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German Pages 272 Year 2006
Helmut Schönenberger Kommunikation von Unternehmertum
GABLER EDITION WISSENSCHAFT Markt- und Unternehmensentwicklung Herausgegeben von Professor Dr. Dres. h.c. Arnold Picot, Professor Dr. Professor h.c. Dr. h.c. Ralf Reichwald und Professor Dr. Egon Franck
Der Wandel von Institutionen, Technologie und Wettbewerb prägt in vielfältiger Weise Entwicklungen im Spannungsfeld von Markt und Unternehmung. Die Schriftenreihe greift diese Fragen auf und stellt neue Erkenntnisse aus Theorie und Praxis sowie anwendungsorientierte Konzepte und Modelle zur Diskussion.
Helmut Schönenberger
Kommunikation von Unternehmertum Eine explorative Untersuchung im universitären Umfeld
Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Prof. h.c. Dr. h.c. Ralf Reichwald
Deutscher Universitäts-Verlag
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Dissertation Technische Universität München, 2005
1. Auflage Mai 2006 Alle Rechte vorbehalten © Deutscher Universitäts-Verlag | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006 Lektorat: Brigitte Siegel / Sabine Schöller Der Deutsche Universitäts-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Druck und Buchbinder: Rosch-Buch, Scheßlitz Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN-10 3-8350-0367-4 ISBN-13 978-3-8350-0367-5
"Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten endlosen Meer."
Antoine de Saint Exupéry, französischer Schriftsteller
Geleitwort
VII
Geleitwort
Unternehmertum ist von höchster Aktualität für Politik und Wirtschaft. Die Durchsetzung von neuen Produkten und Dienstleistungen auf den Märkten sowie die Gründung neuer Unternehmen sind unabdingbar, um den Wohlstand in unserer Gesellschaft zu wahren. Der Umbruch in der Wirtschaft, die hohe Arbeitslosigkeit und die große Zahl an Unternehmensinsolvenzen machen die dringende Notwendigkeit zum unternehmerischen Denken und Handeln deutlich. Das Thema Unternehmertum betrifft aber nicht nur Personen, die es wagen, auf eigenes Risiko eine Firma zu gründen. Auch in bestehenden Unternehmen, und vor allem in großen Konzernen, wird der Unternehmer im Unternehmen wieder entdeckt. Immer mehr Führungskräfte stellen sich die Frage, wie sie im Unternehmen eine Kultur schaffen, die Angestellte zur Innovationsfreudigkeit, zur Kundenorientierung und zum wirtschaftlichen Denken motiviert. Joseph Schumpeter hat bereits im Jahr 1911 in seinem Werk „Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung“ die Bedeutung der Unternehmer herausgehoben, „deren Funktion die Durchsetzung neuer Kombinationen ist und die dabei das aktive Element sind.“ Schumpeter weist schon damals auf die Rolle des Unternehmers im Unternehmen hin: „Denn wir nennen Unternehmer erstens nicht bloß jene „selbständigen“ Wirtschaftssubjekte der Verkehrswirtschaft, die man so zu nennen pflegt, sondern alle, welche die für den Begriff konstitutive Funktion tatsächlich erfüllen, auch wenn sie, wie gegenwärtig immer häufiger, „unselbständige“ Angestellte einer Aktiengesellschaft – aber auch Privatfirma -, wie Direktoren, Vorstandsmitglieder usw. sind ...“ Die zentrale Herausforderung für die Unternehmen besteht darin, dass nicht nur der Unternehmer selbst, sondern auch Mitarbeiter, Zulieferer und Kooperationspartner in die unternehmerischen Prozesse, Entscheidungen und Verantwortung einbezogen werden. Kommunikation von Unternehmertum bildet die Grundlage, um in Organisationen eine unternehmerische Kultur zu etablieren. Oftmals verkommen jedoch innerbetriebliche Initiativen zur Förderung von Innovation und Unternehmertum zur „reinen Beschäftigungstherapie" für Arbeitskreise. Dabei wird häufig vergessen, dass Unternehmertum auch von denen gelebt werden muss, die auf der operativen Ebene im Wertschöpfungsprozess ihre Tätigkeit ausüben. Auch die von der Bundesregierung im Jahr 2004 proklamierte Innovationsoffensive „Partner für Innovation“ zielt in diese Richtung .
VIII
Geleitwort
Doch es bleibt noch ein weiter Weg, bis sich der Geist von Unternehmertum in einzelnen Organisationen oder gar gesamt in unserer Gesellschaft durchgesetzt hat. Die vorgelegte Arbeit leistet einen beachtlichen Beitrag zur Umsetzung dieser Ideen. Ich wünsche der Arbeit eine positive Aufnahme und Verbreitung in der Fachwelt von Theorie und Praxis.
Prof. Dr. Prof. h.c. Dr. h.c. Ralf Reichwald
Vorwort
IX
Vorwort
Diese Arbeit stellt einen wichtigen Teil meiner persönlichen Reise in und durch die Welt des Unternehmertums dar. Sie hat mir die Möglichkeit gegeben, meine Aktivitäten in der UnternehmerTUM GmbH, dem Zentrum für Unternehmertum an der Technischen Universität München, theoretisch zu hinterfragen und neue Denkanstöße zu bekommen. Die ständige Verknüpfung zwischen Theorie und Praxis ist eine gute Schule, die Welt differenziert wahrzunehmen und das eigene Handeln besser zu überdenken. Die letzten vier Jahre waren für mich auch eine Entdeckungsfahrt durch das unternehmerische Umfeld der Technischen Universität München. Mit der Hochschule sind Persönlichkeiten wie Carl von Linde, Rudolf Diesel, Willy Messerschmitt und Claude Dornier verbunden. Auch in der Gegenwart hat die TU München Wissenschaftler und Studierende hervorgebracht, die zu erfolgreichen Erfindern und Unternehmern wurden, wie beispielsweise Stefan Vilsmeier, Gründer der BrainLAB AG. Das unternehmerisch aufgeschlossene Netzwerk der TU München hat auch mir persönlich die Chancen und die Freiheiten gegeben, meine eigenen Ideen umzusetzen und einen Beitrag zur Unternehmerkultur an der Universität zu leisten. Deshalb gilt mein besonderer Dank den Freunden, Förderern und Weggefährten, die diese Initiativen erst möglich gemacht haben: Als erstes ist mein Doktorvater, Herr Prof. Dr. Dr. h.c. Ralf Reichwald, zu nennen, der es versteht, die Neugierde, Experimentierfreude und wissenschaftliche Leidenschaft bei seinen Studierenden und Doktoranden zu wecken. Mit seiner liebenswürdigen Art und seinem steten Optimismus hat er mir immer Mut gemacht, Rückhalt gegeben und Lebensfreude verbreitet. Seine freundliche Persönlichkeit spiegelt sich auch im Lehrstuhl wider, allen voran bei den beiden Habilitanden Frau Dr. Kathrin Möslein und Herrn Dr. Frank Piller. Diese zwei Wissenschaftler sind stets bereit, den wirren Gedanken der Doktoranden geduldig zu folgen, die Ideen zu strukturieren und den Promotionsvorhaben eine Richtung zu geben. Der Dank gilt auch allen Kollegen am Lehrstuhl für die vielen guten Diskussionen und gemeinsamen Projekte. Ich bedanke mich auch bei den Professoren der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften, die meine Aktivitäten in der UnternehmerTUM unterstützen, insbesondere Frau Prof. Dr. Dr. Ann-Kristin Achleitner und Herrn Prof. Dr. Christoph Kaserer. Meinem Kollegen, Herrn Dr. Bernward Jopen, und dem gesamten UnternehmerTUM-Team möchte ich herzlich für ihre Begeisterung, ihren Willen und die große Leistungsbereitschaft danken, den Studierenden und Wissenschaftlern der TUM das unternehmerische Denken und Handeln näher zu bringen. Die gemeinsame Arbeit im Zentrum für Unternehmertum und die
Vorwort
X
kontinuierlichen Diskussionen haben die vorliegende Arbeit stark angeregt und beeinflusst. Ein besonderer Dank gebührt dem Aufsichtsrat der UnternehmerTUM, der die Rahmenbedingungen für diese Arbeit erst möglich gemacht hat. Frau Susanne Klatten, Herr Prof. Dr. Arndt Bode und Herr Dr. Christian Hackl haben mir die Freiheit gegeben, diese Doktorarbeit zu schreiben und gleichzeitig einige Schlussfolgerungen daraus umzusetzen. Besonders möchte ich auch Herrn Dr. Jörg Appelhans danken, der seit Beginn des Promotionsprojektes ein kritisches Auge auf die Arbeit geworfen und viele inhaltliche Anregungen gegeben hat. Mit Herrn Dr. Konstantin Reetz vom Fundraising Team der TUM konnte ich so manches Wochenende verbringen, um einige unternehmerische Träume für die TU München ein wenig greifbar zu machen. Herr Dr. Beyer von Morgenstern hat mir durch sein starkes Engagement bei der Konzeption und Durchführung der gemeinsamen Vorlesungsreihe „Innovative Unternehmer“ und „Führung von wachstumsorientierten High-Tech Unternehmen“ wesentliche Impulse zur Betrachtungsweise des Promotionsthemas gegeben. Herzlicher Dank gebührt auch dem BrainLAB-Team, allen voran Frau Dr. Stefanie Christmann und Herrn Stefan Vilsmeier, die mir einen tiefen Einblick in das Technologieunternehmen ermöglicht haben. Schließlich bedanke ich mich bei meinen Eltern, die mir auf all meinen bisherigen Lebensstationen die nötige Freiheit und den Rückhalt gegeben haben, um jene Ideen anzugehen, die ich mir unbedingt eingebildet habe. Zudem waren die inoffiziellen akademischen Nachsitzungen am elterlichen Esstisch dazu geeignet, schon frühzeitig Einblicke in die Besonderheiten der deutschen Universitätskultur zu bekommen.
Helmut Schönenberger
Inhaltsübersicht
XI
Inhaltsübersicht Abbildungsverzeichnis Tabellenverzeichnis Abkürzungsverzeichnis
1
Einleitung 1.1 1.2 1.3
2
Unternehmer und Unternehmertum: Grundlagen und terminologische Abgrenzungen 2.1 2.2 2.3
3
Bedeutung und Begriffsbestimmung Ausgewählte Modelle menschlicher Kommunikation Modell zur Analyse der Kommunikation von Unternehmertum Zusammenfassung
Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5
5
Unternehmer Unternehmertum Zusammenfassung
Kommunikation und Kommunikationsmodelle 3.1 3.2 3.3 3.4
4
Ausgangssituation und Problemstellung Zielsetzung und Bezugsrahmen Vorgehensweise und Aufbau der Arbeit
Vorgehensweise Empirische Ergebnisse I: Kommunikationsprofile Empirische Ergebnisse II: Auswertungen zu Unternehmerfunktionen Empirische Ergebnisse III: Auswertungen der Reflexion Zusammenfassung
Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie 5.1 5.2 5.3 5.4
Vorgehensweise Allgemeine Informationen zum Unternehmen und Unternehmer Darstellung der Entwicklung des Unternehmens und der unternehmerischen Tätigkeit von Stefan Vilsmeier Zusammenfassung
XVII XXI XXIII
1 1 5 9
11 11 30 44
47 47 49 58 66
69 70 79 109 129 147
153 153 160 175 197
Inhaltsübersicht
XII
6
Handlungsempfehlungen für universitäre Innovationsnetzwerke 6.1 6.2 6.3 6.4 6.5
7
Allgemeine Handlungsempfehlungen zur Kommunikation von Unternehmertum Spezifische Handlungsempfehlungen zur Kommunikation bezüglich Gründern Spezifische Handlungsempfehlungen zur Kommunikation bezüglich Unternehmern Spezifische Handlungsempfehlungen zur Kommunikation bezüglich Unternehmern im Unternehmen Zusammenfassung
Zusammenfassung und Ausblick
205 206 218 220 221 223
229
Literaturverzeichnis
233
Internetseiten
253
Stichwortverzeichnis
255
Inhaltsverzeichnis
XIII
Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis Tabellenverzeichnis Abkürzungsverzeichnis
1
3
XXI XXIII
Einleitung 1.1 1.2 1.3
2
XVII
Ausgangssituation und Problemstellung Zielsetzung und Bezugsrahmen Vorgehensweise und Aufbau der Arbeit
Unternehmer und Unternehmertum: Grundlagen und terminologische Abgrenzungen
1 1 5 9
11
2.1 Unternehmer 2.1.1 Historische Entwicklung des Unternehmerbegriffes 2.1.2 Funktionen des Unternehmers 2.1.3 Unternehmer als Innovator 2.1.4 Gründer, Unternehmer und Unternehmer im Unternehmen
11 12 19 23 25
2.2 Unternehmertum 2.2.1 Wertorientierte Unternehmensführung 2.2.2 Wachstum 2.3 Zusammenfassung
30 31 33 44
Kommunikation und Kommunikationsmodelle
47
3.1 Bedeutung und Begriffsbestimmung 3.2 Ausgewählte Modelle menschlicher Kommunikation 3.2.1 Nachrichtentechnisches Kommunikationsmodell von Shannon / Weaver 3.2.2 Ebenen der Semiotik 3.2.3 Pragmatisches Kommunikationsmodell von Watzlawick, Beavin und Jackson 3.2.4 Kommunikationsmodell von Schulz von Thun 3.2.5 TALK-Modell
47 49 49 51 53 55 56
3.3 Modell zur Analyse der Kommunikation von Unternehmertum 3.3.1 Umfeld 3.3.2 Kanal 3.3.3 Nachricht 3.3.4 Feedback
58 59 60 62 66
3.4
66
Zusammenfassung
Inhaltsverzeichnis
XIV
4
5
Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
69
4.1 Vorgehensweise 4.1.1 Untersuchungsfokus 4.1.2 Untersuchungsdesign 4.1.3 Grenzen der Untersuchung
70 71 72 78
4.2 Empirische Ergebnisse I: Kommunikationsprofile 4.2.1 Kommunikationsprofile Gründer 4.2.2 Kommunikationsprofile Unternehmer 4.2.3 Kommunikationsprofile Unternehmer im Unternehmen
79 80 89 99
4.3 Empirische Ergebnisse II: Auswertungen zu Unternehmerfunktionen 4.3.1 Kommunikation der unternehmerischen Funktionen durch Gründer 4.3.2 Kommunikation der unternehmerischen Funktionen durch Unternehmer 4.3.3 Kommunikation der unternehmerischen Funktionen durch Unternehmer im Unternehmen
123
4.4 Empirische Ergebnisse III: Auswertungen der Reflexion 4.4.1 Auswertung der Reflexion bezüglich Gründer 4.4.2 Auswertung der Reflexion bezüglich Unternehmer 4.4.3 Auswertung der Reflexion bezüglich Unternehmer im Unternehmen
129 129 135 141
4.5
147
Zusammenfassung
Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
109 109 116
153
5.1 Vorgehensweise 5.1.1 Fallstudienmethode 5.1.2 Methoden der Datenerhebung 5.1.3 Auswahl des untersuchten Unternehmers 5.1.4 Gliederung der Fallstudie
153 154 155 156 159
5.2 Allgemeine Informationen zum Unternehmen und Unternehmer 5.2.1 Biographische Daten des Unternehmers 5.2.2 Überblick zum Unternehmen 5.2.3 Produkte 5.2.4 Markt 5.2.5 Wettbewerb
160 160 162 164 170 173
Inhaltsverzeichnis Darstellung der Entwicklung des Unternehmens und der unternehmerischen Tätigkeit von Stefan Vilsmeier 5.3.1 Startphase 5.3.2 Gewinnung der ersten Kunden 5.3.3 Ärzteschulung und Kundeneinbindung 5.3.4 Durchbruch auf dem amerikanischen Markt - Kooperation mit Varian 5.3.5 Durchbruch im Markt für Navigationssysteme 5.3.6 Professionalisierung des Marketings 5.3.7 Wettstreit mit Medtronic 5.3.8 Direktvertriebssystem 5.3.9 Erweiterung des Produktspektrums in der Radiotherapie/ -chirurgie 5.3.10 Ausbau der VectorVision Plattform 5.3.11 BrainSUITE
XV
5.3
5.4
6
Handlungsempfehlungen für universitäre Innovationsnetzwerke 6.1 6.2 6.3 6.4 6.5
7
Zusammenfassung
Allgemeine Handlungsempfehlungen zur Kommunikation von Unternehmertum Spezifische Handlungsempfehlungen zur Kommunikation bezüglich Gründer Spezifische Handlungsempfehlungen zur Kommunikation bezüglich Unternehmer Spezifische Handlungsempfehlungen zur Kommunikation bezüglich Unternehmer im Unternehmen Zusammenfassung
Zusammenfassung und Ausblick
175 175 178 181 183 185 187 188 190 192 193 196 197
205 206 218 220 221 223
229
Literaturverzeichnis
233
Internetseiten
253
Stichwortverzeichnis
255
Abbildungsverzeichnis
XVII
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Abbildung 2: Abbildung 3: Abbildung 4: Abbildung 5: Abbildung 6: Abbildung 7: Abbildung 8: Abbildung 9: Abbildung 10: Abbildung 11: Abbildung 12: Abbildung 13: Abbildung 14: Abbildung 15: Abbildung 16: Abbildung 17: Abbildung 18: Abbildung 19: Abbildung 20: Abbildung 21: Abbildung 22: Abbildung 23: Abbildung 24: Abbildung 25: Abbildung 26: Abbildung 27: Abbildung 28: Abbildung 29: Abbildung 30: Abbildung 31: Abbildung 32: Abbildung 33:
Bezugsrahmen der Arbeit 8 Gliederungsschema der Arbeit 9 Hauptfunktionen des Unternehmers nach Bretz 21 Funktionen des Unternehmers 23 Rahmenbedingungen und Ausprägungen der Unternehmerfunktionen im Überblick 29 Lebenszyklus von Produkten 37 Akkumulierte Lebenszyklen 38 Nachrichtentechnisches Kommunikationsmodell von Shannon / Weaver 50 Ebenen der Semiotik 52 Die fünf Axiome menschlicher Kommunikation 53 Die vier Seiten (Aspekte) der Nachricht – ein psychologisches Modell der zwischenmenschlichen Kommunikation 55 Das TALK-Modell 57 Modell zur Analyse der Kommunikation von Unternehmertum 59 Das Media-Richness-Modell nach Daft und Lengel (in Anlehnung an Rice 1992) 61 Vorgehensweise bei der Datenerhebung und Ergebnisse 73 Kommunikationsprofil: Christian Hogl (Teil 1) 81 Kommunikationsprofil: Christian Hogl (Teil 2) 82 Kommunikationsprofil: Michael Muth (Teil 1) 83 Kommunikationsprofil: Michael Muth (Teil 2) 84 Kommunikationsprofil: Dr. Jiri Snaidr (Teil 1) 85 Kommunikationsprofil: Dr. Jiri Snaidr (Teil 2) 86 Kommunikationsprofil: Prof. Dr. Olaf G. Wilhelm (Teil 1) 87 Kommunikationsprofil: Prof. Dr. Olaf G. Wilhelm (Teil 2) 88 Kommunikationsprofil: Hans Knürr (Teil 1) 91 Kommunikationsprofil: Hans Knürr (Teil 2) 92 Kommunikationsprofil: Gregor vom Scheidt (Teil 1) 93 Kommunikationsprofil: Gregor vom Scheidt (Teil 2) 94 Kommunikationsprofil: Falk Strascheg (Teil 1) 95 Kommunikationsprofil: Falk Strascheg (Teil 2) 96 Kommunikationsprofil: Stefan Vilsmeier (Teil 1) 97 Kommunikationsprofil: Stefan Vilsmeier (Teil 2) 98 Kommunikationsprofil: Dr. Manfred Bischoff (Teil 1) 101 Kommunikationsprofil: Dr. Manfred Bischoff (Teil 2) 102
XVIII Abbildung 34: Abbildung 35: Abbildung 36: Abbildung 37: Abbildung 38: Abbildung 39: Abbildung 40: Abbildung 41: Abbildung 42: Abbildung 43: Abbildung 44: Abbildung 45: Abbildung 46: Abbildung 47: Abbildung 48: Abbildung 49: Abbildung 50: Abbildung 51: Abbildung 52: Abbildung 53: Abbildung 54: Abbildung 55:
Abbildungsverzeichnis Kommunikationsprofil: Prof. Dr. Dr. h.c. Hellmuth Felcht (Teil 1) Kommunikationsprofil: Prof. Dr. Dr. h.c. Hellmuth Felcht (Teil 2) Kommunikationsprofil: Carl-Peter Forster (Teil 1) Kommunikationsprofil: Carl-Peter Forster (Teil 2) Kommunikationsprofil: Dr. Hans-Joachim Lohrisch (Teil 1) Kommunikationsprofil: Dr. Hans-Joachim Lohrisch (Teil 2) Auswertung zu Unternehmerfunktionen bei Gründern: Entdecken von Chancen Auswertung zu Unternehmerfunktionen bei Gründern: Durchsetzen von Innovationen Auswertung zu Unternehmerfunktionen bei Gründern: Koordinieren von Ressourcen Auswertung zu Unternehmerfunktionen bei Gründern: Tragen von Risiken Auswertung zu Unternehmerfunktionen bei Unternehmern: Entdecken von Chancen Auswertung zu Unternehmerfunktionen bei Unternehmern: Durchsetzen von Innovationen Auswertung zu Unternehmerfunktionen bei Unternehmern: Koordinieren von Ressourcen Auswertung zu Unternehmerfunktionen bei Unternehmern: Tragen von Risiken Auswertung zu Unternehmerfunktionen bei Unternehmern im Unternehmen: Entdecken von Chancen Auswertung zu Unternehmerfunktionen bei Unternehmern im Unternehmen: Durchsetzen von Innovationen Auswertung zu Unternehmerfunktionen bei Unternehmern im Unternehmen: Koordinieren von Ressourcen Auswertung zu Unternehmerfunktionen bei Unternehmern im Unternehmen: Tragen von Risiken Auswertung der Reflexion bezüglich Gründer: Schwierigkeiten beim Gründen Auswertung der Reflexion bezüglich Gründer: Motivation zur Gründung Auswertung der Reflexion bezüglich Gründer: Absage an ein Gründungsvorhaben Auswertung der Reflexion bezüglich Unternehmer: De-Mystifizierung des Unternehmers
103 104 105 106 107 108 112 113 114 115 119 120 121 122 125 126 127 128 132 133 134 137
Abbildungsverzeichnis Abbildung 56: Auswertung der Reflexion bezüglich Unternehmer: Berufung zum Unternehmer Abbildung 57: Auswertung der Reflexion bezüglich Unternehmer: Prägung durch Familienunternehmen Abbildung 58: Auswertung der Reflexion bezüglich Unternehmer: Betonung der Kundenorientierung Abbildung 59: Auswertung der Reflexion bezüglich Unternehmer im Unternehmen: Sensibilisierung für die Wirtschaftswelt Abbildung 60: Auswertung der Reflexion bezüglich Unternehmer im Unternehmen: Persönlicher Eindruck von unternehmerischen Persönlichkeiten Abbildung 61: Auswertung der Reflexion bezüglich Unternehmer im Unternehmen: Vorbereitung auf den Berufseinstieg Abbildung 62: Auswertung der Reflexion bezüglich Unternehmer im Unternehmen: Anforderungen an den Arbeitnehmer Abbildung 63: Beispiele für Themenschwerpunkte und Einschätzungen in Feedbackbeiträgen Abbildung 64: Beispiele von Feedbackaussagen zu Ausprägungen der Unternehmerfunktionen Abbildung 65: Aussagen zur Wirkung von Kommunikation von Unternehmertum Abbildung 66: Feedbackbeiträge zu Stefan Vilsmeiers Präsentation Abbildung 67: Stefan Vilsmeier Abbildung 68: Verleihung des Bay. Verdienstordens Abbildung 69: BrainLAB-Logo Abbildung 70: Entwicklung der Mitarbeiterzahlen bei BrainLAB Abbildung 71: Umsatzentwicklung von BrainLAB Abbildung 72: BrainLAB-Mitarbeiter Abbildung 73: Produktpalette von BrainLAB Abbildung 74: VectorVision2 Abbildung 75: VectorVision cranial Abbildung 76: BrainSUITE Abbildung 77: BrainSCAN Abbildung 78: Mikromultileaf Kollimator Abbildung 79: ExacTrac Abbildung 80: Novalis Abbildung 81: Erstes BrainLAB Software Produkt (1989) Abbildung 82: BrainSCAN-Computer auf einer Ausstellung (1990) Abbildung 83: Meilensteine beim Auf- und Ausbau von BrainLAB Abbildung 84: BrainLAB-Stand auf Fachkongress (1992) Abbildung 85: Lieferung des ersten radiochirurgischen Systems in die USA
XIX
138 139 140 143 144 145 146 148 149 150 158 160 161 162 163 163 164 165 166 166 167 168 168 169 169 175 176 178 179 180
XX
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 86: Erste Installation eines radiochirurgischen BrainLAB-Systems in China (1994) Abbildung 87: Workshop am Tegernsee (1995) Abbildung 88: Präsentation des Mikromultileaf Kollimators (1996) Abbildung 89: Produktstart des CLINAC 600SR in Partnerschaft mit VARIAN (1996) Abbildung 90: Meilensteine im Aufbau des Marketings und Vertriebs sowie der Eröffnung von Niederlassungen Abbildung 91: Meilensteine bei der Weiterentwicklung von VectorVision Abbildung 92: Auswertung der Feedbackbeiträge zur Präsentation von Stefan Vilsmeier: Entwicklung der Geschäftsidee Abbildung 93: Auswertung der Feedbackbeiträge zur Präsentation von Stefan Vilsmeier: Erfolgszwang durch Studienabbruch Abbildung 94: Auswertung der Feedbackbeiträge zur Präsentation von Stefan Vilsmeier: Kreativität und Frechheit Abbildung 95: Auswertung der Feedbackbeiträge zur Präsentation von Stefan Vilsmeier: Wagemut Abbildung 96: Intensivierung der Kommunikation von Unternehmertum und Stärkung der Eigeninitiative Abbildung 97: Ableitung eines Prozesses zur schrittweisen Heranführung an unternehmerisches Handeln Abbildung 98: Aufbau der Businessplan-Seminare Abbildung 99: Schrittweise Heranführung an unternehmerisches Handeln
181 182 183 184 191 194 201 202 203 204 207 210 215 224
Tabellenverzeichnis
XXI
Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Historische Unternehmerbegriffe (Teil 1) Tabelle 1: Historische Unternehmerbegriffe (Teil 2) Tabelle 1: Historische Unternehmerbegriffe (Teil 3) Tabelle 1: Historische Unternehmerbegriffe (Teil 4) Tabelle 1: Historische Unternehmerbegriffe (Teil 5) Tabelle 2: Statische Unternehmerfunktionen Tabelle 3: Dynamische Unternehmerfunktionen Tabelle 4: Kompetenzprofile: Unternehmer versus Manager Tabelle 5: The Three Stages of Organizational Development Tabelle 6: Zwölf unternehmerische Persönlichkeiten als empirische Basis der Untersuchung Tabelle 7: Fachrichtungen der Empfänger
13 14 15 16 17 19 20 28 43 76 77
Abkürzungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis 2D 3D AG BMBF CEO CT DCF EXIST fMRT F&E FDA FCF GmbH HNO IEEE IPO MBPW MRT OECD OP R&D PET SPECT TiBiD TUM UCLA VC WEF ZfB zfbf ZfBW
zweidimensional dreidimensional Aktiengesellschaft Bundesministerium für Bildung und Forschung Chief Executive Officer Computertomographie Discounted Cashflow Existenzgründungen aus Hochschulen funktionelle Magnet-Resonanz-Tomographie Forschung und Entwicklung Food and Drug Administration Free Cashflow Gesellschaft mit beschränkter Haftung Hals-Nasen-Ohren Institute of Electrical and Electronics Engineers Initial Public Offering Münchener Business Plan Wettbewerb Magnet-Resonanz-Tomographie Organization for Economic Co-operation and Development Operationssaal Research and Development (siehe F&E) Positronen-Emissions-Tomographie Single Photon Emission Computed Tomography Telekooperation in Beziehungsnetzwerken für informationsbezogene Dienstleistungen Technische Universität München University of California in Los Angeles Venture Capital World Economic Forum Zeitschrift für Betriebswirtschaft Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung Zeitschrift für Berufs- und Wirtschaftspädagogik
XXIII
1. Einleitung
1
1
Einleitung
1.1
Ausgangssituation und Problemstellung
Führende Wirtschaftsnationen leben von den Menschen, die Innovationen vorantreiben und unternehmerische Verantwortung übernehmen. Die OECD hat ermittelt, dass in ihren Mitgliedstaaten ungefähr 70 % aller Arbeitsplatzgewinne den Gründern und Mittelständlern zu verdanken sind.1 Eine besondere Rolle dabei spielen innovative, technologieorientierte Gründungen, die eine überdurchschnittliche Wachstumsdynamik zeigen. Sie tragen in besonderem Maße zur Schaffung neuer Arbeitsplätze bei.2 Trotz der nicht genau bestimmbaren Wirkungsbeziehung zwischen unternehmerischen Aktivitäten einerseits und Erfolg, Wachstum und Wohlstand andererseits ist es intuitiv einleuchtend, dass ein vitales Unternehmertum für eine intakte Volkswirtschaft nützlich oder sogar unabdingbar ist.3 Schon frühzeitig findet der Unternehmer Beachtung bei den Wirtschaftstheoretikern: Im Jahre 1697 taucht bereits die Figur des „Projectors“ schemenhaft auf, den Daniel Defoe in seinem Aufsatz „An Essay upon Projects“ beschreibt.4 Der Unternehmerbegriff wird in den folgenden Jahrhunderten von einer Vielzahl von Autoren geprägt.5 Danach werden Unternehmern Eigenschaften wie Tatkraft, Risikobereitschaft, Erfindergeist und Verbesserungswillen zugeschrieben. Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang die Unternehmerfunktion, die Schumpeter (1911) mit dem Begriff des dynamischen Unternehmers prägt, der als Urheber für neue Entwicklungen durch die „Durchsetzung neuer Kombinationen“ Innovationen vollzieht. Das Ziel des dynamischen Unternehmers ist es, durch seinen Wissensvorsprung, der in diesen neuartigen Kombinationen zum Ausdruck kommt, Gewinne zu realisieren.6 Die Entwicklung und Bereitstellung von neuen Leistungsangeboten im Sinne der „schöpferischen Zerstörung“ von Schumpeter sind oftmals mit Firmengründungen verbunden.
1
Vgl. OECD 2000, S. 1; vgl. dazu auch Bundesministerium für Bildung und Forschung 2000 a, S. 6; Baumol 2004.
2
Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung 2000 b, S. 2; vgl. dazu auch Birch 1987; Kirchhoff 1994; Gallagher / Miller 1991; Rothwell 1983.
3
Vgl. Schaller 2001, S. 5.
4
Vgl. Matis 2002, S. 31.
5
Vgl. hierzu auch Kapitel 2.
6
Vgl. Schumpeter 1952, S. 111 ff.
1. Einleitung
2
Durch den Aufbau neuer Unternehmen wird ein organisatorischer und unternehmerischer Rahmen geschaffen, in dem Innovationen auf einen fruchtbaren Boden fallen und Innovationstreiber ohne Zwänge agieren können.7 Bekannte Unternehmerpersönlichkeiten wie Carl von Linde, Henry Ford und Werner von Siemens zeigen, dass der Gründer und Unternehmer bei der Durchsetzung von Innovationen eine entscheidende Rolle spielen kann. Dies legen sowohl theoretische Argumente als auch empirische Ergebnisse nahe.8 Der Unternehmer als Schlüsselperson in der Organisation trägt beispielsweise dazu bei, dass Widerstände gegen Neuerung überwunden werden und ausreichend Ressourcen für Innovationsprojekte bereitgestellt werden. In Schumpeters Denkansatz erscheint der Unternehmer als Einzelperson, der als Innovator das Neue ins Werk setzt, als Katalysator wirkt und über immer neue Innovationen für Dynamik im System sorgt.9 Hier stellt sich die Frage, wie der Unternehmer als Treiber über die verschiedenen Wachstumsphasen hinweg den Aufbau des Unternehmens voranbringen und den Innovationsprozess am Laufen halten kann. In der Gründungsphase steht der Unternehmer als der Schöpfer, Promotor und Macher dieser Unternehmung im zentralen Blickpunkt.10 Das typische Ergebnis des Handelns von Unternehmern besteht entsprechend in der Durchführung einer erfolgreichen Unternehmensgründung und dem ebensolchen Führen eines jungen Unternehmens.11 Mit dem Wachstum eines Unternehmens und der Steigerung der Komplexität seiner Produkte kommt es zwangsläufig zu einer Spezialisierung unter den Mitarbeitern, spätestens wenn die Kapazitätsgrenze einer Einzelperson erreicht ist. Dies gilt auch für die Person des Unternehmers. Für eine Arbeitsteilung sprechen zudem die steigenden spezifischen fachlichen Anforderungen sowie der wachsende Koordinationsaufwand von Mitarbeitern und externen Innovationspartnern bei einer sich vergrößernden Organisation.12 Damit ist die Rolle des Unternehmers mit dem Wachstum seines Unternehmens zwangsläufig einem Wandel unterzogen. Oft werden die Unternehmensgründer im Laufe des Unternehmensausbaus von externen Managern ersetzt.13 Diese Führungspersonen stehen vor der Herausforderung, die unternehmerischen Aufgaben zu übernehmen.
7
In diesem Zusammenhang wird auch oft das Wort Entrepreneur verwendet; vgl. dazu auch Blum / Leibbrand 2001.
8
Vgl. dazu Altmann 2003.
9
Vgl. Matis 2002, S. 42.
10
Vgl. Szyperski 2001, S. 297.
11
Fallgatter 2004, S. 18.
12
Vgl. auch Gemünden / Walter 1998, S. 129.
13
Vgl. Szyperski 2001, S. 279; dieser Prozess kann beispielsweise von Risikokapitalgebern veranlasst werden.
1. Einleitung
3
Der Fassettenreichtum denkbarer Situationen, in denen unternehmerisches Handeln stattfindet, sowie die daraus resultierenden vielfältigen Ausprägungsformen und die permanenten Anpassungsnotwendigkeiten haben vermutlich dazu geführt, dass das „unternehmerische Handeln“ bislang kaum eine unmittelbare wissenschaftliche Bearbeitung erfahren hat.14 Shane und Venkataraman haben in einem viel zitierten Artikel das unternehmerische Handeln auf die Suche, die Bewertung und die Ausschöpfung unternehmerischer Handlungsfelder eingegrenzt und damit die Aktivitäten des Unternehmers zur Durchsetzung von Innovationen betont:15 We define the field of entrepreneurship as the scholarly examination of how, by whom, and with what effects opportunities to create future goods and services are discovered, evaluated, and exploited. Auch Drucker nennt die Innovation das spezifische Instrument des Unternehmers und sieht sie als Grundlage für unternehmerisches Denken und Handeln an.16 Dabei sind Innovationen nicht nur auf das Produkt beschränkt, sondern können auch Prozessinnovationen oder Innovationen nicht-technischer Art sein. Den Aktivitäten zur Durchsetzung von Innovationen liegt ein tiefes und umfassendes Verständnis des Geschäftes und der Probleme der Kunden zugrunde.17 Oft finden die Innovationen nicht in Form von Sprüngen statt, sondern sind das Ergebnis eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses. Die Komplexität des Themenfeldes „Unternehmertum“ spiegelt sich auch in der öffentlichen Diskussion und der Presse wider.18 Weder in der Öffentlichkeit noch in der Wissenschaft haben sich einheitliche Definitionen durchgesetzt, die Begriffe wie Unternehmer, Gründer, Entrepreneur, Intrapreneur und Manager voneinander abgrenzen.19 Eine Befragung Gartners
14
Vgl. Fallgatter 2004, S. 11.
15
Shane / Venkataraman 2000, S. 218; vgl. dazu auch Fallgatter 2002; Fallgatter 2004, S. 11; Franke / Lüthje 2004.
16
Drucker 1985, S. 58.
17
Simon 1998, S. 98.
18
Als Beispiel hierfür wird der Medien Tenor Forschungsbericht, 8. Jahrg., Nr. 110, 15. Juli 2001 zum Thema „Manager werden seltener zum Prügelknaben. Das Medienimage der Unternehmer in der Wochenpresse und was die Aktionäre meinen: 1995 – 2000“ genannt. Allein der Titel dieser Arbeit zeigt die Problematik, dass die Begriffe Manager und Unternehmer nicht klar voneinander abgegrenzt sind.
19
Vgl. dazu beispielsweise auch Schaller 2001; Röpke 2002, S. 70 ff. In Kapitel 2 wird der Unternehmerbegriff ausführlich diskutiert und von den Begriffen Gründer und Unternehmer im Unternehmen abgegrenzt.
1. Einleitung
4
zum Thema „What are we talking about when we talk about Entrepreneurship“ ergibt ein ähnliches Bild:20 Entrepreneurship is a very complex idea. (...) We need to be aware that when we talk about entrepreneurship we carry around a wide range of beliefs. Some of us may believe that entrepreneurship must involve risk-taking individuals who start new ventures that are innovative and experience rapid growth. Others may be concerned only about entrepreneurship as starting new ventures. What we must all be concerned about is making sure that when we talk about entrepreneurship we recognize that it has many different meanings attached to it. Die Durchleuchtung dessen, was den Unternehmer eigentlich ausmacht, gewinnt gerade vor dem Hintergrund, dass Forschung und Politik fast ein Jahrhundert lang dem stets existenten Unternehmer kaum Beachtung schenkten, eine eigentümliche Bedeutung voll unklarer Selbstverständlichkeit.21 In der jüngsten Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ist das Unternehmertum wieder in das Zentrum der politischen Diskussion geraten.22 Die Themen Unternehmertum und Unternehmensgründung haben auch an deutschen Universitäten verstärkt Aufmerksamkeit erhalten. Das wachsende Interesse spiegelt sich beispielsweise am Wettbewerb „EXIST – Existenzgründer aus Hochschulen“ wider, den das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Dezember 1997 ausgeschrieben hat.23 Der Wettbewerb hat unter anderem das Ziel, eine Kultur der Selbständigkeit an deutschen Hochschulen zu etablieren, Gründerpersönlichkeiten zu fördern sowie die Zahl technologieorientierter Gründungen zu steigern.
20
Gartner 1990, S. 15: In der Umfrage wurden Fragebögen an 280 Wissenschaftler, Führungskräfte aus Unternehmen und Politiker verschickt. Die Rücklaufquote lag bei 16%.
21
Schaller 2001, S. 4.
22
Beispiele dafür sind die folgenden beiden Reden: Berliner Rede von Bundespräsident Roman Herzog im Hotel Adlon am 26. April 1997: „Und dieser Bürokratismus trifft nicht nur den kleinen Häuslebauer. Er trifft auch die großen und kleinen Unternehmer und er trifft ganz besonders den, der auf die verwegene Idee kommt, in Deutschland ein Unternehmen zu gründen. Bill Gates fing in einer Garage an und hatte als junger Mann schon ein Weltunternehmen. Manche sagen mit bitterem Spott, dass sein Garagenbetrieb bei uns schon an der Gewerbeaufsicht gescheitert wäre.“ Rede von Bundespräsident Horst Köhler zum Tag der Deutschen Einheit in Erfurt am 3. Oktober 2004: „Arbeitsplätze schaffen allein erfolgreiche und innovative Unternehmen. Ich will gar nicht lange von den Fehlern derer reden, die selber kein Risiko tragen und deren Missmanagement am Ende vor allem die Arbeitnehmer ausbaden müssen. Wir brauchen Unternehmerpersönlichkeiten, die bereit sind, die volle unternehmerische Verantwortung und das volle unternehmerische Risiko auf sich zu nehmen. Die gibt es. Die gibt es vor allem im Mittelstand, bei Existenzgründern, Handwerkern und in den kleinen und mittleren Betrieben.“
23
Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung 2000 c, S. 1.
1. Einleitung
5
Dabei wird von der Annahme ausgegangen, dass Studierende, Hochschulabsolventen und Wissenschaftler ein hohes Potential an Gründern aufweisen.24 Dieser Personenkreis kann auch auf andere Art und Weise sein in der Hochschule erworbenes Wissen anwenden, indem die Personen ihr Humankapital in einer abhängigen Beschäftigung in Unternehmen einbringen.25 Dabei steht bei technologieorientierten Unternehmen oft der Transfer von naturwissenschaftlichen und technischen Wissen im Zentrum. Studierende und Wissenschaftler haben während ihres Aufenthalts an der Hochschule die Möglichkeit, sich gezielt auf eine spätere Tätigkeit in der Wirtschaft vorzubereiten. Dazu ist ein erster Schritt, dass der akademische Nachwuchs Einblicke in Unternehmen bekommt und sich ein Grundverständnis für unternehmerisches Handeln aneignet. Das beinhaltet auch, dass die Personen frühzeitig eine Vorstellung entwickeln, welche Herausforderungen sowie Vor- und Nachteile eine selbständige als auch eine angestellte Tätigkeit mit sich bringen. Dies setzt eine Sensibilisierung und Mobilisierung der Personengruppe für das Thema voraus. Diese Arbeit soll einen Beitrag zur Klärung der Begriffe Unternehmer und Unternehmertum leisten und die Kommunikation von Unternehmertum im universitären Umfeld beleuchten. Zudem sollen Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie die Kommunikation von Unternehmertum gestaltet werden kann. Dies betrifft sowohl die Inhalte als auch die Art und Weise ihrer Vermittlung. Durch die Kommunikation von Unternehmertum soll erreicht werden, dass die universitäre Zielgruppe ein besseres Verständnis unternehmerischen Handelns erlangt und motiviert wird, eine unternehmerische berufliche Laufbahn einzuschlagen.
1.2
Zielsetzung und Bezugsrahmen
Zielsetzung der vorliegenden Arbeit ist es, einen Beitrag zur Analyse und Gestaltung der Kommunikation von Unternehmertum zu leisten, die zukünftige Generationen zu unternehmerischem Handeln anregt. Dabei richtet sich der Fokus auf universitäre Innovationsnetzwerke. Den Ausgangspunkt bildet das Verständnis zum Unternehmer und zu Unternehmertum. Zunächst steht die funktionale Betrachtung von Unternehmertum im Vordergrund, die Schumpeter mit der Trennung zwischen Funktion und Person des Unternehmers in die
24
Vgl. dazu auch Arbeitsgemeinschaft Deutscher Technologie- und Gründerzentren 1998; BundLänder-Kommission 1997; Chef / Müller-Merbach 1999; Friedrich-Ebert-Stiftung 1999; Knecht 1997.
25
Vgl. Bruns / Görisch 2002, S. 3.
1. Einleitung
6
wissenschaftliche Diskussion eingeführt hat. Nach Schumpeter sind Unternehmer die Urheber neuer Entwicklungen, deren Innovationsfunktion in der “Durchsetzung neuer Kombinationen” besteht. Zum besseren Verständnis der Funktion des Unternehmers werden theoretische und empirische Erkenntnisse aus der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung analysiert und zusammengefasst. Darüber hinaus wird in der Arbeit auf die Wertsteigerung als grundlegende unternehmerische Aufgabe und das damit verbundene Unternehmenswachstum sowie den Organisationsaufbau eingegangen. Mit den unterschiedlichen Wachstumsstadien eines Unternehmens, vom kleinen über das mittelgroße bis zum großen Unternehmen, werden oft unterschiedliche Begriffe für die unternehmerische Führungsperson herangezogen. Dies sind der Gründer bei Start-ups, der Unternehmer bei mittelständischen Unternehmen und der „Unternehmer im Unternehmen“ bei Konzernen.26 Neben der Diskussion des Unternehmerbegriffes und der Beleuchtung der Inhalte unternehmerischen Handelns stellt sich die Frage nach der Vermittlung dieser Inhalte. Dazu ist es zunächst notwendig, den Kommunikationsbegriff zu hinterfragen. Kommunikationsmodelle können eine Hilfestellung geben, menschliche Kommunikation zu beschreiben und zu analysieren. Mit den Modellen wird die Komplexität eines realen Kommunikationsprozesses reduziert. Basierend auf den theoretischen Grundlagen kann eine empirisch-explorative Untersuchung zur Kommunikation von Unternehmertum durchgeführt werden. Als Sender der Nachricht werden in dieser Arbeit Gründer, Unternehmer und Unternehmer im Unternehmen herangezogen. Dabei wird von der Annahme ausgegangen, dass diese Personen besonders gut für die Kommunikation von Unternehmertum geeignet sind, da sie aus ihrer unternehmerischen Praxis berichten und anhand ihrer Person und Tätigkeit das unternehmerische Handeln veranschaulichen. Es ist anzunehmen, dass die Authentizität und Vorbildfunktion der unternehmerischen Persönlichkeiten dem Verstehen unternehmerischen Handelns Nachdruck verleihen. Empfänger der Botschaft sind in dieser Arbeit Personen aus dem universitären Umfeld. Zu den Präsentationen der unternehmerischen Persönlichkeiten werden Feedbackdiskussionen durchgeführt, die Aufschluss über das Verständnis der Funktion eines Unternehmers geben. Zur Vertiefung und weiteren Veranschaulichung wird beispielhaft eine Fallstudie ausgearbeitet, die zeigt, wie ein Unternehmer sich und sein unternehmerisches Handeln präsentiert. Dazu wird die Tätigkeit des Unternehmers anhand des chronologischen Verlaufs des Unternehmensaufbaus detailliert geschildert. Darüber hinaus werden die Feedbackbeiträge der Empfänger zu Meilensteinen und kritischen Ereignissen wiedergegeben.
26
Vgl. dazu auch Kapitel 2.
1. Einleitung
7
Mit der Fallstudie soll ein vertieftes Verständnis gewonnen werden, inwieweit ein Unternehmer in seiner Vorbildfunktion unternehmerisches Handeln darstellen und vermitteln kann oder gar zu Unternehmertum motiviert. Bei der Bearbeitung des Themas sind jedoch Bescheidenheit und Vorsicht angebracht, da technische, betriebswirtschaftliche, psychologische und soziologische Aspekte eine hohe Komplexität mit sich bringen. Die Erwartungen an die empirischen Befunde dürfen nicht zu hoch sein. Aufgrund der starken Abhängigkeit von Personen, sowohl bei den präsentierenden Unternehmerpersönlichkeiten als auch bei den Zuhörern aus dem universitären Umfeld, kann nicht damit gerechnet werden, dass ein geschlossenes Theoriegebäude oder eine empirische Absicherung von Kommunikation von Unternehmertum entwickelt wird. Für die Arbeit hat das auch die Konsequenz, dass keine Generalisierungen oder pauschale Handlungsempfehlungen erwartet werden können. Vielmehr soll der Versuch unternommen werden, erste Antworten auf die Fragestellungen zu geben und am Beispiel der Technischen Universität München exemplarisch Handlungsempfehlungen aufzuzeigen. Dabei wird veranschaulicht, wie Studierende und Wissenschaftler schrittweise an das Thema Unternehmertum herangeführt werden und Hilfestellung bekommen, eine unternehmerische Laufbahn einzuschlagen. Die Arbeit stützt sich auf einen wissenschaftlichen Bezugsrahmen, der Auskunft über den Ausgangspunkt und Grundbegriffe, den Erkenntnisgegenstand, die Erkenntnisinstrumente sowie das Erkenntnisziel gibt: x
Ausgangspunkt der Arbeit sind einerseits die wirtschaftliche Bedeutung von Unternehmertum für Wohlstand und Wachstum in der Gesellschaft und andererseits die Schwierigkeiten bei der Vermittlung des Themas Unternehmertum. Als Grundlage werden die Begriffe Gründer, Unternehmer und Unternehmer im Unternehmen eingeführt. Zudem wird der hier zur Anwendung kommende Kommunikationsbegriff konkretisiert.
x
Der Erkenntnisgegenstand ist die Kommunikation von Unternehmertum. Bei der Betrachtung stehen die verschiedenen Unternehmertypen im Zentrum, die als Botschafter und Vorbilder über ihre Rolle als Schlüsselperson im Unternehmen berichten. Dabei wird in dieser Arbeit auf Gründer, Unternehmer und Unternehmer im Unternehmen fokussiert, die technologie- und wachstumsorientierte Unternehmen führen.
x
Als Instrument der Erkenntnisgewinnung werden zunächst theoretische und empirische Erkenntnisse aus den Wirtschaftswissenschaften und speziell der Entrepreneurshipforschung herangezogen. Zudem werden Kommunikationsmodelle als Analyseinstrumente für die Kommunikation von Unternehmertum diskutiert. Mit diesen Grundlagen wird eine explorative Untersuchung durchgeführt, in der
1. Einleitung
8
Kommunikationsprozesse zum Thema Unternehmertum im Rahmen von Präsentationen analysiert werden. Zur Vertiefung und Veranschaulichung der Kommunikation von Unternehmertum wird eine Präsentation im Rahmen einer Fallstudie detailliert ausgearbeitet. x
Erkenntnisziel der Untersuchung ist es, aus den theoretischen Überlegungen und empirischen Untersuchungen das Wissen über die Vermittlung unternehmerischen Handelns zu mehren und daraus Handlungsempfehlungen für die Kommunikation von Unternehmertum abzuleiten. Die Anregungen zielen auf universitäre Innovationsnetzwerke von der Mobilisierung, Netzwerkbildung und Qualifizierung über erste Innovationsprojekte bis hin zum Berufseinstieg und zur Unternehmensgründung. Dabei sollen Konzepte entwickelt werden, wie Unternehmertum besser greifbar und erlebbar gemacht werden kann.
Abbildung 1 zeigt den Bezugsrahmen der Arbeit in schematischer Übersicht.
AUSGANGSPUNKT UND GRUNDBEGRIFFE
Bedeutung von Unternehmertum, Erläuterung der Begriffe Unternehmer und Unternehmertum
ERKENNTNISGEGENSTAND
Kommunikation von Unternehmertum
ERKENNTNISINSTRUMENTE
- Unternehmertheorien - Kommunikationsmodelle - Primär empirische Erkenntnisse (Auswertung von Kommunikationsprozessen, vertiefende Fallstudie)
ERKENNTNISZIELE
Handlungsempfehlungen für universitäre Innovationsnetzwerke: - Mobilisierung - Netzwerkbildung - Qualifizierung - Innovationsprojekte - Berufseinstieg und Unternehmensgründung
Abbildung 1: Bezugsrahmen der Arbeit
Bedeutung von Kommunikation, Erläuterung des Kommunikationsbegriffs
1. Einleitung
1.3
9
Vorgehensweise und Aufbau der Arbeit
Der Aufbau und die Vorgehensweise der Arbeit orientieren sich an dem skizzierten Bezugsrahmen. In Kapitel 2 wird auf begriffliche Grundlagen und terminologische Abgrenzungen eingegangen. Zuerst wird die Entwicklung des Begriffs Unternehmer anhand einer historischen Übersicht aufgezeigt und daraus seine Hauptfunktionen abgeleitet. Weiterhin werden die Begriffe Gründer, Unternehmer und Unternehmer im Unternehmen diskutiert und voneinander abgegrenzt. Das Kapitel schließt mit Überlegungen zum Thema Wertsteigerung und Unternehmenswachstum. Kapitel 3 ist der Kommunikation und ihrer begrifflichen Grundlegung gewidmet. Dazu werden ausgewählte Modelle menschlicher Kommunikation diskutiert und auf ihre Anwendbarkeit auf das Thema Kommunikation von Unternehmertum untersucht. Aus diesen Betrachtungen wird ein Modell als Analyseinstrument von Kommunikation von Unternehmertum hergeleitet.
1. Einleitung 2. Unternehmer und Unternehmertum: Grundlagen und terminologische Abgrenzungen
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirische explorative Untersuchung
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
6. Handlungsempfehlungen für universitäre Innovationsnetzwerke
7. Zusammenfassung und Ausblick
Abbildung 2: Gliederungsschema der Arbeit
3. Kommunikation: Grundlagen und Kommunikationsmodelle
10
1. Einleitung
In Kapitel 4 wird die empirisch-explorative Untersuchung zusammengefasst. Basierend auf den theoretischen Grundlagen aus Kapiteln 2 und 3 wird die methodische Konzeption für die Analyse der durchgeführten Unternehmerpräsentationen vorgestellt. Darauf folgen die Analyseergebnisse aus den Präsentationen und den Feedbackdiskussionen. Kapitel 5 vertieft eine der in Kapitel 4 vorgestellten Präsentationen im Rahmen einer Fallstudie. Zunächst werden die Methoden der Datenerhebung, die Auswahl des Unternehmers und die Gliederung der Fallstudie beschrieben. Daran schließt sich die Fallstudie an. Aus der Darstellung von Unternehmertum durch den Unternehmer anhand seines persönlichen beruflichen Werdegangs und aus den Feedbackbeiträgen des Auditoriums soll ein Beitrag zum Verständnis und eine Veranschaulichung der Kommunikation von Unternehmertum geleistet werden. In Kapitel 6 werden die Ergebnisse der vorangegangenen Kapitel zusammengeführt und daraus Handlungsempfehlungen abgeleitet. Im Zentrum der Überlegungen steht die Frage, wie Unternehmertum besser kommuniziert und unternehmerisches Handeln besser greifbar oder gar erlebbar gemacht werden kann. Die Handlungsempfehlungen beziehen sich auf das universitäre Innovationsnetzwerk und werden am Beispiel der Technischen Universität München veranschaulicht. Kapitel 7 bildet mit der Zusammenfassung und dem Ausblick den Abschluss der Arbeit.
2. Unternehmer und Unternehmertum: Grundlagen und terminologische Abgrenzung
2
11
Unternehmer und Unternehmertum: Grundlagen und terminologische Abgrenzungen
Im folgenden Abschnitt werden begriffliche Grundlagen für die Arbeit gelegt und terminologische Abgrenzungen vorgenommen. Zunächst steht der Begriff des Unternehmers im Fokus. Eine historische Übersicht zeigt die begriffliche Entwicklung auf und dient der Ableitung von Hauptfunktionen des Unternehmers. Die Funktion des Unternehmers als Innovator wird im Anschluss vertieft diskutiert. Zudem wird der Begriff des Unternehmers von den Begriffen Unternehmensgründer und Unternehmer im Unternehmer abgegrenzt. Der zweite Teil des Abschnittes befasst sich mit dem Thema Unternehmertum. Nach der Diskussion der Unternehmenswertsteigerung als Ziel der unternehmerischen Tätigkeit werden die Grundlagen der wertorientierten Unternehmensführung beleuchtet. Darauf wird näher auf das Thema Unternehmenswachstum als Hebel zur Wertsteigerung des Unternehmens eingegangen. Nach der Nennung einiger Definitionen werden mögliche Messgrößen für Unternehmenswachstum aufgezeigt. Abschließend wird auf die organisatorischen Rahmenbedingungen, die sich mit dem Wachstum des Unternehmens verändern, eingegangen.
2.1
Unternehmer
Der Begriff Unternehmer wird im deutschen Sprachraum häufig benutzt, jedoch besteht keine einheitliche Definition. Generell wird der Unternehmer als die Person angesehen, die an der Spitze eines Unternehmens steht. Oft wird der Begriff Unternehmer auch mit dem Begriff Manager gleichgesetzt. In Wörterbüchern, Gesetzestexten und wissenschaftlichen Arbeiten finden sich unterschiedliche Definitionsansätze.27 Das aus dem Französischen stammende Wort Entrepreneur hat sich im englischen Sprachraum als Bezeichnung für den klassischen oder traditionellen Unternehmer durchgesetzt und wird meist mit einem innovativen Unternehmensgründer gleichgesetzt.28 Auch im Deutschen wird der Begriff Entrepreneur verwendet, wobei auch hier keine einheitliche Definition und keine einheitliche Abgrenzung zum Begriff Unternehmer existiert.29
27
Siehe Kapitel 2.1.1.
28
Vgl. Schaller 2001, S. 6 f.
29
Vgl. dazu auch Matis 2002, S. 62: „Der Begriff „Entrepreneur“ selbst leitet sich vermutlich ab vom lateinischen Interpre(he)ndere (unternehmen), wobei prendere auch nehmen, im Sinne von
2. Unternehmer und Unternehmertum: Grundlagen und terminologische Abgrenzung
12
In den folgenden beiden Unterkapiteln werden ein Überblick über die historische Entwicklung des Unternehmerbegriffs gegeben und daraus Hauptfunktionen des Unternehmers zusammengefasst.
2.1.1
Historische Entwicklung des Unternehmerbegriffes
Die unternehmerisch handelnde Person taucht seit dem Mittelalter in der Wissenschaft und Geschichtsschreibung des französischen, englischen und deutschen Sprachraumes auf.30 In Frankreich findet der „Entrepreneur“ seinen Ursprung bei den mittelalterlichen Baumeistern von Festungen, Kirchen und Kathedralen und in England entwickelten sich die Begriffe „Undertaker“, „Projector“ und „Adventurer“.31 Bretz gibt eine Übersicht über historische Unternehmerbegriffe, in der er jeweils den Namen des Autors, seine Lebensdaten und das Datum der Hauptveröffentlichung zum Thema, den in der Originalsprache verwandten Unternehmerbegriff sowie die von ihm identifizierte Hauptthese angibt.32 Die folgende Übersicht basiert auf der Arbeit von Bretz:
wegnehmen bedeutet. Aber auch die etymologische Ableitung im Deutschen ist durchaus aufschlussreich: Während das alte deutsche Verbum “unternehmen“ schon im Laufe des 18. Jahrhunderts neben „enterprenieren“ auf gewerbliche Betätigung angewandt wurde, erscheint das Substantiv „Unternehmer“ erst Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts. In der 1801 erschienenen 2. Auflage von Johann Christoph Adelungs Grammatisch-Kritischem Wörterbuch fehlt es noch und in Joachim Heinrich Campes in demselben Jahr erschienenem Wörterbuch zur Erklärung und Verdeutschung der unserer Sprache aufgedrungenen fremden Ausdrücke ist „Unternehmer“ als Ersatz für das gebräuchliche Fremdwort „Entrepreneur“ empfohlen.“ 30
Vgl. dazu auch die folgende Übersicht.
31
Vgl. Bretz 1991, S. 277.
32
Vgl. Bretz 1991, S. 278 ff.
2. Unternehmer und Unternehmertum: Grundlagen und terminologische Abgrenzung
13
Tabelle 1: Historische Unternehmerbegriffe (Teil 1)
Daniel Defoe (ca. 1660-1731, 1697)
Projector als genialer Projektant, gleichzeitig ehrlicher Erfinder aber auch Fantast und Schwindler.33
Richard Cantillon (ca. 1680-1734; 1755)
Entrepreneur als Risikoträger; Pächter als Prototypen: feste Abgabe an den Grundeigentümer, aber unsicher im Lohn; Unternehmer ihrer eigenen Arbeit: auf eigene Gefahr und eigene Rechnung; auch Bettler und Räuber sind Unternehmer.34
Francois Quesnay (1694-1774; 1758)
Entrepreneur als reicher und intelligenter Betreiber einer Großfarm; Statik: gegebener Output, gegebener Preis und Produktionsfaktoren.35
Anne-Robert Jacques Turgot (1727-1781; 1766)
Entrepreneur Manufacturier als industrieller Kapitalanwender und Arbeitgeber.36
Adam Smith (1723-1790; 1776)
Undertaker als Kapitalist und Kapitalanwender; laissez faire: freie Verwirklichung von Eigeninteressen als Bedingung für allgemeinen Wohlstand, unsichtbare Hand des Marktes als natürliche Ordnung.37
Jeremy Bentham (1748-1832; 1793)
Projector als Ausfüller neuer, innovativer Kanäle; verbreitet den „Geist des Neuen“ in der Volkswirtschaft; typisch: „Government Contractor“.38
Jean-Baptiste Say (1767-1832; 1815)
Entrepreneur als Nachfrager / Vereiniger von Produktivdiensten und Anwender / Produzent für den Markt; „gutes Urteil“ als Hauptqualität: Mittler für die Erfüllung von Bedürfnissen.39
Johann Heinrich v. Thünen (17831850; 1826)
Unternehmer als Träger von Risiko und innovativer Genialität; Probleme und „schlaflose Nächte“ als Förderer unternehmerischen Talents.40
33
Vgl. Defoe 1999.
34
Vgl. Cantillon 1931, S. 32 ff.
35
Vgl. Quesnay 1888, S. 218 f.
36
Vgl. Turgot 1924.
37
Vgl. Smith 1937.
38
Vgl. Bentham 1952.
39
Vgl. Say 1869.
40
Vgl. Thünen 1960, S. 246 ff.
14
2. Unternehmer und Unternehmertum: Grundlagen und terminologische Abgrenzung
Tabelle 1: Historische Unternehmerbegriffe (Teil 2)
Hans K. E. v. Mangoldt (18241868; 1855)
Unternehmer als Träger nicht versicherbaren Risikos und spekulativer Produzent am Markt; „Rentabilität“ als Vergütung für besondere Fähigkeiten und Übernahme von Verantwortung.41
John Stuart Mill (1806-1873; 1859)
Entrepreneur als Kapitalist, Risikoträger und Oberaufseher; Bezieher von Kapitalzins, Risikoprämie und Unternehmerlohn.42
Léon Walras (1834-1910; 1860)
„Entrepreneur“ als Kombinator der produktiven Dienste: steter Wiederhersteller des Gleichgewichts im statischen System.43
Karl Marx (18181883; 1867)
Unternehmer als despotischer Nutznießer des „Mehrwertes“, ausbeuterischer Profit aus unbezahlter Mehrarbeit.44
Carl Menger (1840-1921; 1871)
Unternehmer als Dirigent im Hintergrund; zeitliche Koordination der Produktionsfaktoren.45
Francis A. Walker (1840-1897; 1876)
Entrepreneur als „Captain of Industry“ / Arbeitgeber; wird durch seine Funktion zum Kapitalisten; Führer des gesellschaftlichen Fortschritts: Organisator und Energetisierer.46
Frederik B. Hawley (18431929; 1882)
Entrepriser als Träger von produktivem Risiko (Spekulant: unproduktives Risiko); ökonomisch unentbehrlicher Kombinator der Produktionsfaktoren.47
Victor Mataja (1884)
Unternehmer als Bezieher von Unternehmergewinn neben Einkommen aus Naturgaben, Arbeitsprodukten oder Kapitalertrag.48
41
Vgl. Mangoldt 1855.
42
Vgl. Mill 1960.
43
Vgl. Walras 1938, S. 169 sowie S. 184 ff.
44
Vgl. Marx 1961.
45
Vgl. Menger 1923, S. 153 f.
46
Vgl. Walker 1888, S. 74 ff. sowie S. 232 ff.
47
Vgl. Hawley 1927, S. 410 ff.
48
Vgl. Mataja 1884, S. 127 ff.
2. Unternehmer und Unternehmertum: Grundlagen und terminologische Abgrenzung
15
Tabelle 1: Historische Unternehmerbegriffe (Teil 3)
Karl Rodbertus (1805-1875; 1884)
Unternehmer als Träger einer staatswirtschaftlichen Funktion; vierte Klasse, die die anderen „auskauft“ und deren Produktivdienste kombiniert.49
Alfred Marshall (1842-1924; 1891)
Undertaker als „Multifaceted Capitalist“; Versorger der Bedürfnisse anderer; geborener Menschenführer, Arbeitgeber, Manager, Kombinator usw.50
John Bates Clark (1847-1938; 1899)
Entrepreneur macht Arbeit und Kapital erst produktiv; „mit leeren Händen“: trägt kein Risiko; Verwirklichung von Ideen: Sozialisierungstendenz von Unternehmertum.51
Gustav v. Schmoller (18381917; 1900)
Unternehmer als zentraler Faktor jeglichen ökonomischen Handelns; kreativ-innovativer Organisator.52
Werner Sombart (1863-1941; 1903)
Unternehmer als treibende Kraft des Kapitalismus; schöpferische Taten des Einzelnen; Erwerbsidee: Objektivierung der kapitalistischen Motivation.53
Josef Schumpeter (1883-1950; 1912)
Unternehmer als aktiver, innovativer Durchsetzer neuer Kombinationen; strebt wirtschaftliche Führerschaft an; dynamischer Zerstörer des Marktgleichgewichts.54
Max Weber (18641920; 1920)
Unternehmer als Rationalisierer / Überwinder des Traditionalismus (Bürokratieansatz) und protestantischer Asket: Disziplin, Selbstkontrolle.55
Kurt Wiedenfeld (1920)
Unternehmer als Gestalter des Risikos: Risiko entsteht erst durch die unternehmerische Entscheidung.56
49
Vgl. Rodbertus 1884, S. 53 ff. sowie S. 81 ff.
50
Vgl. Marshall 1961, S. 297 ff.
51
Vgl. Clark 1907, S. 82 ff.
52
Vgl. Schmoller 1893.
53
Vgl. Sombart 1927.
54
Vgl. Schumpeter 1952, S. 100 ff.
55
Vgl. Weber 1947 und Weber 1972, S. 157 ff.
56
Vgl. Wiedenfeld 1920.
16
2. Unternehmer und Unternehmertum: Grundlagen und terminologische Abgrenzung
Tabelle 1: Historische Unternehmerbegriffe (Teil 4)
Frank H. Knight (185-1927; 1921)
Entrepreneur als Produkt wahrer, nicht messbarer Ungewissheit; Träger letzter Verantwortung; Broker neuer Technologien; Menschenkenner.57
Charles A. Tuttle (1927)
Entrepreneur als Geschäftseigentümer: Abgrenzung von Kapital- und Grundeigentum sowie Arbeit.58
Alfred Amonn (1883-1962; 1928)
Unternehmer als Verkehrssubjekt mit Verfügungsmacht über Kapital; statischer (potentieller) vs. dynamischer (aktueller, eigentlicher) Unternehmer.59
Johannes Gerhardt (1930)
Unternehmer als einzige gegen die bürokratische Wissensherrschaft immune Instanz; eigenes Risiko: Verlust der Unternehmerstellung.60
Erich Häussermann (1932)
Unternehmer als disponierender, „wirtschaftlich schöpferischer“ Arbeitgeber; volkswirtschaftliches Ausgleichs- und Regulierungsorgan „wider Willens“.61
John M. Keynes (1883-1946; 1936)
Entrepreneur als Eigentümer und Entscheidungsträger; unsichere Erwartungen: gemischtes Spiel aus Können und Zufall („Animal Spirits“).62
Ludwig v. Mises (1881-1972; 1940)
Jeder handelnde Mensch ist Entrepreneur (dynamische Wirtschaft): Demokratisierung des Konzeptes; „Promoter“ als besonders findiger Entrepreneur.63
Arthur H. Cole (1889-1974; 1949)
Entrepreneur als Gründer, Erhalter oder Ausbauer eines gewinnorientierten Geschäftes; Innovation, Management und Anpassung an äußere Umstände.64
57
Vgl. Knight 1933, S. 268 ff.
