Statistische Physik: Gleichgewichtstheorie und Kinetik [2., neu bearb. u. erw. Aufl.]
 3540256296, 9783540256298 [PDF]

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Zitiervorschau

Springer-Lehrbuch

Hartmut Haug

Statistische Physik Gleichgewichtstheorie und Kinetik Zweite, neu bearbeitete und erweiterte Auflage Mit 40 Abbildungen und 41 Aufgaben mit ausführlichen Lösungen

123

Prof. Dr. Hartmut Haug Institut für Theoretische Physik Johann Wolfgang Goethe-Universität Max-von-Laue-Straße 1 60438 Frankfurt e-mail: [email protected]

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ISBN-10 3-540-25629-6 2. Aufl. Springer Berlin Heidelberg New York ISBN-13 978-3-540-25629-8 2. Aufl. Springer Berlin Heidelberg New York ISBN 3-540-41526-2 1. Aufl. Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.de © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1997, 2006 Printed in Germany Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, daß solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Satz: Druckfertige Daten des Autors Herstellung: LE-TEX Jelonek, Schmidt & Vöckler GbR, Leipzig Einbandgestaltung: design & production GmbH, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem Papier

SPIN: 11372868

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F¨ ur Barbara, Martin und Gregor

Vorwort zur ersten Auflage

Im Physikstudium ist oft nur noch eine einsemestrige Vorlesung zur Thermodynamik und Statistik vorgesehen, in der notwendigerweise die Statistische Physik etwas zu kurz kommt. Das vorliegende Lehrbuch ist entstanden aus meinem Skript zur Vorlesung Thermodynamik und Statistik“, die an der Universit¨at Frank” furt als sechster Kurs des Vorlesungszyklus Theoretische Phy” sik“ gelesen wird. Das Buch soll Studenten der Physik oder benachbarter Wissenschaften, die mit der Quantenmechanik bereits vertraut sind, die mikroskopische statistische Ableitung der Thermodynamik und die Berechnung ihrer Potenziale liefern und sie vertraut machen mit der statistischen Beschreibung von Systemen, die nicht im Gleichgewicht sind. Das Buch ist so konzipiert, dass es sich sowohl als begleitende Literatur zu einer entsprechenden Vorlesung eignet als auch zum Selbststudium f¨ ur interessierte Studenten. Im ersten Teil werden die Methoden zur Berechnung von thermodynamischen Eigenschaften aus Zustandssummen f¨ ur Gleichgewichtssysteme eingef¨ uhrt. Dabei werden insbesondere auch entartete Quantensysteme behandelt. Da heute in mesoskopischen Strukturen niederdimensionale Systeme untersucht werden k¨onnen, werden die thermodynamischen Eigenschaften oft gleich f¨ ur d-dimensionale Systeme mit d = 1, 2 und 3 abgeleitet. Besonderes Gewicht wird auf die Behandlung eines Van-der-Waals-Gases gelegt, da sich an ihm modellhaft Phasen¨ uberg¨ange im Rahmen einer MolekularfeldTheorie untersuchen lassen. Das Ginzburg-Landau-Potenzial f¨ ur einen Ordnungsparameter wird als wichtiges allgemeines Konzept f¨ ur die Beschreibung und Charakterisierung der Phasen¨ uberg¨ange eingef¨ uhrt.

VIII

Der zweite Teil ist der Kinetik von Nichtgleichgewichtssystemen gewidmet, insbesondere der Behandlung der Ann¨aherung an den Gleichgewichtszustand. Dabei wird die Kinetik des Systems im Rahmen der Mastergleichung und vor allem der BoltzmannGleichung sowie der Fokker-Planck-Gleichung besprochen. Die Mastergleichung ist die grundlegende irreversible statistische Gleichung f¨ ur eine ganz allgemeine Wahrscheinlichkeitsverteilung. Die im Allgemeinen nichtlineare Boltzmann-Gleichung, die die Entwicklung von Einteilchenverteilungsfunktionen beschreibt, ist f¨ ur die Behandlung der Kinetik in Gasen und Fl¨ ussigkeiten von großer praktischer Bedeutung. In ihren quantenmechanischen Erweiterungen ist sie auch heute noch zur mikroskopischen Beschreibung der Kinetik in Systemen von Fermionen und Bosonen Gegenstand aktiver Forschung. Die partielle Fokker-PlanckDifferenzialgleichung l¨asst sich unter bestimmten Bedingungen als N¨aherung aus den beiden erw¨ahnten Integro-Differenzial-Gleichungen, also der Master- und der linearisierten Boltzmann-Glei¨ chung, gewinnen. Uber die station¨are L¨osung der Fokker-PlanckGleichung l¨asst sich ein verallgemeinertes Ginzburg-Landau-Potenzial einf¨ uhren, das auch die Beschreibung von Nichtgleichgewichts-Phasen¨ uberg¨angen in offenen Systemen erlaubt. In beiden Teilen des Buches werden sowohl klassische Systeme wie auch entartete Quantensysteme betrachtet. Im Buch wird Wert darauf gelegt, die Konzepte an Beispielen zu erl¨autern, so dass der Leser sieht, wie konkrete physikalische Eigenschaften berechnet werden k¨onnen. Ebenso werden ausf¨ uhrlich N¨aherungsmethoden beschrieben, da f¨ ur die meisten interessierenden realen Systeme nur Aussagen mit approximativen L¨osungsverfahren gewonnen werden k¨onnen. So werden zum Beispiel verschiedene L¨osungsmethoden der Boltzmann-Gleichung eines dichten Elektronengases besprochen. Aber auch konzeptionelle Zusammenh¨ange, wie etwa die Nukleationstheorie f¨ ur diskontinuier¨ liche Phasen¨ uberg¨ange oder der Ubergang von der BoltzmannGleichung zur Hydrodynamik mit Dissipation, werden behandelt. Um das Lehrbuch kompakt zu halten, mussten wichtige Zweige der statistischen Physik, wie etwa die Behandlung kritischer Ph¨anomene bei Phasen¨ uberg¨angen oder die Behandlung von Gittergasmodellen, ganz ausgelassen werden.

IX

Die Kenntnis der nichtrelativistischen Einteilchen-Quantenmechanik sowie eine gewisse Bekanntheit der ph¨anomenologischen Thermodynamik werden vorausgesetzt. F¨ ur Leser, die mit der Methode der zweiten Quantisierung“ - das heißt mit der Ver” wendung von Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren - nicht vertraut sind, wird die Einf¨ uhrung und die Verwendung dieser Techniken f¨ ur Vielteilchensysteme in einem Anhang beschrieben. ¨ Am Ende eines jeden Kapitels befinden sich einige Ubungsaufgaben, die dazu dienen sollen, das Verst¨andnis des Stoffes zu vertiefen und zu u ufen. Außerdem ist eine kleine Auswahl wei¨berpr¨ terf¨ uhrender Literatur zusammengestellt. Mein Interesse an der statistischen Behandlung von Nichtgleichgewichtssystemen wurde schon geweckt durch meinen akademischen Lehrer Hermann Haken. Nat¨ urlich habe ich viele Einsichten anderen Kollegen, meinen Studenten und vor allem meinen Mitarbeitern zu verdanken. In dieser Hinsicht kann ich mich ganz der Danksagung eines alten orientalischen Gelehrten anschließen, der im Talmud schrieb: Viel habe ich gelernt von meinen Leh” rern, mehr von meinen Kollegen, aber am meisten von meinen Sch¨ ulern!“ Besonderen Dank schulde ich Ladislaus B´anyai, Claudia Ell und Ernst Reitsamer und insbesondere auch meiner Frau Barbara G¨ unther-Haug f¨ ur viele Diskussionen und sorgf¨altiges Korrekturlesen. Nat¨ urlich liegt die Verantwortung f¨ ur die sicher trotzdem noch vorhandenen Fehler ganz bei mir. Außerdem danke ich Herrn Dr. Schwartz vom Vieweg-Verlag f¨ ur die gute Kooperation bei der Verwirklichung dieses Lehrbuchs.

Frankfurt am Main, Oktober 1996

Hartmut Haug

Vorwort zur zweiten Auflage

Inzwischen wurde das Buch mehrfach f¨ ur Vorlesungen in Thermodynamik und Statistik verwendet und als n¨ utzlich empfunden. Die Neuauflage im Rahmen der Springer-Lehrbuchreihe bietet mir die Gelegenheit, das Buch zu u ¨berarbeiten und die Druckfehler, die in der ersten Auflage leider enthalten waren, zu verbessern. Ich bedanke mich bei den Kollegen und Studenten, die mir mit ihren Hinweisen dabei behilflich waren. Unter anderem wurde die neue Auflage im Springer-Latex-Stil abgefasst, die neue Rechtschreibung verwendet, die wichtigen Ergebnisse fl¨achig hinterlegt und viele neue Verweise zwischen verwendete Formeln eingearbeitet. Besonderen Dank schulde ich Frau Alexandra Stein f¨ ur ihre Hilfe ¨ beim Korrekturlesen und beim Uberpr¨ ufen der Ableitungen. Das Konzept aber - einheitlich sowohl die Gleichgewichts- als auch die Nichtgleichgewichts-Statistik in einem f¨ ur eine einsemestrige Vorlesung geeigneten Umfang darzustellen - bleibt voll erhalten, da es sonst so nicht angeboten wird.

Frankfurt am Main, Oktober 2004

Hartmut Haug

Inhaltsverzeichnis

Teil I Statistik und Thermodynamik fu ¨ r Gleichgewichtssysteme 1

Statistische Gesamtheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 1.1 Klassische Ensemblemittelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 1.2 Quantenstatistische Ensemblemittelung . . . . . . . . . . . 8 1.3 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

2

Mikrokanonische Gesamtheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Quantenstatistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Klassische Statistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Beispiel: Zweiniveausystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3

Kanonische Gesamtheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 3.1 System im W¨armebad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 3.2 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

4

Großkanonische Gesamtheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Quantenstatistische Verteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Klassische Verteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Beispiele: Klassische Verteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29 29 31 33 35

5

Verbindung mit der Thermodynamik, Entropie . . 5.1 Extremaleigenschaften der Entropie . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Zwei Systeme im Gleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3 Entropie und Information . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4 Andere Darstellungen der mikrokanonischen und kanonischen Verteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37 42 46 48

13 15 17 19 22

49

XII

Inhaltsverzeichnis

5.5 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 6

Thermodynamische Relationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1 Beispiele f¨ ur a¨ußere Felder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Relationen zwischen zweiten Ableitungen . . . . . . . . . . 6.3 Homogene Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4 Homogene Systeme mit mehreren Teilchenarten . . . . 6.5 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51 51 55 60 62 63

7

Ideales klassisches Gas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 7.1 Berechnung der thermodynamischen Eigenschaften . 67 7.2 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

8

Ideale Quantengase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1 Berechnung des großkanonischen Potenzials . . . . . . . . 8.2 Berechnung der d-dimensionalen Impulssummen . . . 8.3 Berechnung des chemischen Potenzials . . . . . . . . . . . . 8.4 Berechnung der Fermi-Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.5 Bose-Einstein-Kondensation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.6 Zustandsgleichung von Quantengasen . . . . . . . . . . . . . 8.7 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9

Quasiklassische N¨ aherung fu ¨ r wechselwirkende Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 9.1 Klassische N¨aherung f¨ ur wechselwirkende Systeme . . 95 9.2 Entwicklung nach Potenzen der Planck-Konstanten . 97 9.3 Quasiklassische Korrektur der Boltzmann-Statistik . 100 9.4 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102

75 76 79 82 87 88 90 92

10 Virialentwicklung erster Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . 103 10.1 Einkomponentige verd¨ unnte Systeme . . . . . . . . . . . . . 103 10.2 Zweikomponentige Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 10.3 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 11 Virialentwicklung zweiter Ordnung . . . . . . . . . . . . . . 113 11.1 Berechnung des zweiten Virialkoeffizienten . . . . . . . . 113 11.2 Quantenkorrekturen zum zweiten Virialkoeffizienten 115 11.3 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118

Inhaltsverzeichnis

XIII

12 Van-der-Waals-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 12.1 Interpolationsformeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 12.2 Thermodynamische Funktionen eines Van-derWaals-Gases . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 12.3 Kritische Werte von Temperatur, Volumen und Druck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 12.4 Gas-Fl¨ ussigkeits-Phasen¨ ubergang . . . . . . . . . . . . . . . . 124 12.5 Maxwell-Konstruktion im Koexistenzbereich . . . . . . . 126 12.6 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 13 Ginzburg-Landau-Potenzial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 13.1 Phasen¨ uberg¨ange erster und zweiter Ordnung . . . . . . 129 13.2 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 14 St¨ orungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 14.1 Wechselwirkungsdarstellung des Exponentialoperators . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 14.2 St¨orungstheorie zweiter Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 ¨ 14.3 Beispiel: Außeres Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 14.4 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 15 Thermodynamisches Variationsverfahren . . . . . . . . . 145 15.1 Bogoljubov-Variationsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 15.2 Beispiele: Heisenberg-Ferromagnet; wechselwirkende Fermionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 15.3 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 Teil II Statistik und Kinetik fu ¨ r Nichtgleichgewichtssysteme 16 Master-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 16.1 Master-Gleichung f¨ ur abgeschlossene Systeme . . . . . . 157 16.2 Master-Gleichung f¨ ur System in Kontakt mit einem Bad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 16.3 Eta-Theorem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 16.3.1Abgeschlossene Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 16.3.2Systeme in Kontakt mit einem Bad . . . . . . . . . 162 16.4 L¨osungen der Master-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164

XIV

Inhaltsverzeichnis

16.5 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 17 Kinetische Gleichung ohne St¨ oße . . . . . . . . . . . . . . . . 169 17.1 Reduzierte Einteilchendichtematrix, WignerVerteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 17.2 Kinetische Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 17.3 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 18 Lineare Reaktion eines idealen Gases . . . . . . . . . . . . 175 18.1 Kleine Abweichungen vom Gleichgewicht . . . . . . . . . . 175 18.2 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 19 Lineare Reaktion einer Fermi-Flu ¨ssigkeit . . . . . . . . . 181 19.1 Dichte-Dichte-Korrelation und dielektrische Funktion181 19.2 Auswertung der Suszeptibilit¨at f¨ ur T = 0K . . . . . . . . 182 19.3 Kollektive longitudinale Schwingungen . . . . . . . . . . . . 184 19.3.1Plasmaschwingungen im Jellium-Modell . . . . . . 184 19.3.2Plasmonen in einem Elektron-Loch-Plasma . . . 186 19.3.3Nullter Schall in Helium 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 19.4 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 20 Boltzmann-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 20.1 Heuristische Ableitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 20.2 Ann¨aherung ans Gleichgewicht, Eta-Theorem . . . . . . 196 20.3 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 21 Linearisierte Boltzmann-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . 203 21.1 Kleine Abweichungen von der Gleichgewichtsverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 21.2 Eigenschaften des Stoßoperators . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 21.3 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 22 Entwicklung nach Eigenfunktionen des Stoßoperators . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 22.1 Boltzmann-Kinetik eines 2d-Elektronengases . . . . . . . 211 22.2 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223

Inhaltsverzeichnis

XV

23 Fokker-Planck-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 23.1 Entwicklung nach kleinem Impuls¨ ubertrag . . . . . . . . . 225 23.2 Station¨are L¨osung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 23.3 Verallgemeinerte Ginzburg-Landau-Potenziale . . . . . 230 23.3.1Thermische Verteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 23.3.2Lasermodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 23.3.3Nichtgleichgewichtsphasen¨ ubergang erster Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 23.4 Eigenfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 23.5 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 24 Nukleationstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 24.1 Kramers-Moyal-Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 24.2 Elektron-Loch-Tr¨opfchen-Nukleation in Halbleitern . 238 24.3 Station¨are L¨osung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 24.4 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 25 Transportgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 25.1 Erhaltungsgr¨oßen und ihre Bewegungsgleichungen . . 243 25.2 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 26 Reversible Hydrodynamik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 26.1 Allgemeine Formulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 26.2 Klassisches ideales Gas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 26.3 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 27 Hydrodynamik und Dissipation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 27.1 Ph¨anomenologische Theorie der dissipativen Terme . 257 27.2 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 28 Dissipative Koeffizienten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 28.1 Berechnung aus dem Boltzmann-Stoßterm . . . . . . . . . 263 28.2 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 29 Chapman-Enskog-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 29.1 Chapman-Enskog-Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 29.2 Dissipative Koeffizienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 29.3 Variationsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 29.4 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279

XVI

Inhaltsverzeichnis

A Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren fu ¨r Fermionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 A.1 Symmetrie des Vielteilchenzustands . . . . . . . . . . . . . . 281 A.2 Fock-Raum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 A.3 Beispiele: Verschiedene Hamilton-Operatoren . . . . . . 292 A.3.1 Ortsraumdarstellung des HamiltonOperators eines Elektronensystems . . . . . . . . . . 292 A.3.2 Impulsraumdarstellung des HamiltonOperators eines Elektronensystems . . . . . . . . . . 294 L L¨ osungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371

Teil I

Statistik und Thermodynamik fu ¨r Gleichgewichtssysteme

1 Statistische Gesamtheiten

Makroskopische Systeme, die aus vielen Teilchen bestehen, lassen sich nicht dadurch beschreiben, dass wir genau die Zust¨ande aller Teilchen angeben. Auch experimentell kann man diese komplette mikroskopische Information nie erhalten. Vielmehr werden die physikalischen Eigenschaften eines Systems durch wenige makroskopische Variablen beschrieben. Solche Variablen k¨onnen zum Beispiel Energie, Druck oder Temperatur sein. Die Aufgabe der Statistik ist es, die makroskopischen Eigenschaften aus der mikroskopischen Beschreibung eines Systems abzuleiten. Ein solcher ¨ Ubergang von der mikroskopischen zur makroskopischen Beschreibung wird auch etwa in der Elektrodynamik vorgenommen, wenn man aus den urspr¨ unglichen Maxwell-Gleichungen, in denen noch alle mikroskopischen Ladungen und Str¨ome als inhomogene Terme enthalten sind, durch Mittelung u ¨bergeht zu den MaxwellGleichungen in kontinuierlichen Medien. Gibt man einem makroskopischen System, das abgeschlossen oder im Kontakt mit einem W¨armebad ist, gen¨ ugend Zeit, so wird das System durch Streuprozesse in einen Gleichgewichtszustand relaxieren. Ist dieser Zustand erreicht, a¨ndern sich die makroskopischen Eigenschaften nicht mehr, obwohl im mikroskopischen Bereich noch weiterhin Fluktuationen auftreten. Wir sagen, das System ist in diesem station¨aren Zustand im thermodynamischen oder kurz thermischen Gleichgewicht. Die makroskopische Beschreibung der thermischen Eigenschaften, auf die wir bei der Ableitung aus der mikroskopischen Beschreibung gef¨ uhrt werden, wird durch die Thermodynamik gegeben. Der mikroskopische Zustand ist klassisch durch die Angabe der Orte und Impulse aller Teilchen gegeben, w¨ahrend man in der Quantenmechanik den genauen Vielteilchenzustand kennen muss.

4

1 Statistische Gesamtheiten

Diese mikroskopischen Gr¨oßen fluktuieren nun zeitlich, und man muss zur Berechnung makroskopischer Gr¨oßen u ¨ber hinreichend lange Zeiten mitteln. Diese zeitliche Mittelung ist aber schwer zu handhaben. Der amerikanische Physiker J.W. Gibbs (1839-1903) hat diese Schwierigkeiten u ¨berwunden, indem er die zeitliche Mittelung durch eine Mittelung u ¨ber viele gleichartige Systeme ersetzte, die alle dieselben makroskopischen Eigenschaften haben sollen. Wir nennen die Gesamtheit dieser Systeme, die sich nur in ihrem Mikrozustand unterscheiden, eine statistische Gesamtheit oder ein Ensemble. Systeme, f¨ ur die diese Ersetzung des Zeitmittels durch das Ensemblemittel m¨oglich ist, nennt man ergodische Systeme. Wir werden die Bedingungen, unter denen diese Ersetzung m¨oglich ist, im n¨achsten Abschnitt noch n¨aher diskutieren. Zeitmittelung



Ensemblemittelung

Ergodische Systeme

Es ist nun die erste Aufgabe der statistischen Physik, die f¨ ur diese Ensemblemittelung n¨otigen Wahrscheinlichkeitsverteilungen abzuleiten. Sind diese Wahrscheinlichkeitsverteilungen bekannt, so k¨onnen dann die mittleren thermischen Eigenschaften eines makroskopischen Systems sowie Schwankungen um diese Mittelwerte berechnet werden. Die Schwankungen werden dabei um so kleiner sein, je gr¨oßer das System ist ( Gesetz der großen Zahl“). ” 1.1 Klassische Ensemblemittelung Der Mikrozustand ist klassisch gegeben durch Angabe der Koordinaten und Impulse aller N Teilchen. Der Mikrozustand wird also charakterisiert durch einen Punkt im 6N-dimensionalen Phasenraum - auch Γ -Raum genannt -, der von allen Koordinaten und Impulsen aufgespannt wird: (x1 , x2 , · · · , xn ; p1 , p2 , · · · , pn ) = (x, p)

(1.1)

1.1 Klassische Ensemblemittelung

5

mit n = 3N. Wir betrachten ein Ensemble mit I Systemen. Die Koordinaten und Impulse des i-ten Systems bezeichnen wir mit x(i) , p(i) . Es sei A(x, p) eine Funktion der Koordinaten und Impulse (Beispiel: Gesamtenergie). Den Mittelwert von A erhalten wir als I 1 < A >= A(x(i) , p(i) ) . (1.2) I i=1 Wir schreiben diese Mittelung mit einer Wahrscheinlichkeitsdichte ρ(x, p) als  < A >= dx3N dp3N A(x, p)ρ(x, p) , (1.3)     dabei benutzen wir die Kurznotation dx3N = dx1 dx2 · · · dx3N . Mit 1 ρ(x, p) := δ(x − x(i) )δ(p − p(i) ) . (1.4) I i reduziert sich diese Mittelung im 6N -dimensionalen Phasenraum auf die Ensemblemittelung. Die Hypothese, dass die eigentlich durchzuf¨ uhrende zeitliche Mittelung dasselbe Ergebnis wie diese Mittelung im Phasenraum liefert, nennt man die Ergodenhypothese (genauer gesagt die Quasi-Ergodenhypothese). Damit eine solche Gleichheit gilt, ist es n¨otig, wie Ehrenfest gezeigt hat, dass die Bahnkurve, die die zeitliche Entwicklung des Systems im Phasenraum beschreibt, jedem Punkt der Fl¨ache konstanter Energie beliebig nahe kommt.

p

1

0

-1 -2

-1

0

1

2

x

Abb. 1.1. Phasenbahn eines harmonischen Oszillators

Um den Sinn dieser Aussage besser zu verstehen, wollen wir zun¨achst zwei sehr einfache Systeme betrachten. Die Phasenbahn

6

1 Statistische Gesamtheiten

eines harmonischen Oszillators x(t) = x0 cos(ωt − φ) , p(t) = −mωx0 sin(ωt − φ)

(1.5) (1.6)

beschreibt, wie in Abb. 1.1 dargestellt, die Bahnkurve einer Ellipse. Die dazu geh¨orige Energie ist p2 /2m + mω 2 x2 /2 = E. Der zeitliche Mittelwert etwa von x(t) und x2 (t) ist gegeben durch Mittelungen u ¨ber eine Periode T = 2π/ω  1 T xt = dt x0 cos(ωt − φ) = 0 , (1.7) T 0  1 T 1 2 x t = dt x20 cos2 (ωt − φ) = x20 . (1.8) T 0 2 Betrachtet man nun ein Ensemble von Systemen mit je einem identischen Oszillator, aber mit statistitisch verteilten Phasen φ, so liefert das Ensemblemittel als Mittelung u ¨ber diese Phasen  2π 1 xφ = dφ x0 cos(ωt − φ) = 0 , (1.9) 2π 0  2π 1 1 2 x φ = dφ x20 cos2 (ωt − φ) = x20 . (1.10) 2π 0 2 Das heißt dieses System ist ergodisch, da Zeit- und Ensemblemittelung dieselben Ergebnisse liefern. Allerdings ist schon ein System von unabh¨angigen harmonischen Oszillatoren kein ergodisches System mehr. H¨alt man hier die Gesamtenergie konstant, so kann man die Energie auf viele sehr verschiedene Arten auf die einzelnen Oszillatoren verteilen. In einem statistischen Ensemble sind alle diese Realisierungen gleich wahrscheinlich. Betrachtet man dagegen ein einzelnes System, so wird dort die Energie aller einzelnen nichtwechselwirkenden Oszillatoren schon durch ihre Anfangsbedingungen zeitlich unver¨anderlich festgelegt. Die Phasenbahn durchl¨auft also nur einen sehr beschr¨ankten Unterraum des im statistischen Ensemble gleichm¨aßig ausgef¨ ullten Phasenraums. Das System von harmonischen Oszillatoren ohne jede Wechselwirkung kann also nicht ergodisch sein. Als zweites Beispiel wollen wir ein System von Kugeln auf einem rechtwinkligen Billardtisch betrachten. Wir nehmen an, dass

1.1 Klassische Ensemblemittelung

7

1

p

0

-1 -2

0

2

x

Abb. 1.2. Entartete Phasenbahn beim Billard

die Kugeln sich alle genau in x-Richtung bewegen und sich gegenseitig nicht stoßen. Man sieht in der Abb. 1.2, wie die Ortskoordinate einer Kugel sich bei der Bewegung zwischen den W¨anden stetig ¨andert, w¨ahrend der Impuls nur an den W¨anden sprunghaft sein Vorzeichen umkehrt. Diese entarteten rechteckigen Bahnkurven f¨ ullen sicher nicht den Phasenraum. Die Situation ¨andert sich, wenn die Kugeln unter willk¨ urlichen Winkeln auf die Billardw¨ande aufprallen und aneinander streuen. In diesem Fall f¨ ullt die Bahnkurve rasch die Fl¨ache konstanter Energie im Phasenraum. Im Allgemeinen werden Wechselwirkungseffekte und Streuungen daf¨ ur sorgen, dass die Bahnkurve so unregelm¨aßig beziehungsweise stochastisch wird, dass sie im Laufe der Zeit den ganzen zug¨angigen Phasenraum im Sinne Ehrenfests durchl¨auft. Wir wissen heute, dass mit chaotischen Systemen noch andere Klassen von nichtlinearen Systemen existieren, deren Bahnkurven oft schon f¨ ur eine kleine Zahl von Freiheitsgraden den Phasenraum zu f¨ ullen verm¨ogen. Am Beispiel des Billards wird die Situation sofort anders, wenn man raue reflektierende W¨ande betrachtet. Insbesondere bei den zum Billardinnenraum hin ausgew¨olbten Teilen der rauen Wand ergeben selbst Anfangsbedingungen, die untereinander kaum abweichen, v¨ollig andere Bahnen. Diese sogenannte sensitive Abh¨angigkeit von Anfangsbedingungen ist f¨ ur chaotische Systeme charakteristisch und f¨ uhrt zu einer starken Vermischung des Phasenraums. Solche stark mischenden Systeme (man kann mehrere Klassen unterscheiden) sind daher sicher Unterklassen der ergodischen Systeme. F¨ ur die oben eingef¨ uhrte Verteilungsfunktion ρ gilt wie f¨ ur jede Wahrscheinlichkeit, dass sie normiert, positiv semidefinit und reell ist:

8



1 Statistische Gesamtheiten

dx3N dp3N ρ(x, p) = 1 mit ρ(x, p) ≥ 0, ρ∗ (x, p) = ρ(x, p) . (1.11)

Das Schwankungsquadrat von A ist dann < (∆A)2 >=< (A− < A >)2 >=< A2 > − < A >2 .

(1.12)

Teilen wir ein System in zwei Teilsysteme auf und sind die beiden Teilsysteme 1 und 2 statistisch unabh¨angig, so gilt ρ = ρ1 ρ2 .

(1.13)

Die Teilsysteme sind nur dann unkorreliert, wenn sie nicht wechselwirken. 1.2 Quantenstatistische Ensemblemittelung Wir nehmen an, dass die exakte Vielteilchenwellenfunktion des i-ten Systems bekannt sei. Wir nennen sie ψi (x1 , x2 , · · · , x3N ) .

(1.14)

Eine kompaktere Schreibweise bekommt man, wenn man diese Wellenfunktion durch einen abstrakten Zustandsvektor | i > kennzeichnet. Zur Wiederholung erinnern wir daran (siehe auch die Diskussion im Anhang A), dass man in der Quantenmechanik der Einteilchen-Eigenfunktion φn (x) den Einheitsvektor | n > zuordnet. Diese Einheitsvektoren spannen einen unendlichdimensionalen Vektorraum, den sogenannten Hilbert-Raum, auf. Man definiert ein Skalarprodukt, in dem | n > mit einem adjungierten Zustandsvektor < n | multipliziert wird. Da die Eigenvektoren alle senkrecht aufeinander stehen, gilt die Orthogonalit¨atsrelation < n | n >= δn ,n .

(1.15)

Allgemein ist das Skalarprodukt zwischen zwei Zustandsvektoren eine komplexe Zahl. Ein beliebiger Vektor in diesem Raum l¨asst sich damit durch die Eigenvektoren |n > aufspannen:  | α >= cn | n > . (1.16) n

1.2 Quantenstatistische Ensemblemittelung

9

Die Entwicklungskoeffizienten cn erh¨alt man durch Multiplikation mit < n | von links:  < n | α >= cn < n | n >= cn , (1.17) n

wobei wir die Orthogonalit¨at ben¨ utzt haben. Setzt man dieses Ergebniswieder in die Entwicklung  ein, so entsteht | α >= n < n | α > | n >= n | n >< n | α >. Offensichtlich muss gelten  | n >< n | = 1 . (1.18) n

Man nennt diese Relation die Vollst¨andigkeitsrelation. Die Summe u urlich auch u ¨ ber n erstreckt sich nat¨ ¨ber die kontinuierlichen Teile des Spektrums und muss dort durch ein Integral ersetzt werden. Die Verbindung mit der Schr¨odinger-Wellenfunktion φn(x) erh¨alt man, indem man diese Funktion identifiziert mit dem Skalarprodukt des Zustandsvektors | n > mit dem kontinuierlichen Vektor < x |, also φn(x) := < x | n > .

(1.19)

Man sagt, die Schr¨odinger-Wellenfunktion ist die Ortsraumdarstellung des Zustands n. In dieser Schreibweise wird der Erwartungswert im Zustand n eines Hilbert-Raum-Operators A gegeben durch < A > = < n |A| n > . (1.20) Die Verbindung mit der Schr¨odinger-Darstellung erh¨alt man durch zweimaliges Einschieben der Vollst¨andigkeitsrelation  3 1 = d x| x >< x |. Damit wird   3 < A >= d x d3 x < n | x >< x |A| x >< x | n > . (1.21) < x|A|x > ist die Ortsraumdarstellung des Operators A. Wenn sie diagonal ist, gilt < x|A|x >= A(x)δ(x − x ), so dass schließlich (1.20) u ¨bergeht in  < A >= d3 x φ∗n(x)A(x)φn (x) , (1.22)

10

1 Statistische Gesamtheiten

wie wir es aus der elementaren Quantenmechanik gewohnt sind. Entsprechend k¨onnen wir in einer Erweiterung auf Vielteilchenzust¨ande der Wellenfunktion ψi (x1 , x2 , · · · , x3N ) den Vektor |i > zuordnen. Der quantenmechanische Erwartungswert mit der exakten Eigenfunktion des Systems i ist dann < A >=< i |A| i >. Mittelt man nun noch u ¨ber die Gesamtheit von I Systemen, so wird der quantenstatistische Mittelwert 1 < A >= < i |A| i > . I i=1 I

(1.23)

Wir schieben zwischen dem Operator A und dem Zustandsvektor | i > die Vollst¨andigkeitsrelation  1= | m >< m | (1.24) m

f¨ ur ein beliebiges vollst¨andiges Orthogonalsystem | m > ein und erhalten 1 = < i |A| m >< m | i > I i,m 1 = < m | i >< i |A| m > I i,m =: Sp(ρA) , wobei

1 ρ= | i >< i | I i=1

(1.25)

I

(1.26)

der statistische Operator ist. Die Summe u ¨ber alle Diagonalelemente eines Operators nennt man die Spur mit der Abk¨ urzung Sp. F¨ ur den statistischen Operator ρ gilt ρ† = ρ. Die Spur des statistischen Operators ist 1: 1 1  Spρ = < n | i >< i | n >= < i | n >< n | i > I i,n I i=1,n 1 = < i | i >= 1 (1.27) I i=1

1.3 Aufgaben

und < α |ρ| α >= und

1 | < α | i > |2 ≥ 0 I i

< α |ρ| β >=< β |ρ| α >∗ .

11

(1.28)

(1.29)

Sind zwei Untersysteme statistisch unabh¨angig, so gilt wie f¨ ur die klassische Wahrscheinlichkeitsverteilung ρ = ρ1 ρ2 . Sind die Eigenzust¨ande von ρ bekannt, ρ| n >= ρn | n >

und

(1.30) 

ρn = 1 ,

(1.31)

n

so sind die Eigenwerte ρn Wahrscheinlichkeiten, mit denen sich Mittelwerte berechnen lassen  < A >= ρn Ann . (1.32) n

1.3 Aufgaben 1.1. Winkel- und Wirkungsvariable des harmonischen Oszillators Die Behandlung von harmonischen Oszillatoren in der klassischen statistischen Mechanik wird besonders einfach, wenn man Winkelund Wirkungsvariable verwendet. Die Hamilton-Funktion eines 2 harmonischen Oszillators ist H(q, p) = 12 pm + 12 mω 2 q 2 , wobei q und p die kanonischen Variablen sind. Mit Hilfe einer kanonischen Transformation kann man auf neue kanonische Variablen Q und P umwechseln. Die Erzeugende der Transformation w¨ahlen wir als 1 F (q, Q, t) = mωq 2 cot Q . (1.33) 2 Es gilt p=

∂F , ∂q

P =−

∂F , ∂Q

H(q, p) = K(Q, P ) ,

wobei K(Q, P ) die neue Hamilton-Funktion ist.

(1.34)

12

1 Statistische Gesamtheiten

a) Zeigen Sie, dass K(Q, P ) = ωP . Da die Hamiltonfunktion nicht mehr von Q abh¨angt, sagt man: Q ist eine zyklische Variable. Man nennt diese Variable Q auch die Winkelvariable und bezeichnet sie mit Q = φ. Die dazu kanonische Variable P tr¨agt die Dimension einer Wirkung. Man bezeichnet sie daher als Wirkungsvariable P = J. b) L¨osen Sie die kanonischen Bewegungsgleichungen in den neuen Variablen und zeigen Sie, dass man die bekannten L¨osungen des harmonischen Oszillators f¨ ur die Koordinate q(t) und den Impuls p(t) erh¨alt. 1.2. Quantenmechanischer harmonischer Oszillator a) Zeigen Sie, dass sich der Schr¨odinger-Hamilton-Operator des harmonischen Oszillators  2 d2 1 + mω 2 x2 (1.35) 2 2m dx 2 durch die Transformationen x = x0 ζ und E = E0 e dimensionslos machen l¨asst. Der resultierende Hamilton-Operator l¨asst sich diagonalisieren durch die Operatoren     1 d 1 d † a= √ ζ+ , a =√ ζ− . (1.36) dζ dζ 2 2 H=−

Der Hamilton-Operator nimmt die Form   1 † H = ω a a + 2 an. b) Zeigen Sie, dass a und a† die Vertauschungsrelation aa† − a† a =: [a, a† ] = 1

(1.37)

(1.38)

erf¨ ullen. c) Zeigen Sie, dass a und a† Vernichtungs- und Erzeugungsoperatoren sind, die aus der n-ten Eigenfunktion φn von H die (n − 1)-te und die (n + 1)-te Eigenfunktion machen: √ √ aφn = nφn−1 , a† φn = n + 1φn+1 . (1.39)

2 Mikrokanonische Gesamtheit

Unsere Aufgabe ist es nun, Verteilungsfunktionen ρ abzuleiten, die Systeme im thermischen Gleichgewicht beschreiben. Wir werden im Folgenden Systeme in verschiedenen physikalischen Situationen betrachten. Am einfachsten ist die Situation, wenn ein ganz isoliertes oder, wie man sagt, abgeschlossenes System vorliegt. Eine andere in der Physik h¨aufig auftretende Situation ist, dass man ein System in ein W¨armebad bringt. Der Energieaustausch zwischen dem System und dem W¨armebad bringt das System auf die Badtemperatur. Noch allgemeiner kann man einen Teilchenaustausch zwischen System und Bad zulassen. Man bezeichnet eine Gesamtheit von abgeschlossenen Systemen als mikrokanonische Gesamtheit. Die statistische Verteilungsfunktion der Gesamtheit von abgeschlossenen Systemen l¨asst sich zwar relativ leicht berechnen, ist aber in der Praxis nicht sehr brauchbar. Aus ihr lassen sich aber f¨ ur Gesamtheiten von Systemen, die im Kontakt mit einem W¨armebad sind - kanonische und makrokanonische Gesamtheiten genannt -, f¨ ur praktische Berechnungen wichtige und gut anwendbare Verteilungsfunktionen berechnen. Wir wollen allerdings schon jetzt betonen, dass f¨ ur makroskopische Systeme alle Gesamtheiten dieselben physikalischen Ergebnisse liefern. Wir beginnen mit der mikrokanonischen Gesamtheit, also einem Ensemble von abgeschlossenen Systemen. Um einen Ansatz f¨ ur die statistische Verteilung zu finden, betrachten wir zun¨achst die Abh¨angigkeit der Erwartungswerte und Schwankungsquadrate vom Volumen. Die uns interessierenden Gr¨oßen A sind h¨aufig durch ihre Dichten a(r) gegeben:  A = d3 ra(r) , (2.1)

14

2 Mikrokanonische Gesamtheit

wobei a(r) zum Beispiel die Teilchenzahldichte, die Impuls- oder die Energiedichte sein kann. Der Erwartungswert  < A >= d3 r < a(r) > ∝ V (2.2) wird proportional dem Volumen sein. Berechnen wir nun  2 < A >= d3 rd3 r < a(r)a(r  ) > ,

(2.3)

so enth¨alt < a(r)a(r  ) > im Allgemeinen einen unkorrelierten und einen korrelierten Anteil < a(r)a(r  ) >=< a(r) >< a(r  ) > +f (r − r  ) .

(2.4)

2 Das Integral u ¨ber den unkorrelierten Anteil  3 3ist ∝ V ,  aber das Integral u ¨ber den korrelierten Anteil d rd r f (r − r ) ist nur proportional zu V , da f (r − r  ) innerhalb einer Korrelationsl¨ange l abf¨allt, das heißt:  d3 rd3 r f (r − r  ) ∝ l3 V . (2.5)

Damit nimmt also das relative Schwankungsquadrat < ∆A2 > < A2 > − < A >2 l3 1 = ∝ ∝ 2 2

V N

(2.6)

wie 1/V oder 1/N ab, wobei N die Teilchenzahl im System ist. Die relativen Schwankungen werden immer kleiner, je gr¨oßer das System ist. Im thermodynamischen Grenzfall“ V → ∞ und N → ” ∞ mit N/V = n endlich werden also die Erwartungswerte scharf.

2.1 Quantenstatistik

15

2.1 Quantenstatistik

Abgeschl. System E = const.

Abgeschlossenes System, kein Energie- oder Teilchenaustausch mit der Umgebung, keine ¨ außeren Felder Wie schon gesagt, betrachten wir zun¨achst ein abgeschlossenes, makroskopisches System. Wir lassen dem System gen¨ ugend Zeit, so dass sich die Erwartungswerte seiner physikalischen Eigenschaften nicht mehr ¨andern, das System also im thermischen Gleichgewicht ist. Damit die Erwartungswerte < A(t) >= Sp(ρ(t)A) station¨ar sind, muss der statistische Operator zeitlich konstant sein. Aus der Definition des statistischen Operators (1.26) folgt f¨ ur zeitabh¨angige Zust¨ande die Form  1 ρ(t) = | i(t) >< i(t) | = pi | i(t) >< i(t) | . I i=1 i=1 I

I

(2.7)

Hierbei ist pi = 1I die Wahrscheinlichkeit f¨ ur das Auftreten des Zustandes |i(t) >. Der Zustandsvektor gen¨ ugt folgender zeitabh¨angiger Schr¨odinger-Gleichung in Hilbert-Raum-Darstellung ∂ | i(t) >= H| i(t) > . (2.8) ∂t Der adjungierte Zustand gen¨ ugt dann der adjungierten Gleichung i

∂ < i(t) | =< i(t) | H . (2.9) ∂t Damit folgt die Bewegungsgleichung des statistischen Operators    ∂| i(t) > ∂ ∂ < i(t) | i ρ(t) = i pi < i(t) | + | i(t) > ∂t ∂t ∂t i −i

16

2 Mikrokanonische Gesamtheit

=

   pi H | i(t) >< i(t) |−| i(t) >< i(t) | H , (2.10) i

oder mit (2.7) ∂ρ(t)

i = − [H, ρ(t)] ∂t  Quantenstatistische Liouville-Gleichung

(2.11)

Diese Gleichung bezeichnet man als die Liouville-Gleichung des statistischen Operators. Damit sich der statistische Operator nicht mehr ¨andert, muss er mit dem Hamilton-Operator vertauschbar sein. F¨ ur zwei vertauschbare Operatoren kann man die Eigenfunktionen so w¨ahlen, dass sie gleichzeitig Eigenfunktionen zu beiden Operatoren sind. Das heißt die Energieeigenzust¨ande H | n >= En | n > sind auch gleichzeitig Eigenzust¨ande des statistischen Operators. Schiebt man vor und hinter dem Operator die Vollst¨andigkeitsrelation ein, so findet man folgende Diagonaldarstellung   ρ= | n >< n | ρ | m >< m | = ρn |n >< n | . (2.12) n,m

n

ρn = ρ(En ) ist die Wahrscheinlichkeit daf¨ ur, dass der Zustand | n > realisiert ist. In manchen F¨allen ist ρ durch weitere Gr¨oßen bestimmt, deren Operatoren mit H vertauschen, zum Beispiel durch den Gesamtimpuls P oder den Gesamtdrehimpuls L. Normalerweise betrachten wir die Systeme jedoch in einem Koordinatensystem, in dem ihr Schwerpunkt ruht, das heißt in dem P = 0 und L = 0 sind. Um f¨ ur die Wahrscheinlichkeit ρ(En ) einen Ansatz zu machen, erinnern wir uns daran, dass der Erwartungswert der Energie f¨ ur ein großes System scharf ist, das heißt: E − ∆E ≤ < H > ≤ E , wobei ∆E = ρn den Operatorausdruck 1 −βH e , (3.14) Z wobei H der Hamilton-Operator ist und die Zustandssumme ρ=

Z = Spe−βH .

(3.15)

In der kanonischen Verteilung ist die Energie des Systems also nicht mehr scharf, vielmehr tragen bei Mittelungen viele Zust¨ande bei mit einer Wahrscheinlichkeit, die durch das Verh¨altnis von der Energie dieser Zust¨ande zur thermischen Energie bestimmt ist. Gesamtheiten, die durch diese Verteilungsfunktion beschrieben werden, nennt man kanonische Gesamtheiten. Eine direkte Herleitung der statistischen Verteilung einer kanonischen Gesamtheit ergibt sich aus den Forderungen f¨ ur zwei schwach gekoppelte Systeme ρ(H) = ρ(H1 + H2 ) = ρ(H1 )ρ(H2 ).

(3.16)

Diese Gleichung wird durch eine Exponentialfunktion gel¨ost: ρ(H) = ae−bH .

(3.17)

Das ist gerade die Form der kanonischen Verteilung (3.14). 3.2 Aufgaben 3.1. Kanonische Zustandssumme des klassischen harmonischen Oszillators Berechnen Sie die kanonische Zustandssumme eines harmonischen Oszillators

3.2 Aufgaben

27

a) klassisch mit den kanonischen Variablen q und p b) klassisch mit Winkel- und Wirkungsvariablen.

3.2. Kanonische Zustandssumme des quantenmechanischen harmonischen Oszillators a) Berechnen Sie die kanonische Zustandssumme des harmonischen Oszillators quantenmechanisch. ω b) Zeigen Sie, dass im Grenzfall kT → 0 die quantenmechanische Zustandssumme in die klassische u ¨ bergeht. c) Wie sieht die Zustandssumme eines Systems von N unabh¨angigen Oszillatoren im quantenmechanischen Fall aus?

3.3. Ortsraumdarstellung der kanonischen Dichtematrix fu ¨ r den harmonischen Oszillator a) Zeigen Sie, dass das Diagonalelement der Ortsraumdarstellung der kanonischen Dichtematrix ρ(x) =< x | ρ | x > f¨ ur ein Ensemble harmonischer Oszillatoren der Differenzialgleichung d 2 βω ρ(x) = − 2 tanh xρ(x) dx x0 2

(3.18)

gen¨ ugt. Verwenden Sie hierzu die Technik der Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren aus Aufgabe 1.2. b) L¨osen Sie die Differenzialgleichung (3.18). Welche Randbedingungen m¨ ussen erf¨ ullt sein? c) Berechnen Sie die klassische Form von ρ(x), und vergleichen Sie das quantenmechanische und klassische Ergebnis.

4 Großkanonische Gesamtheit

4.1 Quantenstatistische Verteilung

W¨ armebad,

System,

E2 , E1 ,

N2 N1

System und W¨ armebad. Es besteht ein Energie- und Teilchenaustausch zwischen System und Bad.

Wir betrachten wieder zwei Teilsysteme, also System und Bad, die miteinander schwach wechselwirken. Diesmal soll die Trennwand zwischen System und Bad nicht nur einen Energieaustausch, sondern auch einen Teilchenaustausch zulassen, das heißt die Energie kann sich sowohl durch direkten Austausch als auch durch Materietransport ¨andern. Wir suchen die Wahrscheinlichkeitsverteilung daf¨ ur, dass sich das uns interessierende System 1 im Zustand | n > mit der Energie E1,n und der Teilchenzahl N1,n befindet  ρ1 (E1,n , N1,n ) = ρ(En,ν ) ν

=

 ν

1 g(E,N )

0

f¨ ur E − ∆E ≤ E1,n + E2,ν ≤ E sonst

30

4 Großkanonische Gesamtheit

g2 (E − E1,n , N − N1,n ) g(E, N) g2 (E2 + E1 − E1,n , N2 + N1 − N1,n ) = , g(E, N) =

(4.1)

wobei g2 (E2 , N2 ) wieder die Zahl der Zust¨ande des Bades im Intervall ∆E ist. Entwickelt man ln ρ1 (E1,n , N1,n ) nach den kleinen Schwankungen E1 − E1,n und N1 − N1,n , so entsteht ln ρ1 (E1,n , N1,n )   g2 (E2 , N2 ) ∂ ln g2 ∂ ln g2 ln + (E1 − E1,n ) + (N1 − N1,n ) g(E, N) ∂E2 ∂N2 = − ln Z − βE1,n + βµN1,n , (4.2) wobei wir alle nicht von E1,n und N1,n abh¨angigen Terme wieder zu − ln Z zusammengefasst haben. Damit erhalten wir

ρ(En, Nn) =

1

e−β(En −µNn )

Z Großkanonische Verteilung mit Energie- und Teilchenaustausch Die Zustandssumme folgt wieder aus der Normierung   ρ(En , Nn ) = 1 oder Z = e−β(En −µNn ) . n

(4.3)

(4.4)

n

Die großkanonische Verteilungsfunktion beschreibt Systeme im Gleichgewicht mit einem Bad, wobei der Kontakt den Austausch von Energie und von Teilchen zul¨asst. Sowohl die Energie als auch die Teilchenzahl schwanken dabei um einen vorgegebenen Mittelwert   < E >= En ρ(En , Nn) , < N >= Nn ρ(En , Nn ) . (4.5) n

n

Diese zwei Beziehungen legen die Konstanten β und µ fest. W¨ahrend β wieder die inverse thermische Energie darstellt, die

4.2 Klassische Verteilung

31

durch die Temperatur des Bades bestimmt wird, ist das chemische Potenzial -µ gerade die Energie¨anderung, die durch das Hinzuf¨ ugen eines Teilchens hervorgerufen wird. Die gesamte Energie¨anderung ist dann -µNn . Dieser Term tritt in der großkanoni¨ schen Verteilung (4.3) als Anderung der Energie En auf. Noch allgemeiner kann man solche Systeme betrachten, deren Energie nicht nur direkt und durch Teilchenaustausch ge¨andert werden kann, sondern auch dadurch, dass ¨außere Felder fi Arbeit leisten. Die dazugeh¨orige Wechselwirkungsenergie sei  HW = − qi f i . (4.6) i

Dann schwanken nicht nur E und N, sondern auch die Gr¨oßen qi . Man erh¨alt f¨ ur diese offenen Systeme ganz analog die Verteilung

ρn =

1

P

e−β(En −µNn −

i

fi qi,n )

Z Allgemeine großkanonische Verteilung

(4.7)

F¨ ur den statistischen Operator erh¨alt man entsprechend ρ=

1 −β(H−µN −Pi fi qi ) e . Z

(4.8)

wobei H, N und qi Operatoren sind. Die allgemeine großkanonische Zustandssumme ist dann Z = Spe−β(H−µN −

P i

f i qi )

.

(4.9)

4.2 Klassische Verteilung Wir haben die kanonischen und makro- oder großkanonischen Verteilungen in ihrer quantenmechanischen Formulierung abgeleitet. Ihre klassische Formulierung finden wir, wie schon bei der mikrokanonischen Verteilung besprochen, durch den quasiklassischen Grenz¨ ubergang En → H(xi , pi ) . (4.10)

32

4 Großkanonische Gesamtheit

Die klassische Verteilungsfunktion ist damit 1 −βH(xi ,pi ) e . (4.11) Z Statt u ¨ber die Quantenzust¨ande n zu summieren, integrieren wir u ¨ber den Phasenraum   (∆p∆x)3N Z= e−βEn = e−βEn . (4.12) 3N (∆p∆x) n n ρ(xi , pi ) =

Anders als bei der mikrokanonischen Verteilung, wo wir f¨ ur den ¨ Ubergang von freien Teilchen ausgegangen sind, wollen wir nun ¨ den Ubergang unter der Annahme von gebundenen Zust¨anden durchf¨ uhren. Aus der Sommerfeldschen Quantisierungsbedingung f¨ ur gebundene Zust¨ande  Jn = p dx = n2π (4.13) folgt ∆p∆x = 2π .

(4.14)

Gehen wir nun zum Integral u ¨ber, so erhalten wir

Z=

1



 (dx)

3N

dp

3N

e−βH(xi ,pi )

N! 2π Klassische Zustandssumme

(4.15)

Der Faktor 1/N! wurde wieder eingef¨ uhrt, um die quantenmechanische Ununterscheidbarkeit der Teilchen zu ber¨ ucksichtigen. Wir sehen, dass (4.15) dieselben Gewichtsfaktoren f¨ ur das Phasenraumintegral liefert wie (2.24). Die Energie setzt sich im Allgemeinen aus Einteilchenenergien und Wechselwirkungsenergien zusammen  1 H(xi , pi ) = Hi + Wi,j . (4.16) 2 i i=j Integriert man u ¨ber die Koordinaten und Impulse von N − 1 Teilchen, so erhalten wir eine Einteilchenverteilungsfunktion

4.3 Beispiele: Klassische Verteilungen

 f (x, p) =

(dxdp)3(N −1) ρ(xi , pi ) . (2π)3(N−1) (N − 1)!

33

(4.17)

Besonders einfach ist die resultierende Verteilungsfunktion f¨ ur ein ideales Gas mit Wi,j = 0, die sogenannte Maxwell-BoltzmannVerteilung 0 e−βH (x,p) f (x, p) =  d3 xd3 p , (4.18) e−βH 0 (x,p) (2π)3 N 2

p wobei H 0 = 2m + V (x) die Hamilton-Funktion eines Teilchens ist. Diese Verteilung ist auf N normiert. Das Integral u ¨ ber x und p liefert also die Gesamtteilchenzahl.

4.3 Beispiele: Klassische Verteilungen Geschwindigkeitsverteilung p2 Sei H 0 = 2m . In diesem Fall erhalten wir die Wahrscheinlichkeitsverteilung des Impulses eines Teilchens  βp2 f (p) = d3 xf (x, p) = C −1 e− 2m . (4.19) Mit



p2 d3 p −β 2m e (2π)3 N  ∞ 2 dp 2 − βp 2m = 4πV p e (2π)3 N 0  3/2  ∞ 2m 1 2 = 4πV dxx2 e−x 3 β (2π) N 0  3/2  ∞ 2m 1 d 2 = 4πV dxe−αx |α=1 3 β (2π) N d(−α) 0  3/2 2m 1 d 1/2 −1/2 = 2πV π α β (2π)3 N d(−α) α=1  3/2 2πm V = β (2π)3 N  3/2 m V = =C , (4.20) 2 2π β N

C=V

34

4 Großkanonische Gesamtheit

also mit n = N/V  f (p) = n

2π2 β

3/2

p2

e−β 2m

m Maxwellsche Geschwindigkeitsverteilung

mit



d3 p f (p) = n . (2π)3

(4.21)

(4.22)

Identifizieren wir β mit 1/kT , wobei k die Boltzmann-Konstante mit dem numerischen Wert k = 1, 381 · 10−23 J/K = 1, 381 · 10−16 ergK −1 = 8, 617 · 10−2 meV K −1 ist, so stellt das Ergebnis (4.21) die ber¨ uhmte Geschwindigkeitsverteilung von Maxwell (1831-1879) dar. Die Einheit der Energie ist hier gegeben durch J Joule“, erg oder Millielektronvolt meV , w¨ahrend die Einheit ” der absoluten Temperatur K Kelvin“ ist. ” Barometrische H¨ ohenformel Setzen wir H 0 = V (z) = mgz, so erh¨alt man die Gleichgewichtsverteilung von schweren Teilchen im Gravitationsfeld der Erde als f (z) = C −1 e−βmgz

(4.23)

Barometrische H¨ ohenformel

Die Impulskoordinaten und die x, y-Komponenten des Ortsvektors wurden dabei herausintegriert.

4.4 Aufgaben

35

4.4 Aufgaben 4.1. Eigenschaften der Spur Zeigen Sie f¨ ur beliebige Operatoren A, B, . . ., dass: a) f¨ ur die Spurbildung u ¨ ber Produkte folgendes Gesetz gilt: Sp(AB) = Sp(BA). Leiten Sie diese Relation zuerst mit Hilfe eines vollst¨andigen Satzes von Einteilchen-Schr¨odingerEigenfunktionen und dann in der k¨ urzeren Notation mit Zustandsvektoren her. b) die Spur mit Hilfe eines beliebigen vollst¨andigen Satzes von Eigenzust¨anden gebildet werden kann. c) unter der Spur u ¨ ber ein Produkt von drei Operatoren die Operatoren zyklisch vertauscht werden d¨ urfen.

5 Verbindung mit der Thermodynamik, Entropie

Aus der allgemeinen großkanonischen Verteilungsfunktion (4.7) erhalten wir den zugeh¨origen statistischen Operator ρ, dessen Matrixelemente gerade die Verteilung (4.7) ergeben < m |ρ| m >= ρm ,

(5.1)

  1 −β H−µN −Pi fi qi ρ= e . (5.2) Z Hier sind H, N und qi die Operatoren der Energie, der Teilchenzahl und der Koordinate qi . Die Zustandssumme, die von den Parametern β, µ und fi abh¨angt, ist   P Z(β, µ, {fi}) = Spe−β H−µN − i fi qi = e−βΩ(β,µ,{fi }) , (5.3) wobei



also

β Ω−H+µN +

ρ=e

P i

fi q i

 .

(5.4)

Wir nennen Ω das thermodynamische Potenzial. Es ergibt sich als   P 1 β −H+µN+ i fi qi Ω(µ, β, {fi}) = − ln Spe β Thermodynamisches Potenzial

(5.5)

Der Erwartungswert des Operators qi l¨asst sich als Ableitung von Ω nach fi berechnen, denn es gilt:   P ∂Ω 1 β −H+µN + j fj qj =− Spβqi e = −Spqi ρ = − < qi > . ∂fi βZ (5.6)

38

5 Verbindung mit der Thermodynamik, Entropie

Die Ableitung des Logarithmus liefert dabei die Normierung 1/Z und die Ableitung des Exponentialterms den Faktor βqi unter der Spur. Ebenso ist ∂Ω =− (5.7) ∂µ und  ∂Ω Ω 1 1 = − + < H − µN − fi qi >= − 2 < ln ρ > . (5.8) ∂β β β β i Mit der Bezeichnung β =

1 kT

kdT wird dβ = − (kT und damit )2

∂Ω dβ = k < ln ρ > dT = −SdT . ∂β

(5.9)

¨ In (5.9) haben wir also die Anderung des thermodynamischen Potenzials ∆Ω = −S∆T mit der Temperatur als das Negative der Entropiefunktion S bezeichnet. Wie (5.9) zeigt, ist diese neue thermodynamische Funktion S gegeben durch S = −k < ln ρ >= −kSp(ρ ln ρ)

(5.10)

Entropie

Der von R. Clausius (1822-1888) gepr¨agte Begriff der Entropie stammt aus dem Griechischen und bedeutet Umwandlung. Wir sehen, dass diese f¨ ur die Thermodynamik sehr wichtige Zustandsfunktion S gegeben ist durch den Mittelwert des Logarithmus der Verteilungsfunktion, beziehungsweise durch den Erwartungswert des Logarithmus des statistischen Operators. Da die Erwartungswerte von ρ Wahrscheinlichkeiten sind, die zwischen Null und Eins variieren, ist der Logarithmus negativ, so dass die in (5.10) definierte Entropie positiv ist. Wie alle wichtigen Begriffe der Physik, gewinnt auch der Begriff der Entropie erst im Kontext, das heißt hier, im Rahmen der noch abzuleitenden Beziehungen der Thermodynamik, seine Bedeutung. Lassen wir der K¨ urze wegen die Erwartungswertzeichen < > von N und qi weg, so ist die totale ¨ Anderung der thermodynamischen Funktion

5 Verbindung mit der Thermodynamik, Entropie

dΩ = −SdT − N dµ −



qidfi

39

(5.11)

Thermodynamische Identit¨ at Da sich das totale Differenzial von Ω ausdr¨ ucken l¨asst durch die Differenziale von T , µ und fi , h¨angt das thermodynamische Potenzial ab von den unabh¨angigen Variablen T, µ und fi , das heißt Ω = Ω(T, µ, {fi }). Aus (5.11) sieht man sofort, dass ∂Ω = −S, ∂T

∂Ω = −N, ∂µ

∂Ω = −qi , ∂fi

(5.12)

wobei wir - wie stets beim partiellen Differenzieren - die nicht von der Ableitung betroffenen Variablen festhalten. Die Energie E =< H > folgt mit ∂Ω TS = (5.13) ∂β β aus (5.8) E = µN +



fi q i + T S + Ω

(5.14)

Energie F¨ ur  das totale Differenzial von E erhalten wir dE = µdN + Ndµ + i (qi dfi + fi dqi ) + T dS + SdT + dΩ . Mit Hilfe von (5.11) erh¨alt man die Identit¨at dE = T dS + µdN +



fidqi

(5.15)

i

Totales Differenzial der Energie Man sieht, dass T dS = δQ die Zunahme der Energie ist, die man durch eine reversible Erh¨ohung der Entropie erh¨alt. Dabei muss das System immer im thermischen Gleichgewicht bleiben,

40

5 Verbindung mit der Thermodynamik, Entropie

dann ist ein solcher Prozess reversibel. Die Gr¨oße δQ ist also ein Maß f¨ ur die bei diesem reversiblen Prozess zugef¨ uhrte Energie, die wir W¨arme nennen. Das totale Differenzial (5.15) ist eine Form des ersten Hauptsatzes der Thermodynamik. Bringen wir alle Terme auf eine Seite, so beschreibt (5.15) die Energieerhaltung unter Einbeziehung dieser W¨armezufuhr δQ sowie ¨ der Anderungen der Energie durch Teilchenzufuhr und durch die am System von ¨außeren Feldern geleistete Arbeit. Die Energie h¨angt nach (5.15) von den unabh¨angigen Variablen S, N und ¨ qi ab, das heißt E = E(S, N, {qi }). Der Ubergang vom thermodynamischen Potenzial Ω(T, µ, f ) zur Energie E(S, N, q) ist nat¨ urlich eine Legendre-Transformation, wie wir sie schon in der ¨ Mechanik beim Ubergang von der Lagrange-Funktion L(q, q, ˙ t) zur Hamilton-Funktion H(q, p, t) mit der verallgemeinerten Impulsvariablen p = ∂L kennengelernt haben. Wir haben nun folgen∂ q˙ de Analogie der Legendre-Transformation in der Mechanik und in der Thermodynamik

5 Verbindung mit der Thermodynamik, Entropie

L(q, q, ˙ t)

p=

∂L ∂ q˙

41

Alte Funktion ⇐⇒ Ω(T, µ, f ) Neue Variable ⇐⇒ S = − ∂Ω , N = − ∂Ω , q = − ∂Ω ∂T ∂µ ∂f

Neue Funktion H(q, p, t) ⇐⇒ E(S, N, q) Transformation H = pq−L ˙ ⇐⇒ E = T S + µN + f q + Ω

Die in (5.10) eingef¨ uhrte Entropie verkn¨ upft die Statistik und die Thermodynamik. Wir wollen im Folgenden einige Eigenschaften dieser zentralen Zustandsfunktion der Thermodynamik kennenlernen. Zuerst setzen wir in unsere Definition  S = −k < ln ρ >= −k ρn ln ρn ≥ 0 (5.16) n

die mikrokanonische Verteilung 1 f¨ ur E − ∆E < En < E ρ(En ) = ρn = g(E) 0 sonst

(5.17)

ein und finden   1 1 S = −k g(E) ln g(E) g(E) oder

(5.18)

42

5 Verbindung mit der Thermodynamik, Entropie

S = k ln g(E)

(5.19)

Entropie der mikrokanonischen Verteilung

Diese Formel wurde zuerst von Boltzmann (1844-1906) abgeleitet. Sie steht (mit dem Symbol Ω f¨ ur die Zahl der Mikrozust¨ande) ohne Kommentar auf seinem Grabstein in Wien und soll den großartigen Beitrag von Ludwig Boltzmann w¨ urdigen, der die statistische Begr¨ undung der Thermodynamik lieferte. Nach dieser Formel ist die Entropie also proportional dem Logarithmus der Zahl der Mikrozust¨ande in ∆E. Man nennt g(E) auch kurz das statistische Gewicht. Die Entropie ist additiv f¨ ur nichtwechselwirkende Teilsysteme, f¨ ur die gilt  ρ= ρi . (5.20) i

Aus S = −k < ln ρ > folgt dann S = −k

 i

< ln ρi >=

(5.21)



Si .

(5.22)

i

Man sieht, dass die wichtige Eigenschaft der Additivit¨at der Entropie gerade aus der entsprechenden Eigenschaft des Logarithmus folgt. Ebenso folgt, dass die Entropie eine extensive Gr¨oße ist. Aus S = k ln g(E) und g(E) = (h(E/N))N folgt S = Nk ln h(E/N) = Ns(E/N) ,

(5.23)

wobei s(E/N) die Entropie pro Teilchen ist. Ein R¨ uckblick auf ¨ Kapitel 3 zeigt, dass wir beim Ubergang von der mikro- zur kanonischen Verteilung gerade die Entropie entwickelt haben. 5.1 Extremaleigenschaften der Entropie Wir werden nun folgende wichtige Aussage beweisen: Die Entropie der Gleichgewichtsverteilung ist maximal, oder, physikalisch

5.1 Extremaleigenschaften der Entropie

43

ausgedr¨ uckt, die Entropie eines abgeschlossenen Systems nimmt im thermischen Gleichgewicht ihren maximalen Wert an. F¨ ur den Beweis betrachten wir neben der Gleichgewichtsverteilung ρ eine beliebige andere Verteilung ρ˜. Wir f¨ uhren nun folgende Hilfsgr¨oße H - nach Boltzmann Eta-Funktion genannt - ein (leider l¨asst sich das griechische große Eta nicht vom lateinischen großen H unterscheiden) H = Sp˜ ρ(ln ρ − ln ρ˜) . (5.24) Mit den Eigenzust¨anden |˜ n > von ρ˜ wird    H= ρ˜n˜ < n ˜ | ln ρ| n ˜ > − ln ρ˜n˜ < n ˜|n ˜> . (5.25) n ˜

 Durch Einf¨ ugen der Vollst¨andigkeitsrelation n | n >< n | = 1 mit den Eigenzust¨anden | n > von ρ wird  H= ρ˜n˜ | < n ˜ | n > |2 (ln ρn − ln ρ˜n˜ ) n,˜ n

=

 n,˜ n

 2

ρ˜n˜ | < n ˜ | n > | ln

ρn ρ˜n˜

 .

(5.26)

Nun gilt ex ≥ 1 + x oder x ≥ ln(1 + x), also y − 1 ≥ ln y. Mit ρn y= (5.27) ρ˜n˜ folgt wieder unter Benutzung der Vollst¨andigkeitsrelation sowohl f¨ ur |n > als auch f¨ ur | n ˜>  H≤ | |2 (ρn − ρ˜n˜ ) = Sp(ρ − ρ˜) = 0 , (5.28) n,˜ n

also H = Spρ(ln ˜ ρ − ln ρ) ˜ ≤0

(5.29)

Extremaleigenschaft der Eta-Funktion

Setzen wir f¨ ur die Gleichgewichtsverteilung ρ die mikrokanonische Verteilung (2.14) f¨ ur ein abgeschlossenes System ein, so folgt ˜ mit S = −k < ln ρ˜ > aus (5.29)

44

5 Verbindung mit der Thermodynamik, Entropie

kH = −



ρ˜n˜ | < n ˜ |n > |2 k ln g(E) + S˜ ≤ 0 ,

(5.30)

wobei S = k ln g(E) nach (5.19) die Entropie eines mikrokanonischen Systems im Gleichgewicht ist und S˜ = −kSp˜ ρ ln ρ˜ die Entropie eines durch den statistischen Operator ρ˜ beschriebenen Nichtgleichgewichtszustandes ist. Nehmen wir an, dass der Operator ρ˜ nur Matrixelemente in dem von |n > aufgespannten HilbertRaum hat, dann gilt   Sp˜ ρ= < n|˜ ρ|n >= | < n|˜ n > |2 ρ˜n˜ = 1 . (5.31) Damit ist ˜ ≤ k ln g(E) = S S

(5.32)

Extremaleigenschaft der Entropie

Unter allen Verteilungsfunktionen, die nur Matrixelemente in dem von den Energiezust¨anden |n > aus ∆E aufgespannten Hilbert-Raum haben, hat die mikrokanonische Gleichgewichtsverteilung die gr¨oßte Entropie. In abgeschlossenen Systemen ist also die Entropie im thermodynamischen Gleichgewicht maximal. Bei der irreversiblen Ann¨aherung eines Systems ans Gleichgewicht muss also die Entropie zunehmen. Das ist eine Form des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik. F¨ ur eine detaillierte Diskussion der physikalischen und technischen Bedeutung des zweiten Hauptsatzes verweisen wir auf Lehrb¨ ucher der klassischen, ph¨anomenologischen Thermodynamik. Setzen wir die kanonische Verteilung ρn = Z1 e−βEn in (5.29) ein, so folgt  kH = ρ˜n˜ | < n ˜ |n > |2 k ln ρn + S˜ ≤ 0  =− ρ˜n˜ | < n ˜ |n > |2 k(ln Z + βEn ) + S˜ ≤ 0 n ˜ ,n

= −k ln Z − kβSp˜ ρH + S˜ ≤ 0 ,

(5.33)

5.1 Extremaleigenschaften der Entropie

45

oder mit E˜ = Sp˜ ρH T S˜ ≤ kT ln Z + E˜ .

(5.34)

Definieren wir eine neue thermodynamische Funktion

F = −kT ln Z = −kT ln Spe−βH = E − T S

(5.35)

Freie Energie

so folgt ˜ − TS ˜ = F˜ F ≤E

(5.36)

Extremaleigenschaft der freien Energie

Die freie Energie wird also minimal, falls bei vorgegebener Temperatur ein System im thermischen Gleichgewicht mit einem Bad ist. F¨ ur das totale Differenzial der freien Energie gilt dF = dE − SdT − T dS mit (5.15) dF = −SdT + µdN +



fi dqi ,

(5.37) (5.38)

das heißt die freie Energie ist eine Funktion der unabh¨angigen Variablen T , N und {qi }: F = F (T, N, {qi }) .

(5.39)

Setzen wir die allgemeine großkanonische Verteilung ρ=

1 −β(H−µN −P fi qi) e Z

(5.40)

46

5 Verbindung mit der Thermodynamik, Entropie

in das Boltzmannsche Eta-Theorem (5.29) ein, so folgt wie oben mit dem thermodynamischen Potenzial    P  −β H−µN − fi qi Ω = E−T S−µN− fi qi = −kT ln Spe (5.41) ˜=E ˜ −T S ˜ −µN ˜− Ω≤Ω



fiq˜i

(5.42)

Extremaleigenschaft des thermodynamischen Potenzials Bei vorgegebener Temperatur T, chemischem Potenzial µ und Kr¨ aften f i ist also das thermodynamische Potenzial im Gleichgewicht minimal. 5.2 Zwei Systeme im Gleichgewicht 1. Zwei Systeme im thermischen Kontakt

E1

E2

Zwei Systeme im thermischen Kontakt Wir betrachten den Gleichgewichtszustand von zwei Systemen, die sich im thermischen Kontakt befinden. F¨ ur das abgeschlossene Gesamtsystem gilt: δE = 0 .

(5.43)

F¨ ur ein System im Gleichgewicht gilt ferner δS = 0 .

(5.44)

Nun ist aber E = E1 + E2 und S = S1 (E1 ) + S2 (E2 ). Daher ist δE1 + δE2 = 0 oder δE1 = −δE2 und ∂S1 ∂S2 δE1 + δE2 = 0 ∂E1 ∂E2

(5.45)

5.2 Zwei Systeme im Gleichgewicht

oder

∂S1 ∂S2 = . ∂E1 ∂E2

Da aber nach (5.15)

∂E ∂S

47

(5.46)

= T bei festen N und qi ist, folgt T1 = T2

(5.47)

Thermisches Gleichgewicht Im thermischen Gleichgewicht sind also beide Temperaturen gleich. Die Temperatur ist also der Parameter, der fu ¨r Systeme, die miteinander im thermischen Gleichgewicht sind, gleich sein muss. 2. Zwei Systeme mit Energie- und Teilchenaustausch

E1 , N 1

E2 , N2

Zwei Systeme mit Energie- und Teilchenaustausch Neben dem Energieaustausch soll jetzt auch Teilchenaustausch m¨oglich sein. F¨ ur das Gleichgewicht des abgeschlossenen Gesamtsystems gilt: δE = 0, δN = 0 und δS = 0, also δE1 = −δE2 , δN1 = −δN2 und ∂S1 ∂S1 ∂S2 ∂S2 δE1 + δN1 + δE2 + δN2 = 0 . ∂E1 ∂N1 ∂E2 ∂N2 Die Identit¨at dE = T dS + µdN = 0 liefert die Beziehung − Tµ . Damit wird 1  µ1 µ2  1 − δE1 − − δN1 = 0 . T1 T2 T1 T2 Da δE1 und δN1 willk¨ urlich sind, folgt

(5.48) ∂S ∂N

=

(5.49)

48

5 Verbindung mit der Thermodynamik, Entropie

T1 = T2 ,

µ 1 = µ2

(5.50)

Gleichgewicht mit Energie- und Teilchenaustausch Die Temperaturen und die chemischen Potenziale mu ¨ssen gleich sein. 5.3 Entropie und Information Wir wollen den Entropiebegriff etwas versch¨arfen. Wir bezeichnen die Nichtgleichgewichtsentropie S˜ = −k < ln ρ˜ >

(5.51)

auch wie von Shannon eingef¨ uhrt als Informationsentropie und S = MaxS˜ als die thermodynamische Entropie, oder kurz die Entropie. Die Informationsentropie ist eng verwandt mit der in der Nachrichtentechnik definierten Information. Man betrachtet dort N Ereignisse En mit n = 1, 2, . . . , N, die mit der Wahrscheinlichkeit ρn eintreten, das heißt ρn = 1. Der mittlere Informationsgehalt einer Ereignisreihe ist dann ¨ahnlich wie die Informationsentropie definiert als  I=− ρn log2 ρn , (5.52) wobei mit 2log2 x = x der duale Logarithmus benutzt wird. I gibt die Zahl der Ja-Nein-Fragen an, die n¨otig sind, um die Ereignisreihe zu bestimmen. Damit sieht man, dass die Entropie ein Maß ist f¨ ur den Informationsmangel, den man hat, um den Ausgang einer Messung mit Sicherheit vorhersagen zu k¨onnen. Damit ist auch klar, dass die Entropie f¨ ur ein stark ungeordnetes System besonders groß sein wird und dass die Entropie mit wachsender Ordnung, die man etwa durch Abk¨ uhlen des Systems erzeugen kann, abnehmen wird. Ist das System nahe dem absoluten Temperaturnullpunkt im quantenmechanischen Vielteilchengrundzustand, so ist die dazugeh¨orige Entropie Null. Dieser Sachverhalt wird auch Nernstsches Theorem genannt. Um es zu begr¨ unden, muss man quantenmechanisch mit dem Grundzustand argumentieren,

5.4 Andere Darstellungen der mikrokanonischen und kanonischen Verteilungen

es wird also f¨ ur klassisch berechnete Entropien im Allgemeinen nicht erf¨ ullt sein. Beispiele fu ¨ r Informationsentropie 1. N = 1, 1 Ereignis, es tritt mit Sicherheit auf, ρn = 1, also I = 0. 2. N = 2, 2 Ereignisse (Wappen, Zahl), ρn = 1/2, also I = log2 2 = 1. Es ist gerade eine Ja-Nein-Frage n¨otig, um festzustellen, ob Wappen oder Zahl gefallen ist (1 bit (binary digit)). 3. N = 6, W¨ urfel, ρn = 1/6, also I = log2 6 = 2, 58 bit. Es sind manchmal 2, manchmal 3 Ja-Nein-Fragen n¨otig. 4. N = 2, ρ1 = p, ρ2 = q = 1 − p, also I = −p log2 p − q log2 q. Es ist I = 0 f¨ ur p = 1, q = 0, I = MaxI = 1 f¨ ur p = q = 1/2. 5.4 Andere Darstellungen der mikrokanonischen und kanonischen Verteilungen Mit dem Ergebnis (5.19) l¨asst sich umgekehrt die mikrokanonische Verteilung durch die Entropie ausdr¨ ucken S e− k f¨ ur E − ∆E < En < E ρn = (5.53) 0 sonst. Verwendet man nun noch den Zusammenhang zwischen der Entropie, der freien Energie und der Energie, T S = E − F , so findet man β(F −E) e f¨ ur E − ∆E < En < E ρn = (5.54) 0 sonst. Diese Darstellung der mikrokanonischen Verteilung macht den formalen Zusammenhang mit der kanonischen Verteilung viel deutlicher. Mit (5.35) l¨asst sich die kanonische Verteilung schreiben als ρn = eβ(F −En ) . (5.55) Die variable Energie En in der kanonischen Verteilung (5.55) wird also in der mikrokanonischen Verteilung (5.54) innerhalb der Energieschale ersetzt durch den konstanten Wert E, w¨ahrend die Verteilung außerhalb der Energieschale null gesetzt wird.

