Thermodynamik: Die Grundgesetze der Energie- und Stoffumwandlungen [7 ed.] 3540686452, 978-3-540-68645-3 [PDF]

Dieses bewährte Lehrbuch der Thermodynamik bietet nun in der 7. Auflage eine Einführung in die gemeinsamen Grundgesetze

153 56 8MB

German Pages 627 [636] Year 2008

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Table of contents :
Front Matter....Pages I-XVI
Allgemeine Grundlagen....Pages 1-31
Fluide Phasen....Pages 33-114
Die Materiemengenbilanz....Pages 115-145
Die Energiebilanz....Pages 147-257
Die Entropiebilanz....Pages 259-333
Modellprozesse für Energieumwandlungen....Pages 335-430
Modellprozesse für Stoffumwandlungen....Pages 431-546
Back Matter....Pages 547-627
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Thermodynamik: Die Grundgesetze der Energie- und Stoffumwandlungen [7 ed.]
 3540686452, 978-3-540-68645-3 [PDF]

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Springer-Lehrbuch

Klaus Lucas

Thermodynamik Die Grundgesetze der Energie- und Stoffumwandlungen

7. korrigierte Auflage

123

Prof. Dr. Klaus Lucas Professor für Thermodynamik Lehrstuhl für Technische Thermodynamik Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen Schinkelstraße 8 52062 Aachen Deutschland [email protected]

ISBN 978-3-540-68645-3

e-ISBN 978-3-540-68648-4

DOI 10.1007/978-3-540-68648-4 Springer-Lehrbuch ISSN 0937-7433 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. c 2008, 2007, 2006, 2004, 2001, 2000, 1995 Springer-Verlag Berlin Heidelberg  Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Satz: Digitale Druckvorlage des Autors Herstellung: le-tex publishing services ohG Einbandgestaltung: WMX Design GmbH, Heidelberg

Gedruckt auf säurefreiem Papier 987654321 springer.de

Vorwort zur 7. Auflage

Energie- und Stoffumwandlungen sind die grundlegenden Prozesse, auf denen unsere Zivilisation beruht. Sie laufen in vielf¨ altigen technischen Strukturen ab, deren Gr¨ oßenbereich sich von kleinen Anlagen im Labormaßstab bis hin zu großtechnischen Standorten erstreckt. Einen ersten Einstieg in die Analyse solcher Prozesse vermittelt die Thermodynamik. Sie beschreibt die Umwandlungen auf der Grundlage von allgemeinen Bilanzgleichungen sowie speziellen Modellans¨ atzen f¨ ur das Verhalten der beteiligten Stoffe, unabh¨angig von den vielf¨ altigen technischen Aspekten der zugeh¨ origen Maschinen und Apparate. Der vorliegende, nunmehr in der siebten Auflage erscheinende Text betont die Rolle der Thermodynamik als systemanalytische Wissenschaft. Das erste Kapitel stellt die allgemeinen Erkenntnisse u ¨ ber Energie- und Stoffumwandlungen zusammen und erl¨ autert die wesentlichen Abstraktionsschritte einer thermodynamischen Analyse. Im zweiten Kapitel werden die f¨ ur die Anwendungen entscheidenden Eigenschaften fluider Materie zun¨achst ph¨ anomenologisch und darauf aufbauend durch Stoffmodelle beschrieben. In den anschließenden drei Kapiteln erfolgen die allgemeine Formulierung der Bilanzen f¨ ur Materie, Energie und Entropie und ihre Anwendung auf exemplarische Prozesse. Es wird dabei deutlich, dass die L¨osung eines praktischen Problems zun¨ achst die darauf zugeschnittene Aufstellung der Bilanzgleichungen und danach ihre Auswertung mit Hilfe spezieller Stoffmodelle erfordert. Insbesondere die Diskussion der Entropiebilanz in Verbindung mit dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik f¨ uhrt auf zwei Grenzf¨alle der thermodynamischen Analyse, den reversiblen Prozess f¨ ur Energieumwandlungen und den Gleichgewichtsprozess f¨ ur Stoffumwandlungen. Beide Grenzf¨alle erlauben eine einfache und doch praktisch aussagef¨ahige Analyse energie- und stoffumwandelnder Prozesse. Dies wird in jeweils eigenen Kapiteln an Hand ausgew¨ ahlter Beispiele f¨ ur Energieumwandlungen und f¨ ur Stoffumwandlungen ausf¨ uhrlich dargestellt. In der siebten Auflage habe ich einige kleinere Korrekturen und Erg¨ anzungen vorgenommen. F¨ ur die Ausf¨ uhrung bin ich Frau I. Wallraven dankbar. M¨ oge das Buch auch weiterhin Studenten und Ingenieuren in der Praxis helfen, die N¨ utzlichkeit der thermodynamischen Analyse zu erkennen und in praktische Probleml¨ osungen umzusetzen. Aachen, im Sommer 2008

K.Lucas

Inhaltsverzeichnis

1.

2.

Allgemeine Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Energie- und Stoffumwandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.1 Energieumwandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.2 Stoffumwandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.3 Energie- und Stoffumwandlungen in technischen Prozessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.4 Allgemeine Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Die thermodynamische Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.1 Das thermodynamische System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.2 Das System als fluide Phase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.3 Prozess und Zustands¨ anderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Kontrollfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1 1 2 6 9 11 13 14 25 29 30

Fluide Phasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Materiemenge und thermische Zustandsgr¨oßen . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 Die Materiemenge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2 Das Volumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.3 Der Druck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.4 Die Temperatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Reinstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Der Gaszustand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Verdampfung und Kondensation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3 Das Nassdampfgebiet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.4 Kritischer Punkt und Tripelpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.5 Schmelzen und Erstarren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.6 Das gesamte Zustandsgebiet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Gemische . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1 Verdampfung und Kondensation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2 Verdunstung und Absorption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.3 Entmischung in fl¨ ussigen Gemischen . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.4 Schmelzen und Erstarren in Gemischen . . . . . . . . . . . . . 2.3.5 Chemische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Stoffmodelle f¨ ur Reinstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.1 Die Dampftafel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33 34 34 38 38 42 50 51 53 59 60 62 63 65 66 74 76 78 80 84 84

VIII

3.

4.

Inhaltsverzeichnis

2.4.2 Gase bei niedrigen Dr¨ ucken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.3 Fl¨ ussigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5 Stoffmodelle f¨ ur Gemische . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.1 Partielle Gr¨ oßen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.2 Gasgemische . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.3 Gas/Dampf-Gemische . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.4 Fl¨ ussige Gemische . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6 Kontrollfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.7 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

85 87 88 88 90 93 99 104 106

Die Materiemengenbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Materiemengenbilanz bei thermischen Energie- und Stoffumwandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1 Umwandlungen reiner Stoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.2 Umwandlungen von Gemischen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Materiemengenbilanz bei chemischen Energie- und Stoffumwandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Vollst¨ andig ablaufende Reaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2 Unvollst¨ andig ablaufende Reaktionen . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.3 Die Elementenbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Kontrollfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

115

Die Energiebilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Die Erscheinungsformen der Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.1 Mechanische Energieformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.2 Innere Energie und Enthalpie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.3 Die Energieform W¨ arme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Energiebilanzgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.1 Geschlossene Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2 Offene Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.3 Kreisprozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Energiebilanzen bei thermischen Zustands¨anderungen . . . . . . . 4.3.1 Prozesse mit reinen Stoffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.2 Prozesse mit Gemischen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4 Energiebilanzen bei chemischen Zustands¨anderungen . . . . . . . . 4.4.1 Thermischer und chemischer Anteil . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.2 Die Standardbildungsenthalpie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.3 Der Heizwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5 Das Energieflussbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.6 Kontrollfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.7 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

147 148 148 157 162 165 165 168 173 176 176 189 218 219 223 230 242 244 246

116 117 118 126 127 133 140 143 143

Inhaltsverzeichnis

5.

6.

IX

Die Entropiebilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1 Das Naturgesetz der Unsymmetrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.1 Technische Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.2 Dissipation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Die Zustandsgr¨ oße Entropie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1 Entropie und Dissipation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.2 Entropie und W¨ arme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.3 Entropieproduktion bei Energietransfer u ¨ber Temperatur- und Druckdifferenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.4 Atomistische Interpretation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3 Der 2. Hauptsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4 Die Berechnung der Entropie aus Stoffmodellen . . . . . . . . . . . . 5.4.1 Die Fundamentalgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.2 Die thermodynamische Temperatur . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.3 Reine Gase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.4 Reine Fl¨ ussigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.5 Reine Stoffe im gesamten Zustandsgebiet . . . . . . . . . . . . 5.4.6 Gasgemische . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.7 Gas/Dampf-Gemische . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.8 Fl¨ ussige Gemische . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.9 Chemische Zustands¨ anderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5 Energiequalit¨ at . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5.1 Exergie und Anergie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5.2 Die Exergie eines Stoffstromes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5.3 Exergieverlust und Entropieproduktion . . . . . . . . . . . . . . 5.5.4 Exergetische Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6 Kontrollfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.7 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

259 259 260 262 278 279 280

Modellprozesse f¨ ur Energieumwandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1 Grundprozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1.1 Reversible Str¨ omungsprozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1.2 Reversibel-isotherme Arbeitsprozesse . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1.3 Reversibel-adiabate Prozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Die Umwandlung von Brennstoffenergie in Arbeit . . . . . . . . . . . 6.2.1 Das Dampfkraftwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.2 Die Gasturbine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.3 Das Kombi-Kraftwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.4 Das Strahltriebwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.5 Verbrennungsmotoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3 W¨ arme- und K¨ alteerzeugung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.1 Die W¨ armepumpe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.2 Kraft-W¨ arme-Kopplung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4 Maschinenwirkungsgrade . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4.1 Isentrope Wirkungsgrade . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

335 336 336 337 339 347 351 366 371 381 388 392 392 400 410 410

283 286 290 293 294 295 298 299 299 300 304 305 308 311 313 313 322 323 328 330

X

Inhaltsverzeichnis

6.4.2 Polytrope Wirkungsgrade . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 418 6.5 Kontrollfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421 6.6 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422 7.

Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1 Grundprozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.1 Die Grundtypen der Ausgleichsprozesse . . . . . . . . . . . . . 7.1.2 Das chemische Potenzial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.3 Ausgleichsprozesse und Gleichgewicht in abgeschlossenen Systemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.4 Ausgleichsprozesse und Gleichgewicht in technischen Anlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2 Thermodynamische Gleichgewichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.1 Das Verdampfungs- und Kondensationsgleichgewicht . . 7.2.2 Das Verdunstungs- und Absorptionsgleichgewicht . . . . . 7.2.3 Das Reaktionsgleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3 Thermische Stoffumwandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3.1 W¨ arme¨ ubertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3.2 Die Verdunstung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3.3 Die Absorption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3.4 Die Rektifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4 Chemische Stoffumwandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.1 Der isotherme Reaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.2 Der adiabate Reaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.3 Reaktor mit Temperaturprofil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5 Apparatewirkungsgrade . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5.1 Wirkungsgrad eines W¨ arme¨ ubertragers . . . . . . . . . . . . . . 7.5.2 Wirkungsgrad einer thermischen Trennstufe . . . . . . . . . 7.5.3 Wirkungsgrad einer chemischen Stoffumwandlung . . . . 7.6 Kontrollfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.7 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

431 431 432 440

Anhang A Stoffdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle A1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle A2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle A3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle A4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle A5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle A6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildung A1. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

547 547 566 568 572 572 573 574

Anhang B1 B2 B3

575 575 576 579

B Wichtige Formeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stoffmodelle f¨ ur Reinstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stoffmodelle f¨ ur Gemische . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stoffmodelle f¨ ur Phasen- und Reaktionsgleichgewichte . . . . . . .

443 446 452 452 462 469 475 475 489 499 510 526 526 530 534 539 539 539 540 541 542

Inhaltsverzeichnis

Berechnung der Enthalpie und Entropie aus der thermischen Zustandsgleichung p = p(T, υ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B5 Materiemengenbilanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B6 Energiebilanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B7 Arbeit und W¨ arme bei quasistatischer Zustands¨anderung . . . . B8 Isentrope und polytrope Zustands¨ anderungen idealer Gase . . . B9 Verbrennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B10 Beitr¨ age zur irreversiblen Entropieproduktion . . . . . . . . . . . . . . B11 Wirkungsgrade . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B12 Exergieformeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XI

B4

580 581 582 583 583 584 584 585 585

Anhang C Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 586 Anhang D Antworten auf die Kontrollfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . 588 Anhang E Ergebnisse der Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 600 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 621

Formelzeichen

a)

Lateinische Formelbuchstaben

A a ai b B˙ Q c Cp , CV c p , cv E EQ ΔEV eh ΔeV F G g

Fl¨ ache; freie Energie spezifische oder molare freie Energie Aktivit¨ at der Komponente i Beschleunigung; spezifische oder molare Anergie Anergie eines W¨ armestroms Geschwindigkeit; spezifische oder molare W¨armekapazit¨at isobare bzw. isochore W¨ armekapazit¨at spezifische oder molare isobare bzw. isochore W¨armekapazit¨at Energieinhalt, Gesamtenergie eines Systems, Exergie Exergie eines W¨ armestromes Exergieverlust spezifische oder molare Exergie der Enthalpie spezifischer oder molarer Exergieverlust Kraft freie Enthalpie spezifische oder molare freie Enthalpie; Erdbeschleunigung; gasf¨ ormig Enthalpie Enthalpiestrom Henry-Koeffizient der Komponente i spezifischer oder molarer Brennwert spezifischer oder molarer Heizwert spezifische oder molare Enthalpie spezifische oder molare Standardbildungsenthalpie im Gaszustand spezifische oder molare Standardbildungsenthalpie im fl¨ ussigen Zustand spezifische oder molare Standardbildungsenthalpie im Zustand der ideal verd¨ unnten w¨ assrigen L¨ osung spezifische oder molare Verdampfungsenthalpie spezifische oder molare Schmelzenthalpie Gleichgewichtskonstante

H H˙ Hi Ho Hu h Δhf,0 (g) Δhf,0 (l) Δhf,0 (aq) Δhv Δhm K

XIV

Formelzeichen

k k l M Md m m ˙ mi N NA n n˙ nd omin P p Q Q˙ q q˙ R r S S˙ ΔS˙ irr Si S˙ i s Δsirr T Tm t U u V V˙ v W w wt wi x xi z

Boltzmann-Konstante W¨ armedurchgangskoeffizient; Kondensatmenge im Rauchgas bezogene Luftmenge; fl¨ ussig Molmasse Drehmoment Masse Massenstrom Molalit¨ at der Komponente i Teilchenzahl Avogadro-Konstante Stoffmenge; Polytropenexponent Stoffmengenstrom Drehzahl spezifischer oder molarer Mindestsauerstoffbedarf Leistung Druck W¨ arme W¨ armestrom spezifische oder molare W¨ arme W¨ armestromdichte allgemeine Gaskonstante spezifische oder molare Verdampfungsenthalpie Entropie Entropiestrom Entropieproduktionsstrom innere Entropieerzeugung Strom der inneren Entropieerzeugung spezifische oder molare Entropie spezifische oder molare Entropieerzeugung thermodynamische Temperatur thermodynamische Mitteltemperatur Celsius-Temperatur Innere Energie spezifische oder molare innere Energie Volumen Volumenstrom spezifisches oder molares Volumen; bezogene Abgasstoffmenge Arbeit spezifische oder molare Arbeit spezifische oder molare technische Arbeit Massenanteil der Komponente Dampfgehalt; Wasserbeladung feuchter Luft Stoffmengenanteil der Komponente i H¨ ohenkoordinate; Zustandsgr¨oße

Formelzeichen

XV

b)

Griechische Formelbuchstaben

α β γi ε ε0 ζ η ηC ηth ηS Θig κ λ μi ν νi ρ ξ τ ϕ ω

W¨ arme¨ ubergangskoeffizient; relative Fl¨ uchtigkeit W¨ armeverh¨ altnis; Stromausbeute Aktivit¨ atskoeffizient der Komponente i Leistungszahl einer W¨ armepumpe Leistungszahl einer K¨ altemaschine exergetischer Wirkungsgrad (energetischer) Wirkungsgrad Carnot - Faktor thermischer Wirkungsgrad einer W¨armekraftmaschine isentroper Wirkungsgrad Temperatur des idealen Gasthermometers Isentropenexponent Luftverh¨ altnis; W¨ armeleitf¨ ahigkeit chemisches Potenzial der Komponente i Polytropenverh¨ altnis st¨ ochiometrischer Koeffizient der Komponente i Dichte Reaktionslaufzahl Zeit relative Feuchte Winkelgeschwindigkeit; Gesamtwirkungsgrad

c)

Indizes

0 1, 2, 3 . . . 12

Bezugszustand Zust¨ ande 1,2,3... Doppelindex: Prozessgr¨ oße eines Prozesses, der vom Zustand 1 in den Zustand 2 f¨ uhrt Systeme A,B,... Austrittsquerschnitt adiabat Brennstoff Eintrittsquerschnitt Phasenwert Komponente i in einem Gemisch; im Systeminneren Kessel, Kolben kritisch Luft reine Komponente i polytrop isentrop S¨ attigung

A,B,. . . a ad B e f i K k L 0i P S s

XVI

Formelzeichen

T t tr u V

Taupunkt, Turbine technisch Tripelpunkt Umgebung Verdichter; Verbrennungsgas; Volumen¨anderung

d)

Suffices

0 irr rev

Standardwert irreversibel reversibel siedender Zustand ges¨ attigter Zustand Verbrennungsgas ideale Fl¨ ussigkeit ideales Gas ideal verd¨ unnte L¨ osung fl¨ ussig fest gasf¨ ormig





V if ig ivl l,L s g,G

1. Allgemeine Grundlagen

Unsere Gesellschaft beruht auf der Nutzung von Energie und Materie. Energie und Materie stehen uns als nat¨ urliche Ressourcen in ausreichender Menge zur Verf¨ ugung, allerdings nicht in den Formen, die wir ben¨otigen. Die ben¨otigten Formen m¨ ussen durch Energie- und Stoffumwandlungen aus nat¨ urlichen Ressourcen gewonnen werden. Die Planung und Optimierung technischer Energie- und Stoffumwandlungen ist in nahezu allen Prozessen unserer Industriegesellschaft von großer Bedeutung. Ihre vorrangigen Ziele sind die Schonung der nat¨ urlichen Rohstoffe und die Bereitstellung der gew¨ unschten Energie- und Stoffformen mit einem H¨ ochstmaß an Wirtschaftlichkeit und Umweltvertr¨ aglichkeit. Technikbereiche, in denen Energie- und Stoffumwandlungen u ¨ ber ihre allgemeine Bedeutung hinaus eine besondere Rolle spielen, sind die Energietechnik und die Verfahrenstechnik. Die Energietechnik befasst sich mit der Erzeugung der gew¨ unschten Energieformen aus den nat¨ urlichen Energiespeichern der Erde sowie ihren Umwandlungen ineinander. Gegenstand der Verfahrenstechnik ist die Produktion gew¨ unschter Stoffformen aus den nat¨ urlichen Materiespeichern der Erde und ihre Umwandlung ineinander. Die Prozesse der Energie- und Verfahrenstechnik sind nicht unabh¨ angig voneinander. Energieumwandlungen werden von Stoffumwandlungen begleitet und Stoffumwandlungen von Energieumwandlungen. Auch prinzipiell h¨ angen Energie- und Stoffumwandlungen eng zusammen. Sie unterliegen gemeinsamen Naturgesetzen. Diese gemeinsamen Grundgesetze der Energie- und Stoffumwandlungen werden in der Thermodynamik formuliert.

1.1 Energie- und Stoffumwandlungen Energie- und Stoffumwandlungen sind im Detail vielf¨altig und komplex. Dennoch lassen sich bereits bei oberfl¨ achlicher Betrachtung einige Gesetzm¨ aßigkeiten erkennen, die ihre Analyse erleichtern. Obwohl Energie- und Stoffumwandlungen in der Regel gekoppelt auftreten, ist es hierzu sinnvoll, sie getrennt zu betrachten.

2

1 Allgemeine Grundlagen

1.1.1 Energieumwandlungen In unserer Gesellschaft wird Energie im Wesentlichen in zweierlei Weise genutzt. Zum einen ben¨ otigen wir Energie in Form von W¨arme, um begrenzte Teile unserer Umgebung, wie z.B. H¨ auser, auch im Winter auf einer angenehmen Temperatur zu halten oder technische Prozesse bei hohen Temperaturen ablaufen zu lassen. Wir sprechen von Raumw¨arme bzw. Prozessw¨arme. Zum anderen brauchen wir Energie in Form von mechanischer Arbeit zum Antrieb von Fahrzeugen oder Maschinen. W¨ arme und Arbeit sind also die beiden wesentlichen Nutzenergieformen. Die Energieformen W¨arme und Arbeit kommen nur in unwesentlicher Menge in der Natur vor. Sie m¨ ussen daher aus Energievorr¨aten der Natur, so genannter Prim¨arenergie, durch Energieumwandlung erzeugt werden. Allgemein versteht man unter Energieumwandlungen Prozesse, in denen eine Energieform in eine oder mehrere andere umgewandelt wird. Die energiewirtschaftlichen Daten einer modernen Industriegesellschaft zeigen erhebliche Umwandlungsverluste bei der Bereitstellung der geforderten Nutzenergie aus Prim¨ arenergie. Abb. 1.1 ist ein so genanntes Sankey-Diagramm, in dem die Energiemengen durch die Dicke von Pfeilen dargestellt werden. Es entspricht in etwa den Verh¨altnissen der Bundesrepublik Deutschland. Prim¨ arenergietr¨ ager sind z.B. Erd¨ol, Erdgas, Kohle, Uran und regenerative Energieformen. Etwa 15 % der Prim¨arenergietr¨ager werden exportiert, gebunkert oder einer nichtenergetischen Nutzung, z.B. als Rohstoff f¨ ur Stoffumwandlungen, zugef¨ uhrt und damit der weiteren energiewirtschaftlichen Nutzung entzogen. Der Rest wird in einem ersten Umwandlungsschritt in so genannte Endenergie umgewandelt. Endenergie umfasst diejenigen Energieformen, mit denen der Verbraucher beliefert wird, z.B. elektrische Energie oder Raffinerieprodukte wie Heiz¨ol, Treibstoffe und aufbereitete gasf¨ ormige Brennstoffe. Insgesamt bleiben etwa 30 % der zur Umwandlung in Endenergie eingesetzten Prim¨ arenergie ungenutzt. Dabei sind die hohen Verluste in Kraftwerken besonders auff¨ allig. Bei der Umwandlung der Endenergie in Nutzenergie, also Raum- und Prozessw¨arme sowie mechanische Arbeit, ergeben sich weitere Umwandlungsverluste. Nur etwa 50 % der Endenergie werden als Nutzenergie zur Verf¨ ugung gestellt. Dabei ist f¨ ur die hohen Umwandlungsverluste bei der Umwandlung von Endenergie in mechanische Arbeit im Wesentlichen die mangelhafte Energienutzung der Treibstoffe im Verkehrsbereich verantwortlich, w¨ ahrend die Umwandlung von elektrischer Energie in mechanische Antriebsenergie nahezu verlustlos abl¨auft. Insgesamt kommen nur etwa 35 % der zur Erzeugung von Nutzenergie eingesetzten arenergie dem Verbraucher zugute. Es geh¨ort zu den Aufgaben der TherPrim¨ modynamik, die daf¨ ur verantwortlichen Umwandlungsverluste zu analysieren und Wege aufzuzeigen, sie im Rahmen der einschr¨ankenden Naturgesetze zu minimieren. W¨ arme und Arbeit geh¨ oren zur gleichen Gr¨oßenart, n¨amlich Energie. Beide Energieformen haben gemeinsam, dass sie bei energetischen Wechselwirkungen zwischen zwei Objekten in Erscheinung treten. W¨arme ist dabei die

1.1 Energie- und Stoffumwandlungen

3

K ra ftw e rk e 3 0

R a ffin e r ie n 2 7

K o k e re i

P r im ä r e n e r g ie = 1 0 0 S o n s tig e 2 2

6

1 5 E n tz u g a u s E n e r g ie w ir ts c h a ft 0 ,5 0 ,5

1 9 2 6 ,5

5

1 7

5 ,5

1 1

A b w ä rm e

A b w ä rm e

E n d e n e r g ie = 6 0 R a u m h e iz u n g 1 9

P ro z e s s w ä rm e 1 7

m e c h . A r b e it 2 4

A b w ä rm e 8

A b w ä rm e

A b w ä rm e

1 5

7 1 1

1 0

9

N u tz e n e r g ie = 3 0 A b w ä rm e

Abb. 1.1. Von der Prim¨ arenergie zur Nutzenergie

Energieform, die bei der Wechselwirkung zwischen Objekten unterschiedlicher Temperatur auftritt. Wenn z.B. ein Beh¨ alter mit heißem Wasser in einen k¨ uhlen Raum gestellt wird, dann fließt W¨ arme von dem heißen Wasser in den k¨ uhlen Raum, sofern dies nicht durch eine thermische Isolierung behindert wird. Jede andere energetische Wechselwirkung zwischen zwei Objekten bezeichnen wir als Arbeit. Mit dieser Definition gehen wir u ¨ ber die bekannte Definition der mechanischen Arbeit als Kraft multipliziert mit der Verschiebung des Kraftangriffspunktes hinaus. In der hier betrachteten Allgemeinheit sind die Energieformen W¨ arme und Arbeit nicht immer leicht zu unterscheiden. Jeder Zweifel, ob eine betrachtete energetische Wechselwirkung zwischen zwei Systemen W¨ arme oder Arbeit ist, kann aber durch ein einfaches Gedankenexperiment behoben werden. Wir wiederholen die Wechselwirkung gedanklich mit einem thermischen Isolator zwischen beiden Objekten. Wird der Vorgang durch den Isolator ver¨ andert, dann ist W¨ arme beteiligt. Wenn nicht, dann bezeichnen wir die energetische Wechselwirkung als Arbeit. Abb. 1.2 zeigt eine elektrische Batterie, die an eine Heizplatte angeschlossen ist, auf der ein Beh¨ alter mit kaltem Wasser steht. Es besteht offenbar eine energetische

4

1 Allgemeine Grundlagen

W a s s e r B a tte r ie H e iz p la tte

E n e r g ie tr a n s fe r a ls W ä r m e E n e r g ie tr a n s fe r a ls A r b e it

Abb. 1.2. Zur Unterscheidung von W¨ arme und Arbeit

Wechselwirkung zwischen der Batterie und dem Wasser, denn die Batterie entl¨ adt sich und das Wasser wird w¨ armer. Die Klassifizierung dieser Wechselwirkung als W¨ arme oder Arbeit h¨ angt von der Definition der Objekte ab, die miteinander in Wechselwirkung treten. Definiert man als das eine Objekt die Batterie (gestrichelte Linie) und als das zweite Objekt den Rest, dann ist die Wechselwirkung Arbeit, insbesondere elektrische Arbeit. Der Vorgang wird nicht dadurch behindert, dass wir die Batterie durch einen thermischen Isolator vom restlichen System abschirmen. Definieren wir aber als das eine Objekt Batterie und Heizplatte (punktierte Linie) und als das andere den Wasserbeh¨ alter, so ist die Wechselwirkung als W¨arme anzusehen. Eine thermische Isolierung um Batterie und Heizplatte w¨ urde die Aufw¨armung des Wassers zweifellos behindern. Die Umwandlung von Energieformen ineinander unterliegt einschr¨ ankenden Naturgesetzen, die die in Abb. 1.1 dargestellten Verh¨altnisse qualitativ erkl¨ aren. Zun¨ achst ist um die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts erkannt geworden, dass Energie insgesamt nicht produziert oder vernichtet werden kann. Die Gesamtenergie bleibt bei allen Umwandlungen erhalten, d.h. es gilt ein Erhaltungssatz der Energie. Die Entdeckung des Energieerhaltungssatzes wird h¨ aufig auf das Jahr 1842 datiert und R. Mayer zugeschrieben, obwohl zahlreiche Forscher unabh¨ angig voneinander daran beteiligt waren. Das Prinzip der Energieerhaltung l¨asst sich qualitativ an einfachen Beispielen erl¨ autern. Wenn ein Bohrer ein Loch in ein Stahlst¨ uck bohrt, so ist nach Ablauf dieses Prozesses die dazu als Arbeit der drehenden Bohrerwelle zugef¨ uhrte Energie nicht vernichtet, sondern findet sich in anderer Form im Stahlst¨ uck und seiner Umgebung wieder. Stahlst¨ uck und Bohrer werden heiß und geben W¨ arme an die Umgebung ab. W¨ urde diese W¨arme z.B. in einem K¨ uhlmittel ohne Verlust aufgefangen und gemessen, so w¨ urde man finden, dass sie mengenm¨ aßig der der Bohrerwelle zugef¨ uhrten Arbeit gleich

1.1 Energie- und Stoffumwandlungen

5

ist1 . Wenn Brennstoff in einem Kraftwerk in Arbeit der Turbinenwelle umgewandelt wird, so kommt nicht der gesamte Energieinhalt des Brennstoffs als Arbeit an der Turbinenwelle an. Dennoch geht insgesamt keine Energie verloren. Der Teil der Brennstoffenergie, der nicht als Arbeit der Turbinenwelle wiedergefunden wird, geht als Abw¨ arme des Kraftwerks u uhlturm ¨ ber den K¨ an die Umgebung2 . Das Prinzip der Energieerhaltung bedeutet, dass man bei Energieumwandlungen immer nur so viel Energie aus einem System gewinnen kann wie man zuvor in anderer Form hineingesteckt hat. Der Begriff der Energieerzeugung ist also insgesamt falsch und sollte nur in Bezug auf bestimmte Energieformen angewandt werden, z.B. die Erzeugung von Strom aus Brennstoff. Umgekehrt bedeutet das Prinzip der Energieerhaltung, dass man keine Energie verlieren kann. Man sollte daher nicht pauschal von Energieverlust oder Energieverbrauch sprechen, sondern auch diese Begriffe auf bestimmte Energieformen beschr¨ anken. So wird in der Tat beim Bohren eines Loches in ein Stahlst¨ uck elektrische Energie verbraucht, obwohl dabei insgesamt die Energie erhalten bleibt. In Abb. 1.1 kommt das Energieerhaltungsprinzip darin zum Ausdruck, dass sich alle normierten Energiestr¨ome zu den eingesetzten 100 Einheiten addieren. Ein zweites einschr¨ ankendes Naturgesetz f¨ ur die Energieumwandlungen besteht darin, dass sie nicht symmetrisch sind. Eine aus einer Energieumwandlung gewonnene Energieform reicht nicht aus, den Prozess umzukehren und die urspr¨ ungliche Energieform wieder herzustellen. Schon bei dem einfachen Beispiel des Bohrers, der ein Loch in ein Stahlst¨ uck bohrt, wird dies deutlich. Die dem Bohrer als Arbeit zugef¨ uhrte Energie bleibt zwar der Menge nach erhalten, wird aber durch Reibung vollst¨andig als W¨arme an die Umgebung abgegeben. Einmal in der Umgebung angekommen, steht sie offensichtlich nicht mehr zum Antrieb des Bohrers zur Verf¨ ugung. Selbst in der Form eines aufgeheizten K¨ uhlmittels ließe sich aus ihr nicht die urspr¨ unglich aufgew¨ andete Arbeit zur¨ uckgewinnen. Dieses Beispiel l¨asst sich verallgemeinern. Arbeit verwandelt sich vollst¨ andig in W¨ arme, ohne dass es dazu einer besonderen Technologie bed¨ urfte. Die Umwandlung von Arbeit in W¨arme ist ganz allgemein ein primitiver Prozess, der schon den Urmenschen bekannt war. Er funktioniert so zu sagen von selbst und ohne Einschr¨ankung. Ganz anders ist es mit der Umwandlung von W¨ arme in Arbeit. Eine Umwandlung von W¨ arme in Arbeit funktioniert keineswegs von selbst, sondern ist nur durch eine aufw¨ andige Technologie zu realisieren, z.B. in einem Kraftwerk oder in einem Motor. Sie ist insbesondere beschr¨ ankt. Selbst bei Einsatz solcher Technologie gelingt die Umwandlung von W¨ arme in Arbeit nicht vollst¨andig, wie die riesigen K¨ uhlt¨ urme der Kraftwerke oder die Motork¨ uhlung und die heißen Motorabgase deutlich zeigen. Stets muss ein großer Teil der eingesetz1

2

Von kleinen Energiemengen wie Verformungsenergie, Schallenergie u.a.m. wird hierbei abgesehen. Eine kleinere Energiemenge geht zus¨ atzlich mit dem Abgas der Feuerung und als Abw¨ arme heißer Bauteile ungenutzt an die Umgebung.

6

1 Allgemeine Grundlagen

ten W¨ arme als Abw¨ arme bei niedriger Temperatur wieder abgef¨ uhrt werden, und nur der Rest wird als Arbeit gewonnen. Diese Unsymmetrie f¨ uhrt zu Umwandlungsverlusten, die z.B. auch f¨ ur einige der Abw¨armestr¨ome in Abb. 1.1 verantwortlich sind. Die Unsymmetrie der Energieumwandlung tritt bei den Energieformen W¨ arme und Arbeit besonders deutlich und prinzipiell in Erscheinung. Sie ist aber nicht auf diese Umwandlung beschr¨ankt, sondern vielmehr ein allgemeines naturwissenschaftliches Prinzip. Auch bei der Umwandlung der Arbeit einer drehenden Welle in elektrische Arbeit in einem Generator treten Umwandlungsverluste auf, die u.a. durch Reibungsprozesse bedingt sind und verhindern, dass unter Einsatz derselben elektrischen Arbeit der gleiche Betrag an mechanischer Arbeit der Welle wieder zur¨ uckgewonnen werden kann. Allerdings sind diese Umwandlungsverluste wesentlich geringer als bei der Umwandlung von Arbeit in W¨arme und im Gegensatz dazu durch sorgf¨ altige Vermeidung von Reibung prinzipiell beliebig klein zu machen. Ein weiteres Beispiel f¨ ur die Unsymmetrie von Energieumwandlungen ist die Verbrennung, z.B. von Wasserstoff und Sauerstoff zu Wasser. Bei der gew¨ ohnlichen Verbrennung mit einer Flamme bei hohen Temperaturen wird die chemische Energie des Wasserstoffs vollst¨andig in die Energie eines heißen Verbrennungsgases, n¨ amlich gasf¨ ormiges Wasser, umgewandelt. Dabei tritt die Unsymmetrie besonders stark in Erscheinung. Obwohl durch Energiezufuhr Wasser grunds¨ atzlich in seine Elemente Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten werden kann, reicht die bei der Verbrennung gewonnene W¨ armeenergie dazu nicht ann¨ ahernd aus. Bei einer elektrochemischen Verbrennung von Wasserstoff mit Sauerstoff in einer Brennstoffzelle bei viel niedrigeren Temperaturen wird hingegen die chemische Energie teilweise direkt in elektrische Energie umgewandelt. Hierbei k¨ onnen die Umwandlungsverluste, zumindest im Prinzip, beliebig klein gemacht werden. Praktisch ist man allerdings auch hier nicht in der Lage, den Prozess mit der aus der Brennstoffzelle gewonnenen elektrischen Energie durch eine Wasserelektrolyse wieder vollst¨ andig r¨ uckg¨ angig zu machen. 1.1.2 Stoffumwandlungen Stoffe sind Tr¨ ager von Eigenschaften. Unsere Gesellschaft benutzt die Eigenschaften von Stoffen in vielf¨ altiger Weise. Dabei sind sowohl die stofflichen Eigenschaften wie auch die energetischen Eigenschaften von Stoffstr¨omen technisch interessant. Wasserdampf z.B. ist ein Tr¨ager thermischer Energie und wird als solcher bei zahlreichen Prozessen eingesetzt. Auch Mineral¨ole, Erdgas und Kohle sind Energietr¨ ager, n¨ amlich chemisch gebundener Energie. Sie sind aber auch Tr¨ ager von Elementen, aus denen z.B. Kunststoffe oder utzliche Produkte erzeugt werden k¨ onnen. Stahl und andere metalandere n¨ lische Werkstoffe, oder auch Ton und Zement dienen als Konstruktionsmaterialien im Maschinenbau und im Bauwesen. Stoffe mit dem gew¨ unschten stofflichen Eigenschaftsprofil, z.B. Stahl, Benzin oder Kunststoffe, aber auch Gase oder Fl¨ ussigkeiten wie reiner Sauerstoff oder Ammoniak, kommen in der

1.1 Energie- und Stoffumwandlungen

7

Natur nicht vor, sondern m¨ ussen durch Stoffumwandlungen aus den in der Natur gespeicherten Rohstoffen gewonnen werden. Diese Rohstoffe sind Ausgangsstoffe f¨ ur die Gewinnung zahlreicher n¨ utzlicher Substanzen, die wesentlich zum Komfort einer modernen Industriegesellschaft beitragen. Allgemein sind Stoffumwandlungen solche Prozesse, in denen aus eintretenden Stoffen austretende Stoffe mit anderen Eigenschaften erzeugt werden. Grunds¨atzlich k¨ onnen diese Stoffumwandlungen physikalischer oder chemischer Natur sein. Bei physikalischen Stoffumwandlungen bleiben die chemischen Verbindungen erhalten, w¨ ahrend sich bei chemischen Stoffumwandlungen aus den urspr¨ unglich vorhandenen Verbindungen neue bilden. Diejenigen physikalischen Stoffumwandlungen, die durch Temperatur- und Druck¨anderungen in Gasen und Fl¨ ussigkeiten herbeigef¨ uhrt werden, bezeichnet man als thermische Stoffumwandlungen. Handelt es sich dabei um Stoffumwandlungen ohne ¨ Anderung der Zusammensetzung, so spricht man auch einfach von Heiz- und K¨ uhlprozessen, oder Entspannungs- und Verdichtungsprozessen. In der Regel sind an einem technischen Stoffumwandlungsprozess sowohl thermische als auch chemische Stoffumwandlungen beteiligt. Die Stoffumwandlungen unterliegen wie die Energieumwandlungen ein¨ schr¨ ankenden Naturgesetzen. Ahnlich wie bei Energieumwandlungen die gesamte Energiemenge, so bleibt bei Stoffumwandlungen die gesamte Masse erhalten. Wenn in einem Ammoniak-Reaktor z.B. 28 kg Stickstoff und 6 kg Wasserstoff zur Reaktion gebracht werden, so entsteht daraus ein Reaktionsprodukt von 34 kg, in der Regel ein Gemisch aus Ammoniak, Stickstoff und Wasserstoff. Man kann somit eine Masse nicht erzeugen oder verbrauchen. Diese Gesamtmassenerhaltung gilt auch f¨ ur beliebig komplexe Prozesse. So m¨ ussen einem modernen Steinkohlekraftwerk von 2×600 MW elektrischer Leistung pro Jahr etwa 3,22 Mio. t Steinkohle zugef¨ uhrt werden. Die zur Verbrennung dieser Steinkohle ebenfalls zugef¨ uhrte Luftmasse betr¨agt etwa 40,55 Mio. t. Die abgef¨ uhrten Materiestr¨ ome sind etwa 280000 t Asche und St¨ aube sowie etwa 43,49 Mio. t Rauchgas, vgl. Abb. 1.3. Dabei teilt sich das Rauchgas in die Hauptkomponenten Stickstoff, Kohlendioxid und Wasserdampf, sowie mengenm¨ aßig kleine Anteile wie Sauerstoff, Schwefeldioxid und Stickoxide auf. Das Naturgesetz der Massenerhaltung ist eine wesentliche Einschr¨ ankung m¨ oglicher Stoffumwandlungen und eine der Grundlagen ihrer Analyse. Bei thermischen Stoffumwandlungen gilt die Massenerhaltung auch f¨ ur die einzelnen Komponenten. Man kann daher aus einem System durch eine thermische Stoffumwandlung nur diejenigen Komponenten mit denjenigen Mengen gewinnen, die urspr¨ unglich in ihm gespeichert sind. Bei chemischen Reaktionen bleiben zwar die Gesamtmasse, nicht aber die Massen der einzelnen Komponenten erhalten. Insbesondere gilt aber die Mengenerhaltung f¨ ur uls aus den Elementen die Elemente. So m¨ ussen zur Bildung eines NH3 -Molek¨ Stickstoff und Wasserstoff 1 Stickstoffatom und 3 Wasserstoffatome zusammengef¨ uhrt werden. Diese Elementenerhaltung, die auch als st¨ochiometrische Bedingung oder einfach St¨ ochiometrie bezeichnet wird, schr¨ankt die Vielfalt

8

1 Allgemeine Grundlagen

N

~ 3 1 ,2 7 2

R a u c h g a s 4 3 ,4 9

C O H O

S O

~

8 ,5 3

2

O ~

1 ,4 9 2 ,1 5 0 ,0 5

2

~

2 2

~

L u ft 4 0 ,5 5

S te in k o h le 3 ,2 2

K ra ftw e rk (2 x 6 0 0 M W )

A s c h e , S tä u b e 0 ,2 8

Abb. 1.3. Massenbilanz eines 2 × 600 MW-Steinkohlekraftwerks(in Mio t/a)

m¨ oglicher Reaktionen ein und erlaubt die Aufstellung so genannter Reaktionsgleichungen, aus denen die Massenbilanzen der einzelnen Komponenten bei einer chemischen Stoffumwandlung abgelesen werden k¨onnen. Bei chemischen Stoffumwandlungen kann man daher aus einem System nur diejenigen Komponenten mit denjenigen Mengen gewinnen, f¨ ur die ein entsprechender Elementenvorrat im System gespeichert ist. Ein weiteres einschr¨ ankendes Naturgesetz f¨ ur Stoffumwandlungen besteht darin, dass sie, a¨hnlich den Energieumwandlungen, nicht symmetrisch sind. Als Beispiel betrachten wir einen Prozess, bei dem die Inhaltsstoffe unserer Atemluft, also Stickstoff, Sauerstoff, Argon etc. als reine Stoffe aus Gasflaschen in den richtigen Mengenverh¨ altnissen in einen Beh¨alter einstr¨omen. Wir erhalten dabei im Beh¨ alter ohne besonderen technologischen Aufwand und ohne Energiezufuhr das Gemisch Luft. Diese Stoffumwandlung l¨auft spontan, d.h. so zu sagen von selbst ab. Wenn wir nun umgekehrt aus Luft die Inhaltsstoffe Stickstoff, Sauerstoff, Argon etc. als reine Stoffe gewinnen wollen, so ist dazu eine technologisch aufw¨ andige thermische Stoffumwandlung mit erheblicher Energiezufuhr, n¨ amlich eine Luftzerlegung, erforderlich. Das Analoge gilt f¨ ur chemische Stoffumwandlungen. Betrachten wir z.B. einen bestimmten Elementenvorrat aus den Elementen Wasserstoff und Sauerstoff. Dieser Elementenvorrat kann bei Raumtemperatur und Atmosph¨arendruck in der Form eines Gemisches von Wasserstoffgas und Sauerstoffgas auftreten, oder aber in Form des fl¨ ussigen Reaktionsprodukts Wasser. Die Umwandlung beider Stoffformen ineinander ist nicht symmetrisch. Wenn reiner Wasserstoff und reiner Sauerstoff miteinander in Kontakt gebracht werden, dann entsteht Wasser, und zwar in einer sehr heftigen Reaktion, der so genannten Knallgas-

1.1 Energie- und Stoffumwandlungen

9

Abb. 1.4. Kraftwerk

reaktion. Zum Ablauf dieser chemischen Stoffumwandlung bedarf es keiner aufw¨ andigen technologischen Maßnahmen und keiner Energiezufuhr. Sie l¨auft spontan ab. Ganz anders ist es mit der Stoffumwandlung von Wasser in die Elemente Wasserstoff und Sauerstoff. Diese Umwandlung ist bekanntlich nur durch eine aufw¨ andige Technologie und unter Energiezufuhr, die nicht aus der bei der Knallgasreaktion freigesetzten Energie gedeckt werden kann, zu realisieren, z.B. in einer Elektrolyseapparatur. 1.1.3 Energie- und Stoffumwandlungen in technischen Prozessen In allen technischen Prozessen laufen Energie- und Stoffumwandlungen ab. Die Thermodynamik als die Wissenschaft, die die Grundgesetze der Energieund Stoffumwandlungen bereitstellt, ist daher eine der Grundlagen der Ingenieurwissenschaften. Energieumwandlungen sind solche Prozesse, bei denen aus einer Energieform eine andere erzeugt wird. Sie werden in sehr vielf¨altiger Weise gestaltet, wobei als beteiligte technische Einrichtungen ganz unterschiedliche Maschinen und Apparate in Betracht kommen. Ein allgemein bekanntes Beispiel f¨ ur Energieumwandlungen ist der Kraftwerksprozess. Abb. 1.4 zeigt die außere Erscheinung eines Kraftwerks. In seiner h¨aufigsten Gestaltung wird ¨ aus Brennstoffenergie durch Verbrennung zun¨ achst ein heißes Verbrennungsgas erzeugt. Dieses heiße Gas u agt im Kessel W¨arme an einen Was¨ bertr¨ serstrom bei hohem Druck, der dadurch verdampft. Der Dampf gibt seine

10

1 Allgemeine Grundlagen

Energie an die Turbine ab, deren drehende Welle ihrerseits durch Kopplung mit einem Generator elektrische Energie erzeugt. Der aus der Turbine austretende Dampf wird im Kondensator durch Einsatz von K¨ uhlwasser kondensiert und in den Kessel zur¨ uckgef¨ ordert. Das aufgeheizte K¨ uhlwasser gibt in K¨ uhlt¨ urmen seine W¨ arme an die Umgebung ab. Die zugef¨ uhrte Brennstoffenergie wird also in elektrische Energie und W¨arme aus dem K¨ uhlturm umgewandelt. Stoffumwandlungen sind solche Prozesse, bei denen aus einer Stoffform eine andere erzeugt wird. Unterschiedliche Stoffformen k¨onnen sich bei ein- und demselben Stoff durch unterschiedliche physikalische Eigenschaften ergeben, z.B. durch die Zust¨ ande Gas oder Fl¨ ussigkeit, oder durch unterschiedliche Werte von Temperatur, Druck und Zusammensetzung. Es k¨onnen aber auch durch chemische Prozesse aus den urspr¨ unglich vorhandenen Stoffen neue Verbindungen entstehen. Auch hier gibt es vielf¨altige technische Gestaltungen. Ein großtechnisches Beispiel f¨ ur Stoffumwandlungen ist die AmmoniakSynthese. Abb. 1.5 zeigt die ¨ außere Erscheinung einer solchen chemischen Fabrik. Ammoniak, also die Verbindung NH3 , kann synthetisch aus den Gasen Stickstoff und Wasserstoff hergestellt werden. Hierzu wird im Teilprozess der Dampfspaltung in einem so genannten Reformer aus Wasserdampf Wasserstoff erzeugt. Durch eine Luftzerlegung oder durch Abtrennung des Sauerstoffs im Zuge einer Verbrennung von Brennstoff wird aus Luft Stickstoff gewonnen. Im Synthesereaktor entsteht dann aus Wasserstoff und Stickstoff

Abb. 1.5. Ammoniakfabrik

1.1 Energie- und Stoffumwandlungen

11

das gew¨ unschte Ammoniak. Die dazu erforderlichen technischen Einrichtungen sind im Wesentlichen Beh¨ alter, die den Eingangsstoffen die n¨otigen Werte von Temperatur und Druck sowie Raum und Zeit geben, damit die Stoffumwandlungen ablaufen k¨ onnen. Obwohl Energieumwandlungen und Stoffumwandlungen somit ihrem Wesen nach unterschiedliche Zielrichtungen haben und auch in unterschiedlichen technischen Anlagen ablaufen, h¨ angen sie doch in vielf¨altiger Weise miteinander zusammen. So sind die Energieumwandlungen in einem Kraftwerk stets begleitet von einer Reihe von Stoffumwandlungen. Das dem Kessel bei hohem Druck zugef¨ uhrte Wasser wird in Dampf umgewandelt. Bei dieser Stoffumwandlung ¨ andert der Stoff Wasser seine Temperatur und sein Volumen. Bei der Entspannung in der Turbine ¨ andert sich sein Druck und im Kondensator schließlich wird er in eine Fl¨ ussigkeit zur¨ uckverwandelt. Weitere Stoffumwandlungen im Kraftwerk laufen in der Rauchgasreinigung ab. Dort wird z.B. das Schwefeldioxid aus dem aus dem Kessel austretenden Verbrennungsgas durch Kontakt mit einer w¨ assrigen L¨osung, die Kalzium-Ionen enth¨ alt, in Gips umgewandelt. Andererseits sind die Stoffumwandlungen der Ammoniak-Synthese in vielf¨ altiger Weise mit Energieumwandlungen verbunden. So l¨ auft die Dampfspaltung im Reformer bei hohen Temperaturen ab, was eine W¨ armezufuhr z.B. u ¨ber die Verbrennung eines Brennstoffs erfordert. Die Synthese selbst verlangt hohe Dr¨ ucke, die man durch Energiezufuhr in einem Verdichter erzeugt. Schließlich fordert die Abtrennung des im Synthesereaktor gebildeten Ammoniaks die Abfuhr von W¨arme, insbesondere die Erzeugung von K¨ alte, also von Temperaturen unter der Umgebungstemperatur. Energie- und Stoffumwandlungen treten also stets gekoppelt auf, auch wenn der eigentliche Zweck eines Prozesses entweder eine Energieumwandlung oder eine Stoffumwandlung ist. 1.1.4 Allgemeine Schlussfolgerungen Die vorgestellten Naturgesetze, die Massenerhaltung, die Energieerhaltung und das Gesetz von der Unsymmetrie lassen einige allgemeine Schlussfolgerungen u ¨ber Energie- und Stoffumwandlungen zu. So f¨ uhrt das Gesetz von der Erhaltung der Masse auf die Erkenntnis, dass alle Prozesse, die mit einer Entnahme von Rohstoffen verbunden sind, einen gleich großen Massenstrom von Produkten und Abf¨allen abgeben. Grunds¨ atzlich ist davon auszugehen, dass neben den gew¨ unschten Produkten auch Abfallstoffe entstehen. Die Aufteilung der abgegebenen Stoffe in Produktstoffe und Abfallstoffe ist allerdings nicht durch das Gesetz der Massenerhaltung sondern durch die Prozessf¨ uhrung bestimmt. Beim Hochofen-Prozess zur Erzeugung von Roheisen aus dem nat¨ urlich vorkommenden Eisenerz, also im Wesentlichen einer Mischung aus Eisenoxiden und Begleitstoffen, gilt z.B. nur das Eisen als Produkt. Der abgespaltene Sauerstoff des Eisenoxids wird, gebunden in Kohlendioxid, Kohlenmonoxid und Wasserdampf, als Gichtgas an die Umgebung abgegeben. Die Begleitstoffe bilden die Hochofenschlacke.

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1 Allgemeine Grundlagen

Alle betrachteten Stoffstr¨ ome werden quantitativ durch die Materiemengenbilanzen beschrieben. Gichtgas und Schlacke sind allerdings nur dann Abfallstr¨ ome, wenn sie nicht als Eingangsstoffe f¨ ur andere technische Prozesse eingesetzt werden. In Prozessen der Lebensmittelindustrie oder auch der Textilindustrie werden große Wasserstr¨ ome aus der Umgebung entnommen und f¨ ur Sp¨ ulzwecke bzw. F¨ arbezwecke eingesetzt. Nach der Materiemengenbilanz werden diese Wasserstr¨ ome, verunreinigt durch die prozessbedingten weiteren Stoffe, als Abw¨ asser wieder an die Umgebung abgegeben oder nach Aufarbeitung wieder in den Prozess r¨ uckgef¨ uhrt. Das Abfallproblem wird durch das Gesetz von der Massenerhaltung einer quantitativen Analyse zug¨anglich. Dabei k¨ onnen auf Grund von chemischen Reaktionen ganz neue Verbindungen als Bestandteile der Abfallstr¨ ome auftreten. So werden z.B. in der Sinteranlage eines H¨ uttenwerks aus den im Koks, im Eisenerz und sonstigen Begleitstoffen vorhandenen Elementen Kohlenstoff, Sauerstoff, Wasserstoff und Chlor insbesondere Dioxine gebildet, von denen einige gef¨ahrliche Giftstoffe sind. Die Art und Menge der m¨ oglichen Komponenten sind durch die Massenbilanz der Elemente eingeschr¨ ankt. Das Gesetz der Energieerhaltung f¨ uhrt auf die Erkenntnis, dass die einem technischen Prozess zugef¨ uhrte Energie den Prozess im station¨aren Fall wieder verlassen muss. Dies kann in Form gezielt erzeugter Nutzenergie und/oder in Form von Abw¨ arme bzw. in Form erhitzter Gase, Fl¨ ussigkeiten oder Feststoffe erfolgen. Grunds¨ atzlich ist davon auszugehen, dass bei jeder Energieumwandlung neben Nutzenenergie auch Abfallenergie entsteht. Die Aufteilung der abgegebenen Energie in Nutz- und Abfallenergie ist nicht durch das Gesetz von der Energieerhaltung bestimmt, sondern durch die Prozessf¨ uhrung. In den zu- und abgef¨ uhrten Stoffstr¨ omen kann ein Teil der Energie auch chemisch gespeichert sein. Beim Hochofenprozess z.B. wird chemisch gebundene Energie in Form von Koks zugef¨ uhrt. Diese Energie verl¨asst den Prozess in Form von Stoffstr¨ omen, n¨ amlich des heißen Roheisens, das neben seiner thermischen Energie chemisch gebundene Energie in Form des aufgenommenen Kohlenstoffs enth¨ alt, der heißen Schlacke, und des Gichtgases, das ebenfalls thermische und chemisch gebundene Energie mit sich tr¨agt. Schließlich geht ein Teil der zugef¨ uhrten Energie als Abw¨ arme in das K¨ uhlwasser des Hochofens. Die Energie der heißen Schlacke und die Abw¨arme machen zusammen die Abfallenergie aus. Im Kraftwerk ist die gezielt erzeugte Nutzenergie der elektrische Strom. Dar¨ uber hinaus findet sich ein großer Teil der zugef¨ uhrten Brennstoffenergie in der K¨ uhlturmabw¨ arme wieder. Ein kleiner Teil steckt in der Energie der heißen Verbrennungsgase, die aus dem Kamin in die Umgebung entlassen werden. Abfallenergie ist ¨ ahnlich wie Abfallstoff nicht unproblematisch, denn sie muss wie dieser von der Umwelt aufgenommen werden. Dies kann kritisch werden, wenn z.B. Industrieunternehmen und/oder Kraftwerke die Fl¨ usse der Umgebung so weit aufheizen, dass das biologische Gleichgewicht dort gest¨ ort wird.

1.2 Die thermodynamische Analyse

13

Schließlich hat auch das Naturgesetz von der Unsymmetrie einige allgemeine Konsequenzen f¨ ur Energie- und Stoffumwandlungen. Energieumwandlungen sind unsymmetrisch, denn die urspr¨ unglich in einem Energieumwandlungsprozess eingesetzte Energieform l¨ asst sich ohne ¨außere Energiezufuhr nicht wieder in die gleiche Menge derselben Energieform zur¨ uckverwandeln. Bei jeder Energieumwandlung treten Verluste auf, die sich nicht auf die Menge der Energie sondern auf ihre Qualit¨ at beziehen. Besonders deutlich sind diese Verluste bei der Umwandlung der Energieformen W¨arme und Arbeit ineinander. Eine bestimmte Menge Arbeit, z.B. in Form einer drehenden Welle, kann zwar in eine gleiche Menge der Energieform W¨arme, z.B. durch Reibung, umgewandelt werden. Aber diese Menge der Energieform W¨arme kann auf keine Weise wieder zur¨ uck in eine gleiche Menge Arbeit umgewandelt werden. Arbeit repr¨ asentiert damit offenbar eine h¨oherwertige Energieform als W¨ arme. Die Umwandlung von Arbeit in W¨ arme ist also von einer Entwertung der Energie begleitet, einem Qualit¨ atsverlust, den man auch als Umwandlungsverlust bezeichnet. Diese Schlussfolgerungen lassen sich verallgemeinern. Allgemein ist also einer Energieform neben einem Mengenmaß auch ein Qualit¨ atsmaß zuzuordnen, und bei allen Energieumwandlungen treten Qualit¨ atsverluste auf. Bei den Stoffumwandlungen beobachtet man ¨ahnliche unsymmetrische Erscheinungen. Die Gesamtmasse und auch die Masse der Elemente bleiben erhalten, die Stoffformen wandeln sich aber in unsymmetrischer Weise ineinander um. Die reinen Luftinhaltsstoffe wie Stickstoff, Sauerstoff, Argon etc. vermischen sich spontan zu Luft, Wasserstoff und Sauerstoff reagieren spontan zu Wasser. Die umgekehrten Prozesse laufen nicht spontan ab. Nur unter Energiezufuhr und Aufwand einer Technologie trennt sich Luft in seine Inhaltsstoffe und zerlegt sich Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff. Das Gleiche gilt f¨ ur rein makroskopische Stoffumwandlungen, die nicht die molekulare Ebene tangieren. Autoreifen wandeln sich beim Fahren durch Abrieb auf der Straße in Restreifen und kleine Reifenpartikel um. Aluminiumdosen verteilen sich durch Gebrauch mehr oder weniger weit in der Umgebung. Nur unter Energiezufuhr und mit technologischem Aufwand lassen sich aus den Restreifen und den abgeriebenen Reifenpartikeln neue Reifen und aus den nach Gebrauch verteilten Aluminiumdosen neue, bef¨ ullbare Aluminiumdosen gewinnen. Die zur Umkehrung der spontanen Stoffumwandlungen erforderliche Energie repr¨ asentiert einen Wert. Somit sind auch spontane Stoffumwandlungen von einer Entwertung begleitet, die man durch den Wert des Energieaufwands messen kann, der die Stoffumwandlung gerade wieder r¨ uckg¨ angig macht. Solche Umkehrprozesse unter Aufwand von Energie und Technologie sind immer m¨ oglich.

1.2 Die thermodynamische Analyse Die Thermodynamik stellt die Grundgesetze der Energie- und Stoffumwandlungen bereit. Energie- und Stoffumwandlungen laufen in vielf¨altigen

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1 Allgemeine Grundlagen

Maschinen und Anlagen ab, z.B. in Gasturbinen, Dampfkraftwerken, K¨ uhlaggregaten, thermischen Trennanlagen und chemischen Reaktoren. Dementsprechend sind vielf¨ altige Wissensgebiete gefordert, wenn es um die Entwicklung und den Bau solcher unterschiedlicher Maschinen und Anlagen geht. In der Regel stellt man fest, dass die ablaufenden realen Prozesse so komplex sind, dass sie sich einer detaillierten Beschreibung und quantitativen Analyse entziehen. Es ist daher in allen Wissensgebieten erforderlich, die realen Vorg¨ange zun¨ achst durch geeignete Modellvorstellungen so weit zu vereinfachen, dass sie einer quantitativen Analyse zug¨anglich werden. Aus der Analyse am Modell sind schließlich Erkenntnisse f¨ ur den realen Prozess abzuleiten. Die thermodynamische Analyse zeichnet sich durch eine Modellbildung von besonders hohem Abstraktionsgrad aus. Sie verzichtet auf die Ber¨ ucksichtigung der apparativen und maschinellen Vielfalt technischer Anlagen und konzentriert sich statt dessen auf die wesentlichen, allgemeing¨ ultigen Vorg¨ ange. Insbesondere beruht die thermodynamische Analyse auf der Definition des thermodynamischen Systems, der vereinfachten Beschreibung dieses Systems als fluide Phase und der Untersuchung idealisierter Prozesse dieser fluiden Phasen. 1.2.1 Das thermodynamische System Eine thermodynamische Untersuchung beginnt mit der Festlegung des thermodynamischen Systems, d.h. mit der Abgrenzung des zu untersuchenden Objekts gegen¨ uber seiner Umgebung. Dies geschieht durch Angabe der Systemgrenzen, die eine gedachte, also nicht notwendigerweise materiell vorhandene, geschlossene Fl¨ ache im Raum bilden. Innerhalb dieser Fl¨ache liegt das ¨ System, das Außere wird als Umgebung bezeichnet. Wir betrachten als erstes Beispiel das thermodynamische System einer Luftpumpe. Ihr reales Aussehen ist jedermann bekannt. Sie besteht aus mehreren Objekten wie Kolben, Zylinder, Geh¨ ause, Gest¨ange und Luft. Die thermodynamische Analyse greift aus der Vielzahl der Objekte die f¨ ur das Funktionsprinzip notwendigen heraus. Sie modelliert die Luftpumpe als Gas in einem Zylinder mit beweglichem Kolben, vgl. Abb. 1.6. Das der thermodynamischen Analyse zu Grunde liegende System ist das Gas im Zylinder. Die Systemgrenze ist gestrichelt eingetragen. Offenbar kann sich die Systemgrenze w¨ ahrend der zu untersuchenden Prozesse verschieben, z.B. wenn sich der Kolben nach innen bewegt und damit ein kleineres Volumen Gegenstand der Betrachtungen wird. Wenn w¨ ahrend des zu untersuchenden Prozesses, z.B. der Kompression der Luft im Zylinder bei geschlossenem Ventil, keine Masse u ¨ber die Systemgrenzen transferiert wird, bezeichnet man ein solches thermodynamisches System auch als geschlossenes System oder als Kontrollmasse. Alle technischen Details der Luftpumpe, von der geometrischen Gestaltung des Zylinders u ubertragung, sind ¨ ber das Ventil bis zu Einzelheiten der Kraft¨ durch die Lage der Systemgrenze als Umgebung definiert und bleiben damit außerhalb der thermodynamischen Betrachtungen. Das gew¨ahlte ther-

1.2 Die thermodynamische Analyse

15

G a s

Abb. 1.6. Gas im Zylinder

modynamische System ist daher ein stark vereinfachtes und von den realen Verh¨ altnissen abstrahiertes Modell f¨ ur eine Luftpumpe. Dennoch f¨ uhrt die thermodynamische Analyse zu Erkenntnissen, die auf die reale Luftpumpe u onnen, z.B. u ur eine bestimmte Druckerh¨ohung ¨bertragen werden k¨ ¨ ber die f¨ zuzuf¨ uhrende Kompressionsarbeit und die sich bei der Kompression ergebende Temperatur. Als zweites grunds¨ atzlich ¨ ahnliches Beispiel f¨ ur ein thermodynamisches System betrachten wir eine technische Verdichteranlage. Verdichteranlagen dienen dazu, einen Gasstrom m ˙ kontinuierlich von einem Anfangsdruck p0 auf einen h¨ oheren Enddruck p1 zu komprimieren. Sie k¨onnen technologisch sehr unterschiedliche Ausf¨ uhrungen haben. Abb. 1.7 zeigt schematisch eine Kolbenverdichteranlage, zu der die Objekte Elektromotor, Schwungscheibe, Gest¨ ange, Kolben, Zylinder, Rohrleitungen sowie das Gas geh¨oren. Im Mittel-

P S c h w u n g s c h e ib e

e l

E le k tr o m o to r K o lb e n Z y lin d e r

.

. m p 0

p

m 1

Abb. 1.7. Kolbenverdichter

punkt des Kolbenverdichters steht der Zylinder mit beweglichem Kolben, wie wir ihn bereits beim Modell f¨ ur die Luftpumpe kennen gelernt haben. Eine

16

1 Allgemeine Grundlagen

andere technologische Variante einer Verdichteranlage ist in Abb. 1.8 gezeigt. Hierbei handelt es sich um einen Turboverdichter, wie er z.B. als Bestandteil . m p

P

1

e l

. m p 0

Abb. 1.8. Turboverdichter

von Gasturbinen Anwendung findet. Das Gas wird durch eine drehende Welle mit geeigneter Beschaufelung in einen sich verengenden Kanal gef¨ordert und dabei komprimiert. Schließlich zeigt Abb. 1.9 eine weitere, besonders einfache technologische Variante einer Verdichteranlage, einen so genannten Diffusor. In einem Diffusor wird der Gasstrom mit hoher Geschwindigkeit in

. m ,p 0

. m ,p 1

Abb. 1.9. Diffusor

einen sich erweiternden Str¨ omungskanal gef¨ uhrt und dabei auf eine geringere Geschwindigkeit abgebremst. Hierbei steigt der Druck auf den gew¨ unschten Wert p1 an. Da sich die thermodynamische Analyse von allen maschinellen und apparativen Details befreit, ist das thermodynamische System f¨ ur alle drei technologischen Varianten gleich. Allgemein wird als thermodynamisches System einer Verdichteranlage das Gas gew¨ ahlt. Diese Systemgrenze ist in den

1.2 Die thermodynamische Analyse

17

Abb. 1.7 bis 1.9 gestrichelt eingetragen. Die Abb. 1.10 zeigt das allgemeine Schaltschema einer Verdichteranlage. Da in den Verdichter ein Materiestrom

Abb. 1.10. Schaltschema einer Verdichteranlage

einstr¨ omt und ihn auch wieder verl¨ asst, handelt es sich um ein offenes System. Das Volumen des thermodynamischen Systems bleibt w¨ahrend des Prozesses konstant. Man spricht daher auch von einem Kontrollvolumen. In allen F¨allen ist das thermodynamische System ein stark abstrahiertes Modell einer realen Verdichteranlage. Man kann daher aus der thermodynamischen Analyse keine Hinweise auf die konstruktive Gestaltung erwarten. Dennoch ergeben sich grundlegende Erkenntnisse, z.B. u ¨ ber die einzusetzende elektrische Leistung f¨ ur eine vorgegebene Druckerh¨ ohung und die Temperatur des Gases bei Austritt aus der Anlage. Als drittes Beispiel f¨ ur die Definition eines thermodynamischen Systems betrachten wir einen W¨ arme¨ ubertrager, insbesondere einen Kondensator. Allgemein hat ein W¨ arme¨ ubertrager die Aufgabe, W¨arme von einem fluiden Materiestrom auf einen anderen zu u ¨ bertragen. Beim Kondensator kommt es insbesondere darauf an, einen Dampf durch W¨arme¨ ubertragung an ein K¨ uhlmittel so weit abzuk¨ uhlen, dass er kondensiert, d.h. in den fl¨ ussigen Zustand u ¨ bergeht. Kondensatoren werden z.B. in Dampfkraftanlagen und Dampfk¨ altemaschinen eingesetzt. Wie bei der Verdichteranlage, so gibt es auch f¨ ur einen Kondensator unterschiedliche technische Systeme, die diesen Zweck erf¨ ullen. Abb. 1.11 zeigt schematisch einen Rohrb¨ undelkondensator, D a m p f e in

K ü h lm itte l

K ü h lm itte l

e in

a u s

K o n d e n s a t a u s

Abb. 1.11. R¨ ohrb¨ undelkondensator (schematisch)

18

1 Allgemeine Grundlagen

bei dem sich der kondensierende Dampf auf den Außenseiten von Rohren niederschl¨ agt, w¨ahrend durch die Rohre eine kalte Fl¨ ussigkeit zur Aufnahme der abzuf¨ uhrenden W¨ arme gef¨ uhrt wird. Es ist leicht vorstellbar, dass auch ganz andere technologische Bauformen f¨ ur einen Kondensator m¨oglich sind. So werden h¨ aufig zur Industriekraftwerksk¨ uhlung luftgek¨ uhlte Kondensatoren eingesetzt, vgl. Abb. 1.12. Hier kondensiert der Dampf innerhalb der Rohre, und die dabei abzuf¨ uhrende W¨ arme wird von der durch einen Ventilator an den Rohren vorbei gef¨ orderten Luft aufgenommen. Zur Verbesserung des W¨ arme¨ ubergangs zwischen der Luft und den Rohren sind an deren Außenseiten Rippen angebracht. Die thermodynamische Analyse befreit sich von L u ft a u s K o n d e n s a t

D a m p f e in

K ü h lr ip p e n

a u s

L u ft e in V e n tila to r

Abb. 1.12. Luftgek¨ uhlter Kondensator (schematisch)

allen technologischen Details, indem sie als System lediglich den kondensierenden Dampf betrachtet. Das K¨ uhlmedium ist in der Regel uninteressant. Das den Kondensator beschreibende thermodynamische System ist in den Abb. 1.11 und 1.12 wieder gestrichelt eingetragen. Hierbei sind die Rohre ausgeschlossen, ohne dass dies in Abb. 1.11 im Einzelnen gezeigt ist. Analoge Betrachtungen gelten auch f¨ ur andere Arten von W¨arme¨ ubertragern, insbesondere auch Verdampfer, in denen eine Fl¨ ussigkeit durch W¨armezufuhr in den dampff¨ ormigen Zustand umgewandelt wird. W¨arme¨ ubertrager werden grunds¨ atzlich durch offene thermodynamische Systeme modelliert, da Stoffstr¨ ome ein- und austreten. Abb. 1.13 zeigt das abstrakte Schaltschema eines W¨ arme¨ ubertragers, das f¨ ur alle technologischen Formen gilt, bei

Abb. 1.13. Schaltschema eines W¨ arme¨ ubertragers

1.2 Die thermodynamische Analyse

19

denen nur eines der beiden Medien der thermodynamischen Betrachtung unterworfen wird. Soll auch das andere Medium betrachtet werden, so wird dies durch entsprechende Symbole, z.B. zwei weitere Pfeile f¨ ur Ein- bzw. Austritt angedeutet. Trotz des hohen Abstraktionsgrades ergeben sich auch hier wieder einschl¨ agige Erkenntnisse f¨ ur die wesentlichen Prozesse in einem W¨ arme¨ ubertrager, z.B. u armestrom, der f¨ ur eine bestimmte Tem¨ ber den W¨ peratur¨ anderung eines beteiligten Stoffstromes zu- oder abgef¨ uhrt werden muss. Als viertes Beispiel f¨ ur die Definition eines thermodynamischen Systems betrachten wir eine thermische Trennanlage, insbesondere eine Rektifizierkolonne. Eine Rektifizierkolonne dient zur Trennung eines fl¨ ussigen Gemisches durch W¨ armezufuhr, z.B. zur Zerlegung eines fl¨ ussigen Gemisches aus Wasser und Alkohol in einen praktisch reinen Alkoholdampf am Kopf der Kolonne und praktisch reines fl¨ ussiges Wasser in ihrem Sumpf. Abb. 1.14 zeigt das Schema einer speziellen Ausf¨ uhrungsart, einer so genannten Siebbodenkolonne. Der Zulauf ist das zu trennende fl¨ ussige Gemisch aus Wasser

R ü c k la u f

K o n d e n s a to r

S ie b b o d e n

K o p fp ro d u k t

W e h r

Z u la u f

F lü s s ig k e it D a m p f

V e rd a m p fe r

S u m p fp ro d u k t

Abb. 1.14. Siebbodenkolonne

und Alkohol. Am Kopf der Kolonne wird Alkoholdampf abgezogen und dem Kondensator zugef¨ uhrt. In dem Kondensator wird der Alkoholdampf kon-

20

1 Allgemeine Grundlagen

densiert, d.h. fl¨ ussig niedergeschlagen. Ein Teil verl¨asst als Kopfprodukt die Kolonne, der Rest wird als R¨ ucklauf am Kopf in die Kolonne zur¨ uckgef¨ uhrt. Am Sumpf der Kolonne wird fl¨ ussiges Wasser abgezogen. Ein Teilstrom wird als Sumpfprodukt fl¨ ussig abgef¨ uhrt, der Rest wird im Verdampfer verdampft und der Kolonne im Sumpf als Dampf wieder zugef¨ uhrt. Die betrachtete Kolonne enth¨ alt so genannte Siebb¨ oden, d.h. Einbauten, auf denen sich die Fl¨ ussigkeit staut und von dem aufsteigenden Dampfstrom durchperlt wird, bevor sie u achst tiefer liegenden Boden abfließt, w¨ahrend ¨ ber das Wehr zum n¨ der Dampf zum n¨ achst h¨ oheren Boden aufsteigt. Die Siebb¨oden haben den technischen Zweck, Dampf und Fl¨ ussigkeit f¨ ur eine ausreichende Zeit miteinander in innigen Kontakt zu bringen. W¨ ahrend dieser Zeit finden zwischen Dampf und Fl¨ ussigkeit Prozesse statt, als deren Ergebnis sich der Alkohol bevorzugt im Dampf und das Wasser bevorzugt in der Fl¨ ussigkeit ansiedelt. Mit dieser bevorzugten Wanderung der Komponente Alkohol in den Dampf und der Komponente Wasser in die Fl¨ ussigkeit ist der gew¨ unschte Trenneffekt verbunden. Zum selben Zweck k¨ onnen auch ganz andere technische Vorrichtungen in die Kolonne eingebaut werden, z.B. andere Bodentypen oder auch eine Sch¨ uttung von F¨ ullk¨ orpern. F¨ ur die thermodynamische Analyse wird die Rektifiziers¨ aule von allen apparatetechnischen Details befreit. Die Analyse bezieht sich wiederum nur auf die fluide Materie, also die Fl¨ ussigkeit und den Dampf in der Kolonne. Je nach Untersuchungstiefe sind unterschiedliche thermodynamische Systeme angebracht. Interessiert man sich z.B. nur f¨ ur die zur Stofftrennung in Verdampfer und Kondensator zu- bzw. abzuf¨ uhrenden W¨ armestr¨ ome und die ein- und austretenden Stoffstr¨ ome, so wird als thermodynamisches System das Fluid in der Kolonne als Ganzes betrachtet, vgl. die gestrichelte Systemgrenze in Abb. 1.14. Hierbei sind die Siebb¨ oden ausgeschlossen, ohne dass dies im Detail gezeigt ist. Interessiert man sich indessen f¨ ur Details der thermischen Stoffumwandlungen, so wird als thermodynamisches System ein Teil aus der Fluidmenge in der Kolonne herausgegriffen, n¨ amlich der Dampf und die Fl¨ ussigkeit auf einem Boden, auf dem die Stoff¨ ubertragung stattfindet, vgl. Abb. 1.15. In beiden

D a m p f F lü s s ig k e it W e h r

S ie b b o d e n K o lo n n e n w a n d

Abb. 1.15. Thermodynamisches System der Stofftrennung auf einem Siebboden

1.2 Die thermodynamische Analyse

21

F¨ allen abstrahiert das thermodynamische System wieder weitgehend von der Realit¨ at einer Rektifizierkolonne. Wiederum erh¨ alt man aber schon durch die Analyse dieser einfachen thermodynamischen Systeme wertvolle Erkenntnisse u ange in einer realen Rektifizieranlage, z.B. u ¨ ber die Vorg¨ ¨ber die zu- und abzuf¨ uhrenden W¨ armen, sowie die Temperaturen und Zusammensetzungen der Stoffstr¨ ome. Da in die definierten Systeme Massenstr¨ome ein- und ausstr¨ omen, handelt es sich um offene Systeme. Schließlich soll als letztes Beispiel f¨ ur die Definition eines thermodynamischen Systems ein chemischer Reaktor betrachtet werden, insbesondere eine Verbrennungsanlage zur Dampferzeugung. Abb. 1.16 zeigt den schematischen Aufbau einer solchen Anlage. Sie hat die Aufgabe, die Kohle durch Verbrennung mit Luft in ein heißes Gas zu verwandeln, das dann durch Abk¨ uhlung W¨ arme abgibt und dadurch Wasser verdampft. Eine Verbrennungsanlage besteht aus mehreren Einheiten, die alle in technologisch vielf¨altigen Bauformen ausgef¨ uhrt sein k¨ onnen. In Abb. 1.16 ist schematisch eine Rostfeuerung mit nachgeschaltetem Dampferzeuger, Elektrofilter zur Entstaubung des Rauchgases und nasser Rauchgasw¨ asche dargestellt. Die detaillierten technischen Einrichtungen sind nicht gezeigt. Die thermodynamische Analyse abstrahiert g e r e in ig te s R a u c h g a s

E le k tr o filte r

D a m p f D a m p fe rz e u g e r

K o h le

K a m in n a s s e R a u c h g a s r e in ig u n g

W a s s e r

L u ft

S c h la c k e

Abb. 1.16. Schema einer Verbrennungsanlage zur Dampferzeugung

wiederum von allen apparativen Details und konzentriert sich ausschließlich auf die an der Energie- und Stoffumwandlung beteiligten Stoffsysteme, hier die Kohle, die Verbrennungsluft und das daraus gebildete Rauchgas. Das zu Grunde gelegte thermodynamische System ist durch eine gestrichelte Linie kenntlich gemacht. In das System treten Luft und Kohle ein, Schlacke und Rauchgas verlassen es. Da Stoffstr¨ ome ein- und austreten, handelt es sich um ein offenes System. Aus den zuvor exemplarisch vorgestellten thermodynamischen Systemen lassen sich durch Zusammensetzung beliebig komplexe technische Anlagen

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1 Allgemeine Grundlagen

erfassen. Abb. 1.17 zeigt als Beispiel das vereinfachte Schaltbild eines fossil gefeuerten Heizkraftwerks. Es l¨ asst sich grob in zwei Teilsysteme aufR a u c h g a s r e in ig u n g

H e iz k r a ftw e r k D a m p ftu r b in e

R a u c h g a s

F r is c h d a m p f E n ts ta u b e r

K a m in

K a lk

E in d ic k e r ü b e r la u f R a u c h g a s

K e s s e l

R a u c h g a s

G e n e ra to r

D a m p fe rz e u g e r a

P ro z e s s w a s s e r

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S p e is e w a s s e r

F e u e ru n g

F e rn w ä rm e a b n e h m e r

K a lk m ilc h N a ß w ä s c h e

L u ft O x id a tio n s tu rm T a n k

L u ft

B re n n s to ff A s c h e

P u m p e z u r G ip s a n la g e

K ü h lw a s s e r

V o rw ä rm e r

K o n d e n s a to r

D ro s s e l

Abb. 1.17. Schaltbild eines fossil gefeuerten Heizkraftwerks

teilen, das eigentliche Heizkraftwerk und die Rauchgasreinigung, die hier als reine Entschwefelung abgebildet ist. Beide Teilsysteme sind durch den Rauchgasstrom gekoppelt. Dem System Heizkraftwerk werden der Brennstoff, z.B. Kohle, und die Verbrennungsluft zugef¨ uhrt. Aus Kohle und Luft wird im Dampferzeuger ein heißes Gas erzeugt, das Rauchgas. Es dient dazu, das dem Kessel zugef¨ uhrte Speisewasser in Frischdampf umzuwandeln. Der Frischdampf wird der Turbine zugef¨ uhrt und dort auf zwei niedrigere Druckstufen entspannt. Er treibt dabei die Turbinenwelle an, die u ¨ ber einen Generator elektrische Energie erzeugt. Bei dem oberen Druck wird der Dampfstrom (a) aus der Turbine entnommen und einem Fernw¨armeabnehmer zugef¨ uhrt. Nach der Abgabe dieser W¨ arme ist der Dampfstrom kondensiert, d.h. er steht als heißer Fl¨ ussigkeitsstrom zur Verf¨ ugung. Durch Abk¨ uhlung im Vorw¨ armer gibt er weitere W¨ arme ab. In der Drossel, d.h. einem Druckminderungsventil, wird der Druck des kondensierten Stromes auf den Kondensatordruck gedrosselt, wobei die Fl¨ ussigkeit teilweise verdampft, und anschließend dem Dampfstrom (b) aus der Turbine beigemischt wird. Der bei dem Enddruck (b) die Turbine verlassende Dampf wird zusammen mit dem Strom (a) im Kondensator vollst¨ andig niedergeschlagen, wobei W¨arme an das K¨ uhlwasser abgegeben wird. Das Kondensat wird durch die Pumpe auf hohen Druck gef¨ordert, im Vorw¨ armer erw¨ armt und als Speisewasser in den

1.2 Die thermodynamische Analyse

23

Dampferzeuger zur¨ uckgef¨ uhrt. Aus diesem Speisewasser wird im Dampferzeuger erneut Frischdampf produziert. Damit ist der Wasser-Dampf-Kreislauf geschlossen. Das aus dem Dampferzeuger austretende Rauchgas ist staubhaltig und enth¨ alt Schadstoffe, insbesondere auch Schwefeldioxid. Im Entstauber wird das Rauchgas zun¨ achst von seiner Staubfracht befreit und gelangt dann in eine Nassw¨ asche, in der das SO2 durch Kontakt mit einer geeigneten Waschfl¨ ussigkeit ausgewaschen wird. Das gereinigte Rauchgas geht dann u ¨ ber den Kamin in die Umgebung. Als Waschfl¨ ussigkeit hat sich mit Kalk versetzussigkeit aufgenommen und tes Wasser bew¨ ahrt. Das SO2 wird von dieser Fl¨ durch eine chemische Reaktion in Calciumsulfit umgewandelt. Im Oxidationsturm entsteht daraus unter Zusatz von Luft in einem weiteren chemischen Umwandlungsschritt Gips. Es lassen sich mehrere thermodynamische Subsysteme definieren, z.B. der Kessel, die Feuerung, die Turbine, der Kondensator, der Vorw¨ armer, die Pumpe, die Drossel und der Fernw¨armeabnehmer, oder auch, auf der Seite der Rauchgasreinigung, der Entstauber, die Nassw¨asche und der Oxidationsturm. Alle Subsysteme werden durch Symbole, oft einfache K¨ asten, dargestellt. Die thermodynamische Analyse der Anlage konzentriert sich ausschließlich auf die an den Umwandlungen beteiligten Fluide. Die feste Kohle wird lediglich durch ihren Energieinhalt und ihre Zusammensetzung ber¨ ucksichtigt, ihr Aggregatzustand ist f¨ ur die thermodynamische Analyse belanglos. Nicht nur einzelne technische Anlagen, auch z.B. ein ganzes kommunales Versorgungsgebiet l¨ asst sich als thermodynamisches System modellieren, wie Abb. 1.18 zeigt. Das zu versorgende System ist eine Kommune mit Wohn-

K ü h lw a s s e r K ra ftw e rk

G a s n e tz

R a u c h g a s

W o h n g e b ä u d e

K ü h ltu r m

K e s s e l K a m in

E rd g a s

D ie n s tle is tu n g s g e b ä u d e

T u r b in e n + G e n e ra to re n

e le k tr is c h e s N e tz G a s n e tz

In d u s tr ie g e b ä u d e

W a s s e r A b w a s s e r

Abb. 1.18. Ein kommunales Versorgungsgebiet

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1 Allgemeine Grundlagen

geb¨ auden, Dienstleistungsgeb¨ auden sowie Industrieansiedlungen. Sein Bedarf an Raumw¨ arme, an Prozessw¨ arme und an Strom wird durch die Verbrennung von Erdgas sowohl im Kraftwerk wie auch zur W¨armeerzeugung in dezentralen Anlagen in den Geb¨ auden gedeckt. Im Kraftwerk wird Strom erzeugt und an das elektrische Netz u ¨bergeben. Von dort wird der Strom an die Geb¨aude weitergeleitet. Das Erdgas gelangt u ¨ ber das Gasnetz sowohl in das Kraftwerk wie auch zu den W¨ armeerzeugern in den Geb¨auden. Das Versorgungsgebiet empf¨ angt dar¨ uber hinaus Wasser, das an den beteiligten Energie- und Stoffumwandlungen teilnimmt. Aus dem System treten gasf¨ormige Emissionen aus den Kaminen sowie Abw¨ arme und Abwasser aus. Diese Beispiele f¨ ur thermodynamische Systeme zeigen den hohen Abstraktionsgrad thermodynamischer Analysen. Maschinen und Apparate oder auch ganze Anlagenkomplexe werden wie schwarze K¨asten, d.h. ohne Einblick in ihre innere Struktur behandelt. Man spricht auch von einer Black ” Box”´-Betrachtungsweise. Das zu betrachtende System wird durch geeignet gew¨ ahlte Systemgrenzen von seiner Umgebung getrennt. Diese Systemgrenzen k¨ onnen durch Linien hervorgehoben werden und brauchen nicht mit tats¨ achlich vorhandenen materiellen Fl¨ achen zusammenzufallen. Oft werden die Systemgrenzen einfach um eine ganze Maschine oder einen ganzen Apparat gelegt, obwohl streng nur das beteiligte Fluid Gegenstand der Analyse ist. Thermodynamische Analysen erfassen prim¨ar die Beziehungen zwischen zu- oder abgef¨ uhrten Energie- und Stoffstr¨omen und den dazugeh¨origen ¨ Anderungen in den Eigenschaften von Gasen und Fl¨ ussigkeiten. Aus der Tatsache, dass dabei von allen maschinellen und apparativen Details abstrahiert wird, erkl¨ art sich ihre Universalit¨ at. Energie- und Stoffumwandlungen, die in ganz unterschiedlichen Maschinen und Anlagen ablaufen, lassen sich durch wenige, einheitliche Konzepte beschreiben. Dabei werden wesentliche Erkenntnisse u ¨ber die in realen Maschinen und Anlagen ablaufenden Vorg¨ ange gewonnen. Allerdings wird dieses hohe Maß an Universalit¨at mit Einschr¨ ankungen der Aussagekraft im Detail erkauft. Die thermodynamische Analyse sagt nichts u ¨ ber die Technik und das Betriebsverhalten von Maschinen und Apparaten aus. F¨ ur den Markterfolg eines technischen Produkts sind Aspekte wie konstruktive Gestaltung und Fertigung, Werkstoffwahl, Regelung und Sicherheitstechnik und schließlich auch das a¨ußere Erscheinungsbild, das Design, entscheidend. Die Formgebung einer Turbinenschaufel entscheidet u ¨ber den Wirkungsgrad der Turbine. Die Gestaltung des Brennraumes und der Gemischzuf¨ uhrung in einem Motor beeinflusst einschl¨agig den Verbrennungsverlauf und damit die Schadstoffbildung. Die Entwicklung technischer Produkte muss also die maschinellen und apparativen Details einbeziehen. Eine thermodynamische Analyse reicht daher nicht aus, um Maschinen und Anlagen detalliert zu entwickeln. Hierzu m¨ ussen vielf¨altige und spezialisierte Ingenieurwissenschaften hinzugezogen werden. Die thermodynamische Analyse stellt jedoch den ersten grundlegenden Schritt beim Bau ¨ einer energie- und stoffumwandelnden Maschine oder Anlage dar. Im Ubrigen

1.2 Die thermodynamische Analyse

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spielen bei der Gestaltung technischer Prozesse oft nicht in erster Linie die Detaileigenschaften der einzelnen Maschinen und Anlagen, sondern deren optimale Zusammenf¨ ugung zu einem Gesamtsystem die maßgebende Rolle. Auf dieser Ebene ist der thermodynamische Systembegriff ohne Einschr¨ankung ad¨ aquat. 1.2.2 Das System als fluide Phase Nachdem das thermodynamische System durch die Lage der Systemgrenzen definiert ist, kommt es darauf an, sein Verhalten bei Energie- und Stoffumwandlungen zu beschreiben. Gem¨ aß den vereinbarten Systemgrenzen interessiert man sich nur f¨ ur die an den Umwandlungen beteiligten Stoffstr¨ome. Insbesondere geht es daher um die Beschreibung der beteiligten Fluide, sei es als Arbeitsfluide bei Energieumwandlungen oder als Rohstoffe bzw. Produkte bei Stoffumwandlungen. Feststoffe sind nur in seltenen F¨allen in die Betrachtungen einzubeziehen. Ihre in der Mechanik behandelten Festigkeitsund Spannungseigenschaften sind f¨ ur die thermodynamische Analyse ohne Belang. Bei der Analyse thermodynamischer Systeme f¨ uhren wir als bedeutsame Idealisierung den Begriff der Phase ein, insbesondere also den einer fluiden Phase. Eine Phase ist eine homogene Materiemenge, deren Eigenschaften wie Temperatur, Druck und Zusammensetzung ¨ortlich konstant, d.h. durch nur jeweils einen Zahlenwert zu beschreiben sind. Diese ¨ortlich konstanten Eigenschaften einer Phase bezeichnet man als ihre Zustandsgr¨oßen. Streng ist erst nach Ablauf aller Ausgleichsprozesse, im so genannten thermodynamischen Gleichgewichtszustand, vgl. Abschn. 7.1, ein Fluid als Phase anzusehen. Praktisch lassen sich jedoch auch Fluide mit o ¨rtlich variablen Eigenschaften oft n¨ aherungsweise als Phasen modellieren. Das Gas im Zylinder nach Abb. 1.6 ist dann eine Phase, wenn es durch einheitliche Werte seiner Zustandsgr¨ oßen zu charakterisieren ist. Der durch die Zustandsgr¨ oßen definierte Zustand dieses Gases ist unabh¨angig von seiner Vorgeschichte, also z.B. unabh¨ angig davon, ob er durch voran gegangene Expansion oder voran gegangene Kompression entstanden ist. Die Beschreibung des thermodynamischen Systems als Phase ist f¨ ur das Gas im Zylinder eine Idealisierung. W¨ ahrend der Kompression oder Expansion hat das System als Phase ¨ ortlich konstante Zustandsgr¨oßen, die sich w¨ahrend des Prozesses, also in Abh¨ angigkeit von der Zeit ver¨andern. In der Realit¨at wird es demgegen¨ uber in dem System lokale Inhomogenit¨aten von Temperatur, Druck und Zusammensetzung geben. Denkt man an das Gas in einem Verbrennungsmotor, so k¨ onnen diese Inhomogenit¨ aten z.B. durch die Verbrennung und eine unvollst¨ andige Vermischung von Verbrennungsprodukten und unverbranntem Luft/Brennstoff-Gemisch hervorgerufen werden. Die Modellierung dieses thermodynamischen Systems als Phase abstrahiert von diesen Effekten. Damit werden die Prozesse in einem Motor einer sehr einfachen Beschreibung zug¨ anglich gemacht. Allerdings werden dabei auch technisch wichtige Aspekte ignoriert, die f¨ ur die Konstruktion und den Betrieb eines

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1 Allgemeine Grundlagen

¨ Motors von einschl¨ agiger Bedeutung sind. Die Ubertragung der Erkenntnisse u ¨ber ein thermodynamisches System, das als fluide Phase beschrieben wird, auf den realen Prozess ist f¨ ur jeden technischen Anwendungsfall individuell und mit kritischem Abstand zu vollziehen. Beim Kolbenmotor ergeben sich daraus grunds¨ atzliche Erkenntnisse u ¨ber den Wirkungsgrad der Energieumwandlung und seine Abh¨ angigkeit von den einschl¨agigen Prozessparametern, wie z.B. dem Druckverh¨ altnis. Detaillierte Aussagen z.B. u ¨ber die Schadstoffbildung, das Klopfen, die optimale Brennstoffnutzung u.a.m., sind hingegen aus der einfachen thermodynamischen Analyse des Systems als fluide Phase nicht zu gewinnen. Das Gas in der Verdichteranlage oder auch die Fluide in einem W¨ arme¨ ubertrager k¨ onnen insgesamt grunds¨atzlich nicht als Phase beschrieben werden. Sie erfahren auf ihren Wegen durch die Anlage, d.h. in Str¨ omungsrichtung, ¨ ortliche Zustands¨ anderungen, die zum Wesen der Prozesse geh¨ oren und daher bei der Beschreibung nicht ignoriert werden k¨ onnen. Insbesondere bilden sich dar¨ uber hinaus bei Str¨omungen durch Rohre, Maschinen und Apparate im Fluid in jedem Querschnitt Profile der Str¨ omungsgeschwindigkeit aus, bei W¨ arme- und Stoff¨ ubertragungen auch noch Temperatur- und Zusammensetzungsprofile. Die Abb. 1.19 zeigt f¨ ur jeweils einen Ort des Str¨ omungsweges die Profile von Geschwindigkeit, Temperatur und Zusammensetzung u ¨ber dem Querschnitt eines Rohres. Die GeT e m p e ra tu r

G e s c h w in d ig k e it

c

Z u s a m m e n s e tz u n g

T

c

f

T

x

f

x f

re a l M o d e llie r u n g a ls P h a s e

Abb. 1.19. Profile von Geschwindigkeit, Temperatur und Zusammensetzung bei einer Rohrstr¨ omung mit W¨ arme- und Stoff¨ ubertragung

schwindigkeit des Fluids ist Null an der Rohrwand und maximal in der Mitte ¨ des Querschnitts. Im Ubrigen bezieht sich die Darstellung auf den Fall, bei dem W¨ arme und die betrachtete Stoffkomponente von der Rohrwand in das Fluid hineintransportiert werden, sodass an der Wand die h¨ochsten Werte der

1.2 Die thermodynamische Analyse

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Temperatur und des Gehaltes dieser Komponente vorliegen. Die thermodynamische Analyse solcher Prozesse unterteilt das Fluid in Str¨omungsrichtung in differenzielle Scheiben, die ihrerseits als Phasen modelliert werden. So ist jede einem bestimmten Querschnitt zuzuordnende Fluidscheibe durch einheitliche, d.h. mittlere Werte der Zustandsgr¨ oßen, z.B. der Geschwindigkeit oder der Temperatur, gekennzeichnet, vgl. die feinen Linien in Abb. 1.19. Wir bezeichnen die u ¨ ber den Querschnitt gemittelten Werte der Zustandsgr¨ oßen als ihre Phasenwerte, z.B. die Phasentemperatur Tf , wobei der Index f andeutet, dass es sich um die Temperatur des Fluids als Ganzes handelt. In den sp¨ ateren Gleichungen lassen wir den Index f in der Regel weg, verstehen aber unter den Gr¨ oßen jeweils die Phasenwerte. In Str¨omungsrichtung aufeinander folgende Scheiben weisen prinzipiell differenzielle Spr¨ unge zwischen den Phasenwerten der Zustandsgr¨ oßen auf. Wenn diese hinreichend klein sind, kann der Verlauf der Zustandsgr¨ oßen in Str¨omungsrichtung durch eine stetige Kurve approximiert werden, wie z.B. f¨ ur den Phasendruck pf in einer Verdichteranlage in Abb. 1.20 gezeigt. Unter diesen Bedingungen ist

E in tr itt

p

A u s tr itt

D ru c k p

f

f,1

p

f,0

S tr ö m u n g s r ic h tu n g Abb. 1.20. Stetiger Anstieg des Phasendruckes im Gas einer Verdichteranlage

die Idealisierung eines Fluids als Phase auch in offenen Systemen berechtigt. In vielen F¨ allen sind die Str¨ omungsverh¨ altnisse in Maschinen oder Apparaten allerdings so ungleichf¨ ormig, dass die Aufteilung in aufeinander folgende Fluidscheiben mit einheitlichen Zustandsgr¨ oßen nicht m¨oglich ist. Dann beschr¨ ankt sich das Phasenmodell auf die Ein- und Austrittsquerschnitte und die thermodynamische Analyse auf die Beziehung zwischen den Zustandsgr¨ oßen in diesen Querschnitten und den zu- oder abgef¨ uhrten Energie- und Stoffstr¨ omen. Die Vorg¨ ange im Fluid zwischen Ein- und Austrittsquerschnitt bleiben hierbei außerhalb der Betrachtungen. F¨ ur die Verdichteranlage und den W¨ arme¨ ubertrager lassen sich aus einer thermodynamischen Analyse auf der Grundlage des Phasenmodells zwar keine Erkenntnisse u ¨ber den ¨ortlichen Druckverlust sowie u ortliche W¨ arme- und Stoff¨ ubertragung ableiten, ¨ ber die ¨

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1 Allgemeine Grundlagen

denn diese Ph¨ anomene sind an die jeweiligen Profile von Geschwindigkeit, Temperatur und Zusammensetzung gebunden. Auch lokale Unterk¨ uhlungen ¨ oder Uberhitzungen auf Grund von Wandeffekten sind durch das Phasenmodell nicht zu beschreiben. Dennoch erh¨ alt man grundlegende Informationen, z.B. u ur eine vorgegebene Druckerh¨ohung aufzuw¨andende techni¨ ber die f¨ sche Leistung, oder den f¨ ur eine vorgegebene Temperatur¨anderung zu- oder abzuf¨ uhrenden W¨ armestrom. Das Fluid in einer Rektifizierkolonne besteht grunds¨atzlich aus zwei Phasen, einer Dampfphase und einer Fl¨ ussigkeitsphase. Bei einer globalen thermodynamischen Analyse betrachtet man nur die Ein- und Austrittsquerschnitte und ordnet diesen entsprechende Fluidscheiben als Phasen zu. So wird der fl¨ ussige Zulauf bei Eintritt in die S¨aule als eine Phase behandelt, das dampff¨ ormige Kopfprodukt als eine zweite und der fl¨ ussige Sumpfablauf schließlich als eine dritte, vgl. Abb. 1.14. Die Vorg¨ange im Inneren der Rektifiziers¨ aule bleiben dabei außerhalb der Betrachtungen. Sie lassen sich demgegen¨ uber durch eine detaillierte Betrachtung des Fluids auf einem Boden als thermodynamisches System untersuchen, vgl. Abb. 1.15. Dampf und Fl¨ ussigkeit werden dabei jeweils als eine Phase modelliert, d.h. jeweils mit einheitlichen Werten der Zustandsgr¨ oßen. In der Realit¨at verhalten sich Dampf und Fl¨ ussigkeit auf dem Boden nicht als Phasen. Es bestehen vielmehr Profile von Temperatur und Zusammensetzung, die die erw¨ unschten W¨arme- und Stoff¨ ubertragungsprozesse bewirken. Trotz dieser Abstraktion von der Realit¨ at liefert auch hier die thermodynamische Analyse mit der Modellierung des Systems als Phase bzw. als Zusammensetzung mehrerer Phasen wertvolle Erkenntnisse u ¨ber die Energie- und Stoffumwandlungen bei der Rektifikation. Auch f¨ ur einen chemischen Reaktor, z.B. die Verbrennungsanlage in Abb. 1.16, l¨ asst sich das zugeh¨ orige thermodynamische System als Phase bzw. als Kombination von Phasen beschreiben. Die feste Phase, die Kohle, geht nur mit ihrer Zusammensetzung und ihrem Energieinhalt in die Betrachtungen ein. Das aus ihr und der Luft gebildete Rauchgas ist das eigentliche thermodynamisch interessante System einer Verbrennungsanlage. Es wird wieder in Str¨ omungsrichtung auf seinem Weg vom Entstehungsort zum Kaminaustritt in differenzielle Fluidscheiben aufgeteilt, die jeweils als Phasen modelliert werden. Aus der thermodynamischen Analyse einer Verbrennungsanlage erh¨ alt man keine Hinweise auf den Ausbrand der Kohle, auf lokale Inhomogenit¨ aten des Rauchgases, auf Anbackungen an den festen W¨anden oder auf Details des Schlackenabflusses. Alle diese wichtigen technologischen Effekte bleiben außerhalb der thermodynamischen Betrachtungen. Grunds¨atzliche Erkenntnisse u ¨ ber die Temperatur und die Zusammensetzung des Rauchgases sowie u uhlung zu erzeugende Dampfmenge sind hingegen ¨ ber die durch Abk¨ bereits aus der einfachen thermodynamischen Analyse auf der Grundlage des Phasenmodells zu gewinnen.

1.2 Die thermodynamische Analyse

29

1.2.3 Prozess und Zustands¨ anderung Bei der thermodynamischen Analyse von Energie- und Stoffumwandlungen interessieren wir uns f¨ ur Ver¨ anderungen im Zustand eines Systems. Den ¨ Ubergang eines Systems von einem Zustand zu einem anderen unter wohldefinierten inneren und ¨ außeren Bedingungen bezeichnet man als Prozess. Bei einem Prozess durchl¨ auft ein System eine Zustands¨anderung, d.h. es ¨andern sich die Zustandsgr¨ oßen vom Anfangszustand zum Endzustand des Prozesses. Prozess und Zustands¨ anderung sind keine identischen Begriffe. Die Beschreibung der Zustands¨ anderung ist nur der Teil der Prozessbeschreibung, der sich auf die Vorg¨ ange des Fluids im Inneren des Systems bezieht. Bei der Gaskompression w¨ are die Zustands¨ anderung die Verkleinerung des Gasvolumens infolge einer Erh¨ ohung des Druckes und einer weiteren Beschreibung der Temperatur¨ anderung, etwa der Bedingung konstanter Temperatur. Die Prozessbeschreibung w¨ urde hingegen die Bedingungen außerhalb der Systemgrenzen zus¨ atzlich festlegen. Sie w¨ urde z.B. sagen, dass diese Zustands¨anderung im Zylinder eines Kolbenverdichters abl¨ auft, vgl. Abb. 1.7, wobei der Kolben das Gas komprimiert und die Bedingung konstanter Temperatur durch thermischen Kontakt mit K¨ uhlwasser erzwungen wird. Dieselbe Zustands¨anderung k¨ onnte aber auch durch einen ganz anderen Prozess hervorgerufen werden, z.B. durch Kompression in einem gek¨ uhlten Turboverdichter, vgl. Abb. 1.8, oder auch durch die verz¨ ogerte Str¨ omung des Gases durch einen gek¨ uhlten Diffusor, vgl. Abb. 1.9. Bei der vollst¨ andigen thermischen Stofftrennung eines fl¨ ussigen Gemisches aus Wasser und Alkohol in einer Rektifizieranlage besteht die Zustands¨ anderung in der Auftrennung des fl¨ ussigen Zulaufgemisches in einen dampff¨ ormigen Alkoholstrom und einen fl¨ ussigen Wasserstrom bei bestimmten, i.a. unterschiedlichen Temperaturen und Dr¨ ucken. Die Prozessbeurde die dazu benutzte Technologie, d.h. die Apparate und die schreibung w¨ technische Prozessf¨ uhrung, in die Betrachtungen einbeziehen. Sie w¨ urde z.B. den Prozess als Gegenstromrektifikation in einer Siebbodenkolonne mit einer bestimmten Bodenzahl sowie bestimmten Stoffstr¨omen an Zulauf, R¨ ucklauf und Produkt beschreiben. Schließlich besteht im chemischen Reaktor, z.B. einer Verbrennungsanlage, die Zustands¨ anderung aus dem Verbrauch der Kohle und Luft und der Bildung eines Rauchgases mit einer bestimmten Zusammensetzung und einer bestimmten Temperatur. Zur Prozessbeschreibung w¨ urde noch die technologische Beschreibung geh¨ oren, z.B. die Art der Feuerung als Rost- oder Wirbelschichtfeuerung. Die thermodynamische Analyse behandelt nicht Prozesse, sondern beschr¨ ankt sich auf die Analyse von Zustands¨ anderungen. Dies entspricht dem ¨ Ubergang von der technischen Anlage zum thermodynamischen System. Zustands¨ anderungen lassen sich in quasistatische und nicht-statische Zustands¨ anderungen einteilen. Quasistatische Zustands¨anderungen laufen als zeitlich oder ¨ ortlich kontinuierliche Folge von Zust¨anden ab. Ein geschlossenes System verh¨ alt sich w¨ ahrend einer quasistatischen Zustands¨anderung wie eine Phase mit zeitlich ver¨ anderlichen Zustandsgr¨ oßen. Wir k¨onnen das System

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1 Allgemeine Grundlagen

daher w¨ ahrend einer quasistatischen Zustands¨anderung zu jedem Zeitpunkt durch Zustandsgr¨ oßen beschreiben. In einem offenen, durchstr¨omten System bedeutet eine quasistatische Zustands¨ anderung, dass Phasenwerte der Zustandsgr¨ oßen definiert werden k¨ onnen, deren Verlauf in Str¨omungsrichtung stetig ist, vgl. Abb. 1.20. Der Begriff der quasistatischen Zustands¨anderung ist eine Idealisierung, die zu einer bemerkenswerten Vereinfachung bei der Analyse von Prozessen f¨ uhrt. Man kann damit einem r¨aumlich ausgedehnten System auch w¨ ahrend des Prozesses ortsunabh¨angige Eigenschaften, bei offenen Systemen zumindest senkrecht zur Str¨omungsrichtung, zuordnen. Nichtstatische Zustands¨ anderungen lassen sich durch die Methodik der Thermodynamik nicht im Detail behandeln. Wenn z.B. ein Gas in einem Zylinder durch sehr heftiges Zur¨ uckreißen des Kolbens zur Expansion gebracht wird, kommt es zur Ausbildung von Druckwellen, und das Gas l¨asst sich nicht mehr durch einen einheitlichen Druck beschreiben. Bei nichtstatischen Zustands¨ anderungen liegen somit zwischen Anfangs- und Endzustand bzw. Eintritts- und Austrittszustand keine definierten Phasen vor, und die Beschreibung durch Zustandsgr¨ oßen ist nicht mehr m¨oglich. Entsprechend kommt es bei Str¨ omungsprozessen h¨ aufig zu starken Verwirbelungen mit Abl¨ osung der Str¨ omung von den festen Berandungen. Auch in solchen F¨ allen k¨ onnen dem System keine einheitlichen Zustandsgr¨oßen zugeordnet werden, auch nicht senkrecht zur Str¨ omungsrichtung. Nur der Anfangs- und der Endzustand lassen sich dann thermodynamisch beschreiben. Die thermodynamische Analyse von Prozessen mit nicht-statischen Zustands¨anderungen beschr¨ ankt sich somit auf Bilanzen zwischen Anfangs- und Endzustand bzw. zwischen Eintritts- und Austrittszustand und den zugeh¨origen Energie- und Stoffums¨ atzen.

1.3 Kontrollfragen 1.1 Beschreiben Sie die Fachgebiete Energietechnik und Verfahrenstechnik in jeweils einem Satz! 1.2 Welche wesentlichen Formen von Nutzenergie werden praktisch ben¨ otigt? 1.3 Was sind die wesentlichen Quellen von Abw¨ armeproduktion bei der Umwandlung von Prim¨ arenergie in Nutzenergie? 1.4 Was haben W¨ arme und Arbeit gemeinsam, worin unterscheiden sie sich? 1.5 Welchen einschr¨ ankenden Naturgesetzen unterliegen Energieumwandlungen? 1.6 Nennen Sie aus der allt¨ aglichen Erfahrung zwei Beispiele f¨ ur das Naturgesetz von der Unsymmetrie der Energieumwandlungen! 1.7 Wie lassen sich Stoffumwandlungen grunds¨ atzlich klassifizieren? 1.8 Was sind thermische Stoffumwandlungen? 1.9 Welchen einschr¨ ankenden Naturgesetzen unterliegen Stoffumwandlungen? 1.10 Wie wird das Gesetz der Massenerhaltung bei chemischen Reaktionen formuliert?

1.3 Kontrollfragen

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1.11 Nennen Sie aus der allt¨ aglichen Erfahrung zwei Beispiele f¨ ur das Naturgesetz von der Unsymmetrie der Stoffumwandlungen! 1.12 Welches sind die wesentlichen Abstraktionsschritte einer thermodynamischen Analyse? 1.13 Wodurch unterscheiden sich ein geschlossenes und ein offenes thermodynamisches System? 1.14 Wodurch zeichnet sich der hohe Abstraktionsgrad und damit die Allgemeing¨ ultigkeit der thermodynamischen Analyse aus? 1.15 Was ist eine fluide Phase? 1.16 Wie wird eine Fluidstr¨ omung im Rahmen einer thermodynamischen Analyse modelliert? 1.17 Was sind Zustandsgr¨ oßen? 1.18 Was ist der Unterschied zwischen quasistatischen und nicht-statischen Zustands¨ anderungen? 1.19 Welche der folgenden aus der allt¨ aglichen Erfahrung bekannten Gr¨ oßen Temperatur, Druck, W¨ arme, Arbeit sind Zustandsgr¨ oßen? 1.20 Welcher Unterschied besteht zwischen den Begriffen Prozess und Zustands¨ anderung?

2. Fluide Phasen

Thermodynamische Systeme bestehen im Wesentlichen aus fluider Materie, d.h. aus Gasen und Fl¨ ussigkeiten. Die festen Berandungen und sonstigen maschinellen und apparativen festen Einbauten werden in der Regel durch die Wahl der Systemgrenzen von den thermodynamischen Betrachtungen ausgeschlossen. Im Mittelpunkt thermodynamischer Analysen von Energie- und Stoffumwandlungen steht daher das Verhalten fluider Materie. Insbesondere betrachten wir fluide Materie in Form von fluiden Phasen. In diesem Kapitel behandeln wir das grunds¨atzliche Verhalten fluider Materie in Abh¨ angigkeit vom thermodynamischen Zustand und seine Beschreibung durch einfache Stoffmodelle. Der thermodynamische Zustand wird durch die so genannten thermischen Zustandsgr¨oßen beschrieben, die somit zu Beginn definiert werden. In sp¨ ateren Kapiteln werden weitere Zustandsgr¨ oßen eingef¨ uhrt, deren Zahlenwerte durch Gleichungen, Tabellen und Diagramme auf die thermischen Zustandsgr¨oßen zur¨ uckgef¨ uhrt werden. Bei der Beschreibung des grunds¨ atzlichen Verhaltens fluider Materie betrachten wir zun¨ achst reine Stoffe. Deren noch sehr u ¨ bersichtliche Eigenschaften reichen bereits zur thermodynamischen Analyse vieler Energieumwandlungen, wie z.B. in Kolbenmaschinen, Dampfkraftanlagen und W¨armepumpen aus. Stoffumwandlungen zur Produktion von Stoffen mit gew¨ unschten Eigenschaften werden in der Regel mit Gemischen durchgef¨ uhrt, deren vielf¨ altiges Verhalten in einem anschließenden Abschnitt behandelt wird. Fluide Materie ist wie jede Materie aus atomistischen Bausteinen aufgebaut. Sie besteht aus Molek¨ ulen, die ihrerseits einen komplizierten Aufbau aus Atomen haben, wobei die Atome in komplizierter Weise aus Elementarteilchen, d.h. Elektronen, Protonen, Neutronen etc. zusammen gesetzt sind. Das Verhalten fluider Materie wird im Rahmen thermodynamischer Analysen durch makroskopisch beobachtbare Gr¨ oßen beschrieben. Der molekulare Aufbau geht nicht explizit in die Betrachtungen ein. Dennoch ist es oft hilfreich, thermodynamische Konzepte atomistisch zu interpretieren. Hierzu gen¨ ugt in vielen F¨ allen ein sehr grobes Molek¨ ulmodell. Nach diesem Molek¨ ulmodell ist ein Fluid ein System aus zahlreichen kleinen Billardkugeln, die mit hohen Geschwindigkeiten und gelegentlichen elastischen St¨ oßen durcheinander fliegen. F¨ ur ein Gas aus einatomigen Molek¨ ulen wie Argon ist dieses Modell bei Umgebungswerten von Temperatur und Druck ann¨ ahernd realistisch. F¨ ur Gase aus mehratomigen Molek¨ ulen, insbesondere bei hohen Dr¨ ucken, sowie Fl¨ ussigkeiten ist es im Detail unzureichend. Viele thermodynamischen Konzepte sind jedoch unabh¨ angig von Einzelsystemen. Man kann sie daher bereits auf der

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2 Fluide Phasen

Grundlage des simplen Billardkugelmodells sinnvoll interpretieren. Weitergehende atomistische Interpretationen erfordern das Hinzuf¨ ugen von Abstoßungs- und Anziehungskr¨ aften zwischen den Billardkugeln.

2.1 Materiemenge und thermische Zustandsgr¨ oßen Die quantitative Beschreibung von fluiden Phasen und damit von thermodynamischen Systemen erfolgt durch Zustandsgr¨oßen. Zustandsgr¨oßen quantifizieren die Eigenschaften von Phasen. Sie sollten daher messbar oder aus messbaren Gr¨ oßen berechenbar und in geeigneten Einheiten mitteilbar sein. Die anschaulichen und aus der Erfahrung bekannten Zustandsgr¨oßen f¨ ur fluide Phasen sind die Temperatur, der Druck und das Volumen. Sie werden auch als thermische Zustandsgr¨ oßen bezeichnet. Sie alle beziehen sich auf Materiemengen, die ebenfalls quantifizierbar sein m¨ ussen. In diesem Abschnitt f¨ uhren wir die Materiemenge sowie das Volumen, den Druck und die Temperatur ein. 2.1.1 Die Materiemenge Thermodynamische Untersuchungen beziehen sich oft auf Materiemengen, z.B. die Menge an Wasser in einem Heißwasserspeicher oder die Menge an Gas im Zylinder eines Verbrennungsmotors. Die Materiemenge wird durch die Masse m oder durch die Stoffmenge n quantifiziert. Die Masse wird durch W¨ agung bestimmt, wobei die W¨agung mit einer Hebelwaage durch Vergleich mit einer bekannten, geeichten Masse erfolgt. Durch eine W¨ agung ermittelt man das Gewicht einer Masse. Im t¨aglichen Sprachgebrauch wird daher die Masse auch als Gewicht bezeichnet. Konzeptionell sind Masse und Gewicht zu unterscheiden. Das Gewicht ist die Kraft G, mit der eine Masse m an einem bestimmten Ort mit der Erdbeschleunigung g von der Erdoberfl¨ ache angezogen wird, nach G = mg .

(2.1)

Die Erdbeschleunigung ist keine Naturkonstante, sondern h¨angt vom Ort ab. An der Erdoberfl¨ ache gilt auf Meeresniveau g = 9,81 m/s2 . Da die Erdbeschleunigung z.B. mit der H¨ ohe u ¨ ber der Erdoberfl¨ache variiert, h¨angt entsprechend auch das Gewicht einer bestimmten Masse von der H¨ohe u ¨ ber der Erdoberfl¨ ache ab. Die Hebelwaage vergleicht Gewichte am selben Ort. Die Erdbeschleunigung hat somit keinen Einfluss auf die W¨agung, und die Hebelwaage ist daher ein geeignetes Messger¨at zur Bestimmung der Masse einer Materiemenge. Die Einheit der Masse ist das Kilogramm mit dem Einheitenzeichen kg“. Es ist gleich der Masse des internationalen Kilogramm” prototyps, d.h. eines bestimmten Platin-Iridium-K¨orpers, der bei bestimmten Umgebungsbedingungen gelagert wird. Ein Kilogramm enth¨alt 1000 Gramm, wobei ein Gramm das Einheitenzeichen g“ erh¨alt. ”

2.1 Materiemenge und thermische Zustandsgr¨ oßen

35

Die Stoffmenge als Maß f¨ ur die Materiemenge ber¨ ucksichtigt explizit den atomistischen Charakter der Materie. Die Einheit der Stoffmenge ist das Mol mit dem Einheitenzeichen mol”. Eine bestimmte Materiemenge ist daher ” durch die Anzahl der Mole oder die Molzahl zu charakterisieren. Die Molzahl ist ein Maß f¨ ur die Anzahl der Einzelteilchen einer Materiemenge, z.B. die Anzahl an Molek¨ ulen, Atomen, Ionen u.s.w. Das Mol ist definiert als die Stoffmenge, die aus NA ≈ 6, 022 · 1023 Einzelteilchen besteht. Damit ist die Anzahl der Teilchen in einer Materiemenge gerade das NA -fache der Molzahl n. Die Naturkonstante NA wird als Avogadro-Zahl bezeichnet. Gr¨oßere Stoffmengen werden in Kilomol mit dem Einheitenzeichen kmol”gemessen, ” wobei gilt 1 kmol = 1000 mol. Die Masse als Maß f¨ ur die Materiemenge ist besonders bequem f¨ ur die ¨ Untersuchung von Energieumwandlungen ohne Anderungen in den Zusammensetzungen der beteiligten Fluide. Bei Stoffumwandlungen, insbesondere solchen mit chemischen Reaktionen, ist in der Regel die Stoffmenge als Maß f¨ ur die Materiemenge vorzuziehen, da chemische Reaktionsgleichungen am einfachsten in Molek¨ ulzahlen bzw. Molzahlen formuliert werden. Dies gilt insbesondere auch f¨ ur die Beschreibung von Elektrolytl¨osungen, die positiv und negativ geladene Ionen enthalten. Massen und Stoffmengen lassen sich ineinander umrechnen. Die Stoffeigenschaft, die die Umrechnung von Massen in Stoffmengen und umgekehrt erm¨ oglicht, ist die molare Masse oder auch Molmasse M . Sie ist definiert als die Masse in g“ einer Stoffmenge von 1 ” mol und hat daher das Einheitszeichen g/mol“. Die Materiemenge von n ” mol einer Substanz hat daher eine Masse m in g von m = Mn .

(2.2)

Beispiel 2.1 Eine Masse von 2 g Kochsalz (NaCl) wird in 1000 g Wasser (H2 O) gel¨ ost. Man gebe die Stoffmengen von Kochsalz und Wasser als Reinstoffe sowie in der L¨ osung an. L¨ osung Kochsalz hat die Molmasse MNaCl = 58,444 g/mol, f¨ ur Wasser gilt MH2 O = 18,015 g/mol. Es gilt daher 2 g NaCl =

2 mol = 0, 0342 mol , 58, 444

und 1000 g H2 O =

1000 mol = 55, 509 mol . 18, 015

Bei der L¨ osung von wenig NaCl in einer großen Menge H2 O dissoziieren die Kochsalzmolek¨ ule vollst¨ andig nach der Gleichung NaCl → Na+ + Cl− ,

36

2 Fluide Phasen

wobei Na+ das positive Natriumion und Cl− das negative Chlorion ist. In der auf diese Weise gebildeten Elektrolytl¨ osung werden aus 2 g NaCl daher 0,0684 mol, wobei die Einzelteilchen dieser Stoffmenge die Na+ - und Cl− -Ionen sind. Wenn die außerst geringe Dissoziation des Wassers vernachl¨ assigt wird, enth¨ alt die L¨ osung ¨ somit n = 0,0684 + 55,509 = 55,577 mol.

Zur Beschreibung der Eigenschaften fluider Gemische ben¨otigt man ein Maß f¨ ur die Zusammensetzung, d.h. f¨ ur die relativen Materiemengen der einzelnen Komponenten, aus denen sich eine betrachtete Materiemenge zusammensetzt. Entsprechend den unterschiedlichen Maßen f¨ ur die Materiemenge ergeben sich auch unterschiedliche Maße f¨ ur die Zusammensetzung. Quantifiziert man die gesamte Materiemenge durch die Masse, so ist ein naheliegendes Maß f¨ ur die Zusammensetzung durch die Massenanteile der einzelnen Komponenten gegeben. Es gilt f¨ ur den Massenanteil der Komponente i wi = mi /m .

(2.3)

In dieser Definition werden mi und m in gleichen Einheiten eingesetzt. Multialt man den Massenanteil der Kompopliziert man wi mit der Zahl 100, so erh¨ nente i in Prozent. Quantifiziert man die Materiemenge durch die Stoffmenge, so ergibt sich als Maß f¨ ur die Zusammensetzung der Stoffmengenanteil xi = ni /n .

(2.4)

Hier werden wieder ni und n in gleichen Einheiten eingesetzt. Multipliziert alt man hieraus den Stoffmengenanteil der Komman xi mit der Zahl 100, erh¨ ponente i in Prozent. Massenanteil und Stoffmengenanteil lassen sich leicht ineinander umrechnen. Es gilt mi M i ni Mi xi wi =  =  = , mi M i ni Mi xi

(2.5)

sowie ni mi /Mi wi /Mi xi =  =  = . ni mi /Mi wi /Mi

(2.6)

In manchen Anwendungen wird als Maß f¨ ur die Zusammensetzung das Verh¨ altnis der Masse oder Stoffmenge einer Komponente zur Masse bzw. Stoffmenge des Gemisches ohne diese Komponente gew¨ahlt. Man nennt dieses Verh¨ altnis die Beladung. Dies ist z.B. bei feuchter Luft, einem Gemisch aus trockener Luft und Wasserdampf, u ¨ blich. Hierbei wird die Wasserbeladung durch x = mW /mL definiert, mit mW als der Masse des Wassers und mL als Masse der trockenen Luft.

2.1 Materiemenge und thermische Zustandsgr¨ oßen

37

Beispiel 2.2 a) Es werden 50 g Ethanol (A) und 50 g Wasser miteinander vermischt. Wie groß ist der Massenanteil wA und wie groß der Stoffmengenanteil xA des Ethanols in der Mischung? b) Es werden 2 g Kochsalz (K) in 1000 g Wasser gel¨ ost. Wie groß ist der Massenanteil wK und wie groß der Stoffmengenanteil xK des Kochsalzes in der Elektrolytl¨ osung? L¨ osung a) F¨ ur den Massenanteil des Ethanols in der Mischung gilt wA =

50g = 0, 5 50g + 50g

oder wA = 50% . Der Stoffmengenanteil folgt daraus nach (2.6) mit MA = 46,069 g/mol und MW = 18,015 g/mol zu xA =

0, 5/46, 069 = 0, 2811 0, 5/46, 069 + 0, 5/18, 015

oder xA = 28, 11% . b) F¨ ur den Massenanteil des Kochsalzes in der Elektrolytl¨ osung gilt wK =

2g = 0, 00199 2g + 1000g

oder wK = 0, 199% . Die einfache Umrechnungsformel (2.6) ist nun nicht anwendbar, da sie nicht die Dissoziation des NaCl enth¨ alt. Mit dem Ergebnis aus Beispiel 2.1 folgt f¨ ur den Stoffmengenanteil xK =

0, 0684 = 0, 00123 0, 0684 + 55, 509

oder xK = 0, 123% , wobei hier wieder die vollst¨ andige Dissoziation des Molek¨ uls NaCl in Na+ -und Cl− Ionen ber¨ ucksichtigt wurde. Bei der Interpretation von wK und xK ist zu beachten, dass es die Komponente Kochsalz (K) in der L¨ osung nicht gibt. Es handelt sich vielmehr um die Summe der Stoffmengenanteile der Na+ -Ionen und der Cl− -Ionen, mit xNa+ + xCl− = xK .

38

2 Fluide Phasen

2.1.2 Das Volumen Das Volumen V beschreibt die r¨ aumliche Ausdehnung einer Materiemenge. Die Einheit des Volumens ist der Kubikmeter mit dem Symbol m3 /kg“. Hier” bei ist der Meter mit dem Einheitenzeichen m“ die Einheit f¨ ur die Gr¨oßenart ” L¨ ange. Er ist als die Strecke definiert, die Licht im Vakuum w¨ahrend der Dauer von 1/299 792 458 Sekunden durchl¨ auft. Dabei ist die Sekunde als Einheit der Gr¨ oßenart Zeit mit dem Einheitenzeichen s“ definiert als das ” ¨ 9 192 631 770-fache der Periodendauer der Strahlung, die dem Ubergang zwischen den beiden Hyperfeinstrukturniveaus des Grundzustands von Atomen des Nuklids 113 Cs entspricht. Die thermodynamischen Eigenschaften einer Materiemenge h¨angen in der Regel nicht von der Form des Volumens ab und auch nicht von seiner Oberfl¨ ache. Oft ist auch nicht das absolute Volumen, sondern das auf die Materiemenge bezogene Volumen maßgeblich. Entsprechend den beiden unterschiedlichen Maßen f¨ ur die Materiemenge, der Masse und der Stoffmenge, ergeben sich zwei unterschiedliche auf die Materiemenge bezogene Volumina. Man spricht vom spezifischen Volumen mit dem Einheitenzeichen m3 /kg“ bei Bezug auf die Masse bzw. vom molaren Volumen mit ” dem Einheitenzeichen m3 /kmol“ bei Bezug auf die Stoffmenge. Dabei ist ” das spezifische Volumen einer Phase definiert durch υ=

V . m

(2.7)

Eine analoge Definition gilt f¨ ur das molare Volumen, das mit demselben Formelzeichen υ bezeichnet wird. Das Volumen ist ein Beispiel f¨ ur eine extensive Zustandsgr¨oße. Allgemein ergeben sich extensive Zustandsgr¨ oßen bei der Teilung eines Systems in mehrere Teilsysteme als Summe der entsprechenden Zustandsgr¨oßen der einzelnen Teilsysteme. Die aus den extensiven Zustandsgr¨oßen durch Division durch die Masse oder die Stoffmenge folgenden Zustandsgr¨oßen bezeichnet man allgemein als spezifisch bzw. molar. Spezifische und molare Zustandsgr¨oßen fasst man unter dem Begriff der intensiven Zustandsgr¨oßen zusammen. Intensive Zustandsgr¨ oßen h¨ angen nicht von der gesamten Materiemenge eines Systems ab und werden durch eine Teilung des Systems nicht ver¨andert. So ist z.B. das spezifische Volumen von fl¨ ussigem Wasser ca. 1 cm3 /g, unabh¨angig davon, ob das System aus 1 kg oder 1000 kg Wasser besteht. 2.1.3 Der Druck In der Thermodynamik wird der Druck u ¨ ber den Begriff des mechanischen Gleichgewichts definiert. Zwei Phasen befinden sich im mechanischen Gleichgewicht, wenn sie als gemeinsame Eigenschaft ein und denselben Druck haben. Zwei Systeme mit anf¨ anglich unterschiedlichen Dr¨ ucken streben dem mechanischen Gleichgewicht zu, wenn sie u ¨ ber eine Wand, die die Einstellung des mechanischen Gleichgewichts nicht behindert, z.B. einen frei beweglichen

2.1 Materiemenge und thermische Zustandsgr¨ oßen

39

Kolben, miteinander in Kontakt gebracht werden. Diese thermodynamische Definition ist die Grundlage der Druckmessung, sagt aber noch nichts u ¨ ber die Quantit¨ at des Druckes und eine Druckskala oder Druckeinheit aus. Dies leistet die Druckdefinition der Mechanik. Hiernach ist der Druck einer Phase definiert als p=

F , A

(2.8)

mit A als der Fl¨ ache und F als der daran angreifenden Druckkraft senkrecht zur Fl¨ ache. Das Konzept der Kraft u ¨bernehmen wir aus der Mechanik. Ihre Einheit l¨ asst sich aus dem 2. Newtonschen Gesetz ableiten. Hiernach ist die Kraft, die an einem beweglichen K¨ orper angreift, gleich dem Produkt aus der Masse m des K¨ orpers und der durch die Kraft bewirkten Beschleunigung b des K¨ orpers in Richtung der Kraft. Es gilt also F = mb .

(2.9)

Damit erh¨ alt die Kraft als aus den Basiseinheiten abgeleitete Einheit das Produkt aus den Basiseinheiten f¨ ur die Masse und die Beschleunigung. Diese Einheit bezeichnet man als Newton mit dem Symbol N“ und findet ” 1 N = 1 kg m/s2 . Der Druck erh¨ alt damit die Einheit N/m2“, die als Pascal mit dem Symbol ” Pa“ bezeichnet wird, ” 1 Pa = 1 N/m2 . In den technischen Anwendungen rechnet man bevorzugt mit der Druckeinheit Bar, die das Symbol bar“ hat, wobei gilt ” 1bar = 105 Pa = 0, 1 MPa = 100 kPa , und MPa“ und kPa“ f¨ ur Megapascal bzw. Kilopascal stehen. Die Einheit ” ” Bar ist insofern praktisch bequem, als der ¨ außere Luftdruck etwa bei 1 bar liegt. Ein Ger¨ at zur Druckmessung bezeichnet man als Manometer. Es beruht auf dem Prinzip des mechanischen Gleichgewichts. Das System, dessen Druck gemessen werden soll, wird in das mechanische Gleichgewicht mit einem Manometer gebracht. Ein Manometer kann z.B. ein U-f¨ormig gebogenes Rohr sein, das mit einer Fl¨ ussigkeit, z.B. Quecksilber, gef¨ ullt ist, vgl. Abb. 2.1. Der eine Schenkel wird von dem System, dessen Druck man messen will, beaufschlagt, z.B. einem Gas. Dabei stellt sich mechanisches Gleichgewicht zwischen dem Gas und dem Manometer, d.h. der Fl¨ ussigkeitsf¨ ullung ein, d.h. die Druckkraft des Gases an der Fl¨ ussigkeitsoberfl¨ache ist genau so groß wie das Gewicht der Fl¨ ussigkeitss¨ aule der H¨ ohe h. Ist der andere Schenkel offen

40

2 Fluide Phasen

p = 0 p

A

h

Abb. 2.1. Druckmessung mit Manometer(schematisch)

zur Umgebung, so misst die L¨ ange h der Quecksilbers¨aule den Druckunterschied Δp des Gasdruckes zum Druck der Umgebung. Bei geschlossenem Manometer mit dem Druck Null u ¨ber der Quecksilbers¨aule im geschlossenen Schenkel gibt deren H¨ ohe h direkt den absoluten Druck des Gases an, nach p=

mg A·h·ρ·g F = = = ρgh , A A A

(2.10)

mit F als der Kraft der Quecksilbers¨ aule auf das Gas, A ihrer Querschnittsfl¨ ache, m der Masse der Quecksilbers¨ aule, ρ = 1/υ ihrer Dichte und g der Erdbeschleunigung. Der Druck ist einer atomistischen Interpretation zug¨ anglich. In einem ruhenden Fluid, das nach dem einfachen Molek¨ ulmodell aus kleinen schnell und inkoh¨ arent durcheinander fliegenden Billardkugeln besteht, entsteht der Druck auf die Beh¨ alterwand durch Zusammenst¨ oße der Billardkugeln mit der Wand. Wir betrachten zun¨ achst nur die Billardkugeln, die in Richtung der positiven x-Koordinate mit dem gleichen Geschwindigkeitsbetrag |u| fliegen und auf die zur x-Richtung senkrechte Wand auftreffen, vgl. Abb. 2.2. Sie werden von der Wand mit demselben Geschwindigkeitsbetrag |u| zur¨ uckgeworfen. Es finden also elastische St¨ oße mit der Wand statt, und jede Billardkugel erf¨ ahrt bei jedem Stoß eine Impuls¨ anderung von m|u| nach - m|u|, d.h. von 2m|u|, mit m als der Masse einer Billardkugel. In einer Zeit Δτ erreichen alle Kugeln die betrachtete Wand, die sich zu Beginn der Zeitz¨ ahlung innerhalb einer Entfernung von |u|Δτ vor ihr befinden. Ist ΔA ein Fl¨ achenelement dieser Wand und (N/V )u die Anzahl der Teilchen pro Volumen mit der Geschwindigkeit |u| in beiden Richtungen , so kommen im Zeitintervall Δτ gerade ( 12 N/V )u ΔA|u|Δτ St¨ oße an diesem Fl¨ achenelement zustande. Die gesamte Impuls¨ anderung in diesem Zeitintervall an diesem Fl¨ achenelement ist dann ¨ m(N/V )u ΔAu2 Δτ , und die zeitliche Anderung des Impulses wird m(N/V )u ΔAu2 Δτ = m(N/V )u ΔAu2 = ΔFu . Δτ ¨ Nach dem 2. Newtonschen Gesetz ist ΔFu die Kraft, die bei der zeitlichen Anderung des Impulses der mit der Geschwindigkeit u auftreffenden Teilchen auf die Wand ausge¨ ubt wird. Die gesamte Kraft ΔF auf Grund aller, mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten fliegenden Teilchen ist nicht mit der ausgew¨ ahlten Geschwindigkeit

2.1 Materiemenge und thermische Zustandsgr¨ oßen

m Iu I y

z

41

D A Iu I D t x

-m Iu I

b e lie b ig e G e s c h w in d ig k e it G e s c h w in d ig k e it u in p o s itiv e x -R ic h tu n g

Abb. 2.2. Zur atomistischen Interpretation des Druckes ucksichtigung u, sondern mit dem mittleren Geschwindigkeitsquadrat c2  bei Ber¨ aller skalaren Werte und Richtungen zu bilden, nach c2  = u2  + υ 2  + w2  . Hierbei ist c der Geschwindigkeitsvektor einer Billardkugel mit den Komponenten u, υ und w. Da die Beitr¨ age aller Richtungen gleichberechtigt sind, erhalten wir schließlich f¨ ur den Druck p=

1N ΔF 2 NA = mc2  = Ekin  . ΔA 3V 3 υ

(2.11)

Da N/V die Einheit 1/m3“, m die Einheit kg“ und c die Einheit m/s“ hat, ” ” ” ergibt sich insgesamt f¨ ur den Druck wieder die Einheit kg/(ms2 )“ = N/m2“ = ” ” Pa“. Der Druck in unserem atomistischen Modellfluid h¨ angt also mit der mitt” leren Geschwindigkeit der inkoh¨ arent fliegenden Molek¨ ule, ihrer Anzahl in einem gegebenen Volumen und ihrer Masse zusammen. In der zweiten Form von (2.11) wurde benutzt, dass f¨ ur N = NA das Volumen V gerade dem molaren Volumen υ entspricht, da NA die Anzahl der Molek¨ ule in einem Mol ist. Außerdem wurde mit Ekin = 1/2mc2 die aus der Mechanik bekannte kinetische Energie einer Billardkugel eingef¨ uhrt. Beispiel 2.3 In der Technik wird der Druck bisweilen in der Einheit Meter Wassers¨ aule mit dem Kurzzeichen mWS“ oder auch Millimeter Quecksilbers¨ aule mit dem Kurzzeichen ” mmHg“ angegeben. Man zeige, dass 10 mWS und 760 mmHg etwa dem Druck ” von 1 bar entsprechen. L¨ osung Wasser hat bei 20◦ C eine Dichte von etwa ρW = 1 g/cm3 . Der Druck einer 10 m hohen Wassers¨ aule ist daher nach (2.10) p = 1 g/cm3 · 9, 81 m/s2 · 10 m = 103 kg/m3 · 9, 81 m/s2 · 10m = 0, 981 · 105 kg/ms2 = 0, 981 · 105 N/m2 = 0, 981 bar .

42

2 Fluide Phasen

ur den Druck einer Quecksilber hat bei 20◦ C eine Dichte von ρHg = 13,5 g/cm3 . F¨ 760 mm hohen Quecksilbers¨ aule folgt daher p = 13, 5 g/cm3 · 9, 81 m/s2 · 0, 76 m = 1, 01 · 105 N/m2 = 1, 01 bar .

2.1.4 Die Temperatur Die Temperatur wird u ¨ber den Begriff des thermischen Gleichgewichts definiert. Zwei Phasen befinden sich im thermischen Gleichgewicht, wenn sie als gemeinsame Eigenschaft ein und dieselbe Temperatur haben. Zwei Systeme mit anf¨ anglich unterschiedlichen Temperaturen streben, wenn sie u ¨ ber eine Wand, die die Einstellung des thermischen Gleichgewichts nicht behindert, in Kontakt gebracht werden, dem thermischen Gleichgewicht zu. Die Temperatur ist somit als diejenige Zustandsgr¨ oße definiert, deren Wert f¨ ur zwei Systeme im thermischen Gleichgewicht identisch ist. Die Temperatur ist wie der Druck eine Zustandsgr¨oße, mit der uns allt¨ agliche Erfahrungen verbinden. Dennoch bed¨ urfen der allt¨agliche Temperaturbegriff und insbesondere die im Alltag verwendete Temperatureinheit in der Thermodynamik der Pr¨ azisierung. Im Gegensatz zum Druck, dessen Definition nach (2.8) auf bekannten Grundgr¨oßen der Mechanik beruht und dessen Messung und Maßeinheit damit keine konzeptionellen Schwierigkeiten hervorruft, ist die Temperatur einer Phase zun¨achst nicht mechanisch zu interpretieren und entzieht sich daher dem einfachen Vorstellungsverm¨ogen. Wie das mechanische Gleichgewicht das Prinzip der Druckmessung, so erkl¨ art das thermische Gleichgewicht das Prinzip der Temperaturmessung. Die Temperaturmessung erfolgt dadurch, dass man eine Materiemenge, das betrachtete System 1, mit einer zweiten Materiemenge, dem System 2, das als Thermometer bezeichnet wird, u ¨ ber eine Wand in Kontakt bringt, die die Einstellung des thermischen Gleichgewichts zwischen beiden Systemen nicht behindert. Das System 2 sei ein kleiner K¨orper, z.B. eine mit Quecksilber gef¨ ullte Glaskapillare, und m¨ oge bei der Einstellung des thermischen Gleichgewichts das viel gr¨ oßere System 1 nicht beeinflussen. Die L¨ange des Quecksilberfadens ist ein Maß f¨ ur die Temperatur des Thermometers, da sie von der Temperatur abh¨ angt. Im thermischen Gleichgewicht ist die L¨ange des Quecksilberfadens, urspr¨ unglich nur ein Maß f¨ ur die Temperatur des kleinen K¨ orpers, wegen der Gleichheit der Temperaturen auch ein Maß f¨ ur die Temperatur des Systems 1. Taucht man dieselbe mit Quecksilber gef¨ ullte Kapillare in ein anderes System 3 und findet im thermischen Gleichgewicht wieder die gleiche L¨ ange des Quecksilberfadens, d.h. dieselbe Temperatur des Thermometers, so folgt, dass beide Systeme 1 und 3 die gleiche Temperatur haben. Dabei ist bemerkenswert, dass nur zwischen dem Thermometer und jeweils einem System thermisches Gleichgewicht und damit gleiche Temperatur durch einen physikalischen Prozess hergestellt worden ist. Die beiden Systeme 1 und 3 sind nicht miteinander in Kontakt gekommen, sie k¨onnen an

2.1 Materiemenge und thermische Zustandsgr¨ oßen

43

ganz verschiedenen Orten aufgestellt sein. Das Thermometer kann also mit Hilfe des thermischen Gleichgewichts die Temperaturen zweier verschiedener K¨ orper, die keinen Kontakt miteinander haben, vergleichen. Diese mit dem Begriff des thermischen Gleichgewichts verkn¨ upfte Erfahrungstatsache wird durch den so genannten 0. Hauptsatz der Thermodynamik beschrieben: Stehen zwei Systeme A und B im thermischen Gleichgewicht mit ei” nem dritten System C, so stehen sie auch untereinander im thermischen Gleichgewicht.“ Diese Tatsache erscheint unmittelbar einleuchtend und keiner besonderen Aufmerksamkeit bed¨ urftig. Sie ist aber die Grundlage des Temperaturbegriffs und der Temperaturmessung. Damit ist der 0. Hauptsatz ein zentrales Axiom der Thermodynamik. Der analoge Satz gilt f¨ ur das mechanische Gleichgewicht, ist dort aber ohne Bedeutung. Da der Druck durch (2.8) bereits auf definierte mechanische Grundbegriffe zur¨ uckgef¨ uhrt ist, bedarf er prinzipiell keiner zus¨ atzlichen Definition u ¨ber das mechanische Gleichgewicht. Mit Hilfe des thermischen Gleichgewichts k¨ onnen wir die Gleichheit von Temperaturen unterschiedlicher Systeme feststellen. F¨ ur quantitative Untersuchungen m¨ ussen wir der Temperatur eine Zahl zuordnen, d.h. wir m¨ ussen eine Temperaturskala haben. Eine solche Skala ist im Gegensatz zu der f¨ ur den Druck nicht aus bereits aus der Mechanik bekannten Definitionen ableitbar. Die bekannte Celsius-Skala basiert auf der Ausdehnung von Fl¨ ussigkeiten mit steigender Temperatur. Sie ordnet schmelzendem Eis die Temperatur 0◦ C, siedendem Wasser die Temperatur 100◦C zu und teilt den Unterschied in der L¨ ange des Fl¨ ussigkeitsfadens zwischen diesen beiden Fixpunkten in 100 gleiche Teile auf. Diese Temperaturskala ist in mehrerer Hinsicht unbefriedigend. Zun¨ achst h¨ angt sie zwischen diesen Fixpunkten von der sich im Thermometer ausdehnenden Substanz ab. Die Aufteilung in 100 gleiche Teile ist nur f¨ ur eine lineare Ausdehnung mit der Temperatur sinnvoll. Fl¨ ussigkeiten mit streng linearer Temperaturausdehnung gibt es nicht. Ein Fl¨ ussigkeitsthermometer mit einer Alkoholf¨ ullung wird daher zwischen den Fixpunkten im thermischen Gleichgewicht mit einem bestimmten System eine andere Temperatur anzeigen als ein Quecksilberthermometer, da sich beide Fl¨ ussigkeiten unterschiedlich mit zunehmender Temperatur ausdehnen. Damit ist generell ein auf der Ausdehnung einer Fl¨ ussigkeit beruhendes Thermometer nicht zur Messung der Temperatur geeignet. Jedes dieser Thermometer zeigt seine eigene Temperatur an. Das Analoge gilt f¨ ur viele andere bekannte Thermometertypen, z.B. Widerstandsthermometer oder Thermoelemente. ¨ Im Ubrigen scheidet die Celsius-Skala grunds¨ atzlich wegen der Verwendung von zwei Fixpunkten, n¨ amlich denen des schmelzendes Eises und des siedenden Wassers, als physikalische Temperaturskala aus. Die zwei Fixpunkte sind erforderlich, weil diese Skala keinen physikalisch eindeutigen Nullpunkt hat. Die Celsius-Temperatur ist bekanntlich negativ f¨ ur Temperaturen, die

44

2 Fluide Phasen

tiefer als die schmelzenden Eises sind. Dies ist unbrauchbar f¨ ur eine physikalische Grundgr¨ oße. Die Skalen und Einheiten anderer Grundgr¨oßen wie Masse, L¨ ange und Zeit sind jeweils nur durch einen Fixpunkt festgelegt, n¨amlich die Masse eines Referenzk¨ orpers, bzw. die Strecke, die Licht in einer bestimmten Zeit zur¨ ucklegt, bzw. das bestimmte Vielfache der Periodendauer einer bestimmten Strahlung. Es gibt keine negative Masse, keine negative L¨ange und keine negative Zeit. Auch Skalen mit negativen Temperaturen sind daher als unphysikalisch abzulehnen. Eine empirische Temperaturskala, die absolut ist und auch sonst allen physikalischen Anforderungen entspricht, ist hingegen die des idealen Gasthermometers. Das ideale Gasthermometer ist in Abb. 2.3 schematisch dargestellt. Es besteht im Wesentlichen aus einem mit Gas gef¨ ullten Volu-

p

V = c o n s t.

u

D Z =^ p

M a rk e

H g im

S c h la u c h

Abb. 2.3. Das ideale Gasthermometer (Prinzip)

men und einem mit Quecksilber gef¨ ullten, nach oben offenen Schlauch. Der Messf¨ uhler ist das im konstanten Volumen eingeschlossene Gas. Der Druck in diesem Gas wird durch die H¨ ohe der Quecksilbers¨aule gemessen, deren Ende durch gezieltes Anheben des Schlauches gerade die Marke ber¨ uhrt und damit das konstante Gasvolumen erzwingt. Die thermometrische Eigenschaft des idealen Gasthermometers ist also der Druck des Gases. Er ¨andert sich in charakteristischer Weise mit der Temperatur am Messf¨ uhler und entspricht der Quecksilberh¨ ohe ΔZ, wobei der ¨ außere Luftdruck zu addieren ist. Wenn im Messf¨ uhler gerade der ¨ außere Luftdruck herrscht, ist ΔZ = 0. Bei bekanntem Volumen und bekannter Einf¨ ullmateriemenge, also der Stoffmenge des Gases, stellt man im thermischen Gleichgewicht mit einem bestimmten System, also f¨ ur eine bestimmte empirische Temperatur Θ des Gasthermometers, einen bestimmten Wert des Produkts aus Druck und molarem Volumen in Nm/mol“ fest. Dieser Wert ist bei gleicher Temperatur abh¨angig von der ”

2.1 Materiemenge und thermische Zustandsgr¨ oßen

45

Art des Gases. Tr¨ agt man nun f¨ ur eine bestimmte Temperatur Θ, also einem bestimmten Wert von ΔZ, diesen Wert (pυ) f¨ ur verschiedene Gase u ¨ ber 1/υ auf, wobei υ wegen υ = V /n durch die Stoffmenge des Gases variiert werden kann, so stellt man fest, dass sich die Kurven f¨ ur alle Gase bei 1/υ = 0 in einem Punkt schneiden, vgl. Abb. 2.4 Dies ist eine empirische Tatsap v

(p v )

Q = c o n s t.

ig

liu H e

m

L u ft

W a s s e rg a s

1 /v

Abb. 2.4. Stoffunabh¨ angigkeit des idealen Gasthermometers f¨ ur 1/v → 0

che, die eine große Bedeutung f¨ ur die Definition einer physikalisch sinnvollen empirischen Temperaturskala hat. Damit wird n¨amlich die thermometrische Eigenschaft des idealen Gasthermometers f¨ ur 1/υ → 0 unabh¨angig von der Art des eingef¨ ullten Gases, womit eine wesentliche Forderung an eine physikalisch sinnvolle empirische Temperatur erf¨ ullt ist. Es gilt also ur lim (pυ) = (pυ)ig = const. f¨

1/υ→0

Θ = const.

(2.12)

Die Beziehung (2.12) kennzeichnet ein so genanntes ideales Gas (ig). Das Temperaturmessger¨ at f¨ uhrt daher die Bezeichnung ideales Gasthermome” ter“. Alle idealen Gasthermometer, ganz gleich mit welchem Gas gef¨ ullt, ergeben somit im thermischen Gleichgewicht mit einem bestimmten System dieselbe Messgr¨ oße (pυ)ig und damit dieselbe empirische Temperatur Θig . ig Die Gr¨ oße (pυ) benutzen wir nun zur Definition der empirischen Temperatur Θig des idealen Gasthermometers, durch Θig := C · (pυ)ig .

(2.13)

Diese Definition weicht in entscheidenden Punkten von der zuvor besprochenen empirischen Temperatur des Fl¨ ussigkeitsthermometers ab. Da weder p noch υ jemals negativ werden k¨ onnen, haben wir eine absolute Temperaturskala geschaffen, so wie es f¨ ur eine physikalisch sinnvolle Skala erforderlich ist. Dementsprechend ben¨ otigen wir, wie f¨ ur andere physikalische Gr¨oßen

46

2 Fluide Phasen

auch, nur einen Fixpunkt, um die so definierte Skala durch Bestimmung von C vollst¨ andig festzulegen. Insbesondere ist die empirische Temperatur des idealen Gasthermometers unabh¨ angig von der Gasart und erf¨ ullt damit eine weitere Forderung, die man an die Messung der Temperatur als eine physikalische Grundgr¨ oße stellen muss. F¨ ur diese Eigenschaften ist die Definition urlich und ohne Bedeutung. Auch von Θig als lineare Funktion von (pυ)ig willk¨ eine quadratische Abh¨ angigkeit w¨ are eine geeignete Definition f¨ ur die empirische Temperatur eines idealen Gasthermometers, vgl. unten. Die Linearit¨at f¨ uhrt lediglich zu den einfachsten formalen Ergebnissen. Wir legen nun zur Bestimmung von C den einen ben¨otigten Fixpunkt fest. Dabei beschr¨ anken wir uns auf die prinzipielle Erl¨auterung. Festgelegt ist als Fixpunkt die Temperatur am so genannten Tripelpunkt von Wasser. Dies ist derjenige Zustand, bei dem f¨ ur den Stoff Wasser die drei Phasen gasf¨ormig, fl¨ ussig und fest miteinander im Gleichgewicht stehen, vgl. Abschn. 2.2. Er ist wohldefiniert und leicht im Experiment darstellbar. Man bringt dazu das Gasthermometer ins thermische Gleichgewicht mit Wasser am Tripelpunkt und bestimmt den zugeh¨ origen Wert von (pυ)ig . Es ergibt sich (pυ)ig tr,H2 O =

1 ig Nm Θ . = 2271, 2 C tr,H2 O mol

ig Die empirische Temperatur Θtr, H2 O des idealen Gasthermometers am Tripelpunkt des Wassers wird festgelegt zu ig Θtr,H = 273, 16 K , 2O

mit K“ als dem Kurzzeichen f¨ ur Kelvin, der Temperatureinheit des idealen ” Gasthermometers. Daraus ergibt sich ein Wert f¨ ur die Konstante C in der empirischen Temperaturskala des idealen Gasthermometers von C = 0, 12027

mol K . Nm

Ihr Kehrwert ist die so genannte allgemeine Gaskonstante R = 8, 315 Nm/(mol K) . Wir haben also die Temperatureinheit Kelvin definiert durch 1K=

ig Θtr,H 2O

273, 16

.

Damit ist 1 Kelvin der 273,16te Teil der empirischen Temperatur des idealen Gasthermometers am Tripelpunkt von Wasser. Das Kelvin gilt seit 1954 als gesetzlich festgelegte Temperatureinheit. Der unrunde Zahlenwert 273,16 hat historische Gr¨ unde. Er f¨ uhrt auch f¨ ur die Kelvin-Temperatur auf einen Unterschied von praktisch 100 Einheiten zwischen Eispunkt und Siedepunkt

2.1 Materiemenge und thermische Zustandsgr¨ oßen

47

des Wassers. Will man die Temperatur eines Systems messen, so bringt man das ideale Gasthermometer ins thermische Gleichgewicht mit diesem System und misst (pυ)ig . Die ideale Gasthermometertemperatur des Systems ist dann gegeben durch Θig /K = C · (pυ)ig = 0, 12027

Nm mol K · (pυ)ig . Nm mol

(2.14)

Die empirische Temperatur des idealen Gasthermometers erf¨ ullt alle Forderungen, die man an eine thermodynamische Zustandsgr¨oße stellen muss. Bei der Entwicklung der formalen thermodynamischen Theorie wird sich zeigen, dass sie der in thermodynamischen Rechnungen einzusetzenden thermodynamischen Temperatur T entspricht, vgl. Abschn. 5.4.2. Wir nehmen diese Erkenntnis hier ohne Beweis vorweg und schreiben Θig = T .

(2.15)

Damit ist die thermodynamische Temperatur eine messbare Gr¨oße. Die Beziehung (2.14) l¨ asst sich daher auch schreiben als pυ ig = RΘig = RT ,

(2.16)

mit R = 8, 315 Nm/(mol K) als der allgemeinen Gaskonstante. Die empirische Temperatur des idealen Gasthermometers muss nicht notwendigerweise in der Temperatureinheit Kelvin angegeben werden. In angels¨ achsischen L¨ andern wird an Stelle des Kelvin die kleinere Einheit Rankine (R) benutzt, nach der Definition 1R=

ig Θtr,H 2O

491, 68

,

und damit 1 R = 5/9 K . Mit ig Θtr,H = 491, 68 R = CR · 2271, 2 2O

Nm mol

ergibt sich CR = 0, 21648

mol R Nm

und damit die ideale Gasthermometertemperatur in Rankine Θig /R = 0, 21648

Nm mol R · (pυ)ig . Nm mol

48

2 Fluide Phasen

Man k¨ onnte schließlich eine empirische Temperatur des idealen Gasthermometers auch durch eine andere funktionale Abh¨angigkeit von (pυ)ig , z.B. eine quadratische Abh¨ angigkeit nach Θig = C∗ · [(pυ)ig ]2 definieren. Legt man, wieder willk¨ urlich, eine zugeh¨orige Temperatureinheit fest und nennt diese M¨ uller (M) durch 1M=

ig Θtr,H 2O

100, 00

,

so findet man C∗ =

100, 00 mol2 M mol2 M = 0, 000019386 2271, 22 N2 m2 N2 m2

und daher f¨ ur die ideale Gasthermometertemperatur in M¨ uller Θig /M = 0, 000019386

2 2 mol2 M ig 2 N m . 2 2 [(pυ) ] N m mol2

Die Umrechnungsbeziehung zwischen den Temperaturskalen M und K lautet somit allgemein K = 0, 00016119(pυ)igM . Alle empirischen Temperaturen des idealen Gasthermometers k¨onnen als thermodynamische Temperaturen T benutzt werden, vgl. Beispiel 5.4. Die Temperatureinheit K hat den Vorteil, die von der Celsius-Skala gewohnte Einteilung der Temperaturdifferenz zwischen dem Eispunkt und dem Siedepunkt von Wasser in 100 Teile mit ausreichender Genauigkeit zu reproduzieren. Sie hat sich als Einheit f¨ ur die thermodynamische Temperatur durchgesetzt. Beispiel 2.4 Ein System im thermischen Gleichgewicht mit einem idealen Gasthermometer f¨ uhrt zu dem Messergebnis (pυ)ig = 4000 Nm/mol. Man gebe die ideale Gasthermometertemperatur des Systems in Kelvin, Rankine und in M¨ uller an. L¨ osung molK Nm · 4000 = 481, 08 K , Nm mol Nm molR · 4000 = 865, 92 R . Θig = 0, 21648 Nm mol mol2 M2 N2 m2 Θig = 0, 000019386 · 40002 = 310, 18 M , 2 2 N m mol2 In Beispiel 5.4 wird gezeigt, dass alle drei Angaben auf dieselbe thermodynamische Temperatur f¨ uhren. Θig = 0, 12027

2.1 Materiemenge und thermische Zustandsgr¨ oßen

49

Die praktische Temperaturmessung mit Gasthermometern ist unhandlich. Man hat daher die Internationale Praktische Temperaturskala vereinbart, ein System aus Fixpunkten, Messvorschriften und Umrechnungsformeln, die mit dem Einsatz einfach zu handhabender Thermometer, Widerstandsthermometer zumeist, eine hinreichende Ann¨ aherung an die empirische Temperatur des idealen Gasthermometers und damit an die thermodynamische Temperatur erlauben. Erst auf dieser Grundlage kann man erkennen, warum die mit praktischen Thermometern gemessenen Temperaturen u ¨berhaupt als thermodynamische Temperaturen betrachtet und in thermodynamische Zahlenrechnungen eingesetzt werden d¨ urfen. Die im t¨ aglichen Leben fast ausnahmslos verwendete empirische Temperatur der Celsius-Skala ist mit der thermodynamischen Temperatur verkn¨ upft, nach t := T − T0 ,

(2.17)

wobei T0 =273,15 K die Kelvin-Temperatur von Wassereis am Schmelzpunkt ist. Man bezeichnet t als die Celsius-Temperatur. Die Celsius-Temperatur geht somit aus der Kelvin-Temperatur durch eine Nullpunktverschiebung hervor. Die Einheit der Celsius-Skala ist ebenfalls das Kelvin. Es ist jedoch u ¨blich, Celsius-Temperaturen durch die Sonderbezeichnung Grad Celsius mit dem Einheitenzeichen ◦ C zu kennzeichnen. Statt die Celsius-Temperatur t E ” von Wassereis am Schmelzpunkt mit 0 K anzugeben, schreibt man tE = 0◦ C. So wie die Celsius-Temperatur von der Kelvin-Skala abgeleitet wird, ergibt sich die in den angels¨ achsischen L¨ andern im Alltag h¨aufig benutzte Fahrenheit-Temperatur tF aus der Rankine-Skala, wobei der Eispunkt des ◦ Wassers auf tF 0 = 32 F festgesetzt wird. Es gilt also mit T0 = 273,15 K = 491,67 R ”

tF − 32◦ F = T /R − T0 /R = T /R − 491, 67 R . Wegen t − 0◦ C = T /K − 273, 15K 5 5 = (T /R − 491, 67 R) = (tF − 32◦ F) 9 9 findet man als Beziehung zwischen der Celsius- und der Fahrenheit-Skala t=

5 F (t − 32) . 9

Grunds¨ atzlich muss stets eine absolute Temperaturskala verwendet werden. Auch Temperaturdifferenzen werden in dieser Skala angegeben. Wegen (2.17) entsprechen Differenzen zwischen Celsius-Temperaturen den Differenzen in Kelvin-Temperaturen. Differenzen zwischen Fahrenheit-Temperaturen sind den Temperaturdifferenzen auf der Rankine-Skala gleich. Im allt¨aglichen

50

2 Fluide Phasen

Gebrauch werden in der Regel Temperaturen nicht in ihrer physikalisch relevanten absoluten Definition benutzt, da entweder nur Temperaturdifferenzen auftreten oder die Zahlenangaben f¨ ur die Temperatur nicht in weiteren Zahlenrechnungen verwendet werden. Der physikalisch korrekte Temperaturbegriff ist daher im allt¨ aglichen Gebrauch ohne praktische Bedeutung. In thermodynamischen Rechnungen kann jedoch die Verwendung einer nicht absoluten Temperaturskala v¨ ollig unsinnige Ergebnisse produzieren. Auch die Temperatur ist einer einfachen atomistischen Interpretation zug¨ anglich. Mit der atomistischen Interpretation des Druckes nach (2.11) sowie (2.15) und (2.16) ergibt sich f¨ ur die thermodynamische Temperatur T =

pυ 1 N 1 NA υ 2 NA = mc2  = mc2  = Ekin  , R 3 V R 3 R 3 R

(2.18)

wobei analoge Umformungen wie die zu (2.11) f¨ uhrenden benutzt wurden. Die thermodynamische Temperatur bringt daher die mittlere kinetische Energie der inkoh¨ arent fliegenden Billardkugeln zum Ausdruck. Im Gegensatz zum Druck wird dieser Zusammenhang nicht durch die Dichte des Fluids beeinflusst.

2.2 Reinstoffe Reinstoffe finden in energieumwandelnden Anlagen als Arbeitsfluide Anwendung. Dampfkraftanlagen z.B. werden in der Regel mit Wasser als Arbeitsmedium betrieben, W¨ armepumpen und K¨ alteanlagen mit organischen Medien. Auch als Energietr¨ ager f¨ ur die Energieversorgung von Stoffumwandlungen werden Reinstoffe eingesetzt, z.B. Wasserdampf zur Beheizung von Apparaten. Zur thermodynamischen Analyse solcher Umwandlungsprozesse ben¨ otigt man daher Kenntnisse u ¨ ber das qualitative und quantitative Verhalten der Reinstoffe. In diesem Abschnitt er¨ortern wir das qualitative Zustandsverhalten der Reinstoffe in ihren unterschiedlichen Aggregatzust¨anden Gas, Fl¨ ussigkeit und Feststoff. Insbesondere zeigen wir seine Bedeutung f¨ ur die Funktion von Energiewandlungsanlagen auf. Es ist empirisch belegt, dass die Eigenschaften von bestimmten Materiemengen reiner Gase und Fl¨ ussigkeiten f¨ ur bestimmte Werte von Temperatur und Druck feste Werte annehmen. So gilt z.B. f¨ ur das molare Volumen, also das Volumen dividiert durch die Stoffmenge, die grunds¨atzliche Abh¨angigkeit υ = υ(T, p) . Die mathematische Beziehung zwischen den thermischen Zustandsgr¨oßen Temperatur, Druck und Volumen wird als thermische Zustandsgleichung bezeichnet, ihre graphische Darstellung als thermische Zustandsfl¨ache. Dabei kann sich in Abh¨ angigkeit der Werte von Temperatur und Druck ein sehr kompliziertes Verhalten, d.h. eine sehr komplizierte Beziehung υ = υ(T, p) ergeben. Im Allgemeinen gilt f¨ ur jeden Reinstoff eine individuelle thermische Zustandsgleichung.

2.2 Reinstoffe

51

2.2.1 Der Gaszustand Bei hinreichend niedriger Dichte zeigen alle Gase ein universelles Verhalten, das wir bereits im Zusammenhang mit dem idealen Gasthermometer kennen gelernt haben. Die molare Dichte nimmt bei konstanter Temperatur, d.h. entlang einer Isotherme, linear mit dem Druck zu. Im p, υ-Diagramm bilden sich somit die Isothermen als Hyperbeln ab, vgl. Abb. 2.5. Das p, υ-Diagramm von 1 ,5

p

b a r 1 ,0

8 7 3 ,1 5 K

0 ,5 5 7 3 ,1 5 K 3 7 3 ,1 5 K

T = 2 7 3 ,1 5 K

0 ,1 0

0 ,0 5

0 ,1 0

m

3

/m o l

0 ,2 0

v Abb. 2.5. p, v-Diagramm eines idealen Gases

Gasen erkl¨ art, warum es W¨ armekraftmaschinen auf der Basis von Gasprozessen gibt. Wenn man die Dimension des Produktes p · υ betrachtet, so stellt man fest, dass es sich um die einer molaren oder spezifischen Energie handelt, n¨ amlich Kraft multipliziert mit einer L¨ange, bezogen auf die Materiemenge. Durch W¨ armezufuhr an ein Gas bei konstantem Volumen, z.B. das Gas im Zylinder eines Verbrennungsmotors, wird die Temperatur und damit nach Abb. 2.5 der Druck erh¨ oht. Das Produkt p · υ steigt. Die als W¨ arme zugef¨ uhrte Energie wird somit unter Druckerh¨ohung im Gas gespeichert, ¨ ahnlich wie die Arbeit beim zusammendr¨ ucken einer mechanischen Feder. Sie kann durch Druckentspannung teilweise in Arbeit verwandelt werden, indem sie den Kolben zur¨ uckst¨ oßt. Dabei ist bemerkenswert, dass durch W¨ armezufuhr u ohung des Gases ein Potenzial zur ¨ber den Weg der Druckerh¨ Arbeitsabgabe geschaffen wird. Die Eigenschaften von Gasen erlauben also die Umwandlung von W¨ arme in Arbeit. Im Gegensatz dazu muss das Potenzial der Arbeitsabgabe einer zusammengedr¨ uckten mechanischen Feder durch vorherige Arbeitszufuhr geschaffen werden. Die Umwandlung von W¨ arme in Arbeit auf dem Wege der Druckerh¨ ohung bzw. Druckentspannung eines Gases ist der wesentliche Vorgang in einem Otto-Motor. Die Temperaturerh¨ ohung des Gases und die mit ihr verbundene Druckerh¨ohung kommt

52

2 Fluide Phasen

in einem Motor durch die Verbrennung zustande. Abb. 2.6 zeigt schematisch p

V e rb re n n u n g

3

n s io a n E x p

2

m K o

p r e s s io n 1

4

K ü h le n

v

Abb. 2.6. Idealisierter Otto-Prozess im p, v-Diagramm

das p,υ-Diagramm eines idealisierten Otto-Prozesses. Von 1 nach 2 findet eine Kompression des Gases ohne W¨ armetransfer statt, d.h. das Volumen verringert sich und der Druck steigt an. Von 2 nach 3 erfolgt die Verbrennung, d.h. die W¨ armezufuhr, die im Diagramm als Druckanstieg bei konstantem Volumen dargestellt ist. Die Zustands¨ anderung von 3 nach 4 ist eine Expansion ohne W¨ armetransfer, wobei das Gas die durch die W¨armezufuhr aufgenommene Energie teilweise als Arbeit wieder abgibt. In einer realen Maschine wird nach der Expansion das noch heiße Gas in die Umgebung ausgestoßen und frisches Luft/Brennstoff-Gemisch angesaugt. In Abb. 2.6 ist diese Prozessfolge des Ausstoßens und Ansaugens vereinfacht durch eine bei konstantem Volumen ablaufende K¨ uhlung von 4 nach 1 dargestellt. Unter den idealisierten Bedingungen des Otto-Prozesses entspricht die bei einer Prozessfolge 1-2-3-4-1 gewonnene spezifische Arbeit der schraffierten Fl¨ache im p, υ-Diagramm. Sie ist gleich der Differenz aus der bei der Expansion von 3 nach 4 gewonnenen und der bei der Kompression von 1 nach 2 zugef¨ uhrten Arbeit. Auch die Wirkungsweise einer Gasturbine l¨asst sich auf der Grundlage des p, υ-Diagramms verstehen, vgl. Abb. 2.7. In einer solchen Maschine wird Luft beim Umgebungszustand angesaugt und ohne W¨armetransfer auf einen Druck von ca. 10 bar verdichtet (Zustand 2). In der Brennkammer wird Brennstoff zugegeben und durch Verbrennung mit der Luft bei konstantem Druck in ein heißes Gas bei 10 bar umgewandelt (Zustand 3). Bei dieser isobaren Temperaturerh¨ ohung vergr¨ oßert sich nach dem p, υ-Diagramm das Volumen und damit die gespeicherte Energie. Das Gas expandiert dann in ei-

2.2 Reinstoffe

53

B re n n s to ff 3

2

P

1

T

4

L u ft

A b g a s

Abb. 2.7. Schaltschema einer Gasturbine

ner Turbine und versetzt dabei eine Antriebswelle in Drehung. Da im heißen ¨ Zustand mit der gleichen Druckdifferenz eine gr¨oßere Anderung des spezifischen Volumens des Gases verbunden ist als im kalten, vgl. Abb. 2.5, gewinnt man bei der Expansion mehr Arbeit als zur Kompression zuzuf¨ uhren war. Die Maschine wandelt also die durch die Verbrennung zugef¨ uhrte W¨arme teilweise in Arbeit um. Auf analoge Weise ergibt sich auch das Arbeitsprinzip eines Strahltriebwerkes, in dem die durch W¨ armezufuhr im Gas gespeicherte Energie durch Expansion in einer D¨ use in Schubenergie umgewandelt wird. 2.2.2 Verdampfung und Kondensation Die bisher beschriebenen Eigenschaften eines Gases entsprechen nur bei niedrigen Dichten und Dr¨ ucken der Realit¨ at. K¨ uhlt man gasf¨ormiges Wasser von 500◦ C bei einem konstanten Druck von 1,0135 bar ab, z.B. durch Kontakt mit einer Umgebung von 20◦ C, dann verringert sich sein spezifisches Volumen zwar anf¨ anglich linear mit abnehmender Temperatur, entsprechend dem Gasverhalten bei niedriger Dichte. Bei zunehmender Abk¨ uhlung ergeben sich jedoch Abweichungen. Die Abk¨ uhlkurve kr¨ ummt sich. Insbesondere stellt sich bei einer bestimmten Temperatur, im betrachteten Fall gerade bei 100◦ C, ein Vorgang ein, der eine dramatische und technisch besonders wichtige Abweichung vom typischen Gasverhalten darstellt, n¨ amlich die Kondensation. Das zugeh¨ orige Experiment und der Verlauf der Temperatur u ¨ber dem Volumen sind in Abb. 2.8 schematisch dargestellt. Der Kolben sichert einen konstanten Druck. Zustand 1 repr¨ asentiert das Gas bei 500◦ C und 1,0135 bar. Im Zu◦ stand 2, d.h. bei 100 C, bilden sich erste Wassertr¨opfchen, die unter Einfluss

54

2 Fluide Phasen

t

1

p = c o n s t 4

3

2

5

V 1 2 3 5

4

G a s flü s s ig

flü s s ig le tz te D a m p fb la s e

G a s

G a s

flü s s ig e rs te r F lü s s ig k e its tro p fe n

Abb. 2.8. Zur Kondensationen in reinen Stoffen (schematisch)

der Schwerkraft zu Boden sinken und dort eine zusammenh¨angende, siedende Fl¨ ussigkeit bilden. Der Dampf bei Kondensationsbeginn wird als ges¨attigter Dampf bezeichnet. K¨ uhlen wir weiter, so beobachten wir, dass, w¨ahrend siedendes Wasser und ges¨ attigter Wasserdampf koexistieren, mit fortschreitender W¨ armeabfuhr die Gasmenge zu Gunsten der Fl¨ ussigkeitsmenge abnimmt. Gleichzeitig reduziert sich das Gesamtvolumen. Zwischen den Punkten 2 und 4, die den Bereich der Koexistenz von Gas und Fl¨ ussigkeit umschließen, bleibt die Temperatur konstant. Im Punkt 4 verschwindet der letzte Dampf, und wir haben die gesamte urspr¨ unglich vorhandene Gasmenge in fl¨ ussiges, siedendes Wasser umgewandelt. Im weiteren Verlauf des Prozesses h¨ort das Wasser auf zu sieden, und die Temperatur sinkt auf die Temperatur der Umgebung, d.h. ugig ab. Stellen wir das auf 20◦ C. Dabei nimmt das Volumen weiter geringf¨ Gef¨ aß nun auf eine heiße Herdplatte, so l¨ auft der umgekehrte Prozess ab. Von Zustand 5 zum Zustand 4 steigt die Temperatur unter leichter Volumenvergr¨ oßerung von 20◦ C auf 100◦ C an. Im Punkt 4 beginnt das Wasser zu

2.2 Reinstoffe

55

sieden, d.h. Dampfblasen zu bilden. Im weiteren Verlauf des Prozesses verdampft das Wasser bis zum Zustand 2, wobei sich bei konstanter Temperatur oßert. Im Zustand 2 verschwindet der von 100◦ C das Volumen erheblich vergr¨ letzte Fl¨ ussigkeitstropfen. Bei weiterer W¨ armezufuhr steigt die Temperatur des Gases unter Volumenvergr¨ oßerung schließlich auf 500◦C an. Entscheidend f¨ ur die Anwendung von Verdampfung bei Energieumwandlungen ist die Tatsache, dass dadurch als W¨ arme zugef¨ uhrte Energie im Dampf gespeichert werden kann. Sie kann zu einem anderen Zeitpunkt, an anderer Stelle und auch in anderer Form wieder zur¨ uckgewonnen werden. Die Temperatur zwischen den Punkten 2 und 4, d.h. die Temperatur, bei der Gas und Fl¨ ussigkeit koexistieren, h¨ angt vom Druck ab. Bei h¨oherem Druck ist sie h¨ oher, bei niedrigem Druck tiefer. Dieser Zusammenhang zwischen Druck und Temperatur bei Verdampfung und Kondensation wird durch die so genannte Dampfdruckkurve beschrieben. Sie stellt den Verlauf des Druckes u ur ein Fluid im Siedezustand dar. Abb. ¨ber der Temperatur f¨

H 2O p

2 0 0

b a r 1 5 0

N H 3

1 0 0

C O 2

R 1 2 5 0

0 0

1 0 0

2 0 0

°C

3 0 0

t

Abb. 2.9. Dampfdruckkurven einiger Reinstoffe

2.9 zeigt den Verlauf der Dampfdruckkurve von Wasser und einigen anderen Reinstoffen im p, t-Diagramm bei Temperaturen oberhalb von 0◦ C. Man erkennt die qualitativ a ¨hnlichen, im Hinblick auf die Zahlenwerte aber sehr unterschiedlichen Verl¨ aufe f¨ ur die einzelnen Reinstoffe. Bei genauer Betrachtung des Kurvenverlaufes findet man, dass sich die Dampfdruckkurve reiner Stoffe in nicht zu großen Temperaturbereichen durch eine Exponen-

56

2 Fluide Phasen

tialfunktion beschreiben l¨ asst. Sie bildet sich daher im lgp, 1/T -Diagramm als Gerade ab. Abb. 2.10 zeigt f¨ ur einige Reinstoffe, dass dies tats¨achlich ann¨ ahernd zutrifft. Die eingetragenen Endpunkte markieren in gerundeten 1 0 0 0 3 7 4 °C 3 1 °C

1 0 0

1 1 2 °C

p

b a r

-1 4 7 °C

C O

1 0 -5 6 °C

-2 4 0 °C

2

N 1

H 2

2

-2 1 0 °C

0 ,1

H 0 ,0 1 0 °C

0 ,0 0 1

2

O

-2 5 9 °C

R 1 2

0 ,0 0 0 1 0

0 ,2

0 ,4

0 ,6

1 /T

1 /K

0 ,8

Abb. 2.10. Dampfdruckkurven einiger Reinstoffe im lgp, 1/T -Diagramm

Werten der Celsius-Temperatur den Existenzbereich der Dampfdruckkurve. Das Ph¨ anomen der Dampfdruckkurve von Reinstoffen ist einer einfachen atomistischen Interpretation zug¨ anglich. Der Druck eines Fluids entsteht nach Abschn. 2.1.3 durch die St¨ oße der Molek¨ ule an die Beh¨ alterw¨ ande. Da die Fl¨ ussigkeit bei der Verdampfung eine freie Oberfl¨ ache, d.h. eine Phasengrenzfl¨ ache hat, u ¨ ben die Molek¨ ule der fl¨ ussigen Phase einen Druck auf diese Phasengrenzfl¨ ache aus. Diesen Druck bezeichnet man als Dampfdruck. Er entspricht dem Druck, den die aus der Fl¨ ussigkeit ausgetriebenen Molek¨ ule in der Dampfphase erzeugen. Insbesondere kennzeichnet der Dampfdruck die Neigung der Molek¨ ule der fl¨ ussigen Phase, sich auf Grund ihrer kinetischen Energie von den Anziehungskr¨ aften benachbarter Molek¨ ule zu befreien und in die Gasphase zu begeben. Im Verdampfungsgleichgewicht besteht die Gasphase ausschließlich aus den aus der Fl¨ ussigkeit ausgetriebenen Molek¨ ulen. Daher ist der Dampfdruck auch gleich dem Gesamtdruck, und es besteht mechanisches Gleichgewicht an der Phasengrenzfl¨ ache. Dies muss auch aus atomistischen Gr¨ unden der Fall sein, da andernfalls kein Gleichgewicht zwischen den aus der Fl¨ ussigkeit austretenden und aus der Gasphase in die Fl¨ ussigkeit eintretenden Molek¨ ulen und damit kein Verdampfungsgleichgewicht bestehen w¨ urde. Nach der obigen atomistischen Interpretation des Dampfdruckes w¨ urde man wegen (2.11) zun¨ achst vermuten, dass er außer von der Temperatur auch vom molaren ¨ Volumen der Fl¨ ussigkeit abh¨ angt. Allerdings zeigt eine einfache Uberlegung, dass eine Abh¨ angigkeit vom molaren Volumen der Fl¨ ussigkeit nicht gegeben sein kann. Der Dampfdruck ist im Verdampfungsgleichgewicht dem Druck in der Gasphase gleich. Der Druck eines Fluids h¨ angt grunds¨ atzlich außer von der Temperatur auch von seinem molaren Volumen ab, vgl. (2.11) bzw. den allgemeinen Aufbau der

2.2 Reinstoffe

57

thermischen Zustandsgleichung p = p(T, υ). Im Verdampfungsgleichgewicht, also bei unterschiedlichen molaren Volumina der fl¨ ussigen Phase und der Gasphase aber gleicher Temperatur, m¨ ussten danach der Fl¨ ussigkeitsdruck, d.h. der Dampfdruck, und der Druck in der Gasphase entsprechend den unterschiedlichen molaren Volumina unterschiedlich sein. Da aber tats¨ achlich der Dampfdruck und der Druck in der Gasphase gleich sind, muss im Verdampfungsgleichgewicht der Druck unabh¨ angig von den jeweiligen molaren Volumina, d.h. kann nur abh¨ angig von der Temperatur sein. Da u ¨berdies der Dampfdruck nach atomistischer Vorstellung mit der Temperatur zunimmt, steigt im Siedezustand auch der Gesamtdruck mit der Temperatur an. Dies erkl¨ art den grunds¨ atzlichen Verlauf der Dampfdruckkurve.

