Steuerreformen und Übergangsprobleme bei Beteiligungsinvestitionen
 3835002686, 9783835002685 [PDF]

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Zitiervorschau

Caren Sureth Steuerreformen und Ubergangsprobleme bei Beteiligungsinvestitionen

GABLER EDITION WISSENSCHAFT Schriften zum Steuer-, Rechnungsund Prufungswesen Herausgeber: Professor Dr. Lutz Haegert, Humboldt-Universitatzu Berlin, Professor Dr. Theodor Siegel, Humboldt-Universitatzu Berlin, Professor Dr. Ulrich Schreiber, Universitat Mannheim, Professor Dr. Dr. h.c. Franz W. Wagner, Universitat Tubingen, Professor Dr. Dietmar Wellisch, Universitat Hamburg

SRP

Die Schriftenreihe mochte ein Forum fur wissenschaftliche Beitrage aus den Bereichen betriebswirtschaftliche Steuerlehre, Rechnungswesen und Wirtschaftsprufung schaffen. Ihr Ziel ist es, methodisch fundierte wissenschaftliche Arbeiten, Dissertationen und Habilitationsschriften der betriebswirtschaftlichen Forschung aus diesen Gebieten zu veroffentlichen. Die Reihe wendet sich an Studenten und Wissenschaftler einschlagiger Fachrichtungen sowie an Steuerberater, Wirtschaftsprufer und alle anderen an dieser Thematik interessierten Personen.

Caren Sureth

Steuerreformen und Ubergangsprobleme bei Beteiligungsinvestitionen

Deutscher Universitats-Verlag

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet iiber abrufbar.

Habilitationsschrift Universitat Bielefeld, 2003

I.Auflage April 2006 Alle Rechte vorbehalten ® Deutscher UniversitSts-Verlag I GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006 Lektorat Brigitte Siegel / Nicole Schweitzer Der Deutsche UniversitSts-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de Das Werk einschiieBlich aller seiner Telle ist urheberrechtlich geschutzt. Jede Verwertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzuiassig und strafbar. Das gilt insbesondere fur Vervielfaltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden durften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipi.-Designerin, Frankfurt/Main Druck und Buchbinder: Rosch-Buch, ScheGlitz Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN-10 3-8350-0268-6 ISBN-13 978-3-8350-0268-5

Fiir meine Eltern

Vorwort

Die vorliegende Arbeit ist eine iiberarbeitete Fassung meiner von der Fakultat fiir Wirtschaftswissenschaften der Universitat Bielefeld angenommenen Habilitationsschrift. Allen voran mochte ich meinem akademischen Lehrer, Herrn Prof. Dr. Rolf Konig, danken fiir seine Unterstiitzung, sein Interesse, seine Anregungen und Hinweise bei der Erstellung der Arbeit, aber auch dariiber hinausgehend fiir die umfassende Bereitschaft zur Diskussion und die damit einhergehende Vermittlung von Wissen und Erfahrung wahrend meiner gesamten Promotions- und Habilitationszeit. Dies alles und manches mehr haben die Bielefelder Zeit fiir mich unvergesslich gemacht und mir nicht nur den Abschluss dieser Arbeit, sondern zugleich den Einstieg in meine neue Position an der Universitat Paderborn ganz wesentlich erleichtert. Danken mochte ich auch Herrn Prof. Dr. Thomas Braun (Universitat Bielefeld) sowie Herrn Prof. Dr. Michael Wosnitza (Universitat Osnabriick) fiir die Ubernahme der weiteren Gutachten im Habilitationsverfahren sowie fiir hilfreiche konstruktive Pragen und Anmerkungen wahrend der Erstellung der Arbeit. Auf diesem Weg begleitet und auf die eine oder andere Weise ma£geblich zum Gelingen der Arbeit beigetragen haben viele Menschen, von denen ich einige besonders erwahnen mochte. Meiner Freundin und langjahrigen Kollegin Dr. Elke Ohrem gebiihrt hier mein besonderer Dank. Ihre Ratschlage, ihre Freundschaft und die vielen Stunden, die wir in und auierhalb der Universitat gemeinsam verbracht haben, waren mir Halt, Orientierung und willkommene Ablenkung zugleich. Besonderer Dank gilt Frau Susanne Westerholz, Frau StB Dipl.-Kffr. Elena Goke, Herrn Dr. Stefan Kardekewitz, Herrn Dipl.-Kfm. Sven Meier und Frau Dipl.-Kffr. Susanne Sigge fiir eine gute Arbeitsumgebung, die ganz besonders wichtig war. Die letzte Phase der Erstellung der Habilitationsschrift fiel zusammen mit der Ubernahme einer Lehrstuhlvertretung an der Universitat Paderborn. In diesen

VIII

Vorwort

Monaten habe ich in ihrer Art unerwartete und geradezu gro£artige Unterstiitzung gefunden bei Prau Inge Marks, Herrn Dipl.-Kfm. Jens Miiller und Frau Dipl.-KfFr. Sabine Hollmann. Ganz au£ergew6hnliche Hilfe erfuhr ich gleich von Anfang an von Herrn Prof. Dr. Horst Grafer, der mir den Einstieg in die "unbekannte Fakultat" durch sein besonderes personliches Engagement, zahlreiche Ratschlage und Informationen sehr erleichtert hat. Mein herzlicher Dank dafiir! Ein Extra-Dank gilt FYau Prof. Dr. Bettina Schiller und Herrn Prof. Dr. Thomas Werner, die mir immer gesprachs- und hilfsbereit so manche Stunde gewidmet haben. Bei der Erstellung des Manuskriptes fiir die Drucklegung haben sich Prau Inge Marks, Prau Dipl.-Kffr. Alexandra Ma£baum, Herr Dipl.-Kfm. Jens Miiller und Herr Dipl.-Hdl. Daniel Nordhoff nicht nur durch zahlreiche fachliche Hinweise verdient gemacht haben, sondern auch durch eine Arbeitsatmosphare, die es immer wieder erlaubte zu lachen. Mein Dank gilt auch meinen studentischen Hilfskraften Elke Boer, Julius Liitkemeyer und Stefanie Marquardt fiir die Ubernahme weiterer Korrekturarbeiten. Besonderen Dank schulde ich meiner Familie: Allen voran danke ich meinem Mann Stefan, der mich mit Geduld unterstiitzt hat und der trotz eigener beruflicher Belastung immer wieder eingesprungen ist, um der Familie und mir den notigen Riickhalt zu geben. Ich danke meinen Kindern Antonia, Leona und Laura fiir ihre Nachsicht sowie die Preude und Abwechslung, die ihr Temperament wahrend der gesamten Zeit der Erstellung der Arbeit fiir mich bedeutet haben. Ihnen alien ist es gelungen, mich zwischendurch immer wieder vollstandig der Uni-Welt zu entrei£en. Herzlichen Dank! Meinen Eltern und Schwiegereltern, ohne deren moralische und organisatorische Unterstiitzung ich manche Hiirde nur schwerlich hatte nehmen konnen, bin ich in tiefer Dankbarkeit verbunden. Dies gilt auch fiir Prau Evelyn Miiller, die sich seit Jahren so liebevoll um unsere Kinder und letztlich um unsere ganze Pamilie kiimmert. Durch ihre Zuverlassigkeit, ihr Einfiihlungsvermogen, ihre Belastbarkeit und Piirsorge hat sie meiner Pamilie und damit mir den personlichen und organisatorischen Rahmen gegeben, ohne den vieles gar nicht moglich gewesen ware.

Caren Sureth

Inhaltsverzeichnis

Vorwort Abbildungsverzeichnis Tabellenverzeichnis Abkiirzungsverzeichnis Symbolverzeichnis

1

2

3

VII XIII XIX XXIII XXVII

Einleitung

1

1.1 1.2

Problemstellung Gang der Arbeit

1 4

Theoretische Grundlagen

7

2.1 Thematische Einordnung 2.2 Kriterien 2.3 Ubergangsregelungen 2.3.1 Begriffsdefinition 2.3.2 Rechtsunsicherheit 2.3.3 Schutzvorschriften im deutschen Steuerrecht 2.3.4 Stichtagsregelungen 2.3.5 Theoretische Erklarungsansatze 2.4 Ausgangspunkt der Analysen

7 9 20 23 25 28 31 42 49

Besteuerung von Beteiligungsertragen und Ubergangsregelungen

53

3.1 Einfiihrung 3.2 Steuerfreier Fall 3.2.1 Annahmen 3.2.2 Unendlicher Zeithorizont 3.2.3 Endlicher Zeithorizont

53 54 54 57 60

Inhaltsverzeichnis 3.3 Modelltheoretische Besteuerung 62 3.3.1 Steuerliche Annahmen 62 3.3.2 Unendlicher Zeithorizont 64 3.3.2.1 Modelltheoretische Dividendenbesteuerung . . . 64 3.3.2.2 Modelltheoretische Dividenden- und Veraufierungsgewinnbesteuerung 65 3.3.3 Endlicher Zeithorizont 66 3.3.3.1 Modelltheoretische Dividendenbesteuerung . . . 66 3.3.3.2 Modelltheoretische Dividenden- und VerauEerungsgewinnbesteuerung 67 3.3.4 Ergebnisse 69 3.4 Anrechnungsverfahren 71 3.4.1 Steuerliche Annahmen 71 3.4.2 Unendlicher Zeithorizont 72 3.4.2.1 Realtypische Dividendenbesteuerung 72 3.4.2.2 Realtypische Dividenden- und Verau£erungsgewinnbesteuerung 78 3.4.3 Endlicher Zeithorizont 86 3.4.3.1 Realtypische Dividendenbesteuerung 86 3.4.3.2 Realtypische Dividenden- und Verau£erungsgewinnbesteuerung 88 3.4.4 Ergebnisse 92 3.5 Halbeinkiinfteverfahren 94 3.5.1 Steuerliche Annahmen 94 3.5.2 Unendlicher Zeithorizont 95 3.5.2.1 Realtypische Dividendenbesteuerung 95 3.5.2.2 Realtypische Dividenden- und Verau£erungsgewinnbesteuerung 104 3.5.3 Endlicher Zeithorizont Ill 3.5.3.1 Realtypische Dividendenbesteuerung Ill 3.5.3.2 Realtypische Dividenden- und Verau£erungsgewinnbesteuerung 113 3.5.4 Ergebnisse 115 3.6 Ubergangsregelungen 120 3.6.1 Gesetzliche Ubergangsregelungen 120

Inhaltsverzeichnis 3.6.2

Integration der gesetzlichen Regelungen 3.6.2.1 Annahmen 3.6.2.2 Verau£erung nach dem Ende der Ubergangsfrist ohne zwischenzeitliche Ausschiittungen aus den Altbestanden 3.6.2.3 Verau&erung nach dem Ende der Ubergangsfrist mit zwischenzeitlichen Ausschiittungen aus den Altbestanden 3.6.2.4 Verau£erung vor dem Ende der Ubergangsfrist ohne zwischenzeitliche Ausschiittungen aus den Altbestanden 3.6.2.5 Verau£erung vor dem Ende der Ubergangsfrist mit zwischenzeitlichen Ausschiittungen aus den Altbestanden 3.6.2.6 Moratorium durch das StVergAbG 3.6.3 Integration theoretisch fundierter Ubergangsregelungen . 3.6.3.1 Sofortige Einfiihrung 3.6.3.2 Verzogerte Einfuhrung 3.6.3.3 Riickwirkende Einfiihrung 3.6.3.4 Schrittweise Einfiihrung 3.6.3.5 Grandfathered Einfiihrung 3.6.3.6 Holder-only grandfathered Einfiihrung 3.7 Wurdigung 4

XI 129 129

131

140

150

151 158 160 161 163 164 164 165 168 169

Besteuerung von Beteiligungsertragen und Rechtsformneutralitatl75

4.1 Einfiihrung 4.2 Steuerreform und Rechtsformneutralitat 4.3 Steuerrechtliche Grundlagen 4.3.1 Beteiligung an einer Personengesellschaft 4.3.2 Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft 4.4 Steuerrecht mit Halbeinkiinfteverfahren 4.4.1 Analyse ohne intertemporale Effekte 4.4.1.1 Exogen gegebener Veraufierungsgewinn 4.4.1.2 Exogen gegebenes wirtschaftliches Ergebnis und Verau£erungsgewinn

175 177 180 181 182 184 184 184 186

XII

Inhaltsverzeichnis 4.4.2

Analyse mit intertemporalen EfFekten 4.4.2.1 Steuerbelastungsquote ohne Einbeziehung der Liquiditat aus der Geschaftsfiihrungsvergiitung . 4.4.2.2 Steuerbelastungsquote mit Einbeziehung der Liquiditatswirkung aus der Geschaftsfiihrungsvergiitung 4.5 Steuerrecht mit Anrechnungsverfahren 4.5.1 Analyse ohne intertemporale Effekte 4.5.1.1 Exogen gegebener Verau£erungsgewinn 4.5.1.2 Exogen gegebenes wirtschaftliches Ergebnis und Verau£erungsgewinn 4.5.2 Analyse mit intertemporalen Effekten 4.5.2.1 Steuerbelastungsquote ohne Einbeziehung der Liquiditat aus der Geschaftsfiihrungsvergiitung . 4.5.2.2 Steuerbelastungsquote mit Einbeziehung der Liquiditat aus der Geschaftsfiihrungsvergiitung . 4.6 Steuerreform und Zielerreichung 4.7 Wurdigung

226 233 241

Schlussbemerkung

245

Literaturverzeichnis Rechtsquellenverzeichnis

249 275

5

197 202

208 216 216 216 218 223 225

Abbildungsverzeichnis

2.1 Steuerreform und Abschnittsbesteuerung 2.2 Ubergangsprobleme 1. und 2. Ordnung 3.1

3.2

3.3 3.4

3.5

3.6

3.7

3.8

^ bei Dividendenbesteuerung im Anrechnungsverfahren und unendlichem Zeithorizont in Abhangigkeit von Sk fiir verschiedene Steuersatze s ^ bei Dividendenbesteuerung im Anrechnungsverfahren und unendlichem Zeithorizont in Abhangigkeit von 7 fiir verschiedene Steuersatze s ^ bei real- bzw. modelltypischer Dividendenbesteuerung und unendlichem Zeithorizont in Abhangigkeit von 5 ^ bei real- bzw. modelltypischer Verau£erungsgewinn- und Dividendenbesteuerung und unendlichem Zeithorizont in Abhangigkeit von z fiir s = 0,485 ^ bei real- bzw. modelltypischer Verau&erungsgewinn- und Dividendenbesteuerung und unendlichem Zeithorizont in Abhangigkeit von 2; fur s = 0,42 ^ bei real- bzw. modelltypischer Verau£erungsgewinn- und Dividendenbesteuerung und unendlichem Zeithorizont in Abhangigkeit von 2; fiir 5 = 0,40 ^ bei real- bzw. modelltypischer Veraufierungsgewinn- und Dividendenbesteuerung und unendlichem Zeithorizont in Abhangigkeit von 2; fiir s = 0,30 ^ bei real- bzw. modelltypischer Veraufeerungsgewinn- und Dividendenbesteuerung und unendlichem Zeithorizont in Abhangigkeit von 5 fiir s = 0,485

7 24

76

77 78

82

83

83

84

85

XIV 3.9

3.10

3.11

3.12

3.13

3.14

3.15

3.16

3.17

Abbildungsverzeichnis ;^ bei Dividendenbesteuerung nach dem Halbeinkiinfteverfahren und unendlichem Zeithorizont fiir verschiedene Steuersatze 5, einheitlichem Sk = 0,25 und einer Alternativanlage in festverzinsliche Wertpapiere ^ bei Dividendenbesteuerung nach dem Halbeinkiinfteverfahren und unendlichem Zeithorizont fiir verschiedene Steuersatze 5, unterschiedliche Sk und einer Alternativanlage in festverzinsliche Wertpapiere Vergleich der Werte fiir v^*. y bei Dividendenbesteuerung im Halbeinkiinfteverfahren bei Alternativanlage in Aktien bzw. festverzinsliche Wertpapiere in Abhangigkeit von s Vergleich der Werte fiir ^ bei Dividendenbesteuerung im Halbeinkiinfteverfahren bei Alternativanlage in festverzinsliche Wertpapiere oder Aktien bzw. im Anrechnungsverfahren und unendlichem Zeithorizont fiir verschiedene s Vergleich der Werte fiir ^ bei Dividenden- und Verau£erungsgewinnbesteuerung im Halbeinkiinfteverfahren bzw. im Anrechnungsverfahren und unendlichem Zeithorizont fiir verschiedene s und einheitliches 5^ = 0,25 Vergleich der Werte fiir ^ bei Dividenden- und Verau£erungsgewinnbesteuerung im Halbeinkiinfteverfahren bzw. im Anrechnungsverfahren und unendlichem Zeithorizont fiir verschiedene s und Sk = 0,25 bzw. 5A; = 0,40 Vergleich der Werte fiir ^ bei Anwendung des Halbeinkiinfteverfahrens mit und ohne Verau£erungsgewinnbesteuerung bei unendlichem Zeithorizont fiir verschiedene s Vergleich der Werte fiir ^ bei Dividenden- und Verau£erungsgewinnbesteuerung im Halbeinkiinfteverfahren bei Alternativanlage in festverzinsliche Wertpapiere oder Aktien bzw. im Anrechnungsverfahren und unendlichem Zeithorizont fiir verschiedene s und einheitliches 5^ = 0,25 Vergleich der Werte fiir ^ bei Dividenden- und Verau£erungsgewinnbesteuerung im Halbeinkiinfteverfahren bei Alternativanlage in festverzinsliche Wertpapiere oder Aktien bzw. im Anrechnungsverfahren und unendlichem Zeithorizont fiir verschiedene s und Sk = 0,25 bzw. 5A: = 0,40

99

100

102

103

107

107

108

109

110

Abbildungsverzeichnis 3.18 Kritischer Einkommensteuersatz fiir die Ausschiittung von Altriicklagen in der Ubergangsphase

XV

126

3.19 Relative Barwerte der Nettodividende bezogen auf den zugrundeliegenden zu versteuernden Gewinn der Unternehmung fiir verschiedene Steuersatze und Ausschiittungszeitpunkte tA 3.20 Relative Barwerte der Nettodividende bezogen auf den zu versteuernden Gewinn der Unternehmung fiir s = 0,485 in 2001 und 2002 sowie 5 = 0,25 in den Folgejahren 3.21 ^ bei der Verau£erung nach dem Ende der Ubergangsfrist ohne zwischenzeitliche Ausschiittungen aus Altbestanden fiir verschiedene Einkommensteuersatze s und ^o = 1990 3.22 ^ bei der Veraufierung nach dem Ende der Ubergangsfrist ohne zwischenzeitliche Ausschiittungen aus Altbestanden fiir verschiedene Einkommensteuersatze s und ^o = 1999 3.23 ^ bei der Verau£erung nach dem Ende der Ubergangsfrist ohne zwischenzeitliche Ausschiittungen aus Altbestanden fiir verschiedene Thesaurierungsquoten 7, ^o = 1999 und s = 0,25 3.24 ^ bei der Verau£erung nach dem Ende der Ubergangsfrist ohne zwischenzeitliche Ausschiittungen aus Altbestanden fiir verschiedene Thesaurierungsquoten 7, to = 1999 und 5 = 0,42

138

3.25 ^ bei der Verau£erung nach dem Ende der Ubergangsfrist mit zwischenzeitlicher Ausschiittung der Altbestande fiir verschiedene s

145

127

128

136

137

138

3.26 ^ bei der Veraufierung nach dem Ende der Ubergangsfrist mit und ohne zwischenzeitliche Ausschiittung der Altbestande fiir verschiedene s 3.27 Gegeniiberstellung der ;^-Faktoren bei den verschiedenen Varianten mit Verau£erung nach dem Ende der Ubergangsfrist fiir unterschiedliche s 3.28 Gegeniiberstellung der ^-Faktoren bei den verschiedenen Varianten mit Verau£erung vor dem Ende der Ubergangsfrist fiir unterschiedliche 5

154

3.29 Gegeniiberstellung der ^-Faktoren bei den verschiedenen Varianten mit Veraufierung vor dem Ende der Ubergangsfrist fiir unterschiedliche i und 5 = 0,25

155

145

149

XVI

Abbildungsverzeichnis

3.30 Gegeniiberstellung der ^-Faktoren bei den verschiedenen Varianten mit Verau£erung vor dem Ende der Ubergangsfrist fiir unterschiedliche i und 5 = 0,42 155 3.31 Gegeniiberstellung der ^-Faktoren bei den verschiedenen Varianten bei Verau£erung vor dem Ende der Ubergangsfrist fiir unterschiedliche 7 und 5 = 0,25 156 3.32 Gegeniiberstellung der ^^-Faktoren bei den verschiedenen Varianten bei Verau£erung vor dem Ende der Ubergangsfrist fiir unterschiedliche 7 und 5 = 0,42 157 3.33 Vorteil der Reform der Ubergangsregelungen, dargestellt anhand der ^-Differenzen fiir unterschiedliche s 159 3.34 ^ bei sofortigem Inkrafttreten fiir verschiedene z 162 3.35 ^ bei verzogertem Inkrafttreten fiir verschiedene t^ und unterschiedliche 7 163 4.1 Steuerliche Belastung in % des Verau£erungsgewinns bei isolierter Betrachtung im VZ 2002 4.2 Steuerliche Belastung bei Variation der Zusammensetzung des wirtschaftlichen Ergebnisses im VZ 2002, anteiliges wirtschaftliches Ergebnis = 1 Mio. € 4.3 Steuerliche Belastung nach neuem Recht bei Variation der Hohe des wirtschaftlichen Ergebnisses im VZ 2002, Fall 2 4.4 Steuerliche Belastung S bei Variation der Zusammensetzung des wirtschaftlichen Ergebnisses im VZ 2002, z = 0,06, wirtschaftliches Ergebnis: 1 Mio. € , Zwei-Periodenfall 4.5 Steuerliche Belastung S bei Variation des Kalkulationszinsfu£es im VZ 2002, Fall 2, Zwei-Periodenfall 4.6 Steuerliche Belastung S im Vergleich zu S bei Variation der Zusammensetzung des wirtschaftlichen Ergebnisses im VZ 2002, i = 0,06, wirtschaftliches Ergebnis: 1 Mio. € , Zwei-Periodenfall 4.7 Nachsteuerliche Vermogensrentabilitat bei einer Vermogensrentabilitat vor Steuern von r = 0,06 im VZ 2002 4.8 Steuerliche Belastung S bei Variation der Hohe des wirtschaftlichen Ergebnisses im VZ 2002, i = 0,06, Fall 2, Zwei-Periodenfall 4.9 Steuerliche Belastung S bei Variation des Kalkulationszinsfu£es und der Hohe des wirtschaftlichen Ergebnisses im VZ 2002, Fall 2, Zwei-Periodenfall

185

192 195

203 207

209 211 212

214

Abbildungsverzeichnis

XVII

4.10 Steuerliche Belastung S bei Variation der Hohe des wirtschaftlichen Ergebnisses im VZ 2002, i = 0,06, GFV = 10%, oR = 10%, sR = 80% des wirtschaftlichen Ergebnisses, Zwei-Periodenfall . . 215 4.11 Steuerliche Belastung in % des Veraufierungsgewinns bei isolierter Betrachtung im VZ 2000 im Vergleich zu VZ 2002

217

4.12 Steuerliche Belastung bei Variation der Zusammensetzung des anteiligen wirtschaftlichen Ergebnisses in Hohe von 1,95583 Mio. DM 220 4.13 Steuerliche Belastung nach altem Recht bei Variation der Hohe des wirtschaftlichen Ergebnisses, Fall 2

222

4.14 Steuerliche Belastung S bei Variation der Zusammensetzung des wirtschaftlichen Ergebnisses, i = 0,06, wirtschaftliches Ergebnis: 1,95583 Mio. DM, Zwei-Periodenfall

226

4.15 Steuerliche Belastung S im Vergleich zu S bei Variation der Zusammensetzung des wirtschaftlichen Ergebnisses, i = 0,06, wirtschaftliches Ergebnis: 1,95583 Mio. DM, Zwei-Periodenfall . . . 227 4.16 Nachsteuerliche Vermogensrentabilitat bei einer Vermogensrentabilitat vor Steuern von r = 0,06 und Anwendung des alten Rechts

228

4.17 Steuerliche Belastung S bei Variation der Hohe des wirtschaftlichen Ergebnisses im VZ 2000, i = 0,06, Fall 2, Zwei-Periodenfall 229 4.18 Steuerliche Belastung S bei Variation des Kalkulationszinsfufies und der Hohe des wirtschaftlichen Ergebnisses im VZ 2000, Fall 2, Zwei-Periodenfall 231 4.19 Steuerliche Belastung S bei Variation der Hohe des wirtschaftlichen Ergebnisses im VZ 2000, i = 0,06, GFV = 10%, oR = 10%, sR = 80% des wirtschaftlichen Ergebnisses, Zwei-Periodenfall. . 232 4.20 Steuerliche Belastung ohne intertemporale Effekte bei Variation der Zusammensetzung des wirtschaftlichen Ergebnisses im VZ 2000 im Vergleich zu VZ 2002

233

4.21 Rechtsformneutralitat gemessen anhand der steuerlichen Belastung ohne intertemporale Effekte bei Variation der Zusammensetzung des wirtschaftlichen Ergebnisses im VZ 2000 im Vergleich zu VZ 2002 234

XVIII

Abbildungsverzeichnis

4.22 Steuerliche Belastung S bei Variation der Zusammensetzung des wirtschaftlichen Ergebnisses, z = 0,06, wirtschaftliches Ergebnis: 1 Mio. € im VZ 2000 im Vergleich zu VZ 2002 4.23 Rechtsformneutralitat gemessen anhand der steuerlichen Belastung S bei Variation der Zusammensetzung des wirtschaftlichen Ergebnisses, z = 0,06, wirtschaftliches Ergebnis: 1 Mio. € im VZ 2000 im Vergleich zu VZ 2002 4.24 Steuerliche Belastung S bei Variation der Zusammensetzung des wirtschaftlichen Ergebnisses, i = 0,06, wirtschaftliches Ergebnis: 1 Mio. € im VZ 2000 im Vergleich zu VZ 2002 4.25 Rechtsformneutralitat gemessen anhand der steuerlichen Belastung S bei Variation der Zusammensetzung des wirtschaftlichen Ergebnisses, z = 0,06, wirtschaftliches Ergebnis: 1 Mio. € im VZ 2000 im Vergleich zu VZ 2002 4.26 Nachsteuerliche Vermogensrentabilitat bei einer Vermogensrentabilitat vor Steuern von r = 0,06 im VZ 2000 im Vergleich zu VZ 2002 4.27 Rechtsformneutralitat gemessen anhand der nachsteuerlichen Vermogensrentabilitat bei einer Vermogensrentabilitat vor Steuern von r = 0,06 im VZ 2000 im Vergleich zu VZ 2002 4.28 Steuerliche Belastung S bei Variation der Hohe des wirtschaftlichen Ergebnisses im VZ 2000 im Vergleich zu VZ 2002, i = 0,06, Fall 2 4.29 Rechtsformneutralitat gemessen anhand der steuerlichen Belastung S bei Variation der Hohe des wirtschaftlichen Ergebnisses im VZ 2000 im Vergleich zu VZ 2002, z = 0,06, Fall 2 4.30 Steuerliche Belastung S bei Variation der Hohe des wirtschaftlichen Ergebnisses im VZ 2000 im Vergleich VZ 2002, z = 0,06, GFV = 10%, oR = 10%, sR = 80% des wirtschaftlichen Ergebnisses 4.31 Rechtsformneutralitat gemessen anhand der steuerlichen Belastung S bei Variation der Hohe des wirtschaftlichen Ergebnisses im VZ 2000 im Vergleich VZ 2002, z = 0,06, GFV = 10%, oR — 10%, sR = 80% des wirtschaftlichen Ergebnisses

235

236

237

237

238

238

239

240

240

241

Tabellenverzeichnis

2.1 Vorteilhaftigkeit der Kapitalanlagen vor AbschafFung der Steuerbefreiung im Vergleich 2.2 Vorteilhaftigkeit der Kapitalanlagen nach AbschafFung der Steuerbefreiung im Vergleich 3.1 Modelltheoretische Besteuerung und unendlicher Zeithorizont. . 3.2 Modelltheoretische Besteuerung und endlicher Zeithorizont . . . 3.3 Anrechnungsverfahren und unendlicher Zeithorizont 3.4 Anrechnungsverfahren und endlicher Zeithorizont 3.5 ^ im Halbeinkiinfteverfahren bei unendlichem Zeithorizont und Variation von z 3.6 ^ im Halbeinkiinfteverfahren bei unendlichem Zeithorizont und Variation von 7 3.7 Halbeinkiinfteverfahren bei festverzinslicher Alternativanlage und unendlichem Zeithorizont 3.8 Halbeinkiinfteverfahren bei alternativer Kapitalmarktanlage in Aktien und unendlichem Zeithorizont 3.9 Halbeinkiinfteverfahren bei festverzinslicher Alternativanlage und endlichem Zeithorizont 3.10 Halbeinkiinfteverfahren bei alternativer Kapitalmarktanlage in Aktien und endlichem Zeithorizont 3.11 Anrechnungs- und Halbeinkiinfteverfahren bei s = 5^ 3.12 Gegeniiberstellung von Anrechnungs- und Halbeinkiinfteverfahren bei s 7»^ Sjk 3.13 Komponenten von VQ 4.1 Steuerliche Belastung in % des Verau£erungsgewinns bei isolierter Betrachtung im VZ 2002

33 34 69 70 92 93 105 106 115 115 116 117 118 119 133 184

XX

Tabellenverzeichnis 4.2

Zusammensetzung des wirtschaftlichen Ergebnisses in Hohe von 1 Mio. €

190

4.3 Steuerliche Belastung nach neuem Recht bei Variation der Hohe des wirtschaftlichen Ergebnisses im VZ 2002, Fall 2

194

4.4 Wesentliche Ergebnisse ohne intertemporale EfFekte 4.5 Zusammensetzung des wirtschaftlichen Ergebnisses in € im ZweiPeriodenfall 4.6 Vollstandiger Finanzplan fiir Fall 2 im VZ 2002 4.7 Vollstandiger Finanzplan fiir Fall 5 im VZ 2002 4.8 Steuerliche Belastung S im Vergleich zu S im VZ 2002, Variation der Zusammensetzung des wirtschaftlichen Ergebnisses, i = 6%, wirtschaftliches Ergebnis: 1 Mio. € , Zwei-Periodenfall 4.9 Nachsteuerliche Vermogensrentabilitat bei einer Vermogensrentabilitat vor Steuern von r = 0,06 im VZ 2002 4.10 Steuerliche Belastung S bei Variation der Hohe des wirtschaftlichen Ergebnisses im VZ 2002, i = 0,06, Fall 2, Zwei-Periodenfall 4.11 Steuerliche Belastung S bei Variation des Kalkulationszinsfu£es und der Hohe des wirtschaftlichen Ergebnisses im VZ 2002, Fall 2, Zwei-Periodenfall 4.12 Steuerliche Belastung S bei Variation der Hohe des wirtschaftlichen Ergebnisses im VZ 2002, i = 0,06, GFV = 10%, oR = 10%, sR = 80% des wirtschaftlichen Ergebnisses, Zwei-Periodenfall. . 4.13 Wesentliche Ergebnisse mit intertemporalen Effekten 4.14 Steuerliche Belastung in % des Verau£erungsgewinns bei isolierter Betrachtung im VZ 2000 im Vergleich zu VZ 2002 4.15 Zusammensetzung des wirtschaftlichen Ergebnisses bei einem anteiligen wirtschaftlichen Ergebnis in Hohe von 1,95583 Mio. DM 4.16 Steuerliche Belastung nach altem Recht bei Variation der Hohe des wirtschaftlichen Ergebnisses, Fall 2 4.17 Faktoren der steuerlichen Belastungsunterschiede bei niedriger Bemessungsgrundlage, Fall 2 4.18 Zusammensetzung des wirtschaftlichen Ergebnisses in DM, ZweiPeriodenfall 4.19 Vollstandiger Finanzplan fiir Fall 2 fiir VZ 2000

196 198 199 206

209 211 212

213

214 216 217 219 221 222 223 224

Tabellenverzeichnis 4.20 Steuerliche Belastung S im Vergleich zu S bei Variation der Zusammensetzung des wirtschaftlichen Ergebnisses, z = 0,06, wirtschaftliches Ergebnis: 1,95583 Mio. DM, Zwei-Periodenfall . . . 4.21 Nachsteuerliche Vermogensrentabilitat bei einer Vermogensrentabilitat vor Steuern von r = 0,06 im VZ 2000 4.22 Steuerliche Belastung S bei Variation der Hohe des wirtschaftlichen Ergebnisses im VZ 2000, i = 0,06, Fall 2, Zwei-Periodenfall 4.23 Steuerliche Belastung S bei Variation des Kalkulationszinsfu£es und der Hohe des wirtschaftlichen Ergebnisses im VZ 2000, Fall 2, Zwei-Periodenfall 4.24 Steuerliche Belastung S bei Variation der Hohe des wirtschaftlichen Ergebnisses im VZ 2000, i = 0,06, GFV = 10%, oR = 10%, sR = 80% des wirtschaftlichen Ergebnisses, Zwei-Periodenfall. .

XXI

227 228 229

230

232

Abkiirzungsverzeichnis

Abb. Abs. Anm. anr. ant. AO Art. a.F. a.M. Bd. BFH BGBl. BMF BMG BStBl. BT bzw. ca. CES CRS DM DStR DStZ DSWR d.h. ed.

Abbildung Absatz Anmerkung anrechenbar(e,es) anteilige(s) Abgabenordnung Artikel alte Fassung am Main Band Bundesfinanzhof Bundesgesetzblatt Bundesministerium fiir Finanzen Bemessungsgrundlage Bundessteuerblatt Bundestag beziehungsweise circa Center for Economic Studies Congressional Research Service Deutsche Mark Deutsches Steuerrecht Deutsche Steuer-Zeitung Zeitschrift fiir Praxisorganisation, Betriebswirtschaft und elektronische Datenverarbeitung das heifit editor

XXIV eds. EG ESt EStG et al. etc. evtl. € Fn. f. ff. GE GG gem. GewSt GewStG GFV ggfGmbH HBeglG HEV Hrsg. Ifo IMF INF i.V.m. i.S.d. i.S.v. Jg. Kap. KapG KGaA KSt KStG Ifd. Mio.

Abkiirzungsverzeichnis editors Europaische Gemeinschaft Einkommensteuer Einkommensteuergesetz et alii, und andere et cetera eventuell Euro Fufinote folgende fortfolgende Geldeinheit(en) Grundgesetz gema£ Gewerbesteuer Gewerbesteuergesetz Geschaftsfiihrungsvergiitung gegebenenfalls Gesellschaft mit beschrankter Haftung Haushaltsbegleitgesetz Halbeinkiinfteverfahren Herausgeber Institut fiir Wirtschaftsforschung International Monetary Fund Die Information iiber Steuer und Wirtschaft in Verbindung mit im Sinne des im Sinne von Jahrgang Kapitel Kapitalgesellschaft Kommanditgesellschaft auf Aktien Korperschaftsteuer Korperschaftsteuergesetz laufend(e) Millionen

Abkiirzungsverzeichnis No. Nr. N.F. n.F. OHG oR o.Jg. PersG q.e.d. Rest-oR Rz. S. Sp. sR StBereinG StEntlG StSenkG StSenkG-E StSenkErgG StVergAbG Tab. UmwStG USA u.a. u.v.a.m. VG Vgl., vgl. Vol. VZ WHU wE zusatzl. z.B. z.T.

XXV

numero Nummer Neue Folge neue Fassung OfFene Handelsgesellschaft ofFene Reserven ohne Jahrgang Personengesellschaft quod erat demonstrandum Restbestand der ofFenen Reserven Randziffer Seite Spalte stille Reserven Steuerbereinigungsgesetz Steuerentlastungsgesetz Steuersenkungsgesetz Steuersenkungsgesetz-Entwurf Steuersenkungserganzungsgesetz Gesetz zum Abbau von Steuervergiinstigungen undAusnahmeregelungen Tabelle Umwandlungssteuergesetz United States of America unter anderem,n und viele andere mehr steuerpflichtiger Verau£erungsgewinn Vergleiche, vergleiche volume Veranlagungszeitraum Wissenschaftliche Hochschule fiir Unternehmensfiihrung wirtschaftliches Ergebnis zusatzlich zum Beispiel zum Teil

Symbolverzeichnis

BL

Bt

BWN

A Di

EK02 EK02Kst

—Erhohung

EKSO EKiO EK40KSt —Minderung EK40t^+i

Ausschiittung der Altbestande bezogen auf t = tu-\-l Nettozufluss aus der Ausschiittung der Altbestande nach Beriicksichtigung der Korperschaftsteuer und Einkommensteuer bezogen auf t = ty, Nettozufluss aus der Ausschiittung der Altbestande nach Beriicksichtigung der Korperschaftsteuer und Einkommensteuer int = z Barwert der Nettodividenden Dividende in der Periode t Dividende in der Periode t = 1 ausgeschiitteter Nettogewinn nach Abzug der Korperschaftsteuer im Zeitpunkt t ausgeschiitteter Nettogewinn nach Abzug der Korperschaftsteuer in Hohe von 25% im Zeitpunkt t verwendbares Eigenkapital gema£ § 30 Abs. 1 Nr. 3 KStG a.F. i.V.m. § 30 Abs. 2 Nr. 2 KStG a.F. Korperschaftsteuererhohung bei Ausschiittungen aus dem EK02 verwendbares Eigenkapital gema£ § 30 Abs. 1 Nr. 2 KStG a.F. verwendbares Eigenkapital gema£ § 30 Abs. 1 Nr. 1 KStG a.F. Korperschaftsteuerminderung bei Ausschiittungen aus dem EK40 Altbestand an verwendbarem Eigenkapital gema£ § 30 Abs. 1 Nr. 1 KStG a.F. im Zeitpunkt t = tu-\-l

Symbolverzeichnis

XXVIII EK45

—Minder ung

EWGFV EW^EmitGFV

EWrwEohneGFV Eo GFV Gt i

KSt — Anderung m oR prA

prH

Qs Q

Rs Rsi.

verwendbares Eigenkapital aus Einkommensteilen, die vor dem 31.12.1998 der Korperschaftsteuer von 45% unterlagen Korperschaftsteuerminderung bei Ausschiittungen aus dem EKAb Endwert der Geschaftsfuhrungsvergiitungen Endwert des wirtschaftlichen Ergebnisses mit Liquiditat aus Geschaftsfuhrungsvergiitungen Endwert des wirtschaftlichen Ergebnisses ohne Liquiditat aus Geschaftsfuhrungsvergiitungen Einlage im Zeitpunkt ^ = 0 Geschaftsfiihrungsvergiitung Gewinn in der Periode t interne und externe Verzinsung vor Steuern, Kalkulationszinsfu£ vor Steuern interne und externe Verzinsung nach Steuern, Kalkulationszinsfu£ nach Steuern interne und externe Verzinsung nach Korperschaftsteuer, Kalkulationszinsfu£ nach Korperschaftsteuer interne und externe Verzinsung nach 25% Korperschaftsteuer, KalkulationszinsfuS nach 25% Korperschaftsteuer interne und externe Verzinsung nach 40% Korperschaftsteuer, Kalkulationszinsfu£ nach 40% Korperschaftsteuer Korperschaftguthaben im Zeitpunkt t = t^ + 1 Saldo aus Korperschaftsteuerminderung und -erhohungen Zeitindex offene Reserven Wachstumsterm bei Anwendung des Anrechnungsverfahrens Wachstumsterm bei Anwendung des Halbeinkiinfteverfahrens Abzinsungfaktor mit Qj^ = (1 + is)~^^~^^ Aufzinsungsfaktor mit Qs = (1 + ^s)^~^ l+i Abdiskontierungsfaktor mit q — 1+7* Multiplikator mit R^ = ^ ^ Verzerrungsfaktor mit Rs^ = n_^_ (fj] (l-5)-7(l-Sfc)

Symbolverzeichnis

XXIX

Rl^

Verzerrungsfaktor im Anrechnungsverfahren wobei gilt

Rlj^

Verzerrungsfaktor im Halbeinkiinfteverfahren wobei gilt

^Sk prH _ ^Sk -

Rl^25

r Vs S 5 SA s 5^ SB Sk Sk25 Sjfc40 sR 5* T T/* t tA tu to Vz Vl^

(i-s)-7(l-sfc) (l-§^)(l-7)(l-^fc) (l-a)-7(l-3fc)

Verzerrungsfaktor

im Halbeinkiinfteverfahren

wobei

-Rsf^5 = ^ (ii7)-7(i-3fc^T ^^^ einem Korperschaftsteuersatz von 25% vorsteuerliche Vermogensrentabilitat nachsteuerliche Vermogensrentabilitat Steuerbelastungsquote ohne Beriicksichtigung der Liquiditat aus der Geschaftsfiihrungsvergiitung modifzierte Steuerbelastungsquote mit Beriicksichtigung der Liquiditat aus der Geschaftsfiihrungsvergiitung einkommensteuerliche Belastung der Altriicklagen Grenzeinkommensteuersatz Grenzeinkommensteuersatz fiir Investor A Grenzeinkommensteuersatz fiir Investor B Korperschaftsteuersatz Korperschaftsteuersatz von 25% Korperschaftsteuersatz von 40% stille Reserven Steuersatz, bei dem Indifferenz zwischen den alternativen Anlageformen vorliegt Totalperiode, Ende des Planungshorizonts Anteil des Gewinns, der fiir Thesaurierungszwecke in der Periode t verfiigbar ist Zeitindex Zeitpunkt der Ausschiittung Ubergangsperiode, Periode der letztmaligen Anwendung des Anrechnungsverfahrens Investitionszeitpunkt Beteiligungswert fiir den Investor B im Zeitpunkt t = z Beteiligungswert fiir den Investor B bei Dividendenbesteuerung nach dem Anrechnungsverfahren im Zeitpunkt

XXX Vy^

Vj^^ Vj^"^ VQ" Vy V^^

V^^=°° V^^^ KQ"*/^

Y^'^''

y^l^"'!^

Vo

wE z 7 b,EV A

Symbolverzeichnis Beteiligungswert fiir den Investor B bei Dividendenbesteuerung nach dem Halbeinkiinfteverfahren im Zeitpunkt t = z Beteiligungswert fiir den Investor B im Zeitpunkt t — z bei unendlichem Zeithorizont Beteiligungswert fiir den Investor B im Zeitpunkt t — z bei endlichem Zeithorizont Beteiligungswert fiir den Investor A bei modelltheoretischer Besteuerung im Zeitpunkt ^ = 0 Beteiligungswert fiir den Investor A bei realtypischer Besteuerung im Zeitpunkt ^ = 0 Beteiligungswert fiir den Investor A bei Dividendenbesteuerung nach dem Anrechnungsverfahren im Zeitpunkt Beteiligungswert fiir den Investor A im Zeitpunkt ^ = 0 bei unendlichem Zeithorizont Beteiligungswert fiir den Investor A im Zeitpunkt ^ = 0 bei endlichem Zeithorizont anteiliger Beteiligungswert fiir den Investor A aus den Einzahlungen von ^ = t^^ -f 1 bis i = z bezogen auf den Zeitpunkt iu anteiliger Beteiligungswert fiir den Investor A aus den Einzahlungen bis einschlie£lich t — tu bezogen auf den Zeitpunkt to anteiliger Beteiligungswert fiir den Investor A aus den Einzahlungen von t = ^i^ + 1 bis t = z bezogen auf den Zeitpunkt t^ Beteiligungswert fiir d e n Investor A im Z e i t p u n k t t = 0

wirtschaftliches Ergebnis Verau£erungszeitpunkt Thesaurierungsquote Zuwachs des Endvermogens gema£ vollstandigem Finanzplan Anteil des Einkommensteuersatzes fiir laufende Einkiinfte, der den erma£igten Steuersatz fiir Verau£erungsgewinne bildet

1 Einleitung 1.1 Problemstellung Steuerreformen gehoren zu den ordnungspolitischen Ma£nahmen, die von einer breiten OfFentlichkeit beobachtet und diskutiert werden. Dabei stellen viele der in den letzten Jahren in Deutschland voUzogenen Steuerreformen lediglich ein Konglomerat von Einzelma£nahmen dar. Genau genommen verdienen nur zwei Steuerreformen der letzten vier Jahrzehnte den Namen „Reform": 1977 wurde das korperschaftsteuerliche Anrechnungsverfahren mit der Begriindung eingefiihrt, dass dieses die Attraktivitat von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften erhohe, sich damit einhergehend die KapitalbeschaflPungsmoglichkeiten von Kapitalgesellschaften verbessern werden und schliefclich eine gleichmafeigere Besteuerung von Personen- und Kapitalgesellschaften erreichen liefie. Im Jahr 2000 wurde das Anrechnungsverfahren, im Wesentlichen mit den gleichen Argumenten, wieder abgeschafft und durch das sogenannte Halbeinkiinfteverfahren ersetzt. Gleichzeitig wurde eine ausnahmslose Besteuerung von Gewinnen aus Veraufeerungen von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften im Privatvermogen propagiert. Bereits dieser kurze Blick in die Vergangenheit verdeutlicht exemplarisch, dass Steuerreformen nahezu standig Gegenstand politischer wie auch wissenschaftlicher Auseinandersetzungen sind. Die hohe Anderungsrate von Steuergesetzen^ impliziert eine besonders gro£e Bedeutung der Beurteilung nicht nur der Wirkungen von Steuersystemen, sondern auch von Steuerreformen. Dies lasst es notwendig erscheinen, die okonomischen Wirkungen von Steuerrechtssetzungen einer wissenschaftlich fundierten Analyse zu unterziehen. Im Fokus dieser Arbeit stehen schwerpunktmafeig sowohl die Reformmafenah^ Einen Uberblick iiber die deutschen Steuerrechtsanderungen der letzten 40 Jahre bietet etwa Bundesfinanzministerium (2004). Vgl. auch Pranke (1983), S. 171-172; Folkers (1987b); PoUak (1987) und Timm (1987). Ahnliche Beobachtungen werden auch in anderen Staaten gemacht, vgl. z.B. Auerbach/Hines (1988); Kaplow (1986), S. 607; Hammond (1990), S. 26.

2

1 Einleitung

me des Ubergangs vom Anrechnungs- zum Halbeinkiinfteverfahren als auch eine (ausnahmslose) Besteuerung von Veraufierungsgewinnen bei Beteiligungen. Dabei wird in erster Linie der Frage nach den Wirkungen einer Steuerreform („tax reform") und erst in zweiter Linie der Frage nach den Wirkungen eines Steuersystems („tax design") nachgegangen.^ In diesem Kontext ist es nicht nur wichtig zu iiberpriifen, ob das durch die Steuerreform zu implementierende Steuersystem an sich okonomischen Optimalitatskriterien^ geniigt. Vielmehr gilt es dariiber hinausgehend herauszufinden, wie eine Steuerreform sinnvoll gestaltet werden sollte. Es ist somit zu klaren, 1. welche theoretischen Erkenntnisse zur Berurteilung einer realen Steuerreform herangezogen werden konnen; 2. welche Wirkungen durch den Ubergang von einem realen Steuersystem zu einem anderen hervorgerufen werden und damit, ob die mit der Reformmafenahme verfolgten Anforderungen an das neue Recht erreicht werden; 3. ob bzw. welche Ubergangsregelungen vor dem Hintergrund dieser Wirkungen eingesetzt werden sollen. Bei einer Steuerreform kann es sich grundsatzlich sowohl um einen umfassenden Systemwechsel, um eine eher kleine Reform als auch um die Anderung einer Einzelvorschrift handeln. Von einem Systemwechsel spricht man, wenn ein vollig neues Besteuerungssystem eingefiihrt wird, dass nicht auf bestehende Regelungen aufbaut, bei dem beispielsweise der steuerlichen Bemessungsgrundlage ein anderes Besteuerungsprinzip zugrunde liegt als bisher. Unter einer Reform soil hier eine Anderung des Steuerrechts verstanden werden, ohne dass von den geltenden Grundprinzipien der Besteuerung Abstand genommen wird. In den okonomischen Analysen in dieser Arbeit werden die Wirkungen einer Steuerreform auf das Investitionsverhalten von natiirlichen Personen als Steuerpflichtige fiir unterschiedliche Pragestellungen analysiert. Die Wirkungen einer Vgl. zur optimal tax theory beispielsweise Mirrlees (1976); Sandmo (1976); Atkinson/Stiglitz (1980), S. 405-456; Stern (1984); Mirrlees (1986); Stern (1987); Myles (1995), S. 131-166; Jha (1998), S. 315-340. Zu den BegrifFen „tax reform" und „tax design" vgl. Feldstein (1976b). Vgl. auch Konig (1997b), S. 4. Kritisch bezughch der begrifflichen Differenzierung von Feldstein aufiem sich Guesnerie (1977); Pazner/Sadka (1981); Rose, M./Wiegard (1983) sowie Genser (1984). Zu denken ist hier etwa an die Investitionsneutralitat der Besteuerung. Vgl. stellvertretend Elschen/Huchtebrock (1983) S. 253-280; Elschen (1991), S. 99-115; Schneider (1992), S. 193-251; Schwinger (1992), S. 12-52; Konig (1997a) S. 42-63.

1.1 Problemstellung Verau£erungsgewinnbesteuerung in Konzernstrukturen sind somit nicht Gegenstand der Untersuchung."^ Der Ubergang vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkunfteverfahren durch das Steuersenkungsgesetz^ stellt den eher seltenen Fall einer „gro£en" Unternehmenssteuerreform dar, da hier eine grundsatzliche Abkehr vom VoUanrechnungsverfahren vollzogen wurde. Es bietet sich daher besonders fiir eine umfassende Analyse an. Wahrend iiblicherweise Steuerreformen durch eine Fiille von Detailanderungen oder aber lediglich durch Steuersatzanderungen gekennzeichnet sind, kann hier eine „grofie" Steuerreform mit entsprechend komplexen Wirkungen analysiert werden. Die Relevanz dieses Themas wird durch eine Vielzahl von Arbeiten zu den Wirkungen von Steuerreformen gestiitzt. Dort zeigt sich, dass die Verzerrungen, die bei einem Systemwechsel auftreten, sehr gro£ sein konnen.^ Das Thema „Steuerreformen, Ubergangsprobleme und Investitionen" wird im Rahmen dieser Arbeit an einem konkreten Beispiel aus verschiedenen Blickwinkeln untersucht. Bei einer okonomischen Analyse der Besteuerung von Beteiligungsertragen konzentrieren wir uns auf die Untersuchung des steuerlichen Einflusses der genannten Steuerreform einschlie£lich einer Beriicksichtigung der Besteuerung von Verau£erungsgewinnen, deren Ausweitung nach wie vor diskutiert wird,^ auf das Investitionsverhalten natiirlicher Personen. Der exemplarisch herangezogene Steuersystemwechsel vom Anrechnungs- zum Halbeinkunfteverfahren wird vor dem Hintergrund dieses Untersuchungsgegenstandes einer Analyse in unterschiedlichen Modellrahmen und aus unterschiedlichen Perspektiven unterzogen.

Hierbei ware zu denken an die Folgen der Regelungen des § 8b KStG bzw. an die Vorschriften zur Besteuerung von Organschaften. Vgl. Steuersenkungsgesetz (StSenkG) vom 23.10.2000, BGBl. I 2000, 1433. So wird beispielsweise im Zusammenhang mit der Einfiihrung einer 20%igen flat rate tax mit einem Kursverfall an den Borsen von etwa 20% bis 30% gerechnet, der auf tJbergangsprobleme zuriickzufiihren ist. Vgl. hierzu Gravelle (1995). Vgl. mit ahnlichen Ergebnissen Bradford (1996a); Hall (1996). Vgl. auch Kitterer (1990), S. 303-304. Vgl. die Reformvorschlage im Kabinettsentwurf, Entwurf eines Gesetzes zum Abbau von Steuervergiinstigungen und Ausnahmeregelungen (StVergAbG) vom 20.11.2002 sowie das Steuervergunstigungsabbaugesetz (StVergAbG) vom 16.05.2003, BGBl. 12003, S. 660; Jacobs/Schreiber/Spengel/Gutekunst/Lammersen (2003), S. 519 und 523; Sureth (2003b), S. 742-746.