49

50

5 Verbindung mit der Thermodynamik, Entropie

5.5 Aufgaben 5.1. Entropie eines mikrokanonischen Ensembles von Zweiniveausystemen Berechnen Sie aus der Zahl der Mikrozust¨ande (2.30) in einem Zweiniveausystem dessen Entropie S(E, N). Leiten Sie die Tem∂S peraturabh¨angigkeit her unter Verwendung der Beziehung ∂E = T1 und diskutieren Sie E(T, N) und S(T, N).

6 Thermodynamische Relationen

In diesem Kapitel wollen wir einige thermodynamische Relationen ableiten und besprechen, die wir zur Berechnung der Zustandssummen in den folgenden Kapiteln verwenden werden. Wir beginnen damit, physikalisch wichtige Beispiele f¨ ur ¨außere Felder n¨aher auszuf¨ uhren. Anschließend werden die zweiten Ableitungen der thermodynamischen Potenziale, wie etwa die spezifische W¨arme, n¨aher betrachtet. Zum Schluss dieses Kapitels werden wir noch r¨aumlich homogene Systeme und die sich daf¨ ur ergebenden Vereinfachungen behandeln. 6.1 Beispiele fu außere Felder ¨r ¨ In der verallgemeinerten großkanonischen Verteilung haben wir angenommen, dass ¨außere  Felder fi die Energie des Systems a¨ndern k¨onnen: Hw = − fi qi . Volumen¨anderung durch ¨außere Kraft Eine mechanische ¨außere Kraft −mg soll u ¨ber einen beweglichen Stempel auf das System wirken. Im Gleichgewicht kompensiert der Druck p auf die Fl¨ache F des Stempels die Schwerkraft Kz = pF = mg .

(6.1)

Das dazugeh¨orige Potenzial ist −pF z = −pV . Wir fassen −p als a¨ußeres Feld f auf und V als Systemvariable q. Dann ist das totale Differenzial des thermodynamischen Potenzials dΩ(T, µ, p) = −SdT − Ndµ + V dp . (6.2) Da E = µN − V p + T S + Ω ist, finden wir

52

6 Thermodynamische Relationen

dE(S, N, V ) = T dS + µdN − pdV .

(6.3)

Betrachten wir zwei Systeme, die miteinander im thermischen Gleichgewicht stehen (bewegliche Stempel), so gilt: δV = δV1 + δV2 = 0 ,

E1 , V 1

und δE = δE1 + δE2 = 0 .

=⇒

(6.4)

E 2 , V2

Zwei Systeme mit Energieaustausch und Volumen¨ anderung

Die Gesamtentropie ¨andert sich ebenfalls nicht, also ist     ∂S1 ∂S2 ∂S1 ∂S2 δS = − δE1 + − δV1 = 0 (6.5) ∂E1 ∂E2 ∂V1 ∂V2 Da δE1 und δV1 unabh¨angig sind, gilt T1 = T2

und

∂S1 p1 p2 = = ∂V1 T1 T2

oder p1 = p2 ,

(6.6)

das heißt der Druck und die Temperatur m¨ ussen gleich sein. Translationsbewegung Bewegt sich das betrachtete System als Ganzes mit der Geschwindigkeit u, so tritt also in der Hamilton-Funktion u ¨berall ui − u auf  p2  1  i H= − pi · u + u 2 mi . (6.7) 2mi 2 i i i Fassen  wir die Geschwindigkeit u als a¨ußeres Feld, den Gesamtimpuls i pi = P als Systemvariable q auf, dann gilt dΩ = −SdT − Ndµ − P · du

(6.8)

dE = T dS + µdN + u · dP .

(6.9)

und

6.1 Beispiele f¨ ur ¨ außere Felder

53

Drehbewegung Bei einer Drehung des Gesamtsystems mit der Winkelgeschwindigkeit ω tritt ein Zusatzterm −ω · L

(6.10)

auf, wobei ω ↔ f und der Gesamtdrehimpuls L ↔ q wird: dΩ = −SdT − Ndµ − L · dω

(6.11)

dE = T dS + µdN + ω · dL .

(6.12)

und Elektrisches Feld Falls ein ¨außeres elektrisches Feld E a am System angreift, so ist die Energie der Dipolmomente  Hw = − pi · E a . (6.13) i



Damit wird i pi = P die elektrische Polarisation zur Systemvariablen q, das a¨ußere Feld E a ↔ f . Damit ist dΩ = −SdT − Ndµ − P · dE a

(6.14)

dE = T dS + µdN + E a · dP .

(6.15)

und Magnetisches Feld Im ¨außeren magnetischen Feld B a ist die Energie magnetischer Dipolmomente mi  Hw = − mi · B a . (6.16) 

i

Die Magnetisierung mi = M ist hier die Variable q, w¨ahrend B a ↔ f . Damit ist dΩ = −SdT − Ndµ − M · dB a

(6.17)

dE = T dS + µdN + B a · dM .

(6.18)

und Wir wollen mit diesen Beispielen die Einf¨ uhrung und Diskussion der Eigenschaften der verschiedenen thermodynamischen

54

6 Thermodynamische Relationen

Funktionen beenden. Wir stellen zum Schluss alle u ¨blichen thermodynamischen Potenziale in einer Tabelle zusammen unter der Annahme, dass als ¨außere Felder nur mechanische Kr¨afte wirken. Dabei finden wir auch die bisher noch nicht erw¨ahnte Enthalpie H = E + pV und die freie Enthalpie G = H − T S. Tab. 6.1 Thermodynamische Potenziale und Identit¨aten Energie E = E(S, N, V )

dE = T dS + µdN − pdV

Freie Energie F = E − T S = F (T, N, V )

dF = −SdT + µdN − pdV

Enthalpie H = E + pV = H(S, N, p)

dH = T dS + µdN + V dp

Freie Enthalpie G = H − T S = G(T, N, p)

dG = −SdT + µdN + V dp

Therm. Potenzial Ω = G − µN = Ω(T, µ, p)

dΩ = −SdT − N dµ + V dp

Großkan. Potenzial J = F − µN = J(T, µ, V )

dJ = −SdT − N dµ − pdV

In der Thermodynamik gilt die Konvention, alle extensiven Gr¨oßen, also alle Gr¨oßen, die in homogenen Systemen proportional dem Volumen anwachsen, groß zu schreiben, w¨ahrend die intensiven Gr¨oßen klein geschrieben werden. Eine Ausnahme ist die intensive Gr¨oße der absoluten Temperatur T , die schon anderweitig durch Großschreibweise festgelegt war. Die jeweiligen Zustandssummen, aus denen wir diese Potenziale berechnen, sind F = −kT ln Spe−βH J = −kT ln Spe−β(H−µN ) P Ω = −kT ln Spe−β(H−µN − fi qi ) .

(6.19) (6.20) (6.21)

Die Berechnung dieser Zustandssummen ist die Hauptaufgabe der Statistik f¨ ur Gleichgewichtssysteme. Ist eine dieser Zustandssummen berechnet und damit das entsprechende Potenzial bekannt, so lassen sich - ¨ahnlich wie man in der Mechanik durch Ableitung des

6.2 Relationen zwischen zweiten Ableitungen

55

Potenzials die Kraft erh¨alt - auch hier durch partielle Ableitungen des Potenzials andere thermodynamische Funktionen berechnen. Aus den totalen Differenzialen der Potenziale sieht man direkt, welche thermodynamische Funktion man durch die Ableitungen erh¨alt. So ist zum Beispiel   ∂F ∂F = −S = . (6.22) ∂T ∂T N,V Die explizite Angabe der Variablen, die bei der Ableitung festgehalten werden wie in (6.22), ist in der Thermodynamik u ¨blich. 6.2 Relationen zwischen zweiten Ableitungen Aus den totalen Differenzialen gewinnt man die partiellen Ableitungen       ∂E ∂E ∂E = T, = µ, = −p (6.23) ∂S N,V ∂N S,V ∂V S,N und 

∂S ∂E



1 = , T



∂S ∂N



µ =− , T



∂S ∂V



p , etc. T N,V E,V N,E (6.24) Betrachtet man zum Beispiel E als Funktion von S, N, V , so kann man also direkt die partiellen Ableitungen von E nach diesen Variablen aus dem totalen Differenzial von E ablesen. S, N, V sind offenbar die nat¨ urlichen unabh¨angigen Variablen, von denen E abh¨angt. Nur wenn man ein thermodynamisches Potenzial als Funktion aller nat¨ urlichen Variablen kennt, kann man alle thermodynamischen Eigenschaften daraus ableiten. Schreibt man allgemein dL = Xdx + Y dy + Zdz ,

=

(6.25)

so gilt

∂X ∂2L ∂Y ∂2L = , = . ∂y ∂y∂x ∂x ∂x∂y Daher gilt die Maxwell-Relation

(6.26)

56

6 Thermodynamische Relationen

∂X ∂Y = ∂y ∂x Maxwell-Relation

(6.27)

Beispiele: – Mit der Wahl L = E, X = −p, x = V, Y = µ, y = N folgt



∂p ∂N



 =−

S,V

∂µ ∂V

(6.28)

 .

(6.29)

S,N

– W¨ahlt man dagegen L = F, x = V, X = −p, y = T, Y = −S , folgt



∂S ∂V



 = T,N

∂p ∂T

(6.30)

 .

(6.31)

V,N

Differenziert man nicht nach den nat¨ urlichen Variablen, so ergeben sich Relationen zwischen den verschiedenen Ableitungen thermodynamischer Potenziale, zum Beispiel: 

∂E ∂T



 =

V,N

∂E ∂S



∂S ∂T



 =T

V,N

∂S ∂T

 = cV V,N

spezifische W¨ arme bei konstantem Volumen und

(6.32)

6.2 Relationen zwischen zweiten Ableitungen



∂E ∂T



 =

p,N

∂E



∂S

∂S



∂T

 =T p,N

∂S ∂T

57

 = cp p,N

(6.33) spezifische W¨ arme bei konstantem Druck Wir halten also fest:  cx = T

∂S

 (6.34)

∂T

x

spezifische W¨ arme bei festem x = V, p Ferner gilt         ∂E ∂E ∂S ∂E ∂S ∂p = + =T −p = T −p . ∂V T,N ∂S ∂V T,N ∂V ∂V T,N ∂T V,N (6.35) Wie oben, kann man also auch E = E(T, V ) betrachten. Man muss h¨aufig die Variablen wechseln. Gegeben sei z = z(x, y), daraus folgt auch x = x(y, z). Dann gilt     ∂z ∂z dz = dx + dy . (6.36) ∂x y ∂y x Aus dz = 0 folgert man 

und



∂x ∂y

∂x ∂y

  z

 



∂z ∂y

= −  ∂z  x z

∂z ∂x

(6.37)

∂x y

  y

∂y ∂z

 = −1 .

(6.38)

x

Diese Beziehung (6.38) ist wichtig f¨ ur den Wechsel der unabh¨angigen Variablen.

58

6 Thermodynamische Relationen

Eine andere n¨ utzliche Technik sind die Jacobi-Determinanten, die wie Poisson-Klammern in der Mechanik gebildet werden: ∂(f, g) ∂f ∂g ∂f ∂g = − . ∂(x, y) ∂x ∂y ∂y ∂x

(6.39)

Mit den zus¨atzlichen Variablen u = u(x, y) und v = v(x, y) erhalten wir mit zum Beispiel ∂f ∂f ∂u ∂f ∂v = + ∂x ∂u ∂x ∂v ∂x folgende Form

(6.40)

  ∂f ∂u ∂f ∂v ∂g ∂u ∂g ∂v + + ∂u ∂x ∂v ∂x ∂u ∂y ∂v ∂y    ∂f ∂u ∂f ∂v ∂g ∂u ∂g ∂v − + + ∂u ∂y ∂v ∂y ∂u ∂x ∂v ∂x

∂(f, g) = ∂(x, y)



Die H¨alfte der Terme hebt sich weg, und man erh¨alt    ∂(f, g) ∂f ∂g ∂f ∂g ∂u ∂v ∂u ∂v = − − ∂(x, y) ∂u ∂v ∂v ∂u ∂x ∂y ∂y ∂x oder

∂(f, g) = ∂(x, y)



∂(f, g)) ∂(u, v)



∂(u, v)) ∂(x, y)

(6.41)

(6.42)

 .

(6.43)

Es gilt also wie beim gew¨ohnlichen Differenzieren eine Kettenregel. W¨ahlt man speziell g = y, so wird   ∂(f, y) ∂f ∂f ∂y ∂f = − = (6.44) ∂(x, y) ∂x ∂y ∂x ∂x y und

Dann gilt ∂(z, x) = ∂(y, x)

∂(f, y) ∂f ∂y ∂f = − =− ∂(y, x) ∂y ∂x ∂x 

∂z ∂y

 x

∂(z, x) ∂(z, y) = =− ∂(z, y) ∂(y, x)





∂f ∂x

∂x ∂y

Das ist wieder die abgeleitete Relation (6.37).

 .

(6.45)

y

  z

∂z ∂x

 . (6.46) y

6.2 Relationen zwischen zweiten Ableitungen

59

Als Anwendung dieser Formel leiten wir eine Beziehung zwischen den Kompressibilit¨aten und den spezifischen W¨armen her. Die Kompressibilit¨aten sind wie folgt definiert

κx = −

1 V



∂V ∂p

 =− x

1 ∂(V, x) V ∂(p, x)

(6.47)

Kompressibilit¨ at bei festem x = S, T Die Kompressibilit¨at bei konstanter Entropie heißt isentrope oder auch adiabatische Kompressibilit¨at. Mit (6.34) sind die spezifischen W¨armen gegeben durch   ∂S ∂(S, x) cx = T =T . (6.48) ∂T x ∂(T, x) Es gilt κS = −

1 ∂(V, S) 1 ∂(V, S) ∂(V, T ) ∂(p, T ) cV κT =− = V ∂(p, S) V ∂(V, T ) ∂(p, T ) ∂(p, S) cp

(6.49)

κS cV = , κT cp

(6.50)

oder

das heißt das Verh¨altnis der isentropen Kompressibilit¨at zur isothermen ist gleich dem Verh¨altnis der spezifischen W¨armen bei konstantem Volumen und konstantem Druck. Weiter ist ∂(S, V ) ∂(S, V ) ∂(T, p) ∂(S, V ) 1   =T =T ∂(T, V ) ∂(T, p) ∂(T, V ) ∂(T, p) ∂V ∂p T         ∂S ∂V ∂S ∂V 1   =T − ∂V ∂T p ∂p T ∂p T ∂T p ∂p T     ∂S ∂V T = cp + . (6.51) ∂p T ∂T p κT V

cV = T

Mit Hilfe der Maxwell-Beziehung (6.27)

60

6 Thermodynamische Relationen



∂S ∂p



T

  ∂2G ∂V =− =− ∂p∂T ∂T p

folgt

 cp − cV =

Wir bezeichnen

1 α= V

∂V ∂T 

2

∂V ∂T

p

T . V κT

(6.52)

(6.53)

 (6.54) p

als den thermischen Ausdehnungskoeffizienten. Damit gilt f¨ ur alle Systeme α2 T V cp − cV = ≥0. (6.55) κT 6.3 Homogene Systeme In homogenen Systemen lassen sich die thermodynamischen Relationen etwas vereinfachen. Alle Gr¨oßen, die mit dem Volumen oder der Teilchenzahl linear anwachsen, nennt man extensive Gr¨oßen. F¨ ur die extensiven Gr¨oßen kann man Dichten, bezogen auf das Volumen oder auf die Teilchenzahl, einf¨ uhren. Wir beschreiben hier als Beispiel Dichten pro Teilchen. Es gilt f¨ ur die Energie, die Entropie und das Volumen E = Ne(s, v) mit e =

E S V , s = ,v = . N N N

(6.56)

Aus der thermodynamischen Identit¨at f¨ ur die Energie dE = T dS + µdN − pdV

(6.57)

oder edN + Nde = NT ds + T sdN + µdN − Npdv − pvdN

(6.58)

folgt (e − T s − µ + pv)dN = 0 oder

(6.59)

6.3 Homogene Systeme

E − T S + pV = G = µN

61

(6.60)

Gibbs-Duhem-Relation fu ¨ r freie Enthalpie

Man nennt diese Beziehung eine Gibbs-Duhem-Relation. In homogenen Systemen ist also die freie Enthalpie pro Teilchen gleich dem chemischen Potenzial. Andererseits folgt aus (6.58) die thermodynamische Identit¨at f¨ ur die Energiedichte: de = T ds − pdv .

(6.61)

Entsprechend gilt f¨ ur das thermodynamische Potenzial Ω: Ω(T, µ, p) = Nω(T, µ, p)

(6.62)

ωdN + Ndω = −NsdT − Ndµ + Nvdp .

(6.63)

und Daraus folgt ω = 0 oder Ω = 0

(6.64)

dµ = −sdT + vdp = dg(T, p) .

(6.65)

und F¨ ur das großkanonische Potenzial J erhalten wir mit J(T, µ, V ) = Nj(T, µ, v)

(6.66)

die Beziehung dJ = jdN + Ndj = −sNdT − Ndµ − pNdv − pvdN ,

(6.67)

aus der folgt j = −pv

oder J = −pV

(6.68)

und dj = −sdT − pdv − dµ . Wir stellen noch einmal zusammen

(6.69)

62

6 Thermodynamische Relationen

G = µN,

Ω = 0,

J = −pV

(6.70)

Gibbs-Duhem-Relationen

und

de = T ds−pdv, dµ = −sdT +vdp, dj = −sdT −pdv−dµ (6.71) Thermodynamische Identit¨ aten

6.4 Homogene Systeme mit mehreren Teilchenarten Hat man mehrere Teilchenarten, so haben wir in der großkanonischen Verteilung ρn =

1 −β(H−Pi µi Ni −Pi fi qi) e . Z

(6.72)

F¨ ur die freie Enthalpie in homogenen Systemen kann man schreiben G = Ng(T, p, ci) (6.73)  mit der Konzentration ci = NNi . Es gilt i ci = 1. Wir haben also I − 1 unabh¨angige Variablen ci , wobei I die Anzahl der Teilchenarten ist. In homogenen Systemen ist G eine homogene Funktion 1. Ordnung, die folgendermaßen skaliert: G(T, p, αNi ) = αG(T, p, Ni ) .

(6.74)

Leitet man G nach α ab, erh¨alt man ∂G  ∂G = Ni = G(T, p, Ni ) . ∂α ∂(αN ) i i

(6.75)

6.5 Aufgaben

Setzt man die Skalierungskonstante α = 1, so folgt mit die Gibbs-Duhem-Relation  G= µ i Ni .

63

∂G ∂Ni

= µi

(6.76)

i

Das großkanonische Potenzial J kann man direkt aus der großkanonischen Zustandssumme berechnen: P

−βΩ(T, p, µi ) = ln Spe−β(H− i µi Ni +pV ) = 0 P = ln Spe−β(H− µi Ni ) − βpV = 0 ,

(6.77)

oder −βJ(T, V, µi ) = ln Spe−β(H−

P i

µi N i )

= βpV .

(6.78)

Die mikroskopische Rechnung liefert in nat¨ urlicher Weise die Zustandssumme als Funktion von T, µi und V , f¨ uhrt damit direkt auf das großkanonische Potenzial und folglich auf den Druck P

pV = kT ln Spe−β(H−

i

µi Ni )

= V p(T, V, µi)

(6.79)

Druck fu ¨r homogene Systeme

6.5 Aufgaben 6.1. Paramagnetische Eigenschaften eines Spinsystems Der Paramagnetismus beruht auf der Ausrichtung der magnetischen Momente im Magnetfeld. Wir betrachten ein System mit N Zentren mit jeweils einem Elektron, dessen Spin noch zwei Einstellungen erlaubt. Die Energie eines Elektrons im Magnetfeld B kann daher folgende Werte annehmen: 1

σ = − gs µB σB 2

mit σ = ±1 und µB =

e . 2m0 c

(6.80)

µB ist das Bohrsche Magneton und gs ist der gyromagnetische Faktor. Berechnen Sie aus der großkanonischen Verteilung u ¨ber

64

6 Thermodynamische Relationen

ein thermodynamisches Potenzial Ω ohne chemischen Potenzialterm (da die Zahl der Elektronen fest ist)    Ω = −kT N ln 1 + e− σ β (6.81) σ

die Magnetisierung M und hieraus die statische Spinsuszeptibilit¨at χ: ∂Ω ∂M M =− , χ= . (6.82) ∂B ∂B B=0

6.2. Diamagnetische Eigenschaften eines zweidimensionalen Elektronengases Berechnen Sie die Bewegung eines Elektrons, das sich nur in einer zweidimensionalen x-y-Ebene bewegen kann, in einem konstanten Magnetfeld, das senkrecht (in z-Richtung) zur x-y-Ebene steht. Aus dieser Bahnbewegung eines idealen 2d-Elektronengases sollen dann die diamagnetischen Eigenschaften in einem schwachen Magnetfeld berechnet werden. a) Zeigen Sie, dass der spinunabh¨angige Teil des Einteilchenenergiespektrums gegeben ist durch die Energieeigenwerte eines harmonischen Oszillators   1

n = n + 2µB B n = 0, 1, 2, · · · (6.83) 2 Man nennt diese Energien Landau-Niveaus. Zeigen Sie dazu zuerst, dass Sie das Magnetfeld Bez durch das Vektorpotenzial A = −xBey darstellen k¨onnen. ei sind die Einheitsvektoren. b) Bestimmen Sie den Entartungsfaktor f¨ ur jedes Landau-Niveau n dadurch, dass Sie die Zahl der m¨oglichen Werte der Wellenzahl k in y-Richtung in einer endlichen Fl¨ache ermitteln. c) Berechnen Sie das thermodynamische Potenzial Ω aus der großkanonischen Zustandssumme. F¨ uhren Sie dazu die Spur der Zustandssumme aus mit den Produktzust¨anden  |n, k > , n,k

6.5 Aufgaben

65

wobei |n, k > die Eigenzust¨ande im Magnetfeld sind. n ist die Landau-Quantenzahl, k die Wellenzahl in y-Richtung. Die Zustandssumme l¨auft u ¨ber die Besetzungszahl Nn,k eines Zustandes nur u ¨ ber die Werte 0 und 1, da nach dem Pauli-Prinzip in jedem Einteilchenzustand h¨ochstens ein Elektron sein kann. d) Um eine asymptotische N¨aherung f¨ ur kleine Magnetfelder B zu erhalten, f¨ uhren Sie die diskrete Summe im thermodynamischen Potenzial u ¨ber die Landau-Niveaus mit Hilfe folgender asymptotischen Formel von Euler-Maclaurin (siehe Abramowitz, Stegun, Formel 23.1.32) aus    ∞ ∞  1 1 F n+ dxF (x) + F  (0) . (6.84) 2 24 0 n=0 e) Berechnen Sie die Suszeptibilit¨at durch zweimaliges Ableiten des thermodynamischen Potenzials nach dem Feld.

7 Ideales klassisches Gas

7.1 Berechnung der thermodynamischen Eigenschaften Wir beginnen die Berechnungen der Zustandssummen f¨ ur physikalische Systeme mit dem einfachsten System, n¨amlich dem eines idealen, klassischen Gases. Ideal heißt in diesem Zusammenhang, dass die Teilchen nicht miteinander wechselwirken. Im Anschluss daran werden wir im n¨achsten Kapitel ideale Quantengase betrachten. Die Zustandssummen realer Systeme k¨onnen im Allgemeinen nur noch n¨aherungsweise berechnet werden. Wir werden daher in diesem Buch einige Approximationsverfahren, wie zum Beispiel Entwicklungen f¨ ur verd¨ unnte Systeme, St¨orungstheorie, Variationsverfahren und quasi-klassische N¨aherungen, ausf¨ uhrlich besprechen. F¨ ur klassische, nichtwechselwirkende Gase wollen wir die freie Energie aus der kanonischen Zustandssumme ableiten, die als Integration u ¨ber den 3N-dimensionalen Phasenraum berechnet wird. Da man heute durch Mikrostrukturierung auch zwei- und eindimensionale Systeme etwa in Form von Quantenfilmen (quantum wells) und Quantendr¨ahten herstellen kann, wollen wir allgemein d-dimensionale Systeme untersuchen. In einem d-dimensionalen System ist eine freie Bewegung also nur in d = 3, 2, 1 Richtungen m¨oglich. Wir betrachten der Einfachheit halber ein d-dimensionales Volumen mit gleichen Kantenl¨angen L, so dass das Volumen V (d) = Ld ist.   1 dN Zkl = d x ddN p e−βH(x,p) . (7.1) (2π)dN N! dN p2i F¨ ur ein ideales Gas mit dN Freiheitsgraden ist H = i=1 2m , da der Impuls der N Teilchen jeweils d Komponenten hat. Damit reduziert sich die Zustandssumme auf

68

7 Ideales klassisches Gas

LdN 1 Zkl = dN (2π) N ! LdN 1 = dN (2π) N !





dp e 

−∞

2mπ β

−βp2 /2m

dN

dN/2 .

(7.2)

Mit der Stirling-Formel ln N ! N ln(N/e) folgt f¨ ur Fkl = −kT ln Zkl    d   eLd mkT 2 d kT m Fkl = −kT N ln = −kT N − kT N ln 2 N 2π2 2 2π2 n d (7.3) oder

F/(NkT)

-1

-2

-2.8

1

2

3

4

5

kT/E0(3)

Abb. 7.1. Freie Energie des idealen klassischen Gases als Funktion der Temperatur

Fkl = −kT N −

d 2

kT N ln

kT (d)

(7.4)

E0

Freie Energie des klassischen idealen Gases Dabei ist n(d) = N/Ld die Teilchendichte in d Dimensionen und 2 2 2 (n(d) ) d 2 (d) E0 = 4π = 4π Nd (7.5) 2 2m 2mL die d-dimensionale Nullpunktsenergie. Jedem Teilchen steht im Mittel nur das Volumen Ld /N oder die L¨ange ∆x = L/N 1/d zur

7.1 Berechnung der thermodynamischen Eigenschaften

69

Verf¨ ugung. Nach der Heisenbergschen Unsch¨arferelation ist daher  der Impuls unscharf: ∆px ∆x . Damit verbunden ist die Lokali2 ∆px (d) sierungsenergie E 2m . Das ist die physikalische Bedeutung der oben auftretenden Nullpunktsenergie. Obwohl wir die Statistik eines klassischen Gases behandeln, tritt dieses Maß f¨ ur die Quantisierungsenergie auf, da wir die Berechnungen der klassischen Zustandssummen so gew¨ahlt haben, dass sie mit dem quasiklassischen Grenzfall der quantenstatistischen Berechnung u ¨bereinstimmen. Nat¨ urlich darf die klassische Statistik gerade nicht durch die Quantisierung bestimmt sein, vielmehr ist hier die mittlere Translationsenergie kT ausschlaggebend. Es muss also sicher (d) kT E0 sein, damit die klassische Statistik u ¨ berhaupt anwendbar ist. Alternativ wird die thermische Energie dkT /2, also kT /2 pro Translationsfreiheitsgrad, durch eine thermische Wellenl¨ange λ, auch thermische de-Broglie-Wellenl¨ange genannt, ausgedr¨ uckt:  2 dkT 2 < k 2 > 2 2π = = . (7.6) 2 2m 2m λ(d) Daraus ergibt sich die thermische de-Broglie-Wellenl¨ange in d Dimensionen als 2π λ(d) = √ . (7.7) dmkT F¨ ur hohe Temperaturen ist die thermische Wellenl¨ange klein. Der (d) Parameter kT /E0 l¨aßt sich auch schreiben als kT (d) E0

=

2π 1

d(λ(d) (n(d) ) d )2

.

(7.8)

(d)

Aus der Beziehung kT E0 folgt dann (λ(d) )d n(d) 1 .

(7.9)

Die Zahl der Teilchen in einem d-dimensionalen W¨ urfel, dessen Kantenl¨ange die thermische Wellenl¨ange λ(d) ist, muss also im klassischen Bereich sehr klein sein, oder anders gesagt, das System muss so verd¨ unnt und so heiß sein, dass die Beziehung (7.9) gilt. Ausf¨ uhrlich geschrieben ist die freie Energie   V (d) d mkT Fkl = −kT N 1 + ln − kT N ln . (7.10) N 2 2π2

70

7 Ideales klassisches Gas

Nun ist

∂F kT N = −p = − (d) (d) ∂V V

(7.11)

oder pV (d)

=

N kT

(7.12)

Zustandsgleichung des klassischen idealen Gases Nat¨ urlich ¨andert sich f¨ ur die F¨alle f¨ ur d = 3, 2, 1 nicht nur die Dimension des Volumens, sondern auch die des dazugeh¨origen Druckes. Die Entropie ist   ∂F d kT d S=− = kN + kN ln (d) + kN (7.13) ∂T N,V 2 2 E0 oder

Skl =

d+2 2

kN +

d 2

kN ln

kT (d)

(7.14)

E0

Entropie des klassischen idealen Gases

S/(kN)

5

4

3 2.4

1

2

3

4

5

kT/Eo(3d)

Abb. 7.2. Entropie des klassischen idealen Gases als Funktion der Temperatur

7.1 Berechnung der thermodynamischen Eigenschaften

71

Abb. 7.2 zeigt, wie die Entropie mit der Temperatur zunimmt. F¨ ur T → 0 geht S → −∞. Nach dem Nernstschen Theorem geht aber die Entropie bei der Ann¨aherung an den absoluten Nullpunkt gegen Null. Die klassische Statistik ist also bei tiefen Temperaturen nicht mehr anwendbar. Wieder sieht man, dass die klassische Beschreibung eines idealen Gases nur gilt, wenn die thermische Energie kT viel gr¨oßer ist als die charakteristische quantenmechanische Energie E0 . Um die Theorie des klassischen, idealen Gases f¨ ur die n¨aherungsweise Beschreibung eines realen Gases verwenden zu k¨onnen, muss nat¨ urlich dar¨ uber hinaus die kinetische Energie noch viel gr¨oßer als die mittlere Wechselwirkungsenergie sein. F¨ ur die spezifische W¨arme bei konstantem Volumen finden wir   ∂S d cV = T = kN . (7.15) ∂T V (d) 2 Um die spezifische W¨arme bei konstantem Druck cp zu berechnen, eliminieren wir V (d) zugunsten von p   d+2 kT d mkT S= kN + kN ln + kN ln . (7.16) 2 p 2 2π2 Dann ist   ∂S d+2 cp = T = kN , (7.17) ∂T p 2 so dass folgende Beziehung zwischen den spezifischen W¨armen gilt: cp − cV

=

kN

(7.18)

Relation zwischen spezifischen W¨ armen F¨ ur adiabatische oder deutlicher gesagt isentropische Volumen¨anderungen folgt dann mit (7.16) aus der Konstanz der Entropie S = const.: d+2 d+2 d m kN ln kT − kN ln p + kN + kN ln = const. 2 2 2 2π2 (7.19)

72

7 Ideales klassisches Gas

oder

d+2 kN ln kT − kN ln p = const. 2

(7.20)

cp ln kT − (cp − cV ) ln p = const.

(7.21)

oder Mit dem Wert γ(d) =

cp d+2 = cV d

(7.22)

f¨ ur das ideale Gas finden wir γ(d) ln kT − (γ(d) − 1) ln p = const.   (kT )γ(d) ln = const. pγ(d)−1

(7.23)

oder

T γ(d) p1−γ(d) = const. ,

T (V (d) )γ(d)−1 = const. ,

p(V (d) )γ(d) = const.

(7.24)

Adiabatische Zustandsgleichungen des idealen klassischen Gases Dabei haben wir die Zustandsgleichung pV (d) = NkT zur Umwandlung der einzelnen Formen benutzt. F¨ ur die Energie des idealen Gases finden wir

Ekl = Fkl + T Skl =

d

kT N 2 Energie des idealen klassischen Gases

(7.25)

Jedes Teilchen hat also im Mittel die thermische Energie d2 kT , f¨ ur jeden Freiheitsgrad ist die mittlere thermische Energie also 1 kT . 2 F¨ ur die freie Enthalpie finden wir

7.2 Aufgaben

73

d kT G = F + pV (d) = −kT N − NkT ln (d) + kT N 2 E0 d kT = − NkT ln (d) . (7.26) 2 E0 F¨ ur r¨aumlich homogene Systeme gilt die Gibbs-Duhem-Relation (6.60) G = Nµ. Daraus folgt das chemische Potenzial d kT µkl = − kT ln (d) 2 E0

(7.27)

Chemisches Potenzial des idealen klassischen Gases  ∂F  Diese Beziehung folgt nat¨ urlich auch direkt mit µ = ∂N T,V (d) aus (7.4). Im G¨ ultigkeitsbereich der klassischen Statistik kT (d) µ E0 ist demnach kT 0, das chemische Potenzial hat f¨ ur klassische Gase also große, negative Werte. Diese Eigenschaft bewirkt, dass f¨ ur klassische Gase der Parameter z = eβµ klein ist. Man nennt diesen Parameter die Fugazit¨at. Die Fugazit¨at ist damit ein geeigneter Entwicklungsparameter zur n¨aherungsweisen Behandlung von wechselwirkenden klassischen Gasen. 7.2 Aufgaben 7.1. Berechnung der Entropie eines mikrokanonischen Systems Berechnen Sie die Entropie eines klassischen idealen dreidimensionalen Gases nach (5.19) direkt f¨ ur ein mikrokanonisches Ensemble und vergleichen Sie das Ergebnis mit (7.14), das f¨ ur ein kanonisches Ensemble berechnet wurde. Zeigen Sie, dass die Ergebnisse f¨ ur die beiden Ensembles gleich sind, wenn man sie beide als Funktion derselben unabh¨angigen Variablen, etwa S = S(T, V, N), ausdr¨ uckt. Verwenden Sie, dass das Volumen einer 3N-dimensionalen Kugel mit dem Radius r gegeben ist durch

74

7 Ideales klassisches Gas 1

V

(3N )

(π 2 r)3N =  3N  . ! 2

(7.28)

Diese Formel wird im folgenden Kapitel abgeleitet, siehe (8.26). 7.2. Umformung der Entropie eines idealen Gases Zeigen Sie am Beispiel eines dreidimensionalen idealen klassischen Gases, dass sich die Boltzmann-Verteilung schreiben l¨asst als 3 p2 fp = (E0 β) 2 e−β 2m . (7.29) 2

2 (3) 3

Dabei ist E0 = 4π  (n2m ) die Nullpunktsenergie. Zeigen Sie ferner, dass die Entropie des klassischen idealen Gases (7.14) sich auch ableiten l¨asst aus der Formel 3   dp S = −kV fp ln fp + kN . (7.30) 2π

8 Ideale Quantengase

Wird die thermische Energie kT vergleichbar der oder kleiner als die Nullpunktsenergie E0 , so wird die Quantenstatistik der Teilchen wichtig. Teilchen mit halbzahligem Spin gen¨ ugen der Fermi-Statistik, Teilchen mit ganzzahligem Spin gen¨ ugen der Bose-Statistik. Mit dem d-dimensionalen Impulsvektor p = k ist der Wellenvektor k verkn¨ upft. Außerdem ist der Quantenzustand noch durch die Spinquantenzahl sz = s charakterisiert. Den Vielteilchen-Hamilton-Operator verwenden wir in der zweiten Quantisierung, die im Anhang A beschrieben wird. In dieser Methode werden Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren c†k,s und ck,s f¨ ur die Teilchen eingef¨ uhrt, die folgenden Vertauschungsrelationen gen¨ ugen   † ck,s , ck ,s = δs,s δk,k ,  ± † † ck,s , ck ,s = 0 ,  ± ck,s , ck ,s = 0 . (8.1) ±

Das obere Vorzeichen gilt hier wie im Folgenden f¨ ur Fermionen, das untere f¨ ur Bosonen. Der Antikommutator von zwei FermiOperatoren a und b ist definiert als [a, b]+ := ab + ba, w¨ahrend der Kommutator von zwei Bose-Operatoren gegeben ist durch [a, b]− := ab − ba. Der Hamilton-Operator eines idealen Quantengases ist  † H= ek ck,s ck,s , (8.2) k,s

wobei ek =

2 k 2 2m

die kinetische Energie ist.

76

8 Ideale Quantengase

8.1 Berechnung des großkanonischen Potenzials Wir berechnen die thermodynamischen Eigenschaften von idealen Quantengasen aus dem großkanonischen Potenzial J(T, µ, V (d) ) = −kT ln Spe−β(H−µN ) .

(8.3)

Da sowohl H wie N nur Teilchenzahloperatoren enthalten, ist die Spur mit Produkten von Teilchenzahlzust¨anden leicht zu berechnen:  |nki ,s > , (8.4) {ki ,s}

wobei im Fermi-Fall ein Zustand nur leer oder einfach besetzt sein kann, also nki ,s = 0, 1 sein muss, w¨ahrend im Bose-Fall die Zahl der Teilchen pro Zustand unbeschr¨ankt ist: nki ,s = 0, 1, 2, . . .. Damit liefert die Spurbildung  J(T, µ, V (d) ) = −kT ln e−β(ek −µ)nk,s k,s nk,s

= −kT

 k,s

= −kT



ln



e−β(ek −µ)nk,s

nk,s

ln Zk,s .

(8.5)

Zk,s = 1 + e−β(ek −µ) .

(8.6)

k,s

F¨ ur Fermionen erh¨alt man

F¨ ur die Bosonenzustandssumme ergibt sich eine geometrische Reihe Zk,s = 1 + e−β(ek −µ) + e−2β(ek −µ) + · · · 1 = . −β(e k −µ) 1−e

(8.7)

Damit ergibt sich f¨ ur das großkanonische Potenzial, das f¨ ur r¨aum(d) lich homogene Systeme gerade gleich −pV ist,    −J = V (d) p(T, µ) = ±kT ln 1 ± e−β(ek −µ) , (8.8) k,s

8.1 Berechnung des großkanonischen Potenzials

77

und damit wird die Zustandsgleichung von idealen Quantengasen pV (d)

=

±kT



  ln 1 ± e−β(ek −µ)

(8.9)

k,s

Zustandsgleichung der idealen Quantengase wobei das obere Vorzeichen f¨ ur Fermionen, das untere f¨ ur Bosonen gilt. Aus der Tabelle der thermodynamischen Potenziale sehen wir, dass die Teilchenzahl N durch die Ableitung von J nach µ gegeben ist:  ∂J 1 N =− = ±kT (±β)e−β(ek −µ) −β(e k −µ) ∂µ 1 ± e k,s   1 = = nk . (8.10) β(ek −µ) ± 1 e k,s k,s Wir erhalten also die bekannten Fermi- und Bose-Verteilungen:

nk =

1

eβ(ek −µ) ± 1 Fermi- und Bose-Verteilungsfunktionen

(8.11)

Wegen des Termes −1 im Nenner der Bose-Verteilung muss der Exponent des ersten Terms im Nenner von (8.11) positiv sein. Da die tiefste kinetische Energie e0 = 0 ist, muss das chemische Potenzial f¨ ur Bosonen µ ≤ 0 sein. F¨ ur Fermionen gibt es eine solche Beschr¨ankung nicht. Ist die Teilchenzahl N konstant, so kann man aus (8.10) das chemische Potenzial ermitteln. Ist dagegen die Teilchenzahl nicht erhalten, wie zum Beispiel f¨ ur Photonen und Phononen, muss man auch im Bezug auf N das Minimum der freien Energie suchen. Da die Ableitung von F nach N gerade das chemische Potenzial µ liefert, erh¨alt man   ∂F µ= =0. (8.12) ∂N T,V

78

8 Ideale Quantengase

Man sieht, dass f¨ ur diese Teilchen das chemische Potenzial Null ist. F¨ ur die Entropie finden wir aus der Potenzialtabelle S =−

   (±β)(ek −µ)e−β(ek −µ)  ∂J = ±k ln 1 ± e−β(ek −µ) ± k ∂T 1 ± e−β(ek −µ) k,s k,s (8.13)

oder T S = ±kT



   ln 1 ± e−β(ek −µ) + (ek − µ)nk .

k,s

(8.14)

k,s

Man beachte, dass das chemische Potenzial bei der partiellen Temperaturableitung nach (8.3) konstant gehalten wird. Mit den Formen (8.11) f¨ ur nk und 1 ∓ nk l¨asst sich die Entropie (8.14) auch auf folgende Form bringen

T S = −kT

  nk ln nk ± (1 ∓ nk) ln(1 ∓ nk)

(8.15)

k,s

Entropie der idealen Quantengase

Das Ergebnis (8.15) hat wieder direkt die urspr¨ ungliche Form  S = −k w ln w, wobei hier die Wahrscheinlichkeiten die Besetzung von allen Teilchen- und Lochzust¨anden beschreiben. Wir verstehen dabei unter der Besetzungswahrscheinlichkeit eines Loches (zweiter Term) - das heißt eines fehlenden Teilchens - den Erwartungswert < ck c†k >= 1 ∓ nk . Das Vorzeichen des zweiten Terms ist je nach Statistik so gew¨ahlt, dass der zweite Term einen insgesamt positiven Beitrag liefert. Die Form (8.15) der Entropie l¨asst sich leicht auf Nichtgleichgewichtssituationen ausdehnen, indem man die Gleichgewichtsverteilungen nk durch Nichtgleichgewichtsverteilungen nk (t) ersetzt. Wir werden sehen, dass diese so gewonnene Nichtgleichgewichtsentropie, beziehungsweise die damit verkn¨ upfte - in Kapitel 5 schon diskutierte - Eta-Funktion, im Rahmen der Theorie der Boltzmann-Gleichung eine wichtige Rolle spielt.

8.2 Berechnung der d-dimensionalen Impulssummen

79

Mit der Form (8.14) findet man f¨ ur die Energie E = J + T S + µN =



eknk

(8.16)

k,s

Energie der idealen Quantengase F¨ ur ein nichtwechselwirkendes Gas muss nat¨ urlich die Gesamtenergie gleich der Summe der kinetischen Energien aller Teilchen sein, wie wir das mit (8.16) auch formal gefunden haben. 8.2 Berechnung der d-dimensionalen Impulssummen Wir wollen nun zur expliziten Berechnung die relevanten Impulssummen und Spinsummen f¨ ur Elementarteilchen mit ek = 2 k 2 /2m betrachten. Die Summe u ¨ber die Spinquantenzahl sz = s liefert f¨ ur einen spinunabh¨angigen Summanden den Entartungsfaktor gs = 2s + 1 gem¨aß der Anzahl der m¨oglichen Spineinstellungen. Die Summe u ¨ber den d-dimensionalen Vektor k ersetzen wir durch ein Integral:    (∆k)d dd k (d) = gs → g V , (8.17) s d d (∆k) (2π) k,s k wobei wir im Nenner die aus den Randbedingungen folgende d Beziehung (∆k)d = (2π) eingesetzt haben. In Polarkoordinaten V (d) erh¨alt man, falls der Integrand nicht von den Winkeln abh¨angt,  ∞  gs V (d) (d) = Ω k d−1 dk , (8.18) d (2π) 0 k,s wobei Ω (d) der d-dimensionale Raumwinkel ist. Nun f¨ uhren wir eine zus¨atzliche Integration u ¨ber eine Energie e ein, die wir formal mit einer Delta-Funktion wieder r¨ uckg¨angig machen:   ∞ ∞  gs V (d) (d) = Ω de k d−1 δ(e − ek )dk d (2π) 0 0 k,s  ∞ = gs V (d) deρ(d) (e) . (8.19) 0

80

8 Ideale Quantengase

Der Raumwinkel hat die Werte Ω (1) = 2 ,

Ω (2) = 2π ,

Ω (3) = 4π .

(8.20)

Um den Raumwinkel Ω (d) in beliebiger Dimension zu berechnen, betrachten wir das Gauß-Integral ¨ber eine unendlich große d u dimensionale Kugel mit x2 = di=1 x2i G

(d)

 = =

(d) −x2

dV √

e

G

2

dxi e−xi

i=1 d

d 2

π =π .

In Polarkoordinaten ist (d)

=

d  

=Ω

(d)





(8.21)

2

drr d−1 e−r .

(8.22)

0

Mit der Variable y = r 2 und damit dy = 2rdr wird    d Ω (d) ∞ Ω (d) d (d) −1 −y G = dyy 2 e = Γ . (8.23) 2 0 2 2 ∞ Dabei haben wir die Gamma-Funktion Γ (x) = 0 dyy x−1e−y mit Γ (n + 1) = n! eingef¨ uhrt. Der Raumwinkel Ω (d) ist also d

2π 2 Ω = d . (8.24) Γ 2     1 Mit den speziellen Werten Γ 12 = π 2 , Γ (1) = 1, und Γ 32 = 1 12 π erhalten wir wieder die oben angegebenen Werte. Mit Γ (x) = 2 (x − 1)! folgt das in Aufgabe 7.1 angegebene Volumen einer ddimensionalen Kugel  r rd (d) (d) V =Ω dr rd−1 = Ω (d) . (8.25) d 0 (d)

Mit (8.24) wird dann d

V

(d)

d

π 2 rd π 2 rd = d d = d . Γ 2 ! 2 2

(8.26)

8.2 Berechnung der d-dimensionalen Impulssummen

81

Die in (8.19) eingef¨ uhrte d-dimensionale Zustandsdichte erh¨alt man durch Ausf¨ uhrung der Integration u ¨ber k. Die δ-Funktion  2m 1/2 1/2 hat eine L¨osung k0 = 2 e . Mit der Beziehung    f (x)  dxf (x)δ(g(x)) = , (8.27) |dg/dx| x=xi x i

wobei xi die L¨osungen der Gleichung g(x) = 0 sind, findet man  ∞ 2m k d−2 kd−1 δ(e − ek )dk = 2 0 θ(e) . (8.28)  2 0 Setzt man k0 ein, so ergibt sich  d/2  ∞ 1 2m d−1 k δ(e − ek )dk = ed/2−1 θ(e) . 2 2  0

(8.29)

Mit dem Integral (8.29) liefert (8.19) die Zustandsdichte

ρ

(d)

1 Ω (d) (e) = 2 (2π)d



2m 2

d/2

(d)

ed/2−1 θ(e) = ρ0 ed/2−1 θ(e) (8.30)

d-dimensionale Zustandsdichte In drei Dimensionen ergibt sich  3/2 1 2m (3) (3) ρ (e) = 2 e1/2 θ(e) = ρ0 e1/2 θ(e) , 2 4π 

(8.31)

das ist gerade die u ¨ bliche wurzelf¨ormige dreidimensionale Zustandsdichte. In zwei Dimensionen erh¨alt man   1 2m (2) (2) ρ (e) = θ(e) = ρ0 θ(e) . (8.32) 2 4π  In zwei Dimensionen ist die Zustandsdichte nur gegeben durch die Theta-Sprungfunktion, das heißt sie ist nur f¨ ur e > 0 ungleich Null und konstant.

82

8 Ideale Quantengase

In einer Dimension schließlich finden wir  1/2 1 2m (1) ρ (e) = e−1/2 θ(e) 2π 2 (1)

= ρ0 e−1/2 θ(e) .

(8.33)

Normierte Zustandsdichte

Wir erhalten also f¨ ur Quantendr¨ahte eine bei e = 0 singul¨are Zustandsdichte. 5 4 3

3d

2

2d

1

1d

0 -1

0

1

2

3

Normierte Energie

Abb. 8.1. Zustandsdichte f¨ ur 3-, 2- und 1-dimensionale Systeme

8.3 Berechnung des chemischen Potenzials Als erstes wollen wir uns der Berechnung des chemischen Potenzials eines d-dimensionalen Quantengases mit Teilchenzahlerhaltung zuwenden: n(d) =

N 1  = nk,± , V (d) V (d) k,s

wobei nk,± =

(8.34)

1

(8.35) eβ(ek −µ) ± 1 die Fermi- beziehungsweise Bose-Verteilung ist. Wir ziehen nun die sogenannte Fugazit¨at z = eβµ vor die Summe (8.34) und erhalten

(8.36)

8.3 Berechnung des chemischen Potenzials



n

(d)

= gs zI

(d)

wobei

(0)

1 

(d)

I± (z) =

V

(d) k

(d)

I± (z) I (d) (0)



83

,

(8.37)

1 . ±z

(8.38)

eβek

Setzen wir in den letzten Klammerausdruck von (8.37) z = 0 ein, so dass dieser Ausdruck 1 ergibt, erhalten wir gerade den Boltzmann-Fall 1  −β(ek −µ) n(d) = gs (d) e . (8.39) V k (d)

Den Ausdruck I± (0) kann man am besten in kartesischen Koordinaten ausrechnen 1  −βek I (d) (0) = (d) e V k  d  +∞  dki −β 2 ki2 = e 2m 2π −∞ i=1   d2   d2 2m kT = = n(d) , (8.40) (d) 4π2 β E0 wobei wieder die in Kapitel 7 schon diskutierte d-dimensionale Nullpunktsenergie auftritt: 2

(d) E0

= 4π

2 (n(d)) d

2m d-dimensionale Nullpunktsenergie

I

(d)

(z)

(8.41)

Das normierte Integral I±(d) (0) werten wir nun in Polarkoordinaten aus. Da die Integranden nicht von den Winkeln abh¨angen, fallen die Raumwinkel (8.20) Ω (d) und alle anderen Konstanten vor den Integralen heraus. Wir erhalten

84

8 Ideale Quantengase (d)

(d)

I± (z) J (z) = ±(d) (d) I (0) J (0) 

mit



(8.42)

1 . ±z 0 Das Integral mit z = 0 ist gerade die Gamma-Funktion  ∞ d (d) J (0) = dxx 2 −1 e−x = Γ (d/2) . (d) J± (z)

=2

dkk d−1

(8.43)

ek2

(8.44)

0

Die Werte der Gamma-Funktion wurden oben schon angegeben. (d) In zwei Dimensionen l¨asst sich J± (z) analytisch auswerten.  ∞  ∞ 1 1 (2) J± (z) = 2 dk k k2 = dx e−x . (8.45) 1 ± e−x z e ±z 0 0 1000

2d 100

3d

1d

(d)

kT/E 0 (n)

10 1

Fermi

0.1

Bose

0.01 0.001 -10

Boltzmann -5

0

5

10

µ(n,T)/kT Abb. 8.2. Chemisches Potenzial µ(n(d) , T )β als Funktion des Entartungsparame2

(d)

ters gsd kT /E0 (n(d) ) gezeichnet mit gs = 1 f¨ ur Bosonen, Fermionen und klassische Teilchen in d = 1, 2, 3

Mit der Variablen y = 1 ± e−x z und ∓dy = ze−x dx erhalten wir mit ∓ 1z dy = ± 1z ln(1 ± z) das Ergebnis y 1 (2) J± (z) = ± ln(1 ± z) . z

(8.46)

8.3 Berechnung des chemischen Potenzials

85

(d)

In den Dimensionen 3 und 1 muss J± (z) numerisch integriert werden. Den Boltzmann-Fall erhalten wir nat¨ urlich wieder mit (d) J± (z) → 1. Von (8.37) erhalten wir mit (8.40) J (d) (0)  1=z

2

gsd kT (d)

E0

 d2 

(d)

J± (z) J (d) (0)



Diese Gleichung l¨asst sich umformen in  − d2 2 (d) gsd kT J± (z) = z (d) . (d) J (0) E0

.

(8.47)

(8.48)

Das obere Vorzeichen gilt wieder f¨ ur Fermionen, das untere f¨ ur (d) (d) Bosonen, der klassische Grenzfall wird mit J± (z) → J (0) beschrieben. Das Verh¨altnis der thermischen Energie kT zur Null(d) punktsenergie E0 ist ein Maß f¨ ur die Entartung eines Quantengases. Ist das Verh¨altnis wesentlich gr¨oßer als 1, k¨onnen die Quanteneffekte vernachl¨assigt werden, man ist im klassischen Grenzfall. Die Quantenstatistik dominiert dagegen in dem Bereich, in dem die Nullpunktsenergie gr¨oßer ist als die thermische Energie. In Abb. 8.2 tragen wir das aus (8.48) resultierende Verh¨altnis 2

(d)

kT gsd /E0 logarithmisch auf gegen das Verh¨altnis des chemischen Potenzials zur thermischen Energie βµ = ln z. Wir haben den Spinentartungsfaktor gs in das Verh¨altnis der thermischen Energie zur Nullpunktsenergie hineingezogen, um einen universellen Vergleich der drei Statistiken in den betrachteten drei Dimensionen zu erm¨oglichen. Wir sehen auf diese Weise auch, dass eine große Spinentartung den Entartungsgrad erniedrigt, da sich viele Teilchenzust¨ande noch durch verschiedene Spineinstellungen unterscheiden k¨onnen. In dieser Darstellung ist der Boltzmann-Fall durch Geraden mit der Steigung − 2d gegeben. Man sieht, wie die Ergebnisse der Fermi- und der Bose-Statistik sich im klassischen Limes den Boltzmann-Geraden asymptotisch anschmiegen. F¨ ur 2 (d) d kT gs /E0 ≤ 1 finden wir jedoch f¨ ur die zwei Quantenstatistiken ganz andere Ergebnisse. F¨ ur die Bosonen geht das chemische Potenzial in einer und zwei Dimensionen f¨ ur T → 0 asymptotisch nach Null. In drei Dimensionen wird das chemische Potenzial ex-

86

8 Ideale Quantengase 2

akt Null bei einer kritischen Temperatur

kTc gsd (d) E0

1, es tritt die

sogenannte Bose-Einstein-Kondensation ein. F¨ ur Fermionen geht dagegen das chemische Potenzial im Grenzfall niedriger Temperaturen gegen einen festen positiven Grenzwert, die Fermi-Energie (d) (d) EF E0 . Wir werden diese Eigenschaften noch etwas detaillierter besprechen. Zun¨achst wollen wir den Verlauf der Fermi- und Bose-Verteilungsfunktionen f¨ ur eine gegebene Teilchendichte als Funktion der Einteilchenenergie f¨ ur verschiedene Temperaturen n¨aher betrachten. Wir w¨ahlen als Beispiel zweidimensionale Quantengase, da wir hier das chemische Potenzial mit (8.46) analytisch berechnen k¨onnen. Aus (8.48) folgt f¨ ur d = 2 E

(2) 0

e± kT gs = 1 ± z . Daraus folgt



(2) E ± kT0g s

z=± e

(8.49) 

−1

(8.50)

oder

1

kT = 0.05 E 0

0.8

f(k)

0.6

kT = 0.2 E 0

0.4

kT = E 0

0.2 0

0

1

kT = 2 E 0 2

3

e(k)/E o

Abb. 8.3. Fermi-Verteilung bei fester Teilchenzahl und verschiedenen Temperaturen f¨ ur ein 2-dimensionales Gas von Fermionen mit Spin 1/2

8.4 Berechnung der Fermi-Energie



(2) E ± kT0g s

µ = kT ln ±e

87

 ∓1

(8.51)

Chemisches Potenzial in 2d fu ¨r Fermionen und Bosonen Wir tragen nun nk,± = eβezk ±z mit (8.50) gegen ek f¨ ur verschiedene Temperaturen auf. Man sieht, wie die Fermi-Funktion nk,+ (siehe Abb. 8.3) bei niederen Temperaturen zu einer Sprungfunktion nk,+ = Θ(EF − ek ) entartet. Dagegen werden in der BoseVerteilung f¨ ur abnehmende Temperaturen immer mehr Teilchen in den niedersten Energiezust¨anden angeh¨auft (siehe Abb. 8.4). 5

kT = 0.2 E0

4

g(k)

3 2

kT = E0

1 0

0

kT = 2 E0 1

2

3

e(k)/E0

Abb. 8.4. Bose-Verteilung bei fester Teilchenzahl und verschiedenen Temperaturen f¨ ur ein 2-dimensionales Gas von Bosonen mit Spin Null

8.4 Berechnung der Fermi-Energie Wir wollen zun¨achst noch die Fermi-Energie EF explizit berechnen. Dazu bilden wir  EF  (d) n = Θ(EF − ek ) = gs deρ(d) (e) , (8.52) k,s

0

mit der d-dimensionalen Zustandsdichte (8.30). Damit erhalten wir  d/2  EF gs Ω (d) 2m (d) n = de ed/2−1 2 (2π)d 2 0

88

8 Ideale Quantengase

gs Ω (d) = 2 (2π)d oder



 EF =

2m 2

d/2

d

dπ 2 gs Ω (d)

 2d

2 d/2 E d F

(d)

E0 .

(8.53)

(8.54)

Bis auf einen numerischen Faktor ist also die Fermi-Energie durch die Nullpunktsenergie gegeben. Das muss auch so sein, da bei T = 0 keine andere charakteristische Energie vorhanden ist. In d=3 erhalten wir zum Beispiel f¨ ur ein Elektronengas mit gs = 2 32/3 π 1/3 (3) EF = E0 . 4

(8.55)

8.5 Bose-Einstein-Kondensation Nun wollen wir noch die Bose-Einstein-Kondensation besprechen, die in einem dreidimensionalen Bose-Gas stattfindet. Wie wir oben sahen, wird das chemische Potenzial bei einer kritischen Temperatur Tc gleich Null. Mit gs = 1 und n(3) = n finden wir  ∞ 1 n= deρ(3) (e) βc e e −1 0  ∞ ∞  = deρ(3) (e)e−nβce (8.56) 0

n=1

oder n=

(3) ρ0 βc−3/2

 ∞ ∞  1 dxx1/2 e−x 3/2 n 0 n=1

(3)

= ρ0 βc−3/2 ζ(3/2)Γ (3/2) ,

(8.57)

wobei die Zeta-Funktion gegeben ist durch ζ(3/2) =

∞  1 = 2, 612 3/2 n n=1

und die Gamma-Funktion durch

(8.58)

8.5 Bose-Einstein-Kondensation





Γ (3/2) =

dxx1/2 e−x =

0

π 1/2 . 2

89

(8.59)

Aus (8.57) finden wir mit (8.31) 1 n = 3 3/2 2 π



2m 2 βc

 32 ζ(3/2) .

(8.60)

F¨ ur die kritische Temperatur der Bose-Einstein-Kondensation finden wir 2

(3)

kTc = ζ(3/2)− 3 E0

(8.61)

Kritische Temperatur der Bose-Einstein-Kondensation F¨ ur Temperaturen T < Tc muss das chemische Potenzial Null bleiben. Damit gilt  3/2 1  π 3/2 2mkT nk,− = 3 ζ(3/2) < n . (8.62) V k 2 2 Das heißt unterhalb der kritischen Temperatur bringen wir nicht mehr gen¨ ugend Teilchen in Zust¨anden mit endlichem Impuls un¨ ter. Beim Ubergang von der Summe zum Integral haben wir aber genau die Besetzung des tiefsten Impulszustandes verloren, da die 1/2 Zustandsdichte ek → 0 f¨ ur k → 0 verschwindet. Normalerweise ist dieser Fehler vernachl¨assigbar, nur wenn der Zustand k = 0 durch sehr viele Teilchen besetzt ist, so dass n0 = NV0 auch f¨ ur V → ∞ endlich bleibt, macht sich der Fehler bemerkbar. Unter diesen Bedingungen sagen wir, der Zustand k = 0 ist makroskopisch besetzt. Unterhalb Tc lautet also (8.60) richtig

90

8 Ideale Quantengase

n = n0 +

1



2mkT

 32

ζ(3/2) 23 π 3/2 2 Bosonen-System mit Kondensat

(8.63)

Man bezeichnet die makroskopische Besetzung des Zustandes k = 0 als Kondensation im Impulsraum. n0 wird kurz als Kondensat bezeichnet. Die Bose-Einstein-Kondensation in schwach wechselwirkenden Systemen f¨ uhrt zur Superfluidit¨at. Die superfluide Phase der Bose-Fl¨ ussigkeit 4 He beruht nach allgemeiner Auffassung auf einer Bose-Einstein-Kondensation. 4 He-Fl¨ ussigkeit ist ein dichtes System mit starker Wechselwirkung, daher ist das mikroskopische Verst¨andnis dieses Systems schwierig. Dagegen wurden erst vor Kurzem lasergek¨ uhlte Alkaliatomsysteme, zum Beispiel Gase von Rubidium- und Natriumatomen, in magnetischen Fallen durch Verdunstungsk¨ uhlung soweit abgek¨ uhlt, dass sich ein großer Teil der Atome im Zustand mit dem Impuls 0 ansammelte, das heißt in diesen atomaren Gasen wurde eine Bose-Einstein-Kondensation nachgewiesen. Die Temperaturabh¨angigkeit des Kondensatanteils wurde ebenfalls schon ausgemessen, sie folgt in der Tat (8.63) modifiziert f¨ ur ein r¨aumlich inhomogenes System in der magnetischen Falle. 8.6 Zustandsgleichung von Quantengasen Zum Schluss wollen wir noch die Zustandsgleichung von Quantengasen explizit berechnen. Ausgehend von der Gleichung (8.9) finden wir  ∞   d (d) (d) (d) pV = ±kT gs V ρ0 dee 2 −1 ln 1 ± e−β(e−µ) . (8.64) 0

Wir f¨ uhren nun eine partielle Integration durch  ∞ ∞  ∞  def (e)g(e) = f (e)g(e) − def (e)g  (e) 0

mit

0

0

(8.65)

8.6 Zustandsgleichung von Quantengasen

91

d



f (e) = e

d −1 2

e2 , f (e) = d/2

(8.66)

und   g(e) = ln 1 ± e−β(e−µ) , g  (e) = ∓βn(e)± . Damit wird pV

(d)

2 (d) = gs V (d) ρ0 d

oder pV (d) =





0

d

dee 2 n(e)±

2 ek n(ek )± . d k,s

(8.67)

(8.68)

(8.69)

Die Summe ergibt nach (8.16) gerade die Energie des Quantengases. Wir erhalten als Schlussergebnis die Zustandsgleichung pV (d) =

2

E d Zustandsgleichung der Quantengase

(8.70)

Man sieht sofort, dass man im klassischen Limes E → NkT d/2 wieder die Zustandsgleichung eines klassischen idealen Gases erh¨alt. Bei tiefen Temperaturen gibt es dagegen Abweichungen vom klassischen Verhalten. Da die Energie eines Systems entarteter Fermionen gr¨oßer ist als die eines klassischen Gases, ist der Druck im Fermi-System entsprechend gr¨oßer. Man spricht vom FermiDruck oder Entartungsdruck. Er ist eine direkte Folge des PauliAusschließungsprinzips, nach dem Fermionen im gleichen Spinzustand einander nicht zu nahe kommen d¨ urfen. Umgekehrt ist der Druck in einem System entarteter Bosonen kleiner als in einem entsprechenden klassischen Gas, da die mittlere Energie im Bosonengas aufgrund der Ansammlung vieler Teilchen in den niedersten Energiezust¨anden und der damit verbundenen Bose-EinsteinKondensation dort sehr klein ist. F¨ ur Fermionen ist bei T = 0 µ(T = 0) = EF , damit liefert das Energieintegral

92

8 Ideale Quantengase



E = gs V

(d) (d) ρ0

EF

0

d 2

dee ∝ V

(d)

d +1 2

EF

∝V

(d)

(d) d (E0 ) 2 +1∝

Also gilt mit V (d) = Ld p(V (d) )

d+2 d

= pLd+2 ∝ N

d+2 d

,

 V

(d)

 d+2 d N . V (d) (8.71) (8.72)

das heißt der Druck w¨achst mit abnehmendem Volumen f¨ ur Fermi-Systeme st¨arker an als f¨ ur entsprechende klassische Systeme mit pV (d) = NkT . Allgemein sieht man, dass der Druck folgende Temperaturabh¨angigkeit hat  ∞ d 2 (d) (d) (d) pV = gs V ρ0 d(βe)(βe) 2 n(βe, βµ) d +1 dβ 2 0 d 2 = (kT ) 2 +1 gs V (d) f (βµ) , (8.73) d wobei f (x) mit der dimensionslosen Variablen x = βµ das allein von dieser Variablen abh¨angige Integral ist. Die Entropie erhalten wir wieder durch eine partielle Ableitung von J nach der Temperatur bei festem µ: ∂J ∂pV (d) S=− =k ∂T ∂kT d d d+2 2 (−βµ) =k (kT ) 2 gs V (d) f (βµ) + k (kT ) 2 +1 gs V (d) f  (βµ) d d kT d = (kT ) 2 F (βµ) . (8.74) Diese Entropie geht nun - wie vom Nernstschen Theorem gefordert wird - nach Null f¨ ur T → 0. F¨ ur ein Fermi-System sieht man das direkt, da bei T = 0 die Energie (8.70) durch die Fermi-Energie gegeben ist, so dass die Temperaturableitung Null ergibt. 8.7 Aufgaben 8.1. Zur Entropie von idealen Gasen Leiten Sie aus der Entropie f¨ ur ideale Quantengase (8.15) die Entropie f¨ ur ein nichtentartetes Boltzmann-Gas ab, die wir bereits in Aufgabe 7.2 kennengelernt haben.

8.7 Aufgaben

93

8.2. Quantenkorrekturen zum klassischen Gas Wir wollen die ersten Korrekturen f¨ ur die idealen Quantengase βµ gegen¨ uber dem klassischen Grenzfall e 1 berechnen. F¨ ur das großkanonische Potenzial J = J (T, µ, V ) gilt: 2 J (T, µ, V ) = −p (T, µ) V = − E (T, µ, V ) 3  ∞ 2 x3/2 = − kT a (V, T ) dx x−βµ 3 e ±1 0 mit Vg a (V, T ) = (2π)2



2mkT 2

(8.75)

3/2 .

(8.76)

Entwickeln Sie die Energie E = E (T, N, V ) und den Druck p = p (T, N, V ) bis zur Ordnung O (N 2 ) und diskutieren Sie die Effekte der Quantenstatistik auf die Zustandsgleichung. Tipp: Die entstehenden Integrale lassen sich, teilweise durch Substitution, auf die folgende Form bringen  ∞ Γ (α) = dx e−x xα−1 . (8.77) 0

9 Quasiklassische N¨ aherung fu ¨r wechselwirkende Systeme

Wir wenden uns nun der Berechnung der Zustandssumme f¨ ur reale, wechselwirkende Systeme zu. Diese Berechnungen k¨onnen jedoch nur approximativ durchgef¨ uhrt werden. Wir m¨ ussen also eine Reihe von N¨aherungsverfahren entwickeln. Die quantenmechanischen Berechnungen von Z sind dadurch erschwert, dass im Hamilton-Operator nichtvertauschbare Operatoren stehen. So vertauscht zum Beispiel der Operator der kinetischen Energie  p2i H0 = 3N i=1 2m nicht mit dem Potenzial W (x1 , · · · , x3N ), das die Wechselwirkung zwischen den Teilchen beschreibt. Im Allgemeinen gilt also in der Quantenstatistik e−β(H0 +W ) = e−βH0 e−βW ,

(9.1)

[H0 , W ] = 0 .

(9.2)

falls Man kann jedoch die einfache Faktorisierung als klassische N¨aherung verwenden, um danach erste quantenmechanische Korrekturen an dem klassischen Resultat anzubringen. 9.1 Klassische N¨ aherung fu ¨r wechselwirkende Systeme Wir berechnen nun mit der Faktorisierung f¨ ur ein dreidimensionales System die quantenmechanische Zustandssumme, indem wir die Spur mit Produkten von ebenen Wellen bilden:   d3N x   Z= < pi |xi > e−βH < xi |pi > , (9.3) N! p i i i

wobei < xi |pi >= √1V e  pi xi die Ortsraumdarstellung des DiracZustandsvektors |pi > mit scharfem Impuls pi ist. i

96

9 Quasiklassische N¨ aherung f¨ ur wechselwirkende Systeme

Der Normierungsfaktor 1/N! r¨ uhrt her von der Symmetrisierung der Produktzust¨ande der Vielteilchenwellenfunktion. Der Hamilton-Operator in der Ortsraumdarstellung ist dann 2  ∂ 2 H=− + W (x1 , · · · , x3N ) . 2m i=1 ∂x2i 3N

(9.4)

Die klassische N¨aherung f¨ ur diese Zustandssumme ist   d3N x P P3N pi xi pi xi −i 3N i=1  e−βH0 e+i i=1  e−βW (x1 ,···,x3N ) Zkl = e N N !V pi  3N  P p2i d x −βW (x1 ,···,x3N ) −β i 2m = e e N!V N pi   3N P p2i d3N p d x −βW (x1 ,···,x3N ) −β i 2m = e e . (9.5) 3N N (∆p) V N! Mit ∆p = ∆k = 2π/L oder V N (∆p)3N = (2π)3N wird   Zkl =  =

dp

3N

−β

e

P

p2 i i 2m



d3N x

2π N!  3N  3N mkT 2 d x −βW e 2π2 N!

e−βW (9.6)

Klassische Zustandssumme da 

+∞

dpie −∞



p2

i −β 2m

=

2m β

1/2 

+∞

dxe −∞

−x2

 =

2πm β

1/2 . (9.7)

Diese Ableitung zeigt noch einmal ausf¨ uhrlich, warum das klassische Phasenraumintegral immer mit einem gewichteten Phasenraumvolumenelement  3N 1 dp dΓ = d3N x (9.8) N ! 2π

9.2 Entwicklung nach Potenzen der Planck-Konstanten

97

durchgef¨ uhrt werden muss, wie schon in fr¨ uheren Kapiteln besprochen. F¨ ur ein ideales Gas mit W = 0 haben wir die klassische Zustandssumme schon in Kapitel 7 berechnet und ausf¨ uhrlich diskutiert. Die Berechnung der r¨aumlichen Integrationen u ¨ber den Wechselwirkungsterm in (9.6) ist im Allgemeinen analytisch nicht mehr m¨oglich. Wir werden in sp¨ateren Kapiteln eine N¨aherungsmethode f¨ ur verd¨ unnte Systeme angeben, die sogenannte Virialentwicklung, die von der großkanonischen klassischen Zustandssumme ausgeht. 9.2 Entwicklung nach Potenzen der Planck-Konstanten Hier wollen wir die erste Korrektur zu dieser klassischen N¨aherung ableiten. Wir f¨ uhren in (9.3) den dort auftretenden Ausdruck als Hilfsgr¨oße ein I = e−i

P i

pi xi / −βH i

e

e

P i

pi xi /

.

Damit wird die zu berechnende Zustandssumme (9.3)   3N  d3N p d x Z= I = dΓ I . (2π)3N N! Nun ist

∂ −βH e ∂β

(9.9)

(9.10)

= −He−βH und damit

P P ∂I = −e−i pixi /He−βH ei pi xi / . ∂β

(9.11)

Durch Einschieben eines Produktes von zwei zueinander konjugiert komplexen Wellen zwischen H und e−βH erh¨alt man P P ∂I = −e−i pi xi /Hei pi xi /I . ∂β

(9.12)

Der Ableitungsoperator der kinetischen Energie (9.4) wirkt sowohl auf die ebenen Wellen als auch auf die Hilfsgr¨oße I:   ∂I 2  i ∂I ∂2I = −H(x, p)I + 2 pi + , (9.13) ∂β 2m i  ∂xi ∂x2i  wobei H(x, p) = p2i /2m+W (x1 , · · · , x3N ) die klassische HamiltonFunktion ist, also kein Operator. Die Gleichung (9.13) ist zu l¨osen

98

9 Quasiklassische N¨ aherung f¨ ur wechselwirkende Systeme

mit der Anfangsbedingung I(β = 0) = 1. Sie hat die Struktur einer zeitabh¨angigen Schr¨odinger-Gleichung. Mit dem Ansatz I = e−βH(x,p) χ

(9.14)

eliminieren wir den ersten Term der rechten Seite von (9.13) und erhalten   ∂χ   ∂W ∂χ = 2ipi −βχ + (9.15) ∂β 2m i ∂xi ∂xi    2 2 2  ∂2W ∂W ∂χ ∂W ∂ χ + −βχ 2 − 2β + β 2χ + 2 . 2m ∂xi ∂xi ∂xi ∂xi ∂xi Nun entwickeln wir die Funktion χ nach Potenzen von  χ = χ0 + χ1 + 2 χ2 + · · · . Die nullte Ordnung in  von (9.16) liefert const. Aus I(β = 0) = 1 folgt

∂χ0 ∂β

(9.16) = 0 oder χ0 =

χ0 = 1

(9.17)

und χ1 (0) = χ2 (0) = 0. Die erste Ordnung in  liefert ∂χ1 β  ∂W = −i pi , ∂β m i ∂xi

(9.18)

i 2  ∂W β pi . 2m ∂x i i

(9.19)

oder mit χ1 (0) = 0 χ1 = −

Die zweite Ordnung liefert   ∂χ2 β2  ∂W ∂W ∂2 W = pl pi −β + ∂β 2m2 ∂xi ∂xl ∂xi ∂xl i,l   2  1  ∂2 W ∂W + −β + β2 , 2m i ∂x2i ∂xi oder mit χ2 (0) = 0

(9.20)

9.2 Entwicklung nach Potenzen der Planck-Konstanten

99

β4  ∂W ∂W β3  ∂2W p p + p p i l i l 8m2 i,l ∂xi ∂xl 6m2 i,l ∂xi ∂xl  2 β 3  ∂W β 2  ∂2W + − . (9.21) 6m i ∂xi 4m i ∂x2i

χ2 = −

Damit ist bis zur Ordnung 2    Z = e−βH(x,p) 1 + χ1 + 2 χ2 dΓ .

