank erfolgt, kann es aus zwei Gründen abweichend vom Benchmarkfall zu einer vorzeitigen Liquidation der Produktionstechnologie im schlechten Umweltzustand kommen. Der erste Grund ist dabei aus gesamtwirtschaftlicher Sicht akzeptabel; denn es ist zum einen möglich, dass die Hold-up-Probleme bei der Finanzierung so schwer wiegen, dass der Unternehmer zur Wahl des pl-Modus gezwungen wird. Zum anderen ist es aber auch möglich, dass er sich in gesamtwirtschaftlich inakzeptabler Weise aus freien Stücken hierfür entscheidet, um Finanzierungskosten einzusparen. Als Resümee dieses Abschnitts ergibt sich, dass es hinsichtlich der unternehmerischen Durchführung von langfristigen Investitionen zu Anreizproblemen kommen kann, die recht ähnlich zu den Anreizproblemen bei der Projektwahl sind, die in Kapitel F. behandelt wurden. Denn ein Unternehmer ist unter Umständen dazu bereit, auch im Zuge der Projektdurchführung auf mögliche Erträge zu verzichten, wenn er hierdurch in t = 0 Finanzierungskosten in Form von Rentenzahlungen an den Bankier, die eigentlich nicht für dessen Teilnahme am Kreditvertrag erforderlich wären, einsparen kann. Da die Rentenzahlungen jedoch lediglich die Verteilung der Investitionserträge zwischen den Akteuren tangieren und per se keinen Einuss auf die Gesamtertragshöhe haben, sollten sie aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive eigentlich nicht bei der Entscheidung über die Projektdurchführung berücksichtigt werden.
G.5 Projektdurchführung bei regulierter Bank
151
Der Ursprung des Anreizproblems auf Seiten des Unternehmers liegt dabei in den Eigenschaften der langfristigen Produktionstechnologie begründet. Diese erlaubt es einerseits nicht, glaubwürdige Kreditrückzahlungsversprechen auf der Grundlage langfristig entstehender Erträge aus der Investition abzugeben, weil es für die Bank wegen der im Zeitverlauf zunehmenden Spezität der Technologie zunehmend schwieriger wird, solche Zahlungen des Unternehmers tatsächlich durchzusetzen. Andererseits jedoch kann der Unternehmer durch Verzicht auf langfristige Ertragsaussichten kurzfristig höhere Erträge aus der Technologie erzielen. Hierzu hat er insbesondere in schlechten Zeiten, wenn die kurzfristigen Investitionserträge relativ gering wären, einen Anreiz, weil er hierdurch der Bank höhere Kreditrückzahlungen zusichern und dieser eine verstärkte Renanzierung über Einlagen erlauben kann, was für den Unternehmer zu dem Vorteil sinkender Finanzierungskosten führt. Der Unternehmer neigt also dazu, sich bei der Projektdurchführung dem eher kurzfristigen Horizont der Bank anzugleichen.
G.5 Projektdurchführung bei regulierter Bank Die Analyse im vorangegangenen Abschnitt hat gezeigt, dass ein Unternehmer bei seiner Entscheidung über die Durchführung seines langfristigen Investitionsprojekts potenziell einem gesamtwirtschaftlich nicht gewünschten Trade-o zwischen der Höhe der Projekterträge und der Finanzierungskosten unterliegt. Es liegt daher die Vermutung nahe, dass analog zum Fall der Projektwahl eine nominalwertbasierte Eigenkapitalanforderung, die der Bank auferlegt wird, diesen Trade-o eliminieren und den Unternehmer zu dem gewünschten Verhalten bei der Projektdurchführung anreizen kann. Dieser Analogieschluss ist allerdings nur dann zulässig, wenn sich die Auswirkungen einer Eigenkapitalanforderung b k im Rahmen der hier betrachteten langfristigen Kreditbeziehung zwischen der Bank und dem Unternehmer nicht wesentlich von den Auswirkungen unterscheiden, die sich in dem eher kurzfristig orientierten Fall der Projektwahl ergaben. Um dies zu prüfen, sei nun allgemein von einem Kreditvertrag ausgegangen, der in t = 0 abgeschlossen wurde und der anfänglich für t = 1 ein Rückzahlungsver-
152
G. Eigenkapitalregulierung und unternehmerische Projektdurchführung
Aktiva Barmittel Kreditforderung
Passiva H1
Einlagen
min^H 2 ,1`
Eigenkapital
D H1 min^H 2 ,1` D
Abb. G.2. Bilanz der Bank in t = 1 bei Nominalwertbilanzierung
sprechen H1 und für t = 2 ein Rückzahlungsversprechen H2 des Unternehmers enthält, wobei H1 + H2 1 gilt.8 Für den Zeitpunkt t = 0 impliziert dieser Kreditvertrag bei Vorliegen einer nominalwertbasierten Eigenkapitalanforderung b k zunächst, dass für das von der Bank hereinnehmbare Einlagenvolumen D analog zu (F.31) die Obergrenze: D 1b k
(G.36)
gilt. Denn auch die langfristige Kreditforderung der Bank wird in t = 0 mit den Anschaungskosten bilanziert, die dem Kreditvolumen L = 1 entsprechen, sodass bei einem gegebenen Einlagenvolumen D als Bilanzwert des Eigenkapitals b LD = 1D und als Eigenkapitalquote k der Bank mithin k = LD L = 1D k folgt. Im Verlauf der ersten Periode verhandelt der Unternehmer den Kreditvertrag gemäß der Ergebnisse des Abschnitts G.2 unter keinen Umständen nach. Die Bank muss daher in der ersten Periode keine bilanzielle Wertberichtigung der Kreditforderung vornehmen, sodass ihre Eigenkapitalquote k bis t = 1 konstant bleibt. Im Zeitpunkt t = 1 leistet der Unternehmer dann die Kreditrückzahlung H1 . Dies hat bis zu zwei unmittelbare Konsequenzen. Wie in Abbildung G.2. dargestellt, führt die Zahlung erstens zu einer Verlängerung der Bankbilanz, weil die Bank nach Zahlungseingang über Barmittel H1 verfügt. Zweitens wird die Bank jedoch auch zumindest im Fall H2 < 1, in dem die verbleibende Kreditforderung 8
Die Betrachtung eines Vertrags mit H1 + H2 < 1 ist nicht erforderlich, da der Unternehmer dann gemäß der bisherigen Ergebnisse in keinem Fall eine Gesamtkreditrückzahlung leisten würde, die für ein Zustandekommen der Finanzierung ausreicht.