Die Dampfdruckkurve, also die Abh¨ angigkeit der Verdampfungs- und Kondensationstemperatur vom Druck, hat eine u ¨ berragende technische Bedeutung. Sie ist die Basis des Dampfkraftwerkes, sowie der W¨armepumpe und der K¨ altemaschine auf Dampfbasis. Abb. 2.11 zeigt das Schaltschema einer einfachen Dampfkraftanlage. Wesentliche Bauelemente sind der Kes-

Q

.

K e s s e l 1

P

2 T u r b in e

P

S P

T

S p e is e p u m p e 0

3 K o n d e n s a to r

Q

. 0

Abb. 2.11. Schaltschema einer einfachen Dampfkraftanlage

sel, der Kondensator, die Turbine und die Pumpe, die durch Rohrleitungen miteinander verbunden sind. In dem Kessel wird Wasser bei hohem Druck, z.B. 200 bar, durch Zufuhr des W¨ armestromes Q˙ aus der Feuerung erw¨armt, bei zugeh¨ origer Siedetemperatur von 365, 81◦C verdampft und schließlich auf etwa 550◦C u ¨ berhitzt. Es nimmt bei dieser Zustands¨anderung somit Energie auf und speichert diese bei hohem Druck und hoher Temperatur. Der Wasserdampf bei Austritt aus dem Kessel hat damit ein Potenzial, Arbeit und W¨ arme abzugeben. Die Arbeitsabgabe erfolgt in der Turbine. Hierzu wird

58

2 Fluide Phasen

der u ¨ berhitzte Hochdruckwasserdampf in der Turbine entspannt, z.B. auf einen Druck von 0,04246 bar. Dabei treibt er die Turbinenwelle an, die ihrerseits aus der gewonnenen Leistung PT u ¨ ber einen Generator Strom erzeugt. Der niedrige Enddruck der Turbine entspricht gem¨aß der Dampfdruckkurve von Wasser einer Kondensationstemperatur von 30◦ C. Damit kann der Dampf durch Kontakt mit einer etwas k¨ alteren Umgebung, z.B. Flusswasser arme Q˙ 0 abgeben und dabei vollst¨andig in einem Kondenvon 15◦ C, die W¨ sator verfl¨ ussigt werden. Durch die Speisewasserpumpe wird die Fl¨ ussigkeit schließlich unter Zufuhr der Leistung PSP wieder auf den Druck von 200 bar gef¨ ordert. Die Dampfkraftanlage kann ihre Aufgabe nur erf¨ ullen, weil gem¨ aß der Dampfdruckkurve des Wassers zu den unterschiedlichen Dr¨ ucken vor und nach der Turbine technisch realisierbare Temperaturen der W¨armezuund W¨ armeabfuhr geh¨ oren. Eine wesentlich flachere Dampfdruckkurve als die des Wassers w¨ are f¨ ur die technische Realisierbarkeit des Dampfkraftprozesses sch¨ adlich. Dann w¨ urde zu einer vorgegebenen Temperaturdifferenz eine wesentlich kleinere Druckdifferenz geh¨ oren, d.h. der Dampf w¨ urde bei Entspannung von einem vorgegebenen Druck in der Turbine schon bei einem viel h¨ oheren Druck eine Sattdampftemperatur von 30◦ C annehmen. Also k¨onnte er nur bis herab zu diesem Druck entspannt werden, mit entsprechend geringerer Arbeitsausbeute. Auch w¨ urde dann zu einem w¨ unschenswert hohen Druck vor der Turbine eine technisch nicht realisierbar hohe Dampftemperatur geh¨ oren. Man erkennt hieraus die technische Bedeutung des quantitativen Verlaufes der Dampfdruckkurve f¨ ur die Funktion der Dampfkraftanlage. Ebenso auf dem Ph¨ anomen der Dampfdruckkurve beruht die Wirkungsweise einer K¨ alteanlage auf Dampfbasis, z.B. eines K¨ uhlschranks. Die Abb. 2.12 zeigt das Schaltschema einer solchen Dampfk¨altemaschine. Ihre wesentlichen Elemente sind der Verdampfer, der Kondensator, der Verdichter und die Drossel. Im Verdampfer nimmt ein geeigneter fl¨ ussiger Arbeitsstoff uhlenden Raum auf und verdampft. In den W¨ armestrom Q˙ 0 aus einem zu k¨ vielen a uhlschr¨ anken ist heute noch das K¨altemittel R12 ¨lteren Haushaltsk¨ eingef¨ ullt, das bei 0◦ C einen Dampfdruck von etwa 3 bar hat, vgl. Abb. 2.9. Im Verdichter wird der nun dampff¨ ormige Arbeitsstoff anschließend unter Zufuhr der Leistung PV auf einen h¨ oheren Druck gebracht. Damit ist er in der Lage, bei der seiner Dampfdruckkurve entsprechenden nunmehr h¨oheren ˙ der sich aus der SumTemperatur durch Kondensation den W¨ armestrom Q, uhrten Leistung PV me des aufgenommenen W¨ armestromes Q˙ 0 und der zugef¨ ergibt, wieder abzugeben. Wenn die W¨ armeabgabe an die Umgebung der K¨ uche erfolgen soll, gen¨ ugt daf¨ ur eine Kondensationstemperatur von 40◦ C und damit entsprechend der Dampfdruckkurve von R12 ein Druck von etwa 10 bar. Die Maschine pumpt auf diese Weise einen W¨armestrom aus dem K¨ uhlraum in die Umgebung und h¨ alt damit die niedrige Temperatur des K¨ uhlraums aufrecht. Die Drossel hat die Aufgabe, den Druck des umlaufenden Fluids vom Kondensatordruck auf den Verdampferdruck zu entspannen. Die prinzipiell gleiche Maschine kann auch zu Heizzwecken benutzt werden

2.2 Reinstoffe

59

. Q

K o n d e n s a to r 3 2 V e r d ic h te r

P

D r o s s e lv e n til

4

V

1 V e rd a m p fe r

Q

. 0

Abb. 2.12. Schaltschema einer Dampfk¨ altemaschine

und heißt dann W¨ armepumpe. Beim Einsatz als W¨armepumpe nimmt die Maschine W¨ arme aus der Umgebung auf, in dem sie einen geeigneten Arbeitsstoff verdampft. Der Dampf wird komprimiert und gibt die W¨arme bei einer h¨ oheren Temperatur, die f¨ ur Heizzwecke geeignet ist, an das Heizsystem ab. Man erkennt wiederum den engen Zusammenhang zwischen der Dampfdruckkurve des Arbeitsstoffes und den Funktionsprinzipien der betrachteten ¨ Anlagen. Man kann im Ubrigen auch durch Druckabsenkung die Verdampfung einer Fl¨ ussigkeit erreichen, bzw. durch Kompression die Kondensation eines Gases. Die erste Erscheinung ist z.B. f¨ ur die Kavitationsvorg¨ange in Rohrstr¨ omungen verantwortlich, die zweite f¨ ur die Tr¨opfchenbildung in Verdichtern mit ihrer sch¨ adlichen Auswirkung auf die Maschinen. 2.2.3 Das Nassdampfgebiet Das spezifische Volumen im Nassdampfgebiet, also im Koexistenzbereich von Gas und Fl¨ ussigkeit, h¨ angt außer von der Temperatur bzw. von dem dadurch bestimmten Druck noch von den relativen Massen von Dampf und Fl¨ ussigkeit ab. Als Maß f¨ ur diese relativen Massen w¨ ahlt man den Dampfgehalt, nach x=

Masse des ges¨ attigten Dampfes . Gesamtmasse

Bezeichnet man mit m die Masse der siedenden Fl¨ ussigkeit und mit m die Masse des ges¨ attigten Dampfes, so gilt

60

2 Fluide Phasen

x=

m . m + m

(2.19)

Man kann daher durch x = 0(m = 0) die Zust¨ande der siedenden Fl¨ ussigkeit, die so genannte Siedelinie, und durch x = 1(m = 0) die Zust¨ande des ges¨ attigten Dampfes, die so genannte Taulinie, kennzeichnen. Das Volumen im Nassdampfgebiet setzt sich als extensive Zustandsgr¨oße additiv aus den Anteilen von Dampf und Fl¨ ussigkeit zusammen, nach V = V  + V  = m υ  + m υ  . Mit m = m + m findet man daraus f¨ ur das spezifische Volumen υ m  m  V = υ + υ = (1 − x)υ  + xυ  m m m = υ  + x(υ  − υ  ) .

υ=

(2.20)

2.2.4 Kritischer Punkt und Tripelpunkt Erscheinungen wie Verdampfung und Kondensation laufen nur in einem begrenzten Bereich von Temperatur und Druck ab, der durch die Dampfdruckkurve definiert ist. Zu hohen Temperaturen und Dr¨ ucken ist die Dampfdruckkurve durch den so genannten kritischen Punkt begrenzt. Bei Wasser ist der kritische Punkt z.B. durch tk = 374, 14◦C und pk = 220,9 bar gekennzeichnet. Fluides Wasser bei einem Druck von u ¨ ber 220,9 bar durchl¨auft bei isobarer K¨ uhlung von 500◦ C auf Umgebungstemperatur kein Nassdampfgebiet, d.h. kein Gebiet der Koexistenz von Gas und Fl¨ ussigkeit, sondern geht kontinuierlich, d.h. bei stetiger Abnahme von Temperatur und Volumen und ohne das Ph¨ anomen der Kondensation, in einen Zustand hoher Dichte und niedriger Temperatur u ¨ ber. Entsprechend durchl¨auft Wasser bei einem Druck oberhalb des kritischen Wertes bei Aufheizung auf einer Herdplatte von Raumtemperatur auf 500◦C kein Nassdampfgebiet, sondern vergr¨oßert seine Temperatur und sein Volumen stetig. Abb. 2.13 zeigt den Verlauf solcher Zustands¨ anderungen bei 250 bar und bei 500 bar im t, υ-Diagramm. Im Vergleich zu den ebenfalls eingetragenen unterkritischen Dr¨ ucken von 200, 100, 25 und 1 bar ist der kontinuierliche Zustandsverlauf bei 250 bar und bei 500 bar klar zu erkennen. Bei u ¨ berkritischen Temperaturen kann ein Gas durch Kompression ohne Durchlaufen des Nassdampfgebietes in einen Zustand fl¨ ussiger Dichte gebracht werden. Eine solche Zustands¨anderung ist in Abb. 2.13 bei 400◦ C, von A→B, eingetragen. Wegen der nicht mehr scharf abgrenzbaren Bereiche der Aggregatzust¨ ande Fl¨ ussigkeit und Dampf spricht man oberhalb der kritischen Werte von Temperatur und Druck nicht mehr von Gas oder Fl¨ ussigkeit, sondern nur noch von Fluid. Zu niedrigen Temperaturen und Dr¨ ucken ist die Dampfdruckkurve durch den so genannten Tripelpunkt begrenzt. Bei Wasser ist der Tripelpunkt durch

2.2 Reinstoffe

61

b a r

5 0 0

+

A

+

t

B

4 0 0

r b a 2 5 0 = p

p = 5 0 0

°C

p = 2 0 0 b a r p = 1 0 0 b a r 3 0 0

p = 2 5 b a r 2 0 0 k r itis c h e r P u n k t s ie d e n d e F lü s s ig k e it g e s ä ttig te r D a m p f

p = 1 b a r

1 0 0

0 0

5

c m

3

v

/g

1 0

Abb. 2.13. Zustandsverlauf einiger Isobaren von Wasser im t, v-Diagramm

ttr = 0, 01◦ C und ptr = 0,0061 bar gekennzeichnet. Bei diesem Zustand koexistieren die drei Phasen Gas, Fl¨ ussigkeit und Feststoff. Die Temperatur von Wasser an seinem Tripelpunkt ist uns als Fixpunkt der Kelvin-Skala bereits im vorangegangenen Abschnitt begegnet. Wassergas bei einem Druck unter 0,0061 bar durchl¨ auft bei isobarer K¨ uhlung von 500◦C kein Nassdampfgebiet, sondern geht direkt in den festen Zustand u ¨ ber. Umgekehrt geht festes Wasser, also Eis, bei einem Druck von weniger als 0,0061 bar und entsprechend niedriger Temperatur, bei Erw¨ armung direkt in das Gasgebiet u ¨ ber. ¨ Man spricht von Sublimation beim Ubergang fest-gasf¨ormig und von Desub¨ limation beim Ubergang gasf¨ ormig-fest. Das Koexistenzgebiet von Gas und Feststoff wird als Sublimationsgebiet bezeichnet. Bei Sublimation und Desublimation h¨ angen Temperatur und Druck wieder funktional zusammen, und zwar durch die so genannte Sublimationsdruckkurve. Die Sublimationsdruckkurve endet zu hohen Temperaturen und Dr¨ ucken am Tripelpunkt. Sie ist f¨ ur Wasser in Abb. 2.14 gezeigt. Das spezifische Volumen im Sublimationsgebiet h¨ angt von den relativen Massen von Gas und Feststoff ab und wird durch eine zu (2.20) analoge Gleichung aus diesen und den spezifischen Volumina des ges¨ attigten Gases und des ges¨ attigten Feststoffs beschrieben.

62

2 Fluide Phasen tr

0 ,6

p

k P a 0 ,5

0 ,4

0 ,3

0 ,2

0 ,1

0 -4 0

-3 0

-2 0

°C

-1 0

0

t

Abb. 2.14. Sublimationsdruckkurve von Wasser

2.2.5 Schmelzen und Erstarren K¨ uhlt man fl¨ ussiges Wasser bei 20◦ C und 1 bar ab, so bildet sich bei 0◦ C eine feste Phase, n¨ amlich Wassereis. Bei weiterer W¨armeabfuhr, z.B. durch Aufenthalt in einer Umgebung unter 0◦ C, bildet sich bei Koexistenz von festem und fl¨ ussigem Wasser zunehmend Eis auf Kosten des fl¨ ussigen Wassers, bis schließlich alles fl¨ ussige Wasser in festes Wasser umgewandelt ist. W¨ ahrend dieser Umwandlung von fl¨ ussigem Wasser in festes Wasser bleibt die Temperatur konstant. Ist die Umwandlung abgeschlossen, so sinkt die Temperatur des festen Wassers. Erw¨ armt man umgekehrt festes Wasser bei 1 bar von Temperaturen unter 0◦ C, z.B. durch Kontakt mit einer Umgebung achst die Temperatur auf 0◦ C an. Das Eis beginnt bei von 20◦ C, so steigt zun¨ weiterer W¨ armezufuhr zu schmelzen, wobei die Temperatur konstant bleibt, bis das feste Wasser vollst¨ andig in fl¨ ussiges Wasser umgewandelt ist. Bei weiterer Erw¨ armung steigt die Temperatur des fl¨ ussigen Wassers bis zur Umgebungstemperatur an. Das Koexistenzgebiet von Fl¨ ussigkeit und Feststoff wird als Schmelzgebiet bezeichnet. Beim Schmelzen und Erstarren h¨angen Temperatur und Druck funktional durch die so genannte Schmelzdruckkurve zusammen. Die Druckabh¨ angigkeit der Schmelz- bzw. Erstarrungstemperatur ist gering, d.h. die Schmelzdruckkurve bildet sich im p, t-Diagramm als nahezu senkrecht verlaufende Gerade ab. F¨ ur die meisten Reinstoffe nimmt die Schmelztemperatur mit steigendem Druck geringf¨ ugig zu. Wasser verh¨alt sich in Bezug auf seine Schmelzdruckkurve insofern anormal, als seine Schmelz-

2.2 Reinstoffe

63

temperatur mit steigendem Druck geringf¨ ugig abnimmt. Der spezielle Verlauf der Schmelzdruckkurve von Wasser erkl¨ art z.B., dass Eis durch hohen Druck zum Schmelzen gebracht werden kann und damit z.B. Schlittschuhl¨aufer die bekannten Spuren hinterlassen. Bei den meisten Reinstoffen verringert sich das Volumen beim Erstarren. Wasser verh¨ alt sich auch in dieser Hinsicht anders, in dem es eine Zunahme des spezifischen Volumens beim Erstarren zeigt. Dieses Ph¨ anomen ist aus den allt¨ aglichen Erfahrungen mit geplatzten Wasserleitungen im Winter hinl¨ anglich bekannt. Die Schmelzdruckkurve endet bei niedrigen Dr¨ ucken im Tripelpunkt. Ein oberes Ende der Schmelzdruck¨ kurve bei hohen Dr¨ ucken, d.h. ein Ubergang von dem fl¨ ussigen in den festen Zustand ohne Durchlaufen des Schmelzgebiets, ist bisher nicht beobachtet worden. Das spezifische Volumen im Schmelzgebiet h¨angt von den relativen Massen von Fl¨ ussigkeit und Feststoff ab und wird mit diesen und den spezifischen Volumina der beiden Grenzkurven nach einer zu (2.20) analogen Beziehung beschrieben. 2.2.6 Das gesamte Zustandsgebiet

2

= 1

= n

n

v

K

F lü s s ig k e it

v

S c h m e lz d r u c k k u r v e

D a m p fd r u c k k u rv e

G a s

tr

n

v n

v

v

T r ip e lp u n k t

T

= n

v

v

= 0 ,7 n

v

= 0 ,5 n

v

= 0 ,4 n

v

F e s tk v n = c o n s t. ö rp e r S u b lim a tio n s d r u c k k u r v e

p

Die Abb. 2.15 zeigt schematisch die gemeinsame Darstellung von Dampfdruckkurve, Sublimationsdruckkurve und Schmelzdruckkurve im p, T Diagramm f¨ ur einen reinen Stoff. Das Volumen auf diesen Gleichgewichtsli-

T k

n

= v /v k

v n

n

3 = 4 = 6

= 1 0

= 4 0

T

Abb. 2.15. p, T -Diagramm eines reinen Stoffes (schematisch)

nien wird durch die relativen Anteile der im Gleichgewicht stehenden Phasen ¨ bestimmt. Die Abb. 2.16 gibt einen schematischen Uberblick u ¨ ber das gesamte p − v − T -Verhalten eines reinen Stoffes im p,υ-Diagramm mit konstanten

64

2 Fluide Phasen

Temperaturen. Diejenigen Gebiete, in denen mehrere Aggregatzust¨ande miteinander koexistieren, bilden sich in dieser Darstellung auf Grund des dabei variablen spezifischen Volumens als Fl¨ achen ab. Die Grenzkurven des Nassdampfgebiets werden als Siedelinie bzw. Taulinie bezeichnet. Die Siedelinie

k

T < T

r s ta r r u n g s lin ie

k

T = c o n s t. t. n s c o T =

N a s s d a m p fg e b ie t

in u l T a ie

S ie d e li n ie

E S c h m e lz g e b ie t F lü s s ig k e it

T = T

k

T = c o n s t.

T

K

>

F e s tk ö rp e r

G a s T

S c h m e lz lin ie

p

T = c o n s t.

T r ip e llin ie

S u b lim a tio n s lin ie

0 ,2

0 ,5

1 ,0

S u b lim a tio n s g e b ie t 2 5

1 0

D e s u b lim a tio n s lin ie

2 0

v n

= v /v

k 1 0 0

Abb. 2.16. p, v-Diagramm eines reinen Stoffes (schematisch)

ist die Verbindung aller Zustandspunkte der siedenden Fl¨ ussigkeit, die Taulinie die Verbindung aller Zustandspunkte des kondensierenden Dampfes. Beide Linien treffen sich im kritischen Punkt K. Das Nassdampfgebiet wird zu niedrigen Dr¨ ucken durch die Tripellinie abgeschlossen. Die Grenzkurven des Sublimationsgebiets werden als Sublimationslinie bzw. Desublimationslinie bezeichnet. Zu hohen Dr¨ ucken wird das Sublimationsgebiet durch die Tripellinie abgeschlossen. Die Grenzkurven des Schmelzgebietes heißen Erstarrungslinie und Schmelzlinie. Das Schmelzgebiet wird zu niedrigen Dr¨ ucken durch die Tripellinie abgeschlossen. In den Zweiphasengebieten lassen sich die relativen Massen durch die Werte der Zustandsgr¨ oßen auf den Grenzkurven ausdr¨ ucken. So verhalten sich die Massen von ges¨attigtem Dampf und siedender Fl¨ ussigkeit im Nassdampfgebiet zueinander nach der Beziehung x m , = m 1−x

(2.21)

2.3 Gemische

65

was nach (2.20) auch m υ − υ = m υ  − υ

(2.22)

bedeutet. Danach teilt sich in dem Koexistenzgebiet von siedender Fl¨ ussigkeit und ges¨ attigtem Dampf des p, υ-Diagramms die Verbindungslinie zwischen Siede- und Taulinie im Verh¨ altnis der Massen auf. Da die Materiemenge der Fl¨ ussigkeit nach (2.22) durch die Strecke bis zur Taulinie und die des Dampfes durch die Strecke bis zur Siedelinie repr¨asentiert wird, spricht man vom Gesetz der abgewandten Hebelarme, oder einfacher, vom Hebelgesetz. Die Abb. 2.17 zeigt das Hebelgesetz f¨ ur das Koexistenzgebiet von Dampf und Fl¨ ussigkeit im p, υ-Diagramm. Entsprechende Darstellungen gelten f¨ ur andere Koexistenzgebiete. p K T

in u l T a

x = 0

x = 0 ,2

v '

v

m '' k

x = 0 ,5

x = 0 ,8

v

m ' v ''

ie

S ie d e lin ie

T

x = 1 ,0

V

Abb. 2.17. Zum Hebelgesetz

2.3 Gemische Die Rohstoffe der Erde, z.B. Luft, Wasser oder auch Erd¨ol, sind in der Regel Gemische. Durch geeignete Stoffumwandlungen werden aus ihnen andere Gemische oder Reinstoffe mit gew¨ unschtem Eigenschaftsprofil erzeugt. Auch durch Vermischen von Reinstoffen in definierten Mengen lassen sich Gemische mit gew¨ unschtem Eigenschaftsprofil erzeugen. So entsteht durch Vermischen von reinem Wasserstoff und reinem Stickstoff ein reaktionsf¨ahiges Gemisch, in dem Ammoniak gebildet wird. Zur thermodynamischen Analyse der entsprechenden Umwandlungsprozesse ben¨ otigt man Kenntnisse u ¨ber das qualitative und quantitative Verhalten von Gemischen.

66

2 Fluide Phasen

Die Eigenschaften einer bestimmten Materiemenge eines fluiden Gemisches h¨ angen außer von der Temperatur und dem Druck auch noch von der Zusammensetzung ab. So gilt z.B. f¨ ur das spezifische Volumen eines Sauerstoff/Stickstoff-Gemisches die grunds¨ atzliche Abh¨angigkeit υ = υ(t, p, w2 ) , wobei w2 der Massenanteil des Stickstoffs im Gemisch ist und die ucksichtigt wird. Abh¨ angigkeit von w1 wegen w1 = 1 - w2 bereits durch w2 ber¨ Mit zunehmender Komponentenzahl wird die Beschreibung der Eigenschaften fluider Gemische zunehmend komplizierter. Die wesentlichen Ph¨anomene lassen sich aber bereits an einfachen Gemischen aus zwei Komponenten erl¨ autern. Auch Gemische k¨ onnen als Gase oder Fl¨ ussigkeiten auftreten und haben als solche ¨ ahnliche thermische Eigenschaften wie die fluiden Reinstoffe, wie sie bereits im vorangegangenen Abschnitt beschrieben wurden. Technisch interessante Besonderheiten ergeben sich allerdings bei der Koexistenz unterschiedlicher Aggregatzust¨ ande. Solche so genannte Phasengleichgewichte bestehen zwischen Gas und Fl¨ ussigkeit, zwischen zwei fl¨ ussigen Phasen und auch zwischen Gas und Feststoff sowie Fl¨ ussigkeit und Feststoff. In diesem Abschnitt befassen wir uns zun¨ achst qualitativ mit den Ph¨anomenen von Verdampfung und Kondensation sowie von Verdunstung und Absorption und zeigen ihre technischen Anwendungen auf. Anschließend betrachten wir die Entmischung in fl¨ ussigen Gemischen sowie die Gleichgewichte beim Schmelzen und Erstarren. Schließlich geben wir einen ersten Einblick in die chemischen Eigenschaften von Gemischen. 2.3.1 Verdampfung und Kondensation Zur Erl¨ auterung des Verdampfungsgleichgewichts in Gemischen betrachten wir in Abb. 2.18 schematisch die Vorg¨ ange, die bei der Abk¨ uhlung eines zun¨ achst gasf¨ ormigen bin¨ aren Gemisches aus Sauerstoff mit dem Stoffmengenanteil xO2 = 0,21 und Stickstoff mit dem Stoffmengenanteil xN2 = 0,79 bei p = 1,01325 bar ablaufen. Dieses System ist ein einfaches Modellsystem f¨ ur trockene Luft. Das Gasgemisch k¨ uhlt sich zun¨achst, ausgehend vom Punkt 1 bei Raumtemperatur, unter Volumenverringerung ab. Am Punkt 2, bei einer Temperatur von etwa t = −191◦C, der Kondensationstemperatur, stellt man fest, dass erste Fl¨ ussigkeitstr¨opfchen entstehen, die unter dem Einfluss der Schwerkraft zu Boden sinken und dort eine zusammenh¨ angende, siedende Fl¨ ussigkeit bilden. Bei weiterer Abk¨ uhlung beobachtet man, dass, w¨ahrend fl¨ ussiges Gemisch und gasf¨ormiges Gemisch gemeinsam existieren, mit fortschreitender W¨ armeabfuhr die Gasmenge zu Gunsten der Fl¨ ussigkeitsmenge abnimmt. Dabei reduziert sich wiederum das Gesamtvolumen. Die Kondensation ist im Punkt 4 bei der Siedetemperatur abgeschlossen. Diese Ph¨ anomene entsprechen grunds¨atzlich denen bei reinen

2.3 Gemische

t

67

1

p = c o n s t 2 3 4 5

V 1 2 3 5

4

G a s flü s s ig

flü s s ig le tz te D a m p fb la s e

G a s

G a s

flü s s ig e rs te r F lü s s ig k e its tro p fe n

Abb. 2.18. Zur Kondensation von Gemischen (schematisch)

Stoffen. Anders als bei einem reinem Stoff bleibt in einem Gemisch aber die Temperatur bei der isobaren Kondensation zwischen den Punkten 2 und 4, die den Bereich der Koexistenz von Gas und Fl¨ ussigkeit umschließen, nicht konstant, sondern nimmt ab. Im Punkt 4 ist der letzte Dampf verschwunden. Die Temperatur des siedenden fl¨ ussigen Gemisches hat nun einen Wert von uhlung auf t = −200◦ C am Punkt 5 veretwa t = −194◦C. Bei weiterer Abk¨ ringert sich das spezifische Volumen der Fl¨ ussigkeit weiter geringf¨ ugig. Der umgekehrte Prozess l¨ asst sich beobachten, wenn man ein fl¨ ussiges Gemisch mit einem Stoffmengenanteil von 21 % Sauerstoff und einem Stoffmengenanteil von 79 % Stickstoff bei −200◦C und 1 bar erw¨armt. Bei etwa −194◦C beginnt die Fl¨ ussigkeit zu sieden. Bei weiterer Erw¨armung bildet sich zunehmend Dampf auf Kosten der Fl¨ ussigkeit, bis schließlich bei etwa −191◦C der letzte Fl¨ ussigkeitstropfen verschwunden ist. Der Temperaturbereich, in dem Fl¨ ussigkeit und Dampf koexistieren, h¨ angt bei konstantem Druck von der Zusammensetzung ab. F¨ uhrt man den Prozess bei unterschiedlichen Zusammensetzungen durch und tr¨ agt die Siede- und Kondensationstemperaturen u ¨ ber der Zusammensetzung auf, so erh¨ alt man ein Diagramm, wie es in Abb. 2.19 f¨ ur das O2 /N2 -System gezeigt ist. Es wird als Siedediagramm bezeichnet und stellt das isobare Verdampfungsgleichgewicht dar. Genauer handelt es sich um ein Verdampfungs-/Kondensationsgleichgewicht, da beide Vorg¨ange, Verdampfung und Kondensation, zu einem dynamischen Gleichgewichtszustand

68

2 Fluide Phasen -1 8 0

p = 1 ,0 1 3 2 5 b a r

t

°C

D a m p f

-1 8 5 in el ed S i

T a u l in ie

ie

-1 9 0 . n ''

F lü s s ig k e it

. n '

-1 9 5

0

0 ,2

0 ,4

0 ,6

x ' N , x ' 'N 2

0 ,8

1 ,0

2

Abb. 2.19. Das Siedediagramm des Systems O2 -N2 bei p = 1, 01325 bar

zwischen dampff¨ormiger und fl¨ ussiger Phase f¨ uhren. Auf der Abszisse ist der Stoffmengenanteil des Stickstoffs in Dampf und Fl¨ ussigkeit aufgetragen. Die Siedelinie t(xN2 ) verbindet die Siedetemperaturen des Fl¨ ussigkeitsgemisches in Abh¨ angigkeit von seiner Zusammensetzung, wobei xN2 der Stoffmengenanteil der Komponente Stickstoff in der siedenden Fl¨ ussigkeit ist. Die Taulinie t(xN2 ) verbindet die Kondensationstemperaturen des ges¨attigten Dampfes, mit xN2 als dem Stoffmengenanteil der Komponente Stickstoff im ges¨attigten Dampf. Beide Linien treffen sich auf den beiden Ordinaten an den Siedetemperaturen von reinem Sauerstoff bzw. reinem Stickstoff bei dem Gesamtdruck von 1,01325 bar. Besonders wichtig f¨ ur die technische Anwendung ist die Tatsache, dass bei festen Werten von Druck und Temperatur Dampf und Fl¨ ussigkeit im Koexistenzgebiet unterschiedliche Zusammensetzungen haben. So entsteht z.B. bei p = 1,01325 bar und t = −191◦C aus einem ges¨attigten Dampf mit einem Stoffmengenanteil von 21% Sauerstoff und 79% Stickstoff ein siedender Kondensattropfen mit einem Stoffmengenanteil von etwa 55% Sauerstoff und 45% Stickstoff. Der Sauerstoff reichert sich also bei einer Kondensation in der Fl¨ ussigkeit an. Bei weiterer W¨armeabfuhr entsteht zunehmend Kondensat, bis schließlich der gesamte Dampf in ein Kondensat der urspr¨ unglichen Zusammensetzung umgewandelt ist. Umgekehrt reichert sich

2.3 Gemische

69

der Stickstoff bei einer Verdampfung im Dampf an. Man bezeichnet daher den Stickstoff in einem Sauerstoff/Stickstoff-Gemisch als die leichter fl¨ uchtige oder leichter siedende Komponente. Sie flieht bei Erhitzung leichter, d.h. mit gr¨ oßerem Anteil, in den Dampf. Umgekehrt bezeichnet man den Sauerstoff in diesem Gemisch als die schwerer fl¨ uchtige oder auch schwerer siedende Komponente. Wie bei den Reinstoffen, so kann man auch bei Gemischen durch Druck¨ anderung bei konstanter Temperatur vom homogenen Gasgebiet in das Nassdampfgebiet gelangen. Die Abb. 2.20 zeigt am Beispiel des Systems O2 /N2 die Darstellung eines solchen Vorgangs im so genannten Dampfdruckdiagramm, in dem der Druck u ¨ber dem Stoffmengenanteil einer Komponente f¨ ur eine konstante Temperatur aufgetragen ist. Gehen wir von einer

2 ,0

p

t = -1 8 9 ,1 5 ° C b a r . n ''

F lü s s ig k e it

. n '

S i e

T a u l in

ie

d e lin

ie

1 ,5

1 ,0

D a m p f 0 ,5 0

0 ,2

0 ,4

0 ,6

x ' N , x ' 'N 2

0 ,8

1 ,0

2

Abb. 2.20. Das Dampfdruckdiagramm des Systems O2 − N2 bei t =-189,15 ◦ C

gasf¨ ormigen Mischung von Stickstoff und Sauerstoff mit einem Stoffmengenanteil des Stickstoffs von 79 % bei −189, 15◦C und einem Druck von 1 bar aus, so erreichen wir bei einem Druck von etwa 1,27 bar die Taulinie, bei der das erste Kondensat ausf¨ allt. Bei weiterer Kompression f¨allt zunehmend Kondensat zu Lasten des Dampfes aus, bis schließlich bei etwa p = 1,75 bar der letzte Dampf verschwunden ist und daher ein homogenes fl¨ ussiges Gemisch aus Sauerstoff und Stickstoff mit der urspr¨ unglichen Zusammensetzung vorliegt.

70

2 Fluide Phasen

Analog, aber umgekehrt, gelangt man aus einem komprimierten fl¨ ussigen Gemisch aus Sauerstoff und Stickstoff mit einem Stoffmengenanteil des Stickstoffs von 79 % bei −189, 15◦C und p = 2 bar durch Senkung des Druckes bei etwa p = 1,75 bar auf die Siedelinie, wobei sich eine erste Dampfblase bildet. Bei weiterer Druckabsenkung bildet sich zunehmend Dampf auf Kosten der Fl¨ ussigkeit, bis schließlich bei etwa 1,27 bar der letzte Fl¨ ussigkeitstropfen verdampft ist und eine homogene Gasphase der urspr¨ unglichen Zusammensetzung vorliegt. Im Unterschied zum Verhalten von Reinstoffen bleibt der Druck w¨ ahrend des isothermen Kondensations- bzw. Verdampfungsvorgangs in Gemischen nicht konstant. Das gesamte Dampfdruckdiagramm erh¨alt man, wenn man diesen Prozess bei konstanter Temperatur mit unterschiedlichen Ausgangszusammensetzungen wiederholt. Wieder erkennt man, dass bei der Entstehung einer zweiten Phase eine Stofftrennung stattfindet. Bei der Kompression des gasf¨ormigen Gemisches von t = −189, 15◦C und mit xN2 = 0,79 f¨ allt bei der Kondensation der erste Kondensattropfen mit einem Stickstoffanteil von etwa xN2 = 0,46 aus. Entsprechend bildet sich bei Druckabsenkung aus einer fl¨ ussigen Phase mit einem Stickstoffanteil von xN2 = 0,79 eine erste Dampfblase mit einem Stickstoffanteil von etwa xN2 = 0,93. Der Stickstoff reichert sich in der Dampfphase, der Sauerstoff in der fl¨ ussigen Phase an. Aus einer Bilanz der gesamten Materiemenge und der Materiemenge einer der beiden Komponenten l¨ asst sich an jeder Stelle des Zweiphasengebietes die Aufteilung der gesamten Materiemenge des Gemisches in die des Dampfes und die der Fl¨ ussigkeit ermitteln. Es gilt die Stoffmengenbilanz des Gemisches in der Form n˙ = n˙  + n˙  , und die f¨ ur die Stoffmenge einer Komponente nx ˙ = n˙  x + n˙  x . Aus beiden Bilanzen folgt n˙  x − x . =   n˙ x −x

(2.23)

Diese Beziehung, die der Beziehung (2.22) f¨ ur Reinstoffe entspricht, wird auch hier als Hebelgesetz, bzw. als Gesetz von den abgewandten Hebelarmen bezeichnet. Sie ist in den Abb. 2.19 und 2.20 dargestellt und sagt aus, dass sich die Verbindungslinie koexistierender Zust¨ande auf Siede- und Taulinie in dem Verh¨ altnis der Stoffmengen von Dampf und Fl¨ ussigkeit aufteilt. Die Strecke von der Gemischzusammensetzung zur Siedelinie ist der Stoffmenge des Dampfes und die Strecke von der Gemischzusammensetzung zur Taulinie der Stoffmenge der Fl¨ ussigkeit proportional. Die Anreicherung der leichter siedenden Komponente im Dampf beschreibt man durch die relative Fl¨ uchtigkeit α, nach

2.3 Gemische

α=

x /x . (1 − x )/(1 − x )

71

(2.24)

Das Verdampfungsgleichgewicht des Systems O2 - N2 repr¨asentiert einen besonders einfachen Fall. Unterschiedliche Gemische k¨onnen recht unterschiedliche Verl¨ aufe der Phasengrenzkurven aufweisen, vgl. Abb. 2.21. H¨aufig

p

0

1

x ',x '' Abb. 2.21. Unterschiedliche Verl¨ aufe von Siede- und Taulinien im Verdampfungsgleichgewicht (T = const.)

sind Systeme mit stark aufgeweitetem Zweiphasengebiet, wie durch die gestrichelten Phasengrenzkurven dargestellt. Auch Verl¨aufe mit einem Maximum bzw. einem Minimum sind bekannt. Man spricht von azeotropen Punkten. Wie bei den Reinstoffen, so existiert auch bei Gemischen das Koexistenzgebiet von Fl¨ ussigkeit und Dampf nur in begrenzten Bereichen von Temperatur und Druck. Zu hohen Temperaturen und Dr¨ ucken wird es durch kritische Ph¨ anomene begrenzt. Bei niedrigen Temperaturen und Dr¨ ucken treten Schmelz- und Sublimationsgebiete auf. Dabei kommt es zu einer großen Vielfalt technisch nutzbarer Phasengleichgewichte. Das Ph¨ anomen der Anreicherung einer Komponente im Dampf und der anderen in der Fl¨ ussigkeit bei der teilweisen Verdampfung und Kondensation hat eine große technische Bedeutung. Es kann zur Trennung eines bin¨aren Gemisches in seine reinen Komponenten genutzt werden. Zur Erl¨auterung betrachten wir das Schema einer stetigen Destillation in Abb. 2.22. Die stetige Destillation ist ein thermisches Trennverfahren, bei dem ein fl¨ ussiges Gemisch

72

2 Fluide Phasen

. n '', x '', p , t 1

P ro d u k ts tro m

. n , x , p , t 0

Q

. H

R ü c k s ta n d s tro m . n ', x ', p , t 1 g e s ä ttig te r D a m p f s ie d e n e F lü s s ig k e it

Abb. 2.22. Schema einer stetigen Destillation

mit einem bestimmten Stoffmengenanteil x an leichter fl¨ uchtiger Komponente unter Zufuhr des W¨ armestromes Q˙ H kontinuierlich in einen Dampfstrom und einen Restfl¨ ussigkeitsstrom aufgespalten wird. Es findet also eine Teilverdampfung statt, und die beiden Phasen, Dampf und Fl¨ ussigkeit, werden getrennt aus dem Apparat abgef¨ uhrt. Auf Grund des Verdampfungsprozesses ergibt sich dabei eine Stofftrennung. In einem bin¨aren System reichert sich die leichter siedende Komponente in der Dampfphase, die schwerer siedende Komponente hingegen in der Fl¨ ussigkeitsphase an. Die Dampfphase ist in der Regel der Produktstrom, die fl¨ ussige Phase der R¨ uckstandstrom. Die thermodynamische Analyse dieser thermischen Stoffumwandlung geht davon aus, dass im betrachteten Apparat der Grenzfall des Verdampfungsgleichgewichts erreicht wird. Die isobare Zustands¨anderung bei der stetigen Destillation l¨ asst sich dann im Siedediagramm verfolgen, vgl. Abb. 2.23. Das fl¨ ussige Zulaufgemisch hat die Zusammensetzung x, wobei mit x der Stoffmengenanteil der leichter siedenden Komponente gemeint ist. Im Falle eines Sauerstoff/Stickstoff-Gemisches ist x daher der Stoffmengenanteil des Stickstoffs. Das Zulaufgemisch ist in der Regel nicht im Siedezustand, sondern armezufuhr erh¨oht sich zun¨achst unterk¨ uhlt bei der Temperatur t0 . Durch W¨

2.3 Gemische

73

p = c o n s t. t t

. n '' 1

t

. n '

t

S

0

x ' 0

x

x ''

x 'm '

x ', x ''

a x

1

Abb. 2.23. Stofftrennung bei stetiger Destillation im Siedediagramm

bei konstanter Zusammensetzung die Temperatur des Gemisches bis zum Siedezustand mit der Temperatur tS , bei dem eine erste Dampfblase mit der Zusammensetzung xmax entsteht. Diesem maximal erreichbaren Stoffmengenanteil an leichter siedender Komponente im Produktstrom entspricht ein Mengenstrom an Dampf von praktisch Null. Bei weiterer W¨armezufuhr verl¨ auft die Zustands¨ anderung im Zweiphasengebiet unter kontinuierlicher Dampfproduktion bis zu einer Temperatur t1 , die gerade die gemeinsame Austrittstemperatur von Produktstrom und R¨ uckstandstrom aus dem Apparat sein m¨ oge. Die Zusammensetzung des Dampfes ¨andert sich dabei von ussigkeit von x nach x . Beim Verlassen des Apparaxmax nach x , die der Fl¨ tes ist der Dampf an leichter siedender Komponente und die Fl¨ ussigkeit an schwerer siedender Komponente angereichert, wobei das Ausmaß der Stofftrennung durch die spezielle Form von Siede- bzw. Taulinie gegeben ist. Das Verh¨ altnis von Dampf- und Fl¨ ussigkeitsmenge ist aus dem Hebelgesetz abzulesen. Die Temperatur t1 der austretenden Stoffstr¨ome ist grunds¨atzlich h¨ oher als die Temperatur t0 des Zulaufs. Eine Stufe der stetigen Destillation gen¨ ugt in der Regel nicht, um die gew¨ unschte Anreicherung der leichter siedenden Komponente im Dampf oder der schwerer siedenden Komponente in der Fl¨ ussigkeit zu erzielen. Durch eine geeignete Hintereinanderschaltung solcher Trennstufen ist jedoch prinzipiell eine Trennung eines bin¨aren Zulaufgemisches in seine beiden reinen Komponenten m¨oglich. Das hier f¨ ur ein bin¨ ares System prinzipiell erl¨ auterte Trennverfahren der Destillation erlaubt auch die Trennung von Vielkomponentensystemen. Es wird z.B. zur Raffination von Erd¨ ol bei der Produktion von Benzin, leichtem Heiz¨ol und anderen so genannten Fraktionen des Roh¨ ols eingesetzt. Es ist auch die Basis der Produktion von Sauerstoff bzw. Stickstoff und anderen Luftinhaltsstoffen aus

74

2 Fluide Phasen

Luft sowie zahlreicher analoger Aufarbeitungsprozesse in stoffumwandelnden Anlagen. 2.3.2 Verdunstung und Absorption Neben dem Verdampfungsgleichgewicht geh¨ort auch das Verdunstungsgleichgewicht zu den technisch interessanten thermischen Eigenschaften fluider Gemische. Ein Verdunstungsprozess findet z.B. statt, wenn fl¨ ussiges Wasser bei 20◦ C und 1 bar mit trockener Luft in Kontakt gebracht wird. Die Luft kann sich dann bis zu einem gewissen Ausmaß, der so genannten S¨ attigung, mit Wasserdampf beladen. Der S¨attigungszustand, also das Verdunstungsgleichgewicht, h¨ angt von der Temperatur ab. Warme Luft kann mehr Wasser aufnehmen als kalte. Wenn feuchte Luft gek¨ uhlt wird, f¨ allt entsprechend fl¨ ussiges Wasser aus der Luft aus. Da die verdunstende Komponente in der Gasphase in der N¨ ahe ihrer Taulinie vorliegt, wird sie auch als Dampf bezeichnet und die Gasphase bei Verdunstungsprozessen als Gas/Dampf-Gemisch. Beim Kontakt von trockener Luft mit Wasser findet aber nicht nur eine Verdunstung von Wasser in Luft statt, sondern gleichzeitig eine Absorption von Luft in Wasser. Im Gleichgewicht ist also eine bestimmte Menge Wasser in der Luft, aber auch eine bestimmte Menge der Luft im Wasser gel¨ ost. Im Verdunstungs-/Absorptionsgleichgewicht sind somit wie auch im Verdampfungs-/Kondensationsgleichgewicht alle beteiligten Komponenten sowohl in der Gasphase als auch in der fl¨ ussigen Phase vertreten. Verdunstung spielt z.B. in der Trocknungstechnik eine entscheidende Rolle. Die Abb. 2.24 zeigt das Schaltschema einer Trocknung. Ein nasses Gut, L u ft, U m g e b u n g s z u s ta n d

L u ft, fe u c h t

L u fte r h itz e r L u ft, e r h itz t

T ro c k e n k a m m e r

G u t, tro c k e n

G u t, n a s s

Abb. 2.24. Schaltschema einer Trocknung

2.3 Gemische

75

z.B. nasse Ton-Formlinge in einer Ziegelei, werden in einer Trockenkammer vom gr¨ oßten Teil ihrer Wasserfracht befreit. Dazu wird Luft vom Umgebungszustand in einem Lufterhitzer auf eine erh¨ ohte Temperatur gebracht. Damit erh¨ oht sich ihre Aufnahmef¨ ahigkeit f¨ ur das Wasser der Formlinge, das in den warmen Luftstrom verdunstet. Die gleichzeitig ablaufende Absorption von Luft im Wasser der Formlinge ist praktisch vernachl¨assigbar. Demgegen¨ uber hat bei der Gasreinigung die Absorption, d.h. die L¨osung einer Gaskomponente in einer Fl¨ ussigkeit, eine große Bedeutung. Die Abb. 2.25 zeigt das Schaltschema eines Absorbers. Das Rohgas, beladen mit Schadstoffen, wird in dem Apparat mit einem Waschmittel, im einfachsten Fall Wasser, in Kontakt gebracht. Die Schadstoffe gehen durch Absorption aus dem W a s c h m itte l, u n b e la d e n

G a s , r e in

G a s , ro h

W a s c h m itte l, b e la d e n

Abb. 2.25. Schaltschema eines Absorbers

Gas in das Waschmittel u asst als Reingas den Absorber. ¨ber, und das Gas verl¨ Sowohl beim Verdampfungs-/Kondensations- wie auch beim Verdunstungs-/Absorptionsgleichgewicht handelt es sich um das Phasengleichgewicht zwischen einer Gasphase und einer fl¨ ussigen Phase. Allerdings besteht bei einem typischen bin¨ aren Verdunstungs-/Absorptionsgleichgewicht, z.B. Wasser-Stickstoff, die fl¨ ussige Phase nahezu ausschließlich aus der schwerer siedenden Komponente, also dem Wasser, und die Gasphase nahezu ausschließlich aus der leichter siedenden Komponente, also dem Stickstoff. Beim typischen Verdampfungs-/Kondensationsgleichgewicht hingegen sind die beiden Komponenten wesentlich gleichm¨ aßiger auf die beiden Phasen verteilt. Prinzipiell handelt es sich bei der Verdampfung und Verdunstung um thermodynamisch ganz unterschiedliche Prozesse. Dies zeigt sich bereits am ¨ außeren Erscheinungsbild. Beim Verdampfen

76

2 Fluide Phasen

siedet das fl¨ ussige Gemisch, beim Verdunsten hingegen nicht. Beim Verdampfen bildet sich die Gasphase ausschließlich aus den im fl¨ ussigen Gemisch urspr¨ unglich vorhandenen Komponenten. Die beim Verdunsten in der Gasphase auftretenden Komponenten stammen dagegen nur zu einem kleinen Anteil aus der Fl¨ ussigkeit, z.B. das Wasser bei mit Wasser ges¨ attigter feuchter Luft. Zum u ¨ berwiegenden Teil geh¨ oren sie zu einem bereits zu Beginn der Verdunstung vorhandenen Gasgemisch, z.B. der trockenen Luft. Auch auf atomistischer Ebene unterscheiden sich Verdampfung und Verdunstung. In beiden Prozessen kommt der Dampfdruck der fl¨ ussigen Phase durch die St¨ oße ihrer Molek¨ ule mit der Phasengrenzfl¨ ache zustande und ist ein Maß f¨ ur ihre F¨ ahigkeit, von der fl¨ ussigen Phase in die Gasphase u ¨ berzugehen. Bei der Verdampfung ist der Dampfdruck nach Abschn. 2.2.2 gerade gleich dem Druck der Gasphase. Damit ist er auch gleich dem Gesamtdruck, der durch die St¨ oße der aus der Fl¨ ussigkeit stammenden Molek¨ ule in der Dampfphase mit den Beh¨ alterw¨ anden bewirkt wird. Bei der Verdunstung hingegen ist der Dampfdruck viel niedriger als der Druck der Gasphase, d.h. als der Gesamtdruck. Er entspricht dem Druck, den die aus der Fl¨ ussigkeit in die Gasphase u ule dort bewirken. Die Zahl dieser Molek¨ ule ist in ¨bergegangenen Molek¨ der Regel klein im Vergleich zur Gesamtzahl der Molek¨ ule in der Gasphase. Daher ist der Gesamtdruck beim Verdunstungsgleichgewicht im Wesentlichen auf die molekularen St¨ oße der Komponenten, die nicht aus der Fl¨ ussigkeit stammen, mit den W¨ anden zur¨ uckzuf¨ uhren. Die aus der Fl¨ ussigkeit stammenden Molek¨ ule liefern nur einen geringen, dem Dampfdruck entsprechenden Beitrag. Dementsprechend ¨ ist bei der Verdunstung der Ubergang von Molek¨ ulen von der fl¨ ussigen Phase in die Gasphase viel weniger heftig als bei der Verdampfung. Eine Wasserpf¨ utze auf der Straße bei Umgebungstemperatur trocknet viel langsamer, als wenn sie durch Erhitzen zum Sieden gebracht w¨ urde.

2.3.3 Entmischung in fl¨ ussigen Gemischen Viele Stoffe sind im fl¨ ussigen Zustand vollkommen miteinander mischbar. Es gibt jedoch auch Fluide, die bei einer Vermischung eine Mischungsl¨ ucke in der fl¨ ussigen Phase aufweisen. Allgemein bekannt ist dies f¨ ur das System ¨ Ol-Wasser, bei dem die spezifisch leichtere, ¨ olreiche Phase u ¨ ber der schwereren, wasserreichen Phase schwimmt. Die Lage der Mischungsl¨ ucke h¨angt von der Temperatur ab. Die Abb. 2.26 zeigt das t, x-Diagramm des Systems Heptan-Methanol mit einer oberen kritischen Entmischungstemperatur f¨ ur einen festen Druck. Da der Druck auf die thermodynamischen Eigenschaften von Fl¨ ussigkeiten kaum einen Einfluss hat, wird er bei Diagrammen dieser Art in der Regel gar nicht angegeben bzw. als normaler Atmosph¨arendruck angeussiges Methanol zu, so bildet sehen. F¨ ugt man fl¨ ussigem Heptan bei 26◦ C fl¨ sich zun¨ achst eine fl¨ ussige Mischphase, bis der Stoffmengenanteil des Methanols etwa 0,1 betr¨ agt. Bei weiterer Zugabe von Methanol bildet sich u ¨ber der methanolarmen Heptan-Phase α ein zweiter homogener Fl¨ ussigkeitsbereich, n¨ amlich eine heptanarme Methanolphase β mit einem Stoffmengenanteil an Methanol von etwa 0,9. Es findet also eine Entmischung statt, d.h. das urspr¨ unglich homogene fl¨ ussige Gemisch trennt sich in zwei fl¨ ussige Phasen auf. Man spricht von einer Mischungsl¨ ucke. Die Mischungsl¨ ucke h¨angt von der Temperatur ab. Erh¨ oht man die Temperatur, so verschwindet die Pha-

2.3 Gemische

77

6 0

°C t

K a

b

t

5 0

O

~ n

(b )

4 0

~ n

(a )

3 0 0

H e p ta n

0 ,5

x

1 ,0

M e th a n o l

Abb. 2.26. Fl¨ ussig-fl¨ ussig Gleichgewicht (Heptan-Methanol)

sengrenze, und es entsteht wieder eine homogene fl¨ ussige Mischphase. Eine Entmischung findet erst wieder statt, wenn man weiteres Methanol hinzuf¨ ugt, bei 40◦ C z.B. bis zu einem Stoffmengenanteil von x = 0,22. Man kann auf diese Weise die L¨ oslichkeitsgrenzen von Methanol in Heptan und von Heptan in Methanol experimentell bestimmen. Beide L¨ oslichkeitsgrenzen n¨ahern sich bei diesem System mit steigender Temperatur einander an und treffen bei einer bestimmten Temperatur, der oberen kritischen Entmischungstemperaoheren Temperaturen sind Methanol und Heptan in tur t0K , zusammen. Bei h¨ beliebigen Anteilen miteinander mischbar. Die jeweiligen Mengenanteile der beiden Phasen ergeben sich wie beim Verdampfungsgleichgewicht aus dem Hebelgesetz und k¨ onnen grafisch dargestellt werden, vgl. Abb. 2.26. In den meisten Gemischen nimmt die L¨ oslichkeit einer fl¨ ussigen Komponente in einer anderen wie bei Heptan-Methanol mit der Temperatur zu. Es gibt jedoch auch Systeme mit ganz anderem Verhalten, z.B. solche mit einer unteren kritischen Entmischungstemperatur tU K oder solche mit einer geschlossenen Mischungsl¨ ucke. Abb. 2.27 zeigt eine Zusammenstellung der h¨aufigsten Typen von Entmischungsgleichgewichten. Entmischung in fl¨ ussigen Phasen hat eine große technische Bedeutung. Sie ist die Grundlage eines weiteren speziellen Stofftrennverfahrens, n¨amlich der Extraktion. Will man z.B. aus einem fl¨ ussigen Gemisch aus Toluol und Essigs¨ aure, das durch Destillation nicht trennbar ist, das Toluol rein gewinnen, so f¨ ugt man dem Gemisch fl¨ ussiges Wasser zu. Dabei ergeben sich durch Entmischung zwei fl¨ ussige Phasen, von denen eine an Toluol angereichert ist. Durch weitere Zufuhr von Wasser zu dieser Phase erh¨alt man schließlich ein toluolreiches Toluol/Wasser-Gemisch, das leicht durch Destillation

78

2 Fluide Phasen

a ) T

O

b ) k

T e m p e ra tu r

L '+ L '' L '+ L '' T O

T

c )

k

0

0 ,5

x

k

d ) L '+ L ''

L '+ L ''

T

u

u k

1 0

0 ,5

1

x

Abb. 2.27. Unterschiedliche Entmischungsgleichgewichte

¨ in seine Komponenten zerlegt werden kann. Uber die Nutzung in dem Stofftrennverfahren Extraktion hinaus ist die Entmischung ein prozesstechnisch h¨ aufig unerw¨ unschtes Ph¨ anomen, dessen Kenntnis zur Vermeidung von Anlagenst¨ orf¨ allen wichtig ist. 2.3.4 Schmelzen und Erstarren in Gemischen Wie die Reinstoffe so k¨ onnen auch Gemische erstarren und schmelzen. Wiederum kommt es dabei zu technisch interessanten Ph¨anomenen. Die Abb. 2.28 zeigt das Schmelz- bzw. Erstarrungsdiagramm einer w¨assrigen Kochsalzl¨ osung. Die bei der Erstarrung im Bereich kleiner Salzgehalte ausfallende feste Phase besteht hier aus praktisch reinen Wassereiskristallen. Die so genannte Soliduslinie als Grenzkurve zwischen dem Feststoff und dem Zweiphasengebiet aus Feststoff und Fl¨ ussigkeit f¨ allt daher mit der Wasserordinate zusammen. Verfolgt man die Abk¨ uhlung der Salzl¨osung von Punkt 1, so gelangt man bei konstanter Zusammensetzung zum Punkt 2 auf der LiquidusLinie als Grenzkurve zwischen der Fl¨ ussigkeit und dem Zweiphasengebiet, bei dem erstmals reines Wassereis ausf¨ allt. Bei noch weiterer Abk¨ uhlung erreicht man den Punkt 3 im Zweiphasengebiet, in dem die feste Wasserphase 4 mit der L¨ osung 5 im Gleichgewicht steht. Bei weiterer Abk¨ uhlung gelangt man schließlich mit dem Zustand der L¨ osung zum Punkt E, in dem auch Salzkristalle 7 entstehen. Der Feststoff ist nun keine Phase mehr, sondern ein heterogenes Gemenge aus Salz- und Eiskristallen. Im Punkt E stehen also drei Phasen im Gleichgewicht, die feste Wasserphase 6, die feste Salzphase 7 und die L¨ osung E. Man bezeichnet E als den eutektischen Punkt. Weitere Abk¨ uhlung bringt die L¨ osung zum Verschwinden und f¨ uhrt auf ein Gemenge von Eis- und Salzkristallen. Geht man vom Punkt a aus, so erreicht man

2.3 Gemische

79

1 0 a

°C t

S o lid u s -L in ie

-5

u i d

-1 0 -1 5

b u s -L

in

L iq u id u s -L in ie

L i q

0

1

ie

2

4

3

c d

5

e

-2 0 6

7 E

-2 5 0

0 ,1

0 ,2

0 ,3

1 ,0

w

N a C l

W a s s e r

N a C l

Abb. 2.28. Schmelz- und Erstarrungsdiagramm des Systems H2 O-NaCl

durch Abk¨ uhlung den Punkt b auf der L¨ oslichkeitskurve des NaCl, und es fallen reine Salzkristalle aus. Bei weiterer Abk¨ uhlung wandert der Zustand der L¨ osung entlang der L¨ oslichkeitskurve von NaCl in Wasser bis zum Eutektikum E, an dem zus¨ atzlich Eiskristalle in Erscheinung treten. Viele Gemische haben wie H2 O-NaCl die Eigenschaft, beim Erstarren praktisch reine feste Phasen auszubilden. Dies kann man im thermischen Stofftrennverfahren der Kristallisation technisch nutzen, z.B. bei der

h o m o g e n e S c h m e lz e (S )

T S + a a

E

S + b

G e m e n g e a u s a - u n d b -M is c h k r is ta lle n

x

b

2

Abb. 2.29. Schmelz- und Erstarrungsgleichgewicht mit Mischkristallbildung (z.B. Blei-Antimon)

80

2 Fluide Phasen

H2 O/NaCl-L¨ osung zur Salzgewinnung bzw. Wasserentsalzung. Viele andere Systeme scheiden jedoch gemischte Phasen aus (Mischkristalle), wobei dann die Soliduslinie nicht mit der Ordinate zusammenf¨allt, sondern gekr¨ ummt ist. Abb. 2.29 zeigt ein Erstarrungsdiagramm f¨ ur ein fl¨ ussiges Gemisch, bei dem aus der Schmelze S Mischkristalle ausgeschieden werden, also α-Mischkristalle mit geringer und β-Mischkristalle mit hohen Konzentrationen der Komponen¨ te 2. Im Ubrigen k¨ onnen Erstarrungsdiagramme ein besonders kompliziertes Aussehen durch Umwandlungen der festen Phase erhalten, wie es z.B. vom Eisen/Kohlenstoff-Diagramm bekannt ist. 2.3.5 Chemische Eigenschaften Eine f¨ ur Stoffumwandlungen besonders wichtige Eigenschaft fluider Gemische ist ihre F¨ ahigkeit, chemisch zu reagieren. Zahlreiche Substanzen mit gew¨ unschtem Eigenschaftsprofil, die in der Natur nicht in nennenswertem Umfang vorkommen, lassen sich durch chemische Reaktionen gezielt produzieren. Ein Beispiel ist die großtechnische Synthese von Ammoniak, das zur Produktion von Stickstoffd¨ unger gebraucht wird, aus Stickstoff und Wasserstoff, vgl. Abb. 2.30. In den Reaktor tritt ein Gemisch aus Stickstoff und S tic k s to ff + W a s s e rs to ff

K a ta ly s a to r

A m m o n ia k + S tic k s to ff + W a s s e rs to ff

Abb. 2.30. Schema der Ammoniak-Synthese

Wasserstoff ein. Unter Einfluss eines Katalysators reagiert es teilweise zum Ammoniak. Aus dem Reaktor tritt daher ein Gemisch aus Stickstoff, Wasserstoff und Ammoniak aus. Eine einfache formale Beschreibung solcher chemischer Reaktionen erfolgt durch die so genannte Bruttoreaktion. So l¨ asst sich die Reaktion von den Edukten Stickstoff und Wasserstoff zu dem Produkt Ammoniak z.B. durch

2.3 Gemische

81

die Bruttoreaktionsgleichung N2 + 3 H2  2 NH3 beschreiben. Diese Reaktionsgleichung ist keine Gleichung im u ¨ blichen Sinne. Auf der linken Seite steht nicht etwa dasselbe oder etwas gleichwertiges wie auf der rechten Seite. Die Bruttoreaktionsgleichung der Ammoniak-Synthese sagt vielmehr aus, dass aus zwei Atomen Stickstoff und sechs Atomen Wasserstoff, organisiert als ein Stickstoffmolek¨ ul und drei Wasserstoffmolek¨ ule, durch Umlagerung zwei Molek¨ ule Ammoniak entstehen k¨onnen. Eine Bruttoreaktionsgleichung verkn¨ upft allgemein Ausgangsstoffe, so genannte Edukte, mit den aus ihnen durch chemische Umwandlung zu gewinnenden Produktstoffen. Sie dr¨ uckt insbesondere die Erhaltung der Elemente bei chemischen Reaktionen aus. Diese Elementenbilanz bezeichnet man als St¨ochiometrie. Eine Bruttoreaktionsgleichung darf nicht als Reaktionsweg u ¨ berinterpretiert werden. Beim Aufeinandertreffen von eintausend Stickstoffmolek¨ ulen und dreitausend Wasserstoffmolek¨ ulen entstehen nicht unmittelbar zweitausend Ammoniakmolek¨ ule. Zun¨ achst einmal ist der Umsatz in der Regel nicht vollst¨ andig, sodass neben gebildetem Ammoniak auch unreagierter Stickstoff und Wasserstoff im Produktstrom eines Ammoniak-Synthesereaktors zu finden sind. Dies wird durch das Symbol  angedeutet, das den simultanen Ablauf der Reaktion von links nach rechts und von rechts nach links anzeigen soll. Außerdem l¨ auft eine chemische Stoffumwandlung gew¨ohnlich u ¨ ber zahlreiche Zwischenprodukte ab, die in der Bruttoreaktionsgleichung gar nicht in Erscheinung treten. Der tats¨ achliche Reaktionsmechanismus wird durch so genannte Elementarreaktionen beschrieben. Sie sind nur f¨ ur wenige Bruttoreaktionen bekannt. Grunds¨ atzlich ist davon auszugehen, dass außer den durch die Bruttoreaktionsgleichung miteinander verkn¨ upften Komponenten auch Zwischenprodukte im Produktstrom auftreten k¨onnen und mehrere Reaktionen gleichzeitig und konkurrierend ablaufen. Trotz dieser Einschr¨ankungen ist eine Bruttoreaktionsgleichung wie die der Ammoniaksynthese ein wichtiges Instrument zur Beschreibung einer Stoffumwandlung durch chemische Reaktionen. Sie sagt etwas u ochiometrisch m¨oglichen maxima¨ ber den st¨ len Bruttoumsatz im Reaktor aus und gibt das Verh¨altnis der Stoffmengenstr¨ ome zueinander an. Dies sind erste Informationen u ¨ ber die technische Reaktionsf¨ uhrung. Die Koeffizienten vor den Komponenten der Bruttoreaktionsgleichungen bezeichnet man als st¨ ochiometrische Koeffizienten. Allgemein schreibt man eine Bruttoreaktionsgleichung in der Form  (2.25) νi Ai = 0 , wobei Ai eine bestimmte Komponente, d.h. chemische Verbindung ist, und νi der ihr in der Bruttoreaktionsgleichung zugeordnete st¨ochiometrische Koeffizient. St¨ ochiometrische Koeffizienten sind positive Zahlen f¨ ur Produkte und negative Zahlen f¨ ur Edukte. Im Fall der Ammoniak-Synthese gilt also νNH3 = 2, νN2 = -1 und νH2 = -3.

82

2 Fluide Phasen

Eine besondere Bedeutung unter den reaktionsf¨ahigen Gemischen haben solche aus Brennstoffen und Luft. Der Brennstoff verbrennt mit dem Sauerstoff der Luft zu einem Verbrennungsprodukt. So verbrennt z.B. das Methan (CH4 ) als wichtigster Bestandteil von Erdgas mit Sauerstoff nach der Bruttoreaktionsgleichung CH4 + 2 O2 → CO2 + 2 H2 O zu Kohlendioxid und Wasser. Im Gegensatz zur Ammoniak-Synthese l¨auft diese Reaktion vollst¨ andig ab, d.h. es bleiben keine Eduktmengen unreagiert. Dies deutet der einzelne Pfeil im Gegensatz zum Doppelpfeil bei der Ammoniak-Synthese an. Die technische Nutzung dieser Reaktion ist weniger die Stoffumwandlung, sondern vielmehr die Umwandlung der chemisch im CH4 gebundenen Energie in die Energie des heißen Verbrennungsgases. Dies geschieht in einer Feuerung, z.B. in einem Dampferzeuger, vgl. Abb. 2.31. D a m p f

R a u c h g a s

W a s s e r

L u ft

B re n n s to ff

Abb. 2.31. Schema eines Dampferzeugers

Der Endzustand von chemischen Stoffumwandlungen ist das chemische Gleichgewicht bzw. das Reaktionsgleichgewicht. Im Reaktionsgleichgewicht ist der technisch maximal m¨ ogliche Umsatz erreicht. Die Zusammensetzung im Reaktionsgleichgewicht h¨ angt vom thermodynamischen Zustand ab, also von den eingestellten Werten von Temperatur und Druck. Verbrennungsprozesse laufen bis zum vollst¨ andigen Verschwinden des Brennstoffs ab. Das Reaktionsgleichgewicht liegt also vollst¨ andig auf der Produktseite der Bruttoreaktionsgleichung. Dies ist bei der Ammoniak-Synthese anders. Abb. 2.32 zeigt

2.3 Gemische

83

die graphische Darstellung des Reaktionsgleichgewichts bei der AmmoniakSynthese in Abh¨ angigkeit von Temperatur und Druck. Aufgetragen ist die im 2 ,0 p =

4 0 0

0 20

1 ,5

N H

3

m o l

n

0 10

b a r

2 5

1 0

1 ,0

2 ,5

1 ,0

0 ,5

0 0

1 0 0

2 0 0

3 0 0

4 0 0

°C

5 0 0

t Abb. 2.32. Reaktionsgleichgewicht der Ammoniak-Synthese (Edukte: 1 mol N2 +3 mol H2 )

Reaktionsgleichgewicht gebildete Stoffmenge an Ammoniak, ausgehend von einem Eduktgemisch aus 1 mol Stickstoff und 3 mol Wasserstoff, u ¨ ber der Temperatur f¨ ur unterschiedliche Dr¨ ucke. Vollst¨ andiger Umsatz, d.h. die Bildung von 2 mol Ammoniak, wird nur bei niedrigen Temperaturen erreicht. Bei diesen Temperaturen l¨ auft die Reaktion allerdings nicht mit sinnvoller Geschwindigkeit ab. Erst bei h¨ oheren Temperaturen und unter Verwendung eines Katalysators ergeben sich nennenswerte Umwandlungsgeschwindigkeiten. Bei der NH3 -Synthese wird eine deutliche Erh¨ohung des Gleichgewichtsumsatzes durch einen erh¨ ohten Druck erreicht, w¨ahrend eine hohe Temperatur das Reaktionsgleichgewicht zu den Edukten verschiebt. Offenbar hat also der thermodynamische Zustand einen maßgeblichen Einfluß auf die Ausbeute einer Reaktion. Die Ammoniak-Synthese l¨auft großtechnisch unter Anwesenheit eines Katalysators bei ca. 450◦ C und 250 bar ab, wobei die hohe Temperatur und der hohe Druck einen Kompromiss zwischen den W¨ unschen nach einer hohen Reaktionsgeschwindigkeit, einer g¨ unstigen Gleichgewichtslage und beherrschbarer Apparatetechnik darstellen.

84

2 Fluide Phasen

2.4 Stoffmodelle fu ¨r Reinstoffe Quantitative thermodynamische Analysen erfordern eine quantitative Beschreibung der Eigenschaften fluider Materie. Solch eine Beschreibung liefern so genannte Stoffmodelle. Wir besprechen hier zun¨achst Stoffmodelle f¨ ur Reinstoffe. 2.4.1 Die Dampftafel Eine umfassende quantitative Darstellung der thermischen Eigenschaften reiner Stoffe kann man einer entsprechenden Datentabelle entnehmen. Solche Tabellen bezeichnet man als Dampftafeln. Die Tabelle A1 im Anhang A, die so genannte Wasserdampftafel, ist eine ausf¨ uhrliche Dokumentation der thermodynamischen Eigenschaften von Wasser und Wasserdampf. Neben den bereits eingef¨ uhrten Zustandsgr¨ oßen Temperatur, Druck und spezifisches Volumen enth¨ alt sie noch einige andere, die erst sp¨ater betrachtet werden. Aus der Wasserdampftafel k¨ onnen z.B. f¨ ur eine vorgegebene Temperatur der zugeh¨ orige Dampfdruck sowie die spezifischen Volumina von siedendem Wasser und ges¨ attigtem Wasserdampf abgelesen werden, oder auch bei vorgegebenen Werten von Temperatur und Druck das spezifische Volumen des u ¨berhitzten Dampfes oder der unterk¨ uhlten Fl¨ ussigkeit. Dampftafeln sind f¨ ur die technisch wichtigsten Reinstoffe bekannt. In modernen computergest¨ utzten Prozessberechnungen werden in der Regel an Stelle der Dampftafeln analytische Darstellungen, d.h. Zustandsgleichungen benutzt. Thermische Zustandsgleichungen f¨ ur einen großen Zustandsbereich, also Funktionen p(T, υ), sind f¨ ur viele technisch wichtige Reinstoffe auf der Grundlage einer großen Datenbasis aufgestellt worden. Sie stellen jeweils Stoffmodelle f¨ ur den betrachteten Stoff dar. Beispiel 2.5 In einem Beh¨ alter mit dem Volumen V = 3 m3 befinden sich m = 60 kg Wasser bei p = 2 bar. Man untersuche den Zustand dieses Systems. L¨ osung Das spezifische Volumen des Wassers in dem Beh¨ alter betr¨ agt υ=

V = 0, 05 m3 /kg . m

Ein Blick in die Wasserdampftafel im Anhang A zeigt, dass das spezifische Volumen des betrachteten Systems beim Druck von 2 bar zwischen dem einer siedenden Fl¨ ussigkeit und dem eines ges¨ attigten Dampfes liegt. Es ist somit davon auszugehen, dass der Zustand des Wassers in dem Beh¨ alter im Nassdampfgebiet angesiedelt ist. Aus der Wasserdampftafel lesen wir f¨ ur den S¨ attigungsdruck ps = 2 bar ab: ts = 120, 23◦ C; υ  = 0, 001061

m3 m3 ; υ  = 0, 8857 . kg kg

2.4 Stoffmodelle f¨ ur Reinstoffe

85

Nach (2.20) folgt daraus f¨ ur den Dampfgehalt x=

0, 05 − 0, 001061 υ − υ = = 0, 0553 υ  − υ  0, 8857 − 0, 001061

und nach (2.21) f¨ ur das Massenverh¨ altnis von Dampfmasse zu Fl¨ ussigkeitsmasse x m = = 0, 0585 . m 1−x ussigkeitsmasse m = 56,68 kg. Die Dampfmasse betr¨ agt also m = 3,32 kg, die Fl¨

2.4.2 Gase bei niedrigen Dr¨ ucken In vielen Anwendungen ben¨ otigt man nicht die vollst¨andige in der Dampftabelle abgelegte Information, sondern nur ein Stoffmodell f¨ ur einen kleinen Zustandsbereich. F¨ ur Gase bei niedrigen Dr¨ ucken bis zum Atmosph¨arendruck und noch etwas dar¨ uber l¨ asst sich in der Regel das Stoffmodell des idealen Gases benutzen. Es kn¨ upft an das universelle Verhalten aller Gase bei niedrigen Dichten an, vgl. (2.16), und ist durch eine einfache analytische Beziehung definiert, n¨ amlich durch (pV )ig = nRT ,

(2.26)

oder, wenn die Materiemenge als Masse angegeben wird, (pV )ig = m(R/M )T .

(2.27)

Die molekulare Modellvorstellung, die dem Modell des idealen Gases zu Grunde liegt, versteht die einzelnen Molek¨ ule als unabh¨ angig voneinander fliegende Billardkugeln von Volumen Null (Punktmassen), insbesondere ohne Wechselwirkungskr¨ afte. In der statistischen Thermodynamik wird gezeigt, dass diese Modellvorstellung auf die Beziehungen (2.26) bzw. (2.27) f¨ uhrt. Es ist plausibel, dass dieses Modell nur f¨ ur Gase bei niedrigen Dichten, d.h. bei großen mittleren Molek¨ ulabst¨ anden, realistisch sein kann. Insbesondere k¨ onnen Gaszust¨ ande in der N¨ ahe der Taulinie nur bei sehr niedrigen Dr¨ ucken gen¨ ugend genau durch das Stoffmodell des idealen Gases beschrieben werden. Beispiel 2.6 Ein geschlossenes System besteht aus zwei Teilsystemen a und b, die durch einen horizontal beweglichen Kolben voneinander getrennt sind, vgl. Abb. B 2.6.1. Der Kolben ist zun¨ achst arretiert. F¨ ur die Volumina und Dr¨ ucke der mit einem idealen Gas gef¨ ullten Teilsysteme gilt Va = 1, 5 m3 ; pa = 3, 0 MPa Vb = 5, 0 m3 ; pb = 0, 1 MPa . Die Temperatur betr¨ agt in beiden Teilsystemen 500 K. Welcher Druck und welche Volumina stellen sich ein, wenn die Haltevorrichtung entfernt und die Temperatur konstant gehalten wird?

86

2 Fluide Phasen

a V p

b 3

a a

T

= 1 ,5 m = 3 ,0 M P a = 5 0 0 K

V p

3

T

b b

= 5 ,0 m = 0 ,1 M P a = 5 0 0 K

a

v o rh e r

b V

a

T

p a

= ? = ? = 5 0 0 K

V p

T

b b

= ? = ? = 5 0 0 K

n a c h h e r

Abb. B 2.6.1. Das betrachtete System

L¨ osung F¨ ur beide Teilsysteme gilt das ideale Gasgesetz pa Va = na RT pb Vb = nb RT . Daraus folgen die Stoffmengen in beiden Teilsystemen zu na = 1082,4 mol bzw. nb = 120,3 mol. Im Gleichgewicht sind die Dr¨ ucke in beiden Teilsystemen identisch. Das Gesamtvolumen ist gleich der Summe der Teilvolumina, d.h. V = 6,5 m3 . Es gilt also f¨ ur das Verh¨ altnis der Volumina nach Einstellung des Gleichgewichts bei isothermen Bedingungen Va na Va = = . Vb nb V − Va Daraus folgt das Volumen des Teilsystems a zu Va = 5,85 m3 , und der Druck betr¨ agt p = na RT /Va = 0, 769 MPa .

Das ideale Gasgesetz liefert insbesondere einen universellen, d.h. vom speziellen Gas unabh¨ angigen Zusammenhang zwischen dem Volumen und der Stoffmenge. Dieser Zusammenhang ist die Grundlage f¨ ur die in der Technik u omen durch das so genannte Norm¨bliche Beschreibung von Gasmengenstr¨ volumen mit der Einheitsbezeichnung Normkubikmeter und dem Kurzzeichen m3“. ” n

2.4 Stoffmodelle f¨ ur Reinstoffe

87

Beispiel 2.7 Ein ideales Gas beim Druck p = 1,01325 bar und T = 273,15 K sei in einem Volumen von V = 1m3 eingeschlossen. Man berechne die Stoffmenge des Gases. L¨ osung Es gilt (pV )ig = nRT und daher n=

pV 1, 01325 · 105 (N/m2 ) · 1 m3 = = 44, 612 mol . RT 8, 315 (Nm/mol K) · 273, 15 K

Aus Beispiel 2.7 geht hervor, dass 1 kmol eines idealen Gases bei p = 1,01325 bar und T = 273,15 K gerade ein Volumen von V = 22,41 m3 einnimmt. Man bezeichnet die Temperatur Tn = 273,15 K als Normtemperatur und den Druck pn = 1,01325 bar als Normdruck. Entsprechend ist das Normvolumen Vn das Volumen, das eine bestimmte Stoffmenge eines Gases bei den Normwerten von Temperatur und Druck einnimmt. Es hat die Einheit Kubikmeter. Mit der speziell f¨ ur das Normvolumen eingef¨ uhrten Einheitsbezeichnung Normkubikmeter und dem Kurzzeichen m3n“ entspricht die ” Stoffmenge von 1 kmol eines beliebigen Gases im idealen Gaszustand einem Normvolumen von 22,41 m3n . Normkubikmeter und Stoffmenge sind daher f¨ ur ideale Gase durch einen konstanten Faktor ineinander umrechenbar. 2.4.3 Fl¨ ussigkeiten Ein ¨ ahnlich universelles und gleichzeitig genaues Stoffmodell wie f¨ ur das Gas bei niedrigen Dichten ist f¨ ur den fl¨ ussigen Zustand nicht bekannt. Allgemein gilt, dass die Eigenschaften von Fl¨ ussigkeiten nur sehr geringf¨ ugig vom Druck abh¨ angen. F¨ ur viele rechnerische Absch¨ atzungen kann man das Stoffmodell der idealen Fl¨ ussigkeit benutzen, mit υ if = const .

(2.28)

Nach dem Stoffmodell der idealen Fl¨ ussigkeit wird der Fl¨ ussigkeit ein konstantes spezifisches oder molares Volumen zugeordnet. Seine in Wirklichkeit gegebene schwache Abh¨ angigkeit von Temperatur und Druck wird also vernachl¨ assigt. Ein Blick auf das t, υ-Diagramm in Abb. 2.13 zeigt an Hand des steilen Verlaufs und der engen Anordnung der Isothermen, dass dieses Modell die realen Verh¨ altnisse f¨ ur Wasser zwar nicht genau, aber doch in sinnvoller Approximation wiedergibt.

88

2 Fluide Phasen

2.5 Stoffmodelle fu ¨r Gemische Fluide Gemische weisen in Abh¨ angigkeit von Temperatur, Druck und Zusammensetzung sehr vielf¨ altige Eigenschaften aus, die in zahlreichen technischen Anwendungen genutzt werden. Wir beschreiben hier einige idealisierte Stoffmodelle, mit denen bereits wichtige Prozessberechnungen durchgef¨ uhrt werden k¨ onnen. 2.5.1 Partielle Gr¨ oßen F¨ ur quantitative thermodynamische Analysen ben¨otigt man auch f¨ ur fluide Gemische Stoffmodelle. Grunds¨ atzlich h¨ angt eine Gemischeigenschaft, wie z.B. das molare Volumen, von der Zusammensetzung der Mischphase ab. Wird die Zusammensetzung in Stoffmengenanteilen beschrieben, so lautet dieser Zusammenhang f¨ ur das molare Volumen allgemein  υ(T, p, {xj }) = xi υi , (2.29) ur die Menge aller Stoffmengenanteile und υi mit {xj } als der Bezeichnung f¨ als dem so genannten partiellen molaren Volumen. Das partielle molare Volumen υi gibt an, welches molare Volumen der Komponente i im Gemisch zukommt. Im allgemeinen Fall ist es verschieden vom entsprechenden Reinstoffvolumen und eine komplizierte Funktion von Temperatur, Druck und Zusammensetzung, d.h. υi = υi (T, p, {xj }) .

(2.30)

Wird die Zusammensetzung in Massenanteilen beschrieben, so lautet die Beziehung zwischen dem spezifischen Volumen der Mischphase und der Zusammensetzung allgemein  wi υi , (2.31) υ(T, p, {wj }) = mit {wj } als der Menge aller Massenanteile und υi als dem partiellen spezifischen Volumen, f¨ ur das eine zu (2.30) analoge Beziehung gilt. Den Unterschied zwischen dem partiellen molaren Volumen und dem molaren Volumen der entsprechenden reinen Komponente kann man sich an einem einfachen Experiment klarmachen. Wir betrachten hierzu ein Gef¨aß, in dem ein fl¨ ussiges Gemisch aus Alkohol und Wasser enthalten ist, vgl. Abb. 2.33. Bei der Temperatur und dem Druck der Umgebung nimmt das Gemisch das Volumen V ein. Wir f¨ ugen nun diesem Gemisch einen kleinen Tropfen reines Wasser zu und sorgen daf¨ ur, dass Temperatur und Druck unver¨ andert bleiben. Wenn wir jetzt nach der Vergr¨oßerung des Volumens fragen, so k¨ onnten wir zun¨ achst vermuten, dass diese gleich dem Volumen des zugef¨ uhrten Wassertropfens ist, d.h. ΔV = υ0W ΔnW , mit υ0W als dem

2.5 Stoffmodelle f¨ ur Gemische

89

T , p = c o n s t. W a s s e r

D V = ?

A lk o h o l + W a s s e r

Abb. 2.33. Zum partiellen molaren Volumen

molaren Volumen des reinen Wassers und ΔnW als der Stoffmenge des Wassertropfens. Experimentell beobachten wir jedoch, dass die Volumen¨anderung etwas kleiner ist als das Volumen des zugef¨ uhrten Wassertropfens. Das effektive molare Volumen des Wassers im Gemisch ist also offensichtlich geringer als das molare Volumen des reinen Wassers und wird als partielles molares ur das partielle Volumen mit der Notation υW bezeichnet. Das Analoge gilt f¨ ¨ spezifische Volumen. Durch den Ubergang auf differenzielle Gr¨oßen erkennt man, dass   ∂V (2.32) υi = ∂ni T,p,ni ∗ die formale Definition f¨ ur das partielle molare Volumen ist, mit n∗i als Notation f¨ ur die Bedingung konstanter Stoffmengen aller Komponenten außer der Komponente i. Die molekulare Interpretation des partiellen molaren Volumens im Rahmen des Billardkugelmodells besteht darin, dass die zugef¨ uhrten Wassermolek¨ ule teilweise zwischen die L¨ ucken der bereits vorhandenen Molek¨ ule des fl¨ ussigen Gemisches passen und damit das Gesamtvolumen nicht in dem Maße vergr¨ oßern wie es ihrem eigentlichen Volumen entspricht. Auf Grund von Wechselwirkungseffekten kann das partielle molare Volumen einer Komponente in einem Gemisch auch gr¨ oßer

90

2 Fluide Phasen

sein als das entsprechende Reinstoffvolumen.

Die hier f¨ ur das Volumen eingef¨ uhrte Definition f¨ ur partielle molare Gr¨ oßen gilt allgemein f¨ ur alle extensiven Zustandsgr¨oßen. Man bezeichnet daher   ∂Z (2.33) zi = ∂ni T,p,n∗ i

als partielle molare Zustandsgr¨ oße Z, mit  Z= ni z i .

(2.34)

Die Unterscheidung partieller mengenbezogener Gr¨oßen von den entsprechenden Reinstoffgr¨ oßen ist f¨ ur die Beschreibung von Gemischen grundlegend. Insbesondere ergibt sich eine extensive Zustandsgr¨oße eines Gemisches nicht einfach aus der Summe der Einzelbeitr¨ age vor der Vermischung. Das Ganze ist nicht gleich der Summe der Einzelteile. Dieser wichtige Effekt wird durch die partiellen molaren Gr¨ oßen ber¨ ucksichtigt. Bei der Gefahr von Verwechselungen wird hier durch den Index i die partielle Gr¨oße bzw. durch 0i die Reinstoffgr¨ oße einer Komponente i bezeichnet. Idealisierte Stoffmodelle f¨ ur Gemische f¨ uhren die partiellen molaren bzw. partiellen spezifischen Zustandsgr¨ oßen durch einfache Beziehungen auf die entsprechenden Reinstoffeigenschaften zur¨ uck, die ihrerseits als bekannt anzusehen sind. Sie werden bei Bedarf durch Zusatzterme korrigiert. In vielen Anwendungen ist nicht nur die pauschale Gemischgr¨ oße, sondern die explizite Kenntnis der partiellen Gr¨ oßen von großer Bedeutung. 2.5.2 Gasgemische F¨ ur Gasgemische bei niedrigen Dr¨ ucken benutzt man das Stoffmodell des idealen Gasgemisches. ¨ Ahnlich wie beim reinen idealen Gas gilt auch f¨ ur das ideale Gasgemisch die molekulare Modellvorstellung, nach der die Molek¨ ule so weit voneinander entfernt sind, dass sie sich nicht wechselseitig beeinflussen. Damit registrieren die Molek¨ ule einer Komponente i nicht, dass es auch Molek¨ ule der Komponente j gibt. Jede Komponente k verh¨ alt sich also so, als w¨ urde sie das zur Verf¨ ugung stehende Volumen allein ausf¨ ullen.

Da jede Komponente i eines idealen Gasgemisches f¨ ur sich alleine betrachtet werden kann, steht sie unter dem Druck pig k = nk

RT = xk p , V

(2.35)

ihrem so genannten Partialdruck. Der Partialdruck ist somit ein dem Stoffmengenanteil gleichwertiges Maß f¨ ur die Zusammensetzung eines idealen Gasgemisches. Speziell f¨ ur das Volumen des idealen Gasgemisches gilt dann

2.5 Stoffmodelle f¨ ur Gemische

ni RT nj RT nRT = = pi pj p  ig  ni RT = = V0i (T, p, ni ) p i i  ig = ni υ0i (T, p) .

91

V ig (T, p, {nj }) =

(2.36)

i

Nach Division durch die gesamte Stoffmenge n ergibt sich  ig xi υ0i (T, p) . υ ig (T, p, {xj }) =

(2.37)

i

Nach (2.29) gilt daher f¨ ur das partielle molare Volumen einer Komponente i in einem idealen Gasgemisch ig υiig (T, p, {xj }) = υ0i (T, p) =

RT , p

(2.38)

¨ in Ubereinstimmung mit der Definition (2.32). Die analoge Gleichung f¨ ur das partielle spezifische Volumen lautet ig υiig T, p, {wj }) = υ0i (T, p) =

(R/Mi )T . p

(2.39)

In einem idealen Gasgemisch ergibt sich das gesamte Volumen aus der Summe der Reinstoffvolumina der einzelnen Komponenten. Das partielle Volumen ist daher gleich dem Reinstoffvolumen. Das Stoffmodell des idealen Gasgemisches beschreibt das thermodynamische Verhalten von Gasgemischen in dem Bereich, in dem das Stoffmodell des reinen idealen Gases das Verhalten von reinen Gasen beschreibt, d.h. bei niedrigen Dr¨ ucken bis hinauf zu Dr¨ ucken von einigen bar und in hinreichender Entfernung von der Taulinie. F¨ ur h¨ ohere Dr¨ ucke werden die f¨ ur die Reinstoffe entwickelten thermischen Zustandsgleichungen durch Mischungsregeln f¨ ur die Parameter auf Gemische erweitert. Sie haben dann die allgemeine Form p = p(T, υ, {xi }). Beispiel 2.8 Es soll ein synthetisches Versuchsgas aus den Komponenten NO2 , NO und N2 mit der Zusammensetzung xNO2 = 0, 000378,

xNO = 0, 001280,

xN2 = 0, 998342

hergestellt werden. Dazu stehen zwei Pr¨ ufgasflaschen mit der Zusammensetzung (1)

cNO2 = 2000 mg/m3n bzw. (2)

cNO = 2800 mg/m3n

92

2 Fluide Phasen

zur Verf¨ ugung, wobei jeweils der Rest reiner Stickstoff ist. Das Versuchsgas soll in einer Apparatur von V = 10 dm3 bei einer Temperatur von 25◦ C einen Druck von 103 kPa annehmen. Bis zu welchem Druck p1 muss die Apparatur zun¨ achst mit Gas aus der NO2 - Pr¨ ufgasflasche gef¨ ullt werden, wenn bei Nachf¨ ullung von der NO Pr¨ ufgasflasche bis zum gew¨ unschten Druck die richtige Zusammensetzung vorliegen soll? (MNO2 = 46, 006 g/mol, MNO = 30, 006 g/mol) L¨ osung Der Stoffmengenanteil an NO2 in der NO2 - Pr¨ ufgasflasche betr¨ agt (1)

xNO2 =

2/46, 006 = 0, 000974 . 44, 612

Die aus der NO2 - Pr¨ ufgasflasche eingef¨ ullte Stoffmenge betr¨ agt beim Druck p1 n1 /mol =

10 · 10−3 m3 p1 /(N/m2 ) p1 V = = 4, 0337 · 10−6 p1 /(N/m2 ) . RT 8, 315 Nm/(mol K) · 298, 15 K

Die gesamte Stoffmenge nach der F¨ ullung betr¨ agt n=

103 · 103 · 10 · 10−3 pV = = 0, 4155 mol . RT 8, 315 · 298, 15

Der Druck p1 ergibt sich aus dem vorgegebenen Stoffmengenanteil von NO2 (1)

xNO2 =

xNO2 · n1 0, 000974 · 4, 0337 · 10−3 p1 /kPa nNO2 = = = 0, 000378 n n 0, 4155

zu p1 =

0, 000378 · 0, 4155 = 39, 98 kPa . 0, 000974 · 4, 0337 · 10−3

ufgasflasche eingef¨ ullte Stoffmenge Damit betr¨ agt die aus der NO2 - Pr¨ n1 = 4, 0337 · 10−3 · 39, 98 = 0, 1613 mol , und die aus der NO - Pr¨ ufgasflasche ergibt sich zu n2 = 0, 4155 − 0, 1613 = 0, 2542 mol . Mit dem Stoffmengenanteil an NO in der NO - Pr¨ ufgasflasche (2)

xNO =

2, 8/30, 006 = 0, 002092 44, 612

ergibt sich der Stoffmengenanteil des NO der Versuchsapparatur zu (2)

xNO =

x · 0, 2542 nNO = NO = 0, 001280 . n 0, 4155

Damit ist das gew¨ unschte Versuchsgas hergestellt. Bei anderen Werten von p1 ergeben sich entsprechend andere Zusammensetzungen, allerdings in durch die Pr¨ ufgasflaschen vorgegebenen Kombinationen. Davon abweichende, beliebige Zusammensetzungen des Versuchsgases erfordern ver¨ anderte Zusammensetzungen in den beiden Pr¨ ufgasflaschen.

2.5 Stoffmodelle f¨ ur Gemische

93

2.5.3 Gas/Dampf-Gemische Gas/Dampf-Gemische kommen in zahlreichen technischen Prozessen zum Einsatz, z.B. den Verdunstungsprozessen in der Trocknungs- und Klimatechnik oder auch in Verbrennungsprozessen. Diese Gemische bestehen aus kondensierenden und nicht kondensierenden Komponenten. Die Eigenschaften von Gas/Dampf-Gemischen werden durch das Stoffmodell des idealen Gas/Dampf-Gemisches quantitativ erfasst. In diesem Stoffmodell werden die bei den betrachteten Prozessen nicht kondensierenden Komponenten zu einer einzigen Komponente Gas zusammengefasst. Es wird ferner unterstellt, dass nur eine kondensierende Komponente vorhanden ist, die als Dampf bezeichnet wird. Im noch unges¨ attigten, d.h. homogen gasf¨ormigen Zustand wird das Gas/Dampf-Gemisch somit als ideales Gasgemisch aus zwei Komponenten, der Komponente Gas und der Komponente Dampf, modelliert. Wenn einem Gas/Dampf-Gemisch Dampf zugef¨ uhrt wird, erreicht es bei einem bestimmten Dampfanteil den S¨ attigungszustand. Bei weiterer Zugabe von Dampf f¨ allt fl¨ ussiges oder festes Kondensat aus. Die Gasphase besteht dann aus einem ges¨ attigten idealen Gasgemisch der zwei Komponenten Gas und Dampf und die kondensierte Phase aus der reinen Dampfkomponente. Zur Kennzeichnung des Dampfanteils in einem Gas/Dampf-Gemisch bis zum S¨ attigungszustand empfiehlt sich der Partialdruck entsprechend (2.35), nach p D = nD R

T R T = mD . V MD V

(2.40)

Dies ist der Druck, den der Dampf auf die Beh¨alterw¨ande aus¨ uben w¨ urde, wenn er allein im Volumen V w¨ are. In einem idealen Gas/Dampf-Gemisch ist somit der S¨ attigungszustand dadurch definiert, dass der Partialdruck des Dampfes gleich dem Sattdampfdruck des reinen Dampfes ist, wie er sich aus der Dampfdruckkurve dieses Stoffes ergibt. Es gilt also f¨ ur den S¨ attigungszustand3 pD = psD (T ) ,

(2.41)

mit psD (T ) als dem Sattdampfdruck der reinen Dampfkomponente bei der betrachteten Temperatur. Ist, wie h¨ aufig, die Dampfkomponente Wasser, so gilt psD = psW , wobei psW z.B. aus der Wasserdampftafel, Tabelle A1 im Anhang A, entnommen werden kann. Der S¨ attigungspartialdruck gibt den maximal m¨ oglichen Dampfanteil in der Gasphase an. Das unges¨attigte ideale Gas/Dampf-Gemisch, das noch kein Kondensat enth¨alt, ist durch pD < psD gekennzeichnet. Von einem unges¨ attigten Gas/Dampf-Gemisch ausgehend kann der S¨ attigungszustand außer durch Zugabe von Dampf auch durch Abk¨ uhlung erreicht werden. Die Temperatur, bei der aus einem zun¨achst 3

Hierbei wurde eine geringe Druckabh¨ angigkeit in den Eigenschaften der fl¨ ussigen Phase vernachl¨ assigt, vgl. Abschn. 7.2.2.

94

2 Fluide Phasen

unges¨ attigten Gas/Dampf-Gemisch im Laufe einer Abk¨ uhlung das erste Kondensat ausf¨ allt, bezeichnet man als Taupunkt tT . Am Taupunkt gilt wieder pD = psD (tT ). Bei weiterer Abk¨ uhlung f¨ allt zunehmend Kondensat aus. Die Gasphase verarmt an Dampf, d.h. sie wird getrocknet. Bei einem Gemisch aus trockener Luft und Wasserdampf, so genannter feuchter Luft, ist der Taupunkt durch den Wasserdampfpartialdruck in der feuchten Luft festgelegt. Der Zusammenhang zwischen dem Taupunkt und dem zugeh¨origen Partialdruck des Wasserdampfs in feuchter Luft ist somit nach dem Stoffmodell Ideales Luft/Wasserdampf-Gemisch“ durch die Dampfdruckkurve des rei” nen Wassers gegeben. Das Analoge gilt f¨ ur alle anderen Gas/Dampf-Gemische mit Wasserdampf als der kondensierenden Komponente. Beispiel 2.9 Ein ideales Luft/Wasserdampf-Gemisch mit einem Wasserdampfpartialdruck von pW = 0,02339 bar wird von 40◦ C bei einem Gesamtdruck von 1 bar auf 10◦ C abgek¨ uhlt. Bei welcher Temperatur f¨ allt das erste fl¨ ussige Wasser aus? L¨ osung Das erste fl¨ ussige Wasser f¨ allt am Taupunkt aus. Nach der Definition des Taupunkts muss gelten pW = psW (tT ) . Aus der Wasserdampftabelle Tabelle A1 im Anhang findet man als Sattdampftemperatur zu einem Druck von psW = pW = 0,02339 bar tT = 20◦ C . Das erste fl¨ ussige Wasser f¨ allt also bei 20◦ C aus, d.h. der Taupunkt ist 20◦ C.

Grunds¨ atzlich sind alle durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe entstehenden Rauchgase Gas/Dampf-Gemische. Sie enthalten neben Sauerstoff und Stickstoff aus der Luft die Verbrennungsprodukte Kohlendioxid und Wasser. Der Aggregatzustand des Wassers ist dabei besonders zu beachten, da er zum einen auf den Energieumsatz und zum anderen auf die technologischen Eigenschaften des Rauchgases, wie z.B. Durchfeuchtung und Korrosion des Kamins, Einfluss hat. Der Taupunkt legt in diesem Zusammenhang insbesondere die Menge des fl¨ ussig ausgeschiedenen Wassers fest. Beispiel 2.10 Bei der Verbrennung von 100 m3n /h Erdgas (Brennstoff, B) in einem Brennwertkessel entsteht ein Verbrennungsgas (V) mit einem Stoffmengenanteil des Wassers von xV agt υ = n˙ V /n˙ B = W = 0,1609. Die Stoffmenge des Verbrennungsgases betr¨ 12,429 mol V/mol B. Man bestimme die Stoffmengenstr¨ ome des fl¨ ussigen und gasf¨ ormigen Wassers im Verbrennungsgas, wenn es auf 25◦ C abgek¨ uhlt wird. Der Gesamtdruck betrage p = 1 bar.

2.5 Stoffmodelle f¨ ur Gemische

95

L¨ osung Die gesamte Stoffmenge des Wassers im Verbrennungsgas pro mol Brennstoff betr¨ agt υH2 O = xV W · υ = 0, 1609 · 12, 429 = 2 mol W/mol B . Der gasf¨ ormige Anteil wird durch den Stoffmengenanteil des Wassers bei S¨ attigung bestimmt. Der S¨ attigungsstoffmengenanteil des Wassers bei einer Temperatur t folgt aus einer Taupunktsberechnung zu, vgl. (2.41), xV s,W =

psW (t) psW (25◦ C) 0, 03169 bar = = = 0, 03169 . p p 1 bar

Er bezieht sich gem¨ aß der Definition des Partialdruckes ausschließlich auf die Gasphase des gesamten Verbrennungsgases. Wenn mit k die auf 1 mol Brennstoff bezogene Stoffmenge des kondensierten Wassers bezeichnet wird, dann gilt, mit (υ − k) als der gasf¨ ormigen Stoffmenge des Verbrennungsgases pro mol Brennstoff, xV s,W =

xV W ·υ −k υ−k

und damit   V xW − xV s,W υ k= . 1 − xV s,W V F¨ ur x V attigt und daher k = 0. Im betrachs,W > xW ist das feuchte Rauchgas unges¨ teten Fall gilt

k=

(0, 1609 − 0, 03169)12, 429 mol W = 1, 6585 . 1 − 0, 03169 mol B

Pro mol Brennstoff liegen also 1,6585 mol Wasser in kondensierter Form vor. Ein Volumenstrom von 22,414 m3n /h eines idealen Gases entspricht einem Stoffmengenstrom von 1 kmol/h. Damit betr¨ agt der Stoffmengenstrom des Erdgases n˙ B =

1000 mol 100 · = 1, 2393 . 22, 414 3600 s

F¨ ur den Stoffmengenstrom des kondensierten Wassers folgt daraus n˙ lW = 1, 6585 · 1, 2393 = 2, 0554

mol . s

Der Stoffmengenstrom des gasf¨ ormigen Wassers betr¨ agt entsprechend n˙ gW = (2 − 1, 6585) · 1, 2393 = 0, 4232

mol . s

Der Partialdruck pD des Dampfes bleibt in einem ges¨attigten Gas/DampfGemisch auch bei weiterem Zusatz von Dampf konstant auf dem S¨ attigungswert. Er ist dann kein sinnvolles Maß f¨ ur den Dampfanteil des Systems mehr, kann also nur f¨ ur das unges¨ attigte oder gerade ges¨attigte

96

2 Fluide Phasen

Gas/Dampf-Gemisch verwendet werden. Allgemein verwendet man zur Angabe der Zusammensetzung des Gas/Dampf-Gemisches aus Gas und Dampf die Beladung x=

mD . mG

(2.42)

Sie eignet sich sowohl f¨ ur das unges¨ attigte wie auch f¨ ur das ges¨attigte Gas/Dampf-Gemisch. Vorteilhaft ist die Masse des Gases als Bezugsgr¨ oße, weil diese bei den normalen technischen Prozessen mit Gas/DampfGemischen konstant bleibt, im Gegensatz zur Masse des Dampfes und damit des Gas/Dampf-Gemisches insgesamt. Mit der Gesamtmasse als Bezugsgr¨oße erg¨ abe sich an Stelle der Beladung der Massenanteil der dampff¨ormigen Komponente, der aber praktisch aus den genannten Gr¨ unden nicht benutzt wird. Im besonders wichtigen Fall von Wasser als kondensierender Komponente bezeichnet man die Gr¨ oße x als die Wasserbeladung. Die Beladung l¨ asst sich f¨ ur ein unges¨ attigtes Gas/Dampf-Gemisch mit dem Partialdruck verkn¨ upfen, wenn man vom Gesetz idealer Gase Gebrauch macht. Wegen, vgl. (2.40), mD = p D

V (R/MD )T

und mG = p G

V (R/MG )T

gilt mit p = pG + pD x=

mD M D pD = . mG M G p − pD

(2.43)

Bei vorgegebener Beladung folgt der Partialdruck der dampff¨ormigen Komponente f¨ ur das unges¨ attigte Gas/Dampf-Gemisch aus pD =

xp . MD /MG + x

(2.44)

Im S¨ attigungszustand gilt als Zusammenhang zwischen Beladung und Partialdruck des Dampfes nach (2.43) xs (T, p) =

MD psD (T ) . MG p − psD (T )

(2.45)

Beispiel 2.11 Zur Charakterisierung feuchter Luft, die als ideales Gas/Dampf-Gemisch aus trockener Luft und Wasser angesehen werden kann, benutzt man als Maß f¨ ur den Wassergehalt neben dem Partialdruck pW und der Wasserbeladung x auch die

2.5 Stoffmodelle f¨ ur Gemische

97

absolute Feuchte ρW und die relative Feuchte ϕ. Dabei ist die absolute Feuchte als Dichte des Wasserdampfes und die relative Feuchte als das Verh¨ altnis der absoluten Feuchte zur absoluten Feuchte bei S¨ attigung definiert. Mit einer Molmasse ML = 28,963 g/mol f¨ ur trockene Luft berechne man f¨ ur einen Luftzustand von t = 25◦ C und ϕ = 0,7 den Partialdruck des Wasserdampfes, die absolute Feuchte und die Wasserbeladung. L¨ osung Die absolute Feuchte ist definiert durch pW ρW = . (R/MW )T F¨ ur die relative Feuchte gilt daher ϕ = ρW /ρsW (T ) = pW /psW (T ) . Bei t = 25◦ C betr¨ agt der Sattdampfdruck des Wassers, d.h. der Partialdruck des Wasserdampfes im S¨ attigungszustand, nach der Wasserdampftafel psW (25◦ C) = 3, 169 kPa = 0, 03169 bar . Damit ergibt sich f¨ ur den Wasserdampfpartialdruck der feuchten Luft pW = 0, 7 · 0, 03169 = 0, 02218 bar . Die absolute Feuchte ist somit ρW =

0, 02218 · 105 N/m2 pW = = 16, 118 g/m3 . (R/MW )T (8, 315/18, 015) · 298, 15 Nm/g

Die Wasserbeladung ergibt sich zu x=

kg Wasser psW (T ) 18, 015 pW = 0, 0141 . = 0, 622 28, 963 p − pW p/ϕ − psW (T ) kg trockene Luft

Bei praktischen Prozessen mit Gas/Dampf-Gemischen bleibt in der Regel die Masse des Gases konstant, w¨ ahrend sich die Masse des Dampfes ¨ andert. Wir bilden daher im Folgenden die spezifischen Gr¨oßen des Gas/Dampf-Gemisches zweckm¨ aßig dadurch, dass wir die extensiven Zuur das spezifische Volumen standsgr¨ oßen durch mG dividieren. Dann gilt f¨ eines unges¨ attigten bzw. gerade ges¨ attigten Gas/Dampf-Gemisches, definiert als das Volumen des Gas/Dampf-Gemisches pro kg Gas, in Anlehnung an (2.31), υ1+x =

V mG υ0G + mD υ0D = = υ0G + xυ0D mG mG RT RT +x = M p MD p G  R T R = . +x MG MD p

(2.46)

98

2 Fluide Phasen

Diese Gleichung gibt gem¨ aß ihrer Herleitung das spezifische Volumen f¨ ur ein unges¨ attigtes bzw. gerade ges¨ attigtes ideales Gas/Dampf-Gemisch an, genauer das Volumen von 1 kg Gas und x kg Dampf. Bei ihrer Ableitung wurde ber¨ ucksichtigt, dass die Gasphase ein ideales Gasgemisch ist und daher die partiellen spezifischen Volumina der Komponenten Gas und Dampf υG und υD durch die entsprechenden Reinstoffvolumina υ0G bzw. υ0D gem¨aß (2.39) zu ersetzen sind. Zu einem ges¨ attigten idealen Gas/Dampf-Gemisch geh¨ort auch eine fl¨ ussige Phase, deren Anteil in der obigen Gleichung nicht enthalten ist. Da das spezifische Volumen von Kondensat aber in der Regel sehr klein ist, f¨ allt es gegen¨ uber dem des Gases kaum ins Gewicht, und die obige Gleichung kann daher h¨ aufig auch f¨ ur ein ges¨ attigtes ideales Gas/Dampf-Gemisch ussiger Phase verwendet werden. (x = xs ) mit zus¨atzlicher fl¨ Beispiel 2.12 Beim Betanken eines Autos mit Benzin wird ein gasf¨ ormiges Luft/Kohlenwasserstoff-Gemisch aus dem Tank in die Umgebung verdr¨ angt. Unter der Annahme, dass die Eigenschaften von Benzin in ausreichender N¨ aherung durch die von n-Oktan erfasst werden und im Tank eine Temperatur von 20◦ C herrscht, sch¨ atze man die pro l getankten Benzins freigesetzte Masse an gasf¨ ormigem Benzin ab. L¨ osung Das Luft/Benzin-Gemisch wird als ideales Gas/Dampf-Gemisch mit Luft als dem Gas und n-Oktan als dem Dampf modelliert. Beim Tanken wird f¨ ur jeden getankten Liter Benzin ein Liter des im Tank gasf¨ ormig pr¨ asenten Luft/KohlenwasserstoffGemisches an die Umgebung gef¨ ordert. Es wird unterstellt, dass es insgesamt ges¨ attigt ist. Damit erh¨ alt die Absch¨ atzung den Charakter eines oberen Grenzwertes. Bei S¨ attigung ist der Partialdruck des Dampfes in der Luft gerade gleich dem Sattdampfdruck des Dampfes bei der herrschenden Temperatur. Der Dampfdruck von n-Oktan bei 20◦ C betr¨ agt psO = 0,0137 bar. Nach (2.45) gilt dann f¨ ur die S¨ attigungsbeladung der Luft mit n-Oktan, wenn f¨ ur die Molmassen von Luft ML = 29 kg/mol und von Oktan MO = 114 g/mol eingesetzt werden, xs =

114 0, 0137 kg Oktan = 0, 0546 . 29 1 − 0, 0137 kg trockene Luft

In dem Gas/Dampf-Gemisch befinden sich damit pro 1 kg trockener Luft 0,0546 kg n-Oktan. Dieses ges¨ attigte Gas/Dampf-Gemisch hat nach (2.46) ein spezifisches Volumen von     8, 315 8, 315 R R T 293, 15 = + 0, 0546 +x · 1000 · υ1+x = MG MD p 29 114 105 = 0, 852

m3 . kg

Pro Liter des Gas/Dampf-Gemisches gehen daher mG =

V υ1+x

=

10−3 m3 = 0, 00117 kg = 1, 17 g 0, 852 m3 /kg

2.5 Stoffmodelle f¨ ur Gemische

99

trockene Luft, und mD = xmG = 0, 000064 kg = 0, 064 g gasf¨ ormiges n-Oktan (Benzin) an die Atmosph¨ are, wenn das Gemisch nicht durch eine geeignete Absaugvorrichtung in den Lagertank der Tankstelle zur¨ uck bef¨ ordert wird.

2.5.4 Fl¨ ussige Gemische Fl¨ ussige Gemische zeigen ein sehr kompliziertes Verhalten, das nur in Sonderf¨ allen einer einfachen Beschreibung als Funktion von Stoffmengenanteilen oder Massenanteilen zug¨ anglich ist. Das einfachste Stoffmodell f¨ ur ein fl¨ ussiges Gemisch ist die ideale L¨ osung. Das partielle molare Volumen einer Komponente i in einer idealen L¨ osung ist dem molaren Reinstoffvolumen gleich, d.h. es gilt l (T, p) , υiil (T, p) = υ0i

(2.47)

l wobei υ0i das molare Volumen der reinen fl¨ ussigen Komponente i bei Temperatur und Druck des fl¨ ussigen Gemisches ist. Das spezifische oder molare Volumen einer idealen L¨ osung wird daher aus den fl¨ ussigen Reinstoffvolumina der Komponenten nach einer einfachen Mischungsregel berechnet, wie sie analog auch f¨ ur ideale Gasgemische gilt. Das Stoffmodell der idealen L¨osung gilt nur f¨ ur besonders einfache Gemische gen¨ ugend genau. Reale fl¨ ussige Gemische haben partielle molare Volumina, die sich mehr oder weniger von den entsprechenden Reinstoffvolumina unterscheiden. Allerdings ist das Volumen eine Gr¨ oße, die nicht sehr sensibel auf Abweichungen des realen Gemisches vom Stoffmodell der idealen L¨ osung reagiert, vgl. Beispiel 2.13.

Die molekulare Modellvorstellung einer idealen L¨ osung besteht darin, dass die Molek¨ ule der unterschiedlichen Komponenten gleiche Eigenschaften haben. Dann unterscheiden sich die Wechselwirkungen von Molek¨ ulen der Komponente i mit Nachbarmolek¨ ulen in einem fl¨ ussigen Gemisch nicht von den Wechselwirkungen, die die Molek¨ ule der reinen fl¨ ussigen Komponente i erfahren. Eine Vermischung ¨ der Reinstoffe ist daher nicht mit Anderungen der volumetrischen Eigenschaften, die u ¨ ber die Auswirkungen der unterschiedlichen Reinstoffvolumina hinausgehen, verbunden. Beispiel 2.13 Wenn 1,158 mol Wasser (W) mit 0,842 mol Ethanol (A) vermischt werden, dann ergibt sich ein homogenes fl¨ ussiges Gemisch aus Wasser und Alkohol, das bei 25◦ C ein Volumen von 68,16 cm3 einnimmt. Wie groß ist das rechnerische Volumen, wenn f¨ ur das fl¨ ussige Gemisch das Modell der idealen L¨ osung zu Grunde gelegt wird?

100

2 Fluide Phasen

L¨ osung Nach dem Modell der idealen L¨ osung gilt V il = nW υ0W + nA υ0A . Bei 25◦ C gelten die nachstehenden Werte f¨ ur die molaren Volumina von reinem Wasser und reinem Ethanol υ0W = 18, 068 cm3 /mol ; υ0A = 58, 677 cm3 /mol . Damit ergibt sich f¨ ur das Volumen der Mischung nach dem Stoffmodell der idealen L¨ osung V il = 1, 158 · 18, 068 + 0, 842 · 58, 677 = 70, 33 cm3 . Das nach dem Stoffmodell der idealen L¨ osung berechnete Volumen des Gemisches ist um ca. 3 % gr¨ oßer als das des realen Gemisches.

Das Stoffmodell der idealen L¨ osung ist in der Regel eine gute N¨aherung f¨ ur das Volumen eines fl¨ ussigen Gemisches. Es l¨ asst sich, wenn erforderlich, durch das so genannte Mischungsvolumen Δυ M korrigieren, das f¨ ur ein Gemisch aus zwei Komponenten durch l l Δυ M = υ(T, p, x) − x1 υ01 − x2 υ02

(2.48)

definiert ist. Das Mischungsvolumen erfasst das Ph¨anomen, dass das partielle molare Volumen einer Komponente in einem realen fl¨ ussigen Gemisch nicht mit dem entsprechenden molaren Reinstoffvolumen identisch ist. Die Erweiterung auf Mehrkomponentengemische ist analog. Da Korrekturgr¨oßen idealer Stoffmodelle allgemein auch als Exzessgr¨ oßen bezeichnet werden, entspricht ur das Gemisch Wasserdas Mischungsvolumen dem Exzessvolumen υ E . F¨ Ethanol ist das Mischungsvolumen f¨ ur zwei Temperaturen in Abb. 2.34 aufgetragen. Es ist negativ und klein, vgl. Beispiel 2.13. 0

c m

3

D u

M

m o l -0 ,4 -0 ,6 -0 ,8 5 0 ° C

-1 ,0

2 5 ° C

-1 ,2 0

0 ,2

0 ,4

0 ,6

0 ,8

x

1 ,0 2

Abb. 2.34. Das molare Mischungsvolumen Δv M des Systems Wasser (1)/ Ethanol (2)

2.5 Stoffmodelle f¨ ur Gemische

101

Beispiel 2.14 Aus den Reinstoffvolumina von Wasser und Ethanol sowie dem Mischungsvolumen, vgl. Abb. 2.34, berechne man die partiellen molaren Volumina von Wasser (1) und Ethanol (2) sowie das molare Volumen eines Wasser/Ethanol-Gemisches, das aus der Vermischung von 1,158 mol Wasser mit 0,842 mol Ethanol hervorgeht, bei t = 25◦ C. L¨ osung Das molare Volumen des Gemisches Wasser/Ethanol ergibt sich aus l l υ(T, p, x) = x1 υ01 + x2 υ02 + Δυ M (T, p, x) .

Bei Kenntnis der Reinstoffvolumina und des Mischungsvolumens kann es in Abh¨ angigkeit von Temperatur, Druck und Zusammensetzung berechnet werden. Damit ist f¨ ur vorgegebene Werte von Temperatur und Druck die Funktion υ(x) bekannt, zun¨ achst als Wertetabelle, die aber auch als Kurve im υ, x-Diagramm oder als mathematische Funktion dargestellt werden kann. Das partielle molare Volumen der Komponente 1 (Wasser) folgt daraus nach      ∂V ∂(nυ) ∂υ υ1 = = =υ+n . ∂n1 T,p, n ∂n1 T,p, n ∂n1 T,p, n 2

2

2

angigkeit von x1 wegen In einem bin¨ aren Gemisch gilt υ = υ(T, p, x2 ), da eine Abh¨ x1 + x2 = 1 nicht zu ber¨ ucksichtigen ist. Damit folgt f¨ ur das totale Differenzial   ∂υ dυ|T,p = dx2 ∂x2 T,p und f¨ ur die Ableitung des molaren Volumens nach der Stoffmenge der Komponente 1         ∂υ ∂x2 x2 ∂υ ∂υ = · =− . ∂n1 T,p, n ∂x2 T,p ∂n1 n2 n ∂x2 T,p 2

Damit gilt  υ1 (T, p, x2 ) = υ − x2

∂υ ∂x2

 T,p

und entsprechend  υ2 (T, p, x2 ) = υ − x1

∂υ ∂x1



 = υ + (1 − x2 ) T,p

∂υ ∂x2

 . T,p

Damit ist eine einfache Berechnungsvorschrift f¨ ur die partiellen molaren Volumina gegeben. Ihre grafische Darstellung ist schematisch in Abb. B 2.14.1 wiedergegeben, wonach sich die partiellen molaren Volumina durch Anlegen einer Tangente an die Kurve υ(x2 ) und Ablesen der Ordinatenabschnitte f¨ ur x2 = 0(υ1 ) und f¨ ur x 2 = 1(υ2 ) ergeben. Genauere Werte erh¨ alt man durch numerische Differenziation der Funktion υ(x2 ). Man findet dann υ1 = 16,927 cm3 /mol und υ2 = 57,644 cm3 /mol. Dies f¨ uhrt auf ein Gesamtvolumen von V = 1, 158 · 16, 927 + 0, 842 · 57, 644 = 68, 138 cm3 ,

102

2 Fluide Phasen u

u

0 2

u

2

u x

u

¶ u ¶ x 2

u

0 1

2

1

0

x

1 2

Abb. B 2.14.1. Zur grafischen Ermittlung des partiellen molaren Volumens ¨ in guter Ubereinstimmung mit dem Messwert. Man erkennt, dass die partiellen molaren Volumina deutlich von den entsprechenden Reinstoffvolumina abweichen. Das Gesamtvolumen h¨ atte man auch ohne den Umweg u ¨ ber die partiellen molaren Volumina direkt aus dem molaren Mischungsvolumen nach Abb. 2.34 berechnen k¨ onnen. Mit Δυ M (25◦ C, x2 = 0, 421) = −1, 10 cm3 /mol ergibt sich V = 70, 33 − 2 · 1, 10 = 68, 13 cm3 .

Das Stoffmodell der idealen L¨ osung f¨ uhrt das partielle molare Volumen auf das Reinstoffvolumen der betrachteten Komponente im fl¨ ussigen Zustand bei der Temperatur und dem Druck des Gemisches zur¨ uck. Dies ist nicht f¨ ur alle fl¨ ussigen Gemische m¨ oglich. Wenn z.B. ein fl¨ ussiges Gemisch dadurch entsteht, dass ein Gas, z.B. Sauerstoff, in einer Fl¨ ussigkeit, z.B. Wasser, gel¨ost wird, dann existiert die Komponente Sauerstoff bei der Temperatur und dem Druck des Gemisches nicht als reine Fl¨ ussigkeit. Sie ist ein Gas. Das Analoge gilt f¨ ur ein fl¨ ussiges Gemisch, das durch L¨osung eines Feststoffs in einer Fl¨ ussigkeit entstanden ist, und insbesondere f¨ ur Ionen. Die fl¨ ussigen Reinstoffvolumina sind f¨ ur diese Komponenten nicht ermittelbar. Ein f¨ ur solche gel¨ oste Komponenten in fl¨ ussigen Gemischen geeignetes, idealisiertes Stoffmodell ist das der ideal verd¨ unnten L¨ osung. In Bezug auf eine Komponente i ist eine ideal verd¨ unnte L¨ osung der Grenzfall eines realen fl¨ ussigen Gemisches f¨ ur xi → 0. Das partielle molare Volumen einer Komponente i in einer unendlich verd¨ unnten L¨ osung bezeichnen wir mit υi∞ . Es ist aus der Funktion υ(x) nach (2.32) berechenbar. Im bin¨ aren Gemisch einer Komponente 1 mit einer Komponente 2 erh¨ alt man z.B. υ2∞ durch Anlegen der Tangente an die Kurve υ(x2 ) bei x2 = 0 und Ablesen des Ordinatenabschnitts bei x2 = 1, vgl. Abb. 2.35. Analog zum idealen Gasgemisch und zur idealen L¨osung

2.5 Stoffmodelle f¨ ur Gemische

103

u ° 2° = u 2 *

u

u

u 1 * = u °1 ° u

0 1

u

u

0 2

il

0

x

1 2

Abb. 2.35. Zum partiellen molaren Volumen in der ideal verd¨ unnten L¨ osung

definiert man auch f¨ ur die ideal verd¨ unnte L¨ osung formal einen reinen Bezugszustand. Das molare Volumen in diesem Zustand ist in Abb. 2.35 als υi∗ bezeichnet. Es stellt das molare Volumen dar, das durch Extrapolation des molaren Volumens des Gemisches im Bereich der ideal verd¨ unnten L¨osung ur das partielle moauf den Stoffmengenanteil xi = 1 entsteht. Damit gilt f¨ lare Volumen einer Komponente i im Referenzzustand der ideal verd¨ unnten L¨ osung υiivl = υi∗ (T, p) = υi∞ (T, p) .

(2.49)

Atomistisch ist der Grenzfall der ideal verd¨ unnten L¨ osung dadurch gekennzeichnet, dass es keine Wechselwirkungen zwischen Molek¨ ulen der Komponente i gibt, wohl aber Wechselwirkungen zwischen den Molek¨ ulen der Komponente i und denen des L¨ osungsmittels (0), f¨ ur das x0 → 1 gilt. Das molare Volumen υi∗ ist kein reales Reinstoffvolumen, sondern das molare Volumen in einem hypothetischen Reinstoffzustand, dessen intermolekulare Wechselwirkungen nicht die der reinen Komponente i, sondern die der ideal verd¨ unnten L¨ osung sind. Im Stoffmodell einer ideal verd¨ unnten L¨ osung ¨ andern sich die intermolekularen Wechselwirkungen nicht mit der Zusammensetzung. Dies trifft daher auch f¨ ur das partielle molare Volumen zu.

Im Gegensatz zur idealen L¨ osung ist das Stoffmodell der ideal verd¨ unnten L¨ osung grunds¨ atzlich nicht zur Beschreibung des gesamten Konzentrationsbereichs geeignet. Abb. 2.36 zeigt das molare Volumen und die partiellen molaren Volumina im System 2-Propanol (1) / Wasser (2) bei 20◦ C. Die Verl¨aufe der partiellen molaren Volumina weichen systematisch von den Grenzwerten der Reinstoffvolumina ab, wobei die Abweichung f¨ ur die Komponente 1 bei kleinen Werten von x1 besonders deutlich ist. F¨ ur das molare Volumen einer fl¨ ussigen L¨ osung aus zwei Komponenten, wobei eine (1) bei Temperatur und Druck des Gemisches fl¨ ussig, die andere (2) gasf¨ ormig oder fest ist, w¨ ahlt man das Stoffmodell Ideale L¨osung“ f¨ ur die ” Komponente 1 und das Stoffmodell Ideal verd¨ unnte L¨osung“ f¨ ur die Kom”

104

2 Fluide Phasen 1 0 0 3

c m

m o l

u

u 1

0 1

u

8 0

u *1 = u °1 ° 6 0

u 4 0

2 0

u

u

u ° 2 ° = u *2 2

0 2

0 0

0 ,2

0 ,4

0 ,6

x

0 ,8

1 ,0

1

Abb. 2.36. Molares Volumen und partielle molare Volumina im System 2-Propanol (1) / Wasser (2) bei 20◦ C

ponente 2. Bei hinreichend kleiner Menge an gel¨oster Komponente 2 verh¨alt sich das Gemisch tats¨ achlich ideal im Sinne der beiden Idealit¨atsmodelle, und es gilt υ ivl = x1 υ01 + x2 υ2∗ ≈ x1 υ01 .

(2.50)

Man spricht von einer unsymmetrischen Normierung. Die Gr¨ oße υi∗ sowie auch allgemein das Stoffmodell der ideal verd¨ unnten L¨ osung hat f¨ ur das Volumen keine große praktische Bedeutung, mit Ausnahme z.B. f¨ ur die Beschreibung der Druckabh¨angigkeit von L¨oslichkeiten. Allgemein und f¨ ur andere Zustandsgr¨ oßen ist dieses Stoffmodell hingegen bei thermodynamischen Analysen unentbehrlich, vgl. z.B. die Abschnitte 4.3 und 7.2.

2.6 Kontrollfragen 2.1 Man berechne die Molmasse von Schwefelwasserstoff (H2 S) aus den in A2.1 angegebenen Molmassen von Wasserstoff und Schwefel! 2.2 Was ist ein Mol? 2.3 Durch welche Stoffgr¨ oße werden die Masse und die Stoffmenge ineinander umgerechnet? 2.4 Was ist eine Beladung? 2.5 Was ist eine intensive Zustandgr¨ oße ? Nennen Sie ein Beispiel! 2.6 Geben Sie die thermodynamische und die mechanische Definition des Druckes an! 2.7 Geben Sie eine einfache atomistische Interpretation f¨ ur den Druck!

2.6 Kontrollfragen

105

2.8 Wie lautet die thermodynamische Definition der Temperatur? 2.9 Was sagt der 0. Hauptsatz der Thermodynamik aus? 2.10 Warum ist die Celsius-Temperatur in thermodynamischen Rechnungen grunds¨ atzlich nicht anwendbar? 2.11 Was ist der Bezugspunkt f¨ ur die thermodynamische Temperatur auf der Kelvin-Skala ? 2.12 In einem geschlossenen Beh¨ alter mit reinem Kohlendioxid stehen die drei Phasen Gas, Fl¨ ussigkeit und Feststoff miteinander im Gleichgewicht. Kann man die Existenz der drei Phasen aufrecht erhalten, wenn man den Druck und/oder die Temperatur ver¨ andert ? 2.13 Welche besonderen Eigenschaften machen das ideale Gasthermometer zu einem geeigneten Messger¨ at f¨ ur die thermodynamische Temperatur? 2.14 Geben Sie eine einfache atomistische Interpretation f¨ ur die Temperatur! 2.15 Skizzieren Sie schematisch das p, υ-Diagramm eines reinen idealen Gases und erkl¨ aren Sie daran das Prinzip der W¨ armekraftmaschine auf Gasbasis! 2.16 Skizzieren Sie schematisch den Verlauf der Dampfdruckkurve eines reinen Stoffes und erl¨ autern Sie daran das Prinzip der W¨ armekraftmaschine und der W¨ armepumpe auf Dampfbasis! 2.17 Welche W¨ arme muss man einem reinen Stoff am kritischen Punkt beim ¨ Ubergang vom fl¨ ussigen in den dampff¨ ormigen Zustand zuf¨ uhren? 2.18 Wodurch unterscheiden sich die Verdampfung und Kondensation in einem bin¨ aren Gemisch von dem entsprechenden Ph¨ anomen in Reinstoffen? 2.19 Wie ver¨ andert sich die Temperatur beim isobaren Verdampfen in einem offenen System a) f¨ ur einen Reinstoff b) f¨ ur ein bin¨ ares Gemisch? 2.20 Man zeichne schematisch das Schmelzdiagramm eines bin¨ aren Systems, dessen feste Phasen als reine Stoffe angesehen werden k¨ onnen! 2.21 Worin besteht der Unterschied zwischen Verdunstung und Verdampfung in einem bin¨ aren Gemisch? 2.22 Was ist die obere kritische Entmischungstemperatur? 2.23 Was ist ein eutektischer Punkt? 2.24 Was dr¨ uckt eine Bruttoreaktionsgleichung aus und was nicht? 2.25 Zeichnen Sie schematisch ein p, υ-Diagramm eines reinen Stoffes und stellen Sie die heterogenen Zustandsgebiete dar! 2.26 Zeichnen Sie schematisch das p, T -Diagramm eines reinen Stoffes und bezeichnen Sie die drei Phasengrenzkurven, den kritischen Punkt und den Tripelpunkt! 2.27 Wie lautet die Zustandsgleichung reiner idealer Gase und welche molekulare Modellvorstellung liegt ihr zu Grunde? 2.28 Wodurch ist eine ideale Fl¨ ussigkeit charakterisiert? 2.29 Wie lautet die allgemeine Beziehung f¨ ur eine molare Zustandsgr¨ oße eines Gemisches in Abh¨ angigkeit von den Stoffmengenanteilen der Komponenten? 2.30 Was ist eine partielle Gr¨ oße und welche Beziehung hat sie zu der gesamten Gr¨ oße f¨ ur das Gemisch? 2.31 Was ist ein ideales Gasgemisch und welche Beziehung gilt dort f¨ ur den Partialdruck?

106

2 Fluide Phasen

2.32 Wie ist der Taupunkt tT eines idealen Luft/Wasserdampf-Gemisches definiert? 2.33 Was ist ein ideales Gas/Dampf-Gemisch und durch welche Beziehung ist sein S¨ attigungszustand definiert? 2.34 Welche Beziehung gilt f¨ ur die Dampfbeladung eines idealen Gas/DampfGemisches? 2.35 Welchen Wert hat der Taupunkt feuchter Luft, die bei 20◦ C eine relative Feuchte von ϕ = 0, 7 hat? 2.36 Das Abgas eines Gaskessels enth¨ alt 55 ppm NO2 (ppm = parts per million). Man rechne diese Angabe in mg/m3n um (MNO2 = 46, 006 g/mol)! 2.37 Wie lautet die Beziehung f¨ ur das partielle molare Volumen in einer idealen L¨ osung? Welche molekulare Modellvorstellung f¨ uhrt auf dieses Stoffmodell? 2.38 Wie ist das Mischungsvolumen Δυ M eines bin¨ aren realen Gemisches definiert und in welcher Beziehung steht es zum Exzessvolumen υ E ? 2.39 Wie lautet die Beziehung f¨ ur das partielle molare Volumen in einer ideal verd¨ unnten L¨ osung ? Welche molekulare Modellvorstellung f¨ uhrt auf dieses Stoffmodell? 2.40 Wie ist der Bezugszustand einer Komponente i in einer ideal verd¨ unnten L¨ osung f¨ ur das Volumen definiert?

2.7 Aufgaben Aufgabe 2.1 Toluol (C7 H8 ) und Benzol (C6 H6 ) werden ¨ aquimolar”, d.h. mit gleichen Stoff” mengen miteinander vermischt. Man berechne die Massenanteile der beiden Komponenten in der Mischung. Molmassen: MC = 12, 011 g/mol, MH2 = 2, 016 g/mol

Aufgabe 2.2 Ein Gemisch besteht aus 2,7 kg N2 , 1,25 kg O2 , 0,7 kg H2 und 0,4 kg CO2 . Man berechne die Zusammensetzung in Massen- und Stoffmengenanteilen. Molmassen: MC = 12, 011 g/mol, MH2 = 2, 016 g/mol, MN2 = 28, 013 g/mol, MO2 = 31, 999 g/mol

Aufgabe 2.3 In einer Stahlflasche mit einem Volumen von 12 dm3 befindet sich Sauerstoff mit einer Masse von mO2 = 2, 05 kg. a) Wie groß ist die Stoffmenge des Sauerstoffs in der Flasche? b) Wie groß sind das molare und spezifische Volumen sowie die Dichte?

2.7 Aufgaben W a s s e r

107

W ä r m e tr ä g e r flü s s ig k e it

L H

Aufgabe 2.4 Die Dichte einer technischen W¨ armetr¨ agerfl¨ ussigkeit soll mit einem U-Rohr bestimmt werden. Hierzu wird Wasser, das mit der W¨ armetr¨ agerfl¨ ussigkeit nicht mischbar ist, in einen Schenkel eingef¨ ullt. Wie groß ist die Dichte der W¨ armetr¨ agerfl¨ ussigkeit? H2 O = 1000 kg/m3 , H = 300 mm; L = 384 mm, g = 9, 81 m/s2

Aufgabe 2.5 An einer Niederdruckgasleitung ist zur Druckmessung ein U-Rohr angebracht, das mit Silikon¨ ol ( S = 1203 kg/m3 ) als Sperrfl¨ ussigkeit gef¨ ullt ist. Zur Vergr¨ oßerung der Druckanzeige befindet sich im offenen Schenkel u ussigkeit Wasser ¨ ber der Sperrfl¨ ( W = 998 kg/m3 ). Die Erdbeschleunigung betr¨ agt g = 9, 81 m/s2 (pu = 1, 005 bar).

p U

D z r

p g

2

D z W

r

1

S

¨ a) Wie groß sind der Absolutdruck pg und der Uberdruck in der Gasleitung, wenn Δz1 = 144 mm, Δz2 = 350 mm und pu = 1005 hPa gilt? b) Welche Spiegelh¨ ohendifferenz Δz w¨ urde sich bei demselben Druck in der Gasleitung einstellen, wenn kein Wasser in das U-Rohr eingef¨ ullt worden w¨ are?

Aufgabe 2.6 Gegeben sei ein ideales Gasthermometer, f¨ ur das am Tripelpunkt des Wassers = 2271, 3 Nm/mol gilt. Die empirische Temperatur des idealen Gasther(pv)ig tr,H2 O

ig = 273, 16 K. Im thermischen mometers am Tripelpunkt des Wassers betr¨ agt Θtr,H 2O Gleichgewicht mit einem zweiten System misst man (pv)ig = 10000 Nm/mol. Man berechne die Temperatur des idealen Gasthermometers f¨ ur das zweite System.

108

2 Fluide Phasen

Aufgabe 2.7 Die Temperaturskala nach Fahrenheit ist beim Gefrierpunkt des Wassers (0◦ C) mit 32◦ F, beim Wassersiedepunkt (100◦ C) mit 212◦ F festgelegt. Wieviel ◦ F sind 15◦ C und wieviel ◦ C sind 100◦ F?

Aufgabe 2.8 In einem Zylinder mit frei beweglichem Kolben befinden sich 10 g Stickstoff bei t1 = 50◦ C und p1 = 1 bar. Durch Verschieben des Kolbens wird das Zylindervolumen auf v2 halbiert, wobei durch W¨ armeabfuhr die Temperatur konstant gehalten wird.

4 3 ,5 3 2 ,5 p /b a r

2 1 ,5

6 7 3 ,1 5 K

1

4 7 3 ,1 5 K

5 7 3 ,1 5 K 3 7 3 ,1 5 K 3 2 3 ,1 5 K 2 7 3 ,1 5 K

0 ,5 0 0

0 ,0 0 5

0 ,0 1

0 ,0 1 5

0 ,0 2

0 ,0 2 5

0 ,0 3

0 ,0 3 5

0 ,0 4

v /(m ³/m o l) Anschließend wird bei arretiertem Kolben W¨ arme zugef¨ uhrt, bis sich der Druck p3 = 2, 93 bar einstellt. Nach dem L¨ osen der Arretierung expandiert der Kolben isotherm auf den Druck p4 = p1 = 1 bar. Durch anschließende isobare W¨ armeabfuhr wird der Ausgangszustand 1 erreicht. a) Man skizziere den Prozess im p, v-Diagramm und bestimme das Volumen des Zylinders im Zustand 1. b) Man bestimme die thermischen Zustandsgr¨ oßen Temperatur, Druck und molares Volumen in allen Zustandspunkten. Molmasse: MN2 = 28, 013 g/mol

Aufgabe 2.9 Gegeben ist ein p, t-Diagramm f¨ ur Wasser. a) Man bestimme Druck und Temperatur am Tripelpunkt sowie am kritischen Punkt.

2.7 Aufgaben

109

1 0 0 0 1 0 0 1 0

p /b a r

1 0 ,1 0 ,0 1 0 ,0 0 1 0 ,0 0 0 1 -1 0 0

-5 0 0

5 0

1 0 0

1 5 0

2 0 0

2 5 0

3 0 0

3 5 0

4 0 0

t/° C b) Man zeichne folgende Zustands¨ anderungen in das Diagramm ein und beschreibe die Phasen und die Phasen¨ anderungen, die dabei durchlaufen werden. 1→2: 3→4: 5→6: 7→8: 9→10:

isobare W¨ armezufuhr von t1 = −5◦ C und p1 = 1 bar auf ◦ t2 = 200 C isobare Abk¨ uhlung von t3 = 0◦ C und p3 = 1 mbar auf t4 = −30◦ C isotherme Kompression von t5 = 120◦ C und p5 = 1 bar auf p6 = 5 bar isotherme Expansion von t7 = −10◦ C und p7 = 0, 1 bar auf p8 = 0, 1 mbar isobare W¨ armezufuhr von t9 = −50◦ C und p9 = 400 bar auf t10 = 450◦ C

Aufgabe 2.10 Gegeben ist ein p, v-Diagramm f¨ ur Kohlendioxid. a) Man bezeichne alle Phasengrenzkurven sowie die Zustandsgebiete. b) Man trage die folgenden Zustands¨ anderungen in das p, v−Diagramm ein: 1→2: 2→3: 3→4:

isobare W¨ armezufuhr von t1 = −80◦ C auf t2 = 20◦ C bei einem Druck von p1 = 4 bar isotherme Kompression und Teilkondensation bis zu einem Dampfgehalt von x3 = 0, 8 vollst¨ andige isobare Kondensation und weitere isobare Abk¨ uhlung bis auf −80◦ C.

c) Man bestimme die thermischen Zustandsgr¨ oßen Druck, Temperatur und spezifisches Volumen in allen Zustandspunkten sowie das Verh¨ altnis von Dampf- zu Fl¨ ussigkeitsmasse im Zustand 3.

110

2 Fluide Phasen

8 0 7 0 t= 2 0 ° C

p /b a r

6 0 5 0 4 0 3 0 2 0 1 0 0

t= -8 0 ° C

0 ,0 0 0 1

0 ,0 0 1

0 ,1

0 ,0 1

1

1 0

v /(m ³/k g ) Aufgabe 2.11 Aus der Dampfturbine eines Kraftwerkes str¨ omt ein Massenstrom von m ˙ = 10 kg/s Nassdampf mit einem Druck von p = 10 kPa und einem Dampfgehalt von x = 0, 95 a) Man skizziere den Zustandspunkt in einem p, v-Diagramm. b) Man bestimme die Massenstr¨ ome von Dampf und Fl¨ ussigkeit. c) Welcher Volumenstrom ergibt sich? spezifische Volumina: v  (10 kPa)= 0,001010 m3 /kg, v  (10 kPa)= 14,67 m3 /kg

Aufgabe 2.12 Ein Massenstrom aus 200 kg/h Methanol CH3 OH (2) und 150 kg/h Wasser (1) mit einer Temperatur von t0 = 50◦ C und einem Druck von p0 = 0,5 bar wird einer isobaren stetigen Destillation unterworfen. Produkt- und R¨ uckstandstrom verlassen die Destillationsapparatur bei 65◦ C. Der Produktstrom wird anschließend in einem Kondensator vollst¨ andig kondensiert. a) Man zeichne ein Schaltschema des Prozesses und skizziere ihn im nachstehenden Siede-Diagramm. b) Auf welche Temperatur ts muss das Gemisch erw¨ armt werden, damit es zu sieden anf¨ angt? c) Man bestimme die Zusammensetzungen sowie die Massenstr¨ ome von Produkt und R¨ uckstand. d) Wie hoch ist die Temperatur des kondensierten Produktstroms? Molmassen: MC = 12, 011 g/mol, MH2 = 2, 016 g/mol, MO2 = 31, 999 g/mol

2.7 Aufgaben

111

G e m is c h e

8 5 8 0

t/°

C

7 5 7 0 6 5 66 0 5 555 5 500

4 5 0

0 ,1

0 ,2

0 ,3

0 ,4

0 ,5

0 ,6

0 ,7

0 ,9

0 ,8

1

x 2 ', x 2 '' Aufgabe 2.13

p /k P a

10 mol eines fl¨ ussigen Gemisches aus Toluol (1) und Benzol (2) (x2 = 0, 5) werden bei 80◦ C durch Entspannen teilweise verdampft, vgl. das Dampfdruckdiagramm unten. a) Man bestimme die Dampfdr¨ ucke der reinen Komponenten bei 80◦ C. b) Welche Zusammensetzung haben Dampf und Fl¨ ussigkeit bei einem Druck von 65 kPa?

1 1 0 1 0 0 9 0 8 0 7 0 6 0 5 0 4 0 3 0 2 0 1 0 0 0

0 ,1

0 ,2

0 ,3

0 ,4

0 ,5 x 2 ', x 2 ''

0 ,6

0 ,7

0 ,8

0 ,9 1

112

2 Fluide Phasen

c) Man bestimme die Stoffmengen von Dampf und Fl¨ ussigkeit bei 65 kPa.

Aufgabe 2.14 In einem Beh¨ alter mit einem Volumen von V = 5 m3 sind 0,5 kg eines reinen idealen Gases eingeschlossen. F¨ ur Druck und Temperatur wurden die Werte p = 0,1386 bar und T = 300 K gemessen. Wie groß ist die Molmasse des Gases?

Aufgabe 2.15 Ein Luftverdichter ist f¨ ur einen Normvolumenstrom von 1000 m3n /h ausgelegt. Man berechne den Volumenstrom dieser Luftmenge am Ausgang des Verdichters, wenn der Druck hier 6 bar und die Temperatur der Luft 97◦ C betr¨ agt.

Aufgabe 2.16 In einem Zylinder mit frei beweglichem Kolben befindet sich Wasser bei einer Temperatur von 30◦ C und einem Druck von 2 bar. Folgende isobare Zustands¨ anderungen finden im Zylinderinneren statt: 1→2: 2→3: 3→4:

Erw¨ armung der Fl¨ ussigkeit bis zum Siedepunkt vollst¨ andige Verdampfung ¨ Uberhitzung des Dampfes auf eine Temperatur von 180◦ C

a) Man skizziere die Zustands¨ anderungen in einem t, v-Diagramm f¨ ur den Druck p = 2 bar. b) Man bestimme den Druck, die Temperatur und das spezifische Volumen in den Zust¨ anden 2, 3 und 4.

Aufgabe 2.17 In einem Zylinder mit beweglichem Kolben befinden sich 0,1 kg Wasser bei einer Temperatur von t1 = 30◦ C und einem Druck von p1 = 2, 4 bar. Das Wasser wird zun¨ achst isobar erw¨ armt, bis bei einer Temperatur t2 die erste Dampfblase auftritt. Durch weitere W¨ armezufuhr wird das Wasser teilweise verdampft. Bei einem Zylindervolumen von V3 = 0, 05 m3 wird der Kolben arretiert, es wird aber weiterhin W¨ arme zugef¨ uhrt, bis der letzte Fl¨ ussigkeitstropfen bei einer Temperatur von t4 verdampft ist. a) Man stelle die Zustands¨ anderungen von 1 nach 4 qualitativ in einem p, V Diagramm dar. b) Bei welcher Temperatur t2 tritt die erste Dampfblase auf? ussigen c) Man bestimme im Zustand 3 den Dampfgehalt x3 und die Masse der fl¨ und der dampff¨ ormigen Phase im Zylinder. d) Man bestimme den Druck p, die Temperatur T und das spezifische Volumen v in den Zust¨ anden 2, 3 und 4.

2.7 Aufgaben

113

Aufgabe 2.18 In einer mit Ammoniak betriebenen Kompressionsk¨ altemaschine befindet sich eine Drossel, in der der Druck des K¨ altemittels (m ˙ = 0, 1 kg/s) vom Kondensatordruck auf den Verdampferdruck gesenkt wird. Hinter der Drossel betragen der Druck p = 1, 195 bar und der Dampfgehalt x = 0, 3. a) Wie groß sind die Massenstr¨ ome von Fl¨ ussigkeit und Dampf hinter der Drossel? b) Man berechne den Volumenstrom hinter der Drossel. Stoffdaten von Ammoniak auf der Siede- und der Taulinie: t/◦ C -50 -40 -30 -20 -10 0

p/ bar 0,4084 0,7172 1,195 1,902 2,908 4,294

ρ /kg/m3 702,1 690,1 677,8 665,1 652,0 638,6

ρ /kg/m3 0,3808 0,6445 1,039 1,604 2,391 3,456

Aufgabe 2.19 Ein ideales Gasgemisch besteht aus 2,7 kg N2 , 1,25 kg O2 , 0,7 kg H2 und 0,4 kg CO2 . Wie groß sind die die Partialdr¨ ucke, wenn der Gesamtdruck 1,2 bar betr¨ agt. Molmassen: MC = 12, 011 g/mol, MH2 = 2, 016 g/mol, MN2 = 28, 013 g/mol, MO2 = 31, 999 g/mol

Aufgabe 2.20 Man berechne den Taupunkt von feuchter Luft, die bei einer Temperatur von t1 = 26◦ C eine relative Feuchte von ϕ1 = 0, 7 hat (Der Gesamtdruck betr¨ agt p = 0,1 MPa).

Aufgabe 2.21 In einem Raum befinden sich 15 m3 Luft bei einem Druck von 1 bar, einer Temperatur von 20◦ C und einer Wasserbeladung von 0,012. Man berechne a) die relative Feuchte der Luft und den Partialdruck des Wasserdampfs, b) die Masse der trockenen Luft und des Wasserdampfs sowie die Gesamtmasse der Raumluft. Molmassen: MW = 18, 015 g/mol, ML = 28, 963 g/mol

114

2 Fluide Phasen

Aufgabe 2.22 In einem Zylinder mit beweglichem Kolben befinden sich 1 kg trockene Luft und 100 g Wasser. Die Temperatur betr¨ agt 50◦ C, der Gesamtdruck 1 bar. a) Wie viele Phasen befinden sich im Zylinder? b) Welche Wassermasse liegt dampff¨ ormig vor? c) Wie groß ist das Volumen im Zylinder? Molmassen: MW = 18, 015 g/mol,ML = 28, 963 g/mol

3. Die Materiemengenbilanz

Es geh¨ ort zu den allgemeinen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen, dass die Masse eines geschlossenen Systems erhalten bleibt 4 . Aus einem offenen ˙ 2 zugef¨ uhrt werden, muss dementSystem, dem die Massenstr¨ ome m ˙ 1 und m sprechend im station¨ aren Fall ein gleich großer Massenstrom m ˙ wieder ausstr¨ omen, vgl. Abb. 3.1. Bei instation¨ aren Prozessen, z.B. dem in Abb. 3.2 gezeigten F¨ ullen eines Beh¨ alters, muss die Zunahme oder Abnahme der Masse im System gleich dem Unterschied von zustr¨ omendem und abstr¨omendem Massenstrom sein. Massenbilanzen, bzw. allgemeiner, Materiemengenbilanzen sind unverzichtbarer Bestandteil der thermodynamischen Analyse eines Prozesses. Die allgemeine Form der Gesamtmassenbilanz lautet dm(τ ) =m ˙ e (τ ) − m ˙ a (τ ) (3.1) dτ und bringt zum Ausdruck, dass sich die Massen¨ anderung in einem System mit der Zeit aus dem Unterschied der einstr¨ omenden und ausstr¨omenden Masse ergibt. Bei mehreren ein- und austretenden Massenstr¨omen verallgemeinert sich (3.1) zu  dm(τ )  = m ˙ i (τ ) − m ˙ j (τ ) , dτ i j 4

Relativistische Effekte, d.h. Umwandlungen von Masse in Energie, werden ausgeschlossen. . m

m

(3.2)

.

2

1

m

.

= m

. 1

+ m

. 2

Abb. 3.1. Massenbilanz bei einem station¨ aren Prozess

116

m

3 Die Materiemengenbilanz . e

d m d t

Abb. 3.2. F¨ ullen einer Flasche

wobei sich die erste Summe u ¨ ber alle eintretenden, die zweite u ¨ ber alle austretenden Stoffstr¨ ome erstreckt. F¨ ur station¨are Prozesse entf¨allt die Zeitabh¨ angigkeit, und es gilt demnach   m ˙i= m ˙j . (3.3) i

j

Die gesamte einstr¨ omende Masse muss auch wieder ausstr¨omen. Eine besonders h¨ aufig benutzte Form der Massenbilanz bei Str¨omungen durch Kan¨ ale ist die Kontinuit¨ atsgleichung. F¨ ur die station¨are Str¨omung eines Stoffstroms durch die aufeinander folgenden Querschnitte 1 und 2 gilt mit (3.3) m ˙ = ρ1 c1 A1 = ρ2 c2 A2 .

(3.4)

achen an den Punkten 1 und 2, ρ1 , ρ2 die Hier sind A1 , A2 die Querschnittsfl¨ Dichten und c1 , c2 die Phasengeschwindigkeiten. Durch die Massenbilanz in Form der Kontinuit¨ atsgleichung werden thermodynamische Zustandsgr¨oßen mit der Kanalquerschnittsfl¨ ache in Beziehung gesetzt.

3.1 Materiemengenbilanz bei thermischen Energie- und Stoffumwandlungen Alle Prozesse, in denen Stoffe ohne chemische Reaktionen ihre Eigenschaften wie Temperatur, Druck und Zusammensetzung ver¨andern sowie an Energieumwandlungen mitwirken, bezeichnen wir zusammenfassend als thermische Energie- und Stoffumwandlungen. Da chemische Reaktionen ausge-

3.1 Materiemengenbilanz bei thermischen Energie- und Stoffumwandlungen

117

schlossen werden, bleiben bei thermischen Umwandlungen außer der Gesamtmasse auch die Massen der einzelnen Komponenten erhalten. Das Analoge gilt f¨ ur die Stoffmengen. 3.1.1 Umwandlungen reiner Stoffe In Prozessen mit reinen Stoffen ist die Massenbilanz besonders einfach. Wenn insbesondere station¨ are Prozesse betrachtet werden, dann sagt die Massenbilanz aus, dass jeder in ein System eintretende reine Stoffstrom entweder als solcher oder mit den anderen vermischt bzw. in Teilstr¨ome aufgespalten auch wieder austritt. Ein einfacher Anwendungsfall ist der Wasser-/Dampf-

1

D a m p ftu r b in e

D a m p fe rz e u g e r

F e rn w ä rm e

b )

5

a ) 2

6 7

8

K o n d e n s a to r

V o rw ä rm e r P u m p e 4 3

9

Abb. 3.3. Schema des Wasser-/Dampf-Kreislaufs eines Heizkraftwerks

Kreislauf eines Heizkraftwerkes. F¨ ur das in Abb. 1.17 dargestellte Schaltbild eines fossil gefeuerten Heizkraftwerkes zeigt Abb. 3.3 als Ausschnitt daraus das Schema des Wasser-/Dampf-Kreisprozesses. Aus dem Dampferzeuger tritt ein Massenstrom von m ˙ = 51 kg/s Frischdampf aus und str¨omt zur Dampfturbine. In der Dampfturbine spaltet sich der Dampfstrom in zwei Teilstr¨ ome a) und b) auf, wobei der kleinere von m ˙ a = 11 kg/s direkt in den Kondensator gef¨ uhrt wird, w¨ ahrend der gr¨ oßere m ˙ b = 40 kg/s zun¨achst dem Fernw¨ armeabnehmer, dann dem Vorw¨ armer und schließlich auch dem Kondensator zugef¨ uhrt wird. Vom Kondensator str¨ omt der gesamte Massenstrom von m ˙ = 51 kg/s als Speisewasser dem Dampferzeuger zu, in dem er erneut in einen gleich großen Frischdampfstrom umgewandelt wird. Abb. 3.4 zeigt die

118

3 Die Materiemengenbilanz

graphische Darstellung dieser Massenbilanz in einem so genannten Massenflussbild. Die Gr¨oße der Massenstr¨ ome wird darin durch die Dicke der Pfeile

5 1

D a m p ftu r b in e

b ) 4 0

a ) 1 1

D a m p fe rz e u g e r

F e rn w ä rm e + V o rw ä rm e r K o n d e n s a to r

5 1

Abb. 3.4. Massenflussbild des Wasser-/Dampf-Kreislaufs eines Heizkraftwerks in kg/s

dargestellt. Eine detaillierte Massenbilanz, z.B. um die Dampfturbine, bringt zum Ausdruck, dass sich die 51 kg/s Frischdampf in zwei Abdampfstr¨ome der Turbine, n¨ amlich 40 kg/s und 11 kg/s aufspalten. Bei Prozessen mit nur einem Stoffstrom, wie typischen Arbeits- und Str¨ omungsprozessen bei Energieumwandlungen, kann man alle Gr¨oßen auf den konstanten Massenstrom beziehen und somit in spezifischen Gr¨oßen rechnen. Damit ist die Massenbilanz automatisch erf¨ ullt. Statt der Massenbilanz kann auch die Stoffmengenbilanz benutzt werden. Man rechnet dann mit molaren Gr¨ oßen. 3.1.2 Umwandlungen von Gemischen Bei thermischen Stoffumwandlungen von Gemischen, z.B. der Trennung eines Roh¨ ols in seine Fraktionen, gilt ebenfalls die Erhaltung der Gesamtmasse. In Abwesenheit von chemischen Reaktionen gilt insbesondere auch die Erhaltung der Massen der einzelnen Komponenten. Wenn z.B. ein fl¨ ussiges Gemisch aus Wasser und Alkohol durch eine thermische Stoffumwandlung in seine reinen Komponenten, n¨ amlich reines Wasser und reinen Alkohol, zerlegt werden soll, dann bleibt die urspr¨ unglich im Gemisch vorhandene

3.1 Materiemengenbilanz bei thermischen Energie- und Stoffumwandlungen

119

Wassermasse nach dem Prozess als reines Wasser erhalten. Das Analoge gilt f¨ ur den Alkohol. Da in Abwesenheit chemischer Reaktionen keine Stoffmengen¨ anderungen stattfinden, gilt auch die Erhaltung der gesamten Stoffmenge, sowie die Erhaltung der Stoffmenge jeder Komponente. Insgesamt erhalten wir damit so viele Materiemengenbilanzen wie es Komponenten in dem betrachteten Prozess gibt. Beispiel 3.1 Ein Luftstrom (n˙ = 0, 02 mol/s), der in erster N¨ aherung nur aus Stickstoff und Sauerstoff (x = 0,21) besteht, wird von einem medizinischen SauerstoffAnreicherungsger¨ at in zwei Teilstr¨ ome zerlegt. Der dabei entstehende sauerstoffreiche Stoffmengenstrom (n˙ (r) = 0,003 mol/s, x(r) = 0,9) wird dem Patienten zugef¨ uhrt, ein zweiter sauerstoffarmer Teilmengenstrom geht an die Umgebung. Aus der Stoffmengenbilanz berechne man den Stoffmengenstrom n˙ (a) und den Stoffmengenanteil x(a) des Sauerstoffs des an die Umgebung abgegebenen sauerstoffarmen Teilstromes, vgl. Abb. B 3.1.1. . n x

(a ) (a )

= ? = ?

R e s ts tro m

. n = 0 ,0 2 m o l/s x = 0 ,2 1

. n x

(r) (r)

m it S a u e r s to ff a n g e r e ic h e r te r T e ils tr o m = 0 ,0 0 3 m o l/s = 0 ,9 0

Abb. B 3.1.1. Zur Stoffmengenbilanz an einem Ger¨ at zur Sauerstoffanreicherung der Atemluft

L¨ osung Es handelt sich um eine thermische Stoffumwandlung, d.h. es sind keine chemischen Stoffumwandlungen beteiligt. Damit kann die Materiemengenbilanz auf die Stoffmengen der beiden Komponenten angewandt werden. Alternativ und oft einfacher ist das Anschreiben der Stoffmengenbilanz f¨ ur die gesamte Stoffmenge und die Stoffmenge einer Komponente. Da es sich um einen station¨ aren Prozess handelt, entf¨ allt der instation¨ are Term der Materiemengenbilanz. Die Stoffmengenbilanz lautet also

120

3 Die Materiemengenbilanz

n˙ = n˙ (a) + n˙ (r) und nx ˙ = n˙ (a) x(a) + n˙ (r) x(r) . Dies sind zwei unabh¨ angige Gleichungen f¨ ur die beiden gesuchten Gr¨ oßen. Eine Stoffmengenbilanz der zweiten Komponente l¨ asst sich ebenfalls leicht hinschreiben, f¨ uhrt aber nicht weiter, da sie nicht unabh¨ angig von den beiden anderen ist. So w¨ urde gelten n(1 ˙ − x) = n˙ (a) (1 − x(a) ) + n˙ (r) (1 − x(r) ) , was aber durch Addition zu der Stoffmengenbilanz der anderen Komponente die bereits angesetzte Gesamtstoffmengenbilanz ergibt. Der gesuchte Stoffmengenstrom ergibt sich zu n˙ (a) = n˙ − n˙ (r) = 0, 02 − 0, 003 = 0, 017 mol/s . Sein Sauerstoffanteil ist x(a) =

nx ˙ − n˙ (r) x(r) 0, 02 · 0, 21 − 0, 003 · 0, 90 = = 0, 088 . 0, 017 n˙ (a)

Die Vorg¨ ange in einem Sauerstoff-Anreicherungsger¨at sind ein Beispiel f¨ ur eine Stofftrennung. Bei der mobilen Sauerstoff-Anreicherung erfolgt die Trennung in der Regel dadurch, dass die Luft durch Molekularsiebe gepresst wird, die f¨ ur die Komponenten Sauerstoff und Stickstoff eine unterschiedliche Durchl¨ assigkeit besitzen. Ein anderes Trennverfahren ist die Destillation, bei der ein fl¨ ussiges Gemisch einer bestimmten Zusammensetzung in einen Dampfstrom und einen Restfl¨ ussigkeitsstrom aufgespalten wird. In der Regel wird dabei W¨ arme zugef¨ uhrt. Es findet also eine Teilverdampfung statt. Die beiden Phasen, Dampf und Fl¨ ussigkeit, stehen im Verdampfungsgleichgewicht und werden getrennt aus dem Apparat abgef¨ uhrt, vgl. Abb. 2.22. In einem bin¨ aren System reichert sich in einem solchen Prozess die leichter siedende Komponente in der Dampfphase, die schwerer siedende Komponente hingegen in der Fl¨ ussigkeitsphase an. Es ergibt sich also eine Stofftrennung. Die Dampfphase ist in der Regel der Produktstrom, die Fl¨ ussigkeitsphase der R¨ uckstandstrom. Beispiel 3.2 Ein fl¨ ussiges Gemisch aus n-Heptan (H) und Cyclohexan (C) (n˙ = 1 mol/s, x = 0,5) wird isobar und isotherm einer stetigen Teilverdampfung unterzogen, vgl. Abb. B 3.2.1. Der angegebene Stoffmengenanteil bezieht sich auf die leichter siedende Komponente Cyclohexan. F¨ ur eine Dampfausbeute von n˙  /n˙ = ν = 0,1797 berechne man die Zusammensetzungen des Produkt- und des R¨ uckstandstromes. Wie ¨ andern sich die Zusammensetzungen des Produkt- und R¨ uckstandstromes, wenn die Dampfausbeute auf ν2 = 0,5 oder ν3 = 0,9 erh¨ oht wird? Bei der betrachteten Temperatur der Stofftrennung m¨ oge die relative Fl¨ uchtigkeit einen konstanten Wert von α = 1,6986 haben.

3.1 Materiemengenbilanz bei thermischen Energie- und Stoffumwandlungen

121

. n '',x '' P ro d u k ts tro m

p = c o n s t. T a u lin i e

t

S i e d e li n ie

.

n ,x

0

x ', x ''

1

R ü c k s ta n d s tro m . n ',x '

Abb. B 3.2.1. Die stetige Teilverdampfung

L¨ osung Die Stoffmengenbilanzen der beiden Komponenten nx ˙ = n˙  x + n˙  x sowie n(1 ˙ − x) = n˙  (1 − x ) + n˙  (1 − x ) bilden die Grundlage f¨ ur die Berechnung der Mengen und der Zusammensetzungen des Produkt- und R¨ uckstandstroms. Es sind zwei Gleichungen, aus denen zwei Unbekannte berechnet werden k¨ onnen. Der Stoffmengenstrom n˙ und der Stoffmengenanteil x des Zulaufs sind gegeben, ebenso der Stoffmengenstrom des Produktstroms n˙  . Unbekannt sind der Stoffmengenstrom n˙  sowie die Stoffmengenanteile x und x . Die fehlende dritte Beziehung ist x = f(x ), d.h. das Verdampfungsgleichgewicht, und zwar in Form der relativen Fl¨ uchtigkeit α=

x /x (1 − x )/(1 − x )

nach (2.24). Aus den Stoffmengenbilanzen der beiden Komponenten ergibt sich x n˙ x n˙  =   −   x n˙ x n˙ sowie n˙ 1 − x n˙  1 − x =  −  .   1−x n˙ 1 − x n˙ Damit l¨ asst sich die relative Fl¨ uchtigkeit ausdr¨ ucken durch

122

α=

3 Die Materiemengenbilanz  n ˙ x − nn˙˙ n ˙  x  n ˙ 1−x − nn˙˙ n ˙  1−x

=

x/x + (ν − 1) . (1 − x)/(1 − x ) + (ν − 1)

F¨ ur ν1 = 0,1797 ergibt sich der Stoffmengenanteil x des R¨ uckstandstromes aus der Beziehung 1.6986 =

0,5 − 0, 8203 x 0,5 − 0, 8203 1−x

.

Diese Gleichung wird am einfachsten iterativ gel¨ ost. Durch Einsetzen einiger Werte f¨ ur x findet man als Ergebnis x = 0, 4765 . Der entsprechende Stoffmengenanteil im Dampf folgt aus der Definitionsgleichung f¨ ur die relative Fl¨ uchtigkeit zu x =

α = 0, 6072 . α − 1 + 1/x

F¨ ur ν2 = 0,5 lauten die Ergebnisse x = 0, 4342 , x = 0, 5659 . Schließlich findet man f¨ ur die besonders hohe Dampfausbeute ν3 = 0,9 x = 0, 3828 , x = 0, 5130 . Ein h¨ oherer Stoffmengenstrom des Dampfes, d.h. des Produktstromes, wird also mit einer geringeren Anreicherung der leichter siedenden Komponente im Dampf erkauft.

Thermische Trennprozesse wie die in Beispiel 3.2 behandelte Destillation k¨ onnen auch instation¨ ar betrieben werden. Man spricht dann von absatzweiser Betriebsweise oder auch von batch“ -Prozessen (engl.: batch = Stapel). ” Die Materiemengenbilanz muss dann in ihrer instation¨aren Form nach (3.1) ausgewertet werden. Unter absatzweiser Destillation versteht man die Zerlegung einer vorgegebenen Menge eines fl¨ ussigen Gemisches in einen Dampf und eine Restfl¨ ussigkeit. Der Dampf wird total kondensiert und als Destillat bezeichnet. Er ist an leichter siedender Komponente angereichert und gilt in der Regel als Produkt des Prozesses. Die verbleibende Fl¨ ussigkeit wird als Destillationsr¨ uckstand bezeichnet. Grunds¨atzlich kann auch der Destillationsr¨ uckstand als Produkt angesehen werden, z.B. bei Eindampfprozessen. Beispiel 3.3 Ein fl¨ ussiges Gemisch aus n-Heptan und Cyclohexan (n0 = n0 = 1 mol, x0 = x0 = 0,4765) wird bei konstantem Druck unter Zufuhr der W¨ arme QH durch eine absatzweise Destillation eingedampft, bis die Restfl¨ ussigkeit in der Blase die Zusammensetzung x = 0,2 hat. Die Stoffmengenanteile beziehen sich auf die leichter siedende Komponente Cyclohexan. Abb. B 3.3.1 zeigt das Schaltschema der Destillieranlage, Abb. B 3.3.2 die Darstellung der Zustands¨ anderungen im Siedediagramm. Die beiden Hauptbestandteile der Anlage sind der Verdampfer, die so genannte Destillierblase, und der K¨ uhler. Der Verdampfer wird mit dem Eduktgemisch, das zu

3.1 Materiemengenbilanz bei thermischen Energie- und Stoffumwandlungen

123

K ü h le r

IQ

1

2

I K

3

V e r s c h ie d e n e D e s tilla tfr a k tio n e n

Q

D e s tillie r b la s e H

Abb. B 3.3.1. Schaltschema einer absatzweise betriebenen Destillieranlage

achst auf die trennen ist, gef¨ ullt. Es hat zu Beginn die Temperatur t0 und wird zun¨ Siedetemperatur ts aufgeheizt. Die siedende Fl¨ ussigkeit hat zu Beginn der Verdampfung den Stoffmengenanteil x0 = x0 an leichter siedender Komponente. Der zuerst aufsteigende Dampf hat den Stoffmengenanteil x0 und ist damit besonders reich an leichter siedender Komponente. Wegen der w¨ ahrend des Prozesses zunehmenden Verarmung der L¨ osung in der Destillierblase an leichter siedender Komponente von x0 nach x3 nimmt der Gehalt dieser Komponente auch im produzierten Dampf mit der Zeit ab, und zwar von x0 nach x3 . Durch Kondensation im K¨ uhler erh¨ alt man nach Ablauf des Prozesses ein Destillat mit einem Stoffmengenanteil xd zwischen x0 und x3 unter Abfuhr der W¨ arme QK . F¨ ullt man w¨ ahrend eines Prozesses mehrere Gef¨ aße hintereinander mit Destillat, so erh¨ alt man verschiedene Destillatfraktionen mit unterschiedlichen Stoffmengenanteilen an leichter siedender Komponente.

t x '3

x ' 3' x '2

x ' 2' x ' 1'

x '1 t

t

x '0 S

0

0

x

x '0 '

0

0 ,4 7 6 5

x ', x ''

1

Abb. B 3.3.2. Darstellung der Zustands¨ anderungen im Siedediagramm

124

3 Die Materiemengenbilanz

Man berechne die Stoffmenge und die Zusammensetzung des Destillats unter der Voraussetzung, dass die relative Fl¨ uchtigkeit durch einen Mittelwert u ¨ ber den betrachteten Temperaturbereich von α = 1,6875 gegeben ist. L¨ osung Fl¨ ussigkeit und Dampf stehen bei der Dampfbildung in der Destillierblase im Verdampfungsgleichgewicht. Sie werden jeweils als Phasen modelliert. Die Beziehung zwischen dem Stoffmengenanteil des Cyclohexans im Dampf x und in der Fl¨ ussigkeit x ist daher nach (2.24) zu jedem Zeitpunkt gegeben durch x =

αx 1 + (α − 1)x

mit α = 1,6875 als der relativen Fl¨ uchtigkeit. Zur Auswertung der Stoffmengenbilanz legen wir die Systemgrenze um die zu Beginn des Prozesses in der Blase vorhandene Fl¨ ussigkeit. In einem differenziellen Zeitintervall dτ um den Zeitpunkt τ verringert sich die Stoffmenge der Fl¨ ussigkeit n in der Blase durch Verdampfen einer gleich großen Stoffmenge n˙  . Es gilt also die Stoffmengenbilanz nach (3.1) dn = −n˙  , dτ angen. Die entsprechende Erhalwobei sowohl n als auch n˙  von der Zeit τ abh¨ tungsgleichung f¨ ur die leichter siedende Komponente f¨ uhrt auf d(n x ) = −n˙  x dτ und sagt aus, dass die Abnahme an Stoffmenge der leichter siedenden Komponente in der Destillierblase mit der Zeit zu jedem Zeitpunkt dem produzierten Dampfmengenstrom der leichter siedenden Komponente entspricht. Nach Elimination von n˙  folgt die Stoffmengenbilanz zu x dn = n dx + x dn . Wenn sich zu Beginn des Prozesses eine Fl¨ ussigkeitsstoffmenge n0 mit dem Stoffmengenanteil x0 an leichter siedender Komponente im Verdampfer befindet, dann lautet die Mengenbilanz in integrierter Form

n n0

n dn = ln  =  n n0

x x0

dx . − x

x

Dies ist die so genannte Rayleigh-Gleichung. Sie ordnet einer bestimmten momentanen Zusammensetzung der Fl¨ ussigkeit x in der Destillierblase eine bestimmte  verbliebene Fl¨ ussigkeitsmenge n zu. Die Abh¨ angigkeit (x − x ) = f(x ), wobei x die zu x geh¨ orige momentane Dampfzusammensetzung ist, folgt aus der relativen Fl¨ uchtigkeit. Das Integral ergibt sich damit zu

x x0

dx =  x − x

x x0

x = x0

1 + x (α − 1) dx (α − 1)x (1 − x ) 1 dx + (α − 1)x (1 − x )

x x0

1 dx 1 − x

3.1 Materiemengenbilanz bei thermischen Energie- und Stoffumwandlungen

125

  1 [ln(1 − x) − ln x]xx0  − [ln(1 − x)]xx0  α−1 x = − ln(1 − x )α/(α−1) − ln(x )1/(α−1) .

=−

x0 

Damit folgt als Ergebnis der Stoffmengenbilanz die integrierte Rayleigh-Gleichung α/(α−1)   1/(α−1)  1 − x0 x n = . n0 x0 1 − x Aus ihr kann die Stoffmenge der Restfl¨ ussigkeit bestimmt werden zu n = n0



0, 2 0, 4765

1/0,6875 

0, 5235 0, 8

1,6875/0,6875 = 0, 100 mol .

Die Menge des Destillats betr¨ agt demnach nd = n0 − n = 0, 900 mol . Der Stoffmengenanteil xd der leichter siedenden Komponente im insgesamt gebildeten Destillat folgt aus der Stoffmengenbilanz der leichter siedenden Komponente x0 n0 = x n + (n0 − n )xd zu xd =

x0

1−

x n x0 n0

1−

n n0

.

Die Zahlenauswertung ergibt xd = 0, 4765

1−

0,2 0,100 0,4765 1 1 − 0,100 1

= 0, 5072 .

Auch in Prozessen mit mehreren eintretenden und austretenden Stoffstr¨ omen ist die Anzahl der zu erf¨ ullenden Materiemengenbilanzen gleich der Anzahl der Komponenten. Dabei ist es gleichg¨ ultig, auf wie viele Stoffstr¨ome die Komponenten verteilt sind, vgl. Beispiel 3.4. Beispiel 3.4 In der Trocknungsanlage einer Ziegelei wird ein Massenstrom von m ˙ F = 6137 kg/h an Formlingen mit einem Massenanteil an Wasser von 21 % (wF = 0, 21) zu Rohlingen mit einem Massenanteil an Wasser von 1 % (wR = 0, 01) getrocknet, vgl. Abb. B 3.4.1. Die Trocknung erfolgt mit Luft von einer anf¨ anglichen Wasserbeladung von xu = m ˙ W /m ˙ L = 0,0115. Der eintretende Massenstrom an trockener Luft betr¨ agt m ˙ L,e = 85126 kg/h. Welche Beladung mit Wasserdampf hat die Luft am Austritt des Trockners? L¨ osung Wir haben drei Komponenten, die trockene Luft, das Wasser und den trockenen Ziegel. Als Massenbilanzen setzen wir die f¨ ur die Gesamtmasse, die f¨ ur die

126

3 Die Materiemengenbilanz

. m

L ,e

m w R

,x u

. m

. m R

= 0 ,0 1

,x

L ,a

w F

a

. F

= 0 ,2 1

Abb. B 3.4.1. Zur Trocknung nasser Formlinge

trockene Luft und die f¨ ur den trockenen Ziegel an. Die Gesamtmassenbilanz der Trocknungsanlage lautet m ˙ F+m ˙ L (1 + xu ) = m ˙ R+m ˙ L (1 + xa ) . In diese Bilanz ist wegen der Verwendung nur eines Massenstromes m ˙ L die Massenbilanz der trockenen Luft (m ˙ L,e = m ˙ L,a = m ˙ L ) bereits eingearbeitet. Es gilt außerdem die Massenbilanz der trockenen Ziegel: m ˙ F (1 − 0, 21) = m ˙ R (1 − 0, 01) . Hieraus folgt der Massenstrom der Rohlinge zu m ˙R=m ˙F

1 − 0, 21 = 4897 kg/h . 1 − 0, 01

Die Beladung der Luft mit Wasserdampf am Austritt folgt aus der Gesamtmassenbilanz zu xa =

m ˙ L x u + (m 1240 ˙ F−m ˙ R) = 0, 0115 + = 0, 0261 . m ˙L 85126

Das gleiche Ergebnis erh¨ alt man, wenn an Stelle der Massenbilanz f¨ ur die Gesamtmasse die f¨ ur das Wasser ausgewertet wird, nach m ˙ L xu + m ˙ F wF = m ˙ L xa + m ˙ R wR .