(9.22)

Das Integral u ¨ ber χ1 verschwindet, da χ1 ∝ pi ist, aber e−βH(x,p) gerade in p ist. N¨aherungsweise gilt dann   2 Z = Zkl 1 + 2 < χ2 > Zkl e . (9.23) Dabei ist



e−βH(x,p) χ2 dΓ  < χ2 >= . e−βH(x,p) dΓ

(9.24)

Die freie Energie wird damit F = −kT ln Z −kT ln Zkl −kT 2 < χ2 >= Fkl −kT 2 < χ2 > . (9.25) Mit < pi pl > < p2i > kT 1 = δil = δil = δil (9.26) 2m 2m 2 2β wird   2 3N β2  β ∂W 1 ∂2W < χ2 > = − < > + < > m i=1 8 ∂xi 6 ∂x2i   2 β ∂W 1 ∂2W + < > − < > 6 ∂xi 4 ∂x2i    2 3N β2  ∂W ∂2W = β< > −2< > ,(9.27) 24m i=1 ∂xi ∂x2i wobei ∂2W < >= ∂x2i



2

d3N x ∂∂xW2 e−βW i  d3N xe−βW

(9.28)

100

9 Quasiklassische N¨ aherung f¨ ur wechselwirkende Systeme

ist. Durch partielle Integration folgt  2   ∂ 2 W −βW ∂W −βW +∞ ∂W dxi e = e + β dxi e−βW . ∂x2i ∂xi ∂x −∞ i (9.29) Da der erste Term an den Grenzen keinen Beitrag liefert, wird  2 ∂2W ∂W < >= β < > . (9.30) ∂x2i ∂xi Damit erhalten wir insgesamt

Fqkl = Fkl +

2 24m(kT )2

3N  i=1




(9.31)

Freie Energie in quasiklassischer N¨ aherung

Die klassische freie Energie eines idealen Gases ist in (7.10) gegeben. Dazu kommt noch der klassisch berechnete Beitrag der Wechselwirkung. Gleichung (9.31) zeigt nun, dass die erste quantenmechanische Korrektur durch das mittlere Quadrat der Kraft auf die Teilchen gegeben ist. Diese Korrektur wird im Regime hoher Temperaturen klein, in dem die thermische Energie nicht nur gr¨oßer als die Nullpunktsenergie, sondern auch gr¨oßer als die Wechselwirkungsenergie ist. Die erste Korrektur, die man von der in Kapitel 8 behandelten Quantenstatistik idealer Gase zur klassischen freien Energie bekommt, ist proportional 3 . 9.3 Quasiklassische Korrektur der Boltzmann-Statistik Es ist interessant zu berechnen, welche Abweichungen wir in der quasiklassischen N¨aherung von der klassischen BoltzmannStatistik bekommen. Um die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Impulse zu erhalten, integrieren wir die kanonische Verteilung u ¨ber alle Koordinaten

9.3 Quasiklassische Korrektur der Boltzmann-Statistik



101



d3N x − i P pi xi i P pi xi e  ρe  = d3N p A d3N x I VN  P p2i   3N −β i 2m = d pe A d3N xe−βW 1 + χ1 + 2 χ2 . (9.32)

dW (p) = d3N p

Setzen wir χ aus (9.19) und (9.21) ein, so verschwindet χ1 bei der Integration (ungerade in x). Die Terme, die unabh¨angig von p sind, geben nur einen neben der 1 sehr kleinen konstanten Beitrag, den wir vernachl¨assigen. Man erh¨alt  2 β 4  ∂W ∂W dW = A d3N p 1 − pi pl < > (9.33) 2 8m ∂xi ∂xl  P p2i 2 β 3  ∂2 W −β 2m + p p < > e i l 6m2 ∂xi ∂xl   2  4 2  2 P p2i β  p ∂W i = A d3N p 1 + < > e−β 2m , 12m 2m ∂xi wobei wieder gilt ∂2W ∂W ∂W < >= β < >= β < ∂xi ∂xl ∂xi ∂xl



∂W ∂xi

2 > δil .

(9.34)

Der Klammerausdruck l¨asst sich in der Ordnung 2 auch als Exponentialfunktion schreiben. Damit wird dW A d3N p e

−β

P

p2 i 2m

„ « 3  2 “ ∂W ”2 1− β12m < ∂x > i

.

(9.35)

Integrieren wir u ¨ber alle Impulskoordinaten außer den drei Impulskoordinaten des ersten Teilchens p, so finden wir die modifizierte Boltzmann-Verteilung „  2 « 2 3 P p2 −β

dW (p) = A e

3 i i=1 2m

β 1− 12m


d3 p = f (p)d3 p

(9.36)

.

(9.37)

2

p − 2mkT

f (p) = A e

ef f

Die Wechselwirkung f¨ uhrt also zum Auftreten einer effektiven Temperatur, die h¨oher ist als die wahre Temperatur.

102

9 Quasiklassische N¨ aherung f¨ ur wechselwirkende Systeme

Tef f = T +

T 1−

1 2 6(kT )3 2m

T 2 < 6(kT )3 2m






> .

(9.38)

Alle Umformungen sind immer bis zur Ordnung 2 g¨ ultig. 9.4 Aufgaben 9.1. Freie Energie eines Systems harmonischer Oszillatoren Berechnen Sie die freie Energie f¨ ur ein System nichtwechselwirkender linearer Oszillatoren in folgenden Schritten: a) in klassischer N¨aherung b) in quasiklassischer N¨aherung c) quantenmechanisch ohne N¨aherung. Vergleichen Sie die Hochtemperaturentwicklung der quantenmechanisch berechneten freien Energie mit der quasiklassischen N¨aherung f¨ ur diese thermodynamische Funktion.

10 Virialentwicklung erster Ordnung

10.1 Einkomponentige verdu ¨nnte Systeme Bei Systemen kleiner Dichte ist das chemische Potenzial µ, wie wir in Kapitel 7 sahen, groß und negativ, das heißt eβµ 1. Wir k¨onnen in diesen Systemen also die Fugazit¨at z = eβµ

(10.1)

Fugazit¨ at als Entwicklungsparameter als kleinen Entwicklungsparameter verwenden. Diese Entwicklung nennt man die Virialentwicklung. Wir werden daher die klassische, großkanonische Zustandssumme f¨ ur wechselwirkende Systeme, in der das chemische Potenzial explizit auftritt, nach der Fugazit¨at entwickeln. Die Reihenentwicklung der Zustandssumme der großkanonischen Verteilung ist −β(H−µN )

Z(T, V, µ) = Spe

=

∞ 

Z(T, V, N)eβµN

N=0

= 1 + Z(T, V, 1)z + Z(T, V, 2)z 2 + · · · , (10.2) wobei Z(T, V, N) = ZN die Zustandssumme bei vorgegebener Teilchenzahl N ist. Das großkanonische Potenzial J im homogenen System ist dann bis zur zweiten Ordnung −J(T, V, µ) = p(T, V, µ)V = kT ln Z(T, V, µ)   1 2 2 kT Z1 z + kT Z2 − Z1 z , 2 wobei wir die Taylor-Reihenentwicklung des Ausdruckes

(10.3)

104

10 Virialentwicklung erster Ordnung

  Z12 ln(1 + Z1 z + Z2 z ) = Z1 z + Z2 − z2 + · · · 2 2

(10.4)

bis zur Ordnung z 2 eingesetzt haben. Z2 ist die kanonische Zustandssumme f¨ ur 2 Teilchen. Also sind die Wechselwirkungseffekte erst in dieser Zweiteilchen-Zustandssumme enthalten. Die Entwicklung (10.3) wird die Virialentwicklung genannt. Wir werden zun¨achst die Virialentwicklung erster Ordnung f¨ ur verd¨ unnte Gase und L¨osungen besprechen und wollen die Korrekturen zweiter Ordnung erst im n¨achsten Kapitel ausf¨ uhrlich behandeln. Da in Z1 keine Wechselwirkungen auftreten, ist Z1 gerade die Zustandssumme des idealen klassischen Gases, deren kanonische Zustandssumme wir in Kapitel 7 schon berechnet haben. F¨ ur ein dreidimensionales System ist  3/2   1 V 2πm 3 3 −βp2 /2m Z1 = d x d pe = . (10.5) (2π)3 (2π)3 β Andererseits ist

∂J = −N . ∂µ

(10.6)

∂J ∂V p =− = −V pβ , ∂µ ∂µ

(10.7)

Aus (10.3) folgt

das heißt wir finden mit (10.6) und (10.7) auch von der großkanonischen Verteilung (10.2) ausgehend wieder das ideale Gasgesetz: pV = NkT . 10.2 Zweikomponentige Systeme Wir wollen die Virialentwicklung erster Ordnung f¨ ur ein zweikomponentiges System anwenden mit dem L¨osungsmittel (Index 0) und dem darin verd¨ unnt gel¨osten Stoff (Index 1). Die Zustandssumme dieses Systems kann man also nach der Fugazit¨at des gel¨osten Stoffes entwickeln: Z(T, V, µ0 , µ1 ) = Spe−β(H−µ0 N0 −µ1 N1 ) .

(10.8)

10.2 Zweikomponentige Systeme

105

µ0 ist das chemische Potenzial des L¨osungsmittels, µ1 das der gel¨osten Substanz. F¨ ur verd¨ unnte L¨osungen ist die Fugazit¨at des gel¨osten Stoffes z1 = eβµ1 ein Kleinheitsparameter.  Z(T, V, µ0 , µ1 ) = Z(T, V, µ0 , N1 )eβµ1 N1 N1

Z0 (T, V, µ0 ) + Z1 (T, V, µ0 , 1)z1   Z1 = Z0 1 + z1 . Z0

(10.9)

Anders als beim verd¨ unnten einkomponentigen System ist Z0 = 1, da es ja das L¨osungsmittel charakterisiert. Das großkanonische Potenzial ist dann bis zur Ordnung z1 J(T, V, µ0 , µ1 ) = −kT ln Z J0 (T, V, µ0 ) − kT

Z1 βµ1 e , (10.10) Z0

wobei wir nur den ersten Term der Taylor-Entwicklung (10.4) mitgenommen haben. J0 ist das großkanonische Potenzial des reinen L¨osungsmittels, das wir hier nat¨ urlich nicht berechnen wollen, da uns hierf¨ ur kein Kleinheitsparameter zur Verf¨ ugung steht. Mit ∂J Z1 = −N1 = − eβµ1 ∂µ1 Z0

(10.11)

gilt auch eβµ1 = N1 oder

Z0 Z1

  1 Z0 N0 N1 µ1 = ln β Z 1 N0

oder mit der Konzentration c = N1 /N0   Z0 N0 µ1 = kT ln + kT ln c . Z1

(10.12)

(10.13)

(10.14)

Das chemische Potenzial des gel¨osten Stoffes h¨angt also linear vom Logarithmus seiner Konzentration ab.

106

10 Virialentwicklung erster Ordnung

µ1 (p, T, c) = g(p, T ) + kT ln c

(10.15)

Chemisches Potenzial des gel¨ osten Stoffes Der erste Term, den wir mit g(p, T ) (freie Enthalpie pro Teilchen, da im homogenen System G = µN , also µ = G/N = g) bezeichnet haben, h¨angt nicht von der Konzentration des gel¨osten Stoffes ab. Da µ1 nur von p, T und c abh¨angen kann, muss also Z0 1 ∝ Z1 N0

(10.16)

sein. Aus der Maxwell-Relation, die aus der Symmetrie der zweiten Ableitung folgt, und dem letzten Term von (10.15) erhalten wir, wie µ0 von N1 abh¨angt: −

∂2J ∂µ0 ∂µ1 kT = = =− . ∂N0 ∂N1 ∂N1 ∂N0 N0

(10.17)

F¨ ur das Integral u ¨ber dµ0 folgt dann mit (10.17)  µ0 (p,T,c)  N1  kT N1  ∂µ0 dµ0 = dN1 =− dN1 = −kT c ∂N1 N0 0 µ0 (p,T,0) 0 (10.18) oder µ0 (p, T, c)

=

µ0(p, T, 0) − kT c

(10.19)

Chemisches Potenzial des L¨ osungsmittels Das Ergebnis (10.15) gibt uns eine logarithmische Abh¨angigkeit des chemischen Potenzials des gel¨osten Stoffes von c, w¨ahrend das Ergebnis (10.19) eine lineare Beziehung zwischen c und dem chemischen Potenzial des L¨osungsmittels liefert. Wir wollen einige Folgerungen aus diesen Ergebnissen ziehen:

10.2 Zweikomponentige Systeme

107

1. Zwei Phasen des L¨osungsmittels im Gleichgewicht Wir wollen den Einfluss der Konzentration des gel¨osten Stoffes auf die Koexistenzkurve von zwei Phasen a und b berechnen. Im thermischen Gleichgewicht m¨ ussen Temperatur und Druck in beiden Phasen gleich sein: T = T a = T b , und p = pa = pb . Da zwischen beiden Phasen ein Teilchenausgleich besteht, m¨ ussen die chemischen Potenziale beider Phasen im Gleichgewicht gleich groß sein: µa0 (p, T, ca ) = µb0 (p, T, cb ) .

(10.20)

Aus (10.19) folgt f¨ ur eine Taylor-Reihenentwicklung erster Ordnung mit dµ = −sdT + vdp a,b µa,b 0 (p + ∆p, T + ∆T, c )

= µa,b 0 +

∂µa,b 0

∂µa,b 0

(10.21) ∂µa,b 0 ca,b a,b ∂c

∆p + ∆T + ∂p ∂T a,b a,b a,b = µa,b . 0 + v0 ∆p − s0 ∆T − kT c

Aus der Gleichheit der chemischen Potenziale im Gleichgewicht folgt mit (10.20) (v0a − v0b )∆p − (sa0 − sb0 )∆T = kT (ca − cb ).

(10.22)

Wir nehmen an, dass die Koeffizienten der Taylor-Reihenentwicklung erster Ordnung in beiden Phasen verschieden sind, dass also ein diskontinuierlicher Phasen¨ ubergang vorliegt, der nach Ehrenfest daher als Phasen¨ ubergang erster Ordnung bezeichnet wird. ¨ Mit der latenten W¨arme q f¨ ur einen Ubergang von a → b q = T (sb0 − sa0 )

(10.23)

erh¨alt man q

∆T + (v0a − v0b)∆p

=

(ca − cb)kT

(10.24) T Clausius-Clapeyron-Gleichung der Koexistenzkurve Das ist die Clausius-Clapeyron-Gleichung f¨ ur die Koexistenzkurve zweier Phasen des L¨osungsmittels, wobei ein Konzentrationsunterschied ca − cb zwischen beiden Phasen vorliegen soll. F¨ ur isobare Prozesse mit ∆p = 0 ist

108

10 Virialentwicklung erster Ordnung

∆T = (ca − cb )

kT 2 . q

(10.25)

Beispiele: 1. Phase a sei Wasser, Phase b sei Eis, die Konzentration eines Salzes im Wasser sei ca , im Eis dagegen ist cb 0, die latente ¨ W¨arme f¨ ur den Ubergang von a → b ist negativ: q = −|q|. Daraus ergibt sich aus (10.25) bei einer Salzl¨osung eine Gefrierpunktserniedrigung gegen¨ uber reinem Wasser: ∆T = −

ca kT 2 . |q|

(10.26)

1.5

p(T)

Lösung flüssig

1

fest reine Flüssigkeit 0 0.5

1

1.5

T

2

2.5

3

Abb. 10.1. p-T-Phasendiagramm f¨ ur einen Fest-Fl¨ ussig-Phasen¨ ubergang

2. Phase a sei Wasser, Phase b sei Dampf, die Salzkonzentration ¨ im Dampf ist cb 0, die latente W¨arme f¨ ur den Ubergang von a → b ist positiv, damit ergibt sich f¨ ur Salzwasser eine Siedepunktserh¨ohung. Ist dagegen ∆T = 0, so folgt aus (10.24) f¨ ur isotherme Prozesse: kT (ca − cb ) ∆p = . (10.27) va − vb 3. Phase a sei Wasser, Phase b wieder Dampf, cb = 0, v a v b ∆p = − oder

kT a c vb

(10.28)

10.2 Zweikomponentige Systeme

∆p −ca p

109

(10.29)

mit pv b kT . Der ges¨attigte Dampfdruck wird also erniedrigt durch das L¨osen eines Stoffes im L¨osungsmittel.

4

flüssig

p(T)

3

reine Flüssigkeit

Lösung

2

1

gasförmig

0

1

2

T

Abb. 10.2. p-T-Phasendiagramm f¨ ur einen Gas-Fl¨ ussig-Phasen¨ ubergang

2. Semipermeable Membrane, L¨osungsmittel im Gleichgewicht

ca

=⇒

cb

Austausch des L¨ osungsmittels durch eine semipermeable Wand Zellw¨ande k¨onnen zum Beispiel das L¨osungsmittel, aber nicht den gel¨osten Stoff durchlassen. Wir nennen solche W¨ande semipermeable (halbdurchl¨assige) Membranen. Im Gleichgewicht der zwei, durch eine semipermeable Membrane getrennten L¨osungen gilt µ0 (pa , T, ca ) = µ0 (pb , T, cb ) , (10.30) wobei pa,b und ca,b die Dr¨ ucke und Konzentrationen auf beiden Seiten der Membrane sind. Entwickeln wir beide Seiten, so gilt µ0 (pa,b , ca,b ) = µ0 (p0 ) +

∂µ0 a,b ∂µ0 a,b (p − p0 ) + c ∂p ∂c

110

10 Virialentwicklung erster Ordnung

= µ0 (p0 ) + v0 (pa,b − p0 ) − kT ca,b .

(10.31)

Also v0 (pa − pb ) = kT (ca − cb )

(10.32)

oder

∆p =

kT

∆c v0 Osmotischer Druck

(10.33)

Dies ist der osmotische Druck, der bei Konzentrationsunterschieden auftritt. Er gen¨ ugt einer idealen Gasgleichung. 3. Gleichgewicht des gel¨osten Stoffes Wir betrachten zwei sich nicht vermengende L¨osungsmittel, in denen jeweils dieselbe Substanz gel¨ost ist. Danach gilt nach (10.15) µ1 (p, T, c1 ) = µ1 (p, T, c2 ) , g1 (p, T ) + kT lnc1 = g2 (p, T ) + kT lnc2

(10.34) (10.35)

oder

c1 = eβ(g2 (p,T )−g1(p,T )) . (10.36) c2 Das Konzentrationsverh¨altnis h¨angt also exponentiell vom Unterschied der freien Enthalpien der zwei L¨osungsmittel ab. 10.3 Aufgaben 10.1. Flu opfchen in Dampfphase ¨ssigkeitstr¨ Die chemischen Potenziale zweier verschiedener Phasen einer Substanz m¨ ussen im Gleichgewicht gleich sein. Bei einer Temperatur- oder Druck¨anderung wird das chemische Potenzial der einen Phase kleiner. Ein Phasen¨ ubergang findet statt. In einem gewissen Temperatur- und Druckintervall kann, durch Fluktuationen bedingt, eine metastabile Phase entstehen, deren chemisches Potenzial nicht minimal ist.

10.3 Aufgaben

111

In dieser Aufgabe wollen wir ein durch Fluktuationen entstandenes kugelf¨ormiges Wassertr¨opfchen in der Dampfphase untersuchen. a) Zeigen Sie, dass ein solches Tr¨opfchen in unges¨attigtem Dampf (µd < µf l ) immer verdampft. Berechnen Sie dazu die Differenz der freien Energien (unter Verwendung der Gibbs-DuhemRelation f¨ ur die freie Enthalpie G = µN) bei der Tropfenbildung in Abh¨angigkeit vom Tropfenradius r. b) Zeigen Sie, dass im ges¨attigten Dampf mit µf l < µd Tr¨opfchen mit kleinen Radien r < rc verdampfen, dagegen aber f¨ ur r > rc weiter anwachsen. Berechnen Sie den kritischen Radius rc . c) Zeigen Sie, dass ein geladenes Tr¨opfchen mit einem Ion mit Ladung e und Radius a im Zentrum nicht nur in ges¨attigtem, sondern auch in unges¨attigtem Dampf w¨achst. Modifizieren Sie dazu die freie Energie durch den Beitrag des elektrischen Feldes. Dieser Beitrag ergibt sich als Differenz der Energie des Feldes, das von dem eingeschlossenen Ion erzeugt wird, und der Feldenergie des freien Ions.

11 Virialentwicklung zweiter Ordnung

W¨ahrend bei den im letzten Kapitel mit der Virialentwicklung erster Ordnung behandelten stark verd¨ unnten Systemen die Wechselwirkung zwischen den Teilchen noch keine Rolle gespielt hat, wollen wir nun im Rahmen der Virialentwicklung zweiter Ordnung wesentlich dichtere Systeme behandeln, bei denen die Wechselwirkung zwischen den Teilchen schon wichtig ist. 11.1 Berechnung des zweiten Virialkoeffizienten Wir greifen dazu zur¨ uck auf die Entwicklung (10.3) des thermodynamischen Potenzials bis zur zweiten Potenz in der Fugazit¨at z = eβµ :   1 p(T, V, µ)V = kT ln Z = kT Z1 z + (Z2 − Z12 )z 2 + · · · . (11.1) 2 Die Fugazit¨at l¨asst sich durch die Teilchenzahl N ausdr¨ ucken mit der Beziehung  ∂pV 1  = N = Z1 eβµ + 2 Z2 − Z12 eβ2µ + · · · . ∂µ 2

(11.2)

Durch Iteration findet man aus (11.2) n¨aherungsweise Z1 z = N − 2

Z2 − 12 Z12 2 N +··· . Z12

(11.3)

Damit erh¨alt man aus (11.1) folgende Abh¨angigkeit des Druckes von der Dichte n = N V   p = nkT 1 + B2 (T )n + B3 (T )n2 + · · · (11.4) mit

114

11 Virialentwicklung zweiter Ordnung

B2 (T ) = −V

Z2 − 12 Z12 Z2 V = −V 2 + . 2 Z1 Z1 2

(11.5)

Man nennt Bn den n-ten Virialkoeffizienten. Der zweite Virialkoeffizient B2 ist also durch die Zustandssumme f¨ ur zwei Teilchen bestimmt. F¨ ur ein klassisches Gas ist „ 2 «  p1 p2 3 3 2 +W (|r −r |) −β 2m + 2m 1 d p d p 1 2 1 2 Z2 = d3 r 1 d3 r 2 e 2! (2π)3 (2π)3  2  1 d3 p −β p2 = e 2m V d3 re−βW (r) 3 2 (2π)  1 21 = Z1 d3 re−βW (r) . (11.6) 2 V Damit ist in klassischer N¨aherung der zweite Virialkoeffizient B2,kl = Bkl nach (11.5) gleich Bkl(T ) = −

1



  d3 r e−βW (r) − 1

2 Zweiter Virialkoeffizient

(11.7)

Das Zweiteilchenpotenzial ist f¨ ur kleine Abst¨ande abstoßend. Aus der gegenseitig induzierten Polarisation resultiert f¨ ur große Abst¨ande eine schwache Anziehung, die mit der 6. Potenz von 1/r abf¨allt (Van-der-Waals-Anziehung). Eine oft verwendete Approximation ist das sogenannte 12-6-Potential (auch Lennard-JonesPotenzial genannt)    r0 12  r0 6 W (r) = 4 − . (11.8) r r F¨ ur r < r0 dominiert der sehr rasch ansteigende positive, das heißt abstoßende, Teil des Potenzials, f¨ ur r > r0 u ¨ berwiegt das schwach anziehende Van-der-Waals-Potenzial. Man kann daher den zweiten Virialkoeffizienten folgendermaßen approximieren

11.2 Quantenkorrekturen zum zweiten Virialkoeffizienten

115

1 0.8

W(r)/4ε

0.6 0.4 0.2 0 -0.2 -0.4 1

1.5

2

2.5

3

r/r0

Abb. 11.1. Lennard-Jones-Potenzial

 r0   ∞  −βW  1 3 3 −βW Bkl (T ) = − dr e −1 + d r(e − 1) 2 0 r0  ∞ 2π 3 W r0 + β d3 r . (11.9) 3 2 r0 Damit wird

a , (11.10) kT wobei b das (halbe) Volumen des Teilchens ist. Das verbleibende Integral f¨ ur r > r0 ist negativ wegen der Van-der-WaalsAnziehung:  ∞  ∞  r 6 −8π r 3 0 0 3 W dr −2 d3 r = = −a . (11.11) 2 r 3 r0 r0 Bkl (T ) = b −

11.2 Quantenkorrekturen zum zweiten Virialkoeffizienten 1. Austauschkorrekturen Bevor wir dieses Ergebnis weiter verwenden, wollen wir die quantenmechanischen Beitr¨age zum zweiten Virialkoeffizienten erw¨ahnen. Im idealen Quantengas m¨ ussen wir die Spur mit richtig symmetrisierten Zust¨anden berechnen (Antisymmetrie f¨ ur Fermionen, Symmetrie f¨ ur Bosonen) P p2i 1 −β 2m |p , p > < p , p |e (11.12) A,S 1 2 1 2 A,S = Z2,Aust 2 p ,p 1

mit

2

116

11 Virialentwicklung zweiter Ordnung

1 |p1 , p2 >A,S = √ [|1p1 > |2p2 > ∓|1p2 > |2p1 >] . 2

(11.13)

Damit erhalten wir folgende Austauschkorrekturen f¨ ur den zweiten Virialkoeffizienten: 1  −β( p21 + p22 ) Z2,Aust = e 2m 2m (2 ∓ 2δp1 ,p2 ) 4 p ,p 1 2 1 1  −β p2 = Z12 ∓ e m (11.14) 2 2 p Im Exponent des zweiten Terms steht also zweimal die kinetische Energie eines Teilchens. Damit wird  3/2 1 2 1 1 Z2,Aust = Z1 ∓ Z1 . (11.15) 2 2 2 Der Austauschbeitrag zum zweiten Virialkoeffizienten ist damit BAust = −V

Z2,Aust − 12 Z12 Z12

(11.16)

oder mit Z1 aus (10.5)  5/2  5/2 V 1 1 (2π)3 = ± = ± BAust Z1 2 2 (2mπkT )3/2  5/2   32 1 3 =± (λ(3) )3 , 2 2π

(11.17)

wobei λ(3) die in Kapitel 7 eingef¨ uhrte thermische Wellenl¨ange ist. Bose- und Fermi-Statistik liefern also verschiedene Austauschkorrekturen (wichtig etwa bei den zwei Isotopen von Helium 4 He (Boson) und 3 He (Fermion). In Fermi-Systemen erhalten wir dadurch einen Anstieg, in Bosonen-Systemen dagegen eine Abnahme des Drucks im Vergleich zum idealen klassischen Gas. Bei FermiSystemen spricht man deshalb auch vom sogenannten FermiDruck. Die Austauschkorrekturen werden aber erst bei tiefen Temperaturen wichtig, da in der Zustandsgleichung (11.4) p =

11.2 Quantenkorrekturen zum zweiten Virialkoeffizienten

117

nkT (1 + B2 (T )n) der Austauschkorrekturterm BAust n proportio(3) 3 nal zu N (λ V ) ist. Das Verh¨altnis der thermischen Wellenl¨ange 1 λ(3) zum mittleren Teilchenabstand (V /N) 3 ist im klassischen Bereich viel kleiner als eins. 2. Quantenmechanische Korrekturen im Rahmen der quasiklassischen N¨aherung Bei der Berechnung der Zweiteilchenzustandssumme erh¨alt man bei wechselwirkenden Teilchen noch bis zur Ordnung 2 nach Kapitel 9 eine quantenmechanische Korrektur Z2,quant = Z2,kl (1 + 2 < χ2 >) (11.18)     2 2 β 3  ∂W = Z2,kl 1 + < > . 24m ∂xi Das ergibt die quantenmechanische Korrektur  2  π2 ∂W 2 Bquant = r dr e−βW . 6m(kT )3 ∂r

(11.19)

Damit wird B2 = Bkl + BAust + Bquant .

(11.20)

Bei hohen Temperaturen ist B2 Bkl , f¨ ur tiefe Temperaturen werden die quantenmechanischen Korrekturen wichtig.

118

11 Virialentwicklung zweiter Ordnung

11.3 Aufgaben 11.1. Berechnung des Virialkoeffizienten zweiter Ordnung Berechnen Sie den Virialkoeffizienten zweiter Ordnung f¨ ur folgendes Modellpotenzial: W (0 < r < a) = Wr , W (a < r < b) = −Wa und W (r > b) = 0, wobei Wr einen repulsiven harten Kern beschreibt und Wa den schwach attraktiven, langreichweitigen Anteil des Potenzials simulieren soll. 11.2. Berechnung der Austauschkorrektur zum Virialkoeffizienten Berechnen Sie die quantenmechanischen Austauschkorrekturen aus der Zustandsgleichung f¨ ur ideale 3d-Quantengase 2 pV = E , (11.21) 3  indem Sie die Energie E = k,s ek nk nach der Fugazit¨at entwickeln.

12 Van-der-Waals-Gleichung

Die im letzten Kapitel besprochene Virialentwicklung zweiter Ordnung ber¨ ucksichtigt zwar die Wechselwirkung zwischen den Teilchen in niederster Ordnung, aber gute Ergebnisse kann man nur f¨ ur verd¨ unnte Systeme erwarten. Will man einen Phasenu ussige Phase beschreiben, ¨bergang aus der gasf¨ormigen in die fl¨ so kann man die Virialentwicklung bis zur zweiten Ordnung sicher nicht anwenden, da die Dichte der Fl¨ ussigkeit zu hoch ist. Allerdings erlaubt uns die Virialentwicklung, eine sehr hilfreiche Interpolationsformel abzuleiten, die die wichtigen Eigenschaften dieses Phasen¨ uberganges richtig beschreibt. Diese bahnbrechenden Ideen zum Verst¨andnis des Gas-Fl¨ ussigkeit-Phasen¨ uberganges stammen von dem holl¨andischen Physiker J.D. van der Waals (1837-1923), der damit die Verfl¨ ussigung von vielen Gasen und die darauf beruhende Entwicklung der Tieftemperaturphysik in Leiden vor allem durch Kamerlingh-Onnes (1853-1926) erm¨oglichte. 12.1 Interpolationsformeln Die Virialentwicklung lieferte nach (11.4) klassisch p = nkT (1 + Bkl n) .

(12.1)

Mit dem klassischen Virialkoeffizienten (11.10) erh¨alt man daraus die Zustandsgleichung   bN aN V p = NkT 1 + − . (12.2) V kT V Da b hier das Volumen eines Atoms war, ist im Gas bN 1. Wird V V allerdings b N = v, so sollte der Druck stark anwachsen. Diese

120

12 Van-der-Waals-Gleichung

Eigenschaft ist in (12.2) noch nicht richtig wiedergegeben. Wir fassen daher (1 + bn) als ersten Term einer geometrischen Reihe auf und schreiben mit van der Waals:   bN aN 2 NkT N2 V p NkT 1 + +··· − = − a (12.3) V V V 1 − bN V oder   N2 p + a 2 (V − bN ) = N kT V Van-der-Waals-Gleichung

(12.4)

Diese Form der Zustandsgleichung ist, wie die Erfahrung best¨atigt, viel besser als die urspr¨ unglich abgeleitete Form (12.2). Wegen des Eigenvolumens b eines Teilchens wird das effektive Volumen V in der Zustandsgleichung um das sogenannte Kovolumen bN der Teilchen reduziert. Es tritt ferner eine Druckkorrektur um den sogenannten Binnendruck aN 2 /V 2 auf, der von der Van-derWaals-Anziehung herr¨ uhrt, wie die Ableitung des Koeffizienten a zeigt. Wegen der Paarwechselwirkung ist diese Druckkorrektur proportional dem Quadrat der Teilchendichte. Die Ableitung der Van-der-Waals-Gleichung ist nat¨ urlich nicht eindeutig. So l¨asst sich zum Beispiel von (12.2) auch die folgende Interpolationsformel konstruieren:    bN aN V p NkT 1 + +··· 1− +··· , (12.5) V kT V wobei man die zweite Klammer als Anfang der Reihenentwicklung einer Exponentialfunktion auffasst. Das ergibt

Vp=

N kT 1−

bN V

e− kT

a N V

Dietrici-Gleichung

(12.6)

12.2 Thermodynamische Funktionen eines Van-der-Waals-Gases

121

Hier wurde auch approximativ eine Summation in Bezug auf den Korrekturterm, der in (12.3) proportional a ist, durchgef¨ uhrt aN − VaN kT mit 1 − V kT e . Die Van-der-Waals-Gleichung wie die Dietrici-Gleichung sind approximative Beschreibungen eines realen Gases. Die experimentellen Ergebnisse liegen etwa zwischen den Werten, die aus (12.4) beziehungsweise (12.6) folgen. Die Konstanten a und b werden jeweils angepasst. 12.2 Thermodynamische Funktionen eines Van-der-Waals-Gases Wir wollen im Folgenden die etwas einfachere Van-der-WaalsGleichung ausf¨ uhrlicher diskutieren. Da p=−

∂F NkT N2 = −a 2 , ∂V V − bN V

(12.7)

folgt durch Integration u ¨ber das Volumen N2 F = F0 − NkT ln(V − bN ) − a (12.8)   V V − bN N2 = F0 − NkT ln − NkT ln V − a . V V Falls b = 0, a = 0, erh¨alt man die freie Energie (7.3) des klassischen idealen Gases   3  2π 2 eV F = Fideal = −NkT ln = F0 − NkT ln V , 3 N (λ(3) )3 (12.9) 1 (3) wobei die thermische Wellenl¨ange λ = 2π/(dmkT ) 2 f¨ ur drei Dimensionen nach (7.7) verwendet wurde. Damit ergibt sich f¨ ur das Van-der-Waals-Gas:   3  2π 2 eV F = −NkT ln 3 N (λ(3) )3   N N2 − NkT ln 1 − b −a . (12.10) V V

122

12 Van-der-Waals-Gleichung

Damit erhalten wir f¨ ur die Entropie   3    ∂F 2π 2 eV 3N N S=− = kN ln + k +Nk ln 1 − b ∂T 3 N (λ(3) )3 2 V (12.11) und f¨ ur die Energie 3 N2 E = F + T S = NkT − a . 2 V

(12.12)

Es ergibt sich also gegen¨ uber dem idealen Gas eine Energieabsenkung aufgrund der anziehenden Van-der-Waals-Wechselwirkung. Diese Wechselwirkungsenergie ist proportional dem Quadrat der Teilchenzahl. 12.3 Kritische Werte von Temperatur, Volumen und Druck Die Isothermen im p − V -Diagramm sind f¨ ur hohe Temperaturen monoton fallend. Unterhalb einer kritischen Temperatur Tc haben die Kurven Abschnitte, bei denen mit wachsendem Druck das Volumen zunimmt. Diese Bereiche sind keine stabilen Zust¨ande des Systems. Tc ist gegeben durch   2   ∂p ∂ p = 0 und =0. (12.13) ∂V T ∂V 2 T Mit p=

NkT aN 2 − 2 V − bN V

(12.14)

finden wir

∂p NkT 2aN 2 =0=− + ∂V (V − bN )2 V3 und f¨ ur die zweite Ableitung ∂2p 2NkT 6aN 2 = 0 = − . ∂V 2 (V − bN )3 V4

(12.15)

(12.16)

Aus diesen zwei Gleichungen bestimmen wir Tc und das dazugeh¨orige Volumen Vc . Es folgt

12.3 Kritische Werte von Temperatur, Volumen und Druck

123

4aN 2 1 6aN 2 = , V 3 V − bN V4

(12.17)

2 V − bN = V . 3

(12.18)

oder

5 3

p

1

1 0.9

1

T

2

V

3

0.8

Abb. 12.1. Druck als Funktion von Volumen und Temperatur f¨ ur die Van-derWaals-Gleichung. Alle Gr¨ oßen sind aufgetragen in Einheiten der kritischen Werte

Das kritische Volumen ist also durch das Dreifache des Kovolumens aller Teilchen gegeben Vc = 3bN

(12.19)

und

aN 2a4b2 2 kTc = 2 3 (Vc − bN ) = . Vc 27b3 Die kritische Temperatur ist daher kTc =

8a . 27b

(12.20)

(12.21)

Damit ist der kritische Druck pc = oder

8aN aN 2 − 2 2 , 27b 2bN 9b N

(12.22)

124

12 Van-der-Waals-Gleichung

pc =

a . 27b2

(12.23)

Die Kombination

NkTc 8 = 2.7 (12.24) pc Vc 3 ist eine universelle Konstante. F¨ ur einfache reale Gase findet man aber experimentell Werte zwischen drei und vier. 12.4 Reduzierte Van-der-Waals-Gleichung und Gas-Flu ¨ ssigkeits-Phasenu ¨ bergang

1

Koexistenzkurve gasförmig

flüssig

p

0.8

0.6

0.4

1

2

3

V

Abb. 12.2. Koexistenzgebiet der Van-der-Waals-Gleichung

Mit Hilfe der kritischen Gr¨oßen normieren wir nun alle Variablen p T V p= , T = , V = (12.25) pc Tc Vc und erhalten     ap aN 2 8a + 3bNV − bN = NT . (12.26) 2 27b2 9b2 N 2 V 27b Die Teilchenzahl N f¨allt heraus, und es entsteht die reduzierte Van-der-Waals-Gleichung

12.4 Gas-Fl¨ ussigkeits-Phasen¨ ubergang

   3  p+ 2 3V − 1 = 8T V Reduzierte Van-der-Waals-Gleichung

125

(12.27)

Man sieht deutlich, dass oberhalb der kritischen Temperatur, also f¨ ur T > 1, der Druck als Funktion des Volumens monoton abf¨allt. F¨ ur T < 1 ist die isotherme p(V)-Kurve s-f¨ormig. Die Kurve w¨achst bei kleinen V stark an, wie es in einer wenig kompressiblen Fl¨ ussigkeit der Fall ist. Dagegen f¨allt der Druck im Limes V 1 nur relativ langsam ab, wie es f¨ ur ein Gas typisch ist. Unterhalb Tc gibt es also Bereiche, in denen man f¨ ur einen festen Wert des Druckes drei L¨osungen f¨ ur V findet. Die mittlere L¨osung ist sicher mechanisch instabil, da hier der Druck mit wachsen∂p dem Volumen anw¨achst, also ∂V > 0. Die anderen zwei L¨osungen beschreiben die fl¨ ussige und die gasf¨ormige Phase. Der Bereich, in dem man diese zwei L¨osungen findet, heißt Koexistenzbereich. Man kann das Volumen pro Teilchen, oder auch den Kehrwert, die Teilchendichte, als Ordnungsparameter dieses Phasen¨ uberganges ansehen. Er a¨ndert seinen Wert im Koexistenzbereich sprunghaft, zur fl¨ ussigen Phase geh¨ort ein kleines Volumen pro Teilchen, zur gasf¨ormigen Phase geh¨ort ein großes Volumen. Phasen¨ uberg¨ange ¨ mit einer diskontinuierlichen Anderung des Ordnungsparameters heißen Phasen¨ uberg¨ange erster Ordnung. Bei Phasen¨ uberg¨angen zweiter Ordnung ¨andert sich dagegen ¨ der Ordnungsparameter beim Ubergang von einer Phase in eine andere kontinuierlich. Bei diesen Phasen¨ uberg¨angen treten in der N¨ahe des kritischen Punktes große Fluktuationen auf, die sich nicht mehr mit einfachen Theorien mittlerer Felder beschreiben lassen. In den letzten Jahrzehnten hat man im Rahmen einer Skalenrenormierungstheorie eine Behandlungsmethode dieser kritischen Fluktuationen gefunden. Ihre wichtigsten Ergebnisse sind die kritischen Exponenten, da sich im kritischen Bereich bei Pha¨ sen¨ uberg¨angen zweiter Ordnung die Anderungen des Ordnungsparameters und vieler anderer physikalischer Gr¨oßen durch universelle Exponentialgesetze beschreiben lassen. Eine gewisse Universalit¨at findet man auch bei Phasen¨ uberg¨angen erster Ordnung,

126

12 Van-der-Waals-Gleichung

wenn man - wie oben geschehen - alle Gr¨oßen auf ihre kritischen Werte normiert. Zust¨ande von zwei Substanzen, die gleichen Werten von P , V und T entsprechen, nennt man korrespondierende Zust¨ande. Falls zwei der drei Gr¨oßen p, V und T gleich sind, folgt aus der reduzierten Van-der-Waals-Gleichung (12.27), dass alle drei gleich sind (Gesetz der korrespondierenden Zust¨ande). Obwohl die Van-der-Waals-Gleichung nur n¨aherungsweise gilt, best¨atigt die Erfahrung, dass es tats¨achlich eine universelle Zustandsgleichung gibt. 12.5 Maxwell-Konstruktion im Koexistenzbereich 1

p

0.8

0.6

0.4

1

2

3

V

Abb. 12.3. Druck als Funktion des Volumens, Maxwell-Konstruktion

Unterhalb Tc tritt, wie schon besprochen, ein instabiler Bereich auf. Komprimiert man etwa ein Gas isotherm, dann wird die Gasphase ab einem bestimmten Volumen instabil. Es tritt eine Kondensation in die dichtere Fl¨ ussigkeitsphase ein. Im Gleichgewicht m¨ ussen die chemischen Potenziale der zwei koexistierenden Phasen gleich sein: µg = µf l . (12.28) F¨ ur homogene Systeme ist Nµ = G = F + pV ,

(12.29)

Fg + pVg = Ff l + pVf l ,

(12.30)

also ist oder

12.5 Maxwell-Konstruktion im Koexistenzbereich

p(Vg − Vf l ) = Ff l − Fg .

127

(12.31)

Andererseits ist    Vf l  Vf l  Vg ∂F Ff l −Fg = dV =− dV p = dV p . (12.32) ∂V T Vg Vg Vf l p(Vg − Vf l ) in (12.31) ist die Fl¨ache des Rechtecks unter der Kurve mit konstantem Druck. Diese Fl¨ache muss nach (12.32) gleich der Fl¨ache unter der p(V )-Kurve sein. Also sind die beiden Fl¨achenst¨ ucke zwischen Kurve und Gerade gleich groß. Das ist die Maxwell-Konstruktion f¨ ur das Koexistenzgebiet bei Phasen¨ uberg¨angen erster Ordnung (siehe Abbildung 12.3). Verbindet man jeweils die Punkte im pV -Diagramm, f¨ ur die bei vorgegebener Temperatur Gleichgewicht zwischen der Gasund Fl¨ ussigkeitsphase besteht, so erh¨alt man das Koexistenzgebiet. In diesem Bereich liegen beide Phasen r¨aumlich getrennt vor, zum Beispiel als Tr¨opfchen im Dampf, den man abk¨ uhlt, oder als Gasblasen in der Fl¨ ussigkeit, die man erw¨armt. Die Dynamik eines Phasen¨ uberganges erster Ordnung l¨asst sich daher im Rahmen einer stochastischen Nukleationstheorie behandeln, in der die Wahrscheinlichkeit f¨ ur das Auftreten von Tr¨opfchenclus” tern“ einer bestimmten Gr¨oße in der Gasphase berechnet wird. Wir werden diese Nukleationstheorie in Kapitel 24 behandeln. Die Teile der Van-der-Waals-Kurve zwischen den Eintrittspunkten in den Koexistenzbereich und den anschließenden Extrema (siehe Abbildung 12.2) sind metastabil, das heißt sie k¨onnen durchaus f¨ ur eine gewisse Zeit realisiert werden, zerfallen aber dann in die stabilen Gleichgewichtsl¨osungen. Durch rasche Kompression oder Abk¨ uhlung eines Gases kann man etwa Zust¨ande auf dem metastabilen Ast im Koexistenzbereich erhalten, ohne dass zun¨achst eine Tr¨opfchenbildung einsetzt. Die Teile der Vander-Waals-Kurve zwischen den beiden Extrema sind dagegen, wie schon diskutiert, instabil.

128

12 Van-der-Waals-Gleichung

12.6 Aufgaben 12.1. Instabilit¨ atsbereich der Van-der-Waals-Gleichung Ben¨ utzen Sie die Tatsache, dass die Kompressibilit¨at und damit auch −(∂p/∂V )T grunds¨atzlich positiv sein muss, um die mechanische Stabilit¨at eines Systems zu gew¨ahrleisten. Untersuchen Sie mit diesem Kriterium die Van-der-Waals-Gleichung. Bei der kritischen Temperatur Tc verschwindet die Kompressibilit¨at erstmals. Das Verhalten des Gases in der N¨ahe dieses Punktes (pc , vc ) soll n¨aher untersucht werden, wobei wir wieder die Notation v = V /N ben¨ utzen. a) Bestimmen Sie den kritischen Punkt pc , vc , Tc aus der Forderung, dass dort die isotherme die erste und zweite Ableitung des Drucks nach dem Volumen, verschwinden (Sattelpunktsbedingung):    2  ∂p ∂ p = 0 und =0. (12.33) ∂v T =Tc ∂v 2 T =Tc b) Zeigen Sie mit der reduzierten Van-der-Waals-Gleichung ∂p (12.27), dass die Nullstellen von ∂v Nullstellen  eines Polynoms dritten Grades sind. Die Funktion p = p V , T hat in der Umur die gebung von (pc , vc ) jedoch maximal zwei Extremwerte. F¨ weitere Untersuchung wollen wir das Problem vereinfachen.  Ersetzen Sie daher die Funktion p V , T durch die einfachste Funktion, die obige Eigenschaft hat, und fassen Sie die Abweichungen vom kritischen Punkt p = p − 1, t = T − 1 und η = V − 1 als neue Variable auf. Verwenden Sie eine TaylorEntwicklung um T = V = 1 bis zur dritten Ordnung. c) Wie sieht der Instabilit¨atsbereich −∂p < 0 im p-V -Diagramm v aus?

13 Ginzburg-Landau-Potenzial

13.1 Phasenu ange erster und zweiter Ordnung ¨berg¨ Wir wollen den im vorangegangenen Kapitel 12 untersuchten Phasen¨ ubergang in einem Van-der-Waals-Gas dazu benutzen, ein recht allgemeines Konzept einzuf¨ uhren, das Systeme in der N¨ahe eines Phasen¨ ubergangs beschreibt. Dabei wird nach L.D. Landau (1908-1968) und L.V. Ginzburg (geb. 1915) die freie Energie als Potenzreihe eines Ordnungsparameters betrachtet. Diese Funktion nennt man das Ginzburg-Landau-Potenzial. Als Ordnungsparameter w¨ahlt man dabei diejenige physikalische Gr¨oße, deren ¨ Anderung den Phasen¨ ubergang charakterisiert. Im Allgemeinen wird man den Ordnungsparameter so w¨ahlen, dass er in einer der zwei betrachteten Phasen Null ist, w¨ahrend er am Phasen¨ ubergang in der anderen Phase entweder sprunghaft einen endlichen Wert annimmt oder kontinuierlich anw¨achst. Es gen¨ ugen oft recht allgemeine Annahmen wie gewisse Symmetrieargumente, um schon die Form des Ginzburg-Landau-Potenzials als Funktion des Ordnungsparameters anzugeben. Da bei diesen Betrachtungen nur der mittlere Wert des Ordnungsparameters behandelt wird, w¨ahrend seine Fluktuationen vernachl¨assigt werden, ist die Ginzburg-Landau-Theorie der Phasen¨ uberg¨ange (wie auch das spezielle Beispiel der Van-der-Waals-Theorie) eine Theorie mittlerer Felder, die man auch Molekularfeldtheorie nennt. Als Ordnungsparameter des Van-der-Waals-Gases k¨onnen wir die Abweichung der Teilchendichte ∆n = n − nc vom kritischen Wert nc = VNc betrachten. Dazu schreiben wir die freie Energie (12.10) um in eine Funktion der Teilchendichte n

130

13 Ginzburg-Landau-Potenzial

F = −V



 2π  3 e  2 nkT ln +nkT ln(1−bn)+an2 3 n(λ(3) )3

 (13.1)

 4π 2 2 mit der thermischen Wellenl¨ange λ(3) = 3mkT nach (7.7). Weiter verwenden wir, dass die Konstanten a, b durch die kritischen Werc te ausgedr¨ uckt werden k¨onnen: b = 3n1 c und a = 9kT . Wir setzen 8nc nun n = nc + ∆n und entwickeln die freie Energie bis zur vierten Potenz in ∆n. Dabei verwenden wir die Reihenentwicklung des Logarithmus in der Form ln(1 + x) = x − 12 x2 + 13 x3 − 14 x4 + · · · und erhalten nach l¨angerer algebraischer Rechnung   2 2  4 F F0 9 T ∆n 3 ∆n = +∆nµc + kTc nc −1 + 6 kT nc +· · · . V V 8 Tc nc 2 nc (13.2) Die Konstante ergibt sich unter Verwendung der Ausdr¨ ucke f¨ ur a und b zu  2  52 π 32  9 F0 = −V kT nc ln − V kTc nc . (13.3) 3 nc (λ(3) )3 8 Der Koeffizient der dritten Ordnung in ∆n ist in (13.2) gleich Null. Der Koeffizient erster Ordnung in ∆n ist gegeben durch den Ausdruck  2  52 π 32  1 9 µc = −kT ln + kT − kTc . (13.4) 3 nc (λ(3) )3 2 4 Das chemische Potenzial erh¨alt man aus (13.2) durch Ableiten nach n    3 1 ∂F 9 T ∆n 32 ∆n µ= = µc + kTc −1 + 4 kT +··· . V ∂n 4 Tc nc 2 nc (13.5) Verschiebt man das chemische Potenzial um den Wert von µc , indem man µ ˜ = µ − µc bildet, so entsteht durch Integration u ¨ber n folgende freie Energie, die nur noch gerade Potenzen im Ordnungsparameter enth¨alt:   2  4 F˜ F0 9 T ∆n 32 ∆n = + kTc nc −1 + 6 kT nc . (13.6) V V 8 Tc nc 2 nc

13.1 Phasen¨ uberg¨ ange erster und zweiter Ordnung

131

100 80

F(ψ )

60 40 20 0 -20 -4

-2

0

2

4

ψ

Abb. 13.1. Ginzburg-Landau-Potenzial f¨ ur kontinuierlichen Phasen¨ ubergang

¨ Da wir um den kritischen Punkt des Van-der-Waals-Uberganges entwickelt haben, finden wir die freie Energie als Potenzreihe des Ordnungsparameters f¨ ur einen Phasen¨ ubergang zweiter Ordnung. Der quadratische Term wechselt bei T = Tc das Vorzeichen. Die allgemeine Form eines solchen Ginzburg-Landau-Potenzials mit dem Ordnungsparameter ψ, der auch komplex sein darf, ist f¨ ur einen Phasen¨ ubergang zweiter Ordnung in Verallgemeinerung von (13.6) gegeben durch 

T



− 1 |ψ|2 +

VB

|ψ|4 . Tc 2 Ginzburg-Landau-Potenzial fu ¨r kontinuierlichen Phasenu ¨bergang

F = F0 + V A

(13.7)

Das Potenzial ist in Abb. 13.1 gezeigt f¨ ur F0 = 0. F¨ ur T > Tc sind die Koeffizienten der Terme zweiter und vierter Ordnung beide positiv. Das Minimum der freien Energie in Bezug auf den Ordnungsparameter ist also bei Null. F¨ ur T < Tc ist der Koeffizient zweiter Ordnung aber negativ. Das Minimum von F ergibt sich jetzt f¨ ur einen endlichen Wert des Ordnungsparameters ψ. Man betrachtet ψ und ψ ∗ als unabh¨angige Variable und findet   ∂F T =VA − 1 ψ + V B |ψ|2 ψ = 0 . (13.8) ∗ ∂ψ Tc

132

13 Ginzburg-Landau-Potenzial

F¨ ur T > Tc existiert nur die L¨osung ψ = 0. F¨ ur T < Tc findet man neben der L¨osung ψ = 0 auch die L¨osungen   A Tc − T 2 |ψ| = . (13.9) B Tc Der Ordnungsparameter ψ = ψ(T ) ist in Abb. 13.2 gezeigt. Unterhalb Tc ist die L¨osung ψ = 0 instabil, sie entspricht dem relativen Maximum des Ginzburg-Landau-Potenzials im Ursprung, w¨ahrend (13.9) den Minima entspricht. In der Ginzburg-LandauTheorie h¨angt also der Betrag des Ordnungsparameters von dem normierten Temperaturabstand t = TcT−T vom kritischen Punkt c ab wie   12   12 1 A A |ψ| = tβ = t2 . (13.10) B B

ψ

1

0

-1 0

1

2

T/Tc

Abb. 13.2. Temperaturabh¨ angigkeit des Ordnungsparameters

Der Exponent β der Temperaturabh¨angigkeit des Ordnungsparameters hat also in der Ginzburg-Landau-Theorie in der N¨ahe des Phasen¨ uberganges den Wert 12 . Allerdings findet man in unmittelbarer N¨ahe, das heißt im sogenannten kritischen Bereich, experimentell andere Werte des kritischen Exponenten β. Diese Abweichungen haben ihren Ursprung in den großen Fluktuationen in der N¨ahe des kritischen Punktes. Dass dort bei einem kontinuierlichen Phasen¨ ubergang große Fluktuationen auftreten k¨onnen, sieht man daran, dass in diesem Bereich das Ginzburg-LandauPotenzial sehr flach ist und daher nur sehr schwache r¨ ucktreibende Kr¨afte auf eine zuf¨allige Fluktuation des Ordnungsparameters

13.1 Phasen¨ uberg¨ ange erster und zweiter Ordnung

133

einwirken. Die kritischen Exponenten nicht nur des Ordnungsparameters β, sondern auch der spezifischen W¨arme −α und der Suszeptibilit¨at −γ spielen zur Charakterisierung von kontinuierlichen Phasen¨ uberg¨angen eine zentrale Rolle. Sie werden im Rahmen der sogenannten Renormierungsgruppentheorie berechnet. Die Exponenten sind universell, das heißt, sie sind f¨ ur ganze Substanzklassen gleich und sie gen¨ ugen einem Skalengesetz α + 2β + γ = 0. (Siehe auch die Besprechung des Heisenberg-Ferromagneten in Kapitel 15.) Wir verweisen in Bezug auf die modernen Methoden zur Berechnung kritischer Fluktuationen auf die weiterf¨ uhrende Literatur. Als Ordnungsparameter haben wir beim Van-der-Waals-Gas die Dichteabweichung n − nc kennen gelernt. Andere Beispiele f¨ ur einen Ordnungsparameter sind die Magnetisierung in einem Ferromagnet, die Paarwellenfunktion in einem Supraleiter und die Wellenfunktion der im Impulsraum kondensierten Teilchen in suprafl¨ ussigem 4 He. F¨ ur eine Temperatur unterhalb Tc erhalten wir im Van-derWaals-Gas, wie im letzten Kapitel ausf¨ uhrlich diskutiert, einen diskontinuierlichen Phasen¨ ubergang. Das Ginzburg-Landau-Potenzial muss entsprechend den zwei koexistierenden Phasen in diesem Bereich zwei Minima haben. Daher muss in einer Potenzreihendarstellung des Ginzburg-Landau-Potenzials auch ein Term dritter Ordnung im Ordnungsparameter anwesend sein. 150

100

F(ψ )

50

0

−50

−100

−150 −2

0

2

4

6

ψ

Abb. 13.3. Ginzburg-Landau-Potenzial f¨ ur diskontinuierlichen Phasen¨ ubergang

Die allgemeine Form eines Ginzburg-Landau-Potenzials f¨ ur einen diskontinuierlichen Phasen¨ ubergang, also einen Phasen¨ uber-

134

13 Ginzburg-Landau-Potenzial

gang erster Ordnung, ist F = F0 + V a |ψ|2 + V b |ψ|2 ψ +

Vc 4 |ψ| . 2

(13.11)

Diese Funktion ist in Abbildung 13.3 dargestellt. Dieses GinzburgLandau-Potenzial besitzt, wie schon oben gesehen, f¨ ur gewisse Parameterwerte a, b, c eine Potenzialbarriere zwischen den beiden relativen Minima. Diese Situation entspricht dem Koexistenzgebiet, das wir beim Van-der-Waals-Phasen¨ ubergang gefunden haben. Die beiden koexistierenden Minima entsprechen gerade den beiden metastabilen L¨osungen (Dichte der fl¨ ussigen und gasf¨ormigen Phase), das dazwischenliegende Potenzialmaximum entspricht der L¨osung auf dem instabilen Ast der Van-der-WaalsKurve im Koexistenzgebiet. Das Konzept des Ginzburg-Landau-Potenzials l¨asst sich auch ausdehnen zur Behandlung von Situationen mit r¨aumlich inhomogenem Ordnungsparameter (siehe Aufgabe 13.1). Beispiele daf¨ ur sind die r¨aumliche Struktur der Paarwellenfunktion eines Supraleiters in der N¨ahe einer magnetischen Flusslinie oder in der N¨ahe von Grenzfl¨achen. Noch allgemeiner l¨asst sich das Ginzburg-Landau-Potenzial auch zur Beschreibung von Nichtgleichgewichtsphasen¨ uberg¨angen in offenen Systemen verwenden, wie wir noch im zweiten Teil des Buches n¨aher besprechen werden. An die Stelle des Temperaturparameters tritt dann zum Beispiel der Energiefluss, mit dem das System gepumpt “wird, um dissi” pative Verluste zu kompensieren. 13.2 Aufgaben 13.1. Ginzburg-Landau-Potenzial fu aumlich inhomoge¨ r r¨ ne Systeme, z. B. Supraleiter in der N¨ ahe der Oberfl¨ ache Das Ginzburg-Landau-Potenzial (13.7) l¨asst sich verallgemeinern f¨ ur r¨aumlich inhomogene Systeme. Zu der uns schon bekannten Form addiert man einen Term, der proportional dem Absolutbetrag des Gradienten des Ordnungsparameters ist, und f¨ uhrt ein Integral u ¨ber das ganze Volumen des Systems durch:



13.2 Aufgaben

135



  1 T B  2 F= d r |−i∇ψ(r )| +A −1 |ψ(r  )|2 + |ψ(r  )|4 . 2m Tc 2 (13.12) Im ersten Term erkennt man die kinetische Energie. 

3 

a) Bestimmen Sie die Bedingungsgleichung f¨ ur ψ(r), f¨ ur die F minimal ist. F¨ uhren Sie dazu eine Funktionalableitung δF/δψ(r) durch. Man kann ψ(r) und ψ ∗ (r) als unabh¨angige Funktionen auffassen und vorteilhaft die Funktionalableitung nach ψ ∗ (r) durchf¨ uhren. b) L¨osen Sie die Differenzialgleichung f¨ ur den Ordnungsparameter in der N¨ahe einer ebenen freien Oberfl¨ache, auf der der Ordnungsparameter verschwinden muss. In diesem Problem h¨angt der Ordnungsparameter nur vom Abstand z von der Oberfl¨ache ab. Machen Sie die nichtlineare Schr¨odinger-Gleichung durch den Ansatz ψ(z) = ψ0 f (z) dimensionslos. Hierbei ist ψ0 die r¨aumlich homogene L¨osung. Bestimmen Sie f (z) aus der Forderung f (0) = 0 und f (z → ∞) = 1. c) Diskutieren Sie die als charakteristische L¨ange auftretende Koh¨arenzl¨ange ζ(T ). 13.2. Ginzburg-Landau-Potenzial fu ¨r Supraleiter im magnetischen Feld Das Ginzburg-Landau-Potenzial (13.12) l¨asst sich f¨ ur geladene Teilchen weiter verallgemeinern, so dass man auch den Effekt elektromagnetischer Felder einschließen kann. Das ist insbesondere wichtig f¨ ur Supraleiter. Die Ladung eines Cooper-Paares von Elektronen ist 2e. Dabei ersetzt man, wie aus der kanonischen Theorie bekannt, den Impuls p durch p − 2ec A, wobei A das Vektorpotenzial ist   1 2e F = d3 r  |(−i∇ − A)ψ(r  )|2 (13.13) 2m c  T  B  2  4 +A − 1 |ψ(r )| + |ψ(r )| . Tc 2 a) Bestimmen Sie wieder die Ginzburg-Landau-Gleichung f¨ ur den Ordnungsparameter durch Funktionalableitung von (13.13)

136

13 Ginzburg-Landau-Potenzial

nach ψ ∗ (r). Welche Bedingung ergibt sich aus der Forderung, dass das Oberfl¨achenintegral bei der Anwendung des GaußSatzes verschwinden soll? b) Berechnen Sie unter Verwendung der Stromdichte  4e2 e  + ∗ j=− ψ ∇ψ − (∇ψ )ψ − ψ ∗ ψA im mc

(13.14)

und der Maxwell-Gleichung f¨ ur das Magnetfeld die Eindringtiefe λ eines Magnetfeldes, das tangential zur Oberfl¨ache (x-yEbene) orientiert ist, unter der Annahme, dass die Koh¨arenzl¨ange ζ sehr klein ist, so dass man den Ordnungsparameter im Supraleiter als konstant ansehen kann.

14 St¨ orungstheorie

Wie in der Quantenmechanik u ur die ¨blich, wollen wir auch f¨ Quantenstatistik eine N¨aherungsmethode entwickeln, in der die Wechselwirkung als kleine St¨orung zu einem exakt behandelbaren ungest¨orten Teil des Hamilton-Operators betrachtet wird. 14.1 Wechselwirkungsdarstellung des Exponentialoperators Wir wollen hierzu den statistischen Operator in die Wechselwirkungsdarstellung bringen. Der Exponentialoperator E = e−βH

(14.1)

gen¨ ugt der Differenzialgleichung

Mit dem Ansatz

∂E = −(H0 + W )e−βH . ∂β

(14.2)

˜ E = e−βH0 E(β)

(14.3)

˜ finden wir (mit E(0) = 1) e−βH0

mit

∂ E˜ = −W e−βH ∂β ∂ E˜ ˜ (β)E˜ = −W ∂β

˜ (β) = eβH0 W e−βH0 . W

Durch iterative L¨osung findet man

(14.4)

(14.5)

138

14 St¨ orungstheorie

E˜ = T e−

Rβ 0

˜ (τ ) dτ W

.

(14.6)

Damit haben wir die Wechselwirkungsdarstellung des Exponentialoperators e−βH = e−βH0 T e−

Rβ 0

˜ (τ) dτ W

(14.7)

Thermodynamische Wechselwirkungsdarstellung T ist der Ordnungsoperator f¨ ur die Imagin¨arzeit τ , der die Operatoren mit den kleinsten imagin¨aren Zeiten am weitesten nach rechts ordnet. Wir sehen, dass die Wechselwirkungsdarstellung der Thermodynamik formal aus der Wechselwirkungsdarstellung des Zeitentwicklungsoperators exp(−iHt/) folgt, wenn man it/ durch β ersetzt. 14.2 St¨ orungstheorie zweiter Ordnung fu ¨r Zustandssumme und freie Energie Durch Entwicklung des zeitgeordneten St¨oroperators l¨asst sich nun die kanonische Zustandssumme n¨aherungsweise berechnen:  Z= < n|e−βH | n > mit H0 | n >= En | n >  β   −βEn −βEn ˜ (τ )| n > dτ Z= e − e < n |W (14.8) n

+



−βEn

n



e

n,m

Nun ist



β

τ2

dτ2 0

0

0

˜ (τ2 )| m >< m |W ˜ (τ1 )| n > + · · · . dτ1 < n |W

˜ (τ )| m >= eτ (En −Em ) Wn,m . < n |W

(14.9)

Da der Term 

|Wn,m |2 (e−βEm − e−βEn ) 2 (E n − Em ) n=m Null ist, erh¨alt man

(14.10)

Z=



e−βEn

1 − βWn,n − β

n

=



14.2 St¨ orungstheorie zweiter Ordnung





−βEn

e

n

ρn − β

n

 n

 β  + |Wn,n |2 ρn , 2 n

 |Wn,m |2 β2 + |Wn,n |2 En − Em 2 m=n

Wn,nρn − β



139

 |Wn,m|2 ρn En − Em m=n

2

(14.11)

wobei

e−βEn =< n|eβ(F0 −H0 ) |n > (14.12) Z0 die ungest¨orte Verteilungsfunktion ist. Die freie Energie F = −kT ln Z ist dann    |Wn,m |2 F = F0 − kT ln 1 − β Wn,n ρn − β ρn En − Em n m=n  β2  2 + |Wn,n | ρn . (14.13) 2 n ρn =

Mit der schon fr¨ uher benutzten Taylor-Reihenentwicklung ln(1 + a1 λ + a2 λ2 ) = a1 λ + a2 λ2 − 12 a21 λ2 folgt F = F0 +

+

β 2



 n



 |Wn,m|2 ρn β  Wn,n ρn + − |Wn,n |2 ρn En − Em 2 n m=n 2

Wn,n ρn

.

(14.14)

n

Die freie Energie l¨asst sich auch schreiben als  1 ρn − ρm F = F0 + Wn,n ρn + |Wn,m |2 2 m=n En − Em n  2  β − Wm,m − Wn,n ρn ρm . 2 m n

(14.15)

Nun ist aber ρn − ρm 1 −βEn 1 − eβ(En −Em ) = e ≤0, En − Em Z0 En − Em

(14.16)

140

14 St¨ orungstheorie

weil 1−e ≤ 0, da ex > (1 + x). Der erste Beitrag zweiter Ordx nung ist also negativ. Der zweite Beitrag, den wir wieder als mittleres Schwankungsquadrat der Wechselwirkungsenergie schreiben k¨onnen, ist ebenfalls negativ, das heißt die St¨orungstheorie zweiter Ordnung liefert stets einen erniedrigenden Beitrag zur freien Energie.  Mit ∆W = W − Wn,n ρn = W − < W > l¨asst sich das Ergebnis noch k¨ urzer schreiben x

F = F0 + < W > +

1 2 n,m

| < n|∆W |m > |2

ρn − ρm En − E m (14.17)

Freie Energie in St¨ orungstheorie zweiter Ordnung Hierbei muss man ber¨ ucksichtigen, dass 1 − ρρmn ρn − ρm β(Em − En ) lim = ρn lim = ρn lim = −βρn . m→n En − Em m→n En − Em m→n En − Em (14.18) ¨ 14.3 Beispiel: Außeres Feld Wir behandeln nun ein fluktuierendes ¨außeres Feld f , dabei nehmen wir den Einfluss des mittleren Feldes in den ungest¨orten Hamilton-Operator auf, H0 = H − f q, und fassen die Feldfluktuationen δf als St¨orung auf: W = −qδf . Auf diese Weise k¨onnen im Prinzip die Ergebnisse noch in allgemeiner Weise vom mittleren Feldwert abh¨angen. In Anwesenheit eines Feldes muss die freie Enthalpie G(T, f + δf ) im Gleichgewicht minimal sein. F¨ ur G liefert die St¨orungstheorie 1 ρn − ρm G = G0 − qδf + | < n|∆q|m > |2 (δf )2 . (14.19) 2 n,m En − Em

¨ 14.3 Beispiel: Außeres Feld

141

Andererseits liefert eine thermodynamische Entwicklung der freien Enthalpie nach den Feldfluktuationen     ∂G 1 ∂2G G = G0 + δf + (δf )2 , (14.20) ∂f T 2 ∂f 2 T   wobei ∂G = −q und ∂f T



∂2G ∂f 2



 =− T

∂q ∂f

 = −χT .

(14.21)

T

Die Ableitung des Erwartungswertes q (also derjenigen Variablen, an der das Feld angreift) nach dem Feld bezeichnen wir allgemein als lineare Suszeptibilit¨at. Diese Gr¨oße ist ein Maß daf¨ ur, wie leicht man einen endlichen Erwartungswert von q durch Anlegen eines Feldes hervorrufen oder induzieren kann. Eine große Suszeptibilit¨at zeigt, dass das System in Bezug auf das Feld empfindlich reagiert, also suszeptibel oder leicht beeinflussbar ist. Beispiele ¨ kennen wir aus der Elektrodynamik. Hier ist die Anderung der Polarisation P mit dem elektrischen Feld E als elektrische Suszep¨ tibilit¨at bekannt, ebenso wie die Anderung der Magnetisierung M mit dem Magnetfeld B, die magnetische Suszeptibilit¨at genannt wird. Da die Temperatur in der freien Enthalpie bei der Feldvariation nicht ver¨andert wird, sprechen wir von der isothermen Suszeptibilit¨at χT . Da außerdem ein zeitunabh¨angiges Feld behandelt wird, spricht man genauer von einer linearen, statischen, isothermen Suszeptibilit¨at. Die St¨orungstheorie liefert f¨ ur diesen Ausdruck  ρm − ρn χT = | < n|∆q|m > |2 . (14.22) E − E n m m,n Dieser Ausdruck l¨asst sich noch kompakter als Integral u ¨ber die imagin¨are Zeit 0 ≤ τ ≤ β schreiben  χT =

β

dτ < ∆˜ q(τ )∆q > 0

Isotherme statische Suszeptibilit¨ at

(14.23)

142

14 St¨ orungstheorie

wobei ∆˜ q (τ ) = eτ H0 ∆qe−τ H0 in Wechselwirkungsdarstellung ist. Die statische Suszeptibilit¨at ist also gegeben durch das Imagin¨arzeitintegral u q (τ )∆˜ q (0) >. ¨ber die Korrelationsfunktion < ∆˜ Beweis von (14.23) Das Integral in (14.23) liefert Z β X e−βEn τ (En −Em ) χT = dτ | < n|∆q|m > |2 e Z 0 n,m =

X

| < n|∆q|m > |2

e−βEn eβ(En −Em ) − 1 Z En − E m

| < n|∆q|m > |2

ρm − ρn . E n − Em

n,m

=

X

n,m

(14.24)

Also ist (14.23) gleich (14.22).

Etwas allgemeiner finden wir f¨ ur ein Vektorfeld f mit W =  − qi δfi  β χT,ik = dτ Sp(ρ∆˜ qi (τ )∆qk ) (14.25) 0

=



< n|∆qi |m >< m|∆qk |n >

ρm − ρn = χT,ki . En − Em

Man sieht, dass der Suszeptibilit¨atstensor symmetrisch ist. Thermodynamisch muss das so sein, denn χT,ki =

∂qk ∂2G ∂2G =− =− = χT,ik . ∂fi ∂fi ∂fk ∂fk ∂fi

(14.26)

14.4 Aufgaben

143

14.4 Aufgaben 14.1. Magnetische Suszeptibilit¨ at eines 2d-Elektronengases Die statische Suszeptibilit¨at χT ist nach (14.23) gegeben durch die Korrelationsfunktion  β χT = dτ < ∆˜ q (τ ) ∆q > . (14.27) 0

a) Berechnen Sie mit dieser Methode den paramagnetischen Anteil der Suszeptibilit¨at eines zweidimensionalen idealen Elektronengases. b) Verwenden Sie den Zusammenhang zwischen dem chemischen Potenzial und der Teilchenzahl aus Kapitel 8 und vergleichen Sie das Ergebnis mit dem aus Aufgabe 6.2.

15 Thermodynamisches Variationsverfahren

15.1 Bogoljubov-Variationsverfahren In diesem Kapitel soll ein quantenstatistisches Variationsverfahren besprochen werden, das auf N.N. Bogoljubov (geb. 1909) zur¨ uckgeht. Im Rahmen des Wegintegralformalismus hat R.P. Feynman (1918-1988) ein zum Bogoljubov-Variationsverfahren ¨aquivalentes Variationsverfahren angegeben. Diese Verfahren spielen in der quantenstatistischen Berechnung thermodynamischer Funktionen von Quantensystemen eine wichtige Rolle. Wir zeigen zun¨achst, dass sich die quantenstatistische Berechnung der freien Energie F = −kT ln Spe−βH als Variationsrechnung formulieren l¨asst. Hierzu f¨ uhren wir einen Test-HamiltonOperator Ht ein, der sich exakt berechnen l¨asst Ht |n >= Ent |n > .

(15.1)

Die freie Energie berechnen wir mit den Eigenzust¨anden von Ht . Es gilt zun¨achst die Ungleichung f¨ ur den quantenmechanischen Erwartungswert  −βH  e ≥ e−βHn,n . (15.2) n,n Diese Ungleichung beruht auf der Kr¨ ummung der Exponentialfunktion. Aus Abb. 15.1 sieht man, dass ex ≥ e + (x− < x >)e .

(15.3)

Daraus folgt durch Mittelbildung < ex > ≥ e .