G.5 Projektdurchführung bei regulierter Bank
153
geringer als der ursprüngliche Forderungsbilanzwert L = 1 ist, eine entsprechende Wertberichtigung ihrer Forderung gegenüber dem Unternehmer vornehmen. Für die Eigenkapitalquote der Bank in t = 1 gilt somit: k=
H1 +min{H2 ,1}D , min{H2 ,1}
und sofern (G.36) erfüllt ist, gilt wegen H1 + H2 1: kb k. Hat also die Bank in t = 0 die regulatorisch geforderte Eigenkapitalquote erfüllt, so erfüllt sie diese auch zwingend in t = 1. Ebenfalls nicht zu weiteren Restriktionen durch b k kommt es in der zweiten Periode. Denn es ist zwar möglich, dass die Bank im Verlauf dieser Periode eine Wertberichtigung ihrer Kreditforderung aufgrund eines Hold-ups durch den Unternehmer vornehmen muss. Dies jedoch wird ggf. erst dann erforderlich, wenn ein neues Rückzahlungsversprechen des Unternehmers für t = 2 vereinbart wurde und somit die spezischen Kenntnisse der Bank als Relationship Lender nicht mehr benötigt werden. Entsprechend kann die Bank, wenn sie die Wertberichtigung vornimmt, unbegrenzt neues Eigenkapital hereinnehmen und so die Eigenkapitalanforderung b k erfüllen, weil sie dann nicht mehr die Möglichkeit eines Hold-ups ihrer Finanziers hat. Es kann also konstatiert werden, dass die Mindesteigenkapitalanforderung b k trotz der Langfristigkeit der Kreditbeziehung exakt dieselben Auswirkungen wie in dem kurzfristigen Fall hat, der in Kapitel F. behandelt wurde. Sie führt auch hier lediglich zu einer Begrenzung des in t = 0 hereinnehmbaren Einlagenvolumens, die wie in (F.31) lautet: D 1b k.
(G.37)
Hinsichtlich der Nützlichkeit einer Regulierung ist also tatsächlich ein Analogieschluss zu der in Kapitel F. vorgebrachten Argumentation zulässig, und es kann analog zu der dortigen Proposition F.3 postuliert werden: Proposition G.2 Sofern die Bank eine Mindesteigenkapitalquote: modef f b k = 1 Dnr
eq
(G.38)
erfüllen muss (reg), gilt für den vom Unternehmer gewählten Nutzungsmodus modeq reg der Produktionstechnologie:
154
G. Eigenkapitalregulierung und unternehmerische Projektdurchführung
ef f modeq . reg = mod
Gemäß der Proposition ist eine vollumfängliche Lösung des Anreizproblems, das beim Unternehmer hinsichtlich der Durchführung seines langfristigen Investitionsprojekts besteht, grundsätzlich möglich, indem in geeigneter Weise eine Mindesteigenkapitalanforderung eingeführt wird. Dies kann mithilfe der bislang abgeleiteten Ergebnisse recht leicht in zwei Schritten gezeigt werden. Zunächst sei hierfür der Fall kl max 1+(1 min {1, b r}) betrachtet. Gemäß Lemma G.6 ist dann aus gesamtwirtschaftlicher Sicht der kl-Modus optimal, d. h. es gilt modef f = kl, sodass die Eigenkapitalanforderung (G.38) zusammen mit (G.37) zu der Beschränkung: kl eq D Dnr
(G.39)
führt. Der Unternehmer wird in diesem Fall den kl-Modus wählen, weil er dann denselben Kreditvertrag mit der Bank wie im unregulierten Szenario abschließen kann, das in Lemma G.5 beschrieben wurde und ihn ein Ausweichen auf den plModus oder auf den vl-Modus strikt schlechterstellen würde. Denn wenn er einen dieser beiden Modi wählen würde, könnte zum einen die Bank trotzdem wegen kl eq der Beschränkung (G.39) bestenfalls Einlagen mit Nennwert Dnr hereinnehmen, sodass die Finanzierung aus Sicht des Unternehmers relativ zum kl-Modus nicht billiger wäre. Zum anderen jedoch würde jeder der beiden anderen Modi zu strikt geringeren Erträgen aus der Investition führen, sodass sich sein Gewinn entsprechend vermindern würde. Tritt hingegen der Fall kl max < 1 + (1 min {1, b r}) ein, sodass der klModus nicht verfügbar ist und somit gemäß Lemma G.6 der gesamtwirtschaftlich optimale Nutzungsmodus modef f = pl lautet, so ergibt sich aus (G.37) und (G.38) die Beschränkung: pl eq , D Dnr
wofür wegen (G.30) auch geschrieben werden kann: D 1. In diesem Fall könnte der Unternehmer also trotz der Eigenkapitalnorm weiterhin bei jedem Modus den im unregulierten Fall präferierten Kreditvertrag gemäß Lemma G.5 abschließen, und er wird sich somit auch weiterhin für den gesamtwirtschaftlich gewünschten pl-Modus entscheiden.