3.2 Materiemengenbilanz bei chemischen Energie- und Stoffumwandlungen Auch bei chemischen Umwandlungen gilt die Erhaltung der Gesamtmasse. Es gilt aber nicht mehr die Erhaltung der Massen der einzelnen Komponenten, denn es verschwinden in der Regel einige Komponenten, w¨ahrend neue ¨ gebildet werden. Da chemische Reaktionen mit Anderungen der Stoffmengen einhergehen, bleiben auch weder die gesamte Stoffmenge noch die Stoffmengen der einzelnen Komponenten erhalten. Die Materiemengenbilanz bei chemischen Stoffumwandlungen gilt indessen ohne Einschr¨ankung auf der Ebene der Elemente. Deren Massen und Stoffmengen bleiben bei allen chemischen Reaktionen erhalten.

3.2 Materiemengenbilanz bei chemischen Energie- und Stoffumwandlungen

127

In einfachen F¨ allen k¨ onnen chemische Stoffumwandlungen durch eine einzige Bruttoreaktionsgleichung beschrieben werden. Betrachtet man z.B. die Bruttoreaktionsgleichung der Ammoniak-Synthese, N2 + 3 H2  2 NH3 , so erkennt man zun¨ achst, dass nach dieser Gleichung aus 4 mol Edukten 2 mol Produkt werden, wenn die Reaktion vollst¨ andig abl¨auft. Aus 1 mol N2 und 3 mol H2 werden bei vollst¨ andigem Reaktionsablauf gerade 2 mol NH3 gebildet. Die Stoffmenge ¨ andert sich also. Schreibt man die obige Bruttoreaktionsgleichung durch Multiplikation mit den jeweiligen Molmassen in Massen an, so findet man mit MN2 = 28,013 g/mol, MH2 = 2,016 g/mol und MNH3 = 17,031 g/mol auf zwei signifikante Stellen hinter dem Komma 28, 01 g N2 + 6, 05 g H2  34, 06 g NH3 . Die Gesamtmasse bleibt also bei chemischen Reaktionen erhalten, obwohl sich die Stoffmenge nach Maßgabe der Bruttoreaktionsgleichung ¨andert. Die Bruttoreaktionsgleichung bringt insbesondere die Erhaltung der Elemente bei chemischen Reaktionen zum Ausdruck. Die durch die Edukte eingebrachten Atome an Stickstoff und Wasserstoff bleiben in ihrer Anzahl erhalten. Sie organisieren sich lediglich zu einem neuen Molek¨ ul, hier zum Ammoniak. Die Auswertung einer Bruttoreaktionsgleichung ist also eine spezielle Form der Auswertung der Elementenbilanz. H¨ aufig, z.B. bei unvollst¨ andig ablaufenden Reaktionen, l¨asst sich eine Bruttoreaktionsgleichung nicht formulieren. Die Materiemengenbilanz wird dann als Elementenbilanz ausgewertet. 3.2.1 Vollst¨ andig ablaufende Reaktionen F¨ ur Reaktionen mit vollst¨ andigem Umsatz, also solche, die nur in einer Richtung und bis zum Verschwinden mindestens eines Eduktstoffes ablaufen, l¨asst sich die Materiemengenbilanz bereits allein auf Grund der Bruttoreaktionsgleichung und der Materiemengen der Edukte bzw. auf Grund der Elementenbilanz auswerten. Die bekanntesten Beispiele f¨ ur praktisch vollst¨andig ablaufende Reaktionen sind die Verbrennungsreaktionen. Aber auch zahlreiche andere Reaktionen laufen mit vollst¨ andigem Umsatz ab. Das Reaktionsgleichgewicht liegt in diesem Fall vollst¨ andig auf der Seite des Produkts. Wir betrachten insbesondere vollst¨ andige Verbrennungsreaktionen. Eine Verbrennung ist eine Oxidationsreaktion zwischen einem Brennstoff und Sauerstoff. Es wird angenommen, dass alle brennbaren Bestandteile des Brennstoffs ihre h¨ ochste Oxidationsstufe erreichen. Damit lauten die f¨ ur vollst¨ andige Verbrennungsprozesse wichtigsten Bruttoreaktionsgleichungen C + O2 → CO2 1 H2 + O2 → H2 O 2

128

3 Die Materiemengenbilanz

und S + O2 → SO2 . Die Bedingung vollst¨ andiger Verbrennung umfasst nicht nur die an alle vollst¨ andig ablaufenden Reaktionen zu stellende Bedingung des Verschwindens mindestens eines Eduktstoffes. Sie fordert zudem das Erreichen der h¨ ochsten Oxidationsstufen. Damit schließt sie also z.B. eine Reaktion C + 1/2 O2 → CO aus, da hier der Kohlenstoff nicht seine h¨ochste Oxidatonsstufe erreicht, obwohl es sich dabei ebenfalls um eine Reaktion mit vollst¨andigem Umsatz handelt. Die obigen Bruttoreaktionsgleichungen gelten f¨ ur Stoffmengen. Durch Einf¨ uhrung der Molmassen nach Tabelle A2 im Anhang A werden daraus Massenbilanzen, z.B. 12, 011 kg C + 31, 999 kg O2 → 44, 010 kg CO2 bzw. 1 kg C + 2, 664 kg O2 → 3, 664 kg CO2 , 1 kg H2 + 7, 963 kg O2 → 8, 963 kg H2 O und 1 kg S + 0, 998 kg O2 → 1, 998 kg SO2 . Als Sauerstofftr¨ager wird in der Regel Luft verwendet, die f¨ ur Zwecke der Materiemengenbilanz hier als ein Gemisch aus Sauerstoff und Stickstoff mit einem Stoffmengenanteil xO2 = 0, 21 bzw. einem Massenanteil uhrt als wO2 = 0, 23 angesehen wird. In der Regel wird mehr Luft zugef¨ zu einer st¨ ochiometrischen, vollst¨ andigen Verbrennung erforderlich ist. Das Verh¨ altnis von tats¨ achlich eingesetzter Luftmenge zur mindestens erforderlichen Luftmenge wird als das Luftverh¨ altnis λ bezeichnet, l . lmin

λ=

(3.5)

L .u f t

n

V e r b r e n n. u n g s g a s

n

L

V

F e u e ru n g (R e a k tio n s r a u m ) B r e n .n s t o f f

n

B

A s .c h e

n

A

Abb. 3.5. Zur Mengenbilanz einer technischen Feuerung

3.2 Materiemengenbilanz bei chemischen Energie- und Stoffumwandlungen

129

Hier ist l die auf die Mengeneinheit des Brennstoffs bezogene Luftmenge, mit ur einer entsprechenden Bedeutung f¨ ur lmin . Die Abb. 3.5 zeigt das Schema f¨ die Materiemengenbilanz an einer technischen Feuerung. Luft und Brennstoff werden im Reaktionsraum, der Feuerung oder dem Ofen, zusammengef¨ uhrt. Dort findet die Reaktion statt. Durch diese Reaktion entstehen das Verbrennungsgas und die Asche, die aus unverbrannten oder nicht brennbaren festen Bestandteilen des Brennstoffs besteht. Beispiel 3.5 Methanol (CH3 OH) soll mit einem Luftverh¨ altnis von λ = 1,2 vollst¨ andig verbrannt werden. Man berechne den Luftbedarf und die Zusammensetzung des Abgases. L¨ osung Die Bruttoreaktionsgleichung f¨ ur die vollst¨ andige Verbrennung von Methanol lautet CH3 OH +

3 O2 → CO2 + 2 H2 O . 2

Der Stoffmengenanteil des Sauerstoffs in der Luft betr¨ agt 0,21, d.h. um 1 mol O2 bereitzustellen braucht man 1/0,21 = 4,762 mol Luft. Damit lautet die Bruttoreaktionsgleichung f¨ ur die Methanolverbrennung mit Luft 3 · 4, 762 · (0, 21 O2 + 0, 79 N2 ) 2 3 → 1 CO2 + 2 H2 O + · 3, 762 N2 . 2

1 CH3 OH +

Die linke Seite dieser Beziehung gibt die Zusammensetzung des st¨ ochiometrischen Brennstoff/Luft-Gemisches wieder. Auf der rechten Seite steht die Zusammensetzung des st¨ ochiometrischen Verbrennungsgases, d.h. desjenigen Gasgemisches, das durch die vollst¨ andige Verbrennung des Brennstoffes mit der gerade dazu erforderlichen Luftmenge entsteht. Unter Ber¨ ucksichtigung des Luftverh¨ altnisses λ wird daraus 3 · 4, 762 · (0, 21 O2 + 0, 79 N2 ) 2 3 3 → 1 CO2 + 2 H2 O + λ · · 3, 762 N2 + · (λ − 1) O2 . 2 2

1 CH3 OH + λ ·

Die Verbrennung mit einem Luftverh¨ altnis von λ > 1 ist nicht mehr st¨ ochiometrisch. Das Verbrennungsgas besteht jetzt aus dem st¨ ochiometrischen Verbrennungsgas und der u ussigen Luft, also u ussigem Sauerstoff und Stickstoff. Aus ¨ bersch¨ ¨ bersch¨ dieser Gleichung k¨ onnen die Stoffmengen der Luft und der Verbrennungsgasbestandteile abgelesen werden. Die Stoffmenge der Luft pro Stoffmenge Brennstoff betr¨ agt l =λ·

3 · 4, 762 = 8, 572 mol L/ mol B . 2

Zur Berechnung der Zusammensetzung des entstehenden Verbrennungsgases (V) nach xV ˙V ˙ V = υi /υ i = n i /n

130

3 Die Materiemengenbilanz

definieren wir mit υCO2 die auf die Stoffmenge des Brennstoffes bezogene Stoffmenge des CO2 im Verbrennungsgas, mit υH2 O die auf die Stoffmenge des Brennstoffs bezogene Stoffmenge des H2 O im Verbrennungsgas, mit υO2 die auf die Stoffmenge des Brennstoffs bezogene Stoffmenge des O2 im Verbrennungsgas und schließlich mit υN2 die auf die Stoffmenge des Brennstoffs bezogene Stoffmenge des N2 im Verbrennungsgas. Durch Summation ergibt sich schließlich die auf die Stoffmenge des Brennstoffs bezogene gesamte Stoffmenge des Verbrennungsgases zu υ=

n˙ V = υCO2 + υH2 O + υO2 + υN2 . n˙ B

Setzen wir das vorgegebene Luftverh¨ altnis λ = 1,2 ein, so erhalten wir mit υCO2 = 1 molCO2 / mol B , υH2 O = 2 molH2 O/ mol B , υO2 = 0, 3 molO2 / mol B und υN2 = 6, 77 molN2 / mol B schließlich  υ= υi = 10, 07 mol V/ mol B . Damit weist das Verbrennungsgas die folgenden Stoffmengenanteile auf: V V V xV CO2 = 0, 0993 ; xH2 O = 0, 1986 ; xO2 = 0, 0298 ; xN2 = 0, 6723 .

Hier ist der hohe Stickstoffgehalt des Verbrennungsgases als typisch hervorzuheben.

In vielen F¨ allen sind die in den Brennstoffen enthaltenen chemischen Verbindungen nicht bekannt, z.B. beim Heiz¨ ol. Solche Brennstoffe werden durch die so genannte Elementaranalyse charakterisiert, d.h. die Angabe der elementaren Zusammensetzung in Massenanteilen. Beispiel 3.6 Heiz¨ ol mit der Elementaranalyse wC = mC /mB = 0,86 und wH2 = mH2 /mB = 0,14 wird mit einem Luftverh¨ altnis von λ = 1,1 vollst¨ andig verbrannt. Man berechne den Luftbedarf und die Zusammensetzung des Rauchgases. L¨ osung Aus den Reaktionsgleichungen der Bestandteile des Brennstoffes lassen sich die ben¨ otigte Luftmenge und die Zusammensetzung des Abgases bei vollst¨ andiger Verbrennung berechnen. Wir beziehen alle Materiemengen auf die Masse des Brennstoffes, rechnen aber die Massen seiner brennbaren Bestandteile in Stoffmengen um. Die Umrechnung ergibt f¨ ur die einzelnen Komponenten in kmol/kg B wC kmol C = 0, 0716 MC kg B wH2 kmol H2 H2 : = 0, 0694 . MH2 kg B C:

3.2 Materiemengenbilanz bei chemischen Energie- und Stoffumwandlungen

131

Damit folgt als Bruttoreaktionsgleichung f¨ ur die vollst¨ andige Verbrennung des Heiz¨ ols pro kg Brennstoff 0, 0716 C + 0, 0694 H2 + 0, 1063 O2 → 0, 0716 CO2 + 0, 0694 H2 O . F¨ ur die Verbrennung mit Luft gilt 0, 0716 C + 0, 0694 H2 + 0, 5062 · (0, 21 O2 + 0, 79 N2 ) → 0, 0716 CO2 + 0, 0694 H2 O + 0, 3999 N2 . Unter Ber¨ ucksichtigung des Luftverh¨ altnisses von λ = 1,1 wird daraus 0, 0716 C + 0, 0694 H2 + 0, 5568 · (0, 21 O2 + 0, 79 N2 ) → 0, 0716 CO2 + 0, 0694 H2 O + 0, 0106 O2 + 0, 4399 N2 . Damit liegen der Luftbedarf, die Abgasmenge, jeweils bezogen auf 1 kg Brennstoff, und die Zusammensetzung des Abgases fest. So gilt f¨ ur die Stoffmenge der Luft pro Masse Brennstoff l = 0, 5568 kmol L/ kg B , und f¨ ur die Stoffmenge des Verbrennungsgases pro Masse Brennstoff υ = 0, 5915 kmol V/ kg B , sowie f¨ ur die Zusammensetzung des Verbrennungsgases in Stoffmengenanteilen xV CO2 = 0, 121 , xV H2 O = 0, 117 , xV O2 = 0, 018 und xV N2 = 0, 744 .

Alternativ zur Auswertung der Bruttoreaktionsgleichung in Stoffmengen kann man auch in Massen rechnen. Dann m¨ ussen alle st¨ochiometrischen Koeffizienten mit den entsprechenden Molmassen multipliziert werden. Beispiel 3.7 Dem Dampferzeuger eines 2 × 600 MW Steinkohlekraftwerks werden pro Jahr 3,22 Mio. t Steinkohle zugef¨ uhrt. Im asche- und wasserfreien Zustand hat die Steinkohle die Zusammensetzung wC = 0, 831 , wH2 = 0, 054 , wO2 = 0, 090 , wN2 = 0, 016 , wS = 0, 009 . Im Verwendungszustand enth¨ alt die Steinkohle zus¨ atzlich pro kg noch 0,1 kg Asche und 0,05 kg Wasser. Unter Annahme vollst¨ andiger Verbrennung der Kohle stelle man die Massenbilanz des Dampferzeugers auf, wenn der Luft¨ uberschuss 30 % betr¨ agt. L¨ osung Abb. B 3.7.1 zeigt das Schema f¨ ur die Aufstellung der Mengenbilanz. Da wir prim¨ ar

132

3 Die Materiemengenbilanz

L u ft B re n n s to ff

D a m p fe rz e u g e r

R a u c h g a s

A s c h e

Abb. B 3.7.1. Massenbilanz am Dampferzeuger eines Steinkohlekraftwerkes an der Massenbilanz interessiert sind, verzichten wir hier auf die Umrechnung der Kohlebestandteile in Stoffmengen. F¨ ur 1 kg Kohle im asche- und wasserfreien Zustand ergibt sich die nachstehende st¨ ochiometrische Bruttoreaktionsgleichung in Massen 0, 831 kg C + 0, 054 kg H2 + 0, 009 kg S + 0, 016 kg N2 + 0, 090 kg O2 + (2, 214 + 0, 429 + 0, 0090 − 0, 090) kg O2 → 3, 045 kg CO2 + 0, 483 kg H2 O + 0, 018 kg SO2 + 0, 016 kg N2 . Hier wurde der in der zugef¨ uhrten Kohle enthaltende Sauerstoff vom Sauerstoffbedarf f¨ ur die Verbrennung der Elemente C, H2 und S abgezogen. Der zur vollst¨ andigen Verbrennung mindestens erforderliche Sauerstoffbedarf betr¨ agt daher pro kg Kohle omin = 2, 214 + 0, 429 + 0, 009 − 0, 09 = 2, 562 kg O2 / kg Kohle . Der Sauerstoff wird durch Luft herangef¨ uhrt. Trockene Luft hat vereinfacht in Massenanteilen die Zusammensetzung wN2 = 0, 770, wO2 = 0, 230. Um 1 kg O2 heranzuschaffen ben¨ otigt man daher 1/0,230 = 4,348 kg Luft. Der Mindestbedarf an Luft ist daher pro kg Kohle lmin = 4, 348 · 2, 562 = 11, 140 kg L/ kg Kohle . Die Verbrennung soll mit 30% Luft¨ uberschuss erfolgen. Dann ben¨ otigt man pro kg Kohle die Luftmasse l = 1, 30 · 11, 140 = 14, 482 kg L/ kg Kohle . Die Bruttoreaktionsgleichung lautet also insgesamt f¨ ur den Brennstoff im Verwendungszustand 1 kg Kohle + 0, 1 kg A + 0, 05 kg H2 O + 14, 482 kg L → 3, 045 kg CO2 + (0, 483 + 0, 05) kg H2 O + 0, 018kg SO2 + (0, 016 + 11, 151) kg N2 + 0, 769 kg O2 + 0, 1 kg A . Wie man sich leicht u ullt. F¨ ur ¨ berzeugen kann, ist die Massenbilanz erf¨ einen Jahreseinsatz von 3,22 Mio. Tonnen Brennstoff im Verwendungszustand bzw. 2,8 Mio. Tonnen Kohle ohne Asche- und Wasseranteil findet man m ˙L = 40,55 Mio. t , m ˙ CO2 = 8,53 Mio. t , m ˙ N2 = 31,27 Mio. t , m ˙ H2 O = 1,49 Mio. t , m ˙ SO2 = 0,05 Mio. t , m ˙ O2 = 2,15 Mio. t , m ˙A = 0,28 Mio. t .

3.2 Materiemengenbilanz bei chemischen Energie- und Stoffumwandlungen

133

Diese Ergebnisse entsprechen den in Abb. 1.3 graphisch dargestellten Massenstr¨ omen.

3.2.2 Unvollst¨ andig ablaufende Reaktionen Bei unvollst¨ andig ablaufenden Reaktionen werden die Eduktkomponenten auf der linken Seite der Bruttoreaktionsgleichung nicht vollst¨andig abgebaut. Es stellt sich vielmehr ein Gleichgewicht zwischen Edukt- und Produktstoffen ein, wie z.B. bei der Ammoniak-Synthese. In solchen F¨allen l¨asst sich die Zusammensetzung des Produktstromes nicht allein aus der Bruttoreaktionsgleichung und den anf¨ anglichen Stoffmengen ermitteln. Zur Auswertung der Materiemengenbilanz ben¨ otigt man daher eine zus¨atzliche Information. Wenn z.B. der Stoffmengenanteil einer Komponente im Produktstrom bekannt ist, dann k¨ onnen daraus und aus den Daten des Eduktstromes sowie der Bruttoreaktionsgleichung die Stoffmengen aller anderen Produktkomponenten berechnet werden. Eine besonders rationelle Auswertung der Bruttoreaktionsgleichung in solchen F¨ allen erm¨ oglicht die Reaktionslaufzahl ξ nach (0)

nj = nj + νj ξ .

(3.6)

(0)

die anf¨ anglich vorhandene Stoffmenge und νj der Hier sind nj st¨ ochiometrische Koeffizient der Komponente j, der f¨ ur Produkte positiv und f¨ ur Edukte negativ ist. Die Reaktionslaufzahl sagt etwas u ¨ ber den Fortschritt aus, den die Reaktion gemacht hat, und ist zun¨achst unbekannt. Die unbekannten Stoffmengen einer Bruttoreaktionsgleichung werden durch sie auf nur eine Unbekannte reduziert. Ihr m¨ oglicher Wertebereich ist durch die Bruttoreaktionsgleichung und die vorhandenen Stoffmengen zu Beginn der Reaktion eingeschr¨ ankt. So kann bei der st¨ ochiometrischen Ammoniaksynthese mit einem Eduktgemisch aus 1 mol Stickstoff und 3 mol Wasserstoff, d.h. bei der Reaktion N2 + 3 H2  2 NH3 , die Reaktionslaufzahl maximal den Wert ξmax = 1 mol annehmen, da wegen (0)

nN2 = nN2 + νN2 ξ = 1 − 1 · ξ f¨ ur ξ = 1 mol der gesamten Stickstoff aufgebraucht w¨are. Entsprechendes gilt f¨ ur den Wasserstoff. Unter der Bedingung eines vollst¨andigen Reaktionsablaufs ist daher ξ = ξmax direkt aus der Bruttoreaktionsgleichung und den anf¨ anglichen Stoffmengen zu ermitteln, vgl. Beispiel 3.8. Beispiel 3.8 Bei der Dampfspaltung wird aus Wasserdampf und Methan ein Produktgemisch aus Wasserstoff und Kohlenmonoxid erzeugt. Die Bruttoreaktionsgleichung lautet

134

3 Die Materiemengenbilanz

H2 O + CH4 → 3 H2 + CO . Unter der Annahme eines vollst¨ andigen Ablaufes dieser Reaktion berechne man unter Verwendung der Reaktionslaufzahl die Zusammensetzung des Produktgemisches, wenn dem Reaktor 2 mol/s Wasserdampf und 1 mol/s Methan zugef¨ uhrt werden. L¨ osung Mit (3.6) gilt f¨ ur die Stoffmengenstr¨ ome der einzelnen Komponenten n˙ H2 O n˙ CH4 n˙ H2 n˙ CO

=2−ξ =1−ξ =0+3 =0+ξ

mol/s , mol/s , ξ mol/s , mol/s .

Da keine Stoffmenge negativ werden darf, gilt ξmax = 1 mol/s. Wegen der Annahme vollst¨ andigen Reaktionsablaufs nimmt die Reaktionslaufzahl im betrachteten Fall also den Wert ξ = ξmax = 1 mol/s an. Die gesamte Stoffmenge nach Ablauf der Reaktion betr¨ agt damit  n˙ = n˙ i = (2 − 1) + (1 − 1) + (0 + 3) + (0 + 1) = 5 mol/s , und man findet als Zusammensetzung xH2 O

=

xH2

=

xCO

=

(2 − 1) = 0, 2 5 (0 + 3) = 0, 6 5 (0 + 1) = 0, 2 . 5

Da es sich hier um eine vollst¨ andig ablaufende Reaktion handelt, h¨ atte man dieses Ergebnis auch direkt aus der Bruttoreaktionsgleichung ablesen k¨ onnen.

Bei einer unvollst¨ andig ablaufenden Reaktion ist die Reaktionslaufzahl nicht durch die Eduktstoffmengen und die Bruttoreaktionsgleichung festgelegt. Wenn aber der Stoffmengenanteil einer Komponente i im Produktgemisch bekannt ist, dann l¨ asst sich daraus und aus den Eduktstoffmengen die Reaktionslaufzahl ermitteln. Wegen (0)

xi =

n + νi ξ ni =  i (0) n (nj + νj ξ)

gilt allgemein (0)

ξ=

xi − xi  n(0) . xi νj − νi

(3.7)

3.2 Materiemengenbilanz bei chemischen Energie- und Stoffumwandlungen

135

Damit sind alle anderen Stoffmengenanteile berechenbar. Zur Charakterisierung einer nicht vollst¨ andig ablaufenden chemischen Stoffumwandlung benutzt man den Umsatz. Der Umsatz bezieht sich auf eine durch eine Reaktion abgebaute Komponente i, nach (0)

Ui =

ni

− ni

(0) ni

,

(3.8)

und beschreibt die im Reaktor umgesetzte Stoffmenge der Komponen(0) te i bezogen auf die eingesetzte Stoffmenge ni dieser Komponente. Bei vollst¨ andiger Reaktion und st¨ ochiometrischer Eduktzusammensetzung ist der Umsatz bez¨ uglich aller Eduktkomponenten gerade 1. Beispiel 3.9 In einen Ammoniak-Synthesereaktor str¨ omen n˙ (0) = 5454 mol/s eines Eduktstromes ein, mit der Zusammensetzung (0)

(0)

(0)

(0)

(0)

xN2 = 0, 2271 ; xH2 = 0, 6813 ; xNH3 = 0, 0130 xAr = 0, 0251 ; xCH4 = 0, 0534 . Im Produktstrom wird ein Stoffmengenanteil an Ammoniak von xNH3 = 0,1580 gemessen, vgl. Abb. B 3.9.1. Man berechne die Stoffmengen des austretenden Gemisches sowie die Ums¨ atze des Stickstoffs und des Wasserstoffs. L¨ osung Aus dem bekannten Stoffmengenanteil des Ammoniaks im Produktstrom, den vollst¨ andigen Informationen u ¨ ber den Eduktstrom und der Bruttoreaktionsgleichung (N2 + 3H2  2NH3 ) l¨ asst sich die Reaktionslaufzahl ermitteln. Aus der Stoffmengenbilanz der Reaktion folgt f¨ ur die Stoffmengen im Produktstrom in Abh¨ angigkeit von der Reaktionslaufzahl (0)

n˙ N2

=

n˙ N2 − ξ

n˙ H2

=

n˙ H2 − 3ξ

n˙ NH3

=

n˙ NH3 + 2ξ

n˙ Ar

=

n˙ Ar

n˙ CH4

=

n˙ CH4 .

(0) (0) (0) (0)

Die Reaktionslaufzahl ergibt sich aus (3.7) zu 0, 0130 − 0, 1580 · 5454 0, 1580 · (−2) − 2 = 341, 464 mol/s .

ξ=

Damit folgen als Stoffmengenstr¨ ome des Produktgemisches

136

3 Die Materiemengenbilanz

. n

(0 )

= 5 4 5 4 m o l/s x N

x x x x

n

.

(x

(0 ) 2

(0 ) H 2 (0 ) N H (0 ) A r (0 ) C H

N H

= 0 ,2 2 7 1 ; = 0 ,6 8 1 3 ; = 0 ,0 1 3 0 ; 3

= 0 ,0 2 5 1 ; 4

= 0 ,0 5 3 4

3

= 0 ,1 5 8 0 )

Abb. B 3.9.1. Stoffmengenbilanz am Amoniak-Reaktor n˙ Ar n˙ CH4 n˙ NH3 n˙ H2 n˙ N2

= = = = =

136, 9 mol/s 291, 2 mol/s 753, 8 mol/s 2691, 4 mol/s 897, 7 mol/s ,

Bei unvollst¨ andigen Reaktionen in Verbindung mit einer Bruttoreaktionsgleichung vereinfacht die Einf¨ uhrung der Reaktionslaufzahl die Auswertung der Materiemengenbilanz erheblich. Die Ums¨ atze des Wasserstoffs und des Stickstoffs betragen (0)

UH2 =

n˙ H2 − n˙ H2 (0) n˙ H2

=

3715, 8 − 2691, 4 = 0, 275 3715, 8

=

1238, 6 − 897, 7 = 0, 275 . 1238, 6

und (0)

UN2 =

n˙ N2 − n˙ N2 (0)

n˙ N2

Man sieht hier, dass die Ums¨ atze des Stickstoffs und des Wasserstoffs weit hinter dem Maximalwert von 1 bei vollst¨ andigem Reaktionsablauf zur¨ uckbleiben. Der Grund f¨ ur den identischen Zahlenwert f¨ ur beide ist die st¨ ochiometrische Zusammensetzung des Eduktgemisches.

3.2 Materiemengenbilanz bei chemischen Energie- und Stoffumwandlungen

137

Materiemengenbilanzen k¨ onnen bei der Analyse thermochemischer Prozesse mit unvollst¨ andigen Reaktionen recht kompliziert werden. Insbesondere ist die Wahl des Bilanzgebiets in der Weise geschickt zu treffen, dass es jeweils nur eine unbekannte Materiemenge enth¨ alt, die dann aus der Bilanz berechenbar ist. Beispiel 3.10 In einem chemischen Prozess wird Vinylacetat (C4 H6 O2 , V) durch Synthese in der Gasphase aus Acetylen (C2 H2 , A) und Essigs¨ aure (C2 H4 O2 , E) hergestellt. Es gilt als Bruttoreaktionsgleichung der unvollst¨ andig ablaufenden Reaktion A+E V . Die Abb. B 3.10.1 zeigt ein vereinfachtes Schema des Prozessablaufs. Die vorgegebenen Gr¨ oßen sind durch Schattierung hervorgehoben. Von außen werden dem

n

.

(0 ) E

.

, n

(0 )

n

A

n

.

.

n

n

n

.

.

A b s c h e id e r A

. n

. n

A ,r

R e a k to r

.

n

A ,f

n . n n

.

E V

x

A ,a b

A

E V

E ,f

A ,k

. n

.

.

E ,r

E

D e s tilla tio n

n

. V

n

.

E ,a b

g e g e b e n e D a te n

Abb. B 3.10.1. Stoffmengenbilanz bei der Vinylacetatproduktion Prozess Frischacetylen und Frischessigs¨ aure zugef¨ uhrt, wobei der Stoffmengenstrom der zugef¨ uhrten Frischessigs¨ aure n˙ E,f = 6,491 kmol/h betr¨ agt. Im Reaktor wird Vinylacetat gebildet. Am Austritt aus dem Reaktor liegt ein gasf¨ ormiges Gemisch aus Acetylen, Essigs¨ aure und Vinylacetat vor. Aus diesem gasf¨ ormigen Produktgemisch wird durch W¨ armeentzug im Abscheider ein fl¨ ussiger Rohvinylacetatstrom auskondensiert, der aus Vinylacetat und Essigs¨ aure mit xE = 0,305 besteht. Der fl¨ ussige Rohvinylacetatstrom wird durch eine Destillation aufgearbeitet, wobei eine

138

3 Die Materiemengenbilanz

Zerlegung in den als Produkt gew¨ unschten Reinvinylacetatstrom n˙ V und einen R¨ uckessigs¨ aurestrom n˙ E,r stattfindet. Aus prozesstechnischen Gr¨ unden wird dabei ein verunreinigter Strom n˙ E,ab ausgeschleust, der aber f¨ ur die Materiemengenbilanz vereinfacht als reiner Essigs¨ aurestrom angesehen werden soll. Aus dem nach dem Abscheider gasf¨ ormig verbleibenden Strom, der vereinfacht als reines Acetylen angesehen werden soll, wird ein Teilstrom von n˙ A,r = 1,166 kmol/h direkt in den Reaktor zur¨ uckgef¨ uhrt. Der Rest wird in einen Kreisgasstrom n˙ A,k und einen abzuf¨ uhrenden Strom n˙ A,ab aufgespalten. Der Prozess ist durch einen großen umlaufenden Kreisgasstoffmengenstrom an Acetylen, n˙ A,k = 60,310 kmol/h, gekennzeichnet, der aus prozesstechnischen Gr¨ unden nicht direkt in den Reaktor zur¨ uckgef¨ uhrt werden soll. Ebenfalls aus technischen Gr¨ unden wird aus dem Prozess ein verunreinigter Stoffstrom von n˙ A,ab = 1,340 kmol/h entnommen, der f¨ ur die Materiemengenbilanz, wiederum vereinfacht, als reiner Acetylenstrom betrachtet wird. Das Mischungsverh¨ altnis der Stoffmengenstr¨ ome von Frischessigs¨ aure und R¨ uckessigs¨ aure betr¨ agt 2,55. Die Molmassen der beteiligten Komponenten sind MA = 26,04 g/mol, ME = 60,05 g/mol und MV = 86,09 g/mol. Man ermittle durch geeignete Materiemengenbilanzen den Produktstrom an Vinylacetat, den Umsatz der Essigs¨ aure im Reaktor, den zuzuf¨ uhrenden Frischacetylenstrom und den aus der Destillation abgef¨ uhrten Essigs¨ aurestrom. L¨ osung Der Stoffmengenstrom an Frischessigs¨ aure betr¨ agt n˙ E,f = 6, 491 kmol/h . Da das Mischungsverh¨ altnis der Stoffmengenstr¨ ome von Frischessigs¨ aure zu R¨ uckessigs¨ aure gegeben ist, l¨ asst sich der Stoffmengenstrom der R¨ uckessigs¨ aure bestimmen zu n˙ E,r =

1 · n˙ E,f = 2, 545 kmol/h . 2, 55

Damit folgt f¨ ur den in den Reaktor gelangenden Essigs¨ aurestoffmengenstrom (0)

n˙ E = 6, 491 + 2, 545 = 9, 036 kmol/h . Die Stoffmengenbilanzen der Reaktion A + E  V f¨ uhren auf (0)

n˙ A

=

n˙ A + n˙ A,r − ξ

n˙ E n˙ V

= =

n˙ E − ξ 0+ξ .

(0)

Damit ergibt sich der Stoffmengenstrom des Reaktionsproduktes zu (0)

(0)

n˙ = n˙ A + n˙ A,r + n˙ E − ξ . Es muss nun die Reaktionslaufzahl ermittelt werden. Wir ben¨ otigen hierzu f¨ ur eine der Komponenten eine Information u ¨ ber sowohl die Edukt- als auch die Produktmenge oder den Stoffmengenanteil zusammen mit allen Eduktstoffmengen gem¨ aß (3.7). Beides ist im vorliegenden Fall nicht bekannt. Von dem aus dem Reaktor austretenden Gemisch k¨ onnen wir den Anteil des Acetylens berechnen zu n˙ A = n˙ A,k + n˙ A,ab + n˙ A,r = 60, 310 + 1, 340 + 1, 166 = 62, 816 kmol/h .

3.2 Materiemengenbilanz bei chemischen Energie- und Stoffumwandlungen

139

(0)

Da wir aber den eintretenden Stoffmengenstrom n˙ A des Acetylens nicht kennen, l¨ asst sich aus dem austretenden Acetylenstrom die Reaktionslaufzahl nicht berechnen. Wir k¨ onnen aber die Bilanz der Essigs¨ aure auswerten, denn wir kennen die ein(0) aure tretende Stoffmenge der Essigs¨ aure n˙ E und den Stoffmengenanteil der Essigs¨ xE im Rohvinylacetatstrom. Bei dieser Bilanz m¨ ussen der Reaktor und der Abscheider gemeinsam betrachtet werden, da die angegebenen Daten auf beide Apparate verteilt sind und der unbekannte eintretende Stoffmengenstrom des Acetylens entf¨ allt, vgl. gestrichelte Systemgrenze in Abb. B 3.10.1. Mit n˙ E = xE (n˙ E + n˙ V ) =

xE xE (0) n˙ V = ξ = n˙ E − ξ 1 − xE 1 − xE

folgt f¨ ur die Reaktionslaufzahl (0)

ξ = n˙ E (1 − xE ) = 6, 280

kmol . h

Alternativ h¨ atte auch die Bilanz des Vinylacetats ausgewertet werden k¨ onnen. Der Stoffmengenstrom des erzeugten Vinylacetats betr¨ agt also n˙ V = ξ = 6, 280

kmol . h

Weiterhin folgt der Stoffmengenstrom der Essigs¨ aure nach der Reaktion zu (0)

n˙ E = n˙ E − ξ = 2, 756

kmol , h

und der Umsatz der Essigs¨ aure betr¨ agt (0)

UE =

n˙ E − n˙ E (0) n˙ E

=

9, 036 − 2, 756 = 0, 695 . 9, 036

Der aus der Destillation abgef¨ uhrte Essigs¨ aurestrom ergibt sich zu n˙ E,ab = n˙ E − n˙ E,r = 2, 756 − 2, 545 = 0, 211 kmol/h . Schließlich liegt auch der zuzuf¨ uhrende Stoffmengenstrom an Frischacetylen fest, nach (0)

n˙ A,f = n˙ A − n˙ A,k = n˙ A − n˙ A,r + ξ − n˙ A,k = 62, 816 − 1, 166 + 6, 28 − 60, 310 = 7, 62 kmol/h . Als Kontrolle der Rechenergebnisse u ufen wir die Gesamtmassenbilanz (nicht ¨ berpr¨ Gesamtstoffmengenbilanz!) um die Anlage. Hierzu rechnen wir die Stoffmengenstr¨ ome durch Multiplikation mit den Molmassen in Massenstr¨ ome um. Es muss gelten m ˙ E,f + m ˙ A,f − (m ˙ A,ab + m ˙ E,ab + m ˙ V) = 0 . Durch Einsetzen der oben ermittelten Zahlenwerte nach Multiplikation mit den Molmassen findet man 389, 8 + 198, 5 − (34, 9 + 12, 7 + 540, 7) = 0 . Die Gesamtmassenbilanz ist erf¨ ullt.

140

3 Die Materiemengenbilanz

3.2.3 Die Elementenbilanz Die Beschreibung chemischer Stoffumwandlungen durch eine Bruttoreaktionsgleichung ist einfach und daher attraktiv, aber nicht immer gegeben. So sind z.B. bisweilen bei einer chemischen Umwandlung neben den Eduktstoffmengen zwar die im Produkt auftretenden Komponenten bekannt, nicht aber eine Bruttoreaktionsgleichung mit den zugeh¨origen st¨ochiometrischen Koeffizienten, die die betrachtete Umwandlung beschreibt. Die einzige Information u ¨ ber die Zusammensetzung des Produktgemisches besteht dann darin, dass seine Komponenten insgesamt den in den Eduktstoffmengen vorhandenen Elementarvorrat reproduzieren m¨ ussen. In solchen F¨allen setzt man die Elementenbilanz an, wobei hierbei die Klassifizierung in vollst¨andig oder unvollst¨ andig ablaufenden Reaktionen ohne Bedeutung ist. Wenn die Anzahl der Elemente gleich der Anzahl der unbekannten Stoffmengenanteile der Produktkomponenten ist, dann f¨ uhrt die Elementenbilanz in der Regel auf ein vollst¨ andiges Gleichungssystem zur Ermittlung des Stoffumsatzes5 . Beispiel 3.11 In einem Hochofenprozess wird nach der Reduktion des Eisenoxids aus den u ussigen Mengen an Kohlenstoff, Wasserstoff, Wasser und Luft Gichtgas ge¨ bersch¨ bildet. In einem speziellen Fall bestehe das Eduktgemisch zur Gichtgasbildung pro Tonne Roheisen aus mC mH2 mH2 O mO2 mN2

= = = = =

361, 16 kg 7, 56 kg 10 kg 704, 68 kg 985, 60 kg .

Unter der Annahme, dass das Gichtgas nur aus den Komponenten CO, CO2 , H2 und N2 besteht, berechne man seine Zusammensetzung. L¨ osung Unter Benutzung der Molmassen rechnen wir die Massen zun¨ achst in Stoffmengen um und finden als Materiemengenbilanz 30, 07 kmol C + 3, 75 kmol H2 + 0, 56 kmol H2 O + 22, 02 kmol O2 + 35, 18 kmol N2 → α kmol CO + β kmol CO2 + γ kmol H2 + δ kmol N2 . Die Stoffmengen von CO, CO2 , H2 und N2 ergeben sich aus den Elementenbilanzen. Wir z¨ ahlen also die Stoffmengen des Kohlenstoffs, Sauerstoffs, Wasserstoffs und Stickstoffs auf beiden Seiten der Reaktionsgleichung und finden 5

In besonderen F¨ allen, in denen feste Kombinationen von Atommengen in den unterschiedlichen Komponenten auftreten, reicht die Elementenbilanz hierf¨ ur nicht aus.

3.2 Materiemengenbilanz bei chemischen Energie- und Stoffumwandlungen C : 30, 07

=

1 O2 : 22, 02 + 0, 56 2 H2 : 0, 56 + 3, 75 N2 : 35, 18

= = =

141

α+β 1 α+β 2 γ δ .

Es ergibt sich α β γ δ

= = = =

15, 54 kmol 14, 53 kmol 4, 31 kmol 35, 18 kmol .

Mit der gesamten Stoffmenge des Gichtgases von nGG = 15, 54 + 14, 53 + 4, 31 + 35, 18 = 69, 56 kmol folgt als Zusammensetzung des Gichtgases in Stoffmengenanteilen xCO xCO2 xH2 xN2

= = = =

0, 2234 0, 2089 0, 0619 0, 5058 .

Diese Gichtgaszusammensetzung entspricht in Bezug auf die Hauptkomponenten in etwa der Realit¨ at. Allerdings ist in einem realen Gichtgas Wasser enthalten. Da bei Hinzunahme des Wassers die Anzahl der Produktkomponenten gr¨ oßer als die Anzahl der Elemente ist, l¨ asst sich die Elementenbilanz daf¨ ur nicht ohne zus¨ atzliche Informationen auswerten, vgl. Beispiel 7.18.

Wenn bei bekannten Eduktstoffmengen die Anzahl der Produktkomponenten gr¨ oßer als die der Elemente ist, dann gelingt die Auswertung der Elementenbilanz nur mit zus¨ atzlichen Informationen u ¨ ber die Zusammensetzung des Produktstromes. Aus solchen Informationen lassen sich auch unbekannte Eduktstoffmengen ermitteln. Beispiel 3.12 Heiz¨ ol, das pro kg 0,86 kg Kohlenstoff (C) und 0,14 kg Wasserstoff (H2 ) enth¨ alt, wird mit Luft unvollst¨ andig verbrannt. Im Rauchgas treten die Verbindungen CO2 , CO, O2 , H2 O und N2 auf. Im getrockneten Rauchgas werden die StoffmengenanV andige teile xV CO2,tr = 0, 102 und xO2,tr = 0, 030 gemessen. Man berechne die vollst¨ Rauchgaszusammensetzung und die zugef¨ uhrte Luftmenge pro kg Heiz¨ ol. L¨ osung Von den Edukten kennen wir die Mengen des Kohlenstoffs und des Wasserstoffs, nicht aber die Menge der Luft pro kg Heiz¨ ol. Wir kennen außerdem zwei Stoffmengenanteile des Rauchgases und wissen, aus welchen f¨ unf Komponenten es besteht. Es sind die vier Elemente C, O2 , H2 und N2 beteiligt, die auf vier Bilanzgleichungen f¨ uhren. Damit stehen insgesamt sechs Gleichungen f¨ ur die f¨ unf unbekannten Stoffmengenanteile der Rauchgaskomponenten und die unbekannte Stoffmenge der zugef¨ uhrten Luft pro kg Heiz¨ ol zur Verf¨ ugung. Zur Bilanzierung

142

3 Die Materiemengenbilanz

rechnen wir die Massen des Kohlenstoffs und Wasserstoffs u ¨ ber die entsprechenden Molmassen in Stoffmengen um. Damit l¨ asst sich der Stoffumsatz beschreiben durch 0, 0716 C + 0, 0694 H2 + l(0, 21 O2 + 0, 79 N2 ) → α CO2 + β CO + γ H2 O + δ O2 + ε N2 . Hier bedeutet l die zugef¨ uhrte Luftstoffmenge pro kg Heiz¨ ol. Auch alle anderen Koeffizienten sind als Stoffmengen der jeweiligen Komponenten pro kg Heiz¨ ol anzusehen. Die Luft wird als Gemisch aus Sauerstoff und Stickstoff mit xO2 = 0, 21 betrachtet. Als Elementenbilanzen finden wir C: H2 : O2 : N2 :

0, 0716 = α + β 0, 0694 = γ β γ l · 0, 21 = α + + + δ 2 2 l · 0, 79 = ε

Die vorgegebenen Stoffmengenanteile lassen sich ausdr¨ ucken durch xV CO2 ,tr = 0, 102 =

α α+β+δ+ε

und xV O2 ,tr = 0, 030 =

δ , α+β+δ+ε

wobei ber¨ ucksichtigt wurde, dass sich diese Angaben auf das trockene Rauchgas beziehen (γ = 0). Dies sind sechs Gleichungen f¨ ur die sechs Unbekannten α, β, γ, δ, ε und l. Das Ergebnis lautet α = 0, 0517 kmol/kg δ = 0, 0152 kmol/kg

β = 0, 0200 kmol/kg ε = 0, 4196 kmol/kg

γ = 0, 0694 kmol/kg

und l = 0, 5312 kmol/kg . Damit sind die spezifische Luftmenge und die spezifischen Stoffmengen der Rauchgaskomponenten ermittelt. Die gesamte spezifische Stoffmenge des Rauchgases pro kg Heiz¨ ol ergibt sich daraus zu υ = α + β + γ + δ + ε = 0, 5758 kmol/kg , und f¨ ur seine Zusammensetzung gilt xV CO2

=

0, 0897

xV CO

=

0, 0346

xV H2 O

=

0, 1206

xV O2

=

0, 0264

xV N2

=

0, 7287 .

3.4 Aufgaben

143

3.3 Kontrollfragen 3.1 Skizzieren Sie den Prozess der stetigen Teilverdampfung im Schaltbild und im Siedediagramm! 3.2 10 kg/s einer Wasser/Alkohol-L¨ osung (wA = 0,5) werden in einen Dampf  (m ˙  = 6 kg/s, wA = 0,7) und eine Fl¨ ussigkeit zerlegt. Wie groß sind der Massenstrom und die Zusammensetzung der Fl¨ ussigkeit? 3.3 Stellen Sie die Bruttoreaktionsgleichung f¨ ur die vollst¨ andige Verbrennung von Oktan (C8 H18 ) mit reinem Sauerstoff auf! 3.4 Bleiben bei chemischen Reaktionen die Masse, die Stoffmenge oder beides erhalten? 3.5 Welche Substanzen enth¨ alt das Verbrennungsgas, das bei der vollst¨ andigen Verbrennung von Ethanol (C2 H6 O) mit Luft und λ ≥ 1 entsteht? 3.6 Wie lautet die Kontinuit¨ atsgleichung f¨ ur die Str¨ omung in einem Kanal f¨ ur die Orte 1 und 2? 3.7 Das Gemisch Methan/Propan/Butan wird einer thermischen Stofftrennung zugef¨ uhrt. Wie viele Materiemengenbilanzen sind anzusetzen? 3.8 Durch welche zus¨ atzliche Beziehung werden die beiden Materiemengenbilanzen bei der Stofftrennung eines bin¨ aren Gemisches durch Destillation erg¨ anzt? 3.9 Was versteht man unter vollst¨ andig ablaufenden chemischen Reaktionen? 3.10 Was versteht man unter einer vollst¨ andigen Verbrennung? 3.11 Wie ist die Reaktionslaufzahl definiert und was leistet sie? 3.12 Woraus l¨ asst sich die Reaktionslaufzahl bei einer unvollst¨ andig ablaufenden Reaktion bestimmen? 3.13 In welchen F¨ allen l¨ asst sich die Stoffumwandlung in einer chemischen Reaktion durch eine Elementenbilanz ohne Kenntnis einer Bruttoreaktionsgleichung berechnen?

3.4 Aufgaben Aufgabe 3.1 In einer Feuerungsanlage wird ein Massenstrom von 1 kg/h Heiz¨ ol mit Luft isobar bei 1 bar verbrannt, wobei ein Normvolumenstrom von 13,26 m3n /h an heißem Verbrennungsgas mit der Zusammensetzung (Stoffmengenanteile) xV CO2 = 0, 121,

xV W = 0, 117,

xV O2 = 0, 018,

xV N2 = 0, 744

entsteht. Das heiße Verbrennungsgas soll auf 25◦ C abgek¨ uhlt werden. Man bestimme den Massenstrom des fl¨ ussigen und gasf¨ ormigen Wassers nach der Abk¨ uhlung.

144

3 Die Materiemengenbilanz

Aufgabe 3.2 In einem technischen Apparat zur destillativen Stofftrennung wird ein Massenstrom von 10 kg/h, der aus Toluol (1) und Benzol (2) (Massenanteil w2 = 0,3) besteht, in einen Produkt- und einen R¨ uckstandstrom aufgetrennt. Der Stoffmengenstrom des Produkts soll n˙  = 35 mol/h mit einem Benzol-Stoffmengenanteil von x2 = 0,95 betragen. Man berechne die Zusammensetzung sowie den Stoffmengenstrom des R¨ uckstands. Molmassen: M1 = 92, 141 g/mol, M2 = 78, 114 g/mol

Aufgabe 3.3 Einer Trocknungsanlage wird ein Volumenstrom von V˙ 1 = 1500 m3 /h erw¨ armte feuchte Luft mit einem Druck von p1 = 1000 mbar, einer Temperatur von t1 = 90◦ C und einer relativen Feuchte von ϕ1 = 0, 07 zugef¨ uhrt. Die Luft str¨ omt u ¨ ber das zu trocknende Gut und verl¨ asst die Anlage mit p2 = 990 mbar, t2 = 55◦ C und ϕ2 = 0, 85. Wie groß ist der Massenstrom des Wassers, der dem zu trocknenden Gut entzogen wird? Molmassen: MW = 18, 015 g/mol, ML = 28, 963 g/mol

Aufgabe 3.4 Aus einem Kohlegas-Benzol-Gemisch (V˙ 1 = 8000 m3n /h) mit einem Volumenanteil von 5 Vol.-% dampff¨ ormigen Benzols soll das Benzol zu 90 % mit Wasch¨ ol ausgewaschen werden. Dem Absorber wird ein Stoffmengenstrom von 15,075 mol/s eines Benzol-Wasch¨ ol-Gemisches mit einem anf¨ anglichen Stoffmengenanteil an Benzol uhrt. Wie groß sind die stoffmengenbezogenen Benzolbeladungen vonG0,005 zugef¨  X = n˙ B /n˙ G , X L = n˙ B /n˙ L des Waschmittels und des Kohlegases am Austritt?

Aufgabe 3.5 a) Oktan (C8 H18 ) werde st¨ ochiometrisch und vollst¨ andig mit reinem Sauerstoff zu Wasser und Kohlendioxid verbrannt. Man stelle die Bruttoreaktionsgleichung auf und bestimme die st¨ ochiometrischen Koeffizienten. b) Zur Erzeugung von Wasserstoff wird Methan (CH4 ) mit Wasser im molaren Verh¨ altnis 1:3 gemischt und zu Kohlenmonoxid und Wasserstoff umgesetzt. Man stelle f¨ ur den vollst¨ andigen Umsatz von Methan die Bruttoreaktionsgleichung auf, wenn das Produktgemisch nur aus Kohlenmonoxid, Wasserstoff und Wasser besteht. c) Man stelle f¨ ur a) und b) die massenbezogenen Bruttoreaktionsgleichungen auf, wobei die Masse von Oktan bzw. Methan 1 kg betragen soll. Molmassen: MC8 H18 = 114, 23 kg/kmol, MO2 = 31, 999 kg/kmol, MH2 = 2, 016 kg/kmol, MH2 O = 18, 015 kg/kmol, MCH4 = 16, 034 kg/kmol, MCO2 = 44, 011 kg/kmol, MCO = 28, 011 kg/kmol

3.4 Aufgaben

145

Aufgabe 3.6 Ethan (C2 H6 ) wird in einem Brenner mit trockener Luft bei λ = 1, 4 verbrannt. Berechnen Sie die Zusammensetzung und den Taupunkt des Abgases bei Umgebungsdruck pu = 1 bar.

Aufgabe 3.7 L In einem Heizkessel wird Erdgas mit trockener Luft (xL O2 = 0, 21; xN2 = 0, 79) bei einem Luftverh¨ altnis von λ = 1, 1 vollst¨ andig verbrannt. Das Erdgas besitzt B B dabei folgende Zusammensetzung: xB CH4 = 0, 9; xC2 H2 = 0, 09; xN2 = 0, 01. Man berechne die Zusammensetzung des Abgases in Stoffmengenanteilen und den auf die Stoffmenge des Brennstoffs bezogenen Luftbedarf in mol L/mol B.

Aufgabe 3.8 Im Dampferzeuger eines Kohlekraftwerkes wird Kohle mit der Zusammensetzung in Massenanteilen von wC = 0, 72, wH2 = 0, 08, wH2 O = 0, 04, wS = 0, 04, wN2 = 0, 03, wO2 = 0, 09 vollst¨ andig verbrannt. a) Man stelle die massenbezogene Bruttoreaktionsgleichung (in mol/kg Kohle) f¨ ur die Verbrennung von Kohle mit Sauerstoff auf und bestimme den minimalen Sauerstoffbedarf in mol O2 /kg Kohle b) Man stelle die massenbezogene Bruttoreaktionsgleichung f¨ ur die Verbrennung L von Kohle mit trockener Luft (xL O2 = 0, 21; xN2 = 0, 79) bei λ = 1, 2 auf und berechne den minimalen Luftbedarf und den tats¨ achlichen Luftbedarf in mol L/kg Kohle c) Man berechne f¨ ur die Verbrennung mit Luft die Zusammensetzung des Abgases in Stoffmengenanteilen. Molmassen: MC = 12, 011 kg/kmol, MO2 = 31, 999 kg/kmol, MH2 = 2, 016 kg/kmol MH2 O = 18, 015 kg/kmol, MS = 32, 064 kg/kmol, MCO2 = 44, 011 kg/kmol MSO2 = 64, 063 kg/kmol, MN2 = 28, 013 kg/kmol,

Aufgabe 3.9 In einer Produktionsanlage wird Ammoniak nach der Bruttoreaktionsgleichung N2 + 3 H2  2 NH3 synthetisiert. Dem Prozess wird ein Wasserstoff-Stickstoff-Gemisch von 1 mol/s N2 und 1 mol/s H2 zugef¨ uhrt. Berechnen Sie die Zusammensetzung des Gemisches in Stoffmengenanteilen am Austritt des Reaktors, wenn 20% des Wasserstoffes umgesetzt werden.

Aufgabe 3.10 Einem Chemiereaktor werden die Stoffmengenstr¨ ome von n˙ CH4 = 1 mol/s und n˙ H2 O = 2 mol/s zugef¨ uhrt. Am Reaktoraustritt findet man die Komponenten Kohlendioxid, Kohlenmonoxid, Wasserstoff und Wasser, wobei der Stoffmengenanteil von Kohlenmonoxid xCO = 0,174 betr¨ agt. Man berechne die Stoffmengenstr¨ ome, die den Reaktor verlassen, mit Hilfe der Elementenbilanzen.

4. Die Energiebilanz

Neben der Materiemengenbilanz steht als zweites Instrument zur thermodynamischen Analyse von Energie- und Stoffumwandlungen die Energiebilanz zur Verf¨ ugung. Energie ist wie Materie ein fundamentales physikalisches Konzept. Wir begegnen dem Ph¨ anomen Energie in unterschiedlichen Erscheinungsformen, sowohl als Eigenschaft einer Materiemenge wie auch als Erscheinung bei Wechselwirkungen eines Systems mit einem anderen. Der Energiebegriff ist daher vieldeutig und schwierig. Aus diesem Grund ist die Frage Was ist Energie?“ nicht durch eine pr¨ agnante Definition umfassend zu ” beantworten. Eine solche Definition wird vielmehr jeweils individuell f¨ ur jede der unterschiedlichen Energieformen angegeben. Insbesondere ist Energie, ebenso wie Materie, nicht durch eine einfache Zahlenangabe mit zugeh¨origer Einheit ausreichend zu charakterisieren, da sie außer der Quantit¨at auch eine Qualit¨ at besitzt6 . Unterschiedliche Energieformen sind bei gleicher Menge unterschiedlich wertvoll, vgl. Abschn. 1.1.1. Entscheidend f¨ ur die N¨ utzlichkeit und die Anwendung des Energiebegriffs ist das Naturgesetz der Energieerhaltung. Energie kann nicht erzeugt und nicht zerst¨ ort werden. Dieses Naturgesetz wird durch den 1. Hauptsatz der Thermodynamik formuliert. Er lautet: ”Die Energie eines Systems ¨andert sich nur durch Zu- oder Abfuhr von Energie u ¨ ber die Systemgrenzen.” Im Sinne einer Formulierung der Energiebilanz als allgemeine Bilanzgleichung l¨ asst sich der 1. Hauptsatz auch dadurch ausdr¨ ucken, dass die Energiebilanz keinen Quell- oder Senkenterm enth¨alt, dass also Energie weder erzeugt noch vernichtet werden kann. Wir f¨ uhren im Folgenden die wichtigsten Energieformen ein und zeigen, in welcher Weise sich das Naturgesetz der Energieerhaltung quantitativ formulieren und auf die Analyse von Energie- und Stoffumwandlungen anwenden l¨ asst. 6

Man denke in Bezug auf Materie etwa an die unterschiedlichen Qualit¨ aten von 1 kg Bauschutt und 1 kg Gold.

148

4 Die Energiebilanz

4.1 Die Erscheinungsformen der Energie Die Energie tritt in unterschiedlichen Erscheinungsformen auf. Wir beschr¨ anken uns hier auf die mechanischen, die thermischen und die chemischen Energieformen, betrachten also nicht z.B. elektrische, bei Kernumwandlungen auftretende oder andere der vielen sonstigen bekannten Formen. 4.1.1 Mechanische Energieformen Aus der Mechanik sind einige Energieformen bekannt. So wird z.B. einem K¨ orper der Masse m, der sich mit der Geschwindigkeit c bewegt, die kinetische Energie Ekin =

1 2 mc 2

(4.1)

zugeordnet. Ein ruhender K¨ orper der Masse m in einer H¨ohe h im Schwerefeld der Erde hat die potenzielle Energie Epot = mgh ,

(4.2)

wobei g = 9,81 m/s2 die so genannte Erdbeschleunigung ist. Beide dieser mechanischen Energieformen haben die Einheit kg m2 /s2 = Nm = J, wobei J“ das Kurzzeichen f¨ ur die Einheit Joule ist. Zahlenm¨aßig k¨onnen sie nur ” als Differenz zu einem Bezugswert angegeben werden, vgl. Abb. 4.1. F¨ ur die kinetische Energie des Wagens mit der Geschwindigkeit c ist der Ruhezustand der nat¨ urliche Bezugszustand mit der kinetischen Energie Null. F¨ ur die potenzielle Energie ist die Lage des Systems auf dem Umgebungsniveau der nat¨ urliche Bezugszustand mit der potenziellen Energie Null. Beide Bezugszust¨ ande sind aber prinzipiell willk¨ urlich. F¨ ur den Fall der kinetischen Energie wird dies klar, wenn man sich die Bewegung einer kleinen Kugel mit der Geschwindigkeit c in einem rollenden Wagen mit der Geschwindigkeit c vorstellt. Die kinetische Energie der Kugel wird von einem in dem Wagen sitzenden Beobachter als niedriger empfunden als von einem Beobachter außerhalb des Wagens. Entsprechendes gilt f¨ ur die potenzielle Energie eines K¨ orpers auf der H¨ ohe h in einem Flugzeug, das in der H¨ohe h in Bezug auf das Umgebungsniveau fliegt. Um einen K¨ orper der Masse m vom Erdboden (h = 0) auf eine H¨ohe h zu heben, muss man ihm Energie zuf¨ uhren, und zwar die mechanische Arbeit

h F · dr .

W0h =

(4.3)

0

Die mechanische Arbeit ist allgemein definiert als das Produkt aus einer Kraft und der Verschiebung des Kraftangriffspunktes in Richtung der Kraft.

4.1 Die Erscheinungsformen der Energie

149

c c ' a )

Ä u ß e r e B e z u g s k o o r d in a te n z u r D e fin itio n d e r k in e tis c h e n E n e r g ie

y

h ' h x b )

Ä u ß e r e B e z u g s k o o r d in a te n z u r D e fin itio n d e r p o te n z ie lle n E n e r g ie

Abb. 4.1. Zum Bezugspunkt f¨ ur die kinetische und potenzielle Energie

Wenn eine Abh¨ angigkeit der Kraft von der Verschiebung ber¨ ucksichtigt werden soll, dann ergibt sich die mechanische Arbeit somit als das Integral des an dem K¨ orper angreifenden Kraftvektors F u uckgelegten Weg des ¨ber den zur¨ Kraftangriffspunktes in Richtung der Kraft. Der Punkt in (4.3) bezeichnet demnach das Skalarprodukt zwischen F und r. Zugef¨ uhrte Energien haben vereinbarungsgem¨ aß ein positives Vorzeichen, abgef¨ uhrte ein negatives. Im betrachteten Fall, in dem eine Masse gehoben werden soll, zeigen der Vektor der Kraft und der Vektor der Verschiebung in die gleiche Richtung. Die me¨ chanische Arbeit nach (4.3) ist daher positiv, in Ubereinstimmung mit der Tatsache, dass sie zugef¨ uhrt wird. Auch sie hat die Einheit J“. W¨ahrend ” die potenzielle und kinetische Energie Eigenschaften der Masse m in ihrem speziellen Zustand sind, d.h. Zustandsgr¨ oßen, ist die mechanische Arbeit nur f¨ ur einen bestimmten Prozess definiert. Sie ist daher eine Prozessgr¨oße. Zur Berechnung der mechanischen Arbeit nach (4.3) ben¨otigt man die Funktion F (r). Im Allgemeinen h¨ angt daher der Wert des Integrals von dem speziellen Prozessverlauf ab. Im hier betrachteten Fall ist die Auswertung allerdings einfach und wegunabh¨ angig, da die zum Heben des K¨orpers erforderliche Kraft F der Schwerkraft betragsm¨ aßig gleich, aber entgegen gerichtet ist, d.h. F = −mg , mit g als dem Vektor der Erdbeschleunigung, der zum Erdmittelpunkt zeigt. Mit einer als unabh¨ angig von der H¨ ohe angenommenen Erdbeschleunigung wird

150

4 Die Energiebilanz

W0h = mgh = Epot . Diese Gleichung beschreibt einen besonders einfachen Fall von Energieumwandlung. Durch Aufw¨ anden einer mechanischen Arbeit W0h wird der Masse m eine potenzielle Energie Epot erteilt. Die aufgew¨andete Arbeit findet sich als potenzielle Energie der Masse wieder, die Energie bleibt also erhalten. Als etwas komplizierteren Fall einer Umwandlung der mechanischen Energieformen ineinander betrachten wir in Abb. 4.2 die Bewegung eines Massenpunktes unter der Wirkung einer Kraft F entlang einer Bahnkurve. Das Sys-

p ,c

2

F r

1 Abb. 4.2. Bewegung eines Massenpunktes unter Wirkung der Kraft F

tem ist der Massenpunkt selbst. Es hat die Zustandsgr¨oßen r und c, also Ort und Geschwindigkeit. Der Ortsvektor des Massenpunktes ist eine Funktion der Zeit τ . Die Geschwindigkeit des Massenpunktes ist dr . dτ F¨ ur den Impuls p des Massenpunktes gilt daher

c=

p = mc = m

dr . dτ

¨ Nach dem zweiten Newtonschen Grundgesetz ist die zeitliche Anderung des Impulses gleich der an dem Massenpunkt angreifenden Kraft. Es gilt also d dp = (mc) = F . dτ dτ

(4.4)

Mit (4.4) haben wir ein Axiom eingef¨ uhrt, d.h. einen aus der Erfahrung stammenden Lehrsatz, der nicht mathematisch beweisbar ist. Multiplizieren wir (4.4) skalar mit c, so erhalten wir

4.1 Die Erscheinungsformen der Energie



151

dr dp =F · . dτ dτ

Multiplikation mit dem Zeitelement und Integration zwischen den Orten 1 und 2 f¨ uhrt auf

2

2 c · dp =

1

F · dr . 1

Das Integral u ¨ber den Impuls des Massenpunktes kann man leicht auswerten, und man erh¨ alt mit dp = mdc  m 2 c2 − c21 = 2

2 F · dr . 1

Mit der Definition der kinetischen Energie nach (4.1) 1 2 mc = Ekin 2 erh¨ alt das zweite Newtonsche Grundgesetz dann die Form

2 Ekin,2 − Ekin,1 =

F · dr = W12 .

(4.5)

1

Das Integral auf der rechten Seite ist die Arbeit W12 der Kraft F zwischen den Zust¨ anden 1 und 2. Insgesamt steht daher auf der rechten Seite die Arbeit, welche die Kraft F am Massenpunkt w¨ ahrend dessen Bewegung auf der Bahnkurve zwischen 1 und 2 verrichtet. Die Gleichung (4.5) dr¨ uckt die Energieerhaltung bei der Bewegung des Massenpunktes aus. Die zugef¨ uhrte Arbeit findet sich in der Erh¨ ohung der kinetischen Energie des Massenpunktes wieder. Einen Spezialfall der mechanischen Energiebilanz (4.5) erhalten wir, wenn wir ein so genanntes konservatives Kraftfeld voraussetzen. Dann l¨asst sich die Kraft F auf den Massenpunkt als Gradient eines Potenzials, der potenziellen Energie, ausdr¨ ucken, nach F =−

dEpot . dr

(4.6)

Ein Beispiel f¨ ur die G¨ ultigkeit von (4.6) sind reibungsfreie Bewegungen im Schwerefeld der Erde, mit F =−

d(mg · r) d(mgh) = = mg dr dr

152

4 Die Energiebilanz

als der dem Vektor r entgegen gerichteten Schwerkraft. In dem durch (4.6) definierten Sonderfall ist das Arbeitsintegral wegunabh¨angig, und man erh¨alt

2

2 F · dr = −

1

1

dEpot · dr = − dr

2 dEpot = −Epot,2 + Epot,1 .

(4.7)

1

Bei der Bewegung eines Massenpunktes in einem konservativen Kraftfeld ist die Arbeit somit als Differenz zwischen zwei potenziellen Energien gegeben, also als Differenz einer Zustandsgr¨ oße in zwei verschiedenen Zust¨anden. Man findet dann f¨ ur die mechanische Energiebilanz [Epot + Ekin ]1 = [Epot + Ekin ]2 .

(4.8)

Die Summe der kinetischen und der potenziellen Energie bei der Bewegung eines Massenpunktes im konservativen Kraftfeld ist konstant, unabh¨angig von der Gestalt der Bahnkurve und anderen Einzelheiten der Bewegung. Mit E = Ekin + Epot als der Gesamtenergie des Systems Massenpunkt schreiben wir E = const. Wieder sind wir somit auf einen Erhaltungssatz f¨ ur die Gr¨ oßenart Energie gef¨ uhrt worden, in dem nun die Erscheinungsformen kinetische Energie und potenzielle Energie auftreten. Die einfache mechanische Energiebilanz (4.8) hat nur einen sehr eingeschr¨ ankten G¨ ultigkeitsbereich. Das erf¨ ahrt z.B. bereits ein Radfahrer, der von einer Anh¨ ohe ins Tal herabrollt und nicht ohne Treten auf die gleiche Anh¨ ohe der anderen Talseite gelangt, wie es nach (4.8) eigentlich sein sollte. Offenbar wird die urspr¨ unglich vorhandene potenzielle Energie als solche nicht vollst¨ andig zur¨ uckgewonnen, sondern teilweise in andere Energieformen umgewandelt. Die hierf¨ ur verantwortlichen Reibungseffekte wie der Luft- und Rollwiderstand sowie die Lagerreibung, die in (4.8) nicht ber¨ ucksichtigt werden, machen sich in allen praktischen F¨ allen bemerkbar. Dies gilt auch f¨ ur das System Massenpunkt, wenn wir dabei an einen fallenden Stein im Schwerefeld der Erde denken. Dann ist die aus der potenziellen Energie abzuleitende nur ein Teil der auf den Massenpunkt einwirkenden Kraft. Zus¨ atzlich wirkt noch als Reibungskraft der Luftwiderstand. Die Summe aus kinetischer und potenzieller Energie ist dann nicht mehr konstant. Unter der Annahme, dass keine nicht-mechanischen Energieformen an der Gesamtenergie des Steins beteiligt sind, gilt f¨ ur den Prozess aber immer noch der Energieerhaltungssatz in der Form (4.5). ¨ Hiernach wird die Anderung der kinetischen Energie des Steins durch die Arbeit aller a ußeren Kr¨ a fte, also sowohl der aus einem Potenzial abzuleitenden als auch ¨ der Reibungskraft des Luftwiderstands, hervorgerufen. Mit (W12 )Rbg als der Arbeit der Reibungskraft lautet also der Energieerhaltungssatz in diesem Fall Ekin,1 + Epot,1 + (W12 )Rbg = Ekin,2 + Epot,2 . Hier ist die Arbeit der Reibungskraft als vom Stein an die Umgebung abgegebene Energie eine negative Gr¨ oße, mit der Folge, dass die Summe aus kinetischer und potenzieller Energie im Zustand 2 um die Reibungsarbeit kleiner ist als die Summe dieser Energien im Anfangszustand. Praktisch treten unter Einfluss von Reibung stets auch nicht - mechanische Energieformen auf, die hier zun¨ achst vernachl¨ assigt wurden. Hierauf gehen wir in sp¨ ateren Abschnitten ein, vgl. Abschn. 4.1.2.

4.1 Die Erscheinungsformen der Energie

153

In den thermodynamischen Anwendungen spielen bestimmte Formen von mechanischer Arbeit eine besondere Rolle. Dabei handelt es sich nur selten um die Arbeit jener Kr¨ afte, die die Bewegung oder Lage des Systems als Ganzes beeinflussen. Vielmehr geht es um solche Formen von mechanischer ¨ Arbeit, die zu Anderungen im inneren Zustand des Systems f¨ uhren, z.B. zur ¨ Anderung des Volumens bei der Kompression eines Gases. Wir unterscheiden dabei die Kolbenarbeit (W12 )K und die Wellenarbeit (W12 )W . Die Kolbenarbeit tritt in der Technik vorzugsweise bei speziellen Kraftund Arbeitsmaschinen auf, z.B. bei Kompressions- und Expansionsprozessen in Kolbenpumpen, Kolbenkompressoren oder Kolbenmotoren. Die Kolbenarbeit kn¨ upft direkt an die Arbeitsdefinition der Mechanik an, vgl. Abb. 4.3. Wenn als System das gesamte Kolben-/Zylinder-System, einschließlich Gas und festen W¨ anden, betrachtet wird, dann ergibt sich die Kolbenarbeit zu

2

2 F a · dr = −

(W12 )K = 1

2 pa Adx = −

1

pa dV .

(4.9)

1

Hier ist F a die Kraft , die von außen an dem Kolben angreift, pa entspre-

A p

(W

F F p a

1 2

) K

a

d x

Abb. 4.3. Zur Kolbenarbeit

chend der a ¨ußere Druck auf den Kolben und A die Kolbenfl¨ache. Das negative Vorzeichen sorgt f¨ ur die Einhaltung der Vorzeichenvereinbarung f¨ ur zu- und abgef¨ uhrte Energiestr¨ ome. So wird bei einer Kompression das Volumen verkleinert, d.h. dV < 0, und die Arbeit ergibt sich als zugef¨ uhrte Arbeit positiv. ¨ Das System reagiert auf den Transfer von Kolbenarbeit mit einer Anderung seines Zustands. Insbesondere ¨ andert sich grunds¨atzlich eine bestimmte Zustandsgr¨ oße des Systems, n¨ amlich das Volumen. Das Volumen ist daher die mit dem Transfer von Kolbenarbeit einschl¨ agig verkn¨ upfte Zustandsgr¨oße des Systems. Der Druck pa ist bei Arbeitstransfer nicht identisch mit dem Druck p des Fluids im Zylinder, denn die treibende Kraft ist ja ein Druckunterschied. So sorgen z.B. Reibungseffekte zwischen Kolben und Zylinder daf¨ ur, oßer als der Druck im Fluid ist, dass bei einer Kompression der Druck pa gr¨ w¨ ahrend bei einer Expansion der Druck im Fluid den Außendruck u ¨bersteigt.

154

4 Die Energiebilanz

Die Situation gleichen Druckes hat damit den Charakter eines theoretischen Grenzfalls7 . Beispiel 4.1 Ein horizontal angeordneter, mit einem Kolben verschlossener Zylinder von V1 = 8 · 10−3 m3 enth¨ alt ein Gas bei T = 300 K und p1 = 10 bar. Der ¨ außere Umgebungsdruck betr¨ agt pu = 1 bar. Man berechne die vom Gas geleistete Kolbenarbeit bei einer Expansion auf V2 = 80 · 10−3 m3 . L¨ osung Die bei der Expansion geleistete Kolbenarbeit betr¨ agt nach (4.9)

2 (W12 )K = −

pu dV = −pu (V2 − V1 ) 1

= −105

N · 72 · 10−3 m3 = −7200 Nm . m2

Man beachte, dass f¨ ur die Kolbenarbeit die Kenntnis des inneren Zustands des Gases belanglos ist. Entscheidend sind der ¨ außere Druck und die Volumen¨ anderung. Beispiel 4.2 Ein Wasserstrom von m ˙ = 1 kg/s soll mit einer Kolbenpumpe isotherm bei 30◦ C von p1 = 1 bar auf p3 = 46 bar gef¨ ordert werden, vgl. Abb. B 4.2.1. Der Prozess besteht aus drei ablaufenden Teilprozessen, 1→2: 2→3: 3→4:

Ansaugen bei p1 = 1 bar Komprimieren auf p3 = 46 bar Ausschieben bei p3 = 46 bar .

Man berechne die zuzuf¨ uhrende Pumpenleistung f¨ ur den Grenzfall pa = p. L¨ osung Die Pumpenarbeit ergibt sich als die Summe der Kolbenarbeiten f¨ ur die drei Zustands¨ anderungen, d.h. WK = (W12 )K + (W23 )K + (W34 )K . Wir betrachten den Grenzfall pa = p. Da hierbei Reibungseffekte ausgeschlossen werden, erh¨ alt man f¨ ur pa = p die Mindestkolbenarbeit. In diesem Fall findet man f¨ ur die spezifische Kolbenarbeit der Zustands¨ anderung i → k

k (wik )K,min = −

pdυ . i

Die gesamte Mindestkolbenarbeit ergibt sich damit zu 7

Wenn die Kolbenbewegung in Richtung der Erdbeschleunigung oder ihr entgegengesetzt erfolgt, gilt p = pa + mK g/A, mit mK als der Masse des Kolbens und A als seiner Fl¨ ache. In diesem Fall gilt stets p > pa , ohne dass dies auf Reibungseffekte zur¨ uckzuf¨ uhren w¨ are.

4.1 Die Erscheinungsformen der Energie . m

155

= 1 k g /s ; p = 4 6 b a r 3

p = p a

A Fa = p

V = V 1

m

.

V 4

a

A

2

= 1 k g /s ; p = 1 b a r 1

Abb. B 4.2.1. Kolbenpumpe

2 WK,min = −

3 pdV −

1

4 pdV −

2

pdV . 3

Sie ist aus den Zustands¨ anderungen des Wassers w¨ ahrend des Prozesses berechenbar, im Gegensatz zur Kolbenarbeit im allgemeinen Fall, die durch die Volumen¨ anderung und den ¨ außeren Druck bestimmt ist. Zur Auswertung nutzen wir, dass die Zustands¨ anderungen von 1 nach 2 und von 3 nach 4 isobar sind und erhalten ⎡ ⎤

3 WK,min = − ⎣p1 (V2 − V1 ) + pdV + p3 (V4 − V3 )⎦ . 2

Hier kann ohne Einschr¨ ankung der Allgemeinheit das Totpunktvolumen V1 = 0 ¨ gesetzt werden. Es gilt im Ubrigen V4 = V1 , sowie die Umformung

3

3

2

3 d(pV ) −

pdV = 2

V dp . 2

Es folgt also mit p1 = p2 ⎡ WK,min

= − ⎣ p 1 V2 + p 3 V3 − p 2 V2 −

3 2

⎤ V dp − p3 V3 ⎦ =

3 V dp . 2

F¨ ur Wasser benutzen wir das Stoffmodell Ideale Fl¨ ussigkeit“ , d.h. wir f¨ uhren das ” konstante spezifische Volumen υ if ein. Damit gilt WK,min = mυ if(p3 − p2 ) . Wasser bei 30◦ C hat nach der Wasserdampftafel ein spezifisches Volumen von υ if ≈ 0,001 m3 /kg. Im station¨ aren Fall finden wir damit schließlich f¨ ur die mindestens zuzuf¨ uhrende Pumpenleistung

156

4 Die Energiebilanz

PK,min = 1

kg N m3 · 0, 001 · 45 · 105 2 = 4, 5 kW . s kg m

Die der Pumpe tats¨ achlich zuzuf¨ uhrende Arbeit ist auf Grund der Reibungseffekte gr¨ oßer.

Da der Kolben einer Kolbenmaschine stets vom Umgebungsdruck beaufschlagt wird, ergibt sich der ¨ außere Druck als Summe des Umgebungsdruckes und des mit dem Nutzeffekt verbundenen Druckes pa,n . Wenn z.B. der Kolben eine Wassers¨ aule der Dichte ρ und der H¨ohe h gegen die Wirkung der Schwerkraft nach oben f¨ ordern soll, so betr¨ agt bei Vernachl¨assigung der Kolbenmasse der ¨ außere Druck pa = pu + ρgh = pu + pa,n . Man bezeichnet als Kolben-Nutzarbeit die Kolbenarbeit, die f¨ ur den eigentlichen technischen Vorgang aufgew¨andet bzw. durch ihn geliefert wird, also

2 (W12 )nK

=−

2 (pa − pu )dV = −

pa,n dV = 1

2

1

pa dV + pu (V2 − V1 ) . (4.10) 1

Bei Expansion ist die gewonnene Kolben-Nutzarbeit, also die von der Kolbenstange auf ein anderes System u ¨ bertragbare Arbeit, um die zur Verschiebung der Umgebung aufzuw¨ andende Arbeit kleiner als die tats¨achlich u ¨bertragene und nach (4.9) berechnete Kolbenarbeit. Analog ist bei der Kompression die zuzuf¨ uhrende Kolben-Nutzarbeit um den durch den Umgebungsdruck beigesteuerten Beitrag kleiner als die nach (4.9) berechnete und tats¨achlich u ¨bertragene Kolbenarbeit. Neben der Kolbenarbeit begegnet uns in der Technik oft die Wellenarbeit, z.B. an den sich drehenden Wellen von Str¨ omungsmaschinen. Zur Reduktion der Wellenarbeit auf die mechanische Arbeitsdefinition bilden wir aus den an der Welle angreifenden Kr¨ aften das Moment Md = 2(F · d/2) und betrachten die Verschiebung des Kraftangriffspunktes um den Winkel α, vgl. Abb. 4.4.

W e lle T u r b in e

W

a W

F

F

F

F d

Abb. 4.4. Zur Wellenarbeit

Die Arbeit der drehenden Welle ist dann d (W )W = 2(F α) = Md α , 2

(4.11)

4.1 Die Erscheinungsformen der Energie

157

und die Leistung wird PW = Md α˙ = 2πnd Md ,

(4.12)

wobei nd = α/2π ˙ die Drehzahl mit α˙ als der Winkelgeschwindigkeit ist. Kolbenarbeit und Wellenarbeit beziehen sich auf Systemgrenzen, die nicht nur das Fluid, sondern auch die festen Berandungen, insbesondere den Kolben bzw. die Welle, umschließen. Die in thermodynamischen Rechnungen betrachteten Systeme sind demgegen¨ uber in der Regel Fluide, z.B. das Gas im Zylinder eines Verbrennungsmotors bzw. der Dampf in einer Dampfturbine. Die der Kolbenarbeit entsprechende, u ¨ber die Systemgrenze des Fluids in einer Kolbenmaschine u ¨ bertragene Arbeit bezeichnet man als Volumen¨ anderungsarbeit WV . Sie unterscheidet sich im Allgemeinen von der Kolbenarbeit durch Energieeffekte bei der Reibung zwischen Kolben und Zylinderwand. Die der Wellenarbeit entsprechende, u ¨ber die Systemgrenze des Fluids in einer Str¨ omungsmaschine transferierte Arbeit bezeichnet man als technische Arbeit Wt . Auch sie unterscheidet sich im Allgemeinen von der Wellenarbeit auf Grund von Reibungseffekten zwischen den festen Bauteilen der Maschine. W¨ ahrend Kolbenarbeit und Wellenarbeit aus Kr¨aften bzw. Dr¨ ucken berechnet werden, die nicht direkt auf das Fluid wirken, h¨angen Volumen¨ anderungsarbeit und technische Arbeit ausschließlich von der Zustands¨ anderung des Fluids ab. In der Volumen¨anderungsarbeit tritt daher der Druck des Fluids auf, nicht der ¨ außere Druck pa . Die technische Arbeit wird nicht durch das an der Welle angreifende Drehmoment Md , sondern durch Zustandsgr¨ oßen des Fluids bestimmt, die noch zu definieren sein werden. Im Folgenden werden wir entsprechend der in der Thermodynamik u ¨blichen Systemdefinition in der Regel die Volumen¨anderungsarbeit und die technische Arbeit benutzen. 4.1.2 Innere Energie und Enthalpie Die Energiebilanz der mechanischen Energieformen ist im allgemeinen Fall unvollst¨ andig. So wird z.B. ein im Schwerefeld der Erde herabfallender K¨ orper unter Einfluss der Luftreibung heiß. Man denke etwa an einen Meteoriten, der aus dem All in die Erdatmosph¨ are eintritt und auf dem Weg zur Erdoberfl¨ ache vergl¨ uht. Auch die Lagerreibung im Fahrrad f¨ uhrt bekanntlich zur Erhitzung des Lagers, die Rollreibung entsprechend zur Erhitzung der R¨ ader. Die damit zusammenh¨ angenden Energieumwandlungen lassen sich offenbar nicht allein mit den mechanischen Energieformen beschreiben. Es ¨ treten zus¨ atzliche Energieformen auf. Uberhaupt spielen die mechanischen Energieformen bei technischen Energieumwandlungen, wie sie in der Thermodynamik betrachtet werden, in der Regel nur bei der Energiezufuhr oder -abfuhr eine Rolle. Die bei diesen Prozessen interessierenden Systeme sind in der Regel fluide Phasen, vgl. Abschn. 1.2. Sie nehmen Energie auf, z.B. das Wasser in einem Dampferzeuger, oder geben Energie ab, z.B. der

158

4 Die Energiebilanz

Wasserdampf bei der Entspannung in einer Turbine. Die dabei in Erscheinung tretende Energieform speichert die in einem Dampferzeuger an das Wasser u ¨ bertragene Energie bzw. speist die Arbeitsleistung eines Dampfes bei Entspannung in einer Turbine. Sie wird als innere Energie bezeichnet. Die innere Energie ist auch die Energieform, in der sich die Erw¨armung des herab st¨ urzenden Meteoriten oder allgemein aller durch Reibung beanspruchter Maschinenteile zeigt. Auch die in Brennstoffen enthaltende Energie ist eine Form von innerer Energie. So kann bekanntlich die im Benzin bei Umgebungstemperatur und Umgebungsdruck chemisch gespeicherte Energie in einem Motor in die mechanische Arbeit einer drehenden Welle umgewandelt werden. Insgesamt ist innere Energie der Energieinhalt einer Materiemenge, der u ¨ ber ihre kinetische und potenzielle Energie hinausgeht. Sie ist eine an die Materie eines Systems gebundene Eigenschaft und damit eine Zustandsgr¨oße, ¨ ahnlich wie die kinetische Energie und potenzielle Energie eines Massenpunktes, und f¨ ur jeden Zustand des Systems angebbar. Im Gegensatz zur kinetischen Energie und potenziellen Energie ist die innere Energie aber nicht durch ¨ außere Koordinaten bestimmt, also solche wie die Geschwindigkeit und die Lage, die durch Bezug auf ein Koordinatensystem in der Umgebung definiert werden. Sie ergibt sich vielmehr ausschließlich aus inneren Eigenschaften des Systems, ohne Bezug auf die Umgebung. Hieraus resultiert die Bezeichnung innere Energie. Auf Grund ihres thermischen bzw. chemischen Ursprungs geh¨ ort die innere Energie zu den thermochemischen Energieformen. Die innere Energie ist wie alle typisch thermodynamischen Konzepte nur aus der Betrachtung der molekularen Bestandteile einer Materiemenge zu verstehen. Insbesondere f¨ ur das atomistische Fluidmodell nach Kapitel 2, nach dem die Eigenschaften eines Fluids aus den Bewegungen kleiner Billardkugeln abgeleitet werden, resultiert die innere Energie aus der chaotischen, also inkoh¨ arenten Bewegung der Billardkugeln, vgl. Teil a) von Abb. 4.5. Die dieser Bewegung zugeordnete kinetische Energie und damit innere Energie dieses Modellsystems ist U=

1 N mc2  = N Ekin  , 2

(4.13)

mit N als der Molek¨ ulzahl, m der Masse eines Molek¨ uls und c2  als dem mittleren Geschwindigkeitsquadrat, wobei c = {u, υ, w} der Geschwindigkeitsvektor eines Molek¨ uls ist, vgl. Abschnitte 2.1.3 und 2.1.4. Diese inkoh¨ arenten Molek¨ ulbewegungen treten nicht als eine gerichtete, makroskopische Bewegung in Erscheinung. Das Fluid ruht, seine makroskopische kinetische Energie ist Null. Nach (4.13) ist die innere Energie eine extensive Zustandsgr¨ oße, d.h. eine Zustandsgr¨ oße, deren Wert der Materiemenge des Systems proportional ist. Dies folgt unmittelbar aus ihrer Abh¨ angigkeit von der Molek¨ ulzahl. Haben im Gegensatz zu Abb. 4.5 a) alle Teilchen eine ausgerichtete, koh¨ arente Geschwindigkeit, vgl. Abb. 4.5 b), so handelt es sich um ein str¨ omendes Fluid mit einer ¨ außeren kinetischen Energie. Die in Abb. 4.5 b) gezeigte Situation ist durch Abwesenheit einer chaotischen Molek¨ ulbewegung und damit durch die innere Energie Null gekennzeichnet. Nach der atomistischen Temperaturinterpretation (2.18) hat dieses System die Temperatur 0 K. In realen str¨ omenden Fluiden sind die ¨ außere makroskopische Bewegung und die chaotische Molek¨ ulbewegung einander u asst sich ¨ berlagert. Mit Hilfe von (2.18) l¨

4.1 Die Erscheinungsformen der Energie

159

a ) R u h e n d e s F lu id C h a o tis c h e , in k o h ä r e n te B e w e g u n g d e r B illa r d k u g e ln : In n e r e E n e r g ie ( th e r m is c h e r A n te il)

b ) S tr ö m e n d e s F lu id G e o r d n e te , k o h ä r e n te B e w e g u n g d e r B illa r d k u g e ln : Ä u ß e r e E n e r g ie ( k in e tis c h e r A n te il)

Abb. 4.5. Innere und ¨ außere Energie ableiten, dass f¨ ur das einfache Molek¨ ulmodell nach (4.13) die molare innere Energie mit NA = N durch u=

3 RT 2

(4.14)

gegeben ist. Dieser Zusammenhang gilt nicht allgemein, ist aber korrekt f¨ ur Gase aus einatomigen Molek¨ ulen. Er l¨ asst sich auch schreiben als u − u(T = 0K) =

3 R(T − 0) 2

oder allgemein u − u0 = cv (T − T 0 ) mit cv = 3/2 R = 12, 47 kJ/kmolK als so genannter molarer isochorer W¨ armekapazit¨ at des Modellgases und dem Suffix 0 als Zeichen f¨ ur den Wert der zugeh¨ origen Zustandsgr¨ oße bei einer beliebigen Bezugstemperatur. F¨ ur Fl¨ ussigkeiten, z.B. Wasser, benutzt man f¨ ur die Differenz der inneren Energie zwischen zwei Temperaturen t1 und t2 die formal analoge Beziehung u2 − u1 = cw (t2 − t1 )

(4.15)

mit cw = 4,18 kJ/kg K als der experimentell bestimmten, so genannten spezifischen W¨ armekapazit¨ at von Wasser, vgl. Abschn. 4.3, wo auch weitere Stoffmodelle f¨ ur die innere Energie vorgestellt werden.

160

4 Die Energiebilanz

Allgemein l¨ asst sich die innere Energie einer Materiemenge in einen physikalischen und in einen chemischen Anteil aufspalten. In einem Fluid bezeichnet man den physikalischen Anteil der inneren Energie auch als ihren thermischen Anteil. F¨ ur das in Abb. 4.5 a) gezeigte einfache Molek¨ ulmodell ist der thermische Anteil der inneren Energie identisch mit der kinetischen Energie der inkoh¨ arent fliegenden Billardkugeln. In einem realen Fluid kommen gegen¨ uber dem einfachen Molek¨ ulmodell noch weitere Beitr¨ age hinzu. Die realen Molek¨ ule bestehen in der Regel aus mehreren Atomen, sodass neben der kinetischen Energie des Molek¨ ulfluges auch die kinetische Energie der Molek¨ ulrotation um Achsen durch den Molek¨ ulschwerpunkt einen Beitrag zur thermischen inneren Energie des Fluids leistet. Weiterhin tragen innere Bewegungen der Atome im Molek¨ ul, z.B. Schwingungen, zum thermischen Anteil der inneren Energie bei. Schließlich u ¨ ben in Gasen bei hohen Dr¨ ucken und Fl¨ ussigkeiten die Molek¨ ule Wechselwirkungskr¨ afte aufeinander aus. Die Molek¨ ule haben daher auch eine potenzielle Energie, die durch ihre Lage in ihren wechselseitigen Kraftfeldern bestimmt ist. Insgesamt umfasst somit der thermische Anteil der inneren Energie eines Fluids die Summe aus den kinetischen und potenziellen Energien der inkoh¨ arenten Molek¨ ulbewegungen. ¨ Anderungen im thermischen Anteil der inneren Energie werden makroskopisch ¨ ¨ durch Anderungen der Temperatur und/oder Anderungen des Volumens, bei ¨ Gemischen auch durch Anderungen der Zusammensetzung ausgel¨ ost. Dabei ¨ bewirkt eine Temperatur¨ anderung eine Anderung der inkoh¨ arenten kinetischen Energie des Molek¨ ulfluges, vgl. Abschn. 2.1.4. Man spricht bei dem Anteil der inneren Energie, der auf eine erh¨ ohte Temperatur zur¨ uckgef¨ uhrt werden kann, auch von f¨ uhlbarer innerer Energie, weil man eine Temperatur f¨ uhlen kann. ¨ Eine Volumen¨ anderung bewirkt dagegen eine Anderung des mittleren Abstands ¨ der Molek¨ ule und damit eine Anderung ihrer potenziellen Energie. Große Volu¨ men¨ anderungen ohne Temperatur¨ anderung mit entsprechend großen Anderungen der inneren Energie treten z.B. beim Verdampfen reiner Fl¨ ussigkeiten auf. Die auf diese Weise im System gespeicherte Energie bezeichnet man auch als latente innere ¨ Energie. Eine Anderung der Zusammensetzung ¨ andert die Massen der Molek¨ ule, d.h. die kinetische Energie des Molek¨ ulfluges, sowie die Art der potenziellen ¨ Energie zwischen den Molek¨ ulen. Beides f¨ uhrt zu Anderungen im thermischen Anteil der inneren Energie. Der chemische Anteil der inneren Energie resultiert aus der potenziellen Energie der Bindungskr¨ afte, mit denen die Atome in den Molek¨ ulen zusammen gehalten werden. Bei chemischen Reaktionen gruppieren sich Atome mit den zugeh¨ origen Elektronen zu neuen Molek¨ ulen. Dabei werden diese Bindungsenergien umgewandelt, und es k¨ onnen große thermische Energien freigesetzt werden, wie z.B. bei der Verbrennung. Bei einer Verbrennung hat die Abnahme der chemischen inneren Energie des Brennstoff/Luft-Gemisches eine entsprechende Produktion von thermischer innerer Energie eines heißen Rauchgases zur Folge.

Eng verwandt mit der inneren Energie einer Materiemenge ist ihre Enthalpie. Sie tritt an die Stelle der inneren Energie in Prozessen, in denen Stoffstr¨ ome in Systeme ein- und/oder aus ihnen ausstr¨omen. Man versteht unter der Enthalpie die u ¨ ber die potenzielle und kinetische Energie hinausgehen¨ de Energie eines Stoffstromes, die er beim Uberschreiten der Systemgrenzen in ein System hinein- oder aus ihm hinaus transportiert. Wir betrachten als System ein Kontrollvolumen V , das zum Zeitpunkt τ = τ0 von einem Gas ausgef¨ ullt wird. Beim Eindringen einer differenziell kleinen Masse Δm des betrachteten Gasstromes w¨ ahrend der Zeit Δτ wird das Gas im Kontrollvo-

4.1 Die Erscheinungsformen der Energie

161

lumen komprimiert, vgl. Abb. 4.6. Wenn p der Druck des Gasstroms an der

D m

.

t = t

D V

0

V

D m

.

t = t 0 + D t

V Abb. 4.6. Zur Definition der Enthalpie

Systemgrenze ist und das Gas durch das Einschieben der Masse Δm um das Volumen ΔV zusammengedr¨ uckt wird, so wird dem System zus¨atzlich zu der inneren Energie der Masse Δm noch die mechanische Arbei pΔV = Δm(pυ) zugef¨ uhrt, mit υ als dem spezifischen Volumen des Gasstromes. Insgesamt f¨ uhrt also die Masse Δm dem System die Energie Δm(u + pυ) zu. Entspre¨ chende Uberlegungen gelten beim Ausschieben einer Masse Δm aus dem System, wobei es dann zu einer Expansion des Gases kommt. Wiederum entsprechende Ergebnisse gelten f¨ ur eine inkompressible Fl¨ ussigkeit, bei deren Eindringen in das Kontrollvolumen die darin enthaltene Fl¨ ussigkeit unter Aufwand einer Arbeit pΔV durch das Kontrollvolumen gedr¨ uckt und am Austritt die Umgebung entsprechend verschoben wird. Es gilt somit als Definitionsgleichung der Enthalpie H = U + pV ,

(4.16)

wobei der Term (pV ) bisweilen als Verschiebearbeit bezeichnet wird. Bei Gasen kann dieser Anteil betr¨ achtlich sein, bei Fl¨ ussigkeiten und festen Stoffen ist er hingegen in der Regel vernachl¨ assigbar. Ein Stoffstrom mit dem Massenstrom m ˙ f¨ uhrt dar¨ uber hinaus noch eine kinetische Energie und eine potenzielle Energie mit sich. Sein gesamter Energiestrom ist also 1 E˙ = m(h ˙ + c2 + gz) , 2

(4.17)

162

4 Die Energiebilanz

mit h als der spezifischen Enthalpie, 1/2 c2 als der spezifischen kinetischen Energie und gz als der spezifischen potenziellen Energie. F¨ ur einen Stoffmengenstrom n˙ treten an Stelle der spezifischen Gr¨oßen die entsprechenden molaren. Wie die innere Energie, so enth¨ alt auch die Enthalpie einen physikalischen und einen chemischen Anteil. H¨ aufig spielen die ¨außeren Energien bei den hier betrachteten Anwendungen keine Rolle. Als Beispiel zeigt Abb. 4.7 schematisch einen Vermischungsprozess, bei dem die Energiebilanz zu einer ˙ 2 h2 = m ˙ 3 h3 . Enthalpiebilanz wird, d.h. m ˙ 1 h1 + m

m m

. 1

,h 1

. 2

,h 2

m

. 3

,h 3

Abb. 4.7. Enthalpiebilanz bei der Vermischung von Stoffstr¨ omen

F¨ ur die innere Energie und die Enthalpie lassen sich, wie bei den a¨ußeren Energieformen kinetische Energie und potenzielle Energie, Zahlenwerte nur unter Bezug auf einen frei w¨ ahlbaren Nullpunkt angeben. Absolute Werte von innerer Energie und Enthalpie haben keine Bedeutung. Dabei gibt es f¨ ur die innere Energie im Gegensatz zu den a¨ußeren Energieformen keinen naheliegenden, so zu sagen nat¨ urlichen Nullpunkt. Es werden daher in der Praxis sehr unterschiedliche Bezugswerte benutzt. Dieser Sachverhalt ist f¨ ur das Zahlenergebnis einer Rechnung ohne Belang, da stets nur Energiedifferenzen eine Rolle spielen. Wenn die gew¨ ahlten Energiebezugspunkte konsistent sind, k¨ urzen sie sich aus der Energiebilanz heraus. 4.1.3 Die Energieform W¨ arme Ein Energietransfer in Form von W¨ arme kommt zustande, wenn das System eine andere Temperatur hat als seine Umgebung. Man spricht auch von W¨ arme¨ ubertragung. Wird keine W¨ arme u ¨ bertragen, so handelt es sich um einen adiabaten Prozess. W¨ arme ist somit die Energieform, die bei der Wechselwirkung eines Systems mit einem anderen auf Grund einer Temperaturdifferenz u ¨ber die Systemgrenze fließt. Damit ist W¨arme im Gegensatz zur ¨ inneren Energie oder Enthalpie, aber in Ubereinstimmung mit Arbeit, keine Zustandsgr¨ oße sondern eine Prozessgr¨ oße. Insbesondere sind g¨angige Begriffe der W¨ armetechnik, wie W¨ armeinhalt, f¨ uhlbare W¨arme, latente W¨arme oder Speicherw¨ arme wissenschaftlich falsch. Es handelt sich jeweils um Formen der inneren Energie, vgl. Abschn. 4.1.2. Die allgemeine Beziehung zwischen

4.1 Die Erscheinungsformen der Energie

163

der transferierten W¨ arme, der treibenden Temperaturdifferenz ΔT und der Kontaktfl¨ ache A lautet Q˙ = βAΔT ,

(4.18)

mit β als einem Proportionalit¨ atskoeffizienten. In dem theoretischen Grenzfall einer verschwindenden Temperaturdifferenz ist f¨ ur einen endlichen W¨ armestrom eine unendlich große Fl¨ ache erforderlich. W¨ arme kann durch unterschiedliche Mechanismen u ¨ ber eine Systemgrenze transferiert werden. Der von einem System der Temperatur T durch eine ebene Wand an die Umgebung der Temperatur Tu transportierte W¨ armestrom ist dem Temperaturgef¨ alle zwischen beiden Seiten der Wand proportional. Nach dem Fourierschen Gesetz gilt, vgl. Abb. 4.8, T − Tu Q˙ = −λA . δ Hier ist λ die W¨ armeleitf¨ ahigkeit, d.h. eine Stoffeigenschaft der Wand, A die Fl¨ ache

W a n d T . Q T

d

U

Abb. 4.8. Zum W¨ armestrom bei W¨ armeleitung und δ die Dicke der Wand. Das negative Vorzeichen sorgt f¨ ur die Einhaltung der Vorzeichenvereinbarung. Wenn z.B. die Temperatur des Systems h¨ oher als die der Um¨ gebung ist, so ergibt sich der W¨ armestrom negativ in Ubereinstimmung mit der Vorzeichenvereinbarung, dass abgegebene Energiestr¨ ome negativ gez¨ ahlt werden. Den Transport von W¨ arme durch W¨ ande und ruhende Gas- oder Fl¨ ussigkeitsschichten bezeichnet man als W¨ armeleitung. Ein durch einen Kanal, z.B. ein Rohr, oder an einer Wand entlang str¨ omendes Fluid transportiert bei einem Temperaturunterschied zwischen Fluid und Wand W¨ arme durch den Mechanismus der konvektiven W¨ arme¨ ubertragung, vgl. Abb. 4.9. F¨ ur den W¨ armestrom Q˙ bei konvektiver W¨ arme¨ ubertragung macht man nach Newton den Ansatz Q˙ = αA(Tw − Tf ) . Hier sind Tf die in Abb. 4.9 punktiert eingetragene mittlere Phasentemperatur des Fluids, vgl. Abschn. 1.2.2, Tw die Wandtemperatur und α der so genannte

164

4 Die Energiebilanz

c

r

c

T T f

. Q

f

c ,T r Q c

T

= 0 w

.

w

Abb. 4.9. Konvektiver W¨ arme¨ ubergang bei der Rohrstr¨ omung

W¨ arme¨ ubergangskoeffizient. Sein Zahlenwert h¨ angt in komplizierter Weise von den Str¨ omungsbedingungen ab, die durch das Geschwindigkeitsprofil bzw. durch die ¨ mittlere Phasengeschwindigkeit cf definiert sind. Bei der Uberstr¨ omung eines heißen K¨ orpers ist Tf durch die Umgebungstemperatur Tu zu ersetzen und cf durch die Geschwindigkeit in großer Entfernung von ihm. Wenn schließlich, wie bei der technischen W¨ arme¨ ubertragung die Regel, der W¨ armestrom von einem str¨ omenden Fluid (dem System A) auf eine Wand, dann durch diese Wand, und schließlich von der Wand an ein anderes str¨ omendes Fluid (das System B) u ¨ bertragen wird, dann spricht man vom W¨ armedurchgang, vgl. Abb. 4.10. Beim W¨ armedurchgang treten die beiden besprochenen Mechanismen des W¨ armetransports, also die W¨ armeleitung und der konvektive W¨ arme¨ ubergang, gleichzeitig auf. Die Beziehung des W¨ armestromes Q˙ zur Differenz der Phasentemperaturen in beiden Fluidstr¨ omen lautet dann Q˙ = kA(Tf,A − Tf,B ) , mit Tf,A , Tf,B als den Phasentemperaturen der Fluide, k als dem W¨ armedurchgangskoeffizienten und A als der Fl¨ ache, auf die sich der W¨ armedurchgangskoeffizient bezieht. Die beiden konvektiven W¨ armewiderst¨ ande 1/αA , 1/αB und der W¨ armeleitwiderstand der Wand δ/λ addieren sich. Ins-

T

T

B

T A

Q

w ,A

T T

f,A

T

w ,B

f,B

Abb. 4.10. W¨ armedurchgang

.

4.2 Energiebilanzgleichungen

165

besondere gilt daher f¨ ur den W¨ armedurchgangskoeffizienten bei einer ebenen Wand 1 1 δ 1 = + + . k αA λ αB Die Koeffizienten λ, α und k werden zusammenfassend als Transferkoeffizienten bezeichnet. Außer diesen an Materie gebundenen Mechanismen des W¨ armetransfers gibt es auch noch den Mechanismus der Strahlung, der ohne Beteiligung von Materie abl¨ auft und eine sehr viel st¨ arkere Abh¨ angigkeit von der Temperaturdifferenz aufweist.

4.2 Energiebilanzgleichungen Nachdem nun alle in den folgenden Prozessen ber¨ ucksichtigten Energieformen vorgestellt worden sind, k¨ onnen nachstehend Energiebilanzen exemplarisch f¨ ur unterschiedliche F¨ alle ausgewertet werden. Der 1. Hauptsatz sagt aus, dass Energie insgesamt nicht entstehen oder verloren gehen kann. Nur spezielle Energieformen k¨ onnen zu Lasten oder zu Gunsten von anderen Energieformen entstehen bzw. verschwinden. Jede Analyse einer Energieumwandlung beginnt zweckm¨ aßigerweise mit dem Aufstellen einer Energiebilanz auf der Grundlage des 1. Hauptsatzes. Die einem System zugef¨ uhrte Energie muss, ggf. vermindert um gespeicherte Energie, dieses System wieder verlassen, in welcher Form auch immer. Je nach Aufgabenstellung bieten sich unterschiedliche Formulierungen der Energiebilanz an. In allen F¨allen umschließt die Systemgrenze das betrachtete Fluid. 4.2.1 Geschlossene Systeme Die innere Energie geschlossener Systeme ¨ andert sich unter Einfluss eines Transfers von W¨ arme und Arbeit allgemein nach dU (τ ) ˙ ) + P (τ ) . = Q(τ dτ

(4.19)

Die Beziehung (4.19) ist eine gew¨ ohnliche Differenzialgleichung erster Ordnung und kann z.B. dazu dienen, den Temperaturverlauf bei der Abk¨ uhlung eines Systems zu berechnen, vgl. Beispiel 4.3. Im allgemeinen Fall ist die Integration der instation¨ aren Energiegleichung (4.19) allerdings nicht geschlossen m¨ oglich. N¨ aherungsweise l¨ asst sich die Temperatur nach Ablauf der Zustands¨ anderung aber stets aus der integrierten Form der Energiegleichung berechnen, wenn f¨ ur die Systemtemperatur bei der Berechnung der Prozessenergiestr¨ ome ein geeigneter Mittelwert zwischen Anfangs- und Endtemperatur benutzt wird, vgl. Beispiel 4.3. Die integrierte Energiebilanz f¨ ur ein geschlossenes System lautet f¨ ur einen Prozess, der das System vom Zustand 1 in den Zustand 2 u uhrt, ¨ berf¨

166

4 Die Energiebilanz

Q12 + W12 = U2 − U1 .

(4.20)

Hierbei, wie auch bei (4.19), ist vorausgesetzt, dass ¨außere Energieformen wie kinetische und potenzielle Energie bei dem betrachteten Prozess keine Rolle spielen. Anderenfalls w¨ are die innere Energie durch die Gesamtenergie zu ersetzen. W12 ist die gesamte u ¨ ber die Grenzen des geschlossenen Systems transferierte Arbeit. Sie setzt sich aus der Volumen¨anderungsarbeit und der technischen Arbeit additiv zusammen. Kolbenarbeit und Wellenarbeit bleiben außerhalb der Betrachtungen, da die Lage der Systemgrenzen die mechanischen Bauteile der Maschinen ausgrenzt. In dieser Form kann die Gleichung ganz allgemein zur Berechnung der W¨ arme oder der Arbeit herangezogen ¨ werden, die eine bestimmte Anderung der inneren Energie bewirkt. Ist die innere Energie nur von der Temperatur abh¨ angig, wie z.B. bei Gasen oder ¨ auch Fl¨ ussigkeiten, so ist dadurch auch eine bestimmte Anderung der Temperatur gegeben. Da die Masse des Systems konstant bleibt, beziehen wir alle Energieformen darauf und erhalten dann die Energiebilanz f¨ ur geschlossene Systeme in der Form q12 + w12 = u2 − u1 ,

(4.21)

mit u als der spezifischen inneren Energie, q12 als der spezifischen W¨arme und w12 als der spezifischen Arbeit. In diesen Gleichungen sind die W¨arme und die Arbeit als dem System zugef¨ uhrte Energiemengen ber¨ ucksichtigt. Sie ergeben sich mit negativen Vorzeichen, wenn sie aus dem System abgef¨ uhrt werden. Die Energiebilanz f¨ ur geschlossene Systeme liefert eine quantitative Beziehung zwischen der Summe aus den u ¨ ber die Systemgrenzen transferierten ¨ Energieformen W¨ arme und Arbeit und der Anderung der inneren Energie. Praktisch ist man daran interessiert, die transferierte W¨arme und Arbeit jeweils f¨ ur sich mit der Zustands¨ anderung des Systems zu verkn¨ upfen. Im allgemeinen Fall gen¨ ugt dazu die Energiebilanz nicht, denn dies hieße zwei Gr¨ oßen aus einer Gleichung berechnen zu wollen. Ist hingegen eine der beiden Prozessgr¨ oßen, Arbeit oder W¨ arme, f¨ ur einen betrachteten Prozess Null, so findet man allein aus der Kenntnis der Zustandsgr¨oßen in den Zust¨anden 1 und 2 die jeweils andere von Null verschiedene Prozessgr¨oße aus (4.20) oder (4.21). Solche Bedingungen liegen h¨ aufig vor. Beispiel 4.3 Ein kugelf¨ ormiger, gut isolierter W¨ armespeicher ist mit Wasser von anf¨ anglich tW = 80◦ C gef¨ ullt und steht in einer Umgebung von tu = 20◦ C. Die innere Oberfl¨ ache des Speichers betr¨ agt A = 100 m2 , der darauf bezogene W¨ armedurchgangskoeffizient ist k = 0,1 W/m2 K. Man berechne die Temperaturabnahme des Wassers nach 24 h und nach 1000 h.

4.2 Energiebilanzgleichungen

167

L¨ osung Nach (4.19) lautet die Energiebilanz f¨ ur instation¨ are Prozesse in geschlossenen Systemen ohne Arbeitstransfer, wenn man die Dichte und die W¨ armekapazit¨ at des Wassers durch geeignete Mittelwerte u ¨ ber der Temperatur ersetzt, d(tW − tu ) dU ˙ ) . = ρW VW cW = Q(τ dτ dτ Mit Q˙ = −kA(tW − tu ) , wobei das Minuszeichen die Einhaltung der Vorzeichenvereinbarung besorgt, folgt daraus d(tW − tu ) = −a(tW − tu )dτ mit a=

kA 0, 1 · 10−3 kW/(m2 K) · 100 m2 = = 0, 262 · 10−7 l/s . ρW VW cW 91, 38 · 103 kg · 4, 18 kJ/(kg K)

Hierin wurde f¨ ur die Dichte bzw. f¨ ur das spezifische Volumen des Wassers n¨ aherungsweise der Wert f¨ ur siedendes Wasser bei 80◦ C aus der Tabelle A1 entnommen und das Volumen des Wassers aus seiner Oberfl¨ ache von 100 m2 berechnet. Die L¨ osung dieser Differenzialgleichung ist geschlossen m¨ oglich. Durch Umstellung erh¨ alt man d(tW − tu ) = −adτ (tW − tu ) mit der allgemeinen L¨ osung [ln(tW − tu )]τ0 = −aτ bzw. −7 tW − tu = e−0,262·10 τ . 60

Damit folgt tW (24 h) = 59, 86 + 20 = 79, 86◦ C sowie tW (1000 h) = 54, 60 + 20 = 74, 60◦ C . Zum Vergleich wird die Temperatur des Wassers nach 1000 Stunden n¨ aherungsweise aus der integrierten Form der Energiebilanz (4.20) berechnet, d.h. aus U2 − U1 = ρW VW cW [tW (τ ) − tW (0)] = Q12

τ = −kA (tW − tu )dτ = −kA(tW,m − tu )τ . 0

168

4 Die Energiebilanz

ur die Temperatur des Wassers w¨ ahrend Hier ist tW,m ein geeigneter Mittelwert f¨ der Abk¨ uhlung. Unter der Annahme einer linearen Abk¨ uhlkurve zwischen 0 und τ gilt tW,m =

1 [tW (0) + tW (τ )] . 2

Wenn dieser arithmetische Mittelwert zwischen Anfangs- und Endtemperatur bei der Berechnung des W¨ armestromes eingesetzt wird, ergibt sich die Wassertemperatur aus

 tW (0) 1 − 12 aτ + aτ tu tW (τ ) = 1 + 12 aτ zu tW (1000 h) =

80(1 − 0, 04716) + 1, 8864 = 74, 6◦ C . 1, 04716

¨ Die perfekte Ubereinstimmung zwischen der exakten L¨ osung und der N¨ aherungsl¨ osung weist darauf hin, dass in diesem Zeitbereich und bei diesen kleinen Temperaturunterschieden die e-Funktion der exakten L¨ osung durch eine lineare Funktion ersetzt werden kann. Dies gilt nicht allgemein. So w¨ urde nach 5000 h die lineare N¨ aherung auf eine Temperatur von 57,10◦ C f¨ uhren, gegen¨ uber dem exakten ¨ Wert von 57,44◦ C. Im Ubrigen l¨ asst sich auch ohne Kenntnis der exakten L¨ osung leicht pr¨ ufen, ob eine lineare N¨ aherung der Funktion t(τ ) in dem betrachteten Zeitintervall gen¨ ugend genau ist. Dies kann z.B. dadurch geschehen, dass das Zeitintervall in zwei Intervalle aufgeteilt und die N¨ aherungsrechnung in zwei Schritten durchgef¨ uhrt wird. Wenn die Rechnung in zwei Schritten im Rahmen der angestrebten Genauigkeit dasselbe Ergebnis wie die Rechnung in einem Schritt produziert, dann ist die lineare Mittelung berechtigt. Andernfalls ist die Rechnung in zwei Schritten die genauere und durch eine Rechnung in vier Schritten zu u ufen. ¨ berpr¨

4.2.2 Offene Systeme F¨ ur offene Systeme erh¨ alt man die instation¨ are Form der Energiebilanz zu  dE(τ ) 1 +m ˙ a (τ ) ha (τ ) + c2a (τ ) + gza (τ ) dτ 2  1 2 ˙ ) + Pt (τ ) , −m ˙ e (τ ) he (τ ) + ce (τ ) + gze (τ ) = Q(τ (4.22) 2 ¨ mit dE(τ )/dτ als der Anderung der Gesamtenergie des Systems, d.h. des ˙ ) und Pt (τ ) sind die zeitlich Fluids im Inneren des Kontrollvolumens. Q(τ variablen u ¨ ber die Systemgrenze transferierten W¨arme - bzw. Arbeitsstr¨ome. Die Indizes e, a bezeichnen Gr¨ oßen am Eintritts- bzw. Austrittsquerschnitt. Die Differenzialgleichung (4.22) ist in der Regel nicht geschlossen integrierbar. Man ist daher auf eine n¨ aherungsweise L¨ osung mit Hilfe der integrierten Form ¨ der Energiebilanz angewiesen. Uber die Zeit integriert erf¨ahrt das System eine Zustands¨ anderung von 1 → 2. Damit ergibt sich die Energiebilanz f¨ ur instation¨ are Prozesse in offenen Systemen in integrierter Form zu

4.2 Energiebilanzgleichungen

τ2 Q12 + (W12 )t = E2 − E1 + τ1

τ2 − τ1

169

  1 m ˙ a (τ ) ha (τ ) + c2a (τ ) + gza (τ ) dτ 2

  1 m ˙ e (τ ) he (τ ) + c2e (τ ) + gze (τ ) dτ . 2

(4.23)

In dieser allgemeinen Beziehung sind in vielen praktischen Anwendungen ¨ Vereinfachungen zul¨ assig. So ist die Anderung der Gesamtenergie des Fluids ¨ mit der Zeit in den meisten F¨ allen gleich der Anderung seiner inneren Energie mit der Zeit, da ¨ außere Energien in der Regel ohne Bedeutung sind. Sie k¨ onnen dann auch unter den Integralzeichen vernachl¨assigt werden. Auch andern sich oft die Zustandsgr¨ oßen des Fluids an den Stellen e und a nicht ¨ sehr stark mit der Zeit. Es k¨ onnen dann geeignete Mittelwerte zwischen den Werten bei τ1 und τ2 eingesetzt werden. Die Enthalpien unter den Integralen werden daher durch diese Mittelwerte substituiert und vor die Integralzeichen gesetzt. Die integrierte Form der Energiebilanz f¨ ur instation¨are Prozesse in offenen Systemen lautet mit diesen N¨ aherungen Q12 + (W12 )t = U2 − U1 + ma,Δτ ha,m − me,Δτ he,m

(4.24)

mit

τ2 ma,Δτ =

m ˙ a (τ )dτ τ1

als der insgesamt w¨ ahrend des Zeitintervalls Δτ ausgetretenen Masse und einer entsprechenden Bedeutung f¨ ur me,Δτ . Viele technische Anwendungen der Thermodynamik sind dadurch gekennzeichnet, dass so genannte station¨ are Fließprozesse ablaufen. So z.B. die Vorg¨ ange in einem W¨ arme¨ ubertrager, in dem ein heißes Fluid u ¨ber eine feste Wand einen Teil seiner inneren Energie durch W¨arme¨ ubertragung an ein kaltes Fluid abgibt, oder die Vorg¨ ange in einer Turbine, in der sich ein heißer und gespannter Frischdampf entspannt und dabei Arbeit an eine Welle u ¨ bertr¨agt, vgl. Abb. 4.11. Dann gilt E2 = E1 bzw. U2 = U1 . Außerdem haben bei solchen station¨ aren Fließprozessen die beteiligten offenen Systeme einen konstanten Massendurchsatz. Ihre Zustandsgr¨ oßen haben an festen Orten zeitlich konstante, aber an verschiedenen Orten in Str¨ omungsrichtung, insbesondere am Ein- und am Ausstr¨ omquerschnitt, verschiedene Werte. Alle Zustandsgr¨oßen sind im Sinne des Phasenbegriffs nach Abschn. 1.2.2 als Mittelwerte u ¨ber die Kanalquerschnitte anzusehen. Die Energiebilanz f¨ ur station¨are Fließprozesse ergibt sich also aus (4.22), wenn als System das Fluid betrachtet wird, zu  1 2 2 ˙ ˙ (ha − he ) + (ca − ce ) + g(za − ze ) . (4.25) Q + Pt = m 2

170

4 Die Energiebilanz

. Q

k a lt

Q

.

h e iß

W ä rm e ü b e rtra g e r

m

.

P

m

t

. T u r b in e

Abb. 4.11. Station¨ are Fließprozesse

Wenn, wie in (4.25) vorgesehen, nur ein Stoffstrom m ˙ zu ber¨ ucksichtigen ist, so gilt als Energiebilanz in spezifischen Gr¨oßen, unter Verwendung der ˙ m Notation 1 und 2 f¨ ur Eintritt und Austritt, mit Q/ ˙ = Q12 /m = q12 als der ˙ = (w12 )t als der spezifischen technischen spezifischen W¨ arme und (P12 )t /m Arbeit 1 q12 + (w12 )t = (h2 − h1 ) + (c22 − c21 ) + g(z2 − z1 ) . 2

(4.26)

Damit ist zugleich die Massenbilanz ber¨ ucksichtigt. Bei mehreren Stoffstr¨ omen und transferierten Prozessenergien verallgemeinert sich die Energiebilanz f¨ ur station¨ are Fließprozesse zu       Q˙ i + (Pi )t = m ˙ j hj − m ˙ i hi + m ˙ j c2j /2 − m ˙ i c2i /2 aus

+

 aus

ein

m ˙ j gzj −



aus

m ˙ i gzi ,

ein

(4.27)

ein

  wobei aus die Summe u ¨ber alle j austretenden Stoffstr¨ome und ein die Summe u ome bedeutet. In diesen Gleichun¨ ber alle i eintretenden Stoffstr¨ gen sind die W¨ armestr¨ ome und die technischen Leistungen als dem System zugef¨ uhrte Energiestr¨ ome ber¨ ucksichtigt. Sie ergeben sich mit negativem Vorzeichen, wenn es sich tats¨ achlich um abgef¨ uhrte Energiestr¨ome handelt. Ist

4.2 Energiebilanzgleichungen

171

von vorne herein klar, dass ein Prozessenergiestrom das System verl¨asst, dann kann er zu den das System verlassenen Energiestr¨omen addiert werden. Er h¨ atte dann mit positivem Vorzeichen und Betragszeichen auf der rechten Seite zu stehen. Bei der Anwendung von (4.27) muss noch die Massenbilanz explizit hinzugef¨ ugt werden. Wenn bei einem Prozess keine technische Arbeit u ¨ ber die Systemgrenzen transferiert wird, dann handelt es sich um einen Str¨omungsprozess. F¨ ur einen station¨ aren Str¨ omungsprozess mit nur einem Stoffstrom gilt die Energiebilanz allgemein in der Form 1 q12 = (h2 − h1 ) + (c22 − c21 ) + g(z2 − z1 ) . 2

(4.28)

Ist der Str¨ omungsprozess adiabat, so findet man aus (4.28) 1 (h2 − h1 ) + (c22 − c21 ) + g(z2 − z1 ) = 0 . 2

(4.29)

Wenn man auch hier wieder die a ¨ußeren Energien vernachl¨assigen kann, dann ist ein adiabater Str¨ omungsprozess dadurch gekennenzeichnet, dass die Enthalpie unver¨ andert bleibt, d.h. h2 = h1 .

(4.30)

Eine h¨ aufige Anwendung dieser Beziehung ist die Druckabsenkung eines Fluidstromes in einer Drossel, z.B. einem Ventil, einer langen Kapillare oder auch einfach einem Knick im Rohr. Die Energiebilanz f¨ ur station¨ are Fließprozesse in den hier angegebenen Formen ist eine Bilanzgleichung zwischen den Ein- und Austrittsquerschnitten eines durchstr¨ omten Systems. Sie verkn¨ upft die Summe aller transferierten W¨ arme- und Arbeitsstr¨ ome mit den Werten von Zustandsgr¨oßen an diesen Kontrollstellen und ist unabh¨ angig von Detailinformationen u ¨ber die Vorg¨ ange innerhalb des Systems. In einer der unterschiedlichen Fassungen (4.25) bis (4.30) geh¨ ort sie zu den wichtigsten Ergebnissen der technischen Thermodynamik. Je nach Art der betrachteten Zustands¨anderungen der beteiligten Fluide und der beteiligten Prozessenergien k¨onnen sich sehr unterschiedliche Endgleichungen ergeben. Stets gilt, dass genau eine Unbekannte berechnet werden kann, z.B. eine Prozessgr¨ oße oder auch eine Zustandsgr¨oße des Prozesses. Eine besonders einfache Auswertung der Energiebilanz ergibt sich, wenn ¨ nur Anderungen der ¨ außeren Zustandsgr¨ oßen betrachtet werden, vgl. Beispiel 4.4. Beispiel 4.4 Im Wasserkraftwerk Kahlenberg der Rheinisch-Westf¨ alischen Wasserwerksgesellschaft mbH str¨ omt das Ruhrwasser aus einer Fallh¨ ohe von 5 m mit einem Durchlaufvolumenstrom von V˙ = 132 m3 /s in einen Turbinensatz, vgl. Abb. B

172

4 Die Energiebilanz

. IQ I

D z = 5 m

1

IP W

I

IP tI

2

Abb. B 4.4.1. Wasserkraftwerk 4.4.1. Die gemessene Wellenleistung betr¨ agt |PW | = 5,42 MW. Wie viel Leistung wird durch Reibung im Fluid und in den mechanischen Bauteilen in W¨ arme umgewandelt? L¨ osung Wir betrachten als System zun¨ achst das Wasser in dem Turbinensatz und unterstellen einen idealisierten Prozess ohne Verwirbelung und Reibung im Wasser. Dann ¨ andern sich seine thermischen Zustandsgr¨ oßen nicht und damit auch nicht die Enthalpie. Unter diesen Bedingungen wird auch keine W¨ arme an die Umgebung abgef¨ uhrt. Da sich wegen der Massenerhaltung bei konstanten Querschnitten des Ein- und Auslaufkanals dar¨ uber hinaus auch die kinetische Energie des Wassers nicht ¨ andert, ergibt sich die technische Leistung des Wassers aus der Energiebilanz f¨ ur einen reibungsfreien, station¨ aren und adiabaten Fließprozess zu (P12 )t = mg(z ˙ 2 − z1 ) ˙ = V ρg(z2 − z1 ) m m3 kg · 1000 3 · 9, 81 2 · 5 m s m s kg m2 Nm = −6, 47 · 106 = −6, 47 · 106 = −6, 47 MW . s3 s = −132

Die tats¨ achliche Wellenleistung ist um die durch Reibung im Fluid und in den festen Bauteilen der Turbinen zun¨ achst in innere Energie umgewandelte und dann in Form von W¨ arme abgegebene Leistung geringer. Die gemessene Leistung an den Turbinenwellen ist PW = 5,42 MW. Durch Betrachtung eines Systems, das auch die festen Berandungen umschließt (gestrichelte Systemgrenze in Abb. B 4.4.1), findet man nach der Energiebilanz den abgegebenen W¨ armestrom Q˙ aus ˙ + |PW | mgz ˙ 1 = mgz ˙ 2 + |Q| bzw. ˙ = mg(z |Q| ˙ 1 − z2 ) − |PW | = 6, 47 − 5, 42 = 1, 05 MW . Hierbei wurde unterstellt, dass das Wasser bei Austritt aus dem System denselben thermodynamischen Zustand (d.h. insbesondere dieselbe Temperatur) und damit auch dieselbe Enthalpie wie bei Eintritt erreicht hat.

4.2 Energiebilanzgleichungen

173

4.2.3 Kreisprozesse Jeder Prozess, der ein Fluid wieder in seinen Anfangszustand zur¨ uckbringt, heißt Kreisprozess. Technisch bedeutsam sind nur Kreisprozesse, bei denen ein Fluid in einer Anlage station¨ ar uml¨ auft, also einen sich schließenden station¨ aren Fließprozess durchl¨ auft. Hierbei werden mehrere Maschinen und Apparate, die jeweils f¨ ur sich ein Kontrollvolumen bilden, hintereinander durchstr¨ omt. Als Beispiel f¨ ur einen Kreisprozess wird in Abb. 4.12 das Schema einer einfachen Dampfkraftanlage, bestehend aus Dampferzeuger, Turbine, Kondensator und Speisepumpe, betrachtet. Das umlaufende Arbeitsmedium ist

Q

.

D a m p fe rz e u g e r 1

P

2 T u r b in e

IP T I

S P S p e is e p u m p e 0

3 K o n d e n s a to r

IQ

. 0

I

Abb. 4.12. Schaltschema einer einfachen Dampfkraftanlage

Wasser. Die Speisepumpe f¨ ordert fl¨ ussiges Wasser unter Aufnahme der Leistung PSP auf einen hohen Druck und in den Dampferzeuger, in welchem das Wasser durch W¨ armezufuhr Q˙ verdampft und u ¨ berhitzt wird. Der so produzierte Frischdampf str¨ omt dann in die Turbine und entspannt sich dort unter Abgabe der Leistung PT . Als Abdampf gelangt der Dampf aus dem Niederdruckteil der Turbine in den Kondensator, wo er unter Abgabe des W¨ armestromes Q˙ 0 an das K¨ uhlwasser verfl¨ ussigt wird. Vom Kondensator aus fließt das Wasser wieder zur Speisepumpe, womit dann der Kreisprozess geschlossen ist. Zugef¨ uhrte Energien sind also der W¨armestrom Q˙ und die im Vergleich zu der Turbinenarbeit kleine technische Arbeit PSP , abgef¨ uhrte Energien der W¨ armestrom Q˙ 0 und die Turbinenleistung PT . Ziel des Kreisprozesses ist es, die Leistung an der Turbinenwelle PT zu gewinnen. Zur Formulierung der Energiebilanz f¨ ur Kreisprozesse betrachten wir die einzelnen Teilprozesse als hintereinander geschaltete station¨are Fließprozesse.

174

4 Die Energiebilanz

F¨ ur die 4 Teilprozesse nach Abb.  ˙ ˙ (h1 − h0 ) + Q01 + (P01 )t = m  ˙ Q12 + (P12 )t = m ˙ (h2 − h1 ) +  ˙ Q23 + (P23 )t = m ˙ (h3 − h2 ) +  ˙ Q30 + (P30 )t = m ˙ (h0 − h3 ) +

4.12 finden wir zun¨achst 1 2 2 (c − c0 ) + g(z1 − z0 ) 2 1 1 2 2 (c − c1 ) + g(z2 − z1 ) 2 2 1 2 2 (c − c2 ) + g(z3 − z2 ) 2 3 1 2 2 (c − c3 ) + g(z0 − z3 ) . 2 0

Summiert man diese Gleichungen f¨ ur die einzelnen Teilprozesse auf, so erh¨alt man allgemein   Q˙ ik + (Pik )t = 0 , (4.31) weil sich bei einem Kreislauf des Mediums die Zustandsgr¨oßen auf der rechten Seite k¨ urzen. F¨ ur die abgegebene technische Leistung des Kreisprozesses findet man damit aus der Energiebilanz   Q˙ ik . (Pik )t = (4.32) −Pt = − Dieses Ergebnis ist nicht auf den betrachteten einfachen Kreisprozess beschr¨ ankt, sondern gilt f¨ ur alle Kreisprozesse. Die technische Leistung ist im Falle der zuvor betrachteten Dampfkraftanlage ein abgegebener Energiestrom und daher negativ. Sie ist gleich der Differenz aus der von der Turbine abgegebenen und der von der Speisepumpe aufgenommenen Leistung, d.h. |Pt | = |PT | − |PSP |. Diese Leistung ergibt sich nach der Energiebilanz aus der algebraischen Summe aller zu- oder abgef¨ uhrten W¨armestr¨ome. Bei der betrachteten einfachen Dampfkraftanlage gilt also −Pt = Q˙ + Q˙ 0 = Q˙ − |Q˙ 0 | ,

(4.33)

wobei bei Leistungsabgabe Q˙ > |Q˙ 0 | gelten muss. F¨ ur die Energieumwandlung in einer W¨armekraftmaschine wie der betrachteten Dampfkraftanlage ist das Verh¨ altnis der gewonnenen technischen Leistung zum zugef¨ uhrten W¨ armestrom, der so genannte thermische Wirkungsgrad, ein oft benutztes Bewertungsmaß, nach ηth =

−Pt . Q˙

(4.34)

Die Umkehrung des Kreisprozesses in einer W¨armekraftmaschine f¨ uhrt zum Kreisprozess einer mechanischen W¨ armepumpe. Abb. 4.13 zeigt das Schaltschema einer mechanischen W¨ armepumpe auf Dampfbasis. Im Verdampfer

4.2 Energiebilanzgleichungen

175

. IQ I K o n d e n s a to r 3 2 V e r d ic h te r

P

D r o s s e lv e n til

4

t

1 V e rd a m p fe r

Q

. 0

Abb. 4.13. Schaltschema einer einfachen Dampf-W¨ armepumpe

wird w¨ ahrend der Zustands¨ anderung von 4 → 1 ein Arbeitsmedium unter Aufnahme des W¨ armestroms Q˙ 0 verdampft. Im Verdichter wird das gasf¨ ormige Arbeitsmedium w¨ ahrend der Zustands¨anderung von 1 → 2 auf einen hohen Druck verdichtet. Im Kondensator wird das Arbeitsmedium bei einer diesem Druck entsprechenden Temperatur unter Abgabe des W¨ armestroms Q˙ verfl¨ ussigt. Die Drossel schließlich dient zur Druckabsenkung vom hohen Kondensatordruck auf den niedrigen Verdampferdruck. Eine mechanische W¨ armepumpe pumpt“ somit unter Aufnahme einer technischen ” armestrom Q˙ 0 von einer tiefen Temperatur auf eine hoLeistung Pt einen W¨ he Temperatur. Bei der Anwendung als Heizung ist der W¨armestrom Q˙ die technische Zielgr¨ oße. Er ist nach der Energiebilanz (4.33) gleich der Summe aus dem W¨ armestrom Q˙ 0 und der Leistung Pt . Sein Verh¨altnis zur aufgewandten technischen Leistung dient als Bewertungsmaß des Prozesses und wird Leistungszahl genannt, nach ε=

−Q˙ . Pt

(4.35)

Auch eine K¨ altemaschine ist prinzipiell eine W¨armepumpe. Im Gegensatz zur W¨ armepumpe f¨ ur Heizzwecke interessiert man sich im Fall einer K¨ altemaschine f¨ ur den W¨ armestrom Q˙ 0 , der bei tiefer Temperatur aus einem K¨ uhlraum herausge pumpt“ werden soll. Die Leistungszahl der mecha” nischen K¨ altemaschine als Bewertungsmaß des Prozesses ist gegeben durch ε0 =

Q˙ 0 . Pt

(4.36)

176

4 Die Energiebilanz

4.3 Energiebilanzen bei thermischen Zustandsanderungen ¨ Energiebilanzen bei thermischen Zustands¨ anderungen, also auf Grund von Ver¨ anderungen von Temperatur, Druck und Zusammensetzung ohne chemische Effekte, k¨ onnen auf der Grundlage der allgemeinen Beziehungen des Abschnitts 4.2 mit Hilfe von geeigneten Stoffmodellen f¨ ur die innere Energie und die Enthalpie ausgewertet werden. Die technischen Anwendungen lassen sich in Prozesse mit reinen Stoffen und Prozesse mit Gemischen gliedern. 4.3.1 Prozesse mit reinen Stoffen Energieumwandlungen mit reinen Stoffen treten bei den Kraftwerksprozessen, bei der W¨ arme- und K¨ alteerzeugung sowie in vielen Beispielen der industriellen Prozesstechnik auf. Sie sind durch eine besonders einfache Materiemengenbilanz gekennzeichnet. Zur Auswertung der Energiebilanz ben¨otigt man Stoffmodelle f¨ ur die innere Energie und Enthalpie der betrachteten Reinstoffe. Zur Berechnung von Differenzen der inneren Energie und Enthalpie f¨ ur reine Gase bei niedrigen Dr¨ ucken bis zu einigen bar verwenden wir das Stoffmodell des idealen Gases, vgl. Abschn. 2.4. In einem idealen Gas u ¨ ben die Molek¨ ule keine Wechselwirkungskr¨ afte aufeinander aus. Damit sind Volu¨ men¨ anderungen, also Anderungen im mittleren Abstand der Molek¨ ule von einander, nicht mit energetischen Effekten verbunden. Die innere Energie eines reinen idealen Gases ist daher ebenso wie seine Enthalpie eine reine Temperaturfunktion. Die Temperaturabh¨ angigkeit der inneren Energie wird allgemein durch eine Stoffeigenschaft, die so genannte isochore W¨armekapazit¨at ur ideale Gase gilt demnach CV = (∂U/∂T )V beschrieben. F¨

T2 U2ig



U1ig

ig CV (T )dT .

=

(4.37)

T1

Bei der Berechnung von Differenzen der inneren Energie reiner idealer Gase ist die isochore W¨ armekapazit¨ at des idealen Gaszustands zu verwenden, unabh¨ angig davon, ob die Zustands¨ anderung bei konstantem Volumen abl¨ auft oder nicht. Man kann eine mit Volumen¨anderung verbundene Zustands¨ anderung gedanklich in eine isochore Temperatur¨anderung mit nachfolgender isothermer Volumen¨ anderung aufspalten. Da eine isotherme Volumen¨ anderung in idealen Gasen nicht mit energetischen Effekten einhergeht, gilt (4.37) nicht nur f¨ ur die isochore Temperatur¨anderung sondern auch f¨ ur die gesamte Zustands¨ anderung. Entsprechend gilt f¨ ur die Temperaturabh¨ angigkeit der Enthalpie eines idealen Gases, mit Cp = (∂U/∂T )p als der isobaren W¨ armekapazit¨ at,

4.3 Energiebilanzen bei thermischen Zustands¨ anderungen

177

T2 H2ig



H1ig

Cpig (T )dT .

=

(4.38)

T1

Hier ist Cpig (T ) die isobare W¨ armekapazit¨ at des idealen Gases. Auch die Gleichung (4.38) gilt unabh¨ angig davon, ob die Zustands¨anderung bei konstantem Druck abl¨ auft oder nicht. Wegen hig = uig + RT und daher duig dhig = +R dT dT folgt insbesondere ig cig p − cv = R .

(4.39)

Die molare isobare W¨ armekapazit¨ at und die molare isochore W¨armekapazit¨at unterscheiden sich bei idealen Gasen um den Wert der allgemeinen Gaskonstante. Abb. 4.14 zeigt die Abh¨ angigkeit der molaren isobaren W¨ armekapazit¨ at f¨ ur einige Gase im idealen Gaszustand von der Temperatur. Man erkennt eine deutliche Temperaturabh¨angigkeit mit Ausnahme der einatomigen Gase. F¨ ur praktische Rechnungen hat man die molare Enthalpie der wichtigsten Gase im idealen Gaszustand in Abh¨angigkeit von der Temperatur vertafelt. Tabelle A3 im Anhang A enth¨alt diese Zahlenangaben 7

S O 2

6

/R

C O

ig

5

H 2

O 2

O

c

p

C O

2

4

N 3

H 2

2

e in a to m ig e G a s e 2

1 0

2 0 0

4 0 0

6 0 0

8 0 0

1 0 0 0

1 2 0 0

1 4 0 0

1 6 0 0

T

K

2 0 0 0

Abb. 4.14. Molare isobare W¨ armekapazit¨ at als Funktion der Temperatur f¨ ur einige Gase im idealen Zustand

178

4 Die Energiebilanz

f¨ ur einige Gase. In engen Temperaturbereichen kann man die Temperaturabh¨ angigkeit der W¨ armekapazit¨ at durch einen mittleren, konstanten Wert erfassen. F¨ ur reine Fl¨ ussigkeiten verwenden wir das Stoffmodell der idealen Fl¨ ussigkeit, vgl. Abschn. 2.4. Da das Volumen in diesem Modell eine Konstante ist, ergibt sich die innere Energie als eine reine Temperaturfunktion, d.h.

T2 U2if



U1if

if CV (T )dT ,

=

(4.40)

T1 if mit CV (T ) als der isochoren W¨ armekapazit¨ at der idealen Fl¨ ussigkeit. Hierbei braucht wegen des definitionsgem¨ aß konstanten Volumens die Bedingung der isochoren Zustands¨ anderung nicht explizit angegeben zu werden. F¨ ur die Enthalpie folgt entsprechend

  if H2 − H1if p =

T2 Cpif (T, p)dT . T1

Die Enthalpie einer reinen idealen Fl¨ ussigkeit h¨angt nicht nur von der Temperatur sondern auch vom Druck ab. Die Enthalpie¨anderung einer idealen ¨ Fl¨ ussigkeit bei Anderung von Temperatur und Druck ergibt sich zu H if (T2 , p2 ) − H if (T1 , p1 ) = H if (T2 , p2 ) − H if (T1 , p2 ) + H if (T1 , p2 )

T2 − H (T1 , p1 ) =

Cpif (T, p2 )dT + V if (p2 − p1 ) ,

if

T1

wobei die Definitionsgleichung (4.10) f¨ ur die Enthalpie und die Tatsache, dass die innere Energie einer idealen Fl¨ ussigkeit eine reine Temperaturfunktion ist, ber¨ ucksichtigt wurden. Die gesamte Zustands¨ anderung ist hier in eine isobare Temperatur¨ anderung und eine isotherme Druck¨anderung aufgespalten. Andererseits gilt auch H if (T2 , p2 ) − H if (T1 , p1 ) = U if (T2 ) + p2 V if − U if (T1 ) − p1 V if

T2 if CV (T )dT + V if (p2 − p1 ) .

= T1

Aus dem Vergleich dieser Beziehungen folgt, dass sich die isobare und die isochore W¨ armekapazit¨ at einer idealen Fl¨ ussigkeit nicht unterscheiden. Insbesondere h¨ angen beide W¨ armekapazit¨ aten nur von der Temperatur ab, und es gilt

4.3 Energiebilanzen bei thermischen Zustands¨ anderungen if CV = Cpif = C if .

179

(4.41)

Damit folgt schließlich f¨ ur die spezifische oder molare innere Energie und Enthalpie einer idealen Fl¨ ussigkeit mit einer mittleren W¨armekapazit¨at C if und einem konstanten Volumen V if U2if − U1if = C if (T2 − T1 )

(4.42)

bzw. H2if − H1if = C if (T2 − T1 ) + V if (p2 − p1 ) .

(4.43)

Wegen des kleinen Wertes von V if in Fl¨ ussigkeiten ist die Druckabh¨angigkeit der Enthalpie im Vergleich zur Temperaturabh¨ angigkeit gering. Auch in Bezug auf die Enthalpie gilt also, dass die Eigenschaften von Fl¨ ussigkeiten in der Regel praktisch druckunabh¨ angig sind. In vielen Prozessen durchl¨ auft ein Stoff ein großes Zustandsgebiet einschließlich Verdampfung und Kondensation. Die einfachen Stoffmodelle des idealen Gases und der idealen Fl¨ ussigkeit sind dann unzureichend. Insbesondere h¨ angt bei Betrachtung eines großen Zustandsbereiches die innere Energie nicht nur von der Temperatur, sondern auch vom Volumen ab. Die allgemeine mathematische Formulierung dieser Abh¨ angigkeit ist kompliziert und f¨ uhrt auf Integrale u ¨ ber den Druck bzw. das Volumen mit partiellen Differenzialausdr¨ ucken als Integranden. Solche Beziehungen k¨onnen mit Hilfe von thermischen Zustandsgleichungen ausgewertet werden. Sie sind in Anhang B4 zusammengestellt. In den hier betrachteten Zahlenbeispielen setzen wir die Verf¨ ugbarkeit von Tabellen und Diagrammen voraus, sodass die allgemeinen Beziehungen nicht verwendet zu werden brauchen. Sie sind aber in der Regel die Basis dieser Tabellen und Diagramme. Tabelle A1 im Anhang A enth¨alt die Wasserdampftabelle, in der auch die spezifische innere Energie und die spezifische Enthalpie wiedergegeben sind. Als Nullpunkt der inneren Energie ist dort die der siedenden Fl¨ ussigkeit am Tripelpunkt vereinbart. Die Tabelle enth¨ alt daher Differenzen der inneren Energie und der Enthalpie in Bezug auf die innere Energie im siedenden fl¨ ussigen Zustand bei praktisch 0◦ C (genau: ◦ atzlich w¨ are auch eine Tabellierung von Energie- bzw. Ent0,01 C). Grunds¨ halpiedifferenzen f¨ ur einen anderen Bezugszustand m¨oglich. Die Verwendung tabellierter Daten aus unterschiedlichen Tabellen innerhalb einer Rechnung ¨ erfordert daher eine sorgf¨ altige Uberpr¨ ufung und ggf. Umrechnung der Bezugspunkte. Man erkennt aus den Tabellenwerten die großen Differenzen der inneren Energie und der Enthalpie bei der Verdampfung bzw. der Kondensation. Die spezifische Enthalpie im Nassdampfgebiet ergibt sich analog zu (2.20) f¨ ur das spezifische Volumen aus h = h + x(h − h ) .

(4.44)

Die spezifische Enthalpie¨ anderung bei der Verdampfung (h − h ) bezeichnet man auch als spezifische Verdampfungsenthalpie mit dem Zeichen ΔhV oder

180

4 Die Energiebilanz

r. Eine zur Enthalpie nach (4.44) analoge Beziehung gilt f¨ ur die innere Energie im Nassdampfgebiet. Wir betrachten im Folgenden einige Beispiele f¨ ur die Auswertung der Energiebilanz in Prozessen mit reinen Stoffen, die f¨ ur die technischen Anwendungen typisch sind. Besonders h¨ aufig sind die station¨aren Fließprozesse. Die Energiebilanz f¨ ur station¨ are Fließprozesse wurde in den Gleichungen (4.25) bis (4.30) f¨ ur unterschiedliche Anwendungsf¨alle formuliert. In der Regel kommt es bei der Auswertung darauf an, durch geschickte Wahl der Systemgrenzen Teilsysteme mit jeweils nur einer Unbekannten zu definieren. Dabei kann ein und derselbe Prozessenergiestrom unterschiedlichen Teilsystemen zuzuordnen sein und in diesen mit unterschiedlichen Vorzeichen auftreten, vgl. Beispiel 4.5. Beispiel 4.5 In einer Ammoniak-Syntheseanlage wird ein Stickstoffmassenstrom (m ˙ N2 = 34,7 kg/s) von t = 20◦ C und p = 100 kPa in einem adiabaten Verdichter (V) auf p = 23 MPa komprimiert und anschließend isobar auf 197◦ C abgek¨ uhlt. Die Verdichterleistung von Pt,V = 44 MW wird einer adiabaten Dampfturbine (DT) entnommen, der ein Dampfstrom (m ˙ D = 216,9 kg/s) bei t = 350◦ C und p = 4 MPa zustr¨ omt und in der Turbine auf einen Druck von 20 kPa mit einem Dampfgehalt von x = 0,95 entspannt wird, vgl. Abb. B 4.5.1. Durch geeignete Energiebilanzen berechne

m

.

N 2 = 3 4 ,7 k g /s 2 0 ° C , 1 0 0 k P a

m

.

= 2 1 6 ,9 k g /s D

3 5 0 °C , 4 M P a

IP

t,V

I= 4 4 M W

. IQ I= ?

IP

D T V

m K

t,G

I= ?

. D 2 0 k P a , x = 0 ,9 5

. m

N 2 1 9 7 °C , 2 3 M P a

Abb. B 4.5.1. Stickstoffverdichtung mit Dampfturbine

4.3 Energiebilanzen bei thermischen Zustands¨ anderungen

181

man den im K¨ uhler (K) abzuf¨ uhrenden W¨ armestrom Q˙ und die zur Stromerzeugung im Generator zur Verf¨ ugung stehende technische Leistung Pt,G der Turbine. L¨ osung Es gilt die Energiebilanz f¨ ur die Dampfturbine: Pt,G + Pt,V = m ˙ D [hD (20 kPa, x = 0, 95) − hD (350◦ C, 4 MPa)] . Sowohl Pt,G als auch Pt,V verlassen das System. In der obigen Gleichung wurden sie als dem System zugef¨ uhrt eingesetzt. Ihre Zahlenwerte sind also mit einem negativen Vorzeichen behaftet. Wollte man die bekannten Vorzeichen gem¨ aß Abb. B 4.5.1 in die Formulierung der Energiebilanz einarbeiten, dann w¨ urde man schreiben ˙ D hD (20 kPa, x = 0, 95) + |Pt,G | + |Pt,V | . m ˙ D hD (350◦ C, 4 MPa) = m Als Stoffmodell f¨ ur den Dampf benutzen wir die Tabelle A1 im Anhang A und finden f¨ ur die an den Generator abgegebene Leistung Pt,G = 216, 9[2491, 8 − 3092, 5] + 44000 = −130292 + 44000 = −86292 kW . Der im K¨ uhler abzuf¨ uhrende W¨ armestrom l¨ asst sich aus einer Energiebilanz um den K¨ uhler nicht ermitteln, da die Zustandsgr¨ oßen des dem K¨ uhler zufließenden Stoffstroms nicht bekannt sind. Eine auswertbare Energiebilanz ergibt sich aber, wenn man das Gesamtsystem aus Verdichter und K¨ uhler betrachtet. Die Energiebilanz f¨ ur das System aus Verdichter und K¨ uhler lautet Pt,V + Q˙ = m ˙ N2 [hN2 (197◦ C, 23 MPa) − hN2 (20◦ C, 100 kPa)] . Hier ist nun die Verdichterleistung eine dem System zugef¨ uhrte Gr¨ oße und daher mit einem positiven Zahlenwert behaftet. Wir benutzen f¨ ur Stickstoff in den angegebenen Zust¨ anden das Stoffmodell des idealen Gases und finden mit der Tabelle A3 Pt,V + Q˙ = 34, 7

1000 [5, 034 − (−0, 146)] = 6416 kW . 28, 013

Damit ergibt sich die im K¨ uhler abzuf¨ uhrende W¨ arme zu Q˙ = 6416 − 44000 = −37584 kW . Die Benutzung des Stoffmodells Ideales Gas“ f¨ ur die Zustands¨ anderung des Stick” stoffs ist angesichts des hohen Druckes zun¨ achst fragw¨ urdig. Da gleichzeitig aber auch die Temperatur hoch ist, erscheint dieses Modell insgesamt berechtigt. Im Zweifelsfall ist die Rechnung mit einem genaueren Stoffmodell zu kontrollieren. Mit den Enthalpien aus einer Dampftabelle f¨ ur Stickstoff ergibt sich f¨ ur die Enthalpiedifferenz der Stickstoffverdichtung ein um etwa 3 % kleinerer Wert.

Ein weiterer h¨ aufig auftretender Prozesstyp mit Energieumwandlungen von reinen Stoffen ist der Kreisprozess. Kreisprozesse sind dadurch gekennzeichnet, dass Maschinen und Apparate einer Anlage in einem geschlossenen Kreislauf durchstr¨ omt werden. Typische Anwendungen sind W¨armepumpen und W¨ armekraftprozesse.

182

4 Die Energiebilanz

Beispiel 4.6 Eine Dampfk¨ altemaschine mit Ammoniak als K¨ altemittel soll einen K¨ uhlraum auf einer Temperatur von - 17◦ C halten. Auf Grund mangelhafter Isolation des K¨ uhlraums fließt von außen ein W¨ armestrom von Q˙ 0 = 225 kW in ihn hinein und muss daher durch die K¨ altemaschine aus ihm herausgepumpt werden. Der Verdampferdruck betr¨ agt p0 = 0,19022 MPa. Das K¨ altemittel verl¨ asst den Verdampfer im ges¨ attigten Zustand und wird in einem Kompressor auf den Kondensatordruck p = 1 MPa komprimiert, wobei es eine Temperatur von t2 = 121,6◦ C erreicht. Anschließend wird es im Kondensator isobar abgek¨ uhlt und vollst¨ andig verfl¨ ussigt. Die dabei frei werdende W¨ arme wird an die Umgebung abgef¨ uhrt. Das Kondensat wird schließlich in einer Drossel auf den Verdampferdruck entspannt. Durch Aufnahme der K¨ alteleistung gelangt das K¨ altemittel wieder in den ges¨ attigten Zustand, und der Prozess ist geschlossen. Man berechne den Massenstrom des umlaufenden K¨ altemittels, die Verdichterleistung und die Leistungszahl der K¨ altemaschine. Auszug aus der Dampftafel von Ammoniak: S¨ attigungszustand (Temperaturtafel) t p h h ◦ C MPa kJ/kg kJ/kg -20 0,19022 89,7 1419,0 24 0,97219 297,0 1464,3 26 1,03397 303,6 1465,6

¨ Uberhitzter Dampf p = 1,000 MPa t h ◦ C kJ/kg 80 1615,6 100 1665,4 120 1714,5 140 1763,4 L¨ osung Abb. B 4.6.1 zeigt das Schaltschema der K¨ altemaschine. Wir beginnen mit der Energiebilanz um den Verdichter und arbeiten uns in Str¨ omungsrichtung durch den Kreisprozess hindurch. Als Stoffmodel benutzen wir die Dampftafel von Ammoniak. Den Zustand vor der Verdichtung bezeichnen wir mit 1. Seine spezifische Enthalpie ergibt sich aus der Dampftafel zu h1 = 1419, 0 kJ/kg . Im Zustand 2 nach der Verdichtung findet man mit den gegebenen Daten von p2 = 1 MPa und t2 = 121, 6◦ C aus der Dampftafel durch Interpolation eine spezifische Enthalpie von h2 = 1718, 5 kJ/kg . Damit betr¨ agt die spezifische Verdichterarbeit nach der Energiebilanz f¨ ur den Verdichter (w12 )t = h2 − h1 = 299, 5 kJ/kg .

4.3 Energiebilanzen bei thermischen Zustands¨ anderungen

183

. IQ I K o n d e n s a to r 3 2 V e r d ic h te r

P

D r o s s e lv e n til

4

t

1 V e rd a m p fe r

Q

. 0

Abb. B 4.6.1. Schaltschema einer einfachen Dampfw¨ armepumpe

Die spezifische Enthalpie im Zustand 3 nach dem Kondensator, in dem das Ammoniak eine siedende Fl¨ ussigkeit beim Druck p3 = 1 MPa ist, betr¨ agt h3 = 300, 0 kJ/kg . Da bei der Drosselung von 3 nach 4 die Enthalpie konstant bleibt, vgl. (4.30), gilt h4 = h3 = 300, 0 kJ/kg . Der Massenstrom des umlaufenden Ammoniaks betr¨ agt somit m ˙ =

Q˙ 0 Q˙ 0 225 = 0, 201 kg/s . = = q0 h1 − h4 1419, 0 − 300, 0

Die aufgenommene technische Leistung ergibt sich zu (P12 )t = m(w ˙ 12 )t = 60, 2 kW , und die Leistungszahl wird ε0 =

Q˙ 0 225 = 3, 74 . = Pt 60, 2

Kreisprozesse k¨ onnen einen recht komplizierten Aufbau haben. Beispiele daf¨ ur sind die Kreisprozesse moderner Kraftwerke, die zur Wirkungsgraderh¨ ohung mit Zwischen¨ uberhitzung und Speisewasservorw¨armung ausger¨ ustet sind, vgl. Abschn. 6.2. Bei der Auswertung der Energiebilanz kommt es dann darauf an, die einzelnen Teilsysteme so zu definieren und so nacheinander abzuarbeiten, dass jeweils nur eine Unbekannte auftritt.

184

4 Die Energiebilanz

Q

2

. 1 2

m

.

3 1

5

(P

4 5

) t

P

I(P

H T

K E

m

1 0 a

) tI

m

I(P

6 7

) tI

6 b

.

Z Ü

a

7

Q

V W 4

N T

. m

M

2 3

. 3 6

. b 9

P b

K O 8

(P

8 9

) t

IQ

. 7 8

I

Abb. B 4.7.1. Schaltschema der betrachteten Dampfkraftanlage Beispiel 4.7 Es werden die Energieumwandlungen in einer Dampfkraftanlage mit einer Turbinenleistung |Pt,T | = 100 MW nach Abb. B 4.7.1 betrachtet. Im Kessel (KE) wird der Massenstrom des auf t1 = 240 ◦ C vorgew¨ armten und auf p1 = 25 MPa komprimierten Speisewassers in Frischdampf von t2 = 550◦ C umgewandelt. Der Frischdampf str¨ omt der adiabaten Hochdruckturbine (HT) zu und wird dort auf p3 = 3, 5 MPa entspannt, wobei er eine Temperatur von t3 = 284◦ C erreicht. Nach der Entspannung in der Hochdruckturbine wird der Dampfstrom in zwei Teilstr¨ ome aufgeteilt. Der Teildampfstrom m ˙ a dient zur Vorw¨ armung des Speisewassers. Dazu wird er einem Vorw¨ armer (VW) zugef¨ uhrt und erreicht nach W¨ armeabgabe dort den Zustand 4. Anschließend wird er in der adiabaten Pumpe Pa auf den Druck p5 = 25 MPa komprimiert und dem Mischer (M) zugef¨ uhrt. Der Teildampfstrom ¨ erneut auf die Temperatur t6 = t2 = 550◦ C uberhitzer (ZU) m ˙ b wird im Zwischen¨ erhitzt und der adiabaten Niederdruckturbine (NT) zugef¨ uhrt. Dort entspannt der Dampf auf einen Druck von p7 = 7 kPa, wobei er einen Dampfgehalt von x7 = 0,95 erreicht. Im Kondensator (KO) wird der Nassdampf vollst¨ andig kondensiert. Das Kondensat im siedenden Zustand 8 wird der adiabaten Speisewasserpumpe Pb zugef¨ uhrt und dort auf den Druck p9 = 25 MPa komprimiert. Es gelangt dann in den Vorw¨ armer und wird im Zustand 10 dem Mischer zugef¨ uhrt, in dem es mit dem Teilstrom m ˙ a zum Zustand 1 vermischt wird. Durch geeignete Massen- und Energiebilanzen um die Bauteile der Anlage bestimme man die zu transferierenden Prozessenergien und den thermischen Wirkungsgrad des Prozesses. Alle Zustands¨ anderungen mit Ausnahme von denen in den Pumpen und Turbinen sollen der Einfachheit halber als isobar angesehen werden. Die Zustands¨ anderungen in den Pumpen und Turbinen seien adiabat. L¨ osung Die Bilanzierung ist durchf¨ uhrbar, wenn die Enthalpiedifferenzen f¨ ur alle Bauteile berechenbar sind und in ihnen jeweils nur eine Prozessenergie transferiert wird. F¨ ur die Str¨ omungsprozesse in den Apparaten ist dies wegen fehlendem Arbeitstransfer, f¨ ur die Arbeitsprozesse in den Maschinen wegen fehlendem W¨ armetransfer gegeben. Als Stoffmodell benutzen wir die Tabelle A1.

4.3 Energiebilanzen bei thermischen Zustands¨ anderungen

185

Wir beginnen mit der Energiebilanz um den Kessel und arbeiten uns in Str¨ ommungsrichtung durch den Kreisprozess hindurch. Nach der Energiebilanz f¨ ur station¨ are Fließprozesse gilt f¨ ur die spezifische W¨ armezufuhr im Kessel q12 = h2 − h1 . Die spezifische Enthalpie des Speisewassers im Zustand 1 ergibt sich aus der Wasserdampftafel als Eintragung bei t = 240◦ C und p = 25 MPa zu h1 = 1041,3 kJ/kg. Entsprechend folgt die Enthalpie im Zustand 2 bei t = 550◦ C und p = 25 MPa zu h2 = 3335,6 kJ/kg. Damit folgt die dem Wasser-/Dampf-Kreisprozess im Kessel zugef¨ uhrte spezifische W¨ arme zu q12 = 3335, 6 − 1041, 3 = 2294, 3 kJ/kg . Die Energiebilanz f¨ ur die adiabate Hochdruckturbine lautet (w23 )t = h3 − h2 . Wir kennen den Druck und die Temperatur des Dampfes im Zustand 3 nach der Entspannung, t3 = 284◦ C und p3 = 3, 5 MPa. Aus der Wasserdampftafel finden wir daf¨ ur eine spezifische Enthalpie von h3 = 2930, 0 kJ/kg , womit sich die von der Hochdruckturbine abgegebene spezifische Arbeit zu (w23 )t = 2930, 0 − 3335, 6 = −405, 6 kJ/kg ergibt. Die Energiebilanz f¨ ur die Zwischen¨ uberhitzung lautet q36 = h6 − h3 . Wir kennen die Temperatur und den Druck am Zustandspunkt 6, n¨ amlich t6 = 550◦ C und p6 = 3,5 MPa. Aus der Wasserdampftafel findet man daf¨ ur h6 = 3564,7 kJ/kg. Damit ergibt sich die dem Teildampfstrom m ˙ b im Zwischen¨ uberhitzer zugef¨ uhrte spezifische W¨ arme zu q36 = 3564, 7 − 2930, 0 = 634, 7 kJ/kg . Die Energiebilanz f¨ ur die adiabate Niederdruckturbine lautet (w67 )t = h7 − h6 . Im Zustand 7 hat der entspannte Dampf einen Druck von p7 = 7 kPa. Es handelt sich um einen Nassdampf mit x = 0,95. Die Enthalpie im Zustandspunkt 7 ergibt sich damit zu h7 = h (7 kPa) + 0, 95[h (7 kPa) − h (7 kPa)] = 2451, 7 kJ/kg . Damit findet man f¨ ur die von der Niederdruckturbine abgegebene spezifische technische Arbeit (w67 )t = 2451, 7 − 3564, 7 = −1113, 0 kJ/kg . Im Kondensator wird der Nassdampf vollst¨ andig kondensiert. Die Energiebilanz liefert f¨ ur diese Zustands¨ anderung q78 = h8 − h7 = 162, 6 − 2451, 7 = −2289, 1 kJ/kg .

186

4 Die Energiebilanz

In der adiabaten Pumpe Pb wird das Kondensat von p8 = 7 kPa auf p9 = 25 MPa komprimiert. Die dazu erforderliche technische Arbeit k¨ onnte bei Vorgabe der Temperatur t9 durch die Energiebilanz ermittelt werden. Die Temperatur t9 ist aber nicht bekannt. Angesichts der geringen technischen Arbeit bei der Kompression einer Fl¨ ussigkeit ist als einfache N¨ aherung die Ermittlung der Mindestarbeit gem¨ aß Beispiel 4.2 mit dem Stoffmodell Ideale Fl¨ ussigkeit“ gen¨ ugend genau. Dann ergibt ” sich f¨ ur die spezifische technische Arbeit der Pumpe Pb (w89 )t ≈ υ if (p9 − p8 ) = 0, 001

m3 N (25 − 0, 007) · 106 2 ≈ 25, 0 kJ/kg , kg m

wobei nach dem Modell der idealen Fl¨ ussigkeit ein konstantes spezifisches Volumen des Wassers angenommen wurde. Die Enthalpie im Zustand 9 betr¨ agt damit h9 = h8 + (w89 )t = 162, 6 + 25, 0 = 187, 6 kJ/kg . Die Energiebilanz f¨ ur den Vorw¨ armer lautet 0=m ˙ a h4 + m ˙ b h10 − [m ˙ a h3 + m ˙ b h9 ] . Unbekannt sind hier die Massenstr¨ ome m ˙ a und m ˙ b sowie die spezifischen Enthalpien h4 und h10 . Diese Energiebilanz f¨ uhrt daher nicht weiter. Dasselbe gilt f¨ ur die Energiebilanz um den Mischer. Ein Bilanzgebiet, dessen Energiestr¨ ome bekannt sind, ist hingegen das System aus den Bauteilen Pa , M und VW. Die Energiebilanz f¨ ur dieses Bilanzgebiet lautet m ˙ a (w45 )t = mh ˙ 1−m ˙ a h3 − m ˙ b h9 , wobei f¨ ur die spezifische technische Arbeit der Pumpe Pa (w45 )t = 0, 001

m3 (25 − 3, 5)MPa = 21, 5 kJ/kg kg

gilt. Mit der Massenbilanz m ˙ =m ˙ a+m ˙b l¨ asst sich dies umformulieren zu m ˙ a (w45 )t = m ˙ a (h1 − h3 ) + m ˙ b (h1 − h9 ) . Dies ist eine Beziehung zwischen den Teilmassenstr¨ omen m ˙ a und m ˙ b . Insbesondere erh¨ alt man daraus mit Hilfe der Massenbilanz m ˙a = 0, 3089 . m ˙ Die Gesamtleistung der Turbinen soll 100 MW betragen. Daraus l¨ asst sich der gesamte Massenstrom berechnen: Pt,T = −100 MW = m(w ˙ 23 )t + m ˙ b (w67 )t = m ˙ [(w23 )t + (1 − 0, 3089)(w67 )t ] . Es ergibt sich m ˙ =

−100 · 103 = 85, 12 kg/s , −405, 6 + (1 − 0, 3089)(−1113)

sowie daraus

4.3 Energiebilanzen bei thermischen Zustands¨ anderungen

187

m ˙ a = 26, 29 kg/s und m ˙ b = 58, 83 kg/s . Damit ergeben sich die Prozessenergien zu Q˙ 12 = 195, 29 MW , Q˙ 36 = 37, 34 MW , (P45 )t = 0, 57 MW , (P89 )t = 1, 47 MW , und |Q˙ 78 | = 134, 67 MW . Zur Kontrolle u ufen wir die Energiebilanz um die gesamte Anlage. Es muss ¨ berpr¨ gelten: Q˙ 12 + Q˙ 36 + (P45 )t + (P89 )t − |Q˙ 78 | − |Pt,T | = 0 Durch Einsetzen der Zahlen erkennen wir, dass sie erf¨ ullt ist. Der thermische Wirkungsgrad betr¨ agt ηth =

|Pt,T | − (P45 )t − (P89 )t 100, 00 − 0, 57 − 1, 47 = 0, 42 . = ˙ ˙ 232, 63 Q12 + Q36

Schließlich treten in der Technik h¨ aufig auch instation¨are Prozesse auf. Die Energiebilanz f¨ ur instation¨ are Prozesse wurde in den Gleichungen (4.19) f¨ ur geschlossene Systeme bzw. (4.22) bis (4.24) f¨ ur offene Systeme formuliert. Ein erstes einfaches Anwendungsbeispiel f¨ ur die Abk¨ uhlung eines geschlossenen Systems wurde in Beispiel 4.3 vorgestellt. Hier wird ein Anwendungsfall aus der industriellen Prozesstechnik betrachtet. Beispiel 4.8 alt u Ein Tank von V = 2 m3 enth¨ ¨ berhitzten Wasserdampf bei t1 = 300◦ C und ¨ p1 = 14 bar. Durch Offnen eines Ventils str¨ omt ein Teil des Wasserdampfes aus, bis die Temperatur t2 = 200◦ C betr¨ agt. Dann wird das Ventil geschlossen. Man berechne den Druck im Tank und die ausgestr¨ omte Masse an Wasserdampf. Der Prozess sei adiabat. Als Stoffmodell benutzen wir die Tabelle A1 in Anhang A. L¨ osung Die integrierte Energiebilanz f¨ ur diesen instation¨ aren Ausstr¨ omungsprozess lautet nach (4.24) 0 = U2 − U1 + ma,Δτ ha,m . Die Massenbilanz liefert ma,Δτ = m1 − m2 .

188

4 Die Energiebilanz

Damit folgt (m1 − m2 )ha,m = m1 u1 − m2 u2 . Da das Tankvolumen bekannt ist, kann aus dem aus der Wasserdampftafel zu entnehmenden spezifischen Volumen die urspr¨ unglich vorhandene Masse an Wasserdampf ermittelt werden. Es ergibt sich m1 =

V 2 m3 = 10, 97 kg . = υ1 0, 18228 m3 /kg

F¨ ur die Masse im Tank nach Schließen des Ventils gilt m2 =

V . υ2 (t2 , p2 )

Damit erh¨ alt die Energiebilanz die Form  V V ha,m = m1 u1 (t1 , p1 ) − m1 − u2 (t2 , p2 ) . υ2 (t2 , p2 ) υ2 (t2 , p2 ) Die mittlere spezifische Enthalpie des ausstr¨ omenden Wasserdampfes approximieren wir durch den arithmetischen Mittelwert zwischen dem Anfangs- und dem Endzustand, d.h. durch ha,m = [h(t1 , p1 ) + h(t2 , p2 )] /2 . Damit wird aus der Energiebilanz bei bekannter Temperatur t2 eine iterativ zu l¨ osende Bestimmungsgleichung f¨ ur den unbekannten Druck p2 . Nach einigen Iterationsschritten findet man einen Druck von p2 = 6 bar. Daf¨ ur ergibt sich ha,m =

1 (3040, 4 + 2850, 1) = 2944, 3 kJ/kg , 2

υ2 = 0, 3520 m3 /kg , sowie u2 = 2638, 9 kJ/kg und damit durch Einsetzen in die Energiebilanz   2 2 10, 97 − 2945, 3 = 30554 − 2638, 9 , 0, 3520 0, 3520 d.h. 15575 ≈ 15560 . ullt ist. Das Damit ist best¨ atigt, dass die Energiebilanz f¨ ur den Druck p2 = 6 bar erf¨ Ergebnis lautet daher p2 = 6 bar , m2 = 5, 68 kg und ma,Δτ = m1 − m2 = 5, 29 kg .

4.3 Energiebilanzen bei thermischen Zustands¨ anderungen

189

4.3.2 Prozesse mit Gemischen Energieumwandlungen mit Gemischen treten in vielf¨altigen Anwendungen der Prozesstechnik auf. Neben der Energiebilanz ist dabei insbesondere die Materiemengenbilanz zu ber¨ ucksichtigen. Zur Auswertung der Energiebilanz ben¨ otigt man Stoffmodelle f¨ ur die innere Energie und die Enthalpie der beteiligten Gemische. Die allgemeinen Beziehungen f¨ ur die molare innere Energie und die molare Enthalpie eines Gemisches in Abh¨ angigkeit von der Zusammensetzung lauten analog zu denen f¨ ur das molare Volumen, vgl. (2.29) und (2.30),  xi ui (4.45) u(T, υ, {xj }) = bzw. h(T, p, {xj }) =



xi hi ,

(4.46)

mit ui (T, υ, {xj }) und hi (T, p, {xj }) als der partiellen molaren inneren Energie bzw. der partiellen molaren Enthalpie der Komponente i im Gemisch. Entsprechende Gleichungen gelten f¨ ur die spezifischen Gr¨oßen, d.h.  u(T, υ, {wj }) = wi ui (4.47) und h(T, p, {wj }) =



wi hi ,

(4.48)

mit ui (T, υ, {wj }) und hi (T, p, {wj }) als der partiellen spezifischen inneren Energie bzw. der partiellen spezifischen Enthalpie der Komponente i im Gemisch. Die partielle molare innere Energie und Enthalpie beschreiben den Beitrag einer Komponente i zur gesamten inneren Energie bzw. Enthalpie des Gemisches. Das Analoge gilt f¨ ur die partiellen spezifischen Gr¨oßen. Die partiellen Gr¨ oßen sind auf Grund der unterschiedlichen Wechselwirkungen eines Molek¨ uls der Komponente i mit seinen Nachbarn im Gemisch und im Reinstoff grunds¨ atzlich von den entsprechenden Reinstoffgr¨oßen zu unterscheiden. Zur Auswertung der allgemeinen Beziehungen f¨ ur die innere Energie und Enthalpie von Gasgemischen verwenden wir das Stoffmodell des idealen Gasgemisches. In idealen Gasgemischen verh¨ alt sich jede Komponente so, als w¨ urde sie das zur Verf¨ ugung stehende Volumen allein ausf¨ ullen, vgl. Abschn. 2.5.2. Jede Komponente steht daher unter ihrem jeweiligen Partialdruck. Da die innere Energie und die Enthalpie idealer Gase nicht vom Volumen bzw. vom Druck abh¨ angen, ist es f¨ ur diese Gr¨ oße belanglos, ob die Komponenten beim Gesamtdruck bzw. dem zugeh¨ origen Volumen, d.h. als Reinstoffe, oder beim Partialdruck bzw. beim Gesamtvolumen, d.h. als Komponenten im Gemisch, betrachtet werden. F¨ ur das Stoffmodell des idealen Gasgemisches sind

190

4 Die Energiebilanz

die partielle molare innere Energie und Enthalpie sowie die partielle spezifische innere Energie und Enthalpie daher identisch mit den entsprechenden Reinstoffeigenschaften, d.h. es gilt ig uig i = u0i (T )

(4.49)

bzw. ig hig i = h0i (T ) .

(4.50)

Damit folgt f¨ ur die molare innere Energie und die molare Enthalpie eines idealen Gasgemisches aus (4.45) und (4.46)  xi uig (4.51) uig (T, {xj }) = 0i (T ) bzw. hig (T, {xj }) =



xi hig 0i (T ) .