(15.4)

D Wir definieren nun eine Diagonalmatrix Hn,m = δn,m Hn,n . Damit gilt

146

15 Thermodynamisches Variationsverfahren 8

exp(x)

6

4

2

0

0

1

2

x/

Abb. 15.1. Exponentialfunktion

  D D Spe−βH ≥ Spe−βH = Sp e−βHt e−β(H −Ht )   D Sp e−βHt e−β(H −Ht ) = Spe−βHt Spe−βHt   D =: Spe−βHt Sp ρt e−β(H −Ht ) =: Spe−βHt < e−β(H ≥ Spe−βHt e

D −H

−βt

>t

.

(15.5)

Dabei haben wir zum Schluss die Ungleichung f¨ ur die quantenstatistische Mittelung verwendet. Da aber < H D − Ht >t=< H − Ht >t ,

(15.6)

gilt die Ungleichung Spe−βH ≥ Spe−βHt

e−βt .

F¨ ur die freie Energie folgt dann die Ungleichung   F ≤ Ft − kT ln e−βt

(15.7)

(15.8)

oder F ≤ Ft+ < H − Ht >t

(15.9)

Bogoljubov-Variationsverfahren mit

Ft = −kT ln(Spe−βHt )

(15.10)

15.2 Beispiele: Heisenberg-Ferromagnet; wechselwirkende Fermionen

147

  Sp e−βHt (H − Ht ) < H − Ht > t = . (15.11) Spe−βHt Man kann den Test-Hamilton-Operator Ht mit Variationsparametern ζi ausstatten. Dann sucht man das Minimum von Ft + < H − Ht >t :  ∂  F t − < H − Ht > t = 0 . (15.12) ∂ζi und

Aus diesen Gleichungen bestimmen wir die Werte von ζi und erhalten mit ihnen eine obere Grenze f¨ ur die wahre freie Energie. 15.2 Beispiele: Heisenberg-Ferromagnet; wechselwirkende Fermionen 1. Heisenberg-Ferromagnet   H=− JS i · S i+δ − µB Si,z mit J > 0 , i,δ

(15.13)

i

wobei Si der Spinoperator des i-ten Atoms ist. Der Index δ l¨auft u ¨ber alle n¨achsten Nachbarn des i-ten Atoms. J ist die Austauschwechselwirkungskonstante. Man sieht sofort, dass die Energie erniedrigt wird, wenn alle Spins parallel stehen: S i · S i+δ > 0. Man erwartet also, dass bei tiefen Temperaturen alle Spins parallel sind, das heißt dass die Substanz ferromagnetisch wird. Bei hohen Temperaturen wird dagegen die thermische Energie den ferromagnetischen Zustand aufbrechen und in die paramagnetische Phase u uhren. ¨berf¨ Wir f¨ uhren einen Test-Hamilton-Operator ein  Ht = −µb Si,z , (15.14) i

b ist dabei ein internes, selbstkonsistent zu bestimmendes Feld, das als Variationsparameter dient. Damit wird f¨ ur ein Spin- 12 System   βµb βµb 1 e+ 2 − e− 2 1 βbµ < Si,z >t = = tanh = sz . (15.15) − βµb 2 e+ βµb 2 2 2 + e 2

148

15 Thermodynamisches Variationsverfahren

Da wir ein ¨außeres Feld haben, berechnen wir die freie Enthalpie G(T, B) ˜ G ≤ Gt + < H − Ht >t = G (15.16) mit   − βµb ˜ = −kT N ln e+ βµb 2 +e 2 G − nNJs2z + Nµsz (b − B) . (15.17) Dabei ist n die Zahl der n¨achsten Nachbarn eines Atoms. Bilden wir ∂G = 0, so finden wir ∂b  Nµ e 2 −e− 2 ∂sz  − − 2nNJs −Nµ(b−B) +Nµsz = 0 . (15.18) z − βµb 2 e βµb ∂b 2 +e 2 βµb

βµb

Der erste und der letzte Term heben sich weg. Das mittlere Feld ergibt sich zu 2nJ b=B+ sz . (15.19) µ Setzen wir zun¨achst das ¨außere Feld B = 0, so erhalten wir folgende transzendente Gleichung f¨ ur b:   µb βbµ nJ = tanh (15.20) nJ nJ 2 oder

 tanh

xTc T

 = x mit x =

µb nJ und kTc = . nJ 2

(15.21)

x ist also das Verh¨altnis der Wechselwirkungsenergien eines Spins mit dem Molekularfeld und mit seinen Nachbarn. Tc wird sich als die kritische Temperatur f¨ ur den Phasen¨ ubergang von der ungeordneten paramagnetischen Phase in die geordnete ferromagnetische Phase herausstellen. F¨ ur kleine Molekularfelder gilt:  3 xTc 1 3 Tc x − x (15.22) T 3 T oder

Tc − T 1 x = x3 T 3

In der N¨ahe von Tc gilt dann



Tc T

3 .

(15.23)

15.2 Beispiele: Heisenberg-Ferromagnet; wechselwirkende Fermionen

3x

Tc − T = x3 . Tc

149

(15.24)

F¨ ur T > Tc ist x = 0 , f¨ ur T < Tc finden wir zwei L¨osungen: x = 0 und mit τ = 1 − TTc x = (3τ )1/2 .

(15.25)

Wir erkennen hier den schon in Kapitel 13 abgeleiteten kritischen Exponenten des Ordnungsparameters β = 12 wieder, wie er f¨ ur alle Molekularfeldtheorien typisch ist. ˜ ein, so finden wir Setzen wir diese Ergebnisse in G   − βµb ˜ = −kT N ln e+ βµb 2 + e 2 G + nNJs2z . (15.26) Die Gr¨oße < Szi >= sz nennt man den Ordnungsparameter. Er ist Null in der paramagnetischen Phase und ungleich Null in der geordneten, der ferromagnetischen Phase. Als Entropie finden wir dann:  βµb  kT µbN ˜ βµb ∂G S=− = kN ln e+ 2 + e− 2 − sz ∂T kT 2 2nJ ∂sz ∂sz + Nµ sz − 2nNJsz , (15.27) µ ∂T ∂T sz 2nJ µ

wobei wir benutzt haben b = oder T S = +kT N ln(e+

βµb 2

+ e−

und sz = 1/2 tanh(βbµ/2),

βµb 2

) − Nµbsz .

(15.28)

Wir sehen, dass dieses Ergebnis u ¨bereinstimmt mit der Beziehung T S kT ln(Zt + βEt ) = kT N ln(e+

βµb 2

+e−

βµb 2

)−Nµbsz . (15.29)

F¨ ur die Suszeptibilit¨at finden wir bei endlichem Feld B mit χT = −

˜ ∂2G ∂Nµsz = , ∂2B ∂B

da

˜ db ∂G =0, ∂b dB

1 db 1   . χT = Nµ2 β 2 4 dB cosh βµb 2 Nun ist b = B +

2nJ s , µ z

also

(15.30) (15.31)

150

15 Thermodynamisches Variationsverfahren

db nJβ db  µβb  = 1+ 2 dB dB 2 cosh 2 oder

db = dB 1−

(15.32)

1   . (15.33) cosh−2 µβb 2   Oberhalb Tc ist b = 0, also cosh µβb = 1. Damit erhalten wir 2 f¨ ur T ≥ Tc : 1 1 χT = Nµ2 (15.34) 4 kT − nJ 2 und

χT =

nJβ 2

N µ2

1

(15.35)

4k T − Tc Curie-Weiss-Gesetz

10

Curie-Weiss-Gesetz

χ (T)

8 6 4 2 0

0

1

2

T - Tc Tc

Abb. 15.2. Magnetische Suszeptibilit¨ at oberhalb Tc

Die Suszeptibilit¨at divergiert bei Ann¨aherung an den kritischen Punkt, da die Magnetisierung immer leichter zu erreichen ist, je n¨aher man an Tc herankommt. Der kritische Exponent, der die Divergenz der Suszeptibilit¨at beschreibt, ist hier also wie in allen Molekularfeldtheorien γ = 1. Es sei noch bemerkt, dass neben den schon erw¨ahnten kritischen Exponenten β und γ des Ordnungsparameters und der Suszeptibilit¨at der kritische Exponent α wichtig ist, der die Divergenz der spezifischen W¨arme am Phasen¨ ubergang beschreibt.

15.2 Beispiele: Heisenberg-Ferromagnet; wechselwirkende Fermionen

151

Diese drei Koeffizienten sind durch das Skalengesetz α+2β+γ = 2 miteinander verkn¨ upft. In der Molekularfeldbeschreibung, die keine kritischen Fluktuationen ber¨ ucksichtigt, ist also mit β = 1/2 und γ = 1 der Exponent der spezifischen W¨arme α = 0. 2. System wechselwirkender Fermionen   1  H= ( k −µ)nk + Wq c†k+q c†k −q ck ck + φk nk , (15.36) 2  k k k,k ,q=0

wobei φk das Potenzial eines ¨außeren Feldes sei. Wir w¨ahlen den Test-Hamilton-Operator in der Form  Ht = ( k − µ + σk )nk (15.37) k

mit den Selbstenergien σk als Variationsparameter. Damit ist das großkanonische Potenzial f¨ ur isotrope Verteilungen   J ≤ J˜ = −kT ln(1 + e−β( k +σk −µ) ) + (φk − σk ) < nk > k

1 − Wq < n|k +q| >< nk > , 2 

k

(15.38)

k ,q

wobei < nk >=

1

= fk . (15.39) +1 Die Variation des großkanonischen Potenzials nach σk ergibt    ∂ J˜ ∂fk = fk −fk + (φk − σk ) − Wq f|k+q| = 0 (15.40) ∂σk ∂σk q eβ( k +σk −µ)

oder σk = −



Wq f|k+q| + φk

(15.41)

q=0

Temperaturabh¨ angige Hartree-Fock-Selbstenergie

152

15 Thermodynamisches Variationsverfahren

Dies ist eine Integralgleichung f¨ ur σk , da die Fermiverteilungsfunktion σk wieder enth¨alt. Das großkanonische Potenzial ist dann  1  J˜ = −kT ln(1 + e−β( k +σk −µ) ) + Wq f|k+q| fk . (15.42) 2 k,q=0 k Es muss sein   ∂σk  ∂f|k+q| ∂ J˜ = −N = − fk + fk + Wq fk . (15.43) ∂µ ∂µ ∂µ k k k,q=0 Da

 ∂f|k+q| ∂σk =− Wq , ∂µ ∂µ q=0

(15.44)

heben sich die beiden letzten Terme weg. Entsprechend ist ∂ J˜ = −fk ∂φk und χk = −

∂ 2 J˜ ∂fk = . ∂φ2k ∂φk

(15.45)

(15.46)

15.3 Aufgaben 15.1. Bogoljubov-Variationsverfahren fu ¨r anharmonischen Oszillator In dieser Aufgabe wollen wir das thermodynamische Variationsverfahren auf den anharmonischen Oszillator anwenden. Der Hamilton-Operator des anharmonischen Oszillators sei in normierten Einheiten gegeben als   1 d2 2 4 H= − 2 + x + λx . (15.47) 2 dx W¨ahlt man als Testoperator den Hamilton-Operator des harmonischen Oszillators   1 d2 2 2 Ht (ω) = − 2 +ω x , (15.48) 2 dx

15.3 Aufgaben

153

so kann man mit Hilfe des Bogoljubov-Variationsverfahrens eine obere Schranke f¨ ur die freie Energie berechnen. Der Variationsparameter ist dabei die effektive Frequenz ω. √ a) Substituieren Sie ξ = ωx und dr¨ ucken Sie Ht und H − Ht durch die in der Quantenmechanik eingef¨ uhrten Erzeugungsund Vernichtungsoperatoren aus.   1 d a= √ ξ+ dξ 2   1 d † a = √ ξ− (15.49) dξ 2 b) Berechnen Sie die freie Energie des harmonischen Oszillators Ft = −kT ln Sp e−βHt .

(15.50)

c) Berechnen Sie W (n) als Funktion der Verteilungsfunktion   < n >t = n (T, ω) = 1/ eβω − 1 (15.51) W (n) ≡ H − Ht t .

(15.52)

Hinweis: Verwenden Sie bei der Auswertung die Beziehung a† a† aat = 2n2 (T, ω) .

(15.53)

Zusatzfrage: Beweisen Sie die Beziehung (15.53). d) Stellen Sie eine Bestimmungsgleichung f¨ ur den besten Variationsparameter ω ˜ mit Hilfe der Bedingung ∂ (Ft + H − Htt ) = 0 (15.54) ∂ω ω ˜ auf. e) Entwickeln Sie eine L¨osung der Gleichung f¨ ur T = 0 und kleine λ.

Teil II

Statistik und Kinetik fu ¨ r Nichtgleichgewichtssysteme

16 Master-Gleichung

16.1 Master-Gleichung fu ¨r abgeschlossene Systeme Nach der Behandlung der Statistik von Systemen im thermischen Gleichgewicht wollen wir im zweiten Teil des Buches die Kinetik, das heißt die zeitliche Entwicklung von Wahrscheinlichkeitsverteilungen f¨ ur Nichtgleichgewichtssysteme untersuchen. Anders als im ersten Teil des Buches ist dann die Wahrscheinlichkeit ρn f¨ ur das Auftreten des Mikrozustands n nicht mehr station¨ar, sondern zeitabh¨angig, also ρn (t). Das kann dadurch geschehen, dass das ¨ System Uberg¨ ange zwischen verschiedenen Zust¨anden macht. Wir erinnern uns, dass der Zustand n einen quantenmechanischen Vielteilchenzustand beschreibt. Denken wir etwa an ein Elektronengas, das wir im Fock-Raum beschreiben, so w¨are ein bestimmter Vielteilchenzustand dadurch charakterisiert, dass wir die Besetzung aller Impulszust¨ande nk = 0, 1 angeben. Die Wahrscheinlichkeit f¨ ur einen solchen Mikrozustand soll also ρn (t) hei¨ ßen. Wir wollen die Wahrscheinlichkeit pro Zeit f¨ ur einen Uber¨ gang von n → m mit wm,n bezeichnen. Die zeitliche Anderung der Wahrscheinlichkeit den Zustand n zu finden ergibt sich dann ¨ als die Differenz der Ubergangswahrscheinlichkeiten aus dem betrachteten Zustand in alle anderen Zust¨ande und den Wahrschein¨ lichkeiten f¨ ur die umgekehrten Uberg¨ ange als

158

16 Master-Gleichung

  dρn =− wm,nρn(t) − wn,mρm(t) dt m=n

(16.1)

Master-Gleichung ¨ Der erste Term der Mastergleichung beschreibt Uberg¨ ange aus dem Zustand n in alle anderen Zust¨ande m, w¨ahrend der zwei¨ te Term die Uberg¨ ange aus allen anderen Zust¨anden m nach n ¨ beschreibt. Auf mikroskopischer Ebene sind die Ubergangswahrscheinlichkeiten pro Zeiteinheit von n → m gleich groß wie f¨ ur ¨ den umgekehrten Prozess n ← m. Die Ubergangsraten sind daher symmetrisch. Außerdem muss f¨ ur ein abgeschlossenes System die ¨ Energie beim Ubergang innerhalb der Energieschale ∆E erhalten sein.

wm,n = wn,m ,

wm,n = 0 fu ¨ r ∆E >| En − Em | (16.2)

¨ Ubergangsraten fu ¨ r abgeschlossene Systeme Die Master-Gleichung ist wegen des Auftretens der ersten Zeitableitung nicht Zeitumkehr-invariant, sie beschreibt anders als die reversiblen fundamentalen Entwicklungsgleichungen, also die klassische Newton-Gleichung oder die entsprechende quantenmechanische Schr¨odinger-Gleichung, irreversibles Verhalten. Es f¨allt auf, dass die Master-Gleichung zeitlich lokal ist. Die zeitliche ¨ Anderung der Wahrscheinlichkeit f¨ ur den Zustand n h¨angt nur von den Wahrscheinlichkeiten aller Zust¨ande ρm (t) zur Zeit t ab, nicht aber von den Wahrscheinlichkeiten ρm (t ) zu fr¨ uheren Zeiten t < t. Solche Prozesse heißen in der Statistischen Physik Markov-Prozesse. Die Ableitung dieser Master-Gleichung aus den fundamentalen klassischen oder quantenmechanischen Gleichungen stellt ein schwieriges und bis heute nicht allgemein gel¨ostes Problem dar. Zum Beispiel konnte zuerst Van Hove f¨ ur das einfachere Problem eines Systems, das in Wechselwirkung mit einem Bad steht, im Fall schwacher Wechselwirkung zeigen, dass man

16.1 Master-Gleichung f¨ ur abgeschlossene Systeme

159

die Master-Gleichung f¨ ur das System durch Teilsummationen der f¨ uhrenden Diagramme bis zu beliebig hoher Ordnung erh¨alt. Die Master-Gleichung wird in solchen Situationen aus der LiouvilleGleichung f¨ ur den statistischen Operator des eigentlich interessierenden Systems und des damit wechselwirkenden Bades abgeleitet. Mit Projektionsoperatoren k¨onnen der System- und Badanteil getrennt werden, und schließlich wird man u ¨ber das nicht interessierende Bad mitteln. Genauere quantenmechanische Ableitungen f¨ uhren im Allgemeinen zum Auftreten von Ged¨achtniseffekten, so dass solche verallgemeinerten Master-Gleichungen nicht mehr lokal in der Zeit sind wie Gleichung (16.1). Noch schwieriger ist die Herleitung einer Master-Gleichung f¨ ur abgeschlossene Systeme, die durch interne St¨oße ins Gleichgewicht streben. Wir wollen aber diese interessanten Fragen im Zusammenhang mit der Ableitung von Master-Gleichungen hier nicht weiter verfolgen. Wir wollen zun¨achst zeigen, dass die Master-Gleichung tats¨achlich die Relaxation auf die Gleichgewichtsverteilung hin beschreibt. Im Gleichgewicht verschwindet die Zeitableitung. Es muss also gelten   wm,n ρn − wn,m ρm = 0 . (16.3) m=n

Die mikrokanonische Verteilung ρn =

1 g(E)

f¨ ur E − ∆E ≤ En ≤ E

(16.4)

stellt eine L¨osung von (16.3) dar, wie man unter Ber¨ ucksichtigung von (16.2) sieht. Außerhalb der Energieschale sind alle Terme Null, auf der Energieschale sind alle Verteilungsfunktionen ¨ gleich groß, so dass die Klammer wegen der Symmetrie der Ubergangsraten verschwindet. Man kann dar¨ uberhinaus zeigen, dass die mikrokanonische Verteilung die einzige L¨osung der station¨aren Master-Gleichung ist. Die mikrokanonische Verteilung gen¨ ugt sogar nicht nur der station¨aren Master-Gleichung (16.3), sondern ¨ dar¨ uber hinaus dem detaillierten Gleichgewicht, in dem die Ubergangsraten sich paarweise aufheben wm,n ρn = wn,m ρm .

(16.5)

160

16 Master-Gleichung

16.2 Master-Gleichung fu ¨ r System in Kontakt mit einem Bad Wie im Kapitel 3 betrachten wir jetzt ein System, das mit einem W¨armebad Energie austauscht. Da System und Bad wieder ein abgeschlossenes System mit der Gesamtenergie En,ν = En + Eν bilden, gehen wir aus von der Master-Gleichung f¨ ur das Gesamtsystem (die griechischen Quantenzahlen stehen f¨ ur das Bad)   dρn,ν =− wm,µ;n,ν ρn,ν (t) − wn,ν;m,µρm,µ (t) . (16.6) dt m,µ Will man aus dieser Gleichung (16.6) eine Master-Gleichung f¨ ur das System allein gewinnen, so muss man u ¨ber die Badquantenzahl ν summieren. Da aber Bad und System statistisch unabh¨angig sind, k¨onnen wir die Wahrscheinlichkeiten faktorisieren ρn,ν (t) = ρn (t)ρν (E − En ) ,

(16.7)

wobei die Wahrscheinlichkeiten f¨ ur das sich im thermischen Gleichgewicht befindende Bad station¨are, mikrokanonische Verteilungen sind. Nach (5.54) erh¨alt man f¨ ur ρν (E − En ) folgende Form ρν (E − En ) = Ae−β(E−En )

f¨ ur E − En − ∆E ≤ Eν ≤ E − En , (16.8) und Null außerhalb der Energieschale. Damit liefert (16.6)   dρn =− wm,µ;n,ν ρn (t)ρν (E−En )−wn,ν;m,µ ρm (t)ρµ (E−Em ) . dt m,µ,ν

(16.9) Setzt man die thermische Verteilung ein, so entsteht eine MasterGleichung f¨ ur das System allein dρn dt

=−

  Wm;nρn(t) − Wn;mρm(t) m

Master-Gleichung fu ¨ r System mit Bad Dabei ist

(16.10)

16.3 Eta-Theorem

Wm;n =



wm,µ;n,ν ρν (E − En ) .

161

(16.11)

ν,µ

Durch Einsetzen der expliziten Form von ρν ergibt sich die Beziehung Wm;ne−βEn = Wn;me−βEm

(16.12)

¨ Ubergangsraten fu ¨r System in Kontakt mit einem Bad Im thermischen Gleichgewicht verschwindet die Zeitableitung, und es muss gelten   0=− Wm;n ρn − Wn;m ρm . (16.13) m

¨ Mit der Symmetrieeigenschaft der Ubergangsraten erh¨alt man    0=− Wm;n ρn − eβ(Em −En ) ρm , (16.14) m

woraus die kanonische Verteilung als Gleichgewichtsl¨osung folgt 1 −βEn e . (16.15) Z Wir haben also gezeigt, dass die station¨aren Verteilungen der Master-Gleichung die thermischen Gleichgewichtsverteilungen liefern, also speziell f¨ ur abgeschlossene Systeme die mikrokanonische Verteilung (2.14) und f¨ ur Systeme im Energiekontakt mit einem Bad die kanonische Verteilung (3.13). ρn =

16.3 Eta-Theorem 16.3.1 Abgeschlossene Systeme

Wir wollen nun aus der Master-Gleichung das auf Boltzmann zur¨ uckgehende Eta-Theorem, kurz H-Theorem genannt, ableiten, indem wir eine Gleichung f¨ ur die zeitliche Entwicklung der Nichtgleichgewichtsentropie herleiten. Wir gehen aus von der Definition der Nichtgleichgewichtsentropie (5.51)

162

16 Master-Gleichung

S(t) = −k



ρn (t) ln ρn (t) .

(16.16)

n

Die Ableitung dieser Gr¨oße ist   dρn  dS = −k ln ρn = k wm,n ρn (t) − wn,m ρm (t) ln ρn . dt dt n n,m (16.17) Die Ableitung des Logarithmus liefert keinen Beitrag, da die Gesamtwahrscheinlichkeit zeitlich unver¨anderlich (= 1) ist. Mit der ¨ Symmetrie der Ubergangswahrscheinlichkeiten wird    dS =k wm,n ρn (t) − ρm (t) ln ρn (16.18) dt n,m oder auch    dS =k wm,n ρm (t) − ρn (t) ln ρm . dt n,m

(16.19)

Durch Addition dieser beiden ¨aquivalenten Formen ergibt sich    dS k = wm,n ρn (t) − ρm (t) ln ρn − ln ρm . (16.20) dt 2 n,m Da der Logarithmus monoton mit dem Argument zunimmt, ist ¨ die Form (x − y)(ln x − ln y) ≥ 0. Da außerdem die wn,m als Ubergangswahrscheinlichkeiten pro Zeit positiv sind, gilt dS

≥0 (16.21) dt Eta-Theorem fu ¨ r abgeschlossene Systeme

16.3.2 Systeme in Kontakt mit einem Bad

Hier leiten wir aus der Master-Gleichung f¨ ur ein System mit Bad (16.10) eine Gleichung f¨ ur die zeitliche Entwicklung der freien Energie her. Wir gehen aus von der Nichtgleichgewichtsform

16.3 Eta-Theorem



F (t) = E(t) − S(t)T ,

163

(16.22)

wobei E(t) = n ρn (t)En die zeitabh¨angige Energie des Systems und T die Temperatur des Bades sind. Durch Ableiten finden wir   dρn  En  dF (t)  dρn  = En + kT ln ρn (t) = kT ln e kT ρn (t) dt dt dt n n    =−kT Wm;n ρn (t)−Wn;mρm (t) ln eβEn ρn (t) (16.23) . m,n

Die Symmetriebeziehung (16.12) befriedigen wir durch Einf¨ uhren ˜ ¨ neuer nun symmetrischer Ubergangsmatrizen Wm;n ˜ m:n eβEn . Wm;n = W (16.24) Damit wird      dF (t) ˜ m;n eβEn ρn (t) − eβEm ρm (t) ln eβEn ρn (t) . = −kT W dt m,n (16.25) Die dazu alternative Form erh¨alt man durch Umbenennung von n und m      dF (t) ˜ m;n eβEm ρm (t) − eβEn ρn (t) ln eβEm ρm (t) . = −kT W dt m,n (16.26) Die Summe der beiden Gleichungen liefert  dF (t) kT  ˜  βEn =− Wm;n e ρn (t) − eβEm ρm (t) dt 2 m,n      × ln eβEn ρn (t) − ln eβEm ρm (t) , (16.27) woraus sofort mit denselben Argumenten wie oben folgt, dass in einem System in Kontakt mit einem Bad die freie Energie w¨ahrend der Relaxation ins thermische Gleichgewicht abnimmt. dF ≤0 (16.28) dt Abnahme der freien Energie in System mit Bad

164

16 Master-Gleichung

16.4 L¨ osungen der Master-Gleichung Master-Gleichungen k¨onnen direkt mit stochastischen nume-rischen Methoden – den sogenannten Monte-Carlo-Simulationen – gel¨ost werden. Dabei werden stochastische Entwicklungen ermit¨ telt, indem man ausw¨ urfelt“, ob ein gewisser Ubergang stattfin” ¨ det. Ist die Wahrscheinlichkeit f¨ ur einen Ubergang p, so soll der ¨ Ubergang stattfinden, wenn der Zufallsgenerator eine Zahl z liefert, die zwischen Null und p liegt. Ist dagegen p < z ≤ 1, findet ¨ der Ubergang nicht statt. Nat¨ urlich muss man viele so ermittelte stochastische zeitliche Entwicklungen bestimmen und dann durch Mittelung die gew¨ unschte Kinetik einer Observablen berechnen. Wir wollen eine sehr einfache diskrete Master-Gleichung n¨aher untersuchen, in der die Quantenzahl n = 0, 1, 2, . . . ist. Als einfachstes Beispiel wollen wir zun¨achst das zuf¨allige H¨ upfen auf einer Kette ( random walk“) besprechen. ” Beispiel: Zuf¨ alliges Hu ¨pfen auf einer Kette ¨ Wir betrachten ein Teilchen, das mit gleicher Ubergangswahrscheinlichkeit w entweder nach rechts oder links um einen Gitterplatz weiterspringen kann. F¨ ur die Wahrscheinlichkeit ρn (t), das Teilchen auf dem n-ten Gitterplatz zu finden, gilt die MasterGleichung   dρn = w −2ρn + ρn+1 + ρn−1 . (16.29) dt Als Anfangsbedingung wollen wir annehmen, dass das Teilchen am Gitterplatz n = 0 lokalisiert war: ρn (t = 0) = δn,0 .

(16.30)

Zur L¨osung von (16.29) verwenden wir eine Fourier-Transformation  +π ∞  dk −ikn ρn = ρ(k)e und ρ(k) = ρn eikn (16.31) −π 2π n=−∞ und erhalten   dρ(k) = wρ(k) −2 + eik + e−ik = −wρ(k)4sin2 dt

  k . (16.32) 2

16.4 L¨ osungen der Master-Gleichung

165

Die L¨osung ist 2 k ρ(k, t) = e−4wtsin ( 2 ) = e−2wt(1−cosk) .

Die R¨ ucktransformation liefert  +π dk −ikn −2wt(1−cosk) ρn (t) = e e . −π 2π Das Integral l¨asst sich umschreiben und ergibt  e−2wt π ρn (t) = dkcos(kn)e2wtcosk = e−2wt In (2wt) . π 0

(16.33)

(16.34)

(16.35)

In (x) ist die modifizierte Bessel-Funktion erster Art n-ter Ordnung (siehe zum Beispiel Abramowitz, Stegun, Handbook of Mathematical Functions, Dover, N. Y.). In Abbildung 16.1 ist gezeigt, wie die Wahrscheinlichkeiten ρn (t) sich in der N¨ahe des urspr¨ unglich besetzten Platzes n = 0 entwickeln. 1 0.8

ρ (t) 0

ρ n (t)

0.6 0.4

ρ1 (t) 0.2

ρ2 (t)

0 0

1

2

3

4

5

2wt

Abb. 16.1. Zeitabh¨ angigkeit der Aufenthaltswahrscheinlichkeiten an den Gitterpl¨ atzen 0, 1 und 2

Ein noch einfacheres Bild entsteht, wenn wir na = x mit der Gitterkonstanten a als kontinuierliche Variable einf¨ uhren. Dann wird ∂ρ(x, t) ∂ 2 ρ(x, t) = wa2 . (16.36) ∂t ∂x2 Das ist gerade die Diffusionsgleichung mit dem Diffusionskoeffizia2 . Die Anfangsbedingung lautet nun enten D = wa2 = 2∆t ρ(x, t = 0) = δ(x) .

(16.37)

166

16 Master-Gleichung

Die L¨osung der Diffusionsgleichung ist (siehe Aufgabe (23.1)) x2 1 ρ(x, t) = √ e− 4wa2 t . 4πwa2 t

(16.38)

Wir sehen aus Abb. 16.2, wie sich diese Aufenthaltswahrscheinlichkeit diffusiv in Raum und Zeit ausbreitet. Das Ergebnis der Diffusionsgleichung l¨asst sich nat¨ urlich auch direkt aus der L¨osung der diskreten Master-Gleichung (16.34) erhalten. Wir f¨ uhren auch dort die Variable na = x ein und die Wellenzahl ka = q, dann wird  +π a dq ρn (t) 2 qa ρ(x, t) = = e−iqx e−4wtsin ( 2 ) a 2π −π a  +∞ dq −iqx −wa2 q2 t a e e . (16.39) −∞ 2π Die Fourier-Transformierte einer Gauß-Funktion ist wieder eine Gauß-Funktion  2 1 − x2 4a wt , ρ(x, t) = e (16.40) 4πwa2 t ¨ in Ubereinstimmung mit Gleichung (16.38). ρ(x,t)

4 3 2 1 0 1.8 1.4 0

1 1

2wt

0.6 2 3

0.2

x/a

Abb. 16.2. L¨ osung der Diffusionsgleichung als Funktion von Ort und Zeit

16.5 Aufgaben

167

16.5 Aufgaben 16.1. Master-Gleichung fu ¨ r Generation und Rekombination Die Master-Gleichung f¨ ur Generation und Rekombination ist dρn = −G(n)ρn +G(n−1)ρn−1 −R(n)ρn +R(n+1)ρn+1 , (16.41) dt wobei G(n) die Generationsrate und R(n) die Rekombinationsrate ist. Der erste Term auf der rechten Seite von (16.41) beschreibt die Rate, mit der ein Teilchen im Zustand mit n Teilchen erzeugt wird. Nach dieser Erzeugung sind also n + 1 Teilchen vorhanden, die Wahrscheinlichkeit, n Teilchen zu finden, nimmt also ab. Entsprechend ist die Interpretation der anderen Terme. a) L¨osen Sie die Master-Gleichung (16.41) f¨ ur einen PoissonProzess mit G(n) = g und R(n) = 0 mit der Anfangsbedingung ρn (t = 0) = δn,0 . Dabei ist n ≥ 0. Zu welcher Zeit ist die Wahrscheinlichkeit ρn (t) f¨ ur einen gegebenen Wert n maximal? b) Die Master-Gleichung f¨ ur ein Populationsmodell erh¨alt man aus (16.41) mit der Geburtenrate G(n) = gn und der Sterberate R(n) = rn: Zeigen Sie, dass sich  diese Master-Gleichung mit einer Green-Funktion ρn (t) = m Gn,m (t)ρm (t = 0) l¨osen l¨asst. Wie sieht die Gleichung der Green-Funktion aus? Wandeln Sie die inhomogene Differenzialgleichung der GreenFunktion durch eine Laplace-Transformation um in eine algebraische Gleichung, die man iterativ l¨osen kann. c) F¨ ur welche Wahl von R(n) und G(n) erh¨alt man aus (16.41) das oben behandelte Modell des H¨ upfens auf einer Kette?

17 Kinetische Gleichung ohne St¨ oße

17.1 Reduzierte Einteilchendichtematrix, Wigner-Verteilung Nachdem wir im vorangegangenen Kapitel die zeitliche Entwicklung der Wahrscheinlichkeitsverteilung des Gesamtsystems im Rahmen der Master-Gleichung behandelt haben, wollen wir nun die zeitliche Ver¨anderung einer Einteilchenverteilungsfunktion f (r, p, t) untersuchen. Ein prinzipieller Einwand gegen dieses Konzept ist, dass Ort und Impuls gar nicht gleichzeitig beliebig genau bestimmt werden k¨onnen. Das Heisenbergsche Unsch¨arfeprinzip ∆xi ∆pi ≥ /2 zeigt, dass die Position eines Teilchens in einer Zelle des Phasenraumes mit dem Volumen (/2)3 nicht n¨aher bestimmt werden kann. Nur die Beschreibung von langsamen – das heißt makroskopischen – Ver¨anderungen der Verteilungsfunktion im Orts- und Impulsraum ist problemlos m¨oglich. Die Ver¨anderungen von f m¨ ussen dabei innerhalb einer Phasenraumzelle sehr klein sein. Unter diesen Bedingungen ist f (r, p, t) eine positive Wahrscheinlichkeitsverteilung. Quantenmechanisch gewinnt man eine solche Verteilungsfunktion aus der reduzierten Einteilchendichtematrix in der Ortsraumdarstellung ρ(r 1 , r 2 , t) = Sp(ρψ † (r 2 , t)ψ(r1 , t)) .

(17.1)

Wichtig ist, dass man sich nicht mit der Diagonalen r 1 = r 2 begn¨ ugt, sondern von der vollen Zweipunktfunktion ausgeht. F¨ uhrt man Schwerpunkts- und Relativkoordinaten r=

r1 + r2 2

ein, so wird die Dichtematrix

und r  = r 1 − r 2

(17.2)

170

17 Kinetische Gleichung ohne St¨ oße

 r r  ρ(r, r , t) = Sp ρψ † (r − , t)ψ(r + , t) . 2 2  F¨ ur r = 0 findet man f¨ ur die Teilchendichte

(17.3)

ρ(r, r  = 0, t) = Sp(ρψ † (r, t)ψ(r, t)) .

(17.4)

Leitet man (17.3) einmal nach der Relativkoordinate ab und nimmt dann r  → 0, so erh¨alt man ∂ ρ(r, r  , t) (17.5) r →0 ∂ri  ∂   1 ∂ † † = Spρ − ψ (r, t) ψ(r, t) + ψ (r, t) ψ(r, t) . 2 ∂ri ∂ri lim 

Der Operator des Teilchenstroms in zweiter Quantisierung ist  1  ∂ Ji (t) = d3 rψ † (r, t) ψ(r, t) (17.6) m i ∂ri     ∂ψ(r, t) ∂ψ † (r, t) = d3 r ψ † (r, t) − ψ(r, t) , 2mi ∂ri ∂ri wobei der zweite Term von (17.6) durch partielle Differenziation entstanden ist. Damit ist der Erwartungswert der Teilchenstromdichte    ∂ψ(r, t) ∂ψ † (r, t) † ji (r, t) = Spρ ψ (r, t) − ψ(r, t) 2mi ∂ri ∂ri  ∂ = lim ρ(r, r , t) . (17.7)  mi r →0 ∂ri Nach Wigner ist nun  f (r, p, t) =



d3 r ρ(r, r , t)e−  p·r i

(17.8)

Wigner-Verteilung Die Information, die in der Abh¨angigkeit der reduzierten Dichtematrix von der Nichtdiagonalvariablen r  liegt, ergibt also die Impulsabh¨angigkeit der Verteilungsfunktion. Multiplizieren wir ip ·r  (17.8) mit e und integrieren wir u ¨ ber p, so entsteht



17.1 Reduzierte Einteilchendichtematrix, Wigner-Verteilung



 p

d3 pf (r, p, t)eir ·  =

Nun ist 

3

 d

3

p 

i

 )·p

e  (r −r

das heißt 



d3 r  ρ(r, r  , t)

ρ(r, r , t) =







 )·p

d3 pe  (r −r i

= (2π)3 δ 3 (r  − r  ) ,

i  d3 p f (r, p, t)e  r ·p . 3 (2π)

171

. (17.9)

(17.10)

(17.11)

dpi Die Impulsintegration wird also immer mit der Normierung 2π durchgef¨ uhrt. Diese Normierung bekommt man gerade, wenn man zuerst von einer diskreten Summe u ¨ ber Wellenvektoren k mit k = p ausgeht. Dann gilt 1   ρ(r, r , t) = f (r, k, t)eir ·k . (17.12) V k

F¨ ur die Teilchendichte gilt  d3 p 1  n(r, t) = f (r, p, t) = f (r, k, t) (2π)3 V k und f¨ ur die Stromdichte  d3 p p 1  k j(r, t) = f (r, p, t) = f (r, k, t) . (2π)3 m V k m

(17.13)

(17.14)

Wir sehen also, dass die Wigner-Verteilungsfunktion die Eigenschaften der Einteilchenverteilungsfunktion hat. Setzt man f¨ ur ein r¨aumlich homogenes System die Entwicklung nach ebenen Wellen ein  eik·r ψ(r) = ak √ , (17.15) V k so wird  d3 rf (r, p, t) (17.16)    p   1  ·r 3 i(k−k )·r 3  i −  + k+k 2 = d re d re < a†k ak > V k,k  1 = < a†pap > V δk,k V δk, p = V < a†pap > . V k,k

172

17 Kinetische Gleichung ohne St¨ oße

Im thermischen Gleichgewicht gilt weiter  1 1 † < apap >= β( p −µ) = d3 rf (r, p, t) e ±1 V und f (r, k, t) =

 k

< a†

 k− k2



ak+ k  > eik ·r . 2

(17.17)

(17.18)

17.2 Kinetische Gleichung Wir k¨onnen nun die Bewegungsgleichung der Verteilungsfunktion aus den Heisenberg-Gleichungen der Operatoren ψ † , ψ ableiten. Die zeitliche Ableitung der Verteilungsfunktion ist gegeben durch die Ableitung der reduzierten Dichtematrix.  ∂f (r, p, t) ∂ρ(r, r  , t) −i p ·r = d3 r  e  . (17.19) ∂t ∂t Die Heisenberg-Gleichung f¨ ur den Feldoperator ψ ist  2 2   ∂ψ i  ∇ 3 † = [H, ψ] und H = d rψ − + V (r) ψ , ∂t  2m (17.20) wobei H ein Einteilchenoperator mit dem Potenzial V (r) eines ¨außeren Feldes sein soll. Wechselwirkungen zwischen den Teilchen, die zu irreversiblem Verhalten f¨ uhren k¨onnen, behandeln wir sp¨ater getrennt. Damit wird die Heisenberg-Gleichung   ∂ψ(r) i 3  = dr d3 r δ(r  − r  ) (17.21) ∂t   2 2  ∇  × − + V (r ) [ψ † (r  )ψ(r  ) , ψ(r)] . 2m Mit dem Kommutator ψ(r)ψ † (r ) = ∓ψ † (r  )ψ(r) + δ(r − r  )

(17.22)

erhalten wir ψ † (r  )ψ(r  )ψ(r) − ψ(r)ψ † (r  )ψ(r  ) (17.23) †   †    = ψ (r )ψ(r )ψ(r) ± ψ (r )(∓)ψ(r )ψ(r) − δ(r − r )ψ(r  )

17.2 Kinetische Gleichung

und damit die Bewegungsgleichung von ψ   ∂ψ(r) 2 2 i = − ∇ + V (r) ψ(r) . ∂t 2m

173

(17.24)

Die hermitesch-konjugierte Gleichung liefert die Bewegungsgleichung des Erzeugungsoperators. Damit wird die Bewegungsgleichung der Dichtematrix  ∂    2  2 i + ∇1 − ∇22 − V (r 1 , t) − V (r 2 , t) ∂t 2m × ρ(r 1 , r2 , t) = 0 . (17.25) Wechseln wir zu Schwerpunkts- und Relativkoordinaten mit ∇1 = 1 ∇r + ∇r und ∇2 = 12 ∇r − ∇r , so wird 2      ∂ 2 r  r  i + ∇r · ∇r − V r + , t − V r − , t ∂t m 2 2 × ρ(r, r , t) = 0 .

(17.26)

Wir nehmen an, dass sich V (r, t) r¨aumlich hinreichend langsam ver¨andert, so dass der lineare Term in der Taylor-Entwicklung nach der Relativkoordinate r  ausreicht. Dann entsteht   ∂ 2   i + ∇r · ∇r − r · ∇V (r, t) ρ(r, r  , t) = 0 . (17.27) ∂t m F¨ ur die Verteilungsfunktion folgt dann   ∂ ip i f (r, p, t)+ ·∇r f (r, p, t)−i ∇r V (r, t) ·∇p f (r, p, t) = 0, ∂t m (17.28) wobei wir im letzten Term einmal partiell integriert haben. Damit ist 

   ∂ p + · ∇r − ∇r V (r, t) · ∇p f (r, p, t) = 0 (17.29) ∂t m Kinetische Gleichung ohne St¨ oße

Diese Gleichung ist auch klassisch sofort verst¨andlich

174

17 Kinetische Gleichung ohne St¨ oße

d ∂ ∂r ∂p f = f + (∇r f ) · + (∇p f ) · =0, dt ∂t ∂t ∂t

(17.30)

p mit ∂r =v = m und ∂p = −∇r V ist dies wieder das Ergebnis ∂t ∂t (17.29). Die kinetische Gleichung ohne St¨oße ist noch zeitlich reversibel, erst die Stoß- oder Streuterme werden zu irreversiblem Verhalten – und damit zur Ann¨aherung an das thermische Gleichgewicht – f¨ uhren.

17.3 Aufgaben 17.1. Kinetische Gleichung mit elektrischem Feld Leiten Sie die kinetische Gleichung f¨ ur geladene Teilchen in einem konstanten elektrischen Feld ab. Verwenden Sie dazu a) die skalare Eichung mit φ(r, t) = −r · E; b) die vektorielle Eichung A(r, t) = −ctE. c) Beweisen Sie die Eichinvarianz der kinetischen Gleichung, indem Sie zeigen, dass beide Ergebnisse ¨aquivalent sind.

18 Lineare Reaktion eines idealen Gases

18.1 Kleine Abweichungen vom Gleichgewicht Um den linearen Zusammenhang der Dichte¨anderung und eines ¨außeren Potenzials zu berechnen, k¨onnen wir von der linearisierten kinetischen Gleichung ausgehen δf = f (r, p, t) − f0 (p)

(18.1)

mit der thermischen Gleichgewichtsverteilung f0 (p) =

1 eβ(ep −µ) ± 1

.

(18.2)

Da wir hier vorteilhaft bald die Teilchenenergie und bald die zugeh¨orige Teilchenfrequenz betrachten, ben¨ utzen wir die Beziehung ep =  p .

(18.3)

Aus der kinetischen Gleichung (17.29) folgt ∂      + v · ∇r δf = ∇r V (r, t) · ∇p δf + ∇p f0 ∂t ∂f0 ∇r V (r, t) · ∇p f0 (p) = ∇r V (r, t) ∇p ep . (18.4) ∂ep Dabei wurde das Produkt von zwei kleinen Gr¨oßen, n¨amlich der kleinen St¨orkraft und der daraus folgenden kleinen Auslenkung aus der Gleichgewichtsverteilung, vernachl¨assigt. Wir setzen den r¨aumlich ver¨anderlichen Teil des Potenzials in Form einer komplexen, ebenen Welle an mit einer komplexen Frequenz z = ω + iη, die mit einem infinitesimalen Imagin¨arteil η das adiabatische Einschalten bei t → −∞ sicherstellt. Wie immer ist dann vor der Berechnung einer physikalischen Gr¨oße der Realteil der komplexen Variablen zu nehmen. Mit

176

18 Lineare Reaktion eines idealen Gases

δV (r, t) = δV (k, z)ei(k·r−zt)

(18.5)

¨ ist die entsprechende Anderung der Verteilungsfunktion δf (r, p, t) = δf (k, p, z)ei(k·r−zt) .

(18.6)

Damit finden wir δf (k, p, z) = = 

Mit

0 ik · (∇p ep ) ∂f V (k, z) ∂ep

−iz + iv p · k 0 v p · k(− ∂f )V (k, z) ∂ep

z − vp · k

.

δf (k, p, z) = δn(k, z)

(18.7)

(18.8)

p

erhalten wir f¨ ur die dynamische Suszeptibilit¨at, die mit der DichteDichte-Korrelationsfunktion verkn¨ upft ist, df0  v p · k de δn(k, z) p 0 − = χn,n (k, z) = . δV (k, z) z − v · k p p

(18.9)

1 F¨ ur z = ω + iη ergibt sich mit Hilfe der Dirac-Identit¨at x+iη = 1 P x − iπδ(x), wobei P f¨ ur den Haupt- oder Prinzipalwert steht, folgende Beziehung

χ0n,n(k, ω)

=

df0  v p · k de p p

ω − vp · k

− iπ

 p

vp · k

df0 δ(ω − v p · k) dep (18.10)

Dynamische Suszeptibilit¨ at Man sieht, dass (18.10) nichts anderes als der langwellige Grenzfall der Lindhard-Formel ist, die in der Theorie der Abschirmung eines Coulomb-Potenzials eine große Rolle spielt. Diese Lindhard-Formel l¨asst sich mit der Methode eines effektiven

18.1 Kleine Abweichungen vom Gleichgewicht

177

Potenzials (siehe Kapitel 19) und der quantenmechanischen Bewegungsgleichung einer ortsabh¨angigen Ladungstr¨agerdichtefunktion ableiten. Im Rahmen der kinetischen Gleichung, die nur f¨ ur schwache r¨aumliche Ver¨anderungen gilt, erh¨alt man nur den langwelligen Grenzwert der allgemeinen Lindhard-Formel. Mit der Bezeichnung p = k  (18.11) ist die Lindhard-Formel und ihre N¨aherung f¨ ur kleine Wellenvektoren k gegeben durch 

χ0n,n (k, ω) = −

k

∂f  k · v p ∂e f|k −k| − fk p . (ω + |k  −k| − k + iη) ω − k · v + iη p p

(18.12) Die u ¨ber eine Periode gemittelte Energieabsorption aus einem periodischen St¨orpotenzial (18.5) ist gegeben durch  dW (t) < > = − d3 r∇V (r, t)· < j(r, t) > (18.13) dt  = d3 rV (r, t)div < j >  dn(r, t) = − d3 rV (r, t) < > dt  = d3 rV (r, t)Re < iωδn(k, z)ei(k·r−zt) >    = d3 r < Re δV (k, z)ei(k·r−zt)   × Re −iωδV (k, z)χ0n,n (k, z)ei(k·r−zt) > . Falls δV (k, z) reell ist, erh¨alt man nur einen endlichen Beitrag vom Mittelwert der Quadrate der Kosinusterme
= δV 2 (k, z)ωχ0n,n(k, ω) < cos2 (k · r − ωt) > dt 1  = δV 2 (k, z)ωχ0n,n (k, ω) . (18.14) 2

Allgemein gilt daher f¨ ur die absorbierte Energie

178

18 Lineare Reaktion eines idealen Gases

dW (t)


=

2 Absorbierte Energie

mit 

χ0n,n (k, ω) = π

Nur Teilchen mit der Geschwindigkeit v p · k = ω k¨onnen Energie aufnehmen. Diese Teilchen laufen mit der Welle mit. Man nennt sie auch die Wellenreiter. Quantenmechanisch ist die Energieerhaltung p + ω = |p+k| p + v p · k f¨ ur k p. Die Impulssumme l¨asst sich leicht auswerten. Mit x = cosθ und v p = p/m wird  ∞  2π 2 −df0 +1 pk pk pk m 0 2 χn,n = p dp δ(ω − x) x dx 3 (2π) 0 d p −1 m m m pk    +pk/m  ∞ m df0 = pdp − δ(ω − y)ydy , (18.17) 4πk 0 d p −pk/m wobei das zweite Integral den Beitrag ωθ(pk/m−ω) liefert. Durch die Sprungfunktion θ l¨auft die Impulsintegration erst ab einer durch mω/k gegebenen unteren Grenze, also    mω ∞ df0 0 χn,n = pdp − . (18.18) 4πk mω/k d p Mit d p =

 χ0n,n

p dp m

=

(freie Teilchen) folgt mit min =

m2 ω 4πk



mω 2 : 2k 2

  df0 m2 ω  mω  d − = f0 p = (18.19) d 4πk k min ∞

Absorption im idealen Gas Diese Formel beschreibt zum Beispiel die D¨ampfung einer Schallwelle in einem n¨aherungsweise idealen Gas im thermischen Gleichgewicht.

18.2 Aufgaben

179

18.2 Aufgaben 18.1. Lindhard-Formel a) Zeigen Sie, dass die dielektrische Funktion

(k, ω) = 1 + Vk χ0n,n (k, ω)

(18.20)

mit der Fourier-Transformierten des Coulomb-Potenzials Vk =

4πe2 k2V

(18.21)

und der Lindhard-Formel (18.12) im langwelligen Grenzfall die Drude-Formel 2 ωpl

(0, ω) = 1 − (18.22) (ω + iδ)2 ergibt. Dabei definiert 2 ωpl =

4πe2 n m

(18.23)

die Plasmafrequenz. b) Zeigen Sie unter der Annahme einer thermischen Verteilung, das heißt einer Fermi-Verteilung, dass sich die Lindhardsche dielektrische Funktion im statischen langwelligen Grenzfall reduziert auf κ2

(k, 0) = 1 + 2 , (18.24) k wobei ∂n κ2 = 4πe2 (18.25) ∂µ die Abschirmwellenzahl ist. Ben¨ utzen Sie dazu, dass die Teilchendichte vom chemischen Potenzial abh¨angt. c) Zeigen Sie, dass sich die Abschirmwellenzahl (18.25) f¨ ur ein nichtentartetes Elektronengas mit einer Boltzmann-Verteilung auf die Debyesche Abschirmwellenzahl  4πe2 n κ= (18.26) kT reduziert.

180

18 Lineare Reaktion eines idealen Gases

d) Zeigen Sie, dass sich die Abschirmwellenzahl (18.25) f¨ ur ein entartetes Elektronengas auf die Thomas-Fermi-Abschirmwellenzahl   23 (3d) 2 1 6πe n 2ρ0 κ2 = = 6πe2 n3 (18.27) µ 3 reduziert.

19 Lineare Reaktion einer Fermi-Flu ¨ssigkeit

19.1 Dichte-Dichte-Korrelation und dielektrische Funktion Wir wollen die Betrachtungen f¨ ur das ideale Gas ausdehnen auf dichte Systeme, indem wir das ¨außere Potenzial durch ein effektives Potenzial im System ersetzen. Diese N¨aherung wird als zeitabh¨angige Hartree-Fock-N¨aherung oder nach dem englischen Ausdruck Random Phase Approximation“ meist kurz als RPA ” bezeichnet. Das Wechselwirkungspotenzial zwischen zwei Teilchen sei W (r). Allerdings wollen wir die Streuung der Teilchen noch nicht mitnehmen. Das ist in entarteten Fermi-Systemen eine gute N¨aherung, da die Stoßraten durch das Pauli-Prinzip stark reduziert sind. Das effektive Potenzial, das eine Testladung sp¨ urt, setzt sich zusammen aus dem ¨außeren Potenzial und dem mittleren Potenzial, das von den Wechselwirkungen mit allen anderen Teilchen herr¨ uhrt:  ef f ext V (r, t) = V (r, t) + d3 r W (|r−r |)n(r  , t) (19.1)   1 = V ext (r, t) + d3 r W (|r−r  |) f (r , p, t) V p    1 ext 3    = V (r, t) + d r W (|r−r |) f0 (p) + δf (r , p, t) . V p Der konstante Beitrag ist eine starre Verschiebung der Energieskala, die wir weglassen: V ef f (r, t) = V ext (r, t)  1  + d3 r  W (|r−r  |)δf (r , p, t) . V p

(19.2)

182

19 Lineare Reaktion einer Fermi-Fl¨ ussigkeit

Nach einer Fourier-Transformation, bei der die Faltung in (19.2) in ein Produkt u ¨bergeht, erh¨alt man V ef f (k, z) = V ext (k, z) (19.3) 1  + W (k)δf (k, p, z) = V ext (k, z) + W (k)δn(k, z) . V p Andererseits ist die Dichtefluktuation δn(k, z) gerade durch das effektive Potenzial hervorgerufen. Nach dem letzten Kapitel ist dann δn(k, z) = −V ef f (k, z)χ0n,n (k, z) . (19.4) Aus (19.3) und (19.4) kann man δn eliminieren und findet: V ef f (k, z) =

V ext (k, z) V ext (k, z) = , 1 + W (k)χ0n,n (k, z)

(k, z)

(19.5)

wobei die dielektrische Abschirmfunktion ist (k, z) = 1 + W (k)χ0n,n(k, z). Die dielektrische Funktion zeigt, wie ein a¨ußeres Potenzial durch die Potenziale der anderen Teilchen abgeschw¨acht wird. Weiter folgt durch Elimination von V ef f aus (19.3) und (19.4)



δn(k, z) V ext(k, z)

= χn,n(k, z) =

χ0n,n(k, z) 1 + W (k, z)χ0n,n(k, z) (19.6)

Dichte-Dichte-Korrelation in RPA

19.2 Auswertung der Suszeptibilit¨ at fu ¨r T = 0K F¨ ur T = 0 ist die Fermi-Kante bei eF scharf. −

∂f0 = δ(eF − ep ) , dep

Der Realteil von (18.10) ist dann

(19.7)

19.2 Auswertung der Suszeptibilit¨ at f¨ ur T = 0K

Reχ0n,n (k, ω) = −

4π P (2π)3





dpp2

0



+1

dx −1

183

pkx δ(eF − ep ) . (19.8) m ω − pkx m

Mit dem Integral     ax b b dx = − dx 1− = −x − ln(b − ax) (19.9) b − ax b − ax a wird Reχ0n,n

P = 2 2π

Mit ep =

p2 , 2m



ωm  ω − dpp2 δ(eF −ep ) 2+ ln pk ω+

0

pk m pk m



 . (19.10)

wobei m die effektive Masse ist, und der Formel    ∞ p2 G(pF ) dpG(p)δ eF − = pF (19.11) 2m 0 m

finden wir Reχ0n,n und mit x =





p2 m = F2 π pF

ωm pF k



ωm  ω − 1+ ln 2pF k ω+

pF k m pF k m





und der Zustandsdichte ρ(eF ) =

(19.12) pF m π2



 x 1 − x = ρ(eF ) 1 + ln (19.13) 2 1+x T = 0, k → 0 Limes des Realteils der Suszeptibilit¨ at Reχ0n,n

F¨ ur den Imagin¨arteil wird    +1  ∞ π pkx pkx 0 2 Imχn,n = 4π dx p dpδ(eF − ep ) δ ω− (2π)3 m m −1 0 2 1 pF m ωm ωm = θ(1 − ), (19.14) 2π pF pF k pF k wieder ausgedr¨ uckt mit x =

ωm pF k

und der Zustandsdichte ρ(eF )

184

19 Lineare Reaktion einer Fermi-Fl¨ ussigkeit

π Imχ0n,n = ρ(eF ) xθ(1 − x) (19.15) 2 T = 0, k → 0 Limes des Imagin¨ arteils der Suszeptibilit¨ at

19.3 Kollektive longitudinale Schwingungen

19.3.1 Plasmaschwingungen im Jellium-Modell

Das entartete Elektronensystem in einem Metall kann n¨aherungsweise beschrieben werden als ein Elektronengas, das die positiven Ladungen der Kristallionen nur als verschmierten Hintergrund sp¨ urt. Dieses Modell der Metallelektronen nennt man das JelliumModell. Die longitudinalen Eigenschwingungen dieses entarteten Fermi-Systems liegen dort, wo die Suszeptibilit¨at divergiert, denn das bedeutet, dass selbst bei verschwindender ¨außerer St¨orung eine endliche Dichtewelle u ur die longitudinalen Ei¨brig bleibt. F¨ genmoden gilt also nach (19.5) 1 = −W (k)χ0n,n (k, z) .

(19.16)

Andererseits ist nach (19.5) (k, z) = 1 + W (k)χ0n,n (k, z). Hier finden wir: χ0n,n (k, z) χn,n (k, z) = (19.17) 1 + W (k)χ0n,n (k, z) oder χ0n,n (k, z)(1 − W (k)χn,n (k, z)) = χn,n(k, z) ,

(19.18)

und damit gilt

(k, z) = 1+

W (k)χn,n(k, z) 1 = . (19.19) 1 − W (k)χn,n(k, z) 1 − W (k)χn,n (k, z)

Das stellt den Zusammenhang zwischen der dielektrischen Funktion und der Dichte-Dichte-Korrelationsfunktion her. χn,n (k, z) → ∞ entspricht also (k, z) → 0.

19.3 Kollektive longitudinale Schwingungen

185

pF k Wir betrachten den langwelligen Grenzfall x1 = m|ω| 1. Aus   x 1 − x1 π 0 χn,n (k, z) = ρ(eF ) 1 + ln (19.20) + i xθ(1 − x) 2 2 1 + x1

folgt mit der Taylor-Entwicklung ln(1+y) = y − 12 y 2 + 13 y 3 − 14 y 4 + · · · nach y = 1/x  3  5 1 − 1 2 2 1 2 1 x ln − + ··· (19.21) =− − x 3 x 5 x 1 + x1 ρ(eF ) pF k 2 3  pF k 2  1 χ0n,n (k, z) = − 1+ +· · · = − . (19.22) 3 mω 5 mω W (k) Der Imagin¨arteil Imχ0 ist Null in diesem Bereich. Die Frequenz der Eigenschwingungen ist dann gegeben durch  2   2  1 p k 3 p k F F ω 2 = W (k)ρ(eF ) 1+ . (19.23) 3 m 5 mω Im Plasma ist die Coulomb-Wechselwirkung gegeben durch das 2 Potenzial W (k) = 4πe , also wird k2   2  2 3 4e p 3 p k F F ω2 = 1+ . (19.24) 3πm 5 mω Ber¨ ucksichtigt man, dass 8π n= 3 8π



pF

p2 dp =

0

p3F , 3π 2

(19.25)

so erhalten wir  ω ωpl

3 1+ 10



pF k mω

2  (19.26)

Plasmamode mit Dispersion Die langwellige Plasmafrequenz ωpl ist durch die bekannte Formel

186

19 Lineare Reaktion einer Fermi-Fl¨ ussigkeit

4πe2 n (19.27) m gegeben. Die resultierende Plasmamode hat also ein quadratisches Spektrum. Die Mode wird erst bei gr¨oßeren Wellenzahlen k ged¨ampft, wenn ein Plasmon zerfallen kann unter Anregung eines Paares von freien Teilchen. 2 ωpl =

1.2

ω/ωpl

0.8

0.4

0

0

1

2

kpF /m ω

Abb. 19.1. Plasmondispersion

19.3.2 Plasmonen in einem Elektron-Loch-Plasma

Die durch optische Anregung erzeugten Elektronen im Leitungsband und L¨ocher im Valenzband eines Halbleiters sind eine interessante Variante einer Fermi-Fl¨ ussigkeit, da die Dichte in gewissen Grenzen u ¨ber die St¨arke der optischen Anregung frei variiert werden kann. Da gleich viele Elektronen wie L¨ocher erzeugt werden, ist das zweikomponentige Plasma insgesamt neutral. Gegen¨ uber dem Jellium-Modell muss man einige Modifikationen ber¨ ucksichtigen. Die Coulomb-Wechselwirkung zwischen den Ladungstr¨agern ist im dielektrischen Medium des Halbleiters abgeschirmt durch die dielektrische Konstante 0 des nichtangeregten Halbleiters. Das Potenzial ist also W (k) =

4πe2 .

0 k 2

(19.28)

Bei der Plasmaschwingung bewegen sich die negativ geladenen Elektronen und die positiv geladenen L¨ocher gegeneinander. Die reduzierte Masse dieser Relativbewegung ist

19.3 Kollektive longitudinale Schwingungen

mr =

me mh , me + mh

187

(19.29)

wobei me und mh die effektiven Massen der Elektronen und L¨ocher sind. Die resultierende Plasmafrequenz im Elektron-LochPlasma eines Halbleiters ist damit statt (19.27) 2 ωpl =

4πe2 n .

0 mr

(19.30)

Typische Dichten in Halbleiterplasmen sind n 1018 cm−3 , daher liegen die typischen Plasmafrequenzen in Halbleitern bei ωpl 30 meV, w¨ahrend die Plasmafrequenzen in Metallen ungef¨ahr einem eV entsprechen.

19.3.3 Nullter Schall in Helium 3

c[m/s]

194

0. Schall

1. Schall

188

0

20

40

T[mK]

Abb. 19.2. Schallgeschwindigkeit in 3 He (schematisch)

Eine Fl¨ ussigkeit aus 3 He-Isotopen ist bei tiefen Temperaturen eine entartete Fermi-Fl¨ ussigkeit, auf die unsere Annahmen ebenfalls zutreffen. F¨ ur das Wechselwirkungspotenzial der Heliumatome nehmen wir ein Kontaktpotenzial W (r) = W0 δ 3 (r). Fk Damit ist W (k) = W0 . Wieder nehmen wir an, dass x1 = pmω 1. Aus  2 1 pF k 2 ω W0 ρ(eF ) (19.31) 3 m folgt eine lineare Dispersion ω = c0 k mit der Schallgeschwindig” keit“ c0 :

188

19 Lineare Reaktion einer Fermi-Fl¨ ussigkeit

1 W0 p2F ρ(eF ) . (19.32) 3 m2 Man nennt diese Mode den nullten Schall. Unsere Forderung pF k = vcF0 1 wird ungef¨ahr erf¨ ullt, da f¨ ur 3 He c0 = 194 m/s mω und vF = 54 m/s. Wir haben also kollektive Schwingungen gefunden in einem Regime, in dem keine St¨oße stattfinden. Dort ist die Lebensdauer τ der Quasiteilchen viel gr¨oßer als die Periode einer Schwingung T = 2π , das heißt ωτ 1. ω Normaler Schall tritt auf, wenn lokales Gleichgewicht herrscht, also wenn in einer Periode viele St¨oße stattfinden. Die mittlere Lebensdauer τ ist dann viel k¨ urzer als die Periodendauer T , so dass f¨ ur normalen oder ersten Schall gilt ωτ 1. In Analogie dazu nennt man den hier behandelten kollektiven Schwingungstyp nullten Schall. Schließlich versteht man in der Tieftemperaturphysik noch unter zweitem Schall eine Wellenart im superfluiden 4 He, in der die superfluide Komponente gegen die normale Komponente schwingt. Experimentell beobachtet man in 3 He bei tiefen Temperaturen, bei denen wenig St¨oße auftreten, nullten Schall mit c0 = 194 m/s und bei h¨oheren Temperaturen ersten Schall mit c1 = 188 ¨ m/s. Der Ubergang von nulltem zu erstem Schall findet bei ungef¨ahr 20 mK statt. (siehe Abb. 19.2) c20 =

19.4 Aufgaben 19.1. Plasmadispersion eines quasi-zweidimensionalen Elektronengases a) In Halbleiterquantentr¨ogen ist das Coulomb-Potenzial im Orts2 raum h¨aufig in guter N¨aherung V (r) = e0 r , wobei 0 die dielektrische Konstante der Halbleiterstruktur ist. Der Grund f¨ ur dieses Verhalten ist, dass die dielektrischen Eigenschaften des Barrierenmaterials sich nicht stark von dem der d¨ unnen Trogschicht unterscheiden. Berechnen Sie die zwei-dimensionale Fourier-Transformierte des Coulomb-Potenzials.

19.4 Aufgaben

189

b) Berechnen Sie damit die Dispersion eines Plasmas in einer solchen quasi- zweidimensionalen Halbleitermikrostruktur. c) Vergleichen Sie die Dispersion der Plasmonen in zwei und drei Dimensionen.

20 Boltzmann-Gleichung

20.1 Heuristische Ableitung Nachdem wir bis jetzt die stoßfreie kinetische Gleichung ausf¨ uhrlich besprochen haben, wollen wir uns nun der zeitlichen Ver¨anderung der Verteilungsfunktion auf Grund der St¨oße zuwenden. Das Stoßintegral wurde von Ludwig Boltzmann im Jahr 1872 zu einer Zeit, als die Atomistik noch nicht allgemein anerkannt war, und ein halbes Jahrhundert vor der Entwicklung der Quantenmechanik mit großer Intuition eingef¨ uhrt! Das Wahrscheinlichkeitskonzept Boltzmanns antizipierte wichtige Ideen der quantenmechanischen Streutheorie. Wir wollen uns hier mit einer heuristischen Einf¨ uhrung der Boltzmannschen Stoßrate bescheiden. Eine wesentlich detailliertere Ableitung der Stoß- oder Streurate ist in der Aufgabe am Ende dieses Kapitels und in ihrer L¨osung enthalten. Wir schreiben die Boltzmann-Gleichung als ∂f p ∂f + · ∇r f − (∇r V (r)) · ∇pf = ∂t m ∂t Stoß

(20.1)

Boltzmann-Gleichung Die Streurate ∂f /∂t|Stoß beschreibt den Effekt der St¨oße im Gas. Wir wollen hier nicht historisch vorgehen, sondern direkt eine moderne Formulierung der Streurate w¨ahlen, die auch f¨ ur entartete Quantengase gilt. Das ist n¨otig, wenn man etwa die Boltzmann-Kinetik eines Elektronengases in Metallen oder in mit Lichtpulsen angeregten Halbleitern untersuchen will. Das Ergebnis der zeitabh¨angigen St¨orungstheorie, Fermis goldene Regel, lie-

192

20 Boltzmann-Gleichung

¨ fert uns die Ubergangsrate pro Zeiteinheit und damit die gesuchte Ver¨anderung der Verteilungsfunktion f durch die St¨oße. F¨ ur ein ¨ wechselwirkendes Fermi-Gas berechnen wir diese Anderung f¨ ur eine Streuung eines freien Teilchens von einem Impulszustand p in einen Impulszustand p und der simultanen Streuung eines anderen Teilchens von p1 nach p1 sowie den umgekehrten Prozess:   ∂f (p)   =− w(p, p1 ; p , p1) f (p)f (p1 ) ∂t Stoß p ,p ,p 1

× [1−f (p



(20.2)

1

)][1−f (p1 )]



− [1−f (p)][1−f (p1 )]f (p

)f (p1 )



Boltzmannsches Stoßintegral ¨ wobei die intrinsische Ubergangswahrscheinlichkeit pro Zeiteinheit gegeben ist durch 2 π Wp,p1 ;p ,p1 −Wp,p1 ;p1 ,p (20.3)  × δp+p1 ,p +p1 δ(ep + ep1 − ep − ep1 )

w(p, p1 ; p, p1 ) =

¨ Ubergangswahrscheinlichkeit pro Zeit Dabei ist

Wp,p1 ;p ,p1 = pp1 |W |p p1 

(20.4)

das Wechselwirkungsmatrixelement (siehe Abb. 20.1) und ep die Energie der Teilchen. Das zweite Matrixelement in (20.3) ist ¨ der Austauschterm. Die Ubergangswahrscheinlichkeit (20.3) ohne Austauschterm nennt man die erste Bornsche N¨aherung. Die Besetzungsfaktoren in (20.2) bewirken, dass die Anfangszust¨ande des Streuprozesses auch gef¨ ullt sind und dass die Endzust¨ande ¨ frei sind in Ubereinstimmung mit dem Pauli-Prinzip. Die Streuung p + p1 → p + p1 f¨ uhrt zu einem Verlust, der die mittlere Besetzungswahrscheinlichkeit f (p) reduziert, w¨ahrend

20.1 Heuristische Ableitung p’ = p−q

193

p1 ’=p1 +q

W(q)

p

p1

Abb. 20.1. Diagramm der Zweiteilchen-Wechselwirkung

der inverse Prozess p + p1 → p + p1 die Verteilungsfunktion anwachsen l¨asst. W¨ahrend der Impuls des betrachteten Zustandes, also p, fest ist, wird u ¨ber die anderen drei Impulse summiert, da alle Werte zum Streuprozess beitragen k¨onnen. Die Impulssummation steht dabei nur als Kurzschreibweise f¨ ur ein Integral, wie weiter unten noch n¨aher ausgef¨ uhrt ist:   dd p = , (20.5) d (2π) p 1

wobei d wieder die Dimension des Systems ist und V (d) = 1 gesetzt wurde. Falls nicht anders erw¨ahnt, behandeln wir im Folgenden dreidimensionale Systeme. Zur Vereinfachung der Notation haben wir die parametrischen Abh¨angigkeiten der Verteilungsfunktionen von der r¨aumlichen Koordinate r und der Zeit t im Stoßterm nicht gezeigt. Die Form des Stoßintegrals (20.2) zeigt direkt, dass bei jedem Stoß f¨ unf physikalische Gr¨oßen erhalten sind, n¨amlich a) die Gesamtzahl der Teilchen, b) der Vektor des Gesamtimpulses und c) die Gesamtenergie. In einem verd¨ unnten, nichtentarteten Gas kann man die Besetzung des Endzustandes vernachl¨assigen, so dass man die Besetzungszahlfaktoren in (20.2) durch folgende N¨aherung vereinfachen kann: 1 − f (p) 1. Die Dirac-Delta-Funktion zeigt, dass der Stoß nur stattfinden kann, wenn die Energie der zwei betroffenen Teilchen vor und nach dem Stoß exakt gleich ist: ep + ep1 = ep + ep1 . In einem endlichen System sind die Impulse und Wellenvektoren quantisiert. Im W¨ urfel mit der Kantenl¨ange L etwa ist eine kartesische Impulskomponente pi = ni 2π/L, wobei ni eine ganze Zahl

194

20 Boltzmann-Gleichung

ist. Die Energiefreier Teilchen ist dann ebenfalls diskret ep = (2π/L)2 /(2m) i n2i . Das Argument der Deltafunktion ist mit diesen diskreten Energien im Allgemeinen nicht null. Die Energieerhaltung ist mathematisch erst gew¨ahrleistet f¨ ur unendlich große Systeme mit kontinuierlichem Energiespektrum. Nur dann tritt irreversibles Verhalten auf. In einem endlichen abgeschlossenen System kommt der Systempunkt jedem Punkt im 6N-dimensionalen Phasenraum auf der Energieschale beliebig nahe, also auch dem Punkt, der die Anfangsbedingung der Entwicklung des Systems war. Man bezeichnet dieses Argument als den Poincar´eschen Wiederkehreinwand gegen die Boltzmann-Gleichung und allgemeiner gegen die Annahme einer irreversiblen Kinetik. Die Zeit aber, die bis zu dieser Wiederkehr im Mittel vergeht, wird immer gr¨oßer, ¨ je gr¨oßer das System wird. Auch diese Uberlegung zeigt, dass wirklich irreversibles Verhalten nur bei unendlich großen Systemen vorliegt. Da die Wiederkehrzeiten bei endlichen makroskopischen Systemen aber so riesig sind, dass eine Beobachtung dieses Ph¨anomens beliebig unwahrscheinlich ist, ist die Annahme eines kontinuierlichen Spektrums, das streng nur f¨ ur unendlich große Systeme gilt, in der Praxis eine erlaubte N¨aherung. Eine zweiter wichtiger Streuprozess f¨ ur ein Elektronengas in einem perfekten Kristall ist die Streuung durch Absorption oder Emission eines Phonons. Allgemeiner tritt diese Streuform auf bei der Streuung freier Fermionen durch Emission oder Absorption von Bosonen. Diese Streuraten haben folgende Form     1 ∂f (p) 1 = − w(p, p, ±q) f (p) 1−f (p) +g(q) ± ∂t Stoß 2 2 p,q    1 1 − 1−f (p) f (p) +g(q) ∓ , (20.6) 2 2 wobei die intrinsische Streurate pro Zeiteinheit in einem dreidimensionalen System gegeben ist durch   2π w(p, p , ±q) = |Wq |2 δp,p ±q δ ep ± ωq − ep . (20.7)  Dabei ist Wq das Matrixelement der Elektron-Phonon-Wechselwirkung. F¨ ur die in polaren Kristallen besonders wichtige Wechselwirkung mit longitudinalen optischen Phononen hat die Wechselwirkung die Form eines Coulomb-Potenzials

20.1 Heuristische Ableitung

Wq =

4πe2 , q 2 ˜

195

(20.8)

wobei die effektive dielektrische Konstante der Wechselwirkung gegeben ist durch 1 1 1 = − . (20.9) ˜

∞ 0 Die Wechselwirkung mit den longitudinalen optischen Phononen ist also gegeben durch den Polarisierungsbeitrag des Gitters, der nach (20.9) durch den Unterschied der hoch- und niederfrequenten Grenzwerte der dielektrischen Funktion, also ∞ und 0 , bestimmt ist. Man nennt diese Wechselwirkung auch die Fr¨ohlich-Kopplung. g(q) beziehungsweise ωq sind die Verteilungsfunktion und die Frequenz der Phononen. F¨ ur das obere Vorzeichen etwa beschreibt der erste Term in (20.6) die Streuung eines Elektrons vom Zustand p in den Zustand p begleitet von der Emission eines Phonons. Der Endzustandsfaktor der Bose-Verteilung ist [1 + g(q)]. Er zeigt, dass die Emission sowohl spontan (der Term ∝ 1) als auch stimuliert (der Term ∝ g(q)) verlaufen kann. Die Energieerhaltung zeigt, dass die Energie ep des urspr¨ unglich besetzten Zustands u ¨ bertragen wird auf das Teilchen im Endzustand und das emittierte Phonon. Der Beitrag des unteren Vorzeichens in (20.6) beschreibt die Streuung von p nach p durch die Absorption eines Phonons mit einem Besetzungsfaktor g(q). Die Form von (20.6) zeigt, dass f¨ ur die Elektron-Phonon-Streurate nur die Teilchenzahl der Elektronen erhalten ist, aber nicht totaler Impuls und totale Energie des Elektronengases, da beide an das Phononensystem u ¨bertragen werden k¨onnen. Die Phononenverteilung g(r, q, t) ist nat¨ urlich auch wieder durch eine ¨ahnliche Boltzmann-Gleichung bestimmt. Wir verzichten hier auf ihre explizite Darstellung. Wenn man an die Ableitung von Fermis goldener Regel denkt, ist sofort klar, dass diese halbklassische Boltzmann-Gleichung nicht f¨ ur sehr kurze Zeitintervalle g¨ ultig sein kann. Bei der Ableitung muss man n¨amlich annehmen, dass das Zeitintervall gen¨ ugend groß ist, so dass sich eine scharfe Energieerhaltung in einem isolierten Stoß ausbilden kann. In einem sehr kurzen Zeitintervall δt bleibt die Energie unbestimmt, gem¨aß der EnergieZeit-Unsch¨arferelation δtδe ≥ . Im Kurzzeitregime, wie es heute etwa mit Laserpulsen von nur wenigen Femtosekunden untersucht

196

20 Boltzmann-Gleichung

werden kann, muss daher die halbklassische Boltzmann-Kinetik durch eine Quantenkinetik ersetzt werden. In dieser Quantenkinetik ist die Energie nicht mehr scharf erhalten, vielmehr treten Zeitintegrale u ¨ber die Vergangenheit des Systems auf, da sich u ¨ber sehr kurze Zeiten hinweg die Elektronen wie koh¨arente quantenmechanische Wellen verhalten. Die mathematischen Eigenschaften der Boltzmann-Kinetik der Gleichungen (20.1), (20.2) und (20.6) sind heute sehr gut untersucht. Die volle Theorie der Boltzmann-Gleichung ist allein ein breites Gebiet, wir werden hier nur einige wenige Eigenschaften behandeln. F¨ ur eine breitere Darstellung der Theorie und der Anwendung der Boltzmann-Gleichung seien die B¨ ucher zum Beispiel von Ziman (1961), Cercinani (1975) und Smith und Jensen (1989) empfohlen. 20.2 Ann¨ aherung ans Gleichgewicht, Eta-Theorem Man kann sich leicht u ¨berzeugen, dass die Boltzmann-Gleichung (20.1) f¨ ur ein System wechselwirkender Fermionen in der Tat eine Entwicklung beschreibt, die ins thermische Gleichgewicht f¨ uhrt, sofern keine a¨ußeren Felder auf das System wirken. Wir f¨ uhren zuerst eine willk¨ urliche Funktion F (r, p, fp, t) ein, die sowohl von dem Impuls als auch von der Verteilungsfunktion f (r, p, t) abh¨angen darf. Ihre r¨aumliche Dichte ist  F (r, t) = F (p, fp)fp . (20.10) p

¨ Die Anderung dieser Funktion durch die St¨oße ist (hier werden wir die Eigenschaften des Stoßoperators (20.2) im Detail ben¨otigen)    ∂F (p) ∂F (r, t) ∂f (p) = fp + F (p) (20.11) ∂t ∂f (p) ∂t Stoß Stoß p   ∂[F (p)f (p)] =− w(p, p1 ; p , p1 ) f (p)f (p1 ) ∂f (p)  p,p ,p1 ,p1        × 1−f (p ) 1−f (p1 ) − 1−f (p) 1−f (p1 ) f (p )f (p1 ) .