G.6 Diskussion
155
G.6 Diskussion In diesem Kapitel wurde den Verhaltensanreizen von banknanzierten Unternehmen bei der Durchführung ihrer langfristigen Investitionsprojekte nachgegangen. Dabei haben sich insgesamt dieselben grundsätzlichen Hypothesen wie bei der in Kapitel F. vollzogenen Analyse der unternehmerischen Projektwahl ergeben. Denn wie auch dort konnten hinsichtlich der Projektdurchführung durch Unternehmen mögliche Fehlanreize identiziert werden, und es konnte gezeigt werden, dass eine Mindesteigenkapitalanforderung dazu genutzt werden kann, die Fehlanreize zu beheben. Als hierfür verantwortlich haben sich, neben dem Vorliegen eines zweistugen Hold-up-Problems im Rahmen der intermediären Unternehmensnanzierung, insbesondere die Charakteristika des betrachteten Investitionsprojekts herausgestellt. Dieses weist zum einen eine im Zeitverlauf steigende Abhängigkeit vom Humankapital des Unternehmers auf und impliziert daher, dass der Bank nur die Übereignung hinreichend frühzeitig entstehender Erträge glaubhaft versprochen werden kann. Zum anderen enthält es die Möglichkeit einer Liquidation, wodurch ein Teil der Erträge unter Preisgabe der zukünftigen Produktivität zeitlich vorgezogen werden kann. Ohne eine Eigenkapitalregulierung nutzt der Unternehmer diese Liquidationsoption möglicherweise in schlechten Zeiten, weil sich so seine Zahlung an die Bank und deren Fähigkeit zur Renanzierung über Einlagen erhöht, sodass die Bank weniger Eigenkapital bei der Renanzierung benötigt und die Finanzierungskosten des Unternehmers sinken. Sofern ein solches Verhalten des Unternehmers aus gesamtwirtschaftlicher Sicht nicht erwünscht ist, kann es unterbunden werden, indem eine Eigenkapitalanforderung eingeführt wird, die eine weitere Grenze für das von der Bank aufgenommene Einlagenvolumen festlegt. In der formalen Analyse wurde aus Gründen der Vereinfachung sowohl von der Existenz eines positiven Alternativzinssatzes i als auch von einer positiven Mindestentlohnung des Bankiers abstrahiert. Da sich jedoch gezeigt hat, dass die grundlegenden Mechanismen beim Fall der Projektdurchführung weitgehend analog zum Fall der Projektwahl wirken, können die in Kapitel F. gewonnenen Erkenntnisse hinsichtlich einer Veränderung von i oder mit einiger Berechtigung übertragen werden. Eine Erhöhung des Alternativzinssatzes i dürfte also tendenziell das Anreizproblem bei der Projektdurchführung verstärken. Denn bei
156
G. Eigenkapitalregulierung und unternehmerische Projektdurchführung
einer gegebenen Fähigkeit der Bank, im Fall des kl-Modus Einlagen hereinzunehmen, geht ein höheres i mit einem höheren Eigenkapitalanteil bei der Bankrenanzierung einher, sodass sich die Finanzierungskostenunterschiede zu den beiden anderen möglichen Modi, bei denen sich nicht notwendigerweise Änderungen ergeben, tendenziell erhöhen und damit einen Verzicht auf den kl-Modus aus Sicht des Unternehmers relativ lohnender wird. Genau eine entgegengesetzte Auswirkung kann hingegen bei einer Erhöhung der Mindestentlohnung des Bankiers erwartet werden, weil dann nach Wahl des kl-Modus zumindest ein Teil der Bankrenanzierung über Eigenkapital erfolgen kann, ohne dass es zu übermäßigen Renten für den Bankier und mithin zu übermäßigen Finanzierungskosten aus Sicht des Unternehmers kommt. Ein höheres wird somit das Anreizproblem des Unternehmers bei der Projektdurchführung eher abschwächen. Zum Abschluss der Diskussion sei noch auf einen interessanten Zusammenhang der Analyse zu den im Rahmen des Basel-II-Akkords vereinbarten Eigenkapitalrichtlinien für Banken hingewiesen. Eine wesentliche Neuerung, die dort relativ zum Basel-I-Akkord umgesetzt wurde, besteht in der sehr viel detaillierten Berücksichtigung von Kreditrisiken bei der Festlegung der geforderten Eigenkapitalquote. Dabei wird es Banken unter bestimmten Voraussetzungen zugestanden, die Risikoermittlung auf der Grundlage interner Ratings selbst vorzunehmen. Im Rahmen dieses sogenannten IRB-Ansatzes spielt neben anderen Größen auch die Kreditausfallwahrscheinlichkeit (Probability of Default) eine prominente Rolle, und es wird gefordert, dass Banken über eine umso höhere Eigenkapitalausstattung verfügen müssen, je höher die Ausfallwahrscheinlichkeit ist (Basler Ausschuss für Bankenaufsicht 2006, S. 52.). Während eine solche Regelung im Hinblick auf die Stabilität einer Bank geboten erscheint, können sich aus ihr möglicherweise unerwünschte Nebeneekte auf das Unternehmerverhalten bei der Projektdurchführung ergeben. Denn in dem hier betrachteten Modellrahmen koinzidiert die Ausfallwahrscheinlichkeit mit der Wahrscheinlichkeit 1 des schlechten Umweltzustands, sofern es in diesem Umweltzustand zu Nachverhandlungen zwischen dem Unternehmer und der Bank kommt und der Unternehmer sein ursprüngliches Kreditrückzahlungsversprechen nicht vollständig erfüllt. Somit folgt zum einen aus der Proposition G.2, dass die optimale Eigenkapitalquote (G.38) nicht von der Ausfallwahrscheinlichkeit abhängt. Aus Ezienzgründen wäre also bei einer steigenden Ausfallwahrscheinlichkeit 1 eine Erhöhung der Mindesteigenkapitalquote nicht
G.6 Diskussion
157
erforderlich. Zum anderen aber würde eine steigende Eigenkapitalanforderung b k tendenziell die Finanzierung für den Unternehmer verteuern. Wegen der durch mod max begrenzten Fähigkeit des Unternehmers, Kreditrückzahlungen glaubhaft zu versprechen, würde dies möglicherweise dazu führen, dass er für einen eigentlich optimalen Nutzungsmodus der Produktionstechnologie keinen Kredit mehr erhält. Der Unternehmer wäre dann aufgrund der erhöhten Eigenkapitalanforderung dazu gezwungen, auf einen inezienteren Modus auszuweichen.