(4.52)

Analoge Beziehungen gelten f¨ ur die spezifische innere Energie und die spezifische Enthalpie eines idealen Gasgemisches. Die innere Energie und die Enthalpie eines idealen Gasgemisches sind damit auf die temperaturabh¨angigen Reinstoffgr¨ oßen zur¨ uckgef¨ uhrt, vgl. Abschn. 4.3.1. F¨ ur Gas/Dampf-Gemische verwenden wir das Modell des idealen Gas/Dampf-Gemisches. In idealen Gas/Dampf-Gemischen, vgl. Abschn. 2.5.3, wird die Gasphase als ideales Gasgemisch aus zwei Komponenten, der Komponente Gas (G) und der Komponente Dampf (D), modelliert. Die Tatsache, dass die Gasphase in der Regel mehrere nicht kondensierende Komponenten enth¨ alt, z.B. die Komponenten N2 und O2 der Luft, bleibt unber¨ ucksichtigt. Die in ges¨ attigten Gas/Dampf-Gemischen zus¨atzlich anwesende kondensierte Phase besteht nach diesem Stoffmodell aus der reinen Dampfkomponente, vgl. Abschn. 2.5.3. Als Maß f¨ ur die Zusammensetzung ur die spezifische Entbenutzen wir die Beladung x = mD /mG . Dann folgt f¨ halpie, d.h. die Enthalpie von 1 kg Gas und x kg Dampf, analog zu dem Ergebnis f¨ ur ideale Gasgemische h1+x =

H mG h0G + mD h0D = = h0G + xh0D . mG mG

(4.53)

Entsprechend dem Konzept des idealen Gasgemisches sind Reinstoffenthalpien einzusetzen, was durch den weiteren Index 0 hervorgehoben ist. Dabei bezieht sich der Begriff rein“ hier auf die Komponenten Gas und ” Dampf, ohne R¨ ucksicht darauf, dass z.B. das Gas Luft ein Gemisch ist. Im Folgenden lassen wir den Index 0 der Einfachheit halber weg. Wir betrachten zun¨ achst das unges¨ attigte Gas/Dampf-Gemisch. Im unges¨attigten Gas/Dampf-Gemisch ist in hD ausschließlich die Enthalpie des gasf¨ormigen

4.3 Energiebilanzen bei thermischen Zustands¨ anderungen

191

Dampfes zu ber¨ ucksichtigen. Enthalpien haben einen frei w¨ahlbaren Bezugspunkt. W¨ ahlen wir f¨ ur das Gas als Bezugspunkt h0G (t0 ) die Enthalpie im 0 ur die Entidealen Gaszustand bei der Temperatur t0 , also hig G (t ), so gilt f¨ halpie des Gases ig 0 ig 0 hig G (t) = hG (t ) + cpG (t − t ) ,

(4.54)

wobei cig ¨ ber den Temperaturbereich gemittelte spezifische isobare pG die u W¨ armekapazit¨ at der Komponente Gas im idealen Gaszustand ist. Die spezifische Enthalpie der Dampfkomponente h¨ angt wiederum von der Wahl des entsprechenden Enthalpienullpunktes h0D (t0 ) ab. In der Regel bietet sich ein kondensierter Zustand, also Fl¨ ussigkeit oder fester K¨orper, als Bezugszustand an. Bei Wahl eines fl¨ ussigen Bezugszustands muss zur Beschreibung der Enthalpie der gasf¨ ormigen Dampfkomponente als Phasenumwandlungsenthalpie Δh(t0 ) die Verdampfungsenthalpie Δh(t0 ) = r(t0 ) addiert werden, und man findet ig 0 0 0 0 hig D (t) = hD (t ) + r(t ) + cpD (t − t ) ,

(4.55)

mit cig ¨ber den Temperaturbereich gemittelten spezifischen isobapG als der u ren W¨ armekapazit¨ at der reinen Dampfkomponente im idealen Gaszustand. Hierbei spielt der Druckeinfluss wegen des idealen Gaszustands keine Rolle. F¨ ur ges¨ attigte Gas/Dampf-Gemische muss der Anteil der fl¨ ussigen bzw. festen Dampfkomponente addiert werden. Die Enthalpie im fl¨ ussigen Zustand ergibt sich einfach aus der W¨ armekapazit¨ at und der Temperaturdifferenz zur Bezugstemperatur. Die Berechnung der Enthalpie der Dampfkomponente im festen Zustand und demselben Bezugszustand erfolgt entsprechend unter Verwendung der Schmelzenthalpie und der W¨ armekapazit¨at im festen Zustand. Wiederum analoge Beziehungen gelten f¨ ur die spezifische innere Energie sowie f¨ ur die entsprechenden molaren Zustandsgr¨ oßen. Ein h¨ aufig auftretendes Gas/Dampf-Gemisch ist feuchte Luft, also das Gemisch aus trockener Luft (L) und Wasserdampf (W). Es hat eine besondere Bedeutung in klimatechnischen Anwendungen und in Trocknungsprozessen. Nach (4.53) gilt als allgemeine Beziehung f¨ ur die spezifische Enthalpie von feuchter Luft h1+x = hL + xhW , mit hL als der spezifischen Enthalpie der trockenen Luft und hW als der spezifischen Enthalpie des Wassers. F¨ ur das praktische Arbeiten mit diesem Stoffmodell eignen sich einfache Zahlenwertgleichungen. Sie werden durch Einsetzen der f¨ ur die trockene Luft und das Wasser g¨ ultigen Zahlen f¨ ur die W¨ armekapazit¨ at und die Phasenumwandlungsenthalpien in bestimmten Einheiten gewonnen. So ist die spezifische Enthalpie der trockenen Luft ig hig L = cpL t = t ,

192

4 Die Energiebilanz

wenn der Enthalpienullpunkt der Luft auf t0 = 0◦ C festgesetzt und f¨ ur die = 1 kJ/(kg K) eingesetzt spezifische W¨ armekapazit¨ at der trockenen Luft cig pL wird. Die Temperatur muss dabei in ◦ C eingesetzt werden. Der Nullpunkt der inneren Energie von Wasser ist in der Wasserdampftafel als Zustand der siedenden Fl¨ ussigkeit bei praktisch 0◦ C definiert. In guter N¨aherung ist in diesem Zustand auch die Enthalpie des Wassers Null. In Anlehnung daran wird auch hier die Enthalpie des siedenden fl¨ ussigen Wassers bei 0◦ C auf den Wert Null normiert. Daher muss zur Berechnung der Enthalpie des gasf¨ormigen Wassers die Verdampfungsenthalpie bei 0◦ C, f¨ ur die ein runder Wert von r0 = 2500 kJ/kg eingesetzt wird, als Phasenumwandlungsenthalpie ber¨ ucksichtigt werden. Wegen der Druckunabh¨ angigkeit von hig spielt der Druckunterschied zwischen dem Dampfdruck bei 0◦ C und dem Partialdruck des Wasserdampfes keine Rolle. Mit der mittleren spezifischen W¨armekapazit¨at des Wassers ur die Enthalpie des im idealen Gaszustand von cig pW = 1,86 kJ/kg K folgt f¨ gasf¨ ormigen Wassers die Zahlenwertgleichung ig hgW = hig W = r0 + cpW t = 2500 + 1, 86t .

Die Enthalpie von fl¨ ussigem Wasser ergibt sich aus hlW = cifW t = 4, 18t , ussigen mit cifW = 4,18 kJ/kg K als der spezifischen W¨armekapazit¨at des fl¨ Wassers als ideale Fl¨ ussigkeit, wenn wieder der Enthalpienullpunkt im Siedeucksichtigt und der Druckeinfluss vernachl¨assigt werden. zustand bei 0◦ C ber¨ Ist schließlich bei negativen Celsius-Temperaturen das Wasser als Eis in der feuchten Luft pr¨asent, so folgt mit einer Schmelzenthalpie bei 0◦ C von Δhm0 = 333 kJ/kg und einer W¨ armekapazit¨ at des Eises von csW = 2,05 kJ/kg K f¨ ur die Enthalpie von festem Wasser hsW = −Δhm0 + csW t = −333 + 2, 05t . Insgesamt ergibt sich also f¨ ur die Enthalpie von unges¨attigter feuchter Luft, d.h. f¨ ur x < xs , h1+x = t + x(2500 + 1, 86t) ,

(4.56)

f¨ ur die Enthalpie von ges¨ attigter feuchter Luft mit fl¨ ussigem Wasser, d.h. f¨ ur x ≥ xs ; t ≥ 0, h1+x = t + xs (2500 + 1, 86t) + (x − xs )4, 18t

(4.57)

und schließlich f¨ ur die Enthalpie ges¨ attigter feuchter Luft mit Eis, d.h. f¨ ur x ≥ xs ; t ≤ 0, h1+x = t + xs (2500 + 1, 86t) + (x − xs )(2, 05t − 333) .

(4.58)

Die Beziehungen (4.57) und (4.58) umschließen ein Zustandsgebiet, in dem ussig und teilweise fest ist. bei t = 0◦ C das kondensierte Wasser teilweise fl¨

4.3 Energiebilanzen bei thermischen Zustands¨ anderungen

193

Die spezifische Enthalpie in diesem Zustandsgebiet setzt sich anteilig aus ¨ den Beitr¨ agen nach (4.57) und (4.58) zusammen. Im Ubrigen ist die Grenztemperatur zwischen dem Ausfallen von fl¨ ussigem bzw. festen Wasser genau uhlung 0, 01◦ C, entsprechend der Tripeltemperatur des Wassers, da bei Abk¨ ges¨ attigter feuchter Luft der Zustandsverlauf des Wasserdampfes der Dampfdruckkurve folgt und daher am Tripelpunkt erstmals eine feste Phase ausf¨allt. Aus praktischen Gr¨ unden rechnen wir hier mit dem runden Wert 0◦ C. Bei den obigen Gleichungen handelt es sich um Zahlenwertgleichungen, d.h. Beziehungen, deren Zahlenwerte nur in Verbindung mit bestimmten Einheiten richtig sind. Es ist daher festzuhalten, dass in diesen Gleichungen alle Enthalpien die Einheit kJ/kg“ haben und die Temperatur in ◦ C“ einzusetzen ” ” ist. Weiterhin ist zu beachten, dass es sich um Enthalpiedifferenzen handelt, und zwar f¨ ur die trockene Luft in Bezug auf den idealen Gaszustand bei 0◦ C und f¨ ur das Wasser in Bezug auf den siedenden Zustand bei 0◦ C. Beispiel 4.9

Q

Die Trocknungsanlage einer Ziegelei, deren Massenbilanz in Beispiel 3.4 behandelt wurde, wird mit Luft (m ˙ L = 85126 kg/h) von einer anf¨ anglichen Wasserbeladung xe = xu = 0,0115 und einer anf¨ anglichen Temperatur te = 25◦ C betrieben. Vor Eintritt in den Trockner wird die Luft erw¨ armt. Die Luft tritt aus dem Trockner mit der Temperatur ta = 32◦ C aus. Die zu trocknenden nassen Formlinge (m ˙F = 6137 kg/h) werden dem Trockner mit einer Temperatur von tF,e = 25◦ C zugef¨ uhrt, und die getrockneten Rohlinge (m ˙ R = 4897 kg/h) verlassen den Trockner mit einer Temperatur von tR,a = 50◦ C, vgl. Abb. B 4.9.1. Die spezifische

m .

. L

, x e

, t e

m

. L

, x a

, t

F

, t

F ,e

a

T ro c k e n k a m m e r m

. R

, t

R ,a

m

.

Abb. B 4.9.1. Energiebilanz der Trocknungsanlage einer Ziegelei W¨ armekapazit¨ at der Rohlinge betr¨ agt cR = 0,84 kJ/kgK. Es wird angenommen, dass sich die innere Energie der Formlinge additiv aus der der Rohlinge und der des in ihnen enthaltenen Wassers zusammensetzt. Welcher W¨ armestrom muss der Trocknungsanlage zugef¨ uhrt werden?

194

4 Die Energiebilanz

L¨ osung Nach der Energiebilanz f¨ ur station¨ are Fließprozesse ergibt sich der gesuchte W¨ armestrom aus der Differenz der austretenden und eintretenden Enthalpiestr¨ ome. F¨ ur die Trocknungsluft wird das Stoffmodell Ideales Gas/Dampf-Gemisch“ aus ” trockener Luft und Wasserdampf, d.h. feuchte Luft, benutzt. Es ergibt sich ˙ R hR,a − m ˙ F hF,e Q˙ = m ˙ L [(h1+x )a − (h1+x )e ] + m =m ˙ L [ta + xa (2500 + 1, 86ta ) − te − xe (2500 + 1, 86te )] + m ˙ R hR,a − m ˙ F hF,e . Hier ist die Massenbilanz der trockenen Luft bereits eingearbeitet. Die Massenbilanz des Wassers f¨ uhrt auf xa = 0, 02606 ≈ 0, 0261, vgl. Beispiel 3.4. Da sich die innere Energie der Formlinge additiv aus der der Rohlinge und der des in ihnen enthaltenen Wassers zusammensetzen soll, gilt f¨ ur den entsprechenden Enthalpiestrom ˙ R hR,e + (m ˙ F−m ˙ R ) hW,e = m ˙ R hR,e + (m ˙ F−m ˙ R ) cifW tF,e , m ˙ F hF,e = m wobei auch hier aus Gr¨ unden der Konsistenz mit dem Stoffmodell f¨ ur feuchte Luft die Enthalpie von fl¨ ussigem Wasser bei 0◦ C zu Null gesetzt wurde. Der W¨ armestrom berechnet sich dann aus Q˙ = m ˙ L [(ta − te ) + xa (2500 + 1, 86t) − xe (2500 + 1, 86t)] +m ˙ R cR (tR,a − tF,e ) − (m ˙ F−m ˙ R )cifW tF,e = 1052, 7 + 28, 6 − 36, 0 = 1045, 3 kW .

Als Rechenhilfsmittel zur Behandlung von Prozessen mit feuchter Luft hat sich das h1+x , x-Diagramm bew¨ ahrt. Aus den bisherigen Gleichungen sehen wir, dass die Enthalpie der feuchten Luft bei konstanter Temperatur linear von der Wasserbeladung x abh¨ angt. Um eine g¨ unstige Darstellungsform zu erreichen, verwendet man schiefwinkelige Koordinaten. Die x-Achse l¨ asst man schr¨ ag nach rechts unten verlaufen, sodass die 0◦ C-Isotherme der unges¨ attigten feuchten Luft gerade horizontal liegt. Die Linien konstanter Enthalpie laufen parallel zur x-Achse und daher im gew¨ahlten schiefwinkeligen Koordinatensystem von links oben nach rechts unten. Die Linien konstanten Wassergehalts sind parallel zur h1+x -Achse und damit senkrechte Geraden. Die Abh¨ angigkeit der Enthalpie von der Wasserbeladung entlang der Isothermen ist f¨ ur unges¨ attigte und ges¨ attigte feuchte Luft verschieden. attigter feuchter Luft waagerecht verlaufen Da die 0◦ C-Isotherme bei unges¨ soll, muss zwischen der x-Achse und der 0◦ C-Isotherme ein Enthalpieunterschied von r0 x bestehen. Die Abb. 4.15 zeigt die Konstruktion einer Isotherme t = const im Gebiet der unges¨ attigten feuchten Luft. Da die Enthalpie von Gemischen idealer Gase nicht vom Druck abh¨angt, gilt diese Konstruktion f¨ ur beliebige Dr¨ ucke, solange die Bedingung idealer Gase nicht verletzt ist. In dieses Diagramm lassen sich auch die Linien konstanter relativer Feuchte ϕ = pW /psW (t) einzeichnen. Sie sind punktweise berechenbar nach, vgl. Beispiel 2.11, x = 0, 622

psW (t) = x(t, ϕ, p) , (p/ϕ) − psW (t)

(4.59)

h

4.3 Energiebilanzen bei thermischen Zustands¨ anderungen

195

1 + x

t x c c

p W

p L

x r

ig

ig

t

t

t = 0 °C

0

x Abb. 4.15. Konstruktion von Isothermen im h1+x , x-Diagramm f¨ ur x < xs (schematisch)

und damit abh¨ angig vom Gesamtdruck. Die Isothermen der unges¨attigten feuchten Luft enden bei ϕ = 1. Bei h¨ oheren Wassergehalten ist die Luft ussiges Wasser, das in der Regel in Form ges¨ attigt und enth¨ alt bei t > 0◦ C fl¨ kleiner Tr¨ opfchen (Nebel) verteilt ist. Man spricht auch vom Nebelgebiet. Die Isothermen haben an der ϕ = 1-Linie daher einen Knick. Im Nebelgebiet mit fl¨ ussigem Wasser haben sie die Steigung   ∂h1+x = 4, 18t (x > xs ; t ≥ 0◦ C) . ∂x t Die 0◦ C-Nebelisotherme verl¨ auft daher parallel zur x-Achse und damit parallel zu den Isenthalpen, d.h. mit der Steigung Null, wenn alles Wasser fl¨ ussig ist. F¨ ur t > 0◦ C verlaufen die Isothermen etwas flacher als die Linien konstanter Enthalpie. F¨ ur t < 0◦ C gilt   ∂h1+x = 2, 05t − 333 (x > xs , t ≤ 0◦ C) . ∂x t Liegt bei t = 0◦ C das Wasser bereits in Eisform vor, so l¨auft diese Isotherme oße (−x · 333). Die Abb. 4.16 steiler als die h1+x -Linien, und zwar um die Gr¨ zeigt die Konstruktion von Isothermen f¨ ur x > xs . Ein vollst¨ andiges h1+x , x-Diagramm ist im Anhang A als Abbildung A1 wiedergegeben. Es erlaubt die einfache grafische Verfolgung von Zustands¨ anderungen mit feuchter Luft. Besonders einfach ist die Darstellung adiabater Prozesse im h1+x , x-Diagramm. Durch adiabate Mischung zweier Str¨ ome feuchter Luft l¨ asst sich entweder eine Trocknung oder auch eine Befeuchtung herbeif¨ uhren. Die Abb. 4.17 zeigt das Schema des betrachteten Prozesses. Es tritt entweder ein homogener gasf¨ormiger Stoffstrom oder

196 h

4 Die Energiebilanz j = 1

1 + x

t > 0 °C t = 0 °C W

s E i

a s s e r 0 °C

C 0 °

(x -x

t < 0 °C

S

)D h

m 0

W a s s e r + E is 0 ° C

x

Abb. 4.16. Konstruktion von Isothermen im h1+x , x-Diagramm f¨ ur x > xs (schematisch)

. m

x

,t

1

1

. m

x

1

L 1

2

2

L 2

,t

M is c h k a m m e r

M x

m

. L M M

,t M

2

Abb. 4.17. Adiabate Mischung zweier Str¨ ome feuchter Luft

ein mehrphasiger Stoffstrom, bestehend aus einem ges¨attigten Gas/DampfGemisch und kondensiertem Wasser, aus dem Mischer aus. Die Massenbilanz der trockenen Luft lautet ˙ L2 = m ˙ LM , m ˙ L1 + m und die des Wasserdampfes m ˙ L1 x1 + m ˙ L2 x2 = m ˙ LM xM = (m ˙ L1 + m ˙ L2 ) xM . Hieraus findet man f¨ ur den Wassergehalt nach der Vermischung xM =

˙ L2 x2 m ˙ L1 x1 + m . m ˙ L1 + m ˙ L2

(4.60)

4.3 Energiebilanzen bei thermischen Zustands¨ anderungen

197

Die Energiebilanz fordert 0=m ˙ LM (h1+x )M − [m ˙ L1 (h1+x )1 + m ˙ L2 (h1+x )2 ] . Damit folgt f¨ ur die Enthalpie des Mischungszustands (h1+x )M =

m ˙ L1 (h1+x )1 + m ˙ L2 (h1+x )2 . m ˙ L1 + m ˙ L2

(4.61)

Aus diesen Beziehungen kann man eine einfache graphische Methode zur Bestimmung des Mischungspunkts im h1+x , x-Diagramm ableiten. Man findet aus der Massenbilanz und aus der Energiebilanz die folgenden Beziehungen f¨ ur das Massenverh¨ altnis der trockenen Luftstr¨ ome x1 − xM m ˙ L2 = m ˙ L1 xM − x2 und (h1+x )1 − (h1+x )M m ˙ L2 = . m ˙ L1 (h1+x )M − (h1+x )2 Aus beiden folgt (h1+x )1 − (h1+x )M (h1+x )M − (h1+x )2 = . x1 − xM xM − x2

(4.62)

Der Zustandspunkt der Mischung liegt also auf der geraden Verbindungslinie zwischen den Punkten 1 und 2. Der Mischpunkt M teilt die Verbindungslinie im Verh¨ altnis der Massenstr¨ ome an trockener Luft, wobei die Strecke 1↔M der Masse m ˙ L2 und die Strecke M↔2 der Masse m ˙ L1 proportional ist. Dies entspricht dem schon mehrfach benutzten Hebelgesetz und ist auch anschaulich klar, da Zumischung von nur wenig Luft vom Zustand 2 die Luft vom Zustand 1 nur wenig ¨ andern sollte. Wegen der Kr¨ ummung der S¨attigungslinie ϕ = 1 kann es bei der Mischung von zwei Str¨omen feuchter Luft in der N¨ ahe der ϕ = 1-Linie zur Nebelbildung kommen, vgl. Abb. 4.18. Hierf¨ ur sind K¨ uhlturmschwaden, Autoabgase oder auch die ausgeatmete Luft im Winter bekannte Beispiele. In solchen F¨ allen ist der abstr¨omende Stoffstrom ein Zweiphasensystem aus feuchter Luft und fl¨ ussigem Wasser. Ein besonders interessanter Prozess ist die Zugabe einer Masse mW an Wasser zu feuchter Luft in einer adiabaten Mischkammer, vgl. Abb. 4.19. Das Wasser kann fl¨ ussig oder dampff¨ ormig sein. Diese Zustands¨anderung kann nicht einfach durch eine Mischungsgerade im h1+x , x-Diagramm dargestellt werden, da wegen xW → ∞ der Wasserpunkt nicht eingezeichnet werden kann. Die Massenbilanz des Wassers ergibt ˙ L = x2 m ˙L . m ˙ W + x1 m Daher gilt f¨ ur die Wasserbeladung am Austritt aus der Mischkammer

198

h

4 Die Energiebilanz

1 + x

2

.

L 2

m

M

.

t = 3 7 ° C

m

1 t

L 1

M

A te m lu ft

N e b e lb ild u n g

u

t = 0 ° C

x Abb. 4.18. Adiabate Mischung zweier Str¨ ome feuchter Luft im h1+x , x-Diagramm (Beispiel:Atemluft) . m t W

W

,x

=

m

W

.

t 1 ,x

1 L

M is c h k a m m e r 2

m

.

t 2 ,x 1

L 2

Abb. 4.19. Adiabater Wasserzusatz

x2 = x1 +

m ˙W . m ˙L

(4.63)

Die Energiebilanz fordert ˙ W hW , 0=m ˙ L [(h1+x )2 − (h1+x )1 ] − m und damit (h1+x )2 = (h1+x )1 +

m ˙W hW = (h1+x )1 + (x2 − x1 ) hW . m ˙L

(4.64)

Damit ist der Punkt 2 berechenbar. Es l¨ asst sich auch eine einfache graphische Konstruktion im h1+x , x-Diagramm angeben. Die letzte Gleichung kann n¨ amlich auch als Δh1+x /Δx = hW geschrieben werden, woraus sich ergibt,

4.3 Energiebilanzen bei thermischen Zustands¨ anderungen

199

h

dass man in Richtung Δh1+x /Δx = hW von Punkt 1 fortschreiten muss, bis man die Linie x = x2 erreicht hat, vgl. Abb. 4.20. Dies ist die Richtung der

1 + x

Z u s a tz v o n W a s s e rd a m p f

1 2 t

Z u s a tz v o n flü s s ig e m W a s s e r

2 W

x = x 2

t = 0 ° C

x Abb. 4.20. Adiabater Wasserzusatz im h1+x , x-Diagramm

Nebelisotherme tW bei Zumischung von fl¨ ussigem Wasser und die Richtung der unges¨ attigten Isotherme tW bei Zumischung von Wasserdampf. Wird das Wasser in dampff¨ ormigem Zustand zugegeben, so erw¨armt sich das Gemisch oder k¨ uhlt sich ab, je nachdem, ob das dampff¨ ormige Wasser eine h¨ohere oder eine niedrigere Temperatur als die feuchte Luft zu Beginn des Prozesses hat. Bei gleicher Temperatur des Wasserdampfs und der Luft bleibt die Temperatur des Gemisches gerade unver¨ andert. Wird das Nebelgebiet erreicht, so erw¨ armt sich das Gemisch, da nun der Wasserdampf kondensiert und seine Kondensationsenthalpie zur Erw¨ armung des Nebels zur Verf¨ ugung steht. Bei Zugabe von fl¨ ussigem Wasser k¨ uhlt sich die Luft in der Regel ab, da die Entussigen Wassers klein ist. Die zur Verdampfung des Wassers halpie hW des fl¨ ben¨ otigte Energie wird dem System entzogen. Darauf beruht der bekannte Effekt der Verdunstungsk¨ uhlung, der f¨ ur viele Vorg¨ange eine große Rolle spielt, vgl. Beispiel 4.10 und Abschn. 7.3. Beispiel 4.10 Das Rauchgas einer M¨ ullverbrennungsanlage habe eine Temperatur von t1 = 180◦ C, einen Druck von p1 = 0,1 MPa und eine Wasserbeladung von x1 = 0,2676. Auf Grund des dominanten Stickstoffanteils darf es als feuchte Luft modelliert werden. Der Massenstrom der trockenen Luft betrage m ˙ L = 10.000 kg/h. Zur raschen

200

4 Die Energiebilanz

ussiges Wasser von tW = 15◦ C Abk¨ uhlung wird ein Massenstrom m ˙ W = 620 kg/h fl¨ in das Rauchgas eingespr¨ uht, vgl. Abb. B 4.10.1. Man spricht bei diesem Prozess

m

. L

,t 1 ,x

m 1

1

. L

,t 2 ,x 2

2

. m t

W W

Abb. B 4.10.1. Rauchgasquenche von einer Quenche. Auf welche Temperatur t2 k¨ uhlt sich das Rauchgas ab? L¨ osung Bei dem adiabaten Wasserzusatz wird u ¨ ber die Systemgrenzen keine Energie mit Ausnahme der ein- und austretenden Stoffstr¨ ome transferiert. Da die kinetische und potenzielle Energie der Gasstr¨ ome und des Wasserstromes ohne Bedeutung sind, muss die Summe der zugef¨ uhrten Enthalpiestr¨ ome nach der Energiebilanz gleich dem Enthalpiestrom des abgef¨ uhrten Rauchgases sein. Die Energiebilanz lautet daher m ˙ L (h1+x )1 + m ˙ W hW = m ˙ L (h1+x )2 . Aus den Massenbilanzen f¨ ur die trockene Luft und f¨ ur das Wasser ergibt sich ˙ L x1 + m ˙W , m ˙ L x2 = m d.h. ˙ W /m ˙ L = 0, 2676 + 620/10.000 = 0, 3296 . x2 = x1 + m Damit sind die Massen- und die Energiebilanz aufgestellt. Die Enthalpiebilanz liefert mit (4.56) f¨ ur die spezifische Enthalpie unges¨ attigter feuchter Luft unter Ber¨ ucksichtigung der Massenbilanz 180 + 0, 2676(2500 + 1, 86 · 180) + 0, 0620 · 4, 18 · 15 = t2 + 0, 3296(2500 + 1, 86t2 ) . Diese Gleichung kann nach der unbekannten Temperatur aufgel¨ ost werden, mit dem Ergebnis t2 = 73, 45◦ C . attigte feuchte Luft unterBei der Enthalpiebeziehung f¨ ur (h1+x )2 wurde eine unges¨ stellt. Diese Annahme ist noch zu u ufen. Die relative Feuchte des Rauchgases ¨ berpr¨ nach der Quenche ergibt sich aus ϕ = pW /psW (t2 ) ,

4.3 Energiebilanzen bei thermischen Zustands¨ anderungen

201

vgl. Beispiel 2.11. Aus der Wasserdampftafel ergibt sich durch Interpolation bei 73, 45◦ C ein Dampfdruck von psW (t2 ) = 0,03629 MPa. Mit pW =

x2 p = 0, 03464 MPa x2 + 0, 622

nach (2.44) folgt f¨ ur die relative Feuchte ϕ = 0, 03464/0, 03629 = 0, 9545 < 1 . Das Rauchgas ist also nach der Quenche unges¨ attigt, sodass die Enthalpie (h1+x )2 nach der richtigen Formel berechnet wurde.

Idealisierte Stoffmodelle f¨ ur fl¨ ussige Gemische sind die ideale L¨osung oder die ideal verd¨ unnte L¨ osung. Wenn eine Komponente i bei der Temperatur und dem Druck des Gemisches als fl¨ ussiger Reinstoff existiert, dann ist das Stoffmodell der idealen L¨ osung prinzipiell auf diese Komponente anwendbar. Gilt dies f¨ ur alle Komponenten, dann l¨ asst sich das Stoffmodell der idealen L¨ osung auf das ganze Gemisch anwenden. In einer idealen L¨osung haben die unterschiedlichen Komponenten identische Wechselwirkungskr¨afte miteinander. Molek¨ ule einer Komponente i im Gemisch registrieren daher bez¨ uglich ihrer Wechselwirkungen mit Nachbarmolek¨ ulen keinen Unterschied zu den Verh¨ altnissen im reinen Stoff i. Das Vermischen der Reinstoffe ist daher nicht von energetischen Effekten begleitet. Damit sind wie f¨ ur das Volumen auch f¨ ur die innere Energie und die Enthalpie die partiellen molaren bzw. partiellen spezifischen Gr¨ oßen den entsprechenden Reinstoffgr¨oßen gleich, d.h. uili = ul0i bzw. hili = hl0i . Wir finden daher, analog zu den Ergebnissen f¨ ur ein ideales Gasgemisch,  xi ul0i (T, υ) , (4.65) uil (T, υ, {xj }) = bzw. f¨ ur die molare Enthalpie  xi hl0i (T, p) , hil (T, p, {xj }) =

(4.66)

wobei ul0i (T, υ) und hl0i (T, p) die molare innere Energie bzw. die molare Enthalpie der reinen fl¨ ussigen Komponente i bei Temperatur und Volumen, bzw. Druck des Gemisches sind. Analoge Beziehungen gelten f¨ ur die spezifischen Gr¨ oßen. Auch in idealen L¨ osungen sind damit die Differenzen der inneren Energie und der Enthalpie auf die Temperaturabh¨angigkeit der Reinstoffgr¨ oßen zur¨ uckgef¨ uhrt, vgl. Abschn. 4.3.1. Dieses Stoffmodell ist realistisch f¨ ur fl¨ ussige Gemische aus sehr ¨ ahnlichen Komponenten, wie z.B. Toluol-Benzol. In anderen F¨ allen ist mit erheblichen Abweichungen zu rechnen.

202

4 Die Energiebilanz

Beispiel 4.11 Eine Menge von 13,46 kg an fl¨ ussigem Wasser(W) bei 25◦ C und eine Menge von 11,61 kg an fl¨ ussigem Ethanol(A) bei 50◦ C werden ohne Zufuhr oder Abfuhr von Energie vermischt. Man berechne die Temperatur des Gemisches nach dem Stoffmodell der idealen L¨ osung, vgl. Abb. B 4.11.1. Experimentell wurde ein Wert

W W

2 5 °C

+ A t = ?

A 5 0 °C

Abb. B 4.11.1. Mischungstemperatur beim Vermischen von Wasser und Alkohol von t = 38, 7◦ C gefunden. L¨ osung Da bei dem Prozess keine Energie zu- oder abgef¨ uhrt wird, ist nach der Energiebilanz die Summe der inneren Energie des Wassers und des Alkohols vor der Mischung zusammen genau so groß wie die innere Energie des Systems nach der Mischung. Es gilt daher 13, 46 ul0W (25◦ C) + 11, 61 ul0A (50◦ C) = 25, 07 ul (t) . In dieser Gleichung ist die Erhaltung der Gesamtmasse bereits ber¨ ucksichtigt. Massen- und Energiebilanz als Grundlage der thermodynamischen Analyse sind also aufgestellt. Nach dem Stoffmodell der idealen L¨ osung gilt f¨ ur die innere Energie der fl¨ ussigen Mischung, mit ul (t) = uil (t) und uil (t) nach (4.65), 25, 07 uil (t) = 13, 46 ul0W (t) + 11, 61 ul0A (t) , worin wiederum die Massenerhaltung f¨ ur die beiden Komponenten enthalten ist. Damit ergibt sich 13, 46 ul0W (t) − ul0W (25◦ C) + 11, 61 ul0A (t) − ul0A (50◦ C) = 0 . Unterstellen wir f¨ ur die reinen fl¨ ussigen Komponenten das Stoffmodell der idealen Fl¨ ussigkeit, so finden wir 13, 46 cifW (t − 25◦ C) + 11, 61 cifA (t − 50◦ C) = 0 . Aufgel¨ ost nach der Temperatur der Mischung ergibt sich t=

13, 46 cifW · 25 + 11, 61 cifA · 50 . 13, 46 cifW + 11, 61 cifA

ur die Mit cifW = 4,18 kJ/kg K und cifA = 2,42 kJ/kg K nach Tabelle A2 folgt f¨ Temperatur der Mischung

4.3 Energiebilanzen bei thermischen Zustands¨ anderungen

203

t = 33, 33◦ C . Der experimentelle Wert ist h¨ oher als der nach dem Stoffmodell der idealen L¨ osung berechnete Wert. Dies liegt daran, dass in einer Mischung von Wasser und Alkohol die Wechselwirkungen der Molek¨ ule tats¨ achlich unterschiedlich von denen in reinem Alkohol und reinem Wasser sind. Das Stoffmodell ist daher eine Idealisierung, wie bereits in Beispiel 2.13 f¨ ur das Volumen erkannt wurde. Der Fehler der mit dem Stoffmodell der idealen L¨ osung gefundenen Ergebnisse h¨ angt von der Art des untersuchten Gemisches ab. Im betrachteten Fall ist er deutlich, aber doch m¨ aßig. Große Temperatureffekte auf Grund von Wechselwirkungen zwischen ungleichen Molek¨ ulen entstehen hingegen z.B. bei der Vermischung von Wasser und Schwefels¨ aure, sodass dieses Gemisch nicht sinnvoll durch das Stoffmodell der idealen L¨ osung beschrieben werden k¨ onnte, vgl. Beispiel 4.15.

Obwohl die Analyse von Prozessen im Detail sehr stark von der Wahl eines realistischen Stoffmodells f¨ ur die auftretenden fl¨ ussigen Gemische abh¨angt, gen¨ ugt f¨ ur grunds¨ atzliche Erkenntnisse ein ideales Stoffmodell wie das der idealen L¨ osung. Dies gilt z.B. auch f¨ ur die Analyse der Stofftrennung durch Destillation, vgl. Beispiel 4.12. Beispiel 4.12 Ein fl¨ ussiges Gemisch aus n-Heptan (H) und Cyclohexan (C) (x = 0,5, t0 = 188, 74◦ C, p0 = 12 bar) wird durch adiabate Entspannung auf den Druck p1 = 0,973 bar teilweise verdampft, vgl. Abb. B 4.12.1. Der Stoffmengenanteil x be-

.

n 1' ' , t 1 , p 1

, x '1 '

0 p

n

. 0

, t 0 , p 0

, x

p 0

1

x "1

x '1 x ', x " .

n '1 , t 1 , p 1

, x '1

Abb. B 4.12.1. Zur Entspannungsdestillation zieht sich auf die leichter siedende Komponente Cyclohexan. Man berechne die Temperatur und die Zusammensetzungen der austretenden Stoffstr¨ ome, sowie die Dampfausbeute ν1 = n˙ 1 /n˙ 0 .

204

4 Die Energiebilanz

Die thermodynamischen Eigenschaften des Gemisches sollen durch die Stoffmodelle der idealen L¨ osung bzw. des idealen Gasgemisches erfasst werden. Die relative Fl¨ uchtigkeit des Gemisches wird beschrieben durch α=

ps0C (t) ps0H (t)

mit ln

ps0H (T ) 2911, 23 = 15, 8737 − 1, 333 mbar T /K − 56, 50

ln

2766, 63 ps0C (T ) = 15, 7527 − . 1, 333 mbar T /K − 50, 50

Die Verdampfungsenthalpien und W¨ armekapazit¨ aten der reinen Komponenten betragen rH = 31968 J/mol; cifH = 255 J/(mol K) rC = 30927 J/mol; cifC = 180 J/(mol K) . Die Siedelinie des Gemisches sei gegeben durch p = x ps0C (t) + (1 − x )ps0H (t) . L¨ osung Die Energiebilanz lautet 0 = n˙ 1 h (t1 ) + n˙ 1 h (t1 ) − n˙ 0 h(t0 ) . Sie liefert eine Beziehung f¨ ur die Temperatur t1 , die zur Produktion der Str¨ ome n˙ 1  und n˙ 1 f¨ uhrt. Zur Auswertung der Enthalpien ben¨ otigt man geeignete Stoffmodelle f¨ ur die beteiligten fl¨ ussigen und gasf¨ ormigen Gemische. F¨ ur die fl¨ ussigen Gemische benutzen wir das Modell Ideale L¨ osung”, f¨ ur den Dampf das Modell Ideales ” ” Gasgemisch”. Dann gilt als Zusammenhang zwischen der Enthalpie des Gemisches aus den Komponenten A und B und den Reinstoffenthalpien in beiden Phasen die Beziehung h = (1 − xB )h0A + xB h0B , wobei die Reinstoffenthalpien bei der betrachteten Temperatur und im betrachteten Aggregatzustand auszuwerten sind. Wir lassen im Folgenden den Index 0 zur Kennzeichnung von Reinstoffen der Einfachheit halber weg. Setzt man dies in die Energiebilanz ein, so ergibt sich  ig 0 = n˙ 1 (1 − x1 )hlH (t1 ) + x1 hlC (t1 ) + n˙ 1 (1 − x1 )hig H (t1 ) + x1 hC (t1 ) − n˙ 0 (1 − x0 )hlH (t0 ) + x0 hlC (t0 ) . Es gelten weiterhin die Mengenbilanzen n˙ 0 (1 − x0 ) = n˙ 1 (1 − x1 ) + n˙ 1 (1 − x1 )

4.3 Energiebilanzen bei thermischen Zustands¨ anderungen

205

und n˙ 0 x0 = n˙ 1 x1 + n˙ 1 x1 . Einsetzen der Mengenbilanzen in die Energiebilanz ergibt if if ˙ 1 x1 hig 0 = n˙ 1 (1 − x1 ) hig H (t1 ) − hH (t1 ) + n C (t1 ) − hC (t1 ) + n˙ 0 (1 − x0 ) hifH (t1 ) − hifH (t0 ) + n˙ 0 x0 hifC (t1 ) − hifC (t0 ) = n˙ 1 (1 − x1 )rH (t1 ) + n˙ 1 x1 rC (t1 ) + n˙ 0 (1 − x0 )cifH + x0 cifC (t1 − t0 ) . Hierbei wurde als Stoffmodell f¨ ur die reinen fl¨ ussigen Komponenten die ideale ” Fl¨ ussigkeit“ sowie als N¨ aherung angenommen, dass if hig 0i − h0i = r0i

die molare Verdampfungsenthalpie der reinen Komponente i ist, obwohl streng bei der Temperatur t1 und dem Druck des Systems die reine leichter siedende Komponente u uhlt ¨berhitzt und die reine schwerer siedende Komponente unterk¨ ist. Der dadurch eingebrachte Zahlenfehler ist nicht bedeutend, da in der Regel die entsprechenden Korrekturterme der Enthalpie zur Umrechnung auf die S¨ attigungstemperatur der reinen Komponente i klein im Vergleich zur Verdampfungsenthalpie dieser Komponente sind. F¨ uhren wir hier die Dampfausbeute ν1 = n˙ 1 /n˙ 0 ein und eliminieren mit der relativen Fl¨ uchtigkeit nach (2.24) x1 =

α α − 1 + 1/x1

den Stoffmengenanteil x1 in der Energiebilanz zu Gunsten des Stoffmengenanteils im R¨ uckstandstrom x1 , dann ergibt sich die Energiebilanz schließlich zu   α α rC (t1 ) 0 = ν1 1 − rH (t1 ) + ν1 α − 1 + 1/x1 α − 1 + 1/x1 + (1 − x0 )cifH + x0 cifC (t1 − t0 ) . Außer der Temperatur t1 ist in dieser Gleichung der Stoffmengenanteil an leichter siedender Komponente x1 in der Fl¨ ussigkeit unbekannt. Die Dampfausbeute ergibt sich aus den Mengenbilanzen f¨ ur bekannte Werte von x1 und x1 , wobei x1 aus α berechenbar ist. Die noch fehlende zweite Beziehung folgt aus der Gleichung f¨ ur die Siedelinie, d.h. p1 = 97, 3 kPa = x1 ps0C (t1 ) + (1 − x1 )ps0H (t1 ) . Sie f¨ uhrt den bekannten Gesamtdruck p1 in das Gleichungssystem ein, d.h. stellt eine zweite Beziehung zwischen t1 und x1 her. Man hat somit ein vollst¨ andiges Gleichungssystem zur Verf¨ ugung. Es wird iterativ gel¨ ost. Zun¨ achst wird ein Wert f¨ ur die Temperatur t1 gesch¨ atzt. Aus dem vorgegebenen Druck folgt dann aus der Siedelinie der Stoffmengenanteil x1 . Da bei vorgegebener Temperatur auch die relative Fl¨ uchtigkeit berechenbar ist, kann als n¨ achstes der Stoffmengenanteil x1 im Dampf bestimmt werden. Der Sch¨ atzwert der Temperatur wird schließlich durch Auswertung der Enthalpiebilanz u uft. ¨berpr¨ Es werden so lange neue Sch¨ atzwerte f¨ ur t1 gew¨ ahlt, bis die Enthalpiebilanz

206

4 Die Energiebilanz

gen¨ ugend genau erf¨ ullt ist. Nach einigen Iterationsschritten w¨ ahlen wir schließlich origen Dampfdr¨ ucke den Sch¨ atzwert t1 = 88, 80◦ C bzw. T1 = 361,95 K. Die zugeh¨ der reinen Komponente sind ps0H = 0, 758 bar ,

ps0C = 1, 283 bar ,

und die relative Fl¨ uchtigkeit wird α=

ps0C = 1, 693 . ps0H

F¨ ur den Stoffmengenanteil x1 ergibt sich aus der Gleichung f¨ ur die Siedelinie x1 = 0, 4095 . Der zugeh¨ orige Stoffmengenanteil im Dampf x1 betr¨ agt x1 =

α = 0, 5400 , α − 1 + 1/x1

und damit ergibt sich die Dampfausbeute aus den Mengenbilanzen zu ν1 = 0, 693 . Einsetzen der Werte von α, x1 und ν1 in die Energiebilanz f¨ uhrt auf 0 = 10190 + 11574 + 217, 5(88, 80 − 188, 74) ≈ 0 . Die Energiegleichung ist also erf¨ ullt und damit t1 = 88, 80◦ C die richtige Temperatur.

Der Destillationsprozess wird nicht nur kontinuierlich, sondern, insbesondere bei kleinen Mengen, auch absatzweise betrieben. Da es sich hierbei um instation¨ are Prozesse in offenen Systemen handelt, muss bei der Analyse solcher Prozesse die Energiebilanz nach (4.24) ausgewertet werden. Beispiel 4.13 Es wird eine absatzweise Destillation betrachtet, bei der ein fl¨ ussiges Gemisch aus n-Heptan (H) und Cyclohexan (C) (n0 = 1 mol, x0 = 0, 4765, t0 = 25◦ C) bei konstantem Druck von p = 0,973 bar in eine Restfl¨ ussigkeit der Zusammensetzung x = 0,2 und ein fl¨ ussiges Destillat von nd = 0,9 mol und xd = 0,5072 zerlegt wird, vgl. Beispiel 3.3. Der angegebene Stoffmengenanteil bezieht sich auf die leichter siedende Komponente Cyclohexan. Die anf¨ angliche Siedetemperatur betr¨ agt ts = 87, 61◦ C, die Restfl¨ ussigkeit in der Blase hat die Temperatur t = 92, 80◦ C. Das Destillat hat im dampff¨ ormigen Zustand die Temperatur t = 89, 63◦ C und im kondensierten Zustand die Temperatur td = 87, 08◦ C. Beide Werte sind als Mittelwerte w¨ ahrend des Ausdampfvorgangs und insbesondere als Gleichgewichtswerte zu xd = 0,5072 zu verstehen. Abb. B 4.13.1 zeigt das Kontrollvolumen zu unterschiedlichen Zeiten sowie die charakteristischen Temperaturen des Prozesses. Man berechne die zuzuf¨ uhrende W¨ arme.

4.3 Energiebilanzen bei thermischen Zustands¨ anderungen

a )

207

L a g e d e r S y s te m g re n z e n

D n '', t '' n 0

, t

t = t b )

0

n ', t '

t = t 0 + D t 0

S ie d e d ia g r a m m

t' t S

t 0

0 1

x ', x '' Abb. B 4.13.1. Absatzweise Destillation Daten: rOH = 31968 kJ/kmol, cifH

rOC = 30927 kJ/kmol cifC = 180 kJ/(kmol K)

= 255 kJ/kmol,

cig pH = 198 kJ/kmol,

cig pC = 127 kJ/(kmol K) .

L¨ osung Zur Berechnung der in der Blase zuzuf¨ uhrenden W¨ arme setzen wir die Energiebilanz f¨ ur den instation¨ aren Ausdampfprozess an. Nach (4.24) ergibt sich QH = U2 − U1 + na,Δτ ha,m . aherungsweise als konstant angesehene, In dieser Gleichung ist ha,m = h die hier n¨ molare Enthalpie des aus der Blase auf steigenden Dampfes. Wir verzichten hier ¨ also auf eine explizite Mittelwertbildung f¨ ur die Enthalpie, weil die Anderung der Enthalphie des ausstr¨ omenden Dampfes gering ist, und benutzen die in der Aufgabenstellung gegebenen Daten f¨ ur das dampff¨ ormige Destillat. Als System wird das

208

4 Die Energiebilanz

Kontrollvolumen betrachtet, das zu Beginn des Prozesses von der Fl¨ ussigkeit ausgef¨ ullt wird. Nach Abschluss des Prozesses, d.h. nach Ablauf der Zeit Δτ , ist eine ormigem Destillat mit der mittleren Enthalpie h gebildet Stoffmenge n an dampff¨ worden. Von dieser Stoffmenge ist ein Teil, n¨ amlich na,Δτ , aus dem Kontrollvolumen ausgedampft. Der Rest, n¨ amlich Δn = n − na,Δτ , ist nach Beendigung des Prozesses neben der Restfl¨ ussigkeit mit der Stoffmenge n als Dampf im Kontrollvolumen vorhanden. Es gilt also f¨ ur die der Blase zuzuf¨ uhrende W¨ arme QH = n u + Δn u − n0 u0 + h (n − Δn ) = n h + Δn (u − h ) + n u − n0 u0 = n h + Δn (−pυ  ) + n u − n0 u0 In dieser Gleichung ist h die als konstant angesehene molare Enthalpie des dampff¨ ormigen Destillats, u seine molare innere Energie, υ  sein molares Volumen, u die molare innere Energie der Restfl¨ ussigkeit in der Blase, und u0 die molare innere Energie der Fl¨ ussigkeit zu Beginn des Prozesses. Die Stoffmenge des im Kontrollvolumen vorhandenen Dampfes ergibt sich nach dem idealen Gasgesetz zu Δn =

pΔV  p(n0 υ0 − n υ  ) = ,  RT RT 

mit T  als der ebenfalls als konstant angesehenen Phasentemperatur des dampff¨ ormigen Destillats. Mit pυ  = RT  folgt schließlich f¨ ur die der Blase zuzuf¨ uhrende W¨ arme QH = n h + n h − n0 h0 . Zur Auswertung dieser Beziehung ben¨ otigt man ein geeignetes Stoffmodell f¨ ur die beteiligten fl¨ ussigen und gasf¨ ormigen Gemische. Wir benutzen f¨ ur die fl¨ ussigen Gemische das Modell Ideale L¨ osung“, f¨ ur den Dampf das Modell Ideales Gasge” ” misch“. Die charakteristischen Temperaturen des Prozesses sind die Anfangstemperatur t0 , die anf¨ angliche Siedetemperatur ts , die Endtemperatur der verbleibenden Restfl¨ ussigkeit t und die Temperatur t des insgesamt gebildeten dampff¨ ormigen und als Phase betrachteten Destillats. Dann gelten f¨ ur die Enthalpien eines bin¨ aren Gemisches aus den Komponenten 1 und 2 die nachstehenden Beziehungen, unter Einf¨ uhrung der anf¨ anglichen Siedetemperatur ts als Bezugstemperatur, h0 (t0 ) = (1 − x0 ) hl01 (ts , p) + clp01 (t0 − ts ) + x0 hl02 (ts , p) + clp02 (t0 − ts ) , h (t ) = (1 − x ) hl01 (ts , p) + clp01 (t − ts ) + x hl02 (ts , p) + clp02 (t − ts ) und

 h (t ) = (1 − x ) hl01 (ts , p) + r01 + cig p01 (t − ts )  . + x hl02 (ts , p) + r02 + cig p02 (t − ts )

In diesen Gleichungen sind mit hl0i (ts ) die fl¨ ussigen Reinstoffenthalpien der reinen Komponenten bei der Temperatur ts bezeichnet. Die gasf¨ ormigen Reinstoffenthalpien sind durch die jeweiligen Verdampfungsenthalpien r0i (ts ) auf fl¨ ussige

4.3 Energiebilanzen bei thermischen Zustands¨ anderungen

209

Reinstoffenthalpien zur¨ uckgef¨ uhrt. Setzt man die obigen Gleichungen f¨ ur die Enthalpien in die Beziehung f¨ ur die zuzuf¨ uhrende W¨ arme ein und benutzt die Stoffmengenbilanzen nx = n x + n x und n(1 − x) = n (1 − x ) + n (1 − x ) , dann k¨ urzen sich die Bezugsenthalpien hl01 (ts ) und hl02 (ts ) heraus, und man findet f¨ ur die zuzuf¨ uhrende W¨ arme mit x = xd und n = nd im betrachteten Fall QH = n0 (1 − x0 )cifH + x0 cifC (ts − t0 ) + n (1 − x )cifH + x cifC (t − ts )    ig  . + nd (1 − xd ) rH + cig pH (t − ts ) + xd rC + cpC (t − ts ) Hier wurde f¨ ur die reinen fl¨ ussigen Komponenten das Modell der idealen Fl¨ ussigkeit verwendet. Die zuzuf¨ uhrende W¨ arme setzt sich aus drei Anteilen zusammen. Zun¨ achst muss der urspr¨ ungliche Stoffmengenstrom n0 von der urspr¨ unglichen Temperatur des Eingangsgemisches t0 auf die anf¨ angliche Siedetemperatur ts aufgeheizt werden. Außerdem m¨ ussen der R¨ uckstand n von ts auf t aufgeheizt und das Destillat nd bei ts verdampft und auf t u ¨ berhitzt werden. Hierbei ist es ohne Bedeutung f¨ ur die Enthalpieberechnung, dass in Wirklichkeit die Verdampfung nicht bei der festen Temperatur ts , sondern in einem Temperaturbereich zwischen ts und der Endtemperatur t stattfindet. Enthalpiedifferenzen sind als Zustandsgr¨ oßen unabh¨ angig von dem Weg der Zustands¨ anderungen, auf dem sie herbeigef¨ uhrt werden. Mit den in der Aufgabenstellung vorgegebenen Temperaturen ergibt sich QH = 42, 49 kJ .

Das Stoffmodell der idealen L¨ osung l¨ asst sich durch die so genannte Mischungsenthalpie ΔhM korrigieren, nach ΔhM = h(T, p, x) − x1 hl01 − x2 hl02 ,

(4.67)

mit einer analogen Erweiterung f¨ ur ein Mehrkomponentengemisch. Die Mischungsenthalpie beschreibt die Enthalpie¨ anderung bei der isotherm-isobaren Vermischung der reinen Komponenten zum Gemisch. Die Abb. 4.21 zeigt den Verlauf der Mischungsenthalpie u ¨ber dem Stoffmengenanteil in Abh¨angigkeit von der Temperatur f¨ ur das Gemisch Wasser-Ethanol. Sie ist bei niedrigen Temperaturen negativ, entsprechend der Tatsache, dass das Gemisch bei adiabater Vermischung von Komponenten gleicher Temperatur eine h¨ohere Temperatur annimmt, vgl. Beispiel 4.14. Bei h¨ oheren Temperaturen nimmt die Mischungsenthalpie bei einigen Zusammensetzungen positive Werte an, d.h. die Vermischung ist dann mit einem Abk¨ uhleffekt verbunden. Die Korrekturgr¨ oßen idealer Gemischmodelle werden auch als Exzessgr¨oßen bezeichnet. Wenn die ideale L¨ osung f¨ ur alle Komponenten als ideales Gemischmodell zu Grunde gelegt wird, ist die Mischungsenthalpie ΔhM gleich der Exzessenthalpie hE , denn die Mischungsenthalpie einer idealen L¨osung ist Null.

210

4 Die Energiebilanz 1 0 0 0

D h

M

k J /k m o l

6 0 °C

-2 0 0 -3 0 0

5 0 °C

-4 0 0 -5 0 0 -6 0 0

2 5 °C

-7 0 0 -8 0 0 0

0 ,2

0 ,4

0 ,6

0 ,8

x

1 ,0

1

Abb. 4.21. Die Mischungsenthalpie im System Ethanol (1) und Wasser (2)

Diese Identit¨ at, die wir bereits f¨ ur das Volumen gefunden hatten, gilt allerdings nicht f¨ ur alle Zustandsgr¨ oßen, vgl. Kap.5. Mit der experimentell leicht zug¨ anglichen Mischungs- bzw. Exzessenthalpie k¨onnen auch die partiellen ¨ molaren Enthalpien der Komponenten in Ubereinstimmung mit der Realit¨at ermittelt werden. Beispiel 4.14 Mit Hilfe der Mischungsenthalpie f¨ ur Wasser-Ethanol, vgl. Abb. 4.21, u ufe ¨berpr¨ man die in Beispiel 4.11 angegebene experimentelle Information. L¨ osung Die Bearbeitung verl¨ auft analog zu der in Beispiel 4.11, mit dem Unterschied, dass nun nicht das Stoffmodell der idealen L¨ osung zu Grunde gelegt werden soll. Mit Hilfe der Mischungsenthalpie und der Tatsache, dass in Fl¨ ussigkeiten kein signifikanter Unterschied zwischen Enthalpie und innerer Energie besteht, findet man 13, 46 ul0W (25◦ C) + 11, 61 ul0A (50◦ C) = 13, 46 ul0W (t) + 11, 61 ul0A (t) + 25, 07ΔhM (t, wA = 0, 4631) , und damit, wenn die reinen fl¨ ussigen Komponenten als ideale Fl¨ ussigkeiten modelliert werden, 13, 46 cifW (t − 25) + 11, 61 cifA (t − 50) + 25, 07ΔhM (t, wA = 0, 4631) = 0 . oßer als die Zun¨ achst erkennt man, dass f¨ ur ΔhM < 0 die Mischungstemperatur gr¨ in einer idealen L¨ osung sein wird. Zur Nutzung von Abb. 4.21 rechnen wir die Massen in Stoffmengen und die spezifischen W¨ armekapazit¨ aten in die molaren um und finden 0, 7472 · 75, 29(t − 25) + 0, 2520 · 111, 46(t − 50) + 0, 9992ΔhM (t, xA = 0, 252) = 0 .

4.3 Energiebilanzen bei thermischen Zustands¨ anderungen

211

Die Daten aus Abb. 4.21 bzw. den zu Grunde liegenden Tabellen sind ΔhM (25◦ C, xA = 0, 252) = −731, 2 kJ/kmol ΔhM (50◦ C, xA = 0, 252) = −362, 0 kJ/kmol . Die Temperatur t ergibt sich iterativ, wenn zwischen den Daten f¨ ur die Mischungsenthalpie linear interpoliert wird, zu t = 39, 4◦ C. Dies liegt wesentlich n¨ aher an dem Messwert von texp = 38, 7◦ C als das Ergebnis f¨ ur die ideale L¨ osung til = 33, 33◦ C nach Beispiel 4.11. Eine genaue Rechnung mit temperaturabh¨ angigen W¨ armekapazit¨ aten und einer genaueren Temperaturabh¨ angigkeit f¨ ur die Mischungsenthalpie h¨ atte den Messwert reproduziert.

Mischungsenthalpien k¨ onnen dazu verwendet werden, die Enthalpie eines fl¨ ussigen Gemisches in Abh¨ angigkeit von der Zusammensetzung zu berechnen. Dazu m¨ ussen zun¨ achst die Enthalpienullpunkte der reinen fl¨ ussigen Kom3 0 0 0 ° 2 5 ° 3 0 ° 5 0 ° 7 0 °

h

k J /k g

C C C C C

1 0 0 0 -1 0 0 -2 0 0 -3 0 0 -4 0 0 0

0 ,2

0 ,4

0 ,6

0 ,8

w

1 ,0 2

Abb. 4.22. h, w-Diagramm f¨ ur Wasser(1) - Schwefels¨ aure(2)

ponenten willk¨ urlich festgelegt werden. Abb. 4.22 zeigt das h,w-Diagramm des Gemisches Wasser-Schwefels¨ aure. Der Enthalpienullpunkt des Wassers ¨ ist in Ubereinstimmung mit der Wasserdampftafel auf praktisch 0◦ C, der der Schwefels¨ aure auf 25◦ C festgelegt worden. Damit endet die 0◦ C-Isotherme bei h = 0 kJ/kg auf der linken Seite des Diagramms, und die 25◦ C-Isotherme bei h = 0 kJ/kg auf der rechten Seite. Die Reinstoffenthalpien der beiden Komponenten k¨ onnen also nach Festlegung der Enthalpienullpunkte auf den jeweiligen Ordinaten eingezeichnet werden. F¨ ur eine ideale L¨osung w¨ urden sich gerade Verbindungslinien zwischen den Reinstoffenthalpien bei gleicher Temperatur ergeben. Man erkennt aus Abb. 4.22, dass das System WasserSchwefels¨ aure starke, negative Abweichungen von der idealen L¨osung aufweist, die die Effekte von Wasser-Ethanol in gleichen Einheiten um etwa eine Gr¨ oßenordnung u ¨bertreffen.

212

4 Die Energiebilanz

Beispiel 4.15 Es sollen 200 kg eines schwefels¨ aurereichen (wS = 0,6) mit 300 kg eines schwefels¨ aurearmen (wS = 0,1) Wasser/Schwefels¨ aure-Gemisches, beide bei 25◦ C, verd¨ unnt werden. Welche Temperatur ergibt sich? Wie a ¨ndert sich die Temperatur, wenn an Stelle der Gemische dieselben Mengen reine Schwefels¨ aure und reines Wasser vermischt werden? L¨ osung Wir bezeichnen das schwefels¨ aurereiche Gemisch mit 1, das schwefels¨ aurearme mit 2 und das entstandene verd¨ unnte Gemisch mit 3. Dann lauten die Massenbilanzen m3 = m1 + m2 , m3 w3 = m1 w1 + m2 w2 , sowie die Energiebilanz m3 h3 = m1 h1 + m2 h2 . Aus dem Diagramm Abb. 4.22 liest man ab h1 = −294 kJ/kg und h2 = 12 kJ/kg . Damit ergibt sich h3 =

200 · (−294) + 300 · 12 = −110, 4 kJ/kg 500

und w3 =

200 · 0, 6 + 300 · 0, 1 = 0, 3 . 500

Aus Abb. 4.22 sch¨ atzt man eine Temperatur zwischen 30◦ C und 35◦ C ab. Die Vermischung der Reinstoffe f¨ uhrt auf h3 = 66 kJ/kg bei w3 = 0,4, mit einem Temperaturanstieg auf vermutlich u ¨ ber 100◦ C. Die Mengen- und Energiebilanzen bei der adiabaten Vermischung zeigen, dass der Endpunkt auf der geraden Verbindung beider Anfangszust¨ ande im h,wDiagramm liegt. Die Mischungsgeraden lassen sich leicht in das h,w-Bild eintragen, vgl. Abb. B 4.15.1. Diese einfache Konstruktionsvorschrift macht dieses Diagramm besonders n¨ utzlich. So erkennt man aus dem engen Verlauf der Kurven am schwefels¨ aurereichen Ende z.B. unmittelbar, dass eine Zugabe von Wasser zu reiner Schwefels¨ aure einen viel h¨ oheren energetischen Effekt zur Folge hat, als die Zugabe von Schwefels¨ aure zu reinem Wasser. Dies ist die Basis der bekannten ChemikerRegel erst das Wasser, dann die S¨ aure, sonst geschieht das Ungeheure“. ”

Fl¨ ussige Gemische, in denen eine Komponente i (oder auch mehrere) bei der Temperatur und dem Druck des Gemisches nicht als reine Fl¨ ussigkeit existiert, lassen sich nicht durch das Stoffmodell der idealen L¨osung beschreiben. Solche Gemische entstehen z.B. bei der L¨osung eines Gases oder eines Feststoffs in einer Fl¨ ussigkeit, vgl. Abschn. 2.5.4. Auch Elektrolytl¨osungen geh¨ oren in diese Kategorie, da die Ionen ebenfalls nicht als reine Fl¨ ussigkeiten

4.3 Energiebilanzen bei thermischen Zustands¨ anderungen

213

3 0 0 0 ° 2 5 ° 3 0 ° 5 0 ° 7 0 °

h

k J /k g

C C C C C

M

1 0 0 0 M

-1 0 0 -2 0 0 -3 0 0 -4 0 0 0

0 ,2

0 ,4

0 ,6

0 ,8

w

1 ,0 2

Abb. B 4.15.1. Mischungsgeraden im h, w-Diagramm

existieren. F¨ ur die gel¨ osten Komponenten in diesen Gemischen wird das Stoffmodell der ideal verd¨ unnten L¨ osung benutzt. Nach diesem Stoffmodell erfahren die Molek¨ ule einer gel¨ osten Komponente i nur Wechselwirkungen mit den Molek¨ ulen des L¨ osungsmittels, nicht aber untereinander. In Analogie zum idealen Gasgemisch und zur idealen L¨ osung wird auch hier ein reiner Bezugszustand definiert. Bei der ideal verd¨ unnten L¨ osung ist es ein hypothetischer unnten Reinstoffzustand (xi = 1) mit den Wechselwirkungen der ideal verd¨ L¨ osung. Er wird durch den Suffix ∗ gekennzeichnet. Damit gilt f¨ ur die partielle molare Enthalpie im Bezugszustand der ideal verd¨ unnten L¨osung ∗ hivl i = hi (T, p) .

(4.68)

¨ Da Anderungen in der Zusammensetzung im Rahmen des Stoffmodells der ideal verd¨ unnten L¨ osung auf Grund der unver¨anderten Wechselwirkungen nicht mit energetischen Effekten verbunden sind, gilt auch h∗i (T, p) = ∞ h∞ i (T, p), analog zum partiellen molaren Volumen. Hierbei ist hi (T, p) die partielle molare Enthalpie der Komponente i in der realen L¨osung bei unendlicher Verd¨ unnung. Sie kann mit (2.33) aus Daten der Enthalpie der L¨osung ermittelt werden und ist daher bis auf den prinzipiell willk¨ urlichen Nullpunkt eine experimentell zug¨ angliche Gr¨ oße. Die Abb. 4.23 zeigt schematisch die grafische Interpretation der partiellen molaren Enthalpie in fl¨ ussigen Gemischen. Man erkennt insbesondere, dass der Zustand * durch die Extrapolation der Enthalpie der verd¨ unnten L¨ osung auf xi → 1 gewonnen wird. In L¨ osungen wird idealisiert f¨ ur die gel¨ osten Komponenten das Stoffmodell der ideal verd¨ unnten L¨ osung, f¨ ur das L¨ osungsmittel hingegen das Stoffmodell der idealen L¨ osung benutzt. Man spricht von einer unsymmetrischen Normierung. Zahlenwerte f¨ ur hi *, die insbesondere die intermolekularen Wechselwirkungsenergien zwischen der Komponente i und dem L¨osungsmittel erfassen,

214

4 Die Energiebilanz

h 2* = h

h 1* = h

2

1

h

h h

h 1

h

h 2

h

0 2

il

0 1

x

x 2

Abb. 4.23. Zur partiellen molaren Enthalpie in ߬ ussigen Gemischen

lassen sich aus Tabellen entnehmen, vgl. Tabelle A2 im Anhang. Da Enthalpien einen prinzipiell willk¨ urlichen Nullpunkt haben, sind in solchen Tabellen nicht die Enthalpien h∗i selbst, sondern so genannte Bildungsenthalpien Δhfi aufgef¨ uhrt. Dies sind Enthalpiedifferenzen aus der Enthalpie des betrachteten Stoffes im betrachteten Zustand und der Enthalpien seiner Elemente in den jeweiligen Zust¨ anden, in denen sie als Reinstoffe auftreten. Bildungsenthalpien k¨ onnen in allen thermodynamischen Rechnungen wie absolute Enthalpien verwendet werden. Das Konzept der Bildungsenthalpie wird in Abschn. 4.4 allgemein entwickelt. Abb. 4.24 zeigt die molare Enthalpie und die partiellen molaren Enthalpien im Gemisch 2-Propanol (1)/Wasser (2). Hierbei sind die Reinstoffenthalpien mit den entsprechenden Bildungsenthalpien gleichgesetzt und haben damit einen definierten Nullpunkt. In w¨assrigen L¨osungen wird als Maß f¨ ur die Zusammensetzung in der Regel nicht der Stoffmengenat mi gew¨ ahlt, die durch die Anzahl der Mole anteil xi sondern die Molalit¨ einer Komponente i pro kg Wasser definiert ist. Der Bezugszustand der ideal verd¨ unnten L¨osung wird dann zu mi = 1 mol i/kg Wasser definiert und mit (aq) bezeichnet. Da die partielle molare Enthalpie einer ideal verd¨ unnten L¨ osung nicht von der Zusammensetzung abh¨angt, hat das Konzentrationsmaß keinen Einfluss auf die Zahlenwerte.

4.3 Energiebilanzen bei thermischen Zustands¨ anderungen

215

-2 5 0

k J /m o l -2 7 0 i

h

h ,h

h

2

0 2

-2 9 0 h

-3 1 0 h 1* = h

h

h 1

h

1

2

= h 2*

0 1

-3 3 0

-3 5 0 0

0 ,2

0 ,6

0 ,4

0 ,8

x

1 ,0

1

Abb. 4.24. Molare Enthalpie und partielle molare Enthalpien im Gemische 2Propanol (1)/ Wasser (2) bei 20◦ C Beispiel 4.16 In einer isothermen Absorptionss¨ aule soll bei 25◦ C aus einem gasf¨ ormigen Gemisch (Suffix G) das Ammoniak zu 80% durch eine Fl¨ ussigkeit (Suffix L) ausgewaschen werden, vgl. Abb. B 4.16.1. Das Gasgemisch G enth¨ alt Luft als . G

(n

G

, X T

, h

G 1 + X

)

a u s

(n

. L

, X W

L

, h

L 1 + X

, h

L 1 + X

)

e in

t = 2 5 °C

(n

. G

T

, X

G

, h

G 1 + X

)

e in

(n

. L

W

, X

L

)

a u s

Abb. B 4.16.1. Zur Absorptionsaufgabe inertes Tr¨ agergas mit dem Stoffmengenstrom n˙ G T = 225 kmol/h und einer molaren G ussigkeit L tritt mit einem Ammoniak-Beladung von nG NH3 /nT = 0, 05. Die Fl¨ Stoffmengenstrom an Wasser als Waschmittel von n˙ L W = 150 kmol/h und einer ˙L armestrom ist molaren Ammoniak-Beladung n˙ L NH3 /n W = 0, 03 ein. Welcher W¨

216

4 Die Energiebilanz

abzuf¨ uhren? L¨ osung Nach der Energiebilanz berechnet sich der abzuf¨ uhrende W¨ armestrom aus     + n˙ L hL − (n˙ G hG )ein + (n˙ L hL )ein . ΔQ˙ = n˙ G hG aus

aus

F¨ ur das Gasgemisch wird das Stoffmodell des idealen Gasgemisches, f¨ ur das fl¨ ussige Gemisch das Stoffmodell der ideal verd¨ unnten L¨ osung f¨ ur das gel¨ oste Gas und das Stoffmodell der idealen L¨ osung f¨ ur das Wasser benutzt. Dann gilt     ig ig l ∗ ΔQ˙ = n˙ G ˙G + n˙ L ˙L T hT + n NH3 hNH3 W hW + n NH3 hNH3 aus aus     G ig G ig L l L ∗ − n˙ T hT + n˙ NH3 hNH3 − n˙ W hW + n˙ NH3 hNH3 . ein

ein

Wir unterstellen, dass keine Verdunstung oder Kondensation von Wasser in bzw. aus dem Gasstrom stattfindet. Die Stoffmengenbilanzen fordern dann, da die Stoffmengenstr¨ ome des Tr¨ agergases und des Wassers in ihren jeweiligen Phasen verbleiben, ˙G n˙ G T,ein = n T,aus n˙ L ˙L W,ein = n W,aus n˙ G ˙G NH3 ,aus = 0, 2 n NH3 ,ein = 0, 2 · 225 · 0, 05 = 2, 25 kmol/h ˙L ˙G ˙G n˙ L NH3 ,aus = n NH3 ,ein + n NH3 ,ein − n NH3 ,aus = 150 · 0, 03 + 11, 25 − 2, 25 = 13, 5 kmol/h . Damit folgt f¨ ur die Enthalpiestrom¨ anderung    Q˙ = n˙ G h∗NH3 − hig . ˙G NH3 ,ein − n NH3 ,aus NH3 Die molaren Enthalpien von NH3 im reinen idealen Gaszustand (g) und im Zustand der ideal verd¨ unnten L¨ osung in Wasser (aq) werden als Bildungsenthalpien aus Tabelle A2 im Anhang A entnommen. Es ergibt sich   f,0 Q˙ = n˙ G Δhf,0 ˙G (aq) − Δh (g) NH3 ,ein − n NH3 ,aus NH3 NH3 = 9 mol/h(46110 − 80290) kJ/kmol = −85, 5 kW .

Die Berechnung der partiellen molaren Enthalpie einer gel¨osten Komponente in einer Fl¨ ussigkeit nach dem Stoffmodell der ideal verd¨ unnten L¨ osung ist nur bei sehr geringen Konzentrationen dieser Komponente in der L¨ osung korrekt. Im allgemeinen Fall m¨ ussen Korrekturen angebracht werden, die s¨ amtliche intermolekularen Wechselwirkungen in der L¨osung ber¨ ucksichtigen. Praktisch erfolgt dies wieder durch Einf¨ uhren einer Mischungsenthalpie ΔH M oder einer Exzessenthalpie H E als Korrektur zum idealen Stoffmodell. Wir modellieren die reinen fl¨ ussigen Komponenten als ideale Fl¨ ussigkeiten und die reinen gasf¨ ormigen Komponenten als ideale Gase. Es bezeichne 2 die gel¨ oste Komponente, hier ein Gas, und 1 das

4.3 Energiebilanzen bei thermischen Zustands¨ anderungen

217

L¨ osungsmittel. Dann wird die Mischungsenthalpie ΔH M , bzw. die davon abuckt durch geleitete Gr¨ oße, die L¨ osungsenthalpie ΔhL , ausgedr¨ ΔH M n n1 l n1 if = [h − x1 hif01 − x2 hig h1 + hl2 − h − hig 02 ] = 02 n2 n2 n2 n2 01 n1 if HE n1 if = h01 + h∗2 + − h − hig 02 n2 n2 n2 01 HE = (h∗2 − hig . 02 ) + n2

ΔhL =

(4.69)

Die Mischungsenthalpie bei der Bildung einer ideal verd¨ unnten L¨osung aus den reinen Komponenten ist wegen deren unterschiedlichen Aggregatzust¨ anden nicht Null, im Gegensatz zur idealen L¨osung. Entsprechend unterscheidet sich hier die Exzessenthalpie von der Mischungsenthalpie. Die bezounnten gene Exzessenthalpie H E /n2 korrigiert das Stoffmodell der ideal verd¨ L¨ osung und wird auch als Verd¨ unnungsenthalpie bezeichnet. Sie beschreibt die energetischen Effekte bei der Zufuhr von weiterem gel¨osten Stoff zu der unnung ideal verd¨ unnten Anfangsl¨ osung mit n1 /n2 → ∞, bzw. auch die Verd¨ einer konzentrierten L¨ osung mit dem L¨ osungsmittel. Die Abb. 4.25 zeigt die L¨ osungsenthalpie f¨ ur einige Reinstoffe in Wasser, wobei die gel¨oste Komponente im reinen Zustand gasf¨ ormig (g), fl¨ ussig (l) oder fest (s) sein kann. Der Grenzfall der ideal verd¨ unnten L¨ osung ergibt sich f¨ ur n1 /n2 → ∞. Es gilt -1 0 0 0 0 0

k J /k m o l H

-8 0 0 0 0

( l) 4

9 5 2 8 1 9 2 3 0 7

H C l(g )

L

D h

S O 2

-6 0 0 0 0

N a O H (s )

4 4 5 0 2

-4 0 0 0 0 3 4 1 7 9

N H -2 0 0 0 0

C

H 2

(g ) 3 6

O ( l) 1 0 6 1 0

0 0

4

8

1 2

1 6

2 0

2 4

2 8

3 2

n

3 6 1

/n

4 0

4 4

2

Abb. 4.25. L¨ osungsenthalpie einiger Reinstoffe (2) in Wasser (1)

also z.B. f¨ ur die L¨ osung eines Gases in Wasser f,0 f,0 lim ΔhL = ΔhL,ivl = h∗2 − hig 02 = Δh2 (aq) − Δh2 (g) . n1 /n2 → ∞

(4.70)

218

4 Die Energiebilanz

Die L¨ osungsenthalpien nach Abb. 4.25 sind negativ. Bei der L¨osung der aufgef¨ uhrten Stoffe in Wasser ergibt sich also eine Temperaturerh¨ohung. Im osungsenthalpie, da dann der gel¨oste Grenzfall n1 /n2 = 0 verschwindet die L¨ Stoff mit sich selbst vermischt wird. Beispiel 4.17 Festes Natriumhydroxid (NaOH) wird in Wasser gel¨ ost. Welche W¨ arme muss im Grenzfall unendlicher Verd¨ unnung und anschließend bei weiterer Aufkonzentration bis zu 4 mol H2 O/mol NaOH transferiert werden, wenn die Temperatur konstant bleiben soll? L¨ osung Die Enthalpie¨ anderung im Grenzfall unendlicher Verd¨ unnung ergibt sich aus Abb. 4.25 f¨ ur n1 /n2 → ∞ zu ΔhL = - 44502 kJ/ kmol. Dies folgt auch aus den Bildungsenthalpien in Tabelle A2, nach f,0 ΔhL,ivl = Δhf,0 NaOH (aq) − ΔhNaOH (s) = −470111 kJ/kmol − (−425609) kJ/kmol = −44502 kJ/kmol .

Nach der Energiebilanz entspricht dies der zu transferierenden W¨ arme, also hier der W¨ armeabfuhr. Die Enthalpie¨ anderung bei weiterer Aufkonzentration, d.h. nach (4.69) die Verd¨ unnungsenthalpie, folgt aus H E /n2 = ΔhL (n1 /n2 = 4) − ΔhL,ivl . Aus Abb. 4.25 ergibt sich H E /n2 = 35000 − (−44502) = 9502 kJ/kmol . Der Prozess der Aufkonzentration erfordert also bei isothermer Prozessf¨ uhrung eine W¨ armezufuhr.

4.4 Energiebilanzen bei chemischen Zustandsanderungen ¨ Bei chemischen Zustands¨ anderungen a ¨ndern sich die innere Energie und die Enthalpie der betrachteten Materiemengen bzw. Stoffstr¨ome. Dabei kommt ¨ ¨ die gesamte Anderung durch eine Uberlagerung thermischer und chemischer ¨ Effekte zustande. Es ist daher sinnvoll, die gesamte Anderung der inneren Energie und Enthalpie in einen thermischen und chemischen Anteil aufzuspalten. Insbesondere der chemische Anteil bedarf besonderer Betrachtungen, die u ¨ber die bisherigen Erkenntnisse bei thermischen Zustands¨anderungen hinausgehen. Die Materiemengenbilanz wird in Form einer Elementenbilanz, in der Regel auf der Grundlage einer Bruttoreaktionsgleichung, ber¨ ucksichtigt.

4.4 Energiebilanzen bei chemischen Zustands¨ anderungen

219

4.4.1 Thermischer und chemischer Anteil Der chemische Anteil der inneren Energie steckt in den Bindungen der Atome im Molek¨ ul. Bei chemischen Zustands¨ anderungen, also Umorganisationen von Atomen zu neuen Molek¨ ulen, wird chemische Bindungsenergie freigesetzt oder eingebunden. Allgemein bekannt ist der chemische Anteil der inneren Energie von Brennstoffen, der durch eine Verbrennungsreaktion, also eine Oxidation, freigesetzt wird. Grunds¨ atzlich ergibt sich bei allen che¨ mischen Stoffumwandlungen eine Anderung der inneren Energie bzw. eine Enthalpie¨ anderung. Abb. 4.26 zeigt einen chemischen Reaktor mit 2 Eduktstr¨ omen und 3 Produktstr¨ omen. Allgemein findet man f¨ ur die EnthalpieE E

1

2

P 1

P 2

R e a k to r

P 3

Abb. 4.26. Edukte und Produkte bei einer chemischen Stoffumwandlung

strom¨ anderung bei der chemischen Stoffumwandlung von Edukten zu Produkten in einem durchstr¨ omten Reaktor   n˙ P hP − n˙ E hE , (4.71) ΔH˙ = P

E

wobei die mit P bezeichneten Stoffstr¨ ome die Produkte und die mit E bezeichneten Stoffstr¨ ome die Edukte sind. Die Summation u ¨ ber P erstreckt sich somit u ome, mit hP (tP , pP , {xk }P ) als der molaren Enthalpie des ¨ber alle Produktstr¨ Stromes P bei seinen individuellen Austrittsbedingungen von Temperatur, Druck und Zusammensetzung. Entsprechend erstreckt sich die Summation u ome, mit hE (tE , pE , {xk }E ) als der molaren Enthal¨ber E u ¨ber alle Eduktstr¨ pie des Stromes E, bei den jeweiligen Eintrittsbedingungen von Temperatur, Druck und Zusammensetzung. Produktstr¨ ome und Eduktstr¨ome sind in der Regel Gemische. Zur Aufspaltung der gesamten Enthalpie¨ anderung in einen thermischen und einen chemischen Anteil f¨ uhren wir einen thermischen Bezugszustand bei der Temperatur t0 und dem Druck p0 ein und schreiben

220

4 Die Energiebilanz

ΔH˙ =



n˙ P [hP − h0P ] −

P



n˙ E [hE − h0E ] +

E



n˙ P h0P −

P



n˙ E h0E

E

˙ therm + (ΔH) ˙ chem . = (ΔH)

(4.72)

Hier sind h0P bzw. h0E die molaren Enthalpien des Produktstromes bzw. des Eduktstromes bei der Temperatur t0 und dem Druck p0 , f¨ ur die in der Regel die Standardwerte t0 = 25◦ C und p0 = 1 bar gew¨ahlt werden. Die ersten beiden Summanden repr¨ asentieren den thermischen Anteil der Enthalpie¨ anderung und werden nach den Beziehungen des vorangegangenen Abschnitts 4.3 ausgewertet. Die letzten beiden Summanden enthalten die Enthalpie¨ anderung bei der Umwandlung von den Edukten zu den Produkten beim thermischen Bezugszustand. Sie repr¨ asentieren den chemischen Anteil der Enthalpie¨ anderung. Die Enthalpiestromdifferenz nach (4.72) stellt die allgemeine Form f¨ ur chemische Zustands¨ anderungen dar. Sie l¨ asst sich f¨ ur wichtige Sonderf¨alle vereinfachen. So werden die Edukte dem Reaktor h¨aufig als ein einzelner Eduktstrom in einem bestimmten Eintrittszustand e zugef¨ uhrt, und die Produkte verlassen ihn als ein einzelner Produktstrom in einem bestimmten Austrittszustand a, vgl. Abb. 4.27. Beide Str¨ ome sind wiederum Gemische. Dann E e

R e a k to r

a P Abb. 4.27. Reaktor mit einem Eduktstrom und einem Produktstrom

gilt f¨ ur die Enthalpiestromdifferenz   ΔH˙ = n˙ i (hi,a − h0i ) − n˙ j (hj,e − h0j ) i

+

 i

n˙ i h0i −



j

˙ therm + (ΔH) ˙ chem n˙ j h0j = (ΔH)

(4.73)

j

mit hi,a = hi (ta , pa , {xk }a ) als der partiellen molaren Enthalpie der Komponente i des Produktstroms bei den Bedingungen von Temperatur, Druck

4.4 Energiebilanzen bei chemischen Zustands¨ anderungen

221

und Zusammensetzung am Austritt aus dem Reaktor und einer analogen Bedeutung f¨ ur hj,e , sowie h0i , h0j als den entsprechenden Gr¨oßen im Bezugszustand. F¨ ur die hier benutzten idealen Stoffmodelle, vgl. Abschn. 4.3, reduzieren sich die partiellen molaren Enthalpien auf die molaren Enthalpien im reinen idealen Gaszustand, im reinen oder hypothetisch reinen fl¨ ussigen Zustand und im reinen festen Zustand. Diese Enthalpien sind somit unabh¨angig von der Zusammensetzung der Stoffstr¨ ome sowie entweder streng oder zumindest n¨ aherungsweise unabh¨ angig vom Druck. Sie h¨angen ausschließlich von der Temperatur ab. Wir bezeichnen sie allgemein durch hi (t). Damit l¨asst sich f¨ ur diese Stoffmodelle und diesen Anwendungsfall die Enthalpiestromdifferenz bei einer chemischen Stoffumwandlung durch Einf¨ uhrung einer Bezugstemperatur t0 schreiben als     ΔH˙ = n˙ i hi (ta ) − hi (t0 ) − n˙ j hj (te ) − hj (t0 ) i

+

 i

n˙ i hi (t0 ) −



j

˙ therm + (ΔH) ˙ chem . n˙ j hj (t0 ) = (ΔH)

(4.74)

j

F¨ ur allgemeinere Stoffmodelle muss die Abh¨ angigkeit der partiellen molaren Enthalpie von der Zusammensetzung durch Korrekturen, so genannte Exzessenthalpien, ber¨ ucksichtigt werden, vgl. Abschn. 4.3.2. Sie ergeben sich dann als Summe aus dem realen oder hypothetischen Reinstoffwert und einem Korrekturterm. Der Bezugswert bleibt davon unber¨ uhrt, bleibt also als realer oder hypothetischer Reinstoffwert erhalten. Das gilt entsprechend auch f¨ ur den chemischen Anteil. Die Aggregatzust¨ ande der Komponenten bei der Bezugstemperatur t0 sind prinzipiell ebenso wie die Bezugstemperatur selbst beliebig. Es ist lediglich darauf zu achten, dass sie im thermischen und im chemischen Anteil dieselben sind. Die Auswertung des thermischen Anteils der Enthalpie¨ anderung kann mit Hilfe der temperaturabh¨angigen Enthalpietabellen im Anhang oder unter Benutzung von W¨armekapazit¨aten der Komponenten erfolgen. Da die Aggregatzust¨ ande einer Komponente bei Einoder Austritt vom gew¨ ahlten Bezugszustand verschieden sein k¨onnen, sind gegebenenfalls Phasenumwandlungsenthalpien zu ber¨ ucksichtigen. Eine besonders wichtige Klasse von chemischen Zustands¨anderungen sind die Verbrennungsprozesse. F¨ ur sie erfolgt die Berechnung der Enthalpiestromdifferenz prinzipiell nach den obigen Beziehungen. Allerdings hat sich in diesem Anwendungsbereich eine besondere Schreibweise etabliert, die die Bearbeitung erleichtert. Insbesondere werden hierbei die Edukte, also Brennstoff und Luft, tats¨ achlich h¨ aufig getrennt und bei unterschiedlichen Temperaturen zugef¨ uhrt, sodass von der allgemeinen Beziehung (4.72) auszugehen ist. So ergibt sich die Enthalpiestromdifferenz bei einem Verbrennungsprozess zu, vgl. Abb. 4.28, ˙ V hV (tV ) − [m ˙ B hB (tB ) + m ˙ L hL (tL )] . ΔH˙ = H˙ aus − H˙ ein = m

(4.75)

222 . m

,h B

m

4 Die Energiebilanz

. L

,h

(tB ) B L

(tL )

V e rb re n n u n g

m

. V

,h V

(tV )

Abb. 4.28. Zur Energiebilanz bei der Verbrennung

Das Verbrennungsgas (V) und die Luft (L) sind Gasgemische. Der Brennstoff ¨ (B) kann ein gasf¨ormiges Gemisch, z.B. Erdgas, ein fl¨ ussiges Gemisch, z.B. Ol, oder ein fester Stoff, z.B. Kohle, sein. Die Gase werden als ideale Gasgemische betrachtet, deren Enthalpie nicht vom Druck abh¨angt. Die Eigenschaften eines fl¨ ussigen oder festen Brennstoffes h¨ angen ebenfalls praktisch nicht vom Druck ab. Der Druck kann daher wiederum als Variable entfallen und wurde somit in (4.75) nicht ber¨ ucksichtigt. Wenn man nun, wie auch bei den Materiemengenbilanzen der Verbrennungsprozesse geschehen (vgl. Abschn. 3.2), alle Stoffstr¨ ome auf den Massenstrom m ˙ B oder den Stoffmengenstrom n˙ B des Brennstoffes bezieht, so folgt mit ˙ m Δh = ΔH/ ˙B bzw. ˙ n˙ B Δh = ΔH/ die bezogene Enthalpiestromdifferenz zu Δh = υhV (tV ) − [hB (tB ) + lhL (tL )] ,

(4.76)

mit υ als dem bezogenen Stoffmengen- oder Massenstrom des Verbrennungsgases und l als dem bezogenen Luftstrom. Wie bei chemischen Stoffumwandlungen u ¨blich, spalten wir wieder die gesamte Enthalpiedifferenz in einen thermischen und einen chemischen Anteil auf. Hierzu f¨ uhren wir als Bezugstemperatur die Standardtemperatur von t0 = 25◦ C ein und schreiben

  Δh = (Δh)therm + (Δh)chem = υ hV (tV ) − hV (t0 ) − hB (tB ) − hB (t0 )

  − l hL (tL ) − hL (t0 ) + υhV (t0 ) − hB (t0 ) − lhL (t0 ) . (4.77) Der thermische Anteil der Enthalpie¨ anderung in den ersten drei eckigen Klammern wird wie zuvor durch Benutzung von W¨armekapazit¨aten bzw. temperaturabh¨ angigen Enthalpietabellen und Phasenumwandlungsenthalpien ausgewertet. F¨ ur einen gasf¨ ormigen Brennstoff aus definierten chemischen Verbindungen finden wir z.B., wenn alles Wasser im Verbrennungsgas bei tV gasf¨ ormig ist,

4.4 Energiebilanzen bei chemischen Zustands¨ anderungen

223

  ig ig 0 ig ig 0 B h h (t ) − h (t ) − x (t ) − h (t ) xV V B i i i i i i   ig ig ig ig . − l xLO2 hO2 (tL ) − hO2 (t0 ) + xLN2 hN2 (tL ) − hN2 (t0 )

(Δh)therm = υ



(4.78) Hierbei stehen unter der ersten Summe alle reinen Komponenten des Verbrennungsgasgemisches und unter der zweiten Summe alle reinen Komponenten des Brennstoffgemisches. Die Luft wird vereinfacht als Gemisch aus Sauerstoff und Stickstoff betrachtet. Wenn das Verbrennungsgas bei tV auch fl¨ ussiges Wasser enth¨ alt, dann ist seine Enthalpie kleiner als bei vollst¨andig gasf¨ ormigem Wasser, und (4.78) erweitert sich zu    ig ig 0 ig ig 0 (Δh)therm = υ − kr − xB xV i hi (tV ) − hi (t ) i hi (tB ) − hi (t )   ig ig ig 0 L 0 h (t ) − h (t ) + x (t ) − h (t ) . l xLO2 hig L L N2 O2 O2 N2 N2 (4.79) Hier ist k die Stoffmenge des kondensierten Wassers pro Masse oder Stoffmenge des Brennstoffs und r die molare Verdampfungsenthalpie des Wassers bei tV , vgl. Beispiel 2.10. Die letzte eckige Klammer in (4.77) enth¨alt den chemischen Anteil der Enthalpiedifferenz bei der Standardtemperatur t0 . 4.4.2 Die Standardbildungsenthalpie Die Auswertung des chemischen Anteils der Enthalpie¨anderung bedarf be¨ sonderer Uberlegungen. Hierbei sind Differenzen von realen oder hypothetischen Reinstoffenthalpien unterschiedlicher Stoffe bei der gleichen Temperatur zu bilden. Da die Enthalpie einen frei w¨ ahlbaren Nullpunkt hat, kommt es darauf an, diesen Nullpunkt so zu w¨ ahlen, dass er aus der Gleichung f¨ ur die Enthalpie¨ anderung herausf¨ allt. Bei Prozessen, an denen chemische Stoffumwandlungen beteiligt sind, ergibt sich ein geeigneter Enthalpienullpunkt aus den Enthalpien der Elemente, aus denen eine Verbindung zusammengesetzt ist, in einem fest vereinbarten Standardzustand. Da die Elemente bei chemischen Stoffumwandlungen erhalten bleiben, fallen die Enthalpien der Elemente f¨ ur einen festen thermodynamischen Zustand aus der Gleichung f¨ ur die Enthalpie¨ anderung heraus. Die Umrechnung der Enthalpie einer Komponente auf die Enthalpien der zugeh¨ origen Elemente im Standardzustand erfolgt u ¨ ber die so genannte Standardbildungsenthalpie. Jeder chemischen Verbindung kann eine Bildungsenthalpie zugeordnet werden, die der Enthalpie¨ anderung bei der Bildungsreaktion dieser Verbindung aus den jeweiligen Elementen entspricht. Wenn bei dieser Bildungsreaktion alle beteiligten Stoffe in ihren jeweiligen Standardzust¨ anden vorliegen, dann spricht man von der Standardbildungsreaktion. Temperatur und Druck im Standardzustand sind uheren Tabellierungen auch bei p0 = 1 atm, zu t0 = 25◦ C und p0 = 1 bar, in fr¨

224

4 Die Energiebilanz

festgelegt. Als Aggregatzustand bei Standardbedingungen werden im Rahmen der hier verwendeten Stoffmodelle entweder der reine ideale Gaszustand (g), der reine fl¨ ussige Zustand (l), der reine feste Zustand (s) oder der hypothetisch reine Bezugszustand der ideal verd¨ unnten L¨osung (∗) oder (aq) zu Grunde gelegt, der sich durch Extrapolation der ideal verd¨ unnten L¨osung, ur die Eled.h. xi = mi = 0, auf xi = 1 bzw. mi = 1 ergibt. Dabei wird f¨ mente stets der bei Standardbedingungen real vorliegende Aggregatzustand gew¨ ahlt. Bei den Verbindungen ist dies ebenfalls in der Regel sinnvoll, aber nicht zwingend erforderlich. Wir betrachten als erstes Beispiel die Standardbildungsreaktion f¨ ur Methan C(s) + 2 H2 (g) → CH4 (g) , bei der aus festem Kohlenstoff bei 25◦ C und 1 bar und Wasserstoff bei 25◦ C und 1 bar im idealen Gaszustand Methan bei 25◦ C und 1 bar im idealen Gaszustand entsteht. Die zugeh¨ orige Enthalpie¨anderung, d.h. die Standardbildungsenthalpie von Methan im Gaszustand, ist definiert als ig ig ◦ s ◦ ◦ Δhf,0 CH4 (g) = hCH4 (25 C) − hC (25 C) − 2hH2 (25 C) ,

wobei die Angabe des Druckes entbehrlich ist. Bei der Definition der Standardbildungsenthalpie von Methan wird somit die Enthalpie von Wasserstoff im idealen Gaszustand, die von Kohlenstoff hingegen im festen Zustand eingesetzt, da dies den realen Aggregatzust¨ anden dieser Elemente bei 25◦ C entspricht. Der Aggregatzustand der gebildeten Verbindung, also des Methans, wird hier auch im idealen Gaszustand eingesetzt, kann aber prinzipiell beliebig gew¨ ahlt werden, ohne R¨ ucksicht auf die Tatsache, dass Methan bei 25◦ C und 1 bar ein Gas ist. So ist die Standardbildungsenthalpie von Wasser die Reaktionsenthalpie der Reaktion H2 (g) +

1 O2 (g) → H2 O(g,l) 2

bei Standardbedingungen. Sie kann sich auf den fl¨ ussigen Zustand oder auch auf den idealen Gaszustand des Wassers beziehen. Es gilt ig ◦ Δhf,0 H2 O (g) = hH2 O (25 C) −

1 ig ◦ h (25◦ C) − hig H2 (25 C) 2 O2

f¨ ur die Standardbildungsenthalpie von Wasser im idealen Gaszustand und l ◦ Δhf,0 H2 O (l) = hH2 O (25 C) −

1 ig ◦ h (25◦ C) − hig H2 (25 C) 2 O2

f¨ ur die Standardbildungsenthalpie von Wasser im fl¨ ussigen Zustand. F¨ ur beide Standardbildungsenthalpien des Wassers findet man Daten. Sie unterscheiden sich um

4.4 Energiebilanzen bei chemischen Zustands¨ anderungen

225

f,0 ig ◦ l ◦ Δhf,0 H2 O (g) − ΔhH2 O (l) = hH2 O (25 C) − hH2 O (25 C) ,

was angesichts der vernachl¨ assigbaren Druckabh¨angigkeit der Enthalpie von fl¨ ussigem Wasser im Wesentlichen der molaren Verdampfungsenthalpie von asst sich auch die BildungsenthalWasser bei 25◦ C entspricht. Entsprechend l¨ pie einer Komponente im Bezugszustand der ideal verd¨ unnten L¨osung definieren. So ist z.B. die Standardbildungsenthalpie von Chlorwasserstoff im Bezugszustand der ideal verd¨ unnten L¨ osung in einem beliebigen L¨osungsmittel die Reaktionsenthalpie der Reaktion 1 1 H2 (g) + Cl2 (g) → HCl(∗) . 2 2 Wenn das L¨ osungsmittel Wasser ist, gilt insbesondere 1 1 H2 (g) + Cl2 (g) → HCl(aq) , 2 2 wobei dies die Reaktion in w¨ assriger Phase von gasf¨ormigem Wasserstoff mit gasf¨ ormigem Chlor zu in Wasser gel¨ ostem Chlorwasserstoff im Bezugszustand der ideal verd¨ unnten L¨ osung, d.h. bei mHCl = 1 ist. Die zugeh¨orige Standardbildungsenthalpie ist definiert durch 1 ig 1 h (25◦ C) − hig (25◦ C) . 2 H2 2 Cl2 Praktisch kann wegen der Unabh¨ angigkeit der Enthalpie von der Zusammensetzung f¨ ur das Stoffmodell der ideal verd¨ unnten L¨osung die Reaktionsenthalpie im Grenzzustand unendlicher Verd¨ unnung verwendet werden. Standardbildungsenthalpien k¨ onnen experimentell oder theoretisch bestimmt werden. Tabelle A2 im Anhang A enth¨ alt f¨ ur eine Anzahl von Verbindungen die Standardbildungsenthalpien unter Angabe des jeweiligen Zustands. Die Enthalpien der Elemente werden willk¨ urlich zu Null gesetzt, d.h. die Enthalpien der Verbindungen werden durch die jeweiligen Bildungsenthalpien ersetzt. Da sich der Beitrag der Elemente bei chemischen Reaktionen wegen der dabei gegebenen Elementenerhaltung herausk¨ urzt, ist dies ohne Einschr¨ ankung der Allgemeing¨ ultigkeit m¨ oglich. Ein sinnvoller Enthalpienullpunkt einer Verbindung ist also die Enthalpie des st¨ochiometrischen Gemisches der Elemente in der Bildungsreaktion bei Standardbedingungen. F¨ ur den chemischen Anteil der Enthalpiestrom¨anderung findet man daher, wenn die Komponenten in den Produkt- und Eduktstr¨omen mit i bzw. j bezeichnet werden,     ˙ chem = n˙ i hi (t0 ) − n˙ j hj (t0 ) = n˙ i Δhf,0 n˙ j Δhf,0 . (4.80) (ΔH) i − j aq ◦ Δhf,0 HCl (aq) = hHCl (25 C) −

i

j

i

j

Er ist somit aus den Standardbildungsenthalpien der beteiligten Komponenten berechenbar. Die Aggregatzust¨ ande der Komponenten, die den Standardbildungsenthalpien zu Grunde gelegt wurden, m¨ ussen auch bei der Auswertung des thermischen Anteils der Enthalpiestrom¨anderung verwendet werden.

226

4 Die Energiebilanz

¨ Vollkommen analoge Beziehungen ergeben sich f¨ ur die Anderung des chemischen Anteils der inneren Energie, die bei chemischen Stoffumwandlungen in geschlossenen Systemen auszuwerten ist. Die innere Energie ist durch u = h − pυ auf die Enthalpie zur¨ uckgef¨ uhrt. Beispiel 4.18 F¨ ur die in Beispiel 3.9 betrachtete chemische Stoffumwandlung in einem Ammoniak-Synthesereaktor berechne man f¨ ur eine Eintrittstemperatur Te = 470 K die Austrittstemperatur unter der Voraussetzung, dass es sich um einen adiabaten Reaktor handelt. L¨ osung Die Stoffumwandlung wird nach Beispiel 3.9 durch die folgende Materiemengenbilanz beschrieben 1239, 149 N2 + 3715, 810 H2 + 70, 902 NH3 + 136, 895 Ar + 291, 244 CH4 → 897, 685 N2 + 2691, 418 H2 + 753, 830 NH3 + 136, 895 Ar + 291, 244 CH4 , wobei die Stoffmengenstr¨ ome in der Einheit mol/s angegeben sind. Die gesuchte Austrittstemperatur ergibt sich aus einer Energiebilanz. F¨ ur die Enthalpiestrom¨ anderung bei dieser chemischen Stoffumwandlung finden wir, wenn die beteiligten Stoffstr¨ ome als ideale Gasgemische modelliert werden, ig ig ΔH˙ = 897, 685 hig N2 (ta ) + 2691, 418 hH2 (ta ) + 753, 830 hNH3 (ta ) ig + 136, 895 hig Ar (ta ) + 291, 244 hCH4 (ta ) ig ig − 1239, 149 hig N2 (te ) + 3715, 810 hH2 (te ) + 70, 902 hNH3 (te ) ig + 136, 895 hig . Ar (te ) + 291, 244 hCH4 (te )

Die gesamte Enthalpie¨ anderung kommt durch einen thermischen und einen chemischen Anteil zustande. Dies wird wieder formal dadurch deutlich gemacht, dass man uhrt. Im betrachteten Fall ist f¨ ur einen Bezugszustand bei der Temperatur t0 einf¨ alle Komponenten der reine ideale Gaszustand bei t0 als Bezugszustand geeignet. Man erh¨ alt dann f¨ ur die Enthalpiestrom¨ anderung der betrachteten Stoffumwandlung ig 0 ig 0 ΔH˙ = 897, 685 hig N2 (ta ) − hN2 (t ) + 897, 685 hN2 (t ) ig 0 ig 0 + 2691, 418 hig H2 (ta ) − hH2 (t ) + 2691, 418 hH2 (t ) ig 0 ig 0 + 753, 830 hig NH3 (ta ) − hNH3 (t ) + 753, 830 hNH3 (t ) ig 0 ig 0 + 136, 895 hig Ar (ta ) − hAr (t ) + 136, 895 hAr (t ) ig 0 ig 0 + 291, 244 hig CH4 (ta ) − hCH4 (t ) + 291, 244 hCH4 (t ) ig 0 ig 0 − 1239, 149 hig N2 (te ) − hN2 (t ) − 1239, 149 hN2 (t ) ig 0 ig 0 − 3715, 810 hig H2 (te ) − hH2 (t ) − 3715, 810 hH2 (t )

4.4 Energiebilanzen bei chemischen Zustands¨ anderungen

227

ig 0 0 (t ) − h (t ) − 70, 902 hig − 70, 902 hig e NH3 NH3 NH3 (t ) ig 0 ig 0 − 136, 895 hig Ar (te ) − hAr (t ) − 136, 895 hAr (t ) ig 0 ig 0 − 291, 244 hig CH4 (te ) − hCH4 (t ) − 291, 244 hCH4 (t ) . Dies l¨ asst sich zusammenfassen zu ig 0 ig ig 0 ΔH˙ = 897, 685 hig (t ) − h (t ) + 2691, 418 h (t ) − h (t ) a a N2 N2 H2 H2 ig ig 0 ig 0 (t ) + 753, 830 hNH3 (ta ) − hNH3 (t ) − 1239, 149 hN2 (te ) − hig N2 ig ig 0 ig ig − 3715, 810 hH2 (te ) − hH2 (t ) − 70, 902 hNH3 (te ) − hNH3 (t0 ) ig ig ig + 136, 895 hig Ar (ta ) − hAr (te ) + 291, 244 hCH4 (ta ) − hCH4 (te ) 0 ig 0 ig 0 + 682, 928 hig NH3 (t ) − 341, 464 hN2 (t ) − 1024, 392 hH2 (t )

˙ therm + (ΔH) ˙ chem . = (ΔH) Nach dem Stoffmodell Ideales Gasgemisch“ sind alle in der obigen Gleichung auf” tretenden partiellen molaren Enthalpien durch die entsprechenden Reinstoffenthalpien zu ersetzen. Der thermische Anteil der Enthalpie¨ anderung kann daher wie u armekapazit¨ aten oder Tabellen mit temperaturabh¨ angigen Enthalpi¨ blich u ¨ber W¨ en der reinen Gase ausgewertet werden, wenn die Austrittstemperatur vorgegeben ist. Der chemische Anteil bezieht sich auf eine konstante Bezugstemperatur. W¨ ahlt man hierf¨ ur die Standardtemperatur t0 = 25◦ C, dann ergibt sich der chemische Anteil zur Enthalpiestrom¨ anderung nach Einf¨ uhren der Standardbildungsenthalpien zu  ˙ chem = 682, 928 hig (t0 ) − 1 hig (t0 ) − 3 hig (t0 ) = 682, 928 Δhf,0 (g) (ΔH) NH3 NH3 2 N2 2 H2 kJ mol · 46, 110 = −31, 49 MW , = −682, 828 s mol wobei die Standardbildungsenthalpie von Ammoniak aus Tabelle A2 entnommen wurde. Im vorliegenden Fall ist die Austrittstemperatur nicht vorgegeben, sondern soll f¨ ur einen adiabaten Reaktor berechnet werden. Damit findet kein W¨ armetransfer statt. Da auch keine Arbeit transferiert wird, l¨ auft der Prozess ohne Transfer von Prozessenergie ab. Dann werden außer den ein- und austretenden Enthalpiestr¨ omen keine Energien u ¨ber die Systemgrenzen transferiert, und es muss daher nach der Energiebilanz der eintretende Enthalpiestrom gleich dem austretenden sein, d.h. H˙ aus = H˙ ein oder ˙ therm + (ΔH) ˙ chem = 0 . ΔH˙ = H˙ aus − H˙ ein = (ΔH) Mit dem zuvor berechneten Wert f¨ ur den chemischen Anteil der Enthalpie¨ anderung sowie der Eintrittstemperatur von Te = 470 K ergibt sich, wenn nachfolgend nur eine Stelle hinter dem Komma mitgef¨ uhrt wird und die Enthalpiedifferenzen zwischen Eintrittstemperatur und Bezugstemperatur nach Tabelle A3 bzw. f¨ ur Argon mit der temperaturunabh¨ angigen molaren W¨ armekapazit¨ at nach Tabelle A2 ausgewertet werden,

228

4 Die Energiebilanz

ig 0 ig ig 0 (t ) − h (t ) + 2691, 4 h (t ) − h (t ) 31, 5 = 897, 7 hig a a N2 N2 H2 H2 ig ig 0 + 753, 8 hNH3 (ta ) − hNH3 (t ) − 6, 2 − 18, 6 − 0, 5 ig ig ig + 136, 9 hig (t ) − h (t ) + 291, 2 h (t ) − h (t ) . a e a e Ar Ar CH4 CH4 Hier haben alle Enthalpiestr¨ ome die Einheit MW. Wir haben damit eine Berechnungsgleichung f¨ ur die Austrittstemperatur zur Verf¨ ugung, die iterativ gel¨ ost werden muss. Die Ammoniak-Synthese ist exotherm, d.h. die chemische innere Energie der Produkte ist niedriger als die chemische innere Energie der Edukte, wie man an dem negativen Vorzeichen der Standardbildungsenthalpie von NH3 erkennt. Die niedrigere chemische Energie der Produkte muss bei der Umwandlung daher aus Bilanzgr¨ unden durch eine entsprechend h¨ ohere thermische Energie ausgeglichen werden. Die Austrittstemperatur ta wird also h¨ oher als die Eintrittstemperatur te sein. Wir nehmen nach einigen Iterationsschritten eine Temperatur von Ta = 685 K an und finden aus der Enthalpiebilanz 31, 5 ≈ 10, 3 + 30, 4 + 12, 2 − 25, 3 + 0, 6 + 3, 2 = 31, 4 . ¨ Diese Ubereinstimmung wird angesichts der begrenzten Genauigkeit der thermodynamischen Daten als ausreichend angesehen. Die Austrittstemperatur liegt daher bei Ta = 685 K. Beispiel 4.19 W¨ assriges Ammoniumchlorid (NH4 Cl) wird nach der Bruttoreaktionsgleichung NH3 (g) + HCl(aq) → NH4 Cl(aq) durch eine Reaktion zwischen gasf¨ ormigem Ammoniak (NH3 ) und w¨ assriger Salzs¨ aure (HCl) hergestellt. Hier bezeichnet das Zeichen (aq) die w¨ assrige L¨ osung. Im engeren Sinne wird mit (aq) der Bezugszustand der ideal verd¨ unnten w¨ assrigen L¨ osung bei der dimensionslosen Molalit¨ at 1 bezeichnet. Da die partielle molare Enthalpie einer ideal verd¨ unnten L¨ osung aber nicht von der Zusammensetzung abh¨ angt, muss diese nicht festgelegt werden, solange dieses Stoffmodell die L¨ osung mit gen¨ ugender Genauigkeit beschreibt. In einer ideal verd¨ unnten L¨ osung steht daher (aq) in diesem Zusammenhang allgemein f¨ ur eine in Wasser gel¨ oste Komponente. Unter der Voraussetzung, dass Salzs¨ aure sowie Ammoniumchlorid jeweils bei einer f¨ ur die G¨ ultigkeit des Stoffmodells hinreichend großen Verd¨ unnung in Wasser gel¨ ost, und außerdem nach den Gleichungen HCl → H+ + Cl− bzw. − NH4 Cl → NH+ vollst¨ andig dissoziiert sind, berechne man die molare 4 + Cl Reaktionsenthalpie bei 25◦ C. L¨ osung Die molare Reaktionsenthalpie ist die Differenz der molaren Enthalpien in den angegebenen Zust¨ anden, d.h.  Δh = νi hi = hNH4 Cl (aq) − hHCl (aq) − hNH3 (g) = hNH+ (aq) + hCl− (aq) − [hH+ (aq) + hCl− (aq)] − hNH3 (g) 4

=

Δhf,0 + (aq) NH4

− Δhf,0 (aq) − Δhf,0 NH3 (g) H+

= −132, 51 − 0 + 46, 110 = −86, 40 kJ/mol ,

4.4 Energiebilanzen bei chemischen Zustands¨ anderungen

229

wobei die Standardbildungsenthalpien aus den Tabellen A2.1 und A2.2 entnommen wurden.

Bei Verbrennungsprozessen mit gasf¨ ormigen Brennstoffen aus definierten ur den chechemischen Verbindungen mit der Zusammensetzung {xB i } gilt f¨ mischen Anteil der Enthalpie¨ anderung nach (4.77)    f,0 f,0 xV xB (4.81) (Δh)chem = υ i Δhi (g) − i Δhi (g) . Hier erstreckt sich die erste Summe u ¨ber die Komponenten des Verbrennungsgases und die zweite Summe u ¨ ber die Komponenten des Brennstoffs. Die Komponente Sauerstoff wird nicht ber¨ ucksichtigt, da ihre Standardbildungsenthalpie Null ist. Inerte Bestandteile, wie Stickstoff oder ggf. Wasser, Kohlendioxid etc. treten in dieser Gleichung ebenfalls nicht auf, da sie bei gleicher Temperatur auf beiden Seiten der Reaktionsgleichung stehen und sich damit k¨ urzen. Ihr energetischer Beitrag ist im thermischen Anteil ber¨ ucksichtigt. Wenn im thermischen Anteil der Enthalpie¨ anderung nach (4.60) alle Komucksichtigt ponenten bei der Bezugstemperatur t0 formal als gasf¨ormig ber¨ werden, beziehen sich auch im chemischen Anteil die Standardbildungsenthalpien dieser Komponenten, einschließlich des Wassers, auf den idealen Gaszustand. Allgemein ist darauf zu achten, dass alle durch die Aufteilung der Enthalpiedifferenz in einen thermischen und einen chemischen Anteil eingef¨ uhrten Enthalpien bei der Standardtemperatur t0 im thermischen und im chemischen Anteil denselben Zustand haben, da sie sich andernfalls nicht k¨ urzen. So w¨ urde f¨ ur einen reinen fl¨ ussigen Brennstoff i im thermischen Anteil der Beitrag [hl0i (tB ) − hl0i (t0 )] und im chemischen Anteil entsprechend urde hl0i (t0 ) schließder Beitrag hl0i (t0 ) auftreten. Im chemischen Anteil w¨ lich durch die Standardbildungsenthalpie Δhf,0 ur diese Verbindung im i (l) f¨ fl¨ ussigen Zustand ersetzt. Beispiel 4.20 In einem Brennwertkessel wird ein Volumenstrom von 100 m3n /h Methan (CH4 ) von 25◦ C und 1 bar bei 20 % Luft¨ uberschuss mit trockener Luft von 25◦ C zu einem Verbrennungsgas von 25◦ C und 1 bar verbrannt. Welchen Anteil hat die Kondensation des Wasserdampfes am Energieumsatz ? L¨ osung Die Bruttoreaktionsgleichung lautet CH4 + 1, 2

2 (0, 21 O2 + 0, 79 N2 ) 0, 21

→ CO2 + 2 H2 O + 2(1, 2 − 1)O2 + 1, 2 · 2 ·

0, 79 N2 . 0, 21

Die Stoffmenge des Brennstoffs und die Zusammensetzung des Verbrennungsgases entsprechen den Daten aus Beispiel 2.10. Da Edukte und Produkte bei derselben Temperatur vorliegen, tr¨ agt zum thermischen Anteil der Enthalpie¨ anderung nur

230

4 Die Energiebilanz

die Wasserdampfkondensation bei. Die Berechnung der Kondensatmenge f¨ ur die vorliegende Reaktion ergibt, vgl. Beispiel 2.10, k=

V (xV H2 O − xS, H2 O )υ = 1, 6585 mol H2 O/mol B . 1 − xV S, H2 O

Die Verdampfungsenthalpie des Wassers betr¨ agt bei 25◦ C nach Tabelle A1 r = 2442,3 kJ/kg. Damit folgt f¨ ur den thermischen Anteil zur Enthalpiestrom¨ anderung ˙ therm = n˙ CH4 (−kr) = 1, 2393 mol [−1, 6585 · 2442, 3 · 18, 015] J (ΔH) s mol = −90433 W . Der chemische Anteil der Enthalpie¨ anderung berechnet sich zu ˙ chem = n˙ CH4 1 · Δhf,0 (g) + 2 · Δhf,0 (g) − 1 · Δhf,0 (g) (ΔH) CO2 H2 O CH4 J mol [−393522 − 2 · 241827 + 74873] s mol J = 1, 2393(−802303) = −994294 W . s

= 1, 2393

Die gesamte Enthalpiestrom¨ anderung betr¨ agt daher ˙ chem ˙ = (ΔH) ˙ therm + (ΔH) (ΔH) = −90433 − 994294 = −1084727 W = −1, 08 MW . Der Anteil der Wasserdampfkondensation am gesamten Energieumsatz im Brennwertkessel betr¨ agt daher ca. 10 %.

4.4.3 Der Heizwert Die bisher dargestellte Auswertung des chemischen Anteils der Enthalpie¨ anderung setzt voraus, dass alle beteiligten Stoffstr¨ome aus definierten chemischen Verbindungen zusammengesetzt sind, f¨ ur die Bildungsenthalpien angegeben werden k¨ onnen. Dies gilt nicht bei allen chemischen Stoffumwandlungen, insbesondere nicht f¨ ur Verbrennungsprozesse mit fl¨ ussigen Brennstoffen wie z.B. Heiz¨ ol oder festen Brennstoffen wie Kohle. In solchen F¨allen dr¨ uckt man den chemischen Anteil zur Enthalpiedifferenz nicht durch eine Differenz von Standardbildungsenthalpien, sondern durch den so genannten Heizwert Hu aus. Der Heizwert ist bei einer beliebigen Bezugstemperatur t0 , die nicht die Standardtemperatur sein muss, definiert durch Hu (t0 ) = hB (t0 ) + lhL (t0 ) − υhV (t0 ) = −(Δh)chem .

(4.82)

H¨ aufig, aber nicht notwendig, wird als Bezugstemperatur die Standardtemperatur gew¨ ahlt, d.h. t0 = t0 = 25◦ C. Je nach der Definition von υ und l ist Hu der spezifische, d.h. auf die Masse des Brennstoffs bezogene, oder der molare, d.h. auf die Stoffmenge des Brennstoffs bezogene Heizwert bei der Tempeur Hu sind f¨ ur die meisten Brennstoffe vertafelt, vgl. ratur t0 . Zahlenwerte f¨

4.4 Energiebilanzen bei chemischen Zustands¨ anderungen

231

Tabelle A6. Sie beziehen sich auf ein Verbrennungsgas, das durch vollst¨andige Verbrennung entstanden und dessen Wassergehalt gasf¨ormig, d.h. nicht kondensiert ist. Dementsprechend ist hV (t0 ) formal die spezifische bzw. molare Enthalpie eines Verbrennungsgases, dessen Wasser bei t0 gasf¨ormig vorliegt, obwohl in der Regel bei t0 = 25◦ C ein großer Teil des Wassers aus dem Verbrennungsgas kondensiert ist. Wenn bei der Abk¨ uhlung des Verbrennungsgases auf die Temperatur tV der Wasserdampftaupunkt tats¨achlich unterschritten wird, dann ist die entsprechende Enthalpie¨anderung auf Grund der Wasserdampfkondensation im thermischen Anteil der Energiebilanz zu ber¨ ucksichtigen, und es gilt f¨ ur die gesamte Enthalpie¨anderung, bezogen auf die Materiemenge des Brennstoffs, vgl. (4.57) bis (4.59), ig ig ig Δh = υ hig (t ) − h (t ) − [h (t ) − h (t )] − l h (t ) − h (t ) V 0 B B B 0 L 0 V V L L − kr − Hu (t0 ) .

(4.83)

Hier ist k wieder die Masse oder Stoffmenge des kondensierten Wassers pro Masse oder Stoffmenge des Brennstoffs und r seine spezifische bzw. molare anderung des VerbrennungsgaVerdampfungsenthalpie bei tV . Die Enthalpie¨ ses von tV nach t0 in (4.83) bezieht sich nur auf den f¨ uhlbaren“ Anteil, kann ” also nach dem Stoffmodell Ideales Gasgemisch“ berechnet werden. ” Die physikalische Bedeutung des Heizwerts wird klar, wenn man den Fall uhrt und betrachtet, dass Brennstoff und Luft bei der Temperatur t0 zugef¨ das Verbrennungsgas auf t0 abgek¨ uhlt werden. Dann gilt bei vollst¨andiger Verbrennung f¨ ur die gesamte Enthalpie¨ anderung nach (4.83) Δh = −Hu (t0 ) − kr . Demnach bedeutet der spezifische oder molare Heizwert die sich bei der vollst¨ andigen Verbrennung pro Masse bzw. pro Stoffmenge Brennstoff ergebende Enthalpie¨ anderung, wenn das Verbrennungsgas bis auf die Temperatur abgek¨ uhlt wird, mit der Luft und Brennstoff zugef¨ uhrt werden, und das Wasser im Verbrennungsgas gasf¨ ormig ist. Bei Kondensatanfall ist zur Berechnung der Enthalpie¨ anderung der Korrekturterm (kr) zu ber¨ ucksichtigen. Da Enthalpie¨ anderungen messbar sind, ist mit dieser Interpretation der Heizwert eine messbare Gr¨ oße, durch die die Enthalpienullpunkte der verschiedenen Stoffe aufeinander abgestimmt werden. Er ist eine Eigenschaft des Brennstoffs und nicht davon abh¨ angig, ob die Verbrennung mit reinem Sauerstoff oder mit Luft, mit hohem oder mit niedrigem Luft¨ uberschuss durchgef¨ uhrt wird, wenn sie nur vollst¨ andig ist. Das bei Luft¨ uberschuss u ussige N2 ¨ bersch¨ und O2 hebt sich energetisch aus der Bilanz heraus, da alle Enthalpien auf die Temperatur t0 bezogen sind. Wenn s¨ amtliches Wasser im Verbrennungsgas kondensiert ist, bezeichnet man die Summe von Hu (t0 ) und der Kondensationsenthalpie des Wassers als Brennwert Ho (t0 ). F¨ ur Brennstoffe aus chemisch definierten Verbindungen kann der Heizwert Hu aus einer Differenz von Standardbildungsenthalpien berechnet werden.

232

4 Die Energiebilanz

Da die Standardbildungsenthalpien auf die Standardtemperatur t0 = 25◦ C bezogen sind, muss diese Temperatur auch f¨ ur den Heizwert benutzt werden. Es gilt dann f¨ ur den molaren Heizwert nach (4.82)    f,0 f,0 xB (4.84) −Hu (t0 ) = υ xV i Δhi (g) − i Δhi (g) . Bei bekannter, auf 1 mol Brennstoff bezogener Bruttoreaktionsgleichung der Verbrennung reduziert sich dies auf  R 0 νi Δhf,0 (4.85) −Hu (t0 ) = i = Δh (t ) , ochiometrischen Koeffizienten der Komponenten in der zuwobei νi die st¨ geh¨ origen Bruttoreaktionsgleichung sind und ΔhR als Reaktionsenthalpie bezeichnet wird. Alle u ochiometrischen Umsatz hinausgehenden ¨ ber den st¨ Stoffmengen haben wegen der festen Bezugstemperatur keinen energetischen Effekt. Als Standardbildungsenthalpie vom Wasser ist diejenige im Standardzustand des reinen idealen Gases bei t0 = 25◦ C zu verwenden, da sich definitionsgem¨ aß der Heizwert auf gasf¨ ormiges Wasser im Verbrennungsgas bezieht. 2 8 0 0

°C +

+

+

+

a d

l = 1 ,5

+

2 0 0 0

+

4 0 0 +

+

*

0 0

1 0 0

2 0 0

+ +

+ +

+ +

+

*

l = 3

+

l = 5

+

*

+

8 0 0

l = 2

+

+ +

+

*

+ +

+

*

+

1 2 0 0

+

+

+ +

+

*

+

+

*

+

1 6 0 0

+

* *

+ +

+

+

a d ia b a te V e r b r e n n u n g s te m p e r a tu r t

* *

l = 1 +

+

+

2 4 0 0

3 0 0

B e n z in H e iz ö l E S te in k o G a s fla m S te in k o O k ta n M e th a n W a s s e r

L h le n te e r H e iz ö l m k o h le h le n k o k s s to ff

°C

4 0 0

L u ftte m p e ra tu r t

6 0 0

L

Abb. 4.29. Adiabate Verbrennungstemperatur f¨ ur einige Brennstoffe

4.4 Energiebilanzen bei chemischen Zustands¨ anderungen

233

Die Energiebilanz bei Verbrennungsprozessen kann z.B. dazu dienen, die so genannte adiabate Verbrennungstemperatur tad zu berechnen. Dies ist diejenige Temperatur, die sich bei einer adiabaten Verbrennung, d.h. einer Verbrennung ohne W¨ armeabfuhr einstellt. Es gilt dann 0 = υ [hV (tad ) − hV (t0 )] − [hB (tB ) − hB (t0 )] − l [hL (tL ) − hL (t0 )] − kr − Hu (t0 ) .

(4.86)

In der Regel ist bei tad alles Wasser im Verbrennungsgas gasf¨ormig, d.h. k = 0. Die Verbrennungstemperatur tad ist insofern theoretisch, als sie von einer vollst¨ andigen Verbrennung ohne Dissoziationseffekte ausgeht und nicht die praktisch unvermeidbare W¨ armeabstrahlung des Verbrennungsgases ber¨ ucksichtigt. Die tats¨ achliche bei der Verbrennung erreichte Temperatur ist daher niedriger. F¨ ur einige Brennstoffe ist in Abb. 4.29 die adiabate Verbrennungstemperatur bei vollst¨ andiger Verbrennung u ¨ ber der Lufttemperatur bei verschiedenen Luftverh¨ altnissen aufgetragen. Allgemein nimmt die adiabate Verbrennungstemperatur mit zunehmender Lufttemperatur zu und mit zunehmendem Luftverh¨ altnis ab. Es ergeben sich f¨ ur die unterschiedlichen Brennstoffe Wertebereiche, die mit zunehmendem Luftverh¨altnis enger werden, da sich die Unterschiede in den Verbrennungsgasen unterschiedlicher Brennstoffe mit zunehmenden Luftverh¨ altnissen verringern. Abb. 4.29 kann zum Ablesen grober Sch¨ atzwerte der adiabaten Verbrennungstemperatur f¨ ur die meisten Brennstoffe dienen. Beispiel 4.21 Man berechne die adiabate Verbrennungstemperatur, die sich bei der Verbrennung von Heptan (C7 H16 , Hu (t0 ) = 4465 · 103 kJ/kmol) mit der Mindestluftmenge einstellt, wenn Luft und Brennstoff mit der Temperatur t0 = 25◦ C zugef¨ uhrt werden. L¨ osung Die st¨ ochiometrische Bruttoreaktionsgleichung lautet C7 H16 +

11 11 (0, 21 O2 + 0, 79 N2 ) → 7 CO2 + 8 H2 O + · 0, 79 N2 . 0, 21 0, 21

Nach (4.86) f¨ uhrt die Auswertung der Enthalpiebilanz auf 0 = (Δh)therm + (Δh)chem ig ig ig = 7 hig (t ) − h (t ) + 8 h (t ) − h (t ) 0 0 ad ad CO2 CO2 H2 O H2 O ig ig + 41, 38 hN2 (tad ) − hN2 (t0 ) − Hu (t0 ) . Die Gleichung wird iterativ nach der adiabaten Verbrennungstemperatur gel¨ ost. Es ergibt sich: tad = 2118, 8◦ C . Da Heptan eine definierte chemische Verbindung ist, kann die Aufgabe auch ohne Angabe des Heizwertes mit Hilfe der Standardbildungsenthalpien der Komponenten

234

4 Die Energiebilanz

gel¨ ost werden. F¨ ur den chemischen Anteil zur Enthalpiedifferenz ergibt sich dann bei Verwendung der Standardbildungsenthalpien aus Tabelle A2 sowie einem Wert von Δhf,0 ur Heptan C7 H16 (l) = −224400 kJ/kmol f¨ 0 ig 0 l 0 ig 0 (Δh)chem = 7hig CO2 (t ) + 8hH2 O (t ) − hC7 H16 (t ) − 11hO2 (t ) f,0 f,0 = 7Δhf,0 CO2 (g) + 8ΔhH2 O (g) − ΔhC7 H16 (l)

= 7 · (−393522) − 8 · 241827 + 224400 = −4464870 kJ/kmol . ¨ Dies steht in guter Ubereinstimmung mit dem Heizwert von Heptan.

Auch bei vielen chemischen Stoffumwandlungen, die nicht als vollst¨andige Verbrennungen anzusehen sind, l¨ asst sich der chemische Anteil der Enthalpie¨ anderung auf die Heizwerte der beteiligten Stoffe zur¨ uckf¨ uhren. Dabei wird jeder Stoff, der oxidierbar ist, formal als Brennstoff angesehen. Durch Hinzuf¨ ugen der f¨ ur die vollst¨ andige Oxidation erforderlichen Sauerstoffmenge f¨ ur alle oxidierbaren Stoffe auf beiden Seiten der Reaktionsgleichung wird die betrachtete chemische Stoffumwandlung formal in eine vollst¨andige Verbrennung mit zu- und abgef¨ uhrten Brennstoffen transformiert. Da die Atomzahl der oxidierbaren Elemente auf beiden Seiten der Reaktionsgleichung wegen der Elementenerhaltung identisch ist, f¨ allt die hinzugef¨ ugte Sauerstoffmenge bei gleicher Bezugstemperatur aus der Energiebilanz heraus. Man findet, dass der chemische Anteil der Enthalpie¨ anderung allgemein durch die Differenz der Heizwerte der beteiligten Stoffe ausgedr¨ uckt werden kann. So gilt z.B. f¨ ur die Eisenoxidreduktion im Hochofen die Bruttoreaktionsgleichung Fe2 O3 + 3 CO → 2 Fe + 3 CO2 . Bei dieser chemischen Stoffumwandlung sind die Stoffe CO und Fe oxidierbar und werden daher formal als Brennstoffe angesehen. Die chemische Enthalpie¨ anderung dieser Reaktion lautet bei der Bezugstemperatur t0 (Δh)chem = 2hFe (t0 ) + 3hCO2 (t0 ) − hFe2 O3 (t0 ) − 3hCO (t0 ) . Wir f¨ ugen nun die zur vollst¨ andigen Oxidation der Brennstoffe erforderliche Sauerstoffmenge hinzu und erhalten damit die Energiebilanz in der Form 3 (Δh)chem = 2hFe (t0 ) + hO2 (t0 ) + 3hCO2 (t0 ) 2 3 0 − hFe2 O3 (t ) − 3hCO (t0 ) − hO2 (t0 ) . 2 Mit dem Heizwert von Fe nach 3 1 Hu,Fe (t0 ) = hFe (t0 ) + hO2 (t0 ) − hFe2 O3 (t0 ) 4 2 sowie dem Heizwert von CO nach

4.4 Energiebilanzen bei chemischen Zustands¨ anderungen

235

1 Hu,CO (t0 ) = hCO (t0 ) + hO2 (t0 ) − hCO2 (t0 ) 2 l¨ asst sich die chemische Enthalpie¨ anderung schreiben als (Δh)chem = 2Hu,Fe − 3Hu,CO . Sie ergibt sich somit einfach aus der Differenz der Heizwerte der oxidierbaren Stoffe. F¨ ur Stoffe wie Fe, die nicht unter W¨armeentwicklung verbrannt werden k¨ onnen, und deren Heizwert daher nicht experimentell zu bestimmen ist, berechnet sich der Heizwert aus den Standardbildungsenthalpien der beteiligten Komponenten nach (4.85). Beispiel 4.22 In einen kontinuierlich betriebenen Hochofen werden zur Erzeugung von 1000 kg Roheisen (RE) 1619 kg M¨ oller (M), 410 kg Koks (K), 54 kg Schwer¨ ol (SO) und 1280 kg Heißwind (W) eingef¨ uhrt. Der M¨ oller besteht aus Eisenoxid (Fe2 O3 ) und Schlacke. Aus dem Hochofen treten außer dem Roheisen 294 kg Schlacke (S) und 2069 kg Gichtgas (GG) aus, vgl. Abb. B 4.22.1. Das Roheisen enth¨ alt pro Tonne M

K

S O

G G

W

R E

S

Abb. B 4.22.1. Stoffumwandlungen im Hochofen 45,28 kg Kohlenstoff (C). Es gelten die folgenden Heizwerte, jeweils bei t0 = 25◦ C. Hu,K Hu,SO Hu,GG Hu,C Hu,Fe

= 29864 kJ/kg = 41020 kJ/kg = 2685 kJ/kg = 32763 kJ/kg = 7379 kJ/kg .

Man berechne den Energieumsatz auf Grund von chemischen Stoffumwandlungen.

236

4 Die Energiebilanz

L¨ osung Der chemische Anteil der Enthalpie¨ anderung bei den Stoffumwandlungen im Hochofenprozess bei der Temperatur t0 lautet, vgl. Abb. B 4.22.1, (ΔH)chem = mRE hRE (t0 ) + mS hS (t0 ) + mGG hGG (t0 ) − [mM hM (t0 ) + mK hK (t0 ) + mSO hSO (t0 ) + mW hW (t0 )] . Wir f¨ uhren nun ein, dass das Roheisen aus dem elementaren Eisen (Fe) und Kohlenstoff besteht und der M¨ oller aus Fe2 O3 und Schlacke. Es gilt also (ΔH)chem = mFe hFe (t0 ) + mC,RE hC (t0 ) + mS hS (t0 ) + mGG hGG (t0 ) − [mFe2 O3 hFe2 O3 (t0 ) + mS,M hS (t0 ) + mK hK (t0 ) + mSO hSO (t0 ) + mW hW (t0 )] . Hier bedeuten mC,RE die Masse des Kohlenstoffs im Roheisen und mS,M die Masse der Schlacke im M¨ oller. Der restliche Anteil an der aus dem Hochofen austretenden Schlacke mS stammt aus dem Koks. Wir ersetzen nun die Enthalpien aller oxidierbaren Stoffe durch ihre Heizwerte und finden (ΔH)chem = mFe Hu,Fe (t0 ) + mC,RE Hu,C (t0 ) + mGG Hu,GG (t0 ) − mK Hu,K (t0 ) − mSO Hu,SO (t0 ) = 954, 72 · 7379 + 45, 28 · 32763 + 2069 · 2685 − 410 · 29864 − 54 · 41020 = −375667 kJ . Die austretenden Stoffe haben in einem isothermen Hochofen einen niedrigeren Energieinhalt als die eintretenden, d.h. der Prozess ist insgesamt exotherm. Es muss also W¨ arme abgef¨ uhrt werden, d.h. der Hochofen wird gek¨ uhlt.

In den bisherigen Beispielen wurde gezeigt, wie die Differenzen der inneren Energie bzw. Enthalpie bei chemischen Zustands¨anderungen ausgewertet werden k¨ onnen. Prozessenergien waren noch nicht beteiligt. Selbstverst¨andlich lassen sich auch bei chemischen Zustands¨ anderungen komplexere Prozesse mit W¨ arme- und/oder Arbeitstransfer behandeln. Beispiel 4.23 betrachtet einen solchen Prozess eines geschlossenen Systems, Beispiel 4.24 einen analogen in einem offenen System. Beispiel 4.25 schließlich behandelt einen Prozess, bei dem sowohl W¨ arme als auch Arbeit transferiert werden. Beispiel 4.23 Fl¨ ussiges Aceton (C3 H6 O) wird mit Luft in einem geschlossenen Beh¨ alter (V andig verbrannt. Der Beh¨ alter ist zu Beginn mit Luft gef¨ ullt = 1 dm3 ) vollst¨ (t1 = 25◦ C, p1 = 7 bar), in die 1 cm3 fl¨ ussiges Aceton mit t1 = 25◦ C eingespritzt ¨ wird. Uber zwei Elektroden wird das Brennstoff/Luft-Gemisch gez¨ undet. Nach Einstellung des thermischen Gleichgewichts im System ergibt sich eine Temperatur arme wird abgegeben? von t2 = 35◦ C. Welche W¨ Daten von Aceton: ρ(25◦ C) = 791 kg/m3 ;

Hu (25◦ C) = 1658 kJ/mol;

M = 58,1 kg/kmol

4.4 Energiebilanzen bei chemischen Zustands¨ anderungen

237

L¨ osung Die w¨ ahrend des Prozesses an den Beh¨ alter abgegebene W¨ arme berechnet sich, da Arbeit nicht transferiert wird, nach (4.20) aus der Beziehung Q12 = U2 − U1 . Hierbei ist U2 die innere Energie des Verbrennungsgases im Zustand 2 und U1 die innere Energie des Brennstoff/Luft-Gemisches vor der Z¨ undung. Formales Einf¨ uhren der Enthalpie erlaubt die Nutzung tabellierter Enthalpiedaten und f¨ uhrt auf ig Q12 = nB υ hig V (t2 ) − hV (t1 ) − nB kr − nB Hu (t1 ) − V (p2 − p1 ) . Zur Auswertung der Energiebilanz ben¨ otigt man die Menge des Brennstoffs, die Menge und die Zusammensetzung des Verbrennungsgases, den Anteil k des kondensierten Wassers und den Druck im Zustand 2. Die Stoffmenge des Brennstoffs ergibt sich aus dem eingespritzten Volumen, der Molmasse und der Dichte zu nB = VB ρB /MB kg m3 · 791 3 /58, 1 (kg/kmol) cm3 m = 0, 01361 mol . = 1 cm3 · 10−6

Die Stoffmenge der Luft folgt aus dem idealen Gasgesetz zu nL =

7 · 105 (N/m2 ) · 10−3 m3 pV = = 0, 2824 mol . RT 8, 315 (Nm/mol K) · 298, 15 K

Mit diesen Daten und der Bruttoreaktionsgleichung der Aceton-Verbrennung l¨ asst sich zun¨ achst die Menge und die Zusammensetzung des Verbrennungsgases berechnen. Aus der Bruttoreaktionsgleichung C3 H6 O + 4 O2 → 3 CO2 + 3 H2 O folgt als Stoffmengenbilanz der betrachteten Verbrennung von Aceton, bezogen auf 1 mol Brennstoff, C3 H6 O + 20, 75 L → 3 CO2 + 3 H2 O + 16, 39 N2 + 0, 36 O2 . Die auf die Brennstoffmenge bezogene Abgasmenge betr¨ agt also υ = 22, 75 mol V / mol B . Der Anteil des kondensierten Wassers berechnet sich aus k=

V (xV H2 O − xS, H2 O ) · υ , V 1 − xS, H2 O

mit xV S, H2 O als dem Stoffmengenanteil des Wassers im Verbrennungsgas bei S¨ attigung. Der gesamte Stoffmengenanteil des Wassers im Verbrennungsgas betr¨ agt xV H2 O =

3 = 0, 1319 . 22, 75

Der S¨ attigungsstoffmengenanteil

238

4 Die Energiebilanz

xV S, H2 O =

ps, H2 O (35◦ C) p2

h¨ angt vom noch unbekannten Enddruck p2 ab. Dieser folgt aus der Beziehung nB (υ − k)RT2 , V wenn das Volumen des fl¨ ussigen Wassers gegen¨ uber dem Gesamtvolumen V vernachl¨ assigt wird. Aus diesen Beziehungen ergeben sich der Anteil des kondensierten Wassers und der Enddruck p2 durch Iteration. Die Berechnung konvergiert f¨ ur k = 2,839 mol H2 O/mol B und einen Druck p2 = 6,943 bar. Damit ergibt sich die abgegebene W¨ arme zu ig ig ig Q12 = 0, 0408 hig CO2 (35) − hCO2 (25) + 0, 0408 hH2 O (35) − hH2 O (25) ig ig ig + 0, 2231 hig N2 (35) − hN2 (25) + 0, 0049 hO2 (35) − hO2 (25) p2 =

− 0, 0386 · 2418, 6 · 18, 015 · 10−3 − 0, 01361 · 1658 − 10−1 (6, 943 − 7, 000) = 0, 01583 + 0, 01383 + 0, 09091 + 0, 00145 − 1, 68184 − 22, 565 + 0, 0057 = −24, 120 kJ .

Verbrennungsprozesse in offenen Systemen k¨onnen oft als station¨are Fließprozesse betrachtet werden. Ein Beispiel ist die Feuerung in einem Kessel, vgl. Beispiel 4.24. Beispiel 4.24 F¨ ur den in Beispiel 3.7 betrachteten Dampferzeuger eines 2 x 600 MW Steinkohlekraftwerks berechne man den von der Feuerung abgegebenen W¨ armestrom, den Kesselwirkungsgrad und den Abgasverlust, wenn das Rauchgas bei Verlassen des Dampferzeugers eine Temperatur von tV = 150◦ C hat und der Brennstoff sowie die Luft bei tu = 25◦ C zugef¨ uhrt werden, vgl. Abb. B 4.24.1. Die Enthalpie¨ anderung der Asche soll vernachl¨ assigt werden. Die Kohle habe bezogen auf den Verwendungszustand einen spezifischen Heizwert von Hu = 28 MJ/kg bei t = 25◦ C. Der Dampferzeuger werde als adiabater Apparat modelliert. L¨ osung Nach Beispiel 3.7 lautet die Massenbilanz, d.h. die Bruttoreaktionsgleichung, f¨ ur den Brennstoff (B) im Verwendungszustand 1, 15 kg B + 14, 482 kg L → 3, 045 kg CO2 + 0, 533 kg H2 O + 0, 018 kg SO2 + 11, 167 kg N2 + 0, 769 kg O2 + 0, 1 kg A . Die Energiebilanz lautet entsprechend, bezogen auf 1 kg Brennstoff im Verwendungszustand q = υ [hV (tV ) − hV (tu )] − Hu (tu ) 1  ig ig ig 3, 045 hig = CO2 (150) − hCO2 (25) + 0, 533 hH2 O (150) − hH2 O (25) 1, 15 ig ig ig + 0, 018 hig SO2 (150) − hSO2 (25) + 11, 167 hN2 (150) − hN2 (25)  ig +0, 769 hig − Hu (25◦ C) O2 (150) − hO2 (25) = (Δh)therm + (Δh)chem .

4.4 Energiebilanzen bei chemischen Zustands¨ anderungen

. m m

h

.

B L

h L

B

(tu ) (tu )

. V

F e u e ru n g q

m

h V

239

(t V )

W a s s e r, a u s

W a s s e r , e in Abb. B 4.24.1. Zur Energiebilanz der Feuerung

Die partiellen spezifischen Enthalpien eines idealen Gasgemisches sind gleich den entsprechenden Reinstoffenthalpien. Mit der Tabelle A3 aus dem Anhang A f¨ ur die Temperaturabh¨ angigkeit der molaren Enthalpien der betrachteten Komponenten im idealen Gaszustand folgt somit f¨ ur den thermischen Anteil zur Enthalpie¨ anderung  1 1 1 (Δh)therm = 3, 045 · · 5005 + 0, 533 · · 4255 1, 15 44, 011 18, 015 1 1 + 0, 018 · · 5294 + 11, 167 · 3652 64, 063 28, 013  1 · 3737 = 1756 kJ/kg B . +0, 769 · 31, 999 Zusammen mit der chemischen Enthalpie¨ anderung von (Δh)chem = −Hu (25◦ C) = −28000 kJ/kg B ergibt sich die abgegebene W¨ arme pro Masse Brennstoff zu q = 1756 − 28000 = −26244 kJ/kg B . Insgesamt werden dem Kraftwerk im Jahr 3, 22 Mio. t Steinkohle bezogen auf den Verwendungszustand zugef¨ uhrt. Bei 8760 Jahresbetriebsstunden betr¨ agt damit der abgegebene W¨ armestrom Q˙ = ΔH˙ = −3, 22 · 109 kg B/(8760 · 3600s) · 26244 kJ/kg B = −2680 MW . Dieser W¨ armestrom wird vom heißen Rauchgas an das Wasser abgegeben. Der Abgasverlust des Dampferzeugers ist derjenige Energiestrom, der mit dem heißen Abgas ungenutzt in die Umgebung str¨ omt. Bezogen auf den Heizwert ergibt er sich im betrachteten Fall zu

240

4 Die Energiebilanz 1756 υ [hV (tV ) − hV (tu )] = 0, 063 . = Hu 28000

a=

Der Kesselwirkungsgrad ηK bezeichnet den Anteil der eingesetzten Prim¨ arenergie, der dem gew¨ unschten Nutzeffekt, also dem W¨ armestrom Q˙ zugute kommt und betr¨ agt demnach ηK =

Q˙ = 1 − a = 0, 937 . m ˙ B Hu

Der Dampferzeuger des betrachteten Steinkohlekraftwerks nutzt somit den Heizwert des Brennstoffs zu 94 % aus. Praktisch treten auch W¨ armeverluste u ¨ ber die festen W¨ ande auf, die hier wegen der Annahme eines insgesamt adiabaten Kessels nicht ber¨ ucksichtigt sind. Sie reduzieren den Kesselwirkungsgrad um wenige Prozentpunkte. Weitere geringf¨ ugige Einbußen des Kesselwirkungsgrades ergeben sich bei realen Kesseln durch den heißen Ascheaustrag sowie durch unvollst¨ andige Verbrennung und Dissoziationsreaktionen.

Auch die Prozesse in gek¨ uhlten Motoren sind station¨are Fließprozesse mit chemischen Reaktionen, wobei hier die Prozessenergien W¨arme und Arbeit gemeinsam beteiligt sind. Beispiel 4.25 Ein Blockheizkraftwerk (BHKW), z.B. ein Verbrennungsmotor mit Einrichtungen zur Auskopplung von W¨ arme aus dem heißen Abgas und aus dem aufgeheizten K¨ uhlmittel, wandelt die innere Energie eines Brennstoffs in technische Arbeit, W¨ arme und Enthalpiestr¨ ome von Abgas und K¨ uhlmittel um. Ein spezielles BHKW werde mit Methan (m ˙ CH4 = 118 kg/h) betrieben, das mit dem f¨ ur eine Verbrennung erforderlichen Mindestluftstrom vollst¨ andig verbrannt wird. Die technische Leistung betr¨ agt Pt = 0,6 MW. Welche W¨ arme kann aus dem BHKW ausgekoppelt werden, wenn Methan und Luft mit t0 = 25◦ C zugef¨ uhrt werden und das Abgas nach der W¨ armeauskopplung eine Temperatur von 400 K hat? L¨ osung Abb. B 4.25.1 zeigt das Schema des BHKW. Die Energiebilanz lautet, wenn ¨ außere Energien wiederum vernachl¨ assigt werden,

m m

IP t I .

.

C H 4

m

. A G

L

. IQ I Abb. B 4.25.1. Schema des Blockheizkraftwerks

4.4 Energiebilanzen bei chemischen Zustands¨ anderungen

241

Pt + Q˙ = ΔH˙ . uhrt werden, schreiben wir explizit Da hier Pt und Q˙ aus dem System abgef¨ ˙ . 0 = ΔH˙ + |Pt | + |Q| Wir ben¨ otigen einen Zahlenwert f¨ ur die Enthalpiedifferenz. Die Bruttoreaktionsgleichung der vollst¨ andigen Verbrennung von Methan lautet CH4 + 2 O2 → CO2 + 2 H2 O . Mit der Mindestluftmenge folgt daraus, wenn 1 mol Luft aus 0,21 mol Sauerstoff und 0,79 mol Stickstoff bestehen, CH4 +

2 2 (0, 21 O2 + 0, 79 N2 ) → CO2 + 2 H2 O + 0, 79 N2 . 0, 21 0, 21

Dies ist die Stoffmengenbilanz des Blockheizkraftwerks. Auf der linken Seite steht das eintretende Luft/Brennstoff-Gemisch, auf der rechten Seite das austretende Verbrennungsgas. Damit lautet die Enthalpie¨ anderung pro mol CH4 , wenn wir das Stoffmodell des idealen Gasgemisches verwenden, ig 0 ig ig 0 Δh = hig CO2 (400 K) − hCO2 (t ) + 2 hH2 O (400 K) − hH2 O (t ) ig 0 ig 0 ig 0 ig 0 + 7, 52 hig N2 (400 K) − hN2 (t ) + hCO2 (t ) + 2hH2 O (t ) + 7, 52hN2 (t ) 0 ig 0 ig 0 − hig CH4 (t ) − 2hO2 (t ) − 7, 52hN2 (t ) = (Δh)therm + (Δh)chem .

F¨ ur den thermischen Anteil zur Enthalpiedifferenz ergibt sich mit Tabelle A3 im Anhang A (Δh)therm = 4008 + 2 · 3452 + 7, 52 · 2971 = 33254 J/mol CH4 . F¨ ur den chemischen Anteil zur Enthalpiedifferenz folgt unter Verwendung der Standardbildungsenthalpien der Tabelle A2 0 ig 0 ig 0 ig 0 (Δh)chem = hig CO2 (t ) + 2hH2 O (t ) − hCH4 (t ) − 2hO2 (t ) f,0 f,0 = Δhf,0 CO2 (g) + 2ΔhH2 O (g) − ΔhCH4 (g)

= −393522 − 2 · 241827 + 74873 = −802303 J/mol CH4 . Ein Massenstrom m ˙ CH4 = 118 kg/h entspricht einem Stoffmengenstrom von n˙ CH4 =

118 1000 = 2, 04 mol/s . 16, 043 3600

Damit ergibt sich die Enthalpiestromdifferenz zu ΔH˙ = n˙ CH4 Δh = 2, 04 [33254 − 802303] W = −1, 57 MW . Der von dem BHKW abgegebene W¨ armestrom betr¨ agt daher ˙ = −ΔH˙ − |Pt | = 1, 57 − 0, 6 = 0, 97 MW . |Q| F¨ ur den Fall vollst¨ andig vermiedener W¨ armeverluste u ande re¨ ber die festen W¨ pr¨ asentiert dieser Wert den W¨ armestrom, der insgesamt aus dem heißen Abgas und dem K¨ uhlmittel f¨ ur Nutzzwecke ausgekoppelt werden kann. Die zugeh¨ origen Temperaturen der beiden W¨ armestr¨ ome sind in der Regel unterschiedlich.

242

4 Die Energiebilanz

4.5 Das Energieflussbild Das Prinzip der Energieerhaltung wird durch die Energiebilanzgleichung als mathematische Beziehung zwischen den Prozessgr¨oßen W¨arme und Arbeit auf der einen Seite und der Differenz von innerer Energie bzw. Enthalpie sowie einer Differenz von ¨ außeren Energien auf der anderen Seite gefasst. Die außeren Energien k¨ onnen oft vernachl¨ assigt werden. Ein Quell- oder Senken¨ term existiert f¨ ur die Energie nicht. Der Erhaltungssatz der Energie ist eine wertvolle Leitlinie bei der Analyse von Energieumwandlungen. Seine graphische Darstellung durch ein Energieflussbild in Form eines so genannten Sankey-Diagrammes vermittelt einen anschaulichen Eindruck vom Energiedurchsatz eines Prozesses. In einem solchen Energieflussbild werden den einzelnen Energiestr¨omen Pfeile zugeordnet, die in eine Anlage hinein bzw. aus ihr herausf¨ uhren und in ihrer Breite der Energiemenge entsprechen. Abb. 4.30 zeigt schematisch das Energieflussbild des in Abb. 3.3 dargestellten einfachen Heizkraftwerkes, dessen Massenflussbild in Abb. 3.4 gezeigt ist. Die Zustandsgr¨ oßen an den einzelnen Zustandspunkten

Q

.

= 1 4 9 ,6

K e s s e l 1 7 5 ,1

D a m p ftu r b in e

F e rn w ä rm e

Q

2 6 ,4 . F W

8 8 ,5

2 4 ,8

P u m p e

1 1 4 ,9

3 5 ,4 P

t

2 5 ,5

K o n d e n s a to r 7

0 ,5 7 ,5

2 6 ,2

V o rw ä rm e r

Q

. 0

8 ,4

Abb. 4.30. Energieflussbild des Wasser-Dampf-Kreislaufs eines Heizkraftwerkes (Zahlen in MW)

sind in der Tabelle 4.1 zusammengestellt. Der Anlage wird ein W¨armestrom Q˙ von 149,6 MW zugef¨ uhrt. Die Turbine leistet eine technische Arbeit von 35,4 MW, wovon

4.5 Das Energieflussbild

243

Tabelle 4.1. Zustandsgr¨ oßen des Wasser/Dampf-Kreislaufs eines Heizkraftwerks Zustandspunkt 1 2 3 4 5 6 7 8 9

Massenstrom kg/s 51 11 51 51 51 40 40 40 40

Temperatur ◦ C 500,0 32,9 32,9 34 118,6 208,6 151,9 50 32,9

Druck bar 50,00 0,05 0,05 50,00 50,00 5,00 5,00 5,00 0,05

Enthalpie kJ/kg 3433,8 2256,4 137,8 146,9 501,3 2873,6 661,2 209,3 209,3

0,5 MW zum Antrieb der Speisepumpe in den Prozess zur¨ uckgef¨ uhrt werden. Damit ist die als Nettoeffekt abgegebene technische Arbeit 34,9 MW. Der uhrt. Im KonFernw¨ arme wird ein W¨ armestrom von Q˙ FW = 88,5 MW zugef¨ densator wird ein W¨ armestrom von 26,2 MW an die Umgebung abgef¨ uhrt. F¨ ur die Prozessenergiestr¨ ome W¨ arme und Arbeit lassen sich eindeutige Zahlenwerte angeben. Dies ist bei Enthalpiestr¨ omen nicht ohne Weiteres m¨oglich, da die Enthalpie wie die innere Energie einen willk¨ urlichen Nullpunkt hat. Bei Stoffstr¨ omen, die wie die des in Abb. 4.30 gezeigten Wasser-/DampfKreislaufs im Kreis gef¨ uhrt werden, also den Prozess nicht verlassen, ist dies ohne Belang. Die Bilanzen sind unabh¨ angig von der Wahl des Nullpunkts. In Abb. 4.30 wurde der Energienullpunkt der Wasserdampftafel zu Grunde atzlich problematisch wird die gelegt, also uH2 O (0, 01◦ C) = 0 kJ/kg. Grunds¨ Nullpunktsvereinbarung f¨ ur Stoffstr¨ ome, die den Prozess verlassen. In Industriebetrieben wird die Prozessw¨ armeversorgung h¨aufig u ¨ ber Dampf realisiert. So k¨ onnte der aus der Dampfturbine mit dem Zustand 6 entlassene Dampf einer 5 bar-Dampfschiene zugef¨ uhrt werden. Seine Darstellung im Energieflussbild w¨ urde dann als W¨ armestrom vorgenommen, indem er auf die Umgeurde. Dem Dampf im Zustand bungstemperatur, z.B. tu = 15◦ C, bezogen w¨ 6 k¨ ame dann ein W¨ armestrom von Q˙ AB = 40(63, 0 − 2873, 6) = −112, 4 MW zu, der auch als Abw¨ armestrom bezeichnet wird. Diese Bezeichnung ist thermodynamisch streng falsch, da der Dampfstrom im Zustand 6 energetisch kein W¨ armestrom ist, sondern eben ein Enthalpiestrom, der z.B. auf Grund seines Druckes von 5 bar auch Arbeit leisten k¨onnte. Sie ist aber im Hinblick auf die praktische Nutzung als Lieferant von Prozessw¨arme in der Regel unsch¨ adlich. Das nach dieser Nutzung verbleibende Druckpotenzial im Kondensat wird praktisch nicht in Arbeit umgewandelt, sondern entlastet die Speisepumpe bei der erneuten Erzeugung von Hochdruckdampf. Grunds¨ atzlich un¨ ubersichtlich wird das Energieflussbild, wenn Stoffstr¨ ome energetisch darzustellen sind, die chemische Umwandlungen erfahren. Im Allgemeinen m¨ ussen dann die Enthalpien auf die der beteiligten Elemente im Standardzustand umgerechnet werden, wobei z.B. einem Wasserstrom ein hoher negativer Enthalpiestrom zuzurechnen w¨are. Lediglich f¨ ur Verbren-

244

4 Die Energiebilanz

nungsprozesse l¨ asst sich dann mit Hilfe des Heizwertes die Energiebilanz anschaulich grafisch darstellen. F¨ ur allgemeine thermochemische Prozesse hat sich demgegen¨ uber die Darstellung der detaillierten Energiebilanz in Form eines Energieflussbildes nicht durchgesetzt.

4.6 Kontrollfragen 4.1 Man berechne den Heizwert von Methan aus vertafelten Standardbildungsenthalpien! 4.2 Welche j¨ ahrliche Energiemenge in MWh ben¨ otigt die Heizung eines Einfamilienhauses, welches in diesem Zeitraum 2000 m3 Erdgas bei Normalbedingungen verbraucht (Hu = 36000 kJ/m3n )? 4.3 In ein feuchtes Gas von tG = 100◦ C und ϕ = 0,5 wird Wasserdampf von tD = 100◦ C eingespritzt, bis die relative Feuchte ϕ= 0,7 betr¨ agt. In welcher Weise ¨ andert sich bei diesem Prozess die Temperatur tG ? 4.4 In den Niagara-F¨ allen f¨ allt das Wasser mit einem Volumenstrom von V˙ W = 5400 m3 /s ca. 100 m tief. Wie viele Auto-Motoren mit einer Leistung von jeweils Pt,Mot = 100 kW w¨ urden ben¨ otigt, um das Wasser in einem station¨ aren Prozess verlustfrei wieder auf die urspr¨ ungliche H¨ ohe zu pumpen? 4.5 Man berechne die Reaktionsenthalpie der Reaktion von Eisen (Fe) zu Eisenoxid (Fe2 O3 ) bei Standardbedingungen! 4.6 Wie lautet der Zusammenhang zwischen Kolbenarbeit und Volumen¨ anderungsarbeit? 4.7 Nach welcher Beziehung l¨ asst sich die Mindestarbeit zur Kompression eines Gases berechnen? 4.8 L¨ asst sich die innere Energie eines von adiabaten W¨ anden umgebenen Gases verringern? Wenn ja, auf welche Weise? 4.9 Wie lautet die allgemeine Beziehung f¨ ur die Enthalpiedifferenz bei chemischen Stoffumwandlungen? 4.10 In einem adiabaten Beh¨ alter befinden sich 0,1 kg Wasser. Ein im Beh¨ alter befindlicher R¨ uhrer wird u ¨ ber ein verlustfreies Rollensystem durch ein herab sinkendes Gewicht (m = 10 kg) angetrieben. Wenn das Gewicht 10 m gesunken ist, wird eine Temperaturerh¨ ohung des Wassers um 2,35 K gemessen. Man sch¨ atze daraus die W¨ armekapazit¨ at von Wasser ab! 4.11 Um welchen Betrag in kJ/kg unterscheiden sich der Heizwert und der Brennwert von Holz der Zusammensetzung wC = 0, 4, wH2 = 0, 05, wO2 = 0, 35, wH2 O = 0, 2? 4.12 Wie groß ist der Heizwert von CO2 ? ¨ 4.13 Zwei ideale Gase gleicher Temperatur werden miteinander vermischt. Andert sich die Temperatur, und wenn ja, wie? ¨ 4.14 Fl¨ ussiges Wasser wird in Luft derselben Temperatur eingespritzt. Andert sich die Temperatur, und wenn ja, wie? 4.15 Auf welche tiefste Temperatur kann ein Strom feuchter Luft (t = 20◦ C, ϕ = 0, 6) durch Zugabe von fl¨ ussigem Wasser abgek¨ uhlt werden? (Man verwende das h1+x , x- Diagramm!)

4.6 Kontrollfragen

245

4.16 Ben¨ otigt man f¨ ur die Verdichtung eines Gases bei adiabater oder bei isothermer Zustands¨ anderung mehr Arbeit? 4.17 Was ist die Standardbildungsenthalpie einer Verbindung und wozu wird sie ben¨ otigt? 4.18 Warum empfindet man in geheizten R¨ aumen im Winter die Luft als trocken? 4.19 H¨ angt der Heizwert eines Brennstoffs davon ab, mit welchem Luftverh¨ altnis die Verbrennung abl¨ auft? 4.20 Was bedeutet bei der Berechnung der Kolbenarbeit die Annahme pa = p? 4.21 Welche Beziehung besteht zwischen Wellenarbeit und technischer Arbeit? 4.22 Was versteht man unter innerer Energie? 4.23 Welche atomistische Interpretation l¨ asst sich f¨ ur den thermischen Anteil der inneren Energie angeben? ¨ 4.24 Wodurch werden Anderungen im thermischen Anteil der inneren Energie herbeigef¨ uhrt? 4.25 Welche atomistische Interpretation erkl¨ art den chemischen Anteil der inneren Energie? 4.26 Was ist Enthalpie und welcher Zusammenhang besteht zwischen der inneren Energie und der Enthalpie? 4.27 Was ist W¨ arme? 4.28 Welche Formen von an Materie gebundenen W¨ armetransfer u ¨ ber die Systemgrenzen gibt es? 4.29 Warum l¨ asst sich die Enthalpiedifferenz in idealen Gasen auch dann ucken, wenn die Zustands¨ anderung mit einer durch dh = cig p dT ausdr¨ Druck¨ anderung verbunden ist, z.B. in einer Turbine oder einem Verdichter? 4.30 Welche allgemeine Beziehung besteht zwischen der molaren isobaren und molaren isochoren W¨ armekapazit¨ at eines idealen Gases? 4.31 Welche allgemeine Beziehung besteht zwischen der isobaren und isochoren W¨ armekapazit¨ at einer idealen Fl¨ ussigkeit? 4.32 In welcher Beziehung stehen die partiellen inneren Energien und Enthalpien der Komponenten eines idealen Gasgemisches zu den entsprechenden Reinstoffwerten? 4.33 Welche Wahl wird f¨ ur die Enthalpienullpunkte von Luft und Wasser im idealen Gas-/Dampf-Gemisch feuchter Luft getroffen? 4.34 In welcher Beziehung stehen die partiellen inneren Energien und Enthalpien der Komponenten einer idealen L¨ osung zu den entsprechenden Reinstoffwerten? 4.35 Wie ist die Mischungsenthalpie als Korrektur des Stoffmodells der idealen L¨ osung definiert und in welcher Beziehung steht sie zur Exzessenthalpie? 4.36 Wenn 2 fl¨ ussige Reinstoffe bei gleicher Temperatur ein Gemisch mit einer negativen Mischungsenthalpie bilden, k¨ uhlen sie sich dann bei adiabatem Vermischen ab oder erw¨ armen sie sich? 4.37 In welcher Beziehung steht die partielle Enthalpie einer Komponente i in einer ideal verd¨ unnten L¨ osung zu der experimentell zug¨ anglichen Enthalpie der realen L¨ osung? 4.38 Wie h¨ angt die L¨ osungsenthalpie bei der L¨ osung einer Komponente in Wasser mit den Bildungsenthalpien dieser Komponente als Reinstoff und im gel¨ osten Zustand zusammen, wenn die L¨ osung als ideal verd¨ unnte L¨ osung modelliert werden darf?

246

4 Die Energiebilanz

4.39 Wie berechnet man den chemischen Anteil der Enthalpie¨ anderung? 4.40 Welche besondere Stoffgr¨ oße wird zur Berechnung des chemischen Anteils der Enthalpie¨ anderung bei Verbrennungsprozessen eingef¨ uhrt? 4.41 Wie berechnet man den chemischen Anteil der Enthalpie¨ anderung unter Verwendung des Heizwertes? 4.42 Ist die Energiebilanz f¨ ur station¨ are Fließprozesse auch f¨ ur chemische Umwandlungen g¨ ultig?

4.7 Aufgaben Aufgabe 4.1 Ein K¨ orper mit der Masse m = 0,2 kg f¨ allt im Schwerefeld der Erde (g = 9,81 m/s2 ) von der H¨ ohe z1 = 250 m, wo er die Geschwindigkeit c1 = 0 m/s hat, auf die H¨ ohe z2 = 3 m und erreicht dabei die Geschwindigkeit c2 = 60 m/s. Man berechne unter Vernachl¨ assigung der nicht-mechanischen Energieformen die Reibarbeit, die ¨ der K¨ orper zur Uberwindung des Luftwiderstandes leisten muss.

Aufgabe 4.2 In einem horizontal liegenden Zylinder, der von einem beweglichen Kolben abgeschlossen wird, expandiert ein ideales Gas vom Druck p1 = 0, 5 MPa bei einem Volumen V1 = 0, 1 m3 auf p2 = 0, 2 MPa. Die Zustands¨ anderung l¨ auft isotherm ab. Der Umgebungsdruck betr¨ agt pu = 0, 1 MPa. Welche Arbeit gibt der Kolben an die Umgebung ab?

Aufgabe 4.3 Der Rotorwelle eines Gasverdichters wird bei einer Drehzahl von n = 700 min−1 eine Leistung von P = 1, 2 kW zugef¨ uhrt. Wie groß das u ¨ bertragene Drehmoment?

Aufgabe 4.4 Ein Strom Helium (n˙ = 1 mol/s, M = 4, 0026 g/mol) str¨ omt mit einer Geschwindigkeit von 10 m/s bei einem Druck von 1 bar und einer Temperatur von 20◦ C durch eine Rohrleitung (waagerechte H¨ ohe h = 1 m). Man berechne f¨ ur den Bezugszustand 0 (T0 = 273,15 K; z0 = 0 m und c0 = 0 m/s) den Strom der inneren Energie, der Enthalpie und der ¨ außeren Energie sowie den gesamten Energiestrom des Heliums. Zur Berechnung der inneren Energie verwende man das Billardkugelmodell.

Aufgabe 4.5 F¨ ur die Isolierverglasung eines modernen Geb¨ audes wird vom Hersteller ein W¨ armedurchgangskoeffizient k = 1,2 W/(m2 K) angegeben. An einem Wintertag betr¨ agt die Geb¨ audeinnentemperatur ti = 21◦ C, die Umgebungstemperatur tu = ◦ 0 C. Wie groß ist der auf die Fl¨ ache der Fenster bezogenen W¨ armestrom, der an die Umgebung abgegeben wird?

4.7 Aufgaben

247

Aufgabe 4.6 Ein Wasserdampfstrom von m ˙ = 150 kg/s tritt mit einer Temperatur von te = 200◦ C und einem Druck von pe = 3 bar in einen Kondensator ein und wird dort isobar teilweise kondensiert. Der austretende Nassdampfstrom hat einen Dampfgehalt von xa = 0, 235. Wie groß ist die Enthalpie¨ anderung des Fluids im Kondensator?

Aufgabe 4.7 Ein Abgasstrom von 423 kmol/h besteht aus den Komponenten Kohlendioxid (CO2 ), Kohlenmonoxid (CO), Wasser (H2 O), Sauerstoff (O2 ) und Stickstoff (N2 ). Die Zusammensetzung in Stoffmengenanteilen lautet: xCO2 = 0, 0899, xCO = 0, 0345, xH2 O = 0, 1206, xO2 = 0, 0264, xN2 = 0, 7286 . Man berechne die Enthalpie¨ anderung des Abgasstroms, wenn dieser von 1100 K auf 400 K abgek¨ uhlt wird und als ideales Gasgemisch betrachtet werden kann.

Aufgabe 4.8 Der K¨ uhlturm eines Kraftwerkes ist als Nassk¨ uhlturm gestaltet. Der K¨ uhlwasserstrom m ˙ W1 = 2, 5 kg/s wird dem K¨ uhlturm mit einer Tempera-

m L

, p

m

a

L

, p

, te , j e

a

, ta , j a

m 1

W 1

, t1

W 2

, t2

e

e 2

m

tur von t1 = 40◦ C zugef¨ uhrt und unter teilweiser Verdunstung auf eine Temperatur von t2 = 20◦ C abgek¨ uhlt. Von unten wird dem K¨ uhlturm Luft mit dem Zustand (e) (te = 20◦ C, pe = 0, 1 MPa, ϕe = 0, 49) zugef¨ uhrt, die die verdunstende Wassermenge aufnimmt und den K¨ uhlturm im Zustand (a) mit ta = 30◦ C, pa = 95 kPa, ϕa = 0, 8 verl¨ asst. Der K¨ uhlturm ist nach außen adiabat, d.h. es wird keine ¨ W¨ arme zu- oder abgef¨ uhrt. Außere Energieformen sind zu vernachl¨ assigen. Man berechne mit Hilfe von Enthalpie- und Massenbilanz den Massenstrom m ˙ L der trockenen Luft und den im K¨ uhlturm verdunstenden Massenstrom Δm ˙ W des Wassers.

248

4 Die Energiebilanz

Aufgabe 4.9 Einer stetigen Destillation werden n˙ F = 1 mol/s eines fl¨ ussigen Gemisches aus Toluol (1) und Benzol (2) mit einer Temperatur von tF = 60◦ C zugef¨ uhrt. In diesem Feedstrom betr¨ agt der Stoffmengenanteil an Benzol xF = 0, 5. Man berechne ¨ die Anderung der Enthalpie, wenn die Destillation mit einer Dampfausbeute von ν = 0, 5 durchgef¨ uhrt wird, die Temperatur von Produkt- und R¨ uckstandstrom t = 85◦ C betr¨ agt und der Benzol-Stoffmengenanteil im Produktstrom bei x = 0, 6 liegt. Stoffdaten:

r01 (85◦ C) = 33, 18 kJ/mol r02 (85◦ C) = 30, 76 kJ/mol

clp01 = 156 J/mol K clp02 = 136 J/mol K

Aufgabe 4.10 Einem Chemiereaktor werden die Stoffmengenstr¨ ome von n˙ CH4 = 1 mol/s und n˙ H2 O = 2 mol/s zugef¨ uhrt. F¨ ur die im Reaktor ablaufenden chemischen Stoffumwandlungen k¨ onnen folgende Bruttoreaktionsgleichungen aufgestellt werden: CH4 + H2 O  CO + 3 H2 CO + H2 O  CO2 + H2 Die Edukte werden dem Reaktor bei einer Temperatur von TE = 600 K zugef¨ uhrt. Das Methan wird bei der Reaktion vollst¨ andig umgesetzt. Der Produktstrom verl¨ asst den Reaktor mit einer Temperatur von TP = 1300 K, wobei der Stoffmengenanteil von Kohlenmonoxid xCO = 0,174 betr¨ agt. a) Man berechne die den Reaktor verlassenden Stoffmengenstr¨ ome mit Hilfe von Reaktionslaufzahlen. b) Man berechne die Enthalpiestrom¨ anderung ΔH˙ des Prozesses.

Aufgabe 4.11 L Heiz¨ ol EL wird mit Luft (xL andig O2 = 0, 21 , xN2 = 0, 79) bei λ = 1, 5 vollst¨ verbrannt. Die Zusammensetzung des Heiz¨ ols ergibt sich aus einer Elementaranalyse zu:

wC = 0, 86, wH2 = 0, 13, wS = 0, 01 ol und VerbrennungsDer Heizwert des Heiz¨ ols betr¨ agt Hu (25◦ C)=42 MJ/kg. Heiz¨ luft werden bei tL = tB = 25◦ C zugef¨ uhrt. a) Man stelle die auf die Masse des eingesetzten Brennstoffes bezogene Bruttoreaktionsgleichung auf und berechne die Zusammensetzung des Verbrennungsgases in Stoffmengenanteilen. b) Wie groß ist die adiabate Verbrennungstemperatur? Molmassen: MC = 12, 011 kg/kmol, MH2 = 2, 016 kg/kmol, MS = 32, 064 kg/kmol

4.7 Aufgaben

249

Aufgabe 4.12 In einer Feuerung wird ein gasf¨ ormiges Brennstoffgemisch aus 70 Vol-% Propan (C3 H8 ) und 30 Vol.-% Butan (C4 H10 ) mit feuchter Luft isobar bei p = 1 bar vollst¨ andig verbrannt. Die relative Feuchte der Luft betr¨ agt ϕ = 0, 6. Die ZusamL mensetzung der trockenen Luft kann zu xL O2 = 0, 21 und xN2 = 0, 79 angenommen werden. Das Luftverh¨ altnis betr¨ agt λ = 1, 2 und der Stoffmengenstrom des Brennstoffgemisches 4 mol/s. Das Verbrennungsgas tritt mit TV1 = 800 K aus der Feuerung aus. Brennstoff und Luft werden bei T 0 = 298, 15 K zugef¨ uhrt. Luft, Brennstoff und Abgas k¨ onnen als ideale Gasgemische betrachtet werden. a) Man berechne die Zusammensetzung des Verbrennungsgases in Stoffmengenanteilen. b) Das Verbrennungsgas soll in einem nachgeschalteten W¨ arme¨ ubertrager soweit abgek¨ uhlt werden, dass 60 % des Wasserdampfes kondensiert werden. Wie groß ist die Temperatur TV2 des Abgases am Austritt des W¨ arme¨ ubertragers und die Enthalpiestrom¨ anderung, die das Abgas im W¨ arme¨ ubertrager erf¨ ahrt?

Aufgabe 4.13 Ein adiabater Beh¨ alter mit einem Volumen V = 50 l ist zum Zeitpunkt 1 mit trocken ges¨ attigtem Wasserdampf gef¨ ullt, der Druck im Beh¨ alter betr¨ agt dabei ¨ 10 bar. Nach Offnen eines Ventils hat sich zum Zeitpunkt 2 ein Druckausgleich mit der Umgebung (pU = 1 bar) eingestellt, im Beh¨ alter befindet sich dann Nassdampf mit einem Dampfgehalt von x2 = 0, 8729. a) Wie groß ist die Masse, die sich zum Zeitpunkt 1 im Beh¨ alter befindet? b) Wie groß ist die bis zum Zeitpunkt 2 aus dem Beh¨ alter ausgestr¨ omte Masse? c) Man bestimme die Temperatur und die innere Energie des Wassers zu den Zeitpunkten 1 und 2.

Aufgabe 4.14 Ein Volumenstrom feuchter Luft (V˙ 1 = 1 m3 /s , t1 = 40◦ C) mit einer Wasserbeladung x1 = 0, 045 soll beim Druck p = 1 bar durch isobare K¨ uhlung auf eine Wasserbeladung von x2 = 0, 015 getrocknet werden. Man berechne a) die relative Feuchte ϕ1 der Luft im Zustand 1, b) den Massenstrom m ˙ L der trockenen Luft, c) die abzuscheidende Wassermasse, d) die Temperatur, auf die die Luft zur Trocknung gek¨ uhlt werden muss, e) die Enthalpie¨ anderung der feuchten Luft bei der Trocknung (bezogen auf den Massenstrom der trockenen Luft). Molmassen: MW = 18, 015 kg/kmol, ML = 28, 963 kg/kmol

Aufgabe 4.15 L In der Brennkammer einer Gasturbine wird Methan mit Luft (xL O2 = 0, 21, xN2 = 0, 79) vollst¨ andig verbrannt. Der Brennstoff wird der Brennkammer mit einer Temperatur von tB = 25◦ C zugef¨ uhrt, die Eintrittstemperatur der Luft betr¨ agt TL = 500 K. Bei T 0 = 298, 15 K wird der molare Heizwert von Methan mit Hu (T 0 ) = 802, 3 kJ/mol angegeben. Luft, Brennstoff und Abgas k¨ onnen als ideale Gasgemische bzw. ideale Gase betrachtet werden.

250

4 Die Energiebilanz

a) Man stelle die auf die Stoffmenge des Methans bezogenene Bruttoraktionsgleichung auf und bestimme den molaren minimalen Luftbedarf. b) Mit welchem Luftverh¨ altnis muss die Verbrennung durchgef¨ uhrt werden, wenn die adiabate Verbrennungstemperatur Tad = 1200 K betragen soll?

Aufgabe 4.16 Ein Gasheizkessel wird mit einem Gemisch aus Erdgas und Wasserstoff im molaren Verh¨ altnis 1:1 betrieben. Die Zusammensetzung des Erdgases betr¨ agt xCH4 = 0, 9, xC2 H4 = 0, 09, xN2 = 0, 01 . Das Gemisch (n˙ = 1 mol/s) wird mit einem Luftverh¨ altnis von λ = 1, 1 bei einem Druck von p = 1 bar verbrannt. Wasserstoff, Erdgas und Verbrennungsluft werden bei 25◦ C zugef¨ uhrt, die Verbrennungsprodukte verlassen den Kessel bei 45◦ C. a) Man bestimme die Heizwerte f¨ ur die brennbaren Gemischkomponenten sowie den Heizwert des Gemisches bei jeweils 25◦ C. b) Man stelle die auf die Stoffmenge des eingesetzten Brenngasgemisches bezogene Bruttoreaktionsgleichung auf und berechne den Luftbedarf (in mol L/mol B) der Verbrennung sowie die Zusammensetzung des Verbrennungsgases in Stoffmengenanteilen. c) Wie groß ist die auf die Stoffmenge des eingesetzten Brenngasgemisches bezogenene Kondensatmenge (in mol H2 O/mol B), die bei der Kesselaustrittstemperatur anf¨ allt? d) Man berechne die Enthalpiestrom¨ anderung.

Aufgabe 4.17 Ein adiabater Verdichter saugt einen Volumenstrom von V˙ 1 = 120 m3 /h Luft bei einer Temperatur von t1 = 17◦ C und einem Druck von p1 = 1 bar an und komprimiert ihn auf V˙ 2 = 26 m3 /h bei einem Druck von p2 = 9 bar. a) Man berechne die Austrittstemperatur T2 der Luft aus dem Verdichter. b) Man berechne die technische Leistung, die f¨ ur die Verdichtung aufgebracht werden muss. Die Luft kann als ideales Gas (xO2 = 0, 21, xN2 = 0, 79) mit konstanter W¨ armekapazit¨ at betrachtet werden.

Aufgabe 4.18 Ein Wasserdampfstrom von p1 = 175 bar und t1 = 500◦ C wird im Hochdruckteil einer adiabaten Dampfturbine auf p2 = 35 bar und t2 = 300◦ C entspannt. Anschließend wird er in einem Zwischen¨ uberhitzer auf t3 = 500◦ C erhitzt. Der Druckverlust im Zwischen¨ uberhitzer betr¨ agt p2 − p3 = 2, 5 bar. Im Niederdruckteil der Turbine findet eine Entspannung auf p4 = 0, 1 bar bei einem Dampfgehalt von x4 = 0, 96 statt. Man berechne die abgegebenen spezifischen Arbeiten im Hoch- und Niederdruckteil der Turbine sowie die im Zwischen¨ uberhitzer zugef¨ uhrte spezifische W¨ armemenge.