20.2 Ann¨ aherung ans Gleichgewicht, Eta-Theorem

197

¨ Benutzt man nun die Symmetrie der intrinsischen Ubergangs  wahrscheinlichkeit w(p, p1 ; p1 , p ) in Bezug auf den Austausch der Teilchenkoordinaten w(p, p1 ; p , p1 ) = w(p1 , p; p1 , p ) = w(p , p1 ; p, p1 ) = w(p1 , p ; p1 , p) ,

(20.12)

so findet man ∂F (r, t) 1  =− w(p, p1 ; p , p1 ) (20.13) ∂t Stoß 4  p,p ,p1 ,p1   ∂(F f ) ∂(F f ) ∂(F f ) ∂(F f ) × + − − ∂f ∂f1 ∂f  ∂f1       × f f1 (1 − f )(1 − f1 ) − (1 − f )(1 − f1 )f f1 . In (20.13) haben wir eine Abk¨ urzung eingef¨ uhrt, zum Beispiel sollen im Ausdruck ∂(F f )/∂f alle Funktionen vom Argument p abh¨angen und im Ausdruck ∂(F f )/∂f  vom Argument p usw. Nun treffen wir eine spezielle Wahl f¨ ur die Funktion F , n¨amlich f (p)F (p, fp) = f (p) ln f (p) + (1 − f (p)) ln(1 − f (p)) . (20.14) Summieren wir diesen Ausdruck u ¨ber p, so entsteht die EtaFunktion eines entarteten Fermi-Gases   H(r, t) = f (p) ln f (p) + (1 − f (p)) ln(1 − f (p)) , (20.15) p

die nach (8.15) unmittelbar mit der Nichtgleichgewichts-Entropiedichte s(r, t) verkn¨ upft ist s(r, t) = −kB H(r, t) .

(20.16)

Die partielle Ableitung nach f ergibt ∂(F f ) f (p) = ln . ∂f (p) 1 − f (p) Damit wird (20.13)

(20.17)

198

20 Boltzmann-Gleichung

∂ (20.18) H(r, t) ∂t Stoß   ∂ = f (p) ln f (p) + (1 − f (p)) ln(1 − f (p)) ∂t Stoß p   1  f f1 (1 − f  )(1 − f1 )   =− w(p, p1 ; p , p1 ) ln 4  (1 − f )(1 − f1 )f  f1 p,p ,p1 ,p1   × f f1 (1 − f  )(1 − f1 ) − (1 − f )(1 − f1 )f  f1 . Der Integrand hat die Form (x − y) ln(x/y) und ist daher gr¨oßer oder gleich Null, denn x − y und ln(x/y) = ln x − ln y tragen dasselbe Vorzeichen, also gilt ∂ ∂ H(r, t) ≤ 0 , s(r, t) ≥ 0 ∂t Stoß ∂t Stoß Boltzmannsches Eta-Theorem

(20.19)

Die H-Funktion nimmt also nach dem Boltzmannschen EtaTheorem stetig ab und die Entropiedichte stetig zu, wenn sich das System dem Gleichgewicht n¨ahert. Das Ergebnis (20.19) ist die Spezialisierung des allgemeinen Eta-Theorems (16.21) auf ein System, das durch Einteilchenverteilungsfunktionen beschrieben wird. Um die Transportgleichung der Eta-Funktion oder der Entropiedichte abzuleiten, multiplizieren wir die Boltzmann-Gleichung (20.1) mit ∂(F f )/∂f = ln(f /(1 − f )) und summieren u ¨ber p. Der erste Term liefert nach (20.11)  ∂(F f ) ∂f p

∂f

∂t

=

∂H . ∂t

(20.20)

Der zweite Term gibt  ∂(F f ) pi ∂f  ∂ji,H = , ∂f m ∂xi ∂xi p,i i mit der Eta-Stromdichte

(20.21)

20.2 Ann¨ aherung ans Gleichgewicht, Eta-Theorem

ji,H

  pi  = f ln f + (1 − f ) ln(1 − f ) . m p

199

(20.22)

Der dritte Term tr¨agt nicht bei  ∂F f ∂Vi ∂f − (20.23) ∂f ∂xi ∂pi p,i   ∂Vi  ∂  =− f ln f + (1 − f ) ln(1 − f ) = 0 , ∂xi p ∂pi i da er in ein verschwindendes Oberfl¨achenintegral umgewandelt werden kann. Man erh¨alt also ∂H ∂H + divj H = |Stoß ≤ 0 . ∂t ∂t Entsprechend bekommt man f¨ ur die Entropiedichte ∂s ∂s + divj s = ≥0, ∂t ∂t Stoß mit der Entropiestromdichte   pi  ji,s = −k f ln f + (1 − f ) ln(1 − f ) . m p

(20.24)

(20.25)

(20.26)

Zuletzt wollen wir noch zeigen, dass die L¨osungen der Boltzmann-Gleichung (20.1) f¨ ur ein wechselwirkendes Fermi-System tats¨achlich gegen die Fermi-Verteilung relaxieren. Zu diesem Zweck wollen wir die f¨ unf Erhaltungsgesetze mathematisch formulieren. Wir definieren die Funktionen Fi (p) mit i = 1, . . . , 5 als F1 = 1,

Fi = pi i = 2, 3, 4,

F5 = ep

(20.27)

Erhaltungsgr¨ oßen  Die Erwartungswerte Fi  = p F (p )f (p ) werden durch die St¨oße nicht ver¨andert, wie direkt zu sehen ist. Im Gleichgewicht m¨ ussen sich andererseits die Streuraten aus einem und in einen betrachteten Zustand kompensieren, das heißt der folgende Ausdruck von (20.1) muss verschwinden:

200

20 Boltzmann-Gleichung

 0 0     f f1 (1 − f 0 )(1 − f10 ) − (1 − f 0 )(1 − f10 )f 0 f10 = 0 . (20.28) Aus dieser Beziehung des detaillierten Gleichgewichts folgt durch Logarithmieren von (20.28) 



f0 f10 f0 f10 ln + ln = ln + ln  . (20.29) (1 − f 0 ) (1 − f10 ) (1 − f 0  ) (1 − f10 ) Das heißt auch der Ausdruck ln(f 0 /(1 − f 0 )) ist eine erhaltene Gr¨oße. Da wir aber nur f¨ unf fundamentale Erhaltungsgr¨oßen haben, muss dieser Ausdruck sich darstellen lassen als eine Linearkombination von 1, p und ep : ln

f0 = A + B · p + Cep , (1 − f 0 )

(20.30)

C = −β ,

(20.31)

mit A = βµ,

B = βu,

wobei β = 1/(kT ), µ das chemische Potenzial und u die Driftgeschwindigkeit ist. Alle diese Gr¨oßen (20.31) k¨onnen noch - langsam variierende - Funktionen von r and t sein. Eine solche Situation nennt man lokales Gleichgewicht. Gleichung (20.30) hat die L¨osung f 0 (p) =



1



(20.32) e +1 Lokale Gleichgewichtsverteilung fu ¨r Fermionen β(r,t) ep −p·u(r,t)−µ(r,t)

Das ist gerade die Fermi-Verteilungsfunktion in einem bewegten System. Eine ¨ahnliche Ableitung f¨ ur die Boltzmann-Gleichung mit Elektron-Phonon-Streuung liefert im Gleichgewicht eine Phononverteilungsfunktion in der Form

20.3 Aufgaben

g 0 (p) =



1

β(r,t) ωp −p·u(r,t)



201

(20.33)

e −1 Lokale Gleichgewichtsverteilung fu ¨r Phononen da das chemische Potenzial von Bosonen, deren Teilchenzahl nicht erhalten ist, verschwindet.

20.3 Aufgaben 20.1. Boltzmann-Gleichung fu ¨r Elektron-Phononstreuung Leiten Sie die Streurate f¨ ur Elektronen ab, die unter Absorption und Emission von Phononen gestreut werden. Gehen sie dabei aus von der Wechselwirkung    † Hw = Wq al+q albq + h.k. , (20.34) q,l

wobei h.k. den hermitesch-konjugierten Term des vorangehenden Ausdrucks bedeutet. Wq ist das Matrixelement der ElektronPhonon-Streuung. F¨ ur akustische Phononen ist es durch das Deformationspotenzial bestimmt, f¨ ur optische Phononen ist es durch die Coulomb-artige Fr¨ohlich-Kopplung gegeben. ¨ a) Berechnen Sie die zeitliche Anderung der reduzierten Einteil† chendichtematrix fk (t) =< akak > unter Verwendung der Heisenberg-Gleichungen f¨ ur die Operatoren a und a† . Es entstehen auf der rechten Seite Erwartungswerte von einem Produkt von drei Operatoren. b) Berechnen Sie die Bewegungsgleichungen dieser h¨oheren Dichtematrizen und vereinfachen Sie das Ergebnis durch Faktorisierung in Einteilchendichtematrizen. Setzen Sie die formal integrierten Gleichungen in die Bewegungsgleichung von fk (t) ein. c) Diskutieren Sie die entstandene quantenkinetische Gleichung, insbesondere ihren zeitlich nicht-lokalen Charakter.

202

20 Boltzmann-Gleichung

d) Untersuchen Sie die quantenkinetische Gleichung im Grenzfall großer Zeiten und zeigen Sie, wie sie n¨aherungsweise in die halbklassische Boltzmann-Gleichung u uhren Sie ¨bergeht. F¨ dazu noch ph¨anomenologisch einen D¨ampfungsterm der Form  e−Γ (t−t ) in den Integralterm ein. Diskutieren Sie, unter welchen Bedingungen die Verteilungsfunktionen aus dem Integral gezogen werden k¨onnen. Zeigen Sie, dass sich das Integral u ¨ber den verbleibenden Integralkern in bestimmten Grenzf¨allen auf eine energieerhaltende Deltafunktion reduziert.

21 Linearisierte Boltzmann-Gleichung

21.1 Kleine Abweichungen von der Gleichgewichtsverteilung In der N¨ahe des thermischen Gleichgewichts kann man die nichtlineare Boltzmann-Gleichung (20.1) linearisieren in Bezug auf die Abweichung δf := f − f 0 von der thermischen Gleichgewichtsl¨osung (20.32). Zur Vereinfachung wollen wir hier nur ein r¨aumlich homogenes Elektronengas ohne Driftterme betrachten. Es zeigt sich, dass es vorteilhaft ist, eine normierte Abweichung φ(p, t) einzuf¨ uhren f (p, t) =

1 eβ( p −µ)−φ(p,t)

+1

.

(21.1)

Entwickelt man diese Verteilungsfunktion nach φ(p, t), so erh¨alt man mit f = f 0 + δf δf (p, t) = f 0 (p)[1 − f 0 (p)]φ(p, t) .

(21.2)

Die linearisierte Boltzmann-Gleichung f¨ ur die normierte Abweichung φ liefert die folgende Streurate aus dem Zustand p  ∂φ(p, t) 2 =− 0 w(p, p1 ; p , p1 ) ∂t f (p)(1 − f 0 (p)) p1 ,p ,p1     × φ(p, t) f 0 (1−f 0 )f10 (1−f 0 )(1−f10 )     + f 0 (1−f 0 )(1−f10 )f 0 f10 + · · · . (21.3) Die Punkte stehen f¨ ur entsprechende Terme jeweils proportional zu φ(p1 , t), φ(p , t) und φ(p1 , t). Da der Spin der Elektronen nicht

204

21 Linearisierte Boltzmann-Gleichung

explizit behandelt wird, sollen die Impulssummationen die Spinsummation nicht mehr enthalten. Da keine Spinflips im Stoß auf¨ treten, enth¨alt die Ubergangswahrscheinlichkeit pro Zeiteinheit in Bezug auf den Spin der Teilchen zwei Deltafunktionen, so dass von den drei Spinsummen nur ein Faktor 2 u ¨brigbleibt, wie (21.3) zeigt. Mit der Beziehung des detaillierten Gleichgewichts (20.28) 





f 0 f10 (1 − f 0 )(1 − f10 ) = (1 − f 0 )(1 − f10 )f 0 f10



(21.4)

vereinfacht sich die linearisierte Boltzmann-Gleichung (21.3) zu

∂φ(p, t) ∂t =−

= −L φ(p, t)

(21.5) 

4 f 0 (p)(1 − f 0 (p)) p

  1 ,p ,p

W(p, p1 ; p, p1 )

1   × φ(p, t) + φ(p1 , t) − φ(p , t) − φ(p1 , t)

Linearisierte Boltzmann-Gleichung mit





W(p, p1 ; p, p1 ) = w(p, p1 ; p, p1 )f 0 f10 (1 − f 0 )(1 − f10 ) (21.6) ¨ Matrix der Ubergangswahrscheinlichkeit ¨ Die Matrix W der Ubergangswahrscheinlichkeit der linearisierten Boltzmann-Gleichung hat folgende Symmetrieeigenschaften W(p, p1 ; p , p1 ) = W(p1 , p; p , p1 ) = W(p , p1 ; p, p1 ) = W(p, p1 ; p1 , p ) = W(p , p1 ; p1 , p) = W(p1 , p ; p, p1 ) = W(p1 , p ; p1 , p) = W(p1 , p; p1 , p ) . (21.7) Die linearisierte Boltzmann-Gleichung erh¨alt also die Gesamtteilchenanzahl, den Gesamtimpuls und die Gesamtenergie. W¨ahlt

21.2 Eigenschaften des Stoßoperators

205

man ein φ(p, t), das proportional zu entweder 1, p oder ep ist, so verschwindet die rechte Seite von (21.5). Diese speziellen Funktionen sind daher Eigenfunktionen des Stoßoperators L mit dem Eigenwert null. 21.2 Eigenschaften des Stoßoperators Der Stoßoperator ist ein Integraloperator  Lφ(p) = L(p, p )φ(p ) .

(21.8)

p

Die allgemeinen Eigenfunktionen φλ (p) sind L¨osungen der station¨aren Gleichung Lφλ(p) = λφλ(p)

(21.9)

Eigenwertgleichung Mit den reellen quadratintegrierbaren Funktionen φ kann man einen Hilbert-Raum aufspannen    φ|φ = f 0 (p) 1 − f 0 (p) φ(p)φ(p) , (21.10) p

und σ|φ =



  f 0 (p) 1 − f 0 (p) σ(p)φ(p) .

(21.11)

p

Anders als im Skalarprodukt der Quantenmechanik wird hier noch eine Gewichtsfunktion f 0 (p)(1−f 0 (p)) eingef¨ uhrt. Der vollst¨andige Satz der Eigenfunktionen von L liefert dann die Einheitsvektoren, die den Hilbert-Raum aufspannen. In diesem Hilbert-Raum, der durch das Skalarprodukt (21.11) definiert ist, ist der linearisierte Stoßoperator L ein hermitescher, das heißt selbstadjungierter, reeller und positiv semidefiniter Operator. Man sieht das wie folgt  σ|Lφ = 4 σ(p)W(p, p1 ; p , p1 ) p,p1 ,p ,p1



 × φ(p, t) + φ(p1 , t)− φ(p , t)− φ(p1 , t) . (21.12)

206

21 Linearisierte Boltzmann-Gleichung

Man erkennt nun, dass die Gewichtsfunktion im Skalarprodukt gerade die Gleichgewichtsverteilungsfaktoren im Nenner des Stoßoperators (21.5) kompensiert. Teilt man nun die Funktion σ = 1 4σ in vier gleiche Teile auf, kann man unter Ausnutzung der in 4 Gleichung (21.7) angegebenen Symmetrien von W die Impulsvariablen umbenennen. Zun¨achst kann man etwa jeweils die Variablen der beiden Anfangs-und Endzust¨ande austauschen p ↔ p1 und p ↔ p1 , dann erh¨alt man   1 4 σ(p) + σ(p1 ) − σ(p ) − σ(p1 ) W(p, p1 ; p , p1 ) 4 p,p1 ,p ,p1   × φ(p, t) + φ(p1 , t) − φ(p , t) − φ(p1 , t) . (21.13) Durch weitere Umbenennungen lassen sich die vier Funktionen φ zusammenfassen zu    4 σ(p) + σ(p1 ) − σ(p ) − σ(p1 ) (21.14) p,p1 ,p ,p1

× W(p, p1 ; p , p1 )φ(p, t) = Lσ|φ .

(21.15)

Man sieht, dass der Stoßoperator in der Tat selbstadjungiert ist σ|Lφ = Lσ|φ .

(21.16)

Setzt man σ = φ, so folgt aus (21.13) φ|Lφ ≥ 0 .

(21.17)

Das Gleichheitszeichen gilt, falls φ eine der f¨ unf Erhaltungsgr¨oßen des Stoßoperators ist. Mit diesen Definitionen kann die L¨osung der zeitabh¨angigen linearisierten Boltzmann-Gleichung mit einer gegebenen Anfangsbedingung φ(t = 0) = φ0 dadurch gefunden werden, dass man φ0 nach dem vollst¨andigen Satz der Eigenfunktionen φλ von L entwickelt. Die L¨osung nimmt dann folgende Form an:

21.2 Eigenschaften des Stoßoperators

φ(p, t) =



Aλe−λtφλ(p)

207

(21.18)

λ

Entwicklung nach Eigenfunktionen Die Eigenwerte λ sind die wahren Relaxationsfrequenzen f¨ ur die Abweichungen der Form von φλ . Die L¨osung (21.18) zeigt auch, dass im Allgemeinen die Boltzmannsche Relaxationskinetik nicht mit nur einer Relaxationszeit beschrieben werden kann. Daher ist die oft benutzte lineare Approximation der Streurate, die sogenannte Relaxationszeit-N¨aherung ∂f (p) δf (p) − , (21.19) ∂t Stoß τ nur eine grobe Beschreibung der Relaxationskinetik zum Gleichgewicht hin. Die effektive Relaxationszeit τ in dem resultierenden exponentiellen Zerfall der Abweichung von einer thermischen Gleichgewichtsverteilung hat im Allgemeinen keine strenge Bedeutung, da sie oft vom Anfangszustand abh¨angt. Die Relaxationszeit-N¨aherung k¨onnte nur dann eine gute N¨aherung sein, wenn der kleinste endliche Eigenwert λmin deutlich kleiner w¨are als die n¨achsth¨oheren Eigenwerte. In einer solchen Situation w¨are τ 1/λmin. Man kann zeigen, dass die Relaxationszeitn¨aherung die experimentell beobachteten Transporteigenschaften, wie zum Beispiel die Viskosit¨aten und die thermische Leitf¨ahigkeit von einfachen mono- und diatomaren Gasen, nicht gut wiedergibt [siehe Smith and Jensen (1989)]. Da der linearisierte Stoßoperator mit dem Operator des Drehimpulses im Impulsraum vertauscht, kann man die Abweichungen φ(p) faktorisieren in einen Radial- und einen Winkelanteil. Leider lassen sich die Eigenfunktionen im Allgemeinen nur numerisch berechnen. Nur f¨ ur ein nichtentartetes System von sogenannten Maxwell-Molek¨ ulen mit einem abstoßenden Wechsel−4 wirkungspotenzial ∝ r sind analytische Eigenfunktionen bekannt. F¨ ur ein entartetes Fermi-System, in dem alle Impulse auf die Umgebung des Fermi-Impulses pF beschr¨ankt sind, liefert die Eigenfunktionsentwicklung eine rasch konvergierende Reihe f¨ ur verschiedene Transportkoeffizienten.

208

21 Linearisierte Boltzmann-Gleichung

Wir werden im n¨achsten Kapitel die Verwendung der Eigenfunktionsentwicklung f¨ ur die numerische Berechnung der Relaxationskinetik f¨ ur Coulomb-Streuung in einem quasi-zweidimensionalen (2d) Elektronengas illustrieren. Die Relaxationskinetik eines 2d-Elektronengases kann heute auch experimentell in einer mit einem Femtosekundenlaserpuls angeregten HalbleiterquantentrogMikrostruktur untersucht werden. Dieses Beispiel behandelt zugleich Aspekte des wichtigen Relaxationsprozesses heißer Elektronen in Halbleiterbauelementen, da in einem dichten Elektronengas die Coulomb-Streuung der schnellste Relaxationsmechanismus ist. 21.3 Aufgaben 21.1. Linearisierte Boltzmann-Gleichung fu ¨r ein klassisches Gas Wiederholen Sie die Ableitung der linearisierten BoltzmannGleichung, die Einf¨ uhrung eines Hilbert-Raums und den Beweis der Eigenschaften des Stoßoperators ausf¨ uhrlich unter der Vereinfachung, dass ein nichtentartetes klassisches Gas vorliegt. 21.2. Relaxationszeit fu ¨r ein klassisches Gas harter Kugeln Berechnen Sie die impulsunabh¨angige Relaxationszeit  fp0 p

τ

=



fp0 fp01 W02

p,p1 ,p ,p1

  2π δ(p + p1 −p − p1 )δ ep + ep1 − ep −ep1 

(21.20) f¨ ur ein klassisches Gas harter Kugeln. Vereinfachen Sie die Auswertung der Integrale durch Einf¨ uhrung des Impuls¨ ubertrags  q = p − p.

21.3 Aufgaben

209

21.3. Auswertung der Relaxationszeit fu ¨ r harte Kugeln Werten Sie den in Aufgabe 21.2 gefundenen Ausdruck f¨ ur die Relaxationszeit aus. Statt Summen beziehungsweise Integrale u ur diesen klas¨ber Wellenzahlen zu verwenden, ist es f¨ sischen Ausdruck einfacher, direkt Summen u ¨ber Geschwindigkeiten zu verwenden. Nat¨ urlich m¨ ussen dann auch die Gleichgewichtsverteilungsfunktionen entsprechend normiert sein, das  heißt, d3 vf 0 (v) = N, also  m 3/2 m 2 f 0 (v) = n e− 2kT v . (21.21) 2πkT Die Relaxationszeit ist dann  n = d3 v d3 v1 |v − v 1 | πd2 f 0 (v)f 0 (v1 ) , τ

(21.22)

wobei d = 2a0 der Kugeldurchmesser ist. πd2 |v 1 − v 2 | ist die Wahrscheinlichkeit, dass im Zeitintervall dt die zwei Teilchen zusammenstoßen. a) Geben Sie zuerst ohne jede Rechnung allein mit Dimensions¨ uberlegungen an, wie die Relaxationszeit (21.22) von der Temperatur abh¨angen muss. b) Berechnen Sie die Integrationen unter Verwendung von Schwerpunkts- und Relativgeschwindigkeit (v s , u). Die Integrale sind durch die Gammafunktion gegeben    ∞ Γ (n + 1) /2 n −ax2 dx x e = . (21.23) 2a(n+1)/2 0

22 Entwicklung nach Eigenfunktionen des Stoßoperators

Die Boltzmann-Gleichung muss im Allgemeinen numerisch gel¨ost werden. Dabei kann man sie etwa f¨ ur das Beispiel von angeregten Elektronen in einem Halbleiter direkt numerisch integrieren. Obwohl solche Methoden verl¨assliche Ergebnisse liefern, erlauben sie nur relativ wenig Einsicht in die relevanten Mechanismen und Gesetzm¨aßigkeiten. Wir wollen daher wie im letzten Kapitel nur kleine Abweichungen vom thermischen Gleichgewicht untersuchen und annehmen, dass man eine linearisierte Boltzmann-Gleichung verwenden darf. Wir werden zuerst die Methode der Entwicklung nach Eigenfunktionen an der Relaxationskinetik eines dichten zweidimensionalen Elektronengases mit Coulomb-Streuung illustrieren. 22.1 Boltzmann-Kinetik eines 2d-Elektronengases Die Boltzmannsche Relaxationskinetik eines Elektronengases in einem Halbleiter kann experimentell durch zeitaufgel¨oste Spektroskopie mit einem Pump- und Teststrahl beobachtet werden. Wir wollen deshalb die Entwicklung nach Eigenfunktionen des Stoßoperators am Beispiel eines Elektronengases in einer Quantentrogstruktur besprechen und verwenden dazu Ergebnisse der Arbeit von El Sayed et al, Z. Physik B 86, 345 (1992). Wir nehmen an, dass die Schicht so eng ist, dass wir die Bewegung der Elektronen im niedersten Subband als zweidimensional betrachten d¨ urfen. Die Bewegung der Elektronen senkrecht zur Schicht ist durch die Quantisierung unterdr¨ uckt. Der zweidimensionale Elektronenimpuls ist p = k, wobei k der Wellenvektor ist. Die effektive Elektronenmasse sei m. Da die Feldlinien der CoulombWechselwirkungen auch durch das Barrierematerial laufen, das

212

22 Entwicklung nach Eigenfunktionen des Stoßoperators

sehr ¨ahnliche dielektrische Eigenschaften hat wie das Trogmaterial, bleibt das Coulomb-Potenzial in diesen mesoskopischen Mikrostrukturen r¨aumlich in seiner drei-dimensionalen 1/r-Form erhalten. Seine 2d-Fourier-Transformierte ist dann mit dem 2dVolumen V (2) = L2  2 2  ∞  d r e iq·r e2 rdr 2π Vq = e = dφeiqr cos φ L2 0 r

0 L2 0 r 0  ∞ 2πe2 = d(qr)J0 (qr) , (22.1)

0 L2 q 0 wobei J0 (x) die Bessel-Funktion nullter Ordnung ist. Da das In∞ tegral 0 dxJ0 (x) = 1, erh¨alt man schließlich Vq =

2πe2 . L2 0 q

(22.2)

0 ist die dielektrische Konstante des nichtangeregten Halbleiters. In Coulomb-Systemen muss das nackte Coulomb-Potenzial im Stoßintegral ersetzt werden durch das abgeschirmte Potenzial. In der statischen, langwelligen N¨aherung ist das abgeschirmte 2d-Coulomb-Potenzial gegeben durch Vs,q = Vq / (q → 0, 0). Aus der in Kapitel 18 abgeleiteten Lindhard-Formel (hier ist Vq von (22.2) ohne Abschirmung zu nehmen, also mit 0 = 1)

(q, ω) = 1 − Vq 2

 k

fk − f|k+q| ω + ek − e|k+q| + 2γi

finden wir den statischen, langwelligen Grenzfall  k  i ∂f q ∂k i

(q → 0, 0) = 1 − Vq 2  2 kii qi . k

i

(22.3)

(22.4)

m

k k ki F¨ ur isotrope Verteilungen ist ∂f = ∂f . Mit der zweidimen∂k ∂k k i  d2 k  1 sionalen k-Summe V (2) k = (2π)2 erhalten wir  Vq 2L2 m d2 k ∂fk 1

(q → 0, 0) = 1 − . (22.5) 2 (2π)2 ∂k k

In 2d-Polarkoordinaten erhalten wir schließlich

22.1 Boltzmann-Kinetik eines 2d-Elektronengases



Vq 2L2 m ∞ kdk ∂fk 1 2 (2π)2 ∂k k 0 ∞ 2 Vq 2L m ∂fk =1− dk 2  2π ∂k 0 2 Vq 2L m =1+ fk=0 2 2π e2 2m κ 2 fk=0 =1+  =1+ , q q

(q → 0, 0) = 1 −



213



dφ 0

(22.6)

wobei die Abschirmwellenzahl in 2d gegeben ist durch 2m 2 e fk=0 . 2 Mit (22.2) wird das abgeschirmte 2d-Coulomb-Potenzial κ=

Vs,q =

2πe2 .

0 L2 (q + κ)

(22.7)

(22.8)

Da sich die Besetzung des tiefsten Impulszustandes w¨ahrend des Relaxationsprozesses zeitlich ¨andert, ist die Abschirmwellenzahl noch eine parametrische Funktion der Zeit. In der linearisierten Boltzmann-Gleichung tr¨agt jedoch diese Zeitabh¨angigkeit nicht bei, da man dort die N¨aherung f0 (t) → f00 verwenden muss. Im Folgenden werden wir nur isotrope Verteilungen fk (t) behandeln, f¨ ur die nur die Eigenfunktionen mit dem Drehimpuls l = 0 ben¨otigt werden. Wegen dieser Einschr¨ankung sind nur die Teilchenzahl und die Energie relevante Stoßinvarianten mit den Eigenwerten λ = 0. F¨ ur isotropische Abweichungen kann man eine Winkelintegration durchf¨ uhren. Der Stoßoperator wird dann eine Matrix mit kontinuierlichem Wellenzahlindex k  Lφk = Lk,k φk , (22.9) k

wobei der Integralkern gegeben ist durch Lk,k





(22.10) 0 2 f 0 f 0 (1−f 0 |k+q| )(1−f|p−q| ) 2 δ((p − k)·q−q ) k p dq (q + κ)2 fk0 (1 − fk0 )

me4 d2 p π3 20   × δ(k  −k) + δ(k  −p) − δ(k  −|k + q|) − δ(k  −|p − q|) . =

214

22 Entwicklung nach Eigenfunktionen des Stoßoperators

Hier haben wir der Einfachheit halber den Austauschterm des Streupotenzials weggelassen. Das Streupotenzial ist hier also das abgeschirmte 2d-Coulomb-Potenzial (22.8). Die Zust¨ande vor dem Stoß heißen k und p, die Zust¨ande nach dem Stoß k + q und p − q, der u ¨bertragene Impuls ist also q. Die erste Deltafunktion beschreibt die Energieerhaltung, die vier Impuls-Deltafunktionen erzeugen gerade die richtige Linearkombination der vier φ-Funktionen. Um die Eigenfunktionen numerisch berechnen zu k¨onnen, muss das Integral durch eine Summe auf einem gleichf¨ormigen Gitter ki = i∆k mit i = 0, 1, . . . , N approximiert werden. Dabei f¨ uhrt man eine Abschneidewellenzahl kN > kF ein, die auf jeden Fall gr¨oßer als die Fermi-Wellenzahl 2 kF2 /(2m) = µ sein muss. Die Diagonalelemente des Stoßoperators werden die Stoßfrequenzen νk = Lk,k genannt. Eine weitere Vereinfachung der Rechnung erh¨alt man durch Transformation zu einer symmetrischen Matrix L˜ = g −1Lg ,

φ˜ = g −1 φ mit L˜φ˜λ = λφ˜λ ,

(22.11)

dabei ist g die Diagonalmatrix mit den Elementen 1 gk,k = δk,k  0 . kfk (1 − fk0 )

(22.12)

Diese Transformation macht aus dem asymmetrischen Nenner im Stoßoperator (22.10) einen symmetrischen Nenner proportional  0 0 zu fk0 (1 − f − fk0 ). Außerdem macht sie den durch die k  k )fk (1  Summation ( k → k  dk  ) auftretenden Wellenzahlfaktor symmetrisch. Als ersten Schritt berechnet man die Matrixelemente Lk,k f¨ ur k, k  ≤ kN . Danach berechnet man die Eigenfunktionen ˜ Die Eigenfunkund Eigenwerte λ der symmetrischen Matrix L. tionen werden schließlich wieder zur¨ ucktransformiert durch die Multiplikation mit der Matrix g, um so die gew¨ unschten Eigenfunktionen φλ zu erhalten. Als Schrittweite bei allen folgenden Rechnungen wurde ∆k = kF /50 gew¨ahlt. Eine weitere Reduktion der Schrittweite ¨andert die Ergebnisse nicht mehr wesentlich. Wir werden jedoch eine nichttriviale Abh¨angigkeit der Ergebnisse von der Abschneidewellenzahl kN erhalten und weiter diskutieren. Schreibt man die Boltzmann-Gleichung in der Form

215

-1

Stoßfrequenz [(100fs) ]

22.1 Boltzmann-Kinetik eines 2d-Elektronengases

Wellenzahl [kF ]

Abb. 22.1. Stoßfrequenz νk gegen k/kF f¨ ur verschiedene 2d-Plasmadichten in Einheiten von 1012 cm−2 : Durchgezogene Linie n = 0, 64; gestrichelte Linie n = 1, 28; strich-punktierte Linie n = 2, 56; punktierte Linie n = 5, 12

∂fk = −Γkout fk + Γkin (1 − fk ) , ∂t

(22.13)

so bezeichnet man die Summe der Streuraten als Streufrequenz νk = Γkin + Γkout .

(22.14)

Diese Stoßfrequenz νk wird manchmal benutzt, um eine Absch¨atzung der Relaxationszeit der inelastischen Streuung der freien Ladungstr¨ager aneinander zu erhalten. Wir werden zun¨achst zeigen, dass dies im Allgemeinen nicht m¨oglich ist. Abbildung 22.1 zeigt die Stoßfrequenz νk f¨ ur vier Ladungstr¨agerdichten f¨ ur die Materialparameter des Leitungsbandes von GaAs. Die effektive Masse dieser Leitungsbandelektronen ist m = 0, 0665m0 , wobei m0 die Masse eines freien Elektrons ist. Die dielektrische Konstante ist 0 = 13, 71. Die Stoßfrequenz nimmt u ¨berraschend mit wachsender Dichte ab. Dieser Effekt wird durch die Pauli-Blockade der Endzust¨ande im Streuprozess und die verst¨arkte Abschirmung des Coulomb-Potenzials bedingt. Mit zunehmender Entartung entsteht ein ausgepr¨agtes Minimum in der Umgebung der Fermi-Energie. Dieses Loch kann man verstehen, wenn man sich erinnert, dass die Streufrequenz νk die Summe der Gleichgewichtsstreuraten in und aus dem Zustand mit der Energie ek ist. Da f¨ ur Gleichgewichtsl¨osungen die rechte Seite von (22.13) verschwindet, gen¨ ugen diese Raten der detaillierten Gleichgewichtsbeziehung Γkout =

1 − fk0 in Γk . fk0

(22.15)

216

22 Entwicklung nach Eigenfunktionen des Stoßoperators

Zustandsdichte ρ(λ)

Zustandsdichte ρ(λ)

Bei tiefen Temperaturen sind diese Raten um kF herum sehr klein. Wenn wir zum Beispiel einen Zustand k knapp u ¨ ber kF betrachten, so ist seine Streurate aus k heraus klein, da die Zahl der freien Endzust¨ande zwischen k und kF klein ist. F¨ ur k → ∞ geht die Stoßfrequenz nach null.

Eigenwerte λ [(100fs)-1]

Eigenwerte λ [(100fs)-1]

Abb. 22.2. Zustandsdichte der Eigenwerte ρ(λ) f¨ ur zwei Plasmadichten n: Oben: n = 1, 28·1012 cm−2 und den Abschneidewellenzahlen: kN = 2kF (punktierte Linie); kN = 4kF (gestrichelte Linie); kN = 6kF (durchgezogende Linie). Unten: n = 0, 64 · 1012 cm−2 und den Abschneidewellenzahlen: kN = 2kF (punktierte Linie); kn = 4kF (gestrichelte Linie); kn = 7kF (durchgezogene Linie)

Im Allgemeinen findet man ein dichtes Spektrum von Eigenwerten λn, n = 1, 2, · · · , N, daher definieren wir eine spektrale Dichte der Eigenzust¨ande ρ(λn ) =

2∆k , λn+1 − λn−1

(22.16)

die unabh¨angig wird von der Schrittweite f¨ ur kleine ∆k. Die Dichte der Eigenwerte ρ(λn ) ist f¨ ur zwei Ladungstr¨agerdichten und jeweils f¨ ur drei Werte der Abschneidewellenzahl in Abb. 22.2 dargestellt. Das Spektrum besteht aus zwei Eigenwerten, die numerisch sehr dicht bei Null liegen - sie geh¨oren zu den zwei Erhaltungsgr¨oßen - und einem kontinuierlichen Band. Der h¨ochste Wert dieses kontinuierlichen Bandes ist durch die maximale Stoßfrequenz gegeben. Das Maximum in der Zustandsdichte ρ(λn ), das bei h¨oheren Dichten auftritt, ist verkn¨ upft mit dem Minimum in der Stoßfrequenz νk in der N¨ahe von kF . Bei niederen Dichten ist daher kein Maximum vorhanden. Vergr¨oßert man die Abschneidewellenzahl, werden zus¨atzliche Eigenwerte unterhalb

22.1 Boltzmann-Kinetik eines 2d-Elektronengases

217

einer von kN abh¨angigen Frequenz hinzugef¨ ugt, wie Abb. 22.2 zeigt. Oberhalb dieser Frequenz bleibt ρ(λn ) unver¨andert. Diese invarianten Teile sind in Abb. 22.2 durch dicke Liniensegmente angegeben. Es l¨asst sich jedoch numerisch nicht entscheiden, ob zwischen den zwei Eigenwerten Null der Stoßinvarianten und dem kontinuierlichen Teil des Spektrums eine L¨ ucke besteht oder nicht. Der doppeltlogarithmisch gezeichnete Einsatz in Abb. 22.2 legt nahe, dass man die Dichte der Eigenwerte nach kleineren Werten λ durch ein Potenzgesetz ρ(λn ) ∝ λ−1,8 f¨ ur beide Ladungstr¨agerdichten extrapolieren kann (dick gepunktete Teile der Kurven). Wenn das stimmt, gibt es keine L¨ ucke im kompletten Spektrum f¨ ur kN → ∞. F¨ ur 3d-nichtentartete Verteilungen konnte sowohl f¨ ur harte Kugeln als auch f¨ ur Potenziale, die sich durch Potenzgesetze darstellen lassen, gezeigt werden, dass sich das kontinuierliche Spektrum von L u ¨ber den ganzen Bereich der Stoßfrequenzen ausdehnt. Es ist zu erwarten, dass das entartete 2d-Elektronengas mit abgeschirmtem Coulomb-Potenzial dieselben Eigenschaften hat. Da die prinzipiellen Eigenschaften der Eigenfunktionen φλ f¨ ur alle Dichten gleich bleiben, diskutieren wir hier nur den Hochdichtefall. In Abb. 22.3 werden die ersten zwei numerisch berechneten Eigenfunktionen φ0,1 und φ0,2 verglichen mit den exakten orthonormierten Eigenfunktionen der Stoßinvarianten 1 und ek : φ0,1 = α1 und φ0,2 = α2 k 2 − α3 ,

(22.17)

wobei die Konstanten durch die Orthonormierungsbedingungen festgelegt sind. Die Abweichungen auf der Hochenergieflanke werden durch die endliche Abschneidewellenzahl verursacht. Zwei typische Eigenfunktionen φ˜λ,k aus dem kontinuierlichen Spektrum der hermiteschen Matrix L˜k,k sind in Abb. 22.4 dargestellt, zusammen mit den dazugeh¨origen Abweichungen der Verur die Eigenwerte λ = 0, 8 · 10−13s−1 und teilungsfunktionen δfλ,k f¨ −13 −1 1, 6 · 10 s . Diese Eigenfunktionen nehmen in Amplitude und Frequenz mit k zu, bis sie ihr Maximum bei k = kλ erreichen. Hier ist die Stoßfrequenz gerade gleich der Eigenfrequenz λ. F¨ ur noch gr¨oßere Werte k verschwinden die Eigenfunktionen rasch. Abb. 22.4

218

22 Entwicklung nach Eigenfunktionen des Stoßoperators

(a.u) Eigenfunktion φ(0) 1,2

zeigt, dass sich die Eigenfunktionen u ¨ber den ganzen Bereich k unterhalb kλ erstrecken. Die zu kleinen Wellenzahlen geh¨orenden Abweichungen der Verteilungen δfλ,k werden durch die Normierungsfaktoren verst¨arkt, wie man aus dem oberen Teil der Abb. 22.4 ersehen kann. Wegen der Ausdehnung der Verteilungsfunktionen δfλ,k ist es nicht m¨oglich, eine eindeutige k-abh¨angige Relaxationszeit zu definieren, denn im Allgemeinen wird man viele Eigenfunktionen brauchen, um eine gegebene enge Abweichung vom Gleichgewicht darzustellen. Die Zustandsdichtekurven mit den gr¨oßten Abschneidewellenzahlen zeigen ein Maximum bei niederen Relaxationsfrequenzen λ. Zu diesem Maximum geh¨ort eine spezielle Eigenfunktion, die sich wie die Eigenfunktionen h¨oherer Eigenwerte im k-Raum weit ausdehnt, aber bei k = 0 nicht verschwindet. Die Eigenfunktionen, die zu kleineren Eigenwerten geh¨oren, verhalten sich anders und verschwinden rasch f¨ ur Wellenzahlen k ≤ 3kF . Das heißt, f¨ ur Abweichungen unterhalb der Fermi-Wellenzahl bestimmt der Eigenwert dieser ausgezeichneten Eigenfunktion das Relaxationsverhalten bei großen Zeiten. Allerdings leiden alle diese Aussagen etwas an der numerischen Unvollst¨andigkeit des Spektrums. Dabei geh¨ort das Maximum der Abschneidewellenzahl 6kF schon zu einer Energie, die 36mal gr¨oßer ist als die Fermi-Energie. Das zeigt, dass eine genauere Beschreibung des Langzeitverhaltens eine detaillierte Bandstruktur mitnehmen m¨ usste.

Wellenzahl [k F] Abb. 22.3. Die zwei Eigenfunktionen der Stoßinvarianten φ0,1 (k) und φ0,2 (k) gegen k/kF . Die Punkte sind numerisch berechnet, die Linien stellen die exakten orthogonalen Eigenfunktionen dar

219

φ(k) (a.u.)

δf(k) (a.u.)

22.1 Boltzmann-Kinetik eines 2d-Elektronengases

Wellenzahl [k F ]

Abb. 22.4. Zwei Eigenfunktionen des kontinuierlichen Spektrums φ˜λ (k) versus k/kF f¨ ur λ = 0, 8·10−13 s−1 (dicke Linie), λ = 1, 6·10−13 s−1 (d¨ unne Linie). Dar¨ uber die zugeh¨ origen Abweichungen der Verteilungsfunktionen δfλ,k

Als N¨achstes wollen wir die Relaxationskinetik einer gegebenen Nichtgleichgewichts-Anfangsverteilung berechnen. Wir nehmen an, dass die anf¨angliche Verteilung folgende Form hat fk (t = 0) = fk0,i + Ce−(

ek −e0 2 ) σ

= fk0,f + δfk (t = 0) .

(22.18)

Hier sind f 0,i und f 0,f die anf¨angliche Hintergrundgleichgewichtsverteilung und diejenige, die sich am Schluss einstellt. Auf die urspr¨ ungliche Hintergrundgleichgewichtsverteilung ist eine GaußAbweichung aufgesetzt. Die Abweichung δfk (t) von der Endgleichgewichtsverteilung geht nach null f¨ ur t → ∞. Innerhalb der Entwicklungsmethode wird die Zeitabh¨angigkeit der dazugeh¨orenden normierten Abweichung φk (t) dadurch bestimmt, dass man φk (0) nach dem vollst¨andigen Satz von Eigenfunktionen φλn entwickelt φk (t) =

N 

An φλn ,k e−λn t .

(22.19)

n=1

Die Entwicklungskoeffizienten An werden aus der diskreten N¨aherung des Skalarproduktes berechnet:  0,f An =< φ(t = 0)|φλn >= 2π fk (1 − fk0,f )φk (t = 0)φλn ,k , k

(22.20) wobei der Faktor 2π von der Winkelintegration stammt und die Summe nur noch u ¨ber die Betr¨age des Wellenvektors l¨auft. Da wir um das Endgleichgewicht herum linearisiert haben, verschwinden die zwei Koeffizienten A1 und A2 . Die Gewichtsfunk-

220

22 Entwicklung nach Eigenfunktionen des Stoßoperators

tion α(λ) eines Eigenwertes λ im Relaxationsprozess ist gegeben durch α(λn ) = ρ(λn )A2n . (22.21) Wir zeigen die Gewichtsfunktion in den Abb. 22.5 f¨ ur eine Ladungstr¨agerdichte von n = 1, 28 · 1012 cm−2 bei einer Temperatur von T = 250K und einem chemischen Potenzial µ = 43, 6meV der Gleichgewichtsverteilung im Endzustand. Die anf¨angliche Abweichung ist zentriert bei e0 = 0, 8µ, also etwas unterhalb des chemischen Potenzials der Gleichgewichtsverteilung. Vier verschiedene Werte der Breite σ, ebenfalls ausgedr¨ uckt in Bruchteilen des chemischen Potenzials, wurden benutzt. Zum Vergleich ist auch die Dichte der Eigenwerte gezeigt. Die erste Kurve f¨ ur σ = 0 wurde erhalten f¨ ur eine Abweichung in der Form δfi ∝ δi,j , die wegen der endlichen Schrittbreite ∆k immer noch eine endliche Breite hat. Das spektrale Gewicht hat ein Maximum bei der Stoßfrequenz, die zur Position - ausgedr¨ uckt in Wellenzahlen k - dieser deltafunktions¨ahnlichen Auslenkung geh¨ort (siehe Abb. 22.1). Allerdings verschwinden auch langsamere Komponenten nicht, was erkl¨art, warum der anf¨anglich schnelle Zerfall sp¨ater recht langsam wird. Mit zunehmender Breite σ werden die langsameren Komponenten immer wichtiger, w¨ahrend der Beitrag der Eigenwerte aus

α(λ) (a.u.)

σ = 0.0 µ

σ = 0.2 µ

σ = 0.1 µ

σ = 0.3 µ

Eigenwerte λ [(100fs)-1] Abb. 22.5. Gewichtsfunktion αλ gegen λ f¨ ur vier Breiten σ. Die Zustandsdichte der Eigenwerte ist zum Vergleich d¨ unn eingetragen

22.1 Boltzmann-Kinetik eines 2d-Elektronengases

221

- [(100fs)-1] γ(t)

der Umgebung des Maximums der anf¨anglichen Abweichung immer kleiner wird. Die Eigenfunktion, die zum Maximum geh¨ort, oszilliert an der Stelle der St¨orung sehr schnell. Daher verschwindet das Skalarprodukt, wenn die St¨orung breit ist. Andererseits oszillieren die Eigenfunktionen mit niedrigeren Eigenwerten in der Umgebung der Abweichung wesentlich langsamer und gewinnen daher an Gewicht, wenn die Abweichung breiter wird.

Zeit [100 fs]

Abb. 22.6. Relaxationsrate γ(t) gegen t f¨ ur eine Anfangsauslenkung e0 = 0, 8µ und verschiedene Breiten σ: σ = 0 (volle Linie); σ = 0, 1µ (punktierte Linie); σ = 0, 2µ (gestrichelte Linie); σ = 0, 3µ (strich-punktierte Linie)

Die Relaxationskinetik wird charakterisiert durch den Zerfall der positiv definiten Norm der Abweichung von der Endverteilung. N  2 |φ(t)| = A2n e−2λn t . (22.22) n=3

Im Rahmen dieser Entwicklungsmethode kann man eine zeitabh¨angige Relaxationskonstante γ(t) einf¨ uhren als |φ(t)| = |φ(0)|e−g(t) mit

dg =γ . dt

(22.23)

Die Relaxationsrate dg(t)/dt ist in Abb. 22.6 f¨ ur die Parameter von Abb. 22.5 gezeigt. Die Relaxationsrate nimmt etwa um zehn Prozent innerhalb einer Relaxationszeit ab. Die punktierte Linie zeigt zum Beispiel f¨ ur die Breite σ = 0, 1µ, dass sogar eine relativ enge Abweichung erheblich langsamer zerf¨allt als in der Relaxationszeitn¨aherung, in der die Relaxationszeit durch die Stoßfrequenz bestimmt wird.

22 Entwicklung nach Eigenfunktionen des Stoßoperators

df

222

it Ze

]

[fs

Energie [μ] Abb. 22.7. Relaxation einer Abweichung von der Endverteilung, berechnet mit einer Entwicklung nach Eigenfunktionen

Zuletzt soll die aus der Entwicklungsmethode resultierende Relaxationskinetik in Abb. 22.7 dargestellt werden. Die zeitliche Entwicklung der Abweichung von der Endverteilung δfk (t) = ur eine anf¨angliche Gauß-Abweichung, fk (t) − fk0,f wird gezeigt f¨ die zentriert ist bei e0 = µ und die eine Breite σ = 0, 4µ hat, wobei die Parameter der Endverteilung wieder gegeben sind durch µ = 43, 6meV, T = 250K und n = 1, 28 · 1012 cm−2 . Da die Abweichung von der Endverteilung dargestellt ist, δfk (t), ist δfk (0) in Abb. 22.7 bei t = 0 keine einfache Gauß-Funktion, sondern besitzt negative Fl¨ ugel an beiden Seiten des Maximums. Man sieht, dass bei diesen Dichten der Relaxationsprozess nach wenigen hundert Femtosekunden abgeschlossen ist. Allerdings muss man einschr¨ankend bemerken, dass auf solch kurzen Zeitskalen das Konzept der halbklassischen Boltzmann-Gleichung mit einem statisch abgeschirmten Coulomb-Potenzial schon recht fraglich ist und ersetzt werden sollte durch eine Quantenkinetik, in der nicht mehr von instantanen, energieerhaltenden St¨oßen ausgegangen wird und in der die Abschirmung wirklich zeitabh¨angig berechnet wird [siehe Haug und Jauho (1996)].

22.2 Aufgaben

223

22.2 Aufgaben 22.1. Orthonormierung der Eigenfunktionen des Stoßoperators F¨ uhren Sie die Normierung und Orthogonalisierung der Eigenfunktionen, die in einem dreidimensionalen System zu den Erhaltungsgr¨oßen geh¨oren, durch.

23 Fokker-Planck-Gleichung

Wir wollen eine weitere Vereinfachung der linearisierten Boltzmann-Kinetik besprechen. Dabei soll die Boltzmann’sche Integrodifferenzialgleichung durch eine partielle Differenzialgleichung zweiter Ordnung, die sogenannte Fokker-Planck-Gleichung, approximiert werden. Mit dieser N¨aherung lernen wir eine weitere wichtige stochastische Gleichung zur Beschreibung von Relaxationsprozessen und auch Nichtgleichgewichtsphasen¨ uberg¨angen kennen. Diese Gleichung geht zur¨ uck auf den holl¨andischen Theoretiker A.D. Fokker (1887-1972) und den Mitbegr¨ under der Quantenphysik M. Planck (1858-1947). Die wesentliche Idee ist es, eine Entwicklung nach dem im Stoß u ¨ bertragenen Impuls vorzunehmen. Nat¨ urlich setzt das voraus, dass der u ¨bertragene Impuls klein ist gegen andere charakteristische Impulse, zum Beispiel den Fermi-Impuls eines entarteten Elektronengases. Da diese Methode nicht ohne weiteres auf die St¨oße zwischen gleichartigen Teilchen angewandt werden kann, wollen wir sie illustrieren f¨ ur die Elektronenkinetik aufgrund der Elektron-Phonon-Streuung. Dabei nehmen wir zur Vereinfachung an, dass die Phononen im thermischen Gleichgewicht sind, das heißt wir betrachten die Phononen als ein thermisches Bad. In der resultierenden Gleichung wird die Relaxationskinetik beschrieben als eine mittlere Str¨omung und eine Diffusion der Verteilungsfunktionen im Impulsraum. 23.1 Entwicklung der linearisierten Boltzmann-Gleichung nach kleinem Impulsu ¨bertrag Wir gehen aus von der Boltzmann-Gleichung mit Elektron-Phonon-Streuung, die wir in kompakter Form schreiben als

226

23 Fokker-Planck-Gleichung

 ∂fk =− |Wq |2 δ(e|k+σq| − σωq − ek ) (23.1) ∂t Stoß q,σ=∓1  1−σ 1+σ  × fk (1 − f|k+σq| )(gq0 + )−(1 − fk )f|k+σq|(gq0 + ) . 2 2 Eine Linearisierung in δf um die Gleichgewichtsverteilung f 0 ergibt    ∂δfk =− wσ (k, q)δfk − w−σ (k + σq, q)δf|k+σq| , ∂t Stoß q,σ=∓1 (23.2) ¨ wobei die Ubergangswahrscheinlichkeit wσ (k, q) gegeben ist durch  1−σ  0 wσ (k, q) = |Wq |2 δ(e|k+σq| −σωq −ek ) σf|k+σq| + (gq0 + ) . 2 (23.3) Im zweiten Term von (23.2) ist σ durch −σ zu ersetzen und k durch k + σq:  1+σ  w−σ (k+σq, q) = |Wq |2 δ(ek +σωq −e|k+σq| ) −σfk0 +(gq0 + ) . 2 (23.4) Man sieht also, dass die ersten zwei Faktoren, n¨amlich das Quadrat des Matrixelements und die energieerhaltende Deltafunktion, unver¨andert bleiben und daher auch bei der Entwicklung nach kleinen q nicht betroffen sind. F¨ ur ein entartetes Fermi-Gas mit einer großen Fermi-Wellenzahl kF wird der im Stoß u ¨bertragene, mittlere Phononenimpuls q klein sein gegen kF . Wir k¨onnen also (23.2) nach q entwickeln und finden    ∂δfk ∂ 1 ∂2 σqi + qi qj +· · · w−σ (k, q)δfk . = ∂t Stoß q,σ=∓1 i ∂ki 2 i,j ∂ki ∂kj (23.5) In der Entwicklung bis zur zweiten Ordnung wird also der linearisierte Boltzmann-Stoßterm zu  ∂Ai δfk  ∂ 2 Bi,j δfk ∂δfk = + . (23.6) ∂t Stoß ∂ki ∂ki ∂kj i i,j Diese Gleichung ist die Fokker-Planck-Gleichung. In ihr wird die Relaxationskinetik der Elektronen durch Streuung mit Phononen

23.1 Entwicklung nach kleinem Impuls¨ ubertrag

227

beschrieben als Driften (erster Term auf der rechten Seite) und Diffundieren (zweiter Term) der Abweichung der Verteilung vom Gleichgewicht, wie das in der Tat in Abb. 22.7 qualitativ zum Ausdruck kommt. Das Maximum der auf die Gleichgewichtsverteilung aufgesetzten St¨orung driftet nach niedrigeren Energien, w¨ahrend die anf¨angliche St¨orung gleichzeitig durch Diffusion breit wird, da ¨ der Diffusionsstrom immer dort groß ist, wo starke Anderungen in der Verteilung auftreten, das heißt auf den Flanken der St¨orung. Die mathematische Begr¨ undung dieser Entwicklung ist eine schwierige Aufgabe. So ist es zum Beispiel unm¨oglich, diese N¨aherung dadurch zu verbessern, dass man in der Entwicklung nach q noch eine Ordnung weiter geht. Die L¨osungen einer solchen Gleichung w¨aren nicht mehr stabil. Dagegen stellen die L¨osungen der Fokker-Planck-Gleichung f¨ ur viele Probleme eine brauchbare, physikalisch sinnvolle N¨aherung dar. Ihre Koeffizienten sind gegeben durch  1 Ai (k) = σqi wσ (k, q), Bi,j (k) = qi qj wσ (k, q) . 2 q,σ q,σ (23.7) Man nennt Ai den Driftkoeffizient und Bi,j den Diffusionskoeffizient. Aus (23.7) findet man, dass der Driftkoeffizient die Form einer mittleren Impuls¨anderung pro Stoß hat, A = < ∆q > /∆t, ¨ da w ja eine Ubergangswahrscheinlichkeit pro Zeiteinheit ist. Man sieht weiter, dass die Diffusionskonstante in der Tat dieselbe Form hat wie bei einer r¨aumlichen Diffusion ∂ρ(x, t)/∂t = ∂/(∂x)D∂ρ(x, t)/(∂x) mit D = < (∆x)2 > /(2∆t). Der Koeffizient f¨ ur die Diffusion im k-Raum (23.7) hat damit die Form Bi,j =< ∆qi ∆qj > /(2∆t). F¨ ur eine r¨aumlich homogene Situation ohne ¨außeres Feld erh¨alt man also statt der Boltzmann-Gleichung die Fokker-Planck-Gleichung, die sich auch als eine Kontinuit¨atsgleichung schreiben l¨asst:

228

23 Fokker-Planck-Gleichung

 ∂   ∂Bi,j δfk  ∂δfk = Aiδfk + = −∇k ·j k (23.8) ∂t ∂ki ∂kj i j Fokker-Planck-Gleichung Die Stromdichte ist  ∂Bi,j δfk  ∂δfk −ji = Ai δfk + = A˜i δfk + Bi,j , (23.9) ∂kj ∂kj j j  ∂B mit A˜i = Ai + j ∂ki,j . Dass die Fokker-Planck-Gleichung (23.8) j die Form einer Kontinuit¨atsgleichung hat, zeigt sofort, dass sie die Teilchenzahl erh¨alt. Das ist die einzige Erhaltungsgr¨oße, da zum Beispiel in unserem Problem Impuls und Energie dissipativ mit dem Phononenbad ausgetauscht werden. Die Fokker-Planck-Gleichung ist weit u ¨ber das Beispiel hinaus, in dem wir sie abgeleitet haben, eine wichtige stochastische Gleichung der Statistischen Physik. Vor allem bei der Beschreibung offener dissipativer Systeme, wie es etwa die Laser sind, spielt die Fokker-Planck-Gleichung eine zentrale Rolle, wie vor allem bei Haken (1978) herausgearbeitet wurde. Dabei ist der Laser nur ein besonders transparentes, paradigmatisches Beispiel f¨ ur allgemeine spontane Strukturbildung in offenen Systemen. Mit der Fokker-Planck-Gleichung lassen sich die in diesen Systemen auftretenden Nichtgleichgewichtsphasen¨ uberg¨ange inklusive der dabei auftretenden Fluktuationen konsistent beschreiben. Wir wollen daher zun¨achst einige allgemeine Eigenschaften der Fokker-Planck-Gleichung besprechen. Ein sehr sch¨ones, ausf¨ uhrliches Buch dar¨ uber stammt von Risken (1984). 23.2 Station¨ are L¨ osung Eine station¨are L¨osung der Fokker-Planck-Gleichung erh¨alt man nach (23.8) sicher dann, wenn die Stromdichte (23.9) verschwindet  ∂δfk A˜i δfk + Bi,j =0. (23.10) ∂kj j

23.2 Station¨ are L¨ osung

229

Falls die Stromdichte verschwindet, herrscht detailliertes Gleichgewicht. In isotropen Situationen ist der Tensor der Diffusion Bi,j = δi,j B und die Richtung von A durch k gegeben, also A˜i = kiA(k). Damit wird

oder

1 ∂δfk ki A(k) =− δfk ∂ki B(k)

(23.11)

∂ ln δfk ki A(k) =− . ∂ki B(k)

(23.12)

Wir multiplizieren diese Gleichung mit dki und summieren u ¨ber i, dann entsteht schließlich durch unbestimmte Integration    ∂ ln δfk dki = d (ln δfk ) ∂k i i    ki A(k) =− dki = − dV (k) = −V (k) . (23.13) B(k) i Damit erhalten wir die station¨are L¨osung δfk,0 in der Form

−V (k)

δfk,0 = Ze

und V (k) =

 i

ki

dki

ki,0

kiA(k) B(k)

(23.14)

Station¨ are L¨ osung und verallgemeinertes Ginzburg-Landau-Potenzial Das Potenzial im Exponenten der station¨aren Verteilung ist das Ginzburg-Landau-Potenzial von offenen Systemen, da es dieselbe Rolle spielt wie das Funktional der freien Energie in Abh¨angigkeit des Ordnungsparameters, dessen Bedeutung f¨ ur Gleichgewichtsphasen¨ uberg¨ange wir in Kapitel 13 besprochen haben. Um die Bedeutung des in (23.14) definierten verallgemeinerten Ginzburg-Landau-Potenzials zu verstehen, wollen wir einige Beispiele diskutieren.

230

23 Fokker-Planck-Gleichung

23.3 Beispiele fu ¨r das verallgemeinerte Ginzburg-Landau-Potenzial 23.3.1 Thermische Verteilung

Falls beide Terme konstant sind, also A(k) = a, B(k) = B, erhalten wir das Ginzburg-Landau-Potenzial k2a . (23.15) 2B Eine solche Verteilung zeigt, dass die in unserem Beispiel der Gleichgewichtsverteilung hinzugef¨ ugten Teilchen nach niedrigen Energien relaxiert und gem¨aß einer Gauß-Verteilung im Impulsraum verteilt sind. Dieses Ergebnis beschreibt die relaxierten zus¨atzlichen Teilchen zumindest qualitativ richtig. Da wir ja keine strenge Herleitung dieses Ergebnisses durchgef¨ uhrt, sondern eben nur die einfachsten Annahmen f¨ ur A(k) und B(k) getroffen haben, kann man sicher nicht mehr erwarten. Immerhin liefert dieses Ergebnis f¨ ur nichtentartete Teilchen, f¨ ur die ja ebenfalls (wegen 1 − fk 1) eine lineare Boltzmann-Gleichung gilt, schon 2 2 k 2 die richtige thermische Maxwell-Verteilung mit k2Ba = 2mkT . V (k) =

23.3.2 Lasermodell

4 0

V -4

1 0

-1 0

-1 1

Im ψ

Re ψ

Abb. 23.1. Verallgemeinertes Ginzburg-Landau-Potenzial f¨ ur einen Laser oberhalb der Schwelle aufgetragen gegen Real- und Imagin¨ arteil der komplexen Lichtfeldamplitude ψ

Die Verteilung der komplexen Lichtfeldamplitude ψ in einem Laserresonator gen¨ ugt ebenfalls einer Fokker-Planck-Gleichung. Die-

23.3 Verallgemeinerte Ginzburg-Landau-Potenziale

231

se Gleichung kann entweder aus der Gleichung der reduzierten Dichtematrix f¨ ur ein Lasersystem abgeleitet werden oder auch halbklassisch aus den Bewegungsgleichungen des Lichtfelds. Der Einfluss von B¨adern f¨ uhrt zum Auftreten von D¨ampfungs- und Fluktuationstermen. Diese stochastischen Bewegungsgleichungen heißen Langevin-Gleichungen, die wiederum auf eine Fokker-PlanckGleichung abgebildet werden k¨onnen. Das resultierende GinzburgLandau-Potenzial hat hier folgende Form V (ψ) = (λc − λ)|ψ|2 + b|ψ|4 .

(23.16)

λ ist ein Maß f¨ ur die Pumpst¨arke, gibt also an, wieviel Energie dem Laser zugef¨ uhrt wird, um die n¨otige Inversion im Elektronensystem des Lasers zu erzeugen. λc ist die Pumpst¨arke an der Schwelle des Lasers. Abb. 23.1 zeigt das Ginzburg-LandauPotenzial eines Lasers oberhalb der Schwelle. Unterhalb der Schwelle hat das Ginzburg-Landau-Potenzial ein Minimum bei |ψ| = 0. Oberhalb der Schwelle liegt ein Minimum bei einer endlichen Lichtfeldamplitude vor, aber mit unbestimmter Phase. Der Laser zeigt an der Schwelle einen kontinuierlichen Phasen¨ ubergang, das heißt einen Phasen¨ ubergang zweiter Ordnung. Die dazugeh¨orige Wahrscheinlichkeitsverteilung f (ψ) = f0 e−V (ψ) zeigt auch, dass nicht nur der Wert des Minimums realisiert ist, sondern dass nach der angegebenen Verteilung auch Fluktuationen um das jeweilige Minimum auftreten. Allerdings wird das Minimum mit |ψ| = 0 in radialer Richtung sehr tief, so dass nur sehr geringe Fluktuationen in der Laserintensit¨at auftreten. Die Phase bleibt unbestimmt. Das Modell zeigt, dass die Rolle der Temperatur bei Gleichgewichtsphasen¨ uberg¨angen in Nichtgleichgewichtsphasen¨ uberg¨angen durch einen anderen kritischen Parameter, im Beispiel des Lasers etwa durch die Pumpst¨arke, u ¨bernommen wird. 23.3.3 Nichtgleichgewichtsphasen¨ ubergang erster Ordnung

Wie schon bei Gleichgewichtsphasen¨ uberg¨angen gezeigt, erlaubt das Ginzburg-Landau-Potenzial, auch bei offenen Systemen einen diskontinuierlichen Phasen¨ ubergang zu beschreiben. Wie dort muss das Ginzburg-Landau-Potenzial auch einen Term dritter Ordnung im Ordnungsparameter q haben:

232

23 Fokker-Planck-Gleichung

V (q) = aq 2 + bq 3 + cq 4 .

(23.17)

Dieses Potenzial hat in einem bestimmten Parameterbereich zwei relative Minima, in denen also zwei Phasen koexistieren. 23.4 Eigenfunktionen des Fokker-Planck-Operators Allgemeiner kann man nicht nur die oben beschriebene L¨osung der Fokker-Planck-Gleichung finden. F¨ uhrt man einen Fokker-PlanckOperator F ein, so nimmt die Gleichung folgende Form an:

∂δfk ∂t

= −F δfk mit F = −

˜i  ∂A i

∂ki



 ∂Bi,j ∂ i,j

. ∂ki∂kj (23.18)

Fokker-Planck-Gleichung und Fokker-Planck-Operator Wie beim Boltzmann-Operator kann man wieder die Eigenfunktionen und Eigenwerte dieses Operators bestimmen F fk,n = λnfk,n .

(23.19)

Allerdings ist der Fokker-Planck-Operator nicht selbstadjungiert. Bildet man etwa   d3 k ∗ d3 k < ψ|F |φ >= ψ F φ = (F † ψk )∗ φk , (23.20) k k 3 3 (2π) (2π) ergibt sich der adjungierte Fokker-Planck-Operator einfach durch partielle Integration F† =

 i

 ∂Bi,j ∂ ∂ A˜i − = F . ∂ki ∂kj ∂ki i,j

(23.21)

Da die Diffusionsmatrix symmetrisch ist, ist der zweite Teil von F und von F † gleich, nicht aber der erste. Unter diesen Bedingungen kann man nicht mehr allein mit den Eigenfunktionen fk,n von † F arbeiten, vielmehr muss man auch die Eigenfunktionen fk,n

23.4 Eigenfunktionen

233

von F † verwenden und damit ein biorthonormales Funktionensystem aufbauen. Wir wollen hier einen einfacheren Weg gehen und wenigstens f¨ ur ein eindimensionales System zeigen, dass sich der Fokker-Planck-Operator durch eine unit¨are Transformation in einen selbstadjungierten Operator u uhren l¨asst. ¨ berf¨ In einem eindimensionalen System ist der Fokker-Planck-Operator einfach   d d F =− A+ B . (23.22) dk dk Aus der Bedingung des detaillierten Gleichgewichts −j = Af + folgt mit f =

F B

d (Bf ) = 0 dk

(23.23)

die Beziehung −

AF dF = . B dk

(23.24)

Diese Gleichung l¨asst sich sofort durch Trennung der Variablen integrieren. Man erh¨alt  k F A(k  ) ln =− dk  = −V (k) (23.25) F0 B(k  ) k0 und damit fk,n =

F0 −V (k) e = fk,0 . B(k)

(23.26)

Eine kleine Umrechnung zeigt, dass diese Form mit (23.14), spezialisiert auf eine Dimension, u ¨bereinstimmt. Wir transformieren jetzt die Eigenwertgleichung des Fokker-Planck-Operators (23.19), indem wir neue Funktionen φn (k) folgendermaßen einf¨ uhren: Rk dk  g(k  ) fk,n = e k0 φn , (23.27) wobei g(k) eine noch zu bestimmende Funktion ist. Durch MultiR plikation der Eigenwertgleichung von links mit e man ˜ n = λn φn Fφ mit



k k0

dk  g(k  )

erh¨alt

(23.28)

234

23 Fokker-Planck-Gleichung − F˜ = e

Rk k0

dk  g(k  )

Rk

Fe

k0

dk  g(k  )

.

(23.29)

Der Differenzialoperator wird unter dieser Transformation einfach verschoben um g: d˜ ˜ = g(k) + d = g + D . =D dk dk

(23.30)

Der transformierte Driftterm des Fokker-Planck-Operators F˜ = F˜dr + F˜di wird −F˜dr = +gA + (DA) + AD

(23.31)

und der entsprechende Diffusionsterm wird   −F˜di = g 2 B+(Dg)B+2g(DB)+(D 2B)+2 gB+(DB) D+BD 2 . (23.32) Der gesamte transformierte Fokker-Planck-Operator ist damit   −F˜ = m + A + 2gB + 2(DB) D + BD2 , (23.33) wobei wir in m alle Terme zusammengefasst haben, die keinen freien Ableitungsoperator enthalten. Dieser sogenannte c-Zahl-Anteil ist m = gA + (DA) + g 2 B + (Dg)B + 2g(DB) + (D 2 B) . (23.34) Wir nehmen jetzt in (23.33) einen der zwei Terme (DB)D zusammen mit dem Ableitungsoperator zweiter Ordnung und bilden so einen symmetrischen, selbstadjungierten Diffusionsoperator   −F˜ = m + A + 2gB + (DB) D + DBD . (23.35) Wir bestimmen jetzt g so, dass der Koeffizient des linearen Ableitungsoperators verschwindet: A + 2gB + (DB) = 0 .

(23.36)

Also ist

A 1 − D ln B . 2B 2 Der Transformationsfaktor wird damit g=−

(23.37)

23.4 Eigenfunktionen Rk

e

k0

1

dk  g(k  )

=

B02



1 e

Rk k0



A(k ) dk  2B(k )

B(k) 2

1

2 = fk,0 .

235

(23.38)

Die Transformationsfunktion ist also die Wurzel der Grundzustandsl¨osung der Fokker-Planck-Gleichung. Der transformierte Fokker-Planck-Operator F˜ = −m − DBD (23.39) ist jetzt selbstadjungiert. Man kann daher ohne Probleme den vollst¨andigen Satz seiner reellen Eigenfunktionen φn bestimmen. Es gilt dann die Beziehung 1

2 fk,n = fk,0 φk,n

mit der Vollst¨andigkeitsrelation   fk ,n fk,n  φk ,n φk,n = = δ(k  − k)  f f k ,0 k,0 n n und der Orthogonalit¨atsrelation   fn ,k fn,k  dkφn ,k φn,k = dk = δn ,n . fk,0

(23.40)

(23.41)

(23.42)

Man sieht, dass wir mit dem Verfahren de facto wieder eine Gewichtsfunktion im Skalarprodukt eingef¨ uhrt haben, wie wir das schon f¨ ur den linearisierten Boltzmann-Stoßoperator getan hatten. Die zeitabh¨angige L¨osung der Fokker-Planck-Gleichung (23.18) wird damit   fk,n fk (t) = cn e−λn t φk,n = cn e−λn t 1 , (23.43) 2 fk,0 n n wobei die Koeffizienten durch Entwicklung der Anfangsverteilung fk (t = 0) nach φn bestimmt werden. Nat¨ urlich wird die Beschreibung der Relaxationskinetik dann relativ einfach, wenn der erste diskrete Eigenwert λ1 wesentlich kleiner ist als die folgenden h¨oheren Eigenwerte. Dann hat man mit λ1 = τ1 eine wohldefinierte Relaxationszeit gefunden. Das besprochene Verfahren kann auch f¨ ur h¨oher dimensionale Systeme angewendet werden, sofern auch dort die Bedingung des detaillierten Gleichgewichts g¨ ultig ist.

