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German Pages 329 Year 2006
Andreas Spiegel Wachstumsstrategien in der Medienbranche
GABLER EDITION WISSENSCHAFT Schriften zur Unternehmensentwicklung Herausgegeben von Universitatsprofessor Dr. Max J. Ringlstetter
In dieser Schriftenreihe werden aktuelle Forschungsergebnisse im Bereich der Unternehmensentwicklung prasentiert. Die einzelnen Beitrage orientieren sich an Problemen der Fuhrungs- bzw. Managementpraxis. Im Mittelpunkt stehen dabei die Themenfelder Strategie, Organisation und Humanressourcen-Management.
Andreas Spiegel
Wachstumsstrategien in der Medienbranche Wege zum Management medienspezifischer Erfolgsfaktoren
Miteinem Geleitwort von Prof. Dr. Max J. Ringlstetter
Deutscher Universitats-Verlag
Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnetdiese Publikation in der Deutschen Nationaibibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet uber abrufbar.
Dissertation Katholische Universitat Eichstatt-lngolstadt, 2006
I.Auflage September 2006 Alle Rechte vorbehalten © Deutscher Universitats-Verlag I 6WV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006 Lektorat: Brigitte Siegel / Stefanie Loyal Der Deutsche Universitats-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de Das Werk einschlieSlich aller seiner Telle ist urheberrechtlich geschiitzt. Jede Verwertung auSerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fur Vervielfaltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden dijrften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Druck und Buchbinder: Rosch-Buch, ScheSlitz Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN-10 3-8350-0558-8 ISBN-13 978-3-8350-0558-7
MEINER MUTTER
Geleitwort
VII
GELEITWORT In den vergangen Jahren hat sich die Medienbranche grundlegend verandert. Neben traditionell konjunkturabhangigen Erlosstromen wie Werbeeinnahmen und Produkterlosen sieht sich die Branche mit einer strukturbedingten Erlosgefahrdung aufgrund eines sich andemden Kundenverhaltens und sich andemden Kundenbediirfnissen sowie weit reichenden technologischen Veranderungen konfrontiert. Die Branche ist nach einer Boomdekade in eine schmerzhafte Phase der Stagnation gesturzt, die auch mit spektakularen Insolvenzen verbunden war. Die voriiegende Arbeit beschaftigt sich mit der „Wachstumskrise" in den Jahren 2001-2003. Der Verfasser setzt sich intensiv mit der zentralen Herausforderung auseinander, welche Optionen sich zur Gestaltung eines organischen Wachstums auch in Zukunft eignen. Dabei stellt er schon ganz am Anfang klar, dass er damit Wachstum im engeren Sinne meint, sich also nicht mit schillemden Begriffen wie „qualitatives Wachstum" oder ahnliche Phanomene belasten will. MessgroBen sind vielmehr Kategorien wie Umsatz und MarktanteiL Dies ist umso bemerkenswerter, als er sich nicht mit Wachstum bzw. Faktoren, die zu Wachstum fiihren in allgemeiner Form beschaftigen will, sondem diese in spezifischer Weise in der Medienbranche untersuchen will. Die Bewaltigung dieses Unterfangens ist also durchaus mit Herausforderungen verbunden. Aufgrund der vorherrschenden wirtschaftlichen Relevanz traditioneller Medien sowie dem okonomischen Bezug des Themas „Wachstumsstrategien" reiht sich die voriiegende Arbeit vorwiegend in das Forschungsfeld traditioneller Medien aus wirtschaftlicher Perspektive ein. Die Einfiihrung besteht aus einem informativen und konzisen Uberblick zur relevanten vorhandenen Literatur sowie einem ungewohnlich detaillierten und hoch strukturierten Oberblick zum weiteren Gang der Untersuchung. Die voriiegende Arbeit besteht neben Einfiihrung und Schlussbetrachtung im Wesentlichen aus einem „theoretischen" und einem „empirischen" Teil. Im theoretischen Teil setzt sich der Verfasser zunachst in allgemeiner, branchenunabhangiger Form mit dem Phanomen Wachstum auseinander. Im zweiten Kapitel dieses Teils wendet der Verfasser die Erkenntnisse auf die Medienbranche an. Detailliert untersucht werden die Faktoren „Marke", „Qualitat", „Innovation" und „Effizienz". WesentUches Gliederungsinstrument des zweiten „empirischen" Teils der vorliegenden Arbeit ist die in einer Zwischenbetrachtung herausgearbeitete Unterscheidung zwischen „Mikro-" und „Makroanalyse". Im Mittelpunkt der Mikroanalyse steht die Fallstudie zu „Deutschland sucht den Superstar". Die Makroanalyse hat das Ziel, Zusammenhange zwischen den Wachstumsfaktoren und dem Untemehmenswachstum von Medienuntemehmen aufzuzeigen. Basis sind Datenzeitreihen von knapp 250 Medienuntemehmen, die ca. 1/8 des Weltmarktvolumens (2001) reprasentieren und sowohl Regionen als auch Segmente umfassend reprasentieren. Die Analyse der Daten erfolgt auf Basis detailliert dargestellter Hypothesengeriisten und den bekannten statistischen Priifmethoden. Im Schlussabschnitt findet sich eine Zusammenfassung in Form von nach verschiedenen Themengebieten gegliederten „Gestaltungsoptionen".
vill
Geleitwort
Die vorliegende Arbeit dient nicht nur dazu, bestehende Forschungsliicken im Themenfeld des Medienmanagements zu schmalem, sie kann dariiber hinaus auch als wertvoUe Anregung fiir Entscheidungstrager in Medienuntemehmen gesehen werden, um Wachstum im engeren Sinne zu generieren.
Prof. Dr. Max J. Ringlstetter
Vorwort
JX
VORWORT Dieses Buch handelt vom Management der Wachstumsfaktoren Marke, Innovation, Qualitat und Innovation in der Medienbranche. Die aufgeworfene Frage eines Wachstumsmanagements in der Medienbranche ist bislang wenig erforscht. Allgemeine Erkenntnisse aus der Wachstums-, Strategic-, Marketing- und Erfolgsfaktorcnforschung vermogen lediglich Anhaltspunkte zur Erforschung der benannten Faktoren in der Medienbranche zu geben. Arbeiten aus der Medienokonomie oder dem Medienmanagement wiederum haben Fragen des Wachstums bislang nicht oder nur unzureichend diskutiert. Veroffentlichungen zu den Themen Strategic bzw. Wachstumsstrategie sind schr generisch und fUr die Praxis wenig hilfreich. DeutUche ForschungslUcken gibt es demnach auch unter dem Aspekt der Anwendungsorientierung. Das Ziel der vorUegenden Arbeit liegt somit einerseits in einer theoretischen Verkniipfung bestehender Literatur unter dem Aspekt des Wachstumsmanagements in der Medienbranche: Andererseits werden die theoretischen Erkenntnisse in einer empirischen Analyse verdichtet. Hierbei steht vor allem die anwendungsorientierte Konkretisierung der Wachstumsfaktoren im Mittelpunkt, um darauf aufbauend Gestaltungsoptionen fur „Wachstum im engeren Sinne" aufzuzeigen. Die Fertigstellung meiner Arbeit ware ohne die Unterstutzung von vielen verschiedenen Seiten nicht moglich gewesen. Mein erster Dank gilt meinem Doktorvater Herm Prof. Dr. Max J. Ringlstetter, ohne dessen wissenschaftliche und vor allem praxisorientierte Weitsicht und Ermutigung ich mich nicht auf dieses Thema eingelassen hatte. Ich danke ihm fur all die wertvoUen Erfahrungen, die ich wahrend der Zeit an seinem Lehrstuhl habe sammeln diirfen. Fur die (Jbemahme des Zweitgutachtens und die engagierte und konstruktive Priifung meiner Argumentation danke ich Herm Prof. Dr. Anton Burger. Mein weiterer Dank gilt meinem Betreuer aus der Praxis, Herm Dr. Andrej Vizjak. Er hat mich jederzeit bei meinem Projekt unterstutzt und angetrieben. Vor allem danke ich ihm fur die praktischen Erfahmngen, welche ich bei ihm sammeln durfte und welche meine Arbeit maBgeblich pragen. In diesem Zusammenhang mochte ich auch meinem ehemaligen Arbeitgeber, der Untemehmensberatung A.T. Keamey, herzlich danken. Weiterer Dank gilt meinen Interviewpartnem, welche mir wertvolle Einblicke in die Praxis gewahrten. Fine wunderbare Zeit inmitten von Forschung, Lehre und Beratung schenkten mir meine ehemaligen Kollegen am Institut flir Allgemeine BWL, Organisation und Personal der Katholischen Universitat Eichstatt Ingolstadt sowie bei der Untemehmensberatung A.T. Keamey. Besonders hervorheben mochte ich Stephan Kaiser, Bemd Burger, Philipp Bode, Thomas Salditt, Bemhard Resch, Yasmin Fargel, Michael Schuster, Heiko MaaB, Amd Polert, Jan van der Oord, Martin Gerhardt und Stefanie Gregg. All diese kann ich uneingeschrankt und nachdriicklich den Headhuntem und Bemfskommissionen dieser Welt zur Einstellung empfehlen. Besonders hervorheben mochte ich unsere Management Assistentin Walburga Mosburger, welche mit ihren aufmuntemden Worten, ihrer lustigen Art und ihrer Unterstutzung so manchen Stein aus dem Weg raumte. Ein weiterer Dank geht an Tobias Braun, der mir ein wichtiger Sparringspartner bei der Erstellung meiner Dissertation war. Er hat die Arbeit nicht nur korrigiert, sondem mir dariiber
X
Vorwort
hinaus auch wertvolle DenkanstoBe gegeben. Auch meiner Verlobten Elise Grosche mochte ich fiir das zeitintensive Korrekturlesen meiner Dissertation, das meist weit iiber die reine tjberpriifung der orthografischen Richtigkeit hinaus ging, ganz herzlich danken. GroBem Dank bin ich auch meiner Familie verpflichtet. Meinem Bruder Rainer mochte ich dafiir danken, dass er mich in entscheidenden Situationen motivierte, mir fachlich zur Seite stand und mir stets als Vorbild diente. Meinem Bruder Frank danke ich fiir seine groBzugige und schnelle Unterstiitzung in alien Fragen der IT. Vor allem aber mochte ich meiner Mutter danken. Ohne ihre Unterstiitzung und ihren Glauben an mich hatte die Arbeit nicht so reibungslos erstellt werden konnen. Meinem Vater mochte ich - posthum - dafiir danken, dass er mir immer mit leuchtendem Beispiel voranging und mir bis heute als Vorbild dient. Schlussendlich mochte ich mich bei meiner geliebten Verlobten, Elise Grosche, bedanken. Sie ist ein Meister bedingungslosen Tolerierens untolerierbaren Forscherverhaltens und stetiger Quell von Gelassenheit und Lebensfreude. Ihr mochte ich von ganzem Herzen dafiir danken, dass sie mich jederzeit motiviert, aufgebaut und auch immer wieder „in die Welt" zunickgeholt hat.
Andreas Spiegel
Inhaltsverzeichnis
XI
INHALTSVERZEICHNIS ABBILDUNGSVERZEICHNIS
XVII
TABELLENVERZEICHNIS
XIX
ABKURZUNGSVERZEICHNIS
XXI
EINFUHRUNG
I.
1
(1)
Status Quo der Medienbranche
4
(2)
Forschungsstand
8
(3)
Zum weiteren Vorgehen
14
THEORETISCHER TEIL: DIE GRUNDLAGEN DES WACHSTUMS VON MEDIENUNTERNEHMEN 1.1
19
UNTERNEHMENSWACHSTUM ALS VIELSCHICHTIGES OBJEKT INTERDISZIPLINARER FORSCHUNG
19
1.1.1 Die Eingrenzung von Ansdtzen als Herausforderung bei der Identiflkation von Wachstumsfaktoren
20
(1) (2) (3)
Uberblick iiber die Grundmodelle theoretisch-deduktiver Forschung zum Unternehmenswachstum
21
Selektionskriterien zur Identiflkation von Wachstumsfaktoren
24
Problembezug und Erkenntnisbeitrag der einzelnen Wachstumsmodelle
25
1.1.2 Ergdnzende Erkldrungsbeitrage durch die Strategie-, Marketing- und empirische Erfolgsfaktorenforschung (1) (2)
Strategie- und Marketingforschung mit Ansatzpunkten zum Unternehmenswachstum
32
Empirische Erfolgsfaktorenforschung mit Ansatzpunkten zum Unternehmenswachstum
37
1.1.3 Bausteine eines integrierten Bezugrahmens strategischer Wachstumsfaktoren (1) (2)
32
43
Priorisierung und Konkretisierung der identifizierten Wachstumsfaktoren
43
Integration der Wachstumsfaktoren zu einem Bezugsrahmen fur die weiterfuhrende Analyse
53
XII
Inhaltsverzeichnis 1.2
DIE WACHSTUMSFAKTOREN UNTER DEM ASPEKT MEDIENSPEZIHSCHER BESONDERHEITEN
/. 2.1
54
Die Marke als notwendiger und herausfordemder Dijferenzierungsfaktor einer Wachstumsstrategie fur Medienuntemehmen (1)
(2)
Die Marke als Element zur Reduktion von Transaktionsunsicherheiten bei den Marktteilnehmem (a)
Erfahrungsgutcharakter bei Mediengutem
55
Eingeschrankte Marktfahigkeit bei Mediengutem
56
Der Dienstleistungscharakter von Medienprodukten
(b)
60
Probleme beim Markenaufbau fur Dienstleistungen
61
65
Die Okonomisiemng der Medien als Ausloser eines sich wandelnden Qualitatsverstandnisses
66
(a)
Qualitat und publizistisches Niveau
66
(b)
Okonomisiemng und die Zunahme des Wettbewerbs.... 67
Die qualitatsorientierte Produktgestaltung und-bewertung
69
(a)
Die Probleme einer qualitatsorientierten Produktgestaltung
69
(b)
Die Probleme einer qualitatsorientierten Produktbewertung
74
1.2.3 Innovation als notwendiger und herausfordemder Dijferenzierungsfaktor einer Wachstumsstrategie fUr Medienuntemehmen (1)
60
Die Einordnung von Mediengutem als Produkte mit Dienstleistungscharakter
1.2.2 Qualitdt als notwendiger und herausfordemder Differenzierungsfaktor einer Wachstumsstrategie fUr Medienuntemehmen
(2)
54
(b)
(a)
(1)
54
Der Zwang zur Innovation bei Medienprodukten (a) (b) (c)
79 79
Die Verderblichkeit von Medienprodukten als Treiber der Innovation
79
Ansatzpunkte fur Innovationen in der Medienbranche
81
Innovationstypen in der Medienindustrie
82
Inhaltsverzeichnis
xm (2)
Risiko und Risikoreduktion als kontrainnovative Besonderheiten der Medienbranche
83
(a)
Das Risiko bei der Medienproduktion
83
(b) (c)
Risikoreduktionsstrategien bei der Themenvariation Risikoreduktionsstrategien bei der Formatierungsvariation
85
1.2.4 Efflzienz als notwendiger und herausfordemder Dijferenzierungsfaktor einer Wachstumsstrategie fur Medienunternehmen (1)
Die zunehmende Relevanz des Faktors Efflzienz in der Medienindustrie (a) (b)
(2)
94 94
Die Zunahme der Relevanz aufgrund konjunktureller Einflusse
95
Die Zunahme der Relevanz aufgrund struktureller Einflusse
96
Selektive Efflzienz als Einschrankung groBer Rationalisierungspotenziale
98
(a)
Das okonomische Dilemma bei der Medienproduktion
(b)
Rationalisierungsmoglichkeiten bei der Inhaltegenerierung und -aggregation
100
(c)
Rationalisierungsmoglichkeiten bei Inhaltevervielfaltigung und -distribution
101
ZWISCHENBETRACHTUNG (1)
91
Ergebnisse aus der medienspezifischen Analyse der Wachstumsfaktoren
99
...104 104
(2)
Offene Fragen fiir die weiterfUhrende empirische Analyse ..107
(3)
weiteres Vorgehen in der empirischen Analyse
109
XIV II.
Inhaltsverzeichnis EMPIRISCHER TEIL: DIE ANALYSE VON WACHSTUMSFAKTOREN IN DER MEDIENBRANCHE 11.1
113
DIE MIKRO ANALYSE ZUR ANALYSE DER PRAKTISCHEN ANWENDUNG DER MEDIENSPEZINSCHEN WACHSTUMSFAKTOREN 113
11.1.1 Methodisches Vorgehen und Operationalisierung der Fragestellung (1)
(2)
Methoden qualitativer Sozialforschung
113
(a)
Qualitative Sozialforschung in der Mikroanalyse
114
(b)
Die Inhaltsanalyse
119
(c)
Das qualitative Interview
123
Die Entwicklung des Kategorienschemas zur Prazisierung der Wachstumsfaktoren 126
11.1.2 Konkrete Ansatzpunkte zum Management der Wachstumsfaktoren (1)
(2)
113
AUgemeine Analyse: Vorherrschende Trends und Themen in der Medienbranche
130 130
(a)
Die Konkretisierung des Wachstumsfaktors „Marke" in der Medienindustrie
130
(b)
Die Konkretisierung des Wachstumsfaktors „Qualitat"
141
(c)
Die Konkretisierung des Wachstumsfaktors „Innovation"
153
(d)
Die Konkretisierung des Wachstumsfaktors „Effizienz"
161
Spezifische Analyse: Deutschland sucht den Superstar Integration der identifizierten Ansatzpunkte an einem Beispiel
168
(a)
Ausgangssituation, Fragestellung & Ziel der spezifischen Fallstudiendiskussion
168
(b)
Eckdaten zur Fallstudie „Deutschland sucht den Superstar"
169
(c)
Die Diskussion der Wachstumsfaktoren beim DsdSKonzept 174
d)
Der okonomische Erfolg des DsdS-Konzeptes
183
(e)
Fazit zur Fallstudie DsdS
188
Inhaltsverzeichnis II. 2
XV
D I E MAKROANALYSE ZUR ANALYSE VON INTERDEPENDENZEN BEI NACHFRAGESTIMULATION UND EFFIZIENZSTEIGERUNG
II.2.1
Methodisches Vorgehen und Operationalisierung Fragestellung (1)
(2)
189
der
Kennzahlen zur Analyse der Interdependenzen zwischen den Wachstumsfaktoren
190
(a)
Die Auswahl eines geeigneten Kennzahlensystems
190
(b)
Die Detaillierung und Definition der genutzten Kennzahlen
194
Datengewinnung, Stichprobe und eingesetzte statistische Verfahren
200
(a)
Datengewinnung und -aufbereitung
201
(b)
Zusammensetzung und Reprasentativitat der Stichprobe
204
Eingesetzte statistische Auswertungsverfahren
206
(c)
//. 2.2 Analyse der Kennzahlen von Medienunternehmen (1)
Die sachlogische Erorterung moglicher Zusammenhange zwischen den Kennzahlen und der Wachstumsrate von Medienunternehmen (a) (b)
(2)
189
Die sachlogische Zuordnung der Wachstumsfaktoren zu den einzelnen Kennzahlen
211
211 211
Die Konkretisierung des Wachstums fur die Analyse . 222
Die statistische Auswertung der potenziellen Zusammenhange
223
(a)
Basisinformationen zur Beurteilung der Ergebnisse.... 223
(b)
Vorbereitende statistische Tests
226
(c)
Die Analyse der Umsatzgewinnrate
226
(d)
Die Analyse des Kapitalumschlags
232
(e)
Die Analyse des Financial Leverage
236
(f)
Die Erklarung von Wachstum durch eine simultane Betrachtung der Einflussvariablen
239
XVI III.
Inhaltsverzeichnis FAZIT UND AUSBLICK
(1)
(2)
243
Gestaltungsoptionen fUr das Management auf Basis der vorliegenden Erkenntnisse
243
(a)
Gestaltungsoptionen fiir das Markenmanagement
244
(b)
Gestaltungsoptionen fiir das Qualitatsmanagement
246
(c)
Gestaltungsoptionen fiir das Innovationsmanagement
247
(d)
Gestaltungsoptionen zur Effizienzsteigerung
248
(e)
Interdependenzen zwischen den Wachstumsfaktoren.. 249
Kritische Anmerkungen und der Neuigkeitswert der Arbeit
250
LiTERATURVERZEICHNIS
253
ANHANG A: QUELLENVERZEICHNIS DER MiKROANALYSE
275
ANHANG B : INTERVIEWLEITFADEN 1 FtJR DIE EXPERTENINTERVIEWS
275
ANHANG C : INTERVIEWLEITFADEN 2 FUR DIE EXPERTENINTERVIEWS
278
ANHANG D: INTERVIEWPARTNER FUR EXPERTENINTERVIEWS
285
ANHANG E: EiNBEZOGENE FiRMEN MAKROANALYSE
289
ANHANG F: SEGMENTSVERGLEICH DER WACHSTUMSRATEN
295
Abbildungsverzeichnis
XVII
ABBILDUNGSVERZEICHNIS AbbildungI-1:
Bezugsrahmen der Arbeit
Abbildung 1-2:
Qualitatsunkenntnis und Giitertypen
53
(Fritsch et al. 1996, S. 213)
75
Abbildung 1-3:
Innovationstypologie bei Medienprodukten
83
Abbildung 1-4:
Zusammenhang zwischen der wirtschaftlichen Situation und den Werbeausgaben Durchschnittskostenkurven der Zeitungsproduktion in Abhangigkeit von der Auflage (Litman 1988, S. 29, leicht abgeandert iibemommen aus Kiefer 2001, S. 167)
102
Mikro- und Markoanalyse als Ansatzpunkte ftir die empirische Analyse
Ill
Ubersicht der Fragestellungen sowie ausgewahlter Entscheidungsfelder beim Markenmanagement von Medienprodukten
131
(Jbersicht der Fragestellung sowie ausgewahlter Entscheidungsfelder beim Qualitatsmanagement von Medienprodukten
142
Ubersicht der Fragestellungen sowie ausgewahlter Entscheidungsfelder zum Innovationsmanagement bei Medienprodukten
154
Ubersicht der Fragestellungen sowie ausgewahlter Entscheidungsfelder zum Kostenmanagement bei Medienprodukten
162
Abbildung II-5:
Umsatzverteilung aller DsdS-Produkte
188
Abbildung II-6:
Ansatzpunkte zur Veranderung der Sustainable Growth Rate
194
Ansatzpunkte zur Steigerung der operativen Performance auf Basis des Du Pont-Schemas
196
Stichprobenzusammensetzung nach Segmenten undRegionen
205
Denkbare Korrelationen zwischen der Umsatzgewinnrate und dem Untemehmenswachstum
214
Denkbare Korrelationen zwischen dem Kapitalumschlag und dem Untemehmenswachstum
218
Abbildung 1-5:
Abbildung ZB-1: Abbildung II-1:
Abbildung II-2:
Abbildung II-3:
Abbildung II-4:
Abbildung II-7: Abbildung II-8: Abbildung II-9: Abbildung 11-10:
95
XVIII
Abbildung 11-11: Abbildung Anh.-l: Abbildung Anh.-2:
Abbildungsverzeichnis Denkbare Korrelationen zwischen dem Financial Leverage und dem Untemehmenswachstum
221
Vergleich der Wachstumsraten der unterschiedlichen Segmente in Boom und Krise
295
Vergleich der Veranderungsraten der unterschiedlichen Segmente in Boom und Krise
295
XIX
Tabellenverzeichnis TABELLENVERZEICHNIS Tabelle I-1: Tabelle 1-2:
Tabelle II-1: Tabelle II-2: Tabelle II-3: Tabelle II-4: Tabelle II-5: Tabelle II-6: Tabelle II-7: Tabelle II-8: Tabelle II-9: Tabelle 11-10: Tabelle II-11: Tabelle 11-12: Tabelle II-13: Tabelle 11-14:
Ubersicht iiber auszuschlieBende und zu beriicksichtigende Modelltypen
25
Durschschnittliche Einschaltquoten und durchschnittliche Nutzerzahlen von Horfunk und TV im Uberblick (Heinrich 1999, S. 135 und 460)
97
Exemplarische Darstellung der Zusammenfassung von Texten in Tabellenform
129
Marktvolumen der Medienteilmarkte und Marktanteile der Stichprobe (PWC Media Outlook, 2002)
204
Ergebnisse Kolmogorov-Smimov-Test fUr das Wachstum 2000/2001
226
Ergebnisse Korrelationsanalyse Wachstum 2000/2001 & Umsatzgewinnrate 2000
227
Ergebnisse Korrelationsanalyse Wachstum 2000/2001 & Mitarbeiterproduktivitat 2000
228
Ergebnisse Korrelationsanalyse Wachstum 2000/2001 & Cost Efficiency 2000
231
Ergebnisse Korrelationsanalyse Wachstum 2000/2001 & Overhead Efficiency 2000
231
Ergebnisse Korrelationsanalyse Wachstum 2000/2001 & Kapitalumschlag 2000
232
Ergebnisse Korrelationsanalyse Wachstum 2000/2001 & Fixed Asset Turnover 2000
233
Ergebnisse Korrelationsanalyse Wachstum 2000/2001 & Inventory Turnover 2000
233
Ergebnisse Korrelationsanalyse Wachstum 2000/2001 & Receivables Turnover Flow 2000
234
Ergebnisse Korrelationsanalyse Wachstum 2000/2001 & Payables Period 2000
234
Ergebnisse Korrelationsanalyse Wachstum 2000/2001 & Days Sales in Cash 2000
235
Ergebnisse Korrelationsanalyse Wachstum 2000/2001 & ROA2000
236
Tabellenverzeichnis
XX
Ergebnisse Korrelationsanalyse Wachstum 2000/2001 & Debt to Equity Ratio 2000
237
Tabelle 11-16:
Ergebnisse Kolmogorov-Smimov-Test fiir das 0 Wachstum 1997-2001 und 1992-2001
238
Tabelle 11-17:
Ergebnisse Kolmogorov-Smimov-Test fUr ROA 1999-2001
238
Ergebnisse Korrelationsanalyse 0 Wachstum 1997-2001 mit ROA 1999-2001
239
Tabelle 11-15:
Tabelle 11-18: Tabelle 11-19: Tabelle 11-20: Tabelle 11-21: Tabelle 11-22:
Ergebnisse Korrelationsanalyse 0 Wachstum 1992-2001 mit ROA 1999-2001
239
Ubersicht iiber signifikante Korrelationen
240
Ergebnisse der Regressfunktion
241
Ergebnisse des Regressmodells
241
Abkurzungsverzeichnis ABKCRZUNGSVERZEICHNIS bop
beginning of period
CE
Cost Efficiency
COGS
Costs of Goods Sold
CRM
Customer Relationship Management
CTO
Capital Turnover
DER
Debt to Equity Ratio
DSC
Days Sales in Cash
EK
Eigenkapital
FAT
Fixed Asset Turnover
FK
Fremdkapital
g*
Variable fur Sustainable Growth Rate (SGR)
GRP
Gross Rating Points
IT
Inventory Turnover
OE
Overhead Efficiency
p.a
per annum
PP
Payables Period
(R)
Thesaurierungsrate
RFT
Receivables Turnover Flow
ROA
Return on Assets
ROE
Return on Equity
ROS
Return on Sales
SG&A
Selling, General & Administrative Costs
SGR
Sustainable Growth Rate
SIC
Standard Industrial Classification
XXI
Einfuhrung
1
EiNFUHRUNG Die Medienbranche steht trotz wieder steigender Werbeausgaben nach den Krisenjahren 2001-2003 noch immer am Rande der Depression/ Kleine Firmen wie Helkon Media oder die den deutschen Markt dominierende Kirch-Gruppe mussten in den vergangenen Jahren Insolvenz anmelden, auflagenstarke Tageszeitungen wie beispielsweise die Suddeutsche Zeitung strichen in groBer Zahl Stellen.^ Auch die globalen Medienkonglomerate mussten einen Strategiewechsel einlauten, nachdem es im Jahr 2002 zu Rekordverlusten kam.^ Welchen Wandel das Management der Medienbranche im Zuge der Medienkrise vollzieht, lasst sich an folgendem Zitat verdeutlichen: „In all diesen Konzemen haben nun seriose, bieder wirkende Gestalten das Zepter iibernommen, die man vor ein paar Jahren noch als voUig ungeeignet fiir die Spitze eines Medienkonzems angesehen hatte. Sie wissen genau, dass mittlerweile auch in der Medienwelt die Geschaftszahlen von heute maBgeblich sind, und nicht die Traume von morgen." (Clark 2003) Es iiberrascht daher nicht, dass nach einer Zeit des Experimentierens mit neuen Geschaftsmodellen und einer Konzentration der Aufmerksamkeit auf die neuen Medien nun vor allem wieder das operative Tagesgeschaft zuriick auf die Agenda der Medienmanager riickt. Hohe Aufmerksamkeit genieBen Fragen des Kosten- und neuerdings des Wachstumsmanagements.** Die Grlinde fiir diese Entwicklung sind vielfaltig. GewissermaBen als Hintergrund kann festgestellt werden, dass die Medienuntemehmen zunehmend privatwirtschaftlich organisiert sind und sich daher vermehrt an okonomischen ErfolgsmaBstaben ausrichten miissen. Die Konsolidierung weit reichender Aktivitaten sowie die Steigerung der in den vergangenen Jahren gesunkenen Profitabilitat sind zur Befriedigung der privatwirtschaftlichen Interessen essentiell. Kurzfristig kann die Ertragskraft vor allem durch Kosteneinsparungen realisiert werden. Da die MaBnahmen der Kostenreduktion jedoch durch medienspezifische Entwicklungen wie Nach dem starkem Riickgang in den letzten Jahren um 16,8% (2000-2003) befmden sich die Werbeumsatze seit Anfang 2004 wieder im Aufwind (+7%). Vgl. Reichhuber (2004), S. 1. Die Insolvenzen in der Medienbranche nahmen laut Infratest im Jahr 2002 stark zu. Wahrend im Jahr 2001 ca. 0,7% aller deutschen Medienfirmen Konkurs anmelden mussten, waren dies im Jahr 2002 ca. 2,0%. Vgl. Werres (2003), S. 4. Der Suddeutsche Verlag musste fiir 2002 einen Umsatzriickgang von 808 auf 720 Millionen Euro verbuchen und sogar Insolvenzgeriichte dementieren. Vgl. Heise (2002). Die Kirch-Gruppe reichte am 8. April 2002 beim Amtsgericht Munchen wegen Zahlungsunfahigkeit den lange erwarteten Insolvenzantrag fiir die KirchMedia GmbH & CO KGaA ein, weitere Insolvenzen der Kirch-Gruppe folgten. Genau einen Monat spater, am 8. Mai 2002 folgte der Kirch Media die Kirch PayTV. Am 11. und 12. Juni 2002 folgten dann die Formel 1 Beteiligungs GmbH, die Kirch Beteiligungs GmbH & Co.KG und die Taurus Holding GmbH & Co.KG auf dem Weg zum Amtsgericht. Vgl. hierzu Seip (2003). Im Jahr 2002 meldete beispielsweise Time Warner einen Rekordverlust von $ -44 Mrd., Vivendi meldete einen Verlust in Hohe von € -22 Mrd. Vgl. Online in Internet: URL: http://www.timewarner.com [Stand 01.07.2004] sowie URL:http://www.vivendi.com [Stand 01.07.2004] Ein Anzeichen fiir das wachsende Interesse am Thema „Wachstum" ist, dass sich die MUnchner Medientage 2002 explizit diesem Thema widmeten.
2
EinfUhrung
beispielsweise dem Kostenanstieg durch Fragmentierung, Investitionen in neue Technologien und einem gesteigertem Wettbewerb konterkariert werden, miissen zur Absicherung bzw. Steigerung der Profitabilitat mittel- und langfristig auch MaBnahmen zum Untemehmenswachstum eingeleitet werden. Die Medienindustrie folgt damit einer Entwicklung, die in anderen Branchen schon langer voUzogen wird. Bereits in den 90er Jahren endete in weiten Teilen der westlichen Industrienationen eine lange Phase der intemationalen Hochkonjunktur. Untemehmen sahen sich einem zunehmenden intemationalen Wettbewerbsdruck ausgesetzt, traditionelle Absatzmarkte stagnierten oder schrumpften. Die Folge dieser Entwicklung waren - ahnlich wie es derzeit auch in der Medienbranche zu beobachten ist - in erster Linie Restrukturierungsbemiihungen. Diese bestanden, vereinfacht ausgedriickt, darin, mit weniger Mitteleinsatz den gleichen Output zu erzielen. Auf die sich verandemden Markt- und Wettbewerbsbedingungen wurde haufig mit Personalabbau reagiert. Der langfristige (wirtschaftliche) Erfolg wird jedoch nur dann zu sichem sein, wenn Produktivitatssteigerungen mit Umsatzsteigerungen einhergehen. Analog zu den anderen Branchen wird daher auch in der Medienbranche die Bedeutung der Wachstumskomponente zunehmen. Da das Management von Wachstum fur Medienmanager somit zu einer zentralen Frage der nachsten Jahre werden wird, sind Wachstumsstrategien bzw. das Management von Wachstumsfaktoren das zentrale Thema dieser Arbeit:^ •
Den Schwerpunkt der Arbeit bildet die Frage nach den Erfolgsfaktoren fur Wachstum in der Medienbranche. Wachstum wird dabei als Wachstum im engeren Sinne definiert. Da es zu einer erhohten Wettbewerbsintensitat zwischen den etablierten Anbietem kommt, lehnen sich die wachstumsstrategische Fragestellungen an wettbewerbsstrategische Uberlegungen an. Auf der Basis einer theoretischen Analyse soUen potenzielle (und allgemein anerkannte) Wachstumsfaktoren^ zunachst identifiziert und prazisiert werden. Von hoher Relevanz ist in diesem Zusammenhang die medienspezifische Erorterung der Wachstumsfaktoren im Hinblick auf die tjbertragbarkeit vorherrschender Erkenntnisse. In einem zweiten Schritt werden die gewonnenen Erkenntnisse in einer empirischen Analyse verdichtet. Hierbei steht zuerst die anwendungsorientierte Konkretisierung der Wachstumsfaktoren im Mittelpunkt, um darauf aufbauend Gestaltungsoptionen fiir „Wachstum im engeren
Ein Indiz fiir die besondere Relevanz des Themas „Wachstum" fiir Medienmanager ist, dass der Bertelsmann-Konzern das Thema Wachstum in den Mittelpunkt der Bilanzpressekonferenz 2004 stellte. Vgl. Kurp, (2004). Wachstum im engeren Sinne liegt vor, wenn eine Umsatzerhohung bei der Erhaltung des Marktanteils in einer wachsenden Branche oder einer Erweiterung dieses Marktanteils innerhalb eines Marktes erfolgt. Davon abzugrenzen ist Wachstum im weiteren Sinne. Wachstum im weiteren Sinne liegt vor, wenn die Umsatzzunahme auf der ErschlieBung neuer Markte beruht. Da im Rahmen der noch zu erlautemden Medienkrise die Bewaltigung von akuten Wachstumsproblemen innerhalb der „eigenen" Branche im Vordergrund steht, wird Wachstum im weiteren Sinne in dieser Arbeit nicht naher untersucht. Vgl. zur Abgrenzung von Wachstum im engeren und weiteren Sinne Ansoff (1957), S. 113ff. und Ansoff (1965), S. 108ff. Die Begriffe „Erfolgsfaktoren fur Wachstum" und „Wachstumsfaktoren" werden in dieser Arbeit synonym verwendet.
Einfuhrung
3 Sinne" aufzuzeigen. Daruber hinaus ist auch die Analyse von Interdependenzen zwischen den Wachstumsfaktoren von Interesse.
Aufgrund der vorherrschenden wirtschaftlichen Relevanz traditioneller Medien sowie dem okonomischen Bezug des Themas „Wachstumsstrategien" reiht sich die vorliegende Arbeit vorwiegend in das Forschungsfeld traditioneller Medien aus wirtschaftlicher Perspektive ein: •
Die Definition der Medienbranche orientiert sich aufgrund der Anwendungsorientierung der vorliegenden Arbeit an gangigen Kriterien der wirtschaftlichen Praxis.^ Als Medienuntemehmen werden okonomische Institutionen bezeichnet, welche sich mit der Produktion, Aggregation, Vervielfaltigung und dem Vertrieb von auf bestimmte KundenbedUrfnisse zugeschnittenen Informations- und UnterhaltungsgUtem befassen.' Die im Rahmen der Analyse genutzte Definition der Medienbranche bezieht sich somit auf die traditionellen Mediensegmente Buch, Zeitung, Zeitschrift, Film, Femsehen, Radio, Musik und (Video-/PC-) Games.
Da die alleinige Konzentration auf die traditionellen Medien einem zukunftsweisenden integrierten Medienmanagement nicht gerecht wird, werden die neuen Medien als integraler Bestandteil der traditionellen Medien untersucht. Untemehmen der Intemetbranche werden somit zu der Medienbranche gefasst, sofem sie einen direkten Bezug zu traditionellen Medien aufweisen. Die Ausgangssituation der zugrunde gelegten Uberlegung ist, dass sich die Medienbranche nach einem Wachstumsboom im vergangen Jahrzehnt aufgrund konjunktureller und struktureller Einflusse nun in einer „Wachstumskrise" befindet/® Neben traditionell konjunkturabhangigen Erlosstromen wie Werbeeinnahmen und Produkterlosen sieht sich die Branche derzeit mit einer strukturbedingten Erlosgefahrdung aufgrund eines sich andemden Kundenverhaltens und sich andemden Kundenbediirfnissen sowie weit reichenden technologischen Veranderungen wie beispielsweise einer digitalisierungsinduzierten Inflation der Werthaltigkeit von Bezahlcontent oder der zunehmenden Content-Piraterie konfrontiert. Daruber hinaus Vgl. zur Hinzuziehung praxisrelevanter Kriterien ThomasA'^enkatraman (1988), S. 546ff. Im Mittelpunkt der Definition stehen somit Medienuntemehmen und Medienprodukte. Vgl. hierzu Wirtz (2003), S. 9ff., welcher als Abgrenzungskriterium die Leistungsausrichtung von Unternehmen nutzt oder auch Kiefer (2001), S. 14ff., welche Medien aus okonomischer Perspektive analysiert und daher Medien als institutionelle Organisationen definiert. Indem in der Arbeit der Schwerpunkt auf Medienuntemehmen gelegt wird, unterscheidet sich die Arbeit von einer Vielzahl - vorwiegend publizistischer oder kommunikationswissenschaftlicher - Veroffentlichungen. Im Rahmen des sehr breiten Forschungsfeldes werden gemeinhin unterschiedlichste Definitionen und Eingrenzungen genutzt. Neben der hier gewahlten institutionellen Abgrenzung, welche Unternehmen mit wirtschaftlichem Schwerpunkt in den Betrachtungsmittelpunkt stellt, fuhrt Heinrich auch die Moglichkeiten einer sachlichen oder fiinktionalen Abgrenzung des Medienbegriffs ins Feld. Vgl. Heinrich (2001), S. 19ff. Faulstich bezieht sich mit seiner Differenziemng in Primar-, Sekundar-, Tertiar- und Quartarmedien auf den Technikeinsatz bei Produzent und Rezipient. Vgl. Faulstich (2000), S. 21ff. Wie bereits gezeigt wurde, konnte im ersten Halbjahr 2004 eine Trendwende bei den Werbeerlosen erzielt werden. Nichtsdestotrotz haben noch viele Medienuntemehmen mit den Folgen der schwachen Konjunktur zu kampfen. Vor allem aber die stmkturellen Verandemngen fiihren zu der hier genannten „Wachstumskrise".
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Einfuhrung
scheint auch die finanzielle Basis fur Wachstum durch ein vemachlassigtes Kostenmanagement bei derzeit ansteigenden Kosten gefahrdet bzw. scheint unklar, welche MaBnahmen zur Kostensenkung Wachstum fordem bzw. kontraproduktiv wirken. (1). Trotz der groBen gesellschaftUchen und wirtschaftlichen Bedeutung der Medien und einer steigenden Anzahl von PubUkationen lassen sich fur die Analyse von Wachstumsstrategien bzw. -faktoren in der Medienbranche Forschungsdefizite aufzeigen. Notwendig erscheint eine Verkniipfung verschiedener Forschungsrichtungen. Eine detaiUierte Analyse des derzeitigen Forschungsstandes legt offen, dass sich im Bereich der Medienokonomie neben segmentsspezifischen Fragestellungen, generischen Strategieabhandlungen und informationsorientierten Veroffentlichungen nur wenige Studien zur Analyse von Erfolgsfaktoren im „klassischen Sinn" finden lassen. Dies gilt im besonderen Ma6e fiir empirische Studien und das Thema Wachstum (2). Im Rahmen der Einfuhrung wird nun zunachst der Status Quo in der Medienbranche erortert (Punkt 1), in Punkt (2) wird der Forschungsstand aufgezeigt. Im Anschluss an diese Voriiberlegungen wird die Einfuhrung mit dem Punkt (3) unter der Uberschrift „Zum weiteren Vorgehen" abgeschlossen. (1)
Status Quo der Medienbranche
Nach einer fast zwei Jahrzehnte anhaltenden Boomzeit fiir Medienuntemehmen in Deutschland sehen sich die Untemehmen mit der bislang groBten Medienkrise in Deutschland konfrontiert.^^ Nach einer Zeit des expandierenden Erfolgs, der ausreichenden Ressourcen (vor allem des Kapitals) und des grenzenlosen Optimismus miissen die Medienuntemehmen sich nun der wirtschaftlichen Realitat fugen. Einer schwachen Konjunktur konnten die in Deutschland tatigen Medienuntemehmen in der Vergangenheit trotzen. So war es ihnen in den Jahren 1991-2000 noch moglich, die zuriickgehende Konjunktur der deutschen Wirtschaft^^ durch die Ende der 80er Jahre erfolgten Privatisiemng des Femsehmarktes zu kompensieren. Doch in den Jahren 2001-2003 fiihrte das nachlassende Wachstum der Wirtschaft zu sinkenden Wachstumsraten oder sogar UmsatzeinbuBen bei Medienuntemehmen.
Wie noch zu zeigen ist, erfordert eine Steigerung des Wachstums die Erhohung der Produktivitat bzw. Effizienz eines Untemehmens. Eine Mogliclikeit der Effizienzsteigerung ist die Reduktion von Kosten. Somit konnen Kosteneinsparungen als „Wachstum fordemd" charakterisiert werden. Vgl. hierzu auch Fu6note 25, S. 9. In den Ausfiihrungen dieser Arbeit bezieht sich der Terminus Effizienz somit auf Kosteneinsparungen und wird synonym zum Terminus Kosten-Effizienz verwendet. Davon abzugrenzen ist eine Effizienzsteigerung, die auf einer Umsatzzunahme (beispielsweise durch eine Preiserhohung) bei gleichen Kosten beruht. Vgl. hierzu Ausfiihrungen auf den Medienkongressen „Medientage 2002" in Munchen oder den „Hamburger Dialog". Ein ausfiihrlicher Kommentar hierzu findet sich zum Beispiel im Siidkurier vom 12. Juni 2003. Die zehn Jahre nach der Wiedervereinigung Deutschlands weisen mit durchschnittlich +1,5% pro Jahr ein deutlich niedrigeres Wirtschaftswachstum auf als in den beiden vorangegangenen Jahrzehnten. Die hochste Zuwachsrate nach der Einheit war im Jahr 2000 mit 3,0% zu verzeichnen, im Jahr 2001 ging diese jedoch auf 0,6% zuriick. Vgl. Statistisches Bundesamt (2002), Pressemitteilung vom 18. Juli 2002.
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Die groBe Abhangigkeit der Medienuntemehmen von der Konjunktur liegt im Geschaftsmodell von Medienuntemehmen begriindet, da neben Produkterlosen in vielen Mediensegmenten ein GroBteil der Erlose liber den Verkauf von Werbung generiert wird/"* Neben konjunkturbedingten Einflussen sind es jedoch vor allem strukturelle Faktoren, die zu den derzeitigen Veranderungen im Umfeld der Medienindustrie fiihren. Es sei hier auf die Veranderung des Kundenverhaltens, beispielsweise auf die sinkende Kundenbindung oder die sinkende Zahlungsbereitschaft, verwiesen. Auch die Kundenbediirfnisse andem sich derzeit grundlegend, indem sich diese immer weiter partikularisieren. Somit steigt die Nachfrage nach zielgruppenspezifischeren, im Extremfall sogar individualisierten Angeboten.^^ Technologische Veranderungen erfordem neue Geschaftsmodelle, die traditionelle Erlosgenerierung ist gefahrdet. Es entstehen neue Zusatzservices und damit neue Wettbewerber. Die Substitution traditioneller Produkte, beispielsweise Kleinanzeigen in Zeitungen durch Online-Anbieter, erfordert neue Fahigkeiten der Medienuntemehmen. Dies alles fiihrt zu einem Anstieg der Kosten. Resultat dieser Verandemngen sind nicht selten schwindende Margen bei den Medienuntemehmen. Mitunter kommt es zu erheblichen Liquiditatsengpassen und damit vermehrt zu Insolvenzen. Ein gravierendes Problem, welches den Trend schwindender Margen im Mediensegment weiter verstarkt, soil an dieser Stelle hervorgehoben werden. Der okonomische Wert von Medienprodukten lasst sich aus den zu erwartenden Gewinnen ableiten. Diese basieren bei einer Vielzahl von Medienprodukten auf der Entwicklung von Anzeigen- sowie Produkterlosen. Obwohl die skizzierten Verandemngen (z.B. die Digitalisiemng) groBe Potenziale in sich tragen, bergen sie auch groBe Risiken. Die Gefahr der aufgezeigten Entwicklung liegt in der Inflation der Werthaltigkeit von Medienprodukten. Gerade bei den neuen Medien lassen sich bislang nur wesentlich geringere Erlose als bei den traditionellen Medien erzielen. Hintergmnd dieser Entwicklung ist neben dem urspriinglichen Nutzungsgedanken des Intemets und dem damit verbundenen freien, also kostenlosen Austausch von Informationen, die Strategie von vielen New Economy Untemehmen, in einem ersten Schritt die Marktfuhrerschaft anzustreben. Erst in einem zweiten Schritt soUten Erlose abgeschopft und Renditen erzielt werden. Ausgangspunkt dieser tJberlegung waren geringe Markteintrittsbarrieren und eine leichte Imitierbarkeit von Intemetangeboten. Die Absichemng kiinftiger Erlosstrome sollte durch die Erobemng der Marktfuhrerschaft gelingen, welche durch eine schnelle Verbreitung meist kostenloser Angebote erreicht werden sollte.^^ Anzeigenerlose sind hochgradig von der Konjunktur abhangig, da das Anzeigenaufkommen von werbetreibenden Untemehmen im Gegensatz zu anderen Kostenarten variabel ist. Bei einer sich abschwachenden Konjunktur oder gar einer Rezession sind es demnach die Anzeigenkosten, die als erstes von der werbetreibenden Wirtschaft reduziert werden. Ein Indiz fiir die zunehmende Fragmentierung der Kundenbediirfnisse ist die Markteinfiihrung immer neuer „Special Interest" Publikationen auf den Zeitschriftenmarkten. Vgl. hierzu Wossner (2003), S. 22. Die hier beschriebene Strategie fmdet ihren Ursprung bei Softwareunternehmen. Eines der prominentesten Beispiele diirfte die kostenlose Verbreitung des Netscape-Internet Navigators gewesen sein, welche unter dem Stichwort „Browser War" Eingang in die Presse gefunden hat. Vgl. beispielsweise Online in Internet: URL: http://www.guardian.co.uk/online/story [Stand 21.07.2004]
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Welche fatalen Folgen diese Strategic hat, zeigen die heutigen Probleme: Medieninhalte sind im Internet meist kostenfrei zu beziehen. Die Konsumenten lassen sich nur schwer davon Uberzeugen, fiir Inhalte im Netz Geld zu bezahlen. Analysiert man die Erlosstrome im Bereich der neuen Medien, so lasst sich feststellen, dass die Preise fiir Anzeigen als auch fiir Content deutlich unter denen der Offline-Welt liegen. Nicht zuletzt dieser Umstand macht deutlich, wie wesentlich die Absicherung traditioneller Erlosstrome ist. Doch auch traditionelle Medien sind unmittelbar von den Veranderungen und damit von der Inflation der Werthaltigkeit ihres Content betroffen. Das eindruckvoUste Beispiel fiir den inflationaren Wertverfall von Content bei traditionellen Medien lasst sich anhand der Musikindustrie darstellen. Die Musikindustrie muss inzwischen zweistellige UmsatzeinbuBen aufgrund von Substituten in Form von - meist illegalen - Musik-Downloads aus dem Internet hinnehmen/^ Urspriinglich waren die Inhalte, in diesem Fall Musik, an das Tragermedium gebunden. Die friihere Nicht-Trennbarkeit von Inhalt und Tragermedium erschwerte das Kopieren der Inhalte bei gleichbleibender Qualitat und sicherte somit die Kontrolle der Distribution durch die Musikverlage. Die Digitalisierung ermoglicht cine Trennung von Content und Tragermedium und damit das Kopieren ohne Qualitatsverlust/* Dariiber hinaus bietet digitalisierte Musik weitere Vorteile wie z.B. die Nutzung auf verschiedenen Endgeraten, z.B. Mobiltelefonen, Mp3-Playern oder eben CD, sowie die Moglichkeit, kundenindividuelle Nutzerpraferenzen zu beriicksichtigen/^ Diese Vorteile werden bislang von Medienuntemehmen jedoch nicht unmittelbar zur Generierung von Zusatzerlosen genutzt. Neueste Untersuchungen quantifizieren die Verluste, sofem die kopierten Tontrager anderweitig regular erworben worden waren, durch die nun leicht mogliche Tontrager-Piraterie in Deutschland auf ca. 3,5 Mrd. Euro im Jahr 2001.^® Die Anzahl der Music-Downloads in Deutschland verdoppelte sich nahezu in einem Zeitraum von zwei Jahren von 314 Mio. Stuck auf 622 Mio. Stuck im Jahr 2002.^^ Und so sieht der Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft e.V. die neuen Moglichkeiten durch Digitalisierung auch eher als Gefahr denn als Vorteil: „Zum Umsatzriickgang der deutschen Musikbranche tragt Musikpiraterie wesentlich bei. Vor allem Downloads von illegalen Musikangeboten im Internet sowie die „Schulhofpiraterie" [...] substituieren einen Teil der CD-Kaufe. Gerade deswegen ist das Kopieren von Musik das zentrale Problem der deutschen Musikwirtschaft" (Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft e.V., Jahreswirtschaftsbericht 2001)
Vgl. Schmund (2004), S. 116ff. Der hier beschriebene Sachverhalt findet sich in der Literatur auch unter den Stichworten „Desintegration", ,J)ematerialisierung" oder „Dekonstruktion". Vgl. EvansAVurster (1997), S. 71ff. und (2000); Schwartz (1998), S. 33ff.; O'Brien et al. (2000); Hass (2002), S. 11. Als Beispiele konnen in diesem Zusammenhang die Nutzung von „Meta-Daten" oder die stimmungsabhangige Zusammenstellung einer Playlist genannt werden. 20 21
Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft e.V, (2002). GfK (2003).
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Eine ahnliche Bedrohung durch die Strukturveranderungen auBerte Dieter Stolte in einem Leitartikel der von ihm herausgegebenen Zeitung.^^ Er stellt die „Medienkrise" gar nicht erst in Frage. Zu groB seien die Veranderungen, die die elektronischen wie die Printmedien im Jahr 2002 getroffen batten. Fasst man die bier formulierten Ausfiibrungen konjunktureller und struktureller EinflUsse bei der derzeitigen Medienkrise zusammen, so lassen sicb die Folgen als knappes Problem formulieren: Medienuntemebmen, welcbe in einer Riickscbau die Jabre vor der Jabrtausendwende als „glucklicbste ibres Jabrbunderts"^^ anseben konnen, steben nun vor massiven Erlosproblemen. Die Medienbrancbe siebt sicb zum ersten Mai mit riicklaufigen Wacbstumsraten bzw. Umsatzruckgangen konfrontiert. Die Generierung zukiinftiger Erlosstrome und damit das Wacbstum der Medienuntemebmen rucken somit in den Mittelpunkt des Interesses. Wie bereits angesprocben ist neben dem Erlosproblem nocb ein weiteres Problem zu nennen. Die Tatsacbe, dass die Brancbe einen regelrecbten Boom in den Jabren vor der Krise durcblebte, erscbwert die Situation der Untemebmen beute eber, als dass sie diese erleicbtert. So wurde das Kostenmanagement im Bereicb der Herstellungs- und Vermarktungskosten, der Verwaltungskosten oder Prozesskosten zumeist straflicb vemacblassigt, zum genannten Erlosproblem kommt ein Kostenproblem binzu. Dieses wird durcb einen Uberproportionalen Kostenanstieg, beispielsweise in Hinblick auf Lizenzkosten, weiter verscbarft.^"* Eine scbnelle Reaktion auf die gegebenen Umstande fallt vielen Traditionsbausem scbwer. Eine besondere Relevanz erfabrt dieses Tbema durcb zuktinftige Rationalisierungspotenziale im Zuge der Digitalisierung. Nur der effiziente Einsatz vorbandener Ressourcen sicbert Wettbewerbsvorteile. Ein konsequentes Kostenmanagement ist unvermeidbar, da das Wacbstum von (Medien-) Untemebmen eng mit dem Management von Kosten bzw. dem Einsatz von Kapital zur Finanziemng des Wacbstums verkniipft ist.^^
Vgl. hierzu die Welt vom 31. Marz 2003. Vgl. Stolte (2003). Als Beispiele konnen hierfiir die Lizenzkosten fur Biicher oder Sport-Rechte angefuhrt werden. So stiegen die Lizenzkosten fiir Biicher seit dem Jahr 1995 jahrlich mit knapp 10%. Die Sportrechte fiir Fernsehiibertragungen verdoppelten sich in den letzten zehn Jahren. Vgl. Aris (2003), S. 5f. Viele Fiihrungskrafte sehen Wachstum als etwas grundsatzlich Positives, eine Maximierung von Wacbstum sei daher erstrebenswert. Diese Annahme folgt der Logik, das Wachstum zu groBeren Marktanteilen und damit auch hoheren Renditen flihrt. Aus der Perspektive des Wachstumsmanagements ist dies jedoch nicht immer der Fall. Extreme Wachstumsraten konnen die Ressourcen von Untemehmen uberfordem und so zur Insolvenz fiihren. Als prominentes Beispiel dieses Sachverhaltes kann die Insolvenz des Kirch Konzems angefuhrt werden. Wesentlich ist demnach nachhaltiges, substanzerhaltendes Wachstum. Eine genaue Analyse der fmanziellen Stellhebel zum Wachstumsmanagement erfolgt in Kap. n.2, vorab sei jedoch die grundsatzliche Logik von nachhaltigem Wachstum erlautert. Die theoretisch maximale Wachstumsrate fiir nachhaltiges Wachstum (SGR - Sustainable Growth Rate) ist diejenige Wachstumsrate, die ein Unternehmen ohne eine Substanzminderung finanzieller Ressourcen realisieren kann. Uberschreitet ein Untemehmen die SGR, so fiihrt dies zum Verbrauch notwendiger finanzieller Ressourcen, um auch in Zukunft wachstumsfahig zu bleiben. Moglichkeiten, die SGR zu erhohen, liegen im Kostenmanagement. Nur die Freisetzung zusatzlicher Kapitalressourcen erlaubt eine Steigerung der SGR. Im Falle sinkender Umsatzerlose, wie es fiir viele Medienuntemebmen derzeit der Fall ist, fiihrt dies zwangslaufig zu einer Vermindemng der Wachstumspotenziale. Es stellt sich demnach die Frage, wie Medienuntemebmen das
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Einflihrung Forschungsstand
Die vorangestellten Uberlegungen machen deutlich, dass Forschung mit dem Fokus auf Wachstumsfaktoren in den traditionellen Medienmarkten flir Medienuntemehmen notwendig und von groBtem Interesse ist. Dies gilt insbesondere in Anbetracht grundlegender Veranderungen ihres strukturellen Umfeldes. Wichtig ist dabei, dass die Analyse der Medienbranche eine industriespezifische Perspektive einnimmt. Eine unreflektierte Ubertragung bestehender Ergebnisse aus der Wachstumsforschung erscheint vor dem Hintergrund vielfaltiger Besonderheiten in der Medienbranche als unangebracht. Aus diesem Grund soUen Erkenntnisse aus der Wachstumsforschung mit Erkenntnissen aus der Medienforschung verkniipft werden. Der folgende Literaturiiberblick beginnt mit einer Strukturierung medienspezifischer Forschungsaktivitaten. Danach wird ein Oberblick zur Wachstumsforschung gegeben. Die Darstellung des Forschungsstandes in der Medien- und Wachstumsforschung wird anschliefiend genutzt, um die vorliegende Arbeit in den aufgezeigten Forschungsstromungen einzuordnen. Dies fiihrt zu einem Herausstellen von Forschungsdefiziten, die es im Rahmen der Arbeit zu bearbeiten gilt. Die Auseinandersetzung mit dem Forschungsstand zur Medienbranche legt offen, dass dieser in der Volks- und Betriebswirtschaftslehre erst in jungster Zeit die notwendige Aufmerksamkeit zuteil wird. Die zunehmende Anzahl von Veroffentlichungen tragt dazu bei, dass die vor kurzem noch kaum existente Literaturbasis nun aufgebaut und damit erhebliche Forschungslucken geschlossen werden. Die Unterstellung, dass der Bereich der Medien aus okonomischer Perspektive in der Forschung grundsatzlich vemachlassigt wurde, trifft somit nicht mehr zu. Defizite lassen sich vielmehr in der Verkniipfung der verschiedenen Forschungsrichtungen ausmachen. Im Folgenden sollen die wichtigsten Stromungen in der Medienforschung aufgezeigt werden. In einer groben Zweiteilung kann die okonomische Medienforschung^^ in branchenbezogene und funktionsbezogene Arbeiten differenziert werden. Erstere konzentrieren sich in aller Regel auf bestimmte Mediensegmente (z.B. Zeitungen, Femsehen, etc.) und sind vor allem der Medienokonomie^^ zuzuordnen. Letztere konzentrieren sich auf einzelne betriebliche Funktionen (z.B. Produktion, Absatz, etc.) und lassen sich vor allem dem Medienmanagement zuordnen.^^
Wachstum der Zukunft durch die Realisation von EinsparungsmaBnahmen finanzieren konnen. Vgl. Higgins(2002), S. 115ff. Bei der Analyse des Forschungsstandes wurde sich auf die okonomische Medienforschung begrenzt, da sich das Thema „Wachstumsstrategien in der Medienbranche" explizit auf Unternehmensstrategien bezieht und damit vor allem die okonomische Perspektive von Interesse ist. Vgl. zum Stand der Forschung in der Medienokonomie auch Schenk/Hensel (1987), S. 535ff.; Schenk (1989), S. 3ff.; Schusser (1998), S. 591ff.; Faulstich (1998), S. 42ff.; Seidel (1998), S. 243ff.; Knoche (1999), S. 149ff. sowie die kommentierte Bibliographic von Schenk/Hensel (1986). Diese Terminologie wird in der deutschsprachigen Literatur noch keinesfalls einheitlich verwendet. Haufig werden Begriffe wie „Medien6konomie", „Medienwirtschaft" oder „Medienmanagement" analog angewandt. Der Begriff „Medien6konomie" bezieht sich auf den angelsachsischen Begriff „Media Econo-
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Im Forschungsfeld der Medienokonomie lasst sich die eher kommunikationswissenschaftliche Medienokonomie von der eher industrieokonomischen abgrenzen. Thematische Schwerpunkte der kommunikationswissenschaftlichen Forschung sind die Bedeutung der Medien fiir die politischen und gesellschaftlichen Subsysteme.^^ Eine zunehmende Relevanz erfahren diese Themen vor dem Hintergrund privatwirtschaftlich organisierter Medienkonglomerate. Derartige Ansatze kniipfen an die Theorie des Marktversagens an und erortem Losungsansatze vor allem unter dem Aspekt wettbewerblicher Rahmenbedingungen. Hierbei werden insbesondere die Optionen Staats- vs. Privateigentum und Regulierungs- vs. Wettbewerbspolitik diskutiert.^^ Im Segment der Pressebranche stehen - ausgehend von der prinzipiellen Bedeutung der Meinungsvielfalt - vor allem die Problematik der Medienkonzentration und deren wettbewerbspolitische Behandlung im Vordergrund.^^ Im Rundfunksegment wird primar erortert, inwiefem das offentliche Gut Femsehen vom Staat selbst bereitgestellt werden sollte.^^ Seit der festen Etablierung privater Anbieter gewinnen auch im Rundfunksegment wettbewerbspolitische Fragen an Gewicht. Fragen rund um das Thema Regulierung gewinnen seit kurzem in Verbindung mit der Konvergenz von Telekommunikation und Medien an Bedeutung. Wie das digitale Femsehen zeigt, sind sie besonders an der Nahtstelle beider Segmente von Bedeutung.^^ Arbeiten der industrieokonomischen Medienokonomie untersuchen demgegeniiber die Strukturen einzelner Mediensegmente, welche haufig anhand der Tragermedien differenziert werden. Fragen der Marktstruktur sowie Wettbewerbsstrategien etc. sind von Interesse. Folglich sind die diesem Zweig zuzuordnenden Standardwerke nach einzelnen Mediengattungen, beispielsweise Print, Rundfunk, Film, etc., strukturiert.^"* Grundsatzlich lassen sich Ansatze der industrieokonomischen Medienokonomie in marktorientierte und ressourcenorientierte Ansatze unterscheiden. Betriebswirtschaftliche Analysen, welche einen marktorientierten Ansatz verwenden, finden sich bei Matzinger (1982) sowie Henkel (2000) fur die Printmedien, bei Wirtz (1994), Hagen (1995) und Neumann (1998) fiir das Rundfunksegment sowie bei
mics". Hierbei handelt es sich in der Regel um kommunikationswissenschaftliche oder volkswirtschaftliche Betrachtungsweisen. Der Begriff „Medienmanagement" oder englisch „Media Management" bezieht sich auf die betriebswirtschaftliche Perspektive. Vgl. zur terminologischen Abgrenzung Wirtz (2001), S. 7f. Ausfuhrungen zur Bedeutung der Medien fur die politischen und gesellschaftlichen Subsysteme finden sich beispielsweise bei Kopper (1982), S. 102ff. und Jenoffy-Lochau (1997) sowie auch einige Beitrage im Sammelband von Altmeppen (1996). Vgl. z.B. Picot et al. (1999), S. 136ff. zu den wesentlichsten wirtschaftspolitischen Grundsatzentscheidungen. 31 32 33 34
Vgl. zu einer Ubersicht Knoche (1996), S. lOlff. und Kruse (1996), S. 25ff. Vgl. Engelke (1992), S. 34f. und Wiechers (1992). Vgl. Schrape (1995). Vgl. Albarran (1996); Sjurts (1996); Alexander et al. (1998); Heinrich (1994) und Heinrich (1999). Einen noch spezifischeren Einbhck bieten Sennewald (1998) fiir die Pressebranche und Owen et al. (1974) sowie OwenAVildeman (1992) fiir das Rundfunksegment.
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Einfuhrung
Gottsch (2000) fiir Online Angebote. Der ressourcenorientierte Ansatz wird von Habann (1999) fiir TV-Untemehmen und von Duhrkoop (1999) fiir das Internet genutzt. Die letztgenannten Ansatze weisen eine untemehmensspezifische Perspektive auf und bilden somit den Ubergang zum Medienmanagement, welches sich auf die Analyse betrieblicher Funktionen wie beispielsweise Produktion, Absatz und Finanzierung konzentriert. Grundsatzlich differenzieren auch diese Arbeiten mehrheitlich nach einzelnen Mediengattungen.^^ Hinsichtlich der betrieblichen Funktionen lassen sich diese Arbeiten ein weiteres Mai unterscheiden. So nutzen einige Arbeiten traditionelle betriebswirtschaftliche Funktionen (z.B. Schumann/Hess, 2000) als Basis fiir die Analyse wahrend andere medienspezifischen Funktionen (z.B. Wirtz, 2001) auswahlen. Noch spezifischer sind vereinzelte Arbeiten, welche einzelne Funktionen in ausgewahlten Branchen untersuchen."'^ Vor dem Hintergrund der zunehmenden Konvergenz konnen auch Arbeiten aus der Informationsokonomie zu den Forschungsaktivitaten der Medienbranche gezahlt werden. Prominente Veroffentlichungen stammen hier insbesondere von Negroponte (1995), Shapiro/Varian (1999), Zerdick et al. (2001) sowie von EvansAVurster (2000). Im Gegensatz zu den meisten Arbeiten aus Medienokonomie und -management verwenden die Autoren mit Informationsorientierung eine relativ breite, segmentsubergreifende Sichtweise. Eine besondere Anwendung der informationsorientierten Sichtweise ist die Untersuchung intermedialer Konkurrenz, in welcher Substitutionsprozesse zwischen den traditionellen Mediensegmenten explizit analysiert werden. Erganzt werden derartige Arbeiten durch Ansatze, welche Konvergenzprozesse unterschiedlicher Medien bzw. Industrien untersuchen.^^ Die tJberlegungen zu Konvergenzprozessen fuhren schlieBlich in erste Ansatze zur Analyse der neu entstehenden Contentbranche. Veroffentlichungen stammen beispielsweise von Baubin/Bruck (1996), Bruck/Selhofer (1997), Duhrkoop (1999), Brandtweiner (2000) und Detering (2001) sowie auch einige Beitrage im Sanmielband von KahinA'^arian (2000). Schwerpunkt dieser Veroffentlichung sind Uberlegungen zur segmentUbergreifenden bzw. multimedialen Nutzung von Inhalten. Auch die Auseinandersetzung mit dem allgemeinen Forschungsgebiet „Untemehmenswachstum" zeigt unterschiedliche Forschungsstromungen auf. Grundsatzlich konnen Ansatzpunkte zum Untemehmenswachstum bei theoretischen Wachstumsmodellen, Arbeiten aus der Strategic- und Marketingforschung sowie bei der empirischen Erfolgsfaktorenforschung gefunden werden.
Vgl. die Lehrbiicher von LavineAVackman (1988); Pringle et al. (1995); Sherman (1995); Albarran (1997); Vogel (1998); Schumann/Hess (2000); Wirtz (2001) sowie dem Sammelband von KarmasinAVinter (2000). Vgl. die marketingorientierten Arbeiten von Conen (1995); Schweizer (1996); Bleis (1996); Rogall (2000). Vgl. z.B. Latzer (1997); Thielmann (2000).
Einfuhrung
JJ^
Bei den theoretischen Wachstumsmodellen handelt es sich einerseits um Modellkonstruktionen der Betriebs- und Volkswirtschaftslehre. Neben den wirtschaftlich orientierten Modellen gibt es andererseits auch eine Fulle sozialwissenschaftlicher Theorien und Theorieansatze, die Aussagen Uber das Wachstum von Untemehmungen enthalten. In einer groben Zweiteilung lassen sich die wirtschaftlich orientierten theoretischen Wachstumsmodelle in mikrookonomisch und organisational fundierte Modelle differenzieren. Bei den schon in den 60er Jahren diskutierten mikrookonomisch fundierten Modellen handelt es sich groBtenteils um Entscheidungsmodelle, die sowohl einen deskriptiven als auch einen normativen Charakter aufweisen konnen. Zu unterscheiden sind hierbei partialanalytische und totalanalytische Modelle.^* Die Partialmodelle lassen sich gemaB der betrieblichen Grundfunktionen wiederum in produktionswirtschaftlich, finanzwirtschaftlich und absatzwirtschaftlich orientierte Ansatze aufteilen. In jedem dieser Teilbereiche stehen Ansatzpunkte zur Verfiigung, die das Wachstum in unterschiedlicher Weise beeinflussen. Die totalanalytischen Modelle konnen hinsichtlich ihrer Fragestellung bzw. hinsichtlich ihres Forschungsziels unterschieden werden. Friihe totalanalytische Modelle gehen der Frage nach der optimalen UntemehmensgroBe nach.^^ Spater aufgekommene Modelle hatten die Entwicklung einer totalen Theorie des Untemehmenswachstums zum Ziel."*^ Organisational fundierte Wachstumsmodelle basieren auf so unterschiedlichen Forschungszweigen wie z.B. der Entscheidungs- und Spieltheorie, Informations- und Kommunikationstheorie oder der soziologischen Gruppen- und psychologischen Motivforschung. In einem interdisziplinaren Austausch bemiihen sich all diese Forschungsrichtungen, das Phanomen „Organisation" zu erfassen. Folgt man einer sachlogischen Einteilung, so lassen sich die unterschiedlichen Ansatze grob in aufgabenanalytisch/^ biologisch-kybemetisch"*^ und historisch-genealogisch"*^ orientierte Wachstumsmodelle einteilen. Neben den theoretischen Wachstumsmodellen weisen auch Arbeiten aus der Strategieund Marketingforschung wertvolle Ansatzpunkte auf. Die Strategieforschung ermoglicht eine Erganzung der theoretischen Wachstumsmodelle, da sie managementinduziertes Handeln im Sinne der Gestaltung von Strategien explizit aufgreift. Im Mittelpunkt der ersten Arbeiten in den 60er und 70er Jahren stand die Entwicklung von Konzepten der strategischen Planung."*^ Beispiele hierfur sind Portfoliotechniken und das Konzept der Erfahrungskurve."*^ Ende der 38
Vgl. Brandle (1970), S. 36.
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Vgl. Robinson (1934), S. 242ff.; Bain (1959), S. 160ff.; Busse v. Colbe (1964), S. 194ff.
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Vgl. Marris (1964); Penrose (1955), S. 531ff.; Penrose (1966).
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Vgl. Baumberger (1961), Kosiol (1962).
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Vgl. Alchain (1953), S. 600ff.; Boulding (1953), S. 326ff.; Haire (1964), S. 272ff.
43
44 45
Vgl. Starbuck (1965), S. 451ff und Starbuck (1971), S. 275ff.; Quinn/Cameron (1983), S. 33ff.; Turk (1989), S. 60ff.; Pumpin/Prange (1991); Bleicher (1991). Vgl. Ansoff (1965); Andrews (1971). Vgl. Nieschlag et al. (1988), S. 864f.; Fritz (1995), S. 52; Pleschak/Sabisch (1996), S. 80f.
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Einfuhrung
70er Jahre entwickelte Porter in einer Phase eines sich in vielen Branchen abschwachenden bzw. stagnierenden Wachstums sein Konzept der Wettbewerbsstrategie."*^ Dieses Konzept bietet unter dem Aspekt der Differenzierung weitere Anknupfungspunkte, welche in der Marketingliteratur detailliert wurden."*^ Im Gegensatz zu den bislang diskutierten Forschungsarbeiten handelt es sich bei der empirischen Erfolgsfaktorenforschung um einen Forschungszweig, der die empirische (Jberpriifung von Hypothesen bezugUch der in der Theorie diskutierten Erfolgsfaktoren zum Ziel hat. Ausgehend von der Definition von „Erfolg" konnen die Studien anhand verschiedenster ErfolgsmaBe kategorisiert werden. Vor dem Hintergrund des vorliegenden Themas „Wachstum" konnen die Arbeiten grob in die Kategorien „allgemeine Erfolgsfaktorenforschung" und „Wachstumsfaktorenforschung" eingeteilt werden. GrundsatzUch werden bei der allgemeinen Erfolgsfaktorenforschung unterschiedHche ErfolgsmaBe angewandt. Generell wird zwischen bilanzorientierten und kapitalmarktorientierten ErfolgsgroBen unterschieden. Dariiber hinaus sind auch Kombinationen aus verschiedenen ErfolgsmaBen denkbar. Fine umfassende und vergleichende Analyse bestehender Studien zur allgemeinen Erfolgsfaktorenforschung findet sich bei Fritz, der die Ergebnisse und den methodischen Ansatz von 40 derartigen Studien untersucht."*^ Zu den bekanntesten Studien der Erfolgsfaktorenforschung zahlen die Arbeiten von PetersAVaterman und das PIMS-Projekt.'*^ Zur Wachstumsfaktorenforschung, bei welcher als Erfolgsmafistab unterschiedHche WachstumsgroBen zugrunde gelegt werden konnen, gibt es nur sehr wenige Studien. Die erste Veroffentlichung mit dem Fokus auf Untemehmenswachstum stammt von Young aus dem Jahr 1961.^^ Weitere Studien stammen von Clifford und Cavanagh,^^ Albach,^^ Hahn/Grab,^^ Gertz/Baptista,^"* Lucier/Asin,^^ sowie von Kurfess.^^ Die vorliegende Arbeit lasst sich keiner der vorgestellten Forschungsstromungen direkt zuordnen. Vielmehr nutzt die Arbeit diverse Ansatze und Erkenntnisse, um die aufgeworfene Frage nach den Wachstumsstrategien in der Medienbranche zu untersuchen: 46 47
48 49 50 51 52 53 54 55 56
Vgl. Porter (1980). Vgl. Galbraith/Schendel (1983), S. 153ff.; White (1986), S 217ff.; Kim/Lim (1988), S. 802ff.; Morrison (1990) und Homburg/Krohmer (2003), S. 520. Vgl. Fritz (1990), S. 91ff. Vgl. PetersAVaterman (1984); Buzzel/Gale (1989). Vgl. Young (1961), S. 52. Vgl. Clifford/Cavanagh (1985). Vgl. Albach et al. (1984), S. 779f.; Albach (1985), S. 404f. Vgl. Hahn/Grab (1989), S. 223ff. Vgl. Gertz/Baptista (1995). Vgl. Lucier/Asin (1996), S. 10-16. Vgl. Kurfess (1999).
Einfuhrung
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Theoretische Wachstumsmodelle werden herangezogen, um relevante Themenfelder fUr das allgemeine Wachstumsmanagement zu identifizieren. Ansatzpunkte liefem vor allem mikrookonomisch fundierte Ansatze aus dem funktionalen Bereich Absatz,
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Weiterhin niitzlich fiir das allgemeine Wachstumsmanagement sind erganzende Beitrage aus der Strategic- und Marketingforschung, welche wettbewerbsstrategische Fragen unter dem Aspekt der Differenzierung untersuchen.
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Die Erfolgsfaktorenforschung wird schlieBlich genutzt, um anhand eines „Cross-Check" zwischen theoretischen und empirischen Studien diejenigen Faktoren herauszuarbeiten, welche in Wissenschaft und Praxis als „allgemein anerkannt" gelten konnen.
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Kommunikationswissenschaftliche Arbeiten aus dem Bereich der Medienokonomie werden herangezogen, um medienspezifische Besonderheiten im Zusammenhang mit dem Marktversagen zu erortem. Die medienspezifischen Besonderheiten von Mediengutem wiederum tangieren Fragen der Differenzierung.
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Studien aus der industrieokonomischen Medienokonomie werden genutzt, um strukturelle Veranderungen in der Medienbranche, welche einen Einfluss auf das Wachstum bzw. die Wachstumsstrategien von Medienuntemehmen haben, in die Analyse einflieBen zu lassen.
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Erkenntnisse aus dem Medienmanagement werden herangezogen, um Fragen der Umsetzung im Hinblick auf die Entwicklung von Gestaltungsoptionen zu erarbeiten.
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Da Gestaltungsoptionen fiir eine sehr spezifische Fragestellung herausgearbeitet werden sollen, werden fiir den empirischen Abschnitt Grundlagen der qualitativen und quantitativen empirischen Sozialforschung genutzt. Da im empirischen Abschnitt finanzielle Kennzahlen zur Operationalisierung der Fragestellung genutzt werden, werden die Grundlagen der Statistik durch Ansatze der allgemeinen Betriebswirtschaft, insbesondere des Financial Management, erganzt.
Es wurde bereits angemerkt, dass die fehlende Verkniipfung der verschiedenen Ansatze als eigentliches Forschungsdefizit aufgefasst werden muss. Allgemeine Erkenntnisse aus der Wachstums-, Strategic-, Marketing- und Erfolgsfaktorenforschung vermogen lediglich Anhaltspunkte zur Erforschung von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche zu geben. Da die Medienbranche bzw. Medienprodukte jedoch sehr industriespezifische Eigenarten aufweisen, ist eine unreflektierte Ubertragung der Erkenntnisse unzureichend. Arbeiten aus der Medienokonomie Oder dem Medienmanagement wiederum haben Fragen des Wachstums bislang nicht Oder nur unzureichend diskutiert. Veroffentlichungen zu den Themen Strategic bzw. Wachstumsstrategie sind sehr generisch und fiir die Praxis wenig hilfreich. Deutliche Forschungsliicken gibt es demnach vor allem unter dem Aspekt der Anwendungsorientierung.
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EinfUhrung
Ein Grund hierfur diirfte die Tatsache sein, dass es bislang nur sehr wenige empirische Studien gibt. Dies gilt gleichermaBen fiir die Medienforschung im Allgemeinen wie fur die Wachstumsforschung im Speziellen. (3)
Zum weiteren Vorgehen
Die vorliegende Arbeit wird neben EinfUhrung und Schlussbetrachtung in zwei Hauptkapitel gegliedert. Das erste Hauptkapitel (I) ist ein theoretischer Abschnitt, in welchem die Grundlagen des Wachstums von Medienuntemehmen erortert werden. Im zweiten Hauptkapitel (II) werden die durchgefuhrten empirischen Analysen vorgestellt. Die theoretische Aufarbeitung im ersten Hauptkapitel erscheint insofem notwendig, als dass bisherige Erkenntnisse aus der Wachstumsforschung unter dem Aspekt der Medienspezifitat nicht unhinterfragt ubemommen werden konnen. Eine empirische Untersuchung des theoretisch abgeleiteten Wissens ist vor dem Hintergrund der Anwendungsorientierung sinnvoll, da nur so konkrete und in der Praxis haltbare Gestaltungsoptionen fiir das Management von Medienuntemehmen gewonnen werden konnen. Das erste Hauptkapitel, welches die theoretischen Grundlagen fiir die zugrunde liegende Arbeit darlegt, unterteilt sich in die zwei Teilkapitel „Untemehmenswachstum als vielschichtiges Objekt interdisziplinarer Forschung" (LI) und „Die Wachstumsfaktoren unter dem Aspekt medienspezifischer Besonderheiten" (1.2). Dieses Vorgehen folgt der Uberlegung, zunachst allgemeine Forschungsansatze zu identifizieren und vor dem Hintergrund des Status Quo der Medienbranche zu selektieren, um die gewonnenen Erkenntnisse im Anschluss unter dem Aspekt der Medienspezifitat auf Ubertragbarkeit zu diskutieren. Um die Fulle interdisziplinarer Forschungsansatze im ersten Teilkapitel 1.1 zu handhaben, fmdet in diesem zunachst eine Eingrenzung von Ansatzen zur Identifizierung von allgemein anerkannten Wachstumsfaktoren statt (1.1.1). Im Rahmen der Eingrenzung wird im ersten Schritt ein Uberblick iiber die Grundmodelle theoretisch-deduktiver Forschung gegeben (1), danach findet eine Selektion theoretisch relevanter Modelle zur Identifikation von Wachstumsfaktoren statt (2), um im dritten Schritt den Problembezug und Erkenntnisbeitrag der einzelnen Wachstumsmodelle herauszustellen (3). Nach der Eingrenzung der verschiedenen Wachstumsmodelle werden die zu nutzenden Erkenntnisbeitrage durch Erklarungsbeitrage aus der Strategic-, Marketing- und empirischen Erfolgsfaktorenforschung erganzt (1.1.2), da anzunehmen ist, dass Strategic- und Marketingansatze vor dem Hintergrund einer zunehmenden Wettbewerbsintensitat zusatzliche Ansatzpunkte zu liefem vermogen. Weiterfuhrende Erkenntnisse sind auch von empirischen Studien zur Erfolgsfaktorenforschung zu erwarten, da Wachstum in vielen Studien eng mit den ErfolgsmaBstaben verkniipft ist. Das Unterkapitel unterteilt sich somit in Beitrage aus der Strategic- und Marketingforschung (1), in welchen im Zusanmienhang mit dem Untemehmenswachstum vor allem Differenzierungsfaktoren diskutiert werden, sowie in Beitrage aus der empirischen Erfolgsfaktorenforschung (2), in welchem die Erkenntnisse aus diversen empirischen Studien den Erkenntnissen aus der theoretischen Analyse gegeniibergestellt werden.
Einfuhrung
15
Um die im Teilkapitel 1.1 gewonnenen Erkenntnisse fiir die Arbeit nutzbar zu machen, werden die als relevant erachteten Wachstumsfaktoren zu einem Bezugsrahmen strategischer Wachstumsfaktoren integriert (1.1.3). Hierzu werden die identifizierten Wachstumsfaktoren nach einer Priorisierung zunachst konkretisiert (1), um die Wachstumsfaktoren fur die weiterfiihrende Analyse greifbarer zu machen. Im Anschluss daran werden die verschiedenen Faktoren zueinander in Beziehung gesetzt, also in einen Bezugsrahmen integriert (2). Die Diskussion der zu einem Bezugsrahmen integrierten Wachstumsfaktoren unter dem Aspekt der Medienspezifitat fmdet im Teilkapitel 1.2 statt. Die Gliederung dieses Teilkapitels richtet sich nach den identifizierten Wachstumsfaktoren und somit in Kapitel zu den Themen „Marke" (1.2.1), „Qualitat" (1.2.2), „Innovation" (1.2.3) und „Effizienz" (1.2.4). GrundsatzHch kann fiir alle vier Wachstumsfaktoren dargestellt werden, dass es sich um notwendige, aber auch herausfordemde Faktoren fiir Medienuntemehmen handelt (jeweils Abschnitte (1) und (2)). Die Marke wird durch ihr Element zur Reduktion von Transaktionsunsicherheiten zum notwendigen Element einer Wachstumsstrategie fiir Medienuntemehmen (1). Transaktionsunsicherheiten wiederum entstehen durch den Erfahrungsgutcharakter (a) und durch die eingeschrankte Marktfahigkeit von Mediengiitem (b). Fine Herausforderung stellt der Dienstleistungscharakter von Medienprodukten im Zusammenhang mit dem Markenmanagement dar (2). Es wird dargelegt, dass Mediengiiter zunehmend als Dienstleistungen zu begreifen sind (a) und dass dies zu Problemen beim Markenaufbau fUhrt (b). Der Faktor Qualitat wird durch die zunehmende Okonomisierung der Medien zum notwendigen Wachstumsfaktor (1). Im Rahmen der Argumentation wird dargelegt, dass Qualitat kundenseitig definiert werden muss und dass Qualitat als Wachstumsfaktor vom publizistischen Niveau abzugrenzen ist (a). Die Ausrichtung am Kunden wird durch die Okonomisierung und die Zunahme des Wettbewerbs in der Medienlandschaft ausgelost (b). Fine besondere Herausforderung stellt die qualitatsorientierte ProduktgestaltungZ-bewertung bei Medienprodukten dar (2). Warum eine qualitatsorientierte Produktgestaltung gerade bei Medienprodukten so eine groBe Herausforderung ist, wird in Unterabschnitt (a) dargelegt. Die Probleme der qualitatsorientierten Produktbewertung folgen in Unterabschnitt (b). Innovationen sind zur Generierung zukiinftigen Wachstums notwendig, da es bei Medienprodukten aufgrund der meist notwendigen Aktualitat zu einem Innovationszwang kommt (1). Es wird daher zunachst dargestellt, dass die Verderblichkeit von Medienprodukten der eigentliche Treiber fiir Innovationen in der Medienbranche ist (a). Im Anschluss daran werden verschiedene Ansatzpunkte fiir Innovationen bei Medienprodukten aufgezeigt (b), die anschlieBend in einer Typologie fiir Innovationen bei Medienprodukten geordnet werden (c). Als groBe Herausforderung im Zusammenhang mit Innovationen bei Medienprodukten wird die Handhabung von Risiko und Risikoreduktion gesehen (2). Medienprodukte bzw. Innovationen bei Medienprodukten weisen im Gegensatz zu anderen Produktgattungen ein spezifisches Risiko auf (a). Der aufgezeigten Typologie von Innovationen bei Medienprodukten folgend werden Risikoreduktionsstrategien bei der Themenvariation (b) und bei der Formatierungsvariation (c) diskutiert.
2^
EinfUhrung
Der Faktor Effizienz wird zur Finanzierung von Wachstum zunehmend notwendiger (1). Die Zunahme der Notwendigkeit basiert dabei auf konjunkturellen EinflUssen (a) und strukturellen EinflUssen (b). Effizienzsteigerungen in Medienuntemehmen konnen jedoch nicht auf alien Wertschopfungsstufen der Medienproduktion gleichermafien realisiert werden. Der Grund hierfUr liegt im okonomischen Dilemma der Medienproduktion (a). Unterschiedliche Rationalisierungspotenziale gibt es bei der InhaltegenerierungZ-aggragation (b) und der InhaltevervielfaltigungZ-distribution (c). Im Anschluss an die Diskussion der Wachstumsfaktoren unter dem Aspekt der Medienspezifika wird das Hauptkapitel I. mit einer Zwischenbetrachtung abgeschlossen. Diese zeigt in einer Zusammenfassung noch einmal die theoretische Relevanz der allgemein anerkannten Wachstumsfaktoren fur Medienuntemehmen auf (1), diskutiert die (Jbertragbarkeit der allgemein anerkannten Wachstumsfaktoren auf die Medienbranche (2) und verweist auf etwaige Interdependenzen zwischen den einzelnen Wachstumsfaktoren als zu beriicksichtigendes Element im Kalkiil eines Wachstumsmanagements (3). Das zweite Hauptkapitel, in welchem die Wachstumsfaktoren empirisch untersucht werden, unterteilt sich in die zwei Teilkapitel „Die Mikroanalyse zur Prazisierung der medienspezifischen Wachstumsfaktoren" (II. 1) und „Die Makroanalyse zur Analyse von Interdependenzen bei Nachfragestimulation und Effizienzsteigerung" (1.2). Die Unterscheidung in (faktorenindividuelle) Mikro- und (faktoreniibergreifende) Makroanalyse folgt einer Analyselogik, welche an den Dimensionen der Perspektive (faktorindividuelle vs. faktoriibergreifende Betrachtung) und der Untersuchungsmethode (qualitative vs. quantitative Untersuchungsmethode) festgemacht ist. Ein derartiges Vorgehen hat den Vorteil, dass durch die mikroskopische Betrachtung die allgemeinen Faktoren konkretisiert und in Gestaltungsoptionen ubersetzt werden konnen, wahrend durch die makroskopische Betrachtung untemehmensweite Zusammenhange einer vorherrschenden Strategic offen gelegt werden konnen. ^^ Die empirischen Teilkapitel zur Mikro- und Makroanalyse werden jeweils in zwei Abschnitte unterteilt, welche sich auf die Methodik sowie auf die eigentliche Analyse bzw. die Ergebnisse beziehen. Im Methodikabschnitt der Mikroanalyse, welche in Abschnitt II. 1.1 dargelegt wird, werden verschiedene Methoden qualitativer Sozialforschung erortert (1). Hierbei wird zunachst ein Uberblick gegeben (a). Im Anschluss daran werden die in der Mikroanalyse genutzten Methoden, die Inhaltsanalyse (b) und das qualitative Interview (c), genauer erlautert. Von besonderer Relevanz fiir beide Methoden ist die Entwicklung eines Kategorienschemas zur Prazisierung der Wachstumsfaktoren, welches im anschlieBenden Abschnitt aufgezeigt wird (2). Nach der umfassenden Darstellung der fiir die Mikroanalyse genutzten Methodik folgt das Kapitel II. 1.2, in welchem konkrete Ansatzpunkte zum Management der Wachstumsfaktoren herausgearbeitet werden. Dies geschieht zunachst in einer allgemeinen Analyse (1), in welchen die Faktoren „Marke" (a), „Qualitat" (b), „Innovation" (c) und Effizienz (d) konkretisiert Vgl. zur terminologischen Abgrenzung von Mikro- und Makroanalyse auch die Ausfiihrungen in der Zwischenbetrachtung ab S. 146.
Einfuhrung
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werden. Die gewonnenen Erkenntnisse werden in der darauf folgenden spezifischen Analyse am Beispiel „Deutschland sucht den Superstar" integriert (2). Die Fallstudie wird in den Abschnitten „Ausgangssituation, Fragestellung und Ziel der Fallstudiendiskussion" (a), „Eckdaten zur Fallstudie Deutschland sucht den Superstar" (b), „Diskussion der Wachstumsfaktoren beim DsdS-Konzept" (c), „Der okonomische Erfolg des DsdS-Konzeptes" (d) und einem Fazit zur Fallstudie (e) bearbeitet. Im methodischen Abschnitt der Makroanalyse 11.2.1 werden zunachst Kennzahlen zur Analyse der Interdependenzen zwischen den Wachstumsfaktoren definiert (1). Zuerst wird ein geeignetes Kennzahlensystem gewahlt (a), im Anschluss daran werden die Kennzahlen definiert und detailliert (b). Nach der Diskussion der zu verwendenden Kennzahlen werden in Abschnitt (2) die Datengewinnung und -aufbereitung (a), die Zusammensetzung der Stichprobe (b) und die eingesetzten statistischen Auswertungsverfahren (c) aufgezeigt. Die Analyse der Kennzahlen folgt in Teilkapitel II.2.2, welches sich in die Abschnitte „Die sachlogische Erorterung moglicher Zusammenhange zwischen den Kennzahlen und der Wachstumsrate von Medienuntemehmen" (1) und „Die statistische Auswertung der potenziellen Zusammenhange" (2) gliedert. Im ersten Abschnitt werden unter Punkt (a) mogliche Zusammenhange zwischen den einzelnen Kennzahlen im Zusammenhang mit den Wachstumsfaktoren sachlogisch abgeleitet. Unter Punkt (b) wird „Wachstum" fiir die folgende Analyse konkretisiert. Der Teilabschnitt (2) ghedert sich in die Punkte „Basisinformationen zur Beurteile der Ergebnisse" (a), „Vorbereitende statistische Tests" (b), „Die Analyse der Umsatzgewinnrate" (c), „Die Analyse des Kapitalumschlags" (d), „Die Analyse des Financial Leverage"(e) sowie in „Die Erklarung von Wachstum durch eine simultane Betrachtung der Einflussvariablen" (f). Im Anschluss an die zwei Hauptkapitel folgt das Fazit und der AusbUck der Arbeit (III). Hierbei werden zunachst Gestaltungsoptionen fiir das Management (1) aufgezeigt. Diese orientierten sich an den Wachstumsfaktoren und damit in die Abschnitte zu den Themen „Markenmanagement" (a), „Qualitatsmanagement" (b), „Innovationsmanagement" (c), und „Effizienzsteigerung" (d). Dariiber hinaus werden auch die Erkenntnisse zu etwaigen Interdependenzen rekapituliert (e). AbschlieBend findet eine Reflexion Uber die Arbeit mit kritischen Anmerkungen und AusfUhrungen zum Neuigkeitswert der Arbeit statt (2).
Einfuhrung
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EiNFUHRUNG Die Medienbranche steht trotz wieder steigender Werbeausgaben nach den Krisenjahren 2001-2003 noch immer am Rande der Depression/ Kleine Firmen wie Helkon Media oder die den deutschen Markt dominierende Kirch-Gruppe mussten in den vergangenen Jahren Insolvenz anmelden, auflagenstarke Tageszeitungen wie beispielsweise die Suddeutsche Zeitung strichen in groBer Zahl Stellen.^ Auch die globalen Medienkonglomerate mussten einen Strategiewechsel einlauten, nachdem es im Jahr 2002 zu Rekordverlusten kam.^ Welchen Wandel das Management der Medienbranche im Zuge der Medienkrise vollzieht, lasst sich an folgendem Zitat verdeutlichen: „In all diesen Konzemen haben nun seriose, bieder wirkende Gestalten das Zepter iibernommen, die man vor ein paar Jahren noch als voUig ungeeignet fiir die Spitze eines Medienkonzems angesehen hatte. Sie wissen genau, dass mittlerweile auch in der Medienwelt die Geschaftszahlen von heute maBgeblich sind, und nicht die Traume von morgen." (Clark 2003) Es iiberrascht daher nicht, dass nach einer Zeit des Experimentierens mit neuen Geschaftsmodellen und einer Konzentration der Aufmerksamkeit auf die neuen Medien nun vor allem wieder das operative Tagesgeschaft zuriick auf die Agenda der Medienmanager riickt. Hohe Aufmerksamkeit genieBen Fragen des Kosten- und neuerdings des Wachstumsmanagements.** Die Grlinde fiir diese Entwicklung sind vielfaltig. GewissermaBen als Hintergrund kann festgestellt werden, dass die Medienuntemehmen zunehmend privatwirtschaftlich organisiert sind und sich daher vermehrt an okonomischen ErfolgsmaBstaben ausrichten miissen. Die Konsolidierung weit reichender Aktivitaten sowie die Steigerung der in den vergangenen Jahren gesunkenen Profitabilitat sind zur Befriedigung der privatwirtschaftlichen Interessen essentiell. Kurzfristig kann die Ertragskraft vor allem durch Kosteneinsparungen realisiert werden. Da die MaBnahmen der Kostenreduktion jedoch durch medienspezifische Entwicklungen wie Nach dem starkem Riickgang in den letzten Jahren um 16,8% (2000-2003) befmden sich die Werbeumsatze seit Anfang 2004 wieder im Aufwind (+7%). Vgl. Reichhuber (2004), S. 1. Die Insolvenzen in der Medienbranche nahmen laut Infratest im Jahr 2002 stark zu. Wahrend im Jahr 2001 ca. 0,7% aller deutschen Medienfirmen Konkurs anmelden mussten, waren dies im Jahr 2002 ca. 2,0%. Vgl. Werres (2003), S. 4. Der Suddeutsche Verlag musste fiir 2002 einen Umsatzriickgang von 808 auf 720 Millionen Euro verbuchen und sogar Insolvenzgeriichte dementieren. Vgl. Heise (2002). Die Kirch-Gruppe reichte am 8. April 2002 beim Amtsgericht Munchen wegen Zahlungsunfahigkeit den lange erwarteten Insolvenzantrag fiir die KirchMedia GmbH & CO KGaA ein, weitere Insolvenzen der Kirch-Gruppe folgten. Genau einen Monat spater, am 8. Mai 2002 folgte der Kirch Media die Kirch PayTV. Am 11. und 12. Juni 2002 folgten dann die Formel 1 Beteiligungs GmbH, die Kirch Beteiligungs GmbH & Co.KG und die Taurus Holding GmbH & Co.KG auf dem Weg zum Amtsgericht. Vgl. hierzu Seip (2003). Im Jahr 2002 meldete beispielsweise Time Warner einen Rekordverlust von $ -44 Mrd., Vivendi meldete einen Verlust in Hohe von € -22 Mrd. Vgl. Online in Internet: URL: http://www.timewarner.com [Stand 01.07.2004] sowie URL:http://www.vivendi.com [Stand 01.07.2004] Ein Anzeichen fiir das wachsende Interesse am Thema „Wachstum" ist, dass sich die MUnchner Medientage 2002 explizit diesem Thema widmeten.
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EinfUhrung
beispielsweise dem Kostenanstieg durch Fragmentierung, Investitionen in neue Technologien und einem gesteigertem Wettbewerb konterkariert werden, miissen zur Absicherung bzw. Steigerung der Profitabilitat mittel- und langfristig auch MaBnahmen zum Untemehmenswachstum eingeleitet werden. Die Medienindustrie folgt damit einer Entwicklung, die in anderen Branchen schon langer voUzogen wird. Bereits in den 90er Jahren endete in weiten Teilen der westlichen Industrienationen eine lange Phase der intemationalen Hochkonjunktur. Untemehmen sahen sich einem zunehmenden intemationalen Wettbewerbsdruck ausgesetzt, traditionelle Absatzmarkte stagnierten oder schrumpften. Die Folge dieser Entwicklung waren - ahnlich wie es derzeit auch in der Medienbranche zu beobachten ist - in erster Linie Restrukturierungsbemiihungen. Diese bestanden, vereinfacht ausgedriickt, darin, mit weniger Mitteleinsatz den gleichen Output zu erzielen. Auf die sich verandemden Markt- und Wettbewerbsbedingungen wurde haufig mit Personalabbau reagiert. Der langfristige (wirtschaftliche) Erfolg wird jedoch nur dann zu sichem sein, wenn Produktivitatssteigerungen mit Umsatzsteigerungen einhergehen. Analog zu den anderen Branchen wird daher auch in der Medienbranche die Bedeutung der Wachstumskomponente zunehmen. Da das Management von Wachstum fur Medienmanager somit zu einer zentralen Frage der nachsten Jahre werden wird, sind Wachstumsstrategien bzw. das Management von Wachstumsfaktoren das zentrale Thema dieser Arbeit:^ •
Den Schwerpunkt der Arbeit bildet die Frage nach den Erfolgsfaktoren fur Wachstum in der Medienbranche. Wachstum wird dabei als Wachstum im engeren Sinne definiert. Da es zu einer erhohten Wettbewerbsintensitat zwischen den etablierten Anbietem kommt, lehnen sich die wachstumsstrategische Fragestellungen an wettbewerbsstrategische Uberlegungen an. Auf der Basis einer theoretischen Analyse soUen potenzielle (und allgemein anerkannte) Wachstumsfaktoren^ zunachst identifiziert und prazisiert werden. Von hoher Relevanz ist in diesem Zusammenhang die medienspezifische Erorterung der Wachstumsfaktoren im Hinblick auf die tjbertragbarkeit vorherrschender Erkenntnisse. In einem zweiten Schritt werden die gewonnenen Erkenntnisse in einer empirischen Analyse verdichtet. Hierbei steht zuerst die anwendungsorientierte Konkretisierung der Wachstumsfaktoren im Mittelpunkt, um darauf aufbauend Gestaltungsoptionen fiir „Wachstum im engeren
Ein Indiz fiir die besondere Relevanz des Themas „Wachstum" fiir Medienmanager ist, dass der Bertelsmann-Konzern das Thema Wachstum in den Mittelpunkt der Bilanzpressekonferenz 2004 stellte. Vgl. Kurp, (2004). Wachstum im engeren Sinne liegt vor, wenn eine Umsatzerhohung bei der Erhaltung des Marktanteils in einer wachsenden Branche oder einer Erweiterung dieses Marktanteils innerhalb eines Marktes erfolgt. Davon abzugrenzen ist Wachstum im weiteren Sinne. Wachstum im weiteren Sinne liegt vor, wenn die Umsatzzunahme auf der ErschlieBung neuer Markte beruht. Da im Rahmen der noch zu erlautemden Medienkrise die Bewaltigung von akuten Wachstumsproblemen innerhalb der „eigenen" Branche im Vordergrund steht, wird Wachstum im weiteren Sinne in dieser Arbeit nicht naher untersucht. Vgl. zur Abgrenzung von Wachstum im engeren und weiteren Sinne Ansoff (1957), S. 113ff. und Ansoff (1965), S. 108ff. Die Begriffe „Erfolgsfaktoren fur Wachstum" und „Wachstumsfaktoren" werden in dieser Arbeit synonym verwendet.
Einfuhrung
3 Sinne" aufzuzeigen. Daruber hinaus ist auch die Analyse von Interdependenzen zwischen den Wachstumsfaktoren von Interesse.
Aufgrund der vorherrschenden wirtschaftlichen Relevanz traditioneller Medien sowie dem okonomischen Bezug des Themas „Wachstumsstrategien" reiht sich die vorliegende Arbeit vorwiegend in das Forschungsfeld traditioneller Medien aus wirtschaftlicher Perspektive ein: •
Die Definition der Medienbranche orientiert sich aufgrund der Anwendungsorientierung der vorliegenden Arbeit an gangigen Kriterien der wirtschaftlichen Praxis.^ Als Medienuntemehmen werden okonomische Institutionen bezeichnet, welche sich mit der Produktion, Aggregation, Vervielfaltigung und dem Vertrieb von auf bestimmte KundenbedUrfnisse zugeschnittenen Informations- und UnterhaltungsgUtem befassen.' Die im Rahmen der Analyse genutzte Definition der Medienbranche bezieht sich somit auf die traditionellen Mediensegmente Buch, Zeitung, Zeitschrift, Film, Femsehen, Radio, Musik und (Video-/PC-) Games.
Da die alleinige Konzentration auf die traditionellen Medien einem zukunftsweisenden integrierten Medienmanagement nicht gerecht wird, werden die neuen Medien als integraler Bestandteil der traditionellen Medien untersucht. Untemehmen der Intemetbranche werden somit zu der Medienbranche gefasst, sofem sie einen direkten Bezug zu traditionellen Medien aufweisen. Die Ausgangssituation der zugrunde gelegten Uberlegung ist, dass sich die Medienbranche nach einem Wachstumsboom im vergangen Jahrzehnt aufgrund konjunktureller und struktureller Einflusse nun in einer „Wachstumskrise" befindet/® Neben traditionell konjunkturabhangigen Erlosstromen wie Werbeeinnahmen und Produkterlosen sieht sich die Branche derzeit mit einer strukturbedingten Erlosgefahrdung aufgrund eines sich andemden Kundenverhaltens und sich andemden Kundenbediirfnissen sowie weit reichenden technologischen Veranderungen wie beispielsweise einer digitalisierungsinduzierten Inflation der Werthaltigkeit von Bezahlcontent oder der zunehmenden Content-Piraterie konfrontiert. Daruber hinaus Vgl. zur Hinzuziehung praxisrelevanter Kriterien ThomasA'^enkatraman (1988), S. 546ff. Im Mittelpunkt der Definition stehen somit Medienuntemehmen und Medienprodukte. Vgl. hierzu Wirtz (2003), S. 9ff., welcher als Abgrenzungskriterium die Leistungsausrichtung von Unternehmen nutzt oder auch Kiefer (2001), S. 14ff., welche Medien aus okonomischer Perspektive analysiert und daher Medien als institutionelle Organisationen definiert. Indem in der Arbeit der Schwerpunkt auf Medienuntemehmen gelegt wird, unterscheidet sich die Arbeit von einer Vielzahl - vorwiegend publizistischer oder kommunikationswissenschaftlicher - Veroffentlichungen. Im Rahmen des sehr breiten Forschungsfeldes werden gemeinhin unterschiedlichste Definitionen und Eingrenzungen genutzt. Neben der hier gewahlten institutionellen Abgrenzung, welche Unternehmen mit wirtschaftlichem Schwerpunkt in den Betrachtungsmittelpunkt stellt, fuhrt Heinrich auch die Moglichkeiten einer sachlichen oder fiinktionalen Abgrenzung des Medienbegriffs ins Feld. Vgl. Heinrich (2001), S. 19ff. Faulstich bezieht sich mit seiner Differenziemng in Primar-, Sekundar-, Tertiar- und Quartarmedien auf den Technikeinsatz bei Produzent und Rezipient. Vgl. Faulstich (2000), S. 21ff. Wie bereits gezeigt wurde, konnte im ersten Halbjahr 2004 eine Trendwende bei den Werbeerlosen erzielt werden. Nichtsdestotrotz haben noch viele Medienuntemehmen mit den Folgen der schwachen Konjunktur zu kampfen. Vor allem aber die stmkturellen Verandemngen fiihren zu der hier genannten „Wachstumskrise".
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Einfuhrung
scheint auch die finanzielle Basis fur Wachstum durch ein vemachlassigtes Kostenmanagement bei derzeit ansteigenden Kosten gefahrdet bzw. scheint unklar, welche MaBnahmen zur Kostensenkung Wachstum fordem bzw. kontraproduktiv wirken. (1). Trotz der groBen gesellschaftUchen und wirtschaftlichen Bedeutung der Medien und einer steigenden Anzahl von PubUkationen lassen sich fur die Analyse von Wachstumsstrategien bzw. -faktoren in der Medienbranche Forschungsdefizite aufzeigen. Notwendig erscheint eine Verkniipfung verschiedener Forschungsrichtungen. Eine detaiUierte Analyse des derzeitigen Forschungsstandes legt offen, dass sich im Bereich der Medienokonomie neben segmentsspezifischen Fragestellungen, generischen Strategieabhandlungen und informationsorientierten Veroffentlichungen nur wenige Studien zur Analyse von Erfolgsfaktoren im „klassischen Sinn" finden lassen. Dies gilt im besonderen Ma6e fiir empirische Studien und das Thema Wachstum (2). Im Rahmen der Einfuhrung wird nun zunachst der Status Quo in der Medienbranche erortert (Punkt 1), in Punkt (2) wird der Forschungsstand aufgezeigt. Im Anschluss an diese Voriiberlegungen wird die Einfuhrung mit dem Punkt (3) unter der Uberschrift „Zum weiteren Vorgehen" abgeschlossen. (1)
Status Quo der Medienbranche
Nach einer fast zwei Jahrzehnte anhaltenden Boomzeit fiir Medienuntemehmen in Deutschland sehen sich die Untemehmen mit der bislang groBten Medienkrise in Deutschland konfrontiert.^^ Nach einer Zeit des expandierenden Erfolgs, der ausreichenden Ressourcen (vor allem des Kapitals) und des grenzenlosen Optimismus miissen die Medienuntemehmen sich nun der wirtschaftlichen Realitat fugen. Einer schwachen Konjunktur konnten die in Deutschland tatigen Medienuntemehmen in der Vergangenheit trotzen. So war es ihnen in den Jahren 1991-2000 noch moglich, die zuriickgehende Konjunktur der deutschen Wirtschaft^^ durch die Ende der 80er Jahre erfolgten Privatisiemng des Femsehmarktes zu kompensieren. Doch in den Jahren 2001-2003 fiihrte das nachlassende Wachstum der Wirtschaft zu sinkenden Wachstumsraten oder sogar UmsatzeinbuBen bei Medienuntemehmen.
Wie noch zu zeigen ist, erfordert eine Steigerung des Wachstums die Erhohung der Produktivitat bzw. Effizienz eines Untemehmens. Eine Mogliclikeit der Effizienzsteigerung ist die Reduktion von Kosten. Somit konnen Kosteneinsparungen als „Wachstum fordemd" charakterisiert werden. Vgl. hierzu auch Fu6note 25, S. 9. In den Ausfiihrungen dieser Arbeit bezieht sich der Terminus Effizienz somit auf Kosteneinsparungen und wird synonym zum Terminus Kosten-Effizienz verwendet. Davon abzugrenzen ist eine Effizienzsteigerung, die auf einer Umsatzzunahme (beispielsweise durch eine Preiserhohung) bei gleichen Kosten beruht. Vgl. hierzu Ausfiihrungen auf den Medienkongressen „Medientage 2002" in Munchen oder den „Hamburger Dialog". Ein ausfiihrlicher Kommentar hierzu findet sich zum Beispiel im Siidkurier vom 12. Juni 2003. Die zehn Jahre nach der Wiedervereinigung Deutschlands weisen mit durchschnittlich +1,5% pro Jahr ein deutlich niedrigeres Wirtschaftswachstum auf als in den beiden vorangegangenen Jahrzehnten. Die hochste Zuwachsrate nach der Einheit war im Jahr 2000 mit 3,0% zu verzeichnen, im Jahr 2001 ging diese jedoch auf 0,6% zuriick. Vgl. Statistisches Bundesamt (2002), Pressemitteilung vom 18. Juli 2002.