4

1 Einleitung

1.2 Gang der Arbeit Die folgende Untersuchung besteht aus drei Teilen. Nach einer theoretischen Fundierung in Kapitel 2 einschlieElich einer kurzen thematischen Einordnung und Darlegung der modelltheoretischen Grundlagen der folgenden Analysen mit Literaturiiberblick umfassen die Kapitel 3 und 4 jeweils eine in sich geschlossene okonomische Analyse des Steuerrechts. Der theoretische Ausgangspunkt der Untersuchung des 3. Kapitels ist ein einfaches Aktienbewertungsmodell, das zur Analyse der Entscheidung eines Investors iiber die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft heranzogen wird. Nach einer Einfiihrung in Abschnitt 3.1 wird dieses Modell im Abschnitt 3.2 in seiner Grundform, das heifct als Modell ohne Beriicksichtigung von Steuern, vorgestellt, um anschlie£end zunachst durch ein stark vereinfachtes modelltheoretisches Steuersystem in Kapitel 3.3, dann im nachsten Schritt um die steuerlichen Vorschriften des Anrechnungsverfahrens in Kapitel 3.4 und des Halbeinkiinfteverfahrens in Kapitel 3.5 erweitert zu werden. Wir konzentrieren uns hierbei stets auf die okonomische Untersuchung der Besteuerung der Ertrage aus der Investition in eine Kapitalgesellschaft. Die Modellierung erfolgt jeweils fiir verschiedene Szenarien, wobei zum einen zwischen einem unendlichen und einem endlichen Zeithorizont difFerenziert wird, zum anderen neben ausschlieElicher Besteuerung der laufenden Ertrage jeweils zusatzlich eine Besteuerung von Veraufierungsgewinnen beriicksichtigt wird. Darauf aufbauend werden im folgenden Kapitel 3.6 verschiedene Varianten von Ubergangsregelungen fiir diesen Systemwechsel untersucht. Hierzu werden sowohl die tatsachlichen im Steuergesetz verankerten Regelungen fiir den Ubergang vom Anrechnungs- zum Halbeinkiinfteverfahren als auch die aus der Literatur bekannten, aus theoretischen Uberlegungen hervorgegangenen Stichtagsbzw. Ubergangsregelungen, die zuvor im theoretischen Teil der Arbeit (Kapitel 2) vorgestellt werden, integriert und hinsichtlich ihrer Wirkungen untersucht. Diese Analyse schlie£t in Abschnitt 3.7 mit einer zusammenfassenden Wiirdigung. Die steuerlichen Wirkungen der beiden Besteuerungssysteme, Anrechnungsverfahren und Halbeinkiinfteverfahren, einschlie&lich der jeweiligen gesetzlichen Vorschriften fiir die VerauEerungsgewinnbesteuerung werden auf diese Weise auf Unternehmensebene und auf Ebene des individuellen Investors fiir verschiedene Szenarien analysiert. Des Weiteren kann gezeigt werden, welchen Einfluss die tatsachlichen und theoretischen Ubergangsregelungen auf die Entscheidung

1.2 Gang der Arbeit eines Investors bzw. auf die relative Vorteilhaftigkeit einer in der Vergangenheit getroffenen Investitionsentscheidung haben und worin etwaige Vorteile bestimmter Ubergangsregelungen liegen. Im 4. Kapitel wenden wir uns der Analyse der untersuchten Steuerreformen in Hinblick auf die Zielerreichung im Sinne der Gleichma£igkeit der Besteuerung zu. Wir betrachten dort die rechtsformabhangige Besteuerung von Beteiligungsveraufierungen. Hierzu wird die steuerliche Belastung der Veraufierung einer Beteiligung an einer Personengesellschaft mit der entsprechenden steuerlichen Belastung der Veraufierung einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft verglichen. Wahrend sich das Aktienbewertungsmodell im 3. Kapitel auf die Integration der steuerrechtlichen Grundelemente beschrankt und so von einer Vielzahl steuerlicher Einzelvorschriften abstrahiert, werden nun sehr viel detaillierter die zur Zeit der Anwendung des Anrechnungsverfahrens im Zusammenhang mit der Besteuerung von Beteiligungsertragen relevanten Steuerrechtssetzungen bzw. die des reformierten Steuerrechts abgebildet. Diese werden schlie£lich in einen Modellrahmen eingebettet und hinsichtlich ihrer Wirkungen analysiert. Nach dem einfiihrenden Abschnitt 4.1 erfolgt die Darstellung und teilweise kritische Erorterung des Ziels der Rechtsformneutralitat (Abschnitt 4.2) sowie der steuerrechtlichen Grundlagen (Abschnitt 4.3). Es folgt die Analyse der VerauEerungsgewinnbesteuerung im Halbeinkiinfteverfahren in Abschnitt 4.4 und im Anrechnungsverfahren in Abschnitt 4.5. Hier werden etwa ProgressionsefFekte und die unterschiedliche steuerliche Behandlung verschiedener Komponenten einer okonomischen Gewinngr6£e mit in den Kalkiil einbezogen. Da mit Zunahme der zu beriicksichtigenden steuerlichen Parameter die Handhabbarkeit von Modellen unter Umstanden stark abnimmt, werden in diesem Kapitel die Auswirkungen der Steuerreform nicht durch analytische Verfahren, sondern durch die Betrachtung konkreter Zahlenbeispiele untersucht. Die Vorgabe eines bestimmten Datensatzes mit anschlieEender Sensitivitatsanalyse ermoglicht es, trotz der Komplexitat des zugrunde liegenden Steuerrechts, Trendaussagen iiber die steuerlichen Einfiusse auf die Entscheidungen eines Investors zu machen. Diese Untersuchung erlaubt es schliefilich, Ruckschliisse iiber steuerliche Entscheidungswirkungen und iiber die tatsachliche Erreichung der angekiindigten Ziele der Reform, insbesondere des Ziels einer rechtsformneutralen Besteuerung, zu Ziehen (Abschnitt 4.6). Auch diese Analyse ist der okonomischen Analyse des Rechts im Sinne einer okonomischen Analyse einer Steuerreform zuzurechnen.

6

1 Einleitung

Das Kapitel endet mit einer Zusammenfassung und Beurteilung dieser Untersuchung in Abschnitt 4.7. In der Schlussbemerkung (Kapitel 5) werden die hergeleiteten Ergebnisse einer abschliefeenden Wiirdigung unterzogen.

2 Theoretische Grundlagen 2.1 Thematlsche Einordnung Von Steuerreformen konnen eine Vielzahl von Wirkungen auf das Entscheidungsverhalten der Betroffenen ausgehen. Diese Wirkungen sind haufig auf die Abschnittsbesteuerung zuriickzufiihren. Dadurch, dass Bemessungsgrundlagen in Zeitabschnitten (z.B. Veranlagungszeitraumen) vor und nach einer Steuerreform steuerlich unterschiedlich belastet werden, werden die Ergebnisse okonomischer Entscheidungen in einem Abschnitt ganz oder zum Teil - hervorgerufen durch steuerliche Vorschriften - in (zahlungswirksame) steuerliche Tatbestande in einem anderen Abschnitt transferiert. Wenn der betrofFene Entscheider solche steuerreformbedingten EfFekte nicht antizipiert, kann es zu (unerwiinschten) Verzerrungen kommen.® Abbildung 2.1 veranschaulicht diesen Zusammenhang.

okonomische Entscheidung

.

1

steuerliche Konsequenzen (zahlungswirksam) 1

*•

Steueirefbrm

Abbildung 2.1: Steuerreform und Abschnittsbesteuerung

® Untersuchungen der Wirkungen stochastischer steuerlicher Regelungen finden sich etwa bei Aim (1988); Bizer/Judd (1989); Watson (1992); Alvarez/Kanniainen/Sodersten (1998); Pointon (1998); Hassett/Metcalf (1999); Bohm/Funke (2000); Agliardi (2001); Altug/Demers, F.S./Demers, M. (2001); Niemann (2004).

2 Theoretische Grundlagen Ursachen fiir derartige Tat best ande konnen z.B. sein: • die Bildung stiller Reserven im Abschnitt [^05 ^i] und deren Aufdeckung in [^1,^2]; • die zeitliche Verteilung von AnschafFungs- und Herstellungskosten iiber langere Zeitraume durch Abschreibungen; • die zeitlich verzogerte Verrechnung von steuerlichen Verlusten aufgrund von einschrankenden Verlustverrechnungsvorschriften. Eine Steuerreform, insbesondere wenn sie ohne erganzende Ubergangsregelungen durchgefiihrt wird, hat somit immer auch Auswirkungen auf steuerliche Tatbestande, die in der Vergangenheit entstanden, aber steuerlich noch relevant sind und beeinflusst somit kiinftige steuerliche Bemessungsgrundlagen.^ So birgt bereits jede Form der Bildung stiller Reserven ein systemiibergreifendes Verzerrungspotenzial. Dieses Thema erlebte eine Renaissance im Zusammenhang mit dem Gesetzentwurf zur Reform der Veraufierungsgewinnbesteuerung.^^ Auch eine Abkehr von einer Orientierung an historischen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten bei der Abschreibungsbemessung kann die Entstehung stiller Reserven nicht verhindern, da es unter Unsicherheit stets nur ein zufalliges Ergebnis sein kann, dass der geschatzte und in Form von Abschreibungen steuerlich zu beriicksichtigende Werteverzehr genau dem tatsachlichen entspricht. Bereits an diesem einfachen Beispiel wird deutlich, dass die vollstandige Vermeidung von stillen Reserven quasi ausgeschlossen ist. Dies kann als einfaches Exempel fiir Sachverhalte, die in der Vergangenheit entstanden und aus steuerlicher Sicht noch nicht abgeschlossen sind und somit durch eine Steuerreform betroffen sind, verstanden werden. Mochte man Verzerrungen aufgrund von Steuerreformen genauer untersuchen, um beispielsweise herauszufinden, ob bzw. wie man unerwiinschte Wirkungen verhindern kann, so gilt es zu analysieren, auf welche Weise ein existierendes Steuersystem sinnvoll verandert werden kann. Vgl. Hobbet (1969), S. 827. Vgl. Kabinettsentwurf, Entwurf eines Gesetzes zum Abbau von Steuervergiinstigungen und Ausnahmeregelungen (StVergAbG) vom 20.11.2002. Vgl. hinsichtlich der Verfassungswidrigkeit einer ruckwirkenden Anderungen der Veraufierungsgewinnbesteuerung etwa o.V. (2002b), S. 19, Sp. 2-4. Jedoch ablehnend dazu BFH-Beschluss vom 27.08.2002, S. 1985 zur Ersetzung des halben durchschnitlichen Steuersatzes durch die Fiinftelungsregelung. Vgl. weiter im Zusammenhang mit dem Steuerentlasungsgesetz 1999/2000/2002 (StEntlG) vom 24.3.1999, BGBl. 11999, S. 402ff. und dessen ruckwirkenden Anderungen Wermeckes (1999), S. 479-486. Vgl. hierzu auch Kaligin (1997), S. 524-525.

2.2 Kriterien

2.2 Kriterien Als Kriterien zur Beurteilung von Steuersystemen bzw. von Steuerreformen werden iiblicherweise „Gerechtigkeit", „Effizienz" und „Einfachheit" angefiihrt.^^ Folgt man der Rangordnung, die Schneider im Zusammenhang mit der Reform der Untemehmensbesteuerung vorgeschlagen hat,^^ so gilt Effizienz vor Gerechtigkeit und diese beiden Kriterien vor Einfachheit. Wir konzentrieren uns nun auf die nach dieser Rangordnung wichtigsten Kriterien: Effizienz und Gerechtigkeit. Aus der Vielzahl der Ansatze unterschiedlicher theoretischer Fundierung, die sich mit der Beurteilung von Steuersystemen vor dem Hintergrund der Forderung nach Effizienz befassen,^^ ist es vor allem die Optimalsteuertheorie, der besondere Aufmerksamkeit zukommt. Des Weiteren kann die von Feldstein angeregte Theorie der Steuerreform hervorgehoben werden.^"* Der Eignung der genannten Kriterien und Theorien zur Herleitung bzw. Beurteilung der Steuerwirkungen einer realen Steuerreform wird im Folgenden nachgegangen. Eine effiziente Allokation von Ressourcen kann als Voraussetzung fiir Wachstum, Wohlfahrtsgewinne und damit Wohlstandsmehrungen angesehen werden.^^ Beriicksichtigt man, dass Steuern das Entscheidungsverhalten der Wirtschaftssubjekte und hierdurch die Allokation beeinflussen konnen, so ist eine okonomische Analyse der Entscheidungswirkungen der Besteuerung und weiter eine okonomische Analyse von Steuersystemen und Steuerreformen unerlasslich. Nur dann kann man gegebenenfalls steuerinduzierte Wohlfahrtseinbu£en verhindern bzw. gering halten. Akzeptiert man Effizienz als Kriterium,^^ so ist zu klaren, welches Effizienzkri^^ Vgl. hierzu Konig (1997b), S. 2; grundlegend etwa Atkinson/Stiglitz (1980), S. 350360; Musgrave/Musgrave/KuUmer (1988), S. 211-216; Schneider (1989), S. 329; Homburg (2005), S. 157-246; Reding/MuUer (1999), S. 352-376 mit weiteren Nennungen. Vgl. im Zusammenhang mit der grundlegenden Reform in den USA durch den Tax Reform Act 1986 etwa Graetz/Sunley (1988), S. 404-408. 12 Vgl. Schneider (1989), S. 329. 13 Vgl. hierzu Konig (1996), S. 149-150. 14 Vgl. Feldstein (1976b). 15 Vgl. Konig (1996), S. 150. 16 Vgl. Atkinson/Stiglitz (1980), S. 350-360; Musgrave/Musgrave/KuUmer (1988), S. 211216; Hammond (1990), S. 6-33; Konig (1996), S. 149-158; Konig (1997b); Reding/MuUer (1999), S. 352-376; Homburg (2005), S. 157-214, jeweils mit weiteren Nennutigen. Vgl. auch Schneider (1989), S. 329. Hinsichtlich der Unterschiede in der Vorgehensweise bei der Untersuchung der steuerlicher Effizienzwirkungen aus finanzwissenschaftlicher und

10

2 Theoretische Grundlagen

terium herangezogen werden soil. Pareto-Effizienz wird regelma£ig als zu restriktiv abgelehnt und stattdessen das Kaldor-Hicks-Kriterium befiirwortet.^^ Dieses fu£t auf einer utilitaristischen sozialen Wohlfahrtsfunktion. Das hei£t, die gesamtgesellschaftliche Wohlfahrt ergibt sich aus der Summe der Nutzen aller Mitglieder der Gesellschaft. Damit bewirkt eine Steueranderungen immer dann einen Effizienzgewinn, wenn die gesamtgesellschaftlichen Nutzengewinne grower sind als die diesen gegeniiberstehenden Nutzenverluste. Soweit die Nutzengewinne die Nutzenverluste iibersteigt, konnen sie zur Kompensation der Nutzenverlierer eingesetzt werden. Das Kaldor-Hicks-Kriterium verlangt allerdings nur die Moglichkeit einer Kompensation, nicht hingegen deren zwingende Durchfiihrung.^^ Die Optimalsteuertheorie (optimal tax theory) ^^ untersucht steuerbedingte Effizienzwirkungen in drei Bereichen:^^ • indirekte Verbrauchsbesteuerung, • Einkommensbesteuerung, • Unternehmensbesteuerung. Im Rahmen der Optimalsteuertheorie werden Steuersysteme gesucht, die unter bestimmten Bedingungen optimal sind, das hei£t, die moglichst geringe Abweichungen von einer effizienten Ressourcenallokation bewirken. Im Zusammenhang mit der indirekten Verbrauchsbesteuerung sind die Wirkungen divergierender Verbrauchsteuersatze fiir verschiedene Wirtschaftsgiiter

betriebswirtschaftlicher Sicht vgl. Wagner (1986), S. 41-45 und Elschen (1991), S. 99-115. Speziell den Effizienzeffekten von Steuerreformen widmen sich Pazner/Sadka (1981), S. 113-122 mit weiteren Nennungen. Vgl. hierzu auch Bird/Mintz (1992), S. 1-2 und hier auch Pn. 2; Konig (1996), S. 149-158; Konig (1997b); EidenmuUer (1998), insbesondere S. 79-168. ^^ Vgl. Little (1957). Vgl. hierzu auch die Argumentation bei Snelting (1997), S. 4-7, im Zusammenhang mit der Untersuchung von tJbergangsgerechtigkeit. Ob dieser EffizienzbegrifF wohlfahrtsokonomischen Anspriichen geniigen kann oder ob andere Mafistabe insbesondere distributive Kriterien hinzugezogen werden miissen, spricht ebenfalls Snelting an. Vgl. Snelting (1997), S. 13-41 und S. 34-41. ^® Hierbei ist darauf hinzuweisen, dass es erhebliche Probleme bei der Aggregation iiber indiviudelle Entscheidungen gibt. Vgl. Arrows Unmoglichkeitstheorem in Arrow (1963). ^^ Vgl. grundlegend Mirrlees (1976); Sandmo (1976); Atkinson/Stiglitz (1980), S. 405-456; Stern (1984); Mirrlees (1986); Stern (1987); Myles (1995), S. 131-166; Jha (1998), S. 315-340. 20 Vgl. Konig (1996), S. 151.

2.2 Kriterien

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analysiert worden.^^ Es lassen sich schlie£lich optimale Steuersatze fiir Wirtschaftsgiiter in Abhangigkeit von den Preiselastizitaten der Angebots- bzw. der Nachfragefunktionen herleiten.^^ Auf diese Weise kann unter Beriicksichtigung bestimmter Restriktionen die optimale Struktur der Verbrauchsteuersatze im Sinne einer second-best-Losung bestimmt werden.^^ Beziiglich einer optimalen Einkommensteuer gilt es, eine Tariffunktion zu ermitteln, die die soziale Wohlfahrtsfunktion maximiert. Befiirwortet man aus distributiven Erwagungen heraus einen progressiven Einkommensteuertarif, so konnen hierdurch gegenlaufige allokative und verteilungspolitische Wirkungen erreicht werden.^'^ Da hohe Grenzsteuersatze in der Regel als allokationsschadlich angesehen werden, ist die Herleitung einer optimalen progressiven Einkommensteuer im Rahmen der Optimalsteuertheorie (bisher) nicht gelungen. Neben tariflichen Aspekten befasst sich die wissenschaftliche Forschung des Weiteren mit der optimalen einkommensteuerlichen Bemessungsgrundlage. Hierbei geht es in erster Linie darum, ob die Einkommensteuer nach dem Leitbild einer umfassenden Einkommensteuer oder als personliche Konsumsteuer ausgestaltet werden sollte. Immer dann, wenn beispielsweise auch die Entscheidung zwischen Arbeit und Freizeit mit in die Untersuchung der steuerlichen Wirkungen der Einkommensteuer einbezogen werden, rufen bereits unter idealen modelltypischen Bedingungen beide Steuersysteme Verzerrungen auf.^^ Die Prage nach einem optimalen Steuersystem ist aus diesem und weiteren Griinden nach wie vor ungeklart. Die Bestimmung einer optimalen Bemessungsgrundlage steht jedoch nicht im Mittelpunkt dieser Arbeit. Daher wird an dieser Stelle auf vertiefende Ausfiihrungen verzichtet. Mochte man die Ergebnisse der Optimalsteuertheorie, wie etwa die Erkenntnisse im Zusammenhang mit entscheidungsneutralen Steuersystemen, bei der Beurteilung realer Steuerreformen einsetzen, so st6£t man an Grenzen. Exemplarisch sollen einige der kritischen Aspekte angesprochen werden:^^ Viele Daten, die zur Ermittlung eines Optimums benotigt werden, konnen nicht Vgl. grundlegend Diamond/Mirrlees (1971a); Diamond/Mirrlees (1971b). Vgl. Atkinson/Stiglitz (1980), S. 386-390 mit weiteren Nennungen. Vgl. Konig (1996), S. 151. Vgl. Konig (1996), S. 154. Vgl. zu den widerstreitenden Positionen stellvertretend Wenger (1983), S. 226-252; Wenger (1985), S. 324; Schneider (1992), S. 227-229 und S. 729-735; Wagner (1995); S. 742; Kiesewetter (1999), S. 10-24; Homburg (2005), S. 223-225. Vgl. hierzu etwa Konig (1996), S. 155-157; Konig (1997b), S. 195.

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2 Theoretische Grundlagen

erhoben bzw. beobachtet werden. So mussten etwa verschiedene Elastizitaten bekannt sein, um den Einfluss bestimmter Steuern auf das Angebots- und Nachfrageverhalten, auf das Sparverhalten etc. ermitteln zu konnen. Die Ermittlung der sozialen Wohlfahrtsfunktion wirft ebenfalls Probleme auf. Restriktive Annahmen in der Modellierung stehen einer Ubertragung der Ergebnisse in die Realitat entgegen. Dies sind im Wesentlichen Pramissen aus der neoklassischen Gleichgewichtstheorie iiber die Eigenschaften der betrachteten Markte. Haufig wird des Weiteren von internationalen und damit grenziiberschreitenden Aspekten abstrahiert. Au£erdem wird jeweils unterstellt, dass ein Steuersystem in einer bis dahin steuerfreien Welt eingefiihrt wird. Probleme, die dadurch auftreten, dass bereits ein (suboptimales) Steuersystem mit vielen Wechselwirkungen existiert, werden im Optimierungskalkiil vernachlassigt.^'^ Da die Optimalsteuertheorie zwar wichtige Erkenntnisse liefert, jedoch zur Beurteilung realer Steuersysteme nur bedingt eingesetzt werden kann, fordert Feldstein eine Theorie der Steuerreform.^® Trotz der Vielzahl von Arbeiten, die sich mit der okonomisch sinnvollen Gestaltung von Steuersystemen befasst,^^ werden hierbei in der Kegel Probleme ausgeklammert, die bei der Einfiihrung eines Steuersystems entstehen.^^ So schlieEt etwa Ricketts seine Ausfiihrungen zur optimal tax theory mit der Bemerkung: ,,Further, the theory vastly underestimates the informational and administrative problems, of both practical and ethical varieties, which arise in implementing tax policy."^^ Schwierigkeiten treten bei der Implementierung dadurch auf, dass man sich in 27 Vgl. hierzu etwa Konig (1997b), S. 66-81, S. 119-120 und S. 167-168. 28 Vgl. Feldstein (1976b). 2® Vgl. hierzu exemplarisch die grundlegenden Arbeiten zum T h e m a neutral corporate taxation von Stiglitz (1973); King (1974); Sandmo (1974); B o a d w a y / B r u c e / M i n t z (1983); B o a d w a y / B r u c e (1984); Sinn (1987) und B o n d / D e v e r e u x (1995) sowie die grundlegenden Arbeiten zur Entscheidungs- bzw. Investitionsneutralitat der Besteuerung im deutschen Sprachraum, die zum Teil parallel dazu entstanden sind, von Elschen/Hiichtebrock (1983); Rose, M. (1991); Schneider (1980); Schwinger (1992); Wagner/Wissel (1995); Konig, (1997a); Konig (1997b). ^° Vgl. Hochman (1974), S. 320. Hiermit befassen sich lediglich wenige Arbeiten. Es kann verwiesen werden auf Hobbet (1969); Feldstein (1976b); Graetz (1977); Graetz (1979); Zodrow (1981); Schneider (1982); Folkers (1983); Bradford (1984); Graetz (1985); Kaplow (1986); Zodrow (1986); Walz (1988); Rose, G. (1989); Voss (1992); Zodrow (1992). Zu den Auswirkungen einer fundamentalen Steuerreform auf Finanzierungsentscheidungen vgl. Gentry/Hubbard (1998). Eine geschlossene finanzwissenschaftliche Analyse zum Thema „Uberg2Lngsgerechtigkeit beim Abbau von Steuervergiinstigungen" ist die Arbeit von Snelting (1997). 31 Ricketts (1981), S. 44.

2.2 Kriterien

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der Realitat nicht in der von der Theorie oft unterstellten Situation befindet, Steuergesetze ohne Riicksicht auf bestehende Regelungen neu schreiben zu konnen. Der Ausgangspunkt der Untersuchung der Wirkungen von Steuerreformen muss daher stets ein existierendes Steuersystem sein.^^ Das optimale Steuersystem, dass sich aus einer theoretisch fundierten optimalen Steuerreform ergibt, sieht daher unter Umstanden vollkommen anders aus, als das optimale Steuersystem nach der Optimalsteuertheorie.^^ Vor dem Hintergrund dieses Mangels regt Feldstein die Entwicklung einer in sich geschlossenen Theorie der Steuerreform an, die es erlaubt, die Wirkungen steuerreformpolitischer Ma£nahmen beziiglich Effizienz und Gerechtigkeit zu beschreiben.^"^ Im Zusammenhang mit der indirekten Verbrauchsbesteuerung zielt eine Theorie der Steuerreform etwa darauf ab, Bedingungen zu ermitteln, unter denen Effizienz- oder Wohlfahrtsverbesserungen durch Variation der Verbrauchsteuersatze moglich sind. Bei einer Reform der Einkommensteuer liefert diese Theorie Informationen dariiber, ob es unter Beriicksichtigung bestehenden Rechts sinnvoll ist, eine Einkommensteuer in Richtung einer Konsumsteuer zu reformieren. Betrachtet man die Unternehmensbesteuerung, werden entscheidungsneutrale Steuersysteme, die das Ergebnis optimalsteuertheoretischer Untersuchungen sind, zur Bewertung einzelner Reformschritte herangezogen. Sie dienen als Messlatte fiir allokative Verzerrungen beim Ubergang von einem System zu einem neuen.^^ Letztlich zeigt sich, dass eine umfassende Theorie der Steuerreform nicht zu entwickeln ist bzw. dass sie den gleichen Restriktionen wie die Optimalsteuertheorie ausgesetzt ist. Gemeint sind die genannten Informationsprobleme, die Vernachlassigung internationaler Aspekte etc. Hinzu kommt, dass reale Steuersysteme, die reformiert werden sollen, in der Regel so komplex sind, dass sie nicht grundsatzlich durch eine allgemeine Theorie erfasst werden konnen. Beriicksichtigt werden muss des Weiteren, dass Steuersysteme und damit Steuerpolitik stets auch Lenkungselemente und andere „Fremdk6rper" enthalten, wie etwa Telle des Transfersystems. Welter ist zu beachten, dass es Interdependenzen zwischen verschiedenen Steuerarten gibt, die bei einer Steuerreform in vollem Umfang zu beriicksichtigen sind. Hier st6£t man abermals auf Informationsprobleme. 32 33 34 35

Vgl. Feldstein (1976b), S. 77 und S. 91. Vgl. Feldstein (1976b), S. 90-98. Vgl. Feldstein (1976b), S. 77-78 und S. 90-102. Fur einen Cberblick vgl. Konig (1996), S. 151.

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2 Theoretische Grundlagen

Schlussfolgernd ist daher festzuhalten, dass auf eine geschlossene Theorie der Steuerreform zur Beurteilung der Wirkungen einer Steuerreform in der Realitat nicht zuriickgegrifFen werden kann. Will man die Wirkungen von Steuerreformvorschlagen oder von steuerlichen EinzelmaEnahmen auf unternehmerische Entscheidungen analysieren, so verdeutlichen die aufgezeigten Probleme bei der Erfassung und Modellierung von EffizienzefFekten, dass hier ein anderer Ansatz gewahlt werden muss. Geht man davon aus, dass eine Laissez-Faire-Allokation zum Allokationsoptimum fiihrt und dass Steuern, die das Verhalten der Investoren beeinflussen, die optimale Ressourcenallokation storen, so muss ein partialanalytisches Bezugsmodell gefunden werden, das geeignet ist, Steuerwirkungen bzw. eine Abweichung vom Optimum zu erfassen. Betrachtet man den Einfluss der Besteuerung auf unternehmerische Entscheidungen, z.B. auf Investitionsentscheidungen, und damit wiederum auf die Ressourcenallokation, so kann auf das Bezugsmodell der „Entscheidungsneutralitat der Besteuerung" zuriickgegriflPen werden.^^ Wendet man dieses auf Entscheidungen iiber die Durchfiihrung von Investitionen an, spricht man von Investitionsneutralitat. Prominente Beispiele neutraler Steuersysteme sind die Cash-Flow-Steuer^^ und die Besteuerung des okonomischen Gewinns.^® Beide wurden besonders intensiv untersucht.^^ Fiir den Fall, dass die Laissez-Faire-Okonomie nicht zum allokativen Optimum fiihrt, z.B. als Folge von Marktversagen"*^ oder durch die Beeinflussung des Investitionsverhaltens durch die staatliche Ausgabenpolitik, gibt es Griinde dafiir, eine investitionsneutrale Besteuerung anzustreben. Aneutral wirkende Steuern haben nur dann den gewiinschten, korrigierenden Einfluss auf die Ressourcenallokation, wenn das AusmaE und die Richtung der Ressourcenfehllenkung sowie ein geeignetes Instrument zur Korrektur bekannt sind. Liegen diese Informationen hingegen nicht vor, so ist es empfehlenswert, die Gefahr einer weiteren gesamtgesellschaftlichen Wohlfahrtssenkung zu vermeiden und stattdessen durch eine neutrale Steuererhebung die Allokation nicht zu beeintrachtigen."*^ Eine Vgl. stellvertretend z.B. Elschen/Huchtebrock (1983), S. 254; Elschen (1991), S. 99; Schneider (1992), S. 193-205; Wagner (1992), S. 2; Schwinger (1994), S. 40-41; Treisch (2000), S. 368; Wagner (2005). Vgl. Brown (1948). Die Besteuerung des okonomischen Gewinns geht zuriick auf Preinreich (1951); Johansson (1961) und (1969) sowie Samuelson (1964). Vgl. etwa Elschen/Huchtebrock (1983); Wagner (1986); Schwinger (1992); Schneider (1992); Konig (1997a); Konig (1997b); Sureth (1999); Niemann (2001a). Vgl. Stiglitz/Schonfelder (1989), S. 96-107. Vgl. Brennan/McGuire (1975), S. 207-208; Wenger (1986), S. 137-138.

2.2 Kriterien

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aneutrale Besteuerung ist daher nur dann sinnvoll, wenn der Entscheider iiber die notwendigen Informationen verfiigt, die sicher stellen, dass eine Allokationsverbesserung erzielt werden kann.^^ In der Kegel ist in der Realitat, sofern keine anderen Ziele als vorrangig eingestuft werden, eine investitionsneutrale Besteuerung anzustreben. Mit Hilfe dieses Neutralitatskonzeptes konnen allerdings nur in der unterstellten Modellwelt Aussagen iiber die Investitionswirkungen eines Steuersystems gemacht werden. Fraglich ist jedoch, inwieweit Aussagen iiber investitionshemmende, -neutrale oder -fordernde Steuerwirkungen, die aus einer Modellwelt abgeleitet werden, fiir die Realitat relevant sein konnen. Wird die angestrebte Investitionswirkung eines Steuerreformvorschlags unter den Annahmen des Modells nachgewiesen, so ist dies nicht hinreichend fiir die Verifizierung des Vorschlages.'*^ Werden hingegen im Modell unerwiinschte Investitionswirkungen bewiesen, kann der Reformvorschlag verworfen werden, da bereits unter nahezu idealen (Modell-)Bedingungen das angestrebte Ziel nicht erreicht wird. Dass ein auf diese Weise falsifizierter Steuerreformvorschlag unter realistischen Bedingungen dennoch zu einer erwiinschten Beeinflussung des Investitionsverhaltens fiihren kann, ist dann ein rein stochastisches Ergebnis. Ebenso ist es moglich und auch wahrscheinlicher, dass durch die Steueranderungen unerwiinschte Investitionswirkungen erzielt werden. Kritisch ist jedoch auch fiir eine Falsifizierung, dass es nicht genau ein investitionsneutrales Steuersystem gibt.'^'* Neben den beiden bereits genannten investitionsneutralen Steuersystemen lassen sich unendlich viele weitere Systeme herleiten, die dem Neutralitatspostulat gerecht werden. Letztlich existieren unendlich viele neutrale Steuersysteme.^^ Damit gibt es nicht genau „ein" optimales Steuersystem im Sinne der Forderung nach Entscheidungsneutralitat. Vor diesem Hintergrund ist es fraglich, welche Ergebnisse man mit Hilfe daraus abgeleiteter jjNuUpunkte""*^ iiberhaupt erzielen kann bzw. bezogen auf die Falsifizierung von Steuerreformvorschlagen, ob ein Vorschlag abgelehnt werden kann, weil er den durch ein bestimmtes als investitionsneutral geltendes Steuersystem beschriebenen Nullpunkt nicht erreicht. In letzter Konsequenz bedeutet ^^2 Vgl. Brennan/McGuire (1975), S. 207-209; Wagner (1989), S. 265; Schwinger (1992), S. 15-20; Schwinger (1994), S. 40. ^^ Vgl. unter Riickgriff auf das neoklassische Investitionsmodell ausfuhrlicher hierzu Sureth (1999), S. 66-68. 44 Vgl. Konig (1997a), S. 92. 45 Vgl. Konig (1996), S. 157. 46 Vgl. Schneider (1992), S. 193.

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2 Theoretische Grundlagen

dies, dass die Investitionsneutralitat als Kriterium einer Falsifizierung gewissen Einschrankungen unterworfen ist. So konnen nicht einzelne Teilregelungen eines Steuersystems, wie z.B. die steuerliche Behandlung von Verau£erungsgewinnen Oder Zinsertragen, isoliert hinsichtlich ihrer Investitionswirkung untersucht werden, sondern nur Steuersysteme als Einheit beziiglich ihrer allokativen Wirkungen iiberpriift werden. Die durch ein derartiges Vorgehen erzielten Erkenntnisse konnen dann in einem Falsifizierungsprozess unterstiitzend eingesetzt werden. Des Weiteren erlaubt es, die grundsatzliche Mechanik steuerlicher Wirkungszusammenhange tiefer zu durchdringen, um auf diese Weise Tendenzaussagen gewinnen zu konnen/'^ Nach Effizienz^® ist Gerechtigkeit die zweite steuerpolitische Norm. Im Gegensatz zu Effizienz gibt es kein quant it at iv bestimmbares, objektives Kriterium fiir Gerechtigkeit. Die Bestimmung eines Optimums geht stets auf einen gesellschaftlichen Konsens zuriick und verlangt Werturteile. Daher ist Gerechtigkeit einer okonomischen Analyse weitgehend unzuganglich. Viele Ansatze zur Operationalisierung von Gerechtigkeit fiihren zu angreifbaren Ergebnissen. So zeigt beispielsweise die Untersuchung von Steuerreformen auf der Basis der Opfertheorien fiir bestimmte Nutzenfunktionen, dass sich keine Anhaltspunkte dafiir finden lassen, dass ein Tarif bessere Eigenschaften hinsichtlich einer moglichst gerechten Besteuerung nach anerkannten Prinzipien, wie etwa dem Leistungsfahigkeitprinzip, aufweist als ein anderer.'*^ Liegt ein gesellschaftlicher Konsens iiber Gerechtigkeit bzw. liegen allgemein anerkannte Werturteile vor, so kann die Erreichung dieser Grofeen unter Einsatz okonomischer Analyseinstrumente im Modell iiberpriift werden.^^ Werturteile driicken sich hier in der Gestalt der sozialen Wohlfahrtsfunktion aus.^^ In der Realitat scheitert dies jedoch regelma£ig an Informationsproblemen.^^ Diese Kritik gilt auch, wenn man beurteilen mochte, ob ein bestehendes Steuersystem gesellschaftlichen Vorstellungen von Gerechtigkeit entspricht. Hierzu miissen die Verteilungswirkungen der Besteuerung ermittelt werden, was in der

"^^ Grundsatzlich zur Anwendung des Konzepts der Investitionsneutralitat bei unsicheren Erwartungen vgl. Sureth (1999), S. 128-131. ^^ Im Folgenden verstanden als einzelwirtschaftliche Effizienz im Sinne einer (partialanalytischen) Entscheidungsneutralitat bzw. Investitionsneutralitat. 49 Vgl. Ha«gert/Konig (1992), S. 32-44. ^0 Vgl. Homburg (2005), S. 215-216. 51 Vgl. Wellisch (1999b), S. 24. 52 Vgl. Homburg (2005), S. 218-222.

2.2 Kriterien

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Realitat wiederum Informationsprobleme aufwirft.^^ Somit muss anerkannt werden, dass die Prage nach einer gerechten Besteuerung aus okonomischer Sicht und mit okonomischen Methoden allgemein und abschlie£end nicht beantwortet werden kann, da Gerechtigkeit eher ein philosophisches als ein okonomisches Problem darstellt. Allenfalls wenn man die Analyse von Gerechtigkeit im Zusammenhang mit Steuerreformen auf die Untersuchung der Gleichmafiigkeit der Besteuerung beschrankt, lassen sich Aussagen herleiten. Interpretiert man Steuergerechtigkeit als gleichma£ige Besteuerung, so lasst sich die Gleichma£igkeit unter bestimmten Bedingungen iiberpriifen. Stellt man einen Bezug zwischen gleichmafiiger Besteuerung und dem Entscheidungsverhalten von Individuen her,^^ so kann man in diesem Zusammenhang durch Partialmodelle wichtige Aussagen iiber Steuerwirkungen herleiten. Da weder die Optimalsteuertheorie noch die Theorie der Steuerreform allgemeingiiltige Losungen fiir die Beurteilung von realen Steuerreformen bieten,^^ empfiehlt es sich, vor dem Hintergrund des Konzepts der Entscheidungsneutralitat der Besteuerung und dem Untersuchungsgegenstand der durchzufiihrenden Analysen folgendermafcen vorzugehen: Das alte und das neue Steuerrecht sind fiir bestimmte Entscheidungsituationen zu modellieren und miteinander zu vergleichen. Statt einer gesamtwirtschaftlichen Analyse ist ein Partialmodell zur Untersuchung der einzelwirtschaftlichen Wirkungen heranzuziehen. Dies vereinfacht die Modellierung und reduziert die Informationsprobleme erheblich. Je nach Fragestellung ist hierbei auf ein eher modelltheoretisches Vorgehen, das in gewissen Grenzen analytische Losungen erlaubt, oder aber auf ein eher anwendungsorientiertes Vorgehen, das ausgehend von einem bestimmten Datensatz iiber Simulationen Trendaussagen ermoglicht, zuriickzugreifen. Sieht das konkrete untersuchte Steuerrecht Ubergangsregelungen vor, so sind diese unter Umstanden ebenfalls einer okonomischen Analyse zu unterziehen. Unter Ubergangsregelungen versteht man Vorschriften fiir Sachverhalte, die unter altem Recht entstanden sind, jedoch auch unter neuem Steuerrecht steuer-

^^ Vgl. zur Untersuchung der Inzidenz grundlegend Harberger (1962). Vgl, auch Wellisch (1999b), S. 25. 5^ Vgl. Elschen (1991). ^^ Dies impliziert keinesfalls, dass die theoretische Auseinandersetzung, wie sie im Schrifttum vorherrschen unsinnig oder uberfliissig sind, sondern lediglich, dass die Wirkungen einer in realiter vorgenommenen Steuerreform hierdurch nicht umfassend und abschlie£end beurteilt werden konnen und somit andere Wege beschritten werden miissen.

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2 Theoretische Grundlagen

liche Belastungen erfahren.^^ Derartige Regelungen sollten immer dann einer Analyse unterzogen werden, wenn die zeitliche Dimension dieser Vorschriften so gro£ ist, dass deren Wirkungen nicht als trivial vernachlassigt werden konnen.^^ Betrachtet man eine Reform der Unternehmensbesteuerung, so kann die okonomische Analyse einer realen Steuerreform hinsichtlich der Kriterien Effizienz und Gerechtigkeit, letztere interpretiert als Gleichma£igkeit der Besteuerung, in zwei Schritten vorgenommen werden: 1. Vergleichende Gegeniiberstellung von altem und neuen Steuerrecht • hinsichtlich der Entscheidungswirkungen der Besteuerung und • hinsichtlich der GleichmalSigkeit der Besteuerung. 2. Okonomische Analyse der Ubergangsregelungen. In dieser Arbeit wird der Ubergang vom Anrechnungs- zum Halbeinkiinfteverfahren fiir unterschiedliche Fragestellungen analysiert. Die komplexen Wirkungen dieser „grofien" Steuerreform sind Gegenstand der Untersuchungen. Neben der Analyse der Reform der laufenden Besteuerung erfolgt auch eine Untersuchung der Veraufierungsgewinnbesteuerung als Element des jeweiligen Steuerrechts. Die Verau&erungsgewinnbesteuerung reflektiert in weiten Teilen die Besonderheiten der Steuersysteme. Ihren Wirkungen gilt angesichts der aktuellen steuerreformpolitischen Diskussion erneut besondere Aufmerksamkeit. Das 3. Kapitel dieser Arbeit konzentriert sich auf die Untersuchung der Entscheidungswirkungen der Besteuerung von Ertragen aus einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft und ist damit dem Kriterium Effizienz gewidmet. Hierzu werden 1. die Steuersysteme modelliert, • ausschliefilich unter RiickgrifF auf die Vorschriften fiir die laufende Besteuerung, • unter Einbeziehung der jeweilig relevanten Vorschriften fiir die VerauEerungsgewinnbesteuerung

s^ Vgl. Abbildung 2.1. ^'^ Dies gilt beispielsweise fiir die 15jahrige Obergangsfrist beim tjbergang von Anrechnungsverfahren zum Halbeinkiinfteverfahren nach 9 37 KStG.

2.2 Kriterien

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und dann die ermittelten okonomischen Kenngrofien miteinander verglichen und interpretiert. 2. Da die Ubergangsfrist mit 15 bzw. 18 Jahren nicht unerheblich ist, wird anschlie£end eine okonomische Analyse der Ubergangsregelungen durchgefiihrt. Auf diese Weise konnen unter anderem Riickschliisse iiber die Veranderung des Ausma£es der steuerbedingten Verzerrungen gezogen werden. Im 4. Kapitel steht die Gleichma£igkeit der Besteuerung im Mittelpunkt. Eine gleichmafeige Besteuerung ist hier, unter Bezug auf das Entscheidungs verbal ten, dann gegeben, wenn der wirtschaftliche Erfolg einer Unternehmung unabhangig von der Rechtsformentscheidung besteuert wird.^® Genau dann handelt es sich um eine rechtsformunabhangige und damit in diesem Sinne gleichmafiige Besteuerung. In der Analyse werden die beiden Steuersysteme fiir Beteiligungen an Personenund Kapitalgesellschaften modelliert und okonomische Kenngrofien hergeleitet. Diese erlauben schliefilich Aussagen iiber den Einfluss der Steuerreform auf die Gleichma£igkeit der Besteuerung sowie auf deren Entscheidungswirkungen. Bei der Untersuchung des Ziels der Rechtsformneutralitat in Kapitel 4 ist die Einbeziehung von Ubergangsregelungen unerheblich, da hier ausschliefilich auf die Wirkungen des jeweiligen Steuersystems abgestellt wird. Ein Investor wird seine Wahl fiir oder gegen eine bestimmte Rechtsform nicht davon abhangig machen, welche Ubergangsregelungen greifen. Erweist sich eine Rechtsformentscheidung, die nach altem Recht vorteilhaft war, nach neuen Recht als nachteilig, so kann der Entscheider die Rechtsform mit Blick auf die zukiinftigen steuerlichen Wirkungen revidieren. Die Vorschriften des Umwandlungsteuergesetzes erlauben in vielen Fallen einen steuerneutralen Rechtsformwechsel. Die Entscheidung iiber einen Formwechsel wird nicht durch die Vorschriften fiir die Ubergangsfrist beeinflusst. Diese bewirken allenfalls eine zeitliche Verzogerung einer etwaigen Rechtsformanderung. Der eigentliche entscheidungsrelevante Effekt geht jedoch vom neuen Steuerrecht aus. Anders sieht es hingegen bei der Pragestellung der Untersuchung in Kapitel 3 aus. Der Analyse liegt ein anderer Blickwinkel zugrunde. Die Entscheidung zugunsten einer bestimmten Realinvestition konnte sich durch den Systemwechsel, aber auch insbesondere im Zusammenhang mit den Ubergangsvqrschriften, als Fehlinvestition herausstellen. Die Ubergangsregelungen konnen aufgrund der Vgl. Konig/Sureth (2002), S. 49-50; Jacobs/Scheffler (1996), S. 295-299.

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2 Theoretische Grundlagen

langen Ubergangsfrist und damit eventuell beachtlicher Gestaltungsmoglichkeiten einen grofien Einfluss auf die Vorteilhaftigkeit einer in der Vergangenheit getrofFenen Entscheidung haben. Was Ubergangsregelungen genau sind, wie sie ausgestaltet werden konnen und wie sich diese theoretisch begriinden und beurteilen lassen ist Gegenstand des folgenden Kapitels.

2.3 Ubergangsregelungen Eine Steuerreform fiihrt regelma&ig zu so genannten Riickwirkungen,^^ die unter Umstanden die Einfiihrung von Ubergangsregelungen sinnvoU erscheinen lassen. Da ein angestrebter umfassender Steuersystemwechsel oft aufgrund von Ubergangsproblemen ohne besondere Regelungen gar nicht durchfiihrbar ist,®® konnte etwa interessant sein zu iiberpriifen, ob es Griinde gibt, die fiir oder gegen einen schnellen, einen langsamen oder einen schrittweisen Systemwechsel sprechen®^ oder ob bestimmte Ausnahmeregelungen Vorteile bergen.®^ Grundsatzlich werden zwei Arten von Riickwirkungen unterschieden: Von einer unechten Riickwirkung spricht man, wenn eine Neuregelung Entscheidungen, die durch den Steuerpflichtigen in der Vergangenheit getrofFen wurden, jedoch noch fortwirken, in der Gegenwart oder Zukunft auf diese einwirkt und damit die betroffene Rechtsposition nachtraglich im Ganzen verandert, unter Umstanden sogar entwertet. Von einer „echten Riickwirkung" spricht man hingegen, wenn bereits eingetretene Rechtsfolgen nachtraglich geandert werden.®^ Durch die dynamischen Veranderungen bestehenden Rechts stellt sich haufig die Prage danach, wie man sinnvollerweise Tatbestande, die aufgrund ihrer zeitlichen Dimension sowohl unter das alte Recht als auch unter die Neuregelung fallen, ganz oder teilweise durch Ubergangsregelungen behandeln kann. Oft fehlen derartige Ubergangsvorschriften in Reformpaketen, was haufig zu einer nachtraglichen Korrektur der Gesetze fiihrt. Dies hat zur Folge, dass ein „Flickentep5^ Vgl. Kapitel 2.1. Vgl. welter Graetz (1977); Kaplow (1986), S. 515 mit weiteren Nennungen. Vgl. im deutschsprachigen Schrifttum etwa Schmidt, R. (1993), S. 2250; Landsittel/Haug (1999), S. 2221-2222. Vgl. auch Hey (2002a), S. 2312-2315. 60 Vgl. Graetz (1979), S. 1660-1661. Vgl. hierzu auch Snelting (1997), S. 36-41. 61 Vgl. Hobbet (1969), S. 818; Feldstein (1976b), S. 77. Vgl. auch Bradford (1986), S. 329334; Bradford (1998), S. 152-154. 62 Vgl. Kapitel 2.3.4. 63 Vgl. Tipke/Lang, J. (2002), S. 103-106; Schmidt, R. (1993), S. 2250-2255; Wermeckes (1999), S. 480-481. Vgl. auch o.V. (2002a), S. 10, Sp. 2-4.

2.3 Ubergangsregelungen

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pich" von Regelungen entsteht oder aber Unklarheiten in einer Vielzahl von Gerichtsverfahren faktisch geklart werden. Aus derartigen Regelungslucken, aber auch aus Ubergangsregelungen an sich, resultieren haufig Losungen, die nicht mehr konform sind mit der urspriinglichen Zielsetzung der Steuerreform. Die positive Wahrscheinlichkeit derartiger nachtraglicher Korrekturen erhoht die Rechtsunsicherheit, der die Steuerpflichtigen ausgesetzt sind. Besteht Rechtsunsicherheit, so kennt ein Steuerpflichtiger im Entscheidungszeitpunkt t die Auswirkungen kiinftiger Steuerreformen oder Anderungen der Rechtsprechung auf seine Entscheidung nicht. Eine vor dem Hintergrund des Steuerrechts im Zeitpunkt t getroffene Entscheidung kann als Folge einer Steuerrechtsanderung ihre Vorteilhaftigkeit einbiifeen, wahrend die Auswirkungen der Entscheidung noch andauern. Immer dann, wenn Entscheidungen Auswirkungen auf Zeitraume haben, in denen eine mogliche Steuerreform bzw. deren Regelungen wirksam werden, sollte diese Form der Unsicherheit bei der Planung antizipiert werden. Der Gesetzgebungsaktivismus der letzten Jahre hat gezeigt, dass es kaum moglich ist, Art und Ausma£ zukiinftiger Steuerrechtsanderungen vorherzusehen.^^ Haben steuerliche Regelungen Riickwirkungen, kann es unter bestimmten Bedingungen erforderlich sein, Ubergangsregelungen fiir diejenigen zu implementieren, die ihre Entscheidungen im Vertrauen auf die Altregelung getroffen haben.^^ Steuerliche Rechtsunsicherheit fiihrt somit grundsatzlich zu individuellem antizipativen Verhalten. Durch Verhaltensanderungen versuchen die Individuen, das kiinftige Steuerrecht in ihren Entscheidungen gema£ ihrer subjektiven Erwartungen zu beriicksichtigen.^^ Ohne dass das Steuerrecht geandert wird, kann es somit bereits aufgrund dieser Erwartungshaltung zu Verzerrungen kommen.®"^ 64 Vgl. Pranke (1983), S. 171-172. Vgl. fiir die USA Kaplow (1986), S. 607; Auerbach/Hines (1988). Vgl. hierzu auch die Ausfiihrungen von Hey (2002a), die zurecht darauf hinweist, dass das gesetzliche Vertrauensschutzprinzip erhebliche Durchsetzungsschwachen aufweist und folglich Steuerpflichtige auf eine Antizipation, beispielsweise des Wegfalls einer Steuerbegiinstigung, angewiesen sind. Vgl. Hey (2002a), S. 2314-2315. Einen umfangreichen Oberblick iiber Veranderungen in der Besteuerung vom 19. Jahrhundert bis zu den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts bieten die Arbeiten von Folkers (1987b); PoUak (1987) und Timm (1987). 65 Vgl. z.B. Walz (1988), S. 264. 66 Vgl. Feldstein (1976b), S. 93. Vgl. auch Rose, G. (2002), S. 279; Schon (2002), S. 35. 6*^ Vgl. hierzu grundsatzlich Kaplow (1986), S. 517-519 und S. 607. Auf die z.T. erheblichen Verzerrungen, die durch derartige Antizipationen hervorgerufen werden, weist beispielsweise bereits Sandmo (1979) hin. Seine Arbeit bezieht sich allerdings auf eine Cash-Flowbasierte Korperschaftsteuer. Fiir eine einkommensbasierte Steuer werden entsprechende Ergebnisse hergeleitet bei King (1974); King (1975); Auerbach/Hines (1988); Auerbach (1989b); Auerbach/Hassett (1992) sowie von Alvarez/Kanniainen/Sodersten (1998) und

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2 Theoretische Grundlagen

Im Rahmen dieses Kapitels gilt es zu klaren, was Ubergangsprobleme iiberhaupt sein konnen, wodurch diese ausgelost werden und wie man sinnvoll damit umgeht. Daran schliefit sich die Prage an, welche Entscheidungsprobleme grundsatzlich von Ubergangsproblemen betrofFen sein konnen. In diesem Zusammenhang soil dargestellt werden, wie derartige Probleme bislang in der Literatur behandelt wurden. Vor diesem theoretischen Hintergrund ist auch die Prage interessant, worin eigentlich der Grund dafiir liegt, dass immer wieder so genannte „schlechte" Steuerreformen zustandekommen.®^ So wurde beispielsweise das korperschaftsteuerliche Anrechnungsverfahren abgeschafft, trotz der einhelligen Opposition der Professoren der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre sowie zahlreicher Interessengruppen.^^ Im einschlagigen Schrifttum werden verschiedene Theorien und Untersuchungsmethoden eingesetzt. Der Spieltheorie kommt hier besonderes Gewicht zu. Diese bietet u.a. die Moglichkeit, die Entwicklung landeriibergreifender Steuerreformen als kooperative Spiele zu modellieren. Dies ist vor allem vor dem Hintergrund der Besteuerung so genannter global players von Bedeutung7° Des Weiteren wird die Spieltheorie fiir die Modellierung politokonomischer Zusammenhange herangezogen/^ Die Interessenkonflikte der verschiedenen Gruppen von Steuerpflichtigen lassen sich ebenfalls als kooperative Spiele modellieren/^ Neben der Spieltheorie ist auch die Vertragstheorie, die auch Principal-AgentProbleme behandelt, zu betrachten. Auch Methoden der Investitionsrechnung, Methoden aus der Entscheidungstheorie etc. finden Eingang in einschlagige Untersuchungen. Des Weiteren konnen die Leviathan-Hypothese im Sinne einer Ausdehnung des Budgets und damit einhergehend eines Anwachsens des ofFentlichen Sektors und weiter der Biirokratie^^ sowie Pragen des Poderalismus vor dem Hintergrund

68 6^ ^0 ^^ ^2 •^3

Alvarez/Kanniainen/Sodersten (1999). Eine okonomische Analyse der Ankiindigungseffekte der deutschen Steuerreform 1990 auf die Entscheidungen rational handelnder Unternehmer fiihren im Rahmen eines Partialmodells Funke/Willenbockel (1990) durch. Vgl. Franke (1983), S. 172. Vgl. stellvertretend Siegel/Bareis/Herzig/Schneider/Wagner/Wenger (2000). Vgl. grundlegend hierzu Franke (1983), S. 171-188. Vgl. Strulik (2002), S. 73-91. Vgl. auch Dixit/Olson (2000), S. 309-335; Mintz (1998). Vgl. hierzu die Ausfiihrungen in Kapitel ??. Vgl. Snelting (1997), S. 149-154. Vgl. etwa West/Corke (1980), S. 395-401; Folkers (1983), S. 203-208; Hettich/Winer (1985), S. 432-435. Vgl. grundlegend Downs (1965), S. 439-446. Vgl. auch Frey (2002), S. 363-375.

2.3 Ubergangsregelungen

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politokonomischer Erwagungen^"^ bei der Implementierung von Steuerreformen eine Rolle spielen. Die Liste der moglichen Untersuchungsrichtungen kann noch weiter fortgesetzt werden. Wir vertiefen im Folgenden einige als besonders relevant betrachtete Ansatze: die okonomische Analyse moglicher Ubergangsregelungen, die Neue Institutionenokonomik, die Neue Politische Okonomie sowie die Okonomische Analyse des Rechts.

2.3.1 BegrifTsdefinition Zunachst ist zu klaren, was unter Ubergangsproblemen im Folgenden zu verstehen ist. Hierzu werden Ubergangsprobleme in zwei Kategorien eingeteilt: Ubergangsprobleme 1. Ordnung und Ubergangsprobleme 2. Ordnung. Es wird angenommen, dass eine konsensfahige Steuerreformidee vorliegt. Hierunter soil der modifizierte Idealtypus einer Steuerreform verstanden werden, der sich durch bestimmte Anpassungen an die Praxis von seinem modellhaften Ideal unterscheidet.^^ Es ist an dieser Stelle nicht erforderlich zu konkretisieren, worum es sich bei diesem Idealtypus und damit worum es sich bei dieser Steuerreform genau handelt, da nun nur die Wirkungen, die durch den Reformprozess ausgelost werden, betrachtet werden. Politokonomische Einfliisse haben noch nicht gewirkt. Eine Steuerreform soil nun durchgefiihrt werden. Die zu untersuchenden Ubergangsprobleme 1. Ordnung bestehen darin, dass die Steuerreformidee im politischen Implementierungsprozess Einfliissen politokonomischer Natur unterliegt. Die Eigeninteressen von Politikern, Interessengruppen etc. verandern den urspriinglichen Entwurf. Bei Ubergangsproblemen 2. Ordnung ist die Steuerreformidee bereits in neues Recht umgesetzt worden. Nun sind die Steuerpflichtigen allerdings Rechtsunsicherheit ausgesetzt, die durch Interpretationsspielraume im neuen Recht hervorgerufen werden oder die auch dadurch hervorgerufen wird, dass neues Recht sich in der Praxis als gar nicht anwendbar herausstellt, wie beispielsweise in der Vergangenheit bei der Neuregelung des Schuldzinsenabzugs gema£ § 4 Abs. 4a EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2001 vom 7^ Vgl. Gates (2002); Winer (1992), S. 343-369; Wildasin (1996), S. 121-135. Eine empirische Untersuchung des Einflusses foderaler Strukturen auf Steuerreformen findet sich bei Esteller-Mor6/Sol6-0116 (2002), S. 235-257. ^^ Ein ahnliches Vorgehen wahlt auch Jost bei der Untersuchung der Effektivitat von Recht, vgl. Jost (1998), S. 59.

2 Theoretische Grundlagen

24

24.3.1999 geschehen.^^ Abbildung 2.2 verdeutlicht die DiflFerenzierung zwischen Ubergangsproblemen 1. und 2. Ordnung nochmals.

idealtypische Steuerrefbrmidee Obergangsprobleme 1. Ordnung politdkonomische Wirkungen " durch den Eigennutz der •

^

durch Lobby-Bnflusse

\ tatsdchliche Steuerrefomi = angepasste/verSnderte Version ^ idealtypische Steuen'efonnidee = neues Recht

Obergangsproble ma 2. Ordnung

i

i nichtsteuerliche Schdden durch eine Verdnderung der relativen Preise durch eine Steuen^fomri

Probleme durch systemObergreifende Sachverhalte

1

Wohlfahrtsverluste

Rechtsunsicherfieit durch Interpretationsspielrdume im neuen Recht • kontinuieriicher Nachbesserungsbedarf • Einfluss der Unsicherheit auf das Verhalten der Agenten

dl(onomische Fehlentscheidungen vor denr) IHintergrund des refbrmjerten Steuerrechts

1 \

1

i

1

1

1 ; Nachbesserungen

Abbildung 2.2: Obergangsprobleme 1. und 2. Ordnung

Interpretationsspielraume, wie sie etwa bei der Neufassung von § 4 Abs. 4a EStG entstanden sind, erfordern kontinuierliche Nachbesserungen, welche wiederum Vgl. Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2001 (StEntlG) vom 24.3.1999, BGBl. I 1999, S. 402fF. Durch das Steuerbereinigungsgesetz 1999 wurde diese Regelung vollstandig neu formuliert, wodurch die alte Gesetzesregelung nie zur Anwendung kam. Vgl. Steuerbereinigungsgesetz (StBereinG) vom 22.12.1999, BGBl. I 1999, S. 2601ff.