236

23 Fokker-Planck-Gleichung

23.5 Aufgaben 23.1. Diffusionsgleichung L¨osen Sie die eindimensionale Diffusionsgleichung ∂ ∂2 f (x, t) = D 2 f (x, t) ∂t ∂x

(23.44)

mit der Anfangsbedingung f (x, 0) = δ(x) durch Fourier-Darstellung im Ortsraum. 23.2. Eigenfunktionen fu ¨r ein harmonisches Potenzial a) Berechnen Sie die Eigenfunktionen des Fokker-Planck-Operators, der durch den Driftkoeffizienten A = ak und den konstanten Diffusionskoeffizienten B = const. gegeben ist. Folgen Sie der L¨osungsmethode, die im letzten Abschnitt beschrieben wurde. b) Wie groß ist die Relaxationszeit f¨ ur dieses Problem?

24 Nukleationstheorie

Als ein Beispiel einer eindimensionalen, konkreten Master-Gleichung wollen wir die Nukleationskinetik behandeln, in der man die Wahrscheinlichkeit f¨ ur das Auftreten eines Tr¨opfchens (Cluster) mit n Molek¨ ulen ermittelt. Mit diesem Beispiel lernen wir gleichzeitig die kinetische Beschreibung eines diskontinuierlichen Phasen¨ ubergangs kennen. Wir werden die Master-Gleichung des Nukleationsprozesses durch eine Fokker-Planck-Gleichung ann¨ahern, die die anschauliche Interpretation im Rahmen eines verallgemeinerten Ginzburg-Landau-Potenzials erlaubt. 24.1 Kramers-Moyal-Entwicklung Da in guter N¨aherung immer nur ein Molek¨ ul aus der Gasphase ins Tr¨opfchen (oder umgekehrt) u ¨ bergehen kann, gilt in diesem Fall eine besonders einfache Master-Gleichung ∂fn = jn−1 − jn , ∂t

(24.1)

wobei der Wahrscheinlichkeitsstrom jn gegeben ist durch jn = gn fn − ln+1 fn+1

(24.2)

mit der Wachstumsrate (gain) gn , die die Wahrscheinlichkeit pro Zeit angibt, dass der Cluster ein Molek¨ ul aufnimmt. Die Verlustrate (loss) ln+1 gibt umgekehrt die Wahrscheinlichkeit pro Zeit an, dass ein Cluster mit n + 1 Molek¨ ulen ein Molek¨ ul durch Verdampfen verliert. Dieser Prozess f¨ uhrt nat¨ urlich zu einem Anwachsen von fn . Die Gleichungen (24.1) und (24.2) ergeben also zusammen eine Master-Gleichung vom Generations-RekombinationsTyp (siehe Aufgabe 1 aus Kapitel 16):

238

24 Nukleationstheorie

∂fn = gn−1 fn−1 − gn fn + ln+1 fn+1 − ln fn ∂t  ∂   ∂  = e− ∂n − 1 (gn fn ) + e+ ∂n − 1 (lnfn ) ,

(24.3)

da   ∂ ∂ 1 ∂2 hn±1 = 1 ± + + · · · hn = e± ∂n hn . 2 ∂n 2! ∂n

(24.4)

Wenn die mittleren Cluster gen¨ ugend groß sind und die betroffenen Funktionen gen¨ ugend langsam variieren, kann man die Exponential-Differenzialoperatoren bis zur zweiten Ordnung entwickeln. Diese sogenannte Kramers-Moyal-Entwicklung liefert wieder eine Fokker-Planck-Gleichung  1 ∂   ∂  ∂ =− gn−ln − gn+ln fn = − Jn (24.5) ∂t ∂n 2 ∂n ∂n

∂fn

Fokker-Planck-Gleichung der Nukleation Der Wahrscheinlichkeitsstrom der Fokker-Planck-Gleichung ist gegeben durch    1 ∂  Jn = gn − ln fn − gn + ln fn . 2 ∂n

(24.6)

Der Driftterm ist also durch die Differenz der Wachstums- und Verlustrate gegeben, w¨ahrend im Diffusionsterm die Summe der ¨ Ubergangsraten auftritt. Man spricht hier auch vom Schrotrauschen (shot noise). Wir werden im n¨achsten Abschnitt diese von Becker und D¨oring formulierte Nukleationstheorie am Beispiel der Nukleation von Elektron-Loch-Tr¨opfchen in optisch angeregten Halbleitern illustrieren. 24.2 Elektron-Loch-Tr¨ opfchen-Nukleation in Halbleitern Regt man optisch gen¨ ugend viele Elektron-Loch-Paare in einem Halbleiter an, so l¨asst sich aus der Gasphase dieses Plasmas eine

24.2 Elektron-Loch-Tr¨ opfchen-Nukleation in Halbleitern

239

Nukleation von Plasmatr¨opfchen beobachten, wenn die Lebensdauer der angeregten Ladungstr¨ager gen¨ ugend groß ist. Bei hohen Dichten ist n¨amlich aufgrund der Coulomb-Wechselwirkung ein diskontinuierlicher Gas-Fl¨ ussigkeits-Phasen¨ ubergang in diesem Plasma zu erwarten. Wir wollen daher dieses moderne Beispiel einer Nukleation behandeln, das zudem gegen¨ uber der klassischen Nukleation eines Gases in Fl¨ ussigkeitstr¨opfchen den Vorteil hat, auf eine station¨are Tr¨opfchengr¨oße zu f¨ uhren (wegen der schon angesprochenen endlichen Lebensdauer). Die Verlustrate ist zun¨achst bestimmt durch eine Verdampfung von Ladungstr¨agern durch die Oberfl¨ache des Plasmatr¨opfchens. Da der Tropfen elektrisch neutral bleiben muss, nehmen wir an, dass immer ein Elektron-Loch-Paar verdampft. Die Verdampfungsrate wird proportional zur Oberfl¨ache des Tropfens 4πr 2 mit dem Radius r sein. Die Dichte der fl¨ ussigen Phase sei ρ, 4π 3 dann ist n = V ρ = 3 r ρ. Damit ist die Oberfl¨ache  2

F = 4πr = 4π

3n 4πρ

 23 .

(24.7)

Weiter wird die Verdampfungsrate vom Verh¨altnis des Austrittspotenzials φ(n) zur thermischen Energie kT abh¨angen, in der φ(n) Form e− kT . Es kostet pro Ladungstr¨agerpaar die Energie 23 σF , n um ein Paar an die Oberfl¨ache zu bringen, wobei σ die Oberfl¨achenspannung ist (siehe auch Aufgabe 10.1). Das Austrittspotenzial φ(n) aus dem Tropfen ist daher dichteabh¨angig: 2 φ(n) = φ∞ − σ4π 3



3 4πρ

 23

1

1

n− 3 = φ∞ − bn− 3 σ .

(24.8)

Dabei ist φ∞ die Austrittsarbeit, die man f¨ ur n → ∞ erh¨alt. F¨ ur sehr kleine Cluster ist also die Potenzialschwelle f¨ ur einen Austritt stark erniedrigt, daher verdampfen sehr kleine Cluster wieder sehr schnell. Zur gesamten Verlustrate tr¨agt auch noch eine Rate der strahlenden und nichtstrahlenden Rekombination im Tropfen bei mit einer Lebensdauer τ . Insgesamt ist ln =

φ(n) 2 n + an 3 e− kT . τ

(24.9)

240

24 Nukleationstheorie

Die Wachstumsrate ist proportional zu dem auf die Oberfl¨ache des Tropfens einfallenden Strom einzelner, in der Gasphase gebundener Elektron-Loch-Paare. Diese gebundenen Paare heißen Exzitonen, da sie eine elementare elektronische Anregung im Halbleiter sind. Die Wachstumsrate ist damit 2

gn = cn 3 nx ,

(24.10)

wobei nx die Konzentration der Monomere (hier Exzitonen) ist, die durch optische Anregung erzeugt wird. 24.3 Station¨ are L¨ osung Bei vorgegebener Exzitonenkonzentration k¨onnen wir eine station¨are Clusterverteilung fn berechnen. Aus der Bedingung des detaillierten Gleichgewichts Jn = 0 folgt    1 ∂  gn − ln fn = gn + ln fn , (24.11) 2 ∂n oder       gn − ln − 12 gn + ln dfn   = dn . (24.12) 1 fn gn + ln 2 Die Integration liefert fn = f0 eV (n,nx ) mit

 V (n, nx ) = 2 1

n

  g n − ln gn + ln dn − ln . g n + ln g1 + l1

(24.13)

(24.14)

Das Potenzial steigt zun¨achst an, weil die Bildung kleiner Cluster viel Oberfl¨achenenergie erfordert, so dass sie gleich wieder verdampfen. Die kritische Gr¨oße nc ist ungef¨ahr dann erreicht, wenn die Wachstumsrate und die Verdampfungsrate einander gleich sind 2 2 φ(nc ) anc3 e− kT = cnc3 nx . (24.15) Bei nc ist also ein Maximum des Ginzburg-Landau-Potenzials. Die stabile Tropfengr¨oße nm , die durch das Minimum des GinzburgLandau-Potenzials gegeben ist, ist durch die Kompensation zwischen Wachstumsrate und Rekombinationsrate bestimmt

24.3 Station¨ are L¨ osung 2

3 cnm nx =

nm . τ

241

(24.16)

Ψ/kT

Diese Situation, die in Abbildung 24.1 dargestellt ist, liegt vor, wenn die Lebensdauer gen¨ ugend groß ist, wie in den indirekten Halbleitern wie zum Beispiel Germanium und Silizium, in denen eine strahlende Elektron-Loch-Rekombination nur unter Beteiligung von Phononen m¨oglich ist. Wegen dieser Lichtemission lassen sich die Plasmatr¨opfchen direkt als kleine strahlende Objekte unter einer Mikroskopoptik beobachten. In Halbleitern mit direkter optischer Elektron-Loch-Rekombination ist die Lebensdauer so klein, dass die Rekombinationsrate immer u ¨ber die Verdampfungsrate dominiert, so dass sich die Phasentrennung in Form von stabilen Tr¨opfchen nicht mehr ausbilden kann. Unter diesen Bedingungen wird der Phasen¨ ubergang von der exzitonischen Phase zur Plasmaphase kontinuierlich. L¨ost man die zeitabh¨angigen Master-Gleichungen numerisch, so sieht man, dass die kurze Lebensdauer verhindert, dass sich Tr¨opfchen bilden, deren Teilchenzahl gr¨oßer als die kritische ist.

Ge T=2K n x [10 12 cm -3 ] 1: .41 2: 1.2

1

2

R [μm]

Abb. 24.1. Ginzburg-Landau-Potenzial f¨ ur Elektron-Loch-Tr¨ opfchen-Nukleation als Funktion der Zahl der Paare im Tr¨ opfchen

242

24 Nukleationstheorie

24.4 Aufgaben 24.1. Das Ginzburg-Landau-Potenzial der Nukleation Diskutieren Sie die Extremwerte des Ginzburg-Landau-Potenzials als Funktion der Parameter des Nukleationsmodells. a) Bestimmen Sie die kritische Tr¨opfchengr¨oße nc nach (24.15). b) Bestimmen Sie die stabile Tr¨opfchengr¨oße nm nach (24.16).

25 Transportgleichungen

25.1 Erhaltungsgr¨ oßen und ihre Bewegungsgleichungen Wir kommen nun wieder zur Boltzmann-Gleichung zur¨ uck und wollen zeigen, wie aus der Boltzmann-Gleichung unter den Bedingungen des lokalen Gleichgewichts die Hydrodynamik abgeleitet werden kann. Dieser Bereich, in dem das System durch die St¨oße schon lokal - aber noch nicht global - thermisches Gleichgewicht erreicht hat, stellt einen wichtigen Teilbereich der Statistik des Nichtgleichgewichts dar. Die Ann¨aherung der Parameter der lokalen Gleichgewichtsverteilung (siehe Abschnitt 20.2) an das totale Gleichgewicht werden sich als langsame Prozesse herausstellen. ¨ Ausgangspunkt f¨ ur diese Uberlegungen sind die Transportgleichungen der f¨ unf Erhaltungsgr¨oßen Fi (v) = 1, v, v des Boltzmannschen Stoßintegrals. Diese Gleichungen beschreiben die zeitlichen und r¨aumlichen Ver¨anderungen der f¨ unf Erhaltungsgr¨oßen. Wir werden im Folgenden statt Impulsen Geschwindigkeiten als p Variable verwenden v = m . Wir ¨andern, wie in der Hydrodynamik u blich, unsere Normierung der Verteilungsfunktion auf ¨  n(r, t) = d3 vf (r, v, t) , (25.1) wobei n(r, t) die Teilchendichte ist. Multiplizieren wir die Boltzmann-Gleichung (20.1) mit Fj (v), so gilt wegen  ∂f (r, v, t) 3 d vFi (v) =0 (25.2) ∂t Stoß die folgende Transportgleichung mit der ¨außeren Kraft K = −∇r V

244

25 Transportgleichungen



∂  1 d vFj (v) + v · ∇r + K · ∇v f (r, v, t) = 0 (25.3) ∂t m 3

Transportgleichung

1. Teilchenzahlerhaltung (F0 = 1) F¨ ur die Teilchendichte n(r, t) erhalten wir mit F0 = 1 aus (25.3) die Kontinuit¨atsgleichung ∂ n(r, t) + ∇ · j(r, t) = 0 ∂t Kontinuit¨ atsgleichung Dabei ist j(r, t) die Teilchenstromdichte  j(r, t) = d3 vvf (r, v, t) = n(r, t)u(r, t) .

(25.4)

(25.5)

Gleichung (25.5) definiert die mittlere Str¨omungsgeschwindigkeit u, die auch Driftgeschwindigkeit genannt wird. Viele Fl¨ ussigkeiten k¨onnen in guter N¨aherung als inkompressibel behandelt werden, das heißt ihre Dichte ist in dieser N¨aherung konstant: n˙ = 0, ∇n = 0. Aus der Kontinuit¨atsgleichung folgt dann f¨ ur diese inkompressiblen Fl¨ ussigkeiten  ∂ui =0. (25.6) ∂xi i 2. Impulserhaltung (Fi = vi , i = 1, 2, 3) F¨ ur die Teilchenstromdichte finden wir aus (25.3) mit Fi = vi die Gleichung   ∂  ∂ 1  ∂ 3 ji + d vvl vi f + Kl d3 vvi f = 0 . (25.7) ∂t ∂x m ∂v l l l l Aus dem letzten Term erhalten wir durch partielle Integration − m1 Ki n und damit

25.1 Erhaltungsgr¨ oßen und ihre Bewegungsgleichungen

m

 ∂ ∂ ji (r, t) + Πl,i (r, t) = Ki (r, t)n(r, t) . ∂t ∂xl l

Πl,i ist der symmetrische Spannungstensor  Πl,i (r, t) = m d3 v vl vi f (r, v, t) .

245

(25.8)

(25.9)

Wir f¨ uhren nun neben der mittleren Str¨omungsgeschwindigkeit (25.5) die Relativgeschwindigkeit c ein und bilden vl = (vl − ul ) + ul = cl + ul ,

(25.10)

wobei nach (25.5) nul = jl die mittlere Teilchenstromdichte ist. F¨ ur die Relativgeschwindigkeit, die also ein Maß f¨ ur die thermische Bewegung der Teilchen im mitbewegten Koordinatensystem ist, gilt  d3 vcf (r, v, t) = 0 . (25.11) Damit wird der Spannungstensor Πi,j   3 Πi,j (r, t) = m d v vi vj f = mnui uj + m d3 v ci cj f (r, v, t) . (25.12) Der Spannungstensor zerf¨allt also in einen rein kinetischen Anteil, eben den Tensor, der mit dem Vektor ui gebildet werden kann, und einen zweiten intrinsischen Anteil Πi,j = mnuiuj + Pi,j

(25.13)

Spannungstensor Den intrinsischen Anteil, der mit der thermischen Relativbewegung der Teilchen verkn¨ upft ist, nennen wir den Drucktensor  Pi,j (r, t) = m d3 vci cj f (r, v, t) . (25.14) Es folgt

246

25 Transportgleichungen

m

 ∂ ∂ ji + (mnuj ui + Pj,i) = Kin ∂t ∂xj j

(25.15)

Impulserhaltung 3. Energieerhaltung (F4 = 12 mv 2 ) Die Transportgleichung (25.3) ist jetzt mit F4 = 12 mv 2  ∂ 1 d3 v mv 2 f (25.16) ∂t 2   ∂  1 2 1  1 ∂ 3 + d vvl mvi f + Kl d3 v mvi2 f =0. ∂x 2 m 2 ∂v l l i,l i,l  2 Mit vl = cl + ul und u2 = ul wird die mittlere Dichte der kinetischen Energie  1  1  1 2 ne = n mu + d3 v mc2 f = n mu2 + , (25.17) 2 2 2 wobei (r, t) die mittlere thermische Energie pro Teilchen ist. F¨ ur das Integral im zweiten Term von (25.16) gilt    1 3 2 2 2 1 m d v(cl + ul )(ci + 2ci ui + ui )f = ul n mu + 2 2 i    1 3 2 + mul ui d vci f + mu d3 vcl f 2 i    1 3 2 + m d v cl ci f + m ui d3 vci cl f 2 i    i 1 = ul n mu2 + + ui Pi,l + ql . (25.18) 2 i  Die Terme ∝ d3 vcf verschwinden wegen (25.11). Die W¨armestromdichte ql ist

25.1 Erhaltungsgr¨ oßen und ihre Bewegungsgleichungen

 1 ql(r, t) = m d3 vclc2 f (r, v, t) 2 W¨ armestromdichte

247

(25.19)

Mit einer partiellen Integration im dritten Term von (25.16) bekommt man schließlich die Erhaltungsgleichung f¨ ur die mittlere Energiedichte e(r, t)      ∂  ne + nuj e+ uiPi,j+qj = jlKl (25.20) ∂t ∂xj j i l ∂

Energieerhaltung Es ist zweckm¨aßig, die Gleichungen (25.15) und (25.20) als Differenzialgleichungen f¨ ur die Gr¨oßen u und zu schreiben. Mit ji = nui folgt:  ∂ ∂ ji = nu ˙ i + nu˙ i = nu˙ i − ui (nul ) . (25.21) ∂t ∂xl l

Damit wird Gleichung (25.15): mn

 ∂  ∂ ∂ ui − mui (nul ) + (mui nul ) ∂t ∂xl ∂xl l l  ∂ =− Pl,i + Ki n (25.22) ∂xl l

oder

∂  ∂   ∂ mn + ul ui = − Pl,i + Ki n . ∂t ∂xl ∂xl l l

(25.23)

Im hydrodynamischen Grenzfall, in dem lokal ein thermisches Gleichgewicht vorliegt, ergibt diese Gleichung mit einem diagonalen Drucktensor Pl,i = δl,i p gerade die Euler-Gleichung

248

25 Transportgleichungen

∂  ∂  ∂ mn + ul ui = − p + Ki n ∂t ∂x ∂x l i l

(25.24)

Euler-Gleichung

beziehungsweise sp¨atermit Reibung die Navier-Stokes-Glei∂ ¨ chung. Die Ableitung ∂t + l ul ∂x∂ l gilt f¨ ur die zeitliche Anderung in dem mit der Geschwindigkeit u mitbewegten System. Im mitbewegten Koordinatensystem ist xi = ui t + xi und  ∂xi ∂  d ∂ ∂ ∂ → + = + ui . dt ∂t ∂t ∂xi ∂t ∂xi i i

(25.25)

Diese mitbewegte Ableitung ergibt aber eine folgenreiche Nichtlinearit¨at in der Euler-Gleichung (25.24), n¨amlich den Term (u · ∇)u, der zum Auftreten von Turbulenz f¨ uhrt. Aus Gleichung (25.20) folgt f¨ ur die mittlere Energie pro Teilchen mit (25.17)  1 ∂nuj 2 ne ˙ + mn ui u˙ i + n ˙ = n ˙ − mu + (25.26) 2 ∂xj i j  ∂ui  ∂Pj,i  − mn u i uj − ui + ui Ki n ∂xj ∂xj i,j i,j i  ∂     1   =− nuj mu2 + + ui Pi,j + qj + uj nKj ∂x 2 j j i,j j j 



oder ∂   ∂  ∂  ∂ n + uj

+ qj = − Pj,i ui . ∂t ∂xj ∂xj ∂xj j j i,j

(25.27)

Im hydrodynamischen Grenzfall ergibt das die W¨armeleitungsgleichung. Nat¨ urlich sind die f¨ unf Transportgleichungen erst geschlossen, wenn wir noch den Drucktensor, die mittlere Energie und den W¨armestrom angeben k¨onnen. Falls lokales Gleichgewicht

25.2 Aufgaben

249

herrscht, kann man die Beziehungen der Gleichgewichtsthermodynamik verwenden, um diese Gr¨oßen festzulegen. Wie schon in den Kapiteln 18 und 19 betrachten wir ein zeitlich periodisches ¨außeres Potenzial, das mit einer Frequenz ω variiert. Damit immer lokales Gleichgewicht herrscht, m¨ ussen in einer Periode viele St¨oße stattfinden, das heißt es muss gelten ω τ1 oder ωτ 1

(25.28)

Erhaltungss¨ atze + Thermodynamik → Hydrodynamik Hydrodynamisches Regime Im Gegensatz zum hydrodynamischen Regime liegt f¨ ur ωτ 1 das stoßfreie Regime vor. Hier werden die St¨oße unwesentlich, wir k¨onnen die Boltzmann-Gleichung ohne Stoßterm anwenden, wie wir das schon in den Kapiteln 17, 18 und 19 getan haben. Als Beispiele f¨ ur solche Ph¨anomene haben wir den nullten Schall und Plasmaschwingungen kennengelernt. Im Zwischenbereich ωτ 1 muss die volle Boltzmann-Gleichung behandelt werden. 25.2 Aufgaben 25.1. Erhaltung der Wirbel Zeigen Sie, dass die Rotation entlang einer Stromlinie durch die Euler-Gleichung (25.24) ohne ¨außere Kraft erhalten wird. a) Verwenden Sie die Komponentendarstellung des Vektorprodukts  a×b= ei ijk aj bk , (25.29) i,j,k

wobei ei ein Einheitsvektor ist und ijk der schiefsymmetrische Einheitstensor dritter Stufe. Es gilt

250

25 Transportgleichungen



ijk =

1 falls {i, j, k} = {1, 2, 3} oder zykl. Permutationen 0 falls zwei Indizes gleich sind . (25.30)

Die i-te Komponente der Rotation ist damit (rot u)i = (∇ × u)i =



ijk

j,k

∂ uk . ∂xj

(25.31)

Zeigen Sie, dass rot grad φ = 0 und dass div rot u = 0 . b) Teilen Sie die Euler-Gleichung durch die Massendichte ρ = mn und stellen Sie den Term 1ρ ∇p als Gradienten dar, indem Sie ausn¨ utzen, dass im lokalen Gleichgewicht die Dichte bei fester Temperatur eine Funktion des Druckes ist. Entlang einer ¨ Stromlinie ist die zeitliche Anderung durch die mitgef¨ uhrte d Ableitung dt gegeben. Zeigen Sie dann, dass d rot u = 0 . dt

(25.32)

26 Reversible Hydrodynamik

26.1 Allgemeine Formulierung Die allgemeinen hydrodynamischen Gleichungen erh¨alt man, wenn man gar nicht versucht, mit bestimmten lokalen Gleichgewichtsverteilungen die in den Transportgleichungen auftretenden Gr¨oßen wie Druck, mittlere thermische Energie und mittleren W¨armestrom direkt zu berechnen, sondern nur von der G¨ ultigkeit der thermodynamischen Identit¨aten und den Erhaltungsgleichungen (25.4), (25.23) und (25.27) ausgeht. Im isotropen Medium muss der Drucktensor diagonal sein, also Pi,j = δi,j p ,

(26.1)

wobei p der Druck ist. F¨ ur die Gesamtenergie gilt  E = n (s, v)d3 v mit d = T ds − pdv = T ds +

(26.2)

p dn , n2

(26.3)

wobei v = n1 . Aus (26.3) erhalten wir  ∂  ∂  + ul

∂t ∂xl l    ∂ ∂ =T + ul s+ ∂t ∂xl l    ∂ ∂ =T ul s− + ∂t ∂xl l

p n2



 ∂ ∂ + ul ∂t ∂xl l

p  ∂ul . n l ∂xl

 n (26.4)

252

26 Reversible Hydrodynamik

Da in r¨aumlich homogenen Systemen der W¨armestrom (25.19) verschwindet, wird (25.27) ∂  ∂  p  ∂ul + ul

=− . (26.5) ∂t ∂xl n l ∂xl l Ein Vergleich von (26.4) und (26.5) zeigt, dass auch die Entropie einer Erhaltungsgleichung gen¨ ugt:

T

∂ ∂t

+

 l

ul

∂  ∂xl

s=0

(26.6)

Entropiegleichung L¨angs einer Stromlinie ist die mittlere Entropie pro Teilchen konstant, da wir bis jetzt ja noch keine dissipativen Prozesse ber¨ ucksichtigt haben. Wir wollen nun unter Verwendung der f¨ unf Erhaltungss¨atze und der thermodynamischen Relationen allgemeine hydrodynamische Gleichungen f¨ ur die Dichten der Teilchenzahl, des Stroms und der Energie ableiten. Dazu vereinfachen wir die Schreibweise durch die folgende kompakte Notation ∂ =: ∂t ∂t

(26.7)

und

∂ =: ∂i ∂xi und verwenden die Summationskonvention  ai bi → ai bi ,

(26.8)

(26.9)

i

das heißt u ¨ber doppelt vorkommende Indizes wird automatisch summiert. F¨ ur ein isotropes System ist E = V e(s, n, j). Im Gegensatz zu Kapitel 6 ziehen wir jetzt V und nicht N heraus, alle kleingeschriebenen Gr¨oßen sind damit bezogen auf eine Volumeneinheit, so schreiben wir zum Beispiel E = V e, N = V n, J = V j etc. Aus der in Kapitel 6 abgeleiteten thermodynamischen Identit¨at

26.1 Allgemeine Formulierung

dE = T dS + µdN − pdV + mui dJi

253

(26.10)

folgt dE = T V ds+T sdV +V µdn+µndV −pdV +mui V dji +mui ji dV = edV + V de . (26.11) Wieder m¨ ussen die Terme proportional zu dV und die Terme proportional zu V diese Gleichung getrennt befriedigen, da dV und V unabh¨angig sind. Das f¨ uhrt zu folgender thermodynamischen Identit¨at f¨ ur die Energiedichte pro Volumen de = T ds + µdn + mui dji

(26.12)

und zu der entsprechenden Gibbs-Duhem-Relation e = T s + µn − p + mui ji .

(26.13)

∂t e = T ∂t s + µ∂t n + mui ∂t ji

(26.14)

Aus (26.12) folgt

oder mit dem Energieerhaltungsgesetz ∂t e + ∂i qi = 0 , wobei die W¨armestromdichte q zun¨achst noch unbekannt ist,   T ∂t s = −∂i qi + µ∂i ji + ui∂i p + mul ∂i nui ul . (26.15) ultigkeit der EntropieUm ql zu bestimmen, fordern wir die G¨ erhaltung   (26.16) T ∂t s + T ∂i ui s = 0 . Aus (26.16) folgt mit der thermodynamischen Relation (26.13)   T ∂t s = −T s∂i ui − T ui∂i s = −T s∂i ui − ui ∂i e − µ∂i n − mul ∂i jl (26.17) = −T s∂i ui − ui ∂i e + µui ∂i n + mui ul ∂i jl , und andererseits folgt aus (26.15) T ∂t s = −∂i qi + µn∂i ui + µui∂i n + ui ∂i p + mui ul ∂i jl + mul jl ∂i ui , (26.18) also ist die Divergenz des W¨armestroms      ∂i qi = ui ∂i e + ∂i p + ∂i ui T s + µn + mul jl (26.19)

254

26 Reversible Hydrodynamik

oder mit Hilfe der thermodynamischen Relation (26.12)      ∂i qi = ∂i ui e + p = ∂i ui h , (26.20) wobei h = e + p die Enthalpiedichte ist. Wir fassen die hydrodynamischen Gleichungen ohne Dissipation noch einmal in der Form von Erhaltungss¨atzen zusammen:

∂t n + ∂ i j i = 0 m∂tji + ∂lΠl,i = 0 ∂te + ∂lql = 0 ji = nui e = T s + µn − p + muiji de = T ds + µdn + muidji

  ∂ts + ∂l uls = 0 Πi,l = pδi,l + mnuiul   qi = u i e + p (26.21)

Hydrodynamische Gleichungen ohne Dissipation

26.2 Klassisches ideales Gas Als Beispiel wollen wir direkt die in den Transportgleichungen auftretenden Gr¨oßen mit der lokalen Gleichgewichtsverteilung eines idealen, klassischen Gases berechnen. In der von uns im Rahmen der Hydrodynamik gew¨ahlten Normierung ist  3   mβ(r, t) 2 −β(r,t) m2 v−u(r,t) 2 fl (r, v, t) = n(r, t) e . (26.22) 2π Im Folgenden werden wir die Relativgeschwindigkeit c im Bezug auf die Driftgeschwindigkeit u, c=v−u ,

(26.23)

die in der lokalen Gleichgewichtsverteilung (26.22) auftritt, verwenden. F¨ ur den Drucktensor erhalten wir

26.2 Klassisches ideales Gas



255

Pi,j (r, t) = d3 vmci cj fl (r, v, t) (26.24)   1 2 1 = 2δi,j d3 v mc2i fl (r, v, t) = δi,j d3 v mc2 fl 2 3 2 2 = δi,j n(r, t) (r, t) = δi,j n(r, t)kT (r, t) = δi,j p(r, t) . 3 Der lokale Druck gen¨ ugt also - wie zu erwarten war - dem idealen Gasgesetz p(r, t) = n(r, t)kT (r, t), und die mittlere thermische Energie ist (r, t) = 32 kT (r, t). Der W¨armestrom verschwindet  1 qi (r, t) = d3 vci mc2 fl = 0 . (26.25) 2 Die hydrodynamischen Gleichungen f¨ ur ein ideales Gas nehmen damit folgende Gestalt an: 1. Kontinuit¨ atsgleichung   ∂t n(r, t) + ∂l n(r, t)ul (r, t) = 0 , (26.26) 2. Euler-Gleichung   mn(r, t) ∂t + ul (r, t)∂l ui(r, t) = −∂i p(r, t) + Ki (r, t)n(r, t) . (26.27) 3. Energiegleichung F¨ ur die Energie-Gleichung (25.27) folgt:   n ∂t + ul ∂l = −p∂i ui

(26.28)

oder mit = 32 kT und p = nkT 

 2 ∂ t + ui ∂ i T + T ∂ i ui = 0 3 Temperatur-Gleichung

(26.29)

Es gilt ferner nach (25.4) ∂i ui = −

   1 ∂t + ui ∂i n = − ∂t + ui ∂i ln n . n

(26.30)

Die Temperaturgleichung (26.29) nimmt also folgende Gestalt an

256

26 Reversible Hydrodynamik



  2  ∂t + ul ∂l T − T ∂t + ul ∂l ln n = 0 3

(26.31)

   2 ∂t + ul ∂l T + T ∂t + ul ∂l ln(n− 3 ) = 0 .

(26.32)

oder 

Diese Gleichung l¨asst sich schließlich zusammenfassen als   2 ∂t + ul ∂l ln(T n− 3 ) = 0. (26.33) ¨ Auf einer Stromlinie ist die zeitliche Anderung also adiabatisch 2

T n− 3 = const.

(26.34)

Das ist gerade die adiabatische Zustandsgleichung 7.24 des idealen dreidimensionalen Gases mit γ(3) − 1 = 53 − 1 = 23 . Gleichung (26.33) ist also wieder eine Formulierung der Entropieerhaltung im Rahmen der reversiblen Hydrodynamik. 26.3 Aufgaben 26.1. Hydrodynamische Eigenmoden a) Bestimmen Sie die Schallwellendispersion ω = ω(k) aus den Erhaltungs¨atzen (26.21) der Teilchendichte und der Stromdichte unter der Annahme, dass der Prozess adiabatisch erfolgt. b) Berechnen Sie die Schallgeschwindigkeit f¨ ur ein ideales Gas. Gehen Sie dazu aus von der adiabatischen Zustandsgleichung 5 (7.24) pV 3 = const. c) Zeigen Sie, dass die Schallwelle longitudinal ist.

27 Hydrodynamik und Dissipation

27.1 Ph¨ anomenologische Theorie der dissipativen Terme Die allgemeine Formulierung der hydrodynamischen Gleichungen im letzten Kapitel erlaubt uns jetzt die ph¨anomenologische Einf¨ uhrung der dissipativen Terme. Die darin auftretenden Koeffizienten muss man dann mit Hilfe der Boltzmann-Gleichung berechnen. Wir f¨ ugen sowohl dem Spannungstensor wie dem W¨armestrom einen dissipativen Zusatz bei Πi,j → Πi,j + τi,j

und qi → qi + νi .

(27.1)

Die unbekannten Gr¨oßen τi,j und νi legen wir aus der Forderung fest, dass die Entropieproduktion positiv ist. Aus der thermodynamischen Relation folgt ∂t e = T ∂t s + µ∂t n + mui ∂t ji .

(27.2)

Mit der Kontinuit¨atsgleichung und der Stromgleichung entsteht   (27.3) ∂t e = T ∂t s − µ∂i ji − ui ∂l (mnui ul ) + ∂i p + ∂l τi,l , dabei sind die ersten zwei Terme in der Klammer gerade die Ableitung vom Spannungstensor, ∂l Πi,l . Daraus erh¨alt man   ∂t e + ∂i qi + ul τi,l = T ∂t s − µn∂i ui − µui∂i n (27.4) + ∂i qi − mui ul ∂i jl − mul jl ∂i ui − ui ∂i p + τi,l ∂i ul . Nach den gleichen Rechnungen wie am Ende des Kapitels 26 erhalten wir      (27.5) ∂t e + ∂i qi + ul τl,i = T ∂t s + ∂i ui s + τi,l ∂i ul .

258

27 Hydrodynamik und Dissipation

Wir addieren auf beiden Seiten von (27.5) die Divergenz eines unbekannten dissipativen W¨armestroms µi. Auf der rechten Seite bilden wir daraus die Divergenz einer Entropiestromdichte µTi und einen Korrekturterm:     µi  µi ∂t e+ ∂i qi +µi +ul τl,i = T ∂t s +∂i ui s+ +τi,l ∂i ul + ∂i T . T T (27.6)   Die linke Seite muss aber gleich ∂t e + ∂i qi + νi = 0 sein mit νi = µi + ul τl,i . Damit erhalten wir   µi  µi T ∂t s + ∂i uis + = −τi,l ∂i ul − ∂i T ≥ 0 . (27.7) T T Auf der rechten Seite steht die Entropieproduktion aufgrund der dissipativen Prozesse. Da die Entropie zunimmt, finden wir µi −τi,l ∂i ul − ∂i T ≥ 0 . (27.8) T Diese Form wird dann positiv, wenn τi,l ∝ −∂i ul und µi ∝ −∂i T mit jeweils positiven Proportionalit¨atskonstanten. F¨ ur den dissipativen W¨armestrom f¨ uhren wir die W¨armeleitf¨ahigkeit κ als Proportionalit¨atskonstante ein µi = −κ∂iT

(27.9)

Dissipativer W¨ armestrom Das ist ein dissipativer W¨armestrom, da er anders als der reversible W¨armestrom (26.20) q = uh unter der Zeitinversion t → −t das Vorzeichen nicht wechselt. Der reversible Spannungstensor wechselt unter Zeitinversion das Vorzeichen nicht, wohl aber der irreversible Teil τi,l ∝ −∂i ul . Da der Spannungstensor symmetrisch sein muss, machen wir den   Ansatz τi,l ∝ − ∂i ul + ∂l ui . Den Tensor τi,l spalten wir auf in K S τi,l = τi,l + τi,l . Der erste Anteil ist diagonal K τi,l = −ξδi,l ∂k uk .

(27.10)

Da die Divergenz der Driftgeschwindigkeit u ¨ber die Kontinuit¨atsgleichung mit Dichte¨anderungen verkn¨ upft ist, nennt man ξ die

27.1 Ph¨ anomenologische Theorie der dissipativen Terme

259

Kompressions- oder Volumenviskosit¨at. Der zweite Teil wird so gebildet, dass seine Spur verschwindet:   2 S τi,l = −η ∂i ul + ∂l ui − δi,l ∂k uk . (27.11) 3 Er ist mit einer Scherdeformation verkn¨ upft, man nennt daher η die Scherviskosit¨at. Insgesamt bekommt man also   2 τi,l = −η ∂iul + ∂lui − δi,l∂kuk − ξδi,l∂kuk 3

(27.12)

Spannungstensor der Viskosit¨ at Die resultierenden Gleichungen der dissipativen Hydrodynamik sind

∂t n + ∂ i j i = 0 (27.13) ∂t mji + ∂lΠl,i = (27.14)     2 ∂l η ∂iul + ∂lui − δi,l∂kuk + ξδi,l∂kuk 3 ∂t e + ∂lql = (27.15)     2 ∂l κ∂lT +uiη ∂iul +∂lui − δi,l∂kuk +ξul∂kuk   3 κ T ∂ts + T ∂l uls − ∂lT = (27.16) T 2 1  2 κ 2 2 (∂iT ) + ξ(∂kuk) + η ∂iul + ∂lui − δi,l∂kuk T 2 3 Hydrodynamische Gleichungen mit Dissipation Man sieht, dass die Entropieproduktionsrate in der Tat, wie in (27.8) gefordert, positiv ist. Aus den ersten beiden Gleichungen erh¨alt man die Navier-Stokes-Gleichung:

260

27 Hydrodynamik und Dissipation

  nm ∂t + ul∂l ui (27.17)     2 = −∂ip + ∂l η ∂iul + ∂lui − δi,l∂kuk + ξδl,i∂kuk 3 Navier-Stokes-Gleichung F¨ ur inkompressible Fl¨ ussigkeiten ist nach (25.6) ∂i ui = 0, so dass nur die Scherviskosit¨at η u ussig¨brig bleibt. Sie ist in Fl¨ keiten die dominante Viskosit¨at. Zum Schluss bilden wir noch das Verh¨altnis der Gr¨oßenordnungen des nichtlinearen Ablei2 tungsterms nm uL , wobei L eine charakteristische L¨ange quer zur Str¨omungsrichtung ist, und des Viskosit¨atsterms η Lu2 . Wir erhalten die sogenannte Reynolds-Zahl R = nmuL . F¨ uhren wir, wie in η der Literatur u ¨blich, die durch die Massendichte geteilte Viskosit¨at ein, η ν= , (27.18) nm so entsteht

R=

uL

ν Reynolds-Zahl

(27.19)

Wenn die Nichtlinearit¨at im Vergleich zum Viskosit¨atsterm groß genug ist, geht die glatte, laminare Str¨omung in eine komplex verwirbelte, turbulente Str¨omung u ¨ber. Erfahrungsgem¨aß setzt die Turbulenz bei Reynoldszahlen von 1500 bis 2000 ein.

27.2 Aufgaben

261

27.2 Aufgaben 27.1. Str¨ omung in einem Rohr Gegeben sei ein zylindrisches Rohr mit Radius R, das von einer z¨ahen Fl¨ ussigkeit durchstr¨omt wird. Wegen der Reibung verschwindet die Str¨omungsgeschwindigkeit u (r, t) = (0, 0, v (r, t)) am Rand des Rohres. Wir betrachten die station¨are, also zeitunabh¨angige, Str¨omung einer inkompressiblen Fl¨ ussigkeit durch das Rohr. Es ist dabei zu erwarten, dass die Str¨omungsgeschwindigkeit nur vom Abstand zur Rohrachse abh¨angt. Berechnen Sie das Str¨omungsprofil v (r) der Fl¨ ussigkeit. Die Navier-Stokes-Gleichung verkn¨ upft hier die z-Komponente der Geschwindigkeit vz mit dem Druck p(z). Beide Seiten der Differenzialgleichung enthalten Funktionen von verschiedenen Variablen und m¨ ussen daher gleich einer Konstanten sein, die durch die Druckdifferenz im Rohr ∆p = p (z = 0) − p (z = ) ausgedr¨ uckt werden kann.

(27.20)

28 Dissipative Koeffizienten

28.1 Berechnung aus dem Boltzmann-Stoßterm Zur Berechnung der dissipativen Koeffizienten m¨ ussen wir jetzt mit der Boltzmann-Gleichung die Abweichungen von der Gleichgewichtsverteilung berechnen, die durch Gradienten in der Temperatur oder im Str¨omungsfeld hervorgerufen werden. Der Einfachheit halber greifen wir auf eine Stoßzeitn¨aherung f¨ ur das linearisierte Boltzmannsche Stoßintegral zur¨ uck, indem wir im Stoßterm alle h¨oheren Eigenfrequenzen durch eine einzige effektive Frequenz τ1 ersetzen. Wie besprochen, muss man daf¨ ur sorgen, dass weiterhin die f¨ unf Erhaltungss¨atze gelten. Außerdem wollen wir im Folgenden ein klassisches, nichtentartetes Gas betrachten, in dem also stets 1 fv gilt. Mit den f¨ unf Eigenfunktionen φi mit Eigenwert Null ist die erhaltende Stoßzeitn¨aherung 4   1 Lφ φ − φi < φi |φ > , τ i=0

(28.1)

wobei τ eine mittlere Relaxationszeit ist, die etwa die Zeit zwischen zwei St¨oßen angibt. Wie gezeigt f¨ uhrt diese Bedingung auf eine Relaxation gegen die lokale Gleichgewichtsverteilung fl , die den Erhaltungsgr¨oßen entspricht:  f (v, r, t) − fl (v, r, t) d3 vFi (v) =0. (28.2) τ Diese lokale (nicht die totale!) Gleichgewichtsverteilung ist f¨ ur ein ideales klassisches Gas  3 mβ(r, t) 2 −β(r,t) m (v−u(r,t))2 2 fl (v, r, t) = n(r, t) e . (28.3) 2π

264

28 Dissipative Koeffizienten

Dabei m¨ ussen n(r, t), β(r, t) und u(r, t) so gew¨ahlt werden, dass das Integral verschwindet. F¨ ur τ w¨ahlen wir die Zeit, die zwischen zwei St¨oßen vergeht  n0 = d3 vd3 v1 d3 v  d3 v1 w(v, v1 ; v  , v 1 )f0 (v)f0 (v1 ) , (28.4) τ da die Endzust¨ande im verd¨ unnten klassischen Gas immer als frei betrachtet werden k¨onnen. Wir wollen nun n¨aherungsweise die W¨armeleitf¨ahigkeit κ, die Scherviskosit¨at η und die elektrische Leitf¨ahigkeit σ aus der Boltzmann-Gleichung mit Stoßzeitn¨aherung f¨ ur ein klassisches Gas berechnen: 1. W¨ armeleitf¨ ahigkeit F¨ ur die Berechnung der W¨armeleitf¨ahigkeit κ m¨ ussen wir die durch ein Temperaturgef¨alle in z-Richtung gest¨orte lokale Gleichgewichtsverteilung im Rahmen der Stoßzeitn¨aherung ermitteln. Aus der Definition (27.9) des dissipativen W¨armestromes folgt  µ3 3 1 1 κ=− =− d3 vv3 mv 2 (f − fl ) . (28.5) ∂3 T ∂3 T 2 Es tr¨agt also nur die durch den Temperaturgradienten hervorgerufene Abweichung der Verteilung von einer homogenen lokalen Gleichgewichtsverteilung zum dissipativen W¨armestrom bei. Wir m¨ ussen diese Abweichung der Verteilungsfunktion f von der lokalen Verteilungsfunktion fl berechnen in Anwesenheit eines Temperaturgef¨alles in x3 -Richtung. Die vereinfachte BoltzmannGleichung ist   1 ∂t + v3 ∂3 f = − (f − fl ) . (28.6) τ Diese Gleichung vereinfachen wir dadurch, dass wir auf der linken Seite f fl setzen. Im station¨aren Fall erhalten wir dann f − fl = −τ v3 ∂3 fl .

(28.7)

∂3 fl = (∂T f0 )∂3 T + (∂n f0 )∂3 n ,

(28.8)

Nun ist wobei f0 die isotrope Gleichgewichtsverteilung ist  3 mβ0 2 −β0 mv2 2 f0 = n0 e . 2π

(28.9)

28.1 Berechnung aus dem Boltzmann-Stoßterm

265

Da aber der Druck in x3 -Richtung konstant sein soll, gilt ∂3 p = ∂3 (nkT ) = kT0 ∂3 n + kn0 ∂3 T = 0 .

(28.10)

Die Ableitung nach der Dichte l¨asst sich also auch ausdr¨ ucken durch die Ableitung nach der Temperatur  n0  ∂3 fl = ∂T f0 − (∂n f0 ) ∂3 T . (28.11) T0 Mit (28.9) findet man f¨ ur die Ableitung nach T   3 1 3 mv 2 mβ0 2 − β0 mv2 ∂T f0 = − + e 2 n0 2T0 2kT02 2π

(28.12)

und f¨ ur die Ableitung nach n ∂n f0 =

f0 . n0

(28.13)

Nach (28.11) erhalten wir damit f¨ ur die Ableitung der lokalen Gleichgewichtsverteilung nach x3   5 1 2 ∂3 T ∂3 fl = − + mv β0 f0 . (28.14) 2 2 T0 ¨ F¨ ur die Anderung der Verteilung finden wir mit (28.7), also (f − fl )/τ = −v3 ∂3 fl , und (28.14)   τ 5 1 2 f − fl = v3 − mv β0 f0 ∂3 T . (28.15) T0 2 2 F¨ ur die W¨armeleitf¨ahigkeit (28.5) ergibt sich    2 5 1 2 3 2 mv κ = −τ d vv3 − mv β0 f0 2T0 2 2    1 5 1 2 3 21 2 = − kτ d vv mv β0 − mv β0 f0 . (28.16) 3 2 2 2 Mit (28.9) und x2 = 12 mv 2 β0 wird κ    ∞ 5 1 2 2 6 2 κ=− 3 n0 kτ 4π dxx − x e−x . 2 3π 2 mβ0 0

(28.17)

266

28 Dissipative Koeffizienten

Mit den Integralen  ∞ 1 15π 2 6 −x2 dxx e = 16 0

 und



1

8 −x2

dxx e 0

105π 2 = 32

(28.18)

erhalten wir

5 n0 2 5 3kT0 τ k T0 τ = n0 k . (28.19) 2m 2 m 3 2 Da f¨ ur ein ideales Gas 52 n0 k = cp und 12 mvth = 32 kT0 , gilt mit der mittleren freien Wegl¨ange λth = vth τ κ=

κ=

1

cpvthλth 3 W¨ armeleitf¨ ahigkeit

(28.20)

Die W¨armeleitf¨ahigkeit ist also proportional zur spezifischen W¨arme bei konstantem Druck, ebenso zur thermischen Geschwindigkeit und zur mittleren freien Wegl¨ange. 2. Scherviskosit¨ at Die Scherviskosit¨at η haben wir aus dem dissipativen Anteil (27.11) des Spannungstensors zu berechnen. Wir gehen aus vom Str¨omungsprofil u1 (x3 ), so dass nur ∂3 u1 = 0. Damit wird die Ableitung der lokalen Gleichgewichtsverteilung mit einer Str¨omung in x1 -Richtung nach x3 ∂3 fl = ∂u1 f0 ∂3 u1 = β0 m(v1 − u1 )f0 ∂3 u1 .

(28.21)

wobei f0 die Gleichgewichtsverteilung in Anwesenheit einer Str¨omung ist  3 mβ0 2 −β0 1mc2 2 f0 = n0 e . (28.22) 2π Die station¨are Boltzmann-Gleichung ist dann f − fl = −τ mv3 β0 (v1 − u1 )f0 ∂3 u1 .

(28.23)

Damit erhalten wir mit der Relativgeschwindigkeit c = v − u nach (27.11)

28.1 Berechnung aus dem Boltzmann-Stoßterm

267

τ3,1 (28.24) ∂3 u1   m 3 2 =− d vc3 c1 (f −fl ) = m τ β0 d3 vc3 (c3 + u3 )c21 f0 , ∂3 u1

η=−



oder 2

η = m τ β0

d3 cc21 c23 f0 (c) .

In kartesischen Koordinaten erhalten wir  3  mc2 mβ0 2 1 2 η = m τ β0 n0 dc1 c21 e−β0 2 2π   mc2 3 −β0 12 mc22 × dc2 e dc3 c23 e−β0 2 . Die Integrale liefern die Scherviskosit¨at η als  2 2 2 vth mvth 2 1 2 η = m β0 n0 τ = mvth n0 vth τ . 3 2 3kT0 3

(28.25)

(28.26)

(28.27)

Die ersten Faktoren kompensieren sich. Mit der freien Wegl¨ange λth = vth τ erh¨alt man schließlich

η=

1

n0 mvthλth 3 Scherviskosit¨ at

(28.28)

Die durch die Massendichte geteilte Viskosit¨at ν (siehe (27.18)) ist damit ν = 13 vth λth . 3. Elektrische Leitf¨ ahigkeit Nach demselben Verfahren, mit dem wir die dissipativen Koeffizienten der Hydrodynamik berechnet haben, k¨onnen wir die elektrische Leitf¨ahigkeit σ als dissipativen Koeffizienten der Elektrodynamik berechnen. Diese endliche Leitf¨ahigkeit, zum Beispiel im Gas der freien Elektronen eines dotierten Halbleiters, kann durch die Elektron-Phonon-Streuung bedingt sein. Die Relaxationszeit τ ist also durch diesen Streuprozess bestimmt. Die statische elektrische Leitf¨ahigkeit σ wird eingef¨ uhrt durch die Beziehung

268

28 Dissipative Koeffizienten

j = σE

(28.29)

zwischen der elektrischen Stromdichte j und dem elektrischen Feld E. Die endliche Stromdichte ist wieder durch eine feldinduzierte Abweichung von der homogenen lokalen Verteilung bedingt    j3 = e d3 vv3 f (v) − fl (v) . (28.30) Die station¨are Boltzmann-Gleichung in der Stoßzeitn¨aherung ist  eE3 1 ∂v3 f = − f (v) − fl (v) m τ

(28.31)

oder

eE3 ∂v fl = τ β0 v3 f0 eE3 . m 3 Damit wird die Leitf¨ahigkeit  j3 2e mv 2 σ= = τ β0 d3 v 3 f0 (v) E3 m 2 f − fl = −τ

(28.32)

(28.33)

oder

σ=

e

n0 τ m Elektrische Leitf¨ ahigkeit

(28.34)

Sowohl die thermische wie elektrische Leitf¨ahigkeit als auch die Scherviskosit¨at wachsen mit zunehmender Relaxationszeit τ , also abnehmender Streuh¨aufigkeit, linear an.

28.2 Aufgaben

269

28.2 Aufgaben 28.1. Dispersion und Absorption von Schallwellen a) Berechnen Sie aus der Navier-Stokes-Gleichung und der Kontinuit¨atsgleichung die Wellengleichung von Stokes f¨ ur ged¨ampfte, longitudinale Schallwellen:  4η 2  ∂t2 − c2s ∂x2 − ∂ ∂t ux = 0 . (28.35) 3n0 m x b) Verwenden Sie den Ansatz k=

ω α(ω) +i , c(ω) 2

(28.36)

um die Schallgeschwindigkeit c(ω) und die Absorption α(ω) zu berechnen.

29 Chapman-Enskog-Verfahren

Wir wollen nun zum Abschluss eine Methode zur L¨osung der linearisierten Boltzmann-Gleichung besprechen, die es erlaubt, u ¨ber die einfache Stoßzeitn¨aherung hinauszugehen. Die L¨osung der Boltzmann-Gleichung erfordert die Angabe von Anfangs- und Randbedingungen. Im hydrodynamischen Bereich kann man statt dessen n(r, t), u(r, t) und T (r, t) vorgeben und f (r, v, t) berechnen. Nach Chapman und Enskog wird dieses Programm iterativ durchgef¨ uhrt, indem man die lokale Gleichgewichtsverteilung ¨ die Transportgleifl (r, v, t) als nullte N¨aherung benutzt. Uber chung erh¨alt man zugleich auf jeder Stufe der N¨aherung die zugeh¨origen hydrodynamischen Gleichungen. Wir werden uns auch hier auf ein nichtentartetes klassisches Gas beschr¨anken. In diesem Fall gilt f¨ ur die normierte Abweichung ugt - wie schon im Kapitel 21 besprochen φf0 = δf , sie gen¨ folgender linearisierten Boltzmann-Gleichung (∂t + v · ∇r ) φ − β0 v · K = −Lφ .

(29.1)

Wir zerlegen die normierte Auslenkung in die Projektion von φ auf die f¨ unf Eigenfunktionen φi mit Eigenwert Null und einen zun¨achst unbekannten Rest ϕr : φ = ϕ0 + ϕr , wobei ϕ0 =

4  i=0

< φ|φi > φi =

4 

Fi (r, t)φi (v) .

i=0

(29.2) F¨ ur ein klassisches Gas vereinfacht sich das Skalarprodukt zu  (29.3) < ψ|φ >= d3 vf0 (v)ψ(v)φ(v) . Daher ist

272

29 Chapman-Enskog-Verfahren



< φ|φi >=

d3 v δf (r, v, t)φi (v) = Fi (r, t) .

(29.4)

−1

F¨ ur F0 (r, t) ergibt sich mit φ0 (v) = n0 2    −1  −1  F0 = d3 v f (r, v, t) − f0 (v) n0 2 = n0 2 n(r, t) − n0 . (29.5)  F¨ ur Fi (r, t) mit i = 1, 2, 3 ergibt sich mit φi (v) =  Fi =

 3

d vδf (r, v, t)

mβ0 n0

 12

 vi =

mβ0 n0

n0 mβ0

− 12

vi

 12



n(r, t)ui (r, t) .  12 

(29.6)  β0 12 mv 2 − 32

F¨ ur F4 (r, t) erhalten wir mit φ4 (v) = 3n2 0 schließlich  1    2 2 β0 mv 2 3 3 F4 (r, t) = d vδf (r, v, t) − 3n0 2 2   12 T (r, t) − T0 3 = n(r, t) . (29.7) 2n0 T0 Damit ist also ϕ0 δn(r, t) n(r, t) mv · u(r, t) n(r, t) δT (r, t) β0 mv 2 3  ϕ0 = + + − . n0 n0 kT0 n0 T0 2 2 (29.8) Andererseits ist die lokale Gleichgewichtsfunktion φl in linearer N¨aherung fl − f0 δn(r, t) mv · u(r, t) δT (r, t)  β0 mv 2 3  φl = = + + − . f0 n0 kT0 T0 2 2 (29.9) Das ist aber die linearisierte Form von ϕ0 , das heißt Lϕ0 = 0. Setzen wir φ = ϕ0 +ϕr in die Boltzmann-Gleichung ein, so entsteht     ∂t + v · ∇r ϕ0 + ∂t + v · ∇r + L ϕr − βv · K = 0 . (29.10)

29.1 Chapman-Enskog-Entwicklung

273

29.1 Chapman-Enskog-Entwicklung ¨ Bei hinreichend kleinen r¨aumlichen und zeitlichen Anderungen und einer gen¨ ugend kleinen St¨orung kann man nun eine st¨orungstheoretische Entwicklung vornehmen. Dabei nehmen wir an, dass wir im hydrodynamischen Limes ωτ 1 sind, dass also die zeit¨ lichen Anderungen innerhalb einer Stoßzeit sehr klein sind. Au¨ ßerdem sollen die r¨aumlichen Anderungen klein innerhalb einer λth freien Wegl¨ange sein, d = Kn 1, wobei d eine f¨ ur die r¨aumli¨ chen Anderungen der Verteilung charakteristische L¨ange ist und λth = vth τ . Man nennt Kn die Knudsen-Zahl. Mit dem Kleinheitsparameter λ ist unter diesen Bedingungen       λ ∂t + v · ∇r + L ϕr = −λ ∂t + v · ∇r ϕ0 + λβv · K . (29.11) Dann l¨ost man diese Gleichung mit dem Ansatz ϕr =

∞ 

λn ϕ(n) . r

(29.12)

n=1

Wir wollen uns hier mit der niedersten N¨aherung, das heißt mit der Ordnung λ, zufrieden geben:   Lϕ(1) (29.13) r = − ∂t + v · ∇r ϕ0 + βv · K . Multiplizieren wir diese Gleichung von links mit < φi |, so entsteht auf der linken Seite: (1) < φi | Lϕ(1) r >=< Lφi | ϕr >= 0 .

(29.14)

Damit erhalten wir als Integrabilit¨atsbedingungen f¨ ur die Integralgleichung (29.13)   < φi | ∂t + v · ∇ ϕ0 > −βK· < φi |v >= 0, i = 0, . . . , 4 . (29.15) Diese f¨ unf Gleichungen sind die Integrabilit¨atsbedingungen f¨ ur die inhomogene Integralgleichung. In linearisierter Form sind dies gerade die hydrodynamischen Gleichungen ohne Dissipation (mit p = nkT )

274

29 Chapman-Enskog-Verfahren

∂tn = −n0∂iui , mn0 ∂tui = −∂ip + n0 Ki , 2 ∂tT = − T0 ∂iui 3

(29.16)

Linearisierte hydrodynamische Gleichungen ohne Dissipation Mit diesen Gleichungen eliminieren wir die Zeitableitungen ∂t ϕ0 auf der rechten Seite von (29.13) und erhalten  ∂i T (r, t) β0 mv 2 5 δi,j  vi − + β0 m∂i uj (r, t) vi vj − v 2 . T0 2 2 3 (29.17) (1) Damit muss ϕr folgende Struktur haben −Lϕ(1) r =

−ϕ(1) r =

∂i T (r, t) χi + β0 m∂i uj χi,j . T0

(29.18)

Die beiden Anteile χi und χi,j gen¨ ugen folgenden Gleichungen:   1 2 5 Lχi = β0 mv − vi (29.19) 2 2 und Lχi,j

  1 2 = vi vj − δi,j v . 3

Wegen der Drehinvarianz von L muss sein   1 2 χi = A(v)vi und χi,j = B(v) vi vj − δi,j v . 3

(29.20)

(29.21)

Damit ist ϕ(1) r = −

  ∂i T 1 A(v)vi − ∂i uj mβ0 B(v) vi vj − δi,j v 2 . T0 3

(29.22)

29.2 Dissipative Koeffizienten

275

29.2 Dissipative Koeffizienten Greifen wir auf die Definition des dissipativen Spannungstensors und des W¨armestroms qi zur¨ uck, so erhalten wir  τi,j = m d3 vvi vj (f − fl ) = m < vi vj |ϕr >    1 2 = −m β0 ∂k ul d3 vf0 (v)vi vj vk vl − δk,l v 2 B(v) 3   2 = −η ∂i uj + ∂j ui − δi,j ∂l ul . (29.23) 3   Speziell gilt τ1,3 = −η∂3 u1 mit u = u1(x3 ), 0, 0 , also  2 η = m β0 d3 vf0 (v)v12 v32 B(v) , (29.24) oder wie man in Polarkoordinaten (siehe Aufgabe 29.2) zeigt  m 2 β0 η= d3 vf0 (v)v 4 B(v) 15 Scherviskosit¨ at

(29.25)

Durch einen Vergleich mit der entsprechenden Stoßzeitn¨aherung (28.27) sieht man, dass dort einfach die Funktion B(v) durch die Stoßzeit τ ersetzt wurde. Der dissipative W¨armestrom ist  1 1 qi = d3 vi mv 2 (f − fl ) =< vi mv 2 | ϕr > 2 2  ∂j T 1 =− d3 vf0 (v) mv 2 vj vi A(v) = −κ∂i T , (29.26) T0 2 also

276

29 Chapman-Enskog-Verfahren

 m κ= d3 vf0 (v)v 4 A(v) 6T0 W¨ armeleitf¨ ahigkeit

(29.27)

Ein Vergleich dieses Ergebnisses mit dem der Stoßzeitn¨aherung (28.19) zeigt, dass dort ebenfalls die Funktion A(v) durch die Stoßzeit ersetzt wurde. 29.3 Variationsprinzip Schließlich lassen sich die beiden noch unbekannten Funktionen A(v) und B(v) aus einem Variationsprinzip bestimmen. Dazu schreiben wir die Integralgleichungen Lχ = ψ mit ψ = v1 v3 ,

  1 2 5 und ψ = v3 β0 mv − . 2 2

(29.28)

(29.29)

Dann ist η = β0 m2 < χ | ψ >

5 und κ = k < χ | ψ + v3 > . (29.30) 2

Betrachtet man nun das Funktional F [χ] ˜ = 2 − < χ| ˜ L| χ˜ >

(29.31)

mit χ ˜ = χ + δχ, so ist F [χ] ˜ = 2 < χ|ψ > −< χ|L|χ > +2 < δχ|(ψ−Lχ) > −< δχ|L|δχ > = 2 < χ|ψ > −< χ|L|χ > + 0 − < δχ|L|δχ > = F [χ]− < δχ|L|δχ > . (29.32) Da man von F [χ] nach (29.32) etwas Positives abzieht, um F [χ] ˜ zu bekommen, gilt die Ungleichung F [χ] ˜ ≤ F [χ] .

(29.33)

29.3 Variationsprinzip

277

Das Funktional F ist f¨ ur die exakte L¨osung der Integralgleichung ein Maximum. W¨ahlt man mit dem Variationsparameter ζ die Funktion χ˜ = ζψ (dies w¨are exakt, wenn ψ Eigenfunktion zu L w¨are), so folgt  ∂  2ζ < ψ|ψ > −ζ 2 < ψ|L|ψ > = 2 < ψ|ψ > −2ζ < ψ|L|ψ >= 0 ∂ζ (29.34) oder < ψ|ψ > ζmax = . (29.35) < ψ|L|ψ > Dann ist χ˜ ζmax ψ. Damit erhalten wir folgende Transportkoeffizienten

η = β0 m2

| < ψ|ψ > |2

mit ψ = v1 v3 , (29.36) < ψ|L|ψ >  β mv 2 5  | < ψ|ψ > |2 0 κ=k (29.37) mit ψ = v3 − < ψ|L|ψ > 2 2 Transportkoeffizienten Auch diese Ergebnisse lassen sich wieder in der Form einer Stoßzeitn¨aherung schreiben mit der effektiven Stoßzeit τef f =

< ψ|ψ > . < ψ|L|ψ >

(29.38)

Diese effektive Stoßzeit ist jetzt aber im Allgemeinen f¨ ur η und κ verschieden. Die Auswertung der Integrale f¨ ur ein Lennard-Jones-Potenzial ¨ ergibt gute Ubereinstimmung mit Experimenten an Edelgasen f¨ ur die Viskosit¨at η(T ) und die W¨armeleitf¨ahigkeit κ(T ) im hydrodynamischen Bereich. Treibt man die Berechnung von ϕr (siehe Gleichung (29.11)) in die n¨achsth¨ohere Ordnung, so ergeben sich auch verbesserte hydrodynamische Gleichungen. Statt der NavierStokes-Gleichung und der W¨armeleitungsgleichung erh¨alt man in zweiter N¨aherung die sogenannten Burnett-Gleichungen und

278

29 Chapman-Enskog-Verfahren

in dritter N¨aherung schließlich Super-Burnett-Gleichungen. Die stets verbesserten N¨aherungen entsprechen einer Entwicklung der Transportkoeffizienten nach wachsenden Potenzen von ωτ . Diese h¨oheren N¨aherungen sind dann wichtig, wenn nicht mehr ωτ 1 gilt. Allerdings sind diese Gleichungen so komplex, dass u ¨ber ihre Bedeutung relativ wenig bekannt ist.

29.4 Aufgaben

279

29.4 Aufgaben 29.1. Integrabilit¨ atsbedingungen Zeigen Sie explizit mit (29.8) und den f¨ unf Eigenfunktionen des Stoßoperators φi , dass aus (29.15) die hydrodynamischen Gleichungen (29.16) folgen. 29.2. Integrationen fu at ¨r Scherviskosit¨ Zeigen Sie in Polarkoordinaten, dass aus (29.24) der Ausdruck (29.25) folgt.

A Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren fu ¨r Fermionen

A.1 Symmetrie des Vielteilchenzustands Im Anhang wollen wir eine kurze Einf¨ uhrung in die Behandlung von Vielteilchensystemen mit der Methode der Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren geben. Als wichtiges Beispiel wollen wir N Elektronen behandeln. Die station¨are Schr¨odinger-Gleichung f¨ ur die Vielteilchenwellenfunktion ψ(x1 , x2 , · · · , xN ) ist (wir schreiben die Vektornotation der Teilchnenkoordinaten zur Vereinfachung nicht aus):  N     2 ∇2i − + V (xi ) +V (x1 , x2 , · · · , xN ) ψ(x1 , x2 , · · · , xN ) 2m i=1 = Eψ(x1 , x2 , · · · , xN ) .

(A.1)

Das Potenzial V (xi ) ist ein Einteilchenpotenzial, w¨ahrend die Funktion V (x1 , x2 , · · · , xN ) zun¨achst noch ein ganz allgemeines Wechselwirkungspotenzial ist. Betrachten wir nur Paarwechselwirkungen der Teilchen untereinander, so ist 1 V (x1 , x2 , · · · , xN ) = V (xi − xj ) , (A.2) 2 i=j wobei V (xi − xj ) f¨ ur ein Elektronensystem zum Beispiel die Coulomb-Wechselwirkung zwischen dem i−ten und j-ten Elektron ist. Um eine handhabbare Darstellung der Vielteilchenwellenfunktion zu erhalten, kann man sie sich nach Produktzust¨anden von Einteilcheneigenfunktionen entwickelt denken. Ein solcher Produktzustand hat die Form ψ(x1 , x2 , · · · , xN ) = ψn1 (x1 )ψn2 (x2 ) · · · ψnN (xN ) .

(A.3)

282

A Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren f¨ ur Fermionen

Hier sind ψni (xi ) Eigenfunktionen des i-ten Teilchens mit der Quantenzahl ni  2 2   ∇i − + V (xi ) ψni (xi ) = Eni ψni (xi ) . (A.4) 2m Der Vielteilchen-Hamilton-Operator von N identischen Teilchen (siehe A.1) ¨andert sich nicht unter der Vertauschung zweier beliebiger Teilchenkoordinaten. Man kann eine solche Vertauschung mit einem Permutationsoperator P darstellen. Zum Beispiel gilt f¨ ur eine Funktion f (x1 , x2 ), die sich unter einer Permutation nicht ur den Hamilton¨andert, P1,2 f (x1 , x2 ) = f (x2 , x1 ) = f (x1 , x2 ). F¨ Operator, der ja noch auf eine Wellenfunktion angewandt wird, gilt die Operatorrelation PH = HP oder [P, H] := PH − HP = 0 .

(A.5)

Wir sagen kurz: H vertauscht mit P. Ein allgemeiner Satz der Quantenmechanik sagt aber, dass die Eigenfunktionen von zwei vertauschbaren Operatoren stets so gew¨ahlt werden k¨onnen, dass sie gleichzeitig Eigenfunktionen von beiden Operatoren sind. Die Eigenfunktionen eines Vielteilchen-Hamilton-Operators sind also gleichzeitig Eigenfunktionen des Permutationsoperators P. Wir illustrieren das f¨ ur zwei Teilchen P1,2 ψ(x1 , x2 ) = λψ(x1 , x2 ) .

(A.6)

Wenden wir den Operator zweimal an, so entsteht wieder die urspr¨ ungliche Funktion: P21,2 ψ(x1 , x2 ) = ψ(x1 , x2 ) = λ2 ψ(x1 , x2 ) .

(A.7)

Also ist der Eigenwert λ = ±1. Mit +1 sind die Wellenfunktionen symmetrisch in Bezug auf die Permutation zweier Teilchenkoordinaten, mit −1 sind sie antisymmetrisch: P1,2 ψ(x1 , x2 ) = ψ(x2 , x1 ) = −ψ(x1 , x2 ). Es zeigt sich, dass Systeme von Teilchen mit ganzzahligem Spin (in Einheiten von ), Bosonen genannt, symmetrische Vielteilchenwellenfunktionen besitzen, w¨ahrend Systeme von Teilchen mit halbzahligem Spin, also Fermionen, durch antisymmetrische Funktionen beschrieben werden. F¨ ur ein System identischer Fermionen muss also der Produktzustand (A.3)

A.1 Symmetrie des Vielteilchenzustands

283

antisymmetrisiert werden. Man u ur 3 ¨berzeugt sich leicht, dass es f¨ Teilchen 3! Permutationen der Koordinaten gibt. F¨ ur N Teilchen gibt es N! Permutationen. Daher bilden wir eine antisymmetrische Produktfunktion wie folgt 1  ψA = √ (−1)ν Pν ψn1 (x1 )ψn2 (x2 ) · · · ψnN (xN ) N ! ν=1 √ =: N !Aψn1 (x1 )ψn2 (x2 ) · · · ψnN (xN ) , (A.8) N!

wobei A der Antisymmetrisierungsoperator ist: 1  A= (−1)ν Pν . N! 1 N!

(A.9)

F¨ ur drei Teilchen erh¨alt man zum Beispiel explizit    1 ψA = √ +ψn1 (x1 ) ψn2 (x2 )ψn3 (x3 ) − ψn2 (x3 )ψn3 (x2 ) 3!   − ψn1 (x2 ) ψn2 (x1 )ψn3 (x3 ) − ψn2 (x3 )ψn3 (x1 )    + ψn1 (x3 ) ψn2 (x1 )ψn3 (x2 ) − ψn2 (x2 )ψn3 (x1 ) . (A.10) Das l¨asst sich gerade als eine Slater-Determinante schreiben ψn (x1 ) ψn (x2 ) ψn (x3 ) 1 1 1 1 ψA = √ ψn2 (x1 ) ψn2 (x2 ) ψn2 (x3 ) . (A.11) 3! ψn (x1 ) ψn (x2 ) ψn (x3 ) 3 3 3 Etwas eleganter l¨asst sich der Apparat der Vielteilchentheorie darstellen, wenn man zur Dirac-Vektordarstellung u ¨ bergeht. Ein Einteilchenzustand ni wird durch einen Einheitsvektor in einem unendlichdimensionalen Vektorraum, dem Hilbert-Raum, dargestellt. Wir bezeichnen den Vektor als |ni > und definieren das Skalarprodukt als < nj |ni >= δi,j , wobei < ni | der zu |ni > adjungierte Vektor ist. Mit Dirac nennen wir < ni | einen Bra-Vektor und |ni > einen Ket-Vektor. Das Skalarprodukt ist dann gerade ein bracket“, also eine Klammer. Jeder Zustand, der durch einen ” beliebigen Dirac-Vektor |α > dargestellt ist, l¨asst sich nun nach

284

A Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren f¨ ur Fermionen

 den Einheitsvektoren |ni > entwickeln: |α >= i αi |ni >, wobei αi =< ni |α > eine komplexe  Zahl ist. Die Vollst¨andigkeit der Vektoren ist gegeben durch i |ni >< ni | = 1. Die Schr¨odingerWellenfunktion ist nun nur eine spezielle Darstellung des Zustands |ni >, n¨amlich seine Ortsraumdarstellung: ψni (x) =< x | ni >. Statt mit den expliziten Wellenfunktionen zu arbeiten, kann man daher h¨aufig mit den abstrakten Zustandsvektoren |ni > arbeiten und dann, falls gew¨ unscht, die Orstraumdarstellung zu jedem Zeitpunkt durch Multiplikation des Zustandes mit dem BraVektor < x| gewinnen. Wir gehen nun zur Hilbert-Raum-Darstellung unserer Vielteilchenzust¨ande u ¨ber. |1k1, 2k2 , · · · , NkN >= |1k1 > |2k2 > · · · |NkN > .

(A.12)

Dabei bedeutet |1k1 >, dass Teilchen 1 im Zustand k1 ist etc. Mit Hilfe des Antisymmetrisierungsoperators A (A.9) machen wir aus dem Produktzustand einen antisymmetrisierten Vektor. |k1 , k2 , · · · , kN >A = BN A|1k1 , · · · , NkN > .

(A.13)

Wichtig ist, dass der Antisymmetrisierungsoperator A ein Projektionsoperator ist, das heißt es gilt: A2 = A und A† = A.

(A.14)

Um das zu sehen, bilden wir zun¨achst 1  1   Pν  A = (−1)ν Pν  Pν = (−1)ν Pν  +ν = (−1)ν A . N! ν N! ν (A.15) Dann gilt also 1  1  (−1)ν Pν A = A=A. N! N! 1 N!

A2 =

(A.16)

Der antisymmetrisierte Produktzustand soll normiert sein: 2 1 = BN < A1k1 , · · · , NkN |A1k1 , · · · , NkN > 2 = BN < 1k1 , · · · , NkN |A2 |1k1 , · · · , NkN > 1  2 = BN < 1k1 , · · · , NkN | (−1)ν Pν |1k1 , · · · , NkN > N! 2 √ BN = = 1 , also BN = N ! . (A.17) N!