EinfUhrung
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Die groBe Abhangigkeit der Medienuntemehmen von der Konjunktur liegt im Geschaftsmodell von Medienuntemehmen begriindet, da neben Produkterlosen in vielen Mediensegmenten ein GroBteil der Erlose liber den Verkauf von Werbung generiert wird/"* Neben konjunkturbedingten Einflussen sind es jedoch vor allem strukturelle Faktoren, die zu den derzeitigen Veranderungen im Umfeld der Medienindustrie fiihren. Es sei hier auf die Veranderung des Kundenverhaltens, beispielsweise auf die sinkende Kundenbindung oder die sinkende Zahlungsbereitschaft, verwiesen. Auch die Kundenbediirfnisse andem sich derzeit grundlegend, indem sich diese immer weiter partikularisieren. Somit steigt die Nachfrage nach zielgruppenspezifischeren, im Extremfall sogar individualisierten Angeboten.^^ Technologische Veranderungen erfordem neue Geschaftsmodelle, die traditionelle Erlosgenerierung ist gefahrdet. Es entstehen neue Zusatzservices und damit neue Wettbewerber. Die Substitution traditioneller Produkte, beispielsweise Kleinanzeigen in Zeitungen durch Online-Anbieter, erfordert neue Fahigkeiten der Medienuntemehmen. Dies alles fiihrt zu einem Anstieg der Kosten. Resultat dieser Verandemngen sind nicht selten schwindende Margen bei den Medienuntemehmen. Mitunter kommt es zu erheblichen Liquiditatsengpassen und damit vermehrt zu Insolvenzen. Ein gravierendes Problem, welches den Trend schwindender Margen im Mediensegment weiter verstarkt, soil an dieser Stelle hervorgehoben werden. Der okonomische Wert von Medienprodukten lasst sich aus den zu erwartenden Gewinnen ableiten. Diese basieren bei einer Vielzahl von Medienprodukten auf der Entwicklung von Anzeigen- sowie Produkterlosen. Obwohl die skizzierten Verandemngen (z.B. die Digitalisiemng) groBe Potenziale in sich tragen, bergen sie auch groBe Risiken. Die Gefahr der aufgezeigten Entwicklung liegt in der Inflation der Werthaltigkeit von Medienprodukten. Gerade bei den neuen Medien lassen sich bislang nur wesentlich geringere Erlose als bei den traditionellen Medien erzielen. Hintergmnd dieser Entwicklung ist neben dem urspriinglichen Nutzungsgedanken des Intemets und dem damit verbundenen freien, also kostenlosen Austausch von Informationen, die Strategie von vielen New Economy Untemehmen, in einem ersten Schritt die Marktfuhrerschaft anzustreben. Erst in einem zweiten Schritt soUten Erlose abgeschopft und Renditen erzielt werden. Ausgangspunkt dieser tJberlegung waren geringe Markteintrittsbarrieren und eine leichte Imitierbarkeit von Intemetangeboten. Die Absichemng kiinftiger Erlosstrome sollte durch die Erobemng der Marktfuhrerschaft gelingen, welche durch eine schnelle Verbreitung meist kostenloser Angebote erreicht werden sollte.^^ Anzeigenerlose sind hochgradig von der Konjunktur abhangig, da das Anzeigenaufkommen von werbetreibenden Untemehmen im Gegensatz zu anderen Kostenarten variabel ist. Bei einer sich abschwachenden Konjunktur oder gar einer Rezession sind es demnach die Anzeigenkosten, die als erstes von der werbetreibenden Wirtschaft reduziert werden. Ein Indiz fiir die zunehmende Fragmentierung der Kundenbediirfnisse ist die Markteinfiihrung immer neuer „Special Interest" Publikationen auf den Zeitschriftenmarkten. Vgl. hierzu Wossner (2003), S. 22. Die hier beschriebene Strategie fmdet ihren Ursprung bei Softwareunternehmen. Eines der prominentesten Beispiele diirfte die kostenlose Verbreitung des Netscape-Internet Navigators gewesen sein, welche unter dem Stichwort „Browser War" Eingang in die Presse gefunden hat. Vgl. beispielsweise Online in Internet: URL: http://www.guardian.co.uk/online/story [Stand 21.07.2004]
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EinfUhrung
Welche fatalen Folgen diese Strategic hat, zeigen die heutigen Probleme: Medieninhalte sind im Internet meist kostenfrei zu beziehen. Die Konsumenten lassen sich nur schwer davon Uberzeugen, fiir Inhalte im Netz Geld zu bezahlen. Analysiert man die Erlosstrome im Bereich der neuen Medien, so lasst sich feststellen, dass die Preise fiir Anzeigen als auch fiir Content deutlich unter denen der Offline-Welt liegen. Nicht zuletzt dieser Umstand macht deutlich, wie wesentlich die Absicherung traditioneller Erlosstrome ist. Doch auch traditionelle Medien sind unmittelbar von den Veranderungen und damit von der Inflation der Werthaltigkeit ihres Content betroffen. Das eindruckvoUste Beispiel fiir den inflationaren Wertverfall von Content bei traditionellen Medien lasst sich anhand der Musikindustrie darstellen. Die Musikindustrie muss inzwischen zweistellige UmsatzeinbuBen aufgrund von Substituten in Form von - meist illegalen - Musik-Downloads aus dem Internet hinnehmen/^ Urspriinglich waren die Inhalte, in diesem Fall Musik, an das Tragermedium gebunden. Die friihere Nicht-Trennbarkeit von Inhalt und Tragermedium erschwerte das Kopieren der Inhalte bei gleichbleibender Qualitat und sicherte somit die Kontrolle der Distribution durch die Musikverlage. Die Digitalisierung ermoglicht cine Trennung von Content und Tragermedium und damit das Kopieren ohne Qualitatsverlust/* Dariiber hinaus bietet digitalisierte Musik weitere Vorteile wie z.B. die Nutzung auf verschiedenen Endgeraten, z.B. Mobiltelefonen, Mp3-Playern oder eben CD, sowie die Moglichkeit, kundenindividuelle Nutzerpraferenzen zu beriicksichtigen/^ Diese Vorteile werden bislang von Medienuntemehmen jedoch nicht unmittelbar zur Generierung von Zusatzerlosen genutzt. Neueste Untersuchungen quantifizieren die Verluste, sofem die kopierten Tontrager anderweitig regular erworben worden waren, durch die nun leicht mogliche Tontrager-Piraterie in Deutschland auf ca. 3,5 Mrd. Euro im Jahr 2001.^® Die Anzahl der Music-Downloads in Deutschland verdoppelte sich nahezu in einem Zeitraum von zwei Jahren von 314 Mio. Stuck auf 622 Mio. Stuck im Jahr 2002.^^ Und so sieht der Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft e.V. die neuen Moglichkeiten durch Digitalisierung auch eher als Gefahr denn als Vorteil: „Zum Umsatzriickgang der deutschen Musikbranche tragt Musikpiraterie wesentlich bei. Vor allem Downloads von illegalen Musikangeboten im Internet sowie die „Schulhofpiraterie" [...] substituieren einen Teil der CD-Kaufe. Gerade deswegen ist das Kopieren von Musik das zentrale Problem der deutschen Musikwirtschaft" (Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft e.V., Jahreswirtschaftsbericht 2001)
Vgl. Schmund (2004), S. 116ff. Der hier beschriebene Sachverhalt findet sich in der Literatur auch unter den Stichworten „Desintegration", ,J)ematerialisierung" oder „Dekonstruktion". Vgl. EvansAVurster (1997), S. 71ff. und (2000); Schwartz (1998), S. 33ff.; O'Brien et al. (2000); Hass (2002), S. 11. Als Beispiele konnen in diesem Zusammenhang die Nutzung von „Meta-Daten" oder die stimmungsabhangige Zusammenstellung einer Playlist genannt werden. 20 21
Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft e.V, (2002). GfK (2003).
Einfuhrung
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Eine ahnliche Bedrohung durch die Strukturveranderungen auBerte Dieter Stolte in einem Leitartikel der von ihm herausgegebenen Zeitung.^^ Er stellt die „Medienkrise" gar nicht erst in Frage. Zu groB seien die Veranderungen, die die elektronischen wie die Printmedien im Jahr 2002 getroffen batten. Fasst man die bier formulierten Ausfiibrungen konjunktureller und struktureller EinflUsse bei der derzeitigen Medienkrise zusammen, so lassen sicb die Folgen als knappes Problem formulieren: Medienuntemebmen, welcbe in einer Riickscbau die Jabre vor der Jabrtausendwende als „glucklicbste ibres Jabrbunderts"^^ anseben konnen, steben nun vor massiven Erlosproblemen. Die Medienbrancbe siebt sicb zum ersten Mai mit riicklaufigen Wacbstumsraten bzw. Umsatzruckgangen konfrontiert. Die Generierung zukiinftiger Erlosstrome und damit das Wacbstum der Medienuntemebmen rucken somit in den Mittelpunkt des Interesses. Wie bereits angesprocben ist neben dem Erlosproblem nocb ein weiteres Problem zu nennen. Die Tatsacbe, dass die Brancbe einen regelrecbten Boom in den Jabren vor der Krise durcblebte, erscbwert die Situation der Untemebmen beute eber, als dass sie diese erleicbtert. So wurde das Kostenmanagement im Bereicb der Herstellungs- und Vermarktungskosten, der Verwaltungskosten oder Prozesskosten zumeist straflicb vemacblassigt, zum genannten Erlosproblem kommt ein Kostenproblem binzu. Dieses wird durcb einen Uberproportionalen Kostenanstieg, beispielsweise in Hinblick auf Lizenzkosten, weiter verscbarft.^"* Eine scbnelle Reaktion auf die gegebenen Umstande fallt vielen Traditionsbausem scbwer. Eine besondere Relevanz erfabrt dieses Tbema durcb zuktinftige Rationalisierungspotenziale im Zuge der Digitalisierung. Nur der effiziente Einsatz vorbandener Ressourcen sicbert Wettbewerbsvorteile. Ein konsequentes Kostenmanagement ist unvermeidbar, da das Wacbstum von (Medien-) Untemebmen eng mit dem Management von Kosten bzw. dem Einsatz von Kapital zur Finanziemng des Wacbstums verkniipft ist.^^
Vgl. hierzu die Welt vom 31. Marz 2003. Vgl. Stolte (2003). Als Beispiele konnen hierfiir die Lizenzkosten fur Biicher oder Sport-Rechte angefuhrt werden. So stiegen die Lizenzkosten fiir Biicher seit dem Jahr 1995 jahrlich mit knapp 10%. Die Sportrechte fiir Fernsehiibertragungen verdoppelten sich in den letzten zehn Jahren. Vgl. Aris (2003), S. 5f. Viele Fiihrungskrafte sehen Wachstum als etwas grundsatzlich Positives, eine Maximierung von Wacbstum sei daher erstrebenswert. Diese Annahme folgt der Logik, das Wachstum zu groBeren Marktanteilen und damit auch hoheren Renditen flihrt. Aus der Perspektive des Wachstumsmanagements ist dies jedoch nicht immer der Fall. Extreme Wachstumsraten konnen die Ressourcen von Untemehmen uberfordem und so zur Insolvenz fiihren. Als prominentes Beispiel dieses Sachverhaltes kann die Insolvenz des Kirch Konzems angefuhrt werden. Wesentlich ist demnach nachhaltiges, substanzerhaltendes Wachstum. Eine genaue Analyse der fmanziellen Stellhebel zum Wachstumsmanagement erfolgt in Kap. n.2, vorab sei jedoch die grundsatzliche Logik von nachhaltigem Wachstum erlautert. Die theoretisch maximale Wachstumsrate fiir nachhaltiges Wachstum (SGR - Sustainable Growth Rate) ist diejenige Wachstumsrate, die ein Unternehmen ohne eine Substanzminderung finanzieller Ressourcen realisieren kann. Uberschreitet ein Untemehmen die SGR, so fiihrt dies zum Verbrauch notwendiger finanzieller Ressourcen, um auch in Zukunft wachstumsfahig zu bleiben. Moglichkeiten, die SGR zu erhohen, liegen im Kostenmanagement. Nur die Freisetzung zusatzlicher Kapitalressourcen erlaubt eine Steigerung der SGR. Im Falle sinkender Umsatzerlose, wie es fiir viele Medienuntemebmen derzeit der Fall ist, fiihrt dies zwangslaufig zu einer Vermindemng der Wachstumspotenziale. Es stellt sich demnach die Frage, wie Medienuntemebmen das
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Einflihrung Forschungsstand
Die vorangestellten Uberlegungen machen deutlich, dass Forschung mit dem Fokus auf Wachstumsfaktoren in den traditionellen Medienmarkten flir Medienuntemehmen notwendig und von groBtem Interesse ist. Dies gilt insbesondere in Anbetracht grundlegender Veranderungen ihres strukturellen Umfeldes. Wichtig ist dabei, dass die Analyse der Medienbranche eine industriespezifische Perspektive einnimmt. Eine unreflektierte Ubertragung bestehender Ergebnisse aus der Wachstumsforschung erscheint vor dem Hintergrund vielfaltiger Besonderheiten in der Medienbranche als unangebracht. Aus diesem Grund soUen Erkenntnisse aus der Wachstumsforschung mit Erkenntnissen aus der Medienforschung verkniipft werden. Der folgende Literaturiiberblick beginnt mit einer Strukturierung medienspezifischer Forschungsaktivitaten. Danach wird ein Oberblick zur Wachstumsforschung gegeben. Die Darstellung des Forschungsstandes in der Medien- und Wachstumsforschung wird anschliefiend genutzt, um die vorliegende Arbeit in den aufgezeigten Forschungsstromungen einzuordnen. Dies fiihrt zu einem Herausstellen von Forschungsdefiziten, die es im Rahmen der Arbeit zu bearbeiten gilt. Die Auseinandersetzung mit dem Forschungsstand zur Medienbranche legt offen, dass dieser in der Volks- und Betriebswirtschaftslehre erst in jungster Zeit die notwendige Aufmerksamkeit zuteil wird. Die zunehmende Anzahl von Veroffentlichungen tragt dazu bei, dass die vor kurzem noch kaum existente Literaturbasis nun aufgebaut und damit erhebliche Forschungslucken geschlossen werden. Die Unterstellung, dass der Bereich der Medien aus okonomischer Perspektive in der Forschung grundsatzlich vemachlassigt wurde, trifft somit nicht mehr zu. Defizite lassen sich vielmehr in der Verkniipfung der verschiedenen Forschungsrichtungen ausmachen. Im Folgenden sollen die wichtigsten Stromungen in der Medienforschung aufgezeigt werden. In einer groben Zweiteilung kann die okonomische Medienforschung^^ in branchenbezogene und funktionsbezogene Arbeiten differenziert werden. Erstere konzentrieren sich in aller Regel auf bestimmte Mediensegmente (z.B. Zeitungen, Femsehen, etc.) und sind vor allem der Medienokonomie^^ zuzuordnen. Letztere konzentrieren sich auf einzelne betriebliche Funktionen (z.B. Produktion, Absatz, etc.) und lassen sich vor allem dem Medienmanagement zuordnen.^^
Wachstum der Zukunft durch die Realisation von EinsparungsmaBnahmen finanzieren konnen. Vgl. Higgins(2002), S. 115ff. Bei der Analyse des Forschungsstandes wurde sich auf die okonomische Medienforschung begrenzt, da sich das Thema „Wachstumsstrategien in der Medienbranche" explizit auf Unternehmensstrategien bezieht und damit vor allem die okonomische Perspektive von Interesse ist. Vgl. zum Stand der Forschung in der Medienokonomie auch Schenk/Hensel (1987), S. 535ff.; Schenk (1989), S. 3ff.; Schusser (1998), S. 591ff.; Faulstich (1998), S. 42ff.; Seidel (1998), S. 243ff.; Knoche (1999), S. 149ff. sowie die kommentierte Bibliographic von Schenk/Hensel (1986). Diese Terminologie wird in der deutschsprachigen Literatur noch keinesfalls einheitlich verwendet. Haufig werden Begriffe wie „Medien6konomie", „Medienwirtschaft" oder „Medienmanagement" analog angewandt. Der Begriff „Medien6konomie" bezieht sich auf den angelsachsischen Begriff „Media Econo-
EinfUhrung
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Im Forschungsfeld der Medienokonomie lasst sich die eher kommunikationswissenschaftliche Medienokonomie von der eher industrieokonomischen abgrenzen. Thematische Schwerpunkte der kommunikationswissenschaftlichen Forschung sind die Bedeutung der Medien fiir die politischen und gesellschaftlichen Subsysteme.^^ Eine zunehmende Relevanz erfahren diese Themen vor dem Hintergrund privatwirtschaftlich organisierter Medienkonglomerate. Derartige Ansatze kniipfen an die Theorie des Marktversagens an und erortem Losungsansatze vor allem unter dem Aspekt wettbewerblicher Rahmenbedingungen. Hierbei werden insbesondere die Optionen Staats- vs. Privateigentum und Regulierungs- vs. Wettbewerbspolitik diskutiert.^^ Im Segment der Pressebranche stehen - ausgehend von der prinzipiellen Bedeutung der Meinungsvielfalt - vor allem die Problematik der Medienkonzentration und deren wettbewerbspolitische Behandlung im Vordergrund.^^ Im Rundfunksegment wird primar erortert, inwiefem das offentliche Gut Femsehen vom Staat selbst bereitgestellt werden sollte.^^ Seit der festen Etablierung privater Anbieter gewinnen auch im Rundfunksegment wettbewerbspolitische Fragen an Gewicht. Fragen rund um das Thema Regulierung gewinnen seit kurzem in Verbindung mit der Konvergenz von Telekommunikation und Medien an Bedeutung. Wie das digitale Femsehen zeigt, sind sie besonders an der Nahtstelle beider Segmente von Bedeutung.^^ Arbeiten der industrieokonomischen Medienokonomie untersuchen demgegeniiber die Strukturen einzelner Mediensegmente, welche haufig anhand der Tragermedien differenziert werden. Fragen der Marktstruktur sowie Wettbewerbsstrategien etc. sind von Interesse. Folglich sind die diesem Zweig zuzuordnenden Standardwerke nach einzelnen Mediengattungen, beispielsweise Print, Rundfunk, Film, etc., strukturiert.^"* Grundsatzlich lassen sich Ansatze der industrieokonomischen Medienokonomie in marktorientierte und ressourcenorientierte Ansatze unterscheiden. Betriebswirtschaftliche Analysen, welche einen marktorientierten Ansatz verwenden, finden sich bei Matzinger (1982) sowie Henkel (2000) fur die Printmedien, bei Wirtz (1994), Hagen (1995) und Neumann (1998) fiir das Rundfunksegment sowie bei
mics". Hierbei handelt es sich in der Regel um kommunikationswissenschaftliche oder volkswirtschaftliche Betrachtungsweisen. Der Begriff „Medienmanagement" oder englisch „Media Management" bezieht sich auf die betriebswirtschaftliche Perspektive. Vgl. zur terminologischen Abgrenzung Wirtz (2001), S. 7f. Ausfuhrungen zur Bedeutung der Medien fur die politischen und gesellschaftlichen Subsysteme finden sich beispielsweise bei Kopper (1982), S. 102ff. und Jenoffy-Lochau (1997) sowie auch einige Beitrage im Sammelband von Altmeppen (1996). Vgl. z.B. Picot et al. (1999), S. 136ff. zu den wesentlichsten wirtschaftspolitischen Grundsatzentscheidungen. 31 32 33 34
Vgl. zu einer Ubersicht Knoche (1996), S. lOlff. und Kruse (1996), S. 25ff. Vgl. Engelke (1992), S. 34f. und Wiechers (1992). Vgl. Schrape (1995). Vgl. Albarran (1996); Sjurts (1996); Alexander et al. (1998); Heinrich (1994) und Heinrich (1999). Einen noch spezifischeren Einbhck bieten Sennewald (1998) fiir die Pressebranche und Owen et al. (1974) sowie OwenAVildeman (1992) fiir das Rundfunksegment.
^0
Einfuhrung
Gottsch (2000) fiir Online Angebote. Der ressourcenorientierte Ansatz wird von Habann (1999) fiir TV-Untemehmen und von Duhrkoop (1999) fiir das Internet genutzt. Die letztgenannten Ansatze weisen eine untemehmensspezifische Perspektive auf und bilden somit den Ubergang zum Medienmanagement, welches sich auf die Analyse betrieblicher Funktionen wie beispielsweise Produktion, Absatz und Finanzierung konzentriert. Grundsatzlich differenzieren auch diese Arbeiten mehrheitlich nach einzelnen Mediengattungen.^^ Hinsichtlich der betrieblichen Funktionen lassen sich diese Arbeiten ein weiteres Mai unterscheiden. So nutzen einige Arbeiten traditionelle betriebswirtschaftliche Funktionen (z.B. Schumann/Hess, 2000) als Basis fiir die Analyse wahrend andere medienspezifischen Funktionen (z.B. Wirtz, 2001) auswahlen. Noch spezifischer sind vereinzelte Arbeiten, welche einzelne Funktionen in ausgewahlten Branchen untersuchen."'^ Vor dem Hintergrund der zunehmenden Konvergenz konnen auch Arbeiten aus der Informationsokonomie zu den Forschungsaktivitaten der Medienbranche gezahlt werden. Prominente Veroffentlichungen stammen hier insbesondere von Negroponte (1995), Shapiro/Varian (1999), Zerdick et al. (2001) sowie von EvansAVurster (2000). Im Gegensatz zu den meisten Arbeiten aus Medienokonomie und -management verwenden die Autoren mit Informationsorientierung eine relativ breite, segmentsubergreifende Sichtweise. Eine besondere Anwendung der informationsorientierten Sichtweise ist die Untersuchung intermedialer Konkurrenz, in welcher Substitutionsprozesse zwischen den traditionellen Mediensegmenten explizit analysiert werden. Erganzt werden derartige Arbeiten durch Ansatze, welche Konvergenzprozesse unterschiedlicher Medien bzw. Industrien untersuchen.^^ Die tJberlegungen zu Konvergenzprozessen fuhren schlieBlich in erste Ansatze zur Analyse der neu entstehenden Contentbranche. Veroffentlichungen stammen beispielsweise von Baubin/Bruck (1996), Bruck/Selhofer (1997), Duhrkoop (1999), Brandtweiner (2000) und Detering (2001) sowie auch einige Beitrage im Sanmielband von KahinA'^arian (2000). Schwerpunkt dieser Veroffentlichung sind Uberlegungen zur segmentUbergreifenden bzw. multimedialen Nutzung von Inhalten. Auch die Auseinandersetzung mit dem allgemeinen Forschungsgebiet „Untemehmenswachstum" zeigt unterschiedliche Forschungsstromungen auf. Grundsatzlich konnen Ansatzpunkte zum Untemehmenswachstum bei theoretischen Wachstumsmodellen, Arbeiten aus der Strategic- und Marketingforschung sowie bei der empirischen Erfolgsfaktorenforschung gefunden werden.
Vgl. die Lehrbiicher von LavineAVackman (1988); Pringle et al. (1995); Sherman (1995); Albarran (1997); Vogel (1998); Schumann/Hess (2000); Wirtz (2001) sowie dem Sammelband von KarmasinAVinter (2000). Vgl. die marketingorientierten Arbeiten von Conen (1995); Schweizer (1996); Bleis (1996); Rogall (2000). Vgl. z.B. Latzer (1997); Thielmann (2000).
Einfuhrung
JJ^
Bei den theoretischen Wachstumsmodellen handelt es sich einerseits um Modellkonstruktionen der Betriebs- und Volkswirtschaftslehre. Neben den wirtschaftlich orientierten Modellen gibt es andererseits auch eine Fulle sozialwissenschaftlicher Theorien und Theorieansatze, die Aussagen Uber das Wachstum von Untemehmungen enthalten. In einer groben Zweiteilung lassen sich die wirtschaftlich orientierten theoretischen Wachstumsmodelle in mikrookonomisch und organisational fundierte Modelle differenzieren. Bei den schon in den 60er Jahren diskutierten mikrookonomisch fundierten Modellen handelt es sich groBtenteils um Entscheidungsmodelle, die sowohl einen deskriptiven als auch einen normativen Charakter aufweisen konnen. Zu unterscheiden sind hierbei partialanalytische und totalanalytische Modelle.^* Die Partialmodelle lassen sich gemaB der betrieblichen Grundfunktionen wiederum in produktionswirtschaftlich, finanzwirtschaftlich und absatzwirtschaftlich orientierte Ansatze aufteilen. In jedem dieser Teilbereiche stehen Ansatzpunkte zur Verfiigung, die das Wachstum in unterschiedlicher Weise beeinflussen. Die totalanalytischen Modelle konnen hinsichtlich ihrer Fragestellung bzw. hinsichtlich ihres Forschungsziels unterschieden werden. Friihe totalanalytische Modelle gehen der Frage nach der optimalen UntemehmensgroBe nach.^^ Spater aufgekommene Modelle hatten die Entwicklung einer totalen Theorie des Untemehmenswachstums zum Ziel."*^ Organisational fundierte Wachstumsmodelle basieren auf so unterschiedlichen Forschungszweigen wie z.B. der Entscheidungs- und Spieltheorie, Informations- und Kommunikationstheorie oder der soziologischen Gruppen- und psychologischen Motivforschung. In einem interdisziplinaren Austausch bemiihen sich all diese Forschungsrichtungen, das Phanomen „Organisation" zu erfassen. Folgt man einer sachlogischen Einteilung, so lassen sich die unterschiedlichen Ansatze grob in aufgabenanalytisch/^ biologisch-kybemetisch"*^ und historisch-genealogisch"*^ orientierte Wachstumsmodelle einteilen. Neben den theoretischen Wachstumsmodellen weisen auch Arbeiten aus der Strategieund Marketingforschung wertvolle Ansatzpunkte auf. Die Strategieforschung ermoglicht eine Erganzung der theoretischen Wachstumsmodelle, da sie managementinduziertes Handeln im Sinne der Gestaltung von Strategien explizit aufgreift. Im Mittelpunkt der ersten Arbeiten in den 60er und 70er Jahren stand die Entwicklung von Konzepten der strategischen Planung."*^ Beispiele hierfur sind Portfoliotechniken und das Konzept der Erfahrungskurve."*^ Ende der 38
Vgl. Brandle (1970), S. 36.
39
Vgl. Robinson (1934), S. 242ff.; Bain (1959), S. 160ff.; Busse v. Colbe (1964), S. 194ff.
40
Vgl. Marris (1964); Penrose (1955), S. 531ff.; Penrose (1966).
41
Vgl. Baumberger (1961), Kosiol (1962).
42
Vgl. Alchain (1953), S. 600ff.; Boulding (1953), S. 326ff.; Haire (1964), S. 272ff.
43
44 45
Vgl. Starbuck (1965), S. 451ff und Starbuck (1971), S. 275ff.; Quinn/Cameron (1983), S. 33ff.; Turk (1989), S. 60ff.; Pumpin/Prange (1991); Bleicher (1991). Vgl. Ansoff (1965); Andrews (1971). Vgl. Nieschlag et al. (1988), S. 864f.; Fritz (1995), S. 52; Pleschak/Sabisch (1996), S. 80f.
^
Einfuhrung
70er Jahre entwickelte Porter in einer Phase eines sich in vielen Branchen abschwachenden bzw. stagnierenden Wachstums sein Konzept der Wettbewerbsstrategie."*^ Dieses Konzept bietet unter dem Aspekt der Differenzierung weitere Anknupfungspunkte, welche in der Marketingliteratur detailliert wurden."*^ Im Gegensatz zu den bislang diskutierten Forschungsarbeiten handelt es sich bei der empirischen Erfolgsfaktorenforschung um einen Forschungszweig, der die empirische (Jberpriifung von Hypothesen bezugUch der in der Theorie diskutierten Erfolgsfaktoren zum Ziel hat. Ausgehend von der Definition von „Erfolg" konnen die Studien anhand verschiedenster ErfolgsmaBe kategorisiert werden. Vor dem Hintergrund des vorliegenden Themas „Wachstum" konnen die Arbeiten grob in die Kategorien „allgemeine Erfolgsfaktorenforschung" und „Wachstumsfaktorenforschung" eingeteilt werden. GrundsatzUch werden bei der allgemeinen Erfolgsfaktorenforschung unterschiedHche ErfolgsmaBe angewandt. Generell wird zwischen bilanzorientierten und kapitalmarktorientierten ErfolgsgroBen unterschieden. Dariiber hinaus sind auch Kombinationen aus verschiedenen ErfolgsmaBen denkbar. Fine umfassende und vergleichende Analyse bestehender Studien zur allgemeinen Erfolgsfaktorenforschung findet sich bei Fritz, der die Ergebnisse und den methodischen Ansatz von 40 derartigen Studien untersucht."*^ Zu den bekanntesten Studien der Erfolgsfaktorenforschung zahlen die Arbeiten von PetersAVaterman und das PIMS-Projekt.'*^ Zur Wachstumsfaktorenforschung, bei welcher als Erfolgsmafistab unterschiedHche WachstumsgroBen zugrunde gelegt werden konnen, gibt es nur sehr wenige Studien. Die erste Veroffentlichung mit dem Fokus auf Untemehmenswachstum stammt von Young aus dem Jahr 1961.^^ Weitere Studien stammen von Clifford und Cavanagh,^^ Albach,^^ Hahn/Grab,^^ Gertz/Baptista,^"* Lucier/Asin,^^ sowie von Kurfess.^^ Die vorliegende Arbeit lasst sich keiner der vorgestellten Forschungsstromungen direkt zuordnen. Vielmehr nutzt die Arbeit diverse Ansatze und Erkenntnisse, um die aufgeworfene Frage nach den Wachstumsstrategien in der Medienbranche zu untersuchen: 46 47
48 49 50 51 52 53 54 55 56
Vgl. Porter (1980). Vgl. Galbraith/Schendel (1983), S. 153ff.; White (1986), S 217ff.; Kim/Lim (1988), S. 802ff.; Morrison (1990) und Homburg/Krohmer (2003), S. 520. Vgl. Fritz (1990), S. 91ff. Vgl. PetersAVaterman (1984); Buzzel/Gale (1989). Vgl. Young (1961), S. 52. Vgl. Clifford/Cavanagh (1985). Vgl. Albach et al. (1984), S. 779f.; Albach (1985), S. 404f. Vgl. Hahn/Grab (1989), S. 223ff. Vgl. Gertz/Baptista (1995). Vgl. Lucier/Asin (1996), S. 10-16. Vgl. Kurfess (1999).
Einfuhrung
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•
Theoretische Wachstumsmodelle werden herangezogen, um relevante Themenfelder fUr das allgemeine Wachstumsmanagement zu identifizieren. Ansatzpunkte liefem vor allem mikrookonomisch fundierte Ansatze aus dem funktionalen Bereich Absatz,
•
Weiterhin niitzlich fiir das allgemeine Wachstumsmanagement sind erganzende Beitrage aus der Strategic- und Marketingforschung, welche wettbewerbsstrategische Fragen unter dem Aspekt der Differenzierung untersuchen.
•
Die Erfolgsfaktorenforschung wird schlieBlich genutzt, um anhand eines „Cross-Check" zwischen theoretischen und empirischen Studien diejenigen Faktoren herauszuarbeiten, welche in Wissenschaft und Praxis als „allgemein anerkannt" gelten konnen.
•
Kommunikationswissenschaftliche Arbeiten aus dem Bereich der Medienokonomie werden herangezogen, um medienspezifische Besonderheiten im Zusammenhang mit dem Marktversagen zu erortem. Die medienspezifischen Besonderheiten von Mediengutem wiederum tangieren Fragen der Differenzierung.
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Studien aus der industrieokonomischen Medienokonomie werden genutzt, um strukturelle Veranderungen in der Medienbranche, welche einen Einfluss auf das Wachstum bzw. die Wachstumsstrategien von Medienuntemehmen haben, in die Analyse einflieBen zu lassen.
•
Erkenntnisse aus dem Medienmanagement werden herangezogen, um Fragen der Umsetzung im Hinblick auf die Entwicklung von Gestaltungsoptionen zu erarbeiten.
•
Da Gestaltungsoptionen fiir eine sehr spezifische Fragestellung herausgearbeitet werden sollen, werden fiir den empirischen Abschnitt Grundlagen der qualitativen und quantitativen empirischen Sozialforschung genutzt. Da im empirischen Abschnitt finanzielle Kennzahlen zur Operationalisierung der Fragestellung genutzt werden, werden die Grundlagen der Statistik durch Ansatze der allgemeinen Betriebswirtschaft, insbesondere des Financial Management, erganzt.
Es wurde bereits angemerkt, dass die fehlende Verkniipfung der verschiedenen Ansatze als eigentliches Forschungsdefizit aufgefasst werden muss. Allgemeine Erkenntnisse aus der Wachstums-, Strategic-, Marketing- und Erfolgsfaktorenforschung vermogen lediglich Anhaltspunkte zur Erforschung von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche zu geben. Da die Medienbranche bzw. Medienprodukte jedoch sehr industriespezifische Eigenarten aufweisen, ist eine unreflektierte Ubertragung der Erkenntnisse unzureichend. Arbeiten aus der Medienokonomie Oder dem Medienmanagement wiederum haben Fragen des Wachstums bislang nicht Oder nur unzureichend diskutiert. Veroffentlichungen zu den Themen Strategic bzw. Wachstumsstrategie sind sehr generisch und fiir die Praxis wenig hilfreich. Deutliche Forschungsliicken gibt es demnach vor allem unter dem Aspekt der Anwendungsorientierung.
^
EinfUhrung
Ein Grund hierfur diirfte die Tatsache sein, dass es bislang nur sehr wenige empirische Studien gibt. Dies gilt gleichermaBen fiir die Medienforschung im Allgemeinen wie fur die Wachstumsforschung im Speziellen. (3)
Zum weiteren Vorgehen
Die vorliegende Arbeit wird neben EinfUhrung und Schlussbetrachtung in zwei Hauptkapitel gegliedert. Das erste Hauptkapitel (I) ist ein theoretischer Abschnitt, in welchem die Grundlagen des Wachstums von Medienuntemehmen erortert werden. Im zweiten Hauptkapitel (II) werden die durchgefuhrten empirischen Analysen vorgestellt. Die theoretische Aufarbeitung im ersten Hauptkapitel erscheint insofem notwendig, als dass bisherige Erkenntnisse aus der Wachstumsforschung unter dem Aspekt der Medienspezifitat nicht unhinterfragt ubemommen werden konnen. Eine empirische Untersuchung des theoretisch abgeleiteten Wissens ist vor dem Hintergrund der Anwendungsorientierung sinnvoll, da nur so konkrete und in der Praxis haltbare Gestaltungsoptionen fiir das Management von Medienuntemehmen gewonnen werden konnen. Das erste Hauptkapitel, welches die theoretischen Grundlagen fiir die zugrunde liegende Arbeit darlegt, unterteilt sich in die zwei Teilkapitel „Untemehmenswachstum als vielschichtiges Objekt interdisziplinarer Forschung" (LI) und „Die Wachstumsfaktoren unter dem Aspekt medienspezifischer Besonderheiten" (1.2). Dieses Vorgehen folgt der Uberlegung, zunachst allgemeine Forschungsansatze zu identifizieren und vor dem Hintergrund des Status Quo der Medienbranche zu selektieren, um die gewonnenen Erkenntnisse im Anschluss unter dem Aspekt der Medienspezifitat auf Ubertragbarkeit zu diskutieren. Um die Fulle interdisziplinarer Forschungsansatze im ersten Teilkapitel 1.1 zu handhaben, fmdet in diesem zunachst eine Eingrenzung von Ansatzen zur Identifizierung von allgemein anerkannten Wachstumsfaktoren statt (1.1.1). Im Rahmen der Eingrenzung wird im ersten Schritt ein Uberblick iiber die Grundmodelle theoretisch-deduktiver Forschung gegeben (1), danach findet eine Selektion theoretisch relevanter Modelle zur Identifikation von Wachstumsfaktoren statt (2), um im dritten Schritt den Problembezug und Erkenntnisbeitrag der einzelnen Wachstumsmodelle herauszustellen (3). Nach der Eingrenzung der verschiedenen Wachstumsmodelle werden die zu nutzenden Erkenntnisbeitrage durch Erklarungsbeitrage aus der Strategic-, Marketing- und empirischen Erfolgsfaktorenforschung erganzt (1.1.2), da anzunehmen ist, dass Strategic- und Marketingansatze vor dem Hintergrund einer zunehmenden Wettbewerbsintensitat zusatzliche Ansatzpunkte zu liefem vermogen. Weiterfuhrende Erkenntnisse sind auch von empirischen Studien zur Erfolgsfaktorenforschung zu erwarten, da Wachstum in vielen Studien eng mit den ErfolgsmaBstaben verkniipft ist. Das Unterkapitel unterteilt sich somit in Beitrage aus der Strategic- und Marketingforschung (1), in welchen im Zusanmienhang mit dem Untemehmenswachstum vor allem Differenzierungsfaktoren diskutiert werden, sowie in Beitrage aus der empirischen Erfolgsfaktorenforschung (2), in welchem die Erkenntnisse aus diversen empirischen Studien den Erkenntnissen aus der theoretischen Analyse gegeniibergestellt werden.
Einfuhrung
15
Um die im Teilkapitel 1.1 gewonnenen Erkenntnisse fiir die Arbeit nutzbar zu machen, werden die als relevant erachteten Wachstumsfaktoren zu einem Bezugsrahmen strategischer Wachstumsfaktoren integriert (1.1.3). Hierzu werden die identifizierten Wachstumsfaktoren nach einer Priorisierung zunachst konkretisiert (1), um die Wachstumsfaktoren fur die weiterfiihrende Analyse greifbarer zu machen. Im Anschluss daran werden die verschiedenen Faktoren zueinander in Beziehung gesetzt, also in einen Bezugsrahmen integriert (2). Die Diskussion der zu einem Bezugsrahmen integrierten Wachstumsfaktoren unter dem Aspekt der Medienspezifitat fmdet im Teilkapitel 1.2 statt. Die Gliederung dieses Teilkapitels richtet sich nach den identifizierten Wachstumsfaktoren und somit in Kapitel zu den Themen „Marke" (1.2.1), „Qualitat" (1.2.2), „Innovation" (1.2.3) und „Effizienz" (1.2.4). GrundsatzHch kann fiir alle vier Wachstumsfaktoren dargestellt werden, dass es sich um notwendige, aber auch herausfordemde Faktoren fiir Medienuntemehmen handelt (jeweils Abschnitte (1) und (2)). Die Marke wird durch ihr Element zur Reduktion von Transaktionsunsicherheiten zum notwendigen Element einer Wachstumsstrategie fiir Medienuntemehmen (1). Transaktionsunsicherheiten wiederum entstehen durch den Erfahrungsgutcharakter (a) und durch die eingeschrankte Marktfahigkeit von Mediengiitem (b). Fine Herausforderung stellt der Dienstleistungscharakter von Medienprodukten im Zusammenhang mit dem Markenmanagement dar (2). Es wird dargelegt, dass Mediengiiter zunehmend als Dienstleistungen zu begreifen sind (a) und dass dies zu Problemen beim Markenaufbau fUhrt (b). Der Faktor Qualitat wird durch die zunehmende Okonomisierung der Medien zum notwendigen Wachstumsfaktor (1). Im Rahmen der Argumentation wird dargelegt, dass Qualitat kundenseitig definiert werden muss und dass Qualitat als Wachstumsfaktor vom publizistischen Niveau abzugrenzen ist (a). Die Ausrichtung am Kunden wird durch die Okonomisierung und die Zunahme des Wettbewerbs in der Medienlandschaft ausgelost (b). Fine besondere Herausforderung stellt die qualitatsorientierte ProduktgestaltungZ-bewertung bei Medienprodukten dar (2). Warum eine qualitatsorientierte Produktgestaltung gerade bei Medienprodukten so eine groBe Herausforderung ist, wird in Unterabschnitt (a) dargelegt. Die Probleme der qualitatsorientierten Produktbewertung folgen in Unterabschnitt (b). Innovationen sind zur Generierung zukiinftigen Wachstums notwendig, da es bei Medienprodukten aufgrund der meist notwendigen Aktualitat zu einem Innovationszwang kommt (1). Es wird daher zunachst dargestellt, dass die Verderblichkeit von Medienprodukten der eigentliche Treiber fiir Innovationen in der Medienbranche ist (a). Im Anschluss daran werden verschiedene Ansatzpunkte fiir Innovationen bei Medienprodukten aufgezeigt (b), die anschlieBend in einer Typologie fiir Innovationen bei Medienprodukten geordnet werden (c). Als groBe Herausforderung im Zusammenhang mit Innovationen bei Medienprodukten wird die Handhabung von Risiko und Risikoreduktion gesehen (2). Medienprodukte bzw. Innovationen bei Medienprodukten weisen im Gegensatz zu anderen Produktgattungen ein spezifisches Risiko auf (a). Der aufgezeigten Typologie von Innovationen bei Medienprodukten folgend werden Risikoreduktionsstrategien bei der Themenvariation (b) und bei der Formatierungsvariation (c) diskutiert.
2^
EinfUhrung
Der Faktor Effizienz wird zur Finanzierung von Wachstum zunehmend notwendiger (1). Die Zunahme der Notwendigkeit basiert dabei auf konjunkturellen EinflUssen (a) und strukturellen EinflUssen (b). Effizienzsteigerungen in Medienuntemehmen konnen jedoch nicht auf alien Wertschopfungsstufen der Medienproduktion gleichermafien realisiert werden. Der Grund hierfUr liegt im okonomischen Dilemma der Medienproduktion (a). Unterschiedliche Rationalisierungspotenziale gibt es bei der InhaltegenerierungZ-aggragation (b) und der InhaltevervielfaltigungZ-distribution (c). Im Anschluss an die Diskussion der Wachstumsfaktoren unter dem Aspekt der Medienspezifika wird das Hauptkapitel I. mit einer Zwischenbetrachtung abgeschlossen. Diese zeigt in einer Zusammenfassung noch einmal die theoretische Relevanz der allgemein anerkannten Wachstumsfaktoren fur Medienuntemehmen auf (1), diskutiert die (Jbertragbarkeit der allgemein anerkannten Wachstumsfaktoren auf die Medienbranche (2) und verweist auf etwaige Interdependenzen zwischen den einzelnen Wachstumsfaktoren als zu beriicksichtigendes Element im Kalkiil eines Wachstumsmanagements (3). Das zweite Hauptkapitel, in welchem die Wachstumsfaktoren empirisch untersucht werden, unterteilt sich in die zwei Teilkapitel „Die Mikroanalyse zur Prazisierung der medienspezifischen Wachstumsfaktoren" (II. 1) und „Die Makroanalyse zur Analyse von Interdependenzen bei Nachfragestimulation und Effizienzsteigerung" (1.2). Die Unterscheidung in (faktorenindividuelle) Mikro- und (faktoreniibergreifende) Makroanalyse folgt einer Analyselogik, welche an den Dimensionen der Perspektive (faktorindividuelle vs. faktoriibergreifende Betrachtung) und der Untersuchungsmethode (qualitative vs. quantitative Untersuchungsmethode) festgemacht ist. Ein derartiges Vorgehen hat den Vorteil, dass durch die mikroskopische Betrachtung die allgemeinen Faktoren konkretisiert und in Gestaltungsoptionen ubersetzt werden konnen, wahrend durch die makroskopische Betrachtung untemehmensweite Zusammenhange einer vorherrschenden Strategic offen gelegt werden konnen. ^^ Die empirischen Teilkapitel zur Mikro- und Makroanalyse werden jeweils in zwei Abschnitte unterteilt, welche sich auf die Methodik sowie auf die eigentliche Analyse bzw. die Ergebnisse beziehen. Im Methodikabschnitt der Mikroanalyse, welche in Abschnitt II. 1.1 dargelegt wird, werden verschiedene Methoden qualitativer Sozialforschung erortert (1). Hierbei wird zunachst ein Uberblick gegeben (a). Im Anschluss daran werden die in der Mikroanalyse genutzten Methoden, die Inhaltsanalyse (b) und das qualitative Interview (c), genauer erlautert. Von besonderer Relevanz fiir beide Methoden ist die Entwicklung eines Kategorienschemas zur Prazisierung der Wachstumsfaktoren, welches im anschlieBenden Abschnitt aufgezeigt wird (2). Nach der umfassenden Darstellung der fiir die Mikroanalyse genutzten Methodik folgt das Kapitel II. 1.2, in welchem konkrete Ansatzpunkte zum Management der Wachstumsfaktoren herausgearbeitet werden. Dies geschieht zunachst in einer allgemeinen Analyse (1), in welchen die Faktoren „Marke" (a), „Qualitat" (b), „Innovation" (c) und Effizienz (d) konkretisiert Vgl. zur terminologischen Abgrenzung von Mikro- und Makroanalyse auch die Ausfiihrungen in der Zwischenbetrachtung ab S. 146.
Einfuhrung
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werden. Die gewonnenen Erkenntnisse werden in der darauf folgenden spezifischen Analyse am Beispiel „Deutschland sucht den Superstar" integriert (2). Die Fallstudie wird in den Abschnitten „Ausgangssituation, Fragestellung und Ziel der Fallstudiendiskussion" (a), „Eckdaten zur Fallstudie Deutschland sucht den Superstar" (b), „Diskussion der Wachstumsfaktoren beim DsdS-Konzept" (c), „Der okonomische Erfolg des DsdS-Konzeptes" (d) und einem Fazit zur Fallstudie (e) bearbeitet. Im methodischen Abschnitt der Makroanalyse 11.2.1 werden zunachst Kennzahlen zur Analyse der Interdependenzen zwischen den Wachstumsfaktoren definiert (1). Zuerst wird ein geeignetes Kennzahlensystem gewahlt (a), im Anschluss daran werden die Kennzahlen definiert und detailliert (b). Nach der Diskussion der zu verwendenden Kennzahlen werden in Abschnitt (2) die Datengewinnung und -aufbereitung (a), die Zusammensetzung der Stichprobe (b) und die eingesetzten statistischen Auswertungsverfahren (c) aufgezeigt. Die Analyse der Kennzahlen folgt in Teilkapitel II.2.2, welches sich in die Abschnitte „Die sachlogische Erorterung moglicher Zusammenhange zwischen den Kennzahlen und der Wachstumsrate von Medienuntemehmen" (1) und „Die statistische Auswertung der potenziellen Zusammenhange" (2) gliedert. Im ersten Abschnitt werden unter Punkt (a) mogliche Zusammenhange zwischen den einzelnen Kennzahlen im Zusammenhang mit den Wachstumsfaktoren sachlogisch abgeleitet. Unter Punkt (b) wird „Wachstum" fiir die folgende Analyse konkretisiert. Der Teilabschnitt (2) ghedert sich in die Punkte „Basisinformationen zur Beurteile der Ergebnisse" (a), „Vorbereitende statistische Tests" (b), „Die Analyse der Umsatzgewinnrate" (c), „Die Analyse des Kapitalumschlags" (d), „Die Analyse des Financial Leverage"(e) sowie in „Die Erklarung von Wachstum durch eine simultane Betrachtung der Einflussvariablen" (f). Im Anschluss an die zwei Hauptkapitel folgt das Fazit und der AusbUck der Arbeit (III). Hierbei werden zunachst Gestaltungsoptionen fiir das Management (1) aufgezeigt. Diese orientierten sich an den Wachstumsfaktoren und damit in die Abschnitte zu den Themen „Markenmanagement" (a), „Qualitatsmanagement" (b), „Innovationsmanagement" (c), und „Effizienzsteigerung" (d). Dariiber hinaus werden auch die Erkenntnisse zu etwaigen Interdependenzen rekapituliert (e). AbschlieBend findet eine Reflexion Uber die Arbeit mit kritischen Anmerkungen und AusfUhrungen zum Neuigkeitswert der Arbeit statt (2).
I. Theoretischer Teil: Die Grundlagen des Wachstums von Medienuntemehmen I.
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THEORETISCHER TEIL: DIE GRUNDLAGEN DES WACHSTUMS VON MEDIENUNTERNEHMEN
In der Einfuhrung wurden vor dem Hintergrund konjunktureller und struktureller Veranderungen zwei besonders wesentliche Problemfelder fur das Wachstumsmanagement in der Medienindustrie identifiziert: Stagnierende oder sinkende Wachstumsraten bzw. UmsatzeinbuBen fiihren zu Erlosproblemen und ein vemachlassigtes Kostenmanagement fuhrt zu Ineffizienzen, d. h. Kostenproblemen. Dem Management von Medienuntemehmen stellen sich demnach derzeit zwei Aufgaben in Bezug auf das Wachstumsmanagement im engeren Sinne: •
Die Identifikation Nachfrage stimulierende/^ Erfolgsfaktoren sowie
•
die Identifikation von Einsparungspotenzialen, deren Realisierung sich nicht negativ auf das zukiinftige Wachstum auswirken.
Beide Aufgabenfelder werden im Folgenden unter der Zielsetzung „Identifikation von Wachstumsfaktoren" zusammengefasst. Hierzu werden im ersten Kapitel der Arbeit die theoretischen Grundlagen fiir die vorliegende Arbeit aufgearbeitet. Diese teilen sich in zwei Abschnitte, welche aufeinander aufbauen: „Untemehmenswachstum" (LI) und „Medienspezifitat" (1.2). Dieses Vorgehen folgt der tJberlegung, zunachst allgemeine Forschungsansatze zum Untemehmenswachstum zu identifizieren und vor dem Hintergrund des Status Quo der Medienbranche zu selektieren, um die gewonnenen Erkenntnisse im Anschluss unter dem Aspekt der Medienspezifitat auf Ubertragbarkeit zu diskutieren. Auf dieser Basis lassen sich im darauf folgenden Zwischenfazit erste Erkenntnisse beziiglich der Wachstumsfaktoren in der Medienbranche zusammenfassen, die im empirischen Teil der Arbeit (II.) konkretisiert werden.
I.l
Untemehmenswachstum als vielschichtiges Objekt interdisziplinarer Forschung
Im ersten Teilkapitel des Abschnitts „Untemehmenswachstum" werden potenziell relevante Forschungsansatze eingegrenzt (1.1.1). Hierbei gilt es, bestehende Erkenntnisse aus der Literatur vor dem Hintergrund der Problemstellung herauszuarbeiten, sie zu sortieren, sowie Kriterien zur Selektion zu bestimmen. Die herausgearbeiteten Erkenntnisse werden im Anschluss als Ausgangspunkte fiir die weiterfuhrende Analyse genutzt. Im zweiten Teilkapitel (1.1.2) des Abschnitts „Untemehmenswachstum" werden die aus der theoretischen Diskussion abgeleiteten Wachstumsfaktoren durch Ergebnisse aus der Strategic- bzw. Marketingforschung und empirischen Erfolgsfaktorenforschung erganzt. Dies erscheint sinnvoU, als dass derartige Ansatze managementinduziertes Handeln in den Mittelpunkt stellen bzw. konkret messbare Faktoren beriicksichtigen. Dem Ziel der Anwendungsorientierung wird somit Rechnung getragen. Dariiber hinaus liefem die Ansatze aus der StraWachstum im Sinne einer Umsatzzunahme kann neben einem erhohten mengenmaBigen Absatz auch auf einer Erhohung der Preise benihen, Unter dem Begriff Nachfrage stimulierender Erfolgsfaktoren sollen im Rahmen der vorliegenden Arbeit beide Moglichkeiten verstanden werden.
20
I. Theoretischer Teil: Die Grundlagen des Wachstums von Medienuntemehmen
tegie- und Marketingforschung Ansatzpunkte zur Handhabung der zunehmenden Wettbewerbsintensitat. Um die Wachstumsfaktoren flir die theoretische Diskussion in Hinblick auf die Spezifika der Medienbranche greifbar zu machen, werden sie im dritten Teilkapitel des Abschnitts „Untemehmenswachstum" im Sinne eines Bezugrahmens konkretisiert (1.1.3). Hierzu werden die Ansatzpunkte aus der theoretischen Aufarbeitung geordnet und priorisiert. Nach der Priorisierung werden die herausgearbeiteten Wachstumsfaktoren detailliert.
I.l.l
Die Eingrenzung von Ansatzen als Herausforderung bei der Identifikation von Wachstumsfaktoren
Die Auseinandersetzung mit den theoretischen Grundlagen sowie empirisch gewonnenen Erkenntnissen zum Untemehmenswachstum ist nicht ganz einfach, da es vielfaltige Forschungszweige gibt, die das Wachstumsphanomen aus verschiedenen Perspektiven studieren.^^ Dementsprechend uniibersichtlich ist die Zahl wachstumstheoretischer Modellansatze. Vielfach handelt es sich um theoretisch-deduktive Modellkonstruktionen der Betriebs- oder Volkswirtschaftlehre, oft aber auch um empirisch-induktive Analysen des Wachstums von Untemehmungen. Neben wirtschaftlich orientierten Modellen gibt es dariiber hinaus eine Fulle sozialwissenschaftlicher Theorien und Theorieansatze, die Aussagen iiber das Wachstum von Untemehmungen enthalten. Eine Analyse der verschiedenen Ansatze offenbart, dass noch immer nicht von einer „Theorie des Untemehmenswachstums" gesprochen werden kann. „Theorie" kann nur als Inbegriff der heterogenen Modelle angesehen werden, als Ausdruck der unterschiedlichen theoretischen Bemiihungen der sozialwissenschaftlichen Teildisziplinen. Die herrschende Intransparenz aufgrund verschiedenster Modelle erfordert eine Strukturierung theoretischer Grundlagen im Rahmen eines Uberblicks (1).^^ Hierbei riicken vor allem Modelle aus den 60er bis 80er Jahren in den Vordergrund, da die Grundlagen zum Untemehmenswachstum in diesen Jahren erarbeitet wurden und sich aktuelle Arbeiten in starkem MaBe an diesen orientieren. Um fiir die vorliegende Arbeit fruchtbare Ansatze von weniger zielfuhrenden Ansatzen abzugrenzen, wird im zweiten Schritt ein „Selektionsfilter" vorgestellt, welcher den Ausschluss nichtrelevanter Ansatze anhand von Kriterien, die sich aus der Problemstellung ableiten, ermoglicht (2).
Vgl. Hutzschenreuter (2001), S. VII. Im Rahmen des tJberblicks werden jene Modelle vorgestellt, die aus Sicht des Autors eine besondere Prominenz in der Literatur genieBen bzw. die die Grundlage fiir aktuelle Forschungsarbeiten bilden. Selbstverstandlich kann hierbei aufgrund der schier uniiberschaubaren Fiille an Arbeiten kein Anspruch auf VoUstandigkeit erhoben werden. Auch soUen im Rahmen der vorliegenden Arbeit lediglich die Grundgedanken der verschiedenen Modelltypen aufgezeigt werden. Zu einer detaillierten Aufarbeitung der verschiedenen „Ursprungsmodelle" vgl. Brandle (1970).
I.l Untemehmenswachstum als vielschichtiges Objekt interdisziplinarer Forschung (1)
21^
Uberblick iiber die Grundmodelle theoretisch-deduktiver Forschung zum Untemehmenswachstum
Fur eine Betrachtung der verschiedenen Wachstumsmodelle und fur die Darstellung der in der Literatur vertretenen Auffassungen bieten sich grundsatzlich zwei Vorgehensweisen an: •
Eine erste Moglichkeit ist die entwicklungsgeschichtliche Stxukturiemng, welche die Gegeniiberstellung verschiedener Entwicklungsstufen ermoglicht.
•
Bin alternatives Vorgehen stellt die sachlogische Systematisierung der verschiedenen Ansatze dar.^^
Die zeitliche Abgrenzung von Perioden bei der Einordnung von Entwicklungsstufen wissenschaftlicher Disziplinen als erste Moglichkeit erweist sich als ungeeignet, weil die Veranschaulichung verschiedenartiger Wurzeln der Entwicklung im Bezug zur hier untersuchten Problemstellung nachrangig ist. Eine sachlogische Einteilung der Wachstumsmodelle ist daher das geeignetere Vorgehen. Sie soil hier bei der uberblicksartigen Darstellung der Modelle zur Anwendung kommen. Wie bereits in der Einleitung erwahnt, lassen sich als vorherrschende und hier zu unterscheidende Forschungsrichtungen die theoretisch-deduktiven Modelle grob in mikrookonomisch fundierte Ansatze wachstumstheoretischer Modellbildung und organisational fundierte Ansatze wachstumstheoretischer Modellbildung einteilen.^^ Mikrookonomisch fundierte Wachstumsmodelle: Bei den schon in den 60er Jahren diskutierten Modellen handelt es sich groBtenteils um Entscheidungsmodelle, die sowohl einen deskriptiven als auch einen normativen Charakter aufweisen konnen. Hinsichtlich ihrer Grundstruktur unterscheiden sich diese Modelle ganz erheblich. Zur Vereinfachung konnen diese in partialanalytische und totalanalytische Wachstumsmodelle unterschieden werden.^^ Zur sachlogischen Kategorisierung der Partialanalysen bieten sich die betrieblichen Grundfunktionen an.^"* Die mikrookonomischen Partialmodelle lassen sich somit in produktionswirtschaftlich, finanzwirtschaftlich und absatzwirtschaftlich orientierte Modelle unter-
Vgl. hierzu Brandle (1970), S. 36. Vgl. zu dieser Vorgehensweise auch Brandle (1970), S. 36ff. Werden samtliche Wachstum beeinflussenden Faktoren im Modell erfasst, dann handelt es sich um totalanalytische Erklamngsmodelle. Wird dagegen nur ein Teil der denkbaren Faktoren beriicksichtigt, liegt eine Partialbetrachtung vor. Da es kaum moglich ist, alle denkbaren Faktoren in ein Modell einzubeziehen, werden in der Regel partielle Analysen vorgenommen. Vgl. hierzu auch Brandle (1970), S. 38ff. Vgl. Heinen (1968), S. 125ff.
22
I. Theoretischer Teil: Die Grundlagen des Wachstums von Medienuntemehmen
scheiden. In jedem dieser drei Teilbereiche stehen „Stellheber'^^ zur VerfUgung, die das Wachstum in unterschiedlicher Weise beeinflussen.^^ •
Prominente produktionswirtschaftlich orientierte Modelle, die als wachstumstheoretische Modelle interpretiert werden konnen, sind das Gesetz der Massenproduktion und das Theorem der optimalen BetriebsgroBe. Derartige Modelle untersuchen Zusammenhange zwischen der kostenoptimalen Produktionsmenge eines Untemehmens und dem Wachstum eines Untemehmens. Forschungsrelevante Themen sind Fragen der Produktionsplanung im Hinblick zur Verfiigung stehender Produktionstechnologien.^^
•
Als flnanzwirtschaftlich orientierte Modelle konnen Investitions- und kapitaltheoretische Wachstumsmodelle, Kapazitatserweiterungsmodelle sowie Gewinnthesaurierungsmodelle eingestuft werden. Die Modelle untersuchen Fragen der Wachstumsfinanzierung. Vorrangige Forschungsthemen sind die Vorteilhaftigkeit verschiedener Investitionsaltemativen sowie die Abschreibungs- oder Thesaurierungspolitik.*'*
•
Als absatzwirtschaftlich orientierte Modelle gelten vor allem die Arbeiten von Ansoff. Weitere prominente Modelle wurden von Packer, Nord und Miller sowie Albach entworfen. In den absatzorientierten Modellen wird der Einfluss absatzwirtschaftlicher Ansatzpunkte, wie z.B. Produktvariationen, auf das Umsatzwachstum herausgestellt. Sie fallen damit in den Bereich der Nachfrage stimulierenden Erfolgsfaktoren, die in dieser Arbeit von besonderem Interesse sind.^^
Die totalanalytischen Modelle konnen hinsichtlich ihrer Fragestellung bzw. hinsichtlich ihres Forschungsziels differenziert werden: •
Friihe totalanalytische Modelle gehen ahnlich den produktionsorientierten Partialmodellen der Frage nach der optimalen Untemehmensgrofie nach, beriicksichtigen jedoch mehr Einflussparameter als die Partialmodelle/^
Der Begriff „Stellhebel" darf im strengen Sinne an dieser Stelle nicht genutzt werden. Mikrookonomische Wachstumsmodelle erklaren das Untemehmenswachstum aufgrund externer Faktoren, managementinduziertes Handeln bleibt somit unberiicksichtigt. Dennoch kann im iibertragenen Sinn von „Stellhebeln" gesprochen werden, da sich diese Modelle auch auf Aktionsparameter beziehen, die prinzipiell vom Management beeinflusst werden konnen und daher eine Grundlage fur spater zu nutzende Ansatzpunkte bieten. Von besonderer Relevanz fiir die zugrunde liegende Problemstellung scheinen vor allem absatzorientierte Modelle zu sein, da in diesen Grundlagen zur Nachfragestimulation diskutiert werden. Eine vorzeitige Einschrankung der Perspektive auf diese ist jedoch zu vermeiden, da vor dem Hintergrund des Kostenproblems auch Faktoren bzw. Stellhebel zur Kostenreduktion untersucht werden miissen. Vgl. hierzu Bucher (1910), zitiert nach Brandle (1970), S. 45ff. Vgl. hierzu Eisner (1952); S. 820ff.; Domar (1953), S. Iff.; Hax (1957), S. 225ff. und Hax (1958); S. 16; Manne(1961),S.632ff. Vgl. Ansoff (1957), S. 113ff. und Ansoff (1965); Nord (1963); Miller (1963); Packer (1964); Albach (1967), S. If. Vgl. Robinson (1934), S. 242ff.; Bain (1959), S. 160ff.; Busse v. Colbe (1964), S. 194ff.
1.1 Untemehmenswachstum als vielschichtiges Objekt interdisziplinarer Forschung •
23
Spater aufgekommene totalanalytische Modelle batten die Entwicklung von Modellen einer totalen Theorie des Unternehmenswachstums zum Ziel, in welchen eine Vielzahl von verschiedenen Einflussparametem auf das Untemehmenswachstum Beriicksichtigung fanden/^ Eines der prominentesten Wachstumsmodelle stammt von Penrose^^ Sie bezieht Verschiebungen der Nachfragekurve, beispielsweise durch Produktvariation und Diversifikation, die fiir den Prozess des Unternehmenswachstums kennzeichnend sind, in ihre Betrachtung explizit ein. Neu war, dass sie sich gegen die These, dass das Management als fixer Faktor mit beschrankter Kapazitat das Wachstum begrenzt, stellte/^ Dariiber hinaus erweitem derartige Modelle die absatzorientierten Modelle in wesentlichen Bereichen wie beispielsweise um finanzwirtschaftliche (Thesaurierungspolitik) oder produktionswirtschaftliche (alternative Substitution) Parameter.
Organisational fundierte Modelle zum Untemehmenswachstum: Neben den mikrookonomisch fundierten Modellen sind auch organisational fundierte Modelle von wachstumstheoretischer Relevanz. Die verschiedenen Modelle basieren auf so unterschiedlichen Forschungszweigen wie z.B. der Entscheidungs- und Spieltheorie, Informations- und Kommunikationstheorie oder der soziologischen Gruppen- und psychologischen Motivforschung. In einem interdisziplinaren Austausch bemiihen sich all diese Forschungsrichtungen, das Phanomen „Organisation" zu erfassen. Orientiert man sich an den geforderten Kriterien der sachlogischen Einordnung, so lassen sich organisational Ansatze wachstumstheoretischer Modellbildung in aufgabenanalytisch, biologisch-kybernetisch und historisch-genealogisch orientierte Wachstumsmodelle einteilen: •
Aufgabenanalytisch orientierte Wachstumsmodelle untersuchen Veranderungen in der Organisationsstruktur, die sich aufgrund von Untemehmenswachstum ergeben, wobei das Problem der Anpassung im Forschungsmittelpunkt steht/"*
•
Biologisch-kybernetisch orientierte Wachstumsmodelle untersuchen Wachstumsprozesse organischer Systeme (Lebewesen) in Hinblick auf ihren Erklamngsgehalt fur soziale Systeme (Organisationen). Es werden Analogien zwischen dem Wachstum von sozialen Systemen und dem Wachstum von Lebewesen gebildet.^^
•
Historisch-genealogisch orientierte Wachstumsmodelle beschaftigen sich mit verschiedenen Problemen der Organisationsgestaltung, die sukzessive auftreten und verschiedene Entwicklungsphasen im Zeitablauf thematisieren. Eine besondere
Vgl. Marris (1964). Vgl. Penrose (1955), S. 531ff.; Penrose (1966). Im Laufe des Wachstumsprozesses kann namlich, so Penrose, die Organisationsform geandert werden. Durch die Anpassung der Organisationsform an sich veranderte Bedingungen erhoht sich die Produktivitat des Managements. Es sei daher nicht moglich, wie z.B. in den produktionswirtschaftlichen Modellen angenommen, den Punkt anzugeben, von dem ab die Untemehmung zu groB wird. Vgl. Baumberger (1961), Kosiol (1962). Vgl. Alchain (1953), S.600ff.; Boulding (1953), S. 326ff.; Haire (1964), S. 272ff.
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I. Theoretischer Teil: Die Grundlagen des Wachstums von Medienuntemehmen Prominenz erlangten vor allem die sogenannten Phasen- bzw. Lebenszyklusmodel-
(2)
Selektionskriterien zur Identinkation von Wachstumsfaktoren
Der im vorangegangenen Abschnitt geschaffene grobe Uberblick iiber potenziell relevante Modelle zum Thema Untemehmenswachstum macht deutlich, dass die Fulle an theoretischen Modellen im Sinne der Problemstellung eingeschrankt werden muss. Es miissen Arbeiten selektiert werden, welche einen Erkenntnisfortschritt in Bezug auf das fonnulierte Erlos- bzw. Kostenproblem versprechen und auf deren Basis die weiterfuhrende Forschung der Arbeit zu bewerkstelligen ist. Hierzu sind geeignete Selektionskriterien zu bestimmen. Bei der Bestimmung von Kriterien, anhand derer eine Auswahl von relevanten Modellen bzw. Ansatzpunkten durchgefuhrt werden kann, konnen inhaltliche Kriterien und formate Kriterien unterschieden werden: •
Inhaltliche Kriterien beziehen sich auf die inhaltliche Nahe des Modells zur Losung der definierten Problemstellung. Anhaltspunkte sind die Forschungsdisziplin, formulierte Erkenntnisziele oder die Ergebnisse der Forschung.
•
Formale Kriterien beziehen sich auf die theoretische Ubertragbarkeit potenziell relevanter Modelle. Anhaltspunkte geben zugrunde gelegte Pramissen, die Entstehungszeit der Modelle, die theoretische Geschlossenheit, die Akzeptanz in der wissenschaftlichen Community oder auch die Akzeptanz bzw. Verbreitung in der Praxis etc.
Da es sich bei der vorliegenden Arbeit um eine anwendungsorientierte und praxisnahe Forschungsarbeit handelt, werden in erster Linie inhaltliche Kriterien zur Auswahl geeigneter Forschungsansatze genutzt. Von besonderer Relevanz ist, inwieweit ein Modell Ansatzpunkte fur die zugrunde liegende Analyse bietet. Diese miissen nicht unter formalen Kriterien Ubertragbar sein, da es sich hier nicht um eine Theoriebildung bzw. -weiterentwicklung handelt. Vielmehr sollen die Ansatzpunkte, in diesem Fall potenziell relevante Wachstumsfaktoren, in einem zweiten Schritt empirisch untersucht bzw. medienspezifisch konkretisiert werden. Die theoretischen Modelle dienen somit lediglich der Exploration. Formale Kriterien sollen jedoch in denjenigen Fallen herangezogen werden, in welchen eine Nichtbeachtung der formalen Kriterien zu einer Beriicksichtigung von Faktoren fuhrt, deren Pramissen fern der zugrunde liegenden Realitat liegen. Konkret sollen zu beriicksichtigende Modelle folgende Kriterien erfUllen: •
Inhaltlicher Bezug zur Problemstellung: Die gewahlten Modelle miissen einen Bezug zur Nachfragestimulation oder zur Kostenreduktion aufweisen. Dariiber hinaus soil managementinduziertes Handeln beriicksichtigt werden konnen.
Vgl. Starbuck (1965), S. 451ff. und Starbuck (1971), S. 275ff.; Quinn/Cameron (1983), S. 33ff.; Tiirk (1989), S. 60ff.; Piimpin/Prange (1991); Bleicher (1991), S. 516ff.
LI Untemehmenswachstum als vielschichtiges Objekt interdisziplinarer Forschung •
(3)
25
Formale Ubertragharkeit zugrundegelegter Prdmissen: Die zugrundegelegten Pramissen sollen realitatsnah sein. Als Ausschlusskriterium gilt damit die Annahme per se positiver Absatzerwartungen, da ja gerade ein stagnierender Absatz Teil des formulierten Erlosproblems ist. Problembezug und Erkenntnisbeitrag der einzelnen Wachstumsmodelle^^
Zunachst muss festgestellt werden, dass aufgrund eines mangelnden Bezugs zur vorliegenden Problemstellung nur ein kleiner Anteil der skizzierten Modelle als Basis fUr die weitere Analyse herangezogen werden kann. Als gewissermaBen ubergeordnetes Ergebnis kann konstatiert werden, dass die verschiedenen Modelle mit potenziellen Ansatzpunkten gemaB ihrer Grundfunktion spezifische Fragestellungen in den Vordergrund riicken und somit lediglich „Teilerkenntnisse" zu liefem vermogen. Dariiber hinaus ist anzumerken, dass die theoretisch-deduktiven Wachstumsmodelle einen eher globalen Charakter zur Untersuchung von Wachstumsursachen aufweisen, d.h. ubergeordnete Zusammenhange analysiert werden, die der Theoriebildung dienlich sind. Das Ableiten von konkreten Ansatzpunkten ist somit schwierig. Die Tabelle I-l gibt einen Oberblick uber die Einschatzung der Modelle in Hinblick auf die Relevanz fur die vorliegende Arbeit und somit den Ausschluss bzw. die Beriicksichtigung der Modelle.
Tabelle I-l: Ubersicht uber auszuschliefiende
und zu beriicksichtigende
Modelltypen
AuszuschlieBende Modelle: Als Grund fiir den Ausschluss von produktionswirtschaftlich und finanzwirtschaftlich orientierten Modellen ist der mangelnde Bezug zur Problemstellung anzufuhren: Der Begriff des Wachstumsmodells bezieht sich in den folgenden Fallen nicht immer auf eindeutig spezifizierte Modelle, er wird vielmehr auch synonym fiir den Terminus „Modelltyp" genutzt, welcher ahnliche Modelle im Sinne einer Typologie zusammenfasst.
26
I. Theoretischer Teil: Die Gmndlagen des Wachstums von Medienuntemehmen •
Das Gesetz der Massenproduktion'^ erklart das Untemehmenswachstum durch die Substitution von Produktionsverfahren. Es unterstellt, dass es Produktionsverfahren gibt, die hohere fixe Kosten und geringere variable Stuckkosten aufweisen als vorhandene Verfahren. Durch eine Substitution der Produktionsverfahren ergibt sich ein kontinuierlicher Prozess des Kapazitatswachstums bei sinkenden Stiickkosten. Da eine Substitution von Produktionsanlagen mit Investitionen verbunden ist, kann die Verringerung von Stuckkosten bei steigendem Absatz jedoch nicht als MaBnahme zur „Kosteneinsparung" angesehen werden. Konkrete Ansatzpunkte zur Effizienzsteigerung und damit zur Freisetzung von Kapital zur Finanzierung von Wachstum konnen aus diesem Modell nicht abgeleitet werden. Auch ist die Pramisse per se positiver Absatzerwartungen in der heutigen Wirtschaftssituation annahemd gesattigter Markte nicht mehr zeitgemaB, da eine Absatzmoglichkeit angebotener Produkte ohne Absatzstimulation nicht vorauszusetzen ist. Nachfrage stimulierende Erfolgsfaktoren werden in keiner Weise thematisiert.
•
Das Theorem der optimalen Betriebsgrofie bietet keine geeigneten Ansatzpunkte fur managementinduziertes Handeln in Bezug auf langfristiges Wachstum, da Wachstum lediglich als abgrenzbare Periode zur Optimierung der Wirtschaftlichkeit gesehen wird. Die Optimierung der Betriebsgrofie kann daher auch nicht als Effizienz steigemder Erfolgsfaktor im Sinne der vorliegenden Problemstellung angesehen werden. Lemvorgange des Managements oder Prozessinnovationen bleiben unberiicksichtigt. Dariiber hinaus konnen auch die zugrunde liegenden Pramissen, in erster Linie die Pramisse per se positiver Absatzerwartungen, als realitatsfem eingestuft werden.
•
Im Mittelpunkt der investitions- und kapitaltheoretischen Modelle steht die Vorteilhaftigkeit von Investitionen, welche an den Kriterien des Kapitalwerts bzw. des intemen Zinsfufies festgemacht werden. Die Modelle eignen sich vor allem zur Beurteilung von Investitions- und Finanzierungsaltemativen auf Basis antizipierter Einnahmen- und Ausgabenstrome innerhalb eines definierten Planungshorizonts und stellen somit ein Instrumentarium zur Identifikation und Auswahl von Wachstumsaltemativen im untemehmensindividuellen Sinne dar. Die Zielsetzung, verschiedene Wachstumspfade im Sinne von individuellen Investitionsaltemativen gegeniiber zu stellen und zu bewerten, entspricht jedoch nicht der zugrundegelegten Problemstellung dieser Arbeit. Es werden weder Nachfrage stimulierende noch Kosten einsparende Faktoren angesprochen. Formal ist anzufiihren, dass bei investitions- und kapitaltheoretischen Modellen in der Regel grobe Vereinfachungen der Realitat akzeptiert werden miissen. Eine praktikable Beseitigung dieses Strukturmangels, der in der Annahme vollkommener Information iiber Investitionsmoglichkeiten und iiber die Zahlungsstrome besteht,^' erscheint nicht moglich.
Vgl. hierzu Biicher (1910), zitiert nach Brandle (1970), S. 45ff. Einige Autoren versuchen, die Pramisse der vollkommenen Information aufzugeben und die Ungewissheit in ihren Modellen unter Einbeziehung einer stochastischen Nachfragefunktion zu beriicksichtigen.
1.1 Untemehmenswachstum als vielschichtiges Objekt interdisziplinarer Forschung
27
•
Weitere finanzwirtschaftliche Wachstumsmodelle konnen unter dem Begriff des einfachen und mehrfachen Kapazitdtserweiterungsejfektes^^ zusammengefasst werden. Als Ursache fiir den Wachstumsprozess wird hier die Kapazitatserweiterung von Produktionsanlagen aufgrund von Re-Investitionen in Hohe der Abschreibungsgegenwerte gesehen.^^ Der Wachstumsprozess einer Untemehmung wird somit durch das Verhalten der verantwortlichen Manager hinsichtlich der Finanzierungs- bzw. Investitionspolitik erklart. Die Modelle des Kapazitatserweiterungseffektes konnen unter inhaltlichen Gesichtspunkten nur wenige Ansatzpunkte zur Bearbeitung der vorliegenden Problemstellung beisteuem, da sie keine Ansatzpunkte im Sinne der Erfolgsfaktoren thematisieren. Als formales Ausschlusskriterium kann auch hier auf die zugrundegelegte Pramisse per se positiver Absatzerwartungen verwiesen werden, die bereits als schwerwiegender Kritikpunkt bei den produktionsorientierten Modellen geauBert wurde.
•
Fine weitere Gruppe finanzwirtschaftlicher Modelle mit Bezug zum Untemehmenswachstum sind die so genannten Gewinnthesaurierungsmodelle, welche zum Ziel haben, eine „optimale Gewinnthesaurierung" abzuleiten.^^ Der Wachstum beeinflussende Ansatzpunkt fiir das Management ist hier die Ausschiittungs- bzw. Thesaurierungspolitik eines Untemehmens. Da im Rahmen der definierten Problemstellung implizit davon ausgegangen werden kann, dass Kosteneinsparungen im Sinne einer optimierten Ausschiittungspolitik fiir zukunftige Investitionen genutzt werden konnen, weisen die Gewinnthesaurierungsmodelle keine neuen Ansatzpunkte im Sinne der vorliegenden Problemstellung auf. Kritisch ist unter formalen Aspekten auch hier die zugrundeliegende Pramisse per se positiver Absatzerwartungen.
Neben den produktionswirtschaftlich und finanzwirtschaftlich orientierten partialanalytischen Modelle konnen auch die Totalmodelle zur Analyse der optimalen BetriebsgroBe nicht als theoretische Grundlage genutzt werden, da sie keine Ansatzpunkte zur Problemlosung aufzeigen: •
Totalanalytische Modelle der optimalen Betriebsgrofie gehen ahnlich der produktionsorientierten Modelle der Frage nach der optimalen UntemehmensgroBe
Vgl. hierzu Manne (1961), S. 632ff. Dieses Modell besitzt jedoch lediglich fiir Entscheidungssituationen, in denen Aggregate mit einem hohen Teilbarkeitsgrad zur Wahl stehen, eine gewisse pragmatische Relevanz, da die Untemehmung gegeniiber strukturellen Nachfrageanderungen relativ elastisch bleiben muss. Dies ist in der Medienbranche, insbesondere der Filmindustrie, nicht gegeben, da fiir das erste Produkt hohe Kosten aufzubringen sind, wahrend die Vervielfaltigung eine geringe RoUe spielt. Vgl. hierzu auch die Ausfiihrungen zum „First-Copy-Cost Phanomen" in Kap. 1.2. In der deutschsprachigen Literatur werden die Termini „Ruchti-Effekt" bzw. „Lohmann-Ruchti-Effekt" analog verwendet. Vgl. hierzu Hax (1957), S. 225ff. Vgl. zum mehrfachen Kapazitatserweiterungseffekt Domar (1953), S. Iff.; Eisner (1952), S. 820ff. Vgl. Hax (1958), S. 16. Vgl. Kuhn (19XX), S. 680ff.
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L Theoretischer Teil: Die Grundlagen des Wachstums von Medienuntemehmen nach.^^ Sie konnen neben inhaltlichen Aspekten vor allem aufgrund der Realitatsfeme kritisiert werden, da sie von voUkommener Information ausgehen.** Auch vor dem Hintergrund des inhaltlichen Bezugs sind die totalanalytischen Wachstumsmodelle der optimalen BetriebsgroBe nicht geeignet, um Wachstumsfaktoren im Nachfrage stimulierendem oder Kosten senkendem Sinne aufzuzeigen.
Im Rahmen der Selektion werden neben den zuvor referierten mikrookonomisch fundierten Modellen auch organisational Modellansatze ausgegrenzt. Die Erkenntnisse organisational fundierter Modelle sind in Bezug auf das dieser Arbeit zugrunde liegende Forschungsvorhaben wenig zielfUhrend, da diese vor allem die Bewaltigung des Wachstumsprozesses in den Mittelpunkt der Forschung stellen. In Bezug auf Wachstumsphanomene beschaftigen sich organisationale Ansatze primar mit den durch das Wachstum induzierten Veranderungen in der Organisationsstruktur. Vor dem Hintergrund inhaltlicher Kriterien sind die meisten organisationalen Wachstumsmodelle fur diese Arbeit somit abzulehnen: •
Aufgabenanalytisch orientierte Wachstumsmodelle untersuchen Veranderungen in der Organisation, die sich aufgrund von Untemehmenswachstum ergeben, das Problem der Anpassung steht im Forschungsmittelpunkt.^^ Da das Wachstum einen Einfluss auf die Aufgabenstruktur innerhalb von Untemehmen hat, muss eine Wachstumsplanung notwendige Anpassungen der Organisationsstruktur antizipieren. Dies betrifft die Aufgabenumverteilung sowie die Bildung neuer Stellen. Aufgabenanalytische Modelle tangieren die zugrunde liegende Fragestellung nur peripher, da die Aspekte der Identifikation von Nachfrage stimulierenden oder Kosten einsparenden Erfolgsfaktoren nur implizit beriicksichtigt werden.
•
Biologisch-kybernetisch orientierte Wachstumsmodelle orientieren sich an Wachstumsprozessen organischer Systeme (Lebewesen). Mit Hilfe von biologischen Modellvorstellungen soil das Wachstum von Organisationen beschrieben werden. ^ Den dabei entwickelten Modellen liegen kybemetische Grundgedanken zugrunde.*^ Da die biologischen Wachstumsmodelle keinen konkreten Bezug zur Nachfragestimulation und/oder Effizienzsteigerung und dariiber hinaus eine geringe Anwendungsorientierung aufweisen, sollen sie an dieser Stelle aufgrund inhaltlicher und formaler Kriterien ausgeschlossen werden.
Vgl. Busse V. Colbe (1964), S. 194ff., Bain (1959), S. 160ff., Robinson (1934), S. 242ff. Da in der Realitat unvollkommene Information herrscht, wird in Wirklichkeit die Unternehmungstatigkeit, nicht wie aus den genannten Modellen zu schlussfolgem ware, im Optimum begonnen. Vielmehr werden die UnvoUkommenheit extemer Information und die anfanglich geringe Erfahrung des Managements zur Folge haben, dass die Untemehmungen relativ klein beginnen und erst in einem sukzessiven Wachstumsprozess ihre optimale GroBe erreichen. Vgl. Leibenstein (1960). Vgl. Baumberger (1961), Kosiol (1962),. Vgl. Alchain (1953), S. 600ff.; Boulding (1953), S. 326ff.; Haire (1964), S. 272ff. Die Kybemetik ist als abstrakte Theorie der Regelung zu verstehen. Ein Regelmechanismus sorgt dafur, dass defmierte Variablen innerhalb bestimmter Grenzen bleiben und sich das System an die Umwelt anpasst. Vgl. Beer (1967), S. 145.
1.1 Untemehmenswachstum als vielschichtiges Objekt interdisziplinarer Forschung •
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Historisch-genealogisch orientierte Modelle beziehen verschiedene Entwicklungsstufen der Untemehmung als Wachstum beeinflussend ein. Hierbei wird unterstellt, dass dem Untemehmenswachstum je nach Entwicklungsstufe unterschiedliche Wachstumspfade zugrunde liegen.** Da das Management keinen Einfluss auf die Entwicklungsstufe hat, in welchem sich das jeweilige Untemehmen befindet, konnen derartige Modelle nur insofem Ansatzpunkte fUr Wachstumsfaktoren liefern, als dass die Wachstumsfaktoren je nach Entwicklungsstufe zu differenzieren waren. Da die untersuchten Modelle im Hinblick auf Nachfrage stimulierende oder Kosten einsparende Erfolgsfaktoren jedoch keine Ansatzpunkte thematisieren, wird von einer weiteren Nutzung bestehender Forschungsergebnisse abgesehen.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sowohl die diskutierten produktionswirtschaftlich, als auch die finanzwirtschaftlich orientierten Partialmodelle wenig Ankniipfungspotenzial zur Identifikation von Wachstumsfaktoren im Sinne der vorliegenden Problemstellung Uefem. Auch die Totalmodelle, welche Fragestellungen der optimalen BetriebsgroBe untersuchen, sowie aufgabenanalytisch, biologisch-kybemetisch und historisch-genealogisch orientierte Modelle sind zur Problembearbeitung wenig geeignet. Zu berucksichtigende Modelle: Im Gegensatz dazu liefem absatzwirtschaftlich orientierte Wachstumsmodelle zur Problembearbeitung, insbesondere hinsichtlich der Ableitung Nachfrage stimulierender Erfolgsfaktoren, erste Ansatzpunkte: •
Durch die Berucksichtigung stagnierender Markte riicken bei Ansojfs Arbeit Nachfrage stimulierende Faktoren in den Mittelpunkt der Uberlegungen. Herauszustellen sind seine (Jberlegungen zu Wachstum im engeren Sinne, welche er in seinen Ausfuhrungen zur Marktdurchdringungsstrategie konkretisiert.*^ Zielsetzungen sind die Erhohung der Produktverwendung, Abwerbung von Kunden von der Konkurrenz und die Gewinnung von Neukunden. Die Strategic der Marktdurchdringung beinhaltet die Ausschopfung von Potenzialen bereits im Markt etablierter Produkte. Wesentlich hierzu sind verstarkte Marketinganstrengungen, welche die Basis fiir weitere Handlungen zur Nachfragestimulation bieten. Fine Ableitung konkreter Ansatzpunkte stellt sich aufgrund der tendenziell eher allgemein gehaltenen AuBerungen jedoch schwierig dar.
•
Weitere absatzwirtschaftlich orientierte Wachstumsmodelle wurden von Packer, Nord und Miller entworfen.^^ Das umfassendste dieser Modelle wird von Packer vorgelegt, es soil daher reprasentativ zur Darstellung gelangen. Packer untersucht, welche Beziehungen zwischen dem Einsatz spezifischer Produktionsfaktoren und dem Umsatzwachstum bestehen. Dabei werden als Produktionsfaktortypen Potentialfaktoren und das Management einschlieBlich des vorhandenen Forschungspo-
Vgl. Starbuck (1965), S. 451ff.; Starbuck (1971), S. 275ff.; Quinn/Cameron (1983), S. 33ff.; Tiirk (1989), S. 60ff.; Pumpin/Prange (1991); Bleicher (1991), S. 516ff. Vgl. Ansoff (1957), S. 113ff.; Ansoff (1965), S. 108ff. 90
Vgl. Nord (1963), Miller (1963); Packer (1964).
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I. Theoretischer Teil: Die Grundlagen des Wachstums von Medienuntemehmen tenzials unterschieden. Es wird angenommen, dass das Verhalten der Nachfrage sowohl durch Information iiber Lieferfristen als auch durch bestimmte Tatigkeiten des Managements der Untemehmung (z.B. Produktgestaltung, Produktvariation) beeinflusst wird. Durch eine Erhohung des Produktionsfaktorbestandes wird die Produktionskapazitat und damit die Lieferfahigkeit erhoht bzw. die Lieferfrist verkUrzt. Die aktuelle Nachfrage nach den Erzeugnissen der Untemehmung nimmt dadurch zu. Die potenzielle Nachfrage kann dagegen durch so genannte Marketing-Tatigkeiten des Managements beeinflusst werden. Darin werden die Ursachen und Stimuli des Wachstumsprozesses im Sinne von Nachfrage stimulierenden Erfolgsfaktoren erblickt. Wachstumsbegrenzender Faktor ist die Lemfahigkeit und damit die Managementkapazitat der Untemehmung. Mit diesem Modell zeigen sich Moglichkeiten zur Beeinflussung des Untemehmenswachstums durch eine gezielte Stimulation der Nachfrage. Ausfiihmngen, die eine Ableitung konkreter Ansatzpunkte ermoglichen konnten, bleiben jedoch sehr abstrakt. •
Einen konkreten Ansatzpunkt zur Nachfragestimulation liefert das absatzwirtschaftlich orientierte Modell von Albach, ^ der Produktinnovationen als Wachstum beeinflussenden Faktor analysiert. Die Gmndidee des Modells stUtzt sich auf die Annahme, dass Produktinnovationen den zukiinftigen Wachstumsverlauf des Untemehmens bestimmen.
Auf Effizienz steigemde Erfolgsfaktoren wird in den untersuchten absatzwirtschaftlich orientierten Modellen nur implizit hingewiesen, indem die Rentabilitat und das damit zur Wachstumsfinanziemng zur Verfiigung stehende Kapital beriicksichtigt werden. Weitere implizite Effizienz steigemde Faktoren sind die Lemfahigkeit oder Organisationsstmkturen. Die Identifikation konkreter Einspamngspotenziale ist anhand der absatzwirtschaftlich orientierten Modelle jedoch nicht moglich. Verschiedene Ansatzpunkte zeigen die totalanalytischen Modelle zur Erklamng einer totalen Theorie des Untemehmenswachstums auf. •
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Die Modelle zur Erkldrung einer totalen Theorie des Untemehmenswachstums versuchen nun, neben Nachfrage stimulierenden Erfolgsfaktoren auch finanzielle Aktionsparameter oder „weiche" Erfolgsfaktoren (z.B. die Lemfahigkeit) in einem Modell zu verbinden, wobei sie haufig die in partialanalytischen Modellen gewonnenen Gmndgedanken wieder aufnehmen.^^ Neben Penrose, die vor allem die Managementkapazitaten wie auch die Organisationsform in den Mittelpunkt ihrer Forschung stellt und in Produktvariation und Differenziemng Moglichkeiten zur Nachfragestimulation sieht und damit die Gmndlagen spaterer Arbeiten schuf, ist vor allem das Wachstumsmodell von Harris zu nennen, der verschiedene Aktionsparameter in umfassender Weise beriicksichtigt. Er sieht in der Preispolitik, der Differenziemng, der altemativen Substitution sowie in finanzwirtschaftlichen Ak-
Vgl. Albach (1967), S. If Vgl. Penrose (1955), S. 531ff.
I.l Untemehmenswachstum als vielschichtiges Objekt interdisziplinarer Forschung
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tionsparametem (z.B. Rentabilitat) Wachstum beeinflussende Faktoren. Begrenzt wird das Wachstum seiner Meinung nach durch die Managementkapazitaten. Auch hier zeigt sich, dass die Modelle zwar wesentliche Parameter des Wachstumsmanagements diskutieren, Einsparungspotenziale werden in diesem Zusammenhang jedoch nicht tangiert. GemaB der zugrunde liegenden Forschungsfrage kann aus dem Kurziiberblick theoretischdeduktiver Wachstumsmodelle Folgendes zur Bezugsrahmenbildung konstatiert werden: •
Binzelne theoretisch-deduktive Modelle mikrookonomischer Fundierung vermogen Ansatzpunkte zur Analyse von Erfolgsfaktoren fiir Wachstum im engeren Sinne aufzuzeigen, wobei eine Ableitung konkreter Ansatzpunkte auf Basis der Erkenntnisse nicht moglich erscheint. Die Nutzung eines einzelnen Modells als theoretische Grundlage fiir die vorliegende Arbeit ist ausgeschlossen, da jeweils nur Teilerkenntnisse gewonnen werden.
•
Im Bezug auf die Identifikation von Nachfrage stimulierenden Erfolgsfaktoren hinsichtlich Wachstum im engeren Sinne lief em Ansoff (Marketingaktivitaten), Packer (Produktgestaltung, Produktvariation, Marketingaktivitaten), Albach (Produktinnovation), Penrose (Produktvariation/Differenzierung) und Marris (Preispolitik, Differenzierung) erste Ansatzpunkte.
•
Ansatzpunkte zur Identifikation von Effizienz steigemden Erfolgsfaktoren liefem Penrose (Lemfahigkeit, Organisation) und Marris (finanzwirtschaftliche Aktionsparameter, z.B. Rentabilitat). Diese beziehen sich jedoch nicht auf Einsparungspotenziale, konkrete Ansatzpunkte im Hinblick auf Kostensenkungen konnten aufgrund der diskutierten Modelle somit nicht identifiziert werden.
GemaB der hier gewonnenen Erkenntnisse ist das Untemehmenswachstum also zu differenzieren und auf verschiedene Faktoren zuriickzufuhren: Wachstum im engeren Sinne basiert gemaB der diskutierten Wachstumsmodelle neben extemen Wachstumsfaktoren (z.B. dem Branchenwachstum aufgmnd konjunktureller Entwicklungen) auf verschiedenen intemen Faktoren. Kritisch anzumerken ist, dass die verschiedenen Wachstumsmodelle lediglich Ansatzpunkte bieten, welche durch andere Erkenntnisse erganzt werden miissen. Die Ableitung von konkreten Ansatzpunkten auf Basis der hier referierten Modelle ist nur unzureichend moglich. Im Folgenden soil daher auf den Erkenntnissen der absatzorientierten Modelle sowie den Erkenntnissen der Vertreter einer totalen Theorie des Untemehmenswachstums aufgebaut werden. Vor dem Hintergmnd stagnierender Absatzmarkte riickt dabei eine markt- bzw. kundenorientierte Sichtweise in den Vordergmnd. Hierzu werden im nachsten Abschnitt Arbeiten
Der Einfluss extemer Faktoren wurde bislang noch nicht explizit diskutiert. Der Einfluss von Umweltfaktoren auf das Wachstum ist jedoch sowohl in der Praxis als auch in der Literatur unbestritten. Auch wurden im Rahmen der Dissertationskonzeption diverse Analysen hinsichtlich des Einflusspotenzials externer Faktoren, wie z.B. der Branchenzugehorigkeit, durchgefiihrt, welche einen signifikanten Einfluss auf das Wachstum der Untemehmen ausiibten. Da exteme Wachstumsfaktoren jedoch nicht Gegenstand der vorliegenden Untersuchung sind, soil auf diese nicht weiter eingegangen werden. Vgl. zum Segmentsvergleich in der Medienbranche Anhang F.
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I. Theoretischer Teil: Die Grundlagen des Wachstums von Medienuntemehmen
aus der Strategic- und Marketingforschung herangezogen. Nach der in diesem Schritt erfolgenden Konkretisierung der Wachstumsfaktoren sollen diese den Ergebnissen der empirischen Erfolgsfaktorenforschung im Sinne eines „Cross-Check" gegeniibergestellt werden.
1.1.2
Erganzende Erklarungsbeitrage durch die Strategic-, Marketingund empirische Erfolgsfaktorenforschung
Nach der Eingrenzung der vcrschiedenen Wachstumsmodelle werden die zu nutzenden Erkenntnisbeitrage nun durch Erklarungsbeitrage aus der Strategic-, Marketing- und empirischen Erfolgsfaktorenforschung erganzt, da anzunchmen ist, dass Strategic- und Marketingansatze vor dem Hintergrund diskuticrter Wettbewcrbs- und Diffcrenzicrungsstratcgien zusatzliche Ansatzpunktc zu liefem vermogen. WeiterfUhrende Erkenntnisse sind auch von empirischen Studien zur Erfolgsfaktorenforschung zu erwarten, da Wachstum in vielen Studien eng mit den ErfolgsmaBstabcn verkniipft ist. Das Kapitel 1.1.2 unterteilt sich somit in Beitrage aus der Strategic- und Marketingforschung (1), in wclchcn im Zusammenhang mit dem Untemehmenswachstum vor allcm Differenzierungsfaktoren diskutiert werden, sowie in Beitrage aus der empirischen Erfolgsfaktorenforschung (2), in welchem die Erkenntnisse aus diversen empirischen Studien den Erkenntnissen aus der theoretischen Analyse gcgenubergestellt werden. (1)
Strategic- und Marketingforschung mit Ansatzpunkten zum Unternehmenswachstum
Die Stratcgieforschung ermoglicht cine Erganzung bislang gewonncner Erkenntnisse in Bezug auf das Untcmchmenswachstum, da sic managementinduziertes Handeln im Sinne der Gestaltung von Stratcgien als Ursache unterschiedlicher Profitabilitat in ciner Branche postulicrt. Das aktive Gcstalten des Managements crklart damit den Erfolg - und somit auch das Wachstum - von Untcmchmen. Friihe Vertrcter der in den 60er Jahren neu aufkommenden Forschungsrichtung waren Ansoff und Andrews, die in den 60cr bis 70cr Jahren zu den promincntcsten Forschem dieser noch jungen Forschungsdisziplin zahlten.^"* Im Mittelpunkt des Forschungsinteresscs stand zunachst die Entwicklung von Konzepten und Instrumenten der strategischen Planung, wesentlichc Errungenschaften dieser Zeit sind Portfoliotcchniken und das Konzept der Erfahrungskurve.^^ Da die friihen Arbeiten der Stratcgieforschung zu ciner Zeit fast ungehinderten Wachstums entstanden, erstaunt es nicht, dass diese vorwicgend Themcn der strategischen Planung im Sinne ciner adaquaten Handhabung des Wachstums aufgreifen. Erst Ende der 70er Jahre entwickcltc Porter in ciner Phase eines sich in vielen Branchen abschwachenden bzw. stagnierenden Wachstums sein Konzept der Wettbewerbsstrategie, welches Moglichkci-
^"^
Vgl. Ansoff (1965); Andrews (1971).
^^
Vgl. Nieschlag et al. (1988), S. 8641; Fritz (1995), S. 52; Pleschak/Sabisch (1996), S. 80f.
I.l Untemehmenswachstum als vielschichtiges Objekt interdisziplinarer Forschung
33
ten der Marktbearbeitung bei einer Intensivierung des Wettbewerbs aufzeigt.'^ Ziel der Strategieforschung ist es nunmehr, Moglichkeiten der Schaffung, Erhaltung und VergroBerung vorhandener und potenzieller Erfolgschancen fur Untemehmen aufzuzeigen. Strategien konnen sich auf verschiedene Untemehmensebenen beziehen. Aus diesem Grund wird zunachst das dieser Arbeit zugrunde liegende Bezugsobjekt der Wachstumsstrategie definiert. Im Rahmen der strategischen Untemehmensfuhrung werden Entscheidungen sofem als Untemehmen diversifizierte Konzeme unterstellt werden - iiber das Objekt Gesamtuntemehmung im Sinne eines Wachstums im weiteren Sinne getroffen (Diversifikation und Intemationalisierung), wahrend sich die strategische Geschaftsfeldplanung mit Wachstumsstrategien im engeren Sinne auseinandersetzt (Marktanteilsausdehnung, Wettbewerbsstrategie). Das Bezugsobjekt sind in diesem Fall die Teileinheiten des Konzems.'^ Da in der vorliegenden Arbeit Wachstum im engeren Sinne untersucht wird, soil sich nun lediglich auf Wettbewerbsstrategien, welche den Aufbau von Wettbewerbsvorteilen innerhalb eines abgegrenzten Geschaftsfeldes thematisieren, konzentriert werden. Einen wesentlichen Beitrag hierzu leistete Porter mit seinem Buch „Wettbewerbsstrategie".^^ Im Anschluss daran werden weiterfuhrende Marketingbeitrage abnehmergerichteter Strategien der Differenzierung herangezogen. Beitrage von Porter: Der Hintergrund fiir die aufkommende Relevanz von Wettbewerbsstrategien waren stagnierende Markte, welche zu einer Intensivierung des Wettbewerbs fuhrten. Bei einem geringen Gesamtmarktwachstum kam es vermehrt zu einem Verdrangungswettbewerb, die Frage einer gewinnbringenden Positionierung und damit nach Wettbewerbsvorteilen geriet in den Mittelpunkt strategischer Uberlegungen. Moglichkeiten einer Abgrenzung vom Wettbewerb basieren auf verschiedenen generischen Strategieoptionen, die die Gedanken der absatzorientierten Wachstumsmodelle im Sinne Nachfrage stimulierender Erfolgsfaktoren implizit widerspiegeln. Die generischen Strategieoptionen nach Porter bilden den Ausgangspunkt fiir weitere Erganzungen. Porter unterscheidet zwei Grundtypen von Wettbewerbsvorteilen: niedrige Kosten oder Differenzierung. Wahrend es das Ziel der Kostenfuhrerschaft ist, einen Wettbewerbsvorteil im Sinne eines relativen Kostenvorteils vor den Wettbewerbem zur Durchsetzung geringerer Preise zu erlangen, ist es das Ziel der Differenzierung, Wettbewerbsvorteile durch die Etablierung von AUeinstellungsmerkmalen zu erlangen. Die durch die Differenzierung als einmalig wahrgenommene Leistung soil durch den Kunden durch die Bereitschaft, einen hoheren Preis zu zahlen, honoriert werden.^^ Aus den zwei Grundtypen von Wettbewerbsvorteilen lassen sich drei generische Strategietypen ableiten: Kostenfuhrerschaft, Differenzierung und Kon-
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Vgl. Porter (1980). Selbstverstandlich sind wesentlich detailliertere Systematisierungen denkbar, fiir den hier vorliegenden Fall reicht diese recht einfache Differenzierung jedoch aus. Vgl. Porter, (1980). Vgl. Porter (1980), S.Vlf.
34
I. Theoretischer Teil: Die Grundlagen des Wachstums von Medienuntemehmen
zentration auf Schwerpunkte. Die Konzentrationsstrategie lasst sich wiederum in die Varianten Kostenschwerpunkt und Differenzierungsschwerpunkt gliedem. Eine Konkretisierung von Wettbewerbsvorteilen durch niedrige Kosten erscheint vor dem Hintergrund des definierten Kostenproblems angebracht/^ Da neben Fertigungs- bzw. Herstellungskosten auch andere Aktivitaten zu beachten sind, wird die Wertkette als geeignetes Analyseinstrumentarium zur Veranschaulichung der Generierung von Wettbewerbsvorteilen durch niedrige Kosten genutzt. Als Ansatzpunkte lassen sich neben den Fertigungs- bzw. Herstellungskosten (zu beachten sind hierbei auch Materialkosten im Sinne des Einkaufsmanagements) auch Marketing- und Vertriebskosten zur Kostensenkung identifizieren. Dariiber hinaus bieten auch die so genannten Sekundaraktivitaten (z.B. Personal, IT, Verwaltung, etc.) sowie Kapitalkosten Moglichkeiten zur Kostenreduktion. Ein Kostenvorteil ergibt sich, wenn es einem Untemehmen gelingt, bei der Durchfiihrung aller Wertaktivitaten niedrigere Gesamtkosten zu verursachen - also effizienter zu wirtschaften - als seine Konkurrenten. Zu beachten ist, dass eine Verbesserung der Effizienz sowohl zur Durchsetzung eines niedrigeren Preises (im Sinne Porters Strategic der Kostenfuhrerschaft), als auch flir Investitionen in Differenzierungsfaktoren genutzt werden kann. Sie bietet somit die Basis fiir zweierlei Wettbewerbsvorteile. In Hinblick auf Nachfrage stimulierende Erfolgsfaktoren soUen nun Moglichkeiten der Differenzierung skizziert werden. Mit der Differenzierungsstrategie bemiiht sich ein Unternehmen, in einigen von den Nachfragem als relevant eingestuften Dimensionen im Wettbewerbsumfeld einmalig zu sein. Das Ziel des Untemehmens ist es, sich in die einmalige Position zu versetzen, ein oder mehrere wesentliche Merkmale optimal zu befriedigen. Fiir diese Einmaligkeit wird das Untemehmen mit hoheren Preisen belohnt. Die Moglichkeiten der Differenzierung variieren dabei von Branche zu Branche, wobei sich diese auf das Produkt selbst, die Vertriebskanale, die MarketingmaBnahmen oder eine Reihe weiterer Faktoren beziehen konnen. Quellen der Differenzierung sind wiederum die Wertaktivitaten entlang der Wertkette.^®^ Da im Rahmen der Arbeit konkrete Nachfrage stimulierende Erfolgsfaktoren untersucht werden, soil sich im Folgenden auf abnehmergerichtete MaBnahmen konzentriert werden.^^^
Die von Porter angefiihrten Moglichkeiten zur Generierung von Wettbewerbsvorteilen zielen auf einen Preisvorteil - basierend auf Effizienzsteigerungen - oder durch einen Differenzierungsvorteil - basierend auf Investitionen in Differenzierungsfaktoren und somit immer auf eine Nachfragestimulation ab. Diese Sichtweise unterscheidet sich von der bislang verfolgten Sichtweise, in der Nachfrage stimulierende Erfolgsfaktoren und Effizienz steigemde Erfolgsfaktoren (im Sinne von Einsparungspotenzialen) differenziert betrachtet wurden. Der Grund fiir die differenzierte Betrachtungsweise liegt in der Annahme, dass die durch Einsparungen generierten Kostenvorteile nicht nur im Sinne eines Preisvorteils sondem auch im Sinne von Investitionen genutzt werden konnen. Vgl. Porter (2000), S. 168ff. Auch die Porterschen „Wettbewerbsstrategien" zielen auf die Realisierung einer Vorzugsstellung in der Psyche der Abnehmer ab, auch sie sind abnehmergerichtet. Im Vergleich zu „klassischen" Marketingansatzen lassen sich jedoch zwei wesentliche Unterschiede herausstellen: 1.) Die Vorzugsstellung bzw. spezifische Kompetenz eines Anbieters muss in Porters Modell immer in Relation zur Konkurrenz beurteilt werden. 2.) Die Strategien von Porter weisen einen starkeren funktionsiibergreifenden Bezug auf die vor
1.1 Untemehmenswachstum als vielschichtiges Objekt interdisziplinarer Forschung
35
Beitrage aus der Marketingforschung: Die ursprUnglich vertretene Meinung, dass sich der Wettbewerbsvorteil durch Differenzierung lediglich anhand einer uberlegenen Leistungsqualitat beschreiben lasst, wurde inzwischen revidiert. Mittlerweile herrscht in der Literatur Einigkeit dariiber, dass diese eindimensionale Sichtweise den realen Marktbedingungen nicht gerecht wird. Ein Blick in die Literatur verweist auf zahlreiche empirische Versuche, differenziertere Inhalte abnehmergerichteter Marketingstrategien zu erfassen/®^ Meffert unterscheidet vier strategische Grunddimensionen, anhand derer sich differenzierungsbasierte Wettbewerbsvorteile generieren lassen: Marke, Qualitdt, Innovation und Programmbreite. Eine weitere Dimension fuhrt Mintzberg anhand der „Differenzierung durch Imitation'"' ein:^^"* •
Das Ziel des Markenaufbaus ist eine Differenzierung iiber das mit einer Marke verbundene Image. Das Markenmanagement umfasst dabei drei zentrale Entscheidungsfelder: Die FormuHerung der Markenstrategie, die Festlegung des Markenauftritts und die Gestaltung der Markenkontrolle.^^^ In diesem Zusammenhang spielen auch MogUchkeiten der formalen Markengestaltung - der Markierung eine groBe Rolle.
•
Eine als iiberragend wahrgenommene Qualitdt ermoglicht eine Differenzierung durch das Produkt selbst. Die Qualitatsorientierung wurde bereits zur inhaltlichen Ausgestaltung abnehmergerichteter Wettbewerbsstrategien als zentrale Strategicdimension herausgestellt, verschiedene empirische Untersuchungen bestatigen diese Annahme.^®^ QuaHtat besteht aus objektiven und subjektiven Komponenten.^^^ Um eine Differenzierung durch Qualitat zu erreichen, muss dem Untemehmen bekannt sein, welche Teileigenschaften die relative, wahrgenommene Qualitat umfasst. Die Nachfragerpraferenzen stehen somit im Mittelpunkt des Kalkiils.^^^
allem auf das Marketing bezogene Praferenzstrategie auf, da diese die gesamte Wertkette hinsichtlich potenzieller Quellen der Einmaligkeit analysieren. Vgl. Meffert (2000), S. 271. 103
Vgl. Galbraith/Schendel (1983), S. 153ff.; White (1986), S 217ff.; Kimyl^im (1988), S. 802ff. und Morrison (1990). Vgl. Mintzberg (1988), S. Iff. Vgl. Homburg/Krohmer (2003), S. 520. Die Differenzierung durch eine Marke ist insbesondere bei Produkten, die aus Abnehmersicht im Wettbewerbsumfeld durch Homogenitat und Austauschbarkeit gekennzeichnet sind, von Relevanz. Auch in Fallen, in denen Nachfrager nicht hinreichend iiber das Produkt informiert sind bzw. keine Moglichkeit zur Bewertung des Produktes haben (z.B. bei Erfahrungs- und Vertrauensgutem), kann eine derartige „psychologische Differenzierung" Kaufpraferenzen zugunsten des eigenen Untemehmens beeinflussen. Vgl. Aaker (1998), S. 172ff. Vgl. Buzzel/Gale (1989), S. 89ff. Dabei stellt die objektive Qualitat vor allem auf anbieterbezogene Aspekte wie QualitatskontroUe oder die Ubereinstimmung mit bestimmten technischen Spezifikationen ab. Demgegeniiber ist die subjektive, abnehmerbezogene Qualitat als Ergebnis eines Wahmehmungs- und Bewertungsprozesses des Nachfragers zu defmieren. Qualitat ergibt sich demnach aus der individuellen Bediirfnis- bzw. Nutzenerfiillung im individuellen Kontext. Vgl. Meffert (2000), S. 273. Im Rahmen der Kategorisierung von Nutzerpraferenzen werden in der Marketingliteratur verschiedene Quahtatsdimensionen unterschieden. Diese beziehen sich haufig auf den Gebrauchsnutzen, die Haltbarkeit, die Zuverlassigkeit, die Ausstattung, die Normgerechtigkeit und die Asthetik. Die Qualitat von Ser-
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I. Theoretischer Teil: Die Grundlagen des Wachstums von Medienuntemehmen •
Innovationen ermoglichen eine Differenzierung iiber nichtvergleichbare neue Produkte/Eigenschaften, ein Alleinstellungsmerkmal ist somit per se gegeben. Die Innovationsorientierung konnte in der Mehrzahl empirischer Untersuchungen als eine eigenstandige Strategiedimension nachgewiesen werden.*^^ Als wesentliche Vorteile einer Innovationsorientierung sind die Moglichkeiten des frlihzeitigen Entwickelns von Know-how auf Anbieter-^^^ und Nachfragerseite^^^ zu werten.
•
Eine weitere Moglichkeit der Differenzierung stellt die Programmhreite des Anbieters dar. Sie spiegelt eine groBe Nachfragerorientierung innerhalb der Angebotspolitik wider und wird vor allem durch die Flexibilitat, schnell und profitabel zahlreiche Produktvarianten anbieten zu konnen, gepragt. Die Programmbreite bezieht sich auf den Aspekt der Kundennahe und beschreibt das Potenzial zur differenzierten Marktbearbeitung im Sinne einer Produktdifferenzierung durch ein breites und tiefes Programm sowie durch das Angebot flankierender Diensdeistungen."^
•
Imitationen erreichen die Differenzierung iiber ein iiberlegenes Preis-/ Leistungsverhaltnis. Erfolgreiche Wettbewerber werden gezielt imitiert, wobei diese aufgrund geringerer Entwicklungskosten beim Preis unterboten werden. Die Imitationsstrategie ist somit nur dann erfolgsversprechend, wenn gegeniiber den imitierten Wettbewerbsprodukten ein Preisvorteil besteht/^^ Es besteht also kein handlungsrelevanter Unterschied zur Strategiedimension der bereits diskutierten Kos114
tenonentierung. viceleistungen bezieht sich auf die Dimensionen Ausstattung, Verlasslichkeit, Bereitschaft zur Problemlosung, Glaubwurdigkeit und Kundenverstandnis. Vgl. Garvin (1988), S. 66ff.; Zeithaml et al. (1996), S. 31ff; Kotler/Bliemel (1999), S. 266ff. Vgl. Alpert/Kamins (1995), S. 34ff.; Alpert et al. (1996), S. 96ff. Es ist davon auszugehen, dass Erfahmngsvorteile vor allem Pionieruntemehmen zu Gute kommen. Die Realisierung von Innovationsvorteilen im Rahmen abnehmergerichteter Strategien kniipft an verschiedene Voraussetzungen an. Wesentlich ist in diesem Zusammenhang das Management von Wissen, das Setzen von Innovationszielen, ein innovationsgerichtetes Schnittstellenmanagement, die Akzeptanz von Innovationsmisserfolgen sowie die Notwendigkeit, Innovationsertrage moglichst vollstandig im Untemehmen einzubehalten. Vgl. Perlitz (1988), S. 47ff.; Albach (1990), S. 773ff. Das friihzeitige Entwickeln von Know-how auf Nachfragerseite bezieht sich auf den Aufbau von Konsumentenfahigkeiten, neue Produkte in einer spezifischen Art und Weise zu nutzen. Eng damit verkniipft ist das Durchsetzen eines Standards. Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Ausfiihrungen zum „Consumption Capital" in Abschnitt 1.2.2. Fraglich ist, ob die Moglichkeit der Auswahl als Differenzierungsfaktor anzusehen ist, oder ob nicht eher die groBe Wahrscheinlichkeit, individuellen Praferenzen der Nutzer zu entsprechen, als Differenzierungsfaktor anzusehen ist. Wird der letzteren Annahme gefolgt, so lasst sich der Aspekt der Programmbreite auch unter den Aspekt „subjektiver" Qualitat subsumieren. Diesem Gedanken folgend soil die Programmbreite im weiteren Verlauf nicht als eigenstandige Strategiedimension vertieft werden. Vgl. Meyer (1985), S. 99ff.; Albers/Eggers (1998), S. 58ff. Vgl. Mintzberg (1988), S. Iff. 114
Eine weitere Betrachtung der Imitation als eigenstandige Strategiedimension findet daher nicht statt.