H. Zusammenfassung, Schlussfolgerungen und Ausblick
Im Mittelpunkt dieser Arbeit stand die Frage, ob sich Mindesteigenkapitalanforderungen an Banken aus theoretischer Sicht als Instrument eignen, um das Investitionsverhalten von banknanzierten Unternehmen in einer gesamtwirtschaftlich gewünschten Weise zu beeinussen. In diesem resümierenden Kapitel soll nun zuerst noch einmal kurz der Fortgang der Analyse rekapituliert werden, und es soll eine knappe Zusammenfassung der wichtigsten Hypothesen erfolgen. Hiernach wird darauf eingegangen, inwieweit aus den Ergebnissen wirtschaftspolitische Schlussfolgerungen gezogen werden können, und es folgt dann ein Ausblick, in dem auf weitere Forschungsfragen eingegangen wird, die sich anknüpfend an die im Rahmen dieser Arbeit vollzogene Analyse ergeben. Die Hauptzielsetzung des ersten Teils der Arbeit bestand darin, einen hinreichend umfassenden Überblick über den Stand der theoretischen Forschung zu geben, die sich mit den Implikationen von Eigenkapitalrichtlinien für Banken befasst. Dabei ist zum einen deutlich geworden, dass der Zusammenhang zwischen regulatorischen Eingrien in die Eigenkapitalausstattung von Banken und dem Verhalten von Bankkreditnehmern in der bisherigen Literatur nur sehr wenig Beachtung gefunden hat. Zum anderen ist deutlich geworden, dass sich aus der Vielzahl konkurrierender Ansätze zur Analyse von Banken am ehesten der Relationship-lending-Ansatz für die Untersuchung dieses Zusammenhangs eignet, weil insbesondere dieser Ansatz die Existenz einer intermediären Unternehmensnanzierung über Banken auch dann endogen begründen kann, wenn Mindesteigenkapitalanforderungen vorliegen. Im zweiten Teil der Arbeit wurde dann zunächst auf Grundlage des Relationship-lending-Ansatzes untersucht, welche prinzipielle Bedeutung den verschiedenen Renanzierungsinstrumenten, die einer Bank zur Verfügung stehen, zugeschrieben werden kann. Es hat sich dabei erstens herausgestellt, dass eine ausschließliche Nutzung von Einlagen bei der Bankenrenanzierung möglich ist,
160
H. Zusammenfassung, Schlussfolgerungen und Ausblick
solange entweder keine Kreditrisiken vorliegen oder die Kreditrisiken allgemeine, nicht in der Funktion der Bank als Relationship Lender begründete Ursachen haben. Zweitens ist gezeigt worden, dass bei intermediärspezischem Kreditrisiko eine partielle Renanzierung von Banken über Eigenkapital erforderlich sein kann, weil Eigenkapital zwar zu leistungslosen Informationsrenten des Bankiers führt, jedoch anders als Einlagen nicht mit der Gefahr von Bank-Runs verbunden und daher eher dazu geeignet ist, diese intermediärspezischen Risiken zu absorbieren. Ferner wurde diskutiert, in welcher Form Mindesteigenkapitalanforderungen konsistent in den Relationship-lending-Ansatz integriert werden können, wobei sich insbesondere nominalwertbasierte Anforderungen als geeignet herausgestellt haben, da diese im Gegensatz zu marktwertbasierten Anforderungen nicht auf Größen beruhen, die nicht durch Gerichte veriziert werden können. Schließlich wurde im dritten Teil der in dieser Arbeit eigentlich interessierenden Frage nachgegangen, wie sich die Renanzierungsstruktur von Banken sowie deren Regulierung auf das Verhalten von Unternehmen auswirkt, die bei der Finanzierung ihrer Investitionsprojekte auf Bankkredite angewiesen sind. Dabei hat sich als erstes zentrales Ergebnis gezeigt, dass es bei Abwesenheit einer Regulierung der Passivastruktur von Banken sowohl auf der Ebene der Projektwahl als auch auf der Ebene der Projektdurchführung zu Fehlanreizen kommen kann. Deren Ursprung liegt in einem gesamtwirtschaftlich nicht gewünschten Trade-o eines Unternehmers, der bei seinen Entscheidungen nicht nur die Nettoerträge seiner Investitionen, sondern auch die Höhe seiner Finanzierungskosten berücksichtigt, die positiv davon abhängen, in welchem Maße sich die Bank über Eigenkapital renanzieren muss. Als zweites Ergebnis ist abgeleitet worden, dass die Fehlanreize von Unternehmen grundsätzlich eliminiert werden können, wenn die Renanzierung von Banken durch Mindesteigenkapitalanforderungen reguliert wird. Der gesamten Analyse in dieser Arbeit lag eine strikt mikroökonomische Sichtweise zugrunde, d. h. es wurde stets das Verhältnis von genau einer Bank und genau einem Unternehmer betrachtet. Hierdurch war es möglich, die einzelwirtschaftlichen Verhaltensanreize der an einer intermediären Unternehmensnanzierung beteiligten Akteure eindeutig zu identizieren. Hiermit ging jedoch auch einher, dass mögliche weitere Auswirkungen, die Mindesteigenkapitalanforderungen an Banken z. B. auf das Ausmaß der gesamtwirtschaftlichen Investitionstätigkeit oder auf die Stabilität des Banken- und Finanzsektors haben kön-
H. Zusammenfassung, Schlussfolgerungen und Ausblick
161
nen, ausgeblendet wurden. Die Ergebnisse sollten daher nur mit größter Vorsicht dazu genutzt werden, grundsätzliche wirtschaftspolitische Schlussfolgerungen abzuleiten, und es wäre mithin nicht sachgerecht, diese Arbeit als ein Plädoyer für die prinzipielle Vorteilhaftigkeit einer Eigenkapitalregulierung von Banken zu interpretieren. Stattdessen sollte die Arbeit als ein möglicher Ausgangspunkt für weitergehende Untersuchungen aufgefasst werden, die in stärkerem Maße auch die Makroebene berücksichtigen und dadurch eher dazu geeignet sind, belastbare Aussagen zu den gesamtwirtschaftlichen Implikationen einer Regulierung sowie zu deren optimalen Ausgestaltung zu treen. Aus diesen Anforderungen ergibt sich ein umfänglicher Auftrag für zukünftige Forschungsarbeiten. Diese sollten beispielsweise untersuchen, inwiefern sich das Unternehmerverhalten ändert, wenn die ihn nanzierende Bank weitere Kreditbeziehungen unterhält und somit bei vielen Unternehmen als Kreditgeber fungiert. Auch stellt sich die Frage, wie genau sich die Existenz eines Bankensektors mit einer Vielzahl von Banken, die miteinander im Wettbewerb stehen und über den Interbankenmarkt verbunden sind, auf die Investitionstätigkeit in einer Volkswirtschaft auswirkt. Schließlich wäre eine Abkehr von dem in dieser Arbeit zugrunde gelegten Prinzip wünschenswert, Mindesteigenkapitalanforderungen an Banken als starre Regel aufzufassen, sodass das Verhalten von möglicherweise eigeninteressiert handelnden Regulierungsinstitutionen berücksichtigt werden könnte. Diese drei Fragestellungen stehen exemplarisch für eine Vielzahl von Aspekten, deren Analyse anknüpfend an diese Arbeit lohnenswert erscheint. Hierdurch könnten auch für die gesamtwirtschaftliche Ebene neue Hypothesen generiert werden, sodass letztlich nach einer empirischen Überprüfung dieser Hypothesen die Aussicht bestünde, belastbare wirtschaftspolitische Erkenntnisse zur optimalen Ausgestaltung von regulatorischen Eigenkapitalanforderungen an Banken zu erhalten.