4.7 Aufgaben

251

Z Ü

2

3 q

H D

(w

1 2

2 3

)

N D

(w

t

1

3 4

) t

4

Aufgabe 4.19 Ein Massenstrom von m ˙ 1 = 2, 02 kg/s feuchter Luft vom Zustand 1 (t1 = 15◦ C, p1 = 1 bar, ϕ1 = 0, 8) wird adiabat auf p2 = 3 bar verdichtet, wobei die Temperatur auf t2 = 230◦ C ansteigt. Anschließend wird die Luft isobar auf t3 = 25◦ C gek¨ uhlt. In einem adiabaten und isobaren Abscheider wird das kondensierte Wasser (Zustand 5) abgezogen. a) Man berechne die relative Feuchte ϕ2 der Luft hinter dem Verdichter. b) Wie groß ist die im Verdichter zugef¨ uhrte Leistung (P12 )t ? c) Wie groß ist der abzuscheidende Wassermassenstrom m ˙ 5? d) Man berechne den im R¨ uckk¨ uhler u armestrom Q˙ 23 . ¨bertragenen W¨

V e r d ic h te r 1 m

A b s c h e id e r

R ü c k k ü h le r 3 2

4 m

1

(P

1 2

) t

Q

5

m

4

5

2 3

Aufgabe 4.20 In einem Kraftwerk wird der skizzierte Dampfkraftprozess zur Stromerzeugung betrieben. Der Frischdampf vom Zustand 1 (p1 = 17, 5 MPa, t1 = 550◦ C) wird in der adiabaten Turbine auf p2 = 10 kPa und x2 = 0, 857 entspannt. Im nach außen adiabaten Kondensator wird der Dampf vom Zustand 2 durch isobare W¨ armeabfuhr an den K¨ uhlwasserkreislauf gerade vollst¨ andig verfl¨ ussigt. Das K¨ uhlwasser erw¨ armt

252

4 Die Energiebilanz

Q

4 1

D E

4 (P

3 4

)

1 T

| (P

P t

1 2

)t |

K 3

2 5 |Q

2 3

| 6

sich im Kondensator isobar von t5 = 20◦ C auf t6 = 40◦ C. Das Kondensat vom Zustand 3 wird in der adiabaten Speisewasserpumpe (Antriebsleistung (P34 )t = 0, 9 MW) auf den Zustand 4 (p4 = p1 = 17, 5 MPa) gebracht. Im anschließenden Dampferzeuger wird isobar Frischdampf vom Zustand 1 erzeugt. Der Massenstrom im Dampfkreislauf betr¨ agt m ˙ = 50 kg/s. Man berechne: a) die Turbinenleistung (P12 )t , b) den im Kondensator abgef¨ uhrten W¨ armestrom Q˙ 23 und den Massenstrom m ˙K im K¨ uhlwasserkreislauf, c) den im Dampferzeuger zugef¨ uhrten W¨ armestrom Q˙ 41 , d) den thermischen Wirkungsgrad ηtherm des Prozesses.

Aufgabe 4.21 Zur Lagerung von Lebensmitteln soll in einem Haushaltsgefrierschrank eine K¨ uhltemperatur von −20◦ C aufrecht gehalten werden. Dazu wird dem Gefrierschrank bei einer Umgebungstemperatur von 15◦ C mit einer Kompressionsk¨ altemaschine ein W¨ armestrom von 120 W entzogen. In der K¨ altemaschine durchl¨ auft hierzu das K¨ altemittel R 134a den folgenden Kreisprozess: 1→2 2→3 3→4 4→5 5→6 6→1

Verdichtung des u ¨ berhitzten Dampfes von p1 = 1, 067 bar auf p2 = 13, 171 bar und t2 = 80◦ C, wobei der Verdichter einen W¨ armestrom von 65 W an die Umgebung abgibt isobare W¨ armeabfuhr, bis das K¨ altemittel gerade vollst¨ andig kondensiert ist isobare Unterk¨ uhlung der Fl¨ ussigkeit auf t4 = 25◦ C durch Abgabe von |q34 | = |q61 | an den K¨ altemitteldampf (6 → 1) in einem nach außen adiabaten W¨ arme¨ ubertrager adiabate Drosselung auf p5 = p1 = 1, 067 bar gerade vollst¨ andige Verdampfung des K¨ altemittels durch Aufnahme des W¨ armestroms aus dem Gefrierschrank ¨ isobare Uberhitzung des Dampfes auf t1 durch Aufnahme von |q61 | = |q34 | im adiabaten W¨ arme¨ ubertrager.

a) Man berechne die Temperatur t1 . b) Wie groß ist der K¨ altemittel-Massenstrom m? ˙

4.7 Aufgaben

253

c) Welche Leistung muss dem Verdichter zugef¨ uhrt werden? altemaschine. d) Man bestimme die Leistungsziffer 0 der K¨ Stoffwerte von R 134a t ◦ C -30 -25 -20

S¨ attigungszustand p h h bar kJ/kg kJ/kg 0,848 161,40 379,18 1,067 167,59 382,34 1,330 173,88 385,48

40 50 60

10,160 13,171 16,811

256,11 271,02 286,53

418,33 422,41 425,76

¨ Uberhitzter Dampf p = 1,067 bar p = 13,171 bar t h t h ◦ ◦ C kJ/kg C kJ/kg -10 394,41 60 434,44 0 402,63 70 446,09 10 411,04 80 457,53 20 419,70 90 468,85

F¨ ur die unterk¨ uhlte Fl¨ ussigkeit bei p = 13, 171 bar gilt n¨ aherungsweise c = 1, 46 kgkJK ≈ const.

Aufgabe 4.22 Durch die in einer Klimaanlage konditionierte Luft soll der W¨ armeverlust eines Raumes von Q˙ R = −20000 kJ/h an die Außenluft ausgeglichen, und eine im Raum

kontinuierlich anfallende dampff¨ ormige Feuchtelast m ˙ D mit einer Temperatur von tD = 24◦ C aufgenommen werden. Hierzu wird Außenluft vom Zustand 1 (t1 = −5◦ C, ϕ1 = 40%) mit Umluft vom Zustand 7 im Verh¨ altnis m ˙ L1 /m ˙ L7 = 3/2 adiabat gemischt. Die so vermischte Luft vom Zustand 2 wird darauf in einem Vorw¨ armer so weit erw¨ armt (Zustand 3), dass nach anschließender Befeuchtung mit Wasser von 20◦ C eine relative Feuchte von ϕ4 = 90% vorliegt. Nach anschließender Aufheizung in einem W¨ arme¨ ubertrager hat die in den Raum eintretende Luft die Temperatur t5 = 27◦ C und eine relative Feuchte von ϕ5 = 40%. Die aus dem Raum austretende Luft hat eine relative Feuchte von ϕ6 = 70%. Der Massenstrom der trockenen Luft betr¨ agt m ˙ L5 = 4000 kg/h. Der Gesamtdruck betr¨ agt u ¨berall 1 bar. a) Man skizziere qualitativ den Zustandsverlauf im h1+x , x-Diagramm.

254

4 Die Energiebilanz

ur feuchte Luft den Wassergehalt x6 im b) Man bestimme im h1+x , x-Diagramm f¨ Zustandspunkt 6. c) Wie groß ist der Sattdampfmengenstrom m ˙ D , den die Luft bei der gegebenen W¨ armeabgabe Q˙ R im Raum aufzunehmen vermag, wenn eine relative Feuchte von ϕ6 = 70% nicht u ¨ berschritten werden soll? ˙ W wird d) Wie groß ist der W¨ armestrom Q˙ 23 und welcher Wassermengenstrom m im Befeuchter ben¨ otigt? uhrt werden e) Wie groß ist der W¨ armestrom Q˙ 45 , der nach der Befeuchtung zugef¨ muss?

Aufgabe 4.23 Es wird ein Volumenstrom V˙ 3 = 0, 1 m3 /s feuchter Luft mit einer Temperatur t3 = 30◦ C und einer relativen Luftfeuchte ϕ3 = 1 bei einem Druck von p3 = 1 bar ben¨ otigt. Hierzu wird Umgebungsluft (p1 = 1 bar, t1 = 20◦ C, Taupunkt tT1 = 6◦ C) angesaugt und in einem Lufterhitzer isobar auf die Temperatur t2 erw¨ armt. Danach wird die Luft in einem adiabaten Luftbefeuchter durch Einspritzen von fl¨ ussigem Wasser mit der Temperatur tW = 15◦ C isobar befeuchtet , sodass die Luft anschließend den gew¨ unschten Zustand 3 besitzt. a) Man stelle die Zustands¨ anderungen der feuchten Luft qualitativ in einem h1+x , xDiagramm dar. b) Auf welche Temperatur t2 muss der angesaugte Luftstrom erw¨ armt werden, und wie groß ist der dazu erforderliche W¨ armestrom? c) Alternativ zur beschriebenen Prozessf¨ uhrung k¨ onnte der Zustand 3 auch durch Eind¨ usen von Wasserdampf in erw¨ armte Umgebungsluft von t2∗ = 27◦ C erreicht werden. Bei welchem Druck m¨ usste dazu ges¨ attigter Wasserdampf vorliegen, der nach einer adiabaten Drosselung auf 1 bar isobar mit der Luft vermischt w¨ urde? Man trage auch diese Zustands¨ anderung in das unter a) gezeichnete h1+x , xDiagramm ein.

Aufgabe 4.24 Einem Brenner werden kontinuierlich ein Brennstoffgemisch (n˙ B = 0, 1 kmol/h) Q L u ft

1

H

3 2

p 1= 1 b a r t1= 2 5 ° C

A b g a s fl. W a s s e r

B re n n s to ff B re n n e r

p 2= 1 b a r T 2= 2 0 0 0 K

W ä rm e ü b e rtra g e r

p 3= 1 b a r t3= 2 5 ° C

und Luft bei 25◦ C und 1 bar zugef¨ uhrt. Das Brennstoffgemisch besteht zu 95 Mol% aus Methan (CH4 ) und zu 5 Mol-% aus Ethan (C2 H6 ). Das Brennstoff-LuftGemisch wird isobar, adiabat und vollst¨ andig verbrannt. Das Abgas verl¨ asst den Brenner mit einer Temperatur von T2 = 2000 K. In dem sich anschließenden isobaren W¨ arme¨ ubertrager wird der W¨ armestrom Q˙ H an einen Wasserkreislauf abgegeben. Die Verbrennungsprodukte verlassen den W¨ arme¨ ubertrager mit einer Temperatur t3 = 25◦ C. Der Heizwert des eingesetzten Brennstoffgemisches betr¨ agt 826,65 MJ/kmol.

4.7 Aufgaben

255

a) Man bestimme die Stoffmengenstr¨ ome aller Komponenten im Verbrennungsgas und das Luftverh¨ altnis λ. uhler aus? b) Welcher Stoffmengenstrom des Wassers n˙ H2 O kondensiert im Abgask¨ c) Welcher W¨ armestrom Q˙ H wird an den Wasserkreislauf abgegeben?

Aufgabe 4.25 Eine Trocknungsanlage mit zwei parallel geschalteten Trockenr¨ aumen wird mit einem geschlossenen Luftkreislauf betrieben. Hierf¨ ur wird ein feuchter Luftvolumen-

QA V1=1m³/s t1=35°C Kühler ϕ1=0,8 1

Verdichter

Vorwärmer

2

3

t2=17°C

p3=1bar ϕ3=1

mWA=6g/s twA=50°C

t5=30°C ϕ5=1 5

Trockenraum A

QV

4 M

Q12

mW12

(P23)t

Trockenraum B

Q34 mWB twB=50°C

6 t6=50°C

strom (V˙ 1 = 1 m3 /s) vom Zustand 1 (t1 = 35◦ C, ϕ1 = 0, 8) in einem K¨ uhler auf eine Temperatur von t2 = 17◦ C abgek¨ uhlt, wobei das anfallende fl¨ ussige Wasser vollst¨ andig abgeschieden wird. Im K¨ uhler entsteht ein Druckverlust von ΔpK = 0, 2 bar. Im nachfolgenden Verdichter wird der Luftstrom auf den Druck p3 = 1 bar verdichtet. Hinter dem Verdichter ist der Luftstrom gerade ges¨ attigt. Anschließend wird der Luftstrom in einem Vorw¨ armer erw¨ armt und auf die beiden Trockenr¨ aume aufgeteilt. Im Trockenraum A nimmt der Teilstrom A unter W¨ armeabgabe einen Wassermassenstrom von 6 g pro Sekunde mit einer Temperatur von 50◦ C auf. Am Austritt aus dem Trockenraum A ist der Teilstrom A gerade mit Wasserdampf ges¨ attigt und hat eine Temperatur von 30◦ C. Im adiabaten Trockenraum B nimmt der Teilstrom B Wasser mit einer Temperatur von 50◦ C auf und erreicht am Austritt aus dem Trockenraum B eine Temperatur von t6 = 50◦ C. Schließlich werden die beiden Luftstr¨ ome gemischt, wobei ein W¨ armeverluststrom anderungen im Vorw¨ armer, in den Trockenr¨ aumen und Q˙ V auftritt . Die Zustands¨ ¨ im Mischer sind isobar. Die Anderung der ¨ außeren Energien ist zu vernachl¨ assigen. a) Man bestimme die Zustandsgr¨ oßen Temperatur, Druck, Wasserbeladung und spezifische Enthalpie f¨ ur die Zustandspunkte 1-6. b) Man berechne die W¨ armestr¨ ome Q˙ 12 , Q˙ 34 , Q˙ A und Q˙ V sowie die Wassermassenstr¨ ome m ˙ W12 und m ˙ WB .

Aufgabe 4.26 In einem Gasturbinen-Prozess wird Umgebungsluft auf p2 = 12 bar und t2 = 350◦ C verdichtet. Die verdichtete Luft gelangt dann in die adiabate Brennkammer und wird mit Erdgas, das ebenfalls mit einem Druck von 12 bar, aber einer Temperatur

256

4 Die Energiebilanz

uhrt wird, isobar vebrannt. Das Erdgas habe die Zusammensetvon nur 25◦ C zugef¨ zung xCH4 = 0, 955; xC2 H6 = 0, 025; xH2 = 0, 02. Die Heizwerte der Komponenten betragen: Hu,CH4 = 800, 9 kJ/mol; Hu,C2 H6 = 1425, 7 kJ/mol; Hu,H2 = 241, 8 kJ/mol . Der zugef¨ uhrte Massenstrom an Erdgas betr¨ agt m ˙ EG = 1, 732 kg/s. Die Verbrennung erfolgt mit dem Luftverh¨ altnis λ = 2, 841. a) Wie groß sind die Molmasse des Erdgases, sein Heizwert und sein Stoffmengenstrom? b) Mit welcher Temperatur verl¨ asst das Verbrennungsgas die Brennkammer?

Aufgabe 4.27 Berechnen Sie bei vollst¨ andiger Verbrennung die auf den Heizwert bezogenen CO2 -Emissionen f¨ ur die Brennstoffe Methan, Heiz¨ ol EL und Steinkohle in kg CO2 / kWh. Gegeben: CH4 :

Hu = 802 kJ/mol

Heiz¨ ol EL:

wC = 0, 86 ; Hu = 42 MJ/kg

Steinkohle:

wC = 0, 88 (asche- und wasserfrei) wH2 O = 0, 02 ; wAsche = 0, 04 (im Verwendungszustand) Hu = 32 MJ/kg (im Verwendungszustand)

Aufgabe 4.28 In einer zweistufigen Kompressionsk¨ altemaschine wird Ammoniak als Arbeitsmittel eingesetzt und durchl¨ auft den folgenden Kreisprozess: Dampftafel f¨ ur Ammoniak im S¨ attigungszustand: t p h h t p h ◦ ◦ C bar kJ/kg kJ/kg C bar kJ/kg -50 -45 -40 -35 -30 -25 -20 -16 -10 -8 -6 -4

0,41 0,55 0,72 0,93 1,20 1,52 1,91 2,27 2,91 3,16 3,42 3,70

272,7 295,1 317,6 340,2 362,8 383,5 408,3 426,6 454,0 463,2 472,4 481,6

1690,1 1698,5 1706,7 1714,6 1722,1 1729,4 1736,3 1741,6 1749,1 1751,5 1753,8 1756,0

-2 0 10 15 20 25 30 34 37 40 45 50

4,00 4,30 6,16 7,29 8,58 10,0 11,7 13,1 14,3 15,6 17,8 20,3

490,8 500,0 546,2 569,5 592,8 616,3 639,9 658,9 673,2 687,6 711,8 736,4

h kJ/kg 1758,2 1760,3 1769,8 1773,8 1777,4 1780,5 1783,0 1784,7 1785,7 1786,4 1787,2 1787,3

4.7 Aufgaben

257

Aus dem Verdampfer saugt der adiabate Niederdruckverdichter V1 trocken

K o n d e n s a to r 4 q

V 2

5 D 2 8

3 4

w

1 2

3

2 6

w

V 2

M K D 1 1 7

q 0

V e rd a m p fe r

ges¨ attigten Dampf vom Druck p1 = 0, 72 bar an und verdichtet ihn auf den Zwischendruck p2 = 4 bar. Der Niederdruckverdichter nimmt dazu eine spezifische Arbeit von (w12 )t = 236 kJ/kg auf. Dieser Dampf wird einer isobaren Mischkammer MK zugef¨ uhrt. Der adiabate Hochdruckverdichter V2 saugt trocken ges¨ attigten Dampf vom Zustand 3 an und verdichtet ihn auf den Druck p4 = 14, 3 bar. Anschließend wird der Dampf bei konstantem Druck p4 gerade vollst¨ andig verfl¨ ussigt, wobei die spezifische W¨ arme |qK | = 1305 kJ/kg abzuf¨ uhren ist. Am Ausgang des Verfl¨ ussigers hat das K¨ altemittel den Zustand 5 und wird in der Rohrschlange, die sich in der Mischkammer befindet, weiter bis auf den Zustand 6 unterk¨ uhlt. Danach wird das fl¨ ussige K¨ altemittel in der adiabaten Drossel D1 auf den Druck p7 = p1 und einen Dampfanteil x7 = 0, 14 entspannt und dem Verdampfer zugef¨ uhrt, wo es durch Verdampfen bis zum Zustand 1 die spezifische W¨ arme q0 aufnimmt. Ein kleiner Teilstrom des K¨ altemittels am Ausgang des Verfl¨ ussigers wird u ¨ ber die adiabate Drossel D2 der Mischkammer im Zustand 8 (p8 = p2 ) zugef¨ uhrt, sodass die Massen- und Energiebilanz der Mischkammer erf¨ ullt sind. a) Man bestimme die Enthalpie und den Dampfgehalt an allen Prozesspunkten. b) Welcher Massenstrom des Ammoniaks muss dem Verdampfer zugef¨ uhrt werden, um eine K¨ alteleistung von Q˙ 0 = 100 kW zu erreichen? c) Wie groß ist der Massenstrom m ˙ 8? d) Man bestimme die Leistungszahl der K¨ altemaschine.

5. Die Entropiebilanz

Die Materiemengenbilanz und die Energiebilanz sind allgemein g¨ ultige Instrumente zur Analyse von Energie- und Stoffumwandlungen. Sie erlauben die Berechnung unbekannter Prozessdaten, sch¨ opfen aber die naturgesetzlichen Einschr¨ ankungen, denen diese Prozesse unterliegen, noch nicht aus.

5.1 Das Naturgesetz der Unsymmetrie Bereits bei der ersten Beschreibung der Energie- und Stoffumwandlungen auf der Grundlage allt¨ aglicher Erfahrungen war uns ihre Unsymmetrie aufgefallen. Die Arbeit einer Bohrerwelle wird beim Bohren eines Loches im Wesentlichen in W¨ arme umgewandelt. Obwohl dabei keine Energie verloren geht, gelingt es nicht, mit dieser W¨ arme den Antrieb des Bohrers zu besorgen. Die Energie ist offenbar entwertet worden. Ganz analog sind die Erscheinungen bei der Umwandlung von elektrischer Arbeit in W¨arme in einer elektrischen Heizung. Die dabei frei werdende W¨arme l¨asst sich nicht wieder in die urspr¨ unglich aufgew¨ andete elektrische Arbeit zur¨ uckverwandeln. Dieses Ph¨ anomen der Entwertung bzw. Unsymmetrie bei Energieumwandlungen ist nicht auf die gezielte Umwandlung von Arbeit in W¨arme beschr¨ankt. Auch bei den Kompressions- und Expansionsprozessen in einer Kolben- oder Str¨ omungsmaschine reicht die bei der Expansion gewonnene Arbeit nicht zum Umkehren des Prozesses aus. Und auch die kinetische Energie eines in einer D¨ use beschleunigten Luftstrahles reicht nicht zur Rekompression der Luft auf den urspr¨ unglichen Druck in einem Diffusor aus. Energieumwandlungen laufen somit allgemein unsymmetrisch ab und entwerten Energie. Auch Stoffumwandlungen verlaufen unsymmetrisch. Die reinen Gase Sauerstoff und Stickstoff vermischen sich spontan zu Luft, aber das Gemisch ist nur unter Energiezufuhr und mit technologischem Aufwand in seine Komponenten zu trennen. Aus Wasserstoff und Sauerstoff entsteht spontan durch eine chemische Reaktion Wasser, aber Wasser ist nur unter Energiezufuhr und mit technologischem Aufwand in Wasserstoff und Sauerstoff zu zerlegen. Bei der Analyse von Energie- und Stoffumwandlungen m¨ ussen wir neben den Erhaltungsgesetzen von Materie und Energie auch ihre Unsymmetrie ber¨ ucksichtigen. Es ist also erforderlich, die zun¨ achst noch oberfl¨ achliche Beobachtung der Unsymmetrie von Energie- und Stoffumwandlungen als Naturgesetz quantitativ

260

5 Die Entropiebilanz

zu formulieren und damit ihre technischen Konsequenzen berechenbar zu machen. 5.1.1 Technische Konsequenzen Die Unsymmetrie von Energieumwandlungen f¨ uhrt zu Energieentwertung. Die quantitative Formulierung der Unsymmetrie soll die Energieentwertung bei einem betrachteten Prozess berechenbar machen. Damit soll die praktisch wichtige Frage beantwortet werden, in welchem Maße eine reale Energieumwandlung durch Vermeidung von Effekten, die zu Unsymmetrie f¨ uhren, zumindest prinzipiell verbessert werden kann. Abh¨angig vom Prozess k¨ onnen sich dabei sehr unterschiedliche Erkenntnisse ergeben. So beruht z.B. die Unsymmetrie bei der Kompression eines Gases in einer Kolbenoder Str¨ omungsmaschine im Wesentlichen auf Reibungseffekten zwischen den festen Bauteilen der Maschine sowie auf Verwirbelungen und ¨ahnlichen Erscheinungen im Inneren des Fluids. Diese Effekte, durch die Arbeit ohne Notwendigkeit f¨ ur den Zweck eines Prozesses in innere Energie oder auch W¨arme umgewandelt wird, lassen sich erfahrungsgem¨ aß durch sorgf¨altige Maschinengestaltung und optimierte Prozessf¨ uhrung weitgehend reduzieren. Zumindest als theoretischer Grenzfall w¨ are also denkbar, auf diese Weise die Unsymmetrie und die damit verbundene Energieentwertung vollst¨andig zu vermeiden und die bei einer Kompression aufgew¨ andete Arbeit nachfolgend als Expansionsarbeit im vollen Umfang wieder zur¨ uck zu gewinnen, d.h. den Prozess symmetrisch zu gestalten. Auch wenn dies praktisch nicht m¨oglich ist, sind wir daran interessiert, die Bedingungen f¨ ur diesen erstrebenswerten theoretischen Grenzfall thermodynamisch zu formulieren, da er als idealisierter Prozess zur Bewertung realer Energieumwandlungen genutzt werden kann. Nicht vorstellbar ist hingegen, die beim Bohren eines Loches auftretende Energieentwertung zu vermeiden. Die dabei beteiligte Reibung als Ursache der Umwandlung von Arbeit in W¨ arme ist f¨ ur den Zweck des Prozesses notwendig und damit unvermeidbar. Ohne sie kann kein Loch gebohrt werden. Eine symmetrische Gestaltung dieses Prozesses ist technologisch nicht m¨oglich, d.h. die mit ihm verbundene Energieentwertung ist nicht beliebig zu reduzieren. Dies gilt f¨ ur alle Prozesse, bei denen Arbeit notwendigerweise in W¨arme umgewandelt wird, z.B. auch f¨ ur die elektrische Heizung. Die Umwandlung von Arbeit in W¨ arme, ob f¨ ur einen Prozesszweck notwendig oder nicht, ist somit ein prinzipiell unsymmetrischer, mit Energieentwertung verbundener Prozess. Dementsprechend gibt es auch bei seiner Umkehrung, der Umwandlung von W¨ arme in Arbeit, prinzipielle, d.h. nicht durch technologische Maßnahmen vermeidbare Einschr¨ ankungen. Ein Hinweis darauf ergibt sich aus der Betrachtung der zeitlichen Entwicklung der Kraftwerkswirkungsgrade bzw. der Abw¨ armestr¨ ome aus W¨ armekraftwerken. In den Kreisprozessen dieser Kraftuhrte W¨ arme durch die Turbine in Arbeit werke wird die im Kessel zugef¨ umgewandelt. Allerdings gelingt dies nicht vollst¨andig. Ein Kraftwerk gibt einen Teil der zugef¨ uhrten W¨ arme als Abw¨ arme wieder ab. Die Abb. 5.1

5.1 Das Naturgesetz der Unsymmetrie

261

zeigt schematisch die Entwicklung der Abw¨ armestr¨ome von fossil befeuerten Dampfkraftwerken seit Beginn des 20. Jahrhunderts in Prozent der insgesamt zugef¨ uhrten Prim¨ arenergie. Man erkennt eine stetig abnehmende Kurve. Im 1 0 0

% A b w ä rm e

7 5

5 0

2 5

0 1 9 0 0

1 9 1 0

1 9 2 0

1 9 3 0

1 9 4 0

1 9 5 0

1 9 6 0

1 9 7 0

1 9 8 0

1 9 9 0

2 0 0 0

2 0 1 0

Z e it Abb. 5.1. Entwicklung des Abw¨ armeanfalls in fossil befeuerten Dampfkraftwerken

Laufe der Zeit ist es gelungen, die Abw¨ armestr¨ome prozentual zu verringern und damit einen h¨ oheren Anteil der Prim¨ arenergie in Arbeit umzuwandeln. Allerdings zeigt die Kurve einen sich abflachenden Verlauf. Trotz immer schneller aufeinander folgender technologischer Innovationen wurde der Fortschritt bei der Erh¨ ohung der Kraftwerkswirkungsgrade immer geringer. Die Kurve strebt anscheinend einem Grenzwert zu, wobei dieser Grenzwert durch die eingesetzte Technologie bestimmt wird und der in Abb. 5.1 gezeigte Prognosewert von 50% lediglich einen diesbez¨ uglichen Mittelwert darstellt. Die Existenz eines solchen Grenzwertes bedeutet, dass grunds¨atzlich nicht die ganze dem Kraftwerk zugef¨ uhrte W¨ arme in Arbeit umgewandelt werden kann. Abw¨ arme ist prinzipiell unvermeidbar. Die Kenntnis des Grenzwertes hat eine große Bedeutung f¨ ur die Beurteilung der bestehenden Kraftwerkstechnologie und ihre Verbesserungsm¨ oglichkeiten. Insbesondere deutet die Existenz dieses Grenzwertes auf die M¨ oglichkeit hin, einen idealisierten, optimalen Prozess zu definieren, der als idealer Vergleichsprozess geeignet ist. Ein Prozess, der den Grenzwert der Abw¨ armeabgabe realisiert, ist optimal, d.h. er sch¨ opft die durch das Naturgesetz der Unsymmetrie der Energieumwandlungen gezogenen Grenzen aus und ergibt sich aus dessen quantitativer Formulierung. Was f¨ ur den Kraftwerksprozess als Beispiel gesagt wurde, gilt allgemein. Die quantitative Formulierung des Naturgesetzes von der Unsymmetrie der Energieumwandlungen f¨ uhrt zu Erkenntnissen u ¨ber die optimal m¨ ogliche Energieumwandlung.

262

5 Die Entropiebilanz

Auch bei Stoffumwandlungen soll eine quantitative Fassung des Naturgesetzes der Unsymmetrie wichtige Fragen kl¨aren. Sie erlaubt die Prognose der Richtung dieser Prozesse bei nat¨ urlichem Ablauf. Ohne diese quantitative Kenntnis kann man z.B. die Richtung einer chemischen Stoffumwandlung nicht vorhersagen. So kann in einem Gasgemisch aus Stickstoff, Wasserstoff und Ammoniak je nach den thermodynamischen Bedingungen die spontane Reaktion zur Bildung von mehr Ammoniak auf Kosten von Stickstoff und Wasserstoff, oder zum Zerfall von Ammoniak zu Gunsten der Bildung von Stickstoff und Wasserstoff f¨ uhren. Nur jeweils eine der beiden Richtungen des Prozessablaufes ist m¨ oglich, obwohl die Materiemengenbilanz und die Energiebilanz beide zulassen w¨ urden. Die thermodynamische Formulierung des Naturgesetzes von der Unsymmetrie der Stoffumwandlungen f¨ uhrt neben der eindeutigen Richtungsvorgabe auch auf einen allgemeinen Berechnungsweg f¨ ur ihren Endzustand, d.h. die Zustandsgr¨oßen im thermodynamischen Gleichgewicht. Die Kenntnis dieses Gleichgewichtszustands erm¨oglicht insbesondere die Definition eines idealisierten Prozesses zur Beschreibung von Stoffumwandlungen. Dieser idealisierte Prozess ist in Bezug auf die Mengenbilanz vollst¨ andig berechenbar und definiert einen Grenzwert f¨ ur die Menge und Zusammensetzung der Stoffstr¨ ome, die aus einer thermischen Stoffumwandlungsanlage oder aus einem chemischen Reaktor austreten k¨onnen. Die Unsymmetrie der Energie- und Stoffumwandlungen hat ihre Ursache in bisher von uns noch nicht betrachteten Gesetzm¨aßigkeiten beim Verlauf von Zustands¨ anderungen. Wenn wir die diesbez¨ uglichen Einschr¨ankungen m¨ oglicher Energie- und Stoffumwandlungen erkennen und quantitativ formulieren wollen, dann m¨ ussen wir u ¨ber die bisherige Bilanzierung von Zustands¨ anderungen zwischen Anfangs- und Endzust¨anden bzw. zwischen Eintritts- und Austrittszust¨ anden hinausgehen und den Verlauf einer Zustands¨ anderung im Detail betrachten. 5.1.2 Dissipation Unsymmetrie tritt besonders deutlich und einfach interpretierbar bei Prozessen mit Reibung in Erscheinung. Eine detaillierte Betrachtung der Prozessgr¨ oße Arbeit ist ein geeigneter Einstieg in die Analyse von Zustands¨ anderungen mit Reibung und daraus abzuleitende Erkenntnisse u ¨ ber das Naturgesetz der Unsymmetrie bei Energieumwandlungen. Arbeit hatten wir zun¨ achst in Form von Kolbenarbeit kennen gelernt. Nach (4.9) ist Kolbenarbeit definiert durch

2 pa dV , (W12 )K = − 1

mit pa als dem Druck, der von außen auf den Kolben wirkt. In dieser Form ist die Kolbenarbeit vollkommen unabh¨angig von dem Verlauf der Zustands¨ anderung des Fluids im Zylinder und daher auch nicht aus ihr berechenbar. Die Zustands¨ anderung unterliegt keinen Einschr¨ankungen, kann also

5.1 Das Naturgesetz der Unsymmetrie

263

z.B. auch nichtstatisch und damit durch thermodynamische Zustandsgr¨oßen unbeschreibbar sein. Wir betrachten im Folgenden die Zustands¨anderung eines Gases beim Transfer von Kolbenarbeit und machen die Einschr¨ankung, dass sie quasistatisch ist. Das Gas kann dann durch ¨ortlich konstante thermodynamische Zustandsgr¨ oßen beschrieben werden, d.h. es verh¨alt sich als Phase. Wir untersuchen nun, welche Beziehung zwischen der transferierten Kolbenarbeit und dem Verlauf der Zustands¨ anderung besteht. Beim Transfer von Kolbenarbeit ver¨ andert sich die Zustandsgr¨oße Volumen des Systems. Die Volumen¨ anderung des Systems ist mit der Volumen¨ anderung des Gases identisch. Wir k¨ onnen daher die Kolbenarbeit dann direkt mit dem Verlauf der Zustands¨ anderung des Gases verkn¨ upfen, wenn wir voraussetzen, dass der ¨ außere Druck gerade gleich dem Druck im Inneren des Gases ist, d.h. pa = p. Offensichtlich stellt eine solche Bedingung bei einer Kompression bzw. Expansion eine Idealisierung dar, da der Prozess ja ohne Unterschied zwischen dem ¨ außeren Druck und dem Gasdruck nicht abl¨ auft. Man hat sich diesen Unterschied bei der Annahme pa = p als infinitesimal klein vorzustellen. Entsprechend l¨ auft der Prozess dann unendlich langsam ab. Alle Reibungseffekte zwischen Kolben und Zylinder sowie Verwirbelungseffekte im Gas, die bei einem realen, mit endlicher Geschwindigkeit ablaufenden Prozess auftreten und f¨ ur Abweichungen des Gasdrucks von dem Außendruck sorgen, sind durch die Annahme pa = p eliminiert. Einen solchen idealisierten Prozess bezeichnet man als reversiblen Prozess. Reversibilit¨ at bedeutet Umkehrbarkeit in allen Details. Eine reversible Kompression kann durch eine reversible Expansion in allen ihren Auswirkungen innerhalb und außerhalb des Systems r¨ uckg¨ angig gemacht werden. Die bei der reversiblen Expansion vom Zustand 1 zum Zustand 2 gewonnene Kolbenarbeit ist gleich der zur reversiblen Kompression vom Zustand 2 zur¨ uck zum Zustand 1 erforderlichen Kolbenarbeit. Es besteht keine Unsymmetrie. Die gesamte bei der Kompression zu gef¨ uhrte Arbeit kommt dem Prozesszweck, n¨ amlich der Kompression zu Gute. Entsprechend wird bei der Expansion die gesamte abgef¨ uhrte Energie als Arbeit, d.h. im Sinne des Prozesszwecks frei. F¨ ur einen reversiblen Prozess lautet daher der Zusammenhang zwischen der Kolbenarbeit und dem Verlauf der Zustands¨anderung8 .

2 (W12 )rev K

=−

pdV .

(5.1)

1

Die Kolbenarbeit bei einem reversiblen Prozess ist aus dem Verlauf der Zustands¨ anderung des Systems, d.h. aus der Ver¨ anderung des Gasdrucks mit dem Volumen w¨ ahrend des Prozesses, berechenbar. Diese Information geh¨ort zur Prozessdefinition und ist daher in einem betrachteten Fall als bekannt vorauszusetzen. Irgendwelche Kenntnisse u ¨ ber konstruktive Details der Ma8

Diese Beziehung wurde bereits in Beispiel 4.2 zur Berechnung der Mindestarbeit einer Kolbenpumpe benutzt.

264

5 Die Entropiebilanz

schine sind dagegen nicht erforderlich. Der Unterschied zwischen der Kolbenarbeit bei einem realen Prozess, die sehr wohl von der Bauform der Maschine abh¨ angt, und der bei einem reversiblen Prozess kommt durch Reibungseffekte im System zustande. Diese Effekte k¨ onnen im Detail sehr vielf¨altig sein, z.B. Reibung zwischen Kolben und Zylinder, Reibung des Gases an der Zylinderwand, Verwirbelung des Gases etc., und entziehen sich im Allgemeinen der Berechnung. Man bezeichnet sie summarisch als dissipative Effekte oder auch als Dissipation. Die ihnen zugeh¨ origen Energiebeitr¨age werden als dissipierte Energie oder auch als Energieform Dissipation mit dem Formelzeichen Φ zusammengefasst. Sie kommen nicht dem Prozesszweck zu Gute. Es gilt also

2 (W12 )K =

(W12 )rev K

+ Φ12 = −

pdV + Φ12 .

(5.2)

1

Die Dissipation als Energieform ist eine Prozessenergie, h¨angt also vom Verlauf des Prozesses ab. In (5.2) muss stets Φ12 > 0 gelten, denn erfahrungsgem¨ aß schm¨ alert die Dissipation die vom System abgegebene Kolbenarbeit bei einer Expansion bzw. vergr¨ oßert die dem System zuzuf¨ uhrende Kolbenarbeit bei einer Kompression. Prozesse mit Dissipation sind grunds¨atzlich irreversibel, d.h. nicht in allen Details umkehrbar. Die Auswirkungen der Dissipation w¨ ahrend eines Prozesses sind bei seiner Umkehrung nicht vollst¨andig r¨ uckg¨ angig zu machen. Selbst wenn die Volumenvergr¨oßerung bei einer irreversiblen Expansion durch eine nachfolgende Kompression wieder r¨ uckg¨angig gemacht wird, so ist dazu doch mehr Kompressionsarbeit aufzuw¨anden als zuvor an Expansionsarbeit gewonnen wurde. Es bleibt also in der Umgebung eine dauerhafte Ver¨ anderung zur¨ uck, die mit der zus¨atzlich zugef¨ uhrten Kompressionsarbeit zusammenh¨ angt. Durch (5.2) wird eine reale, im Allgemeinen nicht berechenbare Gr¨ oße, n¨ amlich die Kolbenarbeit, durch ein berechenbares Modell, den reversiblen Prozess, und eine Korrektur, die Dissipation, dargestellt. F¨ ur den reversiblen Prozess, und nur f¨ ur diesen, ist somit die Kolbenarbeit aus der Zustands¨ anderung des Gases berechenbar, und kann als erste N¨ aherung f¨ ur den realen Prozess betrachtet werden. Dieses Vorgehen, einen komplexen Vorgang durch ein einfaches Modell unter Hinzuf¨ ugen von Korrekturen der Berechnung zug¨ anglich zu machen, ist in allen Bereichen der Ingenieurwissenschaften etabliert. Die Dissipation in (5.2) beschreibt durch ihr eindeutiges Vorzeichen das bereits im Kapitel 1 aus der allt¨ aglichen Erfahrung abgeleitete Naturgesetz von der Unsymmetrie und der Entwertung bei Energieumwandlungen in einem Sonderfall, n¨ amlich dem Expansions-/Kompressionsprozess in einer Kolbenmaschine. Durch Dissipation wird Energie entwertet, d.h. die vom System bei der Expansion abgegebene Energie, die sich grunds¨atzlich aus Arbeit und W¨ arme zusammensetzt, hat trotz gleicher Menge einen geringeren Wert als die zur Wiederherstellung des urspr¨ unglichen komprimierten Zustands erforderliche Kompressionsarbeit. Dies kommt dadurch zum Ausdruck, dass

5.1 Das Naturgesetz der Unsymmetrie

265

mit der abgegebenen Energie eine Kompression auf das urspr¨ ungliche Volu¨ men nicht bewerkstelligt werden kann. Uber die Gr¨oße der Dissipation macht die Thermodynamik keine Aussage, da sie von thermodynamisch nicht betrachteten Details des beteiligten Systems abh¨angt. F¨ ur den Prozess einer Kolbenmaschine l¨ asst sie sich formal ausdr¨ ucken durch

2 Φ12 = (W12 )K −

(W12 )rev K

=−

(pa − p)dV ,

(5.3)

1

und h¨ angt daher von der Differenz zwischen Außendruck und Gasdruck ab. Die bei einem betrachteten Prozess dissipierte Energie l¨asst sich angeben, wenn die an einer realen Kolbenmaschine gemessene Arbeit mit der f¨ ur den entsprechenden reversiblen Prozess berechneten verglichen wird. Auch aus (5.3) erkennt man wieder, dass Kolbenarbeit nur dann reversibel transferiert wird, wenn keine Druckdifferenz zwischen dem System und der Umgebung herrscht. Der reversible Prozess l¨ auft ohne Energieentwertung ab und definiert daher die optimale Energieumwandlung beim Transfer von Kolbenarbeit. Beispiel 5.1 Obwohl im Allgemeinen nicht der Berechnung zug¨ anglich, l¨ asst sich die Kolbenarbeit in Sonderf¨ allen direkt angeben. Ein solcher Sonderfall liegt bei der Expansion gegen einen vorgegebenen Außendruck vor. In Beispiel 4.1 wurde die Kolbenarbeit berechnet, die ein Gas leistet, wenn es von T1 = 300 K, p1 = 10 bar und einem anf¨ anglichen Volumen von V1 = 8 · 10−3 m3 gegen den Umgebungsdruck von pu = 1 bar expandiert und dabei ein Volumen von V2 = 80 · 10−3 m3 erreicht. Das Ergebnis war (W12 )K = -7,2 kJ. Man berechne hier den reversiblen Anteil f¨ ur das Stoffmodell des idealen Gases. L¨ osung Nach (5.2) berechnet sich die reversible Kolbenarbeit bei diesem Prozess nach

2 (W12 )rev K = −

pdV . 1

 Zur Auswertung des Integrals pdV ben¨ otigt man eine Information u ¨ ber den Verlauf der Zustands¨ anderung, insbesondere die Funktion p(V ). Aus den Daten des Endzustands und dem idealen Gasgesetz ergibt sich, dass die Zustands¨ anderung unter W¨ armezufuhr isotherm verl¨ auft. Da dann die Zustands¨ anderung durch die Volumen¨ anderung und die Bedingung konstanter Temperatur definiert ist, kann das Integral der reversiblen Kolbenarbeit leicht ausgewertet werden. Mit nRT V gilt f¨ ur die reversible Kolbenarbeit

p=

2 (W12 )rev K

= −nRT 1

1 V2 . dV = −nRT ln V V1

266

5 Die Entropiebilanz

Die Stoffmenge des Gases ergibt sich aus n=

10 · 105 p 1 V1 = RT 8, 315

N · 8 · 103 m2 Nm · 300 mol K

m3 K

= 3, 2071 mol .

Damit wird die reversible Kolbenarbeit (W12 )rev K = −3, 2071 · 8, 315 · 300 ln

80 = −18421 J = −18, 4 kJ 8

und damit deutlich h¨ oher als die reale Arbeit. Als allgemeineren Fall betrachten wir nun die Expansion auf Umgebungsdruck f¨ ur einen Verlauf der Zustands¨ anderung nach pV n = const. Viele Zustands¨ anderungen lassen sich durch solch einen so genannten polytropen Ansatz in guter N¨ aherung beschreiben. Der isotherme Fall w¨ are durch n = 1 gekennzeichnet. Hier gelte n = 1,3. Das Integral hat nun die L¨ osung

2

2 pV 1,3

pdV = 1

1

V2 dV 1 V (1−1,3) = p1 V11,3 1,3 V 1 − 1, 3 V1

Hier ist zu ber¨ ucksichtigen, dass das Volumen nach der Expansion, d.h. bei p2 = 1bar, nun durch den Verlauf der Zustands¨ anderung auf V2 = V1 (

p1 1/1,3 ) = 47 · 10−3 m3 p2

begrenzt ist. Es ergibt sich also

2 1

 1,3 3·1,3  −0,3  −0,3 −3·0,3 10 · 105 mN2 8 · 10−3 m 47 · 10−3 m pdV = − 8 · 10−3 −0, 3 = 11, 0 kJ .

Damit betr¨ agt die reversible Kolbenarbeit nun (W12 )rev K = −11, 0 kJ. Die Temperatur sinkt auf T2 = 176 K ab. Es ist plausibel, dass bei isothermer Zustands¨ anderung die reversible Expansionsarbeit gr¨ oßer ist, da sie ein h¨ oheres Gasvolumen im Zustand 2 bedingt.

Wir erkennen, dass bei der in obigem Beispiel betrachteten Expansion der reale Expansionsprozess eine deutlich geringere Arbeit abgibt, als der ideale Prozess. W¨ ahrend stets der reversible Prozess eine optimale Energieumwandlung beschreibt, sind die Unterschiede zum realen Prozess oft klein, sehr viel kleiner als im Fall von Beispiel 5.1 Beispiel 5.2 Streng reversible Prozesse sind praktisch nicht realisierbar. Durch spezielle Prozessf¨ uhrungen kann man ihnen aber in Einzelf¨ allen beliebig nahe kommen. So werde ein Prozess betrachtet, bei dem am reibungsfrei beweglichen Kolben eines mit Gas gef¨ ullten Zylinders eine Druckfeder angreift, vgl. Abb. B 5.2.1. Im Anfangszustand betr¨ agt das Gasvolumen V1 = 1 dm3 , und die Feder ist entspannt. Der Umgebungsdruck betr¨ agt pu = p1 = 1 bar. W¨ ahrend des betrachteten Prozesses wird das Gas erw¨ armt, wobei sich das Volumen verdoppelt und der Druck auf p2 =2 bar ansteigt. Die Federkraft sei der L¨ angen¨ anderung proportional.

5.1 Das Naturgesetz der Unsymmetrie

267

Der Prozess kann als praktisch reversibel angesehen werden, da der Kolben sich reibungsfrei bewegt und die Zustands¨ anderung erfahrungsgem¨ aß langsam und damit ohne Verwirbelungen abl¨ auft. Es besteht daher Druckgleichgewicht am Kolben, pa = p. Man berechne die vom Kolben auf die Feder u ¨ bertragene und in ihr als potenzielle Energie gespeicherte Nutzarbeit.

V 1 ,p

X 1

Q

V 2 ,p

1 2

X 2

Abb. B 5.2.1. Nutzarbeit bei der Expansion eines Gases in einem Zylinder unter W¨ armezufuhr

L¨ osung Die abgegebene Nutzarbeit ist gleich der Kolbenarbeit des Gases bei reversibler Zustands¨ anderung, vermindert um die Arbeit, die davon zum Verschieben der Umgebung aufgew¨ andet werden muss:

2 (W12 )n,rev K

=

(W12 )rev K

+ pu (V2 − V1 ) = −

pdV + pu (V2 − V1 ) . 1

Zur Auswertung des Integrals muss die Zustands¨ anderung definiert sein. Insbesondere ben¨ otigt man eine Beziehung p = p(V ). Sie folgt aus der Angabe, dass die Federkraft F der L¨ angen¨ anderung proportional sei. Es gilt daher F = cF Δx =

cF (V − V1 ) , A

mit A als Kolben߬ ache. Die Federkonstante cF ergibt sich aus dem mechanischen Gleichgewicht nach Ablauf des Prozesses: p2 = p1 +

F2 1 cF = p1 + (V2 − V1 ) . A AA

Es gilt also p2 − p1 105 N/m2 N cF = = = 108 5 . A2 V2 − V1 10−3 m3 m

268

5 Die Entropiebilanz

Damit gilt f¨ ur die Nutzarbeit V2

−V1



=− (W12 )n,rev K

p1 +

cF (V − V1 ) d(V − V1 ) + pu (V2 − V1 ) 2 A

0

1 cF (V2 − V1 )2 + pu (V2 − V1 ) 2 A2 N N 1 = −105 2 · 10−3 m3 − 108 5 · 10−6 m6 m m 2 N + 105 2 · 10−3 m3 m = −100 − 50 + 100 = −50 J .

= −p1 (V2 − V1 ) −

Kolbenarbeit wird u ¨ber Systemgrenzen transferiert, die nicht nur das Gas im Zylinder sondern auch die einschl¨ agigen festen Bauteile umfassen, d.h. den Kolben und den Zylinder. Diese Systembestandteile werden wir zur Vereinfachung in der Regel von der Analyse ausschließen. Wenn wir als System nur das Gas im Zylinder betrachten, gelten analoge Beziehungen. Die vom Gas an die Innenwand des Kolbens abgegebene bzw. von dort aufgenommene Arbeit bezeichnen wir nach Abschn. 4.1.1 als Volumen¨anderungsarbeit (W12 )V , vgl. Abb. 5.2. F¨ ur eine reversible Zustands¨ anderung gilt

2 =−

(W12 )rev V

pdV .

(5.4)

1

Eine reversible Kompression des Gases ist dadurch gekennzeichnet, dass die

A p F (W

1 2

) V

d x

Abb. 5.2. Zur Volumen¨ anderungsarbeit

gesamte von der Kolbeninnenfl¨ ache auf das Gas u ¨bertragene Arbeit durch die Zustands¨ anderung p(V ) aufgenommen wird. Entsprechend wird bei einer reversiblen Expansion die durch die Zustands¨anderung p(V ) bewirkte ¨ Anderung der inneren Energie des Gases voll als Volumen¨anderungsarbeit

5.1 Das Naturgesetz der Unsymmetrie

269

an der Innenseite des Kolbens wirksam. Reversibilit¨at bei dieser Lage der Systemgrenze ist daran gebunden, dass die Zustands¨anderung des Gases in allen Details und Auswirkungen umkehrbar ist. Damit sind Verwirbelungseffekte im Gas und Reibung zwischen Gas und Zylinder bei einer reversiblen Zustands¨ anderung auszuschließen, da sie bei Umkehrung des Prozesses nicht umgekehrt ablaufen. In realen Prozessen, wenn solche Effekte nicht ausgeschlossen werden sollen, gilt f¨ ur die Volumen¨ anderungsarbeit

2 (W12 )V = −

pdV + Φ12 ,

(5.5)

1

wobei Φ12 wieder die Dissipation ist. Hier bezieht sich die Dissipation wegen der Lage der Systemgrenze ausschließlich auf Reibungs- und Verwirbelungsvorg¨ ange im Gas. Wiederum ist die Dissipation grunds¨atzlich eine positive Gr¨ oße. Sie bringt die Unsymmetrie und Energieentwertung beim ¨ Transfer von Volumen¨ anderungsarbeit zum Ausdruck. Uber ihren Zahlenwert macht die Thermodynamik keine Aussage. Sie l¨asst sich jedoch durch Vergleich der Volumen¨ anderungsarbeit f¨ ur eine reale und eine reversible Zustands¨ anderung ermitteln. Bei reversiblen Prozessen sind Kolbenarbeit und Volumen¨ anderungsarbeit identisch, d.h. es gilt rev

rev

(W12 )K = (W12 )V

.

(5.6)

Bei realen Prozessen besteht demgegen¨ uber zwischen der Kolbenarbeit und der Volumen¨ anderungsarbeit ein Unterschied, der durch die Reibung in den mechanischen Bauteilen der Kolbenmaschine bedingt ist. Der allgemeine Zusammenhang zwischen Kolbenarbeit und Volumen¨anderungsarbeit lautet (W12 )K = (W12 )V + Φ12 ,

(5.7)

wobei Φ12 hier die durch die Kolbenreibung dissipierte Energie ist. Da f¨ ur einen reversiblen Prozess die Kolbenarbeit bzw. die Volumen¨ anderungsarbeit aus dem Verlauf der Zustands¨anderung berechenbar ist, ergibt sich die transferierte W¨ arme aus der Energiebilanz f¨ ur ein geschlossenes System nach

2 Qrev 12

= U2 − U1 −

rev (W12 )V

= U2 − U1 +

pdV

(5.8)

1

ebenfalls aus dem Verlauf der Zustands¨ anderung. Bei einem reversiblen Prozess lassen sich also die Prozessgr¨ oßen W¨ arme und Arbeit aus dem Verlauf der Zustands¨ anderung berechnen. Damit sind reversible Prozesse, und nur diese, durch die thermodynamische Theorie vollst¨andig und geschlossen berechenbar.

270

5 Die Entropiebilanz

An die Stelle der Kolbenarbeit in geschlossenen Systemen tritt in offenen Systemen, z.B. Turbinen und Verdichtern, die Wellenarbeit. Sie ist nach (4.11) definiert durch WW = Md α , mit Md als dem Drehmoment und α als dem gedrehten Winkel. Bei reversiblen Prozessen wird keine Energie dissipiert. Es gilt daher allgemein f¨ ur die Wellenarbeit w¨ ahrend eines Prozesses von 1 → 2 in Analogie zu (5.2) (W12 )W = (W12 )rev W + Φ12 ,

(5.9)

mit Φ12 als der Dissipation, d.h. der in den mechanischen Bauteilen und im Fluid durch Reibungseffekte dissipierten Energie. Wie bei der Kolbenarbeit, so umfasst auch bei der Wellenarbeit das System außer dem Fluid zus¨ atzlich die festen Bauteile, wie z.B. Turbinenschaufeln, Lager und dergleichen. Damit ist im Allgemeinen die Wellenarbeit nicht identisch mit der vom Fluid aufgenommenen oder abgegebenen Arbeit. Die entsprechende vom Fluid aufgenommene oder abgegebene Arbeit wird nach Abschn. 4.1.1 als technische Arbeit bezeichnet, vgl. Abb. 5.3. Die Systemgrenze umschließt 1

(W

1 2

) t

2

Abb. 5.3. Zur technischen Arbeit

nun ausschließlich das Fluid, d.h. die festen Bauteile bleiben außerhalb der Betrachtungen. Da die festen Bauteile eines Systems bei reversiblen Prozessen energetisch keine Rolle spielen, gilt in Analogie zu (5.6) rev . (W12 )rev W = (W12 )t

(5.10)

F¨ ur einen reversiblen Prozess entf¨ allt somit der Unterschied zwischen Wel¨ lenarbeit und technischer Arbeit. Im Ubrigen gilt analog zu (5.5)

5.1 Das Naturgesetz der Unsymmetrie

(W12 )t = (W12 )rev + Φ12 , t

271

(5.11)

wobei sich Φ12 hier im Gegensatz zu (5.9) nur auf Vorg¨ange im Inneren des Fluids bezieht. Die Dissipation ist auch beim Transfer von Wellenarbeit oder technischer Arbeit prinzipiell eine positive Gr¨ oße. Sie bringt die Unsymmetrie und Energieentwertung bei dieser Energieumwandlung zum Ausdruck. Die Dissipation schm¨ alert die Arbeitsabgabe eines Systems und vergr¨oßert die erforderliche ¨ Arbeitszufuhr im Vergleich zum reversiblen Prozess. Uber ihren Wert macht die Thermodynamik keine Aussage. Insbesondere kann der Beitrag Φ12 in obigen Gleichungen je nach Lage der Systemgrenze aus sehr unterschiedlichen Effekten resultieren. Die Dissipation kann durch Vergleich eines realen Prozesses mit dem berechenbaren reversiblen quantifiziert werden. Auch beim Transfer von Wellenarbeit oder technischer Arbeit interessieren wir uns f¨ ur die Berechenbarkeit der optimalen, d.h. reversiblen Energieumwandlung und damit f¨ ur den Zusammenhang mit der Zustands¨ anderung des Fluids. In diesem nur prinzipiell denkbaren Fall verschwindet die Energieentwertung, die Umwandlung wird symmetrisch. Mit ur den reversiblen Fall l¨asst sich eine BeHilfe der Bedingung Φ12 = 0 f¨ rechnungsgleichung f¨ ur die technische Arbeit bzw. die Wellenarbeit aus dem Verlauf der Zustands¨ anderung ableiten. Ausgangspunkt hierf¨ ur ist die Energiebilanz f¨ ur station¨ are Fließprozesse in spezifischen Gr¨oßen nach (4.26)  1 2 c2 − c21 + g (z2 − z1 ) . q12 + (w12 )t = (h2 − h1 ) + 2 Mit dh = du + d(pυ) gilt

2 h2 − h1 = u 2 − u 1 +

2 pdυ +

1

υdp 1

2 = q12 + w12 +

2 pdυ +

1

1

2 = q12 −

υdp

2

pdυ + ϕ12 + 1

2 pdυ +

1

υdp 1

2 = q12 + ϕ12 +

υdp

(5.12)

1

findet man eine Beziehung zwischen der spezifischen technischen Arbeit und dem Verlauf der Zustands¨ anderung, nach

2 (w12 )t = 1

1 υdp + (c22 − c21 ) + g(z2 − z1 ) + ϕ12 . 2

(5.13)

272

5 Die Entropiebilanz

Technische Arbeit aus einem station¨ aren Fließprozess erh¨alt man also durch Druckabsenkung, Verminderung der kinetischen Energie und Verminderung der potenziellen Energie. Die stets positive Dissipation schm¨alert den Ertrag an technischer Arbeit, denn abgegebene Arbeit ist negativ. Man erkennt auch, dass der Arbeitsgewinn durch Druckabsenkung, z.B. in einer Turbine, direkt dem Volumen proportional ist. Als Arbeitsmedium verwendet man daher praktisch ein Gas oder einen Dampf, die beide ein großes spezifisches Volumen haben. Umgekehrt gilt, dass zur Kompression einer Fl¨ ussigkeit viel we¨ niger Arbeit aufzuw¨ anden ist als zur Kompression eines Gases. Die Anderung der ¨ außeren Energien spielt nur in Sonderf¨ allen, z.B. einem Wasserkraftwerk, eine Rolle. Bei einer reversiblen Zustands¨ anderung verschwindet die Dissipation, d.h. ϕ12 = 0. Die bei der Energieumwandlung frei werdende Energie kommt dann in voller H¨ ohe dem Prozesszweck zu Gute. F¨ ur die reversible Energieumwandlung, und wiederum nur f¨ ur diese, ist die Berechnung der technischen Arbeit allein aus dem Verlauf der Zustands¨anderung ohne Kenntnis irgendwelcher maschineller Details m¨oglich. Bei Vernachl¨assigung der ¨ außeren Energien ergibt sich die bereits an fr¨ uherer Stelle am Fall einer Kolbenpumpe betrachtete Mindestarbeit, vgl. Beispiel 4.2. Die bei reversibler Zustands¨ anderung transferierte W¨ arme ist ebenfalls aus dem Verlauf der Zustands¨ anderung berechenbar. Aus der Energiebilanz ergibt sich hierf¨ ur  1 2 c2 − c21 + g (z2 − z1 ) − (w12 )rev t 2

2 = (h2 − h1 ) − υdp .

(q12 )rev = (h2 − h1 ) +

(5.14)

1

Damit ist auch f¨ ur offene Systeme die Berechnung thermodynamischer Prozesse durch Aufspaltung in einen idealen Modellprozess, den reversiblen Prozess, und einen Korrekturterm, die  Dissipation, m¨oglich. Zur Auswertung des Integrals υdp ben¨ otigt man wiederum eine Information u anderung, d.h. insbesondere die Funktion ¨ ber den Verlauf der Zustands¨ υ(p). Beschreibt man den Verlauf z.B. durch eine Polytrope, d.h. durch pυ n = const., so ergibt sich das Integral zu

2

2

dp n 1/n 1−1/n 1/n 1−1/n p = υ p − p υ p 2 2 1 1 1 n−1 2 p1/n 1    n−1 p2 n n n (p2 υ2 − p1 υ1 ) = p 1 υ1 = −1 . n−1 n−1 p1

υdp = p 1

1/n

υ

Beispiel 5.3 Es steht ein Sattdampfstrom bei p1 = 100 bar zur Verf¨ ugung. Er soll durch isotherme Expansion und isobare Abk¨ uhlung ins Gleichgewicht mit der Umgebung (t2 = tu = 20◦ C, p2 = pu = 1 bar) gebracht werden. F¨ ur die sich aus der

5.1 Das Naturgesetz der Unsymmetrie

273

unterschiedlichen Reihenfolge von Abk¨ uhlung und Expansion ergebenen Verl¨ aufe der Zustands¨ anderung ermittele man die spezifischen Prozessenergien, die aus ¨ diesem Sattdampfstrom gewonnen werden k¨ onnen. Außere Energien sollen unber¨ ucksichtigt bleiben. L¨ osung Die L¨ osung ist, wie stets, grunds¨ atzlich nur f¨ ur reversible Prozesse m¨ oglich. Wir benutzen f¨ ur den Sattdampf das Stoffmodell der Wasserdampftafel, vgl. Tabelle A1 im Anhang A. Dort entnehmen wir, dass Sattdampf von 100 bar eine Temperatur von t1 = 311, 06◦ C hat. Die Temperatur und der Druck des Sattdampfes liegen also oberhalb der Umgebungswerte. Dementsprechend hat der Sattdampf das Potenzial, durch Druckentspannung Arbeit zu leisten und durch Abk¨ uhlung W¨ arme abzugeben. Nach der Energiebilanz f¨ ur station¨ are Fließprozesse gilt f¨ ur die Summe aus W¨ arme und technischer Arbeit f¨ ur alle denkbaren Prozesse q12 + (w12 )t = h2 − h1 = 83, 96 − 2724, 7 = −2640, 7 kJ/kg . F¨ ur die Enthalpie des fl¨ ussigen Wassers bei 20◦ C wurde hier n¨ aherungsweise der Wert f¨ ur die siedende Fl¨ ussigkeit bei 20◦ C eingesetzt. Die notwendige zweite unabh¨ angige Gleichung f¨ ur die gewinnbare Arbeit k¨ onnen wir nur f¨ ur reversible Zustands¨ anderungen aufstellen, n¨ amlich durch

2 (w12 )rev t

=

υdp , 1

womit dann folgt

2 (q12 )rev = −2640, 7 kJ/kg −

υdp . 1

Durch die Gleichung f¨ ur die bei reversibler Zustands¨ anderung transferierte Arbeit wird u ¨ ber die Funktion υ(p) der explizite Verlauf der betrachteten Zustands¨ anderung in die Analyse einbezogen. Wenn wir also die aus dem Sattdampfstrom gewinnbaren Prozessenergien Arbeit und W¨ arme ermitteln wollen, so m¨ ussen wir dies f¨ ur die verschiedenen m¨ oglichen Prozesse getrennt tun. Zwei m¨ ogliche isotherm-isobare Zustands¨ anderungen sind in das p, υ-Diagramm von Abb. B 5.3.1 schematisch eingetragen. Zun¨ achst behandeln wir einen Prozess, bei dem eine isobare Abk¨ uhlung des Wasserdampfes von t1 = 311, 06◦ C auf t1 = t2 = tu = 20◦ C erfolgt und anschließend eine isotherme Druckabsenkung von p1 = p1 = 100 bar auf p2 = pu = 1 bar. F¨ ur die Zustands¨ anderung 1 → 1 lautet die Energiebilanz (q11 )rev + (w11 )rev = h1 − h1 . t Wegen der isobaren Zustands¨ anderung ist (w11 )rev = 0 und man findet t (q11 )rev = h1 − h1 = 93, 33 − 2724, 7 = −2631, 4 kJ/kg . F¨ ur die Zustands¨ anderung 1 → 2 gilt (q1 2 )rev + (w1 2 )rev = h2 − h1 = (83, 96 − 93, 33) = −9, 3 kJ/kg . t Insbesondere f¨ ur die bei dieser Zustands¨ anderung gewinnbare technische Arbeit ergibt sich

274

5 Die Entropiebilanz

p T 1 '= T 2

1

1 '

T 1 = T 1 * 1 * 2

v Abb. B 5.3.1. Zwei m¨ ogliche Zustands¨ anderungen von von 1 → 2 im p, υDiagramm

2 (w1 2 )rev t

υdp = (w12 )rev . t

= 1

W¨ ahrend der Zustands¨ anderung von 1 → 2 ist das Wasser fl¨ ussig. Wir verwenden daher das Stoffmodell der idealen Fl¨ ussigkeit mit υ if = 0,0009972 m3 /kg und finden = υ if (p2 − p1 ) = −0, 0009972 (w1 2 )rev t

m3 N · 99 · 105 2 = −9, 87 kJ/kg . kg m

Damit folgt f¨ ur die w¨ ahrend der Zustands¨ anderung 1 → 2 zuzuf¨ uhrende W¨ arme (q1 2 )rev = −9, 37 kJ/kg + 9, 87 kJ/kg = 0, 5 kJ/kg . Bei dieser Prozessfolge besteht die gewonnene Prozessenergie im Wesentlichen aus der W¨ arme q11 . Die gewonnene technische Arbeit ist vernachl¨ assigbar klein. Dies liegt daran, dass die Druckentspannung in den fl¨ ussigen Zustand verlegt wurde, in dem das spezifische Volumen klein ist. Ein alternativer Prozessablauf mit h¨ oherer Arbeitsausbeute besteht in einer isothermen Expansion des Wasserdampfes von t1 = 311, 06◦ C und p1 = 100 bar auf p∗1 = p2 = pu = 1 bar mit einer anschließenden isobaren Abk¨ uhlung von t∗1 = t1 = 311, 06◦ C auf t2 = 20◦ C. Die Energiebilanz lautet f¨ ur die Zustands¨ anderung 1 → 1∗ (q11∗ )rev + (w11∗ )rev = h1∗ − h1 = 3096, 9 − 2724, 7 = 372, 2 kJ/kg . t F¨ ur die dabei gewonnene technische Arbeit gilt bei reversibler Zustands¨ anderung

1∗ (w11∗ )rev t

υdp = (w12 )rev . t

= 1

Wenn wir f¨ ur u ¨ berhitzten Wasserdampf das Stoffmodell Ideales Gas“ benutzen, ” dann gilt mit

5.1 Das Naturgesetz der Unsymmetrie υ ig =

275

(R/M )T p

f¨ ur die technische Arbeit wegen p∗1 = p2 (w11∗ )rev t

R T1 = M

2

R p2 dp = T1 ln p M p1

1

8, 315 Nm/mol K 1 = (311, 06 + 273, 15) K ln 18, 015 g/mol 100 = −1241, 8 kJ/kg . Angesichts der N¨ ahe zur Taulinie bestehen Zweifel an der Genauigkeit des Stoffmodells Ideales Gas“ f¨ ur die betrachtete Zustands¨ anderung. Das Ergebnis wird ”

1 0

M P a 9

p

8 7 6

t = 3 1 1 ,0 6 ° C 5 4 3 2 1 0 0

0 ,4

0 ,8

1 ,2

1 ,6

2 ,0

m

3

/k g

2 ,8

v Abb. B 5.3.2. Arbeitsausbeute bei isothermer Expansion von Wasserdampf

276

5 Die Entropiebilanz

daher mit dem genaueren Stoffmodell der Wasserdampftafel u uft. Aus der ¨ berpr¨ Wasserdampftafel l¨ asst sich f¨ ur die Isotherme t = 311, 06◦ C bei den unterschiedlichen Druckstufen zwischen 100 bar und 1 bar das spezifische Volumen als Wertetabelle ablesen, vgl. Abb. B 5.3.2. Damit liegt die Funktion p(υ) f¨ ur die betrachtete Zustands¨ anderung fest. Durch nummerische Integration oder auch Anpassung einer analytischen Funktion mit anschließender geschlossener Integration findet man (w11∗ )rev = −1171, 7 kJ/kg . t Die Abweichung gegen¨ uber dem Ergebnis f¨ ur das Stoffmodell des idealen Gases liegt bei 6 %. Es ist plausibel, dass realer Wasserdampf eine etwas geringere Arbeit abgibt als ein ideales Gas, da er auf Grund intermolekularer Anziehungskr¨ afte in der N¨ ahe der Taulinie ein kleineres spezifisches Volumen aufweist. Bei dieser Expansion muss zur Einhaltung isothermer Bedingungen auf dem Temperaturniveau von t1 = 311, 06◦ C eine W¨ arme von (q11∗ )rev = 372,2 + 1171,7 = 1543,9 kJ/kg zugef¨ uhrt werden. Bei der Zustands¨ anderung 1∗ → 2 wird keine technische Arbeit geleistet, und die abzuf¨ uhrende W¨ arme ergibt sich aus der Energiebilanz zu (q1∗ 2 )rev = h2 − h1∗ = 83, 96 − 3096, 9 = −3012, 9 kJ/kg . Man erkennt, dass dieser Prozessablauf eine wesentlich h¨ ohere Arbeitsausbeute liefert als der zuerst betrachtete. Dies liegt daran, dass die Entspannung in den Gasbereich verlegt wurde, wobei wegen des viel gr¨ oßeren spezifischen Volumens eine entsprechend viel gr¨ oßere technische Arbeit gewonnen wird. Allerdings muss nun W¨ arme zugef¨ uhrt werden. Die bei der Abk¨ uhlung von t1 = 311, 06◦ C auf t2 = 20◦ C gewonnene W¨ arme kann nicht dazu verwendet werden, die W¨ armezufuhr bei der Expansion zu bestreiten, da sie bei einer niedrigeren Temperatur als t1 = 311, 06◦ C anf¨ allt. Neben den zwei betrachteten sind viele weitere Zustandsverl¨ aufe mit entsprechend anderen Prozessenergien m¨ oglich.

Schließlich l¨asst sich auch die Energiebilanz f¨ ur Kreisprozesse in Abh¨ angigkeit von dem Verlauf der Zustands¨ anderung formulieren, wenn quasistatische bzw. insbesondere reversible Zustands¨anderungen angenommen werden. Man findet f¨ ur die spezifische technische Arbeit bei einer quasistatischen Zustands¨ anderung von i → k aus (5.13)

k (wik )t = i

1 υdp + (c2k − c2i ) + g(zk − zi ) + ϕik . 2

F¨ ur den reversiblen Kreisprozess ergibt sich daher mit ϕik = 0   rev rev (w)t = (wik )t = υdp ,

(5.15)

(5.16)

da sich die Zustandsgr¨ oßen an den einzelnen Zustandspunkten herausheben. Beim reversiblen Kreisprozess ist die abgegebene Arbeit somit wiederum aus der Zustands¨ anderung berechenbar, und zwar aus dem Integral u ¨ ber den geschlossenen Kreisprozess im p, υ-Diagramm. Man kann daher die aus einem Kreisprozess bei reversiblen Zustands¨ anderungen zu gewinnene Arbeit anschaulich als die von den Zustandslinien des Prozesses im p, υ-Diagramm

5.1 Das Naturgesetz der Unsymmetrie

277

p 2 1

o v d p < 0 0 3

v Abb. 5.4. Arbeitsausbeute eines reversiblen Kreisprozesses im p, υ-Diagramm

umschlossene Fl¨ ache darstellen. In Abb. 5.4 ist ein rechtsl¨aufiger Kreisprozess dargestellt. Er gibt Arbeit ab, denn υdp < 0. Man erkennt, dass eine solche W¨ armekraftmaschine nur bei Ver¨ anderung des spezifischen Volumens w¨ ahrend des Prozesses funktionieren kann. Das kann z.B. durch Verdamp¨ fung und Kondensation oder durch Anderung des Gasvolumens infolge von Temperatur- und Druck¨ anderungen geschehen. Außerdem sind offensichtlich Kompressionen und Expansionen erforderlich. Es bleibt festzuhalten, dass mit dem Konzept des reversiblen Prozesses, insbesondere dem reversiblen Arbeitstransfer, ein berechenbarer, bez¨ uglich der Energieumwandlung optimaler Prozess eingef¨ uhrt ist. Die transferierten Prozessgr¨ oßen Arbeit und W¨ arme k¨ onnen aus dem Verlauf der Zustands¨ anderung getrennt berechnet werden. Reale Prozesse mit Arbeitstransfer weichen auf Grund von Dissipation, also Reibungs- und Verwirbelungseffekten, von der Reversibilit¨ at ab. Dissipation entsteht immer dann, wenn einem System eine Form von Arbeit zugef¨ uhrt wird, f¨ ur die es keine Zustandsgr¨ oße zur gezielten Aufnahme, Speicherung und Abgabe in gleicher Form besitzt. Ein leicht verst¨ andliches Beispiel hierf¨ ur ist die Zufuhr von technischer Arbeit an ein Gas in einem geschlossenen System, vgl. Abb. 5.5. Dieser Energietransfer hat einen eindeutigen Richtungssinn, denn technische Arbeit kann einem solchen System erfahrungsgem¨ aß nur zu-, nicht aber aus ihm abgef¨ uhrt werden. Die dabei zugef¨ uhrte Energie wird durch Verwirbelungsvorg¨ ange und Reibung des Fluids an den Beh¨ alterw¨anden in innere Energie umgewandelt. Eine ¨ außere Rotationsenergie des Gases als Ganzes sei ausgeschlossen. Im Gegensatz zum Transfer von Volumen¨anderungsarbeit, bei dem die Zustandsgr¨ oße Volumen ver¨ andert wird, gibt es beim Transfer von technischer Arbeit in ein geschlossenes fluides System keine Zustandsgr¨oße, durch die es diese Energie aufnehmen, speichern und als solche wieder abgeben k¨ onnte. Die Energie wird vielmehr durch Reibungseffekte in innere Energie des Fluids umgewandelt, d.h. sie wird dissipiert. Es gilt also Wt = φ > 0

278

5 Die Entropiebilanz

W t

Abb. 5.5. Zur Dissipation von technischer Arbeit

Das stets positive Vorzeichen der Dissipation folgt hier aus der Tatsache, dass die zugef¨ uhrte technische Arbeit die innere Energie erh¨oht. Ein vollkommen analoger Fall ist die Zufuhr von elektrischer Arbeit in einen elektrischen Leiter, z.B. einen Kupferdraht, weil dieses System keine Zustandsgr¨oße zur gezielten Aufnahme, Speicherung und Abgabe von elektrischer Arbeit besitzt. Die zugef¨ uhrte elektrische Arbeit wird durch Reibungsvorg¨ange der elektrischen Ladungstr¨ager in innere Energie umgewandelt. Systeme, die zur gezielten Aufnahme von technischer Arbeit oder elektrischer Energie f¨ahig sind, w¨ aren z.B. eine Uhrenfeder bzw. ein elektrischer Kondensator. Im ersten Fall w¨ are die Verformung der Feder die geeignete Zustandsgr¨oße zur Aufnahme der Energie, im zweiten die elektrische Ladung.

5.2 Die Zustandsgr¨ oße Entropie Nach den Ausf¨ uhrungen des vorigen Abschnitts lassen sich die Prozessgr¨oßen W¨ arme und Arbeit bei einer reversiblen Zustands¨anderung aus deren Verlauf berechnen. Bei realen, auf Grund von Reibungs- und Verwirbelungsprozessen im Fluid irreversiblen Zustands¨ anderungen kommt die Dissipation als weitere Prozessgr¨ oße hinzu. Durch ihr eindeutiges Vorzeichen, Φ > 0, f¨ uhrt sie die Unsymmetrie von Energieumwandlungen in das Gleichungssystem ein. Damit l¨ asst sich die Energiebilanz f¨ ur ein geschlossenes System bei Transfer von

5.2 Die Zustandsgr¨ oße Entropie

279

W¨ arme und Volumen¨ anderungsarbeit schreiben als9 dU = dQrev + dWVrev + dΦ bzw. in integrierter Form rev U2 − U1 = Qrev 12 + (W12 )V + Φ12 .

(5.17)

¨ Der Transfer von Volumen¨ anderungsarbeit wird durch die Anderung der Zustandsgr¨ oße Volumen beschrieben. Es gilt insbesondere im reversiblen Fall

2 (W12 )rev V

=−

pdV . 1

Damit ist die Prozessgr¨ oße Arbeit bei einer reversiblen Zustands¨anderung auf den Verlauf der Zustands¨ anderung zur¨ uckgef¨ uhrt. Analoge Beziehungen f¨ ur die W¨ arme und die Dissipation kennen wir bisher nicht. Wir fragen daher nun nach den Zustandsgr¨ oßen des Systems, die den Transfer von W¨arme und die Dissipation beschreiben. 5.2.1 Entropie und Dissipation Wir betrachten zun¨ achst die Zufuhr von Volumen¨anderungsarbeit in ein adiabates geschlossenes System, schließen also W¨ armetransfer aus. Dann gilt f¨ ur das Differenzial der inneren Energie dU = dW = dWVrev + dΦ = −pdV + dΦ .

(5.18)

Zur Verkn¨ upfung der Dissipation mit der Zustands¨anderung des Systems f¨ uhren wir nun eine neue extensive Zustandsgr¨ oße ein, die Entropie S, und schreiben f¨ ur den betrachteten Sonderfall dΦ = T dS ,

(5.19)

wobei T die so genannte thermodynamische Temperatur ist. Mit diesem Zusammenhang zwischen Dissipation und Entropie ergibt sich das Differenzial der inneren Energie zu dU = −pdV + T dS .

(5.20)

Die Gleichung (5.20) wurde unter einschr¨ ankenden Voraussetzungen abgeleitet, n¨ amlich der Zufuhr von Volumen¨ anderungsarbeit an ein geschlossenes, 9

Hier sind dQrev , dWVrev und dΦ im Gegensatz zu dU keine totalen Differenziale, sondern infinitesimal kleine Ver¨ anderungen der entsprechenden Prozessgr¨ oßen.

280

5 Die Entropiebilanz

adiabates System mit der Dissipation als einziger Quelle irreversibler Effekte. Dennoch muss sie als Beziehung zwischen Zustandsgr¨oßen in Bezug auf ihre Form unabh¨ angig vom speziellen betrachteten Prozess sein. Damit ist (5.20) das allgemeine Differenzial der Funktion U (S, V ) f¨ ur alle denkbaren Zustands¨ anderungen eines Systems, das nur zwei unabh¨angige Variable besitzt. Dies gilt f¨ ur alle reinen Stoffe, vgl. Kapitel 2. Insbesondere ergibt sich daraus mit   ∂U (5.21) p := − ∂V S die thermodynamische Definition des Druckes und mit   ∂U T := ∂S V

(5.22)

die Definition der thermodynamischen Temperatur. Der Druck gibt demnach ¨ an, mit welcher Intensit¨ at die innere Energie auf eine Anderung des Volumens reagiert. Entsprechend sagt die thermodynamische Temperatur etwas dar¨ uber aus, wie sich die innere Energie mit der Entropie ver¨andert. Der Nachweis, dass die thermodynamische Temperatur nach (5.22) mit der in Abschn. 2.1 in Zusammenhang mit dem idealen Gasthermometer eingef¨ uhrten thermodynamischen Temperatur identisch ist, wird im Abschnitt 5.4 erbracht. 5.2.2 Entropie und W¨ arme Zur Entwicklung eines Zusammenhangs zwischen Entropie und W¨arme stellen wir zun¨ achst erneut fest, dass die Gleichung (5.20) unabh¨angig vom speziellen Verlauf der Zustands¨ anderung g¨ ultig sein muss. Damit beschreibt sie ¨ auch insbesondere die Anderung der inneren Energie durch W¨arme- und Arbeitstransfer bei einer reversiblen Zustands¨ anderung, nach dU = dWVrev + dQrev .

(5.23)

Durch Vergleich mit (5.20) ergibt sich insbesondere dQrev = T dS .

(5.24)

Damit wird auch der W¨ armetransfer durch die Entropie beschrieben. Energietransfer als W¨arme ist ein Energietransfer, der von einem Entropietransfer u ¨ber die Systemgrenze begleitet wird. Dies ist die thermodynamisch exakte Definition des W¨armetransfers und das wesentliche Unterscheidungsmerkmal zum Arbeitstransfer, der ohne Mitf¨ uhrung eines Entropiestromes erfolgt. Die bei reversibler Zustands¨ anderung des Systems von 1 → 2 u ¨ bertragene W¨arme ergibt sich nach (5.24) zu

5.2 Die Zustandsgr¨ oße Entropie

281

2 Qrev 12

=

T dS .

(5.25)

1

Der Wert des Integrals h¨ angt davon ab, wie sich w¨ahrend des Prozesses von (1) nach (2) die Temperatur mit der Entropie ¨ andert. Grunds¨atzlich sind zwischen zwei festen Zustandspunkten verschiedene Zustandsverl¨aufe m¨oglich, vgl. Abb. 5.6. Die Fl¨ achen unter den Zustandsverl¨aufen repr¨asentieren die

T 2

II 1

I (q

1 2

)

(q

1 2

)

II

S

I

Abb. 5.6. Verschiedene Zustands¨ anderungen mit reversibler W¨ armezufuhr zwischen den Punkten 1 und 2

bei reversiblen Zustands¨ anderungen u ¨ bertragenen W¨armen. Offenbar sind die f¨ ur die beiden eingezeichneten Zustands¨ anderungen u ¨bertragenen W¨armen verschieden, w¨ ahrend andererseits die Entropiedifferenz dieselbe ist. W¨arme ist eine Prozessgr¨ oße, die Entropie hingegen eine Zustandsgr¨oße. Mit einem W¨ armetransfer ist notwendigerweise auch ein Entropietransfer von einem System auf ein anderes verbunden. Bei geschlossenen Systemen gilt auch umgekehrt, dass jeder Entropietransfer ein W¨ armetransfer sein muss. Bei offenen Systemen gilt diese Umkehrung nur bez¨ uglich eines Entropietransfers u ¨ ber die festen W¨ ande, nicht aber f¨ ur den konvektiven, mit Materietransport verbundenen Entropiestrom. Der an einen Stoffstrom gebundene Energiestrom ist n¨ amlich kein W¨ armestrom, sondern ein Enthalpiestrom. Wir stellen fest, dass sowohl die Dissipation als auch der W¨armetransfer durch ein und dieselbe Zustandsgr¨ oße, die Entropie, beschrieben wird. Dabei gelten die formalen Zusammenh¨ ange nach (5.19) bzw. (5.24) nicht allgemein. Die Beziehung zwischen der Entropie¨ anderung und der Dissipation ist bei geschlossenen Systemen auf Prozesse beschr¨ ankt, deren Energieumwandlungen ausschließlich durch Arbeitstransfer zustande kommen. Die Beziehung zwischen der Entropie¨ anderung und dem W¨ armetransfer ist auf reversible Zu-

282

5 Die Entropiebilanz

H e iz s ta b

B a tte r ie

stands¨ anderungen beschr¨ ankt. Allgemein gilt aber, dass Dissipation zumindest einen Teil der Entropieerh¨ ohung eines Systems bewirkt. In den meisten technischen Prozessen treten noch andere Anteile hinzu. Wiederum allgemein gilt, dass auch W¨ armetransfer f¨ ur zumindest einen Teil der Entropie¨anderung verantwortlich ist, wenn auch nur bei reversiblen Prozessen die transferierte W¨ arme und die Entropie¨ anderung ineinander umrechenbar sind. ¨ Die gemeinsame Beschreibung der Anderung der inneren Energie eines Systems auf Grund von W¨ armetransfer und Dissipation, also auf Grund zweier prinzipiell unterschiedlicher Vorg¨ ange, durch dieselbe Systemvariable Entropie mag zun¨ achst u asst sich aber an einem einfachen ¨ berraschen. Sie l¨ Beispiel plausibel machen. Wir greifen dazu auf die in Abb. 1.2 gezeigte Unterscheidung von W¨ arme und Arbeit bei unterschiedlicher Anordnung der Systemgrenze zur¨ uck und betrachten eine ¨ ahnliche Situation in Abb. 5.7. Das

F lu id

E n e r g ie tr a n s fe r a ls A r b e it E n e r g ie tr a n s fe r a ls W ä r m e

Abb. 5.7. Dissipation und W¨ arme

System besteht aus einem Fluid, in dem ein elektrischer Heizstab angeordnet ist. Zur Vereinfachung nehmen wir an, dass der Heizstab im Vergleich zum Fluid beliebig klein sein m¨ oge, so dass das System praktisch ausschließlich aus dem Fluid besteht und nur dessen Zustandsgr¨ oßen betrachtet werden m¨ ussen. ¨ Wir verfolgen die Anderung der inneren Energie dieses Systems auf Grund von Energietransfer aus der Batterie. Nach Ablauf des Energietransfers soll das System im thermodynamischen Gleichgewicht sein, d.h. das Fluid hat eine einheitliche Temperatur. Bei Betrachtung der gestrichelten Systemgrenze empf¨ angt das System w¨ ahrend des adiabaten Prozesses elektrische Arbeit von der Batterie und dissipiert diese durch Reibungseffekte der Elektronen im Heizstab, d.h. im System. Der Zuwachs an innerer Energie des Fluids dU entspricht unter den gemachten Voraussetzungen der dissipierten Energie,

5.2 Die Zustandsgr¨ oße Entropie

283

und es gilt nach (5.19) dU = dΦ = T dS = T di S . Zur Verdeutlichung, dass sich bei diesem Prozess die Entropie des Fluids durch irreversible Zustands¨ anderungen im Inneren des Systems ver¨andert, bezeichnen wir die Entropie¨ anderung hier mit di S. Betrachten wir andererseits einen Energietransfer u ¨ ber die strichpunktierte Systemgrenze, so handelt es sich offensichtlich um W¨ armetransfer ohne Dissipation vom Heizstab an das Fluid. Nach Ablauf des Prozesses hat sich die innere Energie des Fluids wiederum um dU erh¨ oht. Da die formale Beschreibung ein- und derselben Zustands¨ anderung im System nicht von der willk¨ urlichen Lage der Transfergrenzen w¨ ahrend des Energietransfers abh¨ angen kann, muss nun gelten, vgl. (5.24) dU = dQ = T dS = T da S . Die Entropie¨ anderung des Fluids kommt hierbei nicht durch innere Effekte, sondern durch einen W¨ armetransfer von außen zustande. Hierauf soll die Beziehung da S hinweisen. Im allgemeinen Fall tritt Dissipation mit W¨ armetransfer gemeinsam auf. Dann setzt sich die gesamte Entropie¨ anderung aus einem inneren Anteil di S und einem ¨außeren Anteil da S durch W¨ armetransfer zusammen. 5.2.3 Entropieproduktion bei Energietransfer u ¨ ber Temperaturund Druckdifferenzen Dissipation im Zusammenhang mit Arbeitstransfer bedeutet zwangsl¨aufig Entropieproduktion. Dies bedeutet aber nicht, dass die beiden Begriffe Dissipation und Entropieproduktion gleichwertig und damit austauschbar w¨aren. Entropieproduktion ist umfassender als Dissipation oder, anders ausgedr¨ uckt, Dissipation als Folge von Reibungs- und Verwirbelungseffekten bei Arbeitstransfer ist nur eine von mehreren Mechanismen der Entropieproduktion. Dar¨ uber hinaus kann Entropie auch durch andere Vorg¨ange innerhalb und außerhalb des Systems produziert werden. So ergibt sich z.B. eine Entropieproduktion bei W¨ armetransfer von einem System h¨oherer Temperatur T (1) auf ein System der niedrigeren Temperatur T (2) , vgl. Abb. 5.8. Wir unterstellen reversible Zustands¨ anderungen in den Systemen 1 und 2 w¨ahrend des Prozesses. Damit findet man f¨ ur die Entropie¨ anderung der beiden Systeme nach (5.24) dS (1) =

dQ(1) T (1)

und dS (2) =

dQ(2) . T (2)

284

5 Die Entropiebilanz

1 2 (1 )

T

d Q T

. (2 )

Abb. 5.8. Zur Entropieproduktion beim W¨ armetransfer

Mit -dQ(1) = dQ(2) = dQ folgt f¨ ur die irreversible Entropieproduktion beim W¨ armetransfer u ¨ber eine Temperaturdifferenz (1) di S = (dS)irr + dS (2) = − ΔT = dS

=

T (1) − T (2) dQ . T (1) T (2)

dQ dQ + T (1) T (2) (5.26)

Wir haben damit eine explizite Berechnungsgleichung f¨ ur die Entropieproduktion beim W¨armetransfer aus gegebenen Gr¨oßen gefunden. Sie findet bei der gew¨ ahlten Lage der Systemgrenzen nicht im Inneren eines der beiden Teilsysteme (1) bzw. (2) statt, sondern in der Trennwand zwischen ihnen, d.h. im Inneren des Gesamtsystems. Daher erg¨ anzen wir hier die Notation di S . Konzeptionell besteht kein Unterschied durch die spezielle Notation (dS)irr ΔT zwischen diesen Gr¨ oßen, da sie beide die Entropieproduktion kennzeichnen. Auch die bei einem Energietransfer u ¨ ber eine Druckdifferenz produzierte Entropie l¨ asst sich explizit berechnen. Zur Erl¨auterung betrachten wir ein geschlossenes System, in dem zwei Teilsysteme (1) und (2) mit gleicher Temperatur aber mit unterschiedlichen Dr¨ ucken p(1) und p(2) existieren. Die Systeme (1) und (2) sind fluide Phasen, vgl. Abb. 5.9. Zwischen den beiden fluiden Systemen befindet sich ein Kolben. Das System (1) mit dem anf¨anglich h¨ oheren Druck p(1) expandiert und komprimiert dabei das System (2) mit dem anf¨ anglich niedrigeren Druck p(2) . Dabei wird Volumen¨anderungsarbeit transferiert. Wenn wir unterstellen, dass die Zustands¨anderungen in den fluiden Phasen der Systeme (1) und (2) trotz des endlichen Druckunterschiedes so langsam ablaufen, dass sie jeweils reversibel sind, dann gilt (1)

dWV = −p(1) dV (1) bzw. (2)

dWV = −p(2) dV (2) .

5.2 Die Zustandsgr¨ oße Entropie

1

p

285

2

d W

(1 )

V

p

(2 )

Abb. 5.9. Zur Entropieproduktion beim Arbeitstransfer

Die vom System (1) abgegebene Volumen¨ anderungsarbeit ist gleich der dem System (2) zugef¨ uhrten Volumen¨ anderungsarbeit zuz¨ uglich der durch Reibung zwischen dem Kolben und der Zylinderwand dissipierten Energie. Es gilt also (1)

(2)

−dWV = dWV + dΦ Wegen dV (1) = −dV (2) > 0 betr¨ agt die bei der Reibung zwischen Kolben und Zylinderwand dissipierte Energie somit   dΦ = p(1) − p(2) dV (1) . Die Dissipation h¨ angt nach dΦ = T di S mit der Entropieproduktion bei diesem adiabaten Prozess zusammen. Damit ergibt sich f¨ ur die Entropieproduktion beim Energietransfer u ¨ber eine Druckdifferenz di S = (dS)irr Δp =

p(1) − p(2) dV (1) . T

(5.27)

Wiederum haben wir eine explizite Berechnungsgleichung f¨ ur die Entropieproduktion gefunden. Auch hier wird die Entropie nicht im Inneren der fluiden Teilsysteme produziert, sondern innerhalb des Gesamtsystems bei der Reibung zwischen Kolben und Zylinder, worauf wieder die spezielle Notation (dS)irr Δp hinweisen soll. Die Entropieproduktion beim Druckausgleich wurde hier f¨ ur den Fall berechnet, dass von einem System h¨oheren Druckes an ein System niedrigeren Druckes Volumen¨ anderungsarbeit transferiert wird. Das Ergebnis ist allerdings unabh¨ angig vom Arbeitstransfer. Auch bei Prozessen ohne Arbeitstransfer wird bei Druckausgleich durch den Mechanismus Dissipation Entropie erzeugt. Reibung und Verwirbelung, also Dissipation, ist ein bei fast allen realen Prozessen auftretendes Ph¨ anomen. Aus den Beziehungen (5.26) und (5.27) ergeben sich interessante Schlussfolgerungen u ¨ber die Ursachen von Entropieproduktion. Die Entropieproduktion nimmt mit zunehmenden treibenden Kr¨aften zu. In den betrachteten F¨ allen sind dies Unterschiede zwischen den Zustandsgr¨oßen der beteiligten Systeme, also Druckunterschiede und Temperaturunterschiede. Sanfte Prozesse mit kleinen Druck- und Temperaturdifferenzen produzieren

286

5 Die Entropiebilanz

wenig Entropie. Ein niedriges Temperaturniveau f¨ uhrt bei gleicher Druckbzw. Temperaturdifferenz zu einer h¨ oheren Entropieproduktion als ein hohes Temperaturniveau. Auch die Entropieproduktion bei gew¨ohnlichen Str¨ omungsprozessen steigt mit zunehmenden treibenden Kr¨aften, also z.B. der Geschwindigkeit der Fluidbewegungen, an. Die Quantifizierung der Entropieproduktion f¨ ur einen betrachteten Prozess ist insofern praktisch bedeutsam, als sie direkt mit der Energieentwertung verkn¨ upft ist. Dieser Zusammenhang ergibt sich f¨ ur den Sonderfall der Reibungs- und Verwirbelungseffekte beim Arbeitstransfer bereits aus der Beziehung zwischen der Dissipation, die bereits als Ursache von Energieentwertung erkannt wurde, und der Entropieproduktion. Allgemein wird er in Abschn. 5.5 entwickelt.

5.2.4 Atomistische Interpretation ¨ Ahnlich wie die innere Energie ist auch die Entropie nur aus dem atomistischen Aufbau eines thermodynamischen Systems zu verstehen. Zur atomistischen Interpretation der Entropie und insbesondere der Entropieproduktion f¨ uhren wir den Begriff des atomistischen Chaos ein und definieren ihn quantitativ als die Anzahl der unterschiedlichen atomistischen Zust¨ ande eines Systems, die zu seinem thermodynamischen und damit makroskopischen Zustand geh¨ oren. Ein atomistischer Zustand eines Systems ist eine bestimmte Kombination von Orts- und Bewegungskoordinaten seiner Atome. Die Zahl unterschiedlicher atomistischer Zust¨ ande eines Systems, also das atomistische Chaos, bezeichnen wir mit W . Es ist einleuchtend, dass mit jedem thermodynamischen Zustand, also z.B. mit bestimmten Werten von Temperatur, Druck und Stoffmenge eines Gases, sehr viele atomistische Zust¨ ande W vertr¨ aglich sind. Ein leicht verst¨ andliches Modell f¨ ur atomistisches Chaos ist eine Mischung aus weißem Salz und dunklem Pfeffer, vgl. Abb. 5.10. Die Atome des Systems werI (g e tre n n t)

II (v e r m is c h t)

S a lz M is c h u n g P fe ffe r

W I

< < W

II

Abb. 5.10. Teilchenchaos eines Systems aus Salz und Pfeffer in unterschiedlichen Zust¨ anden den hier durch die Salz- und Pfefferk¨ orner repr¨ asentiert. Dieses System sieht im vermischten Zustand II makroskopisch immer gleich braun aus, auch wenn wir immer neue ¨ ortliche Anordnungen der Salz- und Pfefferk¨ orner als Modell f¨ ur immer neue atomistische Zust¨ ande betrachten. Das K¨ orner-Chaos dieser Mischung

5.2 Die Zustandsgr¨ oße Entropie

287

ist groß, denn viele unterschiedliche Ortsverteilungen der Salz- und Pfefferk¨ orner f¨ uhren auf ein unver¨ andertes makroskopisches Erscheinungsbild, die braune Mischung. Wenn die Salz- und Pfefferk¨ orner in zwei H¨ alften getrennt sind, wie im Zustand I, sieht das System makroskopisch anders aus, n¨ amlich deutlich getrennt in dunkel und weiß. Auch hier sind viele verschiedene Anordnungen der K¨ orner m¨ oglich, ohne dass sich das dunkel-weiße Aussehen makroskopisch ver¨ andert. Aber es ist ohne Weiteres klar, dass zu der braunen Mischung viel mehr m¨ ogliche unterschiedliche Ortsanordnungen der K¨ orner geh¨ oren, das K¨ orner-Chaos ist vielfach gr¨ oßer. Der dunkel-weiße Zustand des Systems ist nicht stabil. Er geht bei einer St¨ orung, z.B. durch Sch¨ utteln, in den v¨ ollig vermischten, hochchaotischen braunen Zustand u urliche Systemzust¨ ande sind offenbar durch maximales ¨ ber. Stabile, nat¨ atomistisches Chaos gekennzeichnet. Ein formaler Zusammenhang zwischen der Entropie und dem atomistischen Chaos, also der Anzahl W der unterschiedlichen atomistischen Zust¨ ande des Systems, wurde von Ludwig Boltzmann angegeben. Er lautet S = k ln W .

(5.28)

Hierbei ist k eine universelle Konstante, die so genannte Boltzmann-Konstante, deren Zahlenwert sich aus k = R/NA

(5.29)

mit R als der allgemeinen Gaskonstante und NA als der Avogadro-Zahl, also der Anzahl der Molek¨ ule in 1 Mol, zu k = 1, 380 · 10−23 J/K ergibt. ¨ Die Ubereinstimmung von (5.28) mit der weiter oben angegebenen thermodynamischen Definition der Entropie, vgl. (5.20), zeigen wir an einem einfachen Beispiel. Wir betrachten ein ideales Gas in einem nach außen isolierten Beh¨ alter, der durch eine Wand in zwei H¨ alften mit den Volumina VI = VII unterteilt ist. Der thermodynamische Zustand eines solchen Systems ist durch seine innere Energie und sein Volumen definiert. Zu Beginn der Betrachtungen sei das Gas in der linken H¨ alfte eingesperrt. Wenn die Wand entfernt wird, dehnt sich das Gas spontan auf das gesamte Volumen des Beh¨ alters aus, vgl. Abb. 5.11. Wir wollen die mit der Ausdehnung verbundene Zunahme der atomistischen Anordnungsm¨ oglichkeiten, d.h. des atomistischen Chaos, errechnen. Dazu bezeichnen wir das urspr¨ ungliche Volumen des Gases mit V1 und das Endvolumen mit V2 = 2V1 . Zur Berechnung der Zahl der unterschiedlichen r¨ aumlichen Anordnungen der Gasmolek¨ ule in V1 und V2 teilen wir gedanklich und ohne Einschr¨ ankung der Allgemeinheit den ganzen Beh¨ alter gleichm¨ aßig in doppelt so viele Zellen auf wie es Molek¨ ule gibt. Zu Beginn sind alle Molek¨ ule in V1 und besetzen daher dort alle Zellen mit im Mittel jeweils einem Molek¨ ul. Betrachten wir zun¨ achst ein einzelnes Molek¨ ul, so ist nach Entfernen der Wand die Zahl der m¨ oglichen Zellenpl¨ atze, die es besetzen kann, verdoppelt. Seine m¨ oglichen Ortszust¨ ande sind also doppelt so zahlreich wie in dem Volumen V1 . Bei zwei Molek¨ ulen, die sich nicht gegenseitig beeinflussen (ideales Gas), verdoppelt sich die Anzahl der m¨ oglichen Positionen f¨ ur beide, d.h. die Zahl der Konfigurationen w¨ achst um 22 = 4. Bei drei Molek¨ ulen verdoppelt sich wieder f¨ ur jedes die Anzahl der m¨ oglichen Positionen, und wir erhalten 23 = 8 als den Faktor, um den sich das atomistische Chaos vermehrt, wenn an Stelle von V1 das doppelte Volumen V2 zur Verf¨ ugung steht. Bei N Molek¨ ulen ist dieser Faktor entsprechend 2N . Die Entropiedifferenz f¨ ur den Ausdehnungsprozess ist somit nach (5.28) S2 − S1 = k ln

W2 = k ln(2N ) = N k ln 2 . W1

Die thermodynamische Beschreibung lautet mit (5.20)

288

5 Die Entropiebilanz

II I

a ) V I

= V

W a n d

II

b ) V = 2 V I

= 2 V

II

Abb. 5.11. Zunahme von atomistischem Chaos durch Verteilung a) vor der Expansion, b) nach der Expansion dU = T dS − pdV = 0 , da das System abgeschlossen und die Energie daher konstant ist. Wir finden also dS = (p/T ) dV . Damit gilt, unter Verwendung von pV = nRT = N kT mit N als der Anzahl der Molek¨ ule f¨ ur das ideale Gas,

V2 S2 − S1 = V1

p dV = T

V2 Nk V1

dV V2 = N k ln 2 , = N k ln V V1

¨ in Ubereinstimmung mit dem zuvor aus (5.28) entwickelten Ergebnis. Mit Hilfe des Zusammenhangs zwischen Entropie und atomistischem Chaos l¨ asst sich die Produktion von Entropie bei realen, d.h. nicht-reversiblen Prozessen auf die nat¨ urliche Neigung aller Prozesse zur Vergr¨ oßerung des atomistischen Chaos zur¨ uckf¨ uhren. Bei der betrachteten Gasexpansion kommt diese Vergr¨ oßerung der Gr¨ oße W durch die statistische Verteilung der Atome auf ein gr¨ oßeres Volumen zustande. Ein anderer Mechanismus zur Vergr¨ oßerung des atomistischen Chaos ist die Umwandlung von koh¨ arenter Bewegungsenergie in inkoh¨ arente Bewegung durch statistische Stoßprozesse. Ein Beispiel daf¨ ur ist ein Prozess, bei dem eine herabsinkende Masse einen R¨ uhrer antreibt, der ein Fluid verwirbelt, vgl. Abb. 5.12. Das System a) mit der urspr¨ unglich als potenzielle Energie der Masse gespeicherten Energie besitzt zun¨ achst kein atomistisches Chaos, wenn wir von allen thermischen Bewegungen absehen, dem System also die Temperatur 0 K zuordnen. Wenn die Masse sinkt, wird die damit einhergehende geordnete Bewegungsenergie der Masse zun¨ achst in geordnete Bewegungsenergie des R¨ uhrers, dann aber durch statistische

5.2 Die Zustandsgr¨ oße Entropie

289

m

m

a )

b )

¨ Abb. 5.12. Zunahme von atomistischem Chaos durch Ubergang von Koh¨ arenz zu Inkoh¨ arenz Stoßprozesse in v¨ ollig ungeordnete Atombewegungen umgewandelt. Wenn der Prozess schließlich zum Stillstand gekommen ist, hat sich die potenzielle Energie der Masse vollst¨ andig in inkoh¨ arente atomistische Bewegungsenergie umgewandelt, Zustand b) in Abb. 5.12. Das atomistische Chaos hat zugenommen und mit ihm die Entropie. Das letztere Beispiel erkl¨ art insbesondere das Wesen der Dissipation und die Entwertung von Energie als Folge der Zunahme von atomistischem Chaos. Die innere Energie des abgeschlossenen Systems ist durch den Ausgleichsprozess entwertet worden. Es ist unmittelbar anschaulich klar, dass die in den inkoh¨ arenten Atombewegungen gespeicherte innere Energie des Fluids durch keine denkbare Weise wieder in die urspr¨ ungliche Energie der gehobenen Masse zur¨ uckverwandelt werden kann, obwohl sie dem Betrag nach gleich groß ist. Auf analoge Weise l¨ asst sich auch die Produktion von Entropie bei anderen Prozessen, z.B. W¨ armetransfer, Vermischung oder chemischen Reaktionen, auf die Zunahme von atomistischem Chaos zur¨ uckf¨ uhren. Da statistische Verteilungs- und Stoßprozesse nat¨ urliche Vorg¨ ange auf atomistischer Ebene sind, ist die Entropieproduktion ebenfalls ein nat¨ urlicher, unvermeidbarer Vorgang. Atomistisches Chaos ist das Gegenteil von atomistischer Ordnung. Somit bedeutet Entropieproduktion auch den Abbau von atomistischer Ordnung oder die Zunahme atomistischer Unordnung. Diese einfache, auf die Boltzmannsche Entropieformel (5.20) zur¨ uckgehende Interpretation der Entropie ist hilfreich f¨ ur das Verst¨ andnis vieler mit der Entropie zusammenh¨ angender Effekte. Die Beziehung zwischen Entropie und Ordnung auf atomistischer Ebene l¨ asst sich schließlich auch auf makroskopische Dimensionen u ¨ bertragen. Auch makroskopische Ordnungszust¨ ande zerfallen in abgeschlossenen Systemen in Folge zunehmender Unordnung auf atomistischer Ebene. Eine Stahlbr¨ ucke zerf¨ allt zu Rost, ein Bauwerk bricht zusammen und zerbr¨ oselt zu Staub, wenn nicht Einwirkungen von außen diesen Zerfallsprozessen entgegen wirken. Der Zerfall der Strukturen geht mit Entropieproduktion einher, d.h. die Zerfallsprodukte haben eine h¨ ohere Entropie als die Strukturen. Der Aufbau von Strukturen ist umgekehrt dadurch gekennzeichnet, dass die Produkte, also die Strukturen, eine niedrigere Entropie haben als die Stoffe, aus denen sie gebildet worden sind, also die Rohstoffe in der Umgebung. Strukturbildende Prozesse, also solche Prozesse, die Ordnungszust¨ ande gegen¨ uber der Umgebung schaffen, verringern daher lokal die Entropie.

290

5 Die Entropiebilanz

5.3 Der 2. Hauptsatz Da Entropie sowohl u ¨ber die Systemgrenze transferiert als auch im Inneren produziert werden kann, besteht die Entropie¨anderung eines Systems aus zwei Anteilen. Die Entropiebilanz lautet also: ”Die Entropie eines Systems ¨ andert sich durch Zu- oder Abfuhr von Entropie ¨ uber die Systemgrenze und durch Entropieproduktion in seinem Inneren.” Die Entropiebilanz unterscheidet sich insofern von den als Erhaltungsgleichungen formulierten Bilanzen f¨ ur die Masse und die Energie, als sie einen Quellterm enth¨ alt. Die Aussage, dass f¨ ur die innere Entropieproduktion di S ≥ 0 bzw. gilt, bezeichnet man als den 2. Hauptsatz der Thermodynamik. F¨ ur die Entropie existiert daher in der Regel keine Erhaltungsgleichung. Eine besondere Stellung nehmen reversible Zustands¨anderungen ein, bei denen es keine Entropieproduktion gibt. Reversible Prozesse sind idealisierte Prozesse f¨ ur Energieumwandlungen. F¨ ur sie l¨asst sich die Entropiebilanz als Erhaltungsgleichung formulieren, und die dadurch gewonnene zus¨atzliche Beziehung erlaubt die vollst¨ andige Berechnung dieser Prozesse, vgl. Kapitel 6. Reale Prozesse laufen unter Entropieproduktion ab. Eine Entropievernichtung ist nach dem 2. Hauptsatz grunds¨atzlich unm¨oglich. Damit ist die Unsymmetrie von Energieumwandlungen durch den 2. Hauptsatz der Thermodynamik beschrieben. In abgeschlossenen Systemen, also solchen, die keinerlei energetische und stoffliche Wechselwirkung mit der Umgebung und damit keine Zu- oder Abfuhr von Entropie u ¨ ber die Systemgrenzen haben, kann die Entropie nur zunehmen oder, im reversiblen Grenzfall, konstant bleiben. Wenn also Stoffumwandlungen wie Temperatur- und Druckausgleich zwischen Teilsystemen oder auch Vermischungsprozesse und chemische Reaktionen in abgeschlossenen Systemen ablaufen, wird deren eindeutiger Richtungssinn, d.h. ihre Unsymmetrie, durch die Zunahme der Entropie beschrieben. Ihr Endzustand, das so genannte thermodynamische Gleichgewicht, ist somit in einem isolierten System durch das Maximum der Entropie bestimmt. Hierdurch wird ein idealisierter Prozess f¨ ur Stoffumwandlungen definiert, der Gleichgewichtsprozess. Er l¨ auft vom Anfangszustand unter Entropieproduktion bis zum maximalen Entropiewert, der mit den vorgegebenen Werten von innerer Energie und Volumen des abgeschlossenen Gesamtsystems vertr¨ aglich ist. Die Bedingung des Entropiemaximums im abgeschlossenen System liefert eine zus¨ atzliche Beziehung zur vollst¨andigen Berechnung von Gleichgewichtsprozessen, vgl. Kapitel 7. ¨ Uber die Grenzen eines geschlossenen Systems kann Entropie nur durch W¨ armetransfer zu- oder abgef¨ uhrt werden, da Arbeit nicht mit Entropietransfer verbunden ist. F¨ ur die gesamte Entropie¨ anderung in einem geschlossenen System haben wir daher dS = da S + di S ,

(5.30)

5.3 Der 2. Hauptsatz

291

mit da S =

dQ , T

(5.31)

f¨ ur den Entropiefluss, der positiv, negativ oder Null sein kann, je nachdem, ob W¨ arme zugef¨ uhrt, abgef¨ uhrt oder gar nicht u ¨bertragen wird. Man findet also

2 Q12 =

T da S

(5.32)

1

als allgemeine Definition f¨ ur die u ¨ ber die Systemgrenzen geschlossener Systeme transferierte W¨ arme. Der entscheidende Unterschied zu der Gleichung (5.25) f¨ ur die reversible Zustands¨ anderung besteht darin, dass hier die u arme nicht die gesamte Entropie¨anderung des Systems, son¨bertragene W¨ dern nur einen Teil von ihr bewirkt. Es kommt noch die Entropieproduktion hinzu. Die Entropieproduktion di S im Inneren des Systems kann unterschiedliche Ursachen haben. Ein h¨ aufiger Mechanismus ist die Dissipation durch Irreversibilit¨ aten wie Reibung und Verwirbelung. Wenn dar¨ uber hinaus keine weiteren Beitr¨ age zur irreversiblen Entropieproduktion im Inneren des Systems zu ber¨ ucksichtigen sind, dann gilt nach (5.19)

2 T di S ≥ 0 .

Φ12 =

(5.33)

1

Im allgemeinen Fall kann im Inneren eines geschlossenen Systems Entropie u ¨ber die Dissipation hinaus noch durch weitere Mechanismen erzeugt werden, z.B. durch chemische Reaktionen und durch Vermischungsprozesse, vgl. Abschnitt 5.4. Auch der Ausgleich von Temperaturunterschieden im Inneren eines aus mehreren Teilsystemen bestehenden Gesamtsystems f¨ uhrt zu Entropieproduktion, vgl. Abschn. 5.2.3, ohne dass dabei Reibung und Verwirbelung beteiligt ist. Allgemein kann man daher f¨ ur die gesamte Entropie¨anderung eines geschlossenen Systems schreiben dS =

dQ + di S . T

(5.34)

Die allgemeine instation¨ are Entropiebilanz f¨ ur eine geschlossene fluide Phase lautet also ˙ ) Q(τ dS = + S˙ i (τ ) . dτ T (τ )

(5.35)

Sie entspricht der Energiebilanz f¨ ur instation¨ are Prozesse in geschlossenen ˙ )/T (τ ) den Beitrag auf Grund eiSystemen, vgl. (4.19). Hier erfasst Q(τ ˙ ), der bei der Temperatur T (τ ) die Systemgrenze nes W¨ armestroms Q(τ

292

5 Die Entropiebilanz

u ucksichtigt summarisch alle Beitr¨age ¨berschreitet. Der Term S˙ i (τ ) ≥ 0 ber¨ zur inneren Entropieproduktion und entf¨ allt f¨ ur reversible Prozesse. Ein Arbeitsterm ist nicht enthalten, da Arbeitstransfer nicht mit einer Entropie¨ anderung verkn¨ upft ist. F¨ ur ein offenes System lautet die instation¨are Entropiebilanz in Verallgemeinerung von (5.35) und analog zur instation¨aren Energiebilanz (4.22)   Q˙ j (τ )  dS m ˙ e (τ )se (τ ) − m ˙ a (τ )sa (τ ) + = + S˙ i (τ ) . dτ T (τ ) j aus j

(5.36)

ein

Hier werden die an die Massenstr¨ ome gebundenen Entropiestr¨ome zus¨atzlich ber¨ ucksichtigt. Da ein offenes System insgesamt keine Phase ist, also entlang des Str¨ omungsweges unterschiedliche Temperaturen Tj (τ ) gegeben sein k¨ onnen, m¨ ussen die Beitr¨ age des W¨ armetransfers f¨ ur jede Temperatur Tj getrennt ausgewertet und dann addiert werden. Dies erkl¨art den Summenausdruck u armestr¨ ome in (5.36). Abgef¨ uhrte W¨armestr¨ome erhalten ¨ber die W¨ ucksichtigt wieder sumein negatives Vorzeichen. Der Beitrag S˙ i (τ ) ≥ 0 ber¨ marisch alle Beitr¨ age zur inneren Entropieproduktion, wozu bei offenen Systemen auch die Reibung der str¨ omenden Fluide beitr¨agt. Durch Integration folgt die Entropiebilanz f¨ ur instation¨ are Prozesse in offenen Systemen analog zu (4.24) f¨ ur die Energiebilanz. Bei station¨ aren Prozessen entf¨allt die linke Seite von (5.36) sowie die Zeitabh¨ angigkeit der Gr¨oßen. Die Entropiebilanz nimmt dann eine zu der Energiebilanz (4.27) analoge Form an. Eine besonders einfache und h¨ aufig benutzte Form erh¨ alt die Entropiebilanz schließlich in offenen Systemen f¨ ur station¨ are Fließprozesse, die nicht nur reversibel sondern zus¨ atzlich auch noch adiabat sind. Man findet dann aus (5.36), dass die spezifischen Entropien der eintretenden und austretenden Stoffstr¨ome zusammenh¨ angen nach   m ˙ e se = m ˙ a sa . (5.37) ein

aus

Prozesse dieser Art bezeichnet man als isentrop. Energieumwandlungen in Maschinen und Apparaten lassen sich h¨ aufig in erster N¨aherung als isentrop modellieren. Die Entropiebilanz in Verbindung mit dem 2. Hauptsatz der Thermodynamik f¨ uhrt zu einigen prinzipiellen Erkenntnissen u ¨ ber Energie- und Stoffumwandlungen. Danach ben¨ otigen station¨ are Prozesse einen Entropieexport, der der Summe aus dem Entropieimport und der Entropieproduktion entspricht. Entropieimport und -export kann in Form von W¨arme und in Form von Stoffstr¨ omen erfolgen. Viele Prozesse sind dadurch gekennzeichnet, dass aus eintretenden Energie- oder Stoffstr¨ omen andere Energie- bzw. Stoffstr¨ome mit geringerem Entropieanteil produziert werden. Ein typisches Beispiel aus dem Bereich der Energieumwandlungen ist der Prozess der W¨armekraftmaschine, bei dem aus einer von Entropie begleiteten Energiezufuhr in Form von W¨arme

5.4 Die Berechnung der Entropie aus Stoffmodellen

293

eine nicht von Entropie begleitete Energie in Form von Arbeit als Produkt erzeugt wird. Dies erfolgt in einem als geschlossenes System zu betrachtenden station¨ aren Kreisprozess. Nach der Entropiebilanz f¨ ur ein geschlossenes System bedeutet dies, dass der Prozess W¨ arme abgeben muss, mit der die Summe aus der mit der W¨ armezufuhr eingef¨ uhrten und durch die innere Entropieproduktion erzeugten Entropie exportiert wird. Dies bestimmt die Abw¨arme und, zusammen mit der Energiebilanz, auch die zuzuf¨ uhrende W¨arme. Ein analoges Beispiel aus dem Bereich der Stoffumwandlungen ist die Produktion reiner Komponenten aus einem Rohstoffgemisch, z.B. die Gewinnung der reinen Luftinhaltsstoffe durch Luftzerlegung. Bei dieser Umkehrung des spontanen Vermischungsprozesses ist die Entropie der Produkte bei isothermen Bedingungen geringer als die der Edukte. Nach der station¨aren Entropiebilanz f¨ ur offene Systeme in Verbindung mit dem 2. Hauptsatz ben¨otigen solche Prozesse neben der Entropieabfuhr mit den Produkten daher einen zus¨ atzlichen Entropieexport in Form von Abw¨ arme. Diese Abw¨arme ist also nicht durch die Energiebilanz, sondern durch die Entropiebilanz bestimmt und h¨ angt insbesondere auch von der Entropieproduktion ab. Aus Gr¨ unden der Energieerhaltung muss dem Prozess zus¨ atzlich zu der aus Gr¨ unden der Enthalpie¨ anderung erforderlichen eine dieser Abw¨arme entsprechende Energie mit niedriger Entropiebegleitung zugef¨ uhrt werden, also z.B. W¨arme bei hoher Temperatur oder Arbeit. Wenn schließlich als Grundprozess einer Industriegesellschaft Rohstoffe aus der Umgebung entnommen, in Produkte umgewandelt und dabei Abfallstoffe in die Umgebung entlassen werden, erfolgt der notwendige Entropieexport letztlich wiederum durch Abw¨arme. Dabei wirkt der Abfallstrom intermedi¨ ar an diesem Entropieexport mit. Er wird entweder auf der Deponie oder in einer Abfallbehandlungsanlage ins Gleichgewicht mit der Umgebung gebracht, wobei Entropie erzeugt und in Form von Abw¨ arme an die Umgebung abgef¨ uhrt wird. Insofern ist die Existenz stofflicher und energetischer Abf¨ alle durch die Naturgesetze, n¨amlich die Massen-, Energie- und Entropiebilanz definiert. Umweltsch¨adliche stoffliche Abf¨alle sind kein Ergebnis der Naturgesetze, da der Stoffkreislauf geschlossen und der notwendige Entropieexport durch harmlose Abw¨arme bei Umgebungstemperatur herbeigef¨ uhrt werden kann.

5.4 Die Berechnung der Entropie aus Stoffmodellen Die Entropie ist eine Zustandsgr¨ oße und h¨ angt als solche vom thermodynamischen Zustand ab. Zur Auswertung der Entropiebilanz ben¨otigt man Zahlenwerte f¨ ur die Entropie. Im Folgenden zeigen wir, wie diese Zahlenwerte aus Stoffmodellen ermittelt werden k¨ onnen.

294

5 Die Entropiebilanz

5.4.1 Die Fundamentalgleichung Das totale Differenzial der inneren Energie lautet nach (5.20) dU = T dS − pdV .

(5.38)

In integrierter Form wird daraus

2 U2 − U1 =

2 T dS −

1

pdV .

(5.39)

1

Man bezeichnet (5.38) bzw. (5.39) als die Fundamentalgleichung. Sie gilt f¨ ur reine Stoffe und allgemein f¨ ur alle Zustands¨anderungen, die sich ausschließlich auf eine Entropie¨ anderung und eine Volumen¨anderung zur¨ uckf¨ uhren lassen. Im Sinne der Energiebilanz sind dies solche, die durch den Transfer von W¨ arme und Volumen¨ anderungsarbeit in geschlossenen Systemen hervorgerufen werden. Die Zustandsgr¨oßen V und S sind die unter Ber¨ ucksichtigung der Prozessenergien Arbeit, Dissipation und W¨arme eingef¨ uhrten prim¨ aren und einschl¨ agigen unabh¨angigen Variablen eines geschlossenen Systems. Damit kommt der Funktion U (S, V ) eine gegen¨ uber anderen Beziehungen zwischen Zustandsgr¨ oßen hervorgehobene Bedeutung zu. Sie wird als Fundamentalfunktion oder auch thermodynamisches Potenzial bezeichnet und dazu benutzt, die Beziehungen zwischen den thermodynamischen Zustandsgr¨ oßen eines Systems grundlegend zu beschreiben. Aus ihr kann man durch einfache Differenziationen alle Zustandsgr¨oßen berechnen. Integrationen sind nicht erforderlich. Einschr¨ankungen in der Allgemeing¨ ultigkeit der Fundamentalgleichung (5.38) bzw. (5.39) ergeben sich insofern, als andere Formen von energetischen Wechselwirkungen, d.h. andere Formen von Arbeit als die hier ber¨ ucksichtigten existieren. Hierf¨ ur kommen z.B. elektrische Arbeit (elektrischer Kondensator) oder auch Oberfl¨ achenarbeit (Blasen und Tr¨ opfchen) in Betracht. Diese Effekte f¨ uhren zu weiteren Variablen in der Fundamentalfunktion. Systeme mit dem Volumen als der einzigen Koordinate zum Transfer von Arbeit bezeichnen wir als einfache Systeme. Sie repr¨ asentieren die typischen thermodynamischen Anwendungen. Die allgemeine Form der gesuchten Berechnungsgleichungen f¨ ur die Entropie ergibt sich aus der Fundamentalgleichung zu p 1 dU + dV , T T bzw., wegen dH =dU + pdV + V dp, dS =

(5.40)

V 1 dH − dp . (5.41) T T Durch diese Beziehungen sind Entropiedifferenzen auf die bereits fr¨ uher behandelten Ausdr¨ ucke f¨ ur die innere Energie bzw. f¨ ur die Enthalpie sowie die thermodynamische Temperatur zur¨ uckgef¨ uhrt. dS =

5.4 Die Berechnung der Entropie aus Stoffmodellen

295

5.4.2 Die thermodynamische Temperatur Die thermodynamische Temperatur ist nach (5.22) definiert durch   ∂U T = , ∂S V

(5.42)

wenn wir ber¨ ucksichtigen, dass die Entropie S und das Volumen V die einzigen unabh¨ angigen Variablen der Energiefunktion sind. Da die innere Energie bei W¨ armezufuhr mit dS > 0 zunimmt, definiert (5.42) eine absolute Temperatur. Die thermodynamische Temperatur kann nicht negativ werden. Sie beschreibt die Intensit¨ at, mit der sich die innere Energie des Systems bei ei¨ ner Anderung der Entropie ¨ andert, wenn das Volumen konstant bleibt. F¨ ur praktische Rechnungen ben¨ otigen wir Zahlenwerte f¨ ur die thermodynamische Temperatur. Bisher kann f¨ ur die thermodynamische Temperatur keine Messvorschrift angegeben werden. Es ist also nicht klar, wie dieser Gr¨oße Zahlen zuzuordnen sind, die in thermodynamischen Rechnungen verwendet werden k¨ onnen. Insbesondere ist unklar, welcher Zusammenhang zwischen der thermodynamischen Temperatur nach (5.42) und dem empirischen Temperaturbegriff besteht, den wir in Abschn. 2.1.4 eingef¨ uhrt haben. Als physikalisch sinnvolle, absolute empirische Temperaturskala haben wir dort die Temperaturskala des idealen Gasthermometers erkannt. Sie ist nach (2.16) definiert durch Θig /K =

(pυ)ig , R

mit R als der universellen Gaskonstante, p als dem Druck und υ als dem molaren Volumen des Gases im Thermometer. Wir zeigen im Folgenden den Zusammenhang zwischen der thermodynamischen Temperatur T und der empirischen Temperatur Θig . Das Gas in einem idealen Gasthermometer liegt im Grenzfall verschwindender Dichte vor. Da in diesem Grenzfall der mittlere Abstand der Molek¨ ule sehr groß wird, spielen Wechselwirkungskr¨ afte zwischen ihnen keine Rolle. Ver¨anderungen des Volumens und damit der mittleren Molek¨ ulabst¨ande sind daher nicht von energetischen Effekten begleitet, vgl. Abschn. 4.3.1. Im Grenzfall verschwindender Dichte haben Gase daher eine innere Energie, die nicht vom spezifischen Volumen abh¨ angt, d.h.  lim 1/υ→0

∂u ∂υ



 = Θig

∂u ∂υ

ig =0 .

(5.43)

Θig

Zur Bestimmung der Funktion T (Θig ) gehen wir von der Fundamentalgleichung (5.38) aus, aus der folgt ds =

1 p du + dυ . T T

(5.44)

296

5 Die Entropiebilanz

Diese Beziehung beschreibt insbesondere auch den Zusammenhang der thermodynamischen Zustandsgr¨ oßen s, u, υ, p und T f¨ ur das System ideales Gasthermometer. In diese Gleichung f¨ uhren wir nun unter Ber¨ ucksichtigung von (5.43) die empirische Gasthermometertemperatur Θig ein durch dsig =

1 1 RΘig ig duig ig dΘ + dυ . T (Θig ) dΘig T (Θig ) υ ig

Es gilt also  ig  ∂s duig 1 = ∂Θig υig T (Θig ) dΘig und  ig  ∂s 1 RΘig = . ∂υ ig Θig T (Θig ) υ ig Wir nutzen das mathematische Theorem, dass die gemischten Ableitungen einer Funktion von zwei Variablen gleich sind, d.h.  ig    ∂s 1 duig ∂ ∂ = =0 ∂υ ig ∂Θig υig ∂υ ig T (Θig ) dΘig  ig    ∂ ∂ ∂s 1 RΘig = = ∂Θig ∂υ ig Θig ∂Θig T (Θig ) υ ig und finden     ∂ 1 RΘig R ∂ Θig = 0 = ig . ∂Θig T (Θig ) υ ig υ ∂Θig T (Θig ) Daraus folgt Θig = A−1 , T (Θig ) oder T = AΘig , mit A als einer zun¨ achst beliebigen Konstante. Die thermodynamische Temperatur und die empirische Gasthermometertemperatur sind daher einander proportional. Wir legen nun f¨ ur die thermodynamische Temperatur denselben Fixpunkt und dieselbe Temperatureinheit wie f¨ ur die empirische Temperatur des idealen Gasthermometers fest. Am Tripelpunkt des Wassers gilt daher ig Ttr,H2 O = 273, 16 K = Θtr,H . 2O

Dies f¨ uhrt zu dem Ergebnis

(5.45)

5.4 Die Berechnung der Entropie aus Stoffmodellen

297

A=1 und damit T = Θig .

(5.46)

Nach dieser Definition misst man also mit dem Gasthermometer die ther¨ modynamische Temperatur T , in Ubereinstimmung mit den in Abschn. 2.1.4 ohne Beweis vorweggenommenen Erkenntnissen. Damit ist die thermodynamische Temperatur prinzipiell experimentell bestimmbar. Praktisch erfolgt die Temperaturmessung mit Fl¨ ussigkeitsthermometern, Widerstandsthermometern und Thermoelementen, deren Messergebnisse durch geeignete Maßnahmen an die thermodynamische Temperaturskala angepasst werden. Beispiel 5.4 In Beispiel 2.4 wurde die empirische Temperatur des idealen Gasthermometers neben in Kelvin auch in der Temperatureinheit Rankine (R) und in der Temperatureinheit M¨ uller (M) angegeben. Insbesondere gilt f¨ ur (pυ)ig = 4000 J/mol als Messgr¨ oße des idealen Gasthermometers in den unterschiedlichen Temperatureinheiten Θig = 481, 08 K , Θig = 865, 92 R und Θig = 310, 18 M . Man zeige, dass auch die M¨ uller-Skala in einem festen Zusammenhang mit der thermodynamischen Temperatur steht und dass alle drei Gasthermometertemperaturen auf dieselbe thermodynamische Temperatur f¨ uhren. L¨ osung Die ideale Gasthermometertemperatur in Rankine ist wegen 1 R = 5/9 K trivial auf die thermodynamische Temperatur in Kelvin zur¨ uckgef¨ uhrt. Komplizierter ist der Beweis f¨ ur die M¨ uller-Skala. Es gilt die Fundamentalgleichung ds =

1 p du + dυ . T T

Die M¨ uller-Skala war definiert durch 2 Θig = C∗ · (pυ)ig mit 1M=

ig Θtr,H 2O

100, 00

.

298

5 Die Entropiebilanz

Einsetzen in die Fundamentalgleichung f¨ uhrt auf ds =

du 1 1 √ ig ig 1 1 √ dΘig + Θ dυ . ig ig ig T (Θ ) dΘ T (Θ ) υ ig C∗

Gleichsetzen der gemischten Ableitungen ergibt   √ ∂ Θig 0= ∂Θig T (Θig ) und damit √ T = A Θig . Die ideale Gasthermometertemperatur h¨ angt also auch f¨ ur die M¨ uller-Skala eindeutig mit der thermodynamischen Temperatur zusammen. Insbesondere ergibt sich wiederum eine lineare Abh¨ angigkeit zwischen T und (pυ)ig . Dies gilt f¨ ur alle denkbaren Funktionen Θig = f (pυ)ig . Wir w¨ ahlen f¨ ur die thermodynamische Temperatur die Kelvin-Skala, d.h.   ig Ttr,H2 O = 273, 16 K = A Θtr, 100, 00 M . H2 O = A Damit wird

√ A = 27, 316 K/ M und man findet K √ ig Θ . T = 27, 316 √ M Die ideale Gasthermometertemperatur auf der M¨ uller-Skala Θig = 310, 18 M entspricht also einer thermodynamischen Temperatur auf der Kelvin-Skala von  T = 27, 316 · 310, 18 = 481, 08 K . Damit ist gezeigt, dass auch die ideale Gasthermometertemperatur auf der quadratischen M¨ uller-Skala die thermodynamische Temperatur auf der Kelvin-Skala reproduziert.

5.4.3 Reine Gase F¨ ur reine Gase verwenden wir das Stoffmodell des idealen Gases. F¨ ur das Stoffmodell Ideales Gas“ entf¨ allt die Abh¨ angigkeit der inneren Energie vom ” Volumen und der Enthalpie vom Druck. Nach (4.37) und (4.38) gelten die ig dT bzw. dH ig = Cpig dT . Benutzt man weiterhin die Beziehungen dU ig = CV thermische Zustandsgleichung des idealen Gases (pV )ig = nRT nach (2.26), so findet man f¨ ur die Differenzen der Entropie eines idealen Gases zwischen dem betrachteten Zustand und einem Bezugspunkt 0 aus (5.40) und (5.41)

T S ig (T, V ) − S ig (T 0 , V 0 ) = T0

ig CV (T ) V dT + nR ln 0 T V

(5.47)

5.4 Die Berechnung der Entropie aus Stoffmodellen

299

bzw.

T S (T, p) − S (T , p ) = ig

ig

0

0

T0

Cpig (T ) p dT − nR ln 0 . T p

(5.48)

In engen Temperaturbereichen kann mit einem Mittelwert der W¨ armekapazit¨ at gerechnet werden, und das Integral u ¨ber der Tempeig ln(T /T 0 ) bzw. Cpig ln(T /T 0 ). Das Stoffmodel des idealen ratur wird zu CV Gases ist auf niedrige Dr¨ ucke und hinreichenden Abstand von der Taulinie beschr¨ ankt. Im Gegensatz zur inneren Energie und zur Enthalpie h¨angt die Entropie eines idealen Gases vom Volumen bzw. vom Druck ab. 5.4.4 Reine Fl¨ ussigkeiten F¨ ur reine Fl¨ ussigkeiten verwenden wir das Stoffmodell der idealen Fl¨ ussigkeit. Hierf¨ ur folgt aus (5.41) mit (4.43)

T S (T ) − S (T ) = if

if

0

T0

T = T0

C if (T ) dT + T

V V0

V if dp − T

V V0

V if dp T

C if (T ) dT T

= C if ln

T , T0

(5.49)

wobei in der letzten Fassung die W¨ armekapazit¨at C if als konstanter Wert f¨ ur den betrachteten Temperaturbereich angesehen wird. Da das Volumen einer idealen Fl¨ ussigkeit eine Konstante ist, ergibt sich (5.49) auch direkt aus (5.40). 5.4.5 Reine Stoffe im gesamten Zustandsgebiet Zur thermodynamischen Analyse von Prozessen, bei denen ein reines Fluid einen großen Zustandsbereich einschließlich Verdampfung und Kondensation durchl¨ auft, reichen die einfachen Stoffmodelle Ideales Gas“ bzw. Ideale ” ” Fl¨ ussigkeit“ nicht aus. In solchen F¨ allen kann man Zahlenwerte f¨ ur die Entropie aus den allgemeinen Beziehungen im Anhang B4, aus Diagrammen oder auch aus Dampftabellen ermitteln. F¨ ur Wasser als das wichtigste Fluid ist die Wasserdampftabelle als Tabelle A1 im Anhang A wiedergegeben. Die dort vertafelten Zahlenwerte f¨ ur die Entropie sind willk¨ urlich auf den Wert der siedenden Fl¨ ussigkeit am Tripelpunkt bezogen. Sie sind also keine absoluten Entropien, vgl. Abschn. 5.4.9. F¨ ur den Zahlenwert von Entropiedifferenzen ist die Wahl des Entropiebezugswertes ohne Bedeutung. Die spezifische Entropie

300

5 Die Entropiebilanz

im Nassdampfgebiet wird, analog zu (2.20), aus der des ges¨attigten Dampfes und der siedenden Fl¨ ussigkeit berechnet nach s = s + x(s − s ) ,

(5.50)

wobei x den Dampfgehalt, s die spezifische Entropie des ges¨attigten Dampfes ussigkeit bezeichnen. und s die spezifische Entropie der siedenden Fl¨ Beispiel 5.5 Man berechne die Entropie¨ anderung eines Wasserdampfstromes von m ˙ = 1 kg/s bei der isobaren Abk¨ uhlung von t = 200◦ C und p = 0,10135 MPa auf 20◦ C. L¨ osung Wir legen als Stoffmodell die Tabelle A1 im Anhang A zugrunde. Die betrachtete Zustands¨ anderung besteht aus einer Abk¨ uhlung des Dampfes von 200◦ C auf 100◦ C, einer Kondensation und einer weiteren Abk¨ uhlung von 100◦ C auf 20◦ C. Die dazugeh¨ origen spezifischen Entropiedifferenzen sind s(200◦ C, p) − s (100◦ C) = 7, 8299 − 7, 3549 = 0, 4750 kJ/kg K , (s − s )100◦ C = 7, 3549 − 1, 3069 = 6, 0480 kJ/kg K , sowie s (100◦ C) − s(20◦ C, p) = 1, 3069 − 0, 2966 = 1, 0103 kJ/kg K . Hier wurde, analog zum Vorgehen bei der Berechnung der Enthalpiedifferenz, f¨ ur die spezifische Entropie des fl¨ ussigen Wassers bei 20◦ C und 0,10135 MPa der Wert bei 20◦ C im Siedezustand benutzt, da die Druckabh¨ angigkeit der Entropie im fl¨ ussigen Zustand sehr gering ist. Berechnet man alternativ die Abk¨ uhlung auf 20◦ C nach dem Modell der idealen Fl¨ ussigkeit, so findet man s (100◦ C) − s(20◦ C, p) = cif ln

373, 15 = 4, 18 · 0, 241 = 1, 007 kJ/kg K 293, 15

¨ in guter Ubereinstimmung mit dem Ergebnis aus den Tafelwerten. Insgesamt betr¨ agt die Entropie¨ anderung ΔS˙ = mΔs ˙ = 7, 5333 kW/K . Der Anteil der Entropie¨ anderung bei der Kondensation dominiert. Da die Temperatur und der Druck bei der Kondensation konstant bleiben, gilt insbesondere (s − s ) =

(h − h ) r = . T T

5.4.6 Gasgemische F¨ ur die molare Entropie von Gemischen gilt allgemein in Anlehnung an (2.29) f¨ ur das Volumen und (4.45) sowie (4.46) f¨ ur die innere Energie bzw. die Enthalpie

5.4 Die Berechnung der Entropie aus Stoffmodellen

s(T, p, {xj }) =



xi si ,

301

(5.51)

mit si = si (T, p, {xj }) als der partiellen molaren Entropie der Komponente i im Gemisch. Zur Berechnung der partiellen molaren Entropie benutzen wir f¨ ur Gasgemische bei niedrigen Dr¨ ucken das Stoffmodell Ideales Gasge” misch“. In einem idealen Gasgemisch verh¨ alt sich jede Komponente so, als w¨ urde sie das zur Verf¨ ugung stehende Systemvolumen allein ausf¨ ullen. Sie ur die partielle molare steht daher unter ihrem Partialdruck pi . Damit gilt f¨ Entropie der Komponente i in einem idealen Gasgemisch ig ig sig i (T, p, xi ) = s0i (T, pi ) = s0i (T, p) − R ln

pi . p

Da wegen pi = xi p der Partialdruck mit dem Stoffmengenanteil zusammenh¨ angt, vgl. (2.35), gilt schließlich ig sig i (T, p, xi ) = s0i (T, p) − R ln xi .

(5.52)

Damit ergibt sich f¨ ur die Entropie eines idealen Gasgemisches   ig xi sig xi s0i (T, p) − R ln xi . sig (T, p, {xj }) = i =

(5.53)

Im Gegensatz zur partiellen molaren Enthalpie nach (4.50) und zum partiellen molaren Volumen nach (2.38) der Komponente i in einem idealen Gasgemisch unterscheidet sich die partielle molare Entropie von der entsprechenden Reinstoffgr¨ oße. Sie ist um den zus¨ atzlichen Term -R lnxi gr¨oßer10. Entsprechend folgt f¨ ur die spezifische Entropie eines Gemisches idealer Gase nach Division der molaren Entropie durch die Molmasse M des Gemisches    ig R wi sig = w (T, p) − ln x s , (5.54) sig (T, p, {wj }) = i i i 0i Mi mit ig sig i (T, p, xi ) = s0i (T, p) −

R ln xi Mi

(5.55)

als der partiellen spezifischen Entropie der Komponente i im Gemisch idealer Gase beim Gesamtdruck p. Sie unterscheidet sich von der Reinstoffentropie bei denselben Werten von Temperatur und Druck wiederum durch einen Term, der den Logarithmus des Stoffmengenanteils enth¨alt. Bei einer Vermischung von idealen Gasen bei konstanten Werten von Temperatur und Druck, vgl. Abb. 5.13, wird innerhalb des Systems eine Entropie produziert, nach Si = (ΔS)irr,ig M 10

Das Mischungsverhalten idealer Gasgemische, das hier aus der Druckabh¨ angigkeit der Entropie abgeleitet wurde, kann allgemein aus der Bedingung fehlender Wechselwirkungskr¨ afte und der Unterscheidbarkeit der Molek¨ ule unterschiedlicher Gemischkomponenten entwickelt werden.

302

5 Die Entropiebilanz

(ΔS)irr,ig = S ig − M =

 i



ig S0i

i ig ni (sig i − s0i ) = −R



ni ln xi > 0 ,

(5.56)

i

die wegen xi < 1 stets positiv ist. Sie wird oft als Mischungsentropie be-

S 1

S

0 1

2

T ,p

S =

0 2

T ,p

4 i= 1

S

0 i

S

0 3

T ,p

(T ,p )+ (D S )

S

0 4

T ,p

ir r ,ig M

Abb. 5.13. Entropie¨ anderung bei Vermischung von 4 Teilsystemen im idealen Gaszustand

zeichnet. Ihr positives Vorzeichen entspricht der Vorstellung von einer Vermischung als realem, d.h. typisch irreversiblen Vorgang, der nach dem 2. Hauptsatz mit Entropieproduktion verbunden ist. Die Entropie des Systems nach der Vermischung betr¨ agt dann  ig S0i (T, p, ni ) + (ΔS)irr,ig S ig = M  ig  = S0i (T, p, ni ) − R ni ln xi . (5.57) ¨ Ahnlich wie f¨ ur die Entropieproduktion bei W¨arme- und Arbeitstransfer haben wir mit (5.56) auch f¨ ur die Entropieproduktion beim Vermischungsprozess eine einfache Berechnungsformel zur Verf¨ ugung. Damit sind auch die Energieentwertung, die aus einer Vermischung folgt, und umgekehrt der Energieaufwand f¨ ur eine Trennung quantifizierbar. Abb. 5.14 zeigt die Mischungsbeitr¨ age zur Gesamtentropie und zur Entropie einer Komponente. Bemerkenswert ist der exponentielle Anstieg der partiellen molaren Entropie einer Komponente i mit abnehmendem Stoffmengenanteil. Bei der Herstellung einer reinen Komponente i aus einem Gemisch mit anderen Komponenten muss f¨ ur kleine Anteile dieser Komponente eine sehr hohe Entropieverringerung bewerkstelligt werden. Da Entropieverringerung im Gegensatz zu Entropieproduktion nicht spontan abl¨ auft, ist dazu ein entsprechend großer technischer

5.4 Die Berechnung der Entropie aus Stoffmodellen 0 ,8

ir r ,ig

(D S )

0 ,7

M

8 /R 7

0 ,6

6

0 ,5

5

0 ,4

4

0 ,3

3

0 ,2

(s

1

ig

- s

ig 0 1

)/R

/R ir r ,ig M

(D S )

303

2 (s

0 ,1

1

ig

-s

ig

0 1

)/R 1

0

0 0

0 ,1

0 ,2

0 ,3

0 ,4

0 ,5

0 ,6

0 ,7

0 ,9

x

0 ,8

1 ,0

1

Abb. 5.14. Mischungseffekte der Entropie in Gemischen idealer Gase

und energetischer Aufwand, verbunden mit einem großen Entropieexport, erforderlich, vgl. Beispiel 5.6. Beispiel 5.6 Ein Modellgemisch f¨ ur trockene Luft habe die folgende Zusammensetzung in Stoffmengenanteilen xN2 = 0, 781 , xO2 = 0, 210 , xAr = 0, 009 . Welche technische Leistung ist dem Kompressor einer mechanischen Luftzerlegungsanlage mindestens zuzuf¨ uhren, um aus einem Stoffmengenstrom von 1 mol/s bei T = 298,15 K isotherm und isobar die darin enthaltenen Mengen von Stickstoff, Sauerstoff und Argon als Reinstoffe zu gewinnen? L¨ osung Der Prozess soll ein Gemisch trennen und daher den spontanen, mit Entropieproduktion verbundenen Ablauf der Vermischung r¨ uckg¨ angig machen. Die Entropie des Produktes ist also niedriger als die Entropie des Eingangsgemisches. Nach der Entropiebilanz f¨ ur eine reversible Prozessf¨ uhrung (Mindestleistung!) muss der Prozess somit Entropie unter Mitf¨ uhrung von W¨ arme abgeben, nach Q˙ rev /T = S˙ aus − S˙ ein < 0 . F¨ ur diesen W¨ armestrom gilt bei isothermer Zustands¨ anderung

304

5 Die Entropiebilanz

˙ Q˙ rev = nT



 ig ig ig ig ig − x xN2 sig + x s + x s s + x s + x s O Ar N O Ar 2 2 2 0N2 0O2 0Ar N2 O2 Ar

= nRT ˙ [xN2 ln xN2 + xO2 ln xO2 + xAr ln xAr ] = 1 · 8, 315 · 298, 15 [0, 781 ln 0, 781 + 0, 210 ln 0, 210 + 0, 009 ln 0, 009] = −1, 395 kW . Nach der Energiebilanz gilt f¨ ur die Zerlegung ig ig ig ig Ptrev +Q˙ rev = n˙ xN2 hig ˙ xN2 hig 0N2 + xO2 h0O2 + xAr h0,Ar −n N2 + xO2 hO2 + xAr hAr . ig Wegen hig anderung 0i = hi nach (4.50) wird daraus bei isothermer Zustands¨

Ptrev + Q˙ rev = 0 bzw. Ptrev = −Q˙ rev = 1, 395 kW . Die zuzuf¨ uhrende technische Leistung ist also gleich dem W¨ armestrom, der aus Gr¨ unden der Entropiebilanz aus der Trennanlage abgef¨ uhrt werden muss. F¨ ur die Gewinnung von jeweils 1 mol der reinen Komponenten ergeben sich die Entropie¨ anderungen ig ig Δsig N2 = s0N2 − sN2

= R ln xN2

ig ig Δsig O2 = s0O2 − sO2

= R ln xO2

ig ig Δsig Ar = s0Ar − sAr

= R ln xAr

J mol K J = − 12, 977 mol K J . = − 39, 168 mol K = − 2, 055

Man erkennt den Anstieg der Entropie¨ anderung bei der Gewinnung einer bestimmten Menge eines reinen Stoffes mit zunehmender Verd¨ unnung. Sie fordert einen entsprechend hohen Aufwand an zuzuf¨ uhrender Arbeit. Der minimale Energieaufwand, hier in Form der technischen Leistung Ptrev , ist somit durch die Entropiebilanz bestimmt, die ihrerseits f¨ ur einen reversiblen Prozess leicht auszuwerten ist. In einem realen, irreversiblen Prozess ist die f¨ ur die Trennung erforderliche technische Leistung gr¨ oßer. Sie ist wiederum dem abzuf¨ uhrenden W¨ armestrom gleich, der sich nun aber aus der Entropiebilanz unter Ber¨ ucksichtigung der Entropieproduktion, d.h. aus ˙ Q/T + S˙ i = S˙ aus − S˙ ein < 0 ergibt. Entropieproduktion erh¨ oht also den notwendigen Entropieexport durch W¨ arme und damit nach der Energiebilanz die zuzuf¨ uhrende technische Leistung.

5.4.7 Gas/Dampf-Gemische F¨ ur Gas/Dampf-Gemische bei niedrigen Dr¨ ucken benutzen wir das Stoffmodell Ideales Gas/Dampf-Gemisch“. F¨ ur ein unges¨attigtes ideales Gas/ ” Dampf-Gemisch lautet die Beziehung f¨ ur die spezifische Entropie mit p = ur die Enthalpie pG + pD analog zu (4.53) f¨

5.4 Die Berechnung der Entropie aus Stoffmodellen

305

ig s1+x = sig 0G (T, pG ) + xs0D (T, pD )

= sig 0G (T, p) −

 R pG R pD + x sig ln (T, p) − ln . 0D MG p MD p

(5.58)

Ist das Gas/Dampf-Gemisch ges¨ attigt, d.h. liegt die Dampfkomponente nicht nur als Gas sondern auch als reine kondensierte Phase vor, so gilt f¨ ur die spezifische Entropie  R pG R psD ig + x (T, p) − ln (T, p) − ln s s1+x = sig s 0G 0D MG p MD p + (x − xs )sk0D (T, p) ,

(5.59)

wobei sk0D die spezifische Entropie der reinen kondensierten Dampfkomponente ist, also im fl¨ ussigen oder festen Zustand. Explizite Formeln f¨ ur das wichtige Gas/Dampfgemisch feuchte Luft erh¨alt man, wenn man als Nullpunkt f¨ ur die Entropie der trockenen Luft den idealen ahlt und f¨ ur Wasser wie in der WasserdampfGaszustand bei 0◦ C und 1 bar w¨ tafel den Zustand der siedenden Fl¨ ussigkeit bei 0, 01◦ C und 0,006113 bar, d. h. am Tripelpunkt von Wasser. Diese Nullpunkte sind willk¨ urlich. Dies ist aber f¨ ur praktische Rechnungen belanglos, da sie wegen der Massenerhaltung f¨ ur trockene Luft und Wasser aus allen Bilanzen herausfallen. Man findet dann f¨ ur unges¨ attigte feuchte Luft die Zahlenwertgleichung pL T − 0, 287 ln 273, 15 1   2500 T pW +x + 1, 86 ln − 0, 462 ln , 273, 16 273, 16 0, 006113

s1+x = ln

(5.60)

wobei die Temperatur die Einheit Kelvin, die Dr¨ ucke die Einheit bar und die Entropie die Einheit kJ/kg K haben. Bei ges¨attigter feuchter Luft ist der entsprechende Beitrag der kondensierten Phase zur Entropie durch sl0W = 4, 18 ln

T 273, 16

(5.61)

f¨ ur fl¨ ussiges Wasser, bzw. ss0W = 2, 05 ln

T 333 − 273, 16 273, 16

(5.62)

f¨ ur festes Wasser hinzuzuf¨ ugen, wobei wieder die Schmelzenthalpie des Wassers mit 333 kJ/kg ber¨ ucksichtigt wurde, vgl. (4.58). 5.4.8 Fl¨ ussige Gemische F¨ ur fl¨ ussige Gemische benutzen wir die Stoffmodelle Ideale L¨osung“ oder ” Ideal verd¨ unnte L¨ osung“. Wenn eine Komponente i bei der Temperatur ”

306

5 Die Entropiebilanz

und dem Druck des Gemisches als fl¨ ussiger Reinstoff existiert, dann ist das Stoffmodell der idealen L¨ osung prinzipiell auf diese Komponente anwendbar. Gilt dies f¨ ur alle Komponenten, dann l¨ asst sich das Stoffmodell der idealen L¨ osung auf das ganze Gemisch anwenden. In einer idealen L¨osung haben die unterschiedlichen Komponenten identische Wechselwirkungen. Sie ist insofern eine Verallgemeinerung des idealen Gasgemisches, als dort die unterschiedlichen Komponenten ebenfalls identische Wechselwirkungen, n¨amlich solche der Gr¨ oße Null, haben. Damit entspricht die ideale L¨osung im Hinblick auf das Mischungsverhalten dem idealen Gasgemisch, lediglich werden hier die Reinstoffeigenschaften nicht als solche der reinen idealen Gase, sondern als solche der reinen fl¨ ussigen Komponenten eingesetzt, vgl. Abschnitte 2.5.4 und ur die molare Entropie einer idealen L¨osung 4.3.211 . Damit folgt f¨    sil (T, p, {xk }) = (5.63) xi sili = xi sl0i (T, p) − R ln xi . F¨ ur die partielle molare Entropie einer Komponente i in einer idealen L¨osung ergibt sich also sili (T, p, xi ) = sl0i (T, p) − R ln xi .

(5.64)

Die Abb. 5.14 gilt daher auch f¨ ur ideale L¨ osungen. Auch die Entropieproduktion bei der Vermischung reiner fl¨ ussiger Komponenten zu einer idealen entspricht der f¨ ur das ideale Gasgemisch nach (5.56). Dieses L¨ osung (ΔS)irr,il M Stoffmodell ist realistisch f¨ ur fl¨ ussige Gemische aus sehr ¨ahnlichen Komponenten wie z.B. Toluol-Benzol oder auch Stickstoff-Sauerstoff. Im allgemeinen Fall ist mit erheblichen Abweichungen zu rechnen. Sie k¨onnen analog zum Vorgehen beim Volumen und bei der Enthalpie durch einen additiven Korrekturterm, die so genannte Exzessentropie S E , erfasst werden. Fl¨ ussige Gemische mit Komponenten, die bei der Temperatur und dem Druck des Gemisches nicht als reine Fl¨ ussigkeiten existieren, sondern als Gas oder Feststoff, oder auch fl¨ ussige Gemische mit Ionen, lassen sich nicht durch das Modell der idealen L¨ osung beschreiben. Man unterscheidet zwischen den gel¨ osten Stoffen und den Komponenten des L¨osungsmittels. H¨aufig ist das L¨ osungsmittel Wasser. Solch fl¨ ussige Gemische werden durch das Stoffmodell der ideal verd¨ unnten L¨ osung beschrieben, vgl. Abschnitte 2.5.4 und 4.3.2. In diesem Stoffmodell werden die partiellen Gr¨ oßen des L¨osungsmittels auf den realen Reinstoffzustand, die der gel¨ osten Komponenten bzw. Ionen aber auf einen hypothetischen Reinstoffzustand bezogen, der die Wechselwirkungen der ideal verd¨ unnten L¨ osung aufweist. Die molare Entropie in diesem Zustand ur die Entropie die Ergebnisse wird mit s∗i (T, p) bezeichnet. Damit sind f¨ aus dem idealen Gasgemisch und der idealen L¨osung formal auf die ideal verd¨ unnte L¨ osung zu u ur die partielle molare Entropie einer ¨ bertragen. F¨ Komponente i nach dem Stoffmodell der ideal verd¨ unnten L¨osung gilt also 11

Das Mischungsverhalten idealer L¨ osungen kann allgemein aus der Bedingung identischer Wechselwirkungen und der Unterscheidbarkeit der Molek¨ ule unterschiedlicher Gemischkomponenten abgeleitet werden.

5.4 Die Berechnung der Entropie aus Stoffmodellen ∗ sivl i = si (T, p) − R ln xi .

307

(5.65)

Im Gegensatz zum partiellen molaren Volumen und zur partiellen molaren Enthalpie ist f¨ ur die ideal verd¨ unnte L¨ osung die partielle molare Entropie also nicht unabh¨ angig von der Zusammensetzung, d.h. es gilt ∗ ∞ . sivl i = si = si

Abb. 5.15, die den Abb. 2.36 f¨ ur das Volumen und 4.24 f¨ ur die Enthalpie 2 1 0 s

J /m o l K

1

s

1 8 0 s

s 1* 1 5 0

+ R ln x 1

l 0 1

1

s , s

i

s

1 2 0 9 0 s

s l

2

0 2

6 0 s

2

+ R ln x

s 2* 2

3 0 0

0 ,2

0 ,4

0 ,6

0 ,8

x

1 ,0

1

Abb. 5.15. Molare Entropie und partielle molare Entropien im Gemisch 2Propanol (1)/ Wasser (2) bei 20◦ C

entspricht, zeigt die molare Entropie und die partiellen molaren Entropien im Gemisch 2-Propanol (1)/Wasser (2) bei 20◦ C. Man erkennt, dass in ¨ Ubereinstimmung mit (5.65) die partiellen molaren Entropien bei unendlicher Verd¨ unnung unendlich groß werden, vgl. Abb. 5.14, w¨ahrend die Bezugsurlich einen endlichen Wert annimmt. Bei xi → 0 gilt entropie s∗i nat¨ s∗i − s∞ i = R ln xi . Der Verlauf s(x1 ) ist nur scheinbar linear. Bei einer Analyse der genauen Zahlenwerte erkennt man an den R¨ andern eine starke Kr¨ ummung , die mit dem Anwachsen von s1 , s2 dort konsistent ist, vgl. auch die grafische Darstellung in Beispiel 2.13. Zahlenwerte f¨ ur s∗i sind tabelliert, vgl. Tabelle A2. Reale fl¨ ussige Gemische dieser Art k¨ onnen, sofern erforderlich, wiederum durch einen Korrekturterm, d.h. eine Exzessentropie, auf das Stoffmodell der idealen L¨ osung reduziert werden, vgl. Kapitel 2 und 4.

308

5 Die Entropiebilanz

5.4.9 Chemische Zustands¨ anderungen Die Entropie¨ anderung bei einer chemischen Zustands¨anderung bedarf ¨ahnlich ¨ wie die Anderung der inneren Energie und der Enthalpie besonderer Aufmerksamkeit, da Entropien unterschiedlicher Stoffe bilanziert werden m¨ ussen. Betrachtet man z.B. die Bruttoreaktionsgleichung der Methanverbrennung, CH4 + 2 O2 → CO2 + 2 H2 O , so ergibt sich die molare Entropie¨ anderung f¨ ur diese Reaktion bei vollst¨ andigem Umsatz zu Δs = 1 sCO2 + 2 sH2 O − 1 sCH4 − 2 sO2 . Diese Entropie¨ anderung ist insofern molar, als sie sich auf die zusammengeh¨ origen Stoffmengen von 1 mol CH4 , 2 mol O2 , 1 mol CO2 und 2 mol H2 O bezieht. Beschreiben wir eine beliebige Bruttoreaktionsgleichung gem¨aß (2.25) allgemein durch  νi Ai = 0 , so gilt f¨ ur die molare Entropie¨ anderung bei dieser Reaktion, also die Reaktionsentropie,  Δs = νi si , (5.66) wobei die st¨ ochiometrischen Koeffizienten νi der Komponenten f¨ ur Produkte positiv und f¨ ur Edukte negativ sind. In dieser Gleichung sind alle Entropien bei den jeweiligen Werten von Temperatur, Druck und Zusammensetzung einzusetzen. Es handelt sich also grunds¨ atzlich um partielle molare Entropien, d.h. nicht um Reinstoffentropien, sondern um Entropien von Komponenten im Gemisch. Wie zuvor gezeigt, werden diese durch geeignete Stoffmodelle auf die entsprechenden Reinstoffentropien zur¨ uckgef¨ uhrt. Zur Auswertung der Entropiedifferenz bei chemischen Zustands¨ anderungen ben¨otigt man daher absolute Entropien der Reinstoffe. Es stellt sich damit die Frage nach einem Entropiennullpunkt f¨ ur reine Stoffe. Will man einem reinen Stoff einen absoluten Wert f¨ ur die Entropie zuordnen, so ben¨ otigt man einen Entropienullpunkt. Er liegt am absoluten Nullpunkt der Temperatur, also bei T = 0 K. Hierbei wird unterstellt, dass der Stoff am absoluten Nullpunkt der Temperatur einen so genannten perfekten Kristall bildet. Ein perfekter Kristall ist durch eine eindeutig definierte atomistische Konfiguration gekennzeichnet. Diese Definition des ¨ Entropienullpunkts steht in Ubereinstimmung mit der atomistischen Interpretation der Entropie, vgl. Abschn. 5.2.4, da die Anzahl der atomistischen Zust¨ ande eines perfekten Kristalls gerade W = 1 entspricht. Mit dieser

5.4 Die Berechnung der Entropie aus Stoffmodellen

309

Nullpunktsdefinition wird die Entropie eine in absoluten Zahlenwerten angebbare, experimentell zug¨ angliche und tabellierbare Gr¨oße. Da absolute Zahlenwerte der Entropie eine fundamentale Bedeutung f¨ ur die Anwendungen der Thermodynamik haben, bezeichnet man die Festlegung ihres Nullpunkts als den 3. Hauptsatz der Thermodynamik: Am absoluten Nullpunkt der Temperatur nimmt die Entropie eines ” reinen kondensierten Stoffes im Zustand eines perfekten Kristalls den Wert Null an.” Einzelne Stoffe zeigen bei T = 0 K Abweichungen vom Zustand eines perfekten Kristalls. Diese Abweichungen f¨ uhren zu kleinen, berechenbaren Korrekturen im absoluten Wert f¨ ur die Entropie. Sie sind in die tabellierten Zahlenwerte der absoluten Entropie eingearbeitet. Einige Werte f¨ ur absolute Entropien bei t0 = 25◦ C und p0 = 1 bar enth¨alt die Tabelle A2 im Anhang A. In Tabelle A3 im Anhang A sind die absoluten Entropien einiger Stoffe im idealen Gaszustand als Funktion der Temperatur vertafelt. Die vergleichbaren Werte beider Tabellen bei 25◦ C unterscheiden sich geringf¨ ugig, da sie unterschiedlichen Quellen entnommen wurden. Diese Unterschiede sind in der Regel praktisch ohne Bedeutung. Damit ist die Berechnung der Entropiedifferenz bei chemischen Zustands¨anderungen leicht durchf¨ uhrbar. Als Entropienullpunkt f¨ ur Wasser in der Tabelle A1 im Anhang A ist willk¨ urlich der Zustand der siedenden Fl¨ ussigkeit am ¨ Tripelpunkt gew¨ ahlt, in Ubereinstimmung mit dem Nullpunkt der inneren Energie. Die Entropiewerte der Wasserdampftafel sind also nicht absolut im Sinne des 3. Hauptsatzes. Beispiel 5.7 In einem Heizkessel wird ein Volumenstrom von 100 m3n /h Methan (CH4 ) bei 25◦ C, 1 bar und 20 % Luft¨ uberschuss mit trockener Luft von 25◦ C adiabat verbrannt. Man berechne die Entropieproduktion bei der Verbrennung, vgl. Beispiele 2.10 und 4.20. L¨ osung Die Entropiebilanz der station¨ aren und adiabaten Verbrennung lautet nach (5.36) S˙ i = S˙ aus − S˙ ein = S˙ V (tad ) − S˙ CH4 − S˙ L Zur Bestimmung des Entropiestroms des Verbrennungsgases ben¨ otigen wir seine Zusammensetzung und die adiabate Verbrennungstemperatur tad . Die Bruttoreaktionsgleichung lautet CH4 + 1, 2 ·

2 (0, 21 O2 + 0, 79 N2 ) 0, 21

→ CO2 + 2 H2 O + 2(1, 2 − 1)O2 + 1, 2 · 2 ·

0, 79 N2 . 0, 21

310

5 Die Entropiebilanz

Mit n˙ CH4 = 1, 2393

mol s

folgen die Stoffmengenstr¨ ome der Luft und des Verbrennungsgases zu mol , s mol , n˙ V = 15, 4028 s n˙ L = 14, 1635

und die Stoffmengenanteile der Komponenten im Verbrennungsgas betragen xV CO2 = 0, 0805 xV H2 O = 0, 1609 xV O2 = 0, 0322 xV N2 = 0, 7264 . Die adiabate Verbrennungstemperatur berechnet sich nach (4.86), vgl. Beispiel 4.21, zu Tad = 2068, 88 K . Damit gilt f¨ ur den Entropiestrom des Verbrennungsgases  V ig xi si J/mol K S˙ V = n˙ V i

mit V ig V sig i (Tad , p, xi ) = s0i (Tad , p) − R ln xi .

F¨ ur die partiellen molaren Entropien der einzelnen Komponenten bei der adiabaten Verbrennungstemperatur und den jeweiligen Stoffmengenanteilen erh¨ alt man mit der Tabelle A3 im Anhang A sig CO2 = 310, 610 − 8, 315 · ln 0, 0805 = 331, 560 J/mol K sig H2 O = 266, 299 − 8, 315 · ln 0, 1609 = 281, 490 J/mol K sig O2 = 269, 924 − 8, 315 · ln 0, 0322 = 298, 493 J/mol K sig N2 = 253, 182 − 8, 315 · ln 0, 7264 = 255, 840 J/mol K . Daraus folgt f¨ ur den Entropiestrom des Verbrennungsgases bei der adiabaten Verbrennungstemperatur W S˙ V = 15, 4028 · 267, 436 = 4119, 263 . K Der Entropiestrom des Methans betr¨ agt nach Tabelle A3 W ◦ S˙ CH4 = n˙ CH4 · sig . CH4 (25 C, 1 bar) = 1, 2393 · 186, 251 = 230, 821 K Der Entropiestrom der Luft berechnet sich aus

5.5 Energiequalit¨ at

311

ig + 0, 79s S˙ L = n˙ L 0, 21sig O2 N2 mit sig O2 = 205, 03 − 8, 315 · ln 0, 21 = 218, 007 J/mol K und sig N2 = 191, 50 − 8, 315 · ln 0, 79 = 193, 460 J/mol K . F¨ ur den Entropiestrom der Luft folgt daraus W . S˙ L = 14, 1635 · 198, 615 = 2813, 084 K Damit ergibt sich die Entropieproduktion bei der Verbrennung zu W S˙ i = 4119, 263 − 230, 821 − 2813, 084 = 1075, 358 . K Man erkennt die erhebliche Entropieproduktion beim Verbrennungsprozess. Dies reflektiert die damit einhergehende Energieentwertung. Man erkennt auch, dass diese Entropieproduktion im Wesentlichen auf die hohe Temperatur des Verbrennungsgases im Vergleich zum Brennstoff und insbesondere der Luft zur¨ uckzuf¨ uhren ist. Die im kalten Brennstoff chemisch gespeicherte Energie wird in innere Energie des heißen Verbrennungsgases umgewandelt. Dabei wird atomistisches Chaos produziert, denn die Atome des heißen Verbrennungsgases sind gem¨ aß ihrer h¨ oheren Temperatur u oßere Anzahl von Orts- und Geschwindig¨ ber eine viel gr¨ keitszust¨ anden verteilt als die des Brennstoffs und der Luft. Eine Vergr¨ oßerung der Luftmenge verringert zwar die adiabate Verbrennungsstemperatur, erh¨ oht aber dennoch die Entropieproduktion wegen des gr¨ oßeren beteiligten Mengenstromes und der dadurch gegebenen gr¨ oßeren Chaosproduktion. Umgekehrt reduziert eine Verbrennung mit reinem Sauerstoff aus dem gleichen Grund trotz der dabei erreichten h¨ oheren adiabaten Verbrennungstemperatur die Entropieproduktion. Eine heiße“ Verbrennung ohne Entropieproduktion ist nicht realisierbar. Konzeptionell ” w¨ are sie m¨ oglich bei der Verbrennung eines auf unendlich hohe Temperatur vorgeheizten Brennstoff-Luft-Gemisches zu einem Verbrennungsgas von unendlich hoher Temperatur. Demgegen¨ uber ist die kalte“ Verbrennung in der Brennstoffzelle von ” deutlich geringerer Entropieproduktion und damit Energieentwertung begleitet.

5.5 Energiequalit¨ at Unterschiedliche Energieformen haben im Allgemeinen bei gleicher Menge unterschiedliche Energiequalit¨ aten, sie sind in unterschiedlichem Maße wertvoll. So wissen wir, dass W¨ arme und Arbeit auch bei gleicher Menge, z.B. in Joule oder in Kilowattstunden, nicht den gleichen Wert haben. W¨ahrend n¨ amlich beim Bohren eines Loches in ein Stahlst¨ uck praktisch die gesamte eingesetzte elektrische Arbeit in W¨ arme umgewandelt wird, ist es nicht m¨ oglich, diese W¨ arme wieder in Arbeit r¨ uckzuwandeln und damit die Bohrmaschine anzutreiben. Auch der Energieinhalt eines Stoffstroms kann sehr unterschiedlich wertvoll sein. So hat ein Massenstrom von 1 kg/s Wasserdampf bei 200 bar und 550◦C bezogen auf Wasser bei 25◦ C und 1 bar zwar

312

5 Die Entropiebilanz

etwa denselben Energieinhalt wie ein Massenstrom von 10 kg/s siedendes ahrend der Dampf in einer Turbine unter ArbeitsWasser von 100◦ C. Aber w¨ leistung entspannt werden kann, l¨ asst sich aus dem heißen Wasser praktisch kaum Arbeit, sondern allenfalls W¨ arme gewinnen. Es ist also zu vermuten, dass der Dampfstrom trotz seiner geringeren Menge die h¨ohere Energiequalit¨ at hat. Dies werden wir in der Tat quantitativ nachweisen k¨onnen. Wir haben erkannt, dass die Energieentwertung, also der Verlust an Energiequalit¨ at, mit der Entropieproduktion zusammenh¨angt. Wir erwarten also, dass sich die unterschiedlichen Energiequalit¨ aten der Energieformen mit Hilfe der Entropie quantitativ beschreiben lassen. Offenbar h¨ angt der energetische Wert einer Energieform vom Zustand der Umgebung ab. Ein Luftstrom bei Umgebungstemperatur und Umgebungsdruck repr¨ asentiert keinen energetischen Wert. Im Gegensatz dazu ist ein heißer Luftstrom auch bei Umgebungsdruck durchaus energetisch wertvoll. Wenn er z.B. eine Temperatur von 250◦ C hat, so kann er Wasserdampf von 30 bar erzeugen, aus dem durch einen Dampfkraftprozess elektrische Energie gewonnen werden kann. Auch Luft bei Umgebungsdruck, aber einer Temperatur unterhalb der Umgebung, ist energetisch wertvoll, denn diese Temperatur kann nur unter Energieaufwand, z.B. in einer K¨altemaschine, erzeugt werden. Der Luftstrom k¨ onnte zur K¨ alteerzeugung genutzt werden und damit den Energieeinsatz in einer K¨ altemaschine ersetzen. Offenbar spielt die Umgebungstemperatur bei der Bewertung von Energieformen eine Rolle. Ganz analog erkennt man, dass bei der Bewertung der Energie eines Stoffes auch der Umgebungsdruck eine Rolle spielt. Ein Luftstrom bei Umgebungstemperatur, aber einem Druck von 100 bar, repr¨ asentiert einen energetischen Wert, auch wenn die Enthalpiedifferenz zum Umgebungszustand nach dem Stoffmodell des idealen Gases Null ist. Man kann ihn in einer Turbine entspannen und damit technische Arbeit erzeugen. Aber nicht nur ein auf einer Temperaturoder Druckdifferenz in Bezug auf den Umgebungszustand beruhendes Potenzial, sondern auch ein stoffliches oder chemisches Ungleichgewicht gegen¨ uber der Umgebung tr¨ agt zum energetischen Wert eines Stoffes bei. Reiner Sauerstoff z.B. hat ein stofflich bedingtes energetisches Potenzial gegen¨ uber der Umgebungsluft. Da man reinen Sauerstoff nur unter Energieaufwand aus Luft gewinnen kann, repr¨ asentiert er einen energetischen Wert, der auch praktisch realisiert werden kann. So kann er z.B. Luft in einem Verbrennungsprozess substituieren, der dadurch mit geringerer Entropieproduktion, d.h. mit weniger Energieentwertung abl¨ auft. Oft hat schließlich das chemisch bedingte energetische Potenzial den gr¨ oßten Anteil am energetischen Wert eines Stoffes. So hat ein Strom von gasf¨ ormigem Methan bei Umgebungstemperatur und Umgebungsdruck insofern einen energetischen Wert, als er mit dem in der Umgebungsluft vorhandenen Sauerstoff chemisch reagieren und dabei z.B. als Brennstoff zur Dampferzeugung genutzt werden kann.

5.5 Energiequalit¨ at

313

5.5.1 Exergie und Anergie Bez¨ uglich ihres Wertes ergeben sich drei grunds¨atzlich unterschiedliche Formen von Energie: 1. Hochwertige, prinzipiell unbeschr¨ ankt in jede andere Energieform, insbesondere Arbeit umwandelbare Energie. Sie wird als Exergie mit dem Buchstaben E bezeichnet. Beispiele sind die mechanischen Energieformen wie kinetische oder potenzielle Energie als ¨ außere Zustandsgr¨oßen sowie alle Formen von Arbeit. 2. Total entwertete, u ¨berhaupt nicht mehr in andere Energieformen umwandelbare Energie. Sie wird als Anergie mit dem Buchstaben B bezeichnet. Ein Beispiel f¨ ur Anergie ist die innere Energie der Umgebung. 3. Beschr¨ ankt umwandelbare Energie. Beispiele f¨ ur beschr¨ankt umwandelbare Energie sind W¨ arme und die thermische innere Energie eines Stoffstromes, die beide nur teilweise in Arbeit umgewandelt werden k¨onnen. Zur Kennzeichnung von Energieformen gen¨ ugt daher nicht eine Mengenangabe. Es muss auch eine Qualit¨ atsangabe gemacht werden. Darauf haben wir bereits mehrfach hingewiesen. Die Exergie beschreibt die Qualit¨at einer Energie in Form ihrer maximalen Arbeitsf¨ ahigkeit. Sie l¨asst sich prinzipiell vollst¨ andig in jede andere Energieform umwandeln. Nach dem Energieerhaltungssatz bleibt die Energie bei Energieumwandlungen zwar konstant. Es verwandelt sich aber bei realen Prozessen Exergie in Anergie. Mit dem Begriff der Exergie haben wir diejenige Art von Energie benannt, die man im allt¨ aglichen Sprachgebrauch meint, wenn man von Energiever” brauch“ oder Energie sparen“ spricht. Sie ist der eigentliche Wert der Ener” gie. Insbesondere erlaubt der Exergiebegriff den Vergleich ganz unterschiedlicher Energieformen miteinander, z.B. eines W¨ armestromes mit der inneren Energie eines Brennstoffstromes. Bei jeder praktischen Energieumwandlung geht Exergie verloren, d.h. es verwandelt sich Exergie teilweise in Anergie. Dieser so genannte Exergieverlust ist ein Maß f¨ ur die Energieentwertung in einem Prozess. Er kann nur im Grenzfall reversibler Prozesse ganz vermieden werden. Um die Energiequalit¨ at bei der Analyse energie- und stoffumwandelnder Prozesse ber¨ ucksichtigen zu k¨ onnen, m¨ ussen wir die Exergien der auftretenden Energieformen kennen. Sie h¨ angen vom jeweiligen Entropiegehalt ab. Wir zeigen im Folgenden den Zusammenhang zwischen der Exergie eines Stoffstromes und seiner Entropie. 5.5.2 Die Exergie eines Stoffstromes Ein Stoffstrom, z.B. ein str¨ omendes, heißes, unter Druck stehendes Gas am Eintrittsstutzen einer Turbine oder ein Erdgasstrom in einer Rohrleitung,

314

5 Die Entropiebilanz

enth¨ alt Energie in Form von Enthalpie und den ¨außeren Energieformen potenzielle und kinetische Energie. Potenzielle und kinetische Energie sind reine Exergien, denn sie k¨ onnen ohne prinzipielle Einschr¨ankung in einander und in alle anderen Energieformen umgewandelt werden. Ein Enthalpiestrom kann Tr¨ ager sehr unterschiedlicher Energieformen sein, n¨amlich thermischer, mechanischer, stofflicher und chemischer Energie. Dabei erfassen die ersten drei Anteile energetische Effekte auf Grund von Unterschieden der Temperatur, des Druckes und der Zusammensetzung gegen¨ uber der Umgebung. Der chemische Anteil beschreibt Effekte auf Grund von chemischen Reaktionen des Stoffstroms mit der Umgebung. Die prinzipiellen Einschr¨ankungen der Umwandelbarkeit eines Enthalpiestroms sind nicht offensichtlich. Zur Berechnung seiner Exergie ermitteln wir die Arbeit, die wir gewinnen k¨onnen, wenn wir ihn ohne Entropieproduktion, also auf reversible Weise, ins Gleichgewicht mit der Umgebung bringen. Wir betrachten der Einfachheit halber zun¨achst nur den thermomechanischen Anteil der Exergie, d.h. den Anteil der Exergie, der durch ein thermisches und ein mechanisches Potenzial des Stoffstroms gegen¨ uber der Umgebung hervorgerufen wird. Er ist gleich der Arbeit, die wir gewinnen, wenn wir die Temperatur und den Druck des Stoffstroms durch reversiblen Arbeits- und W¨ armetransfer auf die entsprechenden Werte der Umgebung bringen. Hierzu sind mehrere Prozesse m¨ oglich, die in Bezug auf die gewonnene Arbeit alle gleichwertig sind. Einer dieser Prozesse besteht darin, das System zun¨achst durch reversibel-adiabate Arbeitsabfuhr auf die Umgebungstemperatur und anschließend durch reversibel-isothermen W¨arme- und Arbeitstransfer auf den Umgebungsdruck zu bringen, vgl. Abb. 5.16. Bei Umgebungstemperatur

T 1

p

h 1

p

T

1

u

u

< p p 1'

h

u

1 '

h 1'

u

s Abb. 5.16. Zum thermomechanischen Anteil der Exergie eines Enthalpiestromes

5.5 Energiequalit¨ at

315

kann W¨ arme grunds¨ atzlich ohne Entropieproduktion mit der Umgebung ausgetauscht werden. Vom Ausgangszustand 1 wird das System durch reversibeladiabate Entspannung in den Zwischenzustand 1’ gebracht, bei dem die Umgebungstemperatur Tu und der Druck p1 vorliegen. Dieser Druck ist geringer als der Umgebungsdruck. Dabei wird die technische Arbeit (w11 )rev = h1 − h1 < 0 t gewonnen, da ¨ außere Energien bei einem Enthalpiestrom nicht zu ber¨ ucksichtigen sind. Im zweiten Schritt wird der Enthalpiestrom vom Zwischenzustand 1’ in den Umgebungszustand u gebracht. F¨ ur diese Zustands¨ anderung lautet die Energiebilanz (w1 u )rev + q1rev  u = hu − h1 . t Hierbei bedeutet hu die Enthalpie des Stoffstromes im thermomechanischen Gleichgewicht mit der Umgebung, also die Enthalpie bei Tu und pu . F¨ ur die w¨ ahrend der Zustands¨ anderung von 1’ nach u reversibel abzuf¨ uhrende W¨ arme gilt nach (5.25) q1rev  u = Tu (su − s1 ) = Tu (su − s1 ) . Wir finden also f¨ ur die zuzuf¨ uhrende Arbeit im zweiten Prozessschritt (w1 u )rev = (hu − h1 ) − Tu (su − s1 ) . t Die insgesamt gewonnene Arbeit entspricht dem thermomechanischen Anteil an der Exergie des Enthalpiestromes: rev

rev

et,m = (h1 − h1 ) − (hu − h1 ) h (T1 , p1 ) = −(w11 )t − (w1 u )t + Tu (su − s1 ) = (h1 − hu ) − Tu (s1 − su ) .