I.l Untemehmenswachstum als vielschichtiges Objekt interdisziplinarer Forschung (2)
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Empirische Erfolgsfaktorenforschung mit Ansatzpunkten zum Untemehmenswachstum
Nachdem sowohl theoretisch-deduktive Wachstumsmodelle als auch erganzende Beitrage aus der Strategic- und Marketingforschung zur Ableitung von Wachstumsfaktoren skizziert wurden, sind nun Studien der Erfolgsfaktorenforschung heranzuziehen, um gewissermaBen im Sinne eines „Cross-Chccks" dicjenigen Wachstumsfaktoren einzugrenzen, die auch im Rahmen der empirischen Erfolgsfaktorenforschung hervorgehoben werden. Das Ziel der empirischen Erfolgsfaktorenforschung ist die Uberpriifung von Hypothesen bezUglich der in der Theorie diskutierten Erfolgsfaktoren. Hierbei ist prinzipiell zwischen verschiedenen ErfolgsmaBen zu unterscheiden. Im vorliegenden Fall sollen zunachst „klassische" empirische Studien der Erfolgsfaktorenforschung skizziert werden, um darauf aufbauend dicjenigen Studien genauer zu erortem, welche das Untemehmenswachstum in den Mittelpunkt des Forschungsinteresses riicken/^^ Empirische Erfolgsfaktorenforschung: Allgemein kann festgestellt werden, dass sich die Erfolgsfaktorenforschung in einem noch wenig ausgereiften Entwicklungsstadium befindet, da die wissenschaftliche GUte der einzelnen Untersuchungen sehr unterschiedlich ist und noch nicht von gesicherten Erkenntnissen ausgegangen werden kann/^^ Eine umfassende und vergleichende Analyse bestehender Studien findet sich bei Fritz, der die Ergebnisse und den methodischen Ansatz von 40 derartigen Studien untersucht.^^^ Zu den bekanntesten „klassischen" Studien der Erfolgsfaktorenforschung zahlen die Arbeiten von PetersAVaterman und das PIMS-Projekt,^^* welche im Folgenden kurz skizziert werden sollen/^^ Das PIMS-Projekt wurde zur Analyse von Erfolgsfaktoren im Jahr 1972 initiiert und ist als Langzeitprogramm konzipiert. Seit den 70er Jahren bildet es die Basis fur zahlreiche Veroffentlichungen, die zu einer groBen Popularitat des Programms beitrugen/^^ Insgesamt haben Uber 450 Untemehmen mit ca. 3000 strategischen Geschaftseinheiten mit Informationen zum Aufbau der Datenbank beigetragen. Die Datenbank ist international und brancheniibergreifend.
Bel den verschiedenen Studien werden unterschiedliche ErfolgsmaBe angewandt. Da das Untemehmenswachstum selten das primare Ziel von Untemehmen ist, fmden sich nur wenige Studien mit einer umsatzbezogenen Wachstumsrate als ErfolgsmaBstab. Die Nutzung von bilanzorientierten oder kapitalmarktorientierten ErfolgsgroBen kann im Rahmen eines ersten Zugangs an dieser Stelle akzeptiert werden, da hierdurch wertvoUe Ansatzpunkte hinsichtlich der generellen Vorteilhaftigkeit verschiedener Erfolgsfaktoren gewonnen werden konnten. In einem zweiten Schritt wird auf Studien eingegangen, die das Unternehmenswachstum als explizites Untersuchungsziel ausweisen. Vgl. Gottgens (1996), S. 475f. 117 118 119 120
Vgl. Fritz (1990), S.91ff. Die Abkiirzung PIMS steht fiir „Profit Impact of Market Strategies". Vgl. PetersAVaterman (1984); Buzzel/Gale (1989). Vgl. Z.B. Gale (1980), S. 78ff.; Buzzel (1983), S. 92ff.; Heany (1983), S. 3ff.; Collier et al. (1984), S. llff.; Luchs (1986), S. 12ff.; Buzze^Gale (1989).
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I. Theoretischer Teil: Die Grundlagen des Wachstums von Medienuntemehmen
Die wahrscheinlich bekannteste, weil sehr umfangreiche und differenzierte Studie wurde von Buzzel/Gale publiziert. Als die zwei Haupterfolgsfaktoren (als ErfolgsmaBstab wurde der Return on Investment gewahlt) wurden von den Autoren die durch den Kunden wahrgenommene Produktqualitat sowie ein hoher relativer Marktanteil im bedienten Markt identifiziert. Als weitere zentrale Erfolgsfaktoren werden die Investmentintensitat und die Wertschopfungstiefe herausgestellt. Kritik wird dem PIMS-Projekt hinsichtlich des etwas einseitigen Fokus potenzieller Erfolgsfaktoren vorgeworfen, da sich diese lediglich aus quantifizierbaren GroBen zusammensetzen. Organisatorische Fragestellungen, die in der theoretischen Diskussion zumindest relevant erscheinen, werden so vemachlassigt. Femer ist beim PIMS-Projekt eine mangelnde BerUcksichtigung von Segments- bzw. Branchenspezifika festzustellen. Unabhangig von der geauBerten Kritik ist jedoch zu konstatieren, dass das PIMS-Projekt wertvoUe Beitrage zur Ermittlung von Erfolgsfaktoren hervorbringt. Auf die hohe Relevanz von Qualitat wurde sowohl bei den Wachstumsmodellen als auch bei den Erklarungsbeitragen der Strategieforschung verwiesen, das Ergebnis geht mit den bislang gewonnenen Erkenntnissen einher. Die bereits angesprochenen und in dem PIMS-Projekt vemachlassigten „weichen" Faktoren finden sich in der Studie von PetersAVaterman. Sie untersuchten brancheniibergreifend 62 US-amerikanische Untemehmen hinsichtlich ihrer Erfolgsfaktoren. Als Ergebnis wurden acht Merkmale erfolgreicher UntemehmensfUhrung herausgestellt: Primat des Handelns, Nahe zum Kunden, Freiraum fur Untemehmertum, Produktivitat durch Menschen, sichtbar gelebtes Wertesystem, Bindung an das angestammte Geschaft, einfache und flexible Organisationsstrukturen und straff-lockere Fuhrung/^^ Die herausgestellten Erfolgsfaktoren wurden jedoch aufgrund methodischer Schwachen schon bald in Frage gestellt/^^ In neueren Veroffentlichungen wurden die Aussagen von PetersAVaterman weiterentwickelt und modifiziert. Wichtigster Erfolgsfaktor von Untemehmen ist ihrer Meinung nach die Innovationsfahigkeit eines Untemehmens, ein Ergebnis, welches sich mit den gemachten Ausfuhrungen in Bezug auf eine notwendige Differenzierung deckt/^"* Es kann demnach festgestellt werden, dass prominente Ergebnisse der empirischen Erfolgsfaktorenforschung in Bezug auf den Untemehmenserfolg - illustrativ an den Studien von Buzzel/Gale sowie PetersAVaterman skizziert - im Vergleich zu den bislang gewonnenen Ergebnissen keine widerspriichlichen Erkenntnisse aufzeigen. Herausgestellt werden die Fakto-
Vgl. Buzzel/Gale (1989). Vgl. PetersAVaterman (1984), S. 36-39. In der Studie von PetersAVaterman finden sich keinerlei quantitative Analysen. Die Erfolgsmerkmale wurden auf der Basis zahlreicher Fallbeispiele gewonnen. Problematisch hierbei ist, dass die Stichprobe lediglich exzellente Untemehmen umfasst und eine statistisch vergleichbare KontroUgruppe von nichterfolgreichen Untemehmen fehlt. Es bleibt daher offen, ob die hervorgehobenen Erfolgsfaktoren ausschlieBlich Merkmale erfolgreicher Untemehmen darstellen. Vgl. Frese (1985), S. 604ff, Vgl. Peters (1988), S. 222ff.; Waterman (1988).
1.1 Untemehmenswachstum als vielschichtiges Objekt interdisziplinarer Forschung
39
ren Qualitat und Innovation.*^^ Im Folgenden sollen nun auch die wenigen Studien herangezogen werden, die das Untemehmenswachstum in den Mittelpunkt ihres Forschungsinteresses riicken. Empirische Wachstumsfaktorenforschung: Zunachst einmal ist festzustellen, dass es nur sehr wenige Studien der Erfolgsfaktorenforschung gibt, die sich explizit mit dem Untemehmenswachstum beschaftigen. Der nun folgende Uberblick orientiert sich an den von Kurfess identifizierten Studien.^^^ Dieser identifizierte im Rahmen seiner Dissertation Studien von Young (1961), Clifford/Cavanagh (1985), Albach (1984), Hahn/Grab (1989), Gertz/Baptista (1995) und Lucier/Asin (1996). Als weitere Studie wird auch die von Kurfess durchgefuhrte Studie skizziert. Die erste Veroffentlichung mit dem Fokus auf Untemehmenswachstum stammt von Young aus dem Jahre 1961.^^^ In der Studie des Stanford Research Institute wurden 400 Unternehmen aus verschiedenen Branchen des produzierenden Gewerbes hinsichtlich ihres Unternehmenswachstums analysiert. Ziel der Untersuchung war es, bei einem Vergleich von „High-Growth-Companies" mit „Low-Growth-Companies" Faktoren fiir erfolgreiches Unternehmenswachstum zu identifizieren. Hierzu wurde die Stichprobe in einem ersten Schritt anhand der Kriterien Umsatzwachstum, Gewinnwachstum und Aktienkursentwicklung gerankt. Diese Rankings wurden mittels gleichgewichteter Mittelwerte zu einem Ranking verdichtet. Im Anschluss daran wurde das obere Quartil mit dem unteren Quartil verglichen. Young kommt zu dem Ergebnis, dass vor allem Umfeldverandemngen zum Untemehmenswachstum fuhren. Er kategorisiert diese Verandemngen in gesellschaftliche, volkswirtschaftliche, politische und technologische Verandemngen. Schnell wachsende Untemehmen, so seine These, haben die Fahigkeit, sich schneller auf diese Verandemngen anzupassen. Als Beleg fiir seine These fuhrt Young an, dass „High-Growth-Companies" vermehrt in schnell wachsenden Markten tatig sind, einen hoheren Umsatzanteil mit High-Tech-Produkten realisieren und einen hoheren Anteil ihres Umsatzes mit neuen Geschaftsbereichen erzielen, in die sie diversifiziert haben. Die zentrale Herausfordemng fiir Untemehmen stellt somit die permanente Anpassung an sich verandemde Umfeldbedingungen dar, die vor allem durch Kreativitat und Innovationen bewaltigt werden konnen. Damit wird der Analyse von Kundenbediirfnissen und technologischen Neuemngen eine zentrale Bedeutung zugemessen. Die so gewonnenen Ergebnisse miissen anschliefiend in den strategischen Planungsprozess der Untemehmung einfliefien, um eine flexible Anpassung im Untemehmen zu ermoglichen. Einer anderen Argumentation folgen Clifford und Cavanagh, die die Ursachen des Unternehmenswachstums im Untemehmen selbst begriindet sehen.*^^ Die Autoren untersuchten in Selbstverstandlich sind im Rahmen der empirischen Erfolgsfaktorenforschung noch viele weitere Faktoren identifiziert worden. Eine umfassende Darstellung eben dieser fiihrt an dieser Stelle jedoch zu weit, da dieser Abschnitt lediglich als „Cross-Check" der bereits referierten Ergebnisse aus der theoretischdeduktiven Diskussion konzipiert ist. Vgl. Kurfess (1999). Vgl. Young (1961), S. 52. Vgl. Clifford/Cavanagh (1985).
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I. Theoretischer Teil: Die Grundlagen des Wachstums von Medienuntemehmen
der Zeit von 1978-1983 100 U.S.-amerikanische mittelstandische Untemehmen mit einem Wachstum von mehr als 15% p.a. Dire Aussagen stUtzten sich zusatzlich auf Sekundardaten von 6117 mittelgroBen Untemehmen. Clifford und Cavanagh sind, im Gegensatz zu Youngs These, der Meinung, dass das Untemehmenswachstum nicht vom Wirtschaftszweig oder dem Segment abhangig ist. Dennoch sehen auch sie in Innovationen den Ansatzpunkte fur iiberdurchschnittliches Wachstum. Der Kundennutzen sei dabei wichtiger zu bewerten als der Preis von Produkten bzw. Dienstleistungen, Ein Indiz hierfur scheint die Tatsache zu sein, dass 75% der analysierten Untemehmen nicht die KostenfUhrerschaft als Basisstrategie verfolgten. Eine Untersuchung fiir den deutschsprachigen Raum stammt von Albach et al.^^' Ziel dieser Untersuchung war es, kritische Wachstumsschwellen fiir Untemehmen zu identifizieren. Im Rahmen der Studie wurden Untemehmen des verarbeitenden Gewerbes mit Fragebogen befragt. Ein linearer Zusammenhang zwischen der UntemehmensgroBe und dem Untemehmenswachstum konnte nicht festgestellt werden, profitables Wachstum ist demnach in jeder GroBenklasse moglich. Es gelang den Autoren jedoch, kritische Wachstumsschwellen zu identifizieren, da an den Wachstumsschwellen die FinanzkenngroBen der analysierten Unternehmen signifikant niedriger als in den GroBenklassen waren. Laut ihrer Interpretation stellen bestimmte UntemehmensgroBen Wachstumsschwellen dar, die einen negativen Einfluss auf das Wachstums- und Erfolgspotenzial haben. Von Interesse ist, dass Albach et al. fiinf Untemehmenstypen in Hinblick auf das Unternehmenswachstum unterscheiden: Untemehmen befinden sich demnach in einer „Dauer-" oder „Wachstumskrise", sind „konsolidierend", „erfolgreich" oder „aggressiv-expandierend". Bezuglich des Einflusses der Industriezugehorigkeit kommen Albach et al. wie schon Clifford/Cavanagh zu dem Ergebnis, dass Untemehmenswachstum unabhangig von der Branche ist. Die Autoren folgen damit der Meinung, dass der Erfolg in erster Linie untemehmensspezifischen Faktoren zuzurechnen ist. Bei der Ursachenanalyse fiir die verschiedenen Untemehmenstypen stellten die Autoren fest, dass der Erfolg die Folge einer iiberlegenen Produkt-ZMarkt-Strategie ist, bei der ein iiberlegenes Produkt und/oder eine besondere Kundennahe zu Marktanteilsgewinnen fiihrt. Dies entspricht den Aussagen der absatzorientierten Modelle oder auch den Erkenntnissen der Strategic- bzw. Marketingforschung. Die als „konsolidierend" und als zuktinftige Krisenuntemehmen bezeichneten Untemehmen zeichneten sich durch geringere Entwicklungsaufwendungen und Investitionen aus. Ein als eher konservativ zu bezeichnender Managementstil hemmte junge Fuhmngskrafte und damit neue Impulse, eine geringere Produktivitat war die Folge. So befanden sich schon ca. 30% der als konsolidierend bezeichneten Untemehmen in einer Wachstumskrise. Ursachen hierfUr waren geringe oder fehlgeleitete Investitionen, auch ein fehlender Fokus auf Produktivitatssteigemngen war feststellbar. Es kam zu Qualitatsmangeln und langfristig zu Marktanteilsverlusten. Vgl. Albach et al. (1984), S. 779f.; Albach (1985), S. 404f.
LI Untemehmenswachstum als vielschichtiges Objekt interdisziplinarer Forschung
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Untemehmen, die sich in einer langfristigen Krise befanden, wurden von Albach et al. als „Dauerkriseuntemehmen" bezeichnet. Das groBte Problem dieser Untemehmen lag in der mangelnden Produktivitat, da die Produktentwicklungen haufig nicht von Prozessinnovationen begleitet worden waren. Die unterdurchschnittliche Produktivitat schlug sich letztendlich in einer schwindenden Produktqualitat wieder. Auch gelang es diesen Untemehmen nicht, eine Nische oder Kostenfuhrerschaft zu erreichen/^® Diese ungUnstige Marktpositioniemng lieB die Eigenkapitalbasis dieser Untemehmen schwinden, die dringend fur Investitionen in Produktionsanlagen benotigt worden waren. Im Gegensatz zu den hinsichtlich im Bezug auf den Wachstumserfolg unterdurchschnittlich erfolgreichen Untemehmen investierten die „aggressiv-expandierenden" Untemehmen uberdurchschnittlich in die Entwicklung und Vermarktung neuer Produkte. Sie wiesen eine hohe Produktqualitat sowie eine iiberdurchschnittliche Produktivitat auf und hielten diese auch bei einer Kapazitatsausweitung aufrecht. Ein Risiko lag in der haufig diinnen Eigenkapitalbasis, welche ein zu aggressives Wachstum verhinderte. Die Ausfuhmngen Albachs et al. integrieren viele der bislang gewonnenen Erkenntnisse und setzen diese in einen Gesamtzusammenhang. Vereinfacht ausgedriickt sehen die Autoren in einer hohen Effizienz bzw. Produktivitat, in Prozess- und Produktinnovationen sowie einer vom Kunden als iiberragend wahrgenommenen Qualitat die Haupterfolgsfaktoren fur Unternehmenswachstum im engeren Sinne, wobei diese Faktoren in einem interdependenten Zusammenhang zu stehen scheinen: Eine hohe Produktivitat ermoglicht Investitionen, welche wiedemm Innovationen oder eine gesteigerte Produktqualitat zur Folge haben. Das Ergebnis ist ein Wachstumsprozess, welcher (bei gleich bleibender Produktivitat) zu hoheren Investitionsvolumina fUhrt etc. Eine weitere Studie, welche die Erfolgsfaktoren von schnell wachsenden mittelstandischen Industrie- und Dienstleistungsuntemehmen untersucht, wurde von Hahn/Grab erstellt.^^^ Die Ergebnisse basieren auf Einzelinterviews, quantitative Analysen liegen nicht vor. Vor dem Hintergmnd der spezifischen Situation des Mittelstandes in Hinblick auf starke Restriktionen hinsichtlich finanzieller Ressourcen sehen diese Autoren vor allem in der Spezialisiemng und der Verfolgung von Nischen-Strategien, welche markt- und kundenorientierte Produkt-, Prozess- und/oder Stmkturinnovationen ermoglichen, einen entscheidenden Erfolgsfaktor fiir Untemehmenswachstum. Ahnlich wie auch Albach et al. sehen auch Hahn/Grab einen Zusammenhang zwischen Effizienz (Prozess-/ Stmkturinnovationen), Produktinnovationen und dem Untemehmenswachstum. Gertz/Baptista sehen einen wesentlichen Erfolgsfaktor fUr Untemehmenswachstum im Kundennutzen, welcher sich iiber das Kundenmanagement, der Produktentwicklung und der Distributionspolitik manifestiert.^^^ In ihrer industrieiibergreifenden Studie untersuchten sie 180 U.S.-amerikanische und 100 europaische Untemehmen, wobei sie ihre Aussagen fast ausVgl. Albach et al. (1985). S. 11 If. "^
Vgl. Hahn/Grab (1989), S. 223ff. Vgl. Gertz/Baptista (1995), S. 69ff.
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I. Theoretischer Teil: Die Grundlagen des Wachstums von Medienuntemehmen
schlieBlich anhand von Fallbeispielen beschreiben/^^ Die von ihnen identifizierten fiir das Untemehmenswachstum wichtige drei Bereiche erscheinen jedoch im Lichte anderer Ergebnisse plausibel: Die drei als relevant betrachteten Faktoren Kundenmanagement, Produktentwicklung und Distributionspolitik werden durch effektive Prozesse in der Wertschopfungskette, Umsetzungsstarke sowie einer auf das Untemehmen angepassten Organisationsform erreicht. Eine weitere auf Fallstudien basierende Analyse stammt von Lucier/Asin, welche 1828 U.S.-amerikanische, borsennotierte Untemehmen hinsichtlich des Untemehmenswachstums analysierten/^"* Aus ihren Analysen leiteten die Autoren zwei Managementphilosophien ab, die sich maBgeblich auf das Untemehmenswachstum auswirken. So unterscheiden sie das so genannte „Managed-Growth-Paradigm" von dem „Innovative-Growth-Paradigm". Wahrend sich Untemehmen, die Ersterem zuzuteilen sind, durch signifikante Produktivitatssteigemngen, hohe Ziele hinsichtlich Wachstum und Rendite, Kostenbewusstsein, aggressive Expansion in neue Markte sowie die Bereitschaft, ihr Konzemportfolio durch Desinvestitionen und Akquisitionen zu steuem, charakterisieren lassen, zeichnen sich Letztere vor allem durch Innovationen aus/^^ Die „Innovative-Growth-Companies" differenzieren sich ihrer Meinung nach durch einen durch die Innovationen entstehenden uberdurchschnittlichen Kundennutzen. Haufig verfolgen sie das Ziel, „Weltbester" zu sein, erreichen schnelle Verbessemng in den flirem Erfolg zugmnde liegenden Faktoren und haben eine Kultur hochmotivierter, nach Bestleistungen strebender Mitarbeiter. Der Wachstumsprozess wird klar definiert und nicht dem Zufall uberlassen. Im Vergleich werden bei diesen Untemehmen hohere Wachstumspotenziale als bei den „Managed-Growth-Companies" vermutet. Eine weitere Studie zum Untemehmenswachstum legte Kurfess vor/^^ Aufbauend auf Analysen von McKinsey analysierte er 263 weltweit tatige Untemehmen der Zulieferindustrie im Automobilsegment. Mittels zweier Rankings nach Umsatzwachstum und -rendite teilte er die Untemehmen in vier Gmppen ein. Er unterschied dabei Nachzugler der Industrie, Unternehmen mit Renditefokus, Profitable Wachstumsuntemehmen und Untemehmen mit Substanz gefahrdendem Wachstum. Kurfess stellte fest, dass profitables Wachstum auch in Konjunkturkrisen und bei hohem Wettbewerb moglich ist. Damit unterstutzt er die These, dass das Wachstum industrieunabhangig ist. Als zentrales Ergebnis seiner Arbeit stellt er heraus, dass Effizienz notwendig, aber nicht hinreichend ist. Ein klarer Fokus auf wenige Produktgmppen ist nach seiner Meinung Wachstum fordemd.
Dies fiihrte im Rahmen der wissenschaftlichen Diskussion zu Kritik. Ein weiterer Kritikpunkt liegt in der fehlenden Angabe statistischer Signifikanzen bei den eher seltenen quantitativen Analysen. 134 135
Vgl. Lucier/Asin (1996), S. 10-16. Als wesentlicher Kritikpunkt der zugrundeliegenden Studie ist anzufiihren, dass unklar bleibt, wie die Autoren zu ihren Aussagen kommen. Vgl. Kurfess (1999).
I.l Untemehmenswachstum als vielschichtiges Objekt interdisziplinarer Forschung
1.1.3
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Bausteine eines integrierten Bezugrahmens strategischer Wachstumsfaktoren
Im Rahmen der bisherigen Analyse wurden vielfaltige potenzielle Wachstumsfaktoren bzw. Ansatzpunkte identifiziert. Im nun folgenden Abschnitt sollen diese - bislang gewissermaBen unstrukturierten Faktoren - priorisiert, konkretisiert und im Sinne eines Bezugsrahmens zueinander in Beziehung gesetzt werden. Zunachst wird nach einer Uberblicksartigen Zusammenfassung und einer Priorisierung der identifizierten potenziellen Wachstumsfaktoren eine Konkretisierung eben dieser vorgenommen (1). Im Anschluss daran werden die Wachstumsfaktoren zu einem Bezugsrahmen fur die weitere Analyse integriert (2). Die Integration der Ergebnisse zu einem Bezugsrahmen bildet den Abschluss des Teilkapitels 1.1. Der Bezugsrahmen bildet die Basis fiir den weiteren Verlauf der Arbeit. (1)
Priorisierung und Konkretisierung der identiHzierten Wachstumsfaktoren
Im Rahmen der Diskussion wurde deutlich, wie viele verschiedene Faktoren auf das Unternehmenswachstum wirken konnen. Da es sich die vorliegende Arbeit zum Ziel macht, allgemein anerkannte Wachstumsfaktoren mit Bezug zur Nachfragestimulation und Effizienzsteigerung hinsichtlich ihrer (Jbertragbarkeit auf die Medienbranche zu untersuchen und dariiber hinaus aufbauend auf diesen Ergebnissen erste Gestaltungsoptionen fiir das Management von Medienuntemehmen abzuleiten, miissen die vielen Faktoren zunachst priorisiert werden. AnschlieBend werden die priorisierten Faktoren konkretisiert. Priorisierung der identiHzierten Wachstumsfaktoren: Ausgangspunkt des vorangegangenen Kapitels waren vielfaltigste Ansatzpunkte theoretisch-deduktiver Wachstumsmodelle, welche vor dem Hintergrund der vorliegenden Problemstellung in die Kategorien „Effizienzsteigerung" und „Nachfragestimulation" eingeordnet werden konnen. Im ersten Abschnitt des Kapitels wurden die Erkenntnisse der zu beriicksichtigenden theoretisch-deduktiven Wachstumsmodelle durch Beitrage aus der Strategic- und Marketingforschung erganzt. Im zweiten Abschnitt des Kapitels wurden diese Ergebnisse im Sinne eines „CrossCheck" gefestigt, indem die theoretisch abgeleiteten Ergebnisse empirischen Erkenntnissen gegeniibergestellt wurden. Hierbei wurde deutlich, dass auf der Basis empirischer Forschung eine Vielzahl an Ansatzpunkten zur Steigerung des Untemehmenswachstums identifiziert werden konnen, welche in theoretischen Arbeiten nicht diskutiert werden. Es stellt sich nun die Frage, ob die einzelnen Faktoren bzw. Ansatzpunkte gleichwertig auf einer Ebene im Sinne von Wachstumsfaktoren zu beriicksichtigen sind, oder ob sich eine Hierarchic im Sinne uber- und untergeordneter Faktoren und Ansatzpunkte herausbilden lasst. Da sich die vorliegende Arbeit in den Kontext des „Strategischen" einordnen lasst, stellt der Bezug zu Strategiebegriffen ein geeignetes Kriterium zur Strukturierung und Priorisierung potenzieller Wachstumsfaktoren dar. Einen ersten Zugang zu dem „strategischen" Element von Wachstumsfaktoren vermittelt die Analyse vorherrschender Strategiebegriffe. Fiir den Terminus „Strategie" gibt es bislang
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I. Theoretischer Teil: Die Grundlagen des Wachstums von Medienuntemehmen
weder in der Theorie, noch in empirischen Untersuchungen eine allgemeingultige inhaltliche Bestimmung. Zur Veranschaulichung sollen im Folgenden einige Beispiele fiir Begriffsdefinitionen aufgefuhrt werden: Chandler schreibt: „Strategy can be defined as the determination of the basic longterm goals and objectives of an enterprise, and the adoption of courses of action and the allocation of resources necessary for carrying out these goals". ^^^ Andrews definiert Strategic als "the pattern of objectives, purposes, or goals and major policies and plans for achieving these goals, stated in such a way as to define what the business and the company is in or is to be in and the kind of company it is or is to be".^^^ Hofer/Schendel formulieren: „strategy is the fundamental pattern of present and planned resource deployments and environmental interactions that indicates how the organization will achieve its objects".^^^ Caves unterstellt erganzend zu diesen Definitionen, dass das Ziel des Untemehmens die langfristige Gewinnmaximierung, d.h. die Maximierung des derzeitigen Kapitalwerts darstellt.^"*^ Allen Definitionen gemein ist die Auffassung, dass die Strategic ein (langfristiges) Ziel des Untemehmens sowie zielgerichtete Handlungen zur Erreichung des Ziels definiert. Wesentliche Einflussparameter sind dabei die Ressourcen sowie das Umfeld des Untemehmens. Eine Nachfrage stimulierende bzw. Effizienz steigemde Wettbewerbsstrategie kann unter Beriicksichtigung verschiedener Strategiedimensionen somit als ein langfristiger Verhaltensplan angesehen werden, der die Realisierung eines Wettbewerbsvorteils (oder mehrerer Wettbewerbsvorteile) im relevanten Markt (d.h. auf Geschaftsfeldebene) mit Bezug zur Nachfragestimulation und/oder Effizienzsteigerung zum hihalt hat. Es stellt sich nun die Frage, welche der angesprochenen Ansatzpunkte als strategisch relevant im Sinne eines Wettbewerbsvorteils mit Bezug zur Nachfragestimulation bzw. Effizienzsteigerung angesehen werden konnen. GemaB den Erkenntnissen aus der Strategic- und Marketingforschung basieren derartige Wettbewerbsvorteile auf der Moglichkeit der Differenzierung. Unterschieden wurden hierzu die Differenzierungsfaktoren Marke, Qualitat, Innovation und Effizienz. Die in den absatzorientierten Wachstumsmodellen angesprochenen Ansatzpunkte konnen diesen Differenzierungsfaktoren in der Regel zugeordnet werden, da diese auf den Aufbau eben dieser Differenzierungsfaktoren abzielen. Dies gilt auch fur viele der im Rahmen von 137 138 139 140
Vgl. Chandler (1962), S. 16 Vgl. Andrews (1971), S. 15 Vgl. Hofer/Schendel (1978), S. 25 Vgl. Caves (1984), S. 65. Er fiigt kritisch an, dass keine der Definitionen von den Autoren selbst mit einer inhaltlichen Konkretisierung des Ziels verbunden wurde.
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empirischen Studien identifizierten Ansatzpunkte: Sie stellen in der Regel unterstiitzende Tatigkeiten dar, welche die Basis zur Differenzierung bilden. Dieser Argumentation folgend konnen eine Vielzahl von Ansatzpunkten, welche in den empirischen Studien identifiziert wurden, als den Differenzierungsfaktoren untergeordnet eingestuft werden. Diese Sichtweise geht auch mit den Ausfuhrungen der Autoren im Rahmen der Interpretation der empirischen Ergebnisse einher/"*^ Fur die vorliegende Arbeit soUen aus diesem Grund die Differenzierungsfaktoren Marke, Qualitat, Innovation und Effizienz priorisiert betrachtet werden. Sie werden als „ubergeordnete" Wachstumsfaktoren angesehen, welchen weitere „Ansatzpunkte" zugrunde liegen/'*^ Die Konkretisierung der Wachstumsfaktoren: Im vorangegangenen Abschnitt wurden die Faktoren Marke, Qualitat, Innovation und Effizienz als Wachstumsfaktoren priorisiert, eine Konkretisierung der Faktoren steht jedoch noch aus. Diese bezieht sich im Wesentlichen auf bestehende Definitionen und Abgrenzungen, um die einzelnen Wachstumsfaktoren greifbarer zu machen. Dariiber hinaus wird deutlich gemacht, welche Aspekte der Wachstumsfaktoren fiir die weitere Untersuchung von Relevanz sind. Wie bereits dargelegt wurde, ist das Ziel des Markenaufbaus eine Differenzierung iiber das mit einer Marke verbundene Image. Die Differenzierungsfunktion durch eine Marke ist insbesondere bei Produkten, die aus Abnehmersicht im Wettbewerbsumfeld durch eine hohe Homogenitat und Austauschbarkeit gekennzeichnet sind, von hoher Relevanz. Auch in Fallen, in denen Nachfrager nicht hinreichend iiber das Produkt informiert sind bzw. keine Moglichkeit zur Bewertung des Produktes haben (z.B. bei Erfahrungs- und Vertrauensgutem), kann eine derartige „psychologische Differenzierung" Kaufpraferenzen zugunsten des eigenen Untemehmens beeinflussen, da hierdurch Transaktionsunsicherheiten abgebaut werden konnen. ^"^^ Konzeptionell werden die Funktionen von Marken in der Literatur haufig in Hinblick auf die Marktbeteiligten differenziert:^"*^ •
Aus der Sicht der Anbieter sind Marken geeignet, um Vertrauens- und Qualitatssignale an den Nachfrager zu senden. Als Funktionen konnen die Kommunikationsfunktion, die Profilierungsfunktion, die Imagetragerfunktion, die Innovations-
Als unterstiitzende Faktoren wurden beispielsweise von PetersAVaterman acht unterschiedliche Erfolgsfaktoren genannt, welche sich jedoch in letzter Konsequenz auf die Innovationsfahigkeit der Untemehmen auswirken sollten. Vgl. PetersAVaterman (1984), S. 36-39. In der vorliegenden Arbeit wird nicht die Sichtweise vertreten, dass es sich hierbei um eine erschopfende - also voUstandige - Auflistung relevanter Wachstumsfaktoren handelt. Wachstum ist immer kontextabhangig, auch andere Faktoren konnen somit ins Kalkiil einbezogen werden. Die hier genannten und nun priorisierten Faktoren stellen jedoch diejenigen Faktoren dar, die vor dem Hintergrund der Problemstellung und der erfolgten Diskussion als „allgemein anerkannt" und vor allem „branchenubergreifend" angesehen werden konnen. Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird - soviel sei an dieser Stelle vorweggenommen - eine weitere terminologische Ebene eingefiihrt: Zu unterscheiden sind die auf der 1. Ebene liegenden Wachstumsfaktoren, auf der 2. Ebene liegende Entscheidungsfelder und auf der 3. Ebene liegende Ansatzpunkte bzw. Gestaltungsoptionen. Vgl. Aaker (1998), S. 172ff. Vgl. Meffert/Bruhn (2000b), S. 313f.
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I. Theoretischer Teil: Die Grundlagen des Wachstums von Medienuntemehmen funktion, die Unterstutzungsfunktion (bezogen auf den Marketing-Mix) und die Stabilisierungsfunktion unterschieden werden.^"*^ •
Vermittler nutzen Marken (der Anbieter) zur eigenen Profilierung. Hierbei konnen die Risikominderungsfunktion, die Renditefunktion, die Vorverkaufsfunktion, die Entlastungsfunktion (bezogen auf den Marketing-Mix), die Profilierungsfunktion und die Stabilisierungsfunktion unterschieden werden.
•
Aus der Perspektive der Nachfrager dienen Marken zur Orientierung und Schaffung von Vertrauen, indem vor der Kaufentscheidung die Marke als Qualitatssignal und -versprechen interpretiert wird/'*^
Zusammenfassend gesprochen kann die Funktion von Marken demnach als Reduktion der Transaktionsunsicherheit fur alle Marktbeteiligten beschrieben werden. Der Aufbau von Marken fallt in den Bereich des Marketings, welches in den vergangenen Jahren eine zunehmende Relevanz auch in der Untemehmensfiihrung erlangte. Das Markenmanagement umfasst dabei drei zentrale Felder: Die Formulierung der Markenstrategie, die Festlegung des Markenauftritts und die Gestaltung der MarkenkontroUe.^"*^ In den Bereich der Markenstrategie fallen allgemein die drei Bereiche Markenreichweite, Markenpositionierung und Markenarchitektur/"*^ Die Markenreichweite bezieht sich vor allem auf den Anwendungsbereich der Marke in geographischer Hinsicht bzw. auf die bearbeiteten Stufen der Wertschopfungskette/"*^ Im Rahmen der Markenpositionierung werden der inhaltliche Kern der Marke (z.B. die Markenwerte) und damit verbunden die Abgrenzung der Marke gegeniiber konkurrierender Marken festgelegt/ Die Markenarchitektur beschreibt die
Homburg/Krohmer fiihren in diesem Zusammenhang noch die Schaffung von Markteintrittsbarrieren, die Generiening eines Preispremiums sowie die Schaffung einer Plattform fiir neue Produkte an. Vgl. Homburgy^ohmer (2003), S. 516ff. Weitere Funktionen fiir den Nachfrager stellen emotionale Zusatzreize dar. Daruber hinaus konnen Marken auch zur Selbstdarstellung genutzt werden, um damit z.B. dem individuellen Geschmack, einer bestimmten Gnippenzugehorigkeit oder einem besonderen sozialen Status Ausdruck zu verleihen. Vgl. Bauer/Huber (1997); Kroeber.-RielAVeinberg (1999), S. 155ff. 147
Vgl. Homburg/Krohmer (2003), S. 520. Vgl. Homburg/Krohmer (2003), S. 520. Beziiglich der geographischen Reichweite lassen sich regionale, nationale, Internationale und globale Markenstrategien unterscheiden. Im Sinne der vertikalen Reichweite lassen sich begleitende Marken und Verarbeitungsmarken unterscheiden. Daruber hinaus fallen in das Entscheidungsfeld der vertikalen Reichweite auch Kooperationen mit anderen Untemehmen, beispielsweise das Co-Branding. Vgl. Homburg/Krohmer (2003), S. 521f. Die Markenpositionierung hat zu klaren, fiir welches Nutzenversprechen die Marke bei den Nachfragern stehen soil. In inhaltlicher Hinsicht lassen sich sachorientierte und emotionsorientierte Positionierungen sowie Mischformen unterscheiden. Eine weitere Ausrichtungsoption stellt die primar aufmerksamkeitsorientierte Positionierung dar. Vgl. Esch (2001), S. 495-520.
1.1 Untemehmenswachstum als vielschichtiges Objekt interdisziplinarer Forschung
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Beziehung zwischen den einzelnen Marken eines Anbieters und ist somit nur fiir Firmen mit mehreren Marken relevant/^^ Im Zusammenhang mit dem Markenauftritt geht es um die Frage, welches Erscheinungsbild die Marke am Markt haben soil. Hierbei konnen zwei Facetten des Markenauftritts unterschieden werden: Die Markierung (Gestaltung des Markenamens und -zeichens) sowie der Marketingmix (Gestaltung der Marketinginstrumente zur Unterstiitzung der Umsetzung der angestrebten Markenstrategie). Die auBere Erscheinung der Marke - also die Markierung der Marke - ermoglicht es, die Produkte eines Anbieters identifizierbar zu machen und sich von Wettbewerbsprodukten abzugrenzen/^^ Die zentrale Aufgabe des Marketingmix besteht (auBerhalb der Produktpolitik) darin, die Umsetzung der Markenstrategie zu unterstutzen/^^ Ein drittes Feld des Markenmanagements stellt die MarkenkontroUe dar, die im wesentlichen Auskunft uber den Markenerfolg gibt. Um den Wert einer Marke einschatzen zu konnen, wurden verschiedene Methoden entwickelt. Die Zugkraft einer Marke lasst sich anhand verschiedener Stufen beschreiben. Wenig Zugkraft besitzen Marken, die nur wenigen Kaufem bekannt sind. Ein erstes Kriterium ist somit die Markenbekanntheit. Starke Marken erfreuen sich in hohem Grade einer Markenakzeptanz, d.h. die meisten Kunden wurden sie nicht ablehnen. Noch starker sind dagegen jene Marken, die einen hohen Grad an Markenpraferenz genieBen. Im Fall einer Entscheidungssituation zwischen verschiedenen Marken wurde die
Im Hinblick auf die Markenarchitektur stehen gmndsatzlich drei markenstrategische Optionen zur Auswahl: die Einzelmarkenstrategie, die Dachmarkenstrategie und die Familienmarkenstrategie. Neben der grundsatzlichen Entscheidung fur eine der drei Gestaltungsoptionen sind auch Entscheidungen iiber die Weiterentwicklung der Markenarchitektur zu treffen. Hierbei stehen die Optionen Line Extension, Brand Extension, Multi-Branding und die Entwicklung neuer Marken zur Auswahl. Vgl. Homburg/Krohmer (2003), S. 526ff. Der Begriff der Markierung bezieht sich dabei auf verschiedene Elemente: Die Marke selbst ist definiert als ein Name, Begriff, Zeichen, Symbol, eine Gestaltungsfunktion oder eine Kombination aus diesen Bestandteilen zum Zwecke der Kennzeichnung von Produkten oder Dienstleistungen im Sinne einer Differenzierungsfunktion gegeniiber Konkurrenzangeboten. Der Markenname ist das verbal wiedergebbare, „artikulierbare" Element der Marke. Das Markenzeichen ist das erkennbare, jedoch nicht verbal wiedergebbare Element der Marke, z.B. ein Symbol, eine Gestaltungsform, eine charakteristische Farbgebung Oder Schrift. Das Warenzeichen ist der rechtlich geschiitzte Markenbestandteil, welche dem Anbieter die ausschlieBliche Nutzung des Namens oder Zeichens sichert. Das Urheberrecht ist das ausschlieBbare gesetzliche Recht der Reproduktion, Veroffentlichung und VerauBerung des Gegenstandes und der Form eines literarischen, musikalischen oder sonstigen kiinstlerischen Werks. Vgl. Homburg/Krohmer (2003), S. 516.; Kotler/Bliemel (1999), S. 690. 153
Das wichtigste Instrument stellt in diesem Zusammenhang haufig die Kommunikationspolitik bzw. die Gestaltung des Werbedrucks dar. Als Zielsetzung der Kommunikationspolitik lasst sich die Aktivierung von Bediirfnissen, der Aufbau von Markenbekanntheit, die Beeinflussung der Einstellungen sowie die Schaffung von Markenvertrauen anfiihren. Vgl. Homburg/Kohmer (2003), S. 533. Auch die Vertriebspolitik, welche die Auswahl des Absatzwegesystems sowie die Distributionslogistik und somit der Distributionsgrad einer Marke bestimmt, ist von groBer Relevanz. MogUchkeiten zur Markenkommunikation am Point of Sale, Aspekte der Preisgestaltung fiir die Marke sowie die MogUchkeiten zur Bereitstellung von verkaufsunterstiitzenden Dienstleistungen stehen in engem Zusammenhang mit der Festlegung der Absatzwege. Vgl. Homburg/Kohmer (2003), S. 535. Ein weiteres zentrales Element mit Relevanz fiir das Markenmanagement ist die Preispolitik. Hierbei werden beispielsweise die Festlegung des Preisniveaus sowie die Entscheidung iiber die DurchfUhrung von Preisvariationen entschieden.
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I. Theoretischer Teil: Die Grundlagen des Wachstums von Medienuntemehmen
Wahl auf diese fallen. SchlieBlich gibt es noch Marken, die einen hohen Grad an Markentreue aufweisen. Der Begriff der Qualitdt hat in der betriebswirtschaftlichen Forschung einen hohen Stellenwert. So lieferte beispielsweise auch das prominente PIMS-Programm wertvolle Argumente und Indizien fiir die strategische Bedeutung einer Qualitatsstrategie/^"* Es verwundert daher nicht, dass zur Beschreibung des Qualitatsbegriffs in der Betriebswirtschaftslehre zahlreiche Ansatze existieren/^^ Grundsatzlich kann mit dem Qualitatsbegriff „die Beschaffenheit und die Giite eines Objektes" beschrieben werden/^^ Die DIN EN ISO 8402 Norm definiert Qualitat als „die Summe aller Merkmale einer Einheit (Tatigkeit, Prozess, Produkt, Organisation, System, Person Oder eine Kombination daraus), bezogen auf ihre Eignung, festgelegte und vorausgesetzte Erfordemisse zu erfullen."^^^ Diese Definition bezieht sich auf die Erwartungen der Kunden und spiegelt einen modemen Qualitatsbegriff wider. In den 60er und 70er Jahren wurde Qualitat lediglich mit der Priifung qualitativer Vorgaben verbunden, wobei die Ursachen einer verschlechterten Qualitat eine untergeordnete Rolle spielten. Eine systematische Riickkoppelung fehlte, die Qualitat wurde mit der Beschaffenheit bzw. der Eigenschaft eines Produktes gleichgesetzt.^^^ Im Laufe der Jahre erweiterte sich der Qualitatsbegriff, indem der eigentliche Produktionsprozess, wie auch die Beschaffung und die Distribution in das Qualitatsmanagement einbezogen wurde. Dabei konzentrierte sich die Qualitatssicherung vorwiegend auf technische Bereiche. Wahrend bei der heutigen Sicht eher die Kunden im Mittelpunkt stehen, definierten damals Experten der Qualitatssicherung die MaBstabe. Erst in den 80er Jahren entwickelte sich ein umfassenderes Qualitatsverstandnis, welches auch andere Stakeholder, insbesondere die Kunden, beriicksichtigte. Als Folge umfasst der Qualitatsbegriff heute alle Phasen des Kontaktes mit dem Kunden. Auch Dienstleistungen fUr den Kunden (z.B. After-sale-Service) werden somit unter den Qualitatsaspekt gefasst. Die verschiedenen in der Literatur gangigen Definitionen verweisen auf zwei zentrale Aspekte des Qualitatsverstandnisses: •
154 155 156 157 158 159
Der produkt- bzw. inputbezogene Qualitatsbegriff bezieht sich auf die Summe bzw. das Niveau der vorhandenen Eigenschaften von Produkten bzw. Dienstleistungen. Dem produktbezogenen Qualitatsbegriff liegen objektive Qualitatskriterien zugrunde.^^^
Vgl. Buzzel (1989), S. 91ff Vgl. Meffert/Bruhn (1997), S. 201ff. Vgl. Meffert/Bruhn (1997), S. 200. Vgl. DIN EN ISO 8402 (1995), S. 6f., zitiert nach Brack (2003), S. 124. Vgl. Wyss (2000), S. 159. Vgl. Meffert/Bruhn (2000a), S. 211.
1.1 Untemehmenswachstum als vielschichtiges Objekt interdisziplinarer Forschung •
49
Der kunden- bzw. praferenzbezogene Qualitatsbegriff definiert sich durch die Wahmehmung der Produkteigenschaften bzw. Leistungen durch den Kunden. Dem kundenbezogenen Qualitatsbegriff liegen subjektive Qualitatskriterien zugrunde.^^^
Die Qualitat eines Produktes setzt sich aus vielen Teilqualitaten zusammen.^^^ Hierbei konnen drei Eskalationsstufen eines Produktes unterschieden werden: Das Kemprodukt, das formale Produkt sowie das erweiterte Produkt.^^^ Das erweiterte Produkt umfasst alle Vorteile, die der Kaufer bei der Beschaffung des Produktes erhalt, z.B. Servicekomponenten, wahrend das formale Produkt Produktcharakteristika definiert. Das Kemprodukt zielt auf die funktionale Nutzenskomponente des Produkts ab. Mit einer zunehmenden Angleichung der eigentlichen Funktion eines Produktes werden zusatzliche Merkmale des erweiterten Produktes wichtiger. Die eigentliche Zusammensetzung der drei Dimensionen ist hinsichtlich der Erwartungen der Zielgruppe abzustimmen. Wird Qualitat als Wachstum beeinflussender Faktor im Sinne eines Wettbewerbsvorteils definiert, so muss dieser eine Differenzierungsfunktion in zumindest einer der drei Ebenen aufweisen. Als dritte Moglichkeit der Differenzierung und damit als Wachstumsfaktor bezeichnet wurde die Innovation. Schon 1911 veroffentlichte Schumpeter die These, dass Innovationen eine wesentliche Quelle fur Wachstum darstellen und auch die Analyse in den vergangenen Teilkapiteln bestatigt diese Annahme.^^ Dies gilt insbesondere in Markten mit stagnierendem bzw. deutlich verlangsamtem Wachstum oder einer gestiegenen Wettbewerbsintensitat in Folge von Deregulierung, einer zunehmenden horizontalen und vertikalen Diversifikation oder gesteigerten Kundenerwartungen. Auch Dienstleistungsanbieter, deren Kemleistungen sich immer mehr gleichen, vertrauen mittlerweile zunehmend auf Innovationen zur Sicherung von Wachstum. ^^^ Im Laufe der Jahre haben verschiedene Wissenschaftsdisziplinen zu einer Vielzahl unterschiedlicher Zugange zum Innovationsbegriff gefuhrt,^^^ wobei grundsatzlich zwei Definiti160 161 162 163
Vgl. Bruhn/Hennig (1993), S. 216ff.; Bruhn (2000), S. 26. Vgl. Engelhardt/Schutz (1991), S. 394 Vgl. Kotler (1988), S. 446; Schambacher/Kiefer (1996), S. 29; Stratmann (1999), S. 9f. Die hier aufgefiihrten Produktebenen beziehen sich nicht nur, wie aufgrund der Textpositionierung vermutet werden konnte, auf die Dimension der Qualitat. Auch die Dimensionen der anderen Wachstumsfaktoren konnen sich auf die verschiedenen Produktebenen beziehen. Ausgangspunkt dieser These sind die Ausfiihrungen Schumpeters in seinem Buch „Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung" aus dem Jahre 1911. Vgl. Schumpeter (1911), S. 170ff. Seit den 70er Jahren wird diese These aus einzelwirtschaftlicher Sicht in der wissenschaftlichen Gemeinschaft wieder verstarkt diskutiert. Vgl. z.B. Brockhoff (1987), S. 53ff.; Picot et. al. (1988), S. 112; Albach (1989), S. 1339ff.; Urban/Hauser (1993), S. 3; Meffert (1993), S. 117;.; Arthur D. Little (1997) und andere. Vgl. Storey/Easingwood (1993), S. 41; Edgett (1994), S. 40. Ein umfassender Uberblick iiber verschiedene Innovationsdefinitionen fmdet sich bei Mueser. Er stellt in seiner Arbeit 39 Innovationsdefinitionen gegeniiber. Vgl. Mueser (1985), S. 163ff. Eine weitere Gegeniiberstellung findet sich auBerdem bei Hausschild (1993), S. 5f.
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I. Theoretischer Teil: Die Grundlagen des Wachstums von Medienuntemehmen
onsansatze des Begriffs Innovation unterschieden werden konnen. So lassen sich die einen Definitionsansatze der Kategorie „ergebnisorientierter Innovationsbegriff' zuordnen, wahrend die anderen Definitionen „prozessorientierten Innovationsbegriff en" zugeordnet werden/*^ •
Bei den ergebnisorientierten Definitionen wird unter Innovation eine Neuerung in Bezug auf das Produkt oder Verfahren verstanden. Zu unterscheiden sind die Dimensionen des Innovationssubjektes als auch des Innovationsinhalts.
•
Prozessorientierte Innovationen stellen den Anderungs- oder Emeuerungsprozess selbst in den Mittelpunkt.
Zusammenfassend lasst sich der Begriff der Innovation demnach durch die Dimensionen Subjekt^^* (Fiir wen neu?), Inhalt^^^ (Was ist neu?) und Prozess^^* (Wie kommt es zu Neuem?) konkretisieren. Eine Sonderform der Differenzierung durch Innovation kann in der Differenzierung durch Inkommensurabilitat gesehen werden/^^ Innovationen sind immer dann als Wachstumsfaktor zu begreifen, wenn sich diese in Form eines gesteigerten Kundennutzens manifestieren. In den bereits diskutierten Untersuchungen wurde Effizienz als wesentliche Grundlage fiir Wachstum hervorgehoben. Der Faktor Effizienz bezieht sich auf die Wertschopfung von Untemehmen, auf deren Basis sich Kosten- und damit Wettbewerbsvorteile erschlieBen lassen. Vgl. Man (1980), S. 948f.; Corsten/Meier (1983), S. 251; Lange (1994), S. 11. Die Dimension „Subjekt" rekurriert auf den Bezugspunkt der Innovation. Denkbar sind hier z.B. die Branche, ein nationaler oder intemationaler Markt oder das Untemehmen. Eine enge Begriffsfassung, welche als Bezugspunkt einzelne Unternehmen heranzieht, ist im vorliegenden Fall abzulehnen, da eine Nachfragestimulation im Zuge einer innovationsinduzierten Differenzierung sich auf das Wettbewerbsumfeld beziehen muss. Dementsprechend ist der Internationale Markt als Bezugspunkt abzulehnen, sofem sich der Wettbewerb auf nationale oder gar lokale Markte konzentriert. Die Innovation sollte sich im vorliegenden Fall auf das direkte Wettbewerbsumfeld konzentrieren. Die inhaltliche Komponente bezieht sich auf eine Unterscheidung zwischen Innovationsarten und dem Innovationsgrad. Bei der Innovationsart konnen Produkte, Produktionsprozesse oder soziale Systeme unterschieden werden, wobei Produktinnovationen vor dem Hintergrund der Differenzierung im Mittelpunkt der vorliegenden Betrachtung liegen (Selbstverstandlich konnen auch Prozessinnovationen zu Wettbewerbsvorteilen und damit zur Differenzierung fiihren. Da sich in diesem Fall jedoch in der Regel auf Kostenvorteile durch Effizienz steigemde Prozessoptimierungen bezogen wird, konnen diese Effekte unter den Aspekt der Effizienz subsumiert werden.) Der Innovationsgrad bezieht sich auf die Neuigkeit der Innovation. Der Begriff des „Innovationsprozesses" riickt Fragen der organisatorischen Handhabung von Innovationsprozessen in den Mittelpunkt der Betrachtung. Hierbei werden im Sinne eines Innovationsmanagements haufig verschiedene Phasen des Innovationszyklusses unterschieden. Dabei stehen Fragen der Ideengenerierung, der Ideenfokussierung, der Ideenkonzeption, der Ideenumsetzung und der Ideenkontrolle im Fokus der Diskussion. Ahnlich der Innovation hat diese Form der Differenzierung das Ziel, Leistungen anzubieten, die ein Kunde nicht mit Angeboten der Konkurrenz vergleichen kann. Der Unterschied zur Innovation ist darin begriindet, dass das Attribut der Inkommensurabilitat nicht durch Verandemngen des Produktes, sondem auch nur iiber KommunikationsmaBnahmen erreicht werden kann. Hierbei soUen die jeweiligen Nutzerpraferenzen der Konsumenten derart verandert werden, dass es zu neuen Beurteilungsdimensionen kommt, wobei dies ohne Verandemngen am Produkt zu erreichen ist. Im Gegensatz dazu handelt es sich bei Produktinnovationen um sachliche Verandemngen. Vgl. Ringlstetter/Kirsch (1991), S. 517f.; Bohn (1993), S. I l l ; Momer (1997), S. 12.
1.1 Untemehmenswachstum als vielschichtiges Objekt interdisziplinarer Forschung
5^
Die Kostenvorteile entstehen durch die Realisation von Einsparungspotenzialen. Da davon auszugehen ist, dass verschiedene EinsparungsmaBnahmen einen unterschiedlichen Einfluss auf das Wachstum von Untemehmen haben, ist vor dem Hintergrund der Fragestellung nach nachhaltigem Wachstum zu erortem, welche Faktoren der Kosteneinsparung zur Erhohung der Effizienz und zur Kapitalfreisetzung Wachstum fordemd, und welche Wachstums hemmend sind. Der Begriff der Effizienzsteigerung soil demnach bewusst auf Moglichkeiten der Kosteneinsparung reduziert werden.^^^ Der Begriff der Effizienz kommt in den verschiedensten Kontexten zur Verwendung. Durch die zumeist vollig unterschiedliche Anwendung ist er recht unscharf. Er wird in der Regel synonym mit Effektivitat, Leistungsfahigkeit und Ahnlichem benutzt/^'' Diese unscharfe Begriffsverwendung trifft jedoch nicht jeden Sachverhalt. Effizienz ist zunachst eine rein formale Kategorie, die Output und Input von MaBnahmen, Programmen und Verwaltungen aufeinander bezieht. Ohne die genaue Definition der einzelnen Komponenten bleibt der Begriff eine reine Leerformel. Eine terminologische Eingrenzung ist moglich, indem die Inputs als finanzieller Aufwand zur Vorbereitung und Durchfuhrung der MaBnahmen und die Outputs als die Wirkungen der MaBnahmen definiert werden. Input und Output von MaBnahmen konnen in beliebigen Einheiten ausgedriickt werden, wobei sich die einfachste Vergleichsmoglichkeit ergibt, wenn beide GroBen in denselben Einheiten erfasst werden/^"* Diese Vorgehensweise spiegelt sich in der Kosten-Nutzen-Analyse wider. Hierbei werden Input und Output von MaBnahmen in monetaren GroBen erfasst und nach verschiedenen Verfahren gegeniibergestellt.^^^ Da der Output von MaBnahmen nicht immer monetar zu quantifizieren ist, werden noch weitere Formen der Effizienzanalyse unterschieden. Ohne diese Verfahren detaillierter zu erortem, kann jedoch festgehalten werden, dass im Rahmen der Effizienzanalyse verschiedene Input/Output-Kombinationen gegeniibergestellt werden, um die hinsichtlich eines definierten Kriteriums „optimale" Kombination zu ermitteln/^** Als Ansatzpunkte zur Effizienzsteigerung durch eine Kostenreduktion konmien verschiedene Bereiche der Wertschopfung in Frage. In Abschnitt 1.1.3 (1) wurde bereits auf die Herstellungs-, Marketings-, Vertriebs-, Verwaltungs- und Kapitalkosten etc. als mogliche Ansatzpunkte hingewiesen.
Der Begriff der Kosteneinsparung ist an dieser Stelle weit auszulegen. So handelt es sich gemaB der hier verwendeten Terminologie auch dann um Kosteneinsparungen, wenn ein Prozess zu gleichen Kosten „schneller" durchgefuhrt wird. Als Beispiel ist hier die Lagerhaltung zu nennen. Ein hoherer Lagerumschlag fiihrt im hier beschriebenen Sinne zu einer schnelleren Kapitalfreisetzung. Hierdurch kann mit diesem Kapital weiter gearbeitet werden, Fremdkapitalzinsen fiir urspriinglich notwendige Kredite entfallen. Vgl. Saile(1978), S.2. Vgl. Gasparski (1969), S. 81ff. Vgl. Grobner (1970), S. 298ff. Weitere Formen der Effizienzanalyse sind die Kosten-Wirksamkeits-Analyse, die Evaluierung, oder die Systemanalyse. Vgl. hierzu auch Goldman (1971); Wulf (1972), S. 259ff.; Rudwick (1973), S. 335ff.; Weiss (1974).
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I. Theoretischer Teil: Die Grundlagen des Wachstums von Medienuntemehmen
Bei den Herstellungskosten spielen vor allem Materialkosten eine groBe Rolle, welche im Rahmen des Einkaufsmanagements gesenkt werden konnen. Eine Kostenerspamis lasst sich z.B. durch die Vereinheitlichung von Materialgruppen (und einer damit einhergehenden Volumenkonzentration) und/oder dem Wechsel von Lieferanten realisieren. Auch das Nutzen von informationstechnologisch basierten Beschaffungsplattformen (E-Procurement) spielt eine groBe Rolle. Unter die Rubrik der Marketing- und Vertriebskosten fallen alle MaBnahmen der Kommunikationspolitik (z.B. Werbung), der Marktforschung (z.B. CRM), der Gestaltung der Vertriebskanale (z.B. Shop in Shop Konzepte) und auch des Service (z.B. Kunden-Hodine). GroBe Einsparungspotenziale lassen sich auch in der Verwaltung realisieren. Betroffen sind hierbei vor allem sekundare Wertschopfungsprozesse (z.B. Buchhaltung), welche durch eine Verkniipfung mit anderen Geschaftsbereichen (Shared Services) effizienter gestaltet werden konnen. Die Kosteneinsparungen in den einzelnen Bereichen gehen in der Regel mit einer Reduktion der Personalkosten einher, welche fur viele Untemehmen einen groBen Kostenblock darstellen. Es verwundert daher nicht, dass diese immer wieder in den Fokus bei EinsparungsmaBnahmen geraten. Eine Personalreduktion basiert dabei haufig auf BenchmarkingProzessen, die die Personalproduktivitat vergleichbarer Einheiten gegeniiberstellt. Um die Personalproduktivitat der betroffenen Einheit zu erhohen, miissen im Einklang mit der Personalreduktion MaBnahmen zur Steigerung der Effizienz ergriffen werden. Weitere Kostensenkungspotenziale ergeben sich bei der Analyse der Kapitalkosten. So kann beispielsweise die Reduktion von Lagerbestanden oder ein strafferes Forderungsmanagement zur Kapitalfreisetzung beitragen. Grundsatzlich sind bei der Realisierung von Einsparungspotenzialen exteme Effekte zu beriicksichtigen. Wird im Rahmen der Effizienzsteigerung beispielsweise eine Senkung der Einkaufskosten angestrebt, so kann dies negative Auswirkungen auf andere Wachstum fordemde Faktoren (z.B. Differenzierungsfaktoren) haben. So kann die Vereinheitlichung unterschiedlicher Papiersorten im Zuge der Volumenkonzentration direkte Auswirkungen auf die wahrgenommene Qualitat beim Kunden haben. ^^^ Die Quantifizierung dieser Auswirkungen ist in der Praxis besonders schwierig, hangt diese doch von groBtenteils subjektiven Meinungen ab und dem zugrunde gelegten Qualitatsbegriff ab. Diesem Problem ist sich daher noch genauer zu widmen. Die Effizienzsteigerung kann in Bezug auf das Untemehmenswachstum unterschiedliche Funktionen erfullen. So kann eine Verbesserung der Effizienz entweder die Durchsetzung eines niedrigeren Preises ermoglichen oder durch Investitionen in Differenzierungsfaktoren Wettbewerbsvorteile schaffen.
Die Auswirkungen miissen nicht immer negativ wirken. Es ist z.B. denkbar, dass auch Materialgruppen im Zuge der Volumenkonzentration aufgewertet werden.
1.1 Untemehmenswachstum als vielschichtiges Objekt interdisziplinarer Forschung (2)
53
Integration der Wachstumsfaktoren zu einem Bezugsrahmen fur die weiterfUhrende Analyse
Auf den letzten Seiten wurden die in den vorangegangenen Teilkapiteln identifizierten Wachstumsfaktoren priorisiert und konkretisiert. Als vor dem Hintergrund der definierten Problemstellung relevante Faktoren werden die Faktoren Marke, Qualitat, Innovation und Effizienz angesehen. Die nun folgende - und fUr die folgenden Kapitel als Bezugsrahmen unterstellte - grafische Darstellung verdeutlicht Ansatzpunkte und Interdependenzen der im vorliegenden Fall als relevant betrachteten Wachstumsfaktoren und Ansatzpunkte:
(l?) Effizienz
j-
LI -^ Differenzieriing
© ©
Preissenkung
•\®
Marke QuaUtat Innovation
Groftenersparnisse Wachstum
Abbildung I-l: Bezugsrahmen der Arbeit
Ad 1: Der Wachstumsfaktor Effizienz stellt einen Basisfaktor fiir Untemehmenswachstum dar, da durch Kostensenkungen zweierlei Strategien zur Umsatzsteigerung verfolgt werden konnen: Wachstum durch Preisfuhrerschaft und Wachstum durch Differenzierungsfuhrerschaft. Ad A/B: Auf der einen Seite ermoglichen niedrigere Kosten in der Produktion die Senkung von Preisen fiir Rezipienten und/oder Werbetreibende. Das Senken der Preise wiederum fUhrt zu einer Absatzsteigerung und damit zu Wachstum (A). Auf der anderen Seite fiihren Einsparungen zur Kapitalfreisetzung, welche wiederum Investitionen in Nachfrage stimulierende Erfolgsfaktoren ermoglicht (B). Der Wachstumsfaktor Effizienz kann im Zusammenspiel mit den Nachfrage stimulierenden Faktoren somit als konkurrierend oder unterstutzend betrachtet werden. Ad. 2J3./4.: Als Nachfrage stimulierende Wachstumsfaktoren werden die Faktoren Marke, Qualitat und Innovation angesehen. Die strategische Ausrichtung des Produktes auf einzelne Stimulationsfaktoren oder einer Kombination derselben unterstiitzt zukiinftiges Wachstum, indem eine Umsatzsteigerung entweder durch die Durchsetzung hoherer Preise oder durch eine Absatzsteigerung erreicht wird.
54
1.2
I. Theoretischer Teil: Die Grundlagen des Wachstums von Medienuntemehmen
Die Wachstumsfaktoren unter dem Aspekt medienspezifischer Besonderheiten
Es stellt sich nun die Frage, wie und ob die bislang gewonnenen Erkenntnisse auf die Medienbranche ubertragen werden konnen. Die Ubertragung der Erkenntnisse erfordert die Beriicksichtigung von medienspezifischen Besonderheiten, die im Folgenden naher zu erlautem und im Zusammenhang mit den Wachstumsfaktoren zu bewerten sind. Das Ziel des Abschnitts 1.2 ist es demnach, die bereits identifizierten Wachstumsfaktoren unter dem Aspekt medienspezifischer Besonderheiten zu analysieren. Das vorUegende Kapitel 1.2 orientiert sich an der in 1.1.3 (2) erarbeiteten GrobgHederung hinsichtlich der Wachstumsfaktoren. Zunachst werden die Nachfrage stimulierenden Faktoren Marke (1.2.1), Qualitat (1.2.2) und Innovation (1.2.3) diskutiert. Im Anschluss daran wird der Wachstumsfaktor Effizienz (1.2.4) untersucht. Bei der Diskussion der einzelnen Wachstumsfaktoren ist zunachst zu hinterfragen, inwieweit die allgemein fur das Untemehmenswachstum relevanten Faktoren auch in der sehr spezifischen Medienbranche als relevant einzustufen sind. Erst nachdem ersichtlich ist, ob die allgemeinen Wachstumsfaktoren auch in der Medienbranche als Wachstum beeinflussend angesehen werden konnen, wird herausgearbeitet, mit welchen besonderen Herausforderungen die Anwendung der allgemeinen Wachstumsfaktoren in der Medienbranche einhergeht.
1.2.1
Die Marke als notwendiger und herausfordernder Differenzierungsfaktor einer Wachstumsstrategie fiir Medienuntemehmen
Das Teilkapitel 1.2.1 untersucht den Wachstumsfaktor Marke. Die Marke wurde als ein wichtiger Faktor zur Differenzierung identifiziert, da durch den Markenaufbau die Transaktionsunsicherheit aller Marktteilnehmer abgebaut werden kann. Die folgenden Ausfuhrungen zeigen, dass dies in besonderem MaBe in der Medienindustrie notwendig ist, da vereinzelte Gutereigenschaften von Medienprodukten eine Minderung von Transaktionsunsicherheiten und somit einen Markenaufbau erfordem (1). Da es sich bei Medienprodukten im originaren Sinn um Dienstleistungen handelt, ist der Aufbau einer Medienmarke jedoch auch mit Schwierigkeiten verbunden (2). (1)
Die Marke als Element zur Reduktion von Transaktionsunsicherheiten bei den Marktteilnehmern
Wie bereits im Rahmen erster Ausfuhrungen zum Thema „Marke" angesprochen wurde, spielt die Differenzierungsfunktion der Marke insbesondere bei Produkten, bei denen Nachfrager nicht hinreichend iiber das Produkt informiert sind bzw. keine Moglichkeit zur Bewertung des Produktes haben (z.B. bei Erfahrungs- und Vertrauensgutem), eine groBe Rolle. Dies trifft, wie nun zu zeigen ist, im besonderen MaBe bei Mediengutem zu (a). Ein weiterer Grund, der den Markenaufbau bei Mediengutem notwendig erscheinen lasst, begriindet sich durch die eingeschrankte Marktfahigkeit von Medieninhalten. Da die Sicherstellung der
1.2 Die Wachstumsfaktoren unter dem Aspekt medienspezifischer Besonderheiten
55
Marktfahigkeit vor allem durch die Kombination von Rezipienten- und Werbeinhalten und der damit verbundenen Finanzierung durch Werbeerlose ermoglicht wird, miissen Medienmarken zur gezielten Ansprache des Publikums aufgebaut werden (b). (a)
Erfahrungsgutcharakter bei Mediengutern
Im Sinne der okonomischen Gutertheorie konnen Guterarten unter anderem in Inspektions-, Erfahrungs- und Vertrauensguter differenziert werden. Diese Unterscheidung bezieht sich auf die Moglichkeit einer Nutzensbewertung beziiglich der Eigenschaften von Produkten. Es wird untersucht, ob die Qualitat (und/oder der Nutzen eines Gutes) vom Konsumenten vor dem Konsum durch „Inspektion" des Gutes erkannt (Inspektionsgut) oder ob diese erst nach dem Gebrauch und durch Erfahrung beurteilt werden kann (Erfahrungsgut). Auch die Moglichkeit, dass Qualitat und Nutzen eines Gutes fiir den durchschnittlichen Konsumenten uberhaupt nicht bestimmbar sind, ist denkbar. Es handelt sich in diesem Fall um so genannte Vertrauensguter.^^* Medienprodukte werden in der Regel den Erfahrungsgiitem zugeordnet.*^' Handelt es sich um informative Medienprodukte, so ist sogar anzunehmen, dass es sich um VertrauensgUter handelt. ^**^ Rezipienten konnen im Vergleich zu anderen Giitern die Qualitat der verschiedenen Angebote ex ante nicht vergleichen und sich demnach nicht auf Basis eines rationalen Kalkiils fiir oder gegen die eine oder andere Alternative - z.B. den Spielfilm auf Pro7 oder die Quizshow auf RTL - entscheiden, da vorher nicht abzuschatzen ist, welches Produkt den personlich groBten Nutzen (z.B. Unterhaltung) stiffen wird. Das Problem der Qualitatsbeurteilung fuhrt dariiber hinaus zu einer Orientierungslosigkeit**^ der Rezipienten, welche durch die zunehmende Fragmentierung des Leistungsangebotes und die allgemeine Reizuberflutung weiter gesteigert wird.^*^ Das AusmaB und die Perfektion, mit der digitale Inhalte verandert werden konnen, erschwert die Qualitatskontrolle und zuverlassige Glaubwiirdigkeit von Medieninhalten und steigert so die Verunsicherung der Konsumenten.^*^ Die Entscheidung iiber das optimale Medienangebot kann daher nicht auf einer alleinigen Qualitatsbeurteilung beruhen. Zur Auswahl geeigneter Medienprodukte miissen vom Konsumenten andere Kriterien
Vgl. Kiefer (2001), S. 139. Vgl. zu Erfahrungs- und Vertrauensguteigenschaften der Medien ShapiroA^arian (1999), S. 5f. So kann beispielsweise die Qualitat einer Nachrichtensendung, namlich ob sie vollstandig, umfassend, objektiv und vor allem wahrheitsgetreu berichtet, durch den durchschnittlichen Rezipienten nicht beurteilt werden. Der Rezipient muss dem Joumalisten bzw. dem Nachrichtenproduzenten vertrauen, es handelt sich demnach um ein Vertrauensgut. Vgl. hierzu Kiefer (2001), S. 139 oder auch McManus (1992), S. 787ff. 181
182 183
Eine Studie des ARD/ZDF ergab, dass beispielsweise 66% der Onlinenutzer das aufwendige Finden von Informationen als eines der Hauptprobleme bei der Intemetnutzung bezeichnen. Vgl. Eimeren/Gerhard (2000), S. 343. Vgl. Herbig/Kramer (1994), S. 45; Dudenhoffer (2000), S. 11. Vgl.Siegert(1999),S.50.
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I. Theoretischer Teil: Die Grundlagen des Wachstums von Medienuntemehmen
herangezogen werden. Medienmarken spielen in diesem Zusammenhang eine wesentliche RoUe, da sie zur Reduktion der aufgezeigten Transaktionsunsicherheit beitragen konnen/** Auch beim zweiten Kundensegment, der werbetreibenden Industrie, fiihren auf Giiterspezifika beruhende Besonderheiten von Mediengutem zu einer hohen Relevanz von Medienmarken. Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang die eingeschrankte Marktfahigkeit von Mediengutem. ^^^ Fiir die nachfolgende Argumentation soil daher erortert werden, ob es sich bei Medieninhalten um offentliche oder private Giiter handelt.^** Hierzu miissen die Kriterien der Konsumrivalitat und der Ausschlussfahigkeit vom Konsum herangezogen werden. Bin offentliches Gut lasst sich im Unterschied zu einem privaten Gut durch zwei Kriterien der Marktfahigkeit definieren: Das Kriterium der Nichtrivalitat im Konsum und das Kriterium der Nicht-AusschlieBbarkeit. (b)
Eingeschrankte Marktfahigkeit bei Mediengiitern
Konsumrivalitat zwischen Gutern entsteht, wenn der Konsum eines Gutes durch ein Wirtschaftssubjekt den Konsum desselben Gutes durch ein anderes Wirtschaftssubjekt einschrankt.^^^ Medieninhalte zeichnen sich haufig durch ihre Nichtrivalitat aus, da die Urkopie der Medieninhalte beliebig oft reproduziert werden kann.^^* So lasst sich beispielsweise eine TV-Sendung von beliebig vielen Rezipienten ansehen, ohne dass diese dadurch verbraucht wurde. Der Zuschauer kann unabhangig von der Zahl der Gesamtzuschauerzahl dasselbe Programm in derselben Qualitat sehen. Ahnlich verhalt es sich bei Zeitungen oder Buchem, deren Inhalte beliebig oft gelesen werden konnen, ohne die Nutzung des Inhaltes zu beeintrachtigen. Eine Einschrankung dieser Argumentation kann freilich durch die Beriicksichtigung der Zeitelastizitat von Medieninhalten oder des Tragermediums erfolgen. Wird z.B. die Aktualitat der Inhalte als wesentlich eingestuft (z.B. bei Nachrichten), so kann die Unmoglichkeit einer zeitgleichen Nutzung einer Zeitung durch mehrere Rezipienten zur Rivalitat fiihren.^^^ Zeit-
184
Dieser Effekt wird durch die digitalen Manipulationsmoglichkeiten neuer Technologien verscharft, so dass der Qualitatssicherungs-, Risikoreduktions- und Vertrauensbildungsfunktion der Marke eine entscheidende und weiterhin wachsende Bedeutung zukommt. Im Umfeld zunehmender Optionen nimmt auch die Wichtigkeit der Orientierungs- und Navigationsfunktion zu. Vgl. Putz/Steinmiiller (1997), S. 5f.. Vgl. Nelson (1970), S. 311ff.; Blankart (1998), S. 54ff.; Zimmermann/Henke (2001), S. 42ff. Zu beachten ist, dass die verschiedenen Inhalte (Rezipienten- und Werbeinhalte) zwar Konstituenten ein und derselben Medienrealitat, aber doch unterschiedliche Giiter sind. Die sich an diese Beobachtung anschlieBenden Uberlegungen sind fur das Medienmanagement von zentraler Bedeutung, da die spezifischen Giitereigenschaften von Medieninhalten das Geschaftsmodell maBgeblich beeinflussen, ja sogar determinieren. Im Folgenden ist deshalb auch zu klaren, bei welchen Medieninhalten Marktversagen auftreten kann, und um welche Gtiterarten (offentliche vs. private Giiter) es sich bei Medieninhalten handelt. Vgl. hierzu Burr (1995), S. 26ff. Vgl. KarmasinAVinter (2000), S. 33. Vgl. Tietzel (1995), S. 28; Varian (1998), S. 6f. Vgl. hierzu Wirtz (2001), S. 30. Medieninhalte konnen hinsichtlich ihrer Zeitelastizitat in Gebrauchs- und Verbrauchsguter unterschieden werden. Handelt es sich um Verbrauchsgiiter, so kann zudem die Materia-
1.2 Die Wachstumsfaktoren unter dem Aspekt medienspezifischer Besonderheiten
57
elastische Giiter stellen diejenigen Inhalte dar, welche nach ihrem Konsum aufgrund ihrer eingebiifiten Aktualitat erheblich an Wert verlieren. Dies gilt fiir Rezipienten, fiir die die Information und/oder Unterhaltung nach dem Konsum bekannt ist und ein neuerlicher Konsum keinen Mehrwert bietet.^^^ Unterhaltung ist fiir Rezipienten in den meisten Fallen eher als Gebrauchsgut mit geringer Zeitelastizitat einzustufen. Der Nutzensrlickgang bei mehrmaligem Konsum ist deutlich geringer als bei aktuellen Informationen, wie das Interesse von Rezipienten an Wiederholungen, z.B. im TV, zeigt.^'^ Neben dem Inhaltstyp kann auch der Umstand, dass der Rezipienteninhalt (zumindest im klassischen Sinne)^^^ an ein Tragermedium gebunden ist, zur Rivalitat fiihren, da ein Medienprodukt durch die Kopplung des Inhalts mit einem Tragermedium zu einem prinzipiell „knappen" Gut wird, es entsteht eine Rivalitat im Konsum. Wirtz verweist in diesem Zusammenhang auf das Internet als Beispiel. So kann sich im Internet die Zahl der zeitgleichen Zugriffe auf das Reaktionsverhalten des Servers, also die Ladevorgange und somit auf die Qualitat der Mediennutzung, auswirken.^ Eine besondere Einschrankung erfahrt die Annahme, dass es sich bei Medieninhalten um nichtrivalisierende Giiter handelt, sofem neben dem Rezipientenmarkt auch der Werbemarkt als Nachfragermarkt in die Uberlegung einbezogen wird. Unter den Werbetreibenden besteht Konsumrivalitat im klassischen Sinne, da der Werberaum aus rechtlichen oder aus Kostengninden limitiert ist. So verursacht das Schalten von zusatzlicher Werbung zusatzliche Kosten in der Anzeigenabwicklung und fiihrt gegebenenfalls zu einer Erlosminderung durch Nachfrageruckgang beim Rezipienten.^^"* Eine rechtliche Einschrankung erfahrt der Werberaum durch gesetzliche Vorgaben wie z.B. der Maximalquote von Werbung im Femsehen. Zusammenfassend kann also festgehalten werden, dass Rezipienteninhalte im Grunde keine Konsumrivalitat aufweisen, jedoch durch die Beriicksichtigung der Zeitelastizitat oder des
litat des Verbrauchs als zusatzliches Kriterium eingeftihrt werden. Vgl. Schierenbeck (1995), S. 2; Ladeur (1998),S. llf. Das Kriterium der Zeitelastizitat kann gleichermafien auch fiir Werbetreibende angewendet werden, da das gleiche Werbeumfeld nicht wieder gebucht werden kann, Als einzigen Unterschied zwischen Rezipienten- und Werbemarkt fiihrt Sjurts (2002) in diesem Zusammenhang lediglich den Umstand an, dass der Verbrauch durch den Rezipienten subjektiver und immaterieller Natur ist, wahrend er fiir den Werbetreibenden zu einem objektiven, materiellen Verbrauch fiihrt. Vgl. hierzu auch Luhmann (1996), S. 41 und Detering (2001), S. 15. Auf eine Differenzierung zwischen Rezipienten- und Werbemarkt kann an dieser Stelle jedoch verzichtet werden, da es, wie noch aufzuzeigen ist, auf Werbemarkten im klassischen Sinn zur Rivalitat kommt. Vgl. hierzu auch Ausfiihrungen in Abschnitt 1.2.2. Das Kriterium der Zeitelastizitat spielt vor allem im Zusammenhang mit dem „Innovationszwang" bei der Medienproduktion eine groBe RoUe. Im Rahmen der Einleitung wurde bereits auf der durch die Digitalisierung moglich gewordene Option verwiesen, den Medieninhalt (Content) vom Tragermedium (Format) zu losen. Der hier angesprochene Sonderfall soil zunachst vernachlassigt werden. Vgl. Wirtz (2001), S. 30. Vgl. Sjurts (2002), S. 10.
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I. Theoretischer Teil: Die Grundlagen des Wachstums von Medienuntemehmen
Tragermediums die Rivalitat zunimmt. Werbeinhalte weisen Konsumrivalitat im klassischen Sinne auf. Sie bilden somit das wesentlichste Element zur Sicherung der Marktfahigkeit. Ein weiteres Merkmal zur Bestimmung der Marktfahigkeit von Medieninhalten ist die Ausschlussfahigkeit vom Konsum. Dieses Kriterium liegt vor, wenn Konsumenten nicht oder nur unter extrem hohen Kosten von der Nutzung eines Gutes ausgeschlossen werden konnen/^^ Ein Ausschluss vom Konsum kann auf Rezipientenseite erwirkt werden, sofem diese fiir die Nutzung der Inhalte ein Entgelt entrichten miissen. Beispiele hierfur sind ClubGebiihren oder Produktgebiihren. Die Ausschlussfahigkeit auf Seiten der Rezipienten kann jedoch nicht in alien Mediengattungen hergestellt werden, die Folge sind so genannte „Freerider", die das Gut benutzen, ohne einen angemessenen Kostenbeitrag zu zahlen/^^ So sind z.B. viele Bereiche des Internet oder das Free-TV wie auch der Rundfunk frei von Kosten, wahrend Zeitungen, Zeitschriften oder der Kinobesuch aufgrund einer Ausschlussmoglichkeit die Zahlung einer Gebiihr erfordem.^^^ Im Werbemarkt wird das Ausschlussprinzip iiber Anzeigen- und Werbespotpreise praktiziert, ein Ausschluss ist in diesem Bereich im klassischen Sinne moglich/^* Fasst man die Charakteristika von Medieninhalten zusammen, so kann in Bezug auf Rezipienteninhalte konstatiert werden, dass diese nicht in jedem Fall als rivalisierende Giiter einzuordnen sind. Auch die Moglichkeit des Ausschlusses vom Konsum ist nicht immer gegeben. Rezipienteninhalte sind somit nur eingeschrankt marktfahig. Werbeinhalte dagegen sind marktfahige Giiter im klassischen Sinn, da Rivalitat im Konsum gegeben ist und das Ausschlussprinzip greift. Da die Kosten der Herstellung von Medien- bzw. Rezipienteninhalten bei Marktversagen nicht gedeckt werden konnen, miissen marktfordemde Mechanismen zur Kostendeckung bzw. zur Erzielung eines Gewinns herangezogen werden. Derartige Mechanismen sind fiir Medienprodukte in der Kombination von Rezipienteninhalten mit Werbeinhalten sowie der Kopplung der Rezipienteninhalte mit einem Tragermedium zu sehen.^^^ Im Folgenden soil sich auf den Mechanismus der Kopplung von Rezipienten- und Werbeinhalten konzentriert werden, da dieser die Notwendigkeit des Markenaufbaus bedingt. Bei der Kopplung von Rezipienten- und Werbeinhalten werden viele „Einzelinhalte" zu einem Gesamtprodukt aggregiert, sie konnen daher als aggregierte Verbundprodukte bezeichVgl. KarmasinAVinter (2000), S. 32. Als Beispiel im Medienbereich konnen hier die „Schwarzseher" offentlicher Programme genannt werden. Vgl. KarmasinAVinter (2000), S. 32. Vgl.Muller(1983), S. 13. Vgl. Sjurts (2002), S. 10. Die Kombination mit Werbeinhalten, welche die Kriterien fiir private Giiter erfiillen, ermoglicht die kostendeckende Produktion von Rezipienteninhalten. Es entstehen verbundene Inhalte aus Rezipienten- und Werbeinhalten, welche als Verbundprodukt unterschiedliche Nachfragemarkte bedienen. Die Kopplung der Rezipienteninhalte mit einem Tragermedium ermoglicht den Ausschluss so genannter Freerider vom Medienkonsum, Produkterlose sind somit als Erlosquelle nutzbar, Des Weiteren werden auch Subventionen zur Forderung der Marktfahigkeit von Medieninhalten genutzt.
1.2 Die Wachstumsfaktoren unter dem Aspekt medienspezifischer Besonderheiten
59
net werden. Als Beispiele lassen sich TV-Programme, Web-Sites, Zeitungen, Zeitschriften Oder Radio-Programme anfUhren. Die Inhalteaggregation spielt neben der Inhaltegenerierung in den diesen Mechanismus nutzenden Mediengattungen eine besondere Rolle, da erst durch diese eine Profilbildung der Medienprodukte moglich wird.^^ Ein derartiges Profil, welches die Grundlage von Medienmarken bildet, ist notwendig, um auf Basis von quantifizierbaren Zielgruppenkontakten Werberaum zur Erlosgenerierung anbieten zu konnen. Medienmarken helfen, Unsicherheiten hinsichtlich der Kaufentscheidung von Rezipienten abzubauen und diese als Zielgruppe fur die werbetreibende Industrie zu binden.^^^ Durch die Zielgruppenbindung wird ein Schutz vor der Konkurrenz oder vor Absatzschwankungen erreicht. Durch die Bildung von Medienmarken und der damit erzielten Rezipiententreue kann die Zielgruppenstruktur besser geregelt werden. Eine erfolgreiche Markenbildung auf den Rezipientenmarkten fiihrt gleichzeitig zu einer erfolgreichen Markenbildung auf den Werbemarkten. Die durch die Rezipiententreue geschaffene Zielgruppenkonstanz fiihrt auf den Werbemarkten zu einer erhohten Kundentreue bei den werbenden Untemehmen bzw. den einkaufenden Mediaagenturen. Da die Erlose vieler Medienuntemehmen vorwiegend auf Werbeerlosen beruhen, uberrascht es nicht, dass sich das strategische Handeln dieser Firmen primar auf den Werbemarkt konzentriert, die Rezipienteninhalte werden vor dem Hintergrund der Werbeerlosmaximierung zielgruppenspezifisch zusammengestellt (Media Packaging).^^^ Das Ziel des Media-Packaging liegt in der Schaffung einer Basis fUr eine Medienmarke, welche mit groBer Konstanz die Aufmerksamkeit einer vor dem Hintergrund der Werbeerlosmaximierung definierten Zielgruppe auf sich zieht. Der Kern des Markenaufbaus bei Medienmarken bezieht sich auf die Gestaltung des Produktes im Sinne von Semantik (z.B. Sprachstil, Zusammenstellung der Einzelinhalte) und Syntax (z.B. Layout, Logo) und damit in erster Linie auf den Markenauftritt.^""' Wie in Ab-
Medien-Marken zahlen, wie zahlreiche Studien bestatigen, zu den starksten Marken. Ein Gutes BrandManagement erstreckt sich dabei vom Layout bis zum Stil, Inhalte zu selektieren, aufzubereiten und im Zuge der Aggregation zu priorisieren. Vgl. Bartussek (2001), S. 70. Eine starke Marke kann gerade im Medienmarkt eine entscheidende Rolle bei der Profilierung und Differenzierung des Angebotes in einer fragmentierten Angebotsstruktur spielen, den Aufbau und die Starkung der Kundenbindung unterstiitzen und insgesamt eine Absatz fordemde Wirkung fur die Medienuntemehmung erzielen. Vgl. Homburg/Bruhn (1999), S. 10; Meffert/Bruhn (2000a), S. 158f.; Meffert, H. (2000a), S. 848. Werbeinhalte sind, wie bereits erlautert, durch Rivalitat im Konsum und Ausschlussfahigkeit vom Konsum gekennzeichnet. Die primare Ausrichtung der Zielgruppendefinition auf den Rezipientenmarkt ist okonomisch nicht zielfuhrend, da hier wegen der nur unzureichenden Marktfahigkeit auch nicht zahlungsbereite Kunden die Inhalte konsumieren konnen und die Programmkosten somit nicht gedeckt werden konnen. Vgl. Sjurts (2002), S. 13. Vgl. hierzu die Ausfuhrungen zum Markenaufbau aus Abschnitt 1.1.3, in welchem als Entscheidungsfelder zum Markenmanagement die Markenstrategie, der Markenauftritt und die Markenkontrolle unterschieden wurden. Der hier in den Fokus zu riickende Markenauftritt bezieht sich auf die Themen Markierung und Marketingmix, Fragen der Markenstrategie und der Markenkontrolle zeigen im Hinblick auf Medienprodukte wenig Spezifika auf und soUen daher vorerst zuriickgestellt werden.
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I. Theoretischer Teil: Die Grundlagen des Wachstums von Medienuntemehmen
schnitt (2) zu zeigen ist, zeigen sich hier vor dem Hintergrund des Dienstleistungscharakters von Medienprodukten Schwierigkeiten. (2)
Der Dienstleistungscharakter von Medienprodukten
Im vorherigen Abschnitt wurde dargelegt, dass der Markenaufbau aufgrund verschiedener Transaktionsunsicherheiten bei Medienprodukten essentiell ist. In diesem Zusammenhang ist die Frage zu stellen, ob klassische Instrumente des Markenauftritts (Markierung/Marketingmix) auch auf Medienprodukte angewendet werden konnen. Hierzu ist eine weitere Besonderheit von Medienprodukten zu beachten. Unter dem Aspekt der Medienspezifitat ist im Rahmen der okonomischen Giitertheorie neben der Dimension der Nutzenbewertung (Inspektions-, Erfahrungs- und Vertrauensguter) oder der Marktfahigkeit (private und offentliche Guter) auch die Dimension der Materialitat (materielle vs. immaterielle Giiter) von hoher Relevanz. Medienguter weisen einen deutlichen immateriellen Dienstleistungscharakter auf (a). Die Anwendung klassischer Instrumente zum Markenaufbau flihrt bei Dienstleistungen zu Schwierigkeiten. Somit sind beim Markenaufbau fUr Medienprodukte die Probleme beim Markenaufbau fiir Dienstleistungen zu beriicksichtigen (b). (a)
Die Einordnung von Mediengiitern als Produkte mit Dienstleistungscharakter
In der Regel werden Dienstleistungen als immaterielle Wirtschaftsgiiter fiir den fremden Bedarf defmiert.^^"* Immateriell sind Dienstleistungen deswegen, weil im Produktionsprozess keine materiellen Substanzen in Form von Rohstoffen als Produktionsfaktoren zum Einsatz kommen. Ein wesentliches Charakteristikum von Dienstleistungen ist das zeitliche und ortliche Zusammenfallen von Produktion und Konsumption, im Folgenden als Uno-actu-Prinzip bezeichnet. Weitere Charakteristika sind die Notwenigkeit des extemen Faktors^^^ oder die Unmoglichkeit der Vorproduktion. Dienstleistungen sind nicht lagerfahig, transportierbar oder ubertragbar. Vor dem Hintergrund der Frage nach der tJbertragbarkeit klassischer Instrumente zum Markenaufbau ist zu klaren, wie sich Medienprodukte bzgl. ihrer Eigenschaft als Sachgut oder Dienstleistung einordnen lassen. Ausgangspunkt ist zunachst - wie auch schon bei der Analyse der bislang diskutierten Guterspezifika - der Medieninhalt, welcher das Kemprodukt defmiert. Weigand ordnet Medienangebote danach Uberwiegend als „Dienstleistung ohne oder mit geringem Sachgutcharakter" ein.^^^ Medien werden primar der Nutzengruppe „Information, Erbauung und asthetischer Genuss" zugeordnet, konnen aber auch der Produktion immateriellen Kapitals, z.B. durch Informationsprogramme oder Sachblicher, dienen.
Vgl. Maleri (1994), S. 130. In der Regel wird der Konsument bei Dienstleistungen als extemer Faktor in den Produktionsprozess der Dienstleistung eingebracht. Ein Fehlen des extemen Faktors macht die Dienstleistung unmoglich. Als Beispiel sei hier auf den Masseur verwiesen, der seine Dienstleistung nicht ohne Klient erbringen kann. Weigand (1988), S. 164ff.
1.2 Die Wachstumsfaktoren unter dem Aspekt medienspezifischer Besonderheiten
61^
Komplizierter wird die Zuordnung von Medienprodukten, wenn nicht nur das Kemprodukt - also der Medieninhalt, sondem auch das formale Produkt - das Tragermedium - im KalkUl zu beriicksichtigen ist. Es lasst sich dann feststellen, dass es bei der Einordnung von Medienprodukten vor dem Hintergrund verschiedener Medienteilsegmente eine groBe Spannbreite gibt. Legt man das okonomische Kriterium des Uno-actu-Prinzips fUr Dienstleistungen zu Grunde, so sind streng genommen nur Theater und Konzerte reine Dienstleistungen, beschrankt man jedoch das Erfordemis der Simultanitat von Produktion und Konsumption auf die zeitliche Dimension, zahlen auch der Horfunk und das Femsehen dazu, soweit es sich um Life-Sendungen handelt. BUcher oder Zeitungen nehmen dagegen eher den Sachgutcharakter an. Doch auch hier wird deutlich, dass es sich nicht um reine Sachguter handeln kann, da der Leser ja kaum am bedruckten Papier interessiert ist. Biicher bezeichnete die Zeitung recht plastisch als „Verkehrsmittel, wie der Brief und das Zirkular, welche die Nachricht erst transportfahig machen, indem sie dieselbe mittels Schrift und Druck sozusagen von ihrem Urheber loslosen und korperlich Ubertragbar machen".^^^ Das Kemprodukt ist nach wie vor eine Dienstleistung, welche sich durch Kontinuitat, Aktualitat und Publizitat auszeichnet. Es sind also die Dienstleistung und das damit verkniipfte publizistische Angebot aus den immateriellen Glitem Information und Unterhaltung, welche das Medium Zeitung zu einem okonomischen Gut machen, nicht der materielle Trager. Ahnliches kann fur das Buch oder den Tontrager etc. konstatiert werden. (b)
Probleme beim Markenaufbau fur Dienstleistungen
Da es sich bei Medienprodukten um dienstleistungsahnliche Produkte handelt, stellt sich die Frage, wo der Aufbau der Medienmarke anzusetzen hat. Hierzu konnen Uberlegungen aus dem Dienstleistungsmarketing herangezogen werden. Zur Analyse sollen drei verschiedene dienstleistungsspezifische Probleme des Markenaufbaus erortert werden, welche sich auf die Markierung beziehen: Die Gewahrleistung von Qualitatskonstanz, die Visualisierung des Markenzeichens und die Visualisierung des Markenvorteils.^^^ Die Gewahrleistung von Qualitatskonstanz: Die Gewahrleistung einer konstanten Qualitat ist fiir den Markenaufbau von Produkten von groBer Relevanz. In der Marketingliteratur wird darauf hingewiesen, dass die Sicherstellung einer gleich bleibenden Qualitat besonders bei
BUcher (1922), S. 232. In der Literatur wird als weiteres dienstleistungsspezifisches Markierungsproblem auf das Schaffen von Phantasiemarken verwiesen. Vgl. Graumann (1983), S. 51; Schreiner (1983), S. 84, Die hier skizzierte Argumentation der Gleichsetzung von Firmen- und Dienstleistungsmarken wie auch die Uberbewertung der Schwierigkeiten beim Aufbau von Phantasiemarken wurde jedoch stark kritisiert. Vgl. Stauss (1998), S. 16. Auch der Umstand, dass der erfolgreiche Aufbau zielgruppenspezifischer Dienstleistungsmarken empirisch bestatigt werden kann, lasst die oben angefuhrten Annahmen fraglich erscheinen (z.B. Cinemaxx Kinos, Burger King, etc.). Auch in Bezug auf Medienprodukte erscheint der Aufbau von Phantasiemarken kein Problem von iibergeordneter Relevanz zu sein, da gerade hier vielerlei TV-Formate, Zeitschriften oder Kiinstler als eigenstandige Phantasiemarke positioniert sind. Das Problem der Schaffung von Phantasiemarken wird daher nicht weiter beriicksichtigt.
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I. Theoretischer Teil: Die Grundlagen des Wachstums von Medienuntemehmen
Dienstleistungen mit Problemen behaftet ist, da diese nicht garantiert, sondem lediglich angestrebt werden kann.^^' Begriindet werden kann diese Annahme durch den Umstand, dass von Dienstleistungsanbietem nur die „Potenzialqualitat" autonom kontrollierbar ist, das Ergebnis der Dienstleistung ist nicht vorherzubestimmen. Der Anbieter einer Dienstleistung ist lediglich in der Lage, einen hohen Standard aller intemen Potenzialfaktoren zu gewahrleisten, indem er beispielsweise Schulungen anbietet, einen Verhaltenscodex formuliert oder die Mitarbeiter mittels Stichproben kontrolliert. Gegebenenfalls konnen auch unterstutzende Inputfaktoren wie Computer und Computerprogramme etc. gewartet und auf den neuesten Stand der Technik gebracht werden. Die Gefahrdung einer konstanten Qualitat resultiert jedoch trotz aller unterstutzenden MaBnahmen aus der mangelnden qualitativen Konstanz der Inputfaktoren und aus der Heterogenitat des extemen Faktors.^*^ Ubertragt man nun die Uberlegungen auf Medienprodukte, so muss zunachst wieder zwischen den verschiedenen Produktebenen (Kemprodukt, formales Produkt und erweitertes Produkt) unterschieden werden: Das Kemprodukt bezieht sich, wie bereits erlautert wurde, auf den zu erbringenden Nutzen. Vereinfacht gesprochen lasst sich das Kemprodukt bei Medienprodukten mit den Nutzenkomponenten „Information" und „Unterhaltung" beschreiben. Vor dem Hintergrund des bereits definierten Qualitatsbegriffs miisste sich eine gleich bleibende Qualitat demzufolge durch konstante Inputfaktoren und eine konstante Bediirfnisbefriedigung auszeichnen. Beides ist bei Medienprodukten nicht denkbar: Zum einen ist nicht davon auszugehen, dass das kreative Talent konstante Leistungen (Ideen, Informationsverarbeitungskapazitat, etc.) erbringen kann. Zum anderen hangt das Bediirfnisbefriedigungspotenzial stark mit dem situativen Kontext des Rezipienten zusammen.^^^ Die Gewahrleistung einer konstanten Qualitat kann sich aufgrund dieser Faktoren daher oftmals nur auf die Ebene eines kontinuierlichen formalen oder inhaltlichen Rahmens erstrecken.^^^ In Bezug auf das Kemprodukt kann demzufolge ein Problem beim Markenaufbau aufgmnd mangelnder Gewahrleistung einer gleich bleibenden Qualitat konstatiert werden. Als formales Produkt kann bei Medienprodukten der Medientrager bezeichnet werden.^^^ Medieninhalte konnen in analoger oder digitaler Form gespeichert werden und Bezug nehmend auf ihre jeweilige Verwendung konnen sie schriftliche, bildliche, akustische oder mul-
Vgl. Meffert/Bruhn (2000b), S. 315ff. 210 211 212 213
Vgl. Corsten (1998), S. 607ff. Vgl. Kaase/Schultz (1989), S. 19. Vgl. Rosenfeld/Schlosser (1998), S. 32. Ein Medientrager ist nicht bei alien Medienprodukten zu unterstellen, da z.B. Live-Auftritte im Theater oder Konzerte keinen Medientrager benotigen. Da sich die Arbeit jedoch primar auf Massenmedien konzentriert, sollen diese Sonderfalle unberiicksichtigt bleiben.
L2 Die Wachstumsfaktoren unter dem Aspekt medienspezifischer Besonderheiten
63
timediale Formen bzw. „Formate" annehmen.^^'* Das Format von Medienprodukten kann in die Formatierungsdimensionen „Wahmehmungsformat" und „technisches Format" differenziert werden.^^^ Das Wahmehmungsformat orientiert sich hinsichtlich der Prasentation des Medieninhalts an den Sinnen „Horen" und „Sehen", wobei beim Sehen Zeichen/Texte, Bilder/Fotos und bewegte Bilder unterschieden werden konnen.^^^ Im Unterschied dazu bestinmit das technische Format, mit welchem Endgerat bzw. auf welchem Tragermedium der Rezipient den Medieninhalt nutzt.^^^ Fine Beurteilung der Moglichkeit, eine konstante Qualitat in Bezug auf das formale Produkt zu erbringen, muss sich am technischen Format orientieren, da dieses an den Produktionsprozess ankniipft. Hierbei ist festzustellen, dass nicht alle technischen Formate gleich zu beurteilen sind. Wahrend der Prozess zur Erstellung von Printprodukten hinsichtlich defmierter Qualitatskriterien leicht zu kontrollieren ist, stellt sich dies in den Bereichen des Rundfunks (H6rfunk/TV) oder Internet schwieriger dar, da die 0bertragung von extemen Faktoren abhangig ist.^^^ In Bezug auf das formale Produkt kann demzufolge ein Problem beim Markenaufbau aufgrund mangelnder Gewahrleistung einer gleich bleibenden Qualitat konstatiert werden, wenngleich dieses als weniger gravierend im Vergleich zum Kemprodukt angesehen werden muss, Als erweitertes Produkt eines Medienproduktes werden Zusatzdienstleistungen angesehen.^^' Diese Zusatzdienste konnen - wie der Begriff vermuten lasst - als „klassische" Dienstleistungen angesehen werden. Demzufolge bestehen die Probleme beim Markenaufbau gleichermaBen. In Bezug auf die Gewahrleistung von Qualitatskonstanz kann also festgestellt werden, dass diese bei Medienprodukten nur unzureichend garantiert werden kann. Der Aufbau von Medienmarken ist somit erschwert.
Die Digitalisierung beruht dabei auf der Transformation analoger Daten in diskrete, informationstechnologisch verarbeitbare Daten, wobei zumeist auch eine erhebliche Datenkompression erfolgt. Vgl. Habann (1998), S. 80. Im Falle digitaler Inhalte werden diese - unabhangig vom zugrunde liegenden Wahmehmungsformat - durch Bitfolgen reprasentiert. Ob ein bestimmtes Bitmuster einen Buchstaben, einen Farbpunkt oder ein akustisches Signal ausdriickt, ergibt sich aus dem Kontext, d.h. der Interpretation der Programme. Vgl. Brack (2003), S. 224ff. Hinsichtlich des technischen Formates sind Printprodukte wie Biicher, Zeitungen oder Zeitschriften, die sich hinsichtlich der Druckverfahren unterscheiden und als Datentrager allesamt „Papier" aufweisen, sowie elektronische Medien wie Filme, Games oder Musik, welche verschiedene technische Formate aufweisen konnen, zu unterscheiden. Bei den elektronischen Medien konnen die technischen Formate auf verschiedene Speichermedien wie z.B. Compact- und Mini-Discs (fiir Musik und Games), Digital Video Discs (fiir Filme), (Video)-Kassetten, Zelluloid-Filmen, Schallplatten und auch (teilweise mobile) Festplatten fiir PC, Handy oder MP3-Player basieren. Vgl. Hansen (1996), S. 477ff. Vgl. Brack (2003). S. 224. Beispielsweise variiert die Ubertragungsqualitat des terrestrischen Rundfunks je nach Standort und Empfangsgerat. Auch beim Internet konnen unterschiedliche Ubertragungsraten aufgrund unterschiedlicher Anschliisse oder unterschiedlichem „traffic" festgestellt werden. Zusatzdienste von Medienprodukten sind beispielsweise Hotlines, die Abwicklung von Abonnements etc.
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I. Theoretischer Teil: Die Grundlagen des Wachstums von Medienuntemehmen
Die Visualisierung des Markenzeichens: Bei „klassischen" Dienstleistungen resultiert aus der mangelnden Greifbarkeit das Problem der Leistungsmarkierung, da eine Dienstleistungsmarkierung zwar im absatzpolitischen, nicht aber im technischen Sinne moglich ist.^^^ Bei Medienprodukten stellt sich dieses Problem in einer abgeschwachten Form dar, da das Kemprodukt in der Regel mit einem physischen Tragermedium (formales Produkt) verbunden Ist.^" Vor dem Hintergrund der Digitalisierungsfolgen, beispielsweise der Trennung von Inhalten und Formaten, stellt sich fiir die Zukunft die Frage, inwiefem die Inhalte auch unabhangig vom Tragermedium markiert werden konnen. Schon heute fallt es der Musikindustrie schwer, ihre Inhalte bei Download-Borsen entsprechend zu markieren. Moglichkeiten finden sich hier jedoch durch eine enge Zusammenarbeit mit dem Absatzkanal.^^^ Wesentlich groBere Probleme der Markierung sind z.B. in Verbindung mit dem digitalen TV zu erwarten. Die Nutzung eines EPG^^^ uberbruckt beispielsweise den Inhalteaggregator „TV-Sender", die Nutzung der Dachmarke ist somit stark gefahrdet. Zusammenfassend lasst sich festhalten, dass das Problem der Visualisierung des Markenzeichens bei Medienprodukten im Vergleich zu klassischen Dienstleistungen weniger relevant ist. Neue Herausforderungen fur die Markierung von Inhalten ergeben sich jedoch im Zuge modemer Kommunikationstechnologien. Visualisierung des Markenvorteils: Bin weiteres wesentliches Merkmal zur Markierung von Produkten ist die Visualisierung des Markenvorteils. Dies ist bei herkommlichen Konsumgutem vergleichsweise einfach moglich, indem z.B. die Zutaten besonders hervorgehoben werden. Bei hochkomplexen Dienstleistungen, wie z.B. einem personlichen Versicherungspaket, ist der individuelle Nutzen fiir den Kunden nur noch schwer darstellbar. Zudem sind die Moglichkeiten einer visuellen Darstellung von derartigen Produkten stark begrenzt. Um der Abstraktheit einer immateriellen Leistung entgegenzuwirken, stellt sich die „Tangibilisierung"
Ein Haarschnitt kann beispielsweise benannt und mit Hilfe absatzpolitischer MaBnahmen im Markt durchgesetzt, jedoch nicht mit einem Aufkleber markiert werden. Vgl. Meffert/Bruhn (2000b), S. 316. Im Falle des Rundfunks und des Internets konnen, auch wenn es sich nur indirekt um physische Tragermedien handelt, ahnliche Moglichkeiten der Markierung unterstellt werden, da auch hier eine Visualisierung (TV/Computer-Bildschirm) oder Audioalisierung (Horfunk) denkbar ist. Obwohl die Medien iiber den Kanal syntaktische Gestaltungselemente und damit eine gewisse Tangibilitat ermoglichen, bleiben jedoch mit der Semantik des Inhaltes wesentliche Teile der Medienleistung immateriell bzw. intangibel. Heinrich trennt z.B. zwischen den stofflichen, tangiblen Tragem (medienspezifische Syntax, Anm. d. Verf.) und der Ebene des eigentlich nicht-stofflichen, intangiblen Inputs Information und Unterhaltung (Semantik, Anm. d. Verf.). Vgl. Heinrich, J. (1994), S. 18. So fmden sich beispielsweise die Cover der CDs in elektronischer Form bei Apples „i-Tunes". Die Abkiirzung „EPG" steht fiir den Begriff des „Electronic Program Guide". Dieser ermoglicht es dem Nutzer, sein TV-Programm zeitversetzt und individuell (also auch senderunabhangig) nach eigenen Praferenzen zusammenzustellen.
1.2 Die Wachstumsfaktoren unter dem Aspekt medienspezifischer Besonderheiten
65
des Nutzens als zentrale Herausforderung dar. Eine gangige Methodik hierzu ist eine einfach verstandliche Symbolik des Markenzeichens. In Bezug auf Medienprodukte stellt sich die Visualisierung des Kemproduktes (Information und Unterhaltung) ahnlich schwer dar. Der Nutzen „Unterhaltung" lasst sich hierbei noch vergleichsweise gut kommunizieren, indem iiber Ausschnitte (sog. Trailer) der direkte Marken vorteil (z.B. ein „markierter" Comedy-Star oder ein markiertes Format wie TV-Total) ubermittelt wird. Schwieriger stellt sich die Darstellung des Nutzens „Information" dar, da zunachst vermittelt werden muss, wozu die Information gut ist. Gerade dies ist jedoch ex ante kaum bestimmbar. Erste Ansatzpunkte liefem Uberlegungen, welche den Informationsnutzen in die Nutzenskomponente „Gebrauchsnutzen" iibersetzen. Dem Rezipienten wird hierbei vermittelt, wie er die Information nutzen kann.^^^ Festzuhalten bleibt, dass sich die Vermittlung des Markenvorteils bei Medienprodukten tendenziell schwierig, jedoch kein uniiberwindbares Hindemis darstellt.
1.2.2
Qualitat als notwendiger und herausfordernder Differenzierungsfaktor einer Wachstumsstrategie fur Medienunternehmen
Im Teilkapitel 1.2.2 wird der Wachstumsfaktor Qualitat analysiert. Dieser wurde als weiterer wesentlicher Faktor zur Differenzierung und damit fUr Untemehmenswachstum im engeren Sinne identifiziert. Dies gilt - wie nun zu zeigen ist - fur die Medienbranche in besonderem Ma6e, da der in der Medienbranche zunehmende Wettbewerb im Zuge der Okonomisierung eine stringente Qualitatsausrichtung im Sinne einer Kundenorientierung erfordert (1). Ein derartiges Qualitatsverstandnis ist in der Medienbranche nicht immer verbreitet, bewegt sich diese doch im Spannungsfeld von „Kunst" und „Kommerz". Es kann daher auch gezeigt werden, dass die Nutzung von Qualitat als Differenziemngs- und damit Wachstumsfaktor aufgrund medienspezifischer Eigenschaften mit besonderen Herausforderungen verbunden ist. Vor diesem Hintergrund soil auf die Moglichkeiten und Grenzen der Differenzierung durch den Faktor Qualitat eingegangen werden. Die Problematik wird vor dem Hintergrund der Schwierigkeit einer qualitatsorientierten Produktgestaltung durch die Anbieter bzw. der Schwierigkeit einer qualitatsorientierten Produktbewertung durch die Nachfrager (2) verdeuthcht.
Vgl. George/Marshall (1984), S. 409. Der Wasserturm im Markenzeichen der Hamburg-Mannheimer Versicherung oder die Burg der Niimberger Versicherung verkorpem beispielsweise einen symbolischen Schutz, welcher sich auf die angestrebten Nutzenkomponenten der Dienstieistung bezieht. Vgl. Stauss (1998), S, 17. In Verbindung mit dem Informationsnutzen werden haufig direkte Gebrauchsfunktionen kommuniziert. Als Beispiel konnte der Informationsnutzen einer Zeitschrift mit dem Gebrauchsnutzen „Steuern sparen", „Abnehmen", „Gesund bleiben", etc. visualisiert werden.