Literaturverzeichnis
Aggarwal, R. und Jacques, K. T. (2001). The impact of FDICIA and prompt corrective action on bank capital and risk: Estimates using a simultaneous equations model, Journal of Banking and Finance 25(6): 1139—1160. Akerlof, G. A. (1970). The market for ’lemons’: Quality uncertainty and the market mechanism, Quarterly Journal of Economics 84(3): 488—500. Allen, F., Carletti, E. und Marquez, R. (2006). Credit market competition and capital regulation, Finance and Economics Discussion Series (FEDS) No. 2006-11, Federal Reserve Board, Washington, D.C. Allen, F., Chui, M. K. F. und Maddaloni, A. (2004). Financial systems in Europe, the USA, and Asia, Oxford Review of Economic Policy 20(4): 490—508. Allen, F. und Gale, D. (2000). Comparing Financial Systems, The MIT Press, Cambridge (Massachusetts). Almazan, A. (2002). A model of competition in banking: Bank capital vs. expertise, Journal of Financial Intermediation 11(1): 87—121. Arrow, K. J. (1964). The role of securities in the optimal allocation of risk-bearing, Review of Economic Studies 31(2): 91—96. Barrios, V. E. und Blanco, J. M. (2003). The eectiveness of bank capital adequacy regulation: A theoretical and empirical approach, Journal of Banking and Finance 27(10): 1935—1958. Barth, J. R., Caprio, G. und Levine, R. (2004). Bank regulation and supervision: What works best?, Journal of Financial Intermediation 13(2): 205—248. Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (1988). International Convergence of Capital Measurement and Capital Standards, Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, Basel. Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (2006). International Convergence of Capital Measurement and Capital Standards: A Revised Framework, Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, Basel. Bê Duc, L., de Bondt, G., Calza, A., Marqués Ibáñez, D., van Rixtel, A. und Scopel, S. (2005). Financing conditions in the euro area, ECB Occasional Papier Series No. 37, Europäische Zentralbank, Frankfurt/Main. Bebchuk, L. A. und Stole, L. A. (1993). Do short-term objectives lead to under- or overinvestment in long-term projects?, Journal of Finance 48(2): 719—729. Berger, A. N., Herring, R. J. und Szegö, G. P. (1995). The role of capital in nancial institutions, Journal of Banking and Finance 19(3-4): 393—430.
164
Literaturverzeichnis
Besanko, D. und Kanatas, G. (1996). The regulation of bank capital: Do capital standards promote bank safety?, Journal of Financial Intermediation 5(2): 160— 183. Bhattacharya, S., Boot, A. W. A. und Thakor, A. V. (1998). The economics of bank regulation, Journal of Money, Credit and Banking 30(4): 745—770. Bichsel, R. und Blum, J. M. (2004). The relationship between risk and capital in swiss commercial banks: A panel study, Applied Financial Economics 14(8): 591—597. Blaschke, S. und Schildbach, S. (2005). Konzernrechnungslegung, in E. Löw (ed.), Rechnungslegung für Banken nach IFRS - Praxisorientierte Einzeldarstellungen, 2 edn, Gabler, Wiesbaden, pp. 309—413. Blum, J. M. (1999). Do capital adequacy requirements reduce risks in banking?, Journal of Banking and Finance 23(5): 755—771. Blum, J. M. (2003). The Impact of Capital Requirements on Banks’ Incentives to Monitor and to Hold Excess Capital, Schweizerische Nationalbank, Zürich. Bolt, W. und Tieman, A. F. (2004). Banking competition, risk and regulation, Scandinavian Journal of Economics 106(4): 783—804. Boot, A. W. und Greenbaum, S. (1993). Bank regulation, reputation and rents: Theory and policy implications, in C. Mayer und X. Vives (eds), Capital Markets and Financial Intermediation, Cambridge University Press, Cambridge, pp. 262—285. Bradley, C. M. und Shibut, L. (2006). The liability structure of FDIC-insured institutions: Changes and implications, FDIC Banking Review 18(2): 1—37. Breuer, W. (1993). Finanzintermediation im Kapitalmarktgleichgewicht, Gabler, Wiesbaden. Breuer, W., Gürtler, M. und Schumacher, F. (2004). Portfoliomanagement I - Grundlagen, 2 edn, Gabler, Wiesbaden. Breuer, W., Gürtler, M. und Schumacher, F. (2006). Portfoliomanagement II - Weiterführende Anlagestrategien, Gabler, Wiesbaden. Brinkmann, E. J. und Horvitz, P. M. (1995). Risk-based capital standards and the credit crunch, Journal of Money, Credit and Banking 27(3): 848—863. Brusco, S. und Panunzi, F. (2005). Reallocation of corporate resources and managerial incentives in internal capital markets, European Economic Review 49(3): 659—681. Bryant, J. (1980). A model of reserves, bank runs, and deposit insurance, Journal of Banking and Finance 4(4): 335—344. Calem, P. und Rob, R. (1999). The impact of capital-based regulation on bank risktaking, Journal of Financial Intermediation 8(4): 317—352. Calomiris, C. W. und Kahn, C. M. (1991). The role of demandable debt in structuring optimal banking arrangements, American Economic Review 81(3): 497—513. Chen, Y. (1999). Banking panics: The role of the rst-come, rst-served rule and information externalities, Journal of Political Economy 107(5): 946—968. Chiappori, P.-A., Perez-Castrillo, D. und Verdier, T. (1995). Spatial competition in the banking system: Localization, cross subsidies and the regulation of deposit rates, European Economic Review 39(5): 889—918. Chiesa, G. (2001). Incentive-based lending capacity, competition, and regulation in banking, Journal of Financial Intermediation 10(1): 28—53.