2.3 Ubergangsregelungen

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mit Ubergangsproblemen 1. Ordnung behaftet sind. Des Weiteren wirkt sich die Unsicherheit an sich auf das Verhalten der steuerpflichtigen Entscheidungstrager aus, da diese bestimmte Auslegungen und Entwicklungen des Rechts bei ihren Entscheidungen antizipieren miissen. Ebenfalls in diese Kategorie einzuordnen sind Probleme durch systemiibergreifende steuerliche Sachverhalte, die etwa durch stille Reserven ausgelost werden. Das ZusammentrefFen von altem und neuem Steuerrecht kann hier zu Verzerrungen fiihren. Als Ubergangsprobleme 2. Ordnung werden zudem unerwiinschte Wohlfahrtseffekte bezeichnet, die dadurch auftreten, dass es zu einer Veranderung der relativen Preise in Folge einer Steuerreform kommt J^ So konnen vormals vorteilhafte Entscheidungen vor dem Hintergrund des reformierten Steuerrechts ex post okonomische Fehlentscheidungen darstellen. Geklart werden muss weiter, welche Entscheidungen iiberhaupt von Ubergangsproblemen betrofFen sind. Dies konnen einzelwirtschaftliche Entscheidungen, wie Invest it ions- und Finanzierungsentscheidungen sein. Auch gesamtwirtschaftliche Entscheidungen konnen durch Ubergangsprobleme beeinflusst werden. Im Rahmen der Betrachtung der theoretischen Grundlagen in dieser Arbeit werden verschiedene Entscheidungen angesprochen. Die okonomische Analyse in den Kapiteln 3 und 4 konzentriert sich jedoch, in logischer Folge der Ausfiihrungen in Kapitel 2.2, auf betriebswirtschaftliche Entscheidungskalkiile und hierbei im Wesentlichen auf Invest it ionsentscheidungen.

2.3.2 Rechtsunsicherheit Akzeptiert man, dass Rechtsunsicherheit ein Problem ist, dem der Steuerpflichtige ausgesetzt ist, das aus okonomischer Sicht als unerwiinscht eingestuft werden kann, sind Mechanismen zu installieren, die es erlauben, Neuregelungen bei Bedarf einzufiihren, ohne die als unerwiinscht identifizierten Folgen von Steuerreformen entstehen zu lassen. Hierzu konnten Ubergangsregelungen in besonderem Ma£e geeignet sein. AUerdings gehen die Meinungen dariiber, ob Rechtssicherheit im Zusammenhang mit Steuerreformen iiberhaupt Regelungen und damit staatliches Eingreifen rechtfertigt, auseinander.^® ^^ Vgl. zu derartigen Wirkungen beim tjbergang von einer Einkommensteuer zu einer Konsumsteuer exemplaxisch Hall (1996), S. 74-77. ''8 Vgl. Kaplow (1986), S. 615-617; Snelting (1997), S. 181-227. Vgl. weiter dazu Kapitel 2.3.4.

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2 Theoretische Grundlagen

Die Unsicherheit hinsichtlich der zukiinftigen rechtlichen Rahmenbedingungen in Verbindung mit vollkommener oder partieller Entscheidungsirreversibilitat^^ ist die Hauptursache fiir den Einsatz von Ubergangsregelungen und damit auch fiir eine okonomische Analyse einer moglichen Ubergangspolitik. Gehen von dieser Unsicherheit negative Anreize im risikotheoretischen Sinn hervor, werden vormals vorteilhafte Investitionen durch nichtantizipierte Rechtsanderungen ex post zu Fehlinvestitionen, dann kommt es zu Anpassungshandlungen. Ubergangsregelungen konnen in diesem Zusammenhang zu einer Vermeidung oder Begrenzung derartiger Reaktionen beitragen und damit zu einer Wohlfahrtsverbesserung fiihren. Auf diese Weise wird gegebenenfalls eine unerwiinschte Allokation der Ressourcen beispielsweise auf sichere und riskante Anlageobjekte verhindert bzw. reduziert. Sobald Investitionen nicht vollkommen reversibel sind, bergen sie Optionen, wie etwa eine Warteoption, die unter Umstanden zu einem anderen Investitionsdurchfiihrungszeitpunkt fiihren.®° Die Option zu warten, die durch Rechtsunsicherheit bzw. fehlenden Vertrauensschutz iiberhaupt erst entsteht oder aber einen relativ hoheren Wert als bei Rechtssicherheit annimmt, kann durch Ubergangsregelungen entwertet bzw. in ihrem Wert reduziert werden. Auch vor dem Hintergrund der Realoptionstheorie konnen somit Ubergangsregelungen allokative Verbesserungen bewirken.®^ Eine umfassende okonomische Analyse von Ubergangsproblemen in der Tradition der Okonomischen Analyse des Rechts^^ findet sich bei Kaplow (1986).®^ Im deutschen Schrifttum hat sich neben zahlreichen Arbeiten von Steuerrechtswissenschaftlern®'* als Okonom vor allem Schneider (1982) mit der Bedeutung von Steuerrechtsunsicherheit vor dem Hintergrund der Forderung nach Planungssicherheit beschaftigt. Vgl. Sureth (1999), S. 243-245. Vgl. stellvertretend zur Realoptionstheorie Dixit/Pindyck (1994), Trigeorgis (1996) jeweils mit weiteren Nennungen. Dem Thema „policy uncertainty" widmen Dixit und Pindyck ein eigenes Kapitel, vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. S.303-309; Niemann (2004). Vgl. im Zusammenhang mit Realoptionen und Ubergangsproblemen Snelting (1997), S. 185-188. Zur Beriicksichtigung von Steuern in Realoptionsansatzen vgl. etwa Harchaoui/Lasserre (1996); Niemann (1999a); Niemann (1999b); Sureth (1999), S. 133-328; Jou (2000); Pennings (2000); Sureth/Konig (2000); Agliardi (2001); Niemann (2001a); Niemann/Sureth (2002); Sureth (2002), S. 185-221, Niemann/Sureth (2004), Niemann/Sureth (2005). Vgl. weiter Snelting (1997), S. 183-205. Vgl. hierzu Posner (1998). Vgl. auch Kapitel 2.3.5. Vgl. Kaplow (1986), S. 526. Vgl. hierzu auch die Ausfuhrungen in Kapitel 2.3.4. Vgl. stellvertretend Jebens (1995), S. 1057-1061.

2.3 Ubergangsregelungen

27

Schneider (1982) steht auf dem Standpunkt, dass Rechtssicherheit an sich kein Ziel sei. Rechtssicherheit sei immer dann iiberfliissig, wenn Neutralitat des Steuersystems vorliege.*^ Genau dann werden die Entscheidungen der Steuerpfiichtigen nicht durch die Besteuerung beeinflusst. Unter dieser Pramisse fiihrt auch Steuerrechtsunsicherheit nicht zu unerwiinschten Reaktionen der Entscheider. Steuerplanung lohne sich fiir den Entscheider nur dann, wenn der auf diese Weise realisierbare Mehrertrag die Kosten der Steuerplanung iibersteige.^® Bei einem neutralen Steuersystem kann kein Mehrertrag durch Steuerplanung erreicht werden, da die gleichen Entscheidungen auch ohne Beriicksichtigung von Steuern in der Planung getroffen wiirden. Muss der Entscheider hingegen damit rechnen, dass das Steuerrecht zu einem zukiinftigen Zeitpunkt seine Neutralitatseigenschaft verliert, so fiihrt diese Form der Rechtsunsicherheit zu Verzerrungen.®'' Das Ausma£ der Verzerrung konnte man dadurch reduzieren, dass man den Zeitpunkt der ersten Anwendbarkeit einer rechtskraftigen Steuerreform in die Zukunft verlegt und dadurch den Unsicherheitsgrad verringert oder aber Neuregelungen tatsachlich in Ganze nur fiir erstmals entstehende Sachverhalte anwendet,®* also auch unechte Riickwirkungen ausschlie£t. Eine umfassende Losung ist hier nur mit Hilfe von Ubergangsregelungen moglich. Es kann aufeerdem auf die Arbeiten von Rose, G. (1989) und Voss (1992) verwiesen werden, die sich mit Rechtsspriingen befassen. Diese Arbeiten konzentrieren sich dabei nicht ausschliefilich auf Gesetzesanderungen, sondern untersuchen auch Rechtsunsicherheit durch Rechtsspriinge im Bereich der Rechtsprechung.®^ Eine geschlossene rechtswissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema ,3teuerplanungssicherheit" ist die Arbeit von Hey (2002b). Hier wird neben Rechtsunsicherheit durch Gesetzesanderungen auch die zunehmende Unsicherheit durch die Rechtsprechung und deren Implikationen dargelegt.^® Mit den spieltheoretischen Aspekten der Implementierung neuen Rechts, allerdings nicht speziell des Steuerrechts, befassen sich einige Arbeiten. Hervorzuheben sind hier insbesondere die Arbeiten von Jost (1996), (1997), (1998). Eine okonomische Theorie richterlicher Entscheidungen fiihrt Kirstein (1999) ebenfalls unter Riickgriff auf Methoden der Spieltheorie durch. 85 86 8'' 88 89 90

Vgl, Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Schneider (1982), S. 87-88. Schneider (1982), S. 91. hierzu auch Feldstein (1976), S. 93. Feldstein (1976), S. 94 und S. 98-100. insbesondere Voss (1992), S. 92-115. hierzu auch Rose, G. (2002), S. 276-280; Hey (2004), S. 1897-1904.

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2 Theoretische Grundlagen

Eine umfassende finanzwissenschaftliche Analyse von tJbergangsgerechtigkeit beim Abbau von Steuervergiinstigungen ist die Arbeit von Snelting (1997), der auch die staatsrechtlichen Aspekte dieses Themas mit in seine Untersuchung einbezieht. Dass Rechtsunsicherheit insbesondere im Bereich des Steuerrechts zu antizipativem Verhalten und damit bei nichtneutralen Steuersystemen zu Verzerrungen fiihrt, ist im Rahmen theoretischer und empirischer Arbeiten iiber einen langeren Zeitraum erforscht worden. Samtliche Arbeiten, auch solche mit komplexen dynamischen Modellen unter Unsicherheit, bestatigen dies. Es sind insbesondere die Arbeiten von Sandmo (1979), King (1974) und King (1975), die hier als grundlegend betrachtet werden konnen. Darauf aufbauend weisen etwa Auerbach/Hines (1988), Auerbach (1989b), Auerbach/Hassett (1992) sowie Alvarez/Kanniainen/Sodersten (1998) und Alvarez/Kanniainen/Sodersten (1999) insbesondere den zum Teil erheblichen Einfluss derartiger Antizipationen zukiinftigen Steuerrechts im Bereich der Investitionsentscheidungen nach. Ubergangsregelungen und damit Vorschriften, die vor den unerwiinschten verzerrenden Auswirkungen zukiinftigen Rechts schiitzen bzw. diese abmildern, kommt daher eine grofie Bedeutung zu.

2.3.3 Schutzvorschriften im deutschen Steuerrecht Unterstellt man, dass steuerliche Faktoren iiberhaupt in der Planung eines Entscheiders beriicksichtigt werden, so strebt der Steuerpflichtige steuerliche Dispositionssicherheit^^ an. Das Steuerrecht bietet hier bestimmte Schutzmoglichkeiten. Es sind dies neben allgemeinen Regeln des Vertrauensschutzes und von Treu und Glauben^^ konkret die Vorschriften der §§ 176 und 204ff. AO i.V.m. dem Auskunftsbegehren gem. BMF-Schreiben vom 24.6.1987. Dieser Schutz greift allerdings nur bedingt im Zusammenhang mit Steuerreformen. § 176 AO ver^1 Vgl. Rose, G. (1989), S. 297; Snelting (1997), S. 85-91. ^^ Vgl. hierzu auch das Rechtsstaatprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG, woraus sich die Forderung nach Rechtssicherheit und Vertrauensschutz ableiten lasst. Vgl. grundsatzlich Hey (2002b). Vgl. hierzu im Rahmen der Diskussion der Riickwirkungen des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 Wermeckes (1999), S. 480 und S. 482. Vgl. auch Koppe (1988), S. 194-197; Jebens (1995), S. 1057-1061; Spindler (2001), S. 725-730. Anderer Ansicht in bestimmten Fallen o.V. (2002a), S. 10. Vgl. grundlegend zum Thema Riickwirkungen und Vertrauensschutz Tipke/Lang, J. (2002), S. 103-112 und S. 733-741 mit weiteren Nennungen. Vgl. im Zusammenhang mit der Forderung nach tfbergangsgerechtigkeit Snelting (1997), S. 52-67.

2.3 Ubergangsregelungen

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hindert alle Anderungen eines Steuerbescheides zum Nachteil des Steuerpflichtigen soweit diese auf nachtraglichen Rechtsanderungen beruhen. §§ 204-207 AO ermoglichen es dem Steuerpflichtigen, einen Antrag hinsichtlich einer verbindlichen Auskunft fiir die zukiinftige steuerliche Behandlung eines gepriiften Sachverhaltes zu stellen.^^ Diese verbindliche Auskunft bietet jedoch keinen Schutz mehr bei Rechtsanderungen mit Wirkung fiir die Zukunft.^^ Die genannten Vorschriften schiitzen zwar unter bestimmten Bedingungen, das hei£t in Abhangigkeit von der Bescheidsitnation bzw. vom Abschluss einer Priifung, vor steuerlichen Nachteilen, jedoch nicht vor den nichtsteuerlichen Schaden durch eine Veranderung der relativen Preise am Markt in Folge einer Steuerreform oder durch eine okonomische Fehlentscheidung in der Vergangenheit, beurteilt vor dem Hintergrund des neuen reformierten Steuerrechts. Sie schiitzen auch nicht vor den verzerrenden Wirkungen einer unerwarteten Steuerbegiinstigung.^^ Einen umfassenden Schutz vor Steuerrechtsanderungen^^ wiirden verbindliche „Vertrauensschutzbescheide" bieten, durch die auf schriftlichen Antrag des Steuerpflichtigen hin die Steuerrechtslage in einer Angelegenheit festgeschrieben wird. Ein solches Verfahren konnte jedoch dazu fiihren, dass die Finanzbehorden eine Flut von Antragen zu bearbeiten hatten und folglich ihren Aufgaben nicht mehr gerecht werden konnten. Abhilfe, die zumindest alle steuerlichen Nachteile vermeidet, konnte man alternativ schafFen, indem man Ubergangsregelungen implementiert, die unechte Riickwirkungen ausschliefien.^^ Ubergangsregelungen stellen stets einen Eingriffdes Staates dar, der dem Schutz des Steuerpflichtigen vor Rechtsunsicherheit dient. Ein derartiger Schutz ist ^^ Vgl. hinsichtlich der erneut erhobenen Forderung nach einem Rechtsanspruch auf eine verbindliche Auskunft o.V. (2002c), S. 13. ®^ Vgl. Rose, G. (1989), S. 301-304; Siegel (1982), S. 75 ^5 Vgl. Rose, G. (1989), S. 298. ^® Vgl. grundsatzlich hier Hey (2002b). Vgl. des Weiteren beispielsweise die Diskussion zur Abschaffung der Steuerbegiinstigung von Sozialpfandbriefen (§ 3a EStG), zur riickwirkenden Verlangerung der Spekulationsfrist des § 23 EStG durch das Steuersenkungsgesetz oder Schiftsbaubeteiligungsentscheidung des BVerfG. Hierzu u.a. BVerfG-Urteil vom 05.02.2002; Hey (2002a) S. 2312-2314; BFH-Beschluss vom 05.03.2001, S. 405; BFH-Urteil vom 6.03.2002, S. 453; BVerfG-Urteil vom 03.12.1997. Vgl. dazu Mittermaier (1998), S. 549-552. Vgl. weiter etwa Balmes (2001), S. 392-396; Reimer (2001), S. 725-736; Spindler (2001), S. 725-730; Schaumburg (2000), S. 1884-1891; Hey (1998), S. 1444-1451; Leisner (1998), S. 254-266; Munch (1997), S. 1674-1677; Snelting (1997), S. 67-78. Zum Riickwirkungsverbot vgl. weiter BFH-Urteil vom 02.12.1997, S. 626; BFH-Urteil vom 11.02.1998, S. 769; Schafer (1993), S. 558-567. ^7 Vgl. Rose, G. (1989), S. 305-307; Voss (1992), S. 116-169. Vgl. auch Hey (2002b), S. 735-736.

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2 Theoretische Grundlagen

verfassungsrechtlich geboten, auch wenn die Steuerreform an sich keine verfassungsrechtlichen Bedenken aufwirft. Dies ergibt sich aus dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhaltnisma£igkeit^^ Abgesehen vom verfassungsrechtlichen Gebot derartiger Ubergangsvorschriften, stellt sich auch grundsatzlich vor dem Hintergrund okonomischer Kriterien die Frage, ob der Steuerpflichtige vor Rechtsunsicherheit zu schiitzen ist. Dies kann nur dann der Fall sein, wenn es sich um eine Form von Marktversagen handelt.^^ Auch dann sollte der Staat nicht eingreifen, wenn die Kosten des staatlichen Schutzes hoher sind als der hierdurch erzielte Nutzen. Den Aufwand im Sinne von Verwaltungsaufwand fiir eine staatliche Schutzma£nahme tragen alle Steuerpflichtigen, Nutznie£er hingegen sind lediglich die Steuerpflichtigen, die unmittelbar durch die Regelung betroffen sind. Eventuell kann es jedoch in Folge der Verbesserung der Erreichung des Ziels der Effizienz durch die Implement ierung von Ubergangsregeln zu einem GegenefFekt kommen, der alien Steuerpflichtigen zugutekommt. Es wird in jedem Fall deutlich, dass bereits durch die Einfiihrung von Ubergangsregelungen Verzerrungen auftreten konnen, die wohlfahrtsokonomisch zu beurteilen sind.^®° Fiir eine umfassende Analyse ist ein wohlfahrtstheoretisches allgemeines Gleichgewichtsmodell erfoderlich. Da im Rahmen dieser Arbeit iiberwiegend betriebswirtschaftliche und damit einzelwirtschaftliche Aspekte im Vordergrund stehen und lediglich ein grober Uberblick iiber weitere Facetten dieses Themas geliefert werden soil, verzichten wir an dieser Stelle auf vertiefende Ausfiihrungen.^®^ Stuft man als Folge derartiger Uberlegungen die Einfiihrung von Ubergangsregelungen als sinnvoll ein, gilt es herauszufinden, welche Alternativen existieren und welche vor dem Hintergrund des Ziels allokativer Eflftzienz oder der betriebswirtschaftlichen Entscheidungsneutralitat eine moglichst hohe Zieler^® 99 100 101

Vgl. Wermeckes (1999), S. 481 mit weiteren Nennungen. Vgl. Kaplow (1986), S. 536-550. Vgl. Walz (1988), S. 266-268. Vgl. Hammond (1990), S. 6-33 mit weiteren Nennungen. Vgl. auch S0rensen (2002), S. 347-378, der eine Simulation der Wirkungen der deutschen Steuerreform durch das Steuersenkungsgesetz auf der Grundlage eines detaillierten allgemeinen Gleichgewichtsmodell durchfiihrt. Vgl. hierzu auch die Untersuchung von Kitterer (1990), S. 285304, sowie die Vielzahl der Arbeiten im Zusammenhang mit der amerikanischen Diskussion iiber einen Wechsel zu einer Konsumsteuer. Vgl. die Simulationen von Summers (1981); Auerbach/Kotlikoff (1983); Seidman (1984); Auerbach/Kotlil«)ff (1987), Dal y / L a s t m a n / N a q u i b (1988); McGee (1989); Altig/Auerbach/Kotlikoff/Smetters/Walliser (2001). Vgl. auch Harberger (1962); F u l l e r t o n / K i n g / S h o v e n / W h a l l e y (1981); Fullerton (1983), S. 108 jeweils mit weiteren Nennungen. Vgl. grundlegend zu Ubergangsproblemen beim Obergang zu einer Konsumsteuer Stiglitz/Schonfelder (1989), S. 661-662.

2.3 Ubergangsregelungen

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reichung gewahrleisten. Hierzu sind Kosten-Nutzen-Analysen^^^ bzw. Steuerbelastungsanalysen durchzufiihren. Problematisch ist in diesem Zusammenhang, dass nicht alle Kosten-Nutzen-Faktoren ohne Weiteres quantifizierbar sind und man somit dem Problem des Einflusses von Wertvorstellungen auf den Kalkiil ausgesetzt ist^°^ oder sich ausschlie£lich auf Zahlungsgrofeen beschranken muss.

2.3.4 Stichtagsregeiungen Unter Stichtagsregeiungen versteht man Vorschriften iiber den Zeitpunkt und den Umfang des Inkrafttretens von Steuerreformen. Grundlegend in der Untersuchung der Wirkungsweise verschiedener derartiger Regelungen ist die Arbeit von Graetz,^^'* der sich mit der Beurteilung unterschiedlicher Variant en des Inkrafttretens anhand der Kriterien Effizienz und Gerechtigkeit befasst hat. Darauf fufiend sind weitere Arbeiten zu diesem Themenkomplex von anderen Autoren entstanden,^^^ die sich zum Teil Spezialfallen zuwenden. In dem Aufsatz von Graetz (1977) werden verschiedene Arten des Inkrafttretens untersucht.^^^ Unterschieden wird zwischen • einer riickwirkenden Einfiihrung, • einer Einfiihrung per sofort oder per Anfang nachsten Jahres, • einer verzogerten Einfiihrung, • einer schrittweisen Einfiihrung, • einer grandfathered Einfiihrung, das heiftt, Invest it ionen, die unter altem Recht getatigt wurden und Einkiinfte aus diesen werden von der Neuregelung ausgenommen, • einer holder-only grandfathered Einfiihrung, das hei£t, ausgenommen werden Investitionen, die unter altem Recht getatigt wurden und Einkiinfte aus diesen, falls der Steuerpflichtige diese bereits zu einem bestimmten Zeitpunkt besafi. 102 Ygj g^m^jj ^gj^ Disput zwischen Kennedy und Markovits iiber die Eignung des Einsatzes von Kosten-Nutzen-Analysen bei der Beurteilung politischer, gesetzlicher bzw. rechtlicher Mafinahmen. Vgl. Kennedy (1981), S. 387-445; Markovits (1983), S-1169-1198. 103 Vgl. Walz (1988), S. 267. 104 Vgl. insbesondere Graetz (1977); aber auch Graetz (1979). 105 Vgl. z.B. die Arbeiten von Zodrow (1981); Bradford (1984); Kaplow (1986), Zodrow (1986); Zodrow (1992). Vgl. auch Sharchar (1984); Goode (1987); Walz (1988); Boadway/Bruce (1992); Snelting (1997). Eine ahnliche Unterscheidung findet sich bei Kaplow (1986), S. 581-592.

32

2 Theoretische Grundlagen

Die Art der Implementierung und damit des Inkrafttretens ist entscheidend fiir die Auspragung der Riickwirkungen, die durch die Steuerreform hervorgerufen werden. Hierbei muss difFerenziert werden zwischen dem carryover problem, also der Besteuerung unversteuerter alter Einkommensbestandteile durch neues Recht bzw. der erneuten Besteuerung bereits versteuerter Einkommensteile und den Riickwirkungen durch Preisanderungen in Folge der Steuerreform. ^^^ Zur Veranschaulichung wird das folgende Szenario betrachtet:^^® • Unterstellt wird die Aufhebung einer Steuerbefreiung einer Kapitalanlage mit geringer Fungibilitat. • Unsicherheit besteht nur hinsichtlich des Steuerrechts, alle anderen Daten sind sicher. • Die Investition ruft gleichma£iges Einkommen am Ende jeden Jahres hervor. • Der Anlagebetrag wird am Ende der Laufzeit der Kapitalanlage an den Anleger zuriickgezahlt. • Es gibt zwei Gruppen von Steuerpflichtigen - marginaler Einkommensteuersatz: 50% - marginaler Einkommensteuersatz: 20% • Es gibt zwei Anlagealternativen: - steuerpflichtige Kapitalanlage mit einer Vorsteuerrendite von i = 8% - zunachst steuerfreie Kapitalanlage mit einer (Vorsteuer-)Rendite von i = 6%. Fiir die Untersuchung der Wirkungsweise einer Steuerreform ist es unerheblich, ob die Abschaffung einer Steuerbefreiung oder die Einfiihrung einer Steuerbefreiung aus einer Lenkungsmotivation heraus betrachtet wird. Es geht hier ^^"^ Vgl. im Zusammenhang mit dem Ubergang von einer Einkommensteuer zu einer Konsumsteuer Bradford (1984), S. 159-166 und S. 180-187. Vgl. hierzu auch Graetz (1977), S. 50; Graetz (1979), S. 1649-1650; Kaplow (1986), S. 611-614; Hall (1996), S. 74-77. Vgl. zu den Erfahrungen mit der Einfiihrung eines konsumbasierten Steuersystems in Kroatien Wagner/Wenger (1996). Vgl. auch die Arbeit von Kiesewetter, der seine Vorschlage zu einer detailgerechten Umsetzung einer zinsbereinigten Einkommen- und Korperschaftsteuer im deutschen Steuerrecht auch vor dem Hintergrund etwaiger Deklarations-, Erhebungs- und Reformkosten beurteilt, vgl. Kiesewetter (1999), insbesondere S. 91-157. 108 Vgl. Graetz (1977), S. 53-54.

2.3 Ubergangsregelungen

33

nicht um die Bewertung der Steuerreformma£nahme an sich, sondern lediglich um die Effekte, die durch eine Reform hervorgerufen werden konnen, die speziell durch den Ubergang von einem „alten" Steuerrecht zu einem ,^euen" Steuerrecht auftreten. Entsprechende Ergebnisse, wie sie im Folgenden dargestellt werden, lassen sich somit auch fiir den umgekehrten Fall, das hei£t fiir einen Fall, in dem einzelne Steuerpflichtige eine besondere Begiinstigung erfahren, herleiten.^^^ Aus dem beschriebenen Szenario ergeben sich vor der beabsichtigten Steuerreform die folgenden Konstellationen:^^^

Stouertatz

1. stouarpflichtige Kapitalanlag*

1. 5 0 %

vor Steuem:

8%

vor Steuem:

6%

nach Steuem:

4%

nach Steuem:

6%

8%

vor Steuem:

6%

nach Steuem:

6%

2. 2 0 %

vor Steuem: nach Steuem:

6,4%

2. steuerfraie Kapitalanlage

Tabelle 2.1: Vorteilhaftigkeit der Kapitalanlagen vor AbschafFung der Steuerbefreiung im Vergleich

Die kursiv eingetragenen Renditen kennzeichnen jeweils die vorteilhaftere Anlagealternative. Fiir die Steuerpflichtigen mit einem Grenzsteuersatz von 50% empfiehlt es sich, in die steuerfreie Anlage zu investieren (Nachsteuerrendite: 6% im Vergleich zu 4%), wahrend es fiir Steuerpflichtige mit einem Steuersatz von 20% vorteilhafter ist, die steuerpflichtige Anlage zu wahlen (Nachsteuerrendite: 6,4% im Vergleich zu 6%). Wird im Rahmen einer Steuerreform die Steuerbefreiung aufgehoben, folgen die Werte von Tabelle 2.2. Fiir Steuerpflichtige mit hohem Grenzsteuersatz lohnt es sich nun, in die urspriinglich steuerpflichtige Kapitalanlage zu investieren. In der Tabelle nicht dargestellt sind die Preiswirkungen, die durch die Steuerreform hervorgerufen werden. Dadurch, dass Anleger mit hohem Steuersatz nun ^^^ Hierbei ist allerdings die Argumentation von Feldstein zu beachten. Vgl. Feldstein (1976b). Vgl. auch Snelting (1997), S. 14-23, der Feldsteins Arbeit aufgreift. 110 Vgl. Graetz (1977), S. 54-55.

2 Theoretische Grundlagen

34

vermehrt die 8%-Kapitalanlage nachfragen, steigt der Preis dieser Anlageform, wohingegen der Preis fiir die 6%-Kapitalanlage sinken wird.^^^

Stouarsatz

1.

50%

2. 2 0 %

1. steuerpflichtige Kapitalanlage

2. ahamala stauarfraia Kapitalanlaga

vorSteuem:

8%

vor Steuem:

6%

nach Steuem:

4%

nach Steuem:

3%

8%

vor Steuem:

6%

nach Steuem:

4,8 %

vor Steuem: nach Steuem:

6,4 %

Tabelle 2.2: Vorteilhaftigkeit der Kapitalanlagen nach Abschaffung der Steuerbefreiung im Vergleich

Ohne die verschiedenen Effekte weiter vertiefen zu wollen, wird deutlich, dass die Steuerreform in Folge einer Veranderung der relativen Preise erhebliche Riickwirkungen auf die verschiedenen Steuerpflichtigen hat, die im Vertrauen auf den alten Rechtsstand Investitionen durchgefiihrt haben. Ex post hat sich z.T. die relative Vorteilhaftigkeit der alternativen Investitionsobjekte verandert.^^^ Unterstellt man die riickwirkende Einfiihrung des neuen Rechts, so bietet diese Stichtagsvariante gewisse Vorteile. Sie verhindert durch die Steuerreformdiskussion ausgeloste Ausweichhandlungen. Solche wlirden anderenfalls vorgenommen werden, um steuerliche Vorteile noch vor Inkrafttreten des neuen Rechts nutzen zu konnen. Die riickwirkende Steuerreform vermeidet derartige unerwiinschte Substitutionen.^^^ Unabhangig davon, ob eine Steuerreform mit Wirkung fiir die Zukunft (hier die Abschaffung einer Steuerbefreiung) sofort, mit einigen Perioden Verzogerung Oder auch schrittweise eingefiihrt wird, hat die Wahl eines Stichtags nur graduell-quantitative Wirkungen.^^^ Wird eine Steuerreform statt sofort in irgendeiner Weise ganz oder teilweise spater durchgefiihrt, so wird die steuerliche Belastung durch den Wegfall der Steuerbefreiung in gewissem Ma£e reduziert. 11^ 112 113 114

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Gra«tz (1977), S. 55-57; vgl. auch Walz (1988), S. 262-263. Snelting (1997), S. 24-31. Kaplow (1986), S. 607-610. Walz (1988), S. 262-265.

2.3 Ubergangsregelungen

35

Diese Wirkung ist grundsatzlich unabhangig von der Laufzeit der Anlage, so lange diese iiber den Tag des vollstandigen Inkrafttretens der Steuerreform hinausgeht. Steuerpflichtige mit hohem Steuersatz sind durch spatere Reformen relativ starker begiinstigt als diejenigen mit niedrigem Grenzsteuersatz.^^^ Neben einer Reduktion des Barwertes der Steuerbelastung durch verzogertes Inkrafttreten treten Riickwirkungen auf. Diese konnen anhand eines Beispiels verdeutlicht werden: Der Anleger A verkauft dem Steuerpflichtigen B, der einen hohen Grenzsteuersatz hat, die 6%ige steuerfreie Kapitalanlage im Zeitpunkt m. Mit Wirkung vom Zeitpunkt m -f-1 wird die Steuerbefreiung dieser Anlage durch eine Steuerreform aufgehoben. Dies bedeutet fiir B, dass dieser entweder die Anlage vor dem Hintergrund des neuen Rechts zu teuer eingekauft hat bzw. dass er besser die steuerpflichtige 8%ige Kapitalanlage erworben hatte.^^^ Tullock (1975) zeigt, dass steuerliche Vergiinstigungen grundsatzlich bereits beim ersten Nachfolger, hier also bei B, ihre begiinstigende Wirkung verlieren, da diese vollstandig kapitalisiert werden. Die Abschaffung einer solchen Vergiinstigung ruft jedoch in jedem Fall relative Nachteile hervor, die den Erwerber B unter Beriicksichtigung des Kapitalisierungseflfektes starker treffen als den Anleger A. Aus diesem Grund sollten derartige Vergiinstigungen in Antizipation der negativen Folgen einer zukiinftigen Abschaflfung grundsatzlich gar nicht gewahrt werden.^^'^ Der Prage, ob B's Interessen per se schutzwiirdig sind, wird weiter unten in diesem Abschnitt nachgegangen. An dieser Stelle soil zunachst geklart werden, welche Form der grandfather rule zu bevorzugen ist bzw. welche Wirkungen diese im Einzelnen hervorrufen. Allgemeine grandfather rule per Inkrafttreten

Diese Klausel bewirkt, dass alle bis zum Inkrafttreten erworbenen steuerbefreiten Kapitalanlagen von der Aufhebung der Steuerbefreiung ausgenommen werden. ^^® Der Preis fiir die steuerfreie Anlage wird steigen, da nun Steuerpflichtige mit 115 Vgl. Graetz (1977), S. 58-59; Kaplow (1986), S. 587-592. 11^ Vgl. Graetz (1977), S. 59-60. 117 Vgl. Tullock (1975), S. 671-678. Vgl. auch Feldstein (1976b); Snelting (1997), S. 14-16. 11® Vgl. Bradford (1998), S. 156-157. Vgl. zur Anwendung von grandfather rules hn Zusammenhang mit der Einfiihrung einer Konsumsteuer Auerbach/KotlikofF (1983); Feldstein (1978), S. 486.

36

2 Theoretische Grundlagen

hoher Progression diese vor dem Stichtag verstarkt nachfragen werden. Das Ausma£ dieser Nachfrage bzw. des Preisanstiegs fiir diese Anlageform ist abhangig von den individuellen Steuersatzen und den Elastizitaten. Es gibt genau einen Steuersatz 5*, bei dem IndiflPerenz zwischen beiden Anlageformen gewahrleistet ist.ii^

Folge der grandfather rule ist es, dass Halter begiinstigter Anlagen einen iiber die Bestandssicherung hinausgehenden zusatzlichen Vermogenszuwachs durch den beschriebenen Preisanstieg erfahren.^^^ Neben Preiswirkungen hinsichtlich der steuerfreien Anlage selbst tritt eine Veranderung der relativen Preise auch fiir Substitute auf. Holder-only grandfather rule

Diese Ubergangsregelung bewirkt, dass die steuerfreie Anlage nur solange auch iiber die Implementierung der Steuerreform hinaus steuerbefreit bleibt, wie die Anlage nicht verauEert wird. Bei einem neuen Erwerber der Anlage sind die Ertrage daraus steuerpflichtig. Der Preis fiir die steuerfreie Anlage wird sinken, da diese fiir potenzielle Erwerber unattraktiv geworden ist. Sowohl fiir Steuerpflichtige mit hohem Grenzsteuersatz als auch fiir Steuerpflichtige mit niedriger Progression ist diese Anlage nur zu einem Preis unter dem Nominalwert interessant. Dies hat auf den Altanleger jedoch nur dann negative Auswirkungen, wenn sich dieser vor dem Ende der Laufzeit fiir den Verkauf der Anlage entscheiden soUte. Dann erleidet er eine Verm6genseinbu£e. Anderenfalls erfolgt fiir ihn eine Bestandssicherung.^^^ Zu einer Preiswirkung fiir Substitute kommt es auch in diesem Fall. Es lasst sich hieraus folgern, dass jede Stichtagsregelung Riickwirkungen hervorruft, auch dann, wenn eine Steuerreform lediglich mit Wirkung fiir die Zukunft implementiert wird. Grandfather rules, die grundsatzlich dem Vertrauensschutz dienen sollen, fiihren, sofern sie nicht auf den Halter beschrankt sind, zu einer iiber den Bestandsschutz hinausgehenden, besonderen Begiinstigung des ausgenommenen Sachverhalts.^^^ Holder-only grandfather rules gewahrleisten zwar eine Bestandssicherung fiir den Fall, dass das vormals steuerbefreite Investitionsgut bis an das Laufzeitende ^i» 120 121 122

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Graetz (1977), S. 61; Hettich/Winer (1985), S. 430. auch Bradford (1984), S. 167. Graetz (1977), S. 62. hierzu auch Walz (1988), S. 260.

2.3 Ubergangsregelungen

37

gehalten wird, jedoch kommt es zu Verzerrungen bei einer VerauEerung vor Endfalligkeit. Des Weiteren treten verzerrende Wirkungen fur Substitute auf. Praglich ist nun, ob die Interessen von B schutzwiirdig sind.^^^ Falls diese Prage mit ja zu beantworten ist, so konnte es sinnvoll sein, die Steuerreform durch eine entsprechende grandfather rule oder holder-only grandfather rule zu begleiten. Hierzu werden in der Literatur verschiedene Positionen eingenommen: 1. Position

Rechtliche und damit auch politische Anderungen, z.B. durch Steuerreformen sind grundsatzlich nichts Anderes als marktliche Anderungen, z.B. durch technischen Fortschritt. So wie es in einer Marktwirtschaft erwartet wird, das Individuen technischen Fortschritt antizipieren, indem sie beispielsweise die Lange des Produktlebenszyklus in ihrer Kalkulation beriicksichtigen, so wie eine Marktwirtschaft im schumpeterschen Sinn gerade durch Innovationen gekennzeichnet ist, so sind auch politische bzw. rechtliche ,J[nnovationen" von den Individuen zu antizipieren. Effizienz verlangt, dass Individuen mit Rechtsanderungen rechnen. Nur wenn die Individuen die Wahrscheinlichkeit einer Anderung beriicksichtigen, handeln sie rational.^^^ Akzeptiert man, dass rechtliche Unsicherheit keines besonderen Schutzes bedarf, eriibrigt sich jede Diskussion iiber Ubergangsregelungen. Diese selbst fiihren bei funktionierenden Markten zu Verzerrungen, die man gerade vermeiden mochte.^^^ Diese Argumentation setzt neben funktionierenden Markten allerdings voraus, dass rechtliche Anderungen die Folge eines gesellschaftlichen Konsenses sind. Das Pendant zur Kontrolle des Marktes bei technischen Innovationen ist in diesem Bereich das Regulativ „Wahlen".^^^ 2. Position

Politische und marktliche Prozesse sind in keiner Weise gleichzusetzen. Im Gegensatz zu marktlichen Prozessen, die durch Konkurrenz gepragt sind, miissen 123 Vgl. Michelman (1967). 124 Vgl. Michelman (1967), S. 1216-1217; Kaplow (1986), S. 509-513 und S. 533-536. In diesem Zusammenhang spielt das Ausmafi der Unsicherheit, mit der das Recht behaftet ist, eine entscheidende RoUe. Vgl. hierzu Kaplow (1986), S. 513 und S. 593-595. 125 Ygi 2ur Abwagung zwischen einer Losung bzw. Milderung der Rechtsunsicherheit durch den Markt oder alternativ durch den Staat, insbesondere bei Marktversagen durch Informationsasymmetrie nochmals Kaplow (1986), S. 536-550. Kaplow kommt hier schlie£lich zu dem Schluss, dass staatliche Versicherungen grundsatzlichen Ausnahmeregelungen, wie etwa durch grandfathering, vorzuziehen sind. Vgl. Kaplow (1986), S. 550. Vgl. auch Snelting (1997), S. 34-35. 126 Vgl. Graetz (1977), S. 65-66.

38

2 Theoretische Grundlagen

politische Prozesse als eher zentralistisch charakterisiert werden. Da derartige zentralistische Veranderungen weder der direkten KontroUe von Individuen noch der indirekten Kontrolle iiber Wahlen unterliegen und somit aus Sicht des Individuums willkiirlich erscheinen, ist ein Schutzmechanismus erforderlich. Kompensationszahlungen sind jedoch mit Vorsicht anzuwenden, da derartige Entschadigungen bei strikter Anwendung jede Reform unmoglich machen.^^^ 3. Position

Der Staat sollte die Steuerpflichtigen nicht vor Rechtsunsicherheit schiitzen, da die Gesamtheit aller Steuerpflichtigen die Kosten eines solchen Schutzes zu tragen hatte, wohingegen der Nutzen nur den unmittelbar durch die Regelung BetrofFenen zugute kommt, was dem Ziel allokativer Eflizienz widerspricht.^^* Des Weiteren sind im Rahmen einer Analyse Kosten und Nutzen kaum zu quantifizieren, da in die entsprechenden Gr6£en auch subjektive Wertvorstellungen einflie£en.^^^ Bemiiht man sich, mit Hilfe von Eflfizienziiberlegungen zu einer Losung zu gelangen, so ist man zunachst versucht das Pareto-Kriterium heranzuziehen. Da dieses implizit Einstimmigkeit verlangt, kann es als zu stark eingestuft werden. Alternativ kann man auf das Kaldor-Hicks-Kriterium zuriickgreifen, dass verlangt, dass die Gewinner einer Reform potenziell in der Lage sein miissen, die Verlierer der Reform zu kompensieren.^^° Will man vor diesem Hintergrund verschiedene Stichtagsregelungen nach Efiizienzgesichtspunkten beurteilen, ist es erforderlich, eine Kosten-Nutzen-Analyse durchzufiihren. Rechnet ein Steuerpflichtiger mit einer Reform, so wird er bei systemiibergreifenden Investitionen eine Risikopramie verlangen. Die Hohe der Risikopramie ist abhangig einerseits von der Wahrscheinlichkeit einer Steuerreform und andererseits von der Wahrscheinlichkeit einer grandfather rule. Kann der Steuerpflichtige allerdings grundsatzlich von der Einfiihrung einer grandfather rule ausgehen, so ist eine Risikopramie nicht erforderlich. ^^^ In diesem Zusammenhang soil nun der Frage nachgegangen werden, ob ein „Automatismus" fiir grandfather rules bei Steuerreformen individuellen Risikopra127 128 129 1^° 1^1

Vgl. Graetz (1977), S. 66. Vgl. auch Michelman (1967). Vgl. Feldstein (1976a), S. 126; Walz (1988), S. 267-268. Vgl. Walz (1988), S. 267. Vgl. im Zusammenhang mit tjbergangsproblemen dazu Hochman (1974), S. 320-321. Der Forderung nach grundsatzlichen grandfather rules steht beispielsweise Graetz kritisch gegenuber. Vgl. Graetz (1985), S. 1841.

2.3 Ubergangsregelungen

39

mien aus Effizienzgriinden vorzuziehen ist: • Nachteilig an grandfather rules ist es, dass etwaige Lenkungsabsichten einer Steuerreform verwassert bzw. verzogert werden. Dient die Abschaffung einer Steuerbegiinstigung beispielsweise der Erreichung von Umverteilungszielen, so steht dieser Absicht eine grandfather rule grundsatzlich entgegen. Steuerpflichtige mit hohem Grenzsteuersatz konnen in von der Reform ausgenommene Anlagen weiterhin investieren bzw. genie£en die Steuerprivilegien in Abhangigkeit von der Laufzeit noch erhebliche Zeit weiter.^^^ • Die Einfiihrung von grandfather rules verursacht hohere Planungs- und Durchfiihrungskosten fiir die Steuerpflichtigen und den Fiskus, da nach Inkrafttreten der Steuerreform stets zwischen durch die grandfather rule geschiitzten Anlagen und andere Anlagemoglichkeiten differenziert werden muss. Das Steuerrecht gewinnt hierdurch an Komplexitat, was wiederum zu Effizienzverlusten fiihrt.^^^ • Aus Effizienzgesichtspunkten ist die Begiinstigung der von der Steuerreform ausgenommenen Anlageform iiber den Bestandsschutz hinaus negativ zu beurteilen. • Grandfather rules fiihren aufeerdem zu Einnahmeausfallen des Fiskus, die durch andere unter Umstanden verzerrende Steuern ausgeglichen werden Ohne Anspruch auf Vollstandigkeit obiger Liste zu erheben, kann subsumiert werden, dass Effizienz nicht als Kriterium fiir die Befiirwortung von Ubergangsregelungen, insbesondere von grandfather rules, angefiihrt werden kann. Nachdem sich die Einfiihrung von grandfather rules nicht mit Effizienziiberlegungen rechtfertigen lasst, wird weiter untersucht, inwiefern Gerechtigkeitsiiberlegungen hierzu herangezogen werden konnen.^^^ Hierzu differenziert Graetz zwischen verschiedenen Interpretationen von Gerechtigkeit: • im Sinne von Verlasslichkeit, • im Sinne von horizontaler Gerechtigkeit, ^32 ^^3 134 135

Vgl. Graetz (1977), S. 71; Graetz (1985), S. 1839-1841. Diese Bedenken relativiert Bradford (1998), S. 161-163. Vgl. Zodrow (1992), S. 189. Ygi allgemein zu Gerechtigkeitsuberlegungen hinsichtlich von tJbergangsproblemen Hochman (1974), S. 320-333.

40

2 Theoretische Grundlagen • im Sinne von vertikaler Gerechtigkeit und • im Sinne der Vertragstheorie.

Beurteilt man grandfather rules vor dem Hintergrund von Gerechtigkeit, verstanden als Verlasslichkeit, so miisste man deren Einfiihrung grundsatzlich befiirworten, da grandfather rules die Bewahrung von Gewohnheitsrechten gewahrleisten konnen. Diesem Standpunkt entgegen steht allerdings, dass Gerechtigkeitsargumente auf der Grundlage von statischem Recht unbegriindet sind, da Gerechtigkeit als das Ergebnis eines gesellschaftlichen Konsenses steten Veranderungen unterliegt und sich folglich auch das Recht entsprechend anpassen muss.^^^ Somit kann die individuelle Verlasslichkeit keine Rechtfertigung fiir die Verhinderung gesellschaftlich wiinschenswerter Rechtsanderungen sein. Da grandfathering aufierdem nur einen kleinen Personenkreis schiitzt, muss gepriift werden, ob es nicht andere Personengruppen gibt, deren Verlasslichkeitsanspruch zusatzlich beachtet werden miisste. In Prage kommen hier z.B. die Emittenten von den in obigen Beispiel angefiihrten steuerbefreiten Kapitalanlagen sowie die Anbieter von Substituten. Verlasslichkeit kann somit nicht zur Begriindung von grandfather rules hinzugezogen werden. Dies gilt im Ubrigen auch fiir alternativ zum Schutz von Altinvestoren zu leistenden Kompensationszahlungen. Auch diese wirken behindernd auf die Anpassung des Rechts an einen neuen gesellschaftlichen Konsens und somit an geanderte politische Krafteverhaltnisse in Folge demokratischer Prozesse. Somit wirft Verlasslichkeit bereits an sich Gerechtigkeitsprobleme im Sinne eines dynamischen Gerechtigkeitsbegriffs auf.^^^ Es fragt sich weiter, ob man mit Hilfe des horizontalen Gerechtigkeitsbegriffes zu brauchbareren Ergebnissen gelangen kann. Die klassische Definition horizontaler Gerechtigkeit liefert hierzu keine eindeutigen Aussagen. Zum einen lasst sich grandfathering auf diese Weise ablehnen, indem man argumentiert, dass eine bestimmte Anlage am Kapitalmarkt nicht einmal steuerbefreit und zugleich steuerpflichtig sein kann, nachdem durch eine Steuerreform die Steuerbegiinstigung abgeschaflPt wurde, die Reform allerdings durch grandfather rules begleitet wurde. Grandfather rules wiirden in diesem Sinne die Abschaffung von Ungerechtigkeiten behindern.^^^ 136 Vgl. Graetz (1979), S. 1651. Vgl. auch Kaplow (1986), S. 522-525. 13^ Vgl. hierzu auch die Ausfiihrungen von Graetz (1977), S. 74-79; Kaplow (1986), S. 519. 138 Vgl. Graetz (1977), S. 79-80; Kaplow (1986), S. 580-581.

2.3 Ubergangsregelungen

41

Feldstein liefert eine davon abweichende Definition. Er versteht unter horizontaler Gerechtigkeit, dass Individuen mit gleichem Nutzenniveau auch nach einer Steuerreform das gleiche Nutzenniveau aufweisen miissen und kniipft somit am Nachsteuereinkommen an.^^^ Diese Definition erlaubt sowohl Kompensationszahlungen als auch grandfather rules. Problematisch ist allerdings, dass Feldstein Gerechtigkeit hinsichtlich der VorsteuergroSen impliziert. Dies wiederum bedeutet, dass jede Reform ohne Kompensationszahlungen zu Ungerechtigkeit in diesem Sinn fiihrt. Damit schlie£t er eine gerechtigkeitserhohende Reform und damit erwiinschte Umverteilungswirkungen einer Reform von vorneherein aus.^"*® Zieht man vertikale Gerechtigkeit heran, diirfen grandfather rules nur angewendet werden fiir Steuerbegiinstigungen, die vor allem den mittleren und unteren Progressionsbereich betreffen.^^^ Steuerreformen mit Umverteilungsabsichten diirfen hingegen keine grandfather rules enthalten.^"*^ Interpretiert man Rechtsanderungen als das Ergebnis von Verhandlungen im Sinne der Vertragstheorie, so gewahrleisten diese Verhandlungen konsensfahige Anderungen. Um die Flexibilitat des Rechtssystems zu erhalten, sind Kompensationszahlungen nur in geringem Ma£e moglich, z.B. im Sinne von Rawls^^^ nur fiir die Schwachsten. Vor diesem Hintergrund sind auch grandfather rules nicht zu befiirworten, da diese in ihrer Wirkung in der Regel nicht auf die Schwachsten beschrankt werden konnen.^^^ Somit lassen sich letztlich auch mit Hilfe von Gerechtigkeitsiiberlegungen keine eindeutigen Aussagen zu Gunsten von grandfather rules herleiten. Insgesamt folgt hieraus, dass grandfather rules weder durch Effizienz- noch durch Gerechtigkeitserklarungen gefordert sind und dass tendenziell Gewinne fiir die Eigentiimer von begiinstigten Anlagen entstehen. Die Institutionalisierung der Erwartung von grandfather rules sollte abgebaut werden, damit das Steuerrecht nicht seine Flexibilitat einbii£t. Dies kann z.B. durch termination dates und sunset laws erfolgen, also durch zeitliche Befristung.^^^ Auch die Untersuchungen anderer Autoren kommen zu insgesamt unbestimm-

141 142 143 144 145

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

hierzu auch Hettich/Winer (1985), S. 429. Feldstein (1976a), S. 122; Feldstein (1976b), S. 83; Graetz (1988), S. 80-81. Graetz (1977), S. 81-82. Kaplow (1986), S. 519. Rawls (1971). Graetz (1977), S. 85-86. Graetz (1977), S. 87; Reese (1979), S. 253.

42

2 Theoretische Grundlagen

ten Ergebnissen.^'^^ Wenn auch in einigen Arbeiten grandfathering befiirwortet wird, so geschieht dies nie ohne Einschrankung.^^^ Gezeigt wird aufcerdem, dass verzogerte oder schrittweise Stichtagsregelungen grandfather rules in vielen Fallen iiberlegen sind.^^®

2.3.5 Theoretische Erklarungsansatze Die Implementierung von Ubergangsregelungen lasst sich somit an dieser Stelle nur durch Marktversagen rechtfertigen.^"*^ Dieser Aspekt wird im Folgenden unter Anwendung der Erkenntnisse der Neuen Institutionenokonomik, der Neuen Politischen Okonomie und der Okonomischen Analyse des Rechts untersucht. Dabei konnen die drei herausgegriffenen Theorien nicht exakt voneinander abgegrenzt werden, sondern greifen in vielerlei Hinsicht ineinander.^^^ Diese Interdependenzen werden im Folgenden verdeutlicht. Die Neue Institutionenokonomik befasst sich mit der okonomischen Analyse von Institutionen, wobei die Schaffung und Nutzung von Institutionen Kosten im Sinne von Transaktionskosten verursachen.^^^ In diesem Zusammenhang sind das Steuerrecht, Steuerreformen und Ubergangsregelungen als kostenverursachende Institutionen zu verstehen. Der Einsatz von Ressourcen im Zusammenhang mit der Schaffung und Nutzung von Institutionen hat jeweils Einfluss auf die individuellen Verfiigungsrechte, auf die gesamtwirtschaftliche Allokation und somit auf die soziale Wohlfahrt. Wird das Steuerrecht als Institution verstanden und ist es nicht entscheidungsneutral ausgestaltet, so gehen hiervon Wirkungen aus, die das individuelle Verhalten, beabsichtigt oder unbeabsichtigt, in eine bestimmte Richtung lenken. Die Institution ..Steuerrecht" ruft damit Transaktionen und diese wiederum ^^^ Vgl. z.B. Shaxchar (1984), der die Auswirkungen von grandfather rules auf Verbindlichkeiten mit in seine Untersuchung einbezieht. Vgl. welter Goode (1987); Zodrow (1992). 147 Vgl. Goode (1987), S. 167-168; Zodrow (1992), S. 187-189. 148 Vgl. Graetz (1977), S. 87; Graetz (1985), S. 1839-1840. Vgl. zur Unterstutzung dieses Ergebnisses Zodrow (1981); Zodrow (1986) unter Beriicksichtigung intergenerationaler Effekte. Zu anderen Ergebnissen kommen Feldstein (1976a), S. 128; Goode (1987), S. 167-168; Graetz (1979), S. 1650. 149 Vgl. Kaplow (1986), S. 615. 1^° Vgl. hierzu etwa Behrends (2001), S. 87. 151 Vgl. grundlegend Alchian (1950); Coase (1960); Coase (1984), Williamson (1975); Schotter (1981, insbesondere S. 144-164; Williamson (1985) und North (1990). Einen umfassenden Literaturiiberblick zur Neuen Institutionenokonomik bieten etwa Richter/Furubotn (1999); Erlei/Leschke/Sauerland (1999) sowie Martiensen (2000).