58
Vgl. Tuttle 1927, S. 501 ff.
59
Vgl. Amonn 1928, S. 260 ff.
60
Vgl. Gerhardt 1930, S. 5 ff.
61
Vgl. Häussermann 1932, S. 5 ff.
62
Vgl. Keynes 1964, S. 25 ff. sowie S. 150 ff.
63
Vgl. Mises 1949, S. 253 ff.
64
Vgl. Cole 1965, S. 33 ff.
2. Unternehmer und Unternehmertum: Grundlagen und terminologische Abgrenzung
17
Tabelle 1: Historische Unternehmerbegriffe (Teil 5)
Leland H. Jenks (1949)
Entrepreneur als Role Taker; Geschäftseinheit als System von unternehmerischen und nicht unternehmerischen, umfelddominierten Rollen.65
Fritz Redlich (1949)
Unternehmer als dämonische Figur: schöpferisch-zerstörerische Interpretation des persönlichen Elements im Wirtschaftsleben.66
George .L.S. Shackle (1955)
Enterpriser als Unsicherheitsträger und Entscheider: Improvisator, Erfinder; „Bounded Uncertainty“ als Quelle von Kreativität.67
Harvey Leibenstein (1968)
Entrepreneur als Ausnutzer von Unzulänglichkeiten: „X-Inefficiency“, „Slack“, „Fuzzy Areas“; Input-Completer.68
Israel M. Kirzner (1973)
Entrepreneur als findiger Arbitrageur: Ausnutzer von Preisunterschieden bei unvollkommener Information; Wiederhersteller des Marktgleichgewichts.69
Mark Casson (1982)
Entrepreneur als Koordinator: Treffen ökonomischer Entscheidungen höchster Komplexität als zentrale Aufgabe, Ziel der Gewinnmaximierung, Pedant des Marktpreissystems, Nutzer von Marktunvollkommenheiten durch Vertragsabschlüsse.70
Die wissenschaftlichen Arbeiten zeigen kein einheitliches Bild vom Unternehmer. Oftmals liegen die Standpunkte der Autoren weit auseinander.71 Obwohl der Unternehmer ein einzelwirtschaftliches Phänomen ist, überwiegen Untersuchungen der unternehmerischen Funktion und ihrer Wirkung im makroökonomischen Kontext, wie beispielsweise bei Schumpeter, Knight und Kirzner.72 Allgemein anerkannte, prognosefähige Modelle oder gar eine einheitliche „Theorie des Unternehmers“ existieren nicht.73 Ein Grund dafür kann in der
65
Vgl. Jenks 1949, S. 152.
66
Vgl. Redlich 1964, S. 74 ff. und S. 171 ff.
67
Vgl. Shackle 1955, S. 82 ff.
68
Vgl. Leibenstein 1979, S. 134 ff.
69
Vgl. Kirzner 1978, S. 29 ff.
70
Vgl. Casson 1982, S. 22 ff.
71
Vgl. dazu auch Bretz 1988, S. 278 ff.; Casson 1990, S. 13; Gartner 1990; Herbert / Link 1989; Schaller 2001, S. 15.
72
Vgl. Schaller 2001, S. 17.
73
Vgl. dazu u.a. Schneider 2001, S. 19: „Die Geschichte der Wirtschaftswissenschaft zeigt, dass der Unternehmer solange eine Leerstelle in der Theorie der Unternehmung bleibt, wie diese von einem Leitbild des Marktgleichgewichts als Ausfluss eines deterministischen Weltbildes ausgeht. Die klassische Britische Politische Ökonomie wählt dabei ein Denken in Faktorgruppen und abstrahiert so gänzlich von unternehmerischen Aufgaben. Die Neoklassik bietet lediglich eine
2. Unternehmer und Unternehmertum: Grundlagen und terminologische Abgrenzung
18
Tatsache liegen, dass Unternehmer herausragende Individuen sind, die durch ihre Aktivitäten nicht vorhersagbare Ereignisse auslösen oder schnell auf außergewöhnliche Situationen reagieren können. Im Folgenden werden die in der Unternehmerforschung74 aufgezeigten Funktionen des Unternehmers zusammengefasst und damit eine Basis für eine Definition geschaffen. Persönliche Eigenschaften, die für die Ausübung der Unternehmerfunktion förderlich sind, werden hier nicht betrachtet.
hinter Formalismen verborgene Aufstellung dieses Produktions-Faktor-Klassendenkens. Unternehmerische Aufgaben werden deutlich bei Cantillon genannt und im 19. Jahrhundert ausgebaut. Die neuere Betriebswirtschaftslehre entwickelt aus den früheren Äußerungen zu unternehmerischen Aufgaben eine Lehre der Unternehmerfunktionen. Da die Lehre von den Unternehmerfunktionen die Erfahrungssachverhalte der Unsicherheit und der ungleichen Wissensverteilung berücksichtigt, schafft sie Raum, die Leerstelle „Unternehmer“ in einer Theorie der Unternehmung zu füllen.“ Vgl. auch Albach 2002. 74
Fallgatter 2004, S. 13: Der Autor schlägt für die Systematisierung der bestehenden Entrepreneurship-Forschung aus einer forschungsobjekt-bezogenen Sicht folgende vier Ebenen vor: - Die gesamtwirtschaftliche Ebene betrifft die Kontingenzen des Unternehmerangebotes, die gesamte Infrastruktur von Unternehmensgründungen sowie die in der Wirtschaftstheorie erforschten Funktionen von Unternehmensgründungen. -
Die ebenfalls traditionsreichen Forschungen zur Person des Unternehmers selbst (personenbezogene Ebene) thematisieren überwiegend Auslöser und Motive einer unternehmerischen Betätigung sowie charakteristische Persönlichkeitsmerkmale und Karrieremuster.
-
Hinsichtlich des einsetzbaren betriebswirtschaftlichen Instrumentariums (instrumentelle Ebene) werden vielfach Gründungs- und Wachstumsstrategien, Planungsverhalten oder Erfolgsfaktoren analysiert. Gegenüber der personenbezogenen Ebene verändert dies insofern den Blickwinkel, als eine unmittelbare Ausrichtung auf Ergebnisse im Vordergrund steht. Das unternehmerische Handeln sowie die Ermittlung und Einsatzmöglichkeiten von Erfolgsfaktoren werden dementsprechend „instrumentell“ verstanden.
-
Aus institutioneller Perspektive (Ebene der Unternehmensgründung bzw. des jungen Unternehmens) stehen die Entwicklungsdynamik, strukturelle Veränderungen oder auch Lebenszyklen im Vordergrund. Der Unterschied zur voran stehenden Ebene besteht darin, dass es um Entwicklungsprozesse und deren Ergebnisse und weniger um deren Steuerung geht.
Auch wenn die Systematisierung nicht an allen Stellen Überschneidungsfreiheit beanspruchen kann, so bietet sie zumindest die Möglichkeit, die Forschungsströmungen in ihrem Bezug zum unternehmerischen Handeln zu verdeutlichen.
2. Unternehmer und Unternehmertum: Grundlagen und terminologische Abgrenzung
2.1.2
19
Funktionen des Unternehmers
Schoppe schlägt vor, die Unternehmerfunktionen in statische und dynamische Funktionen zu unterteilen. Dazu analysiert er die wissenschaftlichen Arbeiten namhafter Autoren und gruppiert die identifizierten Unternehmerfunktionen.
75
Tabelle 2: Statische Unternehmerfunktionen
Statische Unternehmerfunktionen
Autoren
Kapitalgeber, Kapitalist, Kapitalanwender
Turgot 1924, Smith 1937, Marx 1961, Mises 1949
Manager i. S. v. „Oberaufseher“
Say 1869, Mill 1848, Marshall 1961, Menger 1923
Unternehmensinhaber, Eigentümer
Quesnay 1888, Wieser 1914, Pigou 1932, Hawley 1927
Arbeitgeber, Auslaster von Produktionsfaktoren
Keynes 1964, Sauermann 1937
Empfänger des Residualeinkommens
Mataja 1884
75
Vgl. Schoppe 1995, S. 282.
20
2. Unternehmer und Unternehmertum: Grundlagen und terminologische Abgrenzung 76
Tabelle 3: Dynamische Unternehmerfunktionen
Dynamische Unternehmerfunktionen
Autoren
Risikoträger bei Ungewissheit, Spekulant, Grundlegender Disponent
Cantillon 1931, Knight 1933, Thünen 1960, Shackle 1955
Schumpeter 1952, Heuss 1965, Weber 1947 Innovator, Durchsetzer neuer Kombinationen, schöpferischer Zerstörer, Marktentwickler Vertragsschließer
Bentham 1952
Auserwählter (protestantische Ethik)
Weber 1947
Arbitrageur, Informationsverwerter, Nutzer und Beseitiger von Ungleichgewichten
Kirzner 1978, Mises 1949, Hayek 1937, Cantillon 1931, Walras 1938
Entscheidungsträger, Verteiler von Ressourcen zwischen unterschiedlichen Verwendungsrichtungen
Cantillon 1931, Keynes 1964, Shackle 1955, Cole 1965, Schultz 1975
Industrielenker, captain of industry, Wirtschaftskapitän
Say 1869, Sombart 1927, Schumpeter 1952, Redlich 1964
Organisator, Koordinator, Kombinierer von Produktionsfaktoren, Haftender, Eigner des Produkts
Say 1869, Clark 1907, Schmoller 1893, Davenport 1913, Hawley 1927
Unternehmer = Unternehmung = Firma
Stauss 1944
Beseitiger von Ineffizienzen, Nutzer organisatorischer Unzulänglichkeiten anderer Unternehmen (Unternehmer)
Leibenstein 1979
Entscheidungsträger mit überdurchschnittlichem Urteilsvermögen
Casson 1982, Hébert / Link 1988
Transaktionsminimierer, Pedant zum Marktpreissystem, Nutzer von Marktunvollkommenheiten durch Vertragsabschlüsse
Coase 1937, Williamson 1975, Casson 1982, Penrose 1966, Alchian / Demsetz 1972, Jensen / Meckling 1976
Die statischen Funktionen beziehen sich auf eine passive bzw. verwaltende Ausübung der Unternehmerrolle wie beispielsweise die des Kapitalgebers und Gewinnempfängers. Sie kann
76
Vgl. Schoppe 1995, S. 283.
2. Unternehmer und Unternehmertum: Grundlagen und terminologische Abgrenzung
21
auch im juristischen Sinne interpretiert werden, in dem der Unternehmer z.B. als Eigentümer eines Unternehmens oder Arbeitgeber definiert wird. Die dynamischen Unternehmensfunktionen geben Aufschluss über die schöpferischen Aktivitäten des Unternehmers. Damit wird dem Unternehmer die Rolle als „Macher“ und Entscheidungsträger zugewiesen. Bretz fasst die historischen Unternehmerfunktionen in die drei Hauptfunktionen Risikoträger, Kombinator von Produktionsfaktoren und Innovator zusammen.77
RISIKOTRÄGER
KOMBINATOR
INNOVATOR
Betroffener
Gestalter
administrativ
heroisch
Zerstörung
Neuschöpfung
Risikokapital
allgemeines persönliches Risiko
Role Taker
Role Maker
hin zum Gleichgewicht
weg vom Gleichgewicht
Spezifische Gefahren
allgemeine Unsicherheit
Produkt/MarktBereich
andere Bereiche
Abbildung 3: Hauptfunktionen des Unternehmers nach Bretz78
Schaller schlägt eine ähnliche Aufteilung vor, in der die folgenden vier zentralen Unternehmerfunktionen im Mittelpunkt stehen: Innovation, das Tragen von Risiken, das Entdecken und das Koordinieren.79 Eine zentrale Rolle des Unternehmers ist es, Treiber von Innovationen zu sein. Schumpeter hat als erster die dynamische Erklärung des Unternehmers als Urheber für neue Entwicklungen der Wirtschaft aufgezeigt.80 In Kapitel 2.1.3 wird detailliert auf die Rolle des Unternehmers als Innovator eingegangen. Diese Betrachtungen zeigen, dass sich die Funktion 77
Vgl. Bretz 1988, S. 36 ff.
78
Vgl. Bretz 1991, S. 282.
79
Vgl. Schaller 2001, S. 14.
80
Vgl. auch Hamer 2001, S. 16.
22
2. Unternehmer und Unternehmertum: Grundlagen und terminologische Abgrenzung
des Unternehmers als Innovator mit den Funktionen des Entdeckers und Koordinators überschneidet, die der Unternehmer beispielsweise durch seine Fähigkeiten bei der Chancenerkennung und beim Ressourceneinsatz wahrnimmt. Die hier beschriebene Systematisierung der Unternehmerfunktionen kann damit nicht an allen Stellen Vollständigkeit oder Überschneidungsfreiheit beanspruchen. Gleichzeitig bietet sie die Möglichkeit, ein Grundverständnis über die Funktionen des unternehmerischen Handelns zu bekommen. Zum Abschluss dieses Unterkapitels soll ein Resümee über die Aufgabe und die Funktion eines Unternehmers gezogen werden. Ausgangspunkt jeder unternehmerischen Aktivität ist das Konzept der Wertschöpfung bzw. der Wertsteigerung.81 Der Unternehmer sucht nach Wandel, reagiert auf den Wandel und nutzt ihn als Chance.82 Er muss in der Lage sein, Potentiale am Markt zu erkennen und durch die Kombination von Produktionsfaktoren ein Angebot dafür zu schaffen. Dazu stellt sich die Herausforderung, unternehmensinterne und externe Ressourcen zu koordinieren. Um Erfolg am Markt zu haben muss der Unternehmer dem Kunden einen Mehrwert im Vergleich zum Wettbewerb bieten. Dies ist meist nur mit der Durchsetzung von Innovationen möglich.83
81
Siehe dazu auch Kapitel 2.2.
82
Vgl. Drucker 1985, S. 55.
83
Siehe dazu auch Kapitel 2.1.3.
2. Unternehmer und Unternehmertum: Grundlagen und terminologische Abgrenzung
23
Entdecken von Chancen
Funktionen des Unternehmers
Tragen von Risken
Durchsetzen von Innovationen
Koordinieren von Ressourcen
Abbildung 4: Funktionen des Unternehmers
Dieser Prozess ist mit Unsicherheiten verbunden. Der Unternehmer ist Eigentümer seines Unternehmens, trägt das Betriebsrisiko auch persönlich und sieht deshalb den Betrieb als einen Teil seiner Person, seiner Familie und einer Schicksalsgemeinschaft an, die oft auf Dauer, unauflöslich und als Interessensgemeinschaft nicht nur im ökonomischen Sinne, sondern auch im Privatbereich, verstanden wird.84 Der Unternehmer übernimmt als Inhaber eines Unternehmens die Verantwortung für komplexe Entscheidungen in Situationen der Ungewissheit und trägt selbst das Risiko dafür.
2.1.3
Unternehmer als Innovator
It is the innovating entrepreneur of whom we think when we are concerned about economic growth and progress in productivity. For it is widely agreed that achievement in this arena is heavily dependent on constant discovery and employment of new and more effective ways of doing things and the introduction of new and better products.85 In diesem Unterkapitel wird vertieft auf die Rolle des Unternehmers als Innovator eingegangen und zudem der Innovationsbegriff erläutert. Nach Schumpeter ist der
84
Vgl. Hamer 1988, S. 16.
85
Baumol 1993, S. 199.
24
2. Unternehmer und Unternehmertum: Grundlagen und terminologische Abgrenzung
„dynamische Unternehmer“ die treibende Kraft der wirtschaftlichen Entwicklung, die er durch die Durchsetzung immer neuer Faktorkombinationen erreicht.86 Im Erkennen und Durchsetzen neuer Möglichkeiten auf wirtschaftlichem Gebiet liegt das Wesen der Unternehmerfunktion.87 Auch Shane und Venkataraman betonen, dass die Innovation im Zentrum des unternehmerischen Handelns liegt:88 We define the field of entrepreneurship as the scholarly examination of how, by whom, and with what effects opportunities to create future goods and services are discovered, evaluated, and exploited. Die typischen Domänen von Entrepreneuren – das schnelle Besetzen einer Marktlücke, das Abschöpfen eines Arbitragevorteils, die flexible Reaktion auf neue Bedürfnisse und Trends, auf ein „Window of Opportunity“ – sind insofern eng mit der Entwicklung und Verwertung von Innovationen verbunden.89 Aus betriebswirtschaftlicher Sicht sind Innovationen von Unternehmen eingeführte Neuerungen, die den eigenen wirtschaftlichen Erfolg am Markt oder im Unternehmen verbessern sollen.90 Die Neuerung kann sich beispielsweise auf ein Produkt, einen Prozess, ein Verfahren, eine Vertragsform oder einen Vertriebsweg beziehen.91 Innovation ist damit nicht direkt mit der Lösung eines technischen Problems verbunden. 92 Jedoch handelt es sich bei der Durchsetzung von Innovationen nicht um Prozesse, in denen sich Routineentscheidungen wiederholen.93 Da die innovative Materie definitionsgemäß keinen Vorläufer hat, kann der Unternehmer als Entscheidungsträger die Konsequenzen seiner Entscheidung naturgemäß nur schwer überschauen.94 Casson weist dem Unternehmer in diesem Zusammenhang die zentrale Funktion zu, ökonomische Entscheidungen höchster
86
Vgl. Schumpeter 1952, siehe auch Kapitel 2.1.1 und 2.1.2.
87
Vgl. Schumpeter 1928, S. 483.
88
Shane / Venkataraman 2000, S. 218.
89
Franke / Lüthje 2004, S. 35; vgl. auch empirische Forschungsergebnisse, u.a. Hunsdieck / MayStrobl 1986; Steinkühler 1994; Brüderl / Preisendörfer / Ziegler 1996.
90
Vgl. Gerpott 1999, S. 39; für weitere Definitionen siehe u.a. Becker / Whisler 1967, S. 463; Rogers 1983, S. 11; Knight 1967, S. 478; Moore / Tushman 1982, S. 132; Roberts 1987, S. 3; Uhlmann 1978, S. 41; Damanpour 1991, S. 556; Zahn / Weidler 1995, S. 362 ff.
91
Vgl. Hauschildt 1997, S. 2.
92
Zur Bestimmung des Innovationsbegriffs nach Dimensionen siehe u.a. Hauschildt 1997, S. 6 ff.; vgl. auch Buchholz 1996, S. 24 ff.; Bürgel / Haller /Binder 1996, S. 14; Gerpott 1999, S. 39 ff.; Lowe 1995, S. 23; Maier 1995, S. 28 ff.; Specht / Beckmann / Amelingmeyer 2002, S. 13; Trommsdorff 1990, S. 4 ff.
93
Vgl. Kieser 1984, S. 50.
94
Vgl. Hauschildt 1997, S. 24.
2. Unternehmer und Unternehmertum: Grundlagen und terminologische Abgrenzung
25
Komplexität zu treffen. Er zeichnet sich durch ein besonders hohes Urteilsvermögen aus, das ihn dazu befähigt, die zentrale Entscheidung zu treffen.95 In einigen empirischen Studien wird der Beitrag des Unternehmers zum Innovationserfolg untersucht und das Fazit gezogen, dass das Unternehmerengagement und der Innovationserfolg in einem stark positiven Zusammenhang stehen.96 Jedoch ist bei der Heranziehung dieser Studien zu berücksichtigen, dass von keiner einheitlichen Definition des Unternehmers ausgegangen wird.97 Welzel sieht die Hauptaufgabe des Unternehmers bei der Ausübung seiner Funktion darin, das Unternehmen als Ganzes zu führen, die Teilbereiche wie Forschung und Entwicklung, Produktion und Marketing über die einzelnen Innovationsprozesse hinweg zu koordinieren und aufgrund seiner Entscheidungskompetenz die Innovation durchzusetzen.98 Hofmann schlägt in seiner wissenschaftlichen Arbeit eine weitere Strukturierung der Aufgaben des innovativen Unternehmers vor.99
2.1.4
Gründer, Unternehmer und Unternehmer im Unternehmen
Nachdem in den letzten drei Unterkapiteln der Unternehmerbegriff beleuchtet und die Funktionen des Unternehmers diskutiert wurden, wird im Folgenden eine Abgrenzung zwischen dem Begriff des Unternehmers und dem des Gründers sowie zwischen dem des Unternehmers im Unternehmen vorgenommen.
95
Vgl. Casson 1982, S. 23 ff.
96
Vgl. dazu u.a. Altmann 2003; Baker / Green / Bean 1986, S. 29; Chakrabarti 1974, S. 59; Cooper / Kleinschmidt 1996; Johne / Snelson 1988, S. 230; Maidique / Hayes 1984; Might / Fischer 1985, S. 75; Rafael / Rubenstein 1984, S. 40 ff.; Song / Parry 1996, S. 431 f.
97
Oft werden in den Studien Unternehmer als Führungskräfte bzw. Manager definiert. Die Abgrenzungen sind in den meisten Fällen weiter gefasst als die Definition von Unternehmern in der vorliegenden Arbeit. Es ist jedoch anzunehmen, dass der Einfluss eines Unternehmers wie in Kapitel 2.1 beschrieben noch weitaus größer ist, da er mit seinen umfassenden Funktionen stärkere Einflussmöglichkeiten hat als eine normale Führungskraft.
98
Vgl. Welzel 1995, S. 219; Welzel betont zudem die Aufgabe des Unternehmers, die Mitarbeiter zur Erzeugung innovativer Ideen zu motivieren.
99
Vgl. Hofmann 1968: Hofmann betont bei der funktionalen Analyse des Unternehmers die Organisationsfunktion i.w.S. und ihre Wechselbeziehung zu anderen Funktionen. Dabei definiert er die folgenden fünf Grundfunktionen: 1. Zielfunktion (Ideeierung, Konzeption), 2. Entscheidungsfunktion, 3. Realisationsfunktion (Veranlassen und Durchsetzen), 4. ReOrdinationsfunktion (Kontrollfunktion i.w.S.: Überwachung, Kontrolle, Sicherung und Korrektur des Unternehmungsprozesses), 5. Informationsfunktion; dazu analysiert er u.a. betriebs- und volkswirtschaftliche Unternehmertheorien und führt Experteninterviews durch, um die Frage nach dem beruflichen Selbstverständnis des Unternehmers zu beantworten. Er fasst seine Ergebnisse zu allgemeinen Führungsfunktionen mit innovatorischem Gehalt zusammen und definiert diese als „Teilinhalte des unternehmerischen Elements“.
26
2. Unternehmer und Unternehmertum: Grundlagen und terminologische Abgrenzung
Mit der New Economy, den Internet-Start-ups und dem Venture Capital rücken in den Medien verstärkt die Unternehmensgründer in den Vordergrund.100 Vor allem das Wort Entrepreneurship wird in der öffentlichen Diskussion mit Unternehmensgründung bzw. mit „Creating of New Organizations“ in Verbindung gebracht.101 Jedoch ist es nicht zwingend notwendig, dass der Unternehmer seine unternehmerischen Funktionen, und dabei vor allem die des Innovators, mit dem formalen Akt des Gründens und dem Aufbau einer neuen Organisation umsetzt. Vielmehr ist es seine Aufgabe, einen geeigneten Rahmen für die wertschöpfenden Aktivitäten zu organisieren. Dies kann auch innerhalb eines bestehenden Unternehmens, das er beispielsweise übernimmt, oder im Rahmen von virtuellen Organisationen geschehen.102 Umgekehrt wird eine Person durch die formale Gründung eines Unternehmens nicht zwangsläufig zum Unternehmer, da damit nicht automatisch die Durchsetzung von neuen Produkten oder Dienstleistungen am Markt verbunden ist. Viele Unternehmer sehen ihr Unternehmen als „Vehikel zur Umsetzung der innovativen Idee“ an und nicht als Lebensaufgabe.103 Dabei wird der Aufbau des Unternehmens als Projekt mit einem begrenzten Zeithorizont betrachtet. Der Unternehmer bezieht seine Residualeinkommen dabei nicht nur in Form von laufenden Gewinnen, sondern auch durch den Verkauf des Unternehmens.104 Im englischsprachigen Raum hat sich in diesem Zusammenhang auch der Begriff des „Serial Entrepreneurs“ etabliert.105 Dies ist ein Unternehmer, der sich im Laufe der Zeit in einer Reihe von Unternehmen engagiert. Diese Tätigkeit kann in verschiedener zeitlicher Abfolge sowie unterschiedlicher Intensität erfolgen. Der klassische Fall des Serial Entrepreneurs ist,
100
Der Begriff des Gründers bzw. Unternehmensgründers wird häufig dem Begriff des Existenzgründers gleichgesetzt. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass bei der Unternehmensgründung eine neue Wirtschaftseinheit geschaffen wird, während bei der Existenzgründung die Person bzw. deren Wechsel vom bisherigen abhängigen Beschäftigungsverhältnis, vom Ausbildungsverhältnis oder von der Arbeitslosigkeit in die Selbständigkeit im Vordergrund stehen. Vgl. auch Unterkofler 1989; Klandt 1984.
101
Vgl. u.a. Gartner 1989, S. 47; Ripsas 1997, S. 71; Schaller 2001, S. 25.
102
Vgl. dazu u.a. Reichwald / Möslein / Sachenbacher / Englberger 2000; Picot / Reichwald / Wigand 2001, S. 387 ff.; Reichwald / Möslein 1996; Reichwald / Möslein 1997a.
103
Vgl. Schaller 2001, S. 31.
104
Hier sind auch die Begriffe „Harvesting“ und „Exit“ zu nennen. Als Ausstiegsmöglichkeiten sind u.a. der „IPO“ (Börsengang) und der „Trade Sale“ (z.B. in Form einer Übernahme durch ein anderes Unternehmen) zu nennen: vgl. dazu u.a. Bygrave / Hay / Peeters 1994; Petty / Shulman / Bygrave 1992.
105
Neben dem Begriff „Serial Entrepreneur“ werden auch die Begriffe „Multiple Entrepreneur“, „Second Time Entrepreneur“ und „Habitual Entrepreneur“ für Unternehmer verwendet, die sich in mehreren Unternehmen engagieren; vgl. u.a. Birley / Westhead 1994; Cooper / Dunkelberg 1986; Starr / Bygrave 1991; Wright / Robbie / Ennew 1994.
2. Unternehmer und Unternehmertum: Grundlagen und terminologische Abgrenzung
27
dass der Unternehmer sein altes Unternehmen verlässt und darauf wieder ein neues gründet und aufbaut.106 Dabei kann er seine Erfahrungen, Managementfähigkeiten und Kontakte in das neue Unternehmen einbringen und so zum Erfolg beitragen. Der Unternehmer muss sich u.a. dabei die Frage stellen, ob er nach dem Ausstieg aus seinem alten Unternehmen neue Marktchancen erkennen und mit dem Aufbau eines neuen Unternehmens eine größere Wertschöpfung als mit dem alten Unternehmen erreichen kann. Die zweite begriffliche Abgrenzung erfolgt zwischen dem Unternehmer und dem Unternehmer im Unternehmen, der auch als Intrapreneur bezeichnet wird.107 Während der Unternehmer selbständig, autonom und oft auch im Team operiert, ist der Unternehmer im Unternehmen in die operativen, strategischen und normativen Beschränkungen einer (Groß-) Unternehmung eingebunden.108 Der Unternehmer im Unternehmen übt als angestellter Manager in der bestehenden Organisation eine Führungsfunktion aus. Er hat wie der Unternehmer das Ziel, die Produktivität im Unternehmen zu erhöhen und Werte zu schaffen.109 Jedoch sind aufgrund der unterschiedlichen Rahmenbedingungen die Schwerpunkte seiner Arbeit zur Erreichung der Ziele verschieden.110 Tabelle 4 zeigt die unterschiedlichen Kompetenzprofile eines Unternehmers und eines Managers, die zur erfolgreichen Ausübung ihrer Tätigkeiten notwendig sind.
106
Vgl. Wright / Robbie / Ennew 1994.
107
Vgl. dazu Schaller 2001, S. 25: „Intrapreneur (...) ist ein Kunstwort, das aus den Elementen „Intraorganisational“ und „Entrepreneur“ gebildet wurde, um den Typ Manager zu kennzeichnen, der vorzugsweise in sehr großen Organisationen wie ein „richtiger Unternehmer“ denkt und handelt.“ Neben dem Begriff „Intrapreneurship“ (vgl. z.B. Pinchot 1985) werden im englischsprachigen Raum auch die Begriffe „Internal Corporate Entrepreneurship“ (vgl. z.B. Schollhammer 1982), „Corporate Venture“ (vgl. z.B. Ellis / Taylor 1987) und „Internal Corporate Venture“ (vgl. z.B. Burgelman / Sayles 1986) verwendet.
108
Vgl. Röpke 2002, S. 70.
109
Vgl. Luchsinger / Bagby 2001, S. 12.
110
Vgl. auch Röpke 2002, S. 70.
28
2. Unternehmer und Unternehmertum: Grundlagen und terminologische Abgrenzung 111
Tabelle 4: Kompetenzprofile: Unternehmer versus Manager
Unternehmer
Manager
Einsatz von Zeit und Energie, um Produkte zu explorieren, die für den Kunden spürbare Vorteile bringen
Optimale Allokation der Ressourcen
Wahrnehmung bisher unbefriedigter Bedürfnisse von Kunden
Mitarbeiter organisieren und motivieren
Produkte identifizieren, die die Kunden wünschen
Aufgaben koordinieren
Chancen erkennen und durchsetzen
Menschen überwachen, beeinflussen und führen
Ausgeprägter interner Antrieb, ein Vorhaben zum Erfolg zu führen
Wirksam delegieren
Technisch überlegene Produkte entwickeln
Reibungslose Organisation aufrechterhalten
Die Bedeutung von Unternehmertum im Unternehmen für die Leistungs- und Wandlungsfähigkeit einer Organisation wird von einer Reihe von Autoren beschrieben:112 Peterson und Berger zeigen auf, dass unternehmerische Aktivitäten im Unternehmen helfen, neue Geschäftsfelder und damit neue Umsatzmöglichkeiten zu erschließen.113 Durch unternehmerisches Handeln wird zudem der Unternehmenserfolg vergrößert, da Produkt- und Prozessinnovationen in der Organisation gefördert werden.114 Miller führt in seiner Studie an, dass durch Intrapreneure die Bereitschaft im Unternehmen steigt, Risiken einzugehen, proaktiv vorzugehen und radikale Produktinnovationen durchzuführen.115 Luchsinger und Bagby ziehen in ihrem Artikel „Entrepreneurship and Intrapreneurship: Behavior, Comparisons, and Contrasts“ den Schluss, dass trotz unterschiedlicher Rahmenbedingungen sowohl bei Unternehmern als auch bei Unternehmern im Unternehmen 111
Röpke 2002, S. 70 in Anlehnung an Chandler / Hanks 1994.
112
Stevenson und Jarillo merken an, dass Intrapreneurship zunehmend an Bedeutung gewinnt, da große Unternehmen ihre Wettbewerbsfähigkeit durch Flexibilität, Wachstum und Innovationen sichern wollen. Vgl. Stevenson / Jarillo 1990.
113
Vgl. Peterson / Berger 1971.
114
Vgl. z.B. Burgelman 1983; Burgelman 1991. Einige Autoren betonen stärker die administrativen Innovationen und Prozessinnovationen, vgl. z.B. De Chambeau / Mackenzie 1986; Nielsen / Peters / Hisrich 1985; Sussman / Kuzmits 1986. Andere heben die Rolle des Intrapreneurs bei der Durchsetzung von Produktinnovationen hervor, vgl. z.B. Duerr 1986; Pinchot 1987; Pinchot 1985.
115
Vgl. Miller 1983; siehe auch empirische Studien: Kuratko / Montagno / Hornsby 1990; Zahra / Pearce 1994; Lumpkin / Dess 1996.
2. Unternehmer und Unternehmertum: Grundlagen und terminologische Abgrenzung
29
ein ähnliches Verhalten zum Vorschein kommt und beide stark vom Innovationsprozess abhängen:116 The intrapreneur is considered to have a more difficult job than the entrepreneur. Entrepreneurs have more control over their environments, especially the internal. However, financial risk is carried by the intrapreneur’s company, whereas the entrepreneur bears his own. The innovative company can also provide a source of administrative and operational support. Failure means bankruptcy to the entrepreneur, but the intrapreneur can return to the parent organization. The entrepreneur is the boss, while intrapreneurs must still report to superiors and seek sponsorship, especially in the face of internal criticism or resistance. Zum Abschluss des Unterkapitels sind in einer Tabelle die unterschiedlichen Rahmenbedingungen und die Ausprägungen der Unternehmerfunktionen nach den Unternehmertypen Gründer, Unternehmer und Unternehmer im Unternehmen zusammengefasst.
UNTERNEHMER IM
GRÜNDER
UNTERNEHMER
Entdecken
Denken in Chancen,
von
Aufbau eines Teams, das Ideen generiert, bewertet und auswählt.
Hinausblicken über Tellerrand, Brechen von Regeln, Gehen von unkonventionellen Wegen, Experimentieren, Lernen.
Kontinuierliche Verbesserungen statt abrupter Technologiesprünge.
Kundenorientierung,
Schwierige Umsetzung der Konzepte im Unternehmen,
UNTERNEHMEN
Chancen
Durchsetzen von Innovationen
Anpacken von Dingen, Durchführung mit Begeisterung,
Verkaufen und Verhandeln.
Gesellschaftliche Verantwortung.
Brückenschlag zwischen Technologie und Markt.
Koordinieren Gewinnung und Bindung der Mitarbeiter, von
Überblick über Unternehmensbereiche,
Ressourcen
Schaffung von geeigneten Rahmenbedingungen.
Gewinnung und Führung der Mitarbeiter.
Tragen
Hohes finanzielles Risiko,
Finanzielles Risiko,
von
Gefahr des Scheiterns,
Produkthaftung.
Risiken
Opferung des Privatlebens.
Schaffung einer unternehmerischen Kultur im Unternehmen, Zu kurzfristiges Denken. Kein finanzielles Risiko.
Abbildung 5: Rahmenbedingungen und Ausprägungen der Unternehmerfunktionen im Überblick
116
Vgl. Luchsinger / Bagby 2001, S. 12.
2. Unternehmer und Unternehmertum: Grundlagen und terminologische Abgrenzung
30
2.2
Unternehmertum
Creating wealth is at the heart of both entrepreneurship and strategic management. For general managers and entrepreneurs, a keen interest is to learn how to apply entrepreneurial and strategic tools, techniques, and concepts in ways that help the firm create increasing amounts of wealth.117 Die Wertsteigerung als unternehmerische Aufgabe bringt die Funktion des Unternehmers als Innovator, Entdecker und Durchsetzer von neuen Kombinationen in ihrer ökonomischen Wirkung zum Ausdruck.118 Um Werte zu steigern muss der Unternehmer Wertpotentiale entdecken und ausschöpfen. In diesem Zusammenhang ist auch der Ansatz der wertorientierten bzw. kapitalmarktkonformen Unternehmensführung zu nennen, der sich mit dem Aufstieg der managementgeführten Unternehmen entwickelt hat und eng mit dem Begriff des Shareholder Value verknüpft ist.119 Er hat sich als Leitbegriff moderner Unternehmensführung weitgehend
117
Ireland / Hitt / Camp / Sexton 2001, S. 49.
118
Vgl. Schaller 2001, S. 24; Stevenson / Roberts / Grousbeck 1994, S. 5; McGrath 1999, S. 13. Deeds, De Carolis und Coombs (1998) fassen in ihrem Artikel „Firm-Specific Resources and Wealth Creation in High-Technology Ventures: Evidence from Newly Public Biotechnology Firms“ Unternehmertum wie folgt zusammen: „Entrepreneurship has been defined as the dynamic process of creating incremental wealth (Ronstadt 1984); as the creation of an innovative economic organization for the purpose of gain or growth under conditions of risk and uncertainty (Dollinger 1994); as profiting from bearing risk and uncertainty (Knight 1933); and as the endowing of existing resources with new wealth-producing capacity (Drucker 1985a). The common ground of these definitions lies in the goal of wealth creation. While entrepreneurs may create organizations for reasons other than economic gain, such as personal challenge or lifestyle choices, from an economic perspective, the goal of entrepreneurship remains the creation of wealth through innovative activity.” (S. 56).
119
Nicolai / Thomas 2004, S. 452 f.: Die Autoren führen zur geschichtlichen Entwicklung aus: „Berle und Means veröffentlichten 1932 ihr zum Klassiker avanciertes Buch „The Modern Corporation and Private Property“. Darin vertreten sie die These, dass sich Kapitalgesellschaften zu der dominierenden Organisationsform der modernen Gesellschaft entwickeln. Hintergrund für diese Entwicklung war das Aufkommen des modernen Großunternehmens – wie die frühen Eisenbahngesellschaften in den USA – und in der Folge die Herausbildung des Mehrproduktunternehmens. Diese Unternehmen waren nicht mehr nach dem traditionellen Modell des Eigentümer-Unternehmers zu finanzieren und zu managen. Die Verteilung des Eigentums auf viele Anteilsbesitzer führt nach Berle und Means zu einem Verlust an Kontrolle über die neu entstandene Klasse der Manager. (...) Ehemals konnte der Eigentümer-Unternehmer seine Entscheidungen durch persönliche Eigenschaften wie Erfahrung, Intuition oder Genius begründen. Den angestellten Managern stand die Option nicht offen, sie mussten ihr Tun den Eigentümern gegenüber als rational, systematisch und nachvollziehbar darstellen. Aufgrund der vielschichtigen und komplexen Natur von unternehmerischen Entscheidungen ist dies kein leichtes Unterfangen. So entstand ein „freier diskursiver Raum“ zwischen Eigentum und Management, indem es ein Set von Techniken bereitstellt, die es dem Management erlauben, seine Entscheidungen zu legitimieren.“
2. Unternehmer und Unternehmertum: Grundlagen und terminologische Abgrenzung Die Vorreiterrolle durchgesetzt.120 Publikumsgesellschaften.
übernahmen
dabei
die
31
börsennotierten
Im Zuge der High-Tech- und Internet-getriebenen Gründerwelle der New Economy eröffnete eine hohe Börsenbewertung neue strategische Freiheitsgrade bei der Kapitalbeschaffung wie auch beim Aufkauf von Unternehmen.121 Gleichzeitig wuchs an den Kapitalmärkten die Bereitschaft, die Bewertung von Unternehmen auf zukunftsorientierte, wertbasierte Kennzahlen zu stützen statt auf die traditionellen stichtagsbezogenen Bewertungsmaßstäbe.122 Damit muss ein Unternehmen eine adäquate Steigerung seines Wertes erreichen, um für Investoren attraktiv zu bleiben. Dies gilt nicht nur für die Beschaffung von Eigenkapital. Auch die Kreditwürdigkeit eines Unternehmens aus Sicht der finanzierenden Banken ist davon berührt, da die Banken dazu übergehen, das Verhältnis von Fremdkapital zum Unternehmenswert als Beurteilungskriterium der Bonität heranzuziehen.123 Bereits bei Unternehmen der Gründungs- und Wachstumsphase kommt den Beziehungen zu den Investoren eine hohe Bedeutung zu.124 Wealth creation in entrepreneurial and established organizations is a complex, challenging task in today`s global and technologically advancing business environment.125 Gründer, Unternehmer sowie Unternehmer im Unternehmen haben sich der Herausforderung zu stellen, ihre Unternehmen wertorientiert zu führen und damit kapitalmarktkonform auszurichten.
2.2.1
Wertorientierte Unternehmensführung
Rappaport legte 1986 durch seine Arbeit die theoretische Grundlage für die wertorientierte Unternehmensführung, die durch Stewart / Stern und Copeland / Koller / Murrin erweitert wurde.126 Rappaport definiert die Steigerung des Unternehmenswerts als übergeordnetes Ziel der unternehmerischen Aktivität. Zudem führt er als ökonomische Berechnungsweise des Unternehmenswertes die Discounted Cashflow (DCF) Methode ein. Danach ergibt sich der Wert eines Unternehmens aus der Summe des für die Zukunft erwarteten Free Cashflow (FCF), den das Unternehmen erwirtschaften und an die Eigen- und Fremdkapitalgeber
120
Vgl. Coenenberg / Salfeld 2003, S. 3.
121
Vgl. Salfeld 2003, S. 256.
122
Coenenberg / Salfeld 2003, S. 7.
123
Gleißner 2001, S. 364.
124
Achleitner / Bassen 2003, S. 580.
125
Rowe 2001, S. 81.
126
Vgl. Rappaport 1986; Stewart / Stern 1991; Copeland / Koller / Murrin 1990.
2. Unternehmer und Unternehmertum: Grundlagen und terminologische Abgrenzung
32
ausschütten kann, diskontiert mit den am spezifischen Unternehmensrisiko orientierten durchschnittlichen Kapitalkosten.127 Der Unternehmenswert kann danach erhöht werden, indem der Free Cashflow gesteigert und/oder der Kapitalkostensatz gesenkt werden. Anhand der Definition des Free Cashflow lassen sich die Steigerung des Betriebsergebnisses und die Verringerung der Kapitalbindung in Anlage- und Umlaufvermögen als zentrale Anhaltspunkte der Wertsteigerung identifizieren.128 Motor der Unternehmenswertsteigerung ist das profitable Umsatzwachstum,129 das ein Maßstab dafür ist, wie gut es dem Unternehmen gelingt, echten, von den Kunden wahrgenommenen Mehrwert zu schaffen.130 Nach der klassischen betriebswirtschaftlichen Theorie wird die Höhe des Kapitalkostensatzes vor allem durch das Geschäftsrisiko bestimmt, das die Stabilität und Vorhersagbarkeit der zukünftigen Cashflows des Unternehmens beschreibt.131 Basierend auf diesen Betrachtungen schlagen Coenenberg und Salfeld als Ansatzpunkte für Wertsteigerungsaktivitäten132 vier strategische Handlungsfelder vor:133 1. Umsatzwachstum: Nachhaltige Wertsteigerung ist ohne profitables Wachstum nicht zu erreichen. Nicht jedem Unternehmen gelingt es, die eigenen Wachstumsziele durchzusetzen. Gerade in reifen Märkten schafft man Umsatzsteigerungen meist nur über den Verdrängungswettbewerb. Während ältere Industrien auf diese Weise immer stärker konsolidieren oder sogar obsolet werden, bilden sich umgekehrt immer wieder neue Märkte und Branchen heraus.
127
Vgl. Salfeld 2003, S. 257.
128
Vgl. Coenenberg / Salfeld 2003, S. 72 f.
129
Während des New Economy Booms spielte die Profitabilität eine untergeordnete Rolle. Vgl. z.B. Bygrave / Johnstone / Matchett / Roedel 1999: Die Autoren untersuchten beispielsweise 117 VCfinanzierte Unternehmen, bei denen zwischen 1994 und 1997 ein IPO durchgeführt wurde. Dabei stellte sich heraus, dass die Investoren zwar dem Umsatzwachstum, jedoch nicht der Profitabilität eine große Bedeutung für die Unternehmensbewertung beigemessen haben.
130
Vgl. Salfeld 2003, S. 257.
131
Vgl. Coenenberg / Salfeld 2003, S. 74 f.
132
Nicolai und Thomas weisen in ihrem Artikel „Kapitalmarktkonforme Unternehmensführung: Eine Analyse im Lichte der jüngsten Strategieprozesslehre“ darauf hin, dass die kapitalmarktkonforme Strategieentwicklung auf der Annahme basiert, dass es ein bestimmtes Set an Marktgesetzen und Erfolgsfaktoren gibt, die es zu befolgen gilt. Dies kommt in den Branchenabschlägen, Marktführerschaftsprämien, dem zurzeit intensiv diskutierten „conglomerate discount“ und anderen fixen Prämien und Abschlägen zum Ausdruck, die Analysten und Ratingagenturen ihren Bewertungen zugrunde legen. In die gleiche Richtung weisen Managementtechniken, die üblicherweise von Unternehmensberatungen in Umlauf gebracht werden und deren Verbreitung durch den Kapitalmarkteinfluss unterstützt wird. Siehe Nicolai / Thomas 2004, S. 459.
133
Vgl. Coenenberg / Salfeld 2003, S. 75 ff.
2. Unternehmer und Unternehmertum: Grundlagen und terminologische Abgrenzung
33
2. Operative Exzellenz: Ziel operativer Exzellenz ist es, eine möglichst effektive und effiziente Leistungserbringung im Unternehmen sicherzustellen. Hierzu bieten sich drei zentrale Ansatzpunkte an: Radikale Vereinfachung des gesamten Prozesses der Leistungserstellung, Disaggregation und Rekombination der verschiedenen Elemente der Wertschöpfungskette und Fokussierung aller unternehmensinternen Strukturen und Prozesse auf ihre wesentliche Funktion innerhalb des Leistungserbringungsprozesses. 3. Finanz- / Vermögensstruktur: Die Reduktion des benötigten Kapitals und die Senkung des für das verbleibende Kapital zu zahlenden Preises sind die zentralen Wertsteigerungsmöglichkeiten im Bereich der Finanz- und Vermögensstruktur. Besonders in kapitalintensiven Branchen wie etwa der Halbleiter- oder der Stahlindustrie sind erhebliche Wertsteigerungseffekte erzielbar. 4. Unternehmensportfolio: Für Unternehmen, die sich auf mehr als ein Produkt bzw. Geschäftsfeld stützen, ist die Portfoliosteuerung ein wesentlicher Wertsteigerungshebel. Damit wird das Management der Geschäfte und Geschäftsbeteiligungen eines Unternehmens bezeichnet. Während Wachstum, operative Exzellenz sowie Finanz- und Vermögensstruktur im Wesentlichen benutzt werden, um den Unternehmenswert in einem als vorgegeben betrachteten Geschäftsfeld zu optimieren, so adressiert die Portfoliosteuerung die Grundsatzfrage, in welcher Arena das Unternehmen überhaupt aktiv sein soll. Im folgenden Unterkapitel wird speziell das Wachstum eines Unternehmens beleuchtet, das eine zentrale Bedeutung als Hebel für die Unternehmenswertsteigerung hat. Ein Unternehmen ist nur dann in der Lage, dauerhaft seine Attraktivität für Investoren zu halten, wenn es fortlaufend neue, Cashflow-maximierende Projekte und Geschäfte erschließt. Wachstum ist damit unverzichtbar für die Unternehmensentwicklung.
2.2.2
Wachstum
Continuous, profitable growth is a prerequisite to a firm’s ability to generate wealth across time and events. Successful growth is achieved by firms that are growing faster than the majority of those competing in their industry in terms of both sales and profits. Achieving this type of growth is at the center of the agendas of most CEOs and entrepreneurs as they guide their firms in the global economy’s complex and turbulent competitive arenas.134
134
Ireland / Hitt / Camp / Sexton 2001, S. 49.
34
2. Unternehmer und Unternehmertum: Grundlagen und terminologische Abgrenzung
In diesem Unterkapitel wird vertieft auf das Wachstum von Unternehmen eingegangen, das als zentraler Wertsteigerungshebel für Gründer, Unternehmer und Unternehmer im Unternehmen eine wesentliche Rolle spielt.135 Zunächst wird der Begriff Unternehmenswachstum beleuchtet und einige Messgrößen dafür erörtert. Zur Veranschaulichung der Wachstumsentwicklung wird das idealtypische Produktlebenszykluskonzept diskutiert, das den zeitlichen Verlauf des Umsatzvolumens und Gewinns auf der Produkt- bzw. Dienstleistungsebene beschreibt. Das Lebenszykluskonzept kann auch auf die Entwicklung des gesamten Unternehmens angewandt werden. Damit lässt sich das Unternehmenswachstum in verschiedene Phasen aufteilen. Diese einzelnen Phasen lassen sich wiederum den drei Typen Gründer, Unternehmer und Unternehmer im Unternehmen zuordnen. Unternehmenswachstum bedeutet, wie jedes andere Wachsen, eine Veränderung, ein Fortbewegen von einem zu einem bestimmten Zeitpunkt beobachteten Zustand und erscheint damit als Prozess, der sich in den Grundkategorien von Raum und Zeit vollzieht und dabei die Größe des jeweiligen Wachstumsobjektes ständig verändert.136 In der betriebswirtschaftlichen Literatur werden unterschiedliche Beurteilungskriterien des Unternehmenswachstums definiert.137 Gutenberg fasst den Wachstumsbegriff im Sinne eines Konstitutionsbegriffs auf: Konstitutionsbegriff insofern, als wir üblicherweise nur dann von Wachstum sprechen, wenn wir es mit einem Unternehmen zu tun haben, dem es gelungen ist, sein technischökonomisches Potential durch planvolle Ausbau-, Entwicklungs- und Umstellungsarbeiten bis zur Spitzenleistung zu steigern; dem es weiter gelang, seine innere Widerstandskraft gegen Rückschläge durch Ausräumung aller Gefahrenherde und Risikozentren in seinem Betriebsund Finanzgefüge soweit zu festigen, als die Unbestimmbarkeit der wirtschaftlichen Verhältnisse es überhaupt zulässt.138 Kürpick definiert das Unternehmenswachstum als eine im Zeitverlauf eintretende, auf Dauer angelegte qualitative und/oder quantitative Veränderung des betrieblichen Leistungspotentials.139 Die Leistungen eines Unternehmens können sich sowohl nach außen durch die in Erscheinung tretenden Angebote als auch nach innen durch die Struktur des Unternehmensaufbaus äußern.
135
Vgl. auch Kapitel 2.2.1.
136
Vgl. Zahn 1971, S. 14.
137
Vgl. u. a. Agthe 1961; Albach 1965; Brockhoff 1966; Gutenberg 1942.
138
Vgl. Gutenberg 1942, S. 150.
139
Vgl. Kürpick 1981, S. 28 ff.
2. Unternehmer und Unternehmertum: Grundlagen und terminologische Abgrenzung
35
Unternehmenswachstum kann auch im Vergleich zu den übrigen Unternehmen der Branche gesehen werden. Agthe definiert ein Unternehmen als Wachstumsunternehmen, wenn sein Wachstum über dem Durchschnitt der gesamten Branche liegt.140 Die relative Betrachtung des Unternehmenswachstums verdeutlicht, dass ein Unternehmen trotz seiner absoluten Vergrößerung an Bedeutung bei seiner Marktstellung verlieren kann. Zur Messung des Unternehmenswachstums wird in der betriebswirtschaftlichen Literatur eine Reihe von Kriterien herangezogen, wie beispielsweise der Einsatz von Produktionsfaktoren in der Zeiteinheit, Kapitaleinsatz, Kapazität, Leistung und Erfolg.141 Dazu werden Messgrößen definiert, die jedoch immer nur einen Teil der Unternehmensentwicklung widerspiegeln. Im Folgenden wird eine Auswahl vorgestellt:142 x
Veränderung des Vermögens des Unternehmens oder des eingesetzten Kapitals:143 Der Vorteil dieser Kennzahl liegt darin, dass sie ohne Schwierigkeiten aus den Jahresbilanzen der Unternehmen zu ersehen ist. Jedoch ist zu beachten, dass der Bilanzausweis durch Bewertungs- und Abschreibungsmethoden beeinflusst wird. Zudem kann aus der Kennzahl kein Rückschluss auf Änderungen des qualitativen Leistungspotentials eines Unternehmens gezogen werden, das sich beispielsweise aus der organisatorischen Umstellung, Verbesserung des betrieblichen Informationssystems oder Methoden zur optimalen Fertigungssteuerung ergibt.
x
Wachstumsrate der im Unternehmen beschäftigten Personen:144 Bei diesem am Input orientierten Wachstumsindikator können Rückschlüsse auf die Kapazitätsentwicklung im Unternehmen gezogen werden. Jedoch können durch den Indikator keine qualitativen Veränderungen erfasst werden, die beispielsweise durch Lernprozesse erreicht werden.
x
Wachstumsrate des nominalen Umsatzes:145 Sie unterscheidet sich definitionsgemäß von der realen Wertschöpfung durch die Berücksichtigung von Vorleistungen, selbsterstellten Anlagen und der Preisentwicklung. Der Vorteil dieses
140
Vgl. Agthe 1961, S. 465.
141
Vgl. Schoppe 1995, S. 22.
142
Hierbei handelt es sich um die Messung von Ist-Werten. Im vorigen Unterkapitel wurde die Steigerung des Unternehmenswerts als übergeordnetes Ziel der unternehmerischen Aktivität betrachtet. Als Berechnungsgröße des Unternehmenswertes wurde dabei der Discounted Cashflow (DCF) herangezogen, der wiederum von den für die Zukunft erwarteten Free Cashflows (FCF) abhängig ist. Dieser basiert also auf Erwartungen.
143
Vgl. u. a. Baumol 1959, S. 34; Kürpick 1981, S. 35 f.; Penrose 1966, S. 25; Weston 1961, S. 6.
144
Vgl. Kürpick 1981, S. 36; Hüttinger 1984, S. 87.
145
Vgl. Hüttinger 1984, S. 87.
2. Unternehmer und Unternehmertum: Grundlagen und terminologische Abgrenzung
36
Indikators liegt darin, dass er outputorientiert und daher prinzipiell geeignet ist, Veränderungen der Wertschöpfung und Produktionsmengen anzuzeigen. Zur Veranschaulichung des Umsatzwachstums wird im Folgenden das Produktlebenszykluskonzept diskutiert. Es sagt aus, dass das Umsatzvolumen eines Produkts idealtypischer Weise einen S-förmigen Verlauf hat.146 Dies gilt im Besonderen für technologie-basierte Produkte.147 In Analogie zu allgemein beobachtbaren biologischen Vorgängen geht das Lebenszykluskonzept davon aus, dass sich die Umwelt eines Produktes oder einer Technologie wandelt und somit fast alle Produkte und Technologien eine begrenzte Lebensdauer haben.148 Der Lebenszyklus eines Produktes umfasst den gesamten Zeitraum von der Entstehung der Produktidee und der Produktentwicklung bis zum Ausscheiden des Produktes aus dem Markt.149 Im Entstehungszyklus werden die Entwicklungsvorbereitungen getroffen und die zukünftigen Produkte geschaffen. Dabei fallen u.a. Forschungs- und Entwicklungskosten an. Mit der Produkteinführung beginnt der Marktzyklus, in dessen Zeitraum das Produkt am Markt angeboten und abgesetzt wird. Der Marktzyklus kann wiederum in fünf typische Phasen eingeteilt werden:150 1. Phase der Markteinführung: In der Phase der Markteinführung muss sich das Neuprodukt in der Regel erst im Markt durchsetzen und die Anerkennung der Kunden erobern. Die Umsätze steigen nur langsam, die Gewinne sind niedrig und zu Beginn der Phase treten vielfach Verluste auf. Viele Produkteinführungen enden auch mit Misserfolgen. 2. Wachstumsphase: Während der Wachstumsphase hat sich die Innovation voll durchgesetzt. Es werden hohe Umsatzsteigerungen und Gewinne erzielt. Die Unternehmen sind bestrebt, das Wirtschaftlichkeitspotential der Wachstumsphase durch Investitionen zur Produktionssteigerung sowie durch geeignete Marketing-Aktivitäten möglichst voll auszuschöpfen. 3. Reifephase: Die Reifephase wird durch abnehmende Wachstumsraten des Umsatzes und Gewinns sowie beginnende Sättigung des Marktes gekennzeichnet. Durch hohe Umsatzvolumina
146
Vgl. u.a. Dean 1950; Levitt 1965; Cox 1967; Steiner 1969; Polli / Cook 1969; Mercer 1993; Kotler 1994; Gup / Agrrawal 1996; Ryan / Riggs 1996.
147
Vgl. u.a. Bass 1969; Harrell / Taylor 1981; Tigert / Farivar 1981; Mesak / Berg 1995; Klepper 1996; Chi / Liu 2001.
148
Vgl. Horsch 2003, S. 16.
149
Vgl. Pleschak / Sabisch 1996, S. 17.
150
Vgl. Sabisch 1991, S. 48 ff.
2. Unternehmer und Unternehmertum: Grundlagen und terminologische Abgrenzung
37
und Marktanteile werden in dieser Phase meist die umfangreichsten Gewinnbeiträge für das Unternehmen erzielt. Es wird deshalb versucht, die Reifephase durch Produktmodifikationen und absatzpolitische Maßnahmen weiter auszudehnen. 4. Sättigungsphase: Die Reifephase geht unmittelbar in die Sättigungsphase über, von der sie nur schwer abzugrenzen ist. Marktsättigung bedeutet Stagnation und beginnenden, langsamen Rückgang des Umsatzes. Die Marktpotentiale sind trotz Differenzierungsmaßnahmen ausgeschöpft. 5. Auslaufphase: In der Auslaufphase nimmt die Umsatzentwicklung infolge des Rückgangs der Nachfrage und des Auftretens von Substitutionsprodukten auf dem Markt rasch ab. Es werden keine oder nur noch geringere Gewinne erzielt. Das Produkt muss aus dem Markt eliminiert werden, um Verluste zu vermeiden.
UMSATZ, GEWINN Entwicklungsphase Markteinführungs-
Wachstumsphase
Reife-/Sättigungsphase
Auslaufphase
phase
Umsatz
Gewinn ZEIT
F&E-Kosten Entstehungszyklus Innovationszyklus
Marktzyklus
Abbildung 6: Lebenszyklus von Produkten 151
Infolge des Auslaufens der Lebenskurve eines Produktes ist ein Unternehmen gezwungen, eine Erneuerung seines Leistungsangebotes durchzuführen. Damit kein Umsatzausfall auftritt, muss rechtzeitig ein neues oder verbessertes Produkt mit einem höheren Kundennutzen
151
Vgl. Pleschak / Sabisch 1996, S. 17.
38
2. Unternehmer und Unternehmertum: Grundlagen und terminologische Abgrenzung
entwickelt und in den Markt eingeführt werden.152 Es ist Aufgabe der Unternehmensführung, mit einem ausgewogenen Produktportfolio eine günstige Kombination von Produkten in den einzelnen Lebenszyklenstadien zu erreichen. Die Abbildung 7 zeigt den Lebenszyklus von Produkten in idealtypischer Form und den langfristigen Umsatztrend, der sich aus der Akkumulation der einzelnen Lebenszyklen ergibt.
UMSATZ Langfristiger Umsatztrend Akkumulierter Umsatz Produkt 3 Produkt 2
Produkt 4
Produkt 1 ZEIT
Abbildung 7: Akkumulierte Lebenszyklen 153
Die Aufgabe des Gründers, Unternehmers und Unternehmers im Unternehmen ist es, in seiner Funktion als Entdecker und Innovator für einen Ideenfluss zu sorgen, der zu neuen Produkten und Geschäften führt. Je nach Größe und Reife des Unternehmens unterscheiden sich die Anzahl und das Volumen der in der Entwicklung befindlichen Produkte. Während kleine und integrierte Unternehmen meist nur über ein Produkt bzw. eine Produktlinie verfügen, haben diversifizierte Großunternehmen mehrere Produktlinien.154 Es ist anzunehmen, dass sich aufgrund der unterschiedlichen Rahmenbedingungen die Ausprägungen der Aufgabe als Entdecker und Innovator beim Gründer, Unternehmer sowie Unternehmer im Unternehmen stark unterscheiden.155
152
Vgl. Pleschak / Sabisch 1996, S. 13 ff.
153
Vgl. Zahn 1971, S. 58.
154
Vgl. Maidique 1988, S. 572.
155
Vgl. dazu Maidique 1988 und Hauschildt / Chakrabarti 1998: Die Rollen und die Arbeitsteilung der Schlüsselpersonen bei der Durchsetzung von Innovationen ändern sich mit dem Wachstum und der Komplexität des Unternehmens. Maidique diskutiert in seiner Arbeit „Entrepreneurs,
2. Unternehmer und Unternehmertum: Grundlagen und terminologische Abgrenzung
39
Der Unternehmensführung steht für die kapitalmarktkonforme Strategieentwicklung ein Fundus an Managementtechniken zur Verfügung, der üblicherweise von Unternehmensberatungen in Umlauf gebracht und dessen Verbreitung durch den Kapitalmarkteinfluss unterstützt wird.156 Ein Beispiel für eine solche Methode, auf die das Management zurückgreifen kann, ist das Drei-Zeithorizonte-Modell. Im Rahmen einer Wachstumsstrategie kann ein Unternehmen sein Geschäftsportfolio anhand dieses Modells mit dem Ziel strukturieren, ein zeitlich und inhaltlich ausgewogenes Portfolio an Produkten und Geschäften aufzubauen:157 1. Horizont 1: Kerngeschäft verteidigen Die gegenwärtigen Kerngeschäfte bilden den ersten Horizont. Sie sind das Fundament eines jeden gesunden Unternehmens. Gesteuert werden sie nach ihrem individuellen Wertbeitrag und dem Return on Invested Capital. Ziel ist die Maximierung des Cashflows, um in neue Geschäfte investieren zu können.
Champions and Technological Innovation“, welche verschiedenen Kombinationen von Akteuren im Innovationsprozess je nach Größe des Unternehmens Erfolg versprechen. Er unterscheidet dabei zwischen drei Wachstumsstadien eines Unternehmens. In der kleinen unternehmerbezogenen Firma wird ein Produkt bzw. eine Produktlinie hergestellt und die Organisation hat keine starke formelle Struktur. Die zweite Unternehmensgröße kann als funktional organisierte Unternehmung mit einer Produktlinie beschrieben werden, in der nach wie vor der Unternehmer die Kontrolle über die strategischen Entscheidungen Inne hat. Die letzte Ausbaustufe ist eine divisional organisierte Großunternehmung mit unabhängigen Geschäftsbereichen und formal aufgebautem Managementsystem. Im Falle der kleinen gründerorientierten Firma wird für eine erfolgreiche Arbeitsteilung im Innovationsmanagement die Zwei-Personen-Konstellation von Fachpromotor („Technologist“) und Machtpromotor („Entrepreneur“) vorgeschlagen. Für Unternehmen mittlerer Größe wird eine Drei-Personen-Konstellation aus Fachpromotor („Technologist“), Machtpromotor („Entrepreneur“) und Prozesspromotor („Product Champion“) angegeben. Eine Vier-PersonenKonstellation findet sich in Großunternehmen, bei der zusätzlich ein so genannter „Executive Champion“ als Machtpromotor auf Geschäftsbereichsebene eingeführt wird. 156
Vgl. Nicolai / Thomas 2004, S. 459. Nicolai und Thomas zeigen in diesem Zusammenhang auch den eingeschränkten unternehmerischen Handlungsspielraum von Managern auf: “Am schwersten wiegt jedoch die Gefahr, dass der Raum für strategische Manager im Sinne von regelbrechendem Verhalten eingeengt wird. Wie in der historischen Analyse besonders deutlich wird, kann das Strategische Management als ein Objekt zur Professionalisierung jener Aufgaben angesehen werden, für die sich ehemals der Eigentümer-Unternehmer verantwortlich zeichnete. Sowohl die Arbeiten Schumpeters als auch jüngere Strategiestudien zeigen, dass sich erfolgreiche unternehmerische Manöver dadurch auszeichnen, dass sie mit der „dominanten Logik“ des Marktes brechen. Eine zu strikte Koppelung an den Kapitalmarkt kann jedoch genau zu jenem „iron cage“ für das Top-Management werden, der neo-institutionalistischen Theorien zufolge diesen Spielraum stark einengen.“ Nicolai / Thomas 2004, S. 465.
157
Vgl. Baghai / Coley / White 1999; Beyer von Morgenstern / Richter 1998, S. 114; Coenenberg / Salfeld 2003, S.114 ff.; Marnette / Fischer 2003, S. 153.
2. Unternehmer und Unternehmertum: Grundlagen und terminologische Abgrenzung
40
2. Horizont 2: Neue Geschäfte aufbauen Jedes Unternehmen besitzt auch junge „Geschäftspflänzchen“, die ein großes Wachstumspotential versprechen. Diese werden dem zweiten Horizont zugerechnet. Bevor sie einen signifikanten Ergebnisbeitrag leisten können, sind zunächst weitere Investitionen erforderlich. Auch müssen die benötigten Fähigkeiten im Unternehmen nach und nach aufgebaut werden. In absehbarer Zukunft sollen sich die Geschäfte so zu einem Kerngeschäft weiterentwickeln. Steuergrößen sind vor allem die Wachstumsraten und der Net Present Value. 3. Horizont 3: Attraktive Geschäftsideen entwickeln Zum dritten Horizont gehört ein breites Spektrum an Geschäftsideen und -optionen. Hier kommt es darauf an, die Ideen mit dem größten Erfolgspotential zu identifizieren, weiterzuentwickeln und sie sukzessive in den Horizont 2 zu überführen. Das idealtypische Lebenszykluskonzept kann auch auf ganze Unternehmen angewendet werden.158 Damit ist es möglich, den Wachstumsprozess einer Organisation zu veranschaulichen. Die meisten Modelle von Organisationslebenszyklen zeigen ein ähnliches Wachstumsmuster, das die Phasen Gründung, Wachstum und Reife umfassen.159 Eine Reihe von Autoren argumentieren, dass während des Durchlaufens der einzelnen Wachstumsphasen eines Unternehmens unterschiedliche Problemstellungen aufkommen, die wiederum spezifische Anforderungen an die Unternehmensführung stellen und unterschiedliche betriebliche Strukturen verlangen.160 Mit dem Auf- und Ausbau von Unternehmen müssen die organisatorischen Rahmenbedingungen immer wieder verändert und angepasst werden. Ein Faktor, der als Herausforderung beim Wachstum von Organisationen herausgestellt wird, ist die steigende Komplexität.161 Schnelles Wachstum führt zu einer Erhöhung der internen Komplexität, da neue Personen, Strukturen und Prozesse in die sich vergrößernde Organisation eingebunden werden müssen.162 Zudem weitet sich mit dem Wachstum das
158
Es wurden eine Vielzahl von Theorien und Modellen entwickelt, die den Lebenszyklusprozess beleuchten, u.a. Chandler 1962; Greiner 1972; Kimberly / Miles 1980; Galbraith 1982; Churchill / Lewis 1983; Quinn / Cameron 1983; Miller / Friesen 1984; Smith / Mitchell /Summer 1985; Scott / Bruce 1987; Kazanjian 1988; Adizes 1989; Hanks 1990; Dodge / Robbins 1992; Levesque / MacCrimmon 1999.