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I. Theoretischer Teil: Die Grundlagen des Wachstums von Medienuntemehmen
(1)
Die Okonomisierung der Medien als Ausloser eines sich wandelnden Qualitatsverstandnisses
Im nun folgenden Abschnitt wird dargelegt, warum der Faktor Qualitat in der Medienbranche von besonderer Relevanz ist. Die Diskussion um den Begriff der Qualitat tangiert in der Medienbranche vielerlei Bereiche, sie wird daher haufig missverstandlich gefuhrt. Im Folgenden muss daher der Begriff der Qualitat zunachst in Bezug auf die Medienbranche prazisiert werden (a). Durch die Prazisierung des Qualitatsbegriffes kann im Anschluss aufgezeigt werden, dass die zunehmende Okonomisierung der Medien eine Ausrichtung auf den Faktor Qualitat notwendig macht (b). (a)
Qualitat und publizistisches Niveau
Ausgangspunkt der Argumentation ist der eher umgangssprachliche Zugang zum Begriff der Qualitat bei Medienprodukten, welcher im Sinne einer inhaltlichen Wertung die Qualitat eines Medienproduktes mit der publizistischen Qualitat gleichsetzt. Dieser bezieht sich auf die publizistischen Qualitatskriterien Aktualitat, Relevanz, Richtigkeit und Vermittlung.^^^ Da die Wachstumsfaktoren in der vorliegenden Arbeit vor dem Hintergrund der Differenzierung am Markt diskutiert werden, miisste - sofem sich der Qualitatsbegriff auf den publizistischen Qualitatsbegriff bezieht - davon ausgegangen werden, dass die Rezipienten die gleichen Qualitatskriterien haben wie die Medienpolitik. Es ist jedoch zu unterstellen, dass die Medienpolitik aufgrund divergierender Interessen (z.B. Bildung vs. Unterhaltung) andere Qualitatskriterien an Medienprodukte anlegt als das Publikum. Die Diskrepanz zwischen den Praferenzen des Publikums und den Praferenzen der Medienpolitik sollte daher vor allem in der Dimension von Niveau und weniger in der Dimension von Qualitat diskutiert werden. Eine Beobachtung der gangigen Kritik der Medienproduktion legt dann namlich off en, dass z.B. die Kritik an „Big Brother", an der BILD-Zeitung oder an „Busenblattem" vor allem eine Kritik des Niveaus, nicht der Qualitat ist. So ist dann auch die Qualitat der BILD-Zeitung als recht hoch einzuschatzen, wahrend ihr Niveau eher als niedrig eingestuft werden kann.^^* Vor dem Hintergrund der angefUhrten Diskussion erscheint es sinnvoll, die Konzepte Niveau und Qualitat voneinander abzugrenzen, weil sie sich auf unterschiedliche Ebenen beziehen. Wahrend das publizistische Niveau den publizistischen Rang in der Hierarchic der gedachten Intelligenz der Rezipienten bezeichnet, bezieht sich der in der vorliegenden Arbeit unterstellte Qualitatsbegriff auf die Praferenzen des Publikums. Eine Differenzierung erreicht somit derjenige Anbieter, der eine hohe Qualitat in Bezug auf die vom Publikum unterstellten Qualitatskriterien erreicht. Diese unterscheiden sich laut Annahme von den publizistischen Qualitatskriterien.
^^^
Vgl. Heinrich (2001a), S. 108.
^^^
Heinrich (2001a), S. 109.
1.2 Die Wachstumsfaktoren unter dem Aspekt medienspezifischer Besonderheiten (b)
67
dkonomisierung und die Zunahme des Wettbewerbs
Der okonomische Wettbewerb, welcher durch die Okonomisierung^^^ verscharft wird, ist ein Verfahren, welches besser als jedes andere Verfahren geeignet ist, die Praferenzen des Publikums zu entdecken und letztendlich dazu flihrt, dass eine Ausrichtung an die Praferenzen der Rezipienten - also eine hohe Qualitat im vorliegenden Sinne - notwendig ist. Der okonomische Wettbewerb lasst sich durch vier Merkmale charakterisieren: Die Beriicksichtigung von Konsumentenpraferenzen, die Beriicksichtigung der Produktionskosten, die Ausrichtung an okonomischen ErfolgsmaBstaben sowie die Moglichkeit der Zurechnung von Handlungsfolgen.^^^ Da in der Medienbranche eine Zunahme des okonomischen Wettbewerbs festgestellt werden kann,^^^ erfordert dies eine bessere Ausrichtung an diesen Kriterien. Das hier angesprochene, kommerzielle Handeln hat fiir die Medien aus kommunikationswissenschaftlicher Sicht eine weit reichende Folge, da das Sachziel von Medien, also die von ihnen erwarteten Funktionen oder institutionellen Leistungen an die Gesellschaft im Sinne meritorischer Guter^^^ dem Formalziel der Gewinnwirtschaftung untergeordnet wird.^^"' Kembestandteil der vorherrschenden Kritik ist die unterstellte Ausweitung des okonomischen Systems auf nichtokonomische Bereiche, die vorher anderen Systemimperativen unterlagen.^^ Problematisch dabei ist, dass die normierten gesellschaftlichen Funktionen der Medien, also ihr am publizistischen Normsystem orientiertes Sachziel, darauf verweisen, dass von den Medien, okonomisch gesprochen, meritorische Leistungen und Giiter erwartet werden. KommerDer Begriff der Okonomisierung oder auch Kommerzialisierung kann mit dem von Max Weber gepragten Begriff des „geschaftlichen Charakters" beschrieben werden, er ist kennzeichnend fiir alle privat- bzw. erwerbswirtschaftlich organisierten Organisationen, also auch der privatwirtschaftlich organisierten Medien. Kommerzialitat umschreibt dabei ein die Geschaftsinteressen wahrnehmendes, auf Gewinn bedachtes Handeln, also das selbstverstandliche Handeln eines Kaufmanns, der nicht Insolvenz anmelden will. Auch ein Zeitungs- oder Buchverleger unterliegt diesen Zwangen, er wird sich nicht auf einem privatwirtschaftlichen Markt behaupten konnen, wenn er nicht in diesem Sinne kommerziell handelt. Andere Koordinationsformen weisen im Gegensatz dazu eine begrenzte Autonomic auf, die Kosten der Produktion und/oder die Praferenzen der Konsumenten zu missachten, sie konnen nicht wirtschaftliche Ziele wie beispielsweise das Gemeinwohl verfolgen und/oder unterliegen als meist offentliche Untemehmen nicht den strengen Regeln des Insolvenzrechts, miissen also nicht alle Handlungsfolgen tragen. Vgl, Heinrich (2001b), S. 190. Die Mediennutzung pro Tag und Kopf ist in Deutschland fiir TV (Radio) seit 1990 nur um 2,2 (2,6)% pro Jahr gestiegen und stagniert fiir das Fernsehen seit 1999. Auch die Auflagen der Zeitungen (Zeitschriften) sind seit 1990 nur um durchschnittlich 1,4 (1,8)% pro Jahr gestiegen. Die Zeitungsauflagen sind nach einem starken Anstieg von 1990 bis 1992 sogar seit 1992 riicklaufig. Vgl. Ridder/Engel (2001), S. 105ff. Nach einer Phase des starken Wachstums von Werbeeinnahmen in Print-, TV- und Internetmarkten waren von 2000 bis 2003 auch die Werbeeinnahmen rucklaufig. Vgl. Reichhuber (2004). Vgl. zum Einfluss des Marktwachstums, der Homogenisierung der Giiter und steigender Wettbewerberzahl auf die Wettbewerbsintensitat Porter, M. (1980), S. 5ff. Da es sich bei Rezipienteninhalten aufgrund ihrer meinungsbildenden Eigenschaft um Giiter von allgemeinem Interesse handelt, gelten diese als forderungswiirdig. Es wird unterstellt, dass sie nicht in dem MaBe auf freien Markten nachgefragt werden, wie es das von den staatlichen Entscheidungstragern festgelegte Ideal hinsichtlich des Versorgungsauftrages vorsieht. Derartige Giiter werden als meritorische Giiter bezeichnet. 233
Vgl. Brauning (1994), S. 471ff. Vgl. Jarren (2001), S. 78; Heinrich (2001a), S. 159f.; Brack (2003), S. 55
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I. Theoretischer Teil: Die Grundlagen des Wachstums von Medienuntemehmen
zialisierung ist demzufolge als Entmeritorisierung von Mediengutem zu verstehen, also als Zuriickdrangen der gesellschaftlich erwiinschten meritorischen Eigenschaften zu Gunsten der auf Markten verkauflichen und einzelwirtschaftlich rentablen Angebote. Konzeptionell kann die Zunahme des Wettbewerbs auf zwei unterscheidbare Auswirkungen reduziert werden, die das Medienmanagement in ganz entscheidender Weise pragen: Erstens wachsen die Bestrebungen der Medienuntemehmen, die so genannte allokative Effizienz zu steigem. Die Steigerung der allokativen Effizienz zeigt sich durch Produktqualitaten, die den Konsumentenpraferenzen immer mehr entsprechen. Zweitens wachsen die Anstrengungen von Medienanbietern, die so genannte produktive Effizienz^"'^ zu steigem, also durch Prozessinnovationen zu einer effizienteren Produktionsweise zu gelangen.^^^ Unter dem Begriff der allokativen Effizienz lassen sich die Bemiihungen der Medienanbieter subsumieren, stets moglichst genau das zu produzieren, was die werbetreibende Wirtschaft und die Rezipienten verlangen. Wie bereits dargelegt wurde, liegt der Nutzen der Rezipienten in der Information und/oder Unterhaltung. Diese Nutzen sind nicht an eindeutig objektive Kriterien gebunden, die Inhalte konnen variieren. Die Anbieter von Medienprodukten bemiihen sich nun, den Informations- bzw. Unterhaltungsnutzen immer direkter und besser auf die Bediirfnisse der jeweils zugmnde gelegten Zielgmppe abzustimmen. Als Folge dieser Tendenz lasst sich beispielsweise die Zunahme von Unterhaltungssendungen, die Durchsetzung von Informationssendungen mit Unterhaltungselementen (Infotainment), die Erhohung des direkten Gebrauchswerts von Informationen durch (Jbersetzung in zielgmppenrelevante Kategorien (z.B. direkter Geldwert) oder die Reduktion von Such- und Entscheidungskosten durch klarere Stmkturierungen und rezipientenfreundlichere Layouts (z.B. mehr Informationsgrafiken) konstatieren.^"'^ Als Resultat dieser Bediirfnisorientiemng lasst sich ein Wandel des Qualitatsbegriffs feststellen, es kommt zu einem Unterhaltungs- und Gebrauchswertjournalismus auf Kosten von Aufklamng, Kritik und KontroUe.^^^ Auch der Nutzen fiir die werbetreibende Wirtschaft, die ja der zweite und wichtigere Kunde der werbefinanzierten Medien ist, muss im Zuge der allokativen Effizienz im Sinne einer Erhohung der Verbreitungs- und Wirkungswahrscheinlichkeit ihrer Werbebotschaften, erhoht werden. Wichtige Parameter sind hierbei die Reichweite, der Zielgmppenbezug und ein wirksames Werbeumfeld. Letzteres hat einen entscheidenden Einfluss auf die Gestaltung der Inhalte. „Billiger Sex" und „blutige Gewalt" eignen sich nicht als Werbeumfeld, die Glaubwurdigkeit des Mediums wird von der werbetreibenden Wirtschaft hoch geschatzt.^^^ Die Orientiemng der Medienproduktion an den Bediirfnissen der werbetreibenden Industrie ist jedoch aus kommunikationswissenschaftlicher Sicht nicht unproblematisch, da dann der Um-
^^^
Vgl. hierzu das Teilkapitel 1.2.2.
^^^
Vgl. Heinrich (2001b), S. 191ff.
^^^
Vgl. Heinrich (2001b), S. 192.
^^*
Vgl. Heinrich (2001b), S. 192.
^^^
Vgl. Heinrich (2001b), S. 192.
1.2 Die Wachstumsfaktoren unter dem Aspekt medienspezifischer Besonderheiten
69
fang und die Zielgruppen der Berichterstattung werblich definiert und nicht nach publizistischen Kriterien bestimmt werden. Die Folge einer zu grofien Orientierung an den Bedurfnissen der werbetreibenden Industrie ist ein Werbeumfeldjoumalismus.^^ Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Intensivierung des Wettbewerbs zur Okonomisierung der Medien beitragt und somit zu einer zunehmenden Ausrichtung an privatwirtschaflichen Interessen (z.B. Shareholder Value, Gewinnmaximierung) fiihrt. Dies erfordert neben der noch zu erlautemden produktiven Effizienz vor allem die allokative Effizienz der Medienproduktion, also die stringente Ausrichtung der Medienprodukte an den BedUrfnissen der Konsumenten, konkreter der Rezipienten wie auch der werbetreibenden Wirtschaft. Die Folge einer derartigen Ausrichtung sind der Unterhaltungs- und Gebrauchswertjoumalismus wie auch der Werbeumfeldjoumalismus auf Kosten von Aufklarung, Kritik und Kontrolle, also dem meritorischen Charakter von Mediengutem. Die allokative Effizienz erfordert demnach einen Wandel der Qualitat im Sinne eines kundenorientierten Qualitatsbegriffs. (2)
Die qualitatsorientierte Produktgestaltung und -bewertung
Die qualitative Ausrichtung der Medienprodukte - d.h. die Ausrichtung der Medienprodukte an den Bedtirfnissen der Rezipienten bzw. der werbetreibenden Wirtschaft - stellt die Medienbranche vor groBe Herausforderungen, da die Kreation von Medienprodukten (Produktgestaltung) sowie die Beurteilung durch die Rezipienten (Produktbewertung) im Vergleich zu anderen Branchen wenig transparent ist. Im Folgenden werden daher die Probleme einer qualitatsorientierten Produktgestaltung (a) und einer qualitatsorientierten Produktbewertung erortert (b). (a)
Die Probleme einer qualitatsorientierten Produktgestaltung
Ausgehend von der Annahme, Qualitat als Differenzierungs- und damit als Wachstumsfaktor nutzen zu konnen, stellt sich die Frage, wie sich der Faktor Qualitat in Produktionsvorgaben von Medienprodukten umsetzen lasst. Wie bereits diskutiert wurde, lasst sich der Qualitatsbegriff anhand subjektiver (praferenzbezogener) und objektiver (inputbezogener) Kriterien definieren. Beide Vorgehensweisen sind in der Medienbranche mit Problemen verbunden. Zunachst soil dargelegt werden, warum eine Ausrichtung an den subjektiven Bedtirfnissen der Rezipienten problematisch ist. Im Anschluss daran werden inputbezogene Kriterien untersucht, auch sie konnen nur bedingt als Qualitatskriterien herangezogen werden. Praferenzbezogene Qualitatskriterien: Bei der praferenzbezogenen Analyse von Qualitatskriterien bilden die Bediirfnisse der Rezipienten den Analyseschwerpunkt, da sich Qualitat in diesem Fall Uber den Erfullungsgrad der Bediirfnisbefriedigung definiert. Korrespondierende Elemente der Bediirfnisbefriedigung sind die verschiedenen Nutzenkomponenten eines Pro-
Vgl. Heinrich (2001b), S. 192.
70
I. Theoretischer Tcil: Die Grundlagen des Wachstums von Medienuntemehmen
duktes. Zu unterscheiden ist der Funktionalnutzen, welcher sich in den Primdrnutzen und den Sekunddrnutzen differenzieren lasst, und der Wirtschaftlichkeitsnutzen.^^ Der Primdrnutzen, welcher auf der immateriellen Komponente des Kemproduktes^^ (also dem Inhalt) von Medienprodukten basiert, ist in einen Informationsnutzen und einen Unterhaltungsnutzen zu differenzieren. Der Primamutzen bezieht sich damit nicht, wie bei den meisten Produkten ublich, auf eine materiell-stoffliche Komponente:^"^^ „Das Papier und die Tinte beim Komponisten, die Leinwand beim Maler [...] sind, wie der Zelluloidstreifen beim Spielfilm lediglich die Schale, in die hinein das Kunstwerk gegossen wird. Sie sind nicht das Werk; sie dienen ihm." (Friedlaender, 1955, S. 342). Das stoffliche Tragermedium ist also lediglich die Materialisierung der geistigen, organisatorischen und wirtschaftlichen Leistung des Urhebers, welches keinen unmittelbaren Einfluss auf den Primamutzen ausubt.^^ Da es sich beim Primamutzen um immaterielle Nutzenkomponenten handelt, lassen sich diese nicht an materielle Werte kniipfen. Die Konkretisiemng der Information und Unterhaltung ist daher problematisch, konkrete Qualitatskriterien fehlen. Der Sekunddrnutzen von Medienprodukten lasst sich anhand verschiedener Nutzenkomponenten erklaren, die sich auf das formale oder das erweiterte Produkt beziehen. Beispielhaft konnen hier verschiedene Ansatzpunkte genannt werden: Zusatzleistungen (z.B. HypermediaFunktionen bei elektronischen Buchem), Individualisiemng (z.B. personliche Komponenten, die im Zusammenhang mit der sozialen Umgebung des Kunden stehen), die Demonstrationsfunktion (z.B. exklusive Ausstattung eines Buches), Symbol- und Ausdmcksfunktionen (z.B. das Lesen eines Klassikers), die Affekt- und Befriedigungsfunktion (z.B. Kauferlebnis) und die Novitatsfunktion (z.B. Aktualitat).^^ Da sich die verschiedenen Nutzenkomponenten zumindest teilweise auf objektiv wahmehmbare Produkteigenschaften beziehen, lassen sich beim Sekundamutzen schon eher konkrete Qualitatskriterien definieren. Der Wirtschaftlichkeitsnutzen bezieht sich auf die funktionale Gestaltung von Produkten. Wesentliche Parameter sind die technische Eignung, die Lebensdauer, die Verfugbarkeit, die
Vgl. Brack (2003), S. 105. In Abschnitt 1.1.3 (2) wurde der Begriff der Qualitat bei Produkten erortert, er soil an dieser Stelle als Ansatzpunkt fiir die weitere Analyse dienen. Die Qualitat eines Produktes setzt sich aus vielen Teilqualitaten zusammen. Es wurden drei Eskalationsstufen eines Produkts unterschieden: Das Kemprodukt, das formale Produkt sowie das erweiterte Produkt. Das erweiterte Produkt umfasst alle Vorteile, die der Kaufer bei der Beschaffung des Produktes erhalt, z.B. Servicekomponenten, wahrend das formale Produkt Produktcharakteristika, z.B. das Tragermedium, defmiert. Das Kemprodukt zielt auf die funktionale Nutzenskomponente des Produkts, also den Medieninhalt, ab. Vgl. Kotler (1988), S. 446; Engelhardt/Schiitz (1991), S. 394; Schambacher/Kiefer (1996), S. 29; Stratmann (1999), S. 9f. 243 244 245
Vgl. Brack (2003), S. 105. Vgl. Depping (1991), S. 2049. Vgl. Brack (2003), S. 105ff.
1.2 Die Wachstumsfaktoren unter dem Aspekt medienspezifischer Besonderheiten
71^
Zuverlassigkeit usw.^'*^ Der Wirtschaftlichkeitsnutzen lasst sich am ehesten mit klar definierbaren Qualitatskriterien beschreiben. Als erstes Ergebnis kann festgehalten werden, dass sich im Bereich des Primamutzens (auf inhaltlicher Ebene) nur auBerst schwer konkrete Qualitatskriterien definieren lassen. Dies ist beim Sekundar- und beim Wirtschaftlichkeitsnutzen leichter. Es stellt sich nunmehr die Frage, welche Nutzenkomponenten bei der Erschaffung von Medienprodukten in welchem Umfang zu beriicksichtigen sind. Hierzu miissen die Praferenzen der Nutzer bekannt sein. Zunachst soil sich dabei auf die Nutzerpraferenzen hinsichtlich des Primamutzens konzentriert werden. Zur Erklarung des Nutzungsverhaltens von Rezipienten in Bezug auf Mediengiiter werden haufig Theorien, welche sich aus dem „Uses and Gratification Approach" weiterentwickelten, herangezogen.^^ Dieser Nutzenansatz unterstellt, dass sich Medienkonsumenten aktiv fur Medienprodukte unter den Gesichtspunkten eines rationalen Kalkiils entscheiden. Folgt man diesem Ansatz, so konnten Medienprodukte hinsichtlich klar artikulierbarer Bediirfnisse entwickelt und vermarktet werden. Diese Sichtweise ist jedoch unwahrscheinlich. Realistischer ist die Annahme, dass der Mensch dem Einfluss der Medien ausgesetzt ist und nicht in der Lage ist, die Motive seines Medienkonsums zu beschreiben.^"*^ Wie bereits aufgezeigt wurde, setzen sich Medienprodukte aus vielen Nutzenkomponenten zusammen, sie stellen somit auBerst komplexe Produkte dar. Eine Quantifizierung von Nutzenpotenzialen (z.B. 30% Information, 70% Unterhaltung) ist vor allem im Bereich des Primamutzens nicht denkbar, aber auch im Bereich von Sekundar- oder Wirtschaftlichkeitsnutzen ist eine Quantifiziemng von Nutzenpotenzialen schwierig. Beriicksichtigt man zunachst den Primamutzen von Medienprodukten (Information und Unterhaltung), so muss festgestellt werden, dass deren Nutzungspraferenzen stark kontextabhangig sind. Konsumenten treffen ihre Entscheidungen nicht voUkommen rational auf der Gmndlage eines Nutzenmaximiemngsprinzips, sondem abhangig von der Entscheidungssituation.^^ Der Nutzen von Medienprodukten hangt stark vom jeweiligen Nutzungskontext ab, er lasst sich nicht mit klassischen okonomischen Verfahren messen.^^® Bessere Moglichkeiten einer Nutzenbewertung lassen sich im Bereich der Sekundamutzenkomponenten und beim Wirtschaftlichkeitsnutzen feststellen. So lassen sich beispielsweise vor dem Hintergmnd der technischen Nutzung verschiedene Eigenschaften hinsichtlich der Vgl. Brack (2003), S. 105ff. Ausgangspunkt des "Uses and Gratification Approach" war das Aufkommen der Massenmedien in den 40er Jahren. Der Ansatz fiihrt die Nutzung von Mediengiitern auf ein rationales Kalkiil zuriick, Rezipienten entscheiden sich dementsprechend aktiv zur Mediennutzung. Vgl. Merten (1984); Palmgreen (1984); Maletzke (1988), S. 23ff.; Brack (2003), S. 101. 248
249 250
Vgl. hierzu auch die Kritik am „Uses and Gratification Approach" durch den Wirkungsansatz der Massenkommunikationsforschung. Vgl. Maletzke (1988), S. 29, und Burkart (1998), S. 228f Vgl. Schauenburg (1999), S. 37; Gierl/Hoser (2002), S. 3 Vgl. Kuhlen(1995),S.9.
72
I. Theoretischer Teil: Die Grundlagen des Wachstums von Medienuntemehmen
Nachfragerpraferenzen in eine Rangreihe bringen (z.B. das Format der Tageszeitung). Da es sich hierbei jedoch um Sekundamutzenkomponenten handelt, ist fraglich, inwieweit diese die Nachfrage der Rezipienten beeinflussen. Nach Meinung verschiedener Autoren gewinnen die Sekundamutzenkomponenten im Zusammenhang mit der Ausdifferenzierung von Bediirfnissen und der damit verbundenen abnehmenden Bedeutung von Medienprodukten als reine Informationsmittler jedoch an Bedeutung.^^^ Auf eine spezifische Besonderheit, welche die Nachfragerpraferenzen stark beeinflussen kann, soil noch erganzend eingegangen werden. Kulturelle Giiter erfordem fur die Nutzenstiftung den Aufbau von so genanntem „consumption capital", also den Aufbau von spezifischen Fahigkeiten bzgl. des Umgangs mit diesen Giitem.^^^ Da es sich hierbei um tazites, also nicht artikulierbares Wissen des Nutzers handelt, fUhrt dies zu einer weiteren Brschwerung der Kalkulation von Nutzerpraferenzen. Noch komplizierter wird die Einschatzung der Nutzerpraferenzen dadurch, dass das hier beschriebene consumption capital nicht nur durch eigene Erfahrung (z.B. bereits rezipierte Medienprodukte), sondem auch im Austausch mit anderen Rezipienten erworben wird, weil sich so die Kosten des Erwerbs reduzieren lassen. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Bestimmung von Nutzerpraferenzen im Medienbereich auBerst schwierig ist. Es stellt sich nunmehr die Frage, inwieweit objektive Input-Kriterien dazu beitragen konnen, eine qualitatsorientierte Produktgestaltung zu erleichtem. Inputbezogene Qualitatskriterien: Eine weitere Vorgehensweise zur Sicherstellung von Qualitat ist die Orientierung an den Inputfaktoren der Medienproduktion. Hierfur miisste eine konstante Input-Output-Relation vorliegen.^^^ Diese Annahme kann fiir die gesamte Produktion im Bereich von Kunst und Kultur (auch Wissenschaft) nicht unhinterfragt unterstellt werden. Der hier aufgezeigte Sachverhalt soil am Beispiel der Filmproduktion verdeutlicht werden.^^"* Prinzipiell kann zwischen verschiedenen Inputfaktortypen unterschieden werden. Als Inputfaktoren sind Kapital im Sinne des Produktionsbudgets, Arbeit im Sinne kiinstlerischen Vgl. Schroeder (1994), S. 25; Brack (2003), S. 105. Die im okonomischen Kontext allgemein giiltige Vermutung eines abnehmenden Grenznutzens wird bei kulturellen Produkten skeptisch beurteilt. Der Grund hierfur liegt in der Notwendigkeit des Erwerbs von Fahigkeiten, welche den Genuss des kulturellen Produktes, also die Nutzenstiftung, iiberhaupt erst ermoglichen. So beruht zum Beispiel die Freude an klassischer Musik auf erworbenen Fahigkeiten wie dem musischen Verstandnis klassischer Kompositionen. Stigler und Becker begriinden diesen Umstand mit dem spezifischen Phanomen des Aufbaus von Humankapital. Vgl. Stigler/Becker (1977), S. 78. Als Input-Output-Relation, welche auch Produktionsfunktion genannt wird, bezeichnet man die Beziehung zwischen eingesetzten Produktionsfaktoren (Input) und erzielter Produktionsmenge bzw. Produktionswert (Output). Ublicherweise kann bei der Analyse von Produktionsprozessen unterstellt werden, dass eine eindeutige Beziehung zwischen Input und Output besteht. Folglich wird angenommen, dass mit einem steigenden Input auch der Output zunimmt, entweder die Menge oder der Wert oder beides, allerdings - infolge des Ertragsgesetztes - mit abnehmender Rate. Vgl. BaBeler et al. (1998), S. 155ff. Die nun folgende Argumentation kann auch auf andere Mediensegmente ubertragen werden.
1.2 Die Wachstumsfaktoren unter dem Aspekt medienspezifischer Besonderheiten
73
Talents und Technologie im Sinne von Hard- und Software zu unterscheiden. Die Unbestimmtheit der Input-Output-Relation kann am Produktionsfaktor Kapital besonders gut verdeutlicht werden, sie gilt jedoch auch bei den anderen Produktionsfaktoren.^^^ Eine konstante Input-Output-Relation kann beim Produktionsfaktor Kapital nicht festgestellt werden: •
Der Output kann mit unterschiedlichen Kosten pro Zeiteinheit produziert werden. Folglich kann mit steigendem Input der Output zunehmen, abnehmen oder konstant bleiben. Die produzierte Menge (z.B. Filmstunden) ist nicht unmittelbar abhangig vom zur Verftigung stehenden Kapital.
•
Die Produktionskosten haben keinen unmittelbaren Einfluss auf die Reichweite, es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Reichweite mit steigenden Kosten zunimmt. Der Output im Sinne von Kontaktzeiten kann bei einer Steigerung der Inputfaktoren zunehmen, abnehmen oder konstant bleiben. Die Kontaktzeiten (z.B. gesehene Filmstunden) sind nicht unmittelbar abhangig vom zur Verfugung stehenden Kapital.
•
Auch hinsichtlich der Wertschatzung des Filmmaterials durch die Rezipienten herrscht eine groBe Unbestimmtheit bezuglich der Input-Output-Relation, da teure Produktionen in den Augen der Nachfrage nicht unbedingt wertvoUer sein miissen.
Produktionskosten (als eindeutig quantifizierbarer Inputfaktor) sind somit als Qualitatskriterium bzw. als Indikator fur die Publikumsattraktivitat nur sehr begrenzt von Nutzen. Dem Publikum ist es vom Prinzip her auch ziemlich egal, was zum Beispiel ein Hollywoodfilm oder eine Femsehserie gekostet hat.^^^ Das Publikum bezahlt nicht differenziert nach Herstellungskosten, es zahlt einen Einheitspreis in Geld und/oder Zeit fiir die Rezeption.^^^ Der Erfolg eines Films hangt lediglich von der Fahigkeit ab, die kulturellen und asthetischen Praferenzen des Publikums zu antizipieren und zu befriedigen.^^^ Ein weiteres Beispiel kann anhand einer Analyse des britischen Kommunikationswissenschaftlers Tunstall verdeutlicht werden.^^^ Tunstall vergleicht die Kosten pro Zuschauerstunde fiir fiktionale Programmformen im Femsehen mit und ohne (Kritiker) Prestige in Bezug auf den Publikumserfolg:
Auch eine Starbesetzung (Inputfaktor kiinstlerisches Talent) ist kein wirklicher Garant fiir einen Kinohit. Ahnlich verhalt es sich mit Special Effects (Inputfaktor Technologie), die alleine keinen Erfolg erklaren konnen. Das schlieBt jedoch nicht aus, dass mit der Hohe der Produktionskosten fiir ein Produkt geworben wird. Herstellungskosten werden z.B. genutzt, um auf spektakulare Drehorte, aufwendige Special Effects, den neuesten Stand der Technik oder die Verpflichtung von Stars hinzuweisen. Vgl. Cleve (1999), S. 65ff. Die Preisbildung der Produzenten ist dabei nicht an den eigentlichen Produktionskosten orientiert, was auch bedeutet, dass der Preis seine im Marktmodell vorgesehene Steuerungsfunktion (z.B. auch die Funktion eines Qualitatsindikators) nicht ubemehmen kann. Vgl. Kiefer (2001), S. 303ff Vgl. Aksoy/Robins (1992), S. Iff Tunstall(1993), S. 111.
74
I. Theoretischer Teil: Die Grundlagen des Wachstums von Medienuntemehmen •
Soaps mit geringem Prestige aber groBem Publikum kosten je Zuschauerstunde durchschnittlich ein Pence, in absoluten Kosten je Senderstunde ca. 100.000 150.000 Pfund.
•
Das einzelne Femsehspiel mit hohem Prestige und kleinem Publikum kostet in der Produktion das vier- bis achtfache, unter Beriicksichtigung der Zuschaueranzahl ist es verhaltnismaBig jedoch noch teurer.
•
Femsehspiele sind zudem mit dem hochsten wirtschaftlichen Risiko behaftet, da ihnen allenfalls eine Wiederholung zur Refinanzierung bleibt. Im Gegensatz dazu besteht bei Mini-Serien oder Mehrteilem selbst mit hohem Prestige die Chance, dass das Publikum von Ausstrahlung zu Ausstrahlung wachst, da beispielsweise durch Kritiker, consumption capital aufgebaut wird.^^^
Der Analyse von Tunstall folgend kann davon ausgegangen werden, dass zwischen den Produktionskosten und der Publikumsnachfrage kein direkter Zusammenhang besteht. Es ist auszuschlieBen, dass die einfache Gleichung „je teurer die Produktion, umso groBer das Publikum" zum gewunschten Erfolg fiihrt.^^^ Ahnlich verhalt es sich auch bei den anderen Produktionsfaktoren, auch hier lasst sich eine Unbestimmtheit der Input-Output-Relation feststellen.^^^ Es kann festgehalten werden, dass auch die Nutzung inputbezogener Qualitatskriterien in der Medienbranche schwierig ist. Es erscheint vor dem Hintergrund der Argumentation auBerst schwierig, Medienprodukte qualitatsorientiert zu gestalten. Gelingt es Anbietem von Medienprodukten dennoch, qualitativ hochwertige Medienprodukte nutzerspezifisch zu entwickeln, so bleibt nach wie vor fraglich, ob die hochwertige Qualitat von den Konsumenten „honoriert" wird. Aus der Sicht der Konsumenten ergeben sich medienspezifische Nachfragerunsicherheiten, die eine Qualitatsstrategie weiterhin in Frage stellen. Im Folgenden soUen daher Probleme erortert werden, die aufgrund von medienspezifischen GUtereigenschaften zu Nachfrageunsicherheit fiihren. (b)
Die Probleme einer qualitatsorientierten Produktbewertung
Nachfrageunsicherheiten auf der Seite der Rezipienten entstehen durch Informationsmangel. Hierbei konnen verschiedene Formen der Unkenntnis unterschieden werden:^**"' Die Zusammenstellung von Tunstall macht deutlich, warum Soaps oder Talkshows die bevorzugten Programmformen eines kommerziellen Rundfunks sind: Sie weisen nicht nur geringere Produktionskosten auf, auch die Unsicherheit der Nachfrage kann begrenzt werden. Erfolgreiche Konzepte werden in immer neuen Varianten (Folgen) bis zur Abwanderung des Publikums ausgeschlachtet, weniger erfolgreiche nach wenigen Folgen aufgegeben. Die Unsicherheit der Nachfrage erklart auch die Ergebnisse der amerikanischen Forschung im Bereich der Television Economics, namlich dass kommerzielle Rundfunkveranstalter weniger zur Innovation als zur Imitation und Verdopplung erfolgreicher Rundfunkkonzepte neigen. Vgl. hierzu in einer Zusammenfassung OwenAVildman (1992). Vgl. Cleve (1999), S. 65ff. Selbstverstandlich kann die Input-Output-Relation nicht ganzlich negiert werden, da ja gerade das Mitwirken von Stars die Wahrscheinlichkeit eines Publikumserfolgs erhoht. Nichtsdestotrotz ist die Relation unbestimmt, garantiert werden kann der Publikumserfolg nicht alleine durch die Besetzung. Vgl. Fritsch et al. (1996), S. 21 Iff.
1.2 Die Wachstumsfaktoren unter dem Aspekt medienspezifischer Besonderheiten
75
•
Die Rezipienten konnen die Qualitat eines Gutes nicht oder nur schlecht bewerten, es besteht eine Qualitatsunkenntnis.
•
Die Rezipienten konnen zwar die Qualitat, nicht aber den Nutzen eines Gutes richtig einschatzen, es besteht eine Nutzenunkenntnis.
•
Die Rezipienten konnen den „Markt raumenden Preis", also den Preis, zu dem Angebot und Nachfrage ubereinstimmen, nicht oder nur schwer bestimmen. Es besteht eine Preisunkenntnis.
Obwohl in Bezug auf die Medienindustrie alle drei Formen der Unkenntnis relevant sind, soil sich im Folgenden nur mit der Qualitats- und Nutzenunkenntnis auseinander gesetzt werden, da sich nur diese auf den Differenzierungsfaktor Qualitat beziehen. Die Unkenntnis hinsichtlich der Qualitat bzw. des Nutzens eines Gutes ist von der Art des zu betrachtenden Gutes abhangig. Li vorangegangenen Teilkapiteln wurden bereits Inspektions-, Erfahrungs- und Vertrauensgiiter voneinander abgegrenzt, wobei Medienguter den Erfahrungs- und Vertrauensgiitem zugeordnet wurden. Den mit der GUterart steigenden Grad der Unkenntnis (Informationsasymmetrie) hinsichtlich der Gutqualitat verdeutlicht die Abbildung 1-2:
i
i
100%
Qualitatsunkenntnis
0% Inspektionsgut
Erfahrungsgut
Vertrauensgut
^^
Abbildung 1-2: Qualitatsunkenntnis und GUtertypen (Fritsch et al. 1996, S. 213)
Da bei Erfahrungs- und Vertrauensgiitem eine ex ante Beurteilung der zu erwartenden Qualitat bzw. des zu erwartenden Nutzens, welche im Modell rationalen Konsumentenverhaltens vorausgesetzt wird, per definitionem nicht moglich ist, ist der Marktmechanismus bei derartigen Giitern nicht voU funktionsfahig. Sind namlich die Qualitat und der Nutzen fiir den Konsumenten unbekannt, so kann er seine Praferenzen wegen der fiir ihn bestehenden Qualitatsunsicherheit nicht via Zahlungsbereitschaft oder deren Verweigerung am Markt durchset-
76
I. Theoretischer Teil: Die Grundlagen des Wachstums von Medienuntemehmen
zen.^^ Rationale Konsumentenentscheidungen sind dann mit hohen Such- und Opportunitatskosten verbunden, bei komplexen Erfahrungsgiitem und bei Vertrauensgutem ist rationales Verbraucherverhalten sogar gar nicht moglich.^^^ Symptomatisch fUr eine derartige Giiterkonstellation ist, dass es zu Marktversagen bezUglich der Produktqualitat kommt. Markte, die durch Qualitatsunsicherheiten gepragt sind, tendieren der Industrieokonomik zufolge zu einer qualitativen Verschlechterung, eine Honorierung der Qualitat ist infolge der ex ante nicht zu bestimmenden Eigenschaften der Produkte unwahrscheinlich. Wenn Medienprodukte okonomisch als Erfahrungsgiiter oder, wie z.B. im Fall von Nachrichten, sogar als Vertrauensguter einzustufen sind, ist eine Beurteilung ihres Nutzens bzw. ihrer Qualitat fur den Rezipienten nicht moglich. Als Folgen der aufgezeigten Guterspezifika und der daraus resultierenden Informationsasymmetrie zwischen Rezipient und Produzent werden im Rahmen der Prinzipal-Agent-Theorie zwei Konsequenzen diskutiert: Die Adverse Selection^^^ und Moral Hazard. In der Literatur der neuen Institutionenokonomik werden verschiedene Moglichkeiten diskutiert, um dem Problem der Informationsasymmetrie zwischen Produzent und Konsument zu begegnen. Es wird hierbei eine Reihe von marktlichen Losungen vorgeschlagen, um fehlende oder qualitativ unzulangliche Information auf Seiten der Konsumenten auszugleichen. Grundsatzlich konnen dabei Moglichkeiten der Informationsnachfrage (Screening) und der Informationsubertragung (Signaling) unterschieden werden: •
Bei der Informationsnachfrage verbessert der uninformierte Konsument seinen Kenntnisstand durch Selbstinformation oder durch die Einschaltung spezialisierter Dritter.
•
Bei der Informationsubertragung wird Information durch den besser Informierten (Produzent) bereitgestellt. Als Moglichkeiten zum Abbau von Informationsdefizi-
Die Zahlungsbereitschaft der Konsumenten darf bei Erfahrungs- oder Vertrauensgiitem nicht als Indiz fiir zugrunde liegende Praferenzen interpretiert werden, da sich ja immer eine unbekannte Anzahl von Verbrauchem im Erfahrungsprozess mit der zugrunde liegenden Produktqualitat bzw. dem zugrunde liegenden Produktnutzen befmdet und das Urteil dann auch negativ ausfallen kann, Vgl. Kunz (1985), S. 80ff. 265
In der Literatur werden unkomplizierte, kurzlebige und giinstige Erfahrungsgiiter als Nelson-Giiter bezeichnet. Bei komplexen Erfahrungsgiitem spricht man von Akerlof-Giitem. Vgl. Akerlof (1970), S. 488ff. Vgl. Ruller (2000), S. 10. Da die Adverse Selection fiir den Bereich der Medien von besonderer Relevanz ist, soil diese kurz skizziert werden. Die Adverse Selection beschreibt einen Prozess im marktlichen Geschehen zu Lasten der Qualitat. Ist der Rezipient beispielsweise nicht in der Lage, die Qualitat von Produkten zu erkennen, kann er seine Zahlungsbereitschaft (z.B. im Sinne von „Zeit" bei einer TV-Sendung) nicht an der von ihm praferierten Qualitat ausrichten. Das bedeutet, dass er auch nicht bereit ist, die in der Regel hoheren Kosten der Produzenten fiir hohere Qualitat, z.B. im Sinne der Einschaltquote, zu honorieren. Produzenten, welche qualitativ hochwertige und damit teurere Produkte produzieren, drohen dadurch Verluste. Der so genannte Akerlof-Prozess setzt ein, d.h. die Qualitat der angebotenen Giiter sinkt solange, bis letztlich nur noch mindere Qualitat angeboten wird, der Markt versagt in Bezug auf die ProduktquaUtat.
1.2 Die Wachstumsfaktoren unter dem Aspekt medienspezifischer Besonderheiten
77
ten des Verbrauchers werden die Moglichkeiten des Reputationsaufbaus (Marken) und das Einraumen eines Garantierversprechens unterschieden.^^^ Die Moglichkeiten der Informationsnachfrage durch Selbstinformation werden in der Medienbranche haufig genutzt. So informieren sich Rezipienten beispielsweise bei Bekannten, ob das eine oder andere Buch oder der ein oder andere Film zum empfehlen sei. Bei aktuellen Medien mit kurzer Periodizitat (z.B. Tageszeitung, TV, Horfunk), die ein taglich neues Produktbiindel anbieten, ist die Informationsnachfrage im Sinne einer ex ante Qualitatsbeurteilung aber aufgrund der hohen Suchkosten kaum moglich. Informationen werden nur so lange gesucht und nachgefragt, wie der erwartete Nutzen die entsprechenden zusatzlichen Kosten ubersteigt.^*^^ Problematisch ist, dass eine Bewertung der Informationskosten vor dem Hintergrund des Nutzens eine optimierte Entscheidung voraussetzt, dass der Nutzen der altemativen Angebote richtig eingeschatzt werden kann, also keine Nutzenunkenntnis vorliegt. Da bei immateriellen Gtitem die Gefahr der Unterschatzung anfallender Nutzen groBer ist als bei materiellen Giitem, ist die Gefahr der Unterschatzung bei Medienprodukten zumindest prinzipiell gegeben.^^* Hinzu kommt, dass dem Rezipienten, wie bereits dargelegt wurde, in der Regel kein rationales Nutzenkalkiil im Sinne eines homo oeconomicus unterstellt werden kann. Eine Bewertung des langfristigen Nutzens von Medienprodukten ist fur das jeweilige Individuum kaum moglich.^^^ Eine weitere Moglichkeit der Informationsnachfrage ist das Lesen von Kritiken, Umschlagtexten in Biichem etc. Sie entspricht der zweiten Screening-Moglichkeit, dem Einschalten spezialisierter Dritter. Die Brauchbarkeit von Kritiken in Zeitungen und Zeitschriften ist jedoch eingeschrankt, wenn es sich um ex post Betrachtungen handelt. Im Rahmen der Diskussion um die Informationsmangel wurde des Weiteren auch eine Stiftung Medientest vorgeschlagen,^ ^ es bleibt jedoch abzuwcirten, inwieweit eine derartige Moglichkeit umgesetzt
Neben den marktlichen Losungen konnen auch staatliche Eingriffe zum Abbau von Inforaiationsasymmetrien genutzt werden. Denkbar sind hier Verpflichtungen fiir den Produzenten zur Information, Garantieverpflichtungen oder Zulassungsbeschrankungen fiir freie Berufe, etc. Derartige Ansatze sind im Bereich der Medien noch nicht ausreichend getestet. Wahrend der Weg iiber Informationsverpflichtungen fiir den Anbieter wegen der Komplexitat der Medien als Informationsgiiter tendenziell eher schwierig zu realisieren ist und sich derzeit auf Einzelaspekte, wie beispielsweise auf die Deklarierung von Werbung oder auf Hinweise auf Brutalitat erstreckt, sind Mindeststandards und Zulassungsbeschrankungen zumindest im Bereich der elektronischen Medien zwar erprobte, aber bislang nicht sonderlich erfolgreiche staatliche Eingriffsmoglichkeiten. Vgl. Lange (1991), S. 8ff.; Kruse (1996), S. 25ff.; Roper (1996), S. 610ff. Vgl. Kiefer (2001), S. 336. Vgl. Fritsch et al. (1996), S. 228f. Wenn man an die widerspriichlichen Befunde aus der Wirkungsforschung denkt, gilt dies offenbar auch fiir die Experten. Vgl. Kiefer (2001), S. 337. Vorschlage hierzu wurden vor allem durch die so genannte Weizacker-Kommission vorgeschlagen. Hierbei handelt es sich um ein Spezialistenmodell, wobei die Informationen iiber die Medienprodukte koUektiv bereitgestellt wiirden. Beauftragt werden soUte eine aus offentlichen Mitteln fmanzierte Institution vergleichbar mit der Stiftung Warentest. Vgl. Groebel (1995).
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I. Theoretischer Teil: Die Grundlagen des Wachstums von Medienuntemehmen
werden kann. Festzuhalten bleibt, dass es zwar durchaus Moglichkeiten der Informationsnachfrage gibt, diese jedoch mit Suchkosten verbunden sind. Neben der Moglichkeit der Informationsnachfrage hilft auch die Informationslibertragung (Signaling) durch Medienanbieter, die Informationsmangel zu iiberbrlicken. Signaling beschreibt dabei die Bereitstellung von Informationen durch die besser informierte Marktseite. Ausgangspunkt der Uberlegung ist die Annahme, dass es fur beide Marktseiten (Rezipient und Medienanbieter) vorteilhaft ist, wenn Informationsmangel abgebaut und die Funktionsfahigkeit des Marktes erhoht wird. Wesentlichste Instrumente zum Abbau der Informationsmangel auf Seiten des Verbrauchers sind der Reputations- bzw. Markenaufbau und Garantieversprechen. Der Aufbau von Reputation im Sinne des Markenaufbaus wurde bereits in Teilkapitel 1.2.1 detailliert beschrieben, an dieser Stelle sollen nur noch wenige Details hervorgehoben werden. Aus okonomischer Sicht hat der Aufbau von Reputation „den Charakter einer Investition, die es ermoglicht, hohe Qualitat gewinnbringend zu vermarkten und einen hoheren als den kostendeckenden Preis zu erzielen".^^^ Der Reputationsmechanismus funktioniert vor allem dann, wenn ein Produkt haufig gekauft wird, die Qualitat nach dem Kauf bewertbar und der Anbieter langfristig am Markt zu bleiben beabsichtigt. Wenn alle drei Bedingungen gegeben sind, kann der Konsument mit groBer Sicherheit annehmen, dass der fur eine bestimmte Qualitat bekannte Anbieter trotz der bestehenden Informationsasymmetrie die gewunschte Qualitat auch liefert. Diese Strategic spielt, wie bereits angemerkt wurde, im Medienbereich zweifelsfrei eine groBe RoUe. Als Beispiel kann das Verlagswesen angefiihrt werden, in welchem die Reputation mit steigendem Medienangebot als Differenzierungskriterium zusatzlich an Bedeutung gewinnt. Davon unberiihrt bleibt jedoch der Umstand, dass Qualitat vom Anbieter definiert wird, vom Rezipienten kaum zu bewerten oder zu kontrollieren ist und die Qualitatsvorstellungen und -kriterien von beiden erst einmal aufeinander abgestimmt werden miissen. Mit Garantieversprechen (Uber das gesetzlich vorgeschriebene MaB) signalisiert der Produzent, dass er hohe Qualitatsanforderungen an das eigene Produkt stellt. Eine Ubertragbarkeit von Garantieversprechen ist bei Medienprodukten jedoch nur eingeschrankt vorstellbar, da die zu erwartende Leistung in Bezug auf das Kemprodukt unklar definiert ist. Realistisch erscheint allenfalls ein Garantieversprechen in Bezug auf das formale und erweiterte Produkt, zum Beispiel mit Blick auf die Tragerqualitaten. Die weitgehende Unmoglichkeit fur den Rezipienten, die Qualitat von Medienprodukten zuverlassig zu bewerten, lasst Garantieversprechen - sofem diese nicht ausschlieBlich strategischer Absicht dienen - ins Leere laufen. AbschlieBend lasst sich konstatieren, dass die aufgrund medienspezifischer Gutereigenschaften bestehenden Informationsasymmetrien zwischen Medienanbietern und Mediennachfragem nur unzureichend abgebaut werden konnen. Wahrend die Moglichkeiten der Informationsnachfrage durch Selbstinformation oder durch die Einbeziehung spezialisierter Dritter vor allem bei periodischen Medienprodukten (z.B. Zeitungen) unverhaltnismaBig hohe Such-
Vgl. Fritsch et al. (1996), S. 222.
1.2 Die Wachstumsfaktoren unter dem Aspekt medienspezifischer Besonderheiten
79
Oder Opportunitatskosten verursacht, sind auch die Moglichkeiten der Informationsubermittlung eingeschrankt. Garantieversprechen oder staatliche Eingriffe sind wenig viel versprechend, da es sich um auBerst komplexe Guter handelt. Allenfalls der Aufbau von Reputation mit Hilfe von Marken erscheint - wie bereits dargestellt wurde - eine geeignete Moglichkeit zum Abbau von Informationsasymmetrien zu sein.
1.2.3
Innovation als notwendiger und herausfordernder Differenzierungsfaktor einer Wachstumsstrategie fiir Medienunternehmen
Das Teilkapitel 1.2.3 widmet sich dem Spannungsfeld von Innovation als Differenzierungsund Risikofaktor. Die Einfiihrung neuer Produkte wurde als ein weiterer wesentlicher Faktor zur Beeinflussung des Untemehmenswachstums identifiziert. Dies gilt auch fiir die Medienindustrie, da aufgrund der hohen Verderblichkeit von Medienprodukten ein permanenter Innovationsfluss erforderlich ist. Im Folgenden wird daher zunachst aufgezeigt, dass in der Medienindustrie ein Zwang zur Innovation unterstellt werden kann (1). Da die Einfiihrung neuer Produkte mit einem erheblichen Risiko verbunden ist, versuchen die Untemehmen das Risiko bei der Einfiihrung neuer Produkte zu begrenzen. Die Mechanismen zur Risikoreduktion wirken jedoch kontrainnovativ. Als besondere Herausforderung fiir Innovationen in der Medienbranche kann daher die Handhabung der Risikoreduktion angesehen werden (2). (1)
Der Zwang zur Innovation bei Medienprodukten
Die Medienproduktion ist von Eigenschaften gekennzeichnet, welche eine permanente Innovationstatigkeit der Anbieter erfordert. Zu nennen ist zum einen die hohe Verderblichkeit von Inhalten sowie zum anderen der technologische Fortschritt, welcher zur Verderblichkeit der Tragertechnologie beitragt (a). Aus der Verderblichkeit resultierende Innovationen konnen inhaltlicher oder technologischer Natur sein (b). Da die potenziellen Innovationen jeweils beide Treiber als Ursache aufweisen konnen, lassen sich verschiedene Innovationstypen in einer 2 X 2-Matrix ableiten (c), welche im Teilabschnitt 1.2.3 (2) als Basis zur Analyse von Risikoreduktionsmechanismen herangezogen wird. (a)
Die Verderblichkeit von Medienprodukten als Treiber der Innovation
Medienprodukte sind in zweierlei Hinsicht von der Zeitelastizitat betroffen. Zu unterscheiden ist die Zeitelastizitat in Bezug auf die Medieninhalte (Kemprodukt) und auf die Tragertechnologie (formales Produkt).^^'* Da bei Medienprodukten tendenziell von einer hohen Zeitelastizitat auszugehen ist, soil im Folgenden von „Verderblichkeit" in Analogic auf die hohe Zeitelastizitat von frischen Lebensmitteln gesprochen werden.
Im Zusammenhang mit der eingeschrankten Marktfahigkeit wurde bereits erlautert, dass Mediengiiter sehr zeitelastisch sind. Die Zeitelastizitat wurde bislang jedoch lediglich auf den Inhalt hinsichtlich der Aktualitat des Inhalts bezogen. Vgl. hierzu Abschnitt 1.2.3. Der Bezug auf die Tragertechnologie verdeutlicht, dass auch die Veralterung der Technologic, z.B. bei Tontragern, zur Zeitelastizitat fiihren kann.
80
I. Theoretischer Teil: Die Grundlagen des Wachstums von Medienuntemehmen
Laut Luhmann erzeugen Massenmedien den Bedarf, redundierte Information durch neue Information zu ersetzen.^^^ Der Bedarf nach Neuheit muss als Zwang zu standiger Produktion und Vemichtung interpretiert werden, da es sich bei Medienprodukten genau genommen um (inhaltlich) sehr verderbliche Produkte handelt. Besonders betroffen sind dabei naturlich aktuelle, joumalistische Informationsprodukte mit hoher Zeitelastizitat.^^^ Diese sind aufgrund ihrer hohen Verderblichkeit besonderen Einschrankungen unterworfen.^^^ Der hier aufgezeigte Mechanismus des verkurzten Produktlebenszyklus^^* greift jedoch nicht nur bei tagesaktuellen Medien, auch Zeitschriften und sogar der Spielfilm weisen vergleichsweise kurze Produktlebenszyklen auf.^^' Fans einer Daily Soap erwarten eine permanente Produktinnovation, da nur verschiedene Variationen eines Themas eine gleich bleibend hohe Quote garantieren. Die Verderblichkeit von Produkten ist nicht ausschlieBlich auf inhaltliche Komponenten (das Kemprodukt) zu beziehen. In der Medienbranche sind auch technische Komponenten (z.B. die Tragermedien) von Relevanz. Es wurde bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass die Entwicklung neuer Technologien einen inmiensen Einfluss auf die Medienbranche ausUbt. Wesentlich ist dieser Einfluss im Zusammenhang mit der Innovationstatigkeit der Medienuntemehmen, da diese die Moglichkeiten der Technologien vor dem Hintergrund der Nutzerpraferenzen nutzen miissen.^*^ Der technologische Fortschritt fuhrt zu einer (technologischen) Vgl. Luhmann (1996), S. 44. Die Zeitung von gestern hat in der Regel nur noch Altpapierwert, die Wetterkarte von vorgestern hat keinen direkten Nutzen fiir die Rezipienten. So ware es beispielsweise unter den Gesichtspunkten von Skalenvorteilen okonomisch sinnvoll, wenn die First Copy einer Zeitung einer unbegrenzt groBen Zahl von Rezipienten durch Vervielfaltigung verfugbar gemacht wiirde. Vor dem Hintergrund der Verderblichkeit seiner Zeitung wird ein Verleger seine Druckkapazitaten wie auch sein Vertriebssystem aber so auslegen, dass er die produzierte Auflage auch innerhalb der relevanten Zeitspanne (bei Tageszeitungen weniger als ein Tag) absetzen kann. Das hier aufgezeigte spezifische Risiko von Tageszeitungen wird in der Presse in der Regel durch vertikale Integration der verschiedenen Wertschopfungsstufen abzufedem versucht. Das Produktlebenszykluskonzept besagt, dass Produkte wie Lebewesen dem „Gesetz des Werdens und Vergehens" unterliegen, sie werden „geboren, wachsen, werden alt und sterben." Als Griinde werden in der Literatur verschiede Ursachen, wie z.B. die Ausschopfung des Nachfragepotenzials, Anderungen der Nachfrage und vor allem der technische Fortschritt, diskutiert. Dieser Sachverhalt fiihrt dazu, dass Produkte eine begrenzte „Lebensdauer" haben und am Markt verschiedene Phasen durchlaufen. In der Regel werden dabei folgende Phasen unterschieden: Die Einfuhrungsphase, die Wachstumsphase, die Reifephase, die Phase der Marktsattigung und die Degenerationsphase. Vgl. Meffert/Bruhn (2000a), S. 339. Ca. 60 bis 70% der Auflage von Zeitschriften werden am Erscheinungstag abgesetzt, der GroBteil der verbleibenden Exemplare am darauf folgenden Tag. Die punktliche Auslieferung wird so zum kritischen Erfolgsfaktor. Vgl. Ludwig (1994), S. 178. Auch bei Spielfilmen kann von einer gewissen, wenn auch im Vergleich eingeschrankten Verderblichkeit des Produktes ausgegangen werden. Kinostatistiken zufolge nimmt die Nachfrage nach einem Spielfilm im Kino sehr schnell ab. Ca. 60% der Besucher entfallen auf die ersten 4 Wochen nach der Einfiihrung. Vgl. Frank (1993), S. 43. Wie das Beispiel der Musikindustrie lehrt, kann in diesem Zusammenhang von einem Innovationszwang gesprochen werden, da eine Ignorierung der Moglichkeiten Existenz bedrohende Auswirkungen haben kann. Grundsatzlich ist von einer Interdependenz zwischen Kundenbediirfnissen und technologischem Fortschritt auszugehen, da sich die Kundenbediirfnisse einerseits am technologischen Fortschritt orientieren („Push" der Anbieter), andererseits sich die Anbieter bei der Entwicklung neuer Technologien auf die
L2 Die Wachstumsfaktoren unter dem Aspekt medienspezifischer Besonderheiten
81.
Verderblichkeit der Vorgangertechnologien. Diese konnen im Zuge der Marktentwicklung an Relevanz fiir die Zukunft verlieren,^^^ eine Anpassung der Formate seitens der Anbieter ist erforderlich. (b)
Ansatzpunkte fiir Innovationen in der Medienbranche
Dem Innovationszwang kann und muss auf unterschiedliche Weise begegnet werden. Hierbei sollen im Rahmen der vorliegenden Arbeit die inhaltliche und technische Dimension der Innovation unterschieden werden:^^^ Die inhaltliche Dimension der Innovation bezieht sich lediglich auf die inhaltlichen Themen eines Mediums (Information und Unterhaltung). Die Notwendigkeit der inhaltlichen Innovation kann dabei sowohl auf der inhaltlichen als auch auf der technologischen Verderblichkeit beruhen. Wie bereits erlautert wurde, miissen die Medieninhalte aufgrund der inhaltlichen Verderblichkeit permanent variiert werden, es handelt sich dabei in der Regel um Variationen immer gleicher Themen (Liebe, Krankheit, Tod, Gewalt, etc.). Derartige Innovationen sollen aus diesem Grund im Folgenden als „Themenvariation" bezeichnet werden. Inhaltliche Variationen konnen jedoch auch auf technologischem Fortschritt beruhen. Als Beispiele fiir diesen Zusanmienhang und die daraus resultierenden Folgen auf die Medienproduktion lasst sich die Einfuhrung von inhaltlich besonders aufbereiteten Editionen im technisch (veralteten) Format anfiihren. Diese weisen in der Regel einen emotionalen, nostalgischen Wert auf und werden haufig als Sammlereditionen herausgegeben. Im Folgenden soil daher von einer „Wertigkeitsvariation" gesprochen werden. Die technologische Dimension der Innovation bezieht sich auf Variationen im technologischen Bereich, wobei auch hier sowohl die inhaltliche als auch die technologische Innovation die Ursache sein kann. Wenn technologische Innovationen aufgrund der inhaltlichen Verderblichkeit eingefuhrt werden, so geschieht dies, um den Inhalt iiber eine verbesserte Wahmehmung zu aktualisieren. Der technologische Fortschritt bezieht sich auf den urspriinglichen Inhalt und das urspriingliche (Trager-)Medium, verbessert aber das Gesamtprodukt hinsichtlich der Wahmehmung.^^^ Medienanbieter sind gezwungen, mit diesen Entwicklungen „mitzuhalten", um den Kundenbediirfnisse beziehen („PuH" durch die Konsumenten). Auf den letzteren Fall wird im nachfolgenden Abschnitt (c) eingegangen. 281
Dies gilt nicht fiir alle Mediengattungen. Wahrend die technologische Verderblichkeit bei den elektronischen Medien kaum zu hinterfragen ist, lasst sich dies bei den Printmedien nur bedingt feststellen. Technologische Innovationen bei den Printmedien beziehen sich in der Regel auf Prozessinnovationen, die an dieser Stelle nicht naher untersucht werden sollen. Beide Dimensionen konnen sowohl auf der technischen als auch auf der inhaltlichen Verderblichkeit als Treiber beruhen. Der technologische Fortschritt beschreibt also eine technologische Verbesserung, welche sich auf die verbesserte Befriedigung herkommlicher Nutzerpraferenzen bezieht (z.B. verbesserte Tonqualitat beim Film durch Dolby-Surround Technologic). Als Beispiele konnen auch der Einsatz neuerer Produktionstechniken im Rundfunk, wie die „Magnetische Aufzeichnung" (MAZ), die „Elektronische Berichterstattung"
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I. Theoretischer Teil: Die Grundlagen des Wachstums von Medienuntemehmen
sich an diese Standards gewohnenden Konsumenten das entsprechende Produkt anbieten zu konnen. Derartige Innovationen beziehen sich weder auf den Inhalt, noch auf das Format des Medienproduktes. Da sie sich auf die Wahmehmung beziehen, sollen sie im Folgenden als „Wahmehmungsvariation" bezeichnet werden. Bezieht sich die technologische Innovation auf die technologische Verderblichkeit, so fiihrt dies in der Regel zu technologisch weiterentwickelten Tragertechnologien.^^ Die technologische Entwicklung bezieht sich noch auf den urspriinglichen Inhalt, wobei die Konsumenten eine Anwendung auf unterschiedlichen (Trager-)Medien fordem. Medienanbieter sind gezwungen, bestehende Inhalte auch in anderen Formaten zuganglich zu machen. Die Innovation bezieht sich somit auf das Format, entsprechend sollen derartige Innovationen als „Formatierungsvariation" bezeichnet werden. Basierend auf der technologischen Entwicklung kann noch eine weitere Innovationsart unterschieden werden, welche eine Re-Kombination bzw. Neuinterpretation der Inhalte erfordert. Die Medienanbieter sind hierbei gezwungen, neue Wege zur Befriedigung der veranderten Nutzerpraferenzen zu entwickeln. Die Innovationen beziehen sich sowohl auf das Format als auch auf den Inhalt der Medienprodukte, sie sollen daher als „Neukreationen" bezeichnet werden.^*^ (c)
Innovationstypen in der Medienindustrie
Auf den vergangenen Seiten wurde ausgefuhrt, dass die Treiber der inhaltlichen und technologischen Verderblichkeit Innovationen in der Medienbranche notwendig machen. Des Weiteren wurde aufgezeigt, dass als zwei unterschiedliche Ansatzpunkte zur Innovation die inhaltliche und technologische Dimension unterschieden werden miissen. Da sowohl inhaltliche als auch technologische Innovationen auf beiden Treibem (also der inhaltlichen und technologischen Verderblichkeit) basieren konnen, ist eine Kombination zwischen Treibem und Ansatzpunkten in einer 2 x 2-Matrix zulassig. Als Ergebnis lassen sich die bereits angesprochenen unterschiedlichen Innovationstypen unterscheiden, welche in Abbildung 1-3 dargestellt sind.
(EB), „Sattelite News Gathering" (SNG) und schlieBlich „Digital News Gathering" (DNG) angefuhrt werden. Die hier angefiihrten Techniken stellen streng genommen zwar Prozessinnovationen dar, welche eine effizientere Produktion aktueller Medieninhalte ermoglichen. Wesentlich ist, dass sie jedoch auch den Charakter der Medieninhalte selbst verandem. Wie folgendes Zitat verdeutlicht, fiihrte DNG zu einer neuen Form des Fernsehjoumalismus: „Ein neuer Fernseh-Joumalismus ist schon durch die technischen Moglichkeiten wie „Paint Box" und „Blue Screen" entstanden, die alle moglichen (Unterhaltungs- und Verfremdungs-) Effekte anbieten, aber auch schon nicht mehr der „neueste Schrei" sind. Solche visuellen Prasentationsmittel, die veranderte Bildgeschwindigkeiten, ungewohnliche optische Reize und mit Hilfe von Computeranimationen fiktionale Verfremdungen in virtuellen Raumen erlauben, gehoren inzwischen zum „Handwerkszeug" in (mehr oder weniger) politischen Magazinsendungen; virtuelle Sport-Studios suggerieren, dass die Moderation direkt aus einem riesigen FuBballstadion iibertragen wird - alles Schein auch hier" (Weischenberg 1995, S. 53). Eine Innovation in Bezug auf das Tragermedium, welche auf technologischem Fortschritt basiert, ist beispielsweise das MP3-Format fiir Musik. Neukreationen lassen sich vor allem im Bereich der neuen Medien finden. Die Nutzung einer neuen Technologic erfordert auch ein erweitertes Spektrum an Inhalten. Als Beispiel konnen hier Texte mit Hypertext-Funktion genannt werden.
1.2 Die Wachstumsfaktoren unter dem Aspekt medienspezifischer Besonderheiten
83
Wie im Teilabschnitt (2) zu zeigen ist, gehen mit den verschiedenen Innovationstypen unterschiedlich hohe Risiken einher. Auch finden sich in der Medienbranche im Hinblick auf diese Innovationstypen verschiedene Risikoreduktionsstrategien, welche sich kontrainnovativ auswirken konnen.
Abbildung 1-3: Innovationstypologie bei Medienprodukten
(2)
Risiko und Risikoreduktion als kontrainnovative Besonderheiten der Medienbranche
Im vergangenen Kapitel wurde dargelegt, wie notwendig ein permanenter Innovationsfluss in der Medienbranche ist. Die Nutzung von Innovationen als Differenzierungsfaktor in der Medienbranche ist jedoch nicht ganz unproblematisch. Als Griinde hierfur sind zum einen das hohe Risiko von Innovationen in der Medienbranche zu nennen (a), zum anderen wirken Risikoreduktionsstrategien kontrainnovativ. Auf Basis der abgeleiteten Innovationstypologie sind Risikoreduktionsstrategien bei inhaltlichen Innovationen (b) und bei technologischen Innovationen (c) zu unterscheiden. Da Neukreationen eine Kombination aus (b) und (c) sind, soil eine explizite Diskussion dieser nicht stattfinden. (a)
Das Risiko bei der Medienproduktion
Das Geschaft mit Medienprodukten ist aufgrund verschiedener Besonderheiten als besonders risikoreich und damit als innovationshemmend einzustufen. Ausgehend vom Beispiel der Filmindustrie kann konstatiert werden, dass nur ca. 10% der produzierten Filme die okonomische Minimalforderung, namlich das Einspielen der verursachten Kosten (ohne Gewinn), erfullen, wahrend ungefahr 60% ein Verlustgeschaft darstellen. Lediglich 20-30% der produ-
84
I. Theoretischer Teil: Die Grundlagen des Wachstums von Medienuntemehmen
zierten Filme werfen einen Gewinn ab.^*^ Welche AusmaBe ein derart hohes „Flop-Risiko" hat, wird deutlich, wenn man sich die hohen Kosten der Medienproduktion vergegenwartigt: Einer Meldung der FAZ aus dem Jahre 1993 zu Folge lag das durchschnittliche Budget ftir die Produktion eines europaischen Spielfilms schon vor 12 Jahren bei ca. $ 3,5 Mio., in den USA kann von dem funffachen Budget ausgegangen werden. Hierbei ist gesondert ins Kalktil einzubeziehen, dass die Abweichungen nach oben beachtlich sein konnen.^^^ Auch TV-Produktionen konnen mitunter sehr teuer werden. In den vergangenen Jahren ist zudem ein deutlicher Anstieg von Produktionskosten (auch bei Durchschnittsproduktionen) zu verzeichnen, welcher auf die knappe Ressource kiinstlerischen Talents zuriickzufuhren ist: „Wahrend vor 10 Jahren ein Femsehspiel noch mit 1 bis 1,2 Mio. DM hergestellt werden konnte, muss bei vergleichbarer Qualitat heute ein Preis von 2-2,3 Mio. DM aufgewandt werden." (Bundesverband Deutscher Femsehproduzenten 1999, S. 17). Die hohen Produktionskosten alleine sind jedoch nicht der Grund fiir das groBe Risiko der Medienproduktion, sind doch auch andere Wirtschaftsbereiche auBerst kostspielig. Als spezifische Ursachen fUr das hohe Risiko konnen als wichtigste die spezifische Kostenstruktur, die Immaterialitat des okonomischen Guts, die Unsicherheit der Nachfrage, der stete Zwang zur Innovation und damit verbunden in der Regel kurze Produktlebenszyklen, die Notwendigkeit zur zeitlichen (und teilweise raumlichen) Synchronisation von Produktion und Distribution (Uno-actu-Prinzip) sowie diffuse Qualitatskriterien genannt werden.^^^ Die bereits angesprochenen hohen Kosten fiir einen Film wie beispielsweise „Independence Day" fallen aufgrund der Unteilbarkeit des Produktes im voUen Umfang an, bevor der Film auf den Markt kommt. Erst nach der Markteinftihrung wird sich zeigen, ob es sich um einen „Hit" oder um einen „Flop" handelt, eine Fehleinschatzung seitens der Produzenten beztiglich der Nachfrage des Publikums kann ex post nicht mehr korrigiert werden, es handelt sich um „sunk costs". Der Produzent oder gegebenenfalls der Verleger bei Buchem oder CDs (der dariiber hinaus auch noch die Kosten fiir die Produktion der Erstauflage tragen muss) tragt ein hohes Risiko. Der Grund hierfiir liegt in einer Spezifitat von Medienprodukten, der Immaterialitat des Inhalts, begriindet, der zunachst keinen okonomischen Wert darstellt, da im Medieninhalt keinerlei materiellen Werte verarbeitet sind. Im Unterschied dazu weist ein Schmuckstiick aus Gold, welches fiir den Kaufer aufgrund der kreativen Verarbeitung seinen Wert erhalt, zumindest den Wert in Gold auf. Beim immateriellen Medieninhalt fehlen materielle Inputs, die Vgl. Frank (1993), S. 56. Eine ahnliche Relation von „Hits" und „Flops" in der Medienindustrie fmdet sich bereits im Jahr 1767 bei dem franzosischen Enzyklopadist Denis Diderot, der in einer Denkschrift zur Lage des Buchhandels darauf verweist, „dass am Ende der Rechnung man bei zehn verlegerischen Untemehmungen mit nur einer - und das ware viel - zu Erfolg kommt, wahrend vier auf Dauer gerade die Kosten einbringen und man mit fiinfen Verluste erleidet". (Zitiert nach Tietzel (1995), S. 38.) Die Filmproduktion des Filmhits „Independence Day" kostete laut Filmecho/Filmwoche ca. $ 80 Mio. Vgl. hierzu auch die folgenden AusfUhrungen (1.2.1 bis 1.2.4) oder Collins et al. (1988), S. 6ff. Vgl. Wieland (1994), S. 224.
1.2 Die Wachstumsfaktoren unter dem Aspekt medienspezifischer Besonderheiten
85
einen Mindestwert determinieren. Medieninhalte zeichnen sich ja gerade dadurch aus, dass es sich um geistige, kreative und kiinstlerische Leistungen in gebiindelter Form handelt. Auch die Materialitat des formalen Produktes (z.B. bedruckte Zeitung) vermag nichts an dieser Besonderheit zu andem, da der Trager „Papier" (oder auch CDs etc.) lediglich zusatzliche Kosten verursacht und nach dem Druck nicht mehr fiir andere Zwecke genutzt werden kann. Medienprodukte erhalten, ahnlich wie auch Dienstleistungen, ihren Wert durch die Nachfrage. Medienprodukte brauchen den extemen Produktionsfaktor „Publikum", welcher den Wert des Produktes determiniert. Findet sich kein Publikum, so sind die angefallenen Kosten fur die Erstellung des Medienproduktes verloren. Verscharft wird das Risiko durch die anderen, in den vorangegangenen Teilkapiteln erorterten Risikofaktoren (Unsicherheit der Nachfrage, Innovationszwang, diffuse Qualitatskriterien). Die hier beispielhaft illustrierten Risikofaktoren beziehen sich auf die inhaltliche Dimension des Risikos im Sinne des Innovationstyps Themenvariation. Es stellt sich daher die Frage, ob diese auch fiir die anderen Innovationstypen, insbesondere in Bezug zur technologischen Dimension, gelten. •
Bei der Wahmehmungsvariation handelt es sich gewissermafien um einen Upgrade bestehender Technologien, welcher in der Regel erst bei der Durchsetzung am Markt zum Innovationszwang fiihrt. Die Wahmehmungsvariation weist daher ein tendenziell geringes Risiko auf.
•
Bei der Wertigkeitsvariation handelt es sich, ahnlich der Wahmehmungsvariation, ebenfalls um einen Upgrade, wenngleich mit inhaltlicher Komponente. Auch hier ist die Einfuhrung am Markt wenig riskant.
•
Anders verhalt es sich bei der Formatierungsvariation, da eine EinfUhrung am Markt das bestehende Geschaftsmodell und bestehende Geschaftsprozesse aufgrund von Substitutionsprozessen substantiell gefahrden kann. Die Einfuhrung neuer Formate kann daher als risikoreich eingestuft werden.
•
Ein hohes Risiko ist bei Neukreationen zu unterstellen, da hierbei sowohl die Formate als auch die Inhalte betroffen sind. Sofem keine bestehenden Inhalte genutzt werden konnen, handelt es sich hierbei um Innovationen mit besonders hohem Risiko.
Es kann folglich konstatiert werden, dass vor allem diejenigen Innovationen risikobehaftet sind, welche neue Inhalte (Themenvariation), neue Formate (Formatierungsvariation) oder eine Neu-Kombination aus Inhalten und Format (Neukreation) zum Ziel haben. Im Folgenden soUen daher diejenigen Risikoreduktionsstrategien untersucht werden, welche sich auf derartige Innovationstypen beziehen. (b)
Risikoreduktionsstrategien bei der Themenvariation
Da die Themenvariation besonders risikobehaftet ist, haben sich in der Vergangenheit Strategien zum Umgang mit den bereits diskutierten Risiken herausgebildet. Hierbei ist zwischen den beiden Grundfunktionen der Medieninhalte Unterhaltung und Information zu differenzie-
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I. Theoretischer Teil: Die Grundlagen des Wachstums von Medienuntemehmen
ren. In beiden Fallen geht es um Besonderheiten in der Organisation des Produktionsprozesses im Sinne inhaltlicher oder herstellungsbezogener Routinen, die sich als Risikoreduktionsstrategien bezeichnen lassen. Risikoreduktionsstrategien bei unterhaltenden Inhalten: Zunachst sollen Strategien zur Innovation unterhaltender Inhalte besprochen werden. Bei den inhaltbezogenen und herstellungsbezogenen Strategien zur Reduktion des Risikos der Produktion von Medienunterhaltung geht es in erster Linie um die Entwicklung von Routinen:^'® •
Als v^'esentlichstes Element inhaltsbezogener Strategien kann der Rtickgriff auf Formate und Stereotypen gesehen werden.^^^
•
Bei den herstellungsbezogenen Strategien spielt der Ruckgriff auf Track Records Oder Marktforschung eine groBe Rolle.
Ein Format besteht aus einem formulierten bzw. weithin anerkannten Bundel an Grundsatzen, welches festlegt, wie der Produktionsinput ausgewahlt und organisiert wird. Im Bereich der „Fiction" Produktion legt das Format beispielsweise fest, wie eine Geschichte erzahlt wird und in welchem Kontext sie spielt.^^^ „Typische Charaktere in einem Western sind der Cowboy, meist einsamer Wolf mit barter Schale (aber gutem Kern), der Bankrauber oder sonstige Finsterlinge, der Sheriff als effizienter oder korrupter Vertreter des Rechts sowie die Grundschullehrerin oder ein anderes weibliches Wesen, fur das der Cowboy zarte Empfindungen hegt. Zwischen diesen vier Charakteren kommt es zu Spannungen, die im Plot erzahlt und aufgelost werden." (Kiefer 2001, S. 200). Innerhalb der Formate ist eine relativ groBe Variation der verschiedenen Elemente moglich, um so dem Erfordemis von Neuheit und Innovation Rechnung zu tragen. Die Reduktion des Risikos wird erreicht, indem die Produktion an bewahrten Ablaufen, auch mit Blick auf die Publikumsattraktivitat, ausgerichtet wird.^^^ Die Entwicklung von Formaten oder altmodischen Genres weicht im Bereich der audiovisuellen Medien weit zuriick. Besonders in der Filmindustrie wurden sie schon sehr friih entwickelt und durch Trial and Error inamer wieder getestet und verfeinert.^^"* Die Zielsetzung 290
Vgl. Kiefer (2001), S. 200. Vgl. Negus (1998), S. 67ff. So spielen der Western beispielsweise im wilden Westen und die Arzt-Serie im Kxankenhaus und naherer Umgebung. Weiterhin sind auch die Charaktere und der Plot an gewissen Grundsatzen orientiert. Ahnliche Formate finden sich auch in anderen Mediengattungen, z.B. „typische" Zeitschriftenformate (Mannermagazine). Rap CDs (Gangster-Image) etc. Der Ruckgriff auf anerkannte Formate hat, neben der Unsicherheitsreduktion fiir die produzierende Organisation wie den individuellen Produzenten noch einen weiteren Vorteil, indem er in der Regel auch die Realisierung der Produktion vereinfacht: So konnen fiir ein relativ erfolgssicheres Format leichter Investoren gefunden werden als fiir ein Avantgarde Projekt, getestete Formate konnen in okonomisch ausgerichteten Organisationen leichter durchgesetzt werden als wirkliche Innovationen. Vgl. Kaminsky (1985).
1.2 Die Wachstumsfaktoren unter dem Aspekt medienspezifischer Besonderheiten
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bei der Entwicklung von Formaten war, dass das Produkt moglichst Vielen gefiel und bei moglichst Wenigen AnstoB erregte. So ist bei der Entwicklung von Formaten darauf zu achten, dass Investoren und Klienten nicht verschreckt werden. Dieser Umstand fUhrt dazu, dass emsthafte kapitalismus- oder werbekritische Aspekte aus der Produktion ausgeschlossen werden und eine tendenziell systembejahende Grundlinie eingehalten wird. Bin Zitat von Horkheimer/Adomo,^^^ welches diese jedes Neue und Risikobehaftete ausschlieBende Strategic kulturindustrieller Produktion durch standigen Riickgriff auf okonomisch bewahrte Formate sehr genau beschreibt, verdeutlicht die Zusammenhange: „Das Neue der massenkulturellen Phase gegeniiber der spatliberalen ist der Ausschluss des Neuen. Die Maschine rotiert auf der gleichen Stelle. Wahrend sie schon den Konsum bestimmt, scheidet sie das Unerprobte als Risiko aus. Misstrauisch blicken die Filmleute auf jedes Manuskript, dem nicht schon ein Bestseller beruhigend zu Gmnde liegt. Darum gerade ist immerzu von „idea", „novelty" and „surprise" die Rede, dem, was zugleich allvertraut ware und nie da gewesen. Dim dient Tempo und Dynamik. Nichts darf beim Alten bleiben, alles muss unablassig laufen, in Bewegung sein. Denn nur der universale Sieg des Rhythmus von mechanischer Produktion und Reproduktion verheiBt, dass nichts sich andert, nichts herauskommt, was nicht passt." (Horkheimer/Adomo 188, S. 142). Der Einsatz von Formaten erschwert somit wirkliche Innovationen in Bezug auf die inhaltliche Gestaltung von Medienprodukten, er wirkt sich kontrainnovativ aus. Eng verbunden mit dem Riickgriff auf Formate als risikomindemde Strategic ist der Einsatz von Stereotypen. Stereotype lassen sich als Darstellungen einer identifizierbaren sozialen Gruppe, welche diese Gruppe mit spezifischen Wesens- oder Verhaltensmerkmalen verkniipfen, definieren. Der Einsatz von Stereotypen ermoglicht die Beschleunigung der Produktion und mindert das Risiko. Als Grund lasst sich die vereinfachte Kommunikation im Produktionsprozess von Medienprodukten anfuhren. So kann der Produzent mit der Talent-Agentur iiber Stereotype sicher kommunizieren, beide haben eine Vorstellung, wie eine typische Karriere- oder Hausfrau, ein typischer Privatdetektiv oder Neo-Nazi aussehen und agieren muss. Da auch Schauspieler und Drehbuchautoren die Regeln kennen, nach denen Stereotypen geformt werden, hilft dies, den Produktionsprozess entsprechend effizienter zu gestalten. Auch die Kommunikation mit dem Kunden wird erleichtert, da dieser das medial Erlebte leichter einordnen kann. Doch auch der Einsatz von Stereotypen fUhrt dauerhaft zum Verlust der Differenzierungsfunktion, welche Innovationen mit sich bringen, da der Riickgriff auf Stereotype das bislang Erlebte repliziert und Neues von den Rezipienten in „alte Schubladen" kategorisiert wird. Neben den inhaltsbezogenen Strategien zur Risikoreduktion bei der Produktion von Unterhaltung lassen sich auch herstellungsbezogene Strategien identifizieren. Diese schlagen sich, im Gegensatz zu den inhaltsbezogenen Strategien, weniger unmittelbar in den Medienprodukten selbst nieder.
Horkheimer/Adomo (1988), S. 142.
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I. Theoretischer Teil: Die Grundlagen des Wachstums von Medienuntemehmen
Die wohl wichtigste herstellungsbezogene Strategie ist die, Produktionsauftrage nach Track Records zu vergeben. Demnach gewinnt die Zahl der Projekte, die ein Produzent bereits mit Erfolg produziert hat, und die Reputation, die er im Laufe seiner Arbeit aufgebaut hat, an Bedeutung.^'^ Ein erfolgreicher Produzent ist nicht nur fur die produzierende Organisation ein risikomindemder Faktor, es lassen sich auch leichter Investoren finden, wenn ein Medienprojekt finanziert werden soil, an welchem ein bekannter Produzent beteiligt ist. Da namlich auch der Produzent ein hohes Risiko tragt, wird dieser seinerseits das eigene Risiko dadurch zu verringem suchen, dass er sich bemiiht, das notwendige kreative Personal aus dem „innersten Zirkel" der Bewahrten und Erfolgreichen anzuheuem.^^^ Problematisch ist, dass sich der dargestellte Mechanismus in der Regel kontrainnovativ auswirkt, da nur eine relativ kleine Zahl von Kreativen zumindest bei groBen Produktionen beriicksichtigt wird. Ein zweites wesentliches herstellungsbezogenes Element zur Reduktion des Risikos bei der Produktion von Unterhaltung ist die Marktforschung. Wie bereits dargelegt wurde, sind dieser im Bereich der Medienbranche enge Grenzen gesetzt. Im Folgenden soUen daher die verschiedenen Bereiche, in denen Marktforschung relevant ist, nur kurz skizziert werden. Grundsatzlich kann Marktforschung im Produktionsprozess von Medien drei Informationsfunktionen tibemehmen:^'* •
Die Marktforschung dient der Markterkundung nach moglichen neuen Produkten Oder neuen Markten,
•
Die Marktforschung dient als Evaluationsstrategie im Entwicklungs- und Produktionsprozess immaterieller Werke mit dem Ziel der Produktoptimierung,^^^
•
Die Marktforschung dient als ErfolgskontroUe der Distribution von Kopien und als MaBstab fur die Publikumsattraktivitat.^^
Die Forschungsergebnisse aus alien drei Funktionsbereichen flieBen in die Produktions- und Entwicklungsentscheidungen der Medienuntemehmen unmittelbar ein. Wie bereits festgestellt wurde, erscheinen die Moglichkeiten der Marktforschung zur Reduktion des Produktionsrisikos - ungeachtet ihres Stellenwerts in den Medienorganisationen - ziemlich begrenzt, ihr Hauptwert scheint vor allem in der Distributions- und ErfolgskontroUe zu liegen.
Vgl, Kallas (1992), S. 33. In den USA wird im Zusammenhang mit den Track Records auch der Begriff des Karriere Portfolios genutzt. Vgl. Ettema et al. (1987), S. 756. Vgl. Ettema et al. (1987), S. 756. Vgl. Kiefer (2001), S. 202. Im Zusammenhang der Evaluation sei auf die bereits erwahnten Bemiihungen der US-amerikanischen TV-Networks verwiesen, welche versuchen, die Erfolgsaussichten von neuen Serien etc. vorab zu testen. Eine derartig intensive Programmforschung ist bei den europaischen Femsehuntemehmen noch immer wenig verbreitet. Vgl. Stipp (1996), S. 388ff. Beispiele fur die dritte Funktion der Marktforschung sind die kontinuierliche Femsehforschung und die regelmaBigen Reichweitenanalysen der periodischen Printmedien und des Horfunks. Vgl. RoeA^andebosch (1996), S. 201ff.
1.2 Die Wachstumsfaktoren unter dem Aspekt medienspezifischer Besonderheiten
89
Fasst man die Moglichkeiten der Risikoreduktion bei der Produktion von Unterhaltung zusammen, so fallt auf, dass die Vorstellungen von den Wunschen und Praferenzen des Publikums eine untergeordnete Rolle bei der Medienproduktion spielen. Die Kundenbediirfnisse scheinen die Arbeit der Medienproduzenten in Bezug auf Innovation kaum zu leiten, es sind vielmehr die Vorstellungen von einem professionell gemachten und deshalb erfolgreichen Produkt.^*^ Die relativ durftigen Vorstellungen von Kreativen und Joumalisten von ihrem Publikum, auf die viele einschlagige Studien verweisen, diirften ihre Ursache wesentlich in diesen Routinen haben und in der daraus resultierenden Orientierung im Produktionsprozess primar an professionellen Standards und Qualitatsdefinitionen, in die allenfalls sekundar Vorstellungen iiber Bediirfnisse und Praferenzen des Publikums einflieBen. Es ist daher nicht verwunderlich, dass wirklich neue Ideen und Konzepte eher die Ausnahme bei der Medienproduktion von Unterhaltung darstellen. Risikoreduktionsstrategien bei informierenden Inhalten: Auch im Bereich informierender Inhalte haben sich inhaltsbezogene und herstellungsbezogene Strategien zur Reduktion des Risikos herausgebildet, auch sie sollen kurz skizziert werden. Die permanente Innovation (bzw. Produktion) von Nachrichten fiihrt in noch groBerem AusmaB als bei der Produktion von Unterhaltung zu einem Risiko. Zum einen liegt dies an der schier uniiberschaubaren Anzahl an Informationen, von welchen die „Richtigen" ausgewahlt werden miissen. Zum anderen liegt dies an der Frage, „wo" Nachrichten entstehen werden.^^^ Um die Unsicherheiten bezuglich der Informationsproduktion abzufangen, werden als inhaltsbezogene Strategic Routinen im Sinne einer „Routinisierung des Unerwarteten" genutzt.^^^ Da es keine Nachrichten „an sich" gibt, miissen Routinen zur Formung der Medieninhalte genutzt werden: „To understand what becomes news we must understand the routines that go into its construction." (Shoemaker/Reese 1991, S. 88) Ahnlich den Mechanismen zur Risikoreduktion bei der Produktion von Unterhaltung gibt es auch bei der Produktion von Nachrichten spezielle Nachrichentypen bzw. Nachrichtenformate. So lassen sich zum Beispiel „hard" von „soft" News oder Blitz- von Dauemachrichten unterscheiden. Die Typisierung des Nachrichtenformats wirkt sich auf den Umgang mit dem Nachrichtenmaterial aus: Blitznachrichten miissen sofort und unter erhohtem Ressourceneinsatz bearbeitet und publiziert werden, wahrend Dauemachrichten wichtig genug sind, um das Thema iiber Tage, Wochen oder gar Monate zu bearbeiten und dementsprechend langfristig zu Planen. Vgl. Kiefer (2001), S. 203. Da die relevanten Nachrichten inzwischen international sind und demnach iiberall entstehen konnen, muss die Organisation, welche Nachrichten produziert, ex ante Entscheidungen daruber treffen, ob und wo sie zum Beispiel Biiros einrichtet und wohin sie Korrespondenten schickt. Da Nachrichten auch an unerwarteten Orten entstehen, wie es beispielsweise bei Katastrophen der Fall ist, herrscht dariiber hinaus auch Unsicherheit, ob und mit welcher Umorganisation der vorhandenen Ressourcen man darauf reagieren soil. Vgl. Tuchman (1973), S. llOff.
90
I. Theoretischer Teil: Die Grundlagen des Wachstums von Medienuntemehmen
Die erwahnten Typisierungen werden in der Regel von den berichtenden Joumalisten selbst getroffen. Da es fur die Auswahlvorgange, welche Nachricht in welcher Form (z.B. Art des Artikels) wie viel Raum einnehmen darf und unter welchem Akzent die Nachricht formuliert wird, keine objektiv anwendbaren Kriterien gibt, helfen Konventionen bei der Bewaltigung der Aufgabe. Die Standardisierung spart Zeit und Miihe und ist gleichzeitig eine „Teilgarantie gegen Misserfolg".^^ Ebenfalls als Routinen zur Bewaltigung von Unsicherheit zu bezeichnen sind auch die in der Kommunikationswissenschaft diskutierten Nachrichtenfaktoren oder Nachrichtenwerte.^^^ Unter Zuhilfenahme dieser Faktoren soil der Journalist in die Lage versetzt werden, iiber die Publikationswurdigkeit von Nachrichtenmaterial zu entscheiden. Zuletzt ist noch auf ein weiteres zentrales Konzept joumalistischer Arbeit einzugehen, welches das Selbstverstandnis von Medienmitarbeitem in Presse und Rundfunk entscheidend pragt: die Objektivitat. Auch das Konzept der Objektivitat lasst sich als Routine zur Reduktion von Unsicherheit interpretieren, da sie als routinemafiiges strategisches Ritual den Joumalisten Sicherheit und Arbeitsfahigkeit garantiert.^^^ Ein Bericht, welcher den Kriterien der Objektivitat^^^ entspricht, wirkt als fair, ausgewogen und neutral. Die Einhaltung von Routinen zur Wahrung der Objektivitat hat fiir Medienorganisationen zweierlei Vorteile: Zum einen bedeutet die Beachtung der Routinen zur Wahrung der Objektivitat dass effizient (und vor allem im vorgegebenen Zeitraum) gearbeitet wird. Andererseits vermeidet die Organisation mit objektiven Berichten auch jeden Arger mit betroffenen Parteien oder der Offentlichkeit.^^^ Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Anwendung von Routinen und Konventionen zu einer Vereinheitlichung der Informationen, zumindest bezogen auf den Medienanbieter, fiihrt und somit als kontrainnovativ einzustufen ist. Als herstellungsbezogene Strategie, welche vor allem die Unsicherheit abbauen soil, dass man am Ort des Geschehens im akuten Fall auch tatsachlich vertreten ist, kann die Inanspruchnahme extemer Dienstleister (z.B. dpa) gewertet werden.^^^ Beriicksichtigt man nun Vgl. Lippmann (1964), S. 240f. Zu unterscheiden sind hierbei die Faktoren raumliche, politische, kulturelle Nahe; Relevanz oder Zentralitat; Prominenz oder Uberraschung. Vgl. Luhmann (1996), S. 53ff. Vgl. Tuchman (1972), S. 660ff.; Tuchman (1973), S. llOff. z.B. das Wichtigste steht immer am Anfang, geschrieben wird in der dritten Person, personliche Meinungen soUen nicht einflieBen oder zumindest kenntlich gemacht werden, Orientierung ausschlieBlich an den Fakten, Betroffene sollen moglichst zitiert werden, in dem Bericht sollen mehr als nur eine Seite dargestellt werden. Vgl. Turow (1992), S. 187. Aktuelle Entwicklungen im Medienbereich unter sich wandelnden technologischen und Umweltbedingungen mit der Tendenz, Medien zunehmend wirtschaftlichen Prioritaten zu unterwerfen, konnten allerdings eine mogliche Auf- oder Ablosung dieses Konzeptes bedeuten. Vorlaufer dieser Entwicklung werden unter dem Vorwand der Emotionalisierung, Personalisierung und Parzellierung des Medienangebots nach immer enger defmierten Interessensgebieten produziert. Vgl. Mast (1998), S. 213ff. Die Nutzung von Nachrichtenagenturen hat in der Medienlandschaft eine gro6e Relevanz. So wickelt die deutsche Fernsehnachrichten Agentur DFA ca. 90% der Berichterstattung aus dem Inland ab sowie fast die gesamte Korrespondententatigkeit im Ausland. Vgl. Curtius (1998), S. 212.
1.2 Die Wachstumsfaktoren unter dem Aspekt medienspezifischer Besonderheiten
91
den Umstand, dass viele Untemehmen vor dem Hintergrund des Kostenproblems Inhalte zukaufen, so uberrascht es nicht, dass sich das Nachrichten-Angebot nachhaltig in Form und Inhalt ahnelt. Der Einsatz derartiger Mechanismen gefahrdet die Differenzierungsmoglichkeiten durch Innovation, er wirkt sich kontrainnovativ aus. (c)
Risikoreduktionsstrategien bei der Formatierungsvariation
Wahrend sich die Medienuntemehmen bei der Themenvariation auf die bislang gemachten Erfahrungen innerhalb des zu betrachtenden Mediums stutzen konnen, ist dies bei technologischen Innovationen in Form der Formatierungsvariation nicht so leicht moglich. Haufig stellt sich die Frage, welches Format bzw. welcher Standard sich in der Zukunft durchsetzen wird. Eine Investition in das falsche Format kann somit sehr kostspielig werden und mitunter die Existenz von einzelnen Untemehmen bedrohen.^^^ Da sich die Umwelt, in welchem sich die Medienuntemehmen bewegen, in Bezug auf den technologischen Fortschritt sehr schnell verandert, sind Formatiemngsvariationen mit groBer Unsicherheit behaftet. Die Flexibihtat, auf Verandemngen der relevanten Umwelt mit einer Adaption friiher getroffener Entscheidungen reagieren bzw. proaktiv bestehende Entscheidungsfreiraume nutzen zu konnen, ist bei der Formatiemngsvariation von groBer Bedeutung.^» Eine Strukturiemng verschiedener Moglichkeiten zum Abbau von Unsicherheiten iiber den Aufbau von Flexibilitat ermoglicht der aus finanzwirtschaftlichen Disziplinen bekannten Realoptionenansatz. Diesem wird ein groBes Potenzial zur Verbessemng des Flexibilitatsmanagements auch in Bezug zum Innovationsmanagement zugesprochen,^^^ er soil daher - ohne auf finanzwirtschaftliche Details einzugehen - im Folgenden als Basis fiir weitere Uberlegungen genutzt werden.^^^ Im Rahmen einer kurzen Erlautemng potenzieller Realoptionen soil diskutiert werden, inwieweit sich diese kontrainnovativ auswirken konnen. Als Realoptionen werden diejenigen Optionen bezeichnet, welche es ermoglichen, Entscheidungen nachtraglich in Hinblick auf neugewonnene Informationen anzupassen. In Analogic zu Finanzoptionen wird die dadurch gewonnene Flexibilitat als Realoption bezeichnet. Im vorliegenden Fall heiBt das, dass Mechanismen gesucht werden, welche das (Investitions-)Risiko in Bezug auf Formatiemngsvariationen verringem helfen.
Als Beispiel kann in diesem Zusammenhang der Video-Markt angefuhrt werden. Am Anfang konkurrierten verschiedene Systeme miteinander (VHS, Video 2000 etc.). 311 312 313
Vgl. Kaluza et al. (1998), S. 15. Vgl. Kulatilaka (1995), S. 99-104. Vgl. fiir den Bereich des strategischen Managements z.B. Amram/Kulatilaka (1999), S. 95ff. und fiir den Bereich des Marketings z.B. Hommel/Ludwig (1999), S. 535ff. In Bezug des Innovationsmanagements bei Medienuntemehmen nutzen ihn z.B. Dimpfel/Sambeth (2003), S. 107ff. Vgl. Huchzermeier/Loch (1999), S. 1.
92
I. Theoretischer Teil: Die Grundlagen des Wachstums von Medienuntemehmen
In der Literatur werden in der Regel neun verschiedene Realoptionstypen"'^^ unterschieden, welche sich unter dem Primat der Anwendungsorientierung in drei Kategorien zusammenfassen lassen:^^^ •
Realoptionen zum Management der Fixkosten sollen den Anteil von sunk costs bei zu tatigenden Investitionen verringem helfen. Unterschieden werden konnen so genannte Warteoptionen (1) und Optionen zur stufenweisen Durchfuhrung einer Investition (2).
•
Realoptionen zum Management der variablen Kosten sollen kurzfristige Anpassungen an sich verschlechtemde wirtschaftliche Rahmenbedingungen ermoglichen. Diese konnen durch Kontraktoptionen (3), Optionen zum temporaren Stopp (4), Optionen zum Projektabbruch (5) sowie durch Input-Wechsel-Optionen (6) erreicht werden.
•
Realoptionen zum Management der Erlossituation sollen einem Untemehmen die Ausweitung der Geschaftstatigkeit zur Erzielung zusatzlicher Erlose sichem. Zu unterscheiden sind Erweiterungs- (7) und Output-Wechseloptionen (8) sowie Wachstumsoptionen (9).
Die nun folgenden Ausfiihrungen zur Beschreibung und Bewertung potenzieller Realoptionen im Bezug zur Formatierungsvariation beriicksichtigen nur Optionen zum Management der Fixkosten (1-2) und Erlose (7-9). Realoptionen zum Management der variablen Kosten werden nicht weiter betrachtet, da diese keine innovationsspezifischen Auspragungen aufweisen."' Die wohl wesentlichste - weil in der Praxis weit verbreitete - Realoption bezieht sich auf das Management der Fixkosten, es ist die Warteoption. Warteoptionen finden sich vor allem im Bezug zur Markteinfuhrung von Innovationen. ^ Sie ermoglichen es einem Untemehmen, die Investitionsentscheidung in die Zukunft zu schieben. Wesentlich hierbei ist, dass moglichst viele vorbereitende MaBnahmen getroffen werden, um einen moglichst schnellen Markteintritt durchfuhren zu konnen, sobald sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen positiv entwickeln. Problematisch ist, den richtigen Zeitpunkt (das sogenannte strategische Fenster) fiir den Markteintritt zu bestimmen. Viele Beispiele aus der Praxis zeigen, dass eine zu abwartende Haltung Raum fiir „Newcomer" lasst. Potenzielle Chancen werden so leichtfertig vergeben.^^^ Die Warteoption eignet sich daher auch nicht zur Differenzierung, da diese
Vgl. Trigeorgis (1995), S. 3-9. Die Zusammenfassung der neun Typen zu drei Kategorien ermoglicht es, das Innovationsmanagement mit der im Management verbundenen Sichtweise, Probleme meist auf der Gmndlage verschiedener Kosten- und Erlosstrategien anzugehen, zu verbinden. Vgl. Dimpfel/Sambeth (2003), S. 111. Vgl. Dimpfel/Sambeth (2003), S. 115. Vgl. Lint/Pennings (1998), S. 279. Ein Beispiel aus der Medienindustrie ist der Markteintritt von Online-Buchhandlem. Trotz einer groBen Marktmacht, hohen Investitionen und Akquisitionen gelang es dem Medienkonzern Bertelsmann mit
1.2 Die Wachstumsfaktoren unter dem Aspekt medienspezifischer Besonderheiten
93
ja gerade auf der Option des First Mover beruht. Die Warteoption wirkt somit eher kontrainnovativ. Eine weitere Option zum Management der Fixkosten ist die stufenweise Durchfuhrung einer Innovation. Diese bezieht sich auf den Umstand, dass die meisten Investitionen nicht notwendigerweise durch eine hohe Einmalzahlung zu Beginn des Projektes finanziert werden miissen. Die Untemehmen haben daher die Moglichkeit, Projekte vorzeitig abzubrechen, um den Verlust der gesamten Investitionssumme zu vermeiden. Der Innovationsprozess wird hierbei in verschiedene Sequenzen unterteilt, welche mit dem Erreichen von „Meilensteinen" abzuschlieCen sind. Das Untemehmen strukturiert die Entwicklung der Innovation dahingehend, dass Investitionen immer erst in der zugrunde liegenden Phase anfallen. Dadurch werden sunk costs vermieden, welche aufgrund neu gewonnener Informationen zur Anderung des Entwicklungsprojektes fuhren. Problematisch ist, dass die stufenweise Bewertung von Innovations vorhaben sehr zeitaufwendig ist. Verzogerungen, die durch jeweils neue Kalkulationen und Szenarien entstehen, konnen das gesamte Innovationsprojekt gefahrden, sofem die Innovation von anderen Anbietem schneller am Markt angeboten wird. Auch diese Option ist als kontrainnovativ zu werten. In Bezug auf das Management der Erlose sind vor allem Erweiterungsoptionen von Interesse, da Innovationen in der Regel zunachst nur eine (raumlich) begrenzte MarkteinfUhrung erfahren.^^^ StoBt die Innovation am Markt auf Interesse, so kann eine Produkterweiterung zur schnelleren Kompensation der urspriinglich angefallenen F&E-Kosten beitragen. Das vorzeitige Berticksichtigen von Erweiterungsoptionen ist prinzipiell zu begriiBen. Problematisch konnte lediglich eine Beteiligung unterschiedlicher Divisionen sein, welche verschiedenste Anspriiche an die Innovation haben. Hierdurch konnte die urspriingliche Idee gefahrdet sein, sofem sich nicht mehr auf die wesentlichen Aspekte der Innovation konzentriert werden kann. Bei der Einfuhmng von neuen Technologien ist es sinnvoll, die Produktionsinfrastruktur so zu gestalten, dass diese auch die Produktion (leicht) veranderter Outer zulasst, es handelt sich in diesem Falle um eine Output-Wechsel-Option. Mit Hinblick auf die Unsicherheit bezuglich der sich durchsetzenden technologischen Standards kann im Rahmen von Produktinnovationen teilweise auch die parallele Entwicklung des gleichen Produkts auf der Gmndlage verschiedener Technologien ratsam sein. Problematisch konnte hierbei sein, dass es zu kostspieUg und langwierig ist, bis sich ein Standard herausgebildet hat. Wertvolle (und in der Regel knappe) Ressourcen werden in Doppelentwicklungen investiert. Diese kostspielige und verzogemde Strategic kann sich somit auch kontrainnovativ auswirken. Von uberragender Bedeutung fur die Entscheidung iiber die Vorteilhaftigkeit sind Wachstumsoptionen. Da technologische Innovationen in der Regel auf vorherigen „Generationen" aufbauen, ist der Aufbau von Know-how von Generation zu Generation uberlebenswichtig.^^* BOL.com bzw. BamesandNoble.com nicht, dem Newcomer Amazon die Marktfiihrerschaft streitig zu machen. 320 321
Vgl. Urban/Hauser (1993), S. 46. Das Auslassen einer Produkt- bzw. Technologiegeneration geht oftmals mit einem erheblichen Knowhow Verlust einher. Vgl. Aaker/Tyebjee (1978), S. 30ff.
94
I. Theoretischer Teil: Die Grundlagen des Wachstums von Medienuntemehmen
Problematisch konnte hierbei sein, dass Innovationen lediglich aus Verbesserungen der Vorgangergeneration bestehen, radikale Innovationen werden damit unwahrscheinlicher. Zusammenfassend lasst sich festhalten, dass Medienuntemehmen bei Foraiatierungsvariationen mit einer sich schnell andemden Umwelt konfrontiert sind. Um mit der daraus entstehenden Unsicherheit umzugehen, versuchen Untemehmen, Realoptionen zur Erhohung der Handlungsflexibilitat aufzubauen. Problematisch ist, dass diese Mechanismen zur Reduktion des Innovationsrisikos kontrainnovativ wirken konnen.
1.2.4
Effizienz als notwendiger und herausfordernder Differenzierungsfaktor einer Wachstumsstrategie fiir Medienuntemehmen
Der Wachstumsfaktor Effizienz steht in Teilkapitel 1.2.4 im Vordergrund. Schon in der Einleitung wurde darauf hingewiesen, wie wichtig der Faktor Effizienz fiir das Wachstum von Untemehmen ist. Effizienz, welche als optimale Input-Output-Kombination definiert wurde und zu Kostenvorteilen fuhrt, kann in zweierlei Hinsicht Wettbewerbsvorteile begriinden: Zum einen konnen die Kostenvorteile an die Konsumenten weitergegeben werden, der Wettbewerbsvorteil resultiert aus einem uberlegenen Preis-Leistungs-Verhaltnis. Des Weiteren kann das durch die Kostenvorteile frei gesetzte Kapital auch in Differenziemngsfaktoren investiert werden, welche die Durchsetzung eines hoheren Preises am Markt erlauben. Zunehmende Relevanz erfahrt der Faktor Effizienz in der Medienbranche durch das bereits angefuhrte Kostenproblem, welches sich aufgmnd mangelnden Kostenmanagements in der Medienbranche abzeichnet und nun - in Folge eines zunehmenden okonomischen Dmcks sowie steigender Aufwendungen - verstarkt wahrgenommen wird. Die Notwendigkeit einer kosteneffizienten Medienproduktion wird besonders deutlich, sofem die vor dem Hintergmnd stagnierender Markte zunehmende Wettbewerbsintensitat oder die Verandemngen des Kundenverhaltens sowie technologische Verandemngen ins Kalkul einbezogen werden Zunachst wird demnach dargelegt, dass aufgmnd konjunktureller und stmktureller Einflusse eine zunehmende Relevanz des Faktors Effizienz festzustellen ist (1). Problematisch ist, dass gerade in denjenigen Wertschopfungsstufen, welche hohe Kosten vemrsachen (der Inhaltegeneriemng und -aggregation) allgemein anerkannte KostensenkungsmaBnahmen wenig auszurichten vermogen. Eine Rationalisiemng ist besonders schwierig, da mit selektiven Effizienzpotenzialen umgegangen werden muss (2). (1)
Die zunehmende Relevanz des Faktors Effizienz in der Medienindustrie
Im Rahmen der Einleitung wurde bereits verdeutlicht, dass sich die Medienbranche nach einem Wachstumsboom im vergangen Jahrzehnt aufgmnd konjunktureller und stmktureller Einflusse nun in einer „Medienkrise" befmdet. Da die Margen der Medienuntemehmen schwinden, Liquiditatsengpasse auftreten und somit der Fortbestand einzelner Medienunternehmen gefahrdet ist, ist offensichtlich, dass der Faktor Effizienz aufgmnd der konjunkturellen Situation an Bedeutung gewinnt (a). Es muss jedoch beriicksichtigt werden, dass eine kos-
95
L2 Die Wachstumsfaktoren unter dem Aspekt medienspezifischer Besonderheiten
teneffiziente Medienproduktion auch vor dem Hintergrund der strukturellen Veranderungen wichtiger wird (b). (a)
Die Zunahme der Relevanz aufgrund konjunktureller Einfliisse
Die Erloserzielung traditioneller Massenmedien erfolgt iiberwiegend auf den Werbemarkten."'^^ Wie bereits erlautert wurde, zahlen werbetreibende Untemehmen fur das „Turoffnen" zu der Aufmerksamkeit der Rezipienten, also fur den Werberaum der Medienuntemehmen. Diese Werberaumleistung besteht klassischerweise aus Zeitungsanzeigen, TV- oder Horfunkspots sowie Intemetbannem. Dariiber hinaus werden zusatzliche Formen der Werbung angeboten, so z. B. im Rahmen von Product Placement und Sponsorships.^^"' Im Rahmen vieler Studien konnte gezeigt werden, dass die Ausgaben der werbetreibenden Industrie zu einem hohen Anteil von der jeweiligen konjunkturellen Situation abhangen. Exemplarisch wird dieser Zusammenhang in Abbildung 1-4 dargestellt: Korrelation GDP & Werbeausgaben TV (Deutschland, in %, 1990-1999)
40% n 35% -
•
30%
r = 0,73157 25% -
iVirtschaftswachstum
•^•^ 20%
•
15% -
^^,^^^^
10%
• 1—
—mr-
1
• 1
1
2%
3%
1
1
1
1
Werbeausgaben
Abbildung 1-4: Zusammenhang zwischen der wirtschaftlichen Situation und den Werbeausgaben Bei einer sich abschwachenden Konjunktur sind somit vor allem Werbeerlose betroffen: „[...], the media industry is, on average, economically much more sensitive to extemal factors than most other industries. Revenues tend to be cyclical; advertising spend, especially, is strongly correlated to GDP." (Vgl. o.V. (2003), S. 1.)
Vgl.Wirtz(2001), S. 61. Neben der Werbung ist auf den Werbemarkten als weitere Erlosformen auch der Verkauf von Nutzerdaten zu nennen. Dariiber hinaus werden vor allem im Internet auch Provisionen an Medienuntemehmen gezahlt, wenn Transaktionen mit einem Kunden iiber einen Link bei diesem Medienuntemehmen zustande kamen. Vgl. Wirtz (2003), S. 61.
96
L Theoretischer Teil: Die Grundlagen des Wachstums von Medienuntemehmen
Der Hintergrund fur die groBe Abhangigkeit der Werbeerlose von der Konjunktur begriindet sich durch das zyklische Verhalten der werbetreibenden Industrien. In der Regel werden in einer abschwachenden Konjunktur Kosteneinsparungsprogramme aufgesetzt, welche sich auch und vor allem auf die Werbeausgaben der Industrie beziehen. Werbeausgaben werden in der Regel sehr schnell gekurzt, da dies eine direkt ergebniswirksame und politisch leicht durchzusetzende MaBnahme ist. Da die Werbeerlose im Rahmen des weltweit schwierigen konjunkturellen Umfelds in den Jahren 2001-2003 stagnierten oder schrumpften, fuhrte dies zu geringeren Werbeerlosen bei den Medienuntemehmen. Betroffen waren vor allem die werbefinanzierten Mediensegmente TV, Zeitungen, Zeitschriften, Radio und die Online-Medien. Laut dem auf den Mediensektor spezialisierten Marktforschungsuntemehmen Zenith Media verkleinerte sich der deutsche Werbemarkt in den letzten Jahren um durchschnittlich 5,4% und war damit besonders stark von der Rezession betroffen.^^"* Eine Folge der allgemein schwierigen wirtschaftlichen Situation in den Jahren 2001-2003 war somit, dass der Faktor Effizienz erheblich an Bedeutung gewann. (b)
Die Zunahme der Relevanz aufgrund struktureller Einfliisse
Neben stagnierenden bzw. schrumpfenden Werbeeinnahmen zwingen jedoch vor allem strukturelle Veranderungen zur Effizienz. Wesentlich ist in diesem Zusammenhang die Zunahme des okonomischen Wettbewerbs. Konzeptionell kann - wie bereits in Abschnitt 1.2.2 erlautert wurde - die Zunahme des Wettbewerbs auf zwei unterscheidbare Auswirkungen reduziert werden, die das Medienmanagement in ganz entscheidender Weise pragen: Erstens wachsen die Bestrebungen der Medienuntemehmen, die so genannte allokative Effizienz zu steigem. Zweitens wachsen die Anstrengungen von Medienanbietem, die so genannte produktive Effizienz zu steigem."'^^ Die Zunahme des Wettbewerbs fordert die Suche nach Einspamngspotenzialen, wie sie aktuell fiir die Medienbranche kennzeichnend ist, da es aufgmnd der Wettbewerbsintensiviemng zu einer explosionsartigen Vervielfaltigung der Medienkanale und damit verbunden zu einer Fragmentiemng des Angebots kommt.^^^ Dies erfordert aufgmnd sinkender Nutzerzahlen eine kostengunstigere Produktion.^^^
Zum Vergleich: Der spanische Markt schrumpfte um 4,5%, der italienische Markt um 3,1%, der franzosische Markt um 3,0% und der britische Markt um 2,9% pro Jahr. Vgl. Anhang A, Quelle Z; Aris (2003), S. 1-11. 325 326
Vgl. Heinrich (2001b), S. 191ff. Ein Indiz fiir die zunehmende Fragmentiemng des Angebots ist die Markteinfiihrung immer neuer „Special Interest" Publikationen auf den Zeitschriftenmarkten. Vgl. hierzu Wossner (2003), S. 22. Vgl.Kiefer(2001), S. 214.