(5.67)

Damit ist der thermomechanische Anteil an der spezifischen Exergie eines Enthalpiestromes als Funktion seiner Enthalpie und seiner Entropie bei den betrachteten Werten von Temperatur und Druck ausgedr¨ uckt. Wir erkennen, dass die energetische Qualit¨ at eines Stoffstromes von der Enthalpiedifferenz und der Entropiedifferenz zum Umgebungszustand abh¨angt. Im thermischen und mechanischen Gleichgewicht mit der Umgebung ist der thermomechanische Anteil der Exergie eines Enthalpiestroms Null. Entscheidend f¨ ur die Gr¨ oße der Exergie ist die Relation zwischen der Gr¨oße des Enthalpieterms und der des Entropieterms. Betrachtet man nun die spezifische Exergie des Stoffstromes, also z.B. des str¨ omenden Gases am Eintrittsstutzen einer Turbine, so sind die potenzielle und kinetische Energie als reine mechanische Exergien zu addieren und man erh¨ alt 1 2 et,m (T1 , p1 ) = et,m h (T1 , p1 ) + c1 + gz1 . 2

(5.68)

316

5 Die Entropiebilanz

Insgesamt ist die spezifische Exergie mit dem Massenstrom zu multiplizieren, um den Exergiestrom zu erhalten. Der thermomechanische Anteil der Exergie eines Stoffstromes ist somit durch die Umgebungstemperatur und, u ¨ ber die Druckabh¨ angigkeit von Enthalpie und Entropie, durch den Umgebungsdruck beschr¨ ankt. Beispiel 5.8 Ein Massenstrom m ˙ 1 = 1 kg/s Wasserdampf bei 200 bar und 550◦ C und ein Massenstrom m ˙ 2 = 10, 46 kg/s siedendes Wasser von 100◦ C sollen in Bezug auf ihre Exergie miteinander verglichen werden (tu = 25◦ C, pu = 1 bar). L¨ osung In Bezug auf einen Zustand des fl¨ ussigen Wassers bei den Umgebungsbedingungen von tu = 25◦ C und pu = 1 bar ist der Energieinhalt des Dampfstroms mit ˙ u , pu ) = 1 kg/s(3393, 5 − 104, 9) kJ/kg = 3288, 6 kW H˙ 1 − H(T genau so groß wie der Energieinhalt des Stromes siedenden Wassers, mit ˙ u , pu ) = 10, 46 kg/s(419, 0 − 104, 9) kJ/kg = 3288, 6 kW . H˙ 2 − H(T Die zugeh¨ origen Exergiestr¨ ome sind allerdings recht unterschiedlich, mit ˙ u , pu ) − Tu S˙ 1 − S(T ˙ u , pu ) E˙ 1 = H˙ 1 − H(T = 3288, 6 − 1 · 298, 15(6, 3348 − 0, 3674) = 1509, 4 kW und

˙ u , pu ) − Tu S˙ 2 − S(T ˙ u , pu ) E˙ 2 = H˙ 2 − H(T = 3288, 6 − 10, 46 · 298, 15(1, 3069 − 0, 3674) = 358, 6 kW .

Der Strom siedenden Wassers hat trotz seines u ¨ ber 10-fachen Massenstromes eine deutlich niedrigere Exergie als der Dampfstrom. Er weist n¨ amlich einen relativ zum Enthalpieterm h¨ oheren Entropieterm auf, obwohl der spezifische Entropieunterschied zur Umgebung sogar geringer ist als beim Dampfstrom. Viel geringer ist allerdings der spezifische Enthalpieunterschied zur Umgebung.

Wenn ein Stoffstrom abk¨ uhlt, gibt er einen W¨armestrom ab. Aus (5.67) l¨ asst sich die Exergie eines W¨ armestroms berechnen, vgl. Beispiel 5.9. Beispiel 5.9 Man entwickle eine Beziehung f¨ ur die Exergie des W¨ armestromes, der bei der isobaren Abk¨ uhlung eines Stoffstromes vom Zustand 1 zum Zustand 2 abgegeben wird. L¨ osung Bei der isobaren Abk¨ uhlung des Stoffstromes vom Zustand 1 zum Zustand 2 wird der W¨ armestrom Q˙ 12 = m(h ˙ 2 − h1 )

5.5 Energiequalit¨ at

317

frei. Da die Exergie die Energiequalit¨ at beschreibt, also das Potenzial an Arbeit, das in der betrachteten Energieform enthalten ist, muss zu ihrer Berechnung die Zustands¨ anderung des Stoffstromes bei der isobaren Abk¨ uhlung energetisch optimal, d. h. reversibel sein. Die Exergie des W¨ armestroms entspricht also der Exergiedifferenz des Stoffstromes in beiden Zust¨ anden, da die Abnahme der Exergie des Stoffstromes bei reversibler Zustands¨ anderung ausschließlich durch die Exergie des abfließenden W¨ armestroms bedingt ist. Es gilt also  t,m  E˙ Q = m ˙ eh,2 − et,m ˙ [(h2 − h1 ) − Tu (s2 − s1 )] . h,1 = m Die Entropie¨ anderung ist bei reversibler Zustands¨ anderung mit dem W¨ armestrom verkn¨ upft nach

2 T ds = mT ˙ m (s2 − s1 ) .

Q˙ rev ˙ 12 = m 1

Hier ist wegen q12 = h2 − h1 Tm =

h2 − h1 s2 − s1

die thermodynamischen Mitteltemperatur bei der Zustands¨ anderung des Stoffstromes von 1 nach 2. Setzt man dies in die Beziehung f¨ ur die Exergie des W¨ armestromes ein, so findet man      Tu Tu E˙ Q = m ˙ (h2 − h1 ) 1 − = Q˙ 1 − . Tm Tm Die Exergie eines W¨ armestromes ist umso h¨ oher, je h¨ oher die Temperatur ist, bei der er die Systemgrenze u armestrom bei Umgebungstemperatur ¨ berschreitet. Ein W¨ Tu hat die Exergie Null, d.h. er ist thermodynamisch wertlos. Bei der Energieumwandlung in einem Dampfkraftwerk kann also bei optimaler, d.h. reversibler Prozessf¨ uhrung gerade der Exergieanteil der W¨ arme in Arbeit umgewandelt werden. Der Rest muss als Abw¨ arme abgef¨ uhrt werden.

Im Allgemeinen hat der betrachtete Stoffstrom nicht nur ein thermisches und mechanisches Potenzial gegen¨ uber der Umgebung, sondern steht auch stofflich bzw. chemisch nicht mit ihr im Gleichgewicht. Bei der Bewertung seines Energieinhalts ist dann außer dem thermomechanischen auch ein stofflicher bzw. ein chemischer Exergieanteil zu ber¨ ucksichtigen. Der stoffliche und der chemische Anteil an der Exergie eines Stoffstroms beziehen sich grunds¨ atzlich auf die Umgebungstemperatur und auf den Umgebungsdruck. ucksichtigt. Abweichungen von Tu , pu sind im thermomechanischen Anteil ber¨ Zur Berechnung des stofflichen und des chemischen Exergieanteils wird die Arbeit ermittelt, die gewonnen wird, wenn der Stoffstrom bei Tu und pu in das stoffliche bzw. das chemische Gleichgewicht mit der Umgebung u uhrt ¨ berf¨ wird. Hierzu ben¨ otigt man die Zusammensetzung der Umgebung. Es muss also ein Umgebungsmodell definiert werden, dem die Exergie Null zugerechnet wird. Bei der Wahl eines Umgebungsmodells ist man nicht festgelegt. Ein h¨ aufig verwendetes Umgebungsmodell ist Luft im thermodynamischen Gleichgewicht mit fl¨ ussigem Wasser bei der Temperatur Tu und dem Druck

318

5 Die Entropiebilanz

pu . Die Luft dieses Umgebungsmodells ist also mit Wasserdampf und das Wasser mit Luft ges¨ attigt. Ein Stoff i, der als gasf¨ ormige Komponente in einem gew¨ahlten Umgebungsmodell vertreten ist, hat als reiner gasf¨ ormiger Stoff bei Tu und pu eine molare stoffliche Exergie, die der bei der reversiblen Herstellung der reinen Komponente aus der Umgebung aufzuw¨ andenden technischen Arbeit entspricht. Man kann z.B. an die Herstellung von reinem gasf¨ormigen Sauerstoff aus der Umgebungsluft denken, vgl. Beispiel 5.6. Dazu sind im reversiblen Fall die Arbeit und die W¨ arme zu ermitteln, die diese Zustands¨anderung erm¨ oglichen. Da W¨ arme insbesondere bei isothermer Zustands¨anderung auf dem Niveau der Umgebungstemperatur reversibel transferiert werden kann, ergibt sich wiederum die Beziehung (5.67). Die stoffliche Exergie wird durch den Suffix s gekennzeichnet. Es gilt also unter Verwendung des Stoffmodells Ideales Gasgemisch“ f¨ ur die Gasphase des Umgebungsmodells nach (5.52) ”     ig ig ig ig − T s = h − h − s (5.69) es,g u 0i i,u 0i i,u = RTu ln(1/xi,u ) . h,0i ig Hierbei ist hig 0i , s0i die Enthalpie bzw. Entropie der reinen Komponente i im ig uber ist mit hig idealen Gaszustand bei Tu , pu . Demgegen¨ i,u , si,u die Enthalpie bzw. Entropie der Komponente i im idealen Gaszustand und im stofflichen Gleichgewicht mit der Umgebung, d.h. die partielle molare Gr¨oße bei Tu , pu und bei dem Stoffmengenanteil xi,u im Umgebungsmodell bezeichnet. Ist die Komponente i nicht rein, sondern in einem Gasstrom mit dem Stoffmengenanteil xi vertreten, so ergibt sich ihre stoffliche Exergie aus (5.69), wenn man die 1 durch xi ersetzt. Ein Stoff i, der als gasf¨ ormige Komponente im gew¨ahlten Umgebungsmodell vertreten ist, hat dementsprechend als reiner fl¨ ussiger Stoff bei Tu , pu eine molare stoffliche Exergie nach     ig ig l l es,l − T s = h − h − s u 0i 0i i,u i,u h,0i   ig ig ig ig ig if = h0i − h0i + h0i − hi,u − Tu sif0i − sig 0i + s0i − si,u if = hif0i (Tu , ps0i ) + υ0i (pu − ps0i ) − hig 0i (Tu , ps0i )    pu ig if − Tu s0i (Tu , ps0i ) − s0i (Tu , ps0i ) − R ln ps0i 1 + RTu ln xi,u pu if = υ0i (pu − ps0i ) − RTu ln + es,g h,0i . ps0i

(5.70)

Hierin ist ps0i = ps0i (Tu ) der Sattdampfdruck der reinen Komponente i bei Tu . F¨ ur die Zustands¨ anderung der Verdampfung wurde die Beziehung Δh = T Δs benutzt, d.h.

5.5 Energiequalit¨ at

319

ig if s hif0i (Tu , ps0i ) − hig (T , p ) = T (T , p ) − s (T , p ) . u 0i u s0i 0i u s0i 0i u s0i Insbesondere f¨ ur die stoffliche Exergie von reinem fl¨ ussigen Wasser folgt daraus, da die Luft des Umgebungsmodells mit Wasserdampf ges¨attigt ist, d.h. xH2 O,u = psW /pu , if es,l h,H2 O = υH2 O (pu − psW ) − RTu ln

pu pu + RTu ln psW psW

if = υH (pu − psW ) ≈ 0 . 2O

Die stoffliche Exergie von reinem fl¨ ussigen Wasser und damit die gesamte Exergie von reinem fl¨ ussigen Wasser bei Umgebungsbedingungen ist f¨ ur dieses Umgebungsmodell praktisch Null, da der Term υ if (pu − psW ) sehr klein im Verh¨ altnis zu den Exergiebeitr¨ agen anderer Energieformen ist. Ein Stoff, der nicht im Umgebungsmodell vertreten ist, hat als reiner Stoff keine stoffliche, aber eine chemische Exergie. Sie wird durch den Suffix c gekennzeichnet. Die chemische Exergie entspricht der Arbeit, die gewonnen wird, wenn der Stoff bei Umgebungstemperatur und Umgebungsdruck durch reversiblen W¨ armetransfer sowie durch eine reversible chemische Reaktion mit Stoffen aus der Umgebung ins chemische Gleichgewicht mit der Umgebung gebracht wird. Damit gilt grunds¨ atzlich wieder die Beziehung (5.67). Da der betrachtete Stoff kein Bestandteil des Umgebungsmodells und damit das chemische Gleichgewicht mit der Umgebung nicht ohne Weiteres definiert ist, kann (5.67) allerdings nicht unmittelbar benutzt werden. Vielmehr wird eine Reaktion betrachtet, durch die sich der Stoff in Bestandteile der Umgebung umwandelt, womit die Beziehungen f¨ ur stoffliche Exergien anwendbar werden. Wollen wir z.B. die chemische Exergie von reinem gasf¨ormigen Kohlenmonoxid bei Umgebungstemperatur und Umgebungsdruck berechnen, so betrachten wir die chemische Reaktion CO +

1 O2 → CO2 , 2

an der außer CO nur die im Umgebungsmodell vertretenen und daher bereits exergetisch bekannten reinen Stoffe CO2 und O2 beteiligt sind. Die Exergiebilanz f¨ ur diese Reaktion lautet im reversiblen Fall, wenn die Edukte und Produkte als reine Stoffe zu- bzw. abgef¨ uhrt werden, und wenn die technische Arbeit als zugef¨ uhrt ber¨ ucksichtigt wird, 1 ech,CO = esh,CO2 − esh,O2 − wtrev . 2 Hier wurde der Index 0 zur Kennzeichnung der reinen Komponenten der Einfachheit halber weggelassen. Die molare reversible Arbeit, die aus dieser Reaktion bei Umgebungsbedingungen gewonnen werden kann, ergibt sich aus der Energie- und Entropiebilanz nach einer zu (5.67) analogen Beziehung. ¨ ist dieses Verfahren F¨ ur chemisch nicht definierte Stoffe wie Kohle und Ol

320

5 Die Entropiebilanz

ebenfalls anwendbar, wenn f¨ ur die Entropie des Stoffes bei Umgebungsbedingungen ein Zahlenwert abgesch¨ atzt werden kann. Da das Ergebnis nicht sehr sensibel auf diesen Zahlenwert reagiert, k¨ onnen die aus Tabelle A2 im Anhang A abzuleitenden Werte f¨ ur feste Stoffe von s(s) ≈ 1 kJ/kg K und f¨ ur fl¨ ussige Stoffe von s(l) ≈ 3,5 kJ/kg K genommen werden. F¨ ur reine Stoffe, die nicht im Umgebungsmodell vertretene Elemente enthalten, ist zur Ermittlung der chemischen Exergie das Umgebungsmodell durch geeignete Verbindungen zu erweitern. Insgesamt ergibt sich damit die molare Exergie eines Enthalpiestromes aus  xi eh,i , (5.71) eh (T, p, {xi }) = mit eh,i (T, p, {xi }) als der partiellen molaren Exergie der Komponente i des betrachteten Stoffstroms, vgl. Abschnitte 2.5 und 4.3. F¨ ur die Stoffmodelle Ideales Gasgemisch“ und Ideale L¨ osung“ wird die partielle molare Exergie ” ” der Komponente i auf die der reinen Komponente i und den idealen Mischungsterm zur¨ uckgef¨ uhrt und es gilt eh,i (T, p, xi ) = eh,0i (Tu , pu ) + eh,0i (T, p) − eh,0i (Tu , pu ) + eh,i (T, p, xi ) − eh,0i (T, p) t,m = es,c h,0i + eh,0i + RTu ln xi .

(5.72)

Hier ergibt sich die molare Exergie der reinen Komponente i eh,0i (Tu , pu ) entweder aus dem stofflichen Anteil esh,0i (Tu , pu ) oder aus dem chemischen ur eine Komponente i nur einer von beiden exisAnteil ech,0i (Tu , pu ). Da f¨ tieren kann, werden beide Anteile in (5.72) zu es,c h,0i zusammengefasst. Der t,m thermomechanische Anteil eh,0i ist definiert durch et,m h,0i = eh,0i (T, p) − eh,0i (Tu , pu ) und bringt daher das thermomechanische Potenzial des reinen Stoffes i gegen¨ uber dem Zustand, auf den der stoffliche bzw. chemische Exergieanteil bezogen ist, zum Ausdruck. Schließlich ber¨ ucksichtigt RTu ln xi = eh,i (T, p, xi ) − eh,0i (T, p) den Unterschied zwischen der partiellen molaren Exergie und der Reinstoffexergie f¨ ur Systeme mit idealem Mischungsverhalten. Beispiel 5.10 Man berechne die Exergie eines Stromes von 22,414 m3n /h Methan bei Tu = 298, 15 K und pu = 1 bar in Bezug auf eine Umgebung aus mit Luft ges¨ attigtem Wasser und mit Wasserdampf ges¨ attigter Luft der Zusammensetzung xN2 ,u = 0, 75608, xO2 ,u = 0, 20284, xH2 O,u = 0, 03171, xAr,u = 0,00906 und xCO2 ,u = 0,00031.

5.5 Energiequalit¨ at

321

L¨ osung Da der Methanstrom im thermischen und mechanischen Gleichgewicht mit der Umgebung steht und kein Bestandteil des Umgebungsmodells ist, kann er nur chemische Exergie haben. Methan ist aus Elementen zusammengesetzt, die auch im Umgebungsmodell enthalten sind, n¨ amlich Kohlenstoff und Wasserstoff. Damit ergibt sich seine chemische Exergie aus der Exergiebilanz einer reversiblen chemischen Reaktion, an der außer Methan nur Komponenten des Umgebungsmodells teilnehmen. Eine solche Reaktion ist die der Methanverbrennung, nach CH4 + 2 O2 → CO2 + 2 H2 O . Die Exergiebilanz f¨ ur diese Reaktion lautet im reversiblen Fall s,l s,g rev , ech,CH4 = es,g h,CO2 (Tu , pu ) + 2eh,H2 O (Tu , pu ) − 2eh,O2 (Tu , pu ) − wt

wobei ech,CH4 die chemische Exergie des Enthalpiestromes der reinen Komponente CH4 bei Tu und pu bedeutet. Eine entsprechende Bedeutung haben die Exergieterme auf der rechten Seite, wobei der Suffix s auf die stoffliche Exergie der jeweiligen reinen Komponente hinweist. Die reversible technische Arbeit wtrev , die aus dieser Reaktion gewonnen werden kann, ergibt sich, da die Temperatur und der Druck der Umgebung den Standardwerten entsprechen, aus der Energie- und Entropiebilanz nach   wtrev = −HO,CH4 (Tu ) − Tu s0CO2 + 2s0H2 O − s0CH4 − 2s0O2 . Hier ist HO,CH4 (Tu ) der Brennwert von CH4 , da das Wasser bei Tu , pu praktisch vollst¨ andig als Fl¨ ussigkeit vorliegt. Verwenden wir f¨ ur die gasf¨ ormigen Komponenten das Stoffmodell Ideales Gas“, so folgt mit den Zahlenwerten aus Tabelle A2 ” und dem Brennwert von Methan nach Tabelle A6 wtrev = −890350 − 298, 15(213, 795 + 2 · 69, 940 − 186, 256 − 2 · 205, 142) = −817940 kJ/kmol . Die Reaktion kann also Arbeit abgeben. Ferner gilt es,n h,CO2 = RTu ln

1 1 = 20029 kJ/kmol = 8, 315 · 298, 15 ln xCO2 ,u 0, 00031

und entsprechend es,n h,O2 = 3955 kJ/kmol . Die Exergie des fl¨ ussigen Wassers ist praktisch Null. Damit wird die molare Exergie des Methan-Enthalpiestroms eh,CH4 (Tu , pu ) = ech,CH4 = 20029 − 2 · 3955 + 817940 = 830059 kJ/kmol . Da ein Strom von 22,414 m3n /h gerade einem Stoffmengenstrom von 1 kmol/h entspricht, gilt f¨ ur den Exergiestrom des Methans kJ kmol · 830059 = 231 kW . E˙ CH4 (Tu , pu ) = 1 h kmol Bei der Analyse dieser Zahlen f¨ allt auf, dass die chemische Exergie des Brennstoffs Methan im Wesentlichen mit seinem Heizwert Hu = 802303 kJ/kmol, vgl. Tabelle ¨ A6, u gilt f¨ ur die meisten Brennstoffe aus ¨ bereinstimmt. Diese Ubereinstimmung ¨ Kohlenwasserstoffen, insbesondere auch f¨ ur Kohle und Ol.

322

5 Die Entropiebilanz

¨ Das Ergebnis von Beispiel 5.10, d.h. die n¨ aherungsweise Ubereinstimmung von Heizwert und Exergie eines Brennstoffes, ist sehr bedeutsam. Da der Heizwert eines Brennstoffes seinem Energieinhalt entspricht und Brennstoffe ¨ oder Erdgas die wesentlichen Prim¨arenergietr¨ager sind, l¨asst wie Kohle, Ol sich fossile Prim¨arenergie ann¨ ahernd als Exergie betrachten. Insgesamt erkennen wir die Bedeutung der Entropie als Maß f¨ ur die Energiequalit¨ at eines Energietr¨ agers. Entsprechend ist die Produktion von Entropie im Laufe einer Energieumwandlung direkt mit einer Energieentwertung verkn¨ upft, insbesondere mit einem Verlust von Arbeitsf¨ahigkeit. Die Quantifizierung der Energieentwertung erfolgt durch den Exergieverlust. Da wir der Entropie eines Fluids und damit der Exergie nunmehr in jedem Zustand einen Zahlenwert zuordnen k¨ onnen, haben wir die M¨oglichkeit, den bei einer Zustands¨ anderung auftretenden Exergieverlust zu berechnen. 5.5.3 Exergieverlust und Entropieproduktion Wir betrachten ein offenes System, u ¨ ber dessen Grenzen Stoffstr¨ome, Leistungen und W¨ armestr¨ ome transferiert werden. Exergie kann die Systemgrenze als Exergie der W¨ arme E˙ Q , als Arbeit Pt oder als Exergie eines Stoffstromes ur den Exergieverlust eines Prozesses E˙ i u ¨berschreiten. Es gilt also allgemein f¨   E˙ i − E˙ j + Pt + E˙ Q , (5.73) ΔE˙ V = E˙ zu − E˙ ab = aus

ein

wobei die Leistung und der W¨ armestrom formal als dem System zugef¨ uhrt angenommen werden. Der Exergieverlust kann also aus einer Bilanzierung der ein- und austretenden Exergiestr¨ ome ermittelt werden. Auf Grund des Zusammenhangs der Exergie mit der Energie und der Entropie ber¨ ucksichtigt die Exergiebilanz sowohl die Energie- als auch die Entropiebilanz. Aus der Exergiebilanz l¨ asst sich eine explizite Beziehung zwischen dem Exergieverlust als dem Maß f¨ ur die Energieentwertung und der irreversiblen Entropieproduktion ableiten. Hierzu werden bez¨ uglich der Zustands¨ anderungen, die die Stoffstr¨ ome in dem System erfahren, keine Einschr¨ ankungen gemacht. Insbesondere werden auch chemische Reaktionen nicht ausgeschlossen. Mit der Energiebilanz   H˙ j − H˙ i , Q˙ + Pt = aus

ein

sowie der aus (5.67) folgenden Beziehung f¨ ur die Differenz der Exergiestr¨ome reduziert sich die Gleichung (5.73) f¨ ur den Exergieverluststrom auf !   S˙ i − S˙ j ΔE˙ V = −Q˙ + E˙ Q − Tu . ein

aus

Mit der Entropiebilanz, vgl. (5.34),

5.5 Energiequalit¨ at

323

  Q˙ S˙ j − S˙ i + S˙ i = T aus ein

und der Beziehung f¨ ur die Exergie der W¨ arme nach Beispiel 5.9 ergibt sich schließlich   Tu ˙ Tu ˙ ˙ ˙ ΔEV = −Q + 1 − (5.74) Q+ Q + Tu S˙ i = Tu S˙ i T T Damit ist die Energieentwertung auch formelm¨ aßig auf die Entropieproduktion zur¨ uckgef¨ uhrt. Die irreversible Entropieproduktion folgt aus einer Entropiebilanz oder den geschlossenen, bereits weiter oben bereitgestellten Formeln. Die Gleichung (5.74) ist die thermodynamische Grundlage von Maßnahmen zur rationellen Energienutzung, also Maßnahmen zur Verringerung von Exergieverlusten. 5.5.4 Exergetische Bewertung Eine Prozessf¨ uhrung ohne Entropieproduktion ist in der Regel praktisch nicht realisierbar. Im Rahmen einer energetischen Prozessoptimierung strebt man aber an, sie m¨ oglichst gering zu gestalten. Hierzu ist es erforderlich, die Gr¨oße der Entropieproduktion und die Gr¨ unde f¨ ur ihr Auftreten in einem Prozess zu kennen. Als Instrument hierzu hat sich die Exergiebilanz etabliert. Die Exergie beschreibt den Wert einer Energieform, der Exergieverlust dementsprechend die Energieentwertung in einem Prozess. Nach (5.74) besteht insbesondere ein enger Zusammenhang zwischen dem Exergieverlust und der Entropieproduktion. Die Entropieproduktion ist f¨ ur typische Prozesse wie Dissipation, W¨ armetransfer, Druckausgleich, Str¨ omung mit Druckverlust, Vermischung von Stoffstr¨ omen, Verbrennung etc. an fr¨ uherer Stelle behandelt worden. Mit diesen Ergebnissen ist der Exergieverlust f¨ ur diese Standardf¨alle aus (5.74) leicht angebbar. Allgemein l¨ asst er sich aus der Exergiebilanz des Prozesses ermitteln. Grunds¨ atzlich ist der Exergieverlust unabh¨angig vom stofflichen Umgebungsmodell. Der Exergieverlust kann zur Berechnung eines exergetischen Wirkungsgrades der Energieumwandlung herangezogen werden, nach ζ=

ΔE˙ V E˙ ab =1− . E˙ zu E˙ zu

(5.75)

uhrte Exergiestrom, E˙ ab der abgef¨ uhrte Hier ist E˙ zu der dem Prozess zugef¨ Exergiestrom, und ΔE˙ V der Exergieverluststrom. Im Gegensatz zum Exergieverlust sind der zu- und der abgef¨ uhrte Exergiestrom nicht prinzipiell festgelegt, sondern k¨ onnen nach Gesichtspunkten der Zweckm¨aßigkeit gew¨ahlt werden. Sie h¨ angen nach der Beziehung E˙ zu = E˙ ab + ΔE˙ V miteinander zusammen. Nur einer von beiden ist daher frei w¨ahlbar. Generell soll der zugef¨ uhrte Exergiestrom den Aufwand f¨ ur einen Prozesszweck wiedergeben,

324

5 Die Entropiebilanz

w¨ ahrend der abgef¨ uhrte Exergiestrom den Nutzen darstellen soll. So ist beispielsweise der zugef¨ uhrte Exergiestrom bei einem Verdichter nur die Arbeit, nicht etwa die Summe aus Arbeit und Exergie des zugef¨ uhrten Stoffstroms. Bei der Angabe des exergetischen Wirkungsgrades ist die Wahl von E˙ zu und E˙ ab stets deutlich zu machen. Beispiel 5.11 In einem modernen Dampfkraftwerk nimmt das Wasser bei einer mittleren Temperatur von tm = 368, 59◦ C eine spezifische W¨ arme von q = 2353,5 kJ/kg auf. Der thermische Wirkungsgrad des Prozesses, bei dem die Abw¨ arme an eine Umgebung der Temperatur Tu = 298,15 K abgef¨ uhrt wird, ist ηth = 0,462. Man gebe den Exergieverlust und den exergetischen Wirkungsgrad des Prozesses an. L¨ osung Der Exergieverlust ergibt sich aus einer Exergiebilanz des Prozesses als Differenz der Exergie der zugef¨ uhrten W¨ arme und der aus dem Prozess als Arbeit abgef¨ uhrten Exergie. Die Exergie der an die Umgebung abgef¨ uhrten W¨ arme ist Null, da sie nicht genutzt wird. Es gilt also ΔeV = eq − |wt | . Die Exergie der zugef¨ uhrten W¨ arme betr¨ agt     298, 15 Tu = 1260, 07 kJ/kg . = 2353, 5 kJ/kg 1 − eq = q 1 − Tm 641, 74 F¨ ur die aus dem Prozess ausgekoppelte technische Arbeit ergibt sich |wt | = ηth · q = 0, 462 · 2353, 5 = 1087, 32 kJ/kg . Damit folgt der spezifische Exergieverlust zu ΔeV = eq − |wt | = 1260, 07 − 1087, 32 = 172, 75 kJ/kg . Der exergetische Wirkungsgrad betr¨ agt also, gebildet mit der Exergie der zugef¨ uhrten W¨ arme als Aufwand und der gewonnenen Arbeit als Nutzen, ζ=

|wt | ΔeV =1− = 0, 86 . eq eq

Eine einfache Exergiebilanz um eine Anlage gibt Aufschluss u ¨ber die gesamte Energieentwertung des Prozesses. Die Energieentwertung in einem Dampfkraftprozess ist nach Beispiel 5.11 nicht sehr hoch. Sie kommt im Wesentlichen durch dissipative Effekte in den Maschinen und Apparaten sowie durch die Entropieproduktion bei der W¨ armeabgabe zustande. Der vergleichsweise niedrige thermische Wirkungsgrad des Prozesses resultiert demgegen¨ uber aus den unterschiedlichen Energiequalit¨aten von W¨arme und Arbeit, vermittelt also einen falschen Eindruck von der thermodynamischen Qualit¨ at des Prozesses. Der wesentliche Beitrag zur Energieentwertung bei einer Dampfkraftanlage findet also nicht im Kreisprozess, sondern bereits bei der Umwandlung von Brennstoff zu W¨ arme im Kessel statt, vgl. Beispiel 5.12.

5.5 Energiequalit¨ at

325

Beispiel 5.12 Den Kessel des in den fr¨ uheren Beispielen 3.7 und 4.24 bereits untersuchten 2 × 600 MW-Kraftwerks unterziehe man einer exergetischen Bewertung. Die Luft wird bei tu = 25◦ C aus der Umgebung entnommen. Das Rauchgas verl¨ asst den Kessel bei 150◦ C und wird nicht weiter genutzt. Im Kessel wird dem Wasser ein W¨ armestrom von Q˙ W = 2680 MW bei einer mittleren Temperatur von tm = 368, 59◦ C zugef¨ uhrt, vgl. Beispiel 5.11 Der Brennstoffbedarf betr¨ agt 3, 22 · 106 t/a bei einem Heizwert von Hu = 28 MJ/kg. L¨ osung Die Systemgrenzen zur exergetischen Analyse des Kessels sind in Abb. B 5.12.1 dargestellt. Der Exergieverlust des insgesamt wieder als adiabat angenommenen

E

. B

(tu )

V e rb re n n u n g

D E

W ä rm e ü b e rtra g u n g

.

D E

V ,V

E

. V ,D T

D E

.

. V ,K

Q W

Abb. B 5.12.1. Exergetische Analyse eines Dampfkessels Kessels folgt aus einer Exergiebilanz, zu ΔE˙ V,K = E˙ zu − E˙ ab = E˙ B (tu ) − E˙ QW . Der Exergiestrom der eintretenden Luft ist Null, da sie dem Kessel bei Umgebungsbedingungen zugef¨ uhrt wird. Die Exergie des abstr¨ omenden Verbrennungsgases wurde nicht ber¨ ucksichtigt, da sie praktisch durch irreversible Vermischung mit der Umgebung vernichtet und damit Bestandteil des Exergieverlustes wird. Die Exergie des an das Wasser u armestromes ergibt sich aus ¨bertragenen W¨   Tu E˙ QW = Q˙ W 1 − . Tm,W Mit der N¨ aherung, dass die Exergie des Brennstoffs durch seinen Heizwert von ur den Exergieverluststrom im Kessel Hu = 28 MJ/kg erfasst wird, ergibt sich f¨   Tu ˙ B Hu − Q˙ W 1 − ΔE˙ V,K = m Tm,W t kg a h MJ = 3, 22 · 106 103 · · · 28 a t 8760 h 3600 s kg   298, 15 = 2859 − 1435 = 1424 MW . − 2680 1 − 641, 74

326

5 Die Entropiebilanz

Der exergetische Wirkungsgrad des Kessels betr¨ agt damit ζK =

E˙ QW ΔE˙ V,K 1424 =1− =1− = 0, 502 . ˙ 2859 EB E˙ B

Dieser Exergieverlust entsteht im Detail zum einen durch die Verbrennung, zum anderen durch die W¨ arme¨ ubertragung vom heißen Rauchgas auf das Wasser. Abb. B 5.12.1 zeigt die Systemgrenzen f¨ ur die detaillierte Aufspaltung des gesamten Exergieverlustes in diese beiden Anteile. Durch eine detaillierte exergetische Analyse l¨ asst sich zeigen, dass von der Exergie des Brennstoffs ca. 30% durch die Verbrennung und ca. 20% durch die W¨ arme¨ ubertragung verloren gehen. Der thermische Wirkungsgrad des Kraftwerkes ergibt sich n¨ aherungsweise aus dem Produkt der exergetischen Wirkungsgrade des Kessels und des Prozesses.

Der exergetische Kesselwirkungsgrad ist nach Beispiel 5.12 recht niedrig. Daraus folgt, dass der wesentliche Beitrag zur Energieentwertung in einer Dampfkraftanlage vom Kessel beigesteuert wird, nicht hingegen vom Kreisprozess, vgl. Beispiel 5.11. Man erkennt ferner, dass die chemische Umwandlung vom Brennstoff in ein heißes Verbrennungsgas f¨ ur einen großen Anteil dieser Energieentwertung verantwortlich ist, vgl. Beispiel 5.7. Der restliche, ebenfalls große Anteil ist im Wesentlichen auf die hohe Temperaturdifferenz bei der W¨ arme¨ ubertragung vom Verbrennungsgas auf den Wasser/Dampf-Kreislauf zur¨ uckzuf¨ uhren. Die Dampferzeugung im Kessel ist also ein exergetisch sehr ung¨ unstiger Prozess. Abb. 5.17 zeigt den exergetischen Wirkungsgrad bei der adiabaten Verbrennung f¨ ur eine Reihe von Brennstoffen in Abh¨ angigkeit von der Lufttemperatur und dem Luftverh¨altnis. Er nimmt mit zunehmender Luftvorw¨ armung zu und mit zunehmendem Luftverh¨altnis ab. In einem gew¨ ohnlichen Heizkessel zur Raumw¨ armeversorgung ist der Exergieverlust auf Grund von W¨ arme¨ ubertragung noch deutlich gr¨oßer als im Fall des in Beispiel 5.12 betrachteten Kraftwerkskessels, wegen der niedrigeren Temperatur der W¨ armeaufnahme. Der gesamte exergetische Wirkungsgrad liegt dabei in der Regel unter 10%. Im Rahmen einer detaillierten exergetischen Prozessanalyse wird an jedem Zustandspunkt die Entropie des Fluids und damit die Entropieproduktion f¨ ur die einzelnen Prozessschritte berechnet. Daraus ergeben sich die Exergiestr¨ ome an allen Zustandspunkten und die Exergieverluste der Prozessschritte. Die Ursachen f¨ ur Exergieverluste liegen in Reibungseffekten sowie im irreversiblen Abbau von Potenzialen. Exergieverluste auf Grund von Reibungseffekten in Fluiden k¨ onnen durch str¨ omungstechnische Maßnahmen vermindert werden, z.B. durch eine sorgf¨ altigere Gestaltung von Str¨omungsmaschinen. Exergieverluste durch Reibungseffekte in den festen Bauteilen lassen sich ebenfalls durch eine technisch sorgf¨ altigere Gestaltung von Maschinen verringern. Ein irreversibler Abbau eines Druckpotenzials erfolgt h¨aufig beim Drosselprozess, z.B. von Hochdruckdampf auf die gew¨ unschte Druckstufe in einem Dampfnetz oder vom hohen Druck der Hauptleitung eines Erdgasnetzes auf den Verbraucherdruck. Die damit verbundenen Exergieverluste k¨onnen durch geeignete Entspannungsturbinen weitgehend vermieden werden. Irreversibler

5.5 Energiequalit¨ at

327

0 ,8 5 +

l = 1

+

0 ,7 5 +

+ +

0 ,6 0

+

+

+

+

0 ,6 5

l = 2

+

+

+

0 ,7 0

l = 5

+

+

0 ,5 5 +

0 ,5 0 +

+

e x e r g e tis c h e r W ir k u n g s g r a d z

0 ,8 0

0 ,4 5 +

0 ,4 0

+

L h le n te e r H e iz ö l m k o h le h le n k o k s

+

0 ,3 5

B e n z in H e iz ö l E S te in k o G a s fla m S te in k o M e th a n O k ta n

0 ,3 0 0

1 0 0

2 0 0

3 0 0

4 0 0

L u ftte m p e ra tu r t

°C

6 0 0

L

Abb. 5.17. Exergetischer Wirkungsgrad der Verbrennung f¨ ur einige Brennstoffe (tu = 25◦ C)

Abbau von Temperaturpotenzialen kann durch kleinere Temperaturdifferenzen oder durch Einsatz von Arbeitsprozessen, wie z.B. bei der Kraft-W¨armeKopplung, vgl. Abschn. 6.3.2, vermieden werden. Ein großer Anteil technischer Exergieverluste f¨ allt schließlich bei chemischen Umwandlungen an, d.h. durch einen irreversiblen Abbau chemischer Potenziale. So gehen etwa 30 % der Exergie eines Brennstoffs durch den gew¨ohnlichen Verbrennungsprozess verloren, vgl. Beispiel 5.12. Auch die meisten anderen technischen Reaktionsprozesse sind mit starker Entropieproduktion verbunden. Technologien zur Verminderung dieser chemischen Exergieverluste sind heute nur in geringem Umfang verf¨ ugbar. So kann die gew¨ohnliche Verbrennung eines Brennstoffs, z.B. Wasserstoff, durch eine kalte Verbrennung“ in einer Brenn” stoffzelle ersetzt werden. Hierbei wird der Wasserstoff auf elektrochemischem Wege mit Sauerstoff unter Erzeugung einer elektrischen Spannung zu Wasser oxidiert. Dieser Prozess kann prinzipiell reversibel gestaltet werden. Prakti-

328

5 Die Entropiebilanz

sche Brennstoffzellen arbeiten nat¨ urlich mit Entropieproduktion. Allerdings kann ihr Stromerzeugungswirkungsgrad h¨ ohere Werte erreichen als der eines thermischen Kraftwerkes, da er nicht der theoretischen Grenze des Exergieanteils der W¨ arme unterliegt. Vermeidung von Exergieverlusten bedeutet den Einsatz von Technologie. Kostensenkungen durch verminderten Prim¨ arenergieaufwand m¨ ussen daher gegen Kostensteigerungen bei der technischen Realisierung abgewogen werden. Dies entspricht nicht nur der allgemeinen technischen Erfahrung, sondern h¨ angt prinzipiell mit dem Wesen der Entropieproduktion zusammen. Entropieproduktion bedeutet die Produktion von atomistischem Chaos, vgl. Abschn. 5.2. Die Produktion von atomistischem Chaos erfolgt durch die alle Energie- und Stoffumwandlungen unvermeidbar begleitenden Stoß- und Verteilungsprozesse auf atomistischer Ebene. Will man den nat¨ urlichen Hang dieser statistischen Prozesse zur Produktion von atomistischem Chaos unterbinden oder auch nur verringern, so muss man sie durch eine intelligent und aufw¨ andig gestaltete Technologie in geordnete Bahnen leiten. Beim Abbau eines thermomechanischen Potenzials kann dies durch eine Maschine geschehen, die die inkoh¨ arenten atomistischen Bewegungen in geordnete Bewegungen eines Kolbens oder einer Turbinenschaufel umwandelt. Hierbei wird ein direkter energetischer Kurzschluss zwischen heiß und kalt bzw. zwischen hohem und niedrigem Druck vermieden. Beim Abbau des chemischen Potenzials in einer gew¨ohnlichen Verbrennung, z.B. von Wasserstoff mit Sauerstoff zu Wasser, ergibt sich die atomistische Chaosproduktion durch einen chemischen Kurzschluss unmittelbar beim Zusammentreffen der Wasserstoff- und Sauerstoffmolek¨ ule. Der damit verbundene Elektronenaustausch erfolgt dabei heftig und unkontrolliert, und die gesamte chemische Bindungsenergie wird praktisch vollst¨ andig in inkoh¨ arente Molek¨ ulbewegungen umgewandelt. Bei der elektrochemischen Verbrennung in einer Brennstoffzelle hingegen wird durch eine besondere Technologie erreicht, dass die Elektronenabspaltung des Wasserstoffs und die Elektronenaufnahme des Sauerstoffs an getrennten Orten, den so genannten Elektroden, abl¨ auft. Der innere Kurzschluss wird also verhindert. Vielmehr wird durch Anlegen eines elektrischen Leiters zwischen den Elektroden ein geordneter Elektronenfluss erzwungen. Es wird also elektrische Arbeit erzeugt. Auch hier erkennt man die Wirkung der eingesetzten Technologie als Verminderung der atomistischen Chaosproduktion.

5.6 Kontrollfragen 5.1 Was ist Dissipation? Man nenne vier Beispiele f¨ ur dissipative Prozesse! 5.2 Wodurch ist ein reversibler Prozess definiert? 5.3 Kann ein System einen irreversiblen Prozess durchlaufen, bei dem seine Entropie konstant bleibt? 5.4 Kann die Entropie eines abgeschlossenen Systems abnehmen?

5.6 Kontrollfragen

329

5.5 Wie lautet der 2. Hauptsatz der Thermodynamik? 5.6 Unter welcher Bedingung sind Kolbenarbeit und Volumen¨ anderungsarbeit identisch? 5.7 Man nenne drei Beispiele f¨ ur irreversible Prozesse, die ohne Dissipation ablaufen! 5.8 Bei welcher thermodynamischen Mitteltemperatur muss die W¨ arme an einen Wasserstrom u ¨ bertragen werden, wenn dessen Temperatur von 20◦ C auf 50◦ C ohne Entropieproduktion erh¨ oht werden soll? 5.9 Wird in einer isobaren Rohrstr¨ omung Entropie produziert? 5.10 Welche Beziehung besteht zwischen einer transferierten W¨ arme und der Entropie¨ anderung des Systems? 5.11 Wie groß ist die innere Entropieproduktion bei einem reversiblen Prozess und was bedeutet dies f¨ ur die thermodynamische Analyse? 5.12 Was sagt der 2. Hauptsatz u ¨ber Ausgleichsprozesse in abgeschlossenen Systemen? 5.13 Was sagt die Boltzmannsche Entropieformel aus? 5.14 Durch welche allgemeing¨ ultige Beziehung ist die Entropie¨ anderung auf die anderen, bereits eingef¨ uhrten Zustandsgr¨ oßen zur¨ uckgef¨ uhrt? 5.15 Wie h¨ angt die Entropie eines idealen Gases vom Volumen ab? Entspricht dies grunds¨ atzlich der atomistischen Interpretation der Entropie? 5.16 H¨ angt die Entropie einer idealen Fl¨ ussigkeit von der Temperatur ab? 5.17 Wie lautet die allgemeine Beziehung f¨ ur die molare Entropie eines Gemisches? 5.18 In welcher Gr¨ oßenordung liegt die spezifische Entropie von Feststoffen in der Einheit kJ/kg K? 5.19 Wie h¨ angt die partielle molare Entropie einer Komponente i in einer idealen L¨ osung mit der Reinstoffentropie zusammen? 5.20 Ein ges¨ attigter Dampf kondensiert vollst¨ andig bei t = 20◦ C. Seine Verdampfungsenthalpie bei dieser Temperatur betr¨ agt r = 1500 kJ/kg. Welche Entropie¨ anderung des Fluids ist mit der Kondensation verbunden? 5.21 Nach welcher Beziehung ergibt sich die Entropieproduktion bei der Vermischung zweier reiner, idealer Gase? 5.22 Wie lautet der 3. Hauptsatz der Thermodynamik? 5.23 Welcher Vorgang beim Verbrennungsprozess ist f¨ ur die hohe Entropieproduktion maßgeblich verantwortlich? 5.24 In welche Anteile l¨ asst sich die Exergie eines Stoffstromes aufspalten und wie sind diese definiert? 5.25 Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Exergieverlust und der Entropieproduktion? 5.26 Wie groß ist der exergetische Wirkungsgrad einer elektrischen Raumheizung? (t = 20◦ C, tu = 0◦ C) 5.27 Welcher Zusammenhang besteht zwischen Dissipation und Exergieverlust? 5.28 Ein Eisberg von mE = 109 kg und einer Temperatur von tE = 0◦ C treibt in den Golfstrom (tG = tu = 20◦ C). Nach einigen Wochen hat sich der Eisberg in Wasser von tW = 20◦ C umgewandelt. Welche maximale Arbeit Wt,max h¨ atte man aus diesem Prozess gewinnen k¨ onnen?

330

5 Die Entropiebilanz

5.29 Wie viel Arbeit kann aus einer W¨ arme von 100 kJ, die bei der konstanten Temperatur von t = 100◦ C frei wird, maximal gewonnen werden? 5.30 Man erl¨ autere den Begriff Exergie und nenne ein Beispiel f¨ ur eine Energieform, die reine Exergie ist! 5.31 Welche energetischen Effekte beschreibt die Zustandsgr¨ oße Entropie?

5.7 Aufgaben Aufgabe 5.1 Ein vertikaler Zylinder ist mit einem reibungsfrei beweglichen Kolben verschlossen

Z

Z

A

und enth¨ alt Luft (cig v = 20, 77 J/mol K) vom Zustand T1 = 650 K und p1 = 4 bar. Die Querschnittsfl¨ ache des Zylinders betr¨ agt A = 0, 6 m2 , die H¨ ohe z in der Skizze 1 m. Durch W¨ arme¨ ubertragung an die Umgebung (Tu = 295 K) k¨ uhlt sich der Zylinderinhalt ab und der Kolben sinkt langsam herab, bis er von dem Vorsprung festgehalten wird (Zustand 2). Im Endzustand 3 ist die Luftf¨ ullung auf T3 = Tu abgek¨ uhlt. a) Man stelle den Prozess von 1 nach 3 in einem p, v-Diagramm dar. b) Man berechne die Temperatur T2 und den Druck p3 . c) Man bestimme die Volumen¨ anderungsarbeiten (W12 )V und (W23 )V . d) Wie groß sind die u armemengen Q12 und Q23 ? ¨ bertragenen W¨

Aufgabe 5.2 In einem horizontal liegenden Zylinder, der von einem beweglichen Kolben abgeschlossen wird, expandiert ein ideales Gas isotherm vom Druck p1 = 0, 5 MPa bei einem Volumen V1 = 0, 1 m3 auf p2 = 0, 2 MPa. a) Man berechne die Volumen¨ anderungsarbeit des im Zylinder enthaltenen Gases bei reversibler Zustands¨ anderung. b) Welche Arbeit gibt der Kolben an die Umgebung ab, wenn der Umgebungsdruck pu = 0, 1 MPa betr¨ agt? c) Wie groß ist die dissipierte Energie?

5.7 Aufgaben

331

Aufgabe 5.3 In einem Verdichter werden 0, 5 kg/s Luft (M = 28, 84 g/mol) als ideales Gas isotherm von einem Zustand mit dem Druck p1 = 0, 1 MPa und der Temperatur T1 = 298, 15 K auf den Druck p2 = 0, 7 MPa verdichtet. Dabei wird die technische Leistung (P12 )t = 100 kW aufgenommen. a) Man berechne die spezifische technische Arbeit, die bei der Verdichtung aufgenommen wird, und die abgegebene spezifische W¨ arme. b) Wie groß ist die spezifische dissipierte Energie bei der Verdichtung?

Aufgabe 5.4 Ein gegen¨ uber der Umgebung isolierter Beh¨ alter enth¨ alt 5 kg einer idealen Fl¨ ussigkeit (cif = 0, 8 kJ/kg K) bei Umgebungszustand (Tu = 300 K, pu = 1 ¨ bar). Uber einen R¨ uhrer wird der Fl¨ ussigkeit isochor eine Arbeit von 0, 2 kWh zugef¨ uhrt. Man berechne die Dissipation bei und die Temperatur nach dieser Zustands¨ anderung. ¨ (Die Anderung der inneren Energie des Beh¨ alters kann vernachl¨ assigt werden.)

Aufgabe 5.5 In einem horizontalen Zylinder mit beweglichem Kolben befinden sich V1 = 0, 2 m3 eines idealen Gases bei p1 = 0, 5 bar und T1 = 300 K. Das Gas wird isotherm auf die H¨ alfte seines Volumens komprimiert (Zustand 2), wobei die Zustands¨ anderung des Gases reversibel ist. Der Umgebungsdruck betr¨ agt pu = 1 bar. Die Umgebungstemperatur betr¨ agt Tu = 300 K. a) Man bestimme die Kolbenarbeit (W12 )K . b) Wie groß ist die dem Gas vom Kolben zugef¨ uhrte Volumen¨ anderungsarbeit (W12 )V , und welche W¨ armemenge Q12 gibt das Gas ab? c) Man berechne die Entropie¨ anderung des Gases und die irreversible Entropieproduktion beim Transfer der Kolbenarbeit.

Aufgabe 5.6 Ein geschlossenes System durchl¨ auft einen Prozess, bei dem seine Temperatur T = 300 K konstant bleibt und seine Entropie um S2 − S1 = 1, 2 kJ/K zunimmt. Kann das System bei diesem Prozess die W¨ arme Q12 = 400 kJ aufnehmen?

Aufgabe 5.7 Einem Gas in einem geschlossenen Beh¨ alter wird u uhrer Energie zu¨ ber einen R¨ gef¨ uhrt. Der R¨ uhrer wird mit der konstanten Drehzahl n = 10 min−1 und dem konstanten Drehmoment Md = 150 Nm zehn Minuten lang in Betrieb genommen (Anfangstemperatur: 25◦ C). a) Wieviel W¨ arme muss abgef¨ uhrt werden, wenn die innere Energie des Systems konstant bleiben soll? b) Wie groß ist unter den Bedingungen von a) die Entropie¨ anderung des Systemes? c) Wieviel Entropie wird produziert?

332

5 Die Entropiebilanz

Aufgabe 5.8 In einem Verdichter werden 0,5 kg/s Luft (M = 28, 84 g/mol) als ideales Gas isotherm von einem Zustand mit dem Druck p1 = 0, 1 MPa und der Temperatur T1 = 320 K auf den Druck p2 = 0, 7 MPa verdichtet. Dabei wird die technische Leistung (P12 )t = 100 kW aufgenommen. Die Umgebungstemperatur betr¨ agt Tu = 298, 15 K. a) Man berechne die Entropieerzeugung beim Verdichtungsvorgang b) Man berechne die gesamte Entropieerzeugung des Prozesses. c) Man berechne die Entropieerzeugung auf Grund des W¨ arme¨ ubergangs.

Aufgabe 5.9 In zwei adiabaten Beh¨ altern A und B befindet sich Stickstoff mit den folgenden Zust¨ anden: Beh¨ alter A: Beh¨ alter B:

V A = 1 m3 ; V B = 1 m3 ;

pA = 22 bar ; pB = 2 bar ;

TA = 300 K TB = 300 K .

Die Beh¨ alter werden durch eine Leitung so verbunden, dass sich der Druck ausgleichen kann. W¨ ahrend dieses Prozesses wird keine W¨ arme transferiert. a) Wie groß ist die Entropieproduktion bei diesem Ausgleichsprozess? b) Wie groß w¨ are die Entropieproduktion, wenn der Beh¨ alter B vor Beginn des Ausgleichsprozesses v¨ ollig evakuiert w¨ are?

Aufgabe 5.10 In einer adiabaten Turbine werden 0, 5 kg/s Luft (cig p = 1, 004 kJ/(kg K), M = 28, 85 g/mol) vom Zustand 1 (p1 = 1 MPa, T1 = 573 K) auf den Druck p2 = 0, 1 MPa entspannt. Dabei wird die technische Leistung (P12 )t = −110 kW abgegeben. a) Man berechne die spezifische technische Arbeit (w12 )t . b) Man berechne die Temperatur T2 am Turbinenaustritt. ¨ c) Man berechne die Anderung der spezifischen Entropie s2 − s1 . d) Arbeitet die Turbine reversibel?

Aufgabe 5.11 In einem durch Flusswasser gek¨ uhlten Kondensator eines Kraftwerkes wird ein Sattandig kondensiert. Das Flusswasser dampfstrom von 100 kg/s bei 60◦ C gerade vollst¨ erw¨ armt sich dabei von 17◦ C auf 18◦ C. Der Kondensator ist nach außen adiabat. a) Welche Entropie¨ anderung des Dampfes ergibt sich? b) Welcher Entropiestrom wird im Kondensator produziert?

5.7 Aufgaben

333

Aufgabe 5.12 Ein Gasheizkessel zur Raumw¨ armeversorgung wird mit Methan betrieben, wobei der Brennstoffstrom 0, 65 m3n /h betr¨ agt. Die Verbrennung verl¨ auft isobar (p = 1 bar) und vollst¨ andig. Brennstoff und Luft werden mit 25◦ C zugef¨ uhrt. Der ˙ = 6 kW an das Heinach außen adiabate Kessel gibt einen W¨ armestrom von |Q| ahrleisten. zungswasser ab, um eine konstante Raumtemperatur von 25◦ C zu gew¨ Die Abgastemperatur betr¨ agt 185, 73◦ C, und die Zusammensetzung des Verbrennungsgases ist xV CO2 = 0, 08714,

xV H2 O = 0, 17427,

xV O2 = 0, 01743,

xV N2 = 0, 72116

bei einem Stoffmengenstrom von υ = 11, 4762 mol V/mol B Verbrennungsgas je mol Methan. Wie groß ist die Entropieproduktion der Raumw¨ armeversorgung?

Aufgabe 5.13 In einer isobaren Brennkammer (BK) werden 1 kg/s Dieselkraftstoff (25◦ C, 1 bar, Brennwert Hu = 45 MJ/kg) mit vorgew¨ armter Luft verbrannt. Das heiße Abgas wird einem adiabaten Dampferzeuger (DE) zugef¨ uhrt. Anschließend wird der Abgasstrom in einem adiabaten Luftvorw¨ armer (LUVO) zur Vorw¨ armung der Verbrennungsluft benutzt, deren Eintrittszustand dem Zustand der Gasphase des Umgebungsmodells entspricht. Im Dampferzeuger wird Wasser (m ˙ W = 11, 16 kg/s) von tW = 25◦ C und pW = 20 bar in Dampf von tD = 500◦ C und pD = 20 bar umgewandelt. In einer Elementaranalyse wurde f¨ ur den Dieselkraftstoff die folgende Zusammensetzung in Massenanteilen bestimmt: wC = 0, 87;

wH2 = 0, 13 .

Das Umgebungsmodell bestehe aus fl¨ ussigem Wasser und mit Wasserdampf ges¨ attigter Luft bei TU = 298, 15 K und pU = 1 bar.

B re n n s to ff T B

T B K

T T

t V 1

W

T

L 2

t

D E

D

V 2

V e rb re n n u n g s g a s

V 3

L U V O

T

L 1

L u ft

Die Zusammensetzung der Gasphase des Umgebungsmodells ist xCO2 ,u = 0, 00031;

xH2 O,u = 0, 03169;

xO2 ,u = 0, 20476; ech,B

xN2 ,u = 0, 76324 .

des Brennstoffes in Bezug auf das a) Man bestimme die chemische Exergie angegebene Umgebungsmodell. b) Wie groß ist der gesamte Exergieverlust des Prozesses, wenn der W¨ armeverlust der Brennkammer und die mit dem Abgasstrom V3 aus dem System ausgetragene Exergie dem gesamten Exergieverlust zugerechnet werden? c) Bei welcher mittleren Temperatur muss die W¨ arme im Dampferzeuger zugef¨ uhrt werden, um dort Entropieproduktion bei der W¨ arme¨ ubertragung zu vermeiden?

6. Modellprozesse fu ¨r Energieumwandlungen

Energieumwandlungen sind Prozesse, in denen Energieformen ineinander umgewandelt werden. Sie sind sehr vielf¨ altig, lassen sich aber im Rahmen einer thermodynamischen Analyse in einheitlicher Weise beschreiben. Hierzu verwenden wir die Materiemengenbilanz, die Energiebilanz und die Entropiebilanz, sowie die jeweils ad¨ aquaten Stoffmodelle zur Charakterisierung der beteiligten fluiden Phasen. In diesem Kapitel betrachten wir einige ausgew¨ahlte Beispiele von Energieumwandlungen und erl¨ autern an ihnen die thermodynamische Analyse. Im Zentrum der Betrachtung steht der reversible Prozess. Mit dem Begriff des reversiblen Prozesses, der ohne Entropieproduktion abl¨auft, haben wir eine vollst¨ andige, wenn auch idealisierte Berechnungsgrundlage f¨ ur Energieumwandlungen geschaffen. Bei einer reversiblen Energieumwandlung bleibt nicht nur die Energiequantit¨ at sondern auch die Energiequalit¨at erhalten, d.h. es findet keine Entropieproduktion statt und die Energieumwandlung verl¨auft ohne Energieentwertung. Die nat¨ urliche Neigung aller Prozesse zur Produktion von Entropie kann nur durch eine intelligent und in der Regel aufw¨andig gestaltete Technologie bek¨ ampft werden. Die Geschichte der Energietechnik von ihren Anf¨ angen bis heute ist daher die einer st¨andigen Wirkungsgradverbesserung, d.h. Ann¨ aherung an die reversible Prozessgestaltung, bei gleichzeitig zunehmendem Aufwand an Maschinen- und Apparatetechnik. Die Realisierung vollst¨ andig reversibler Prozesse ist nur prinzipiell denkbar. Es sind ideale Energieumwandlungen. Prozesse mit g¨ unstigeren Energieumwandlungen als die reversiblen sind unm¨ oglich. Reversible Prozesse setzen daher Maßst¨ abe f¨ ur optimale Energieumwandlungen. Da reale Energieumwandlungen nicht reversibel ablaufen, sind sie von Energieentwertung begleitet. Diese Energieentwertung kann im Rahmen einer thermodynamischen Analyse identifiziert und quantifiziert werden. Insbesondere durch eine exergetische Analyse k¨ onnen thermodynamische Prozessverbesserungen erkannt und in praktische Prozessstrukturen umgesetzt werden. Schließlich lassen sich in vielen praktischen F¨ allen einfache Wirkungsgrade definieren, mit denen man reale Energieumwandlungen bewerten oder aus den reversiblen berechnen kann.

336

6 Modellprozesse f¨ ur Energieumwandlungen

6.1 Grundprozesse 6.1.1 Reversible Str¨ omungsprozesse Allgemein unterliegen Str¨ omungsprozesse wie alle Prozesse der Massenerhaltung und der Energieerhaltung. Ihre Besonderheit besteht darin, dass in der Energiebilanz der Arbeitsterm entf¨ allt. F¨ ur die station¨are Str¨omung eines Stoffstroms zwischen zwei Zustandspunkten 1 und 2 gilt die kombinierte Energie- und Massenbilanz in der Form 1 q12 = h2 − h1 + (c22 − c21 ) + g(z2 − z1 ) . 2

(6.1)

Im reversiblen Fall wird aus obiger Gleichung mit der Entropiebilanz in Form von (5.24) sowie (5.41)

2

2 T ds =

1

2 T ds +

1

1 υdp + (c22 − c21 ) + g(z2 − z1 ) , 2

1

und damit

2 −

υdp =

1 2 (c − c21 ) + g(z2 − z1 ) . 2 2

(6.2)

1

¨ Eine reversible Kanalstr¨ omung ohne Anderung der ¨außeren Energien verl¨auft also isobar. Bei der Str¨ omung durch Rohre mit der konstanten Querschnitts¨ fl¨ ache A l¨ asst sich die Anderung der kinetischen Energie mit Hilfe der Kon¨ tinuit¨ atsgleichung (3.4) allgemein durch eine Anderung des spezifischen Volumens ausdr¨ ucken, nach  2 ˙ 1 2 1 m 2 (c − c1 ) = (υ2 2 − υ1 2 ) , 2 2 2 A mit (m/A) ˙ als der konstanten Massenstromdichte. Fl¨ ussigkeiten sind praktisch volumenkonstant. Reversible Str¨ omungen von Fl¨ ussigkeiten durch Roh¨ re verlaufen daher ohne merkliche Anderung der kinetischen Energie bzw. ¨ ¨ daraus folgender Anderung des Druckes. Ahnliches gilt f¨ ur Gase. Selbst bei einer Abk¨ uhlung eines idealen Gases um 100 K f¨ uhrt die damit verbunde¨ ne Verringerung des spezifischen Volumens nur auf eine so kleine Anderung der kinetischen Energie in kJ/kg, dass die daraus folgende Druck¨anderung ¨ nach (6.2) praktisch vernachl¨ assigbar ist. Da die Anderung der potenziellen Energie ohnehin nur in Sonderf¨ allen Bedeutung hat, k¨onnen reversible Rohrstr¨ omungen in der Regel in guter N¨ aherung als isobar betrachtet werden, wenn nicht extrem große Volumen¨ anderungen durch Aufheizen oder Abk¨ uhlen stattfinden. Die bei realen Prozessen auftretenden Druckverluste

6.1 Grundprozesse

337

sind daher eine Folge von Irreversibilit¨ aten, z.B. Reibungs- und Verwirbelungsvorg¨ angen. Bei Str¨ omungen durch Kan¨ ale ver¨anderlichen Querschnitts andern sich hingegen auch bei reversiblen Prozessen nach der Massenbilanz, ¨ d.h. der Kontinuit¨ atsgleichung (3.4), die kinetische Energie und folglich der Druck. 6.1.2 Reversibel-isotherme Arbeitsprozesse F¨ ur geschlossene Systeme lautet die Energiebilanz f¨ ur eine Zustands¨anderung von 1 nach 2, vgl. (4.20), Q12 + W12 = U2 − U1 .

(6.3)

Bei Spezialisierung auf Prozesse ohne Entropieproduktion kann nach der Entropiebilanz eine Entropie¨ anderung des Systems nur durch W¨armetransfer nach (5.24) u ¨ ber die Systemgrenze zustande kommen. Betrachten wir insbesondere isotherme Prozesse, so finden wir aus der kombinierten Energie- und Entropiebilanz f¨ ur die Arbeitsausbeute bei reversiblen Prozessen in geschlossenen Systemen (W12 )rev = U2 − U1 − T (S2 − S1 ) = (U − T S)2 − (U − T S)1 = A2 − A1 , (6.4) mit A = U − TS

(6.5)

als der so genannten freien Energie. Reversible Prozesse f¨ uhren grunds¨atzlich auf die maximale Arbeitsausbeute. Die Differenz der freien Energie ist damit die maximale Arbeitsausbeute bei isothermen Prozessen in geschlossenen Systemen. F¨ ur offene Systeme und station¨ are Prozesse lautet die Energiebilanz f¨ ur eine Zustands¨ anderung von 1 nach 2, vgl. (4.25), Q˙ 12 + (P12 )t = H˙ 2 − H˙ 1 . Hier wurden der Einfachheit halber die ¨ außeren Energien vernachl¨assigt. Auch bei offenen Systemen f¨ uhrt die Entropiebilanz f¨ ur reversible Prozesse auf eine Beziehung zwischen der transferierten W¨arme und der Entropie¨ anderung. Betrachten wir insbesondere wieder isotherme Prozesse, so finden wir f¨ ur deren Arbeitsausbeute aus der kombinierten Energie- und Entropiebilanz ˙ 2 − (H˙ − T S) ˙ 1 = G˙ 2 − G˙ 1 . (6.6) = H˙ 2 − H˙ 1 − T (S˙ 2 − S˙ 1 ) = (H˙ − T S) (P12 )rev t Hier wurde mit G = H − TS

(6.7)

338

6 Modellprozesse f¨ ur Energieumwandlungen

die so genannte freie Enthalpie eingef¨ uhrt. Die Differenz der Str¨ome der freien Enthalpie ist daher die maximale Leistungsausbeute bei isothermen Prozessen in offenen Systemen. Der Zusatz “frei“ in den Definitionen f¨ ur A und G nach (6.5) bzw. (6.7) weist darauf hin, dass diese Energiegr¨oßen frei von entropischen Effekten sind und damit prinzipiell vollst¨andig in Arbeit umgewandelt werden k¨ onnen12 . Wenn nicht Prozesse mit Arbeitsausbeute sondern mit Arbeitszufuhr betrachtet werden, ergibt sich deren minimaler Wert bei isothermer Prozessf¨ uhrung ebenfalls aus der Differenz der freien Energie bzw. freien Enthalpie. Beispiel 6.1 Man berechne die maximale Ausbeute an technischer Leistung, die bei einem isothermen station¨ aren Fließprozess aus der st¨ ochiometrischen Umwandlung von 1 mol/s Wasserstoff und 1/2 mol/s Sauerstoff zu Wasser bei t0 = 25◦ C und p0 = 1 bar gewonnen werden kann. L¨ osung Bei einem isothermen station¨ aren Fließprozess folgt nach (6.6) und (6.7) als maximale Arbeitsausbeute ˙ 2 − (H˙ − T S) ˙ 1 = H˙ 2 − H˙ 1 − T (S˙ 2 − S˙ 1 ) . (P12 )rev = G˙ 2 − G˙ 1 = (H˙ − T S) t Die betrachtete isotherme Zustands¨ anderung ist die st¨ ochiometrische Umwandlung von Wasserstoff mit Sauerstoff zu Wasser nach der Bruttoreaktionsgleichung H2 +

1 O2 → H2 O . 2

Die bei dieser Umwandlung zu gewinnende maximale technische Leistung betr¨ agt, wenn die Komponenten Wasserstoff und Sauerstoff als reine Gase zugef¨ uhrt werden und Wasser als reine Fl¨ ussigkeit anf¨ allt,  1 ig 0 (P12 )rev h = n˙ H2 hl0H2 O (T 0 ) − hig (T 0 ) t 0H2 (T ) − 2 0O2   1 ig 0 0 0 0 s (T , p ) − (T , p ) −T 0 sl0H2 O (T 0 , p0 ) − sig 0H2 2 0O2    1 0 = n˙ H2 Δhf,0 s0H2 O (l) − s0H2 (g) − s0O2 (g) H2 O (l) − T 2 1 = −285838 − 298, 15(69, 940 − 130, 684 − · 205, 142) = −237146 W . 2 Bei der reversiblen Umwandlung von Wasserstoff mit Sauerstoff zu Wasser k¨ onnen somit mehr als 80 % des Brennwertes von Wasserstoff (vgl. Tabelle A6) als technische Arbeit gewonnen werden. Dies ist zumindest im Prinzip durch die elektrochemischen Vorg¨ ange in einer Brennstoffzelle erreichbar. Demgegen¨ uber ist die 12

Bei technischen Energieumwandlungen wird die maximale Arbeitsausbeute einer Energieform durch den Zustand der Umgebung begrenzt. Dies f¨ uhrt auf das Konzept der Exergie, vgl. Abschn. 5.5, das mit der freien Energie bzw. freien Enthalpie verwandt ist, aber allgemein die maximale Arbeitsausbeute bei beliebigen Prozessen zu berechnen gestattet.

6.1 Grundprozesse

339

heiße”Verbrennung in einer Flamme prinzipiell mit einer hohen Entropiepro” duktion verbunden, vgl. Beispiel 5.7. Da die hohe Temperatur der Flamme im ¨ Ubrigen aus Werkstoffgr¨ unden nicht direkt genutzt werden kann, ergibt sich bei der Gewinnung von technischer Arbeit aus Wasserstoff oder anderen Brennstoffen durch “heiße Verbrennung eine weitere hohe Entropieproduktion auf Grund von ” W¨ arme¨ ubertragung.

6.1.3 Reversibel-adiabate Prozesse Eine besondere Klasse von Prozessen ohne Entropieproduktion ist die der isentropen Prozesse. Isentrope Prozesse sind solche, die bei konstanter Entropie ablaufen. Sie sind reversibel, d.h. ohne Entropieproduktion, und auch adiabat, d.h. ohne Entropietransfer durch W¨ arme u ¨ber die Systemgrenze. Da W¨ armetransfer ein langsamer Vorgang ist, k¨onnen technische Prozesse h¨ aufig auch dann als adiabat modelliert werden, wenn sie bei Temperaturen ablaufen, die von der Umgebungstemperatur abweichen. Die Energieumwandlungen in Turbinen, Verdichtern und ¨ahnlichen Maschinen sowie Str¨ omungsprozesse z.B. k¨ onnen h¨ aufig als adiabat angesehen werden. Werden die in ihnen ablaufenden Energieumwandlungen als reversibel idealisiert, so handelt es sich um isentrope Prozesse. Die Entropiebilanz degeneriert dann zu der Beziehung s = const. Besonders einfache Beziehungen ergeben sich f¨ ur isentrope Zustands¨ anderungen, wenn man als Stoffmodell das ideale Gas zu Grunde legt. F¨ ur ein ideales Gas gilt bei einer isentropen Zustands¨anderung nach (5.47) und (5.48) dsig =

R cig v dT + dυ = 0 T υ

bzw. dsig =

cig R p dT − dp = 0 . T p

Diese Gleichungen lassen sich schreiben als cig v d(ln T ) = −Rd(ln υ) bzw. cig p d(ln T ) = Rd(ln p) . Hieraus ergibt sich mit temperaturunabh¨ angigen Idealgasw¨armekapazit¨aten T2 = T1 bzw.



υ1 υ2

R/cig v

340

T2 = T1

6 Modellprozesse f¨ ur Energieumwandlungen



p2 p1

R/cig p .

Mit der bereits fr¨ uher abgeleiteten Beziehung (4.39) ig cig p = cv + R

und dem so genannten Isentropenexponenten ig κ = cig p /cv

findet man    κ−1 T2 υ1 = T1 υ2 und     κ−1 p2 κ T2 . = T1 p1

(6.8)

(6.9)

(6.10)

Aus beiden Beziehungen folgt schließlich auch pυ κ = const

(6.11)

als Ergebnis der Entropiebilanz f¨ ur eine isentrope Zustands¨anderung idealer Gase. Die Gleichungen (6.9) und (6.10) werden in praktischen Prozessberechnungen mit Gasen h¨ aufig benutzt. Sie werden auch als Isentropengleichungen bezeichnet und setzen voraus, dass die Zustands¨anderung isentrop ist, d.h. reversibel und adiabat. Zu ihrer Ableitung wurde weiterhin angenommen, dass die Idealgasw¨ armekapazit¨ at im betrachteten Zustandsbereich nicht von der Temperatur abh¨angt. Dies ist eine Approximation, sodass die Isentropengleichungen auch f¨ ur reversibel-adiabate Zustands¨anderungen nicht exakt sind. Sie sind aber f¨ ur technische Aufgaben meist gen¨ ugend genau und leicht zu handhaben. Einfache Anwendungen der Isentropengleichungen ergeben sich z.B. bei der thermodynamischen Analyse von Turbinen und Verdichtern. Beispiel 6.2 ◦ Ein ideales Gas (cig p = 1 kJ/kg K, κ = 1,4) mit einer Temperatur von t1 = 1000 C und einem Druck von p1 = 11 bar str¨ omt durch eine Turbine und entspannt sich ¨ auf einen Druck von p2 = 1 bar. Unter Vernachl¨ assigung der Anderung der ¨ außeren Energien berechne man die bei reversibel-adiabater Zustands¨ anderung abgegebene spezifische technische Arbeit.

L¨ osung Die kombinierte Energie- und Massenbilanz lautet f¨ ur den betrachteten Prozess

6.1 Grundprozesse

341

= (h2 − h1 ) . (w12 )rev t Wir benutzen das Stoffmodell des idealen Gases mit konstanter W¨ armekapazit¨ at sowie das Ergebnis f¨ ur die Entropiebilanz bei isentroper Zustands¨ anderung und finden (w12 )rev = cig t p (T2 − T1 ) , mit  T2 = T1

 κ−1 κ

p2 p1

  0,4 1 1,4 = 1273, 15 = 641, 71 K . 11 Damit ergibt sich f¨ ur die technische Arbeit, d.h. die maximale Arbeit bei diesem adiabaten Entspannungsprozess, kJ (641, 71 − 1273, 15) K kg K = −631, 44 kJ/kg .

(w12 )rev =1 t

Eine weitere wichtige Klasse von Anwendungen der Isentropengleichungen ist die der adiabaten Gasstr¨ omungen. Beispiel 6.3 Stickstoff tritt mit t1 = 200◦ C, p1 = 500 kPa und vernachl¨ assigbarer Anfangsgeschwindigkeit in einen Kanal ein und verl¨ asst ihn mit einem Druck von p2 = 300 kPa. Unter der Annahme einer reversibel-adiabaten Zustands¨ anderung berechne man die Austrittsgeschwindigkeit. L¨ osung F¨ ur adiabate Str¨ omungsprozesse lautet die kombinierte Massen- und Energiebilanz c22 − c21 = 2(h1 − h2 ) , ¨ wenn die Anderung der potenziellen Energie vernachl¨ assigt werden kann. F¨ ur eine reversibel-adiabate Str¨ omung eines idealen Gases konstanter W¨ armekapazit¨ at folgt daraus mit h1 − h2 = cig p (T1 − T2 ) , sowie der Isentropenbedingung, vgl. (6.10),  T2 = T1

p2 p1

 κ−1 κ

f¨ ur die Geschwindigkeit im Zustand 2

342

6 Modellprozesse f¨ ur Energieumwandlungen

" # # c2 = $c21 + 2

   κ−1  κ p2 κ R , T1 1 − κ−1M p1

wobei, vgl. (6.8) und (4.39), cig p =

κ(R/M ) κ−1

verwendet wurde. Die Geschwindigkeit des Gases im Zustand 2 h¨ angt nach obiger Gleichung von seiner Geschwindigkeit und seiner thermodynamischen Temperatur im Zustand 1 sowie vom Druckverh¨ altnis p2 /p1 und dem Isentropenexponenten ab. Es ist die maximal erreichbare Geschwindigkeit bei adiabater Str¨ omung. Wenn der Druck konstant bleibt, also p2 /p1 = 1, dann erfolgt keine Geschwindigkeits¨ anderung. Bei abnehmendem Druck steigt die Geschwindigkeit im Zustand 2 bis zu einem Maximalwert f¨ ur p2 /p1 = 0. Diese Beziehung f¨ ur die Geschwindigkeit im Zustand 2 repr¨ asentiert die Massen-, Energie- und Entropiebilanz f¨ ur reversibel-adiabate Kanalstr¨ omungen idealer Gase. F¨ ur den Sonderfall eines Kanals konstanten Querschnitts, z.B. ein Rohr, fordert die Massenerhaltung in Form der Kontinuit¨ atsgleichung (3.4) zus¨ atzlich c2 ρ1 = . c1 ρ2 Mit der Bedingung isentroper Str¨ omung, vgl. (6.11), ρ1 = ρ2



p1 p2

1/κ ,

folgt somit als Beziehung zwischen dem Geschwindigkeitsverh¨ altnis und dem Druckverh¨ altnis f¨ ur Rohrstr¨ omungen c2 = c1



p1 p2

1/κ .

Diese Beziehung ist mit der kombinierten Massen-, Energie- und Entropiebilanz omungen nur konsistent f¨ ur p1 = p2 und damit c1 = c2 . Reversibel-adiabate Str¨ ¨ idealer Gase in Kan¨ alen mit konstantem Querschnitt und ohne Anderungen der ¨ potenziellen Energie verlaufen daher streng isobar und ohne Anderung der kinetischen Energie. Im betrachteten Fall gilt p2 < p1 , sodass es sich bei Annahme einer reversibel-adiabaten Str¨ omung nicht um einen Kanal konstanten Querschnitts, z.B. ein Rohr handeln kann, sondern vielmehr um einen Kanal mit ver¨ anderlichem Querschnitt, hier eine D¨ use, vgl. Abb. B 6.3.1. Zur Berechnung der Austrittsgeschwindigkeit ben¨ otigen wir den Isentropenexponenten κ. Wir verwenden f¨ ur Stickstoff die molare isobare W¨ armekapazit¨ at bei 25◦ C nach Tabelle A2 cig p = 29, 125 kJ/kmol K , und nehmen an, dass sie im betrachteten Temperaturbereich konstant ist. F¨ ur die molare isochore W¨ armekapazit¨ at finden wir dann ig cig v = cp − R = 29, 125 − 8, 315 = 20, 810 kJ/kmol K ,

und daraus f¨ ur den Isentropenexponenten

6.1 Grundprozesse

t 1 , p c 1

t2 , p 1

c

~ 0

2

343

2

> > 0

Abb. B 6.3.1. Zur Umwandlung von thermischer innerer Energie in kinetische Energie in einer D¨ use

κ=

cig p cig v

= 1, 400 .

F¨ ur die Austrittsgeschwindigkeit folgt schließlich mit c1 ≈ 0 % 1, 400 8, 315 · · 473, 15 · 103 [1 − 0, 864] = 365, 65 m/s . c2 = 2 · 0, 400 28, 013 Die hier benutzte Berechnungsgleichung f¨ ur die Austrittsgeschwindigkeit gilt f¨ ur Str¨ omungen idealer Gase, die reversibel und adiabat sind, unabh¨ angig von der Kanalgeometrie. Durch die Kontinuit¨ atsgleichung wird eine weitere Bedingung an den Zustandsverlauf in einer gegebenen Kanalgeometrie eingef¨ uhrt. So kann in einer gegebenen D¨ use nicht ein beliebiges Druckverh¨ altnis von Austritts- zu Eintrittsdruck realisiert werden, ohne die Bedingung der Reversibilit¨ at zu verletzen. Andererseits kann zu jedem Druckverh¨ altnis eine D¨ usengeometrie angegeben werden, die dieses Druckverh¨ altnis bei reversibler Str¨ omung realisiert.

Isentrope Zustands¨ anderungen in realen Fluiden lassen sich nicht durch a¨hnlich einfache und explizite Gleichungen wie f¨ ur ideale Gase beschreiben. Es ist jedoch leicht m¨ oglich, die Entropiebilanz als Bedingung konstanter Entropie bei der Interpolation von Zustandswerten in einer Dampftafel zu ber¨ ucksichtigen. Auf diese Weise werden auch isentrope Zustands¨anderungen in realen Fluiden einer einfachen Berechnung zug¨anglich. Bisweilen ist es vorteilhaft, sich den Verlauf einer Zustands¨ anderung eines realen Fluids in einem Diagramm zu veranschaulichen. Insbesondere f¨ ur isentrope Zustands¨ anderungen eignen sich dazu Diagramme mit der Entropie als Abszisse. Die Abb. 6.1 zeigt das T, s-Diagramm schematisch auf der Grundlage der Daten f¨ ur Wasser. Unterhalb der Siedelinie (x = 0) und der Taulinie (x = 1), die sich im kritischen Punkt K bei der kritischen Temperatur Tk treffen, liegt das Nassdampfgebiet. Hier verlaufen die Isobaren horizontal, da wegen des Zusammenhangs ps = ps (Ts ) die Isobaren zugleich auch Isothermen sind. Im Gebiet der Fl¨ ussigkeit und des Gases sind die Isobaren leicht gekr¨ ummte,

344

6 Modellprozesse f¨ ur Energieumwandlungen

K

T

1

1 0

0 5 0 = 3 /k g k J h ,

1 1 0 0

3 0 0 1 0 0 5 0

p , b a r = 5 0 0

1 2 0 0

0 0 3 2 0 0 3 0

9 0 0

0 0 2 6 0 ,1

8 0 0

K

7 0 0

x = 0 ,2

,8 x = 0

x = 0

5 0 0

x = 0 ,6

x = 0 ,4

6 0 0

4 0 0

p = 0 ,0 0 6 1 0 7 b a r

0 0 1 4

0 0 1 2

8 0 0

3 0 0 T r ip e llin ie 2 0 0

x = 1

S u b lim a tio n s g e b ie t 1 0 0

-2

-1

0

1

2

3

4

5

6

k J /k g K s 9

1 0

Abb. 6.1. T, s-Diagramm (schematisch f¨ ur Wasser)

mit wachsender Entropie ansteigende Kurven. Im Fl¨ ussigkeitsgebiet liegen sie sehr eng zusammen, da bei der Verdichtung einer Fl¨ ussigkeit die Temperatur nur geringf¨ ugig ansteigt. Die Isenthalpen verlaufen im idealen Gasbereich als horizontale Linien, da sie dort nur von der Temperatur abh¨angen. Im realen Zustandsbereich ist ihre Steigung negativ. Seine besondere Bedeutung erh¨ alt das T, s-Diagramm dadurch, dass man zu- oder abgef¨ uhrte W¨armen bei reversiblen Zustands¨ anderungen des Fluids gem¨aß (5.24) als Fl¨achen unter den Zustands¨ anderungen ablesen kann. Insbesondere lassen sich reversibeladiabate Zustands¨ anderungen als senkrechte Geraden im T, s-Bild darstellen. Eine andere, aber ¨ aquivalente Darstellung der Zustandsgr¨oßen h, s, p und T liefert das h, s-Diagramm mit eingetragenen Isobaren und Isothermen. Es ist in Abb. 6.2 schematisch auf der Grundlage der Daten f¨ ur Wasser dargestellt. Das Nassdampfgebiet hat hier eine recht asymmetrische Form. Der kritische Punkt K liegt am linken Hang der Grenzkurve des Nassdampfgebiets, und zwar am Punkt mit der h¨ ochsten Steigung, an dem die ineinander

6.1 Grundprozesse t, °C = 6 5 0

3 8 0 0

6 0 0

k J /k g

5 5 0

0 ,2

2 0

3 2 0 0

0 ,7 5

1 ,5

4 ,0

2 5 0 2 0 0 1 5 0

x = 0 ,9 5

2 8 0 0

5 0

2 6 0 0

x = 0 ,9 0

x = 0 ,8 5

2 4 0 0

0

7 0 , x =

2 2 0 0

5

0 0 ,7 x =

,6 5 x = 0 x = 0 ,6 0

x = 0 ,5 0

4 ,0

5 ,0

3 0 0 0

0 ,0 1

1 0 0

K

h

3 0 0

0 ,0 5

3 0

2 ,0 1 ,0 1 0 ,5

6 ,0

3 5 0

1 2

p , b a r = 3 8 0 2 0 0 1 0 0

3 4 0 0

4 0 0

5 0

3 0 0 1 5 0

4 5 0

0 ,1

5 0 0

x = 0 , 8

345

2 0 0 0

6 ,0

7 ,0

k J /k g K s

1 8 0 0 9 ,0

Abb. 6.2. Das h, s-Diagramm (schematisch f¨ ur Wasser)

u ¨bergehende Siede- und Taulinie einen gemeinsamen Wendepunkt haben. Die Isobaren im homogenen Zustandsgebiet sind schwach gekr¨ ummte, mit wachsender Entropie ansteigende Kurven. Sie verlaufen um so steiler, je h¨oher die Temperatur ist. Im Nassdampfgebiet bleibt mit dem Druck auch die Temperatur konstant. Die Isobaren sind dort also gerade Linien, die um so steiler ansteigen, je h¨ oher die Siedetemperatur und damit der zugeh¨orige Dampfdruck ist. Beim Durchgang durch die Phasengrenzkurven verlaufen die Isobaren stetig. Die kritische Isobare ber¨ uhrt die Grenzkurve an ihrer steilsten Stelle, im kritischen Punkt. Ihre Steigung entspricht dort der der kritischen Isotherme und ist die h¨ ochste Steigung, die im Nassdampfgebiet m¨oglich ist. Die Isothermen weisen an der Taulinie einen Knick auf und gehen im idealen Gasgebiet in einen horizontalen Verlauf u ¨ ber, da sie dort gleichzeitig auch Isenthalpen sind. Im Realgasgebiet nimmt die Enthalpie bei fester Temperatur mit zunehmendem Druck ab. Das h, s-Diagramm erh¨alt seine besondere Bedeutung dadurch, dass man Enthalpie¨ anderungen leicht ablesen kann. Bei

346

6 Modellprozesse f¨ ur Energieumwandlungen

adiabaten Zustands¨ anderungen, z.B. solchen in Turbinen und Verdichtern, erh¨ alt man aus der abgelesenen Enthalpiedifferenz unmittelbar die transferierte technische Arbeit. Reversibel-adiabate Zustands¨anderungen stellen sich auch im h, s-Diagramm als senkrechte Geraden dar. Beispiel 6.4 In Beispiel 5.3 wurden f¨ ur zwei reversible Zustands¨ anderungen die Prozessenergien betrachtet, die aus einem Sattdampfstrom bei p1 = 100 bar unter den Umgebungsbedingungen von pu = 1 bar und tu = 20◦ C gewonnen werden k¨ onnen. Man berechne hier die Arbeitsausbeute bei reversibel-adiabater Expansion auf 1 bar und die anschließend bei reversibel-isobarer Abk¨ uhlung abzuf¨ uhrende W¨ arme, entsprechend der in Abb. B 6.4.1 dargestellten Zustands¨ anderung.

T 1 0 0 b a r

1 b a r

3 7 2 ,7 8 K

2 9 3 ,1 5 K

1

2

q

1 ' re v 1 2

s Abb. B 6.4.1. Die betrachtete Zustands¨ anderung

L¨ osung Ges¨ attigter Wasserdampf bei 100 bar hat eine spezifische Enthalpie von h (100 bar) = 2724,7 kJ/kg und eine spezifische Entropie von s (100 bar) = 5,6141 kJ/kg K. Seine Temperatur betr¨ agt t = 311, 06◦ C. Bei isentroper Entspannung auf pu = 1 bar wird der Zustand 1’ erreicht. Dabei muss die Entropie konstant bleiben. Die beiden Bedingungen (p1 = 1 bar, s1 = 5,6141 kJ/kg K) legen den Zustandspunkt 1’ nach der isentropen Entspannung fest. Ein Blick auf das T, s-Diagramm der Abb. B 6.4.1 sowie in die Sattdampftafel bei 1 bar zeigt, dass er im Nassdampfgebiet liegt. Es gilt also s1 = 5, 6141 kJ/kg K = s (1 bar) + x(s − s )1

bar

.

Der Dampfgehalt nach der Entspannung betr¨ agt damit x=

5, 6141 − 1, 3026 = 0, 7118 . 7, 3594 − 1, 3026

6.2 Die Umwandlung von Brennstoffenergie in Arbeit

347

Damit ergibt sich die Enthalpie nach der Entspannung zu h1 = 417, 46 + 0, 7118(2675, 5 − 417, 46) = 2024, 7 kJ/kg . Die gewonnene spezifische technische Arbeit betr¨ agt also (w11 )rev = h1 − h1 = 2024, 7 − 2724, 7 = 700 kJ/kg . t Bei Benutzung des h, s-Bildes h¨ atte man dieses Ergebnis sofort ablesen k¨ onnen, allerdings nicht mit dieser Genauigkeit. Die anschließend abzuf¨ uhrende W¨ arme l¨ asst sich am einfachsten aus der Energiebilanz berechnen, nach rev = (h2 − h1 ) − (w11 )rev . q12 t

Mit h2 (20◦ C, 1 bar) ≈ h(20◦ C, ps ) = 83, 96 kJ/kg ergibt sich rev q12 = (83, 96 − 2724, 7) + 700 = −1940, 74 kJ/kg .

Die abzuf¨ uhrende W¨ arme l¨ asst sich auch direkt aus der Beziehung

2 rev q12 =

T ds 1

ermitteln. Allerdings muss dazu die Abh¨ angigkeit T (s) w¨ ahrend der Zustands¨ anderung von 1’ nach 2 bekannt sein. Diese ist einfach eine Konstante f¨ ur den Bereich der Kondensation bei der konstanten Temperatur von 99,63◦ C. Anschließend wird auf t2 = 20◦ C abgek¨ uhlt, wobei die Funktion T (s) in guter N¨ aherung durch die Daten der Siedelinie wiedergegeben wird. Da die Siedelinie im T, s-Bild im betrachteten Temperaturbereich etwa linear verl¨ auft, kann das Integral f¨ ur den Bereich der Abk¨ uhlung einfach durch die Entropiedifferenz multipliziert mit dem arithmetischen Mittelwert aus der Anfangs- und Endtemperatur berechnet werden. Es ergibt sich also f¨ ur die abzuf¨ uhrende W¨ arme 293, 15 + 372, 78 (0, 2966 − 1, 3026) 2 = 1607, 2 − 335, 0 = −1942, 2 kJ/kg .

rev q12 = 372, 78(1, 3026 − 5, 6141) +

¨ Dies steht in guter Ubereinstimmung mit dem fr¨ uheren Resultat, das aus der Energiebilanz gewonnen wurde.

6.2 Die Umwandlung von Brennstoffenergie in Arbeit Wir verstehen hier unter Brennstoffenergie die innere Energie eines gebrauchsfertigen Brennstoffs, vernachl¨ assigen also die Prozesse, die zu seiner Bereitstellung aus den Energievorr¨ aten der Umgebung erforderlich sind. Die Umwandlung von Brennstoffenergie in Arbeit wird in der Regel thermodynamisch durch den Prozess in einer W¨ armekraftmaschine realisiert. In einer

348

6 Modellprozesse f¨ ur Energieumwandlungen

W¨ armekraftmaschine wird W¨ arme in Arbeit umgewandelt, wobei die W¨arme zuvor aus Brennstoffenergie erzeugt wurde. Wir hatten schon verschiedentlich darauf hingewiesen, dass W¨ arme prinzipiell nur beschr¨ankt in Arbeit umgewandelt werden kann. Ein erster Hinweis darauf ergibt sich bereits aus der oberfl¨ achlichen Betrachtung der Kraftwerke, die oft in ihrem ¨außeren Erscheinungsbild durch die großen K¨ uhlt¨ urme zur Abw¨armeabfuhr gepr¨agt sind. Mit Hilfe der Entropiebilanz sind wir nun in der Lage, die beschr¨ankte Umwandelbarkeit von W¨ arme in Arbeit durch eine einfache Formel zu erfassen. Nach der Energiebilanz ist die von einer im Kreisprozess arbeitenden W¨ armekraftmaschine abgegebene Arbeit gleich der Differenz aus zugef¨ uhrter und abgef¨ uhrter W¨ arme, vgl. Abb. 6.3. Die zugef¨ uhrte W¨arme wird dann T . Q

W K M

IQ

. 0

IP tI

I T 0

Abb. 6.3. Energieumsatz in einer W¨ armekraftmaschine

m¨ oglichst weitgehend in Arbeit umgewandelt, wenn die abgef¨ uhrte W¨arme m¨ oglichst klein gehalten und im Grenzfall zu Null gemacht wird. In diesem Grenzfall w¨ urde die zugef¨ uhrte W¨ arme kontinuierlich und vollst¨andig in Arbeit umgewandelt, d.h. der thermische Wirkungsgrad des Prozesses nach (4.34) ηth =

−Pt Q˙

w¨ are gleich 1. Die Energiebilanz w¨ urde dieses Resultat ohne Weiteres zulassen. Wir zeigen nun, welche quantitative Einschr¨ankung die Entropiebilanz

6.2 Die Umwandlung von Brennstoffenergie in Arbeit

349

in Verbindung mit dem 2. Hauptsatz der Umwandlung von W¨arme in Arbeit auferlegt. Der Kreisprozess einer W¨ armekraftmaschine ist ein geschlossenes System. Aus der Beziehung zwischen Entropie und W¨ arme wissen wir, dass mit der zugef¨ uhrten W¨ arme dem System auch Entropie zugef¨ uhrt wird. Selbst bei reversiblen Zustands¨ anderungen, also unter Ausschluss von Entropieproduktion im Arbeitsmedium, erh¨ oht sich somit dessen Entropie. Nach der Entropiebilanz ben¨ otigt das System somit bei station¨aren Prozessen einen Entropieexport. Wir m¨ ussen also Entropie mit einem W¨armestrom u ¨ber die Systemgrenzen abf¨ uhren, und zwar bei reversibler Zustands¨anderung genau die Entropie, die wir bei der W¨ armeaufnahme eingebracht haben. Damit ist bei einem Kreisprozess grunds¨ atzlich, d.h. auch bei reversibler Prozessf¨ uhrung, nicht die gesamte zugef¨ uhrte W¨ arme als Arbeit zu gewinnen. Der thermische Wirkungsgrad wird kleiner als 1, d.h. ηth =

−Pt 0, d.h. wenn Energie vom System (2) auf das System (1) u ullen. ¨bergeht, dann muss T (2) > T (1) sein, um den 2. Hauptsatz zu erf¨ Der u armestrom. W¨arme fließt spontan ¨ bertragene Energiestrom ist ein W¨ nur von hoher Temperatur zu niedriger Temperatur, wie es der allt¨aglichen Erfahrung entspricht. 2. Wenn dV (1) > 0, d.h. wenn das System (1) auf Kosten des Systems (2) exullen. Der pandiert, dann muss p(1) > p(2) sein, um den 2. Hauptsatz zu erf¨ u ¨bertragene Energiestrom ist ein Arbeitsstrom, insbesondere ein Strom von Volumen¨ anderungsarbeit. Volumen¨ anderungsarbeit fließt spontan nur ¨ in Richtung abnehmenden Druckes, ebenfalls in Ubereinstimmung mit der allt¨ aglichen Erfahrung. (1)

3. Wenn dnj

> 0, d.h. wenn dem System (1) aus dem System (2) Mate(2)

(1)

rie der Komponente j zufließt, dann muss μj > μj sein, um den 2. Hauptsatz zu erf¨ ullen. Materietransport bedingt also Unterschiede im chemischen Potenzial der betrachteten Komponente in beiden Teilsystemen, ebenso wie W¨armetransport Temperaturunterschiede und Transport von Volumen¨ anderungsarbeit Druckunterschiede bedingt. Insbesondere fließt Materie von hohem chemischen Potenzial zu niedrigem chemischen Potenzial. Das chemische Potenzial ist damit die treibende Kraft f¨ ur den Stoff¨ transport in Gemischen. Ortliche Unterschiede im chemischen Potenzial einer Komponente f¨ uhren zu einem Stofftransport dieser Komponente. Im Gleichgewichtszustand haben wir nach (7.1) dS|U,V = 0 zu fordern. Die Gleichung (7.13) mit dem Gleichheitszeichen ist bei beliebigen Differenzialen (1) ullt f¨ ur dU (1) , dV (1) , dnj nur erf¨ T (1) = T (2) ,

(7.14)

p(1) = p(2)

(7.15)

sowie

7.1 Grundprozesse (1)

μj

(2)

= μj

f¨ ur alle j = A,B . . . K .

445

(7.16)

Im betrachteten stofflichen Gleichgewicht haben daher alle Teilsysteme neben der gleichen Temperatur und dem gleichen Druck auch die gleichen chemischen Potenziale f¨ ur alle Komponenten. Diese Bedingung gleicher chemischer Potenziale definiert das stoffliche Gleichgewicht. Bei der Vermischung von zwei urspr¨ unglich getrennten Gasen, z.B. Sauerstoff und Stickstoff bei Raumtemperatur, ergibt sich im stofflichen Gleichgewicht eine homogene Mischung, also ein gasf¨ ormiges Sauerstoff/Stickstoff-Gemisch. Die Gleichheit der chemischen Potenziale f¨ uhrt hier bei homogener Temperatur und homogenem Druck auf eine homogene Zusammensetzung. Die beiden Teilsysteme sind als solche nicht mehr zu erkennen, vgl. Abb. 7.3. Liegen hingegen bei hinreichend tiefen Temperaturen bei diesem Gemisch unterschiedliche Aggregatzust¨ande vor, z.B. Fl¨ ussigkeit und Dampf, so werden bei gleichen chemischen Potenzialen die Zusammensetzungen der beiden Phasen in der Regel unterschiedlich sein, vgl. Abb. 7.4. Die Beziehungen (7.14) bis (7.16) erlauben dann die Berechnung der Zusammensetzungen beider Phasen, vgl. Abschn. 7.2. Zur Auswertung des Entropiemaximums f¨ ur das chemische Gleichgewicht betrachten wir nun ein abgeschlossenes System, in dem ein reaktionsf¨ahiges Gasgemisch aus den Komponenten A, B . . . K eingeschlossen ist. Man kann z.B. an ein Gemisch aus Stickstoff und Wasserstoff denken, vgl. Abb. 7.5, oder auch an ein Gemisch aus einem Brennstoff, z.B. Methan, und einem Sauerstofftr¨ ager, z.B. Luft. Das System ist nicht im thermodynamischen Gleichgewicht. Bei Entfernung von Hemmungen l¨ auft als Ausgleichsprozess in dem homogenen System eine chemische Reaktion ab, und die Stoffmengen ¨andern sich. Bei konstanten Werten von U und V , d.h. in einem abgeschlossenen ¨ System, erhalten wir dann f¨ ur die Anderung der Entropie nach (7.12) und (7.1) dS|U,V = −

K  μj j=1

T

dnj ≥ 0 .

(7.17)

F¨ ur die Stoffmenge nj einer Komponente j w¨ ahrend des Reaktionsablaufs gilt nach (3.6) (0)

nj = nj + νj ξ , (0)

mit nj als der Stoffmenge der Komponente j zu Beginn der Umwandlung, ochiometrischen Koeffizienten der Komponente j in einer gegebenen νj dem st¨ Bruttoreaktionsgleichung und ξ als der Reaktionslaufzahl. F¨ uhrt man diese Beziehung in (7.17) ein, so findet man f¨ ur den Ausgleichsprozess, der zum chemischen Gleichgewicht f¨ uhrt, ⎛ ⎞  μj νj ⎠ dξ > 0 . −⎝ (7.18) T j

446

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen

Das Fortschreiten der chemischen Reaktion wird durch dξ > 0 beschrieben. Nach der Entropiebilanz l¨ auft die chemische Reaktion daher in der Richtung ab, die durch  νj μj > 0 (7.19) − j

definiert ist. Das chemische Gleichgewicht als Endzustand dieses Ausgleichsprozesses ist somit durch  νj μj = 0 (7.20) j

charakterisiert. Dies ist die Bedingung f¨ ur das Reaktionsgleichgewicht in abgeschlossenen homogenen Systemen. Aus ihr l¨asst sich die Gleichgewichtszusammensetzung des Systems ermitteln, z.B. die im System aus den Komponenten  Stickstoff, Wasserstoff und Ammoniak, vgl. Abschn. 7.2. Die Gr¨oße at bezeichnet. Die Affinit¨at ist der Unter(− νj μj ) wird auch als Affinit¨ schied der chemischen Potenziale des Eduktgemisches und des Produktgemisches f¨ ur eine vorgegebene Bruttoreaktionsgleichung. Chemische Reaktionen laufen spontan in der durch die Bruttoreaktionsgleichung implizierten Richtung, d.h. “nach rechts“ ab, wenn die Affinit¨at positiv ist. Das Reaktionsgleichgewicht wird durch verschwindende Affinit¨at beschrieben. 7.1.4 Ausgleichsprozesse und Gleichgewicht in technischen Anlagen Nat¨ urliche Ausgleichsprozesse in abgeschlossenen Systemen erreichen im thermodynamischen Gleichgewicht den Zustand maximaler Entropie. Technische Anlagen sind allerdings in der Regel keine abgeschlossenen Systeme, sondern transferieren W¨ arme, Arbeit und Materie u ¨ ber die Systemgrenzen. Zur Berechnung von Gleichgewichtsprozessen in technischen Anlagen m¨ ussen die Gleichgewichtsbedingungen daher in Abh¨angigkeit solcher unabh¨angiger Variablen formuliert werden, die in diesen Anlagen vorgegeben sind. Dies sind nicht, wie in abgeschlossenen Systemen, die innere Energie und das Volumen, sondern die Temperatur und das Volumen, bzw. die Temperatur und der Druck. Wir suchen daher thermodynamische Funktionen, deren Differenziale bei Ausgleichsprozessen in Systemen bei konstanter Temperatur und konstantem Volumen bzw. bei konstanter Temperatur und konstantem Druck ein eindeutiges Vorzeichen annehmen und damit die Entropie ersetzen. Hierzu formen wir die Fundamentalfunktion U (S, V, {nj }) in ¨aquivalente Formulierungen mit den unabh¨ angigen Variablen (T, V, {nj }) bzw. (T, p, {nj }) um. Die erforderlichen Transformationen sind insofern charakteristisch, als S durch T = (∂U/∂S)V,nj und V durch p = −(∂U/∂V )S,nj ersetzt werden soll, d.h. die unabh¨ angige Variable durch die ihr zugeordnete Steigung der Funktion.

7.1 Grundprozesse

447

Diese Umformung leistet die so genannte Legendre-Transformation. Durch die Legendre-Transformation l¨ asst sich eine Funktion y(x) durch eine andere, ψ(∂y/∂x), ersetzen, wobei ψ = f (∂y/∂x) denselben Informationsgehalt wie y(x) besitzt. Dies muss grunds¨ atzlich m¨ oglich sein, denn eine Kurve y(x) kann durch die Einh¨ ullende der an sie angelegten Tangenten ∂y/∂x beschrieben werden, vgl. Abb. 7.9. Kennt man alle Tangenten, dann kann man die

y

y y x

x

Abb. 7.9. Zur Legendre-Transformation

Kurve konstruieren. Man ben¨ otigt also eine Beziehung, die alle diese Tangenten als Funktion ihrer jeweiligen Steigungen beschreibt. Der Ordinatenschnitt dieser Tangenten l¨ asst sich ausdr¨ ucken durch dy y−ψ = = p(x) , x−0 dx und die Gleichung f¨ ur alle Tangenten lautet demnach ψ = y(x) − p(x)x . Dass ψ tats¨ achlich nur von p =dy/dx abh¨ angig ist, folgt formal aus   dy dy dy dψ = dx − dx − xd = −xd(p) . dx dx dx Das totale Differenzial von ψ ist demnach dψ =

dψ dp , dp

448

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen

und ψ ist daher nur eine Funktion von p. Zeichnet man diese Tangentenschar in ein y, x-Diagramm, so ist ihre Einh¨ ullende die urspr¨ ungliche Funktion y(x). Die Funktion ψ(p) = y − px hat daher denselben Informationsgehalt wie die Funktion y(x). ¨ Ubertragen wir dies auf die Gibbsche Fundamentalfunktion U (S, V, {nj }) und wollen S durch T = (∂U/∂S)V,{nj } ersetzen, so ergibt sich eine neue Funktion A := U − T S = A(T, V, {nj }) .

(7.21)

Durch Vergleich mit fr¨ uheren Ergebnissen aus Kapitel 6, vgl. (6.5), erkennen wir, dass die neue Fundamentalfunktion in den Variablen T, V und {nj } die freie Energie ist. Sie hat das totale Differenzial  μj dnj , (7.22) dA = dU − T dS − SdT = −SdT − pdV + j

woraus deutlich wird, dass sie tats¨ achlich von den Variablen T, V und {nj } abh¨ angt. Analog findet man als Fundamentalfunktion in den Variablen T, p uher eingef¨ uhrte freie und {nj } durch Legendre-Transformation die bereits fr¨ Enthalpie nach, vgl. (6.7), G := U − T S + pV = H − T S = G(T, p, {nj }) .

(7.23)

Sie hat das totale Differenzial, vgl. (7.6), dG = dU − T dS − SdT + pdV + V dp = SdT + V dp +



μj dnj

(7.24)

j

und h¨ angt daher tats¨ achlich von den Variablen T, p und {nj } ab. Man nennt diese Fundamentalfunktionen auch kanonische Zustandsfunktionen und die Gr¨ oßen A und G thermodynamische Potenziale. So ist A das HelmholtzPotenzial und G das Gibbs-Potenzial. Aus ihnen lassen sich, wie aus der Fundamentalfunktion U (S, V, {nj }), alle thermodynamischen Zustandsgr¨oßen durch einfache Differenzialoperationen ableiten. Insbesondere sind keine Integrationen erforderlich. Wichtig ist, dass die Funktionen A und G nur in Verbindung mit den aus der Legendre-Transformation stammenden unabh¨ angigen Variablen thermodynamische Potenziale sind, also z.B. G nur in Verbindung mit den unabh¨ angigen Variablen T, p und {nj }, nicht aber etwa in Verbindung mit T, V und {nj }. Das Prinzip der Entropiezunahme als Aussage des 2. Hauptsatzes f¨ ur Ausgleichsprozesse in abgeschlossenen Systemen l¨asst sich in ¨aquivalente Forderungen f¨ ur die freie Energie und f¨ ur die freie Enthalpie in geschlossenen bzw. offenen Systemen umformen. So lautet das Entropiedifferenzial eines Systems nach der Entropiebilanz dS = da S + di S = dQ/T + di S ≥ dQ/T ,

(7.25)

7.1 Grundprozesse

449

wobei das Gleichheitszeichen f¨ ur reversible Zustands¨anderungen im Inneren des Systems gilt. F¨ ur Ausgleichsprozesse in geschlossenen Systemen mit konstantem Volumen folgt aus der Energiebilanz dQ = dU

(V = const.)

und damit aus (7.25) T dS|V ≥ dU .

(7.26)

Entsprechend folgt f¨ ur Ausgleichsprozesse in geschlossenen oder offenen Systemen bei konstantem Druck aus der Energiebilanz dQ = dH

(p = const.)

und damit aus (7.25) T dS|p ≥ dH .

(7.27)

In einem System mit vorgegebener Temperatur gilt f¨ ur das Differenzial der freien Energie dA|T = dU − T dS . Wegen T dS|V ≥ dU |V nach (7.26) folgt daher bei einem isothermen und isochoren Ausgleichsprozess dA|T,V ≤ 0 .

(7.28)

Entsprechend lautet die Bedingung f¨ ur einen Ausgleichsprozess bei festen Werten von Temperatur und Druck dG|T,p ≤ 0 .

(7.29)

Die Beziehungen (7.28) und (7.29) sind a ¨quivalente Formulierungen des 2. Hauptsatzes f¨ ur Ausgleichsprozesse in Systemen mit festen Werten von Temperatur und Volumen, bzw. Temperatur und Druck. Aus diesen Bedingungen erkennt man, dass bei der Einstellung des thermodynamischen Gleichgewichts die freie Energie bei festen Werten von Temperatur und Volumen, und die freie Enthalpie bei festen Werten von Temperatur und Druck minimal werden. Es ist hervorzuheben, dass sich die Bedingungen (7.28) und (7.29) f¨ ur die nat¨ urliche Richtung von Prozessen ausschließlich auf das System beziehen. Demgegen¨ uber ist die urspr¨ ungliche Formulierung des 2. Hauptsatzes dS|U,V ≥ 0 in technischen Anlagen nur anwendbar, wenn man zu dem betrachteten System die Umgebung mit hinzunimmt, sodass die Bedingung eines insgesamt abgeschlossenen Gesamtsystems eingehalten wird. Man erkennt insbesondere aus diesen Beziehungen, dass spontane Prozesse durchaus nicht

450

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen

immer mit einer Zunahme der Entropie des Systems einhergehen m¨ ussen, wenn das System, wie in technischen Prozessen u ¨ blich, nicht abgeschlossen ist. Vielmehr lautet die Bedingung f¨ ur die Entropie¨anderung nach der Entropiebilanz in Verbindung mit dem 2. Hauptsatz ΔS = (ΔS)System + (ΔS)Umgebung > 0 .

(7.30)

Es k¨ onnen also Prozesse, die mit einer Abnahme der Entropie des Systems verbunden sind, dennoch spontan ablaufen, wenn dabei durch eine Zunahme der Umgebungsentropie insgesamt die Entropie des aus System und Umgebung bestehenden abgeschlossenen Gesamtsystems zunimmt. Wenn ein isotherm-isobarer Prozess mit einer Verringerung der Systementhalpie einhergeht, z.B. eine spontane Verbrennung bei konstanter Temperatur und konstantem Druck mit (ΔH)System = ΔH R < 0 , dann fließt Energie als W¨ arme in die Umgebung und die Entropie der Umgebung erh¨ oht sich um (ΔS)Umgebung = −(ΔH)System /T . Wenn gleichzeitig noch die Entropie des Systems zunimmt, dann f¨ uhren beide Effekte gleichsinnig zu einer Erh¨ ohung der Gesamtentropie aus System und Umgebung. Die freie Enthalpie des Systems verringert sich bei einem solchen Prozess nach (ΔG)System = (ΔH)System − T (ΔS)System < 0 . Wenn hingegen, wie z.B. bei der isotherm-isobaren Verbrennung von Wasserstoff und Sauerstoff zu Wasser, die Entropie des Systems abnimmt, so l¨auft auch dieser Prozess spontan ab, wenn |(ΔH)System | > |T (ΔS)System| und (ΔH)System < 0 , d.h. wenn die Abnahme der Systementhalpie gr¨oßer als die mit der thermodynamischen Temperatur multiplizierte Abnahme der Systementropie ist. Dies ist z.B. bei der isotherm-isobaren Verbrennung von Wasserstoff und Sauerstoff zu Wasser der Fall, vgl. Beispiel 7.1. Beispiel 7.1 In einem geschlossenen System befinden sich im Zustand 1 beim Druck 1 bar und bei der Umgebungstemperatur von tu = 25◦ C 1 mol Wasserstoff und 1/2 mol Sauerstoff durch eine Wand getrennt. Nach Entfernen der Wand findet eine

7.1 Grundprozesse

451

isotherm-isobare Verbrennung statt. Im Zustand 2 ist das Gemisch zu Wasser ¨ ¨ verbrannt. Man berechne die Anderung der Systementropie, die Anderung der Entropie der Umgebung und die gesamte Entropieproduktion. L¨ osung Die Bruttoreaktionsgleichung lautet H2 (g) + 1/2 O2 (g) ⇒ H2 O (l) . agt die Entropie¨ anderung des Systems Bei t = 25◦ C und p = 1 bar betr¨ (ΔS)System = S2 − S1 = SH2 O (l) − SH2 (g) − SO2 (g) = 1 · 69, 940 − 1 · 130, 684 − 1/2 · 205, 142 = −163, 315 J/K . Die Entropiezunahme der Umgebung betr¨ agt (ΔS)u = −Q/Tu , mit f,0 Q = H2 − H1 = 1 · Δhf,0 H2 O (l) − 1 · ΔhH2 (g) −

1 · Δhf,0 O2 (g) 2

= 1 · Δhf,0 H2 O (l) = −285, 838 kJ . Damit gilt (ΔS)u = 285, 838 kJ/298, 15 K = 958, 7 J/K . Die gesamte irreversible Entropieproduktion ergibt sich somit zu ΔS irr = (ΔS)System + (ΔS)u = −163, 315 + 958, 7 = 795, 385 J/K .

Die Extremalbedingungen f¨ ur die freie Energie A bzw. die freie Enthalpie G lassen sich, analog zu der f¨ ur die Entropie S, zu expliziten Bedingungen f¨ ur das stoffliche und chemische Gleichgewicht umformulieren. Wir wenden insbesondere die Minimalbedingung f¨ ur die freie Enthalpie auf ein aus zwei Teilsystemen zusammengesetztes System bei konstanten Werten von Druck und Temperatur an. Aus (7.6) ergibt sich  (1) (1)  (2) (2) μj dnj + μj dnj = 0 , dG|T,p = j

j

(1)

woraus bei Abwesenheit chemischer Reaktionen mit dnj (1)

μj

(2)

+ dnj

=0

(2)

= μj

f¨ ur alle Komponenten j als Bedingung f¨ ur das stoffliche Gleichgewicht folgt. Angewandt auf das chemische Gleichgewicht in einem homogenen System bei festen Werten von Druck und Temperatur ergibt sich mit

452

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen

dG|T,p =

 j

μj dnj =



(νj μj )dξ = 0

j

wieder  νj μj = 0 j

als Bedingung f¨ ur das chemische Gleichgewicht. Die Gleichgewichtsbedingungen f¨ ur das stoffliche Gleichgewicht und das chemische Gleichgewicht sind somit identisch f¨ ur alle Prozessvarianten, d.h. in abgeschlossenen, geschlossenen und offenen Systemen.

7.2 Thermodynamische Gleichgewichte In Gleichgewichtsprozessen werden thermodynamische Gleichgewichte als Endzust¨ ande von Ausgleichsprozessen erreicht. Die wichtigsten sind das Verdampfungs- und Kondensationsgleichgewicht, das Verdunstungs- und Absorptionsgleichgewicht sowie das Reaktionsgleichgewicht. 7.2.1 Das Verdampfungs- und Kondensationsgleichgewicht Das Verdampfungs- und Kondensationsgleichgewicht in Gemischen ist ein Spezialfall des thermodynamischen Gleichgewichts. Es ist die Grundlage der Destillation und Rektifikation und damit der wichtigsten thermischen Trennverfahren. Seine graphische Darstellung in einem bin¨aren System kann in unterschiedlichen Diagrammen erfolgen, vgl. Abb. 2.19 und 2.20. Aus allen diesen Darstellungen, in denen der Stoffmengenanteil sich stets auf die hier als 2 bezeichnete leichter siedende Komponente bezieht, l¨asst sich die Anreicherung dieser Komponente im Dampf und damit die Stofftrennung erkennen. Die thermodynamische Beschreibung eines Verdampfungs- und Kondensationsgleichgewichts in einem bin¨ aren Gemisch ergibt sich nach (7.14) bis (7.16) aus den Beziehungen T  = T 

(7.31)

p = p

(7.32)

μ1 = μ1

(7.33)

μ2

=

μ2

.

(7.34)

Wir beschr¨ anken die Betrachtungen zun¨ achst auf ein fluides System, in dem die Dampfphase als Gemisch idealer Gase und die fl¨ ussige Phase als ideale L¨ osung modelliert wird. Man bezeichnet dieses Modellsystem als ideales System (is). F¨ ur das chemische Potenzial der Komponente i in der Gasphase gilt dann nach (7.7)

7.2 Thermodynamische Gleichgewichte

453

ig ig μi = μig i (T, p) = hi − T si ig  = hig 0i (T ) − T [s0i (T, p) − R ln xi ] p + RT ln xi . = μig 0i (T, ps0i ) + RT ln ps0i

(7.35)

Das chemische Potential der Komponente i in der fl¨ ussigen Phase l¨asst sich schreiben als μi = μl0i (T, p) + RT ln xi .

(7.36)

Das chemische Potenzial der reinen fl¨ ussigen Komponente i ist beim Druck p praktisch identisch mit dem der reinen fl¨ ussigen Komponente bei Druck ussigkeiten bei m¨aßigen Dr¨ ucken kaum vom ps0i , da die Eigenschaften von Fl¨ Druck abh¨ angen. Es gilt also, unter Verwendung der Phasengleichgewichtsbedingung f¨ ur eine reine Komponente i, μl0i (T, p) μ0i (T, ps0i ) = μ0i (T, ps0i ) = μig 0i (T, ps0i ) .

(7.37)

Hier ist das chemische Potenzial der reinen Komponente i zun¨achst n¨ aherungsweise durch das der reinen siedenden Komponente i, dann wegen der Gleichgewichtsbedingung durch das der reinen dampff¨ormigen Komponente i beim Sattdampfdruck, und schließlich nach dem Stoffmodell f¨ ur die Dampfphase durch den Idealgaswert beim Sattdampfdruck ersetzt worden. Damit f¨ uhrt die Bedingung gleichen chemischen Potenzials f¨ ur die Komponente i in Dampf und Fl¨ ussigkeit auf die Beziehung   pis i = pxi = xi ps0i .

(7.38)

Dies ist das Raoultsche Gesetz. Der Partialdruck der Komponente i im Dampf und damit ihr Dampfdruck im Gemisch ist eine lineare Funktion des Stoffmengenanteils der Komponente i in der Fl¨ ussigkeit, vgl. Abb. 7.10. Die Siede- und Taulinie im isothermen Dampfdruckdiagramm lassen sich hieraus m¨ uhelos berechnen. F¨ ur ein bin¨ ares System finden wir als Gleichung f¨ ur die Siedelinie p(x2 ), also den Verlauf des Dampfdruckes und damit des Gesamtdruckes u ¨ ber dem Stoffmengenanteil der leichter siedenden Komponente in der siedenden Fl¨ ussigkeit, (x1 + x2 )p = p = x1 ps01 + x2 ps02 = (ps02 − ps01 )x2 + ps01 .

(7.39)

Die Siedelinie eines idealen Systems verl¨ auft im p, x-Diagramm als gerade Verbindung zwischen den Dampfdr¨ ucken der reinen Komponenten, vgl. Abb. 7.10. Zur Ableitung der Taulinie im isothermen Dampfdruckdiagramm, d.h. ussen wir x2 in der obigen Gleichung f¨ ur die Siedelinie durch x2 p(x2 ), m¨ ausdr¨ ucken. Mit Hilfe von (7.38) ergibt sich p (ps02 − ps01 ) + ps01 p = x2 ps02 ps01   . (7.40) =  1 − x2 1 − pps01 s02

454

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen

T = c o n s t. p

p

S ie d e lin ie

s 0 2

T a u lin ie

p

s 0 1

p

is 2

' p = x 2

2 s 0

p

0

0 ,2

0 ,4

1

is

= (1 -x ' ) 2 p

0 ,6

s 0 1

0 ,8

1 ,0

x '2 , x ' 2 ' Abb. 7.10. Dampfdruckdiagramm eines idealen Systems (schematisch)

Der Verlauf der Taulinie im Dampfdruckdiagramm nach dem Raoultschen Gesetz ist gekr¨ ummt, vgl. Abb. 7.10. Die Siede- und Taulinie des idealen Systems im isobaren Siedediagramm lassen sich im Gegensatz zum isothermen Fall nicht durch derartig einfache und explizite Gleichungen beschreiben. Aus der Gleichgewichtsbedingung folgt vielmehr f¨ ur das bin¨ are System, mit x1 + x2 = 1, 1 = (1 − x2 )

ps02 (T ) ps01 (T ) + x2 p p

(7.41)

als Gleichung f¨ ur die Siedelinie T (x2 ), und aus x1 + x2 = 1 1 = (1 − x2 )

p p + x2 ps01 (T ) ps02 (T )

(7.42)

als Gleichung f¨ ur die Taulinie T (x2 ). Beide Gleichungen k¨onnen in der Regel nur iterativ gel¨ ost werden, da der Dampfdruck der reinen Komponenten nicht linear von der Temperatur abh¨ angt. Im T ,x-Diagramm sind Siede- und Taulinie des idealen Systems gekr¨ ummt, vgl. Abb. 7.11. ur das ideale Das so genannte Gleichgewichtsdiagramm x2 = f (x2 ) kann f¨ System ebenfalls leicht berechnet werden. Im isothermen Fall gilt x2 = x2

x2 (ps02 /ps01 ) ps02 (T ) = = fT (x2 ) . p 1 + x2 (ps02 /ps01 − 1)

(7.43)

7.2 Thermodynamische Gleichgewichte

T

p = c o n s t. T

T a u lin ie s 0 1

S ie d e lin ie

0

0 ,2

0 ,4

0 ,6

T

0 ,8

s 0 2

1 ,0

x 2 ' , x '2 '

Abb. 7.11. Siedediagramm eines idealen Systems (schematisch)

x ''

1 ,0

p = c o n s t. o d e r T = c o n s t.

0 ,8

0 ,6

0 ,4

0 ,2

0 0

0 ,2

0 ,4

0 ,6

x '

0 ,8

1 ,0

Abb. 7.12. Gleichgewichtsdiagramm eines idealen Systems (schematisch)

455

456

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen

Der Verlauf ist in Abb. 7.12 dargestellt. Aus (7.43) sieht man, dass bei gleichen Dampfdr¨ ucken der reinen Komponenten keine Stofftrennung beim Verdampfungs- und Kondensationsgleichgewicht eines idealen Systems erfolgt, da Siede- und Taulinie zusammenfallen. Im isobaren Fall folgt unmittelbar x2 = x2

ps02 (T ) = fP (x2 ) , p

(7.44)

wobei die Temperatur keine unabh¨ angige Variable ist, da sie bei vorgegebenem Druck sowie vorgegebener Zusammensetzung einer Phase festliegt, vgl. das Siedediagramm. Die Anreicherung der leichter siedenden Komponente im Dampf wird oft durch die so genannte relative Fl¨ uchtigkeit α beschrieben, mit der allgemeinen Definition, vgl. (2.24), α12 =

x2 /x2 . x1 /x1

(7.45)

In einem bin¨ aren idealen System folgt f¨ ur die relative Fl¨ uchtigkeit aus dem Raoultschen Gesetz αis 12 =

ps02 (T ) = α(T ) . ps01 (T )

(7.46)

Sie h¨ angt daher nur vom Verh¨ altnis der Dampfdr¨ ucke der beiden reinen Komponenten und damit nur von der Temperatur, nicht aber von der Zusammensetzung ab. In nicht zu großen Temperaturbereichen ist die relative Fl¨ uchtigkeit in einem idealen System n¨ aherungsweise konstant. Beispiel 7.2 Es werde ein ideales System aus den Komponenten A und B betrachtet. Die Dampfdruckgleichungen f¨ ur die beiden Reinstoffe lauten    350 ps0A = 1 bar exp 10, 0335 1 − T und ps0B





300 = 1 bar exp 10, 0621 1 − T

 .

Man zeichne f¨ ur dieses System ein maßst¨ abliches Siedediagramm und ein maßst¨ abliches Gleichgewichtsdiagramm bei p = 1 bar, sowie ein maßst¨ abliches Dampfdruckdiagramm und ein maßst¨ abliches Gleichgewichtsdiagramm bei T = 330 K. L¨ osung Die Gleichung f¨ ur die Siedelinie im Siedediagramm lautet nach (7.41)

7.2 Thermodynamische Gleichgewichte 1 = (1 − xB )

457

ps0A (T ) ps0B (T ) + xB . p p

Durch Einsetzen der angegebenen Gleichungen f¨ ur die Reinstoffdampfdr¨ ucke findet man       350 300 1 = (1 − xB ) exp 10, 0335 1 − + xB exp 10, 0621 1 − . T T Aus dieser Gleichung kann iterativ zu einem vorgegebenen Stoffmengenanteil xB der Komponente B auf der Siedelinie die zugeh¨ orige Temperatur ermittelt werden. So findet man z.B. f¨ ur xB = 0,2 die Iterationsgleichung       350 300 (1 − 0, 2) exp 10, 0335 1 − + 0, 2 exp 10, 0621 1 − =1 . T T Nach einigen Versuchen gelangt man zu T = 332 K und findet 0, 8 · 0, 5804 + 0, 2 · 2, 6375 = 0, 9918 Diese Genauigkeit wird als ausreichend erachtet. Analog werden andere Punkte der Siedelinie ermittelt, und es ergibt sich die Wertetabelle xB T /K

0 350

0,05 345

0,1 340

0,2 332

0,4 320,5

0,6 312

0,8 305,5

1 300

Die Taulinie im Siedediagramm folgt am einfachsten aus der Gleichung xB = xB

ps0B (T ) . p

Bei den Temperaturst¨ utzstellen der Siedelinie ergibt sich die Wertetabelle T /K xB

350 0

345 0,186

340 0,327

332 0,528

320,5 0,761

312 0,884

305,5 0,959

300 1

Abb. B 7.2.1 zeigt das Siedediagramm des Systems. Aus beiden Wertetabellen kann unmittelbar das Gleichgewichtsdiagramm f¨ ur p = 1 bar gezeichnet werden. Es ist in Abb. B 7.2.2 dargestellt. Die Siedelinie im Dampfdruckdiagramm bei T = 330 K ergibt sich als lineare Verbindung zwischen den Reinstoffdampfdr¨ ucken. Die zugeh¨ orige Taulinie folgt aus (7.40) zu p(xB ) =

ps0A , 1 − xB (1 − ps0A /ps0B )

wobei ps0A (330 K) = 0, 544 bar und ps0B (330 K) = 2, 496 bar einzusetzen ist. Abb. B 7.2.3 zeigt das Dampfdruckdiagramm f¨ ur T = 330 K. Das entsprechende Gleichgewichtsdiagramm unterscheidet sich nur wenig von dem bei p = 1 bar.

458

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen 3 6 0

T

K 3 4 0 T a u lin ie 3 3 0 3 2 0 S ie d e lin ie 3 1 0 3 0 0 0

0 ,2

0 ,4

0 ,6

x

0 ,8 B

', x

1 ,0

'' B

Abb. B 7.2.1. Das Siedediagramm des Systems bei p = 1 bar 1 ,0

x

B

''

0 ,8

0 ,6

0 ,4

0 ,2

0 0

0 ,2

0 ,4

0 ,6

x

0 ,8 B

1 ,0

'

Abb. B 7.2.2. Das Gleichgewichtsdiagramm des Systems bei p = 1 bar

7.2 Thermodynamische Gleichgewichte

459

2 ,8

p

b a r 2 ,0 S ie d e lin ie 1 ,6 1 ,2 T a u lin ie 0 ,8 0 ,4 0

0 ,2

0 ,4

0 ,6

x B

0 ,8

', x B

1 ,0

''

Abb. B 7.2.3. Das Dampfdruckdiagramm des Systems bei T = 330 K

Der Sonderfall des idealen Systems ist praktisch nur selten anzutreffen. Er ist n¨ aherungsweise f¨ ur Gemische aus physikalisch-chemisch sehr ¨ahnlichen Komponenten erf¨ ullt, wie z.B. Benzol-Toluol oder auch Stickstoff-Sauerstoff, vgl. Abb. 2.19 und 2.20. Seine Bedeutung liegt eher in der Basis zum Studium realer Systeme, wobei deren Individualit¨ at als Abweichung vom idealen System beschrieben wird. Abb. 2.21 zeigt einige unterschiedliche Typen des Verlaufs von Siede- und Taulinie beim Verdampfungs- und Kondensationsgleichgewicht realer Systeme im Dampfdruckdiagramm. Man erkennt quantitativ deutliche Abweichungen vom Verlauf des idealen Systems. Solche realen Verl¨ aufe der Phasengrenzkurven beim Verdampfungs- und Kondensationsgleichgewicht entstehen im Wesentlichen durch die Abweichung des realen fl¨ ussigen Gemisches von dem Stoffmodell einer idealen L¨osung. Diesen Effekt ber¨ ucksichtigt man formal dadurch, dass man den Stoffmengenanteil in der Beziehung f¨ ur das chemische Potenzial einer Komponente i in einer idealen L¨ osung durch die so genannte Aktivit¨ at ai ersetzt, nach μi (T, p, {xj }) = μl0i (T, p) + RT ln ai , ugig vom Druck und etwas ausgepr¨agter von wobei ai = ai (T, p, {xj }) geringf¨ der Temperatur abh¨ angt, insbesondere aber eine Funktion der Zusammensetzung des fl¨ ussigen Gemisches ist. Um die explizite Abh¨angigkeit vom Stoffmengenanteil weiterhin zu erhalten, wird die Aktivit¨at in der Regel durch uckt, nach den Aktivit¨ atskoeffizienten γi ausgedr¨ γi (T, p, {xj }) = ai /xi ,

(7.47)

sodass schließlich gilt μi (T, p, {xj }) = μl0i (T, p) + RT ln xi + RT ln γi (T, p, {xj }) .

(7.48)

460

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen

Man erkennt, dass f¨ ur xi → 1 auch f¨ ur den Aktivit¨atskoeffizienten γi → 1 gelten muss. Die Berechnungsgleichung f¨ ur das Verdampfungs- und Kondensationsgleichgewicht eines Systems mit realem Mischungsverhalten in der fl¨ ussigen Phase lautet dann in offensichtlicher Erweiterung von (7.38) pi = pxi = xi γi (T, p, {xj })ps0i .

(7.49)

Aus (7.48) erkennt man, dass der Aktivit¨ atskoeffizient γi einer Komponente i als Korrektur des Stoffmodells der idealen L¨ osung zu interpretieren ist, nach  E ∂G RT ln γi = μi − μili = μE , (7.50) i = ∂ni T,p,n∗ i

wobei GE die freie Exzessenthalpie des Gemisches ist und von (7.7) Gebrauch gemacht wurde. Aktivit¨ atskoeffizienten f¨ ur die Komponenten in fl¨ ussigen Gemischen werden aus geeigneten Stoffmodellen f¨ ur die freie Exzessenthalpie des betrachteten Gemisches ermittelt. Damit k¨ onnen auch reale Gleichgewichte einfach berechnet werden. Die Vernachl¨ assigung von Realkorrekturen in der Dampfphase sowie der Druckabh¨ angigkeit der Fl¨ ussigkeitseigenschaften ist in vielen praktischen F¨ allen ohne große Einbußen an Genauigkeit m¨oglich. Beispiel 7.3 Eine fl¨ ussige Mischung aus Wasser (W) und Ethanol (E) bei x = 0,3 und einem Druck von p = 60 kPa wird durch Erw¨ armen auf eine Temperatur von t = 70◦ C x

γW

γE

0,000

1,000

5,665

0,062

1,034

4,074

0,095

1,056

3,428

0,131

1,077

2,896

0,194

1,135

2,258

0,252

1,194

1,898

0,334

1,294

1,568

0,401

1,375

1,402

0,593

1,697

1,131

0,680

1,852

1,071

0,793

2,051

1,030

0,810

2,113

1,021

0,943

2,398

1,002

0,947

2,314

1,002

1,000

-

1,000

7.2 Thermodynamische Gleichgewichte

461

gebracht und verdampft dabei teilweise. Der Prozess laufe in einem geschlossenen System bei konstantem Druck ab. Der angegebene Stoffmengenanteil bezieht sich auf die Komponente Ethanol. Man bestimme die Zusammensetzungen beider Phasen im Verdampfungs- und Kondensationsgleichgewicht mit und ohne Ber¨ ucksichtigung von Aktivit¨ atskoeffizienten. Daten bei 70◦ C: ps0W = 31,09 kPa; ps0E = 72,30 kPa L¨ osung Nach (7.49) gilt  p= pi = (1 − x )γW ps0W + x γE ps0E und damit x =

p − γW ps0W γE ps0E − γW ps0W

sowie x = x γE

ps0E . p

F¨ ur ein ideales System mit γW = γE = 1 gilt x =

60 − 1 · 31, 09 = 0, 702 1 · 72, 30 − 1 · 31, 09

und x = 0, 702 · 1 ·

72, 30 = 0, 846 . 60

Bei Ber¨ ucksichtigung der Aktivit¨ atskoeffizienten, die ihrerseits von der Zusammensetzung der fl¨ ussigen Phase abh¨ angen, ist eine iterative L¨ osung erforderlich. Es wird ein Stoffmengenanteil x gesch¨ atzt, damit die Aktivit¨ atskoeffizienten ausgewertet und gepr¨ uft, ob die Sch¨ atzung die Gleichgewichtsbedingung erf¨ ullt. Als Startwert kann das Ergebnis des idealen Systems dienen. Man findet nach einigen Versuchen x = 0, 194 γW = 1, 135 und γE = 2, 258 . Der zugeh¨ orige Stoffmengenanteil des Ethanols in der Dampfphase betr¨ agt x = 0, 194 · 2, 258 ·

72, 60 = 0, 528 . 60

Man erkennt die erheblichen Abweichungen gegen¨ uber dem Ergebnis f¨ ur das ideale System. Abb. B 7.3.1 zeigt das auf diese Weise gefundene Dampfdruckdiagramm von Wasser-Ethanol bei t = 70◦ C.

462

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen

8 0 S ie d e lin ie

k P a

T a u lin ie

p

7 0

6 0

5 0

t = 7 0 °C

4 0

3 0 0

0 ,5

x ', x ''

1 ,0

Abb. B 7.3.1. Dampfdruckdiagramm des Systems Wasser-Ethanol bei 70◦ C

7.2.2 Das Verdunstungs- und Absorptionsgleichgewicht Eine besondere Form des Gleichgewichts zwischen einer gasf¨ormigen und einer fl¨ ussigen Phase in Gemischen liegt vor, wenn ein Gas im Phasengleichgewicht mit einer Fl¨ ussigkeit steht. Solch ein Phasengleichgewicht besteht z.B. zwischen Luft und Wasser bei 25◦ C. Die Luftkomponenten, insbesondere also z.B. Stickstoff und Sauerstoff, liegen hier u ¨ berkritisch vor, d.h. die Systemtemperatur liegt oberhalb ihrer kritischen Temperaturen. Diese Komponenten sind dann nur in sehr geringen Konzentrationen in der fl¨ ussigen Phase pr¨ asent, die unterkritische Komponente Wasser in ebenfalls nur sehr geringer Konzentration in der Gasphase. Da diese Art des Gleichgewichts bei Verdunstungs- und Absorptionsprozessen auftritt, spricht man vom Verdunstungs- und Absorptionsgleichgewicht. Andere Bezeichnungen sind Gasl¨ oslichkeit oder einfach Fl¨ ussig-Gas-Gleichgewicht. Zahlreiche Beispiele lassen sich f¨ ur die Bedeutung dieses Phasengleichgewichts anf¨ uhren. Jegliches Leben in der Luft und im Wasser w¨are unm¨oglich, wenn der Sauerstoff der Luft nicht im Blut bzw. im Wasser absorbiert w¨ urde. In der Verfahrenstechnik werden Gasgemische oft durch Absorption gereinigt. Hierbei wird ausgenutzt, dass sich verschiedene Gase in derselben Fl¨ ussigkeit unterschiedlich gut l¨ osen. Oft ist auch der Anteil einer fl¨ ussigen Komponente im Gas interessant, wie z.B. bei der Verdunstung von Wasser in einen warmen

7.2 Thermodynamische Gleichgewichte

463

Luftstrom in der Trocknungs- und Klimatechnik. Obwohl die L¨oslichkeiten einer u ussigkeit und einer unterkritischen ¨ berkritischen Komponente in der Fl¨ Komponente im Gas sehr gering sind, kommt ihnen somit eine große technische oder auch biologische Bedeutung zu. Die kleine L¨ oslichkeit der leichter siedenden Komponente in der Fl¨ ussigkeit und der schwerer siedenden Komponente im Gas ist zwar typisch f¨ ur das Verdunstungsgleichgewicht, aber nicht der entscheidende Unterschied zum Verdampfungsgleichgewicht. So zeigt Abb. 7.13 das Dampfdruckdiagramm eines bin¨ aren Systems mit weit auseinander liegenden Bereichen von Siede- und Taulinie. Bei einem Druck pA , bei dem die reine leichter

T = c o n s t.

S ie d e lin ie

p p A

T a u lin ie

x ',x '' Abb. 7.13. Dampfdruckdiagramm eines bin¨ aren Systems mit geringer gegenseitiger L¨ oslichkeit der Komponenten

siedende Komponente (x) ein u ¨berhitzter Dampf und die reine schwerer siedende Komponente eine unterk¨ uhlte Fl¨ ussigkeit ist, hat die leichter siedende Komponente nur eine geringe Konzentration in der Fl¨ ussigkeit (Siedelinie) und ist die schwerer siedende Komponente nur zu einem kleinen Anteil in der Gasphase (Taulinie) pr¨ asent. Man sagt dann, dass sich beide Komponenten nur geringf¨ ugig ineinander l¨ osen. Dieser Sprachgebrauch ist insofern irref¨ uhrend, als es sich in diesem Fall eindeutig um ein Verdampfungs- und Kondensationsgleichgewicht mit siedender Fl¨ ussigkeit und kondensierendem Dampf handelt. Die Systemtemperatur liegt weit unter den kritischen Temperaturen beider Komponenten, die Komponenten sind also unterkritisch. Die Fl¨ ussigkeit siedet mit dem typischen Ph¨ anomen der Blasenbildung, der Dampf kondensiert mit dem typischen Ph¨ anomen der Tropfenbildung. Alle im Dampf pr¨ asenten Molek¨ ule stammen aus der Fl¨ ussigkeit. Die Summe der Dampfdr¨ ucke der Komponenten ist gleich dem Gesamtdruck. Bei einem

464

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen

typischen Verdunstungs- und Absorptionsgleichgewicht hingegen, wie z.B. zwischen Sauerstoff und Wasser, liegt die Systemtemperatur weit u ¨ ber der kritischen Temperatur der Gaskomponente, hier dem Sauerstoff. Der Gesamtdruck ist viel gr¨ oßer als der Dampfdruck des Wassers, da nur wenige Molek¨ ule aus der Fl¨ ussigkeit in die Gasphase gelangen. Er wird im Wesentlichen durch die Molek¨ ule der Gaskomponente, hier also des Sauerstoffs bewirkt. Die Fl¨ ussigkeit siedet nicht und die Gasphase kondensiert nicht. Das Verdunstungs- und Absorptionsgleichgewicht ist also vom Verdampfungsund Kondensationsgleichgewicht klar zu unterscheiden. Die thermodynamische Beschreibung des Absorptions- und Verdunstungsgleichgewichts gr¨ undet sich wiederum auf die allgemeinen Beziehungen f¨ ur Phasengleichgewichte. Da die chemischen Potenziale der schwerer und der leichter siedenden Komponente hier in der fl¨ ussigen Phase durch unterschiedliche Stoffmodelle beschrieben werden m¨ ussen, empfiehlt sich eine getrennte Formulierung f¨ ur die beiden Effekte. Wir erl¨ autern zun¨achst die thermodynamische Beschreibung des Absorptionsgleichgewichts, und zwar am Beispiel der L¨ osung eines Gases 2 in einer Fl¨ ussigkeit 1, z.B. von Sauerstoff in Wasser, bei 25◦ C und 1 bar. Die Temperatur des Systems liegt weit oberhalb der kritischen Temperatur des Sauerstoffs (tk, O2 = −118, 55◦C) und weit unterhalb der kritischen Temperatur des Wassers (tk, H2 O = 374, 14◦C). Ausgangspunkt der Berechnung ist die Gleichheit des chemischen Potenzials der Komponente 2 in beiden Phasen, d.h. L μG 2 = μ2 .

(7.51)

Wir betrachten wiederum ideale Stoffmodelle, d.h. modellieren die Gasphase als ideales Gasgemisch, nach ig G μG 2 = μ02 (T, p) + RT ln x2 ,

(7.52)

und die fl¨ ussige Phase als ideal verd¨ unnte L¨ osung, nach μL2 = μ∗2 (T, p) + RT ln xL2 .

(7.53)

Zur Auswertung von (7.51) muss das chemische Potenzial im Standardzustand (∗) der ideal verd¨ unnten L¨ osung analog zum Vorgehen beim Verdampfungsgleichgewicht auf das im reinen idealen Gaszustand (ig) umgerechnet werden. Dies erfolgt durch die Beziehung μ∗2 (T, p) = μig 02 (T, p) + RT ln

H2∗ (T, p) . p

(7.54)

Dies ist eine Definitionsgleichung f¨ ur H2∗ (T, p), den so genannten HenryKoeffizienten, der f¨ ur ein bestimmtes Gas 2 in einem bestimmten L¨ osungsmittel 1 bekannt sein muss. Der so definierte Henry-Koeffizient H2∗ ¨ hat die Dimension eines Druckes und beschreibt die Anderung des chemi¨ schen Potenzials der Komponente 2 beim isotherm-isobaren Ubergang vom

7.2 Thermodynamische Gleichgewichte

465

reinen idealen gasf¨ ormigen Zustand (ig) in einen hypothetisch reinen fl¨ ussigen Zustand (∗) (xL2 → 1). Dessen intermolekulare Wechselwirkungen sind allerdings nicht die des Reinstoffs 2, sondern die in einer ideal verd¨ unnten L¨osung der Komponente 2 im betrachteten L¨ osungsmittel, hier also z.B. Sauerstoff in Wasser. Der Henry-Koeffizient h¨ angt daher nicht nur von der gel¨osten Komponente, sondern auch vom L¨ osungsmittel ab. Seine praktische Berechnung bei durch T 0 , p0 definierten Standardbedingungen von Temperatur und Druck kann aus tabellierten Daten erfolgen, nach   ig,0 H2∗ (T 0 , p0 )/p0 = exp μ∗,0 /RT 2 − μ02   f,0 (g) /RT (7.55) = exp Δg2f,0 (∗) − Δg02 mit Δg2f,0 (∗) als der freien Standardbildungsenthalpie der Komponente 2 im f,0 Zustand der ideal verd¨ unnten L¨ osung und Δg02 (g) als der freien Standardbildungsenthalpie der Komponente 2 im idealen Gaszustand. Daten f¨ ur diese freien Standardbildungsenthalpien sind Tabellenwerken zu entnehmen, vgl. Beispiel 7.4. Die Umrechnung auf die tats¨ achlich betrachteten Werte von Temperatur und Druck erfolgt nach (7.7) mit Hilfe der in den Kapiteln 4 und 5 bereit gestellten Beziehungen f¨ ur die Abh¨angigkeit der Enthalpie und der Entropie von Temperatur und Druck. Die Druckabh¨angigkeit des HenryKoeffizienten ist wie f¨ ur alle Fl¨ ussigkeitseigenschaften sehr gering und kann oft vernachl¨ assig werden14 . Die Auswertung der Gleichgewichtsbedingung (7.51) f¨ uhrt auf 15 xL2 = xG 2

p , H2∗ (T, p)

(7.56)

als Berechnungsformel f¨ ur die Gasl¨ oslichkeit. Hieraus erkennt man, dass der Stoffmengenanteil der gel¨ osten Gaskomponente in der Fl¨ ussigkeit dem dieser Komponente im Gas proportional ist. Man bezeichnet (7.56) als das Henrysche Gesetz. Die Gasl¨ oslichkeit steigt proportional mit dem Druck an, wenn die Druckabh¨ angigkeit des Henry-Koeffizients vernachl¨assigt wird. 14

15

Bei der Bestimmung von H2∗ aus L¨ oslichkeitsdaten wird wegen xL 2 → 0 und damit p = ps01 der Wert H2∗ (T, ps01 ) bestimmt. Wegen ∂μ/∂p = υ nach (7.6) gilt H2∗ (T, p) = H2∗ (T, ps01 ) exp[υ2∞ (p − ps01 )/RT . Da υ2∞ als partielles molares Volumen der Komponente 2 in der unendlich verd¨ unnten L¨ osung von derselben Gr¨ oßenordnung wie das molare Reinstoffvolumen der fl¨ ussigen Komponente 2 und damit sehr klein ist, ergibt sich H2∗ (T, p) ≈ H2∗ (T, ps01 ) ≈ H2∗ (T, p0 ). Die Analogie der Gleichgewichtsbeziehung f¨ ur das Absorptionsgleichgewicht zu der f¨ ur das Verdampfungsgleichgewicht wird deutlich, wenn man den Dampfdruck in (7.38) durch den Henry-Koeffizienten ersetzt und außerdem 0 die aus (7.37) folgende Beziehung ps0i ≈ p0 exp{[μl0i (T, p0 ) − μig 0i (T, p )]/RT } ber¨ ucksichtigt. Der Dampfdruck kann damit prinzipiell ebenso wie der HenryKoeffizient aus tabellierten Standarddaten berechnet werden. In der Regel ist er allerdings als Messwert bekannt, im Gegensatz zum Henry-Koeffizienten.

466

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen

In w¨ assrigen L¨ osungen wird h¨ aufig mit dem Konzentrationsmaß Molalit¨at ur lautet das Henrysche Gesetz entsprechend mi gerechnet. Hierf¨ m2 = xG 2

p H2 (T, p)

,

(7.57)

wobei der Henry-Koeffizient H2 sich nun auf das Konzentrationsmaß Molalit¨ at bezieht. Den Bezugszustand der ideal verd¨ unnten L¨osung bei Verwendung der Molalit¨ at als Konzentrationsmaß kennzeichnen wir durch das Symbol (), insbesondere also das chemische Potenzial einer Komponente i durch μ i . Mit mi bezeichnen wir in praktischen Rechnungen stets eine dimensionslose Molalit¨ at, wobei die dimensionsbehaftete Molaat 1 mol i/kg H2 O bezogen wird. lit¨ at in mol i/kg H2 O auf die Einheitsmolalit¨ Die Umrechnung der Henry-Koeffizienten in den Konzentrationsmaßen x und m ist leicht m¨ oglich. Die allgemeine Beziehung f¨ ur das chemische Potenzial einer Komponente i nach dem Stoffmodell der ideal verd¨ unnten L¨ osung in beiden Konzentrationsmaßen lautet ∗  μivl i = μi (xi = 1) + RT ln xi = μi (mi = 1) + RT ln mi .

Dies f¨ uhrt auf μ∗i (xi = 1) = μ i (mi = 1) + RT ln

mi . xi

Wegen mi =

ni /(n0 · 0, 018015 kg/mol) xi /(x0 · 0, 018015 kg/mol) = 1 mol/kg 1 mol/kg

=

xi , 0, 018015 (7.58)

mit dem Index 0 f¨ ur das L¨ osungsmittel Wasser und 0,018015 als der Molmasse unnung, lautet von Wasser in kg/mol sowie x0 = 1 im Grenzfall unendlicher Verd¨ die Beziehung zwischen den chemischen Potenzialen in beiden Standardzust¨ anden schließlich μ∗i (xi = 1) − μ i (mi = 1) = RT ln

1 . 0, 018015

(7.59)

Entsprechend ergibt sich als Beziehung f¨ ur den Henry-Koeffizienten in beiden Konzentrationsmaßen mit (7.54) H2∗ /H2 = 1/0, 018015 = 55, 509 .

(7.60)

Das Verdunstungsgleichgewicht erl¨ autern wir am Beispiel der Verdunstung einer fl¨ ussigen Komponente 1 in ein Gas 2, z.B. Wasser in Luft. Aus der Bedingung gleichen chemischen Potenzials finden wir f¨ ur das Verdunstungsgleichgewicht L μG 1 = μ1 .

(7.61)

7.2 Thermodynamische Gleichgewichte

467

Wird die Gasphase wieder als ideales Gasgemisch modelliert, die fl¨ ussige Phaosung, und wird weiterhin die Druckabh¨angigkeit se mit xL1 ≈ 1 als ideale L¨ des chemischen Potenzials der Komponente 1 in der fl¨ ussigen Phase vernachl¨ assigt, dann ergibt die Auswertung der Gleichgewichtsbeziehung (7.61) einen Sonderfall des Raoultschen Gesetzes, nach xG 1 =

ps01 (T ) , p

(7.62)

¨ in Ubereinstimmung mit dem bekannten Stoffmodell des idealen Gas/Dampfgemisches, z.B. f¨ ur ges¨ attigte feuchte Luft, vgl. (2.41). Das Verdunstungs- und Absorptionsgleichgewicht wird nach dem Henryschen Gesetz (7.56) oder (7.57) bzw. nach dem Raoultschen Gesetz (7.62) auf der Grundlage von idealen Stoffmodellen berechnet. Wie die ideale L¨ osung, so kann auch die ideal verd¨ unnte L¨ osung durch Einf¨ uhrung von Aktivit¨ atskoeffizienten korrigiert werden. Hierbei werden der Stoffmengenanteil at mi durch das Produkt mi γi xi durch das Produkt xi γi∗ oder die Molalit¨ ∗  ersetzt. Dabei sind γi bzw. γi die Aktivit¨ atskoeffizienten in Bezug auf den Zustand der ideal verd¨ unnten L¨ osung. Sie m¨ ussen experimentell bestimmt oder aus Stoffmodellen berechnet werden. Wegen der geringen L¨oslichkeiten von Gasen und Feststoffen in Fl¨ ussigkeiten ist das allerdings oft entbehrlich. Beispiel 7.4 Trockene Luft (xN2 = 0, 79, xO2 = 0, 21), die mit Schwefeldioxid (pSO2 = 0, 0816 kPa) verunreinigt ist, wird mit Wasser in Kontakt gebracht. Welche L¨ oslichkeiten ergeben sich f¨ ur die Komponenten Sauerstoff, Stickstoff und Schwefeldioxid bei 25◦ C und 1 bar, wenn chemische Effekte unber¨ ucksichtigt bleiben? Der ∗ Henry-Koeffizient von Stickstoff in Wasser betr¨ agt HN (25◦ C) = 8, 68 · 109 Pa, 2 die Henry-Koeffizienten der anderen Komponenten sind aus tabellierten Daten zu berechnen. L¨ osung Die L¨ oslichkeit berechnet sich nach dem Henryschen Gesetz aus G xL 2 = x2

p . H2∗ (T, p)

Man ben¨ otigt die Zusammensetzung des Gasgemisches. Aus dem Partialdruck des Schwefeldioxids folgt zun¨ achst xG SO2 =

0, 0816 = 0, 000816 . 100

Die trockene Luft hat daher einen Stoffmengenanteil von xG L = 0,999184, woraus xG O2 = 0, 209829 und

468

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen

xG N2 = 0, 789356 folgen. Der Henry-Koeffizient von Stickstoff in Wasser ist bekannt. Damit ergibt sich eine L¨ oslichkeit des Stickstoffs von xL N2 = 0, 789356

100 = 9, 09 · 10−6 . 8, 68 · 106

F¨ ur Sauerstoff und Schwefeldioxid findet man in Tabelle A2 die Bildungsenthalpien und Entropien in den Standardzust¨ anden “ideales Gas“ und ideal verd¨ unnte ” L¨ osung”. Daraus lassen sich die entsprechenden Henry-Koeffizienten berechnen. Die Tabellenwerte im Standardzustand (aq) gelten f¨ ur eine ideal verd¨ unnte w¨ assrige L¨ osung bei mi = 1. So findet man f¨ ur die freie Bildungsenthalpie von Sauerstoff im Standardzustand (aq) f,0 0 0 (aq) = gO (aq) − gO (g) ΔgO 2 2 2

 = h0O2 (aq) − T 0 s0O2 (aq) − h0O2 (g) − T 0 s0O2 (g)  0 0 = Δhf,0 sO2 (aq) − s0O2 (g) . O2 (aq) − T

Damit gilt f,0 ΔgO (aq) = −11, 7 − 0, 29815 [110, 9 − 205, 142] 2

= 16, 4 kJ/mol . Der Henry-Koeffizient von Sauerstoff in Wasser betr¨ agt demnach ig



f,0

 μO −μ Δg O2 O2 2 HO 2 = e RT =e 0 p

f,0 (g) (aq)−Δg O2 RT

16,4−0

= e 8,315·298,15·10 −3 = 746, 40 .

Die L¨ oslichkeit des Sauerstoffs im Wasser folgt damit zu mO2 = 0, 209829 ·

1 = 0, 0002811 746, 40

bzw. mit (7.58) −6 . xL O2 = 0, 0002811 · 0, 018015 = 5, 06 · 10

Entsprechend findet man f¨ ur Schwefeldioxid im Standardzustand der ideal verd¨ unnten L¨ osung die freie Bildungsenthalpie aus Tabelle A2 zu  f,0 0 0 ΔgSO (aq) = Δhf,0 sSO2 (aq) − s0S (s) − s0O2 (g) SO2 (aq) − T 2 = −322, 980 − 0, 29815 [161, 9 − 31, 8 − 205, 142] = −300, 606 kJ/mol . F¨ ur den Standardzustand des idealen Gases ergibt sich entsprechend  f,0 0 0 (g) = Δhf,0 ΔgSO sSO2 (g) − s0S (s) − s0O2 (g) SO2 (g) − T 2 = −296, 830 − 0, 29815 [248, 220 − 31, 8 − 205, 142] = −300, 193 kJ/mol .

7.2 Thermodynamische Gleichgewichte

469

Der Henry-Koeffizient von Schwefeldioxid in Wasser betr¨ agt demnach  −300,606+300,193 HSO 2 = e 8,315·0,29815 = 0, 84343 . p0

Damit ergibt sich die L¨ oslichkeit des Schwefeldioxids in Wasser zu mSO2 =

0, 000816 = 0, 000967 0, 84343

bzw. mit (7.58), −6 . xL SO2 = 0, 000967 · 0, 018015 = 17, 429 · 10

Diese Werte ber¨ ucksichtigen lediglich die physikalische L¨ oslichkeit. In Anbetracht der geringen Konzentration von SO2 in der Gasphase ist seine physikalische L¨ oslichkeit in Wasser deutlich gr¨ oßer als die von N2 und O2 . W¨ ahrend chemische Effekte bei der L¨ oslichkeit von N2 und O2 in Wasser keine Rolle spielen, erh¨ oht sich die L¨ oslichkeit von SO2 zudem durch die Bildung von HSO− osung 3 -Ionen in der L¨ erheblich, vgl. Beispiel 7.6. Die L¨ oslichkeit von SO2 in Wasser ist also nicht sinnvoll durch den Henry-Koeffizienten allein zu beschreiben, sondern ergibt sich aus dem Zusammenspiel der physikalischen L¨ oslichkeit mit dem Reaktionsgleichgewicht zwischen gel¨ ostem SO2 sowie H+ - und HSO− 3 -Ionen.

7.2.3 Das Reaktionsgleichgewicht Chemische Stoffumwandlungen laufen bei Abwesenheit von Hemmungen bis zum Reaktionsgleichgewicht. Der einfachste Fall von Reaktionsgleichgewichten liegt vor, wenn nur eine Reaktion abl¨auft und alle Komponenten gasf¨ ormig sind. Beschr¨ anken wir uns dabei wieder auf Situationen, die durch das Stoffmodell “Ideales Gasgemisch“ beschrieben werden k¨onnen, so dr¨ ucken wir das chemische Potenzial einer Komponente i aus durch ig μig i (T, p, xi ) = μ0i (T, p) + RT ln xi 0 = μig 0i (T, p ) + RT ln xi + RT ln

p . p0

(7.63)

0 Hierbei ist μig 0i (T, p ) das chemische Potenzial des reinen idealen Gases i ur das chemibeim Standarddruck p0 . Einsetzen in die Bedingung (7.20) f¨ sche Gleichgewicht f¨ uhrt auf die Beziehung   ig xi p 0 νi μ0i (T, p ) + RT ln 0 = 0 . p i

Dies l¨ asst sich umstellen zu  0 − νi μig 0i (T, p ) ,  xi p νi i . = ln 0 p RT i

470

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen

Der Term auf der rechten Seite dieser Gleichung ist eine reine Temperaturfunktion, da der Standarddruck p0 festgelegt ist. Man definiert die so genannte Gleichgewichtskonstante in idealen Gasgemischen durch ,  xi p νi , (7.64) K := p0 i und erh¨ alt als deren Berechnungsgleichung  0 R,ig νi μig (T, p0 ) , −RT ln K = 0i (T, p ) = Δg

(7.65)

i

mit Δg R,ig (T, p0 ) als der molaren freien Reaktionsenthalpie im idealen Gaszustand beim Standarddruck p0 . Die Gleichgewichtskonstante formalisiert die Berechnung des chemischen Gleichgewichts. Sie macht deutlich, dass zum einen eine spezielle Temperaturfunktion, n¨ amlich Δg R,ig (T, p0 ), aus Reinstoffdaten zu ermitteln und zum anderen daraus die Zusammensetzung im Gleichgewicht zu berechnen ist. Sind die anf¨ anglichen Stoffmengen vorgegeben, so werden die Stoffmengenanteile in (7.64) durch diese und die Reaktionslaufzahl ersetzt. Die Beziehung (7.64) wird in der Chemie als Massenwirkungsgesetz bezeichnet und aus der Bedingung gleicher Geschwindigkeiten der Hin- und R¨ uckreaktion gewonnen. Die Gleichgewichtskonstante ergibt sich dabei als Verh¨ altnis der Reaktionsgeschwindigkeiten. Die Thermodynamik zeigt, dass und wie die Gleichgewichtskonstante aus thermodynamischen Funktionen berechenbar ist. Das Reaktionsgleichgewicht, d.h. die Gleichgewichtszusammensetzung des Systems, h¨ angt vom thermodynamischen Zustand ab. Man findet durch Differenziation von (7.65) nach der Temperatur ⎛ ⎞ 0 νi μig 0i (T, p ) d ⎜ i d ln K ⎟ =− ⎝ ⎠ dT dT RT  =− =

i

νi

0 dμig 0i (T,p ) T dT



 i

0 νi μig 0i (T, p )

RT 2

1  ΔhR,ig (T ) νi hig , 0i (T ) = 2 RT i RT 2

(7.66)

wobei von (dμ/dT ) = −s sowie μ = h − T s Gebrauch gemacht wurde, vgl. (7.6) und (7.7). In der Beziehung (7.66), die als Gleichung von van’t Hoff  νi hig bezeichnet wird, ist ΔhR,ig = 0i die molare Reaktionsenthalpie beim 0 Standarddruck p . F¨ ur Gemische idealer Gase kann die Einschr¨ankung auf den Standarddruck entfallen, da die Enthalpie idealer Gase nicht vom Druck abh¨ angt. Man sieht hier, dass f¨ ur exotherme Reaktionen, also solche, die wegen ΔhR,ig < 0 chemische Bindungsenergie in thermische innere Energie umwandeln, die Gleichgewichtskonstante mit steigender Temperatur abnimmt,

7.2 Thermodynamische Gleichgewichte

471

w¨ ahrend sie f¨ ur endotherme Reaktionen, die wegen ΔhR,ig > 0 thermische innere Energie in chemische Bindungsenergie umwandeln, mit der Temperatur zunimmt. Aus dem Massenwirkungsgesetz folgt damit, dass die Stoffmengenanteile der Produktstoffe im Reaktionsgleichgewicht bei exothermen Reaktionen mit steigender Temperatur abnehmen und bei endothermen Reaktionen zunehmen. Die Gleichgewichtskonstante h¨ angt nicht vom Druck ab. Dies gilt jedoch nicht f¨ ur die Gleichgewichtszusammensetzung. Beim idealen Gas kann man den Druckeinfluss auf die Gleichgewichtszusammensetzung leicht analysieren. So l¨ asst sich (7.63) schreiben als K(T ) =

,  xi p νi p0

i

mit Δν =

 i

=

,



νi

p p0

(xi )

i

Δν ,

(7.67)

νi . Geht eine Gasreaktion mit einer Abnahme der Stoffmenge

einher, z.B. wie bei der NH3 - Synthese mit N2 + 3H2  2NH3 und daher Δν = -2, dann wird die Produktausbeute (νi > 0) mit steigendem Druck gr¨oßer. Aus diesem Grund wird die technische Ammoniak-Synthese heute bei hohen Dr¨ ucken von ca. 200 bar durchgef¨ uhrt. Vergr¨ oßert sich umgekehrt bei einer

T 2 5 0

3 0 0

4 0 0

3 5 0

6 0 0

5 0 0

K

7 5 0 1 0 0 0

1 0

2 0 0 0 5 0 4 0

8

3 0 6 C O

lo g K

4

+ H 2

O

C O 2

+ H

2

2 0 1 0

0 0

-1 0

-2

-2 0

-4

C H

-6

4

+ H 2

O

3 H N

-8 -1 0 0 ,0 0 4

2

1 /T

0 ,0 0 3

2

2

+ 3 H

0 ,0 0 2

+ C O

-3 0 2 N H

2

1 /K

3

-4 0 -5 0

0 ,0 0 1

Abb. 7.14. Gleichgewichtskonstante f¨ ur drei Gasreaktionen

Reaktion die Stoffmenge, so wird die Produktausbeute mit steigendem Druck geringer.

472

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen

Zur Berechnung der Gleichgewichtskonstante dient die Beziehung (7.65) mit ig ig μig 0i = h0i − T s0i .

Durch Einf¨ uhren der Standardtemperatur T 0 und Aufspaltung der gesamten Enthalpie¨ anderung in einen thermischen und einen chemischen Anteil ist die molare Enthalpie auf die Standardbildungsenthalpie sowie die W¨ armekapazit¨ aten bzw. temperaturabh¨angige Enthalpietabellen zur¨ uckzuf¨ uhren. Die Entropie kann f¨ ur alle Komponenten absolut berechnet werden. Abb. 7.14 zeigt den Verlauf der Gleichgewichtskonstante in einem log K,1/T -Diagramm f¨ ur drei Bruttoreaktionsgleichungen in der Gasphase. Beispiel 7.5 Bei der Herstellung von Synthesegas nach dem Steamreforming-Verfahren reagiert Methan (CH4 ) mit Wasserdampf (H2 O) zu Kohlenmonoxid (CO) und Wasserstoff (H2 ) nach der Bruttoreaktionsgleichung CH4 + H2 O  CO + 3 H2 . Der Eduktstrom bestehe aus 3 mol H2 O und 1 mol CH4 . Die Reaktion findet bei 800◦ C und 15 bar statt. Man berechne das Reaktionsgleichgewicht! L¨ osung Die Gleichgewichtskonstante berechnet sich aus 1 ig ig ig μCO + 3μig ln K = − H2 − μCH4 − μH2 O RT 1  f,0 ◦ ig ◦ ΔhCO (g) + hig =− CO (800 C) − hCO (25 C) RT ig ◦ ig ◦ + 3 Δhf,0 H2 (g) + hH2 (800 C) − hH2 (25 C) ig ◦ ig ◦ − Δhf,0 CH4 (g) + hCH4 (800 C) − hCH4 (25 C)  ig ◦ ig ◦ (g) + h (800 C) − h (25 C) − Δhf,0 H2 O H2 O H2 O 1 ig ◦ 0 ig ◦ ◦ 0 s (800 C, p ) + 3sH2 (800 C, p0 ) − sig + CH4 (800 C, p ) R CO ◦ 0 −sig H2 O (800 C, p ) −1 [(−110529 + 24137) + 3 · 22903 8, 315 · 1073, 15 − (−74873 + 43570) − (−241827 + 29042)] 1 [236, 75 + 3 · 168, 33 − 252, 69 − 235, 51] + 8, 315 = −25, 37 + 30, 49 = 5, 12 . =

Dies f¨ uhrt auf K = 167, 3 .

7.2 Thermodynamische Gleichgewichte

473

Die Stoffmengen der Komponenten im Reaktionsgleichgewicht lassen sich durch die Reaktionslaufzahl ausdr¨ ucken, nach = = = = =

nCH4 nH2 O nCO nH2 nges

1-ξ 3-ξ ξ 3ξ 4 + 2ξ

Damit gilt f¨ ur die Stoffmengenanteile 1−ξ , 4 + 2ξ 3−ξ = , 4 + 2ξ ξ = 4 + 2ξ

xCH4 = xH2 O xCO und xH2 =

3ξ . 4 + 2ξ

Eingesetzt in das Massenwirkungsgesetz  2 xCO x3H2 p K= xCH4 xH2 O p0 f¨ uhrt dies auf eine Bestimmungsgleichung f¨ ur die Reaktionslaufzahl, nach  2 4 15 27ξ . 167, 3 = (1 − ξ)(3 − ξ)(4 + 2ξ)2 1 Auf iterativem Wege ergibt sich daraus ein Wert von ξ = 0,7922 mol und damit die Zusammensetzung im Reaktionsgleichgewicht zu xCH4 xH2 O xCO xH2

= 0, 037 = 0, 395 = 0, 142 = 0, 426

, , , .

Auf analoge Weise werden Reaktionsgleichgewichte in Fl¨ ussigkeiten behandelt. In idealen L¨ osungen gilt  νi μl0i (T, p0 ) (7.68) −RT ln K(T ) = i

mit K=

, i

xνi i ,

und in ideal verd¨ unnten L¨ osungen mit dem L¨ osungsmittel 0

474

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen

−RT ln K(T ) =



νi μ∗i (T, p0 ) + ν0 μl0 (T, p0 )

(7.69)

i

mit K=

, i

xνi i

und x0 ≈ 1. Bei Verwendung der Molalit¨ at als Konzentrationsmaß ist in und x f¨ u r die gel¨ o sten Komponenten durch mi zu er(7.69) μ∗i durch μ i i setzen, w¨ ahrend f¨ ur das L¨ osungsmittel weiterhin mit dem Stoffmengenanteil x0 ≈ 1 gerechnet wird. Beispiel 7.6 In Beispiel 7.4 wurde die physikalische L¨ oslichkeit von Schwefeldioxid (pSO2 = 0,0816 Pa) in Wasser bei 25◦ C und 1 bar betrachtet. Welche L¨ oslichkeit ergibt sich, wenn die Dissoziation des physikalisch gel¨ osten SO2 nach SO2 (aq) + H2 O ucksichtigt wird? (l)  H+ (aq) + HSO− 3 (aq) ber¨ L¨ osung Als physikalische L¨ oslichkeit des SO2 ergab sich nach Beispiel 7.4 eine Molalit¨ at von mSO2 = 0, 000967 . Die insgesamt aus dem Gasstrom entfernte und in der fl¨ ussigen L¨ osung gel¨ oste oßert. Sie wird im Folgenden mit Stoffmenge SO2 wird durch chemische Effekte vergr¨ mSO2 (tot) bezeichnet. Bei der Dissoziationsreaktion verbraucht die Bildung einer bestimmten Stoffmenge an HSO− 3 -Ionen eine identische Stoffmenge an molekular gel¨ ostem SO2 (aq), die durch physikalische L¨ osung nachgeliefert wird. Daher gibt die Stoffmenge an HSO− 3 -Ionen im Reaktionsgleichgewicht die durch chemische Effekte gel¨ oste SO2 -Stoffmenge an, und es gilt mSO2 (tot) = mSO2 + mHSO− . 3

Es kommt also darauf an, das Reaktionsgleichgewicht der Dissoziation zu berechnen. Die Gleichgewichtskonstante der Dissoziationsreaktion ergibt sich nach (7.69) aus f,0 f,0 −RT ln K = ΔgH + (aq) + Δg

HSO− 3

f,0 f,0 (aq) − ΔgSO (aq) − ΔgH (l) . 2 2O

Mit den Zahlenwerten f¨ ur die Bildungsenthalpien, Standardentropien und freien Bildungsenthalpien nach den Tabellen A2.1 bzw. A2.2 folgt −RT ln K = 0 − 527, 73 + 300, 606 + 237, 146 = 10, 022 kJ/mol . Damit ergibt sich die Gleichgewichtskonstante zu −10,022

K = e 0,29815·8,315 = 0, 0176 . Diese Gleichgewichtskonstante bezieht sich gem¨ aß den zu ihrer Berechnung verwendeten Standardzust¨ anden auf die Molalit¨ aten f¨ ur die gel¨ osten Komponenten und auf den Stoffmengenanteil f¨ ur das L¨ osungsmittel Wasser, d.h.

7.3 Thermische Stoffumwandlungen

K=

mH + mHSO− 3

mSO2 xH2 O

475

.

Die Molalit¨ aten des H+ - und des HSO− 3 -Ions sind entsprechend der Reaktionsgleichung im Reaktionsgleichgewicht gleich. Mit xH2 O ≈ 1 und mSO2 = 0, 000967 ergibt sich somit K=

mH+ mHSO− 3

0, 000967 · 1

=

(mHSO− )2 3

0, 000967 · 1

= 0, 0176 .

Die L¨ osung ist mHSO− = 4, 125 · 10−3 . Damit betr¨ agt die Molalit¨ at des insgesamt 3

gel¨ osten SO2 mSO2 (tot) = mSO2 + mHSO− = (0, 967 + 4, 125) · 10−3 = 5, 09 · 10−3 3 Wenngleich nicht als molekulares SO2 in der L¨ osung vorhanden, repr¨ asentiert der Zahlenwert mSO2 (tot) doch die SO2 -Stoffmenge, die aus dem Gas entfernt wird. Die L¨ oslichkeit von SO2 in Wasser erh¨ oht sich daher bei Ber¨ ucksichtigung der Dissoziation um mehr als den Faktor 5.

7.3 Thermische Stoffumwandlungen ¨ Thermische Stoffumwandlungen bewirken Anderungen im physikalischen Zu¨ stand von Gasen und Fl¨ ussigkeiten, also Anderungen in Temperatur, Druck und, insbesondere, Zusammensetzung. Wir behandeln im Folgenden als Beispiele die W¨ arme¨ ubertragung, Verdunstung, Absorption und Rektifikation und zeigen, welche Aussagen aus der thermodynamischen Analyse als Gleichgewichtsprozesse f¨ ur diese Stoffumwandlungen folgen. Da ein Gleichgewichtsprozess den thermodynamischen Gleichgewichtszustand erreicht, haben wir eine zus¨ atzliche Bedingung an die Stoffumwandlungen, die ihre vollst¨ andige Berechnung aus gegebenen Eingangsdaten erlaubt. 7.3.1 W¨ arme¨ ubertragung Temperatur¨ anderungen in Stoffstr¨ omen lassen sich durch W¨armezufuhr bzw. W¨ armeabfuhr erreichen. Die dazu eingesetzten Apparate bezeichnet man als W¨ arme¨ ubertrager 16 . Abb. 7.15 zeigt das Schema eines einfachen Doppelrohrw¨ arme¨ ubertragers mit den dazugeh¨ origen Temperaturverl¨aufen des heißen und des kalten Stoffstroms u arme u ¨ ber der W¨ ¨ bertragenden Fl¨ache. Es werden die Stromf¨ uhrungen Gleichstrom und Gegenstrom unterschieden. Offenbar kann bei Gegenstrom die Temperatur des austretenden kalten Stoffstroms u ¨ ber die des austretenden heißen Stoffstroms angehoben werden, w¨ ahrend dies bei Gleichstrom grunds¨ atzlich unm¨oglich ist. Da die u ¨bertragene W¨ arme der erzielten Temperaturdifferenz proportional ist, ist damit 16

Der im technischen Sprachgebrauch u armetauscher“ oder auch ¨ bliche Begriff “W¨ “W¨ armeaustauscher“ ist wissenschaftlich falsch, da W¨ arme nicht ausgetauscht wird, sondern gerichtet von hoher zu niedriger Temperatur fließt.