A.1 Symmetrie des Vielteilchenzustands

285

Wir k¨onnen nun beliebige Fermionenzust¨ande nach diesen antisymmetrischen Basisvektoren entwickeln. Ein beliebiger Zustand |α > wird zuerst nach den Produktvektoren entwickelt. Mit der Vollst¨andigkeitsrelation der Produktzustands-Hilbert-RaumVektoren wird  |α >= |1k1 , 2k2 , · · · , NkN >< 1k1 , 2k2 , · · · , NkN |α > . ki

(A.18) W¨ahlt man f¨ ur |α > einen antisymmetrischen Zustand A|α >= |α >A , so gilt:  A|α > = |1k1 , · · · , NkN >< 1k1 , · · · , NkN |Aα >  = |1k1 , · · · , NkN >< 1k1 , · · · , NkN |A2 α >  = |1k1 , · · · , NkN >< Ak1 , · · · , NkN |Aα > .(A.19) Multiplizieren wir diese Gleichung von links mit A, so wird  A2 |α >= A|α >= A|1k1 , · · · , NkN >< A1k1 , · · · , NkN |Aα > (A.20) oder mit (A.17) und (A.18) |α >A =

1  |k1 , · · · , kN >A N!

A

< k1 , · · · , kN |α >A .

(A.21)

Wir erhalten die Vollst¨andigkeitsrelation im Raum der antisymmetrisierten Vielteilchenvektoren

1=

1  N!

|k1 , k2 , · · · , kN >A

A

< k1 , k2 , · · · , kN |

Vollst¨ andigkeitsrelation der antisymmetrisierten Zust¨ ande

(A.22)

286

A Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren f¨ ur Fermionen

A.2 Fock-Raum Von der Einschr¨ankung, einen Zustand mit genau N Teilchen zu haben, kann man sich l¨osen, indem man einen gr¨oßeren Vektorraum aus Zust¨anden mit 0, 1, 2, 3, · · · ∞ Teilchen, n¨amlich den Fock-Raum, aufbaut. Dabei sollen die Basisvektoren zu verschiedenen Teilchenzahlen aufeinander senkrecht stehen |0 >,

|k1 >,

|k1 , k2 >A ,

|k1 , k2 , k3 >A ,

···

(A.23)

mit zum Beispiel < k1 |k1 , k2 >A = 0 ,

< 0|k1 >= 0 ,

··· .

Dann gilt f¨ ur einen Zustand mit beliebiger Teilchenzahl  |α >A = |0 >< 0|α >A + |k1 >< k1 |α >A 1  + |k1 , k2 >A 2! k ,k 1

(A.24)

(A.25)

k1 A

< k1 , k2 |α >A + · · · .

2

Wir verkn¨ upfen die Zust¨ande zu verschiedenen Teilchenzahlen durch Einf¨ uhren von Erzeugungsoperatoren f¨ ur Fermionen |k >= a†k |0 >

oder |k1 , k2 >A = a†k1 a†k2 |0 >= a†k1 |k2 > . (A.26) † Der Operator ak erzeugt also ein Fermion im Zustand k. Aus der Antisymmetrie der Zust¨ande folgt sofort: a†k1 a†k2 = −a†k2 a†k1

oder [a†k1 , a†k2 ]+ := a†k1 a†k2 + a†k2 a†k1 = 0 . (A.27) † 2 Es ist insbesondere (ak ) = 0, das heißt man kann keine zwei Teilchen im selben Zustand erzeugen (Pauli-Prinzip). Man nennt [a, a]+ den Antikommutator. Wir gehen nun von der Vollst¨andigkeitsrelation  1  1 = |0 >< 0| + |k1 >< k1 | + |k1 , k2 >A A < k1 , k2 | + · · · 2! k ,k k 1

1

2

(A.28) aus und multiplizieren diese Beziehung von links mit dem Erzeugungsoperator a†k . Dabei entsteht

A.2 Fock-Raum

a†k = |k >< 0| +



|k, k1 >A < k1 |

287

(A.29)

k1

1  + |k, k1 , k2 >A 2! k ,k 1

A

< k1 , k2 | + · · ·

2

Erzeugungsoperator Den Vernichtungsoperator erhalten wir dann als das Adjungierte von a†k ak = |0 >< k| +



|k1 >

A

< k, k1 |

k1

1  + |k1 , k2 >A 2! k ,k 1

A

< k, k1 , k2 | + · · · .

(A.30)

2

Daraus folgt zum Beispiel ak |0 >= 0, ak |k1 , k2 >A =



ak |k  >= δk,k |0 >,

(A.31)

  |k  > δk,k1 δk ,k2 − δk,k2 δk ,k1

k

= |k2 > δk,k1 − |k1 > δk,k2 .

(A.32)

Aus den Darstellungen (A.29) und (A.30) der Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren sieht man, dass ak a†k = |0 >< k|k  >< 0|  + |k1 > A < k, k1 |k  , k2 >A < k2 | + · · ·

(A.33)

k1 ,k2

  =δk,k |0 >< 0| + δk,k δk1 ,k2 − δk,k2 δk ,k1 |k1 >< k2 | + · · · . k1 ,k2

Die Auswertung der Matrixelemente folgt direkt aus der Definitionsgleichung (A.13) der antisymmetrischen Zust¨ande. Damit ergibt sich

288

A Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren f¨ ur Fermionen

ak a†k = δk,k |0 >< 0| + δk,k



|k1 >< k1 | + · · · − |k  >< k| − · · ·

k1 

= δk,k 1 − |k >< k| − · · · ,

(A.34)

wobei wir die Vollst¨andigkeitsrelation (A.28) benutzt haben. Andererseits gilt:  a†k ak = |k  >< 0|0 >< k| + |k  , k1 >A < k1 |k1 > A < k, k1 | + · · · = |k  >< k| +



k1

|k  , k1 >A

A

< k, k1 | + · · ·

(A.35)

k1

Durch Addition von ak a†k und a†k ak erhalten wir [ak , a†k ]+ := ak a†k + a†k ak = δk,k 1 ,

(A.36)

die Antivertauschungsrelation f¨ ur Fermi-Operatoren. Insgesamt gelten also folgende Vertauschungsrelationen f¨ ur die Fermionen (der Einheitsoperator wird u ¨blicherweise nicht ausgeschrieben):   ak, a†k = δk,k +

  a†k, a†k = 0, +

  ak, ak =0 +

(A.37)

Fermionen-Vertauschungsrelationen Man sagt kurz, Fermioperatoren antikommutieren. Aus dem Pauli-Ausschließungsprinzip folgt, dass die Eigenwerte nk des Anzahloperators a†k ak nur die Werte 0 oder 1 haben k¨onnen. Eine entsprechende Ableitung f¨ ur Systeme von identischen Bosonen, die durch symmetrisierte Zust¨ande beschrieben werden, liefert   bk, b†k = δk,k , −



b†k, b†k



 −

= 0,

 bk, bk

Bosonen-Vertauschungsrelationen



=0 (A.38)

A.2 Fock-Raum



289



Man nennt bk , b†k − := bk b†k − b†k bk den Kommutator der Bosonen-Operatoren. Die Besetzungszahlen eines Quantenzustands k¨onnen alle nicht negativen ganzen Zahlen annehmen nk = 0, 1, 2, . . .. Man kann nun auch leicht Erzeugungsoperatoren ψs† (x) und Vernichtungsoperatoren ψs (x) f¨ ur Teilchen an einem bestimmten Ort x und in einem bestimmten Spinzustand s einf¨ uhren:  ψs† (x) = |x, s >< 0| + |x, s; x1 , s1 >A < x1 , s1 | + · · · (A.39) x1 ,s1



mit

 ψs (x), ψs† (x ) = δs,s δ(x − x ) . +

(A.40)

Die Verbindung zwischen den Erzeugungsoperatoren eines Fermions in einem bestimmten Quantenzustand k, also a†k , und an einem bestimmten Ort x mit einem Spin s, ψs† (x), findet man durch folgende Relationen:   |x, s >= |k >< k|x, s >= |k > φ∗k (x, s) , (A.41) k

k

φ∗k (x, s)

wobei =< k|x, s > das Konjugiert-Komplexe der Schr¨odingerWellenfunktion ist. F¨ ur Zweiteilchenzust¨ande ist √ | x1 , s1 ; x2 , s2 >A = 2A|x1 , s1 ; x2 , s2 > √  = 2 A|k1 , k2 >< k1 |x1 , s1 >< k2 |x2 , s2 > k1 ,k2

=A



|k1 , k2 >A < k1 |x1 , s1 >< k2 |x2 , s2 >

k1 ,k2

=



|k1 , k2 >A φ∗k1 (1)φ∗k2 (2) .

(A.42)

k1 ,k2

Wir haben der K¨ urze halber das Koordinatenpaar nur mit dem Index bezeichnet: x1 , s1 = 1. Eingesetzt in die Definition ψs† (x) ergibt sich:  ψs† (x) = |k >< 0|φ∗k (x, s) (A.43) k

+



|k1 , k2 >A
< 0|+ |k, k1 >A < k1 |+· · · φ∗k (x, s) , (A.44) k

also

k1

ψs† (x) =



a†k φ∗k (x, s)

(A.45)

ak φk (x, s) .

(A.46)

k

und ψs (x) =

 k

Man kann also die Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren nach vollst¨andigen Einteilchenfunktionens¨atzen entwickeln. Die Umkehrrelation ist dann:  ak = dxψs (x)φ∗k (x, s) . (A.47) s

Ein Vielteilchenproblem wird durch den Hamilton-Operator  1 H= H0l + Wk,l (A.48) 2 l

k,l

beschrieben. Dabei ist im ersten Term H0l ein Einteilchenoperator; Wk,l ist ein Wechselwirkungsoperator zwischen dem k-ten und l-ten Teilchen, also ein Zweiteilchenoperator. Wir werden nun solche Ein- und Zweiteilchenoperatoren nach Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren entwickeln. Dazu bilden wir mit Produktzust¨anden   H0l = |1k1 , · · · , NkN > (A.49) l

l,{ki },{ki }

  × < 1k1 , · · · , NkN |H0l |1k1 , · · · , NkN >< 1k1 , · · · , NkN |.

Handelt es sich um ein Fermionen-System, so wenden wir diese Operatoren nur auf antisymmetrisierte Zust¨ande an. In diesen Unterr¨aumen gilt AH0l A = H0l . (A.50) Wir erhalten damit zum Beispiel



 H0l = A



A.2 Fock-Raum

 H0l

A=



291

−2 BN |k1 , · · · , kN >A(A.51)

l,{ki },{ki }

l

  × < 1k1 , · · · , NkN |H0l |1k1 , · · · , NkN > A < k  , · · · , kN |.

Das Matrixelement ist < 1k1 , · · · , NkN |



 H0l |1k1 , · · · , NkN >

(A.52)

= < 1k1 |H01 |1k1 > δk2 ,k2 · · · δkN ,kN

+ δk1 ,k1 < 2k2 |H02 |2k2 > · · · δkN ,kN + · · · . Mit

< iki |H0i |iki >= H0ki ,ki

wird 

(A.53)

1  |k1, k2 , · · · , kN >A H0k1,k1 A < k1 , k2 , · · · , kN | N ! l  0  + |k1 , k2 , · · · , kN >A Hk2 ,k2 A < k1 , k2 , · · · , kN | + · · · . (A.54) H0l =

Nennen wir im zweiten Term k2 ↔ k1 und k2 ↔ k1 , so wird das Matrixelement wie im ersten Term H0k1 ,k . F¨ ur die Zustandsvek1 toren gilt: |k2, k1 , k3 , · · · , kN >A = −|k1 , k2 , k3 , · · · , kN >A .

(A.55)

Damit werden alle N Beitr¨age der H0l gleich: 

 1 |k1 , k2 , · · · , kN >A H0k1 ,k1 A < k1 , k2 , · · · , kN | (N − 1)!  † 1 = ak1 |k2 , · · · , kN >A H0k1 ,k1 A < k2 , · · · , kN |ak1 . (N − 1)! (A.56)

H0l =

Mit  1 |k2 , · · · , kN >A (N − 1)! finden wir schließlich

A

< k2 , · · · , k N | = 1

(A.57)

292

A Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren f¨ ur Fermionen



H0l =

l



0 a†k Hk,k  ak  .

(A.58)

k,k

F¨ ur den Wechselwirkungsoperator finden wir 1 1  Wk,l = a†k1 a†k2 < 1k1 , 2k2 |W1,2 |1k1 , 2k2 > ak2 ak1 . 2 k,l 2   k1 ,k2 ,k1 ,k2

(A.59) Damit ist der Gesamt-Hamilton-Operator gegeben durch

H=



0 a†kHk,k  ak

(A.60)

k,k

+

1  † † a a < 1k1 , 2k2 |W1,2 |1k1 , 2k2 > ak2 ak1 2 k ,k k1 k2 i

i

Hamilton-Operator fu ¨ r wechselwirkende Fermionen

A.3 Beispiele: Verschiedene Hamilton-Operatoren A.3.1 Ortsraumdarstellung des Hamilton-Operators eines Elektronensystems

Der Einteilchenoperator eines Elektrons in der Ortsraumdarstellung sei p2 0 H = + V(x) . (A.61) 2m W¨ahlen wir die Orts-Spin-Darstellung  2   ∆    < x, s|H|x , s >= δs,s δ(x − x ) − + V (x) , (A.62) 2m dann wird  2    ∆ 0 3 † Hl = d xψs (x) − + V (x) ψs (x) . 2m s l

(A.63)

A.3 Beispiele: Verschiedene Hamilton-Operatoren

293

Wir sehen, dass dieser Operator dem Erwartungswert des Einteilchen-Hamilton-Operators gleicht, wenn man die Wellenfunktionen durch entsprechende Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren ersetzt. Diese Ersetzung wird auch etwas ungl¨ ucklich als zweite Quantisierung bezeichnet. Dieser Name stammt daher, dass man das Ergebnis (A.63) auch erh¨alt, wenn man die EinteilchenSchr¨odinger-Gleichung als klassische Wellengleichung auffasst und einer Feldquantisierung unterwirft. Die Wechselwirkung zwischen den Elektronen sei W (x1 , x2 ) =

e2 . |x1 − x2 |

(A.64)

In der Ortsraumdarstellung ist die Wechselwirkung diagonal < 1x1 s1 , 2x2 s2 |

e2 |1x s , 2x s2 > |x1 − x2 | 1 1

e2 = δs1 ,s1 δs2,s2 δ(x1 − x1 )δ(x2 − x2 ) |x1 − x2 |

(A.65)

und   1 1 e2 3 Wk,l = d x d3 x ψs† (x)ψs† (x ) ψs (x )ψs (x) . 2 k,l 2  |x1 −x2 | s,s

(A.66) Man beachte die symmetrische Anordnung der Operatoren. Damit ist der Vielteilchen-Hamilton-Operator:

H=



d

3

xψs†(x)

s

+

 1 2

s,s

3

d x



  2 ∆ − + V (x) ψs(x) 2m

d3 xψs†(x)ψs† (x)

e2 |x −

x |

(A.67)

ψs (x)ψs(x)

Elektron-Hamilton-Operator in Ortsraumdarstellung

W¨ahlen wir als Einteilchenoperator speziell die 1, so erhalten wir den Anzahloperator

294

A Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren f¨ ur Fermionen

N=

N 

1=



d3 xψs† (x)ψs (x) ,

(A.68)

s

k=1

und f¨ ur den Operator des Gesamtimpulses findet man: N    Pj = pk = d3 xψs† (x) ∇j ψs (x) , i s k=1

(A.69)

wobei wir verwendet haben, dass  < x, s|pj |x , s >= − δs,s ∇x ,j δ(x − x ) . i

(A.70)

A.3.2 Impulsraumdarstellung des Hamilton-Operators eines Elektronensystems

W¨ahlen wir statt der Orts- die Impulsdarstellung, so finden wir   2 k 2 0   < k, s|H |k , s >= δs,s δk,k + Vk,k (A.71) 2m und damit 

H0l

=



a†k,s

s,k,k 



 2 k 2 δk,k + Vk,k ak,s . 2m

(A.72)

Die Wechselwirkung < 1k1 , s1 , 2k2 , s2 |

e2 |1k  , s , 2k  , s > |x − x | 1 1 2 2

(A.73)

l¨asst sich auch schreiben als < 1k1, 2k2 |

e2 |1k  , 2k  >< 1s1 |1s1 >< 2s2 |2s2 > . (A.74) |x − x | 1 2

Wir schieben nun vor und hinter der Coulomb-Wechselwirkung die Vollst¨andigkeitsrelation d3 x|1x >< 1x| f¨ ur Teilchen 1 und 2 ein   e2 3 d x d3 x < 1k1 |1x >< 2k2 |2x > |x − x | × < 1x|1k1 >< 2x |2k2 > δs1 ,s1 δs2 ,s2 . (A.75)

A.3 Beispiele: Verschiedene Hamilton-Operatoren

295

Die Skalarprodukte < x|k > sind die Ortsraumdarstellungen von Eigenzust¨anden des Impulses. Das sind gerade ebene Wellen < x|k >= √1V eikx . Damit erh¨alt man   1 e2  3 ik1 x ik2 x =δs1 ,s1 δs2 ,s2 2 d x d3 x e−ik1 x e−ik2 x e e V |x − x |   1 e2    3   =δs1 ,s1 δs2 ,s2 2 d x d3 x e−i(k1 −k1 )x e−i(k2 −k2)x .  V |x − x | (A.76) Wir f¨ uhren nun die Fourier-Transformierte von 1/x ein:  1 e−κr iqr cos θ lim d3 x e κ→0 V r   +1 2π ∞ = lim rdr d cos θe−κr eiqrcosθ κ→0 V 0 −1  ∞ iqr 2π e − e−iqr −κr = lim rdr e κ→0 V iqr 0   2π 1 1 1 4π 1 = − lim − = , V κ→0 iq − κ −iq − κ iq V q2 also

e2  −iqx 1 4πe2 = e . x V q2 q

(A.77)

(A.78)

Damit wird das Matrixelement der Coulomb-Wechselwirkung  4πe2   δs1,s1 δs2 ,s2 δ  δ  . (A.79) 2 k1 ,k1 −q k2 ,k2 +q V q q Der gesamte Wechselwirkungsoperator wird damit 1 1  † 4πe2 Wk,l = ak−q,sa†k +q,s ak ,s ak,s . 2 2   V q2

(A.80)

s,s ,k,k ,q

Diese Wechselwirkung wird also beschrieben durch die Vernichtung der beiden einlaufenden Teilchen mit den Impulsen k und k  und der nachfolgenden Erzeugung der beiden gestreuten Teilchen mit den Impulsen k−q und k  +q. Der Gesamt-HamiltonOperator eines Elektronensystems in der Impulsraumdarstellung

296

A Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren f¨ ur Fermionen

ist damit

H=



a†k,s

 δk,k

s,k,k

+

1 

2 k 2 2m

 + Vk,k

a†k−q,sa†k +q,s

2s,s ,k,k ,q

4πe2 V q2

ak ,s

(A.81)

ak ,s ak,s

Elektron-Hamilton-Operator in Impulsraumdarstellg. Der Gesamtimpuls vor und nach dem Stoß bleibt erhalten. Zwischen beiden Teilchen wurde der Impuls q u ur ¨bertragen. F¨ den Operator des Gesamtimpulses und der Gesamtteilchenzahl gilt:  † N= ak,s ak,s (A.82) s,k

und Pj =



a†k,s kj ak,s .

(A.83)

s,k

Die Technik der Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren erleichtert die Behandlung von Vielteilchenproblemen auf jeden Fall wesentlich. Um ein klassisches Feld, wie etwa das Maxwellsche elektromagnetische Feld oder das Feld von elastischen Wellen in einem Festk¨orper, zu quantisieren, bringt man zun¨achst die entsprechenden Feldgleichungen in eine Lagrange-Hamilton-Formulierung. Die Feldvariable und ihre kanonische Impulsvariable werden dann als Operatoren betrachtet, die den Vertauschungsrelationen f¨ ur Bosonen gen¨ ugen sollen. Auf diese Weise wird aus der HamiltonFunktion der Hamilton-Operator des Feldes. In der halbklassischen Form des Wechselwirkungsoperators der Elektronen mit dem Feld wird in ¨ahnlicher Weise das klassische Feld durch den Feldoperator ersetzt. Mit dieser Methode erh¨alt man dann den Hamilton-Operator in zweiter Quantisierung f¨ ur ein Elektronensystem in Wechselwirkung mit einem quantisierten Feld, also etwa den Photonen oder Phononen.

L L¨ osungen

Aufgaben aus Kapitel 1 1.1 Winkel- und Wirkungsvariable des harmonischen Oszillators a) Aus (1.34) folgt mit (1.33) p = mωq cot Q,

P =

mωq 2 , 2 sin2 Q

(L.1)



oder

√ 2P sin Q, p = 2mωP cos Q . (L.2) mω Eingesetzt in die alte Hamilton-Funktion H(q, p) findet man q=

2mωP mω 2 2P cos2 Q + sin2 Q = ωP = K(Q, P ) . 2m 2mω (L.3) b) Die kanonischen Gleichungen in den neuen Variablen sind H(q, p) =

dQ ∂K = , dt ∂P

dP ∂K =− , dt ∂Q

(L.4)

also folgt mit (L.3) dQ = ω, dt

dP =0. dt

(L.5)

Die L¨osungen dieser Gleichungen sind mit K(Q, P ) = E Q(t) = ωt + φ0 ,

P (t) = P0 =

E . ω

(L.6)

298

L¨ osungen

Mit (L.2) erh¨alt man



q(t) = und p(t) =



2E sin(ωt + φ0 ) mω 2

(L.7)

2mE cos(ωt + φ0 ) .

(L.8)

Das sind die L¨osungen des harmonischen Oszillators. Die Amplituden q0 = x0 und p0 sind ausgedr¨ uckt durch die Energie des Oszillators. Da sich die Energie beim harmonischen Oszillator zu gleichen Teilen auf die mittlere kinetische und potenzielle Energie verteilt, gilt < x2 (t) >= x20 /2 und < p2 (t) >= p20 /2 sowie mω 2 x20 /4 = E/2 und p20 /(4m) = E/2, woraus die Amplituden folgen. Die Phase φ0 legt die anf¨anglichen Werte von x(t0 ) und p(t0 ) fest. 1.2 Quantenmechanischer harmonischer Oszillator a) Mit den Transformationen x = x0 ζ und E = E0 e erh¨alt man aus der Schr¨odinger-Gleichung des harmonischen Oszillators  2 d2 1 − + mω 2 x20 ζ 2 − E0 e φ = 0 . (L.9) 2 2 2mx0 dζ 2  2 1  2 2 Wenn 2mx2 = 2 mω x0 = E0 , also x0 = mω und E0 = ω , so 2 0 erh¨alt man die dimensionslose Gleichung  d2 − 2 + ζ2 − e φ = 0 . (L.10) dζ x0 erweist sich gerade als die Amplitude der Nullpunktschwingung. Mit den Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren wird diese Gleichung   1 e † a a+ φ= φ, (L.11) 2 2 oder mit dimensionsbehafteten Gr¨oßen   1 † φ = Eφ . (L.12) ω a a + 2

L¨ osungen

b) Aus den Definitionen (1.36) folgt    1 d d † aa = ζ+ ζ− 2 dζ dζ   2 1 d d d 2 = ζ − 2 −ζ + ζ 2 dζ dζ dζ   1 d2 2 = ζ − 2 +1 . 2 dζ F¨ ur a† a folgt entsprechend   1 d2 † 2 a a= ζ − 2 −1 . 2 dζ

299

(L.13)

(L.14)

Die Differenz der beiden Gleichungen liefert den Kommutator (1.38). c) Multipliziert man (L.12) von links mit a, so entsteht    †  ω ωa a a φ = E − (aφ) . (L.15) 2 Mit dem Kommutator wird †

ωa a(aφ) =



3ω E− 2

 (aφ) .

(L.16)

Die Energie von aφ ist also gerade um ein Quant ω niedriger als diejenige von φ. War φ der n-te Eigenzustand φn mit der Energie En = (n + 12 )ω, so ist aφn ∝ φn−1 . Setzt man aφn = cn φn−1 , so erh¨alt man aus der Forderung, dass sowohl√φn wie auch φn−1 normiert sein m¨ ussen, die Konstante cn = n. Der Beweis f¨ ur die Wirkungsweise des Erzeugungsoperators a† l¨auft analog. Aufgaben aus Kapitel 2 2.1

Liouville-Gleichung fu ¨r harmonische Oszillatoren

Mit den kanonischen Variablen Qi = φi und Pi = Ji und der Hamilton-Funktion

300

L¨ osungen

K({Qi , Pi}) → H({φi, Ji }) =



ω i Ji

(L.17)

i

wird die Liouville-Gleichung   ∂ρ  ∂H ∂ρ ∂H ∂ρ = − . ∂t ∂φi ∂Ji ∂Ji ∂φi i

(L.18)

Da H nicht von den Winkelvariablen φi abh¨angt, vereinfacht sich die Liouville-Gleichung zu   ∂ρ  ∂ρ = −ωi . (L.19) ∂t ∂φi i In der statistischen Mechanik schreibt man die Liouville-Gleichung auch in Operatorform als i

∂ρ = Lρ . ∂t

Dabei ist L der Liouville-Operator    ∂H ∂ρ ∂H ∂ρ L=i − . ∂q ∂p ∂p ∂q i i i i i

(L.20)

(L.21)

F¨ ur das System von harmonischen Oszillatoren ist der LiouvilleOperator also  ∂  L = −i ωi (L.22) ∂φ i i ein Differenzialoperator, wie wir ihn aus der Quantenmechanik f¨ ur die z-Komponente des Drehimpulses kennen. 2.2 Wechselwirkungsdarstellung der quantenmechanischen Liouville-Gleichung Die quantenmechanische Liouville-Gleichung (2.11) lautet i ρ˙ = − [H, ρ] .  Durch Ableiten erh¨alt man f¨ ur ρ˜ aus (2.36)

(L.23)

L¨ osungen

301

d˜ ρ i dρ = [H0 , ρ˜] + S −1 S . (L.24) dt  dt Setzen wir die Liouville-Gleichung in den zweiten Term ein, so entsteht d˜ ρ i i = [H0 , ρ˜] − S −1 [(H0 + V ), ρ]S . (L.25) dt   Da S und H0 vertauschen, heben sich die Kommutatoren mit H0 heraus. Es bleibt d˜ ρ i = − S −1 [V, ρ]S . (L.26) dt  Setzt man zwischen den Operatoren V und ρ den Einsoperator in der Form 1 = SS −1 ein, so bekommt man das gesuchte Ergebnis d˜ ρ i = − [V˜ (t), ρ˜(t)] , dt 

mit V˜ (t) = S −1 (t)V S(t) .

(L.27)

Aufgaben aus Kapitel 3 3.1 Kanonische Zustandssumme des klassischen harmonischen Oszillators a) Die kanonische Zustandssumme f¨ ur einen harmonischen Oszillator ist im klassischen Fall  +∞  +∞ 1 Z1 = dq dpe−βH(q,p) (L.28) 2π −∞ −∞ mit der Hamilton-Funktion H(p, q) =

p2 1 + mω 2 q 2 . 2m 2

(L.29)

 +∞ 2 Die Auswertung f¨ uhrt auf zwei Gauß-Integrale −∞ dxe−x = √ π  +∞  +∞ p2 1 −β 12 mω2 q 2 Z1 = dqe dpe−β 2m 2π −∞ −∞    +∞  1 2 2m +∞ 2 −x2 = dxe dxe−x 2 2π βmω −∞ β −∞ 1 2 kT = π= . (L.30) 2π βω ω

302

L¨ osungen

b) Mit einer Transformation auf die Winkel- und Wirkungsvariablen φ und J aus der Aufgabe 1.1 wird die Zustandssumme  +∞  +∞ 1 Z1 = dq dpe−βH(q,p) 2π −∞ −∞  2π  +∞ ∂(q, p) −βK(φ,J ) 1 e = dφ dJ , (L.31) 2π 0 ∂(φ, J) 0 wobei die Hamilton-Funktion K(φ, J) = ωJ ist. Die JacobiDeterminante, die bei der Transformation des Volumenelementes entsteht, ist ∂(q, p) ∂q ∂p ∂q ∂p = − . (L.32) ∂(φ, J) ∂φ ∂J ∂J ∂φ Mit den Beziehungen (siehe Aufgabe 1.1)  √ 2J q= sin φ, p = 2mωJ cos φ mω wird

∂(q, p) 2 2 ∂(φ, J) = cos φ + sin φ = 1 .

Damit wird die Zustandssumme  2π  +∞ 1 kT Z1 = dφ dJe−βωJ = , 2π 0 ω 0

(L.33)

(L.34)

(L.35)

wie unter a).

3.2 Kanonische Zustandssumme des quantenmechanischen harmonischen Oszillators a) Die Energien der Eigenzust¨ande des harmonischen Oszillators sind   1 ω . (L.36) En = n + 2 Damit ist die kanonische Zustandssumme

L¨ osungen

Z1 =



303

e−βEn

n

=e

−βω 2

∞ 

e−βωn .

(L.37)

n=0

Die Summe ist gerade die geometrische Reihe. Wir formen noch um und erhalten −βω

e 2 Z1 = 1 − e−βω 1   . = 2 sinh βω 2

(L.38)

b) Entwickelt man das quantenmechanische Ergebnis f¨ ur βω → 0, dann erh¨alt man mit der Entwicklung sinh(x) = x+x3 /3! · · ·   2  1 kT 1 ω Z1 1− . (L.39) 1 ω 24 kT βω(1 + 24 (βω)2 ) Als f¨ uhrenden Term bekommt man also den klassischen Grenzfall. c) Bei einem System aus N unabh¨angigen Oszillatoren ist die Zustandssumme gerade das Produkt der Zustandssummen der N unabh¨angigen Oszillatoren:

N 1   ZN = Z1N = . (L.40) 2 sinh βω 2

3.3 Ortsraumdarstellung der kanonischen Dichtematrix fu ¨ r den harmonischen Oszillator a) Der kanonische statistische Operator ist ρ=

1 | n > e−βEn < n | , Z n

(L.41)

304

L¨ osungen

wobei | n > und En die Eigenzust¨ande und Energieeigenwerte des harmonischen Oszillators sind. Die Diagonalelemente in der Ortsraumdarstellung sind 1 ρ(x) = < x|n > e−βEn < n | x > . (L.42) Z n φn (x) = < x | n > ist die Ortsraumdarstellung des Zustandes | n >, also die Schr¨odinger-Wellenfunktion des n-ten Zustandes. Damit ist 1 2 ρ(x) = φ (x)e−βEn , (L.43) Z n n da die Eigenfunktionen des harmonischen Oszillators reell sind. Differenziert man diesen Ausdruck nach x, so entsteht d 2 d ρ(x) = φn (x) φn (x)e−βEn . (L.44) dx Z n dx Mit den Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren   d 1  x0  † † = √ a−a und x = √ a + a , (L.45) dx x0 2 2   wobei x0 = die Amplitude der Nullpunktsschwingung mω ist, erh¨alt man  d 2 1  † ρ(x) = φn √ a − a φne−βEn . (L.46) dx Z n x0 2 √ √ Da aφn = nφn−1 und a† φn = n + 1φn+1 , wird √  √ d 2  √ ρ(x) = φn nφn−1 − n + 1φn+1 e−βEn . (L.47) dx Zx0 n Ersetzen wir im ersten Term n − 1 → m und danach m → n, dann wird mit En+1 = En + ω √  √ dρ(x) 2 √ −βω = n + 1φn+1 φn e − n + 1φn φn+1 e−βEn , dx Zx0 n (L.48)

L¨ osungen

305

also insgesamt √  √ d 2 −βω ρ(x) = e −1 n + 1φn+1 φn e−βEn . (L.49) dx Zx0 n Multipliziert man ρ(x) mit x, so erh¨alt man entsprechend  1 √ x0  xρ(x) = √ e−βω + 1 n + 1φn+1 φne−βEn . (L.50) Z 2 n Durch Vergleich findet man die gesuchte Differenzialgleichung (3.18) d 2 βω ρ(x) = − 2 tanh xρ(x) . (L.51) dx x0 2 0.6

ρ (x)

0.4 0.2 0 0

1

2

3

2

4

x/x 0

5

4

6

8

10

-ω 2kT/h

Abb. L.1. Mittlere Aufenthaltswahrscheinlichkeit f¨ ur einen harmonischen Oszillator bei verschiedenen Temperaturen

b) Durch Trennung der Variablen erh¨alt man sofort die L¨osung 2

− x2 tanh( βω 2 )

ρ(x) = Ae

x

0

,

(L.52)

da ρ(x → ±∞) = 0. Da ρ(x) eine Aufenthaltswahrschein+∞ lichkeit darstellt, muss gelten −∞ dxρ(x) = 1, daraus folgt  1 die Normierung A = tanh βω . Abb. L.1 zeigt, wie die 2 πx20 mittlere thermische Aufenthaltswahrscheinlichkeit sich mit zunehmender Temperatur immer mehr ausdehnt. W¨ahrend die quantenmechanische Aufenthaltswahrscheinlichkeit φ2n (x) f¨ ur große n an den klassischen Umkehrpunkten besonders groß ist, ist f¨ ur die mittlere thermische Aufenthalswahrscheinlichkeit keine Betonung von Umkehrpunkten mehr zu sehen.

306

L¨ osungen

c) Die klassische statistische Verteilung ist ρ(x) = Be−βV (x) .

(L.53) 2

Mit dem Potenzial V (x) = 12 mω 2 x2 = 12 ω xx2 wird die klassi0 sche Verteilung 2

− 12 βω x2 x

ρ(x) = Be

0

,

(L.54)

geht also als Grenzfall aus der quantenstatistischen Verteilung hervor, wenn βω 1, da dann tanh βω βω . 2 2 Aufgaben aus Kapitel 4 4.1 Eigenschaften der Spur a) Die Spur ist die Summe u ¨ ber alle Diagonalelemente, also  Sp(AB) = d3 xφ∗n (x)ABφn (x) . (L.55) n

oder Sp(AB) =



d3 x(A† φn (x))∗ (Bφn (x)) ,

(L.56)

n

wobei A† der adjungierte Operator ist. Mit der Vollst¨andigkeitsrelation (L.57)  φ∗m (x)φm (x  ) = δ(x − x  ) (L.57) m

erhalten wir 

3

dx



d3 x (A† φn (x  )) φm (x  )φm (x)Bφn (x)

n,m

=



d3 x φn(x  )Aφm (x  )

n,m

und schließlich



d3 xφm (x)Bφn(x) .(L.58)

L¨ osungen

Sp(AB) =



An,mBm,n =

n,m



307

Bm,n An,m = Sp(BA) , (L.59)

n,m

wobei An,m das Matrixelement von A ist  An,m = d3 xφn (x)Aφm (x) .

(L.60)

Mit Hilfe von Zustandsvektoren ist die Spur  < n|AB|n > . Sp(AB) =

(L.61)

n

Die Vollst¨andigkeitsrelation lautet hier  | m >< m | = 1 .

(L.62)

m

Setzt man (L.62) zwischen die Operatoren A und B ein, erh¨alt man  Sp(AB) = < n | A | m >< m | B | n > n,m

=



< m |B| n >< n |A| m >

n,m

= Sp(BA) .

(L.63)

b) Die Zustandsvektoren {| n >} und {| m >} seien vollst¨andige S¨atze von Eigenzust¨anden von verschiedenen Operatoren. Wir bilden zuerst die Spur mit dem Satz {| n >}  < n |A| n > . (L.64) SpA = n

Wir schieben vor und hinter A die Vollst¨andigkeitsrelation des Satzes {|m >} ein  SpA = < n | m >< m |A| m >< m | n > . (L.65) n,m,m

< n|m > sind komplexe Zahlen, ihre Reihenfolge in (L.65) ist beliebig

308

L¨ osungen

SpA =



< m |A| m >< m | n >< n | m > .

(L.66)

n,m,m

Wir  verwenden zuerst die Vollst¨andigkeitsrelation n | n >< n | = 1 und erhalten  < m |A| m >< m | m > . SpA =

(L.67)

m,m

Mit der Orthogonalit¨atsrelation < m |m >= δm ,m

(L.68)

erhalten wir schließlich die Spur gebildet mit dem Satz {|m >}  < m |A| m > . (L.69) SpA = m

c) Die Spur eines Produktes von drei Operatoren ist  Sp(ABC) = < n |ABC| n > .

(L.70)

n

Unter mehrfacher Verwendung der Vollst¨andigkeitsrelation wird  < n |A| m >< m |B| l >< l |C| n > SpABC = n,m,l

=



< l |C| n >< n |A| m >< m |B| l >

n,m,l

= Sp(CAB) ,

(L.71)

das heißt die Operatoren unter der Spur k¨onnen zyklisch vertauscht werden. Aufgaben aus Kapitel 5 5.1 Entropie eines mikrokanonischen Ensembles von Zweiniveausystemen In Kapitel 2 haben wir die Zahl der Mikrozust¨ande in einem Zweiniveausystem berechnet (2.30) als

L¨ osungen

 g(E) =

N N1

N1 

N N2

309

N2 ,

(L.72)

wobei E = ∆ N1 und N = N1 + N2 , oder N1 E/N = , N ∆

N2 ∆ − E/N = . N ∆

(L.73)

Damit wird die Entropie (5.19)     E N∆ N∆ − E N∆ S = k ln g(E) = k ln +k ln . ∆ E ∆ N∆ − E (L.74) Die Ableitung der Entropie nach der Energie ergibt die inverse Temperatur   ∂S 1 k E = =− ln . (L.75) ∂E T ∆ N∆ − E Aus diesem Ergebnis erhalten wir durch Exponenzierung E=

N∆ = N∆ n(T ) +1

e∆ β

mit n(T ) =

(L.76)

1

. (L.77) +1 Man sieht, dass f¨ ur kleine Temperaturen die Energie exponentiell klein ist E = N∆ e−∆ β f¨ ur ∆ kT , (L.78) e∆ β

da nur wenige thermische Anregungen n(T ) e−∆ β im System sind. F¨ ur hohe Temperaturen strebt die Besetzungszahl gegen 1/2. Beide Niveaus sind also gleich besetzt. Man kann selbst mit h¨ochsten Temperaturen keine Inversion (gr¨oßere Besetzung des oberen Niveaus) erzeugen: 1 E = N∆ f¨ ur ∆ kT . (L.79) 2 Durch Einsetzen der temperaturabh¨angigen Energie in die Entropie erhalten wir   S(T, N) = −kN n(T ) ln n(T )+(1−n(T )) ln(1−n(T )) . (L.80)

310

L¨ osungen

Da 0 ≤ n(T ) ≤ 1, ist diese Entropie (siehe Abb. L.2 ) positiv. Wir  sehen, dass die resultierende Entropie die Form hat S = −Nk w ln w, wobei die Wahrscheinlichkeit w sowohl die Besetzungswahrscheinlichkeit des oberen Niveaus ist, also n(T ), als auch die Wahrscheinlichkeit daf¨ ur, dass das obere Niveau nicht besetzt ist, also 1 − n(T ). Die Wahrscheinlichkeit 1 − n(T ) ist hier nat¨ urlich auch einfach die Wahrscheinlichkeit daf¨ ur, dass das untere Niveau besetzt ist. Wir werden sp¨ater sehen, dass diese Form der Entropie typisch ist f¨ ur ein Fermi-System. Wir werden im zweiten Teil des Buchs zeigen, dass diese Form der Gleichgewichtsentropie sogar auf Nichtgleichgewichtssysteme ausgedehnt werden kann. Die Entropie (L.80) verschwindet am absoln 2 0.6

S/kN

0.4

0.2

0

0

2

4

6

8

∆ε/kT

Abb. L.2. Temperaturabh¨ angigkeit der Entropie eines Zweiniveausystems

¨ luten Nullpunkt in Ubereinstimmung mit dem Nernstschen Theorem und w¨achst mit der Temperatur an bis zum Maximalwert S(T → ∞, N) = kN ln 2, wie in Abb. L.2 dargestellt. Aufgaben aus Kapitel 6 6.1 Paramagnetische Eigenschaften eines Spinsystems Die Summe u ¨ber die Spineinstellung ergibt      1 gs µB Bβ − 12 gs µB Bβ 2 Ω = −NkT ln 1 + e + ln 1 + e . (L.81) Die Magnetisierung erh¨alt man durch die Ableitung nach dem Magnetfeld B.   1 1 1 e 2 gsµB Bβ e− 2 gs µB Bβ M = gs µB N − (L.82) 1 1 2 1 + e 2 gs µB Bβ 1 + e− 2 gs µB Bβ

L¨ osungen

oder

 1  1 1 e 4 gs µB Bβ − e− 4 gs µB Bβ M = g s µB N 1 1 2 e 4 gs µB Bβ + e− 4 gs µB Bβ   1 1 = gs µB N tanh gs µB Bβ . 2 4

311

(L.83)

F¨ ur 14 gs µB B kT nimmt die Magnetisierung einen vom Magnetfeld unabh¨angigen maximalen Wert an M = 12 gs µB N , da dann alle Spins ausgerichtet sind. F¨ ur kleine Magnetfelder dagegen ist die Magnetisierung M 12 gs µB N ( 14 gs µB Bβ), also proportional zum Magnetfeld B. Dem entsprechend folgt f¨ ur die Suszeptibilit¨at χ 1 1 1 χ = gs2 µ2B Nβ = gs2 µ2B Nβ . (L.84) 2 1 8 8 cosh ( 4 gs µB Bβ) B=0

Die lineare statische Suszeptibilit¨at zeigt also eine 1/T -Abh¨angigkeit von der Temperatur. Die Suszeptibilit¨at divergiert also erst bei Ann¨aherung an den absoluten Nullpunkt. Eine solche Divergenz zeigt, dass das System instabil wird und dass unterhalb dieser kritischen Temperatur eine neue geordnete Phase existieren wird. In unserem simplen System findet also bei endlichen Temperaturen keine spontane Ausrichtung aller Spins statt, das System ist stets paramagnetisch. 6.2 Diamagnetische Eigenschaften eines zweidimensionalen Elektronengases a) Die Einteilchenenergie-Eigenwerte erh¨alt man aus der station¨aren Schr¨odinger-Gleichung 1  e 2 p + A ψ(r) = Eψ(r) . (L.85) 2m c Dabei sind die Vektoren von Ort, Impuls und Vektorpotenzial auf die zweidimensionale x-y-Ebene etwa eines Quantentrogs in einem Halbleiter beschr¨ankt. F¨ ur das Vektorpotenzial A w¨ahlen wir die Landau-Eichung

312

L¨ osungen

A = xBey .

(L.86)

Die Rotation von A ergibt mit dem Vektorpotenzial (L.86) e1 e2 e3 ∂ ∂ ∂ B = ∂x (L.87) ∂y ∂z = Be3 0 xB 0 gerade ein magnetisches Feld in z-Richtung, also senkrecht zur Schicht. Damit ist der Hamilton-Operator 1 2 eB e2 B 2 2 H= p + xpy + x . 2m mc 2mc2

(L.88)

Die x- und y-Abh¨angigkeit der Wellenfunktion l¨asst sich mit einem Produktansatz trennen: ψ (x, y) = eiky Φ(x) .

(L.89)

F¨ ur die Wellenfunktion Φ(x) erh¨alt man die Schr¨odingerGleichung   2 ∂ 2 e2 B 2 2 − + (x + x0 ) Φ(x) = EΦ(x) . (L.90) 2m ∂x2 2mc2 Das ist die Gleichung eines harmonischen Oszillators, dessen Potenzialzentrum um kc x0 = (L.91) eB k-abh¨angig verschoben ist. Schreiben wir den Vorfaktor des e2 B 2 Potenzialterms als 12 mω 2 = 2mc 2 , so ergibt sich die Oszillatorfrequenz als eB ω= . (L.92) mc Die Eigenwerte der Landau-Niveaus sind dann gegeben durch     1 1 E = n = n + ω = n + 2µB B . (L.93) 2 2 b) Den Entartungsgrad der Eigenwerte erh¨alt man aus folgen¨ der Uberlegung: Da die um x0 verschobene Wellenfunktion sicherlich noch im zweidimensionalen Gebiet mit der endlichen Fl¨ache F = Lx Ly liegen muss, gilt

L¨ osungen



Lx Lx ≤ x0 ≤ , 2 2

313

(L.94)

oder

Lx eB Lx eB ≤k≤ . (L.95) 2c 2c Der Abstand zwischen zwei k-Werten in dem endlichen Gebiet ist aber L2πy . F¨ ur jedes Niveau n gibt es also M Impulswerte, x eB die die Bedingung (L.95) befriedigen. Mit kmax = πM = L2c Ly F eB finden wir M = 2πc . Ber¨ ucksichtigt man dar¨ uber hinaus, dass jedes Niveau noch zweifach spinentartet ist, ergibt sich der Entartungsfaktor g −

g = 2M =

F eB . πc

(L.96)

c) Die großkanonische Zustandssumme f¨ uhren wir aus mit den Produktzust¨anden |n, k >:     Z= < n, k|e−β(H−µN ) |n, k >= 1 + e−β(En −µ) . Nn,k =0,1 n,k

n,k

(L.97) F¨ ur das thermodynamische Potenzial Ω = −kT ln Z folgt dann    ∞  1 Ω = −kT g f n+ ω − µ (L.98) 2 n=0 mit der Logarithmusfunktion   f (x) = ln 1 + e−βx .

(L.99)

Die Summe u ¨ber k ergibt den Entartungsfaktor g. d) Mit Hilfe der Euler-Maclaurinschen Formel (6.84) ergibt sich f¨ ur kleine Werte von ω  kT g ∞ kT g ∂f (xω − µ) Ω − d(ωx)f (xω − µ) − . ω 0 24 ∂x x=0 (L.100) Da g ∝ B und ω ∝ B, ist der Integralterm unabh¨angig vom Magnetfeld. Wir bezeichen ihn als Ω0 (µ). Der zweite Term liefert

314

L¨ osungen

kT g eβµ βω , 24 1 + eβµ damit finden wir insgesamt Ω = Ω0 (µ) +

F eB 2 µB 1 . 12πc 1 + e−βµ

(L.101)

(L.102)

e) Zweimaliges Ableiten nach B ergibt dann χ=−

µ2B mF 1 , 2 3π 1 + e−µβ

(L.103)

den diamagnetischen Anteil der Suszeptibilit¨at. Diese Suszeptibilit¨at ist negativ, das heißt die induzierte Magnetisierung ist antiparallel zum angelegten Feld; wie von der Lenzschen Regel gefordert. Aufgaben aus Kapitel 7 7.1 Berechnung der Entropie eines mikrokanonischen Systems Nach (5.19) und (2.24) ist die Entropie f¨ ur ein mikrokanonisches Ensemble gegeben durch  3N  1 dp 3N S = k ln g(E) wobei g(E) = d x . N! E−∆E≤H≤E 2π (L.104) 3N p2i Die Hamilton-Funktion des idealen Gases ist H = 1 2m . Die Zahl der Zust¨ande in einer Energieschale ∆E ist dann  2     p2  VN pi i 3N g(E) = dp θ − (E −∆E) θ E − (2π)3N N ! 2m 2m   VN (3N ) (3N) = V (E) − V (E − ∆E) . (L.105) (2π)3N N ! V (3N ) (E) ist das Volumen einer Kugel im 3N-dimensionalen Im3N 2 pulsraum, deren Radius P gegeben ist durch P 2 = i=1 pi = 2mE. Mit der Formel (7.28) erhalten wir

L¨ osungen 3N  3N VN (2mπ) 2  3N 2 2   g(E) = E − (E − ∆E) (2π)3N N ! 3N ! 2

oder VN (2mEπ)  3N  g(E) = 3N (2π) N ! ! 2

3N 2



315

(L.106)

  3N  ∆E 2 1− 1− . (L.107) E

Wir untersuchen nun 1 − (1 − x)M mit x = ∆E 1 und M = E 3N 1, aber Mx 1. Unter diesen Bedingungen gilt 2  1 (1 − (1 − x)M ) = 1− 1 − Mx + M(M − 1)x2 2  1 3 − M(M − 1)(M − 2)x + · · · 6   1 2 2 1 3 3 1− 1 − Mx + M x − M x + · · · 2! 3! = 1−e−M x 1 . (L.108) Das Volumen der gr¨oßeren Kugel ist also auf einer so d¨ unnen Schale konzentriert, dass man nur eine vernachl¨assigbar kleine Korrektur bekommt, wenn man das Volumen mit dem Radius √ E − ∆E abzieht. Mit dieser N¨aherung wird dann die Zahl der Zust¨ande 3N VN (2mEπ) 2  3N  g(E) = . (L.109) (2π)3N N! ! 2 Die Entropie wird dann   3    mE 2 3N S = k ln g(E) = Nk ln V − k ln N!− k ln !. 2π2 2 (L.110) Mit der Sterling-Formel (2.29) ln N! N ln(N/e) = N ln N − N erhalten wir       3 mE V 5 S = Nk ln + ln + 2 3π2 N N 2     3 mE 5 S = Nk ln + , (L.111) 2 2 2 2 3π Nn 3

316

L¨ osungen

wobei wir die Teilchendichte n = N/V eingef¨ uhrt haben. Im Gegensatz zu der aus der kanonischen Verteilung gewonnenen Entropie (7.14) S = S(T, V, N ) ist die Entropie (L.111) S = S(E, V, N) eine Funktion der Energie und nicht der Temperatur. Mit der thermodynamischen Beziehung (5.15) ∂S(E, V, N) 1 3 1 = = Nk , (L.112) ∂E T 2 E erhalten wir wieder die thermische Energie des klassischen idealen Gases 3 E = NkT . (L.113) 2 Setzen wir diese Beziehung in (L.111) ein, so wird     3 mkT 5 S(T, V, N ) = Nk ln + , (L.114) 2 2 2 2π2 n 3 (3)

oder mit der drei-dimensionalen Nullpunktsenergie (7.5) E0 2 2π2 n 3

m

=

= E0 finden wir

  kT 5 3 S(T, V, N) = Nk ln + Nk . 2 E0 2

(L.115)

Diese Entropie, die wir hier aus der mikrokanonischen Verteilung abgeleitet haben, ist exakt gleich der Entropie (7.14), die wir aus der kanonischen Verteilung abgeleitet haben. Damit ist am Beispiel gezeigt, dass f¨ ur makroskopische Systeme, also Systeme mit sehr großer Teilchenzahl, die resultierenden thermodynamischen Funktionen f¨ ur alle Ensembles gleich sind. 7.2 Umformung der Entropie eines idealen Gases Die Boltzmann-Verteilung ist mit einer Normierungskonstanten A gegeben durch fp = Ae−βep . Die Normierung finden wir durch 3 3  3     dp dp −β p2 2mkT 2 N =V fp = AV . e 2m = AV 2π 2π 4π2 (L.116)

L¨ osungen

Damit ist

 A=

E0 kT

317

 32 .

(L.117)

Die Entropie ist nach (7.30) 3 3     3 E0 dp dp S = kN − k ln V fp + kβV ep fp . 2 kT 2π 2π (L.118) Das erste Integral ist auf N normiert, das zweite ergibt die mittlere thermische Energie 32 NkT . Damit erhalten wir insgesamt 3 kT 5 S = Nk ln + kN . 2 E0 2

(L.119)

Aufgaben aus Kapitel 8 8.1 Zur Entropie von idealen Gasen Im nichtentarteten Grenzfall gilt fk 1. Der zweite Term erfordert etwas Sorgfalt. Er liefert entgegen dem ersten Eindruck einer oberfl¨achlichen Betrachtung einen endlichen Beitrag. Mit der Taylor-Entwicklung ln(1 ∓ fk ) = ∓fk − · · ·

(L.120)

erhalten wir aus (8.15)    S = −k fk ln fk + k fk = −k fk ln fk + kN . (L.121) Dieses Ergebnis haben wir schon in Aufgabe 7.2 kennengelernt. 8.2 Quantenkorrekturen zum klassischen Gas Im klassischen Grenzfall gilt eβµ 1 , also erst recht auch eβµ−x 1 mit x ≥ 0. Wir werden daher den Integranden entwickeln. F¨ ur die Energie gilt  ∞ 3 x2 E (T, µ, V ) = kT a (V, T ) dx x−βµ (L.122) e ±1 0

318

L¨ osungen

mit dem Vorfaktor Vg a (V, T ) = (2π)2



2mkT 2

 32 .

(L.123)

Wir formen um und entwickeln  ∞ 3 x 2 eβµ−x E = kT a (V, T ) dx 1 ± eβµ−x 0  ∞   3 kT a (V, T ) dx x 2 eβµ−x 1 ∓ eβµ−x + . . . .(L.124) 0

Der erste Term der Entwicklung gibt den rein klassischen Grenzfall, der zweite Term die erste Quantenkorrektur. Beide Integrale sind durch die Gammafunktion gegeben. Als Ergebnis findet man     5 eβµ βµ E kT a (V, T ) Γ e 1∓ 5 . (L.125) 2 22 Da die Energie als nat¨ urliche Variable die Teilchenzahl N hat, dr¨ ucken wir das chemische Potenzial bzw. den Faktor eβµ durch N aus. Es gilt N =−

∂J ∂µ

√ βµ−x xe = a (V, T ) dx 1 ± eβµ−x 0     3 eβµ βµ a (V, T ) Γ e 1∓ 3 . 2 22 



(L.126)

Wir l¨osen iterativ. In nullter Ordnung erhalten wir eβµ(0) = Wir setzen

 e2βµ =

und bekommen

N   . a (T, V ) Γ 32 N   a (T, V ) Γ 32

(L.127)

2 (L.128)

L¨ osungen



   3 ⎝ βµ 1 N 3 N = a (V, T ) Γ e ± 3 2 2 2 a (T, V ) Γ 2

2 ⎞

319

⎠ (L.129)

und daraus in erster Ordnung eβµ(1)

N   = a (T, V ) Γ 32

 1∓

N a (T, V ) Γ

 3 2

3

22

 Nˆ  = Nˆ 1 ± 3 . (L.130) 22 Setzen wir dieses Ergebnis in Gleichung (L.122) ein und nehmen nur Terme bis zur Ordnung O (N 2 ) mit, dann erhalten wir schließlich     ˆ 5 ˆ N E (T, N, V ) kT a (V, T ) Γ N 1± 5 2 22   5 3 Γ 2 π2 N3 =  3  kT N 1 ± 2g V (mkT ) 32 Γ 2   π  32 N3  3 = NkT 1 ± . (L.131) 2 mkT 2gV Entsprechend finden wir f¨ ur die Zustandsgleichung   π  32 N 3  pV = kT N 1 ± . mkT 2gV

(L.132)

Die Fermi-Statistik (oberes Vorzeichen) f¨ uhrt zu einer Zunahme des Drucks gegen¨ uber dem klassischen Wert. Die Austauscheffekte bewirken eine zus¨atzliche effektive Abstoßung zwischen den Teilchen. Im Bose-Fall (unteres Vorzeichen) tritt eine effektive Anziehung der Teilchen und damit eine Druckerniedrigung auf.

320

L¨ osungen

Aufgaben aus Kapitel 9 9.1 Freie Energie eines Systems harmonischer Oszillatoren a) Die Zustandssumme in klassischer N¨aherung ist f¨ ur das System von eindimensionalen Oszillatoren mit dem harmonischen Einteilchenpotenzial W = 12 mω 2 x2 nach (9.6)  Zkl =

mkT 2π2

 N2 

− 12 mω 2 βx2

dxe

N .

(L.133)

Dabei haben wir den Term N ! ausgelassen, da jedes Teilchen an ein spezielles Zentrum gebunden ist. Das Gauß-Integral des Potenzialterms liefert  N 2πkT 2 . (L.134) mω 2 Die freie Energie in klassischer N¨aherung Fkl = −kT ln Zkl wird kT Fkl = −kT N ln . (L.135) ω b) Der quasiklassische Korrekturterm zur freien Energie ist nach (9.31)  2 2 dW m2 ω 4 N < > = N < x2 > . (L.136) 24m(kT )2 dx 24(kT )2 Der mit e−βW gebildete Mittelwert von x2 liefert unter Einschluss des Normierungsintegrals   kT 2 < x >= . (L.137) mω 2 Die freie Energie in quasiklassischer N¨aherung ist damit  2 NkT ω . (L.138) Fqkl = Fkl + 24 kT

L¨ osungen

321

Wir erhalten also zur klassischen freien Energie pro Teilchen kl bezogen auf kT , also NFkT , noch einen quadratischen Korω rekturterm in kT . Dieser Korrekturterm ist im klassischen Hochtemperaturbereich kT ω klein. c) Quantenmechanisch berechnen wir die freie Energie aus der kanonischen Zustandssummemit den  Eigenwerten des harmo1 nischen Oszillators En = ω n + 2 als Z=

∞ 

e−βEn .

(L.139)

n=0

Die geometrische Reihe liefert ∞ 

1 1 = . −ωβ 1−e 2 sinh 12 ωβ n=0 (L.140) Damit ist die quantenstatistisch exakt berechnete freie Energie   1 F = kT N ln 2 sinh( ωβ) . (L.141) 2 − 12 ωβ

Z=e

1

e−βωn = e− 2 ωβ

Im Hochtemperaturgrenzfall ist a = 12 ωβ 1. Die Entwick  lung ea − e−a = 2 a + 16 a3 + · · · liefert     1 F = kT N ln ωβ 1 + (ωβ)2 + · · · (L.142) 24 oder

ω 1 F kT N ln + kT N kT 24



ω kT

2 .

(L.143)

Man sieht, dass die Hochtemperaturentwicklung des quantenmechanischen Ergebnisses mit der quasiklassischen N¨aherung u ¨bereinstimmt.

322

L¨ osungen

Aufgaben aus Kapitel 10 10.1 Flu opfchen in Dampfphase ¨ssigkeitstr¨ Wir gehen aus von der freien Enthalpie G, die mit ¨außerem Feldterm f q gegeben ist durch: G = E − TS − fq = F − fq ,

(L.144)

Wir setzen f¨ ur die Systemvariable q die Kugeloberfl¨ache F und f¨ ur das Feld f die Oberfl¨achenspannung σ ein. F¨ ur die Dampfphase gilt die Gibbs-Duhem-Relation: Fd = Gd = µd N .

(L.145)

Wenn wir die Gibbs-Duhem-Relation auch n¨aherungsweise f¨ ur die Fl¨ ussigkeit im Tropfen annehmen, gilt f¨ ur die freie Energie Ff l = Gf l + σF = µf l N + σF .

(L.146)

Die Differenz der freien Energie zwischen der Fl¨ ussigkeitsphase und der Dampfphase ist damit ∆Ff l−d = (µf l − µd ) N + σF .

(L.147)

Wir ben¨otigen nun die Radius-Abh¨angigkeit der Oberfl¨ache und der Zahl der Teilchen in einem Tropfen. Es gilt: F = 4πr2 und N=

4π 3 r , 3vf l

(L.148) (L.149)

wobei vf l = V /N das Volumen pro Teilchen der Fl¨ ussigkeitsphase ist. Damit erhalten wir ∆Ff l−d =

4π (µf l − µd ) r3 + 4πσr2 . 3vf l

(L.150)

a) Im Falle des unges¨attigten Dampfes gilt µf l > µd . Damit wird ∆Ff l−d > 0 f¨ ur alle Radien, das heißt es findet keine Tr¨opfchenbildung statt. Selbst wenn im Dampf durch Fluktuationen Tr¨opfchen entstehen, werden sie sofort wieder zerfallen.

L¨ osungen

323

b) Im Falle des ges¨attigten Dampfes gilt µf l < µd . Wir diskutieren ∆Ff l−d (r) = −

4π (µd − µf l ) r3 + 4πσr2 . 3vf l

(L.151)

Durch Untersuchung der 1. Ableitung von ∆Ff l−d nach r ∆Ff l−d (r) = −

4π (µd − µf l ) r2 + 8πσr vf l

(L.152)

finden wir ∆Ff l−d steigend f¨ ur r < rc ∆Ff l−d fallend f¨ ur r > rc .

(L.153)

Der kritische Radius ist rc =

2σvf l . µd − µf l

(L.154)

Damit ein Tr¨opfchen wachsen kann, das heißt sein Radius r zunehmen kann, muss die freie Energie mit dem Radius abnehmen. Kleine Dichtefluktuationen, also Tr¨opfchen mit einem Radius r < rc , werden wieder verdunsten, dagegen wird ein durch Fluktuationen entstandener Tropfen mit r > rc weiter anwachsen. Man sieht, je gr¨oßer die Differenz der chemischen Potenziale, das heißt je st¨arker der Dampf u ¨bers¨attigt ist, desto schneller wird der kritische Radius rc erreicht, oberhalb dem die Nukleation zu wachsenden Tropfen f¨ uhrt. c) Wir modifizieren die Differenz der freien Energie bei der Tr¨opfchenbildung mit ∆FE (r) ∆Ff l−d (r) =

4π (µf l − µd ) r 3 + 4πσr 2 + ∆FE (r) , (L.155) 3vf l

¨ der Anderung der freien Energie des elektrischen Feldes bei ¨ der Tropfenbildung. Diese Anderung erhalten wir aus der Differenz der Energie des Feldes, das von dem im Zentrum des Tropfens eingeschlossenen Ion erzeugt wird, und der Feldenergie des freien Ions.

324

L¨ osungen

 r  ∞  ∞

1 1 2 2 ∆FE (r) = E dV + E dV − E 2 dV 8π a i 8π r 8π a  r  r

1 2 = E dV − E 2 dV. (L.156) 8π a i 8π a Mit dem Feld einer Punktladung Ei = re2 , E = 4πr 2 dr ergibt sich    e2 1 1 1 ∆FE (r) = 1− − . 2

r a

e r2

und dV =

(L.157)

Da der Innenradius a < r und die dielektrische Konstante des Tropfen > 1 ist, gilt immer ∆FE < 0. Die Gesamt¨anderung ist damit    2 4π 1 1 1 3 2 e ∆Ff l−d (r) = (µf l −µd )r +4πσr − 1− − . 3vf l 2

a r (L.158) Gleichung (L.158) zeigt, dass ∆FE (r) mit zunehmendem Radius r st¨arker negativ wird, das heißt selbst ein Tropfen mit kleinem Radius wird zu wachsen beginnen und eine Kondensation hervorrufen, im unges¨attigten und erst recht im u ¨bers¨attigten Dampf. Dieser Effekt wird in der Wilsonschen Nebelkammer zur Beobachtung von Spuren schneller geladener Teilchen genutzt. In der Kammer befindet sich schwach u ¨bers¨attigter Dampf. Ein schnelles geladenes Teilchen erzeugt beim Durchflug Ionen, an denen der Dampf kondensiert, so dass die Teilchenspur sichtbar wird. Aufgaben aus Kapitel 11 11.1 Berechnung des Virialkoeffizienten zweiter Ordnung Mit dem Modellpotenzial wird der zweite Virialkoeffizient Bkl (T ) = −

 1 Va (e−βWr − 1) + (Vb − Va )(eβWa − 1) . (L.159) 2

Da Wr kT und Wa kT , gilt auch

L¨ osungen

1 1 a Bkl (T ) Va − (Vb − Va )βWa = b − , 2 2 kT wobei b = 12 Va das Kovolumen ist und a = ¨ Ubereinstimmung mit (11.10).

1 (Vb 2

325

(L.160) − Va )Wa in

11.2 Austauschkorrektur zum Virialkoeffizienten Die mittlere thermische Energie eines idealen Quantengases ist  1 E = gs ek β(e −µ) (L.161) k e ±1 k = gs



ek

k

 e−β(ek −µ) ze−βek = g e . s k −βek 1 ± e−β(ek −µ) 1 ± ze k

Entwickeln wir diese Form bis zur Ordnung z 2 , so finden wir    E gs z ek e−βek 1 ∓ ze−βek (L.162) k

= zgs V

3 (3) ρ0 (kT ) 2 kT



∞ 0

 3  dxx 2 e−x ∓ ze−2x .

(3)

Dabei ist ρ0 die Konstante der dreidimensionalen Zustandsdich3 (3) te. Wir k¨ urzen ab a = gs V ρ0 (kT ) 2 und erhalten √  √   ∞  3  3 π z 2 E zakT dxx 2 e−x ∓ ze−2x = zakT 1∓ . 4 8 0 (L.163) Jetzt dr¨ ucken wir die Fugazit¨at z durch die Teilchenzahl N aus:   N gs z e−βek ∓ ze−2βek (L.164) 

k ∞

= za 0

 √   za π √  −x z −2x dx x e ∓ ze = 1∓ 3 . 2 22

Durch iterative L¨osung finden wir dann z = z(N) bis zur zweiten Ordnung √ 2N N2 2 Nˆ 2 z= √ ± 2 = Nˆ ± 3 . (L.165) a π aπ 22

326

L¨ osungen

Setzen wir dieses Ergebnis in (L.163) ein, entsteht wieder bis zur zweiten Ordnung in N  √  akT 3 π z2 E= z∓ 3 (L.166) 4 2 22    √  ˆ2 akT 3 π ˆ Nˆ 2 N 3 Nˆ = N ± 3 ∓ 3 = NkT 1 ± 5 . 4 2 22 22 2 22 ˆ= Mit N

2N √ a π

=

2n (3)

3√

gs ρ0 (kT ) 2

π

finden wir wieder

p = nkT (1 ± BAust n) , mit BAust =

2

2

5 2

3√ (3) gs ρ0 (kT ) 2 π

(L.167) .

(L.168)

Die Korrektur ist also wieder proportional zu (λ(3) )3 (N/V ) wie in (11.17). Aufgaben aus Kapitel 12 12.1 Instabilit¨ atsbereich der Van-der-Waals-Gleichung a) Die kritischen Gr¨oßen finden wir aus der Sattelpunktsbedin∂2p gung ∂p = 0 und ∂v 2 = 0: ∂v kTc 2a , 2 = vc 3 (vc − b) 2kTc 6a . 3 = vc 4 (vc − b)

(L.169) (L.170)

Aus diesen Gleichungen ergibt sich das kritische Volumen 8a vc = 3b , die kritische Temperatur kTc = 27b und aus der a Zustandsgleichung schließlich der kritische Druck pc = 27b 2. b) Aus den in der Aufgabe genannten Gr¨ unden betreiben wir  eine Taylor-Entwicklung bis zur dritten Ordnung. Da p = p V , T linear in T ist, entfallen alle h¨oheren Ableitungen bez¨ uglich T . Am kritischen Punkt verschwindet u ¨berdies



L¨ osungen

∂p ∂V

=0,

327

(L.171)

V =1

so dass nur noch folgende Terme verbleiben:     ∂p 8 = =4 (L.172) ∂T V =T =1 3V − 1 V =T =1    2  ∂ p 24 =−  = −6 (L.173) 2 ∂V ∂T V =T =1 3V − 1 V =T =1    3  ∂ p 1 18T =72 4 = −9(L.174) 3 5 − ∂V V =T =1 V 3V −1 V =T =1    3  ∂ p 144 = = 18 , (L.175)  3 ∂V 2 ∂T V =T =1 3V − 1 V =T =1   wir finden also mit p V = 1, T = 1 = 1   9  3 p = 1+4 T − 1 − V −1 (L.176) 3!   18  2   6  − V −1 T −1 + V −1 T −1 . 2! 3! Ausgedr¨ uckt durch die neuen Variablen p = p − 1, t = T − 1, η = V − 1 ergibt sich 3 p = 4t − 3ηt − η 3 + 3η 2 t . 2

(L.177)

Im Allgemeinen interessiert man sich nur f¨ ur kleine Temperaturabweichungen (t 1) , so dass man den letzten Term vernachl¨assigt 3 p = 4t − 3ηt − η 3 . (L.178) 2 c) Die Umrandung des Instabilit¨atsbereiches (κT < 0) ist durch die Bedingung ∂p − =0, (L.179) ∂η bestimmt. Aus (L.178) erhalten wir damit

328

L¨ osungen

2 η 2 = − t > 0 f¨ ur T < Tc . 3

(L.180)

L¨ost man (L.180) nach t auf und setzt diesen Ausdruck in (L.178) ein, so ergibt sich in niedrigster N¨aherung die Randkurve des Instabilit¨atsbereiches   pi = −6η 2 + O η 3 . (L.181) Das ist eine nach unten ge¨offnete Parabel, die das Koexistenzgebiet einschließt. Aufgaben aus Kapitel 13 13.1 Ginzburg-Landau-Potenzial fu aumlich inhomoge¨ r r¨ ne Systeme z.B. Supraleiter in der N¨ ahe der Oberfl¨ ache a) Der erste Term in (13.12) l¨asst sich folgendermaßen umwandeln:    3   2 3  ∗   d r |∇ψ(r )| = d r ∇(ψ (r )∇ψ(r ))− d3 r ψ ∗ (r  )∆ψ(r  ) . (L.182) Das erste Integral liefert nach Gauß ein Oberfl¨achenintegral, das verschwindet, wenn ψ auf der Oberfl¨ache Null ist. Insgesamt wird dann    2 ∗  T 3    2 B  4 F= d r − ψ (r )∆ψ(r )+A( −1)|ψ(r )| + |ψ(r )| . 2m Tc 2 (L.183) Eine Funktionalableitung nach ψ ∗ (r) liefert nun mit der einfachen Regel δψ(r  ) = δ 3 (r  − r) (L.184) δψ(r) die nichtlineare Schr¨odinger-Gleichung −

2 T ∆ψ(r) + A( − 1)ψ(r) + Bψ(r)|ψ(r)|2 = 0 . (L.185) 2m Tc

L¨ osungen

329

Man nennt diese Gleichung die Ginzburg-Landau-Gleichung. Die L¨osung f¨ ur homogene Situationen f¨ ur T < Tc ist (siehe (13.9))  A Tc − T ψ0 = . (L.186) B Tc Man sieht wieder, wie der Ordnungsparameter nach dem Gesetz f¨ ur Molekularfeldtheorien mit der Potenz 1/2 nach Null geht. b) Setzen wir nun ψ(r) = ψ0 f (r) , (L.187) so finden wir

−ζ 2 ∆f − f + f 3 = 0 ,

(L.188)

mit der Koh¨arenzl¨ange ζ % ζ=

2 Tc . 2mA Tc − T

(L.189)

Man sieht, dass die Koh¨arenzl¨ange bei der Ann¨aherung an Tc divergiert. An der Oberfl¨ache muss nun f (z = 0) = 0 sein, und tief im Inneren des Supraleiters nimmt der Ordnungsparameter seinen homogenen Wert an f (z → ∞) = 1. Multipliziert man (L.188) mit f  = df /dz und integriert man die Gleichung u ¨ber z, so entsteht 1 −ζ 2 f 2 − f 2 + f 4 = const. 2

(L.190)

Um den Grenzwert 1 von f (z) f¨ ur große z zu erhalten, muss die Konstante −1/2 sein. Damit reduziert sich die Gleichung f¨ ur f auf √ df 2ζ = (1 − f 2 ) . (L.191) dz Durch Separation der Variablen findet man df dz =√ . 2 1−f 2ζ Durch Integration findet man

(L.192)

330

L¨ osungen

z arctanh(f ) = √ 2ζ

(L.193)

 z f (z) = tanh √ . (L.194) 2ζ Das Ergebnis zeigt, wie innerhalb einer Koh¨arenzl¨ange der Ordnungswert von Null am Rand der Probe bis fast zu seinem homogenen Wert anw¨achst. c) Die Koh¨arenzl¨ange (L.189) divergiert bei Ann¨aherung an den Phasen¨ ubergang bei Tc mit dem kritischen Exponenten −1/2. Je nachdem, ob die Koh¨arenzl¨ange klein oder groß gegen die Eindringtiefe λ eines Magnetfeldes ist, spricht man von Supraleitern erster oder zweiter Art. oder



13.2 Ginzburg-Landau-Potenzial fu ¨ r Supraleiter im magnetischen Feld Das Ginzburg-Landau-Potenzial in Anwesenheit eines elektromagnetischen Feldes ist nach (13.13)   1 2e 3  F= dr |(−i∇ − A)ψ(r  )|2 2m c    T B  2  4 +A − 1 |ψ(r )| + |ψ(r )| . (L.195) Tc 2 a) Wie in Aufgabe 13.1 finden wir die Ginzburg-Landau-Gleichung f¨ ur den Ordnungsparameter durch Funktionalableitung von (13.13) nach ψ ∗ (r). Falls der Oberfl¨achenterm verschwindet, findet man jetzt  2   1 2e T −i∇− A ψ(r)+A −1 ψ(r)+Bψ(r)|ψ(r)|2 = 0. 2m c Tc (L.196) Das Oberfl¨achenintegral verschwindet, wenn auf der Oberfl¨ache   2e −i∇ − A ψ = 0 . (L.197) c n

L¨ osungen

331

b) In Anwesenheit eines elektromagnetischen Feldes ist die Stromdichte  4e2 e  + j=− ψ ∇ψ − (∇ψ ∗ )ψ − ψ ∗ ψA . (L.198) im mc Nehmen wir jetzt an, dass die Koh¨arenzl¨ange so klein ist, dass man ψ durch ψ0 ersetzen kann, vereinfacht sich die Stromdichte zu 4e2 2 j=− ψ A. (L.199) mc 0 Nimmt man die Rotation von dieser Gleichung, so entsteht 4e2 2 ψ B. (L.200) mc 0 Verwenden wir nun noch die station¨are Maxwell-Gleichung f¨ ur das Magnetfeld B, 4π ∇×B = j, (L.201) c so finden wir eine Differenzialgleichung f¨ ur das Magnetfeld allein 16πe2 2 ∇×∇×B = − ψ B. (L.202) mc2 0 Zeigt das Magnetfeld parallel zur Oberfl¨ache etwa in x-Richtung, so findet man f¨ ur die Variation des Feldes in z-Richtung aus (L.202) d 2 Bx λ2 2 = Bx (L.203) dz mit der L¨osung z Bx (z) = Bz (0)e− λ . (L.204) ∇×j =−

Die charakteristische L¨ange λ ergibt die Eindringtiefe. Diese Eindringtiefe ist nach (L.202) mit (L.186)  Tc λ = λ0 . (L.205) Tc − T  mc2 B Dabei ist λ0 = . Wie die Koh¨arenzl¨ange divergiert 16πe2 A auch die Eindringtiefe bei Ann¨aherung an Tc . Das Verh¨altnis der Koh¨arenzl¨ange ζ zur Eindringtiefe λ nennt man die Ginzburg-Zahl κ

332

L¨ osungen

ζ . (L.206) λ Falls, wie hier angenommen, κ ≤ 1 ist, spricht man von einem Supraleiter vom Typ I. Falls κ ≥ 1 ist, spricht man von einem Supraleiter vom Typ II, in den das Magnetfeld in Form von Wirbelschl¨auchen eindringen kann. κ=

Aufgaben aus Kapitel 14 14.1 Magnetische Suszeptibilit¨ at eines 2d-Elektronengases a) Der ungest¨orte Hamilton-Operators eines idealen Elektronengases ist  H0 =

k a†k,σ ak,σ (L.207) k,σ=±1

Die St¨orung besteht in der Kopplung zwischen der Magnetisierung m des Gesamtspins und dem externen Magnetfeld B  Hw = mB = µB σa†k,σ ak,σ B . (L.208) k,σ=±1

Folglich l¨asst sich die Magnetisierung als Systemvariable q auffassen. F¨ ur die magnetische Suszeptibilit¨at erh¨alt man dann  β χT = dτ < m (τ ) m(0) > . (L.209) 0

Die Temperaturabh¨angigkeit der Magnetisierung in der Wechselwirkungsdarstellung ergibt sich aus derjenigen der einzelnen Operatoren a a†k,σ (τ ) = eτ k a†k,σ

ak,σ (τ ) = e−τ k ak,σ .