159
Vgl. Hanks / Chandler 1995. Delmar und Davidsson zeigen in ihrer empirischen Studie die beschränkte Gültigkeit der Modelle auf, indem sie unterschiedliche Wachstumsformen von Unternehmen analysieren und diese in sieben Bereiche clustern. Vgl. Delmar / Davidsson 1998.
160
Vgl. u.a. Chandler 1962; Greiner 1972; Churchill / Lewis 1983; Kazanjian 1988; Hanks / Watson / Jansen / Chandler 1993; Hanks / Chandler 1995.
161
Vgl. Lowendal / Revang 1998; Arbaugh / Camp 2000.
162
Vgl. Hambrick / Crozier 1985; Miller 1993; Slevin / Covin 1997.
2. Unternehmer und Unternehmertum: Grundlagen und terminologische Abgrenzung
41
externe Umfeld aus und wird zunehmend komplex, da neue Beziehungen beispielsweise zu Lieferanten, Kunden, Finanziers und Wettbewerbern entstehen.163 Einige empirische Studien haben sich mit der Fragestellung beschäftigt, welches organisatorische Entwicklungsmuster beim Aufbau von Start-ups über die einzelnen Phasen des Lebenszyklus beobachtet werden können.164 Dabei wurde festgestellt, dass mit dem Wachstum des Unternehmens formelle Prozesse, Systeme und Strukturen eingerichtet werden:165 In der Start-up Phase liegt die Herausforderung für den oder die Gründer in der Identifizierung einer Marktnische und der Entwicklung eines Basisproduktes. Da die Organisation normalerweise die Gründer und wenige weitere Personen umfasst, die flexibel verschiedene Rollen einnehmen, kann die Koordination und Kontrolle einfach auf einer persönlichen, informellen Basis erfolgen. Damit sind keine differenzierten organisatorischen Strukturen und Systeme notwendig. Während der Markteinführungsphase verschiebt sich der Fokus der Tätigkeiten von der Produktentwicklung zu Aktivitäten im Bereich Produktion, Marketing und Vertrieb. Meist werden für diesen Aufgabenbereich neue Mitarbeiter eingestellt. Erste operative Routineprozesse entwickeln sich. Die organisatorischen Strukturen und Systeme bleiben noch weitgehend informell und es wird wenig dokumentiert. Ist das Unternehmen mit seinem Produkt am Markt erfolgreich, kommt es oft in der Wachstumsphase zu Engpässen. Die organisatorische Herausforderung liegt dann bei der Erweiterung des Produktionsvolumens und der Distribution. Mit dem schnellen Wachstum ist auch eine Reihe von funktionalen Krisen verbunden, wie beispielsweise Cashflow-Engpässe oder Produktionsqualitätsprobleme. Um diesen zu begegnen werden Spezialisten eingestellt und es wird damit begonnen, das Managementteam zu professionalisieren.166 Mit der Professionalisierung ergibt sich die Notwendigkeit, die Verantwortlichkeiten in der Unternehmensleitung aufzuteilen und diese Änderungen innerhalb des Unternehmens zu kommunizieren, sodass es nicht zu unnötigen Überschneidungen und Konflikten kommt. Mit dieser Entwicklung wird auch die Struktur im Unternehmen stärker formalisiert. Die Spezialisten in den einzelnen Funktionsbereichen beginnen, Routineprozeduren und Strukturen einzuführen und die operative Effizienz zu steigern. Die Überwachung der Einhaltung der formalen Systeme bleibt weitgehend sporadisch und inkonsistent, da die Aufmerksamkeit der Unternehmensleitung weiterhin damit gebunden ist, eine Vielzahl von auftretenden Problemen zu beseitigen und die Produktion am Laufen zu halten.
163
Vgl. Kazanjian 1988; Sexton / Bowman-Upton 1991.
164
Vgl. Hanks / Watson / Jansen / Chandler 1993; Hanks / Chandler 1995; Smith / Mitchell / Summer 1985.
165
Vgl. Hanks / Chandler 1995.
166
Vgl. auch Hanks / Chandler 1994; Kazanjian / Drazin 1990; Walsh / Dewar 1987.
42
2. Unternehmer und Unternehmertum: Grundlagen und terminologische Abgrenzung
Mit der Abschwächung des Wachstums in der Reifephase verschiebt sich der Fokus auf die Konsolidierung und Rationalisierung der Geschäftsaktivitäten mit dem Ziel, die Produktivität zu steigern. Mit dem systematischen Prozess der Effizienzsteigerung werden auch formalisierte Planungs- und Kontrollsysteme installiert und strikt eingesetzt. Die organisatorische Entwicklung eines Unternehmens kann auch langfristig betrachtet werden. Chandler schlägt vor, die Stadien einer Unternehmensentwicklung in „klein“, „integriert“ und „diversifiziert“ einzuteilen.167 In einer Studie über die Entwicklung von rund 70 großen U.S.-amerikanischen Unternehmen kommt er zum Schluss, dass die meisten Firmen eine typische Abfolge von Entwicklungsstufen durchlaufen.168 In der ersten Entwicklungsstufe hat das „kleine“ Unternehmen nur ein Produkt bzw. eine Produktlinie, verfügt über eine wenig formelle Struktur und wird vom Gründer geleitet und kontrolliert. In der zweiten Phase verfügt das Unternehmen bereits über eine funktionale Organisation. Der Unternehmer hält die Kontrolle über die strategischen Entscheidungen, während die operative Unternehmensführung delegiert wird. Die dritte Entwicklungsstufe beinhaltet ein „diversifiziertes“ Unternehmen mit einer Reihe von Produktlinien und einem formalisierten Managementsystem. Dieser dritten Stufe kann der Unternehmer im Unternehmen zugeordnet werden.
167
Vgl. Chandler 1962.
168
Siehe auch Tabelle 3.
2. Unternehmer und Unternehmertum: Grundlagen und terminologische Abgrenzung
43
169
Tabelle 5: The Three Stages of Organizational Development
Company Characteristics
Stage I: Small
Product Line
Single product or single Single product line line
Multiple product line
Distribution
One channel or set of channels
One set of channels
Multiple channels
Organization Structure
Little or no formal structure; “one-man show”
Specialization based on Specialization based on function product-market relationship
R&D Organization
Not institutionalized; guided by ownermanager
Increasingly institutionalized search for product or process improvements
Performance Measurements
By personal contact and Increasingly subjective criteria impersonal, using technical and/or cost criteria
Rewards
Unsystematic and often Increasingly systematic, Increasingly systematic, paternalistic with emphasis on with variability related stability and service to performance
Control System
Personal control of both Personal control of strategic and operating strategic decisions, with decisions increasing delegation of operating decisions through policy
Strategic Choices
Needs of owner versus needs of company
169
Maidique 1988, S. 572.
Stage II: Integrated
Stage III: Diversified
Institutionalized search for new products as well as for improvements Increasingly impersonal, using market criteria (return on investment and market share)
Delegation of productmarket decisions within existing businesses, with indirect control based on analysis of “results”
Degree of integration; Entry and exit from market-share objective; industries; allocation of breath of product line resources by industry; rate of growth
44
2.3
2. Unternehmer und Unternehmertum: Grundlagen und terminologische Abgrenzung
Zusammenfassung
In diesem Kapitel wurden die begrifflichen Grundlagen für die Arbeit gelegt, terminologische Abgrenzungen vorgenommen und Zusammenhänge aufgezeigt. Zunächst steht der Begriff des Unternehmers im Fokus, für den es im deutschen Sprachraum keine allgemein gebräuchliche Definition gibt. Eine historische Übersicht zeigt die begriffliche Entwicklung auf, die jedoch auch kein einheitliches Bild des Unternehmers widerspiegelt. Bei den wissenschaftlichen Arbeiten überwiegt die Betrachtung der unternehmerischen Funktion im makroökonomischen Kontext. Allgemein anerkannte, prognosefähige Modelle oder gar eine einheitliche „Theorie des Unternehmers“ existieren nicht. Schumpeter führt als erster den „dynamischen Unternehmer“ als Urheber für neue Entwicklungen der Wirtschaft ein. Basierend auf dieser Überlegung lassen sich aus den wissenschaftlichen Arbeiten vier Funktionen des Unternehmers zusammenfassen: Entdecken von Chancen (1), Durchsetzen von Innovationen (2), Koordinieren von Ressourcen (3) und Tragen von Risiken (4). Aufbauend auf den vier Unternehmerfunktionen werden die Begriffe Gründer und Unternehmer im Unternehmen vom Begriff des Unternehmers abgegrenzt. Der Gründer steht vor der Herausforderung, eine neue Organisation aufzubauen. Die Geschäftsidee für das neue Unternehmen basiert oft auf der Entdeckung einer Marktlücke oder der Entwicklung einer neuen Technologie. Die erfolgreiche Durchsetzung der Innovation auf dem Markt muss sich meist noch beweisen. Der Gründer steht vor der Herausforderung, ein Team zusammenzuführen und geeignete Rahmenbedingungen durch den Aufbau des Unternehmens zu schaffen. Er trägt persönlich ein Großteil des finanziellen Risikos und des zeitlichen Engagements. Der Unternehmer kann in seinem eigenen, bestehenden Unternehmen selbständig und autonom agieren. Er ist kontinuierlich auf der Suche nach Wandel, nach neuen Kundenbedürfnissen und Trends. Der Unternehmer ist die treibende Kraft bei der Durchsetzung der Innovationen im Unternehmen und auf dem Markt. Dazu koordiniert er alle Teilbereiche seines Unternehmens über den gesamten Innovationsprozess als oberster Entscheider. Er ist als Eigentümer des Unternehmens Träger des Betriebsrisikos. Der Unternehmer im Unternehmen ist als angestellter Manager an die operativen, strategischen und normativen Beschränkungen des Unternehmens gebunden. Die Entdeckung von Chancen für das Unternehmen bringt er vor allem durch die Schaffung der nötigen innerbetrieblichen Rahmenbedingungen und der Förderung der Mitarbeitermotivation zur Nutzung von Verbesserungspotentialen voran. Bei der Durchsetzung von Innovationen stehen das Durchbrechen von Widerständen von Vorgesetzten und Untergebenen sowie die optimale
2. Unternehmer und Unternehmertum: Grundlagen und terminologische Abgrenzung
45
Allokation der benötigten Ressourcen im Vordergrund. Der Unternehmer im Unternehmen trägt kein persönliches finanzielles Risiko. Gründer, Unternehmer und Unternehmer im Unternehmen stehen vor der Herausforderung, durch ihr unternehmerisches Handeln Werte zu schaffen. Die Wertsteigerung als unternehmerische Aufgabe bringt die Unternehmerfunktion als Innovator, Entdecker und Durchsetzer von neuen Kombinationen in ihrer ökonomischen Wirkung zum Ausdruck. In diesem Zusammenhang wird auch der Ansatz der wertorientierten bzw. kapitalmarktkonformen Unternehmensführung diskutiert, der sich mit dem Aufstieg der managementgeführten Unternehmen entwickelt hat. Motor der Unternehmenswertsteigerung ist das profitable Umsatzwachstum, das ein Maßstab dafür ist, wie gut es im Unternehmen gelingt, echten, von den Kunden wahrgenommenen Mehrwert zu schaffen. Mit dem Auf- und Ausbau des Unternehmens müssen auch die organisatorischen Rahmenbedingungen immer wieder verändert und angepasst werden. Bei der langfristigen Betrachtung der organisatorischen Entwicklung eines Unternehmens können typische Abfolgen von Entwicklungsstufen beobachtet werden. Chandler schlägt dazu vor, die Stadien einer Unternehmensentwicklung in „klein“, „integriert“ und „diversifiziert“ einzuteilen. In der ersten Entwicklungsstufe hat das „kleine“ Unternehmen nach der Gründung nur ein Produkt bzw. eine Produktlinie, verfügt über eine wenig formelle Struktur und wird vom Gründer geleitet und kontrolliert. In der zweiten Phase verfügt das Unternehmen bereits über eine funktionale Organisation. Der Unternehmer hält die Kontrolle über die strategischen Entscheidungen, während die operative Unternehmensführung delegiert wird. Die dritte Entwicklungsstufe beinhaltet ein „diversifiziertes“ Unternehmen mit einer Reihe von Produktlinien und einem formalisierten Managementsystem. Dieser dritten Entwicklungsstufe kann der Unternehmer im Unternehmen zugeordnet werden.
3. Kommunikation und Kommunikationsmodelle
3
47
Kommunikation und Kommunikationsmodelle
Nachdem in Kapitel 2 theoretische Erkenntnisse zum Thema Unternehmer und Unternehmertum zusammengefasst wurden, befasst sich dieses Kapitel mit theoretischen Grundlagen zum Thema Kommunikation und beschreibt im Besonderen Kommunikationsmodelle. Damit sollen Instrumente zur Analyse von Kommunikationsprozessen aufgezeigt werden, die für die spätere explorative Untersuchung herangezogen werden können. Zunächst wird einführend eine Begriffsbestimmung gegeben und auf die Bedeutung von Kommunikation in Organisationen und im sozialen Umfeld eingegangen. Darauf wird eine Auswahl an Kommunikationsmodellen beschrieben und ihre Anwendbarkeit zur Analyse von Kommunikation von Unternehmertum kritisch erörtert. Daran anschließend wird aus den diskutierten Kommunikationsmodellen ein Modell entwickelt, das als Analyseinstrument für die explorative Untersuchung eingesetzt wird. Abschließend wird in dem Kapitel eine Zusammenfassung gegeben.
3.1
Bedeutung und Begriffsbestimmung
Für den Begriff der Kommunikation existiert eine Fülle von Definitionen. In dieser Arbeit wird die Kommunikation auf den Austausch von Informationen zwischen Menschen beschränkt.170 Der Begriff kann noch enger gefasst werden, indem man erst dann von Kommunikation spricht, wenn mindestens zwei Individuen ihre kommunikativen Handlungen nicht nur wechselseitig aufeinander richten, sondern darüber hinaus auch die allgemeine Intention ihrer Handlungen verwirklichen können und damit das konstante Ziel jeder kommunikativen Aktivität erreichen.171 Kommunikation dient damit der Verständigung zwischen Menschen, die Bedeutungsinhalte miteinander teilen wollen. In den unterschiedlichen Wissenschaftsdisziplinen gibt es verschiedene Auffassungen, was als zwischenmenschliche Kommunikation angesehen werden kann. Die divergierenden Anschauungsweisen sind darin begründet, dass beispielsweise in der Nachrichtentechnik, Psychologie, Mathematik, Betriebswirtschaftslehre und Linguistik unterschiedliche Aspekte der Kommunikation im Vordergrund stehen. Somit wird je nach Wissenschaft und Untersuchungsfeld eine geeignete Definition gewählt.
170
Neben einem Menschen kann beispielsweise ein Computer als Kommunikationspartner angesehen werden. Dafür wurde in der Literatur der Begriff Mensch-Maschinen-Kommunikation eingeführt.
171
Vgl. Burkart 1983, S. 24.
3. Kommunikation und Kommunikationsmodelle
48
In der Nachrichtentechnik beschränkt sich die Definition von Kommunikation auf den Austausch von Nachrichten, die mit Hilfe von Sende- und Empfangsgeräten übermittelt werden können.172 Dabei steht die syntaktische Ebene eines Kommunikationsvorgangs im Vordergrund. In der Psychologie wird Kommunikation als ein Vorgang beschrieben, bei dem menschliche Sender und Empfänger Nachrichten zum Zweck der Verständigung austauschen. Hierbei geht es sowohl um den Sachinhalt der Nachricht als auch um die persönliche Bedürfnisbefriedigung der Kommunizierenden. Die Zielkonflikte, die in dieser Gleichzeitigkeit begründet liegen, machen zwischenmenschliche Kommunikation kompliziert und vielschichtig.173 Kommunikation erfüllt damit für den Menschen wesentliche soziale Funktionen. Beispielsweise dient sie dem Aufbau von zwischenmenschlichen Beziehungen und trägt zur Lebenszufriedenheit bei. In der Betriebswirtschaftslehre wird Kommunikation überwiegend als Prozess betrachtet, bei dem Informationen zum Zweck der aufgabenbezogenen Verständigung ausgetauscht Grundfragen zwischenmenschlicher Verständigung, menschlichen werden.174 Informationsverhaltens sowie der Informationsproduktion und Informationsversorgung stehen im Zentrum der Betrachtung.175 Der Grund aus organisatorischer Sicht liegt darin, dass jede Arbeitsteilung nach Koordination verlangt. Die Basis für die Koordination dieser arbeitsteiligen Prozesse bildet die menschliche Kommunikation. Dies gilt sowohl für innerbetriebliche Prozesse als auch für den unternehmensübergreifenden Leistungsaustausch. Damit ist Kommunikation eine Voraussetzung für das Funktionieren einer arbeitsteiligen Wirtschaft. In der vorliegenden Arbeit steht das Thema Kommunikation von Unternehmertum im Mittelpunkt, das anhand von Grundfragen zwischenmenschlicher Verständigung untersucht wird. Dazu sollen zum einen die von Unternehmern kommunizierten Sachinhalte in Hinblick auf die unternehmerischen Funktionen analysiert werden. Zum anderen werden Aspekte der zwischenmenschlichen Beziehung betrachtet, um ein besseres Verständnis von der Wirkung des Kommunikationsprozesses zu erhalten. Dies betrifft vor allem die Motivation zum unternehmerischen Denken und Handeln. Zur Analyse und Gestaltung der Kommunikationsprozesse und Nachrichteninhalte wird auf ausgewählte Kommunikationsmodelle zurückgegriffen.
172
Vgl. Shannon / Weaver 1949; siehe auch Kapitel 3.2.1.
173
Vgl. Schulz von Thun 1994, S. 9.
174
Vgl. beispielsweise Bode 1997; Hahne 1998; Hrubi 1988; Reichwald 1988; Theis 1994.
175
Möslein 2000, S. 60.
3. Kommunikation und Kommunikationsmodelle
3.2
49
Ausgewählte Modelle menschlicher Kommunikation
Zur Beschreibung und Analyse menschlicher Kommunikation ist eine Reihe von Modellen entwickelt worden, die jeweils unterschiedliche Aspekte betonen. Mit Hilfe der Modelle wird die Komplexität eines realen Kommunikationsvorgangs reduziert. Die Modelle stellen eine Vereinfachung der Realität dar und sind dadurch in ihrer Funktion beschränkt. Sie besitzen jedoch nicht nur für das Verständnis und die Erklärung von Kommunikationsprozessen einen hohen Stellenwert, sondern können auch für die Gestaltung von Organisationsstrukturen und Prozessen herangezogen werden. Die im Folgenden beschriebenen Kommunikationsmodelle sind interdisziplinär ausgelegt und dienen als Grundlage für das in Kapitel 3.3 beschriebene Analysemodell. Zunächst wird das nachrichtentechnische Kommunikationsmodell von Shannon / Weaver diskutiert, das als grundlegendes Modell in vielen wissenschaftlichen Disziplinen herangezogen wird. Darauf wird genauer auf die drei Ebenen der Semiotik eingegangen, in denen über die reine Zeichenübertragung hinaus auch die Bedeutung einer Nachricht und deren Einfluss auf das Verhalten der Teilnehmer beschrieben werden. Watzlawick, Beavin und Jackson beschreiben bei ihrem pragmatischen Kommunikationsmodell vertiefend die Wechselwirkung zwischen den Kommunikationspartnern, die sich gegenseitig beeinflussen. Angeregt von dieser Arbeit entwickelte Schulz von Thun ein Kommunikationsmodell, das einer sozialpsychologischen Betrachtungsweise folgt.176 In Anlehnung an dieses Modell formulierte Neuberger das TALK-Modell, das speziell auf die Kommunikation in der Arbeitswelt abgestimmt ist.177
3.2.1
Nachrichtentechnisches Kommunikationsmodell von Shannon / Weaver
In dem nachrichtentechnischen Kommunikationsmodell wird der Weg einer Nachricht von seiner Quelle durch den Übertragungskanal bis hin zum Adressaten beschrieben.
176
Vgl. Schulz von Thun 1994, S. 21.
177
Vgl. Neuberger 1996, S. 13.
3. Kommunikation und Kommunikationsmodelle
50
Information Message Source
Transmitter
Signal
Received Signal
Receiver
Message
Destination
Noise Source
Abbildung 8: Nachrichtentechnisches Kommunikationsmodell von Shannon / Weaver178
Eine Nachricht (Message) wird von einer Informationsquelle erzeugt und soll an einen Empfänger (Destination) übermittelt werden. Die Nachricht besteht aus Zeichen (beispielsweise Buchstaben oder Zahlen). Der Sender (Transmitter) wandelt die Nachricht in ein Signal um, sodass sie über einen Kanal gesendet werden kann. Ein Beispiel dafür ist die Aufnahme einer Person mit einer Kamera und die Versendung der digitalen Daten über das Internet. Bei der Übertragung kann es zu Störungen kommen, die von einer Störquelle (Noise Source) verursacht werden. Damit ist das empfangene Signal (Received Signal) unter Umständen nicht gleich dem gesendeten. Vom Empfänger (Receiver) wird das Signal wieder in eine Nachricht zurückverwandelt und an den Adressaten (Destination) übergeben. Bei dem Modell herrscht Einwegkommunikation. Technische Mittel erlauben es, die Kommunikation zwischen räumlich und zeitlich voneinander entfernten Personen herzustellen. Dieses grundlegende Modell wird in vielen wissenschaftlichen Disziplinen als Basis zur Beschreibung von Kommunikationsprozessen genommen.179 Jedoch ist das Modell mit einer Reihe von Einschränkungen behaftet.180 Im Folgenden werden einige kurz diskutiert:
178
Vgl. Shannon / Weaver 1949, S. 5.
179
Vgl. u.a. Bittner 1988; Burgoon / Hunsaker / Dawson 1994; Burgoon / Ruffner 1978; Campbell / Level 1985; Gray 1981; George 1962; Kotler 1994; McConnell 1989; McQuail 1987; Robbins 2001. Als eine Disziplin ist hier der Bereich Marketing genannt, in der eine Reihe von Autoren dieses Kommunikationsmodell als Grundlage nehmen: Britt 1978; Maile / Kizilbash 1977; Stern 1994.
3. Kommunikation und Kommunikationsmodelle
51
Das Modell von Shannon / Weaver berücksichtigt nur einen Empfänger. Oft wird jedoch eine Nachricht an eine Vielzahl von Empfängern adressiert. Ein Beispiel dafür ist eine Vortragssituation, in der der Referent eine große Anzahl von Personen anspricht. Eine weitere Einschränkung betrifft den Kanal. Oftmals werden Nachrichten zwischen zwei Kommunikationspartnern über mehrere Kanäle übertragen. Dies können beispielsweise ein Videofilm, ein Artikel und ein persönliches Gespräch sein. Nicht alle Kommunikationsprobleme entstehen beim Senden und Empfangen einer Nachricht oder im Kommunikationskanal. Oft hängt das Verständnis für eine Nachricht vom jeweiligen Umfeld des Empfängers und Senders ab. Um eine Nachricht zu verstehen, ist es oft erforderlich, dass der Empfänger das Umfeld des Senders versteht. Diesen Aspekt der Kommunikation greifen die Ebenen der Semiotik auf.
3.2.2
Ebenen der Semiotik
Die Semiotik wird als die allgemeine Lehre von den Zeichen und den Sprachen bezeichnet.181 Morris und Carnap schlagen vor, für die menschliche Kommunikation drei Ebenen einer Nachricht zu unterscheiden, die Syntaktik, die Semantik und die Pragmatik.182 Die Ebenen sind nicht getrennt voneinander zu betrachten, sondern beeinflussen sich gegenseitig. Die syntaktische Ebene befasst sich mit den Problemen der Nachrichtenübertragung, wie beispielsweise der Kodierung, den Kanälen und dem Rauschen. Eine Kommunikationsstörung auf dieser Ebene tritt beispielsweise dann auf, wenn aufgrund von Umgebungsgeräuschen der Empfänger einzelne Worte des Senders nicht verstehen kann. Die Semantik bezieht sich auf die Bedeutung einer Nachricht. Mit der Nachricht möchte der Sender einen bestimmten Vorstellungsinhalt übermitteln. Die Voraussetzung dafür ist, dass der Empfänger den Zeichen dieselbe Bedeutung zuordnen kann wie der Sender. Probleme können auf dieser Ebene unter anderem dann entstehen, wenn der Sender Fremdwörter benützt, die der Empfänger nicht kennt. Jede Kommunikation hat auch einen Einfluss auf das Verhalten der Teilnehmer. Die Ebene der Pragmatik befasst sich mit den Handlungsfolgen des Informationsaustausches. Ein Sender möchte gewöhnlich bei seinem Kommunikationspartner eine bestimmte Wirkung erzielen. Eine Kommunikationsstörung auf der pragmatischen Ebene liegt zum Beispiel dann vor,
180
Vgl. dazu auch Taylor / Rosegrant / Meyer / Samples 1986; Casstevens 1979; Pauly 1977; Herbert 1977.
181
Vgl. u.a. Eco 1991; Maldonado 1959.
182
Vgl. Morris 1972 und Carnap 1968.
3. Kommunikation und Kommunikationsmodelle
52
wenn in einem Unternehmen ein Vorgesetzter einem Mitarbeiter eine Anweisung gibt, jedoch diese vom Untergebenen nicht befolgt wird.
Pragmatik Wirkung einer Nachricht KOMMUNIKATIONSPARTNER 1
Semantik Bedeutung einer Nachricht
KOMMUNIKATIONSPARTNER 2
Syntaktik Übertragung von Zeichen
Abbildung 9: Ebenen der Semiotik183
Von den drei Ebenen der Semiotik können verschieden Sichtweisen auf die menschliche Kommunikation gerichtet werden. Für die vorliegende Arbeit kann das Modell als Grundlage für weitere Betrachtungen herangezogen werden. Im Folgenden werden einige Überlegungen für die Kommunikation im Themenbereich Unternehmertum ausgeführt und es wird auf potentielle Problemfelder hingewiesen. Auf der semantischen Ebene stellen bei der Kommunikation von Unternehmertum die zahlreichen Fachbegriffe und Fremdwörter, die in dem Themengebiet benutzt werden, eine besondere Herausforderung dar. Beispiele dafür sind vor allem Anglizismen, die in der deutschen Gründer- und Unternehmerszene Einzug gehalten haben, wie beispielsweise die Begriffe Businessplan, Entrepreneur, Financing und Venture Capital. Aufgrund des fehlenden Grundverständnisses für die Fachbegriffe können viele Nicht-Experten die Bedeutung der Nachrichten von Unternehmern nicht verstehen. Auch auf der pragmatischen Ebene kann es zu Kommunikationsstörungen kommen. Aufgrund der unterschiedlichen Umfelder ist es für den Empfänger der Nachricht oft schwierig, Handlungsaufforderungen des Unternehmers zu unternehmerischem Denken und Handeln zu folgen.
183
Vgl. Carnap 1968, S. 8 f.
3. Kommunikation und Kommunikationsmodelle
53
Um die Wirkung auf das menschliche Verhalten und die Wechselwirkung menschlicher Beziehungen besser zu verstehen wird im Folgenden das pragmatische Kommunikationsmodell von Watzlawick, Beavin und Jackson betrachtet, das Ansatzpunkte für eine weitere Differenzierung geben soll.
3.2.3
Pragmatisches Kommunikationsmodell von Watzlawick, Beavin und Jackson
Besondere Bedeutung in der Kommunikationsforschung hat das Kommunikationsmodell von Watzlawick, Beavin und Jackson erlangt.184
pragmatische
(1) Man kann nicht nicht kommunizieren. (2) Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und Beziehungsaspekt. (3) Die Natur einer Beziehung ist durch die Interpunktion der Kommunikationsabläufe seitens der Partner bedingt. (4) Menschliche Kommunikation bedient sich digitaler und analoger Modalitäten. (5) Zwischenmenschliche Kommunikationsabläufe sind entweder symmetrisch oder komplementär. Abbildung 10: Die fünf Axiome menschlicher Kommunikation185
Die Autoren beschreiben in fünf Axiomen allgemeine Grundeigenschaften menschlicher Kommunikation. Mit dem Modell können Kommunikationsstörungen erkannt und behoben werden. Die fünf Axiome zielen speziell auf die Wechselwirkung zwischen den Kommunikationspartnern ab, die sich gegenseitig beeinflussen. Das erste Axiom besagt, dass jede Form von Verhalten als Kommunikation bezeichnet werden kann. Auch wenn nicht gesprochen wird sendet ein Mensch beispielsweise durch seine Körpersprache eine Nachricht aus. Das zweite Axiom kann für die Analyse von Kommunikationsabläufen herangezogen werden. Während sich der Inhaltsaspekt auf den Informationsgehalt einer Mitteilung bezieht, richtet sich der Beziehungsaspekt auf das zwischenmenschliche Verhältnis der Kommunikationspartner. Das dritte Axiom bezieht sich auf eine längere wechselseitige Kommunikation. Danach können Aussagen und Verhaltensweisen unterschiedlich wahrgenommen und interpretiert 184
Vgl. Watzlawick / Beavin / Jackson 1971.
185
Nach Watzlawick / Beavin / Jackson 1971.
3. Kommunikation und Kommunikationsmodelle
54
werden. Ein Beispiel für ein Interpunktionsproblem ist, wenn ein Vorgesetzter seinen Mitarbeiter wegen mangelnden Engagements kritisiert, dieser jedoch seine geringe Leistung auf die ständige Kritik seines Vorgesetzten zurückführt.186 Im vierten Axiom wird zwischen digitaler und analoger Kommunikation differenziert. Digitale Kommunikation erfolgt in erster Linie durch gesprochene oder geschriebene Sprache während analoge Kommunikation vorwiegend außerhalb der eigenen Sprache stattfindet, z.B. über Mimik, Gestik oder Tonfall.187 Digitale Kommunikationen haben eine komplexe und vielseitige logische Syntax, aber eine auf dem Gebiet der Beziehungen unzulängliche Semantik; analoge Kommunikationen dagegen besitzen dieses semantische Potential, ermangeln aber die für eindeutige Kommunikationen erforderliche logische Syntax.188 Das fünfte Axiom unterscheidet zwischen symmetrischer Interaktion, wenn sich die Kommunikationspartner auf gleicher Ebene befinden, und komplementärer Interaktion, wenn die Kommunikationspartner sich gegenseitig ergänzende Unterschiede aufweisen. Komplementäre Beziehungen können auf gesellschaftlichen oder kulturellen Kontexten beruhen, wie z.B. zwischen Lehrer und Schüler.189 Das von Watzlawick, Beavin und Jackson entwickelte Kommunikationsmodell ist zwar in sich nicht geschlossen, zeigt jedoch wichtige Aspekte bei der Kommunikation auf. Das zweite Axiom bietet für die Analyse der Kommunikation von Unternehmertum wichtige Hinweise. Es sagt aus, dass sowohl der Inhaltsaspekt als auch die Beziehung zwischen den Kommunikationspartnern zu berücksichtigen ist. Mit der Kommunikation wird nicht nur das Ziel verfolgt, Fakten zu vermitteln, sondern auch die soziale Beziehung zwischen den beteiligten Personen zu beeinflussen. Daraus kann geschlossen werden, dass es bei der Vermittlung des Themas Unternehmertum von Bedeutung ist, ob ein Unternehmer selbst darüber kommuniziert oder von Dritten darüber berichtet wird.190 Das vierte Axiom gibt Anhaltspunkte, wie die Kommunikationsmedien gewählt und gestaltet werden sollten, um das Thema Unternehmertum zu transportieren. Ist dabei die analoge Kommunikation von großer Bedeutung, sollte ein Medium wie der persönliche Dialog oder Videokommunikation gewählt werden.191
186
Vgl. Picot / Reichwald / Wigand 2001, S. 94.
187
Vgl. Watzlawick / Beavin / Jackson 1971, S. 61 ff.; siehe auch Picot / Reichwald / Wigand 2001, S. 94.
188
Vgl. Watzlawick / Beavin / Jackson 1971, S. 68.
189
Vgl. Watzlawick / Beavin / Jackson 1971, S. 69.
190
In diesem Zusammenhang wird auch auf die Vorbildfunktion hingewiesen, die ein Unternehmer beispielsweise für Studierende haben kann. Vgl. auch Scherer / Adams / Carley / Wiebe 1989.
191
Vgl. dazu auch die Theorie der Media Richness, u.a. Daft / Lengel 1984; Daft / Lengel 1986; Rice 1992.
3. Kommunikation und Kommunikationsmodelle 3.2.4
55
Kommunikationsmodell von Schulz von Thun
Schulz von Thun entwickelt aus einer sozialpsychologischen Betrachtungsweise ein zwischenmenschliches Kommunikationsmodell.192 Nach ihm enthält jede Nachricht vier Aspekte, die Sachinhalte, die Selbstoffenbarung, die Beziehung und den Appell.
Sachinhalte
Sender
Selbstoffenbarung
Nachricht
Appell
Empfänger
Beziehung
Feedback
Abbildung 11: Die vier Seiten (Aspekte) der Nachricht – ein psychologisches Modell der zwischenmenschlichen Kommunikation193
Analog dem zweiten Axiom von Watzlawick / Beavin / Jackson hat nach Schulz von Thun jede Kommunikation einen Inhalts- und Beziehungsaspekt.194 Darüber hinaus findet in das sozialpsychologische Modell der Aspekt der Selbstoffenbarung Einzug. Danach stecken in jeder Nachricht auch Informationen über den Sender. Diese können sowohl eine gewollte Selbstdarstellung als auch eine unfreiwillige Selbstenthüllung beinhalten. Als vierte Seite einer Nachricht führt Schulz von Thun in seinem Kommunikationsmodell den Appell ein. Damit soll der Tatsache Rechnung getragen werden, dass fast alle Nachrichten einen Zweck haben und eine Wirkung beim Kommunikationspartner erzielen sollen.
192
Vgl. Schulz von Thun 1994.
193
Vgl. Schulz von Thun 1994, S. 27.
194
Außer durch die Arbeit von Watzlawick / Beavin / Jackson 1971 wurde Schulz von Thun auch durch Bühler 1934 angeregt, der „drei Aspekte der Sprache“ unterscheidet: Darstellung (=Sachinhalt), Ausdruck (=Selbstoffenbarung) und Appell.
3. Kommunikation und Kommunikationsmodelle
56
Das Modell ist überwiegend aus der Sicht des Senders gestaltet, von dem eine Nachricht in Richtung Empfänger geschickt wird. Um in dem Modell auch Rückmeldungen vom Empfänger zum Sender zuzulassen wurde der Feedback-Kanal eingeführt. Mit den Rückmeldungen ist es möglich, dass Missverständnisse und Störungen offen gelegt werden. Zudem bietet der Kanal dem Sender die Chance, die Kommunikation von seiner Seite aus zu verbessern. Der Vorteil an dem Modell liegt darin, die Vielfalt möglicher Kommunikationsstörungen und Probleme besser einzuordnen und es öffnet den Blick für verschiedene Trainingsziele zur Verbesserung der Kommunikationsfähigkeit.195 Die Betonung der Senderseite im Modell von Schulz von Thun bringt es mit sich, dass mit dem Modell das Verständnis des Empfängers und die Wirkung der Nachricht auf den Empfänger nicht detailliert analysiert werden können. Dies ist jedoch beim Thema Kommunikation von Unternehmertum auch empirisch schwer zu untersuchen, da der Prozess, sich für eine unternehmerische Laufbahn zu entscheiden, langfristig und komplex ist. Von daher beschränkt sich das Untersuchungsfeld dieser Arbeit auf die Nachrichten des Unternehmers und das kurzfristige Feedback der Empfänger.
3.2.5
TALK-Modell
In Anlehnung an das Kommunikationsmodell von Schulz von Thun entwickelte Neuberger das TALK-Modell, das speziell auf Gespräche in der Arbeitswelt abzielt. Es dient als theoretische Grundlage für Kommunikationsschulungen in Organisationen und ist besonders dafür geeignet, zwischenmenschliche Kommunikationsprozesse zu analysieren.
195
Vgl. auch Schulz von Thun 1994, S. 21.
3. Kommunikation und Kommunikationsmodelle
57
Reden über das Gespräch und Rückmeldung
Tatsachendarstellung
Sender
Ausdruck
Kontakt
Empfänger
Lenkung
Abbildung 12: Das TALK-Modell196
Im Folgenden werden die vier Aspekte einer Nachricht, die Tatsachendarstellung, der Ausdruck, die Lenkung und der Kontakt beschrieben. Die Tatsachendarstellung („Es ist“) entspricht dem Aspekt des Sachinhalts bei Schulz von Thun. Neuberger betont dabei die Möglichkeit, ein Gespräch als Mittel der Problemlösung zu verwenden. Dabei teilt er den Problemlösungsprozess in fünf Phasen ein: Problemformulierung, Bedingungs- und Zielklärung, Entwicklung von Lösungsalternativen, Bewertung der Lösungsalternativen und Entscheidung sowie Durchführung und Kontrolle. Der Ausdruck („Ich bin“) beinhaltet die Informationen, die ein Sender bei der Kommunikation über sich selbst preisgibt. Dies umfasst nicht nur die verbale, sondern auch die nonverbale Kommunikation. Es geht nicht nur um das, was einer sagt, sondern wie, wann und warum er es sagt.197 Neuberger betont dabei, dass der Ausdruck des Senders nicht identisch sein muss mit dem Eindruck, den der Empfänger bekommt. Ein weiterer zentraler Aspekt im TALK-Schema ist die Lenkung („Du sollst“). Damit soll betont werden, dass der Sender nicht nur die Aufklärung über die Sache, sondern auch die Aufforderung zum Tun verfolgt. Er kann das Ziel offen durch Appelle oder durch die Anwendung von Manipulationstechniken verfolgen.
196
Vgl. Picot / Reichwald / Wigand 2001, S. 97: in Anlehnung an Neuberger 1996, S. 13.
197
Vgl. Neuberger 1996, S. 29.
3. Kommunikation und Kommunikationsmodelle
58
Der Kontakt („Wir sind“) zielt auf den Beziehungsaspekt ab. Jede Kommunikation über Sachthemen ist prinzipiell mehrdeutig, weil sie zwischen Menschen geführt wird, deren Beziehung ebenfalls zur Debatte steht. Während des Kommunikationsprozesses können sich die Partner gegenseitig Rollen zuweisen. Neben den vier Aspekten im TALK-Modell wird wie auch im Modell von Schulz von Thun die Metakommunikation thematisiert. Durch das Reden über das Gespräch und die Rückkopplung können Kommunikationsstörungen aufgelöst werden. Das Talk-Modell unterscheidet sich vom Kommunikationsmodell von Schulz von Thun nur durch die unterschiedlichen Bezeichnungen der Seiten einer Nachricht und die Fokussierung auf das Arbeitsumfeld. Im folgenden Unterkapitel wird auf die Arbeit von Neuberger Bezug genommen.
3.3
Modell zur Analyse der Kommunikation von Unternehmertum
In diesem Unterkapitel wird auf Basis der zuvor beschriebenen Modelle ein Kommunikationsmodell als Analyseinstrument für die Kommunikation von Unternehmertum entwickelt und es werden einzelne Aspekte diskutiert. Bei der Entwicklung eines Kommunikationsmodells gibt Casstevens folgendes zu bedenken:198 “… a behavioral model will disappoint us if we expect too much of it. It is a simplified version of reality, not reality itself. Even so, most of us use models to facilitate understanding of what “really happens” in organizational behavior situations so complex that we don’t know all we would like to about what “really happens.” (…) One can also use a behavioral model as an analytical tool. Referring again to Webster’s Dictionary, we read that when we analyze, we break a subject up into its parts and examine each part separately. Of course, having a good, valid model suggests a structure, almost forces it, and probably saves us many times from false logic.” Das in dieser Arbeit herangezogene TALK-Modell ist in eine Sender-Kanal-EmpfängerStruktur eingebettet. Dieses verfeinerte Modell besteht aus einem Sender und einem Empfänger, die jeweils in ein Umfeld integriert sind. Über einen oder mehrere Kanäle werden Nachrichten übertragen, die nach den vier Aspekten des TALK-Modells analysiert werden können. Über eine Feedbackschleife gibt der Empfänger Rückmeldung.
198
Casstevens 1979, S. 32.
3. Kommunikation und Kommunikationsmodelle
59
Feedback
Tatsachendarstellung
Sender
Ausdruck
Umfeld Sender
Kontakt
Lenkung
Empfänger
Umfeld Empfänger
Abbildung 13: Modell zur Analyse der Kommunikation von Unternehmertum
Im Folgenden werden die einzelnen Elemente des Kommunikationsmodells im Hinblick auf Kommunikation von Unternehmertum detailliert beschrieben.
3.3.1
Umfeld
Nicht alle Kommunikationsstörungen sind auf einen Übertragungsfehler der Nachricht zurückzuführen.199 Oftmals entstehen Kommunikationsstörungen dadurch, dass Sender und Empfänger aus einem unterschiedlichen Umfeld stammen. Diese Störungen beziehen sich dann auf die semantische und pragmatische Ebene. Bei der Analyse von Kommunikationsprozessen ist es daher hilfreich, das Umfeld, aus dem die beteiligten Personen kommen, zu beleuchten. Bei der Vermittlung von Unternehmertum an Universitäten ergibt sich die Problematik, dass das Umfeld des Senders (Unternehmer) und das Umfeld des Empfängers (Studierender) sich oftmals grundlegend unterscheiden. Die Arbeitswelt des Unternehmers birgt eine hohe Komplexität, in der Zusammenhänge oft schwer verständlich sind.200 Um Aussagen nachvollziehen zu können, sind oftmals praktische Erfahrungen und ein betriebswirtschaftliches Grundverständnis notwendig. Eine Quelle für Kommunikations-
199
Vgl. syntaktische Ebene: Kap. 3.2.2.
200
Ein Beispiel für ein hoch komplexes System sind Innovationsprozesse für High-Tech Produkte, die sich über eine Vielzahl von Entwicklungsstufen erstrecken und ein weites Spektrum an Funktionsbereichen im Unternehmen einschließen.
3. Kommunikation und Kommunikationsmodelle
60
störungen kann auch die Benutzung von Fach- und Fremdwörtern sein.201 Zudem können branchenspezifische Sachkenntnisse Grundvoraussetzung sein, um die Bedeutung einer Nachricht zu verstehen.202 Den Studierenden als Empfänger fehlt es oft an persönlicher Erfahrung in der Wirtschaft. Gerade bei naturwissenschaftlichen und technischen Studienrichtungen werden theoretische betriebswirtschaftliche Inhalte nur am Rande vermittelt. Nur eine Minderheit der Studierenden hat aufgrund des Elternhauses einen Einblick in unternehmerische Themenfelder. Auf der semantischen Ebene sollte daher darauf geachtet werden, dass der Empfänger die Bedeutung der Nachricht richtig erfasst. Das unterschiedliche Umfeld zwischen Sender und Empfänger beeinflusst auch die pragmatische Ebene. Möchte der Unternehmer bei den Studierenden eine bestimmte Wirkung erzielen ist es notwendig, dass er das Umfeld der Empfänger und die darin herrschenden Rahmenbedingungen berücksichtigt. Nur unter Beachtung des Umfeldes kann gezielt Einfluss auf das Verhalten der Teilnehmer genommen werden und können Handlungsfolgen aus dem Informationsaustausch entstehen.203
3.3.2
Kanal
Der Kanal dient dazu, die Quelle der Nachricht, den Sender, mit dem Zielpunkt, dem Empfänger, zu verbinden. Die Übermittlungsgenauigkeit soll hoch und die Nachricht am Anfangs- und Endpunkt des Kanals möglichst ähnlich sein. Alles, was die Genauigkeit der Übertragung stört, wird als Rauschen bezeichnet.204 Der Sender kann die Medien und Kanäle wählen, mit der er die Nachricht übermitteln will. Die Kommunikation kann beispielsweise in Form eines geschriebenen Textes oder im Rahmen eines Vortrags stattfinden. Auch bei der Kommunikation von Unternehmertum ist zu klären, welche Medien und Kanäle gewählt werden. Einen Anhaltspunkt können dabei die Befunde der situativ orientierten 201
Ein Beispiel dafür sind die Begriffe Eigen- und Fremdkapital. Oft werden betriebswirtschaftliche Begriffe von Studierenden benützt, ohne dass sie die Definition dafür kennen. Dies kann zu erheblichen Missverständnissen führen.
202
Einzelne Branchen können sich stark unterscheiden. Beispielsweise können die Nachrichten eines Unternehmers aus der pharmazeutischen Industrie nur verstanden werden, wenn der Empfänger die Besonderheiten der Branche kennt.
203
Eine Handlungsaufforderung an die Studierenden kann sein, in einer Studenteninitiative eigene Projekte umzusetzen oder erste praktische Erfahrung als Werkstudent in einem jungen Unternehmen zu sammeln. Diese Aufforderungen sind dem Umfeld und den Handlungsmöglichkeiten eines Studierenden angepasst. Ein Appell, in kurzer Zeit ein eigenes Unternehmen zu gründen, wird von den meisten Studierenden wahrscheinlich nicht befolgt werden. Gründe können beispielsweise darin liegen, dass sich die Studierenden darin überfordert sehen und ihnen die Ansatzpunkte zur Umsetzung sowie notwendige Rahmenbedingungen fehlen.
204
Vgl. Theis 1994, S. 29.
3. Kommunikation und Kommunikationsmodelle
61
empirischen Kommunikationsforschung geben, bei der die Eignung verschiedener Medien für unterschiedliche Kommunikationsaufgaben und Situationen untersucht wird.205 Ein Ansatz zur Bewertung der Eignung verschiedener Kommunikationsmedien für die Aufgabenbewältigung ist die „Media Richness“ Theorie von Daft und Lengel.206 Sie teilt Kommunikationsmedien nach ihrer Kapazität zur Übertragung schriftlicher, sprachlicher und visueller Informationen, den Feedbackmöglichkeiten, der Reichhaltigkeit der Ausdrucksmöglichkeit und der sozialen Nähe der Kommunikationspartner ein. Eine persönliche Begegnung ist danach eine „reiche“ Kommunikationsform, bei der eine Vielzahl von Kanälen, wie Sprache, Gestik, Mimik und unmittelbares Feedback zur Verfügung stehen. Die Übereinstimmung der Komplexität der Kommunikationsaufgabe und der Eigenschaften des benutzten Kommunikationsmediums bestimmen über die Effizienz und Effektivität der Kommunikation.
Medium
Face-to-Face Dialog / „Meeting“
Media Richness
Hoch Overcomplication (Mehrdeutigkeit, Zu viele Nebeninformationen)
Videokommunikation Telefon / Telefonkonferenz Voice Mail Mittel Computerkonferenz Telefax
ch ei er B
E-Mail
ef
k fe
er ti v
om K
m
i un
ti o ka
n
Oversimplification (unpersönlich, kein Feedback)
Briefpost / Dokumentation Niedrig Niedrig
Mittel
Hoch Komplexität der Kommunikationsaufgabe
Abbildung 14: Das Media-Richness-Modell nach Daft und Lengel (in Anlehnung an Rice 1992)207
205
In der angelsächsischen Literatur werden die aus den empirischen Befunden abgeleiteten Theorien „Media Choice Theories“ genannt. Neben der situativ orientierten empirischen Kommunikationsforschung werden auch akzeptanz- und effizienzorientierte Ansätze verfolgt. Vgl. u.a. Goecke 1997; Möslein 1999; Reichwald / Möslein 1999.
206
Vgl. Daft / Lengel 1984.
207
Vgl. Picot / Reichwald / Wigand 2001, S. 112.
3. Kommunikation und Kommunikationsmodelle
62
In empirischen Untersuchungen konnte folgende Beziehung zwischen der „Media Richness“ und der Effektivität in Bezug auf die Bewältigung verschiedener Aufgabentypen nachgewiesen werden:208 x
Die Kommunikation über Medien mit hoher „Media Richness“ ist umso effektiver, je komplexer die zugrunde liegende Aufgabe ist.
x
Die Kommunikation über Medien mit niedriger „Media Richness“ ist umso effektiver, je strukturierter eine Aufgabe ist.
Bei der Kommunikation von Unternehmertum an der Universität ist ein entscheidender Faktor die effektive und effiziente Wahl der Medien. Dabei sind die herrschenden Rahmenbedingungen zu berücksichtigen, wie die Anzahl der zu erreichenden Studierenden, die zeitliche und örtliche Verfügbarkeit der Zielgruppe sowie die zur Verfügung stehenden Ressourcen.209 Darüber hinaus sollten die bei der Kommunikation von Unternehmertum zu erreichenden Ziele spezifiziert werden. Diese können sich von der Mobilisierung und Sensibilisierung der Zielgruppe für das unternehmerische Thema über die Vermittlung von betriebswirtschaftlichen Grundlagen bis hin zur Initiierung von ersten praktischen Erfahrungen in Übungsprojekten und der Entfaltung von unternehmerischer Eigeninitiative erstrecken.
3.3.3
Nachricht
Ein zentrales Element bei der Analyse und Gestaltung der Kommunikation von Unternehmertum stellt die Nachricht dar. Es ist zu berücksichtigen, dass Kommunikation nicht nur zweck- und leistungsbezogen ist, sondern auch wichtige soziale und emotionale Funktionen erfüllt. Im Folgenden werden die vier Aspekte einer Nachricht nach dem TALK-Modell von Neuberger in Hinsicht auf den speziellen Anwendungsfall der Kommunikation von Unternehmertum diskutiert. Aspekt der Tatsachendarstellung Ein wesentlicher Aspekt bei der Kommunikation ist der Austausch von Sachinformationen. Im Falle der Kommunikation von Unternehmertum sind dies unter anderem betriebs208
Vgl. Rice 1992.
209
Vgl. auch Strauss / Frost 1999: Strauss und Frost schlagen für die Wahl von geeigneten universitären Unterrichtsmedien speziell für Marketing-Kurse die folgenden neun Faktoren vor: Instructional constraints, course and class session content, learner and teacher variables, actors in the learning relationship, learning objectives, time and location in which the learning occurs, and media richness.
3. Kommunikation und Kommunikationsmodelle
63
wirtschaftliche Grundlagen wie Konzepte und Theorien bezüglich des Aufbaus und der Führung eines Unternehmens.210 In Rahmen dieser Arbeit wird nicht der Anspruch erhoben, dass bei der Kommunikation von Unternehmertum ein umfassendes theoretisches Wissen zum unternehmerischen Handeln vermittelt wird. Vielmehr steht ein grundsätzliches Verständnis über die Funktionen, die ein Gründer, ein Unternehmer und ein Unternehmer im Unternehmen ausüben, im Vordergrund. Die Studierenden sollen sich durch die Darstellungen der Sachverhalte, die Berichte von Erfahrungen und die Schilderungen von Erlebnissen aus der unternehmerischen Praxis ein Bild machen, welche Rolle eine unternehmerisch handelnde Person im Unternehmen einnimmt. Zudem kann die Kommunikation von Unternehmertum auch als ein Problemlösungsprozess angesehen werden. Viele Studierende haben noch keine klare Vorstellung von ihrer beruflichen Zukunft. Durch die aktive Auseinandersetzung mit dem Thema Unternehmertum kann ein Beitrag geleistet werden, eine unternehmerische Laufbahn als Karrierechance wahrzunehmen. Der von Neuberger skizzierte fünfstufige Problemlösungsprozess könnte dabei wie folgt aussehen: Im ersten Schritt, der Problementdeckung und -formulierung, wird zunächst die Problematik der zukünftigen Berufsfindung thematisiert. Darauf folgt die Bedingungs- und Zielklärung, in der wesentliche Voraussetzungen für die Ausübung der beruflichen Aufgaben geklärt und verschiedene Vorstellungen von einer zukünftigen Tätigkeit wie beispielsweise „einer qualifizierten herausfordernden Arbeit“, „einem sicheren Arbeitsplatz“ oder „dem Wunsch, seine eigenen Ideen zu vermarkten“ thematisiert werden. Die dritte Stufe im Problemlösungsprozess ist die Entwicklung von Lösungsalternativen. Dazu können unter anderem verschiedene Arten des Berufseinstiegs, selbständige Tätigkeiten und Möglichkeiten, bereits während des Studiums im spielerischen Umfeld Eigeninitiative zu entwickeln, besprochen werden. Es schließt sich die Bewertung der Lösungsalternativen und die Entscheidung an. Dabei werden die Chancen und Risiken der einzelnen beruflichen Alternativen verglichen und gegebenenfalls neue Kombination aus verschiedenen Alternativen abgeleitet. Zum Schluss des Kommunikationsprozesses kann eine Zusammenfassung gegeben und Bilanz gezogen werden. Daran schließt sich die Handlungsphase mit der Umsetzung der Entscheidung an. Aspekt des Ausdrucks Neben der Tatsachendarstellung beinhaltet eine Nachricht auch Aspekte des Ausdrucks. Das sind die Informationen, die ein Sender bei der Kommunikation über sich selbst preisgibt. Bei
210
Eine Reihe von Autoren haben Vorschläge für die Ausbildung von Gründern und Unternehmern entwickelt: vgl. z.B. Wilkie / Deeks 1973; Vesper 1982; Szyperski / Klandt 1990; Vesper 1990; Weihe 1993; Grüner 1993; Hishrich 1993; Schubert 1997; Schaller 2001. Darin wird eine Vielzahl von Themenfeldern adressiert. In ihrem Artikel „Developing an entrepreneur- and small business owner-defined research agenda“ stellen Banks und Taylor jedoch fest, dass Professoren, Manager und Unternehmer unterschiedliche Themenfelder priorisieren (vgl. Banks / Taylor 1991).
3. Kommunikation und Kommunikationsmodelle
64
der Kommunikation von Unternehmertum ist dies von besonderem Interesse, wenn der Sender selbst Gründer, Unternehmer oder Unternehmer im Unternehmen ist. Durch die Selbstoffenbarung211 zeigt er beispielsweise, wie er Gedanken entwickelt oder welche inneren Befindlichkeiten er hat. Wie er sich selbst präsentiert, sein Auftreten, seine Mimik und Gestik, seine Haltung und Stimme sagen dem Empfänger etwas über seine Sicherheit, Freundlichkeit, Dominanz und Offenheit. Neuberger betont dabei, dass der Ausdruck des Senders nicht identisch sein muss mit dem Eindruck, den der Empfänger bekommt. Der Ausdruck kann als Widerspiegelung der inneren Lage definiert werden, während der Eindruck als die Wirkung auf den Kommunikationspartner beschrieben werden kann. Im positiven Fall dient die Selbstdarstellung der Imagepflege von Unternehmertum. Wird von den Studierenden die Begegnung mit dem Gründer, Unternehmer oder Unternehmer im Unternehmen positiv beurteilt, kann dieser mit seiner Person eine Vorbildfunktion ausüben. Aspekt der Lenkung Viele Nachrichten beinhalten auch die Aufforderung zum Handeln. Diese Appelle können offen und erklärtermaßen oder verdeckt und unterschwellig geäußert werden. Der Sender beabsichtigt damit, den Empfänger zu beeinflussen. Worte wirken „nur“ auf Umwegen, nicht unmittelbar wie etwa körperlicher Zwang. Ihre Wirkung beruht darauf, dass sie die Handlungsplanung eines Menschen bestimmen können. Sie verändern die Entscheidungsvoraussetzungen und schränken die Wahlfreiheit zwischen Handlungsmöglichkeiten ein, indem sie die als sehr wünschenswert und realisierbar oder abzulehnen und aussichtslos darstellen.212 Auch bei der Kommunikation von Unternehmertum an Universitäten können Aspekte der Lenkung eine wichtige Rolle spielen. Dazu gehören die grundlegende Aufforderung der Studierenden zum unternehmerischen Denken und Handeln sowie der Appell zum Chancendenken. Der akademische Nachwuchs kann motiviert werden, sich gedanklich aktiv mit dem zukünftigen beruflichen Werdegang auseinanderzusetzen.213
211
Schulz von Thun 1994 wählt den Begriff der Selbstoffenbarung und schließt damit sowohl die gewollte Selbstdarstellung als auch die unfreiwillige Selbstenthüllung ein.
212
Vgl. Neuberger 1996, S. 38.
213
Vgl. auch Mueller / Thomas 2000, S. 52: Mueller und Thomas führen zum Thema Schaffung einer Unternehmerkultur an Universitäten aus: “This suggests that in addition to support from political, social, and business leaders, there needs to be a supportive culture to cultivate the mind and character of the potential entrepreneur. To be motivated to act, potential entrepreneurs must perceive themselves as capable and psychologically equipped to face the challenges of a global, competitive marketplace. Business education can play an important role in this regard by providing not only the technical tools (i.e. accounting, marketing, finance, etc.), but by also helping to reorient individuals toward self reliance, independent action, creativity, and flexible thinking.”
3. Kommunikation und Kommunikationsmodelle
65
Diese allgemeinen Appelle können für die studentische Zielgruppe weiter konkretisiert werden. Studierende können beispielsweise aufgerufen werden, möglichst frühzeitig im Rahmen von Praktika und Werkstudententätigkeiten praktische Erfahrungen in Unternehmen zu sammeln. Ein weiterer direkter Appell kann darauf zielen, Kursangebote der Hochschule zu unternehmerischen Themen wahrzunehmen und sich in Studenteninitiativen zu engagieren. Eine weitere Steigerung ist die Ermutigung der Studierenden, im Falle einer guten Geschäftsidee den Sprung in die Selbständigkeit zu wagen und ein eigenes Unternehmen zu gründen. Die Handlungsbereitschaft einer Person hängt stark von der inneren Einstellung und der Wertehaltung ab.214 Im Falle von Kommunikation von Unternehmertum bedeutet das, dass ein Studierender stärker motiviert ist, unternehmerisch aktiv zu werden, wenn er ein positives Image von Unternehmern hat und persönliches Interesse an einer unternehmerischen Laufbahn verspürt. Aspekt des Kontakts Jede Nachricht ist in einen größeren Zusammenhang eingebettet, in dem die Beziehung zwischen Sender und Empfänger eine entscheidende Rolle spielt. Dabei ist die Geschichte, die Zukunft und das augenblickliche Klima der Begegnung zu berücksichtigen. Aus einer Nachricht geht hervor, wie der Sender zum Empfänger steht und was er von ihm hält.215 Auf diese Weise kann bei der Kommunikation dem Partner ein Stempel aufgeprägt werden, der die Beziehung und Atmosphäre charakterisiert. Der Sender kann damit den Empfänger in eine Rolle drängen. Bei der Kommunikation von Unternehmertum hat der Aspekt des Kontakts eine wichtige Bedeutung, da die Studierenden zum unternehmerischen Denken und Handeln aufgefordert werden sollen. Dies bedeutet jedoch, dass ihnen das Gefühl vermittelt werden sollte, dass sie in der Lage sind, eigenverantwortlich und selbstbestimmt ihre unternehmerische Laufbahn voranzutreiben. Durch diese Wertschätzung kann ein wesentlicher Beitrag zur Ermutigung und Motivation der Studierenden geleistet werden. Bei der Kommunikation von Unternehmertum durch Unternehmer kann zudem eine kontaktstiftende Funktion hinzukommen. Gerade Unternehmer, die Ehemalige einer
214
Vgl. Neuberger 1996, S. 39.
215
Berne 1970: Der Autor beschreibt mit der Transaktionsanalyse ein psychoanalytisches Strukturmodell der Persönlichkeit, bei dem die folgenden drei Ebenen unterschieden werden: 1. Das Eltern-Ich als das Insgesamt der erlernten Verbote und Gebote, Verhaltensregeln, Normen und Gesetze und der Idealvorstellung, die man verwirklichen möchte oder sollte; 2. Das Erwachsenen-Ich als der Ort der vernünftig-ausgleichenden realistischen Auseinandersetzung mit den anstehenden Problemen und Möglichkeiten; 3. Das Kind-Ich als der bildliche Ausdruck für die Gesamtheit der Wünsche, Triebe, Sehnsüchte, Ängste, die spontan und unkontrolliert zum Ausdruck gebracht werden.
3. Kommunikation und Kommunikationsmodelle
66
Universität sind oder die als Studierende eine Firma gegründet haben, können das Zugehörigkeitsgefühl zwischen den Kommunikationspartnern nutzen und stärken. Die Studierenden haben durch die Gemeinsamkeiten bezüglich des akademischen Hintergrunds einen einfachen Ansatzpunkt, sich mit dem Unternehmer zu identifizieren und seinen beruflichen Werdegang als Vorbild zu nehmen.
3.3.4
Feedback
Die bisherigen Komponenten des Modells haben den Kommunikationsfluss nur in der Richtung vom Sender zum Empfänger betrachtet. Mit dem Feedback steht ein Kanal zur Verfügung, mit dem der Empfänger der Nachricht dem Sender Rückmeldung geben kann. Mit Feedback ist der Anteil an der Rückantwort gemeint, dem der Sender entnehmen kann, wie seine Nachricht angekommen ist.216 Dadurch ist dem Sender die Chance gegeben, seine Kommunikation zu optimieren, indem er beispielsweise auf Missverständnisse reagiert und Lehren für langfristige Verbesserungen zieht. Wie bei der Nachricht kann man auch dem Feedback vier Aspekte zuordnen. Bei der Kommunikation von Unternehmertum kann das Feedback beispielsweise darüber Aufschluss geben, welches Bild sich die Empfänger von den unternehmerischen Funktionen gemacht haben. Das Feedback kann auch Äußerungen zum Aspekt des Ausdrucks beinhalten, wie zum Beispiel zum Auftreten des Unternehmers. Feedback zum Aspekt der Lenkung sind beispielsweise Ankündigungen der Studierenden, gewisse unternehmerische Aktivitäten in Angriff zu nehmen. Feedback, dem Aspekt des Kontakts betreffend, könnte zum Beispiel dadurch in Erscheinung treten, dass sich Studierende offen mit den Unternehmervorbildern ihrer Hochschule identifizieren. Das Feedback kann über mehrere Kanäle transportiert werden. Eine Möglichkeit ist das direkte Feedback im Rahmen eines Gesprächs. Es gibt dem Sender die Möglichkeit, Kommunikationsstörungen und Missverständnisse unverzüglich auszuräumen. Weitere Feedback-Kanäle sind unter anderem Internetforen oder Evaluierungsbögen, in denen die Studierenden auch noch später Rückmeldung geben können.
3.4
Zusammenfassung
In diesem Kapitel werden theoretische Erkenntnisse zum Thema Kommunikation sowie Kommunikationsmodelle beschrieben, die zur Analyse von Kommunikation von Unternehmertum herangezogen werden können.
216
Vgl. Schulz von Thun 1994, S. 26.
3. Kommunikation und Kommunikationsmodelle
67
Kommunikation dient der Verständigung zwischen Menschen, die Bedeutungsinhalte teilen wollen. In der vorliegenden Arbeit steht das Thema Kommunikation von Unternehmertum im Mittelpunkt. Dazu wird zum einen die Kommunikation von Sachinhalten durch den Unternehmer mit Fokus auf die unternehmerischen Funktionen erörtert. Zum anderen werden Aspekte der zwischenmenschlichen Beziehung betrachtet, um ein besseres Verständnis der Wirkung des Kommunikationsprozesses zwischen Sender und Empfänger zu erhalten. Dies betrifft im Besonderen die Motivation zum unternehmerischen Denken und Handeln. Zur Beschreibung und Analyse menschlicher Kommunikation kann auf eine Reihe von Modellen zurückgegriffen werden, die jeweils unterschiedliche Aspekte der Kommunikation betonen. Mit Hilfe der Modelle wird die Komplexität eines realen Kommunikationsprozesses reduziert. Sie besitzen jedoch nicht nur für das Verständnis und die Erklärung von Kommunikationsprozessen einen hohen Stellenwert, sondern können auch für die Gestaltung von Kommunikationsprozessen zum Einsatz kommen. Ein grundlegendes Modell, das in vielen wissenschaftlichen Disziplinen herangezogen wird, ist das nachrichtentechnische Kommunikationsmodell von Shannon / Weaver. Über den reinen Aspekt der Zeichenübertragung hinaus geht das Modell der drei Ebenen der Semiotik, in dem auch die Bedeutung einer Nachricht und deren Einfluss auf das Verhalten der Teilnehmer beschrieben wird. Watzlawick, Beavin und Jackson schildern in ihrem pragmatischen Kommunikationsmodell vertiefend die Wechselwirkung zwischen den Kommunikationspartnern, die sich gegenseitig beeinflussen. Angeregt von dieser Arbeit entwickelte Schulz von Thun ein Kommunikationsmodell, das einer sozialpsychologischen Betrachtungsweise folgt. In Anlehnung an dieses Modell formulierte Neuberger das TALKModell, das speziell auf die Kommunikation in der Arbeitswelt abgestimmt ist. Danach umfasst eine Nachricht vier Aspekte, die Tatsachendarstellung, den Ausdruck, die Lenkung und den Kontakt. Auf Basis der beschriebenen Modelle wird ein Kommunikationsmodell als Analyseinstrument für die explorative Untersuchung der Kommunikation von Unternehmertum modifiziert. Dafür wird im Kern das TALK-Modell herangezogen, das in eine Sender-Kanal-EmpfängerStruktur eingebettet ist. Sender und Empfänger kommen jeweils aus einem eigenen Umfeld. Über einen oder mehrere Kanäle werden Nachrichten übertragen, die nach den vier Aspekten des TALK-Modells analysiert werden können. Über eine Feedbackschleife gibt der Empfänger Rückmeldung. Das Feedback kann beispielsweise darüber Aufschluss geben, wie der Empfänger die Darstellung der unternehmerischen Funktionen aufgenommen hat und wie sich dadurch bei ihm die unternehmerische Einstellung und das Handeln geändert haben.