476

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen

G le ic h s tr o m t t

h ,a

x t

k ,e

t

t k ,a

h ,e

t h

t

t t t

h ,e

t

k ,e

h ,a k ,a

k

x G e g e n s tro m t t

x

k ,e

h ,e

t t

k ,a

t t t

t

h ,a

t

h

t

h ,e

k ,a

h ,a

t

k ,e

k

x Abb. 7.15. Temperaturverl¨ aufe in einem W¨ arme¨ ubertrager bei Gleich- und Gegenstrom

ein Gegenstromw¨ arme¨ ubertrager wirksamer als ein Gleichstromw¨arme¨ ubertrager. Im Gleichgewichtsprozess laufen die Temperatur¨anderungen der Stoffstr¨ ome in einem W¨ arme¨ ubertrager nach dem 2. Hauptsatz bis zum Erreichen des thermischen Gleichgewichts zwischen dem heißen und dem kalten Fluid ab. Die Analyse st¨ utzt sich allgemein auf die Materiemengenbilanz, die Energiebilanz und die Entropiebilanz. Die Materiemengenbilanz ist in der Regel trivial erf¨ ullt. Die Entropiebilanz f¨ uhrt zum einen in Verbindung mit dem 2. Hauptsatz auf die Gleichgewichtsbedingung. Dar¨ uber hinaus erlaubt sie die Berechnung der Entropieproduktion und damit die exergetische Analyse des W¨ arme¨ ubertragers. Wir werten hier insbesondere die Energiebilanz f¨ ur Gleichgewichtsprozesse aus. Ein W¨ arme¨ ubertrager ist als insgesamt adiabates System aufzufassen. Die vom heißen Fluid abgegebene W¨ arme kommt dann voll dem kalten Fluid zugute. Nach der Energiebilanz gilt daher −Q˙ h = Q˙ k .

(7.70)

7.3 Thermische Stoffumwandlungen

477

Mit Q˙ h = m ˙ h (hh,a − hh,e ) = H˙ h,a − H˙ h,e < 0 und Q˙ k = m ˙ k (hk,a − hk,e ) = H˙ k,a − H˙ k,e > 0 folgt aus (7.70) m ˙ k (hk,a − hk,e ) = m ˙ h (hh,e − hh,a ) .

(7.71)

¨ In dieser Energiebilanz sind Anderungen der kinetischen und potenziellen Energie vernachl¨ assigt. Wenn die Massenstr¨ ome des heißen und des kalten Stoffstroms vorgegeben sind, kann man aus der gegebenen Enthalpie¨anderung des einen Fluids und der Enthalpie des anderen Fluids im Eintrittszustand die noch unbekannte Enthalpie im Austrittszustand des anderen Fluids berechnen. Wenn die Zustands¨ anderung als isobar und die W¨armekapazit¨aten der beteiligten Fluide als unabh¨ angig von der Temperatur angenommen werden k¨ onnen, und wenn ein Phasenwechsel, z.B. Verdampfung oder Kondensation, ausgeschlossen wird, dann l¨ asst sich die Enthalpie¨anderung der Fluide mit der entsprechenden Temperatur¨ anderung verkn¨ upfen, vgl. (4.38), nach h − h0 = cp (t − t0 ) . Hieraus findet man Beziehungen f¨ ur die Temperaturverl¨aufe des kalten bzw. des heißen Stoffstroms in Abh¨ angigkeit von der Enthalpie. So gilt f¨ ur die Temperatur des kalten, aufzuheizenden Stoffstroms tk = tk,e +

H˙ k − H˙ k,e H˙ k − H˙ k,a = tk,a + . (mc ˙ p )k (mc ˙ p )k

(7.72)

Entsprechend findet man f¨ ur die Temperatur des heißen, abzuk¨ uhlenden Stoffstroms th = th,e +

H˙ h − H˙ h,e H˙ h − H˙ h,a = th,a + . (mc ˙ p )h (mc ˙ p )h

(7.73)

Die thermodynamischen Bedingungen f¨ ur die Vorg¨ange in einem W¨ arme¨ ubertrager lassen sich mit diesen Beziehungen sehr u ¨ bersichtlich in ˙ einem t, H-Diagramm darstellen. Auf der Abszisse eines solchen Diagramms sind die Enthalpiestr¨ ome des heißen bzw. kalten Fluids aufgetragen. Die Enthalpiestromdifferenz zwischen zwei Stellen des W¨arme¨ ubertragers ist der zwischen diesen beiden Stellen vom heißen Fluidstrom auf den kalten u ¨bertragene W¨ armestrom. Die Temperaturverl¨ aufe f¨ ur die beiden Stoffstr¨ome in diesem Diagramm ergeben sich aus den obigen Beziehungen als Geraden,

478

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen

t

h ,e

t

h t

h ,a

t

k ,a

t

k ,e

k

. H

G le ic h s tr o m t

a )

h ,e

h t t t

h ,a k ,a

k t

k ,e

G e g e n s tro m

H

.

b )

˙ Abb. 7.16. t, H-Diagramm f¨ ur die W¨ arme¨ ubertragung ohne Phasenwechsel

deren Steigungen den W¨ armekapazit¨ atsstr¨ omen der jeweiligen Stoffstr¨ome umgekehrt proportional sind. Ihre horizontale Positionierung ist willk¨ urlich, ˙ da die Enthalpie einen willk¨ urlichen Nullpunkt hat. Abb. 7.16 zeigt das t, HDiagramm f¨ ur zwei charakteristische Anwendungsf¨alle. Im Teil a) str¨omen die beiden Stoffstr¨ ome gleichsinnig, im Teil b) hingegen liegt Gegenstrom vor. Die Energiebilanz fordert gleiche Enthalpiedifferenzen f¨ ur den heißen und den kalten Stoffstrom. Nach dem 2. Hauptsatz darf die Temperatur des heißen Stoffstroms an keiner Stelle unter die Temperatur des kalten Stoffstroms sinken, da W¨ arme spontan, d.h. unter Entropieproduktion, nur von einem System hoher Temperatur zu einem System niedriger Temperatur

7.3 Thermische Stoffumwandlungen

479

fließt, vgl. (5.26). Die maximal m¨ oglichen Temperatur¨anderungen des heißen und des kalten Stoffstromes sind daher begrenzt. In den in Abb. 7.16 dargestellten F¨ allen ist die Temperatur des heißen Stoffstroms stets h¨ oher als die des kalten Stoffstroms. Im Fall eines Gleichgewichtsprozessess haben beide Stoffstr¨ ome genug Zeit und Raum, um das thermische Gleichgewicht in dem W¨ arme¨ ubertrager zu erreichen. Praktisch sind dazu unendlich große Apparate erforderlich. Dann ber¨ uhren sich beide ˙ t, H−Kurven an einem Punkt. An diesem Punkt haben somit der heiße und der kalte Stoffstrom dieselbe Temperatur, d.h. sie stehen miteinander im thermischen Gleichgewicht. Wenn die Massenstr¨ ome des heißen und des kalten

t

t

h ,e

t

h ,a

= t

h

k 1 ,a

k 1 " P in c h "

t t

h ,a k ,e

= t

k 2 ,a

k 2 Q

. k 2

Q

. k 1

H

.

˙ Abb. 7.17. t, H-Diagramm eines Gleichstromw¨ arme¨ ubertragers bei einem Gleichgewichtsprozess ohne Phasenwechsel

Stoffstroms sowie zwei Temperaturen vorgegeben sind, lassen sich in einem Gleichgewichtsprozess die beiden anderen Temperaturen und daraus die u ¨bertragenen W¨ armestr¨ ome ohne Schwierigkeiten berechnen. Die dazu erforderlichen zwei Gleichungen sind die Energiebilanz (7.71) und nach dem 2. Hauptsatz die Gleichheit der Temperaturen des heißen und des kalten Stoffstroms ˙ am Ber¨ uhrungspunkt im t, H-Diagramm. Dieser Punkt wird als “Pinch“Punkt, oder einfach als “Pinch“ bezeichnet, von “Pinch“ (engl.) = Engpass. Im realen Prozess ist der “Pinch“ nicht der Ber¨ uhrungspunkt, sondern die ˙ engste Stelle zwischen den beiden Stoffstr¨ omen im t, H-Diagramm, bei dem die minimale Temperaturdifferenz zwischen heißem und kaltem Stoffstrom

480

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen

vorliegt. Bei Gleichstrom ohne Phasenwechsel liegt der “Pinch“ stets am Aus˙ tritt der Stoffstr¨ome aus dem Apparat. Abb. 7.17 zeigt das t, H-Diagramm eines Gleichstromw¨ arme¨ ubertragers f¨ ur vorgegebene Eintrittstemperaturen des heißen und des kalten Stoffstroms. Der kalte Stoffstrom k1 hat einen klei˙ p )h , seine neren W¨ armekapazit¨ atsstrom (mc ˙ p )k1 als der heiße Stoffstrom (mc Steigung ist also gr¨ oßer. Da die Austrittstemperaturen beider Stoffstr¨ome in einem Gleichgewichtsprozess identisch werden, gilt am “Pinch“ th,a = tk1,a . Analoge Ergebnisse findet man f¨ ur den Fall, dass der W¨armekapazit¨atsstrom des kalten Stoffstroms gr¨ oßer als der des heißen Stoffstroms ist, d.h. ˙ p )h . Die in den beiden F¨ allen u (mc ˙ p )k2 > (mc ¨ bertragenen W¨armestr¨ome ˙ Q˙ k1 und Q˙ k2 lassen sich auf der Abszisse des t, H-Diagramms leicht darstellen. Bei Gegenstrom h¨ angt die Lage des “Pinch“ nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ vom Verh¨ altnis der W¨armekapazit¨atsstr¨ome des hei˙ ßen und des kalten Stoffstroms ab. Abb. 7.18 zeigt das t, H-Diagramm eines

t t

k 1 ,a

= t

" P in c h "

h ,e

h t

h ,a

k 1 t

h ,a

= t

k 2 ,e

k 2 " P in c h "

Q

. k 2

Q

. k 1

H

.

˙ Abb. 7.18. t, H-Diagramm eines Gegenstromw¨ arme¨ ubertragers bei einem Gleichgewichtsprozess ohne Phasenwechsel

Gegenstromw¨ arme¨ ubertragers ohne Phasenwechsel wieder f¨ ur den Fall, dass die Eintrittstemperaturen des heißen und des kalten Stoffstromes vorgegeben sind. Wenn der kalte Stoffstrom einen kleineren W¨armekapazit¨atsstrom als ˙ p )h , dann liegt der “Pinch“ am heißen der heiße Stoffstrom hat, (mc ˙ p )k1 < (mc Ende des W¨ arme¨ ubertragers, d. h. am Eintritt des heißen und Austritt des kalten Stoffstroms, und es gilt bei einem Gleichgewichtsprozess tk1,a = th,e .

7.3 Thermische Stoffumwandlungen

481

Hat hingegen der kalte Stoffstrom einen h¨ oheren W¨armekapazit¨atsstrom als ˙ p )h , dann liegt der “Pinch“ am kalten Ende des der heiße, (mc ˙ p )k2 > (mc W¨ arme¨ ubertragers, d. h. am Eintritt des kalten und Austritt des heißen Stoffstroms, und es gilt bei einem Gleichgewichtsprozess th,a = tk2,e . Die u armestr¨ ome k¨ onnen wiederum einfach auf der Abszisse des ¨bertragenen W¨ ˙ t, H-Diagramms dargestellt werden. Beispiel 7.7 Ein heißer Luftstrom (m ˙ L = 31 kg/s ; cig pL = 1 kJ/kg K) mit einer Anfangstempera◦ tur von tL,e = 460 C soll dazu genutzt werden, einen Wasserstrom (m ˙ W = 20 kg/s; cifW = 4,18 kJ/kg K) mit einer Anfangstemperatur von tW,e = 20◦ C und einem Druck von pW = 20 bar aufzuheizen. Man berechne die Austrittstemperaturen der Stoffstr¨ ome und die u armestr¨ ome f¨ ur einen Gleichgewichtsprozess ¨ bertragenen W¨ bei Gleichstromf¨ uhrung und bei Gegenstromf¨ uhrung. L¨ osung ˙ Abb. B 7.7.1 zeigt das t, H-Diagramm f¨ ur die betrachteten Prozesse. Bei Gleich5 0 0 4 6 0 ° C

°C 4 0 0

t

L u ft W a s s e r

3 0 0

2 0 0

tro m e n s g e G G le ic h s tro m

1 0 0 2 0 ° C

0 0

5

1 0

H

. M W

1 5

˙ Abb. B 7.7.1. Das t, H-Diagramm stromf¨ uhrung sind in einem Gleichgewichtsprozess die Austrittstemperaturen beider Stoffstr¨ ome gleich, d.h. tL,a = tW,a . Unter der Annahme, dass das Wasser bei Austritt aus dem W¨ arme¨ ubertrager fl¨ ussig ist, folgt aus (7.71) m ˙ W cifW (tW,a − tW,e ) = m ˙ L cig pL (tL,e − tW,a ) ,

482

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen

mit dem Ergebnis tW,a =

m ˙ L cig ˙ W cifpW tW,e pL tL,e + m m ˙ L cig ˙ W cifW pL + m

= 139, 02◦ C = tL,a .

Bei pW = 20 bar betr¨ agt die Siedetemperatur ts = 212, 42◦ C, und das austretende Wasser ist in der Tat fl¨ ussig. F¨ ur den u armestrom ergibt sich ¨ bertragenen W¨ Q˙ = 9950 kW . Bei Gegenstromf¨ uhrung muss zun¨ achst die Lage des “Pinch“ bestimmt werden. Im ˙ betrachteten Fall gilt (mc ˙ p )W > (mc ˙ p )L , d.h. im t, H-Diagramm hat die Gerade f¨ ur das Wasser die kleinere Steigung. Damit liegt der “Pinch“ am Austritt der Luft bzw. am Eintritt des Wassers, d.h. am kalten Ende des W¨ arme¨ ubertragers. F¨ ur den Gleichgewichtsprozess bedeutet dies tL,a = tW,e = 20◦ C. Die Energiebilanz um den W¨ arme¨ ubertrager lautet dann, wieder unter der Annahme, dass das austretende Wasser fl¨ ussig ist, m ˙ W cifW (tW,a − tW,e ) = m ˙ L cig pL (tL,e − tW,e ) mit dem Ergebnis tW,a = tW,e +

m ˙ L cig pL (tL,e − tW,e ) m ˙ W cifW

= 183, 16◦ C .

Der fl¨ ussige Austrittszustand des Wassers ist somit best¨ atigt, und der u ¨ bertragene W¨ armestrom ergibt sich zu Q˙ = m ˙ W cifW (183, 16 − 20) = 13640 kW . Man erkennt die deutlich bessere, hier sogar vollst¨ andige Nutzung des thermischen Potenzials der Luft durch die Gegenstromf¨ uhrung.

Erf¨ ahrt einer der beiden Fluidstr¨ ome bei der W¨arme¨ ubertragung einen Phasenwechsel, so ergeben sich kompliziertere Verh¨altnisse. Abb. 7.19 zeigt die prinzipiellen Temperaturverl¨ aufe in einem W¨arme¨ ubertrager mit Phasenwechsel des kalten Fluids. Der kalte Stoffstrom wird zun¨achst bis zum Siedezustand aufgeheizt, dann vollst¨ andig verdampft und schließlich u ¨berhitzt. W¨ ahrend des Phasenwechsels bleibt bekanntlich trotz weiterer W¨armezufuhr die Temperatur konstant. In Abb. 7.19 liegt die Temperatur des heißen Stoffstroms u ¨berall u ¨ ber der des kalten. Bei einem Gleichgewichtsprozess ber¨ uhren sich die beiden Kurven an einem Punkt. Bei Gleichstromf¨ uhrung liegt der “Pinch“ wieder am gemeinsamen Austrittsort der Stoffstr¨ome, vgl. Abb. 7.19 a). Die genaue Ausbildung des Temperaturverlaufs h¨angt nun aber vom Massenstrom des kalten Stoffstroms ab. Deutlich un¨ ubersichtlicher sind die Verh¨ altnisse bei Gegenstrom. Aus der Struktur der Kurven von Abb. 7.19 b) erkennt man, dass der “Pinch“ grunds¨atzlich entweder am kalten Ende, bei Verdampfungsbeginn oder am heißen Ende des W¨arme¨ ubertragers liegen kann. Wenn der W¨ armekapazit¨ atsstrom des kalten Stroms im fl¨ ussigen Zustand h¨ oher als der des heißen ist, liegt der “Pinch“ h¨aufig am kalten Ende

7.3 Thermische Stoffumwandlungen

t

483

h ,e

h t t

h ,a

t

k ,a

t

k

k ,e

. H

G le ic h s tr o m t

a )

h ,e

t

t t

k ,a

t

h ,a

h k

k ,e

G e g e n s tro m

H

.

b )

˙ Abb. 7.19. t, H-Diagramm f¨ ur die W¨ arme¨ ubertragung mit Phasenwechsel

des W¨ arme¨ ubertragers. Er kann in diesem Fall aber auch am heißen Ende liegen. Wenn der W¨ armekapazit¨ atsstrom des kalten Stromes im fl¨ ussigen Zustand kleiner als der des heißen Stromes ist, liegt der “Pinch“ h¨aufig am Verdampfungsbeginn. Es ist allerdings auch hierbei nicht auszuschließen, dass ¨ sich der “Pinch“ in den Uberhitzungsbereich, d.h. an das heiße Ende des W¨ arme¨ ubertragers verschiebt. Zur Aufkl¨ arung empfiehlt sich in jedem Fall ˙ die Darstellung und Analyse der Temperaturverl¨aufe im t, H-Diagramm. Beispiel 7.8 Ein heißer Luftstrom (m ˙ L = 31 kg/s; cig pL = 1 kJ/kg K) mit einer Anfangstemperatur von tL,e = 460◦ C soll zur Aufw¨ armung und ggf. Verdampfung eines Wasserstromes (cifW = 4,18 kJ/kg K, cig pW = 1,86 kJ/kg K, pW = 20 bar)

484

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen

ur unterschiedliche mit der Anfangstemperatur tW,e = 20◦ C genutzt werden. F¨ Massenstr¨ ome des Wassers von m ˙ W = 10 kg/s, m ˙ W = 5 kg/s und m ˙ W = 1 kg/s berechne man die Austrittstemperaturen bei Gleich- und Gegenstrom unter der Annahme von Gleichgewichtsprozessen. L¨ osung Zu einem Druck von 20 bar geh¨ ort nach der Tabelle A1 im Anhang A eine Siedetemperatur von ts = 212, 42◦ C. Wir betrachten zun¨ achst den Fall der Gleichstromf¨ uhrung, vgl. Abb. B 7.8.1. Bei Gleichstrom liegt der “Pinch“ am 5 0 0 4 6 0 ° C

°C 4 0 0

t

L u ft W a s s e r

3 0 0 5 k g /s

1 k g /s

2 0 0

1 0 0 m 2 0 ° C

0 0

5

. W

= 1 0 k g /s 1 0

H

. M W

1 5

˙ Abb. B 7.8.1. Das t, H-Diagramm f¨ ur Gleichstrom gemeinsamen Austrittsort des heißen und kalten Stoffstroms. F¨ ur einen Gleichgewichtsprozess findet man also bei Gleichstromf¨ uhrung tL,a = tW,a = tp , mit tp als der Temperatur am ”Pinch”. Damit folgt aus (7.71) (mc ˙ ig ˙ W (hW,a − hW,e ) p )L (460 − tW,a ) = m mit hW,a = hW (tW,a , pW ) . Das Aufl¨ osen dieser Gleichung nach der gemeinsamen Austrittstemperatur von Luft und Wasser erfolgt unterschiedlich f¨ ur die denkbaren unterschiedlichen F¨ alle, dass das Wasser am Austritt aus dem Apparat eine Fl¨ ussigkeit, ein nasser Dampf oder ein u ur m ˙ W = 10 kg/s findet man unter der Annahme, dass ¨ berhitzter Dampf ist. F¨ das austretende Wasser fl¨ ussig ist, die Austrittstemperatur zu

7.3 Thermische Stoffumwandlungen

tW,a =

˙ if )W tW,e (mc ˙ ig p )L tL,e + (mc (mc ˙ ig ˙ if )W p )L + (mc

485

= 207, 36◦ C .

atigt. F¨ ur m ˙ W = 5 kg/s erh¨ alt man unter dieser Da tW,a < ts , ist die Annahme best¨ Annahme eine Temperatur, die deutlich u ¨ ber der Siedetemperatur liegt. Es findet also zumindest eine Teilverdampfung statt. Unter der Annahme, dass nasser Dampf den Apparat verl¨ asst, gilt tW,a = 212, 42◦ C, und die Energiebilanz lautet

 ˙ W h + x(h − h ) − hW,e . (mc ˙ ig p )L (460 − 212, 42) = m Dies ist eine Gleichung f¨ ur den Dampfgehalt, nach ˙ W hW,e − m ˙ W h (mc ˙ ig p )L (460 − 212, 42) + m   m ˙ W (h − h ) 31(460 − 212, 42) + 5 · 83, 96 − 5 · 908, 79 = 0, 3756 . = 5 · 1890, 7

x=

Da x < 1, ist die Annahme best¨ atigt. F¨ ur m ˙ W = 1 kg/s f¨ uhrt die Annahme nassen Dampfes zu x > 1 und daher zu unsinnigen Ergebnissen. Es verl¨ asst also u ¨berhitzter Dampf den Apparat. Die Temperatur tW,a wird iterativ aus der Energiebilanz ermittelt. F¨ ur tW,a = 360, 8◦ C ergibt sich m ˙ W (hW,a − hW,e ) = 1(3160, 9 − 83, 96) = 3076, 9 kW und (mc ˙ ig p )L (tL,e − tW,a ) = 31(460 − 360, 8) = 3075, 2 kW , womit eine gen¨ ugend genaue N¨ aherung gefunden ist. Als n¨ achstes betrachten wir die Gegenstromf¨ uhrung, vgl. Abb. B 7.8.2. Die Lage des “Pinch“ ist nun nicht ohne Weiteres einsichtig. Sie h¨ angt vom Massenstrom des Wassers ab. F¨ ur einen Massenstrom des Wassers von m ˙ W = 10 kg/s gilt (mc ˙ if )W > ig ˙ verl¨ auft die Aufheizung des Wasserstroms somit flacher (mc ˙ p )L . Im t, H-Diagramm als die Abk¨ uhlung der Luft, der “Pinch“ wird daher am Ort des Luftaustritts und Wassereintritts vermutet. F¨ ur einen Gleichgewichtsprozess gilt dann tL,a = tW,e = 20◦ C. Damit lautet die Energiebilanz (mc ˙ ig ˙ W (hW,a − hW,e ) = 13640 kW . p )L (460 − 20) = m Aus den Enthalpiedaten der Wasserdampftafel erkennt man, dass bei einphasiger Zustands¨ anderung diese Enthalpie¨ anderung nicht darstellbar ist. Es ergibt sich eine Austrittsenthalpie des Wassers von hW,a = 1447,96 kJ/kg, d.h. ein Wert im Nassdampfgebiet. Das Wasser wird also teilweise verdampft. Damit ist die Austrittstemperatur tW,a = 212, 42◦ C. Der Dampfgehalt ergibt sich aus der Energiebilanz zu x=

hW,a − h 1447, 96 − 908, 79 = 0, 2852 , = h − h 1890, 71

und die Lage des “Pinch“ ist best¨ atigt. F¨ ur m ˙ W = 5 kg/s gilt (mc ˙ if )W < (mc ˙ ig p )L . Der “Pinch“ liegt daher vermutlich bei Verdampfungsbeginn. In einem Gleichgewichtsprozess hat damit die Luft bei Verdampfungsbeginn die Temperatur tS = 212, 42◦ C. Eine Energiebilanz um den W¨ arme¨ ubertrager zwischen den Orten Lufteintritt/Wasseraustritt und Verdampfungsbeginn liefert

486

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen 5 0 0 4 6 0 ° C

°C 4 0 0

t

L u ft W a s s e r

1 k g /s

3 0 0

2 0 0 1 0 k g /s 1 0 0 m

.

1 k g /s

= 5 k g /s W

2 0 ° C

0 0

5

1 0

H

. M W

1 5

˙ Abb. B 7.8.2. Das t, H-Diagramm f¨ ur Gegenstrom (mc ˙ ig ˙ W (hW,a − 908, 79) = 7675 kW . p )L (460 − 212, 42) = m asst erkennen, Die daraus berechnete Austrittsenthalpie von hW,a = 2443,79 kJ/kg l¨ dass das Wasser auch unter diesen Bedingungen als nasser Dampf austritt. Die Austrittstemperatur ist daher wieder tW,a = 212, 42◦ C und der Dampfgehalt ergibt sich zu x=

hW,a − h 2443, 79 − 908, 79 = 0, 8119 . = h − h 1890, 7

Die Austrittstemperatur der Luft folgt zu tL,a = tL,e −

m ˙ W (hW,a − hW,e ) 5 (2443, 79 − 83, 96) = 79, 38◦ C . = 460 − 31 (mc ˙ ig p )L

˙ if )W < (mc ˙ ig Schließlich gilt f¨ ur m ˙ W = 1 kg/s wiederum (mc p )L . Der “Pinch“ wird daher zun¨ achst wieder bei Verdampfungsbeginn vermutet. In einem Gleichgewichtsprozess hat die Luft dann bei Verdampfungsbeginn die Temperatur tS = 212, 42◦ C. Eine Energiebilanz um den W¨ arme¨ ubertrager zwischen den Orten Lufteintritt/Wasseraustritt und Verdampfungsbeginn f¨ uhrt wiederum auf (mc ˙ ig ˙ W (hW,a − 908, 79) = 7675 kW , p )L (460 − 212, 42) = m mit dem Ergebnis hW,a = 8584 kJ/kg. Dieses Ergebnis ist unphysikalisch, da die Temperatur des austretenden u ¨ berhitzten Wasserdampfes mit diesem Wert der spezifischen Enthalpie deutlich u urde. Es ¨ ber der der eintretenden Luft liegen w¨ existiert daher offenbar ein “Pinch“ im Bereich des u ¨ berhitzten Dampfes. Da die Lufteintrittstemperatur mit tL,e = 460◦ C festliegt, muss bei der Berechnung der

7.3 Thermische Stoffumwandlungen

487

Austrittstemperatur von einer Lage des “Pinch“ am Ort des Lufteintritts und Wasseraustritts ausgegangen werden. Bei einem Gleichgewichtsprozess bedeutet dies ur die Austrittstemperatur der Luft ergibt sich aus einer tL,e = tW,a = 460◦ C. F¨ Energiebilanz um den ganzen Apparat ˙ W [hW,a − hW,e ] = [3379, 6 − 83, 96] = 3295, 6 kW (mc ˙ ig p )L (460 − tL,a ) = m ein Wert von tL,a = 460 −

3295, 6 = 353, 7◦ C . 31

Aus den vorangegangenen Beispielen erkennt man die Bedeutung des “Pinch“ f¨ ur die Berechnung der Temperaturverl¨aufe und damit der Stoffumwandlungen in einem W¨ arme¨ ubertrager. Bei vorgegebenen Ein- und Austrittstemperaturen der Stoffstr¨ ome und Gegenstrom f¨ uhrt der 2. Hauptsatz gelegentlich zu unerwarteten Einschr¨ ankungen in Bezug auf die maximal m¨ ogliche W¨ arme¨ ubertragung. Insbesondere bei Phasenwechsel eines Stoffstromes ist auf Grund einer m¨ oglichen Lage des “Pinch“ zwischen dem heißen und dem kalten Ende bei einer einfachen Energiebilanzierung ohne Ber¨ ucksichtigung des 2. Hauptsatzes mit falschen Ergebnissen zu rechnen. Das Analoge gilt bei Vorgabe beider Massenstr¨ome und der Ein- und Austrittstemperatur eines Stromes. Beispiel 7.9 Bei der Kondensation von Ammoniak in einer K¨ alteanlage wird ein W¨ armestrom frei, der zur Aufw¨ armung von Wasser von anf¨ anglich 15◦ C genutzt werden soll. Es kondensiert ein Massenstrom m ˙ NH3 = 0,033 kg/s von t1 = 140◦ C und p1 = 15,54 bar (¨ uberhitzter Dampf) bis zum Zustand der siedenden Fl¨ ussigkeit bei t2 = 40◦ C. Aus einer Dampftafel f¨ ur Ammoniak entnimmt man die Enthalpiedaten h(140◦ C, 15, 54bar) = 1750, 76 kJ/kg h (40◦ C) = 371, 7 kJ/kg h (40◦ C) = 1472, 2 kJ/kg a) Welcher maximale Massenstrom an Wasser kann durch das abk¨ uhlende und kondensierende Ammoniak auf eine Temperatur von 60◦ C aufgeheizt werden? b) Welche Austrittstemperatur des Wassers ist erreichbar, wenn der Massenstrom des Wassers m ˙ W = 0,277 kg/s betr¨ agt? L¨ osung Die gesamte Enthalpiestrom¨ anderung des Ammoniaks betr¨ agt   ΔH˙ = m ˙ NH3 (hNH3 ,e − hNH3 ,a ) = m ˙ NH3 hNH3 ,e − h (40◦ C)   kJ kg kJ − 371, 7 = 0, 033 1750, 76 = 45, 51 kW . s kg kg Nach der Energiebilanz kann somit maximal ein W¨ armestrom von 45,51 kW auf das Wasser u uhrt insofern zu Einschr¨ ankungen, als ¨ bertragen werden. Der 2. Hauptsatz f¨

488

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen

die Temperatur des Ammoniaks an keiner Stelle kleiner als die des Wassers sein darf. Im Grenzfall eines Gleichgewichtsprozesses ber¨ uhren sich die Abk¨ uhlkurve des Am˙ moniaks und die Aufheizkurve des Wassers im t, H-Diagramm am “Pinch“. Um ein Gef¨ uhl f¨ ur die Lage des “Pinch“ und die dadurch hervorgerufene Einschr¨ ankung des ˙ Prozesses zu bekommen, wird das t, H-Diagramm gezeichnet, vgl. Abb. B 7.9.1. Die 1 5 0

1 4 0 ° C

°C

. D H = 4 5 ,5 1 k W

t

1 0 0

N H 6 0 ° C

5 0

4 0 ° C

(H 2

O )

(H b .

2

O ) a

D H = 2 0 ,7 0 k W

1 5 ° C

. D H = 3 8 ,2 1 k W

0 0

3

1 0

2 0

3 0

H

.

k W

4 0

˙ Abb. B 7.9.1. Das t, H-Diagramm Abk¨ uhlkurve des Ammoniaks ist durch die vorgegebenen Bedingungen vollst¨ andig definiert. In Teil a) ist nach dem maximalen Massenstrom des Wassers gefragt, der durch den von dem Ammoniak abgegebenen W¨ armestrom von 15◦ C auf 60◦ C erw¨ armt werden kann. Der maximale Massenstrom ist durch den Maximalwert des W¨ armekapazit¨ atsstroms des Wassers (mc ˙ if )W festgelegt, d.h. durch die geringst m¨ ogliche Steigung der Aufheizkurve des Wassers f¨ ur die vorgegebenen Tempera˙ eingetragen. Der turen. Diese Aufheizkurve ist als (H2 O)a in das t, H-Diagramm “Pinch“ liegt an der Stelle des Kondensationsbeginns. Der Massenstrom ergibt sich aus der Energiebilanz der NH3 -Abk¨ uhlung bis zum Kondensationsbeginn, d.h. 

m ˙ W cifW (tW,a − tW,P) = m ˙ NH3 hNH3 ,e − hNH3 (40◦ C) zu m ˙W=

0, 033 · 278, 56 = 0, 11 kg/s . 4, 18(60 − 40)

Der f¨ ur die Aufheizaufgabe nutzbare W¨ armestrom bei der Ammoniak-Abk¨ uhlung betr¨ agt daher Q˙ NH3 ,a = (mc ˙ if )W (60 − 15) = 20, 7 kW .

7.3 Thermische Stoffumwandlungen

489

Im Teil b) sind der Massenstrom des Wassers von m ˙ W = 0,277 kg/s und die Eintrittstemperatur von 15◦ C vorgegeben. Damit liegen der W¨ armekapazit¨ atsstrom des Wassers mit (mc ˙ if )W = 1,158 kW/K und die Steigung der Aufheizkurve des ˙ Wasserstroms im t, H-Diagramm fest. Die optimale Nutzung des abk¨ uhlenden Ammoniakstroms erh¨ alt man wieder f¨ ur einen Gleichgewichtsprozess mit dem “Pinch“ an der Stelle des Kondensationsbeginns. Die entsprechende Aufheizkurve ist als ˙ (H2 O)b in das t, H-Diagramm eingetragen. Die Austrittstemperatur des Wassers berechnet sich nun aus der Energiebilanz der NH3 -Abk¨ uhlung bis zum Kondensationsbeginn zu tW,a = 40 +

0, 033 · 278, 56 = 48◦ C , 1, 158

und der f¨ ur die Aufheizung nutzbare W¨ armestrom bei der Ammoniak-Abk¨ uhlung ergibt sich zu ˙ if )W (48 − 15) = 38, 21 kW . Q˙ NH3 ,b = (mc Man erkennt, dass der 2. Hauptsatz einer W¨ armer¨ uckgewinnung erhebliche Einschr¨ ankungen auferlegt. In beiden F¨ allen reicht die abgef¨ uhrte W¨ arme nicht aus, um die Kondensation des Ammoniaks zu realisieren.

7.3.2 Die Verdunstung Ein Luftstrom, der nicht mit Wasserdampf ges¨ attigt ist, kann durch Kontakt mit fl¨ ussigem Wasser weiteren Wasserdampf aufnehmen. Dabei k¨ uhlt er sich ab, vgl. Beispiel 4.10. Wenn gen¨ ugend Zeit und Raum zur Verf¨ ugung stehen, l¨ auft dieser als Verdunstung bezeichnete Prozess als Gleichgewichtsprozess ab, d.h. bis zum Erreichen des S¨ attigungszustands, der nach (7.62) in ¨ Ubereinstimmung mit fr¨ uheren Erkenntnissen (2.41) nach dem Stoffmodell des idealen Gas-/Dampfgemisches durch pW = psW (t) gekennzeichnet ist. Der S¨ attigungszustand ist also dadurch definiert, dass der Partialdruck des Wassers in der Luft gleich dem Sattdampfdruck des Wassers bei der betrachteten Temperatur t ist. Analoge Aussagen gelten f¨ ur den Fall einer beliebigen Dampfkomponente D. Das Phasengleichgewicht f¨ uhrt die Beschr¨ ankungen des 2. Hauptsatzes bez¨ uglich der Stoffumwandlungen ein. Die thermodynamische Analyse von Verdunstungsprozessen st¨ utzt sich allgemein auf die Materiemengenbilanz, die Energiebilanz und die Entropiebilanz, wobei das Ergebnis der stofflichen Auswertung der Entropiebilanz in Verbindung mit dem 2. Hauptsatz die Bedingung des thermodynamischen Gleichgewichts ist. Weiterhin erlaubt die energetische Auswertung der Entropiebilanz die Berechnung der Entropieproduktion und damit die energetische Bewertung eines speziellen Prozesses, vgl. Kapitel 5. Wir werten hier insbesondere die Mengenbilanz und die Energiebilanz f¨ ur Gleichgewichtsprozesse aus.

490

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen

. m

W

t

,x W

m

= W

M is c h k a m m e r . 1 L

t1 ,x

2

. m

L

t 2 ,x 2

1

Abb. 7.20. Adiabater Wasserzusatz

Bei der Verdunstung geht fl¨ ussiges Wasser in die Gasphase u ¨ber. Der Prozess l¨ asst sich z.B. durch die Zugabe einer Masse mW an Wasser zu feuchter Luft in einer adiabaten Mischkammer darstellen, vgl. Abb. 7.20. Es wird ein Gleichgewichtsprozess betrachtet, d.h. es wird gen¨ ugend Zeit und Raum f¨ ur den Ablauf aller Ausgleichsprozesse bis zum thermodynamischen Gleichgewicht angenommen. Aus der Mischkammer tritt dann je nach den zugef¨ uhrten Mengenstr¨ omen entweder ein homogener gasf¨ormiger oder ein mehrphasiger Stoffstrom aus einem ges¨ attigten Gas/Dampf-Gemisch und fl¨ ussigem Wasser aus. Im letzeren Fall liegt ein Verdunstungsgleichgewicht vor. Die Massenbilanz des Wassers ergibt ˙ L = x2 m ˙L . m ˙ W + x1 m Daher gilt f¨ ur die Wasserbeladung am Austritt aus der Mischkammer x2 = x1 +

m ˙W . m ˙L

(7.74)

Die Energiebilanz fordert ˙ W hW , 0=m ˙ L [(h1+x )2 − (h1+x )1 ] − m und damit (h1+x )2 = (h1+x )1 +

m ˙W hW = (h1+x )1 + (x2 − x1 ) hW . m ˙L

(7.75)

Damit ist der Mischungszustand berechenbar. Die Verdunstung spielt insbesondere in der Trocknungstechnik eine bedeutende Rolle. Bei der Konvektionstrocknung str¨omt ein Trocknungsgas, meist Luft, u ¨ ber oder durch das Feuchtgut und nimmt Wasser auf. Abb. 7.21 zeigt das Schema eines adiabaten Trockners in Gleichstromf¨ uhrung. Der Feuchtgutstrom soll in ihm von der anf¨ anglichen Wasserbeladung xG,ein auf die Endwasserbeladung xG,aus getrocknet werden, wobei die Wasserbeladung des Feuchtgutes xG in kg Wasser pro kg Trockengut angegeben sei. Bei der

7.3 Thermische Stoffumwandlungen

491

2

t 2 ,x 2

,m

. L

T ro c k e n k a m m e r

t

t

x

G ,e in .G ,e in

m

G

m

. Q

G ,a u s ,a u s

x .G

G

L u fte r h itz e r

t 1 ,x 1

,m

.

L

1

Abb. 7.21. Schema einer Konvektionstrocknung

idealisierten Behandlung als Gleichgewichtsprozess wird in der Trockenkammer nach Erreichen station¨ arer Bedingungen die Einstellung des thermodynamischen Gleichgewichts zwischen austretender Luft und austretendem Gut angenommen. Man spricht von einer Gleichgewichtsstufe. Die Luft verl¨asst den Trockner dann im ges¨ attigten Zustand und hat die selbe Temperatur wie das zu trocknende Gut. Beispiel 7.10 Eine feuchte Substanz soll getrocknet werden. Das Schaltschema der Trocknungsanlage ist in Abb. B 7.10.1 dargestellt. Der Frischluftstrom habe die Zustandsgr¨ oßen t1 = 10◦ C, ϕ1 = 0,5 und wird durch ein Gebl¨ ase mit einer Leistungsaufnahme von (P12 )t in die Anlage gef¨ ordert. Im Mischer wird diesem Luftstrom ein Umluftstrom m ˙ L,u aus dem Trockner zugemischt. Im anschließenden Heizer wird der gesamte Luftstrom unter Zufuhr des W¨ armestroms Q˙ 34 auf t4 = 40◦ C erw¨ armt und dann dem Trockner zugef¨ uhrt. Der adiabate Trocknungsprozess wird als Gleichgewichtsprozess behandelt, wobei am Trocknerausgang eine Temperatur von 30◦ C vorliegen soll. Der zu trocknenden Substanz werden m ˙ W = 10 kg/h Wasser entzogen und damit der erw¨ armten Luft zugef¨ uhrt. Man bestimme den erforderlichen Frischluftstrom. Der Prozess laufe bei einem konstanten Druck von 0,1 MPa ab. L¨ osung Aus der Massenbilanz des Wassers im Trockner folgt m ˙ W = 10 kg/h = m ˙ L (x5 − x4 ) , mit, unter der Bedingung eines Gleichgewichtsprozesses,

492

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen

(P

m

.

)

1 2 2

1

Q t M is c h e r

m

L ,f

m

.

3

.

H e iz e r

3 4 4

L

. L ,u

T ro c k n e r

m

. W

5

Abb. B 7.10.1. Schaltschema des Trocknungsprozesses x5 = xs (30◦ C) = 0, 622 = 0, 622

psW (30◦ C) p − psW (30◦ C)

4, 246 = 0, 02758 . 100 − 4, 246

Vom Zustand 4 kennen wir die Temperatur, t4 = 40◦ C. Aus der Energiebilanz und der vorgegebenen Gleichgewichtstemperatur von Luft und Trocknungsgut am Trocknerausgang k¨ onnen wir die Wasserbeladung im Zustand 4 bestimmen, nach (7.75) t4 + x4 (2500 + 1, 86t4 ) + (x5 − x4 )4, 18t5 = t5 + x5 (2500 + 1, 86t5 ) . Hierbei wurde n¨ aherungsweise angenommen, dass das gesamte Wasser aus dem uhrt wird. zu trocknenden Gut der Luft bei der Gleichgewichtstemperatur t5 zugef¨ Dies wird real nicht so sein, da die Temperatur des Gutes nicht vorgegeben ist. Der dadurch eingebrachte Fehler ist klein, da der Enthalpiebeitrag des Wassers in der Energiebilanz bei typischen Trockungsprozessen klein ist. F¨ ur die Wasserbeladung der Luft beim Eintritt in den Trockner ergibt sich somit t5 + x5 (2500 + 1, 86t5 ) − t4 − 4, 18t5 x5 2500 + 1, 86t4 − 4, 18t5 30 + 0, 02758(2500 + 1, 86 · 30) − 40 − 4, 18 · 30 · 0, 02758 = 2500 + 1, 86 · 40 − 4, 18 · 30 = 0, 02329 .

x4 =

Damit ergibt sich der erforderliche Massenstrom an trockener Luft f¨ ur den Trocknungsprozess zu m ˙L=

10 kg/h = 2331 kg/h . 0, 02758 − 0, 02329

Die Massenstr¨ ome an trockener Frischluft und Umluft bestimmen wir aus den Massenbilanzen um den Mischer: ˙ L,u = m ˙L m ˙ L,f + m

7.3 Thermische Stoffumwandlungen

493

˙ L,u x5 = m ˙ L x3 . m ˙ L,f x2 + m ur die zwei Unbekannten m ˙ L,f Mit x2 = x1 und x3 = x4 sind dies zwei Gleichungen f¨ und m ˙ L,u . F¨ ur die Wasserbeladung im Zustand 1 gilt 1, 2276 psW (10◦ C) = 0, 622 p/ϕ − psW (10◦ C) 100/0, 5 − 1, 2276 = 0, 00384 .

x1 = 0, 622

Die Massenstrombilanzen ergeben zusammen m ˙ L,f x1 + (m ˙ L −m ˙ L,f )x5 = m ˙ L x4 , und der Massenstrom der trockenen Frischluft wird daher m ˙ L,f =

m ˙ L (x4 − x5 ) = 421 kg/h . (x1 − x5 )

Der Umluftmassenstrom an trockener Luft betr¨ agt damit ˙ L−m ˙ L,f = 1910 kg/h . m ˙ L,u = m

Bei Zugabe von fl¨ ussigem Wasser k¨ uhlt sich die Luft in der Regel ab, da die Enthalpie hW des fl¨ ussigen Wassers klein ist. Die zur Verdunstung des Wassers ben¨ otigte Energie wird unter adiabaten Bedingungen dem System entzogen. Darauf beruht der bekannte Effekt der Verdunstungsk¨ uhlung, der f¨ ur viele Vorg¨ ange eine große Rolle spielt. Eine besonders wichtige Fragestellung ist die bei der adiabaten Verdunstungsk¨ uhlung erreichbare tiefste Temperatur. Dies ist die so genannte K¨ uhlgrenztemperatur oder auch einaufig handelt es sich bei der technischen Anwendung fach K¨ uhlgrenze tK . H¨ der Verdunstungsk¨ uhlung um einen Prozess, bei dem fl¨ ussiges Wasser in einen unges¨ attigten Luftstrom eingespritzt wird. Dabei k¨onnen wir z.B. an eine Quenche nach Beispiel 4.10 oder auch an einen Verdunstungsk¨ uhlturm, vgl. Beispiel 7.12, denken. Die Tr¨ opfchen fallen durch den Luftstrom und geben Wasser durch Verdunstung ab. Bei ihrem Weg durch den Luftstrom k¨ uhlen sie sich ab, bis sie schließlich bei hinreichend großem Luftstrom die K¨ uhlgrenztemperatur erreichen. Dies ist der Endzustand der betrachteten Stoffumwandlung. Ganz analog aber leichter zu u ¨ berblicken sind die Vorg¨ange in dem in Abb. 7.22 dargestellten System. Feuchte Luft (xA , tA ) streicht u unnen Wasserfilm, der ein Thermometer umschließen ¨ber den gezeichneten d¨ m¨ oge. Die anf¨ angliche Temperatur des Wasserfilms sei tA , ist aber f¨ ur das Ergebnis letztlich belanglos. Luft und Wasserfilm sind zun¨achst nicht im thermodynamischen Gleichgewicht. Es verdunstet daher ein Teil des Wasserfilms in die feuchte Luft, und sowohl die feuchte Luft wie auch das Wasser k¨ uhlen sich dabei ab. Der frische Luftstrom vom unver¨anderten Zustand (xA , tA ) trifft nun auf einen abgek¨ uhlten Wasserfilm. Er nimmt erneut Wasserdampf auf, und wiederum k¨ uhlen sich sowohl der Luftstrom als auch der Wasserfilm ab. In einem Gleichgewichtsprozess setzen sich die abstr¨omende Luft

494

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen

fe u c h te L u ft x A ,tA

(A )

fe u c h te L u ft x s (t K ),t K

T h e rm o m e te r

(E )

W a s s e r film tK

Abb. 7.22. Zur K¨ uhlgrenze bei der Verdunstung

und der Wasserfilm als Phasen ins thermodynamische Gleichgewicht, d.h. die abstr¨ omende feuchte Luft ist ges¨ attigt17 . Die schließlich erreichte Endtemperatur tK , die K¨ uhlgrenze, ist dadurch definiert, dass die Verdunstung von Wasser bei tK in feuchte Luft von (xA , tA ) keine weitere Temperaturabsenkung im Wasser mehr hervorruft. Dies ist dann gegeben, wenn sich die Luft von (xA , tA ) durch die Verdunstungsk¨ uhlung in einem Gleichgewichtsprozess, uhlt und dabei die zur Verdunstung d.h. bis zur S¨ attigung, gerade auf tK abk¨ des Wassers ben¨ otigte Energie aufbringt. Die rechnerische Ermittlung der K¨ uhlgrenztemperatur tK folgt aus der Energiebilanz in Verbindung mit der Massenbilanz, d.h. mit (7.75) nach (h1+x )E = (h1+x )A + ΔxhW .

(7.76)

ussigen Wassers, (h1+x )E die Enthalpie des Hierbei ist hW die Enthalpie des fl¨ Luftstromes im Endzustand und (h1+x )A die Enthalpie des Luftstromes im Anfangszustand. In einem Gleichgewichtsprozess haben das Wasser und die Luft im Endzustand gerade die K¨ uhlgrenztemperatur angenommen, und die Luft ist ges¨ attigt. Die Energiebilanz lautet also explizit tK + xs (tK ) [2500 + 1, 86tK ] = tA + xA [2500 + 1, 86tA ] + [xs (tK ) − xA ] 4, 18tK .

(7.77)

In dieser Gleichung ist tK die einzige Unbekannte, sodass die K¨ uhlgrenztemperatur iterativ ermittelt werden kann. Die K¨ uhlgrenze ist insbesondere unabh¨ angig von der Anfangstemperatur des fl¨ ussigen Wassers, da sich die Wassertemperatur durch den Prozess der K¨ uhlgrenztemperatur n¨ ahert. Sie ist daher eine Eigenschaft des Luftzustands und kann damit zu seiner Charakterisierung dienen. Praktisch benutzt man diese Tatsache bei der psychrometrischen Feuchtigkeitsmessung. Dabei wird an einem trockenen Thermometer die Temperatur tA der Luft gemessen. An einem mit einem nassen Str¨ umpfchen umwickelten Thermometer stellt sich die K¨ uhlgrenztemperatur tK ein, wenn die Luft lange genug daran vorbei 17

Im realen Prozess sind das Wasser und die Luft insgesamt keine Phasen. Der S¨ attigungszustand ist daher streng nur an der Phasengrenzfl¨ ache gegeben.

7.3 Thermische Stoffumwandlungen

495

streicht. Aus beiden Temperaturen ergibt sich die Wasserbeladung der Luft xA als einzige Unbekannte aus (7.77). Beispiel 7.11 Die Luft in einem Saunabad habe eine Temperatur von t = 85◦ C und eine relative Feuchte von ϕ = 0,20. Personen, die sich in dieser Luft aufhalten, sind von einem d¨ unnen Schweißfilm bedeckt. Der Schweißfilm soll als fluide Phase modelliert werden. Man ermittle die zu diesem Luftzustand geh¨ orige und von den Personen empfundene Temperatur des Schweißfilms unter Annahme eines Gleichgewichtsprozesses, vgl. Abb. B 7.11.1.

m

. t,x

m L

L u ft

. W

m t K ,x

. s

L

(tK )

W a s s e r

P e rs o n

Abb. B 7.11.1. Verdunstungsk¨ uhlung im Saunabad

L¨ osung Im Saunabad wird durch Bel¨ uftung und Entl¨ uftung eine schwache Luftstr¨ omung, d.h. ein station¨ arer Fließprozess, aufrecht erhalten. Es wird angenommen, dass der f¨ ur den Verdunstungsprozess zur Verf¨ ugung stehende Luftstrom ausreichend groß f¨ ur das Erreichen der K¨ uhlgrenztemperatur ist. Dann ist die Temperatur des Schweißfilms auf der Haut bei einem Gleichgewichtsprozess die K¨ uhlgrenztemperatur, wobei adiabate Verh¨ altnisse unterstellt werden. Die kombinierte Energie- und Massenbilanz lautet daher allgemein f¨ ur diesen Prozess nach (7.77) t + x (2500 + 1, 86t) + [xs (tK ) − x] 4, 18tK

= tK + xs (tK ) (2500 + 1, 86tK ) .

Die Wasserbeladung der Saunaluft ergibt sich aus x = 0, 622

psW (t) (p/ϕ) − psW (t)

zu x = 0, 08135 . Die L¨ osung nach der unbekannten Temperatur tK erfolgt iterativ nach dem Schema

496

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen

Δ = 301, 24 + [xs (tK ) − 0, 08135] · 4, 18tK − [tK + xs (tK ) (2500 + 1, 86tK )] = 0 . Es ergibt sich schließlich tK = 51, 75◦ C,

Δ = 0, 015 .

angt von der relativen Die Schweißfilmtemperatur betr¨ agt somit tK = 51, 8◦ C. Sie h¨ Feuchte ϕ ab. Ist diese, wie im betrachteten Fall, z.B. durch einen Aufguss, d.h. eine Zugabe von fl¨ ussigem Wasser, erh¨ oht, so ergibt sich die hier errechnete hohe K¨ uhlgrenztemperatur. Bei normaler, d.h. dem Umgebungszustand entsprechender Wasserbeladung der Saunaluft ist die K¨ uhlgrenztemperatur entsprechend niedriger.

Die Stoffumwandlung bei der Verdunstung ist durch den S¨ attigungszustand der Luft, also durch das Gleichgewicht, begrenzt. Wenn die Luft und das Wasser im Gleichstrom durch einen Apparat str¨omen, kann unter optimalen Bedingungen f¨ ur den Kontakt zwischen beiden Phasen eine so genannte Gleichgewichtsstufe realisiert werden. Beide austretende Stoffstr¨ ome stehen dann im thermodynamischen Gleichgewicht, d. h. ihre Temperaturen sind gleich und die Luft ist mit Wasserdampf ges¨attigt. Dieser Fall ist in Abb. 7.21 f¨ ur das Beispiel der Trocknung dargestellt und in Beispiel 7.10 behandelt worden. Die damit verbundene Stoffumwandlung, z.B. die Trocknung oder der angestrebte K¨ uhleffekt, sind oft nicht ausreichend. Durch Hintereinanderschaltung mehrerer Gleichgewichtsstufen, die jeweils mit Frischluft betrieben werden, l¨ asst sich die Stoffumwandlung weiter f¨ uhren. In technischen Apparaten wird dies praktisch dadurch erreicht, dass man das Wasser und die Luft im Gegenstrom zueinander str¨omen l¨ asst. Dann kann eine gew¨ unschte Stoffumwandlung, z.B. die des Wassers in einem Verdunstungsk¨ uhlturm, durch eine Anzahl aufeinander folgender Gleichgewichtsstufen realisiert werden. Das Wasser trifft dabei immer wieder auf unges¨ attigte Luft und kann im Grenzfall bei hinreichend großem Luftstrom bis zur K¨ uhlgrenze abgek¨ uhlt werden. In diesen Gleichgewichtsstufen liegt allerdings keine Gleichstromf¨ uhrung, sondern eine Gegenstromf¨ uhrung vor. Die im Gleichgewicht stehenden austretenden Stoffstr¨ome verlassen daher die als ideal durchmischt zu betrachtende und daher durch eine einheitliche Temperatur gekennzeichnete Stufe an unterschiedlichen Orten. Durch Auswertung der Massen- und Energiebilanzen in Verbindung mit der Gleichgewichtsbedingung kann die Anzahl der Gleichgewichtsstufen bestimmt werden. Sie definiert die Gr¨ oße der Apparate, vgl. Beispiel 7.12. Beispiel 7.12 In einen K¨ uhlturm tritt ein zu k¨ uhlender Wasserstrom von m ˙ W,ein = 2345 kg/s mit tW,ein = 40◦ C ein. Die entgegenstr¨ omende Luft (m ˙ L = 3145 kg/s, tL,ein = 15◦ C, ϕein = 0, 5) s¨ attigt sich mit Wasserdampf und verl¨ asst den K¨ uhlturm mit einer Wasserbeladung von xaus = 0,02558. Der Gesamtdruck betr¨ agt p = 1 bar. Man bestimme den Massenstrom des austretenden Wassers sowie die Austrittstemperaturen von Wasser und Luft. Wieviele Gleichgewichtsstufen werden ben¨ otigt, um die Stoffumwandlung zu realisieren? Das Schaltschema des

7.3 Thermische Stoffumwandlungen

497

K¨ uhlturms ist in Abb. B 7.12.1 gezeigt. L¨ osung Aus der kombinierten Massenbilanz f¨ ur das Wasser und die trockene Luft um den gesamten K¨ uhlturm findet man f¨ ur den austretenden Massenstrom des Wassers m ˙ W,aus = m ˙ W,ein + m ˙ L (xein − xaus ) . Mit xein = 0, 622

1, 7051 psW (15) = 0, 622 = 0, 00535 p/ϕein − psW (15) 100/0, 5 − 1, 7051

ergibt sich m ˙ W,aus = 2281 kg/s . Die Aufgabenstellung fordert f¨ ur die austretende Luft xaus = 0, 622

psW (tL,aus ) = 0, 02558 p − psW (tL,aus )

und daher

t

. m

L

;j

L ,a u s

a u s

= 1

. m

W ,e in

;t

W ,e in

4

3

2

1

t

m L ,e in

. L

;j

m

e in

. W ,a u s

;t

W ,a u s

Abb. B 7.12.1. Schaltschema des K¨ uhlturms

psW (tL,aus ) =

xaus p = 3, 9501 kPa . 0, 622 + xaus

Durch Interpolation in der Wasserdampftafel findet man daraus die Austrittstemperatur der Luft zu tL,aus = 28, 63◦ C .

498

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen

Die Energiebilanz um den K¨ uhlturm lautet ˙ L h1+x,aus = m ˙ W,ein hW,ein + m ˙ L h1+x,ein . m ˙ W,aus hW,aus + m Dies ist eine Gleichung f¨ ur die Austrittstemperatur des Wassers, nach ˙ L h1+x,ein − m ˙ L h1+x,aus m ˙ W,ein hW,ein + m 4, 18m ˙ W,aus 1 = {2345 · 4, 18 · 40 + 3145[15 + 0, 00535(2500 + 1, 86 · 15)] 4, 18 · 2281 −3145[28, 63 + 0, 02558(2500 + 1, 86 · 28, 63)]} = 19, 54◦ C .

tW,aus =

Zur Ermittlung der Anzahl der Gleichgewichtsstufen werden zun¨ achst die Bilanzen um die unterste Stufe (1) ausgewertet, deren Temperatur mit t1 = tW,aus = 19, 54◦ C bekannt ist. Zu dieser Temperatur geh¨ ort bei Gleichgewicht eine Wasserbeladung der nach oben zur n¨ achsten Stufe (2) ges¨ attigt abstr¨ omenden Luft von x1 = 0, 622

2, 281 psW (19, 54) = 0, 622 = 0, 01452 . 100 − psW (19, 54) 100 − 2, 281

Der dieser Stufe von der Stufe (2) zustr¨ omende Massenstrom des K¨ uhlwassers folgt also aus einer Massenbilanz um die Stufe (1) zu m ˙ W,2 = m ˙ W,1 + m ˙ L (x1 − xein ) = 2281 + 3145(0, 01452 − 0, 00535) = 2310 kg/s . Die Temperatur dieses Wasserstroms und damit die Temperatur der Stufe 2 folgt aus der Energiebilanz um die Stufe (1), nach ˙ W,1 hW,1 + m ˙ L h1+x,1 − m ˙ L h1+x,ein m ˙ W,2 hW,2 = m zu tW,2 =

1 {2281 · 4, 18 · 19, 54 + 3145 [19, 54 + 0, 01452 (2500 4, 18 · 2310 +1, 86 · 19, 54)] − 3145[15 + 0, 00535(2500 + 1, 86 · 15)]} = 28, 36◦ C .

uber Die Stufe (2) hat damit die Temperatur t2 = tW,2 = 28, 36◦ C. Bei dieser gegen¨ der Stufe (1) erh¨ ohten Temperatur ist die aufsteigende Luft nicht mehr ges¨ attigt. Sie kann daher zus¨ atzliches Wasser aufnehmen. Die zugeh¨ orige Wasserbeladung der aus dieser Stufe ges¨ attigt austretenden Luft ergibt sich zu x2 = 0, 622

psW (28, 36) = 0, 02520 . 100 − (28, 36)

Die von der Stufe (2) aufsteigende Luft hat damit den Austrittszustand bereits nahezu erreicht. Der Massenstrom des Wassers, der dieser Stufe von oben zustr¨ omt, betr¨ agt nach einer Massenbilanz um die Stufe (2) m ˙ W,3 = 2310 + 3145(0, 02520 − 0, 01452) = 2344 kg/s . Seine Temperatur folgt aus der Energiebilanz um die Stufe (2) zu tW,3 =

1 {2310 · 4, 18 · 28, 36 + 3145 [28, 36 + 0, 02520 (2500 4, 18 · 2344 +1, 86 · 28, 36)] − 3145[19, 54 + 0, 01452(2500 + 1, 66 · 19, 54)]} = 39, 61◦ C .

7.3 Thermische Stoffumwandlungen

499

Diese Werte liegen ebenfalls sehr nahe bei den gegebenen Eintrittsdaten des Wassers. Man erkennt somit, dass die Stoffumwandlung ziemlich genau zwei Gleichgewichtsstufen erfordert. Durch eine Erh¨ ohung der Stufenzahl bei Freigabe des Austrittszustands der Luft ist eine weitere Abk¨ uhlung des Wassers m¨ oglich. Bei den hier vorgegebenen Massenstr¨ omen und Eintrittszust¨ anden von Luft und Wasser erreicht man einen minimalen Wert von tW,aus = 10, 7◦ C. Die absolute Grenze der Abk¨ uhlung ist wieder durch die K¨ uhlgrenztemperatur gegeben, die bei dem betrachteten Luftzustand einen Wert von tK = 9, 6◦ C annimmt. Sie wird bei einem hinreichend hohen Verh¨ altnis m ˙ L /m ˙ W in hinreichend vielen Stufen erreicht, insbesondere unabh¨ angig von der Temperatur des eintretenden Wassers. Der in der Aufgabenstellung vorgegebene Mengenstrom an trockener Luft reicht nicht aus, um das Wasser bis auf die K¨ uhlgrenztemperatur abzuk¨ uhlen.

7.3.3 Die Absorption Unter Absorption versteht man eine thermische Stoffumwandlung, bei der aus einem Gasstrom aus beliebig vielen Komponenten eine Komponente K selektiv in einer Fl¨ ussigkeit gel¨ ost, d.h. absorbiert wird. Der Gasstrom verarmt dadurch an Komponente K. Die das Gas aufnehmende Fl¨ ussigkeit, das L¨ osungsmittel, wird auch als Waschmittel bezeichnet und der Prozess auch als Auswaschen einer Gaskomponente aus einem Gasgemisch. Technische Beispiele f¨ ur die Gasreinigung durch Absorption sind die Entfernung von Schwefeldioxid aus einem Rauchgas durch Absorption in Kalkmilch, die Auswaschung von Kohlendioxid aus dem Synthesegas f¨ ur die AmmoniakSynthese oder auch die Abtrennung von Ammoniak aus einem AmmoniakLuft-Gemisch durch Wasser. Apparate, in denen die Absorption abl¨auft, heißen Absorber. Das mit dem auszuwaschenen Gas beladene Waschmittel wird in der Regel durch Austreiben des gel¨ osten Gases wieder regeneriert. Dieser Vorgang wird als Desorption bezeichnet. Abb. 7.23 zeigt die wesentlichen Elemente einer Absorptionsanlage. In dem Absorber bel¨adt sich das WaschR e in g a s

A b g e tre n n te s G a s R e g e n e r ie r te s W a s c h m itte l

D e s o rb e r

R o h g a s

A b s o rb e r

K ü h le r

B e la d e n e s W a s c h m itte l

Abb. 7.23. Schema einer Absorptionsanlage

H e iz u n g

500

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen

mittel mit der Komponente K und gelangt in den Desorber, in dem die gel¨oste Komponente aus dem Waschmittel durch W¨armezufuhr ausgetrieben wird. Das regenerierte Waschmittel gelangt in den Absorber zur¨ uck. Da in der Regel die L¨ oslichkeit eines Gases in einer Fl¨ ussigkeit bei niedriger Temperatur gr¨ oßer als bei h¨ oherer Temperatur ist und bei der Absorption die so genannte Absorptionsw¨ arme frei wird, ist es g¨ unstig, das Waschmittel vor R¨ uckf¨ uhrung in den Absorber zu k¨ uhlen. Die thermodynamische Analyse der Absorption st¨ utzt sich auf die Materiemengenbilanz, die Energiebilanz und die Entropiebilanz. Wenn gen¨ ugend Zeit und Raum zur Verf¨ ugung stehen, l¨ auft die Absorption als Gleichgewichtsprozess ab. Dann ergibt sich der in der Fl¨ ussigkeit gel¨oste Stoffmengenanteil der Komponente K, xLK , durch die stoffliche Auswertung der Entropiebilanz in Verbindung mit dem 2. Hauptsatz aus dem entsprechenden Stoffmengenanteil xG K in der Gasphase nach dem Henryschen Gesetz, (7.56), zu ∗ xLK = (p/HK ) · xG K ,

wobei hier f¨ ur die gel¨ oste Komponente in der Fl¨ ussigkeit das Stoffmodell ∗ der ideal verd¨ unnten L¨ osung benutzt wurde. HK ist der Henry-Koeffizient der Komponente K im L¨ osungsmittel, z.B. Wasser, bezogen auf das Konzentrationsmaß Stoffmengenanteil. Das Phasengleichgewicht f¨ uhrt wieder die Beschr¨ ankungen des 2. Hauptsatzes bez¨ uglich der Stoffumwandlung ein. Wir betrachten hier insbesondere die Materiemengenbilanz und die Energiebilanz f¨ ur Gleichgewichtsprozesse. Die energetische Auswertung der Entropiebilanz erlaubt zus¨ atzlich die Berechnung der Entropieproduktion und damit die energetische Bewertung eines speziellen Prozesses, vgl. Kapitel 5. H¨ aufig l¨ asst sich der Gasstrom n˙ G vereinfacht als Gemisch aus einem im L¨ osungsmittel nicht l¨ oslichen Tr¨ agergas, n˙ G T , und der abzutrennenden KomG ponente K, n˙ K , beschreiben. Bei der Absorption bleibt dann der Mengenstrom des Tr¨ agergases konstant. Es empfiehlt sich daher, analog zum Vorgehen bei Gas/Dampf-Gemischen, als Maß f¨ ur die Zusammensetzung des Gasstroms die Beladung, hier genauer die Stoffmengenbeladung, einzuf¨ uhren, nach G = XK

nG K , nG T

(7.78)

G mit nG K als der Stoffmenge der Komponente K im Gasstrom und nT als der konstanten Stoffmenge des Tr¨ agergases im Gasstrom. Wenn das Waschmittel w¨ ahrend der Absorption nur in verschwindend geringem Maße in den Gasstrom verdunstet, bleibt auch der Waschmittelstrom im Absorber praktisch konstant. Dies soll im Folgenden stets vorausgesetzt sein. Auch f¨ ur die fl¨ ussige L¨ osung empfiehlt sich dann die Stoffmengenbeladung als Maß f¨ ur die Zusammensetzung nach L = XK

nLK , nLW

(7.79)

7.3 Thermische Stoffumwandlungen

501

mit nLK als der Stoffmenge der Komponente K im Fl¨ ussigkeitsstrom und nLW als der als konstant angenommenen Stoffmenge des Waschmittels im Fl¨ ussigkeitsstrom. Der Zusammenhang zwischen Stoffmengenbeladung Xi und Stoffmengenanteil xi einer Komponente i in einem bin¨aren Gemisch ist gegeben durch xi . 1 − xi

Xi =

(7.80)

Im Gleichgewicht sind die Stoffmengenanteile der zu absorbierenden Komponente in Gas und Fl¨ ussigkeit durch das Henrysche Gesetz miteinander verkn¨ upft. Ausgedr¨ uckt in Beladungen gilt also XL =

X G (p/H) 1 + (1 − p/H)X G

(7.81)

X L (H/p) . 1 + (1 − H/p)X L

(7.82)

oder XG =

Hier sind die Indizes an dem Henry-Koeffizienten H und an den Beladungen ur sehr kleine Beladungen X L und X G der Einfachheit halber weg gelassen. F¨ der Fl¨ ussigkeit X L stellt sich der Zusammenhang zwischen der Beladung des ussigen Stromes X L linear dar, weicht Gasstromes X G und der Beladung des fl¨ aber je nach Vorzeichen des Ausdruckes (1−H/p) bei zunehmender Beladung progressiv oder degressiv von der linearen Beziehung ab. Wenn das Gasgemisch, aus dem eine Komponente ausgewaschen werden soll, und die Fl¨ ussigkeit im Gleichstrom durch den Apparat str¨omen, so kann unter optimalen Bedingungen des Stoffaustausches wie bei der Verdunstung eine Gleichgewichtsstufe realisiert werden, vgl. Abb. 7.24. Dann steht die . n

G

, X

n

T

. W

L

, X

G

e in

. n

L

e in

G

, X

n

T

. W

L

, X

G

a u s L

a u s

Abb. 7.24. Zum Begriff der Gleichgewichtsstufe bei der Absorption

austretende Fl¨ ussigkeit mit dem austretenden Gasstrom im thermodynamiL G schen Gleichgewicht, d. h. es gilt eine Beziehung Xaus = f (Xaus ) nach (7.81). Die dazugeh¨ orige Stoffmengenbilanz der Gleichgewichtsstufe f¨ ur das auszuwaschende Gas lautet G L G L n˙ G ˙ LW Xein = n˙ G ˙ LW Xaus , T Xein + n T Xaus + n

(7.83)

502

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen

wobei n˙ G agergases im Gasstrom und n˙ LW der T der Stoffmengenstrom des Tr¨ Stoffmengenstrom des Waschmittels im Fl¨ ussigkeitsstrom sind. Wenn die eintretenden Stoffmengen und Beladungen vorgegeben sind, folgen aus dem thermodynamischen Gleichgewicht und der Stoffmengenbilanz die Beladungen der aus der Gleichgewichtsstufe austretenden Stoffstr¨ome. Will man hingegen eine weitergehende Auswaschung, d.h. eine weitergehende Reinigung des eintretenden Gasstromes von der zu entfernenden Komponente u ¨ ber die einer Gleichgewichtsstufe hinaus erreichen, so muss man den aus einer ersten Gleichgewichtsstufe austretenden Gasstrom erneut mit frischem Waschmittel in einer zweiten Stufe in Kontakt bringen. Durch eine geeignete Hintereinanderschaltung solcher Absorptionsstufen kann die auszuwaschende Gaskomponente aus dem Gasstrom praktisch vollkommen entfernt werden. In der Praxis f¨ uhrt man solch einen Prozess nicht durch Hintereinanderschaltung einzelner Apparate, sondern in einem einzigen Gegenstromapparat durch. Hierbei werden der zu reinigende Gasstrom und das Waschmittel in Gegenstromf¨ uhrung intensiv in thermischen und stofflichen Kontakt gebracht. Abb. 7.25 zeigt den schematischen Aufbau eines Gegen-

.G n .

,X

n

T

,X

G

T

.

G

n

a u s

n G

.

n

G

,X T

L

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n -1

G

e in

L

,X W

. n

n -2

L

,X W

n -1 .

L

L

,X W

n

L n -1

n -2

. G

n

.

G

n

,X T

L

L

,X W

2 1 n

. G

T

,X

G e in

n

. W

L

,X

L a u s

Abb. 7.25. Stufenmodell f¨ ur einen Gegenstromabsorber

7.3 Thermische Stoffumwandlungen

503

stromabsorbers, in dem der Absorptionsprozess diskontinuierlich in aufeinander folgenden Stufen erfolgt. Die Waschfl¨ ussigkeit wird oben mit der Beladung L in die S¨ aule eingegeben und fließt der Stufe (n) zu, von dort zu der darXein L unter liegenden Stufe (n-1), bis sie schließlich im beladenen Zustand Xaus am unteren Austritt nach Stufe (1) den Apparat verl¨asst. Das beladene Gas wird G eingegeben, gelangt dort von unten in den Absorber mit der Beladung Xein zu der untersten Stufe (1), in der es die Fl¨ ussigkeit mit der auszuwaschenden Komponente s¨ attigt, steigt dann von der untersten Stufe zur n¨achst dar¨ uber liegenden Stufe (2) auf, bis es schließlich als gereinigtes Gas mit der Beladung G nach Stufe (n) den Absorber verl¨ asst. Technisch k¨onnen die einzelnen Xaus Stufen durch B¨ oden realisiert sein oder auch durch bestimmte H¨ohen einer F¨ ullk¨ orpersch¨ uttung. Die Verl¨ aufe der Zusammensetzungen von Gas- und Fl¨ ussigkeitsstrom von Stufe zu Stufe entlang der Absorberh¨ ohe ergeben sich wieder durch Stoffmengenbilanzen. Im Rahmen einer Beschreibung als Gleichgewichtsprozess werden die einzelnen Stufen dabei als Gleichgewichtsstufen angesehen, obwohl hier, wie schon bei dem in Abschn. 7.3.2 behandelten Verdunstungsk¨ uhlturm, keine Gleichstrom-, sondern eine Gegenstromf¨ uhrung vorliegt. Jede Gleichgewichtsstufe ist auch hier als ideal durchmischt zu betrachten, sodass eine einheitliche Temperatur vorliegt und die an unterschiedlichen Orten austretenden Stoffstr¨ ome miteinander im thermodynamischen Gleichgewicht ste˙ LW f¨ ur den ganzen hen, vgl. Abb. 7.26. Da die Stoffmengenstr¨ ome n˙ G T und n

n

n

. T

G

, X

. T

G

, X

G

a u s

G

n

e in

n

. W

L

, X

. W

L

, X

L

e in

L

a u s

Abb. 7.26. Gleichgewichtsstufe bei der Gegenstromabsorption

Absorber als konstant angenommen werden, ergibt sich f¨ ur das obere Bilanzgebiet zwischen dem oberen Absorberende und einer beliebigen Stelle im Absorber die Stoffmengenbilanz der Komponente K aus G L G n˙ G ˙ LW Xein = n˙ G ˙ LW X L . TX + n T Xaus + n

(7.84)

Aufgel¨ ost nach der Beladung des Gasstromes folgt XG =

˙ LW n˙ LW L G L n X + X − X aus ein G . n˙ G n˙ T T

(7.85)

504

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen

Diese Beziehung verkn¨ upft die Beladung des Gasstromes mit der des Fl¨ ussigkeitsstromes an jeder Stelle des Absorbers, wenn die Austrittsbeladung des Gasstromes und die Eintrittsbeladung des Fl¨ ussigkeitsstromes bekannt sind. Dementsprechend findet man f¨ ur das untere Bilanzgebiet zwischen dem unteren Absorberende und der gleichen beliebigen Stelle im Absorber XG =

˙ LW n˙ LW L G L n X + Xein − Xaus . G n˙ T n˙ G T

(7.86)

Die Stoffmengenbilanz um den gesamten Absorber liefert eine Beziehung f¨ ur die Austrittsbeladung der Fl¨ ussigkeit L L Xaus = Xein +

n˙ G G T (X G − Xaus ) . n˙ LW ein

(7.87)

Gew¨ ohnlich sind die Eintrittsbeladungen und die Mengenstr¨ome des Tr¨ agergases und des Waschmittels sowie die Austrittsbeladung des Gases vorgegeben, sodass aus (7.87) die Austrittsbeladung der Fl¨ ussigkeit berechnet werden kann. Die Energiebilanz um den Absorber lautet G G Q˙ = (n˙ G ˙ LW hL1+X )aus − (n˙ G ˙ LW hL1+X )ein , T h1+X )aus + (n T h1+X )ein − (n

(7.88)

mit G G G ˙ G ˙G , hG 1+X = hT + X hK = H /n T

(7.89)

und hL1+X = hLW + X L hLK = H˙ L /n˙ LW .

(7.90)

¨ Ahnlich wie bei den Gas/Dampf-Gemischen wird auch hier die Enthalpie des gesamten Gasstromes H˙ G auf den konstanten Stoffmengenstrom des Tr¨ agergases und die Enthalpie des gesamten Fl¨ ussigkeitsstromes H˙ L auf den konstanten Stoffmengenstrom des Waschmittels bezogen. Die Gr¨oßen L G L agergases in der hG T , hW , hK und hK sind die partielle molare Enthalpie des Tr¨ Gasphase, die partielle molare Enthalpie des Waschmittels in der fl¨ ussigen Phase, die partielle molare Enthalpie der zu entfernenden Komponente K in der Gasphase und schließlich die partielle molare Enthalpie der Komponente K in der fl¨ ussigen Phase. Zur Auswertung der partiellen molaren Enthalpien benutzen wir die eingef¨ uhrten Stoffmodelle f¨ ur das gasf¨ormige und das fl¨ ussige Gemisch. Das Gasgemisch wird als ideales Gasgemisch, die Fl¨ ussigkeit als ideale L¨ osung bzw. als ideal verd¨ unnte L¨ osung in unsymmetrischer Normierung modelliert. Es gilt also ig hG T = h0T ig hG K = h0K

hLW = hl0W

7.3 Thermische Stoffumwandlungen

505

sowie hLK = h∗K . Die partiellen molaren Enthalpien des Tr¨ agergases und der Komponente K im Gasstrom werden nach den bekannten und einfachen Beziehungen f¨ ur ideale Gasgemische auf die entsprechenden Reinstoffgr¨oßen und damit auf die technischen Variablen Temperatur und Druck zur¨ uckgef¨ uhrt. Die partielle molare Enthalpie des Waschmittels in der fl¨ ussigen L¨ osung ist gleich der Enthalpie des reinen fl¨ ussigen Waschmittels, die partielle molare Enthalpie der Komponente K in der fl¨ ussigen L¨ osung gleich ihrem Wert in dem hypothetisch reinen Grenzzustand bei xK = 1, der durch (∗) gekennzeichnet ist. Die Energiebilanz l¨ asst sich dann schreiben als

G 

 G Q˙ = n˙ G ˙ LW (hL1+X )aus − (hL1+X )ein T (h1+X )aus − (h1+X )ein + n ig ig ig ig ig G G G − h + X (h − h ) + h (X − X ) h = n˙ G T aus 0K,aus aus ein 0T,aus 0T,ein 0K,ein 0K,ein

l  L l L ∗ ∗ ∗ L L + n˙ W h0W,aus − h0W,ein + Xaus (hK,aus − hK,ein ) + hK,ein(Xaus − Xein ) ig G G ig G = n˙ G T cp0T (taus − tein ) + Xaus cp0K (taus − tein )

 L + n˙ LW clp0W (taus − tein )L + Xaus c∗pK (taus − tein )L ig G G ∗ , + n˙ G T (Xaus − Xein ) h0K,ein − hK,ein (7.91) wobei f¨ ur die letzte Form die Mengenbilanz (7.87) benutzt wurde. Der mit ∗ der partiellen molaren L¨ osungsenthalpie (hig 0K,ein − hK,ein ) der Komponente K verbundene Ausdruck liefert einen negativen Beitrag entsprechend einem abzuf¨ uhrenden W¨ armestrom, vgl. Beispiel 4.16. Die Energiebilanz (7.91) kann z.B. dazu benutzt werden, den abzuf¨ uhrenden W¨armestrom f¨ ur eine isotherme Prozessf¨ uhrung, oder die sich ergebende Temperaturerh¨ohung des Systems bei adiabater Prozessf¨ uhrung zu berechnen. F¨ ur eine Gleichgewichtsstufe liefern die Mengenbilanz und die Energiebilanz zu gegebenen Eintrittsbedingungen, also gegebenen Mengenstr¨omen, Beladungen und Temperaturen der eintretenden Stoffstr¨ome, die Mengenstr¨ ome, Temperaturen und Beladungen der austretenden Stoffstr¨ome. Alternativ kann auch an Stelle der Eintrittsbeladung eines Stromes seine Austrittsbeladung vorgegeben sein. Jedenfalls sind die Beladungen zweier Str¨ome als gegeben anzusehen, aus denen die Beladungen der beiden anderen mit Hilfe der Mengenbilanz in Verbindung mit dem Phasengleichgewicht berechnet werden k¨ onnen. F¨ ur eine vorgegebene Reinigung des Gases, die nicht durch eine einzige Gleichgewichtsstufe bew¨ altig werden kann, wird der Absorber aus mehreren u ¨ bereinander angeordneten Stufen zusammen gesetzt, die im Gegenstrom durchstr¨ omt werden. Es ist dann wie zuvor beim K¨ uhlturm eine von Stufe zu Stufe f¨ uhrende Rechnung erforderlich, beginnend mit entweder der

506

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen

untersten oder der obersten Stufe. Zu einer Eintritts- und Austrittsbeladung des Gasstromes sowie einer Eintrittsbeladung des Waschmittels geh¨ort nach der Mengenbilanz um den gesamten Absorber eine Beladung des Waschmittels, das von der untersten Stufe 1 abfließt, vgl. Abb. 7.25. Es steht im Phasengleichgewicht mit dem von dieser Stufe aufsteigenden Gas. Im isothermen Fall kann der Henry-Koeffizient sofort angegeben und damit die Rechnung durchgef¨ uhrt werden. Die der Stufe 1 zufließende, d.h. von der dar¨ uber liegenden Stufe 2 abfließende Fl¨ ussigkeit hat eine kleinere Beladung, die sich aus der Mengenbilanz um die Stufe 1 ergibt. Sie steht im Phasengleichgewicht mit dem von der Stufe 2 aufsteigenden Gas. Die Rechnung wird von Stufe zu Stufe weitergef¨ uhrt, bis die vorgegebene Austrittsbedingung u ¨ berschritten wird. Im adiabaten Fall ist der Temperaturverlauf im Absorber zun¨achst unbekannt. Bekannt sind die Temperaturen der eintretenden Stoffstr¨ome, also des eintretenden Gasstromes und des eintretenden Fl¨ ussigkeitsstromes. Die Temperatur eines der beiden ausstr¨ omenden Stoffstr¨ome wird nun gesch¨atzt und der zugeh¨ orige Henry-Koeffizient bestimmt. Die Rechnung von Stufe zu Stufe wird durchgef¨ uhrt, bis eine vorgegebene Austrittsbedingung u ¨ berschritten ist. Aus der Energiebilanz folgt dann die Eintrittstemperatur des Stoffstromes, dessen Austrittstemperatur zun¨ achst gesch¨atzt wurde. Sie wird in der Regel nicht mit dem gegebenen Wert u ¨bereinstimmen, sodass eine Iteration bez¨ uglich der Temperatur, d.h. eine neue Sch¨ atzung der Austrittstemperatur erforderlich wird. Der Rechengang zur Ermittlung der Anzahl der Gleichgewichtsstufen l¨asst sich grafisch im Beladungsdiagramm darstellen. Die Stoffmengenbilanzen zeigen, dass alle Zust¨ ande im Absorber auf einer Gerade liegen, der so genannten Bilanzgerade, die durch die gegebenen Daten festgelegt ist, vgl. (7.85). Diese Bilanzgerade und die Gleichgewichtslinie des Stoffsystems als grafische Darstellung des Phasengleichgewichts k¨ onnen in das Beladungsdiagramm eingetragen werden, vgl. Abb. 7.27. Kennt man z.B. die Anfangsbeladung des L und die geforderte Reinheit des Gasstroms bei Austritt Waschmittels Xein G , dann l¨ asst sich der entsprechende Punkt der Biaus dem Absorber Xaus lanzgerade im Beladungsdiagramm einzeichnen, vgl. Abb. 7.27. Unbekannt ist zun¨ achst das Verh¨ altnis n˙ G ˙ LW vom Tr¨ agergasstrom zum WaschmittelT /n strom. Wenn man dieses Verh¨ altnis vorgibt, dann folgt aus der Mengenbilanz um den gesamten Absorber f¨ ur eine vorgegebene Beladung des eintretenden Gasstromes die Austrittsbeladung des Waschmittels. Damit liegt der Endpunkt der Bilanzgerade fest, und diese kann ins Beladungsdiagramm eingezeichnet werden. Zur Ermittlung der Anzahl der erforderlichen Gleichgewichtsstufen zeichnen wir nun einen Treppenzug zwischen der Bilanzgerade und der Gleichgewichtslinie ein. Dabei ist es f¨ ur das Ergebnis ohne Belang, ob wir von der obersten Stufe (n) oder der untersten Stufe (1) ausgehen. In der Regel passt ein Treppenzug nicht mit einer ganzen Anzahl von Stufen zwischen die beiden Endzust¨ ande des Absorbers, sodass er je nach Ausgangspunkt etwas unterschiedlich ausf¨ allt. In Abb. 7.27 wurde der Austrittzustand

7.3 Thermische Stoffumwandlungen

507

G

X

G

X

e in

B ila n z g e r a d e

n -3

n -5

n -4

n -2 G

X X

n -1

n -1

G le ic h g e w ic h ts lin ie

G

a u s

X

n

L

e in

X n

L

X

L

n -1

X

L

a u s

X

L

Abb. 7.27. Ermittlung der Gleichgewichtsstufen im Beladungsdiagramm

des Gases als Startpunkt f¨ ur den Treppenzug gew¨ahlt. Das aus der obersten Stufe (n) ausstr¨ omende Gas steht mit der von ihr abfließenden Fl¨ ussigkeit G = XnG die Gleichgewichtskonzenim Phasengleichgewicht. Es ist also Xaus tration zu XnL . Diese Fl¨ ussigkeit mit der Beladung XnL str¨omt ohne stoffliche ¨ Anderung der n¨ achst tiefer liegenden Stufe (n-1) zu. Zwischen den Stufen (n) und (n-1) liegen die Zust¨ ande von Gas und Fl¨ ussigkeit auf der Bilanzgerade. G . In Daher geh¨ ort zu der Fl¨ ussigkeitsbeladung XnL eine Gasbeladung Xn−1 der Stufe (n-1) stellt sich erneut das Phasengleichgewicht der Gasl¨oslichkeit G steht als von der Stufe (n-1) aufsteiein. Der Gasstrom der Beladung Xn−1 gender Gasstrom daher mit der von der Stufe (n-1) abfließenden Fl¨ ussigkeit L im Gleichgewicht. Diese Zust¨ande markieren daher einen der Beladung Xn−1 Punkt auf der Gleichgewichtslinie. Verfolgt man auf diese Weise den Treppenzug weiter, so stellt man fest, dass die unterste Stufe, hier die Stufe (n-5), nur etwa eine halbe Gleichgewichtsstufe sein muss, um f¨ ur eine vorgegebene Beladung des Eingangsstromes auf die berechnete Ausgangsbeladung des Waschmittels zu gelangen. Damit ist die Anzahl der Gleichgewichtsstufen als Maß f¨ ur die erforderliche Gr¨ oße des Apparates ermittelt. F¨ ur eine vorgegebene Absorptionsaufgabe, gekennzeichnet durch die Menge sowie die Ein- und Austrittsbeladung des Tr¨agergasstroms und die Eintrittsbeladung des Waschmittels, l¨ asst sich ein Mindestwaschmittelstrom ermitteln. Er ist dadurch definiert, dass sich f¨ ur die Absorptionsaufgabe eine maximale Beladung des Waschmittels und eine unendliche Zahl von Gleich-

508

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen

G

X

G

X

X

G

X

G

X

a u s

X

G

e in

X

L

X

e in

L

m a x

X

G

e in

a u s

L X

L

e in

X

L

m a x

X

L

Abb. 7.28. Ermittlung des Mindestwaschmittelstroms

gewichtsstufen ergibt. Aus der grafischen Methode zur Ermittlung der Zahl der Gleichgewichtsstufen erkennt man, dass dies f¨ ur den Fall gegeben ist, dass sich Bilanzgerade und Gleichgewichtslinie, je nach Kr¨ ummung der letzG schneiden, vgl. Abb. 7.28. Man findet daraus ten, tangieren oder bei Xein die maximale Beladung des Waschmittels und nach (7.87) den minimalen Waschmittelbedarf. Beispiel 7.13 In einer Absorptionss¨ aule soll aus einem Ammoniak-Luft-Gemisch das Ammoniak teilweise ausgewaschen werden. Der Gasstrom hat einen Stoffmengenstrom des Tr¨ agergases Luft von n˙ G T = 225 kmol/h und eine Eingangsbeladung an Ammoniak G = 0, 05. Das Waschmittel, hier Wasser, hat eine Eingangsbeladung von Xein L an Ammoniak von Xein = 0, 03. Sein Stoffmengenstrom betr¨ agt n˙ L W = 150 L G kmol/h. Das Absorptionsgleichgewicht X = f(X ) sei durch die nachstehende Wertetabelle beschrieben XL XG

0 0

0,04 0,005

0,06 0,01

0,08 0,02

0,09 0,03

0,1 0,05

F¨ ur den Fall, dass 80 % des im Eingangsgas vorhandenen Ammoniaks absorbiert werden sollen, bestimme man die Anzahl der Gleichgewichtsstufen. L¨ osung Die Mengenbilanz um den gesamten Absorber f¨ uhrt auf die Beladung des Waschmittels bei Austritt aus dem Apparat, nach   n˙ G G G T Xein − Xaus L n˙ W 225 (0, 05 − 0, 01) = 0, 09 . = 0, 03 + 150

L L Xaus = Xein +

7.3 Thermische Stoffumwandlungen

509

Die Ermittlung der Stufenzahl startet am unteren Ende des Absorbers, d.h. mit der Stufe 1. Von dieser Stufe steigt ein Gas auf, das mit der austretenden Fl¨ ussigkeit im Phasengleichgewicht steht. Es gilt also

G

0 ,0 5

X

B ila n z lin ie 0 ,0 4

1

0 ,0 3

0 ,0 2 G le ic h g e w ic h ts lin ie

2 0 ,0 1

0 0

0 ,0 4

0 ,0 8

X

0 ,1 2 L

Abb. B 7.13.1. Ermittlung der Stufenzahl im Beladungsdiagramm   L = 0, 09 = 0, 03 . X1G = f X1L = Xaus Die der Stufe 1 von der dar¨ uber liegenden Stufe 2 zufließende Fl¨ ussigkeit hat eine Beladung, die sich aus der Mengenbilanz um die Stufe 1 ergibt bzw. auch allgemein aus der Gleichung f¨ ur die Bilanzgerade (7.87) n˙ G n˙ G G G L T T X − Xein + Xaus 1 n˙ L n˙ L W W = 1, 5 · 0, 03 − 1, 5 · 0, 05 + 0, 09 = 0, 06 .

X2L =

Das von der zweiten Stufe aufsteigende Gas steht im Phasengleichgewicht mit der von ihr abstr¨ omenden Fl¨ ussigkeit. Es gilt also X2G = f (X2L ) = 0, 01 . Diese Beladung entspricht der vorgegebenen Austrittsbeladung, sodass genau zwei Stufen f¨ ur die betrachtete Absorptionsaufgabe erforderlich sind. Abb. B 7.13.1 zeigt die grafische L¨ osung im Beladungsdiagramm. Die Energiebilanz dieses Prozesses f¨ ur isotherme Bedingungen wurde bereits in Beispiel 4.16 behandelt. Der abzuf¨ uhrende W¨ armestrom betr¨ agt danach Q˙ = −85, 5 kW.

510

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen

7.3.4 Die Rektifikation Die thermische Zerlegung eines bin¨ aren fl¨ ussigen Gemisches in seine reinen Komponenten kann prinzipiell durch eine geeignete Hintereinanderschaltung destillativer Trennstufen erfolgen. Eine solche Schaltung ist in Abb.7.29 zusammen mit dem zugeh¨ origen Siedediagramm erl¨autert. Es werden Gleichge. n 'p ' , x ' 2 ' 2 x '1 ' 1 . n ' F , x 'F

x 2' = x ' 0 '

x '0 ' 0

x 1 ' = x ' - ' 1 = x F'

x ' - '2

t

x -' 1

t 0

t

x - ' 1 ' = x 1 ' = x F'

x '0

2

-2 -2

x '1 ' x F' = x ' 1

x '2 '

p = c o n s t.

x -' 2' = x 0 ' x '- 1

x '0 '

x '2

-1

x '0

x ' - '1

x '- 2

0 . n ' W , x '- 2

0 ,5

1 ,0

x ',x ''

Abb. 7.29. Trennkaskade aus mehreren Destillationsstufen

wichtsprozesse, d.h. Gleichgewichtsstufen betrachtet. Ausgehend von der Zulauftrennstufe (0) sind in der schematischen Darstellung die weiteren Trennstufen rechts dar¨ uber bzw. darunter angeordnet. In der Stufe 0 wird der ussigkeit mit der Zusammensetzung xF sein Zulauf n˙ F , der eine siedende Fl¨ m¨ oge, durch Destillation in einen Dampf der Zusammensetzung x0 und eine Fl¨ ussigkeit der Zusammensetzung x0 getrennt. Der aus der Stufe (0) aufsteigende Dampf mit der Zusammensetzung x0 wird vor der Einspeisung in die Stufe (1) zun¨ achst vollst¨ andig kondensiert und daher bei geeigneter Prozessf¨ uhrung identisch mit dem ebenfalls der Stufe (1) zulaufenden fl¨ ussigen Strom aus der Stufe (2) mit der Zusammensetzung x2 . Dieser Gesamtstrom wird in der Stufe (1) einer stetigen Teilverdampfung unterzogen, als deren Erussigkeitsstrom gebnis ein Dampfstrom der Zusammensetzung x1 und ein Fl¨ der Zusammensetzung x1 gebildet werden, die miteinander im Gleichgewicht stehen. Der Dampfstrom mit der Zusammensetzung x1 wird total kondensiert und anschließend einer weiteren Teilverdampfung zugef¨ uhrt. Entsprechende Trennstufen (-1) und (-2) reichern den aus der Zulaufstufe (0) ablaufenden Fl¨ ussigkeitsstrom mit der Zusammensetzung x0 an schwerersiedender Komponente an. Durch diese Trennkaskade entstehen aus einem Eduktstrom n˙ F mit der Zusammensetzung xF insgesamt ein Produktstrom n˙ P mit der Zusam-

7.3 Thermische Stoffumwandlungen

511

mensetzung x2 und ein R¨ uckstandstrom n˙ W mit der Zusammensetzung x−2 . Bei Einsatz gen¨ ugend vieler Trennstufen l¨ asst sich prinzipiell eine Zerlegung des bin¨ aren Gemisches in seine Komponenten erreichen. In Abb. 7.30 ist eine destillative Trennkaskade schematisch als eine Serie u ¨ bereinander angeordneter Trennstufen dargestellt, einschließlich der jeweils zu- bzw. abzuf¨ uhrenden ussigkeit W¨ armestr¨ ome Q˙ H bzw. Q˙ K . Der Teil der Trennkaskade, in dem Fl¨ und Dampf in allen Stufen reicher an leichtersiedender Komponente als der Zulauf sind, wird als ihr Verst¨ arkungsteil bezeichnet. Er liegt in der Darstellung der Abb. 7.30 oberhalb der Zulaufstufe. Analog liegen unterhalb der

. n 'P ' x '2 '

. Q

H ,2

H ,1

. n ' F , x F' . Q H ,0 Q

x '1

Q

.

0

K ,0

x '- 1

x '- '2

H ,-2

. Q

x '- '1

-1

V e r s tä r k u n g s te il

Q

x '0 '

H ,-1

.

K ,1

1

x '0

.

. Q

x '1 '

x '2

. Q

2

Q

K ,-1

A b tr ie b s te il

. K ,-2

-2 x '- 2

. n 'W

Abb. 7.30. Destillative Trennkaskade (schematisch)

Zulaufstufe diejenigen Trennstufen, in denen Dampf und Fl¨ ussigkeit stets armer an leichtersiedender Komponente sind als der Zulauf. Dieser Teil der ¨ Trennkaskade einschließlich der Zulaufstufe selber wird als ihr Abtriebsteil bezeichnet. Eine solche Prozessf¨ uhrung ist energetisch und auch apparativ nicht optimal. Wie man aus dem Siedediagramm der Abb. 7.29 erkennt, k¨onnten die bei der Totalkondensation der D¨ ampfe abzuf¨ uhrenden W¨armestr¨ome zur Verdampfung der Fl¨ ussigkeiten genutzt werden. So ist es naheliegend, den

512

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen

von der Stufe (0) aufsteigenden Dampf der Zusammensetzung x0 und der Temperatur t0 in der Stufe (1) ohne vorherige Totalkondensation mit der der Stufe (1) zulaufenden Fl¨ ussigkeit der Zusammensetzung x2 und der niedrigeren Temperatur t2 in thermischen und stofflichen Kontakt zu bringen. Beide Str¨ ome sind dann bestrebt, sich ins thermodynamische Gleichgewicht zu setzen. In einem Gleichgewichtsprozess wird tats¨ achlich eine Gleichgewichtsstufe realisiert, sodass als Ergebnis des thermischen und stofflichen Kontakts ein ussigkeit mit der ZusamDampf mit der Zusammensetzung x1 und eine Fl¨ mensetzung x1 die Stufe (1) verlassen. Die bei der Kondensation eines Teils des Dampfstromes freiwerdende W¨ arme wird zur Verdampfung eines Teils des Fl¨ ussigkeitsstromes genutzt. Dies ist das Prinzip der Rektifikation. Bei geeigneter Prozessf¨ uhrung kann die Trennstufe adiabat, d.h. ohne W¨armezufuhr arbeiten. Abb. 7.31 zeigt den schematischen Aufbau einer Rektifiziers¨aule mit Verst¨ arkungsteil und Abtriebsteil. Der Zulaufmengenstrom n˙ F mit der Zu-

.

n 'K ' x '2 '

n 'R K o p f

x 'P

2 x '1 '

.

. n P ' , x 'P , t

I K

P

x '2 V e r s tä r k u n g s te il

1 . n F ' , x 'F

IQ

.

x '1

x '0 '

0 x '- '1

x '0

A b tr ie b s te il

-1 x '- 1

x '- '2

Q

-2 .

. n 'S '

S u m p f

-3

H

. n 'W , x ' W , t

. n 'S

W

Abb. 7.31. Rektifiziers¨ aule (schematisch)

sammensetzung xF wird der Trennstufe (0) zugef¨ uhrt. Dort wird durch Teilkondensation des von unten zustr¨ omenden Dampfes der Zusammensetzung x−1 soviel W¨ arme freigesetzt, dass aus diesem Dampf, dem Zulauf und der von oben zustr¨ omenden Fl¨ ussigkeit der Zusammensetzung x1 ein

7.3 Thermische Stoffumwandlungen

513

Dampf mit der Zusammensetzung x0 und eine Fl¨ ussigkeit mit der Zusammensetzung x0 gebildet werden und die Stufe verlassen. Unter der Voraussetzung, dass die Stufe (0) eine Gleichgewichtsstufe ist, stehen der aufsteigende Dampf mit der Zusammensetzung x0 und die abfließende Fl¨ ussigkeit mit der Zusammensetzung x0 miteinander im thermodynamischen Gleichgewicht. In den aufeinander folgenden Stufen des Verst¨arkungsteils reichert sich der aufsteigende Dampf auf jeder Stufe durch analoge Prozesse weiter mit leichtersiedender Komponente an. Der aus dem Kopf der Kolonne aufsteigende Dampf (K) wird unter Abfuhr des W¨armestroms Q˙ K total kondensiert und in einen R¨ ucklaufstrom (R) sowie einen Produktstrom (P) getrennt. Der siedende Produktstrom n˙ P wird aus der Kolonne ausgeschleust, der siedende R¨ ucklaufstrom n˙ R bildet die im Gegenstrom zum aufsteigenden Dampf herabstr¨ omende Fl¨ ussigkeit, aus der in den nachfolgenden Stufen von oben nach unten bevorzugt leichtersiedende Komponente ausgetrieben und mit dem Dampfstrom an den Kopf der Kolonne transportiert wird. Die Fl¨ ussigkeit staut sich im Sumpf der Rektifiziers¨aule. Aus dem Sumpf uhrt und dort unter wird ein siedender Strom n˙ S einem Verdampfer zugef¨ Zufuhr des W¨ armestroms Q˙ H teilweise verdampft. Der erzeugte ges¨attigte Dampf n˙ S bildet den aufsteigenden Dampf, der siedende Teilstrom n˙ W wird als R¨ uckstandstrom (w = waste) aus dem Prozess ausgeschleust. Der Verdampfer arbeitet als weitere Gleichgewichtsstufe, da die Str¨ome n˙ S und n˙ W miteinander im thermodynamischen Gleichgewicht stehen. In vielen F¨allen utzlicher Strom, sodass man allgemein vom Sumpfprodukt ist n˙ W auch ein n¨ spricht. Die thermodynamische Analyse der Rektifikation st¨ utzt sich wieder auf die Materiemengenbilanz, die Energiebilanz und die Entropiebilanz. Die stoffliche Auswertung der Entropiebilanz in Verbindung mit dem 2. Hauptsatz f¨ uhrt die Gleichgewichtsbedingung und damit die Beschr¨ankung des 2. Hauptsatzes bez¨ uglich der Stoffumwandlung ein. Ihre energetische Auswertung erlaubt dar¨ uber hinaus die energetische Bewertung des Prozesses. Wir werten hier insbesondere die Materiemengenbilanz und die Energiebilanz aus. Ziel ist die Ermittlung der beteiligten Stoffmengenstr¨ome, der zu transferierenden W¨ armestr¨ ome sowie die Berechnung der Trennstufenzahl als Maß f¨ ur die Gr¨ oße des Apparates. Die Energie- und Stoffumwandlungen auf den einzelnen Trennstufen werden dazu als Gleichgewichtsprozesse modelliert. Aus der Gesamtmengen- und Teilmengenbilanz der leichtersiedenden Komponente f¨ ur den Gesamtapparat k¨ onnen zun¨achst die Stoffmengenstr¨ome des Produkts bzw. des R¨ uckstands ermittelt werden, vgl. Abb. 7.31. Mit n˙ F = n˙ P + n˙ W und n˙ F xF = n˙ P xP + n˙ W xW ergibt sich

514

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen

n˙ P = n˙ F

xF − xW xP − xW

(7.92)

sowie n˙ W = n˙ F − n˙ P .

(7.93)

Dies sind bei bekannten Stoffmengenanteilen in Produkt und R¨ uckstand, sowie bei bekanntem Stoffmengenstrom und Stoffmengenanteil des Zulaufs, zwei Gleichungen f¨ ur die Stoffmengen des Produkt- und R¨ uckstandstromes. F¨ ur die Betrachtung der Stoffstr¨ ome innerhalb der Rektifiziers¨aule ist es sinnvoll, die Anlage gedanklich einmal oberhalb (Bilanzgebiet I) und ein zweites Mal unterhalb des Zulaufs (Bilanzgebiet II) aufzuschneiden, vgl. Abb. 7.32. So ergibt sich f¨ ur die partielle Mengenbilanz der leichtersiedenden Kom-

. n R ' , x 'R

. n K' ' , x ' K '

B ila n z g e b ie t I

. n ' F , x 'F

. n V ' , x 'V

. n 'V ' , x 'V '

. n A ' , x 'A

. n 'A ' , x 'A '

B ila n z g e b ie t II

Abb. 7.32. Bilanzgebiete zur Ableitung der Bilanzlinien

ponente im Bilanzgebiet I, also im Bilanzgebiet oberhalb des Zulaufs, n˙ V xV = n˙ V xV + n˙ K xK − n˙ R xR = n˙ V xV + n˙ P xP , wobei von n˙ P xP = n˙ K xK − n˙ R xR Gebrauch gemacht wurde, vgl. Abb. 7.31. Durch Umstellen dieser Gleichung folgt als Beziehung zwischen den Stoffmengenanteilen der leichtersiedenden Komponente in Dampf und Fl¨ ussigkeit im Verst¨arkungsteil der Anlage xV =

n˙ V  n˙ P xP x + . n˙ V V n˙ V

(7.94)

7.3 Thermische Stoffumwandlungen

515

Eine analoge Beziehung mit einem zus¨ atzlichen Term f¨ ur den Zulauf erh¨alt man aus der Mengenbilanz im Bilanzgebiet II f¨ ur die Stoffmengenanteile im Abtriebsteil, nach xA =

n˙ A  n˙ P xP − n˙ F xF x + . n˙ A A n˙ A

(7.95)

Diese beiden Gleichungen beschreiben die so genannten Bilanzlinien der Anlage. Die Mengenstr¨ ome sind bei der Rektifikation grunds¨atzlich von der Zusammensetzung abh¨ angig und die Beziehungen daher nicht linear. Um diese Abh¨ angigkeiten zu bestimmen, muss die Energiebilanz ausgewertet werden. Hierzu wird ein internes Bilanzgebiet gem¨aß Abb. 7.33 betrachtet. Die Gesamtmengenbilanz, die Teilmengenbilanz der leichtersieden-

. n b' , x b' , h b '

. n b ' ' , x 'b ' , h ' b ' b

. n a' , x a' , h a '

a

. n a ' ' , x 'a ' , h ' a '

Abb. 7.33. Internes Bilanzgebiet

den Komponente und die Energiebilanz f¨ uhren auf die Bilanzgleichungen n˙ b + n˙ a = n˙ a + n˙ b , n˙ b xb + n˙ a xa = n˙ a xa + n˙ b xb , und n˙ b hb + n˙ a ha = n˙ a ha + n˙ b hb . In der Energiebilanz wurde ber¨ ucksichtigt, dass das Bilanzgebiet zwischen a und b insgesamt adiabat ist, dass also w¨ ahrend des kombinierten W¨armeund Stoff¨ ubergangs keine W¨ arme zu- oder abgef¨ uhrt wird. Zur Auswertung der molaren Enthalpie h in der Energiebilanz wird das Stoffmodell “Ideales System“ gew¨ ahlt. Danach ist die Gasphase ein ideales Gasgemisch und die fl¨ ussige Phase eine ideale L¨ osung. Werden die Enthalpien der reinen fl¨ ussigen Komponenten nach dem Stoffmodell der idealen Fl¨ ussigkeit ausgewertet, dann ergibt sich f¨ ur die Energiebilanz im betrachteten Bilanzgebiet

516

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen

  /  0  ig n˙ (1 − x )hif01 + x hif02 a + n˙  (1 − x )hig + x h 01 02 b   0 /   if  if   ig  ig = n˙ (1 − x )h01 + x h02 b + n˙ (1 − x )h01 + x h02

.

a

¨ Unter Vernachl¨assigung der Anderungen der Reinstoffenthalpien mit der Temperatur zwischen den Bilanzstellen a und b l¨asst sich die Energiebilanz schreiben als ˙  (1 − x )] + hig ˙  x ] , hif01 Δ [n˙  (1 − x )] + hif02 Δ [n˙  x ] = hig 01 Δ [n 02 Δ [n wobei Δ die Differenz des nachstehenden, in eckigen Klammern gesetzten Ausdrucks zwischen den beliebigen Stellen a und b bedeutet. Die Annahme ortlich konstanter Reinstoffenthalpie f¨ uhrt in der Regel nicht zu großen Feh¨ lern, da die Ver¨anderung der Enthalpie mit der Temperatur zwischen zwei Orten in der Rektifizierkolonne in der Regel klein im Vergleich zur Enthalpie¨ anderung bei Verdampfung und Kondensation ist. Die Mengenbilanzen f¨ ur die beiden Komponenten lauten in derselben Notation Δ [n˙  x ] = Δ [n˙  x ] und Δ [n˙  (1 − x )] = Δ [n˙  (1 − x )] . Sie bringen zum Ausdruck, dass in Abwesenheit von chemischen Reaktionen die Stoffmengenstr¨ ome jeder Komponente insgesamt w¨ahrend der Stoffumwandlung erhalten bleiben, auch wenn sie sich unterschiedlich auf die Phasen des Dampfes und der Fl¨ ussigkeit verteilen. Setzt man die Mengenbilanzen in die Energiebilanz ein, so ergibt sich r01 Δ [n˙  · (1 − x )] = −r02 Δ [n˙  x ] , mit r01 und r02 als den molaren Verdampfungsenthalpien der beiden Komif ponenten, d.h. r01 = hig ur r02 . 01 − h01 und einer entsprechenden Beziehung f¨ Hierbei wurde die schwache Druckabh¨ angigkeit der Enthalpie einer idealen Fl¨ ussigkeit vernachl¨ assigt. Unter Ber¨ ucksichtigung der partiellen Stoffmengenbilanzen wird daraus r01 Δn˙ 1 = −r02 Δn˙ 2 ,

(7.96)

ussige Phawobei sich Δn˙ 1 und Δn˙ 2 entweder auf die Gasphase oder auf die fl¨ se beziehen k¨ onnen. Damit l¨ asst (7.96) als kombinierte Energie- und Mengenbilanz erkennen, dass das Verh¨ altnis zwischen der Zunahme des Stoffmengenstroms der Komponente 2 und der Abnahme des Stoffmengenstroms der Komponente 1 in einer Phase gleich dem Verh¨altnis der molaren Verur gleiche molare Verdampfungsenthalpidampfungsenthalpien r01 /r02 ist. F¨ en w¨ urde dies bedeuten, dass die Zunahme der Komponente 2 im Dampf

7.3 Thermische Stoffumwandlungen

517

gleich der Abnahme der Komponente 1 im Dampf ist, mit der analogen Aussage auch f¨ ur die Fl¨ ussigkeit. Somit w¨ urden sich die gesamten Stoffmengenstr¨ ome von Dampf und Fl¨ ussigkeit in der Rektifiziers¨aule nicht ¨andern und die Bilanzlinien nach (7.94) und (7.95) w¨ urden zu Geraden. Da sich tats¨ achlich die molaren Verdampfungsenthalpien der meisten Stoffe nicht sehr stark unterscheiden, kommt diesem einfachen Sonderfall neben seiner ¨ Uberschaubarkeit auch eine reale Bedeutung zu. Die folgenden Ableitungen machen von dieser Vereinfachung Gebrauch. Die Energiebilanz innerhalb der Kolonne ist damit f¨ ur konstante Werte von n˙ V /n˙ V bzw. n˙ A /n˙ A bereits in die Bilanzlinien, die die Mengenbilanzen wiedergeben, eingearbeitet. Mit dem so genannten R¨ ucklaufverh¨ altnis ν=

n˙ R n˙ P

(7.97)

folgt f¨ ur die konstanten Stoffmengenstr¨ ome im Verst¨arkungsteil, vgl. Abb. 7.32, n˙ V = n˙ R = ν n˙ P

(Fl¨ ussigkeitsbilanz)

(7.98)

und n˙ V = n˙ K = n˙ R + n˙ P = n˙ P (1 + ν)

(Dampfbilanz) .

(7.99)

F¨ ur die Mengenbilanzen der fl¨ ussigen und dampff¨ormigen Phasen im Abtriebsteil ergeben sich analoge Gleichungen zu (7.98) und (7.99), nach n˙ A = (1 + v)n˙ P

(Dampfbilanz)

(7.100)

(Fl¨ ussigkeitsbilanz) ,

(7.101)

und n˙ A = ν n˙ P + n˙ F

wobei der Zulauf als siedende Fl¨ ussigkeit angenommen wurde. Die Bilanzlinien lassen sich grafisch im Gleichgewichtsdiagramm darstellen. Der G¨ ultigkeitsbereich der Abtriebslinie ist zu niedrigen Stoffmengenanteilen der leichter siedenden Komponente durch die R¨ uckstandzusammensetzung xA = xW begrenzt. Die zugeh¨orige Dampfzusammensetzung ergibt sich mit n˙ P xP − n˙ F xF = −n˙ W xW sowie n˙ A − n˙ W = n˙ A durch Einsetzen in (7.95) zu

518

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen

1

G le ic h g e w ic h ts lin ie

x ''

x V' ' = x P '

V e r s tä r k u n g s lin ie

x 'A ' = x ' V '

A b tr ie b s lin ie

p = c o n s t. x 'A ' = x ' W 0

0 x 'W

x 'A = x ' V = x ' F

x '

x 'P 1

Abb. 7.34. Verst¨ arkungs- und Abtriebslinie im Gleichgewichtsdiagramm

xA = xW . Damit ist der untere Endpunkt der Abtriebslinie ein Schnittpunkt mit der Diagonale des Diagramms, vgl. Abb. 7.34. Analog ergibt sich f¨ ur die Verst¨ arkungslinie als obere Grenze die Zusammensetzung des Kopfproduktes, d.h. xV = xP . Mit n˙ V + n˙ P = n˙ V folgt durch Einsetzen in Gleichung (7.94) xV = xP , womit auch der obere Endpunkt der Verst¨ arkungslinie ein Schnittpunkt mit der Diagonale ist, vgl. Abb. 7.34. Die obere Grenze der Abtriebslinie ergibt sich als Schnittpunkt mit der Verst¨ arkungslinie. F¨ ur xV = xA = xF findet man aus (7.94) und (7.95) xA = xV ,

7.3 Thermische Stoffumwandlungen

519

d.h. die x -Koordinate des Schnittpunktes ist der Stoffmengenanteil des siedenden Zulaufs. Die Vorgaben zur Ermittlung der Anzahl der Gleichgewichtsstufen sind der Mengenstrom und der thermodynamische Zustand des Zulaufs sowie die Zusammensetzungen des Produkts xP und des Sumpfprodukts xW . Das R¨ ucklaufverh¨ altnis ist grunds¨ atzlich ein in gewissen Grenzen w¨ahlbarer Parameter, der f¨ ur einen konkreten Rechengang ebenfalls vorgegeben wird. Die Temperatur ¨ andert sich zwar nach Maßgabe des Stoffumsatzes u ¨ ber der H¨ohe der Rektifiziers¨ aule. Beim Verdampfungsgleichgewicht sind jedoch der Verlauf der Zusammensetzung des bin¨ aren Gemisches und der Temperaturverlauf nicht unabh¨ angig voneinander. F¨ ur die Anwendung des Gleichgewichtsstufenkonzeptes auf die Rektifikation hat dies zur Folge, dass keine Iteration u ¨ ber den Gesamtapparat erforderlich ist, da nicht nur die Zusammensetzungen am Ausgang gegeben sind, sondern damit auch die Temperaturen der Stoffstr¨ome festliegen. Im Allgemeinen wird der Zulauf in einem thermodynamischen Zustand zugef¨ uhrt, der nicht genau dem einer Stufe entspricht. Zur einfacheren Erl¨ auterung wird hier demgegen¨ uber angenommen, dass der Zulauf gerade siedend und mit der Temperatur eines Bodens, des Zulaufbodens (0), in die Kolonne eintritt. Die Rechnung wird dann vom Zulaufboden gestartet. Aus den vorgegebenen Daten berechnet man zun¨ achst die Stoffmengenstr¨ome von Produkt, Kopfprodukt, R¨ ucklauf und Sumpfprodukt. Aus der bekannten Zusammensetzung des Zulaufs folgen die Stoffmengenanteile der von der Stufe (0) ablaufenden siedenden Fl¨ ussigkeit und des von der Stufe (0) aufsteigenden ges¨ attigten Dampfes, sowie die Temperatur der Stufe aus der Beziehung f¨ ur das Verdampfungsgleichgewicht. Die von Stufe (1) abstr¨omende siedende Fl¨ ussigkeit und der von der Stufe (0) aufsteigende ges¨attigte Dampf sind durch die Gleichung f¨ ur die Verst¨ arkungslinie miteinander verkn¨ upft. Daraus folgt die Zusammensetzung der von der Stufe (1) abstr¨omenden Fl¨ ussigkeit. Analog wird die Rechnung von Stufe zu Stufe in der Verst¨arkungss¨aule fortgesetzt, bis bei der obersten Stufe der vorgegebene Stoffmengenanteil des Produkts erreicht oder u ¨ berschritten wird. Dann wird die Rechnung abgebrochen. In der Abtriebss¨ aule wird auf analoge Weise ausgehend von der Zulaufstufe die Stufenzahl bis zum vorgegebenen Stoffmengenanteil des Sumpfprodukts ermittelt. asst sich grafisch im Gleichgewichtsdiagramm, vgl. Abb. Der Rechengang l¨ 7.35, darstellen. Man spricht vom McCabe-Thiele-Diagramm. Die Stufenkonstruktion entspricht der f¨ ur die Absorption. Ausgehend von den Stoffmengenanteilen des Dampfes bzw. der Fl¨ ussigkeit auf dem Zulaufboden werden Treppenz¨ uge zwischen Bilanzgeraden und Gleichgewichtslinie im Verst¨arkungsund Abstriebsteil gelegt, aus denen sich die Anzahl der erforderlichen Stufen ergibt. Das Ergebnis h¨ angt sensibel vom genauen Verlauf des Verdampfungsgleichgewichts ab. Der Verlauf der Bilanzlinien ist vom gew¨ahlten R¨ ucklaufverh¨altnis abh¨ angig. Dieses R¨ ucklaufverh¨ altnis ist durch zwei Eckwerte begrenzt.

520

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen 3

x ''

2 1

0 -1 -2

p = c o n s t. x 'W

x 'F

x '

x 'P

Abb. 7.35. McCabe-Thiele-Verfahren

Zun¨ achst kann man die Kolonne in totalem R¨ ucklauf betreiben, d.h. u ¨berhaupt kein Produkt entnehmen. In diesem Fall wird das ur ν → ∞ falR¨ ucklaufverh¨ altnis unendlich groß und wegen xV = xV f¨ len Verst¨ arkungsgerade und Abtriebsgerade mit der Diagonale des Gleichgewichtsdiagramms zusammen, vgl. Abb. 7.36 a). Die vorgegebene Trennauf-

x 2' , x ' 2 ' a )

T o ta le r R ü c k la u f

x 2' , x ' 2 ' b )

M in d e s tr ü c k la u f

Abb. 7.36. Grenzf¨ alle des R¨ ucklaufverh¨ altnisses

gabe f¨ uhrt dann zu einer minimalen Anzahl an theoretischen Trennstufen. Zu kleinen Werten ist das R¨ ucklaufverh¨ altnis dadurch begrenzt, dass die er-

7.3 Thermische Stoffumwandlungen

521

forderliche Anzahl theoretischer Trennstufen f¨ ur eine gegebene Trennaufgabe unendlich groß wird. Dies ist dann der Fall, wenn sich Verst¨arkungsgerade und Abtriebsgerade auf der Gleichgewichtskurve schneiden, vgl. Abb. 7.36 b). Dann gilt xV = xF und xV = xF , mit xF als dem Stoffmengenanteil der leichtersiedenden Komponente im siedenden Zulauf und xF als dem zugeh¨ origen Gleichgewichtswert im Dampf. Als minimaler Wert des R¨ ucklaufverh¨ altnisses folgt damit aus (7.94) mit (7.98) und (7.99) νmin =

xP − xF . xF − xF

(7.102)

Das tats¨ achlich gew¨ ahlte R¨ ucklaufverh¨ altnis muss zwischen dem Wert unendlich und dem Mindestr¨ ucklaufverh¨ altnis liegen. Es bestimmt die H¨ohe der S¨ aule sowie die Mengenstr¨ ome und ist daher aus einer wirtschaftlichen Gesamtoptimierung zu ermitteln. In einer vorgegebenen Rektifiziers¨aule l¨asst sich durch eine Ver¨ anderung des R¨ ucklaufverh¨ altnisses die Produktqualit¨at variieren. Die zu- bzw. abzuf¨ uhrenden W¨ armestr¨ ome folgen aus Energiebilanzen um die betrachteten Teilsysteme. F¨ ur die gesamte Rektifizieranlage folgt aus der Energiebilanz Q˙ H − |Q˙ K | = n˙ W hW + n˙ P hP − n˙ F hF .

(7.103)

Unterstellt man f¨ ur die fl¨ ussigen Gemische wieder das Stoffmodell “Ideale L¨ osung“ mit den Enthalpien der fl¨ ussigen Reinstoffe nach dem Stoffmodell der idealen Fl¨ ussigkeit, so schreibt sich die Energiebilanz um die gesamte Anlage unter der Annahme eines siedenden fl¨ ussigen Zulaufs 

Q˙ H − |Q˙ K | = n˙ W (1 − xW )hif01 (tW ) + xW hif02 (tW )

 + n˙ P (1 − xP )hif01 (tP ) + xP hif02 (tP )

 − n˙ F (1 − xF )hif01 (tF ) + xF hif02 (tF ) . Nach Umrechnen aller Enthalpien auf die einheitliche Temperatur tF des Zulaufs und Einf¨ uhren der Mengenbilanzen wird daraus

 Q˙ H − |Q˙ K | = n˙ W (1 − xW )cif01 + xW cif02 (tW − tF )

 + n˙ P (1 − xP )cif01 + xP cif02 (tP − tF ) . (7.104) Vernachl¨ assigt man die Temperaturunterschiede zwischen Zulauf, Produkt und Sumpfprodukt, d.h. (tW − tF ) ≈ 0

522

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen

und (tP − tF ) ≈ 0 , dann folgt Q˙ H − |Q˙ K | = 0 , d.h. die Rektifizieranlage h¨ atte dann keinen Netto-Energiebedarf. Der Bedarf des Verdampfers m¨ usste sich aus der W¨armeabgabe des Kondensators befriedigen lassen. Tats¨ achliche Rektifizieranlagen weisen eine Temperatur¨ anderung entlang der S¨ aule auf. Wenn eine Rektifiziers¨aule ein bin¨ares Gemisch in seine reinen Komponenten zerlegt, dann ist tW > tF die Siedetemperatur der reinen schwerersiedenden Komponente und tP < tF die niedrigere Siedetemperatur der reinen leichtersiedenden Komponente, vgl. das Siedediagramm in Abb. 7.29. Es ergibt sich also ein Netto-W¨armebedarf. Allerdings ist dieser Netto-W¨ armebedarf klein im Vergleich zu den W¨armestr¨omen Q˙ H ˙ und QK , deren Gr¨ oßen im Wesentlichen durch die hohen Verdampfungsenthalpien der Komponenten bestimmt werden. Praktisch kann die im Kondensator abgef¨ uhrte W¨ arme nicht ohne weiteres als Heizw¨arme genutzt werden, da die Kondensationstemperatur am Kolonnenkopf niedriger als die Verdampfungstemperatur im Kolonnensumpf ist. F¨ ur die dem Kondensator zu entziehende W¨arme ergibt sich |Q˙ K | = n˙ K hK − n˙ R hR − n˙ P hP . Der aus dem Kondensator austretende fl¨ ussige Stoffstrom wird in den Produktstrom n˙ P und den R¨ ucklaufstrom n˙ R aufgespalten, d.h. n˙ K = n˙ R + n˙ P . Beide haben dieselbe Enthalpie hP , sodass folgt |Q˙ K | = n˙ K (hK − hP ) = n˙ P (ν + 1)(hK − hP ) . Unter Annahme der thermodynamischen Modelle “Ideales Gasgemisch“ f¨ ur den Kopfdampf und “Ideale L¨ osung“ f¨ ur das Produkt gilt somit    ig  if  if |Q˙ K | = n˙ P (ν + 1) (1 − xK )hig . 01 + xK h02 − (1 − xP )h01 + xP h02 Da bei der vollst¨andigen Kondensation im Kondensator xK = xP gilt, erh¨alt man schließlich bei Vernachl¨ assigung des Temperaturunterschiedes zwischen ges¨ attigtem Kopfdampf und siedendem Produkt im Vergleich zur Verdampfungsenthalpie |Q˙ K | = n˙ P (ν + 1) [(1 − xP )r01 + xP r02 ] ,

(7.105)

mit r01 , r02 als den mittleren molaren Verdampfungsenthalpien der reinen Komponenten 1 und 2 im Temperaturbereich der Kondensation.

7.3 Thermische Stoffumwandlungen

523

Beispiel 7.14 Eine ideale L¨ osung aus den Komponenten 1 und 2 (n˙ F = 50 kmol/h, xF = 0, 3) wird einer Rektifizieranlage zugef¨ uhrt und bei p = 1 bar in ein Produkt (xP =  0,95) und einen R¨ uckstand (xW = 0,05) getrennt. Die Stoffmengenanteile beziehen sich auf die Komponente 2. Das R¨ ucklaufverh¨ altnis betr¨ agt ν = 1, 6. Man berechne die Stoffmengenstr¨ ome von Produkt, Kopfprodukt, R¨ ucklauf und R¨ uckstand sowie die Anzahl der erforderlichen Gleichgewichtsstufen f¨ ur den Fall, dass der Zulauf eine siedende Fl¨ ussigkeit ist. Welche W¨ armestr¨ ome sind im Verdampfer zu- bzw. im Kondensator abzuf¨ uhren? Die Daten des Verdampfungsgleichgewichts sind in nachstehender Tabelle zusammengestellt (p = 1 bar) T /K 300 305 310 315 320 325 330 335 340 345 350

x 1 0,8116 0,6544 0,5223 0,4105 0,3152 0,2334 0,1628 0,1013 0,0475 0

x 1 0,9571 0,9053 0,8433 0,7699 0,6835 0,5827 0,4658 0,3310 0,1764 0

F¨ ur die molaren Verdampfungsenthalpien gilt r01 = 40572 kJ/kmol , r02 = 35168 kJ/kmol . Die molaren W¨ armekapazit¨ aten betragen cif01 = 75, 6

kJ kJ , cif02 = 68, 8 . kmol K kmol K

L¨ osung F¨ ur die zu berechnenden Stoffmengenstr¨ ome ergibt sich n˙ P = n˙ F

kmol 0, 3 − 0, 05 xF − xW = 13, 889 , = 50 xP − xW 0, 95 − 0, 05 h

kmol , h kmol n˙ R = ν n˙ P = 1, 6 · 13, 889 = 22, 222 , h und schließlich

n˙ W = n˙ F − n˙ P = 50 − 13, 889 = 36, 111

n˙ K = n˙ P (1 + ν) = 36, 114

kmol . h

Die Berechnung der Stufenzahl beginnt mit dem Zulaufboden, d.h. der Stufe (0). Wir kennen die Zusammensetzung der von dieser Stufe abfließenden Fl¨ ussigkeit,

524

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen

d.h. den Stoffmengenanteil der siedenden Fl¨ ussigkeit x0 = xF = 0, 3. Durch lineare Interpolation in der Tabelle des Verdampfungsgleichgewichts finden wir als die Temperatur dieser Stufe und als den Stoffmengenanteil des von ihr aufsteigenden Dampfes T0 = 325, 93 K , und x0 = 0, 6648 . Der Stoffmengenanteil der von der Stufe 1 abfließenden Fl¨ ussigkeit ergibt sich aus der Verst¨ arkungslinie x0 =

ν n˙ P n˙ P xP x1 + = 0, 6154 · x1 + 0, 3654  (1 + ν)n˙ P (1 + ν)n˙ P

zu x1 =

0, 6648 − 0, 3654 = 0, 4865 . 0, 6154

Da auch die erste Stufe eine Gleichgewichtsstufe ist, lassen sich die Temperatur T1 und der Stoffmengenanteil x1 aus den Gleichgewichtsdaten ermitteln zu T1 = 316, 60 K , und x1 = 0, 8198 . Aus der Bilanzlinie folgt nun x2 = 0, 7384 . In dieser Weise wird die Rechnung von Stufe zu Stufe der Verst¨ arkungss¨ aule weiter gef¨ uhrt bis bei der obersten Stufe mit x ≥ xP die geforderte Produktqualit¨ at erreicht bzw. u aule ergibt sich der ¨ berschritten ist. Im Abtriebsteil der Rektifiziers¨ Stoffmengenanteil des einer Stufe zustr¨ omenden Dampfes aus dem Abtriebsteil der Bilanzlinie. So gilt f¨ ur die Stufe unter der Zulaufstelle x−1 = =

n˙ A  n˙  x − n˙  x x + P P  F F  0 n˙ A n˙ A ν n˙ P + n˙ F  n˙  x − n˙ F xF x0 + P P  (1 + ν)n˙ P (1 + ν)n˙ P

= 2, 000x0 − 0, 050 = 0, 55 . In analoger Weise ist f¨ ur die weiteren Stufen zu verfahren, bis der Stoffmengenanteil des R¨ uckstands den vorgegebenen Wert unterschreitet. Die Ergebnisse sind in der nachstehenden Tabelle zusammengestellt. Die entsprechende grafische Ermittlung der theoretischen Stufenzahl zeigt Abb. B 7.14.1. Leichte Unstimmigkeiten zwischen rechnerischer und grafischer L¨ osung ergeben sich durch die lineare Interpolation in den Gleichgewichtsdaten bei der rechnerischen L¨ osung.

7.3 Thermische Stoffumwandlungen

1 ,0

525

3 2

1

0 ,8

x '2 '

0 0 ,6

-1 -2

0 ,4 -3

0 ,2

-4 x 'W 0 0

x 'F 0 ,2

x 'P 0 ,4

0 ,6

0 ,8

1 ,0

x '2 Abb. B 7.14.1. McCabe-Thiele-Diagramm

Stufe 3 2 1 0 -1 -2 -3 -4

T /K 302,06 307,33 316,60 325,93 331,40 338,28 344,40 348,36

x 0,9823 0,9330 0,8198 0,6648 0,5500 0,3773 0,1949 0,0578

x 0,9224 0,7384 0,4865 0,3000 0,2137 0,1224 0,0539 0,0156

F¨ ur den im Kondensator abzuf¨ uhrenden W¨ armestrom findet man aus (7.105)

      |Q˙ K | = n˙ P (ν + 1) 1 − xp r01 + xp r02 = 13, 889(1, 6 + 1) [0, 05 · 40572 + 0, 95 · 35168] = 1279723 kJ/h = 355, 5 kW . Der Netto-W¨ armebedarf ergibt sich aus (7.104) Q˙ H − |Q˙ K | = n˙ W (1 − xW )cif01 + xW cif02 (tW − tF )   + n˙ P 1 − xp cif01 + xp cif02 (tp − tF ) . Zur Zahlenrechnung ben¨ otigt man die Temperatur tW des siedenden R¨ uckstands, d.h. die Siedetemperatur zu xW = 0,05, sowie die Temperatur tP des siedenden Produkts, d.h. die Siedetemperatur zu xP = 0,95. Hierf¨ ur findet man durch Interpolation aus den Gleichgewichtsdaten

526

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen

tW = 344, 77 K und tP = 301, 33 K . Damit ergibt sich f¨ ur den Netto-W¨ armebedarf Q˙ H − |Q˙ K | = 36, 111 [0, 95 · 75, 6 + 0, 05 · 68, 8] (344, 77 − 325, 93) + 13, 889 [0, 05 · 75, 6 + 0, 95 · 68, 8] (301, 33 − 325, 93) = 51202 − 28623 = 22579 kJ/h = 6, 3 kW , und f¨ ur den Verdampfer zuzuf¨ uhrenden W¨ armestrom Q˙ H = 6, 3 + 355, 5 = 361, 8 kW .

7.4 Chemische Stoffumwandlungen In chemischen Reaktoren laufen chemische Stoffumwandlungen ab, d.h. Eintrittsstoffe, so genannte Edukte, werden in Austrittsstoffe, so genannte Produkte chemisch umgewandelt. Die thermodynamische Analyse eines solchen Prozesses st¨ utzt sich wiederum auf die Materiemengenbilanz, die Energiebilanz und die Entropiebilanz. Die idealisierte Behandlung als Gleichgewichtsprozess geht davon aus, dass im Reaktor das chemische Gleichgewicht erreicht wird, wie es durch die stoffliche Auswertung der Entropiebilanz zusammen mit dem 2. Hauptsatz definiert ist. Im Reaktionsgleichgewicht ist der Umsatz einer chemischen Stoffumwandlung festgelegt. Die Prozesse sind damit durch eine einfache Auswertung der Materiemengenbilanz und der Energiebilanz in Bezug auf ihren Energie- und Stoffumsatz berechenbar. Die energetische Auswertung der Entropiebilanz liefert zus¨ atzlich Aussagen u ¨ ber die Entropieproduktion und erlaubt damit die exergetische Analyse der Prozesse. Typische Reaktionsf¨ uhrungen sind entweder durch eine vorgegebene Temperatur, also isotherme Bedingungen, oder durch fehlenden W¨armetransfer, also adiabate Bedingungen, definiert. In der Regel wird keine Arbeit transferiert. 7.4.1 Der isotherme Reaktor Einen Reaktor mit vorgegebener Reaktionstemperatur bezeichnen wir als isothermen Reaktor, auch wenn die Edukte mit einer anderen Temperatur zugef¨ uhrt werden. F¨ ur einen isothermen Reaktor l¨asst sich die Austrittszusammensetzung bei einem Gleichgewichtsprozess aus den eintretenden Stoffmengen und dem Reaktionsgleichgewicht durch eine Materiemengenbilanz einfach berechnen. Dabei spielen in Gasreaktoren auch der Druck und allgemein auch die inerten Bestandteile eine Rolle. Der zur Herstellung isothermer Bedingungen zu transferierende W¨ armestrom ergibt sich aus der Energiebilanz.

7.4 Chemische Stoffumwandlungen

527

Beispiel 7.15 In einen Ammoniak-Synthesereaktor tritt ein Eduktstrom mit der nachstehenden Zusammensetzung ein: (0)

n˙ N2 = 1239 mol/s (0)

n˙ H2 = 3716 mol/s (0)

n˙ NH3 = 71 mol/s (0)

n˙ Ar = 137 mol/s (0)

n˙ CH4 = 291 mol/s . In dem Reaktor herrschen eine Temperatur von TP = 685 K und ein Druck von pP = 230 bar. Man berechne die Zusammensetzung des Produktstroms f¨ ur einen Gleichgewichtsprozess und die Ums¨ atze von Stickstoff und Wasserstoff. Man diskutiere den Einfluss des Druckes und der inerten Komponenten Methan und Argon auf den Umsatz. Die Gleichgewichtskonstante hat den Wert K(685 K) = 1, 4245 · 10−4 . L¨ osung Das Schaltschema des Prozesses ist in Abb. B 7.15.1 dargestellt. Die Bruttoreaktionsgleichung der Ammoniak-Synthese lautet N2 + 3 H2  2 NH3 . In Abh¨ angigkeit von der Reaktionslaufzahl ergeben sich daher die nachstehenden Stoffmengenstr¨ ome in mol/s: n˙ N2 n˙ H2 n˙ NH3 n˙ Ar

= (1239 − ξ) mol/s , = (3716 − 3ξ) mol/s , = (71 + 2ξ) mol/s , = 137 mol/s

und n˙ CH4 = 291 mol/s . Der gesamte Produktstoffstrom folgt daraus durch Addition zu n˙ P = (5454 − 2ξ) mol/s . Das Reaktionsgleichgewicht wird nach (7.64) aus dem Massenwirkungsgesetz mit Hilfe der Gleichgewichtskonstante berechnet. Es gilt, wenn das Stoffmodell “Ideales Gasgemisch“ benutzt wird,18 −2  230 xNH3 2 K(T ) = . xN2 · xH2 3 1 18

Eine Rechnung mit einer realen thermischen Zustandsgleichung f¨ uhrt bei dem vorliegenden hohen Druck auf eine Erh¨ ohung der Ammoniak-Stoffmenge im Produktstrom von ca. 7%.

528

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen

. n T

N 2

+ 3 H

= ? p

= 6 8 5 K = 2 3 0 b a r p

p p

2 N H 2

3

. Q

n T

. p

(0 ) E E

(N 2, H 2, N H = 2 9 8 ,1 5 K = 2 3 0 b a r 3

, A r, C H 4

)

Abb. B 7.15.1. Schaltschema des Ammoniak-Synthesereaktors

Mit xNH3 =

71 + 2ξ 1239 − ξ 3716 − 3ξ ; xN2 = ; xH2 = 5454 − 2ξ 5454 − 2ξ 5454 − 2ξ

folgt K=

(71 + 2ξ)2 (5454 − 2ξ)2 (1239 − ξ)(3716 − 3ξ)3



1 230

2

= 1, 4245 · 10−4 .

Der Wert der Reaktionslaufzahl ist durch −35, 5 < ξ < 1239 begrenzt. Im Detail muss er iterativ aus der Gleichung 2  1 (71 + 2ξ)2 (5454 − 2ξ)2 K = 1, 4245 · 10−4 = (1239 − ξ)(3716 − 3ξ)3 230 bzw. K  = 7, 5356 =

(71 + 2ξ)2 (5454 − 2ξ)2 (1239 − ξ)(3716 − 3ξ)3

7.4 Chemische Stoffumwandlungen

529

bestimmt werden. Nach einigen Iterationsschritten ergibt sich als L¨ osung ξ = 617 mol/s . Die Stoffmengen des Produktstromes sind daher im Gleichgewicht n˙ N2 = 622 mol/s , n˙ H2 = 1865 mol/s , n˙ NH3 = 1305 mol/s , n˙ Ar = 137 mol/s und n˙ CH4 = 291 mol/s . Die Ums¨ atze an Wasserstoff und Stickstoff bei diesem Gleichgewichtsprozess ergeben sich zu (0)

UH∗ 2 =

n˙ H2 − n˙ H2 (0) n˙ H2

=

3716 − 1865 = 0, 498 3716

=

1239 − 622 = 0, 498 . 1239

und (0)

UN∗ 2 =

n˙ N2 − n˙ N2 (0) n˙ N2

Aus einer Energiebilanz ließe sich der zu transferierende W¨ armestrom zur Herstellung der Reaktionstemperatur leicht berechnen. Der Einfluss des Druckes ist groß. W¨ urde man etwa den Reaktor beim Standarddruck von p0 = 1 bar betreiben, so erg¨ abe sich die Reaktionslaufzahl aus der Beziehung 1, 4245 · 10−4 =

(71 + 2ξ)2 (5454 − 2ξ)2 (1239 − ξ)(3716 − 3ξ)3

zu ξ = - 26,5 mol/s. In dem Reaktor w¨ urde daher kein Ammoniak gebildet, sondern das im Eduktgemisch bereits vorhandene Ammoniak w¨ urde zum großen Teil zu Stickstoff und Wasserstoff zerfallen. Auch der Einfluss der inerten Bestandteile des Eduktgemisches ist merklich. Bei einer Verdoppelung der inerten Stoffmengenstr¨ ome z.B. auf n˙ Ar + n˙ CH4 = 856 mol/s, d.h. von etwa 8 % auf etwa 15 % des Eduktgemisches, w¨ urde sich die Reaktionslaufzahl aus 7, 5356 =

(71 + 2ξ)2 (5882 − 2ξ)2 (1239 − ξ)(3716 − 3ξ)3

zu ξ = 595 mol/s ergeben. Der Gleichgewichtsumsatz w¨ urde sich dabei um etwa 4 % verringern. Eine starke Anreicherung der Inertstoffe, wie es bei zyklischer Betriebsweise des Prozesses leicht auftritt, muss daher durch ihre kontinuierliche Entfernung aus dem Eduktstrom verhindert werden, vgl. Beispiel 7.16.

Durch das chemische Gleichgewicht ist der Umsatz im Reaktor begrenzt. Es ist aber m¨ oglich, durch Entfernung des gew¨ unschten Produkts aus dem aus dem Reaktor austretenden Strom und R¨ uckf¨ uhrung der unreagierten Komponenten in den Reaktor in einer weiteren Stufe neues Produkt zu erzeugen. Auf diese Weise kann durch eine geeignete Hintereinanderschaltung von Prozessstufen prinzipiell ein vollst¨ andiger Umsatz erzielt werden.

530

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen

Beispiel 7.16 Man untersuche, wie viele Gleichgewichtsstufen bei jeweils vollst¨ andiger Entfernung des Ammoniaks erforderlich sind, um f¨ ur das in Beispiel 7.15 betrachtete Eduktgemisch einen Umsatz von 95 % zu erzielen. L¨ osung Die L¨ osung erfolgt nach dem Schema aus Beispiel 7.15. Die Tab. B 7.16.1 zeigt die Zusammenstellung der Ergebnisse. F¨ ur jede Stufe sind die Eintritts- und Austrittsstoffmengenstr¨ ome dargestellt. Die Eintrittsstoffmengenstr¨ ome der Stufe i + 1 entsprechen den Austrittsstoffmengenstr¨ omen der Stufe i, vermindert um den Ammoniak-Strom. Man erkennt, dass unter den bestehenden Bedingungen nach 5 Stufen ein Umsatz von 95 % erreicht ist. Ein Umsatz von 100 % wird erst asymptotisch mit unendlich vielen Stufen erreicht. Man beachte, dass sich die inerten Komponenten bei dieser zyklischen Betriebsweise relativ anreichern, n¨ amlich von weniger al 10 % bis auf u oheren Ums¨ atzen ist ¨ ber 50 %. Bei h¨ daher die Entfernung der Inertgase ein wichtiges Instrument zur Reduzierung der erforderlichen Stufenzahl.

Tabelle B 7.16.1. Steigerung des Umsatzes durch mehrere Gleichgewichtsstufen Stufe (0) n˙ N2 (0) n˙ H2 (0) n˙ NH3 (0) n˙ Ar (0) n˙ CH4 n˙ N2 n˙ H2 n˙ NH3 n˙ Ar n˙ CH4 U∗

1 1239 3716 71 137 291 622 1865 1305 137 291 0,498

2 622 1865 0 137 291 315 944 614 137 291 0,746

3 315 944 0 137 291 169 506 292 137 291 0,864

4 169 506 0 137 291 98 293 142 137 291 0,921

5 98 293 0 137 291 62 185 73 137 291 0,95

7.4.2 Der adiabate Reaktor In einem adiabaten Reaktor stellt sich die Temperatur nach Maßgabe der ablaufenden Energie- und Stoffumwandlungen ein. Da das Reaktionsgleichgewicht und damit der Stoffumsatz von der Temperatur abh¨angen, ist grunds¨ atzlich eine iterative L¨ osung unter Ber¨ ucksichtigung der Energiebilanz erforderlich.

7.4 Chemische Stoffumwandlungen

531

Beispiel 7.17 In einer Schwefels¨ aurefabrik tritt ein Gas (n˙ (0) = 4504, 48 kmol/h) der Zusam(0) (0) (0) (0) mensetzung xO2 = 0, 1096, xN2 = 0, 7575, xSO2 = 0, 0700 und xCO2 = 0, 0629 mit ◦ der Temperatur t = 440 C in einen so genannten Kontaktkessel ein und reagiert dort unter Einfluss eines Katalysators isobar bei p = 1 bar zu einem Gas mit einem Gehalt an Schwefeltrioxid, aus dem durch Absorption in Wasser schließlich Schwefels¨ aure entsteht. Die Bruttoreaktionsgleichung der SO2 -Oxidation lautet SO2 (g) +

1 O2 (g)  SO3 (g) . 2

Unter der Annahme eines adiabaten Gleichgewichts-Reaktors und einer einheitlichen Phasentemperatur im Reaktor von tR = taus bestimme man den Umsatz ∗ USO , vgl. Abb. B 7.17.1. Daten f¨ ur die Standardbildungsenthalpien sind in 2

. n x

S O 2

+ 2

1

O

O

t

2

, x

a u s

N

= ?

, x 2

S O 2

S O 2

, x

S O

. x t

, x

C O 2

3

Q

n

3

.

= 0

(0 ) (0 ) O 2, e in

x

(0 )

(0 )

, x S O 2, x = 4 4 0 ° C N

2

(0 ) C O 2

Abb. B 7.17.1. Schaltschema des SO2 -Kontaktkessels Tabelle A2 vertafelt. Angesichts der hohen Temperatur werden nicht die dort angegebenen Werte f¨ ur die W¨ armekapazit¨ aten bei der Standardtemperatur, sondern mittlere W¨ armekapazit¨ aten f¨ ur den Temperaturbereich zwischen 25◦ C und 600◦ C verwendet, nach

532 cig p/

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen 

J mol K



SO2 48,7

SO3 66,4

N2 31

O2 31,9

CO2 48

L¨ osung Die Stoffmengen im Reaktionsgleichgewicht ergeben sich aus (0)

n˙ N2 = n˙ N2

(0)

n˙ CO2 = n˙ CO2 (0)

n˙ SO3 = n˙ SO3 + ξ (0)

n˙ SO2 = n˙ SO2 − ξ 1 (0) n˙ O2 = n˙ O2 − ξ . 2 Die gesamte Stoffmenge beim Austritt aus dem Reaktor betr¨ agt somit (0)

(0)

(0)

(0)

(0)

n˙ = n˙ N2 + n˙ CO2 + n˙ SO3 + n˙ SO2 + n˙ O2 − 0, 5ξ = 4504, 48 − 0, 5ξ . Die Gleichung f¨ ur das Reaktionsgleichgewicht lautet daher mit (7.67)  −0,5 p xSO3 ξ(4504, 48 − 0, 5ξ)0,5 K(t) = = . 0,5 p0 (315, 31 − ξ)(493, 69 − 0, 5ξ)0,5 xSO2 · xO 2 F¨ ur die Gleichgewichtskonstante ergibt sich nach (7.65) in Abh¨ angigkeit von der Temperatur t  1 1 ig ig ln K(t) = − (t) − μ (t) − (t) μig μ SO3 SO2 RT 2 O2  1 ig ig ◦ Δhf,0 =− SO3 (g) + hSO3 (t) − hSO3 (25 C) RT ig ig ◦ − Δhf,0 SO2 (g) + hSO2 (t) − hSO2 (25 C)  1 f,0 ig ◦ ΔhO2 (g) + hig − O2 (t) − hO2 (25 C) 2 1  0 ig ◦ sSO3 (g) + sig (t) − s (25 C) − s0SO2 (g) + SO3 SO3 R 1  1 ig ig ◦ ◦ s0O2 (g) − sO2 (t) − sig − sig . SO2 (t) − sSO2 (25 C) − O2 (25 C) 2 2

asst sich die Gleichgewichtskonstante Bei bekannter Phasentemperatur t = taus l¨ K(taus ) berechnen. Daraus folgen die Reaktionslaufzahl ξ und aus ihr schließlich die Stoffmengen im Reaktionsgleichgewicht. Hier ist die Phasentemperatur taus nicht vorgegeben, sondern ergibt sich aus der Energiebilanz zusammen mit der Stoffmengenbilanz im Reaktionsgleichgewicht.

7.4 Chemische Stoffumwandlungen

533

Die Energiebilanz f¨ ur den Reaktor lautet:

  0 = n˙ N2 hN2 (taus ) − hN2 (t0 ) + n˙ CO2 hCO2 (taus ) − hCO2 (t0 )  

+ n˙ SO3 hSO3 (taus ) − hSO3 (t0 ) + n˙ SO2 hSO2 (taus ) − hSO2 (t0 )  

(0) + n˙ O2 hO2 (taus ) − hO2 (t0 ) − n˙ N2 hN2 (tein ) − hN2 (t0 )   (0) (0) − n˙ CO2 hCO2 (tein ) − hCO2 (t0 ) − n˙ SO2 hSO2 (tein ) − hSO2 (t0 )  (0) − n˙ O2 hO2 (tein ) − hO2 (t0 ) + n˙ N2 hN2 (t0 ) + n˙ CO2 hCO2 (t0 ) (0)

+ n˙ SO3 hSO3 (t0 ) + n˙ SO2 hSO2 (t0 ) + n˙ O2 hO2 (t0 ) − n˙ N2 hN2 (t0 ) (0)

(0)

(0)

− n˙ CO2 hCO2 (t0 ) − n˙ SO2 hSO2 (t0 ) − n˙ O2 hO2 (t0 ) ig ig = n˙ N2 hig ˙ CO2 hig N2 (taus ) − hN2 (tein ) + n CO2 (taus ) − hCO2 (tein ) ig 0 ig ig 0 ˙ ig + n˙ SO3 hig SO3 (taus ) − hSO3 (t ) + n SO2 hSO2 (taus ) − hSO2 (t ) (0) ig 0 ig 0 + n˙ O2 hig ˙ SO2 hig O2 (taus ) − hO2 (t ) − n SO2 (tein ) − hSO2 (t ) (0) (0) ig 0 f,0 − n˙ O2 hig (t ) − h (t ) + n˙ SO3 Δhf,0 ˙ SO2 − n˙ SO2 ) ein O2 O2 SO3 (g) + ΔhSO2 (g)(n = ΔH˙ therm + ΔH˙ chem . In den Termen nach dem zweiten Gleichheitszeichen werden die absoluten Enthalpien bei der Bezugstemperatur t0 wie u ¨ blich durch die jeweiligen Standardbildungsenthalpien ersetzt. Von der Berechtigung dieses Vorgehens kann man sich durch formales Einf¨ uhren der Enthalpien der Elemente und mit den Stoffmengenstr¨ omen bei Ein- und Austritt leicht u osung erfolgt iterativ, wobei ¨berzeugen. Die L¨ die Temperaturabh¨ angigkeiten von Enthalpie und Entropie durch die angegebenen W¨ armekapazit¨ aten erfasst werden. F¨ ur einen Sch¨ atzwert der Austrittstemperatur wird die Gleichgewichtskonstante und daraus die Reaktionslaufzahl berechnet. Aus der Reaktionslaufzahl ergeben sich die Stoffmengen, die den Reaktor verlassen. Mit diesen Daten kann die Energiebilanz ausgewertet werden. Die Sch¨ atzwerte f¨ ur die Austrittstemperatur werden so lange verbessert, bis die Energiebilanz erf¨ ullt ist. Nach einigen Iterationen findet man taus = 597, 4◦ C K(taus ) = 11, 50 ξ(taus ) = 242, 83 kmol/h n˙ N2 = 3412, 14 kmol/h n˙ CO2 = 283, 33 kmol/h n˙ SO3 = 242, 83 kmol/h n˙ SO2 = 72, 48 kmol/h n˙ O2 = 372, 28 kmol/h ˙ (ΔH)therm = 6647 kW ˙ chem = −6670 kW . (ΔH) Damit ist die Energiebilanz mit gen¨ ugender Genauigkeit erf¨ ullt. Der GleichgewichtsUmsatz an Schwefeldioxid betr¨ agt also (0)

∗ USO = 2

n˙ SO2 − n˙ SO2 (0) n˙ SO2

=

315, 31 − 72, 48 = 0, 77 . 315, 31

534

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen

7.4.3 Reaktor mit Temperaturprofil Eine offensichtliche Schwierigkeit bei der Modellierung von chemischen Stoffumwandlungen als Gleichgewichtsprozesse liegt in der Wahl der Reaktionsbedingungen. Viele Reaktoren haben keine einheitliche Temperatur, sondern ein axiales Temperaturprofil. Das gilt z.B. auch f¨ ur den Hochofen, der am Austritt des Roheisens (unten) eine Temperatur von ca. 1500◦C, am Austritt des Gichtgases (oben) hingegen nur eine Temperatur von ca. 77◦ C hat. Das Gas im Hochofen bildet daher insgesamt keine fluide Phase. Will man hier z.B. die Gichtgasbildung aus einem Gleichgewichtsprozess berechnen, so muss man eine Annahme u ¨ ber die Reaktionstemperatur machen. Beispiel 7.18 In einen kontinuierlich betriebenen Hochofen werden zur Erzeugung von 1000 kg Roheisen (RE) 1619 kg M¨ oller (M), 410 kg Koks (K), 54 kg Schwer¨ ol (SO) und 1280 kg Heißwind (W) eingef¨ uhrt. Dabei fallen 294 kg Schlacke (S) an. M¨ oller, Koks und Schwer¨ ol werden bei der Umgebungstemperatur von tu = 25◦ C zugef¨ uhrt, der Wind mit tW = 1197◦ C. Das Roheisen und die Schlacke verlassen den Hochofen am unteren Ende bei tRE = tS = 1500◦ C, wobei das Roheisen pro Tonne 45,28 kg Kohlenstoff enth¨ alt. Das bei den chemischen Umwandlungen gebildete Gichtgas (GG) verl¨ asst den Hochofen am oberen Ende mit tGG = 77◦ C. Man berechne die Menge und Zusammensetzung des Gichtgases unter Annahme eines Gleichgewichtsprozesses. F¨ ur die Aufstellung der Massenbilanz werden vereinfachende Annahmen u ome ¨ ber die Zusammensetzungen der Stoffstr¨ eingef¨ uhrt. Der M¨ oller bestehe ausschließlich aus Fe2 O3 und Schlacke. Der Koks enthalte neben elementarem Kohlenstoff 40 kg Schlacke und 10 kg Wasser. Das Schwer¨ ol habe die Zusammensetzung wC = 0,86, wH2 = 0,14. L¨ osung Abb. B 7.18.1 zeigt das Schaltbild des Hochofens. Die Masse des Eisenoxids im M¨ oller l¨ asst sich aus einer Massenbilanz der Schlacke ableiten. Die Gesamtmasse der Schlacke setzt sich aus der Schlacke im M¨ oller und im Koks zusammen: mS = mS,M + mS,K . Es gilt also mit den Daten der Aufgabenstellung f¨ ur den Anteil an Schlacke im M¨ oller mS,M = mS − mS,K = 294 − 40 = 254 kg . Damit erh¨ alt man f¨ ur die Masse des Fe2 O3 mFe2 O3 = mM − mS,M = 1619 − 254 = 1365 kg . F¨ ur die Reduktion des Fe2 O3 zu elementarem Fe gilt die Bruttoreaktionsgleichung Fe2 O3 → 2 Fe +

3 O2 . 2

7.4 Chemische Stoffumwandlungen

M

K

S O

535

(t = 2 5 °C )

G G (t = 7 7 °C )

W (t = 1 1 9 7 °C )

S R E (t = 1 5 0 0 °C ) Abb. B 7.18.1. Schaltbild des Hochofenprozesses

Unter Einf¨ uhrung der Molmassen wird daraus in Masseneinheiten 159, 692 kg Fe2 O3 → 111, 693 kg Fe + 47, 999 kg O2 . Damit lautet die Bruttoreaktionsgleichung der Roheisenbildung in Masseneinheiten {1365 kg Fe2 O3 + 254 kg S} + {360 kg C + 40 kg S + 10 kg H2 O} + {46, 44 kg C + 7, 56 kg H2 } + 1280{0, 230 kg O2 + 0, 770 kg N2 } → {954, 72 kg Fe + 45, 28 kg C} + {361, 16 kg C + 7, 56 kg H2 + 10 kg H2 O +704, 68 kg O2 + 985, 60 kg N2 } + 294 kg S . Hier repr¨ asentiert die erste Klammer auf der Eduktseite den M¨ oller, die zweite den Koks, die dritte das Schwer¨ ol und die vierte den Wind. Auf der Produktseite enth¨ alt die erste Klammer das Roheisen und die zweite Klammer den Elementenvorrat zur Bildung des Gichtgases. Wir wissen grob, wie Gichtgas zusammen gesetzt ist, n¨ amlich außer Stickstoff aus den Komponenten CO, CO2 , H2 O und H2 19 . Insbesondere wissen wir, dass kein elementarer Kohlenstoff und kein elementarer Sauerstoff in einem Gichtgas vorliegen. Damit ergibt sich die allgemeine Bruttoreaktionsgleichung zur Gichtgasbildung in Stoffmengen zu 30, 07 kmol C + 3, 75 kmol H2 + 0, 56 kmol H2 O + 22, 02 kmol O2 + 35, 18 kmol N2 → α kmol CO + β kmol CO2 + γ kmol H2 O + δ kmol H2 + 35, 18 kmol N2 . Die st¨ ochiometrischen Koeffizienten der Komponenten des Gichtgases sind uns nicht bekannt. In einem Gleichgewichtsprozess ergibt sich die Gichtgaszusammensetzung 19

In Beispiel 3.11 wurde der Anteil des Wassers nicht ber¨ ucksichtigt, um eine einfache Berechnung durch die Elementenbilanz zu erm¨ oglichen. Hier haben wir als zus¨ atzliche Gleichung die Bedingung f¨ ur das Reaktionsgleichgewicht und k¨ onnen daher den Wasseranteil als zus¨ atzliche Unbekannte einbeziehen.

536

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen

aus einer Berechnung des Reaktionsgleichgewichts. Um dieses nach dem bisherigen Schema zu ermitteln, ben¨ otigen wir eine explizite Bruttoreaktionsgleichung mit zugeh¨ origer Gleichgewichtskonstante und Eduktstoffmengen. F¨ ur den betrachteten Fall lautet die Bruttoreaktionsgleichung angesichts der angenommenen Bestandteile offensichtlich CO + H2 O  CO2 + H2 . Das Eduktgemisch zur Gichtgasbildung aus diesen Komponenten muss den Elementenvorrat reproduzieren, ist aber dar¨ uber hinaus beliebig, da im chemischen Gleichgewicht nur die Erhaltung der Elemente vorgegeben ist, w¨ ahrend ihre Verteilung auf die Komponenten durch die Gleichgewichtsbedingung bestimmt wird. Auch die in Beispiel 3.11 gefundene Gichtgaszusammensetzung mit xH2 O = 0 k¨ onnte als Eduktgemisch gew¨ ahlt werden, ohne das Ergebnis f¨ ur das Reaktionsgleichgewicht zu beeinflussen. Aus der Elementenbilanz f¨ ur Kohlenstoff und Sauerstoff unter Beibehaltung des Wasser- und Wasserstoffanteils folgt ein m¨ ogliches Eduktgemisch zu n(0) = 16, 10 kmol CO + 13, 97 kmol CO2 + 3, 75 kmol H2 + 0, 56 kmol H2 O + 35, 18 kmol N2 . Die Stoffmengen der Gichtgaskomponenten in Abh¨ angigkeit von der Reaktionslaufzahl berechnen sich daraus und aus der Bruttoreaktionsgleichung zu nCO nCO2 nH2 nH2 O nN2

= (16, 10 − ξ) kmol = (13, 97 + ξ) kmol = (3, 75 + ξ) kmol = (0, 56 − ξ) kmol = 35, 18 kmol .

Die gesamte Stoffmenge des Gichtgases ist im betrachteten Fall unabh¨ angig von der Reaktionslaufzahl und betr¨ agt nGG = 69, 56 kmol . Das Reaktionsgleichgewicht wird nach (7.64) durch die Beziehung K(T ) =

xCO2 xH2 xCO xH2 O

 beschrieben, wobei der Druckeinfluss wegen νi = 0 entf¨ allt. Die Gleichgewichtskonstante h¨ angt mit der Reaktionslaufzahl zusammen nach K=

(13, 97 + ξ)(3, 75 + ξ) . (16, 10 − ξ)(0, 56 − ξ)

Im Rahmen einer Gleichgewichtsrechnung m¨ ussen wir uns f¨ ur eine Temperatur entscheiden, bei der das Reaktionsgleichgewicht ausgewertet werden soll. Im Hochofen wird ein großer Temperaturbereich realisiert. Reaktionen in der Gasphase laufen nur bei hohen Temperaturen mit prozesstechnisch relevanter Geschwindigkeit ab. Es ist daher nicht realistisch, das Gichtgas bei seiner Austrittstemperatur von 77◦ C als Phase im Reaktionsgleichgewicht zu betrachten. Vielmehr muss eine geeignete Reaktionstemperatur angenommen und die Sensitivit¨ at des Ergebnisses in Bezug auf diese Annahme durch Variation untersucht werden. Als extreme Annahme k¨ onnen wir zun¨ achst als Bezugstemperatur f¨ ur die Gleichgewichtsrechnung die

7.4 Chemische Stoffumwandlungen

n n

(0 ) i

n

(0 ) i

n

(0 ) i

n

(0 ) i

n

(0 ) i

5 t

3 2 1

t

t

i

= 3 0 0 ° C 5

4

537

t 4

= 6 0 0 ° C

t 3

= 9 0 0 ° C

= 1 2 0 0 °C 2

1

= 1 5 0 0 °C

Abb. B 7.18.2. Zonenmodell des Hochofenprozesses Maximaltemperatur t = 1500◦ C w¨ ahlen. Der Wert der Gleichgewichtskonstante bei t = 1500◦ C ergibt sich zu K(1500◦ C) = 0, 274. Daraus folgt durch Iteration ein Wert von ξ = - 2,43 kmol und die Zusammensetzung des Gichtgases wird xCO = 0, 266 ; xCO2 = 0, 166 ; xH2 O = 0, 043 ; xH2 = 0, 019 ; xN2 = 0, 506 . Eine plausible Alternative zu der Annahme, dass das Reaktionsgleichgewicht bei der h¨ ochsten Temperatur von 1500◦ C auszuwerten ist, besteht in der Aufteilung des Hochofens in Reaktionszonen mit individuellen, temperaturabh¨ angigen Anteilen gz am jeweiligen Gleichgewichtsumsatz, vgl. Abb. B 7.18.2. Werden der Temperaturbereich zwischen 1500◦ C und 300◦ C als potenziell reaktiv angesehen und f¨ unf Reaktionszonen mit einer in der Temperatur exponentiellen Anteilsverteilung am Gesamtumsatz unterstellt, so ergibt sich die Modellierung nach Tabelle B 7.18.1. Dabei sind die Eduktstoffmengen f¨ ur alle Zonen identisch und die Summe der Umsatzanteile aller Zonen gz gleich 1. In einer beliebigen Zone z berechnet sich daher z.B. die CO-Bildung nach nCO,z = gz (16, 10 − ξz ) und wird zu den in den anderen Reaktionszonen gebildeten CO-Stoffmengenstr¨ omen addiert. Die nach diesem Modell berechnete Gichtgaszusammensetzung mit

538

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen

xCO = 0, 264 ; xCO2 = 0, 168 ; xH2 O = 0, 041 ; xH2 = 0, 021 ; xN2 = 0, 506 unterscheidet sich wegen der starken Gewichtung der Zone 1 nur geringf¨ ugig von der mit der Reaktionstemperatur t = 1500◦ C berechneten Zusammensetzung. Eine gleichm¨ aßige Verteilung des Umsatzes auf die f¨ unf Zonen zeigt Tab. B 7.18.2. Die berechnete Gichtgaszusammensetzung ist nun xCO = 0, 248 ; xCO2 = 0, 184 ; xH2 O = 0, 025 ; xH2 = 0, 037 ; xN2 = 0, 506

Tabelle B 7.18.1. Gichtgasbildung mit exponentieller Umsatzverteilung t/◦ C K(t) ξz /kmol gz nCO / kmol nCO2 / kmol nH2 O / kmol nH2 / kmol nN2 / kmol

Zone 1 1500 0,274 -2,43 0,7382 13,68 8,52 2,21 0,97 25,970

Zone 2 1200 0,406 -2,10 0,1944 17,21 10,83 2,73 1,29 32,809

Zone 3 900 0,777 -1,50 0,0510 18,11 11,46 2,83 1,41 34,603

Zone 4 600 3,355 -0,30 0,0132 18,33 11,64 2,84 1,45 35,067

Zone 5 300 42,94 0,47 0,0032 18,38 11,69 2,84 1,47 35,18

und weist etwas deutlichere Unterschiede auf, wenn auch die grunds¨ atzliche Anteilsstruktur unver¨ andert bleibt. An Stelle einer Aufteilung des Reaktors in Temperaturzonen k¨ onnte auch eine mittlere Reaktionstemperatur gew¨ ahlt werden. Das Zonenmodell hebt allerdings die kinetisch bedingte Temperaturabh¨ angigkeit des Umsatzes deutlich hervor. In jedem Fall ist bei einem Reaktor mit Temperaturprofil eine Unsicherheit in der Berechnung des Gleichgewichtsumsatzes hinzunehmen. Eine genaue Berechnung erfordert eine L¨ osung der differenziell formulierten Bilanzgleichungen mit reaktionskinetischen Ans¨ atzen.

Tabelle B 7.18.2. Gichtgasbildung mit gleichf¨ ormiger Umsatzverteilung t/◦ C K(t) ξz /kmol gz nCO / kmol nCO2 / kmol nH2 O / kmol nH2 / kmol nN2 / kmol

Zone 1 1500 0,274 -2,43 0,2000 3,71 2,31 0,60 0,26 7,036

Zone 2 1200 0,406 -2,10 0,2000 7,35 4,68 1,13 0,59 14,072

Zone 3 900 0,777 -1,50 0,2000 10,87 7,18 1,54 1,04 21,108

Zone 4 600 3,355 -0,30 0,2000 14,14 9,91 1,71 1,74 28,144

Zone 5 300 42,94 0,47 0,2000 17,27 12,80 1,73 2,58 35,18

7.5 Apparatewirkungsgrade

539

7.5 Apparatewirkungsgrade Der Gleichgewichtsprozess ist ein in Bezug auf den Stoffumsatz vollst¨andig berechenbarer Modellprozess f¨ ur Stoffumwandlungen. Durch ihn wird eine ideale Stoffumwandlung beschrieben, die bis zu ihrem naturgesetzlich definierten Endzustand, dem thermodynamischen Gleichgewicht, abl¨auft. Dieser Endzustand ist bei vorgegebenen Werten von Temperatur und Druck durch die Minimalbedingung der freien Enthalpie, d.h. dGT,p = 0, definiert. Reale Stoffumwandlungen laufen auf Grund von Hemmungen in der Regel nicht bis ¨ zum thermodynamischen Gleichgewicht ab. Ahnlich wie bei den Energieumwandlungen Abweichungen vom reversiblen Prozess werden auch die Abweichungen realer Stoffumwandlungen vom Gleichgewichtsprozess durch Wirkungsgrade erfasst und bewertet. Sind solche Wirkungsgrade f¨ ur eine betrachtete Prozesstechnik bekannt, so k¨ onnen Ergebnisse f¨ ur Gleichgewichtsprozesse auf reale Prozesse umgerechnet werden. 7.5.1 Wirkungsgrad eines W¨ arme¨ ubertragers In einem realen Gegenstrom-W¨ arme¨ ubertrager haben die Stoffstr¨ome u ¨ ber der W¨ arme u ache einen Temperaturverlauf, wie er in Abb. ¨ bertragenden Fl¨ 7.15 unten rechts gezeigt ist. Der betrachtete Fall ist dadurch gekennzeichnet, dass der W¨ armekapazit¨ atsstrom des heißen Fluids kleiner als der des kalten Fluids ist, d.h. der Temperaturverlauf des heißen Stoffstroms hat die gr¨oßere Steigung. Wenn man den W¨ arme¨ ubertrager immer l¨anger werden l¨asst, kann man schließlich einen Gleichgewichtsprozess erreichen, bei dem die Austrittstemperatur des heißen Stoffstroms gerade gleich der Eintrittstemperatur des kalten Stoffstroms wird, d.h. th,a = tk,e . Als Wirkungsgrad des GegenstromW¨ arme¨ ubertragers bezogen auf den Gleichgewichtsprozess f¨ uhrt man daher die normierte Temperaturdifferenz εw¨u =

th,e − th,a , f¨ ur (mc ˙ p )h < (mc ˙ p )k th,e − tk,e

(7.106)

ein. Wenn der k¨ altere Stoffstrom den kleineren W¨armekapazit¨atsstrom hat, dann wird in einem Gleichgewichtsprozess die Austrittstemperatur des kalten Stoffstromes gleich der Eintrittstemperatur des heißen, und der Wirkungsgrad des Gegenstrom-W¨ arme¨ ubertragers berechnet sich aus εw¨u =

tk,a − tk,e , f¨ ur(mc ˙ p )h < (mc ˙ p )k . th,e − tk,e

(7.107)

7.5.2 Wirkungsgrad einer thermischen Trennstufe ¨ Thermische Stoffumwandlungen, die mit Anderungen der Zusammensetzung einhergehen, werden als Gleichgewichtsprozesse durch eine Hintereinanderschaltung von Gleichgewichtsstufen modelliert. Beispiele daf¨ ur sind die Verdunstung im K¨ uhlturm, die Absorption und die Rektifikation. Die letzten

540

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen

beiden Prozesstechnologien geh¨ oren zu den thermischen Stofftrennverfahren. Wir erl¨ autern die Definition des Wirkungsgrads in diesem Anwendungsbereich am Beispiel einer Trennstufe bei der Rektifikation. Bei der realen Rektifikation eines bin¨ aren Gemisches wird die Anreicherung der leichter fl¨ uchtigen Komponente im Dampf in einer Trennstufe geringer ausfallen als beim Gleichgewichtsprozess. Die tats¨achliche Anreicherung in einer Stufe bezogen auf die Anreicherung im Gleichgewicht ist dann der Stufenwirkungsgrad ηS =

x − x0 , (x )∗ − x0

(7.108)

wobei x der Stoffmengenanteil des aus der Stufe austretenden Dampfes und omenden Gemisches ist, jeweils x0 der Stoffmengenanteil des der Stufe zustr¨ bezogen auf die leichtere siedende Komponente. Der Suffix (∗) bezeichnet den Gleichgewichtswert. 7.5.3 Wirkungsgrad einer chemischen Stoffumwandlung Auch bei einer realen chemischen Stoffumwandlung f¨allt der Stoffumsatz in der Regel geringer aus als beim Gleichgewichtsprozess. F¨ ur den Fall einer einzigen Bruttoreaktionsgleichung wird der Umsatzwirkungsgrad f¨ ur eine Komponente i definiert durch ηU =

Ui , Ui∗

(7.109)

wobei Ui der tats¨ achliche Umsatz einer Komponente i und Ui∗ der entsprechende Umsatz im Gleichgewicht ist. Beispiel 7.19 Aus dem in Beispiel 7.15 behandelten Ammoniak-Synthesereaktor tritt im realen Fall ein Produktgemisch mit folgender Zusammensetzung aus: n˙ N2 n˙ H2 n˙ NH3 n˙ Ar n˙ CH4

= 898 mol/s = 2691 mol/s = 754 mol/s = 137 mol/s = 291 mol/s .

Man berechne die Umsatzwirkungsgrade f¨ ur die Komponenten Stickstoff und Wasserstoff. L¨ osung Die Zusammensetzung des Produktgemisches beim Gleichgewichtsprozess lautet nach Beispiel 7.15

7.6 Kontrollfragen

541

n˙ ∗N2 = 622 mol/s n˙ ∗H2 = 1865 mol/s n˙ ∗NH3 = 1305 mol/s n˙ ∗Ar ∗ n˙ CH4

= 137 mol/s = 291 mol/s .

Aus einem Vergleich mit dem tats¨ achlich austretenden Produktgemisch erkennt man, dass dieses nicht im Reaktionsgleichgewicht ist. Der maximale Umsatz bez¨ uglich der Komponenten Stickstoff und Wasserstoff ist der des Reaktionsgleichgewichts, vgl. Beispiel 7.15, n˙ N2 − n˙ ∗N2 (0)

UN∗ 2 =

(0)

n˙ N2

= UH∗ 2 = 0, 498 .

Der tats¨ achliche Reaktor f¨ uhrt auf einen Umsatz von nur (0)

UN2 =

n˙ N2 − n˙ N2 (0)

n˙ N2

= 0, 275 = UH2

und bleibt daher erheblich hinter dem Gleichgewichtsumsatz zur¨ uck. Der Umsatzwirkungsgrad betr¨ agt ηU =

UN2 UH = ∗ 2 = 0, 552 . UN∗ 2 UH2

7.6 Kontrollfragen 7.1 Welche Beziehung besteht zwischen den Reinstoffdampfdr¨ ucken und dem Gesamtdruck bei a) der Verdampfung reiner Stoffe b) der Verdampfung eines idealen bin¨ aren Systems c) der Verdunstung von Wasser in eine Stickstoff-Atmosph¨ are? 7.2 Man skizziere ein Dampfdruckdiagramm f¨ ur ein ideales System aus 2 Komponenten, wobei die Komponente 1 die leichter siedende ist! 7.3 Nach welcher Formel berechnet man das chemische Potenzial einer Komponente i in einer idealen L¨ osung aus dem der reinen Komponente i? 7.4 In einem idealen System bestehend aus 2 Komponenten gilt ps01 /ps02 = 2. Welche der beiden Komponenten reichert sich bei der Destillation im Dampf an? 7.5 Nach welcher Seite verschiebt sich das Gleichgewicht der Gasreaktion CH4 + H2 O  CO + 3 H2 mit steigendem Druck? (Begr¨ undung!) ˙ 7.6 Man zeichne schematisch das t, HDiagramm eines GegenstromDampferzeugers und trage den Pinch“ -Punkt ein! ” 7.7 Man zeichne das Schaltschema einer Gleichgewichtsstufe bei der Absorption!

542

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen

7.8 Wie lauten die Bedingungen f¨ ur das mechanische, das thermische und das stoffliche Gleichgewicht zwischen zwei Systemen (1) und (2)? 7.9 Nach welcher Seite verschiebt sich das Gleichgewicht einer exothermen chemischen Reaktion mit steigender Temperatur? 7.10 Welche Aussage macht das Henrysche Gesetz? 7.11 Wie groß sind die Exzessenthalpie und die Exzessentropie einer idealen L¨ osung? 7.12 Welchen Wert haben die Aktivit¨ aten der Komponenten in einer idealen L¨ osung? 7.13 Welche drei Bedingungsgleichungen sind im Phasengleichgewicht zwischen den Phasen α und β eines Reinstoffs erf¨ ullt? 7.14 Welche thermodynamische Zustandsgr¨ oße beschreibt stoffliche und chemische Ausgleichsprozesse? 7.15 Durch welche Beziehung wird das chemische Potenzial auf fr¨ uher eingef¨ uhrte Zustandsgr¨ oßen zur¨ uckgef¨ uhrt? 7.16 Was versteht man unter der K¨ uhlgrenztemperatur? 7.17 Was ist eine Gleichgewichtsstufe bei der thermischen Stofftrennung? 7.18 Was ist eine Gleichgewichtstufe bei chemischen Stoffumwandlungen?