(L.210)

Wie man sieht, ist der Teilchenzahloperator a†k ak temperaturunabh¨angig. Damit folgt f¨ ur die Suszeptibilit¨at  χT = µ2B β < a†k,σ ak,σ a†k ,σ ak ,σ > σσ . (L.211) kk σσ

L¨ osungen

333

Bei der Auswertung des Erwartungswertes muss der Term k = k  getrennt betrachtet werden, da f¨ ur Fermionen n2k = nk mit k → {k, σ}, das heißt < nk nk > = δk,k < nk > + (1 − δk,k ) < nk nk > σσ  = δk,k fk + (1 − δk,k ) fk fk σσ  , (L.212) wobei fk die Fermi-Verteilung bezeichnet und der Index k der K¨ urze halber den Spinindex mit einschließt. Somit ergibt sich f¨ ur die Suszeptibilit¨at  χT = βµ2B fk (1 − fk ) (L.213) b) Da N =

k



∂N = ∂µ

fk , ist  k

k

2

1

eβ( k −µ) + 1

βeβ( k −µ) = β



fk (1 − fk ) .

k

(L.214) Damit wird die Suszeptibilit¨at χ = µ2B

∂N . ∂µ

(L.215)

Nun verwendet man noch die analytische Beziehung (8.51) zwischen dem chemischen Potenzial und der Teilchenzahl eines 2d-Fermi-Gases   µ = kT ln eβE0 /2 − 1 , (L.216) 2

 N wobei E0 = 4π 2mF die 2d-Nullpunktsenergie ist. L¨ost man nach N auf, so wird

N=

mF ln(eβµ + 1) . π2 β

(L.217)

Damit erhalten wir schließlich die Suszeptibilit¨at in der Form χT =

F µ2B m 1 . 2 π 1 + e−βµ

(L.218)

Dieses Resultat haben wir schon in Aufgabe 6.2 abgeleitet.

334

L¨ osungen

Aufgaben aus Kapitel 15 15.1 Bogoljubov-Variationsverfahren fu ¨ r anharmonischen Oszillator Der Hamilton-Operator des anharmonischen Oszillators ist in reduzierten Einheiten   1 d2 2 4 H= − 2 + x + λx (L.219) 2 dx und der des harmonischen Oszillators   1 d2 2 2 Ht = − 2 +ω x . 2 dx a) Der Test-Hamilton-Operator ist   1 † Ht = ω a a + . 2 Die Differenz H − Ht ist   1  H − Ht = 1 − ω 2 x2 + λx4 . 2 √ Mit der Variablen ξ = ωx wird H − Ht =

 1  λ 1 − ω2 ξ 2 + 2 ξ 4 . 2ω 2ω

(L.220)

(L.221)

(L.222)

(L.223)

Nun dr¨ ucken wir ξ durch die Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren aus  1  ξ = √ a† + a . (L.224) 2   Unter Verwendung der Kommutatorrelation a, a† = 1 ergibt sich  1  †2 ξ2 = a + a2 + 2a† a + 1 (L.225) 2 und  1  †4 a + 4a†3 a + 6a†2 a2 + 6a2 + 4a† a3 + a4 + 12a† a + 3 . ξ4 = 4 (L.226)

L¨ osungen

335

Wir setzen (L.225) und (L.226) in (L.223) ein und finden H − Ht ausgedr¨ uckt durch a und a†   1  H −Ht = 1 − ω 2 a†2 + a2 + 2a† a + 1 4ω  λ + a†4 + 4a†3 a + 6a†2 a2 + 6a†2 + 12a† a 2 8ω  + 4a† a3 + 6a2 + a4 + 3 . (L.227) b) Die freie Energie des Testoperators ist Ft = −kT ln Spe−βHt .

(L.228)

Die Spur bilden wir mit den Eigenfunktionen von Ht. Die Auswertung ergibt ' ∞ &  −βωa† a+ 1  −βHt n 2 Sp e = n e n=0

− βω 2

=e

∞ 

e−βωn

n=0 − βω 2

=e

S(βω) ,

(L.229)

wobei S als geometrische Reihe gegeben ist durch S(βω) = Damit gilt Ft =

1 . 1 − e−βω

  ω 1 + ln 1 − e−βω . 2 β

(L.230)

(L.231)

c) Die Mittelung von W (n) = H − Ht t

(L.232)

ist leicht mit dem in a) berechneten Ausdruck f¨ ur H − Ht (L.227) durchzuf¨ uhren. Alle nichtdiagonalen Terme verschwinden und es bleibt    ( )  λ 1 W (n) = − ω 2 a† a t + 1 4 ω ) ( )  λ  ( + 2 6 a† a† aa t + 12 a† a t + 3 . (L.233) 8ω

336

L¨ osungen

Mit dem gemittelten Teilchenzahloperator 1 = n(ω, T ) −1

nt =

eβω

und der Beziehung (15.53) finden wir   1  W (n) = 1 − ω 2 2n (ω, T ) + 1 4ω 2 3λ  + 2 2n (ω, T ) + 1 . 8ω Beweis von (15.53) Mit b = βω ist die geometrische Summe (L.230) S(b) =

∞ 

(L.235)

1 . 1 − e−b

(L.236)

e−b . (1 − e−b )2

(L.237)

e−bn =

n=0

(L.234)

Die erste Ableitung nach b ergibt S  (b) = −

∞ 

ne−bn = −

n=0

Der Teilchenzahlerwartungswert ist dann ∞ ne−bn < n >t = n(ω, T ) = n=0 ∞ −bn n=0 e S  (b) e−b 1 =− = = b , −b S(b) (1 − e ) e −1

(L.238)

wie schon oben ben¨ utzt. Die zweite Ableitung liefert 

S (b) =

∞  n=0

n2 e−bn =

e−b 2e−2b + . (1 − e−b )2 (1 − e−b )3

Damit ist S  (b) =< n2 >t = n(ω, T ) + 2n2 (ω, T ) . S(b) Damit wird

(L.239)

(L.240)

  < a† a† aa >t =< a† aa† −1 a >t =< n2 >t − < n >t = 2n2 (ω, T ) . (L.241)

L¨ osungen

337

d) Die zu variierende freie Energie F˜ ist durch F˜ = Ft + H − Htt = Ft + W (n)

(L.242)

gegeben. Wir dr¨ ucken (L.231) durch die Verteilungsfunktion aus und setzen W (n) nach (L.235 ein und finden ω 1 1 1 ω F˜ = − βω − ln n + (2n + 1) − (2n + 1) 2 β β 4ω 4 3λ + 2 (2n + 1)2 8ω     1 ω 3 1 1 = − ln n − n+ + n+ β 2 2 2ω 2 3λ + 2 (2n + 1)2 . (L.243) 8ω Die Ableitung nach ω - unter Ber¨ ucksichtigung der regel mit n = n (ω, T ) - f¨ uhrt auf    ∂ F˜ 1 n 1 3 ωn 1 n+ − =− − − 2 n+ ∂ω βn 2 2 2 2ω   n 3λ 3λn + − 3 (2n + 1)2 + (2n + 1) . 2ω 4ω 2ω 2

Produkt1 2



(L.244)

Es gilt: eβω (eβω − 1)2   2  1 1 = −β + eβω − 1 eβω − 1

n = −β

= −βn (n + 1) . Damit erhalten wir   ∂ F˜ 1 1 = 1 − 2 (2n + 1) ∂ω 4 ω 3λ 3λβ − 3 (2n + 1)2 − n (n + 1) (2n + 1) 2 4ω   2ω ωβ 1 + 1 − 2 n (n + 1) 2 ω

(L.245)

338

L¨ osungen

  1 1 3λ = (2n + 1) 1 − 2 − 3 (2n + 1) 4 ω ω   βω 1 3λ + n (n + 1) 1 − 2 − 3 (2n + 1) (L.246) 2 ω ω

und schließlich    ∂ F˜ 1 βω 1 3λ = (2n + 1) + n (n + 1) 1 − 2 − 3 (2n + 1) . ∂ω 4 2 ω ω (L.247) F¨ ur den Variationsparameter ω ˜ muss dieser Ausdruck verschwinden. Die erste Klammer ist immer positiv, daher muss gelten:  2  3λ (2n (˜ ω , T ) + 1) = ω ˜ ω ˜ −1 . (L.248) Dies ist eine transzendente Bestimmungsgleichung f¨ ur ω ˜. e) F¨ ur T = 0 ist n (˜ ω , T ) = 0. Gleichung (L.248) vereinfacht sich daher erheblich. Wir erhalten f (ω) = ω 2 − 1 =

3λ ω

(L.249)

und k¨onnen ω ˜ graphisch u ¨ber den Schnittpunkt der Kurven f (ω) = ω 2 − 1 und f (ω) = 3λ bestimmen, wie in Abb. L.3 ω gezeigt. F¨ ur λ → 0 geht ω ˜ → 1 und wir reproduzieren den harmonischen Oszillator. 8

λ= 3

f(ω)

6 4

λ=1

2

λ =0.3 λ=0.1

0 0

1

2

ω

3

4

Abb. L.3. Graphische Bestimmung des Variationsparameters ω

F¨ ur kleine λ erh¨alt man mit dem Ansatz ω ˜ = 1+δ

L¨ osungen

3λ 2δ , 1+δ oder δ

3λ . 2

339

(L.250)

(L.251)

F¨ ur große λ findet man 1

ω ˜ → (3λ) 3 .

(L.252)

Ein harmonischer Oszillator mit dieser Frequenz beschreibt also die freie Energie eines Oszlillators mit der Anharmonizit¨atsst¨arke λ am besten. Aufgaben aus Kapitel 16 16.1 Master-Gleichung fu ¨r Generation und Rekombination a) Die Master-Gleichung f¨ ur einen Poisson-Prozess ist dρn = −gρn + gρn−1 dt

(L.253)

mit n ≥ 0. Beginnen wir mit n = 0, so ist mit τ = gt dρ0 = −ρ0 , dτ

(L.254)

mit der L¨osung ρ0 (τ ) = ρ0 (0)e−τ = e−τ . Die Gleichung mit n = 1 liefert dann dρ1 = −ρ1 + e−τ . dτ

(L.255)

Wir machen den Ansatz ρ1 (τ ) = q1 (τ )e−τ und erhalten dq1 =1. dτ

(L.256)

Da q1 (0) = 0, erhalten wir die L¨osung q1 (τ ) = τ und damit ρ1 (τ ) = τ e−τ .

(L.257)

340

L¨ osungen

Entsprechend liefert n = 2 dρ2 = −ρ2 + τ e−τ . dτ Mit ρ2 (τ ) = q2 (τ )e−τ finden wir q2 (τ ) = τ 2 −τ e . 2 Das allgemeine Bildungsgesetz ist damit ρ2 (τ ) =

(L.258) τ2 , 2

also (L.259)

τ n −τ e . (L.260) n! Das  ist gerade die Poisson-Verteilung. Man sieht sofort, dass n ρn (τ ) = 1. Das Maximum der Poisson-Verteilung in Bezug auf die Zeit ist  n−1  dρn τ τ n −τ = − e =0. (L.261) dτ (n − 1)! n! ρn (τ ) =

Also erreicht die Wahrscheinlichkeitsverteilung ρn (τ ) nach der Zeit τmax = n oder tmax = ng ihr Maximum. b) Die Master-Gleichung f¨ ur ein Populationsmodell ist dρn = −(g + r)nρn + g(n − 1)ρn−1 + r(n + 1)ρn+1 . (L.262) dt Mit der Green-Funktion Gn,m (t), die der inhomogenen Gleichung d  +(g+r)nδn,m −g(n−1)δm,n−1 −r(n+1)δm,n+1 Gn,m = δn,m dt (L.263) gen¨ ugt, zeigt  man durch Einsetzen von ρn (t) = m Gn,m (t)ρm (t = 0) in die Master-Gleichung, dass der Ansatz die Gleichung befriedigt. ∞ Eine Laplace-Transformation von Gn,m (s) = 0 dte−st Gn,m (t) f¨ uhrt zu   −s+(g+r)nδn,m+g(n−1)δm,n−1 +r(n+1)δm,n+1 Gn,m = δn,m . (L.264) Diesen Satz inhomogener algebraischer Gleichungen kann man iterativ in Form eines Kettenbruchs l¨osen.

L¨ osungen

341

c) Die Master-Gleichung f¨ ur das H¨ upfmodell entsteht aus (16.41) mit den konstanten Raten G(n) = w und R(n) = w, die f¨ ur Generation und Rekombination gleich groß sind. Aufgaben aus Kapitel 17 17.1 Kinetische Gleichung mit elektrischem Feld Die Bewegungsgleichung des Feldoperators ist in Anwesenheit eines elektromagnetischen Feldes   2 ∂ψ(r) 1  e i = −i∇ − A(r, t) + eφ(r, t) ψ(r) . ∂t 2m c (L.265) a) F¨ ur die Dichtematrix erhalten wir mit skalarer Eichung   ∂ 2  i + ∇r · ∇r ρ(r, r  , t) (L.266) ∂t 2m     r  r  − e φ r + ,t − φ r − ,t ρ(r, r , t) = 0 . 2 2 Der letzte Term wird er  ·E. F¨ ur die Verteilungsfunktion folgt dann ∂ 1 f (r, p, t) + p · ∇r f (r, p, t) + eE · ∇p f (r, p, t) = 0 . ∂t m (L.267) b) In der vektoriellen Eichung erhalten wir f¨ ur die Dichtematrix    ∂ 2   i + ∇r · ∇r + i eEt∇r ρ(r, r  , t) = 0 . ∂t m m (L.268) F¨ ur die Verteilungsfunktion folgt dann  ∂ 1 f (r, p, t) + p + eEt · ∇r f (r, p, t) = 0 . (L.269) ∂t m c) Verwendet man in (L.269) einen zeitabh¨angigen Impuls p(t) = p + eEt ,

(L.270)

342

L¨ osungen

und dr¨ uckt die Verteilungsfunktion aus als f (r, p(t), t), so entsteht aus (L.269) ∂ f (r, p(t), t) (L.271) ∂t 1 dp(t) + p(t) · ∇r f (r, p, t) + · ∇p(t) f (r, p(t), t) = 0 . m dt Setzt man in diese Gleichung die aus (L.270) folgende NewtonGleichung ein, so entsteht aus (L.271) gerade die kinetische Gleichung (L.267) mit p(t) → p. Aufgaben aus Kapitel 18 18.1 Lindhard-Formel

Re[ε-1(q,ω)]

a) Aus der Suszeptibilit¨at (18.12) folgt die Lindhardsche dielektrische Funktion  f|k −k| − fk

(k, ω) = 1 − Vk . (L.272) (ω + |k −k| − k + iη) k

ω/ωpl

q/k F

Abb. L.4. Frequenz- und Wellenzahlabh¨ angigkeit des Realteils der inversen dielektrischen Funktion

Wir entwickeln Z¨ahler und Nenner nach kleinen Wellenzahlen k:

L¨ osungen

f|k −k| = fk −

 i

ki

∂fk . ∂ki

343

(L.273)

Bis zur ersten Ordnung in k wird der Nenner (ω + iη) −  2 ki ki i m , also wird die dielektrische Funktion  ∂f  i ki ∂kk   2 kj kj  i

(k → 0, ω) = 1 + Vk 1+ . (ω + iη) m(ω + iη)  j k

(L.274) Der Term proportional zu ki gibt ein verschwindendes Oberfl¨achenintegral. F¨ ur den Term proportional zu ki kj liefert eine partielle Integration

(k → 0, ω) = 1−Vk

  ki kj fk δi,j 4πe2 n 1 = 1− . 2 m(ω + iη) m (ω + iη)2  i,j k

(L.275) Man nennt die Form

(0, ω) = 1 −

2 ωpl (ω + iη)2

(L.276)

die Drude-Formel. Die obige Abbildung zeigt die inverse dielektrische Funktion bei verschwindender Wellenzahl und kleinen Frequenzen dieses Drude-Verhalten in der Form (0, ω)−1 = 2 ω 2 /(ω 2 − ωpl ). b) Im statischen Grenzfall gilt   ki ∂fk /∂k  i 2  i .

(k, 0) = 1 + Vk (L.277) i  ki ki /m  k

Nun ist

 i

ki

∂fk  ∂fk 2 ki = ki . ∂ki ∂µ m i

Damit wird

(k, 0) = 1 + Vk

∂  fk  ∂µ k

oder

(k, 0) = 1 +

κ2 , k2

(L.278)

(L.279)

(L.280)

344

L¨ osungen

%

wobei

4πe2

κ=

∂n ∂µ

(L.281)

die Abschirmwellenzahl ist. Das statisch abgeschirmte CoulombPotenzial wird mit (18.21) und (18.24) Vs (k) =

Vk 4πe2 = 2 .

(k, 0) (k + κ2 )V

(L.282)

Auch dieser statische Grenzfall ist in der obigen Abbildung als (k, 0)−1 = k 2 /(k 2 + κ2 ) bei der Frequenz ω = 0 zu sehen. Man sieht in dieser Abbildung aber auch, dass bei endlichen Frequenzen ein stark dynamisches Verhalten der Abschirmung vorliegt. Das zeigt sich insbesondere in einer Resonanz bei der Plasmafrequenz. c) F¨ ur eine nichtentartete Boltzmann-Verteilung gilt n = n0 eβµ ,

(L.283)

also

∂n n = n0 βeβµ = . ∂µ kT Die Debye-Abschirmwellenzahl ist damit  4πe2 n κ= . kT

d) F¨ ur eine entartete Fermi-Verteilung gilt  µ 2 (3d) 3 (3d) 1 n= deρ0 e 2 = ρ0 µ 2 3 0   32 (3d) mit ρ0 = 2π1 2 2m und der Fermi-Energie µ = 2 1 3 n = 3π2 kF . Damit ist ∂n 3n (3d) 1 = ρ0 µ 2 = . ∂µ 2µ

(L.284)

(L.285)

(L.286) 2 2 kF 2m

und

(L.287)

Das ergibt die Thomas-Fermi-Abschirmwellenzahl κ2 =

 2ρ 6πe2 n 0 = 6πe2 µ 3

(3d)  2 3

1

n3 =

4e2 mkF . π2

(L.288)

L¨ osungen

345

Aufgaben aus Kapitel 19 19.1 Plasmadispersion eines quasi-zweidimensionalen Elektronengases a) Die 2d-Fourier-Transformierte des Coulomb-Potenzials ist  2 dr Vk = V (r)eik·r . (L.289) F Dabei ist F die Fl¨ache der Schicht. In Polarkoordinaten wird  ∞  2π e2 Vk = dr dφeikr cos φ . (L.290)

0 F 0 0 Das Winkelintegral liefert eine Bessel-Funktion der ersten Art von nullter Ordnung J0 (kr):  2πe2 ∞ Vk = d(kr)J0 (kr) . (L.291) k 0 F 0 ∞ F¨ ur die Bessel-Funktion J0 gilt 0 dxJ0 (x) = 1. Damit ist die 2d-Fourier-Transformierte des Coulomb-Potenzials Vk =

2πe2 . k 0 F

(L.292)

Statt einer k −2 -Abh¨angigkeit wie in 3D, hat man in 2D nur eine k −1 -Abh¨angigkeit. b) Die Eigenmoden-Gleichung ist 1 = −V (k)χ0n,n(k, ω) . F¨ ur die Suszeptibilit¨at gehen wir aus von der Form  ∂f  i ki ∂ki P 2  χ0n,n (k, ω) = . j  kj kj  ω − k m

(L.293)

(L.294)

Entwickeln wir den Nenner, so entsteht der nichtverschwindende Term 1  ∂f χ0n,n (k, ω) = ki kj kj  . (L.295) 2 mω ∂ki  i,j k

346

L¨ osungen

Eine partielle Integration liefert 1  χ0n,n (k, ω) = − ki kj δi,j fk . mω 2 k  i,j

(L.296)

Die Eigenmodengleichung (L.293) mit dem 2d-Coulomb-Potenzial liefert schließlich ω2 =

2πe2 kn 2 = ωpl (k) .

0 m

(L.297)

c) Anders als in 3d ist die 2d-Plasmafrequenz proportional zur Quadratwurzel aus der Wellenzahl. Sie geht also insbesondere f¨ ur kleine Wellenzahlen gegen null. Aufgaben aus Kapitel 20 20.1 Boltzmann-Gleichung fu ¨r Elektron-Phononstreuung a) Die zeitliche Entwicklung der Besetzungswahrscheinlichkeiten ist dann gegeben durch den Kommutator   dfk i = < Hw (t), a†k(t)ak(t) > (L.298) dt  oder =

   i Wq < a†l+q (t)al(t)bq (t) + h.k. , a†k(t)ak(t) > .  q,l (L.299)

Damit wird

 dfk i =− Wq < a†k(t)ak−q (t)bq (t) − a†k+q (t)ak(t)bq (t) dt  q,l  † † † † + bq (t)ak(t)ak+q(t) − bq (t)ak−q (t)ak(t) > . (L.300)

b) Als n¨achsten Schritt m¨ ussen die Bewegungsgleichungen der Erwartungswerte dieser vier Operatorausdr¨ ucke, die jeweils aus einem Produkt von drei Operatoren bestehen, berechnet werden. Diese Operatoren vertauschen nicht mit dem H0 -Anteil

L¨ osungen

347

des Hamilton-Operators der Elektronen und Phononen, der deshalb auch ben¨ utzt werden muss. d < a†k(t)ak−q (t)bq (t) > (L.301) dt   = i k − |k−q| − ωq < a†k(t)ak−q (t)bq (t) >   i − Wp < a†k(t)ak−q (t)bq (t), b†p(t)a†l (t)al+p > .  p,l Durch Faktorisierung wird aus dem letzten Term   i − Wq fk(t)(1−fk−q (t))(1+gq(t))−(1−fk(t))fk−q (t)gq (t)) .  (L.302) Die Integration der Gleichung (L.302) liefert damit  iWq t  i( k − |k−q| −ωq )(t−t ) † < ak(t)ak−q (t)bq (t) >= − dt e (L.303)  0   × fk(t )(1−fk−q (t ))(1 + gq(t ))−(1−fk(t ))fk−q (t )gq (t ) . Setzen wir dieses Ergebnis und die drei entsprechenden Ausdr¨ ucke in (L.300) ein, so erhalten wir     dfk 2  t  2 =− 2 dt Wq cos ( k − |k−q| − ωq )(t − t ) dt  q 0  × fk(t )(1 − fk−q (t ))(1 + gq(t )) (L.304)     − (1 − fk(t ))fk−q (t )gq (t ) − k → k+q . Dabei haben wir ausgen¨ utzt, dass im vierten Term gegen¨ uber dem ersten Term in (L.300) jeweils Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren ausgetauscht sind, was dazu f¨ uhrt, dass Anfangs- und Endzust¨ande im Streuprozess ausgetauscht sind: gq (t ) ↔ (1+gq (t )) und fk(t) ↔ (1−fk(t )). Ebenso verhalten sich die Terme zwei und drei zueinander. Schließlich geht der zweite Term aus dem ersten hervor, wenn man den Vektor k ersetzt durch k + q.

348

L¨ osungen

c) Das Ergebnis (L.304) ist die quantenkinetische Gleichung f¨ ur die Streuung von Elektronen durch Wechselwirkung mit Phononen. Man erkennt leicht wieder die Besetzungszahlen der Anfangs- und Endzust¨ande der Streuprozesse. Allerdings gehen alle Besetzungszahlen ein mit ihrem Wert zur fr¨ uheren Zeit  t . Man sieht also, dass die Quantenkinetik im Vergleich zur halbklassischen Boltzmann-Kinetik Ged¨achtniseffekte enth¨alt. Man muss u ¨ber die Vergangenheit des Systems integrieren. Statt der Energieerhaltung f¨ ur die einzelnen St¨oße, tritt in der Quantenkinetik die Energiedifferenz als Frequenz in einer oszillierenden trigonometrischen Funktion auf. Diese oszillierende Funktion, die von dem Abstand der Jetztzeit t zur fr¨ uheren Zeit t abh¨angt, bestimmt den Integralkern des Faltungsintegrals und damit die Ged¨achtnistiefe. Die in der Zeit lokale Boltzmann-Gleichung nennt man eine Markov-Gleichung, die quantenkinetische Gleichung (L.304) ist also eine NichtMarkov-Gleichung. Die oszillierenden Wellenterme in (L.304) zeigen, dass die Teilchen auf kurzen Zeitskalen koh¨arente quantenmechanische Wellen sind. Da diese Quantenkoh¨arenz aber im Lauf der Zeit zerf¨allt, muss der Kosinusterm durch einen D¨ampfungs term e−(γk +γk−q )(t−t ) erg¨anzt werden, wie Ableitungen mit Nichtgleichgewichts-Vielteilchentheorie zeigen. N¨aheres findet man zum Beispiel in der Monografie zur Quantenkinetik von Haug und Jauho (1996). Dabei ist γk die D¨ampfung der dem Zustand k zugeordneten zeitlichen Oszillation (genauer die D¨ampfung der Spektralfunktion). Man nennt γk auch die Stoßverbreiterung des Zustandes k. d) Jetzt l¨asst sich auch der Zusammenhang mit der BoltzmannGleichung darstellen. Ist die Ged¨achtnistiefe klein gegen die Zeit t und sind die Ver¨anderungen der Verteilungsfunktionen hinreichend langsam, so lassen sich alle Verteilungsfunktionen aus dem Zeitintegral herausziehen und durch ihren Wert an der oberen Grenze, also zur Zeit t, ersetzen. Das verbleibende Integral hat die Struktur  t 1 − e(i∆ω−Γ )t 1 − e(−i∆ω−Γ )t  2 dt cos(∆ω(t−t ))e−Γ (t−t ) = + . −(i∆ω − Γ ) i∆ω + Γ 0 (L.305)

L¨ osungen

349

F¨ ur Γ t 1 wird  t  2 dt cos(∆ω(t − t ))e−Γ (t−t ) =

2Γ → 2πδ(∆ω) , (∆ω)2 + Γ 2 0 (L.306) das heißt statt einer exakten energie-erhaltenden Deltafunktion liefert dieser Grenzfall der Quantenkinetik eine um Γ verbreiterte Resonanzkurve, die erst im Grenzfall Γ → 0 u ¨bergeht in 2πδ(∆ω). Aber auch f¨ ur Γ = 0 hat die Formel (L.305) einen Grenzwert, der in eine Deltafunktion u ¨bergeht 1 − ei∆ωt 1 − e−i∆ωt 2 sin(∆ωt) − =− → −2πδ(∆ω) . i∆ω i∆ω ∆ω (L.307) Aufgaben aus Kapitel 21 21.1 Linearisierte Boltzmann-Gleichung fu ¨r ein klassisches Gas Der Boltzmann-Stoßterm vereinfacht sich f¨ ur den klassischen Grenzfall zu    ∂f (p)     = − w(p, p1 ; p , p1 ) f (p)f (p1 ) − f (p )f (p1 ) . ∂t Stoß   p1 ,p ,p1

(L.308) F¨ ur ein nichtentartetes Gas gilt f (p, t) = e−β(ep −µ)+φ(p,t) .

(L.309)

Die Entwicklung dieser Verteilungsfunktion nach φ(p, t) gibt mit f = f 0 + δf δf (p, t) = f 0 (p)φ(p, t) . (L.310) Der linearisierte Stoßterm ist dann   ∂δf (p) =− w(p, p1 ; p , p1 ) δf (p)f 0 (p1 ) + f 0 (p)δf (p1 ) ∂t Stoß p1 ,p ,p1  − δf (p )f 0 (p1 ) − f 0 (p )δf (p1 ) . (L.311)

350

L¨ osungen

Die Stoßrate f¨ ur die normierte Abweichung φ(p) ergibt dann  ∂φ(p, t) 1 =− 0 w(p, p1 ; p , p1 ) (L.312) ∂t f (p) p1 ,p ,p1   0 0   0 0    × φ(p, t) + φ(p1 ) f f1 − φ(p , t) + φ(p1 ) f f1 . Mit der Beziehung des detaillierten Gleichgewichts 

f 0 f10 = f 0 f10



(L.313)

vereinfacht sich die linearisierte Boltzmann-Gleichung zu ∂φ(p, t) 1 = −L φ(p, t) = − 0 (L.314) ∂t f (p)    × W(p, p1 ; p , p1 ) φ(p, t) + φ(p1 , t)− φ(p , t)− φ(p1 , t) p1 ,p ,p1

mit

W(p, p1 ; p , p1 ) = w(p, p1 ; p , p1 )f 0 f10 .

(L.315)

Die Matrix W hat die Symmetrien (21.7), wie man unter Verwendung der Beziehung des detaillierten Gleichgewichts sieht. Der Stoßoperator ist ein Integraloperator  Lφ(p) = L(p, p )φ(p ) . (L.316) p

Die Eigenfunktionen φλ (p) sind L¨osungen von Lφλ (p) = λφλ (p) . Das Skalarprodukt σ|φ ist  σ|φ = f 0 (p)σ(p)φ(p) , p

φ|φ =



(L.317)

f 0 (p)φ2 (p) . (L.318)

p

Die Gewichtsfunktion ist einfach f 0 (p). Es gilt  σ|Lφ = σ(p)W(p, p1 ; p , p1 ) p,p1 ,p ,p1

(L.319)

  × φ(p, t) + φ(p1 , t) − φ(p , t) − φ(p1 , t) .

L¨ osungen

351

Wie im Text folgert man durch Ausnutzung der Symmetrie, dass σ|Lφ = Lσ|φ .

(L.320)

21.2 Relaxationszeit fu ¨r ein klassisches Gas harter Kugeln Die Relaxationszeit (21.20) wird mit dem Impuls¨ ubertrag q  fp0 p

τ

=



fp0 fp01 W02

p,p1 ,q

 2π  δ ep + ep1 − e|p+q| − e|p1 −q| . (L.321) 

Die Energieerhaltung liefert die Bedingung 2 2 (p + p21 − p2 − 2pq − q 2 − p21 + 2p1 q − q 2 ) = 0 2m

(L.322)

oder

2 (−(p − p1 )q − q 2 ) = 0 . (L.323) m F¨ uhrt man den Winkel θ zwischen q und p − p1 ein, so wird in Polarkoordinaten  ∞  +1  V  2mπ  2π q 2 dq d cos θfp0 fp01 W02 3 δ |p − p1 |q cos θ + q 2 . 3 (2π) p,p  0 −1 1

(L.324) 1 Dabei haben wir die Regel δ(ax) = |a| δ(x) angewandt. Die Inq tegration u . Die ¨ber cos θ liefert einen Beitrag bei cos θ = − |p−p 1| Wellenzahl q muss also folgender Bedingung gen¨ ugen: q ≤ |p−p1 |. Damit wird   |p−p1 | V 2mπ 1 2π q 2 dqfp0fp01 W02 3 . (L.325) 3 (2π)  |p − p |q 1 0 p,p 1

Dabei kam wieder die oben genannte Deltafunktionsregel zur Anwendung. Die q-Integration liefert das Ergebnis n 1 2m  = W |p − p1 |fp0 fp01 . (L.326) τ 4π 0 3 p,p 1

352

L¨ osungen

Wir wollen dieses Ergebnis den Radius a0 der Kugeln  noch durch iq·r ausdr¨ ucken. Da W (r) = q Wq e , ist die nullte Impulskompo nente W0 = V1 d3 rW (r) = V1 4π a3 W (0). Setzen wir den großen 3 0 Wert im Inneren der Kugel proportional zur Nullpunktsenergie 32 W (0) = ma 2 , so wird 0

1 2π2 W0 = 2a0 . V m

(L.327)

Also erhalten wir n 1   = 2 π(2a0 )2 |p − p1 |fp0 fp01 . τ V p,p m

(L.328)

1

Man sieht, dass die inverse Relaxationszeit linear mit dem mittleren Betrag der Geschwindigkeitsdifferenz |v − v 1 | anw¨achst. Das von der Quantenmechanik her gewonnene Ergebnis (L.328) stimmt gerade mit dem klassisch abgeleiteten Ergebnis f¨ ur harte Kugeln u ¨berein. 21.3 Auswertung der Relaxationszeit fu ¨ r harte Kugeln a) Nach (21.22) ist die inverse Relaxationszeit propotional dem √ 2 Betrag der mittleren Relativgeschwindigkeit u . Im thermischen Gleichgewicht ist die kinetische Energie der Relativbewegung gegeben durch √ kT . Also muss die inverse Relaxationszeit porportional zu kT sein. Je h¨oher die Temperatur, um so k¨ urzer wird die Relaxationszeit. b) Zur Vereinfachung der Integration transformiert man die Geschwindigkeiten auf Schwerpunkts- und Relativkoordinaten. Es gilt vs =

1 (v + v 1 ) 2

und u = v − v 1 .

(L.329)

Aus (L.329) erh¨alt man durch Quadrieren und Addieren 1 v 2 + v12 = 2vs2 + u2 . 2

(L.330)

L¨ osungen

353

Die Jacobi-Determinante gibt 1, so dass gilt d3 v d3 v1 =

∂ (v, v 1 ) 3 d vs d3 u = d3 vs d3 u . ∂ (u, v s )

(L.331)

Die Relaxationszeit τ (21.22) ist also gegeben durch   m 3  m n 2 2 2 2 3 = πd n d vs d3 u u e− kT (vs +u /4) . (L.332) τ 2πkT Wir nutzen die Symmetrie des Problems und gehen zu Kugelkoordinaten u ¨ber  ∞  ∞  m 2 m n m 3 2 2 2 2 2 − kT vs = πd n (4π) dvs vs e duu3 e− 4kT u . τ 2πkT 0 0 (L.333) Die verbleibenden Integrale kann man durch Gammafunktionen ausdr¨ ucken. Wir erhalten  1/2   1 kT 3 2 = 8nd Γ (2) Γ . (L.334) τ m 2   √ Die Relaxationszeit ist also mit Γ 32 = 2π und Γ (2) = 1 τ= 4nd2

1 

.

(L.335)

πkT m

Man u ¨berzeugt sich leicht von der Richtigkeit der Dimension. Die Wurzel ist eine mittlere Geschwindigkeit und [nd2 ] = cm− 1, also [τ ] = s. Aufgaben aus Kapitel 22 22.1 Orthonormierung der Eigenfunktionen des Stoßoperators Die Eigenfunktion, die zur Teilchenzahl geh¨ort, ist eine Konstante φ0 (v) = a0 . Die Normierung fordert  d3 vf 0 (v)φ20 = 1 = Na20 , (L.336)

354

L¨ osungen

also a0 =

√1 N

und damit 1 φ0 = √ . N

(L.337)

Die n¨achsten drei Eigenfunktionen sind mit der Impulserhaltung verkn¨ upft, also φi (v) = ai vi . Diese Funktionen sind automatisch orthogonal auf φ0 , da d3 vf 0 (v)φ0 φi (v) = 0 aus Symmetriegr¨ unden. Die Normierung liefert   NkT 3 0 2 2 d vf (v)φi = ai d3 vf 0 (v)vi2 = a2i =1 (L.338) m  oder ai = NmkT . Damit ist  m φi = vi , i = 1, 2, 3 . (L.339) NkT Die Energieerhaltungsgr¨oße ist φ4 (v) = a4 (v 2 − b). Die Orthonormierung mit φ0 ergibt   a4  3kT d3 vf 0 (v)φ0 φ4 (v) = 0 = √ N − bN (L.340) m N oder b = 3kT . Mit φi ist φ4 automatisch orthogonal. Die Normiem rung ergibt  2   3kT 3 0 2 2 3 0 2 d vf (v)φ4 = a4 d vf (v) v − m   2  6kT 3kT 2 4 2 = a4 < v > − < v > +N . (L.341) m m Nun ist < v 2 >= N 3kT und m < v 4 >= N

15(kT )2 . m2

(L.342)

Damit wird  2  2  kT kT 3 0 2 2 2 d vf (v)φ4 = a4 N (15 − 18 + 9) = a4 6N =1. m m (L.343)

L¨ osungen

Damit wird a4 =

m √1 kT 6N

355

und die orthonormierte Eigenfunktion 

φ4 (v) =

2 3N



mv 2 3 − 2kT 2

 .

(L.344)

Aufgaben aus Kapitel 23 23.1 Diffusionsgleichung Im Bezug auf die Raumvariable x f¨ uhren wir eine FourierTransformation durch  +∞ dk ikx f (x, t) = e f (k, t) , (L.345) −∞ 2π 

wobei

+∞

f (k, t) =

dxe−ikx f (x, t) .

(L.346)

−∞

Damit wird die partielle Differenzialgleichung (23.44)    +∞ dk ikx ∂ 2 e + k D f (k, t) = 0 , ∂t −∞ 2π oder

∂ f (k, t) = −Dk 2 f (k, t) ∂t

(L.347)

(L.348)

mit der L¨osung f (k, t) = f (k, t = 0)e−k

2 Dt

.

(L.349)

Die Anfangsverteilung f (x, 0) = δ(x) liefert nach (L.346) gerade f (k, 0) = 1. Die Fourier-Transformation von (L.349) ergibt dann  +∞   x dk −Dt k2 −i Dt k f (x, t) = e . (L.350) −∞ 2π Durch quadratische Erg¨anzung erh¨alt man  +∞ “ ” 2 2 x x x dk −Dt k2 −i2k 2Dt −( 2Dt +( 2Dt ) ) f (x, t) = e , −∞ 2π

(L.351)

356

L¨ osungen

x oder mit der neuen Variablen z = k − i 2Dt  +∞ dz −Dtz2 − x2 f (x, t) = e e 4Dt , −∞ 2π

(L.352)

das heißt wir bekommen ein Gauß-Integral. Man kann zeigen, dass die Verschiebung des Integrationsweges ins Komplexe das Ergebnis nicht beeinflusst. Wir bekommen also  x2 1 π − x2 1 f (x, t) = e 4Dt = √ e− 4Dt . (L.353) 2π Dt 4πDt Wir erhalten ein Gauß-Paket, √das zerfließt. Die Halbwertsbreite dieser Verteilung w¨achst wie 4πDt mit der Zeit an. Entspre1 chend f¨allt das Maximum bei x = 0 wie √4πDt ab.

23.2 Eigenfunktionen fu ¨r ein harmonisches Potenzial a) Die Drift- und Diffusionskoeffizienten sollen sein A = ak

und B = const.

(L.354)

Die Funktion g(k) wird dann nach (23.37) g(k) = −

ak , 2B

(L.355)

und der Term m von (23.34) wird −m =

a2 k 2 a − . 4B 2

(L.356)

Der transformierte Fokker-Planck-Operator (23.39) wird damit d2 a2 k 2 a F˜ = −B 2 + − . (L.357) dk 4B 2 Das ist aber gerade der Hamilton-Operator eines harmoni1 schen Oszillators mit der Masse m = 2B , der Frequenz ω = a und  = 1. Wir kennen daher sofort seine Eigenwerte und seine Eigenfunktionen

L¨ osungen

λn = na, n = 0, 1, 2, · · · und

 a  14 1 x2 √ e− 2 Hn(x) , φn (x) = π2B 2n n!

(L.358) 

x=k

357

a . (L.359) 2B

Dabei ist Hn (x) das Hermite-Polynom n-ter Ordnung dn −x2 e . (L.360) dxn Wir sehen auch, dass die Verschiebung von − a2 in (L.357) gerade n¨otig war, um den niedersten Eigenwert zu Null zu machen. b) Der Eigenwert des ersten angeregten Zustandes bestimmt hier also eindeutig eine Relaxationszeit: Hn (x) = (−1)n ex

2

τ = λ−1 1 =

1 . a

(L.361)

Aufgaben aus Kapitel 24 24.1 Das Ginzburg-Landau-Potenzial der Nukleation a) Unterhalb der kritischen Zahl nc ist die Verdampfungsrate zu groß. Die kritische Teilchenzahl ist gegeben durch ae−

φ(nc ) kT

= cnx .

(L.362)

Da beide Prozesse an der Oberfl¨ache des Tr¨opfchens stattfinden, f¨allt die Gr¨oße der Oberfl¨ache ∝ n2/3 heraus. Die Exzitonenkonzentration nx ist durch die Intensit¨at des anregenden Lasers bestimmt. Setzt man das Austrittspotenzial φn ein, so ist bei gegebener Exzitonenkonzentration die kritische Teilchenzahl b3 σ 3 nc =  (L.363) 3 . φ∞ + kT ln cnax Die kritische Teilchenzahl ist also proportional zur dritten Potenz der Oberfl¨achenspannung, da dieser Term, wie oben diskutiert, die Verlustrate durch Verdampfung f¨ ur kleine Cluster empfindlich erh¨oht. Andererseits reduziert eine große Austrittsarbeit φ∞ diesen Effekt, ebenso wie eine im Verh¨altnis

358

L¨ osungen

zur Verdampfungsrate große Generationsrate. Nat¨ urlich wird ein kleiner Wert von nc g¨ unstig sein f¨ ur die Tropfenbildung. b) Ohne endliche Lebensdauer w¨ urden die Tr¨opfchen beliebig anwachsen. Die stabile Tr¨opfchengr¨oße ist nach (24.16) nm = (cnx τ )3 .

(L.364)

Starkes optisches Pumpen, das heißt eine große Exzitonenkonzentration und eine lange Lebensdauer, erh¨ohen die stabile Tropfengr¨oße. Die dritte Potenz stammt daher, dass ein Oberfl¨achenprozess ∝ n2/3 einem Volumenterm ∝ n die Waage h¨alt. Aufgaben aus Kapitel 25 25.1 Erhaltung der Wirbel a) In Komponentenschreibweise ist  ∂ ∂ (rot grad φ)i =

ijk φ. ∂xj ∂xk j,k Durch Umbenennung j ↔ k erh¨alt man  ∂ ∂ (rot grad φ)i =

ikj φ. ∂xk ∂xj j,k

(L.365)

(L.366)

Nun ist aber ikj = − ijk , w¨ahrend die Ableitungen nach xj und xk miteinander vertauscht werden d¨ urfen. Daher ist   ∂ ∂ ∂ ∂

ijk φ=−

ijk φ. (L.367) ∂xk ∂xj ∂xk ∂xj j,k j,k ¨ Der Ausdruck ist also null. Ahnlich gilt  ∂ ∂ div rot u =

ijk uk . ∂x ∂x i j i,j,k

(L.368)

Dieses Mal nennen wir erst i ↔ j und n¨ utzen aus, dass ijk schief ist, w¨ahrend die Ableitungen nach xi und xj wieder vertauschen. Dann folgt wie oben, dass auch dieser Ausdruck gleich seinem Negativen ist, also verschwindet.

L¨ osungen

359

¨ b) Entlang einer Stromlinie ist die totale zeitliche Anderung durch die mitgef¨ uhrte Ableitung  d ∂ ∂ ui = + dt ∂t ∂xi i

(L.369)

gegeben. Ohne ¨außere Kraft ist also die Euler-Gleichung d 1 ∂ ui = − p dt ρ ∂xi

(L.370)

gegeben. Nun schreiben wir den Term auf der rechten Seite als −

1 ∂ ∂ p=− P , ρ ∂xi ∂xi 

wobei

(L.371)

dp . ρ(p )

(L.372)

d ∂ ui = − P . dt ∂xi

(L.373)

p

P = 0

Damit ist die Euler-Gleichung

Bildet man nun die Rotation dieser Gleichung, so entsteht wegen rot grad P = 0 d rot u = 0 . (L.374) dt Man nennt das Ergebnis auch den Helmholtz-Wirbelsatz. Aufgaben aus Kapitel 26 26.1 Hydrodynamische Eigenmoden a) Die Erhaltungss¨atze lauten ∂t n + ∂i ji = 0

(L.375)

m∂t ji + ∂i p = 0 .

(L.376)

und

360

L¨ osungen

Wir nennen die Massendichte ρ = nm. Falls die Prozesse adiabatisch sind, gilt ∂p ∂i p = (L.377) ∂i ρ . ∂ρ S Aus (L.375) folgt ∂t2 ρ + m∂i ∂t ji = 0 (L.378) und mit (L.376)

 ∂t2 ρ

=

∂i2 p

=

∂p ∂ρ

 ∂i2 ρ .

(L.379)

S

Der Ansatz ρ(x, t) = ρ0 e−i(ωt−k·x) liefert %  ∂p ω = cs k mit cs = . ∂ρ S

(L.380)

b) Zur Berechnung der Schallgeschwindigkeit eines ideales Gases 5 teilen wir die adiabatische Zustandsgleichung durch N 3 und erhalten 5 pn− 3 = const. . (L.381) Das totale Differenzial dieses Ausdruckes liefert 5 8 5 dp n− 3 − pn− 3 dn = 0 (L.382) 3 oder mit p = nkT   ∂p 5 = kT . (L.383) ∂n S 3 Damit ist die Schallgeschwindigkeit eines idealen Gases 5 kT . (L.384) 3m mc2s ist also proportional kT , der einzigen charakteristischen Energie eines klassischen idealen Gases. Die Schallgeschwindigkeit steigt also mit der Wurzel der Temperatur an. c) Setzt man die Dichtewelle und die entsprechende Stromwelle c2s =

mji = ρvi = ρvi0 e−i(ωt−k·x)

(L.385)

in (L.375) und (L.376) ein, so sieht man, dass es sich um eine longitudinale Schwingung handelt mit k · j = kj.

L¨ osungen

361

Aufgaben aus Kapitel 27 27.1 Str¨ omung in einem Rohr F¨ ur eine inkompressible Fl¨ ussigkeit (n (r, t) = ρ/m = const.) reduziert sich die Kontinuit¨atsgleichung auf ∂i ui (r, t) = 0

(L.386)

und damit die Navier-Stokes-Gleichung auf nm (∂t + ul ∂l ) ui = −∂i p + η∆ui .

(L.387)

In der angegebenen Geometrie vereinfachen sich beide Gleichungen noch weiter, die Kontinuit¨atsgleichung auf ∂z v(r) = 0

(L.388)

und die Navier-Stokes-Gleichung auf η∆v (r) = ∂z p (z) .

(L.389)

Wir nutzen die Symmetrie des Problems und gehen auf Zylinderkoordinaten u ¨ber. Der Laplace-Operator lautet dann: 1 1 ∆ = ∂r r∂r + 2 ∂φ2 + ∂z2 r r

(L.390)

und vereinfacht sich wegen (L.388) und der Annahme einer laminaren Str¨omung, deren Geschwindigkeit nur von r abh¨angt, auf 1 ∆ = ∂r r∂r . r

(L.391)

Damit bleibt von (L.389) u ¨ brig 1 ∂z p(z) = η ∂r r∂r v(r) . r

(L.392)

Wir l¨osen durch Separation und erhalten die Differenzialgleichungen dp(z) ∂z p(z) = =C (L.393) dz

362

L¨ osungen

1 η ∂r r∂r v(r) = C . (L.394) r Die Separationskonstante C bestimmen wir durch L¨osung von (L.393) und erhalten p (0) − p () ∆p =− . (L.395)   Es bleibt noch die Differenzialgleichung f¨ ur die Geschwindigkeit (L.394) zu l¨osen. Eine 2-fache unbestimmte Integration ergibt C=−

v (r) = −

∆p 2 r + C1 ln r + C2 . 4η

(L.396)

Die Integrationskonstanten bestimmen wir aus den Randbedingungen v (r = 0) < ∞ und v (r = R) = 0. Aus der ersten folgt C 1 = 0 und aus der zweiten ∆p 2 C2 = R . (L.397) 4η Die gesuchte Geschwindigkeitsverteilung ist damit  ∆p  2 v(r) = R − r2 . 4η

(L.398)

R

v

Abb. L.5. Laminare Str¨ omung in einem Rohr

Sie wird als das Gesetz von Hagen-Poiseuille bezeichnet. Mit einer Messung der Str¨omungsgeschwindigkeit kann man also die Z¨ahigkeit η experimentell ermitteln. Das Hagen-Poiseuille-Gesetz verliert seine G¨ ultigkeit, wenn die mittlere Geschwindigkeit so groß wird, dass der kritische Wert der Reynolds-Zahl erreicht wird, bei dem die laminare Str¨omung in eine turbulente umschl¨agt.

L¨ osungen

363

Aufgaben aus Kapitel 28 28.1 Dispersion und Absorption von Schallwellen a) Die Erhaltungss¨atze mit der Scherdissipation lauten ∂t n + ∂i ji = 0 und

  2 m∂t ji + ∂i p = η∂l ∂i ul + ∂l ui − δi,l ∂k uk . 3

(L.399)

(L.400)

Wir nennen die Massendichte ρ0 = n0 m. Falls die Prozesse adiabatisch sind, gilt wieder ∂ ∂i p = (L.401) ∂i ρ . ∂ρ S Damit wird aus (L.400)   2 m∂t2 ji − mc2s ∂i ∂l jl = η∂l ∂t ∂i ul + ∂l ui − δi,l ∂k uk . (L.402) 3 F¨ ur longitudinale Schallwellen in x-Richtung ergibt das die Stokes-Gleichung  4η 2  ∂t2 − c2s ∂x2 − ∂ ∂t ux = 0 . (L.403) 3n0 m x b) Der Ansatz mit komplexer Wellenzahl k und reeller Frequenz ω ux (x, t) = u0x e−i(ωt−kx) (L.404) liefert c2s k 2 = ω 2 + iωk2

4η . 3mn0

(L.405)

Durch Einsetzen des Ansatzes k= finden wir

ω α(ω) +i c(ω) 2

(L.406)

364

L¨ osungen



1 α(ω) +i c(ω) 2ω

2 =

1 . 4η − iω 3mn 0

c2s

(L.407)

4ωη Wir betrachten 3mc = ζ f¨ ur niedrige Frequenzen als Klein2n s 0 heitsparameter und entwickeln die rechte Seite 1 cs α(ω)cs 1 +i = (1 − iζ)− 2 = 1 + iζ + · · · . c(ω) 2ω 2

(L.408)

Das ergibt in niederster Ordnung c(ω) = cs + O(ζ 2 )

(L.409)

und

4ω 2 η ω + O(ζ 3 ) , (L.410) 3 3mcs n0 cs also eine mit der Schallwellenfrequenz quadratisch anwachsende Absorption. α(ω) =

Aufgaben aus Kapitel 29 29.1 Integrabilit¨ atsbedingungen Wir gehen aus von der Integrabilit¨atsbeziehung (29.15)   < φi | ∂t +v ·∇ ϕ0 > −βK· < φi |v >= 0, i = 0, . . . , 4 (L.411) und der mit den Invarianten gebildeten Funktion δn(r, t) n(r, t) mv · u(r, t) n(r, t) δT (r, t)  β0 mv 2 3  ϕ0 = + + − . n0 n0 kT0 n0 T0 2 2 (L.412) 1

F¨ ur i = 0 erhalten wir mit φ0 = 1/n02

  δn(r, t) n(r, t) mv · u(r, t) < φ0 | ∂t + v · ∇ + > . n0 n0 kT0

(L.413)

Dabei wurden Terme, die keine endlichen Beitr¨age ergeben k¨onnen, schon weggelassen. Der erste Term ist nun  1 n(r, t) 1 d3 vf0 (v)∂t = 1 ∂t n(r, t) , (L.414) 1 n0 n02 n02

L¨ osungen



365

da d3 vf0 (v) = n0 . Der Nabla-Operator ergibt mit dem zweiten Term in ϕ0 einen endlichen Beitrag:  1 (∂i nuj )vj d3 vf0 (v)vi . (L.415) 1 n0 kT0 n02  Das Integral ist d3 vf0 (v)vi vj = δi,j n0 kT0 , also wird 1 1 2

∂i nui .

(L.416)

n0

Beide Terme zusammen ergeben also gerade die Kontinuit¨atsgleichung von (29.16).  − 21 n0 ¨ Ahnlich erhalten wir mit φi = mβ0 vi mit i = 1, 2, 3 ohne den gemeinsamen Normierungsfaktor   δn(r, t) n(r, t) mvk uk d3 vf0 (v)vi (∂t + vj ∂j ) + n0 n0 kT0   δT  β0 mv 2 3  + − − βKl d3 vf0 vi vl . (L.417) n0 T0 2 2 Die zeitliche Ableitung liefert nur ein Ergebnis mit dem Term ∝ vk uk von ϕ0 :  β0 d3 vf0 (v)vi ∂t mnvk uk = ∂t nui , (L.418) n0 das heißt den ersten Term der Impulserhaltungsgleichung. Die r¨aumliche Ableitung liefert den Beitrag     δn(r, t) δT 1 3 d3 vf0 (v)vi vj ∂j + β0 mv 2 − . (L.419) n0 n0 T 0 2 2 Der erste und zweite Term kombinieren sich zu ∂i nkT = ∂i p ,

(L.420)

wobei wir die Zustandsgleichung des klassischen idealen Gases verwendet haben. Der letzte Term liefert n0mKi . Die linearisierte Form ist gerade die Euler-Gleichung von (29.16).

366

L¨ osungen

Auf ¨ahnliche Weise erh¨alt man mit der Energieeigenfunktion   12   2 1 2 3 φ4 (v) = n0 β0 mv − (L.421) 3 2 2 die Temperaturgleichung von (29.16).

29.2 Integrationen fu at ¨r Scherviskosit¨ Die Strukturen der Integrale sind   3 2 2 I1 = d rx z F (r) und I2 = d3 rr 4 F (r)

(L.422)

mit r 2 = x2 + y 2 + z 2 . In Polarkoordinaten ist x = r sin θ cos φ,

z = r cos θ .

Das zweite Integral ist damit  +1  2π  I2 = d(cos θ) dφ −1

0



(L.423)

drr 6 F (r) .

(L.424)

0

Die Integration u ¨ ber den Raumwinkel ergibt den Faktor 4π. Also ist  ∞ I2 = 4π drr 6 F (r) . (L.425) 0

Das erste Integral ist  +1  2 2 I1 = d(cos θ) cos θ sin θ −1



2





dφ cos φ 0

drr 6F (r) .

0

(L.426)

Mit cos θ = u wird also  +1  2 2 I1 = duu (1 − u ) −1



dφ cos2 φ

0

I2 . 4π

(L.427)

Das Integral u ¨ber φ ergibt 2π 12 = π. Das Integral u ¨ber u liefert  3  +1    +1 u u5 1 1 4 2 2 duu (1 − u ) = − − = . =2 3 5 3 5 15 −1 −1

(L.428)

L¨ osungen

367

Damit folgt insgesamt I1 = wie in (29.25) angegeben.

4π I2 I2 = , 15 4π 15

(L.429)

Erg¨ anzende Literatur

Allgemeine Lehrbu ¨cher zur Statistik und Thermodynamik – R. Becker, Theorie der W¨arme, (Heidelberger Taschenb¨ ucher Nr. 10), Springer, Berlin (1966) – W. Brenig, Statistische Theorie der W¨arme, Springer, Berlin (1975) – M.B. Callen, Thermodynamics, J. Wiley, New York (1960) – B. Diu, C. Guthmann, D. Lederer und B. Roulet, Grundlagen der Statistischen Physik, de Gruyter, Berlin (1994) – R. Kubo, Statistical Mechanics, North-Holland, Amsterdam (1971) – L.D. Landau und E.M. Lifschitz, Lehrbuch der Theoretischen Physik Band V, Statistische Physik, Akademie-Verlag, Berlin (1983) – W. Nolting, Statistische Physik, Springer, Berlin (2004) – A. M¨ unster, Statistische Thermodynamik, Springer, Berlin (1956) – F. Reif, Statistische Physik und Theorie der W¨arme, de Gruyter, Berlin (1987) – A. Sommerfeld, Thermodynamik und Statistik, Geest und Portig, Leipzig (1965) Zu Nichtgleichgewichtsstatistik, Kinetik und Phasenu ¨berg¨ angen – K. Binder, Hrsg., Monte Carlo Methods in Statistical Physics, Springer, Berlin (1988) – C. Cercignani, The Boltzmann Equation and its Applications, Springer, Berlin (1988) – C. Domb und M.S. Green, Hrsg., Phase Transitions and Critical Phenomena, Academic Press, New York (1976)

370

L¨ osungen

– H. Haken, Synergetik: Eine Einf¨ uhrung, Springer, Berlin (1982) – H. Haug und S.W. Koch, Quantum Theory of the Optical and Electronic Properties of Semiconductors, World Scientific, Singapore (2004) – H. Haug und A.P. Jauho, Quantum Kinetics for Transport and Optics in Semiconductors, Springer, Berlin (1996) – J. J¨ackle, Einf¨ uhrung in die Transporttheorie, Vieweg, Braunschweig (1978) – L.P. Kadanoff und G. Baym, Quantum Statistical Mechanics, Benjamin, New York (1962) – L.D. Landau und E.M. Lifschitz, Lehrbuch der Theoretischen Physik Band X, Physikalische Kinetik, Akademie-Verlag, Berlin (1983) – R. Risken, The Fokker-Planck-Equation, Springer, Berlin (1984) – H. Smith und H.H. Jensen, Transport Theory, Clarendon, Oxford (1989) – J.M. Ziman, Electrons and Phonons, Clarendon, Oxford (1960)

Sachverzeichnis

Abgeschlossene Systeme, 15 Absorption - ideales Gas, 172 - von Schallwellen, 352, 353 Allgemeine großkanonische Verteilung, 31 Anfangsverteilungen, 210 Antikommutator, 278 Antisymmetrisierung, 274 Ausdehnungskoeffizient - thermischer, 59 ¨ Außere Felder, 31, 51, 136 Austrittspotenzial, 231 Bahnkurve, 7 Barometrische H¨ ohenformel, 34 Bogoljubov-Variationsverfahren, 139, 140 Boltzmann - Stoßintegral, 184 Boltzmann-Gleichung, 183 - Eta-Theorem, 188 - Fokker-Planck-Approximation, 217 - Linearisierte - Entwicklung nach Eigenfunktionen, 203 - linearisierte, 195 - Entwicklung nach Eigenfunktionen, 199 - zeitabh¨ angige L¨ osungen, 198 - Markov-Gleichung, 337 - station¨ are, 197 - Zusammenhang mit Hydrodynamik, 235 Boltzmann-Konstante, 34 Bornsche N¨ aherung - erste, 184 Bose-Einstein-Kondensation, 83, 86

Bose-Verteilung, 75 Bosonen, 83 Burnett-Gleichungen, 269 Chapman-Enskog-Verfahren, 263 - Variationsprinzip, 268 Chemisches Potenzial, 30, 47, 192 - d-dimensionale Quantengase, 84 - gel¨ oster Stoff, 101 - ideales klassisches Gas, 70 - L¨ osungsmittel, 102 Clausius-Clapeyron-Gleichung, 103 Cluster, 230 Coulomb-Potenzial - 2-dimensional, 204 - Abschirmung, 204 - statisch abgeschirmtes, 333 Coulomb-Stoßoperator - Eigenfunktionen, 206, 208 - Spektrum der Eigenwerte, 208 Curie-Weiss-Gesetz, 144 d-dimensionale Systeme, 65 de-Broglie-Beziehung, 19 de-Broglie-Wellenl¨ ange, 67 Debye-Abschirmwellenzahl, 333 Detailliertes Gleichgewicht, 153, 191 Dichte-Dichte-Korrelationsfunktion - RPA, 176 Dielektrische Funktion, 173, 178 - Drude-N¨ aherung, 332 Dietrici-Gleichung, 116 Diffusionsgleichung, 345 Dirac-Vektor, 273 Dissipative Hydrodynamik, 251 Dissipative Koeffizienten, 255 - Chapman-Enskog-Verfahren, 267 Driftgeschwindigkeit, 192

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Sachverzeichnis

Druck - f¨ ur homogene Systeme, 62 Drucktensor, 237 Drude-Formel, 173 Effektive Temperatur, 97 Eichinvarianz - der kinetischen Gleichung, 168 Einteilchendichtematrix, 163 Elektrische Leitf¨ ahigkeit - berechnet aus BoltzmannGleichung, 260 Elektron-Loch-Plasma, 180 Elektronengas - zweidimensionales - Boltzmann-Kinetik, 203 Energie - ideale Quantengase, 77 - Van-der-Waals-Gas, 118 Energieerhaltung im Stoß, 187 Ensemble, 4 Ensemblemittelung, 4 Entartung eines Quantengases, 83 Entartungsdruck, 88 Entropie, 38 - berechnet f¨ ur kanonisches Ensemble, 68 - berechnet f¨ ur mikrokanonisches Ensemble, 71, 306 - der mikrokanonischen Verteilung, 41 - ideale Quantengase, 76 - ideales klassisches Gas, 68, 306 - klassisches ideales Gas, 307 - Van-der-Waals-Gas, 118 - Zweiniveau-Systeme, 300 Ergodische Systeme, 4 Erhaltungsgr¨ oßen, 192 Erster Hauptsatz der Thermodynamik, 40 Erzeugungsoperator, 277 Eta-Funktion, 42 - Entropie, 190 Eta-Theorem, 155, 188 Euler-Gleichung, 239 - f¨ ur ideales klassisches Gas, 247 Extensive Gr¨ oße, 41 Extremaleigenschaften

- der thermodynamischen Funktionen, 42 Exzitonen, 232 Fermi-Druck, 88, 112 Fermi-Energie, 84 Fermi-Gas - St¨ oße, 184 Fermi-Verteilung, 75 Fermionen, 83 - wechselwirkende, 145 Fermis goldene Regel, 183 Ferromagnet, 142 Feynman-Variationsverfahren, 139 Fl¨ ussigkeit - inkompressible, 236 Fock-Raum, 276 Fokker-Planck-Gleichung, 217 - detailliertes Gleichgewicht, 220, 224 - Diffusionskoeffizient, 219 - Driftkoeffizient, 219 - f¨ ur Nukleation, 230 - station¨ are L¨ osung, 220 - verallg. Ginzburg-Landau-Potenzial, 221 Fokker-Planck-Operator - Eigenfunktionen, 223 Freie Energie, 44 - ideales klassisches Gas, 66 - quasiklassische N¨ aherung, 96 - St¨ orungstheorie 2. Ordnung, 136 - Van-der-Waals-Gas, 117 Freie Enthalpie - ideales klassisches Gas, 70 orungstheorie 2. Ordnung, 136 - St¨ - Variationsverfahren, 142 Fr¨ ohlich-Kopplung, 187 Fugazit¨ at, 71, 80, 99 Gas-Fl¨ ussigkeits-Phasen¨ ubergang, 115 Gefrierpunktserniedrigung, 103 Gel¨ oster Stoff, 100 Gesetz der korrespondierenden Zust¨ ande, 122 Gibbs-Duhem-Relation, 60 Ginzburg-Landau-Gleichung, 318 Ginzburg-Landau-Potenzial - diskontinuierliche Phasen¨ uberg¨ ange, 129

Sachverzeichnis -

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- f¨ ur Nukleationstheorie, 232 - kontinuierliche Phasen¨ uberg¨ ange, 127 - Laser, 222 - Van-der-Waals-Gas, 125 - verallgemeinertes, 221 Ginzburg-Zahl, 321 Gleichgewicht - detailliertes, 191 - lokales, 192 Großkanonische Verteilung, 30 Großkanonisches Potenzial, 62 - Variationsverfahren, 145

Temperaturgleichung, 247 thermodynamische Identit¨ at, 244 Turbulenz, 252 und thermodynamische Beziehungen, 241 Hydrodynamisches Regime, 241

Hagen-Poiseuille-Gesetz, 351 Hamilton-Funktion, 40 Hartree-Fock-N¨ aherung - zeitabh¨ angige, 175 Hauptsatz der Thermodynamik - Erster, 40 - Zweiter, 43 Heisenberg-Gleichung, 166 Heisenbergsche Unsch¨ arferelation, 66 Helium 3, 181 Helmholtz-Wirbelsatz, 348 Hilbert-Raum, 8, 43, 273 - Orthogonalit¨ atsrelation, 8 - Skalarprodukt, 8 - Vollst¨ andigkeitsrelation, 9 Homogene Systeme, 59, 61 Hydrodynamik - dissipative, 251 - dissipativer W¨ armestrom, 250 - Energieerhaltung, 238 - Entropie, 244 - Gibbs-Duhem-Relationen, 245 - Impulserhaltung, 238 - irreversible - Entropiezunahme, 250 - W¨ armeleitf¨ ahigkeit, 250 - Kompressionsviskosit¨ at, 251 - laminare Str¨ omung, 252 - mit Dissipation, 249 - reversible, 243 - adiabatische Zustandsgleichung, 248 - Energieerhaltung, 245 - Erhaltungss¨ atze, 246 - Scherviskosit¨ at, 251

Jacobi-Determinante, 57 Jelliummodell, 178

Ideale Quantengase, 73 Ideales Gas - klassisches, 65 Impulserhaltung, 236 Informationsentropie, 47 Irreversibilit¨ at, 186

Kanonische Verteilung, 26 Kinetische Gleichung - Eichinvarianz, 168 - linearisierte, 169 - ohne St¨ oße, 163 Knudsen-Zahl, 265 Koexistenzkurve, 103, 122 Koh¨ arenzl¨ ange, 318 Kompressibilit¨ at, 58 Kontinuit¨ atsgleichung, 236 Koordinatensystem - mitbewegtes, 240 Kritische Temperatur - Van-der-Waals-Gleichung, 118 Kritischer Druck - Van-der-Waals-Gleichung, 118 Lagrange-Funktion, 40 Landau-Niveaus, 63 Laplace-Transformation, 330 Legendre-Transformation, 40 Lennard-Jones-Potenzial, 110, 269 Lindhard-Formel, 171 Lineare Reaktion, 169 Liouville-Gleichung, 18 - klassische, 17 - quantenstatistische, 16 Lokale Gleichgewichtsverteilung - Fermionen, 192 - Phononen, 192 Lokales Gleichgewicht, 192 L¨ osungsmittel, 100

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Sachverzeichnis

Markov-Prozess, 152 Master-Gleichung, 151 - Diffusionsgleichung, 159 - Fokker-Planck-Approximation, 229 - f¨ ur Nukleation, 229 - H¨ upfen auf Kette, 158 - Kramers-Moyal-Entwicklung, 229 - Monte-Carlo-Simulation, 157 Maxwell-Boltzmann-Verteilung, 32 Maxwell-Gleichung, 320 Maxwell-Konstruktion, 122 Maxwell-Molek¨ ule, 199 Maxwell-Relationen, 55 Mikrokanonische Gesamtheit, 13 Mikrokanonische Verteilung - klassische, 19 - quantenstatistische, 17 Mittlerer Teilchenabstand, 112 Molekularfeld, 142 Navier-Stokes-Gleichung, 240, 252 Nernstsches Theorem, 47, 68, 300 Nichtgleichgewichts-Entropie, 190 Nichtgleichgewichtsphasen¨ ubergang - erster Ordnung, 223 Nukleation - Elektron-Loch-Tr¨ opfchen, 231 Nukleationstheorie, 229 - detailliertes Gleichgewicht, 232 - Ginzburg-Landau-Potenzial, 232 Nullpunktsenergie - d-dimensionale, 66, 83 Nullter Schall, 181 Oberfl¨ achenenergie, 232 Ordnungsparameter, 121, 125 - Temperaturabh¨ angigkeit, 127 Orthogonalit¨ atsrelation, 8 Ortsraumdarstellung, 9 Osmotischer Druck, 106 Paramagnetismus, 142 Pauli-Blockade, 207 Pauli-Prinzip, 175, 184, 276 Phasen¨ ubergang - erster Ordnung, 121 - Nichtgleichgewicht, 223 - zweiter Ordnung, 121 Phasenraum, 7

Phononen - longitudinal optische, 187 Phononstreuung, 186 Plasmafrequenz, 173 Plasmamode - Dispersion, 179 Plasmaschwingungen, 178 Poisson-Verteilung, 329 Quantenkinetik, 188, 337 Quantenkinetische Gleichung - Nicht-Markov-Gleichung, 337 Quantenstatistische Mittelung, 10 Quantentrogstrukturen, 203 Quasi-Ergodenhypothese, 5 Quasiklassische N¨ aherung, 91 Random-Phase-Approximation, 175 Relaxation - gegen Fermi-Verteilung, 191 Relaxationskinetik - 2-dimensionales Elektronengas, 212 Relaxationszeit, 199 Relaxationszeit-N¨ aherung, 199 Reynolds-Zahl, 252 Rohrstr¨ omung, 351 Schall - nullter und erster, 182 Schallwellen - D¨ ampfung, 172 - Gleichung von Stokes, 261 Schallwellen in Gasen - Absorption, 353 - Geschwindigkeit, 353 Scherviskosit¨ at - berechnet aus BoltzmannGleichung, 258 - und freie Wegl¨ ange, 259 Schwankungen, 4, 14 Selbstenergie, 145 - temperaturabh¨ angige Hartree-FockN¨ aherung, 146 Siedepunktserh¨ ohung, 104 Skalengesetze, 145 Slater-Determinante, 273 Spannungstensor, 237 - dissipativer, 249 Spezifische W¨ arme, 56

Sachverzeichnis - bei konstantem Druck, 69 - bei konstantem Volumen, 69 - ideales klassisches Gas, 69 - Relationen zwischen cp und cV , 69 Spur, 10 Statistischer Operator, 10, 133 Stirling-Formel, 20, 305 St¨ orungstheorie, 134 St¨ oße, 183 Stoßfreies Regime, 241 Stoßfrequenz, 207 Stoßintegral, 204 - 5 Erhaltungsgr¨ oßen, 235 - Erhaltungsgr¨ oßen, 185 Stoßoperator, 197 - Eigenfunktionen, 198 - Eigenwerte, 197 - Erhaltungsgr¨ oßen, 198 Streuraten, 183 Str¨ omungsgeschwindigkeit - mittlere, 236 Supraleiter - Typ I und II, 321 Suszeptibilit¨ at, 137 - dynamische, 170 - isotherme, statische, 137 - magnetische, 144 - T=0 Limes, 178 Teilchenstromdichte, 164, 236 Thermische Energie, 25 - ideales klassisches Gas, 70 Thermische Wellenl¨ ange, 67, 112 Thermodynamik, 37 Thermodynamische Funktionen - des Van-der-Waals-Gases, 117 Thermodynamische Identit¨ aten, 53 Thermodynamischer Grenzfall, 14 Thermodynamisches Potenzial, 37, 45 Thomas-Fermi-Abschirmwellenzahl, 334 Transportgleichung, 235 Transportgleichungen, 235 - f¨ ur ideales klassisches Gas, 246 Transportkoeffizienten, 199 - Chapman-Enskog-Verfahren, 269 Turbulenz, 240 ¨ Ubergangswahrscheinlichkeit

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- Martix, 196 Van-der-Waals-Anziehung, 110 Van-der-Waals-Gas, 117 Van-der-Waals-Gleichung, 115 - Koexistenzbereich, 121 - reduzierte, 120 Van-der-Waals-Kurve, 123 Variationsverfahren - thermodynamisches, 139 Verdampfungsrate, 231 Verd¨ unnte Systeme, 100 Vernichtungsoperator, 277 Vertauschungsrelationen - f¨ ur Bosonen, 278 - f¨ ur Fermionen, 278 Verteilung - isotrope, 205 - kanonische, 25 - mikrokanonische, 17 Vielteilchenzustand, 274 Virialentwicklung, 99 - erster Ordnung, 100 - zweiter Ordnung, 109 Virialkoeffizient - Austauschkorrekturen, 111 Virialkoeffizienten, 110 - quantenmechanische Korrekturen, 113 Virialkoffizienten - Quantenkorrekturen, 111 Viskosit¨ aten, 199, 251 Vollst¨ andigkeitsrelation, 9, 42 W¨ armebad, 23 W¨ armeleitf¨ ahigkeit - berechnet aus BoltzmannGleichung, 256 - und freie Wegl¨ ange, 258 W¨ armeleitungsgleichung, 240 W¨ armestromdichte, 238 Wechselwirkungsdarstellung, 133 Wiederkehreinwand, 186 Wiederkehrzeit, 186 Wigner-Verteilung, 164 Zeitmittelung, 4 Zustandsdichte - d-dimensionale, 79

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Sachverzeichnis

Zustandsgleichung - adiabatische - ideales klassisches Gas, 70 - ideale Quantengase - d-dimensionale, 89 - ideales klassisches Gas, 68 - universelle, 122 Zustandssumme - Entwicklung nach , 93

- großkanonische, 30 - ideale Quantengase, 75 - kanonische, 25, 26 - klassische, 32 Zustandsvektor, 8, 273 - Ortsraumdarstellung, 274 Zweiniveausystem, 19, 49 Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik, 43