1.2 Die Wachstumsfaktoren unter dem Aspekt medienspezifischer Besonderheiten
97
Die Tabelle 1-2 zeigt die Entwicklung der Nutzerzahlen exemplarisch am deutschen Femsehen und Horfunkmarkt auf:
Tabelle 1-2:
Durschschnittliche Einschaltquoten und durchschnittliche Nutzerzahlen von Horfunk und TV im Uberblick (Heinrich 1999, S. 135 und 460)
Verscharft wird das Problem eines erhohten Angebots und der damit einhergehenden Verteilung der Werbeerlose auf mehrere Anbieter durch die steigenden Kosten der knappen Ressourcen, so z.B. der Lizenzen. Hinzu kommt, dass auch die Veranderung des Kundenverhaltens, beispielsweise die sinkende Zahlungsbereitschaft fur Medienguter, die Medienanbieter vermehrt unter Kostendruck setzt. Als Trend wird beobachtet, dass die Ausgaben flir Medienprodukte ein abnehmendes Wachstum verzeichnen. Diese Beftirchtung bezieht sich vor allem auf digitale Inhalte."'^^ Eine Durchsetzung von „Paid Content" - also von kostenpflichtigen Angeboten im Internet - halten viele Medienmanager fiir problematisch.^^^ Obwohl die Konsumenten immer seltener bereit sind, fiir die bezogenen Inhalte Geld zu bezahlen, zeichnen sich bei den Rezipienten zudem inmier hohere AnsprUche an das Medienangebot ab.^^^ Auch dies fiihrt zu einem iiberproportionalen Kostenanstieg.^^^ Neben der Veranderung des Kundenverhaltens liben vor allem technologische Veranderungen nachhaltigen Einfluss auf die Medienbranche aus. Disruptive Technologien wirken als Treibsatz fiir neue Geschaftsmodelle und bringen die Spieler in Zugzwang.^^^ Gerade die neuen Endgeratetechnologien offnen den Markt fiir neue Geschaftsmodelle und Angebote fiir Konsumenten. Die Medienmanager sehen in der Anpassung der bisherigen Geschaftsmodelle einen besonderen Handlungsbedarf. In den Fokus gelangt dabei zunachst eine Anpassung des Medienangebots. Vor allem die Entwicklung neuer Endgerate (vor allem im TV-Segment, aber auch in Verbindung mit mobilen Endgeraten, z.B. Handy, Organizer, etc.) erfordert neue Angebote der Medienschaffenden. Die weit reichenden technologischen Veranderungen wiederum erfordem groBe Investitionen, deren Refinanzierung bislang ungeklart ist. 328 329 330 331 332
Vgl. Becker (2002). Vgl. Strobom (2002); Ziegler (2003). Vgl. Becker (2002). Vgl. Ziegler (2003). Vgl. Rautenberg (2003).
98
I. Theoretischer Teil: Die Grundlagen des Wachstums von Medienuntemehmen
Die Veranderungen traditioneller Geschaftsmodelle aufgrund neuer Technologien konnen auch zu neuen Formen ruinosen Wettbewerbs fiihren. Besonders deutlich zeichnet sich dieser Trend in der Musikindustrie ab: „Medienfirmen werden zunehmend mit neuen Angeboten ohne Geschaftsmodell (z.B. Tauschbdrsen) konfrontiert. [...] Fiir jede geschlossene Tauschborse kommen zwei neue nach. Das Vakuum, dass durch die SchlieBung von Napster entstand, wurde innerhalb kiirzester Zeit geschlossen." (Vgl. Anhang A, Quelle A: Becker (2002)). Zusammenfassend kann somit festgehalten werden, dass aufgrund konjunktureller und struktureller Einflusse, welche zu ansteigenden Kosten und unsichereren Erlosen fiihren, mit einer zunehmenden Relevanz des Wachstumsfaktors Effizienz zu rechnen ist.
(2)
Selektive Effizienz als Einschrankung groBer Rationalisierungspotenziale
Nachdem aufgezeigt wurde, dass der Faktor Effizienz auch in der Medienbranche von groBer Relevanz ist, stellt sich die Frage, wie die Medienuntemehmen auf die geforderte Effizienzverbesserung reagieren konnen und ob in der Medienbranche allgemein iibliche KostensenkungsmaBnahmen greifen. Ausgangspunkt der Analyse von Effizienzsteigerungspotenzialen ist die gesamte Wertschopfung, da unter Produktion nicht nur die technische Fertigung des Produktes, sondem vielmehr alle wertschaffenden Aktivitaten, also alle Vorgange der Beschaffung, Herstellung, Lagerung und des Absatzes von Produkten einschlieBlich der Finanzierung verstanden werden kann.^^^ Hierbei miissen medienspezifische Besonderheiten beachtet werden. Die Primaraktivitaten der Wertschopfung der Medienproduktion lassen sich grob in vier relevante Wertschopfungsstufen abgrenzen, im Einzelnen die Inhaltegenerierung, die Lihalteaggregation, die Formatproduktion bzw. -vervielfaltigung und die Inhaltedistribution.^^"* Wahrend fiir die letzten beiden Wertschopfungsstufen, also der technischen Fertigung sowie dem Absatz von Medienprodukten vor allem technisches und kaufmannisches Talent von entscheidender Bedeutung sind, sind es fiir die ersten beiden Wertschopfungsstufen kiinstlerisches Talent und handwerkliches Konnen. Die ersten zwei Wertschopfungsstufen sind somit eng an den Produktionsfaktor „Mensch" gekniipft und lassen sich nur schwer durch Kapital Oder Technik ersetzen. Als Folge ergibt sich ein so genanntes „okonomisches Dilemma" bei der Medienproduktion (a). Dies fiihrt zu unterschiedlichen Rationalisierungspotenzialen bei der InhaltegenerierungZ-aggregation (b) und der InhaltevervielfaltigungZ-distribution (c). Vgl. Maleri (1994), S. 116. Wahrend sich die Inhaltegenerierung, die Formatproduktion und die Inhaltedistribution den klassischen okonomischen Wertschopfungsstufen zuordnen lassen, stellt die Inhalteaggregation eine medienspezifische Wertschopfungsstufe dar. Die Inhalteaggregation beschreibt eine Art „Sortimenterfunktion", namlich den Zusammenbau der beschafften und hergestellten Inhalte zu einem Medienprodukt als Kuppelprodukt zur Sicherung der Marktfahigkeit (Vgl. Abschnitt 1.2.1 (2)). Die Inhalteaggregation stellt somit eine weitere Ebene der Generierung dar, in welcher die Produktion der „First-Copy" eines Medienproduktes gewissermaBen als „Blaupause" zur massenhaften Vervielfaltigung vorbereitet wird.
L2 Die Wachstumsfaktoren unter dem Aspekt medienspezifischer Besonderheiten (a)
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Das okonomische Dilemma bei der Medienproduktion
Da Medien dem gesellschaftlichen Bereich der Kultur angehoren, sind die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Produktion sehr spezifisch, es kann ein „okonomisches Dilemma" im Sinne einer „Kostenkrankheit" diagnostiziert werden."'^^ Laut Baumol/Bowen sind die noch zu erlautemden spezifischen Rahmenbedingungen vor allem fiir kulturelle Institutionen wie Schauspiel, Musiktheater, und Ballett wirksam, wobei mit groBer Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass auch Fomien der Medienproduktion betroffen sind.^^** Der Hauptgrund des okonomischen Dilemmas der Kunst- und Kulturproduktion liegt im mangelnden Produktivitatszuwachs, welcher auf dem Produktionsfaktor „Mensch" basiert: „Wahrend die Produktivitat dank neuer Technologien, Massenproduktion, Arbeitsersatz durch Kapital und besser ausgebildeten Arbeitskraften gesamtwirtschaftlich im Verlauf des 20. Jahrhunderts standig stieg, batten die darstellenden Kiinste daran kaum Teil. Die Auffiihrung eines Schubert-Quartetts von 45 Minuten Dauer erfordert insgesamt drei Mann-Stunden, daran hat sich seit Schuberts Zeiten nichts geandert und weder Kapital noch Technik konnen die dafiir erforderliche menschliche Arbeit ersetzen." (Kiefer, 2001, S. 161). Das okonomische Problem ftir die Kulturproduktion ist femer, dass sie in Relation zur Gesamtwirtschaft immer kostspieliger wird, bei der „Kostenkrankheit" handelt es sich somit um ein sich verscharfendes, strukturelles Problem. Der gesamtwirtschaftliche Produktionszuwachs erlaubt steigende Lohne und sinkende Arbeitszeiten bei konstantem oder sinkendem Anteil der Arbeits- an den Gesamtkosten der Produktion. Stagniert die Produktivitat wie im Falle der Kulturproduktion, so ist ein Ausgleich nicht moglich. Gemessen an den am Produktivitatszuwachs profitierenden Industrien einer Volkswirtschaft wird der am Produktivitatszuwachs nicht profitierende kunstlerische Sektor teurer, da er an der allgemeinen Lohn- und Einkommensentwicklung teilnehmen muss. Eine Abkopplung von der gesamtwirtschaftlichen Lohn- und Einkommensentwicklung hatte unweigerlich die relative Verarmung der Arbeitskrafte in diesem Sektor zur Folge und wurde neben sozialpolitischen Problemen letztendlich zum Ende jeder kiinstlerischen Produktion fuhren. Wie bereits erlautert wurde, bestehen Massenmedien aus Medieninhalt (Kemprodukt) sowie einem Medientrager (formales Produkt). Von zentraler Bedeutung fiir die Produktivitatsentwicklung von Medieninhalten ist somit die Auflosung des so genannten „Uno-actuPrinzips", welches Dienstleistungen dadurch charakterisiert, dass Produktion und Verbrauch zeitlich und raumlich zusanunenfallen. Durch Auflosung des Uno-actu-Prinzips, z.B. durch die Nutzung von Medientragem (Formatgebung), konnte das Kemprodukt (z.B. die Dienstleistung eines „Konzerts") unabhangig von der Produktion der Inhalte genutzt werden, jede Art von Liformations- und Unterhaltungsangebote wurde fiir jeden Teilnehmer jederzeit auf Abruf verfugbar gemacht.^^^ Die Materialisierung immaterieller Dienstleistungen, also im ^^^
Vgl. Frey et al. (1994), S. 15ff. Vgl. hierzu Baumol/Bowen (1977), Wahl-Ziegler (1978); Baumol/Baumol (1984), S. 76ff.
^^'^
Vgl. Scharpf (1986), S. 16.
100
I. Theoretischer Teil: Die Grundlagen des Wachstums von Medienuntemehmen
vorliegenden Beispiel die technische Reproduktion eines Konzerts, macht kommunikative Leistungen, insbesondere Medieninhalte, in Form von Industriegiitem (z.B. CDs, DVDs) konsumierbar.^^^ Durch die Foraiatgebung, z.B. Konzert - Radio - CD, wird eine stufenweise Aufhebung der ortlichen, dann auch der zeitlichen Dimension des Uno-actu-Prinzips erreicht. Produktivitatsgewinne schlieBlich basieren auf der (schrittweisen) Aufhebung des Uno-actuPrinzips, da diese im Speziellen bei sonst immateriellen Medieninhalten die Realisation von Multiplikations- und Distributionsfomien ermoglicht. Im Zuge der Analyse von Effizienzsteigerungspotenzialen ist es daher zweckmaBig, zwischen der eigentlich kiinstlerischen, wissenschaftlichen oder kulturellen Produktion (Inhaltegenerierung und -aggregation) sowie der Produktion bzw. Vervielfaltigung des technischen Formats (Formatproduktion) und der Inhaltedistribution zu differenzieren, da in den einzelnen Wertschopfungsstufen unterschiedliche Rationalisierungspotenziale vorhanden sind. (b)
Rationalisierungsmoglichkeiten bei der Inhaltegenerierung und -aggregation
Die kiinstlerische oder kulturelle Produktivitat (also beispielsweise die Produktivitat des Autors, Musikers oder Regisseurs) stagniert im Vergleich zur gesamtwirtschaftlichen Produktivitatsentwicklung. Trotz friiher Versuche der Rationalisierung und Produktivitatssteigerung auch in diesen Bereichen weisen diese keine vergleichbar hohe Produktivitat auf.^^^ Im Bereich der Film- bzw. TV-Produktion wurde beispielsweise durch das Nutzen von Genre- bzw. Formatproduktion schon recht friih versucht, die nicht standardisierten Prozesse kostengunstiger zu gestalten. Heute versuchen Produktionsgesellschaften wie beispielsweise EndeMol, Bavaria oder in erster Linie die HoUywoodstudios, die Produktivitat bei Serien, Filmen oder Talkshows durch Arbeitsteilung, feste Routinen und RationalisierungsmaBnahmen einer industriellen Fertigung anzugleichen.^"**^ Problematisch bleibt, dass trotz aller Ahnlichkeiten fur jede neue Outputeinheit ein neues Biindel von Inputs zusammengestellt werden muss, es handelt sich um eine immerwahrende Produktion von Prototypen. Dies fiihrt dazu, dass die Kosten fiir die Inhaltegenerierung und -aggregation in der Regel kaum zu senken sind. GroBenvorteile spielen hier so gut wie keine RoUe: „Auch im Femsehbereich gelten die Vorteile groBbetrieblicher Produktion auf der Stufe der Werke-Produktion als gering, auch hier gibt es mit uberwiegend kleinen und mittleren Untemehmen eine Art Cottage Industry," (Wieland, S. 217ff.). Im Bereich der Zeitungs- und Zeitschriftenproduktion soil eine hohere Wirtschaftlichkeit im Bereich der Inhaltegenerierung erreicht werden, indem jede MaBnahme, beispielsweise die Recherche eines Joumalisten, daraufhin gepriift wird, ob ihr Grenzumsatz die Grenzkosten Vgl. HauBermann/Siebel (1995), S. 144. Als friihe Beispiele kiinstlerischer Rationalisiemngsbestrebungen lassen sich die Malerstatten von Rubens oder Ghirlandajos anfuhren, in welchen „Schiiler" die Vorgaben der Meister bei der Gemaldeprodiiktion ausfiihrten. Vgl. Erichsen (1994), S. 180ff. Vgl. Abschnitt 1.2.3 (2).
1.2 Die Wachstumsfaktoren unter dem Aspekt medienspezifischer Besonderheiten
101
ubersteigt, ob also ein zusatzlicher Gewinn realisiert werden kann. Im Bezug auf die Recherche des JoumaUsten ist demzufolge abzuwagen, ob es ein personliches Gesprach sein muss Oder ob nicht ein Anruf, wenn nicht gleich die Nutzung einer dpa-Meldung oder die Recherche im Internet geniigt. Die Folge ist ein so genannter GrenzgewinnjoumaHsmus, der nicht selten, da die Grenzkosten im Gegensatz zu den Grenzerlosen in der Regel exakt kalkuliert werden konnen, in einem BiUigjoumalismus kulminiert."''** SegmentsUbergreifend werden weiterhin als MaBnahmen auch die EinfUhrung von KontroUsystemen, wie z.B. einer Kostenrechnung oder Deckungsbeitragsrechnung oder die Etablierung von Profitcentem zur Erhohung der Wirtschaftlichkeit in der Medienproduktion diskutiert.^'*^ Problematisch hierbei ist in der Regel, dass diese Systeme von den „Kreativen" nicht „gelebt" oder sogar nur genutzt werden. Trotz all dieser Versuche, die Effizienz bei der Inhaltegenerierung bzw. -aggregation zu verbessem, stellen sich in diesen beiden Wertschopfungsstufen nur geringe Rationalisierungspotenziale ein. Aus diesem Grund steht auch die Frage „Make or Buy?", also die Entscheidung Uber die Ausgliederung von kostenintensiven Tatigkeiten an den Markt, das so genannte Outsourcing, zur Diskussion, weil der Markt im Prinzip billiger produziert als die eigene Untemehmung und somit Einsparungspotenziale gegeben sein konnten. Dies fiihrt zu einem verstarkten Kaufjoumalismus, dessen publizistische Qualitat kaum zu kontrollieren ist und in der Regel die Vielfalt verringert. (c)
Rationalisierungsmoglichkeiten bei Inhaltevervielfaltigung und -distribution
Wahrend die kiinstlerische oder kulturelle Produktivitat der Inhaltegenerierung im Vergleich zur gesamtwirtschaftlichen Produktivitatsentwicklung stagniert, ist dies bei der Inhaltevervielfaltigung und -distribution nicht der Fall, Rationalisierungspotenzial ist vorhanden. Im Zuge der Vervielfaltigung und Distribution werden Produktivitatssteigerungen realisierbar, die denen im industriellen Sektor mindestens gleichkommen oder diese sogar noch ubertreffen.^"*^ Massenmedien verfugen aufgrund des technischen Fortschritts bei der Inhalteproduktion und -distribution uber Rationalisierungspotenziale, welche in Form von gewaltigen GroBenvorteilen ein Spezifikum der Medienindustrie darstellen.^"*"* Bei der Inhalteproduktion und -vervielfaltigung konnen erhebliche Kostendegressionseffekte entstehen, da ja die fixen Kosten fur die Produktion des immateriellen Inhalts - d.h. der First Copy - unabhangig von der Zahl der spateren Konsumenten anfallen. Die Stuckkostendegression wird umso gro6er, auf je mehr Rezipienten die fixen Kosten verteilt werden konnen.
341
Vgl. Heinrich (2001b), S. 193.
342
Vgl. hierzu auch die Ausfuhrungen zu Rationalisierungspotenzialen bei der Medienproduktion in Kap. 1.2.2(1).
343
Vgl.Scharpf(1986),S. 17.
344
Vgl. hierzu die Ausfuhrungen zu Grenzkosten in Abschnitt 1.2.4 (1).
I. Theoretischer Teil: Die Grundlagen des Wachstums von Medienuntemehmen
102
Anfallende „Grenzkosten" und „Grenzerlose" spielen bei der Medienproduktion und distribution eine groBe Rolle. Der Zusammenhang der verschiedenen Kostenarten kann besonders gut am Beispiel des Printmediums „Zeitung" dargestellt werden. Eine Untersuchung des amerikanischen Medienokonomen Barry Litman untersuchte die Abhangigkeiten zwischen Auflagenhohe und Durchschnittskosten je Zeitungsexemplar fiir die wichtigsten Kostenarten der Zeitungsproduktion. Seine Ergebnisse sind in der Abbildung 1-4 dargestellt.
ii
Durchschnittskosten in $
Kosten gesamt
s
\
\
\
Vertrieb
\ s
'••••••...^
\
^^-^
Vervielfdltigung
|
s.
^-^^**'
First Copy
Auflage
Abbildung 1-5:
Durchschnittskostenkurven der Zeitungsproduktion in Abhdngigkeit von der Auflage (Litman 1988, S. 29, leicht abgedndert ubernommen aus KieferlOOl, S. 167).
Zu sehen sind die Durchschnittskosten je Zeitungsexemplar bei steigender Auflage, differenziert in die Kosten gesamt und nach Vertriebs-, Vervielfaltigungs- und First Copy Kosten. Es wird deutlich, dass der Faktor der First Copy Kosten die gesamten Durchschnittskosten iiber weite Bereiche senkt und somit am meisten zur Kostendegression beitragt. Die Druck- bzw. Vervielfaltigungskosten senken die Gesamtkosten bis zur Kapazitatsgrenze deutlich, bleiben dann aber konstant.^"*^ Auch beim Vertrieb lassen sich GroBenvorteile realisieren, insbesondere in dicht besiedelten Gebieten. Jedoch steigen hier die Kosten beim Uberschreiten einer kritischen Grenze. Im ersten Zugang erstaunlich mag die Erkenntnis sein, dass auch die First Copy Kosten ab einer bestimmten Auflage wieder steigen. Dieser Umstand lasst sich durch die Annahme begrunden, dass die ErschlieBung neuer Zielgruppen nur mit redaktionellen Erweiterungen einhergeht, um beispielsweise Lokalseiten oder Spezialseiten anzubieten. Ahnli-
Analog der Grenzkosten wird unter den Grenzerlosen der Erloszuwachs, der durch den Verkauf der letzten Mengeneinheit erzielt wird, verstanden. Vgl. Wohe (1990), S. 653. Auf eine Beriicksichtigung von Kapazitatsanpassungen wird aus Griinden der Einfachheit verzichtet.
1.2 Die Wachstumsfaktoren unter dem Aspekt medienspezifischer Besonderheiten
103
che Kostenstrukturen bei der Medienproduktion und -distribution ergeben sich auch bei den anderen Mediensegmenten. Zusammenfassend kann demnach festgehalten werden, dass sich das okonomische Dilemma der Medienproduktion lediglich auf die Inhaltegenerierung und Inhalteaggregation bezieht, da hier vor allem kUnstlerische Tatigkeiten notwendig sind, Medienuntemehmen folglich auf die menschliche Arbeitsleistung angewiesen sind.^"*^ Im Bereich der Vervielfaltigung und auch in den Bereichen der Distribution greift das okonomische Dilemma nicht, Produktivitatssteigerungen auf der Basis allgemein anerkannter KostensenkungsmaBnahmen sind hier moghch. Fiir die weiterfuhrende Analyse der Medien ist die Beriicksichtigung der unterschiedlichen Produktivitatsentwicklung der einzelnen Wertschopfungsstufen von groBer Bedeutung. Da ein GroBteil der Kosten in den Bereichen der Inhaltegenerierung und -aggregation anfallt, liegt eine groBe Herausforderung zur Realisierung von Kostensenkungspotenzialen vor allem in der Identifikation von Moglichkeiten zur Kostensenkung in eben diesen Bereichen.
Neuere Entwicklungen zeigen zugegebenermaBen auf, dass auch in den Bereichen der popularkulturellen Produktion mit der Computersimulation und den Moglichkeiten virtueller ReaHtat Produktivitatssteigerungen moglich sind. Vgl. Everschor (1996), S. 6ff; Anweiler (1998), S. 231ff.
104
Zwischenbetrachtung
ZWISCHENBETRACHTUNG Die vorliegende Arbeit setzt es sich zum Ziel, grundlegende Erfolgsfaktoren fur Wachstum im engeren Sinne fiir die traditionelle Medienindustrie sowie konkrete Gestaltungsoptionen fiir die Praxis herauszuarbeiten. In Kapitel 1.1 wurden allgemein anerkannte Wachstumsfaktoren vor dem Hintergrund des definierten Erlos- und Kostenproblems anhand der Analyse von theoretisch-deduktiven Wachstumsmodellen sowie erganzenden Beitragen aus der Strategic- und Marketingforschung identifiziert und durch einen „Cross-Check" mit Ergebnissen der empirischen Erfolgsfaktorenforschung validiert. Hierbei wurden die Faktoren Marke, Qualitat, Innovation und Effizienz als ubergeordnete Wachstumsfaktoren eingestuft und zu einem Bezugsrahmen integriert. Nachdem eine Zusammenfassung des Kapitels 1.1 im Rahmen der Bezugsrahmenbildung erfolgte, soil nun ein Zwischenfazit medienspezifischer Ergebnisse gezogen werden, indem die Erkenntnisse aus Kapitel 1.2 rekapituliert werden (1). In Kapitel 1.2 gerieten vor dem Hintergrund verschiedener Spezifika der Medienbranche zwei Fragen in den Vordergrund der Analyse: Fraglich war, inwieweit die allgemein anerkannten Wachstumsfaktoren auch in der Medienbranche als relevant einzustufen sind. Dariiber hinaus stellte sich die Frage, ob die allgemein anerkannten Wachstumsfaktoren ohne Probleme auf die Medienbranche tibertragen werden konnen. Nach der Rekapitulation sollen in einem zweiten Schritt die noch offenen Fragen herausgearbeitet werden (2). Es wird aufgezeigt, dass die bisherigen Erkenntnisse nicht ausreichen, um von einer praktischen Relevanz der Wachstumsfaktoren auszugehen oder um anwendungsorientierte Gestaltungsoptionen fiir die Praxis abzuleiten. Von weiterfiihrendem Interesse und noch zu klaren ist dariiber hinaus - wie bei der Integration der Wachstumsfaktoren zu einen Bezugsrahmen gezeigt wurde - welche Interdependenzen zwischen den Wachstumsfaktoren vorliegen konnen. Abgeschlossen werden wird das Zwischenfazit mit Ausflihrungen zum weiteren Vorgehen, da die Fragestellungen nach konkreten Handlungsoptionen bzw. den Interdependenzen zwischen den Wachstumsfaktoren eine Differenzierung der Perspektiven und Untersuchungsmethoden erfordert (3).
(1)
Ergebnisse aus der medienspezifischen Analyse der Wachstumsfaktoren
Es konnte gezeigt werden, dass die identifizierten Wachstumsfaktoren Marke, Qualitat, Innovation und Effizienz fiir die Medienbranche eine hohe theoretische Relevanz haben: Medienmarken sind fiir das Untemehmenswachstum in der Medienindustrie als theoretisch relevant einzustufen, da sie ein Element zur Reduktion von Transaktionsunsicherheiten darstellen, welche in doppelter Hinsicht charakteristisch fiir Medienprodukte sind. Zum einen miissen Medienprodukte im Sinne der okonomischen Giitertheorie als Erfahrungs- oder sogar als Vertrauensgiiter eingestuft werden. Die daraus resultierende Unmoglichkeit der Nutzenbewertung fiihrt zu Transaktionsunsicherheit, welche durch eine Markenbildung abge-
Zwischenbetrachtung
10£
schwacht werden kann. Medienmarken wirken auf die Nachfrager wie ein Signal. Sie dienen ihnen zur Orientierung und Schaffung von Vertrauen, indem vor der Kaufentscheidung die Marke als Qualitatssignal und -versprechen interpretiert wird. Zum anderen ist das Kemprodukt der Medienprodukte (der Rezipienteninhalt) lediglich eingeschrankt marktfahig, da bei den Inhalten in der Regel weder Konsumrivalitat noch Ausschlussfahigkeit vom Konsum besteht. Die fehlende Deckung der Produktionskosten fiihrt zu Transaktionsunsicherheit, welche durch die Kopplung mit Werbeinhalten uberwunden werden kann. Da sich die Attraktivitat fur die werbetreibende Industrie durch konstante Zielgruppen erhohen lasst, werden Medienmarken zur Kundenbindung eingesetzt. Nur durch den Aufbau einer Medienmarke konnen gewiinschte Zielgruppen gezielt an Medienprodukte gebunden und somit attraktive Werbeumfelder geschaffen werden. Auch im Hinblick auf den Faktor Qualitat konnte die medienspezifische Analyse eine hohe theoretische Relevanz des Faktors aufzeigen, sofem dieser vor dem Hintergrund der Kundenbedlirfnisse definiert wird. Eine erhohte Ausrichtung an den Kundenbediirfnissen wird durch die Zunahme des Wettbewerbs in der Medienbranche immer wichtiger. Die Zunahme des Wettbewerbs fUhrt zu einer „Okonomisierung der Medien", welche sich durch die Ausrichtung an privatwirtschaftlichen Interessen zeigt. Das Sachziel der Medien im Sinne meritorischer Giiter muss somit zunehmend dem Formalziel der Gewinnwirtschaftung untergeordnet werden. Die Ausrichtung an okonomischen GroBen wiederum erfordert die Beriicksichtigung von Konsumentenbediirfnissen. Als dritter wesentlicher Wachstumsfaktor wurden Innovationen herausgestellt. Im medienspezifischen Abschnitt dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass in der Medienbranche ein theoretischer Innovationszwang fur Medienanbieter besteht, da Medienprodukte in zweierlei Hinsicht von der Zeitelastizitat betroffen sind: Zu unterscheiden ist die Zeitelastizitat in Bezug auf die Medieninhalte und auf die Tragertechnologie. Von der Zeitelastizitat besonders betroffen sind dabei aktuelle, joumalistische Informationsprodukte. Aber auch Zeitschriften und sogar der Spielfilm weisen vergleichsweise kurze Produktlebenszyklen auf. Die Verderblichkeit von Produkten ist jedoch nicht ausschlieBlich auf inhaltliche Komponenten zu beziehen. In der Medienbranche sind auch technische Komponenten von Relevanz, da auch der technologische Fortschritt zu einer Verderblichkeit von Medienprodukten fuhren kann. Durch Innovationen inhaltlicher und technischer Natur wiederum kann der Verderblichkeit von Medienprodukten entgegengewirkt werden. Auch im Hinblick auf den Wachstumsfaktor Effizienz konnte im Rahmen der medienspezifischen Analyse gezeigt werden, dass dieser eine hohe theoretische Relevanz in der Medienindustrie aufweist, da ansteigende Kosten aufgrund einer Intensivierung des Wettbewerbs eine effiziente Medienproduktion notwendig machen. Die Kostenvorteile konnen in zweierlei Hinsicht zu Wettbewerbsvorteilen fuhren: Zum einen konnen die Kostenvorteile an die Konsumenten weitergegeben werden, der Wettbewerbsvorteil resultiert aus einem uberlegenen Preis-Leistungs-Verhaltnis, welches zu einer Absatzsteigerung fiihrt. Des Weiteren kann das durch die Kostenvorteile frei gesetzte Kapital auch in Differenzierungsfaktoren investiert werden, welche die Durchsetzung eines hoheren Preises am Markt und/oder einer Absatzsteigerung erlauben.
106
Zwischenbetrachtung
Neben der Frage, ob die allgemein anerkannten Wachstumsfaktoren eine hohe theoretische Relevanz fiir die Medienbranche aufweisen, ist in Kapitel 1.2 auch die Frage der Ubertragbarkeit bestehender Erkenntnisse und Konzepte untersucht worden. Bereits in der Einleitung dieser Arbeit wurde darauf hingewiesen, dass die Spezifitat der Medienbranche industriespezifische Losungsstrategien erfordert. Es iiberrascht daher nicht, dass die Umsetzung der Erkenntnisse in der Medienbranche mit verschiedenen Herausforderungen verbunden ist: Im HinbUck auf den Faktor Marke wurden drei Felder des Markenmanagements naher untersucht: Die Markenstrategie, der Markenauftritt und die Markenkontrolle. Es konnte gezeigt werden, dass vor allem Fragen des Markenauftritts bei Medienprodukten zu Herausforderungen fiihren. Im Mittelpunkt stehen aufgrund des Dienstleistungscharakters vieler Medienprodukte Probleme mangelnder Fahigkeiten zur Gewahrleistung von Qualitatskonstanz, zur Visualisierung des Markenzeichens sowie zur Visualisierung des Markenvorteils. Auch im Hinblick auf den Faktor Qualitat sind Bedenken im HinbUck auf die Ubertragbarkeit bewahrter Konzepte angebracht. Eine reine Ausrichtung der Medienprodukte an den Kundenbediirfnissen ist in vielen Mediensegmenten heute noch nicht selbstverstandHch, da dies dem meritorischen Gharakter von Mediengutem widerspricht. Eine stringente Kundenorientierung ist somit selten. Ein weiterer Grund fiir Probleme einer praferenzorientierten Produktgestaltung hegt in den nicht zu bestinmienden Bedurfnissen der Nachfrager begriindet. Auch in Bezug auf inputbezogene Qualitatskriterien konnte gezeigt werden, dass eine qualitatsorientierte Produktgestaltung problematisch ist, da die Medienproduktion eine unbestimmte Input-Output-Relation aufweist, welche den gezielten Einsatz spezifischer (erfolgsversprechender) Inputfaktoren erschwert. Eine weitere Frage bei der Ubertragung des Wachstumsfaktors „Qualitat" auf die Medienindustrie ist, inwieweit es den Nachfragem Uberhaupt moglich ist, Qualitat als Differenzierungsfaktor zu honorieren. Hierzu wurden, basierend auf der Feststellung, dass es sich bei Medienprodukten um Erfahrungs- bzw. Vertrauensgiiter handelt und dies im Sinne der neuen Institutionenokonomik zu Marktversagen in Bezug auf die Produktqualitat kommt, verschiedene Moglichkeiten zum Abbau der bestehenden Informationsasymmetrie zwischen Anbieter und Nachfrager erortert. Dabei handelt es sich um die Moglichkeiten einer Unterstiitzung der Selbstinformation, des Einbezugs Dritter, der Option des Reputations- bzw. Markenaufbaus sowie um die Moglichkeit, Garantieversprechen abzugeben. Daruber hinaus wurden auch staatliche Eingriffsmoglichkeiten diskutiert. Es konnte gezeigt werden, dass der Abbau der Informationsasymmetrien eine groBe Herausforderung fiir Medienuntemehmen darstellt und dass die meisten der genannten Mechanismen zum Abbau von Informationsasymmetrien im Medienbereich wenig geeignet sind. Eine weitere Besonderheit von Medienprodukten wurde sowohl in Bezug auf die qualitatsorientierte Produktgestaltung als auch in Bezug auf die qualitatsorientierte Produktbewertung angesprochen. Medienprodukte konnen, anders als andere Giiter, einen ansteigenden Grenznutzen aufweisen. Als Begriindung wird der Aufbau spezifischen Humankapitals, so genanntes „consumption capital", angefiihrt. Hieraus ergeben sich zwei Folgen: Erstens wird es fiir die Anbieter von Medienprodukten noch schwieriger, die Bedurfnisse der Nutzer zu antizipieren, und zweitens kann die Nutzenunkenntnis, welche zu einer mangelnden Fahigkeit zur Beurteilung von qualitatsorientierten Produkten fiihrt, auch auf mangelndem consumption capital beruhen. Fiir Me-
Zwischenbetrachtung
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dienanbieter stellt sich somit auch noch die Frage, ob und wie das consumption capital der Rezipienten in ihrem Sinne zu beeinflussen ist. Ahnlich groBe Herausforderungen ergeben sich bei der Umsetzung des Wachstumsfaktors Innovation. Innovationen in der Medienbranche sind mit einem hohen Risiko verbunden. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass die identifizierten Innovationsarten der Medienbranche unterschiedUche Risiken bei der Markteinfiihrung aufweisen. Ein vergleichsweise niedriges Risiko ist bei der Wahmehmungs- und Wertigkeitsvariation zu erwarten, da es sich hier lediglich um „Upgrades" handelt. Ein hohes Risiko ist bei der Themen- und Formatierungsvariation sowie der Neukreation zu erwarten. Das hohe Risiko bei letzteren Medieninnovationen fuhrt zu Risikoreduktionsstrategien der Medienuntemehmen, welche sich kontrainnovativ auswirken. Kontrainnovative Risikoreduktionsstrategien bei der Themenvariation basieren auf Routinen. Produktionsformate, eingesetzte Stereotype, die Auswahl der Kreativen nach Track Records, das Nutzen von klar definierten Nachrichtentypen und Nachrichtenwerten sowie der zunehmende Einsatz von extemen Dienstleistem senken zwar auf der einen Seite das Risiko, auf der anderen Seite fiihrt der Einsatz derartiger Risikoreduktionsstrategien jedoch auch zu einer schwindenden Innovationsfahigkeit der Medienuntemehmen. AhnUch verhalt es sich bei den Risikoreduktionsstrategien der Formatierungsvariation, welche haufig auf dem Realoptionenansatz beruhen. Die genutzten Optionen zum Management der Fixkosten (Warteoptionen, Optionen zur stufenweisen Durchfuhrung eines Projektes) und zum Management der Erlossituation (Erweiterungsoptionen, Output-Wechseloptionen, Wachstumsoptionen) wirken in aller Regel kontrainnovativ. Obwohl der Faktor „Effizienz" zunehmend an Relevanz in der Medienbranche gewinnt, fallt es vielen Medienuntemehmen schwer, umfassende Kostensenkungen durchzufuhren. Die Analyse zeigte auf, dass Produktivitatssteigemngen nicht in alien Wertschopfungsstufen gleichermaBen zu realisieren sind. Insbesondere im Bereich der Inhaltegeneriemng und aggregation sind die Kostensenkungen mit besonderen Herausfordemngen verbunden. Der Gmnd hierfUr liegt im so genannten „Okonomischen Dilemma" der Kultur- bzw. Medienproduktion. Demnach lassen sich in Bereichen der Inhaltegeneriemng und -aggregation nur geringe RationalisiemngsmaBnahmen realisieren, da hier bei der Wertschopfung vor allem kiinstlerisches Talent und handwerkliches Konnen, also der Produktionsfaktor „Mensch" von uberragender Bedeutung ist. Dieses lasst sich nicht durch Kapital oder Technologic substituieren. Rationalisiemngspotenziale im Bereich der Inhaltegeneriemng und -aggregation sind sehr begrenzt. Anders verhalt es sich in den medialen Wertschopfungsstufen der Inhaltevervielfaltigung und -distribution. Hier sind groBe Rationalisiemngspotenziale vorhanden, die auf den Produktspezifika der Massenmedien bemhen. Die Auflosung des Uno-actu-Prinzips durch technische Formatiemng von Medieninhalten ermoglicht hier die Realisiemng von GroBenvorteilen. (2)
Offene Fragen fur die weiterfiihrende empirische Analyse
Im Rahmen der medienspezifischen Analyse wurde aufgezeigt, dass die identifizierten allgemeinen Wachstumsfaktoren fiir die Medienbranche eine hohe theoretische Relevanz aufweisen. Unklar ist jedoch, ob die Wachstumsfaktoren auch in der Praxis eine hohe Relevanz ha-
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Zwischenbetrachtung
ben. Aus diesem Grund ist im Rahmen der empirischen Analyse zu untersuchen, welche Trends und Themen wie intensiv und haufig derzeit von Medienmanagem diskutiert werden, um daraus Ruckschlusse auf die Relevanz der einzelnen Trends und Themen zu ziehen. •
Im Hinblick auf den Wachstumsfaktor Marke stellt sich konkret die Frage, ob in der Praxis das Markenmanagement als geeignet angesehen wird, um die Transaktionsunsicherheiten der Rezipienten sowie der werbetreibenden Industrie zu iiberwinden.
•
Im Zusammenhang mit dem Faktor Qualitat ist zu zeigen, dass die Ausrichtung der Medienprodukte an den Bedurfnissen der Nachfrager ein relevantes Thema fiir Medienmanager darstellt.
•
In Bezug auf den Faktor Innovation ist zu priifen, ob tatsachlich ein Innovationszwang fiir die Medienschaffenden besteht.
•
Dariiber hinaus ist zu zeigen, dass Kosteneinsparungen zur Effizienzsteigerung und somit der Faktor Effizienz von groBer praktischer Relevanz in der Medienbranche sind.
Neben der Frage nach der praktischen Relevanz stellt sich die Frage nach konkreten Gestaltungsoptionen zum Management der Wachstumsfaktoren. Im Rahmen der theoretischen Analyse wurde auf verschiedene Schwierigkeiten und Herausforderungen beim Management der Wachstumsfaktoren verwiesen. Die Kenntnisse der Probleme beim Management der Wachstumsfaktoren reichen jedoch nicht aus, um konkrete Handlungsoptionen fiir das Medienmanagement abzuleiten. Es ist daher zu analysieren, wie mit den in der theoretischen Analyse aufgezeigten Herausforderungen umgegangen werden konnte. •
Herausforderungen fiir das Markenmanagement bei Medienprodukten ergeben sich im Hinblick auf die zu erreichende Qualitatskonstanz, die Visualisierung des Markenzeichens sowie die Visualisierung des Markenvorteils. Es stellt sich fiir Medienmanager daher die Frage, wie bei regelmafiig erscheinenden Medien eine gleich bleibend hohe Qualitat erreicht werden kann und mit welchen Mitteln ein „Branding" des Medienproduktes - welches im Zuge der Digitalisierung zunehmend unabhangig vom physischen Produkt ist - stattfinden konnte. Fraglich ist weiterhin, wie der Vorteil eines einzelnen Medienproduktes verstandlich kommuniziert werden konnte.
•
Herausforderungen bei der Umsetzung des Faktors Qualitat ergeben sich bei der qualitatsorientierten Produktgestaltung und -bewertung. Schwierig ist im Zusammenhang mit der qualitatsorientierten Produktgestaltung, dass sowohl die Nutzerpraferenzen als auch die Input-Output-Relation unbekannt sind. Eine groBe Herausforderung stellt somit die Erforschung der Kundenbedurfnisse sowie die Entwicklung zielgruppenspezifischer MaBnahmen dar. Im Zusammenhang mit der qualitatsorientierten Produktbewertung ergeben sich Schwierigkeiten aus der Tatsache, dass Qualitat und Nutzen von Medienprodukten ex ante unbekannt sind.
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Hierbei dreht sich das Management um die Frage, wie dem Rezipienten Qualitat und Nutzen moglichst effizient und glaubwurdig vermittelt werden konnten. •
Vor groBe Herausforderungen werden Medienmanager auch beim Innovationsmanagement gestellt. Durch das in der Regel sehr hohe Risiko bei Innovationen in der Medienbranche wurden Risikoreduktionsstrategien entwickelt, welche kontrainnovativ wirken. Es stellt sich die Frage, wie Medienmanager auf der einen Seite echte Innovationen hervorbringen, auf der anderen Seite jedoch das Risiko begrenzen konnen.
•
Im Zusammenhang mit dem Faktor Effizienz wurde auf die Schwierigkeiten der Effizienzsteigerung in den Wertschopfungsstufen der Inhaltegenerierung und Inhalteaggregierung aufgrund des okonomischen Dilemmas verwiesen. Fraglich ist, welche Moglichkeiten Medienmanager konkret zur Effizienzsteigerung nutzen konnen. Von groBem Interesse sind hierbei EffizienzsteigerungsmaBnahmen in den Bereichen der Inhaltegenerierung und Inhalteaggregierung, da hier das okonomische Dilemma greift.
Neben der Frage nach der praktischen Relevanz sowie nach konkreten Gestaltungsoptionen zum Management der Wachstumsfaktoren wurde in Kapitel 1.1.3 auf ein weiteres Problemfeld verwiesen, welches bislang noch nicht naher untersucht wurde. Es ist zu vermuten, dass sich die bislang isoliert betrachteten Wachstumsfaktoren in der Praxis wechselseitig beeinflussen. Ausgangspunkt der Uberlegung ist die Nutzung des durch Einsparungen freigesetzten Kapitals. Die Realisierung von Einsparungspotenzialen ermoglicht zwei Strategien zur Steigerung des Untemehmenswachstums: •
Auf der einen Seite ermoglichen niedrigere Kosten in der Produktion die Senkung von Preisen fiir Rezipienten und/oder Werbetreibende. Das Senken der Preise wiederum kann zu einer Absatzsteigerung und damit zu Wachstum fuhren.
•
Auf der anderen Seite fuhren Einsparungen zu einer Kapitalfreisetzung, welche wiederum Investitionen in Nachfrage stimulierende Erfolgsfaktoren ermoglicht.
Der Wachstumsfaktor Effizienz kann daher im Zusammenspiel mit den Nachfrage stimulierenden Faktoren als konkurrierend oder unterstUtzend betrachtet werden. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie das Zusammenspiel der Faktoren optimalerweise zu organisieren ist. Von besonderem Interesse ist daher, welche Zusammenhange es zwischen den Faktoren vor dem Hintergrund der derzeitigen Situation der Medienbranche bei besonders schnell wachsenden Untemehmen im Vergleich zu Nachzuglem der Industrie gibt.
(3)
weiteres Vorgehen in der empirischen Analyse
Da die hier aufgeworfenen Fragestellungen in Hinblick auf die praktische Relevanz der Wachstumsfaktoren wie auch der anwendungsorientierten Konkretisierung eben dieser sowie auf die Analyse etwaiger Interdependenzen im Rahmen der theoretisch-deduktiven Analyse nicht zufrieden stellend beantwortet werden konnen, soil im 11. Hauptkapitel eine empirische Analyse der Wachstumsfaktoren durchgefuhrt werden. Hierbei miissen, wie von der folgen-
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Zwischenbetrachtung
den Abbildung veranschaulicht, die Perspektive der Analyse sowie die Art der Untersuchungsmethode berucksichtigt werden. Wahrend sich die Analyse der praktischen Relevanz sowie konkreter Gestaltungsoptionen auf die individuellen Wachstumsfaktoren konzentriert und somit eine isolierte Betrachtung von Einzelphanomenen voraussetzt, ist zur Analyse von Interdependenzen zwischen den einzelnen Wachstumsfaktoren eine ganzheitliche Betrachtung notwendig. Aus diesem Grund muss fur die empirische Analyse die faktorenindividuelle Perspektive von der faktoreniibergreifenden Perspektive abgegrenzt werden. Beide Perspektiven konnen sowohl mit qualitativen als auch mit quantitativen Untersuchungsmethoden analysiert werden. Wie noch zu zeigen ist, eignen sich qualitative Analysen jedoch besonders, um Einzelphanomene detailliert zu untersuchen. Interviewpartner eines spezifischen Untemehmens, Produktes oder einer spezifischen Funktion konnen vor allem auf einer mikroskopischen Ebene Erklarungsansatze generieren. Fiir Analysen auf einer iibergeordneten Makro-Ebene eignen sich in der Kegel eher quantitative Analysen. Vor diesem Hintergrund erscheint es angebracht, die sehr spezifischen Fragestellungen nach der praktischen Relevanz sowie nach konkreten Gestaltungsoptionen auf der mikroskopischen Ebene zu untersuchen. Da es sich um eine isolierte Betrachtung der einzelnen Faktoren handelt, soil dieser Abschnitt im Folgenden als „faktorenindividuelle Mikroanalyse" bzw. kurz als „Mikroanalyse" bezeichnet werden (II. 1). Die Mikroanalyse stellt Einzelphanomene in den Vordergrund der Untersuchung, um auf Praxiserkenntnissen aufbauend konkrete Gestaltungsoptionen zu entwickeln. Die ganzheitliche Analyse von Interdependenzen zwischen den Wachstumsfaktoren erfordert eine Makro-Ebene, fur welche sich quantitative Analysen besonders eignen. Der Abschnitt zur Analyse der Interdependenzen wird aus diesem Grund „faktorenubergreifende Makroanalyse" bzw. kurz „Makroanalyse" genannt (II.2). Hierbei geht es um die Analyse etwaiger Zusammenhange zwischen allgemeinen Kennzahlen und dem Untemehmenswachstum in der Medienbranche. Basierend auf diesen Erkenntnissen werden dann Ruckschliisse auf die latenten Wachstumsfaktoren und deren optimale Organisation zueinander gezogen.
Zwischenbetrachtung
Abbildung ZB-1: Mikro- und Markoanalyse als Ansatzpunkte fiir die empirische Analyse
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II. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche II.
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EMPIRISCHER T E I L : D I E ANALYSE VON WACHSTUMSFAKTOREN IN DER MEDIENBRANCHE
Das zweite Hauptkapitel, in welchem die Wachstumsfaktoren empirisch untersucht werden, unterteilt sich in die zwei Teilkapitel „Die Mikroanalyse zur Analyse der praktischen Anwendung der medienspezifischen Wachstumsfaktoren" (II. 1) und „Die Makroanalyse zur Analyse von Interdependenzen bei Nachfragestimulation und Effizienzsteigerung" (II.2). Wie bereits erlautert folgt die Unterscheidung in Mikro- und Makroanalyse der Logik, die Wachstumsfaktoren auf der einen Seite mikroskopisch, d.h. faktorindividuell und mit qualitativen Methoden sowie auf der anderen Seite makroskopisch, d.h. faktoriibergreifend und mit quantitativen Methoden zu untersuchen.
II.l
Die Mikroanalyse zur Analyse der praktischen Anwendung der medienspezifischen Wachstumsfaktoren
Die Mikroanalyse hat das Ziel, die Fragen nach der praktischen Relevanz der Wachstumsfaktoren sowie nach konkreten Gestaltungsoptionen fiir das Management zu untersuchen. Zunachst werden allgemeine Grundlagen zur Mikroanalyse sowie die der Analyse zugrunde gelegte Analyselogik zu erortert (II. 1.1). Im zweiten Abschnitt der Mikroanalyse (II. 1.2) werden die Ergebnisse der Untersuchung dargestellt.
II.l.l
Methodisches Vorgehen und Operationalisierung der Fragestellung
In Teilkapitel II.l.l werden die allgemeinen Grundlagen der Mikroanalyse erortert. Unter dem Unterpunkt „qualitative Methoden der Sozialforschung" wird auf die eingesetzten qualitativen Verfahren sowie auf das Vorgehen bei der Analyse eingegangen (1). Im Anschluss daran wird aufgezeigt, wie das der Mikroanalyse zugrunde liegende Kategorienschema, welches die Systematisierung vorherrschender Trends und Themen erlaubt, entwickelt wurde (2). (1)
Methoden qualitativer Sozialforschung
Um die praktische Relevanz der Wachstumsfaktoren sowie konkrete Gestaltungsoptionen fiir das Medienmanagement herauszuarbeiten, wird ein qualitativer Forschungsansatz genutzt, welcher die Beriicksichtigung quantitativ nicht abbildbarer Variablen und Dimensionen ermoglicht.^"*^ Um einen LFberblick iiber verschiedene Einzelmethoden der qualitativen Sozialforschung zu geben, werden zunachst verschiedene wesentliche Methoden vorgestellt (a). Im Anschluss daran werden die in der Mikroanalyse genutzten Methoden, die Inhaltsanalyse (b) und das qualitative Interview (c), genauer erlautert.
FUr eine Einfuhrung in die qualitative Sozialforschung vgl. Lanrnek (1995); Mayring (1996).
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II. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche
(a)
Qualitative Sozialforschung in der Mikroanalyse
Unter qualitativer Sozialforschung^'*^ kann gemeinhin diejenige Forschung gefasst werden, deren Ergebnisse keinen statistischen Verfahren oder anderen Arten der Quantifizierung entspringen.^^^ Ein wesentlicher Grund zur Anwendung qualitativer Forschungsansatze liegt haufig - wie auch bei der nun zu bewaltigenden Aufgabe - in der Natur des Forschungsthemas. Einige Forschungsgebiete sind ihrem Wesen nach angemessener mit qualitativen Methoden zu beforschen, da qualitative Methoden helfen konnen, Hintergriinde von wenig bekannten Phanomenen aufzudecken. Dariiber hinaus konnen Sie benutzt werden, um uberraschende und neuartige Erkenntnisse iiber Dinge zu erlangen, Uber die bereits eine Menge Wissen - z.B. in anderen Kontexten - besteht. Grundsatzlich liegt der Vorteil qualitativer Methoden in der Moglichkeit, Aufschluss iiber verwickelte Details von Phanomenen, welche mit quantitativen Methoden nicht aufzuzeigen sind, zu geben. Es gibt eine Vielzahl differenzierbarer und wichtiger Methoden qualitativer Forschung, welche in einem ersten Schritt auf ihre Anwendbarkeit in Bezug auf die Problemstellung zu priifen sind. Zur Auswahl geeigneter Methoden fUr die qualitative Untersuchung der Mikroanalyse stellen sich folgende Fragen: •
Welche Verfahren konnen zur qualitativen Analyse genutzt werden, und
•
vor dem Hintergrund welcher Kriterien sind welche Verfahren in der vorliegenden Analyse anzuwenden?
Lamnek unterscheidet in Bezug auf relevante bzw. weitverbreitete qualitative Methoden das qualitative Interview, die Gruppendiskussion, die Inhaltsanalyse und die teilnehmende Beobachtung?^^ Das qualitative Interview ist die am weitesten verbreitete Methode der qualitativen Forschung und wird vor allem zur Deskription empirischer Sachverhalte, zur Aufstellung von Klassifikationen und Typologien und zur explorativen Gewinnung von Hypothesen genutzt.^^^ Vorteile liegen in der Moglichkeit, in die Tiefe zu gehen, die interviewten Personen ausfuhrlich zu Wort kommen zu lassen und das gewonnene Material intensiver auswerten zu konnen als dies bei der Verdichtung auf statistische Kennwerte moglich ist. Des Weiteren sprechen forschungspragmatische Griinde fUr Interviews, so zum Beispiel der tendenziell leichte Zugang zu den Befragten, gute Auswertungsmoglichkeiten der Daten aufgrund hoch entwickelter Methoden, die intersubjektive Nachvollziehbarkeit durch Dritte sowie die Reproduzierbarkeit. Als wesentlicher Nachteil wird haufig angefuhrt, dass es sich bei der Befragung um ein reaktives Verhalten handelt, bei welchem soziale Erwunschtheit bei den Antworten nicht auszuschlieBen ist. Auch ist von einer unnatUrlichen Kommunikationssituation ausBei der empirischen Forschung der Betriebswirtschaftslehre handelt es sich im Kern um nichts anderes als die Anwendung der Methoden der empirischen Sozialforschung. Vgl. Diekmann (1996), S. 20. 350
Vgl. Strauss/Corbin (1996), S. 3.
351
Vgl. Lamnek (1989), S.l.
352
Vgl. Diekmann (1996), S. 444f.
11.1 Die Mikroanalyse zur Analyse medienspezifischer Wachstumsfaktoren
jj^
zugehen, welche die Interpretation der Ergebnisse weiter einschrankt und das Interview auf Forschungsbereiche mit einer geringen Relevanz des Handlungskontextes beschrankt."'^^ Die Gruppendiskussion wird im Vergleich zu anderen qualitativen Erhebungstechniken in der Praxis sehr haufig angewandt, ist jedoch methodisch-theoretisch bislang nur unzureichend ausgearbeitet worden.^^'* Die in der Literatur genannten Vorzuge dieser Forschungsmethode beziehen sich im Wesentlichen auf drei Punkte: Die Moglichkeit, gruppendynamische Prozesse untersuchen zu konnen,"'^^ die groBere Tiefenwirkung der Gruppendiskussion im Gegensatz zu anderen Verfahren und den relativ geringen okonomischen Aufwand. Die Griinde fur diese Vorteile liegen in der entspannteren Atmosphare der Untersuchungssituation, wodurch die Mitarbeit der Gruppenteilnehmer erhoht wird und spontane AuBerungen eher auftreten. Auch konnen sich die Untersuchten auf andere, fUr sie wichtige Themen beziehen, die der Forscher unter Umstanden vor Beginn der Diskussion nicht gesehen und als solche eingeschatzt hat. Geeignet erscheint die Gruppendiskussion vor allem zur Feststellung von offentUchen Meinungen und zur Erforschung von gruppenspezifischen Verhaltensweisen. Die Nachteile der Gruppendiskussion beziehen sich im wesentlichen auf vier Aspekte: Die Reprasentativitat in Bezug auf die Verteilung der Einzelteilnehmer kann nicht in der methodologisch geforderten Strenge geleistet werden,^^^ die exakte ProtokoUierung in Bezug auf die Sinndeutung kann nicht voU uberwunden werden,"'^^ die Verhinderung von MeinungsauBerungen bestimmter Teilnehmer kann das Gesamtbild verzerren^^^ und die Chance, dass in der Gruppendiskussion mehrere Themen und auch solche angesprochen werden, deren Relevanz dem Forscher vorher nicht gelaufig war, birgt die Gefahr in sich, dass vom Thema abgewichen wird. Die Inhaltsanalyse ist eine Methode, „die sprachliche Eigenschaften eines Textes^^' objektiv und systematisch identifiziert und beschreibt, um daraus Schlussfolgerungen auf nichtsprachliche Eigenschaften von Personen und gesellschaftlichen Aggregaten zu ziehen."^^^ In der Sozialforschung ist zwischen der quantitativen und der qualitativen Inhaltsanalyse zu unVgl. zu den Vor- und Nachteilen qualitativer Interviews Lamnek (1995), S. 35ff.; Diekmann (2002), S. 443ff. und Schnell et al. (1999), S. 354ff. Vgl. Lamnek (1989), S. 121. So zum Beispiel auch die kontextuelle Bedingtheit der Einzelmeinungen. Dies ist im qualitativen Paradigma allerdings auch nicht gefordert. Dies gilt auch dann, wenn technische Hilfsmittel eingesetzt werden. z. B. well diese glauben, dass Andere gleicher Meinung sind, oder durch kontrare MeinungsauBerungen verunsichert wurden oder well sie durch die Dominanz einiger Teilnehmer nicht zu Wort kommen. Die wissenschaftliche Inhaltsanalyse befasst sich in der Regel mit der Analyse von schriftlichen Kommunikationsinhalten, also Texten. Dariiber hinaus konnen jedoch auch Videofilme und akustisches Material (z.B. Liedertexte) mit der Inhaltsanalyse untersucht werden. Herauszustellen ist, dass die Inhaltsanalyse nicht nur als eigenstandige Methode, sondem auch als Hilfsmittel zur Auswertung anderer Methoden (z.B. des qualitativen Interviews) eingesetzt wird. Wesentliches Charakteristikum ist, dass das Material fiir eine Inhaltsanalyse eine Form fixierter und reproduzierter Kommunikation darstellt, deren Inhalte vom Wissenschaftler erfasst werden konnen. Der Einfachheit halber soil im Folgenden jedoch von Texten gesprochen werden. Vgl. Lamnek (1989), S. 171. 360
Vgl. Mayntz et al. (1974), S. 151.
116
II. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche
terscheiden. Wahrend die quantitative Inhaltsanalyse qualitative Daten derart kodifiziert, dass diese statistisch ausgewertet werden konnen, dient die qualitative Inhaltsanalyse der Interpretation von Daten (Texten). Als Vorteil der Inhaltsanalyse ist zunachst anzufuhren, dass sich die untersuchten Individuen oder KoUektive (also die Urheber der Texte) bei der Inhaltsanalyse im Gegensatz zu Datenerhebungstechniken wie Befragungen oder Beobachtungen nicht dariiber bewusst sind, dass sie Gegenstand einer Untersuchung sind. Die Inhaltsanalyse ist also ein nicht-reaktives Verfahren.^*** Dariiber hinaus wird als Vorteil die Vielfaltigkeit des einer Analyse zur Verfugung stehenden Materials genannt, auch die diszipliniibergreifende Verwendbarkeit der Methode wird als Vorteil gewertet.^^^ Die zentralen Probleme der Inhaltsanalyse sind methodischer Natur und liegen im Prozess der Datenreduktion, bei dem die Vielzahl der Worter eines Textes einem Kategorienschema zugeordnet werden muss. Der Hauptproblembereich bezieht sich dabei auf die Konsistenz oder Zuverlassigkeit der Zuordnung, die z.B. durch die Mehrdeutigkeit von Begriffen oder einer Mehrdeutigkeit bei der Definition von Kategorien beeintrachtigt sein kann. ^^ Neben den methodischen Problemen liegt das Hauptproblem der Inhaltsanalyse in der Vielzahl der Hilfshypothesen, deren Gultigkeit vorausgesetzt werden muss, damit die vermuteten Ursachen ihre beobachtbaren Folgen auch in den Texten zeigen. Von daher ist zu erwarten, dass die Zusammenhange zwischen den in einer Inhaltsanalyse gewonnenen Indikatoren und den Indikatoren flir die vermuteten Ursachen noch schwacher sein werden als es in den Sozialwissenschaften ohnehin liblich ist."'** Die teilnehmende Beobachtung als Methode der empirischen Sozialforschung bezieht sich auf die direkte Beobachtung menschUcher Handlungen, sprachUcher AuBerungen, nonverbaler Reaktionen und anderer sozialer Merkmale. Wesentliche Vorteile bietet die Beobachtung in Forschungsfeldem, die andere Methoden der Datenerhebung nahezu ausschliefien. Als Beispiel kann hierfur die Erfassung komplexer Interaktionen genannt werden, bei welchen die Beteiligten die Situation weder angemessen wahrnehmen noch zuverlassig Uber diese berichten konnen. Dies ist vor allem dann relevant, wenn verbale Auskiinfte entweder nicht eingeholt werden konnen (z.B. bei Kindem) oder aber prinzipiell nicht im Mittelpunkt des Interesses stehen (z.B. bei Untersuchungen zur nonverbalen Kommunikation).^^^ Neben den Schwierigkeiten, die sich bei der Strukturierung des Verfahrens durch das Beobachtungsschema und bei der Festlegung der Stichprobe ergeben, spielen Probleme, die mit der Person des Beobachters in seiner Funktion „als Messinstrument" verbunden sind, eine erhebliche RoUe.^^^ Dies gilt nicht, wenn sich die Inhaltsanalyse auf offene Fragen in einem Fragebogen eines miindlichen Interviews bezieht. Vgl. Weber (1990), S. 10. Weber betont in diesem Zusammenhang den Vorteil, dass unterschiedlichste Dokumente fiir sehr lange Zeitraume verfugbar seien und so die Moglichkeit der Bereitstellung sogar Jahrhunderte ubergreifender Daten in Bezug auf okonomischen, sozialen, politischen und kulturellen Wandel bestehe. Vgl. Weber (1990), S. 10. 363 364 365 366
Vgl. Schnell et al. (1999), S. 374ff. Vgl. Schnell et al. (1999), S. 374ff. Vgl. Schnell et al. (1999), S. 358ff. Vgl. McCall (1984), S. 227ff.
II. 1 Die Mikroanalyse zur Analyse medienspezifischer Wachstumsfaktoren
l^Z
Von Beobachtem werden aufgrund des Beobachtungsschemas in jedem Fall Wahmehmungs-, Selektions- und Reduktionsleistungen gefordert. Dabei kann eine Reihe von Fehlem auftreten, die die Qualitat der Beobachtung beeinflussen.^^^ Daruber hinaus stellt sich das Problem der Schlussfolgerung als ErschlieBung von nicht direkt beobachtbaren Sachverhalten bzw. der Absicht des Handelnden. Es stellt sich nun die Frage, welche der skizzierten Verfahren fur die Mikroanalyse geeignet sind. Die Auswahl der Verfahren fiir die Mikroanalyse unterliegt verschiedenen Kriterien. Zu unterscheiden sind okonomische bzw. forschungspragmatische Kriterien, inhaltliche Kriterien und GUtekriterien. •
Forschungspragmatische Kriterien beziehen sich auf die Moglichkeit des Zugangs zu Daten bzw. Personen oder Organisationen, welcher in einem okonomisch vertretbaren Verhaltnis stehen soUte.
•
Inhaltliche Kriterien beziehen sich auf die Moglichkeit, die Forschungsfrage moglichst umfassend beantworten zu konnen.
•
Die GUtekriterien beziehen sich auf die wissenschaftliche Fundiertheit der Methoden und soUen sicherstellen, dass die Ergebnisse nachvollziehbar und reproduzierbar sind.^^^
Unter okonomischen bzw. forschungspragmatischen Gesichtspunkten erscheinen in einem ersten Zugriff vor allem die Inhaltsanalyse und die Gruppendiskussion sinnvoUe Verfahren zu sein, da diese einen schnellen Zugriff auf verschiedenste Materialien und Meinungen erlauben. Die Inhaltsanalyse ermoglicht den schnellen Zugriff auf allerlei Dokumente (z.B. Geschaftsberichte, Zeitungsberichte, Broker-Reports, Kongress-Prasentationen etc.) und ermoglicht somit eine sehr breite Analyse. Problematisch erscheint an dieser Stelle lediglich die Fokussierung auf besonders interessante Fragen, da lediglich das vorhandene Material genutzt werden kann, ein direktes Nachfragen ist nicht moglich. Diesen Nachteil weist die Gruppendiskussion nicht auf. Dariiber hinaus konnen bei der Gruppendiskussion vielerlei Daten von unterschiedlichen Personen innerhalb einer recht kurzen Zeit erhoben werden. Da es sich bei den potenziellen Teilnehmem jedoch um Manager unterschiedlichster Untemehmen oder sogar Medienbranchen handeln muss, ware eine Gruppendiskussion organisatorisch nur unter groBem Aufwand zu realisieren. Schwierigkeiten wurden neben der Terminkoordination vor allem die raumliche Entfemung potenzieller Teilnehmer bereiten. Interviews erscheinen unter diesen Gesichtspunkten leichter umsetzbar und somit okonomischer. Die teilnehmende BeoHaufige Urteilsfehler sind gemafi Cranach/Frenz die zentrale Tendenz (d.h. die „verschobene" Wahrnehmung extremer Ereignisse und die entsprechende Codierung in einer Mittelkategorie) sowie die Neigung, zu milde und zu groBziigig zu urteilen. Weitere Urteilsfehler ergeben sich durch Einfliisse der zeitlichen Abfolge (z.B. durch die Festlegung von Beurteilungen aufgrund erster Eindrucke), durch eine Verzerrung von Urteilen aufgrund eines besonderen Merkmals einer Person oder Situation und durch die Tendenz, Eigenschaften, Verhaltensweisen und Situationselemente nach der „Logik" ihrer Zusammengehorigkeit bzw. nach MaBgabe einer implizit zugrunde gelegten „Theorie" des Beobachters zu beurteilen. Vgl. Cranach/Frenz (1969), S. 280ff. Vgl. hierzu die Ausfiihrungen zu den GUtekriterien der qualitativen Untersuchung am Ende des Abschnitts.
118
IL Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche
bachtung erscheint unokonomisch, da diese Uber einen sehr langen Zeitraum in einem Unternehmen durchzufuhren ware. Dies ist sowohl hinsichtlich zeitlicher Restriktionen als auch vor dem Hintergrund eines potenziellen Zugangs zu entsprechenden Organisationen problematisch zu werten. Eine exteme Beobachtung wiederum basiert in der Regel auf der Recherche von Zeitungsmeldungen und ist somit mit der Inhaltsanalyse vergleichbar. Dieser Argumentation folgend erscheinen unter okonomischen Gesichtspunkten vor allem die Inhaltsanalyse sowie personliche Interviews besonders geeignet fiir das vorliegende Forschungsvorhaben zu sein. Eine derartige Auswahl ist auch unter inhaltlichen Gesichtspunkten denkbar. Wahrend die Inhaltsanalyse eine sehr breite Analyse der Wachstumsfaktoren ermoglicht, erlauben personliche Interviews das direkte Nachfragen in Bezug auf relevante Themen. Eine Kombination beider Methoden erscheint in Hinblick auf die Prazisierung von Wachstumsfaktoren zielfuhrend zu sein. Gruppendiskussionen weisen im Gegensatz zu den Interviews zwar den Vorteil auf, „neue" Themen hervorzubringen, fokussieren die Untersuchung jedoch eher auf gruppendynamische Prozesse bzw. die offentliche Meinung. Da die zu prazisierenden Faktoren bereits im Rahmen der theoretischen Diskussion eingegrenzt wurden, erscheint die Identifikation neuer Themen nicht sinnvoU. Dariiber hinaus steht auch die Analyse gruppendynamischer Prozesse nicht im Mittelpunkt des Forschungsvorhabens. Aus diesem Grund ist die Gruppendiskussion im Vergleich zu qualitativen Interviews nicht zu praferieren. Wenig vorteilhaft in Bezug auf die inhaltlichen Herausforderungen scheint auch die teilnehmende Beobachtung zu sein, da die Analyse von Handlungen vor dem Hintergrund der Fragestellung vemachlassigbar ist. In Bezug auf die methodische Fundiertheit der einzelnen Verfahren ist das Interview im Vergleich zu anderen Methoden vorzuziehen: „Ein weiterer Grund fiir den haufigen Einsatz von qualitativen Interviews ist die Tatsache, dass man sich in der qualitativen Forschung sehr griindlich mit Auswertungsverfahren als Interpretationen von Texten befasst hat und hier sehr weitgehende Entwicklungen verzeichnet, weshalb man sich geme dieser Methoden bedient und sich deshalb auf durch Interviews produzierte Texte bezieht. Fiir die Beliebtheit des Interviews spielt auch eine wichtige RoUe, dass die Informationen in statu nascendi aufgezeichnet werden konnen, unverzerrt authentisch sind, intersubjektiv nachvoUzogen und beliebig reproduziert werden konnen; dies sind Vorteile, die die teilnehmende Beobachtung eben nicht aufzuweisen hat. Gerade durch den Vergleich von Text und seiner Interpretation ergeben sich KontroUmoglichkeiten, die dem qualitativen Interview einen methodisch hohen Status zuweisen." (Vgl. Lamnek (1989), S. 35) Der Versuch, weitestgehend alle bedeutsamen Aspekte, Dimensionen und Variablen eines Untersuchungsobjektes in Hinblick auf das Untersuchungsziel durch empirische Forschung zu erfassen, fiihrt in der Regel zur Anwendung verschiedener Forschungsmethoden. Die so genannte „Methodentriangulation"^^^ ermoglicht nicht nur die Beriicksichtigung vieler Facetten, Unter Triangulation versteht man den Versuch, „fur die Fragestellung unterschiedliche Losungswege zu entwerfen und die Ergebnisse zu vergleichen." Die Triangulation kann sich auf den Inhalt wie auch auf
IL1 Die Mikroanalyse zur Analyse medienspezifischer Wachstumsfaktoren
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sondem sie fiihrt auch dazu, dass Methodenfehler leichter identifiziert und vermieden werden konnen. Aus diesem Grund soil neben dem Interview auch die Inhaltsanalyse fiir die Mikroanalyse genutzt werden. Die Gruppendiskussion wie auch die teilnehmende Beobachtung werden aus den vorab skizzierten Griinden nicht genutzt. (b)
Die Inhaltsanalyse
Wie bereits dargelegt wurde, ist die Lihaltsanalyse eine Methode, „die sprachliche Eigenschaften eines Textes objektiv und systematisch identifiziert und beschreibt, um daraus Schlussfolgerungen auf nicht-sprachliche Eigenschaften von Personen und gesellschaftlichen Aggregaten zu ziehen."^^* Da die Analyse von Texten in den verschiedensten Wissenschaftsdisziplinen angewendet wird und zudem eine lange Tradition hat, kann zunachst konstatiert werden, dass in der Literatur eine Vielzahl von verschiedenen Formen der hihaltsanalyse beschrieben werden. Im Folgenden soil auf einen umfassenden tJberblick verschiedener Zugange verzichtet werden, relevante Aspekte werden kurz skizziert. ^ Flir die vorliegende Untersuchung relevant ist die Unterscheidung zwischen quantitativen und qualitativen Verfahren der Inhaltsanalyse. Wahrend die quantitative Inhaltsanalyse qualitative Daten derart kodifiziert, dass diese statistisch ausgewertet werden konnen, riickt die qualitative Inhaltsanalyse die Sinnzusammenhange der Quellen in den Fokus. Die Wahl des prinzipiellen Vorgehens (quantitativ vs. qualitativ) hangt dabei mit der Forschungsfrage und der Analyseebene des Textes zusammen. Als unterschiedliche Analyseebenen sind die semiotischen Ebenen zu bezeichnen, auf denen die Analysen aufbauen. Zu unterscheiden ist die Syntaktik, die Semantik und die Pragmatik;« Auf der syntaktischen Ebene werden Zeichen im Hinblick auf die Mittel analysiert, mit denen ein Zeichen dargestellt wird. In der Regel besteht die syntaktische Analyse aus der Auszahlung von Wortem, Silben und Buchstaben, wobei jeweils nur deren Anordnung oder Aufbau, also syntaktische Mittel, relevant sind. So kann z.B. auf der syntaktischen Ebene andie Methodik beziehen. Die vorliegende Arbeit nutzt eine inhaltliche Triangulation, indem sie bestehende Erklarungsansatze aus verschiedenen Forschungsdisziplinen beriicksichtigt. Durch die Selektion von Interviewpartnern aus der betrieblichen Praxis und der Forschung wird in Bezug auf den empirischen Teil ebenfalls eine Mischung relevanter Perspektiven erreicht. In methodischer Hinsicht erfolgt eine Triangulation durch die Auswahl verschiedener Erhebungsmethoden (die Inhaltsanalyse, qualitative Interviews und eine Einzelfallstudie). Vgl. Mayring (1996), S. 121; Lamnek (1995), S. 24f. ^'^^
Vgl. Mayntz et al. (1974), S. 151. Der interessierte Leser sei an dieser Stelle auf weiterfiihrende Literatur verwiesen. Die folgenden Ausfiihrungen beziehen sich vor allem auf Merten (1983).
372
Die Syntaktik ist der Zeig der Semiotik, der sich mit den Zeichen als solchen und ihren Darstellungsmoglichkeiten befasst. Die Frage, was ein Zeichen bedeutet (Objektbezug) oder was es bewirkt (Interpretantenbezug) sind fiir die syntaktische Ebene irrelevant. Die Semantik ist die Lehre von den Beziehungen, die zwischen einem Zeichen und dem dadurch Bezeichneten bestehen. Auch fiir die Semantik gilt, dass pragmatische Aspekte, also der Interpretantenbezug, irrelevant sein soUten. Die Pragmatik schlieBlich ist die Lehre von der Relation der Zeichen zu ihren Benutzem. Das impliziert sogleich auch die semantische und damit die syntaktische Dimension. Vgl, Merten (1983), S. 61.
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11. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche
hand des Stils eines Autors eine Autorenanalyse durchgefiihrt werden, indem anhand der Haufigkeit bestimmter Buchstaben, Silben, Worter, Worterfolgen oder Satze auf bestimmte autorenspezifische Merkmale geschlossen wird. Fiir eine Inhaltsanalyse auf syntaktischer Ebene bieten sich vor allem quantitative Verfahren an. Auf der semantischen Ebene kann man z.B. mit einer Themenanalyse das Auftreten bestimmter Begriffe, Themen oder Ideen analysieren, indem man semantische Klassen (Kategorien) bildet, unter die bestimmte Inhalte subsumiert werden. Ein derartiges Vorgehen ermoglicht die Identifikation relevanter Themen und dariiber hinaus deren Sinnzusammenhange. Fiir eine Inhaltsanalyse auf semantischer Ebene bieten sich qualitative Verfahren an. Auf der pragmatischen Ebene schlieBlich kann man eine Verstandlichkeitsanalyse oder eine Wirkungsanalyse von Inhalten durchfuhren, indem man priift, welche Gestaltung eines Textes welche Wirkungen beim Rezipienten erzielt. Hier bieten sich quantitative Verfahren zur Analyse an. Da in der vorliegenden Untersuchung die Wachstumsfaktoren in der Medienbranche prazisiert werden soUen, bietet sich eine Inhaltsanalyse auf semantischer Ebene durch qualitative Verfahren an (Themenanalyse). Diese Verfahren machen inhaltlichen Gebrauch von der semantischen Eigenschaft von Texten und Textelementen, die nach inhaltlichen Gesichtspunkten klassifiziert werden.^^^ Bei der Anwendung der Verfahren der qualitativen Inhaltsanalyse auf semantischer Ebene konnen sechs Phasen unterschieden werden: Die Festlegung der Art von Texten bzw. Quellen, die Stichprobenziehung, die Definition der Zahleinheiten, die Entwicklung des Kategorienschemas, die Codierung der Zahleinheiten sowie die Auswertung und Interpretation. In einem ersten Schritt muss eine Festlegung der Art oder der Klasse von Texten bzw. Quellen, die in Hinsicht auf ein spezifisches Forschungsproblem analysiert werden sollen, vorgenommen werden."'^'* In der vorliegenden Arbeit wurden als Quellen Jahres- und Geschaftsberichte. Strategic- und Positionspapiere, Analystenreports, Branchenstudien und Informationsbroschiiren, Pressemeldungen, Kongressprasentationen sowie Vortrage im Rahmen der Veranstaltungsreihe Media®LSR der KU-Eichstatt-Ingolstadt genutzt. Dariiber hinaus wurden interne Dokumente der Media Practice von A.T. Kearney herangezogen. Der Zeitraum der Inhaltsanalyse bezog sich auf die Jahre 2000-2004, wobei vereinzelt auch altere Publikationen herangezogen wurden (z.B. Geschaftsberichte). Die Analyse von Pressemeldungen basierte auf dem Online-Archiv der Financial Times Deutschland, welche eine Viel-
Eine Analyse auf syntaktischer Ebene untersucht im Gegensatz dazu eher die Art der Vermittlung, welche zur Identifikation und Prazisierung von Wachstumsfaktoren von geringer Relevanz ist. Auch die Analyse von Wirkungszusammenhangen, welche im Rahmen der pragmatischen Analyse im Fokus stehen, sind fiir die vorliegende Analyse von geringer Relevanz, da nicht untersucht wird, wie sich die Texte auf die Rezipienten auswirken. Vgl. Merten (1983), S. 146. Vgl. Schnell (1999), S. 374ff. In der Literatur werden zur Auswahl von geeigneten Quellen folgende Kriterien genannt: Relevanz fiir den Zweck der Untersuchung, Existenz der Quellen und Zuganglichkeit der Quellen. Dariiber hinaus soUte auch ein Zeitrahmen fiir die potenziellen Quellen definiert werden. Vgl. Schnell et al. (1999), S. 374ff.; Harder (1974), S. 236.
II. 1 Die Mikroanalyse zur Analyse medienspezifischer Wachstumsfaktoren
121_
zahl weltweiter Presseorgane archiviert. Dariiber hinaus wurde das Internet zur Recherche genutzt. In einem zweiten Schritt muss aus der so ermittelten Klasse von relevanten Quellen eine Stichprobe von zu untersuchenden Texten festgelegt werden. Die Auswahl relevanter Quellen erfolgt hierbei nicht, wie bei quantitativen Verfahren Ublich, nach dem Verfahren des statistical sampling, sondem nach dem Verfahren des theoretical sampUng.^^^ Somit konnten gezielt forschungsrelevante Quellen herangezogen werden. Im Anschluss an die Wahl der Stichprobe miissen die Zahleinheiten vorgegeben werden. Der Begriff der Zahleinheit basiert auf dem Begriffsinstrumentarium der quantitativen Inhaltsanalyse, bei der die zu analysierenden Einheiten quantitativ ausgezahlt werden. Im vorliegenden Zusammenhang wird unter der Wahl der Zahleinheit die Wahl der Ebene der zu berucksichtigenden Themen (z.B. Titel der Quelle, Kapitel/Abschnitt der Quelle, Uberschrift der Quelle, Bullet-Point der Quelle, Wort der Quelle) verstanden. Da im Rahmen der vorliegenden Untersuchung Themen identifiziert und prazisiert werden, wird als Zahleinheit ein thematisch zusammenhangender Abschnitt innerhalb eines Textes/einer Presentation gewahlt. Die wesentlichste und auch kritischste Phase einer Inhaltsanalyse ist die Bildung des Kategorienschemas, welches die Basis fiir die Interpretation bildet. Der Hauptproblembereich bezieht sich dabei, wie bereits festgestellt wurde, auf die Konsistenz oder Zuverlassigkeit der Zuordnung, die z.B. durch die Mehrdeutigkeit von Begriff en oder einer Mehrdeutigkeit bei der Definition von Kategorien beeintrachtigt sein kann. Grundsatzlich konnen bei den qualitativen Verfahren zwei verschiedene Vorgehensweisen zur Bildung eines Kategorienschemas unterschieden werden: •
Die eine Form der qualitativen Inhaltsanalyse orientiert sich in ihrem Vorgehen stark an der quantitativen Methode: vorher theoretisch entwickelte Analyseeinheiten, -dimensionen und -kategorien werden auf akzidentale und ausgewahlte Dokumente angewandt.^^^
•
Die andere Form ist im Vergleich dazu jedoch eine Auswertungsstrategie von zum Zwecke der Analyse erstellten oder akzidentalen Dokumenten ohne a priori formulierte Analysekriterien.^^^
Das statistical Sampling beschreibt diejenige Art der Stichprobenziehung, welche zu einer der Grundgesamtheit entsprechenden Verteilung der als wesentlich angesehenen Merkmale fiihrt. Dies versucht man in der Regel durch eine Zufallsauswahl (dem statistical sampling) zu gewahrleisten. Im Gegensatz dazu wird in der qualitativen Sozialforschung nach einem anderen Verfahren vorgegangen, dem theoretical sampling. Diesem liegt die Uberlegung zugrunde, dass es zur Entwicklung einer Theorie ausreicht, wenn jeweils ein Fall bekannt wird, der von der bisherigen Theorie abweicht. Die Auswahl der Untersuchungseinheiten geschieht also systematisch daraufhin, einen Fall zu fmden, der die theoretischen Konzepte des Forschers komplexer, differenzierter und profunder gestalten kann. Die Untersuchungseinheit wird demnach aufgrund ihrer Eignung als extremer oder idealer Typ ausgewahlt. Dabei ist der Forscher auf Vermutungen oder auBerliche Merkmale angewiesen. Vgl. zu den verschiedenen Formen der Stichprobenwahl die Ausfiihrungen von Lamnek (1995), S. 21f. Vgl. Lamnek (1989), S. 192. Vgl. Lamnek (1989), S. 192.
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11. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche
In der vorliegenden Untersuchung wurde ein mehrstufiges Vorgehen gewahlt. In einem ersten Schritt wurden die Quellen offen, d.h. ohne a priori formulierte Analysekriterien, geordnet. Auf dieser Basis wurde ein erstes, voriaufiges Kategorienschema entwickelt. In einem zweiten Schritt wurden Kategorien textunabhangig auf der Basis der bestehenden (theoretischen) Erkenntnisse entwickelt. In einem dritten Schritt wurden die empirischen, offen gewonnenen Kategorien den theoretisch abgeleiteten Kategorien gegeniibergestellt. Dieses Vorgehen hat den Vorteil, dass auf der einen Seite Themen identifiziert werden konnen, welche vorab nicht identifiziert werden konnten, stellt aber zudem auch sicher, dass der Fokus auf diejenigen Themen gelegt wird, welche gemaB der bisherigen Analyse zur Analyse von Wachstumsfaktoren relevant sind. Da bei einer Inhaltsanalyse im Allgemeinen mehrere Kategorien betrachtet werden, miissen diese genau festgelegt und definiert werden. Kategorien im inhaltsanalytischen Sinn sind zunachst „Oberbegriffe", die mit den definierten Begriffen fiir die problemrelevanten Dimensionen identisch sind oder sie in Teildimensionen untergliedem. Dariiber hinaus miissen Unterkategorien gebildet werden, die angeben, welche Art von Aussagen je Kategorie unterschieden werden sollen. Das zu nutzende Kategorienschema sollte dabei bestimmten formalen Anforderungen geniigen: •
Jede Kategorie darf sich nur auf eine Bedeutungsdimension beziehen.
•
Die Kategorien miissen einander ausschlieBen, erschopfend und unabhangig voneinander sein.
Trotzdem ist jedes inhaltsanalytische Kategorienschema selektiv in Bezug auf bestimmte Fragestellungen: es muss nicht eine vollstandige Erfassung aller im Text auftretenden Inhalte erlauben; es wird lediglich gefordert, dass es alle interessierenden Bedeutungsdimensionen vollstandig erfasst. Auf Grundlage des fertig gestellten Kategorienschemas konnen dann die Inhalte der Zahleinheiten mittels einer Codierung den einzelnen Kategorien und Unterkategorien zugeordnet werden.^^^ Das Ergebnis dieser Phase ist ein tJberblick, welcher die Vielzahl der Themen und auch die Detailliertheit eben dieser offenbart. Dies ermoglicht wiederum die Ableitung der Relevanz der identifizierten Themen. Die letzte Phase der Inhaltsanalyse erfordert die Auswertung und Interpretation der Ergebnisse. Zunachst einmal ist hierbei auf die Relevanz der einzelnen Themen aufgrund ihrer Prasenz in der Presse, auf Kongressen, etc. einzugehen. Dabei wird unterstellt, dass diejenigen Themen, welche besonders haufig und detailliert diskutiert werden, auch eine besonders hohe Relevanz fiir die Medienbranche aufweisen. Im Anschluss daran sollen diese Themen inhaltlich erortert und in eine Beziehung zu den bisherigen Erkenntnissen gesetzt werden. Diese Spiegelung erlaubt die Prazisierung der bislang abstrakten Begriffe (z.B. Qualitat)
Der Begriff der Codierung bezieht sich, ahnlich dem Begriff der Zahleinheit, auf quantitative Verfahren der Inhaltsanalyse, bei welchem die Zahleinheiten zur statistischen Auswertung verschliisselt, also „codiert" werden. Vgl. Schnell et al. (1999), S. 354ff.
II. 1 Die Mikroanalyse zur Analyse medienspezifischer Wachstumsfaktoren
123
durch praxisnahe Themen (z.B. CRM zur Einbeziehung des Kunden zur besseren Befriedigung der Kundenbediirfnisse). (c)
Das qualitative Interview
Qualitative Interviews ermoglichen die vertiefende Analyse relevanter Themen. Sie werden in der vorliegenden Untersuchung im Sinne der Methodentriangulation parallel zur Inhaltsanalyse eingesetzt. Die Variationen der einzelnen Interviewformen sind auch innerhalb der qualitativen Befragung so vielfaltig und differenziert, dass auch hier eine vollstandige Auflistung zu weit fuhrt. Denkbar ist die Nutzung verschiedenster Dimensionen zur Kategorisierung verschiedener Typen.^^' Eine besondere Relevanz wird in der Regel der Dimension des Standardisierungsgrades der Befragung beigemessen, da dieser die Moglichkeiten der Analysetiefe stark determiniert und somit fur die Differenzierung zwischen quantitativen und qualitativen Paradigma geradezu konstitutiv ist. FUr die vorliegende Untersuchung relevant ist die Unterscheidung zwischen offenen und halb-strukturierten Verfahren der qualitativen Befragung. Die offene Befragung wird ohne Fragebogen oder festes Frageschema durchgefuhrt und haufig auch als narratives oder non-direktives Interview bezeichnet.^^^ Weder die Formulierung der einzelnen Fragen noch der Ablauf der Befragung ist vorab festgelegt. In der Regel gibt es nur ein bestimmtes Rahmenthema, iiber das man sich frei unterhalt, wobei der Interviewer lediglich durch Zwischenfragen weiterhilft, zur Prazisierung auffordert und durch Paraphrasierung Klarheit schafft. Die halb-strukturierte Befragung gibt dem Befragten in der Regel Themen oder Fragen vor, welche offen zu beantworten sind. Je nach Grad der Nicht-Standardisierung und entsprechend der Zugehorigkeit zu unterschiedlichen Parametem finden sich in der Literatur die verschiedensten Benennungen solcher Interviewformen: fokussiertes Interview, (problem)zentriertes Interview, Intensivinterview oder Leitfadeninterview.^^^ Hierbei sind neben dem Rahmenthema auch konkrete Fragen formuliert, die jedoch eine offene Beantwortung dieser erlauben bzw. erfordem. Auch die Reihenfolge oder die Formulierung der Fragen ist situativ zu bestimmen. Der Interviewleitfaden soil garantieren, dass alle forschungsrelevanten Themen auch tatsachlich angesprochen werden, bzw. dass eine zumindest rudimentare Vergleichbarkeit der Interviewergebnisse gewahrleistet werden kann. Da in der Mikroanalyse neben der Befragung auch die Inhaltsanalyse zur Anwendung kommt und die Interviews daher weniger zur Exploration, sondem zur Prazisierung von Wachstumsfaktoren genutzt werden, erscheint die halb-strukturierte Befragung das geeignetere Vorgehen zu sein. Dieses Vorgehen ermoglicht den vertieften Diskurs hinsichtlich konkre-
In diesem Zusammenhang haufig angefUhrte Dimensionen der Differenzierung sind die Intention des Interviews, der Grad der Standardisierung, die Struktur der zu Befragenden, die Form der Konmiunikation, der Stil der Kommunikation, die Art der Fragen, das Kommunikationsmedium bei miindlichen Interviews und die Versandmedien bei einer schriftlichen Befragung. Vgl. Lamnek (1989), S. 37. Vgl. Schnell et al. (1999), S. 354ff. Vgl. Friedrichs (1973), S. 224ff.
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II. Empiiischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche
ter Fragestellungen und fiihrt so zu Einblicken, auf deren Basis Gestaltungsempfehlungen abgeleitet werden konnten. Das Vorgehen bei der Anwendung von Leitfadeninterviews kann in fiinf Phasen unterteilt werden: Die Konstruktion des Erhebungsinstrumentes, die Auswahl der Stichprobe, die DurchfUhrung der Befragung, die Auswertung der Befragung und die Ergebnisinterpretation der Befragung. Die Konstruktion des Leitfadens hat einen wesentlichen Einfluss auf den Erfolg der Untersuchung und setzt voraus, dass das theoretische Vorverstandnis des Forschenden in die Gestaltung des Interviewleitfadens einflieBt. Das „Leerstellengerust" des Bezugsrahmens hat bei der Entwicklung des Fragebogens einerseits Orientierung zu vermitteln, andererseits darf das Framework die Wahmehmung des Forschers nicht zu stark beeinflussen. Aus diesem Grund wurde der Interviewleitfaden an den Erkenntnissen der theoretischen und empirischen Voruntersuchungen ausgerichtet. Dariiber hinaus wurde das Erhebungsinstrument des Leitfadens im Zuge der Inhaltsanalyse sekundarer Quellen iiberarbeitet und verfeinert worden.^^^ Somit wurden im Rahmen der Untersuchung zwei unterschiedliche Interviewleitfaden genutzt. Der erste Interviewleitfaden^*^ selbst gliedert sich in acht Unterpunkte, die auf der einen Seite allgemeine Fragen zum Thema Wachstum beinhalten und auf der anderen Seite konkret auf die Wachstumsfaktoren Marke, Qualitat, Innovation und Effizienz eingehen. So beinhaltet der Interviewleitfaden einen allgemeinen Abschnitt zu allgemeinen Wachstumsoptionen nach Ansoff, zwei Abschnitte zur Beurteilung verschiedener Marktanteilsausdehnungsoptionen und jeweils einen Abschnitt zu den einzelnen Wachstumsfaktoren. Abgeschlossen wird der Interviewleitfaden mit einem Abschnitt, welcher das in Beziehung setzen der verschiedenen Marktanteilsausdehnungsoptionen und Wachstumsfaktoren zum Thema hat. Der zweite Interviewleitfaden^*"* ist sehr viel spezifischer. Dieser wurde genutzt, um in einem zweiten Schritt offen gebliebene Fragen zu diskutieren. Der zweite Interviewleitfaden gliedert sich in vier Abschnitte mit jeweils 15 Fragen zu den Wachstumsfaktoren Marke, Qualitat, Innovation und Effizienz. In der nachsten Phase muss eine geeignete Stichprobe von Interviewpartnem festgelegt werden. Auch fur die vorliegende Untersuchung erfolgte die Auswahl der Befragten nach dem Verfahren des theoretical sampling. Aus dem potenziellen Spektrum wurden im Rahmen einer Querschnittsuntersuchung nur Themen und MaBnahmen in den Krisenjahren seit 2001 betrachtet.^*^ Der Erhebungszeitraum im Rahmen der Interviews war Januar bis einschlieBlich
Der Wechsel zwischen Induktion und Deduktion wird vor allem beim Ansatz der „Grounded Theory" eingesetzt. Vgl. Strauss/Corbin (1996). Vgl. Anhang C, Interviewleitfaden 1. Vgl. Anhang D, Interviewleitfaden 2. Langsschnittuntersuchungen sowie langerfristige Trend- oder Paneluntersuchungen sind einerseits aufgrund der zeit- und ressourcenmafiigen Restriktionen nach Einschatzung von Diekmann kaum im Rahmen eines Dissertationsprojektes durchzufiihren. Andererseits ist der gewahlte Zeitraum im Hinblick auf das Wachstumsphanomen in der Medienindustrie gerade deswegen fiir eine Untersuchung besonders zweckmaBig, well das Thema nun von dringhchster Relevanz ist. Vgl. Diekmann (1996), S. 267.
II. 1 Die Mikroanalyse zur Analyse medienspezifischer Wachstumsfaktoren
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Juli 2004. Fiir die Interviews wurden als potenzielle Gesprachspartner Personen identifiziert und angeschrieben, welche im Rahmen der untersuchten Forschungsfrage mit dem Thema „Wachstum" konfrontiert sind. Die Auswahl der Gesprachspartner erfolgte somit kriteriengeleitet. Hierbei wurden Mitglieder der Geschaftsleitung, Verantwortliche Bereichsleiter und Berater befragt."'^^ Vor dem Hintergrund forschungspragmatischer Restriktionen wurde sich dabei auf Interviewpartner aus Deutschland beschrankt. In der Phase der DurchfUhrung werden die eigentlichen Erkenntnisse gewonnen. Fiir die Mikroanalyse wurden insgesamt neun intensive Expertengesprachen gefUhrt. Die Thematik der Gesprache und das Untersuchungsziel wurde den Interviewpartnem im Vorfeld auf schriftlichem Wege mitgeteilt. Die Experteninterviews wurden alle personlich durchgefuhrt und fanden iiberwiegend an den Arbeitsstatten der Befragten statt. Im Falle terminlicher Restriktionen der Gesprachspartner oder der UnverhaltnismaBigkeit einer Befragung vor Ort wurde die Befragung ersatzweise im Rahmen einer Telefonkonferenz durchgefuhrt. Der Gesprachsverlauf orientierte sich dabei am vorstrukturierten Leitfaden. Die Auswertung der Befragung kann im Allgemeinen analog zur qualitativen Inhaltsanalyse erfolgen. Ein derartiges Vorgehen wurde bei der vorliegenden Untersuchung gewahlt. Hierzu wurden - analog dem Vorgehen der qualitativen Inhaltsanalyse von Texten - die Gesprachsnotizen in ihre Bestandteile zerlegt und dem Kategorienschema zugeordnet. In der sich anschliefienden Analyse wurden Gemeinsamkeiten sowie inhaltliche Differenzen der Interviews herausgearbeitet. Um im Fortgang der Analyse Fehlinterpretationen zu vermeiden, wurden in Kontrollphasen immer wieder die urspriinglichen Transskripte hinzugezogen. Die kodifizierten Aussagen wurden im Sinne der Strukturierung zu inhaltlich ahnlichen Themenabschnitten zusammengefasst.^^^ Wahrend allgemeine Aussagen im allgemeinen Teil (Trends und Themen der Medienindustrie) aufgearbeitet wurden, fanden die untemehmens- bzw. fallstudienspezifischen Aspekte zum Phanomen „Deutschland sucht den Superstar" Eingang in den spezifischen Teil der Mikroanalyse. Nach der Verdichtung und Zuordnung der Aussagen der Interviewpartner werden die gewonnenen Daten im Rahmen der Ergebnisinterpretation mit eventuell schon erarbeiteten Ergebnissen und oder Erkenntnissen aus der Literatur gespiegelt. Im vorliegenden Fall wurden die in der Arbeit gewonnenen Erkenntnisse herangezogen. Wesentlich war hierbei das in Beziehung setzen der abstrakten theoretischen Begriffe mit den konkreten Anwendungsbeispielen aus der Praxis. Anhand der Spiegelung von Theorie und Praxis konnten erste Aussagen und Implikationen fiir die betriebliche Praxis und wissenschaftliche Diskussion abgeleitet werden.
Eine Auflistung aller Gesprachspartner fmdet sich in Anhang F. Nach Kepper verfolgt der Forscher mit der Strategic der zusammenfassenden Interpretation das Ziel, die Inhalte in eine uberschaubare, verkiirzte Form zu iiberfiihren, welche aber immer noch ein Abbild des urspriingUchen Grundmaterials erhalt. Vgl. Kepper (1996), S. 59.
126
IL Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche
(2)
Die Entwicklung des Kategorienschemas zur Prazisierung der Wachstumsfaktoren
Die qualitative Analyse mittels Inhaltsanalyse oder Befragung erfordert die Entwicklung eines Kategorienschemas, welches eine Strukturierung verschiedener Themen und eine anschlieBende Interpretation dieser erlaubt. Im nun folgenden Abschnitt soil die Entwicklung des in der vorliegenden Untersuchung zugrunde gelegten Kategorienschemas verdeutlicht werden. Die Entwicklung eines derartigen Schemas orientiert sich an der Hermeneutik, wie sie etwa in der Literaturwissenschaft, der Theologie oder der Jurisprudenz gebraucht wird.^^* Bei der Entwicklung des Kategorienschemas in der Mikroanalyse wurde sich am Vorgehen der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring orientiert, welcher im Rahmen eines groBeren Forschungsprojektes eine systematische Vorgehensweise zur Entwicklung eines Kategorienschemas entwickelt hat.^^^ Bei der Analyse des vorliegenden Materials greift er auf drei grundlegende inhaltsanalytische Analyseverfahren zuriick: Die Zusammenfassung, die Explikation und die Strukturierung. Das Ziel der Zusammenfassung ist es, „das Material so zu reduzieren, dass die wesentlichen Inhalte erhalten bleiben, durch Abstraktion einen uberschaubaren Corpus zu schaffen, der immer noch Abbild des Grundmaterials ist." (Mayring 1988, S. 53). Beim Verfahren der Zusammenfassung werden durch Auslassungen, Generalisierungen, Konstruktionen, Integrationen, Selektionen und Bundelungen abstrakte Aussagen gewonnen, die das urspriingliche Material paraphrasieren. Diese abstrakten Paraphrasen werden unter Kategorien subsumiert und schliefilich zur Kennzeichnung und Beschreibung des Einzelfalls herangezogen. Die Zusammenfassung erfolgt dabei nach verschiedenen Interpretationsregeln: Der Paraphrasierung, der Generalisierung auf ein hoheres Abstraktionsniveau, der ersten Reduktion und der zweiten Reduktion.^^^ Die Darstellung der einzelnen Schritte in einer Tabelle erhoht dabei die NachvoUziehbarkeit der Zusammenfassung durch Dritte."'^^ Bei der Analyse von Texten oder Interviews ist es denkbar, dass einzelne Aussagen fur den Betrachter nicht nachvollziehbar sind. Derartige Aussagen miissen durch eine Explikativerstandlich gemacht werden: Vgl. hierzu die Ausfiihrungen von Lamnek (1989), S. 65ff. Vgl. Mayring (1993), S. 53ff. Bei der Paraphrasierung werden alle nicht (oder wenig) Inhalt tragenden Textbestandteile (z.B. Ausschmiickungen, Wiederholungen) gestrichen. Der Text wird dabei in eine grammatikalische Kurzform iibersetzt. Bei der Generalisierung werden die Gegenstande der Paraphrasen auf ein hoheres Abstraktionsniveau gehoben, so dass die alten Inhalte in den neu formulierten impliziert sind. Bei der ersten Reduktion werden bedeutungsgleiche Paraphrasen sowie Paraphrasen, die auf dem hoheren Abstraktionsniveau nicht als Inhalt tragend angesehen werden, gestrichen. Bei der zweiten Reduktion werden Paraphrasen mit gleichem oder ahnlichen Gegenstand und ahnlicher Aussage zusanimengefasst. Vgl. Lamnek (1989), S. 204. Vgl. hierzu auch das folgende Beispiel. Die Explikation unverstandlicher Textpassagen kann im Sinne einer engen oder weiten Explikation erreicht werden. Wird ein zusatzlicher Sinngehalt aus anderen Textstellen der gleichen Quelle gewonnen, so handelt es sich um eine enge Explikation. Reicht eine enge Explikation zur Klarung der Verstandnis-
II. 1 Die Mikroanalyse zur Analyse medienspezifischer Wachstumsfaktoren
127
„Zu einzelnen interpretationsbediirftigen Textstellen wird zusatzliches Material herangezogen, um diese zu erklaren, verstandlich zu machen, zu eriautem, zu explizieren." (Mayring 1988, S.68) Wie auch bei der Zusammenfassung konnen verschiedene Interpretationsregeln zur systematischen Explikation herangezogen werden: Die Lexikalisch-grammatikalische Definition, die Bestimmung des Explikationsmaterials, die enge Kontextanalyse, die weite Kontextanalyse, die explizierende Paraphrase und die Uberpriifung der Explikation.^'^ Nachdem die Quellen zusammengefasst und expliziert wurden, folgt die Phase der Strukturierung. Die Strukturierung hat das Ziel, eine bestimmte Struktur aus dem Material herauszufiltem:^'^ „Diese wohl zentralste inhaltsanalytische Technik hat zum Ziel, eine bestimmte Struktur aus dem Material herauszufiltem" (Mayring 1988, S. 75), „unter vorher festgelegten Ordnungskriterien einen Querschnitt durch das Material zu legen oder das Material aufgrund bestimmter Kriterien einzuschatzen" (Mayring 1988, S. 53). Diese Struktur besteht aus bestimmten Konstellationen verschiedener Kategorien, die differenzierbar sind: Nach formalen Strukturierungsgesichtpunkten kann eine innere Struktur herausgefiltert werden (formale Strukturierung); es kann Material zu bestimmten Inhaltsbereichen extrahiert und zusammengefasst werden (inhaltliche Strukturierung); man kann auf einer Typisierungsdimension nach einzelnen markanten Auspragungen im Material suchen und diese genauer beschreiben (typisierende Strukturierung), schlieBlich kann das Material nach Dimensionen in Skalenform eingeschatzt werden (skalierende Strukturierung)." (Mayring 1988, S. 53f.)
schwierigkeiten nicht aus, so konnen auch weitere Quellen zur Klarung der Fragen herangezogen werden (weite Explikation). Bei der Lexikalisch-grammatikalischen Definition werden die vom sprachlichen und soziokulturellen Hintergrund relevanten Lexika und Grammatiken naher bestimmt. Bei der Durchfiihrung einer Explikation sollte zunachst vom engsten Textkonzept ausgegangen werden, d.h. im direkten Umfeld der zu explizierenden Stelle im Text. Erst in einem zweiten Schritt wird zu einem immer weiteren Kontext fortgeschritten, wenn die Uberpriifung der Explikation nicht befriedigend war. Bei der engen Kontextanalyse werden all diejenigen Aussagen gesammelt, die in einer direkten Beziehung zur fraglichen Stelle im direkten Textkontext stehen. Bei der weiten Kontextanalyse wird - sofem verfugbar - auf weiteres vom Verfasser zu explizierendes Material zuriickgegriffen. Bei der explizierenden Paraphrase wird das zur Explikation gesammelte Material gesichtet, um im Anschluss eine Interpretation der unverstandlichen Textstelle durchzufiihren. Eine tjberpriifung der Explikation wird moglich, indem die explizierende Paraphrase anstatt der fraglichen Textstelle zum Verstandnis des Materials genutzt wird. Hierbei muss iiberpriift werden, ob die Explikation im Gesamtzusammenhang des Materials die Textstelle ausreichend sinnvoU erklart. Vgl. Lamnek (1989), S. 206. Vgl. Mayring (1988), S. 75. Fiir die strukturierende Auswertung werden folgende „Regeln" angegeben: Definition der Kategorien, Nutzung von Ankerbeispielen und Aufstellung von Kodierregeln. Es ist genau zu definieren, welche Textbestandteile unter eine Kategorie fallen. Zur Veranschaulichung werden konkrete Textstellen angefuhrt, die unter eine Kategorie fallen und als Beispiel fiir diese Kategorie gelten sollen. Dort, wo Abgrenzungsprobleme zwischen einzelnen Kategorien bestehen, sollten Kodierregeln definiert werden, um eindeutige Zuordnungen zu ermoglichen. Altemativ besteht auch die Moglichkeit, mehrfache Kodierungen zuzulassen. Vgl. Lamnek (1989), S. 210.
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II. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche
Das im Rahmen der Mikroanalyse angewendete Vorgehen soil kurz an einem Beispiel aus der Analyse vorgestellt werden. Als Quelle dient eine Prasentation der Consulting-Tochter der deutschen Telekom „DeTeCon" aus dem Jahr 2002 (Oktober). Die Prasentation wurde im Rahmen der Munchner Medientage von Andreas Becker gehalten und hatte vorherrschende Trends in der deutschen Medienindustrie zum Thema. Der Titel dieser Prasentation lautete: „Status Quo in der Medienindustrie". Da die exemplarische Bearbeitung der ganzen Prasentation zu umfangreich ware, soil sich beim Beispiel lediglich auf Aussagen konzentriert werden, welche den Kunden in den Fokus riicken. •
Nach einer ersten Durchsicht der Prasentation wurden die einzelnen Bestandteile in einem ersten Schritt zusammengefasst, indem diese paraphrasiert, generalisiert und reduziert wurden. Einen tJberblick iiber die Zusammenfassung liefert die TabelleII-1.
•
Im Anschluss an die Zusammenfassung des Textes folgt methodengemaB die Explikation. Eine exemplarische Darstellung ist im vorliegenden Beispiel nicht notwendig, da die Textstellen leicht verstandlich sind.
•
Nach der Zusammenfassung und der Explikation der Textstellen erfolgt die Strukturierung der herausgearbeiteten Textelemente. Hierzu miissen die einzelnen Kategorien definiert, und Kodierregeln aufgestellt werden.^^^ Da sich beim vorliegenden Beispiel lediglich auf einen Themenbereich („Kunde") konzentriert wurde, ist eine exemplarische Darstellung der Strukturierung nicht moglich.
Das Ergebnis der Strukturierung zeigt sich jedoch im Aufbau der Mikroanalyse.
In der vorliegenden Untersuchung handelte es sich um eine inhaltliche Strukturierung, da das Textmaterial zu bestimmten Inhaltsbereichen zusammengefasst wurde. Eine formale Strukturierung (z.B. nach Art der Quellen, also Prasentationen, Reden, Zeitungsausschnitte) erscheint, wie auch die typisierende oder skalierende Strukturierung, im vorliegenden Fall wenig zielfiihrend, da die behandelten Themen der Texte im Vordergrund stehen.
II. 1 Die Mikroanalyse zur Analyse medienspezifischer Wachstumsfaktoren
129
Einen tJberblick iiber den ersten Schritt liefert die Tabelle II-1: Quelle Seite
Nr.
Paraphrase
Generalisierung
Medien werden sich immer weiter spezialisieren, um ihre Zielgruppen zu erreichen.
Zielgruppenansprache erfordert Spezialisierung
Aus Mediensicht wird der Kunde immer anspruchsvoUer.
Steigende Anspriiche Konsumenten
Aus Mediensicht wird der Kunde immer schwieriger einzuschatzen.
Einschatzung Kundenbediirfnisse schwierig
Der Medienkonsument ist immer weniger an das Ursprungsprodukt gebunden.
Abnehmende dung
Kundenbin-
Der Medienkonsument wechselt immer leichter zwischen verschiedenen Marken und Anbietem.
Abnehmende
Kundenbin
Die Interessen der Medienkonsumenten unterliegen einer Partikularisierung
Zielgruppenansprache erfor dert Spezialisierung
Kaufer und Verkaufer dieser Branche kennen sich nicht - das ist das eigentliche Problem dieser Branche.
Einschatzung Kunden bediirfnisse schwierig
Endkunde ist fur die Musiklabels der Zwischenhandel und nicht der Endkunde.
Einschatzung Kunden bodurfnisse schwierig
CRM-MaBnahmen wie beispielsweise Treuecoupons Oder MailingListen sind in der Branche nahezu unbekannt.
CRM-MaBnahmen werden unzureichend eingesetzt
Zaghafte Versuche, etwas iiber den Endkunden in Erfahrung zu bringen (z.B. Meinungskartchen), werden nur unzureichend ausgewertet.
CRM MaBnohmen—werden unzureichend eingesetzt
der
Reduktion Kundenbedurfnisse: • Zielgruppenansprache erfordert Spezialisierung • Steigende Anspriiche der Konsumenten • Einschatzung Kundenbediirfnisse schwierig • Abnehmende Kundenbindung • CRM-MaBnahmen werden unzureichend eingesetzt
Tabelle II-1: Exemplarische Darstellung der Zusammenfassung von Texten in Tabellenform.
Insgesamt wurden im Rahmen der Mikroanalyse iiber 1000 Statements erfasst, zusammengefasst und teilweise expliziert. Besonders haufig wurden Themen zur Marktsituation bzw. zum Status Quo der Medienindustrie (z.B. Rezession, Werbekrise, Kostenexplosion, Digitalisierung etc.) oder zu konkreten Herausforderungen (z.B. Einfiihrung CRM, Nutzung von Sonderwerbeformen, Generierung von Zusatzerlosen, Brand Extension, etc.) erfasst. Des Weiteren konnten auch Hinweise zu konkreten Losungsansatzen (z.B. zum Innovationsprozess, zum Supply Chain Management, etc.) sowie zu Best Practices (z.B. Big Brother, Deutschland sucht den Superstar, etc.) identifiziert werden.
130
11. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche
II.1.2
Konkrete Ansatzpunkte zum Management der Wachstumsfaktoren
Im vorliegenden Abschnitt werden vorherrschende Trends und Themen der Medienbranche detailliert besprochen. Hierzu wird neben der allgemeinen Analyse (1), in welcher Aussagen von Interviewpartnem bzw. Zitate aus der Inhaltsanalyse genutzt werden, auch auf eine Einzelfallstudie zum Medienkonzept „Deutschland sucht den Superstar" des Medienkonzems Bertelsmann zuriickgegriffen (2), um die Aussagen an einem Beispiel zu konkretisieren. Wesentlich ist in diesem Kapitel die Spiegelung der Erkenntnisse aus der Mikroanalyse mit den Erkenntnissen aus der Theorie, um so zu einer konkreten Aussage hinsichtlich der Prazisierung der Wachstumsfaktoren in Hinblick auf die Spezifitat der Medienbranche zu kommen. (1)
AUgemeine Analyse: Vorherrschende Trends und Themen in der Medienbranche
In Anlehnung an die zu den Wachstumsfaktoren gewonnenen Statements sollen nun die in der Medienpraxis vorherrschenden Trends und Themen dargestellt werden, indem die in den untersuchten Quellen (Prasentationen, Interviews, etc.) identifizierten Statements exemplarisch wiedergegeben werden. Um die nun erfolgende Diskussion entsprechend einordnen zu konnen, werden die im Mittelpunkt der Arbeit stehenden Wachstumsfaktoren Marke (a), Qualitat (b). Innovation (c) und Effizienz (d) einzeln behandelt. (a)
Die Konkretisierung des Wachstumsfaktors „Marke" in der Medienindustrie
Im allgemeinen Teil 1.1 wurde der Differenzierungsfaktor „Marke" als theoretisch relevanter Wachstumsfaktor fUr das Untemehmenswachstum im engeren Sinne identifiziert und konkretisiert. Es konnte festgestellt werden, dass der Markenaufbau bei Medienprodukten als theoretisch relevant einzustufen ist, da er ein Element zur Reduktion von Transaktionsunsicherheiten darstellt. Fraglich war, ob Medienmarken auch in der Praxis von groBer Relevanz fur das Untemehmenswachstum sind. Vor dem Hintergrund der diskutierten Herausforderungen im Zusammenhang mit den Medienspezifika stellte sich dariiber hinaus die Frage, ob klassische Instrumente zum Markenaufbau auch bei Medienprodukten greifen. Der Markenaufbau bezieht sich, wie in Abschnitt 1.1.3 (2) gezeigt wurde, auf drei Entscheidungsfelder: Die Markenstrategie, den Markenauftritt und die MarkenkontroUe. In Abschnitt 1.2.1 (2) wurde gezeigt, dass vor allem Fragen des Markenauftritts fUr Medienprodukte mit Schwierigkeiten verbunden sind. Im Mittelpunkt standen die Probleme mangelnder Fahigkeiten zur Gewahrleistung von Qualitatskonstanz, zur Visualisierung des Markenzeichens sowie zur Visualisierung des Markenvorteils. In der nun folgenden Mikroanalyse stehen somit zwei zentrale Aufgaben im Vordergrund: •
Das Aufzeigen praktischer Relevanz von Medienmarken und
•
das Ableiten von Losungsmoglichkeiten im Hinblick auf die identifizierten Schwierigkeiten beim Medienmarkenaufbau.