7.7 Aufgaben Aufgabe 7.1 Ein bin¨ ares Gemisch, das aus Wasser (1) und Methanol (2) besteht, werde als ideales System betrachtet (n˙ F = 1 mol/s). a) Bei welcher Temperatur siedet dieses Gemisch f¨ ur x1 = x2 = 0, 5 und p = 1 bar? b) Das Gemisch wird isobar einer stetigen Teilverdampfung unterzogen. Die Austrittstemperatur betr¨ agt 85◦ C. Man berechne die Zusammensetzung des Produkt- und des R¨ uckstandstromes sowie den Dampfmengenstrom! Dampfdruckkurve von Methanol: Temperatur 60 65 ◦ C Druck 0,8465 1,0325 bar

70

75

80

85

90

1,2536

1,5111

1,8109

2,1579

2,5576

Aufgabe 7.2 Ein fl¨ ussiges Gemisch von n˙ F = 1 mol/s, bestehend aus Sauerstoff (1) und Stickstoff (2), mit einem Stickstoff-Stoffmengenanteil von xF,2 = 0, 8 soll zur Weiterverarbeitung in eine Dampfphase mit x2 = 0, 9 und eine im Gleichgewicht dazu stehende Fl¨ ussigphase zerlegt werden. Dazu wird das Gemisch isotherm auf einen Druck p1 = 1 bar entspannt und in einem Phasentrenner in eine Dampf- und eine Fl¨ ussigphase aufgeteilt. Das Gemisch kann als ideales System betrachtet werden. a) Welche Temperatur hat der sich bildende Dampf? b) Welcher Anteil der Gesamtmenge liegt nach der Entspannung dampff¨ ormig vor? c) Welchen Druck p1 muss der Feedstrom haben, damit er bei T = 80 K gerade siedend ist?

7.7 Aufgaben

543

Dampfdruckkurven von Sauerstoff (1) und Stickstoff (2): Temperatur K 75 80 85 Sauerstoff (1) ps01 bar 0,1448 0,3003 0,5677 Stickstoff (2) ps02 bar 0,7609 1,369 2,287

Aufgabe 7.3 Ethylen (C2 H4 ) und Wasserdampf (H2 O) reagieren in der Gasphase gem¨ aß der nachfolgenden Reaktionsgleichung C2 H4 + H2 O  C2 H5 OH zu Ethanol (C2 H5 OH). Bei einer Temperatur von 500 K betr¨ agt die Gleichgewichtskonstante dieser Reaktion K = 1, 256 · 10−2 . Die Gasphase kann als ideal angesehen werden. Man berechne f¨ ur eine Ausgangszusammensetzung von 2 mol Ethylen und 1 mol Wasserdampf a) die Zusammensetzung im chemischen Gleichgewicht bei den Reaktionsbedingungen T = 500 K und p = p0 = 1, 013 bar, b) den Druck, der ben¨ otigt wird, um bei der gegebenen Reaktionstemperatur 10 mol-% Ethanol im Produktstrom zu erhalten!

Aufgabe 7.4 Die Dissoziationsreaktion von N2 O4 zu NO2 wird durch die folgende Reaktionsgleichung beschrieben: N2 O4  2 NO2 . Weiterhin sind folgende Stoffdaten im Standardzustand bei T0 = 298, 15 K und p0 = 1 bar gegeben: Δhf,0 N2 O4 = 9, 16 kJ/mol; s0N2 O4

= 304, 29 J/mol K;

Δhf,0 NO2 = 33, 18 kJ/mol s0NO2

und

= 240, 06 J/mol K.

Die Reaktion findet im idealen Gaszustand statt. a) Man berechne die Gaszusammensetzung im Reaktionsgleichgewicht bei T = 318 K und p = 2 bar, wenn von einer anf¨ anglichen Stoffmenge von nN2 O4 = 1 mol N2 O4 ausgegangen wird. Die Reaktionsenthalpie sei dabei in erster N¨ aherung temperaturunabh¨ angig! b) Wie ver¨ andert sich das Resultat, wenn 10 mol Argon (Ar) als inertes Gas beteiligt sind?

Aufgabe 7.5 In einer Trocknungsanlage wird ein Volumenstrom von V˙ 1 = 1500 m3 /h feuchter Luft vom Zustand 1 (ϕ1 = 0, 8, p1 = 1 bar, t1 = 10◦ C) zun¨ achst in einem W¨ arme¨ ubertrager isobar auf t2 = 90◦ C erw¨ armt. Die erw¨ armte Luft str¨ omt dann u asst die Anlage im Zustand 3 mit p3 = 990 ¨ ber das zu trocknende Gut und verl¨ mbar, ϕ3 = 0, 85 und t3 = 55◦ C. a) Man bestimme die Wasserbeladungen x1 und x2 sowie die relative Feuchte ϕ in den Zust¨ anden 1 und 2!

544

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen

b) Wie groß ist der Massenstrom an trockener Luft? c) Man bestimme den zuzuf¨ uhrenden W¨ armestrom Q˙ 12 ! d) Wie groß ist der Massenstrom des Wassers m ˙ W , der dem zu trocknenden Gut entzogen wird?

Aufgabe 7.6 F¨ ur den Naturzug-Nassk¨ uhlturm eines Kraftwerkes sind folgende Daten am Auslegungspunkt bekannt: Elektrische Leistung des Kraftwerks: 950 MW Generator-Wirkungsgrad: ηel = 0, 94 K¨ uhlwasser-Volumenstrom: V˙ = 91, 000 m3 /h Wassereintrittstemperatur (K¨ uhlturm-Eintritt): 25◦ C Wasseraustrittstemperatur (K¨ uhlturm-Austritt): 15◦ C Lufteintrittstemperatur: 10◦ C Luftaustrittstemperatur: 20◦ C Rel. Feuchte Lufteintritt: 60% Rel. Feuchte Luftaustritt: 95% Wasserverluste im K¨ uhlwasserkreislauf werden durch Flusswasser mit der Temperatur t = 15◦ C gedeckt. a) Man berechne den thermischen Wirkungsgrad ηth des Kraftwerks! b) Man berechne den Luftmassenstrom m ˙ L des K¨ uhlturms und den erforderlichen Flusswassermassenstrom m ˙ FW ! c) Wieviele Gleichgewichtsstufen werden zur Einstellung der gew¨ unschten Austrittszust¨ ande ben¨ otigt? d) Auf welche tiefste Temperatur k¨ onnte das Wasser bei dem vorgegebenen Luftzustand unabh¨ angig von den bestehenden Prozessbedingungen abgek¨ uhlt werden? Dichte des Wassers: ρ = 1000 g/l

Aufgabe 7.7 Synthesegas wird durch Wasserdampfreformierung von Methan gem¨ aß der Reaktionsgleichung CH4 + H2 O  CO + 3 H2 erzeugt. Einem isothermen Reaktor wird ein gasf¨ ormiges Eduktgemisch von 1 kmol/s Methan und 2 kmol/s Wasserdampf zugef¨ uhrt und bei einer Reaktortemperatur von T = 1100 K und einem Druck von p = 20 bar umgesetzt. a) Man berechne die Gleichgewichtskonstante K der Reaktion! b) Wie groß ist die Reaktionslaufzahl ξ und die Gleichgewichtszusammensetzung in Stoffmengenanteilen xi im Produktstrom? c) Wie groß ist bei diesen Reaktionsbedingungen der Gleichgewichtsumsatz f¨ ur Methan? d) Welcher W¨ armestrom muss dem Reaktor zugef¨ uhrt werden? Edukt- und Produktstrom k¨ onnen als ideale Gasgemische betrachtet werden.

7.7 Aufgaben

545

Aufgabe 7.8 Im adiabaten Konverter einer Ammoniakerzeugungsanlage soll Kohlenmonoxid mit Wasser nach der folgenden Reaktionsgleichung zu Wasserstoff und Kohlendioxid umgewandelt werden: CO + H2 O  CO2 + H2 Der Eingangsstrom (0) in den Konverter besteht aus mehreren Komponenten, deren Stoffmengenstr¨ ome jeweils in mol/s gegeben sind und der unten stehenden Tabelle entnommen werden k¨ onnen. Die Edukte werden dem Konverter bei einer Temperatur Tein = 500 K zugef¨ uhrt, und der bei der Reaktion konstante Druck betrage p = 30 bar. Komponente (0) n˙ i

N2 370

CO 195

CO2 145

H2 O 1250,4

H2 960

Man bestimme die Zusammensetzung des Produktstromes nach Erreichen des Reaktionsgleichgewichtes! Edukt- und Produktstrom k¨ onnen als ideale Gasgemische betrachtet werden.

Aufgabe 7.9 Eine Salzl¨ osung aus Wasser und Salz (xW = 0, 95 und xS = 0, 05) siedet bei einer h¨ oheren Temperatur als reines Wasser. Im Dampf ist praktisch kein Salz vorhanden. a) Man bestimme mit Hilfe des Raoultschen Gesetzes f¨ ur eine Siedetemperatur der L¨ osung von 100◦ C den Dampfdruck der Komponente Wasser in der L¨ osung und den Gesamtdruck! b) Wie groß ist die Siedetemperatur der L¨ osung bei einem Gesamtdruck von p = 1, 0135 bar?

Aufgabe 7.10 Man berechne die Gleichgewichtszusammensetzung der Reaktion 2 CO + 4 H2  C2 H5 OH + H2 O bei T = 400 K und p = 1 bar, wenn von einem Ausgangsgemisch von 2 mol CO und 4 mol H2 ausgegangen wird! Stoffdaten f¨ ur Ethanol: T p ΔhV K bar kJ/kmol 298,15 0,081 45000 351,45 1 44360 molare W¨ armekapazit¨ at im idealen Gaszustand: • cig p,C2 H5 OH = 74 kJ/(kmol K) Es sollen dar¨ uber hinaus nur die Daten der Tabelle A2 benutzt werden.

546

7 Modellprozesse f¨ ur Stoffumwandlungen

Aufgabe 7.11 In einem K¨ altewerk sind vier Absorptionsk¨ altemaschinen installiert mit einer K¨ alteleistung von insgesamt Q˙ 0 = 4 · 4, 5 MW = 18 MW. Eine Absorptionsk¨ altemaschine pumpt “ aus dem zu k¨ uhlenden Raum unter Aufnahme eines ” W¨ armestroms bei hoher Temperatur einen W¨ armestrom (K¨ alteleistung) bei der K¨ uhlraumtemperatur auf eine h¨ ohere Temperatur. Der Antriebs-W¨ armestrom der Maschinen wird mit einem Sattdampfstrom von 4 · 5, 7 t/h = 22,8 t/h bei p = 8 bar zugef¨ uhrt. a) Welcher W¨ armestrom wird den Absorptionsk¨ altemaschinen insgesamt zugef¨ uhrt, wenn das Kondensat des Sattdampfs vor R¨ uckf¨ uhrung in den Dampferzeuger in der Absorptionsk¨ altemaschine auf 1 bar entspannt und bis zum Siedezustand abgek¨ uhlt wird? b) Welche Brennstoffleistung ist zur Dampferzeugung erforderlich, wenn der Dampferzeuger einen Kesselwirkungsgrad von ηK = 0,95 hat? c) Welcher W¨ armestrom muss aus den Absorptionsk¨ altemaschinen abgef¨ uhrt werden? d) Der unter c) bestimmte W¨ armestrom wird vom K¨ uhlwasser aufgenommen, das sich dadurch auf tKW = 37◦ C erw¨ armt. Es wird u uhlt¨ urme ¨ ber Verdunstungsk¨ r¨ uckgek¨ uhlt. Ausgehend von einem sommerlichen Luftzustand von tL1 = 32◦ C und ϕL1 = 0, 4 berechne man unter Annahme eines Gleichgewichtsprozesses die minimale erreichbare Temperatur des r¨ uckgek¨ uhlten K¨ uhlwassers, den Massenstrom m ˙ KW des K¨ uhlwassers und den durch die Verdunstung verlorenen Wasserstrom sowie den erforderlichen trockenen Luftmassenstrom, wenn die Luft ges¨ attigt mit tL2 = 37◦ C aus dem K¨ uhlturm austritt! Der Gesamtdruck betr¨ agt p = 1 bar.

Aufgabe 7.12 F¨ ur die Methanolherstellung aus Synthesegas gilt die Reaktionsgleichung CO + 2 H2  CH3 OH a) Man berechne die Zusammensetzung unter Gleichgewichtsbedingungen bei T = 500 K und p = 30 bar, wenn die Edukte st¨ ochiometrisch zugef¨ uhrt werden! Welcher Anteil der Edukte wird umgesetzt? b) Welcher Druck ist notwendig, damit bei gleicher Temperatur und gleichem Verh¨ altnis der Ausgangsstoffmengen 75 % der Edukte umgesetzt werden? Stoffdaten von Methanol (T 0 = 298, 15 K, p0 = 1 bar): Δhf,0 CH3 OH (g) = −201,3 kJ/mol ig 0 hig CH3 OH (500 K) − hCH3 OH (T ) = 10, 442 kJ/mol;

s0CH3 OH (g) = 239, 9 kJ/(kmol K) 0 ig 0 0 sig CH3 OH (500 K; p ) − sCH3 OH (T ; p ) = 26, 398 kJ/(kmol K)

Enthalpie ΔhV kJ/kg 0,01 2501,3 20,98 2489,6 42,01 2477,7 62,99 2465,9 83,96 2454,1 104,89 2442,3 125,79 2430,5 146,68 2418,6 167,57 2406,7 188,45 2394,8 209,33 2382,7 230,23 2370,7 251,13 2358,5 272,06 2346,2 292,98 2333,8 313,93 2321,4 334,91 2308,8 355,90 2296,0 376,92 2283,2 397,96 2270,2 h

Eigenschaften von Wasser und Wasserdampf1

Tabelle A1.1: S¨ attigungszustand (Temperaturtafel) spez. Volumen innere Energie t p v v  u ΔuV u ◦ 3 C kPa m /kg kJ/kg 0,01 0,6113 0,001000 206,14 0,00 2375,3 2375,3 5 0,8721 0,001000 147,12 20,97 2361,3 2382,3 10 1,2276 0,001000 106,38 42,00 2347,2 2389,2 15 1,7051 0,001001 77,93 62,99 2333,1 2396,1 20 2,3390 0,001002 57,79 83,95 2319,0 2402,9 25 3,1690 0,001003 43,36 104,88 2304,9 2409,8 30 4,2460 0,001004 32,89 125,78 2290,8 2416,6 35 5,6280 0,001006 25,22 146,67 2276,7 2423,4 40 7,3840 0,001008 19,52 167,56 2262,6 2430,1 45 9,5930 0,001010 15,26 188,44 2248,4 2436,8 50 12,3490 0,001012 12,03 209,32 2234,2 2443,5 55 15,7580 0,001015 9,568 230,21 2219,9 2450,1 60 19,9400 0,001017 7,671 251,11 2205,5 2456,6 65 25,0300 0,001020 6,197 272,02 2191,1 2463,1 70 31,1900 0,001023 5,042 292,95 2176,6 2469,6 75 38,5800 0,001026 4,131 313,90 2162,0 2475,9 80 47,3900 0,001029 3,407 334,86 2147,4 2482,2 85 57,8300 0,001033 2,828 355,84 2132,6 2488,4 90 70,1400 0,001036 2,361 376,85 2117,7 2494,5 95 84,5500 0,001040 1,982 397,88 2102,7 2500,6

Tabelle A1

Anhang A Stoffdaten

s 0,0000 0,0761 0,1510 0,2245 0,2966 0,3674 0,4369 0,5053 0,5725 0,6387 0,7038 0,7679 0,8312 0,8935 0,9549 1,0155 1,0753 1,1343 1,1925 1,2500

h 2501,4 2510,6 2519,8 2528,9 2538,1 2547,2 2556,3 2565,3 2574,3 2583,2 2592,1 2600,9 2609,6 2618,3 2626,8 2635,3 2643,7 2651,9 2660,1 2668,1

Entropie ΔsV kJ/kg K 9,1562 8,9496 8,7498 8,5569 8,3706 8,1905 8,0164 7,8478 7,6845 7,5261 7,3725 7,2234 7,0784 6,9375 6,8004 6,6669 6,5369 6,4102 6,2866 6,1659

9,1562 9,0257 8,9008 8,7814 8,6672 8,5580 8,4533 8,3531 8,2570 8,1648 8,0763 7,9913 7,9069 7,8310 7,7553 7,6824 7,6122 7,5445 7,4791 7,4159

s

S¨ attigungszustand (Temperaturtafel) (Fortsetzung) spez. Volumen innere Energie t p v v  u ΔuV u ◦ 3 C MPa m /kg kJ/kg 100 0,10135 0,001044 1,6729 418,94 2087,6 2506,5 105 0,12082 0,001048 1,4194 440,02 2072,3 2512,4 110 0,14327 0,001052 1,2102 461,14 2057,0 2518,1 115 0,16906 0,001056 1,0366 482,30 2041,4 2523,7 120 0,19853 0,001060 0,8919 503,50 2025,8 2529,3 125 0,2321 0,001065 0,7706 524,74 2009,9 2534,6 130 0,2701 0,001070 0,6685 546,02 1993,9 2539,9 135 0,3130 0,001075 0,5822 567,35 1977,7 2545,0 140 0,3613 0,001080 0,5089 588,74 1961,3 2550,0 145 0,4154 0,001085 0,4463 610,18 1944,7 2554,9 150 0,4758 0,001091 0,3928 631,68 1927,9 2559,5 155 0,5431 0,001096 0,3468 653,24 1910,8 2564,1 160 0,6178 0,001102 0,3071 674,87 1893,5 2568,4 165 0,7005 0,001108 0,2727 696,56 1876,0 2572,5 170 0,7917 0,001114 0,2428 718,33 1858,1 2576,5 175 0,8920 0,001121 0,2168 740,17 1840,0 2580,2 180 1,0021 0,001127 0,19405 762,09 1821,6 2583,7 185 1,1227 0,001134 0,17409 784,10 1802,9 2587,0 190 1,2544 0,001141 0,15654 806,19 1783,8 2590,0 195 1,3978 0,001149 0,14105 828,37 1764,4 2592,8 200 1,5538 0,001157 0,12736 850,65 1744,7 2595,3 205 1,7230 0,001164 0,11521 873,04 1724,5 2597,5 210 1,9062 0,001173 0,10441 895,53 1703,9 2599,5 Enthalpie ΔhV kJ/kg 419,04 2257,0 440,15 2243,7 461,30 2230,2 482,48 2216,5 503,71 2202,6 524,99 2188,5 546,31 2174,2 567,69 2159,6 589,13 2144,7 610,63 2129,6 632,20 2114,3 653,84 2098,6 675,55 2082,6 697,34 2066,2 719,21 2049,5 741,17 2032,4 763,22 2015,0 785,37 1997,1 807,62 1978,8 829,98 1960,0 852,45 1940,7 875,04 1921,0 897,76 1900,7 h

s 1,3069 1,3630 1,4185 1,4734 1,5276 1,5813 1,6344 1,6870 1,7391 1,7907 1,8418 1,8925 1,9427 1,9925 2,0419 2,0909 2,1396 2,1879 2,2359 2,2835 2,3309 2,3780 2,4248

h 2676,1 2683,8 2691,5 2699,0 2706,3 2713,5 2720,5 2727,3 2733,9 2740,3 2746,5 2752,4 2758,1 2763,5 2768,7 2773,6 2778,2 2782,4 2786,4 2790,0 2793,2 2796,0 2798,5

Entropie ΔsV kJ/kg K 6,0480 5,9328 5,8202 5,7100 5,6020 5,4962 5,3925 5,2907 5,1908 5,0926 4,9960 4,9010 4,8075 4,7153 4,6244 4,5347 4,4461 4,3586 4,2720 4,1863 4,1014 4,0172 3,9337 7,3549 7,2958 7,2387 7,1833 7,1296 7,0775 7,0269 6,9777 6,9299 6,8833 6,8379 6,7935 6,7502 6,7078 6,6663 6,6256 6,5857 6,5465 6,5079 6,4698 6,4323 6,3952 6,3585

s

548 A Stoffdaten

S¨ attigungszustand (Temperaturtafel) (Fortsetzung) spez. Volumen innere Energie t p v v  u ΔuV u ◦ 3 C MPa m /kg kJ/kg 215 2,1040 0,001181 0,09479 918,14 1682,9 2601,1 220 2,3180 0,001190 0,08619 940,87 1661,5 2602,4 225 2,5480 0,001199 0,07849 963,73 1639,6 2603,3 230 2,7950 0,001209 0,07158 986,74 1617,2 2603,9 235 3,0600 0,001219 0,06537 1009,89 1594,2 2604,1 240 3,3440 0,001229 0,05976 1033,21 1570,8 2604,0 245 3,6480 0,001240 0,05471 1056,71 1546,7 2603,4 250 3,9730 0,001251 0,05013 1080,39 1522,0 2602,4 255 4,3190 0,001263 0,04598 1104,28 1496,7 2600,9 260 4,6880 0,001276 0,04221 1128,39 1470,6 2599,0 265 5,0810 0,001289 0,03877 1152,74 1443,9 2596,6 270 5,4990 0,001302 0,03564 1177,36 1416,3 2593,7 275 5,9420 0,001317 0,03279 1202,25 1387,9 2590,2 280 6,4120 0,001332 0,03017 1227,46 1358,7 2586,1 285 6,9090 0,001348 0,02777 1253,00 1328,4 2581,4 290 7,4360 0,001366 0,02557 1278,92 1297,1 2576,0 295 7,9930 0,001384 0,02354 1305,20 1264,7 2569,9 300 8,5810 0,001404 0,02167 1332,00 1231,0 2563,0 305 9,2020 0,001425 0,019948 1359,30 1195,9 2555,2 310 9,8560 0,001447 0,018350 1387,10 1159,4 2546,4 315 10,547 0,001472 0,016867 1415,50 1121,1 2536,6 320 11,274 0,001499 0,015488 1444,60 1080,9 2525,5 330 12,845 0,001561 0,012996 1505,30 993,7 2498,9 Enthalpie ΔhV kJ/kg 920,62 1879,9 943,62 1858,5 966,78 1836,5 990,12 1813,8 1013,62 1790,5 1037,32 1766,5 1061,23 1741,7 1085,36 1716,2 1109,73 1689,8 1134,37 1662,5 1159,28 1634,4 1184,51 1605,2 1210,07 1574,9 1235,99 1543,6 1262,31 1511,0 1289,07 1477,1 1316,30 1441,8 1344,00 1404,9 1372,40 1366,4 1401,30 1326,0 1431,00 1283,5 1461,50 1238,6 1525,30 1140,6 h

s 2,4714 2,5178 2,5639 2,6099 2,6558 2,7015 2,7472 2,7927 2,8383 2,8838 2,9294 2,9751 3,0208 3,0668 3,1130 3,1594 3,2062 3,2534 3,3010 3,3493 3,3982 3,4480 3,5507

h 2800,5 2802,1 2803,3 2804,0 2804,2 2803,8 2803,0 2801,5 2799,5 2796,9 2793,6 2789,7 2785,0 2779,6 2773,3 2766,2 2758,1 2749,0 2738,7 2727,3 2714,5 2700,1 2665,9

Entropie ΔsV kJ/kg K 3,8507 3,7683 3,6863 3,6047 3,5233 3,4422 3,3612 3,2802 3,1992 3,1181 3,0368 2,9551 2,8730 2,7903 2,7070 2,6227 2,5375 2,4511 2,3633 2,2737 2,1821 2,0882 1,8909 6,3221 6,2861 6,2503 6,2146 6,1791 6,1437 6,1083 6,0730 6,0375 6,0019 5,9662 5,9301 5,8938 5,8571 5,8199 5,7821 5,7437 5,7045 5,6643 5,6230 5,5804 5,5362 5,4417

s

Tabelle A1 549

1

Enthalpie ΔhV kJ/kg 1594,20 1027,9 1670,60 893,4 1760,50 720,5 1890,50 441,6 2099,30 0,0 h

s 3,6594 3,7777 3,9147 4,1106 4,4298

h 2622,0 2563,9 2481,0 2332,1 2099,3

Entropie ΔsV kJ/kg K 1,6763 1,4335 1,1379 0,6865 0,0000 5,3357 5,2112 5,0526 4,7971 4,4298

s

Die Eigenschaften von Wasser und Wasserdampf werden in unregelm¨ aßigem Abstand durch neue Messungen und Korrelationen neu formuliert, Die hier aufgef¨ uhrten Daten wurden u ¨ bernommen von J.H. Keenan, F.G. Keyes, P.G. Hill und J.G. Moore: Steam-Tables John Wiley and Sons, 1978. Die Unterschiede zu anderen Tabellierungen sind f¨ ur die Zwecke dieses Buches unbedeutend.

S¨ attigungszustand (Temperaturtafel) (Fortsetzung) spez. Volumen innere Energie t p v v  u ΔuV u ◦ 3 C MPa m /kg kJ/kg 340 14,586 0,001638 0,010797 1570,30 894,3 2464,6 350 16,513 0,001740 0,008813 1641,90 776,6 2418,4 360 18,651 0,001893 0,006945 1725,20 626,3 2351,5 370 21,030 0,002213 0,004925 1844,00 384,5 2228,5 374,14 22,090 0,003155 0,003155 2029,60 0,0 2029,6

550 A Stoffdaten

Tabelle A1.2: S¨ attigungszustand (Drucktafel) spez, Volumen innere Energie p t v v  u ΔuV u ◦ 3 kPa C m /kg kJ/kg 0,6113 0,01 0,001000 206,14 0,00 2375,3 2375,3 1,0 6,98 0,001000 129,21 29,30 2355,7 2385,0 1,5 13,03 0,001001 87,98 54,71 2338,6 2393,3 2,0 17,50 0,001001 67,00 73,48 2326,0 2399,5 2,5 21,08 0,001002 54,25 88,48 2315,9 2404,4 3,0 24,08 0,001003 45,67 101,04 2307,5 2408,5 4,0 28,96 0,001004 34,80 121,45 2293,7 2415,2 5,0 32,88 0,001005 28,19 137,81 2282,7 2420,5 7,5 40,29 0,001008 19,24 168,78 2261,7 2430,5 10,0 45,81 0,001010 14,67 191,82 2246,1 2437,9 15,0 53,97 0,001014 10,02 225,92 2222,8 2448,7 20,0 60,06 0,001017 7,649 251,38 2205,4 2456,7 25,0 64,97 0,001020 6,204 271,90 2191,2 2463,1 30,0 69,10 0,001022 5,229 289,20 2179,2 2468,4 40,0 75,87 0,001027 3,993 317,53 2159,5 2477,0 Enthalpie ΔhV h kJ/kg 0,01 2501,3 2501,4 29,30 2484,9 2514,2 54,71 2470,6 2525,3 73,48 2460,0 2533,5 88,49 2451,6 2540,0 101,05 2444,5 2545,5 121,46 2432,9 2554,4 137,82 2423,7 2561,5 168,79 2406,0 2574,8 191,83 2392,8 2584,7 225,94 2373,1 2599,1 251,40 2358,3 2609,7 271,93 2346,3 2618,2 289,23 2336,1 2625,3 317,58 2319,2 2636,8 h 0,0000 0,1059 0,1957 0,2607 0,3120 0,3545 0,4226 0,4764 0,5764 0,6493 0,7549 0,8320 0,8931 0,9439 1,0259

s

Entropie ΔsV kJ/kg K 9,1562 8,8697 8,6322 8,4629 8,3311 8,2231 8,0520 7,9187 7,6750 7,5009 7,2536 7,0766 6,9383 6,8247 6,6441 9,1562 8,9756 8,8279 8,7237 8,6432 8,5776 8,4746 8,3951 8,2515 8,1502 8,0085 7,9085 7,8314 7,7686 7,6700

s

Tabelle A1 551

S¨ attigungszustand (Drucktafel) (Fortsetzung) spez, Volumen innere Energie p t v v  u ΔuV u ◦ 3 MPa C m /kg kJ/kg 0,050 81,33 0,001030 3,240 340,44 2143,4 2483,9 0,075 91,78 0,001037 2,217 384,31 2112,4 2496,7 0,100 99,63 0,001043 1,6940 417,36 2088,7 2506,1 0,125 105,99 0,001048 1,3749 444,19 2069,3 2513,5 0,150 111,37 0,001053 1,1593 466,94 2052,7 2519,7 0,175 116,06 0,001057 1,0036 486,80 2038,1 2524,9 0,200 120,23 0,001061 0,8857 504,49 2025,0 2529,5 0,225 124,00 0,001064 0,7933 520,47 2013,1 2533,6 0,250 127,44 0,001067 0,7187 535,10 2002,1 2537,2 0,275 130,60 0,001070 0,6573 548,59 1991,9 2540,5 0,300 133,55 0,001073 0,6058 561,15 1982,4 2543,6 0,325 136,30 0,001076 0,5620 572,90 1973,5 2546,4 0,350 138,88 0,001079 0,5243 583,95 1965,0 2548,9 0,375 141,32 0,001081 0,4914 594,40 1956,9 2551,3 0,40 143,63 0,001084 0,4625 604,31 1949,3 2553,6 0,45 147,93 0,001088 0,4140 622,77 1934,9 2557,6 0,50 151,86 0,001093 0,3749 639,68 1921,6 2561,2 0,55 155,48 0,001097 0,3427 655,32 1909,2 2564,5 0,60 158,85 0,001101 0,3157 669,90 1897,5 2567,4 0,65 162,01 0,001104 0,2927 683,56 1886,5 2570,1 0,70 164,97 0,001108 0,2729 696,44 1876,1 2572,5 0,75 167,78 0,001112 0,2556 708,64 1866,1 2574,7 0,80 170,43 0,001115 0,2404 720,22 1856,6 2576,8 Enthalpie ΔhV kJ/kg 340,49 2305,4 384,39 2278,6 417,46 2258,0 444,32 2241,0 467,11 2226,5 486,99 2213,6 504,70 2201,9 520,72 2191,3 535,37 2181,5 548,89 2172,4 561,47 2163,8 573,25 2155,8 584,33 2148,1 594,81 2140,8 604,74 2133,8 623,25 2120,7 640,23 2108,5 655,93 2097,0 670,56 2086,3 684,28 2076,0 697,22 2066,3 709,47 2057,0 721,11 2048,0 h

s 1,0910 1,2130 1,3026 1,3740 1,4336 1,4849 1,5301 1,5706 1,6072 1,6408 1,6718 1,7006 1,7275 1,7528 1,7766 1,8207 1,8607 1,8973 1,9312 1,9627 1,9922 2,0200 2,0462

h 2645,9 2663,0 2675,5 2685,4 2693,6 2700,6 2706,7 2712,1 2716,9 2721,3 2725,3 2729,0 2732,4 2735,6 2738,6 2743,9 2748,7 2753,0 2756,8 2760,3 2763,5 2766,4 2769,1

Entropie ΔsV kJ/kg K 6,5029 6,2434 6,0568 5,9104 5,7897 5,6868 5,5970 5,5173 5,4455 5,3801 5,3201 5,2646 5,2130 5,1647 5,1193 5,0359 4,9606 4,8920 4,8288 4,7703 4,7158 4,6647 4,6166 7,5939 7,4564 7,3594 7,2844 7,2233 7,1717 7,1271 7,0878 7,0527 7,0209 6,9919 6,9652 6,9405 6,9175 6,8959 6,8565 6,8213 6,7893 6,7600 6,7331 6,7080 6,6847 6,6628

s

552 A Stoffdaten

S¨ attigungszustand (Drucktafel) (Fortsetzung) spez, Volumen innere Energie p t v v  u ΔuV u ◦ 3 MPa C m /kg kJ/kg 0,85 172,96 0,001118 0,2270 731,27 1847,4 2578,7 0,90 175,38 0,001121 0,2150 741,83 1838,6 2580,5 0,95 177,69 0,001124 0,2042 751,95 1830,2 2582,1 1,00 179,91 0,001127 0,19444 761,68 1822,0 2583,6 1,10 184,09 0,001133 0,17753 780,09 1806,3 2586,4 1,20 187,99 0,001139 0,16333 797,29 1791,5 2588,8 1,30 191,64 0,001144 0,15125 813,44 1777,5 2591,0 1,40 195,07 0,001149 0,14084 828,70 1764,1 2592,8 1,50 198,32 0,001154 0,13177 843,16 1751,3 2594,5 1,75 205,76 0,001166 0,11349 876,46 1721,4 2597,8 2,00 212,42 0,001177 0,09963 906,44 1693,8 2600,3 2,25 218,45 0,001187 0,08875 933,83 1668,2 2602,0 2,5 223,99 0,001197 0,07998 959,11 1644,0 2603,1 3,0 233,90 0,001217 0,06668 1004,78 1599,3 2604,1 3,5 242,60 0,001235 0,05707 1045,43 1558,3 2603,7 4 250,40 0,001252 0,04978 1082,31 1520,0 2602,3 5 263,99 0,001286 0,03944 1147,81 1449,3 2597,1 6 275,64 0,001319 0,03244 1205,44 1384,3 2589,7 7 285,88 0,001351 0,02737 1257,55 1323,0 2580,5 8 295,06 0,001384 0,02352 1305,57 1264,2 2569,8 9 303,40 0,001418 0,02048 1350,51 1207,3 2557,8 10 311,06 0,001452 0,01803 1393,04 1151,4 2544,4 11 318,15 0,001489 0,01599 1433,70 1096,0 2529,8 Enthalpie ΔhV kJ/kg 732,22 2039,4 742,83 2031,1 753,02 2023,1 762,81 2015,3 781,34 2000,4 798,65 1986,2 814,93 1972,7 830,30 1959,7 844,89 1947,3 878,50 1917,9 908,79 1890,7 936,49 1865,2 962,11 1841,0 1008,42 1795,7 1049,75 1753,7 1087,31 1714,1 1154,23 1640,1 1213,35 1571,0 1267,00 1505,1 1316,64 1441,3 1363,26 1378,9 1407,56 1317,1 1450,10 1255,5 h

s 2,0710 2,0946 2,1172 2,1387 2,1792 2,2166 2,2515 2,2842 2,3150 2,3851 2,4474 2,5035 2,5547 2,6457 2,7253 2,7964 2,9202 3,0267 3,1211 3,2068 3,2858 3,3596 3,4295

h 2771,6 2773,9 2776,1 2778,1 2781,7 2784,8 2787,6 2790,0 2792,2 2796,4 2799,5 2801,7 2803,1 2804,2 2803,4 2801,4 2794,3 2784,3 2772,1 2758,0 2742,1 2724,7 2705,6

Entropie ΔsV kJ/kg K 4,5711 4,5280 4,4869 4,4478 4,3744 4,3067 4,2438 4,1850 4,1298 4,0044 3,8935 3,7937 3,7028 3,5412 3,4000 3,2737 3,0532 2,8625 2,6922 2,5364 2,3915 2,2544 2,1233 6,6421 6,6226 6,6041 6,5865 6,5536 6,5233 6,4953 6,4693 6,4448 6,3896 6,3409 6,2972 6,2575 6,1869 6,1253 6,0701 5,9734 5,8892 5,8133 5,7432 5,6772 5,6141 5,5527

s

Tabelle A1 553

¨ Tabelle A1.3: Uberhitzter Dampf p = 0,01 MPa, ts = 45, 81◦C v  u h s 14,674 2437,9 2584,7 8,1502 t v u h s kJ kJ kJ ◦ C m3 /kg kg kg kg K 50 14,869 2443,9 2592,6 8,1749 100 17,196 2515,5 2687,5 8,4479 150 19,512 2587,9 2783 8,6882 200 21,825 2661,3 2879,5 8,9038 3,418 2511,6 2682,5 3,889 2585,6 2780,1 4,356 2659,9 2877,7

7,6947 7,9401 8,158

s 3,4962 3,5606 3,6232 3,6848 3,7461 3,8079 3,8715 3,9388 4,0139 4,1075 4,3110 4,4298

h 2684,9 2662,2 2637,6 2610,5 2580,6 2547,2 2509,1 2464,5 2409,7 2334,6 2165,6 2099,3

Entropie ΔsV kJ/kg K 1,9962 1,8718 1,7485 1,6249 1,4994 1,3698 1,2329 1,0839 0,9130 0,6938 0,2216 0,0000 s 5,4924 5,4323 5,3717 5,3098 5,2455 5,1777 5,1044 5,0228 4,9269 4,8013 4,5327 4,4298

1,6958 2506,7 2676,2 7,3614 1,9364 2582,8 2776,4 7,6134 2,172 2658,1 2875,3 7,8343

p = 0,10 MPa, ts = 99, 63◦C v  u h s 1,6940 2506,1 2675,5 7,3594 v u h s kJ kJ kJ m3 /kg kg kg kg K

Enthalpie ΔhV kJ/kg 1491,30 1193,6 1531,50 1130,7 1571,10 1066,5 1610,50 1000,0 1650,10 930,6 1690,30 856,9 1732,00 777,1 1776,50 688,0 1826,30 583,4 1888,40 446,2 2022,20 143,4 2099,30 0,0 h

p = 0,05 MPa, ts = 81, 33◦C v  u h s 3,240 2483,9 2645,9 7,5939 v u h s kJ kJ kJ m3 /kg kg kg kg K

S¨ attigungszustand (Drucktafel) (Fortsetzung) spez, Volumen innere Energie p t v v  u ΔuV u ◦ 3 MPa C m /kg kJ/kg 12 324,75 0,001527 0,01426 1473,00 1040,7 2513,7 13 330,93 0,001567 0,01278 1511,10 985,0 2496,1 14 336,75 0,001611 0,01149 1548,60 928,2 2476,8 15 342,24 0,001658 0,01034 1585,60 869,8 2455,5 16 347,44 0,001711 0,00931 1622,70 809,0 2431,7 17 352,37 0,001770 0,008364 1660,20 744,8 2405,0 18 357,06 0,001840 0,007489 1698,90 675,4 2374,3 19 361,54 0,001924 0,006657 1739,90 598,1 2338,1 20 365,81 0,002036 0,005834 1785,60 507,5 2293,0 21 369,89 0,002207 0,004952 1842,10 388,5 2230,6 22 373,80 0,002742 0,003568 1961,90 125,2 2087,1 22,09 374,14 0,003155 0,003155 2029,60 0,0 2029,6

554 A Stoffdaten

¨ Uberhitzter Dampf (Fortsetzung) 250 24,136 2736 2977,3 9,1002 300 26,445 2812,1 3076,5 9,2813 400 31,063 2968,9 3279,6 9,6077 500 35,679 3132,3 3489,1 9,8978 600 40,295 3302,5 3705,4 10,1608 700 44,911 3479,6 3928,7 10,4028 800 49,526 3663,8 4159 10,6281 900 54,141 3855 4396,4 10,8396 1000 58,757 4053 4640,6 11,0393 p = 0,2 MPa, ts = 120, 23◦C v  u h s 0,8857 2529,5 2706,7 7,1272 t v u h s kJ kJ kJ ◦ C m3 /kg kg kg kg K 150 0,9596 2576,9 2768,8 7,2795 200 1,0803 2654,4 2870,5 7,5066 250 1,1988 2731,2 2971 7,7086 300 1,3162 2808,6 3071,8 7,8926 400 1,5493 2966,7 3276,6 8,2218 500 1,7814 3130,8 3487,1 8,5133 600 2,013 3301,4 3704 8,777 700 2,244 3478,8 3927,6 9,0194 800 2,475 3663,1 4158,2 9,2449 900 2,706 3854,5 4395,8 9,4566 1000 2,937 4052,5 4640 9,6563 4,82 2735 5,284 2811,3 6,209 2968,5 7,134 3132 8,057 3302,2 8,981 3479,4 9,904 3663,6 10,828 3854,9 11,751 4052,9 p = 0,3 MPa, v  u 0,6058 2543,6 v u kJ m3 /kg kg 0,6339 2570,8 0,7163 2650,7 0,7964 2728,7 0,8753 2806,7 1,0315 2965,6 1,1867 3130 1,3414 3300,8 1,4957 3478,4 1,6499 3662,9 1,8041 3854,2 1,9581 4052,3 kJ kg K

7,0778 7,3115 7,5166 7,7022 8,033 8,3251 8,5892 8,8319 9,0576 9,2692 9,469

kJ kg

2761 2865,6 2967,6 3069,3 3275 3486 3703,2 3927,1 4157,8 4395,4 4639,7

2976 8,3556 3075,5 8,5373 3278,9 8,8642 3488,7 9,1546 3705,1 9,4178 3928,5 9,6599 4158,9 9,8852 4396,3 10,0967 4640,5 10,2964 ts = 133, 55◦C h s 2725,3 6,9919 h s

2,406 2733,7 2,639 2810,4 3,103 2967,9 3,565 3131,6 4,028 3301,9 4,49 3479,2 4,952 3663,5 5,414 3854,8 5,875 4052,8 p = 0,4 MPa, v  u 0,4625 2553,6 v u kJ m3 /kg kg 0,4708 2564,5 0,5342 2646,8 0,5951 2726,1 0,6548 2804,8 0,7726 2964,4 0,8893 3129,2 1,0055 3300,2 1,1215 3477,9 1,2372 3662,4 1,3529 3853,9 1,4685 4052 2752,8 2860,5 2964,2 3066,8 3273,4 3484,9 3702,4 3926,5 4157,3 4395,1 4639,4

kJ kg

6,9299 7,1706 7,3789 7,5662 7,8985 8,1913 8,4558 8,6987 8,9244 9,1362 9,336

kJ kg K

2974,3 8,0333 3074,3 8,2158 3278,2 8,5435 3488,1 8,8342 3704,7 9,0976 3928,2 9,3398 4158,6 9,5652 4396,1 9,7767 4640,3 9,9764 ts = 143, 63◦C h s 2738,6 6,8959 h s

Tabelle A1 555

¨ Uberhitzter Dampf (Fortsetzung) p = 0,5 MPa, ts = 151, 86◦C v  u h s 0,3749 2561,2 2748,7 6,8213 t v u h s kJ kJ kJ ◦ C m3 /kg kg kg kg K 200 0,4249 2642,9 2855,4 7,0592 250 0,4744 2723,5 2960,7 7,2709 300 0,5226 2802,9 3064,2 7,4599 350 0,5701 2882,6 3167,7 7,6329 400 0,6173 2963,2 3271,9 7,7938 500 0,7109 3128,4 3483,9 8,0873 600 0,8041 3299,6 3701,7 8,3522 700 0,8969 3477,5 3925,9 8,5952 800 0,9896 3662,1 4156,9 8,8211 900 1,0822 3853,6 4394,7 9,0329 1000 1,1747 4051,8 4639,1 9,2328 p = 1,0 MPa, ts = 179, 91◦C v  u h s 0,19444 2583,6 2778,1 6,5865 t v u h s kJ kJ kJ ◦ C m3 /kg kg kg kg K 200 0,206 2621,9 2827,9 6,694 250 0,2327 2709,9 2942,6 6,9247 300 0,2579 2793,2 3051,2 7,1229 350 0,2825 2875,2 3157,7 7,3011 p = 0,6 MPa, ts = 158, 85◦C v  u h s 0,3157 2567,4 2756,8 6,7600 v u h s kJ kJ kJ m3 /kg kg kg kg K 0,352 2638,9 2850,1 6,9665 0,3938 2720,9 2957,2 7,1816 0,4344 2801 3061,6 7,3724 0,4742 2881,2 3165,7 7,5464 0,5137 2962,1 3270,3 7,7079 0,592 3127,6 3482,8 8,0021 0,6697 3299,1 3700,9 8,2674 0,7472 3477 3925,3 8,5107 0,8245 3661,8 4156,5 8,7367 0,9017 3853,4 4394,4 8,9486 0,9788 4051,5 4638,8 9,1485 p = 1,2 MPa, ts = 187, 99◦C v  u h s 0,16333 2588,8 2784,8 6,5233 v u h s kJ kJ kJ m3 /kg kg kg kg K 0,1693 2612,8 2815,9 6,5898 0,19234 2704,2 2935 6,8294 0,2138 2789,2 3045,8 7,0317 0,2345 2872,2 3153,6 7,2121

p = 0,8 MPa, ts = 170, 43◦C v  u h s 0,2404 2576,8 2769,1 6,6628 v u h s kJ kJ kJ m3 /kg kg kg kg K 0,2608 2630,6 2839,3 6,8158 0,2931 2715,5 2950 7,0384 0,3241 2797,2 3056,5 7,2328 0,3544 2878,2 3161,7 7,4089 0,3834 2959,7 3267,1 7,5716 0,4433 3126 3480,6 7,8673 0,5018 3297,9 3699,4 8,1333 0,5601 3476,2 3924,2 8,377 0,6181 3661,1 4155,6 8,6033 0,6761 3852,8 4393,7 8,8153 0,734 4051 4638,2 9,0153 p = 1,4 MPa, ts = 195, 07◦C v  u h s 0,14084 2592,8 2790,0 6,4693 v u h s kJ kJ kJ m3 /kg kg kg kg K 0,14302 2603,1 2803,3 6,4975 0,1635 2698,3 2927,2 6,7467 0,18228 2785,2 3040,4 6,9534 0,2003 2869,2 3149,5 7,136

556 A Stoffdaten

¨ Uberhitzter Dampf (Fortsetzung) 400 0,3066 2957,3 3263,9 7,4651 500 0,3541 3124,4 3478,5 7,7622 600 0,4011 3296,8 3697,9 8,029 700 0,4478 3475,3 3923,1 8,2731 800 0,4943 3660,4 4154,7 8,4996 900 0,5407 3852,2 4392,9 8,7118 1000 0,5871 4050,5 4637,6 8,9119 p = 1,6 MPa, ts = 201, 41◦C v  u h s 0,12380 2596,0 2794,0 6,4218 t v u h s kJ kJ kJ ◦ C m3 /kg kg kg kg K 225 0,13287 2644,7 2857,3 6,5518 250 0,14184 2692,3 2919,2 6,6732 300 0,15862 2781,1 3034,8 6,8844 350 0,17456 2866,1 3145,4 7,0694 400 0,19005 2950,1 3254,2 7,2374 500 0,2203 3119,5 3472 7,539 600 0,25 3293,3 3693,2 7,808 700 0,2794 3472,7 3919,7 8,0535 800 0,3086 3658,3 4152,1 8,2808 900 0,3377 3850,5 4390,8 8,4935 1000 0,3668 4049 4635,8 8,6938 0,2548 2954,9 3260,7 7,3774 0,2946 3122,8 3476,3 7,6759 0,3339 3295,6 3696,3 7,9435 0,3729 3474,4 3922 8,1881 0,4118 3659,7 4153,8 8,4148 0,4505 3851,6 4392,2 8,6272 0,4892 4050 4637 8,8274 p = 1,8 MPa, ts = 207, 15◦C v  u h s 0,11042 2598,4 2797,1 6,3794 v u h s kJ kJ kJ m3 /kg kg kg kg K 0,11673 2636,6 2846,7 6,4808 0,12497 2686 2911 6,6066 0,14021 2776,9 3029,2 6,8226 0,15457 2863 3141,2 7,01 0,16847 2947,7 3250,9 7,1794 0,1955 3117,9 3469,8 7,4825 0,222 3292,1 3691,7 7,7523 0,2482 3471,8 3918,5 7,9983 0,2742 3657,6 4151,2 8,2258 0,3001 3849,9 4390,1 8,4386 0,326 4048,5 4635,2 8,6391

0,2178 2952,5 3257,5 7,3026 0,2521 3121,1 3474,1 7,6027 0,286 3294,4 3694,8 7,871 0,3195 3473,6 3920,8 8,116 0,3528 3659 4153 8,3431 0,3861 3851,1 4391,5 8,5556 0,4192 4049,5 4636,4 8,7559 p = 2,0 MPa, ts = 212, 42◦C v  u h s 0,09963 2600,3 2799,5 6,3409 v u h s kJ kJ kJ m3 /kg kg kg kg K 0,10377 2628,3 2835,8 6,4147 0,11144 2679,6 2902,5 6,5453 0,12547 2772,6 3023,5 6,7664 0,13857 2859,8 3137 6,9563 0,1512 2945,2 3247,6 7,1271 0,17568 3116,2 3467,6 7,4317 0,1996 3290,9 3690,1 7,7024 0,2232 3470,9 3917,4 7,9487 0,2467 3657 4150,3 8,1765 0,27 3849,3 4389,4 8,3895 0,2933 4048 4634,6 8,5901

Tabelle A1 557

¨ Uberhitzter Dampf (Fortsetzung) p = 2,5 MPa, ts = 223, 99◦C v  u h s 0,07998 2603,1 2803,1 6,2575 t v u h s kJ kJ kJ ◦ C m3 /kg kg kg kg K 225 0,08027 2605,6 2806,3 6,2639 250 0,087 2662,6 2880,1 6,4085 300 0,0989 2761,6 3008,8 6,6438 350 0,10976 2851,9 3126,3 6,8403 400 0,1201 2939,1 3239,3 7,0148 450 0,13014 3025,5 3350,8 7,1746 500 0,13998 3112,1 3462,1 7,3234 600 0,1593 3288 3686,3 7,596 700 0,17832 3468,7 3914,5 7,8435 800 0,19716 3655,3 4148,2 8,072 900 0,2159 3847,9 4387,6 8,2853 1000 0,2346 4046,7 4633,1 8,4861 p = 4,0 MPa, ts = 250, 40◦C v  u h s 0,04978 2602,3 2801,4 6,0701 t v u h s kJ kJ kJ ◦ C m3 /kg kg kg kg K 275 0,05457 2667,9 2886,2 6,2285 300 0,05884 2725,3 2960,7 6,3615 350 0,06645 2826,7 3092,5 6,5821 p = 3,5 MPa, ts = 242, 60◦C v  u h s 0,05707 2603,7 2803,4 6,1253 v u h s kJ kJ kJ m3 /kg kg kg kg K 0,05872 2623,7 2829,2 6,1749 0,06842 2738 2977,5 6,4461 0,07678 2835,3 3104 6,6579 0,08453 2926,4 3222,3 6,8405 0,09196 3015,3 3337,2 7,0052 0,09918 3103 3450,9 7,1572 0,11324 3282,1 3678,4 7,4339 0,12699 3464,3 3908,8 7,6837 0,14056 3651,8 4143,7 7,9134 0,15402 3845 4384,1 8,1276 0,16743 4044,1 4630,1 8,3288 p = 5,0 MPa, ts = 263, 99◦C v  u h s 0,03944 2597,1 2794,3 5,9734 v u h s kJ kJ kJ m3 /kg kg kg kg K 0,04141 2631,3 2838,3 6,0544 0,04532 2698 2924,5 6,2084 0,05194 2808,7 3068,4 6,4493

p = 3,0 MPa, ts = 233, 90◦C v  u h s 0,06668 2604,1 2804,2 6,1869 v u h s kJ kJ kJ m3 /kg kg kg kg K 0,07058 2644 2855,8 6,2872 0,08114 2750,1 2993,5 6,539 0,09053 2843,7 3115,3 6,7428 0,09936 2932,8 3230,9 6,9212 0,10787 3020,4 3344 7,0834 0,11619 3108 3456,5 7,2338 0,13243 3285 3682,3 7,5085 0,14838 3466,5 3911,7 7,7571 0,16414 3653,5 4145,9 7,9862 0,1798 3846,5 4385,9 8,1999 0,19541 4045,4 4631,6 8,4009 p = 4,5 MPa, ts = 257, 49◦C v  u h s 0,04406 2600,1 2798,3 6,0198 v u h s kJ kJ kJ m3 /kg kg kg kg K 0,0473 2650,3 2863,2 6,1401 0,05135 2712 2943,1 6,2828 0,0584 2817,8 3080,6 6,5131

558 A Stoffdaten

¨ Uberhitzter Dampf (Fortsetzung) 400 0,07341 2919,9 3213,6 6,769 450 0,08002 3010,2 3330,3 6,9363 500 0,08643 3099,5 3445,3 7,0901 600 0,09885 3279,1 3674,4 7,3688 700 0,11095 3462,1 3905,9 7,6198 800 0,12287 3650 4141,5 7,8502 900 0,13469 3843,6 4382,3 8,0647 1000 0,14645 4042,9 4628,7 8,2662 p = 6,0 MPa, ts = 275, 64◦C v  u h s 0,03244 2589,7 2784,3 5,8892 t v u h s kJ kJ kJ ◦ C m3 /kg kg kg kg K 300 0,03616 2667,2 2884,2 6,0674 350 0,04223 2789,6 3043 6,3335 400 0,04739 2892,9 3177,2 6,5408 450 0,05214 2988,9 3301,8 6,7193 500 0,05665 3082,2 3422,2 6,8803 550 0,06101 3174,6 3540,6 7,0288 600 0,06525 3266,9 3658,4 7,1677 700 0,07352 3453,1 3894,2 7,4234 800 0,0816 3643,1 4132,7 7,6566 900 0,08958 3837,8 4375,3 7,8727 1000 0,09749 4037,8 4622,7 8,0751 0,06475 2913,3 3204,7 6,7047 0,07074 3005 3323,3 6,8746 0,07651 3095,3 3439,6 7,0301 0,08765 3276 3670,5 7,311 0,09847 3459,9 3903 7,5631 0,10911 3648,3 4139,3 7,7942 0,11965 3842,2 4380,6 8,0091 0,13013 4041,6 4627,2 8,2108 p = 7,0 MPa, ts = 285, 88◦C v  u h s 0,02737 2580,5 2772,1 5,8133 v u h s kJ kJ kJ m3 /kg kg kg kg K 0,02947 2632,2 2838,4 5,9305 0,03524 2769,4 3016 6,2283 0,03993 2878,6 3158,1 6,4478 0,04416 2978 3287,1 6,6327 0,04814 3073,4 3410,3 6,7975 0,05195 3167,2 3530,9 6,9486 0,05565 3260,7 3650,3 7,0894 0,06283 3448,5 3888,3 7,3476 0,06981 3639,5 4128,2 7,5822 0,07669 3835 4371,8 7,7991 0,0835 4035,3 4619,8 8,002

0,05781 2906,6 3195,7 6,6459 0,0633 2999,7 3316,2 6,8186 0,06857 3091 3433,8 6,9759 0,07869 3273 3666,5 7,2589 0,08849 3457,6 3900,1 7,5122 0,09811 3646,6 4137,1 7,744 0,10762 3840,7 4378,8 7,9593 0,11707 4040,4 4625,7 8,1612 p = 8,0 MPa, ts = 295, 06◦C v  u h s 0,02352 2569,1 2758,0 5,7432 v u h s kJ kJ kJ m3 /kg kg kg kg K 0,02426 2590,9 2785 5,7906 0,02995 2747,7 2987,3 6,1301 0,03432 2863,8 3138,3 6,3634 0,03817 2966,7 3272 6,5551 0,04175 3064,3 3398,3 6,724 0,04516 3159,8 3521 6,8778 0,04845 3254,4 3642 7,0206 0,05481 3443,9 3882,4 7,2812 0,06097 3636 4123,8 7,5173 0,06702 3832,1 4368,3 7,7351 0,07301 4032,8 4616,9 7,9384

Tabelle A1 559

¨ Uberhitzter Dampf (Fortsetzung) p = 9,0 MPa, ts = 303, 40◦C v  u h s 0,02048 2557,8 2742,1 5,6772 t v u h s kJ kJ kJ ◦ C m3 /kg kg kg kg K 325 0,02327 2646,6 2856 5,8712 350 0,0258 2724,4 2956,6 6,0361 400 0,02993 2848,4 3117,8 6,2854 450 0,0335 2955,2 3256,6 6,4844 500 0,03677 3055,2 3386,1 6,6576 550 0,03987 3152,2 3511 6,8142 600 0,04285 3248,1 3633,7 6,9589 650 0,04574 3343,6 3755,3 7,0943 700 0,04857 3439,3 3876,5 7,2221 800 0,05409 3632,5 4119,3 7,4596 900 0,0595 3829,2 4364,8 7,6783 1000 0,06485 4030,3 4614 7,8821 p = 15,0 MPa, ts = 342, 24◦C v  u h s 0,010337 2453,3 2610,5 5,3098 t v u h s kJ kJ kJ ◦ C m3 /kg kg kg kg K 350 0,01147 2520,4 2692,4 5,4421 400 0,015649 2740,7 2975,5 5,8811 450 0,018445 2879,5 3156,2 6,1404 0,016126 2624,6 2826,2 5,7118 0,02 2789,3 3039,3 6,0417 0,02299 2912,5 3199,8 6,2719 0,0256 3021,7 3341,8 6,4618 0,02801 3125 3475,2 6,629 0,03029 3225,4 3604 6,781 0,03248 3324,4 3730,4 6,9218 0,0346 3422,9 3855,3 7,0536 0,03869 3620 4103,6 7,2965 0,04267 3819,1 4352,5 7,5182 0,04658 4021,6 4603,8 7,7237 p = 20,0 MPa, ts = 365, 81◦C v  u h s 0,005834 2293,0 2409,7 4,9269 v u h s kJ kJ kJ m3 /kg kg kg kg K 0,009942 2619,3 2818,1 5,554 0,012695 2806,2 3060,1 5,9017

0,012447 2685 2902,9 5,7213 0,015174 2844,2 3109,7 6,0184

p = 12,5 MPa, ts = 327, 89◦C v  u h s 0,013495 2505,1 2673,8 5,4624 v u h s kJ kJ kJ m3 /kg kg kg kg K

p = 10,0 MPa, ts = 311, 06◦C v  u h s 0,018026 2544,4 2724,7 5,6141 v u h s kJ kJ kJ m3 /kg kg kg kg K 0,019861 2610,4 2809,1 5,7568 0,02242 2699,2 2923,4 5,9443 0,02641 2832,4 3096,5 6,212 0,02975 2943,4 3240,9 6,419 0,03279 3045,8 3373,7 6,5966 0,03564 3144,6 3500,9 6,7561 0,03837 3241,7 3625,3 6,9029 0,04101 3338,2 3748,2 7,0398 0,04358 3434,7 3870,5 7,1687 0,04859 3628,9 4114,8 7,4077 0,05349 3826,3 4361,2 7,6272 0,05832 4027,8 4611 7,8315 p = 17,5 MPa, ts = 354, 75◦C v  u h s 0,007920 2390,2 2528,8 5,1419 v u h s kJ kJ kJ m3 /kg kg kg kg K

560 A Stoffdaten

¨ Uberhitzter Dampf (Fortsetzung) 500 0,0208 2996,6 3308,6 550 0,02293 3104,7 3448,6 600 0,02491 3208,6 3582,3 650 0,0268 3310,3 3712,3 700 0,02861 3410,9 3840,1 800 0,0321 3610,9 4092,4 900 0,03546 3811,9 4343,8 1000 0,03875 4015,4 4596,6 p = 25,0 MPa t v u h kJ kJ ◦ C m3 /kg kg kg 375 0,0019731 1798,7 1848 400 0,006004 2430,1 2580,2 425 0,007881 2609,2 2806,3 450 0,009162 2720,7 2949,7 500 0,011123 2884,3 3162,4 550 0,012724 3017,5 3335,6 600 0,014137 3137,9 3491,4 650 0,015433 3251,6 3637,4 700 0,016646 3361,3 3777,5 800 0,018912 3574,3 4047,1 900 0,021045 3783 4309,1 1000 0,0231 3990 4568,5 4,032 5,1418 5,4723 5,6744 5,9592 6,1765 6,3602 6,5229 6,6707 6,9345 7,168 7,3802

kJ kg K

s

6,3443 6,5199 6,6776 6,8224 6,9572 7,204 7,4279 7,6348 v m3 /kg 0,0017892 0,00279 0,005303 0,006735 0,008678 0,010168 0,011446 0,012596 0,013661 0,015623 0,017448 0,019196

0,017358 0,019288 0,02106 0,02274 0,02434 0,02738 0,03031 0,03316

1791,5 2151,1 2614,2 2821,4 3081,1 3275,4 3443,9 3598,9 3745,6 4024,2 4291,9 4554,7

kJ kg

kJ kg

1737,8 2067,4 2455,1 2619,3 2820,7 2970,3 3100,5 3221 3335,8 3555,5 3768,5 3978,8

3274,1 3421,4 3560,1 3693,9 3824,6 4081,1 4335,1 4589,5 MPa h

2970,3 3083,9 3191,5 3296 3398,7 3601,8 3804,7 4009,3 p = 30,0 u 3,9305 4,4728 5,1504 5,4424 5,7905 6,0342 6,2331 6,4058 6,5606 6,8332 7,0718 7,2867

kJ kg K

s

6,2383 6,423 6,5866 6,7357 6,8736 7,1244 7,3507 7,5589 v m3 /kg 0,0017003 0,0021 0,003428 0,004961 0,006927 0,008345 0,009527 0,010575 0,011533 0,013278 0,014883 0,01641

0,014768 0,016555 0,018178 0,019693 0,02113 0,02385 0,02645 0,02897

1702,9 1914,1 2253,4 2498,7 2751,9 2921 3062 3189,8 3309,8 3536,7 3754 3966,7

kJ kg

2942,9 3062,4 3174 3281,4 3386,4 3592,7 3797,5 4003,1 p = 35,0 u 1762,4 1987,6 2373,4 2672,4 2994,4 3213 3395,3 3559,9 3713,5 4001,5 4274,9 4541,1

kJ kg

3238,2 3393,5 3537,6 3675,3 3809 4069,7 4326,4 4582,5 MPa h 3,8722 4,2126 4,7747 5,1962 5,6282 5,9026 6,1179 6,301 6,4631 6,745 6,9886 7,2064

kJ kg K

s

6,1401 6,3348 6,5048 6,6582 6,7993 7,0544 7,283 7,4925

Tabelle A1 561

3,829 4,1135 4,5029 4,9459 5,47 5,7785 6,0114 6,2054 6,375 6,6662 6,915 7,1356

kJ kg K

s

Tabelle A1.4: Unterk¨ uhlte Fl¨ ussigkeit p = 5,0 MPa, ts = 263, 99◦C v u h s 0,0012859 1147,8 1154,2 2,9202 t v u h s kJ kJ kJ ◦ 3 C m /kg kg kg kg K 0 0,0009977 0,04 5,04 0,0001 20 0,0009995 83,65 88,65 0,2956 40 0,0010056 166,95 171,97 0,5705

¨ Uberhitzter Dampf (Fortsetzung) p = 40,0 MPa t v u h kJ kJ ◦ C m3 /kg kg kg 375 0,0016407 1677,1 1742,8 400 0,0019077 1854,6 1930,9 425 0,002532 2096,9 2198,1 450 0,003693 2365,1 2512,8 500 0,005622 2678,4 2903,3 550 0,006984 2869,7 3149,1 600 0,008094 3022,6 3346,4 650 0,009063 3158 3520,6 700 0,009941 3283,6 3681,2 800 0,011523 3517,8 3978,7 900 0,012962 3739,4 4257,9 1000 0,014324 3954,6 4527,6 1638,6 1788,1 1959,7 2159,6 2525,5 2763,6 2942 3093,5 3230,5 3479,8 3710,3 3930,5

kJ kg

1716,6 1874,6 2060 2284 2720,1 3019,5 3247,6 3441,8 3616,8 3933,6 4224,4 4501,1

kJ kg

p = 50,0 MPa u h 3,7639 4,0031 4,2734 4,5884 5,1726 5,5485 5,8178 6,0342 6,2189 6,529 6,7882 7,0146

kJ kg K

s

p = 10,0 MPa, ts = 311, 06◦C v u h s 0,0014524 1393,0 1407,6 3,3596 v u h s kJ kJ kJ 3 m /kg kg kg kg K 0,0009952 0,09 10,04 0,0002 0,0009972 83,36 93,33 0,2945 0,0010034 166,35 176,38 0,5686

v m3 /kg 0,0015594 0,0017309 0,002007 0,002486 0,003892 0,005118 0,006112 0,006966 0,007727 0,009076 0,010283 0,011411 1609,4 1745,4 1892,7 2053,9 2390,6 2658,8 2861,1 3028,8 3177,2 3441,5 3681 3906,4

kJ kg

1699,5 1843,4 2001,7 2179 2567,9 2896,2 3151,2 3364,5 3553,5 3889,1 4191,5 4475,2

kJ kg

p = 60,0 MPa u h s 3,7141 3,9318 4,1626 4,4121 4,9321 5,3441 5,6452 5,8829 6,0824 6,4109 6,6805 6,9127

kJ kg K

p = 15,0 MPa, ts = 342, 24◦C v u h s 0,0016581 1585,6 1610,5 3,6848 v u h s kJ kJ kJ 3 m /kg kg kg kg K 0,0009928 0,15 0,15 0,0004 0,000995 83,06 97,99 0,2934 0,0010013 165,76 180,78 0,5666

v m3 /kg 0,0015028 0,0016335 0,0018165 0,002085 0,002956 0,003956 0,004834 0,005595 0,006272 0,007459 0,008508 0,00948

562 A Stoffdaten

Unterk¨ uhlte Fl¨ ussigkeit (Fortsetzung) 60 0,0010149 250,23 255,3 0,8285 80 0,0010268 333,72 338,85 1,072 100 0,001041 417,52 422,72 1,303 120 0,0010576 501,8 507,09 1,5233 140 0,0010768 586,76 592,15 1,7343 160 0,0010988 672,62 678,12 1,9375 180 0,001124 759,63 765,25 2,1341 200 0,001153 848,1 853,9 2,3255 220 0,0011866 938,4 944,4 2,5128 240 0,0012264 1031,4 1037,5 2,6979 260 0,0012749 1127,9 1134,3 2,883 280 300 320 340 p = 20,0 MPa, ts = 365, 81◦C v u h s 0,002036 1785,6 1826,3 4,0139 t v u h s kJ kJ kJ ◦ C m3 /kg kg kg kg K 0 0,0009904 0,19 20,01 0,0004 20 0,0009928 82,77 102,62 0,2923 40 0,0009992 165,17 185,16 0,5646 60 0,0010084 247,68 267,85 0,8206 80 0,0010199 330,4 350,8 1,0624 100 0,0010337 413,39 434,06 1,2917 259,49 342,83 426,5 510,64 595,42 681,08 767,84 856 945,9 1038,1 1133,7 1234,1 1342,3

p = 30,0 MPa

249,36 332,59 416,12 500,08 584,68 670,13 756,65 844,5 934,1 1026 1121,1 1220,9 1328,4

0,8258 1,0688 1,2992 1,5189 1,7292 1,9317 2,1275 2,3178 2,5039 2,6872 2,8699 3,0548 3,2469

v u h s kJ kJ kJ m3 /kg kg kg kg K 0,0009856 0,25 29,82 0,0001 0,0009886 82,17 111,84 0,2899 0,0009951 164,04 193,89 0,5607 0,0010042 246,06 276,19 0,8154 0,0010156 328,3 358,77 1,0561 0,001029 410,78 441,66 1,2844

0,0010127 0,0010245 0,0010385 0,0010549 0,0010737 0,0010953 0,0011199 0,001148 0,0011805 0,0012187 0,0012645 0,0013216 0,0013972

v m3 /kg 0,0009766 0,0009804 0,0009872 0,0009962 0,0010073 0,0010201

0,0010105 0,0010222 0,0010361 0,0010522 0,0010707 0,0010918 0,0011159 0,0011433 0,0011748 0,0012114 0,001255 0,0013084 0,001377 0,0014724 0,0016311

0,2 81 161,86 242,98 324,34 405,88

kJ kg K

s

0,8232 1,0656 1,2955 1,5145 1,7242 1,926 2,121 2,3104 2,4953 2,6771 2,8576 3,0393 3,226 3,4247 3,6546

49,03 -0,0014 130,02 0,2848 211,21 0,5527 292,79 0,8052 374,7 1,044 456,89 1,2703

h kJ kg

u

263,67 346,81 430,28 514,19 598,72 684,09 770,5 858,2 947,5 1039 1133,4 1232,1 1337,3 1453,2 1591,9 MPa

kJ kg

248,51 331,48 414,74 498,4 582,66 667,71 753,76 841 929,9 1020,8 1114,6 1212,5 1316,6 1431,1 1567,5 p = 50,0

Tabelle A1 563

Unterk¨ uhlte Fl¨ ussigkeit (Fortsetzung) 120 0,0010496 496,76 517,76 1,5102 140 0,0010678 580,69 602,04 1,7193 160 0,0010885 665,35 687,12 1,9204 180 0,001112 750,95 773,2 2,1147 200 0,0011388 837,7 860,5 2,3031 220 0,0011693 925,9 949,3 2,487 240 0,0012046 1016 1040 2,6674 260 0,0012462 1108,6 1133,5 2,8459 280 0,0012965 1204,7 1230,6 3,0248 300 0,0013596 1306,1 1333,3 3,2071 320 0,0014437 1415,7 1444,6 3,3979 340 0,0015684 1539,7 1571 3,6075 360 0,0018226 1702,8 1739,3 3,8772 380 0,0010445 0,0010621 0,0010821 0,0011047 0,0011302 0,001159 0,001192 0,0012303 0,0012755 0,0013304 0,0013997 0,001492 0,0016265 0,0018691

493,59 576,88 660,82 745,59 831,4 918,3 1006,9 1097,4 1190,7 1287,9 1390,7 1501,7 1626,6 1781,4

524,93 608,75 693,28 778,73 865,3 953,1 1042,6 1134,3 1229 1327,8 1432,7 1546,5 1675,4 1837,5

1,5018 1,7098 1,9096 2,1024 2,2893 2,4711 2,649 2,8243 2,9986 3,1741 3,3539 3,5426 3,7494 4,0012

0,0010348 0,0010515 0,0010703 0,0010912 0,0011146 0,0011408 0,0011702 0,0012034 0,0012415 0,001286 0,0013388 0,0014032 0,0014838 0,0015884

487,65 569,77 652,41 735,69 819,7 904,7 990,7 1078,1 1167,2 1258,7 1353,3 1452 1556 1667,2

539,39 622,35 705,92 790,25 875,5 961,7 1049,2 1138,2 1229,3 1323 1420,2 1522,1 1630,2 1746,6

1,4857 1,6915 1,8891 2,0794 2,2634 2,4419 2,6158 2,786 2,9537 3,12 3,2868 3,4557 3,6291 3,8101

564 A Stoffdaten

Tabelle A1.5: Sublimationszustand spez, Volumen innere Energie t p v S · 103 v  uS ΔuS u ◦ 3 C kPa m /kg kJ/kg 0,01 0,6113 1,0908 206,1 -333,4 2708,7 2375,3 0 0,6108 1,0908 206,3 -333,43 2708,8 2375,3 -2 0,5176 1,0904 241,7 -337,62 2710,2 2372,6 -4 0,4375 1,0901 283,8 -341,78 2711,6 2369,8 -6 0,3689 1,0898 334,2 -345,91 2712,9 2367 -8 0,3102 1,0894 394,4 -350,02 2714,2 2364,2 -10 0,2602 1,0891 466,7 -354,09 2715,5 2361,4 -12 0,2176 1,0888 553,7 -358,14 2716,8 2358,7 -14 0,1815 1,0884 658,8 -362,15 2718 2355,9 -16 0,151 1,0881 786 -366,14 2719,2 2353,1 -18 0,1252 1,0878 940,5 -370,1 2720,4 2350,3 -20 0,1035 1,0874 1128,6 -374,03 2721,6 2347,5 -22 0,0853 1,0871 1358,4 -377,93 2722,7 2344,7 -24 0,0701 1,0868 1640,1 -381,8 2723,7 2342 -26 0,0574 1,0864 1986,4 -385,64 2724,8 2339,2 -28 0,0469 1,0861 2413,7 -389,45 2725,8 2336,4 -30 0,0381 1,0858 2943 -393,23 2726,8 2333,6 -32 0,0309 1,0854 3600 -396,98 2727,8 2330,8 -34 0,025 1,0851 4419 -400,71 2728,7 2328 -36 0,0201 1,0848 5444 -404,4 2729,6 2325,2 -38 0,0161 1,0844 6731 -408,06 2730,5 2322,4 -40 0,0129 1,0841 8354 -411,7 2731,3 2319,6 Enthalpie ΔhS kJ/kg -333,4 2834,8 -333,43 2834,8 -337,62 2835,3 -341,78 2835,7 -345,91 2836,2 -350,02 2836,6 -354,09 2837 -358,14 2837,3 -362,15 2837,6 -366,14 2837,9 -370,1 2838,2 -374,03 2838,4 -377,93 2838,6 -381,8 2838,7 -385,64 2838,9 -389,45 2839 -393,23 2839 -396,98 2839,1 -400,71 2839,1 -404,4 2839,1 -408,06 2839 -411,7 2838,9 hS

sS -1,221 -1,221 -1,237 -1,253 -1,268 -1,284 -1,299 -1,315 -1,331 -1,346 -1,362 -1,377 -1,393 -1,408 -1,424 -1,439 -1,455 -1,471 -1,486 -1,501 -1,517 -1,532

h 2501,4 2501,3 2497,7 2494 2490,3 2486,6 2482,9 2479,2 2475,5 2471,8 2468,1 2464,3 2460,6 2456,9 2453,2 2449,5 2445,8 2442,1 2438,4 2434,7 2430,9 2427,2

Entropie ΔsS kJ/kg K 10,377 10,378 10,456 10,536 10,616 10,698 10,781 10,865 10,95 11,036 11,123 11,212 11,302 11,394 11,486 11,58 11,676 11,773 11,872 11,972 12,073 12,176 9,156 9,157 9,219 9,283 9,348 9,414 9,481 9,55 9,619 9,69 9,762 9,835 9,909 9,985 10,062 10,141 10,221 10,303 10,386 10,47 10,556 10,644

s

Tabelle A1 565

566

A Stoffdaten

Tabelle A2 Daten ausgew¨ ahlter Stoffe im Standardzustand

Tabelle A2.1. W¨ armekapazit¨ at c0p , Bildungsenthalpie Δhf,0 und absolute Entropie 0 s ausgew¨ ahlter Verbindungen im Standardzustand (25◦ C, 100 kPa)2,3 Substanz

Formel

Argon Ar Graphit C Schwefel S Wasserstoff H2 Salzs¨ aure HCl Sauerstoff O2 Sauerstoff O2 Stickstoff N2 Wasser H2 O Wasser H2 O Kohlenmonoxid CO Kohlendioxid CO2 Schwefeldioxid SO2 Schwefeldioxid SO2 Schwefeltrioxid SO3 Schwefels¨ aure H2 SO4 Ammoniak NH3 Ammoniak NH3 Methan CH4 Acetylen C2 H2 Ethen C2 H4 Ethan C2 H6 Propan C3 H8 Butan C4 H10 Oktan C8 H18 Oktan C8 H18 Ethanol C2 H6 O Essigs¨ aure C2 H4 O2 Ethylacetat C4 H8 O2 Pyrit FeS2 H¨ amatit Fe2 O3 Ammoniumchlorid NH4 Cl

Zustand g s s g g g aq g g l g g g aq g l g aq g g g g g g g l l l l s s s

M c0p g/mol J/mol K 39,948 20,786 12,011 8,527 32,064 22,64 2,016 28,824 36,461 29,1 31,999 29,355 31,999 28,013 29,125 18,015 33,577 18,015 75,29 28,011 29,142 44,011 37,11 64,063 39,87 64,063 80,062 50,67 98,078 138,91 17,031 35,06 17,031 16,043 35,309 26,038 43,93 28,054 43,56 30,07 52,63 44,097 73,513 58,124 96,748 114,23 188,866 114,23 249,707 46,069 111,46 60,053 124,3 88,107 167,4 119,97 62,17 159,692 103,85 53,492 84,1

Δhf,0 s0 kJ/mol J/mol K 0 154,843 0 5,795 0 31,8 0 130,684 -92,3 186,9 0 205,142 -11,7 110,9 0 191,611 -241,827 188,833 -285,838 69,940 -110,529 197,653 -393,522 213,795 -296,83 248,220 -322,98 161,9 -395,72 256,760 -813,99 156,9 -46,11 192,45 -80,29 111,3 -74,873 186,256 226,731 200,958 52,283 219,548 -84,667 229,602 -103,847 270,019 -126,148 310,227 -208,447 466,835 -249,952 360,896 -276,72 160,7 -486,44 159,8 -470,54 257,4 -178,2 52,93 -824,2 87,40 -314,4 94,60

Tabelle A2

567

Tabelle A2.2. Bildungenthalpie Δhf,0 und freie Bildungsenthalpie Δg f,0 ausgew¨ ahlter Ionen im Standardzustand (25◦ C, 100 kPa)2,3,4 Ion

Wasserstoff

Formel

H

+ −

M

Δhf,0

Δg f,0

g/mol

kJ/mol

kJ/mol

aq

1,008

0

0

Zustand

Chlor

Cl

aq

35,453

-167,169

-131,228

Ammonium

NH+ 4

aq

18,039

-132,51

-79,31

Hydrogensulfit

HSO− 3

aq

81,07

-626,22

-527,73

Sulfit

SO2− 3

aq

80,062

-635,5

-486,5

Sulfat

SO2− 4

aq

96,062

-909,27

-744,53

2

3

4

Quellen: Wagman, D.D.; Evans, W.H.; Parker, V.B.; Schumm, R.H.; Hallow, I.; Bailey, S.M.; Churney, K.L.; Nutall, R.L.: NBS Tables of Chemical Thermodynamics Properties, J. Phys. Chem. Ref. Data, Vol. 11 (1982), Supplement No. 2. Stull, D.R.; Westrum, E.F.; Sinke, G.C.: The Chemical Thermodynamics of Organic Compounds, John Wiley and Sons, New York 1969. Chase, M.W.; Davies, C.A.; Downie, J.R.; Frurip, D.J.; McDonald, R.A.; Seyverod, A.N.: JANAF Thermochemical tables, Third Edition, Part I and II. J. Phys. Chem. Ref. Data, Vol. 14 (1985), Supplement No. 1. Anmerkungen: a) Zu der Angabe der Spalte 3 (Zustand) geh¨ oren die nachstehenden Standardzust¨ ande g: reiner idealer Gaszustand bei T 0 , p0 l: reiner fl¨ ussiger Zustand bei T 0 , p0 s: reiner fester Zustand bei T 0 , p0 aq: ideal verd¨ unnte w¨ assrige L¨ osung bei der Modalit¨ at mi = 1 bei T 0 , p0 b) Standardbildungsenthalpien Δhf,0 werden in Energiebilanzen praktisch wie absolute Enthalpien im betrachteten Standardzustand behandelt c) Die freie Standardbildungsenthalpie einer Komponente i Δgif,0 ergibt sich aus f,0 0 Δgif,0 = Δhf,0 i − T Δsi Die Tabellenwerte f¨ ur Ionen beruhen auf der Annahme, dass die Bildungsenthalpie und die Bildungsentropie des H+ -Ions gleich null sind, Sie sind damit willk¨ urlich, aber f¨ ur praktische Rechnungen innerlich konsistent.

5

O2 h s kJ/mol J/mol K -5,778 173,2 -2,866 193,38 0 205,03 0,054 205,21 3,029 213,76 6,088 220,59 9,247 226,35 12,502 231,36 15,841 235,81 19,246 239,83 22,707 243,48 26,217 246,82 29,765 249,91 33,351 252,78 36,966 255,45 40,61 257,97 44,279 260,34 47,97 262,58

N2 h s kJ/mol J/mol K -5,77 159,7 -2,858 179,84 0 191,5 0,18 191,68 2,971 200,07 5,912 206,63 8,891 212,07 11,937 216,76 15,046 220,91 18,263 224,65 21,46 228,06 24,757 231,2 28,108 234,12 31,501 236,83 34,936 239,38 38,405 241,77 41,903 244,03 45,43 246,17

H2 O h s kJ/mol J/mol K -6,615 152,28 -3,28 175,38 0 188,72 0,063 188,93 3,452 198,67 6,92 206,41 10,498 212,39 14,184 218,61 17,991 223,69 21,924 228,32 25,978 232,6 30,167 236,58 34,476 240,33 38,903 243,68 43,447 247,24 47,944 250,45 52,844 253,51 57,684 256,45

CO h s kJ/mol J/mol K -5,77 165,74 -2,858 185,92 0 197,54 0,054 197,72 2,975 206,12 5,929 212,72 8,941 218,2 12,021 222,95 15,175 227,16 18,397 230,96 21,696 234,42 25,033 237,61 28,426 240,56 31,865 243,32 35,338 245,89 38,848 248,31 42,384 250,59 45,94 252,75 h kJ/mol -6,456 -3,414 0 0,067 4,008 8,314 12,916 17,761 22,815 28,033 33,405 38,894 44,484 50,158 55,907 61,714 67,56 73,492

s J/mol K 178,9 199,87 213,69 213,92 225,22 234,92 243,2 250,66 257,41 263,56 269,22 274,45 279,31 283,85 288,11 292,11 295,9 299,48

CO2

JANAF Thermochemical Tables, Third Edition, Part I and II, J. Phys. Chem. Ref. Data, Vol. 14 (1985), Supplement No.1,

T K 100 200 298,15 300 400 500 600 700 800 900 1000 1100 1200 1300 1400 1500 1600 1700

ig

h = [h(T) − h(25◦ C)] ; s = sig (T, p0 = 1 bar)

Tabelle A3 Enthalpie und Entropie einiger Stoffe im idealen Gaszustand in Abh¨ angigkeit von der Temperatur5

568 A Stoffdaten

Enthalpie und Entropie einiger Stoffe im idealen O2 N2 T h s h s K kJ/mol J/mol K kJ/mol J/mol K 1800 51,651 264,7 48,982 248,2 1900 55,434 266,73 52,551 250,13 2000 59,199 268,65 56,141 251,97 2100 62,986 270,5 59,748 253,73 2200 66,902 272,28 63,371 255,41 2300 70,634 273,98 67,007 257,03 2400 74,492 275,63 70,651 258,58 2500 78,375 277,21 74,312 260,07 2600 82,274 278,74 77,981 261,51 2700 86,199 280,22 81,659 262,9 2800 90,144 281,65 85,345 264,24 2900 94,111 283,05 89,036 265,54 3000 98,098 284,4 92,738 266,79

Gaszustand in Abh¨angigkeit von der Temperatur (Fortsetzung) H2 O CO CO2 h s h s h s kJ/mol J/mol K kJ/mol J/mol K kJ/mol J/mol K 62,609 259,26 49,522 254,8 79,442 302,88 67,613 261,97 53,124 256,74 85,429 306,12 72,689 264,57 56,739 258,6 91,939 309,21 77,831 267,08 60,375 260,37 97,5 312,16 83,036 269,5 64,019 262,06 103,575 314,99 88,295 271,84 67,676 263,69 109,671 317,7 93,604 274,1 71,346 265,25 115,788 320,3 98,964 276,29 75,023 266,76 121,926 322,81 104,37 278,41 78,718 268,2 128,085 325,22 109,814 280,46 82,407 269,59 134,256 327,55 115,295 282,46 86,114 270,94 140,444 329,8 120,813 284,39 89,025 272,25 146,645 332 126,361 286,28 93,341 273,51 152,862 334,08

Tabelle A3 569

Enthalpie und Entropie einiger Stoffe im idealen H2 NH3 T h s h s K kJ/mol J/mol K kJ/mol J/mol K 100 -5,468 100,727 -6,737 155,84 200 -2,774 119,412 -3,394 178,99 298,15 0 130,68 0 192,774 300 0,053 130,858 0,066 192,995 400 2,959 139,216 3,781 203,663 500 5,882 145,737 7,819 212,659 600 8,811 151,077 12,188 220,615 700 11,749 155,606 16,872 227,829 800 14,702 159,548 21,853 234,476 900 17,676 163,051 27,113 240,669 1000 20,68 166,216 32,637 246,486 1100 23,719 169,112 38,406 251,983 1200 26,797 171,79 44,402 257,199 1300 29,918 174,288 50,609 262,166 1400 33,082 176,633 57,008 266,907 1500 36,29 178,846 63,582 271,442 1600 39,541 180,944 70,315 275,788 1700 42,835 182,94 77,193 279,957 1800 46,169 184,846 84,201 283,962 1900 49,541 186,669 91,328 287,815 2000 52,951 188,418 98,561 291,525 2100 56,397 190,099 105,891 295,101 2200 59,876 191,718 113,309 298,552

Gaszustand in Abh¨angigkeit von der Temperatur(Fortsetzung) SO3 CH4 SO2 h s h s h s kJ/mol J/mol K kJ/mol J/mol K kJ/mol J/mol K -8,361 212,371 -6,698 149,5 -7,217 208,92 -4,577 238,259 -3,368 172,577 -3,736 232,92 0 256,769 0 186,251 0 248,1 0,094 257,083 0,066 186,472 0,075 248,35 5,53 272,674 3,861 197,356 4,251 260,37 11,58 286,152 8,2 207,014 8,757 270,38 18,107 298,041 13,13 215,987 13,544 279,1 24,997 308,655 18,635 224,461 18,548 286,81 32,16 318,217 24,675 232,518 23,719 293,72 39,531 326,896 31,205 240,205 29,024 299,96 47,06 334,828 38,179 247,549 34,43 305,66 54,714 342,122 45,549 254,57 39,915 310,88 62,466 348,866 53,27 261,287 45,463 315,72 70,296 355,133 61,302 267,714 51,07 320,2 78,189 360,983 69,608 273,868 56,718 324,39 86,135 366,465 78,153 279,763 62,404 329,31 94,124 371,62 86,91 285,413 68,124 332 102,149 376,485 95,853 290,834 73,873 335,49 110,204 381,09 104,96 296,039 79,642 338,78 118,286 385,459 114,212 301,041 85,437 341,92 126,39 389,616 123,592 305,853 91,249 344,9 134,513 393,579 133,087 310,485 97,081 347,74 142,653 397,366 142,684 314,949 102,931 350,46

570 A Stoffdaten

Enthalpie und Entropie einiger Stoffe im idealen H2 NH3 T h s h s K kJ/mol J/mol K kJ/mol J/mol K 2300 63,387 193,278 120,805 301,884 2400 66,928 194,785 128,372 305,104 2500 70,498 196,243 136,005 308,22 2600 74,096 197,654 143,695 311,236 2700 77,72 199,021 151,438 314,158 2800 81,369 200,349 159,228 316,991 2900 85,043 201,638 167,062 319,74 3000 88,74 202,891 174,933 322,409

Gaszustand in Abh¨angigkeit von der Temperatur(Fortsetzung) SO3 CH4 SO2 h s h s h s kJ/mol J/mol K kJ/mol J/mol K kJ/mol J/mol K 150,807 400,99 152,371 319,255 108,792 353,07 158,975 404,466 162,141 323,413 114,671 355,57 167,154 407,805 171,984 327,431 120,562 357,97 175,343 411,017 181,893 331,317 126,461 360,29 183,541 414,111 191,862 335,08 132,378 362,52 191,748 417,096 201,885 338,725 138,302 364,68 199,961 419,978 211,958 342,26 144,239 366,76 208,182 422,765 222,076 345,69 150,185 368,78

Tabelle A3 571

572

A Stoffdaten

Tabelle A4 Tabelle A4 Dichte bei 20◦ C, Heizwert und Brennwert, sowie Zusammensetzung einiger flu ¨ ssiger 6 Brennstoffe

Brennstoff Heiz¨ ol EL Heiz¨ ol S Benzin Dieselkraftstoff Kerosin

ρ kg/dm3 0,86 0,99 0,76 0,87 0,81

wC % 86 85 85 87 85,5

wH2 % 13 11 15 13 14,5

wS % 1 4 0 0 0

Hu MJ/kg 42 40 42 42 41

Ho MJ/kg 45 41 47 45 43

Tabelle A5 Tabelle A5 Heizwert und Brennwert, sowie Zusammensetzung einiger fester Brennstoffe6

Zusammensetzung des wasser- und aschefreien Brennstoffs in Massenteilen (%)

Mittlerer Heizwert und Brennwert im Verwendungszustand (MJ/kg)

Brennstoff

wC

wN2

wS

wW

wA

Hu

Holz (lufttrocken)

50

6

44

-

-

12...25

0,2...0,8

15

17

Braunkohle

68

6

23

1

2

40...65

2...24

8

10

Steinkohle (Gasflammkohle)

82

5,2

10

1,3

1,5

2...5

2...10

32

34

6

wH2 wO2

Wasser- und Aschegehalt im Verwendungszustand in Massenteilen (%)

Ho

Beitz, W.; K¨ uttner, K.H.; (Hrsg.): Dubbel Taschenbuch f¨ ur den Maschinenbau 14. Aufl.; Berlin:Springer

Tabelle A6

Tabelle A6 Heizwert und Brennwert einiger chemischer Verbindungen bei t0 = 25◦ C7

Brennstoff

Formel Zustand Heizwert Brennwert kJ/mol

kJ/mol

Graphit

C

s

393,51

393,51

Schwefel

S

s

296,83

296,83

Eisen

Fe

s

412,1

412,1

Wasserstoff

H2

g

241,82

285,83

Kohlenmonoxid

CO

g

282,98

282,98

Ammoniak

NH3

g

316,63

382,65

Methan

CH4

g

802,34

890,36

Propan

C3 H8

g

2043,9

2219,9

Methanol

CH4 O

l

638,5

726,5

Ethanol

C2 H6 O

l

1235,81

1370,84

Benzol

C6 H6

l

3037,5

3169,5

Heptan

C7 H16

l

4465

4817

7

berechnet aus Standardbildungsenthalpien

573

574

A Stoffdaten

Abbildung A1

h1+x, x-Diagramm fu ¨r feuchte Luft

Anhang B Wichtige Formeln

B1 Stoffmodelle fu ¨r Reinstoffe Ideales Gas J mol K

pV = nRT , R = 8, 315

T2 h (T2 ) − h (T1 ) = ig

ig

cig p dT T1

T2 u (T2 ) − u (T1 ) = ig

ig

cig v dT T1

T2 s (T2 , p2 ) − s (T1 , p1 ) = ig

ig

T1

T2 s (T2 , υ2 ) − s (T1 , υ1 ) = ig

ig

T1

cig p



cig v

cig p2 p dT − R ln T p1 υ2 cig v dT + R ln T υ1

=R

Ideale Fl¨ ussigkeit υ if = const. ig if cig p − cv = c

T2 h (T2 , p2 ) − h (T1 , p1 ) = if

cif dT + υ if (p2 − p1 )

if

T1

T2 u (T2 ) − u (T1 ) = if

if

cif dT T1

T2 s (T2 ) − s (T1 ) = if

if

T1

cif dT T

576

B Wichtige Formeln

Reales Fluid

Dampftafeln:

υ(T, p); h(T, p); s(T, p)

Zustandsdiagramme: Nassdampf:

h, s−Bild;

T, s−Bild

z = z  + x(z  − z  )

B2 Stoffmodelle fu ¨r Gemische Maße f¨ ur die Zusammensetzung

Massenanteil:

wk = mk /m

Stoffmengenanteil: Partialdruck: Volumenanteil:

xk = nk /n

pk = xk p ϕk = Vk /V

xk Mk wk =  xi Mi wk /Mk xk =  wi /Mi Allgemeine Mischungsformeln z(T, p, {xj }) =



xi zi

mit zi = zi (T, p, {xj }) : partielle molare Zustandsgr¨oße z  z(T, p, {wj }) = wi zi mit zi = zj (T, p, {wj }) : partielle spezifische Zustandsgr¨oße z   M= xi Mi ; 1/M = wi /Mi

B2 Stoffmodelle f¨ ur Gemische

577

Ideales Gasgemisch ig υiig = υ0i (T, p) ig ig f,0 ig ig 0 hig i = h0i (T ) mit h0i (T ) = Δhi (g) + h0i (T ) − h0i (T )

Δhf,0 i (g) : Standardbildungsenthalpie im Gaszustand, vgl. Tab. A2.1 ig ig ig uig i = u0i (T ) mit u0i (T ) = Δh0i (T ) − RT ig sig i = s0i (T, p) − R ln xi : partielle molare Entropie

mit ig sig i = s0i (T, p) −

R ln xi : partielle spezifische Entropie Mi

Hierbei gilt ig ig ig 0 0 0 0 sig 0i (T, p) = si (g) + s0i (T, p) − s0i (T , p ) = s0i (T, p ) − R ln

p p0

s0i (g) : Standardentropie im Gaszustand vgl. Tab. A2.1 0 sig 0i (T, p ) : Idealgasentropie, vgl. Tab. Tabelle A3

Ideale L¨ osung l υiil = υ0i (T, p) l l 0 0 hili = hl0i (T, p) mit hl0i (T ) = Δhf,0 i (l) + h0i (T, p) − h0i (T , p )

ussigen Zustand, vgl. Tab. A2.1 Δhf,0 i (l) : Standardbildungsenthalpie im fl¨ uili = uil0i (T ) mit uil0i (T ) = Δhil0i (T ) − RT sili = sl0i (T, p) − R ln xi : partielle molare Entropie mit sili = sl0i (T, p) −

R ln xi : partielle spezifische Entropie Mi

Hierbei gilt sl0i (T, p) = s0i (l) + sl0i (T, p) − sl0i (T 0 , p0 ) s0i (l) : Standardentropie im fl¨ ussigen Zustand vgl. Tab. A2.1

578

B Wichtige Formeln

Ideal verd¨ unnte L¨ osung υiivl = υi∞ (T, p) = υ ∗ f,0 ∞ ∗ hivl i = hi (T, p) = hi = Δhi (∗)

Δhf,0 i (∗) :

Standardbildungsenthalpie im Zustand verd¨ unnten L¨ osung, vgl. Tab. A2.1

der

ideal

∗ sivl i = si − R ln xi

s∗i :

Standardentropie im Zustand der ideal verd¨ unnten L¨osung, vgl. Tab. A2.1

Ideales Gas-/Dampf-Gemisch: Feuchte Luft Index W:

Wasser

Index L:

trockene Luft

Index 1+ x:

1 kg trockene Luft + x kg Wasser

Partialdruckt

pW =

xp 0,622+x psW (T ) pW = 0, 622 p−p = 0, 622 p/ϕ−p W sW (T )

Wasserbeladung x =

mW mL

relative Feuchte

pW psW (T )

ϕ=

=

x 0,622+x

·

p psW (T )

unges¨ attigte feuchte Luft υ1+x /(m3 /kg) = (0, 287 + x · 0, 462)

T /K ; 100p/bar

h1+x /(kJ/kg) = t + x(2500 + 1, 86t) pL T − 0, 287 ln 273, 15 1   2500 T pW +x + 1, 87 ln − 0, 462 ln 273, 16 273, 16 0, 006113

s1+x /(kJ/kg K) = ln

ges¨ attigte feuchte Luft und fl¨ ussiges Wasser (t > 0◦ C) h1+x /(kJ/kg) = t + xs (2500 + 1, 86t) + (x − xs )4, 18t

B3 Stoffmodelle f¨ ur Phasen- und Reaktionsgleichgewichte

pL T − 0, 287 ln 273, 15 1   2500 T pW + 1, 87 ln − 0, 462 ln + xs 273, 16 273, 16 0, 006113 T + (x − xs )4, 18 ln 273, 16

s1+x /(kJ/kg K) = ln

ges¨ attigte feuchte Luft + Eis (t < 0◦ C) h1+x /(kJ/kg) = t + xs (2500 + 1, 86t) + (x − xs )(2, 05t − 333) pL T − 0, 287 ln 273, 15 1   T pW 2500 + 1, 87 ln − 0, 462 ln + xs 273, 16 273, 16 0, 006113   333 T − + (x − xs ) 2, 05 ln 273, 16 273, 16

s1+x /(kJ/kg K) = ln

B3 Stoffmodelle fu ¨r Phasen- und Reaktionsgleichgewichte Verdampfungsgleichgewicht in idealen bin¨ aren Systemen: (Raoultsches Gesetz) xi p = xi ps0i (T ) p = ps01 (T ) + x2 [ps02 (T ) − ps01 (T )] p=

(Siedelinie)

ps02 (T ) ps01 (T ) ; x2 = x2 1 − x2 [1 − ps01 (T )/ps02 (T )] p

αis =

ps02 (T ) ps01 (T )

(relative Fl¨ uchtigkeit)

Reaktionsgleichgewicht in idealen Gasen:

K(T ) =

, i

xνi i



−RT ln K(T ) =

p p0  i

Δν , Δν = 0 νi μig 0i (T, p )



νi

(Taulinie)

579

580

B Wichtige Formeln

Reaktionsgleichgewicht in idealen L¨ osungen:

K(T ) =

, i

xνi i

−RT ln K(T ) =



νi μif0i (T )

i

allgemein: (0)

xi =

ni + νi ξ n(0) + Δνξ

B4 Berechnung der Enthalpie und Entropie aus der thermischen Zustandsgleichung p = p(T, υ) Aus a = u − Ts bzw. da = −sdT − pdυ folgt  s(T, υ) = −  p(T, υ) = −

∂a ∂T ∂a ∂T

 υ



. T

Mit ares (T, υ) = a(T, υ) − aig (T, υ)

 = a(T, υ) − a(T, υ = ∞) − aig (T, υ) − aig (T, υ = ∞) ⎡ υ ⎤

υ

= − pdυ − ⎣− pig dυ ⎦ ∞

υ

=− ∞





RT p(T, υ) − dυ . υ

findet man f¨ ur die Differenz der Entropie bei T, υ und bei T 0 , υ 0 im idealen Gaszustand

B5 Materiemengenbilanzen

581

s(T, υ) − sig (T 0 , υ 0 ) = s(T, υ) − sig (T 0 , υ 0 ) + sig (T, υ) − sig (T 0 , υ 0 ) = sres (T, υ) + sig (T, υ) − sig (T 0 , υ 0 )  res  ∂a =− + sig (T, υ) − sig (T 0 , υ 0 ) ∂T υ 

υ 

T ∂p R υ = − dυ + cig v dT + R ln 0 . ∂T υ υ υ ∞

T0

Entsprechend gilt f¨ ur die innere Energie mit u(T, υ) = a − T (∂a/∂T )υ u(T, υ) − uig (T 0 , υ 0 ) = ures (T, υ) + uig (T, υ) − uig (T 0 , υ 0 )  res  ∂a res =a −T + uig (T, υ) − uig (T 0 , υ 0 ) ∂T υ 

υ  

T ∂p = − p dυ + cig T v dT . ∂T υ ∞

T0

Die Enthalpie folgt aus h = u + pυ. Wenn nicht das Volumen υ sondern der Druck p vorgegeben ist, wird aus der thermischen Zustandsgleichung zun¨achst zu p, T das Wertepaar υ, T ermittelt.

B5 Materiemengenbilanzen Allgemein: dm(τ ) =m ˙ e (τ ) − m ˙ a (τ ) dτ   m ˙e= m ˙ i,e ; m ˙a= m ˙ j,a i

j

Station¨ arer Fließprozess:

m ˙e=m ˙a Station¨ arer Fließprozess mit thermischen Stoffumwandlungen:

n˙ i,ein = n˙ i,aus , m ˙ i,ein = m ˙ i,aus

582

B Wichtige Formeln

Chemische Stoffumwandlungen Bruttoreaktionsgleichung:



νi Ai = 0 (0)

Reaktionslaufzahl:

ni = ni

Umsatz:

Ui =

+ νi ξ

(0)

ni −ni (0)

ni

B6 Energiebilanzen Geschlossenes System: dU (τ ) ˙ ) + P (τ ) = Q(τ dτ Zustands¨ anderung im Zeitintervall Δτ von 1 → 2 U2 − U1 = Q12 + W12 Offenes System: ˙ ) + Pt (τ ) = dU (τ ) + m Q(τ ˙ a (τ )h˙ a (τ ) − m ˙ e (τ )h˙ e (τ ) dτ Zustands¨ anderung im Zeitintervall Δτ von 1 → 2 ˙ a,Δτ (τ )ha,m − m ˙ e,Δτ (τ )he,m Q12 + W12 = U2 − U1 + m ha,m ; he,m : Zeitliche Mittelwerte am Austritt und Eintritt Station¨ arer Fließprozess: Q˙ + Pt = H˙ aus − H˙ ein Bei Ber¨ ucksichtigung der ¨ außeren Energien: Addition von

1

2c

2

+ gz

 i

zur Enthalpie des Stoffstroms i

B8 Isentrope und polytrope Zustands¨ anderungen idealer Gase

Kreisprozesse:  Q˙ ik + (Pik )t = 0

B7 Arbeit und W¨ arme bei quasistatischer Zustands¨ anderung (w12 )K = (w12 )rev K + ϕ12 (w12 )rev K

=

(w12 )rev V



=−

pdυ

(w12 )t = (w12 )rev t + ϕ12

2 (w12 )rev t

=

υdp +

 1 2 c2 − c21 + g(z2 − z2 ) 2

1

2 rev q12 =

T ds 1

2 q12 + ϕ12 =

T ds 1

B8 Isentrope und polytrope Zustands¨ anderungen idealer Gase ig ig ig κ = cig p /cv ; R = cp − cv

p1 υ1κ = p2 υ2κ   κ−1  κ−1 p2 κ υ2 T2 = = T1 p1 υ1 polytrop: κ → n

583

584

B Wichtige Formeln

B9 Verbrennung 1 mol Luft = 0, 21 mol O2 + 0, 79 mol N2 1 kg Luft = 0, 232 kg O2 + 0, 768 kg N2 1 mol C + 1 mol O2 → 1 mol CO2 1 kg C + 2, 664 kg O2 → 3, 664 kg CO2 1 1 mol H2 + mol O2 → 1 mol H2 O 2 1 kg H2 + 7, 936 kg O2 → 8, 936 kg H2 O 1 mol S + 1 mol O2 → 1 mol SO2 1 kg S + 0, 998 kg O2 → 1, 998 kg SO2 Luftverh¨ altnis: λ=

l lmin

Kondensatmenge im Rauchgas: k=

V (xV W − xW,s )υ

1 − xV W,s

Heizwert (spezifisch oder molar) Hu (t0 ) = hB (t0 ) + lhL (t0 ) − υhV (t0 ) = −ΔhR (t0 ) Wasser gasf¨ ormig, Verbrennung vollst¨ andig

B10 Beitr¨ age zur irreversiblen Entropieproduktion W¨ armetransfer:

1 dsirr = dq TT21−T T2

Arbeitstransfer:

dsirr = − dυ T (p2 − p1 )

Str¨ omung mit Druckverlust:

dsirr = − Tυ dp

Mischungsprozess in idealen Mischungen: Δsirr = −R adiabate Prozesse:

Δsirr = Δs



xi ln xi

B11 Wirkungsgrade Isentroper Verdichterwirkungsgrad: ηSV = (w12 )rev t /(w12 )t Isentroper Turbinenwirkungsgrad: ηST = (w12 )t /(w12 )rev t (w12 )t und (w12 )rev t :

Spezifische technische Arbeit zwischen den Dr¨ ucken p1 und p2 ausgehend vom selben Zustand 1 2 Polytroper Verdichterwirkungsgrad: ηPV = υdp/(h2 − h1 ) 1

Polytroper Turbinenwirkungsgrad: ηPT = (h2 − h1 )/

2

υdp

1

Thermischer Wirkungsgrad:

ηth = |Pt |/Q˙

Kesselwirkungsgrad:

˙ m ηK = |Q|/ ˙ B Hu

Leistungszahl (W¨ armepumpe):

˙ ε = Q/|P t|

Leistungszahl (K¨ altemaschine):

ε0 = Q˙ 0 /Pt

B12 Exergieformeln Exergie eines W¨ armestroms:

 E˙ Q = 1 −

Tu T





Exergie eines Enthalpiestromes: E˙ h = m ˙ [(h − hu ) − Tu (s − su )] Exergie einer inneren Energie:

E˙ u = m [(u − uu ) − Tu (s − su ) − pu (υu − υ)]

Exergieverlust:

ΔE˙ V = Tu ΔS˙ irr = E˙ zu − E˙ ab

Exergetischer Wirkungsgrad:

ξ = 1 − ΔE˙ V /E˙ zu

Anhang C Einheiten

Tabelle C1.1. Basiseinheiten des Internationalen Einheitensystems

Gr¨ oßenart

Einheit(Zeichen) Definition

L¨ ange

Meter(m)

Masse

Kilogramm(kg) Masse des internationalen Kilogrammprototyps

L¨ ange der Strecke, die Licht im Vakuum w¨ ahrend der Dauer von 1/299792458 Sekunden durchl¨ auft

Stoffmenge Mol(mol

Stoffmenge eines Systems bestimmter Zusammensetzung, das aus ebenso vielen Teilchen besteht, wie Atome in (12/1000) kg des Nuklids 12 C enthalten sind.

Zeit

9 192 631 770fache Periodendauer der dem ¨ Ubergang zwischen den beiden Hyperfeinstrukturniveaus des Grundzustands von Atomen des Nuklids 133 Cs entsprechenden Strahlung

Sekunde(s)

Temperatur Kelvin(K)

273,16ter Teil der thermodynamischen Temperatur des Tripelpunktes von Wasser

Tabelle C1.2. Einige abgeleitete Einheiten des Internationalen Einheitensystems

Gr¨ oßenart

Einheit (Zeichen)

Definitionsgleichung

Kraft

Newton(N)

1 N = 1 kg m s−2

Druck

Pascal(Pa)

1 Pa = 1 Nm−2 = 1 kg m−1 s−2

Energie

Joule(J)

1 J = 1 Nm = 1 kg m2 s−2

Leistung

Watt(W)

1 W = 1 J/s = 1 kg m2 s−3

C Einheiten

587

Tabelle C1.3. Vorsilben und Kurzzeichen f¨ ur dezimale Vielfache und Teile von Einheiten

Vorsilbe Kurzzeilchen Zehnerpotenz Vorsilbe Kuzzeichen Zehnerpotenz

Dezi -

(d)

10−1

10

Zenti -

(c)

10−2

(T)

1012

Milli -

(m)

10−3

(G)

109

Mikro -

(μ)

10−6

Mega -

(M)

6

10

Nano -

(n)

10−9

Kilo -

(k)

103

Piko -

(p)

10−12

Hekto -

(h)

2

10

Femto -

(f)

10−15

Deka -

(da)

101

Atto -

(a)

10−18

(E)

1018

Peta -

(P)

15

Tera Giga -

Exa -

Tabelle C1.4. Umrechnungsfaktoren anderer Einheitensysteme

Gr¨ oßenart Einheit(Zeichen)

Umrechnungsgleichung

Zeit

Minute(min)

1 min = 60 s

Stunde(h)

1 h = 60 min =3600 s

Kraft

Dyn(dyn)

1 dyn =10−5 N = 1 g cm s−2

Kilopond(kp)

1 kp = 9,80665 N

Druck

Bar(bar)

1 bar = 105 Nm−2 =105 Pa

techn. Atmosph¨ are(at)

1 at = 98066,5 Pa

phys. Atmosph¨ are(atm)

1 atm = 101325 Pa

Torr(Torr)

1 Torr = 133,3224 Pa

Meter-Wassers¨ aule(mWS)

1 mWS = 9806,65 Pa

Milimeter-Quecksilbers¨ aule(mmHg) 1 mmHg = 133,3224 Pa Energie

Leistung

Erg(erg)

1 erg = 10−7 J

Kilopondmeter(mkp)

1 mkp = 9,80665 J

Kilowattstunde(kWh)

1 kWh = 3, 6 · 106 J

Kalorie(cal)

1 cal = 4,1855 J

Steinkohleeinheiten(kgSKE)

1 kgSKE = 29, 308 · 106 J

Pferdest¨ arke(PS)

1 PS = 735,498 W

Anhang D Antworten auf die Kontrollfragen

Kapitel 1 1.1 Energietechnik umfasst die Erzeugung gew¨ unschter Energieformen aus den nat¨ urlichen Energiespeichern der Erde sowie die Umwandlungen in andere. Verfahrenstechnik umfasst die Erzeugung gew¨ unschter Stoffformen aus den nat¨ urlichen Materiespeichern der Erde sowie die Umwandlung in andere. 1.2 W¨ arme und Arbeit 1.3 Verluste in den Kraftwerken und Verbrennungsmotoren 1.4 Gemeinsam: W¨ arme und Arbeit treten bei energetischen Wechselwirkungen zwischen zwei Objekten in Erscheinung. Unterschied: W¨ arme tritt bei Temperaturunterschieden auf, jede andere energetische Wechselwirkung ist Arbeit. 1.5 a) Gesetz der Energieerhaltung b) Gesetz von der Unsymmetrie der Energieumwandlungen 1.6 Umwandlung von Arbeit in W¨ arme durch Reibungseffekte Umwandlung von chemischer Energie eines Brennstoffs in W¨arme 1.7 physikalische Stoffumwandlungen: chemische Verbindungen bleiben erhalten chemische Stoffumwandlungen:

aus den urspr¨ unglich vorhandenen chemischen Verbindungen werden neue gebilden

1.8 physikalische Stoffumwandlungen, die durch Temperatur- und Druck¨ anderungen in Gasen und Fl¨ ussigkeiten herbeigef¨ uhrt werden 1.9 a) Gesetz der Massenerhaltung b) Gesetz der Unsymmetrie der Stoffumwandlungen 1.10 durch die St¨ ochiometrie, d.h. die Elementenerhaltung 1.11 Vermischung von Reinstoffen Umwandlung von Wasserstoff und Sauerstoff zu Wasser

D Antworten auf die Kontrollfragen

589

1.12 a) Definition des thermodynamischen Systems b) Beschreibung des Systems als fluide Phase c) Untersuchung idealisierter Prozesse dieser fluiden Phasen 1.13 geschlossenes System: kein Massentransfer u ¨ber die Systemgrenzen (Kontrollmasse) 1.14 durch die Befreiung von allen apparativen Details 1.15 Homogene Materiemenge mit ¨ ortlich konstanten Werten von Temperatur, Druck und Zusammensetzung 1.16 Unterteilung in Str¨ omungsrichtung in differenziell dicke Scheiben, die ihrerseits als Phasen modelliert werden, d.h. mit Phasenwerten f¨ ur die Temperatur, die Geschwindigkeit, die Zusammensetzung etc., vgl. Abb. 1.19 1.17 ¨ ortlich konstante Eigenschaften einer Phase 1.18 quasistatische Zustand¨ anderung:

nicht-statische Zustands¨ anderungen:

zeitlich und ¨ortlich kontinuierliche Folge von Zust¨anden in einer Phase, die durch Zustandsgr¨oßen beschrieben sind kein Vorliegen von Phasen, keine Beschreibung durch Zustandsgr¨oßen m¨oglich

1.19 Zustandsgr¨ oßen: Temperatur, Druck 1.20 Die Zustands¨ anderung ist ein Teil einer Prozessbeschreibung. Hinzu kommen die technischen sowie sonstigen inneren und ¨außeren Bedingungen, unter denen die Zustands¨ anderung abl¨auft.

Kapitel 2 2.1 MH2 S = 34, 08 kg/kmol 2.2 Stoffmenge von 6, 022 . . . · 1023 Einzelteilchen eines Systems 2.3 Molmasse

590

D Antworten auf die Kontrollfragen

2.4 Verh¨ altnis der Materiemenge einer Komponente zur Materiemenge des Gemisches ohne diese Komponente 2.5 Sammelbegriff f¨ ur spezifische bzw. molare Zustandsgr¨oßen. H¨angen nicht von der Gr¨ oße des Systems ab. Beispiel υ=spezifisches (molares) Volumen 2.6 thermodynamisch: Zustandsgr¨ oße, die zwei Phasen im mechanischen Gleichgewicht gemeinsam haben mechanisch:

Verh¨ altnis von Kraft zu Fl¨ache, beide normal zueinander

2.7 Maß f¨ ur die mittlere kinetische Energie der Molek¨ ule pro Volumen 2.8 Gemeinsame Eigenschaft zweier Phasen im thermischen Gleichgewicht 2.9 Stehen zwei Systeme A und B im thermischen Gleichgewicht mit einem dritten System C, so stehen sie auch untereinander im thermischen Gleichgewicht. Die jeweils gemeinsame Zustandsgr¨oße, d.h. die Temperatur, kann also f¨ ur jedes System, unabh¨angig von seiner Art und seinem Ort, durch ein Thermometer bei Einstellung des thermischen Gleichgewichts gemessen werden. 2.10 weil sie einen physikalisch willk¨ urlichen Nullpunkt hat und damit nur Temperaturdifferenzen beschreiben kann 2.11 Tripelpunkttemperatur des Wassers 2.12 Nein, zum Tripelpunkt eines reinen Stoffes geh¨oren eindeutig bestimmte Werte von Temperatur und Druck. 2.13 a) gibt absolute Temperatur an b) unabh¨ angig von der Gasart 2.14 Maß f¨ ur die mittlere kinetische Energie der Molek¨ ule 2.15 vgl. Abb. 2.5 sowie die Ausf¨ uhrungen des Abschnitts 2.2.1 2.16 vgl. Abb. 2.9 sowie die Ausf¨ uhrungen im Abschnitt 2.2.2 2.17 Keine, da am kritischen Punkt beide Zust¨ande zusammentreffen. 2.18 Zusammensetzung und Temperatur bleiben nicht konstant

D Antworten auf die Kontrollfragen

591

2.19 a) bleibt konstant b) nimmt zu 2.20 vgl. Abb. 2.28 2.21 Verdampfung:Dampfdruck = Druck in der Gasphase = Gesamtdruck Verdunstung: Dampfdruck ist nur ein kleiner Teil der Drucke in der Gasphase. 2.22 diejenige Temperatur, bei deren Unterschreitung ein fl¨ ussiges Gemisch in zwei fl¨ ussige Phasen zerf¨ allt 2.23 ein spezieller Systemzustand bei Schmelzen und Erstarren in Gemischen, in dem 2 feste Phasen mit einer L¨ osung im Gleichgewicht stehen 2.24 Elementenbilanz in Form bestimmter Molek¨ ule, keine Aussage u ¨ ber den Reaktionsweg 2.25 vgl. Abb. 2.16 2.26 vgl. Abb. 2.15 ule sind unabh¨angig voneinander 2.27 (pV )ig = nRT ; die einzelnen Molek¨ 2.28 υ if = const.  2.29 z = xi zi zi = zi (T, p, {xj }) = partielle molare Zustandsgr¨oße Z der Komponente i 2.30 Wert der Gr¨ oße, die ihr im Gemisch zugeordnet ist. In der Regel unterschiedlich vom entsprechenden Reinstoffwert;  Z= ni z i

2.31 Ein Gemisch, in dem sich jede Komponente k so verh¨alt, als w¨ urde sie das zur Verf¨ ugung stehende Volumen allein ausf¨ ullen, mit dem Partialdruck pig k = xk p = nk

RT V

592

D Antworten auf die Kontrollfragen

2.32 pW = psW (tT ) 2.33 ein ideales Gasgemisch aus einer Komponente Gas G (kann aus mehreren gasf¨ormigen Stoffen bestehen) und einer Komponente Dampf D (kondensiert als reine Fl¨ ussigkeit aus) pD = psD (t) 2.34 x =

psD (t) MD MG p/ϕ−psD (t)

2.35 tT = 14, 26◦C 2.36 113 mg NO2 /mol Abgas l 2.37 υiil (T, p) = υ0i (T, p)

Molek¨ ule der unterschiedlichen Komponenten haben (nahezu) identische Eigenschaften. Damit unterscheiden sich die Wechselwirkungen von Molek¨ ulen der Komponente i mit Nachbarmolek¨ ulen nicht von der entsprechenden Wechselwirkungen in einem Reinstoff. 2.38 Δυ M = υ − x1 υ01 − x2 υ02 = υ E 2.39 υiivL = υi∗ (T, p) = υi∞ (T, p) Es gibt keine Wechselwirkungen zwischen Molek¨ ulen der Komponente i, nur solche zwischen den Molek¨ ulen der Komponente i und denen des L¨ osungsmittels. 2.40 υi = υi∗ (T, p) Molares Volumen, das durch formale Extrapolation des molaren Gemischvolumens im Bereich der ideal verd¨ unnten L¨osung auf xi = 1 entsteht. Dieser Wert existiert nicht real, es ist ein hypothetischer Wert, d.h. eine reine Rechengr¨ oße

Kapitel 3 3.1 vgl. Abb. B 3.2.1  = 0,2 3.2 m = 4 kg/s, wA

3.3 C8 H18 + 12, 5 O2 → 8 CO2 + 9 H2 O

D Antworten auf die Kontrollfragen

593

3.4 die Masse, die Stoffmenge ¨ andert sich im Allgemeinen 3.5 CO2 , H2 O, O2 , N2 3.6 ρ1 c1 A1 = ρ2 c2 A2 3.7 drei 3.8 durch die Gleichgewichtsbeziehung, z.B. die relative Fl¨ uchtigkeit 3.9 Reaktionen mit vollst¨ andigem Umsatz, d.h. Ablauf in einer Richtung und bis zum verschwinden mindestens eines Eduktstoffes 3.10 vollst¨ andiger Reaktionsablauf und Erreichen der h¨ochsten Oxidationsstufen aller oxidierbarer Eduktstoffe

3.11 nj = n(0) j + νj ξ;

ξ reduziert die unbekannten Stoffmengen einer Bruttoreaktionsgleichung auf nur eine Unbekannte

3.12 aus dem Stoffmengenanteil einer Komponente im Produktgemisch 3.13 Anzahl der unbekannten Stoffmengenanteile = Anzahl der Elemente (ist nicht immer ausreichend!)

Kapitel 4 4.1 Hu (t0 ) = −



νi Δhf,0 i

f,0 f,0 = Δhf,0 CH4 − ΔhCO2 − 2ΔhH2 O = 802303 kJ/kmol

4.2 20 MWh 4.3 gar nicht 4.4 nMot = 52974 4.5 ΔhR = −412, 1 kJ/mol 4.6 (W12 )K = (W12 )V + energetische Reibungsverluste in den mechanischen Bauteilen

594

D Antworten auf die Kontrollfragen

4.7 (W12 )t =

2

υdp

1

4.8 ja, durch Abfuhr von Arbeit 4.9 ΔH = ΔHtherm + ΔHchem 4.10 cW = 4,17 kJ/kg K 4.11 Ho − Hu = 1587 kJ/kg 4.12 null 4.13 nein 4.14 ja, die Temperatur sinkt 4.15 tk = 15◦ C 4.16 bei adiabater Zustands¨ anderung, weil die damit verbundene Temperaturerh¨ ohung das Volumen vergr¨ oßert 4.17 Enthalpiedifferenz bei einer Bildungsreaktion, d.h. der Bildung einer Verbindung aus den Elementen, bei Standardbedingungen; stimmt die willk¨ urlichen Nullpunktenthalpien der Verbindungen in einer chemischen Reaktion aufeinander ab 4.18 Kalte Luft von außen wird bei konstanter Wasserbeladung aufgeheizt. Damit nimmt die relative Feuchte ab. 4.19 Nein, u ussiger Sauerstoff und Stickstoff heben sich aus der Ent¨ bersch¨ halpiedifferenz heraus. 4.20 Ausschluss von Reibungseffekten, d.h. Berechnung der Mindestarbeit 4.21 (W12 )W = (W12 )t + energetische Reibungsverluste in den mechanischen Bauteilen 4.22 Energieinhalt einer Materiemenge, der u ¨ ber ihre kinetische und potenzielle Energie hinausgeht 4.23 Summe aus den kinetischen und potenziellen Energien der inkoh¨ arenten Molek¨ ulbewegungen in einem Fluid

D Antworten auf die Kontrollfragen

595

¨ 4.24 durch Anderung der thermischen Zustandsgr¨oßen T, V, {xj } 4.25 potenzielle Energie der Bindungen, die die Atome in den Molek¨ ulen zusammenhalten 4.26 H = U + pV Enthalpie ist u ¨ber die potenzielle un kinetische Energie hinaus¨ gehende Energie eines Stoffstromes, die er beim Uberschreiten der Systemgrenzen transferiert. 4.27 Energieform, die bei Transfer u ¨ ber die Systemgrenzen unter Einfluss einer Temperaturdifferenz in Erscheinung tritt 4.28 W¨ armeleitung, konvektiver W¨ arme¨ ubergang 4.29 weil eine isotherme Druck¨ anderung in idealen Gasen nicht mit einer Enthalpie¨ anderung verbunden ist ig 4.30 cig p − cv = R

4.31 cifp = cifv = cif ig ig ig 4.32 hig i = h0i , ui = u0i ◦  ◦ 4.33 hig L (0 C) = 0, hW (0 C) = 0

4.34 hili = hl0i , uili = ul0i 4.35 ΔhM = h(T, p, {xi }) −



xi hl0i (T, p) = hE

4.36 sie erw¨ armen sich ∞ 4.37 hivl osung bei unendlicher i = hi als der partiellen Enthalpie der L¨ Verd¨ unnung f,0 4.38 ΔhL = Δhf,0 i (aq) − Δhi (g)

4.39 aus der Differenz der Bildungsenthalpien der beteiligten Komponenten 4.40 der Heizwert 4.41 aus der Differenz der Heizwerte der beteiligten Komponenten 4.42 ja

596

D Antworten auf die Kontrollfragen

Kapitel 5 5.1 Durch Reibungs- und Verwirbelungsvorg¨ange entwertete Energie 1. Reibung zwischen mechanischen Bauteilen einer Maschine 2. Entspannung eines Fluidstroms in einer Drossel 3. R¨ uhren einer Fl¨ ussigkeit 4. Joulesche W¨ armeentwicklung in einem stromdurchflossenen Leiter 5.2 es wird keine Entropie produziert 5.3 ja, bei W¨armeabgabe: Q = −Tm ΔS 5.4 nein, da kein Energie- und Massentransfer m¨oglich 5.5 di S ≥ 0 5.6 f¨ ur einen reversiblen Prozess 5.7 1. W¨ armetransfer u ¨ber eine Temperaturdifferenz 2. Chemische Reaktion, z.B. Verbrennung 3. Vermischung von Stoffstr¨ omen 5.8 tm = 34, 76◦C 5.9 nein 5.10 Qrev 12 =

2

T dS

1

5.11 di S = 0 : Prozess vollst¨ andig thermodynamisch berechenbar 5.12 Sie laufen in Richtung steigender Entropie ab und erreichen den Endzustand, das Gleichgewicht, im Zustand maximaler Entropie. 5.13 S = k ln W W = atomistisches Chaos = Zahl der atomistischen Zust¨ande, die zu einem festen thermodynamischen Zustand geh¨oren

5.14 durch die Fundamentalgleichung, z.B. dS =

p dU + dV T T

D Antworten auf die Kontrollfragen

597

5.15 S ig (V ) − S ig (V 0 ) = nR ln(V /V 0 ) ja, weil W ∼ V 5.16 ja 5.17 s =



xi si

5.18 s ≈ 1 kJ/kg K 5.19 sili = sif0i − R ln xi 5.20 Δs = 5,1168 kJ/kg K = −R[n1 ln x1 + n2 ln x2 ] 5.21 (Δs)irr,ig M 5.22 S(0 K) = f¨ ur einen Reinstoff im Zustand des perfekten Kristalls 5.23 Bildung eines heißen Verbrennungsgases aus kalter Luft und der chemischen inneren Energie des Brennstroffs → Chaosproduktion 5.24 thermomechanischer Anteil:

m et, h,0i = (h0i − h0i,u ) − Tu (s0i − s0i,u )

stofflicher Anteil:

eSh,0i = (h0i − h0i,u ) − Tu (s0i − s0i,u )

chemischer Anteil:

eC h,0i : aus Exergiebilanz einer chemischen Reaktion, an der außer i nur im Umgebungsmodell ber¨ ucksichtigte Komponenten teilnehmen

5.25 ΔE˙ V = Tu S˙ i 5.26 ξ = 1 − Tu /T = 0, 068 5.27 deV =



Tu T dϕ

5.28 Wt, max = E2 − E1 = ηC Q = 2, 6 · 1010 kJ 5.29 Wmax = EQ = 26, 8 kJ 5.30 unbeschr¨ ankt in andere Energieformen umwandelbare Energie, z.B. Arbeit 5.31 Dissipation, W¨ armetransfer

598

D Antworten auf die Kontrollfragen

Kapitel 6 6.1 ηST = ηPT =

h2 −h1 h2 −h1 ,

mit h2 = h(p2 , s2 = s1 )

h2 −h1 2 υdp 1

Der polytrope Wirkungsgrad vergleicht die abgegebenen Arbeiten zwischen denselben Zustandspunkten 1 und 2 und ist f¨ ur eine polytrope Zustands¨ anderung eine Konstante, d.h. z.B. unabh¨angig vom Druckverh¨ altnis. Beides trifft f¨ ur den isentropen Wirkungsgrad nicht zu. 6.2 Pt, max = G˙ 2 − G˙ 1 ; G = H − T S 6.3 εrev = 7, 95 6.4 nein, da Q˙ = Q˙ 0 + Pel 6.5 nein, da 105 /800 > 4 · 104 /400 6.6 Carnot-Prozess: isotherme W¨ armezufuhr Clausius-Rankine-Prozess: isobare W¨ armezufuhr 6.7 Die Temperatur sinkt. 6.8 vgl. Abb. B 6.12.1   rev 6.9 ηth = 1 − TTm0 T0 = Temperatur der W¨ armeabgabe Tm = mittlere Temperatur der W¨ armeaufnahme 6.10 ξ ≈ ηth f¨ ur Hu ≈ eB und ηK ≈ 1 6.11 oberhalb des kritischen Punktes rev 6.12 ηth = 0, 4378 rev rev 6.13 W12 = 6, 7583 kJ/mol; q12 = −6, 7583 kJ/mol

6.14 Dampferzeuger 6.15 Anlage zur gleichzeitigen Erzeugung vom Arbeit und W¨arme 6.16 Zwischen¨ uberhitzung, regenerative Speisewasservorw¨armung 6.17 nein, w¨ are mit Abnahme der Entropie verbunden 6.18 vgl. Abb. B 6.8.1

D Antworten auf die Kontrollfragen

599

Kapitel 7 7.1 a) p = ps0i (T ); b) p = x1 ps01 (T ) + x2 ps02 (T ) c) p = pN2 + ps, H2 O (T ) 7.2 vgl. Abb. B 7.2.3 mit B → 1 7.3 μili = μl0i + RT ln xi 7.4 Komponente 1 7.5 nach der linken Seite, weil dort die geringere Stoffmenge steht 7.6 vgl. Abb. 7.19 oder Abb. B 7.8.2 7.7 vgl. Abb. 7.26 (1)

7.8 T (1) = T (2) ; p(1) = p(2) ; μi

(2)

= μi

f¨ ur alle i

7.9 zur Eduktseite 7.10 xL2 = xG 2 p/H2 (T, p) Die L¨ oslichkeit einer gasf¨ ormigen Komponente 2 in einer Fl¨ ussigkeit ist ihrem Partialdruck proportional. 7.11 H E = 0 ; S E = −n R



xi ln xi

7.12 aili = xi 7.13 T α = T β ; pα = pβ ; μα = μβ 7.14 das chemische Potenzial 7.15 μi = hi − T si 7.16 tiefste erreichbare Temperatur tK des Wassers bei adiabater Verdunstung in einen unges¨ attigten Luftstrom 7.17 eine Anordnung, bei der die ausstr¨ omende Stoffstr¨ome miteinander im stofflichen Gleichgewicht stehen 7.18 ein Reaktor, der die Edukte ins Reaktonsgleichgewicht u uhrt ¨ berf¨

Anhang E Ergebnisse der Aufgaben

Kapitel 2 2.1 wBenz = 0, 4588 wTol = 0, 5412 2.2

wN2 wO2 wH2 wCO2

= 0, 5347, xN2 = 0, 2475, xO2 = 0, 1386, xH2 = 0, 0792, xCO2

= 0, 196 = 0, 0794 = 0, 7061 = 0, 0185

2.3 a)nO2 = 0, 064065 kmol b)v = 0, 1873 m3 /kmol v = 5, 854 · 10−3 m3 /kg 3 ρ = 170, 823 kg/m 3

2.4 ρOel = 781, 25 kg/m 2.5 a) pg = 1, 0223 bar pUe = 0, 0173 bar b)Δz = 146, 4 mm 2.6 Θ2ig = 1202, 7 K 2.7 15◦ C = 59◦ F 100◦ F = 37, 8◦ C

2.8 a)V1 = 9, 638 · 10−3 m3 Zustand p/bar T /K

  v/ m3 /mol

1

1

323,15 0,027

b) 2

2

323,15 0,0135

3

2,91

473,15 0,0135

4

1

473,15 0,039

E Ergebnisse der Aufgaben

601

2.9 a) tk = 374, 14◦C, pk = 220, 9 bar ttr = 0, 01◦ C, ptr = 0, 0061 bar b) 1 0 0 0 9

1 0

9 a K

1 0 0 p /b a r

S c h m e lz d r u c k k u r v e

1 0

D a m p fd ru c k k u rv e 6 5 a

1 b

1 1

5

1 a

2

1 c

0 ,1 7

0 ,0 1

tr 7 a

0 ,0 0 1 4

3

3 a

S u b lim a tio n s d r u c k k u r v e

0 ,0 0 0 1 -1 0 0 8

1 0 0 0

2 0 0

4 0 0

3 0 0

5 0 0

t /° C

2.10 a), b) E r s ta r r u n g s lin ie S c h m e lz lin ie

8 0

K r itis c h e r P u n k t 7 0

T a u lin ie G a s

6 0

t = 2 0 ° C

4 S c h m e lz g e b ie t

3 ' 3

3 ''

F e s tk ö rp e r

S ie d e lin ie

4 0

3 0

T r ip e llin ie

N a s s d a m p fg e b ie t

2 0

S u b lim a tio n s lin ie

S u b lim a tio n s g e b ie t 1 0

T r ip e lp u n k t 2 1 0 ,0 0 0 1

0 ,0 0 1

D e s u b lim a tio n s lin ie

t = -8 0 °C 0 0 ,0 1

0 ,1

v /(m

3

/k g )

1

1 0

p /b a r

5 0

602

E Ergebnisse der Aufgaben

Zustand p/bar T /◦ C v/(m3 /kg) 1

4

-80

0,00063

c) 2

4

20

0,12

3

58

20

0,004

4

58

-80

0,00061

m3 /m ˙ 3 = 4 2.11 a) p K

T p T

v v ''

v '

v

b) m ˙  = 9, 5 kg/s, m ˙  = 0, 5 kg/s c) V˙ = 139, 37 m3 /s

2.12 a) n '', x '', p 1 , t 1 P ro d u k ts tro m

n , x , p 0, t0 Q

R ü c k s ta n d s s tro m n ', x ', p 1 , t 1

t2 K o n d e n s a to r

E Ergebnisse der Aufgaben

b) ts = 61◦ C c) x2 = 0, 32, x2 = 0, 66 m ˙  = 223, 69 kg/h, m ˙  = 126, 22 kg/h d) t2 = 54◦ C

2.13 a) p01 = 40 kPa (Toluol), p02 = 101 kPa (Benzol) b) x (65 kPa) = 0, 4, x (65 kPa) = 0, 63 c) n = 5, 65 mol, n = 4, 35 mol

2.14 M = 18 g/mol 2.15 V˙ 1 = 228, 8 m3 /h

2.16 a) p = c o n s t. t 4 1 8 0 °C

2

ts(2 b a r)

3 1

3 0 °C

v 1

v 2

v 3

v 4

v

b) p1 = 2 bar, t1 = 30◦ C,

v1 = 0, 001004 m3 /kg

p2 = 2 bar, t2 = 120, 23◦C, v2 = 0, 001061 m3 /kg p3 = 2 bar, t3 = 120, 23◦C, v3 = 0, 8857 m3 /kg p4 = 2 bar, t4 = 180◦ C,

v4 = 1, 032 m3 /kg

603

604

E Ergebnisse der Aufgaben

2.17 a) Z u s ta n d s ä n d e ru n g e n :

p

1 K

2 : is o b a r e W ä r m e z u fu h r

2

3 : is o b a r e T e ilv e r d a m p fu n g 3

p

p

4

1

4

1

4 : is o c h o r e V e r d a m p fu n g

t 3

2

t4 t2= t3 t1

V 3

V

b) t2 = 126, 06◦C c) x3 = 0, 6675, m3 = 66, 75 g, m3 = 33, 25 g d) p4 = 3, 68 bar, v4 = 0, 5 m3 /kg, t4 = 140, 68◦C ˙  = 0, 07 kg/s 2.18 a) m ˙  = 0, 03 kg/s, m b) V˙ = 0, 02898 m3 /s

2.19 pN2 = 0, 2352 bar, pO2 = 0, 0953 bar, pH2 = 0, 8473 bar, pCO2 = 0, 0222 bar 2.20 psW (tT ) = 2, 3961 kPa, tT = 20, 14◦C

2.21 a) ρ = 0, 8092, pW = 0, 018927 bar b) mL = 17, 485 kg, mW = 0, 209 kg, m = 17, 694 kg

2.22 a) 2 Phasen

E Ergebnisse der Aufgaben

605

b) mW = 87, 6 g c) V = 1, 05841255 m3

Kapitel 3 3.1 m ˙ lW = 938, 9 g/h, m ˙ gW = 308 g/h 3.2 n˙  = 79, 38 mol/h, x2 = 0, 0649, x1 = 0, 9351 3.3 m ˙ W = 89, 19 kg/h 3.4 X G = 0, 005263, X L = 0, 30243 3.5 a) C8 H18 + 12, 5O2 → 8CO2 + 9H2 O νC8 H18 = −1, νO2 = −12, 5, νCO2 = 8, νH2 O = 9 b) CH4 + 3H2 O→CO+3H2+2H2 O c) 1 kg C8 H18 + 3, 5 kg O2 → 3, 08 kg CO2 + 1, 42 kg H2 O 1 kg CH4 + 3, 37 kg H2 O → 1, 75 kg CO + 0, 38 kg H2 + 2, 25 kg H2 O

3.6 psW (tT ) = 12, 081 kPa, tT = 49, 21◦C V V V xV CO2 = 0, 0805, xO2 = 0, 0564, xW = 0, 1208, xN2 = 0, 7423

3.7 l = 10, 6071 mol L/mol B V V V xV CO2 = 0, 0934, xO2 = 0, 0175, xW = 0, 1635, xN2 = 0, 7256

3.8 a) 59, 945 C + 39, 683 H2 + 1, 248 S + 2, 813 O2 + 1, 071 N2 + 2, 22 H2 O + 78, 222 O2 → 59, 945 CO2 + 41, 903 H2 O + 1, 248 SO2 + 1, 071 N2

606

E Ergebnisse der Aufgaben

omin = 78, 222 mol O2 /kg B b) lmin = 372, 486 mol L/kg B, l = 446, 983 mol L/kg B 59, 945 C + 39, 683 H2 + 1, 248 S + 2, 813 O2 + 1, 071 N2 + 2, 2 H2 O + 446, 983 · (0, 21 O2 + 0, 79 N2 ) → 59, 945 CO2 + 41, 903 H2 O + 1, 248 SO2 + 15, 644 O2 + 354, 188 N2 V V c) xV CO2 = 0, 1268, xO2 = 0, 0331, xW = 0, 0886 V xV N2 = 0, 7489, xSO2 = 0, 0026

3.9 xH2 = 0, 4286, xN2 = 0, 5, xNH3 = 0, 0714

3.10 n˙ CO2 = 0, 13 mol/s, n˙ H2 O = 0, 87 mol/s n˙ CO = 0, 87 mol/s, n˙ H2 = 3, 13 mol/s

Kapitel 4 4.1 (W12 )Rbg = −124, 6 J 4.2 (W12 )K = −15 kJ

4.3 Md = 16, 37 Nm 4.4 U˙ − U˙ 0 = 249, 45 J/s, H˙ − H˙ 0 = 415, 75 J/s E˙ a − E˙ a,0 = 0, 2394 J/s, E˙ − E˙ 0 = 415, 99 J/s ˙ 4.5 Q/A = 25, 2 W/m2 4.6 H˙ a − H˙ e = −269, 34 MW

E Ergebnisse der Aufgaben

4.7 H˙ 2 − H˙ 1 = −2, 773 MW

4.8 m ˙ L = 4, 227 kg/s, Δm ˙ W = 0, 0672 kg/s 4.9 ΔH˙ = 19, 51 kW (2)

(2)

4.10 a) n˙ CO2 = 0, 13 mol/s, n˙ H2 O = 0, 87 mol/s (2)

(2)

n˙ CO = 0, 87 mol/s, n˙ H2 = 3, 13 mol/s b) ΔH˙ = 328, 425 kW

V V 4.11 a) xV CO2 = 0, 0922, xW = 0, 0831, xSO2 = 0, 0004 V xV O2 = 0, 0671, xN2 = 0, 7572

b) tad = 1550, 8◦C V 4.12 a) xV CO2 = 0, 097357, xH2 O = 0, 144678 V xV O2 = 0, 032157, xN2 = 0, 725808

b) TV2 = 309, 99 K, ΔH˙ = −2, 655 MW

4.13 a) m1 = 0, 2571 kg b) Δm12 = 0, 2233 kg c) T1 = 453, 06 K, U1 = 664, 24 kJ, T2 = 372, 78 K, U2 = 75, 73 kJ

4.14 a) ϕ1 = 0, 914 b) m ˙ L = 1, 0372 kg/s c) Δm ˙ W = 31, 116 g/s d) t2 = 20, 04◦ C

607

608

E Ergebnisse der Aufgaben

e) ΔH˙ = −101, 39 kW 4.15 a) CH4 + 2 O2 →CO2 + 2 H2 O, lmin = 9, 524 mol L/mol B b) λ = 3, 491 4.16 a) Hu,H2 (25◦ C) = 241, 827 kJ/mol, Hu,CH4 (25◦ C) = 802, 303 kJ/mol Hu,C2 H4 (25◦ C) = 1322, 981 kJ/mol, Hu,Gem. (25◦ C) = 541, 48 kJ/mol B B B b) xB H2 + xCH4 + xC2 H4 + xN2 + omin O2 B B B B B → (xB CH4 + 2 · xC2 H4 )CO2 + (xH2 + 2 · xCH4 + 2 · xC2 H4 )H2 O + xN2 N2

l = 6, 7309 mol L/mol B, v = 7, 4814 mol V/mol B V V V xV CO2 = 0, 0722, xH2 O = 0, 1992, xO2 = 0, 0172, xN2 = 0, 7114

c) k = 0, 8546 mol W/mol B d) H˙ aus − H˙ ein = −573, 22 kW

4.17 a) T2 = 565, 79 K b) (P12 )t = 11, 11 kW 4.18 (w12 )t = −296, 6 kJ/kg, (w34 )t = −964, 7 kJ/kg, q23 = 476, 2 kJ/kg

4.19 a) ϕ2 = 0, 00146 b) (P12 )t = 437, 54 kW c) m ˙ 5 = 3, 926 g/s d) Q˙ 23 = −426, 771 kW 4.20 a) (P12 )t = −58, 945 MW ˙ k = 1226, 5 kg/s b) Q˙ 23 = −102, 534 MW, m

E Ergebnisse der Aufgaben

c) Q˙ 41 = 160, 579 MW d) ηth = 0, 3615 4.21 a) t1 = 19, 01◦C b) m ˙ = 0, 8118 · 10−3 kg/s c) (P12 )t = 96, 41 W d) ε0 = 1, 245

4.22 a)

h

1 + x

Q m

R L 5

x

m x

x

x

x x

m

L 1 L 7

x

609

610

E Ergebnisse der Aufgaben

b) x6 = 0, 0118 kg/kg c) m ˙ D = 11, 2 kg/h ˙ W = 14, 4 kg/h d) Q˙ 23 = 18, 6 kW, m e) Q˙ 45 = 14, 7 kW

4.23 a) Q

tW = 1 5 ° C m

1 2

h

V 3= 0 ,1 m 3 2

1

W

p 1= 1 b a r t1= 2 0 ° C

p 3= 1 b a r t3= 3 0 ° C

tT1= 6 ° C

j 3= 1

E in d ü s e n v o n flü s s ig e m W a s s e r

3

1 + x

2 3 3 0 ° C 2 0 ° C 1 5 ° C

1

t1

6 ° C 0 ° C

x 1

x

/s

E Ergebnisse der Aufgaben

611

b) t2 = 83, 5◦ C, Q˙ 12 = 7, 1 kW c) pSD = 1, 564 bar ˙V 4.24 a) λ = 1, 255, n˙ V CO2 = 0, 105 kmol/h, n H2 O = 0, 205 kmol/h n˙ V ˙V O2 = 0, 053 kmol/h, n N2 = 0, 98 kmol/h b) n˙ H2 O,fl = 0, 1677 kmol/h c) Q˙ H = −25 kW

Zustand p/bar t/◦ C

4.25 a)

x

h1+x / (kJ/kg)

1

1

35

0,0293

110,16

2

0,8

17

0,0156

56,49

3

1

20,7 0,0156

60,3

4

1

85,21 0,0156

126,68

5

1

30

0,0276

100,54

6

1

50

0,0308

129,86

b) m ˙ W12 = 14, 8 g/s, m ˙ WB = 8, 82 g/s Q˙ 12 = −56, 91 kW, Q˙ 34 = −71, 69 kW Q˙ A = −14, 32 kW, Q˙ V = −6, 62 kW

4.26 a) MEG = 16, 113 g/mol, Hu,EG = 805, 3 kJ/kg, n˙ EG = 107, 5 mol/s b) TV = 1437, 61 K

mCO2 /Hu = 0, 1976 kg CO2 /kWh

4.27 Methan: Heiz¨ ol:

mCO2 /Hu = 0, 2701 kg CO2 /kWh

Steinkohle:

mCO2 /Hu = 0, 341 kg CO2 /kWh

612

E Ergebnisse der Aufgaben

Zustand Enthalpie/(kJ/kg) Dampfgehalt

4.28 a)

1

1706,7

1

2

1942,7

3

1758,2

4

1978,2

5

673,2

6

512,074

7

512,074

0,14

8

673,2

0,144

1 0

b) m ˙ 1 = 0, 08371 kg/s c) m ˙ 8 = 0, 02667 kg/s d) ε0 = 2, 271

Kapitel 5 5.1 a)

b) T2 = 325 K, p3 = 3, 63 bar rev c) (W12 )rev V = 240 kJ, (W23 )V = 0

d) Q12 = −839, 5 kJ, Q23 = −55, 33 kJ

E Ergebnisse der Aufgaben

5.2 a) (W12 )rev V = −45, 81 kJ b) (W12 )K = −15 kJ c) Φ12 = 30, 81 kJ 5.3 a) (w12 )t = 200 kJ/kg, q12 = −200 kJ/kg b) ϕ12 = 32, 7 kJ/kg

5.4 Φ12 = 720 kJ, T2 = 480 K

5.5 a) (W12 )K = 10 kJ b) (W12 )rev V = 6, 931 kJ, Q12 = −6, 931 kJ c) S2 − S1 = −23, 1 J/K, (ΔS12 )irr = 10, 23 J/K

5.6 Nein 5.7 a) Q12 = −94, 25 kJ b) S2 − S1 = 0 c) 0, 316 kJ/K 5.8 a) S˙ i12 = 32 W/K b) S˙ i,ges = 54, 9 W/K ˙ irr = 22, 9 W/K c) (ΔS) ΔT 5.9 a) Si = 3, 25 kJ/K b) Si = 5, 08 kJ/K

613

614

E Ergebnisse der Aufgaben

5.10 a) (w12 )t = −220 kJ/kg b) T2 = 353, 88 K c) s2 − s1 = 0, 18 kJ/kg d) Nein 5.11 a) S˙ 2 − S˙ 1 = −707, 57 kW/K b) S˙ i = 103, 88 kW/K

5.12

S˙ i = 21, 577 W/K

5.13 a) ech,B = 44618

kJ kg B

b) ΔE˙ V = 30, 60 MW c) Tm = 202, 86◦C

Kapitel 6 6.1 a) m ˙ = 0, 02187 kg/s b) (P12 )t = 0, 462 W c) c3 = 7, 6 m/s, T3 = 342, 76 K d) c4 = 17, 1 m/s, T4 = 342, 64 K = 4824, 14 J/mol 6.2 a) (w12 )rev t = 6453 J/mol b) (w12 )rev t

6.3 a) h1 = 3000, 9 kJ/kg, s1 = 7, 0311 kJ/kg K = s2 , h2 = 2552, 66 kJ/kg b) m ˙ = 1, 295 kg/s

E Ergebnisse der Aufgaben

c) c2 = 946, 88 m/s

6.4 Tm,12 = 370, 32 K f¨ ur Wasser Tm,12 = 376, 0 K f¨ ur Luft

6.5 a) h1 = 3000 kJ/kg, s1 = 7, 07 kJ/kg K = s2 , h2 = 2560 kJ/kg b) x2 = 0, 95 6.6 a) (P23 )t = −8290, 2 kW b) Q˙ 30 = −14111, 6 kW c) (P01 )t = 40, 1 kW d) ηth = 0, 369 = ηC

6.7 a) T1 = 455, 08 K b) m ˙ L = 35, 75 kg/s c) Q˙ 30 = −16154 kW d) Tm,12 = 739, 49 K, Tm,30 = 476, 36 K e) ηth = 0, 356

6.8 a) ηth = 0, 5902 b) |wV | = 826, 28

kJ kg

c) T3∗ − T3 = −91, 6 K ∗ = 0, 5311 d) ηth

6.9 a) m ˙ = 71, 91 g/s b) (P12 )t = 2, 918 kW, Q˙ 41 = 9, 745 kW

615

616

E Ergebnisse der Aufgaben

c) εrev = 5, 321 d) (P12∗ )t = 3, 439 kW, Q˙ 0∗ = 8, 561 kW e) ε∗ = 3, 489 6.10 Q˙ 12 = 0, (P12 )t = 17, 2 kW, Q˙ 23 = −17, 2 kW = −(P12 )t Q˙ 34 = −11, 9 kW, Q˙ 16 = 11, 9 kW, (P45 )t = −6, 8 kW Q˙ 56 = 6, 8 kW = −(P45 )t , ε0 = 0, 654

6.11 a) (P23 )t = 144, 68 MW, ηST = 0, 8561 b) Q˙ 30 = −263 MW c) (P01 )t = 1, 676 MW, ηSP = 0, 7539 d) ηth = 35, 22 % 6.12 a) m = 53, 609 kg, m = 5, 957 kg b) c2 = 552, 07 m/s c) m∗ = 0, 178 kg 6.13 a) x4 = 0, 888, q41 = −2170, 67 kJ/kg b) (P34 )t = −93, 049 MW c) p4∗ = 5, 628 kPa, q4∗1∗ = −2203, 85 kJ/kg d) m ˙ ∗ = 24, 62 kg/s, Pt∗ = −43, 869 MW

6.14 a) m ˙ = 53 kg/s b) (P23 )t = −155, 49 MW, (P45 )t = −213, 951 MW c) Q˙ 56 = −586, 669 MW, |Q˙ VW | = 116, 237 MW

E Ergebnisse der Aufgaben

d) ηsT = 0, 9366 e) ηth = 0, 3864 f) m ˙ B = 132, 8 kg/s g) (P67 )t = 1, 24 MW, (P9

10 )t

= 0, 264 MW

6.15 a) Q = 128, 807 MJ, Q˙ 0 = 8, 945 kW b) T1 = 273, 15 K, p1 = 0, 4981 MPa, h1 = 476, 9 kJ/kg s1 = 2, 997 kJ/(kg K) T2 = 359, 59 K, p2 = 2, 427 MPa, h2 = 517, 7 kJ/kg s2 = 3, 019 kJ/(kg K) T3 = 333, 15 K, p3 = 2, 427 MPa, h3 = 349, 7 kJ/kg s3 = 2, 519 kJ/(kg K) T4 = 273, 15 K, p4 = 0, 4981 MPa, h4 = 349, 7 kJ/kg s4 = 2, 531 kJ/(kg K) c) (P12 )t = 2, 856 kW d) ε0 = 3, 132, ηS,KM = 0, 711 e) m ˙ B = 5, 04 l/d

6.16 a) nV1 = 1, 87, nV2 = 1, 87, nT = 1, 56 b) q12 = q34 = q56 = 0, q23 = −440, 3 kJ/kg, q45 = 3859, 1 kJ/kg, q61 = −2434, 6 kJ/kg c) (wV )t = 880, 6 kJ/kg d) (w56 )t = −1864, 8 kJ/kg, wt = −984, 2 kJ/kg e) ηth = 0, 255

617

618

E Ergebnisse der Aufgaben

f) ηPV12 = 0, 86, ηPV34 = 0, 86, ηPT56 = 0, 89 ηSV12 = 0, 85, ηSV34 = 0, 85, ηST56 = 0, 91 = 379, 6 kJ/kg, (w34 )rev = 379, 6 kJ/kg, g) (w12 )rev t t = −2049, 23 kJ/kg (w56 )rev t ϕV12 = ϕV34 = 60, 7 kJ/kg, ϕT56 = 184, 43 kJ/kg 6.17 a) ηth = 0, 602 b) p2 = 22, 61 bar, T2 = 861, 95 K c) q23 = 1286 kJ/kg d) p3 = 70, 82 bar, p4 = 2, 819 bar, T4 = 1074, 9 K e) nk = 1, 30, ne = 1, 55 f) T2r = 686, 3 K, T3r = 2853 K, T4r = 803, 9 K g) q12r = −79 kJ/kg 6.18 a) ζ = 0, 341 b) ζ = 0, 309

Kapitel 7 7.1 a) ts = 76, 33◦C b) x2 = 0, 267, x1 = 0, 733 x2 = 0, 5761, x1 = 0, 4239, n˙  = 0, 7538 mol/s 7.2 a) T = 80 K b) n˙  /n˙ F = 0, 5923

E Ergebnisse der Aufgaben

c) p1 = 1, 155 bar

7.3 a) xC2 H4 = 0, 6657, xH2 O = 0, 3315, xC2 H5 OH = 0, 0028 b) p = 47, 748 bar

7.4 a) xNO2 = 0, 42166, xN2 O4 = 0, 57834 b) xNO2 = 0, 1032, xN2 O4 = 0, 0346, xAr = 0, 8622

7.5 a) ϕ1 = 0, 8, ϕ2 = 0, 0141, x1 = 0, 00622 = x2 b) m ˙ L = 0, 5076 kg/s c) Q˙ 12 = 41, 08 kW d) m ˙ W = 46, 24 g/s

7.6 a) ηth = 0, 49 b) m ˙ L = 31421 kg/s, m ˙ FW = 298, 9 kg/s c) 1 > nS > 2 d) tk = 6, 36◦ C

7.7 a) K = 312, 061 b) ξ = 0, 6892 kmol/s, xCH4 = 0, 071, xH2 O = 0, 2994 xH2 = 0, 4722, xCO = 0, 1574 c) UCH4 = 0, 6892 d) Q˙ R = 156, 206 MW

7.8 xCO = 0, 00273, xH2 O = 0, 36403, xCO2 = 0, 11371

619

620

E Ergebnisse der Aufgaben

xH2 = 0, 39282, xN2 = 0, 12671 7.9 a) pis W = 96, 283 kPa b) tS = 101, 33◦C

7.10 xC2 H5 OH = 0, 4832, xH2 O = 0, 4832, xH2 = 0, 0224, xCO = 0, 0112 7.11 a) Q˙ DE = 14, 894 MW b) m ˙ BHu = 15, 678 MW c) Q˙ AKM = −32, 894 MW ˙ KW = 508, 36 kg/s, m ˙ W = 12, 41 kg/s d) tk = 21, 52◦C, m

7.12 a) xCH3 OH = 0, 29915, xH2 = 0, 46723, xCO = 0, 23362 UCO = 0, 5615, UH2 = 0, 5615 b) p = 64, 356 bar

Sachverzeichnis

Abgasverlust, 238, 351, 374, 376, 401 Abhitzekessel, 372 Abk¨ uhlung, 165 Absorber, 499 Absorption, 74, 215, 462, 499 Absorptionsgleichgewicht, 462 Absorptionsw¨ arme, 500 Abw¨ arme, 5, 243, 260, 293 Affinit¨ at, 446 Aktivit¨ at, 459 Aktivit¨ atskoeffizient, 459, 467 Analyse, exergetische, 326, 355, 404 Anergie, 313 Anzapfdampf, 364 Arbeit, 2, 148, 152, 347 – einer Oberfl¨ ache, 294 – elektrische, 282, 294 – mechanische, 148 – technische, 157, 271 Arbeitsprozesse, 337, 410 Ausdampfprozess, instation¨ arer, 122, 207 Ausgleichsprozess, 25, 431, 443 Ausgleichsprozesse, 431, 446 Ausnutzungsgrad, 374 Ausstr¨ omungsprozess, 187 Avogadro-Zahl, 35, 287 Bar, 39 Befeuchtung, 195 Beladung, 36, 96, 190, 500 Beladungsdiagramm, 506 Benzin, 572 Bewertung – exergetische, 323 – isentrope, 410 – polytrope, 418 Bildungsenthalpie, 214, 223 Bildungsreaktion, 223 Billardkugelmodell, 33, 158 ,,Black Box”, 24

Blockheizkraftwerk, 240 Boltzmann-Konstante, 287 Boltzmannsche Entropieformel, 289 Braunkohle, 572 Brennkammer, 366 Brennstoffzelle, 6, 311, 327 Brennwert, 231, 572, 573 Brennwertkessel, 94, 229 Bruttoreaktion, 80 Bruttoreaktionsgleichung, 81, 127, 133, 140 Bruttoreaktionsgleichungen – f¨ ur Verbrennungsprozesse, 127 Carnot-Faktor, 350 Carnot-Prozess, 349, 394 ,,Carnotisierung”, 362 Celsius-Skala, 43, 49 Chaos, atomistisches, 286, 328 Clausius-Rankine-Prozess, 351, 352 Dampf – ges¨ attigter, 60 – u ¨ berhitzter, 84 Dampf-W¨ armepumpenprozess, 395 Dampfdruck, 56, 84, 453 Dampfdruckdiagramm, 55, 69, 453 Dampfdruckkurve, 55, 193 – atomistische Interpretation, 56 – technische Bedeutung, 57 Dampferzeuger, 82, 238, 375 Dampfgehalt, 59 Dampfk¨ altemaschine, 394, 417 Dampfkraftanlage, 57, 184, 352, 371 Dampfspaltung, 133 Dampftafel, 84, 179, 299, 547 Dampfturbine, 180, 412 Destillation, 71, 120 – absatzweise, 122, 206 – stetige, 71 Desublimation, 61 Diesel-Motor, 388

622

Sachverzeichnis

Diffusor, 16, 381, 416 Diffusorwirkungsgrad – isentroper, 416 Dissipation, 264, 269, 278, 282, 291, 419 Dissoziation, 36, 228, 233, 474 Drossel, 171, 175, 326, 416 Druck, 38 – atomistische Interpretation, 40 – mechanische Definition, 39 – thermodynamische Definition, 432 Druckmessung, 39 D¨ use, 342, 382, 415 D¨ usenwirkungsgrad,isentroper, 416 Edukte, 81 Elektrolyte, 35, 212 Elementaranalyse, 130 Elementarreaktionen, 81 Elementenbilanz, 81, 140 Elementenerhaltung, 7, 127, 225 Elementenvorrat, 8 Endenergie, 2 Endn¨ asse, 357 Energie, 147 – chemischer Anteil, 219 – freie, 337, 449 – innere, 157 – – Abh¨ angigkeit von der Temperatur, 176 – – Abh¨ angigkeit von der Zusammensetzung, 189 – – Abh¨ angigkeit von Druck und Volumen, 179 – – atomistische Interpretation, 158 – – chemischer Anteil, 160 – – f¨ uhlbare, 160 – – idealer Fl¨ ussigkeiten, 178 – – idealer Gas/Dampf-Gemische, 190 – – idealer Gase, 176 – – idealer Gasgemische, 189 – – idealer L¨ osungen, 201 – – im Nassdampfgebiet, 180 – – latente, 160 – – partielle molare, 189 – – partielle spezifische, 189 – – physikalischer Anteil, 160 – – thermischer Anteil, 160 – kinetische, 148, 162, 313, 381, 415 – mechanische, 148 – potenzielle, 148, 161, 313 – thermochemische, 158 Energiebilanz, 147 – mechanische, 151

Energiebilanzgleichungen, 165 – geschlossene Systeme, 165 – instation¨ are Prozesse, 165 – Kreisprozesse, 173 – station¨ are Fließprozesse, 169 Energiedurchsatz, 242 Energieentwertung, 260, 312 Energieerhaltungssatz, 4, 147 Energieflussbild, 242 Energiefunktion, 295 Energienutzung, rationelle, 323 Energiequalit¨ at, 147, 311 Energiestr¨ ome, Vorzeichen, 153, 163, 170, 377, 392 Enthalpie – Abh¨ angigkeit von der Zusammensetzung, 189 – feuchter Luft, 191 – freie, 338, 448 – ideal verd¨ unnter L¨ osungen, 213 – idealer Fl¨ ussigkeiten, 178 – idealer Gas/Dampf-Gemische, 190 – idealer Gase, 176 – idealer Gasgemische, 189 – idealer L¨ osungen, 201 – im Nassdampfgebiet, 179 – partielle molare, 189, 190, 201, 213 – partielle spezifische, 189 Enthalpiedifferenz, 219 – chemischer Anteil, 219 – thermischer Anteil, 219 Enthalpiestrom, 243 Entmischung, 76 Entmischungstemperatur, 76 Entnahmedampf, 363 Entropie, 262 – absolute, 308 – als Zustandsgr¨ oßen, 293 – atomistische Interpretation, 286 – fester Stoffe, 320 – ideal verd¨ unnter L¨ osungen, 306 – idealer Fl¨ ussigkeiten, 299 – idealer Gas/Dampf-Gemische, 304 – idealer Gase, 298 – idealer Gasgemische, 300 – idealer L¨ osungen, 306 – im Nassdampfgebiet, 299 – partielle molare, 301, 307 – partielle spezifische, 301 at, 311 – und Energiequalit¨ – und Ordnung, 286 – und Temperatur, 295 – und W¨ arme, 278

Sachverzeichnis – Verkn¨ upfung mit Dissipation, 279 Entropiebilanz, 259, 262, 303 – und 2. Hauptsatz, 290 Entropiedifferenz – bei chemischen Zustands¨ anderungen, 308 – bei Verbrennung, 309 Entropieexport, 292, 304 Entropiefluss, 291 Entropieimport, 292 Entropienullpunkt, 308 Entropieproduktion, 291, 293 – atomistische Interpretation, 286 – bei Arbeitstransfer, 284 – bei Dissipation, 283 – bei Mischung, 302, 306 – bei Verbrennung, 311 – bei W¨ armetransfer, 284 – und 2. Hauptsatz, 290 – und Energieentwertung, 323 – und Richtungssinn, 290 – und thermodynamisches Gleichgewicht, 290 Entropiestrom, 292 Entropietransfer, 290 Entspannungsdestillation, 203 Entwertung, 259 – der Energie, 260, 312, 323 Erstarrungslinie, 78 Exergie, 313 – chemische, 319 – der Enthalpie, 315 – der W¨ arme, 316 – eines Stoffstromes, 313 – partielle molare, 320 – stoffliche, 317 – thermomechanischer Anteil, 315 – von Brennstoffen, 322 Exergiebilanz, 319, 323, 324 Exergieverlust, 322–324, 356, 363, 371 – bei der W¨ armebereitstellung, 392 – bei Kraft-W¨ arme-Kopplung, 406 – durch Verbrennung, 326 – durch W¨ arme¨ ubertragung, 326 – eines Dampfkraftprozesses, 324 – eines Kessels, 325 Exzessenthalpie, 209, 216 – freie, 460 Exzessentropie, 306 Exzessvolumen, 100 Fahrenheit, 49 Fernw¨ arme, 22

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Feuchte – absolute, 97 – relative, 97, 194 Feuchtigkeitsmessung, 494 Fließprozesse – station¨ are, 169 Fl¨ uchtigkeit – relative, 70, 120, 124, 204, 456 Fluid, 60 Fl¨ ussigkeit – ideale, 84, 178, 299 – siedende, 59 – unterk¨ uhlte, 84 Frischdampf, 356 Fundamentalfunktion, 294, 446 Fundamentalgleichung, 294, 441 – Gibbssche, 442 Gas – ideales, 85, 176, 298 Gas/Dampf-Gemisch, 93, 190, 304 – ges¨ attigtes, 93 Gas/Dampf-Kraftwerk, 371 Gasgemisch – ideales, 90, 189, 301 Gasgesetz – ideales, 86 Gask¨ altemaschine, 398 Gaskonstante – allgemeine, 46, 287 Gasl¨ oslichkeit, 462, 499 Gasstr¨ omung – adiabate, 341 Gasthermometer – ideales, 44, 295 Gasturbine, 52, 366, 372 – geschlossene, 367 – offene, 366 Gegenstrom, 475 Gegenstromapparat, 502 Gemische, 65 – chemische Eigenschaften, 80 – Schmelzen und Erstarren, 78 – Stoffmodelle, 88 – thermische Eigenschaften, 66 – Verdampfung und Kondensation, 66 – Verdunstung und Absorption, 74 Gesamtwirkungsgrad, 401 Gewicht, 34 Gibbs-Potenzial, 448 Gibbssche Fundamentalgleichung, 442 Gichtgas, 140, 534 Gleichgewicht

624

Sachverzeichnis

– chemisches, 82, 317, 435, 445, 451, 469 – mechanisches, 38, 432 – stoffliches, 317, 433, 451 – thermisches, 42, 432, 476 – thermodynamisches, 431, 439 Gleichgewichtsdiagramm, 454 Gleichgewichtskonstante, 470, 527, 532 Gleichgewichtsprozess, 290, 452, 475 Gleichgewichtsstufe, 496, 501, 513 Gleichgewichtszustand, 25 Gleichstrom, 475 Gramm, 34 Hauptsatz – dritter, 309 – erster, 147 – nullter, 43 – zweiter, 290, 440, 444, 449, 478, 489 Hebelgesetz, 65, 70, 77, 197 Heizkessel, 309 Heizkraftwerk, 22, 242 Heiz¨ ol, 130, 572 Heizwert, 230, 234, 238, 572, 573 Helmholtz-Potenzial, 448 Henry-Koeffizient, 464, 501 Henrysche Gesetz, 465, 501 Hochdruckturbine, 184, 358, 412 Hochofenprozess, 12, 140, 235, 534 Holz, 572

Kolben-Nutzarbeit, 156 Kolbenarbeit, 153, 262 Kolbenmotor, 51, 388 Kolbenpumpe, 153 Kolbenverdichtungsanlage, 15 Kombi-Kraftwerk, 371 Kondensation, 53 Kondensator, 17 Kontinuit¨ atsgleichung, 116, 336 Kontrollmasse, 14 Kontrollvolumen, 17 Konventionstrockung, 491 Kraft, 39 Kraft-W¨ arme-Kopplung, 400 – Brennstoffeinsparung, 402 Kraftfeld – konservatives, 151 Kraftwerk, 9 Kreisprozess, 173 Kristall – perfekter, 308 K¨ uhlgrenze, 493 K¨ uhlschrank, 58 K¨ uhlturm, 497

Joule, 148 Joule-Prozess, 367, 373, 413 – thermischer Wirkungsgrad, 370

Legendre-Transformation, 447 Leistung, 157 Leistungszahl, 175, 392 Liquidus-Linie, 78 L¨ osung – ideal verd¨ unnte, 102, 213, 306 – ideale, 99, 201, 306 L¨ osungsenthalpie, 217 L¨ osungsmittel, 499 Luft – feuchte, 94, 191, 305 Luftpumpe, 14 Luftverh¨ altnis, 128 Luftzerlegung, 119

K¨ alteleistung, 392 K¨ altemaschine, 58, 394, 396, 417 K¨ altemittel, 58 K¨ uhlgrenze, 494 Kanalstr¨ omungen – isentrope, 341 Kelvin, 46, 297 Kessel, 325 Kesseldruck, 357 Kesselwirkungsgrad, 240, 351 Kilogramm, 34 Kilomol, 35 Kilopascal, 39

Manometer, 39 Masse, 34 Massenanteil, 36 Massenbilanz, 115, 131 Massenerhaltung, 115 Massenflussbild, 118 Massenwirkungsgesetz, 470 Materiemenge, 34 McCabe-Thiele-Diagramm, 519 Megapascal, 39 Mindestluftbedarf, 128 Mindestsauerstoffbedarf, 128 Mischkristalle, 80

Impuls, 40, 150 Impulsstrom, 382 Intensit¨ atsgr¨ oße, 441 Ionen, 35, 37, 212, 306, 474 Isentropenexponenten, 340

Sachverzeichnis Mischungsenthalpie, 209 Mischungsentropie, 302 Mischungsl¨ ucke, 76 Mischungsvolumen, 100 Mischungszustand, 197 Mitteltemperatur – thermodynamische, 317, 354, 394 Modellvorstellungen, 14 Mol, 35 Molalit¨ at, 214, 466, 474 Molek¨ ulmodell, 33, 158 Molmasse, 35 Molzahl, 35 Motor, 5, 25, 52 Nassdampfgebiet, 59, 179, 300, 343 Nebel, 195 Nebelisotherme, 195, 199 Newton, 39 Niederdruckturbine, 184, 358 Normierung – unsymmetrisch, 104, 504 Normkubikmeter, 86 Nullpunkt – der Energie, 148, 158, 223 – der Entropie, 308 – der Temperatur, 308 Nutzarbeit, 156 Nutzenergie, 2 Ordnung, 286 Otto-Motor, 51, 388 Otto-Prozess, 52, 388 – thermischer Wirkungsgrad, 390 Partialdruck, 90, 93, 189, 301 Pascal, 39 Phase, 14, 33, 208, 263 Phasendruck, 27 Phasengeschwindigkeit, 164 Phasentemperatur, 27, 163 Phasenwerte, 27, 169 ,,Pinch”, 479 Polytropenexponent, 420 Polytropenverh¨ altnis, 419 Potenzial – chemisches, 435, 440 – mechanisches, 314, 437 – thermisches, 314, 437 – thermodynamisches, 294, 448 Prim¨ arenergie, 2 Prozess, 29 – isentroper, 339 – polytroper, 420

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– reversibler, 263, 272, 276, 291, 335 Prozessgr¨ oße, 149 Prozessk¨ alte, 392 Prozessw¨ arme, 2, 392 Punkt – kritischer, 60, 343 Quenche, 200, 493 Rankine, 47, 297 Raoultsches Gesetz, 453, 467 Raumw¨ arme, 2, 392 Rayleigh-Gleichung, 124 Reaktion – unvollst¨ andige, 133 – vollst¨ andige, 127 Reaktionsenthalpie, 470 – freie, 470 Reaktionsgleichgewicht, 82, 446, 469 – Druckeinfluss, 471 – Einfluss inerter Stoffe, 526 – Temperatureinfluss, 470 Reaktionslaufzahl, 133, 445 Reibung, 152, 154, 278, 285 Reinstoffe, 50 – Stoffmodelle, 84 Rektifikation, 510 Rektifizierkolonne, 19, 512 Richtungssinn – spontaner, 8 R¨ ucklaufverh¨ altnis, 517, 519 S¨ attigung, 74, 93, 489 Sankey-Diagramm, 242 Saunabad, 495 Schmelzdiagramm, 78 Schmelzdruckkurve, 62 Schmelzenthalpie, 192 Schmelzgebiet, 63 Schubkraft, 382 Sekunde, 38 Siedediagramm, 67 Siedelinie, 68 Soliduslinie, 78 Speisewasservorw¨ armung – regenerative, 361, 362 Standardbildungsenthalpie, 223, 229 – freie, 465 Standardbildungsreaktion, 223 Standardzustand, 223 Steinkohle, 131, 572 St¨ ochiometrie, 81 St¨ ochiometrie, 7 Stoffmenge, 34

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Sachverzeichnis

Stoffmengenanteil, 36 Stoffumwandlungen, 1, 6, 431 – chemische, 7, 126, 526 – thermische, 7, 118, 475 Strahltriebwerk, 53, 381 Stromausbeute, 401 Stromeinbuße, 401 Stromkennzahl, 401 Str¨ omungsarbeit, 419 Str¨ omungsprozess, 336 – adiabater, 341 Stufenmodell, 502 Stufenzahl, 506, 519, 530 Sublimation, 61 Sublimationsdruckkurve, 61 Sublimationsgebiet, 61, 71 Sublimationslinie, 64 System – einfaches, 294 – ideales, 452 – thermodynamisches, 14 Systemgrenzen, 14, 282 Taulinie, 68 Taupunkt, 94 Teilverdampfung, 120, 510 Temperatur, 42 – absolute, 295 – atomistische Interpretation, 50 – empirische, 44, 295 – thermodynamische, 47, 295 – und Entropie, 295 Temperaturmessung, 42 Temperaturskala – absolute, 45 – empirische, 44 – internationale, 49 Thermometer, 42 Trennkaskade, 510 Tripellinie, 64 Tripelpunkt, 46, 60 Trocknung, 74, 125, 193, 491 Turbinenwirkungsgrad – isentroper, 412 – polytroper, 419 Umgebung, 14, 312 Umgebungsmodell, 317 Umsatz, 82, 127, 135, 529 Umsatzwirkungsgrad, 540 Unsymmetrie, 6, 259 – atomistische Interpretation, 287 – von Energieumwandlungen, 278

– von Stoffumwandlungen, 259 Verbrennung, 127, 229, 233, 309 – kalte, 311 – unvollst¨ andige, 133 – vollst¨ andige, 127 Verbrennungsmotor, 388 Verbrennungstemperatur – adiabate, 233 Verdampfung, 53, 66 – atomistische Interpretation, 76 Verdampfungsenthalpie, 179 Verdampfungsgleichgewicht, 56, 66, 452 Verdichter, 15 Verdichteranlage, 15 Verdichterwirkungsgrad – isentroper, 412 – polytroper, 419 Verdunstungsk¨ uhlung, 493, 496 Verdunstungsprozess, 489 Vermischung, 162, 196, 202 Verschiebearbeit, 161 Verwirbelung, 30, 277, 285 Volumen, 38 – einer ideal verd¨ unnten L¨ osung, 103 – einer idealen Fl¨ ussigkeit, 87 – eines idealen Gas/Dampfgemisches, 97 – eines idealen Gasgemisches, 90 – molares, 38 – partielles molares, 88, 91, 103 – partielles spezifisches, 88 – spezifisches, 38 Volumen¨ anderungsarbeit, 157, 268 Vortrieb, 382 Vorw¨ armer, 364 W¨ arme, 2, 162, 278 W¨ armeausbeute, 402 W¨ armedurchgang, 164 W¨ armedurchgangskoeffizient, 164, 166 W¨ armekapazit¨ at, isobare, 177 – idealer Fl¨ ussigkeiten, 178 – im idealen Gaszustand, 177 – mittlere, 179, 191 W¨ armekapazit¨ at, isochore, 176 – idealer Fl¨ ussigkeiten, 178 – mittlere, 179 W¨ armekraftmaschine, 347 W¨ armeleitf¨ ahigkeit, 163 W¨ armeleitung, 163 W¨ armepumpe, 59, 392, 417 W¨ armespeicher, 166

Sachverzeichnis W¨ armetransfer, 280, 283 W¨ arme¨ ubergangskoeffizient, 164 W¨ arme¨ ubertrager, 17, 475 W¨ arme¨ ubertragung, 475 – konvektive, 163 Waschmittel, 499 Wasserbeladung, 96 Wasserkraftwerk, 171 Wechselwirkungskr¨ afte, 160, 201 Wellenarbeit, 156, 270 Wirkungsgrad, 174, 401 – elektrischer, 401 – exergetischer, 323 – isentroper, 412 – polytroper, 418 – thermischer, 174 Zeit, 150 Zusammensetzung, 36

Zustand – atomistischer, 286 – makroskopischer, 286 – thermodynamischer, 286 Zustands¨ anderung, 29 – isentrope, 339 – nicht-statische, 30 – polytrope, 272 – quasistatische, 29, 263 Zustandsfl¨ ache – thermische, 50 Zustandsgleichung, 84 – thermische, 50, 84, 179 Zustandsgr¨ oße, 25 – extensive, 38 – partielle molare, 90 – thermische, 34 Zwischen¨ uberhitzung, 357

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