2.3 Ubergangsregelungen

43

Transaktionskosten,^^^ die von null verschieden sind, hervor. Transaktionskosten entstehen beispielsweise in Form von Kosten der Steuerplanung und Steuerverwaltung.^^^ Positive Transaktionskosten implizieren zugleich unvollstandige Informationen und damit auch Marktversagen.^^'^ Greifen wir die Ergebnisse der okonomischen Analyse von Ubergangsregelungen von Kaplow (1986) auf, so kann dieses auf Transaktionskosten riickfiihrbare Marktversagen eine Rechtfertigung fiir die Implementierung von Ubergangsregelungen darstellen.^^^ Ebenfalls der Neuen Institutionenokonomik sind vertragstheoretische bzw. principal-agent-basierte Erklarungen zuzuordnen. Diese stellen nicht etwa alternative Ansatzpunkte dar, sondern sind besondere Auspragungen der Transaktionskostentheorie.^^^ Beide bauen auf der Annahme asymmetrischer Informationen auf. Das Abschliefien von Vertragen dient u.a. der Bewaltigung von Informationsasymmetrien und daraus hervorgehenden Principal-Agent-Problemen, der Risikominderung, der Vertrauensstarkung oder auch der Senkung von Transaktionskosten.^^^ Subsumiert man Rechtsregelungen und damit auch Steuergesetze unter derartige Vertrage, so sollen Ubergangsregelungen der Senkung von Transaktionskosten in diesem Sinne dienen. Die Neue Institutionenokonomik des Staates wendet Verfiigungsrechtsansatze, den Transaktionskostenansatz und die Vertragstheorie auf den Staat und dessen Organisationen an.^^® Hierbei lasst sich der demokratische Rechtsstaat verstehen als ein relationaler Vertrag zwischen den Biirgern und ihrem Herrscher.^^^ Aufgrund von Informationsasymmetrie und von UnvoUstandigkeit der verfiigbaren Informationen durch Unsicherheit konnen gesetzliche Regelungen und ahnli^°^ Unter Verzicht auf Verweise auf das umfangreiche Schrifttum zu diesem Thema sei nur auf Coase (1937) und Coase (1960) verwiesen. Vgl. fiir einen Literaturuberblick etwa Richter/Purubotn (1999), S. 45-77; Schoppe/Wass von Czege/Munchow/Stein/Zimmer (1995), S. 135-233. ^^^ Eine spieltheoretische Untersuchung beziiglich des erforderlichen Umfangs der Verwaltung in Abhangigkeit vom Steuersystem findet sich bei Ueng/Yang (2000). Hier wird deutlich, dass insbesondere das Ausma£ der vorliegenden Informationen fiir die beteihgten Gruppen bedeutend ist. Nur bei voUstandigen Informationen reicht eine geringe Verwaltungstatigkeit aus, um eine Implementierung und Anwendung der vorgeschlagenen Besteuerungsmethoden auch tatsachlich zu gewahrleisten. ^^"^ Vgl. beispielsweise Williamson (1971). ^^^ Vgl. hierzu die Ausfiihrungen in Kapitel 2.3.4. 1^^ Vgl. Erlei/Leschke/Sauerland (1999), S. 69-174; Martiensen (2000), S. 119-123. ^^'^ Vgl. zum Zusammenhang von Vertrauen und Prinzipal-Agenten-Beziehungen die okonomische Analyse von Rippberger (1998). 15® Vgl. z.B. North (1990). ^^^ Vgl. Richter/Furubotn (1999), S. 457-463 mit weiteren Nennungen.

44

2 Theoretische Grundlagen

che Anweisungen keine vollkommenen und vollstandigen Regelungen enthalten. Es verbleiben stets Ermessensspielraume fur die Agenten.^^^ Durch besondere Selbstverpflichtungserklarungen bzw. durch Regelungen, insbesondere durch Ubergangsregelungen, kann der Staat den Versuch unternehmen, Glaubwiirdigkeit und Verlasslichkeit gegeniiber den Biirgern zu signalisieren.^^^ Besonderes Augenmerk gilt den Institutionen im politischen Sektor. Hierzu gehort eine positive Theorie des Verhaltens der Teilnehmer am politischen Kraftefeld^^^ und damit des Konkurrenzkampfes um politische Amter. In diesem Zusammenhang spielen beispielsweise wechselseitige Gefalligkeiten, Stimmenhandel, Zusicherungen fiir bestimmte Interessengruppen und vieles andere mehr eine bedeutende Rolle.^^^ Hier konnen Ubergangsregelungen als SchutzmaEnahmen fiir bestimmte Wahlergruppen interpretiert werden. Des Weiteren steht die Foderalismustheorie, das heifit die Analyse der Kosten und Nutzen dezentraler politischer Systeme, im Vordergrund.^^^ Diesen Themen sind die folgenden Ausfiihrungen zur Neuen Politischen Okonomie gewidmet. Die Neue Politische Okonomie^^^ befasst sich mit der Erklarung des Entscheidungsverhaltens von Politikern, Regierungen und Verwaltungen unter Beriicksichtigung von Eigeninteressen. Macht und Wiederwahl sind Argumente in den individuellen Nutzenfunktionen der Politiker. Hier spielt auch der Einfluss von Interessengruppen eine wichtige RoUe.^^^ Politiker streben nach maximaler Anerkennung iiber Wahlen durch die Verteilung von Renten. Interessenguppen maximieren ihre erwarteten Nettoauszahlungen durch Versuche, Entscheidungen der Politiker in ihrem Sinn, direkt oder iiber die Wahler, zu beeinflussen. Steuerreformen, insbesondere der Implementierungsprozess, gegebenenfalls unter Beriicksichtigung von Ubergangsregelungen, unterliegen derartigen politoko16° Vgl. Richter/Purubotn (1999), S. 457. 161 Vgl. hierzu den Abschnitt zu den Schutzvorschriften im deutschen Steuerrecht, Kapitel 2.3.3. 162 Vgl. Erlei/Leschke/Sauerland (1999), S. 55. 163 Vgl. Buchanan/Tullock (1962); North (1990), S. 58-62. 164 Vgl. Erlei/Leschke/Sauerland (1999), S. 55-56. 16^ Vgl. hierzu als Begriinder der Public Choice Theory Buchanan/Tullock (1962). Fiir eine grundlegende Einfiihrung in das Thema mit umfassenden Literaturangaben vgl. Behrends (2001). Vgl. auch Stiglitz/Schonfelder (1989), S. 141-174; Homann/Suchanek (2000), S. 216-218. 166 Vgl. zum Einfluss der Interessengruppen auf die politische Willensbildung Olson (1965); Bernholz (1969), 276-287; Stigler (1971); Peltzman (1976), S. 211-240; Reese (1979), S. 248; Tullock (1988), S. 37-47.

2.3 Ubergangsregelungen

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nomischen Einfliissen.^^^ Gerade Steuern ermoglichen es aus Sicht der Regierung und der Politiker, ihre konzeptionellen und strategischen Zielvorstellungen durchzusetzen. Die Burger, die durch Steuern unmittelbar in ihrem Nettoeinkommen beeinflusst werden, sind von steuerlichen Ma£nahmen besonders betrofFen. Dies fiihrt auf beiden Seiten zu einer hohen Sensibilitat hinsichtlich steuerpolitischer Themen und bewirkt letztlich, dass Parteien und Politik im Wettbewerb um Stimmen dazu tendieren, mehr zu versprechen als sie halten konnen.^^® Da durch die Steuerpolitik sowohl allokative als auch stabilitatsorientierte als auch distributive Ziele verfolgt werden und die politischen Parteien sowie Interessengruppen unterschiedliche Praferenzen haben, kann nicht von einem einheitlichen Erwartungsmuster gesprochen werden. Durch wechselseitige Einflussnahme kommt es daher zu einem komplexen politischen Willensbildungsprozess.^^^ Die Durchsetzbarkeit einer Steuerreform hangt weiter stark davon ab, ob durch diese eher Steuerentlastungen oder zusatzliche Steuerbelastungen bewirkt werden. Des Weiteren spielt es eine entscheidende Rolle, wie gro£ die Gruppe derjenigen ist, die mit steuerlichen Entlastungen rechnen konnen bzw. wie gro& die Gruppe derjenigen ist, die von einer kiinftigen steuerlichen Mehrbelastung ausgehen konnen.^^° Eine Steuerreform lasst sich vor diesem Hintergrund besser wahlerstimmenmaximierend einsetzen, wenn man eine Vielzahl von steuerrechtlichen DifFerenzierungen unter Inkaufnahme von Aneutralitaten vornimmt. Hierbei werden in der ofFentlichen Diskussion steuerliche Erleichterungen iiberbetont, wahrend zusatzliche Belastungen heruntergespielt oder iibergangen werden.^^^ Damit konnen letztlich demokratische Strukturen eine dauerhafte Steuervereinfachung verhindern.^^^ Dies zeigte sich in der Vergangenheit auch in Deutschland bei verschiedenen fundamentalen Steuerreformvorschlagen.^^^ Einige gelungene Steuerreformprojekte belegen jedoch auch das Gegenteil. So verdeutlicht etwa die i^*^ 168 16^ 1^0

Vgl. Haller (1973), S. 22 und S. 28-31. Vgl. Folkers (1983), S. 202; Pranke (1983), S. 176-177. Vgl. Jost (1998), S. 19; Franke (1983), S. 173-174. Vgl. hierzu ausfuhrlich Haller (1973), S. 22-28; Reese (1979), S. 248. Vgl. auch Folkers (1983), S. 191 und S. 197-198; Snelting (1997), S. 38-41. I'^i Vgl. Buchanan (1987), S. 29; Folkers (1983), S. 197-200; Franke (1983), S. 183; Reese (1979), S. 248. 172 Vgl. Franke (1983), S. 187. Vgl. auch Folkers (1983), S. 189 und S. 202; Schon (2002), S. 29-30. 1*^^ Sehr anschaulich schildert Snelting das Scheitern so genannter „guter'* Reformvorschlage. Vgl. Snelting (1997), S. 39-41.

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2 Theoretische Grundlagen

Untersuchung des Tax Reform Acts 1986 in den USA durch Folkers (1987a), dass eine grofee Steuerreform mit grundlegenden Vereinfachungen bei iiberzeugenden Konzepten und politischen Strategien sehr wohl moglich ist.^^"* Die Neue Politische Okonomie befasst sich somit u.a. mit Ubergangsproblemen der 1. Ordnung, also mit den Problemen, die auf dem Weg von der Steuerreformidee zum neuen Recht auftreten. Dem Einfluss von Institutionen und Wahlerverhalten^^^ auf diesen Anpassungsprozess gehen beispielsweise Hurwicz (1994) und Chen (2000) unter Anwendung spieltheoretischer Methoden nach.^^^ Ebenfalls dieser Forschungsrichtung zuzurechnen ist die Arbeit von Wangenheim (1995). Unter Anwendung der Erkenntnisse der Okonomischen Theorie der Regulierung^^^ fiihrt er ein rent-seeking Spiel bei Beriicksichtigung des Einflusses der Wahler und der Interaktion von Legislative und Judikative durch. Weiter ist in diesem Zusammenhang die Arbeit von Folkers hervorzuheben.^^® Den Einfluss der Institution „Steuerrecht" auf den politokonomischen Prozess betrachtet Snelting (1997). Er zeigt, dass Vertrauensschutz im Zusammenhang mit dem Abbau von Steuervergiinstigungen dazu fiihrt, dass die Wahrscheinlichkeit fiir derartige Reformen stark abnimmt, was potenzielle Wohlfahrtsverluste impliziert. Dies bestatigt, dass Vertrauensschutz die Gefahr des Stillstands des politischen Entscheidungsprozesses birgt.^^^ Mochte man unerwiinschtes Wahlerverhalten insbesondere free-rider-Strategien in Zusammenhang mit der Bereitstellung offentlicher Giiter bei den Biirgern vermeiden und es so ermoglichen, politokonomische Einfliisse gering zu halt en, so stellen so genannte Clarke-Steuern eine vielversprechende Methode dar. Sie bewirken einen Anreizmechanismus, der die Biirger veranlasst, ihre wahren Praferenzen zu offenbaren.^®^ Allerdings stellt dieser Mechanismus sehr hohe Anforderungen an das erforderliche Informationsniveau. So miisste ein Individuum beispielsweise fiir jedes offentliche Gut seinen individuellen Nettonutzen berech174 Vgl. Folkers (1987a), S. 281. 17^ Die Grundlagen dieses Aspekts der Neuen Politischen Okonomie gehen zuriick auf Downs (1957); Buchanan/TuUock (1962). 176 Vgl. auch Tullock (1967); Buchanan (1968). 177 Vgl. Stigler (1971), 3-21; Tullock (1988), S. 37-47. 178 Vgl. Folkers (1983); Folkers (1985). 179 Vgl. Snelting (1997), S. 205-227, insbesondere S. 225. Vgl. hierzu auch die Ausfuhrungen in Kapitel 2.3.4 zu einer Rechtfertigung von Cbergangsregelungen durch Gerechtigkeitsargumente, insbesondere im Zusammenhang mit einem dynamischen GerechtigkeitsbegrifF. 180 Vgl. Clarke (1971); Groves/Loeb (1975).

2.3 Ubergangsregelungen

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nen. Hierdurch konnen NebenefFekte auftreten, die den eigentlichen Anreizmechanismus storen.^^^ Die Anforderungen, die der Einsatz von Clarke-Steuern in der Realitat stellt, sind so hoch, dass sie in der Regel im Rahmen eines politischen Prozesses nicht bewaltigt werden konnen. Vor diesem Hintergrund eriibrigt es sich, der Frage, ob Clarke-Steuern insbesondere im Zusammenhang mit der Implementierung neuen Steuerrechts Vorteile bergen, weiter nachzugehen. Die Okonomische Analyse des Rechts^®^ untersucht die okonomischen Folgen rechtlicher Regeln einschliefilich deren wohlfahrtsokonomischer Bewertung. Untersucht wird die Wirkungsweise und Effizienz von Gesetzen, Richterspriichen und anderen rechtlichen Regelungen.^*^ Dieses Analyseinstrumentatrium ist in den USA entwickelt worden und geht zunachst auf die Arbeiten von Coase (1960) und Calabresi (1961) zuriick. Beide wenden erstmals eine okonomische Analyse in systematischer Art und Weise auf Rechtsgebiete an.^®"* Darauf aufbauend ist es vor allem Posner, der Gesetze und Rechtsprechung hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Implikationen, insbesondere beziiglich gesamtwirtschaftlicher Effizienz untersucht.^^^ Er leitet sein Grundlagenwerk mit den folgenden Worten ein: „... economics is a powerful tool for analyzing a vast range of legal questions but ... most lawyers and law students - even very bright ones - have difficulties connecting economic principles to concrete legal problems." ^®^ Die Okonomische Analyse des Rechts hat inzwischen weite Verbreitung sowie Akzeptanz im juristischen wie auch im okonomischen Lager gefunden^®^ und kann sowohl als Instrument fiir eine normative als auch fiir eine positive Untersuchung eingesetzt werden. Dies gilt, obwohl insbesondere im Zusammenhang mit der optimalen Verteilung von Einkommen und Vermogen okonomische Theorien, die grundsatzlich nicht auf Werturteile zuriickgreifen, versagen.^^* 181 Vgl. Wellisch (1999a), S. 193-194. 1®^ Vgl. zu den Grundlagen der Okonomischen Analyse des Rechts Cooter/Ulen (2000); Posner (1998); Mercuro/Medema (1997); Miceli (1997). Vgl. auch Behrens, P. (1986). Ein umfassender Literaturiiberblick findet sich auch bei Assmann/Kirchner/Schanze (1993). 183 Vgl. EidenmuUer (1995), S. 4-9. 184 Vgl. Posner (1998), S. 25-26. 18^ Vgl. die Erstauflage von dem inzwischen in fiinfter Auflage erschienenen Werk von Posner, vgl. Posner (1972). 186 Posner (1998), S. 3. 18^ Die Sinnhaftigkeit dieser Interdisziplinaritat stellen auch u.a. Kirchner (1993) und Siegel/Kirchner/Elschen/Kiipper/Riickle (2000) heraus. 188 Vgl. Posner (1998), S. 26-29.

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2 Theoretische Grundlagen

Die Arbeit Posners baut auf dem neoklassischen Pramissensystem auf und unterstellt damit rationales Handeln und funktionierende Markte. Gerade diese Annahmen wurden kritisiert^^^ und spater von Posner in gewissem Ma£e relativiert.^^^ Die Methodenvielfalt innerhalb der Okonomischen Analyse des Rechts ist ahnlich gro£ wie in den (verwandten) zuvor angesprochenen Theorien. Neben allgemeiner Gleichgewichtstheorie finden sich spieltheoretische und entscheidungstheoretische Arbeiten sowie Arbeiten aus dem Bereich der Kapitalmarkttheorie^®^ Weiter sind Aspekte der Vertragstheorie,^^^ des Foderalismus,^^^ der Neuen Politischen Okonomie^^^ und auch der Neuen Institutionenokonomik von Bedeutung.^^^ Wahrend sich die Okonomische Analyse des Rechts streng genommen an einem gesamtgesellschaftlichen Effizienzkriterum orientiert und damit stets die Wirkungen auf die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt im Vordergrund steht, stellt die „Okonomische Theorie des Rechts" einen auf der Grundlage der Neuen Institutionenokonomik entstandenen methodischen Ansatz mit individualistischer Blickrichtung dar. Sie befasst sich mit dem Einfluss von rechtlichen Regeln auf das wirtschaftliche Handeln der Betroffenen.^®^ Okonomische Analyse des Rechts und Okonomische Theorie des Rechts sind jedoch nicht als konkurrierende Ansatze zu verstehen: jJDer Riickgriff auf die gesamtwirtschaftliche Effizienz von Rechtsnormen ist allerdings - nach dem individualistischen Ansatz der Neuen Instititionen-Okonomik oder der Okonomischen Theorie des Rechts - erst dann zulassig, wenn die aus der gesamtwirtschaftlichen Effizienzbetrachtung resultierenden gesamtwirtschaftlichen Vorteile einer rechtlichen Regelung an die individuellen Akteure weitergegeben werden. Dies ist der Fall, wenn die gesamtwirtschaftliche Vorteilhaftigkeit einer Rechtsnorm auf der individuellen Ebene der Beteiligten 189 vgl. grundlegend Polinsky (1974). Vgl. weiter Krimphove (2001), S. 502-505 mit weiteren Nennungen. 190 Vgl. Posner (1990), S. 353-392 und S. 454-469; Posner (1998), S. 29-31. Vgl. hierzu auch die Ausfiihrungen von Assmann/Kirchner/Schanze (1993), S. XIII. 191 Fiir einen Oberblick vgl. beispielsweise Cooter/UIen (2000), S. 9-55. 192 Vgl. z.B. Cooter/Ulen (2000), S. 177-223; Miceli (1997). 193 Vgl. etwa Posner (1998), S. 695-714. 194 Vgl. Mercuro/Medema (1997), S. 84-100. 195 Vgl. Williamson (1993), S. 99-118; Mercuro/Medema (1997), S. 130-156. 196 Vgl. Krimphove (2001), S. 506.

2.4 Ausgangspunkt der Analysen

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diesen mehr Handlungsmoglichkeiten bzw. Kooperationsmoglichkeiten verschafFt als andere rechtliche Handlungsalternativen."^^^ Im Rahmen dieser Arbeit werden die Auswirkungen steuerrechtlicher Regelungen^^® auf das Entscheidungsverhalten analysiert und so die Wirkungen bzw. Riickwirkungen von Steuerreformen sowie die dadurch hervorgerufenen Anpassungsreaktionen okonomisch beurteilt.^^^ Auf diese Weise konnen Verzerrungen identifiziert und beurteilt werden. Wir verzichten allerdings im Folgenden auf eine Differenzierung zwischen einer Okonomischen Analyse des Rechts und der Okonomischen Theorie des Rechts. Obwohl es sich in den Kapiteln 3 und 4 um einzelwirtschaftliche Pragestellungen handelt, werden die Ergebnisse zum Teil auch in einen gesamtwirschaftlichen Kontext eingeordnet und interpretiert.^°° Vereinfachend sprechen wir daher grundsatzlich von einer Okonomischen Analyse des Rechts.

2.4 Ausgangspunkt der Analysen Wahrend im Rahmen der Darstellung der theoretischen Grundlagen bisher sowohl auf einzelwirtschaftliche als auch gesamtwirtschaftliche Aspekte eingegangen worden ist, handelt es sich bei den Analysen in Kapitel 3 und 4 jeweils um Partialmodelle, die sich weitgehend auf den Einfluss der Besteuerung von Beteiligungsertragen auf unternehmerische Investitionsentscheidungen beschranken. Des Weiteren konnen tendenzielle Wirkungen beziiglich der Entscheidungen iiber die Gewinnverwendung wie auch iiber den Zeitpunkt einer Beteiligungsverau£erung hergeleitet werden.^^^ Wir konzentrieren uns damit ausschlie£lich auf Ubergangsprobleme 2. Ordnung. Damit kommt neben der laufenden Gewinnbesteuerung der Besteuerung eines Verau£erungsgewinns besondere Bedeutung zu.

^^^ Krimphove (2001), S. 509 mit weiteren Nennungen. 1^® Zu einer okonomischen Analyse spezieller steuerrechtlicher Vorschriften vgl. Posner (1998), S. 523-550. Aufeerdem kann exemplarisch auf die Arbeiten von Kaplow (1986) und Graetz (1977). ^^^ Beziiglich der Probleme, die bei einer IVansformation des Privatrechts auftreten konnen, und inwieweit hier die okonomische Analyse des Rechts hilfreich eingesetzt werden kann vgl. Assmann (1993), S. 17-61. ^°° Dies erfolgt allerdings stets unter den Einschrankungen des gewahlten Pramissenrahmens. ^°^ Dies gilt vor allem fiir das 3. Kapitel.

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2 Theoretische Grundlagen

Das Schrifttum hat sich umfangreich theoretisch mit den okonomischen Wirkungen der Besteuerung auseinander gesetzt.^®^ In vielen Arbeiten steht dabei auch das Zusammenwirkungen von laufender Besteuerung und Verau£erungsgewinnbesteuerung im Mittelpunkt. Stiglitz (1969) untersucht den Einfluss einer capital gains tax auf die Nachfrage nach risikobehafteten Anlageobjekten. Pye (1972) weist nach, dass eine privilegierte Besteuerung von capital gains taxation die optimale Dividendenpolitik beeinflusst. Balcer (1983) integriert die capital gains tax in ein Modell mit Dividendenbesteuerung und leitet schlie£lich eine neutrale Besteuerungsvorschrift ab. Auerbach (1989a, 1991) diskutiert die durch eine Veraufierungsgewinnbesteuerung hervorgerufenen Verzerrungen und schlagt ein Steuersystem mit capital gains tax vor, das jeden Anreiz, die Aufdeckung von stillen Reserven zu verschieben, eliminiert und nicht auf grundsatzlich unbeobachtbare Informationen angewiesen ist. Bradford (1996b) erweitert diese Arbeit in Hinblick auf Finanzinvestitionen. Konig/Wosnitza (2000) beweisen die verzerrenden Wirkungen einer Kursgewinnbesteuerung unter Anwendung eines Wachstumsmodells und leiten eine modifizierte verzerrungsfreie Kursgewinnbesteuerung ab. Scholz (1988) analysiert, wie das Verhaltnis der Steuersatze fiir die laufende und die Verau£erungsgewinnbesteuerung das individuelle Invest it ions verhalten beeinflusst, und bestatigt in diesem Kontext die Existenz von Klienteleffekten. Klein (1999, 2001) and Viard (2000) demonstrieren, dass der negative Anreiz, ein Invest it ionsprojekt zu verkaufen, mit dem Ausmafi der Besteuerung von capital gains wachst. Eine Wertzuwachssteuer im System der Kapitalertragsbesteuerung ist Gegenstand der finanzwissenschaftlichen Arbeit von Rupff (2000). Er untersucht unter anderem deren Wirkungen in einem allgemeinen Kapitalgleichgewichtsmodell bei ressourcenabbauenden Unternehmungen und in Hinblick auf die Besteuerung von Bodenwertzuwachsen. Im Zusammenhang mit der Untersuchung des Einflusses von Steuern auf die Bewertung von Unternehmen sind exemplarisch Loffler (2001) und Kruschwitz/Loffler (2004, 2005) hervorzuheben. Des Weiteren existieren einige empirische Arbeiten auf der Grundlage von Daten US-amerikanischer borsennotierter Unternehmen,^°^ die wichtige Hinweise zu den wahrscheinlichen Wirkungen einer capital gains tax auf das unternehmerische Investitionsverhalten geben. Ayers, Lefanowicz und Robinson (2003) testen 202 Ygi grundlegend Wagner/Dirrigl (1980); Konig/Wosnitza (2004); Scholes/Wolfson/Erickson (2005). ^°^ Vgl. Ayers/Lefanowicz/Robinson (2003), Keuschnigg/Nielsen (2004), Sinai/Gyourko (2004).

2.4 Ausgangspunkt der Analysen

51

empirisch, ob die Besteuerung von Verau£erungsgewinnen die Hohe der Pramien beeinflusst, die bei Unternehmenskaufen gezahlt werden. Ihre Untersuchungsergebnisse weisen darauf hin, dass das Steuersatzniveau des Anteilseigners eine signifikante Wirkung auf den Preis eines steuerpflichtigen Unternehmenskaufes hat. Jiingst untersuchen Keuschnigg und Nielsen (2004) empirisch den Einfluss einer capital gains tax auf Start-ups bei doppeltem moral hazard. In Ubereinstimmung mit den Ergebnissen von Poterba (1989a, 1989b), zeigen sie auf, dass eine VerauEerungsgewinnbesteuerung unternehmerische Aktivitaten hemmt. Sinai und Gyourko (2004) untersuchen den Zusammenhang zwischen der Senkung der capital gains tax und dem Kurs von Immobilienunternehmen. Eine Analyse der Wirkungen der im deutschen Steuerrecht derzeit verankerten Steuerbefreiung von Gewinnen aus der Verau£erung von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, die wiederum von Kapitalgesellschaften gehalten werden, fiihren Eggert/Weichenrieder (2002) durch, die insbesondere die Finanzierungswirkungen des Systemswechsels vom korperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahren zum Halbeinkiinfteverfahren in den Mittelpunkt ihrer Untersuchung stellen. Die Autoren konzentrieren sich hierbei allerdings zum Teil ausschlie£lich auf die Effekte innerhalb den betroffenen Unternehmen. Die Ebene natiirlicher Personen als Anteilseigner wird insbesondere bei der Untersuchung der Wirkungen einer Preistellung von der Verau£erungsgewinnbesteuerung ausgeblendet.^^^ Eggert/Genser/Schindler (2003) wenden sich der aktuellen Forderung nach einer umfassenden Spekulationssteuer auf private Verau£erungsgewinne zu und zeigen in einem allgemeinen Gleichgewichtsmodells, dass die Besteuerung von Kapitalertragen grundsatzlich im Rahmen einer Optimalsteuerbetrachtung fiir internationale Finanzanlagen gerechtfertigt werden kann. Sie weisen jedoch darauf hin, dass dieses Ergebnis von vielen Faktoren abhangt, etwa von den institutionellen Gegebenheiten und dem Rationalverhalten der Investoren. Modelltheoretische Untersuchungen und Simulationen zur deutschen Verau£erungsgewinnbesteuerung und deren Einfluss auf Beteiligungsentscheidungen im Inlandsfall mit betriebswirtschaftlichem Fokus finden sich bei Sureth (2003) und Sureth/Langeleh (2005). Dariiber hinaus existieren Arbeiten zu den Investitionswirkungen unter Unsi-

20^ Vgl. Eggert/Weichenrieder (2002), S. 544-548. Vgl. zu den Wirkungen des Halbeinkiinfteverfahrens auf unternehmerische Finanzierungsentscheidungen unter Einbeziehung natiirlicher Personen als Gesellschafter bei unterschiedlichen Rechtsformen Maiterth/Sureth (2006).

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2 Theoretische Grundlagen

cherheit.^^^ Diese vernachlassigen jedoch entweder die Wirkungen einer Veraufierungsgewinnbesteuerung oder aber die wechselseitigen Abhangigkeiten einer Besteuerung auf Unternehmens- und Anteilseignerebene zu modellieren. Die folgenden Untersuchungen konnen im Sinne einer Steuerwirkungslehre und damit als spezifische Inzidenzanalysen^^® verstanden werden. Wir unterstellen stets, dass die Staatsausgaben sowie alle nicht weiter betrachteten Steuern konstant gehalten werden und gehen somit von Aufkommensneutralitat der Steuerreform aus. Die Ergebnisse sind folglich vor dem Hintergrund dieser Einschrankung, das heifit der Betrachtung von Teilmarkten, zu beurteilen. Die Wirkungen etwa von Staatsausgaben, die durch die betrachteten Steuern erzielt werden, werden aus der Analyse ausgeklammert. Unberiicksichtigt bleibt des Weiteren, dass im Einzelfall nichtsteuerliche Faktoren die steuerlichen Entscheidungskriterien dominieren konnen. Wir konzentrieren uns ausschliefilich auf die steuerlichen Aspekte der betrachteten Entscheidungen. Eine Vielzahl von in der Realitat denkbaren Komplikationen wird hierzu ausgeblendet. So wird beispielsweise grundsatzlich von grenziiberschreitenden Sachverhalten im Zusammenhang mit dem Ubergang von einem Steuersystem zu einem anderen abstrahiert.^®^ Als Investoren werden stets natiirliche Personen angenommen. Beide Analysen beschranken sich auf den Fall der Sicherheit. Es zeigt sich, dass diese Annahmen im Hinblick auf die Interpretierbarkeit der Ergebnisse sinnvolle Vereinfachungen darstellen.^^® Die Untersuchung in Kapitel 3 ist dem Kriterium der Entscheidungsneutralitat gewidmet. Hier wird der Frage nach den Entscheidungswirkungen der betrachteten Steuerreform und verschiedener Ubergangsregelungen nachgegangen. Im 4. Kapitel wird hingegen der Einfluss des Ubergangs vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkiinfteverfahren auf die GleichmaEigkeit der Besteuerung unter Bezug auf das Entscheidungsverhalten der Investoren analysiert.

Vgl. z.B. Harchaoui/Lasserre (1996); Niemann (1999a); Niemann (1999b); Sureth (1999); Jou (2000); Loffler/Schneider (2000); Pennings (2000); Agliardi (2001); Sureth (2002); Basak/Gallmeyer (2003); Niemann (2004) und Niemann/Sureth (2004); Niemann/Sureth 2005). Vgl. zur spezifischen Inzidenzanalyse etwa Reding/Muller (1999); S. 132-135; Homburg (2005), S. 103. Vgl. hierzu beispielsweise Treisch (2004); Eggert/Genser/Schindler (2003), S. 469-484; Dickescheid (2002), S. 126-127; S0rensen (2002), S. 347-378; Dorner (2000), S. 590; Klapdor/Hild (2000), S. 742-743; Schreiber (2000). Zu den Auswirkungen von Modellrechnungen mit vereinfachter Steuerbemessungsgrundlage vgl. Knirsch (2005).

3 Besteuerung von Beteiligungsertragen und • •

Ubergangsregelungen 3.1 Einfiihrung In diesem Kapitel wird die Entscheidung eines Investors iiber die Investition in eine Kapitalgesellschaft betrachtet. Der Ausgangspunkt der Analyse ist ein einfaches Aktienbewertungsmodell, das so genannte Gordonsche Wachtstumsmodell.^^^ Dieses wird in seiner Grundform, das hei£t als Modell ohne Beriicksichtigung von Steuern, vorgestellt. Im Anschluss daran werden Steuern integriert. Hierzu betrachten wir zunachst ein stark vereinfachtes modelltheoretisches Steuersystem, dann die steuerlichen Vorschriften des Anrechnungsverfahrens und schliefilich die des Halbeinkiinfteverfahrens. Die Modellierung erfolgt jeweils fiir verschiedene Szenarien, wobei zwischen einem unendlichen und einem endlichen Zeithorizont differenziert wird. Die Besteuerung wird im Modell zunachst dadurch beriicksichtigt, dass sich die in der Unternehmung eingesetzen Mittel zu dem um den Steuersatz gekiirzten Kalkulationszinsfu£ rentieren. Diese Vorgehensweise erweist sich methodisch als notwendig, da dadurch der efFektive Steuersatz in der Unternehmung gerade dem Nominalsteuersatz entspricht. Es treten somit keine anderweitig begriindeten Entscheidungsverzerrungen, etwa durch Abschreibungsregeln oder andere Bewertungsvorschriften, auf. Erst auf diesem Wege ist schlieElich gewahrleistet, dass die durch die Besteuerung verursachten Verzerrungen eindeutig identifiziert werden konnen. Die ermittelten Steuerwirkungen fiir die untersuchten Steuersysteme werden miteinander verglichen und interpretiert. Auf diese Weise lassen sich u.a. Aus209 Vgl. Gordon/Shapiro (1956), S. 102-110; Gordon (1959), S. 99-105; Gordon (1962a); Gordon (1962b).

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3 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Ubergangsregelungen

sagen iiber die Entscheidungswirkungen des Anrechnungsverfahrens einerseits und des Halbeinkiinfteverfahrens andererseits herleiten. Neben der ausschlie£lichen Besteuerung der laufenden Ertrage nach den jeweiligen Vorschriften wird fiir die betrachteten Steuersysteme alternativ zusatzlich eine entsprechende Veraufeerungsgewinnbesteuerung implementiert. Die auf dieser Grundlage durchgefiihrten Untersuchungen ermoglichen weitergehende Schlussfolgerungen beziiglich der betrachteten Steuersysteme und verdeutlichen den besonderen Einfluss der Besteuerung von Verau£erungsgewinnen auf die Entscheidung eines Investors im Abhangigkeit vom jeweiligen steuerrechtlichen Kontext. Darauf aufbauend werden schie£lich verschiedene Varianten von Ubergangsregelungen fiir den Systemwechsel vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkiinfteverfahren untersucht. Hierzu integrieren wir sowohl die tatsachlichen im Steuergesetz verankerten Regelungen fiir den Ubergang als auch die im Kapitel 2.3.4 dargestellten, aus theoretischen Uberlegungen hervorgegangenen Stichtags- bzw. Ubergangsregelungen. Diese werden jeweils hinsichtlich ihrer Entscheidungswirkungen analysiert, um letztlich Aussagen dariiber herzuleiten, worin etwaige Vorteile bestimmter Ubergangsregelungen liegen.

3.2 Steuerfreier Fall 3.2.1 Annahmen Vor dem Hintergrund einer wiederholten Forderung nach Besteuerung privater Aktienkursgewinne greifen Konig und Wosnitza (2000) das Gordonsche Wachstumsmodell^^^ auf, um die Wirkungen zum einen einer ausschlie£lichen Dividendenbesteuerung, zum anderen einer simultanen Dividenden- und Kursgewinnbesteuerung auf das Investorenverhalten und die Preisbildung am Aktienmarkt zu untersuchen. Insbesondere vor dem Hintergrund der Ausblendung weiterer verzerrender Faktoren erscheint dieses Bewertungsmodell fiir die folgende Untersuchung als besonders geeignet und wird daher als Ausgangspunkt der folgenden Analyse gewahlt. Es werden verschiedene Szenarien betrachtet:

210 Vgl. Gordon/Shapiro (1956), S. 102-110; Gordon (1959), S. 99-105; Gordon (1962a), insbesondere S. 43-66; Gordon (1962b), S. 38-39. Vgl. hierzu auch Gordon (1963), S. 264-272.

3.2 Steuerfreier Fall

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• unendlicher Zeithorizont und • endlicher Zeithorizont. Die Autoren zeigen schliefelich die verzerrende Wirkung einer Kursgewinnbesteuerung auf.^^^ Zugleich leiten sie eine modifizierte bzw. korrigierte Kursgewinnbesteuerung her, die die beschriebenen Verzerrungen vermeidet. Ihrem Ansatz liegen die folgenden Annahmen zugrunde:^^^ • Es wild ein vollkommener Kapitalmarkt unter Sicherheit unterstellt.^^^ • Im Zeitpunkt t = 0 wird durch Einlage einer natiirlichen Person A in Hohe von £"0 eine Kapitalgesellschaft gegriindet. Die Beteiligung wird im Privatvermogen gehalten. • Die Einlage verzinst sich in jeder Periode mit dem Zinssatz z, wobei i zugleich der einheitliche Kalkulationszinsfu£ ist, der sowohl fiir die interne als auch fiir die externe Verzinsung Giiltigkeit habe. • A veraufiert seinen Gesellschaftsanteil int = z > 0 a.n den Investor B, der die Beteiligung ebenfalls in seinem Privatvermogen halt. • B liquidiert die Gesellschaft in t = T und erhalt das Eigenkapital der Gesellschaft zuriick. Bei der Betrachtung eines unendlichen Zeithorizonts erfolgt die Liquidation in T = 00. • Ein konstanter Anteil 7 des Periodengewinns Gt, mit 0 < 7 < 1, wird in jeder Periode thesauriert. Es gilt somit: ^^^ Zu ahnlichen Ergebnissen hinsichtlich des Einflusses einer Kapitalgewinnsteuer auf der Grundlage des Gordonschen Modells kommen etwas Lehmann (1971) sowie Swoboda/ Kohler (1971). Vgl. weiter dazu Dirrigl/MuUer (1990), S. 1990. Eine Untersuchung der Wirkungen der Besteuerung von Veraufierungsgewinnen im Rahmen eines entscheidungstheoretischen Modells, das dem Komplex der Unternehmensbewertung zugerechnet werden kann, mit entsprechenden Ergebnissen findet sich bei Schweser (2002), S. 131-287. Eine gleichgewichtstheoretische Analyse der Veraufierungsgewinnbesteuerung mit besonderer Fokussierung auf den Lock-In-EfFekt unter Unsicherheit fiihren Klein (1998); Klein (1999) und Viard (2000) durch. 212 Vgl. Konig/Wosnitza (2000), S. 783-784. 2^^ Wie bereits erwahnt, zeigt sich, dass diese Annahmen im Hinblick auf die Interpretierbarkeit der Ergebnisse eine sinnvoUe Vereinfachung darstellt. Dies wird deutlich, wenn man sich mit den nachfolgend genajinten Analysen mit Beriicksichtigung von Unsicherheit befasst. Vgl. hierzu nochmals exemplarisch Harchaoui/Lasserre (1996); Niemann (1999a); Niemann (1999b); Sureth (1999); Jou (2000); Loffler/Schneider (2000); Pennings (2000); Agliardi (2001); Sureth (2002); Basak/Gallmeyer (2003); Niemann (2004) und Niemann/Sureth (2004); Niemann/Sureth 2005).

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3 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Ubergangsregelungen A = (l-7)Gt,

(3.1)

das hei£t, es wird (1 — 7) Gt in jeder Periode ausgeschiittet. Die unterstellte Identitat von interner und externer Rendite ist eine vereinfachende Annahme, die es ermoglicht, im Rahmen dieser Untersuchung schlieElich transparente steuerliche Wirkungszusammenhange zu isolieren.^^^ Anderenfalls konnte nicht mehr eindeutig fiber den Einfluss der Besteuerung auf die Vorteilhaftigkeit einer Invest it ion entschieden werden, sondern nur noch Aussagen iiber die Wirkungsrichtung der Besteuerung abgeleitet werden. Im gleichen Kontext unterstellen wir mit 7 eine exogene Thesaurierungs- und Ausschiittungspolitik, die im Rahmen dieser Untersuchung ausschlieEt, dass das Unternehmen seine Gewinnverwendungspolitik an veranderte (steuerrechtliche) Rahmenbedingungen anpasst. Obwohl von einem Optimierungsverhalten der Entscheider auszugehen ist, ist eine derartige Annahme dennoch erforderlich. Der Grund liegt in der Notwendigkeit, sich zur Beurteilung der EfBzienz- bzw. Entscheidungswirkungen eines Steuersystems auf eine Modellwelt vor Steuern zu beziehen, die gerade Effizienz gewahrleistet („Nullpunkt" im Sinne der Entscheidungsneutralitat). Das Dilemma der Steuerwirkungslehre besteht nun darin, dass als Ma£stabsmodell in diesem Sinne tatsachlich bislang nur grob vereinfachende Modelle zur Verfiigung stehen. Die an sich wiinschenswerte Endogenisierung der Thesaurierungspolitik oder die Unterstellung abweichender interner und externer Verzinsung ginge daher zugleich mit einem erheblichen Verlust an Informationen iiber steuerliche Wirkungszusammenhange einher. Je nach Untersuchungsgegenstand und -ziel muss daher eine Abwagung vorgenommen werden. Da in dieser Arbeit die Isolierung steuerlicher Effekte im Vordergrund steht, wird im Folgenden auf dem oben beschriebenen Pramissensystem aufgebaut.^^^

^^^ Damit wird implizit zugleich die Unternehmenspolitik der untersuchten Kapitalgesellschaft in Hinblick auf die interne Rendite als exogen angenommen. Sie fuhrt in diesem Modellrahmen zu einer konstanten Vorsteuerrendite des eingesetzten Kapitals. ^^^ Dieses Vorgehen wird untermauert durch empirische Studien fiir Publikumskapitalgesellschaften, die eine weitgehend von Steuern unabhangige Dividendenpolitik bestatigen. Vgl. Pellens/Gassen/Richard (2003) fur borsennotierte Unternehmen in Deutschland. Vgl. auch Lintner (1956); Cragg (1986), S. 195-196. Bei personenbezogenen Unternehmungen, etwa bei Familiengesellschaften, ist dieser Zusammenhang, insbesondere fur Deutschland, empirisch bislang nicht untersucht worden. Es gibt jedoch gute Griinde zu vermuten, dass bei diesem Unternehmungen die Ausschiittungspolitik durch die Besteuerung beeinflusst wird.

3.2 Steuerfreier Fall

57

3.2.2 Unendlicher Zeithorizont Wir unterstellen zunachst T = oo, was impliziert, dass eine Liquidation der Gesellschaft durch B unterbleibt. Fiir eine Thesaurierungsquote 7 folgt:^^^ GM

= Gt^hGt

(3.2)

= {l^li)Gt und damit A+i

= (l-7)Gt+i = ( l - 7 ) ( l + 7z)Gt =

(3.3)

(I + 7 O A ,

das hei£t, Ausschiittungen und Gewinne wachsen mit der Rate 71. Auf dieser Grundlage lasst sich sowohl VQ, der Wert der Beteiligung des Investors A im Zeitpunkt t = 0, als auch I4, der Wert der Beteiligung des Investors B im Zeitpunkt t = 2;, herleiten. Diese Beteiligungswerte werden als Ausgangsgro£en fiir die Integration von Dividendenbesteuerung und simultaner Dividendenund Verau&erungsgewinnbesteuerung in den Folgekapiteln hier zunachst ohne Steuern hergeleitet. Der Wert der Beteiligung im Zeitpunkt t=^ z wird fiir B durch den Barwert der kiinftigen Dividendenzahlungen bestimmt. B ist daher bereit, fiir seinen Anteil genau Vz zu bezahlen, wobei^^^ 14 = =

f ; A(i+o~^'"'^

(3.4)

D,+i(l + z ) - ^ + D , + i ( l + 7i)(l + 0 " '

+D,+i(l + 7 0 ' ( l + 0 " ' + ... . Zur weiteren Vereinfachung dieses Ausdrucks, beschranken wir uns auf den Fall 7 < 1. Die ausgeklammerten Falle 7 > 1 sind okonomisch irrelevant. Bei unendlichem Zeithorizont wiirde ein potentieller Investor bei ebenfalls unendlicher Thesaurierungspolitik, was dies gerade impliziert, sich in jedem Fall gegen die betrachtete Anlage entscheiden. Er konnte niemals sein investiertes Kapital, verzinst oder auch unverzinst, in diesem Szenario zuriickerhalten. Seine Einlage 216 Vgl. Konig/Wosnitza (2000), S. 784. 217 Vgl. Konig/Wosnitza (2000), S. 785.

58

3 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Ubergangsregelungen

ware damit verloren. Somit wiirde es gar nicht zur Investition des B im Zeitpunkt t = z kommen. Die annahmegema£ ausgeschlossenen Falle mit 7 > 1 sind okonomisch nicht sinnvoU, da eine unendliche Thesaurierung von mehr als dem iiberhaupt erwirtschafteten Gewinn in diesem Modellrahmen, der keine externen Finanzierungsmoglichkeiten vorsieht, ausgeschlossen ist. Gilt 7 < 1, so folgt j ^ < 1 und die unendliche Reihe von Gleichung (3.4) kann folgendermafeen geschrieben werden:

= ^±(l±iX'

-t

(3.5)

i — ji Gz+i

_

Gi(l + 7 y i i

mit Gi = iEo.

(3.6)

Es wild deutlich, dass die abgezinsten zukiinftigen Dividenden, bezogen auf den Zeitpunkt t = z, der aufgezinsten Einlage von A, bezogen auf den Erwerbszeitpunkt t = z, entsprechen. Der Wert der Beteiligung von A im Griindungszeitpunkt betragt:^^® z

Vo = ^ A ( l + z)"' + V;(l + i)-^ =

EQ.

Dies gilt,^^^ da aus z

218 Vgl. Konig/Wosnitza (2000), S. 785. 219 Vgl. Konig/Wosnitza (2000), S. 795.

(3.7)

3.2 Steuerfreier Fall

59

wegen folgt: (3.8)

Verwendet man die Bedingung fiir den Rentenbarwertfaktor:

S^-'=(^'

(^-^^

wobei hier gilt 1+ z

9=

T = z, folgt weiter:

K.. - ^ . ^ i ' ^ i ; '

..^(itgy

,3.10,

Rentenbarwertfaktor

"' (iS)"

D,

und wegen ^1 (l-7)i

^

(l-7)Gi (l~7)i Gi i i

=

-£"05

(3.11)

60

3 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Ubergangsregelungen

ergibt sich schliefilich Vo = E^.

(3.12)

Durch die Annahme iibereinstimmender interner und externer Verzinsung entspricht der Beteiligungswert in ^ = 0 genau dem Wert der Einlage. Dies verdeutlicht, dass unter den getroflPenen Annahmen gerade Indifferenz zwischen einer Investition in die Unternehmung und einer alternativen Anlage am Kapitalmarkt herrscht.^^® Da ein Szenario mit unendlichem Zeithorizont eher theoretisch als praktisch relevant ist, wird im Folgenden zur Erreichung groEerer Realitatsnahe eine entsprechende Darstellung fiir einen endlichen Zeithorizont modelliert.

3.2.3 Endlicher Zeithorizont Bei Betrachtung eines endlichen Zeithorizonts veraufiert B seine Beteiligung im Zeitpunkt T < oo. Zur Bestimmung von V^ sind nun drei Komponenten zu berechnen:^^^ 1. der Barwert der nach dem Erwerbszeitpunkt t = z erfolgenden Dividendenzahlungen, 2. der Barwert der in t = T zur Ausschiittung gelangenden, von ^ = 1 bis t = T angesammelten thesaurierten Gewinne und 3. der Barwert der in t = T zuriickgezahlten Einlage EQ. Die Summe der thesaurierten Gewinnanteile kann ausgedriickt werden als^^^ T

Y^^Gt

T

= ^7Gi(l + 7ir'

=

(3.13)

£;o((i-f70^-i).

Aus diesem Zusammenhang zwischen Thesaurierungsbetrag und Einlage folgt fiir den Wert der Beteiligung des B, bestehend aus den oben genannten drei 220 Vgl. Konig/Wosnitza (2000), S. 785. 221 Vgl. Konig/Wosnitza (2000), S. 787. 222 Vgl. Konig/Wosnitza (2000), S. 787.

3.2 Steuerfreier Fall

61

Komponenten:^^^ T

K

= ^

A(l+i)""''^

(3.14)

t=Z+l

+Eo • ((1 + jif - l ) (1 + i)-^^"^

+ ^0 (1 + i)'^^ -z)

Wendet man die Formel fiir die Summe der ersten n Terme einer geometrischen Reihe an: 1 — A:'* a + a/u + aA;^ + ... H-aA;^"^ = a- ;1 — A; 0, folgt (1 + yisY > 1 und damit VQ < EQ. In diesem Fall wiirde ein Investor A somit von einer Investition in die Kapitalgesellschaft absehen, wenn, wie hier angenommen, Gewinne ganz oder zum Teil thesauriert werden und ein Verkauf in t = z bereits geplant ist. Der Wert der Beteiligung liegt im Griindungszeitpunkt unter den AnschafFungskosten der Beteiligung in Hohe EQ. Die simultane Dividenden- und Verau£erungsgewinnbesteuerung fiihrt zu einem Vermogensverlust bei A. Es handelt sich hierbei somit um eine Verzerrung. Das betrachtete Steuersystem ist nicht entscheidungsneutral. Daher wird sich A entweder gegen die Griindung der Kapitalgesellschaft entscheiden und damit von der Investition Abstand nehmen oder aber beschlie£en, keine Gewinne in der Gesellschaft zu thesaurieren. In diesem Fall wiirde der Doppelbesteuerungseffekt durch die korperschaftsteuerliche Belastung einbehaltener Gewinne und die Verau£erungsgewinnbesteuerung bei Veraufierung der Beteiligung vermieden werden. Als dritte Alternative hat A die Moglichkeit, die Kapitalgesellschaft zu griinden, aber auf eine spatere Veraufierung der Beteiligung zu verzichten. Auch hierdurch verhindert A eine Doppelbesteuerung thesaurierter Gewinne sowohl mit Korperschaft- als auch mit Einkommensteuer.^^^ Diese Szenarien verdeutlichen, dass das betrachtete Steuersystem die Rechtsform- bzw. die Finanzierungsneutralitat und damit die Entscheidungsneutralitat der Besteuerung verletzt.^^"*

3.3.3 Endlicher Zeithorizont 3.3.3.1 Modelltheoretische Dividendenbesteuerung

Als Wert der Beteiligung von B in t — z folgt, analog zum steuerfreien Fall,

232 Vgl. Konig/Wosnitza (2000), S. 786. 233 Vgl. Konig/Wosnitza (2000), S. 786. 234 Vgl. Konig/Wosnitza (2000), S. 787.

3.3 Modelltheoretische Besteuerung

67

Fiir den Wert der Beteiligung von A in t = 0 ergibt sich auch hier

Eine Verzerrung tritt durch die Dividendenbesteuerung somit nicht auf.^^^ 3.3.3.2 Modelltheoretische Dividenden- und VerauBerungsgewinnbesteuerung

Aus den bisher hergeleiteten Ergebnissen ergibt sich bei Beriicksichtigung der Verau£erungsgewinnbesteuerung in t = T, wenn man als Verau£erungsgewinn von der Differenz zwischen der zuriickgezahlten Einlage bei Verau&erung ^o und den AnschafFungskosten Vz ausgeht, fiir den Wert der Beteiligung des B in t = z:236

Vz = Eo{l-¥lisY

-s{Eo-

Vz) (1 + is)-^^-'^.

(3.25)

Lost man nach Vz auf, folgt weiter

Man erkennt, dass fiir Zahler bzw. Nenner des obigen Bruches fiir 7 > 0 gilt (1 + ^isY - 5 (1 + is)-^'^-'^ > 1 - 5 (1 + is)-^'^-'^ und weiter

(l + 7^.r-s(l + 0-(^-)^ ^ 1 - 5 ( 1 + ^3)-^^-^^

und damit Vz> EQ. Das heifit, es ergibt sich ein Veraufeerungsverlust, der eine Steuerentlastung hervorruft. Fiir A folgt im Zeitpunkt t = 0 unter Beriicksichtigung der Besteuerung der Ausschiittungen und des Veraufierungsgewinns und des oben ermittelten Vz'?^^ z

Vo = 5 ; ] ( l - 5 ) A ( l + ^.^' + V;(l + ^,)-^

(3.27)

^s{Vz-Eo){l-^isr 235 Vgl. Konig/Wosnitza (2000), S. 788. 236 Vgl. Konig/Wosnitza (2000), S. 788. 237 Vgl. Gleichungen (3.7) bis (3.10). Vgl. hierzu auch Konig/Wosnitza (2000), S. 789 und S. 797-798.

68

3 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Ubergangsregelungen

= M'-^TI?^) Zur Verbesserung der Anschaulichkeit ersetzen wir wie folgt: Q;1 = (14-Z,)-(^-^)

(3.28)

Q. = (l + ^ . ^ " ^

(3.29)

bzw. Hier beschreibt Qj^ den Faktor, mit dem Betrage aus dem Zeitpunkt t = T auf den Erwerbszeitpunkt t = z abgezinst werden. Entsprechend ist Qs der Faktor, mit dem Betrage aus t = z auf den Zeitpunkt t = T aufgezinst werden. Hieraus erhalten wir weiter:

Ersetzt man weiter gemafi

™*-lW'

'""

folgt fur Vo schlieSlich:

V. ^ J'-''-'*^.:f^^] \

(l-.«7')(l+ ' ^

(l-s)-7(l-Sfc) {1_S)(1-^)

(1-s)-7(1-5*)

s > Sk

q.e.d.

(l-s)(l-7) "'" (l-s)-7(l-5fc) Somit ist immer dann, wenn der individuelle Einkommensteuersatz s niedriger ist als der Korperschaftsteuersatz 5^, Vo < Eo.

(3.41)

Eine Investition in die Unternehmung ist fiir A in diesem Fall unvorteilhaft. Ist 5 = Sk, reduziert sich Gleichung (3.39) zu Vo =

EQ,

und damit zu dem entsprechenden Beteiligungswert bei modelltheoretischer Besteuerung.^^^ Dies gilt zugleich fiir den Fall 7 = 0, da bei Vollausschiittung ^^^ Der Nenner von Ra^ ist fiir plausible 7, also 7 < 1 , und s < Sk stets positiv. 250 Ygi grundlegend dazu Modigliani/Miller (1961).

76

3 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Ubergangsregelungen

letztlich nur die Einkommensteuer zur Wirkung kommt. Damit liegt eine im Vergleich zur modelltheoretischen Besteuerung unveranderte Besteuerung der Dividenden vor, die die Entscheidungsneutralitat sicher stellt. Weicht allerdings der Korperschaftsteuersatz vom Einkommensteuersatz ab und gilt beispielsweise 7 = 0,5, so kommt es bereits bei ausschliefilicher Dividendenbesteuerung zu Verzerrungen in der Entscheidung des Investors A.^^^ Die folgende Abbildung veranschaulicht dies und zudem, dass bei beliebigem Sk, also auch bei einem von 40% abweichenden Korperschaftsteuersatz, jeweils genau eine verzerrungsfreie Steuersatzkombination fiir das zugrunde gelegte 7 existiert.

12. En

0^ oeeeoeeeeeeeooee S « 0 ^ 5

Abbildung 3.1: ^ bei Dividendenbesteuerung im Anrechnungsverfahren und unendlichem Zeithorizont in Abhangigkeit von Sk fiir verschiedene Steuersatze s

Die abgetragenen Funktionen beschreiben jeweils den Faktor, mit dem die Einlage EQ zur Bestimmung von VQ ZU multiplizieren ist, in Abhangigkeit vom Korperschaftsteuersatz Sk fiir verschiedene Einkommensteuersatze. Bei dieser Darstellung ist zu beachten, dass aus Griinden der Veranschaulichung der Ordinatenabschnitt erst bei 0,6 beginnt und an der Abzisse Werte zwischen 0,2 und 0,7 dargestellt sind. Es sind Funktionen fiir den Multiplikator ^ eingezeichnet bei einem individuellen Steuersatz von s = 0,485, s = 0,40, s = 0,36, s = 0,30 251 Vgl. auch Modigliani/Miller (1963).