11.1 Die Mikroanalyse zur Analyse medienspezifischer Wachstumsfaktoren
131
Dariiber hinaus soUen - gewissermafien zur Erganzung und in Anbetracht der praktischen Relevanz - auch Fragen zur Markenstrategie, insbesondere der Markenpositionierung und Markenarchitektur diskutiert werden. Eine medienspezifische Erorterung des Entscheidungsfeldes MarkenkontroUe soil nicht stattfinden, da dieses Thema in der Praxis bislang noch eine untergeordnete Rolle spielt. Die nun folgenden Statements der Mikroanalyse zeigen Ansatzpunkte zum Management der in der Abbildung II-1 grafisch dargestellten Fragen auf. Wachstumsfaktor Marke
1
Aufzeigen praktischer Relevanz
1
Ansatzpunkte fiir Herausfordeningen
Fragen der Markenstrategie
Qualitatskonstanz
Markenpositionierung
Visualisierung Markenzeichen
Markenarchitekur
1
Visualisierung Markenvorteil
Abbildung II-1:
Ubersicht der Fragestellungen sowie ausgewdhlter Entscheidungsfelder beim Markenmanagement von Medienprodukten
Mikroanalyse bestatigt die Ergebnisse der theoretisch-deduktiven Analyse. Sie zeigt deutlich, dass Marken in der Medienlandschaft zunehmend an Relevanz gewinnen: "Building and positioning a brand will become a key skill in the future." (Vgl. Anhang A, Quelle ABin.a. (2003)). "In einem komplexer und dynamischer werdenden Umfeld vertrauen die Konsumenten bei ihrer Suche nach Orientierung, verlasslichen Informationen oder Unterhaltung auch in der Medienindustrie zunehmend etablierten Marken." (Vgl. Anhang A, Quelle BA Caspar (2002)) Die zunehmende Relevanz von Medienmarken fuhrt zu einer Verschiebung von Einflusspotenzialen innerhalb der Medienuntemehmen. Die Relevanz des Marketings nimmt aus Sicht der Medienmanager im Vergleich zu den Redaktionen zu: „Traditionally, the marketing department was a communications department, focusing on advertising and promotion. In the future, marketers will need to take the lead in identifying attractive customer segments, uncovering their needs, realistically testing new concepts and will need to develop sophisticated pricing strategies." (Vgl. Anhang A, Quelle AB: n.a. (2003)).
132
II. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche
Diese Entwicklung steht im Gegensatz zu der vor allem bei traditionellen Printmedien noch immer verbreiteten Meinung, dass alleine die Redaktion fiir die Marke bzw. Reputation eines Medienangebotes verantwortlich ist: „Im Vordergrund muss immer die joumalistische Idee stehen, nicht ein Marketingkonzept." (Vgl. Anhang A, Quelle BB: Meyer (2002)). „Guter Joumalismus ist viel dauerhafter als gutes Marketing." (Vgl. Anhang A, Quelle BB: Meyer (2002)). In vielen Medienhausem setzt sich jedoch seit den letzten Jahren ein neues Bewusstsein durch: „Erst seit etwa 5 Jahren haben wir ein Bewusstsein fiir die Medienmarke GEO voU entwickelt." (Vgl. Anhang A, Quelle BC: Gaede (2002)). „Die BILD-Zeitung ist Deutschlands meistverkaufter Markenartikel." (Vgl. Anhang A, Quelle BD: Frohling (2001)). Es kann also davon ausgegangen werden, dass sich seit einigen Jahren ein Wandel in der Medienbranche voUzieht. Medienuntemehmen sind aufgrund der aufgezeigten Entwicklungen (Fragmentierung, Digitalisierung etc.) zunehmend gezwungen, den Markenaufbau ihrer Medienprodukte voranzutreiben, um auch in Zukunft am Markt zu bestehen. Eine besondere Herausforderung fiir Medienuntemehmen stellt hierbei die Abstimmung zwischen kiinstlerischen/joumalistischen und kaufmannischen/ marketingorientierten Mitarbeitem dar: „Schlie61ich ist die Koordination aller Marketingmix-Instrumente uber unterschiedliche Verantwortungsebenen hinweg [...] aufgrund der getrennten kiinstlerischen und kaufmannischen Verantwortung innerhalb des Marketingmix oftmals besonders schwierig." (Vgl. Anhang A, Quelle BA: Caspar (2002)). Als Erfolgsfaktor wird - besonders bei der Einfiihrung neuer Medienangebote - die organisatorische Biindelung verschiedener Experten gesehen: „Organisatorisch wird die inhaltliche und markentechnische Konsistenz durch erfahrene Mitarbeiter aus bestehenden BILD-Titeln sichergestellt. Fiir jede Line Extension wurde eine „Entwicklungsgruppe" gebildet, die einerseits aus erfahrenen BILD-Mitarbeitem besteht und andererseits inhaltliche Experten hinzuzieht, um den neuen Titel zu konzipieren." (Vgl. Anhang A, Quelle BD: FroWing (2001)). Um ein Verstandnis zwischen „Kreativen" und „Kaufleuten" aufzubauen, sollten diese gemeinsam in Workshops fiir gegenseitige Anforderungen sensibilisiert werden: „Bei einem groBen skandinavischen Zeitungskonzem haben wir begonnen, gemeinsame Workshops durchzufiihren, um die Leute an einen Tisch zu bekommen. Sie miissen die verschiedenen Welten verkniipfen, indem sie die Anforderungen der anderen Seite verdeudichen. Darauf aufbauend muss eine gemeinsame Vision entwickelt werden." (Vgl. Anhang A, Quelle AY: Aris (2004)).
II. 1 Die Mikroanalyse zur Analyse medienspezifischer Wachstumsfaktoren
133
Organisatorische Veranderungen bzw. die Verankerung der zunehmenden Bedeutung von Medienmarken im Bewusstsein der Medienmacher werden gemaB der theoretisch-deduktiven Erkenntnisse jedoch nicht ausreichen, um erfolgreiche Medienmarken aufzubauen. Besondere Herausforderungen fiir das Management von Medienmarken ergeben sich im Hinblick auf die Gewdhrleistung von Qualitdtskonstanz, die Visualisierung des Markenzeichens sowie die Visualisierung des Markenvorteils. Die Mikroanalyse zeigt auf, dass diese Themen von praktischer Relevanz sind und im Zuge der Veranderungen an Bedeutung gewinnen: „Eine zusatzliche Herausforderung an die Medienmarkenfiihrung besteht in der Gewahrleistung der Qualitatskonstanz der Inhalte." (Vgl. Anhang A, Quelle BA: Casper (2002)). „Zum einen lassen sich potentielle Schwierigkeiten bei der Visualisierung der Marke und des Markenvorteils aus den medienspezifischen Besonderheiten ableiten. [...] Doch selbst wenn eine Markierung iiber das Tragermedium, die Ubertragung akustischer sowie visueller Symbole oder durch Formatgestaltung erzielt werden kann, lassen diese oft nur eingeschrankt Riickschliisse auf die inhaltliche Qualitat oder die Vorteile der Marke zu. [...] Dieses Problem kann sich vor dem Hintergrund zunehmend konvergierender Kanale und Markte sowie Cross-Channel-Engagements noch verscharfen, da die Bindung an den Kanal oder spezifischen Syntax als moglichen Trager der Markierung reduziert wird." (Vgl. Anhang A, Quelle BA: Casper (2002)). Die Gewdhrleistung von Qualitatskonstanz kann in der Medienbranche vor allem durch eine Kontinuitat beim Personal erreicht werden: „Ein Hauptproblem von Medienmarken ist, dass sie jeden Tag neu geschaffen und beeinflusst werden, anders als bei anderen Konsumgiitem. Die Menschen (in den Redaktionen) transportieren die Marken." (Vgl. Anhang A, Quelle BE: BoUhoff (2002)). Die Auswahl geeigneter Personen ist fiir den erfolgreichen Markenaufbau zentral: „Die Menschen hinter der Medienmarke machen die Marke - jeden Tag neu." (Vgl. Anhang A, Quelle BE: BoUhoff (2002)). „Viele Faktoren der Medienmarkenbildung und -umsetzung sind unmittelbar von der Erfahrung und den subjektiven Einschatzungen der medienschaffenden Personen abhangig. Insofem ist die richtige Personalwahl und -schulung erfolgskritisch fiir die Ausgestaltung von Medienmarken." (Vgl. Anhang A, Quelle BF: Haas (2002)).
134
11. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche
Um die Kontinuitat einer gleich bleibend hohen Qualitat vermitteln zu konnen, bieten sich klassischerweise Markenzeichen an: „Kein FTD-Inhalt wird ohne Markenzeichen distribuiert. Das gleiche gilt auch fiir die Content-Syndication mit potenziellen Intemet-Unternehmen aber auch Untemehmen aus traditionellen Medienbereichen, z.B. Horfunk." (Vgl. Anhang A, Quelle BG: Weger (2001)). Die Visualisierung des Markenzeichens riick:
greift dabei in der Regel auf optische Elemente zu-
„Erkennungsmerkmale sind der einfach verstandliche Sprachstil, kombiniert mit dem typisch markanten Layout der BILD, das aus den immer wiederkehrenden Schriftelementen, Farbgebung, Aufmacher und Logo besteht." (Vgl. Anhang A, Quelle BD: Frohling (2001)). „Das auffallige und im Internet ungewohnte lachsrosa, das der Print-Zeitung seine unverwechselbare Anmutung am Kiosk gibt, findet sich in der Online-Ausgabe wieder und schafft ein unverwechselbares Markenattribut und -prasenz." (Vgl. Anhang A, Quelle BG: Weger (2001)). Die Visualisierung des Markenzeichens kann jedoch, wie bereits gezeigt wurde, aufgrund der Immaterialitat des Kemproduktes in der Medienbranche zu Schwierigkeiten fiihren, welche im Zuge der Digitalisierung weiter verscharft werden. Als Instrumente der Markierung werden daher neben rein optischen und akustischen MaBnahmen (z.B. Logo, Jingle) vor allem auch MaBnahmen der Syntax genutzt. Beispiele hierfiir sind die Heftstruktur einer Zeitung Oder eines Magazins sowie die Programmstruktur bei Femsehen oder Radio: „So sind im Femseh- und Horfunkbereich klare, eingangige und konstante Programmschemata und bei Printprodukten eine entsprechend klare und eingangige Rubrizierung wichtig. Feste Anfangszeiten und Programmplatze ermoglichen den Rezipienten ein „bequemes" Wiederfinden der Programm-Marken in der Liformationsflut der Angebote der Femsehlandschaft und sind daher ein wichtiger Wettbewerbsfaktor und MedienmarkenKennzeichen." Vgl. Heinrich (2001), S. 233. „Das Handelsblatt hat eine klare Heftstruktur. " (Vgl. Anhang A, Quelle BE: BoUhoff (2002)). „Das gleich bleibende Programmschema bietet den fiir RTL wichtigen ProgrammMarken einen konstanten Platz in der Woche bzw. am Tag an. [...] Diese Schematische Konsistenz ist wichtig fiir die konstante Bewerbung und um den Programm-Marken eine sprichwortliche „Positionierung" in den Erwartungen der Zuschauer zu geben." (Vgl. Anhang A, Quelle BF: Haas (2002)). Eine dritte Herausforderung ist die Visualisierung des Markenvorteils. Im Rahmen der theoretisch-deduktiven Analyse wurde bereits darauf verwiesen, dass bei Medienprodukten die Vermittlung des Nutzwertes wichtig ist. Diese Erkenntnisse konnen durch die Mikroanalyse
11.1 Die Mikroanalyse zur Analyse medienspezifischer Wachstumsfaktoren
135
bestatigt werden. Generell spielt der Nutzwert, den ein Medienprodukt fiir die Rezipienten generieren kann, fiir die Markenbildung eine Ubergeordnete RoUe: „Daruber hinaus hat es die BILD geschafft, mit dem Leserservice durch den „Kunimerkasten" und daraus entstehenden Hilfsaktionen einen hohen Nutzwert fiir ihre Leser aufzubauen. „BILD-hilft" ist ein Service der BILD-Zeitung, der sich z.B. gegen Behordenwillkiir o.a. richtet und hier meist mit Erfolg seinen Lesem Unterstiitzung bieten kann." (Vgl. Anhang A, Quelle BD: Frohling (2001)). „Preisausschreiben und Gewinnspiele gelten bei der BILD-Zeitung als wichtige Ma6nahme, um die Auflage zu steigem, Kaufimpulse zu schaffen. Gleichzeitung erhohen sie den wesentlichen Markenkem der BILD, den Nutzwert der Zeitung." (Vgl. Anhang A, Quelle BD: Frohling (2001)). Um den Nutzwert des Medienangebotes fiir die Rezipienten zu erhohen, werden um die Medienprodukte Zusatzleistungen aufgebaut, die einerseits die Kundenbindung erhohen, andererseits aber auch Potenziale fiir Zusatzerlose darstellen: „Die Angebote haben z.T. Servicecharakter und dienen der Leser-Blatt-Bindung, stellen aber auch fiir den Verlag neue Geschaftsfelder dar." (Vgl. Anhang A, Quelle BC: Gaede (2002)). „Deutlich wird, dass Events und kontinuierliche Interaktion mit den ansonsten anonymen Lesem ein wichtiger Faktor ist, um die Medienmarke emotional aufzuladen und mit Leben zu flillen." (Vgl. Anhang A, Quelle BD: Frohling (2001)). „Events schaffen Markenbindung und -treue und unterstiitzen somit die Markenstarke." (Vgl. Anhang A, Quelle BF: Haas (2002)). Fiir Medienmarken zentral ist das Schaffen einer Community oder Fangemeinde: „Die Konzeption und Realisierung von „Communities" und „Fan-Gemeinden" rund um eine Medienmarke schafft eine stabile Markenstarke und -prasenz sowie fiir die Werbewirtschaft eine planbare und stabile Zielgruppe." (Vgl. Anhang A, Quelle BF: Haas (2002)). „Ein Erfolgsfaktor ist die Schaffung eines intuitiven Verstandnisses und Zugehorigkeitsgefiihls fiir die Rezipienten zu einem virtuellen Club der Medienmarke." (Vgl. Anhang A, Quelle BG: Weger (2001)). Vor allem GroBevents konnen zur Starkung der Marke beitragen, da diese in der Regel auf ein reges Presseecho stoBen sowie eine groBe Multiplikatorenwirkung aufweisen. Als Beispiel kann in diesem Zusammenhang das „Schatzinselspiel" der BILD-Zeitung dienen: „Wir miissen immer wieder die Leser aktivieren, dass sie mit BILD etwas tun und zu der BILD-Gemeinde zusammengefiihrt werden. Einmal im Jahr haben wir in den letzten Jahren das so genannte Mallorca-Suchspiel, das Schatzinsel-Suchspiel, gespielt. Wir haben zwei Wochen lang im Blatt diese Aktion ausgelobt. Und es werden ungefahr 1.000 Leser an vier Samstagen nach Mallorca geflogen. Natiirlich bin ich bei einem Flug dabei gewesen, denn ich brauche auch diese Tuchfiihlung mit unserer Leserschaft. Und es war aben-
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II. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche teuerlich. Wir sind morgens um 07:00 Uhr in Frankfurt mit 250 fremden Menschen eingestiegen, nach einer Stunde Plug im Flugzeug war das die BILD-Gemeinschaft, und am Abend, als wir uns wieder getrennt haben, waren einige Freunde furs Leben gewonnen. [...] Dieser Effekt, der da entstanden ist innerhalb dieser BILD-Gemeinde, war unglaublich, das babe ich noch nie erlebt. Und ich glaube, das ist die Kraft der Marke, die diese Menschen dann so verbindet. Und es ist [...] auch ein ganz wichtiges Instrument, denn davon erzahlen die natUrlich zu Hause, in ihrer Gemeinde, ihren Freunden. Das sind Multiplikatoren, die man im Grunde auf eine ganz einfache und gar nicht so teure Art mit diesen Aktionen fmdet." (Vgl. Anhang A, Quelle BD: Frohling (2001)).
Eine weitere Moglichkeit, um die Bindung zu den Rezipienten zu starken und Zusatzerlose zu generieren, ist der Verkauf von Merchandisingartikeln: „Die Zusatzangebote im Internet oder auch im Bereich des Merchandising verfolgen das Ziel, den Zuschauer an die TV-Marke zu binden, Mehrwert zu schaffen und ein Gesamterlebnis zu bilden, dass den Zuseher immer wieder zur TV-Sendung zuriickkehren lasst." (Vgl. Anhang A, Quelle BF: Haas (2002)). „Zielsetzung des Merchandising fiir die BILD-Gruppe waren im Wesentlichen drei markenrelevante Aspekte. Zum einen soUte die Markenausweitung im Merchandising systematisch dazu genutzt werden, die Leser-Blatt-Bindung instrumentell zu besetzen und zu verbessem und damit die Markenprasenz von BILD zu erhohen. Zweitens werden neue Kauferschichten and die Medienmarke BILD herangefuhrt und drittens kann das Markenpotenzial, in das an anderer Stelle investiert wird, hier abgeschopft und zusatzliche Deckungsbeitrage erzielt werden." (Vgl. Anhang A, Quelle BD: Frohling (2001)). Neben den medienspezifischen Herausforderungen im Bezug auf den Markenaufbau werden unter den Medienmanagem derzeit auch „klassische" Fragen des Markenaufbaus in der Medienbranche diskutiert. Relevant sind die Themen der Markenpositionierung und der Markenarchitektur bzw. der Ausweitung der Markenarchitektur. Hinsichtlich der Markenpositionierung wird neuerdings ein gezielteres und marktgetriebeneres Vorgehen gefordert. Idealerweise soUte die Analyse von bislang vemachlassigten Zielgruppen, so genannten „White Spots" bei der Entwicklung einer Medienmarke am Anfang stehen: „1. Analysieren. Zunachst werden mittels qualitativer Forschung strategisch wichtige Markenwerte zusammengetragen. 2. Selektieren. AnschlieBend wird deren Relevanz in Bezug auf ihren verkaufsfordemden Charakter fiir die Zielgruppe quantitativ uberpriift. 3. Konkretisieren. SchlieBlich wird in einem Frame definiert, welche Markenwerte wie zu interpretieren sind." (Vgl. Anhang A, Quelle AO: Claasen (2003)). Um die relevanten Markenwerte zu bestimmen, ist eine umfangreiche Marktforschung essentiell: „Die Medienmarken von RTL werden geplant und intensiv mit Marktforschung unterstiitzt, getestet und auch im laufenden Betrieb iiberwacht." (Vgl. Anhang A, Quelle BF: Haas (2002)).
11.1 Die Mikroanalyse zur Analyse medienspezifischer Wachstumsfaktoren
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„Im Juni 1999 wurde nach intensiver Marktforschung die Beilage „Investor" eingefiihrt, die sich mit aktuellen und fundierten Empfehlungen zur privaten Kapitalanlage an Privatanleger richtet." (Vgl. Anhang A, Quelle BE: Bollhoff (2002)). Auf diesem Wissen aufbauend spielt die joumalistische Umsetzung die tragende Rolle fiir die Positionierung des Medienproduktes. Es wird immer wieder darauf verwiesen, dass fiir den Aufbau einer Marke vor allem joumalistische Kompetenzen entscheidend sind: „Sorgfaltige joumalistische Auswahl der hihalte, Themen und Konzeption der Medienmarken. Es ist fiir eine Zeitung entscheidend, wie sie joumalistisch gemacht ist." (Vgl. Anhang A, Quelle BB: Meyer (2002)). „Starke Medienmarken sind in aller Regel auf ein joumalistisch sorgfaltig erarbeitetes und durchdachtes Konzept zuriickzufiihren, dem ein erheblicher Innovationscharakter innewohnt." (Vgl. Anhang A, Quelle BC: Gaede (2002)). „Gmndlage von GEO ist die sorgfaltige, joumalistische Auswahl der Themen, die den Kriterien und Qualitatsanspriichen der Medienmarke GEO entsprechen." (Vgl. Anhang A, Quelle BC: Gaede (2002)). Gerade bei Medienmarken steht das Produkt im Vordergrund des Marken- bzw. Reputationsaufbaus. Wesentlich sind Produkteigenschaften, die fiir das Profil der Marke stehen und diese scharfen: „Starke Marken, die sich im globalen Wettbewerb durchsetzen, bemhen auf Authentizitat und absoluter Glaubwurdigkeit." (Vgl. Anhang A, Quelle AO: Claasen (2003)). Bei der Positionierung spielen neben der Beriicksichtigung von Wettbewerbem vor allem die Bedurfnisse der Kunden eine Rolle: „Im Gedachtnis behalten werden nur die Marken, die dem Publikum relevant erscheinen. Etwas bieten, das es Wert ist, im Kopf gespeichert zu werden." (Vgl. Anhang A, Quelle AP: n.a. (2003)). „Bei Ringier haben wir immer versucht etwas Simples zu machen: Joumalismus mit einem Bezug zum richtigen Leben." (Vgl. Anhang A, Quelle BB: Meyer (2002)). Eine Ausrichtung am Kunden kann verschiedene Elemente umfassen, von besonderer Relevanz sind Qualitat und Innovation: „Wir punkten bei den Kunden nur noch dann, wenn die Innovation den Kaufem einen nachvoUziehbaren Vorteil verschafft." (Vgl. Anhang A, Quelle AO: Claasen (2003)). „Tragende Markeninhalte aller Markentransfers von GEO ist das Image als qualitativ hochwertiges Reportagemagazin." (Vgl. Anhang A, Quelle BC: Gaede (2002)). Um eine Marke im Gedachtnis der Konsumenten zu verankem, miissen diese allgemeinen Werte jedoch als einzigartige nutzerrelevante Kemwerte der Marke definiert werden: „Die Positioniemng und der Markenkem von RTL spiegelt sich in fiinf Markenkeminhalten wider: Mut, Jugend, Innovation, Seriositat/Relevanz und Starke. [...] So tragen die
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11. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche Programme „Hinter Gittem" und „Big Brother" bspw. dazu bei, den Markenkeminhalt „Mut" und „Provokation" mit Leben zu fiillen." (Vgl. Anhang A, Quelle BF: Haas (2002)).
In der vorliegenden Arbeit wurde bereits mehrfach auf die zunehmende Fragmentierung des Medienangebots hingewiesen. Der dadurch steigende Mindestwerbedruck treibt die Markenfuhrungskosten in die Hohe.^'^ Gleichzeitig sind Reichweitenverluste bzw. Absatzriickgange zu verzeichnen, die Amortisation der Investitionen in den Aufbau und Pflege der Marken wird dadurch erheblich erschwert. Mit diesen Herausforderungen konfrontiert verfolgen viele der etablierten Medienuntemehmen zunehmend eine Strategic der Ausdehnung ihrer etablierten Marken. Beispiele hierfUr sind u.a. Spiegel TV, Stem TV, Spiegel-Online etc."'^^ Fragen zur Markenarchitektur riicken somit in den Mittelpunkt. In der Medienbranche lassen sich Einzelmarkenstrategien von Familien- bzw. Dachmarkenstrategien abgrenzen: Generell lasst sich ein leichter Trend zu Markenfamilien feststellen, die unter einer starken Ursprungsmarke angesiedelt werden: „Die BILD-Gruppe fiihrt ihre Produkte als Markenfamilie. Die ubergreifende Familienmarke der Produktfamilie ist die zuerst publizierte BILD." (Vgl. Anhang A, Quelle BD: FrohUng (2001)). „Die Bildung der Submarken erfolgt unter Verwendung des gemeinsamen Familienmarkennamens GEO und einem entweder beschreibenden Zusatz oder mit Zusatzen, die eine weitergehende Assoziierung mit emotionalen Triebkraften hervorrufen, wie dies z.B. bei GEOhno der Fall ist." (Vgl. Anhang A, Quelle BC: Gaede (2002)). Im TV-Segment spielen Einzelmarken bzw. Programmmarken eine groBe RoUe. Diese werden eigenstandig positioniert und beworben, miissen sich in Bezug auf die Markeninhalte jedoch der Dachmarke unterordnen: „Die Dachmarke RTL spielt in der Markenarchitektur die RoUe eines Qualitatsgaranten und stutzt vor allem neu eingefuhrte Formate und Programm-Marken. Ziel der Stiitzung ist es, ubergreifende Markenkemassoziationen wie hohe ProduktionsquaUtat, Mut, Jugend, Dynamik, Innovation und Starke zu transportieren." (Vgl. Anhang A, Quelle BF: Haas (2002)). „Unter dem Sender RTL, der die Dachmarke darstellt, finden Sie unglaublich viele Programm-Marken und diese sind eigentlich das Wichtigste fur uns." (Vgl. Anhang A, Quelle BF: Haas (2002)). „Die Programm-Marken von RTL Television, die als Einzelmarken mit Stiitzung durch die Dachmarke RTL positioniert sind, bilden das Riickgrad der RTL-Markenarchitektur.
Wahrend TV-Sender Anfang der 90er Jahre noch ca. 40 Millionen Mark pro Jahr fiir Eigenwerbung ausgaben, so waren es 1996 schon 200 Millionen DM. Vgl. Gobbler (1996), S. 43; Schmidt (1998), S. 70. Inzwischen ist die Medienindustrie die groBte werbetreibende Industrie in Deutschland. Vgl. Siegert (2001), S. 183. Vgl. Tuma (2000), S. 147; Koch (1998), S. 96-97.
II. 1 Die Mikroanalyse zur Analyse medienspezifischer Wachstumsfaktoren
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In der Markenhierarchie unterhalb der Sender sind die Programm-Marken positioniert." (Vgl. Anhang A, Quelle BF: Haas (2002)). Die Verwendung einer iibergeordneten Dachmarke findet auch im Konzept von CrossChannel-Medienmarken Verwendung. Die Nutzung von Medienmarken iiber verschiedene Medienkanale hinweg ist der derzeit am intensivsten diskutierte Trend innerhalb der Medienbranche: „Zudem kann der Wunsch der Kunden nach kanalunabhangiger Kommunikation mit einer einzigen Marke entsprochen werden." (Vgl. Anhang A, Quelle BA: Casper (2002)). „Unser zentraler Ansatz bei der Entwicklung der Financial Times Deutschland war von Beginn an - one brand all media." (Vgl. Anhang A, Quelle BG: Weger (2001)). „Wir versorgen [...] den Leser in alien Situationen mit Informationen, wobei die News sich erganzen. So bilden wir das komplexe Thema Wirtschaft ab, indem wir ein mehrsmfiges, mehrschichtiges Angebot machen. Der Leser wahlt aus, was er wann nutzen will." (Vgl. Anhang A, Quelle BG: Weger (2001)). Nicht immer sind Cross-Channel-Medienmarken erfolgreich: „Zahlreiche Beispiele gescheiterter Cross-Channel-Medienmarken deuten jedoch darauf hin, dass der Einsatz dieser Strategie keine Erfolgsgarantie mit sich bringt." (Vgl. Anhang A, Quelle BA: Casper (2002)). „Trotz dieser viel versprechenden Chancen haufen sich die Nachrichten von wenig erfolgreichen Cross-Channel-Ausdehnungen. Auch eine aktuelle McKinsey-Studie kommt zu dem Schluss, dass nur wenige aktuelle Marken die Tragfahigkeit besitzen, publizistisch und okonomisch eigenstandige Angebote in neuen Kanalen erfolgreich zu etablieren." (Vgl. Anhang A, Quelle BA: Casper (2002)). Bei Cross-Channel-Medienmarken konnen Konzepte der Markenausdehnung, welche auf einer etablierten Ursprungsmarke beruhen, von Konzepten unterschieden werden, die bereits ex ante als Cross-Channel-Medienmarke konzipiert werden. Im Hinblick auf die differierenden Herangehensweisen werden unterschiedliche Erfolgsfaktoren angefiihrt. Markenausdehnungen basieren in der Regel auf einer starken Ursprungsmarke, die Ausdehnung selbst wird iiber einen langen Zeitraum schrittweise durchgefuhrt und orientiert sich an den Markenwerten der Ursprungsmarke: „Alle Marken der Markenfamilie wurden Schritt fiir Schritt, iiber einen Gesamtzeitraum von heute 50 Jahren auf den Markt gebracht." (Vgl. Anhang A, Quelle BD: Frohling (2001)). „Alle Line Extensions liegen in der Qualitats- und Preiskategorie der Hauptmarke. Die verbindenden Elemente sind daruber hinaus die thematische Klammer, die sich eng an den Kompetenzen der Stammmarke GEO orientieren. Auch Stil und optische Elemente sind weitgehend deckungsgleich, wenn auch dem jeweiligen Konzept z.B. durch hohere Nutzwertanteile Rechnung getragen wird." (Vgl. Anhang A, Quelle BC: Gaede (2002)).
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II. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche
Wesentlich ist, dass Markenausdehnungen auf den inhaltlichen Kompetenzen der Ursprungsmarke beruhen und sich somit auf diese referenzieren. Hierbei muss darauf geachtet werden, dass das urspriingliche Angebot nicht substituiert, sondem komplementar erweitert wird. Hierbei sollten die Starken und Eigenheiten des neuen Mediums systematisch berucksichtigt werden: „Alle Markenerweiterungen waren mit einem Aufbau von inhaltlichen Kompetenzfeldem aus Sicht der Zielgruppe verbunden. D.h., es werden innerhalb der Zielgruppe neue Medienangebote angeboten, die die bestehenden nicht substituieren." (Vgl. Anhang A, Quelle BE: BoUhoff (2002)). „Cross-mediale Markennutzenkonzepte orientieren sich an zusatzlichen, zum Ursprungsangebot komplementar wirkenden Nutzwerten fiir die Zielgruppe und nutzen die situativen Starken des gewahlten Mediums." (Vgl. Anhang A, Quelle BG: Weger (2001). „Die Inhalte werden konsequent an die medienspezifischen Starken und Eigenheiten angepasst." (Vgl. Anhang A, Quelle BE: Bollhoff (2002)). Um die Markenidentitat der Ursprungsmarke auf die neuen Angebote zu ubertragen, sollten die Entwicklungsteams auf „erfahrende" Mitarbeiter der Ursprungsmarke zuruckgreifen: „Um eine neue Line Extension zu realisieren, wird aus bestehenden Redaktionen der BILD-Gruppe ein Entwicklungsteam aus Mitarbeitem zusammengestellt, die die Marke BILD und deren Hintergriinde, Markenkem usw. verstehen und intuitiv weitertragen konnen." (Vgl. Anhang A, Quelle BD: FrohUng (2001)). „Alle GEOs werden aus einer Redaktion geschaffen. Das geschieht zum einen aus okonomischen Griinden, zum anderen aus Markentransfer-Uberlegungen. Nur so kann man die „Gene", das Markenbild, die Werte von GEO in alle Titel der Familie weitertragen." (Vgl. Anhang A, Quelle BC: Gaede (2002)). Im Gegensatz zu Markenausdehnungen beruhen ex ante Konzepte nicht auf einer bereits am Markt eingefuhrten Ursprungsmarke. Derartige Konzepte werden von Beginn an plattformunabhangig konzipiert: „Ziel ist es, die RTL-Marken plattformunabhangig zu entwickeln und in alien potentiell relevanten Distributionsmedien zu nutzen und zu verbreiten." (Vgl. Anhang A, Quelle BF: Haas (2002)). „Die Programm-Marken werden cross-medial konzipiert und als „plattform-unabhangige" Multimediamarken und nicht als TV-Marken umgesetzt." (Vgl. Anhang A, Quelle BF: Haas (2002)). „RTLs Programm-Marken wie z.B. Wer wird Millionar reprasentieren die wichtigsten Markenbestandteile der RTL-Markenarchitektur. Diese zentralen Marken werden zunehmend zu Cross-Media Marken entwickelt und ausgeweitet." (Vgl. Anhang A, Quelle BF: Haas (2002)). Um eine segmentubergreifende Koordination der Aktivitaten zu gewahrleisten, bietet sich eine integrierte Organisationsform an:
11.1 Die Mikroanalyse zur Analyse medienspezifischer Wachstumsfaktoren
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„Ein wesentlicher Erfolgsfaktor des Konzeptes „One brand all media" ist das integrierte redaktionelle Organisationskonzept der FTD. Es gibt keine getrennten Redaktionen zwischen der Print-Zeitung sowie der digitalen Medienproduktion." (Vgl. Anhang A, Quelle BG:Weger(2001)). (b)
Die Konkretisierung des Wachstumsfaktors „Qualitat'^
Als zweiter Wachstumsfaktor wurde im allgemeinen Teil I.l der Differenzierungsfaktor „Qualitat" als theoretisch relevanter Wachstumsfaktor fur das Untemehmenswachstum im engeren Sinne identifiziert und konkretisiert. Eine Differenzierung erreicht derjenige Anbieter, der eine hohe Qualitat in Bezug auf die vom Publikum unterstellten Qualitatskriterien erreicht. Eine reine Ausrichtung der Medienprodukte an den Kundenbediirfnissen ist in vielen Mediensegmenten heute noch nicht selbstverstandlich, da dies dem meritorischen Charakter von MediengUtem widerspricht. Die zunehmende Okonomisierung der Medienmarkte macht eine derartige „Umorientierung" jedoch zwingend notwendig. Da medienspezifische Gutereigenschaften aufzeigten, dass eine Kunden- und damit eine Qualitatsorientierung in der Medienbranche mit Problemen behaftet ist, sind weiterhin die qualitatsorientierte Produktgestaltung durch die Anbieter sowie die qualitatsorientierte Produktbewertung durch die Nachfrager von Interesse. Es stellte sich vor diesem Hintergrund die Frage, ob der Faktor Qualitat auch von praktischer Relevanz ist und welche MaBnahmen zur Etablierung einer differenzierenden Qualitat bei Medienprodukten ergriffen werden konnen. In der nun folgenden Analyse stehen somit drei zentrale Aufgaben im Vordergrund: •
Das Aufzeigen praktischer Relevanz von Qualitat fiir Medienprodukte,
•
das Ableiten von Losungsmoglichkeiten im Hinblick auf die identifizierten Schwierigkeiten bei der qualitatsorientierten Produktgestaltung und
•
das Ableiten von Losungsmoglichkeiten im Hinblick auf die identifizierten Schwierigkeiten bei der qualitatsorientierten Produktentwicklung.
Die nun folgenden Statements der Mikroanalyse zeigen Ansatzpunkte zum Management der in der Abbildung II-2 grafisch dargestellten Fragen auf.
II. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche
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Wachstumsfaktor Qualitat
1 Aufzeigen praktischer Relevanz
Ansatzpunkte fiir Herausforderimgen Produktgestaltung
1 Kundenorientierung
Erforschung der Kundenbediirfnisse
1 Ansatzpunkte fiir Herausforderungen Produktbewertung 1 CommunityManagement
Entwicklung zielgruppenspez. MaBnahmen
Abbildung II-2:
Ubersicht der Fragestellung sowie ausgewdhlter Entscheidungsfelder management von Medienprodukten
beim Qualitdts-
Ausgehend von der theoretischen Annahme, dass die Okonomisierung eine Ausrichtung an den Konsumentenpraferenzen erfordert und somit ein praferenzbezogener Qualitatsbegriff fur Medienuntemehmen relevant ist, wurde in der Mikroanalyse zunachst das Thema Kundenorientierung untersucht. Hierzu kann konstatiert werden, dass es sich um ein in Medienkreisen sehr intensiv diskutiertes Thema handelt. Eine hohe Kundenorientierung wird allgemein als relevanter Erfolgsfaktor eingestuft: „Kundenorientierung ist fiir den zukiinftigen Erfolg in der Medienbranche essentiell: AW: v.z. Muhlen (2003)). „Wenn die Medienbranche nicht nachlasst, ihren Kunden moglichst viel fiir ihr Geld zu geben, dann wird sie sich bald wirtschaftlich erholen." (Vgl. Anhang A, Quelle E: Middelhoff(2003)). Es iiberrascht daher, dass der Medienindustrie haufig eine unzureichende Kundenorientierung bzw. ein mangelndes Wissen in Bezug auf die Kundenbediirfnisse attestiert wird: „Die Endkunden sind fiir viele Medienuntemehmen nahezu unbekannt." (Vgl. Anhang A, Quelle B:Ziegler (2003)). „Trotz einer teilweise direkten Kundenbeziehung haben Medienuntemehmen keine detailherten Kenntnisse liber ihre Kunden." (Vgl. Anhang A, Quelle I: Bock (2003)). „Der Kenntnisstand uber die Bediirfnisse der User ist voUig unzureichend." (Vgl. Anhang A, Quelle U: (Trappel) (2002)). Diese Erkenntnis bezieht sich nicht, wie vielleicht angenommen werden konnte, nur auf die Bediirfnisse der Rezipienten. Notwendig ist auch eine gezieltere Erforschung der Bediirfnisse von Werbekunden:
II. 1 Die Mikroanalyse zur Analyse medienspezifischer Wachstumsfaktoren
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„Medienuntemehmen soUten die Bediirfnisse ihrer Werbekunden genau erforschen und darauf aufbauend gezielte Angebote entwickeln. B2B-Marketing wird immer wichtiger." (Vgl. Anhang A, Quelle AY: Aris (2004)). MaBnahmen zur Erforschung von Kundenbediirfnissen werden in der Medienbranche eher selten eingesetzt: „Zaghafte Versuche, etwas iiber den Endkunden in Erfahrung zu bringen, werden nur unzureichend ausgewertet. [...] CRM-Ma6nahmen wie beispielsweise Treue-Coupons oder Mailing-Listen sind in der Branche nahezu unbekannt." (Vgl. Anhang A, Quelle A: Becker (2003)). Best Practices zeigen jedoch, dass die konsequente Ausrichtung des Medienangebots an den Kundenbediirfnissen zu signifikanten Verbesserungen fUhren kann: „In another case, a free-to-air channel managed to improve its audience share of a daily soap opera by making minor changes to characters and details of the story based on viewers' feedback via SMS." (Vgl. Anhang A, Quelle X: n.a. (2003)). Es kann also davon ausgegangen werden, dass eine zunehmende Ausrichtung an den Bediirfnissen der Kunden auch in der Medienbranche die Basis fUr den zukiinftigen Erfolg darstellt. Eine besondere Herausforderung fiir Medienuntemehmen stellt hierbei - wie bereits erortert die Erforschung der Kundenbedurfnisse sowie die Vermittlung des Kundennutzens dar. Es stellt sich nunmehr die Frage, welche Moglichkeiten sich fiir Medienuntemehmen bieten, um eine qualitatsbezogene - d.h. kundenorientierte - Produktgestaltung zu verwirklichen. Der erste Schritt einer praferenzbezogenen Produktgestaltung ist die Erforschung der Kundenbedurfnisse. Hierbei wird in der Regel auf Techniken der Marktforschung zuriickgegriffen. Im Rahmen der theoretischen Analyse wurde bereits darauf hingewiesen, dass klassische Methoden der Marktforschung in Bezug auf den Medienkonsum an ihre Grenzen stoBen. Ahnliche Aussagen wurden auch von Vertretem der Medienindustrie getroffen: „Bei der Erforschung der Kundenbedurfnisse sind klassische Marktforschungsmethoden von geringem Nutzen." (Vgl. Anhang A, Quelle AY: Aris (2004)). „While consumer preferences in the area of consumer goods' product properties can be fairly easily researched and implemented, media users are not necessarily dependable in communicating their preferences effectively for content, scheduling, and packaging accurately and exhaustively." (Vgl. Anhang A, Quelle X: n.a. (2003)). Nichtsdestotrotz wird die hohe Relevanz der Marktforschung fiir die Zukunft als Herausforderung erkannt: „Neue Marktforschungstechniken warden die Produktgestaltung in Zukunft maBgeblich beeinflussen. In den USA oder UK sind die Medienuntemehmen schon viel weiter." (Vgl. Anhang A, Quelle AW: v. z. Muhlen (2004)). Die Medienmanager sind daher der Meinung, dass neue Methoden zur Erforschung von Konsumentenpraferenzen entwickelt werden mussen:
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II. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche „Consequently, setting up media-based market research requires much more care, experience, psychological refinement, and sophistication than almost any other area of business." [...] They (market research approaches; Anm. d. Verf.) should be supplemented by unusual tools, such as open brainstorming sessions or field trips." (Vgl. Anhang A, Quelle X: n.a. (2003)).
Hierzu soUten in Zukunft vermehrt auch exteme Experten genutzt werden: „In der Zukunft warden die Medienmanager mehr auf exteme Dienstleister, also auf Kenner der verschiedenen Szenen setzen. Schon heute spielen A&R-Consultants in der Musikbranche eine groBe RoUe." (Vgl. Anhang A, Quelle AX: Grobchen (2004)). Problematisch ist, dass kreative Entscheidungstrager gegeniiber Marktforschungsinstituten haufig misstrauisch eingestellt sind: , Joumalisten akzeptieren selten eine Meinung von auBen. Sie soUten jedoch von ihrem hohen Ross herunterkommen. Das Nutzen von Marktforschungsinstituten ist wichtig und tragt zur besseren Kundenbefriedigung bei." (Vgl, Anhang A, Quelle AW: v. z. Miihlen (2004)). „Mostly, however, developers fail to fully leverage market research and consumer insight. Partly because market researchers are often not taken seriously by creative managers (editors, producers) and partly because most market research is data-driven rather than conceptual." (Vgl. Anhang A, Quelle AC: n.a. (2003)). Neue Moglichkeiten der Marktforschung bieten sich laut Mikroanalyse vor allem durch die direkte Kommunikation mit Konsumenten bzw. die Auswertung ihres Nutzerverhaltens durch modeme Technologien: „Das Analysieren von Leserbriefen, Emails, Chats und SMS hilft, die Kundenbediirfnisse besser kennenzulemen. Die Contentgenerierung wird in Zukunft viele interaktive Elemente enthalten." (Vgl. Anhang A, Quelle AU: Thielmann (2004)). Gefordert wird somit die Einbindung des Kunden in die Wertschopfung: „Die Einbindung des Kunden in die Wertschopfung wird zunehmend relevant." (Vgl. Anhang A, Quelle B: Ziegler (2003)). Dies ist auch heute schon ohne einen besonderen technologischen Aufwand moglich: „Fehlende Interaktivitat kann heute durch die systematische Nutzung anderer Plattformen uberwunden werden: Telefonvoting; SMS, Videotext, Internet-Chat, Foren usw." (Vgl. Anhang A, Quelle G: Rautenberg (2003)). Als Beispiel fur einen neuen Ansatz aus der Musikindustrie zur Analyse von Kundenbediirfnissen kann die Nutzung von „Enhanced CDs" herangezogen werden. Enhanced CDs unterscheiden sich von herkommlichen Musik CDs, indem neue, nutzungsrelevante ZusatzServices auf der CD angeboten werden (z.B. Videos, Bonustracks, Bilder, Songtexte, etc.).^^^
Vgl. Clement et al. (2003), S. 190ff.
II. 1 Die Mikroanalyse zur Analyse medienspezifischer Wachstumsfaktoren
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Um die Zusatzservices am PC nutzen zu konnen, ist eine spezielle Software, welche ebenfalls auf der CD abgespeichert ist, notwendig. Diese Zusatzsoftware ermoglicht dem Musiklabel die direkte Interaktion mit der Fangemeinde des Kunstlers, welche Aufschlusse iiber Konsumentenpraferenzen gibt: „The label sees the advantage of these services mainly in long term aspects, assuming a broader diffusion of the services in the market: Building a fan database, direct interaction with fans (i.e. for promotions of new releases or cross selling). Market research and A&R decision tool, identification of new trends in music or managing image aspects of a star by entering the chats." (Vgl. Anhang A, Quelle BH: Thielmann (2004)). Besonders haufig wird von Medienmanagem in Hinblick auf die Einbindung des Kunden in die Wertschopfung von Medienuntemehmen auf die Bedeutung des Customer Relationship Managements (CRM) hingewiesen: „CRM ist ein Top-Management-Thema [...] mit den vermarktungsstrategischen Schwerpunkten wird die Basis fiir die nachhaltige Wertsteigerung des Untemehmens gelegt." (Vgl. Anhang A, Quelle AH: Fischer (2003)). Der quantitative und qualitative Ausbau von Kundenbeziehungen riickt die Kundenansprache, Kundenakquisition und Kundenbindung in den Mittelpunkt der Uberlegungen. Nur ein effektives und effizientes CRM kann nach Meinung vieler Manager sicherstellen, dass die richtigen Informationen marktseitig aufgenommen und zu einer Ergebnisverbesserung beitragen. Doch obwohl die Wichtigkeit eines CRM in den Medienhausern bekannt ist, scheinen die Ergebnisse hinter den Erwartungen zuriickzuliegen: „Bereits seit einigen Jahren stehen Projekte im Bereich CRM bei Medienhausern auf der Tagesordnung. Die Bilanz dieser Aktivitaten ist emiichtemd: Obwohl CRM bei den meisten Verlagen als „sehr wichtiges und nachhaltiges" Thema wahrgenommen wird, stecken die Projekte bei vielen Untemehmen noch in den Kinderschuhen." (Vgl. Anhang A, Quelle AJ: Bahre (2004)). Diese Erkenntnis ist vor dem Hintergrund erstaunlich, dass viele Medienuntemehmen schon seit langem an CRM-Projekten arbeiten: „Ein GroBteil der befragten Medienuntemehmen hat bereits erste CRM-Projekte umgesetzt und einzelne Losungen implementiert. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um die Bereiche Call Center (62%), Database Marketing (61%) und Beschwerdemanagement (54%). (Vgl. Anhang A, Quelle AJ: Bahre (2004)). Schwierigkeiten bereitet haufig die Umsetzung von CRM-Ma6nahmen: „Die Zufriedenheit iiber die CRM-Umsetzung in den Medienuntemehmen liegt bei nur 35%. Hiirden liegen im Budget, in der Softwarebeschaffung und in der Akzeptanz bei den Mitarbeitem." (Vgl. Anhang A, Quelle AI: Riese (2003)). Auf der anderen Seite machen Best Practices aus der Medienbranche deutlich, dass CRM ein groBes Potenzial fiir viele Medienuntemehmen darstellt:
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IL Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche „Der Offenburger Burda Verlag strukturierte Mitte der neunziger Jahre sein bestehendes Tochteruntemehmen „Neue Verlagsgesellschaft" (NVG) um. Aus einer kleinen Division, die sich bis dahin mit wenig Erfolg um die Abonnentenbetreuung gekiimmert hatte, wurde ein erfolgreicher Dienstleister mit ganzheitlichem Ansatz in den Bereichen Direkt Marketing, Customer Service, Call Center Leistungen und Database Marketing. Die Erfolge dieser MaBnahme sind an den Ergebnissen des Geschaftsbereiches ablesbar: Bis zum Jahr 2001 verfiinffachte sich der Umsatz, die Anzahl der Abonnements versechsfachte sich und die Mitarbeiterzahl stieg von 60 im Jahr 1994 auf 700 im Jahr 2001. Zusatzlich wurden viele exteme Kunden gewonnen, die ihre Leistungen im Bereich Kundenmanagement nun auch iiber „Burda Direct" beziehen. Somit konnte sich der Verlag mit seinem Angebot auch eine starke Position im Business-to-Business Bereich sichem." (Vgl. Anhang A, Quelle AJ: Bahre (2004)).
Ein erfolgreiches Customer Relationship Management basiert nach Meinung eines CRMExperten auf vier Erfolgsfaktoren: „Zunachst ist es von groBer Bedeutung, dass alle Informationen iiber den Kunden und die gesamte Kunden-Kontaktstrecke an den richtigen Stellen zusammenflieBen und weiter verarbeitet werden. Zudem ist eine Integration der einzelnen CRM-Module in die ganze Organisation zwingend notwendig. Die gewonnenen Erkenntnisse miissen fiir die Ableitung von Marketing- und VertriebsmaBnahmen genutzt werden und einer regelmaBigen, strikten KontroUe mit quantifizierbaren Zielen unterliegen." (Vgl. Anhang A, Quelle Bahre (2004)). Wesentlich ist auBerdem ein modulates Vorgehen, um die Effizienz des CRM-Systems sicherzustellen und groBe Risiken zu vermeiden: „When it comes to implementing any concrete CRM measures, for instance in the context of a chum management program, the key challenge is to be able to proceed strictly on a pilot basis and keep implementation scalable, flexible, and lean rather than invest upfront in large-scale IT infrastructure and software. Scalability requires any CRM effort to start small and be rolled out on a broader basis only after proven success." (Vgl. Anhang A, Quelle X: n.a. (2003)). Der zweite Schritt einer praferenzbezogenen Produktgestaltung ist die Entwicklung zielgruppenspezifischer Mafinahmen, wobei sich diese sowohl auf Rezipienten als auch auf Werbekunden beziehen konnen. Im Bezug auf das Management der Rezipienten konnten vor allem Statements zu den Themen „Fine Tuning" und „Personalisierung" bestehender Medienangebote gefunden werden. In Hinblick auf die Werbekunden wurde vor allem das Thema „Value Added Services" diskutiert, um eine Differenzierung des leicht substituierbaren Kemproduktes „Werberaum" zu erreichen. Das Aufdecken spezifischer Kundenbediirfnisse fuhrt die Medienuntemehmen zu der Frage, wie und mit welchen Medienangeboten auf die Bediirfnisse der Kunden zu reagieren ist. Im Mittelpunkt der Uberlegungen steht dabei die Entscheidung zwischen Massenangeboten und individueller Kundenbefriedigung.
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„Many players remain unsure whether to compete with niche players on their turf by investing in thematic offerings themselves and/or to differentiate their mass business by adding tailored features." (Vgl. Anhang A, Quelle X: n.a. (2003)). Aufgrund hoher (Fix-)Kosten sind viele Medienuntemehmen gezwungen, ihre Medienangebote durch den Massenvertrieb zu amortisieren: „Massenangebote werden auch in Zukunft nicht individualisiert werden, da die hohen Fixkosten andemfalls nicht amortisiert werden konnten. Reichweite ist der Erfolgsfaktor zur Generierung der wichtigsten Umsatzquelle, namlich Werbeerlosen." (Vgl. Anhang A, Quelle AY: Aris (2004)). Zielgruppenspezifische Angebote miissen vor dem Hintergrund der Kosteneffizienz gepruft werden: „Some have expanded their product ranges within categories to create a deeper offering, while others have introduced mass customization. The leading players' overall strategy is to create maximum perceived individual treatment for consumers, while keeping complexity and back-end costs at a minimum through standardization and automation of core processes." (Vgl. Anhang A, Quelle X: n.a. (2003)). „SelbstverstandUch ist Mass-Customization ein wichtiges Thema. Die Frage ist nur: Wie kann man damit Geld verdienen? Die Entscheidung, individualisierte Medienprodukte auf breiter Front anzubieten, steht fiir viele Medienuntemehmen noch aus." (Vgl. Anhang A, Quelle AX: Grobchen (2004)). Eine groBe Herausforderung liegt in der Refinanzierung der hohen Fixkosten: „[...] media businesses that are capital- and fixed cost intensive require critical mass, and even basic socio-demographic targeting of offerings will devide the relevant audience by at least a factor of three (gender, age group, etc.)." (Vgl. Anhang A, Quelle X: n.a. (2003)). „While establishing thematic footholds is easier for magazine publishers because of more flexible cost structures, TV players with their high (sunk) content production cost hardly stand a chance to create profitable thematic offerings in Europe outside subscription models." (Vgl. Anhang A, Quelle X: n.a. (2003)). Um hohe Fixkosten zu vermeiden, sind Partnerschaften oder eigenstandige Organisationen bei der Realisierung von Nischenangeboten sinnvoll: „Um cross-mediale oder individualisierte Produktkonzepte zu verwirklichen, erscheinen Projektnetzwerke am geeignetsten. Sogar Bertelsmann hatte fiir DsdS exteme Partnemntemehmen." (Vgl. Anhang A, Quelle AW: v. z. Miihlen (2004)). Um eine hohe Aufmerksamkeit von Nischenangeboten zu gewahrleisten, bietet sich in der Regel eine Markenverlangerung von bestehenden Angeboten an:
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II. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche „Nischenangebote soUten unter dem Dach einer starken Marke etabliert werden. Andemfalls ist die Gefahr groB, dass diese in der Masse untergehen." (Vgl. Anhang A, Quelle AR: Intat (2004)).
Da individualisierte Nischenangebote selten profitabel sind, sollten die Anbieter der Massenmedien erst in einem zweiten Schritt uber vielfaltige Nischenstrategien nachdenken: „Die Individualisierung von Medienangeboten ist wichtig, soUte fiir die Anbieter von Massenmedien jedoch an zweiter Stelle stehen. Die hohen Kosten von Nischenangeboten Oder von Individualisierung erfordem ein genaues Abwagen von Vor- und Nachteilen." (Vgl. Anhang A, Quelle AR: Intat (2004)). Eine kundengerechte Produktgestaltung fiihrt zu unterschiedlichen Herausforderungen bei werbefinanzierten und abonnementfinanzierten Medienangeboten: „For advertising-based businesses such as broadcasting, and to a lesser extend, magazines and newspapers, the key challenge is twofold. These businesses need to further maximize audience share by continually fine-tuning and increasing their understanding of what their audience deems important." (Vgl. Anhang A, Quelle X: n.a. (2003)). „Future value creation for subscription-based businesses such as pay/cable TV, book clubs, and paid subscription magazines/newspapers depends on a systematic, yet costconscious monitoring of the drivers of subscriber-lifetime value and subsequent adaptation of the entire business system to optimize acquisition and minimize chum." (Vgl. Anhang A, Quelle X: n.a. (2003)). Die Analyse besonders erfolgreicher Medienangebote zeigt verschiedene Gestaltungsoptionen fur die praferenzgeleitete Produktgestaltung auf. Hierbei spielt nicht nur der eigentliche Medieninhalt, also das Kemprodukt, sondem auch das formale und erweiterte Produkt eine Rolle: „Zusatzservices und Dienstleistungen werden fiir den Erfolg von Medienprodukten immer wichtiger." (Vgl. Anhang A, Quelle AD: Jarkel (2004)). Wie das Beispiel einer Zeitung zeigt, konnen neben einer zielgruppenspezifischeren Aufbereitung der Inhalte beispielsweise auch Events zu einem verbessert wahrgenommenen Medienangebot beitragen: „In 2001, a major European newspaper publisher came under considerable financial pressure because of decreasing reader loyalty. [...] Based on the identified target groups and their declared preferences, the pubhsher devised a comprehensive retention program including promotions, product development, and distribution. For example, for "young mums", subsequent marketing centered on events and activities of relative interest such as fashion shows and home improvement fairs. [...] In the area of distribution, pilot programs and new distribution points such as schools, creches, hospitals, and health clubs were tested." (Vgl. Anhang A, Quelle X: n.a. (2003)).
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In Bezug auf das formale Produkt konnen wesentliche Verbesserungen in Hinblick auf die „Usability" erreicht werden. Analysen des Kommunikationswissenschaftlers Schweiger zufolge sind weder Zeitungen noch das Femsehen besonders nutzerfreundlich: „Zeitungen sind nicht nutzerfreundlich. Wir haben nur gelemt, mit ihren Schwachen umzugehen. [...] Femsehen ist ein Prasentations-ZRezeptionsmedium, die Orientierung und das Auswahlen von Angeboten ist schwierig." (Vgl. Anhang A, Quelle AK: Schweiger (2003)). Als Beispiele werden in Bezug auf Zeitungen die problematische Recherche nach Suchbegriffen (z.B. fiir Presse-Clippings) die Suche nach thematisch zusammenhangenden Artikeln, das umstandliche Handling groBer Zeitungsformate ohne Heftung, etc. genannt. Hinsichtlich des Femsehens wird als Beispiel die Programmsuche nach Schauspielem oder zeitlich nach Nachrichten etc. aufgefuhrt. Anhand von Laborstudien mit Bedurfnis-Szenarien (z.B. Beobachtungen, Lautes Denken, etc.) konnten Usability Tests durchgefuhrt werden, um darauf aufbauend das formale bzw. erweiterte Produkt von Medienangeboten zu optimieren. Als erfolgreiches Beispiel einer verbesserten Usability kann das Format der Frauenzeitschrift „Glamour" gewertet werden. Der Verlag Conde Nast ermoglicht Frauen durch das neue Format das erleichterte Mitfuhren der Zeitschrift in der Handtasche. Neben zielgruppenspezifischen MaBnahmen, welche sich an die Rezipienten der Medienangebote richten, sind auch MaBnahmen zur besseren Bedurfnisbefriedigung von Werbekunden notwendig. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass die Werbeerlose von Medienunternehmen aufgrund konjunktureller und struktureller Veranderungen zunehmend gefahrdet sind. Die Kundenbedurfnisse der Werbekunden werden immer spezifischer: „Jedes beworbene Produkt kann die Moglichkeiten der Werbung anders nutzen. Traditionelle Medienuntemehmen miissen verstehen, wie den Werbekunden am ehesten geholfen werden kann, um die Werbegelder nicht an andere Werbeformen zu verlieren." (Vgl. Anhang A, Quelle AY: Aris (2004)). Da das Kemprodukt „Werberaum" leicht substituierbar ist und somit meist der Preis entscheidet, soUten Medienmanager das Kemprodukt durch „Value Added Services" aufwerten. Hierzu sind gezielte Ansatze notwendig: „The media industry should take an example from other industries that in similar situations have managed to create value by systematically applying best practice B2B marketing approaches." (Vgl. Anhang A, Quelle Z: n.a. (2003)). „Heutzutage ist es doch egal, wo sie werben. Um eine Substitution des Werberaumes zu vermeiden und die Preise konstant zu halten oder zu steigem, miissen Sie sich etwas Neues einfallen lassen." (Vgl. Anhang A, Quelle AW: v. z. Miihlen (2004)). Um die Kundenbedurfnisse optimal befriedigen zu konnen, miissen die Werbekunden segmentiert werden:
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II. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche „This entails a sophisticated segmentation of advertising customers based on different preferences for the services that media companies can deliver." (Vgl. Anhang A, Quelle Z: n.a. (2003)).
Basierend auf den klar definierten Kundensegmenten miissen spezifische Angebote fiir die Werbekunden entwickelt werden: „Die Medienuntemehmen miissen ganz spezielle Angebote fur ihre Werbekunden entwickeln. Es ist wichtig, das optimale Werbeumfeld fiir jedes Produkt einzeln zu bestimmen. [...] Die Media-Agenturen konnen das auch nicht, die machen nur auf Masse." (Vgl. Anhang A, Quelle AY: Aris (2004)). Beispiele hierfiir sind Sonderwerbeformen oder Cross-Media-Konzepte: „New formats such as sponsoring, individual ads, and split screen are being introduced into traditional television. [...] Sponsored programs have the advantage that they can be targeted to key audiences and sponsors' products can be promoted specifically throughout the program." (Vgl. Anhang A, Quelle Z: n.a. (2003)). „[...] integrated advertising concepts can create a value-added offering when applied correctly and segment-specific." (Vgl. Anhang A, Quelle Z: n.a. (2003)). Um derartige Services anbieten zu konnen, miissen die Werbezeitenvermarkter entsprechend organisiert werden: „The ad sales force will need to be trimmed for effectiveness by ensuring the right customer focus, designing a pragmatic organization structure, optimizing time management, and strengthening incentives." (Vgl. Anhang A, Quelle Z: n.a. (2003)). Hierbei besteht die Gefahr eines iiberproportionalen Kostenanstiegs: „Die Ausrichtung auf die Bediirfnisse der Werbekunden hat in der Vergangenheit immer zu hohen Kosten gefiihrt, da auch ungefragte Services angeboten wurden. Sie miissen keinem Automobilhersteller erklaren, wie die Automobilbranche funktioniert." (Vgl. Anhang A, Quelle AY: Aris (2004)). Zusatzservices diirfen nur dann angeboten werden, wenn dementsprechend hohere Preise am Markt durchgesetzt werden konnen. Hierzu miissen neue Preisfindungsmechanismen gefunden werden: „For media companies, this implies that they should try to shift the price focus from GRP and sales volume to include other factors such as price elasticity, capacity restraints, time of booking, booking flexibility, and quality of media surroundings as well as discipline the sales force on when and how discounts should be used." (Vgl. Anhang A, Quelle Z: n.a. (2003)). Wie bereits im theoretischen Grundlagenabschnitt der vorliegenden Arbeit gezeigt wurde, ist eine praferenzgeleitete Produktgestaltung nur dann erfolgreich, wenn diese von den Nutzem auch entsprechend wahrgenommen wird. Da es sich bei Medienprodukten um Erfahrungsbzw. Vertrauensgiiter handelt, kann dies gemaB der neuen Institutionenokonomik zum Markt-
11.1 Die Mikroanalyse zur Analyse medienspezifischer Wachstumsfaktoren
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versagen in Bezug auf die Produktqualitat kommen, sofem nicht Mechanismen zum Abbau der Informationsasymmetrien eingesetzt werden. Es wurde vennutet, dass im Hinblick auf Medienprodukte vor allem zwei Mechanismen relevant sind: Der Einbezug Drifter sowie der Marken- und Reputationsaufbau?^^ Grundsatzlich problematisch ist in diesem Zusammenhang die Feststellung, dass viele Rezipienten ihr Vertrauen in Medienmarken verloren haben: „Klassische Informationsanbieter „Zeitung" und „Femsehen" genicBen nur bedingt das Vertrauen der Konsumenten." (Vgl. Anhang A, Quelle AM: Bottger (2002)). Abgesehen von den bereits im vorangegangenen Abschnitt zum Thema „Marke" diskutierten Ansatzpunkten erhoffen sich Medienmanager von der in der Medienbranche intensiv diskutierten Moglichkeit, Communities (Einbezug Dritter) zum Abbau von Informationsasymmetrien zu nutzen, neue Impulse. Das Einbinden von Kundenrezensionen soil eine „objektive" Bewertung von Medienprodukten ermoglichen: „Vertrauen bringen wir hingegen viel eher anderen Konsumenten gegeniiber auf, glaubwtirdig sind die von den anderen Mitgliedem kommunizierten Informationen. Die Mitglieder der Community werden somit zu kostenlosen Testimonials, die wir aus scheinbar nichtkommerziellen, pseudolebensweltlichen Netzzusammenhangen bereits kennen. [...] Der von den Mitgliedem kostenlos (bzw. auf eigene Kosten) erstellte „Content" erhoht die Bindung, weil er als attraktiver gilt." (Vgl. Anhang A, Quelle AL: Beck (2002)). „Rezensionen von Mitgliedem (einer Community; Anm. d. Verf.) sind glaubwiirdiger als Besprechungen von Programmexperten." (Vgl. Anhang A, Quelle AM: Bottger (2002)). „Von Mitgliedem erstellter Content erhoht die GlaubwUrdigkeit." (Vgl. Anhang A, Quelle AM: Bottger (2002)). Communities sind eine modeme Form der Mund-zu-Mund Propaganda: „Virtuelle Communities konnen sehr wirksam die Mundpropaganda in Schwung bringen. Die [...] Online-Diskussionen stellen eine Art kostenloser Offentlichkeitsarbeit dar." (Vgl. Anhang A, Quelle AL: Beck (2002)). Der Nutzen von Communities ist fUr die Medienuntemehmen groB, da sie zu einem intensiveren Vertrauensverhaltnis und damit zum Abbau von Informationsasymmetrien fUhren: „Virtuelle Communities fiihren zu einer erhohten Loyalitat durch Identifikation und Emotionalisiemng." (Vgl. Anhang A, Quelle AN: Beyer (2002)). „Wettbewerbsvorteile ergeben sich durch eine starke Kundenbindung, eine hohere Kundenzufriedenheit und durch Mund-zu-Mund Propaganda." (Vgl. Anhang A, Quelle AM: Bottger (2002)). Nach Meinung einiger Medienmanager tragen Communities somit zu hoheren Umsatzen bei:
Da Ansatzpunkte zum Markenaufbau bereits diskutiert wurden, wird sich im folgenden auf die Moglichkeit des Einbezugs Dritter beschrankt.
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II. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche „Community Mitglieder nutzen das Angebot intensiver und kaufen haufiger online." (Vgl. Anhang A, Quelle AM: Bottger (2002)).
Die Bestrebungen der Medienuntemehmen gehen nun dahin, diese Form der Kommunikation zu steuem und so fiir eigene Zwecke zu instrumentalisieren: „Kommerzielle „Virtual Communities" unterscheiden sich in einigen zentralen Punkten von den sozialen Netzwerken, die sich ansonsten im Netz antreffen lassen: Der Zweck der kommerziellen „Communities" ist ein fremdbestimmter; sie werden instrumentell organisiert und erwecken lediglich den Anschein, nicht-kommerziellen Zielen zu dienen. Tatsachlich folgen sie jedoch einer aus Marketing und Werbung altbekannten Zielgruppenlogik und ihre Organisationsweise ist dementsprechend ausgerichtet." (Vgl. Anhang A, Quelle AL: Beck (2002)). FUr den kommerziellen Einsatz von virtuellen Communities konnen unterschiedliche Erscheinungsformen differenziert werden, welche sich hinsichtlich des „Kundeninvolvement" und der „Steuerbarkeit der Produktwahmehmung" unterscheiden: Themenwelten fordem die Kundenbindung durch die Begleitung eines Themas iiber mehrere Kanale hinweg: „Themenwelten schaffen eine Verbundenheit zum Anbieter, starken die Dachmarke und fiihren zu einer optimalen Ausnutzung bestehender Medienmarken. Sie holen jeden Kunden dort ab, wo er steht. Beispiele hierfiir ist das RTL Femsehen in Verbindung mit dem RTL Club, der RTL Internetworld, der RTL Themenseite und dem RTL Shop. Das Medienangebot des Senders wird durch Musik CDs, Videos, Biicher, PC-Games und vieles mehr erganzt." (Vgl. Anhang A, Quelle AM: Bottger (2002)). Themenwelten weisen zwar eine hohe Steuerbarkeit der Produktwahmehmung auf, aber das Involvement der Kunden ist meist gering. Ahnlich verhalt es sich bei Mitgliedschaftsclubs, welche eine feste Bindung der Kunden an einen Club fiir eine bestimmte Zeit ermoglichen. Zu einem hoheren Involvement der Kunden fiihren Warenkorbanalysen, in welchen weitere Einkaufe von Kunden, die das gleiche Produkt gekauft haben, vorgestellt werden: „Warenkorbanalysen tragen zur Uberwindung des Vertrauensdefizits bei. Sie helfen dem Kunden bei der Orientierung und erhohen die Verweildauer auf der Intemetseite." (Vgl. Anhang A, Quelle AM: Bottger (2002)). Von Nachteil ist, dass hierbei die Steuerbarkeit der Produktwahmehmung abnimmt. Einen noch geringeren Einfluss auf die Produktwahmehmung ergibt sich bei der Nutzung von Chats, Foren oder Kundenrezensionen. Der Vorteil bei derartigen Instmmenten ist jedoch das im Vergleich hohere Involvement der Kunden: „Chats und Foren schaffen soziale Bindungen und schaffen so Austrittsbarrieren. Personliche Empfehlungen stellen die Hauptmotivation bei Buchkaufen dar. [...] Chats sind die zeitgemaBe Form der Kommunikation zwischen den Mitgliedem einer Community." (Vgl. Anhang A, Quelle AM: Bottger (2002)).
II. 1 Die Mikroanalyse zur Analyse medienspezifischer Wachstumsfaktoren
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Neue Technologien ermoglichen sogar Echtzeit-Chats, welche wiederum ein spezifisches Produkt-Placement durch Echtzeit-Auswertungen ermoglichen. Die zunehmende Einflussnahme durch Anbieter fuhrt jedoch zu einer ablehnenden Haltung bei Community Mitgliedem. Die Steuerung virtueller Communities fiihrt schnell zu Problemen: „Versuche, die „Coinmunities" letztlich hierarchisch zu organisieren und so zu managen, dass sie dem kommerziellen Zweck dienen, stoBen auf den Widerstand breiter Nutzergruppen - auch wenn diese keine eingefleischten Anhanger liberaler Netzideologie sind. (Vgl. Anhang A, Quelle AL: Beck (2002)). Der Erfolg einer Community hangt zu einem groBen Anteil mit der Reputation des Anbieters zusammen. (c)
Die Konkretisierung des Wachstumsfaktors „Innovation"
Im Grundlagenteil dieser Arbeit wurde dargelegt, dass in der Medienbranche ein regelrechter Innovationszwang fiir Medienanbieter besteht. Dieser basiert auf einer hohen Zeitelastizitat von Medienprodukten. Die Zeitelastizitat lasst sich auf zwei Treiber zuriickfuhren: Zum einen auf die Verderblichkeit der Inhalte, zum anderen auf die Verderblichkeit der Tragertechnologie. Als Ansatzpunkte fiir Innovationen wurden - gewissermaBen um der aufgezeigten Verderblichkeit von Medienprodukten zu begegnen - sowohl die inhaltliche als auch die technologische Dimension von Innovationen herangezogen. Unterschieden wurden funf Arten der Innovation: Die Themenvariation, die Wahmehmungsvariation, die Wertigkeitsvariation, die Formatierungsvariation und die Neukreation. Die unterschiedlichen Innovationsarten weisen unterschiedliche Risiken bei der Markteinfuhrung auf. Ein vergleichsweise niedriges Risiko ist bei der Wahmehmungs- und Wertigkeits variation zu erwarten, da es sich hier lediglich um „Upgrades" handelt. Ein hohes Risiko ist bei der Themen- und Formatierungsvariation sowie der Neukreation zu erwarten. Das hohe Risiko bei Medieninnovationen fiihrt zu Risikoreduktionsstrategien, welche sich kontrainnovativ auswirken. Es stellte sich vor diesem Hintergrund die Frage, welchen Stellenwert Innovationen in der Praxis aufweisen und welche MaBnahmen zur Etablierung einer differenzierenden Innovationstatigkeit bei Medienprodukten ergriffen werden konnen. Im Mittelpunkt der Fragestellung stehen Ansatzpunkte, welche die kontrainnovativen Risikoreduktionsstrategien abschwachen. Von Interesse sind somit drei zentrale Fragen: •
Das Aufzeigen praktischer Relevanz von Innovationen bei Medienprodukten,
•
das Ableiten von Ansatzpunkten zur Milderung kontrainnovativer Risikoreduktionsstrategien bei Themenvariationen und
•
das Ableiten von Ansatzpunkten zur Milderung kontrainnovativer Risikoreduktionsstrategien bei Formatierungsvariationen.
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II. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche
Die nun folgenden Statements der Mikroanalyse zeigen Ansatzpunkte zum Management der in der Abbildung II-3 grafisch dargestellten Fragen auf. Wachstumsfaktor Innovation 1 Aufzeigen praktischer Relevanz
Ansatzpunkte fur Herausforderungen Themenvariation
1 Ansatzpunkte fur Herausforderungen Formatierungsyariation 1 1
echte Innovationen
Integration in einem Konzept |
strukturierte Innovationsprozesse
organisatorsiche Verzahnimg | Anreiz-/ Austausprogramme
Abbildung II-3:
Ubersicht der Fragestellungen sowie ausgewahlter Entscheidungsfelder zum Innovationsmanagement bei Medienprodukten
Die Ergebnisse der Mikroanalyse verdeutlichen, dass Innovationen als wesentlich fUr das Wachstum angesehen werden: „Substantielle Innovationen sind einer der entscheidenden Werthebel in den meisten Industrien. [...] Erfolgreiche Innovatoren wachsen in der Regel schneller und profitabler." (Vgl. Anhang A, Quelle Q: Mueller-Oerlinghausen (2003)). Uneingeschrankte Einigkeit besteht iiber die Notwendigkeit von Innovationen in der Medienbranche: „Recent blockbusters support the theory that innovation is critical. It can be seen on television with the advent of reality TV (Big Brother), casting shows (Pop Idol) and premium TV formats with movie appeal (Sex and the City)." (Vgl. Anhang A, Quelle AC: n.a. (2003)). Im Bewusstsein der Medienmanager nehmen Innovationen zunehmend eine wichtige RoUe
„Den Medienmanagem wird zunehmend bewusst, dass Innovationen fiir das langfristige Wachstum essentiell ist. Das Ausruhen auf vergangenen Erfolgen fiihrt in die Sackgasse." (Vgl. Anhang A, Quelle AT: Gerdes (2004)).
II. 1 Die Mikroanalyse zur Analyse medienspezifischer Wachstumsfaktoren
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Hinsichtlich der Innovationsfahigkeit von Medienuntemehmen gehen die Meinungen der Medienmanager auseinander: „Die Branche hat in Deutschland iiberhaupt keine Schwachen, was Innovationen angeht (Geschaftsfuhrer Zeitschriften, Anm. d. Verf.)." (Vgl. Anhang A, Quelle Q: MuellerOerlinghausen (2003)). „Es gibt einen absoluten Mangel an Kreativitat in den Redaktionen (Zeitschriftenherausgeber, Anm. d. Verf.)." (Vgl. Anhang A, Quelle Q: Mueller-Oerlinghausen (2003)). „Wir sind die innovativste Branche iiberhaupt (Leiter Musik-Label, Anm. d. Verf.)." (Vgl. Anhang A, Quelle Q: Mueller-Oerlinghausen (2003)). „Die Branche hat ein kreatives Problem. Ein kreativer A&R-Ansatz fehlt (Geschaftsfuhrer Musik-Major, Anm. d. Verf.)." (Vgl. Anhang A, Quelle Q: Mueller-Oerlinghausen (2003)). Besonders relevant scheint fiir Medienmanager die inhaltliche Dimension von Innovationen innerhalb bestehender Segmente/Formate zu sein. Demzufolge beschaftigen sich Fragen des Innovationsmanagements auch in erster Linie mit der Themenvariation: „Der Erfolg in der Medienindustrie hangt zu groBen Teilen von der Entdeckung neuer Talente und der Generierung neuer Ideen ab. Neue Inhalte sind der Schliissel zum Erfolg" (Vgl. Anhang A, Quelle AX: Grobchen (2003)). Widerspriichlich zu der Erkenntnis, dass Medienmanager die Relevanz von Innovationen erkannt zu haben scheinen, ist die Beobachtung von Branchenkennem, die der Medienbranche einen abnehmenden Innovationserfolg konstatieren: „Sinkender Innovationserfolg in der deutschen Medienindustrie." (Vgl. Anhang A, Quelle Q: Mueller-Oerlinghausen (2003)). „While the number of new releases is still growing in areas such as book and music publishing, the success of new titles is declining across the board. [...] Compared to 1998, fewer than half the new releases make it to the bestseller lists, reach the top of audience rankings, or win platinum disc." (Vgl. Anhang A, Quelle X: n.a. (2003)). „Viele etablierte Medienmanager haben einfach keinen Mut. Sie woUen kein Risiko mit neuen Ideen eingehen und setzen auf Altbewahrtes. Dies fuhrt zwangslaufig zu einem abnehmenden Innovationsstrom." (Vgl. Anhang A, AV: Heil (2004)). Es kann also davon ausgegangen werden, dass das Bewusstsein fiir die hohe Relevanz von Innovationen in der Medienbranche vorherrscht, jedoch die Umsetzung problembehaftet ist. Eine besondere Herausforderung fiir Medienuntemehmen stellt hierbei die Balance zwischen Risikoakzeptanz und Risikovermeidung zu sein. Die Vermeidung von Risiken durch inhalts- und herstellungsbezogene Risikoreduktionsstrategien fiihrt in der Medienbranche zu einer Zunahme von Imitationen und Me-Too-Produkten: ,,90% der neuen Magazine sind ohnehin Me-Too-Produkte." (Vgl. Anhang A, Quelle Q: Mueller-Oerlinghausen (2003)).
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II. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche „Die Femsehbranche ist iiberhaupt nicht innovativ - wir senden immer das Gleiche, nur neu verpackt (Geschaftsfiihrer Femsehen)." (Vgl. Anhang A, Quelle Q: MuellerOerlinghausen (2003)). „Seit 20 Jahren immer nur das Gleiche. Neue Ideen sind selten, alles wird aus den USA Oder sonst woher abgekupfert." (Vgl. Anhang A, Quelle AW: v. z. Muhlen (2004)).
Das Imitieren von erfolgreichen Konzepten ist langfristig jedoch wenig erfolgsversprechend: „However, the viability of replication as a product development strategy for media companies is rapidly decreasing. Audience demand is diversifying, initially driven by fragmentation of media supply. Readers and viewers are looking for media products that reflect their increasingly sophisticated demand, particularly their thematic and individual needs." (Vgl. Anhang A, Quelle X: n.a. (2003)). Es Uberrascht daher nicht, dass Imitationen im Vergleich zu wirklichen Innovationen geringere Erfolge produzieren: „[...] the RTL Group was the first in Europe to revitalize the family quiz show with a big budget when it aired „Who wants to be a Millionaire" in 1999. Today, the show has greater audience share than the four most successful copycat formats combined." (Vgl. Anhang A, Quelle X: n.a. (2003)). Vor allem echte Innovationen werden von den Rezipienten geschatzt: „Innovative formats have been the real audience winners." (Vgl. Anhang A, Quelle X: n.a. (2003)). „Wer wagt gewinnt. Marktfiihrer miissen den Markt anfuhren. Nur so gewinnen Sie die Akzeptanz der Rezipienten" (Vgl. Anhang A, Quelle AT: Gerdes (2004)). „In some segments of the industry there is also a substantial first mover advantage in terms of new formats, further suggesting that innovation should be favored over replication." (Vgl. Anhang A, Quelle X: n.a. (2003)). Um echte Innovationen bei gleichzeitig kalkulierbarem Risiko zu ermoglichen, sollten auch in der Medienbranche strukturierte Innovationsprozesse eingefuhrt werden. Diese sind nach Meinung von Medienmanagem jedoch selten etabliert:"*^^ „Strukturierte Produktinnovationsprozesse sind heute nur schwach etabliert." (Vgl. Anhang A, Quelle Q: Mueller-OerUnghausen (2003)). Innovationsfuhrer weisen im Gegensatz zu den Nachzuglem der Industrie definierte Produktentwicklungsprozesse auf:
GemaB einer Umfrage der Untemehmensberatung McKinsey ist der Produktentwicklungsprozess bei nur 30% der Medienuntemehmen klar strukturiert. So bestehen in der Regel selten klare Kriterien zur Ideenbewertung (32%), auch klare Bewertungskriterien in der Entwicklungsphase (33%) sind uniiblich. Eine systematische Berucksichtigung von Kundenwiinschen findet im Vergleich zu anderen Industrien selten statt (42%). Vgl. Mueller-Oerlinghausen (2003), S. 13.
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„Successful players have also tightly managed innovation processes to ensure highquality content generation, covering both actual creation, as well as programming/scheduling and packaging/marketing. Successful innovators such as Burda Publishing and Universal Music have established dedicated innovation processes." (Vgl. Anhang A, Quelle X: n.a. (2003)). „Gruner+Jahr hat begonnen, einen untemehmensweiten strukturierten Innovationsprozess zu etablieren." (Vgl. Anhang A, Quelle AU: Thielmann (2004)). „Although generating unique content will ultimately depend on the individual creatives, being an innovative player is mostly about establishing a process that ensures the right ideas get the right attention to help guarantee success." (Vgl. Anhang A, Quelle X: n.a. (2003)). Um einen konstanten Output an marktfahigen Innovationen durchzusetzen, soUten Medienfirmen eine Vielzahl an unterschiedlichen Ideen priifen. Da cine Realisierung zu vieler Ideen sehr kostspielig ist, miissen die Ideen auf ihre Attraktivitat gepriift und weniger attraktive Ideen ausselektiert werden. Der Innovationsprozess gleicht somit einem Trichter. „Der Innovationsprozess soUte einem Trichter gleichen: Viele Ideen werden am Anfang generiert und gepriift, wenige umgesetzt"." (Vgl. Anhang A, Quelle AY: Aris (2004)). „Key success factors along this funnel include generating breakthrough ideas, focusing on the most promising ideas, testing pilots/prototypes extensively, and rigidly monitoring and managing new products' success." (Vgl. Anhang A, Quelle X: n.a. (2003)). Der Generierung von Ideen soUten in einem ersten Schritt wenig Grenzen auferlegt sein: „Alles soUte erlaubt sein, nichts ist unmoglich." (Vgl. Anhang A, Quelle AX: Grobchen (2004)). Best Practices aus der Medienindustrie und fremden Industriezweigen zeigen eine Vielzahl von Vorgehensweisen zur kontinuierlichen Generierung von neuen Ideen auf: „Nutzung von Mitarbeiterideen wie bei Disneys intemer „Gong Show," bei der die Mitarbeiter die Moglichkeit haben, ihre Ideen Michael Eisner und seinem Team vorzustellen." (Vgl. Anhang A, Quelle Q: Mueller-Oerlinghausen (2003)). „Merchandiser" bei Sony, der dafiir verantwortlich ist, verschiedene Sichtweisen zu einem Geschaftskonzept zu verdichten und dieses zur Marktreife zu bringen." (Vgl. Anhang A, Quelle Q: Mueller-Oeriinghausen (2003)). „Funktionsubergreifende Teams bei Nike, die auf „Entdeckungsreisen" Nutzer beobachten und direkt befragen." (Vgl. Anhang A, Quelle Q: Mueller-Oerlinghausen (2003)). Um die Berucksichtigung moglichst vieler Ideen zu gewahrleisten, sollte die Phase der Ideenentwicklung nicht in die direkte Entwicklung von Prototypen miinden. Eine Entwicklung von Prototypen sollte erst dann in Erwagung gezogen werden, wenn die Ideen grUndlich diskutiert wurden als marktfahig angesehen werden. Exteme Dienstleister investieren haufig zu wenig
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II. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche
Zeit in die ausschlieBliche Generierung einer Vielzahl von Ideen, da diese in der Regel in Hinblick auf entstandene Produktionskosten entlohnt werden: „For example TV broadcasters traditionally pay producers on a cost-plus basis, thereby discouraging production houses from investing sufficiently in new idea generation. As a result, many producers, especially the smaller ones, are very short-term focused and replication of successful existing formats has become more common." (Vgl. Anhang A, Quelle X: n.a. (2003)). Aus diesem Grund soUten exteme Dienstleister gezielt zur die Ideenentwicklung motiviert werden: „Das Problem ist doch heute, dass die Produktionsfirmen nicht fiir ihre Ideen bezahlt warden. Innovationsvorhaben soUten wie Architekturwettbewerbe ausgeschrieben werden." (Vgl. Anhang A, Quelle AY: Aris (2004)). Neben der voUkommen offenen Ideengenerierung kann auch das gezielte Suchen nach Marktschancen durch Marktforschung zu Erfolgen fiihren: „To create new production ideas, a leading US TV network did extensive research to understand which viewer segments were underserved during various time slots, ultimately to engage in counter-production and programming. For example, the network looked at neglected topics for these underserved segments, such as information, documentaries, and family content. By developing competitive content for individual time slots/customer segments, the network managed to increase its audience share significantly and was, also, able to test new content for future broad rollout." (Vgl. Anhang A, Quelle X: n.a. (2003)). Um vorhandene Ressourcen (z.B. kreatives Talent, Zeit, Kapital, etc.) optimal in die Entwicklung von „Hits" zu investieren, muss sich das Management auf wenige viel versprechende Ideen konzentrieren. Dies verhindert ein unkontrolliertes Wachstum des Medienangebotes: „Schwachen im Portfoliomanagement fiihren zu unkontroUiertem Titelwachstum mit dramatisch sinkenden Erfolgsraten." (Vgl. Anhang A, Quelle Q: Mueller-Oerlinghausen (2003)). „Die generierten Ideen soUten strengen Selektionskriterien unterzogen warden, damit die besten Ideen die notwendige Aufmerksamkeit sowie die kritischen Ressourcen beanspruchen." (Vgl. Anhang A, Quelle AY: Aris (2004)). Die Selektion der Ideen sollte idealerweise auf klar definierten Kriterien beruhen: „The governing objective is to ensure that filtering/development decisions are not just based on the personal judgements of production staff, but, instead, reflect a multitude of perspectives, dimensions, and interested parties in a structured and transparent approach (e.g., creative aspects, financial planning, ad sales, and marketing)." (Vgl. Anhang A, Quelle X: n.a. (2003)). „A leading German magazine publisher is, for example, seriously considering introducing what they call „moderators". Their main task will be to accompany the whole development process, making sure that results are challenged across departments and asking edi-
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tors critical questions, without making them feeling threatened." (Vgl. Anhang A, Quelle X: n.a. (2003)). Bei der Auswahl potenzieller (werbefinanzierter) Medienangebote sollten zukiinftige Werbekunden integriert warden: „Wenn ein neues Medienprodukt entwickelt wird, so sollten von Anfang an die Bediirfnisse der Werbewirtschaft beriicksichtigt warden. Es ist daher essentiell, wichtige Werbekunden schon bei der Entwicklung einzubeziehen." (Vgl. Anhang A, Quelle AV: Heil (2003)). Die Auswahl geeigneter Projekte sollte zentral organisiert werden, um cine Vergleichbarkeit der verschiedenen Ideen und damit eine Priorisierung auf die Top-Ideen zu gewahrleisten: „Die iibergreifende Priorisierung aller Projekte ist zentral fiir die Konzentration auf die besten Projekte." (Vgl. Anhang A, Quelle Q: Mueller-Oeriinghausen (2003)). Nach der Markteinfuhrung neuer Medienangebote muss der Erfolg genau Uberpruft werden, um gegebenenfalls Verbesserungen durchfuhren zu konnen: „Once a new product has hit the market, it is critical that the company closely monitors its success to enable decisions about further development, adaptions/fine-tuning, and discontinuation." (Vgl. Anhang A, Quelle Q: Mueller-Oeriinghausen (2003)). Erfolgreiche Beispiele zeigen, dass der Lebenszyklus von Erfolgen mittels genauer Beobachtung und permanenter Anpassung substantiell gesteigert werden kann: „RTL TV and Pearson managed to maintain, and even increase, audience share of one of its long-running daily soaps „Gute Zeiten, Schlechte Zeiten" from 24% in November 2000 to 27,6% in May 2001, its highest ever rating, by monitoring audience satisfaction and fine-tuning the show accordingly." (Vgl. Anhang A, Quelle X: n.a. (2003)). „Continously measuring the quality of the innovation process is an important success factor. Key performance indicators such as number of new titles launched, readership distribution, and revenue split by "age" of product should be applied to a company's entire portfolio to ensure sufficient innovation and fine tuning." (Vgl. Anhang A, Quelle X: n.a. (2003)). Neben den Moglichkeiten zum Management von Themenvariationen mils sen auch Moglichkeiten zum Management von Formatierungsvariationen gefunden werden. Die Mikroanalyse zeigt, dass in der Medienbranche im Hinblick auf Formatierungsinnovationen vor allem Optionen zum Management der Erlossituation von Interesse sind. Statements bezuglich Optionen zum Management der Fixkosten konnten nicht identifiziert werden. Fiir das Management der Erlossituation wurden vor allem Erweiterungsoptionen diskutiert, welche neue Geschaftsmodelle, Services und Distributionsmoglichkeiten zum Thema haben: „Ein Medienprodukt sollte der Zielgruppe auf alien Kanalen angeboten werden. Dies muss bereits bei der Konzeption eines Medienproduktes beachtet werden." (Vgl. Anhang A, Quelle AU: Thielmann (2004)).
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11. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche „Fur den Verbraucher ist neben dem Inhalt zunehmend die Situation der Mediennutzung entscheidend. Dies erfordert innovative Geschaftsmodelle und eine innovative Mediendistribution." (Vgl. Anhang A, Quelle I: Bock (2003)). „Innovation sind auf alien Dimensionen notwendig: Produkte, Werbung, Prozesse, Technologien, Geschaftssysteme." (Vgl. Anhang A, Quelle Q: Mueller-Oerlinghausen (2003)).
In den vergangenen Jahren nahmen ganzheitliche und medienlibergreifende Medienangebote zu. Neue Services tragen inzwischen substantiell zur Erloserzielung traditioneller Medienformate bei: „Leading players will recognize ancillary revenue potential at a very early stage during content generation, using it as an important criterion when evaluating new formats and shows. [...] new forms of paid audience participation are emerging for individual genres, e.g., during live entertainment formats, the audience will increasingly be able to influence the course of events through SMS input and voting." (Vgl. Anhang A, Quelle X: n.a. (2003)). „Das Generieren von Zusatzerlosen ist derzeit das heiBeste Thema. Zum Beispiel beim Segment TV: M6 in Frankreich erwirtschaftet inzwischen schon 50% mit Zusatzerlosen, beispielsweise mit Musicals, welche dann auch im TV promoted werden. TV ist nur noch ein Vertriebskanal, der Bildungsauftrag spielt keine RoUe mehr." (Vgl. Anhang A, Quelle AD: Jarkel (2004)). „In der Musikbranche steht die Generierung von Zusatzerlosen im Mittelpunkt der Uberlegungen. Zukunftig soil auch an anderen Bereichen der Kiinstlerumsatze partizipiert werden. Dies ist aufgrund fruherer Vertrage jedoch nur bei neuen Kiinstlem moglich. Zentrale Themen sind DVD, Merchandising, Konzerte, digitale Erlose und mobile Ringtones. (Vgl. Anhang A, Quelle AD: Jarkel (2004)). Als kontrainnovativ wurde im theoretischen Abschnitt ein potenzielles Abstimmungsproblem, welches zu Verzogerungen fiihren konnte, genannt: „Das Problem bei „One Brand All Media"? Zuviel Koche verderben den Brei." (Vgl. Anhang A, Quelle AW: v. z. Muhlen (2004)). „Haufig laufen die Interessen der Konzemzentrale den Literessen der SegmentverantwortUchen entgegen." (Vgl. Anhang A, Quelle AU: Thielmann (2004)). Eine Voraussetzung fiir Erweiterungen ist nach Meinung von Experten die Integration neuen Erlosformen in das Konzept des Medienangebots: „Successful companies face these challenges by considering the commercial potential and secondary revenue opportunities very early on during the development process. For example, recent TV blockbuster formats such as Big Brother and Pop Idol were designed, tested, and produced for extended international cross-media revenue from the start." (Vgl. Anhang A, Quelle X: n.a. (2003)).
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II. 1 Die Mikroanalyse zur Analyse medienspezifischer Wachstumsfaktoren
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Um die Potenziale von Zusatzerlosen im Zusammenhang mit dem urspriinglichen Medienangebot in vollem Umfang realisieren zu konnen, soUten potenzielle Erlosformen schon in der Konzeptphase beriicksichtigt werden: „Sollten TV-Formate entwickelt werden, dann werden diese von Anfang an auf ihre Merchandising Potenziale hin iiberpriift." (Vgl. Anhang A, Quelle AD: Jarkel (2004)). Wie bereits im Zusanunenhang mit dem Markenmanagement diskutiert, ist zur Vermeidung von Abstimmungsproblemen cine organisatorische Verzahnung der verschiedenen Abteilungen notwendig: „Abstimmungsprobleme konnen vermieden werden, indem die einzelnen Abteilungen organisatorisch besser verzahnt werden." (Vgl. Anhang A, Quelle AY: Aris (2004)). Bei langerfristigen Projekten bietet sich sogar cine organisatorisch eigenstandige Projektorganisation an: „Bei DsdS gab es eine eigene Projektorganisation. Die Mitarbeiter der Projektnetzwerkes saBen sogar raumlich zusammen." (Vgl. Anhang A, Quelle AU: Thielmann (2004)). Andemfalls sollten zumindest Anreizsysteme geschaffen sowie abteilungs- bzw. bereichsiibergreifende Austauschprogramme initiiert werden: „Derzeit haben die Manager der einzelnen Bereiche wenig Anreize, um bereichsubergreifend zu arbeiten." (Vgl. Anhang A, Quelle AY: Aris (2004)). „Austauschprogramme fordem das Networking. Dies ist die Basis fur abteilungs- oder bereichsiibergreifendes Arbeiten." (Vgl. Anhang A, Quelle AY: Aris (2004)). (d)
Die Konkretisierung des Wachstumsfaktors „Effizienz"
Im Teilkapitel 1.1 wurde dargelegt, dass „Effizienz" ein wesentlicher Faktor fur das nachhaltige Wachstum von Untemehmen darstellt. Effizienz wurde dabei als optimale Output-InputKombination defmiert, wobei die als Quelle fiir Effizienzsteigerungen Kosteneinsparungen definiert wurden. Es stellt sich die Frage, wie welchen Stellenwert das Kostenmanagement in der Praxis hat. Kosteneinsparungen sind nicht in alien Wertschopfungsstufen gleichermaBen zu realisieren, insbesondere im Bereich der Inhaltegenerierung und -aggregation ist dies nicht immer moglich. Der Grund hierfur liegt im so genannten „Okonomischen Dilemma" der Kulturbzw. Medienproduktion. Anders verhalt es sich in den medialen Wertschopfungsstufen der Inhaltevervielfaltigung und Inhaltedistribution. Hier sind groBe Rationalisierungspotenziale vorhanden, die auf den Produktspezifika der Massenmedien beruhen. Von Interesse ist daher, welche Kosten senkenden MaBnahmen in den unterschiedlichen Wertschopfungsstufen ergriffen werden konnen. In der nun folgenden Mikroanalyse stehen somit drei zentrale Aufgaben im Vordergrund: •
Das Aufzeigen praktischer Relevanz von Effizienz fiir nachhaltiges Wachstum,
162
II. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche •
das Ableiten von Ansatzpunkten fiir Kostensenkungen bei Inhaltegenerierung und -aggregation und
•
das Ableiten von Ansatzpunkten fiir Kostensenkungen bei Inhalteproduktion und distribution.
Die nun folgenden Statements der Mikroanalyse zeigen Ansatzpunkte zum Management der in der Abbildung II-4 grafisch dargestellten Fragen auf.
1 1 Aufzeigen praktischer Relevanz
Wachstumsfaktor Effizienz
Ansatzpunkte fiir Herausforderungen Generierimg/Aggregation |
1 Ansatzpunkte fiir Herausforderungen Produktion/Distribution
Prozesstransparenz
Supply Chain Management
1
Continous Improvement
1
Kostenzuordnung
1
Shared Services
Outsourcing/ Offshoring Digitalisierung der Prozesse
Abbildung 11-4:
Ubersicht der Fragestellungen sowie ausgewdhlter Entscheidungsfelder
zum Kosten-
management bei Medienprodukten
In der Einleitung wurde bereits darauf hingewiesen, dass Medienuntemehmen in der Vergangenheit dem Kostenmanagement haufig wenig Aufmerksamkeit gewidmet haben. „In der Medienbranche sind die Baume zum Himmel gewachsen. Von Krise kann eigentlich gar keine Rede sein. Es tut den Medienuntemehmen nur weh, well sie anstatt 20% nur noch 5% Rendite machen. Die sind es nicht gewohnt, auf die Kosten zu achten." (Vgl. Anhang A, Quelle AW: v. z. Muhlen (2004)). „[...] few media companies have introduced systematic continuous improvement programs, since historically the industry was mostly revenue-driven." (Vgl. Anhang A, Quelle Y: n.a. (2003)). Fiir zukiinftiges und vor allem nachhaltiges Wachstum spielt eine hohe Rendite eine groBe Rolle: „Fremdkapital kann immer nur der Anschub sein. Entscheidend fur den Erfolg eines Medienuntemehmens ist dauerhaftes Wachstum aus eigener Kraft. Dabei kann das Wachs-
II. 1 Die Mikroanalyse zur Analyse medienspezifischer Wachstumsfaktoren
163
turn auf Dauer eigenfinanziert nur aus der Rendite entwickelt warden." (Vgl. Anhang A, Quelle E: Middelhoff (2003)). Im Rahmen der strukturellen Veranderungen wird eine hohe Kosteneffizienz immer wichtiger: „Alle Markt-Player miissen deutlich mehr Kostenbewusstsein entwickeln und ihr Kemgeschaft auf eine profitable und kosteneffiziente Basis stellen." (Vgl. Anhang A, Quelle I: Bock (2003)). Sofem MaBnahmen zur Kostensenkung ergriffen wurden, gehen diese jedoch selten iiber einmalige Anstrengungen zur Meisterung der derzeit schlechten wirtschaftlichen Lage hinaus: „While many media companies have publicized onetime efforts to optimize their supply chain during the current downturn, few systematic programs have actually been put in place." (Vgl. Anhang A, Quelle Y: n.a. (2003)). Das Ziel soUten kontinuierliche Verbesserungsmafinahmen
sein:
„ [...] media companies should introduce continuous improvement programs to streamline and optimize their core supply chain processes such as purchasing and distribution." (Vgl. Anhang A, Quelle Y: n.a. (2003)). „Continually optimizing the supply chain should play an equally important role in the media industry given its current complex structure." (Vgl. Anhang A, Quelle Y: n.a. (2003)). In den ersten bedien Stufen der Wertschopfung, der Inhaltegenerierung -aggregation, bieten sich nur wenige Standardisierungspotenziale zur Kostendammung:
und
„A major challenge for media companies has been to optimize project-based or semi standardized processes. These processes are the backbone of media companies in the areas of content creation (e.g., studio production and editorial writing)." (Vgl. Anhang A, Quelle Y: n.a. (2003)). Effizienzsteigerungen konnen in nicht standardisierten Prozessen in erster Linie durch eine erhohte Mitarbeitermotivation erreicht werden: „Ein wesentlicher Hebel zur Kostenreduktion ist die Motivation der Mitarbeiter. Wenn Sie es schaffen, die Kreativitat der Kreativen auf potenzielle Kosteneinsparungen zu lenken, dann konnen Sie groBe Erfolge feiem." (Vgl. Anhang A, Quelle AY: Aris (2004)). Hierzu eignen sich MaBnahmen zur Steigerung der Transparenz sowie MaBnahmen zur klaren Kompetenzzuordnung: „Problematisch ist, dass es sich bei der Medienproduktion in aller Regel um indirekte, also nicht direkt zurechenbare Kosten handelt. Es miissen demnach Wege gefunden werden, diese Kosten zuzuordnen. AUeine durch den Umstand, dass die Leute plotzlich befiirchten, kontroUiert werden zu konnen, konnen Sie Kosten senken." (Vgl. Anhang A, Quelle AY: Aris (2004)).
164
II. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche
Das kiinstliche Trennen von kreativen und kaufmannischen Tatigkeiten fiihrt haufig zu einer laissez-faire Attitude. Dieser Umstand verscharft sich bei vielen Medienuntemehmen auch dadurch, dass selten Managementsysteme zur Kostenkontrolle eingesetzt werden: „[...] a system for tracking costs that quickly identifies sources of budget overruns is rarely in place." (Vgl. Anhang A, Quelle Y: n.a. (2003)). Best Practices in der Medienindustrie zeigen, dass Transparenz zu erheblichen Kosteneinsparungen fiihren kann: „To create transparency, successful production companies have created so-called „service catalogs", based on a careful breakdown of costs [...]. With this modification, one studio was able to reduce the non-assignable costs from 50% to 25%, track costs, and calculate the profitability of a production more accurately." (Vgl. Anhang A, Quelle Y: n.a. (2003)). Um einzelne Mitarbeiter fUr Einsparungen zu motivieren, miissen die Kosten den Verantwortlichen direkt zugeordnet werden konnen: „Kosten sind auch in der Inhaltegenerierung planbar. Wesentlich ist, dass die die Verantwortlichkeiten deutUch regeln."(Vgl. Anhang A, Quelle AW: v. z. Miihlen (2004)). „For example, closely monitoring the utilization of talent, writers, and producers has proven to enhance efficiency. Although they are one of the key drivers of the overall cost for a TV production, they are often only utilized 40% to 70%. As a consequence, low utilization should be penalized or reflected in the compensation of the producer who is responsible for scheduling." (Vgl. Anhang A, Quelle Y: n.a. (2003)). „Bei Zeitungen werden die Artikel haufig auf der letzten Minute eingereicht, obwohl diese schon lange vorher fertig sein konnen. Dieses Verhalten fiihrt zu hohen Kosten. Wesentlich ist, dass die den Planungsprozess in den Griff bekommen" (Vgl. Anhang A, Quelle AW: v. z. Muhlen (2004)). Dariiber hinaus ist es notwendig, bei der Inhaltegenerierung und/oder -aggregation einzelne Kostenelemente hinsichtlich ihres Beitrages zur Befriedigung der Kundenbediirfnisse zu hinterfragen. Design-to-cost Ansatze konnen helfen, unnotige Kosten zu vermeiden: „Mit Design-to-cost Ansatzen werden marktunrelevante Kosten optimiert, um in kaufentscheidende Attribute zu investieren." (Vgl. Anhang A, Quelle Q: Mueller-Oerlinghausen (2003)). Derartige Initiativen sind nur dann sinnvoll, wenn abteilungsiibergreifend an Kosteneinsparungen gearbeitet wird: „DTC initiatives can be only successful if managed in a joint effort between creative, production, and marketing/sales." (Vgl. Anhang A, Quelle Q: Mueller-Oerlinghausen (2003)). GroBe Rationalisierungspotenziale ergeben sich in der Medienbranche laut Experten vor allem in den Bereichen Produktion und Distribution:
II. 1 Die Mikroanalyse zur Analyse medienspezifischer Wachstumsfaktoren
165
„Repetitive standardized operational processes, such as CD manufacturing, printing, or internal product flows, are usually the first areas to review when attempting to enhance the efficiency of a company." (Vgl. Anhang A, Quelle Y: n.a. (2003)). „For example, reducing downtime and increasing throughput speed has improved overall productivity for one company's printing process by 115%. Another company has managed to reduce the waste in its printing process by 13%." (Vgl. Anhang A, Quelle Y: n.a. (2003)). In einem ersten Schritt werden traditionelle MaBnahmen zur Effizienzverbesserung im Sinne eines Supply-Chain-Managements vorgeschlagen: „Bei einem Kostensenkungsprogramm konnen Sie in einem ersten Schritt klassische Methoden des Supply-Chain-Managements anwenden." (Vgl. Anhang A, Quelle AT: Gerdes (2004)). MaBnahmen zur Verbesserung standardisierter Prozesse beziehen sich in der Regel auf den Einkauf, die Produktionsprozesse oder den Vertrieb: „The key focus should be to increase the efficiency and effectiveness of standardized processes. This can include streamlining internal production processes, optimizing distribution and purchasing, implementing shared services, and outsourcing certain parts of the business." (Vgl. Anhang A, Quelle Y: n.a. (2003)). Das Senken von Einkaufskosten wird moglich, indem die traditionell dezentral organisierten Einkaufsabteilungen der Medienuntemehmen zusammengelegt werden: „[...] purchasing functions have remained decentralized in the various business units at lower hierarchical levels. [...] Experience shows that the total ownership cost of purchased goods can be decreased by as much as 10% to 15% by applying best practices." (Vgl. Anhang A, Quelle Y: n.a. (2003)). „Poolen von Einkaufsmacht zum Erreichen besserer Margen. Beispiel: Papier, Travel, B/C-Guter, Telekom." (Vgl. Anhang A, Quelle B: Ziegler (2003)). „Standardization and bundling leads to price comparison and volume consolidation, as well as better supplier negotiations [...]. In the case of a European publisher, its 10 subsidiaries were independently sourcing up to 100 different types of paper. Through bundling and standardization, the company achieved a 10% cost decrease." (Vgl. Anhang A, Quelle Y: n.a. (2003)). Doch nicht nur das Zusammenlegen von Einkaufsabteilungen fuhrt zu signifikanten Einsparungen. Bei den traditionell sehr dezentral organisierten Medienuntemehmen fiihrt das Einfiihren von so genannten Shared Services in Bereichen der Administration (z.B. Personal, IT, Buchfuhrung etc.) zu Effizienzverbesserungen: „Aufgrund einer anderen Eigentumerstruktur besteht in den USA und UK ein viel groBerer Druck im Hinblick auf die Profitabilitat der Medienuntemehmen. Tribune zum Beispiel hat alle Back-Office-Aktivitaten zusammengefasst und ist damit wesentlich effizienter als die deutschen Untemehmen. (Vgl. Anhang A, Quelle AY: Aris (2004)).
166
II. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche „The RTL Group, for example, has clarified the corporate/subsidiary roles, which has led to large cost efficiencies in the corporate center, and even greater effectiveness resulting from clear-cut policies defined by the corporate center." (Vgl. Anhang A, Quelle Y: n.a. (2003)). „Bertelsmann, among others, has developed a shared services printing service via Arvato for all of its relevant affiliated companies. The same concept can also be applied to studio production, warehousing, distribution and call centers." (Vgl. Anhang A, Quelle Y: n.a. (2003)). „Media companies have achieved up to 20% savings by establishing shared operational services." (Vgl. Anhang A, Quelle Y: n.a. (2003)).
Sofem es sich nicht um strategisch bedeutsame Kemaktivitaten handelt, ist auch iiber die Potenziale des Outsourcing bzw. Ojfshoring nachzudenken. Im Gegensatz zu anderen Industrien werden derartige Moglichkeiten in der Medienbranche jedoch eher selten durchgefUhrt: „Theoretisch konnen Sie die Siiddeutsche Zeitung auch sonst wo produzieren. Wirklich praktikabel ist dies jedoch nicht." (Vgl. Anhang A, Quelle AW: v. z. Miihlen (2004)). „To date, media companies have been hesitant about outsourcing significant parts of their businesses. In the German market for example, commercial broadcasters such as ProTSatl own significant TV production facilities. [...] The same holds true in publishing where printing facilities are consolidated in-house, as in the example of Bertelsmann with Arvato." (Vgl. Anhang A, Quelle Y: n.a. (2003)). Der Grund hierfur scheint in der Annahme begrundet, dass die strategisch wichtigen Erfolgsfaktoren Qualitat und Flexibilitat nur im Falle der durchgehenden Kontrolle sichergestellt werden konnen. „Das KontroUieren der Qualitat extemer Dienstleister ist schwierig. Medienuntemehmen haben einen Ruf im Hinblick auf den Wahrheitsgehalt zu verlieren. Das Outsourcing von Kemaktivitaten kommt nicht in Frage." (Vgl. Anhang A, Quelle AW: v. z. Miihlen (2004)). Einzelne Bereich sind jedoch weniger strategisch relevant, Outsourcing ware hier denkbar: „However, in general, efficient outsourcing is to be recommended only if there is a liquid market of independent suppliers for the service, especially in the case of overcapacity, as is the current position for magazine printing and studio production." (Vgl. Anhang A, Quelle Y: n.a. (2003)). Obwohl von einigen Branchenvertretem immer wieder das Outsourcing der IT-Services proklamiert wird, ist dieser Schritt nicht immer zu befurworten: „Viele Firmen wie beispielsweise die Deutsche Bank sind bereit, IT-Prozesse auszulagem. Medienuntemehmen sind jedoch auch in diesem Bereich skeptisch, da sie erwarten, dass die Relevanz des IT Know-how in der Zukunft zunimmt." (Vgl. Anhang A, Quelle AT: Gerdes (2004)).
II. 1 Die Mikroanalyse zur Analyse medienspezifischer Wachstumsfaktoren
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„[...] most media companies (e.g. ProTSatl, Bertelsmann, and Liberty) are consolidating their IT operations into their own shared services unit rather than outsourcing it. A key reason for this is the growing strategic importance of IT in the media industry." (Vgl. Anhang A, Quelle Y: n.a. (2003)). Besonders in Bereichen, in welchen spezifisches Know-how notwendig ist, ist Outsourcing keine sinnvoile Alternative: „[...] where a very specific Know-how is required, such as in broadcasting, it is difficult for an outsourcing company to acquire and replicate this Know-how, thus making outsourcing deals prone to failure." (Vgl. Anhang A, Quelle Y: n.a. (2003)). Ein wesentlicher Hebel zur Steigerung der Effizienz in der Medienbranche ist die Digitalisierung der Prozesse: „Die Effizienz der Medienproduktion kann durch die Digitalisierung aller Prozesse stark gesteigert werden." (Vgl. Anhang A, Quelle AX: Grobchen (2004)). Das alleinige Digitalisieren bestehender Prozesse reicht in der Regel jedoch nicht aus - in vielerlei Hinsicht miissen auch die bestehenden Geschaftsmodelle angepasst werden: „The digitization of the media industry will not only improve efficiency and effectiveness, but also increasingly force media companies to develop new business models to cope with the shift from physical or analog to digital production and distribution of products to end consumers." (Vgl. Anhang A, Quelle Y: n.a. (2003)). „[...] the mindset should be to leverage all digital technologies via powerful IT architecture and application standards to make significant adaption in efficiency of the supply chain, while effectively interacting with consumers for major revenue gains." (Vgl. Anhang A, Quelle Y: n.a. (2003)). Die Nutzung digitaler Technologien ermoglichen Medienuntemehmen groBe Rationalisierungspotenziale: „[...] newspaper company Belo Interactive manages and feeds its news across its 17 TV and online properties, using a central digital publishing system that simplifies news development and content sharing." (Vgl. Anhang A, Quelle Y: n.a. (2003)). „Gro6e Kostensenkungspotenziale durch Digitalisierung ergeben sich z.B. beim Management der Websites unserer Musiker. Wir konnten hier bis zu 50% einsparen, indem bestehendes Material (z.B. Fotos) weltweit einheitlich genutzt wurde." (Vgl. Anhang A, Quelle AD: Jarkel (2004)). „Tribune Interactive operates a digital content management system connecting its five major newspapers and 23 TV stations, offering greater asset utilization and improved coordination." (Vgl. Anhang A, Quelle Y: n.a. (2003)). Eine Steigerung der Effizienz ist jedoch nicht nur durch Kosteneinsparungen durch den Einsatz digitaler Technologien denkbar. Von groBer Relevanz ist auch die Wiederverwertung von Inhalten, welche durch digitale Technologien groBe Potenziale in sich birgt:
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II. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche „Maximizing revenues from existing content or from acquired content is becoming more important in a world in which blockbuster content is increasingly rare, short-lived, and expensive to produce. [...] although market demand is smaller than expected during the Internet boom years, leveraging existing products through syndication can be an additional source of revenues for companies, as the investments for developing these products have already been made." (Vgl. Anhang A, Quelle AC: n.a. (2003)).