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
4
69
Kommunikation von Unternehmertum: Empirischexplorative Untersuchung
In Kapitel 2 wurden theoretische Erkenntnisse zum Thema Unternehmer und Unternehmertum zusammengetragen und erläutert. Dabei wurde zwischen drei Unternehmertypen unterschieden, dem Gründer, dem Unternehmer und dem Unternehmer im Unternehmen. Die Auswertung der Literatur führte zur Herausstellung von vier zentralen Unternehmerfunktionen. Deren unterschiedliche Ausprägungen je nach Unternehmertyp wurden diskutiert. Diese Vorarbeiten bilden in der folgenden Untersuchung die Grundlage für das Verständnis von Unternehmertum. Kapitel 3 beschäftigte sich mit theoretischen Grundlagen der Kommunikation. Auf dieser Basis wurde aus bekannten Kommunikationsmodellen ein Modell zur Analyse der Kommunikation von Unternehmertum für die vorliegende Arbeit abgeleitet, das dem Zweck dienen soll, den komplexen Kommunikationsprozess strukturiert erforschen zu können. In Kapitel 4 wird nun auf der Grundlage und dem Verständnis von Unternehmertum und Kommunikation die empirisch explorative Untersuchung von Kommunikation von Unternehmertum ausgeführt. Zunächst wird die Vorgehensweise zur Gewinnung der empirischen Daten beschrieben. Dazu werden der Untersuchungsfokus sowie das Untersuchungsdesign dargelegt, die Durchführung der empirischen Untersuchung beschrieben und deren Grenzen aufgezeigt. Daran schließt sich die erste Auswertung der erhobenen Daten an, indem für die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Präsentationen von Gründern, Unternehmern und Unternehmern im Unternehmen Kommunikationsprofile angelegt werden. Diese Analyse der Präsentationen wird anhand des in Kapitel 3 entwickelten Kommunikationsmodells durchgeführt. In der zweiten Auswertungsstufe werden die Feedbackaussagen zu den Unternehmerfunktionen, strukturiert nach den drei verschiedenen Unternehmertypen, vertieft analysiert. Darauf folgt eine dritte Auswertungsstufe, in der die Reflexionen der Empfänger zu den Präsentationen diskutiert werden, um Rückschlüsse auf die unternehmerische Motivation der Gruppe zu ziehen. Zum Abschluss des Kapitels wird eine Zusammenfassung gegeben, die die zentralen Erkenntnisse aus der empirischen Untersuchung im Überblick zeigt.
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
70
4.1
Vorgehensweise
Unternehmertum ist für den Wohlstand von Wirtschaftsnationen von zentraler Bedeutung.217 Die Motivation von zukünftigen Generationen, eine unternehmerische Laufbahn einzuschlagen, ist damit eine wichtige Voraussetzung für die Aufrechterhaltung einer intakten Volkswirtschaft. Die Kommunikation von Unternehmertum und die Vermittlung ihrer Chancen aber auch Risiken sind Grundlage dafür, dass potenzielle Unternehmer möglichst frühzeitig in die Thematik eingeführt werden und ein Grundverständnis für Unternehmertum bekommen. Der Einblick in die Entwicklung unternehmerischen Verständnisses durch Kommunikation von Unternehmertum sowie die sich daraus ergebende Möglichkeit zur Gestaltung sind die Basis dafür, gezielt neue Unternehmergenerationen zu entwickeln und zu fördern. Während der Forschungsstand bezüglich der Funktionen eines Unternehmers relativ weit gediehen ist,218 besteht in Bezug auf die Kommunikation von Unternehmertum zur Sensibilisierung und Motivation von zukünftigen Unternehmergenerationen in der Literatur eine deutliche Dokumentationslücke.219 Die folgende explorative Untersuchung zielt darauf ab, ein verbessertes Verständnis davon zu bekommen, x
ob und wie Unternehmertum kommuniziert wird,
x
inwieweit Gründer, Unternehmer und Unternehmer im Unternehmen als Botschafter für unternehmerisches Denken und Handeln agieren und
x
inwieweit die Empfänger der Botschaften durch Kommunikation Unternehmertum zum unternehmerischen Handeln motiviert werden.
von
Zur Untersuchung der Kommunikation von Unternehmertum wird ein empirisch explorativer Ansatz gewählt. Mit dieser Vorgehensweise soll erreicht werden, dass „entdeckt“ wird und möglichst unvoreingenommen neue Erkenntnisse gewonnen werden. Jedoch können mit diesem Ansatz keine allgemein gültigen, statistisch relevanten Aussagen erzielt werden. Dies wäre jedoch in Hinblick auf die Komplexität und Vielschichtigkeit des Erkenntnisgegenstandes auch nicht Erfolg versprechend.
217
Vgl. auch Kapitel 1.
218
Vgl. Kapitel 2.
219
Vgl. dazu auch Gartner 1990.
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
71
Bevor Entdeckungen gesichtet, beschrieben, reflektiert und an Erwartungen gespiegelt werden können, ist zunächst der Gang der Exploration – die gewählte Untersuchungskonzeption, Datenerhebung und Datenanalyse – darzulegen.220
4.1.1
Untersuchungsfokus
Basierend auf den theoretischen Grundlagen in Kapitel 2 und 3 kann eine empirischexplorative Untersuchung zur Kommunikation von Unternehmertum durchgeführt werden. Die Untersuchung erfolgt in Rahmen von Präsentationen, in denen über unternehmerische Tätigkeiten berichtet wird. Die Zuhörer haben die Möglichkeit, Feedback zu den Präsentationen zu geben. Bei der Analyse des Kommunikationsprozesses wird anhand des in Kapitel 3.3 beschriebenen Kommunikationsmodells vorgegangen. Als Sender der Nachricht werden in dieser Arbeit Gründer, Unternehmer und Unternehmer im Unternehmen herangezogen. Dabei wird von der Annahme ausgegangen, dass diese Personen besonders gut für die Kommunikation von Unternehmertum geeignet sind, da sie aus ihrer unternehmerischen Praxis berichten und anhand ihrer Person und Tätigkeit das unternehmerische Handeln darstellen. Es ist anzunehmen, dass durch die Authentizität und Vorbildfunktion der Personen die Verständlichkeit und Veranschaulichung für unternehmerisches Handeln steigen. Als Empfänger der Nachricht werden Studierende und Wissenschaftler ausgewählt. Diese Zielgruppe ist im besonderen Maße geeignet, nach ihrer universitären Ausbildung bzw. Forschungs- und Lehrtätigkeit eine unternehmerische Laufbahn einzuschlagen. Ein wesentlicher Grund dafür liegt darin, dass sich die Studierenden spätestens mit ihrem universitären Abschluss beruflich orientieren müssen und vor der Entscheidung bezüglich ihres Werdegangs stehen. Zudem gehen aus den Forschungs- und Entwicklungsprojekten an der Universität eine Vielzahl von Erfindungen hervor, die als Ausgangspunkt für Unternehmensgründungen genutzt werden können. Zum Zweck des besseren Verständnisses für die Kommunikation von Unternehmertum wird mit dieser Arbeit der Versuch unternommen, im Rahmen einer explorativen Untersuchung Präsentationen zum Thema Unternehmertum sowie das dazugehörige Feedback qualitativ zu beschreiben und zu systematisieren. Dazu werden die Kommunikationsprozesse von Gründern, Unternehmern und Unternehmern im Unternehmen analysiert und das Feedback der Zuhörer aus dem universitären Umfeld untersucht. Mit der Interpretation und Diskussion der Befunde soll darüber hinaus Aufschluss gegeben werden, welches Verständnis der Zuhörerkreis bezüglich der Unternehmerfunktion je nach Unternehmertyp erwirbt. Zudem sollen Hinweise gewonnen werden, welche Wirkung die Kommunikation von 220
Möslein 2004, S. 117.
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
72
Unternehmertum auf die Zielgruppe hat. Besonders die Reflexionen sollen Aufschluss über die Wirkung der Präsentationen auf die Motivation zu unternehmerischem Denken und Handeln geben. Die Analyse der Botschaften der unternehmerischen Personen und des Feedbacks der universitären Zuhörer soll Aufschluss geben, wie das universitäre Umfeld gestaltet werden kann, damit das unternehmerische Denken und Handeln bei der Zielgruppe frühzeitig gesteigert wird.
4.1.2
Untersuchungsdesign
Die theoretischen Überlegungen zum Thema Unternehmertum und Kommunikation haben gezeigt, dass der Untersuchungsgegenstand eine hohe Komplexität besitzt.221 Die unternehmerischen Aufgaben in der Praxis sind vielschichtig und weisen unterschiedliche Ausprägungen auf. Zudem gibt es wie in Kapitel 2 ausgeführt keine allgemein gültige Definition von Unternehmer und es können unterschiedliche Typen von Unternehmern aufgezeigt werden. Eine weitere Komplexitätserhöhung bringt der Kommunikationsprozess mit sich. Kommunikation im Sinne des Austausches von Informationen zwischen Menschen ist stark von den beteiligten Personen abhängig. Aufgrund dieser Rahmenbedingungen erscheint eine quantitative Erhebung zum Thema Kommunikation von Unternehmertum als nicht angemessen. Vielmehr ist die Untersuchung qualitativ und explorativ angelegt und damit das Untersuchungsdesign den Umständen angepasst. Abbildung 15 visualisiert das Vorgehen und die Strukturierung der Ergebnisse zur Datenerhebung. Zunächst wurde wie in Kapitel 2 bereits ausgeführt auf Basis einer Literaturarbeit ein Grundverständnis zum Thema Unternehmer und Unternehmertum entwickelt. Zentrale Erkenntnis daraus ist die Definition von vier Unternehmerfunktionen, dem Entdecken von Chancen (1), dem Durchsetzen von Innovationen (2), dem Koordinieren von Ressourcen (3) und dem Tragen von Risiken (4). Es wurden drei Unternehmertypen aufgezeigt, der Gründer, der Unternehmer und der Unternehmer im Unternehmen. Diese Vorarbeiten bilden die Ausgangsbasis für die Untersuchung, die auf ein besseres Verständnis von Kommunikation von Unternehmertum abzielt. Die erste Stufe der empirischen Datenerhebung von Kommunikation von Unternehmertum umfasst Präsentationen von Gründern, Unternehmern und Unternehmern im Unternehmen zu ihrer unternehmerischen Tätigkeit. Die Präsentationen können als angemessener Rahmen für
221
Vgl. Kapitel 2 und 3.
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
73
Kommunikation von Unternehmertum im universitären Umfeld gesehen werden. Dies kann einerseits damit begründet werden, dass Präsentationen und Vorlesungen traditionelle Wege der Wissensvermittlung in der universitären Ausbildung darstellen. Zudem haben Präsentationen eine hohe Media Richness.222 Dies erleichtert die Vermittlung der komplexen Inhalte zum Thema Unternehmertum und bietet dem Sender die Möglichkeit, sich als unternehmerische Persönlichkeit zu präsentieren. Die Problematik der „Selbstdarstellung“ ist in diesem Fall nicht gegeben, da sich der Gründer, Unternehmer und Unternehmer im Unternehmen bei seiner Präsentation selbst darstellen soll. Grundverständnis Literaturarbeit
2. Durchsetzen von Innovationen 3. Koordinieren von Ressourcen 4. Tragen von Risiken
Datenerhebung I Präsentationen
Datenerhebung II Feedback
Datenerhebung III Reflexion
Unternehmer
UNTERNEHMERFUNKTIONEN
1. Entdecken von Chancen
Gründer
Unternehmer im Unternehmen UNTERNEHMERTYPEN
Kommunikationsprofil Gründer
Kommunikationsprofil Unternehmer
Kommunikationsprofil Unternehmer im Unternehmen
Auswertungen zu Unternehmerfunktionen Gründer
Auswertungen zu Unternehmerfunktionen Unternehmer
Auswertungen zu Unternehmerfunktionen Unternehmer im Unternehmen
Auswertungen der Reflexion Gründer
Auswertungen der Reflexion Unternehmer
Auswertungen der Reflexion Unternehmer im Unternehmen
Abbildung 15: Vorgehensweise bei der Datenerhebung und Ergebnisse
Um eine offene Präsentation zu ermöglichen wurde dem Sender freigestellt, eine für seine unternehmerische Tätigkeit wichtige Themenstellung auszuwählen und zu vertiefen. Mit dieser Vorgehensweise wird verhindert, dass durch eine Themenvorgabe die Präsentation in
222
Vgl. Kapitel 3.3.2.
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
74
eine bestimmte Richtung gesteuert wird. Die Präsentationen wurden zur Dokumentation und Auswertung auf Videofilm aufgezeichnet. Die zweite Stufe der Datenerhebung sind Rückmeldungen der Empfänger zu den Präsentationen. Die Studierenden und Wissenschaftler wurden aufgefordert, nach den Präsentationen in einem internet-basierten Forum Feedback zu der jeweiligen Präsentation zu geben. Es wurden dazu keine inhaltlichen Vorgaben gemacht. Die Videoaufzeichnungen und die Forenbeiträge wurden darauf anhand des in Kapitel 3 beschriebenen Kommunikationsmodells ausgewertet. Dazu wurde für jede Präsentation ein Kommunikationsprofil erstellt, das einen Überblick zum jeweiligen Kommunikationsprozess gibt und die folgende Struktur aufweist: 1. Sender 2. Umfeld des Senders 3. Empfänger (für alle Präsentationen gleich) 4. Umfeld der Empfänger (für alle Präsentationen gleich) 5. Kanal (für alle Präsentationen gleich) 6. Nachricht 7. Feedback Darüber hinaus wurden die Feedbackbeiträge je Unternehmertyp in Bezug auf die in Kapitel 2 aufgezeigten Unternehmerfunktionen ausgewertet. Die Analyse hat das Ziel Aufschlüsse zu geben, ob sich qualitative Unterschiede bei der Kommunikation von Unternehmertum in Hinblick auf die Ausprägung der unternehmerischen Tätigkeit ergeben. Die dritte Stufe der Datenerhebung erfolgte in Form einer Reflexion der Zuhörer zur Kommunikation von Unternehmertum. Dazu wurde die Zielgruppe aufgefordert, nach den Präsentationen eine schriftliche Zusammenfassung ihres Verständnisses von Unternehmertum und ihrer persönlichen Einschätzung zu einer unternehmerischen Laufbahn zu geben. Die Reflexionen wurden anhand der Systematisierung der drei Unternehmertypen ausgewertet mit dem speziellen Fokus, Hinweise auf die Motivation oder gar auf erste Schritte zum unternehmerischen Handeln zu bekommen. Die empirische Basis dieser Untersuchung bilden zwölf Präsentationen unternehmerischer Persönlichkeiten (von jeweils vier Gründern, Unternehmern und Unternehmern im Unternehmen) sowie Feedbackbeiträge und Reflexionen eines Zuhörerkreises von insgesamt 271 Studierenden und Wissenschaftlern. Bei der Selektion der Sender stand angesichts der Breite des Untersuchungsthemas die Bemühung im Vordergrund, ein weites Spektrum an unternehmerischen Persönlichkeiten für die Präsentationen zu gewinnen. Die Auswahl der Personen erfolgte somit nicht nach dem
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
75
Grundsatz der Repräsentativität. Vielmehr war das Ziel, gemäß dem Thema Kommunikation von Unternehmertum Gründer, Unternehmer und Unternehmer im Unternehmen mit einem vielfältigen Hintergrund an Praxiserfahrung und unternehmerischen Erkenntnissen auszuwählen. Dazu wurden in einem ersten Schritt Namen von unternehmerischen Personen aus dem Netzwerk der TU München gesammelt. Quellen dafür waren im Besonderen Ehemalige der Universität, die eine unternehmerische Laufbahn eingeschlagen haben, bekannte unternehmerische Persönlichkeiten aus der Münchner Region, Gewinner des Münchner Business Plan Wettbewerbs sowie Empfehlungen von Netzwerkpartnern. Als zweiter Schritt wurden die identifizierten Personen anhand der in Kapitel 2 entwickelten Systematik in die Gruppen Gründer, Unternehmer und Unternehmer im Unternehmen eingeteilt. Dabei zeigte sich die Problematik bei der Abgrenzung der beiden Unternehmertypen Gründer und Unternehmer, die nicht überschneidungsfrei ist. Viele der nun etablierten Unternehmer haben auch ihr Unternehmen selbst gegründet.223 Auf der anderen Seite haben einige unternehmerische Personen, die in dieser Arbeit der Gruppe der Gründer zugeordnet sind, bereits erste wirtschaftliche Erfolge mit ihren Produkten am Markt erzielen können. Bei der Gruppe der Unternehmer im Unternehmen wurde angestrebt, Mitglieder der ersten Führungsebene eines Unternehmens zu gewinnen. In einem dritten Schritt wurden die identifizierten Personen angeschrieben und zu einer Präsentation zum Thema Unternehmertum an die Technische Universität München eingeladen. Tabelle 6 zeigt alle für die Untersuchung gewonnenen zwölf unternehmerischen Persönlichkeiten.224 Die Auftritte fanden in Hörsälen der Technischen Universität München in Garching statt. Die Dauer der Auftritte lag zwischen einer und eineinhalb Stunden.
223
In dieser Gruppe sind neben erfolgreichen Gründern vor allem auch Familienunternehmer zu nennen.
224
Leider gelang es nicht, für die Präsentationen Frauen zu gewinnen.
76
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
Tabelle 6: Zwölf unternehmerische Persönlichkeiten als empirische Basis der Untersuchung (Stand: Nov. 2004)
Name
Position
Unternehmen
Unternehmertyp
Dr. Manfred Bischoff Chairman of the Board EADS European Aeronautic Defence and Space Company N.V.
Unternehmer im Unternehmen
Prof. Dr. Dr. h.c. Utz- Vorsitzender des Hellmuth Felcht Vorstands
Degussa AG
Unternehmer im Unternehmen
Carl-Peter Forster
Vorsitzender des Vorstands (bis 2004)
Adam Opel AG
Unternehmer im Unternehmen
Christian Hogl
Vorstand (bis 2000)
CALL A BIKE Gründer Mobilitätssysteme AG
Hans Knürr
Vorsitzender des Vorstands (bis 2000)
Knürr AG
Dr. Hans-Joachim Lohrisch
Vorsitzender des Vorstands
ALTANA Pharma AG Unternehmer im Unternehmen
Michael Muth
Geschäftsführer
AeroLas GmbH
Gründer
Dr. Jiri Snaidr
Vorsitzender des Vorstands
Vermicon AG
Gründer
Falk Strascheg
Geschäftsführer (bis 2000)
Technologieholding VC GmbH
Unternehmer
Stefan Vilsmeier
Vorsitzender des Vorstands
BrainLAB AG
Unternehmer
Gregor vom Scheidt
Vorsitzender des Vorstands (bis 2004)
NXN Software AG
Unternehmer
Prof. Dr. Olaf G. Wilhelm
Vorsitzender des Vorstands
Wilex AG
Gründer
Unternehmer
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
77
Als Empfänger für die Untersuchung konnten insgesamt 271 Personen gewonnen werden, die sich für die Präsentationen zum Thema Unternehmertum angemeldet haben.225 Dies waren 255 Studierende und 16 Wissenschaftler der Technischen Universität München.226 Die Fachrichtungen, aus denen die Studierenden und Wissenschaftler kamen, sind in Tabelle 7 aufgelistet. Die Verteilung der Fachrichtung spiegelt wider, dass die Untersuchung an einer technischen Universität durchgeführt wurde. Von den 271 Personen haben 268 einen technischen oder naturwissenschaftlichen Hintergrund.
Tabelle 7: Fachrichtungen der Empfänger
Fachrichtung
Anzahl
Informatik
105
Mathematik
59
Maschinenwesen
37
Physik
23
Chemie
17
Medizintechnik
9
Molekulare Biotechnologie
6
Elektro- und Informationstechnik
5
Wirtschaftswissenschaften
3
Bioinformatik
3
Biologie
2
Geographie
1
Architektur
1
Die Empfänger hatten die Möglichkeit, die Präsentationen direkt im Hörsaal sowie auf Video über das Internet zu verfolgen. Nach den Präsentationen wurden die Empfänger aufgefordert, über ein Internetforum Feedback zu der jeweiligen Präsentation zu geben. Insgesamt bestand
225
Die durchschnittliche Anzahl der anwesenden Personen pro Präsentation wird auf rund 120 geschätzt.
226
Von den 271 angemeldeten Personen waren 39 Frauen.
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
78
bei den Feedbackgebern große Bereitschaft, Beiträge in die Foren zu stellen. So wurden zu den zwölf Präsentationen insgesamt 457 Kommentare verfasst.227 Nach Abschluss der Präsentationen wurden die Zuhörer aufgefordert, Reflexionen zu den gehörten Präsentationen und im Besonderen zu ihrer persönlichen unternehmerischen Einstellung abzugeben. Insgesamt gab es in dieser dritten Datenerhebungsphase einen Rücklauf von 107 Personen.
4.1.3
Grenzen der Untersuchung
Die empirische Erhebung wurde in den Jahren 2003 und 2004 durchgeführt. Sämtliche Präsentationen fanden am Standort Garching der Technischen Universität München statt. Die Präsentationen wurden auf Video aufgenommen und archiviert. Die Auswertungen der Präsentationen, der Feedbackforen und der Reflexionen wurden von einer einzigen Person, dem Autor, durchgeführt. Dies hat den Vorteil, dass die Präsentationen einheitlich wahrgenommen werden. Jedoch ist dieses Vorgehen auch mit dem Nachteil verbunden, dass es zu einer subjektiven Wahrnehmungsverzerrung durch den Beobachter kommen kann.228 Forschung hat sich stets ihre Grenzen bewusst zu machen, um ihre Reichweite abzustecken und Fortschritte bewirken zu können.229 Ziel der Untersuchung war es, ein besseres Verständnis zur Kommunikation von Unternehmertum zu bekommen. Dies ist vor allem deshalb ein anspruchsvolles Ziel, weil das Thema Unternehmertum sehr vielschichtig und umfassend ist und zudem das universitäre Untersuchungsumfeld, in dem die Kommunikationsprozesse beleuchtet wurden, sehr komplex ist. Die Arbeit kann die Defizite in der Entrepreneurshipforschung zur Unternehmerfunktion230 nicht ausräumen, noch kann sie allgemein gültige Wirkungszusammenhänge bei der Kommunikation von Unternehmertum aufzeigen. Dies gilt vor allem für die qualitative Auswertung der Reflexionen, die nur Hinweise auf die zukünftigen unternehmerischen Absichten der Zuhörer geben können. Mit dieser Methodik ist es nicht möglich, eine quantitative Messung der Wirkung von Kommunikation von Unternehmertum auf das unternehmerische Handeln der Zielgruppe durchzuführen. Vielmehr zielt die vorliegende Studie darauf ab, mit der qualitativ ausgerichteten Methodik zum besseren Verständnis von Kommunikation von Unternehmertum beizutragen und Hinweise zur Gestaltung von Kommunikationsprozessen zu diesem Themenfeld im universitären Umfeld zu bekommen. 227
In den hier zitierten Forenbeiträgen wurden Grammatik- und Rechtschreibfehler ausgebessert.
228
Vgl. z.B. König 1973, S. 9 ff. und Scheuch 1973, S. 95 ff.
229
Möslein 2004, S. 142.
230
Vgl. dazu Kapitel 2.
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
4.2
79
Empirische Ergebnisse I: Kommunikationsprofile
Die ersten Befunde der Exploration werden in Form von „Kommunikationsprofilen“ für jede der zwölf Präsentationen aufbereitet. Dazu wird zunächst ein Überblick über die berufliche Laufbahn des Senders in Stichworten gegeben. Mit diesen Hintergrundinformationen werden Unterschiede bei den unternehmerischen Lebensstationen besser sichtbar. Zudem werden in den Kommunikationsprofilen die Unternehmen, in deren organisatorischem Rahmen die Sender unternehmerische Tätigkeiten ausüben oder ausgeübt haben, kurz skizziert. Dazu werden u.a. Informationen zu Mitarbeiterzahlen, Umsatz, Produkten sowie Markt und Wettbewerb aufgeführt, sofern diese vorhanden sind. Dieser Überblick veranschaulicht im Vergleich unter anderem die unterschiedlichen organisatorischen Rahmenbedingungen, in denen die unternehmerischen Personen tätig sind. Daran schließen sich im Kommunikationsprofil beispielhaft Nachrichten des Senders an, die nach dem TALK-Schema in Tatsachendarstellung, Ausdruck, Lenkung und Kontakt strukturiert sind.231 Aufgrund der Fülle an Informationen, die bei jeder Präsentation übermittelt wurden, können in diesem Unterkapitel nur exemplarisch Aussagen dargestellt werden. Trotz der notwendigen Fokussierung auf Teilaspekte und der damit verbundenen Selektion wurde bei der Verdichtung darauf geachtet, die Reichhaltigkeit des Materials zu wahren. Das gleiche Problem der Datenfülle gilt auch für die Feedbackbeiträge. Bei der Auswertung wurde deshalb für jedes Kommunikationsprofil beispielhaft nur jeweils ein besonders auffälliger Themenbereich herausgestellt, der von den Empfängern außerordentlich oft und intensiv diskutiert wurde. In den Kommunikationsprofilen werden nicht mehr die Elemente Empfänger, Umfeld der Empfänger und Kanal explizit beschrieben. Diese sind für alle untersuchten Präsentationen identisch.232 Die zwölf Präsentationen sind nach den drei Unternehmertypen, Gründer, Unternehmer und Unternehmer im Unternehmen eingeteilt. In den folgenden drei Unterkapiteln werden im Sinne des explorativen Forschungsansatzes besonders auffallende Präsentationsinhalte und Feedbackbeiträge herausgestellt und diskutiert.
231
Vgl. dazu Kapitel 3.
232
Vgl. dazu auch die Beschreibungen in Kapitel 4.1.
80 4.2.1
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung Kommunikationsprofile Gründer
Bei vielen Feedbackbeiträgen und Aussagen in den vier untersuchten Präsentationen stehen Themen zu Herausforderungen und nötigen persönlichen Eigenschaften von Gründern im Vordergrund. Dabei werden besonders das hohe persönliche Risiko, das starke Durchhaltevermögen und die Fähigkeit zu motivieren und zu begeistern betont. Ein zentrales Thema ist das persönliche Risiko, das der Gründer auf sich nimmt. In allen Präsentationen der Gründer und in allen anschließenden Feedbackforen wird dieser Themenbereich intensiv diskutiert. Beispielsweise wird von vielen Studierenden und Wissenschaftlern herausgehoben, dass Herr Prof. Wilhelm seine sichere und gesellschaftlich angesehene Stelle als Oberarzt aufgegeben und mit einer großen Risikobereitschaft sein Unternehmen gegründet hat. Seine persönliche Entscheidung zur unternehmerischen Laufbahn wird einerseits mit einer hohen Anerkennung („Hochachtung“) ausgezeichnet, andererseits wird oft darauf hingewiesen, welche große psychische Belastung das finanzielle Risiko und die unsichere berufliche Situation mit sich bringen: „... man sah ihm ein wenig die Sorgen ins Gesicht geschrieben“. Darüber hinaus wird intensiv über das Durchhaltevermögen eines Gründers diskutiert. Es wird in vielen Forenbeiträgen betont, dass immer wieder Rückschläge zu bewältigen sind und ein hoher innerer Antrieb nötig ist, ein junges Unternehmen aufzubauen und zum Erfolg zu führen. Im Rahmen der Präsentation von Herrn Muth wird der Begriff „Kampfgeist“ geprägt. Christian Hogl wird eine „Steh-auf-Männchen-Mentalität“ bescheinigt, da er neue unternehmerische Pläne auch nach der Insolvenz seines ersten Start-ups hat und einen Neustart wagt. Ein drittes Themenfeld, das besonders betont wird, ist die Motivations- und Begeisterungsfähigkeit von Gründern. In vielen Beiträgen wird herausgestellt, dass der Gründer „an sich selbst und seine Idee glaubt“. Dies wird oftmals als Grundlage dafür gesehen, Investoren, Kunden und Mitarbeiter „begeistern und überzeugen“ zu können. Vor allem wird auch in den Forenbeiträgen die Herausforderung hervorgehoben, ein „schlagkräftiges Team“ zusammenzustellen und „bei Laune“ zu halten. Bei einer Reihe von Feedbackbeiträgen fielen emotionale Aussagen wie die folgenden auf: „... war Prof. Wilhelm so überzeugend, dass ich es mir jetzt vorstellen könnte, mit einer guten Idee selbständig zu werden.“, oder „Und in Sachen Begeisterung hat Herr Muth auf mich schon überzeugend gewirkt.“ Die Betonung der Person zeigen auch die in den Foren oft diskutierten Begriffe Leidenschaft, Bauchgefühl, Mut und Optimismus.
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
81
Kommunikationsprofil Gründer: Christian Hogl (1) Jahrgang 1969.
x
Informatik-Studium an der FH München, 1992-1995.
x
Selbständige Tätigkeit als IT-Freelancer, 1992-1997.
x
Idee zum Konzept von CALL-A-BIKE, 1995. Vorrecherchen und erste Planungen, 1996. Im April 1997 Abwägen zwischen verschiedenen Geschäftsideen – schließlich volles Engagement für die Geschäftsidee, „Finanzierungsrunde Null“ im Freundes- und Bekanntenkreis.
x
Gründung der CALL-A-BIKE AG, 1998. Vorstand bis zur Insolvenz Ende 2000.
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Unterstützung des Insolvenzverwalters bei Übernahmeverhandlungen und von Juli bis November 2001 Leiter des Bereiches CALL-A-BIKE bei der DB Rent GmbH. Von Januar bis Oktober 2002 externer IT-Berater für die DB Rent, Arbeit am Ausbau der CAB-IT-Infrastruktur.
x
Seit November 2002 vorbereitende Arbeiten für neue Unternehmensgründung.
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Überblick: CALL-A-BIKE AG, Gründung 1998. Sitz in München. Startkapital von rund vier Millionen Euro.
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Produkt: Fahrradverleih: 2000 speziell gekennzeichnete Fahrräder stehen in einem dichten Netz an Telefonzellen zur Verfügung und können einfach per Telefonanruf nach einem patentierten Verfahren entliehen und wieder zurückgegeben werden.
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Markt / Wettbewerb: Bürger der Stadt und Touristen mit individuellem Mobilitätsbedürfnis. Pilotregion ist München. Mit CALL-A-BIKE wird eine Lücke im städtischen Verkehrssystem geschlossen und eine kostengünstige und umweltfreundliche Alternative zu Taxis geboten.
Umfeld Sender / Unternehmen
Sender
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Abbildung 16: Kommunikationsprofil: Christian Hogl (Teil 1)
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4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
Kommunikationsprofil Gründer: Christian Hogl (2)
Nachricht
„Vielleicht ist es am spannendsten, gleich am Anfang zu schildern, in welcher Situation ich mich nach dem Studium befunden habe, da der eine oder andere von Ihnen sich in nächster Zukunft bald in einer ähnlichen Situation befindet.“ (Kontakt) „Ich habe damals den Rat meiner Eltern ignoriert, die gepredigt haben, nicht gleich nach dem Studium ohne eigene Geldreserven (...) die ersten unternehmerischen Schritte zu machen.“ (Ausdruck) „Für mich war es eine schwierige Frage, diesen gut bezahlten Job aufzugeben und mich in das Wagnis zu stürzen.“ (Ausdruck) „Das Wichtigste ist Durchhaltevermögen und eine gewisse Hartnäckigkeit.“ (Tatsachendarstellung)
Feedback
„Der Vortrag von Herrn Hogl hat ganz gut gezeigt, dass die Gründung eines Startup-Unternehmens eines gewissen Maßes an “Steh-auf-Männchen”-Mentalität bedarf. Nicht nur in der Anfangsphase gab es Rückschritte, die so manch einen zum Aufgeben bewegt hätten. Schließlich führte doch kein Weg mehr an der Insolvenz vorbei.“ „Für mich ist der Vortrag von Herrn Hogl ein klarer Hinweis darauf, dass man sich mit einer Niederlage nicht geschlagen geben darf, sondern weiter nach Lösungen suchen muss. Eine derartige “Steh-auf-Männchen”-Mentalität ist sicher ein Kennzeichen eines innovativen Unternehmers!“ „Jede Gründung ist mit einem großen Risiko behaftet, aber getrieben vom Glauben an die Idee und den Erfolg nimmt man das Wagnis auf sich.“ „Trotzdem, während „Call-a-Bike“ nun unter der Flagge der Deutschen Bahn fährt, plant Herr Hogl bereits eine neue Unternehmung, in die er die Erfahrung aus früheren Fehlentscheidungen einbringen wird.“ „Als Jungunternehmer soll man getragen von irgendeiner Vision einer besseren und schöneren Welt diese mit einer neuen Idee beglücken. Außer als persönliche "innere Energiequelle" interessiert eine "schöne Idee" aber nicht, die Frage lautet vielmehr, wie viel Geld man damit wann verdienen kann.“
Abbildung 17: Kommunikationsprofil: Christian Hogl (Teil 2)
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
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Umfeld Sender / Unternehmen
Sender
Kommunikationsprofil Gründer: Michael Muth (1) x
Jahrgang 1960.
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Studium an der Technischen Universität München im Fach Maschinenwesen mit der Studienrichtung “Theorie und Forschung”, Abschluss 1986.
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Im Anschluss an das Studium wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl für Feingerätebau und Mikrotechnik.
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Abwicklung zahlreicher Forschungs- und Entwicklungsprojekte in Eigeninitiative mit Industriepartnern in den Bereichen optische Messtechnik, Lasertechnik und Rapid Prototyping.
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Gründung der AeroLas GmbH zusammen mit Dr. Bernd Schulz, 1997. Basis ist ein innovatives Verfahren zur Herstellung von aerostatischen Lagern.
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Auszeichnung mit dem Sonderpreis des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Technologie beim Münchner Business Plan Wettbewerb 96/97.
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Sieg beim landes- und bundesweiten Gründerwettbewerb StartUp ´97.
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Geschäftsführender Gesellschafter der AeroLas GmbH.
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Überblick: AeroLas GmbH. Gründung 1997. Sitz in Unterhaching bei München. 25 Mitarbeiter. VC-Beteiligungen seit 1998: 3i Group, BayBG.
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Produkt: AeroLas hat sich auf Luftlager und luftgelagerte Antriebssysteme spezialisiert. Anwendungen liegen insbesondere in der Halbleiter- und Elektronikproduktion.
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Markt / Wettbewerb: Luftlager werden als Maschinenelemente seit den 50er Jahren eingesetzt. Verglichen mit den kontaktbehafteten Wälz- oder Gleitlagern ist ihr Marktvolumen gering. Dennoch konnten sich Luftlager in einigen Nischenmärkten erfolgreich durchsetzen. Kunden von AeroLas sind u.a. Air Bearings (UK), Agfa, Daimler Chrysler, Festo, Heidenhain, Hitachi (Jp), Leica Microsystems, Siemens Dematic, VW und Westwind (UK).
Abbildung 18: Kommunikationsprofil: Michael Muth (Teil 1)
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4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
Kommunikationsprofil Gründer: Michael Muth (2)
Nachricht
„Unternehmertum ist die schönste Herausforderung, der man sich stellen kann.“ (Ausdruck) „Wer selbst in der Verantwortung steht, kann sehen, dass es nicht so einfach ist, wie man es sich vorstellt.“ (Ausdruck, Kontakt). „Wenn Sie im Team eine Entscheidung treffen wollen, haben Sie bei zehn Leuten zehn Meinungen und es muss einen geben, der am Ende, meist aus dem Bauch heraus, entscheidet.“ (Kontakt, Lenkung) „Man steht immer mit einem Fuß am Abgrund.“ (Ausdruck) „Ich würde Ihnen wünschen, dass Sie den Schritt wagen.“ (Lenkung) „Er sprach von Kampfgeist. (..) O.K. das heißt nicht schnell aufhören, an dich selbst glauben und weiter versuchen.“
Feedback
„Allerdings, das muss man Herrn Muth schon lassen, er ist ein "Macher", jemand, der die Dinge gern anpackt und mit voller Begeisterung durchführt. (...) Und in Sachen Begeisterung hat Herr Muth auf mich schon überzeugend gewirkt!“ „Natürlich gab es immer wieder Rückschläge, doch der Glaube an sich und seine Mission, also ein Produkt zu vermarkten, trieb den Unternehmer immer nach vorne. Er hat keine Chance außer erfolgreich zu sein, denn sonst wäre er geschlagen.“ „Zum anderen ist die Auswahl der Seinigen ausschlaggebend für diesen Kampf, also ein schlagkräftiges Team zu finden und dieses ständig zu motivieren und an sich zu binden.“ „Herr Muth hat versucht, zu zeigen, in welchem Umfeld und unter welchem Druck er als Unternehmer seine Mitarbeiter bei Laune halten, aber gleichzeitig zu höchsten Leistungen anspornen muss, um im Markt mithalten zu können.“ „Der Erfolg eines Unternehmens muss für „jeden“ erkennbar sein. Dabei ist es Aufgabe eines Unternehmers, die Begeisterung eines jeden für ein Produkt zu erhalten, die Leidenschaft zu fördern, etwas Neues zu entwickeln und den Willen zu stärken, hohe Ziele zu erreichen.“
Abbildung 19: Kommunikationsprofil: Michael Muth (Teil 2)
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
85
Umfeld Sender / Unternehmen
Sender
Kommunikationsprofil Gründer: Dr. Jiri Snaidr (1) x
Jahrgang 1966.
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Studium der Biologie an der Technischen Universität München, Schwerpunkt Mikrobiologie.
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Promotion an der Technischen Universität München und am Max-Planck-Institut Bremen.
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Managementausbildung an der Open University Business School of England.
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Zahlreiche internationale Veröffentlichungen und Vorträge über molekularbiologische Methoden zur Bakterienidentifizierung.
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Gründung der Vermicon AG 1997. Alleinvorstand der AG.
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Gewinn des zweiten Platzes beim Münchner Businessplan Wettbewerb 1998/99.
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Vorstandsvorsitzender der Vermicon AG, seit 2002.
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Überblick: Vermicon AG. Gründung 1997. Sitz in München. Mitarbeiter 30. Strategische Partner und Investoren sind die Henkel, RWE und MVV Energie.
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Produkt: Die Vermicon AG bietet Produkte und Dienstleistungen zum Schnellnachweis von Mikroorganismen (Bakterien, Protozoen und Pilze) direkt im Untersuchungsmaterial (Lebensmitteln, Getränken und Wasser) mit Hilfe von modernen und innovativen Gensondentechnologien.
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Markt / Wettbewerb: Kunden sind Wasser-, Getränke- und Lebensmittelhersteller. Die Vermicon Methoden erlauben die außergewöhnlich schnelle und zuverlässige Identifizierung, Quantifizierung und Visualisierung von Mikroorganismen. Da nur 0,1 bis 10% aller Mikroorganismen mit konventionellen Methoden nachgewiesen werden können, ergibt sich die Notwendigkeit, neue und verlässliche Identifizierungstechniken einzusetzen. Vermicons Methoden sind schnell und präzise und erlauben sogar die Analyse von bisher unbekannten Mikroorganismen.
Abbildung 20: Kommunikationsprofil: Dr. Jiri Snaidr (Teil 1)
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4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
Kommunikationsprofil Gründer: Dr. Jiri Snaidr (2) „Zur TUM verbindet mich ein inniges Verhältnis und die Zeit in der TU war meine beste im Leben.“ (Kontakt)
Nachricht
„Nachdem Sie das Unternehmen gegründet haben kommen Risiken, von denen Sie überhaupt nicht geträumt haben.“ (Tatsachendarstellung, Kontakt) „Man muss sich im Kopf klar werden, wo es die nächsten Jahre hingehen soll.“ (Lenkung) „Der normale Businessplan hat sich nach einem Jahr bereits überholt.“ (Tatsachendarstellung) „Wir haben das Unternehmen aus rein privatem Kapital gegründet.“ (Tatsachendarstellung) „Zunächst ist es wichtig von der eigenen Vision überzeugt zu sein...“ „... nur wer an sich selbst und seine Idee glaubt und bereit ist alles dafür zu tun, kann andere (z.B. Investoren, Kunden) begeistern und überzeugen; getreu dem Motto: Wille kann Berge versetzen.“
Feedback
„Herr Dr. Snaidr hat uns meiner Meinung nach eindrucksvoll gezeigt, dass man selbst ohne konkrete Vorstellung, wie man eigentlich ein Unternehmen gründet, trotzdem den Mut haben kann und den entscheidenden Schritt wagen sollte. „Auch wenn sicherlich dem Zeitpunkt der Entscheidung eine intensive innere Diskussion über die Chancen und Risiken einer Unternehmensgründung (...) vorausgeht, so fällt die wahre Entscheidung wohl immer innerhalb weniger Sekunden. (...) Diese Entscheidung ist nicht mehr wirklich rational gesteuert, sondern wird mit dem Bauch getroffen.“ „... der Vortrag hat doch deutlich gemacht, dass erst mit dem Business-Plan Wettbewerb eine klare Linie gefunden wurde, und man sich bewusst wurde, was das Unternehmensziel sein sollte. Das hat nicht zuletzt dazu geführt, dass zwei Mitgründer abgesprungen sind.“ „Eine weitere Eigenschaft eines Unternehmers ist Optimismus. Man sollte die Chancen und nicht nur die Probleme sehen.“
Abbildung 21: Kommunikationsprofil: Dr. Jiri Snaidr (Teil 2)
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
87
Umfeld Sender / Unternehmen
Sender
Kommunikationsprofil Gründer: Prof. Dr. Olaf G. Wilhelm (1) x
Jahrgang 1959.
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Medizinstudium und Promotion an der Technischen Universität München.
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Forscher für Eli Lilly and Company, Indianapolis (USA), 1987 bis 1990.
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Arzt an der Frauenklinik des Klinikums Rechts der Isar der TU München, 1990 bis 1997.
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Gewinn des ersten Platzes beim Münchner Businessplan Wettbewerb 1996/97.
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Gründung der Wilex Biotechnology GmbH mit zwei Partnern, 1997.
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Ernennung zum außerordentlichen Professor der Gynäkologie an der TU München, 2001.
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Nach Umwandlung in Aktiengesellschaft Vorsitzender des Vorstands.
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Überblick: Wilex AG. Gründung 1997. Sitz in München. Mitarbeiter 42.
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Produkt: Die Wilex AG entwickelt neue Krebstherapien, u.a. zur Behandlung von Nierenzell-, Brust-, Magen-, Darm- und Pankreaskrebs. Wilex hat durch eine gezielte Einlizenzierungspolitik und Kooperationen bereits drei Produkte in der klinischen Forschung und fünf weitere in der Forschung und Entwicklung. Wilex verfügt über zwei Technologieplattformen: antikörperbasierte sowie niedermolekulare Wirkstoffe.
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Markt / Wettbewerb: Der Onkologiemarkt (Krebsmedikamente und Krebsdiagnostika, USD 12 Mrd. in 2001) ist einer der größten Teilmärkte des Pharmamarktes (USD 407 Mrd. in 2001) mit deutlich überproportionalem Wachstum von 12% p.a. Zur weiteren nachhaltigen Verbreiterung der Produktlinie kooperiert Wilex mit zahlreichen internationalen Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen.
Abbildung 22: Kommunikationsprofil: Prof. Dr. Olaf G. Wilhelm (Teil 1)
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4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
Kommunikationsprofil Gründer: Prof. Dr. Olaf G. Wilhelm (2)
Nachricht
„Ich habe mich über Weihnachten aus Neugier entschlossen, an diesem Business Plan Wettbewerb teilzunehmen.“ (Tatsachendarstellung) „Ein Leben ist extrem kurz und jeder Abschnitt hat seine bestimmten Herausforderungen.“ (Tatsachendarstellung, Ausdruck) „Die fundamentale Frage ist: Gibt es dafür einen Markt und gibt es einen Kunden, der später dafür Geld auf den Tisch legt.“ (Tatsachendarstellung) „Man ist oft arrogant, weil man denkt, man hat das Beste und man lebt im Elfenbeinturm.“ (Ausdruck) „Diesen Weg zu beschreiten hat mir viel Spaß gemacht.“ (Ausdruck) „Und obwohl ich vorher dachte, dass ich nie ein Unternehmen gründen möchte, war Prof. Wilhelm so überzeugend, dass ich es mir jetzt vorstellen könnte, mit einer guten Idee selbständig zu werden.“
Feedback
„Man kann nur alle Hochachtung davor haben, wenn sich jemand, der einen sicheren Beruf und ein festes Einkommen hat, beschließt, ein Unternehmen zu gründen. Denn wie er gesagt hat, so lässt sich nur mit einem gewissen Risiko auch Fortschritt erreichen!“ „... mich hat es sehr erstaunt, dass ein Unternehmer wie Prof. Dr. Olaf Wilhelm sein gesichertes Einkommen und seine berufliche Existenz im Alter von über 40 Jahren aufgibt und als Unternehmer seine Risikobereitschaft in die Produktentwicklung der Pharmaindustrie setzte.“ „Herr Wilhelm machte einen recht gehetzten Eindruck, man sah ihm ein wenig die Sorgen ins Gesicht geschrieben.“ „Er ist ein echter Prototyp der Klasse von Unternehmern, die felsenfest an ihre Idee glauben. (...) Das Sendungsbewusstsein merkt man seiner Person leicht an. Gleichzeitig versucht er aber nicht den strahlenden, über allem stehenden Unternehmer zu verkörpern, sondern eher den hemdsärmeligen Anpacker, der einfach macht.“ „Im Gegensatz zu beinahe allen bisherigen Referenten arbeitet Dr. Wilhelm noch auf den eigentlichen Erfolg seines Unternehmens hin. (...) Ein enormes Risiko ist somit sein ständiger Begleiter, das er als begeisterter Wissenschaftler auf sich nimmt.“
Abbildung 23: Kommunikationsprofil: Prof. Dr. Olaf G. Wilhelm (Teil 2)
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
4.2.2
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Kommunikationsprofile Unternehmer
Wie bei den Gründern werden auch bei den Unternehmern in vielen Feedbackbeiträgen Aussagen zur unternehmerischen Person und zu deren persönlichen Eigenschaften gemacht. Dabei stehen in den untersuchten Forenbeiträgen besonders die Themen Kundenorientierung und Fähigkeit zum Wandel im Fokus. Darüber hinaus wird speziell der wirtschaftliche Erfolg des Unternehmers thematisiert. Ein zentraler Punkt, der in den Präsentationen der Unternehmer und in den dazugehörigen Feedbackforen immer wieder angesprochen wird, ist das Thema Kunde und Kundenorientierung. In einem Beitrag appelliert beispielsweise ein Empfänger: „Mit Sicherheit sollten wir uns aber immer den Kunden vor Augen halten.“ Andere warnen vor einer „Vorbeientwicklung am Markt“ und preisen die kundennahe „Bananen-Version (reift beim Kunden!)“ der Produktentwicklung an. In vielen Forenbeiträgen wird das Fazit gezogen, dass Marketing und Vertrieb Schlüsselbereiche für den Unternehmer sind. Ein Feedbackgeber fasst in diesem Kontext seine persönlichen Erkenntnisse wie folgt zusammen: „Darüber hinaus sollte man sich auch darauf einstellen, verkaufen zu lernen, auch wenn man glaubt, dass einem das nun so gar nicht liegt und sich das dann schon irgendwie regelt.“ Ein weiterer auffallender inhaltlicher Schwerpunkt bei den Präsentationen und Feedbackbeiträgen ist das Thema Erfolg: „... umso größer ist die Bewunderung für Unternehmer wie Herrn Vilsmeier oder Herrn Strascheg, die es tatsächlich „geschafft“ haben.“ Zu Herrn Strascheg wird in vielen Kommentaren zudem herausgehoben, dass er mit mehreren Unternehmungen wirtschaftlich erfolgreich war: „Ein Vorbild sollte uns Herr Strascheg sein, der schon mehrere erfolgreiche Abschnitte im Leben hatte, und nicht zu müde ist, nochmals neue Abschnitte zu beginnen.“ Auch in den Feedbacks zu den anderen drei Unternehmerpräsentationen werden zu dem Themenbereich passende Kommentare abgegeben. Zudem werden ähnlich wie zu den Präsentationen von den Gründern Begriffe wie „Optimismus“ und „Durchhaltevermögen“ angeführt. Darüber hinaus werden die Fähigkeit Probleme zu lösen, Chancen zu erkennen und durchzusetzen, angesprochen. Ein Empfänger fasst beispielsweise die Präsentation von Herrn Knürr mit dem Spruch „Nur tote Fische schwimmen mit dem Strom“ zusammen und folgert: „Der Unternehmer hat in wirtschaftlich schlechten Zeiten die Chance, sich von den Mitwettbewerbern abzusetzen und beim Kunden seine Stärken besser zu betonen, denn der Kunde, der ja wie wir gehört haben, die wahre objektive Bewertung abgibt, ist in diesen Zeiten besonders kritisch.“ Ein drittes Thema, das in vielen Beiträgen besonders herausgestellt wird, ist die Fähigkeit des Unternehmers zum Wandel. Dabei wird vor allem die Wichtigkeit betont, für Kritik offen zu sein und Fehlentscheidungen schnell zu korrigieren: „Und wenn es auf wichtige Entscheidungen ankommt, so ist es wichtig, falsche Entscheidungen so bald wie möglich zu erkennen und zu revidieren, so lange es noch geht. (...) Ein solches Vorgehen erfordert viel
90
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
Selbstkontrolle und Selbstkritik.“ In diesem Zusammenhang wird auch die Fähigkeit angesprochen, seine eigenen Schwächen zu erkennen und dementsprechend kompetente Mitarbeiter oder Partner in sein Team zu holen: „Und wenn man das begriffen hat, und nicht nur Angestellte mit weniger Wissen, als man selber hat, einstellt, steht dem Erfolg der eigenen Firma/Abteilung in Bezug auf Personal etwas weniger im Weg.“ Mit der Bereitschaft zum Wandel wird auch die Bereitschaft zum Lernen betont.
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
91
Umfeld Sender / Unternehmen
Sender
Kommunikationsprofil Unternehmer: Hans Knürr (1) x
Jahrgang 1939.
x
Mittelschule, Abschluss Mittlere Reife, 1955.
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Lehre Werkzeugmacher bei Rhode und Schwarz, 1955 - 1959.
x
Übernahme des Betriebes „Hans Knürr Metallarbeiten“ nach plötzlichem Tod des Vaters, 1959.
x
Lehrgang und Prüfung zum Meister im Mechaniker Handwerk, 1961.
x
Abendstudium an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie zum Betriebswirt VWA, 1962 – 1965.
x
Landesvorsitzender Bayern der Arbeitsgemeinschaft selbständiger Unternehmer, 1980 – 1984.
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Umwandlung des Unternehmens in eine AG und Börsengang (erstes neues Unternehmen an der Bayerischen Börse seit Kriegsende), Vorsitzender des Vorstands, 1981.
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Verkauf der Aktien der Familie, Rückzug aus Unternehmen, 2000.
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Management Advisor, CAP VIS Equity Partners, seit 2000.
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Überblick (1999): Knürr AG. Sitz in Arnstorf bei München. Mitarbeiter 1150. Umsatz DM 285 Mio. Auslandsgesellschaften in neun Ländern.
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Produkt: In- und Outdoor-Gehäusesystemen für Telekommunikation, Elektronik und Computer-Equipment. Die Produktpalette umfasst Server-Racks (Kernprodukt des Unternehmens) sowie weitere wichtige Komponenten im Netzwerkumfeld (Thermalmanagement von Rechenanlagen, Stromversorgung, Monitoring, Schranküberwachung und Kabelmanagement).
x
Markt / Wettbewerb: Kunden sind Unternehmen wie Siemens, Nortel, Comverse, Ericsson und Alcatel.
Abbildung 24: Kommunikationsprofil: Hans Knürr (Teil 1)
92
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
Kommunikationsprofil Unternehmer: Hans Knürr (2) „Der wesentliche Impuls für diese teilweise rasante Entwicklungsgeschichte war die Entscheidung zum eigenen Produkt.“ (Tatsachendarstellung)
Nachricht
„Die Qualität eines Unternehmens beginnt am Telefon“ (Tatsachendarstellung) „Es war wichtig, dass wir die Impulse vom Markt direkt empfangen konnten.“(Tatsachendarstellung) „Ich habe mich bemüht, vielen Mitarbeitern die Chance zu geben, selbst unternehmerisch zu wirken“. (Ausdruck) „Mir hat das Unternehmertum immer so viel Spaß gemacht. Ich wollte das auch mit meinen Mitarbeitern teilen. Nicht jeder wollte das.“ (Ausdruck).
Feedback
„„Nur tote Fische schwimmen mit dem Strom!“ Ich denke so ließe sich der Vortrag von Herrn Knürr auch zusammenfassen. Der Unternehmer hat in wirtschaftlich schlechten Zeiten die Chance, sich von den Mitwettbewerbern abzusetzen und beim Kunden seine Stärken besser zu betonen, denn der Kunde, der ja wie wir gehört haben die wahre objektive Bewertung abgibt, ist in diesen Zeiten besonders kritisch.“ „Das Leben als Unternehmer schien sich dem erstaunten Zuhörer in seinem Gesamtzusammenhang aufzutun. Keine akribisch totanalysierten Detaillösungen, keine Formeln aus Regressionsanalysen, sondern eine hochintelligente gesamtheitliche Darstellung des "Menschen Unternehmer": Es geht eben nicht nur um Portfolios und Gewinne und Verluste, sondern vor allem um das persönliche Wesen des Unternehmers, der damit nicht nur sich selbst trägt, sondern auch maßgeblich sein Umfeld und Mitarbeiter prägt.“ „Was wir aber noch nicht haben ist "unsere Idee", die wir uns ausgedacht haben, mit der wir die Welt verbessern wollen und von der wir vollkommen überzeugt sind. Deswegen können wir die Unternehmer noch nicht verstehen! Und deshalb sieht für uns das Unternehmerdasein wohl noch etwas wahnsinnig aus!“
Abbildung 25: Kommunikationsprofil: Hans Knürr (Teil 2)
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
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Umfeld Sender / Unternehmen
Sender
Kommunikationsprofil Unternehmer: Gregor vom Scheidt (1) x
Jahrgang 1974.
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Bundessieger im Wettbewerb „Jugend forscht“ mit einem Astronomieprogramm, 1992.
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Physikstudium an der Ludwig-Maximilians-Universität in München.
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Stipendiat der Studienstiftung des Deutschen Volkes, 1992-1997.
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Studienbegleitende Nebentätigkeiten bei McKinsey&Company, IBM, France Télécom und iXos Software.
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Studium am Londoner King's College im Master-Studiengang Informatik.
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Teilnahme am Münchner Business Plan Wettbewerb 1996/97. Die Idee für die NXN-Technologie entstand aus den Erfahrungen als Spieleentwickler und Berater für verschiedene Software-Häuser.
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Gründer und Vorsitzender des Vorstands der NXN Software AG, 1997.
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Verkauf der NXN Software AG in einer Bartransaktion von Euro 35 Millionen an das Nasdaq-notierte Unternehmen Avid Technology Inc. im Januar 2004.
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Überblick: NXN Software AG. Gründung 1997. Sitz in München. 60 Mitarbeiter. VC-Beteiligungen: 3i, Technonord, Technostart und Target Partners.
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Produkt: Alienbrain, eine Software für das Digital Production Management. Die Softwarelösung verbindet in einem umfassenden System die Datenverwaltung, das Workflowmanagement und das Projektmanagement für das digitale Produktionsmanagement von Softwarespielen.
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Markt / Wettbewerb: Kunden sind Software-Spielehersteller wie Sony, Electronic Arts und Infogames.
Abbildung 26: Kommunikationsprofil: Gregor vom Scheidt (Teil 1)
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4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
Kommunikationsprofil Unternehmer: Gregor vom Scheidt (2)
Nachricht
„Ich bin völlig blauäugig in die Unternehmensgründung hineingegangen und wir haben in den letzten sieben Jahren alle Fehler gemacht, die man nur machen kann.“ (Ausdruck) „Wir sind durch sehr große Anstrengungen da hingekommen, wo wir heute sind.“ (Ausdruck) „Ich bin vor acht Jahren noch in Vorlesungen gewesen wie Ihr das jetzt auch tut. Damals war es recht schwierig, an Informationen zu Unternehmensgründungen heranzukommen.“ (Kontakt, Tatsachendarstellung) „Und noch eines hat mich fasziniert: das Produkt wurde mit dem Kunden und beim Kunden weiterentwickelt. Damit war Herr vom Scheidt direkt an der Pulsader seines Erfolgs: dem Kunden. (...) Es wurde also das klassische 'Vorbeientwickeln am Markt' vollkommen vermieden, das viele Entwickler leider so an sich haben.“
Feedback
„Herr vom Scheidt hat noch einen anderen Punkt genannt: den Willen, mit dem Kunden zusammenzuarbeiten und damit wirklich herauszufinden, welches Produkt den Nutzen erhöht.“ „Darüber hinaus sollte man sich auch darauf einstellen, verkaufen zu lernen, auch wenn man glaubt, dass einem das nun so gar nicht liegt und sich das dann schon irgendwie regelt.“ „Eine interessante Aussage von Herrn vom Scheidt war, dass das technische Knowhow nicht das Entscheidende für den Unternehmenserfolg ist. Vielmehr sind Vertrieb und Marketing die wichtigsten Faktoren, um ein Unternehmen konkurrenzfähig an den Markt zu bringen und sich dort zu etablieren.“ „Die beeindruckende Entwicklung von NxN ist vor allem dem großartigen Verkaufsgeschick von Gregor vom Scheidt zu verdanken.“ „Der Weg, ein möglichst perfektes und innovatives Produkt zu entwickeln, ist aber nicht unbedingt der richtige. Man muss sich immer vor Augen halten, wer das Produkt kaufen wird (...). Mit Sicherheit sollten wir uns aber immer den Kunden vor Augen halten!“
Abbildung 27: Kommunikationsprofil: Gregor vom Scheidt (Teil 2)
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
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Umfeld Sender / Unternehmen
Sender
Kommunikationsprofil Unternehmer: Falk Strascheg (1) x
Jahrgang 1940.
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Tätigkeit bei NCR im Bereich Qualitätssicherung und Technologietransfer zwischen der US-Muttergesellschaft und der deutschen Tochter.
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Geschäftsführer beim britischen Laser-Produzenten Laser Associates Ltd, Aufbau des deutschen Tochterunternehmens, 1970 bis 1971.
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Gründung der Laser-Optronic in München, 1971. Aufbau des Unternehmens zum führenden europäischen Hersteller von Lasern und Laser-Systemen mit Niederlassungen in Brüssel, Mailand und Paris.
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Verkauf von Laser-Optronic an den weltweit führenden Laser-Hersteller, Coherent Inc., Palo Alto, 1981.
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Gründung der TECHNOLOGIEHOLDING, 1987. Aufbau des Unternehmens zur führenden Venture Capital Gesellschaft in Deutschland sowie im deutschsprachigen Raum.
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Präsident des europäischen Branchendachverbandes European Private Equity & Venture Capital Association, 1998.
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Verkauf der TECHNOLOGIEHOLDING an die 3i Group plc., 2000.
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Gründungsgesellschafter der EXTOREL Private Equity Advisers, seit 1998.
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Stiftung des „Strascheg Center for Entrepreneurship“ an der Fachhochschule München, 2002.
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Überblick: TECHNOLOGIEHOLDING VC GmbH. Gründung 1987. Sitz in München, 26 Investment Manager.
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Produkt: Zahlreiche innovative High-Tech-Unternehmen wurden von der TECHNOLOGIEHOLDING als Lead-Investor finanziert.
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Markt / Wettbewerb: Ende Dezember 2000 waren von den 156 eingegangenen Early-Stage-Beteiligungen 13 junge Unternehmen an internationalen Wachstumsbörsen notiert und 31 Unternehmen waren veräußert.
Abbildung 28: Kommunikationsprofil: Falk Strascheg (Teil 1)
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4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
Kommunikationsprofil Unternehmer: Falk Strascheg (2)
Nachricht
„Meine Erfahrungen beruhen vor allem auf der Gründung von eigenen Unternehmen.“ (Ausdruck) „Schicken Sie nicht Ihren Businessplan als Postwurfsendung an sämtliche Venture Capital Gesellschaften.“ (Lenkung) „Prüfen Sie sich selbst, ob Sie ein toller Manager sind oder ein toller Erfinder, wobei das eine das andere nicht ausschließt.“ (Lenkung) „Wagen Sie es einfach, es ist leichter als Sie denken.“ (Lenkung) „Ein Vorbild sollte uns Herr Strascheg sein, der schon mehrere erfolgreiche Abschnitte im Leben hatte, und nicht zu müde ist nochmals neue Abschnitte zu beginnen.“
Feedback
„Nie hätte man vermutet, dass sich hinter der Person des freundlichen, älteren Herren, der am Donnerstag Nachmittag den Vorlesungssaal betrat, einer der erfolgreichsten Risikokapitalgeber verbarg. (...) Außerdem imponierte es mir, dass er trotz seines Alters beruflich derartig aktiv ist.“ „... er hat mich immer wieder von neuem fasziniert. (...) Von ihm kommen keine großen Worte, sondern Taten. Für Herrn Strascheg ist die Unabhängigkeit besonders wichtig. In einem großen Industrieunternehmen wäre er wohl kaum glücklich geworden. Er hätte es nie an die Spitze geschafft. Dafür verkauft er sich einfach zu schlecht. Aber als selbstständiger Unternehmer hatte er dagegen alle Möglichkeiten seine Ideen umzusetzen.“ „Bei ihm fand ich auch einige Parallelen zu Heiner Kamps, dessen Vortrag ich erst kürzlich besuchte. Beide gründeten ihr Unternehmen und betrachteten dieses aber dann nicht als Lebenswerk, welches man unbedingt über die nächsten 40 Jahre weiterführen muss. Stattdessen wurde verkauft, als sich eine günstige Gelegenheit bot.“ „Ich glaube, ein wichtiger Punkt, wieso Herr Strascheg mit seinem Venture Capital erfolgreich war, liegt darin, dass er selbst einmal ein großer Unternehmer war. So weiß er aus Erfahrung, welche Fehler man machen kann und welche Gefahren lauern.“
Abbildung 29: Kommunikationsprofil: Falk Strascheg (Teil 2)
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
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Umfeld Sender / Unternehmen
Sender
Kommunikationsprofil Unternehmer: Stefan Vilsmeier (1) x
Jahrgang 1967.
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Veröffentlichung des Buches “3D-Grafik mit GigaCAD auf dem C64/C128”, das mit mehr als 50.000 verkauften Exemplaren zum Bestseller wird, 1986.
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Pilotprojekt mit der Abteilung für Neurochirurgie der Universität Wien.
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Aufnahme des Informatikstudiums an der TU München, 1989. Seine Geschäftsidee für ein eigenes Unternehmen, das sich auf die Entwicklung computer-gestützter Medizintechnik konzentriert, lässt allerdings kaum Zeit für das Studium.
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Gründung der BrainLAB GmbH gemeinsam mit einem Schulfreund, 1989. Als Startkapital diente ihm das mit dem Verkauf seines Buches eingenommene Geld.
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Umwandlung des Unternehmens in eine Aktiengesellschaft. Stefan Vilsmeier wird Vorstandsvorsitzender, 1998.
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Verleihung des Bayerischen Verdienstordens, 2000.
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Auszeichnung zum „World Entrepreneur” des Jahres 2002.
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Wahl zum „Global Leader for Tomorrow 2003“ auf dem World Economic Forum, 2002.
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Überblick (1993): BrainLAB AG. Gründung 1989. Sitz in Heimstetten bei München. Weitere 15 Büros in Europa, Asien, Nord- und Südamerika. Mitarbeiter 524. Umsatz Euro 115,8 Millionen.
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Produkt: Die BrainLAB AG entwickelt und vertreibt computergestützte Medizintechnik für den Einsatz in der Orthopädie, Neurochirurgie, HNO und Radiochirurgie.
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Markt / Wettbewerb: Kunden sind weltweit Krankenhäuser. Im Bereich computergestützte Medizintechnik gehört BrainLAB mit rund 840 installierten Navigationssystemen sowie rund 330 Bestrahlungssystemen zu den Marktführern.