3.4 Anrechnungsverfahren

77

und fiir s = 0,25. 1st ^Eo > 1, ist die Investition fiir A vorteilhaft. 1st ^EQ < 1, wild A nicht in die betrachtete Kapitalgesellschaft investieren. Der hier betrachtete Hochststeuersatz von 5 = 0,485 reprasentiert den im Veranlagungszeitraum 2002 giiltigen maximalen Grenzeinkommensteuersatz gemafi § 32a EStG. Die iibrigen Steuersatze sind willkiirlich gewahlte Werte, die es ermoglichen soUen, Tendenzaussagen abzuleiten. Nimmt s den Wert 5 = 0,40 an, ergibt sich bei einem Korperschaftsteuersatz von Sk = 0,40 wie erwartet ^ = 1. Niedrigere Steuersatze fiihren bei diesem Korperschaftsteuersatz zu einer Unvorteilhaftigkeit der Investition. Lediglich dann, wenn A bei 5^ = 0,40 einen individuellen Einkommensteuersatz von iiber 40% hat, ist die Griindung der Kapitalgesellschaft sinnvoU. Diese Aussagen gelten jeweils unabhangig vom geplanten Zeitpunkt der Veraufeerung der Beteiligung und unabhangig vom Zinsniveau. Die steuerlichen Wirkungen bei Variation von 7 fiir s^ = 0,40 verdeutlicht Abbildung 3.2. Je hoher die Thesaurierungsquote, desto groEer ist die Abweichung von der Indifferenzlinie VQ = -E'o.^^^

I 5=: 0,485 • s = 0,40

•••••••••••••••• s -= 0,30 oooeoeeeoooeoooe Ss0,25

• 5 = 0,36

Abbildung 3.2: ^ bei Dividendenbesteuerung im Anrechnungsverfahren und unendlichem Zeithorizont in Abhangigkeit von 7 fiir verschiedene Steuersatze s

Vgl. hierzu grundsatzlich auch Modigliani/Miller (1963).

78

3 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Ubergangsregelungen

Ansonsten bestatigt sich, dass hohe Einkommensteuersatze zur Vorteilhaftigkeit der Investition fiihren, wahrend niedrige Werte fiir s, also s < 0,40, V^ < EQ bewirken.

0.1

0.2

0.3

0.4

0.5

0.6

Anrechnungsverfahren modelltheoretische Besteuerung

Abbildung 3.3: ^ bei real- bzw. modelltypischer Dividendenbesteuerung und unendlichem Zeithorizont in Abhangigkeit von s

Exemplarisch ermittelt fiir Sk = 0,40 und 7 = 0,5 lasst sich fiir verschiedene Einkommensteuersatze in Abbildung 3.3 abermals zeigen, dass bei hoheren Steuersatzen das Anrechnungsverfahren im Vergleich zur modelltheoretischen Besteuerung begiinstigt ist, wahrend bei niedrigen Steuersatzen eine Benachteiligung durch das hier betrachtete realtypische Steuersystem mit Anrechnungsverfahren hervorgerufen wird. 3.4.2.2 Realtypische Dividenden- und VerauBerungsgewinnbesteuerung

Da der Investor B in diesem Szenario die erworbenen Anteile nicht verkaufen, sondern bis T = 00 halten wird, greift die Verau£erungsgewinnbesteuerung nicht. Es bleibt somit bei^^^ V, = Eo Vgl. Gleichung (3.36).

(l-^)(l-7) (1-5)-7(1-5,)

(l + 7^.J^

(3.42)

3.4 Anrechnungsverfahren

79

Bei A werden im Zeitpunkt t = z die realisierten Verau£erungsgewinne in Hohe der Differenz zwischen V^ und seinen Anschaffungskosten EQ steuerlich erfasst. Halt A die Anteile im Privatvermogen, gilt dies nur unter der Voraussetzung, dass der Verkauf entweder innerhalb der Prist von einem Jahr im Sinne von § 23 EStG erfolgt, A mindestens 1% der Anteile der Kapitalgesellschaft in seinem Privatvermogen halt (§ 17 EStG) oder es sich um Anteile im Sinne von § 21 UmwStG handelt. Halt A die Anteile hingegen im Betriebsvermogen, so ist der Veraufeerungsgewinn stets steuerpflichtig. In alien anderen Fallen konnen die Verau£erungsgewinne steuerfrei vereinnahmt werden. Das hei£t, geht man in Analogic zum vorangegangenen Abschnitt von Verkaufen bei einer Beteiligung unter 1% bzw. aufeerhalb der Frist von § 23 EStG aus bzw. von Anteilen, die nicht nach § 21 UmwStG steuerverhaftet sind, ergibt sich fiir VQ der Wert von Gleichung (3.39). Ist der Veraufierungsgewinn hingegen steuerpflichtig, so unterliegt er bei einer Mindestbeteiligung im Sinne von § 17 EStG nicht der tariflichen Einkommensteuerbelastung gemafi § 32 a EStG, sondern nach § 34 EStG a.F. in Verbindung mit § 17 EStG einer ermafiigten Besteuerung. Veraufeerungsgewinne nach § 23 EStG gehoren allerdings nicht zu den au6ergew6hnlichen Einkiinften im Sinne von § 34 EStG und unterliegen somit der ungemilderten Einkommensteuer. Auf § 21 UmwStG wird hier nicht weiter eingegangen, da es sich bei dem modellierten Szenario um keine einbringungsgeborenen Anteile handelt. Um eine gro£tmogliche Allgemeingiiltigkeit der Analyse zu erhalten, unterstellen wir weiterhin, dass der Verau£erungsgewinn mit dem Steuersatz s belastet wird. Beriicksichtigt man die Vorschriften von § 34 EStG a.F. fiir Veraufierungsgewinne nach § 17 EStG und wendet damit den halben durchschnittlichen Einkommensteuersatz an, so gilt stets s < 5. Da der Investor A neben den Einkiinften aus der Verau£erung auch laufende Einkiinfte aus der Beteiligung hat, liegt s immer dann, wenn der einkommensteuerliche Hochstsatz nicht erreicht wird, hoher als | . Nur bei einer Grenzbetrachtung und Relevanz des maximalen Grenzeinkommensteuersatzes gilt 5 = | . Im Folgenden rechnen wir jedoch allgemein mit s als Steuersatz fiir den Verau£erungsgewinn. Lediglich als Beispiel greifen wir teilweise auf den Zusammenhang 5 = 1 zuriick, welcher als vereinfachte Darstellung der steuerlichen Folgen von § 34 Abs. 1 EStG a.F. in Verbindung mit § 17 EStG interpretiert werden kann. Dabei bleibt die betragliche Beschrankung der Anwendung des halben durch-

80

3 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Ubergangsregelungen

schnittlichen Steuersatzes gemafi § 34 Abs. 1 Satz 1 EStG a.F. zur Vereinfachung au£er Acht. Es ergibt sich unter Anwendung der Gleichungen (3.7)ff., (3.23), (3.24) und (3.42): Z

K. = 5 ^ ( l - s ) A ( l + J , ) ~ ' + V^z(l + i,)"'

(3.43)

- s ( y , - £ ; o ) ( i + »,)"' (1-s).

Eo-R,,{l+'ris,y-Eo —s

und nach dem Anrechnungsverfahren wegen Gleichungen (3.11) und (3.35): Di = Eo(l-^)i

(3.44)

und damit schlie£lich V^o =

(l-s)(l-.

(l + isY

Es sei darauf hingewiesen, dass fiir is weiterhin i^ = i(l — s) gilt, da sich die steuerliche Behandlung der Alternativanlage bei diesem Szenario im Vergleich zu den zuvor betrachteten Fallen nicht verandert. Der Wert fiir VQ stimmt bis auf den Faktor Ra^ = n_J^_ (^-i ) ^^^ ^^^ Steuersatz s mit dem Wert bei modelltheoretischer Besteuerung iiberein. Fiir 7 = 0, also bei Vollausschiittungspolitik, folgt Rs^ = 1. Es kommt also dann auch im Anrechnungsverfahren zu keiner Verzerrung, fiir 0 < 7 < ^ wird die Entscheidungsneutralitat der Besteuerung jedoch, wie auch bei modelltheoretischer

3.4 Anrechnungsverfahren

81

Besteuerung, nicht gewahrt. Dies gilt auch fiir ein Steuersystem mit Anrechnungsverfahren und voUer Verau£erungsgewinnbesteuerung.^^^ Dann wiirde VQ allerdings insgesamt etwas niedriger ausfallen. Die Richtung der steuerbedingten Verzerrung des Beteiligungswertes VQ ist nicht eindeutig. Dies gilt sowohl fiir Steuersatzkonstellationen mit s < Sk als auch fiir s > Sfc. Im Einzelfall muss geklart werden, ob die entlastende Wirkung durch die Veraufierungsgewinnbesteuerung mit s die Wirkungen durch den Faktor Rs^ iiberkompensiert. Gilt 5 < s^, folgt Ra^ < 1, fiir 5 = s^, folgt Rs^ = 1 und entsprechend fiir s > Sk schlieElich Rg^ > 1. Ist 5 = Sk, wird Gleichung (3.43) zu

Vo-Eo[l-s.

^j^.^^.

j

Wegen ^0

>

0 >

0, S = 5^ und 7 > 0.

In alien anderen Fallen ist der verzerrende Effekt der Besteuerung unbestimmt. Die schon bei modelltheoretischer Besteuerung erlauterte steuerbedingte Wertminderung, die zu VQ < EQ fiihrt, wenn 7 > 0 gilt,^^^ kann nun im Einzelfall durch Rs^ verstarkt, reduziert oder aber auch iiberkompensiert werden. Auch hier wirkt sich der spezielle Steuersatz s fiir den Verau£erungsgewinn im Vergleich zu den Werten bei modelltheoretischer Besteuerung fiir s < s grundsatzlich begiinstigend aus. Zur Veranschaulichung sei 7 = 0,5 gesetzt. Dann sind die folgenden Konstellationen denkbar: ^^^ Das heifit ahnlich wie im Einkommensteuerrecht fiir die Veranlagungszeitraume 1999 und 2000. ^^^ Ein Investor wird in diesem Fall somit von einer Investition absehen. Vgl. hierzu die Ausfiihrungen zu Gleichung (3.24) in Kapitel 3.3.2.2.

3 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Ubergangsregelungen

82

• Gilt s > Sky wobei s besonders stark iiber dem Korperschaftsteuersatz liegt, gilt stets VQ > EQ}^^ • Der Wert der Beteiligung von A kann sowohl unterhalb als auch oberhalb der Einlage liegen, also VQ = -Eo, falls s> Sk gilt und s und Sk relativ nahe beieinander liegen.^^^ Im Einzelfall konnen die in verschiedene Richtungen Vo beeinflussenden verzerrenden Komponenten so gegenlaufig wirken, dass gerade Vo = EQ resultiert. • Fiir s = Sk gilt stets VQ < EQ, falls z > 0. Gilt allerdings z = 0, folgt Vn = Ec258 • Der Wert der Beteiligung von A liegt stets unterhalb der Einlage, das hei£t VQ < EQ, falls s < Sk gilt.^^^ Die folgenden Abbildungen zeigen die beschriebenen Verzerrungen bei Einkommensteuersatzen von jeweils 48,5%, 42 %, 40% bzw. 30% fiir Sk = 0,40, z = 0,1, 7 = 0,5 und 5 = I im Vergleich zur modelltheoretischen Besteuerung und zum steuerfreien Fall. Zur besseren Anschaulichkeit wird der Ordinatenabschnitt beispielsweise in Abbildung 3.4 von 0,87 bis 1,16 skaliert.

v

1"

Abbildung 3.4: ;^ bei real- bzw. modelltypischer Verau£erungsgewinn- und Dividendenbesteuerung und unendlichem Zeithorizont in Abhangigkeit von z fiii s = 0,485 256 257 258 259

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung

3.4. 3.5. 3.6. 3.7.

3.4 Anrechnungsverfahren

83

0.96 0.94 0.92

40

60

80

100

• 8-0,42,Anrschnungivsrfahr«n > «-0,42.mod«IKhMr«H«ch«BMt«(Mnjng . «-0,00.«

Abbildung 3.5: ^ bei real- bzw. modelltypischer Verau£erungsgewinn- und Dividendenbesteuerung und unendlichem Zeithorizont in Abhangigkeit von z fur s = 0,42

100 s = 0,40, Anrtchnungav arfahiw) s = 0,40, modalttMoratiMlw BMtwMrung SsO,00.*tMMrfr«i«rFaU

Abbildung 3.6: ^ bei real- bzw. modelltypischer Veraufierungsgewinn- und Dividendenbesteuerung und unendlichem Zeithorizont in Abhangigkeit von z fiir s = 0,40

84

3 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Ubergangsregelungen

0.975 0.95 0.925 t 0.9

80

100

5 m 0,40, Anrachnungsverfahran s = 0,40, moddMworatiach* B«ttau«rung 5 = 0,00.tteuerfreierFall

Abbildung 3.7: ^ bei real- bzw. modelltypischer VerauEerungsgewinn- und Dividendenbesteuerung und unendlichem Zeithorizont in Abhangigkeit von 2: fiir s = 0,30

Nur bei hohen Steuersatzen (5 > 0,40) fiihrt das Anrechnungsverfahren - unter Umstanden in Abhangigkeit vom Verau£erungszeitpunkt z nur fiir bestimmte Haltedauern - zu einer vorteilhaften Investition. Bei einem Einkommensteuersatz, der genau dem Korperschaftsteuersatz entspricht (Abbildung 3.6), liegt Entscheidungsneutralitat nur bei sofortiger Veraufeerung vor. In diesem Fall wild die Entstehung eines Verau£erungsgewinns und damit auch eine Verau£erungsgewinnbesteuerung gerade vermieden. Beabsichtigt A seine Beteiligung eine gewisse Zeit zu halten, so dass bei der Verau£erung Wertzuwachse als Verau£erungsgewinne versteuert werden miissen, ist eine Investition nicht mehr vorteilhaft. VQ ist bei relativ hohen Steuersatzen (Abbildungen 3.4, 3.5 und 3.6) allerdings nun gro£er als im Fall der modelltheoretischen Dividenden- und Veraufierungsgewinnbesteuerung, da die Verau£erungsgewinne des Investors A im Zeitpunkt t = z ermafiigt besteuert werden, was einen relativ hoheren beteiligungsbedingten „Verm6genszuwachs" darstellt. A wird bei dieser Datenkonstellation von einer Investition in die Kapitalgesellschaft absehen. Bei niedrigen Einkommensteuersatzen, exemplarisch dargestellt fiir s = 0,30 in Abbildung 3.7, wirkt die Diskrepanz zwischen Korperschaftsteuersatz und Einkommensteuersatz nachteilig. Dies schlagt sich im Wesentlichen im Preis, den B fiir die Beteiligung an der Gesellschaft zu zahlen bereit ist, nieder. Dieser ist in Folge der Besteuerung nach dem Anrechnungsverfahren so gering, dass der

3.4 Anrechnungsverfahren

85

Vorteil aus dem geringeren Steuersatz auf den Verau£erungsgewinn hierdurch iiberkompensiert wird. Das Anrechnungsverfahren bewirkt somit per saldo einen niedrigeren Beteiligungswert als die modelltheoretische Besteuerung. Gleichzeitige Dividenden- und Veraufierungsgewinnbesteuerung fuhrt daher auch im Anrechnungsverfahren in der Kegel zu einer Verzerrung und weiter zur Aneutralitat des Steuersystems. In vielen Fallen lohnt sich eine Griindung der modellierten Kapitalgesellschaft fiir den Investor A nicht. Konzentriert man sich auf den Steuersatz 5, so folgt, dass hohere Steuern auf den Verau£erungsgewinn den Beteiligungswert von A erheblich schmalern. Exemplarisch fiir Sk = 0,40, z = 0,1, 7 = 0,5, 2: = 10 und s = 0,485 veranschaulicht Abbildung 3.8 diesen Wirkungszusammenhang.

> Anrachnungaverfahren modelltheoretische Besteuerung • steuerfreier Fall

Abbildung 3.8: ^ bei real- bzw. modelltypischer Verau£erungsgewinn- und Dividendenbesteuerung und unendlichem Zeithorizont in Abhangigkeit von s fiir s = 0,485

Bei s = f und s = 0,485 folgt 5 = 0,2425. Fiir diesen Wert ist die Investition bei Anwendung des Anrechnungsverfahrens, wie bereits in Abbildung 3.4 gezeigt werden konnte, vorteilhaft. Bei deutlich hoheren Satzen fiir s, ergibt sich jedoch Vo < ^o- 1st 5 = s, also hier s = 0,485, fiihrt das Anrechnungsverfahren zu einem hoheren Beteiligungswert sowohl im Vergleich zur modelltheoretischen Besteuerung als auch zum steuerfreien Fall. Dies liegt wieder an dem Multiplikator Rs^, der fiir s > Sk Werte gr6£er als eins annimmt.

86

3 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Ubergangsregelungen

Abgetragen sind in der obigen Abbildung auch Konstellationen, bei denen der VerauEerungsgewinn statt einer ermaftigten Besteuerung eine relativ starkere Besteuerung als die laufenden Gewinne erfahrt. Dies gilt in diesem Beispiel fiir alle 5 > 5 = 0,485. 3.4.3 Endlicher Zeithorizont 3.4.3.1 Realtypische Dividendenbesteuerung Wie im Fall ohne Steuern greifen wir auf die Beziehung zwischen dem thesaurierten Gewinn und der Einlage EQ^ Gleichung (3.13), zuriick, um den Wert der Beteiligung von B zu ermitteln: ^7{l-5fc)G, t=l

= ^7(l-Sfc)Gi{l + 7i,j'-'

(3.46)

t=l T

= Eo[{i +

'ris,f-i).

Zu beachten ist hier, dass die Beschrankung der Ausschiittungsquote nach oben, erlautert fiir einen unendlichen Zeithorizont im Zusammenhang mit Gleichung (3.37), bei endlichem Planungshorizont nicht anzuwenden ist. Fiir Investitionszwecke steht nur der thesaurierte Teil 7 des Gewinns Gt zur Verfiigung, der nach Abzug der Korperschaftsteuer als Liquiditat in der Unternehmung verbleibt. Das aus drei Komponenten bestehende Vz ergibt sich aus diesem Zusammenhang, wie auch im steuerfreien Modell, gema£: T

V, = J2 ( l - s ) A ( l + J,r P n -^ ^0 V - l/7'=«>

^'

-^°

l_5(l+g-(^-^)

>^o(l + W -K

.

Die Werte stimmen bis auf den speziellen Steuersatz 5 mit denen bei modelltheoretischer Besteuerung iiberein. Auch hier ist jedoch aus den gleichen Griinden wie dort der Wert der Beteiligung des Investors A im Zeitpunkt ^ = 0 bei endlichem Zeithorizont gro£er als bei unendlicher Laufzeit. Dies ist auf den geringeren Zinsnachteil durch die jjDoppelbesteuerung^' infolge der VerauEerungsgewinnbesteuerung bei endlichem Zeithorizont zuriickzufiihren.

3.5

Halbeinkiinfteverfahren

Im Folgenden wird das durch das Steuersenkungsgesetz eingefiihrte Halbeinkiinfteverfahren in das Modell integriert. Fiir eine Modellierung sind weitere Annahmen erforderlich.

3.5.1 Steuerliche Annahmen Es gelte das deutsche Steuerrecht im Veranlagungszeitraum 2002. Das hei£t, auf Ebene der Kapitalgesellschaft wird eine definitive Korperschaftsteuer in Hohe von 25% erhoben. Abstrahiert man weiterhin vom Solidaritatszuschlag, so kann der nach Abzug der Korperschaftsteuer verbleibende Gewinn ausgeschiittet werden. Der tatsachlich nach Abzug von Korperschaftsteuer ausgeschiittete Nettogewinn D^'' unterliegt zu 50% beim Anteilseigner dessen individuellem Einkommensteuergrenzsatz s. Auch ein Veraufierungsgewinn geht nur zu 50% in die einkommensteuerliche Bemessungsgrundlage des Anteilseigners ein.^^"* 264 p^j, einen umfassenden Gberblick iiber die Veraufierungsgewinnbesteuerung vgl. Schweser (2002), S. 47-128. Zur sachgerechten steuerlichen Behandlung von Beteiligungsaufwendungen im Halbeinkiinfteverfahren vgl. Hundsdoerfer (2001a); Maiterth (2002); Maiterth/Wirth (2004).

3.5 Halbeinkiinfteverfahren

95

• Es gilt weiterhin SA = SB = s^ mit s, dem individuellen Einkommensteuersatz von A bzw. B. • Der Korperschaftsteuersatz wird durch 5^ angegeben. • Zur Vereinfachung wird auch hier bei den Steuerpflichtigen A und B von Preibetragen abstrahiert. • Die iibrigen Annahmen bleiben bestehen.

3.5.2 Unendlicher Zeithorizont 3.5.2.1 Realtypische Dividendenbesteuerung

Der Wert der Beteiligung von B ist abhangig davon, ob als Alternativinvestition von einer festverzinslichen Anlage am Kapitalmarkt oder von einer Investition in Aktien ausgegangen wird. Dies ist auf die unterschiedliche steuerliche Behandlung von Ertragen aus Aktien und Zinsertragen auf Ebene des Investors nach Einfiihrung des Halbeinkiinfteverfahrens zuriickzufiihren.

Festverzinsliche Anlage am Kapitalmarkt

Geht man zunachst von einer festverzinslichen Anlage am Kapitalmarkt als Alternativanlage aus, ist mit einem KalukationszinsfuE z^ = (1 — 5) z zu rechnen. Man erhalt folgenden Wert:^^^

V, = f; (^Df-s-lofyi+i,)-^'-'^ = E

(3.54)

(i-ls)Dt^{i+i,r^'-'\

mit D**, der Dividende nach Beriicksichtigung der definitiven Korperschaftsteuer auf den Gewinn jeder Periode auf Unternehmungsebene. Hierbei ist Dt' = {l-j){l-Sk)Gt.

(3.55)

Nach Abschaffung des korperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahrens und Einfiihrung des Halbeinkiinfteverfahrens gilt fiir den Gewinn in einer Periode, der Vgl. Gleichung (3.20).

96

3 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Ubergangsregelungen

im Sinne des unterstellten Wachstumsmodells im Zeitablauf zunimmt, ausgedriickt durch den Gewinn der Vorperiode unter Beachtung des Liquiditatsabflusses durch die Korperschaftsteuer auf den Gewinn der Vorperiode: Gt^i = Gt^i{l-Sk)iGt =

(3.56)

(i + z(i-5fc)7)G*.

Hieraus folgt: DtXi = ( l - 7 ) { l - 5 * ) G , + i =

(3.57)

( l - 7 ) ( l - S f c ) ( l + J(l-Sfc)7)Gt

und mit i,^ = (1 — «*) * unter Beriicksichtigung von Gleichung (3.55) weiter A ^ = {l + 7 i , J A ' ^

(3.58)

Fiir Vz ergibt sich dann -^

(3.59)

+ ( l - i s ) D : ! ^ i ( l + 7i,J(l + i.)-' + ( i - \ ^ Di%, ( 1 + 7 i , j ' ( 1 + i , r ' + . . . . Fiir 7 < 1 und zugleich 7 < ^ folgt weiter^*®

y^ ^ {i-b)D'A^ (l-i5)(l-7)(l-Sfc)g.+i Aus der Beziehung fiir das Wachstum des Gewinns, Gleichung (3.56), folgt: G,+i = G i ( l + 7«.J% und damit weiter: T/ _

(l-M(l-7)(l-Sfc)Gi(l+7i^ *5

_ -

(3.61)

7*5jb

(1-1.) (1-7) (1-^0 . (l-s)-7(l-s.) (^+^*-)^°-

266 Ygi jiierzu die Ausfiihrungen zu den Gleichungen (3.36) und (3.37) in Kapitel 3.4.2.1 bei Anwendung des Anrechnungsverfahrens.

3.5 Halbeinkiinfteverfahren

97

Vergleicht man den Ausdruck fur die Beteiligung des Investors B bei Dividendenbesteuerung nach dem Halbeinkiinfteverfahren, im Folgenden mit V^^ bezeichnet, mit dem korrespondierenden Wert V^"^, der sich unter Anwendung des Anrechnungsverfahrens ergibt: _ ^i

(l-^.)(l-7)(l-«.) . —n T^—TTi r\—(1 + T*»J '-^o ; 1 \^ '^Kj ^ prH —^^

> < E

-5)(l-7) (^)-7(l-Sfc) * V

'

vy^, prA

sieht man,, dass fiir Sk == 0,25 : (1(1 -s)y^ \ 1+is ) J

"•

Auch beim Halbeinkiinfteverfahren wird die Entscheidung von A in der Regel verzerrt. Da FT^^ = 1, ist die Richtung der Verzerrung von den Daten des Einzelfalls abhangig, insbesondere vom Verhaltnis der Parameter 7, s und Sk zueinander. Unterstellt man als Spezialfall Vollausschiittungspolitik, setzt also 7 = 0 bei Sk = 0,25, so folgt {l-ls){l-s,) 1-5

_ 0.75(1-15) 1-s

Fiir s = 0,40 wird ^ = 1, fiir hohere Einkommensteuersatze ergeben sich Werte iiber eins und fiir niedrigere Satze unter eins. Gilt Sk = s und damit auch ig^ = {1 — Sk)i = is, so erhalt man fiir beliebige definierte 7 als Beteiligungswert:

Vo=(l-ls^Eo. Es bleibt bei einer steuerinduzierten Verzerrung,^®^ wobei hier somit bei ausschliefehch laufender Besteuerung stets Vb < £^0 gilt. Vgl. erganzend die Untersuchung von Dickescheid (2002), der das Anrechnungsverfahren und das Halbeinkiinfteverfahren auch aus internationaler Perspektive anhand okonomischer Theorien der Dividendenbesteuerung untersucht.

3.5 Halbeinkiinfteverfahren

99

Die folgende Abbildung veranschaulicht die beschriebenen Zusammenhange fiir verschiedene Einkommensteuersatze bei gegebenem 7 = 0,5 und s^ = 0,25:

Anrachnungsverfahren HalbeinkOnfteverfahren steu«ffr«ier FaH

Abbildung 3.9: ^ bei Dividendenbesteuerung nach dem Halbeinkiinfteverfahren und unendlichem Zeithorizont fiir verschiedene Steuersatze 5, einheitlichem Sk = 0,25 und einer Alternativanlage in festverzinsliche Wertpapiere

Obwohl der Beteiligungswert Vg von B eine Punktion des Verau£erungszeitpunkts ist, beeinflusst die Wahl von z die Entscheidung des Investors A bei unendlichem Zeithorizont nicht, wie auch schon bei Anwendung des Anrechnungsverfahrens. Liegt der Einkommensteuersatz von A unter 40 %, fiihrt das Anrechnungsverfahren zu einem hoheren Beteiligungswert. Dann gilt 5 < r^^ und damit Setzt man Sk = 0,25 im Halbeinkiinfteverfahren und Sk — 0,40 im Anrechnungsverfahren, wie es der jeweiligen tatsachlichen Rechtslage entspricht, erhalten wir die Kurvenverlaufe von Abbildung 3.10. Das Anrechnungsverfahren fiihrt nun nur noch bei s > s^ = 0,40 zu einem hoheren Beteiligungswert als der steuerfreie Fall. Nun gilt BJ^^ > R^f bereits bei s > 0,207, also bereits bei relativ niedrigen Einkommensteuersatzen. Dieser steuersatzinduzierte Vorteil, der mit steigenden Steuersatzen an Gewicht gewinnt, reflektiert die tarifliche 270 Vgl. Schreiber/Rogall (2000), S. 723.

100

3 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Ubergangsregelungen

Begiinstigung, die die Halbierung der Bemessungsgrundlage im Halbeinkiinfteverfahren implizit bei hoher Einkommensteuerprogression bewirkt.

• • • • • • • • •

1 1 -1-

1



hr«tt***r***"^ V

,^»***^— 1

1

1 —

Anrechnungsverfahren HalbeinkOnfteverfahren

Abbildung 3.10: ^ bei Dividendenbesteuerung nach dem Halbeinkiinfteverfahren und unendlichem Zeithorizont fiir verschiedene Steuersatze s, unterschiedliche 5^ und einer Alternativanlage in festverzinsliche Wertpapiere

Aniage in Aktien am Kapitalmarkt

Unterstellt man statt einer festverzinslichen Alternativanlage am Kapitalmarkt - wie bisher in diesem Abschnitt - eine Aniage in Aktien, aus der eine iiber die Zeit konstante Dividende ausgeschiittet wird, so hat dies iiber den zugrunde liegenden nachsteuerlichen Kalkulationszinsfu£ is Einfluss auf V^ und auch auf VQ. Da fiir Dividenden beim Anteilseigner das Halbeinkiinfteverfahren anzuwenden ist, gilt fiir i^ nun =

11-^.-^(1

Sk)S

(3.63)

Die vorsteuerliche Dividende aus der Aktie betragt i. Diese wird zunachst um die Korperschaftsteuer auf Ebene der Unternehmung gekiirzt. Im zweiten Schritt erfolgt die Besteuerung auf Ebene des Anteilseigners, das hei£t, die nach Abzug

3.5 Halbeinkiinfteverfahren

101

der Korperschaftsteuer verbleibende Dividende ist wegen des Halbeinkiinfteverfahrens, anders als die Ertrage aus einer festverzinslichen Anlage, nur zu 50% der individuellen Einkommensteuer zu unterwerfen. Nach Beriicksichtigung dieser beiden Besteuerungsebenen ergibt sich gerade fur den nachsteuerlichen Kalkulationszinsfufi die Beziehung (3.63). Fiir den Wert der Beteiligung des Investors B erhalten wir fiir die okonomisch relevanten Falle mit 7 < 1 und au£erdem 7 < ^^^^ V; =

f;

( o r - 5 . i z ? ? * ) ( l + g-('-^'

(3.64)

t^Z+1

(1-1^) (1-7) {l + 'yiJ'Eo. l-is-7

Um ausschliefilich okonomisch sinnvoUe Ergebnisse bei unendlichem Zeithorizont zu erhalten, muss wegen

h= f l - - s j ( l - 5 f c ) l und damit

stets 7 0,40 resultiert entsprechend bei Aktienanlage ein groEerer Wert fiir den Beteiligungswert von B im Zeitpunkt t = z. Diese Relationen sind jeweils unabhangig davon, welchen Wert 7 annimmt. Die folgende Abbildung Vz veranschaulicht dies. Abgetragen ist jeweils ^ ^*. y 272 ^^^ Vgl. hierzu auch die Umformungen in den Gleichungen (3.54) bis (3.61) und die entsprechenden Ausfiihrungen dazu. ^^^ Eingezeichnet werden hier Werte fiir 7 = 0,1.

102

3 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Ubergangsregelungen

o(i+;\ y

• •• • • • •• •• • ••

1.81.6 1.41.2' •

••••••

-

10.8-

••--• 0.1

0.2

0.3

H 0.4

1 0.5

1 0.6

1 S 0.7

Altemativanlage in Aktien Altemativanlage in festverzinsliche Wertpapiere steuerfreier Fall

Abbildung 3.11: Vergleich der Werte fiir „ /, '. \x bei Dividendenbesteuerung im Halbeinkiinfteverfahren bei Altemativanlage in Aktien bzw. festverzinsliche Wertpapiere in Abhangigkeit von s

Bei dieser Darstellung ist allerdings zu beachten, dass beim Vergleich mit dem steuerfreien Fall streng genommen noch der Steuereinfluss in der Wachstumskomponente, das hei£t im Faktor (1 + 725^)^, mit beriicksichtigt werden muss. Somit veranschaulicht Abbildung 3.11 nur einen Teil der jeweiligen steuerlichen Einfliisse. Das bei Aktienanlage resultierende VQ verdeutlicht die Auswirkungen dieses EfFektes auf den Beteiligungswert von A.^^^

Vo = ^(^Df-s-^Dfyi

+ isr + V^l + i,)-

(3.65)

(l-H(l-7) -Eo. l-is-7 Es tritt der bereits im Wert von V^ beobachtete Steuereinfluss auf. Beachtet man 7 < (l — js), so gilt stets (l-i^)(l-7) l-is-7 Vgl. Gleichung (3.64).

> 1

3.5 Halbeinkiinfteverfahren

103

0-l.)a- 7)

>

1 1 1 1 - - 5 - 7 + -57 > 7

>

1-2. 1 1-2^ 0

und damit immer Vo > ^'o- Dies gilt unabhangig vom Verhaltnis von s und 5^ zueinander. Abbildung 3.11 abstrahiert gerade von dem Wachstumsfaktor (1 + 7«sfc)^, der beim Beteiligungswert des Investors B zu beriicksichtigen ist. Daher kann diese Graphik auch als Darstellung der Verzerrung des Wertes VQ, einerseits bei einer Investition in ein festverzinsliches Wertpapier und andererseits mit einer Investition in Aktien als Alternativanlage, interpretiert werden. Ein Vergleich von VQ bei Anwendung des Halbeinkiinfteverfahrens und einer Alternativanlage in Aktien mit dem korrespondierenden Wert beim Anrechnungsverfahren ergibt fiir 7 = 0,5 und i = 0,1 die Relationen in Abbildung 3.12.

0000000000000000

Halbeinkiinfteverfahren. Alternativanlage in Aktien

••••••••••••••••

HaltMinkunfteverfahren, Alternativanlage in festverzinsliche Wertpapiere

— — — ^ — — ^

Anrechnungsverfahren steuerfreier Fall

Abbildung 3.12: Vergleich der Werte fiir ^ bei Dividendenbesteuerung im Halbeinkiinfteverfahren bei Alternativanlage in festverzinsliche Wertpapiere oder Aktien bzw. im Anrechnungsverfahren und unendlichem Zeithorizont fiir verschiedene s

104

3 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Ubergangsregelungen

Es wild deutlich, dass der Einfluss der Wahl der Alternativanlage grundsatzlich nicht unbeachtlich ist. Kann man beim Halbeinkiinfteverfahren von einer alternativen Investition in Aktien ausgehen, so fallt die Verzerrung insgesamt fiir variierende Steuersatze moderat aus, sowohl im Vergleich zum Anrechnungsverfahren als auch im Vergleich zur festverzinslichen Alternativanlage im Halbeinkiinfteverfahren. Dies ist intuitiv durchaus nachzuvollziehen, da sich die Besteuerung der Aktienanlage ebenfalls nach dem Halbeinkiinfteverfahren richtet. Diskrepanzen zur Beteiligungsbesteuerung entstehen hier lediglich durch die Annahme eines Wachstumsprozesses fiir die Beteiligung (7 7*^ 0). Insgesamt treten in diesem Szenario somit relativ geringere steuerbedingte Abweichungen vom steuerfreien Fall auf. Ist als alternative Kapitalmarktanlage von einem festverzinslichen Wertpapier auszugehen, so ruft das Halbeinkiinfteverfahren tendenziell starkere Verzerrungen hervor als das Anrechnungsverfahren. Fiir alle Varianten gilt: Hohe Steuersatze bewirken besonders starke Verzerrungen. 3.5.2.2 Realtypische Dividenden- und VerauBerungsgewinnbesteuerung Festverzinsliche Aniage am Kapitalmarkt

Als Wert der Anteile fiir den Investor B im Zeitpunkt t = z gilt bei Annahme eines unendlichen Zeithorizonts wie in Kapitel 3.5.2.1 hergeleitet:^^"* ^^ -

(1_,)_^(1^,,)

(1 + ^'^^) ' ^0.

(3.66)

Bei A ist im Gegensatz dazu im Rahmen des Halbeinkiinfteverfahrens, analog zur Besteuerung von ausgeschiitteten Gewinnen, der halbe Verau£erungsgewinn, der iTit = z erzielt wird, der ungemilderten individuellen Einkommensteuer zu unterwerfen. Um eine Doppelbegiinstigung von Verau£erungsgewinnen aus Beteiligungen an Kapitalgesellschaften zu vermeiden, ist der halbe durchschnittliche Steuersatz nach § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStO nicht anwendbar. Man erhalt unter Anwendung des Halbeinkiinfteverfahrens und fiir z^ = (1 — s) z somit:

Vgl. Gleichung (3.61).

3.5 Halbeinkiinfteverfahren

105

^0 = f2(^t'-s'lDA{i+isr'-\-vAi+is)-' -s.-{V,-Eo){l

(3.67)

+ is)'

(l-is)(l-7)(l-^fc) = E, (l-s)-7{l-Sfc)

(l-»)-7(l-»>)

, _ 1 ^^^^''"i

2'

(ii-,)(i-;)(i4)

{i+i,y

Der resultierende Ausdruck fiir VQ und damit die steuerinduzierte Verzerrung ist so komplex, dass sie sich ohne weiteres nicht interpretieren lasst. Auch fiir s = Sk konnen keine eindeutigen Ergebnisse erzielt werden. Die Beriicksichtigung der Verau£erungsgewinnbesteuerung fiihrt dazu, dass VQ unter diesem Steuersystem eine Funktion von z ist.

8=0.1

8=0.15

8=0.2

8=0.25

8=0.3

8=0,35

8=0.36

8*0.4

8=0,42

8=0,45 8=0.485

z=1

0.692

0.747

0.810

0.886

0.978

1,098

1.126

1.261

1,346

1,507

1.774

z=5

0.688

0.742

0.806

0.883

0.979

1.104

1.133

1.276

1.366

1,536

1.821

z=10

0.685

0.738

0.802

0.881

0.979

1,109

1.141

1.291

1,385

1.565

1.867

z=20

0.681

0.734

0.798

0.878

0.980

1.117

1,150

1.309

1.411

1,605

1.931

z=50

0.679

0.731

0.794

0.875

0.981

1.124

1.159

1,329

1,439

1.650

2.007

z=100

0.679

0.730

0.794

0.875

0.981

1.125

1.160

1.333

1.445

1.660

2.027

Tabelle 3.5: ^ im Halbeinkiinfteverfahren bei unendlichem Zeithorizont und Variation von z

Sensitivitatsrechnungen, wie exemplarisch in den Tabellen 3.5 und 3.6 fiir s^ = 0,25, z = 0,1 und z = 5 bzw. 7 = 0,5 dargestellt, erlauben allerdings Tendenzaussagen. Je grower z und damit je spater der Investor A seine Beteiligung verau£ert, desto grower wird infolge der Thesaurierung von 50% der Ertrage und des dadurch ausgelosten Wachstumsprozesses auch der Beteiligungswert des Investors A.

3 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Ubergangsregelungen

106

Betrachtet man eine Variation der Thesaurierungsquote 7 (Tabelle 3.6), wird deutlich, dass ein hoherer Anteil der in der Unternehmung belassenen Gewinne, etwa fiir s > 0,3, zu einem hoheren Wert fiir VQ fiihrt. Liegt 7 in dem dargestellten Beispiel allerdings besonders hoch (hier zu beobachten fiir Werte von 7 > 0,7), nimmt VQ bei gleichzeitig hohen Einkommensteuersatzen nicht nur Werte unterhalb der Einlage EQ an, sondern kann sogar negativ werden. In diesen Fallen (kursiv eingetragene Werte) wird gerade der Faktor R^j^ negativ. Dies sind genau die Szenarien, die sich einer okonomischen Interpretation entziehen, da die Thesaurierungsquote zu okonomisch unplausiblem unendlichen Wachstum fiihrt, also Szenarien, fiir die 7 > 4^ gilt.

8=0.1

8=0.15

8=0.2

8=0.25

8=0.3

8=0.35

8=0,36

8=0,4

8=0,42

8=0,45 8=0,485

y=0

0.798

0,825

0.854

0.886

0.920

0,958

0,966

1,000

1,018

1,047

1,084

y=0.1

0.784

0,815

0.849

0,885

0.926

0,972

0.981

1,023

1,046

1,082

1,130

y=0,3

0.747

0,787

0.833

0,884

0.944

1.014

1.029

1.098

1,137

1,204

1,295

y=0,5

0.688

0,742

0.806

0,883

0.979

1.104

1.133

1,276

1.366

1,536

1,821

y=0.7

0.583

0.657

0.752

0.882

1.077

1,413

1,513

2,172

2.851

5,883

-13,471

y=0.9

0.338

0.425

0.569

0.881

2.366

-2,010

-1,378

-0,523

-0.360

•0,207

-0,095

Tabelle 3.6: ^ im Halbeinkiinfteverfahren bei unendlichem Zeithorizont und Variation von 7

Des Weiteren erkennt man, dass das Halbeinkiinfteverfahren bei hoheren Steuersatzen Vorteile birgt. Erst dann ist eine Investition, das hei£t der Erwerb der Beteiligung okonomisch sinnvoll. Bei niedrigen Steuersatzen resultieren durchweg Faktoren ^ < 1. Nehmen wir beispielhaft i = 0,1, 7 = 0,5, s = | , 2 = 5 und einheitlich fiir beide Steuersysteme Sk — 0,25 an und vergleichen die Werte bei Anwendung des Halbeinkiinfteverfahrens mit dem Anrechnungsverfahren und dem steuerfreien Szenario, erhalten wir die in Abbildung 3.13 dargestellten Relationen.

3.5 Halbeinkiinfteverfahren

107

2.5

^

2.0-1

1.5 1.0 0.5 0.0 10% •



15%

20%

25%

30%

35%

40%

' Halbelnkunfteverf ahren — ^ — Anrechnungsverf ahren

45%

50%

steuerf reier Fall

Abbildung 3.13: Vergleich der Werte fiir ^ bei Dividenden- und Veraufeerungsgewinnbesteuerung im Halbeinkiinfteverfahren bzw. im Anrechnungsverfahren und unendlichem Zeithorizont fiir verschiedene s und einheitliches Sk = 0,25

Unterstellt man die tatsachlichen Korperschaftsteuersatze, also Sk = 0,25 im Halbeinkiinfteverfahren und s^ = 0,40 im Anrechnungsverfahren, ergeben sich die in Abbildung 3.14 dargestellten Verlaufe. C

2.5 2.0 1.5 1.0

• •

f-

0,5

15% -

20%

25%

• Habeinkunfteverf ahren



30%

35%

- Anrechnungsverfahren

40%

45%

50%

steuerf reier Fal

Abbildung 3.14: Vergleich der Werte fiir ^ bei Dividenden- und Veraufeerungsgewinnbesteuerung im Halbeinkiinfteverfahren bzw. im Anrechnungsverfahren und unendlichem Zeithorizont fiir verschiedene s und Sk = 0,25 bzw. Sk = 0,40

Man erkennt, dass die Besteuerung nach dem Halbeinkiinfteverfahren in der Regel einen verzerrenden Einfluss auf die Entscheidung des Investors A hat. Dass bei bestimmten Konstellationen gerade der Wert des steuerfreien Falls

3 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Ubergangsregelungen

108

erreicht wird, kann als ,^ufalliges" Ergebnis von Wachstum, Verzinsung und Besteuerung betrachtet werden. Liegt der Steuersatz iiber diesem kritischen Steuersatz, so profitiert A vom Halbeinkiinfteverfahren. Bei einem Einkommensteuersatz iiber 40% bei identischem Korperschaftsteuersatz in beiden Systemen bzw. von iiber 20,75% bei Annahme der tatsachlichen jeweiligen Korperschaftsteuersatze wird der Beteiligungswert grower als bei einem Steuersystem mit Anrechnungsverfahren. Insgesamt bewirkt das Halbeinkiinfteverfahren relativ gro£ere Abweichungen von der Indifferenzlinie VQ = EQ. Dies gilt insbesondere fiir hohe Einkommensteuersatze. Abbildung 3.15 verdeutlicht anhand dieses Beispiels den Einfluss der Veraufierungsgewinnbesteuerung.

Eo 2.5

2,0 1.5 1.0 0.5 -| 0.0 20% "

25%

30%

35%

40%

' Halbeinkunftevsrfahren und Vsrdufterungsgewinnbesteueaing

——• Halbeinkunlle>«rfBhren ohne VerAuaeaingsgewinnbesteuerung steuerfireier Fall

Abbildung 3.15: Vergleich der Werte fiir ^ bei Anwendung des Halbeinkiinfteverfahrens mit und ohne Verau£erungsgewinnbesteuerung bei unendlichem Zeithorizont fiir verschiedene s

Die Begiinstigung durch das angenommene Steuerrecht fallt auch im Halbeinkiinfteverfahren fiir das betrachtete Beispiel moderater aus als in einem System, das Veraufierungsgewinne unberiicksichtigt lasst. Aniage in Aktien am Kapitalmarkt

Wenn fiir den nachsteuerlichen Kalkulationszinsfufi statt is = {I — s)i nun (^l-is)(l-5fc)i

(3.68)

3.5 Halbeinkiinfteverfahren

109

in den Kalkiil eingesetzt werden muss, erhalten wir gema£ Gleichung (3.64) V,-

( i - H a - 7 ) •(l + 7^.J'^o.

(3.69)

l-i5-7

Als Beteiligungswert beim Investor A ergibt sich unter Riickgriff auf diesen Wert fiir V; mit 7 < ^ = (1 - \s) schlie£lich (3.70)

^0 - ^^'-Tzrrrr' 2'

{i^isY

2.5 -.

2.0 -I 1.5 1.0 -1 0.5 \

0,0 10%

15%

20%

25%

30%

35%

40%

45%

50%

— - - Halbeinkunfteverfehren. Altemativenlage in Aktien - " • Halbeinkunfteverfehren, Altemativenlage infestverzinslicheWertpapiere ^-^ Anrechnungsverfahren steuerfreier Fall

Abbildung 3.16: Vergleich der Werte fiir ^ bei Dividenden- und Veraufierungsgewinnbesteuerung im Halbeinkiinfteverfahren bei Alternativanlage in festverzinsliche Wertpapiere oder Aktien bzw. im Anrechnungsverfahren und unendlichem Zeithorizont fiir verschiedene s und einheitliches s^ = 0,25

Die Beriicksichtigung der Veraufierungsgewinnbesteuerung verandert nichts an den Relationen zwischen den verschiedenen Besteuerungsmodellen, das hei£t an

3 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Ubergangsregelungen

no

den Relationen zwischen Halbeinkiinfteverfahren bei Alternativanlage in festverzinsliche Wertpapiere, Halbeinkiinfteverfahren bei Alternativanlage in Aktien und Anrechnungsverfahren. Abbildung 3.16 bestatigt die Ergebnisse bei ausschlie£licher Dividendenbesteuerung von Abbildung 3.12 fiir einheitliches 5fc = 0,25.275

Fiir die tatsachlichen Korperschaftsteuersatze ergibt sich entsprechend:

^0 2.5 2.0 1.5 1.0 0.5 0.0 25%

40%

45%

— - - Halbeinkiinfteverfiahren, Altemativeniage in Aktien "

-

- HalbeinkiJnflevBrfahren, Alternativanlage infestVBrzinslicheWertpapiere

—Anrechnungsverfahren steuerfreier Fall

Abbildung 3.17: Vergleich der Werte fiir ^ bei Dividenden- und Veraufierungsgewinnbesteuerung im Halbeinkiinfteverfahren bei Alternativanlage in festverzinsliche Wertpapiere oder Aktien bzw. im Anrechnungsverfahren und unendlichem Zeithorizont fiir verschiedene s und Sk = 0,25 bzw. Sk = 0,40

Betrachtet man den Fall 5 = 5^, so sind, wie bereits bei alternativer festverzinslicher Anlage festgestellt werden konnte, keine eindeutigen Aussagen moglich. Das Verhaltnis von VQ ZU EQ hangt von den jeweiligen Werten fiir s, 7, i und z ab.

2*^^ Dieser Abbildung liegen abermals die Parameter i zugrunde.

0,1, 7 = 0,5, s = I und z = 5

3.5 Halbeinkiinfteverfahren

111

3.5.3 Endlicher Zeithorizont 3.5.3.1 Realtypische Dividendenbesteuerung Festverzinsliche Aniage am Kapitalmarkt

Vz setzt sich auch hier aus den drei bekannten Komponenten zusammen.^^^ Zur genauen Bestimmung des Beteiligungswertes miisseii wir, wie schon im Anrechnungsverfahren, auf die Beziehung zwischen der Einlage £"0 und der Summe der thesaurierten Gewinnanteile zuruckgreifen:^^^ 5^7(l-Sfc)Gt = Y.^{l-s,)Giil+'ri,J-'

(3.71)

Wir erhalten

^^ = E (l-JO^t'Ml + O'""^'

(3.72)

+ (^l-^s^Eo- ((1 + ^isf - 1) (1 + is)-^''-'^

Die erste Zeile beschreibt hier den Barwert der im Zeitraum von t = zhist = T zu erwartenden Ausschiittungen nach Beriicksichtigung der personlichen Einkommensteuer von B. In der darauf folgenden Zeile ist unter Beachtung von Gleichung (3.71) der Barwert der seit der Griindung kumulierten thesaurierten Betrage abgetragen, die im Zeitpunkt t = T schlie£lich zur Ausschiittung kommen. Diese werden zusatzlich zur korperschaftsteuerlichen Vorbelastung mit Einkommensteuer im Rahmen des Halbeinkiinfteverfahrens belastet.^^® Zuletzt geht der Barwert der in t = T steuerfrei zuriickgezahlten Einlage in den Wert fiir Vz ein. Es folgt weiter

276 Vgl. hierzu Kapitel 3.2.3. 277 Vgl. Gleichungen (3.13) und (3.46). 278 Dies entspricht dem etwa von vgl. Bareis (2000), S. 142; Forster/Lishaut (2000), S. 1193; Forster (2001), S. 1245; Scheffler (2001), S. 297-307; Stegner/Heinz (2001), S. 63; Maiterth/Muller (2002), S. 600 sowie MuUer/Semmler (2003) beschriebenen Kaufpreisabschlag.

3 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Ubergangsregelungen

112

^^ =

(1-is) (1-7) (1-5,) (l-s)-7(l-s.) •^'•^^'-^ -^^ (l-|s)(5fc-5)

+ _ ( l - s ) - 7 ( l - S f c ) '(l' +•

7 i . j ' ' + ^ s ^ o ( l + i,)-^^-^'. '"*'

' 2

Daraus ergibt sich ein Beteiligungswert fur den Investor A: ^^ ^

(1-is) (1-7) (1-5.)

^^

(1-5)-7(1-5*)

(

(-1 -^s) H {Sk - S)

+ l^(l-s)-.7 (1 -

Sk)

(l + 7i.J^ + i s ) £ ; o ( l + g - ' ' .

Falls genau Sk = s gilt, folgt daraus fiir VQ im Gegensatz zu einem Szenario mit unendlichem Zeithorizont:

Vo =

(l-^sjEo-h^S'Eo{l-\-isy l - i s + ^5(l + z,)-^

JE;O.

Die Entscheidung dariiber, ob der Investor A in die Unternehmung investieren wild oder nicht, lasst sich jedoch in diesem einfachen Fall eindeutig trefFen. Es gilt 1 1 /. • ^-T da der Ausdruck auf der rechten Seite dieser Ungleichung gerade der abdiskontierte Wert des Ausdrucks auf der linken Seite ist. Somit ist fiir Sk = s gerade Vo < ^0- A wird sich in diesem Fall gegen eine Investition entscheiden.

Aniage in Aktien am Kapitalmarkt

Rechnet man mit dem fiir eine Aktienanlage modifizierten nachsteuerlichen Kalkulationszinsfu£, erhalten wir als Beteiligungswerte entsprechend: Vo

=

( i - H a - 7 ) I, +

l - i1 s - 7 ~ — ' ^ 0 (l-i5)(5,-s) ^ 1 l-is-7)(l-5.)^'+^*'*'' +2^

Eo(l + is)'

3.5 Halbeinkiinfteverfahren

113

Fiir Sk = s wird hieraus: Vo =

('-W(l-7)

l^,.^,_)..

l - h - J

Ers

und damit stets Vb > ^oIn alien anderen Fallen, also fiir s ^ Sk, kommt es insbesondere auf das Verhaltnis von s und Sk an, ob bei einer Alternativanlage in Aktien die Investition mit dem unterstellten thesaurierungsbedingten Wachstum vorteilhaft ist oder nicht. 3.5.3.2 Realtypische Dividenden- und VerauBerungsgewinnbesteuerung Festverzinsliche Aniage am Kapitalmarkt

Beriicksichtigt man zusatzlich die Veraufierungsgewinnbesteuerung und setzt vereinfachend fiir die Abzinsungsfaktoren gema£ Gleichungen (3.28) und (3.29) ein, ergibt sich

K =

^0

1 - bQj^ (l~i.)(l-7)(l-3.) .

-h

(1-1.)(.,-.) ( 1 ~ 5 ) - 7 ( 1 - S f c ) ^^

y T ^l^Sk)

Q:- 1

Daraus folgt fur den Investor A im Zeitpunkt t = 0

^0 = f^(i-^s)A"'{i+j.)"* + v;(i+i,

Eo = K"Eo

(l-KV+(ir^^-f-(l + 7i.f) Allgemeingiiltige Aussagen sind auch fiir s = Sk nicht moglich.

(3.73)

114

3 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Ubergangsregelungen

Aniage in Aktien am Kapitalmarkt

Fiir den Beteiligungswert des Investors A in t = 0 in Analogie zu dem Wert, der sich bei einer festverzinslichen Alternativanlage ergibt, folgt:^^^ Va =

(l-|s)(l-7) l-is-7

(3.74)

Eo \

/ 2* (l-l5)(l-,)

QT^S ^ (l-,)[Q,-i»J

Dieser komplexe Ausdruck wird fiir s = Sk und damit z^^ = (l - | s ) (1 s ) i schlie£lich zu (l-i.)(l-7) (3.75) Vo = Eo 1-5^ -7 /

\

Q.-l

(I+iT' (1

T)

.

^

is 2* (i-i;)(i-7) Q T F

V

I 1-1" 1 Jl-S»-7) •^(1-7)1«.-J.J • 2* (1-1»)

/

Da sich der nachsteuerliche Kalkulationszinsfufi is^ nicht auf i^ = (1 - s)i reduziert, bleiben die steuerlichen Verzerrungen bei diesem Szenario, also bei einer Alternativanlage in Aktien, vielschichtig. Betrachtet man den Faktor ^ .^i _—, erkennt man, dass (l-i5)(l-7)>Q 1-1.-7 0,32925 vor. Bei langerem Zeithorizont (Abbildung 3.21) sind hingegen hohere Steuersatze erforderlich. Es muss dann gelten 5 > 0,34474.

3 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Ubergangsregelungen

138

CO

20%

30%

40%

50%

60%

70%

V O ^ fOr Veriu&arung in 2*2020 ohne zw ischenzeltlche Au«schOttung von ARrOcMag«n • • 'VOOSbetAnwendungdeshMbainKOnftovsrfahrens •"• • VO/BO M Anwendung dm Anrechnungtverfshrans VO® )m«touerfreien fat

Abbildung 3.23: ^ bei der Veraufierung nach dem Ende der Ubergangsfrist ohne zwischenzeitliche Ausschiittungen aus Altbestanden fur verschiedene Thesaurierungsquoten 7, ^0 = 1999 und 5 = 0,25

^0,

1.0

iiMh*MMrib±a±±±±!±:!