Literaturverzeichnis
165
Chiuri, M. C., Ferri, G. und Majnoni, G. (2002). The macroeconomic impact of bank capital requirements in emerging economies: Past evidence to assess the future, Journal of Banking and Finance 26(5): 881—904. Coenenberg, A. G. (2005). Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, SchäerPoeschel, Stuttgart. Cooper, R. W. (1999). Coordination Games: Complementarities and Macroeconomics, Cambridge University Press, Cambridge. Cuoco, D. und Liu, H. (2006). An analysis of VaR-based capital requirements, Journal of Financial Intermediation 15(3): 362—394. Dangl, T. und Lehar, A. (2004). Value-at-risk vs. building block regulation in banking, Journal of Financial Intermediation 13(2): 96—131. DeAngelo, H. und Masulis, R. W. (1980). Optimal capital structure under corporate and personal taxation, Journal of Financial Economics 8(1): 3—29. Debreu, G. (1959). Theory of Value: An Axiomatic Analysis of Economic Equilibrium, Yale University Press, New Haven, London. Decamps, J.-P., Rochet, J.-C. und Roger, B. (2004). The three pillars of Basel II: Optimizing the mix, Journal of Financial Intermediation 13(2): 132—155. Demirgüç-Kunt, A. und Detragiache, E. (2002). Does deposit insurance increase banking system stability? An empirical investigation, Journal of Monetary Economics 49(7): 1373—1406. Demirgüç-Kunt, A. und Kane, E. J. (2002). Deposit insurance around the globe: Where does it work?, Journal of Economic Perspectives 16(2): 175—195. Deutsche Bundesbank (2006). Monatsbericht Juni, Frankfurt/Main. Deutsche Bundesbank (2007). Monatsbericht Februar, Frankfurt/Main. Diamond, D. W. (1984). Financial intermediation and delegated monitoring, Review of Economic Studies 51(3): 393—414. Diamond, D. W. (2001). Should banks be recapitalized?, Federal Reserve Bank of Richmond Economic Quarterly 87(4): 71—96. Diamond, D. W. und Dybvig, P. H. (1983). Bank runs, deposit insurance, and liquidity, Journal of Political Economy 91(3): 401—419. Diamond, D. W. und Rajan, R. G. (2000). A theory of bank capital, Journal of Finance 55(6): 2431—2465. Diamond, D. W. und Rajan, R. G. (2001a). Banks and liquidity, American Economic Review 91(2): 422—425. Diamond, D. W. und Rajan, R. G. (2001b). Banks, short term debt, and nancial crisis: Theory, policy implications and applications, Carnegie-Rochester Conference Series on Public Policy 54(1): 37—71. Diamond, D. W. und Rajan, R. G. (2001c). Liquidity risk, liquidity creation and nancial fragility: A theory of banking, Journal of Political Economy 109(2): 287— 327. Dietrich, D. und Hauck, A. (2007). Bank lending, bank capital regulation and eciency of corporate foreign investment, IWH-Diskussionspapiere No. 4, Institut für Wirtschaftsforschung Halle, Halle/Saale.
166
Literaturverzeichnis
Dietrich, D. und Vollmer, U. (2005). Finanzverträge und Finanzintermediation, Gabler, Wiesbaden. Dietrich, D. und Vollmer, U. (2006). Banks’ internationalization strategies: The role of bank capital regulation, IWH-Diskussionspapiere No. 18, Institut für Wirtschaftsforschung Halle, Halle/Saale. Dietrich, D. und Vollmer, U. (2007). Why do banks hold capital in excess of regulatory requirements? A functional approach, DBW - Die Betriebswirtschaft 67(2): 153— 166. Dionne, G. (2003). The foundations of banks’ risk regulation: A review of the literature, CIRPÉE Working Paper 03-46, Centre interuniversitaire sur le risque, les politiques économiques et l’emploi, Montreal. Dothan, U. und Williams, J. (1980). Banks, bankruptcy, and public regulation, Journal of Banking and Finance 4(1): 65—87. Dowd, K. (1996). Costly verication and banking, Oxford Economic Papers 48(4): 601— 617. Dwyer, G. P. und Samartín, M. (2006). Why do banks promise to pay par on demand?, Federal Reserve Bank of Atlanta Working Paper No. 2006-26, Federal Reserve Bank of Atlanta, Atlanta. Ediz, T., Michael, I. und Perraudin, W. (1998). The impact of capital requirements on U.K. bank behaviour, Federal Reserve Bank of New York Economic Policy Review 4(3): 15—22. Eichberger, J. und Harper, I. R. (1997). Financial Economics, Oxford University Press, Oxford, New York. Ennis, H. M. (2003). Economic fundamentals and bank runs, Federal Reserve Bank of Richmond Economic Quarterly 89(2): 55—71. Europäische Zentralbank (2002). Report on Financial Structures, Frankfurt/Main. Europäische Zentralbank (2003). Monthly Bulletin November, Frankfurt/Main. Europäische Zentralbank (2004a). The Monetary Policy of the ECB, Frankfurt/Main. Europäische Zentralbank (2004b). Monthly Bulletin February, Frankfurt/Main. Europäische Zentralbank (2006). EU Banking Structures, Frankfurt/Main. Flannery, M. J. (1989). Capital regulation and insured banks’ choice of individual loan default risks, Journal of Monetary Economics 24(2): 235—258. Flannery, M. J. (1994). Debt maturity and the deadweight cost of leverage: Optimally nancing banking rms, American Economic Review 84(1): 320—331. Furlong, F. T. und Keeley, M. C. (1989). Capital regulation and bank risk taking: A note, Journal of Banking and Finance 13(6): 883—891. Gebhardt, G. und Strampelli, S. (2005). Bilanzierung von Kreditrisiken, Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis 57(6): 507—527. Gennote, G. und Pyle, D. H. (1991). Capital controls and bank risk, Journal of Banking and Finance 15(4-5): 805—824. Gjerde, Ø. und Semmen, K. (1995). Risk-based capital requirements and bank portfolio risk, Journal of Banking and Finance 19(7): 1159—1173. Gorton, G. und Pennacchi, G. (1990). Financial intermediaries and liquidity creation, Journal of Finance 45(1): 49—71.
Literaturverzeichnis
167
Grossman, S. J. und Hart, O. D. (1986). The costs and benets of ownership: A theory of vertical and lateral integration, Journal of Political Economy 94(4): 691—719. Hart, O. D. (1995). Firms, Contracts, and Financial Structure, Oxford University Press, New York. Hart, O. D. und Jaee, D. M. (1974). On the application of portfolio theory to depository nancial intermediaries, Review of Economic Studies 41(125): 129—147. Hart, O. D. und Moore, J. (1988). Incomplete contracts and renegotiation, Econometrica 56(4): 755—785. Hart, O. D. und Moore, J. (1994). A theory of debt based on the inalienability of human capital, Quarterly Journal of Economics 109(4): 841—879. Hauck, A. (2005). Bank capital and non-veriable lending risk. Unveröentlichtes Manuskript; http://www.sgvs.ire.eco.unisi.ch/papers/Hauck_SGVS06.pdf. Heaton, J. B. (2002). Managerial optimism and corporate nance, Financial Management 31(2): 33—45. Heid, F., Porath, D. und Stolz, S. (2004). Does capital regulation matter for bank behaviour? Evidence for german savings banks, Deutsche Bundesbank Discussion Paper Series 2: Banking and Financial Supervision No 03/2004, Deutsche Bundesbank, Frankfurt/Main. Hellmann, T. F., Murdock, K. C. und Stiglitz, J. E. (2000). Liberalization, moral hazard in banking, and prudential regulation: Are capital requirements enough?, American Economic Review 90(1): 147—165. Hellwig, M. (1994). Liquidity provision, banking, and the allocation of interest rate risk, European Economic Review 38(7): 1363—1389. Hirshleifer, J. (1964). Ecient allocation of capital in an uncertain world, American Economic Review 54(3): 77—85. Holmstrom, B. und Ricart I Costa, J. (1986). Managerial incentives and capital management, Quarterly Journal of Economics 101(4): 835—860. Holmstrom, B. und Tirole, J. (1997). Financial intermediation, loanable funds, and the real sector, Quarterly Journal of Economics 112(3): 663—691. Homölle, S. (2004). Bank capital regulation, asset risk, and subordinated uninsured debt, Journal of Economics and Business 56(6): 443—468. Inderst, R. und Müller, H. M. (2003). Internal versus external nancing: An optimal contracting approach, Journal of Finance 58(3): 1033—1062. Jacklin, C. J. (1987). Demand deposits, trading restrictions and risk sharing, in E. D. Prescott und N. Wallace (eds), Contractual Arrangements for Intertemporal Trade, University of Minnesota Press, Minneapolis, pp. 26—47. Jackson, P., Furne, C., Groeneveld, H., Hancock, D., Jones, D., Perraudin, W., Radecki, L. und Yoneyama, M. (1999). Capital requirements and bank behaviour: The impact of the Basle Accord, Basle Committee on Banking Supervision Working Papers No. 1, Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, Basel. Jaee, D. M. und Russell, T. (1976). Imperfect information, uncertainty, and credit rationing, Quarterly Journal of Economics 90(4): 651—666. Jensen, M. C. (1986). Agency costs of free cash ow, corporate nance, and takeovers, American Economic Review 76(2): 323—329.