Abbildung 30: Kommunikationsprofil: Stefan Vilsmeier (Teil 1)
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4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
Kommunikationsprofil Unternehmer: Stefan Vilsmeier (2)
Nachricht
„Das erste volle System in den USA zu verkaufen war ein langer schwerer Kampf.“ (Tatsachendarstellung, Ausdruck) „Auch nach 15 Jahren macht das Ganze noch genauso viel Spaß wie von Anfang an.“ (Ausdruck) „Wenn man sich aggressive Ziele setzt, ist das der erste Schritt, um den Prozess der Umsetzung voranzutreiben.“ (Tatsachendarstellung, Lenkung) „Wichtig ist, dass Sie das Management überzeugen können.“ (Lenkung) „Und wenn es auf wichtige Entscheidungen ankommt, so ist es wichtig, falsche Entscheidungen so bald wie möglich zu erkennen und zu revidieren, so lange es noch geht. (...) Ein solches Vorgehen erfordert viel Selbstkontrolle und Selbstkritik.“
Feedback
„Er hat gezeigt, dass man als Unternehmer auch in der Lage sein muss, Misserfolge und falsche Entscheidungen einzugestehen und das beste daraus zu machen.“ „Ich habe noch ein paar andere Punkte, die einen erfolgreichen Unternehmer in meinen Augen ausmachen. Man muss Experte auf vielen Gebieten sein: Produktion, Vertrieb, Anwerbung der richtigen Mitarbeiter, Verkauf, evtl. Buchhaltung. Dazu gehört eben auch die Bereitschaft, immer Neues zu lernen, auch wenn es einen primär nicht interessiert!“ „Was hebt Herrn Vilsmeier von anderen Unternehmern ab? Was mir aufgefallen ist, dass er genauso wie Hasso Plattner (Gründer SAP) sehr schnell erkannt hat, dass andere Leute auf ihren eigenen Gebieten einfach besser sind. Und wenn man das Begriffen hat, und nicht nur Angestellte mit weniger Wissen als man selber hat, einstellt, steht dem Erfolg der eigenen Firma/Abteilung in Bezug auf Personal etwas weniger im Weg.“ „In Kombination mit seiner Offenheit, auch „unangenehme“ Fakten, wie vermeintliche Fehlentscheidungen, zu akzeptieren und in gute Entscheidungen umzumünzen, sticht er aus der Industrie hervor. Wie lange werden falsche Entscheidungen weitergeschleppt, obwohl das Scheitern in der Ausgangskonfiguration schon abzusehen ist. Am Ende des Vortrages betonte er abermals die nötige ehrliche Selbstkritik, die notwendig ist, um sich von vormals guten Ideen lösen zu können.“ Abbildung 31: Kommunikationsprofil: Stefan Vilsmeier (Teil 2)
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
4.2.3
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Kommunikationsprofile Unternehmer im Unternehmen
Im Gegensatz zu den Präsentationen und Forenbeiträgen bei den Gründern und Unternehmern werden bei den Unternehmern im Unternehmen Themen zu deren Person und persönlichen Eigenschaften nur am Rande angesprochen. Vielmehr liegen in den Feedbackbeiträgen die thematischen Schwerpunkte auf Feldern wie gesellschaftliche und wirtschaftliche Verantwortung von Managern sowie dem begrenzten Entscheidungs- und Handlungsspielraum. Ein zentrales Thema in den Forenbeiträgen ist das verantwortungsvolle Handeln von Führungskräften. Dies bezieht sich zum einen auf die Verantwortungsübernahme von Entscheidern im Unternehmen für das wirtschaftliche Wohlergehen der Organisation und zum anderen auf die gesellschaftliche Verantwortung des Unternehmens. In einem Forenbeitrag wird eine erfolgreiche Unternehmenskultur darin beschrieben, „die Mitarbeiter soweit zu bringen, dass sie nur noch Entscheidungen treffen, die sie auch treffen würden, wenn es ihr Unternehmen, ihr Geld wäre“. Wesentlich umfassender wird die Verantwortung der Unternehmen und ihrer Lenker gegenüber der Gesellschaft und ihren Arbeitnehmern diskutiert. In einem Forenbeitrag wird beispielsweise das folgende Fazit gezogen: „Abschließend möchte ich noch anmerken, dass leitende Angestellte und auch Vorstände in Pharmaunternehmen sich ihrer Verantwortung bewusst sein sollten. Sie können neben ihrem unternehmerischen Einsatz auch von Zeit zu Zeit an die Menschen denken, denen vielleicht sogar relativ leicht geholfen werden könnte, ohne aber den großen finanziellen Gewinn zu realisieren.“ In anderen Kommentaren wird zum Beispiel auf die „Verantwortung für den inländischen Markt“ und auf Entscheidungen zu „Kosten deutscher Arbeitsplätze“ hingewiesen. In mehreren Feedbackbeiträgen werden zu kurzfristig planende Manager („Die Manager denken einfach zu kurzfristig!“) angesprochen: „Wenn bei regelmäßigen Analysen des Geschäftes (z.T. alle 3 Monate) die "besten" Manager belohnt werden führt das natürlich dazu, dass längerfristige Planung sich für die Entscheidungsträger nicht rechnet.“ In einer Reihe von Forenbeiträgen wird der „Unternehmer im Unternehmen“ direkt angesprochen. Darin wird u.a. bezweifelt, dass man das persönliche Risiko von Unternehmern im Unternehmen mit dem von Gründern und Unternehmern vergleichen kann: „Ich bin mir daher unsicher, ob man das Risiko des angestellten Unternehmers (in einer gewissen Position) wirklich mit dem des selbstständigen Unternehmers vergleichen kann, der unter Umständen im Konkursfall wirklich sein ganzes Geld verliert.“ Ein anderer Feedbackgeber führt gar an: „Ich ziehe für mich den Schluss, dass es den Unternehmer im Unternehmen nicht gibt ...“, ein weiterer macht gar den folgenden Vergleich: „Wenn man sich aber manche Entwicklungen auf dem Markt der Vorstandsvorsitzenden
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4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
großer Aktiengesellschaften ansieht, fühlt man sich wie in der Fußball-Bundesliga, in der auch Trainer an einem Tag wegen schlechter Leistungen entlassen werden und sofort am nächsten Tag wieder einen Job bei einem anderen Bundesligisten antreten.“ Obwohl in einer Vielzahl von Feedbackbeiträgen starke allgemeine Kritik an Managern geäußert wird, werden die vier Referenten oft für ihre Präsentation gelobt, wie auch die folgenden Kommentare zeigen: „Zunächst einmal möchte ich Herrn Felcht ein großes Lob für den heutigen Vortrag aussprechen. Es ist ungelogen, wenn ich sage, dass mich der Vortrag in der ganzen Reihe am meisten beeindruckt hat.“ „... muss ich doch sagen, dass ich von dem Referenten stark begeistert war. Der Grund dafür ist, dass Herr Lohrisch aus dem Vortrag auch keine Werbeveranstaltung für das eigene Unternehmen gemacht hat.“ „Der Vortrag von Herrn Forster war meiner Meinung nach einer der Besten, den wir gehört haben. Man hat gemerkt, dass ein erfahrener Manager vor einem steht, der ein absoluter Profi ist.“ „Mir hat Dr. Bischoffs Vortrag sehr gut gefallen, vor allem seine Vorstellung von einer ChefMitarbeiter-Beziehung.“
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
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Umfeld Sender / Unternehmen
Sender
Kommunikationsprofil Unternehmer im Unternehmen: Dr. Manfred Bischoff (1) x
Jahrgang 1942.
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Jura- und Volkswirtschaftsstudium an den Universitäten Tübingen und Heidelberg, Abschluss 1968.
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Assistent am Lehrstuhl für Wirtschaftspolitik und Internationalen Handel des Alfred-Weber-Instituts in Heidelberg, 1968 bis 1976. Promotion zum Dr. rer. pol. in Volkswirtschaft, 1973.
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Verschiedene Positionen vom Projektmanagement über Finanzen bis Merger and Acquisitions in der Daimler-Benz AG, 1976 - 1988.
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CFO und Mitglied der Geschäftsführung für Mercedes-Benz do Brasil in São Paulo, 1988 - 1989.
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Berufung zum Vorstand der Deutschen Aerospace AG, verantwortlich für den Bereich Finance & Controlling, 1989.
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Berufung zum Vorstand der Daimler-Benz AG, verantwortlich für den Bereich Aerospace & Industrielle Beteiligungen, 1995 bis 2003. In dieser Funktion war er Vorsitzender des Aufsichtsrates der MTU Aero Engines GmbH und im DaimlerChrysler Vorstand für die Beteiligung an der Mitsubishi Motors Corporation zuständig.
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Vorstandsvorsitzender der Daimler-Benz Aerospace AG, 1995 bis 2000. Nach dem Zusammenschluss der DaimlerChrysler Aerospace mit Aerospatiale Matra und CASA zur EADS übernahm er die Funktion des Chairman des Board of Directors der EADS N.V.
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Überblick: EADS N.V. Zentralen in Paris und München. Mitarbeiter 110.000. Umsatz Euro 30 Mrd.
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Produkt: Die EADS ist ein weltweit führender Anbieter von Produkten und Dienstleistungen für Luftfahrt, Raumfahrt und Verteidigung.
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Markt / Wettbewerb: Zur EADS gehören u.a. der Flugzeugbauer Airbus, der weltweit größte Hubschrauber-Hersteller Eurocopter und das MBDA, das zweitgrößte Lenkflugkörperunternehmen der Welt.
Abbildung 32: Kommunikationsprofil: Dr. Manfred Bischoff (Teil 1)
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4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
Kommunikationsprofil Unternehmer im Unternehmen: Dr. Manfred Bischoff (2)
Nachricht
„Der angestellte Unternehmer setzt primär nicht sein eigenes Vermögen ein, sondern seine eigene Arbeitskraft. Er hat deshalb auch eine stark eingeschränkte Entscheidungsbefugnis.“ (Tatsachendarstellung) „Am allerwichtigsten ist Ihre Selbstpräsentation“ (Lenkung) „Man sollte am besten vorher üben, miteinander umzugehen, am besten in einer Projektarbeit.“ (Lenkung) „Was macht eigentlich den Unternehmer aus? Dazu zählt sicherlich: man muss eine Vision haben, man muss wissen, wohin man will. Man muss eine Kultur um sich herum schaffen, wo jeder eigentlich das Gefühl hat, er ist auch Unternehmer.“ (Tatsachendarstellung)
Feedback
„Ich bin mir daher unsicher, ob man das Risiko des angestellten Unternehmers (in einer gewissen Position) wirklich mit dem des selbständigen Unternehmers vergleichen kann, der unter Umständen im Konkursfall wirklich sein ganzes Geld verliert.“ „Außerdem ist mir aufgefallen, dass auch Herr Bischoff mal wieder von der guten Unternehmenskultur (...) gesprochen hat. Er meinte, dass es das Ziel sei, die Mitarbeiter soweit zu bringen, dass sie nur noch Entscheidungen treffen, die sie auch treffen würden, wenn es ihr Unternehmen, ihr Geld wäre; dann sei das Unternehmen erfolgreich.“ „Ich ziehe für mich den Schluss, dass es den Unternehmer im Unternehmen nicht gibt, wohl aber quasi ein Übergang vom Angestellten zum Unternehmer stattfindet, je mehr Verantwortung man in einem Unternehmen übernimmt. Andererseits zeigen jedoch horrende Millionenabfindungen für (sogar gefeuerte) Top-Manager, dass selbst der Vorstandsvorsitzende weit vom "echten" Unternehmer mit all dem Risiko und der Verantwortung, die dieser zu tragen hat, entfernt ist - eigentlich nicht die gleiche Liga.“ „Vorteil der Definition von Herrn Bischoff ist wohl die Motivation des einzelnen Beschäftigten, der sich somit als Unternehmer betrachten kann.“
Abbildung 33: Kommunikationsprofil: Dr. Manfred Bischoff (Teil 2)
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
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Umfeld Sender / Unternehmen
Sender
Kommunikationsprofil Unternehmer im Unternehmen: Prof. Dr. Dr. h.c. Hellmuth Felcht (1) x
Jahrgang 1947.
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Chemiestudium in Mainz und Saarbrücken, Abschluss als DiplomChemiker,1968 bis 1973.
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Promotion an der Universität Kaiserslautern, 1973 bis 1976.
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Wissenschaftlicher Assistent an der Universität Kaiserslautern, 1977.
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Verschiedene Führungspositionen bei der Hoechst AG, z.B. in der zentralen Direktionsabteilung "Leitung Bereichskoordination" und Leitung der Zentralforschung II, 1977 – 1988.
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Vierjähriger USA-Aufenthalt als Executive Vice President und President Advanced Technology Group der Hoechst Celanese Corp in Chatham / New Jersey (USA), 1988 – 1991.
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Mitglied des Vorstands der Hoechst AG, 1991 bis 1998.
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Honorarprofessor an der Technischen Universität München, seit 1993.
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Vorsitzender des Vorstands der SKW Trostberg AG, 1998 bis 2000.
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Vorsitzender des Vorstands der Degussa-Hüls AG, 2000 bis 2001.
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Vorsitzender des Vorstands der Degussa AG, seit 2001.
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Mitglied des Vorstands der RAG Aktiengesellschaft, seit 2003.
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Überblick: Degussa AG. Sitz in Düsseldorf. Mitarbeiter 47.000. Umsatz Euro 11,4 Mrd.
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Produkt: Degussa hat die folgenden fünf Unternehmensbereiche: Bauchemie, Fein- & Industriechemie, Performance Materials, Coatings und Füllstoffsysteme sowie Spezialpolymere.
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Markt / Wettbewerb: Degussa ist eines der größten deutschen Chemieunternehmen und hält weltweit eine führende Position in der Spezialchemie. Absatzmärkte sind u.a. die Bereiche Automotive, Construction Chemicals sowie Home, Lifestyle und Personal Care.
Abbildung 34: Kommunikationsprofil: Prof. Dr. Dr. h.c. Hellmuth Felcht (Teil 1)
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4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
Nachricht
Kommunikationsprofil Unternehmer im Unternehmen: Prof. Dr. Dr. h.c. Hellmuth Felcht (2) „Ich möchte Ihnen was erzählen, was immer mehr Bedeutung für die deutsche Industrie einnimmt, und zwar die Entwicklung in China. (...) Daraus erwachsen für die deutschen Unternehmen, besonders für die, die international tätig sind, Chancen aber auch Risiken.“ (Kontakt, Tatsachendarstellung) „Wer als junger Mensch dort Erfahrung sammeln kann, der sollte es tun.“ (Lenkung) „Es gibt inzwischen so viele junge Chinesen, die alle irgendwo an einer topamerikanischen Universität studiert haben, gerade in der IT und Technologie, und die dann zurückgehen. Die sind mindestens so gut wie wir.“ (Tatsachendarstellung, Kontakt)
Feedback
„Das Problem ist natürlich, dass den deutschen Unternehmen die Hände gebunden sind. Sie müssen auf diesem neuen Markt mitspielen, leider auf Kosten deutscher Arbeitsplätze. Wie Professor Felcht das auch gesagt hat, es ist ja keine Drohung nach China zu gehen, es ist eine rein wirtschaftliche Entscheidung und spieltheoretisch gut nachvollziehbar.“ „Die Zeit bleibt nicht stehen, wie Professor Felcht sehr zum Ausdruck brachte. Wir müssen uns verändern und weiterentwickeln. Dabei ist es von großer Bedeutung, dass wir die vielen bürokratischen Hindernisse, zusätzliche konjunkturlähmende Ideen (...) aussetzen, um uns weiterhin so wettbewerbsfähig wie möglich zu halten!“ „Zum Beispiel ging Prof. Felcht auf Grund einer Frage genauer darauf ein, wie er verhindert, dass wertvolle Arbeitskräfte von seinem Unternehmen in China abgeworben werden. Degussa löst dieses Problem, indem es die einzelnen Arbeiter nicht über die Aufgaben und Vorgehensweisen der anderen Mitarbeiter informiert, ihnen also absichtlich Wissen über den Zusammenhang der Teilbereiche vorenthält.“ „Zumindest mir hat Professor Felcht heute Mut gemacht, dass wir uns in Deutschland zwar nicht auf die "faule Haut" legen sollen, aber durchaus noch Perspektiven und Zukunft haben!“ Abbildung 35: Kommunikationsprofil: Prof. Dr. Dr. h.c. Hellmuth Felcht (Teil 2)
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
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Umfeld Sender / Unternehmen
Sender
Kommunikationsprofil Unternehmer im Unternehmen: Carl-Peter Forster (1) x
Jahrgang 1954.
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Studium der Volkswirtschaftslehre an der Universität Bonn sowie der Luft- und Raumfahrttechnik an der TU München.
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Berater bei McKinsey & Company, Inc. München, 1982 bis 1986.
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Hauptabteilungsleiter für Planung, Steuerung und Materialwirtschaft im Versuchsfahrzeugbau des Entwicklungsressorts der BMW AG, 1986 bis 1988.
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Technischer System- und Projektmanager für die 5er Baureihe, 1988 bis 1990.
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Bereichsleiter Versuchs- und Vorserienfahrzeugbau im Entwicklungsressort der BMW AG, 1990 bis 1993. Von 1993 bis 1996 hatte er die Gesamtverantwortung für die mittlere Baureihe.
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Managing Director von BMW (South Africa) (Pty) Ltd., 1996 bis 1999. Sein Aufgabengebiet umfasste Marketing, Vertrieb, Fertigung, Einkauf und Finanzen.
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Mitglied des Vorstands der BMW AG, verantwortlich für die weltweite Produktion, 1999 bis 2000.
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Vorstandsvorsitzender der Adam Opel AG, 2001 bis 2004. Seit Mitte April 2001 auch Mitglied des Vorstands von Fiat-GM-Powertrain.
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Berufung zum GM Europe President und Vorsitzenden des Aufsichtsrats der Adam Opel AG, seit 2004.
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Überblick (2003): Adam Opel AG. Sitz in Rüsselsheim. Umsatz EURO 14 Mrd.
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Produkt: Personenwagen und Nutzfahrzeuge
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Markt / Wettbewerb: Opel ist ein Tochterunternehmen von General Motors. Die Fahrzeuge werden in 24 westeuropäischen Ländern und 21 Ländern aus Zentralund Osteuropa verkauft.
Abbildung 36: Kommunikationsprofil: Carl-Peter Forster (Teil 1)
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4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
Kommunikationsprofil Gründer: Unternehmer im Unternehmen: Carl-Peter Forster (2)
Nachricht
„Ob ich ein innovativer Unternehmer bin, das steht Ihnen zur Entscheidung an.“ (Kontakt) „Es ist besonders für Sie, die Sie sich technikorientiert ausbilden lassen, wichtig zu verstehen, wie Technik im Markt ankommt und was man mit Technik am Markt machen kann.“ (Lenkung) „Das Leben wäre zu einfach, wenn Sie sich auf Studien verlassen würden. Das zeigt das Leben auch. Ein Schuss eigenes Bauchgefühl müssen Sie darüber legen.“ (Tatsachendarstellung, Ausdruck) „... leider ist es in den USA aber immer noch in Mode sehr kurzfristig zu planen. Wenn bei regelmäßigen Analysen des Geschäftes (...) die "besten" Manager belohnt werden führt das natürlich dazu, dass längerfristige Planung sich für die Entscheidungsträger nicht rechnet.“
Feedback
„Das ist es ja gerade, was ich an den großen Unternehmen immer wieder kritisieren muss: Die Manager denken einfach zu kurzfristig!“ Es soll ja auch in den Vorstandsetagen Leute geben, die länger voraus denken können als nur für die nächsten paar Jahre und diese Problematik möglicherweise erkannt haben. Ich nehme an, dass Herr Forster zu der Gruppe gehört. Dafür spricht ja schon seine Aufgabe, Opel als Marke langfristig wieder zu alter Stärke zurückzuführen, was ja ein sehr lang andauernder Vorgang ist.“ „Aber genau dieser Tatsache sind sich ja wohl auch die Manager bewusst, die die Entscheidungen über den Produktionsstandort treffen. Diese wissen doch ganz genau, dass sie selbst auch eine gewisse Verantwortung für den inländischen Markt tragen, und deshalb auch gewisse Dinge in Kauf nehmen müssen, um diesen Markt aufrecht zu erhalten.“ „Besonders beeindruckt hat mich die Tatsache, dass es möglich ist, derart zielstrebig an den zukünftigen (gewünschten) Eigenschaften der Marke Opel zu arbeiten.“ „Das Problem ist und wird vor allem die Umsetzung sein. Bei der Qualität sind nach Herrn Forsters Aussage bereits erhebliche Fortschritte erzielt worden, eine Produktinnovationsoffensive ist auch am Laufen.“ Abbildung 37: Kommunikationsprofil: Carl-Peter Forster (Teil 2)
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
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Kommunikationsprofil Unternehmer im Unternehmen: Dr. Hans-Joachim Lohrisch (1) Jahrgang 1949.
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Studium im Fach Chemie an der Technischen Universität Berlin, Abschluss 1974.
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Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Bonn, Promotion 1977.
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Führungspositionen bei der Merck KgaA, Darmstadt in den Geschäftsfeldern Therapeutika und Generika im In- und Ausland, 1978 bis 1997. U.a.: Licensing Manager, Senior Business Development Manager, Marketing and Sales in the United Kingdom, 1981-1990; Director of Pharmaceuticals, Portugal; Head of Corporate Marketing, Germany; Executive Vice-President, German Prescription Business; CEO of Merck’s worldwide generics business; Executive VicePresident, worldwide prescription business, Merck, 1990- 1999; Named board member of Merck’s Pharmaceutical Division Management, 1993.
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Leiter des weltweiten Ethnischen Pharmageschäfts, 1998 bis 1999.
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Mitglied des Vorstands der ALTANA AG, seit 1999.
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Vorstandsvorsitzender der ALTANA Pharma AG, seit 2000.
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Mitglied des Vorstandes der Herbert-Quandt-Stiftung, seit 2004.
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Überblick: ALTANA Pharma AG. Sitz in Konstanz. Mitarbeiter 8.000. Umsatz EURO 2 Mrd.
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Produkt: Die ALTANA Pharma AG konzentriert sich auf innovative verschreibungspflichtige Therapeutika.
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Markt / Wettbewerb: Das Kerngeschäft umfasst Magen-Darm-, Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Medikamente. ALTANA Pharma forscht auf den Gebieten Magen-Darm (Gastroenterologie), Atemwege (Respiration /Antiinflammation) und Krebs (Onkologie).
Umfeld Sender / Unternehmen
Sender
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Abbildung 38: Kommunikationsprofil: Dr. Hans-Joachim Lohrisch (Teil 1)
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4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
Nachricht
Kommunikationsprofil Unternehmer im Unternehmen: Dr. Hans-Joachim Lohrisch (2) „Die Leute müssen umdenken. Die Diskussion bewegt sich nicht mehr allein um „mache ich zehn Mio. Euro mehr Umsatz oder soll ich eine halbe Mio. Euro investieren?“ Die Größenordnungen verschieben sich. Insofern hat das dann den Effekt, dass dieses Produkt wie ein Leuchtturm zur Neuorientierung des Unternehmens funktioniert. Die Mitarbeiter merken das nicht sofort. Die sehen dann aber den nachhaltigen Erfolg und orientieren sich vollkommen neu.“ (Tatsachendarstellung) „Sie starten mit einem kleinen Team. Sie haben ein Thema und das bauen sie aus. Da gibt es auch Modelle, die haben Sie wahrscheinlich in Ihrer Vorlesung gehört, zur optimalen Organisationsgröße. Die liegt nach meiner Kenntnis zwischen 150 und 180 Mitarbeitern. Damit erreicht man, dass die Identifikation mit der Aufgabe besonders hoch ist. Diese Teams sind in der Regel hoch produktiv.“ (Tatsachendarstellung, Kontakt) „Ich denke schon, dass sich Vorstände und leitende Angestellte ihrer Verantwortung im Unternehmen bewusst sind und wissen, dass sie Menschen helfen können.“
Feedback
„Ich glaube, auch ein Pharmaunternehmen ist ein Unternehmen und muss sich den Gesetzen der Marktwirtschaft beugen.“ „... finde ich es trotzdem "normal", dass die Pharmaunternehmen keine Medikamente für 3. Weltländer produzieren bzw. genau nach den benötigten Medikamenten forschen. Denn wie bereits oben gesagt wird kein Unternehmen sich danach richten, wo der größte Notstand herrscht, sondern eher nach dem Gebiet richten, auf dem es den größten Umsatz erzielen kann.“ „Ich glaube nicht, dass sich Unternehmen vollständig aus ihrer Verantwortung in der Gesellschaft zurückziehen können und sich nur nach dem richten, was ihre Aktionäre fordern - jedes Unternehmen hat eine gesellschaftliche Verantwortung....“ „Natürlich ist es klar, dass ein Unternehmen, das womöglich noch börsennotiert und damit der Gewinnmaximierung verpflichtet ist, nicht die Aufgaben einer Hilfsorganisation übernehmen kann.“ Abbildung 39: Kommunikationsprofil: Dr. Hans-Joachim Lohrisch (Teil 2)
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
4.3
109
Empirische Ergebnisse II: Auswertungen zu Unternehmerfunktionen
In Kapitel 4.2 sind die zwölf Präsentationen und die dazugehörigen Feedbackbeiträge anhand eines Kommunikationsmodells systematisiert und diskutiert worden. Dabei zeigen sich Unterschiede, wie von Gründern, Unternehmern und Unternehmern im Unternehmen zum Thema Unternehmertum kommuniziert wird und wie dieses von den Empfängern aufgenommen wird. Bei dieser ersten Auswertungsstufe sind beispielhaft besonders intensiv diskutierte Themenfelder herausgestellt worden. Dabei sind erste Hinweise zu erkennen, dass die Repräsentanten der drei Unternehmertypen, die unterschiedliche persönliche sowie organisatorische Hintergründe aufweisen, bei den Empfängern unterschiedliche Diskussionsthemen anstoßen und damit bei der Kommunikation von Unternehmertum unterschiedliche Themenschwerpunkte setzen. In einem zweiten Schritt der Auswertung werden die Feedbackbeiträge je Unternehmertyp auf die in Kapitel 2 aufgezeigten Unternehmerfunktionen reflektiert. Die vertiefte Analyse hat das Ziel, inhaltliche Unterschiede bei der Kommunikation von Unternehmertum in Hinblick auf die Ausprägung der unternehmerischen Tätigkeit stärker herauszustellen und weitere Aufschlüsse zu bekommen, inwieweit Gründer, Unternehmer und Unternehmer im Unternehmen als Botschafter für das unternehmerische Denken und Handeln agieren. Zu den Bereichen Entdecken von Chancen (1), Durchsetzen von Innovationen (2), Koordinieren von Ressourcen (3) und Tragen von Risiken (4) werden Kommentare beispielhaft aufgeführt, die zeigen, wie die Unternehmerfunktionen von den Empfängern wahrgenommen werden. Sie geben Hinweise, welches Bild sich die Empfänger von den Tätigkeiten der einzelnen Unternehmertypen machen. Mit der Auswertung der Feedbackbeiträge kann jedoch kein Rückschluss auf die eigentliche Ausprägung der einzelnen Unternehmertypen gezogen werden oder gar ein geschlossenes Profil der Unternehmerfunktionen abgeleitet werden.
4.3.1
Kommunikation der unternehmerischen Funktionen durch Gründer
In den Feedbackbeiträgen zu den Gründerpräsentationen wird eine Vielzahl von Hinweisen gegeben, wie die Empfänger die vier Unternehmerfunktionen wahrgenommen haben. Beim Entdecken von Chancen wird in einer Reihe von Kommentaren betont, dass der Gründer über ein ausgeprägtes Chancendenken verfügen muss, das mit Optimismus und Leidenschaft gekoppelt ist: „Mir ist z.B. aufgefallen, dass kaum über Probleme des Unternehmens gesprochen wurde, obwohl es die bestimmt zur Genüge gibt. Aber so sieht er das eben nicht, er hat das Denken in Chancen wirklich verinnerlicht, und benutzt das nicht
110
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
nur als Worthülse!“ Neben der persönlichen Fähigkeit z.B. „Marktnischen“ zu finden wird von vielen Feedbackgebern besonders herausgestellt, dass zum Entdecken und Erfinden ein „interdisziplinäres Team, wo jeder die Schwächen des anderen ausgleichen kann“, nötig ist. Der Gründer steht dabei vor allem vor der Herausforderung, ein kompetentes Team aufzubauen, das Ideen generiert, bewertet und auswählt. Dazu sollte er die notwendigen Freiheiten und Rahmenbedingungen für das Team schaffen: „Dabei ist es Aufgabe eines Unternehmers, die Begeisterung eines jeden für ein Produkt zu erhalten, die Leidenschaft zu fördern, etwas Neues zu entwickeln und den Willen zu stärken, hohe Ziele zu erreichen.“ Das Durchsetzen von Innovationen wird auch in einer Vielzahl von Forenbeiträgen diskutiert. Unter anderem wird hervorgehoben, dass der Gründer die „Brücke“ zwischen Markt und Technologie schlagen muss. Auch hier steht in den Kommentaren oft die Motivation und Begeisterung von Personen im Vordergrund: „All diese Eigenschaften tragen wesentlich zum Erfolg einer Unternehmensgründung bei, denn positives Denken und eigene Überzeugung kann andere Menschen (Mitarbeiter, Investoren, Kunden) anstecken.“ Einem Gründer wird in diesem Zusammenhang beispielsweise bescheinigt: „... er ist ein "Macher", jemand der die Dinge gern anpackt und mit voller Begeisterung durchführt.“ Auf dem Weg zur Durchsetzung von Innovationen müssen Rückschläge verkraftet werden, was dem Gründer ein großes Durchhaltevermögen abverlangt. Jedoch wird dabei in einigen Feedbackbeiträgen auch Kritik geübt: „Aus der Retrospektive betrachtet ist das unbedingte Festhalten an Zielen nicht immer gut. Deutlich war dies bei Herrn Hogl ("call-a-bike") zu sehen, der den Niedergang seines Unternehmens meiner Meinung nach schon bald sehen hätte müssen.“ Im Zentrum der Diskussion zur Unternehmerfunktion „Koordinieren von Ressourcen“ steht die Gewinnung und Führung von Mitarbeitern: „Interessant finde ich, dass den Mitarbeitern in einem kleinen High-Tech-Unternehmen (...) eine besonders wichtige Rolle zukommt und sie eigentlich über den Erfolg des Unternehmens entscheiden.“ Dabei werden auch die notwendigen Rahmenbedingung und die Bereitschaft des Gründers, seinen Mitarbeitern zu vertrauen, diskutiert: „Er überträgt ihnen einfach Verantwortung, sie kennen die Probleme, müssen sie bewältigen und sind am Ende stolz auf sich. Und zwar auf sich als Person und nicht als Teil eines anonymen Unternehmens. Das bindet wohl und schafft erfolgreich ein Team.“ Bezüglich der Mitarbeiterführung von Gründern wird in einigen Feedbackbeiträgen angesprochen, dass Start-ups als kleine Organisationen den Vorteil haben, dass sich die einzelnen Mitarbeiter mit dem jungen Unternehmen stärker identifizieren. Es wird auch angeführt, dass mit dem Wachstum der Organisation eine Problematik verbunden ist: „Was passiert aber, wenn das Unternehmen am Markt den erhofften Erfolg hat und wächst? Was passiert, wenn neue Mitarbeiter dazukommen? "Wir-Gefühl" schön und recht, aber kann denn ein Unternehmen mit z.B. 100 Mitarbeitern genauso funktionieren wie ein "frisch
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
111
gegründetes" mit 10 Mitarbeitern? Meiner Meinung nach ist das nicht der Fall. Irgendwann wird ein Punkt erreicht, an dem das Team einfach zu groß wird.“ Ein besonders intensiv diskutiertes Thema in den Forenbeiträgen zu Gründern ist das Tragen von Risiken. Dabei wird betont, welch hohes persönliches Risiko die Gründer eingehen, wie beispielsweise in dem folgenden Kommentar: „Jede Gründung ist mit einem großen Risiko behaftet, aber getrieben vom Glauben an die Idee und den Erfolg nimmt man das Wagnis auf sich.“ Das Tragen des Risikos wird in einer Vielzahl von Feedbackbeiträgen auch als Zeichen einer besonders hohen Motivation des Gründers gedeutet, wie im folgenden Beispiel: „Ein enormes Risiko ist somit sein ständiger Begleiter, das er als begeisterter Wissenschaftler auf sich nimmt. Dr. Wilhelm wies darauf hin, dass jeder Unternehmer das Risiko des Scheiterns auf sich nimmt, jedoch von Idealvorstellungen und auch von dem Gedanken an Geld vom Aufgeben abgehalten wird.“ Neben dem hohen finanziellen Engagement, das ein Gründer auf sich nimmt, werden auch die hohe zeitliche Belastung und die damit verbundenen persönlichen Folgen thematisiert: „Für den Unternehmer stellt sich die Frage, ob er bereit ist, seine Freizeit, Freunde und Beziehungen für die Realisierung seiner Vision zu opfern.“
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4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
Auswertung zu Unternehmerfunktionen bei Gründern: Entdecken von Chancen
Beispiele von Feedbackbeiträgen: Entdecken von Chancen
„Als Gründer von Hightech Unternehmen haben wir aber gelernt, dass man eine Marktnische finden muss ...“ „Mir ist z.B. aufgefallen, dass kaum über Probleme des Unternehmens gesprochen wurde, obwohl es die bestimmt zur Genüge gibt. Aber so sieht er das eben nicht, er hat das Denken in Chancen wirklich verinnerlicht, und benutzt das nicht nur als Worthülse! (man denke an die "vielen Chancen, die wir entwickeln, von denen nur eine die Chance des Lebens werden muss", die anderen gescheiterten Vorhaben interessieren dann eben nicht mehr).“ „Denn wenn man erstmal anfängt, bei jeder Entscheidung tausend Regeln beachten zu müssen, dann lähmt das jede Entwicklung und macht auch keinen Spaß.“ „Das wichtigste ist die eigene Intuition und ein interdisziplinäres Team, wo jeder die Schwächen des anderen ausgleichen kann. Letztendlich lernt man durch Fehler auch viel besser als durch Regeln und Buchwissen. Man muss nur Partner haben, die einen vor dem Schlimmsten bewahren - dafür muss man selber natürlich auch entsprechend kritikfähig sein.“ „Ein Team zeichnet sich dadurch aus, dass verschiedene Persönlichkeiten mit einer Vielzahl verschiedener Ideen gemeinsam arbeiten. Aus dieser Vielzahl von Ideen soll eine ausgewählt bzw. durch Diskussion eine noch bessere gefunden werden, von der schließlich alle überzeugt sind und diese vertreten können.“ „Der Erfolg eines Unternehmens muss für „jeden“ erkennbar sein. Dabei ist es Aufgabe eines Unternehmers, die Begeisterung eines jeden für ein Produkt zu erhalten, die Leidenschaft zu fördern, etwas Neues zu entwickeln und den Willen zu stärken, hohe Ziele zu erreichen.“ „Nach Herrn Muth schaffte es der Jüngste mit der wenigsten Erfahrung im Team, ein gutes Konzept in der Entwicklung zu finden. Es ist für mich sehr beruhigend und anspornend, dass junge Mitarbeiter in so einem Unternehmen Erfolg haben können, ...“ Abbildung 40: Auswertung zu Unternehmerfunktionen bei Gründern: Entdecken von Chancen
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
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Beispiele von Feedbackbeiträgen: Durchsetzen von Innovationen
Auswertung zu Unternehmerfunktionen bei Gründern: Durchsetzen von Innovationen „Man hat Herrn Muth deutlich angemerkt, dass er noch durch und durch ein Ingenieur ist; was mir persönlich gut gefällt. (...) Vermutlich ist es heute als Unternehmer wichtig, die Brücke zu schlagen zwischen betriebswirtschaftlichen Kenntnissen wie Marketing und dem technologischen Know-how dahinter. Es nützt schließlich nichts, ein tolles, technisch ausgereiftes Produkt zu haben, es aber nicht an den Mann bringen zu können.“ „Allerdings, das muss man Herrn Muth schon lassen, er ist ein "Macher", jemand, der die Dinge gern anpackt und mit voller Begeisterung durchführt. Er selbst hat ja betont, dass es für den Kunden oft gar nicht so sehr auf die technischen Details des Produktes ankommt, sondern eher darauf, dass ihn das Design begeistert. Und in Sachen Begeisterung hat Herr Muth auf mich schon überzeugend gewirkt!“ „Natürlich gab es immer wieder Rückschläge, doch der Glaube an sich und seine Mission, also ein Produkt zu vermarkten, trieb den Unternehmer immer nach vorne. Er hat keine Chance außer erfolgreich zu sein, denn sonst wäre er geschlagen.“ „Eine weitere Eigenschaft eines Unternehmers ist Optimismus. Man sollte die Chancen und nicht nur die Probleme sehen. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg! All diese Eigenschaften tragen wesentlich zum Erfolg einer Unternehmensgründung bei, denn positives Denken und eigene Überzeugung kann andere Menschen (Mitarbeiter, Investoren, Kunden) anstecken.“ „Einige kommen fast ins Schwärmen, wenn sie den Willen und das An-sich-Glauben erwähnen. Fast meint man, mit diesen Eigenschaften alleine könnte so gut wie nichts mehr schief gehen. Doch ich glaube, kein Geschäftspartner kauft einem etwas ab, nur weil man an sich glaubt.“ „Aus der Retrospektive betrachtet ist das unbedingte Festhalten an Zielen nicht immer gut. Deutlich war dies bei Herrn Hogl ("call-a-bike") zu sehen, der den Niedergang seines Unternehmens meiner Meinung nach schon bald sehen hätte müssen.“
Abbildung 41: Auswertung zu Unternehmerfunktionen bei Gründern: Durchsetzen von Innovationen
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4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
Auswertung zu Unternehmerfunktionen bei Gründern: Koordinieren von Ressourcen
Beispiele von Feedbackbeiträgen: Koordinieren von Ressourcen
„Interessant finde ich, dass den Mitarbeitern in einem kleinen High-TechUnternehmen (...) eine besonders wichtige Rolle zukommt und sie eigentlich über den Erfolg des Unternehmens entscheiden.“ „Er überträgt ihnen einfach Verantwortung, sie kennen die Probleme, müssen sie bewältigen und sind am Ende stolz auf sich. Und zwar auf sich als Person und nicht als Teil eines anonymen Unternehmens. Das bindet wohl und schafft erfolgreich ein Team.“ „Nur wenn der Chef sein Team von den gemeinsamen Zielen überzeugen kann, (...) steht das Team hinter ihm. Normal merken die Mitarbeiter auch, ob ein Projekt Zukunft und Erfolg hat. Es muss ja auch einen Grund geben, warum man sich in einem Start-up bewirbt und nicht beim sicheren, größeren Mitkonkurrenten.“ „Einerseits muss ein Team sehr straff geführt werden, andererseits muss es aber auch die Freiheit haben, sein Potential maximal entwickeln zu können.“ „Diesbezüglich sprach er unter anderem darüber, wie Mitarbeiter dazu motiviert werden können, ihr Leistungspotential vollständig auszuschöpfen. Am besten gefiel mir dabei, dass er den Zusammenhang zur Identifikation mit der Gruppe und dem Unternehmen herstellte. „Das Team muss stolz sein auf das was es macht!““ „Was passiert aber, wenn das Unternehmen am Markt den erhofften Erfolg hat und wächst? Was passiert, wenn neue Mitarbeiter dazukommen? "Wir-Gefühl" schön und recht, aber kann denn ein Unternehmen mit z.B. 100 Mitarbeitern genauso funktionieren wie ein "frisch gegründetes" mit 10 Mitarbeitern? Meiner Meinung nach ist das nicht der Fall. Irgendwann wird ein Punkt erreicht, an dem das Team einfach zu groß wird. Und spätestens dann müssen sich die Organisationsstrukturen ändern, damit das Unternehmen weiterhin bestehen und funktionieren kann. Es müssen nicht extrem hierarchische Strukturen aufgebaut werden wie in Großkonzernen, aber man muss irgendwann einen Kompromiss dazwischen finden.“
Abbildung 42: Auswertung zu Unternehmerfunktionen bei Gründern: Koordinieren von Ressourcen
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
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Auswertung zu Unternehmerfunktionen bei Gründern: Tragen von Risiken „Mit jeder Gründung ist ein großes Risiko behaftet, aber getrieben vom Glauben an die Idee und den Erfolg nimmt man das Wagnis auf sich.“
Beispiele von Feedbackbeiträgen: Tragen von Risiken
„Man kann nur alle Hochachtung davor haben, wenn sich jemand, der einen sicheren Beruf und ein festes Einkommen hat, dafür entschließt, ein Unternehmen zu gründen. Denn wie er gesagt hat, nur so lässt sich mit einem gewissen Risiko auch Fortschritt erreichen!“ „In der langen Zeit bis zur Zulassung eines ersten Medikaments benötigt man als Gründer eine gehörige Portion Optimismus und Risikobereitschaft, die äußerst bewundernswert ist. Hat Prof. Wilhelm doch seinen Job als Klinikarzt aufgegeben, der ein mehr oder weniger sicheres Einkommen bis zur Rente bedeutet hätte, um sein Glück mit Wilex zu versuchen.“ „Ein enormes Risiko ist somit sein ständiger Begleiter, das er als begeisterter Wissenschaftler auf sich nimmt. Dr. Wilhelm wies darauf hin, dass jeder Unternehmer das Risiko des Scheiterns auf sich nimmt, jedoch von Idealvorstellungen und auch von dem Gedanken an Geld vom Aufgeben abgehalten wird.“ „Diese „Alles-oder-Nichts“- Strategie fordert daneben 100%-igen Einsatz und absoluten Erfolgswillen vom Unternehmer, denn nur wer an sich selbst und seine Idee glaubt und bereit ist alles dafür zu tun, kann andere (z.B. Investoren, Kunden) begeistern und überzeugen.“ „Da es in der heutigen Zeit wesentlich schwieriger ist, sich als kleine Firma gegen große Unternehmen zu behaupten, muss man den Mut aller Firmengründer bewundern, die sich teilweise hoch verschulden und somit ein großes Risiko auf sich nehmen. Deshalb bin ich der Meinung, dass man aufgrund dieser Courage über die eine oder andere Selbstdarstellung hinwegschauen sollte.“ „Für den Unternehmer stellt sich die Frage, ob er bereit ist, seine Freizeit, Freunde und Beziehungen für die Realisierung seiner Vision zu opfern.“ „Dies hat Herr Muth in seinem Vortrag sehr deutlich herausgearbeitet. Ebenso, dass stets ein sehr hohes Risiko in allen Bereichen des Unternehmertums besteht, mit dem man lernen muss zu leben.“ Abbildung 43: Auswertung zu Unternehmerfunktionen bei Gründern: Tragen von Risiken
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4.3.2
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
Kommunikation der unternehmerischen Funktionen durch Unternehmer
Auch bei den Forenbeiträgen zu den Präsentationen der Unternehmer lässt sich eine große Anzahl von Kommentaren den einzelnen Unternehmerfunktionen zuweisen. In den Foren wird eine Reihe von Aspekten der Entdeckerfunktion eines Unternehmers hervorgehoben. Dabei wird beispielsweise bemerkt, dass der Unternehmer „über den Tellerrand“ hinausschaut, „ein gutes Gespür“ für neue Trends hat und mit seinem „Pioniergeist (...) unkonventionelle Wege“ beschreitet. Ein weiterer Diskussionspunkt dazu ist das Thema „Cleverness“ und „Regeln brechen“. Dies wird von einigen Feedbackgebern als kreativer Akt interpretiert. Der Unternehmer entdeckt, wie er vermeintliche Barrieren umgehen kann und so ein Problem, das oft nicht lösbar scheint, erst gar nicht aufkommen lässt: „Erstaunt hat mich auch, wie unkonventionell und teilweise auch rigoros Herr Vilsmeier handelte, und damit erfolgreich war. Sich auf dem Messegelände über Nacht einsperren zu lassen, erfordert schon einigen Mut. Und einfach zu behaupten, den Kopfaufsatz ebenfalls im Produktsortiment zu haben und diesen dann bis zum nächsten Morgen schnell zu entwerfen, zeigt, wie sehr Herr Vilsmeier in der Lage ist, auf neue Situation blitzschnell zu reagieren.“ Ein weiterer Aspekt, den die Feedbackgeber im Zusammenhang mit der Entdeckerfunktion betonen, ist die Experimentierfreude und die Lernfähigkeit des Unternehmers. Dabei geht es auch darum, Situationen immer wieder von neuem und selbstkritisch zu analysieren und ggf. die nötigen Konsequenzen zu ziehen: „In Kombination mit seiner Offenheit auch „unangenehme“ Fakten wie vermeintliche Fehlentscheidungen zu akzeptieren und in gute Entscheidungen umzumünzen, sticht er aus der Industrie hervor. Wie lange werden falsche Entscheidungen weitergeschleppt, obwohl das Scheitern in der Ausgangskonfiguration schon abzusehen ist. Am Ende des Vortrages betonte er abermals die nötige ehrliche Selbstkritik, die notwendig ist, um sich von vormals guten Ideen lösen zu können.“ Beim Thema „Durchsetzen von Innovationen“ gehen die Feedbackgeber besonders auf die Kundenorientierung ein. Dabei stellen sie heraus, dass der Unternehmer immer den Kundennutzen in den Vordergrund stellen muss: „Der Weg, ein möglichst perfektes und innovatives Produkt zu entwickeln, ist aber nicht unbedingt der richtige. Man muss sich immer vor Augen halten, wer das Produkt kaufen wird und somit das Unternehmen rentabel macht.“ Zudem wird in einer Reihe von Kommentaren betont, dass der Unternehmer über die Fähigkeit verfügen muss, seine Produkte zu verkaufen: „Die beeindruckende Entwicklung von NxN ist vor allem dem großartigen Verkaufsgeschick von Gregor vom Scheidt zu verdanken. Von technischer Seite gibt es eine Großzahl konkurrenzfähiger Softwareprogramme. Dass sich trotzdem Alienbrain in der Entertainment Industrie so flächendeckend durchgesetzt hat, ist vor allem der Verdienst des Firmengründers.“ Die Verkaufsfähigkeiten und das
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
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Verhandlungsgeschick von Unternehmern werden auch im Zusammenhang mit der Gewinnung von strategischen Kooperationspartnern genannt: „Ein glänzendes Beispiel dafür ist Herrn Vilsmeiers Schilderung, wie er das Partnerunternehmen eines finanziell und personell überlegenen US-Konkurrenten davon überzeugen konnte, auf seine junge und noch nicht stark etablierte Firma zu setzen. Sicherlich hatte BrainLAB auch fachlich einiges zu bieten, doch es wird vor allem Herrn Vilsmeiers Fähigkeit gewesen sein, seine Zuhörer für seine Ideen zu begeistern und davon zu überzeugen, dass er 100-prozentig hinter seinen Zielen steht und nicht nur am schnellen Erfolg und Geld interessiert ist.“ In den Kommentaren wurde darüber hinaus die Innovationsleistung des Unternehmers besonders betont, da er sich oft gegen große etablierte Wettbewerber am Markt durchsetzen musste: „Dies ist umso beeindruckender wenn man sich vor Augen führt, dass er sich gegen Branchenriesen wie General Electric oder Medtronic durchsetzen konnte.“ In Bezug auf die Unternehmerfunktion Koordinieren von Ressourcen haben einige Empfänger darauf hingewiesen, dass der Unternehmer auch mit dem Wachstum der Organisation den Überblick über das Unternehmen behalten muss, um seine koordinierende Funktion weiterhin auszuüben. Dabei wird speziell hervorgehoben, dass der Unternehmer in vielen Bereichen des Unternehmens Fachwissen benötigt: „Er versucht, sich die Grundlagen jeder Abteilung seiner Firma anzueignen, damit er auf Fragen bzw. Probleme seines Personals eingehen kann. Dies ist eine Einstellung, die ich sehr bewundere. Er möchte sich über seine Mitarbeiter fortbilden und gleichzeitig versucht er, nicht stur seine eigenen Vorstellungen durchzusetzen.“ Ein Schwerpunkt bei der Koordinierung von Ressourcen wird auch wie bei den Gründern auf das Thema Gewinnung und Führung von Mitarbeitern gelegt. Der Unternehmer steht vor der Herausforderung, ein leistungsfähiges Team um sich herum auf- und auszubauen: „Um Mitarbeiter und somit ein Unternehmen zum Erfolg zu führen, ist die Wahl der Mitarbeiter und die persönliche Beziehung zu ihnen, insbesondere das Vertrauen zwischen Mitarbeitern und Unternehmer, besonders wichtig. Dies ermöglicht, einen großen Entscheidungsfreiraum für die Mitarbeiter zur Verfügung zu stellen und somit das Wohlempfinden, die Loyalität zum Unternehmen und auch die Produktivität der Mitarbeiter zu erhöhen.“ Die Funktion des Unternehmers als Risikoträger wird bei den Unternehmerpräsentationen genauso intensiv herausgestellt wie bei den Präsentationen der Gründer. Dies gilt vor allem für die Präsentationen von Herrn vom Scheidt und Herrn Vilsmeier, die beide in jungen Jahren ihre Unternehmen gegründet haben. In den Kommentaren wird dazu besonders auf die relativ zu der damaligen Situation hohen persönlichen finanziellen Risiken eingegangen: „Was mich jedoch besonders überrascht hat war das große Risiko, das Herr Vilsmeier bei manchen Entscheidungen eingehen musste. Da wären natürlich zunächst die großen finanziellen Risiken, die recht anschaulich durch das Darlehen geschildert wurden, für das Herr Vilsmeier mit 80-fachem Jahresgehalt bürgen musste.“
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4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
Ein weiterer Risikoaspekt, der in dem Feedback zu Herrn Vilsmeier genannt wurde, ist, dass sich das Unternehmen im Markt der Medizintechnik bewegt und seine Produkte direkt Einfluss auf die Gesundheit der Patienten haben. Damit trägt der Unternehmer in diesem Fall eine besonders große Verantwortung und muss gegebenenfalls bei durch seine Produkte verursachten Schäden haften: „Gerade in dem Anwendungsgebiet sicherheitskritischer Software sollte man doch schon denken, dass man nichts dem Zufall überlassen will. Einen größeren Schadensfall, gerade in den ersten Jahren, hätten die Konkurrenten doch massiv ausgenutzt, um die Neuen am Markt zu zerstören. Kann man also davon ausgehen, dass Herr Vilsmeier nur wahnsinniges Glück gehabt hat?“
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
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Auswertung zu Unternehmerfunktionen bei Unternehmern: Entdecken von Chancen lässt seinen Mitarbeitern viel Freiraum, um ihre Ideen zu verwirklichen und um selbständig arbeiten zu können (...). Außerdem sucht er Mitarbeiter, von denen er noch lernen kann und mit denen er gerne arbeiten möchte (...).“ Beispiele von Feedbackbeiträgen: Entdecken von Chancen
„Er
„Denn wie bereits angesprochen konnte Herr Vilsmeier „durch die Freiheit, gewisse Fehler zu machen und daraus zu lernen“ weniger voreingenommen (...) an die Sache herangehen und somit ein gutes Beispiel für „Learning by doing“ liefern.“ „Er hat gezeigt, dass man als Unternehmer auch in der Lage sein muss, Misserfolge und falsche Entscheidungen einzugestehen und das Beste daraus zu machen (...).“ „In Kombination mit seiner Offenheit, auch „unangenehme“ Fakten wie vermeintliche Fehlentscheidungen zu akzeptieren und in gute Entscheidungen umzumünzen, sticht er aus der Industrie hervor. Wie lange werden falsche Entscheidungen weitergeschleppt, obwohl das Scheitern in der Ausgangskonfiguration schon abzusehen ist. Am Ende des Vortrages betonte er abermals die nötige ehrliche Selbstkritik, die notwendig ist, um sich von vormals guten Ideen lösen zu können.“ „Darin liegt glaube ich das Problem, man muss bereit sein, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen. Man muss ein Gespür dafür entwickeln, an welcher Stelle in einer hochkomplexen Wirtschaft ein Bedarf besteht - das ist für den unbedarften Laien sicherlich sehr schwer.“ „Sein Pioniergeist hat Herrn Vilsmeier immer unkonventionelle Wege beschreiten lassen, sei es in der Werbung, die seinerzeit neuartig war und genau die Gruppe ansprach, die er erreichen wollte, als auch in der Kundengewinnung und der Anwerbung neuer Mitarbeiter.“ Herr vom Scheidt hat noch einen anderen Punkt genannt: den Willen, mit dem Kunden zusammenzuarbeiten und damit wirklich herauszufinden, welches Produkt den Nutzen erhöht.
Abbildung 44: Auswertung zu Unternehmerfunktionen bei Unternehmern: Entdecken von Chancen
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4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
Beispiele von Feedbackbeiträgen: Durchsetzen von Innovationen
Auswertung zu Unternehmerfunktionen bei Unternehmern: Durchsetzen von Innovationen „Der Weg, ein möglichst perfektes und innovatives Produkt zu entwickeln, ist aber nicht unbedingt der richtige. Man muss sich immer vor Augen halten, wer das Produkt kaufen wird und somit das Unternehmen rentabel macht.“ „Mit Sicherheit sollten wir uns aber immer den Kunden vor Augen halten!“ „Die beeindruckende Entwicklung von NxN ist vor allem dem großartigen Verkaufsgeschick von Gregor vom Scheidt zu verdanken. Von technischer Seite gibt es eine Großzahl konkurrenzfähiger Softwareprogramme. Dass sich trotzdem Alienbrain in der Entertainment Industrie so flächendeckend durchgesetzt hat, ist vor allem der Verdienst des Firmengründers.“ „Eine interessante Aussage von Herrn vom Scheidt war, dass das technische Knowhow nicht das Entscheidende für den Unternehmenserfolg ist. Vielmehr sind Vertrieb und Marketing die wichtigsten Faktoren, um ein Unternehmen konkurrenzfähig an den Markt zu bringen und sich dort zu etablieren.“ „Dass der Erfolg eingetreten ist, liegt erstens daran, dass Vilsmeier nicht nur eine sehr gute Geschäftsidee hatte, sondern zugleich der beste Verkäufer dafür war. Sein überzeugendes Auftreten konnte die Kunden von seinem Produkt überzeugen.“ „Dies ist umso beeindruckender wenn man sich vor Augen führt, dass er sich gegen Branchenriesen wie General Electric oder Medtronic durchsetzen konnte. Obwohl diese über gigantische Mittel verfügen, gelang es ihnen nicht, BrainLAB zu verdrängen oder ein mindestens ebenbürtiges Produkt zu entwickeln. Bei der riesigen Forschungs- und Entwicklungsabteilung General Electric’s ist es umso faszinierender, wie es Vilsmeier mit seinem Partner geschafft hat, eine solche Innovation in der Medizintechnik zu vollbringen.“
Abbildung 45: Auswertung zu Unternehmerfunktionen bei Unternehmern: Durchsetzen von Innovationen
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
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Beispiele von Feedbackbeiträgen: Koordinieren von Ressourcen
Auswertung zu Unternehmerfunktionen bei Unternehmern: Koordinieren von Ressourcen „Er versucht, sich die Grundlagen jeder Abteilung seiner Firma anzueignen, damit er auf Fragen bzw. Probleme seines Personals eingehen kann. Dies ist eine Einstellung, die ich sehr bewundere. Er möchte sich über seine Mitarbeiter fortbilden und gleichzeitig versucht er, nicht stur seine eigenen Vorstellungen durchzusetzen.“ „Man muss Experte auf vielen Gebieten sein: Produktion, Vertrieb, Anwerbung der richtigen Mitarbeiter, Verkauf, evtl. Buchhaltung. Dazu gehört eben auch die Bereitschaft, immer Neues zu lernen, auch wenn es einen primär nicht interessiert.“ „Es war für beide Unternehmer wichtig, eine lockere, freundliche, gemütliche Atmosphäre im Team durchzusetzen, die die Kooperation fördert, die es leichter macht, die Mitarbeiter für die Projekte des Unternehmens zu begeistern und zu gewinnen. Hierbei war für Herrn Vilsmeier sein Team vielmehr „seine Familie“. Die Unternehmer schenken ihren Mitarbeitern viel Vertrauen und Freiraum, fordern aber Ausdauer und Durchsetzungsvermögen (schwer erreichbare Ziele werden gesetzt).“ „In einem solchen Team fühlt man sich wohl, geistige Anstrengung und Verwirklichung der Projekte machen Spaß, man ergreift die Initiative, sucht die Verantwortung, strebt dahin innovativ zu sein und nutzt effizient seine Kapazitäten.“ „Ein glänzendes Beispiel dafür ist Herrn Vilsmeiers Schilderung, wie er das Partnerunternehmen eines finanziell und personell überlegenen US-Konkurrenten davon überzeugen konnte, auf seine junge und noch nicht stark etablierte Firma zu setzen. Sicherlich hatte BrainLAB auch fachlich einiges zu bieten, doch es wird vor allem Herrn Vilsmeiers Fähigkeit gewesen sein, seine Zuhörer für seine Ideen zu begeistern und davon zu überzeugen, dass er 100-prozentig hinter seinen Zielen steht und nicht nur am schnellen Erfolg und Geld interessiert ist.“
Abbildung 46: Auswertung zu Unternehmerfunktionen bei Unternehmern: Koordinieren von Ressourcen
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4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
Auswertung zu Unternehmerfunktionen bei Unternehmern: Tragen von Risiken
Beispiele von Feedbackbeiträgen: Tragen von Risiken
„Die Vorträge vermitteln ein gewisses Grundwissen über die Tücken der freien Wirtschaft und zeigen, dass auch Unternehmensgründern, die letztendlich sehr erfolgreich sind, zu Beginn „das Wasser bis zum Halse stand“.“ „Den Mut von Herrn v. Scheidt und Herrn Vilsmeier sich selbstständig zu machen beeindruckt mich sehr. Um eine Idee in die Wirklichkeit umzusetzen haben Sie, genau wie viele andere Gründer, ihr relativ abgesichertes Leben aufs Spiel gesetzt und sind damit ein großes Risiko eingegangen. Genau diese Leute braucht unser Land, um weiterhin an der Spitze der Industrienationen mitzuspielen.“ „Herr vom Scheidt machte deutlich, dass das Wachstum seines Unternehmens darauf zurückzuführen war, dass er von Anfang an den Weltmarkt angestrebt hat und sich nicht auf den inländischen Markt versteift hat. Dazu bedarf es einer großen Risikobereitschaft, sich auf solch ein Wagnis einzulassen und sogar die Ersparnisse seiner Mutter in das Unternehmen zu investieren.“ „Gerade in dem Anwendungsgebiet sicherheitskritischer Software sollte man doch schon denken, dass man nichts dem Zufall überlassen will. Einen größeren Schadensfall, gerade in den ersten Jahren, hätten die Konkurrenten doch massiv ausgenutzt, um die Neuen am Markt zu zerstören. Kann man also davon ausgehen, dass Herr Vilsmeier nur wahnsinniges Glück gehabt hat?“ „Was mich jedoch besonders überrascht hat war das große Risiko, das Herr Vilsmeier bei manchen Entscheidungen eingehen musste. Da wären natürlich zunächst die großen finanziellen Risiken, die recht anschaulich durch das Darlehen geschildert wurden, für das Herr Vilsmeier mit 80-fachem Jahresgehalt bürgen musste. Denn wenn dabei etwas schief gegangen wäre, und heute kann man sich nie sicher sein, ob man Erfolg haben wird, dann hat man ein großes Problem.“ „Diese Risikobereitschaft in Verbindung mit Mut und dem "richtigen Riecher" (...) machen aus ihm einen praktisch idealen Unternehmer.“ Abbildung 47: Auswertung zu Unternehmerfunktionen bei Unternehmern: Tragen von Risiken
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
4.3.3
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Kommunikation der unternehmerischen Funktionen durch Unternehmer im Unternehmen
Im Gegensatz zu den Forenbeiträgen bezüglich der Präsentationen von Gründern und Unternehmern findet sich in den Feedbacks zu den Unternehmern im Unternehmen nur eine begrenzte Anzahl von Beiträgen, die direkte Hinweise auf die einzelnen Unternehmerfunktionen geben. Vielmehr werden generelle Aussagen zu Themenfeldern gemacht, die zwar Großunternehmen, jedoch nicht speziell die Rolle des Unternehmers im Unternehmen betreffen. Dies wird vor allem beim Thema „Entdecken von Chancen“ deutlich. Dazu finden sich nur wenige Kommentare, in denen beispielsweise festgestellt wird, dass in großen Unternehmen mehr auf Verbesserungen gesetzt wird als auf neue Technologien. Ein Beispiel ist der folgende Kommentar: „Außer im Bereich der Medizin (...) oder Biologie (...) gibt es doch kaum noch "echte" Innovationen, die in keiner Weise vorab bekannt waren. Vielmehr ist es heutzutage die Verbesserung und Weiterentwicklung eines bereits bestehenden Produktes oder einer verfügbaren Methode, die eine Innovation ausmachen.“ In einigen Beiträgen wird sogar vor einer „Überflutung“ der Kunden durch neue unnötige Features gewarnt. Auch auf die Rolle des Unternehmers im Unternehmen bei der Durchsetzung von Innovationen und bei der Koordination von Ressourcen wird nicht detailliert eingegangen. Vielmehr wird auf die hohe Komplexität, die im Unternehmen und auf dem Markt herrscht, hingewiesen. In vielen Forenbeiträgen wird der Eindruck erweckt, als ob die Feedbackgeber über kein Hintergrundwissen zu den einzelnen Branchen verfügen, in denen die Großunternehmen tätig sind, und somit auch schwer Kommentare zu den Funktionen eines Unternehmers im Unternehmen geben können: „Der Vortrag von Hr. Lohrisch gab einen interessanten Einblick in eine komplett andere Branche von High-Tech-Unternehmen.“ In vielen Feedbackbeiträgen wird auch die gesellschaftliche Verantwortung von Managern hingewiesen, beispielsweise in Bezug auf den „inländischen Markt“, „Menschenrechte“, „Ökologie“ und „deutsche Arbeitsplätze“. Darin wird vor allem kritisiert, dass Manager zu kurzfristig denken würden, wie z.B. im folgenden Kommentar: „Das ist es ja gerade, was ich an den großen Unternehmen immer wieder kritisieren muss: Die Manager denken einfach zu kurzfristig! (...) Es soll ja auch in den Vorstandsetagen Leute geben, die länger voraus denken können als nur für die nächsten paar Jahre und diese Problematik möglicherweise erkannt haben. Ich nehme an, dass Herr Forster zu der Gruppe gehört. Dafür spricht ja schon seine Aufgabe, Opel als Marke langfristig wieder zu alter Stärke zurückzuführen, was ja ein sehr lang andauernder Vorgang ist.“ In einigen Forenbeiträgen werden auch Hinweise gegeben, dass die komplexen Strukturen einer großen Organisation oft für die Feedbackgeber schwer zu erfassen sind. Dies gilt beispielsweise für den Fall der Umsetzung von strategischen Konzepten, wie die beiden
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4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
folgenden Kommentare nahe legen: „Ich denke ein hervorragendes Konzept. Das Problem ist und wird vor allem die Umsetzung sein.“, „Mich würde allerdings interessieren, inwieweit die Altana dieses Konzept auch in tieferen Strukturen durchzieht.“ Explizit wird in einigen Kommentaren das Thema Mitarbeiterführung angesprochen. Dabei wird herausgestellt, dass es für eine unternehmerische Kultur im Unternehmen wichtig ist, dass den Untergebenen Verantwortung übertragen wird und diese bei Entscheidungen einbezogen werden: „Mir hat Dr. Bischoffs Vortrag sehr gut gefallen, vor allem seine Vorstellungen von einer Chef-Mitarbeiter-Beziehung. Nur wenn konstruktive Kritik möglich, ja sogar gefordert wird, findet doch erst eine Auseinandersetzung miteinander statt. Dabei entstehen meiner Erfahrung nach die besten Ideen und Lösungen. Wenn ein Chef allerdings nur Befehle erteilt, ohne auf seine Mitarbeiter einzugehen, werden diese doch nur ihren Teil stur abarbeiten.“ In einigen Forenbeiträgen wird auch auf das Tragen von Risiken bei Unternehmern im Unternehmen eingegangen. Darin wird u.a. herausgestellt, „dass selbst der Vorstandsvorsitzende weit vom "echten" Unternehmer mit all dem Risiko und der Verantwortung, die dieser zu tragen hat, entfernt ist - eigentlich nicht die gleiche Liga.“ Eine unternehmerische Kultur im Großunternehmen wird gleichzeitig als erstrebenswert erachtet, jedoch wird dieses Konzept mit Vorbehalten gesehen, wie zum Beispiel dieser Kommentar zeigt: „Andererseits kann dieser Begriff (Unternehmer im Unternehmen) auch so gemeint sein, dass die Tugenden eines Unternehmers auch innerhalb eines Großbetriebs gewinnbringend eingesetzt werden können. Jedoch fehlt auch bei diesem Ansatz der wichtige Punkt des Mutes zur Eigeninvestition, die den Unternehmer erst kennzeichnet.“
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
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Auswertung zu Unternehmerfunktionen bei Unternehmern im Unternehmen: Entdecken von Chancen
Beispiele von Feedbackbeiträgen: Entdecken von Chancen
„Die Automobilhersteller haben sich in der letzten Zeit mit immer mehr im Fahrzeug enthaltenen Funktionen überboten. Meiner Meinung nach wurden dabei die Bedürfnisse der Kunden aus den Augen verloren, denn wer will sich schon durch eine Bedienungsanleitung mit der Dicke eines Telefonbuches quälen?“ „Unternehmen wie Opel müssen in Bezug auf diese "Überflutung" natürlich immer auch einen Kompromiss finden - zwischen dem Erfinden neue Funktionen und dem Weglassen unnötiger „alter“ Features auf der einen und den Kosten auf der anderen Seite.“ „Sicherlich liegt dies auch daran, dass große Unternehmen eher darauf setzen ein altes Produkt, das sich bereits in großer Stückzahl verkauft hat, und das auch bereits in allen Vorzügen bekannt ist, weiter zu entwickeln, weil man weiß, dass man damit gute Einnahmen erzielt.“ „Zunächst war es sehr interessant zu erfahren, dass der Preis zur Entwicklung eines Medikamentes ca. 800 Millionen Euro beträgt, bei einer Entwicklungszeit von 7 bis 11 Jahren. Entsprechend hohe Margen sind dann zur Finanzierung der Entwicklung notwendig.“ „Wenn ich Herrn Professor Felcht richtig verstanden habe, dann sieht er die Rolle Deutschlands in seinem Unternehmen langfristig hauptsächlich als Forschungsstandort und als Hauptsitz der Firma, von der das Kapital für die zahlreichen ausländischen Tochterfirmen stammt, in denen dann produziert wird.“ „Inzwischen habe ich aber oft den Eindruck, dass es keine neuen Technologien in der letzten Zeit gibt, sondern dass nur Verfeinerungen bereits vorhandener Entwicklungen stattfinden.“ „Außer im Bereich der Medizin (...) oder Biologie (...) gibt es doch kaum noch "echte" Innovationen, die in keiner Weise vorab bekannt waren. Vielmehr ist es heutzutage die Verbesserung und Weiterentwicklung eines bereits bestehenden Produktes oder einer verfügbaren Methode, die eine Innovation ausmachen.“ Abbildung 48: Auswertung zu Unternehmerfunktionen bei Unternehmern im Unternehmen: Entdecken von Chancen
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4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
Beispiele von Feedbackbeiträgen: Durchsetzen von Innovationen
Auswertung zu Unternehmerfunktionen bei Unternehmern im Unternehmen: Durchsetzen von Innovationen „Das ist es ja gerade, was ich an den großen Unternehmen immer wieder kritisieren muss: Die Manager denken einfach zu kurzfristig! (...) Es soll ja auch in den Vorstandsetagen Leute geben, die länger vorausdenken können als nur für die nächsten paar Jahre und diese Problematik möglicherweise erkannt haben. Ich nehme an, dass Herr Forster zu der Gruppe gehört. Dafür spricht ja schon seine Aufgabe, Opel als Marke langfristig wieder zu alter Stärke zurückzuführen, was ja ein sehr lang andauernder Vorgang ist.“ „Das ist ein wesentlicher Punkt, leider ist es in den USA aber immer noch in Mode sehr kurzfristig zu planen. Wenn bei regelmäßigen Analysen des Geschäftes (z.T. alle 3 Monate) die "besten" Manager belohnt werden führt das natürlich dazu, dass längerfristige Planung sich für die Entscheidungsträger nicht rechnet.“ „Aber genau dieser Tatsache sind sich ja wohl auch die Manager bewusst, die die Entscheidungen über den Produktionsstandort treffen. Diese wissen doch ganz genau, dass sie selbst auch eine gewisse Verantwortung für den inländischen Markt tragen, und deshalb auch gewisse Dinge in Kauf nehmen müssen, um diesen Markt aufrecht zu erhalten.“ „Besonders beeindruckt hat mich die Tatsache, dass es möglich ist, derart zielstrebig an den zukünftigen (gewünschten) Eigenschaften der Marke Opel zu arbeiten: Qualität, Dynamik, Vielseitigkeit, Kreativität und Partnerschaftlichkeit.“ „Meiner Meinung nach haben es Pharma-Unternehmen wie ALTANA, zusätzlich über die Entwicklung eines neuen Produktes hinaus, viel schwieriger, dieses dann auch abzusetzen bzw. zu verkaufen. Allein der rechtliche Bereich ist durch die vielen Gesundheitsbestimmungen durch den Gesetzgeber viel komplexer als z.B. für einen Handyhersteller. Noch hinzukommt, dass diese Gesetzeslage von Staat zu Staat sehr unterschiedlich ist, was es, wie bereits erwähnt, nicht unbedingt leichter macht neue Märkte zu erschließen.“
Abbildung 49: Auswertung zu Unternehmerfunktionen bei Unternehmern im Unternehmen: Durchsetzen von Innovationen
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
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Beispiele von Feedbackbeiträgen: Koordinieren von Ressourcen
Auswertung zu Unternehmerfunktionen bei Unternehmern im Unternehmen: Koordinieren von Ressourcen „Wie aber schafft dies die Truppe unter Herrn Forster. Ich will kurz eine Zusammenfassung über die fünf Markenwerte geben, die Opel wieder auf Kurs bringen und eine Imageverbesserung erreichen sollen: (...) Ich denke ein hervorragendes Konzept. Das Problem ist und wird vor allem die Umsetzung sein.“ „Ich fand besonders interessant, dass die Altana Group sich so sehr auf ihre gewinnbringenden Kerngebiete festgelegt hat. Diese Konzentration auf Kernkompetenzen ist ja durchaus üblich, wie wir bereits gehört haben. Mich würde allerdings interessieren, inwieweit die Altana dieses Konzept auch in tieferen Strukturen durchzieht. Gerade im Pharmamarkt wird ja oft jahrelang geforscht, ohne dass man dann auf ein profitables Ergebnis kommt.“ „Außerdem ist mir aufgefallen, dass auch Herr Bischoff mal wieder von der guten Unternehmenskultur (...) gesprochen hat. Er meinte, dass es das Ziel sei die Mitarbeiter soweit zu bringen, dass sie nur noch Entscheidungen treffen, die sie auch treffen würden, wenn es ihr Unternehmen, ihr Geld wäre; dann sei das Unternehmen erfolgreich.“ „Für den Unternehmer im Grossunternehmen gab es auch wieder klare Punkte, wie Motivation der Mitarbeiter, und deutlich wurde auch, dass eine Hierarchie in diesem Kontext nicht so schön ist. Ich finde es gut, dass jeder Mitarbeiter auch die Pflicht hat, seine Sichtweise zu sagen, und dass seine Kenntnisse gebraucht werden. Wenn eine Entscheidung getroffen wird, versteht der Mitarbeiter dann auch, dass Verantwortung übernommen wird.“ „Mir hat Dr. Bischoffs Vortrag sehr gut gefallen, vor allem seine Vorstellungen von einer Chef-Mitarbeiter-Beziehung. Nur wenn konstruktive Kritik möglich, ja sogar gefordert wird, findet doch erst eine Auseinandersetzung miteinander statt. Dabei entstehen meiner Erfahrung nach die besten Ideen und Lösungen. Wenn ein Chef allerdings nur Befehle erteilt, ohne auf seine Mitarbeiter einzugehen, werden diese doch nur ihren Teil stur abarbeiten.“
Abbildung 50: Auswertung zu Unternehmerfunktionen bei Unternehmern im Unternehmen: Koordinieren von Ressourcen
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4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
Beispiele von Feedbackbeiträgen: Tragen von Risiken
Auswertung zu Unternehmerfunktionen bei Unternehmern im Unternehmen: Tragen von Risiken „Herr Dr. Bischoff hat ausgeführt, dass ein Unternehmer derjenige sei, egal ob selbständig oder angestellt, der ein kalkuliertes Risiko für sein eigenes Vermögen, seine eigene Position oder seine eigene Beschäftigung eingeht. Prinzipiell kann ich dem nur zustimmen. Wenn man sich aber manche Entwicklungen auf dem Markt der Vorstandsvorsitzenden großer Aktiengesellschaften ansieht, fühlt man sich wie in der Fussball-Bundesliga, in der auch Trainer an einem Tag wegen schlechter Leistungen entlassen werden und sofort am nächsten Tag wieder einen Job bei einem anderen Bundesligisten antreten.“ „Ich bin mir daher unsicher, ob man das Risiko des angestellten Unternehmers (in einer gewissen Position) wirklich mit dem des selbständigen Unternehmers vergleichen kann, der unter Umständen im Konkursfall wirklich sein ganzes Geld verliert.“ „Ich ziehe für mich den Schluss, dass es den Unternehmer im Unternehmen nicht gibt, wohl aber quasi ein Übergang vom Angestellten zum Unternehmer stattfindet, je mehr Verantwortung man in einem Unternehmen übernimmt. Andererseits zeigen jedoch horrende Millionenabfindungen für (sogar gefeuerte) Top-Manager, dass selbst der Vorstandsvorsitzende weit vom "echten" Unternehmer mit all dem Risiko und der Verantwortung, die dieser zu tragen hat, entfernt ist - eigentlich nicht die gleiche Liga.“ „Andererseits kann dieser Begriff (Unternehmer im Unternehmen) auch so gemeint sein, dass die Tugenden eines Unternehmers auch innerhalb eines Großbetriebs gewinnbringend eingesetzt werden können. Jedoch fehlt auch bei diesem Ansatz der wichtige Punkt des Mutes zur Eigeninvestition, die den Unternehmer erst kennzeichnet.“
Abbildung 51: Auswertung zu Unternehmerfunktionen bei Unternehmern im Unternehmen: Tragen von Risiken
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
4.4
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Empirische Ergebnisse III: Auswertungen der Reflexion
Nachdem in Kapitel 4.2 die zwölf Präsentationen und die dazugehörigen Feedbackbeiträge anhand eines Kommunikationsmodells systematisiert und diskutiert sowie dabei Unterschiede in der Kommunikation von Unternehmertum zwischen Gründern, Unternehmern und Unternehmern im Unternehmen aufgezeigt wurden, konzentrierte sich in Kapitel 4.3 die Auswertung vertieft auf die Fragestellung, welches Bild sich die Empfänger von den unternehmerischen Tätigkeiten bei den einzelnen Unternehmertypen machen. Die Analysen der Forenbeiträge, die anhand der Unternehmerfunktionen ausgeführt werden, geben weitere Aufschlüsse, inwieweit Gründer, Unternehmer und Unternehmer im Unternehmen als Botschafter für das unternehmerische Denken und Handeln agieren. In Kapitel 4.4 werden nun die Reflexionen der Empfänger zur Kommunikation von Unternehmertum ausgewertet. Für die Datenerhebung wurden die Studierenden und Wissenschaftler aufgefordert, nach Beendigung der Präsentationen eine schriftliche Zusammenfassung abzugeben, in der sie ihre Schlussfolgerungen zum Thema Unternehmertum und ihre persönliche Einschätzung zu der eigenen möglichen unternehmerischen Laufbahn beschreiben. Ziel der Auswertung ist es, Hinweise auf die Motivation oder gar auf erste Schritte zum unternehmerischen Handeln zu bekommen. Dabei ist von besonderem Interesse, welchen Einfluss die Präsentationen der Gründer, Unternehmer und Unternehmer im Unternehmen auf die Studierenden und Wissenschaftler haben. Bei der Auswertung der Reflexionen wird wieder auf die Systematisierung der drei Unternehmertypen zurückgegriffen. Dies hat zum einen den Vorteil, dass zu den einzelnen Gruppen passende Schlussfolgerungen deutlich hervorgehoben werden können. Zum anderen kann mit der Strukturierung einfach aufgezeigt werden, welche Ambitionen und Aktivitäten die Studierenden und Wissenschaftler haben, um eine Laufbahn als Gründer, Unternehmer oder Unternehmer im Unternehmen einzuschlagen. Nachteilig an dieser Systematisierung ist jedoch, dass es in vielen Gedankengängen, die in den einzelnen Reflexionen geäußert werden, zu inhaltlichen Überschneidungen kommt und eine eindeutige Zuordnung oft schwierig ist. In der Auswertung werden deshalb Themenschwerpunkte, die besonders ausführlich oder intensiv diskutiert werden, zusammengefasst und beleuchtet.