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

•'•'•"'VO/EO IQr VerSuAentng in z«2020 ohne zw«'«chenzaiU«che Ausschuttung von AHnicklagen . . . -VO/EO bo) Anwandung das MalbeinkOnftevediahrans VO/EO bei Anwendung des AnrachrHingsverfBhrens VO/EOtinstauemnslen Fall

Abbildung 3.24: ^ bei der Veraufierung nach dem Ende der Ubergangsfrist ohne zwischenzeitliche Ausschiittungen aus Altbestanden fiir verschiedene Thesaurierungsquoten 7, to = 1999 und 5 = 0,42

3.6 Ubergangsregelungen

139

Fiir Variationen von 7 lassen sich ambivalente EfFekte nachweisen. Tendenziell kann lediglich festgehalten werden, dass es mit steigender Thesaurierungsquote bei gleichzeitig niedrigem Einkommensteuersatz weniger Parameterkombinationen gibt, fiir die ;^ > 1 gilt. Dieser Effekt wird in den obigen Abbildungen 3.23 und 3.24 fiir s = 0,25 und fiir s = 0,42 veranschaulicht. Im Bereich zwischen 7 = 0,7 und 7 = 0,8, bei etwa 7 > 0,773, erfahrt der Faktor ^ (i^jl-Zn-a^^T in Gleichung (3.86) einen Vorzeichenwechsel. Zugleich gilt 7 > 4^ bei Relevanz des Halbeinkiinfteverfahrens. Damit sind die ^-Faktoren fiir dieses Steuersystem fiir hohe Thesaurierungsquoten nicht definiert. Die Abbildungen 3.21 bis 3.24 verdeutlichen au£erdem, dass das Anrechnungsverfahren in vielen Fallen die geringsten Verzerrungen aufweist, wenn man als Referenzfall das steuerfreie Modell zugrunde legt.^^^ Bei niedrigen Steuersatzen reagiert das Anrechnungsverfahren umso starker, je hoher die Thesaurierungsquote ist, wahrend es sich bei hohen Steuersatzen nahezu unempfindlich hinsichtlich einer Variation von 7 verhalt.^^^ Bei den hier untersuchten Beispielen handelt es sich annahmegemaR samtlich um Falle, in denen B die Beteiligung unendlich lange halt. Ohne die Variante mit endlichem Zeithorizont im Detail durchzurechnen, sollen nur die folgenden Anmerkungen dazu gemacht werden: Wenn B die Beteiligung in einem Zeitpunkt t = T liquidiert, dann erhalt er aus der Beteiligung insgesamt neben dem Barwert der ausgezahlten Dividenden au£erdem den Barwert der in T zur Ausschiittung kommenden kumulierten thesaurierten Gewinne sowie den Barwert der urspriinglichen Einlage EQ.^'^^ Da die Ausschiittung der unter altem Recht thesaurierten Betrage im betrachteten Beispielfall erst nach Ablauf der Ubergangsphase erfolgt, wird die auf den Altriicklagen lastende Korperschaftsteuer in Hohe von 40% definitiv. Die nach Abzug der Korperschaftsteuer verbleibenden Nettodividenden unterliegen zusatzlich noch zur Halfte der Einkommensteuer nach den Vorschriften des Halbeinkiinfteverfahrens. Anders als im Fall mit ausschlie£licher Anwendung des Anrechnungsverfahrens wird nun keine Korrektur durch einen Faktor Yz~- durchgefiihrt, die im Endeffekt (durch Vollanrechnung) eine Belastung mit dem individuellen Steuersatz bewirkt.^^^ Im Regelfall werden die Altriick319 Vgl. Abbildungen 3.21 und 3.24. 3^^ Vgl. Abbildungen 3.23 und 3.24. Vgl. hierzu auch die Ergebnisse der Sensitivitatsanalyse hinsichtlich der Thesaurierungsquote bei Schweser (2002), S. 249-257 und S. 274-276. 3^1 Vgl. hierzu die Ausfiihrungen in Kapitel 3.2.3. 322 Vgl. Gleichung (3.48) bzw. (3.49) in Kapitel 3.4.3.1 bzw. 3.4.3.2.

140

3 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Ubergangsregelungen

lagen bei einem Systemwechsel insgesamt durch Korperschaftsteuer zuziiglich Einkommensteuer deutlich hoher belastet als im reinen Anrechnungsverfahren Oder auch im reinen Halbeinkiinfteverfahren. 3.6.2.3 VerauBerung nach dem Ende der Ubergangsfrist mit zwischenzeitiichen Ausschuttungen aus den Altbestanden

Mochte der Investor A in den Genuss der tjbergangsregelungen kommen, miissen wahrend der Ubergangsphase zusatzliche Ausschuttungen und zwar aus den Altbestanden des in den Vorjahren aufgelaufenen EK40 vorgenommen werden. Da es bei konstanten Steuersatzen stets vorteilhaft im Sinne einer Barwertmaximierung ist, die Ausschiittung so friih wie moglich vorzunehmen,^^^ nehmen wir fur die Modellierung als Zeitpunkt der zwischenzeitiichen Ausschiittung der Altbestande das Jahr 2001 an. Das heifit, es wird unterstellt, dass im Jahr 2001 samtliche noch unter altem Recht thesaurierten £Ji(^40-Positionen zur Ausschiittung kommen. Um Irrtiimern vorzubeugen, sei an dieser Stelle nochmals auf die zeitliche Struktur im Modell hingewiesen: Das Jahr 2001 gilt im Modell bereits als das erste Jahr, in dem fiir Ausschiittungen das neue bzw. das Ubergangsrecht anzuwenden ist. In der Realitat sind Ausschiittungen im Jahr 2001 ordentliche Gewinnausschiittungen aus Gewinnen des Jahres 2000 oder aus Vorjahren, die noch unter die Vorschriften des Anrechnungsverfahrens fallen. Erst Ausschiittungen aus Gewinnen des Jahres 2001, also im Jahr 2002, unterliegen in der Realitat dem neuen Recht. Da im Modell stets das Jahr, in dem der Gewinn erwirtschaftet wird, gleich gesetzt wird mit dem Jahr, in dem erstmals aus diesem Gewinn ausgeschiittet wird, treten zeitliche Diskrepanzen zur Realitat auf. Die vorgezogene Ausschiittung wirkt sich auf den Wachstumsprozess in der Unternehmung aus, da dadurch geringere Mittel fiir eine Investition verbleiben. Damit reduziert sich die Basis fiir die interne Verzinsung und das weitere Gewinnwachstum in der Unternehmung. Dies wirkt sich auf den Preis aus, den B im Zeitpunkt t = z aufbringen wird, um die Beteiligung von A zu erwerben. Fur V, folgt324

323 Vgl. Abbildung 3.19. 324 Vgl. Gleichung (3.76).

3.6 Ubergangsregelungen

141 (3.87) t=z+l

^

^

Da samtliche bis zum Zeitpunkt t = tu thesaurierten Betrage in t = tu -\- I ausgeschiittet werden, ist in der Unternehmung in t^ + 1 nur noch EQ an Kapital vorhanden. Es gilt somit (3.88)

Gz+i = Gt„+i (1 -f 7isk26y mit

(3.89)

Gt^+i = IEQ und damit fiir Gz+i' G,+i =2^0(1 + 7^.^25)

(3.90)

Aus Gleichung (3.87) wird so: V4

=

(l-l5)(l-7)(l-gfc25) *«

7*Sk36

(1-Is)(l-7)(1-Sfc25) (1 - S) - 7 (1 - Sfc25)

.

i£;o(H-7W)

Z—tu

(3.91)

(l + 7i3.„r

Fur t„ = 2000 und z = 2020 ergibt sich (l-|5)(l-7)(l-gfc25) ''z=2020 =

20

(i + 7i,.„)^"£;,

Der Wachstumsfaktor (1 H-7«afc4o)^°) der auf Thesaurierungen in den Jahren 1991 bis 2000 zuriickzufiihren ist,^^^ fehlt im Vergleich zum Fall ohne vorgezogene Ausschiittungen. Der Beteiligungswert des Investors A muss abermals in zwei Komponenten aufgeteilt werden, zum einen in den Teil der Dividenden, der ausschliefilich nach dem Anrechnungsverfahren versteuert wird, und den Teil, der unter das Halbeinkiinfteverfahren fallt. Fiir VQ^'^"" erhalt man den bekannten Ausdruck:^^^ wto/tu _ j^ (l-s)(l-7) ^0 -^o-^^_^^_^^^_^^^^^ 325 Vgl. Gleichung (3.81). 326 Vgl. Gleichungen (3.82) und (3.83).

tu—to

V 1 + ^. /

(3.93)

142

3 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Ubergangsregelungen

Bei den Auszahlungen aus der Beteiligung nach der Systemumstellung bezogen auf den Zeitpunkt t = tu ist nun zusatzlich der Barwert der Auschiittung der Altbestande in t = tu-\-1 zu erfassen. Dieser ergibt sich aus dem Alt best and EKiOt^+i in Periode t = tu + 1,^^^ tu + l

EKiOt^^i

=

^ 7 ( 1 - Sk4o) Gt

(3.94)

tu + 1

=

X^ 7 (1 - s*4o) Gt„+i (1 + 7i,..o)'"*° t=to + l tu + 1 t=to+l

-

^(^-^'=-')^^''

(i + 7 i . J - i

unter Beachtung des darauf ruhenden Korperschaftsteuerguthabens Kt^^i: Kt^^, = ^EK^{)t^^,.

(3.95)

Somit erhalt der Investor A in ^ = f^ H-1 eine Ausschiittung aus Altbestanden von Be^^i = ^0 ((1 + lis, J--''

- 1) (^1 + ^ j ,

(3.96)

die nun noch nach den Vorschriften des Halbeinkiinfteverfahrens der Einkommensteuer zu unterwerfen ist. Es verbleiben ^ t + i ={l-s^^E,-l.{{l

+ 7*,.«)'"-*° - 1) •

(3.97)

Bezogen auf t = tu gilt entsprechend Bl=(l-s^^-Eo-\-

((1 + iwJ"-*'

- 1) (1 + i,)-(*"+i-'").

(3.98)

Setzt man dies in V^"" ein, erhalt man: 327 Ygi hierzu die Summe der thesaurierten Gewinne, dargestellt fur das Anrechnungsverfahren in Gleichung (3.46).

3.6 Ubergangsregelungen

143

(3.99)

{l-is){l-^){l-Sk25)

Gu +1

^s - 1 ^ Sfc25 ,

Ersetzt man fiir Gt„+i und V^ genia£ Gleichungen (3.89) und (3.91), folgt weiter (1 - | 5 ) (1 - 7 ) (1 - 5fc25) *^0

-7V

,,

(3.100)

iEo

(l-ig)(l-7)(l-^fc28) (l-5)-7(l-«fc25)

=

i — -S

-Eo-
£^o- Allenfalls bei einem sehr hohen Grenzeinkommensteuersatz von A bleibt eine Investition vorteilhaft. Der exakte kritische ^"^^ Um die Untersuchung einfach zu halten, beschranken wir uns auf die Betrachtung einer Kapitalmarktanlage in festverzinsliche Wertpapiere. Durch diese Annahme ist es nicht erforderlich, zwisdien einem nachsteuerlichen Kalkulationszins im Anrechnungsverfahren und einem im HalbeinkiinfteverfaJiren zu differenzieren. "^^^ Vgl. hinsichtlich der Preiseffekte im Zusammenhang mit dem tFbergang von einer Einkommensteuer zu einer Konsumsteuer etwa Hall (1996), S. 74-77.

3.6 Ubergangsregelungen

167

Einkommensteuersatz, der zur Vorteilhaftigkeit fiihrt, hangt wieder von 7 und i ab. Fiir nach Steuern vorteilhafte Investitionsobjekte treten durch grandfathering Vorteile in Hinblick auf die Entscheidungsneutralitat der Besteuerung in Form geringerer Verzerrungen auf, obwohl oder besser weil Investor A die beschriebenen Einbufien erleidet. Wird A hingegen iiberraschend mit einer Steuerreform konfrontiert, dann kann er auch bei Einfiihrung einer grandfather rule den negativen Preiseffekten dieser Reform nicht entgehen, wenn er an einer Verau£erung an B festhalt. Somit kommt es unter Umstanden zu einer Reduktion des Veraufierungspreises fiir ihn.^^^ Gegebenenfalls ist selbst bei einem hohen Einkommensteuersatz die Investition, die vor Bekanntgabe der Reform nach Steuern vorteilhaft war, nun ex post eine Fehlinvestition, die nicht einmal eine Verzinsung der urspriinglichen Einlage EQ sicher stellt. Bei niedrigen Steuersatzen empfiehlt sich gegebenenfalls ein Verzicht auf die VerauEerung. Als eine besondere Form des grandfathering kann man eine grandfather rule ansehen, die nur fiir einen bestimmten Zeitraum gilt.^^^ Ist eine solche grandfather rule auf samtliche, also auch auf innerhalb dieser Frist neu entstehende Gewinne anzuwenden, so handelt es sich tatsachlich um eine verzogerte Einfiihrung des neuen Rechts wie in Kapitel 3.6.3.2 beschrieben. Bezieht sich die grandfather rule allerdings nur auf die unter altem Recht entstandenen Gewinne, so wie etwa bei den Vorschriften fiir den Ubergangszeitraum nach § 37 Abs. 2 KStG, kann von zeitlich beschranktem grandfathering gesprochen werden. Bei den gesetzlichen Vorschriften fehlen allerdings entsprechende Regelungen auf Anteilseignerebene. Die sich rechnerisch ergebenden Beteiligungswerte wurden in Kapitel 3,6.1 hergeleitet. Hierbei sind allerdings etwaige Preiseffekte vernachlassigt worden. Geht man davon aus, dass der Investor B alternativ auch eine vor Steuern gleichwertige Unternehmensbeteiligung erwerben konnte, die ausschlieElich nach dem Halbeinkiinfteverfahren zu versteuern ist, so kommt es in den Fallen, in denen die zukiinftigen Einzahlungen aus der Beteiligung bei B zum Teil noch unter die Ubergangsregelungen fallen, zu Preiseffekten. Betroffen sind Falle, in denen B die Beteiligung noch wahrend der tjbergangsfrist erwirbt und sich fiir ^^° Das AusmaE des Preisverfalls hangt von den jeweiligen Preiselastizitaten ab. ^^^ Diese Variante weist gewisse Ahnlichkeit mit den von Graetz (1977), S. 87, angesprochenen termination dates und sunset laws auf.

168

3 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Ubergangsregelungen

zwischenzeitliche Ausschiittungen entscheidet.^^^ Tendenziell gilt auch hier, dass B fiir die Beteiligung, die Altbestande beinhaltet, eine geringere Zahlungsbereitschaft haben wird als fiir eine vergleichbare Beteiligung, die keine Altbestande aufweist. Dieser geringere Verau£erungspreis fiihrt zu einem geringeren VQ und damit wiederum zu weniger Fallen, in denen die Investition fiir den A vorteilhaft ist.^^^ Die Reduktion von VQ ist fiir vorteilhafte Investitionen, das hei£t bei hohem Einkommensteuersatz, aus Sicht der Investitionsneutralitat zu begrii£en. Andere Ergebnisse konnen sich dann ergeben, wenn ein hoher Kalkulationszinsfufi i anzuwenden ist.^^'^ 3.6.3.6 Holder-only grandfathered Einfuhrung

Eine andere Form der Beschrankung von grandfather rules bieten die so genannten holder-only grandfather rules. Bei dieser Variante hat B in keinem Fall die Moglichkeit, das Korperschaftsteuerguthaben zu nutzen. Lediglich derjenige, der im Zeitpunkt des Systemwechsels die betroffenen Anteile halt, wird von den Regeln des neuen Rechts ausgenommen. Erwerber derartiger Anteile miissen die kiinftigen Ertrage aus einer solchen Beteiligung nach den Vorschriften des Halbeinkiinfteverfahrens versteuern. Da es fiir B keine Unterschiede hinsichtlich der zukiinftigen Einzahlungsiiberschiisse dieser noch unter altem Recht durch A begriindeten Beteiligung im Vergleich zu einer jiingeren, nur unter das Halbeinkiinfteverfahren fallenden Beteiligung, gibt, treten keinerlei Preiseffekte auf. Die Wirkungen des neuen Rechts sind samtlich bereits im Veraufierungspreis Vz antizipiert. Durch einen Verkauf an den Investor B kommt A indirekt iiber den Verau£erungspreis in den Genuss aller steuerlichen Vorteile, die das neue Recht birgt. In fast alien Fallen, in denen eine Investition in die Unternehmung durch A iiberhaupt okonomisch sinnvoll ist, das heifit bei relativ hohen Steuersatzen, birgt das Halbeinkiinfteverfahren trotz des Verzichts auf die Korperschaftsteuerminderung Vorteile fiir den Investor durch ein hoheres VQ.^^^ Im Gegensatz zu den gesetzlichen Ubergangsregeln kann A nun jedoch bei Steuersatzen, die fiir i = 0,10 und 7 = 0,5 etwa zwischen 5 = 0,30 und s = 0,40 liegen, durch den Verzicht auf eine Veraufcerung an B Vorteile realisieren. Dies 352 353 354 355

Vgl. Kapitel 3.6.2.5. Vgl. Abbildung 3.28. Hierzu vgl. nochmals die Abbildungen 3.29 und 3.30. Vgl. Abbildung 3.13.

3.7 Wiirdigung

169

wird deutlich, wenn man die Kurvenverlaufe in Abbildung 3.13 mit denen etwa in Abbildung 3.21 in Kapitel 3.6.2.2 oder Abbildung 3.25 in Kapitel 3.6.2.3, das hei£t bei Anwendung der gesetzlichen Ubergangsvorschriften, vergleicht.^^^ Holder-only grandfather rules implizieren damit allokative Vorteile: Sie vermeiden SubstitutionsefFekte und fiihren ceteris paribus zu einer langeren Anwendung des Anrechnungsverfahrens. Dieses weist bei vorteilhaften Investitionen in der Regel geringere Verzerrungen auf als das neue Recht. Da das neue Recht allerdings die gr5£eren Wachstumseffeke birgt, ist anzunehmen, dass A seine Beteiligung unter Verzicht auf die Nutzung des Korperschaftsteuerguthabens moglichst friih an B verkaufen wird, um iiber den Verkaufspreis an diesen Effekten teilzuhaben. Insgesamt lassen sich keine eindeutigen Aussagen iiber die Neutralitatswirkungen dieser Stichtagsregelungen machen.

3.7 Wiirdigung Die Untersuchung des Anrechnungsverfahrens und des Halbeinkiinfteverfahrens fiir verschiedene Szenarien und Datenkonstellationen hat gezeigt, dass bei beiden Steuersystemen erhebliche Verzerrungen im Sinne einer Abweichung von einer entscheidungsneutralen Besteuerung auftreten. Die hergeleiteten formalen Ausdriicke sind so komplex, dass sie sich analytisch nicht allgemeingiiltig interpretieren lassen. Nur fiir Sonderfalle, etwa fiir s = Sfc, sind teilweise Schlussfolgerungen moglich. Die festgestellten Verzerrungen fiihren in vielen Fallen dazu, dass eine vor Steuern vorteilhafte Investition unter Beriicksichtigung von Steuern nicht mehr die Verzinsung des investierten Kapitals EQ mit dem Kalkulationszinsfufi gewahrleistet. Dies gilt sowohl bei unendlichem als auch bei endlichem Zeithorizont. Tendenziell bewirkt ein endlicher Zeithorizont hohere Werte fiir den Beteiligungswert VQ bei A als ein unendlicher Zeithorizont. Die temporale Doppelbesteuerung wirkt bei endlicher Betrachtungsweise fiir eine relativ kiirzere Zeitspanne. Die Liquidation der Unternehmung durch den B in T bedeutet somit einen Zinsvorteil, der sich iiber den Verau£erungspreis auch vorteilhaft fiir A auswirkt. Bei unendlichem Zeithorizont entsteht eine definitive Doppelbelastung. Im Anrechnungsverfahren kommt es grundsatzlich nur bei sehr hohem Einkommensteuersatz im betrachteten Standardfall mit f = 0,1 und 7 = 0,5 zur Vgl. auch jeweils die Ausfiihrungen zu diesen Abbildungen.

170

3 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Ubergangsregelungen

Vorteilhaftigkeit einer Investition in die Unternehmung. Auch im Halbeinkiinfteverfahren gibt es viele Falle, bei denen die Besteuerung zur Unvorteilhaftigkeit fiihrt. Dies gilt insbesondere bei niedrigen Steuersatzen. Dieser EfFekt ist im Vergleich zum Anrechnungsverfahren sogar noch starker ausgepragt. Lediglich dann, wenn die Alternativanlage in Aktien getatigt werden kann und damit der nachsteuerliche Kalkulationszinsfufi sich ebenfalls nach Anwendung des Halbeinkiinfteverfahrens ergibt, folgen im Standardfall ausschlie£lich Werte mit VQ > EQ. Grundsatzlich gilt, dass eine Parametervariation insbesondere von 7 grofien Einfluss hat, so dass stets Einzelfallanalysen erforderlich sind. Insgesamt zeigt sich, dass das Halbeinkiinfteverfahren in vielen Fallen relativ starkere Verzerrungen hervorruft als das alte Recht.^^^ AUerdings lassen sich nur bei wenigen Datenkonstellationen, auch in dem gewahlten einfachen Modell unter Sicherheit, analytische Losungen und damit allgemeingiiltige Aussagen herleiten. Die Ergebnisse zeigen auch, dass das Halbeinkiinfteverfahren aus administrativer Sicht zwar einfacher, aus Sicht der betroffenen Wirtschaftssubjekte jedoch wesentlich komplizierter zu handhaben ist. Beim Halbeinkiinfteverfahren sind eindeutig mehr Aspekte in die Steuerplanung mit einzubeziehen. In dieser Hinsicht hat der Gesetzgeber mehr administrative Effizienz auf Kosten der wirtschaftlichen Effizienz erreicht. Sinnvolle Modellerweiterungen, die eine groEere Realitatsnahe der Modellierung gewahrleisten, wie etwa die Betrachtung divergierender interner und externer Verzinsung oder unterschiedlicher Grenzeinkommensteuersatze fiir A und B oder auch die Beriicksichtigung von Unsicherheit, versprechen vor dem Hintergrund des bereits hier erreichten Komplexitatsgrades kaum zusatzliche Erkenntnisse.^^® Die Untersuchung der gesetzlichen und theoretischen Ubergangregelungen bestatigt diese Einzelfallgebundenheit abermals.^^^

357 Dieses Ergebnis wird allerdings durch Untersuchungen bei Unsicherheit nicht bestatigt. Vgl. dazu Sureth/Langeleh (2005), die eine relativ geringe Risikoempfindlichkeit des Halbeinkiinfteverfahrens bei Beriicksichtung von Veraufierungsgewinnbesteuerung nachweisen. Zur Integration einer capital gains tax in optionspreistheoretische Modelle vgl. Sureth/Vofi (2005). 358 Ygj 2u den zum Teil nur geringen Vorteilen einer detaillierteren Modellierung steuerrechtlicher Normen in der Investitionsrechnung Knirsch (2005). 359 Ygi hier2u auch die Untersuchung von Schwarz/Merrill/Edwards (1998), insbesondere deren Ergebnisse auf S. 245-246.

3.7 Wurdigung

171

Feststellen lasst sich: Die steuerbedingten Verzerrungen nehmen durch den Systemwechsel bei der Mehrzahl der untersuchten Falle im Vergleich zum alten Recht, das hei£t zum Anrechnungsverfahren, zu. Im Sinne einer entscheidungsneutralen Besteuerung fiihrt die Nutzung des Schiitt-aus-Hol-zuriick-Verfahrens wahrend der Ubergangsfrist zu den „besten" Ergebnissen. Es ist anzumerken, dass die hier unterstellte zeitkonstante Thesaurierungsquote bei der Untersuchung der tJbergangsregeln nochmals angesichts des tatsachlich beobachteten Verhaltens der Kapitalgesellschaften zu beleuchten ist. Auf Basis unterschiedlicher, iiber die Zeit unveranderlicher, exogen gegebener 7Werte konnte gezeigt werden, wie die Ubergangsregeln in Abhangigkeit von der Thesaurierungsquote wirken. Damit ist es moglich, zugleich tendenzielle Riickschliisse iiber mogliche Anpassungsreaktionen in der Ausschiittungspolitik zu Ziehen. Die Praxis hat inzwischen gezeigt, dass die Ubergangsvorschriften zu einem im Zeitablauf stark veranderten Ausschiittungsverhalten der Kapitalgesellschaften gefiihrt haben, dass insbesondere im ersten Jahr besonders viel Korperschaftsteuerguthaben realisiert wurde. Dies fiihrte nicht zuletzt zu erheblichen Einnahmeausfallen des Fiskus im Bereich der Korperschaftsteuer. Die in der obigen Analyse erzielten Ergebnisse bei exogen gegebener Ausschiittungsquote sind konsistent mit diesem Verhalten. Der Systemwechsel, sei es durch eine riickwirkende, eine sofortige oder verzogerte Einfiihrung des neuen Rechts, bewirkt stets einen Verlust des Korperschaftsteuerguthabens und damit eine erhebliche steuerliche Verschlechterung durch das neue Recht. Eine leichte Abmilderung dieses Effekts kann durch eine schrittweise Steuerreform erreicht werden.^®^ Die Folgen einer grandfathered Einfiihrung sind ohne weitere Detailinformationen unbestimmt. In Abhangigkeit von Steuersatzen und Preiselastizitaten erfahrt der Investor A relative Einkommensverluste oder aber auch Einkommensgewinne, die iiber einen Bestandsschutz hinausgehen.^^^ Eine zeitlich beschrankte grandfather rule im Sinne der gesetzlichen Ubergangsregelungen ruft ebenfalls Preiseffekte hervor, die in den meisten Fallen zu einer Vgl. Zodrow (1986), S. 430. Dies bestatigen grundsatzlich auch Graetz (1985), S. 18391841; Bradford (1998), S. 151-163. Kritisch dazu Bradford (1984), S. 168-169. Hier wird eine Kombination von phasing-in, das heifit einer schrittweisen Einfiihrung und grandfathering vorgeschlagen. Vorteile durch phasing-in vermuten auch Daly/Lastman/Naquib (1988), S. 368, die eine umfangreiche Simulation durchgefuhrt haben. Vgl. Sharchar (1984), S. 1585. Vgl. auch Goode (1987), S. 159-169; Walz (1988), S. 261266; Vgl. auch weiter Schwarz/Merrill/Edwards (1998), S. 246. Vgl. grundsatzlich zur Behandlung von iibergangsbedingten Gewinnen, Verlusten, windfall gains und losses Kaplow (1986), S. 553-555.

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3 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Ubergangsregelungen

Reduktion von VQ fiihren diirften. In jedem Fall treten unerwiinschte SubstitutionsefFekte auf. Holder-only grandfather rules vermeiden die unerwiinschten Preiseffekte und bergen damit, was die Kalkulierbarkeit der Auswirkungen der Steuerreform angeht, Vorteile. Wie auch bei der grandfathered Einfiihrung kann A immer dann, wenn das neue Recht steuersatzbedingte Nachteile in der laufenden Besteuerung aufweist, diesen durch Verzicht auf eine Veraufierung an B entgehen. Resiimierend lasst sich fiir die Untersuchung in Kapitel 3 festhalten, dass bereits der Versuch der Herleitung analytischer Losungen mit Hilfe dieses sehr einfachen, statischen mehrperiodigen^^^ Modells bei Sicherheit auch bei Beschrankung auf steuerliche Eckdaten zu erheblichen Komplikationen fiihrt. Die Komplexitat der herleitbaren Beteiligungswerte und die Einzelfallabhangigkeit der Untersuchungsergebnisse zeigen erneut, dass das Steuerrecht^^^ sogar in einfachsten Fallen einer Analyse schwer zuganglich ist.^^^ Hinsichtlich der Ubergangsregelungen lasst sich nur schlussfolgern, dass holderonly grandfather rules am ehesten Vorteile bergen. Diesen Vorteilen stehen allerdings hier nicht weiter thematisierte Nachteile gegeniiber, wie beispielsweise eine zusatzlich erforderliche Fallunterscheidung im Rahmen der Steuerveranlagung, die einer Steuervereinfachung zuwider lauft.^^^ Grundsatzlich gilt, dass auch Ubergangsregelungen im Einzelfall die erheblichen iibergangsbedingten Verzerrungen^^^ nicht vermeiden konnen. Somit konnen sie nur in den seltensten Fallen im Dienst einer Reduzierung von Transaktionskosten interpretiert werden.^^^ Derartig uneindeutige Ergebnisse hinsichtlich der Eignung alternativer Ubergangsregelungen erzielt auch Snelting^®® mit einer allgemeinen Gleichgewichtsanalyse. Er stellt fest, dass Modellerweiterungen mit endogenesiertem politi362 Ygj 2ur Abgrenzung zwischen statischen mehrperiodigen und dynamischen mehrperiodigen Modellen etwa Sureth (1999), S. 162-169. ^^^ Und dies gilt nicht nur fiir das extrem kasuistisch gepragte deutsche Steuerrecht, sondern auch fiir relativ einfachere Steuersysteme. 3^^* Zu einem ahnlichen Ergebnis kommt auch Schweser (2002), S. 208-212. ^^^ Vgl. hierzu auch die Ausfuhrungen von Bradford (1986), S. 329-334; Lyon (1992), S. 338-358; Bradford (1998), S. 153 mit weiteren Nennungen, die die Problematik paralleler Systeme stark relativieren. Vgl. auch Bradford (1984), S. 166. 3^^ Vgl. hierzu Kaplow (1986), S. 513 und S. 527-532. Diese Verzerrungen sind dadurch zu erklaren, dass das neue Recht, ungeachtet der tJbergangsproblematik, an sich Verzerrungen hervorruft. ^^^ Vgl. hierzu die Ausfuhrungen in Kapitel 2.3.5. 368 Vgl. Snelting (1997), S. 158-163.

3.7 Wiirdigung

173

schen Entscheidungsprozess Vorteile des grandfathering aufweisen, wahrend ein Multisektoren-Modell Vorteile von phasing-in, also der schrittweisen Einfiihrung, erkennen lasst. Damit stimmen die Ergebnisse der Untersuchung gesamtwirtschaftlicher Wirkungen mit denen einzelwirtschaftlicher Untersuchungen tendenziell iiberein. Die hier durchgefiihrte Untersuchung belegt auEerdem, dass Investoren ohne eine dezidierte Einzelfallanalyse und ohne umfangreiche Antizipationen kiinftigen Rechts mit alien damit verbundenen Schwierigkeiten, Fehlentscheidungen mit gro£er Tragweite treffen konnen. Der Aufwand, der erforderlich ist, um alle steuerlichen Wirkungen zu erfassen, kann unter Umstanden als prohibitiv betrachtet werden. Die Einfiihrung von Ubergangsregelungen bewirkt hier nur eine geringe Linderung.^^^

369 Yoj. diesem Hintergrund wundert es nicht, dass Entscheidungen weitgehend ohne Beriicksichtigung steuerlicher Wirkungen getroffen werden. Vgl. hierzu Wittmann (1986). Vgl. auch Haegert (2002), S. 619.

4 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Rechtsformneutralitat 4.1 Einfiihrung Wahrend im 3. Kapitel die Entscheidungswirkungen der Besteuerung und damit einzelwirtschaftliche Effizienz bzw. Entscheidungsneutralitat der Besteuerung als steuerpolitische Normen im Mittelpunkt der Untersuchung standen, wendet sich dieses Kapitel insbesondere dem Einfluss der Steuerreform auf die Gleichma£igkeit der Besteuerung zu.^'^^ Hierzu betrachten wir abermals die Besteuerung von Ertragen aus Beteiligungen, vergleichen nun jedoch Beteiligungen an Personengesellschaften mit solchen an Kapitalgesellschaften.^'^^ Ahnlich wie im 3. Kapitel untersuchen wir jeweils die VerauEerung von Beteiligungen mit den entsprechenden steuerlichen Implikationen. Eine gleichmafiige Besteuerung driickt sich vor diesem Hintergrund durch Rechtsformunabhangigkeit aus. Unter Bezug auf das Entscheidungsverhalten ist Gleichma£igkeit der Besteuerung genau dann gegeben, wenn der wirtschaftliche Erfolg aus einer Beteiligung unabhangig von der Rechtsformentscheidung besteuert wird.^^^ Rechtsformneutralitat wird hier somit als mogliches Kriterium zur Messung von Verteilungswirkungen im Sinne der Forderung nach GleichmaEigkeit der Besteuerung verstanden. Eine Untersuchung in diesem Kontext erfordert die Beriicksichtigung von steuerlichen rechtsformspezifischen Details, wie z.B. von Progressionseffekten. Durch die Zunahme der zu beriicksichtigenden Parameter nimmt jedoch die Handhab^'^^ Vgl. die Ausfiihrungen in Kapitel 2.2. ^'^^ Vgl. hierzu etwa auch Scheffler (2003); Konig/Sureth (2001). 372 Vgl. Konig/Sureth (2002), S. 49-50; Jacobs/Scheffler (1996), S. 295-299.

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4 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Rechtsformneutralitat

barkeit eines Modells stark ab. Die formale Komplexitat der in Kapitel 3 hergeleiteten Ausdriicke und die damit einhergehende teilweise beschrankte Interpretierbarkeit hat gezeigt, dass schon fiir das dort modellierte einfache Steuerrecht haufig nur Einzelfallaussagen erlangt werden konnen. Aufgrund der nun notwendigen Integration weiterer steuerlicher Detailvorschriften sollen die Auswirkungen des Ubergangs vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkiinfteverfahren in diesem Abschnitt mit Hilfe einer anderen Methodik analysiert werden. Hierzu konzentrieren wir uns im Wesentlichen auf die Besteuerung von Ertragen aus Verau£erungen von Beteiligungen unter Zuhilfenahme konkreter Zahlenbeispiele. Durch Vorgabe eines bestimmten Datensatzes und anschlie£ende Sensitivitatsanalysen ist es auch bei Beriicksichtigung einer Vielzahl steuerrechtlicher Einzelregelungen moglich, Trendaussagen iiber die steuerlichen Wirkungen auf die Entscheidungen eines Investors, insbesondere die Rechtsformentscheidung, zu machen. Angesichts der Kasuistik und Komplexitat des deutschen Steuerrechts kann diese Verfahrensweise die methodischen Defizite, die eine Steuerwirkungslehre im Umgang mit eben dieser Komplexitat aufweist,^^^ zum Teil kompensieren. Die grofee Zahl der teilweise gegenlaufigen steuerlichen Effekte, die die tatsachlichen und nicht die fiir eine Modellierung stark vereinfachten Steuerrechtssetzungen^^"^ hervorrufen, lassen sich so vollstandig erfassen. Als Ergebnis erhalt man nach Durchfiihrung einer Sensitivitatsanalyse fundierte Aussagen iiber die auftretenden Steuerwirkungen und besonders steuersensitive GroEen. Eine derartige Analyse fiihren wir nun fiir den Systemwechsel vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkiinfteverfahren und die damit einhergehende Reform der Veraufierungsgewinnbesteuerung durch. Wir verwenden ein Partialmodell und fiihren somit eine Untersuchung im Sinne der Steuerwirkungslehre durch. Hierbei wird geklart, welche Methoden und Modelle vor dem Hintergrund der betrachteten Fragestellung geeignet sind, Ergebnisse zu generieren, die eindeutige Schlussfolgerungen erlauben. Vorab wird jedoch zunachst die Forderung nach rechtsformneutraler Besteuerung kritisch hinterfragt.

^^^ Diese Defizite liegen nicht in der Lehre der Steuerwirkungslehre selbst, sondern eher im Fehlen geeigneter Methoden, die diese Komplexitat im Rahmen analytischen Vorgehens bewaltigen konnen. ^'^^ Nur fiir stark vereinfachte Regelungen konnte die Untersuchung in Kapitel 3 iiberhaupt durchgefuhrt werden.

4.2 Steuerreform und Rechtsformneutralitat

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4.2 Steuerreform und Rechtsformneutralitat Neben mehr Wachstum und Beschaftigung durch niedrigere Steuersatze,^^^ mehr Steuergerechtigkeit und Steuereinfachheit^''® war es das Ziel der durch das Steuersenkungsgesetz^^^ und das Steuersenkungserganzungsgesetz^^® bewirkten Unternehmenssteuerreform, Rechtsformneutralitat der Besteuerung^^^ zu erreichen. Die angestrebten Ziele dieser Reform spiegeln die gangigen Anforderungen an ein Steuersystem wider, als da waren Effizienz, Gerechtigkeit und Einfachheit.^®® Greift man das Ziel der Rechtsformneutralitat als eine Auspragung der Forderung nach Gleichmafiigkeit der Besteuerung heraus, so findet dieses umfassende Unterstiitzung im Schrifttum.^®^ Bislang wurde kritisiert, dass Gewinne von Kapitalgesellschaften im Vergleich zu solchen von Personengesellschaften steuerlich unterschiedlich behandelt wurden.^®^ Auch das Bundesverfassungsgericht hat in einer Entscheidung hervorgehoben, dass allein die Rechts- und Organisationsform eines Unternehmens steuerliche Belastungsunterschiede nicht rechtfertigen kann.^^^ Obwohl das bis Ende 2000 giiltige korperschaftsteuerliche Anrechnungsverfahren gerade in diesem Kontext erhebliche Vorteile aufwies,^®^ wurde mit dem Argument einer europatauglichen Besteuerung^®^ eine Abkehr von diesem System vollzogen und das Halbeinkiinfteverfahren eingefiihrt. Der Systemwechsel hat neben den Anderungen im Bereich der laufenden Besteuerung auch Auswirkungen auf die Besteuerung von Anteilsveraufierungen. Die Einfiihrung des Halbeinkiinfteverfahrens sowie die Wiedereinfiihrung des halben durchschnittlichen Steuersatzes durch § 34 Abs. 3 EStG fiir Verau£erungen von Mitunterneh375 376 377 378 379 380 381

382 383 384 385

Vgl. BT-Drucksache 14/2683, Begriindung zum StSenkG-E, S. 92-93. Vgl. BT-Drucksache 14/2683, Begriindung zum StSenkG-E, S. 92-93. Vgl. BGBl. 2000 I, S. 1433. Vgl. BGBl. 2000 I, S. 1812. Vgl. BT-Drucksache 14/2683, Begriindung zum StSenkG-E, S. 94. Vgl. Kapitel 2. 2ur Forderung nach einer rechtsformneutralen Besteuerung vgl. z.B. Hey (1997), S. 126; Jaeger (2001), S. 104; Konig/Sureth (2002), S. 46-51; Schneider (2002), S. 221; Siegel (2004), S. 202. Vgl. Lang, J. (2000), S. 459; Lang, J. (1989), S. 6-8; Pelka (2000), S. 389. Vgl. fur eine okonomische und verfassungsrechtliche Analyse auch Spengel/Schaden (2003), S. 21922201. Vgl. BVerfG-Urteil vom 10.11.1999. Vgl. auch Kirchhof (2002), S. 253. Dies betont auch Homburg (2001), S. 8. Vgl. BT-Drucksache 14/2683, Begrundung zum StSenkG-E, S. 93-95. Vgl. auch Haritz/Slabon (2000), S. 593.

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4 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Rechtsformneutralitat

merschaftsanteilen^®^ sollten insgesamt zu weniger Ungleichheit zwischen beiden Rechtsformkategorien bei BeteiligungsverauEerungen fiihren.^®'^ Verschiedene Untersuchungen insbesondere der laufenden Besteuerung zeigen, dass entgegen aller Absichtserklarungen nach der Unternehmenssteuerreform Unterschiede in der steuerlichen Belastung von Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften bestehen bleiben bzw. sich verscharfen.^^* Ob sich dies auch fiir die aktuelle Besteuerung von Beteiligungsverau£erungen schlussfolgern lasst und ob somit die Steuerreform den angestrebten Zielen, insbesondere der Forderung nach Rechtsformneutralitat, nicht gerecht geworden ist, gilt es zu untersuchen. Im Folgenden werden die tatsachlichen Wirkungen des aktuellen und des alten Steuerrechts fiir verschiedene Veraufierungsszenarien betrachtet. In diesem Zusammenhang geht es auch darum zu untersuchen, ob sich die Verau£erungsgewinnbesteuerung sinnvoll anhand des Kriteriums der Rechtsformneutralitat beurteilen lasst. Grundsatzlich kann man der Forderung nach Rechtsformneutralitat kritisch gegeniiberstehen.^^^ Haufig hat diese Auspragung der Neutralitat als eigenstandiges Ziel nur wenig Berechtigung und ist wohl letztlich unter den Begriff der Entscheidungsneutralitat oder Investitionsneutralitat, ggf. auch Finanzierungsneutralitat zu subsumieren.^^® Hier geht es jedoch nicht um die Frage, ob die Besteuerung das optimale Verhaltnis zwischen Risikokapital und haftungsbegrenztem Kapital nicht beeinflussen soil, sondern vielmehr um die gleichmafiige Besteuerung gleichartiger Sachverhalte. Insbesondere bei kleineren und mittelstandischen Unternehmungen verschwinden regelma£ig die rechtsformspezi^^^ Durch die Anderungen des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 betragt der erma£igte Steuersatz nun 56 %. Vgl. Haushaltsbegleitgesetz 2004 (HBeglG2004) vom 29.12.2003, S. 3076. Aus Vereinfachungsgriinden wird in der folgenden Analyse jedoch weiterhin mit dem halben durchschnittlichen Steuersatz gerechnet. ^^^ Steuerbelastungsunterschiede in Abhangigkeit von der Rechtsform im Zusammenhang mit Beteiligungsveraufierungen werden in der Begriindung zum StSenkG-E immer dann gerechtfertigt, wenn Unterschiede in den Sachverhalten feststellbar sind. Vgl. dazu BTDrucksache 14/2683, Begriindung zum StSenkG-E, S. 96. 388 Vgl. Maiterth/Sureth (2006), S. 8-18; Sigloch/Stegner (2004), S. 160-167; Jacobs/Spengel/Hermann/Stetter (2003), S. 308-325; Krawitz (2000), S. 1727; Scheffler (2000), S. 2441-2447; Siegel/Bareis/Herzig/Schneider/Wagner/Wenger (2000), S. 1270; Sigloch (2000), S. 170-171; vgl. auch Lang, J. (2000), S. 453 und S. 459. Vgl. auch Homburg (2001), S. 8-16, der nochmals darauf hinweist, dass die bei der Unternehmenssteuerreform 2001 gewahlten Mittel in keiner Weise geeignet waren, um die Ziele dieser Steuerreform zu erreichen. 389 Vgl. hierzu Homburg (2005), S. 362-363; Maiterth/Sureth (2006), S. 8-10.; Birk (2000), S. 332-336. 390 Vgl. Siegel/Baxeis (2004), S. 28.

4.2 Steuerreform und Rechtsformneutralitat

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fischen Unterschiede unter Risikogesichtspunkten durch die Notwendigkeit personlicher Biirgschaften der Eigenkapitalgeber einer Kapitalgesellschaft. In diesen Fallen konnen steuerliche Einfliisse auf die Entscheidungen zwischen Rechtsformalternativen nicht als Fehlallokation von Risikokapital angesehen werden. Der Risikoaspekt ist dann gerade irrelevant.^^^ Dann, wenn sich die Anteile an einer Kapitalgesellschaft hinsichtlich aller Rechte und Pflichten de facto kaum von denen an einer Personengesellschaft unterscheiden, sollte im Sinne einer gleichmafiigen Besteuerung rechtsformneutral besteuert werden.^^^ Auf genau diesen Fall stellt die folgende Untersuchung ab. Nur dann lassen sich beide Beteiligungen iiberhaupt miteinander vergleichen. Anderenfalls sind bereits die nichtsteuerlichen Ausstattungsmerkmale so unterschiedlich, dass eine okonomische Analyse der steuerlichen Differenzen wenig Aussagekraft hat. Was bleibt, ist allerdings das Problem der Operationalisierung von Rechtsformneutralitat,^^^ das heifit, insbesondere die Messung des „richtigen" wirtschaftlichen Erfolges. Auch hierzu liefern die folgenden Ausfiihrungen fiir die betrachteten Szenarien Hilfestellungen. Interpretiert man die Rechtsformentscheidung als Investitionsentscheidung,^^^ so konnen Steuern dann ausschlaggebend sein, wenn die rechtsformspezifischen Belastungsunterschiede besonders gro£ sind und damit andere Kriterien bei der Rechtsformwahl dominieren. Somit weist das Ziel einer rechtsformneutralen Besteuerung unter Umstanden eine hohe betriebswirtschaftliche Relevanz auf. Nach einem Uberblick iiber die aktuellen Vorschriften zur Besteuerung von Verau£erungsgewinnen aus Beteiligungen an einer Personengesellschaft und Beteiligungen an einer Kapitalgesellschaft und den erforderlichen Erganzungen hinsichtlich des alten, im Veranlagungszeitraum 2000 giiltigen Rechtsstandes, wird zunachst in Kapitel 4.4 die im Veranlagungszeitraum 2002 giiltige Rechtslage genauer untersucht. In Kapitel 4.4.1 erfolgt eine okonomische Analyse unter Vernachlassigung intertemporaler Effekte. Es wird ein fiir beide Rechtsformka^ tegorien jeweils identischer Veraufierungsgewinn angenommen und isoliert vor dem Hintergrund des aktuellen Rechts fiir unterschiedlich hohe Bemessungsgrundlagen untersucht. Dieses Szenario wird schlie£lich um rechtsformspezifi^^^ Besonderer Dank gilt an dieser Stelle Lutz Haiegert fur seine kritischen Anmerkungen zur Forderung nach Rechtsformneutralitat zu einer fruheren Version dieses Abschnitts. Vgl. zu diesem Aspekt auch Hennrichs (2002), S. 209-210. ^^2 Vgl. Hennrichs (2002), S. 202, S. 209-210 und S. 216. Anderer Ansicht beispiejsweise Birk (2000), S. 333-335. 393 Vgl. Konig/Sureth (2002), S. 50-51. 394 Vgl. Konig/Sureth (2002), S. 46-51.

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4 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Rechtsformneutralitat

sche Unterschiede bei der Ermittlung des Veraufierungsgewinns erweitert. Um eine Vergleichbarkeit der Rechtsformen zu gewahrleisten, stellt die Untersuchung auf ubereinstimmende „wirtschaftliche Ergebnisse" als einheitliche okonomische AusgangsgroEe ab. Hierbei wird nochmals difFerenziert, zum einen in Hinblick auf die Zusammensetzung des der Untersuchung zugrunde liegenden wirtschaftlichen Ergebnisses, zum anderen hinsichtlich seiner Hohe. Die bis dahin auf eine Periode beschrankte Untersuchung wird in Kapitel 4.4.2 auf den mehrperiodigen Fall ausgedehnt. Dieser erlaubt es, intertemporale Wirkungen wie ZinsefFekte, steuerinduzierte Liquiditatseffekte und Interdependenzen zwischen den verschiedenen Bemessungsgrundlagen zu erfassen. Jedem betrachteten Szenario folgt eine detaillierte okonomische Interpretation der Ergebnisse. Abschnitt 4.5 fiihrt eine entsprechende Untersuchung fiir den alten Rechtsstand durch. In Kapitel 4.6 wird der Prage nachgegangen, ob sich die unter altem Recht festgestellten Verzerrungen durch die Steuerreform grundsatzlich verringert haben und ob somit beantwortet werden kann, inwiefern dem Anspruch einer rechtsformneutralen Besteuerung durch das neue Recht Geniige get an wird. Die Ergebnisse werden im letzten Kapitel einer Gesamtwiirdigung unterzogen.

4.3 Steuerrechtliche Grundlagen In diesem Abschnitt werden ausschliefilich die fiir die hier durchgefiihrte Untersuchung relevanten Vorschriften zur Besteuerung von Verau£erungsgewinnen dargestellt.^^^ Hierbei beschrankt sich die Analyse stets auf Beteiligungen, die von einer natiirlichen Person gehalten werden. Wir betrachten entweder die Verau£erung eines Mitunternehmeranteils oder aber die Veraufierung einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft im Sinne von § 17 EStG. Untersucht werden ausschliefilich Falle, in denen ein Verau£erungsgewinn im Sinne von § 16 Abs. 2 EStG bzw. § 17 Abs. 2 EStG realisiert wird. Die steuerlichen Vorschriften fiir VerauEerungsverluste sind nicht Gegenstand dieser Untersuchung.^^®

^^^ Einen aktuellen, umfassenden Cberblick iiber die Vorschriften zur steuerlichen Behandlung von VerauEerungsgewinnen bietet etwa Schweser (2002), S. 49-130. 396 Vgl. dazu z.B. Dotsch/Pung (1999), S. 1354-1358; Grotherr (2000), S. 859-860; Korezkij (2000), S. 1276-1277 bei Kapitalgesellschaften und Lange/Griitzner/Kussmann/Reifi (1998), S. 469, Rz. 1101 fur Verluste in Personengesellschaften.

4.3 Steuerrechtliche Grundlagen

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4.3.1 Beteiligung an einer Personengesellschaft Veraufeert ein Unternehmer seinen Mitunternehmeranteil, so handelt es sich um eine Veraufierung im Sinne von § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG.^^^ Dieser Vorgang gilt sowohl vor als auch nach der Unternehmenssteuerreform als gewerbesteuerfreies Ver au£erungsgeschaft. ^^® Die einkommensteuerlichen Konsequenzen hangen davon ab, ob die Verau£erung unter, iiber oder zum Buchwert des sich ergebenden steuerlichen Kapitalkontos^^^ durchgefiihrt wird. Des Weiteren ist von Bedeutung, ob das Sonderbetriebsvermogen ebenfalls in vollem Umfang mitverau£ert wird.**^^ Zur Vereinfachung gehen wir im Folgenden davon aus, dass au£er einer Tatigkeit als Gesellschafter-Geschaftsfuhrer keinerlei Leistungsbeziehungen zwischen der Personengesellschaft und dem Mitunternehmer bestehen, so dass etwaige aus dem Sonderbetriebsvermogen resultierende Wirkungen nicht auftreten. Alternativ kann man die Geschaftsfiihrungsvergiitung auch als stellvertretende Zahlung fiir andere Leistungsvergiitungen der Gesellschaft an den Gesellschafter interpretieren. In Abhangigkeit von der Art der Leistungsvergiitung konnen dann allerdings geringfiigige Unterschiede in der ertragsteuerlichen Behandlung result ieren. Zu denken ist hier beispielsweise an die Erfassung derartiger Zahlungen in den verschiedenen Einkunftsarten mit entsprechenden unterschiedlichen steuerlichen Folgen. Auch von Erganzungsbilanzen wird im Folgenden abstrahiert. Des Weiteren bleiben Einlagen und Entnahmen unberiicksichtigt. Konzentriert man sich auf einen moglichen VerauEerungsgewinn, so beruht dieser auf der (anteiligen) Realisierung der in den bilanzierten Wirtschaftsgiitern enthaltenen stillen Reserven und auf einem eventuell vorhandenen Geschaftswert. Bei der Berechnung des Verau£erungsgewinns werden im Gegensatz zu einer Beteiligung im Sinne von § 17 EStG nicht die Anschaffungskosten, sondern der Wert des anteiligen Betriebsvermogens zugrunde gelegt.'*^^ Der resul^^^ Vgl. Lange/Grutzner/Kussmann/Reifi (1998), S. 436, Rz. 1022; Breithecker/Klapdor/Zisowski (2001), S. 22. ^^^ Vgl. Orth (2001), S. 1109. Dies gilt, falls es sich bei den Mitunternehmern um natiirliche Personen handelt. Vgl. die Anderungen durch das Gesetz zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts, BStBl. 2002 I, S. 35. Vgl. auch Behrens, S. (2002), S. 860-866. ^^® Dieses ergibt sich grundsatzlich aus Gesamthands-, Erganzungs- und Sonderbilanz. Es ist regelmafiig um den Anteil am laufenden Gewinn zu erhohen und um den Anteil am laufenden Verlust zu mindern. ^°o Vgl. z.B. Geek (2000), S. 2031-2035; Daxagan (2001), S. 1000-1002. ^01 Vgl. § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG.

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4 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Rechtsformneutralitat

tierende Veraufierungsgewinn ist unter bestimmten Voraussetzungen durch die Regelungen der §§ 16 Abs. 4 und 34 EStG begiinstigt.^^^ Im ersten Schritt der Untersuchung (Abschnitt 4.4.1.1) werden die Wirkungen der alternativen Vergiinstigungen des § 34 EStG, namlich die Fiinftelung gema£ § 34 Abs. 1 EStG und der halbe durchschnittliche Steuersatz nach den Vorschriften des § 34 Abs. 3 EStG, betrachtet.'^^^ Die Preibetragsregelung von § 16 Abs. 4 EStG wird im Folgenden vernachlassigt, da nur Veraufierungsgewinne untersucht werden, bei denen der Preibetrag vollstandig abgeschmolzen ist.

4.3.2 Beteiligung an einer Kapitaigesellschaft Verau£erungen von Kapitalgesellschaftsanteilen im Privatvermogen konnen entweder gema£ § 17 EStG, gema£ § 23 EStG oder § 21 UmwStG steuerverhaftet sein. Die folgende Untersuchung konzentriert sich auf Beteiligungen im Sinne von § 17 EStG. Danach sind Veraufierungsgewinne aus mittelbaren oder unmittelbaren Beteiligungen von mindestens 1% am Grund- oder Stammkapital einer Kapitaigesellschaft innerhalb der letzten fiinf Jahre vor der Verau£erung grundsatzlich steuerpflichtig. Der Verau£erungsgewinn ergibt sich unter Beriicksichtigung der Veraufierungskosten aus der DifFerenz zwischen Veraufierungspreis und Anschaffungskosten der Beteiligung.'*^'* Hier wird somit, im Gegensatz zu einer Mitunternehmerbeteiligung, nicht auf den Wert des (anteiligen) Betriebsvermogens, sondern auf die historischen Anschaffungskosten abgestellt.'*^^ Eine ertragsteuerliche Beriicksichtigung von Wertanderungen der Beteiligung erfolgt daher erst zu dem Zeitpunkt der tatsachlichen Verau£erung der Beteiligung. Somit erhoht beispielsweise die laufende Thesaurierung von Gewinnen einen spater beim Verkauf der Anteile resultierenden Verau£erungsgewinn.^°^ Der Veraufierungsgewinn unterliegt nach neuem Recht durch § 3 Nr. 40 Satz Ic EStG in Verbindung mit § 3c Abs. 2 EStG auf Ebene des Anteilseigners dem ^"2 Vgl. hierzu auch stellvertretend Rodder/Schuhmacher (2000b), S. 1457-1458. ^°^ Die Vorteilhaftigkeit von Fiinftelung gemafi § 34 Abs. 1 EStG versus halber durchschnittlicher Steuersatz gemafi § 34 Abs. 3 EStG ist im Schrifttum ausfiihrlich dargestellt worden. Aus diesem Grund beschranken wir uns auf einen knappen tjberblick. Vgl. etwa Freyer/Schult (2001), S. 455-460; Henning/Hundsdoerfer/Schult (1999), S. 131-134; Kroschel/Wellisch (1998), S. 2550-2553. 404 Vgl. § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG. 405 Vgl. Gebhardt (1989), S. 65-66 mit weiteren Nennungen. 40^ Vgl. beispielsweise Bornheim (2001), S. 164.