168
Literaturverzeichnis
Jensen, M. C. (1993). The modern industrial revolution, exit, and the failure of internal control systems, Journal of Finance 48(3): 831—880. Jensen, M. C. und Meckling, W. H. (1976). Theory of the rm: Managerial behavior, agency costs and ownership structure, Journal of Financial Economics 3(4): 305— 360. Kahane, Y. (1977). Capital adequacy and the regulation of nancial intermediaries, Journal of Banking and Finance 1(2): 207—218. Kareken, J. H. und Wallace, N. (1978). Deposit insurance and bank regulation: A partial-equilibrium exposition, Journal of Business 51(3): 413—438. Keeley, M. C. (1990). Deposit insurance, risk, and market power in banking, American Economic Review 80(5): 1183—1200. Keeley, M. C. und Furlong, F. T. (1990). A reexamination of mean-variance analysis of bank capital regulation, Journal of Banking and Finance 14(1): 69—84. Kim, D. und Santomero, A. M. (1988). Risk in banking and capital regulation, Journal of Finance 43(5): 1219—1233. King, R. G. und Levine, R. (1993a). Finance and growth: Schumpeter might be right, Quarterly Journal of Economics 108(3): 717—737. King, R. G. und Levine, R. (1993b). Finance, entrepreneurship and growth: Theory and evidence, Journal of Monetary Economics 32(3): 513—542. Koehn, M. und Santomero, A. M. (1980). Regulation of bank capital and portfolio risk, Journal of Finance 35(5): 1235—1244. Kopecky, K. J. und van Hoose, D. D. (2006). Capital regulation, heterogeneous monitoring costs, and aggregate loan quality, Journal of Banking and Finance 30(8): 2235—2255. Lackman, C. L. (1986). The impact of capital adequacy constraints on bank portfolios, Journal of Business Finance and Accounting 13(4): 587—596. Lam, C. H. und Chen, A. H. (1985). Joint eects of interest rate deregulation and capital requirements on optimal bank portfolio adjustments, Journal of Finance 40(2): 563—575. Landsman, W. R. (2006). Fair value accounting for nancial instruments: Some implications for bank regulation, BIS Working Papers No. 209, Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, Basel. Löw, E. und Lorenz, K. (2005). Ansatz und Bewertung von Finanzinstrumenten, in E. Löw (ed.), Rechnungslegung für Banken nach IFRS - Praxisorientierte Einzeldarstellungen, 2 edn, Gabler, Wiesbaden, pp. 416—604. Lown, C. und Peristiani, S. (1996). The behavior of consumer loan rates during the 1990 credit slowdown, Journal of Banking and Finance 20(10): 1673—1694. Markowitz, H. (1952). Portfolio selection, Journal of Finance 7(1): 77—91. Merton, R. C. (1977). An analytic derivation of the cost of deposit insurance and loan guarantees, Journal of Banking and Finance 1(1): 3—11. Michaelsen, J. B. und Goshay, R. C. (1967). Portfolio selection in nancial intermediaries: A new approach, Journal of Financial and Quantitative Analysis 2(2): 166—199. Miller, M. H. (1977). Debt and taxes, Journal of Finance 32(2): 261—275.
Literaturverzeichnis
169
Mirrlees, J. A. (1976). The optimal structure of incentives and authority within an organization, Bell Journal of Economics 7(1): 105—131. Modigliani, F. und Miller, M. H. (1958). The cost of capital, corporation nance and the theory of investment, American Economic Review 48(3): 261—297. Morrison, A. D. und White, L. (2005). Crises and capital requirements in banking, American Economic Review 95(5): 1548—1572. Myers, S. C. (2000). Outside equity, Journal of Finance 55(3): 1005—1037. Myers, S. C. und Majluf, N. S. (1984). Corporate nancing and investment decisions when rms have information that investors do not have, Journal of Financial Economics 13(2): 187—221. Narayanan, M. P. (1985a). Managerial incentives for short-term results, Journal of Finance 40(5): 1469—1484. Narayanan, M. P. (1985b). Observability and the payback criterion, Journal of Business 58(3): 309—323. Nash, J. (1953). Two-person cooperative games, Econometrica 21(1): 128—140. Noe, T. H. und Rebello, M. J. (1997). Renegotiation, investment horizons, and managerial discretion, Journal of Business 70(3): 385— 407. Peck, J. und Shell, K. (2003). Equilibrium bank runs, Journal of Political Economy 111(1): 103—124. Pyle, D. H. (1971). On the theory of nancial intermediation, Journal of Finance 26(3): 737—747. Rajan, R. G., Servaes, H. und Zingales, L. (2000). The cost of diversity: The diversication discount and inecient investments, Journal of Finance 55(1): 35—80. Ramakrishnan, R. T. S. und Thakor, A. V. (1984). Information reliability and a theory of nancial intermediation, Review of Economic Studies 51(3): 415—432. Repullo, R. (2004). Capital requirements, market power, and risk-taking in banking, Journal of Financial Intermediation 13(2): 156—182. Repullo, R. und Suárez, J. (2004). Loan pricing under basel capital requirements, Journal of Financial Intermediation 13(4): 496—521. Richter, R. (2000). Verträge aus wirtschaftstheoretischer Sicht, in W. Franz, H. Hesse, H. J. Ramser und M. Stadler (eds), Ökonomische Analyse von Verträgen, Mohr Siebeck, Tübingen, pp. 1—24. Richter, R. und Furobotn, E. G. (2003). Neue Institutionenökonomik, 3. edn, Mohr Siebeck, Tübingen. Rime, B. (2001). Capital requirements and bank behaviour: Empirical evidence for Switzerland, Journal of Banking and Finance 25(4): 789—805. Rochet, J.-C. (1992). Capital requirements and the behaviour of commercial banks, European Economic Review 36(5): 1137—1170. Rochet, J.-C. (2004). Macroeconomic shocks and banking supervision, Journal of Financial Stability 1(1): 93—110. Roll, R. (1986). The hubris hypothesis of corporate takeovers, Journal of Business 59(2): 197—216. Ross, S. A. (1973). The economic theory of agency: The principal’s problem, American Economic Review 63(2): 134—139.