4.4.1
Auswertung der Reflexion bezüglich Gründer
Bei den Reflexionen werden oft Aussagen zu den Herausforderungen und der persönlichen Bereitschaft, ein Unternehmen zu gründen, gemacht. Dabei stehen Themen wie
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4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
Schwierigkeiten beim der Unternehmensgründung, die persönliche Motivation zur Gründung, aber auch klare Absagen an ein Gründungsvorhaben im Vordergrund. In einigen Reflexionen werden Hinweise gegeben, dass die Gründung eines Unternehmens als ein sehr komplexer Prozess betrachtet wird, der schwer zu überblicken und durchzuführen ist. In diesem Zusammenhang wird auch darauf hingewiesen, dass sich die Personen für den Aufbau eines Start-ups nicht genügend vorbereitet sehen und überfordert fühlen: „Ich fühle mich dazu viel zu unvorbereitet und unwissend, und deshalb bewundere ich gerade Menschen wie Herrn Vilsmeier, die sich das schon nach dem Abitur zutrauen bzw. von Null anfangen und sich alles selbst aneignen und erarbeiten.“ Zudem verweisen einige Beitragsschreiber darauf, dass sie bereits eigene Erfahrungen in Start-ups als Mitarbeiter gemacht haben oder sogar erste Schritte zu einer Gründung unternommen haben, jedoch von der Komplexität und aufkommenden rechtlichen und verwaltungstechnischen Fragestellungen abgeschreckt wurden: „Wir waren völlig euphorisch, wie es nur zwei Studenten sein können, die bei einer Gründung nur eins im Sinn haben: endlich das Firmenlogo an die Tür kleben. Nachdem wir jedoch an einem einwöchigen kostenlosen Gründungsseminar beim Arbeitsamt teilgenommen hatten, haben wir uns an die Gründung schlicht nicht mehr getraut. Und was es alles dabei zu beachten gilt!“ In den Reflexionen werden jedoch auch zahlreiche Aussagen gemacht, in denen eine große Motivation zur Gründung eines Unternehmens zum Ausdruck gebracht wird. Darin wird auf die „Packen-wir-es-an-Mentalität“, die „Leidenschaft“ und den „großen Optimismus“ sowie die Möglichkeit, sich zu verwirklichen, verwiesen. Zudem wird auch das Thema Übernahme von Risiko thematisiert, wie beispielsweise: „Eine Unternehmensgründung ist kein „Hop oder Top“ Geschäft.“ Darüber hinaus wird in zahlreichen Reflexionen angekündigt, verstärkt auf die Chancenerkennung zu achten und „nach einer Möglichkeit in die Selbständigkeit zu suchen.“ Dabei wird auch von den Beitragsverfassern herausgestellt, dass zum einen der gleiche akademische Hintergrund und zum anderen der geringe Altersunterschied zu einigen der Referenten anspornt: „Insgesamt schaffte die Vorlesungsreihe etwas sehr Wichtiges: Sie motivierte mich, da durch die teilweise sehr jungen Referenten einem vor Augen gehalten wird, dass man selbst in einigen Jahren dort unten stehen könnte, wenn man mit viel Elan und Ideenwitz versucht, etwas zu erreichen.“ und „Durch die Erfahrungsberichte der Unternehmensgründer, von denen einige im Laufe ihres Studiums Station an der TUM gemacht hatten, wurde mir klar, dass Industrie und Wirtschaft nicht nur Diplombetriebswirten vorbehalten sind, sondern dass auch Naturwissenschaftler dort eine Chance haben und sogar in der Führung Fuß fassen können.“ In vielen Reflexionen werden jedoch auch klare Absagen an ein Gründungsvorhaben getätigt. Darin wird allerdings oft große Anerkennung für den Mut, das Engagement und die Leistungsbereitschaft von Unternehmensgründern geäußert: „Andererseits fand ich es
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überwältigend, mit welcher Euphorie manch Firmengründer sein Lebenswerk vorstellte. Ich habe noch nie einen Angestellten (sprich Arbeitnehmer) mit solchem Enthusiasmus über seine Arbeit reden hören!“ Abschreckend wirken vor allem das hohe finanzielle Risiko und die starke zeitliche Belastung, die eine Unternehmensgründung mit sich bringt: „Aus den Erzählungen, insbesondere von Herrn Vilsmeier und Herrn vom Scheidt, wurde mir auch klar, dass alles andere im Leben neben dem eigenen Unternehmen zurückstehen muss. Das ist auch etwas, was mich als überzeugten Familienmenschen und Sportler vom „Unternehmen Unternehmen“ abhalten würde. Ich finde es unheimlich schade, dass dies nicht zu vereinbaren ist, aber es ist wohl nicht zu ändern.“ Besonders häufig wird in Reflexionsbeiträgen von Frauen die Problematik angesprochen, dass sich der volle Einsatz für ein Start-up nur schwer mit der Gründung einer Familie kombinieren lässt.
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4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
Auswertung der Reflexion bezüglich Gründer: Schwierigkeiten beim Gründen
Schwierigkeiten beim Gründen
„An sich hatten alle Referenten eine starke und überzeugende Persönlichkeit und standen vor allem hundertprozentig hinter der eigenen Idee, was ein absolutes Muss ist. Ich persönlich bin mir nicht sicher, ob ich selbst ein Unternehmen gründen möchte, obwohl es wahrscheinlich keine erfüllendere Arbeit gibt, als seine eigene Idee wachsen zu sehen und in die Tat umzusetzen. Ich fühle mich dazu viel zu unvorbereitet und unwissend, und deshalb bewundere ich gerade Menschen wie Herrn Vilsmeier, die sich das schon nach dem Abitur zutrauen bzw. von Null anfangen und sich alles selbst aneignen und erarbeiten.“ „Im Frühjahr 2002 hatte ich zusammen mit einem Kommilitonen konkrete Pläne, eine Softwarefirma zu gründen. Dies sollte eine Partnerschaftsgesellschaft werden, wir hatten vor, langsam in die Sache hineinzuwachsen. Wir waren völlig euphorisch, wie es nur zwei Studenten sein können, die bei einer Gründung nur eins im Sinn haben: endlich das Firmenlogo an die Tür kleben. Nachdem wir jedoch an einem einwöchigen kostenlosen Gründungsseminar beim Arbeitsamt teilgenommen hatten, haben wir uns an die Gründung schlicht nicht mehr getraut. Und was es alles dabei zu beachten gilt! Steuern, Steuererklärung, Verlustabschreibung und diverse Freibeträge sowie Versicherungen. Hier gibt es Fragen wie: „Lohnt sich der Wechsel in eine private Kasse, sobald man selbständig ist?“ oder „Brauche ich eine Berufshaftpflicht und/oder eine Produkthaftpflicht, wie sieht es überhaupt mit der Haftung im Schadensfalle aus?“ Herr Vilsmeier hat in seinem Vortrag zu Beginn der Vorlesung spannend erzählt, wie er – noch völlig grün hinter den Ohren – in die Selbständigkeit sprang. Von den oben genannten Details, die man bei einer Gründung beachten sollte, hatte er wenig Ahnung. Ohne ein Risiko einfach einzugehen, kommt man als Gründer nicht weit.“ „Mir hat diese Vorlesung etwas von den Vorbehalten genommen, die ich gegenüber Start-ups hatte. Diese Vorurteile begründen sich auf das teilweise dilettantische Geschäftsgebaren der Start-ups der Dotcom-Blase. Ich habe selbst miterlebt, wie im Jahr 1999 und 2000 in einem Start-up-Unternehmen gewirtschaftet wurde.“ Abbildung 52: Auswertung der Reflexion bezüglich Gründer: Schwierigkeiten beim Gründen
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Auswertung der Reflexion bezüglich Gründer: Motivation zur Gründung
Motivation zur Gründung
„Ich denke, alle haben davon profitiert, Unternehmer bei der „Packen-wir-es-an“Mentalität zu beobachten. Wie ich bereits erwähnte, war die Vorlesung motivierend, sich selbständig zu machen. Wir brauchen wieder Menschen, die auch bereit sind Risiko und Verantwortung auf sich zu nehmen, anstatt sich zurückzulehnen und sich in einem Angestelltensessel auszuruhen.“ „Das Wichtigste, das ich aus der Vorlesung mitnehme, ist das Gefühl, dass es möglich ist, selbst ein Unternehmen zu gründen und damit auch Erfolg zu haben. Eine Unternehmensgründung ist kein „Hop-oder-Top“-Geschäft, also entweder habe ich Erfolg oder ich bin finanziell ruiniert, es gibt Wege, wie ich trotz einer gescheiterten Unternehmensgründung einfach weitermachen kann. Für mich persönlich ist diese Erkenntnis neu und unglaublich motivierend.“ „Im Überblick über die komplette Reihe muss man leider sagen, dass viele Referenten einfach an ihrem Thema vorbeiredeten und damit ein wenig Unmut bei den Zuhörern erzeugten. Andere wirkten durch ihre Art so überheblich und arrogant, dass man nicht mehr zuhören konnte. Im Großen und Ganzen konnte ich dennoch einige Aspekte mitnehmen, die mich sicherlich mein Leben begleiten und mir bei meinen Bemühungen, eine eigene Firma zu gründen, helfen werden. (...) Insgesamt schaffte die Vorlesungsreihe etwas sehr Wichtiges: Sie motivierte mich, da durch die teilweise sehr jungen Referenten einem vor Augen gehalten wird, dass man selbst in einigen Jahren dort unten stehen könnte, wenn man mit viel Elan und Ideenwitz versucht etwas zu erreichen.“ „Selbst ich als Finanzmathematiker bin motiviert, nach einer Möglichkeit in die Selbständigkeit zu suchen. Motivation, fundiertes Wissen durch solche Veranstaltungen und Optimismus sind die ideale Voraussetzung für unsere Zukunft.“ „Zusammenfassend stelle ich fest, dass diese Vorlesung mich in die Welt der Unternehmensgründer führte und mir trotz der gegenwärtigen schlechten Wirtschaftslage nicht den Mut und die Hoffnung nahm, mich mit einer wirklich innovativen Idee selbständig machen zu können.“ Abbildung 53: Auswertung der Reflexion bezüglich Gründer: Motivation zur Gründung
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4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
Absage an ein Gründungsvorhaben
Auswertung der Reflexion bezüglich Gründer: Absage an ein Gründungsvorhaben „Allerdings ist eine Botschaft, die ich aus der Vortragsreihe mitgenommen habe: „Stehe mit deinem ganzen Herzblut hinter deiner Idee, dann wirst du Erfolg haben“. (...) Es gibt natürlich sehr viele Hindernisse und auch genügend trotz Durchhaltevermögen gescheiterte Unternehmensideen, aber ich denke, im Prinzip ist das schon eine richtige Botschaft. Gleichzeitig mit dieser Erkenntnis wurde ich mir in den letzten Wochen aber auch bewusst, dass ich wahrscheinlich nicht der Typ für eine Unternehmensgründung bin, da ich im Moment keine überzeugende Idee habe, die diese Art von Einsatzbereitschaft und Durchhaltevermögen in mir auslösen könnte. Wie schon aus obigem Satz deutlich wird, denke ich, dass man mehr als hundertprozentig hinter seinem Traum stehen muss, um ihn verwirklichen zu können. Aus den Erzählungen, insbesondere von Herrn Vilsmeier und Herrn vom Scheidt, wurde mir auch klar, dass alles andere im Leben neben dem eigenen Unternehmen zurückstehen muss. Das ist auch etwas, was mich als überzeugten Familienmenschen und Sportler vom „Unternehmen Unternehmen“ abhalten würde. Ich finde es unheimlich schade, dass dies nicht zu vereinbaren ist, aber es ist wohl nicht zu ändern.“ „Ich habe mich im Verlauf der Veranstaltung immer wieder gefragt, ob ich persönlich „das Zeug zum Unternehmer“ habe. Im Ganzen muss ich dies verneinen, da ich erkannt habe, dass ich manche dieser persönlichen Eigenschaften nicht habe und auch nicht bereit bin, die großen persönlichen Opfer, die mir abverlangt würden, zu erbringen.“ „Wenn ich von diesem Standpunkt aus heute die Möglichkeit hätte ein Unternehmen zu gründen, würde ich mich (da ich mich als sehr realistischen Menschen einstufe) wahrscheinlich dagegen entscheiden. Andererseits fand ich es überwältigend, mit welcher Euphorie manch Firmengründer sein Lebenswerk vorstellte. Ich habe noch nie einen Angestellten (sprich Arbeitnehmer) mit solch Enthusiasmus über seine Arbeit reden hören! Daher glaube ich, dass diese Begeisterung nur durch außergewöhnliche Identifikation mit dem Unternehmen (d.h. Gründer der Firma) entstehen kann.“ Abbildung 54: Auswertung der Reflexion bezüglich Gründer: Absage an ein Gründungsvorhaben
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
4.4.2
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Auswertung der Reflexion bezüglich Unternehmer
Bei den Auswertungen der Reflexionen bezüglich der Unternehmer ist zunächst auffällig, dass oft über die De-Mystifizierung des Unternehmers und die Frage, ob man zum Unternehmer berufen ist oder nicht, geschrieben wird. Zudem wird in einigen Beiträgen auf die spezielle Situation eingegangen, dass einige der Reflexionsgeber aus Unternehmerfamilien stammen oder gar bereits ein eigenes Unternehmen führen. Darüber hinaus wird das Thema Kundenorientierung betont und Rückschlüsse auf die eigene Karriere gezogen. Einige Reflexionen weisen darauf hin, dass die Studierenden und Wissenschaftler vor den Präsentationen keine konkrete Vorstellung von Unternehmern hatten. Oft werden auch in den Beiträgen Hinweise gegeben, dass diese „Übermenschen“ ein negatives Image haben und Neid auslösen. Ein Vorurteil, das beispielsweise genannt wird, ist, dass Unternehmer Menschen sind, „die die Lizenz zum Geld drucken haben.“ Der Kontakt zwischen den Personengruppen kann zur De-Mystifizierung des Unternehmers beitragen, wie der folgende Kommentar zeigt: „Vor dieser Vorlesung waren Unternehmer Personen, die weit über einem schwebten und mit Beträgen hantierten, die einem selbst zu astronomisch waren. Man selbst konnte sich nicht vorstellen, dass die Möglichkeit für einen selbst besteht, zu einem solchen Unternehmer zu werden. Die Vorträge haben mit dem Vorurteil aufgeräumt und die Unternehmer als ganz normale Menschen dargestellt (...).“ In vielen Forenbeiträgen werden auch die nötigen persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten eines Unternehmers angesprochen und die Frage aufgeworfen, ob man sich persönlich zum Unternehmer entwickeln kann. Dabei wird eine Reihe von „Tugenden“ genannt, die ein Unternehmer mitbringen muss, wie „Offenheit“, „Lernfähigkeit“, „Durchhaltevermögen“ und „Selbstbewusstsein“. Die Frage, ob Unternehmertum eine Berufung ist, bleibt offen, wie die folgenden beiden Beiträge zeigen: „Ich denke deshalb, dass man in gewissem Maße einfach zum Unternehmer geboren sein muss.“; „Hat man also keine Chance erfolgreich zu sein, wenn man das Unternehmertum nicht bereits „im Blut“ hat? Meiner Ansicht nach hat dieser Vortrag gezeigt, dass nicht alles von Anfang an da ist, denn man konnte auch sehen, dass Herr Vilsmeier auch nicht alles von Anfang an richtig gemacht hat, sondern auch einen Lernprozess durchlaufen hat, als er nicht nur Erfolge, sondern auch Rückschläge einstecken musste.“ Eine Teilgruppe, die sich im Zuge der Auswertung der Reflexionen hervorgehoben hat, sind Personen, die aus einer Unternehmerfamilie stammen oder bereits ihr eigenes Unternehmen gegründet haben. Aufgrund des familiären Hintergrundes und der teilweise selbst gemachten Erfahrungen haben sie bereits Einblicke in die Tätigkeit als Unternehmer bekommen und Vorstellungen zu „Vor- und Nachteilen der Selbständigkeit“ entwickelt. Die Kinder von Unternehmern stehen oft vor der Herausforderung, in dem elterlichen Betrieb mitzuwirken
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4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
und diesen später gegebenenfalls zu übernehmen: „Bei mir persönlich hat diese Vorlesung dazu beigetragen, dass umfangreiche Diskussionen mit meinem Vater über die Schwächen und Potentiale des elterlichen Familienunternehmens geführt und mögliche Lösungsansätze erarbeitet wurden.“ Ein weiteres Schwerpunktthema in den Reflexionen, das sich bereits in den Feedbackbeiträgen abgezeichnet hat,233 ist die Betonung der Kundenorientierung. Da es sich bei dem Kreis der Beitragsschreiber zum großen Teil um Personen mit einem naturwissenschaftlichen oder technischen Hintergrund handelt, ist die Gefahr einer zu stark technologischen Sichtweise und einer zu geringen Berücksichtigung des Kunden gegeben. Im folgenden wird dazu der Veränderungsprozess beschrieben, den einer der Empfänger durch die unternehmerischen Präsentationen erlebt hat: „Falls ich überhaupt je den Mut gehabt hätte, eine eigene Firma zu gründen, dann wäre ich sehr wahrscheinlich ein Technologie fixierter Unternehmer geworden, dem die technische Perfektion des eigenen Produkts wichtiger ist, als der eigentliche Kundennutzen. In der Vorlesung habe ich gelernt, den Kunden mit anderen Augen zu sehen.“
233
Vgl. Kapitel 4.3.
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
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De-Mystifizierung des Unternehmers
Auswertung der Reflexion bezüglich Unternehmer: De-Mystifizierung des Unternehmers „Die Vorträge erfolgreicher Unternehmer machten Mut, in einer Zeit wachsender Arbeitslosigkeit auch die Alternative zu haben, selbst Arbeit zu schaffen, indem man selbständig wird. Vor dieser Vorlesung waren Unternehmer Personen, die weit über einem schwebten und mit Beträgen hantierten, die einem selbst zu astronomisch waren. Man selbst konnte sich nicht vorstellen, dass die Möglichkeit für einen selbst besteht, zu einem solchen Unternehmer zu werden. Die Vorträge haben mit dem Vorurteil aufgeräumt und die Unternehmer als ganz normale Menschen dargestellt, die zwar mit großen Beträgen hantieren, jedoch dies tun müssen, um ihr Unternehmen zu finanzieren. Durch die Entzauberung dieser unheimlich erscheinenden Summen rücken die Unternehmer viel mehr ins richtige Licht, sie wurden zu Menschen, die vor allem mit einer Menge Problemen zu tun haben und nicht, wie man vielleicht oft gerne meint, Menschen, die die Lizenz zum Geld Drucken haben.“ „Vorträge von erfolgreichen Unternehmern und Menschen in Führungspositionen sind für mich immer wieder eine besondere Erfahrung. (...) Es war schön zu sehen, dass jede dieser Persönlichkeiten menschliche Schwächen und Fehler hat. Es sind in diesem Sinne keine „Übermenschen“. Die Identifikation wird dadurch erheblich erleichtert.“ „Alles in allem finde ich diese Vorlesungsreihe sehr gelungen und bereichernd. Der direkte Kontakt zu wichtigen Persönlichkeiten aus der Wirtschaft hat mir die Angst genommen ihnen direkt gegenüber zu treten. Diese Aura der Unerreichbarkeit hat sich aufgelöst. Ich war wirklich erstaunt, wie „normal“ Millionäre sein können, und doch habe ich viel von ihnen gelernt. Und wenn man glaubt, dass ein guter Rat zehn Bücher ersetzen kann, dann habe ich in der letzten Zeit in diesem Sinne ziemlich viele Bücher gelesen.“
Abbildung 55: Auswertung der Reflexion bezüglich Unternehmer: De-Mystifizierung des Unternehmers
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4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
Auswertung der Reflexion bezüglich Unternehmer: Berufung zum Unternehmer
Berufung zum Unternehmer
„Stefan Vilsmeier und Herr Muth brachten mir das Leben eines Unternehmers nahe, und welche Schwierigkeiten einen bei der tatsächlichen Umsetzung eines Unternehmens erwarten. Durch ihre Vorträge bin ich zu der Erkenntnis gekommen, dass es ein weiter Weg von der Idee bzw. dem Businessplan zum rund laufenden Geschäft ist. Aber sie haben mir auch Mut gemacht, dass sich mit Wagemut auch anfangs unlösbar scheinende Probleme lösen lassen. (...) Die Vorlesung hat meine Ansicht über das Unternehmertum stark beeinflusst. Ich sehe den Beruf des Unternehmers jetzt als tatsächlichen Beruf, und noch mehr als Berufung. Echte Gründerpersönlichkeiten wurden zum Greifen nah, was Mut für eigene Unternehmungen macht.“ „Ich denke deshalb, dass man in gewissem Maße einfach zum Unternehmer geboren sein muss. Auf der Seite von AeroLas habe ich dazu ein passendes Zitat gefunden: „Unsere größte Schwäche liegt im Aufgeben. Der sicherste Weg zum Erfolg ist immer, es doch noch einmal zu versuchen (Thomas Alva Edison)“. Und ich denke, dass das einen Unternehmer ausmacht, dass er an seine Idee glaubt und sie nicht so schnell aus den Augen verliert.“ „Als dann Herr vom Scheidt, ein sehr sympathischer Zeitgenosse, seine Erfolgsgeschichte präsentierte, war ich doch sehr beruhigt. Solche Menschen sind mir sympathisch und da lasse ich mich auch dann eher überzeugen, diesen etwas abzukaufen. Und hier komme ich wieder zu dem Punkt zurück, den ich oben bereits schon einmal erwähnte. Nicht nur hinter den Büchern sitzen und lernen, sondern auch rausgehen, mit den Menschen reden, andere Sachen erleben, nur so bekommt man die so genannten Sekundärtugenden vermittelt.“ „Hat man also keine Chance erfolgreich zu sein, wenn man das Unternehmertum nicht bereits „im Blut“ hat? Meiner Ansicht nach hat dieser Vortrag gezeigt, dass nicht alles von Anfang an da ist, denn man konnte auch sehen, dass Herr Vilsmeier auch nicht alles von Anfang an richtig gemacht hat, sondern auch einen Lernprozess durchlaufen hat, als er nicht nur Erfolge, sondern auch Rückschläge einstecken musste.“ Abbildung 56: Auswertung der Reflexion bezüglich Unternehmer: Berufung zum Unternehmer
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
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Prägung durch das Familienunternehmen
Auswertung der Reflexion bezüglich Unternehmer: Prägung durch Familienunternehmen „Da ich aus einer Unternehmerfamilie komme, spiele ich schon seit jeher mit dem Gedanken, mich irgendwann mal mit der „richtigen Idee“ selbständig zu machen. Weil ich von Kindesalter an hinter die Kulissen eines Unternehmens blicken durfte und musste (auch durch aktive Mitarbeit) und somit die Vor- und Nachteile der Selbständigkeit aus „erster Hand“ erfahren durfte...“ „Bei mir persönlich hat diese Vorlesung dazu beigetragen, dass umfangreiche Diskussionen mit meinem Vater über die Schwächen und Potentiale des elterlichen Familienunternehmens geführt und mögliche Lösungsansätze erarbeitet wurden. Viel wichtiger ist allerdings die Tatsache, dass mir gezeigt wurde, dass durchaus ein Potential als Entrepreneur vorhanden ist. Man muss nur die Initiative ergreifen, denn es reicht nicht abzuwarten, bis sich irgendwann eine Gelegenheit bietet.“ „Da ich selbst aus einer Kleinunternehmerfamilie stamme, waren viele Vorträge für mich eine Suche nach Parallelen zu den eigenen Erfahrungen. Was unmissverständlich klar wurde, und diese Meinung teile ich auch, ist, dass Deutschland weiterhin ein problematisches Land zur Unternehmensgründung ist, mal ganz abgesehen von den Standortnachteilen.“ „Wie ich auch schon durch die Arbeit in meinem eigenen Unternehmen „aerosecure“ erfahren konnte, ist der unternehmerische Prozess mit der Entdeckung einer Geschäftsidee noch lange nicht beendet oder der Weg vorgezeichnet. Vielmehr beginnt an dieser Stelle erst die unternehmerische Aufgabe.“
Abbildung 57: Auswertung der Reflexion bezüglich Unternehmer: Prägung durch Familienunternehmen
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4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
Betonung der Kundenorientierung
Auswertung der Reflexion bezüglich Unternehmer: Betonung der Kundenorientierung „Für mich persönlich bedeutet das: Wenn sich in meinem Leben irgendwann mal die Frage stellt, eine eigene Firma zu gründen, ich mir aber nicht ganz sicher bin, werde ich es auf jeden Fall versuchen! Schon allein im Hinblick auf diese Erkenntnis hat sich der Besuch der Vorlesung allemal bezahlt gemacht. Wenn ich vom jetzigen Standpunkt daran zurückdenke, wie ich mir die Gründung beziehungsweise Leitung einer Firma vor der Teilnahme an dieser Vortragsreihe vorgestellt habe, dann kann ich darüber nur schmunzeln. Falls ich überhaupt je den Mut gehabt hätte, eine eigene Firma zu gründen, dann wäre ich sehr wahrscheinlich ein Technologie fixierter Unternehmer geworden, dem die technische Perfektion des eigenen Produkts wichtiger ist als der eigentliche Kundennutzen. In der Vorlesung habe ich gelernt, den Kunden mit anderen Augen zu sehen.“ „Die Kundenorientierung ist der entscheidende Ansatz für erfolgreiche Unternehmen. Die wirklichen Bedürfnisse der Zielgruppe herauszufinden und dann möglichst effektiv Lösungen zu bieten, erfordern diese genannten Eigenschaften. Die Bedürfnisse genauso wie die Probleme jedoch verändern sich ständig mit der Zeit, und deswegen müssen erfolgreiche Unternehmer auch bereit sein sich ständig zu verändern. Die meisten Leute sind zu zufrieden mit sich selbst. Sie haben etwas erreicht und wollen dann keine Veränderung mehr eingehen. Sie ruhen sich sozusagen auf ihren Lorbeeren aus. Sie merken dann langsam, dass die Welt an ihnen vorbei geht, aber anstatt das Gewohnte loszulassen, um sich weiter zu entwickeln, belügen sie sich lieber selbst. Ein erfolgreicher Unternehmer kann sich das nie leisten. Er muss ehrlich zu sich selbst und anderen sein, seine Schwächen akzeptieren und immer bereit sein, etwas Neues dazu zu lernen. Diese Grundeinstellung habe ich bei Herrn Vilsmeier am stärksten gesehen und ich bin überzeugt, dass diese Eigenschaft ihm zu dem verholfen hat, was er heute ist.“
Abbildung 58: Auswertung der Reflexion bezüglich Unternehmer: Betonung der Kundenorientierung
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
4.4.3
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Auswertung der Reflexion bezüglich Unternehmer im Unternehmen
Bei den Reflexionen ist eine Reihe von Aussagen zu einer angestellten Tätigkeit und speziell zum „Unternehmer im Unternehmen“ zu finden. Darin werden unter anderem die grundlegende Sensibilisierung für die Wirtschaftswelt, der persönliche Eindruck von unternehmerischen Persönlichkeiten, die Vorbereitung auf den Berufseinstieg sowie die Anforderungen von Unternehmen an den Arbeitnehmer thematisiert. In einer Vielzahl von Reflexionen werden Hinweise gegeben, dass die Studierenden und Wissenschaftler oftmals ein mangelndes Grundverständnis von Zusammenhängen in der Wirtschaft haben. Dies gilt im Besonderen für Personen mit einem naturwissenschaftlichen oder technischen Hintergrund. Die häufig herangezogenen Fremdwörter und Fachbegriffe stellen zudem eine Barriere dar. Darüber hinaus hängt stellenweise der Wirtschafswelt ein negatives Image an: „Grundlegende Begriffe wie Bilanz oder Venture Capital hatte ich, wenn überhaupt, vielleicht mal in der Zeitung gelesen oder in den Nachrichten gehört. Eine konkrete Vorstellung, was man darunter versteht, hatte ich nicht. Vielmehr wurde ich in gelegentlichen Diskussionen mit meinen Kommilitonen des Öfteren für meine Fragen über wirtschaftliche Belange belächelt; wirtschaftliches Interesse gilt gerade in meinem Studienbereich als etwas Negatives.“ Durch die Präsentationen der unternehmerischen Persönlichkeiten wurde ein Beitrag zur Sensibilisierung der Zielgruppe für die Wirtschaftswelt geleistet: „Zusammenfassend denke ich, dass diese Vorträge mir sowohl einen breiten Einblick in verschiedene wirtschaftliche Bereiche und Branchen gegeben haben, wie auch mein Interesse geweckt haben, selber Ideen zu entwickeln und auszuprobieren.“ Zur Sensibilisierung und Motivation der Personen hat auch der direkte Kontakt mit unternehmerischen Persönlichkeiten beigetragen und ermöglicht, dass ein persönlicher Eindruck entstehen konnte: „Vergessen darf natürlich auch nicht werden, dass wir verschiedenste Management Persönlichkeiten kennen gelernt haben, die man sonst nur aus der Presse oder aus dem TV kennt. Von ihnen auch so manches Persönliche zu hören und einen kleinen Eindruck zu bekommen, wer denn die Chefs unserer Wirtschaft sind, fand ich sehr spannend.“ Mit den Präsentationen konnten auch Vorurteile abgebaut werden: „Mir persönlich haben die Vorträge gezeigt, dass im Gegensatz zum allgemeinen Glauben die meisten Geschäftsleute wohl doch Menschen sind und keine raffgierigen Ungeheuer.“ In den Reflexionen sind auch direkte Hinweise zu finden, dass aufgrund der unternehmerischen Präsentationen erste Vorbereitungen auf den Berufseinstieg aufgenommen wurden. In einem Beitrag werden dabei speziell die Themen Selbstvermarktung und Projektarbeit hervorgehoben: „Alle Referenten haben auch wiederholt betont, wie wichtig es für uns Studenten ist, bereits jetzt auf sich aufmerksam zu machen und uns geraten, sich hervorzutun durch Mitarbeit, z.B. in Projekten. Aufbauend war es zu erfahren, wie gefragt Studenten sein können, wenn sie bereits früh im Studium entsprechende Leistungen erbringen
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4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
und Engagement zeigen.“ Durch die Präsentationen der Gründer und Unternehmer sind auch kleine und mittlere Unternehmer als Arbeitgeber stärker in den Fokus der Studierenden und Wissenschaftler gerückt: „In diesem Sinne hatte die Vorlesung aber trotzdem einen großen Einfluss auf meine Zukunftspläne, da gerade hier mein Interesse für kleinere Unternehmen geweckt wurde. Ich bin jetzt eher der Meinung, dass gerade bei diesen auch für spannende Praktika, Werkstudententätigkeit oder den Berufseinstieg große Herausforderungen und Chancen liegen, die bei Weltkonzernen nicht möglich sind, da man hier eher Nummer xy unter Tausenden ist.“ Ein Studierender hat beispielsweise den Kontakt über die Präsentationen direkt genützt, um einen Platz als Werkstudent zu bekommen: „Beginnend mit der ersten Vorlesung, in der mich der sehr überzeugende Eröffnungsvortrag von Herrn Vilsmeier noch am selben Abend dazu veranlasst hat, meine Bewerbung für BrainLab zu schreiben (...). Mittlerweile arbeite ich bei BrainLab in der Radiotherapie als Werkstudent und bringe so nicht nur mein Studium der Technischen Physik voran, sondern knüpfe auch gleich erste Kontakte zu dieser sowie zu anderen Firmen...“ Neben den Hinweisen auf konkrete Maßnahmen werden in den Reflexionen auch generelle Gedanken zu einer angestellten Tätigkeit geäußert. Darin kommt zum Ausdruck, dass die Präsentationen geholfen haben, die Anforderungen der Unternehmen an Arbeitnehmer besser zu verstehen: „Durch die Vorstellung vieler Firmen wurde auch gezeigt, auf was die Firmen wirklich wert legen. Überrascht hat mich der Vorsitzende von AeroLas, der doch tatsächlich gesagt hatte, dass Noten nicht alles sind.“ Zudem zeigen einige Beiträge, dass die Studierenden und Wissenschaftler sich grundlegende Gedanken zur unternehmerischen Einstellung als Arbeitnehmer gemacht haben, wie folgendes Beispiel veranschaulicht: „Als Arbeitnehmer sollte man darauf achten, mit seinem Arbeitsumfeld zufrieden zu sein, und falls dies nicht der Fall ist, dies auch zur Sprache zu bringen. Sofern das keine Änderungen mit sich bringt, ist es wohl sinnvoller, sich eine andere Arbeitsstelle zu suchen, als jahrelang unzufrieden ein Mindestpensum zu erbringen. Wichtig ist auch, seinen Ideen Ausdruck zu verleihen, wobei auf die richtige Präsentation geachtet werden muss. Durch überdurchschnittlichen Einsatz wird man sich (zumindest bei kleineren Unternehmen) fast unersetzbar machen.“
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
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Sensibilisierung für die Wirtschaftswelt
Auswertung der Reflexion bezüglich Unternehmer im Unternehmen: Sensibilisierung für die Wirtschaftswelt „Als Physikstudent konnten meine betriebswirtschaftlichen und unternehmerischen Kenntnisse, vor der Teilnahme an dieser Vorlesung, in einem Satz zusammengefasst werden. Grundlegende Begriffe wie Bilanz oder Venture Capital hatte ich, wenn überhaupt, vielleicht mal in der Zeitung gelesen oder in den Nachrichten gehört. Eine konkrete Vorstellung, was man darunter versteht, hatte ich nicht. Vielmehr wurde ich in gelegentlichen Diskussionen mit meinen Kommilitonen des Öfteren für meine Fragen über wirtschaftliche Belange belächelt; wirtschaftliches Interesse gilt gerade in meinem Studienbereich als etwas Negatives. Mit dieser Meinung konnte ich mich noch nie anfreunden und sehe mich nach dem Besuch der Vorlesung darin mehr als bestätigt. Gerade Naturwissenschaftlern sollte man die Notwendigkeit unternehmerischen Denkens sehr früh klar machen, da sie oftmals den Schlüssel zu einer Innovation besitzen, aber aufgrund fehlender wirtschaftlicher Kenntnisse damit nichts anfangen können.“ „Der viel wichtigere Punkte für mich war jedoch, dass man durch die zahlreichen Vorträge der Gastreferenten, Leuten aus der Praxis, auf manche Punkte aufmerksam gemacht beziehungsweise sensibilisiert wurde, die man vorher noch gar nicht bemerkt hatte. So war ein für mich sehr wichtiges Thema die Führung von Mitarbeitern. Zwar war es mir klar, dass es wichtig ist sie zu motivieren, aber dass es eines der notwendigsten Dinge für ein erfolgreiches Unternehmen ist, hätte ich nicht gedacht. „Bringe Deine Mitarbeiter dazu, so zu entscheiden, als sei es ihr eigenes Geld“ war ein Kommentar von Herrn Dr. Bischoff. Aber diese Aussage zog sich wie ein roter Faden durch die Vorträge der Referenten.“ „Zusammenfassend denke ich, dass diese Vorträge mir sowohl einen breiten Einblick in verschiedene wirtschaftliche Bereiche und Branchen gegeben haben wie auch mein Interesse geweckt haben, selber Ideen zu entwickeln und auszuprobieren.“ „Für mich selbst als Physikstudent wurde während der Vorlesung die gefühlte Distanz zur Wirtschaft verringert.“ Abbildung 59: Auswertung der Reflexion bezüglich Unternehmer im Unternehmen: Sensibilisierung für die Wirtschaftswelt
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4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
Persönlicher Eindruck von unternehmerischen Persönlichkeiten
Auswertung der Reflexion bezüglich Unternehmer im Unternehmen: Persönlicher Eindruck von unternehmerischen Persönlichkeiten „Vergessen darf natürlich auch nicht werden, dass wir verschiedenste Management Persönlichkeiten kennen gelernt haben, die man sonst nur aus der Presse oder aus dem TV kennt. Von ihnen auch so manches Persönliche zu hören und einen kleinen Eindruck zu bekommen, wer denn die Chefs unserer Wirtschaft sind, fand ich sehr spannend.“ „Mir persönlich haben die Vorträge gezeigt, dass im Gegensatz zum allgemeinen Glauben die meisten Geschäftsleute wohl doch Menschen sind und keine raffgierigen Ungeheuer. Also sollte man sich als junger innovativer Unternehmer mit einer guten Idee ruhig trauen, direkt auf die Firmen zuzugehen und seine Neuheiten am besten gleich persönlich der Geschäftsstelle vorstellen.“ „Was wirklich einmalig war, waren die Erfahrungen und Geschichten der einzelnen Personen, die insgesamt über einen unglaublich reichen Schatz an unternehmerischem Denken verfügen. Motivierendes und auch Nachdenkliches, in der Gesamtheit aber durchwegs positives Denken! Viele Erfahrungen, die dargestellt wurden, wird man vielleicht einmal selber machen, und dann hilft es oft sich zu denken, ach ja, das kommt mir bekannt vor, und man kommt da auch wieder raus!“ „Es war interessant zu sehen, wie Manager „ticken“, und auf was sie zu achten haben. (...) Die Vorlesung vermittelte mir, dass ein gutes Unternehmen nicht nur aus den besten Entwicklern und Ingenieuren besteht, sondern auch sinnvoll geführt werden muss. Ich denke jeder Ingenieur oder Naturwissenschaftler soll sich so eine Vorlesung anhören, da er dann besser begreift, um was es in einem Unternehmen auch geht, und er damit für den Arbeitsmarkt wesentlich interessanter ist.“ „Interessant war auch die Tatsache, dass die Vortragenden umso mehr Abstraktionsvermögen zeigten, je größer der Betrieb war, aus dem sie kamen. In der Regel waren die Reden der Firmengründer viel zu sehr an ihrer eigenen Unternehmung orientiert, um sich auch auf allgemeine Aussagen zu verlagern. Die Vorstandsmitglieder der größeren Firmen dagegen sprachen häufiger von generellen Absichten und abstrakten Verfahren.“
Abbildung 60: Auswertung der Reflexion bezüglich Unternehmer im Unternehmen: Persönlicher Eindruck von unternehmerischen Persönlichkeiten
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
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Vorbereitung auf den Berufseinstieg
Auswertung der Reflexion bezüglich Unternehmer im Unternehmen: Vorbereitung auf den Berufseinstieg „Beginnend mit der ersten Vorlesung, in der mich der sehr überzeugende Eröffnungsvortrag von Herrn Vilsmeier noch am selben Abend dazu veranlasst hat, meine Bewerbung für BrainLab zu schreiben (...). Mittlerweile arbeite ich bei BrainLab in der Radiotherapie als Werkstudent und bringe so nicht nur mein Studium der Technischen Physik voran, sondern knüpfe auch gleich erste Kontakte zu dieser sowie zu anderen Firmen, die ich im Laufe der Vorlesung ausführlich kennen lernen und mir gleich eine Meinung über sie bilden durfte, die sich für spätere Bewerbungen als nützlich erweisen sollte. „In diesem Sinne hatte die Vorlesung aber trotzdem einen großen Einfluss auf meine Zukunftspläne, da gerade hier mein Interesse für kleinere Unternehmen geweckt wurde. Ich bin jetzt eher der Meinung, dass gerade bei diesen auch für spannende Praktika, Werkstudententätigkeit oder den Berufseinstieg große Herausforderungen und Chancen liegen, die bei Weltkonzernen nicht möglich sind, da man hier eher Nummer xy unter Tausenden ist.“ „Alle Referenten haben auch wiederholt betont, wie wichtig es für uns Studenten ist, bereits jetzt auf sich aufmerksam zu machen und uns geraten, sich hervorzutun durch Mitarbeit, z.B. in Projekten. Aufbauend war es zu erfahren, wie gefragt Studenten sein können, wenn sie bereits früh im Studium entsprechende Leistungen erbringen und Engagement zeigen.“ „Mir persönlich hat die Vorlesung einige Ideen bezüglich meiner Berufsaussichten gegeben. Auch wenn ich momentan eher eine Arbeitnehmer-Rolle anstrebe, ist es gut zu wissen, dass man sich mit viel Engagement und einigen guten Ideen am Markt als Unternehmer durchsetzen kann, sofern man den nötigen Durchhaltewillen mitbringt.“ „Jedenfalls hat mir dieses Gedankenspiel gezeigt, dass ich aufgrund meiner bisherigen naturwissenschaftlichen Ausbildung Defizite in wirtschaftlichen Belangen habe, welche ich unbedingt aufholen muss.“ Abbildung 61: Auswertung der Reflexion bezüglich Unternehmer im Unternehmen: Vorbereitung auf den Berufseinstieg
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4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
Anforderungen an den Arbeitnehmer
Auswertung der Reflexion bezüglich Unternehmer im Unternehmen: Anforderungen an den Arbeitnehmer „Durch die Vorstellung vieler Firmen wurde auch gezeigt, auf was die Firmen wirklich wert legen. Überrascht hat mich der Vorsitzende von AeroLas, der doch tatsächlich gesagt hatte, dass Noten nicht alles sind. BrainLab hat deutlich gemacht, wie wichtig internationale Kompetenz im Unternehmen heute ist. Firmen verstecken sich oft hinter Floskeln wie „Soft Skills“ oder ähnlichem. In der Vorlesung konnte man endlich erfahren, was sie eigentlich wirklich damit meinen. Und man konnte das, weil sie nicht darüber geredet haben, was sie brauchen, sondern weil sie von ihren eigenen Problemen geredet haben und dadurch ganz ersichtlich war, was eine Firma von gutem Personal erwarten muss.“ „Als Umkehrschluss habe ich für mich gelernt: Suche dir das richtige Unternehmen aus, bei dem du gerne arbeiten möchtest und vor allem mit den Menschen auf einer Wellenlänge liegst, sonst kann der Job noch so interessant sein, aber der Erfolg und die Motivation kommen nur durch Spaß, Begeisterung und Freundschaft im Team.“ „In Bezug auf die Führungsebene war es allen Dozenten, die über dieses Thema referierten oder es im Zuge ihres Vortrags streiften, an dieser Stelle sehr am Herzen gelegen, dass wir potenziellen „Jungunternehmer“ ehrlich zu uns selbst sind. Damit meinten sie, wir sollten uns bezüglich unserer eigenen ganz speziellen Fähigkeiten klar werden, ob wir geeignet seien, ein Unternehmen zu führen. Denn nichts sei schlimmer für eine Firma als ein schlechtes Management, das von der eigenen Kompetenz überzeugt ist und vor Arroganz die wirkliche Situation nicht sehen kann oder will.“ „Als Arbeitnehmer sollte man darauf achten, mit seinem Arbeitsumfeld zufrieden zu sein, und falls dies nicht der Fall ist, dies auch zur Sprache zu bringen. Sofern das keine Änderungen mit sich bringt, ist es wohl sinnvoller sich eine andere Arbeitsstelle zu suchen, als jahrelang unzufrieden ein Mindestpensum zu erbringen. Wichtig ist auch, seinen Ideen Ausdruck zu verleihen, wobei auf die richtige Präsentation geachtet werden muss. Durch überdurchschnittlichen Einsatz wird man sich (zumindest bei kleineren Unternehmen) fast unersetzbar machen.“ Abbildung 62: Auswertung der Reflexion bezüglich Unternehmer im Unternehmen: Anforderungen an den Arbeitnehmer
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
4.5
147
Zusammenfassung
Nachdem die Kapitel 2 und 3 den Grundlagen zum Verständnis von Unternehmertum und Kommunikation gewidmet sind, wird in Kapitel 4 die empirisch explorative Untersuchung zur Kommunikation von Unternehmertum ausgeführt. Diese zielt darauf ab, ein verbessertes Verständnis davon zu bekommen, x
ob und wie Unternehmertum kommuniziert wird,
x
inwieweit Gründer, Unternehmer und Unternehmer im Unternehmen als Botschafter für unternehmerisches Denken und Handeln agieren und
x
inwieweit die Empfänger der Botschaften durch Kommunikation Unternehmertum zum unternehmerischen Handeln motiviert werden.
von
Die Untersuchung erfolgte im Rahmen von Präsentationen, in denen unternehmerische Persönlichkeiten (Sender) über ihre Tätigkeiten berichten. Die Zuhörer (Empfänger), die aus dem universitären Umfeld kamen, hatten die Möglichkeit, Feedback zu den Präsentationen zu geben. Als Sender konnten für die Untersuchung insgesamt zwölf Gründer, Unternehmer und Unternehmer im Unternehmen gewonnen werden. Diese Personen berichteten aus ihrer unternehmerischen Praxis und stellten anhand ihrer Person und Tätigkeit unternehmerisches Handeln dar. Als Empfänger der Nachrichten wurden 271 Studierende und Wissenschaftler der Technischen Universität München gewonnen, die überwiegend einen technischen oder naturwissenschaftlichen Hintergrund haben. Nach den Präsentationen wurden die Empfänger aufgefordert, über ein Internetforum Feedback zu der jeweiligen Präsentation zu geben. Insgesamt wurden zu den zwölf Präsentationen 457 Kommentare verfasst. Nach Abschluss aller Präsentationen wurden die Zuhörer aufgefordert, Reflexionen zu den gehörten Präsentationen und im Besonderen zu ihrer persönlichen unternehmerischen Einstellung abzugeben. In dieser dritten Datenerhebungsphase konnte ein Rücklauf von insgesamt 107 Reflexionen verzeichnet werden. In einer ersten Auswertungsstufe werden die zwölf Präsentationen und die dazugehörigen Feedbackbeiträge mittels des in Kapitel 3.3 beschriebenen Kommunikationsmodells analysiert. Die Befunde der Exploration werden in Form von „Kommunikationsprofilen“ für jede der zwölf Präsentationen aufbereitet. Die Profile beinhalten einen Überblick über die berufliche Laufbahn des Senders sowie über das Unternehmen und Beispiele für Nachrichten des Senders sowie Feedbackbeiträge der Empfänger zu der jeweiligen Präsentation.
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
148
Bei der Auswertung zeigen sich Unterschiede in der Art, wie von Gründern, Unternehmern und Unternehmern im Unternehmen zum Thema Unternehmertum kommuniziert wird und wie die Nachrichten von den Empfängern aufgenommen werden.
UNTERNEHMER IM
GRÜNDER
UNTERNEHMER
Belastung durch hohes finanzielles Risiko und zeitliches Engagement,
Orientierung am Kunden und Fähigkeit zu verkaufen,
Verantwortung für wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens,
Wirtschaftlicher Erfolg, teilweise mit mehreren Unternehmen,
Gesellschaftliche Verantwortung von Managern,
Fähigkeit zum Wandel und Offenheit für Kritik ...
Begrenzter Handlungsspielraum und Zwänge des Marktes ...
UNTERNEHMEN
Durchhaltevermögen und innerer Antrieb, Fähigkeit zu begeistern und zu motivieren ...
.
Positives Feedback zu Personen
Positives Feedback zu Personen
Positives Feedback zu Personen
und
und
jedoch
Lob für Mut, Leidenschaft und Optimismus
Anerkennung der Erfolgsgeschichte
Allgemeine Kritik am Management
Abbildung 63: Beispiele für Themenschwerpunkte und Einschätzungen in Feedbackbeiträgen
Innerhalb der Auswertung werden besonders intensiv diskutierte Themenfelder herausgearbeitet und erörtert. Bei den Gründern wie bei den Unternehmern werden in den Feedbackforen häufig Aussagen zur unternehmerischen Person und deren persönlichen Eigenschaften gemacht. Bei den Gründern wird beispielsweise das Durchhaltevermögen und die Fähigkeit zu motivieren und zu begeistern herausgestellt. Die Unternehmer werden in einer Reihe von Feedbackbeiträgen für ihre Fähigkeit zum Wandel und für ihre Kundenorientierung gelobt. Im Gegensatz dazu werden persönliche Aspekte in den Feedbackforen zu den Präsentationen der Unternehmer im Unternehmen nur am Rande erwähnt. Vielmehr liegen dort die thematischen Schwerpunkte beispielsweise auf der gesellschaftlichen Verantwortung und dem begrenzten Handlungsspielraum von Managern. Alle zwölf unternehmerischen Personen, die präsentiert haben, bekommen ein gutes persönliches Feedback. Jedoch ist auffällig, dass in den Foren zu den Unternehmern im Unternehmen starke allgemeine Kritik an Managern geäußert wird, während die Gründer und
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
149
Unternehmer in ihren Feedbackforen vorwiegend Lob für ihren Mut und Anerkennung für ihren wirtschaftlichen Erfolg bekommen. Ein Grund für die auffallend negative allgemeine Beurteilung von Managern, die in den Feedbackbeiträgen geäußert wird, kann in dem schlechten Image von Top-Managern in der Öffentlichkeit gesehen werden, das vor allem auch durch die anhaltende Vorstandsgehälterdebatte in Deutschland weiter verschärft wird. In der zweiten Auswertungsstufe wird die Fragestellung vertieft, welches Bild sich die Empfänger von den unternehmerischen Tätigkeiten der Gründer, Unternehmer und Unternehmer im Unternehmen machen. Dazu werden die Feedbackbeiträge zu den drei Unternehmertypen auf die in Kapitel 2 dargelegten Unternehmerfunktionen, dem Entdecken von Chancen, dem Durchsetzen von Innovationen, dem Koordinieren von Ressourcen und dem Tragen von Risiken, untersucht. Die Analyse hat das Ziel, weitere Aufschlüsse darüber zu bekommen, inwieweit Gründer, Unternehmer und Unternehmer im Unternehmen als Botschafter für das unternehmerische Denken und Handeln agieren.
UNTERNEHMER IM
GRÜNDER
UNTERNEHMER
Entdecken
Denken in Chancen,
von
Aufbau eines Teams, das Ideen generiert, bewertet und auswählt.
Hinausblicken über Tellerrand, Brechen von Regeln, Gehen von unkonventionellen Wegen, Experimentieren, Lernen.
Kontinuierliche Verbesserungen statt abrupter Technologiesprünge.
Kundenorientierung,
Schwierige Umsetzung der Konzepte im Unternehmen,
UNTERNEHMEN
Chancen Durchsetzen von
Anpacken von Dingen, Durchführung mit Begeisterung,
Verkaufen und Verhandeln.
Gesellschaftliche Verantwortung.
Innovationen
Brückenschlag zwischen Technologie und Markt.
Koordinieren
Gewinnung und Bindung der Mitarbeiter,
Überblick über Unternehmensbereiche,
Schaffung einer unternehmerischen Kultur im Unternehmen,
Ressourcen
Schaffung von geeigneten Rahmenbedingungen.
Gewinnung und Führung der Mitarbeiter.
Zu kurzfristiges Denken.
Tragen
Hohes finanzielles Risiko,
Finanzielles Risiko,
Kein finanzielles Risiko.
von
Gefahr des Scheiterns,
Produkthaftung.
Risiken
Opferung des Privatlebens.
von
Abbildung 64: Beispiele von Feedbackaussagen zu Ausprägungen der Unternehmerfunktionen
Abbildung 64 zeigt eine Zusammenfassung der Auswertung der Forenbeiträge bezüglich der Ausprägungen der Unternehmerfunktionen. Diese weist Parallelen zu der in Kapitel 2.1 dargestellten Zusammenfassung aus der Literaturrecherche auf. Während bei den Gründern und Unternehmern eine Vielzahl von Feedbackbeiträgen Hinweise auf die einzelnen Unternehmerfunktionen geben, werden diese bei den Unternehmern im Unternehmen nur am Rande angesprochen. Ein Grund für die geringe Thematisierung kann in der hohen Komplexität und Vielschichtigkeit der Aufgaben eines Unternehmers im Unternehmen, die
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
150
allein die Größe der Organisation mit sich bringt, liegen.234 Diese erschwert sowohl die einfache anschauliche Darstellung der unternehmerischen Tätigkeit als auch das leichte Verständnis der Zielgruppe, die nur über ein begrenztes Hintergrundwissen zu den jeweiligen Unternehmen und Branchen verfügt. Unternehmer im Unternehmen stehen damit vor der Herausforderung, trotz ihres komplexen Aufgabenspektrums und Umfelds als Botschafter zur Kommunikation von Unternehmertum beizutragen. In der dritten Auswertungsstufe werden die Reflexionen der Empfänger zur Kommunikation von Unternehmertum analysiert. Die Studierenden und Wissenschaftler sind aufgefordert, nach Beendigung der Präsentationen eine schriftliche Zusammenfassung abzugeben, in der sie ihre Schlussfolgerungen zum Thema Unternehmertum und ihre persönliche Einschätzung zu der eigenen möglichen unternehmerischen Laufbahn beschreiben. Damit sollen Hinweise auf die Motivation oder gar auf erste Schritte zum unternehmerischen Handeln gesammelt werden. Bei der Auswertung der Reflexionen wird wieder auf die Systematisierung der drei Unternehmertypen zurückgegriffen.
UNTERNEHMER IM
GRÜNDER
UNTERNEHMER
Meinungsbildung:
De-Mystifizierung des Unternehmers,
Sensibilisierung für die Wirtschaftswelt,
Einschätzung der persönlichen unternehmerischen Fähigkeiten.
Abbau von Vorurteilen gegenüber Managern,
UNTERNEHMEN Motivation
Interessensbekundungen an Unternehmensgründung, aber auch Absagen an ein Gründungsvorhaben.
Erste Schritte
Vorbeugen gegen Schwierigkeiten bei der Unternehmensgründung durch eine schrittweise Qualifizierung,
Einblicke in die Anforderungen von Arbeitgebern. Vorbereitung auf den Einritt ins Familienunternehmen,
Vorbereitung auf den Berufseinstieg als Angestellter.
Förderung der persönlichen Kundenorientierung.
Verstärkung des Chancendenkens.
Abbildung 65: Aussagen zur Wirkung von Kommunikation von Unternehmertum
In einer Vielzahl von Reflexionen wird betont, dass die Präsentationen zur Meinungsbildung bezüglich einer eigenen Unternehmensgründung beigetragen haben. Dabei werden auch die Vor- und Nachteile der Selbständigkeit diskutiert. Die Studierenden und Wissenschaftler kommen zu unterschiedlichen persönlichen Schlussfolgerungen. Während die einen eine große Motivation zur Gründung eines Unternehmens bekunden, erteilen die anderen eine klare Absage an ein Gründungsvorhaben. Von den motivierten Personen werden Aussagen getroffen, verstärkt in Chancen zu denken und die Augen nach einer geeigneten Geschäftsidee
234
Zum Vergleich: Während BrainLAB rund 600 Mitarbeiter beschäftigt hat die EADS 110.000 Arbeitnehmer.