4.3 Steuerrechtliche Grundlagen

183

Halbeinkiinfteverfahren.^^^ Auf diese Weise sollen die im Rahmen der VerauEerungsgewinnbesteuerung erfassten thesaurierten Gewinne so besteuert werden, wie sie bei einer Ausschiittung besteuert worden waren.^^* Um Steuerpflichtige, die unter die Regelung des Halbeinkiinfteverfahrens fallen, nicht doppelt zu begiinstigen, wird fiir einen im Privatvermogen erzielten Gewinn aus einer AnteilsverauEerung im Sinne des § 17 EStG die vormalige Gewahrung der Tarifvergiinstigung des § 34 Abs. 3 EStG versagt.^®^ Im Rahmen des Anrechnungsverfahrens wurden Veraufierungsgewinne allerdings sehr wohl durch § 34 EStG begiinstigt. Dies erfolgte durch Anwendung des halben durchschnittlichen Steuersatzes zumindest bis einschlie£lich Veranlagungszeitraum 1998. Fiir die Jahre 1999 und 2000 wurde diese Erma£igung, wie bereits erwahnt, durch die Fiinftelungsregelung abgelost. Erst ab dem Veranlagungszeitraum 2001 kann der halbe durchschnittliche Steuersatz unter bestimmten Bedingungen fiir Veraufeerungsgewinne wieder in Anspruch genommen werden, seine Anwendung ist dann allerdings fiir Gewinne, die unter das Halbeinkiinfteverfahren fallen, ausgeschlossen. Eine Entlastung durch den Sparer-Freibetrag gemaS § 20 Abs. 4 EStG und die Werbungskosten-Pauschale fiir Einkiinfte aus Kapitalvermogen analog zu Dividenden erfolgt fiir den Verau£erungsgewinn ohne weitere Einkiinfte aus Kapitalvermogen in keinem Fall, da Veraufierungsgewinne nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG zu den Einkiinften aus Gewerbebetrieb zahlen. Analog zur Freibetragsregelung des § 16 Abs. 4 EStG gewahrt § 17 Abs. 3 eine sachliche Steuerbefreiung.^^^ Da der Freibetrag des § 17 Abs. 3 EStG bereits bei einem steuerpflichtigen Verau£erungsgewinn von 51.300 € bzw. 100.000 DM abgeschmolzen ist und hier in der Regel grofiere Verau&erungsgewinne unterstellt werden, kann dieser bei der Mehrzahl der betrachteten Falle aufier Acht gelassen werden.''^^ ^^^ Das Halbeinkiinfteverfahren ist erstmals auf Gewinne aus Veraufierungen anzuwenden, die nach dem 31.12.2000 erfolgen. Vgl. Haritz/Slabon (2000), S. 595; Rodder/Schuhmacher (2000b), S. 1457. ^°s Vgl. Grotherr (2000), S. 856-857; Korezkij (2000), S. 1274-1275; Maier/Dal Bosco (2000), S. 1763; Elser (2001), S. 809. ^0^ Vgl. Maier/Dal Bosco (2000), S. 1763; Daragan/Ley/Strahl (2000), S. 1978; Elser (2001), S. 810; Rodder/Schumacher (2000a), S. 367; Schiffers (2000), S. 212; Lishaut (2000), S. 191; Hagen/Schynol (2001), S. 397 und 401. 410 Vgl. Korezkij (2000), S. 1276; Lang, F. (2000), S. 109; Schulte (2000), S. 95. ^^^ Ausnahmen sind die im Folgenden dargestellten Falle 4, 5 und 6 bei mehrperiodiger Betrachtung (Abb. 4.4,4.6,4.7 fiir das neue Steuerrecht und fiir das alte Steuerrecht die Abb. 4.14, 4.15 und 4.16). Hier wurde der Freibetrag in entsprechender Hohe beriicksichtigt.

184

4 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Rechtsformneutralitat

4.4 Steuerrecht mit Halbeinkiinfteverfahren 4.4.1 Analyse ohne intertemporaie EfTekte 4.4.1.1 Exogen gegebener VerauBerungsgewinn

Zunachst wird die Besteuerung des Verau£erungsgewinns isoliert untersucht. Der Veraufierungsgewinn wird als exogen gegeben angenommen. Aspekte etwa der Ermittlung und Zusammensetzung dieser Grofie werden vernachlassigt. Hierzu betrachten wir das folgende Szenario: Eine natiirliche Person V, ledig, kinderlos, die das 55. Lebensjahr bereits vollendet hat, veraufiert im Veranlagungszeitraum 2002^^^ einen Mitunternehmeranteil oder alternativ eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft im Sinne von § 17 EStG. Der Veraufierungsgewinn betragt entweder 250.000 € , 500.000 € , 1 Mio. € Oder 10 Mio. € . V verfiigt iiber keine weiteren Einkiinfte im betrachteten Veranlagungszeitraum. Zur Vereinfachung werden Sonderausgaben, Altersentlastungsbetrag, Solidaritatszuschlag und Kirchensteuer vernachlassigt. Hieraus ergeben sich die folgenden Steuerbelastungen:

1 1

1

Verdu&erungsgewinn

§ 32a EStG

Pereonengesellschaft. §34Ab8. lEStG

Personengeselischaft, §34Ab8.3EStG

Kapitalgesellschaft. Halt>elnkunfteverfahren

250.000 €

44.55%

28.88 %

22.28 %

20,30 %

500.000 €

46.52 %

38.62%

23.26 %

22.28 %

1.000.000 €

47.51 %

43.56%

23.76 %

23,26 %

10.000.000 €

48,40 %

48.01 %

35.86 %

24,15 %

Tabelle 4.1: Steuerliche Belastung in % des Veraufierungsgewinns bei isolierter Betrachtung im VZ 2002

Graphisch veranschaulicht folgt:413

^12 Das heifit, es kommen die in diesem Veranlagungszeitraum giiltigen Steuertarife zum Tragen. ^^^ Die Darstellung als Liniendiagramm dient der Veranschaulichung. Es werden hier und im Folgenden keine Zwischenwerte, sondern zur Vereinfachung ausschliefilich die Steuerbelastungen fiir die aufgefiihrten Verau£erungsgewinne ermittelt.

4.4 Steuerrecht mit Halbeinkiinfteverfahren

185

Steuerllche Belastung

50% i 40% 30%

Jt—

20%



^

"^ ' ^^^^——^ ^^---^^

""^ ^

• '^

=

10%

,

0%

,



"

,

-§32aeStG

-i^PBrtonengMelBChaft.§34Abs.1B5tG

- PBTBonenoeselichaft § 34 Abs. 3 EStG

- • - KaptolgMelschaft. HabeinkQnfteverfahren

,^

Abbildung 4.1: Steuerliche Belastung in % des Verau£erungsgewinns bei isolierter Betrachtung im VZ 2002

Diese Art der Analyse fiihrt hinsichtlich der Vorteilhaftigkeit der Alternativen des § 34 EStG zu den bekannten Ergebnissen: 1st der Veraufierungsgewinn relativ hoch, was auf alle in diesem Szenario betrachteten Falle zutrifFt, fiihrt der halbe durchschnittliche Steuersatz grundsatzlich zu einer starkeren Steuerersparnis als die Fiinftelungsmethode. Etwas aus dem Rahmen fallt der Wert, der sich bei Anwendung von § 34 Abs. 3 EStG fiir einen Veraufierungsgewinn in Hohe von 10 Mio. € ergibt. Dieser entspricht nicht etwa der Halfte der entsprechenden Vergleichsgrofie bei Anwendung des Regeltarifs, sondern liegt in Folge der betraglichen Begrenzung des halben durchschnittlichen Steuersatzes auf 5 Mio. € gema£ § 34 Abs. 3 Satz 1 EStG erheblich hoher.'*^'* Dies erklart auch, warum sich die Werte bei Anwendung von § 34 Abs. 3 EStG und beim Halbeinkiinfteverfahren mit ansteigendem Veraufierungsgewinn immer starker annahern. Bei sehr hohen Veraufierungsgewinnen tritt hier jedoch ein Bruch dieses Trends auf. Ware der § 34 Abs. 3 EStG unbeschrankt anwendbar, naherten sich die Werte dieser Variante und die des Halbeinkiinfteverfahrens mit steigender Bemessungsgrundlage zunehmend an. Der relative Progressionsvorteil des Halbeinkiinfteverfahrens verliert mit steigender Bemessungsgrundlage an Gewicht. Da die tarifliche Begiinstigung auf 5 Mio. € beschrankt ist, fiihrt die weniger entlastend wirkende Fiinftelungsmethode fiir den Teil des Veraufierungsgewinns, der nicht nach § 34 Abs. 3 EStG begunstigt ist,^^^ ins^^^ Der 5 Mio. € iibersteigende Betrag ist gema6 § 34 Abs. 1 EStG zu versteuern. ^is Vgl. Rasche (2001), § 34 EStG, Anm. R 51; Hagen/Schynol (2001), S. 401, Fn. 18.

186

4 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Rechtsformneutralitat

gesamt zu einer relativ starkeren steuerlichen Belastung der Verau£erung des Mitunternehmeranteils im Vergleich zur Veraufierung einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft. Letztere erfahrt im aufgezeigten Beispiel steuerlich stets die geringste Belastung. Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft kommen in den Genuss der halftigen Bemessungsgrundlage und genie£en somit im Vergleich zu den Mitunternehmern einer Personengesellschaft einen Progressionsvorteil. Wenn die Verau£erer, entgegen den Annahmen des betrachteten Beispiels, neben dem VerauEerungserlos iiber weitere Einkiinfte aus Kapitalvermogen verfiigen, die unter die Vorschriften des Halbeinkiinfteverfahrens fallen, verliert dieser Effekt allerdings mit steigender Bemessungsgrundlage relativ an Bedeutung. Im Fall kleiner Veraufeerungsgewinne bei gleichzeitig niedrigem oder fehlendem laufenden Gewinn kann die Fiinftelungsregelung vorteilhaft sein, wahrend in den meisten Fallen die Wahl des halben durchschnittlichen Steuersatzes gro£eres Steuersparpotenzial birgt.'*^^ Nur bei einer niedrigen Bemessungsgrundlage wirkt der progressionsglattende Effekt der fiktiven zeitlichen Verteilung iiber fiinf Jahre starker entlastend als eine Halbierung des durchschnittlichen Steuersatzes bzw. die Anwendung des Mindeststeuersatzes gema£ § 34 Abs. 3 Satz 2 EStG."*^^ Der Vorteil aus der Anwendung der Fiinftelungsmethode im Vergleich zum Regeltarif nach § 32a EStG sinkt mit steigender Bemessungsgrundlage. Obige einfache Analyse legt den Schluss nahe, dass der Verau£erungsgewinn aus einer Kapitalgesellschaftsbeteiligung geringer belastet ist als der entsprechende Gewinn aus einer Mitunternehmerschaft. Hierbei wird jedoch vernachlassigt, dass sich die Bestimmung des Verau£erungsgewinns als steuerliche Bemessungsgrundlage bei Mitunternehmeranteils-Verau£erungen und bei Verau£erungen von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften im Sinne von § 17 EStG unterscheiden. 4.4.1.2 Exogen gegebenes wirtschaftliches Ergebnis und VerauBerungsgewinn

Neben den bisher untersuchten tariflichen Unterschieden bestehen somit auch Unterschiede bei der Ermittlung des Verau£erungsgewinns. Diese sollen innerhalb eines erweiterten Szenarios verdeutlicht werden: 416 Vgl. Breithecker/Klapdor/Zisowski (2001), S. 77; Preyer/Schult (2001), S. 457-460; Korezkij (2000), S. 1277; Schmidt, B. (2000), S. 2402-2403; Henning/Hundsdoerfer/Schult (1999), S. 132-133; Herzig/Forster (1999), S. 714. 417 Vgl. Breithecker/Klapdor/Zisowski (2001), S. 77; Freyer/Schult (2001), S. 457.

4.4 Steuerrecht mit Halbeinkiinfteverfahren

187

V veraufeert zu Beginn des Veranlagungszeitraums II einen Mitunternehmeranteil Oder alternativ eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft im Sinne von § 17 EStG. Im Vorjahr (I) sind ofFene Reserven (oR) durch Thesaurierung eingestellt worden, die samtlich durch Gewinne in diesem Jahr entstanden sind und der Gewerbesteuer sowie dem Einkommensteuer- bzw. Korperschaftsteuertarif unterworfen wurden. Unter ofFenen Reserven verstehen wir hier den erwirtschafteten Gewinn nach Abzug von Vergiitungen fiir die Geschaftsfiihrung durch die Gesellschafter (GFV). Im Verau£erungsjahr selbst (II) werden keine laufenden Gewinne erwirtschaftet. Beim Veraufeerungsvorgang kommt es allerdings zur Aufdeckung der stillen Reserven (sR) auf Ebene des Gesellschafters. Bei den stillen Reserven handelt es sich z.B. um Liquiditat, die in der Kasse Oder im Konto Bank vorgehalten wird. Dieser Liquiditat stehen iiberhohte Abschreibungen, die im Umfang den tatsachlichen Werteverzehr iibersteigen und fiir die noch keine entsprechenden Ersatzbeschaffungen erfolgt sind, gegeniiber. Die Auflosung der stillen Reserven nur auf Ebene der Gesellschafter impliziert, dass sich lediglich die auf den Anteilen ruhenden stillen Reserven auflosen und es nicht zur Aufdeckung auf Ebene der Unternehmung kommt. Wir unterstellen weiter, dass der Kaufer entweder die mogliche zukiinftige Besteuerung stiller Reserven, die sich in der Unternehmung auflosen, bei der Preisverhandlung nicht antizipiert oder aber beabsichtigt, seine Beteiligung zu veraufiern, bevor es zu einer solchen Besteuerung kommt. Dies setzt entsprechendes Verhalten beim zweiten Kaufer, beim dritten Kaufer etc. voraus. Es handelt sich hierbei um eine vereinfachende Annahme."^^* Der Veraufcerungspreis setzt sich somit annahmegemaE aus den Einlagen (Anschaffungskosten der Beteiligung) und den offenen und stillen Reserven zusammen. Marktmacht und andere Verhandlungsfaktoren, die den Prozess der Kaufpreisbildung beeinflussen konnten, wirken sich im betrachteten Szenario somit nicht aus. Grundsatzlich miisste, wie in Kapitel 3.5 dargestellt, auch die zwischen Rechtsformen divergierende Besteuerung in Perioden nach der Veraufeerung auf Ebene des Erwerbers in einem umfassenderen Modell mit in den Kalkiil einbezogen werden. Aus Transparenzgriinden und damit fiir eine iibersichtlichere Darstellung wird in diesem Kapitel im Gegensatz zu Kapitel 3.5 auf ^^^ Ahnliche Antizipationen steuerlicher Wirkungen miissen streng genommen auch im Zusammenhang potenzieller zukiinftiger Ausschiittungen erfolgen. Die Preisbildung unter dem Einfluss einer Kursgewinnbesteuerung wird untersucht von Konig/Wosnitza (2000), S. 786-791. Vgl. zu einem etwaigen Kaufpreisabschlag Muller/Semmler (2003), S. 586-595. Vgl. auch Kapitel 3.5 in dieser Arbeit.

188

4 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Rechtsformneutralitat

die Erfassung derartiger Effekte verzichtet. ^^® Es handelt sich daher im Folgenden nicht um ein gleichgewichtiges Unternehmensbewertungsmodell, sondern um ein einfaches Modell, das Riickschliisse iiber die Wirkung der Besteuerung erlaubt.^^® Letztlich kommt es bei der Festlegung des Verau£erungspreises fiir die folgende Untersuchung nur darauf an herauszustellen, um wie viel dieser das Kapitalkonto bzw. die AnschafFungskosten iibersteigt. Des Weiteren ist relevant, in welchem Verhaltnis diese Gro£e wiederum zu den Bemessungsgrundlagen der laufenden Besteuerung steht und welchen Einfluss in Abhangigkeit von der Konstellation dieser Parameter die steuerliche Belastung auf die relative Vorteilhaftigkeit der Rechtsformalternativen hat. Da die definitive Korperschaftsteuer bei der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft auf Gesellschafterebene das Nettoeinkommen der Anteilseigner schmalert und damit bei einem Verkauf zu einem entsprechend geminderten Verau£erungserlos fiihrt,^^^ kommt der Korperschaftsteuer unter aktuellem Recht in diesem Zusammenhang besondere Bedeutung zu.^^^ Das dargelegte vereinfachte Vorgehen geniigt den Anspriichen dieser Analyse, das hei£t, es erlaubt, Aussagen iiber die entscheidenden wertbeeinflussenden Grofien in Abhangigkeit von der Datenkonstellation abzuleiten. Vor diesem Hintergrund ist es vertretbar, die angesprochenen Aspekte der Preisbildung zugunsten von mehr Transparenz hinsichtlich der feststellbaren Wirkungen zu vernachlassigen. Um die Auswirkungen der Wahrungsumstellung von DM auf € und daraus her^^^ Den Einfluss von Steuern bei der Kaufpreisbildung behandeln etwa Wagner (1972), S. 1637-1642; Siegel (1994), S. 1485-1502; Wagner/Rummele (1995), S. 433-441; K6nig/Wosnitza (2000), S. 786-791. Im Zusammenhang mit der Einfiihrung des Halbeinkiinfteverfahrens vgl. Bareis (2000), S. 142; Forster/Lishaut (2000), S. 1193; Forster (2001), S. 1245; Scheffler (2001), S. 297-307; Stegner/Heinz (2001), S. 63; Maiterth/Muller (2002), S. 600 sowie Muller/Semmler (2003). Vgl. hierzu auch Lehmann (1971), S. 232-247; Swoboda/Kohler (1971), S. 208-231; Dirrigl/Muller (1990), S. 396-417. Vgl. des Weiteren auch die Modellierung des Einflusses der Verau£erungsgewinnbesteuerung auf die Grenzpreisbildung des Veraufierers und des Erwerbers in der Analyse von Schweser (2002), S. 131-212. Eine Untersuchung der steuerlichen Wirkungen im Rahmen eines allgemeinen Gleichgewichtsmodells unter Unsicherheit bei Beriicksichtigung steuerUcher Anpassungshandlungen, die allerdings wesentliche Vereinfachungen hinsichtlich der steuerlichen Rahmenbedingungen erfordert, fiihren etwa Klein (1998), Klein (1999) und Viard (2000) durch. Vgl. hierzu auch Klein (2001). '^^^ Streng genommen ist hier ein allgemeines Gleichgewichtsmodell anzuwenden, das es ermoglicht, samtliche gesamtwirtschaftliche Interdependenzen zu erfassen. Vgl. hierzu Harberger (1962); Fullerton/King/Shoven/Whalley (1981); Fullerton (1983), S. 108. ^^^ Der Kaufer kapitalisiert diese Steuer in seinem Preis. ^"^^ Vgl. dazu auch Homburg/Theisen (2000), S. 1930. Vgl. grundlegend zu den Wirkungen einer unerwartet eingefiihrten nicht anrechenbaren Steuer etwa S0rensen (1995), S. 279280.

4.4 Steuerrecht mit Halbeinkiinfteverfahren

189

vorgegangene Einfliisse in den Veranlagungszeitraumen 2001 und 2002 aus der Betrachtung auszublenden, wird fiir die Berechnung der Steuerbelastungen der Jahre I und II stets einheitlich das Steuerrecht des Jahres 2002 angewendet. Dies verhindert, dass die durch die Reform der Veraufeerungsgewinnbesteuerung hervorgerufenen Effekte durch andere Reformma£nahmen verwassert werden und erlaubt, Aussagen iiber den Einfluss dieser Rechtsanderung auf die Rechtsformalternativen zu gewinnen. Da, im Gegensatz zum zuvor betrachteten Fall, nun auch die laufende Besteuerung das Ergebnis beeinflusst, sind gewerbesteuerliche Wirkungen zu beachten. Um das Beispiel einfach zu halten, nehmen wir an, dass keine gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen oder Kiirzungen zu beriicksichtigen sind. Es gelte ein Gewerbesteuer-Hebesatz von 400%. Die vereinfachenden Annahmen des Szenarios aus Abschnitt 4.4.1.1 behalten ihre Giiltigkeit. Um eine Vergleichbarkeit der Werte der Rechtsformalternativen zu gewahrleisten, muss von identischen „wirtschaftlichen Ergebnissen" vor Steuern ausgegangen werden. Unter „wirtschaftlichem Ergebnis" verstehen wir eine Gro£e, die sich vor Anwendung der divergierenden steuerlichen Vorschriften fiir die Ermittlung der steuerlichen Bemessungsgrundlagen fiir beide Rechtsformkategorien ergibt. Darin sind sowohl offene als auch stille Reserven enthalten. Von einem Geschafts- oder Firmenwert wird abstrahiert. Zur Vereinfachung wird des Weiteren von Leistungsbeziehungen zwischen den Gesellschaften und ihren Gesellschaftern mit Ausnahme der Vergiitung fiir den Gesellschafter-Geschaftsfiihrer abgesehen. Eine Geschaftsfiihrervergiitung erfolgt analog zu den offenen Reserven nur im Vorjahr. Zinseffekte, die durch die Betrachtung von zwei Veranlagungszeitraumen zu beriicksichtigen waren, werden zunachst vernachlassigt. Zuerst werden exemplarisch einige mogliche Datenkonstellationen bei einem wirtschaftlichen Ergebnis von 1 Mio. € untersucht. Um eine gewisse Anzahl von denkbaren Fallstrukturen zu erfassen, wird innerhalb der Variation der Zusammensetzung des wirtschaftlichen Ergebnisses iiber eine Aufteilung zwischen stillen und offenen Reserven hinausgehend auch die Hohe der GesellschafterGeschaftsfiihrergehalter verandert. Es ergeben sich fiir die dargestellten Daten Ausgangsgrofien fiir die Bestimmung der einkommen- bzw. gewerbesteuerlichen Bemessungsgrundlagen fiir den jeweiligen Beteiligungsanteil.^^^ ^^^ Es handelt sich hierbei um den laufenden Gewinn vor Gewerbesteuer im Vorjahr sowie den Veraufierungsgewinn fiir den Mitunternehmeranteil und die entsprechenden Grofien fiir den Beteiligten an einer Kapitalgesellschaft. Die Abkiirzung KapG bezeichnet in der folgenden Tabelle die Rechtsformalternative Kapitalgesellschaft.

4 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Rechtsformneutralitat

190

anteiliges wirtschaftiiches Ergebnis 1Mio.€.davon

Fall

GFV

sR

Mituntemehmeranteli steuerliche AusgangsgrdOe

oR

KapG-Antell steuerliche AusgangsgrOOe

Einkommensteuerlicher Ifd. Oewinn vorOewSt

Verdu&erungsgewinn

Kdrperechaftsteuerticher Ifd. Gewinn vorGewSt + GFV

oR + GFV

sR

oR + GFV

1

100.000

0

900.000

1.000.000,00

0,00

1.000.000,00

2

100.000

450.000

450.000

550.000.00

450.000,00

550.00,00

VerSufterungsgewinn

sR + oR ./. KSt, 7.GewSt 562.500,00 1 731.250.00 900.000,00 1

3

100.000

900.000

0

100.000,00

900.000,00

100.000.00

4

500.000

0

500.000

1.000.000,00

0.00

1.000.000,00

5

500.000

250.000

250.000

750.000.00

250.000,00

750.000.00

406.255,00

6

500.000

500.000

0

500.000,00

500.000,00

500.000.00

500.000,00 1

312.502.50 1

Tabelle 4.2: Zusammensetzung des wirtschaftlichen Ergebnisses in Hohe von 1 Mio. €

Der laufende Gewinn vor Gewerbesteuer einer Mitunternehmerschaft ergibt sich als Summe aus den hier so bezeichneten offenen Reserven und der Geschaftsfiihrervergiitung. Diese Ausgangsgrofie muss zur Bestimmung der gewerbe- und einkommensteuerlichen Belastung herangezogen werden. Streng genommen beeinflusst bei Mitunternehmerschaften auch die Anzahl der Gesellschafter die Hohe des Anteils der Gewerbesteuer, die auf den einzelnen Mitunternehmer entfallt. Die entlastenden Wirkungen von StafFeltarif und Preibetrag^^"* diirfen bei Unternehmungen mit mehr als einem Gesellschafter beim jeweils betrachteten Mitunternehmer nur anteilig beriicksichtigt werden. In den hier durchgefiihrten Berechnungen wird zur Vereinfachung stets die gesamte Entlastung einbezogen, was impliziert, dass es sich nur um einen einzelnen Gesellschafter und damit um eine Einzelunternehmung handelt. Da der anteiligen gewerbesteuerlichen Belastung eines jeden Mitunternehmers die pauschalierte Gewerbesteueranrechnung gegeniiber steht, sind hierauf zuriickzufiihrende Wirkungen allerdings zu relativieren. Die gewerbesteuerlichen Belastungen reduzieren sich zu einer in der Regel vernachlassigbar kleinen Gro£e. Berechnungen fiir mehrere Gesellschafter bestatigen, dass sich in keinem der hier untersuchten Falle, auch nicht in den erweiterten Szenarien in den Folgekapiteln, die relative Vorteilhaftigkeit der Rechtsformalternativen bei Betrachtung dieser Wirkungen ^^^ Diese Gewerbesteuererspaxnis belauft sich insgesamt auf maximal 8.090 € fiir eine Personengesellschaft.

4.4 Steuerrecht mit Halbeinkiinfteverfahren

191

bei Mehrpersonengesellschaften andert. Ohne Verlust der Aussagekraft konnen daher die bei den hier durchgefuhrten Berechnungen ermittelten Werte auch auf Personengesellschaften iibertragen werden. Der Veraufierungsgewinn ergibt sich unter Hinzuziehung des Kapitalkontos des Mitunternehmers und besteht ausschlieElich aus den aufgedeckten stillen Reserven. Die gewerbe- und korperschaftsteuerliche Ausgangsgrofie fiir die Kapitalgesellschaft ergibt sich aus den offenen Reserven. Auf Ebene des GesellschafterGeschaftsfiihrers ist des Weiteren die Geschaftsfiihrervergutung einkommensteuerlich relevant. Fiir einen sinnvollen Vergleich miissen auch hier Unternehmungsebene und Gesellschafterebene simultan betrachtet werden und somit die Belastung der Geschaftsfiihrervergiitung mit Einkommensteuer bei der Ermittlung einer Belastungsquote einbezogen werden. Der Veraufierungsgewinn bestimmt sich im Gegensatz zur Mitunternehmerschaft als Differenz zwischen dem Veraufcerungserlos und den Anschaffungskosten. Damit setzt er sich aus den nach Abzug von Korperschaft- und Gewerbesteuer verbleibenden thesaurierten ofFenen Reserven sowie den stillen Reserven zusammen. Dieser Veraufierungsgewinn unterliegt beim Veraufierer dem Halbeinkiinfteverfahren. Hierbei sind die einkommensteuerlichen Progressionswirkungen durch Geschaftsfiihrervergiitung und Veraufierungsgewinn zu beriicksichtigen. Fiir die in Tabelle 4.2 dargestellten Falle lassen sich durch eine voUstandige Steuerbelastungsanalyse unter Beriicksichtigung der Veraufierungsgewinnbesteuerung die steuerlichen Belastungen in Abbildung 4.2 ableiten.'^^^ Deutlich wird, dass im Gegensatz zu der Untersuchung in Abschnitt 4.4.1.1 nun die Kapitalgesellschaftsanteile in den meisten Fallen steuerlich starker belastet werden (Falle 1-5).^^^ Dies ist im Wesentlichen auf die fehlende pauschalierte Gewerbesteueranrechnung bei den Anteilseignern von Kapitalgesellschaften zuriickzufiihren. Der Nachteil von Personengesellschaften durch die fehlende Abzugsfahigkeit der Leistungsvergiitungen an Gesellschafter bei der Einkommenund Gewerbesteuer wird durch die pauschalierte Gewerbesteueranrechnung des § 35 EStG mehr als kompensiert. Nur bei relativ hohen Hebesatzen in KombinaDas zugrunde liegende Berechnungsschema ist grundsatzlich vergleichbar mit dem bei K6nig/Sureth (2002) auf S. 109-135 ausfiihrlich dargestellten Steuerbelastungsrechnungen. Dieses vernachlassigt allerdings die Wirkungen und Wechselwirkungen der Veraufierungsgewinnbesteuerung . Dieses Ergebnis bestatigt grundsatzlich auch der Sachverstandigenrat, vgl. Sachverstandigenrat (2001), S. 303-306; dazu auch Wiegard (2002), Sp. 4.

192

4 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Rechtsformneutralitat

tion mit sehr hohen Vergiitungen an die Mitunternehmer und damit auch hoher gewerbesteuerlicher Bemessungsgrundlage bei der Personengesellschaft konnte es hier zu einer Umkehrung der Vorteilhaftigkeit kommen. In diesem Fall wiirde die Personengesellschaft nicht mehr in vollem Umfang fiir die gewerbesteuerliche Belastung bei der Einkommensteuer kompensiert werden, wahrend die Kapitalgesellschaft nur mit relativ wenig Gewerbesteuer belastet wird. Steuerllche Belastung 60%

Fall

• Steuem Personengesellschaft in % des wirtschaftlichen Ergebnisses D Steuem Kapitalgesellschaft in % des wirtschaftlichen Ergebnisses

Abbildung 4.2: Steuerliche Belastung bei Variation der Zusammensetzung des wirtschaftlichen Ergebnisses im VZ 2002, anteiliges wirtschaftliches Ergebnis = 1 Mio. €

Der zweite Einflussfaktor zum Nachteil der Kapitalgesellschaft geht ebenfalls auf die Hohe der offenen Reserven zuriick. In den Fallen 1 und 2 bzw. 4 und 5 fiihren diese dazu, dass nach § 17 Abs. 2 EStG bei der Kapitalgesellschaftsbeteiligung ein wesentlich hoherer Verau£erungsgewinn besteuert wird als bei der Mitunternehmerschaftsvariante nach § 16 Abs. 2 EStG (siehe Tabelle 4.2). Lediglich in den Fallen 3 und 6, das heiEt, wenn keine offenen Reserven, sondern relativ hohe stille Reserven vorliegen, geniefit der Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft Vorteile. Geringe oder keine offenen Reserven implizieren eine niedrige gewerbesteuerliche Bemessungsgrundlage und damit, dass der gewerbesteuerliche Nachteil der Kapitalgesellschaft aus dem Fehlen einer pauschalierten Anrechnung eher unbedeutend ist bzw. ganz entfallt. Daneben gewinnen die tariflichen Vorteile der Kapitalgesellschaft bei der Veraufierungsgewinnbesteuerung (vgl. Abbildung 4.1) an Bedeutung. Die Unterschiede bei der Ermittlung des

4.4 Steuerrecht mit Halbeinkiinfteverfahren

193

VerauEerungsgewinns entfalien, da hier annahmegemafe keine offenen Reserven vorliegen. Beim Fall 3, der durch ofFene Reserven von null gekennzeichnet ist, allerdings von einem kleineren Anteil der Geschaftsfuhrervergiitung am wirtschaftlichen Ergebnis ausgeht als Fall 6, liegt die Belastung der Alternative Kapitalgesellschaft, trotz der beschriebenen Effekte, leicht oberhalb derjenigen der Personengesellschaft. Ursache hierfiir ist, dass die Personengesellschaft durch die hier nur bei dieser Rechtsformalternative anfallende (abzugsfahige) Gewerbesteuer eine geringere einkommensteuerliche Bemessungsgrundlage aufweist. Hierdurch entsteht bei der annahmegema£ relativ geringen Geschaftsfuhrervergiitung ein erheblicher Progressionsvorteil, wohingegen die Belastungswirkung der Gewerbesteuer durch § 35 EStG ausgeglichen wird. Bei dieser Datenkonstellation ist die Wirkung dieses Effektes grower als der Progressionsvorteil der Kapitalgesellschaft aus der Anwendung des Halbeinkiinfteverfahrens auf den Veraufierungsgewinn. Da sich bei zunehmendem Verau£erungsgewinn der relative Progressionsvorteil abbaut (siehe Abbildung 4.1), fiihrt der relativ hohe Verau£erungsgewinn im Fall 3 im Vergleich zu Fall 6 nur noch zu geringen steuerlichen Vorteilen in diesem Bereich. Letztlich liegen Personen- und Kapitalgesellschaften bei fehlenden offenen Reserven belastungsma£ig sehr nahe beieinander, wahrend in alien anderen Fallen hohere offene Reserven zu einer zunehmenden relativen Verschlechterung der Kapitalgesellschaftsvariante fiihren. Dort rufen die offenen Reserven einerseits eine gewerbesteuerliche Belastung bei der Kapitalgesellschaft hervor, fiir die es keine Kompensation gibt. Andererseits bewirken sie einen hoheren steuerpflichtigen VerauEerungsgewinn. Analysiert man die Belastungsquoten unabhangig von der jeweiligen Rechtsformalternative, sondern in Abhangigkeit von der Zusammensetzung des wirtschaftlichen Ergebnisses, wird deutlich, dass auch hier die Hohe der offenen Reserven entscheidend ist. Je hoher diese sind, desto hoher fallt die Steuerbelastung aus. Der Fall mit den hochsten offenen Reserven (Fall 1) unterliegt einer starkeren Besteuerung als Fall 2 und dieser wiederum als Fall 3. Entsprechendes gilt fiir die Falle 4 bis 6. Hohe offene Reserven implizieren fiir beide Rechtsformen einen relativ hohen Anteil des wirtschaftlichen Ergebnisses, der nicht im Rahmen der Veraufterungsgewinnbesteuerung erma£igt belastet wird. Vergleicht man Fall 1 mit Fall 4, so stimmt die Steuerbelastung bei der Personengesellschaft in beiden Fallen iiberein, da bei dieser Rechtsform die Auf-

194

4 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Rechtsformneutralitat

teilung des wirtschaftlichen Ergebnisses auf die ofFenen Reserven und auf die Geschaftsfiihrervergiitung keine Auswirkungen auf die steuerlichen Bemessungsgrundlagen hat. Da die geringeren ofFenen Reserven bei der Kapitalgesellschaft im Fall 4 zu einem niedrigeren Verau£erungsgewinn fiihren als in Fall 1 und gleichzeitig der Anteil der gewerbesteuerlichen Einkiinfte sinkt, liegt hier die steuerliche Belastung niedriger als im ersten Fall. Fall 2 weist im Gegensatz zu Fall 5 fiir beide Rechtsformalternativen niedrigere Bemessungsgrundlagen bei der laufenden Besteuerung auf. Der Einfluss dieser geringen Bemessungsgrundlage dominiert den gegenlaufigen Effekt bei der Bemessungsgrundlage fiir den Veraufierungsgewinn, da letztere lediglich einer gemilderten Besteuerung unterliegt. Die anteilig niedrigeren stillen Reserven in Fall 5 fiihren somit steuerlich zu einem Nachteil. Zur Verdeutlichung des Einflusses der Hohe des wirtschaftlichen Ergebnisses werden analog zu Abbildung 4.1 wirtschaftliche Ergebnisse von 250.000 € , 500.000 € , 1 Mio. € oder 10 Mio. € betrachtet. Der Anteil der Geschaftsfuhrervergiitung und der stillen bzw. der ofFenen Reserven wird jeweils konstant gehalten. Es gelten die Konstellationen des Falles 2, das heifit, die Geschaftsfiihrervergiitung entspricht 10%, die stillen bzw. ofFenen Reserven entsprechen jeweils 45% des angenommenen wirtschaftlichen Ergebnisses. wirtschattliches Ergebnis

Steuem Personengeseilschatl in % des wirtschaftlichen Ergebnisses

Steuem Kapitalgesellschatt in % des wirtschaftlichen Ergebnisses

250.000 €

33.08 %

35.31 %

500.000 €

36.62 %

37,38 %

1.000.000 €

36,90%

38.42 %

10.000.000 €

38.05%

39.35 %

Tabelle 4.3: Steuerliche Belastung nach neuem Recht bei Variation der Hohe des wirtschaftlichen Ergebnisses im VZ 2002, Fall 2

Veranschaulicht man die Werte graphisch, ergeben sich die in Abbildung 4.3 dargestellten Relationen. Fiir beide Rechtsformvarianten kommt es in Folge des progressiven Einkommensteuertarifs zu steigenden steuerlichen Belastungen bei zunehmendem wirtschaftlichen Ergebnis. In alien Fallen liegt die Belastung bei einer Kapitalgesellschaftsbeteiligung iiber der entsprechenden Belastung bei Mitunternehmerschaften. Dies bestatigt die Ergebnisse in Abbildung 4.2. Unter den getrofFenen

4.4 Steuerrecht mit Halbeinkiinfteverfahren

195

Annahmen fiir die Zusammensetzung des wirtschaftlichen Ergebnisses liegt der Verau£erungsgewinn auch bei einem wirtschaftlichen Ergebnis von 10 Mio. € mit 4,5 Mio. € noch vollstandig im Bereich der Begiinstigung des § 34 Abs. 3 EStG. In dieser Hinsicht treten somit keine das Ergebnis „verzerrende" Effekte auf. Bei hoheren wirtschaftlichen Ergebnissen^^^ wird die Belastungskurve fiir die Personengesellschaft, ahnlich wie in Abbildung 4.1 dargestellt, nach oben abknicken. &0U9rtich9 B9lastung 45% 1 40% 35% 30% 25% 20% 15% 10%

5% i 0%

- Steuem F^rsonengaselBchaft In % des wirtschaftlichen Ergebnisses - Steuem Kapitalgeselschaft in % des wirtschaftlichen Ergebnisses

Abbildung 4.3: Steuerliche Belastung nach neuem Recht bei Variation der Hohe des wirtschaftlichen Ergebnisses im VZ 2002, Fall 2

Abbildung 4.3 zeigt, dass die relativen Unterschiede zwischen den steuerlichen Belastungen der Rechtsformalternativen naherungsweise proportional zur Hohe des wirtschaftlichen Ergebnisses sind. Dies geht ursachlich darauf zuriick, dass die wesentlichen steuerlichen Belastungsunterschiede (fehlende Gewerbesteueranrechnung unter Beriicksichtigung der Abzugsfahigkeit der Geschaftsfiihrervergiitung bei der Gewerbesteuer und ein hoherer Verau£erungsgewinn bei Kapitalgesellschaften) jeweils ebenfalls etwa linear abhangig von der oko^^^ Bei anteiligen stillen Reserven von 45% wird diese Grenze bei einem wirtschaftlichen Ergebnis von 11.111.111,11 € erreicht.

196

4 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Rechtsformneutralitat

nomischen Ausgangsgr6£e sind. Andere Faktoren, wie etwa die Progressionsunterschiede bei der Besteuerung des Verau£erungsgewinns, fallen im Verhaltnis so gering aus, dass sie die „Parallelitat" der Kurven kaum beeintrachtigen und lediglich zu einer leichten Annaherung der beiden Graphen bei zunehmender Bemessungsgrundlage fiihren. Damit wird deutlich, dass Wirkungen einer rechtsformabhangigen Besteuerung im Bereich der VerauEerungsgewinnbesteuerung kaum mehr von den Wirkungen durch die laufende Besteuerung separiert werden konnen, ohne extreme und damit realitatsferne Annahmen zu treffen, die die Aussagekraft der Ergebnisse stark relativieren. Tabelle 4.4 fasst die bisherigen Ergebnisse zusammen.

Erreichung des Ziels .Rechtsformneutralit^f

exogener Vergulierungsgewinn

- geringe Belastungsunterschiede - leicht reiativer steuerticher Vorteil der Kapitalgesellschaft - Ausnahme: Verau&erungsgewinn > 5 Mio. € (§34 Abs. 3 EStG), dann deutlicher reiativer steuerticher Vorteii der Kapitaigesellsciiaft |

exogenes wirtschaftliches Ergebnis

- geringe Beiastungsunterschiede - leicht reiativer steuerticher Vorteil der Personengeseilschaft - je hdher die offenen Reserven sind, desto grower ist der relative Vorteil der Personengeseilschaft - Ausnahme: VerduHerungsgewinn > S.Mio. € (§ 34 Abs. 3 EStG). dann deutiicher reiativer steuerticher Vorteil der Kapitalgesellschafl

Tabelle 4.4: Wesentliche Ergebnisse ohne intertemporal Effekte

Es lasst sich an dieser Stelle bereits feststellen, dass die Belastungsunterschiede von Personen- und Kapitalgesellschaften im Wesentlichen auf die unterschiedliche steuerliche Belastung der ofFenen Reserven bei den Rechtsformalternativen zuriickzufiihren sind, insbesondere auf die Differenzen in der laufenden Besteuerung. Tarifliche Unterschiede bei der Veraufierungsgewinnbesteuerung verlieren in Abhangigkeit von der Zusammensetzung des wirtschaftlichen Ergebnisses vor dem Hintergrund der divergierenden Vorschriften hinsichtlich der Ermittlung des steuerpflichtigen Veraufierungsgewinns an Bedeutung. Welcher EfFekt im Einzelnen dominiert, ist abhangig von der Konstellation der Daten. Insgesamt wird deutlich, dass in diesem Szenario die rechtsformabhangigen Belastungsunterschiede in alien Fallen relativ moderat ausfallen.

4.4 Steuerrecht mit Halbeinkunfteverfahren

197

Bevor der Versuch unternommen wird, durch Wahl eines geringen GesellschafterGeschaftsfiihrergehaltes und geringerer offener Reserven den Einfluss der laufenden Besteuerung auf das Ergebnis moglichst gering zu halten, wird das Untersuchungsszenario abermals erweitert.

4.4.2 Analyse mit intertemporalen EfTekten Bislang wurden zur Vereinfachung intertemporale Wirkungen und ZinsefFekte au£er Acht gelassen. Um deren Einflussstarke abschatzen zu konnen, folgt eine weitere Variation des Szenarios fiir den Zwei-Periodenfall: Der Gesellschafter V verauEert am Ende des Veranlagungszeitraums II einen Mitunternehmeranteil oder alternativ eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft im Sinne von § 17 EStG. Im Zuge der Verau£erung werden bei V stille Reserven realisiert, die zur Halfte im Vorjahr (I) und zur Halfte im Jahr II entstanden sind. Weiter werden in den Jahren I und II jeweils offene Reserven erwirtschaftet, thesauriert und der Gewerbesteuer sowie der Einkommen- bzw. Korperschaftsteuer unterworfen. Analog zu den ofFenen Reserven erfolgen Zahlungen an die Gesellschafter-Geschaftsfiihrer fiir ihre Tatigkeit in der Unternehmung sowohl in I als auch in II. So konnen neben Zinseffekten auch die Progressionswirkungen dieser Vergiitungen auf den halben durchschnittlichen Steuersatz gemafi § 34 Abs. 3 Satz 2 EStG bzw. auf den relevanten Einkommensteuersatz im Rahmen des Halbeinkiinfteverfahrens beriicksichtigt werden. Um wie oben Einflusse durch Tarifanderungen etc. in den vergangenen Jahren zu eliminieren und somit Ergebnisse zu erzielen, die einem Vergleich zuganglich sind, werden konstante Steuertarife sowie die Konstanz der Gewinnermittlungsvorschriften fiir den betrachteten Zeitraum angenommen. Wir nehmen weiter an, dass der Investor V zwischenzeitlich freiwerdende Mittel stets in vollem Umfang in festverzinsliche Wertpapiere am Kapitalmarkt investiert. Diese Anlage wird im Betriebsvermogen der Gesellschaft getatigt, an der V beteiligt ist. Als Kalkulationszinsfu£ vor Steuern gelte i = 0,06. Unter Beriicksichtigung der Progressionswirkungen werden die steuerlichen Belastungen der laufenden Besteuerung und der VerauEerungsgewinnbesteuerung der Beteiligungen in den Jahren I und II ermittelt."^^® AUe Zahlungen werden hierzu ^^^ Dabei wird beriicksichtigt, dass das nicht begiinstigte verbleibende zu versteuernde Einkommen ohne Progressionsvorbehalt gema£ | 32a EStG der Einkommensteuer zu unterwerfen ist. Vgl. Hagen/Schynol (2001), S. 402; Rasche (2001), § 34 EStG, Anm. R 51.

4 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Rechtsformneutralitat

198

im Rahmen eines vollstandigen Finanzplans erfasst. In diesem wird beriicksichtigt, dass die Steuerzahlungen einer Periode den Bestand der ofFenen Reserven in der Folgeperiode mit beeinflussen. Wahrend in Kapitel 4.4.1.2 zwar die laufende Besteuerung an sich in die Berechnungen eingeht, bleiben dort allerdings intertemporale Wirkungen der laufenden Besteuerung aufier Acht. Die Verwendung des vollstandigen Finanzplans ist erforderlich, da bei mehrperiodiger Betrachtung auf das Nettoendvermogen abgestellt werden muss und nicht etwa auf einen Steuerendwert. Neben steuerlichen DifFerenzen zwischen den Rechtsformen treten auch Unterschiede hinsichtlich des verbleibenden Nettoendvermogens auf. Eine Beschrankung auf die steuerlichen Belastungen wiirde diese nicht unerheblichen Wirkungen vernachlassigen. Wie bei den zuvor betrachteten Szenarien variieren wir sowohl die Zusammensetzung als auch die Hohe des wirtschaftlichen Ergebnisses. Analog zum Kapitel 4.4.1.2 unterscheiden wir sechs Falle:

1 Fall

antelliges wirtschafUlches Ergebnis 1 Mio. € . davon konsumierbare Geschdftsfuhrervergutung je Periode In € (GFV)

neue stiUe Reserven je Periode in € (8R)

neue offene Reserven je Periode in € (OR)

1

50.000

0

2

50.000

225.000

3

50.000

450.000

4

250.000

0

5

250.000

125.000

6

250.000

250.000

450.000 1 225.000

01 250.000 1 125.000

01

Tabelle 4.5: Zusammensetzung des wirtschaftlichen Ergebnisses in € im ZweiPeriodenfall

Die Berechnungen innerhalb des vollstandigen Finanzplanes (Tabelle 4.6) sollen exemplarisch anhand des Falles 2 dokumentiert werden. Betrachten wir zunachst die Personengesellschaft: Hier erhalt der Gesellschafter-Geschaftsfiihrer im Jahr I eine Geschaftsfiihrervergiitung in Hohe von 50.000 € . Wir nehmen an, dass ihm dieser Bet rag vollstandig fiir Konsumzwecke zur Verfiigung steht. Die in Form von Gewerbesteuer und Einkommensteuer darauf lastenden Steuern werden in der nachfolgenden Belastungsrechnung der Unternehmungsebene (Personengesellschaft) zugerech-

4.4 Steuerrecht mit Halbeinkiinfteverfahren

199

net. Der Gesellschafter-Geschaftsfiihrer konsumiert sein Gehalt in jeder Periode voUstandig.^^^

Jahrl

Jahr II

50.000,00

50.000,00

Jahrl

Jahr II

GFV

50.000,00

50.000,00

2

EStaufGFV

26.942,00

42.147,75

1^ 1^

GFV gesamt

76.942.00

92.147,75

225.000,00

225.000,00

1 Zeile 1

Personengesellschaft Gf=V

sR

Kapitalgesellschafl

225.000,00

225.000,00

sR

5

sR Vorperiode

225.000,00

sR Vorperiode

1^

sR insgesamt

225.000,00

450.000,00

sR insgesamt

225.000,00

450.000.00

oR

225.000,00

225.000,00

oR

225.000,00

225.000,00

abzuglich zusdtzL GFV

-26.942,00

-42.147,75

7

8 9

Zinsen auf Rest-oR der Vorperiode

10

Zinsen auf sR der Vorperiode

11

Rest-oR Vorperiode

12

oR insgesamt

13

Ausgangsgrd&e fur Ifd. Besteuerung = GFV + oR(+ Zinsen)

14

ESt * GewSt auf oR + GFV

15

Rest-oR Ifd. Periode, ggf. I(umuliert

16

BMGVG-sR

17

ESt auf VG

18

Nettozuwachs an Endvemodgen insgesamt

5.942.70

225.000,00

275.000,00 125.955,00

99.045,00

225.000,00

Zinsen auf RestoR der Vorperiode

13.500,00

Zinsen auf sR der Vorperiode

99.045,00

Rest-oR Vorperiode

7.427,16 13.500.00 123.786.00

343.487,70

oR insgesamt

198.058,00

327.565,41 |

294.442.70

Ausgangsgrd&e fur Ifd. Untemehnoenst)esteuerung = oR (-^Zinsen)

198.058,00

203.779.41

135.594,00

KSt-t-GewStauf oR

74.272,00

76.414,85

207.893.70

Rest-oR Ifd. Periode. ggf. I(umuliert

123.786,00

251.150,56 1

450.000,00

BMG VG = % (sR + Rest-oR)

350.575,28

105.967,35

anteilige ESt auf VG

162.188.25 1

551.926.35

Nettozuwachs an Endvemidgen insgesamt

538.962.31

Tabelle 4.6: Vollstandiger Finanzplan fur Fall 2 im VZ 2002

^^^ Nutzengewinne aus diesem Konsum konnen zur Vereinfachung au6er Acht gelassen werden, da sie bei beiden Rechtsformalternativen identisch sind. Die Auswirkungen einer Modifikation dieser Konsumannahme wird in Abschnitt 4.4.2.2 angesprochen.

200

4 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Rechtsformneutralitat

Des Weiteren entstehen im Jahr I stille (Zeile 4) und offene Reserven (Zeile 7) in Hohe von jeweils 225.000 € . Die offenen Reserven, also der Teil des Gewinns, der nicht zur Bezahlung des Geschaftsfiihrergehalts benotigt wird, sowie das Geschaftsfiihrergehalt selbst, unterliegen nach Durchfiihrung der einheitlichen und gesonderten Gewinnermittlung der Gewerbe- und der Einkommensteuer. Unter Anwendung der tariflichen Vorschriften erhalt man bei einer ertragsteuerlichen Ausgangsgr6£e von 275.000 € (Zeile 13) schliefilich eine Steuerlast von 125.955 € (Zeile 14). Diese wird aus liquiden Mitteln beglichen, so dass von den offenen Reserven fiir eine zwischenzeitliche Anlage am Kapitalmarkt zum angenommenen Kapitalmarktzins von 6% ein Betrag von 99.045 € (Rest-oi?, Zeile 15) verbleibt. Im Folgejahr stellt sich die Ausgangssituation ahnlich dar. Der Geschaftsfiihrer erhalt abermals 50.000 € . An stillen Reserven entstehen weitere 225.000 € , so dass kumuliert nun 450.000 € vorhanden sind. Die im Jahr II erwirtschafteten offenen Reserven (Zeile 7) sind um die Zinsertrage aus der Anlage der verbliebenen oflPenen Reserven der Vorperiode in Hohe von 5.942,70 € (Zeile 9) und die Zinsen auf die ebenfalls am Kapitalmarkt angelegten stillen Reserven in Hohe von 13.500 € (Zeile 10) zu erhohen.'*^^ Zusammen mit dem Bestand an offenen Reserven aus dem Jahr I (Zeile 11) ergibt sich ein neuer Bestand in Hohe von 343.487,70 € (Zeile 12). Der Teil dieser offenen Reserven, der im Jahr II erwirtschaftet wurde (Betrage aus den Zeilen 7 bis 10), sowie die Geschaftsfiihrervergiitung sind als Einkiinfte aus Gewerbebetrieb der Gewerbe- und Einkommensteuer zu unterwerfen. Es ergibt sich eine Steuerlast von 135.594 € (Zeile 14). Die Veraufierung des Mitunternehmeranteils fiihrt zu einer Aufdeckung der stillen Reserven in Hohe von 450.000 € . Dies ist zugleich die Bemessungsgrundlage (BMG) fiir den Verau£erungsgewinn, also der steuerpflichtige Verau£erungsgewinn (VG). Dieser wird unter Anwendung von § 34 Abs. 3 EStG bei Beriicksichtigung der Progressionswirkung durch die Einkiinfte aus Gewerbebetrieb im Veranlagungszeitraum II versteuert. Der resultierende halbe durchschnittliche Steuersatz fiihrt schliefilich zu einer Einkommensteuer in Hohe von 105.967,35 € (Zeile 17) auf den Veraufierungsgewinn. Nach zwei Perioden ergibt sich so ein Nettozuwachs an Endvermogen in Hohe von 551.926,35 € (Zeile 18). Dieser Betrag lasst sich ermitteln aus den Werten ^^° Beruhten die stillen Reserven entgegen des angenommenen Szenaxios auf einem Geschaftsoder Firmenwert, dann kame es mangels liquider Mittel nicht zu einer derartigen im Rahmen der laufenden Besteuerung steuerpfiichtigen Verzinsung.

4.4 Steuerrecht mit Halbeinkiinfteverfahren

201

des Jahres II, genauer aus den kumulierten stillen Reserven (Zeile 6), den kumulierten offenen Reserven (Zeile 12), abziiglich der Steuern des Jahres II (Zeile 14 und 17). Bei der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft ergibt sich folgendes Bild: Auch bei der Kapitalgesellschaft wird angenommen, dass dem Geschaftsfiihrer aus seiner Tatigkeit Konsumausgaben in Hohe von 50.000 € je Periode moglich sind. Durch diese Annahme wird die Vergleichbarkeit der Rechtsformalternativen aufrechterhalten. Um fiir den Gesellschafter-Geschaftsfiihrer dieses Konsumpotenzial zu generieren, muss das Gehalt um den Betrag erhoht werden, der dem Geschaftsfiihrer an Einkommensteuer durch die Erfassung seines Gehalts als Einkiinfte aus nichtselbstandiger Arbeit entzogen wird. Ein Geschaftsfiihrergehalt in Hohe von 76.942 € (Zeile 3) fiihrt unter Beriicksichtigung des Arbeitnehmer-Pauschbetrages nach § 9a Nr. 1 EStG und der Werbungskostenpauschale fiir Einnahmen aus Kapitalvermogen gemafi § 9a Nr. 2 EStG zu einer Einkommensteuer in Hohe von 26.942 € (Zeile 2) und somit zu einem Nettogehalt von exakt 50.000 € (Zeile 1). Da bei der Personengesellschaft die Gesellschaft in unserer Darstellung die Steuer auf die Geschaftsfiihrervergiitung okonomisch tragen muss, wird die Kapitalgesellschaft ebenfalls, iiber den Umweg eines entsprechend hoheren Gehaltes, belastet. So bleiben die rechtsformspezifischen steuerlichen Besonderheiten erhalten, ohne die Vergleichbarkeit der Alternativen einzubii£en. Wie bei der Rechtsformalternative Personengesellschaft sind auch bei der Kapitalgesellschaft stille Reserven in Hohe von 225.000 € (Zeile 4) zu beriicksichtigen. Die im Jahr I erwirtschafteten offenen Reserven miissen nun allerdings um das zusatzliche Gehalt in Hohe von 26.942 € reduziert werden, so dass zunachst 198.058 € (Zeile 12) in der Unternehmung verbleiben. Da die Geschaftsfiihrervergiitung steuerlich abzugsfahig ist, ist das Residuum der Gewerbesteuer und der Korperschaftsteuer zu unterwerfen. Es ergibt sich eine Steuerlast in Hohe von 74.272 € (Zeile 14). Somit verbleiben letztlich fiir eine Anlage am Kapitalmarkt 123.786 € an offenen Reserven. Im Folgejahr ist erneut das erforderliche zusatzliche Gehalt zu bestimmen. Da durch die Veraufierung des Gesellschaftsanteils das zu versteuernde Einkommen des Gesellschafter-Geschaftsfiihrers hoher ausfallt als im Vorjahr, sind darauf zuriickzufiihrende Progressionswirkungen mit in die Berechnung einzubeziehen. Wir erhalten ein Geschaftsfiihrergehalt von 92.147,75 € (Zeile 3), worauf eine anteilige Einkommensteuer in Hohe von 42.147,75 € (Zeile 2) lastet.