170
Literaturverzeichnis
Sakuragawa, M. (2002). Bank’s capital structure under non-diversiable risk, Economic Theory 20(1): 29—45. Salop, S. C. (1979). Monopolistic competition with outside goods, Bell Journal of Economics 10(1): 141—156. Samartín, M. (2001). Banks increase welfare, Financial Markets, Institutions and Instruments 10(5): 203—233. Santomero, A. M. (1984). Modelling the banking rm: A survey, Journal of Money, Credit and Banking 16(4): 576—602. Santos, J. A. C. (2001). Bank capital regulation in contemporary banking theory: A review of the literature, Financial Markets, Institutions and Instruments 10(2): 41— 84. Scharfstein, D. S. und Stein, J. C. (2000). The dark side of internal capital markets: Divisional rent-seeking and inecient investment, Journal of Finance 55(6): 2537— 2564. Schrapf, P. (2002). Handbuch Bankbilanz, IDW, Düsseldorf. Schweizer, U. (1999). Vertragstheorie, Mohr Siebeck, Tübingen. Sharpe, W. F. (1978). Bank capital adequacy, deposit insurance and security values, Journal of Financial and Quantitative Analysis 13(4): 701—718. Sheldon, G. (1996). Capital adequacy rules and the risk-seeking behavior of banks: A rm-level analysis, Swiss Journal of Economics and Statistics 132(4): 709—734. Shleifer, A. und Vishny, R. W. (1989). Management entrenchment: The case of manager-specic investments, Journal of Financial Economics 25(1): 123—139. Shleifer, A. und Vishny, R. W. (1990). Equilibrium short horizons of investors and rms, American Economic Review 80(2): 148—153. Shrieves, R. E. und Dahl, D. (1992). The relationship between risk and capital in commercial banks, Journal of Banking and Finance 16(2): 439—457. Stein, J. C. (1989). Ecient capital markets, inecient rms: A model of myopic corporate behavior, Quarterly Journal of Economics 104(4): 655—669. Stein, J. C. (2002). Information production and capital allocation: Decentralized versus hierarchical rms, Journal of Finance 57(5): 1891—1921. Stein, J. C. (2003). Agency, information and corporate investment, in G. M. Constantinides, M. Harris und R. Stulz (eds), Handbook of the Economics of Finance: Corporate Finance, North-Holland, Amsterdam, pp. 111—163. Stiglitz, J. E. und Weiss, A. (1981). Credit rationing and markets with imperfect information, American Economic Review 71(3): 393—410. Stiglitz, J. E. und Weiss, A. (1983). Incentive eects of terminations: Applications to the credit and labor markets, American Economic Review 73(5): 912—927. Stulz, R. M. (1990). Managerial discretion and optimal nancing policies, Journal of Financial Economics 26(1): 3—27. Suárez, J. (1998). Risk taking and the prudential regulation of banks, Investigaciones Económicas 22(3): 307—336. Sydsæter, K., Strøm, A. und Berck, P. (2005). Economists’ Mathematical Manual, 4. edn, Springer, Berlin, Heidelberg, New York.
Literaturverzeichnis
171
Temzelides, T. (1997). Evolution, coordination, and banking panics, Journal of Monetary Economics 40(1): 163—183. Thies, C. F. und Gerlowski, D. A. (1989). Deposit insurance: A history of failure, Cato Journal 8(3): 677—693. Tobin, J. (1958). Liquidity preference as behavior towards risk, Review of Economic Studies 25(2): 65—86. van Hoose, D. D. (2006). Bank behavior under capital regulation: What does the academic literature tell us?, NFI Working Paper No. 2006-WP-04, Indiana State University, Terre Haute. Vlaar, P. J. G. (2003). Capital requirements and competition in the banking industry, Icfai Journal of Bank Management 2(4): 36—52. Vollmer, U. (2001). Minimum capital adequacy ratios for banks: An obstacle to investment nance of poorly capitalized rms?, Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik 221(5+6): 577—591. von Neumann, J. und Morgenstern, O. (1944). Theory of Games and Economic Behavior, Princeton University Press, Princeton. von Thadden, E.-L. (1995). Long-term contracts, short-term investment and monitoring, Review of Economic Studies 62(4): 557—575. Wagster, J. (1999). The Basel accord of 1988 and the international credit crunch of 1989-1992, Journal of Financial Services Research 15(2): 123—143. Webb, D. C. (1993). The trade-o between cash ow and net present value, Scandinavian Journal of Economics 95(1): 65—75. Weißenberger, B. E., Stahl, A. B. und Vorstius, S. (2004). Die Umstellung auf internationale Rechnungslegungsgrundsätze, Zeitschrift für kapitalmarktorientierte Rechnungslegung 4(1): 5—16. Wheelock, D. C. (1992). Deposit insurance and bank failures: New evidence from the 1920s, Economic Inquiry 30(3): 530—543. Wiese, H. (2005a). Kooperative Spieltheorie, Oldenbourg, München, Wien. Wiese, H. (2005b). Mikroökonomik: Eine Einführung in 379 Aufgaben, 4 edn, Springer, Berlin, Heidelberg, New York. Winton, A. (1995). Delegated monitoring and bank structure in a nite economy, Journal of Financial Intermediation 4(2): 158—187. Yanagawa, N. (2000). Long-term investments and nancial structure, International Review of Finance 1(1): 39—51. Yonetani, T. und Katsuo, Y. (1998). Fair value accounting and regulatory capital requirements, Federal Reserve Bank of New York Economic Policy Review 4(3): 33— 43. Zimmermann, H. (1998). State-Preference-Theorie und Asset Pricing, Physica, Heidelberg. Zwiebel, J. (1996). Dynamic capital structure under management entrenchment, American Economic Review 86(5): 1197—1215.