4. Kommunikation von Unternehmertum: Empirisch-explorative Untersuchung
151
offen zu halten. Zudem wird die Erkenntnis angesprochen, dass eine schrittweise Qualifizierung notwendig ist, um sich auf das Gründungsvorhaben vorzubereiten. Zu den Unternehmern wird in zahlreichen Reflexionen erklärt, die Präsentationen hätten zu einer De-Mystifizierung der Unternehmer geführt. In einigen Kommentaren wird eingeräumt, dass mit dem persönlichen Kontakt Vorurteile ausgeräumt werden konnten. Der Kommunikationsprozess hat auch dazu angeregt, über die eigenen persönlichen unternehmerischen Fähigkeiten nachzudenken und diese einzuschätzen. In einigen Reflexionen kündigen die Studierenden und Wissenschaftler direkt an, zukünftig eine kundenorientierte Sichtweise einzunehmen und nicht nur Technologien in den Vordergrund zu stellen. Eine spezielle Teilgruppe bilden Kinder aus Familienunternehmen. Für sie steht die Frage im Vordergrund, ob und wie sie sich auf einen möglichen Einstieg in das elterliche Unternehmen vorbereiten. Die Studierenden und Wissenschaftler kommen in einer Reihe von Reflexion zu der Einschätzung, dass die Präsentationen zu einer Sensibilisierung für Fragen der Wirtschaftswelt geführt und einen Beitrag zu einem grundlegenden Verständnis für die Zusammenhänge in der Wirtschaft und in einzelnen Branchen geleistet haben. Darüber hinaus wird in einer Vielzahl von Reflexionen geäußert, der direkte Kontakt zu Unternehmern im Unternehmen fördere den Abbau von Vorurteilen gegenüber Managern. Zudem haben die Studierenden und Wissenschaftler durch die Schilderungen der unternehmerischen Persönlichkeiten aus Großunternehmen eine Vorstellung von den Anforderungen der Arbeitgeber an ihre Arbeitnehmer gewonnen. Die Zielgruppe ist durch die Präsentationen angeregt worden, erste Schritte zur Vorbereitung auf den Berufseinstieg als Angestellte zu unternehmen. In den Feedbackforen und Reflexionen werden auch Grenzen der Kommunikation von Unternehmertum aufgezeigt. Die Schilderungen von unternehmerischen Persönlichkeiten ersetzen nicht die Erfahrung durch eigenes unternehmerisches Handeln, wie der folgende Kommentar verdeutlicht: „Abschließend lässt sich sagen, dass es sich mit der Unternehmensführung wie mit dem Lernen einer Fremdsprache verhält: man kann viele Semester darauf verwenden, an einer Uni die Grammatik und das Vokabular zu lernen, aber nur durch einen Aufenthalt im Land, wo diese Sprache gesprochen wird, kann man lernen, sie tatsächlich zu beherrschen und sich darin richtig auszudrücken, also in diesem Fall als Unternehmer erfolgreich zu sein.“
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
5
153
Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
„Im Nachhinein betrachtet war Herrn Vilsmeiers Vortrag der beste der gesamten Vorlesungsreihe. Er hat es verstanden, Interesse am Unternehmertum zu wecken, zum Teil durch seine Traumgeschichte des Erfolgs, zum anderen durch seine charismatische Persönlichkeit. Vor allem die kleinen Anekdoten aus seinem Leben bereicherten den Vortrag ungemein. Alles zusammen war dieser Vortrag der beste, um in das Thema einzuleiten.“235 Nachdem in Kapitel 4 die zwölf Präsentationen und die dazugehörigen Feedbackbeiträge sowie die Reflexionen zur Kommunikation von Unternehmertum ausgewertet wurden, wird in Kapitel 5 eine der Präsentationen im Rahmen einer Fallstudie vertieft. Mit der Fallstudie soll beispielhaft veranschaulicht werden, welches Feedback die Schilderungen eines Unternehmers bei den Empfängern auslösen können. Ein Unternehmer beschreibt dazu anhand des chronologischen Verlaufs seines Unternehmensaufbaus, wie er die unternehmerische Tätigkeit selbst erlebt hat. Zu einzelnen Meilensteinen und kritischen Ereignissen der geschilderten Geschichte werden exemplarisch in der Fallstudie dazugehörige Feedbackbeiträge der Empfänger aufgezeigt. Mit der Fallstudie soll ein vertieftes Verständnis gewonnen werden, inwieweit ein Unternehmer mit seiner Vorbildfunktion unternehmerisches Handeln vermittelt, die universitäre Zielgruppe anspricht und zu Unternehmertum motiviert. Zunächst wird in diesem Kapitel die Vorgehensweise bei der Fallstudie beschrieben. Daran schließt sich die Fallstudie an. In der Zusammenfassung werden die Feedbackschwerpunkte zu der Unternehmergeschichte herausgestellt und deren Wirkung auf die Studierenden und Wissenschaftler diskutiert. Damit sollen weitere Ansatzpunkte aufgedeckt werden, die helfen, Handlungsempfehlungen für die Kommunikation von Unternehmertum abzuleiten.
5.1
Vorgehensweise
In diesem Unterkapitel wird zunächst dargestellt, warum die Fallstudienmethode zur Veranschaulichung und Vertiefung der Kommunikation von Unternehmertum gewählt wird. Daran anschließend werden die Methoden der Datenerhebung, die Auswahl des Unternehmers sowie die Gliederung der Fallstudie beschrieben.
235
Feedbackbeitrag eines Teilnehmers.
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
154 5.1.1
Fallstudienmethode
The detailed observation entailed in the case study method enables us to study many different aspects, examine them in relation to each other, view the process within its total environment and also utilize the researcher’s capability for “Verstehen”. Consequently, case study research provides us with a greater opportunity than other available methods to obtain a holistic view of a specific research project.236 Zur Veranschaulichung der Kommunikation von Unternehmertum wird in dieser Arbeit die Fallstudienmethode gewählt, da sie einige Merkmale und Vorteile aufweist, die dem komplexen Untersuchungsgegenstand und –umfeld entsprechen.237 The case study method allows investigators to retain the holistic and meaningful characteristics of real-life events – such as individual life cycles, organizational and managerial processes, neighborhood change, international relations, and the maturation of industries.238 Mit der Fallstudienmethodik soll erreicht werden, dass die für den ausgewählten Kommunikationsprozess gewonnenen Daten in ihrem ganzheitlichen inhaltlichen Zusammenhang gezeigt werden, indem Feedbackbeiträge zu besonders häufig und intensiv diskutierten Inhalten einzelnen Erlebnisberichten des Unternehmers zugeordnet werden. Dazu wird in der Fallstudie der vom Unternehmer dargestellte Entwicklungsprozess seines Unternehmens beschrieben. Anstatt der direkten Mitschrift der Präsentation wird in dieser Arbeit eine Zusammenfassung der präsentierten Geschichte gegeben, die mit einzelnen Zitaten des Unternehmers ergänzt wird. Dies hat den Vorteil, dass die Geschichte kompakt dargestellt werden kann und für den Leser besser verständlich ist. Nachteilig ist, dass diese Vorgehensweise die Gefahr birgt, dass Inhalte und Zusammenhänge der Präsentation verfälscht werden. In der Fallstudiendarstellung soll der erzählende Charakter des Unternehmers erhalten bleiben. Die zu den einzelnen inhaltlichen Details geäußerten Feedbackbeiträge werden als Fußnote an den jeweiligen Stellen eingefügt. Die Fallstudie eignet sich nicht nur als explorative Methode für neue oder unvollständig dokumentierte Forschungsgebiete, sondern bietet zudem noch den Vorteil der größeren Lebendigkeit.239 Dies wird durch das Heranziehen von biografischen Details, Anekdoten und allen Arten von Hintergrundinformationen erreicht. Die Fallstudienmethodik birgt jedoch auch Gefahren. Der Forscher ist, wenn er sich intensiv mit seinem Forschungsgegenstand befasst, in Versuchung, die Grundprinzipien der 236
Valdelin 1974, S. 47, zit. nach Gummesson 2000, S. 86.
237
Vgl. auch Gummesson 2000, S. 84 ff.
238
Yin 2003, S. 2.
239
Vgl. Grunt 1984, S. 90.
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
155
Forschungsplanung zu vernachlässigen und die Entscheidung über die richtige Erklärung seinem Gefühl zu überlassen.240 Der Leser hat letztendlich die Möglichkeit, die aus dem dargestellten Fallstudienmaterial abgeleiteten Interpretationen kritisch zu hinterfragen und seine eigenen Schlussfolgerungen zu ziehen.
5.1.2
Methoden der Datenerhebung
Wie bereits in Kapitel 4 beschrieben erfolgte der Kommunikationsprozess im Rahmen einer Präsentation, in denen der Unternehmer über seine unternehmerische Tätigkeiten berichtet. Die Präsentation wurde auf Video aufgezeichnet und analysiert. Die Zuhörer hatten die Möglichkeit, Feedback zu den Präsentationen zu geben. Dazu wurden die Studierenden und Wissenschaftler ohne jegliche inhaltlichen Vorgaben aufgefordert, nach der Präsentation in einem internet-basierten Forum Rückmeldung zu geben. Für die Aufbereitung der Fallstudie wurden weitere Informationsquellen herangezogen. Mit den so gewonnenen Daten konnten zusätzliche Hintergrundinformationen zum Unternehmen und zum Unternehmer gegeben werden, die für das Verständnis der unternehmerischen Darstellung in der Fallstudie förderlich sind: x
Internet- und Literaturrecherche: Eine Grundlage für die Datengewinnung bilden die über das Internet verfügbaren Informationen und die öffentlich zugängliche Literatur. Eine weitere Datenquelle bilden Präsentationen in Vorlesungen und auf Kongressen von und über den untersuchten Unternehmer und sein Unternehmen. Mit diesen Informationen konnte ein Interview vorbereitet werden.
x
Experteninterview: Die wichtigste Erhebungsmethode zur Gewinnung von Hintergrundinformationen ist ein persönliches Interview mit dem Unternehmer. Dabei steht nicht die Ermittlung „objektiver“ Tatbestände im Vordergrund, sondern die Wahrnehmung, Erfahrung, Sichtweise und Beurteilung des Unternehmers bezüglich seiner Person und seines Unternehmens. Um das Interview offen zu führen und dem Befragten viel Raum für das Setzen von eigenen Schwerpunkten zu geben, wurde das Gespräch mit Hilfe eines semi-strukturierten Leitfadens vorbereitet. Damit wurden sowohl eine inhaltliche Fokussierung als auch eine selbstläufige Schilderung gewährleistet, sowie hinreichend Raum für freie Erzählpassagen mit eigener Relevanzsetzung gelassen.241 Das Interview wurde mit Tonband aufgezeichnet und zudem während des Gespräches protokolliert. Die schriftlichen Aufzeichnungen wurden direkt nach den Interviews vervollständigt.
240
Vgl. Grunt 1984, S. 91.
241
Vgl. Liebold / Trinczek 2002, S. 39.
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
156 x
Dokumenteanalyse: Bei dem Besuch im Unternehmen wurden auch firmeneigene Dokumente gesammelt, die dem Autor zur Verfügung gestellt wurden. Dies sind Veröffentlichungen, Geschäftsberichte, Firmenprospekte, Produktbeschreibungen, Bilder, Presseerklärungen und Artikel.
Die Vielzahl von Informationen wurde nach der Datensammlung zusammengeführt und in die Fallstudie eingearbeitet.
5.1.3
Auswahl des untersuchten Unternehmers
Wie die Auswertung in Kapitel 4 zeigt, wurden die Unternehmerfunktionen von Gründern und Unternehmern besonders intensiv kommuniziert. Eine Kombination aus diesen beiden Unternehmertypen sind Personen, die ihr Unternehmen am Markt erfolgreich etablieren konnten und dieses auch selbst gegründet haben. Von den zwölf untersuchten Präsentationen sticht besonders die von Stefan Vilsmeier hervor, der anhand der Entwicklungsgeschichte seines Unternehmens die unternehmerische Tätigkeit anschaulich beschreibt. In einer Vielzahl von Forenbeiträgen wird die Präsentation besonders herausgehoben, wie das folgende Beispiel zeigt: „Der Vortrag von Herrn Vilsmeier war überaus beeindruckend! Die Geschichte seiner Firma spiegelt eine Traumgeschichte wieder, die sich viele Startup-Tote heute wünschen würden.“ Weitere Beispiele für das durchwegs positive Feedback zur Präsentation von Stefan Vilsmeier sind in Abbildung 66 aufgelistet. In den Beiträgen werden Ausdrücke wie „Erfolgsgeschichte“, „Paradebeispiele im Sinne des Dishwasher-to-Millionaire“ oder „Geheimnis dieses märchenhaften Erfolges“ herangezogen. Besonders betont werden auch die „offenen Worte über seine Niederlagen und seine Fehlentscheidungen“ sowie „die Geschichte des Unternehmens“ und die Erzählungen „aus dem persönlichen Leben von Herrn Vilsmeier mit ihren Höhen und Tiefen.“ Darüber hinaus wird in einer Vielzahl von Beiträgen die „charismatische Persönlichkeit“ des Unternehmers gelobt, der Eigenschaften wie „Risikobereitschaft“, „Hingabe“ oder die „Fähigkeit, sich und andere begeistern zu können“ verkörpert. Eine Reihe von Feedbackkommentaren weist auch darauf hin, dass Stefan Vilsmeier als „vorbildlicher Unternehmer“ oder gar „idealer Unternehmer“ zur Motivation und Begeisterung der Studierenden und Wissenschaftler für Unternehmertum einen Beitrag leistet, wie auch folgende Beispiele zeigen: „Der Vortrag von Herrn Vilsmeier kann wirklich motivieren“ und „Die Spannung der Vorlesungsteilnehmer war sichtlich zu greifen.“ Neben den zahlreichen qualitativ positiven Kommentaren ist auch die hohe Zahl an Forenbeiträgen zur Präsentation von Stefan Vilsmeier auffallend. Von den insgesamt 457
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
157
Beiträgen zu den zwölf unternehmerischen Persönlichkeiten wurden 91 zu der Präsentation von Stefan Vilsmeier verfasst. Einen weiteren Hinweis für die besondere unternehmerische Leistung und die außergewöhnliche Vorbildfunktion als Unternehmer geben die zahlreichen nationalen und internationalen Auszeichnungen, die Stefan Vilsmeier für seine unternehmerische Tätigkeit verliehen wurden. Im Folgenden sind einige Beispiele genannt: x
Bayerischer Verdienstorden 2000.
x
Bayerischer Innovationspreis 2000.
x
Entrepreneur des Jahres 2001.
x
World Entrepreneur of the Year 2002.
x
Global Leader for Tomorrow 2003.
158
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
Beispiele aus den Feedbackbeiträgen zur Präsentation von Stefan Vilsmeier
Feedbackbeiträge zur Präsentation von Stefan Vilsmeier „Der Vortrag von Herrn Vilsmeier hat mir gut gefallen. Es war sehr interessant, die Geschichte des Unternehmens und auch aus dem persönlichen Leben von Herrn Vilsmeier mit ihren Höhen und Tiefen zu hören.“ „Auch ich muss sagen, dass mir der Vortrag von Herrn Vilsmeier sehr gut gefallen hat. Es war interessant, eine solche Erfolgsgeschichte mit ihren guten und schlechten Seiten einmal vom Anfang an geschildert zu bekommen.“ „Herr Vilsmeier versteht es zweifellos, Menschen von seinen Ideen zu begeistern. Die Spannung der Vorlesungsteilnehmer war sichtlich zu greifen.“ „Hierfür stellt die Gründung von BrainLab mit Sicherheit eines der Paradebeispiele im Sinne des Dishwasher-to-Millionaire dar.“ „Besonders gut fand ich, dass er durch den Bericht über den „Werdegang“ seines Unternehmens verschiedene Aspekte der Problematik, ein Unternehmen zu gründen und zum Erfolg zu führen, angesprochen hat und den Einblick in weniger konventionelle Methoden, wie man sich am Markt behauptet, gegeben hat.“ „Der Vortrag von Herrn Vilsmeier kann wirklich motivieren.“ „Das für mich Interessanteste war sicherlich, dass Herr Vilsmeier nicht nur im Laufe seines Vortrags vermittelte, Risikobereitschaft, Leadership, Hingabe oder die Fähigkeit, sich und andere begeistern zu können, seien für den Unternehmenserfolg wesentlich, sondern diese Eigenschaften auch (durchaus nahe liegender Weise) zu verkörpern.“ „Ich fand den Vortrag von Herrn Vilsmeier über seine gegründete Firma auch sehr interessant. Ich schätzte seine offenen Worte über seine Niederlagen und seine Fehlentscheidungen, weil ich mir vorstellen kann, dass es leichter wäre, nur über die Erfolge zu referieren.“ „Der Vortrag von Stefan Vilsmeier, sein Werdegang, seine Herausforderungen und Errungenschaften sowie die Erfolgsgeschichte von BrainLAB sind sicherlich faszinierend. Wo liegt nun das Geheimnis dieses märchenhaften Erfolges?“ Abbildung 66: Feedbackbeiträge zu Stefan Vilsmeiers Präsentation
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
5.1.4
159
Gliederung der Fallstudie
Die Fallstudie ist nach der folgenden Gliederung strukturiert: 1. Allgemeine Informationen zum Unternehmer und Unternehmen 1.1 Biographische Daten des Unternehmers 1.2 Überblick zum Unternehmen 1.3 Produkte 1.4 Markt 1.5 Wettbewerb 2. Darstellung der Entwicklung des Unternehmens und der unternehmerischen Tätigkeit von Stefan Vilsmeier 2.1 Startphase 2.2 Gewinnung der ersten Kunden 2.3 Ärzteschulung und Kundeneinbindung 2.4 Durchbruch auf dem amerikanischen Markt – Kooperation mit Varian 2.5 Durchbruch im Markt für Navigationssysteme 2.6 Professionalisierung des Marketings 2.7 Wettstreit mit Medtronic 2.8 Direktvertriebssystem 2.9 Erweiterung des Produktspektrums in der Radiotherapie/-chirurgie 2.10 Aufbau der VectorVision Plattform 2.11 BrainSUITE 3. Zusammenfassung
Durch die allgemeinen Informationen zum Unternehmer und Unternehmen, die am Anfang in die Fallstudie einführen, soll dem Leser ein schneller Überblick über die Person Stefan Vilsmeier sowie das Unternehmen BrainLAB gegeben werden. Mit diesen Hintergrundinformationen kann die Darstellung der Entwicklung des Unternehmens und der unternehmerischen Tätigkeit besser eingeordnet werden. Die Schilderung des Unternehmensaufbaus wird zur Verbesserung des Überblicks in elf Abschnitte eingeteilt, die wichtige Stufen der Unternehmensentwicklung widerspiegeln. In der Zusammenfassung wird unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus Kapitel 4 das Fallbeispiel diskutiert. Damit soll ein Beitrag zur Veranschaulichung geleistet werden, wie der Unternehmer als Botschafter für das unternehmerische Handeln wirkt.
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
160
5.2
5.2.1
Allgemeine Informationen zum Unternehmen und Unternehmer
Biographische Daten des Unternehmers
Stefan Vilsmeier, geboren im Jahr 1967, ist Unternehmensgründer und Vorstandsvorsitzender der BrainLAB AG. Er beschäftigt sich bereits als Schüler intensiv mit Computern und Softwareprogrammierung. 1983 bekommt er mit 15 Jahren seinen ersten Computer, einen Commodore 64, geschenkt. Im Alter von 17 Jahren beginnt er, als Autodidakt ein Buch mit dem Titel “3D-Grafik mit GigaCAD auf dem C64/C128” zu schreiben, das mit mehr als 50.000 verkauften Exemplaren Bestseller in dieser Kategorie wird.242 Damit legt er nicht nur fachlich sondern auch finanziell den Grundstein für sein späteres Unternehmen. In wenigen Wochen nimmt er mit dem Verkauf des Buches rund 150.000 DM ein. In seinem letzten Jahr als Gymnasiast bekommt er aufgrund seiner Bekanntheit als Computergrafikspezialist eine Einladung der Universität Wien, an einem Projekt der Abteilung für Neurochirurgie teilzunehmen. Ziel der österreichischen Mediziner ist es, die Auswertung diagnostischer Daten mit Hilfe moderner Computertechnologie zu unterstützen. Obwohl das Projekt direkt keine Früchte trägt, ist bei Stefan Vilsmeier das Interesse für neurochirurgische Software-Applikationen geweckt. Er erkennt, dass Software in der Medizin ein unterentwickelter Bereich ist, der jedoch großes Potenzial für die Verbesserung von medizinischen Behandlungen trägt. Enttäuscht von den schwerfälligen Softwarelösungen, die zu dieser Zeit für die stereotaktische Planung verwendet werden, beginnt Stefan Vilsmeier, an der ersten maus- und menükontrollierten Software für die stereotaktische Planung Abbildung 67: Stefan Vilsmeier in der Neurochirurgie zu arbeiten. Nach dem Wehrdienst fängt Stefan Vilsmeier im Jahre 1989 zunächst an, Informatik mit Nebenfach Theoretische Medizin an der TU München zu studieren. Seine Geschäftsidee für ein eigenes Unternehmen lässt ihm allerdings kaum Zeit für das Studium. Noch während des ersten Semesters gründet er mit 21 Jahren zusammen mit einem Schulfreund die BrainLAB GmbH. Das Startkapital dazu kommt aus den Verkaufserlösen seines Buches. Bereits ein Jahr später wird die BrainLAB-Software erstmals an der Universität Wien eingesetzt. In den 242
Vilsmeier 1986; zudem verfasste der Autor ein weiteres Buch: Vilsmeier 1988.
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie folgenden Jahren forciert Stefan Vilsmeier Neuentwicklungen Neuronavigationssysteme sowie in der Strahlentherapie und -chirurgie.243
161 im
Bereich
Für seine Verdienste um die ITBranche im Allgemeinen und den Wirtschaftsstandort Bayern im Besonderen hat Vilsmeier bereits mehrere Auszeichnungen erhalten. Im Juli 2000 wird ihm von Ministerpräsident Edmund Stoiber die höchste Ehrung des Freistaates Bayern verliehen: der Bayerische Verdienstorden. Stefan Vilsmeier ist damit der jüngste Träger dieser Auszeichnung. Er erhält Abbildung 68: Verleihung des Bayerischen Verdienstordens sie als Anerkennung für seine herausragenden Leistungen in der IT-Branche und für die Schaffung einer hohen Zahl von Arbeitsplätzen. Zudem wird mit der Auszeichnung gewürdigt, dass er durch seine Präsenz auf dem internationalen Markt, vor allem in den USA, entscheidend zum Ansehen Bayerns als High-Tech-Standort beigetragen hat. Im Jahr 2000 wird Stefan Vilsmeier auf Vorschlag der Hochschulleitung der TU München als jüngstes Mitglied in das Kuratorium der Universität berufen. Mit seinem Engagement unterstützt er die Hochschule in der Öffentlichkeit und steht ihr beratend zur Seite. Ein enger Kontakt mit der TU München besteht bereits durch das Klinikum Rechts der Isar, in dem seit 1995 Geräte der Firma BrainLAB an der Klink für Strahlentherapie und Radiologische Onkologie im Einsatz sind. Neben seinem Engagement als Kurator ist Stefan Vilsmeier als Gastredner in Vorlesungen an der Universität aktiv, in denen er seine Erfahrungen aus der Leitung eines global agierenden Unternehmens weitergibt und die Studierenden für das Unternehmertum motiviert. Sein soziales Engagement zeigt sich auch in anderen Bereichen des Bildungssystems. So stattete BrainLAB das Gymnasium Kirchheim mit Computern und Software aus, damit sich die Schülerinnen und Schüler besser mit den Informationstechnologien befassen können. Stefan Vilsmeiers Hauptaugenmerk bei den gemeinnützigen Tätigkeiten konzentriert sich auf den Aufbau der Stiftung „Right Brain Foundation“, deren Zweck es ist, in Drittweltländern moderne Medizintechnik einzuführen. Dazu werden alte BrainLAB Systeme von dem Unternehmen wieder hergerichtet. BrainLAB
243
Das Unterkapitel 5.3 beschreibt im Detail die Entwicklungsgeschichte von BrainLAB.
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
162
Mitarbeiter installieren in ihrem Urlaub vor Ort die Geräte und schulen die lokalen Ärzte in den unterentwickelten Regionen. Im Jahr 2000 erhält Stefan Vilsmeier im Rahmen des Bayerischen Innovationspreises als einziger Teilnehmer einen Sonderpreis für seine innovativen Konzepte in den Bereichen Marketing und Unternehmensführung. Im Oktober 2001 gewinnt er im Wettbewerb von der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young die nationale Auszeichnung „Entrepreneur des Jahres 2001”. Aus über 300 Bewerbungen werden 79 Unternehmen für die Finalrunde nominiert. Stefan Vilsmeier sieht in der Auszeichnung ein wichtiges Signal, welches hoffentlich auch viele andere ermutigen wird, sich als Entrepreneur zu betätigen. Darüber hinaus wird er im Juni 2002 in Monte Carlo von Ernst & Young zum „World Entrepreneur des Jahres 2002” gekürt. Er setzt sich damit im Finale gegen 22 Top-Unternehmer aus der ganzen Welt durch. Im Dezember 2002 wählt ihn das World Economic Forum (WEF) zum „Global Leader for Tomorrow 2003“.
5.2.2
Überblick zum Unternehmen
Die BrainLAB AG entwickelt und vertreibt computergestützte Medizintechnik für den Einsatz in der Orthopädie, Neurochirurgie, HNO- und Radiochirurgie. Im Bereich computergestützte Medizintechnik gehört BrainLAB mit weltweit rund 840 installierten Navigationssystemen sowie rund 330 Bestrahlungssystemen zu den Marktführern. Der Hauptsitz der BrainLAB AG und Standort der Produktentwicklung ist Heimstetten bei München. Der weltweite Vertrieb erfolgt über 15 Büros244 in Europa, Abbildung 69: BrainLAB-Logo Asien, Australien, Nord- und Südamerika sowie Distributoren in mehr als 70 Ländern. Weltweit beschäftigt BrainLAB über 520 Mitarbeiter, davon rund 340 am Hauptsitz in Deutschland.
244
Hauptsitz und Produktionsstandort von BrainLAB ist Heimstetten bei München. BrainLAB hat 14 weitere Büros in Paris, Madrid, London, Mailand, Sao Paulo, San Francisco, Chicago, Sydney, Dubai, Seoul, Kuala Lumpur, Tokio, Hongkong und Peking.
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
163
Anzahl der Mitarbeiter
600
524
500
411
400
437
303
300 171
200 100
2
2
2
2
3
5
12
38
70
107
19 89 19 90 19 91 19 92 19 93 19 94 19 95 19 96 19 97 19 98 19 99 20 00 20 01 20 02 20 03
0
Abbildung 70: Entwicklung der Mitarbeiterzahlen bei BrainLAB
Rund jeder vierte Mitarbeiter arbeitet in der Forschung und Entwicklung. Im Geschäftsjahr 2003 erwirtschaftete BrainLAB weltweit einen Umsatz von 115,8 Millionen Euro.
8 5, 11
140
,7 80
100 80 ,7 48
60 ,9 24
20
,8 15
40 0
7 8, 3 5, 6 2, 4 1, 36 0, 05 0, 04 0, 02 0,
Umsatz [Mio. Euro]
,9 98
120
19 89 19 90 19 91 19 92 19 93 19 94 19 95 19 96 19 97 19 98 19 99 20 00 20 01 20 02 20 03
0
Abbildung 71: Umsatzentwicklung von BrainLAB
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
164
BrainLABs Kernkompetenz ist die Software-Entwicklung. Auf deren Grundlage können neue Ideen, die BrainLAB in enger Zusammenarbeit mit klinischen Partnern entwickelt, schnell und effizient umgesetzt werden, um die Lebensqualität von Patienten weiter zu verbessern. BrainLABs Produktpalette auf dem Gebiet der computergestützten Chirurgie und Radiotherapie/Radiochirurgie ist umfassend. Das Navigationssystem VectorVision unterstützt Anwendungen in der Neurochirurgie, der HNO-, Wirbelsäulen- und Unfallchirurgie sowie im Knie- und Hüftgelenksersatz. Auf dem Gebiet der Radiotherapie und Radiochirurgie ermöglichen die BrainLABSysteme hochpräzise Bestrahlungen von Abbildung 72: BrainLAB-Mitarbeiter Tumoren im Gehirn, im Kopf-Hals-Bereich, in der Wirbelsäule und in anderen Körperbereichen wie Prostata, Lunge oder Leber. Die Hardware der BrainLAB-Systeme wird weitgehend vom Unternehmen selbst gestaltet. Einzelne Komponenten wie Computer und Bildschirme werden eingekauft und zusammengestellt. Die Montage der Systeme befindet sich in der Unternehmenszentrale in Heimstetten. Mit BrainLABs innovativen Technologien und bildgesteuerten Navigationssystemen können chirurgische Eingriffe im Vorfeld präziser geplant und während Operationen oder radiochirurgischen Behandlungen exakter durchgeführt werden. Die Systeme ermöglichen im klinischen Alltag minimal- und nicht-invasive Behandlungsmethoden. Das Ziel von BrainLAB ist es, Patienten durch Einsatz moderner Medizintechnik bei operativen Eingriffen zu schonen und dadurch die Genesungsprozesse zu beschleunigen.
5.2.3
Produkte
BrainLAB konzentriert sich auf die Entwicklung medizintechnischer Systeme für Neuro- und Radiochirurgie sowie Orthopädie und HNO-Medizin. Mit ihren innovativen Technologien und bildgestützten 3D-Navigationssystemen können beliebige Punkte und Volumina im Körper millimetergenau lokalisiert und Tumore in Form, Größe und Position exakt dreidimensional dargestellt werden. Diese Verfahren vereinfachen chirurgische Eingriffe und Bestrahlungen bzw. machen sie vielfach erst möglich.
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
165
Etablierte Methoden der Tumorbehandlung im Gehirn sind chirurgische Eingriffe mit oder ohne Strahlentherapie als Ergänzung. Oftmals liegen Tumore oder Gefäßabnormitäten jedoch in schwer zugänglichen Regionen bzw. in der Nähe lebenswichtiger anatomischer Strukturen. In diesen Fällen eröffnen BrainLABs bildgestützte Navigationssysteme für den prä- und intraoperativen Einsatz neue, minimal-invasive Behandlungsperspektiven. BrainLAB bietet sowohl für die computergestützte Chirurgie als auch für die Radiotherapie/ -chirurgie eine Reihe von Produkten an.
Computergestützte Chirurgie VectorVision Plattform Plattformausführungen: a. VectorVision2 b. VectorVision compact c. VectorVision sky d. Kolibri
Anwendungsmodule: a. Neurochirurgie b. Orthopädie: Wirbelsäule c. Orthopädie: Unfallchirurgie d. Orthopädie: Hüftoperationen e. Orthopädie: Knieoperationen f. Hals-Nasen-Ohren
BrainSUITE
Radiotherapie/ -chirurgie Produkte: a. M3 Mikromultileaf Kollimator b. BrainSCAN c. ExacTrac X-ray d. Novalis Shaped Beam Surgery
Abbildung 73: Produktpalette von BrainLAB
Computergestützte Chirurgie In der computergestützten Chirurgie umfasst die BrainLAB Produktpalette sowohl die VectorVision Plattform mit ihren verschiedenen Ausführungen und Anwendungsmodulen als auch den vollintegrierten Operationssaal BrainSUITE.
166
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
VectorVision Plattform Das von BrainLAB entwickelte bildgestützte 3D-Navigationssystem VectorVision ermöglicht für zahlreiche chirurgische Eingriffe neue und optimierte Behandlungsmethoden. Als zentrale Plattform unterstützt VectorVision neurochirurgische, orthopädische und HNO-Operationen. Präoperativ errechnet VectorVision 3Dsowie 2D-Darstellungen der zu behandelnden Bereiche anhand diagnostischer Bilddaten in beliebigen Schnittebenen auf der Basis von Computertomographie (CT), Kernspinaufnahmen (MRT, fMRT) oder PET- und SPECT-Bildern. Diese ermöglichen präoperativ eine exakte Planung und Optimierung der Operationsstrategie im Hinblick auf minimal-invasive Methoden. VectorVision bildet das Bindeglied zwischen diagnostischen Daten, Operationsplanung und dem Eingriff im OP. Während der Operation stellt VectorVision zwei- und dreidimensional und in Echtzeit Abbildung 74: VectorVision2 die diagnostischen Daten einschließlich der vom Arzt geführten Instrumente auf einem Monitor dar. So kann der Chirurg die Führung seiner Instrumente jederzeit präzise am Bildschirm verfolgen und über den Touchscreen die Darstellungsweise steuern. Voraussetzung für die Echtzeit-3D-Darstellung ist die von BrainLAB verwendete kabellose Technologie der passiven Marker. Patienten und chirurgische Instrumente sind mit Reflektorkugeln, so genannten Markern, bestückt, die von Infrarotkameras erfasst werden. Daraus errechnet eine speziell entwickelte Software Positionsdaten, gleicht diese mit den vorab gewonnenen diagnostischen Daten ab und erzeugt daraus Echtzeit-3D-Darstellungen. Die für Operationen erforderlichen Zusatzausrüstungen wie Mikroskope, Ultraschallgeräte, C-Bogen und Endoskope können mit dem VectorVision System integriert und in die Operationsführung eingebunden werden. BrainLAB bietet die folgenden vier Ausführungen der VectorVision Plattform an: VectorVision², VectorVision compact, Abbildung 75: VectorVision cranial VectorVision sky, und Kolibri.
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
167
Die von BrainLAB entwickelte VectorVision Plattform wird in der Neurochirurgie, in der Orthopädie und im HNO-Bereich angewendet. Im Orthopädiebereich gibt es wiederum eine Reihe von Anwendungsfeldern, wie Wirbelsäulen-, Hüft- und Knieoperationen sowie die Unfallchirurgie. Dafür stellt BrainLAB spezielle Softwaremodule zur Verfügung. Neben der VectorVision Plattform bietet BrainLAB im Bereich computergestützte Chirurgie das Produkt BrainSUITE an. BrainSUITE ist ein vollintegrierter neurochirurgischer Operationssaal, der Diagnostik und Chirurgie direkt miteinander kombiniert. Mit diesem neuartigen OP-Konzept kann der Chirurg während des Eingriffs Bilder von der Anatomie des Patienten machen, anhand derer sich überprüfen lässt, wie vollständig zum Beispiel ein Tumor bereits entfernt wurde. Die Nutzung dieser aktuellen Daten im unmittelbaren OP-Geschehen erhöht die Erfolgsrate bei Gehirnoperationen und Abbildung 76: BrainSUITE reduziert dadurch die Kosten. Mit dem integrierten MRT MAGNETOM von Siemens werden aktuelle Bilddaten des schon narkotisierten, OP-bereiten Patienten gewonnen. Im unmittelbar folgenden operativen Eingriff kann der Chirurg über den Anschluss des Navigationssystems VectorVision an das MRT die neu diagnostizierten Patientendaten sofort nutzen und diese auch während des Eingriffs ständig aktualisieren. Anatomische Veränderungen, wie sie durch die Tumorentnahme entstehen können, lassen sich durch aktuelle Aufnahmen während der OP sofort bei der Navigation berücksichtigen. Noch vor Schließen der Operationswunde erfolgt eine Qualitätskontrolle mittels eines MRT-Scans. Vorteile der BrainSUITE sowohl für Patienten als auch für Krankenhäuser sind eine verbesserte intraoperative Diagnostik, die Vermeidung von Revisionseingriffen, eine optimierte Patientenversorgung und dadurch geringere Kosten für Kliniken. Die BrainSUITE wird dem Krankenhaus als schlüsselfertiges Produkt geliefert. Dadurch reduzieren sich die Installationszeit und der damit einher gehende Nutzungsausfall des OPs auf ein Minimum. Das BrainSUITE-Konzept erlaubt den Kliniken zudem eine genaue Kostenkalkulation für die individuelle Einrichtung eines Operationssaals. Radiotherapie/ -chirurgie Die Radiochirurgie und -therapie sind eine nicht-invasive Behandlungsmethode für Patienten mit Tumoren im Gehirn und anderen Bereichen des Körpers. Entscheidend für den Behandlungserfolg der Radiochirurgie ist, dass Strahlendosis und Fokussierung exakt an das häufig unregelmäßig wuchernde Tumorgewebe angepasst werden. Deshalb hat BrainLAB Lösungen entwickelt, die in unterschiedlichen Körperregionen präzise jeden Tumor in Form, Größe und Lage erfassen und ihn anschließend mit relativ hoher Dosis bestrahlen. Durch die fächerförmige Verteilung der Gesamtdosis auf viele verschiedene Einstrahlrichtungen, die
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5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
sich nur im Tumor treffen, wird umliegendes gesundes Gewebe geschont und Risiken und Nebenwirkungen der Bestrahlung werden auf ein Minimum reduziert. Eingesetzt werden können diese Lösungen bei manchen Indikationen als Alternative zur konventionellen Chirurgie oder auch bei Patienten, die für chirurgische Eingriffe wegen zu hoher Risiken nicht in Frage kommen. BrainLAB bietet im Wesentlichen im Bereich der Radiotherapie/ -chirurgie folgende vier Produkte an: BrainSCAN: Für die Radiochirurgie am Gehirn entwickelte BrainLAB das System BrainSCAN. Es kombiniert die für die Gehirntumorbehandlung nötige exakte Positionierung des Kopfes mit einer präzisen Bestrahlung, die bei bestimmten Indikationen mit nur einer Behandlungssitzung auskommt. BrainSCAN erlaubt es, die für das Tumorvolumen notwendige Gesamtstrahlendosis auf einmal zu applizieren. Möglich wird dies zum einen durch mechanische Präzisionsvorrichtungen, Abbildung 77: BrainSCAN die mit einem speziell entwickelten Kopfring ein festes Koordinationssystem in Bezug zum Kopf und Tumor des Patienten etablieren. Eine Planungssoftware simuliert im Anschluss die erforderlichen hochpräzisen Bestrahlungsvorgänge aus verschiedenen Richtungen: Das Zielvolumen wird dreidimensional auf einem Bildschirm dargestellt, was eine exakte Vorausberechnung der Bestrahlung erlaubt. Um umliegendes gesundes Gewebe zu schonen, können Strahlen statt auf herkömmliche Weise mit wenigen Bestrahlungsrichtungen aus über 100 Richtungen präzise auf den Tumor abgegeben werden. Die Dosis beträgt aus jeder Richtung weniger als ein Prozent der Gesamtmenge und ergibt lediglich im Schnittpunkt aller Strahlen, dem so genannten Isozentrum, eine Konzentration von 100 Prozent. Mikromultileaf Kollimator (m3): Der m3, eine hochgenaue Blende zur Optimierung des Behandlungsstrahls herkömmlicher Linearbeschleuniger, optimiert die Radiochirurgiebehandlung mit BrainSCAN. Statt auf herkömmliche Weise mit Strahlenbündeln mit rundem Querschnitt auf den Tumor zu zielen und damit nur kugelförmige und vergleichsweise inhomogene Dosisverteilungen zu Abbildung 78: Mikromultileaf Kollimator
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
169
erzeugen, passt der m3 die Strahlen aus jeder Richtung der Form des Tumors an. 52 computergesteuerte Wolfram-Lamellen formen die von der BrainSCAN-Software zuvor berechneten Projektionen des Tumors aus jeder Richtung präzise nach. Dies beschleunigt zum einen die Bestrahlungen, zum anderen wird der Tumor aber auch umfassender und gleichmäßiger von der Strahlung erfasst. Gesundes Gewebe wird noch besser geschont. ExacTrac: Dies ist ein Patientenpositionierungssystem für radiochirurgische Behandlungen. Bei der CT-basierten Planung kann das Zielvolumen des Patienten deutlich visualisiert und die Behandlungsposition genau definiert werden. Da das Isozentrum des Tumors mit im CT sichtbaren „Body Markern“ referenziert wird, gelten keine mit konventionellen Röntgensimulationsfilmen verbundenen Einschränkungen und es kann ein stereotaktisches Koordinatensystem Abbildung 79: ExacTrac etabliert werden. Während der Behandlung sichert die Patientenüberwachung über Infrarot- und Videokameras die exakte Position des Patienten im Isozentrum des Linearbeschleunigers. Automatische Positionierung und Dokumentation verkürzen die Vorbereitungszeit und bieten zusätzliche Qualitätskontrolle. Die optionale Ultraschallverifikation ermöglicht die Visualisierung der aktuellen Position des Zielvolumens direkt vor der Behandlung. Dadurch kann eine eventuelle Organverschiebung korrigiert werden. Das Positionierungssystem ExacTrac X-Ray kann auch als Komponente in bestehende Linearbeschleuniger integriert werden. Novalis Shaped Beam Surgery: Novalis ist eine hochpräzise Gesamtlösung für die Radiochirurgie, die Planung, Positionierung und Behandlung effizient integriert. Durch das Positionierungssystem ExacTrac X-Ray erlaubt Novalis die hochpräzise Positionierung und millimetergenaue Bestrahlung von Tumoren außerhalb des Kopfes wie zum Beispiel von Wirbelsäulentumoren. Dies gelingt über zwei im Boden des Behandlungsraumes versenkte Röntgenquellen und zwei an der Decke gegenüber angebrachte Röntgendetektoren. Hiermit können Sekunden vor der Bestrahlung aus zwei unterschiedlichen Abbildung 80: Novalis Winkeln Röntgenbilder der Patientenanatomie erstellt werden, die die Lage des Patienten und die des Tumors präzise wiedergeben.
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
170
Eine Software vergleicht diese Daten mit den vorab in einer Datenbank abgelegten CTBildern des Patienten und ermittelt millimetergenau die Abweichungen von der Sollposition. Zur Lagebestimmung des Tumors wertet die Software die in den Röntgenbildern abgebildeten Knochenstrukturen aus. Bei beweglichen Tumoren können implantierte Marker die Genauigkeit des Systems weiter verbessern. Die computergesteuerte Behandlungsliege bringt den Patienten automatisch und millimetergenau in die errechnete Lage, so dass der Tumor dann mit höchster Präzision bestrahlt werden kann. Dieser automatische Prozess beansprucht weniger als zwei Minuten. Durch diese Technologie überwindet Novalis die Positionierungsungenauigkeiten herkömmlicher Bestrahlungssysteme und erlaubt somit die effektive Nutzung moderner Bestrahlungskonzepte wie etwa der intensitätsmodulierten Radiotherapie.
5.2.4
Markt
BrainLAB ist sowohl im Markt der computerassistierten Chirurgie wie auch der Radiochirurgie tätig. Computerassistierte Chirurgie Anfang des 20. Jahrhunderts führen der Neurochirurg Sir Victor Horsley und der Mathematiker Clarke wegbereitende Forschungsprojekte durch, bei denen das Gehirn in drei Dimensionen, d.h. stereotaktisch, bestimmt wird. Mit der Stereotaxie ermöglicht ein externer Referenzrahmen die genaue Definition von Punkten im Gehirn. Ende der 1940er Jahre werden die ersten stereotaktischen Apparate gebaut. In den folgenden zwei Jahrzehnten wird eine Vielzahl weiterer stereotaktischer Geräte entwickelt. Es entstehen in verschiedenen Ländern Forschungszentren für Stereotaxie und die stereotaktische Chirurgie findet weltweit Einzug in die Krankenhäuser. 1965 werden weltweit mehr als 25.000 stereotaktische Behandlungen durchgeführt. Die Einführung der Computertomographie in den 1970er Jahren bringt eine rasante Entwicklung neuer stereotaktischer Techniken mit sich und schafft die Basis für die bildgestützte Chirurgie. Obwohl durch diese Entwicklungen die Fähigkeit, Strukturen im Schädelinneren auf nicht invasive Weise sichtbar zu machen, revolutioniert wird, gibt es zunächst keine dynamische Verbindung zwischen dem vom Computer berechneten 3D-Bild des Patientengehirns und dem eigentlichen Operationsvorgang. Den Durchbruch in der Verbindung von CT-Aufnahmen und stereotaktischer Chirurgie bringen schließlich die Entwicklungen in der Software-Technik in den 1980er Jahren. Innovative Softwaresysteme liefern sämtliche Informationen zur genauen Bestimmung von Punkten im Gehirn. Damit ist die bildgestützte stereotaktische Chirurgie für Biopsien und Kraniotomien sowie zur Behandlung von Abszessen, Hämatomen und Zysten einsetzbar. Fast
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
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alle Läsionen, die auf einem CT zu sehen sind, lassen sich fortan mit Hilfe komplexer Softwareprogramme als Zielregion bestimmen. Anfang der 1990er Jahre kommen die ersten rahmenlosen Stereotaxiesysteme auf den Markt, mit denen sich die vom Chirurgen benutzten Instrumente und Pointer dynamisch in die CTAufnahmen am Monitor einblenden lassen. Die Bewegungen der Instrumente werden von Kameras verfolgt und zeigen ständig deren Position in Relation zum Kopf des Patienten an. Dazu sind die Instrumente zunächst entweder an einem mechanischen Arm befestigt oder sie müssen aufwändig mit dem Navigationssystem verkabelt werden, was die Handhabung der Instrumente erheblich einschränkt. Mitte der 1990er Jahre werden schließlich neben dem Mikroskop auch die Kernspintomographie in die stereotaktische Technologie integriert. Mit Hilfe der Kernspintomographie können erstmals Weichteilstrukturen besser sichtbar gemacht werden, was eine noch genauere Lokalisierung von Läsionen ermöglicht. In der computerassistierten Chirurgie werden neben der Neurochirurgie neue Einsatzfelder erschlossen. Es kommen Anwendungen in der Orthopädie hinzu im Bereich Wirbelsäule, Hüfte und Knie. Zudem werden Applikationen für den Hals-Nasen-Ohren Bereich entwickelt. Verglichen an der Zahl der Operationen pro Jahr übertreffen die neuen Anwendungsbereiche das Marktpotential der Neurochirurgie um ein Vielfaches. Radiologie und Radiochirurgie Wilhelm Conrad Röntgen entdeckt 1895 die Röntgenstrahlen. Bereits 1903 wird ein Lehrbuch der Radiotherapie herausgegeben, in dem unter anderem die Anwendung der neuen Strahlen zur Behandlung einer Vielzahl von Erkrankungen beschrieben wird. Im Jahr 1908 erscheint ein erstes Handbuch der Röntgentherapie in deutscher Sprache. Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts basiert die Bestrahlung im klinisch anwendbaren Bereich auf der konventionellen Röntgentherapie. In den 1960er Jahren eröffnen sich mit der Entwicklung der Kerntechnik und der Herstellung künstlicher Radionuklide neue Möglichkeiten für eine perkutane Hochvolttherapie mit Gammastrahlen. In den 1970er Jahren gelangen Linear- und Kreisbeschleuniger zur klinischen Anwendung. Mit der Erzeugung ultraharter Photonen und schneller Elektronen sind die physikalisch-technischen Vorraussetzungen gegeben, die Dosisverteilung im Körper zu optimieren. Die erstmals 1972 vorgestellte RöntgenComputertomographie hält innerhalb weniger Jahre Einzug in die radiologische Diagnostik. Mit der Computertomographie wird die exakte Abgrenzung von Lage und Größe des Befundes sowie der individuellen anatomischen Strukturen möglich. Zusammen mit der schnellen Entwicklung der Computertechnik und der damit einher gehenden Verbesserung der Bestrahlungsplanungssysteme werden entscheidende Voraussetzungen für eine weitere Präzisierung der Bestrahlungstechnik geschaffen.
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5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
Der Begriff „Radiochirurgie“ geht auf den schwedischen Neurochirurgen Lars Leksell zurück, der 1951 die Methode der stereotaktisch geführten Konvergenzbestrahlung zunächst als Therapie funktioneller Störungen durch die gezielte Ausschaltung relevanter Hirnareale anwendet. Radiochirurgie bedeutet, dass mit einer hohen, einmalig applizierten Strahlendosis ohne Öffnung des Schädels Gewebe an einer bestimmten Stelle im Gehirn zerstört wird. Aufbauend auf den von Leksell erarbeiteten Prinzipien wird am Karolinska-Hospital in Stockholm das sog. „Gamma-Knife“ entwickelt und seit 1968 klinisch eingesetzt. In Deutschland kommt das Gerät erstmals 1994 zur Anwendung. Das Gamma-Knife besteht aus einem schalenförmigen Tresor mit 201 Cobalt-60-Quellen, mit dessen Anordnung die Strahlung in einem einzigen Punkt, dem Isozentrum, in dem zu behandelnden Herd gebündelt wird. Aus Gründen der räumlichen Anordnung der Strahlenquellen ist es daher ausschließlich zur Bestrahlung im Hirnbereich geeignet. Eine andere Methode der stereotaktischen Konvergenzbestrahlung wird Anfang der 1980er Jahre unter Verwendung von Linearbeschleunigern entwickelt. Bei diesem Verfahren werden Photonenstrahlen erzeugt, die durch Rotation des Strahlerkopfes und durch verschiedene Einstellungen des Behandlungstisches wiederum in einem Punkt, dem Isozentrum, konvergieren. Voraussetzung für die Präzisionsstrahlentherapie ist die Verwendung von Rundkollimatoren bzw. die Entwicklung von Mikrolamellen-Kollimatoren, um eine genaue Anpassung der Strahlung an den Befund zu gewährleisten. Die der Beschleuniger-Technik eigenen Variationsmöglichkeiten der physikalischen Parameter wie z.B. Verwendung von Photonenstrahlung höherer Energien und die unterschiedlichen Positionierungsmöglichkeiten von Strahlerkopf und Patient lassen sowohl die Bestrahlung des Hirnbereichs als auch die stereotaktische Konvergenzbestrahlung außerhalb des Kopfbereiches zu („extrakranielle Strahlentherapie“). Kunden Das Kundenportfolio von BrainLAB umfasst rund 1.000 Kliniken in mehr als 50 Ländern. Annähernd die Hälfte des Umsatzes macht das Unternehmen auf dem amerikanischen Markt. Die Kundengruppen gliedern sich nach den Anwendungsbereichen Radiochirurgie/-therapie, Neurochirurgie, Orthopädie und HNO. In den Kliniken sind zum einen die behandelnden Ärzte, zum anderen die Einkaufchefs der Krankenhäuser Ansprechpartner für BrainLAB, die zusammen die Kaufentscheidung tätigen. In der Radiochirurgie/ -therapie gibt es weltweit rund 6.000 Bestrahlungsgeräte. Diese können durch BrainLAB Hardware- und Softwarekomponenten optimiert werden. Zudem bietet BrainLAB mit Novalis eine Gesamtlösung für die Radiochirurgie an. Der Markt für die computerassistierte Chirurgie ist aufgrund der vielen Applikationsfelder wesentlich größer als der der Radiochirurgie. In den USA alleine existieren rund 3.000 neurochirurgische Zentren. Davon planen rund die Hälfte in den kommenden Jahren neue Geräte anzuschaffen. Stimulierend auf die Nachfrage wirken auch die immer kürzeren Produktlebenszyklen.
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
173
Die größten Wachstumschancen im Bereich der computerassistierten Chirurgie sieht BrainLAB für die nächsten Jahre in der Orthopädie. Hier ist das Marktpotential rund fünfmal so groß wie in der Neurochirurgie.
5.2.5
Wettbewerb
Bei der computerassistierten Chirurgie bieten neben BrainLAB drei große Unternehmen Systeme an. Der Hauptwettbewerber für BrainLAB ist Medtronic, ein weltweit führendes Medizintechnikunternehmen mit einem Umsatz von 7,7 Mrd. Dollar im Jahr 2003 und rund 30.000 Mitarbeitern. Das Unternehmen bietet bei den Navigationssystemen eine ähnliche Produktpalette wie BrainLAB an. Besonders im Bereich der Neurochirurgie hat Medtronic in den USA eine führende Marktstellung. Das Unternehmen widmet jedoch dem Feld der Navigationsgeräte für die Orthopädie keine große Aufmerksamkeit und beschränkt dort seine F&E-Ressourcen. Seit Medtronic den Softwarebereich durch einen Firmenzukauf 1996 gestartet hat, haben der eigentliche Gründer und zwei weitere Präsidenten die Organisation verlassen. In Kombination mit den Navigationsgeräten entwickelt und vertreibt Medtronic chirurgische Instrumente wie Klammern oder Bohrer. Ein weiterer großer Wettbewerber ist das Unternehmen Radionics, das seit dem Jahr 2000 zu der Tyco Healthcare Group gehört. Tyco Healthcare hat 2003 mit rund 38.000 Mitarbeitern einen Umsatz von 8,7 Mrd. Dollar erzielt. Radionics bietet mit der Plattform OmniSight ein Konkurrenzprodukt zu VectorVision an, das in den Bereichen Neurochirurgie, Wirbelsäule und HNO eingesetzt werden kann. Als dritter großer Wettbewerber ist GE Medical Systems auf dem Markt präsent, das mit rund 32.000 Mitarbeitern im Jahr 2003 einen Umsatz von 10 Mrd. Dollar gemacht hat. General Electric hat durch die Übernahme der Firma Visualization Technology im Jahr 2002 sein Produktspektrum im Bereich der Navigationssysteme erweitert und bietet mit der InstaTrak Plattform ein Gerät für Applikationen im Hirn-, Wirbelsäulen- und HNO-Bereich an. Neben den drei großen Wettbewerbern von BrainLAB gibt es eine Reihe von kleineren Unternehmen wie Collin, COMPASS, CBYON, Odin Medical Technologies, PRAXIM und Z-KAT, die für Nischenapplikationen Produkte der computerassistierten Chirurgie anbieten. Weitere konkurrierende Unternehmen kommen aus dem Bereich der Implantathersteller und -händler, die ihre Produktpalette in den Bereich der computerassistierten Chirurgie erweitern wollen. Dies sind Firmen wie B.Braun, Medica Holding, STRYKER, SULZER und Synthese-Stratec. In der Radiochirurgie steht BrainLAB mit einer Reihe von Unternehmen im Wettbewerb. Das Pionierunternehmen auf dem Gebiet der Radiochirurgie ist das schwedische Unternehmen Elekta, das von dem Neurochirurgen Lars Leksell 1972 gegründet wurde und den ersten Linearbeschleuniger Gamma Knife zur Marktreife gebracht hat. Inzwischen bietet Elekta eine breite Produktpalette für die Radiochirurgie an, von Linearbeschleunigern bis hin zur stereotaktischen Planungssoftware. Das Stanford University Start-up Accuray bietet mit dem System CyberKnife ein Konkurrenzprodukt zu Novalis an. Das radiochirurgische Gerät kann am ganzen Körper eingesetzt werden, da der Linearbeschleuniger auf einem Roboterarm montiert ist und über eine Software gesteuert wird. Bis Anfang 2004 wurden nur 22 Geräte
174
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
weltweit installiert. Ein weiteres junges amerikanisches Unternehmen auf dem Gebiet der Radiochirurgie ist NOMOS, das mit seinem System PEACOCK eine Planungssoftware mit einem Multileaf Collimator verbindet. Ein weiteres Pionierunternehmen im Bereich der Radiochirurgie ist Varian, das im Wesentlichen onkologische Systeme sowie Röntgengeräte und deren Komponenten entwickelt und vertreibt. Varian Medical Systems mit Sitz in Kalifornien hat 2003 einen Umsatz von 1 Mrd. Dollar erzielt und beschäftigt rund 3.000 Mitarbeiter. Varian bietet im Bereich der Radiochirurgie eine umfassende Produktpalette an, von Linearbeschleunigern über MultiLeaf Kollimatoren und Planungssoftware bis hin zu Gesamtlösungen für die Image Guided Radiation Therapy. Ein weiterer Wettbewerber ist Radionics, das mit dem System XKnife RT2 eine stereotaktische Radiotherapielösung sowie einzelne Komponenten anbietet. Siemens Medical Solutions mit einem Umsatz 2002 von 7,6 Mrd. Euro und rund 31.000 Mitarbeitern stellt unter anderem für die Radiochirurgie Linearbeschleuniger her. Eine Reihe weiterer Unternehmen bietet Planungssysteme für die Radiotherapie an, wie 3D-LINE, ADAC Laboratories, CMS – COMPUTERIZED MEDICAL SYSTEMS und Z-MED.
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
5.3
5.3.1
175
Darstellung der Entwicklung des Unternehmens und der unternehmerischen Tätigkeit von Stefan Vilsmeier
Startphase
Die BrainLAB GmbH wird 1989 von Stefan Vilsmeier und einem Schulfreund in München gegründet. Ziel des Start-ups ist es, ein erstes menügesteuertes stereotaktisches Planungssystem für die Neurochirurgie zu entwickeln und im Markt einzuführen. Die Produktidee erwächst aus einem Projekt mit der Abteilung für Neurochirurgie der Universität Wien, zu dessen Durchführung Stefan Vilsmeier bereits als Gymnasiast eingeladen wird. Er soll in das Projektteam seine Kompetenzen im Bereich 3D-Computergrafikprogrammierung einbringen. Ziel ist es, die zweidimensionalen diagnostischen Daten in plastische dreidimensionale Computergrafiken umzuwandeln. Durch die Arbeit mit den Medizinern bekommt er Einblicke in die Arbeitswelt der Neurochirurgen und lernt deren Bedürfnisse und Anforderungen an Software-basierte Unterstützungssysteme kennen. „Das Projekt in Wien war mehr oder weniger eine Totgeburt, aber für mich eine Möglichkeit, die Bedürfnisse in der Neurochirurgie zu verstehen.“ Stefan Vilsmeier glaubt, dass Softwaresysteme in der Neurochirurgie ein großes Potential haben. „Für mich war sofort klar, was ich machen muss – Software für die Neurochirurgie.“ Er erkennt, dass die millimetergenauen Daten aus der Computertomographie bis dahin nicht optimal genützt werden: „Die Bilder aus den CTs werden lediglich im OP in den Abbildung 81: Erstes BrainLAB Software Produkt (1989) Lichtkasten an die Wand gehängt.“245
245
Feedbackbeitrag: „Ich meine, mit 16 schon ein Buch zu schreiben, das ein Erfolg wird, ist wirklich bemerkenswert, und dann gleich nach dem Abitur (über das Alter sind wir ja schon lang drüber raus) sich selbstständig zu machen und ein Unternehmen zu gründen - Respekt.“ Vgl. dazu auch Feedbackbeiträge in Abbildung 92.
176
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
Im Keller seiner Eltern programmiert Stefan Vilsmeier mit seinem Schulfreund die erste BrainLAB-Software, die Bilddaten wie Computertomographieund Kernspinaufnahmen zu dreidimensionalen Bildern verarbeitet. Mit den räumlichen Darstellungen können Chirurgen Volumina im Gehirn, wie Tumore und Blutgerinsel, besser lokalisieren und den chirurgischen Eingriff besser vorbereiten. Bereits 1990 kommt das menügesteuerte stereotaktische Planungssystem für die Neurochirurgie unter dem Namen BrainSCAN an der österreichischen Hochschule erstmals zum Einsatz. Im Jahr 1989 gründet Stefan Vilsmeier zusammen mit seinem Freund die Abbildung 82: BrainSCAN-Computer auf einer BrainLAB GmbH. Das im selben Jahr erst Ausstellung (1990) aufgenommene Informatikstudium bricht er gleich wieder ab. „Mir hat es an Sitzfleisch und Hartnäckigkeit gefehlt und mir waren die Möglichkeiten, da was zu machen, viel zu verlockend.“246 Jedoch sieht sich der junge Gründer mit seiner Wahl auch stark unter Druck gesetzt: „Durch die Entscheidung blieb mir nichts anderes übrig, als mit diesem Schritt erfolgreich zu sein.“ Das Hauptmotiv zur Gründung einer GmbH ist die Haftungsbeschränkung, die das persönliche finanzielle Risiko der beiden jungen Softwareentwickler minimieren soll. Unternehmerische Ambitionen und der Wunsch zum Aufbau eines wachstumsorientierten Unternehmens stehen nicht im Vordergrund. Durch die Zusammenarbeit mit der Universität Wien kann Stefan Vilsmeier erstes technologisches Know-how für die Radiochirurgie aufbauen und eine universell einsetzbare Softwarearchitektur entwickeln, die einfach und schnell auf weitere medizinische Anwendungen angepasst werden kann.247
246
Feedbackbeitrag: „Ohne fertiges Studium eine Firma zu gründen und bis heute gegen die Großen zu bestehen ist wahrlich eine Leistung. Jedoch behaupte ich jetzt mal, dass es heute weitaus schwieriger sein wird, das zu wiederholen. Oder warum sitzen wir alle in der Uni, um früher oder später ein Diplom vorweisen zu können? Wir könnten ja auch alle schon in der Gründungs- bzw. Wachstumsphase unserer zukünftigen Großfirma stecken. Jedoch sind wir alle noch an der Uni und verdienen eventuell unser Geld nebenbei als Arbeitnehmer für den Unterhalt der eigenen Wohnung oder wir sind noch wohl behütet in Abraham’s Schoß (Hotel Mama). Und warum? Weil wir ein gewisses Maß an Sicherheiten haben wollen und auch laufende Kosten haben, für die jeden Monat Geld da sein muss.“ Vgl. dazu auch Feedbackbeiträge in Abbildung 93.
247
Feedbackbeitrag: „Und hier denk ich mir oft, hab ich irgendwas verpasst? Wie macht man das in dem Alter? Man hat doch keine Ahnung von Nichts, nur fachliche Kenntnisse und eine Idee, die man umsetzen möchte!! Anscheinend muss jeder so nach und nach in die Geschäftswelt "reinwachsen" und tatsächlich viel Mut und eine große Portion Glück mitbringen.“
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
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In der Startphase steht für Stefan Vilsmeier die Softwareentwicklung im Zentrum seiner Tätigkeit. Er entscheidet sich, den Vertrieb seiner Produkte über einen US-amerikanischen Partner abzuwickeln, der in den USA medizinische Geräte an Neurochirurgen vertreibt. Der Vertriebspartner hat einen Jahresumsatz von rund 50 Mio. Dollar, über 200 Mitarbeiter und rund 3000 Kunden. Mit der Kooperation plant der junge Gründer, die Produktpalette des Vertriebspartners zu ergänzen und zügig Zugang zum amerikanischen Markt zu bekommen. Dabei steht die Idee im Vordergrund, eine Schnittstelle zwischen den mechanischen neurochirurgischen Zielgeräten des Vertriebspartners und den verfügbaren diagnostischen Daten zu entwickeln. „Die Firma hat unsere Software als Lockvogel am Messestand gezeigt, um den Markt aufzubereiten.“ BrainLAB erhält neben der Möglichkeit, seine Software auf den Messeständen des Vertriebspartners zu präsentieren, die Chance, Kontakte zu Forschergruppen an amerikanischen Universitäten zu knüpfen. Nach einiger Zeit muss Stefan Vilsmeier jedoch feststellen, dass der US Vertriebspartner die Produktidee von BrainLAB kopiert, selbst Software entwickelt und dafür eine FDA Zulassung beantragt. Nachdem Stefan Vilsmeier darüber in Kenntnis gesetzt wird, beendigt er sofort die vermeintliche Zusammenarbeit. „Nach fünf Jahren hatte diese Firma ihr eigenes Produkt am Markt und ich letztendlich stand wieder vor dem Nichts.“248 BrainLAB befindet sich in einer kritischen Situation. Das Startkapital von rund 75.000 Euro ist weitgehend aufgebraucht und zahlende Kunden sind nicht in Sicht. Nach fünfjähriger Entwicklungsarbeit steht BrainLAB kurz vor dem Aus. „Das war keine besonders beeindruckende Ausgangsposition.“ Stefan Vilsmeier und sein Partner entscheiden sich trotzdem weiterzumachen: „In diesem Alter ist es so, dass man noch relativ unbedarft und naiv ist. Die rationale Entscheidung wäre damals sicher gewesen, wenn man alle Risiken und Chancen gegeneinander abgewägt hätte, letztendlich das Ganze sein zu lassen, um vielleicht dann doch noch einen ordentlichen Beruf zu ergreifen.“
248
Feedbackbeitrag: „Spätestens bei der Betrachtung der Anfangsjahre seiner Firma, als er von seinem US-Vertriebspartner abgezockt wurde und er vor der Entscheidung stand, aufzugeben oder noch mal von vorne anzufangen, wird einem klar, dass bei dieser Firmengründung nicht Fortuna auf dem Beifahrersitz saß …“
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
178
1990
1985 3D Computer Grafik Buch
Allgemeine Meilensteine
Gründung von BrainLAB
1995
Congress of Neurological Surgeons
Gründung der BrainLAB AG
Start des Ärzte Training Programms
Projekt mit Uni Wien
Allianz mit Varian
Entw. von BrainSCAN
ProduktEntwicklung Radiotherapie/ -chirurgie
2000
Weiterentw. der BrainLAB Software
Einsatz der Software an der Uni Wien
Installation des ersten BrainLAB Systems
Einführung von Mikromultileaf Kollimator m3
Geplanter Börsengang
Allianz mit Oncology Care System Group (Siemens)
Entw. ExacTrac
Entw. m3
2005
Einführung von ExacTrac
Kooperation mit RAD Technology
Entw. Novalis
Allianz mit R2 Technology
Einführung von Novalis SBS
Einführung von Novalis
Entw. Nav.system
ProduktEntwicklung computergestützte Chirurgie
Einführung von VectorVision
Beteiligung an IMRIS
Allianz mit Entw. von DePuy VectorVision2 Einführung von VectorVision2
Entwicklung von Intuition
Entw. BrainSUITE
Einführung der BrainSUITE
Entwicklung von Modulen für VectorVision2
Abbildung 83: Meilensteine beim Auf- und Ausbau von BrainLAB
5.3.2
Gewinnung der ersten Kunden
Die letzten noch zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel werden für einen Messestand auf dem „Congress of Neurological Surgeons“ eingesetzt, der im Oktober 1992 in Washington, DC stattfindet. Die beiden Unternehmensgründer bauen für rund 8.000 DM den Stand dafür eigenhändig in der elterlichen Garage zusammen.249
249
Feedbackbeitrag: „Wie hat er es nun geschafft, seine millionenschwere Konkurrenz in den Schatten zu stellen? Das ist wohl die Frage die hier eigentlich interessiert, möchten wir es ihm doch gleichtun. Nun ich denke, zum einen hatte seine millionenschwere Konkurrenz vielleicht zuviel Anstand, schließlich hatten sie einen Ruf zu verlieren. Herr Vilsmeier hatte nichts zu verlieren, er hatte noch 10.000 in der Tasche und hat „beim Roulett alles auf die 23 gesetzt“, während die Millionenkonkurrenz wohl eher auf „schwarz und rot“ gesetzt hat. Wer mehr riskiert, kann mehr wachsen, das ist die Aussage, die ich aus seinen Ausführungen gezogen habe. Es ist verwunderlich, dass Herr Vilsmeier mit dieser Strategie durchgekommen ist, hatte er doch genug Möglichkeiten um abzustürzen.“
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
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Um die Kosten für das Übergepäck beim Flug zu sparen, überredet Stefan Vilsmeier das Personal am Flughafen Check-in, für das „studentische Projekt ein Auge zuzudrücken“. Das Gepäck wiegt über 400 kg. Die Reise und der erste eigene Auftritt auf einer Fachmesse in den USA werden zum Wendepunkt des Unternehmens. „Wir haben uns nachts einsperren lassen und auf der Toilette versteckt, um den Messestand aufbauen zu können. Denn in den USA braucht man dazu Gewerkschaftsarbeiter, die wir uns damals nicht leisten konnten. So stand auf magische Art und Weise am nächsten Tag der Messestand.“250 Auf dem selbst gebastelten und in der Nacht vor Kongressbeginn aufgestellten Stand kann Stefan Vilsmeier internationale Abbildung 84: BrainLAB-Stand auf Fachkongress (1992) Kunden- und Händlerkontakte herstellen. Daraus ergeben sich Aufträge für BrainLAB nach Taiwan und Südafrika. Das erste System verkauft Stephan Vilsmeier an den Einkaufsleiter des größten Krankenhauses in Taiwan, dem Chang Gung Memorial Hospital. Damit hat das Unternehmen regionale Märkte gefunden, die seine US-amerikanischen Wettbewerber noch nicht besetzt hatten. „Das waren Märkte, die von unseren Mitwettbewerbern vernachlässigt wurden. Wir hatten dadurch die Möglichkeit, uns unbemerkt zu entfalten.“ BrainLAB bietet seinen ersten Kunden maßgeschneiderte Softwarelösungen an, die genau den Vorstellungen der Kunden entsprechen.