202

4 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Rechtsformneutralitat

Die stillen Reserven erhohen sich um 225.000 € (Zeile 4), ebenso entstehen neue offene Reserven in dieser Hohe (Zeile 7). Die offenen Reserven sind wie im Vorjahr um die zusatzliche Geschaftsfiihrervergiitung zu kiirzen (Zeile 9) und wie bei der Personengesellschaft um die Zinsen auf die am Kapitalmarkt angelegten ofFenen und stillen Reserven zu erhohen (Zeilen 9 und 10). Zusammen mit dem Endbestand an ofFenen Reserven im Jahr I (Zeile 11) erhalt man 327.565,41 € (Zeile 12). Von diesen unterliegt der Saldo der Positionen der Zeilen 7 bis 10 der Gewerbe- und Korperschaftsteuer, was zu einer Steuerlast in Hohe von 76.414,85 € (Zeile 14) fiihrt. Von den kumulierten ofFenen Reserven verbleiben danach noch 251.150,56 € (Zeile 15). Wird der Anteil an der KapitalgesellschaFt verau£ert, so erhalt V neben den stillen Reserven auch eine Vergiitung Fur den Restbestand an ofFenen Reserven. Dies (Zeile 16) ist die steuerpflichtige Gro£e in Folge des Verau£erungsgeschaFtes, das hei£t der Verau£erungsgewinn nach § 17 Abs. 2 EStG. Dieser Betrag Fiihrt unter Anwendung des HalbeinkiinFteverFahrens zu EinkiinFten aus Gewerbebetrieb nach § 17 EStG. Von der im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung zu zahlenden Einkommensteuer (auF GeschaFtsFiihrervergiitung und Verau£erungsgewinn) entFallt auF den Veraufierungsgewinn ein Betrag in Hohe 162.188,25 € (Zeile 17). Am Ende des Jahres H ergibt sich damit ein Nettozuwachs an Endvermogen in Hohe von 538.962,31 € (Zeile 18). Dieser Betrag setzt sich zusammen aus den Werten des Jahres H, genauer aus den kumulierten stillen Reserven (Zeile 6) und den kumulierten ofFenen Reserven (Zeile 15), abziiglich der Steuern auFden Verau&erungsgewinn (Zeile 17). 4.4.2.1 Steuerbelastungsquote ohne Einbeziehung der Liquiditat aus der Geschaftsfuhrungsvergutung

Nach diesem Muster werden die Falle 1 bis 6 aus Tabelle 4.5 durchgerechnet. Der Endwert des zugrunde liegenden wirtschaFtlichen Ergebnisses vor Steuern wird in Abhangigkeit von der Zusammensetzung als Vergleichsma£stab ermittelt. Hierbei lassen wir zunachst die GeschaFtsFiihrervergiitung unberiicksichtigt, da diese Liquiditat in Folge des angenommenen periodischen Konsums am Ende des Jahres H nicht mehr vorhanden ist und somit als Zahlungsgro£e nicht in das resultierende Endvermogen mit einbezogen wird. Die ofFenen Reserven aus dem Veranlagungszeitraum I werden eine Periode auFgezinst, wohingegen die stillen Reserven nicht auFgezinst werden, da diese erst im Rahmen des Verau£e-

4.4 Steuerrecht mit Halbeinkiinfteverfahren

203

rungsgeschafts ihre Liquiditatswirkungen entfalten. Die Steuerbelastungsquote 5, ausgedriickt in Prozent des modifizierten Endwertes des wirtschaftlichen Ergebnisses vor Steuern, ergibt sich somit als:^^^ S ^ l ^ — ^

,

(4.1)

wobei /^EV den Endvermogenszuwachs nach dem vollstandigen Finanzplan (Zeile 18) beschreibt und EW^EohneGFv den Endwert des wirtschaftlichen Ergebnisses ohne Geschaftsfiihrungsvergutungen vor Steuern angibt. Auf dieser Grundlage erhalt man die folgenden Ergebnisse: 100% 1 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0%

In 1 1 95% 93%

88%

88%

+ HI 77% 1

r

-r

53% 56%



_ u 1

• •

«^^m^"•*—S5i2;

57%

• • • , 11,1 1 11 •m \1 1 1_^ 1,111 BT" 2

3

4

5

6

Stauam RBrsonengeseHschaft in % von 'EndwertwirtschafUichM Ergebni* ohne GFV

^ Z 3 Steuern KapKalgesetochaft m % vor 'EndwertwirlschafHiches Ergebnis ohne GFV - ^ - Steuern F^nonengeseNichaf t In % dee wktscheftUchen Ergebnieies — 0 ~ Steuern Kaptalgeselschaft in % dee wirtschaftlichen Ergebnissee

Abbildung 4.4: Steuerliche Belastung S bei Variation der Zusammensetzung des wirtschaftlichen Ergebnisses im VZ 2002, z = 0,06, wirtschaftliches Ergebnis: 1 Mio. € , Zwei-Periodenfall

Die in Prozent angegebenen Steuerbelastungsquoten S beziehen sich jeweils auf die Balken und damit auf den Zwei-Periodenfall. Zur Gegeniiberstellung der Ergebnisse dieses Szenarios mit denen aus Abschnitt 4.4.1.2 sind als Linien die Steuerbelastungen von Abbildung 4.2 erganzend eingezeichnet. Diese stellen Vergleichswerte bei Vernachlassigung intertemporaler Effekte dar. ^^^ Alternativ konnte man an die Verwendung effektiver Steuersatze denken. Deren Aussagekraft ist allerdings bei der Betrachtung intramarginaler Investitionen beschrankt. Diese sind insbesondere in der Regel nur im Vergleich zu einem gegebenen neutralen Steuersystem interpretierbar und sagen nichts iiber die VorteiUiaftigkeit einer Investition nach Steuern im Vergleich zur Alternativanlage aus. Da hier Verteilungsfolgen untersucht werden, waren ohnehin allenfalls efFektive Durchschnittssteuersatze heranzuziehen. Zu EfFektivsteuersatzen vgl. etwa Devereux/Griffith (1999); Spengel/Lammersen (2001), S. 228; Schreiber/Spengel/Lammersen (2002).

204

4 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Rechtsformneutralitat

Auf den ersten Blick erkennt man die bekannte Grundstruktur. Das hei&t, die Falle mit einem hohen Anteil an offenen Reserven (1 und 4) weisen jeweils die hochsten steuerlichen Belastungen auf. Des Weiteren ist die Mitunternehmerschaft in der Kegel die steuerlich geringer belastete Alternative. Einzige Ausnahme bildet hier der Fall 4, auf den noch eingegangen wird. Wie im Vorszenario fiihren auch hier im Fall 3 hohe stille Reserven in Verbindung mit fehlenden offenen Reserven bei geringen Geschaftsfiihrervergiitungen fiir beide Rechtsformen aus den geschilderten Griinden zu einer besonders niedrigen Steuerbelastungsquote. Auffallig ist weiterhin, dass in den Fallen 1 bis 3 die ermittelten Quoten nahezu mit denen des Einperiodenszenarios iibereinstimmen. Offensichtlich werden hier intertemporale Effekte durch die Besteuerung weder verstarkt noch abgeschwacht. Starke Abweichungen von den bekannten Werten treten allerdings in den Fallen 4 bis 6 auf, somit immer dann, wenn die Elemente des wirtschaftlichen Ergebnisses, die der laufenden Besteuerung unterliegen (offene Reserven und Geschaftsfiihrervergiitung), einen erheblich grofieren Anteil ausmachen. In diesen drei Fallen werden besonders hohe Steuerbelastungsquoten von bis zu 95% hervorgerufen, was eine nahezu konfiskatorische Besteuerung impliziert. An dieser Stelle ist allerdings zu beachten, dass die Werte fiir S auch dadurch beeinflusst werden, dass sowohl der Nenner als auch der Zahler des Quotienten der Steuerbelastungsquote bei annahmegemafi relativ hohen Geschaftsfiihrervergiitungen wesentlich geringer ist als in den Fallen 1 bis 3. Bedenken muss man des Weiteren, dass bei Vernachlassigung der Liquiditat aus der Geschaftsfiihrungsvergiitung eine Vergleichbarkeit der Falle 1 bis 3 mit den Fallen 4 bis 6 bei der Betrachtung der Steuerbelastungsquote S ohne Weiteres nicht mehr besteht, da eben diese Liquiditat bzw. der daraus realisierte Konsum jeweils unterschiedlich ist. Da der Zahler des Quotienten von S jedoch samtliche Steuern enthalt, das hei£t auch diejenigen, die durch das Geschaftsfiihrergehalt ausgelost werden, die Vergiitung selbst jedoch nicht in die Berechnung der Quote eingeht, fallt die Steuerbelastungsquote bei hohen Geschaftsfiihrervergiitungen tendenziell zu hoch aus. Um diesen Effekt zu eliminieren, ermitteln wir noch eine modifizierte Steuerbelastungsquote 5, die diese Liquiditatswirkung jeweils mit beriicksichtigt. Betrachten wir jedoch zunachst die Falle 5 und 6, bei denen zwar die steuerliche Belastung hoch ist, aber weiterhin die Personengesellschaftsbeteiligung steuerliche Vorteile genie£t.

4.4 Steuerrecht mit Halbeinkiinfteverfahren

205

Fiihrt man sich vor Augen, dass die hohen Geschaftsfiihrervergiitungen bei der Personengesellschaft dazu fiihren, dass bereits im Jahr I die offenen Reserven nicht mehr ausreichen, um die falligen Steuern zu begleichen, so wird deutlich, dass obgleich die ofFenen Reserven mehr als aufgezehrt werden, dennoch eine hohe gewerbe- und einkommensteuerliche Bemessungsgrundlage und damit hohe Steuerzahlungen vorliegen. Zur Veranschaulichung dieses Zusammenhangs enthalt die folgende Tabelle 4.7 den vollstandigen Finanzplan fiir den Fall 5 und damit fiir ein wirtschaftliches Ergebnis, das sich zu 50% aus Geschaftsfiihrungsvergiitungen, zu 25% aus ofFenen Reserven und ebenfalls zu 25% aus stillen Reserven zusammensetzt. Die beschriebene Finanzierungsliicke muss entweder durch Geldaufnahme am Kapitalmarkt zum Kapitalmarktzins oder aber aus dem Bestand an liquiden Mitteln aus den stillen Reserven vorgenommen werden, was letztlich noch zur Verstarkung dieses EfFektes in der Folgeperiode Fiihrt. Wahrend die Bemessungsgrundlagen bei der lauFenden Besteuerung sich nur in Hohe der Finanzierungskosten reduzieren,^^^ kommt es in Folge des deutlich verminderten Bestandes an kumulierten ofFenen Reserven im Veraufeerungszeitpunkt zu einem wesentlich geringeren Verau£erungsgewinn. Da dieser erma£igt besteuert wird, kann hierdurch die hohe steuerliche Belastung im Rahmen der lauFenden Besteuerung keineswegs ausgeglichen werden. Bei der KapitalgesellschaFtsbeteiligung sind die Auswirkungen noch starker. Durch die AbzugsFahigkeit der hohen GeschaFtsFiihrervergiitung erhalt man bereits im Jahr I eine negative ertragsteuerliche Bemessungsgrundlage. Da Moglichkeiten zum Verlustriicktrag unberiicksichtigt bleiben, kommt es nicht zu einer Gewerbe- bzw. KorperschaFtsteuererstattung, die die hohe Einkommensteuerbelastung des GeschaFtsFiihrergehaltes aufFangen kann. Auch der letztlich verbleibende aufcerst geringe Verau£erungsgewinn kann hier wenig zur Kompensation beitragen. Die steuerliche Belastung der KapitalgesellschaFt im Fall 6 stimmt mit der im Fall 5 iiberein, da in beiden Fallen negative Bemessungsgrundlagen bei der lauFenden Unternehmensbesteuerung auFtreten und somit Unternehmenssteuern von null zu zahlen sind, denen jedoch wieder ein hohes (identisches) GeschaFtsFiihrergehalt gegeniibersteht. Die PersonengesellschaFt profitiert im Fall 6 allerdings davon, dass der Anteil des begiinstigt besteuerten Veraufierungsgewinns durch den hoheren Anteil an stillen Reserven im Vergleich zu Fall 5 Die Regelungen von § 4 Abs. 4a EStG werden zur Vereinfachung aufier Acht gelassen.

4 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Rechtsformneutralitat

206

gestiegen ist, wahrend der Anteil des wirtschaftlichen Ergebnisses, der der ungemilderten laufenden Besteuerung unterliegt, niedriger ausfallt. ZeJIe

Personengesellschaft

Kapitalgesellschaft Jahrl

1 1

GFV

250.000,00

Jahr 11 250.000,00

GFV

Jahrl

Jahr II

250.000,00

250.000.00

2

EStaufGFV

215.283.00

216.265.60

1 ^ 1 ^ 1 ^

GFV gesamt

465.283.00

466.265.60

125.000,00

sR

125.000.00

125.000.00

125.000,00

sR Vorperiode sR insgesamt

125.000.00

250.000.00 1 125.000,00 1

sR

5

7

125.000.00

sR Vorperiode

sR insgesamt

125.000.00

250.000.00

oR

125.000.00

125.000,00

125.000.00

oR

125.000.00

8

abzuglich zusdtzL GFV

215.283.00

9

Zinsen auf Rest-oR der Vorperiode

Zinsen auf Rest-oR der Vorperiode

-3.032,28

10 Zinsen auf sR der Vorperiode

11

Rest-oR Vorperiode

12

oR insgesamt

125.000.00

7.500,00

Zinsen auf sRder Vorperiode

-50.538.00

Rest-oR Vorperiode

14

ESt-^GewStaufoR • GFV

375.000,00

175.538.00

-50.538,00

BMGVGssR EStaufVG

18

Nettozuwachs an Endvermdgen insgesamt

•90.283.00 -179.465,58 |

379.467.72

Ausgangsgrd&e fur Ifd. Unternehmenst)esteuerung s oR (•Zinsen)

-90.283.00

-89.182,58

177.754.00

KSt • 10 %

Abbildung 4.18: Steuerliche Belastung S bei Variation des Kalkulationszinsfu£es und der Hohe des wirtschaftlichen Ergebnisses im VZ 2000, Fall 2, Zwei-Periodenfall

In alien Fallen fiihrt ein hoherer Kalkulationszinsfufi zu einem geringfiigig niedrigeren S. Mochte man den Einfluss der laufenden Besteuerung auf das Ergebnis moglichst gering halten, kann auf ein Szenario zuriickgegriffen werden, bei dem die Komponenten (Geschaftsfiihrervergiitung und offene Reserven) jeweils nur 10% des wirtschaftlichen Ergebnisses ausmachen und die stillen Reserven die verbleibenden 80%. Sind vor allem stille Reserven steuerpflichtig (Tabelle 4.24 und Abbildung 4.19), so entfallen die Wirkungen der laufenden Besteuerung grofitenteils. Des Weiteren haben auch die Unterschiede bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Verau£erungsgewinns kein grofees Gewicht mehr. Die Steuerbelastung liegt insgesamt niedriger. Intertemporale Wirkungen werden offensichtlich steuerlich nicht diskriminierend behandelt.

4 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Rechtsformneutralitat

232

wirtschafUiches Ergebnis

Steuem Personengesellschatl in % des Endwertes des wirtschafUichen Ergebnisses

Steuem Kapitalgesellschaft in % des Endwertes des wirtschaftlichen Ergebnisses

488.957.50 DM

39.54%

36,89 %

977.915.00 DM

45.07 %

45.51 % 47.30 %

1.955.830.00 DM

47.15%

9.779.150.00 DM

48.96%

48.66 %

19.558.300.00 DM

49,19 %

48.83 %

39.116.600.00 DM

49.30%

48.94 %

1

Tabelle 4.24: Steuerliche Belastung S bei Variation der Hohe des wirtschaftlichen Ergebnisses im VZ 2000, i = 0,06, GFV = 10%, oR = 10%, sR = 80% des wirtschaftlichen Ergebnisses, Zwei-Periodenfall

60% 50% 40% 30% H

20% -I 10% 0% 488.958

977.916

1.955.830

9.779.150

19.558.300

39.116.600

—•— Steuem Personengesellschaft In % des Endwertes des wirtschaftlichen Ergebnisses - • — Steuem Kapitalgesellschaft In % des Endwertes des wirtschaftlichen Ergebnisses

Abbildung 4.19: Steuerliche Belastung S bei Variation der Hohe des wirtschaftlichen Ergebnisses im VZ 2000, i = 0,06, GFV = 10%, oR = 10%, sR = 80% des wirtschaftlichen Ergebnisses, ZweiPeriodenfall

Auch unter altem Recht gilt somit, dass immer dann, wenn es keine Verrechnungsengpasse gibt, wie beispielsweise im Verlustfall, das alte Recht ab einer gewissen Hohe der Bemessungsgrundlagen das Kriterium der Rechtsformneutralitat bei Verau£erungsvorgangen erfiillt.

4.6 Steuerreform und Zielerreichung

233

4.6 Steuerreform und Zielerreichung Es bleibt noch die Frage zu beantworten, ob sich die beschriebenen Verzerrungen durch die Steuerreform grundsatzlich verringert haben. Hierzu folgt eine kurze Analyse: Vergleicht man die Ergebnisse fiir das neue Recht mit denen, die fiir das alte Recht ermittelt werden konnten, so zeigt sich, was intuitiv leicht nachvoUziehbar ist, ein insgesamt hoheres Belastungsniveau fiir beide Rechtsformen und alle untersuchten Zusammensetzungen des wirtschaftlichen Ergebnisses vor der Steuerreform. Dies ist im Wesentlichen auf den hoheren Einkommensteuertarif im VZ 2000 zuriickzufiihren. Konzentrieren wir uns zunachst auf das Szenario ohne intertemporale EfFekte, das heiftt auf die in den Abbildungen 4.2 und 4.12 veranschaulichten Werte. Diese werden, um die Belastungsunterschiede deutlich zu machen, in Abbildung 4.20 zusammengefasst:

Abbildung 4.20: Steuerliche Belastung ohne intertemporale Effekte bei Variation der Zusammensetzung des wirtschaftlichen Ergebnisses im VZ 2000 im Vergleich zu VZ 2002

Diese Darstellung zeigt zum einen, dass die Steuerbelastungen nach altem Recht, abgetragen als Linien, deutlich iiber den Belastungen nach der Steuerreform liegen. Es wird zum anderen deutlich, dass die Belastungshohe vor der Steuerreform wesentlich unempfindlicher gegeniiber einer Veranderung der Zusammen-

4 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Rechtsformneutralitat

234

setzung des wirtschaftlichen Ergebnisses ist. Bei der Kapitalgesellschaft schwanken die Werte im Veranlagungszeitraum 2000 zwischen nur 57,24% und 49,90% und bei der Personengesellschaft sogar nur zwischen 51,39% und 50,04%, das heifit um gerade 1,35 Prozentpunkte. Wendet man das neue Recht an, ist die Streuung viel ausgepragter. Die Steuerbelastung erreicht bei einer Kapitalgesellschaft im Fall 1 den Wert 51,20% und betragt im Fall 3 nur 25,64%. Damit ergibt sich eine Divergenz von 25,56 Prozentpunkten. Bei der Personengesellschaft weichen die Steuerbelastungen in Abhangigkeit von der Zusammensetzung des wirtschaftlichen Ergebnisses immerhin noch um bis zu 23,24 Prozentpunkte voneinander ab. Die Steuerreform hat somit zu einer starkeren Ungleichbehandlung der verschiedenen Komponenten fiir beide Rechtsformen gefiihrt. Die rechtsformspezifischen Unterschiede scheinen ungeachtet der Hohe der Steuerbelastung etwa gleich geblieben zu sein. Analysiert man dies genauer und bildet hierzu jeweils die Differenzen aus der steuerlichen Belastung der Kapitalgesellschaft und der Personengesellschaft, einmal nach neuem und einmal nach altem Recht, folgt: 7% 6% ] 5%

4% j

3% I 2% I 1% \

II

0%

C0(0 . 1 % J

- Vortal FVsonengesakchaft nach neuam Rscht •

• Vortal FVsonangaaalachaft nach aKam Racht

" nachiteuerlche hdlTferanz

Abbildung 4.21: Rechtsformneutralitat gemessen anhand der steuerlichen Belastung ohne intertemporale Effekte bei Variation der Zusammensetzung des wirtschaftlichen Ergebnisses im VZ 2000 im Vergleich zu VZ 2002

Vernachlassigt man intertemporale Wirkungen, so hat die Steuerreform hinsichtlich der Rechtsformneutralitat eine leichte Verbesserung im Sinne einer

4.6 Steuerreform und Zielerreichung

235

gleichmafiigeren Besteuerung bewirken konnen. Auffallig ist, dass immer dann, wenn durch den Verau£erungsvorgang relativ hohe stille Reserven aufgelost werden (Falle 3 und 6), nach altem wie auch nach neuem Recht die rechtsformbedingten Steuerentlastungsunterschiede besonders gering sind. Bei einem hohen Anteil der offenen Reserven sind die Belastungsunterschiede hingegen erheblich. Dies gilt auch nach der Einfiihrung des neuen Rechts, auch wenn das Ausma£ der Verzerrung nun etwas zuriickgegangen ist. Die Kapitalgesellschaft ist in den meisten Fallen relativ zur Personengesellschaft steuerlich benachteiligt. Ausnahmen sind Fall 6 fiir das alte und das neue Recht sowie Fall 3 fiir das alte Recht. Hier weisen die Kurven jeweils negative Werte auf, was eine (geringfiigig) hohere steuerliche Belastung der Kapitalgesellschaft impliziert. Da letztlich auch intertemporale Wirkungen mit zu beriicksichtigen sind, wenden wir uns der Steuerbelastungsquote S zu.

Fall

I RMTSonengeselschaft neues Rscht C

3 Kapilalgesetechaft neues Recht

- RBTSonengeselschaf t aRes Rscht

- KapNalgeselschaft aRes Recht

-

Abbildung 4.22: Steuerliche Belastung S bei Variation der Zusammensetzung des wirtschaftlichen Ergebnisses, i = 0,06, wirtschaftliches Ergebnis: 1 Mio. € im VZ 2000 im Vergleich zu VZ 2002

Obige Abbildung verdeutlicht abermals, dass die Steuerreform grundsatzlich nicht zu einer Veranderung der Belastungsstruktur gefiihrt hat, sondern lediglich das Belastungsniveau gesunken ist. Die Gro£e S reagiert unter neuem Recht allerdings empfindlicher hinsichtlich einer Veranderung der Zusammensetzung des wirtschaftlichen Ergebnisses. Dies bestatigt die Interpretationen zu Abbil-

4 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Rechtsformneutralitat

236

dung 4.20. Den Einfluss der Steuerreform auf die Rechtsformneutralitat bildet das folgende Schaubild ab.

35% n 30% 25% 20% 15% 10% 5%

II (oco

::sb« 0%

''''::::7' 4

-Vorteil Personengesellschaft nach neuem Recht •

5

6

Fan

• Vorteil PertonangeseHschaft nach altem Racht

• nachsteuerliche Indiffsrenz

Abbildung 4.23: Rechtsformneutralitat gemessen anhand der steuerlichen Belastung S bei Variation der Zusammensetzung des wirtschaftlichen Ergebnisses, i = 0,06, wirtschaftliches Ergebnis: 1 Mio. € im VZ 2000 im Vergleich zu VZ 2002

Wahrend das neue Recht in den Fallen, in denen Verrechnungspotenziale vollstandig ausgenutzt werden konnen, zu einer deutlichen Abmilderung der Steuerbelastungsunterschiede fiihrt, verscharfen sich die Verzerrungen, wenn dies nicht gewahrleistet ist. Dann fiihrt das neue Recht zu einem hoheren Ausma£ an Aneutralitat als das alte Recht. Die Wirkung des Rechtswechsels auf die Rechtsformneutralitat ist somit ambivalent. Abgesehen vom vierten Fall bleibt die Kapitalgesellschaft die steuerlich starker belastete Rechtsformalternative. Die Untersuchungen in den vorangegangenen Kapiteln 4.4 4.5 haben verdeutlicht, dass das Ausklammern der Liquiditat aus dem Geschaftsfiihrergehalt zu extremen Ergebnissen fiihren kann. Durch die Verwendung der GroSe S konnen derartige unter Umstanden irrefiihrende Werte angepasst werden. Inwieweit diese GroEe die Verschlechterung der Gleichma£igkeit der Besteuerung in den Fallen 4 bis 6 bestatigt bzw. relativiert, kann durch die Abbildungen 4.24 und 4.25 herausgestellt werden.

4.6 Steuerreform und Zielerreichung

237

s 70% ^ 60%

^-.,—-I ?"^

40% 30% 20% 10% 0%

fI

^

- ^ h^ -T^TT • f I1 1J wr 1 1 • I I I I M \\ , m \1 , W 1

1 , • \1, m.

\U Fat

• Rarsonengeselschaft neues Recht CZZDKapttalgMelschaft neues Rscht - RBTsonengeeetechaft aRes Rscht

- • — Kapttalgeselschaft aMes Rscht

Abbildung 4.24: Steuerliche Belastung S bei Variation der Zusammensetzung des wirtschaftlichen Ergebnisses, i = 0,06, wirtschaftliches Ergebnis: 1 Mio. € im VZ 2000 im Vergleich zu VZ 2002

16% 14% 12% 10% 8% 6% 4% 2% 0%

II

-2%

now

-4%

''^>>»y"^^ 6 " VortsI RBfsoncngMClBchaft nsch iwiMin R

Fall

ft nsch sitwn Rtcht

- nachttauarlch* Mtf^nta

Abbildung 4.25: Rechtsformneutralitat gemessen anhand der steuerlichen Belastung S bei Variation der Zusammensetzung des wirtschaftlichen Ergebnisses, z = 0,06, wirtschaftliches Ergebnis: 1 Mio. € im VZ 2000 im Vergleich zu VZ 2002

Unter Verwendung von S konnen die gleichen Wirkungen wie unter Verwendung von S erkannt werden. Dies bestatigt sich auch, wenn man statt der um die Liquiditat aus den Geschaftsfiihrungsvergiitungen angereicherten Steuer-

4 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Rechtsformneutralitat

238

belastungsquote die nachsteuerliche Vermogensrentabilitat der Untersuchung zugrunde legt:

1

2

3

4

5

^ ^ n a c h s t e u e r H c h e Verm&gensrentabMfit RBrsonengesefechaft neues Rscht CZZ3 nachsteuerliche Verni5gen8rentabMdt Kapitalgeselschaft neues Recht — 0 — nachsteuerliche Verm&gensrentat)litdt Psrsonengeselschaft ales Recht —O— nachsteuerliche VermdgensrentabitAt Kapitalgeselschaft aRes Recht

Abbildung 4.26: Nachsteuerliche Vermogensrentabilitat bei einer Vermogensrentabilitat vor Steuern von r = 0,06 im VZ 2000 im Vergleich zu VZ 2002

1.0% 0,8% 0.6% 0.4% 0.2%

II

0.0%

• • ' ' - ^ ' '

-0.2% - Vortal RsrsonongMalichsft nach nauam R K W •

• Vortal MrtonangaaalBchaft nach alam Racht

" nachsteuerlche hdlTf arara

Abbildung 4.27: Rechtsformneutralitat gemessen anhand der nachsteuerlichen Vermogensrentabilitat bei einer Vermogensrentabilitat vor Steuern von r = 0,06 im VZ 2000 im Vergleich zu VZ 2002

Variiert man das wirtschaftliche Ergebnis und damit die Hohe der ertragsteuerlichen Bemessungsgrundlagen, ergibt sich:

4.6 Steuerreform und Zielerreichung

239

50% 40% 30% 20% -I 10% \

0% PsTBonangMellschaft n«uM Racht " *

- Kapitalgesollschaft n«u«8 Recht

PefBonengesallschaft altes Racht — — Kapitalgesallschafl altas Racht

Abbildung 4.28: Steuerliche Belastung S bei Variation der Hohe des wirtschaftlichen Ergebnisses im VZ 2000 im Vergleich zu VZ 2002, z = 0,06, Fall 2

Legt man den Fall 2 dieser Untersuchung zugrunde, wird deutlich (Abbildung 4.28), dass fiir diese Ausgangsdaten die Steuerreform tatsachlich zu einer gleichmafiigeren Besteuerung bei gleichzeitiger Verringerung der Belastungshohe beigetragen hat. Abbildung 4.29 erlaubt in diesem Zusammenhang genauere Einsichten. Die Personengesellschaft ist steuerlich nach altem Recht stets, nach neuem Recht so lange, bis die Begiinstigung des § 34 Abs. 3 EStG fiir den gesamten VerauEerungsgewinn genutzt werden kann, besser gestellt. Das Ausma£ der Ungleichbesteuerung konnte durch die Reform grundsatzlich reduziert werden. Nur bei sehr hohen VerauEerungsgewinnen kommt es zum einen zu einer Besserstellung der Kapitalgesellschaft, zum anderen zu einer Erhohung der steuerlichen Belastungsunterschiede zwischen den Rechtsformalternativen. Entgegen der zuvor beschriebenen Verzerrungen handelt es sich hierbei um eine Aneutralitat in der Besteuerung, die nicht ursachlich durch die laufende Besteuerung hervorgerufen wird. Immer dann, wenn der Einfluss der laufenden Besteuerung gering ist, wird dieser Effekt, das heifit, die tarifliche Benachteiligung von Personengesellschaften durch die betragliche Beschrankung der Anwendung des halben durchschnittlichen Steuersatzes, noch starker.

4 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Rechtsformneutralitat

240

6% 5%

j

4% 3% 2% 1% 0% -1% J

«l

•"'

MM

-3%

250.000

500.000

1.000.000

5.000.000

10.000.0MKV

-•%

Vorteil Parsonengesellschaft nach neuem Recht

-5%

Vorteil Pareonengssallschaft nach altem Rscht

20.000.000

Abbildung 4.29: Rechtsformneutralitat gemessen anhand der steuerlichen Belastung S bei Variation der Hohe des wirtschaftlichen Ergebnisses im VZ 2000 im Vergleich zu VZ 2002, i = 0,06, Fall 2

Die Abbildungen 4.30 und 4.31 verdeutlichen dies fiir ein wirtschaftliches Ergebnis, das zu 80% aus stillen Reserven besteht. Es zeigt sich hier, dass bei hohen Bemessungsgrundlagen ganz erhebliche Verzerrungen auftreten.

60% 50% 40% 30% 20% ^ 10% 0% ).000 Rsrsonengeselschaft neues Rscht • - • - - - RM-sonengeseiischaft sites Rscht

"

10.000.000

20.000.000

" Kapltaigeselschaf t neues Recht - Kapltaigeselschaf t altes Rscht

Abbildung 4.30: Steuerliche Belastung S bei Variation der Hohe des wirtschaftlichen Ergebnisses im VZ 2000 im Vergleich VZ 2002, i = 0,06, GFV = 10%, oR = 10%, sR = 80% des wirtschaftlichen Ergebnisses

4.7 Wiirdigung

241

10% 5% 0% -5% f

250.000

500.000

1.000.000

5.000.00^0^0.000

20.000.000



-10% 15%

II "\A)rteil Kapitalgesellschaft nach neuem Recht "-"Vorteil Kapitalgasellschaflnach altem Recht

Abbildung 4.31: Rechtsformneutralitat gemessen anhand der steuerlichen Belastung S bei Variation der Hohe des wirtschaftlichen Ergebnisses im VZ 2000 im Vergleich VZ 2002, i = 0,06, GFV = 10%, oR = 10%, sR = 80% des wirtschaftlichen Ergebnisses

4.7 Wurdigung Das Kriterium der Rechtsformneutrahtat der Besteuerung kann hinsichtlich der Verau£erungsgewinnbesteuerung nur unvoUkommen untersucht werden. Neutralitatsaussagen auf der Grundlage von reinen Tarifvergleichen oder auch auf der Grundlage von erweiterten Szenarien im einperiodigen Modellrahmen sind stets kritisch zu hinterfragen. Sie klammern unvermeidbare Wechselwirkungen einerseits bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage und andererseits im Zusammenhang mit der laufenden Besteuerung aus. Die hier durchgefiihrten Berechnungen weisen darauf hin, dass Beteiligungen an Personengesellschaften vor dem Hintergrund der Verau£erungsgewinnbesteuerung begiinstigt sind. Es konnte gezeigt werden, dass diese Rechtsformalternative insbesondere Vorteile bei der Besteuerung der ofFenen Reserven erfahrt, die sowohl im Bereich der laufenden als auch der Verau£erungsgewinnbesteuerung liegen. Diese Aussage gilt auch dann, wenn man intertemporale Interdependenzen beriicksichtigt. Dieses Ergebnis steht nicht im Widerspruch zu der im Schrifttum zum Teil herausgestellten Benachteiligung von Personengesellschaften. Die dortige Beurteilung bezieht sich auf reine Tarifvergleiche,^^^ auf den Thesaurierungsfall oder aber den VerauEerungsfall im Konzern. Betrachtet man Veraufierungen von Anteilen im Privatvermogen, so kommt es regelma£ig zur ,yAusschuttung" Vgl. Kapitel 4.4.1.1.

242

4 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Rechtsformneutralitat

der zuvor thesaurierten Gewinne mit den dargestellten entsprechenden Besteuerungsfolgen. Letztlich erfahren die Mitunternehmer einer Personengesellschaft in diesem Kontext in der Kegel eine steuerlich giinstigere Behandlung als die Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft. Anhand der beispielhaft aufgezeigten Wirkungen im Verlustfall wird deutlich, dass die laufende Besteuerung im Zusammenhang mit mangelhaften Verlustverrechnungsmoglichkeiten zu deutlichen Aneutralitaten fiihren kann. Die Begiinstigung der Besteuerung von Verau£erungsgewinnen kann diesen Mangel nicht ausgleichen. Die festgestellten Steuerbelastungsunterschiede in Abhangigkeit von der Rechtsform fallen solange moderat aus, wie Verrechnungspotenziale in vollem Umfang ausgeschopft werden konnen. Diese Aussagen gelten sowohl fUr das alte als auch das neue Recht. Sensitivitatsrechnungen erlauben den Schluss, dass Verau£erungsgewinne unter Einbeziehung intertemporaler Wirkungen relativ neutral im Sinne von Rechtsformneutralitat besteuert werden, wenn 1. der Anteil der ofFenen Reserven relativ gering ist, was wohl eher selten der Fall sein diirfte, 2. Verluste, die nicht verrechnet werden konnen, nicht auftreten und 3. unter neuem Recht die 5 Mio. €-Grenze des § 34 Abs. 3 EStG nicht iiberschritten ist. In alien anderen Fallen, also beim Vorliegen von offenen Reserven, bei besonders hohen Veraufierungsgewinnen und bei Verlustszenarien, konnen Verzerrungen auftreten. Die Steuerreform durch das Steuersenkungsgesetz hat per saldo zu ambivalenten Wirkungen hinsichtlich der Rechtsformneutralitat gefiihrt. Teilweise ist ein Abbau von Aneutralitaten gelungen, teilweise fiihrt das neue Recht jedoch zu einer unter Umstanden erheblichen Verscharfung der rechtsformspezifischen Steuerbelastungsunterschiede. Damit haben steuerliche Aspekte in vielen Fallen an Gewicht gewonnen. So ist es denkbar, dass im Zuge der Reform in bestimmten Fallen Steuern andere okonomische Kriterien bei der Rechtsformwahl dominieren und damit im Einzelfall zum entscheidenden Faktor geworden sind. Dies ist aus steuersystematischer Sicht bedenklich. Fehlinvestitionen und damit auch unerwiinschte fiskalische Effekte konnen die Folge sein. Dies gilt insbesondere im Zusammenhang mit

4.7 Wiirdigung

243

weiterhin diskutierten Beschrankung der Verlustverrechnungsmoglichkeiten.'*'^® Allerdings ist zu bedenken, dass im deutschen Steuerrecht ein Rechtsformwechsel in der Regel steuerneutral moglich ist, so dass Unternehmen - mit Ausnahme grower Publikumsgesellschaften - die fiir sie optimale Rechtsform frei wahlen konnen. Daher lasst sich letztlich nicht angeben, ob und wenn ja in welchem Umfang von einer nicht rechtsformneutralen Besteuerung realwirtschaftliche Verzerrungen ausgehen.^^^ Anzumerken ist noch, dass Rechtsformneutralitat hier nicht mit Entscheidungsneutralitat der Besteuerung zu verwechseln ist. Neutral in dem hier untersuchten Sinne impUziert keineswegs eine entscheidungsneutrale Besteuerung,^^^ sondern lediglich eine gleichartige Besteuerung der Rechtsformalternativen. Eine rechtsformneutrale Besteuerung kann also bedeuten, dass der wirtschaftliche Erfolg der untersuchten Rechtsformen zwar in gleichem Ma£e, jedoch in beiden Falle gleichermafeen verzerrend besteuert wird. Die Ergebnisse des mehrperiodigen Szenarios verdeutlichen allerdings auch, dass einzelne neutrale Elemente in einem Steuersystem im Zusammenhang mit anderen steuerlichen Vorschriften starke Verzerrungen hervorrufen konnen und somit von rechtsformneutraler Besteuerung nach wie vor nicht gesprochen werden kann. Fiihrt man sich noch einmal die Ziele der Steuerreform vor Augen: mehr Wachstum und Beschaftigung durch niedrigere Steuersatze, Rechtsformneutralitat der Besteuerung, Steuergerechtigkeit und Steuereinfachheit, so lasst sich schlussfolgern: Ein niedrigeres Belastungsniveau wurde im untersuchten Kontext tatsachlich erreicht. Die Wirkungen dieser steuerlichen Entlastung auf Wachstum und Beschaftigung lassen sich jedoch ohne Weiteres nicht abschatzen.^^^ Die Steuerreform wirkt hinsichtlich des Ziels einer rechtsformneutralen Besteuerung uneinheitlich. Unterhalb der 5 Mio. €-Grenze des § 34 EStG n.F., ohne Verluste und bei geringen offenen Reserven werden Aneutralitaten abgebaut. Treten Verluste oder hohe laufende oder sehr hohe Verau£erungsgewinne auf, kommt es hingegen zu einer Verscharfung der Diskrepanzen. Letzteres Ergebnis deckt sich mit der Beurteilung der Erreichung des Ziels „Rechtsformneutralitat" von Homburg: 4^0 Vgl. u.a. auch Bach/Haan/Maiterth/Sureth (2004), S. 132-135; Maiterth/Sureth (2005a), S. 120; Maiterth/Sureth (2005b), 18-20. ^^1 Vgl. Maiterth/Sureth (2006), S. 10. ^^2 Vgl. etwa Elschen (1991), S. 99-115. ^^^ Dies war auch nicht Gegenstand dieser Untersuchung.

244

4 Besteuerung von Beteiligungsertragen und Rechtsformneutralitat j^ieser Punkt ist ein Lehrbeispiel, wie sich Reformbemuhungen im politischen Prozess in ihr glattes Gegenteil verkehren konnen: Ausgehend von einem Zustand weitgehender Rechtsformneutralitat wollte man, aus welchen Griinden auch immer, noch mehr Rechtsformneutralitat erreichen und landete schliefelich bei einem „System", das die Rechtsformwahl fiir jeden Steuerpflichtigen zum schwierigen Rechenexempel macht. Die Prage, warum es hierzu kam, gehort zu den grofien Ratseln der Reform."^^^

Die vorliegende Arbeit erlaubt Riickschliisse iiber die gleichmafiige Besteuerung vergleichbarer Beteiligungen in unterschiedlicher Rechtsform. Weitergehende allgemeingiiltige Aussagen zur Steuergerechtigkeit sind jedoch nicht moglich.^^^ AUein die Darstellung des neuen Rechts verdeutlicht, dass es sich wohl kaum um eine gravierende Vereinfachung des Steuerrechts handelt. Dies bedarf allerdings einer eigenstandigen Analyse, die nicht im Fokus dieser Untersuchung steht.^"*^ Grundsatzlich ist noch zu bedenken, dass es sich bei der vorliegenden Untersuchung um eine Modellierung unter Sicherheit handelt. Diese Pramisse limitiert zweifelsohne die Aussagekraft der Ergebnisse. Da die allgemeingiiltige Implementierung von Steuern in Entscheidungsmodellen unter Unsicherheit nach wie vor weitestgehend ungelost ist, muss dieser Mangel zunachst akzeptiert werden. Untersuchungen unter Unsicherheit zeigen zudem stets, dass der Komplexitatsgrad der Modelle stark zunimmt, was einen Verlust an Transparenz bewirkt und damit die Moglichkeiten der Interpretation stark einschrankt. Des Weiteren erfordern derartige Modelle haufig andere restriktive Annahmen. Letztlich muss hier jeweils eine methodische Abwagung stattfinden. Der Riickgriff auf Modelle bei sicheren Erwartungen, die es im Gegensatz zu Modellen mit stochastischen GroEen erlauben, eine Vielzahl steuerlicher Einzelregelungen zu erfassen, ist vor dem Hintergrund der Pragestellung dieses Kapitels zu rechtfertigen. Dies gilt insbesondere, da hier tatsachliches und nicht ein vereinfachtes theoretisches Steuerrecht hinsichtlich seiner Wirkungen untersucht werden soll.'*'*^ ^ Homburg (2001), S. 8-9. 445 Ygj hierzu jedoch etwa Homburg (2001), S. 10, der auch hinsichtlich dieses Aspekts zu einem vernichtenden Urteil kommt. Zur Forderung nach Vereinfachung und zur Schwierigkeit der Umsetzung vgl. auch Schon (2002), S. 23-35. 4^6 Vgl. Homburg (2001), S. 11-13. ^^^ Beziiglich der Integration von Steuern in Investitionsmodelle unter Unsicherheit vgl. z.B. FeldhofF (1995); Harchaoui/Lasserre (1996); Niemann (1999a); Niemann (1999b), Sureth (1999); Jou (2000); Loffler/Schneider (2000); Pennings (2000); Sureth/Konig (2000); Agliardi (2001); Niemann (2001a); Lund (2002); Niemann/Sureth (2002); Sureth (2002); Basak/Gallmeyer (2003); Niemann/Sureth (2004); Niemann/Sureth (2005).

5 Schlussbemerkung Die okonomische Analyse der Wirkungen von Steuerreformen bzw. der Anderung von Steuerrechtssetzungen zeigt, dass man in vielen Fallen ambivalente Ergebnisse erhalt.^^® Alle Untersuchungen verdeutlichen, dass auch bei einer Modellierung, in der das Steuerrecht stark vereinfacht integriert wird, eine erhebliche Komplexitat steuerlicher Effekte auftritt.^^^ Die Analyse des Ubergangs vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkiinfteverfahren in dieser Arbeit fiihrte, trotz gewisser methodischer Grenzen, die grofitenteils durch die hohe Komplexitat bedingt sind, zu wichtigen Ergebnissen: Die Integration beider Steuerrechtssysteme in das Gordonsche Wachstumsmodell in Kapitel 3 ergibt beachtliche Verzerrungen hinsichtlich der Entscheidung iiber eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft. Diese Verzerrungen treten in den Systemen allerdings in unterschiedlicher Auspragung auf. Das Ausma£ der Abweichung von einer entscheidungsneutralen Besteuerung reagiert nicht nur sensibel auf den zugrunde liegenden Einkommensteuersatz, sondern auch beziiglich des Verhaltnisses zwischen Thesaurierungsquote und Kalkulationszinsfu£. Im Wesentlichen zeigt sich, dass das Halbeinkiinfteverfahren zu relativ gro£eren Abweichungen vom Referenzfall, das hei£t vom steuerfreien Modell, fiihrt. Insbesondere fiir Investoren, die einem niedrigen Einkommensteuersatz unterliegen, ist die Beteiligung haufig nachteilig. Derartige Investitionen werden daher steuerinduziert unterbleiben. Bei hohen Steuersatzen fiihrt das Halbeinkiinfteverfahren haufig zu einer erheblichen Begiinstigung der Realinvestition im Vergleich zur Alternativanlage. Die Ergebnisse zeigen des Weiteren, dass, wenn auch Einfachheit als steuerpolitische Norm nicht im Fokus der Untersuchung steht, das Halbeinkiinfteverfahren ^^^ Ahnliche Schlussfolgerungen werden auch mit vollig anderen Modellen erzielt. Neben den bereits angesprochenen Untersuchungen kann beispielsweise auf die Arbeit von Boadway (1976), eine komparativ-dynamische Analyse von Steueranderungen im non-steady-state, verwiesen werden. ^^^ Grundsatzlich ahnlich ambivalente Ergebnisse erhalten bei der Untersuchung von Steuersatzanderungen Boadway/Bruce/Mintz (1985). Zum Einfluss stochastischer Steuersatze vgl. Niemann (2001b). Vgl. auch Bohm/Funke (2000); Panteghini (2001), S. 281-283.

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5 Schlussbemerkung

aus administrativer Sicht zwar einfacher, im Hinblick auf die Steuerplanung der betrofFenen Wirtschaftssubjekte jedoch wesentlich komplizierter zu handhaben ist als das Anrechnungsverfahren. Beim Halbeinkiinfteverfahren sind eindeutig mehr Aspekte in die Planung mit einzubeziehen. Analytische und damit allgemeingiiltige Ldsungen lassen sich kaum herleiten. Dies gilt insbesondere im neuen Recht auch bei sehr einfachen Datenkonstellationen. Es gelingt jedoch, Konstellationen zu identifizieren, die zu einer Begiinstigung oder Benachteiligung der Beteiligung im Vergleich zur Alternativanlage fiihren, und damit wichtige Tendenzaussagen fiir eine Beurteilung dieser Reform abzuleiten. Dies bestatigt sich auch bei der Untersuchung der Ubergangsregelungen. Es lassen sich jedoch auch hier keine optimalen Ubergangsregelungen identifizieren. Es tritt eine weitere Komplikation hinzu. Ohne eine Endogenisierung der Preiselastizitaten lassen sich nur bedingt Schlussfolgerungen ziehen. Das Halbeinkiinfteverfahren bewirkt aufgrund der gro&eren Wachstumseffekte haufig eine Besserstellung im Sinne eines hoheren Beteiligungswertes fiir den Erstinvestor.^^^ Durch den Ubergang vom Anrechnungsverfahren zum neuen Recht kann jedoch Korperschaftsteuerguthaben gegebenenfalls verloren gehen. Daher empfiehlt es sich, nach altem Recht erwirtschaftete Gewinne durch ein Schiittaus-hol-zuriick-Verfahren zu nutzen. Anderenfalls ist eine moglichst spate Ausschiittung der Altbestande vorteilhaft, da diese, solange sie in der Unternehmung sind, wachstumsfordernd wirken. Bei den theoretischen Ubergangsregelungen bieten sowohl die schrittweise Einfiihrung als auch holder-only grandfather rules Vorteile, die allerdings im Einzelfall gepriift werden miissen. Da eine gesetzliche Vorschrift, die sich an diesen Leitbildern orientiert, aus Praktikabilitatsiiberlegungen keine Einzelfalldifferenzierung vorsehen kann, gilt es, einen fiir eine moglichst gro£e Gruppe von Investoren wenig schadlichen Ubergang zu wahlen. Die beiden genannten Verfahren sollten vor diesem Hintergrund zur Abmilderung der iibergangsbedingten Verzerrungen in Erwagung gezogen werden. Die Untersuchung der Erreichung des Ziels einer rechtsformneutralen Besteuerung in Kapitel 4 hat gezeigt, dass man durch diese Steuerreform dem Ziel nur unter recht restriktiven Annahmen naher gekommmen ist. Weicht man von diesem „StandardfaH" ab, erhoht sich der Aneutralitatsgrad zum Teil gravierend. Da dies insbesondere im Zusammenhang mit der Beschrankung von Verlust^^° Dies bedeutet haufig zugleich eine grofiere Abweichung von einer entscheidungsneutralen Besteuerung.

Schlussbemerkung

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verrechnungsmoglichkeiten auftritt, ist dieser Verzerrung angesichts der nach wie vor diskutierten weiteren Einschrankungen dieser Moglichkeiten besonderes Gewicht beizumessen. Samtliche Ergebnisse sind, wie stets, wenn man auf Modelle zuriickgreift, hinsichtlich ihrer Aussagekraft auf das unterstellte Szenario begrenzt. Dies gilt insbesondere fiir die Annahme der Sicherheit und die Beschrankung der Untersuchung auf die steuerliche Behandlung von Beteiligungsertragen. Des Weiteren konnen aus der Analyse dieser speziellen Reform nur bedingt Verallgemeinerungen hinsichtlich der grundsatzlichen Wirkungen von Steuerreformen vorgenommen werden. Die Komplexitat der Ergebnisse in beiden okonomischen Analysen belegt, dass eine Integration von Unsicherheit und anderen zusatzlichen Parametern zu einer weiteren, erheblichen Einschrankung der Interpretierbarkeit im Rahmen der verwendeten Ansatze gefiihrt hatte.'*^^ Die hier durchgefiihrten Untersuchungen der Kapitel 3 und 4 konzentrieren sich ausschliefelich auf die einzelwirtschaftliche Sichtweise. Diese erlaubt unter bestimmten Bedingungen Riickschliisse dariiber, welche Konsequenzen dadurch auf aggregierter Ebene folgen und hinsichtlich derer eventuell eine Abwagung erforderlich ist."*^^ Bereits die Ausfiihrungen im 2. Kapitel verdeutlichen jedoch, dass umfassendere Ansatze im Sinne einer Optimalsteuertheorie oder einer Theorie der Steuerreform an der Komplexitat der Realitat und hier vor allem an der Komplexitat realer Steuersysteme scheitern. Zusammen mit den Ergebnissen der hier durchgefiihrten okonomischen Analysen unterstreicht dies nochmals, dass man bei der Untersuchung von Steuerreformen in vielen Fallen auf eine zum Teil kasuistische Vorgehensweise, auf numerische Analysen, begleitet von Sensitivitatsanalysen, angewiesen ist. Diese methodischen Einschrankungen sind letztlich Konsequenz der Vorgaben des Gesetzgebers. Steuerreformen und damit steuerrechtliche Ubergangssituationen sind angesichts der Frequenz der Gesetzesanderungen der letzten Jahre^^^ mehr ein „per^^^ Vgl. hierzu die Ausfiihrungen in Kapitel 4.7. ^^'^ So kommen beispielsweise Altig/Auerbach/KotlikofF/Smetters/Walliser (2001) bei einer Analyse mit Hilfe eines dynamischen Lebenszyklus-Simulationsmodells zur Herleitung von wohlfahrts- und makrookonomischen Effekten verschiedener fundamentaler Steuerreformen u.a. zu folgendem Ergebnis: Immer dann, wenn Ausnahmeregelungen dazu beitragen sollen, redistributive Harten einer Reform zu vermeiden bzw. zu reduzieren, vermindert dies die durch eine grundlegende Steuerreform erzielbaren Wohlfahrtsgewinne gaaiz erheblich. Vgl. Altig/Auerbach/Kotlikoff/Smetters/Walliser (2001), S. 593-594. 453 Ygj hinsichtlich der Steuerrechtsanderungsrate in den USA etwa die Untersuchung von Auerbach/Hines (1988), die eine ahnliche Entwicklung fur Nordamerika feststellen. Dies erkennt auch bereits Kaplow (1986), S. 607.

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5 Schlussbemerkung

manenter Prozess""*^^ als ein seltenes oder gelegentliches Ereignis. Die dadurch hervorgerufenen Verzerrungen konnen, wie sich auch in dieser Arbeit gezeigt hat, jeweils erheblich sein.^^^ Angesichts dessen lohnt es sich, diesen Wirkungen im Rahmen zukiinftiger Forschung weiter nachzugehen. Dies gilt auch dann, wenn es darum geht, durch eine Steuerreform auf eine starker neutral wirkende Besteuerung iiberzugehen.'*^® Die hier vorgenommene Untersuchung der „gro£en" Unternehmenssteuerreform, des Wechsels vom Anrechnungs- zum Halbeinkiinfteverfahren, verdeutlicht, dass viele politisch angestrebte Ziele nicht erreicht werden konnten. Es konnte gezeigt werden, dass etliche Investitionsvorhaben steuerlich diskriminiert werden, die Verau£erungsgewinnbesteuerung im Halbeinkiinfteverfahren in der Kegel gro£ere Verzerrungen als im alten System hervorruft, die angestrebte Rechtsformneutralitat haufig nicht erreicht werden kann und - nicht zuletzt - dass durch die Einfiihrung des Halbeinkiinfteverfahrens eine wesentlich intensivere Steuerplanung fiir den Steuerpflichtigen erforderlich ist als unter altem Recht. Somit hat der Gesetzgeber mehr administrative Effizienz auf Kosten der wirtschaftlichen Effizienz erreicht.

^^^ Vgl. Bundesfinanzministerium (2004); vgl. weiter FVanke (1983), S. 172. Vgl. hierzu auch Folkers (1983); S. 198-202; Hammond (1990), S. 26. "^^^ Vgl. Gravelle (1995); Bradford (1996a); Hall (1996). 4^^ Vgl. Folkers (1987a), S. 281.

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02.12.1997 11.02.1998 19.08.1999 05.03.2001 06.03.2002 27.08.2002 03.12.1997 10.11.1999 05.02.2002

Aktenzeichen

Fundstelle

VIII R 62/95 I R 81/97 I R 77/96 IX B 90/00 XI R 50/00 XI B 94/02 2 BvR 882/97 2 BvR 2861/93 2 BvR 305/93

DStZ 1998 S. 626 f. DStZ 1998 S. 769 ff. BStBl. n 2001 S. 43 ff. BStBl. II 2001 S. 405 ff. BStBl. II 2002 S. 453 ff. DStR 2002 S. 1985 ff. www.bverfg.de BStBl. II 2000 S. 160 ff. www.bverfg.de

Verwaltungsanweisungen Datum BMF BMF BMF

Aktenzeichen

Fundstelle

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Gesetze und Gesetzentwiirfe

Datum

Pundstelle

Gesetzentwurf der Praktionen SPD und Bundnis90/Die Griinen, Entwurf eines Gesetzes zur Senkung der Steuersatze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung (Steuersenkungsgesetz - StSenkG)

15.02.2000

BT-Drucksache, 14/2683

Gesetz zur Bereinigung von steuerlichen Vorschriften, Steuerbereinigungsgesetz (StBereinG)

22.12.1999

BGBl. I , S. 2601ff.

Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 (StEntlG)

24.03.1999

BGBl. I 1999, S. 402ff.

Gesetz zur Senkung der Steuersatze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung, Steuersenkungsgesetz (StSenkG)

23.10.2000

BGBl. I 2000, S. 1433ff.

Gesetz zur Erganzung des Steuersenkungsgesetzes, Steuersenkungserganzungsgesetz (StSenkErgG)

19.12.2000

BGBl. I 2000, S. 1812fr.

Gesetz zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts (UntStFG)

20.12.2001 BStBl. I 2002, S. 35ff.

Gesetz zur Anderung steuerrechtlicher Vorschriften und zur Errichtung eines Fonds „Aufbauhilfe" (Flutopfersolidaritatsgesetz)

19.09.2002

BGBl. I 2002, S. 3651ff.

Kabinettsentwurf, Entwurf eines Gesetzes zum Abbau von Steuervergiinstigungen und Ausnahmeregelungen

20.11.2002

www.bundesfinanzmi nisterium. de/Anlage 15065/Entwurf-desSteuerverguenstigungs abbaugesetz.pdf

Rechtsquellenverzeichnis

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Datum

Fundstelle

Gesetz zum Abbau von Steuervergiinstigungen und Ausnahmeregelungen, Steuervergiinstigungsabbaugesetz (StVergAbG)

16.05.2003 BGBl. I 2003, S. 660ff.

Haushaltsbegleitgesetz 2004 (HBeglG 2004)

29.12.2003 BGBl. I 2004, S. 3076ff.