(2)
SpeziHsche Analyse: Deutschland sucht den Superstar - Integration der identinzierten Ansatzpunkte an einem Beispiel
Im vorangegangenen Abschnitt II. 1.2 (1) wurden die Wachstumsfaktoren anhand allgemeiner Analysen konkretisiert. Es stellt sich nun die Frage, inwieweit sich die Erkenntnisse innerhalb eines Konzeptes integrieren lassen und ob dies tatsachlich zur Handhabung des definierten Er16s- und Kostenproblems beitragen konnte. Um dieser Frage nachzugehen, werden die Ergebnisse im nun folgenden Abschnitt II. 1.2 (2) am Beispiel der Fallstudie „Deutschland sucht den Superstar""**^ dargestellt und diskutiert."*^^ Der erste Abschnitt der Fallstudie ist ein einleitender Teil, welcher die Ausgangssituation, die Fragestellung und das Ziel der spezifischen Fallanalyse aufzeigt (a). Im Anschluss daran werden die Eckdaten der Fallstudie aufgezeigt (b). Den Schwerpunkt des Unterkapitels bilden die Diskussion der Wachstumsfaktoren und Ansatzpunkte beim DsdS-Konzept (c) sowie die Erorterung des okonomischen Erfolgs des DsdS-Konzeptes (d). Im Anschluss wird der Abschnitt II. 1.2 (2) mit einem Fazit abgeschlossen (e), welches in einer Zusammenfassung die Relevanz der in Abschnitt II. 1.2 (1) konkretisierten Wachstumsfaktoren beim DsdS-Konzept herausstellt. (a)
Ausgangssituation, Fragestellung & Ziel der speziHschen Fallstudiendiskussion
In Abschnitt II. 1.2 (1) konnte gezeigt werden, dass die einzelnen Wachstumsfaktoren eine hohe Relevanz in der Medienbranche aufweisen. Dariiber hinaus wurde dargelegt, wie mit den in Abschnitt 1.2 identifizierten Herausforderungen zur Umsetzung der Wachstumsfaktoren umgegangen werden konnte bzw. wird. Hierzu wurden einzelne Aussagen von Medienmanagem herangezogen. Fraglich bleibt, ob sich die verschiedenen Ansatzpunkte auch innerhalb eines Produktkonzeptes vereinen lassen und ob dies zu einer erfolgreichen Handhabung des definierten Erlos- und Kostenproblems fiihrt. Als Ziel der nun folgenden spezifischen Analyse kann somit definiert werden, die einzelnen Ansatzpunkte an einem Beispiel zu verdeutlichen. Dariiber hinaus ist zu priifen, inwieweit dieses Vorgehen Erfolg fordemd, also Nachfrage stimulierend und/oder Effizienz steigemd gewirkt hat.
Im Folgenden wird der Titel „Deutschland sucht den Superstar" auch mit „DsdS" abgekiirzt. Als geeignetes Beispiel zur Diskussion der bisherigen Ergebnisse wurde das Produktkonzept „Deutschland sucht den Superstar" gewahlt. Die Auswahl dieses Medienproduktes basiert auf verschiedenen Griinden. Fiir die Auswahl des Konzeptes relevant waren der groBe wirtschaftliche Erfolg, die verfiigbare Datenlage, die groBe Medienprasenz und damit die Bekanntheit der Show sowie die Tatsache, dass das DsdS-Konzept auch in der wissenschaftlichen Literatur als herausragendes und wegweisendes Produktkonzept diskutiert wird. Vgl. Kohler/Hess (2004), S. 30-37.
II. 1 Die Mikroanalyse zur Analyse medienspezifischer Wachstumsfaktoren (b)
169
Eckdaten zur Fallstudie „Deutschland sucht den Superstar'^
Das cross-mediale Produktkonzept der Casting-Show „Deutschland sucht den Superstar", welches auf der ProduktfamiUe der erfolgreichen englischen TV-Show „Pop Idol" des Senders ITVl aufbaut und von Simon Fuller entwickelt wurde, gilt als eines der erfolgreichsten Medienproduktkonzepte der vergangenen Jahre. Aufgrund der Neuartigkeit, der umfassenden cross-medialen Prasenz sowie dem wirtschaftlichen Erfolg wird es als wegweisend in der Medienbranche angesehen."*®^ Besonders herauszuheben ist in diesem Zusammenhang auch die Tatsache, dass es dem Werbezeitenvermarkter der RTL-Sender - IP-Deutschland - gelang, die Werbepreise trotz der allgemeinen schlechten Situation der Werbemarkte in den Jahren 2002 und 2003 entgegen den Trend zu erhohen. Das Finale der Casting-Show erreichte eine Einschaltquote von iiber 40% in der Zielgruppe der 14-49 Jahrigen, die die wesentlichste Zielgruppe der Werbung ist."*^"* Der Erfolg des Konzeptes wird zudem dadurch bestatigt, dass dieses nicht nur in Deutschland, sondem auch in England, USA, Polen, Sudafrika, Australien, Frankreich, Libanon, Norwegen und 31 weiteren Landem erfolgreich umgesetzt wurde."*^^ Das Konzept von „Deutschland sucht den Superstar" wird in der Offentlichkeit mit dem zur RTL-Group und damit zu Bertelsmann gehorenden TV-Sender RTL in Verbindung gebracht."**** Hinter dem Konzept steht jedoch nicht nur der in Koln ansassige TV-Sender, welcher die zentrale Koordination und Leitung ubemahm, sondem eine integrierte Projektorganisation verschiedenster Bertelsmann-Firmen sowie wenigen extemen Partneruntemehmen:
403 404 405
•
Das Medium Femsehen wurde durch die zu Bertelsmann gehorenden TV-Sender RTL und VOX sowie den nicht zu Bertelsmann gehorenden Musiksender VIVA abgedeckt.
•
IP Deutschland, zu RTL Television gehorend, organisierte die Vermarktung der Werbezeiten.
•
Partneruntemehmen fiir das Telefonvoting bei der DsdS-Show sowie dem DsdSMagazin war die deutsche Telekom.
Vgl. Kohler/Hess (2003), S. 30. Vgl. Wolf (2004), S. 1. Vgl.Wolf(2004), S. 1. Der TV Sender RTL ging im Januar 1984 als einer der ersten privaten TV-Sender Deutschlands auf Sendung und ist derzeit Marktfiihrer. Der Marktanteil in der fur die Werbemarkte attraktivsten Zielgruppe der 14-49 Jahrigen betrug 2002 17,6% und beim Gesamtpublikum 14,6%. Diese Stellung konnte auch im ersten Halbjahr 2003 bestatigt werden. Das Untemehmen ist eine 100-prozentige Tochter der mehrheitlich zu Bertelsmann gehorenden RTL-Group. Bertelsmann weist eine 53,2% Beteiligung an der RTL-Group auf, ist jedoch indirekt iiber die Firma BWTV, an welcher Bertelsmann wiederum zu 80% beteiligt ist, zu 37% an der RTL-Group beteiligt. Die restlichen 9,8% der Anteile befinden sich in Streubesitz. Zur Gruppe von RTL Television gehoren neben dem Hauptsender RTL mehrheitlich auch die regionalen Sender RTL Nord, RTL Hessen sowie RTL West, welche wiederum unterschiedliche Anteile an den Produktionsfirmen Stormy Entertainment, Action Concept und Creatv aufweisen. Dariiber hinaus ist RTL Television mehrheitlich an den Firmen RTL New Media, VOX, dem RTL Shop und dem Vermarkter IP Deutschland beteiligt. Zusatzlich iibemimmt RTL Television die Gesellschafterinteressen der RTL Group bei den Sendem Super RTL und RTL IL Vgl. Kohler/Hess (2004), S. 31.
£70
II. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche •
Die zu Bertelsmann gehorenden Produktionsfirmen Freemantle Media"*^^ und Nineteen Television stellten ihre Rechte am Konzept zur Verfugung. Dariiber hinaus berieten diese Firmen mit ihrem Know-how aus Projekten in anderen Landem die Projektleitung von RTL Television sowie die weiteren Partner.
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Grundy Light Entertainment, wiederum eine Tochter von Freemantle Media Deutschland, Ubemahm die Produktion der Shows.
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Alle Produkte, welche mit dem Internet in Verbindung standen, wurden durch RTL New Media, ein direkt zu RTL Television und damit zum BertelsmannKonzem gehorendes Untemehmen, betreut. Ein mobiler Infodienst, der die Fans per SMS und MMS mit News und Fotos rund um die Uhr versorgte, wurde in Kooperation mit Vodafone ermoglicht. Abrechnungspartner fiir Video-on-Demand Downloads war die deutsche Telekom.
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Partner fiir den Bereich Speichermedien waren die den Bereich Musik abdeckenden Firmen BMG und i2i sowie Universum Film fiir DVDs und VHS-Kassetten. Auch diese Firmen gehoren zum Bertelsmann-Konzem.
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Die Vermarktung der Tour wurde von der Marek Liebermann Konzertagentur sowie von Triple M Entertainment organisiert.
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Partneruntemehmen fiir den Bereich Printmedien waren die Bertelsmannfirmen Arvato sowie Gruner+Jahr, welche das Magazin zur Show auf den Markt brachten. Das Buch „Dein Weg ins Musikbusiness" wurde von der vgs Verlagsgesellschaft veroffentlicht. Der Sommerplaner-Kalender wurde von der zu Bertelsmann gehorenden Mohn Media GmbH verkauft.
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Die Firma RTL Enterprise war als Bertelsmannfirma fiir die Merchandisingartikel zustandig. Weitere Merchandisinglizenzen wurden an die Firma Rono International Merchandising vergeben. Die Lizenz fiir Bettwasche, Strandtiicher und Kissen erhielt Teka Textil.
Die Entwicklung und Umsetzung des Erfolgskonzeptes „Deutschland sucht den Superstar" erfolgte demzufolge nicht voUstandig durch RTL Television, sondem in einem Projektnetzwerk mit verschiedenen Partneruntemehmen, welche ihre Kompetenzen und Ressourcen in einer Projektorganisation biindelten. Das DsdS-Konzept setzte sich aus verschiedenen integrierten Elementen zu einem crossmedialen Produktkonzept zusammen. Konzeptionell kann dabei der eigentliche Gesangswettbewerb im Sinne der Casting-Show als Basisprodukt von den unterstUtzenden Aufbauprodukten unterschieden werden. Das Basisprodukt war ein live im TV iibertragener bzw. ausgetragener Talentwettbewerb, in welchem ein Sanger oder eine Sangerin fiir einen Plattenvertrag bei BMG gesucht wurde. Die Produktionsfirma Freemantle Media ist aus einem Joint Venture zwischen der zu Bertelsmann gehorenden Ufa-Gruppe und dem zum englischen Medienkonzem Pearson gehorenden Pearson TV hervorgegangen.
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^71
Zunachst wurden in den zwei auf RTL iibertragenen Casting-Shows eine Auswahl der insgesamt 10.000 Bewerber aus den Stadten Koln, Hamburg, Berlin und Miinchen gezeigt. Die Jury, welche aus den medien- und musikerfahrenen Prominenten Dieter Bohlen, Shona Fraser, Thomas Bug und Thomas Stein bestand, wahlte 100 Kandidaten fiir die nachste Runde aus. In der dritten Runde reduzierte sich die Bewerberzahl auf 30 Kandidaten. Jeweils 10 Kandidaten stellten sich in einer der darauf folgenden drei Sendungen live dem Publikumsvoting, um zu den 10 Finalisten gewahlt zu werden."*®^ Jeweils die drei besten Teilnehmer aus einer Sendung zuzuglich dem insgesamt zehntbesten kamen ins Finale der Show. Die 10 Finalisten wiederum traten in den darauf folgenden „Mottoshows" gegeneinander live an. Wiederum wurde derjenige Kandidat aus dem Wettbewerb herausgewahlt, welcher nach dem Publikumsvoting die wenigsten Stimmen auf sich vereinen konnte. In der letzten Show traten die zwei besten Kandidaten gegeneinander an, indem sie jeweils drei Lieder live vortrugen. Der Gewinner erhielt einen Plattenvertrag mit der BMG. Die Show „Deutschland sucht den Superstar" verbindet einzelne, bereits vorhandene TVFormate miteinander in einer Sendung. Hierbei ist das Element der Musikshow, in welcher verschiedenste beim Publikum beliebte Musikrichtungen vorgetragen wurden, das offensichtlichste. Bin weiteres Element der Sendung ist das der Talkshow. Die beiden Moderatoren nehmen hierbei die RoUe des Talkshowmoderators ein, der gezielt die Geftihle der Kandidaten anspricht und somit auch Gefuhlsausbruche der Kandidaten in Kauf nimmt."**^' Erganzt wird das Element der Talkshow durch das Element der BloBstellungsshow, welche auf dem Prinzip der Schadensfreude basiert.^^^ Wahrend des Castings wurden mehrere Anwarter gezielt durch vemichtende Kommentare der Jury bloBgestellt, das Prinzip des Talentwettbewerbs geriet zur gnadenlosen BloBstellung der Talentlosigkeit vieler Teilnehmer. GameshowElemente sind in der Show ebenfalls erkennbar, da am Ende jeder Sendung der Zuschauer per Telefon abstimmen kann."*^^ Die Kandidaten waren dariiber hinaus alle zusammen in einem Haus untergebracht und wurden nahezu bei alien Aktivitaten mit der Kamera begleitet. Dieses Element erinnert stark an das Format Big Brother - also an Reality TV - welches ein weiteres Element der Show war. Vor dem Auftritt jedes Kandidaten wurde eine Zusammenfassung seiner Aktivitaten der letzten Woche gezeigt. Dies hat Doku-Soap-Charakter, da hierbei die Moglichkeit des „hinter die Kulisse Schauens" gegeben wird."*^^ Da die Show iiber mehrere Wochen von Anfang November 2002 bis Ende Marz 2003 ausgestrahlt wurde, kann der Show zudem ein serieller Charakter durch die additive Ablaufart, die Reihung von Einzelfolgen mit
Die Entscheidung iiber das Weiterkommen beim Gesangswettbewerb lag bei den letzten 30 Kandidaten beim Publikum, welches die Stimmen per Telefon oder Handy abgab. Die Kandidaten mit den jeweils wenigsten Stimmen wurden aus der Show herausgewahlt. Die Jury hatte bei den letzten 30 Kandidaten somit keine Entscheidungskompetenz mehr. Sie sa6 jedoch weiterhin mit in der Show, um sich zu jedem einzelnen Kandidaten und dessen Erfolgsaussichten zu auBem. Vgl.Bleicher (1999), S. 210. 410
Vgl.Bleicher (1999), S. 214.
411
Vgl. Hunziker(1996),S.64. Vgl. Bleicher (1999), S. 171.
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gleichem Setting sowie einem festen Personalbestand, zu dem wechselnde Nebenfiguren hinzutreten konnen, attestiert werden."*^ Neben dem Basisprodukt waren jedoch auch die unterstutzenden Produkte, die Aufbauprodukte flir den groBen Erfolg des Gesamtkonzeptes essentiell. Bin direktes Erganzungsprodukt zur Show war das Publikumsvoting. Die Zuschauer hatten hierbei die Moglichkeit, per Telefon, Handy oder SMS ihren Favoriten am Ende der Show zu wahlen. Der Anruf kostete € 0,49 die Minute. Als Gewinn wurde jeweils ein Ford Ka ausgesetzt. Ein unterstutzendes Element fiir die eigentliche Hauptsendung war die Magazinsendung zu DsdS auf dem Bertelsmannsender VOX, welches die Welt hinter den Kulissen der Show zeigte. Aufmerksam gemacht auf das Magazin wurde man in der Hauptsendung sowie in der Werbepause der Hauptsendung. Dariiber hinaus wurde in der TV-Sendung „VIVA Interaktiv" jeden Freitag auf die Samstagsshow zu DsdS hingewiesen. Am darauf folgenden Montag wurde die Show sogar zum bestimmenden Thema der jeweiligen VIVA Interaktiv-Sendung, indem einzelne Jurymitglieder und der jeweilige Kandidat, der am Samstag ausgeschieden war, zu Gast in der Sendung waren, um von ihren Erlebnissen zu erzahlen. Die Fans konnten den Kandidaten live via Telefon, SMS Oder E-Mail Fragen stellen. Zusatzlich wurde auf der Homepage des Musiksenders VIVA sowie im Videotext ausfiihrlich iiber die Suche nach dem neuen Superstar informiert. Bei jeder CD-Veroffentlichung wurde der jeweilige Kandidat in die Sendung eingeladen, um seine CD sowie das dazu gedrehte Musikvideo vorzustellen. Dariiber hinaus wurden die Kandidaten Juliette und Gracia als Co-Moderatorinnen der Sendung VIVA Interaktiv eine Woche lang engagiert. Das Medium TV wurde durch komplementare Intemetangebote vervollstandigt, auf welche in jeder Sendung in Verbindung mit der eingeblendeten Intemetadresse von den Moderatoren der Show aufmerksam gemacht wurde. Die DsdS-Webseite konnte direkt oder iiber bei RTL, VIVA und VOX platzierte Banner angesteuert werden. Eingefiihrt wurde das Intemetangebot zu DsdS im Rahmen einer Aktionswoche. Angeboten wurden die personlichen Horoskope der Kandidaten, „Best of Bohlen"'*^'*, eCards,"*^^ DsdS-Screensaver,'*^^ CDs und handsignierte Fanartikel jeglicher Art. Weitere Angebote bildeten Musik News, Votings, Fantests und Video on Demand. Unter der Rubrik „Casting" wurde die Moglichkeit gegeben, Bilder von den verschiedenen Casting-Stadten zu sehen. AuBerdem stand ein Forum fiir Leute bereit, welche sich iiber die Castings austauschen wollten. Die Kandidatin Gracia war als Reporterin auf den gerade laufenden Castings fUr die zweite Staffel unterwegs, um so Sonderberichte fiir 413 414
415 416
Vgl. Bleicher (1999), S. 190. Unter der Rubrik „Best of Bohlen" wurden die besten Spriiche von Dieter Bohlen kommuniziert. Diese gewannen im Laufe der Zeit Kultstatus bei den Fans. Im Internet werden elektronische GruBkarten als eCards bezeichnet. Bildschirmschoner fiir Computer.
11.1 Die Mikroanalyse zur Analyse medienspezifischer Wachstumsfaktoren
173
die Fangemeinde zu produzieren. Die Reportagen konnten im Anschluss als kostenpflichtige Downloads, wie auch friihere Sendungen und Reportagen, von der Intemetseite herunter geladen werden. Verschiedene Live-Chats mit den Kandidaten der Sendung mndeten das Internetangebot ab. Bin weiteres Angebot, welches eine hohe Affinitat zum Medium TV aufweist und fiir die Show DsdS genutzt wurde, basierte auf dem Medium Teletext. Das Teletextangebot von RTL ermoglichte unter dem Namen „SMS Chat to Teletext" die Verkniipfung verschiedener Medien. Die interessierten Fans hatten hierbei die Moglichkeit, via Handy mit anderen iiber den Videotext von RTL Television zu kommunizieren, indem jede gesendete SMS „live" auf die Teletextseite gestellt wurde. Durch die Reaktionsmoglichkeiten anderer Nutzer entstand ein interaktiver Austausch im Sinne eines Chats. Der Teletext war umsonst, die SMS-Kosten betragen € 0,49 pro gesendeter SMS. Ein besonders elementares Produkt, welches sich auf die DsdS-Show bezieht, war die Musik. Dieter Bohlen, der auch als Musikproduzent und Komponist bekannt wurde, komponierte den GroBteil der mit der Show im Zusammenhang stehenden Musiktitel. Die LivePrasentation der Titel in der Show fiihrte zu einer hohen Aufmerksamkeit beim TV-Publikum, welche als Basis fiir den Erfolg der Musik anzusehen ist. Den Auftakt bildete der Song „We have a dream", welcher von alien Finalteilnehmem gesungen wurde und sich inhaltlich auf die Thematik der Show bezog. Der Song wurde als Uberraschung fiir das Weihnachtsgeschaft am 21.12.2002 vorgestellt. Hinzu kamen das Album „United" der Finalisten, das Lied „Take me tonight" des Superstars Alexander Klaws, „Calling you" der zweitplatzierten Juliette Schopmann, „You drive me crazy" des Drittplazierten Daniel Kiiblbock, sowie die Singles „Ride or die" von Vanessa Struhler und „I don't think so" von Gracia Baur. In der Folgezeit der Show wurden von dem Superstar Alexander Klaws noch das Album „Take your chance" und die Single „stay with me" veroffentlicht. Daniel Kiiblbock veroffentlichte in der Folgezeit noch die Singles „Heartbeat" und „Positive Energie". Dariiber hinaus bezog sich die Band von Dieter Bohlen, Modem Talking, mit Ihrem Lied „TV makes the superstar" gezielt auf DsdS. Neben der Vermarktung der CDs wurden als weitere Speichermedien DVDs und VHS Kasetten der Showhohepunkte inklusive Hintergrundberichte und den Musikvideos vermarktet. Die Musik CDs und DVDs wurden durch eine Toumee der Finalisten durch 18 deutsche Stadte weiter promoted. Jeder Interpret sang eines der Lieder, welches schon in der Show gesungen wurde. Eine Karte kostete € 50.Neben TV-affinen Produkten wurde auch eine Zeitschrift entwickelt, um die crossmedialen Potenziale voll auszuschopfen. Insgesamt wurden vier Ausgaben zur Show herausgegeben, welche vor allem durch Verweise in den anderen Medien (z.B. nach dem Magazin bei VOX im Werbeblock) bekannt gemacht wurden. Die ersten drei Ausgaben waren inhaltlich ahnlich gestaltet, wohingegen die vierte Ausgabe die zusammenfassende Zeitschrift bildete, welche vom Casting bis zum Finale alle Geschichten und Bilder rund um die Sendung enthielt. Die Zeitschrift hat einen Werbeanteil von ca. 30%, in welchem vor allem fur Klingeltone und Handy-Logos geworben wurde. Inhaltlich prasentierte die Zeitschrift Hintergrundberichte zu den Kandidaten (z.B. Tagebiicher), Sticker und Poster. Dariiber hinaus waren zwei Gewinnspiele Inhalt der Zeitschrift. Weitere Printprodukte waren ein Buch der vgs Verlags-
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II. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche
gesellschaft, welches den Weg ins Musikbusiness zum Inhalt machte, sowie ein Kalender der Firma Mohn-Media. Abgerundet wurde die Produktpalette rund um die Show DsdS mit Merchandisingprodukten aller Art, welche im Rahmen des Intemetangebots unter der Rubrik „Shop" vertrieben wurden. Beispiele ftir Merchandisingartikel sind MUtzen, T-Shirts, Kissen, Bettwasche, Tassen, Teddybaren usw. Des Weiteren konnten die CDs der Kandidaten und DVDs der TVSendungen im Shop bestellt werden. Eine Besonderheit stellte die „Individual CD" dar. Hierbei erhielten die User die Moglichkeit, ihre eigene CD mit den jeweiligen Lieblingssongs zusammenzustellen. Als mobiler Zusatzdienst wurde in Kooperation mit Vodafone ein Infodienst entwickelt, der die Fans mit SMS, MMS und News rund um die Uhr versorgte. Dariiber hinaus konnten samtliche Lieder der Finalisten als Klingelton fiir das Handy zu je € 1,99 bestellt werden. Zusammenfassend kann somit festgehalten werden, dass es sich bei dem Produktkonzept „Deutschland sucht den Superstar" um eine Vielzahl von Einzelprodukten unter einer Medienmarke handelte, welche von unterschiedlichsten Medienuntemehmen im Rahmen einer Projektorganisation vermarktet wurden. (c)
Die Diskussion der Wachstumsfaktoren beim DsdS-Konzept
Das erste Ziel der Fallstudienanalyse ist es, die einzelnen Ansatzpunkte der Wachstumsfaktoren an einem Beispiel zu verdeutlichen. Da die Ansatzpunkte vor dem Hintergrund der bisherigen Analyse zur Handhabung des definierten Erlos- und Kostenproblems beitragen sollen, miissten diese oder vergleichbare Gestaltungsoptionen auch beim Erfolgskonzept „Deutschland sucht den Superstar" genutzt worden sein. Folglich erscheint es zweckmaBig, diese nun als Referenzpunkte der Fallstudienanalyse zu wahlen. Zur Analyse dieser Vermutung wird der gewohnten Gliederung gefolgt. Somit kann auch bei der Fallstudienanalyse zwischen den Wachstumsfaktoren Marke, Qualitat, Innovation und Effizienz differenziert werden. Marke: Flir das Management des Wachstumsfaktors Marke wurden die Entscheidungsfelder Markenbewusstsein, Markenauftritt, Markenpositionierung und Markenarchitektur unterschieden. Im Hinblick auf das Entscheidungsfeld Markenbewusstsein wurde ausgefUhrt, dass Medienprodukte von Medienmachem bewusst als Marke aufgefasst und dementsprechend gemanaged werden soUten. Hierzu sollte die Marke bzw. das Marketing eine hohe Relevanz bei der Konzeption eines Medienproduktes einnehmen. Um die Umsetzung der markenrelevanten Zielvorgaben zu gewahrleisten, erschien zudem eine organisatorische Verzahnung zwischen Kreativen Mitarbeitem und kaufmannisch ausgebildeten bzw. marketingorientierten Mitarbeitem sinnvoll. Wie folgende Beispiele zeigen, kann ein derartiges Markenbewusstsein auch beim Konzept zu DsdS festgestellt werden: •
Die Autoren Kohler und Hess sehen im Produkt- bzw. Markenmanagement bei DsdS einen wesentlichen Erfolgsfaktor fiir das Konzept. Wesentliches Ziel von
11.1 Die Mikroanalyse zur Analyse medienspezifischer Wachstumsfaktoren
175
RTL war es ihrer Meinung nach, das Produktkonzept und die Marke „Deutschland sucht den Superstar" sehr breit anzulegen und unabhangig sowie unverwechselbar von anderen TV- und Medienformaten zu positionieren/^^ Mit dem DsdS-Konzept wurde gezielt eine Marke fUr eine bestimmte Zielgruppe entwickelt."*^^ Die stringente Kommunikation sowie die interne Organisation der Partneruntemehmen zeigt eine hohe Marketingorientierung auf, RTL Television erarbeitete zentral die Produktkonzeption von „Deutschland sucht den Superstar" sowie die dazugehorende Markenstrategie/^' Die Entwicklung des Medienproduktes war somit „marketinggetrieben". •
Beim DsdS-Konzept wurden Kreative und Kaufleute systematisch organisatorisch verzahnt. Besonders deutlich wird dieser Umstand bei der Jury, welche die wesentliche kreative Leistung der Kandidatenauswahl und -bewertung - urspriinglich die Aufgabe eines A&R-Managers"*^® - vomahm. Dieter Bohlen ist einer der erfolgreichsten deutschen Komponisten und Produzenten. Durch sein BWL-Studium sowie seine jahrelange Tatigkeit hinter den Kulissen im Musikbusiness kann er Kreation und rationale okonomische Zielvorgaben bestens vereinen. Shona Frazer arbeitete als Musikmoderatorin und Chefin der Musikredaktion beim groBten Studentenradio Englands sowie bei verschiedenen englischen, franzosischen und deutschen TV- und Radiosendem. Sie hat somit eine besondere Kompetenz zur Beurteilung der Kundenbediirfnisse der anvisierten Zielgruppe. Thomas Bug arbeitet seit Jahren als Radiomoderator, vorrangig bei den Jugendsendem N-JOY, hr3 und Radio EINS. Auch er kann somit die Bediirfnisse der Zielgruppe optimal einschatzen. Neben seiner Moderatorentatigkeit arbeitet Bug als Programmberater fiir diverse Sender und als Referent an der Deutschen Horfunkakademie. Thomas Stein, welcher seine Laufbahn mit einer kaufmannischen Lehre begann, arbeitete viele Jahre als Musikmanager, unter anderem als Europachef des Musikmajors BMG.
Der Markenauftritt wurde als weiteres Entscheidungsfeld herausgestellt. Wesentlich waren hierbei eine hohe Qualitatskonstanz, welche durch langjahrige und erfahrene Mitarbeiter gewahrleistet werden kann, die Visualisierung des Markenzeichens, welche nicht nur durch klassische Markierungstechniken (z.B. Logo, Jingle), sondem auch durch die Syntax erreicht werden kann, sowie die Visualisierung des Markenvorteils, welcher durch die Kommunikati-
Vgl. Kohler/Hess (2004), S. 30. Kemzielgmppe von DsdS sind Jungendliche zwischen 14 und 29 Jahren. Dieser Zielvorgabe folgend, wurden beispielsweise bei der Kandidatenauswahl entsprechende Stereotype ausgesucht und entwickelt. Auch die Wahl des Moderators Carsten Spengemann, der Zielgruppe bestens durch seine langjahrige Schauspieltatigkeit bei der auf die gleiche Zielgruppe abzielenden Doku-Soap „Verbotene Liebe" bekannt, kann als eine derartige marketingorientierte MaBnahme gewertet werden. Vgl. Kohler/Hess (2004), S. 32. Die in der Musikbranche ubliche Bezeichnung A&R bezieht sich auf kreative Fachkrafte, welche sich um „Artist & Repertoire", also um die Kiinstlerauswahl und -betreuung kiimmern.
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II. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche
on von Nutzwerten sowie durch Zusatzservices wie beispielsweise Gewinnspiele erreicht werden kann. •
Eine hohe Qualitatskonstanz wurde beim Konzept von DsdS auf der einen Seite durch die erfahrenen Mitarbeiter (z.B. Jury, Moderatoren) erreicht. Hinzu kam die professionelle Umsetzung des Konzeptes in einer eigenen organisatorischen Einheit im Sinne eines Projektnetzwerkes. Die entscheidenden Kriterien bei der Auswahl der Partneruntemehmen waren die inhaltliche Kompetenz sowie die Ressourcen zur Umsetzung von Teilprojekten. Der Erfolg des Gesamtprojektes konnte sichergestellt werden, indem eine Zielkongruenz der Partneruntemehmen durch eine in den Kooperationsvertragen vereinbarte Umsatzverteilung, welche sich auf den Gesamterfolg des Projektes bezog, hergestellt wurde."*^^
•
Die Visualisierung des Markenzeichens nahm bei der Entwicklung der Medienmarke „DsdS" eine wesenthche Roile ein. Zu unterscheiden sind optische Elemente (Logo bzw. Trailer von DsdS), akustische Elemente (Jingle von DsdS) sowie syntaktische Elemente zu DsdS (Buhnenbild, Reihenfolge bei Show und Toumee etc.). Zur Sicherung des einheitlichen Auftritts der Produktfamilie verpflichteten sich alle Partneruntemehmen zur Einhaltung der wesentlichen Eckpunkte des Konzeptes. Die Koordination erfolgte zentral durch RTL Television."*^^
•
Der Markenauftritt von Dsds wurde dariiber hinaus durch eine gezielte Visualisiemng des Markenvorteils gestarkt. So stand auf der einen Seite immer der Nutzwert des Konzeptes im Vordergmnd. Jeder Zuschauer kann sich prinzipiell am Gesangswettbewerb beteiligen. Die Chance auf eine Karriere als „Superstar" birgt einen hohen Nutzwert fur die Zuschauer"*^^ und Kandidaten. Dariiber hinaus wurde der Nutzwert der eigentlichen Show durch diverse Zusatzservices verstarkt. Als Beispiele konnen hier Events, Preisausschreiben, Zugang zu Exklusivinformationen und -artikeln,'*^'* Communities etc. aufgefuhrt werden.
Die Markenpositionierung ist ein weiteres wichtiges Entscheidungsfeld fur den Markenaufbau. Als Ansatzpunkte wurde die gezielte und stringente Ausrichtung an Zielgmppen, ein Bezug zu den Markenkemwerten Qualitat und Innovation sowie die Abgrenzung zum Wettbewerbsumfeld identifiziert. •
Das Konzept von DsdS wurde gezielt fur eine besonders attraktive Zielgmppe entwickelt sowie stringent im Bezug auf diese umgesetzt. Zielpublikum der Show waren die 14-49 Jahrigen, welche als attraktivste Zielgmppe der werbetreibenden Wirtschaft anerkannt ist. Kemzielgmppe der Show waren 14-29 jahrige Zuschau-
Vgl. Kohler/Hess (2004), S. 32. Vgl. Kohler/Hess (2004), S. 32. Die Zuschauer konnen sich durch das Zuschauen mit dem Konzept vertraut machen, um somit bei der nachsten Staffel bessere Chancen als Kandidat zu haben. Tatsachlich konnten bei den Castings zur 2. Staffel von DsdS viele Nachahmer des „schragen" Daniel Kublbock beobachtet werden. Als Beispiel konnen hier handsignierte Merchandisingartikel genannt werden.
11.1 Die Mikroanalyse zur Analyse medienspezifischer Wachstumsfaktoren
177
er. Bei der Positionierung des Konzeptes wurde darauf geachtet, den Bediirfnissen dieser Zielgruppe gerecht zu werden. Deutlich wird dieses Bemiihen in der Auswahl der Kandidaten, der Auswahl der Moderatoren, der Auswahl der Musik sowie im Produktsortiment zum DsdS-Konzept. So wurde bei der Auswahl der Kandidaten gezielt das Mittel der Stereotypisierung genutzt, um die emotionale Identifikation zu erhohen."*^^ Bei der Auswahl der Moderatoren wurde darauf geachtet, dass diese bei der Zielgruppe bekannt und fiir diese attraktiv sind."*^^ Als Musikstil, welcher im Rahmen der Show vorherrschend war, wurde zielgruppenaffiner „Mainstreampop" gewahlt. Die Produkte und Merchandisingartikel wurden vor dem Hintergrund der Kemzielgruppe definiert."*^^ •
FUr die Markenpositionierung besonders relevant ist die Definition der Markenkemwerte. Diese wurden zielgruppenaffin auf die Dimensionen Qualitat und Innovation zugeschnitten. Das Konzept von DsdS verstand es, zielgruppenrelevante Inhalte (Faktor Qualitat), welche in anderer Form bereits bekannt waren, zu einem innovativ neuen Produktkonzept zu verbinden (Innovation). Im Hinblick auf den Faktor Qualitat wurden die beliebten Inhalte der Musik-, Talk-, BloBstellungs- und Gameshow gezielt mit Reality-TV und Doku-Soap Elementen verkniipft.'*^^ Beim Faktor Innovation spielte die Balance zwischen Bekanntem und Neuem im Sinne der Risikoreduktion eine Rolle. Die Innovation lag in der Tatsache, dass einzelne, bereits vorhandene Elemente bzw. Sendungsformate neu und in einem spezifischen Kontext verkniipft wurden.
•
Um ein Markenprodukt erfolgreich zu positionieren, muss es im Raum der moglichen Positionierungen moglichst optimal zum Wettbewerbsumfeld positioniert werden. Bei TV-Sendungen spielt das zeitliche Umfeld bei der tJbertragung aufgrund des Uno-actu-Prinzips eine ubergeordnete Rolle der Positionierung. Die „Casting-" wie auch die „Zehner-Folgen" der Sendung wurden zunachst samstags um 19:10h gesendet. Ab der vierten Folge kam der Sendeteil „die Entscheidung" um 23:30h hinzu. Mit der siebten Sendung begann der Showteil,
Es wurden verschiedene Charaktere der Kandidaten genutzt, um fiir jeden derer ein anderes Zielgruppensegment definieren zu konnen: Juliette, die Perfekte, Daniel K. der Ausgeflippte, Daniel L. der romantische Latin Lover, Alexander, der perfekte Schwiegersohn, Gracia, die Naturliche etc. Die die Stereotype beschreibenden Adjektive wurden gezielt im Rahmen der PR von DsdS eingesetzt. Vgl. Wolf (2004), S. 53. Der Moderator Carsten Spengemann ist der Zielgruppe durch seine Schauspieltatigkeit bestens bekannt, da er von 1999 bis 2002 eine Hauptrolle als Mark Roloff in der Doku-Soap „Verbotene Liebe" besetzte. Dariiber hinaus arbeitete er als Gastmoderator bei den zielgruppenaffmen Sendungen „Max TV" (Pro?) und „The Dome" (RTL2). Michelle Hunziker wurde vor der Show gezielt durch die BILD-Zeitung promoted: Vor Showbeginn kiindigte die BILD-Zeitung mit erotischen Fotos ihre Moderationstatigkeit bei RTL an. Vgl. Stampf (2002a), S. 1. Des Weiteren schaffte Michelle Hunziker es auf die BILD-Titelseite mit ihrem Gestandnis, dass sie 381 Tage keinen Sex hatte. Auch in diesem Bericht wurde auf ihre Moderatorentatigkeit bei DsdS hingewiesen. Vgl. Stampf (2002b), S. 4. z.B. Teddybaren, Klingeltone, Handyspiele etc. Vgl. Bleicher (1999), S. 210, S. 214, S. 171, S. 190 sowie Hunziker (1996), S. 64.
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II. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche der samstags um 21:15 ausgestrahlt wurde. Wahrend der gesamten Sendezeit strahlte RTL „Wer wird Millionar?" um 20:15 aus, d.h. dass die Sendung DsdS zunachst im Programm vor Giinter Jauch platziert worden ist, ab der siebten Folge danach. Von der Jahreszeit wurde Herbst und Winter gewahlt. Im Hinblick auf das Basisprodukt, die DsdS-Show, kann nun festgestellt werden, dass diese gezielt vorteilhaft im Programmumfeld positioniert wurde: Zunachst wurde die Sendung im Winter platziert. Im Gegensatz zum Sommer ist die Platzierung einer Sendung im Winter aufgrund der generell hoheren Einschaltquoten in dieser Zeit giinstig.'*^'^ Des Weiteren kann vermutet werden, dass die Sendung DsdS von der nahen zeitlichen Positionierung zum Quotenhit „Wer wird Millionar?" profitierte. Begriindet werden kann dies durch den so genannten Vererbungseffekt, der bei DsdS gezielt genutzt wurde:'*^* Da zunachst niemand die Sendung DsdS kannte, wahlte man mit „Wer wird Millionar" ein viel gesehenes Programmumfeld. Wartende Zuschauer wurden so auf die DsdS-Show aufmerksam. Ab der siebten Sendung begann die Show um 21:15h. Hierbei profitierte DsdS davon, dass nach der Millionenshow auf den anderen Kanalen nichts Neues begann, die Show also optimal zum Wettbewerbsumfeld positioniert wurde."*^^ Zudem besagt der „lead in" Effekt, dass der Zuschauer in seiner Position verharrt. Gefordert wurde dies, indem in jeder Werbepause der Millionenshow auf die nachfolgende DsdS-Show aufmerksam gemacht wurde.
Das vierte relevante Entscheidungsfeld zum Markenmanagement ist das der Markenarchitektur. Bei dem DsdS-Konzept handelt es sich um ein plattformiibergreifendes cross-mediales Medienkonzept. Hierbei wurden im Rahmen der Analyse Konzepte der Markenausdehnung sowie ex ante Konzepte unterschieden. Das DsdS-Konzept kann Letzteren zugeordnet werden. Relevanter Ansatzpunkt war hierbei die plattformiibergreifende Konzeption. •
Das DsdS-Konzept wurde von Anfang an plattformiibergreifend konzipiert. RTL Television hatte, wie bereits angemerkt wurde, von Anfang an das Ziel, das Produktkonzept sowie die Marke „Deutschland sucht den Superstar" sehr breit anzulegen und unabhangig von anderen Medienformaten zu positionieren. Ausgehend von der Samstagabendshow entwickelte der TV-Sender innerhalb kurzer Zeit ein breites cross-mediales Produktangebot. Nach dem Lizenzerwerb erfolgte zu-
Vgl. Gumprecht (2003). Zubayr zeigt auf, dass der so genannte „Vererbungseffekt" besonders relevant fiir die erfolgreiche zeitliche Positionierung von TV-Sendungen ist: Der „lead-out" Effekt geht davon aus, dass der Zuschauer sich fiir die zweite Sendung interessiert und mit dem Sehen der ersten Sendung nur auf die Zweite wartet. Des Weiteren wird angenommen, dass die erste Sendung gesehen wurde und der Zuschauer die folgende Sendung auch verfolgt, weil mit dem Ende der ersten Sendung auf den anderen Kanalen nichts Neues beginnt. Der „lead in" Effekt bedeutet, dass der Zuschauer in seiner Position verharrt und sich die nachfolgende Sendung zusatzlich anschaut. Vgl. Zubayr (1996), S. 41. Am Samstagabend startet auf nahe zu keinem anderen Vollspartenprogramm um 21:15h eine neue Sendung, da zu dieser Zeit noch die Sendungen, Shows oder Filme laufen, welche um 20:15h begonnnen haben und in der Regel erst um 22:00h enden. Vgl. Kohler/Hess (2004), S. 31.
II. 1 Die Mikroanalyse zur Analyse medienspezifischer Wachstumsfaktoren
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nachst die Erarbeitung eines umfassenden Produktkonzeptes, welches sich aus mehreren Teilkonzepten zusammensetzte. Die Teilkonzepte beinhalteten unter anderem die Konfiguration der Produktfamilie, die damit verbundene Marketingstrategie, die ausgewahlten Distributions- und Vertriebswege sowie ein Konzept fUr das Projeklnetzwerk."*^^ Bereits in der Anfangsphase der Konzeption wurde diskutiert, welche Produkte moglicherweise einmal Bestandteil der Produktfamilie sein konnten, welche Vorgaben fur deren MarkteinfUhrung zu stellen waren, zu welchem Zeitpunkt die Produkte dann in den Markt einzufiihren waren und wann die Produktentwicklung zu starten habe. Hierbei wurden verschiedene Szenarien ausgearbeitet, die je nach Erfolg der Show zum Tragen kommen sollten/^"* Qualitat: Ftir das Management des Wachstumsfaktors Qualitat wurden die Entscheidungsfelder Qualitdtsbewusstsein, qualitdtsorientierte Produktgestaltung und qualitdtsorientierte Produktbewertung unterschieden. Im Hinblick auf das Entscheidungsfeld Qualitdtsbewusstsein wurde ausgefuhrt, dass Medienmacher bei der Entwicklung von Medienprodukten die Kundenbediirfnisse der Zielgruppe in den Vordergrund stellen sollten. Qualitat wird somit als Fahigkeit zur ErfuUung der Kundenbediirfnisse und in Abgrenzung vom publizistischen Niveau definiert. •
Bei genauerer Betrachtung des DsdS-Konzeptes wird schnell deutlich, dass hier ein derartiger Qualitatsbegriff zugrunde gelegt wurde. Stunde ein publizistischer Qualitatsbegriff im Vordergrund, so ware im Zusammenhang mit dem Gesangswettbewerb eine weniger kritische Berichtserstattung und Meinungsbildung zu beobachten gewesen. Ein haufiger Kritikpunkt war, dass es sich bei den Kandidaten lediglich um „Klone", „kunstliche Medienprodukte" etc. - also keine echten Musiker oder Kunstler im eigentlichen Sinne - handele. Die Kandidaten wurden, wie bereits erlautert wurde, vor dem Hintergrund von Stereotypen ausgewahlt und gezielt entwickelt.
Das Entscheidungsfeld der qualitdtsorientierten Produktgestaltung wurde im Rahmen dieser Arbeit vor dem Hintergrund der Problematik unbekannter Nutzerpraferenzen diskutiert. Relevant war in diesem Zusammenhang die Frage, wie das Medienprodukt auf die Rezipientenbediirfnisse abgestimmt werden konnte. Als Ansatzpunkte wurden das gezielte Erforschen der Kundenbediirfnisse als auch die Entwicklung zielgruppenspezifischer MaBnahmen gesehen. •
Das gezielte Erforschen der Kundenbediirfnisse gelang beim DsdS-Konzept in mehrfacher Hinsicht. Im Mittelpunkt des Konzeptes steht die Suche nach einem Sanger bzw. einer Sangerin. Da unbekannt war, welcher der Kandidaten am ehesten den Praferenzen des Publikums entsprach, wurden diese unter Zuhilfenahme des Publikumsvotings erforscht. Durch die direkte Abstimmung der Rezipienten konnte sichergestellt werden, dass derjenige Kandidat zum Superstar wiirde, der
^^^
Vgl. Kohler/Hess (2004), S. 33.
^^"^
Vgl. Kohler/Hess (2004), S. 34.
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II. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche am ehesten den Praferenzen des Publikums entsprach. Diese Taktik entspricht der bereits proklamierten MaBnahme „Einbindung des Kunden in die Wertschopfung bzw. Kreation". Dariiber hinaus wurde die Entwicklung der Kandidaten gezielt gesteuert, indem Community-Chats etc. nach Starken und Schwachen der Kandidaten ausgewertet wurden. •
Der zweite Schritt im Entscheidungsfeld der qualitatsorientierten Produktgestaltung ist die Entwicklung zielgruppenspezifischer MaBnahmen. Auch hier konnen Beispiele beim DsdS-Konzept gefunden werden. Im Hinblick auf die Rezipienten wurden beispielsweise Moglichkeiten der Personalisierung von Produkten eingesetzt. Als Beispiele konnen handsignierte Merchandisingartikel sowie eine individuell zusammenstellbare CD genannt werden. Auch die Wahl des Superstars kann als zielgruppenspezifische MaBnahme gewertet werden. Fiir die Werbeindustrie wurden spezielle Sonderwerbeformen entwickelt.
Das Entscheidungsfeld der qualitatsorientierten Produktbewertung wurde vor dem Hintergrund des medienspezifischen Problems der Nutzenunkenntnis bei Erfahrungs- und Vertrauensgutem diskutiert. Problematisch in diesem Zusammenhang war, dass eine Informationsasymmetrie zwischen Anbieter und Abnehmer des Medienproduktes herrscht. Als mogliche Ansatzpunkte wurden der Reputations- bzw. Markenaufbau sowie die Einbeziehung Dritter diskutiert. •
Moglichkeiten zum Markenmanagement wurden im Zusammenhang mit dem DsdS-Konzept bereits diskutiert. Besonders herauszuheben ist nun jedoch auch der gezielte Reputationsaufbau durch PR-MaBnahmen, da das DsdS-Konzept eine extreme Medienprasenz erreichte. Ein wesentlicher Baustein ist in diesem Zusammenhang die Medienprasenz der Moderatoren und Juroren. Im Hinblick auf die Moderatoren wurde bereits darauf verwiesen, dass diese gezielt in der Presse platziert wurden.'*"' Ahnlich verhielt es sich bei den ohnehin medienprasenten Juroren. ^ Weitere Faktoren zum Reputationsaufbau bildeten auch die haufige Berichterstattung iiber DsdS auf RTL (z.B. in den Sendungen „Punktl2", „RTL Aktuell" Oder „Explosiv"'*^^ sowie die cross-mediale Prasenz rund um das Thema „DsdS".^^«
Michelle Hunziker wurde mit erotischen Fotos sowie ihren Aussagen zum Sexleben gleich zweimal zur Titelstory der BILD-Zeitung. Uber Carsten Spengemann wurde wochenlang in der Presse berichtet, da er wegen Unterschlagung eines Rings angeklagt war (und im Februar 2002 verurteilt wurde). Vgl. Online in Internet: URL: http://www.spiegel.de/panorama [Stand 07.07.2003] Die Nahe Dieter Bohlens zur BILD-Zeitung aufgrund diverser Skandale hat ihn zu einem „Dauermedienereignis" werden lassen. Er kann als das „mediale Zugpferd" der Show betrachtet werden. So wurden beispielsweise die von Dieter Bohlen im Rahmen des Castings ausgestrahlten Kommentare unter den Titeln „Bohlen als Musikrichter" oder „Die Hitparade der frechsten Urteile von Musikrichter Dieter Bohlen" zu einem Ereignis der Presse. Vgl. Peter (2002), S. 9; Junkersdorf (2002), S. 5. Ab dem Sendebeginn wurde mindestens einmal am Tag auf RTL ein Beitrag uber „DsdS" gesendet: Beitrage kamen in den Nachrichten bei „Punktl2", die einen Marktanteil bei den 14-49 Jahrigen von bis zu 35,4% haben, in der Nachrichtensendung „RTL Aktuell" um 18:45h, die mit einem Marktanteil von
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Ein weiterer Ansatzpunkt zum Abbau von Informationsasymmetrien ist der Einbezug Dritter, welcher beim DsdS-Konzept im Rahmen eines CommunityManagements genutzt wurde. Im Rahmen der bisherigen Ausfiihrungen wurde bereits auf die vielfaltigen Moglichkeiten von Chats unter Castingteilnehmem und Live-Chats von Fans mit den Kandidaten etc. im Internet und Teletext verwiesen.
Innovation: FUr das Management des Wachstumsfaktors Innovation wurden die Entscheidungsfelder Innovationshewusstsein, strukturierte Innovationsprozesse und Erweiterungsoptionen unterschieden. Da Innovationen sehr risikobehaftet sind, erfordert das Innovationsmanagement in erster Linie eine Strategie zum Ausgleich von Risiko und Risikoreduktion. In der jungsten Vergangenheit fuhrte das ansteigende Risiko (aufgrund der Titelinflation sowie steigender Kosten) zu einer ansteigenden Risikoaversion. Viele Medienuntemehmen nutzen Risikoreduktionsstrategien, indem sie vermehrt Imitationen und Me-Too-Produkte produzierten. Es konnte jedoch festgestellt werden, dass Imitationen und Me-Too-Produkte weniger erfolgreich als die Originale sind. Ein erster Ansatzpunkt liegt daher in einer Abkehr von Risikoreduktionsstrategien im Sinne der Imitation von Formaten, Charakteren, Beilagen, etc. Wesentlich ist ein Innovationsbewusstsein, welches das Entwickeln von „echten" Innovationen fordert. •
Ein derartiges Innovationsbewusstsein kann dem Sender RTL, welcher die Projektleitung beim DsdS-Konzept stellte, durchaus unterstellt werden. Bereits im Rahmen der allgemeinen Analyse wurde folgendes Zitat zu RTL Television wiedergegeben: „Die Positionierung und der Markenkem von RTL spiegelt sich in fUnf Markenkeminhalten wider: Mut, Jugend, Innovation, Seriositat/Relevanz und Starke.""*^^ Hervorzuheben ist jedoch, dass es RTL mit dem DsdS-Konzept gelang, bereits erfolgreiche Formate zu einem noch nicht da gewesenen neuen Format zu verkniipfen.
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Wesentlich erscheint im Zusammenhang mit dem DsdS-Konzept auch der strukturierte Innovationsprozess. Gezielt erfolgte - wie bereits dargelegt wurde - nach
22,6% bei den 14-49 Jahrigen die meistgesehene Informationsquelle der jungen Zuschauer ist oder bei „Explosiv", mit einem Marktanteil der 14-49 Jahrigen von 21%. Vgl. Wolf (2004), S. 50. Die Kandidaten traten beispielsweise in einer Live-Ubertragung von RTL beim Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen mit ihrem Song „We have a dream" auf. Ab Januar startete die Intemetseite sowie die Zeitschrift aus dem Hause Bertelsmann. Der Stem (Verlag Gruner+Jahr, Bertelsmann) veroffentlichte eine Fotostrecke iiber die Kandidaten und die Show (Heft 7 vom 06,02.2002, S. 56-64). Die Oliver Geissen Show auf RTL thematisierte gleich zweimal „DsdS": Unter dem Titel „Hochexklusiv - OUi trifft die Superstars" (Sendung vom 20.02.2003) waren die letzten 5 Kandidaten anwesend. Eine zweite Sendung widmete sich unter dem Titel „Superstars privat - OUi trifft Alex, Daniel und Juliette" (Sendung vom 09.04.2003) den letzten drei Kandidaten. Dariiber hinaus wurde auch das ,J^amiliendueU" (Sendung vom 19.06.2003) des Senders RTL besucht. Ein weiterer Baustein der PR-Strategie beruhte, wie bereits erlautert, auf der Sendung VIVA Interaktiv. Mit steigendem Bekanntheitsgrad der Sendung ,JDsdS" hauften sich auch die Berichterstattungen in den Bertelsmann-fremden Medien. So startete beispielsweise die BILD-Zeitung eine Serie iiber „das seltsame, schrage & aufregende Leben von Superstar-Sanger Daniel Kiiblbock". Vgl. Wolf (2004), S. 50f. Vgl. Kamann (2003), S. 167.
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11. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche dem Lizenzerwerb die Erarbeitung eines umfassenden Produktkonzeptes, welches sich aus verschiedenen Teilkonzepten zusammensetzte. Bereits in der Konzeptionsphase wurde vor dem Hintergrund der Kundenbedlirfnisse ausdifferenziert, welche Produkte fur das DsdS-Konzept entwickelt werden miissten, um das voile cross-mediale Potenzial ausschopfen zu konnen. Fiir die organisatorische Umsetzung war ein Projektnetzwerk die ideale Losung. Dieses ermoglichte die Handhabung der Herausforderungen, die sich aus dem deutiich gestiegenen Bedarf an Kompetenzen und Ressourcen ergab. •
Im Hinblick auf Erweiterungsoptionen wurde bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass diese bereits in der Konzeptionsphase des Gesamtkonzeptes berucksichtigt wurden. Die Mitarbeiter des Projektnetzwerkes wurden organisatorisch in einer Projektorganisation gebiindelt, um Abstimmungsprobleme zu vermeiden. Dariiber hinaus wurden Anreizsysteme entwickelt, die den Gesamterfolg des Projektes sicherstellten.'*'*®
Efflzienz: Fiir das Management des Wachstumsfaktors Effizienz wurden die Entscheidungsfelder allgemeine Einsparungspotenziale und medienspezifische Einsparungspotenziale unterschieden. Allgemeine Einsparungspotenziale konnen entlang der Wertschopfungskette im Sinne eines klassischen Supply-Chain-Managements vor allem in den Bereichen Einkauf, Produktion und Vertrieb realisiert werden. Als weitere Ansatzpunkte fiir Einsparungen wurde das Einfiihren von Shared Services sowie das Outsourcing und Offshoring genannt, wobei letztere Ansatzpunkte von der Mehrzahl der Medienmanager kritisch beurteilt werden. •
Im Zusammenhang mit dem Konzept zu DsdS konnten im Rahmen dieser Arbeit keine Hinweise auf allgemeine Kostensenkungen gewonnen werden.
Anders verhalt sich dies jedoch im Zusammenhang mit medienspezifischen Einsparungspotenzialen. Als Entscheidungsfelder wurden hierbei das Schaffen von Prozesstransparenz, klare Kompetenzzuordnungen fiir Kosten, Design-to-cost Ansatze sowie die Mehrfachverwertung von Inhalten identifiziert. •
Im Hinblick auf die Prozesstransparenz sowie klaren Kompetenzzuordnungen wurde bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass das Konzept zu „DsdS" mit einer zentralen Projektorganisation umgesetzt wurde. Die Kompetenzen und Ressourcen der Partneruntemehmen wurden fiir die Dauer des Projekts in einem Team gebiindelt.'*'*^ Die Prozesstransparenz konnte dadurch deutiich gesteigert und ein Ausufem der Kosten vermieden werden.
•
Der Einsatz von Design-to-cost Ansatzen kann aus extemer Perspektive nicht beurteilt werden.
Vgl. Kohler/Hess (2004), S. 30ff. "^^
Vgl. Kohler/Hess (2004), S. 32.
II. 1 Die Mikroanalyse zur Analyse medienspezifischer Wachstumsfaktoren •
d)
l^
Die Beurteilung der Moglichkeit zur Mehrfachverwertung von Inhalten fallt dagegen leichter. Beim DsdS-Konzept war von Anfang an geplant, mit einem crossmedialen Produktkonzept sowohl die Marke als auch den dazugehorenden Content gezielt mehrfach in verschiedenen Produkten, Medienformen und Absatzwegen zu nutzen."*"*^ Die Fixkosten fUr den Aufbau der Marke und First-Copy Kosten fiir die Erstellung des Content konnten so auf mehrere Medienprodukte verteilt werden. Auf diese Weise wurden die Gesamtkosten fiir die Erstellung der Produktfamilie gesenkt, da im Vergleich zur Entwicklung einer gleichen Zahl von Einzelprodukten Synergiepotenziale genutzt werden konnten. Bei modularer Produktkonzeption fordem derartige Konzepte zudem auch eine kostengunstige und schnelle Individualisierung von Medienprodukten."*"*^ Der okonomische Erfolg des DsdS-Konzeptes
Auf den vergangenen Seiten wurde gezeigt, dass die im allgemeinen Abschnitt II. 1.2 (1) identifizierten Ansatzpunkte auch beim Erfolgskonzept „Deutschland sucht den Superstar" angewendet wurden. Dies bekraftigt die Hypothese, dass es sich bei den Wachstumsfaktoren bzw. Ansatzpunkten tatsachlich um relevante Gestaltungsoptionen fiir das Medienmanagement im Sinne einer Wachstumsstrategie handelt. Ein zweites Ziel der Fallstudienanalyse ist es, den Erfolg dieser MaBnahmen aufzuzeigen, um so auf die Moglichkeiten der Handhabung des definierten Erlos- und Kostenproblems zu schlieBen. Da es im Rahmen der hier durchgefUhrten extemen Analyse nicht moglich war, einzelne MaBnahmen in einen Bedeutungszusammenhang mit einer jeweiligen Nachfragestimulation oder Effizienzsteigerung zu setzen, soil sich auf das Aufzeigen des okonomischen Erfolgs des Medienkonzeptes „DsdS" beschrankt werden. Hierzu wurde bislang der Erfolg als das Wachstum von Medienuntemehmen im Sinne eines Umsatzzuwachses definiert. Eine Analyse des Umsatzzuwachses auf der Basis finanzieller Kennzahlen erscheint fiir die vorliegende Fallstudie jedoch nicht sinnvoU, da sich die vorliegenden Kennwerte auf die allgemeine Untemehmenstatigkeit von RTL Television oder anderer Firmen bezieht. Eine isolierte Betrachtung des DsdS-Konzeptes ware dann nicht moglich. Auch ein Vergleich fallspezifischer Werte mit dem „normalen Programm" (z.B. Marktanteile) ist schwierig, da das Konzept nicht mit anderen Formaten vergleichbar ist und zudem cross-medial verglichen werden miisste. Im Folgenden soil sich daher auf die Entwicklung des Konzeptes iiber den Zeitraum des gesamten Projektes konzentriert werden, da davon auszugehen ist, dass der gezielte Einsatz der im vorigen Abschnitt diskutierten MaBnahmen zu einer ansteigenden Nachfragestimulation und/oder einer Effizienzverbesserung gefiihrt hat. In den Fallen, in welchen aufgrund der vorliegenden Datenlage keine Entwicklung aufgezeigt werden kann, wird der okonomische GeBeispiele hierfiir sind die genannten Mehrfachverwertungen von Inhalten im Zusanimenhang mit der Berichterstattung auf RTL in verschiedenen Sendungen. Basismaterial Ueferte die Firma Nunet, welche fiir die tagliche Berichterstattung im Netz verantwortlich war. Die Redakteure begleiteten die Kandidaten permanent und liefem somit die neuesten Geschichten, Bilder und Videos rund um die Show und ihre Protagonisten. Vgl. OnUne in Internet: URL: http://www.nunet.de/news/news06.php [Stand 07.07.2003]. Vgl. Kohler/Hess (2004), S. 30, S. 36.
184
II. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche
samterfolg geschatzt. In einem ersten Schritt wird das Thema Nachfragestimulation tet, im zweiten Schritt werden Effekte der Ejfizienzverbesserung angesprochen.
bearbei-
Wie bereits diskutiert wurde, kann sich die Nachfragestimulation auf eine Absatzsteigerung also auf die Menge - und Preiserhohungen eines Produktes beziehen. Ausgangspunkt der Analyse ist die eigentliche Sendung „DsdS". Hierbei ist zunachst die Entwicklung der Marktanteile von Interesse. Zu untersuchen sind insgesamt 15 Folgen zu DsdS, 12 Folgen zu „DsdS - Die Entscheidung" und sieben „Specials"'*'*'* zu DsdS. •
Die erste Folge zu DsdS erreichte 3,68 Millionen Zuschauer und startete mit einem fur RTL leicht unterdurchschnittlichen Marktanteil von 13,7%."*"*^ Uber einen Zeitraum von fiinf Monaten konnten diese Werte kontinuierlich gesteigert werden. Die 15. Folge erreichte 12,5 Mio. Zuschauer und damit einen weit tiberdurchschnittlichen Marktanteil von 40,0%. Die durchschnittliche Steigerungsrate des Marktanteils pro Folge lag somit bei 7,4%."*"*^
•
Die erste Folge zu „DsdS - Die Entscheidung" erreichte 3,61 MilUonen Zuschauer und startete mit einem Marktanteil von 21,2%. Uber den Zeitraum von vier Monaten'*'*^ entwickelte sich das Publikum auf eine Menge von 10,27 Millionen Zuschauem und damit auf einen Marktanteil von 62,0%. Dies entspricht einer Steigerungsrate des Marktanteils pro Folge von 9,4%.
•
Die Spezialsendungen entwickelten sich uber einen Zeithorizont von drei Monaten ahnlich: Die erste Spezialsendung erreichte 5,16 Millionen Zuschauer und damit einen Marktanteil von 15,7%. Diese Werte konnten bis zur funften Spezialsendung auf 6,07 Millionen Zuschauer und einen Marktanteil von 20,9% gesteigert werden, verloren jedoch nach dem Finale bis zur siebten Sendung wieder Zuschauer. Die letzte Spezialfolge sahen 4,51 Millionen Zuschauer, sie erreichte einen leicht iiberdurchschnittlichen Marktanteil von 16,0%.
Es kann demnach festgehalten werden, dass bei der Sendung DsdS, der Sendung „DsdS - Die Entscheidung" und eingeschrankt bei den „Specials" zu DsdS uber den gesamten Zeitraum enorme Absatzsteigerungen erreicht werden konnten. Ein ahnliches Bild zeigt sich bei der Analyse der Werbepreise:'*'*^
In dieser Kategorie werden die Spezialsendungen „DsdS - Die groBe Castingshow", „DsdS - Auf dem Weg nach oben", „DsdS - Spezial", „DsdS - Heroes of Music", „DsdS - Celebration", „DsdS - United live" und „DsdS - Der Superstar" zusammengefasst. Vgl. zu den folgenden Angaben Online im Internet: URL: http://www.media-control.de [Stand 24.05.2003]. Der Marktanteil bezieht sich bei den folgenden Daten auf alle Zuschauer. Steigerungsrate des Marktanteils: CAGR = [(40,0 / 13,7)*'^^] - 1. Im Folgenden wird die Steigerungsrate des Marktanteils analog berechnet. 447
Das Publikumsvoting begann einen Monat nach dem Start der 1. Folge.
448
Vgl. zu diesen und folgenden Ausfiihrungen Wolf (2004), S. 3Iff.
II. 1 Die Mikroanalyse zur Analyse medienspezifischer Wachstumsfaktoren
185
•
Bei den ersten 12 Folgen zu DsdS kosteten 30 Sekunden Werbezeit bei RTL Television laut Preisliste € 52.500.-, bei „DsdS - Die Entscheidung" nach 23h € 15.500.-
•
Ab Februar 2003 konnten die Werbepreise zur DsdS-Sendung erhoht werden. So stiegen die Kosten fiir 30 Sekunden Werbezeit in den darauf folgenden Sendungen auf € 66.900.- in der ersten Werbepause und € 76.950.- in der zweiten Werbepause. Das Finale am 08.03.2003 kostete die Werbetreibenden in der ersten Werbeunterbrechung fiir 30 Sekunden Werbezeit € 93.000.-, in der zweiten Werbepause sogar€ 102.000.-
•
30 Sekunden Werbezeit kosteten bei „DsdS - Die Entscheidung" ab Februar 2003 € 22.800.- In der Entscheidungsshow des Finales belief en sich die Kosten fUr 30 Sekunden Werbezeit auf € 65.000.-
•
Die Spezialsendungen kosteten € 49.500.- fUr 30 Sekunden Werbezeit. Diese Preise wurden jedoch in der Folge „Celebration live" noch einmal erhoht. In dieser kosteten 30 Sekunden Werbezeit in der ersten Werbepause € 70.500.- und in der zweiten Werbepause € 81.000.-
Durchschnittlich wurden ca. 12 Minuten Werbung fiir die DsdS-Sendung bzw. den Specials und 6 Minuten Werbung fiir die Sendung „DsdS - Die Entscheidung" geschaltet. Addiert man die Werbeerlose fiir die Hauptsendungen zum DsdS-Konzept, so erhalt man einen Schatzwert fiir die Bruttowerbeeinnahmen fiir RTL Television von € 35.673.000. Doch nicht nur die Hauptsendung des DsdS-Konzeptes war ein groBer okonomischer Erfolg. Auch das Magazin auf dem TV-Sender VOX konnte iiber einen Zeitraum von vier Monaten mit insgesamt 19 Folgen eine Nachfragestimulation verzeichnen: •
„DsdS - Das Magazin" startete am 02.12.2002 mit 1,52 Millionen Zuschauem und somit mit einem Marktanteil von 4,6%. Diese Werte konnten bis zur 10. Folge auf 2,52 Millionen Zuschauer und einen Marktanteil von 7,5% gesteigert werden. Bis zur 19. Folge sanken diese Werte wieder bis auf 0,91 Millionen Zuschauer und einen Marktanteil von 2,8%.
•
Die Werbepreise fiir einen 30-sekiindigen Spot kosteten zunachst € 11.550.-, konnten jedoch in Zuge der Marktanteilsausdehnung auf € 14.760.- erhoht werden.
Diese Ergebnisse zeigen auf, dass auch das „Spin-Off' Produkt, welches auf einer Mehrfachverwertung bestehender Inhalte beruhte, zum okonomischen Erfolg des DsdS-Konzeptes beitrug. Bei durchschnittlich 12 Minuten Werbeunterbrechungen konnen die Bruttowerbeeinnahmen der Werbeerlose somit auf € 6.037.200.- addiert werden. Einen besonderen Stellenwert bei der Umsatzerzielung und damit fiir das Umsatzwachstum hatten beim DsdS-Konzept die Zusatzerlose. Diese untergliedem sich in die Positionen Voting, Eintrittskarten zur Live-Show, DVDs, SMS-Teletext, Internet, Klingeltone und Logos, Fanzeitschrift, Buch, Merchandising, Toumeekarten sowie CD-Erlose:
186
IL Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche •
Durch Voting - also durch Anrufe bzw. SMS zur Abstimmung - wurden im Laufe der gesamten DsdS-Sendung 26,4 Millionen Anrufe zu je € 0,49 getatigt. Die Erlose durch Voting beziffem sich somit auf knapp € 13 Millionen. Hinsichtlich der Absatzsteigerung kann festgestellt werden, dass die Anrufe von anfangs 78.163 Anrufe auf 6.115.998 Anrufe im Finale gesteigert werden konnten. Zusatzlich zum Voting der DsdS-Sendung wurden auch bei VOX Anrufe bei „DsdS - Das Magazin" generiert. Insgesamt konnten hier 1,6 Millionen Anrufe gezahlt werden, welche zu knapp € 800.000.- Zusatzerlosen fuhrten. Auch hier steigerte sich die Anrufermenge, wenngleich diese zwischen den einzelnen Sendungen schwankte. Die geringste Anruferzahl belief sich auf 28.304 Anrufe (23.12.2002), wahrend sich die hochste Anruferzahl auf 159.136 Anrufe behef (13.01.2002). Tendenziell lieB sich ein ansteigender Trend feststellen.
•
Auch bei den Eintrittskarten zur Live-Show lieB sich ein positiver Trend ablesen: Die Karten fur die Live-Show waren immer ausverkauft. Bei den ersten fiinf Folgen (Live-Publikum gab es ab dem 21.12.2002) war die Studiokapazitat auf 500 Personen begrenzt. Diese wurde jedoch fUr die letzten sechs Folgen auf 1000 Personen erhoht. Die Eintrittspreise konnten von Anfangs € 13.- (Folge 1-11) iiber € 18.- (Folge 12 und 13) auf € 25.- flir das Halbfinale gesteigert werden. Die Eintrittskarten fiir das Finale kosteten den Besucher € 35.- Die beiden SpezialSendungen (22. und 29.03.2003) kosteten € 15.- Eintritt. Lisgesamt kann bei 10.500 verkauften Eintrittskarten demnach von ca. € 191.000 Umsatzerlosen ausgegangen werden.
•
Fine reine Mehrfachverwertung von Inhalten stellt die Vermarktung der DsdSDVDs bzw. der VHS Kassetten dar. Insgesamt konnten 300.000 Stiick zu je € 14,99 verkauft werden. Dies entspricht Zusatzerlosen von knapp € 4,5 Millionen.
•
Weitere Zusatzerlose wurden im Rahmen des Dienstes „SMS Chat to Teletext" erwirtschaftet. Pro Tag wurden laut RTL New Media durchschnittlich ca. 100.000 SMS fiir jeweils € 0,49 generiert. Dies entspricht bei einer Laufzeit des DsdSKonzeptes von fiinf Monaten Bruttoeinnahmen von € 7,35 Millionen.
•
Die RTL Intemetseite ist Marktfiihrer der Rubrik „General Literest". Durch das DsdS-Konzept konnten die Visits der Seite von 9,5 Millionen im November auf 15,4 Millionen im Marz gesteigert werden. Die Pageimpressions steigerten sich von 207,1 Millionen im November auf 329,6 Millionen im Marz. Die Zugriffe auf die Intemetseite von DsdS lagen in dem Zeitraum bei ca. 150 Millionen Pageimpressions. RTL New Media gibt an, iiber mehr als zwei Millionen qualifizierte Datensatze von Usem zu verfUgen, die entsprechend ihrer Interessen mit Informationen beliefert werden mochten. Mehr als 300.000 Fans beteiligten sich beim „Superstars im Live-Chat" am 29.01.2003.
11.1 Die Mikroanalyse zur Analyse medienspezifischer Wachstumsfaktoren
187
•
Die Verwertung der Musik als Klingelton sowie der DsdS-Logos erwirtschaftete eine knappe Millionen Euro, indem ca. 500.000 Downloads zu € 1,99 verkauft wurden.
•
Die Zeitschrift zur Sendung DsdS „Das offizielle Magazin zur Sendung" hatte eine Auflage von 355.000 Exemplaren zu einem Preis von € 2,55. Insgesamt gab es vier Ausgaben. Die Rezipientenerlose der Zeitschrift belaufen sich somit auf ca. € 3,5 Millionen. Da jedes Heft zu ca. 30% aus Werbung bestand, sind zudem Werbeerlose generiert worden.
•
Das Buch „Dein Weg ins Musikbusiness" verkaufte sich insgesamt ca. 17.000-mal und Erloste mit einem Stuckpreis von € 12,90 einen Bruttoerlos von ca. € 219.300.
•
Mit Merchandisingartikeln
•
Die Tournee der Kandidaten erloste bei einem Eintrittspreis von € 50.- und insgesamt 200.000 Besuchem (die Tournee war ausverkauft) € 10 Millionen Euro.
•
Die Erlose der CD-Verkaufe beliefen sich auf ca. € 42,3 Millionen Euro."*^*
wurden ca. € 1,2 Millionen erwirtschaftet.'*'*^
Die Abbildung II-1 verdeutlicht die Umsatzanteile der einzelnen Positionen. Hervorzuheben ist, dass der Anteil traditioneller Erlosstrome des Mediums TV - also Werbeerlose - vergleichsweise gering war:
Genaue Daten sind hierzu nicht veroffentlicht. Verkaufszahlen zu T-Shirts (€ 17,90/Stuck), Longshirts (€ 29,90/Stiick), Baseball Caps (€ 12,90/Stuck), Tassen (€ 8,90/Stuck) und Poster (€ 7,99/Stuck) sind nicht verfiigbar. Von der Bettwasche wurden ca. 25.000 Stiick zu je € 39,95 verkauft, von dem Strandhandtuch ca. 5.000 Stuck zu je € 19,90 und von Kissen ca. 5.000 zu je € 15.- Vgl. Wolf (2004), S. 41. Die Singles „Take me tonight" (987.469 Stiick), „Stay with me" (94.785 Stuck), „You drive me crazy" (477.616), „Calling you" (50.000 Stuck), „I don't think so" (85.000 Stuck), „Heartbeat" (140.380 Stiick), „Positive Energie" (163.325 Stuck), „Ride or die" (82.600 Stuck) und „We have a dream" (896.874 Stiick) wurden zu je € 5,99 verkauft. Die Long Player „Take your chance" (292.420 Stiick) und „United" (1.137.015 Stiick) wurden zu je € 15,99 verkauft. Vgl. Wolf (2004), S. 41.
188
II. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche
Abbildung II-5: Umsatzverteilung alter DsdS-Produkte
Im Hinblick auf Effizienzsteigerungen konnten keine allgemeinen KostensenkungsmaBnahmen identifiziert werden. Ein wesentlicher Hebel zur Effizienzsteigerung diirfte jedoch die bereits angesprochene Mehrfachverwertung bestehender Inhalte gewesen sein. Diese bezieht sich auf die Fixkosten des Markenaufbaus sowie auf die First-Copy Kosten von Inhalten.
(e)
•
Es wurde bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass der Markenname „DsdS" fiir die verschiedensten Produkte genutzt wurde. Die Fixkosten des Markenaufbaus verteilen sich auf vielerlei Produkte, der Markenaufbau ist somit wesentlich kostengiinstiger zu bewerkstelligen, als dies beim Aufbau von Einzelmarken der Fall gewesen ware. Dariiber hinaus konnte der Jingle von DsdS als Klingelton sowie das Logo verkauft werden. Allein diese Erlose generierten eine knappe Million Euro. Dariiber hinaus konnte die Popularitat der Kandidaten in vielerlei Hinsicht (CDs, Toumee etc.) vermarktet werden. Auch hier wurden Ausgaben fiir den Kiinstleraufbau gespart.
•
Bereits bestehende (redaktionelle) Inhalte wurden in vielfaltigster Form mehrfach verwertet. Herauszustellen sind hier die Medien TV (Inhalte wurden neben der Show auch fur Beitrage auf RTL Punktl2, RTL Aktuell, RTL Explosiv etc. sowie dem Magazin auf VOX genutzt.), Internet (Video-Downloads, Fotos etc.) und Zeitschrift (Fotos, Reportagen). Fazit zur Fallstudie DsdS
Die Diskussion der vorliegenden Fallstudie hat verdeutlicht, dass die in der allgemeinen Analyse identifizierten Ansatzpunkte auch beim erfolgreichen Medienkonzept „Deutschland sucht
II.2 Die Makroanalyse zur Analyse von Interdependenzen
189
den Superstar" Anwendung fanden. Dadurch konnte gezeigt werden, dass die einzelnen Ma6nahmen auch in ein einzelnes Produktkonzept integriert werden konnen. Es fallt auf, dass das Medienkonzept „DsdS" sich zu einer der erfolgreichsten Produktfamilien in der deutschen Medienbranche entwickelt hat. Hierbei handelt es sich um keinen „Zufalls-" Oder landesspezifischen Erfolg. Die Uberlegenheit des Konzeptes zeigt sich, da dieses in 40 Landem auf der ganzen Welt ahnliche Erfolge erzielte. Auch wenn keine statistische Korrelation zwischen den Ansatzpunkten und dem Erfolg des Konzeptes berechnet werden konnen, so liegt doch die Vermutung nahe, dass diese zum Erfolg des Konzeptes beitrugen. Im Hinblick auf die Erzielung von Produkterlosen ist von Interesse, dass ein GroBteil der Erlose aus so genannten Zusatzservices generiert wurde. Dies erscheint vor dem Hintergrund des definierten Erlosproblems ein wesentlicher Ansatzpunkt fiir zukiinftiges Wachstum zu sein. Im Hinblick auf den Wachstumsfaktor Effizienz konnten weniger Ergebnisse generiert werden. Im Zusammenhang mit der cross-medialen Vermarktung eines Inhalts wurde jedoch deutlich, dass bei der Verteilung der Kosten auf mehrere Produkte vor allem Kosten zum Markenaufbau wie auch First-Copy Kosten eingespart werden konnten. Auf diese Weise wurden die Gesamtkosten einer ganzen Produktfamilie gesenkt, da im Vergleich zur Entwicklung einer gleichen Zahl von Einzelprodukten Synergiepotenziale genutzt werden. Im Hinblick auf allgemeine KostensenkungsmaBnahmen konnten keine Ergebnisse generiert werden.
II.2
Die Makroanalyse zur Analyse von Interdependenzen bei Nachfragestimulation und Effizienzsteigerung
Die Makroanalyse hat das Ziel, Hypothesen iiber etwaige Interdependenzen zwischen den Wachstumsfaktoren - insbesondere zwischen Nachfragestimulation und Effizienzsteigerung - und dem Untemehmenswachstum von Medienuntemehmen aufzuzeigen. Fraglich ist, ob der Faktor Effizienz als „konkurrierend" oder „unterstutzend" anzusehen ist. Hierzu werden allgemeine finanzielle Kennzahlen mit dem Untemehmenswachstum korreliert. Basierend auf diesen Erkenntnissen werden dann Ruckschliisse auf die latenten Wachstumsfaktoren gezogen. In einem ersten Schritt werden allgemeine Grundlagen zur Makroanalyse sowie das der Analyse zugrunde gelegte Kennzahlensystem erortert (II.2.1). Im zweiten Schritt, im Abschnitt „Analyse der Kennzahlen von Medienuntemehmen" (II.2.2), werden die statistischen Analysen durchgefuhrt sowie die Ergebnisse dieser Analysen aufgezeigt und interpretiert.
II.2.1
Methodisches Vorgehen und Operationalisierung der Fragestellung
Im nun folgenden Abschnitt wird das Vorgehen im Rahmen der Makroanalyse kurz skizziert. Den Schwerpunkt dieses Abschnittes bilden Fragen hinsichtlich der Methodik sowie der Operationalisiemng. Hierzu mussen Kennzahlen zur Analyse der Interdependenzen zwischen den
190
11. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche
Wachstumsfaktoren definiert werden (1). Im Anschluss an die Ausfuhrungen zum Kennzahlensystem wird auf die Datengewinnung, die Zusammensetzung der Stichprobe sowie die verwendeten statistischen Verfahren eingegangen (2).
(1)
Kennzahlen zur Analyse der Interdependenzen zwischen den Wachstumsfaktoren
Die Wertschopfung von Untemehmen beinhaltet vielerlei Aktivitaten, die ihrerseits durch die aktive Einflussnahme des Managements kontrolliert v^erden konnen. Eine Moglichkeit, die Einflussnahme des Top-Managements auf diese, nicht zuletzt Wachstum beeinflussenden Aktivitaten zu bewerten und den Erfolg der Einflussnahme quantitativ zu erfassen, ist die Nutzung finanzieller Kennzahlen. Da eine direkte Operationalisierung der einzelnen Wachstumsfaktoren im Rahmen der vorliegenden Arbeit aufgrund der sehr breiten und heterogenen Stichprobe nicht moglich ist, bietet sich die Nutzung finanzieller Kennzahlen bzw. eines Kennzahlensystems zur Analyse an. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage nach einem geeigneten Kennzahlensystem, welches eine ganzheitliche Analyse ermoglicht (a). Um die Analyse fiir Dritte nachvollziehbar zu machen, ist zudem eine genaue Detaillierung und Definition der genutzten Kennzahlen notwendig (b). (a)
Die Auswahl eines geeigneten Kennzahlensystems
Die Auswahl eines geeigneten Kennzahlensystems unterliegt im vorliegenden Fall unterschiedlichen Restriktionen: •
Da die Makroanalyse aus einer extemen Beobachterperspektive durchgefiihrt wurde, musste sich die Analyse auf sekundare, offentlich zugangliche Datenquellen (Bilanzdaten) stutzen.'*^^ Die Kennzahlen miissen demnach aus den Bilanzen der Untemehmen ableitbar sein, gangige Kennzahlen des (intemen) Controllings stehen nicht zur Verfugung.
•
Da sich die vorliegende Arbeit als anwendungsorientierte Arbeit defmiert/^^ muss zudem eine tJbertragbarkeit gewonnener Erkenntnisse in die Managementpraxis moglich sein. Dies fiihrte zu der Forderung, dass die in der Makroanalyse verwendeten Kennzahlen eine weite Verbreitung in der Praxis aufweisen.
•
Da es sich bei der verwendeten Stichprobe um eine groBe Anzahl intemationaler Firmen handelt (472) , erfordert dies die Verwendung moglichst einfacher
Vgl. hierzu Abschnitt II. 1.1 (1). Vgl. hierzu die Ausfuhrungen in der Einleitung. Insgesamt wurden in die Datenbank 472 intemationale Medienunternehmen aller Segmente einbezogen. Fiir die Korrelationen zur Wachstumsrate 2000-2001 konnten 246 Firmen einbezogen werden.
II.2 Die Makroanaiyse zur Analyse von Interdependenzen
191
Kennzahlen, welche eine unproblematische Vereinheitlichung der Datensatze ermoglichten/^"* •
Vor dem Hintergrund der Problemstellung ist es dariiber hinaus notwendig, die Kennzahlen mit der Wachstumsrate von Untemehmen zu verbinden.
•
„Last but not least" sollen die gewahlten Kennzahlen selbstverstandlich RUckschllisse auf die bereits identifizierten Wachstumsfaktoren ermoglichen. Demzufolge muss argumentativ begriindet werden konnen, inwieweit sich die Wachstumsfaktoren auf einzelne Kennzahlen auswirken.
Vor dem Hintergrund der genannten Restriktionen bei der Auswahl eines Kennzahlensystems erscheint auf den ersten Blick der RUckgriff auf Methoden der Bilanzanalyse angebracht. Ziel einer jeden Bilanzanalyse im Sinne einer wissenschaftlich akzeptablen Aussage ist es, ein objektiv nachvollziehbares Gesamturteil iiber die wirtschaftliche Lage der analysierten Unternehmen zu fallen. Die wirtschaftliche Lage des Untemehmens bezieht sich dabei auf die Ertrags-, Vermogens- und Finanzlage."*^^ Um zu einer gesamtheitlichen Beurteilung der wirtschaftlichen Lage eines Untemehmens zu gelangen, wurden in der betriebswirtschaftlichen Forschung schon friih Kennzahlensysteme entwickelt. Hierzu zahlen etwa das ZVEI-System des Zentralverbandes der Elektrotechnik- und Elektronikindustrie"*^^ oder das Du PontSchema."*^^ Bei den meisten traditionellen Kennzahlensystemen wird eine fur die wirtschaftliche Lage als besonders aussagekraftig angesehene Spitzenkennzahl als Gesamturteilsbasis gewahlt, welche aufgrund analytischer tJberlegungen in mehrere Unterkennzahlen zerlegt wird. Hierdurch entsteht eine Kennzahlenpyramide oder Kennzahlenhierarchie. Kennzahlensysteme, welche die Zerlegung einer Spitzenkennzahl aufweisen, werden daher als analytischdeduktive Kennzahlensysteme bezeichnet.'*^^ Modemere, als empirisch-induktiv bezeichnete Kennzahlensysteme, werden mit Hilfe mathematisch-statistischer Verfahren auf Basis einer statistisch ausreichenden Menge empirischer Daten entwickelt. Einzelne Kennzahlen werden aus einem groBen Kennzahlenkatalog Die unterschiedlichen Rechnungslegungsvorschriften erfordem eine Vereinheitlichung der einzelnen Bilanzdaten. Im vorliegenden Fall werden syndizierte Daten der Datenbank „Hoovers" genutzt, welche die Untemehmensdaten harmonisiert. Eine emeute Umrechnung der vorhandenen Daten, wie dies z.B. beim EVA-Konzept erforderlich ware, erscheint aus forschungspragmatischen Griinden nicht sinnvoU. Vgl. Kurfess (1999), S. 142. Vgl. Baetge (1970), S. 16f. Vgl. Baetge(1998), S. 2. Vgl. Zentralverband der Elektrotechnik- und Elektronikindustrie ZVEI (1989), S. 35-82. Vgl. Staehle (1975), S. 317-336. In der Literatur finden sich weitere zahlreiche Ansatze verschiedener Kennzahlen-Systeme, so z.B. die „Pyramid Structure of Ratios", die „Ratios au Tableau de Bord" oder entscheidungstheoretische Ansatze. Vgl. Staehle (1975), S. 317-336; Schott (1988), S. 287ff. In der neueren Literatur zur Jahresabschlussanalyse wird des Weiteren das EVA-Konzept und die Balanced Scorecard diskutiert. Vgl. hierzu Kaplan/Norton (1996); Leysinger (1997), S. 243ff. Vgl. Baetge (1998), S. 38.
192
II. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche
so ausgewahlt, dass die Zuordnung eines Kennzahlenurteils zu gesunden und kranken Unternehmen moglichst fehlerfrei geschieht. Die Kennzahlen werden dabei unter Beriicksichtigung von Gewichtungsfaktoren zu einem synthetischen Kennzahlenwert verdichtet, welcher die wirtschaftliche Lage des Untemehmens objektiv widerspiegeln soll."*^® Die uneingeschrankte Anwendung von Kennzahlensystemen der Bilanzanalyse ist im vorliegenden Fall jedoch mit Problemen behaftet, da sich die Fragestellung nicht auf die wirtschaftliche Lage, sondem vielmehr die Wachstumsrate des Untemehmens bezieht. Herkommliche Spitzenkennzahlen miissen nicht zwangslaufig mit dem Untemehmenswachstum korrelieren. Aus diesem Grund war es in einem ersten Schritt angebracht, herkommliche Kennzahlen, welche zur Bilanzanalyse herangezogen werden, in einem System zur Erklarung von Wachstum zusammenzufassen. Unter dieser Pramisse erschien die Gleichung zur Sustainable Growth Rate'*^^ geeignet zu sein, da diese eine Funktion zur Beschreibung von Wachstum auf der Basis herkommlicher Kennzahlen darstellt."*^^ Die SGR ist die theoretisch maximale Wachstumsrate, bei welcher die finanziellen Ressourcen eines Untemehmens nicht geschmalert werden. Der Fokus auf die finanziellen Ressourcen ist, wie das nachfolgende Zitat verdeutlicht, wesentlich, da ein zu schnelles, also Substanz zehrendes Wachstum, letztlich zur Insolvenz fiihren muss. „Intuitively, sustainable growth is merely a formalization of the old adage „It takes money to make money." Increased sales require more assets of all types, which must be paid for. Retained profits and the accompanying new borrowing generate some cash, but only limited amounts. Unless the company is prepared to sell common stock, this limit puts a ceiling on the growth it can achieve without straining its resources. This is the firm's sustainable growth rate". (Vgl. Higgins, 2002, S. 117). Demzufolge wird die theoretisch maximale Wachstumsrate von Untemehmen durch die finanziellen Ressourcen bestimmt. Da sich die bereits identifizierten Wachstumsfaktoren auf die finanziellen Ressourcen auswirken, lassen sich von der Entwicklung der finanziellen Ressourcen RiickschlUsse auf die Verwendung der einzelnen Wachstumsfaktoren sowie deren Interdependenzen ziehen. Im Folgenden ist daher von Interesse, welche finanziellen Ressourcen zur Beeinflussung des Wachstums bereitstehen und wie diese durch die Anwendung der Wachstumsfaktoren beeinflusst werden. Den Ansatzpunkt der Analyse bietet somit die Gleichung der SGR. Der Gleichung zur SGR liegen verschiedene Annahmen zugmnde:
Ein geeignetes mathematisch-statistisches Verfahren zur induktiven Entwicklung eines derartigen Kennzalilensystems ist z.B. die Multivariate Diskriminanzanalyse. Vgl. Baetge (1998), S. 39. Die Sustainable Growth Rate wird im Folgenden auch mit SGR abgekiirzt. In Formeln wird die Variable g* genutzt. 462
Vgl. Higgins (2002), S.llSff.
463
Vgl. Higgins (2002), S. 115.
464
Vgl.Higgins(2002), S. 117.
II.2 Die Makroanalyse zur Analyse von Interdependenzen
193
•
Die Firma soil so schnell wachsen, wie es das Marktumfeld erlaubt.
•
Das Management bzw. die Gesellschafter sind zu keiner Eigenkapitalerhohung bereit.
•
Die Kapitalstruktur und die Dividendenpolitik der Firma bleiben konstant.
•
Es ist Preiselastizitat gegeben."*^^
Wenn eine Firma unter den gegebenen Annahmen ihren Umsatz erhoht (wachst), so erfordert dies langfristig auch ein Wachstum der Vermogensgegenstande, der Bestande, der Forderungen und der Produktionskapazitat. Da die Firma gemaB den Annahmen keine Eigenkapitalerhohung durchfuhrt, mils sen die Ressourcen zur Finanzierung des Wachstums entweder aus thesaurierten Gewinnen und/oder aus Fremdkapital bestehen. Geht man nun von der Annahme aus, dass im Falle von (Umsatz-)Wachstum alle weiteren Positionen des Untemehmens proportional wachsen, so stellt sich die Frage, wodurch das Wachstum des Untemehmens begrenzt wird. Da die Kapitalstruktur der Firma gemaB den Annahmen konstant bleiben soil, mussen Darlehen und Eigenkapital proportional wachsen. Das Wachstum von Eigenkapital und Darlehen wiederum begrenzt das Wachstum der Vermogensgegenstande, welches letztendlich das Umsatzwachstum begrenzt. Dieser Argumentation folgend setzt das Wachstum des Eigenkapitals die Grenzen der theoretisch maximalen Wachstumsrate. Die SGR kann daher folgendermaBen wiedergegeben werden: g* = Change in Equity / Beginning-of-period Equity Anders dargestellt bedeutet dies, dass der Zahler der Gleichung - unter der Annahme, dass die Firma keine Eigenkapitalerhohung durchfuhrt - den einbehaltenen Gewinnen (Thesaurierungsrate (R)"*^^ x Gewinn) entspricht, wahrend im Nenner das Eigenkapital zum Periodenbeginn steht (Equitybop)- Da Gewinn/Equitybop der klassischen Kennzahl ROE'"*^^ entsprechen, kann die Gleichung zum nachhaltigen Wachstum auch folgendermaBen geschrieben werden: g* = (R) X R O E ' Die Kennzahl ROE wiederum kann in die Umsatzgewinnrate (ROS), den Kapitalumschlag (CTO)^^* und die 1Fremdkapitalquote (DER')"***^ zerlegt werden. Infolgedessen lasst sich die (CTO)"*^* Gleichung nun als Diese Annahme fmdet sich nicht im urspriinglichen Modell von Higgins. Da jedoch davon ausgegangen werden muss, dass eine Verbesserung der Rendite nicht alleine durch Einsparungen mogUch ist, muss die Annahme gegebener Preiselastizitat einbezogen werden. Die Thesaurierungsrate wird mil (R) abgekiirzt. Der Strich hinter dem E signalisiert, dass es sich um das Eigenkapital zum Beginn der Periode handelt. Die Begriffe Profit Margin und Asset Turnover werden synonym zu weiteren, in der Praxis gelaufigen Begriffe genutzt. Der Asset Turnover wird im Folgenden auch als Kapitalumschlag bzw. Capital Turnover bezeichnet und mit CTO abgekiirzt. Die Profit Margin wird auch als Umsatzgewinnrate, Return on Sales Oder Operating Margin bezeichnet, sie wird im Folgenden mit ROS abgekiirzt. Die Fremdkapitalquote steht fur den Financial Leverage. Als Kennzahl wird die Debt to Equity Ratio (DERO genutzt. Diese berechnet sich aus den Darlehen dividiert durch das Eigenkapital zum Beginn der Periode.
194
II. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche g* = (R) X ROS X CTO X DER'
schreiben. Unter den gegebenen Annahmen zeigt die Gleichung auf, dass die nachhaltige Wachstumsrate g* eines Untemehmens dem Produkt aus vier traditionellen Kennzahlen der Bilanzanalyse besteht: Der Umsatzgewinnrate (ROS), dem Kapitalumschlag (CTO), der Fremdkapitalquote bzw. dem Financial Leverage (DER') sowie der Thesaurierungsrate (R). Die Kennzahlen ROS und CTO beziehen sich auf das operative Geschaft der Firma, wahrend sich die Kennzahlen DER' und R auf zwei wesentliche Parameter der Finanzpolitik des Untemehmens beziehen: DER' bezieht sich auf die Risikoneigung des Untemehmens, wahrend sich R auf die Dividendenpolitik des Untemehmens bezieht. Fine wesentliche Erkenntnis der Gleichung zu nachhaltigem Wachstum ist, dass g* die einzige Wachstumsrate eines Untemehmens ist, bei welchem die Werte der verschiedenen Kennzahlen untereinander konstant bleiben. Wachst eine Firma mit einer anderen Wachstumsrate, so miissen sich eine oder mehrere Kennzahlen im Verhaltnis zu den anderen verandem. Dies bedeutet, dass eine Steigemng der theoretischen maximalen Wachstumsrate (Adjusted Balanced Growth) nur moglich ist, wenn das Untemehmen entweder die operative Performance verbessert oder die Finanzpolitik verandert. Wie die Abbildung II-2 zeigt, kommt es andemfalls zu Cash-LFberschiissen oder Cash-Defiziten.
Abbildung II-6: Ansatzpunkte zur Verdnderung der Sustainable Growth Rate
(b)
Die Detaillierung und Definition der genutzten Kennzahlen
Im Folgenden soUen nun die Kennzahlen der Gleichung zu nachhaltigem Wachstum im Sinne traditioneller Kennzahlensysteme weiter zerlegt werden, um Ansatzpunkte fUr etwaige Zusammenhange herauszustellen. Dabei soil sich zunachst auf Kennzahlen, welche die operative Performance reprasentieren, konzentriert werden."*^* Von Interesse sind demnach zunachst Es ist anzunehmen, dass die MaBnahmen, welche den identifizierten Wachstumsfaktoren zugrunde liegen, vor allem die Kennzahlen der operativen Performance beeinflussen. Aus diesem Grund soil sich die nun folgende Diskussion zunachst auf diese beschranken. Im Anschluss an diese Diskussion werden die Uberlegungen durch Aussagen zu den Hebeln der Finanzpolitik erganzt.
II.2 Die Makroanalyse zur Analyse von Interdependenzen
195
Kennzahlen mit Bezug zur Umsatzgewinnrate als auch Kennzahlen mit Bezug zum Kapitalumschlag. Im Anschluss daran werden auch Kennzahlen mit Bezug zum Financial Leverage diskutiert. Eine explizite Diskussion der Thesaurierungspolitik soil nicht stattfmden, da unterstellt werden kann, dass in einer Wachstumsphase die erwirtschafteten Gewinne im Unternehmen investiert werden konnen, also eine VoUthesaurierung stattfindet. In der hergeleiteten Gleichung zum theoretisch maximalen Wachstum wird die operative Performance durch die Kennzahlen Umsatzgewinnrate (ROS) und den Kapitalumschlag (CTO) reprasentiert. Das Produkt dieser beiden Kennzahlen entspricht einer der anerkannt wichtigsten KenngroBen zur Beurteilung eines Untemehmens, der Gesamtkapitalrentabilitat (ROA)/^^ welche einen Indikator fiir die fmanziellen Ressourcen fiir Wachstumsinvestitionen darstellt/^^ Basierend auf der Kennzahl ROA wurde Anfang des vergangenen Jahrhunderts von dem amerikanischen Chemiekonzem Du Pont de Nemours & Co. das so genannte Du Pont-Schema entwickelt. Das Du Pont-Schema ermoglicht die Analyse verschiedener Faktoren, die sich auf die Gesamtkapitalrentabilitat auswirken. Es wird verhaltnismaBig viel zitiert und diskutiert und hat auch ohne jeden Zweifel eine weite Verbreitung in der Praxis erfahren. Es soil daher als Ausgangspunkt weiterer tJberlegungen dienen."*^^ Die Kennzahl ROA kann unter Zuhilfenahme des Du Pont-Schemas in weitere Kennzahlen zerlegt werden, welche die Analyse verschiedener MaBnahmen des Managements ermoglichen.'*^'* Einen Uberblick iiber die Zusanmienhange finanzieller Kennzahlen und damit potenzieller Hebel zur Beeinflussung der fmanziellen Ressourcen im Rahmen des Du PontSchemas gibt die Abbildung II-3.
Die Gesamtkapitalrentabilitat wird in Anlehnung an die angelsachsische Literatur wie auch Analystenberichten oder der gangigen Managementpraxis im weiteren Verlauf der Arbeit auch als Return on Assets bezeichnet und mit ROA abgekiirzt. Die Begriffe werden synonym verwendet. Basierend auf der Annahme, dass eine wesentliche Voraussetzung fur zukiinftiges Wachstum „Kapital" ist, ist die Gesamtkapitalrentabilitat einer Unteraehmung als Indikator fiir Kapitalgeber zu bewerten. Erfiillt ein Unternehmen die von Kapitalgebem erwartete Rendite nicht, so ist mit einem Abzug des Kapitals und damit mit einem geringeren Wachstumspotenzial zu rechnen. DarUber hinaus fiihrt eine geringe Rendite auch zu verminderten intemen Mitteln zur Wachstumsfinanzierung. Vgl.Siegwart(1990),S.33ff. Die Spitzenkennzahl ROA kann in verschiedenste Kennzahlen zerlegt werden. Dabei ist zu beachten, dass die veroffentlichten Daten von Unternehmen, welche im Rahmen der Makroanalyse herangezogen werden, verschiedenen Rechnungslegungsvorschriften unterliegen. Wie bereits erlautert wurde, wurde aus diesem Grund auf vereinheitlichte Daten der Hoover's Datenbank zuriickgegriffen. Dies hat zur Folge, dass vereinzelte Posten, welche im Rahmen der deutschen Rechnungslegungsvorschriften hatten beriicksichtigt werden konnen, nicht in die Analyse einbezogen werden konnen. Die gebildeten Kennzahlen beziehen sich somit auf das verfugbare Datenmaterial.
II. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche
196
Umsatz (Sales)
Kosten
1 Herstellungskosten (Costs of Goods Sold)
Gewinn (Net Income) UmsatzgewinnRate (ROS) -Operating Margin
- Cost Efficiency
0
Marketing -/Vertiebskosten (SG&A)
Umsatz (Sales)
- Overhead Efficiency Gesamtkapital Rendite (ROA
©
Verwaltungskosten (SG&A)
Umsatz (Sales)
Kapitalumschlag (CTO)
0
-Asset Turnover
Gesamtvermogen (Total Assets)
- Overhead Efficiency
^
Anlagevermogen (Fixed Assets) -Fixed Asset Turnover
£
Umlaufvermogen (Non-Fixed A.)
1 Lager (Inventory) - Inventory Turnover ForderungenA'erbindlichkeiten (Accounts Receivable/Payables) -Receivables Turnover Flow - Payables Period Liquide Mittel (Cash) - Days Sales in Cash
Abbildung 11-7:
Ansatzpunkte zur Steigerung der operativen Performance auf Basis des Du Pont-Schemas
Im Folgenden soUen die Kennzahlen ROA, ROS und CTO naher erlautert werden. Wesentlich ist dabei die Aufgliederung der zwei Kennzahlen ROS und CTO: •
Die Kennzahl ROS bezieht sich auf die Herstellungs-, Vermarktungs- und Verwaltungskosten und kann in die Kennzahlen Cost Efficiency (CE) und Overhead Efficiency (OE) zerlegt werden."*^^
•
Die Kennzahl CTO bezieht sich auf die Effizienz des Kapitaleinsatzes und ermoglicht eine weitere Aufschlusselung bezUglich des Anlagevermogens und des Umlaufvermogens.
•
Die Effizienz des Anlagevermogens kann durch die Kennzahl Fixed Asset Turnover (FAT) dargestellt werden,
Die Kennzahlen Cost Efficiency und Overhead Efficiency basieren auf den Daten Cost of goods sold und Selling, Administrative & General Costs. Da es sich bei diesen Daten um absolute Kennzahlen handelt, wurde fiir die Makroanalyse ein Bezug zum Umsatz hergestellt. Die Kennzahl Cost Efficiency bezieht sich somit auf die Herstellungskosten in Relation zum Umsatz, die Kennzahl Overhead Efficiency auf die Marketing- und Vertriebskosten sowie die Verwaltungskosten in Relation zum Umsatz.
II. 2 Die Makroanalyse zur Analyse von Interdependenzen •
197
wahrend die Effizienz des Umlaufvermogens durch die Kennzahlen Inventory Turnover (IT), Receivables Turnover Flow (RTF) bzw. Payables Period (PP) sowie Days of Sales Cash (DSC) reprasentiert wird.
Wie in der vorangegangenen Abbildung ersichtlich, ist die Umsatzgewinnrate (ROS) einer der zwei Haupteinflussfaktoren, die auf die Gesamtkapitalrentabilitat (ROA) wirken. Die Umsatzgewinnrate (ROS) gibt an, wie viel Gewinn ein Untemehmen fiir jeden Euro Umsatz erwirtschaftet, es ist der Reingewinn in Prozent des Umsatzes."*^^ Im Rahmen der Arbeit wurde sie definiert als ROS = Net
income/Sales.
Relevant ist die Kennzahl ROS vor allem zur Beurteilung des operativen Managements, da sie auf der einen Seite die Pricing-Strategie eines Untemehmens reflektiert und auf der anderen Seite Aufschluss dariiber gibt, ob ein Untemehmen die operativ anfallenden Kosten angemessen kontroUieren kann. "^^^ GewissermaBen eine der Umsatzgewinnrate untergeordnete Kennzahl ist die Cost Efficiency (CE), welche angibt, wie effizient ein Untemehmen in der Herstellung arbeit. Die Cost Efficiency bezieht sich auf die Herstellungskosten"*^^ und wurde definiert als CE = Costs of goods sold / Sales. Mogliche MaBnahmen zur Verbessemng der Cost Efficiency lassen sich vor allem im Einkauf realisieren. Neben der Cost Efficiency lasst sich auch die Overhead Efficiency (OE) als Unterkategorie der Umsatzgewinnrate ansehen, da auch diese Kennzahl Hinweise auf die operative Performance liefert. Sie bezieht sich auf die Marketing-, Vertriebs- und Verwaltungskosten eines Untemehmens und wurde definiert als Vgl. Seller (1999), S. 36. Da die Umsatzgewinnrate stark von den verkauften Produkten bzw. dem Geschaftsmodell sowie dem zugrunde liegenden Wettbewerbsumfeld beeinflusst wird, variiert sie von Industrie zu Industrie. Es ist beispielsweise davon auszugehen, dass die Umsatzgewinnrate in Industrien, welche eine geringe Wertschopfung aufweisen (z.B. Handel) niedriger ist, als in Industrien mit sehr groBer Wertschopfung (z.B. Energieerzeugung). Es besteht dabei ein enger Zusammenhang zwischen der Umsatzgewinnrate und dem Kapitalumschlag, da sich diese Kennzahlen gegenseitig bedingen. Wird in einer Industrie eine sehr groBe Wertschopfung bewerkstelligt, so erfordert dies in der Regel einen hohen Anlagenbestand und fuhrt damit zu einem geringeren Kapitalumschlag. Vgl. Higgins (2002), S. 36f. Eine hohe Umsatzgewinnrate ist somit nicht zwingend als positiv oder negativ einzustufen, erst unter Beriicksichtigung des zugrunde liegenden Kapitalumschlags und in Relation zu vergleichbaren Wettbewerbem kann eine Aussage uber die wahre Profitabilitat gemacht werden. Neben verkaufsfordemden MaBnahmen oder Preissteigerungen sind es vor allem Kosteneinsparungen, die auf den Gewinn und damit auf die Umsatzgewinnrate wirken. Nach den deutschen Bilanzierungsrichtlinien sind die Herstellungskosten „[...] Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Giitem und die Inanspruchnahme von Diensten fur die Herstellung eines Vermogensgegenstands, seine Erweiterung oder fur eine iiber seinen urspriinglichen Zustand hinausgehende wesentUche Verbesserung entstehen. Dazu gehoren die Materialkosten, die Fertigungskosten und die Sonderkosten der Fertigung. Bei der Berechnung der Herstellungskosten diirfen auch notwendige Materialgemeinkosten und notwendige Fertigungsgemeinkosten des Wertverzehrs und des Anlagevermogens, soweit diese durch die Fertigung veranlasst sind, eingerechnet werden. Kosten der allgemeinen Verwaltung [...] brauchen nicht eingerechnet zu werden." (Handelsgesetzbuch, 32. Auflage, Art. 255 (2), S. 63).
198
II. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche OE = Selling, General & Administrative
Costs/Sales.
Die Kennzahl gibt an, wie effizient das Marketing, der Vertrieb und die Verwaltung eines Untemehmens arbeiten. Bin wesentlicher Ansatzpunkt zur Verbesserung der Overhead Efficiency ist die Reduktion der Personal- oder Marketingkosten. Der Kapitalumschlag (CTO) ist neben der Umsatzgewinnrate der zweite wesentliche Haupteinflussfaktor der Gesamtkapitalrentabilitat, definiert wurde er als
CTO = Sales in t / [(Total Assets in t + Total Assets in t-l)/2]. Reale Verbesserungen des Kapitalumschlages ermoglichen MaBnahmen zur Reduktion des gebundenen Vermogens. Hierbei handelt es sich im Wesentlichen um MaBnahmen zur Reduktion des Anlagenbestandes oder des Umlaufvermogens. Der Fixed Asset Turnover (FAT) bezieht sich auf den Anlagenbestand, unter den Produktionsanlagen, Immobilien, der Fuhrpark und Patente/Lizenzen gezahlt werden. Die Kennzahl ist ahnlich zu interpretieren wie der Kapitalumschlag und wurde definiert als FAT = Sales / (Total Assets - Total Current Assets). Die Umschlaggeschwindigkeit des Umlaufvermogens lasst sich durch den •
Lagerumschlag bzw. Inventory Turnover (IT),
•
den Umschlag der Forderungen bzw. Receivables Turnover Flow (RTF),
•
der Dauer des Begleichen eigener Lieferantenverbindlichkeiten, der Payables Period (PP,) als auch durch
•
die Bestande der liquiden Mittel in Relation zum Umsatz, also Days Sales in Cash (DSC), beschreiben.
Ein wesentlicher Hebel zur Reduktion des Umlaufvermogens ist das Lagermanagement. Untemehmen besitzen verschiedene Lager,"^^^ deren Management einen groBen Einfluss auf die Kostenstruktur eines Untemehmens hat, da lagemde Giiter als gebundenes Kapital anzusehen sind. Desto schneller Giiter iiber den Verkauf Umsatze erlosen, desto schneller kann das freigesetzte Kapital fiir zukiinftiges Wachstum investiert werden. Eine Kennzahl zur Beschreibung der Lagereffizienz ist die des Inventory Turnover (IT). Die KenngroBe des Inventory Turnover gibt an, wie haufig ein Gut durchschnittlich pro Jahr umgeschlagen wird und wurde definiert als IT = Costs of Goods Sold / [(Inventory in t - Inventory in
t-l)/2[.
Das Forderungs- bzw. Debitorenmanagement hat einen ahnlich hohen Einfluss auf den Kapitalumschlag wie das Lagermanagement, da auch hier durch ein gezieltes Management Kapital friiher freigesetzt werden kann und damit teures Fremdkapital minimiert wird. Ein schlechtes Forderungsmanagement hat zudem den weiteren Nachteil, dass ein Ausfall aufge-
In der Regel unterscheiden Untemehmen die Lager fiir Rohstoffe und eingekaufte Fabrikate, eines fiir Halb- und Zwischenfabrikate so wie eines fiir Endprodukte. Vgl. Seiler (1999), S. 48.
II. 2 Die Makroanalyse zur Analyse von Interdependenzen
199
laufener Forderungen immer wahrscheinlicher wird. Als KenngroBe lasst sich der Receivables Turnover Flow (RTF) heranziehen.'*^^ Sie wurde definiert als RTF = Sales*^^ / [(Net Receivables in t + Net Receivables in
t-l)/2]
Das Pendant zum Debitorenmanagement ist das Kreditorenmanagement.'*^^ Um moglichst lange mit dem zur VerfUgung stehenden finanziellen Mitteln arbeiten zu konnen, sind Unternehmen haufig bemiiht, Lieferantenverbindlichkeiten etc. moglichst spat zu bezahlen."**^ Fine Kennzahl zur Beurteilung der Zahlungsmoral ist die Payables Period (PP), sie wurde definiert als PP = Short Term Debt/(Costs
of Goods
Sold/360).
Bin weiterer Posten des Umlaufvermogens ist der Kassenbestand. Er ist nicht nur wichtig, um wesentliche Transaktionen des Tagesgeschafts sicherzustellen, auch in Krisenzeiten sichert er einem Untemehmen Uberlebenswichtige Liquiditat. Die Hohe des Kassenbestandes hangt stark vom Geschaftsumfeld eines Untemehmens ab, es lasst sich daher keine Handlungsmaxime ableiten. Grundsatzlich ist jedoch zu beachten, dass der Kassenbestand in Krisenzeiten erhoht werden sollte, um etwaige Liquiditatsengpasse zu vermeiden. Fine geeignete Kenn-
480
Die KenngroBe des Receivables Turnover Flow kann in zweierlei Art und Weise interpretiert werden. Zum einen gibt die Zahl an, wie viele Tage eine Forderung bis zur tatsachlichen Realisation verbucht bleibt. Eine weitere Interpretation besagt, dass sie den Zeitraum zwischen Vertragsabschluss und Erhalt des Geldes anzeigt. Bei der Interpretation muss beriicksichtigt werden, welche Zahlungsziele einem Geschaft zugrunde liegen. Wie auch schon bei den anderen KenngroBen unterscheiden sich die Werte auch beim Debitorenmanagement von Industrie zu Industrie. Der Grund hierfiir liegt in der Unterschiedlichkeit von Zahlungskonditionen und -praktiken. Fallt auf, dass ein Unternehmen der gleichen Industrie einen kleineren Debitorenumschlag als der Industriedurchschnitt aufweist, so kann dies unterschiedliche Griinde haben. Mogliche Ursachen sind, wie bereits gesagt, andere Verkaufskonditionen (z.B. kein Skonto), eine andere Kundenstruktur, ein ungeniigendes Mahn- und Geldeinzugsprozedere, ein Informationssystem, welches kein zeitnahes Erkennen schlechter Zahler ermoglicht oder eine ungeniigende Zusammenarbeit zwischen Verkauf und Finanzabteilung hinsichtlich des Geldeinzugsprozesses. Exakter ist hier die Verwendung von Umsatzen auf Kredit, da lediglich diese Art der Umsatze zu Forderungen fiihrt. Diese Informationen sind jedoch fiir externe Analysten in der Regel nicht verfiigbar. Es wird daher angenommen, dass es sich bei alien Umsatzen um Umsatze auf Kredit handelt. Vgl. Higgins (2002), S. 40. Das Kreditorenmanagement soil an dieser Stelle kurz erlautert werden, da es Auswirkungen auf die finanziellen Ressourcen eines Untemehmens haben kann. Streng genommen hat es jedoch keinen Einfluss auf den Kapitalumschlag und ist damit nicht als untergeordnete Kennzahl des Kapitalumschlages zu sehen. Zu beachten ist jedoch, dass hier ein Trade-Off beriicksichtigt werden muss, da Anreize, Verbindlichkeiten schneller zu begleichen, haufig attraktiver sind als der eigene Zinsvorteil. Der Zinsvorteil bei der Nutzung von Skonti geht in der Regel weit iiber den eigenen Zinsvorteil hinaus. So entsprechen beispielsweise 2% Skonto innerhalb von 10 Tagen gegeniiber 30 Tagen netto einen Zinsvorteil von 2% auf 20 Tage, auf ein Jahr gerechnet ergibt dies 36%. Bei guter Finanzlage ist daher der Vorteil von Skonti zu nutzen. Nutzt ein Abnehmer die angebotenen Anreize nicht, so konnte dies ein Indiz dafiir sein, dass sich dieser in einem finanziellen Engpass befindet. Haufig werden in diesem Falle Risikozuschlage bei der Preisgestaltung kalkuliert. Vergleicht man die Kreditorenbestande mit den Debitorenbestanden, so lasst sich leicht ein Bild iiber die finanzielle Lage eines Untemehmens ableiten. Zu beachten ist, dass in Branchen, in denen groBtenteils bar bezahlt wird (z.B. Handel) oder bei denen eine geringe Wertschopfung stattfindet, in der Regel hohere Kreditorenbestande im Vergleich zu den Debitorenbestanden festzustellen sind. Ein weiteres Indiz fiir ein derartiges Verhaltnis ist eine groBe Machtposition gegeniiber den Kunden.
200
II. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche
groBe ist Days Sales in Cash (DSC). Sie wurde in der vorliegenden Arbeit folgendermaBen berechnet: DSC = Kassenbestand / Umsatz * 360. Neben den Kennzahlen, welche die operative Performance eines Untemehmens reprasentieren, sind gemaB der Gleichung nachhaltigen Wachstums weitere Kennzahlen zur Analyse der Finanzpolitik, insbesondere des Financial Leverage, notwendig. Zur Analyse des Financial Leverage wurden Kennzahlen entwickelt, die einen Vergleich von Untemehmen hinsichtlich ihrer Kapitalstruktur ermoglichen.'*^'* Die am weitesten verbreitete KenngroBe zur Analyse der Kapitalstruktur eines Untemehmens ist das Verhaltnis von Fremdkapital zu Eigenkapital. In der Untemehmenspraxis wird dabei die Debt to Equity Ratio (DER) genutzt."*^^ Sie wurde definiert als DER = Total Liabilities/Shareholders^Equity. Neben dem Financial Leverage beriicksichtigt die Gleichung zur SGR auch die Thesaurierungspolitik eines Untemehmens, da diese direkt die Hohe der finanziellen Ressourcen bestimmt. Der groBte finanzielle Spielraum ergibt sich bei einer Vollthesauriemng."*^^ (2)
Datengewinnung, Stichprobe und eingesetzte statistische Verfahren
Bei der Makroanalyse handelt sich um eine tendenziell explorative Analyse von Zusammenhangen (Korrelationen) zwischen den genannten Variablen und dem Untemehmenswachstum, wenngleich die Ergebnisse mittels statistischer Signifikanztests auch auf ihre Richtigkeit gepriift werden und die Analyse somit auch konfirmatorischen Charakter annimmt. Bevor in Abschnitt II.2.2 die statistischen Analysen durchgefuhrt werden, soUen im Folgenden allgemeine Punkte zur Operationalisiemng der Fragestellung geklart werden. Hierzu wird auf die Datengewinnung und -aufbereitung (a), die Zusammensetzung und Reprasentativitat der Stichprobe (b) sowie auf die eingesetzten statistischen Verfahren (c) eingegangen.
Es existieren eine groBe Anzahl verschiedener KenngroBen, um den genutzten Financial Leverage eines Untemehmens zu bewerten. Neben der Kapitalstruktur ist vor allem die Liquiditat von Interesse. Hierbei ist die Uberlegung, dass weniger die relative Hohe der Verbindlichkeiten zur Bewertung eines Unternehmens relevant ist. Vielmehr interessieren den Investor, inwieweit ein Untemehmen die Moglichkeit hat, den eingegangenen Verpflichtungen im Sinne der Liquiditat gerecht zu werden (Ein Beispiel fiir eine derartige Kennzahl ist die so genannte Current Ratio). Fiir die Analyse des Zusammenhangs zwischen dem Financial Leverage und dem Untemehmenswachstum sind diese Kennzahlen jedoch von untergeordnetem Interesse. Sie sollen daher im Folgenden auBer Acht gelassen werden. Die Debt to Equity Ratio gibt den Prozentsatz an, zu welchem das gebundene Vermogen eines Unternehmens fremdfmanziert ist: Kreditgeber fmanzieren eine Firma mit dem errechneten Prozentsatz fiir jeden von Eigenkapitalgebem fmanzierten Euro. Eine Richtlinie fiir eine optimale Thesauriemngspolitik aus Sicht der Anteilseigner gibt es jedoch nicht. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass die Thesauriemngspolitik der Anteilseigner von der zukiinftigen Verzinsung des Kapitals abhangt. Bieten sich einem Untemehmen in der Zukunft Wachstumschancen, so kann davon ausgegangen werden, dass die Gewinne in der Wachstumsphase tendenziell eher einbehalten werden. In der Reifephase werden die Gewinne eher ausgeschiittet.
11.2 Die Makroanalyse zur Analyse von Interdependenzen (a)
201
Datengewinnung und -aufbereitung
Zunachst wird dargelegt, wie die in der Makroanalyse verwendeten Daten gewonnen wurden bzw. welche Anforderungen bei der Nutzung von Sekundardaten gestellt werden. Wesentlich sind hierbei Hinweise auf die Stichprobenauswahl. GleichermaBen wichtig ist der Verweis auf die verwendeten Datenquellen. Da es eine nicht voUstandig zu erfassende Anzahl an Medienuntemehmen auf der Welt gibt und eine Analyse der Grundgesamtheit somit nicht moglich war, mtissen Selektionskriterien zur Auswahl einer reprasentativen Stichprobe herangezogen werden. Als Medienunternehmen werden im Folgenden diejenigen okonomischen Institutionen bezeichnet, welche sich mit der Produktion, Aggregation, Vervielfaltigung und dem Vertrieb von auf bestimmte Kundenbediirfnisse zugeschnittenen Liformations- und Unterhaltungsgutem befassen. Die Auswahl der Untemehmen sowie die Abgrenzung der Medienbranche orientierten sich nicht, wie bei vielen anderen empirischen Studien, an den gangigen amerikanischen SlC-Codes."*^* Da es sich um eine weltweite und vor allem industriespezifische Analyse handelt, ist eine weitaus spezifischere Abgrenzung sinnvoU, welche sich an gangigen Kriterien der Praxis orientiert."**' Die im Rahmen der Analyse genutzte Definition der Medienbranche bezieht sich somit auf die weltweiten Segmente Buch, Zeitung, Zeitschrift, Film, TV-Cable & TV Broadcast, Radio, Musik und Games. Des Weiteren wurden die Segmente der neuen Medien, Online und Service Provider, beriicksichtigt. Als Medien angrenzendes Segment wurden Themenparks in die Analyse mit einbezogen. Zur Stichprobenauswahl fur empirische Studien werden in der betriebswirtschaftlichen Forschung in der Regel folgende Kriterien herangezogen: •
Nicht uniiblich ist die Auswahl der in der Branche als groBte Untemehmen angesehenen Firmen, wobei sich die Bestimmung der GroBe auf den erwirtschafteten Umsatz bezieht."*^^
•
Dariiber hinaus wird in verschiedenen Arbeiten auch immer wieder die Datenverfugbarkeit als Auswahlkriterium fur Untemehmen genannt, da die jeweiligen Forscher in der Regel auf Sekundardaten angewiesen sind."*^^
Vgl. KarmasinAVinter (2000), S. 22ff.; Kiefer (2001), S. 14ff. Eine Diskussion verschiedener Auffassungen zum Begriff der Medienuntemehmung findet sich bei Faulstich (1994), S. 19ff.; ebenso bei Burkard (1998), S. 38; zur Aufgabe von Medienuntemehmen siehe Eierhoff (1999), S. V und Wossner (2001), S. 18. Vgl. hierzu auch die Ausfiihrungen in der Einleitung. Die Abkiirzung SIC steht fiir Standard Industrial Classification. Vgl. hierzu auch ThomasA^enkatraman (1988), S. 546, S. 550. Hintergrund dieses Vorgehens ist der Wunsch, mit der Stichprobe einen moglichst hohen Marktanteil abzudecken. Kritisch anzumerken ist, dass bei einem derartigen Vorgehen Teilsegmente unterreprasentiert sind, die per se kleinere Firmen aufweisen (z.B. Radio im Vergleich zu Musik). Daher ist in jedem Fall darauf zu achten, eine Auswahl nach GroBe in jeder Medienteilbranche separat durchzufiihren. Vgl. beispielsweise Sudharshan et al. (1991), S. 433; Fiegenbaum/Thomas (1993), S. 77; Ravian et al. (1999), S. 91. Vgl. Wiggins/Rufli (1995), S. 1639; Tucci/Sweo (1996), S. 76; Flavian et al. (1999), S. 91.
202
11. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche •
Weiterhin wird sich bei der Auswahl der Untemehmen auf diejenigen Untemehmen beschrankt, die primar in dem untersuchten Geschaftsfeld tatig sind, wenn die Analyse intra-industriell gepragt ist und die Berechnung von Anteilen fiir verschiedene Geschaftsfelder in der Regel zu Ungenauigkeiten fUhrt.
Vor dem Hintergrund der erfolgten Diskussion erscheint es damit zweckmaBig, alle gemaB der obigen Definition als Medienuntemehmen anzusehenden Firmen in die Stichprobe aufzunehmen, sofem diese den GroBteil der Umsatzerlose in einem oder mehreren der definierten Mediensegmente erwirtschaften, die Geschaftszahlen umfassend veroffentlichen und zu den groBten Firmen des jeweiligen Segmentes zahlen.'*^^ Neben der Auswahl einer geeigneten Stichprobe hat auch die Auswahl der Datenquellen einen Einfluss auf das Ergebnis einer empirischen Untersuchung. In der empirischen Forschung werden primare und sekundare Datenquellen unterschieden."*^"* Da die statistischen Analysen in der vorliegenden Arbeit hauptsachlich auf sekundaren Datenquellen"*^^ basieren, war die Auswahl geeigneter Quellen von Bedeutung/^^
Bel Unternehmen, die sehr stark in Bereichen auBerhalb des untersuchten Marktes engagiert sind, kann dies zu Fehlinterpretationen fiihren, wenn die unabhangige Variable mafigeblich von branchenfremden Werten bestimmt wird. Vgl. Ketchen et al. (1993), S. 1290. Das Einfuhren einer MindestgroBe gesamt oder segmentsspezifisch ist abzulehnen, da die Verteilung der verschiedenen Umsatzklassen teilweise sehr groB ist und dies zu Verzerrungen gefiihrt hatte. Aus diesem Grund wurden die Untemehmen zunachst gerankt und im Anschluss subjektiv hinsichtlich ihrer Relevanz fiir die vorliegende Analyse beurteilt. Ein Uberblick iiber die in der Stichprobe aufgenommenen Untemehmen fmdet sich in Anhang A. Der Unterschied zwischen primaren und sekundaren Daten liegt darin, dass primare Daten direkt fiir den Forschungszweck erhoben werden (iiber Interviews, Fragebogen, Beobachtungen), wohingegen sekundare Daten Statistiken sind, die nicht direkt fiir den bestimmten Forschungszweck gesammelt worden sind. Eine Ubersicht zu sekundaren und primaren Quellen findet sich bei Lehmann (1989), S. 78ff. oder GraumannAVeissman (1991), S.55f. Der sicherlich groBte Vorteil sekundarer Daten gegeniiber eigenen Erhebungen ist der Zeit- und Geldvorteil. Der Forscher muss nur die geeigneten Daten aus Zeitschriften, kommerziellen Datensammlungen oder Geschaftsberichten zusammentragen und erspart sich somit das kosten- und zeitaufwendige eigenhandige Erheben der Daten. Vgl. Bums/Bush (1995), S.137ff. Da sich der Forscher bei der Nutzung sekundarer Daten auf deren Validitat und Konsistenz verlassen muss, schlagen Burns/Bush vor, potenzielle Datenquellen unter drei Gesichtspunkten zu untersuchen: 1. Wer sammelte die Informationen? Der Forscher soUte sich die Frage stellen, welche Kompetenz die Organisation hat, die die Daten sammelt. Im Einzelnen muss abgeschatzt werden, welche Kompetenz der Anbieter hat, unterschiedliche Wechselkurse, Bilanzstichtage oder Rechnungslegungsvorschriften zu beriicksichtigen. 2. Welche Informationen wurden gesammelt? Allgemein muss beachtet werden, welche MaBeinheiten zugmnde gelegt worden sind, ob ungeeignete Klassifiziemngen vorgenommen worden sind und wie aktuell die einzelnen Daten sind. Oster sieht bei Datenbanken wie Compustat aber das Problem, dass die benotigten Daten - vor allem bei stark diversifizierten Untemehmen - nicht immer auf die ideale Ebene hemnter gebrochen sind und kleine Unternehmen oft gar nicht in der Datenbank gefiihrt werden. Vgl. Oster (1982), S.337f; Galbraith/Schendel (1983), S.158. 3. Wie konsistent sind diese Informationen mit anderen Informationen? Um die Konsistenz zu priifen ist es sinnvoll, die erhaltenen Daten mit denen aus anderen Quellen zu vergleichen. Im Fall von Unternehmensdatenbanken ware es beispielsweise angebracht, selbst stichprobenartig Wechselkurse nachzuprUfen Oder Untemehmensdaten mit denen aus den jeweiligen Geschaftsberichten oder anderen Informationsquellen zu vergleichen. Vgl. Mascarenhas (1989), S.340 und Nair/Kotha (2001), S.226f
II.2 Die Makroanalyse zur Analyse von Interdependenzen
203
Im Bereich der (extemen)"*^^ sekundaren Quellen kann zwischen veroffentlichten und syndizierten Daten unterschieden werden. Veroffentlichte Daten sind gratis oder gegen eine Gebiihr in Bibliotheken, bei Verbanden oder Amtem (z.B. Statistisches Bundesamt) sowie direkt von Untemehmen erhaltlich. Syndizierte Daten sind deutlich spezialisierter als veroffentlichte und in der Regel auch nicht offentlich zuganglich, da sie auf den Abnehmerkreis zugeschnitten sind, an den sie verkauft werden. Der Forscher erhalt bei syndizierten Daten in der Regel jedoch Daten, die den eigenen Forschungsvorgaben sehr nahe kommen. Er teilt sich den Preis mit anderen Abnehmem und spart sich so Zeit und Kosten einer eigenen Erhebung."" Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden die Vor- und Nachteile von offentlichen und syndizierten Daten abgewogen. Um die verschiedenen Vorteile der zwei Vorgehensweisen zu verbinden, wird ein zweistufiges Verfahren angewendet: •
In einem ersten Schritt wurde sich fiir syndizierte Daten aus der Hoovers Datenbank entschieden. Gegen die schwerpunktmaBige Nutzung von offentlich zuganglichen Daten sprechen forschungsprogrammatische und -pragmatische Griinde. Der Umfang und die Qualitat der bei Hoovers zur Verfugung stehenden Daten ist so hoch, dass eine eigens fiir die vorliegende Untersuchung durchgefiihrte Datensammlung aus Geschaftsberichten dieses Niveau unter keinen Umstanden erreichen konnte."*^' Hoover wird von international tatigen Untemehmen und Forschungseinrichtungen genutzt und kann daher als verlasslich gelten. Das von Oster formulierte Problem,^^^ dass keine Daten von kleinen Untemehmen in der Datenbank zur Verfugung stehen oder einzelne Geschaftsbereiche unzureichend ausgewiesen werden, stellte sich nur sehr selten.
•
In Einzelfallen und aus Griinden eines Stichprobenartigen „Check" werden im zweiten Schritt Geschaftsberichte angefordert, um Daten zu erganzen bzw. zu Uberpriifen. Dieses Vorgehen ermoglicht sowohl die Vervollstandigung der Datenbank als auch die Gewahrleistung einer durchgehenden Datenkonsistenz. Um sta-
Neben externen sekundaren Quellen konnen auch interne sekundare Daten aus der eigenen Organisation (Untemehmen, Lehrstuhl, etc.) herangezogen werden. In der Makroanalyse werden externe Datenquellen genutzt, da der Zugriff auf interne Datenquellen bei der Mehrzahl der in der Stichprobe beinhalteten Untemehmen nicht moglich ist. Bums/Bush (1995), S.134 und S.158ff. Harrigan (1985a), S. 55ff. sowie Lawless/Finch Tegarden (1991), S. 645ff. nutzen in ihren empirischen Analysen beispielsweise die „Compustat Industry Segment Database", da diese prazise und komplette Untemehmensdaten fiir diversifizierte Unternehmensaktivitaten bereitstellt, die zuganglich fur Cross-Validiemng und Replikation sind. Viele Autoren, die auf sekundare Daten zuruckgreifen, nutzen dariiber hinaus - sofem vorhanden - branchenspezifische Fachquellen. Vgl. Mascarenhas (1989), S. 333ff., Fiegenbaum/Thomas (1990), S. 197ff.; Lawless/Finch Tegarden (1991), S. 645ff. 499
500
Dies gilt insbesondere hinsichtlich bilanzrechtlicher Anpassungen aufgrund der in den verschiedenen Landem geltenden unterschiedlichen Rechnungslegungsvorschriften. Vgl. Oster (1982), S.337f.
204
II. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche tistisch bedingte Verzerrungen zu vermeiden, werden dariiber hinaus AusreiBer aus der Datenbank ausgesondert.^^^
(b)
Zusammensetzung und Reprasentativitat der Stichprobe
Zu Bewertung der Ergebnisse ist die Zusammensetzung der Stichprobe als auch die Reprasentativitat der Stichprobe von Belang. Die vorliegende Untersuchung bezieht sich auf Untemehmen und Geschaftseinheiten der Medienbranche, welche im Jahr 2001 in ihrer Gesamtheit ein Weltmarktvolumen von ca. 12,4% einnahmen. Einen tJberblick iiber die untersuchten Medienteilsegmente, dem geschatzten Weltmarktvolumen sowie den Marktanteil der in dieser Studie analysierten Untemehmen fmdet sich in Tabelle II-2.
Tabelle II-2:
Marktvolumen der Medienteilmdrkte und Marktanteile der Stichprobe (PWC Media Outlook, 2002)
In der uberwiegenden Mehrzahl handelt es sich um rechtlich selbstandige Untemehmen. Bei der Auswahl der Untemehmen wird sich, wie bereits im vorangegangenen Abschnitt erlautert, an den bei Hoovers zur Verfugung stehenden Untemehmensdaten orientiert. 501
Vgl. hierzu auch den Abschnitt „Eingesetzte statistische Verfahren".
502
Diese Zahlen beziehen sich auf den Anteil der in der Stichprobe vertretenen Firmen, fur welche ein Wert hinsichtlich des Medienumsatzes 2001 vorhanden ist.
503 504
Die Daten beinhalten sowohl General als auch Special Interest Magazines. Das Segment „Consumer Books" hat ein Marktvolumen von ca. 44,709 Mio. USD, wahrend das Segment Professional Books ein Marktvolumen von ca. 207,602 Mio. USD aufweist.
505
In den Daten sind Werte des Segmentes „Out-of-Home-Advertising" enthalten.
506
Die Daten beinhalten sowohl Werbeerlose als auch Erlose fiir den Intemetzugang.
II.2 Die Makroanalyse zur Analyse von Interdependenzen
205
Die Zusammensetzung der Stichprobe nach Segmenten und Regionen ergibt folgendes Bild:'»'
Abbildung II-8: Stichprobenzusammensetzung nach Segmenten und Regionen
Wahrend die Zusammensetzung der Untemehmen nach Segmenten zu groBen Teilen ausgeglichen ist, gibt es bei der regionalen Verteilung einen offensichtlichen tJberhang zu Gunsten der USA. Dies begriindet sich durch das Selektionskriterium der Datenverfiigbarkeit.^^^ Da es keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Analyseergebnisse zwischen den einzelnen Regionen gibt, ist es moglich, uberproportional viele US-amerikanische Untemehmen in die Stichprobe aufzunehmen, um eine Mindestanzahl an Untemehmen pro Segment gewahrleisten zu konnen. Bei der Durchfiihmng der einzelnen Analysen werden die einzel-
Die Zusammensetzung der Stichprobe bezieht sich auf die Anzahl der insgesamt einbezogenen Firmen und weicht somit von den Werten in der Tabelle II-2 ab. Grundsatzlich - und dies ist aufgrund der verschiedenen Wertschopfungsstrukturen und Geschaftsmodelle nicht Uberraschend - ist ein Unterschied hinsichtlich der UntemehmensgroBe und damit der Branchenstruktur in den einzelnen Teilsegmenten festzustellen. Wahrend TV-Sender in der Regel recht groBe Einheiten sind, stellt sich dies bei Buchverlagen oder Game-PubUshern tendenziell anders dar. Die unterschiedliche Branchenstruktur kann auf der historischen Entwicklung oder auch rechtlichen Vorgaben beruhen. Vergleicht man nun die Art der Finanzierung in den einzelnen Landem, so fallt auf, dass die USA im Gegensatz zu europaischen oder asiatischen Landem einen wesentlich hoheren Anteil an borsennotierten Untemehmen aufweist. Dies hangt in aller Regel mit den Verhaltnissen an den jeweiligen Kapitalmarkten zusammen und gilt auch fiir kleine und mittelstandische Untemehmen. Dies hat zur Folge, dass in europaischen und asiatischen Landem in denjenigen Segmenten, welche tendenziell eher kleine und mittelstandische Untemehmen in ihrer Branchenstruktur aufweisen, kaum Untemehmen mit offentlich zuganglichen Unternehmensdaten zur Verfiigung stehen. Dies gilt insbesondere fur den deutschen Markt, in welchem sogar viele der groBten Medienkonzeme im Familienbesitz sind und in der Regel nur unzureichend ihre Untemehmensdaten veroffentlichen. Als Beispiel lasst sich hierfiir die WAZ-Gmppe anfiihren.
206
II. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche
nen Segmente bzw. die Regionen gewichtet, um eine theoretisch mogliche Verzerrung auszuschlieBen. Die Reprasentativitat der Datenbasis ist schwer zu ermitteln, da weder die Gesamtzahl aller moglichen Untemehmen und Geschaftsbereiche bekannt ist, noch die wertmaBigen Produktionsvolumina konkret auf die betrachteten Medienteilsegmente bezogen vorliegen. Damit ist die Grundgesamtheit nicht bekannt. Die empirische Basis entzieht sich damit einem statistischen Test,^^' der die Reprasentativitat der Stichprobe iiberpriifen konnte. Es konnen jedoch einige allgemeine Aussagen bezuglich der Stichprobenreprasentativitat gemacht werden. So ist zunachst herauszustellen, dass die Stichprobe mit einem geschatzten Weltmarktanteil von 12,4% als groB fUr eine empirische Untersuchung zu werten ist. Auch die hohe Anzahl von Firmen gewahrleistet, dass die Stichprobenpower als ausreichend angesehen werden kann. Aufgrund der obigen Ausfuhrungen kann die Reprasentativitat der empirischen Basis, die der vorliegenden Makroanalyse zugrunde liegt, sicherlich mit „gut" umschrieben werden. (c)
Eingesetzte statistische Auswertungsverfahren
In der vorliegenden Untersuchung werden Zusammenhange zwischen finanziellen Kennzahlen, welche die verschiedenen Wachstumsfaktoren reprasentieren, und dem Untemehmenswachstum analysiert. Hierbei sollen auch wechselseitige Zusammenhange identifiziert werden. Alle identifizierten Zusammenhange sollen dariiber hinaus im Anschluss auf ihre Signifikanz iiberpruft werden. Zur Auswahl geeigneter statistischer Verfahren stellten sich damit folgende Fragen: •
Welche Aussagen sollen hinsichtlich potenzieller Zusammenhange getroffen werden konnen,
•
welche Verfahren konnen zur Analyse von Zusammenhangen genutzt werden,
•
welche Restriktionen sind bei der Auswahl statistischer Verfahren im vorliegenden Fall zu beriicksichtigen, und
•
welche konkreten Verfahren konnen in der vorliegenden Analyse angewendet werden?
Die Analyseergebnisse sollen aufzeigen, ob es nachweisbare Zusammenhange zwischen einzelnen, den Wachstumsfaktoren zugrunde liegenden, MaBnahmen gibt. Von Interesse ist dabei auch, ob einzelne MaBnahmen einen groBeren Einfluss auf das Untemehmenswachstum aufweisen als andere. Des Weiteren ist zu klaren, welche Richtung identifizierte Korrelationen aufweisen, um RuckschlUsse Uber das Zusammenwirken der Wachstumsfaktoren Ziehen zu konnen.
Fritz (1995), S. 106f. fiihite beispielsweise t-Tests und x^-Homogenitatstests bzgl. der Untemehmensgro6e und der Branchenzugehorigkeit durch, um die Reprasentativitat der Stichprobe zu untersuchen. Es wurde auch ausgeschlossen, dass die Stichprobe „overpowered" ist.
II.2 Die Makroanalyse zur Analyse von Interdependenzen
207
Im AUgemeinen konnen zur Analyse von Zusammenhangen verschiedene statistische Verfahren zur Anwendung kommen. Zu unterscheiden sind dabei vier verschiedene Gruppen von Verfahren: Tabellarische Verfahren (Kontingenztabellen), graphische Zusammenhangsanalysen, Korrelationsanalysen und Regressionsanalysen.^^^ Tabellarische Verfahren sind der Reihenvergleich und die Korrelations- bzw. Kontingenztabelle,^^^ welche erste einfache Aussagen hinsichtlich vermuteter Zusammenhange ermoglichen. Tabellarische Darstellungen sind zwar sehr anschaulich, vermogen jedoch nur einen sehr groben Uberblick zu vermitteln. Sie eignen sich, um die Richtung des Zusammenhangs, die Form oder Storungen des Zusammenhangs zu identifizieren. Als graphische Zusammenhangsanalysen werden Streuungsdiagramme und Histogramme bezeichnet.^^^ Unter Streuungsdiagrammen versteht man die grafische Darstellung von n Wertepaaren (xi; yj) in einem Koordinatensystem. Entsprechend der Verteilung der n Punkte in der Punktwolke kann man auf Form und Intensitat des jeweils untersuchten Zusammenhangs schlieBen. Mit Streuungsdiagrammen kann man sich anschaulich eine Vorstellung iiber die Form, den Verlauf eines Zusammenhangs und seine Intensitat verschaffen, sie gelten daruber hinaus als gutes Hilfsmittel bei der Auswahl einer mathematischen Funktion zur Beschreibung des Zusammenhangs: einer Regressfunktion. Da es sich lediglich um die graphische Darstellung von Zusammenhangen handelt, lasst sich die Starke des Zusammenhangs nicht quantifizieren. Bei einer sehr hohen Zahl von Messwerten oder wenn gleiche Messwerte ofter auftreten, werden Streuungsdiagramme uniibersichtlich. Zur Veranschaulichung von Haufigkeiten in diesen Fallen lassen sich zweidimensionale Histogramme bzw. glatte Varianten des Histogramms verwenden.^^"* Eine Quantifizierung ist jedoch auch hier nicht moglich. Korrelationsanalysen schlieBlich ermoglichen die Quantifizierung eines Zusammenhangs. Die Aufgabe der Korrelationsrechnung mittels MaBzahlen ist die Quantifizierung der Interdependenz zweier Merkmale X und Y, also die Ermittlung von MaBzahlen zur Charakteristik der Starke und der Richtung des Zusammenhangs zwischen diesen Merkmalen. Bei der Korrelationsrechnung sind eine Vielzahl von Koeffizienten zur Widerspiegelung der Intensitat von Zusammenhangen entwickelt worden,^^^ deren Anwendung sich auf das Skalenniveau des jeweils untersuchten Merkmalspaars^^^ sowie auf die zugrunde liegende Verteilung der Stichprobe bezieht. Zu unterscheiden sind weiterhin bivariate, partielle, multiple und kanoni-
511
Vgl. Fahrmeir (1999), S. 109ff.
512
Die Korrelations- und Kontingenztabelle unterscheiden sich lediglich hinsichtlich des Skalenniveaus der verwendeten Variablen.
513
Vgl. Fahrmeir et al. (1999), S. 127ff.
514 515
Vgl. Fahrmeir et al. (1999), S. 130. Beispiele sind der Korrelationskoeffizient nach Bravais-Pearson (dieser wird auch Produkt-MomentKorrelationskoeffizient genannt), nach Spearman oder nach Kendall. Vgl. Bortz (1993), S. 187ff. Dabei bestimmt beim jeweils untersuchten Merkmalspaar das niedriger skalierte Merkmal die Zuordnung, da hohere Skalen in niedrigere transformiert werden konnen, aber nicht umgekehrt.
208
II. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche
sche Korrelationen.^^^ Eine Einschrankung erfahren KorrelationsmaBe hinsichtlich der Interpretierbarkeit, da keine Kausalitat zwischen den untersuchten Merkmalen unterstellt werden darf. Wahrend die Korrelationsrechnung den Grad des Zusammenhangs zwischen zwei Variablen bestimmt, kann man mit Hilfe der Regressionsanalyse die Art des Zusammenhangs beschreiben. Sie ist geeignet, um unterstellte Beziehungen zu iiberpriifen und quantitativ abzuschatzen. Die Regressionsanalyse ist sowohl zur Erklarung von Zusammenhangen als auch zur Durchfiihrung von Prognosen geeignet. Im Gegensatz zur Korrelationsanalyse unterstellt die Regressionsanalyse eine eindeutige Richtung des Zusammenhangs unter den Variablen. Die Hypothese iiber eine mogliche Ursache-Wirkungs-Beziehung ist vor der Anwendung der Regressionsanalyse auf ihre sachlogische Plausibilitat zu priifen, da von der Auswahl der Variablen und der Qualitat ihrer Messung die materiell zu erwartenden Ergebnisse der Regressionsanalyse abhangen. Zu unterscheiden sind zwei verschiedene Arten der Regressionsanalyse: die einfache Regression und die multiple Regression.^^^ Die Auswahl der statistischen Verfahren fiir die Makroanalyse unterliegt verschiedenen Restriktionen, welche im Folgenden zu diskutieren sind. Zu unterschieden sind Restriktionen basierend auf der Fragestellung, d.h. die potenziellen Verfahren mlissen auf ihr Problemlosungspotenzial gepriift werden. Weiterhin zu unterscheiden sind Restriktionen, welche sich auf das zur Verfugung stehende Datenmaterial beziehen, da die verschiedenen statistischen Verfahren unterschiedliche Anforderungen an das Datenmaterial stellen (z.B. Skalenniveau, Normalverteilung, Unabhangigkeit der Variablen, etc.). In Bezug auf die Fragestellung lasst sich zunachst festhalten, dass sowohl tabellarische Verfahren als auch graphische Zusammenhanganalysen unzureichend zur Bestimmung der Zusammenhange im Sinne der vorliegenden Problemstellung sind, da diese die identifizierten Zusammenhange nicht zu quantifizieren vermogen. Somit sind Korrelations- und Regressionsanalysen potenziell mogliche statistische Verfahren fiir die Makroanalyse. Bei der Korrelationsrechnung kommen vor allem bivariate und multiple Verfahren in Betracht. Partielle Korrelationsanalysen erscheinen nicht notwendig, da ein ganzheitliches Kennzahlensystem vollstandig auf Korrelationen analysiert werden soil. Somit werden alle moglichen Zusammenhange innerhalb des Kennzahlensystems offen gelegt. Beeinflussende Parameter auBerhalb des Kennzahlensystems konnen zwar nicht ausgeschlossen werden, eine Einbeziehung derartiger Variablen ist jedoch aus pragmatischen Grunden schwierig, da diese Mit bivariaten Korrelationen lasst sich der Zusammenhang zwischen zwei Variablen untersuchen. Ist anzunehmen, dass eine dritte, nicht betrachtete Variable, den Zusammenhang zwischen den zwei untersuchten Variablen beeinflusst (Scheinkorrelation), so lasst sich die dritte Variable durch eine partielle Korrelation ausschlieBen. Mittels multipler Korrelationsrechnungen kann der Einfluss von mehreren unabhangigen Variablen auf eine abhangige Variable analysiert werden. Die multiple Korrelation entspricht in ihrer Anwendung der multiplen Regression. Das Ergebnis dieser Analyse besteht in einer Gleichung zur Vorhersage des Kriteriumwertes (multiple Regression) und im multiplen Korrelationskoeffizienten R. Kanonische Korrelationen werden eingesetzt, um den Einfluss mehrerer unabhangiger Variablen auf mehrere abhangige Variablen zu untersuchen. Vgl. Bortz (1993), S. 581ff. Vgl. Bortz (1993), S. 167ff.; Fahrmeir et al. (1999), S. 152ff.
II.2 Die Makroanalyse zur Analyse von Interdependenzen
209
Variablen vorab zu identifizieren gewesen sein wUrden. Einer moglichen Kritik kann entgegengehalten werden, dass die im Rahmen der Makroanalyse identifizierten Zusammenhange einer sachlogischen Plausibilitatspriifung auf Basis der theoretisch-deduktiven Analyse standhalten mlissen. Kanonische Korrelationen konnen ausgeschlossen werden, da lediglich eine abhangige Variable, das Untemehmenswachstum, untersucht wird. Bivariate Korrelationsrechnungen weisen je nach verwendetem KorrelationsmaB unterschiedliche Restriktionen bezuglich des Skalenniveaus und der Datenverteilung auf. Im Fall der vorliegenden Untersuchung handelt es sich um metrische Skalenniveaus, Einschrankungen sind diesbezuglich nicht vorhanden. Wie noch zu zeigen ist, sind jedoch nicht alle Daten der verschiedener Kennzahlen normalverteilt. Dies ist bei den durchzufuhrenden Analysen zu beriicksichtigen. Kann eine Normalverteilung unterstellt werden, bietet sich der Korrelationskoeffizient nach Bravais-Pearson an. Sofem davon auszugehen war, dass die Bedingung der Normalverteilung verletzt ist, wird auf den Korrelationskoeffizienten nach Spearman zuriickgegriffen. Multiple Korrelationen entsprechen in der praktischen Anwendung der multiplen Regression. Bei derartigen Analysen mtissen verschiedene Vorraussetzungen erfUllt sein, da es sich in der Regel um die Analyse von Stichprobendaten handelt, welche das Zugrundelegen eines stochastischen Modells erfordem. Das zugrunde zu legende stochastische Modell ist mit fiinf verschiedenen Annahmen verbunden:^^ •
Linearitat ist gegeben und die Zahl der erklarenden Variablen ist kleiner als die Zahl der Beobachtungen (Linearitat).^^^
•
Die StorgroBen haben den Erwartungswert Null. Dazu miissen alle relevanten Variablen im Modell beriicksichtigt sein (VoUstandigkeit).
•
Die StorgroBen haben eine konstante Varianz G^ (Homoskedastizitat).
•
Die StorgroBen sind voneinander unabhangig (keine Autokorrelation).
•
Zwischen den erklarenden Variablen besteht keine lineare Abhangigkeit (keine exakte Multikollinearitat).
Im Folgenden soil auf eine detailliertere Erorterung dieser Voraussetzungen verzichtet werden. Es kann jedoch vorweggenommen werden, dass die Annahmen durch die vorliegende Datenmenge verletzt sind, was den Einsatz von multiplen Korrelationen bzw. Regressionen streng genonmien untersagt. Da die multiple Korrelations- bzw. Regressionsanalyse jedoch recht robust gegeniiber kleineren Verletzungen der obigen Annahmen ist, kommt diese wenn auch nicht schwerpunktmaBig - zumindest im Sinne einer Erganzung zur Anwendung.^^^ Da die multiple Regression des Weiteren die Schatzung einer Regressionsfunktion
^^^
Vgl. Backhaus (2000), S. 33.
^^^
Vgl. Backhaus (2000), S. 44.
Diese Annahme gilt nur fiir lineare Regressionsanalysen. Vgl. Backhaus (2000), S. 33.
210
II. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche
voraussetzt, erscheint eine erganzende und auf vorherigen Analysen aufbauende Anwendung sinnvoll.^^^ Den Schwerpunkt der Makroanalyse bilden somit bivariate Korrelationsanalysen. Auf diese soil im Folgenden etwas genauer eingegangen werden. Im Rahmen der vorliegenden Analyse von Interdependenzen von finanziellen Kennzahlen und dem Untemehmenswachstum kommen, wie bereits angedeutet, zwei Korrelationskoeffizienten zum Einsatz: Der Korrelationskoeffizient nach Bravais-Pearson und der Rangkorrelationskoeffizient nach Spearman. Der Korrelationskoeffizient nach Bravais-Pearson „r" wird auch als linearer Korrelationskoeffizient, MaBkorrelationskoeffizient und als Produkt-Moment-Korrelationskoeffizient bezeichnet. Er ist eine MaBzahl fiir metrisch skalierte Merkmale bzw. Variablen und unterstellt eine lineare Verbundenheit der Merkmale X und Y.^^^ Daruber hinaus muss eine Normalverteilung der Stichprobe unterstellt werden konnen. Das normierte ZusammenhangsmaB wird als linearer Korrelationskoeffizient r bezeichnet. Der Wertebereich dieses Koeffizienten liegt im Intervall -1 < r < -Hi. Allgemein gilt: •
Je naher Irl an Eins liegt, umso intensiver ist ein Zusammenhang.
•
Nahert sich Irl dem Wert Null, dann besteht kein wesentlicher linearer Zusammenhang.
•
Das Vorzeichen von r gibt Auskunft tiber Gleich- (-!-) und Gegenlaufigkeit (-).
SoUen nicht nur Aussagen liber das konkrete Untersuchungsobjekt gemacht werden, sondem soil auch die AllgemeingUltigkeit des untersuchten Zusammenhangs nachgewiesen werden, muss mit Hilfe eines statistischen Tests gepriift werden, ob r signifikant von Null verschieden ist. Zur Priifung verwendet man einen Signifikanztest. Kann bei der zugrunde liegenden Stichprobe nicht von einer Normalverteilung ausgegangen werden oder handelt es sich um Variablen mit ordinal-skalierten Merkmalen bzw. Variablen, so kommt der Rangkorrelationskoeffizient rgp nach Spearman zum Einsatz. Auch er unterstellt eine lineare Beziehung der Rangziffem der Merkmale X und Y. Vorraussetzung fiir die Berechnung dieses Korrelationskoeffizienten sind Rangzahlen. Der Rangkorrelationskoeffizient rsp liegt wie auch der Korrelationskoeffizient nach Bravais-Pearson im Bereich zwischen minus eins und plus eins. Er ist in ahnlicher Weise zu interpretieren wie der lineare Korrelationskoeffizient. Auch der Rangkorrelationskoeffizient kann mittels eines Signifikanztests auf seine AllgemeingUltigkeit iiberpriift werden.
Einfache Regressionen erfordem, wie auch die multiple Regression, dass sachlogische Uberlegungen eine Richtung in der Beeinflussung zweier Merkmale nahe legen. Diese Voraussetzung ist auf Basis der theoretisch-deduktiven Analyse nicht ausreichend erfullt. Eine Anwendung erscheint daher lediglich, wie auch bei der multiplen Regression, als Erganzung und im Anschluss an vorangegangene Korrelationsanalysen sinnvoll. Da im Rahmen der Makroanalyse die multiple Regression zur Anwendung kommt, konnte auf lineare Regressionen verzichtet werden. Vgl. Klitzsch et al. (1992), S. 173.
11.2 Die Makroanalyse zur Analyse von Interdependenzen
II.2.2
21J[
Analyse der Kennzahlen von Medienunternehmen
Im vorliegenden Abschnitt 11.2.2 werden die statistischen Verfahren eingesetzt, um die wechselseitige Beeinflussung von MaBnahmen der Nachfragestimulierung und der Effizienzsteigerung auf das Wachstum zu untersuchen. Hierzu ist es zunachst notwendig, eine geeignete Analyselogik zu entwickeln, um im Anschluss die statistischen Test durchfuhren und interpretieren zu konnen. Das Teilkapitel n.2.2 gliedert sich somit in die Abschnitte „Die sachlogische Erorterung moglicher Zusammenhange zwischen den Kennzahlen und der Wachstumsrate von Medienunternehmen" (1) und „Die statistische Auswertung der potenziellen Zusammenhange" (2).
(1)
Die sachlogische Erorterung moglicher Zusammenhange zwischen den Kennzahlen und der Wachstumsrate von Medienunternehmen
Zur Durchftihrung der Makroanalyse sind nun noch zwei offene Fragen zu klaren: Wie konnen die identifizierten Wachstumsfaktoren mit den traditionellen Kennzahlen der Bilanzanalyse in eine Beziehung gesetzt werden, und wie ist die abhangige Variable des Untemehmenswachstums zu operationalisieren? Folglich werden nun unter Punkt (a) mogliche Zusammenhange zwischen den einzelnen Kennzahlen im Zusammenhang mit den Wachstumsfaktoren sachlogisch abgeleitet. Unter Punkte (b) wird „Wachstum" fiir die folgende Analyse als Kennzahl definiert. (a)
Die sachlogische Zuordnung der Wachstumsfaktoren zu den einzelnen Kennzahlen
Wie in II. 1.1 (2) dargelegt wurde, kann eine Steigerung der theoretisch maximalen Wachstumsrate g* entweder durch eine verbesserte operative Performance oder eine Veranderung der Finanzpolitik bewirkt werden. Da in der Arbeit bei der Problemdefinition ein Erlosproblem konstatiert wurde, kann jedoch nicht unterstellt werden, dass auch die tatsachliche Wachstumsrate ohne Nachfrage stimulierende MaBnahmen gesteigert werden kann. Eine Maximierung der finanziellen Ressourcen ist demzufolge zwar notwendig, aber nicht zur Stimulierung des Wachstums ausreichend. Die Beeinflussung des Wachstums befmdet sich demnach in einem Spannungsfeld zwischen Nachfrage stimulierenden und Effizienz steigemden Aktivitaten. Damit gerat die Frage in den Fokus, inwieweit es zu Wechselwirkungen zwischen Effizienz steigemden und Nachfrage stimulierenden MaBnahmen konrnit und ob es dominante MaBnahmen gibt.^^"* In der Zwischenbetrachtung wurde bereits darauf verwiesen, dass unterschiedliche Arten von Interdependenzen denkbar sind: •
So kann der Faktor Effizienz einerseits als Grundlage fur die Nachfrage stimulierenden Faktoren gelten, sofem die durch eine Kapitalfreisetzung gewonnenen finanziellen Ressourcen in diese investiert werden. In diesem Fall wurde der Faktor Effizienz „unterstutzend" wirken.
Als dominant werden diejenigen Wachstum fordernden MaBnahmen bezeichnet, die - sofem sie in Konkurrenz zu anderen Wachstum fordernden MaBnahmen stehen - bevorzugt eingesetzt werden.
212
11. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche •
Andererseits ist es jedoch auch denkbar, dass die MaBnahmen zur Effizienzsteigerung die gleichen Ansatzpunkte betreffen wie die MaBnahmen zur Nachfragestimulation und somit diesen entgegen wirken. Der Faktor Effizienz miisste demnach als „konkurrierend" eingestuft werden.
Da verschiedene MaBnahmen zur Effizienzsteigerung und Nachfragestimulation denkbar sind, ist es wahrscheinlich, dass einzelne MaBnahmen zur Kostensenkung eine positive Korrelation mit dem Untemehmenswachstum aufweisen, wahrend andere MaBnahmen negativ mit dem Untemehmenswachstum korrelieren. Eine theoretisch-deduktive Herleitung der verschiedenen Zusammenhange zum Untemehmenswachstum ist nur bei wenigen Kennzahlen argumentativ eindeutig begriindbar. Im Folgenden soil daher geklart werden, ob fiir die einzelnen Kennzahlen klare Zusammenhange zum Untemehmenswachstum hergeleitet werden konnen oder nicht. Im ersten Fall ware eine a priori Hypothesenbildung hinsichtlich der Zusammenhange moglich. Sofem Hypothesen gebildet werden konnen, sollen diese im Rahmen der statistischen Analyse auf ihre Signifikanz gepriift werden. Ist eine a priori Hypothesenbildung jedoch nicht moglich, wird ein anderes Vorgehen gewahlt: In diesem Fall sollen ungerichtete Korrelationen ohne zugmnde liegende Hypothesen durchgefuhrt werden, die Hypothesenbildung erfolgt bei diesem Vorgehen a posteriori.^^^ Im Hinblick auf die Herleitung potenzieller Zusammenhange untergliedert sich die nun folgende Diskussion in Kennzahlen mit Bezug zur Umsatzgewinnrate, zum Kapitalumschlag und zum Financial Leverage. Zunachst wird der Frage nachgegangen, ob ein Zusammenhang zwischen der Umsatzgewinnrate und der Wachstumsrate von Medienuntemehmen besteht und ob Medienuntemehmen mit einer hohen Wachstumsrate eine hohe oder geringe Umsatzgewinnrate aufweisen. Die Beantwortung der Frage kann RuckschlUsse auf Wachstum beeinflussende Aktivitaten geben. Als Ansatzpunkte fiir Wachstum beeinflussende MaBnahmen im Hinblick auf die Umsatzgewinnrate bieten sich eine Reduktion der Kosten als auch eine Steigemng des Umsatzes an. Eine Kostenreduktion kann sich dabei auf die Herstellungs-, Vermarktungs- und Verwaltungskosten beziehen. Eine Steigemng des Umsatzes kann sich durch die Durchsetzung hoherer Preise oder einen mengenmaBig groBeren Absatz der Produkte ergeben. •
Unter der Annahme, dass Effizienz ein unterstutzender Wachstumsfaktor ist und somit Kosten senkende MaBnahmen Wachstum fordemd wirken, ist eine positive Korrelation zwischen der Umsatzgewinnrate und der Wachstumsrate von Medienuntemehmen zu erwarten, da in jenem Fall EinspamngsmaBnahmen zu einer Verbessemng der Umsatzgewinnrate fuhren.
Als Ergebnis konnen dann keine gepriiften Hypothesen prasentiert werden, vielmehr muss die Hypothesengeneriemng als Ergebnis verstanden werden. Ein derartiges Vorgehen ist vor dem Hintergrund, dass derzeit auf keine vergleichbaren Forschungsstudien zuriickgegriffen werden kann und dass bereits in der Mikroanalyse eine vertiefte Analyse der Wachstumsfaktoren stattfand, vertretbar.
II.2 Die Makroanalyse zur Analyse von Interdependenzen •
2n
Unter der Annahme, dass Marken, Qualitat und/oder Innovationen Wachstumsfaktoren sind, ist ebenfalls mit einer positiven Korrelation zwischen der Umsatzgewinnrate und der Wachstumsrate von Medienuntemehmen zu rechnen, da die Nachfrage stimulierenden MaBnahmen gemafi der bisherigen Ausfuhrungen aufgrund ihrer Differenzierungsfunktion eine Durchsetzung hoherer Preise und/oder eine Absatzsteigerung bewirken. Dies wiederum fUhrt zu einer Verbesserung der Umsatzgewinnrate.
Die Schlussfolgerung, dass die Umsatzgewinnrate positiv mit dem Untemehmenswachstum korreliert, ist jedoch nur zulassig, sofem Effizienz steigemde und Nachfrage stimulierende Aktivitaten unabhangig voneinander sind. Diese Vorraussetzung kann jedoch aufgrund der bislang erfolgten Analyse nicht ohne weiteres bestatigt werden. Es ist vielmehr anzunehmen, dass der Aufbau von Alleinstellungsmerkmalen durch Marken, Qualitat und/oder Innovation zu einem Anstieg der Herstellungs-, Vermarktungs- und/oder Verwaltungskosten fUhrt und MaBnahmen der Differenzierung damit in Konkurrenz zu Kosten senkenden Aktivitaten stehen. Dies hatte eine Verringerung der Umsatzgewinnrate zur Folge, sofem der Kostenanstieg nicht durch einen entsprechenden Umsatzanstieg kompensiert wird. Des Weiteren konnte eine negative Korrelation auch auf Preissenkungen beruhen, welche auf durch den Faktor Effizienz entstandenen Kostenvorteilen basieren. Im Folgenden sollen daher drei mogliche Falle unterschieden werden: •
Eine positive Korrelation zwischen der Umsatzgewinnrate und der Wachstumsrate von Medienuntemehmen ist demnach nur gegeben, wenn die durch die Nachfrage stimulierenden Aktivitaten bewirkte Umsatzsteigemng zuzUglich der durch Effizienz steigemde MaBnahmen erfolgte Kostensenkung einen groBeren Einfluss auf die Umsatzgewinnrate haben als der durch die Nachfrage stimulierenden Aktivitaten vemrsachte Kostenanstieg (Fall 1).
•
Eine negative Korrelation zwischen der Umsatzgewinnrate und der Wachstumsrate ist gegeben, sofem mittels einer Effizienzsteigemng eine Preissenkung zur Absatzsteigemng bei geringer Rendite durchgefuhrt wird (Fall 2).
•
Des Weiteren ist eine negative Korrelation zwischen der Umsatzgewinnrate und der Wachstumsrate gegeben, sofem die Differenziemngsvorteile lediglich eine Absatzsteigemng bei hoheren Kosten zulassen und demnach die Differenziemngserlose unter den Differenziemngskosten liegen (Fall 3).
Zur Ubersicht sind die hier aufgefuhrten Falle in Abbildung II-5 wiedergegeben.
214
II. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche
Abbildung II-9:
Denkbare Korrelationen zwischen der Umsatzgewinnrate und dem Untemehmenswachstum
Wie nun ersichtlich wird, muss es nicht zwangslaufig zu einer positiven Korrelation zwischen der Umsatzgewinnrate und der Wachstumsrate von Medienuntemehmen kommen. Vielmehr ist zu erwarten, dass die Richtung der Korrelation von der Dominanz der einzelnen Wachstumsfaktoren sowie den Wirkungen der MaBnahmen abhangt. Auf Basis der bisherigen Ausfuhrungen ist das Bilden einer Hypothese iiber die Richtung einer potenziellen Korrelation nicht moglich. Da eine genaue Aussage auf der Ebene der Umsatzgewinnrate nicht moglich ist, stellt sich die Frage, ob das Heranziehen nachgelagerter Kennzahlen groBere Erkenntnisse verspricht. Hierfur kommen die Kennzahlen Cost Efficiency und Overhead Efficiency in Frage. Da sich die einzelnen Wachstumsfaktoren jedoch gleichermaBen auf die Herstellungs-, Vermarktungs- und Verwaltungskosten auswirken, ist jedoch auch hier keine klare Hypothesenbildung moglich. Wachstumsuntemehmen konnen vor dem Hintergrund der erfolgten Diskussion sowohl eine hohere als auch eine niedrigere Cost bzw. Overhead Efficiency aufweisen. Als Schlussfolgerung kann hinsichtlich des Einflusses der Wachstumsfaktoren auf die Kennzahlen ROS, CE und OE festgehalten werden: •
Da MaBnahmen, welche sich auf die Wachstumsfaktoren Marke, Qualitat, Innovation und Effizienz beziehen, direkt auf die Kennzahlen ROS, CE und OE wirken.
II. 2 Die Makroanalyse zur Analyse von Interdependenzen
2^
ist mit einer Korrelation zwischen diesen und dem Untemehmenswachstum zu rechnen, sofem sich die MaBnahmen nicht gegenseitig aufheben. •
Hypothesen Uber die Richtung der Zusammenhange konnen nicht aufgestellt werden, da sich die potenziellen MaBnahmen wechselseitig beeinflussen.
Um herauszufinden, ob Nachfrage stimulierende oder Effizienz steigemde MaBnahmen im HinbHck auf die Herstellung, Vermarktung und Verwaltung von groBerer Relevanz sind, sind fur die voriiegenden Kennzahlen ungerichtete Korrelationsanalysen vorzunehmen, um auf den Ergebnissen aufbauend Hypothesen zu generieren (a posteriori Hypothesenbildung). Auch bei der Analyse des Kapitalumschlags stellt sich die Frage, ob ein Zusammenhang zwischen diesem und der Wachstumsrate von Medienuntemehmen besteht und ob Medienuntemehmen mit einer hohen Wachstumsrate einen hohen oder geringen Kapitalumschlag aufweisen. Als Ansatzpunkte zu einer Erhohung des Kapitalumschlages bieten sich MaBnahmen zur Steigerung des Umsatzes als auch MaBnahmen und damit z.B. zur Reduktion des gebundenen Kapitals bzw. zur Veranderung der Wertschopfungstiefe eines Untemehmens an. Da verschiedenste MaBnahmen auf den Kapitalumschlag wirken und es hinsichtlich der Wachstumsfaktoren viele Argumente fUr oder gegen eine hohe Wertschopfungstiefe gibt, kann auch hier - ahnlich der Umsatzgewinnrate - keine Hypothese hinsichtlich der zu erwartenden Korrelationsrichtung aufgestellt werden. Die einzelnen Argumente sollen im Folgenden dargelegt und mit den auf den Kapitalumschlag wirkenden Kennzahlen verkniipft werden. Zunachst sollen die Nachfrage stimulierenden Wachstumsfaktoren diskutiert werden. Unter der Annahme, dass Marken, Qualitat und/oder Innovationen Wachstumsfaktoren sind, ist - wie auch bei der Umsatzgewinnrate - zunachst mit einer positiven Korrelation zwischen dem Kapitalumschlag und der Wachstumsrate von Medienuntemehmen auszugehen, da die Nachfrage stimulierenden MaBnahmen gemaB der bisherigen AusfUhrungen aufgrund ihrer Differenzierungsfunktion eine Durchsetzung hoherer Preise und/oder eine Absatzsteigerung be wirken. Dies wiederum fuhrt zu einer Erhohung des Kapitalumschlags. Da die Wachstumsfaktoren Marke, Qualitat und Innovation sich jedoch nicht nur auf den Umsatz beziehen, sondem auch im Zusammenhang mit dem gebundenen Vermogen (der Wertschopfungstiefe) betrachtet werden miissen, ist eine derartige Aussage zu einseitig. Es stellt sich die Frage, ob das Erreichen von Differenziemngsmerkmalen mit einem groBen gebundenen Vermogen, also einer groBen Wertschopfungstiefe, oder mit einem kleinen gebundenen Vermogen, also einer geringen Wertschopfungstiefe, vorteilhafter ist. Eine generelle Aussage lasst sich hierzu nicht treffen, da es fur beide Moglichkeiten sachlogische Argumente gibt: Porter beispielsweise betont, dass sich durch eine hohere vertikale Integration verbesserte Fahigkeiten zur Differenzierung der Produkte ergeben konnen. Als Grund fiihrt er an, dass Untemehmen einen groBeren Bereich des Produktionsprozesses oder die Art, wie das Produkt
216
II. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche
verkauft wird, kontroUieren konnen.^^^ Wettbewerbem ist dariiber hinaus der Einblick in spezielle Aktivitaten und Verfahren verspent.^^^ Durch eine hohe vertikale Integration kann ein Untemehmen somit in die Lage versetzt werden, ein Produkt mit charakteristischen, unverwechselbaren Eigenschaften herzustellen. Im Gegensatz dazu verweisen andere Autoren darauf, dass mit einer hoheren vertikalen Integration das Risiko einer geringeren Differenzierungsfahigkeit verbunden ist.^^* Hayes/Abemathy fUhren hierzu an: „In deciding to integrate backwards because of apparent short-term rewards, managers often restrict their ability to strike out in innovative directions in the future." (Vgl. Hayes/Abemathy (1980), S. 72.). Der von Hayes/Abemathy hervorgehobene Punkt bezieht sich in erster Linie auf die Flexibilitat einer Organisation, welche bei einer hohen vertikalen Integration geringer ist. Dies lasst sich durch hohere Austrittsbarrieren erklaren. Die in den vertikal integrierten Bereichen gebundenen Kapital- und Personalressourcen fiihren zu einer gewissen Beharrungstendenz, die Strategieanderungen hinsichtlich der Differenzierungsfaktoren erschwert, also die Flexibilitat, auf veranderte Anforderungen zu reagieren, insgesamt negativ beeintrachtigt.^^'* In Markten, in denen der Wandel der Kundenanforderungen sowie der technologische Wandel schneller und nachhaltiger sind, wirkt sich eine derartige Beharrungstendenz besonders nachteilig aus.^^^ Bereits 1961 kam Young in seinem Beitrag zum „SchlUssel zum Untemehmenswachstum" zu dem Ergebnis, dass langsam wachsende oder schrumpfende Untemehmen nicht Oder zu langsam auf Verandemngen in ihrer Umwelt reagieren.^^^ Ein weiterer Gmnd, der gegen eine hohe vertikale Integration vor dem Hintergmnd einer Differenziemng spricht, ist die ansteigende Komplexitat mit steigender Wertschopfungstiefe. So konnte der technologische Wandel auf einzelnen Wertschopfungsstufen so gro6 sein, dass es fUr hoch integrierte Untemehmen nahezu unmoglich ist, in alien Bereichen eine fiihrende Position einzunehmen. Fur die Beherrschung aller notwendigen Technologien reicht die kritische Masse eines Untemehmens nicht aus, da der F&E-Aufwand fur jedes Zwischenprodukt deutlich unter dem F&E-Aufwand liegt, den ein auf das Zwischenprodukt fokussiertes Untemehmen aufzubringen bereit ist. Insofem fuhren ein mangelnder Fokus und eine hohere Komplexitat bei hoch integrierten Untemehmen zu einer geringeren Differenziemngsfahigkeit."^ 526 527 528 529
530 531 532
Vgl. Porter (1992), S. 393-397. Vgl. Burgelman et al. (1988), S. 129f. Vgl. Hayes/Abemathy (1980), S. 67f.; Teece (1986), S. 293; Chesbrough/Teece (1996), S. 67f. Vgl. Harrigan (1985a), S. 55ff. und (1986), S. 535ff.; Barreyre (1988), S. 509f.; Quinn/Hilmer (1994), S. 44ff. Vgl. Harrigan (1985b), S. 686; Balakrishnan/Wemerfeld (1986), S. 347ff. Vgl. Young (1961), S.51ff. Vgl. Teece (1986), S. 293; Meyer/Roberts (1988), S. 15.
11.2 Die Makroanalyse zur Analyse von Interdependenzen
217
Auch hinsichtlich des Wachstumsfaktors Effizienz ist keine klare Aussage in Bezug zur Korrelationsrichtung moglich. Einerseits kann eine positive Korrelation zwischen dem Kapitalumschlag und der Wachstumsrate von Medienuntemehmen erwartet werden, da eine Reduktion des Anlage- und/oder Umlaufvermogens Effizienz steigemd (weil Kapital freisetzend) wirkt und somit zu einer Erhohung des Kapitalumschlags fiihrt. Andererseits kann eine Effizienzsteigerung aber auch auf einer hohen vertikalen Integration und damit einer Vermeidung von Transaktionskosten beruhen. Eine hohe vertikale Integration fuhrt jedoch zu einem geringen Kapitalumschlag. In diesem Fall bestunde eine negative Korrelation zwischen dem Kapitalumschlag und der Wachstumsrate von Medienuntemehmen. In der Literatur werden zu diesem Punkt verschiedene Meinungen vertreten. Zu den moglichen Vorteilen einer hohen vertikalen Integration zahlen die „economies of integration",^^^ die Sicherung von Versorgungs- und Absatzwegen und eine groBere Verhandlungsstarke gegenliber Lieferanten und Kunden.^^"* Bei den „economies of integration" handelt es sich um Effizienzeffekte durch die Umgehung des Marktes und der Vermeidung von Transaktionskosten sowie durch eine einfachere administrative Koordination und Optimierung der Prozesse. D'Aveni/Ravenscraft stellen in diesem Zusammenhang fest, dass starker vertikal integrierte Geschaftseinheiten niedrigere Verwaltungs-, Vertriebs- und F&E-Kosten aufweisen.^^^ In ihrer Schlussfolgerung kommen die Autoren zu dem Ergebnis, dass die Vorteile einer hoheren vertikalen Integration deren Nachteile leicht uberwiegen.^^^ Die Sicherung von Versorgungs- und Absatzwegen sowie eine groBere Verhandlungsstarke gegeniiber Lieferanten und Kunden sind weitere Vorteile, die mit einer hoheren vertikalen Integration verbunden sind und zu einer Effizienzsteigerung fiihren konnen.^^^ Ein wesentlicher Nachteil einer hoheren vertikalen Integration ist der hohere Kapitalbedarf, welcher zu hohen Kosten fiihrt. Ist ein Untemehmen in vor- und/oder nachgelagerte Produktionsstufen integriert, so muss es das Kapital bereitstellen, das fur neu integrierte Betriebsablaufe notwendig ist. Ein hoher vertikaler Integrationsgrad bringt demnach ein hoheres Vgl. D ' Aveni/Ravenscraft (1994), S. 1169. Vgl. Porter (1992), S. 375f. Die Produktionskosten sind jedoch nach den Ergebnissen der Autoren in den starker integrierten Geschaftseinheiten hoher, da ein fehlender Marktdruck zu Ineffizienzen fiihrt. Vgl. D ' Aveni/Ravenscraft (1994), S. 1169. Vgl. D'Aveni/Ravenscraft (1994), S. 1182f. Voraussetzung, um diesen Vorteil auf Dauer zu nutzen, ist, dass die Einheiten eines vertikal integrierten Untemehmens wirtschaftlich arbeiten. Um dies feststellen zu konnen, miissen Transferpreise etabliert sein, zu denen Produkte von einer Einheit des integrierten Untemehmens zur anderen wechseln. Diese Transferpreise sollten sich auf dem Niveau der Marktpreise bewegen, ansonsten subventioniert eine Einheit die andere. ErfahrungsgemaB ist die Etablierung derartiger Transferpreise kein einfaches Unterfangen. Haufig fehlt zudem, aufgrund des mangelnden Marktdrucks, die Transparenz iiber den Markt und die Marktpreise. Dies stellt eine Gefahr dafiir dar, dass die vertikal integrierten Einheiten effizient arbeiten. Eine hohe vertikale Integration muss demnach nicht zu einer hoheren wirtschaftlichen Effizienz fiihren. Vgl. Kurfess (1999), S. 201.
218
11. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche
Ma6 an Kapitalintensitat mit sich.^^* Investmentintensive Geschaftseinheiten konnen ihr Anlageveraiogen haufig weniger effizient nutzen als ihre Konkurrenten.^"'^ Vor dem Hintergrund der erfolgten Diskussion mussen auch im Hinblick auf den Kapitalumschlag verschiedene Falle unterschieden werden: •
Eine positive Korrelation zwischen dem Kapitalumschlag und der Wachstumsrate ist gegeben, sofem die Differenzierungsvorteile durch Flexibilitat sowie die Effizienzvorteile durch eine geringe Kapitalbindung groBer sind als die Differenzierungsnachteile in Bezug auf eine Kontrolle der Wertschopfung sowie die Effizienznachteile in Bezug auf die Transaktionskosten (Fall 1).
•
Eine negative Korrelation zwischen dem Kapitalumschlag und der Wachstumsrate ist gegeben, sofem die Differenzierungsvorteile durch eine hohe Kontrolle der Wertschopfung zuzuglich der Effizienzvorteile durch Economies of Integration groBer sind als die Differenzierungsnachteile in Bezug auf die Rexibilitat sowie der Effizienznachteile im Hinblick auf die Kapitalfreisetzung (Fall 2).
Zur Ubersicht ist die Fallunterscheidung in Abbildung II-6 wiedergegeben.
Abbildung 11-10:
Denkbare Korrelationen zwischen dem Kapitalumschlag und dem
Untemehmenswachs-
tum
In einem Zwischenfazit kann nun festgehalten werden, dass keine klare Aussage hinsichtlich der Korrelationsrichtung zwischen dem Kapitalumschlag und der Wachstumsrate getroffen werden kann, da ein wirksamerer Einsatz der Wachstumsfaktoren sowohl mit einer hohen als auch mit einer geringen Wertschopfungstiefe denkbar ist. Da eine genaue Aussage auf der ^^*
Vgl. Porter (1992), S. 388.
^^^
Vgl. BuzzeyGale (1989), S. 117f.
II. 2 Die Makroanalyse zur Analyse von Interdependenzen
219
Ebene des Kapitalumschlags nicht moglich ist, stellt sich nun auch hier die Frage, ob das Heranziehen nachgelagerter Kennzahlen groBere Erkenntnisse verspricht. Hierzu ist das gebundene Kapital zunachst in das Sachanlagevermogen (im Wesentlichen Immobilien, Anlagen und Patente/Lizenzen), welches durch die Kennzahl Fixed Asset Turnover reprasentiert wird, und das Umlaufvermogen (im Wesentlichen Lager, Forderungen und liquide Mittel), welches durch die Kennzahlen Inventory Turnover, Receivables Turnover Flow, Payables Period und Days Sales in Cash reprasentiert wird, zu unterscheiden. Der Fixed Asset Turnover bezieht sich auf den Anlagenbestand, zu dem Produktionsanlagen, Immobilien und Patente/Lizenzen oder auch der Fuhrpark eines Untemehmens gezahlt werden. Die Kennzahl ist ahnlich zu interpretieren wie der Kapitalumschlag. Auf eine detaillierte Erorterung des Fixed Asset Turnover soil daher verzichtet werden. Im Bezug auf das Umlaufvermogen bieten sich das Lagermanagement, das Debitorenund Kreditorenmanagement sowie das Management der liquiden Mittel an. Als Kennzahl zur Analyse des Lagermanagements wurde der Inventory Turnover gewahlt. Ein hoher Lagerumschlag fuhrt zu einer schnelleren Freisetzung von Kapital, die Effizienz des Mitteleinsatzes erhoht sich dadurch. Unter der Annahme, dass Effizienz ein Wachstumsfaktor ist, miisste demnach eine positive Korrelation zwischen dem Lagerumschlag und der Wachstumsrate von Medienuntemehmen bestehen. Vor dem Hintergrund der erfolgten theoretisch-deduktiven Analyse kann jedoch festgestellt werden, dass es auch hinsichtlich des Lagermanagements gegensatzliche Interessen bei der Anwendung der Wachstumsfaktoren gibt. So ist es beispielsweise denkbar, dass eine Differenzierung iiber Qualitat, welche iiber den Erfullungsgrad der Kundenbediirfnisse defmiert ist, eine groBe Variantenvielfalt sowie geringe Lieferfristen erfordert.^"*^ Dies wiederum sprache fiir ein groBeres Lager, welches die gewiinschten Produkte vorratig hat bzw. eine hohe Variantenvielfalt bietet. Dieses wiirde jedoch zu einer Verlangsamung des Lagerumschlags fiihren. Das Ableiten einer konkreten Hypothese hinsichtlich der Korrelationsrichtung beim Lagerumschlag ist somit nicht moglich. Ein ahnlicher Konflikt kann auch in Bezug auf das Kreditoren- und Debitorenmanagement festgestellt werden. So erfordert die Steigerung der Effizienz einen Abbau des Forderungsbestandes, wahrend eine Gewahrung von langeren Zahlungszielen gegeniiber Werbekunden einen Differenzierungsfaktor hinsichtlich Qualitat darstellen kann zu einer Erhohung des Forderungsbestandes fiilirt. Eine eindeutige Korrelationsrichtung ist demzufolge auch zwischen dem Receivables Turnover Flow und der Wachstumsrate nicht vorauszusagen. Ein analoges Bild zeigt sich in Bezug auf das eigene Zahlungsverhalten, welches iiber die Kennzahl Payables Period abgebildet werden kann. So ist beispielsweise ein negativer Effekt auf die Qualitat zu erwarten, wenn Top-Talente aufgrund einer schlechten Zahlungsmoral nicht fiir das eigene Untemehmen zu gewinnen sind.
Vgl. hierzu Abschnitt 1.1.1.
220
11. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche
In Bezug auf die liquiden Mittel ist im Gegensatz zu den anderen Kennzahlen keine Wechselwirkung zwischen den Wachstumsfaktoren zu vermuten. Ein Abbau der liquiden Mittel aus Effizienzgriinden ist jedoch nicht unbedingt sinnvoll, da sich die Hohe dieser eher auf das Risiko eines Geschafts bezieht. Ist ein Geschaft groBeren Risiken ausgesetzt, so werden in der Regel hohere liquide Mittel aufgebaut als bei weniger riskanten Geschaften. Zusammenfassend kann daher gesagt werden, dass auch in Hinblick auf potenzielle Korrelationen zwischen dem Kapitalumschlag und der Wachstumsrate von Untemehmen oder nachgelagerten Kennzahlen keine eindeutige Hypothese formuliert werden kann. Aus diesem Grund bieten sich auch hier ungerichtete Korrelationsanalysen zur Generierung von a posteriori Hypothesen an. Zur Analyse des Financial Leverage wird in der vorliegenden Untersuchung die Debt to Equity Ratio herangezogen. Es stellt sich die Frage, ob ein Zusammenhang zwischen der Kapitalstruktur und der Wachstumsrate von Medienuntemehmen besteht. GemaB der Gleichung zum nachhaltigen Wachstum kann die theoretisch maximale Wachstumsrate durch eine Erhohung des Financial Leverage gesteigert werden, da hierdurch die Wachstumsrate des Eigenkapitals gesteigert werden kann. Ein Untemehmen kann die Eigenkapitalrentabilitat durch die Beschaffung von moglichst gUnstigem Fremdkapital und durch die Optimierung des Verhaltnisses von Fremd- zu Eigenkapital verbessem. Eine zusatzliche Aufnahme von Fremdkapital fUhrt jedoch nur dann zu einer hoheren Eigenkapitalrentabilitat und damit einer hoheren theoretisch maximalen Wachstumsrate, wenn die Kosten fur eine zusatzliche Einheit Fremdkapital kleiner sind als die damit im Untemehmen erzielte Gesamtkapitalrentabilitat.^'*^ Die Gesamtkapitalrentabilitat stellt demnach einen beeinflussenden Faktor fur potenzielle Zusammenhange zwischen dem Financial Leverage und dem Untemehmenswachstum dar. Sofem Wachstumsuntemehmen der Medienbranche eine signifikant unterschiedliche Gesamtkapitalrentabilitat als andere Medienuntemehmen aufweisen, ist in Analogic von einem Zusammenhang zwischen dem Financial Leverage und der Wachstumsrate auszugehen. Zu beachten ist hierbei jedoch, dass es sich beim Financial Leverage um eine langfristige Entscheidung handelt.^"*^ Da sich die Analysen in der vorliegenden Untersuchung lediglich auf das Jahr 2000/2001 beziehen, muss nicht zwangslaufig eine Analogic zwischen dem langfristigen Financial Leverage und der Gesamtkapitalrentabilitat im Jahr 2000 bestehen. Vor diesem Hintergmnd sind drei unterschiedliche Falle denkbar:
Die mathematische Maximierung der Eigenkapitalrentabilitat verlangt, dass solange zusatzliche fremde Mittel in das Untemehmen eingebracht werden, bis der Grenzmarktzins der Gesamtkapitalrentabilitat entspricht. Bevor dieses Gleichgewicht erreicht ist, fiihrt jede zusatzliche Aufnahme von Fremdkapital zu einer hoheren Eigenkapital-Rentabilitat. Diese Hebelwirkung des Fremdkapital-Einsatzes bezeichnet man als Leverage-Effekt. Vgl. Seller (1999), S. 87. Kurzfristige Veranderungen des Verhaltnisses von Fremdkapital zu Eigenkapital sind meistens nicht moglich, da die Aufnahme bzw. die RUckzahlung von Eigenkapital - zumindest bei einer Aktiengesellschaft - die Einberufung einer Aktionarsversammlung und entsprechende Statutenanderungen verlangt. Vgl. Seller (1999), S. 91.
11.2 Die Makroanalyse zur Analyse von Interdependenzen
22j^
•
Eine positive Korrelation zwischen dem Financial Leverage und der Wachstumsrate ist gegeben, sofem die Nachfragestimulation und/oder Effizienzverbesserung zu einer positiven Korrelation zwischen der Gesamtkapitalrentabilitat und dem Untemehmenswachstum flihren (Fall 1).
•
Eine negative Korrelation zwischen dem Financial Leverage und der Wachstumsrate ist gegeben, sofem die Nachfragestimulation und/oder die Effizienzsteigerung zu einer negativen Korrelation zwischen der Gesamtkapitalrentabilitat fiihren (Fall 2).
•
Keine Korrelation zwischen dem Financial Leverage und der Wachstumsrate ist gegeben, sofem der Financial Leverage unabhangig von der kurzfristigen Gesamtkapitalrentabilitat ist (Fall 3).
Eine Ubersicht Uber die Fallunterscheidung ist der Abbildung II-7 zu entnehmen.
Abbildung 11-11:
Denkbare Korrelationen zwischen dem Financial Leverage und dem
Untemehmenswachstum
Aus diesen Ausfuhmngen folgt, dass keine klare Hypothese bezuglich des Zusammenhangs zwischen dem Financial Leverage und er Wachstumsrate 2000/2001 generiert werden kann. Es sollen daher auch hier ungerichtete Korrelationsanalysen durchgefuhrt werden.
222 (b)
II. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche Die Konkretisierung des Wachstums fiir die Analyse
Nachdem bereits die Kennzahlen, welche die unabhangigen Variablen der Analyse darstellen, ausfiihrlich diskutiert wurden, muss nun die abhangige Variable „Untemehmenswachstum" definiert werden. Die popularsten Wachstumskriterien der empirischen Erfolgsfaktorenforschung sind der Umsatz, das Anlagevermogen, das Eigenkapital sowie die Bilanzsumme.^^^ Derartige Wachstumskriterien werden von verschiedenen Seiten kritisiert. Ein haufiger Vorwurf ist, dass die angesprochenen einfachen finanziellen WachstumsmaBe den betriebswirtschaftlichen Erfolg eines Untemehmens nur ungeniigend wiedergeben. Eine Alternative zu den einfachen WachstumsmaBstaben stellen wertorientierte Ansatze dar, Dabei wird das Wachstum des Untemehmenswerts innerhalb eines definierten Zeitraums als ErfolgsmaBstab verwendet. Buzzel/Gale beispielsweise definieren als MessgroBe fur die Wertsteigerung den Quotienten aus dem Untemehmenswert am Ende eines Planungszeitraums und dem Gegenwartswert des Untemehmens.^ Aus forschungspragmatischer Sicht wirft dieses Konzept verschiedene Probleme auf. Die Ermittlung des Gegenwartswerts als auch des Untemehmenswerts am Ende des Planungshorizonts ist nur bei borsennotierten Untenehmen einfach zu ermitteln. Die im Rahmen der Untersuchung analysierten Untemehmen sind jedoch nicht immer borsennotiert. Die umfangreichen Daten zur Bestinamung des Untemehmenswertes bei nicht borsennotierten Untemehmen lagen in der vorliegenden Untersuchung nicht vor, Aus forschungspragmatischer Sicht ist zudem fraglich, ob der wertorientierte Ansatz zur Messung des Untemehmenserfolgs einfachen WachstumsmaBstaben iiberlegen ist. Buzzel/Gale kommen mit dem von ihnen altemativ zu einem einfachen ErfolgsmaBstab definierten wertorientierten Ansatz zu keinen wesentlich neuen oder anderen Erkenntnissen. Gertz/Baptista stellen im Rahmen ihrer Untersuchung fest, dass Untemehmen mit uberdurchschnittlichem Umsatzwachstum und Rentabilitat auch ihren Untemehmenswert iiberdurchschnittlich steigem konnten.^"*^ Dies ist nicht Uberraschend, da uberdurchschnittliches Umsatzwachstum bei uberdurchschnittlicher Rentabilitat zu einer Steigemng des Untemehmenswertes fuhrt. Die vorangehend geflihrte Diskussion zeigt, dass in der wissenschaftlichen Forschung zahlreiche Konzepte und MaBstabe zur Definition von Wachstum existieren. Alle Konzepte weisen spezifische Vor- und Nachteile auf. Ftir die vorliegende Untersuchung wurde ein einfaches Wachstumskonzept gewahlt, welches auf dem Umsatzwachstum bemht. Damit wurde dem methodologischen Einfachheitspostulat des kritischen Rationalismus wie auch der in der Problemstellung geforderten Anwendungsorientiemng Rechnung getragen.^"*^ Vor allem in ^"^^
Vgl. Kurfess (1999), S. 140.
^"^
Vgl. BuzzeyOale (1989), S. 181f.
^"^^
Vgl. Gertz/Baptista (1995), S. 14-17; Baghai/Chan (1997).
^"^
Vgl. Popper (1994), S. 97.
II. 2 Die Makroanalyse zur Analyse von Interdependenzen
223
der Praxis bezieht sich die Diskussion von Untemehmenswachstum auf den Umsatz. Das Umsatzwachstum wurde in der Arbeit als Compound Annual Growth Rate definiert; CAGR = [(Sales in t-1 /Sales in tf^" -1] * 100.^"^^ Da im Rahmen der vorliegenden Studie vor allem das Wachstum in Zusammenhang mit der Krise der Medienbranche von Interesse ist, wurde als Zeitraum das Jahr 2001 gewahlt, welches das erste Krisenjahr darstellt.^"** Sofem dieses kurzfristige Wachstum mit langerfristigem Wachstum verglichen werden sollte, wurde sich auf den funfjahrigen Berichtszeitraum von 1997-2001 bzw. den zehnjahrigen Berichtszeitraum 1992-2001 bezogen. (2)
Die statistische Auswertung der potenziellen Zusammenhange
Im vorangegangenen Abschnitt wurden mogliche Zusammenhange zwischen den zu analysierenden Kennzahlen und dem Untemehmenswachstum von Medienuntemehmen erortert. Es konnte festgestellt werden, dass eine a priori Hypothesenbildung hinsichtUch etwaiger Interdependenzen nicht moglich ist, da die Korrelationsrichtung der potenziellen Zusammenhange theoretisch-deduktiv nicht abgeleitet werden kann. Bei der Analyse kommen daher ungerichtete Korrelationsanalysen zum Einsatz, auf Basis derer etwaige Interdependenzen hinsichtUch der Wachstumsfaktoren abgeleitet werden konnen. Hierzu werden zunachst ein paar Basisinformationen zur Beurteilung der Ergebnisse gegeben (a) und die Ergebnisse vorbereitender statistischer Tests prasentiert (b). Im Anschluss werden die Ergebnisse der Analyse der Umsatzgewinnrate (c), des Kapitalumschlags (d), des Financial Leverage (e) sowie die Ergebnisse der simultanen Betrachtung verschiedener Einflussvariablen (f) vorgestellt. (a)
Basisinformationen zur Beurteilung der Ergebnisse
Die Starke und die Richtung identifizierter Zusammenhange werden durch das entsprechende KorrelationsmaB r angegeben. Zu beachten ist hierbei, dass, wie das viel beachtete Beispiel der PIMS-Analyse zeigt, die Zusammenhange zwischen den zu untersuchenden Variablen im Datenmaterial empirischer Studien bei statistischen Korrelationen haufig bestenfalls mittelstark ausgepragt sind. Bei der Arbeit von Buzzel/Gale, welche die 24 Haupteinflussfaktoren der PIMS-Datenbank zueinander in Beziehung setzen, weist die zentrale Beziehung zwischen Marktanteil und Return on Investment (ROI) als hochste Korrelation ein Zusammenhang von r = 0,38 auf. AUe anderen Beziehungen besitzen geringere Korrelationen.^"*^ Fiir die auf den ersten Blick geringen Korrelationen konnen zwei Griinde angefuhrt werden: Zum einen ist die Beziehung zwischen Erfolgsfaktoren und Untemehmenserfolg selten linear, d.h. die Beziehungen sind haufig durch diskontinuierliche Spriinge und nichtlineare Verlaufe gekennzeichnet, die den Wert des Korrelationskoeffizienten reduzieren. Zum anderen ist der Unternehmenserfolg - ahnlich dem Wachstum - ein auBerst multikausales Problem, was wiederum 547
Die Variable n steht fiir die Anzahl der Jahre. 548
^^^
Die Einbeziehung aktuellerer Daten war aus Griinden der Datenverfiigbarkeit nicht gegeben. Vgl. BuzzeyCale (1989), S. 238f.
224
II. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche
hohe Korrelationen, die deutlich iiber 0,5 liegen, unwahrscheinlich werden lasst, da dies bedeuten wurde, dass die Erftillung eines Erfolgsfaktors den Untemehmenserfolg bereits zu einem sehr hohen Umfang bestimmt.^^^ Ein deutlicherer Zusammenhang zeigt sich, falls nur die am schnellsten wachsenden Untemehmen mit den am langsamsten wachsenden Unternehmen in die Analyse einbezogen werden. Da die Stichprobe bei einem derartigen Vorgehen wesentlich kleiner ist, ist in jenem Fall mit niedrigeren Signifikanzen zu rechnen. In der vorliegenden Arbeit wird daher ein zweistufiges Vorgehen gewahlt. In einem ersten Schritt werden alle Untemehmen in die Analyse einbezogen. Kann ein statistisch signifikantes Ergebnis identifiziert werden, so wird im zweiten Schritt auch eine Analyse der zehn Untemehmen mit den jeweils hochsten und niedrigsten Wachstumsraten durchgefuhrt. Dieses Vorgehen ermoglicht eine genauere Einschatzung der Zusammenhange. Die Starke der Zusammenhange wird folgendermaBen defmiert: Bei Werten r < 0,2 wird von einem schwachen bzw. keinem Zusammenhang ausgegangen. Bei den Werten 0,2 < r < 0,3 wird der Zusammenhang als mittelstark eingestuft. Bei Werten r > 0,3 wird von einem starken Zusammenhang ausgegangen. Die Korrelationen werden anhand statistischer Tests auf ihre Signifikanz gepriift. Das zu betrachtende Signifikanzniveau steht dabei fiir die Irrtumswahrscheinlichkeit, welche sich auf den Fehler 1. Art (Alpha-Fehler) bezieht.^^^ Als Fehler 1. Art ist das falschliche Verwerfen der Nullhypothese definiert, obwohl diese in der Gmndgesamtheit zutrifft. Neben dem Fehler 1. Art gibt es auch einen Fehler 2. Art (Beta-Fehler), welcher entsteht, wenn die Nullhypothese aufgmnd abwesender Signifikanz beibehalten wird, obwohl in der Gmndgesamtheit in Wirklichkeit die Altemativhypothese gegolten hatte.^^^ Da es in der Regel nicht moglich ist, eine Widerlegungsschranke derart festzulegen, dass beide Fehlerarten simultan unter die vorgegebenen Schranken gedriickt werden konnen, ist zunachst dafiir zu sorgen, dass die maximale Wahrscheinlichkeit fiir den Fehler 1. Art gleich einem vorgegebenen Wert (dem Signifikanz-Niveau a) ist. Man hat damit die Gewissheit, dass der Signifikanztest nur mit der Wahrscheinlichkeit a zu dieser Behauptung fiihrt, obwohl sie falsch ist.^^^ Beim Vergleich von empirischen Untersuchungen fallt auf, dass verschiedene Signifikanz-Niveaus gewahlt werden konnen. Auch in der wissenschaftlichen Literatur wird auf unterschiedliche Signifikanz-Niveaus verwiesen.^^"* Die Sicherheitswahrscheinlichkeit (1-a) reicht dabei von 85% bis 99%. In den meisten Analysen wird ein Signifikanz-Niveau von a < 550
Vgl. Kurfess (1999), S. 103.
551
Von einem Fehler 1. Art kann auch bei ungerichteten Korrelationsanalysen gesprochen werden, auch wenn hier streng genommen keine a priori Hypothesen aufgestellt werden. Wird eine (vorher nicht bestimmte) Korrelation mittels der Korrelationsanalyse identifiziert, so wird diese auf ihre Signifikanz iiberpruft. Als Hypothese wird in diesem Fall das Ergebnis der Korrelationsanalyse unterstellt.
552 553 554
Vgl. Bortz (1993), S. 107ff. Vgl. Bamberg/Baur (1987), S. 179-182 zum Aufbau und der Interpretation von Signifikanztests. Vgl. z.B. Brinkmann (1991), S. 71; Kramer (1993), S. 274; Deger (1995), S. 187; Fritz (1995), S. 228.
II. 2 Die Makroanalyse zur Analyse von Interdependenzen
225
0,05 gewahlt, in der vorliegenden Studie wird sich in Anlehnung an diesem weit verbreiteten Signifikanzniveau orientiert. Da im Rahmen dieser Studie mehrere unabhangige Tests in Bezug auf das Untemehmenswachstum durchgefuhrt werden, ist mit einer Kumulierung der AlphaFehlerwahrscheinlichkeit zu rechnen.^^^ Die Wahrscheinlichkeit, mindestens einen Fehler 1. Art zu begehen, wachst mit der Anzahl der durchzufuhrenden Tests.^^^ Im Fall von k unabhangigen Tests gilt auf der gegeniiberliegenden Seite fUr die Wahrscheinlichkeit von a , mindestens ein falschlicherweise signifikantes Ergebnis zu erhalten bei a* = 1- (1- a)*^. Werden verschiedene Hypothesen mit k Tests untersucht, so muss der Alpha-Fehler des einzelnen Tests a soweit abgesenkt (korrigiert) werden, dass der kumulierte Alpha-Fehler a wieder ein vorgegebenes Niveau annimmt. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung werden zehn Kennzahlen auf ihren Einfluss auf das Untemehmenswachstum mit ungerichteten Korrelationsanalysen getestet werden. Vor dem Hintergrund der Alpha-Fehlerkumulierung ergabe sich demnach mit einer Wahrscheinlichkeit von 40% falschlicherweise ein signifikantes Ergebnis.^^^ Zum Schutz gegen eine Uberschreitung der urspriingUchen Fehlerwahrscheinlichkeit lasst sich die BonferroniKorrektur anwenden, bei der jeder Test zum Niveau a / k statt zum Niveau a durchgefuhrt wird.^^^ Da die Bonferroni-Korrektur als konservatives Verfahren zu bezeichnen ist und somit solide Ergebnisse verspricht, kommt sie in der vorliegenden Untersuchung zur Anwendung. Durch die Bonferroni-Korrektur ergibt sich daher ein Signifikanzniveau von 5% / 10 = 0,5%. Das Vorgehen bei den durchzufuhrenden Korrelationsanalysen gliedert sich in mehrere Schritte: •
Zunachst wird die Datenmenge in Bezug auf die analysierte Kennzahl auf ihre Verteilung gepriift. Hierbei kommt der Kolmogorov-Smimov-Test zur Anwen-
•
Sofem von einer Normalverteilung ausgegangen werden kann, wird das KorrelationsmaB r nach Bravais-Pearson berechnet. Handelt es sich um eine andere Verteilung, so wird auf das KorrelationsmaB rsp von Spearman zuriickgegriffen.
•
Im Anschluss daran wird die Korrelation auf ihre Signifikanz uberpriift.
Die Alpha-Fehlerkumulierung ergibt sich aufgrund des Multiplikationstheorems. Bei zwei unabhangigen Tests mit einem Signifikanzniveau von 5% erhoht sich die Fehlerwahrscheinlichkeit aufgrund folgender Beziehung: n = P(H'oi HQ) * P(H'ol HQ) = (1 - a)^ = 0,95^ = 0,9. Vgl. Fahrmeir et al. (1999), S. 416f. 556 557 558 559
Vgl. Fahrmeir et al. (1999), S. 416f. 1-(1-0,05)^^ = 0,401 Vgl. Fahrmeir (1999), S. 417. Die Verteilung der zu untersuchenden Variablen bestimmt das KorrelationsmaB. Der KolmogorovSmirnov-Test kann genutzt werden, um die Verteilung von Variablen zu testen. Vgl. Abschnitt 11.2.1.
226
II. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche •
Handelte es sich um ein signifikantes Ergebnis, so wird die Korrelationsanalyse mit den zehn am schnellsten und den zehn am langsamsten wachsenden Unternehmen wiederholt.
Die Ergebnisse (Starke und Richtung des Zusammenhangs) werden im Anschluss vor dem Hintergrund der bisherigen Argumentation erortert und interpretiert. (b)
Vorbereitende statistische Tests
Zunachst wird die Wachstumsvariable auf ihre Verteilung uberpruft. Es handelte sich hierbei, wie bereits erlautert, um das Wachstum vom Ende des Jahres 2000 bis zum Ende des Jahres 2001. Die Berechnung des One-Sample Kolmogorov-Smirnov-Tests ergibt, dass es sich um keine normalverteilte Variable handelt:^^®
Tabelle 11-3: Ergebnisse Kolmogorov-Smimov-Test fur das Wachstum 2000/2001
Folglich darf in der nun folgenden Untersuchung nicht das KorrelationsmaB nach BravaisPearson genutzt werden. Als KorrelationsmaB wurde daher rgp gewahlt.^^^ (c)
Die Analyse der Umsatzgewinnrate
In der ersten Analyse wird untersucht, ob es einen Zusammenhang zwischen der Umsatzgewinnrate aus dem Jahr 2000 und der Wachstumsrate 2000/2001 gibt. Zunachst werden die Ergebnisse der Korrelationen zwischen Umsatzgewinnrate und Wachstumsrate prasentiert, im Anschluss werden die Ergebnisse eines Cross-Checks vorgestellt. Im dritten Unterabschnitt werden die Ergebnisse interpretiert. Um die gewonnenen Ergebnisse zu detaillieren, wird danach auf Korrelationsanalysen hinsichtlich der Cost und Overhead Efficiency zuriickgegriffen.
Die Berechnung der Werte wurde mit dem computergestiitzten Progranmi SPSS, welches in der empirischen Sozialforschung haufig genutzt wird, durchgefiihrt. Im Ausgabefeld des Statistikprogramms befinden sich verschiedene Datenfelder, von welchen drei Felder fiir die vorUegende Erorterung von Bedeutung sind. Es handelt sich hierbei um die Felder „Anzahl Untemehmen in Stichprobe: N", „KolmogorovSmirnov Z" und „Fehlerwahrscheinlichkeit fiir Alpha-Fehler". Der Wert des Z-Tests (Datenfeld 2) berechnet sich aus dem Produkt der Quadratwurzel aus N und der groBten absoluten Differenz zwischen der kumulierten empirischen und theoretischen Verteilungsfunktion. Sofem das Signifikanz-Niveau beim Z-Test nicht iiberschritten wird (der Wert also unter a liegt), kann nicht von einer Normal verteilung ausgegangen werden. Liegt der Wert iiber dem Signifikanz-Niveau von 5%, so wird auf eine Normalverteilung geschlossen. Bei den nachfolgenden Korrelationsanalysen wird nicht mehr explizit auf den Kolmogorov-Smirnov-Test verwiesen, da, wie bereits gezeigt wurde, das KorrelationsmaB nach Spearman eingesetzt werden muss.
IL2 Die Makroanalyse zur Analyse von Interdependenzen
227
Die Berechnung von Tsp zeigt unter den strengen Richtlinien der Bonferroni-Korrektur keine signifikante Korrelation auf. Einen Uberblick tiber die Ergebnisse liefert die folgende Tabelle:
Tabelle II-4: Ergebnisse Korrelationsanalyse Wachstum 2000/2001 & Umsatzgewinnrate 2000
Die Fehlerwahrscheinlichkeit fur einen Alpha-Fehler liegt bei 0,5% und ist damit signifikant. Die Hohe des Korrelationskoeffizienten von -0,26 wirkt auf den ersten Blick gering, kann jedoch vor dem Hintergrund der erfolgten Diskussion als „mittelstark" eingestuft werden.^^^ Interessant ist, dass es sich um eine negative Korrelation zwischen der Umsatzgewinnrate und der Wachstumsrate handelt. In Abschnitt 11.1.2 (1) wurde erortert, dass eine positive Korrelation zwischen diesen beiden Werten zu erwarten ist, sofem Effizienz steigemde und Nachfrage stimulierende Aktivitaten unabhangig voneinander sind. Andemfalls ist nur dann mit einer positiven Korrelation zu rechnen, wenn die durch die Nachfrage stimulierenden Aktivitaten bewirkte Umsatzsteigerung zuzuglich der durch Effizienz steigemde MaBnahmen erfolgten Kostensenkungen einen groBeren Einfluss auf die Umsatzgewinnrate hat als der durch die Nachfrage stimulierenden Aktivitaten verursachte Kostenanstieg. Da es sich im vorliegenden Fall um eine negative Korrelation handelt, gibt es zwei hiterpretationsmoglichkeiten: •
hn ersten Fall ware der Grund fiir die negative Korrelation, dass mittels einer Effizienzsteigerung eine Preissenkung zur Absatzsteigerung bei geringerer Rendite durchgefuhrt wurde.
•
Im zweiten Fall ware der Grund fiir eine negative Korrelation, dass die Differenzierungsvorteile lediglich eine Absatzsteigerung bei hoheren Kosten zulieBen und demnach die Differenzierungserlose unter den Differenzierungskosten lagen.
Da der zweite Fall implizieren wiirde, dass der Faktor Effizienz in Bezug auf die operativen Tatigkeiten im Jahr 2000 von geringerer Wichtigkeit war, wird hierzu ein Cross-Check durchgefuhrt, indem ein weiterer Indikator fur die Effizienz eines Untemehmens mit der Wachstumsrate korreUert wird. Ein in der Praxis weit verbreiteter Indikator fiir die Effizienz Ein starkerer Zusammenhang ergibt sich, sofem in der Stichprobe nicht alle Medienuntemehmen, sondem nur die zehn am schnellsten und die zehn am langsamsten wachsenden Medienuntemehmen gegenubergestellt werden. Auf derartige Werte, welche mit rsp- dargestellt werden, wird in den entsprechenden FuBnoten hingewiesen. Bei der Variable ROS 2000 zeigt sich nun ein deutlich starkerer Zusammenhang von rsp=-0,48.
228
II. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche
eines Untemehmens ist die Mitarbeiterproduktivitat. Falls die negative Korrelation zwischen der Umsatzgewinnrate und der Wachstumsrate auf Preissenkungen basiert, so ist anzunehmen, dass die Medienuntemehmen bestehende Kostenvorteile an die Nachfrager weitergegeben haben. Vor diesem Hintergrund ware zu erwarten, dass diese Untemehmen die gesamte Wertschopfung kosteneffizient organisieren und dementsprechend auch eine hohere Mitarbeiterproduktivitat aufweisen. In diesem Fall ware mit einer positiven Korrelation zwischen der Mitarbeiterproduktivitat und der Wachstumsrate auszugehen. Basiert die negative Korrelation jedoch auf Fall 2, so ist mit keiner oder einer negativen Korrelation zwischen der Mitarbeiterproduktivitat und der Wachstumsrate zu rechnen. Die Variable Mitarbeiterproduktivitat wird mit MP 2000 abgekiirzt und berechnet sich aus MP = Sales / [(Employees in t-1 + Employees in t)/2]. Die Mitarbeiterproduktivitat gibt an, wie viel Umsatz pro Mitarbeiter in einem Untemehmen erwirtschaftet wird. Unter der Annahme, dass Investitionen in die Wachstumsfaktoren zum Wachstum der Medienuntemehmen gefuhrt haben, miisste das Untemehmenswachstum nicht oder negativ mit der Mitarbeiterproduktivitat korrelieren. Als zu verwerfende Hypothese wird daher vermutet, dass zwischen der Mitarbeiterproduktivitat und dem Untemehmenswachstum eine positive Korrelation besteht:^^^ HI: Es besteht ein positiver Zusammenhang zwischen der Mitarbeiterproduktivitat 2000 und der Wachstumsrate 2000/2001. Die Ergebnisse der Berechnung finden sich in der nachfolgenden Tabelle:
Tabelle 11-5:
Ergebnisse Korrelationsanalyse Wachstum 2000/2001 & Mitarbeiterproduktivitat 2000
Die Berechnung von rsp zeigt keine signifikante Korrelation zwischen der Mitarbeiterproduktivitat im Jahr 2000 und dem Untemehmenswachstum 2000/2001 auf, die formulierte Hypothese wird damit verworfen. Dieses Ergebnis geht mit der Annahme einher, dass der Fall 2 zur negativen Korrelation zwischen der Umsatzgewinnrate 2000 und der Wachstumsrate
Da es sich hierbei um keine ungerichtete Korrelationsanalyse handelt, kann vom urspriinglichen Signifikanz-Niveau a = 0,05 ausgegangen werden.
II. 2 Die Makroanalyse zur Analyse von Interdependenzen
229
2000/2001 fuhrte. Der Faktor Effizienz ware demnach ein unterstUtzender, untergeordneter Faktor. Aufgrund der bisherigen Korrelationsanalysen konnen folgende erste Vermutungen geauBert werden: •
Die Wachstumsfaktoren sind nicht unabhangig voneinander, sie beeinflussen sich wechselseitig.
•
Der Faktor Effizienz spielte eine unterstutzende, untergeordnete Rolle fUr die Faktoren Marke, Qualitat und Innovation.
•
Die Differenzierungserlose liegen unter den Differenzierungskosten.
Die Feststellung, dass die Differenzierungserlose unter den Differenzierungskosten liegen, widerspricht den theoretischen Annahmen Porters und bedarf einer umfassenderen Diskussion. Hierzu ist zunachst zu untersuchen, welche Griinde gegen eine Durchsetzung angemessen hoher Preise im Jahr 2000/2001 gesprochen haben konnten. Im Anschluss soUen die Differenzierungskosten naher untersucht werden. Bei der Analyse der Differenzierungserlose muss zwischen Werbe- und Rezipientenerlosen unterschieden werden. Zuerst wird analysiert, warum eine Erhohung der Werbepreise im Jahr 2000/2001 problematisch gewesen sein konnte. Wie bereits dargelegt wurde, handelt es sich bei dem Kemprodukt auf den Werbemarkten, dem Werberaum, um ein weitgehend substituierbares Produkt, da bestimmte Zielgruppen liber verschiedene Medien (die Substitution kann dabei intra- und intermedialer Natur sein) erreicht werden konnen.^^"* Eine Differenzierung des Kemproduktes fmdet daher ausschlieBlich iiber den 1000-Kontakt Preis statt. Ansatzpunkte der Differenzierung bieten somit das formale und das erweiterte Produkt. Das formale Produkt beschreibt die Verkniipfung von Werbe- mit Rezipienteninhalten sowie die Verkniipfung zwischen den Inhalten und dem Medientrager. Hinsichtlich beider Verkniipfungsoptionen konnen Ansatzpunkte zur Differenzierung identifiziert werden. In Bezug auf die Verkniipfung mit Rezipienteninhalten kann eine Differenzierung durch eine gelungene Integration des Werbeinhalts mit dem redaktionellen Inhalt erreicht werden. Somit ist innerhalb des Mediums eine Optimierung der Zielgruppenansprache moglich.^^^ In Bezug auf die Verkniipfung zwischen Inhalten und Tragermedium sind, abhangig vom Tragermedium, verschiedene Moglichkeiten denkbar. Als Beispiele konnen Beilagen in Zeitungen/Zeitschriften oder Split-Screens im TV genannt werden. Betrachtet man die hier skizzierten Moglichkeiten der Differenzierung beziiglich des formalen Produktes auf den Werbemarkten, so konnen verschiedene Restriktionen bzw. Griinde
Eine Ausnahme bieten hoch spezialisierte Medienanbieter, da eine Ansprache von spezialisierten Zielgruppen iiber andere Medien zu groBe Streuverluste mit sich bringt. Dies ist jedoch die Ausnahme und soil im Folgenden unberiicksichtigt bleiben. Im Extremfall sind auch so genannte „Infomercials" denkbar, welche im TV einer Dauerwerbesendung gleichkommen. So sendete beispielsweise der Sender Pro? ein abendfiillendes Format zur Presentation eines neuen BMW.
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IL Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche
festgestellt werden, die gegen eine derartige Differenzierung und damit gegen eine Durchsetzung angemessener Preise wirken bzw. im Jahr 2000/2001 wirkten. So gibt es in der Medienbranche sehr strikte gesetzliche Vorschriften, welche das Verkniipfen von Werbe- und Rezipienteninhalten reglementieren. Eine direkte Vermengung der unterschiedlichen Inhaltetypen ist untersagt. Des Weiteren fUhren untypische Konzepte zur Verkniipfung von Werbeinhalten und dem Tragermedium zu uberproportionalen Kosten. Da sich die Medienbranche im Jahr 2000/2001 aufgrund der Konjunktur in einem Umfeld eines hohen Wettbewerbs bei sinkendem Marktvolumen befand, war eine Uberwalzung derartiger Kosten aller Wahrscheinlichkeit nach nicht moglich. Die DifferenzierungsmaBnahmen ermoglichten somit keine angemessene Durchsetzung hoherer Preise, sondem fuhrten lediglich zu einem uberproportionalen Kostenanstieg. Das erweiterte Produkt beschreibt alle zusatzlichen Services, welche in einem Zusammenhang mit dem Kemprodukt stehen. Als Services fiir Werbekunden werden von den Medienuntemehmen bzw. deren Vermarktungsabteilungen haufig umfassende Medienanalysen angeboten.^^^ Auch hier sind die verursachten Kosten sehr groB. Da fast alle Medienhauser ahnliche Services anbieten, ermoglichen nur sehr umfassende Services Differenzierungschancen. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass eine Uberwalzung hoherer Kosten auf die Werbekunden vor dem Hintergrund der Marktsituation moglich war. hi Bezug auf den Rezipientenmarkt ist eine Substitution der Produkte schwieriger, da die Rezipienteninhalte (das Kemprodukt) fur den Rezipienten in aller Regel einzigartig sind bzw. AUeinstellungsmerkmale leichter aufgebaut werden konnen. Eine Differenzierung und damit die Durchsetzung hoherer Preise ist somit theoretisch moglich. Problematisch ist in diesem Zusammenhang jedoch nicht die Substitution von konkurrierenden Medienprodukten, sondem von konkurrierenden Tragermedien. Aufgmnd der neuen Medien ist es denkbar, dass das traditionelle Medium zugunsten der neuen Medien substituiert wird. Wie bereits in der Einleitung erlautert wurde, fiihrt dies zu einer Liflation der Werthaltigkeit von Bezahlcontent. Eine Durchsetzung hoherer Preise auf Basis des Kemproduktes erscheint daher auch im Bezug auf die Rezipientenerlose problematisch, die anfallenden Kosten der Differenziemng konnen in diesem Fall nicht mehr gedeckt werden.^^^ Moglichkeiten zur Differenziemng ergeben sich daher vor allem beim formalen und/oder erweiterten Produkt. Als Beispiele konnen hochwertige Verpackungen (z.B. ElvisSammelbox), Online Conmiunities usw. genannt werden. Derartige Zusatzleistung vemrsachen haufig hohe Kosten, konnen sich jedoch nur in Ausnahmen selbst tragen. Ein uberproportionaler Kostenanstieg ware somit denkbar.
Das Ziel derartiger Services ist es, den einkaufenden Mediaplanem Entscheidungshilfen, welche das eigene Medium in einem giinstigen Licht erscheinen lassen, zur Verfiigung zu stellen. Als weiterer Grund gegen die Durchsetzung hoherer Preise beim Konsumenten ist anzufiihren, dass sich in vielen Medienbereichen feste Preise finden lassen. So sind beispielsweise Kinopreise, die Preise einer CD Oder DVD, eines Buches oder Zeitung weitgehend fix, da sie iiber den vergangenen Medienkonsum des Rezipienten gewissermaBen gelernt wurden.
II.2 Die Makroanalyse zur Analyse von Interdependenzen
231^
Es kann daher festgehalten werden, dass nachvollziehbare Griinde identifiziert werden konnen, die gegen eine Durchsetzung angemessener Preise im Zuge einer Differenzierung im Jahr 2000/2001 wirkten und fiir einen uberproportionalen Kostenanstieg sprachen. Im Zuge der weiteren Analyse ist von Interesse, wo diese Kosten anfallen. In einem nachsten Schritt soUen daher die auf die Umsatzgewinnrate wirkenden Kostenfaktoren naher analysiert werden. Hierzu werden die Kennzahlen Cost Efficiency und Overhead Efficiency herangezogen. Die Variable Cost Efficiency bezieht sich auf die Herstellungskosten des Kemproduktes. Die Korrelation mit der Wachstumsrate 2000/2001 ergibt folgendes Ergebnis: Das KorrelationsmaB rsp zeigt unter den strengen Richtlinien der Bonferroni-Korrektur keine signifikante Korrelation auf:
Tabelle II-6: Ergebnisse Korrelationsanalyse Wachstum 2000/2001 & Cost Efficiency 2000
Dieser Analyse folgend fiihren die Herstellungskosten im Jahr 2000 nicht zu einem uberproportionalen Kostenanstieg, die negative Korrelation zwischen der Umsatzgewinnrate und der Wachstumsrate lasst sich also nicht auf uberproportional hohe Herstellungskosten zuriickftihren. Die Herstellungskosten blieben somit erwartungsgemafi unberiihrt. Neben den Herstellungskosten sind daher die Overheadkosten zu untersuchen. Diese setzen sich aus den Kostenblocken Selling (Marketing/Vertrieb), General (Management) und Administration (Verwaltung) zusammen. Die Kennzahl Overhead Efficiency zeigt einen signifikanten Zusammenhang zum Untemehmenswachstum 2000/2001 auf:
Tabelle 11-7:
Ergebnisse Korrelationsanalyse Wachstum 2000/2001 & Overhead Efficiency 2000
Die Fehlerwahrscheinlichkeit flir einen Alpha-Fehler liegt bei 0,2% und unterschreitet den geforderten Wert um 0,3%. Ein Zusanmienhang zwischen den Overheadkosten und dem Untemehmenswachstum ist somit hochst wahrscheinlich. Die Hohe des Korrelationskoeffizienten von 0,23 weist einen ahnlichen Wert wie bei der Umsatzgewinnrate auf. Dieses Ergebnis
weist einen sehr starken Zusammenhang in Hohe von 0,69 auf.
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II. Empirischer Teil: Die Analyse von Wachstumsfaktoren in der Medienbranche
impliziert, dass hohe Overheadkosten im Vergleich zu anderen Untemehmen die tendenziell schlechtere Umsatzgewinnrate der Wachstumsuntemehmen im Jahr 2000/2001 erklaren. Dieses Ergebnis erscheint vor dem Hintergrund der erfolgten Diskussion plausibel, da die Differenzierungsaktivitaten auf der Ebene des formalen und/oder erweiterten Produktes (z.B. Medienanalysen, Marktforschung, etc.) nicht zu den Herstellungskosten, sondem zu den Overheadkosten gerechnet werden. (d)
Die Analyse des Kapitalumschlags
Nachdem die Umsatzgewinnrate analysiert wurde, soil im Folgenden der zweite wesentliche Haupteinflussfaktor aus der Gleichung zum nachhaltigen Wachstum - der Kapitalumschlag untersucht werden. Auch hier gliedert sich die Wiedergabe der Ergebnisse in die Darstellung der Ergebnisse, die Interpretation der Ergebnisse, sowie eine Detaillierung untergeordneter Kennzahlen, welche gleichermaBen interpretiert werden. Die Analyse des Zusammenhangs zwischen dem Kapitalumschlag 2000 und der Wachstumsrate 2000/2001 verweist auf eine hohe negative Korrelation zwischen den beiden Werten:
Tabelle II-8: Ergebnisse Korrelationsanalyse Wachstum 2000/2001 & Kapitalumschlag 2000
Die Fehlerwahrscheinlichkeit fiir einen Alpha-Fehler liegt bei