250
Feedbackbeitrag: „Sicher hatte Herr Vilsmeier vor allem zu Beginn seiner schnellen Karriere eine ordentliche Portion Dusel. Jedoch glaube ich nicht, dass er ohne sein einnehmendes Charisma damals hätte Fuß fassen können. Dies zusammen mit seiner optimistischen Unverfrorenheit (in anderen Worten Frechheit) hat ihn bei seiner Zielgruppe und der Konkurrenz bekannt werden lassen. Wer ist schon so verschlagen, bei der Fluggesellschaft vorzugeben, die 450 Kilo Übergepäck gehörten zur Diplomarbeit, um Geld zu sparen...köstlich! Großartig auch seine Aktion auf dem Messegelände, (...). Wenn man das System schon nicht ändern kann, so muss man eben unverfroren genug sein, es, wo es geht, auszunutzen.“ Vgl. dazu auch Feedbackbeiträge in Abbildung 94.
180
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
Mit großem persönlichem Einsatz konzentrieren sich die beiden BrainLAB Gründer, die ersten Aufträge schnell zu bedienen. BrainLAB ist zu dieser Schnelligkeit auch deshalb gezwungen, da es nicht über die Ressourcen verfügt, die Entwicklungsprojekte über einen in der Branche üblichen Zeitraum von ein bis zwei Jahren vorzufinanzieren. Stefan Vilsmeier reist in die verschiedenen Länder, um die Systeme vor Ort zu installieren. Bis 1994 richtet der junge Gründer eigenhändig die ersten 20 Systeme in Krankenhäusern ein. Zudem ist er für die Softwareentwicklung, den Vertrieb und die Buchhaltung zuständig. Zu dieser Zeit verfügt BrainLAB über keinen Businessplan. Die jungen Gründer haben auch keine klare Vorstellung, wie das Abbildung 85: Lieferung des ersten radioGeschäftsmodell ihres Unternehmens chirurgischen Systems in die USA aussieht. „Jedes Mal, wenn ich neue Mitarbeiter einstellen wollte, bin ich ins Flugzeug gestiegen und habe versucht, was zu verkaufen.“ Die Erlöse aus der verkauften Software werden sofort wieder in die Weiterentwicklung des Navigationssystems investiert, das Stefan Vilsmeier unter dem Namen VectorVision vertreiben will. 1994 stellt BrainLAB nicht nur die ersten drei Mitarbeiter ein sondern gründet eine Niederlassung in den USA. Dies ist ein wichtiger Schritt für den Durchbruch auf dem US-Markt, auf dem das Unternehmen ein Jahrzehnt später rund 50 Prozent seines Umsatzes generiert. Der Markteintritt in den USA gestaltet sich jedoch sehr schwierig. Die amerikanischen Wettbewerber von BrainLAB versuchen, das junge Unternehmen durch Preiskämpfe aus dem Markt zu halten. Vilsmeiers Antwort darauf ist die flexible und schnelle Anpassung seiner Produkte an die speziellen Kundenwünsche.
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5.3.3
181
Ärzteschulung und Kundeneinbindung
Im August 1994 wird auch erstmals ein BrainLAB-System in der Volksrepublik China installiert. „1994 war eines der Jahre mit einer der persönlich entscheidendsten Erfahrungen. Damals habe ich das erste System nach China verkauft.“ Dazu reist Stefan Vilsmeier in die Provinz Chandong und wird vom Bürgermeister einer 1.500 Personen umfassenden Gemeinde als Ehrengast zu einem traditionellen Galadinner empfangen. „Man muss die Kulturen dieser Länder wirklich kennen und verstehen lernen, um dort Geschäfte zu tätigen.“ Bei der Einrichtung des BrainLABGerätes in dem abgelegenen Privatkrankenhaus muss sich Stefan Vilsmeier einigen Herausforderungen stellen. Als technisches Problem erweist sich der von den Abbildung 86: Erste Installation eines radioChinesen gebraucht gekaufte Computerchirurgischen BrainLAB-Systems in tomograph, den der BrainLAB Gründer nach China (1994) stundenlangen Telefongesprächversuchen mit der niederländischen Herstellerfirma wieder zum Laufen bringt. Als weitaus größere Herausforderung zeigt sich jedoch die Unerfahrenheit des gerade 23-jährigen verantwortlichen Arztes, der vor gerade zwei Wochen sein Medizinstudium abgeschlossen hat und noch über keine praktische Berufserfahrung in der Neurochirurgie verfügt. Stefan Vilsmeier muss direkt bei der ersten Operation unterstützen. Der Patient, ein achtjähriger Junge, übersteht den Eingriff gut.251 Aus der Erfahrung im OP schließt der Unternehmensgründer, dass nicht nur die Technik, sondern auch das Training der behandelnden Ärzte für den erfolgreichen Einsatz der BrainLAB-Systeme in den Krankenhäusern entscheidend ist. „Damals habe ich gelernt, dass die Technologie völlig wertlos ist, wenn nicht auch die notwendige Ausbildung und das Training dazukommen.“
251
Feedbackbeitrag: „Ehrlich gesagt, mir kam es vor, als hätte sich Herr Vilsmeier manche Sachen entweder gar nicht überlegt oder nur sporadisch und in manchen Momenten viel zu schnell gehandelt. Meiner Meinung nach hat er in manchen Situationen extrem viel riskiert (seine ChinaGeschichte mit dem kleinen Patient, oder so hohe Darlehen, was nicht unbedingt falsch sein musste, doch ohne richtige Analyse) und mit seiner Aussage, dass wir die Probleme nicht viel zu viel analysieren sollten, bin ich nicht ganz einverstanden. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass mit großen Chancen auch große Risiken verbunden sind. Trotzdem bleibe ich realistisch und versuche in meinem eigenen Sinne alles möglichst bestens und detailliert zu durchdenken. Wenn man nämlich eine objektive und ausreichende Analyse der Umgebung, der eigenen Chancen und Risiken schafft, kann man vielleicht keine bessere, aber sicherere Entscheidung treffen.“
182
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
Es entsteht ein Konzept zur Einbindung und Schulung der Ärzte und des medizinischen Personals. Darauf hin investiert das junge Unternehmen massiv in die Ausbildung von Ärzten in China. Innerhalb von einem Jahr organisiert BrainLAB über zehn Seminare, die von Ärzten aus Taiwan und USA teilweise auch in chinesischer Sprache gehalten werden. Damit kann die Qualität der Behandlungen in China mit BrainLAB Systemen auf das amerikanische und europäische Niveau gehoben werden. Nach den internationalen Verkaufserfolgen strebt BrainLAB 1995 an, den deutschen und europäischen Markt zu erschließen. Als Auftaktveranstaltung lädt das inzwischen zwölf Mitarbeiter umfassende Unternehmen rund 300 Neurochirurgen aus ganz Deutschland zu einem Workshop am Tegernsee ein, auf dem BrainLAB seine Produkte und Trends präsentiert. 97 Mediziner folgen der Einladung nach Bayern. „Die Meisten kamen aus Neugier, um zu sehen, wer BrainLAB ist.“252 Die BrainLAB Mitarbeiter nützen die Veranstaltung, persönliche Kontakte zu den Teilnehmern aufzubauen. Zudem stellt das Unternehmen in dem Workshop den Abbildung 87: Workshop am Tegernsee (1995) deutschen Ärzten mögliche neue Technologien vor und demonstriert die damit verbundenen Möglichkeiten. „Wir waren damals nicht sicher, auf welche Technologie wir setzen sollten.“ Durch das von den Medizinern gegebene Feedback kann BrainLAB die Kundenbedürfnisse besser in die Spezifikationen der zukünftigen Produkte einarbeiten. Ein Kongressteilnehmer ist von den Möglichkeiten des BrainLAB-Systems so begeistert, dass er sofort ein System bestellt und bezahlt. Damit ist das Entwicklungsbudget des jungen Unternehmens für das Innovationsprojekt gesichert.253 „Das war unser zufriedenster Kunde.“ Das Aufgabenspektrum für den Unternehmensgründer erweitert sich durch die Expansion von BrainLAB, sodass er zunehmend Tätigkeiten wie die Buchhaltung, die er bis 1995 selbst führt, an Mitarbeiter delegiert.
252
Feedbackbeitrag: „Es hat mich auch nicht gewundert, dass alle 97 von seinen ersten 97 Kunden immer noch sein Unternehmen allen anderen vorziehen. Er tritt sehr selbstbewusst, kompetent aber auch sehr freundlich, humorvoll und publikumsorientiert auf. Dadurch gewinnt er Sympathie und Vertrauen der Menschen, schafft soziale Kontakte und bindet somit seine Kunden und Mitarbeiter an sich.“
253
Feedbackbeitrag: „Ich glaube, dass einfach zur richtigen Zeit die richtigen Entscheidungen getroffen wurden, wozu man nur gratulieren kann. Wie erlangt man ein Verhandlungsgeschick, einem Kunden das Geld ein halbes Jahr vor der Entwurfsphase aus den Ärmeln zu leiern?“
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie 5.3.4
183
Durchbruch auf dem amerikanischen Markt - Kooperation mit Varian
Das Wettbewerbsumfeld auf dem amerikanischen Markt gestaltet sich für BrainLAB sehr schwierig. Mit der Gründung der Niederlassung in den USA 1994 ergibt sich nicht automatisch ein regionaler Markteintritt. Die im US-Markt etablierten Spieler versuchen, das junge Unternehmen auf Distanz zu halten. BrainLAB kann sich nur mit Produktlösungen durchsetzten, die auf die spezifischen Kundenanforderungen in wenigen Wochen zugeschnitten werden. An den Verkauf von standardisierter Software ist in dieser Phase nicht zu denken. Der ehemalige amerikanische Vertriebspartner von BrainLAB mit rund 50 Mio. Doller Umsatz hat seine Software für die Strahlentherapie im Markt einführen können und verfügt über eine Kooperation mit Varian, dem weltweit größten Hersteller von Strahlentherapieprodukten. Stefan Vilsmeier fasst das Ziel ins Auge, Varian als strategischen Partner zu gewinnen und mit einer Kooperation einen besseren Zugang zum amerikanischen Markt zu bekommen. „Um voran zu kommen, habe ich mich darauf konzentriert, eine Beziehung zu Varian aufzubauen.“ Der erste Schritt in diese Richtung ist, zunächst Kontakte mit europäischen Varian Mitarbeitern anzubahnen. Die Herausforderung besteht für BrainLAB darin, Varian zu überzeugen, die bestehende Partnerschaft mit dem Wettbewerber zu beenden und mit dem wesentlich kleineren Unternehmen aus München eine neue Kooperation aufzubauen. 1995 reist Stefan Vilsmeier auf einen Kongress in Florida, um mit amerikanischen Produktentwicklern von Varian ins Gespräch zu kommen. Er versucht, sich in das gleiche Hotel wie die Varian Mitarbeiter einzumieten. „Wir haben die mehr oder weniger draußen in den Straßencafes von Miami bis um drei Uhr nachts belagert.“ Einige Monate später trifft sich Stefan Vilsmeier mit seinen Gesprächspartnern wieder und besucht gemeinsam mit den Amerikanern ein Baseball Spiel. Die Freizeitaktivitäten helfen, bei dem wichtigen Geschäftskontakt zunehmend das Eis zu brechen. Ein viertel Jahr darauf findet ein Treffen im Büro von BrainLAB in München statt. Die drei Varian Vertreter sind zunächst erschrocken, wie klein das Unternehmen BrainLAB ist, das zu diesem Zeitpunkt aus 25 Mitarbeitern besteht und einen Umsatz von rund 2,5 Mio. Euro generiert. Nach einigen Tagen sind die Kooperationsverhandlungen zwischen Varian und BrainLAB festgefahren. Die Gesprächspartner beschließen, einen Tag Auszeit zu nehmen und gemeinsam Ski zu fahren. Im Skigebiet gibt es hauptsächlich Schlepplifte. Dadurch bietet sich für Stefan Vilsmeier die Gelegenheit, der Reihe nach mit seinen drei Abbildung 88: Präsentation des Mikromultileaf Kollimators (1996) Verhandlungspartnern im Lift immer wieder
184
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
zu sprechen. In dieser besonderen Gesprächssituation und –umgebung können sich die Unternehmensvertreter auf eine gemeinsame Linie für eine Zusammenarbeit einigen. „Die letzten Fragen haben wir dann mit kleinen Wettrennen auf der Skipiste entschieden.“ Einige Wochen später kommt es zu einem offiziellen Vertragsabschluß. Innerhalb von einem halben Jahr entwickeln zwei Ingenieure von BrainLAB zusammen mit Varian das erste gemeinsame Produkt, den Mikromultileaf Kollimator m3. Dies ist eine hochgenaue Blende zur Optimierung des Behandlungsstrahls herkömmlicher Linearbeschleuniger in der Radiochirurgie. Dazu lizenziert BrainLAB Technologien von Varian. 1996 wird das neue Produkt in den Markt eingeführt und von den Unternehmen gemeinsam vermarktet.254 Durch die Kooperation mit Varian gewinnt BrainLAB über Nacht Glaubwürdigkeit auf dem amerikanischen Markt. Die neu entwickelten Geräte werden an große Universitätskliniken wie die der UCLA verkauft. BrainLAB hat damit Zugang zu Kunden in den USA, die durch den renommierten Namen des Partners Varian schnell Vertrauen in die Produkte von BrainLAB fassen. Mit der Kooperation ist der Durchbruch auf dem amerikanischen Markt gelungen und die Grundlage für neues Wachstum geschaffen. Aus dem Mikromultileaf Kollimator m3 entwickelt sich in der Folgezeit ein ganzes Produktspektrum für die Radiochirurgie/therapie. Zudem kann BrainLAB zwei der drei ursprünglichen Verhandlungspartner von Varian als Mitarbeiter für BrainLAB gewinnen, unter anderem den Finanzvorstand. „Dadurch, dass wir uns durch Varian über Nacht Glaubwürdigkeit verschafft haben und im Jahr darauf an Stanford, UCLA und andere große Universitäten Geräte verkaufen konnten, war die nächste Stufe für das Wachstum gelegt.“ 1996 verlässt der Mitgründer von Abbildung 89: Produktstart des CLINAC 600SR in BrainLAB das Unternehmen. Gründe dafür Partnerschaft mit VARIAN (1996) sind unterschiedliche Auffassungen
254
Feedbackbeitrag: „Der für mich mit interessanteste Aspekt an Herrn Vilsmeiers Vortrag ist seine Fähigkeit, Geschäftspartner und Mitarbeiter von seinen Ideen zu überzeugen und zu begeistern. Ohne diese Qualitäten wäre es ihm wohl kaum gelungen seine Firma zu dem zu machen, was sie heute ist; denn meiner Meinung nach reicht es für den geschäftlichen Erfolg nicht aus allein fachlich kompetent zu sein. Ein glänzendes Beispiel dafür ist Herrn Vilsmeiers Schilderung, wie er das Partnerunternehmen eines finanziell und personell überlegenen US-Konkurrenten davon überzeugen konnte, auf seine junge und noch nicht stark etablierte Firma zu setzen. Sicherlich hatte BrainLAB auch fachlich einiges zu bieten, doch es wird vor allem Herrn Vilsmeiers Fähigkeit gewesen sein, seine Zuhörer für seine Ideen zu begeistern und davon zu überzeugen, dass er 100-prozentig hinter seinen Zielen steht und nicht nur am schnellen Erfolg und Geld interessiert ist.“
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
185
bezüglich des Ausbaus von BrainLAB und die Ablehnung, weitere persönliche finanzielle Risiken zu übernehmen.255 „Das wurde ihm alles zu heiß und ging ihm zu schnell.“ Zur Auszahlung des Mitgründers und zur weiteren Finanzierung des Unternehmens braucht Stefan Vilsmeier zusätzliche finanzielle Mittel. „Wir hatten Glück, dass wir einen lokalen Banker gefunden hatten, der uns ohne weitere Sicherheiten das Darlehn bis zu zehn Millionen Euro gegeben hat. Ich musste während der ganzen Zeit mit bis zu dem achtzigfachen meines Nettojahresgehaltes bürgen.“ „Ich hatte das Unternehmen und war arm wie eine Kirchenmaus, und er hatte die Kohle und war mit 27 Jahren Frührentner.“
5.3.5
Durchbruch im Markt für Navigationssysteme
Mitte der 1990er Jahre versucht BrainLAB im Markt für medizinische Navigationsgeräte den Durchbruch aus dem Nischenmarkt zu erzielen. In dieser Phase verhandelt Stefan Vilsmeier über den Einsatz seines Systems mit einem Klinikbetreiber aus Albany, New York. „Das erste volle System in den USA zu verkaufen war ein langer schwerer Kampf.“ Bei dem Akquisitionsgespräch ist der potentielle Kunde weitgehend überzeugt, dass BrainLAB im Vergleich zum Wettbewerb das beste Produkt anbietet. Jedoch fehlt BrainLAB bei seinem System ein entscheidender Baustein, ein Zielgerät zur Positionierung des Patienten. Der direkte Wettbewerber kann ein solches Produkt anbieten und hält dafür ein Patent. Diese patentierte Markertechnologie basiert auf Leuchtdioden, die aktiv Signale aussenden. Obwohl BrainLAB nicht über ein solches Gerät verfügt, erklärt Stefan Vilsmeier im Verkaufsgespräch spontan, dass BrainLAB sehr wohl ein solches Produkt anbieten kann. „Meine Reaktion war: So eine Frechheit! Wie kann man nur behaupten, dass wir so ein Gerät nicht haben.“ Er schlägt dem potentiellen Kunden vor, nach seiner Rückkehr nach Deutschland ein Foto von dem Gerät zu faxen. Der Verhandlungspartner ist einverstanden. In München angekommen konstruiert der junge Unternehmer über Nacht ein neues Zielgerät. Er programmiert dazu ein 3D-Rendering auf seinem Commodore Amiga. Nach fünf Stunden Rechenzeit und einer kurzen Schlafpause faxt er das frisch berechnete Foto nach USA.256
255
Feedbackbeitrag: „In seinem Vortrag hat Herr Vilsmeier wenig über seinen Geschäftspartner erzählt, den er später, als es auf Grund der wahnwitzigen Bürgschaft brenzlig wurde, mit einer recht hohen Summe ablösen musste. Gerade als Gründer ist es zu zweit sicherlich einfacher, seine Ideen umzusetzen, wenn man sich auf seinen Partner verlassen kann. Man teilt sich nicht nur die Risiken, sondern kann sich gegenseitig bestärken, wenn es darum geht, u.a. die Gründungsformalitäten, steuerrechtliche Probleme und die Produktentwicklung und -vermarktung umzusetzen. Ich denke, als Einzelperson ohne Rückhalt ist dies schwieriger und nervenaufreibender.“
256
Feedbackbeitrag: „Was mir zu denken gab ist, dass ihm seine Naivität zum Teil half so erfolgreich zu werden. Gerade in dem Anwendungsgebiet sicherheitskritischer Software sollte man doch schon denken, dass man nichts dem Zufall überlassen will. Einen größeren Schadensfall, gerade in den ersten Jahren, hätten die Konkurrenten doch massiv ausgenutzt, um die Neuen am Markt zu zerstören. Kann man also davon ausgehen, dass Herr Vilsmeier nur wahnsinniges Glück gehabt hat? Was wäre, wenn er nicht über Nacht in der Lage gewesen wäre, so ein Positionier-Gerät zu
186
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
In der Not der Stunde gewinnt BrainLAB mit der neuartigen Lösung einen für den späteren Erfolg wesentlichen technologischen Vorsprung. Das von Stefan Vilsmeier über Nacht konzipierte Zielgerät basiert nicht wie bisher auf aktiven, sondern auf passiven Markern. Die Marker strahlen keine, wie bei den Konkurrenzprodukten üblich, aktiven Signale aus, sondern reflektieren Signale, die von anderen Quellen ausgestrahlt werden. Diese Lösung ist wesentlich benutzerfreundlicher, da sie kabellos ist und die Bewegungsfreiheit des operierenden Arztes nicht einschränkt. Durch die neue Technologie schafft BrainLAB den Durchbruch im Navigationssystemmarkt und kann den strategischen Nachteil gegen die finanziell übermächtigen Wettbewerber ausgleichen. „Dieses Gerät, das ich damals über Nacht konstruiert habe, ist mittlerweile das Design, das jeder andere Mitbewerber im Markt adoptiert hat.“257 Der Wettbewerb im Markt für Navigationssysteme gestaltet sich für BrainLAB trotzdem schwierig. Jeder Marktteilnehmer versucht, den anderen durch immer neue Features zu überbieten. BrainLAB kann diesen Wettbewerb aufgrund seines Größennachteils nicht gewinnen. Das Team entschließt sich 1998 dazu, einen anderen Weg einzuschlagen, indem es das gesamte bisherige Navigationssystem in Frage stellt und nach einer Antwort auf die folgende Frage sucht: „Wie kann das optimale Navigationssystem der Zukunft aussehen?“ Durch die Einnahme dieser Blickrichtung und die vor-Ort-Analyse von Operationen in verschiedenen Kliniken weltweit entsteht ein Konzept für ein voll integriertes Navigationsgerät. Eine wesentliche Neuerung ist dabei, dass es nicht wie bisher über Tastatur oder Maus bedient wird, sondern die Mensch-Maschine-Schnittstelle ein Touchscreen ist. Die Vorteile für die Ärzte sind eine schnelle Einsatzbereitschaft des Systems, einfache Bedienbarkeit und hohe Flexibilität. Das Konzept beinhaltet nicht nur technische Spezifikationen, sondern auch Pläne zum Service und zur Schulung. Für BrainLAB ist der intensive Kontakt mit dem Kunden ein Teil der Unternehmenskultur, der hilft, die unterschiedlichen Anforderungen der vielen weltweiten Kunden zu erfassen und zu analysieren. Dazu gehen die Mitarbeiter von BrainLAB zu den Chirurgen in die OPs und machen sich vor Ort ein Bild, wie die medizinischen Systeme genutzt werden. Gespräche und Workshops mit Kunden sind sehr gut, um vor allem kleine Verbesserungsschritte bei den Geräten zu erreichen. Bei größeren technologischen Schritten wie der grundlegenden Überarbeitung des VectorVision Systems gestaltet sich der Dialog jedoch schwierig, da sich viele Kunden den Einsatz der grundlegend neuen Technologien und des Designs nicht vorstellen können. Dies zeigt sich auch beim Innovationssprung, der mit der neuen entwerfen und es dann auch später zu konstruieren? Trotzdem Respekt dafür.“ Vgl. dazu auch Feedbackbeiträge in Abbildung 95. 257
Feedbackbeitrag: „Ist es legitim –wenn schon nicht legal– ja vielleicht sogar notwendig, dem Kunden etwas vorzugaukeln, solange er davon nichts erfährt, nur weil der größte Konkurrent, der gleichzeitig Marktführer ist, sich auch nicht gerade fair verhält? Was wäre passiert, wenn das angeblich vorhandene Produkt nicht hätte nachgeliefert werden können und vor allem: wie weit lässt sich dieses Spielchen noch treiben? Was, wenn sich jede Firma so verhielte? Sollten auch wir uns in vergleichbaren oder auch nicht vergleichbaren Situationen mit einer Notlüge einen Kunden erkaufen?“
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
187
Generation von VectorVision erreicht werden soll. Das erste Feedback der Ärzte auf das Konzept eines vollintegrierten Navigationssystems ist negativ. Beispielsweise können sich die wenigsten Chirurgen eine Bedienung des Geräts über einen Touchscreen und ohne Tastatur vorstellen. Auch die Streichung von rund zweidrittel aller Funktionen beim neuen System wird zunächst abgelehnt. Nachdem der neue Prototyp jedoch verfügbar ist und die Kunden das Gerät ausprobieren konnten, werden schnell die Vorteile des innovativen Systems erkannt und das neue Produkt erfährt umgehend große Akzeptanz. Stefan Vilsmeier setzt zur Realisierung des Konzeptes einen unerfahrenen Projektleiter ein. Obwohl die Ziele äußerst hochgesteckt sind und das Team technologisches Neuland betritt, kann BrainLAB innerhalb von zwölf Monaten das erste System präsentieren. „Wenn man sich aggressive Ziele setzt, ist das der erste Schritt, um den Prozess der Umsetzung voranzutreiben.“ Das von BrainLAB neu entwickelte bildgestützte 3D-Navigationssystem VectorVision ermöglicht für zahlreiche chirurgische Eingriffe neue und optimierte Behandlungsmethoden. Als zentrale Plattform unterstützt VectorVision neurochirurgische, orthopädische sowie HNO-Operationen. 1997 bekommt BrainLAB mit der FDAZertifizierung von VectorVision die amerikanische Marktzulassung.
5.3.6
Professionalisierung des Marketings
Mitte der 1990er Jahre regt der Kooperationspartner Varian BrainLAB an, sein Marketing zu professionalisieren. Bis zu diesem Zeitpunkt haben BrainLAB und speziell Stefan Vilsmeier alle Marketingaktivitäten selbst geplant und durchgeführt. „Ich habe bis dahin alle Dinge selbst designed, Messestände und dergleichen.“ Das junge Unternehmen beauftragt für das Marketing eine externe Werbeagentur in Chicago und investiert in eine Anzeigenkampagne. Dazu stellt BrainLAB über einhunderttausend US-Dollar bereit. „Es hat fast sechs Monate gedauert, bis wir alle talentierten Mitarbeiter der amerikanischen Werbeagentur abgeworben hatten.“ BrainLAB setzt sich mit der Marketingoffensive das Ziel, das konservative Erscheinungsbild der Neurochirurgie aufzubrechen sowie vor allem junge Ärzte anzusprechen und bei diesen Emotionen zu wecken. Dazu entwickelt der Marktneuling den Slogan „Ready in five minutes - instant image guided surgery!”, der auf die schnelle Einsatzbereitschaft der BrainLAB Systeme abzielt. Eine Anzeige visualisiert diesen Slogan mit einem Fertiggericht. Die Werbung soll in Fachzeitschriften geschaltet werden. Bei einem Verlag fällt diese Werbeseite jedoch der Zensur zum Opfer, da die Herausgeber eine Anspielung auf Nahrungsmittel in einem neurochirurgischen Fachblatt nicht akzeptieren. Durch diesen kleinen „Skandal“ erreicht BrainLAB eine wesentlich höhere Aufmerksamkeit als die, die durch die eigentliche Werbekampagne hätte erreicht werden können. „Das war die beste Werbekampagne aller Zeiten.“ Zudem entsteht bei den Marketingspezialisten die Idee, einen Prominenten als „Sprecher“ für BrainLAB zu gewinnen, der selbst Krebspatient ist. Über die Kontakte zur UCLA wird der Rennradprofi Lance Armstrong identifiziert und angesprochen. Der sich in einer
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
188
gesundheitlichen Krise befindliche Leistungssportler wird von BrainLAB langfristig unter Vertrag genommen. Dies erweist sich als Glücksfall, da der frisch gewonnene Corporate Spokesman bereits im folgenden Jahr die Tour de France gewinnt. „Wir haben ihn relativ langfristig unter Vertrag genommen und damals konnte noch keiner abschätzen, dass er gleich fünfmal in Folge die Tour de France gewinnen würde.“ Der Radprofi gilt für viele Krebspatienten als Vorbild, dass die Krankheit überwunden werden kann. Aufgrund seines gesundheitlichen Hintergrundes versteht Lance Armstrong auch die Bedeutung der Produkte von BrainLAB. Durch das Engagement des Spitzensportlers kann der Bekanntheitsgrad von BrainLAB in der medizinischen Szene weiter stark gesteigert werden. So ist der Tour de France-Sieger beispielsweise die Hauptattraktion auf einem Neurochirurgen-Kongress in Boston, zu dem rund zweitausend Mediziner kommen. Lance Armstrong steht auch für den Trend, dass Patienten immer mehr Kontrolle und Verantwortung über ihr eigenes Schicksal übernehmen. BrainLAB antwortet auf diesen Trend, indem es nicht nur für Ärzte, sondern auch für Patienten Informationen rund um die Produkte des Unternehmens bereitstellt. „Manchmal muss man einfach auch Glück haben. Das gehört zum Unternehmer auch dazu, um Erfolg zu haben.“ Ein weiterer wichtiger Bestandteil des BrainLAB Marketings ist die starke Präsenz des Unternehmens auf Fachmessen und Kongressen. Seit dem erfolgreichen Auftritt von BrainLAB auf dem Congress of Neurological Surgeons im Oktober 1992 stellt sich das Unternehmen laufend weltweit als innovativer Anbieter medizinischer Softwarelösungen dar und festigt dadurch sein Image als Technologieführer. „Marketing ist natürlich etwas, was in unserem Bereich eine große Rolle spielt. Wir sind in jedem Jahr auf ungefähr 300 Kongressen mit bis zu 200 qm großen Ständen präsent.“ „Das ist etwas, was extrem viel kostet und wo man letztendlich kreativ sein muss, um da Kosten zu sparen.“
5.3.7
Wettstreit mit Medtronic
In der zweiten Hälfte der 1990er Jahre kommt es zu einer Konsolidierung des Marktes, in dem BrainLAB tätig ist. Als Hauptwettbewerber von BrainLAB kristallisiert sich das Unternehmen Medtronic heraus, eines der weltweit größten Medizintechnikunternehmen.258 „Das war ein relativ potenter Gegner, den wir uns da ausgesucht haben.“
258
Feedbackbeitrag: „Seine, wie er es selbst nennt, „aggressive Durchsetzung von Zielen“ haben ihn mit seinem Unternehmen, der BrainLab AG, zum Weltmarktführer gemacht. Dies ist umso beeindruckender, wenn man sich vor Augen führt, dass er sich gegen Branchenriesen wie General Electric oder Medtronic durchsetzen konnte. Obwohl diese über gigantische Mittel verfügen, gelang es ihnen nicht, BrainLab zu verdrängen oder ein mindestens ebenbürtiges Produkt zu entwickeln. Bei der riesigen Forschungs- und Entwicklungsabteilung General Electric’s ist es umso faszinierender, wie es Vilsmeier mit seinem Partner geschafft hat, eine solche Innovation in der Medizintechnik zu vollbringen. Es hätte ihm aber wenig gebracht, wenn er nicht den enormen Glauben an sein Produkt, das nötige Durchsetzungsvermögen, ausgeprägten Geschäftssinn und fast schon wagemutige Risikobereitschaft besitzen würde.“
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
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Medtronic versucht den jungen Rivalen aus München aus dem US-Markt der Navigationssysteme zu halten, indem es vor allem die neue BrainLAB Technologie der passiven Marker bei den Kunden als nicht funktionsfähig darstellt und ihre eigene Lösung der passiven Marker anpreist. Jedoch zeigt der schnelle Markterfolg von BrainLAB mit dem neuen System die technologische Überlegenheit, sodass Medtronic in kurzer Zeit auf das neue Design der passiven Marker übergeht. In den Jahren 1996 und 1997 bahnt sich daraus ein Patentstreit zwischen BrainLAB und dem amerikanischen Wettbewerber an. In einem Brief weist ein Anwalt im Auftrag von BrainLAB Medtronic darauf hin, dass das Münchner Unternehmen für die passiven Marker ein Patent angemeldet habe und Medtronic nicht weiter in dieses Feld investieren solle. „Wir hatten eine brilliante Idee, durch einen Anwalt einen Brief zu schreiben.“ Medtronic reicht daraufhin Klage vor einem Patentgericht ein, indem es BrainLAB vorwirft, gegen fünf bestehende Patente des amerikanischen Unternehmens verstoßen zu haben. Die Kosten für das Verfahren belaufen sich für BrainLAB auf über 2 Mio. Euro. Zudem verstärkt sich der Druck auf BrainLAB, da durch einen Preiskampf auf dem europäischen Markt die Preise für die medizinischen Produkte um rund 40% fallen. „Zudem haben sie begonnen, so gut wie jeden unserer Mitarbeiter anzusprechen und versucht sie abzuwerben.“ 1997 nimmt eine Investmentbank im Namen von Medtronic Kontakt mit Stefan Vilsmeier auf, um über eine Zusammenarbeit oder gar einen Zusammenschluss zu sprechen. Ein darauf stattfindendes Treffen führt zu keinem Ergebnis. In den folgenden Monaten verschärft sich für BrainLAB die Lage, da es in der Branche zu weiteren Fusionen kommt. Ein für Stefan Vilsmeier bedenkliches Ereignis im Jahr 1998 stellt dabei die Fusion von Medtronic mit dem führenden Hersteller von Neurochirurgieprodukten Sofamor Danek dar. „Zunächst konnten wir das gar nicht einschätzen.“ Der Unternehmer befürchtet, dass seine Firma langfristig nicht mit der Größe des Konkurrenzunternehmens mithalten kann, vor allem deshalb, weil noch weitere Fusionen zwischen Wettbewerbern drohen. 259 Daraufhin entschließt sich Stefan Vilsmeier im Frühjahr 1998 wieder Kontakt zu dem Investmentbanker aufzunehmen. In der Folge kommt es zu direkten Kontakten zwischen Stefan Vilsmeier und Managern von Medtronic. Es folgen gegenseitige Firmenbesuche und Präsentationen. Im Rahmen einer persönlichen Einladung in die USA schlägt das amerikanische Medizintechnikunternehmen dem jungen Unternehmer vor, BrainLAB für rund 250 Mio. US-Dollar zu übernehmen und ihn weiter als angestellten Manager zu beschäftigen, der an den General Manager des Softwarebereichs im Konzern berichtet. Stefan Vilsmeier lehnt es spontan ab, in dieser Weise seine unternehmerischen Freiheiten als Angestellter in einer Konzernhierarchie aufzugeben. „Ich habe mir überlegt, was ich mit dem Geld anfangen
259
Feedbackbeiträge: „Mit dem Gespann von Furchtlosigkeit, Unverschämtheit und Unverfrorenheit ist auch heute noch eine Auseinandersetzung David gegen Goliath erfolgreich zu meistern.“; „Und nicht immer geht der Kampf Garage vs. Konzern gut aus. Herr Vilsmeier ist derjenige, der nach der harten Selektion übrig geblieben ist. Bei dieser Selektion ist es durchaus vorstellbar, dass andere, genauso risikobereite und pfiffige Unternehmer auf der Strecke geblieben sind. Wieso? Weil, wie Herr Vilsmeier bereits gesagt hatte, auch eine gute Portion Glück dazugehört.“
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
190
würde. Für den Ruhestand bin ich noch zu jung.“ Trotz des verlockenden finanziellen Angebotes entscheidet sich der Unternehmensgründer, den weiteren Ausbau von BrainLAB als freier Unternehmer voranzutreiben.260
5.3.8
Direktvertriebssystem
Mit der Konsolidierung des Medizintechnikmarktes Mitte der 1990er Jahre ändern sich auch die Vertriebsstrukturen in der Branche. Die durch die Fusionen entstandenen großen Unternehmen bauen eigene Niederlassungen in den wichtigen Ländern auf und aus. Die bisherigen lokalen Distributorenstrukturen verschwinden mit dem Wegfall der vielen kleineren Medizintechnikunternehmen. „Für uns war das einer der schwierigsten Momente, als der Markt sich konsolidierte und es viele Fusionen in der Medizinbranche gab. Wir waren auf einmal konfrontiert mit großen Unternehmen, die alle ihre eigenen direkten Niederlassungen in den Ländern hatten.“ Das Unternehmen benötigt den direkten Marktzugang in den Verkaufsregionen, kann jedoch aufgrund seines Größennachteils nicht direkt mit den Großunternehmen in der Branche beim Aufbau eines Direktvertriebssystems mithalten. Damit die Wachstumsstrategie des Unternehmens aufgeht, muss BrainLAB jedoch einen kritischen Marktanteil weltweit erreichen. „Für uns war das fast unmöglich, das irgendwie hinzukriegen. Auf der anderen Seite war uns klar, dass, wenn wir nicht einen bestimmten Marktanteil erobern, unser Geschäftsmodell langfristig nicht funktionieren würde.“
260
Feedbackbeitrag: „Die Geschichte über den Unternehmensverkauf hat mich fasziniert. Ich habe danach viel nachgedacht, welche Entscheidung ich an der Stelle von Herrn Vilsmeier getroffen hätte. Was würde ich wählen: Geld oder Unternehmen? Ehrlich gesagt, würde ich das Geld annehmen, damit ich ein neues Unternehmen gründen könnte und meine Ideen realisieren könnte.“
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
1990
Marketingund VertriebsAktivitäten
Eröffnung von Niederlassungen
1995
Congress of Neurological Surgeons Vertriebspartner in USA
191
2000
Start des Ärzte Training Programms
2005
Start des Direktvertriebs
Beauftragung einer WerbeAgentur in USA Gewinnung von Lance Armstrong als Corporate Spokesman
Eröffnung der Niederlassung in USA Eröffnung der Niederlassung in China
Eröffnung der Niederlassungen in Südamerika, Italien, England, Australien Eröffnung der Niederlassungen in Hong Kong, Frankreich und Spanien
Eröffnung der Niederlassungen in Korea und Südostasien
Eröffnung der Niederlassungen in Japan und Indien
Abbildung 90: Meilensteine im Aufbau des Marketings und Vertriebs sowie der Eröffnung von Niederlassungen
Im Jahr 1998 entscheidet sich BrainLAB deshalb, ein eigenes Direktvertriebsnetzwerk aufzubauen und beginnt, den bestehenden Distributoren zu kündigen. Dazu muss das Unternehmen eine Reihe neuer Mitarbeiter einstellen. Dies bedeutet zunächst eine große Investition ohne gleichzeitigen starken Anstieg des Umsatzes. Dies liegt an den in der Medizintechnik üblichen langen Vertriebszyklen. Durchschnittlich dauert es rund zwei Jahre, bis ein neuer Vertriebsmitarbeiter ein System verkaufen kann. Für BrainLAB fallen jedoch pro Vertriebsmitarbeiter jährliche Kosten von rund 150 Tsd. Euro an. Dies schließt die Kosten für Demosysteme und Reisen ein. Trotzdem vergrößert BrainLAB innerhalb von einem Jahr die Vertriebsmannschaft von zehn auf sechzig Mitarbeiter. „Wenn man dann in einem Jahr die Vertriebsmannschaft von zehn auf sechzig Mitarbeiter aufstockt, kann jeder ausrechnen, was das für Investitionen sind.“ Um Kosten im Direktvertrieb zu sparen, werden von Beginn an effiziente Strukturen eingeführt. Ein Beispiel dafür ist die Niederlassung von BrainLAB in Italien. Dort wird ein Büro in einem Office Center mit eigener Adresse, Telefon- und Faxnummer angemietet, über das Anrufe nach Heimstetten weitergeleitet werden. In der Münchner Zentrale nimmt eine italienische Mitarbeiterin die Anrufe entgegen. Mit diesem System kann BrainLAB den Kommunikationsfluss zu seinen Kunden gewährleisten und gleichzeitig die Strukturen zentralisiert und effizient halten. Alle kundenbezogenen Dienste, wie der Service und Vertrieb, werden von BrainLAB Mitarbeitern beim Kunden vor Ort durchgeführt. „Diese schlanken Strukturen haben wir bis heute aufrechterhalten und das ist ein massiver Wettbewerbsvorteil.“
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
192
Neben dem Hauptsitz in Heimstetten verfügt BrainLAB über 14 Niederlassungen weltweit. Die erste Niederlassung wird 1994 in den USA eröffnet. Im Jahr 1996 folgt eine zweite Niederlassung in Peking, mit der der Grundstein für die weitere Erschließung des asiatischen Marktes gelegt wird. Der weitere Ausbau erfolgt 1998 mit der Gründung der Büros in Hongkong, Frankreich und Spanien. In der ehemaligen britischen Kronkolonie wird die BrainLAB Zentrale für Asien eingerichtet. Grund für die Expansion ist die zunehmende Nachfrage nach medizintechnischen Produkten in der Region. Mit einer Bevölkerungszahl von 3,7 Milliarden Menschen, mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung, hat Asien für Medizintechnik weltweit das größte Marktpotential. BrainLAB plant, in dieser Region bis 2005 den Umsatz zu verdreifachen. Langfristig wird der Ausbau durch weitere regionale Vertriebs- und Servicebüros angestrebt. In den Jahren 1999 und 2000 folgen weitere Neugründungen in Südamerika, Italien, Großbritannien, Australien, Japan und Indien. 2003 werden nochmals Niederlassungen in Korea und Südostasien eröffnet. Mit den 14 Niederlassungen und über 200 Vertriebs- und Servicemitarbeitern verfügt BrainLAB über ein weltumspannendes Netzwerk an Standorten sowie Personal und ist in der Lage, selbständig weltweit seine Produkte zu vermarkten.261 Für den Juli 2001 plant BrainLAB einen Börsengang am Neuen Markt. Konsortialführer sind Morgan Stanley und die Bayerische Landesbank. Der durch den Börsengang zufließende Emissionserlös soll einerseits für den Ausbau der Vertriebsinfrastruktur und andererseits für Forschungs- und Entwicklungsprojekte zur Erschließung neuer medizinischer Anwendungsfelder für minimal-invasive Therapien und zur kontinuierlichen Verbesserung der Produkte verwendet werden. Der Börsengang wird kurzfristig abgesagt. Stefan Vilsmeier begründet den Rückzug mit der Depression am Neuen Markt sowie einem allgemeinen Kaufstreik der Investoren.
5.3.9
Erweiterung des Produktspektrums in der Radiotherapie/ -chirurgie
Mit dem strategischen Partner Varian kann BrainLAB 1996 erfolgreich den Mikromultileaf Kollimator m3 in den Markt einführen. Dieses Bestrahlungsgerät für die Hochpräzisionstherapie bildet die Grundlage für eine ganze Produktpalette in der Radiochirurgie. Das System kann mit motorisch gesteuerten Wolframlamellen die Strahlen aus dem Linearbeschleuniger präzise je nach Richtung der Form des Tumors anpassen und
261
Feedbackbeitrag: „Ein Gedanke zur "schlanken Kostenstruktur", die BrainLAB laut Vilsmeier beibehalten will: als Unternehmensgründer fängt man gerne so an, sich pragmatisch zu überlegen, auf welche Kostentreiber man verzichten kann. Doch mit der Größe des Unternehmens wächst auch der Anspruch, z.B. an ein internationales Servicenetzwerk - da steuert BrainLAB ja mit der Telefon- und Faxweiterleitung z.B. aus Italien gegen. Offenbar ist es wichtig, auch ein renommiertes und etabliertes Unternehmen noch unkonventionell schlank zu führen. Für BrainLAB bedeutet das Mitarbeiterwerbung über Kinowerbespots (und eben nicht mit dem Strom zu schwimmen - z.B. über Inserate) - oder Werbung auf dem gehirnförmigen Heißluftballon anstelle Anzeigen.“
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
193
zugleich kritische Strukturen wie Sehnerven oder den Hirnstamm ausblenden. Damit wird erreicht, dass der Tumor sehr gleichmäßig von einer sehr hohen Dosis getroffen wird und gleichzeitig das umliegende gesunde Gewebe nur einer minimalen Dosis ausgesetzt ist. Aufbauend auf dem m3 System führt BrainLAB 1997 Novalis ein, eine Gesamtlösung für die Planung, Positionierung und Durchführung von radiochirurgischen Behandlungen. Entwicklungspartner und erster Kunde ist die UCLA. Bis zum Jahresende 2002 kann BrainLAB weltweit mehr als 30 der rund drei Mio. Euro teuren Geräte verkaufen. Das Unternehmen sieht die Möglichkeit, die ursprünglich für den Kopfbereich entwickelten Systeme für weitere medizinische Anwendungsbereiche wie Wirbelsäule, Leber, Lunge und Prostata zu nutzen. Dazu entwickelt BrainLAB das Patientenpositionierungssystem ExacTrac. Durch das System kann mit Novalis die hochpräzise Positionierung und millimetergenaue Bestrahlung von Tumoren außerhalb des Kopfes wie zum Beispiel von Wirbelsäulentumoren durchgeführt werden. BrainLAB baut beginnend mit der Kooperation mit Varian internationale Partnerschaften mit Branchenführern in den Bereichen Strahlentherapie auf, die dem Unternehmen den Zugang zu komplementären Technologien und Know-how sowie zu weiteren Vertriebs- und Servicenetzwerken eröffnen. Ein Beispiel dafür ist die Firma R2 Technology, mit der BrainLAB im Jahr 2000 eine Allianz eingeht. Das amerikanische Unternehmen ist Spezialist für die Erkennung von Lungenkrebs und bietet dafür eine Computer Aided Detection (CAD) Technologie an. BrainLAB und R2 Technology planen, mit der Zusammenarbeit die Kompetenzen auf den Gebieten der Diagnose und Radiochirurgie zusammenzuführen. Ein weiterer Kooperationspartner ist RAD Technology, der die Strahlenabschirmungen für das Novalis System liefert. Als weiteres neues Produkt führt BrainLAB 2002 die Planungssoftware BrainSCAN ein, mit der die exakte Positionierung des Kopfes und die präzise Bestrahlung durchgeführt werden kann. 2002 geht BrainLAB auch eine Allianz mit der Oncology Care System Group von Siemens Medical Solution ein. Diese sieht die Nutzung des Mikromultileaf Kollimator m3 und der Planungssoftware BrainSCAN in den Siemens Primus Linearbeschleunigern vor. BrainLAB bietet darüber hinaus auch für weitere Linearbeschleuniger anderer Hersteller Upgrades an, indem Kliniken ihre bestehenden radiochirurgischen Geräte mit BrainLAB Softund Hardware ergänzen. Im Jahr 2003 macht BrainLAB rund 50 Prozent des Umsatzes mit Produkten aus dem Bereich Radiochirurgie /-therapie. „Heute haben wir im Bereich der Radiotherapie achtzig Prozent Marktanteil weltweit und haben gerade in den letzten Jahren diese Technologie aus dem Kopfbereich in andere Bereiche erweitert.“
5.3.10
Ausbau der VectorVision Plattform
Der zweite Produktbereich von BrainLAB, die bildgestützte Chirurgie, erfährt mit der erfolgreichen Einführung von VectorVision in der Neurochirurgie einen Durchbruch. Mit dem System ist es möglich, die Lage von chirurgischen Instrumenten relativ zur Anatomie des
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Patienten zu erfassen und in Computer- und Kernspintomographien, die vor der Operation angefertigt werden, dazustellen. Das System VectorVision wandelt die Computer- und Kernspintomografie-Aufnahmen des Gehirns in dreidimensionale Grafiken um. So kann der Chirurg den Weg seiner Instrumente zum Tumor in Echtzeit am Monitor verfolgen und sich bei der Operation von der Software leiten lassen. Damit hat der Arzt die Möglichkeit, durch eine sehr kleine Öffnung im Schädel auch tiefsitzende Tumore gezielt und schnell aufzuspüren und schonend zu entfernen. Durch die geringe Beschädigung von gesundem Gewebe können sowohl die Krankenhausaufenthaltszeiten von Patienten als auch kosmetische Auswirkungen der Operation reduziert werden. Die wesentlichen Vorteile des BrainLABSystems sind, dass der behandelnde Arzt das System ohne Unterstützung eines Computerexperten über einen Touchscreen bedienen kann und die zur Lokalisierung der Instrumente benötigten Marker kabellos sind.
Entwicklung Navigationssystem
FDA Zulassung VectorVision Einführung von VectorVision
Software für spinale Anwendungen
Kooperation mit Image-Guided Neurologics Allianz mit DePuy
Entw. VectorVision2 Einführung von VectorVision2
Einführung von VectorVision compact
Technologiezukauf von Surgical Navigation Specialists Software VectorVision hip
Marketing Allianz mit Gyrus ENT
Software VectorVision knee Software VectorVision trauma
Software VectorVision CT-free
Einführung von Kolibri cranial
Einführung von Kolibri ENT
Abbildung 91: Meilensteine bei der Weiterentwicklung von VectorVision
BrainLAB erkennt schnell nach der erfolgreichen Einführung von VectorVision, dass das System nicht nur in der Neurochirurgie Anwendung finden kann, sondern auch in anderen Bereichen einsetzbar ist. Dazu entwickelt das Unternehmen ein Plattformkonzept, das aus
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
195
Hardware- und Softwarekomponenten besteht. BrainLAB bietet im Laufe der Zeit verschiedene Plattformvarianten, wie VectorVision2, VectorVision Sky oder Kolibri an. Zudem können die Kunden verschiedene Softwaremodule und Zubehör für verschiedene Anwendungsbereiche, wie Trauma, HNO und Hüfte, wählen. „Das Problem ist eher zu schauen, auf welche Bereiche wir uns als nächstes konzentrieren und nicht, wo vielleicht die nächste Idee herkommen könnte.“ So wird von BrainLAB zunächst ein Modul für den Wirbelsäulenbereich entwickelt, mit dem die präzise Einbringung von Schrauben gesteuert werden kann. VectorVision spine kommt im Jahre 1998 auf den Markt. 1999 bringt BrainLAB mit VectorVision2 eine überarbeitete Variante der Plattform heraus. In den folgenden Jahren werden weitere spezielle Hardwareausführungen entwickelt, VectorVision compact, VectorVision Sky und Kolibri ENT. Im Jahr 2000 geht BrainLAB eine strategische Allianz mit DePuy Inc., einem Unternehmen von Johnson & Johnson, ein. Mit der internationalen Partnerschaft mit dem Branchenführer im Bereich orthopädische Implantate sieht BrainLAB den Vorteil, den Zugang zu komplementären Technologien und Know-how sowie zu weiteren Vertriebs- und Servicenetzwerken zu bekommen. Es folgen weitere Kooperationen und Zukäufe mit den Firmen Image-Guided Neurologics, Surgical Navigation Specialists und Gyrus ENT. Bei den Softwaremodulen folgen Anwendungen im Hüft- und Kniebereich, bei der Unfallchirurgie und in der HNO. Neben der Anbahnung von Kooperationen und seinen Marketing- und Vertriebsaktivitäten vertieft sich Stefan Vilsmeier auch in die Optimierung und Weiterentwicklung einzelner Produkte. Ein Beispiel dafür ist VectorVision hip. Nach der Einführung des neuen Softwaremoduls für den Hüftbereich bekommt Stefan Vilsmeier von unterschiedlichen Kunden und Partnern das Feedback, das neue Modul habe im Praxiseinsatz gezeigt, dass es noch nicht ausgereift ist. Um sich ein Bild von der Situation zu verschaffen, nimmt er zusammen mit dem Projektmanager von VectorVision hip an einer Operation bei einem guten BrainLAB Kunden in Italien teil. Bei dem Eingriff zeigt sich, dass das System die Chirurgen nicht optimal unterstützt, da wichtige Funktionalitäten des Gerätes während der Operation nicht eingesetzt werden können. Einzelne Teilschritte zur Nutzung des Navigationssystems können nicht durchgeführt werden, sodass das Gerät nur beschränkt zum Einsatz kommt und die Operation nicht wesentlich vereinfacht werden kann. Durch die Beobachtungen vor Ort kann Stefan Vilsmeier sich ein Bild machen, was an dem System nicht funktioniert. Darauf aufbauend entwickelt er Ideen, wie das System optimal funktionieren sollte. Noch auf der Rückfahrt von Italien nach Deutschland fassen Stefan Vilsmeier und sein VectorVision hip Produktmanager die Erfahrungen in einer idealtypischen Ablaufbeschreibung zusammen, die die Grundlage für die Spezifikationen eines optimierten Systems legen.
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
196 5.3.11
BrainSUITE
BrainLAB wird von Kunden aus der Neurochirurgie immer wieder mit dem Wunsch konfrontiert, eine integrierte Lösung für neurochirurgische Eingriffe zu schaffen. In den Krankenhäusern stellt sich das Problem, dass die Chirurgen nach einer Gehirnoperation nur mit einer Magnetresonanztomographie sicher feststellen können, ob der Tumor vollständig entfernt wurde. Dazu muss der Patient oft mit offenem Schädel aus dem OP durch Krankenhausflure in den Tomographenraum und zurück transportiert werden. Im Falle eines erneuten chirurgischen Eingriffs müssen die aktualisierten Daten in das Navigationssystem eingespielt werden, da es durch die Operation zu einer anatomischen Gewebeverschiebung kommt. Stefan Vilsmeier glaubt an das Marktpotential, das mit der interoperativen Bildgebung verbunden ist. Um einen Zugang in das Technologiefeld zu bekommen, beteiligt sich BrainLAB 1997 an dem Start-up IMRIS, das aus dem National Research Council of Canada Institute for Biodiagnostics ausgegründet wird. Das neue Unternehmen verfolgt das Konzept, durch ein intra-operatives MRI System Echtzeitbilder während der OP zur Verfügung zu stellen, die zur Planung, Navigation und Qualitätskontrolle genutzt werden können. Obwohl das eigentliche Investment aufgrund mehrerer Fehlschläge scheitert, kann Stefan Vilsmeier das finanzielle Engagement nutzen, um Kontakte zu einschlägigen Fachkreisen aufzubauen. Durch die Diskussion mit Experten in diesem Bereich entwickelt Stefan Vilsmeier im Laufe der Zeit eine Vision für einen integrierten Operationssaal. Im Jahre 2000 reift die Entscheidung des Unternehmers, bei BrainLAB selbst einen Prototyp aufzubauen. Abgesehen von einem erfahrenen BrainLAB Projektleiter sind weder die Vorstandskollegen noch die Spezialisten aus den Fachabteilungen von der Idee überzeugt. Sie sehen ein hohes finanzielles Risiko und technische Probleme auf das Unternehmen zukommen. Die besondere Herausforderung an dem Projekt liegt darin, dass für die Entwicklung und Produktion eines integrierten Operationssaals sehr viele verschiedene Abteilungen von BrainLAB zusammenarbeiten müssen. Zudem sind etliche Abteilungen nicht für die Komplexität und Größe des neuen Produkts ausgelegt. So ist es beispielsweise erforderlich, die bestehenden Beschaffungs- und Montageprozesse neu auszulegen. BrainLAB gründet für das BrainSUITE Projekt eine neue Abteilung, die aus zunächst sechs Personen besteht. Sie baut Schnittstellen zu anderen Einheiten im Unternehmen auf. Rund die Hälfte aller BrainLAB Entwickler ist in die Umsetzung des BrainSUITE Projektes involviert. Ein IT-System mit formalisierten Entwicklungswerkzeugen ermöglicht es, dass die vielen Personen parallel an dem komplexen System arbeiten. Dies ist im Wesentlichen eine große Datenbank, in der alle Ideen, Skizzen und Designs gesammelt werden und aus der heraus die Spezifikationen für das Produkt entstehen. Das System ist gleichzeitig ein Qualitätsmanagement- und Dokumentationssystem, mit dem später die FDA-Zulassungen voll automatisch vorbereitet werden können.
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
197
Da die Priorität für das BrainSUITE Projekt bei den anderen Abteilungen niedrig ist, motiviert Stefan Vilsmeier immer wieder alle Beteiligten, das Vorhaben voranzutreiben. Im Jahr 2002 kann BrainLAB die Neuentwicklung, den vollintegrierten Operationssaal für die Neurochirurgie, präsentieren. Mit dem ersten Prototyp der BrainSUITE und der Gewinnung des ersten Kunden schlägt die Stimmung im Untenehmen für das Projekt ins Positive um. BrainLAB hat mit der BrainSUITE aus den Anforderungen seiner Kunden heraus ein schlüsselfertiges OP-Konzept entwickelt, das die einzelnen Arbeitsschritte einer Operation von der Diagnostik über Navigation, intraoperative Magnetresonanztomographie (MRT) und Chirurgie bis hin zur Qualitätskontrolle miteinander verknüpft. Zentrale Komponenten des Systems sind die Navigationstechnologie VectorVision und ein HochfeldMagnetresonanztomograph von Siemens Medical Solution. BrainLAB installiert das rund 6 Mio. Euro teure System vor Ort in den Krankenhäusern und benötigt dafür rund eintausend Mannstunden. Mit der BrainSUITE und den anderen BrainLAB Produkten erwirtschaftet das Unternehmen im Geschäftsjahr 2003 weltweit 115,8 Millionen Euro. Im Jahr werden weltweit mehr als 30.000 Patienten mit Hilfe von BrainLAB-Technologien behandelt. Mit rund 330 installierten Radiochirurgiesystemen und rund 900 installierten chirurgischen Navigationssystemen hat sich BrainLAB einen globalen Marktzugang aufgebaut und in den Kerngeschäftsfeldern bereits bedeutende Marktanteile erreicht. „Auch nach fünfzehn Jahren macht das Ganze noch genauso viel Spaß wie von Anfang an.“
5.4
Zusammenfassung
Von den zwölf in dieser Arbeit untersuchten Präsentationen von unternehmerischen Persönlichkeiten sticht besonders die von Stefan Vilsmeier heraus. In seinen Ausführungen stellt er anhand der Entwicklungsgeschichte seines Unternehmens BrainLAB die unternehmerische Tätigkeit anschaulich dar. In einer Vielzahl von Feedbackbeiträgen wird die Präsentation mit Prädikaten wie „beeindruckend“ und „besonders interessant“ herausgehoben. Seine Leistung als Gründer und Unternehmer wird mit Ausdrücken wie „Erfolgsgeschichte“, „Traumgeschichte“ oder „Paradebeispiele im Sinne des Dishwasher-to-Millionaire“ gewürdigt. Stefan Vilsmeier selbst wird in Feedbackbeiträgen beispielsweise als „charismatische Persönlichkeit“, „vorbildlicher Unternehmer“ oder gar „idealer Unternehmer“ gelobt. Zudem wird in einer Reihe von Beiträgen festgestellt, dass die Präsentation zur Motivation und Begeisterung der Studierenden und Wissenschaftler für Unternehmertum beigetragen hat. Zur Veranschaulichung des Kommunikationsprozesses wird im Rahmen einer Fallstudie die Unternehmergeschichte dargestellt. Zu einzelnen Meilensteinen und kritischen Ereignissen
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
198
der geschilderten Geschichte werden in der Fallstudie exemplarisch dazugehörige Feedbackbeiträge der Studierenden und Wissenschaftler wiedergegeben. Es werden Stellungnahmen aus den Feedbackforen zu Schilderungen von Ereignissen der Unternehmergeschichte, die als besonders bedeutend empfunden werden, diskutiert und die Wirkung letzterer auf die Studierenden und Wissenschaftler erörtert. Mit dieser Vorgehensweise sollen, aufbauend auf den Erkenntnissen aus Kapitel 4, weitere Ansatzpunkte aufgedeckt werden, die helfen, Handlungsempfehlungen für die Kommunikation von Unternehmertum zu geben. Bei der Auswertung der Feedbackbeiträge in Hinsicht auf den vom Unternehmer geschilderten Verlauf seines Unternehmensaufbaus fallen einige Themenfelder auf, die von den Studierenden und Wissenschaftlern besonders oft und intensiv diskutiert werden. Diese können unter den Titeln Entwicklung der Geschäftsidee, Erfolgszwang durch Studienabbruch, Kreativität und Frechheit des Unternehmers sowie Wagemut zusammengefasst werden. Auffallend ist, dass sich diese Themenfelder, die im Wesentlichen die Anfangsphase des Unternehmens betreffen, direkt mit dem Umfeld und dem Erfahrungshorizont der Zielgruppe überschneiden. Es ist nahe liegend, dass sich die Studierenden und Wissenschaftler zu diesen Themen vergleichsweise viel Gedanken machen und sich einfach eine eigene Meinung bilden können, da sie zu diesen Bereichen über persönliche Anknüpfungspunkte verfügen. Im Vergleich dazu werden in den Feedbackforen relativ wenige Kommentare zu späteren Phasen des Unternehmensaufbaus gegeben. Dies weist darauf hin, dass sich die Empfänger weniger mit Fragen wie beispielsweise dem Aufbau eines Direktvertriebsystems oder der Erweiterung des Produktspektrums beschäftigen. Vielmehr stehen Themenfelder im Vordergrund, die sie selbst betreffen und ansprechen. Ein oft behandeltes Thema in den Feedbackbeiträgen ist die Entwicklung der Geschäftsidee.262 Dabei wird in den Kommentaren sowohl die Leistung von Stefan Vilsmeier betont, in jungen Jahren einen Bestseller über Computergrafiken zu veröffentlichen und ein Projekt mit der Universität Wien zu starten. Ein Beitrag dazu lautet: „Während Altersgenossen an ihrem C64 “Giana sister’s“ nachgelaufen sind oder gegen Monster gekämpft haben, hat er sich mit Vektorgrafiken beschäftigt und, was am wichtigsten ist, das Potential erkannt und versucht zu nutzen und (weltweit) zu vermarkten.“ Ein weiteres Thema, das in einer Vielzahl von Feedbackbeiträgen im Fokus steht, ist der Erfolgszwang, unter dem Stefan Vilsmeier durch seinen Studienabbruch stand.263 Dabei wird unter anderem festgestellt, „dass nach dem abgebrochenen Informatikstudium der Druck auf ihn enorm gewachsen ist, mit der Neurochirurgie erfolgreich zu sein.“ In einer Reihe von
262
Vgl. Abbildung 92.
263
Vgl. Abbildung 93.
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
199
Kommentaren wird darüber diskutiert, ob ein Studium „vielleicht nicht der richtige Weg zum unternehmerischen Erfolg“ ist. Dazu werden die Vor- und Nachteile eines abgeschlossenen Studiums wie die berufliche Sicherheit oder die fachliche Qualifikation erörtert. Ein Kommentar fasst das Thema Studienabbruch wie folgt zusammen: „Es ist wohl zu beachten, dass Herr Vilsmeier das Paradebeispiel für ein abgebrochenes Studium ist. Aber den Abbruch des Studiums gleich zu pauschalisieren, ist vielleicht etwas zu weit gegangen. Denn ich denke, alle die Personen, die es mit ihrer eigenen Geschäftsidee nicht geschafft haben, wirst du sicher nicht in dieser Vorlesung sehen, sondern eher hinter der Theke deiner Stammbar treffen (...).“ Ein weiteres Thema, das im Feedbackforum vertieft wird, ist die Kreativität und Frechheit von Unternehmern.264 Dabei wird speziell über das Brechen von Regeln und die Kunst zum Improvisieren diskutiert und gefragt, ob ein solches Vorgehen „legitim“ und „legal“ ist und im positiven Sinne als „Schlitzohrigkeit“ und „Cleverness“ gesehen werden kann. Unter anderem meint ein Feedbackschreiber, „die erfolgreichen Gründer tendieren zu „schummeln“, weil sie unkonventionelle Wege gehen und natürlich die Mittel am Anfang sehr begrenzt und die Gegner übermächtig erscheinen.“ In einem Beitrag wird beispielsweise der folgende Schluss gezogen: „Ich glaube, dass ein gewisses Maß an Frechheit einen kleinen Wettbewerbsvorteil einbringt. Denn Frechheit heißt doch auch, eine pfiffige Idee zu haben, die Lücken einer Regel aufzudecken, oder auch die Regel an sich so auszulegen, dass sie einem (dem Unternehmen) mehr nutzt, als im ursprünglichen Sinne des Erfinders. Frechheit zeugt doch auch von einem gewissen Maß an Kreativität, die zu den Grundfähigkeiten eines Unternehmers gehört.“ In diesem thematischen Zusammenhang wird auch der Wagemut des Unternehmers in einer Vielzahl von Kommentaren diskutiert.265 Dabei geht es nicht primär um das Tragen von finanziellen Risiken, sondern vielmehr um den Mut zu handeln, wie der folgende Feedbackbeitrag zeigt: „Und auch wenn ich selbst noch keine Erfahrung im Führen von Unternehmen habe, glaube ich, dass es u.a. genau darauf ankommt, einfach mal etwas zu machen, wovor andere zurückschrecken würden. Wo würde Herr Vilsmeier denn heute stehen, wenn er es nicht gewagt hätte, seinen Messestand als Diplomarbeit zu tarnen und sich in der Messehalle zu verstecken? Er hätte sich seinen Karriereeinstieg wohl nicht leisten können, und wäre unter Umständen kein Unternehmer geworden.“ Die Fallstudie zeigt, dass die lebhaften Schilderungen von Stefan Vilsmeier zu seinem erfolgreichen Unternehmensaufbau die Studierenden und Wissenschaftler zu einer starken Auseinandersetzung mit dem Thema Unternehmertum angeregt haben. In den Feedbackforen wurden auffällig viele Themen und Anekdoten aus der Anfangszeit des Unternehmens
264
Vgl. Abbildung 94.
265
Vgl. Abbildung 95.
200
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
aufgegriffen. Dies kann als Hinweis gesehen werden, dass sich die Studierenden und Wissenschaftler besonders intensiv mit Fragestellungen beschäftigen, die auch ihr universitäres Umfeld und ihren persönlichen Erfahrungshintergrund widerspiegeln. Zudem werden dabei auch Themenbereiche angesprochen, die im direkten Zusammenhang mit anstehenden Herausforderungen der Zielgruppe, wie beispielsweise dem Berufseinstieg und dem zukünftigen beruflichen Werdegang, stehen. Das von vielen Studierenden und Wissenschaftlern geäußerte sympathische Auftreten von Stefan Vilsmeier fördert zudem die Identifizierung mit dem Unternehmer und stärkt seine Vorbildfunktion. Mit der Fallstudie sollte ein Beitrag zur Veranschaulichung von Kommunikation von Unternehmertum geleistet werden. Mit der Beschreibung und Diskussion des Beispiels können jedoch keine allgemein geltenden Regeln aufgestellt werden und keine inhaltlich vollständigen Themenvorschläge zur Kommunikation von Unternehmertum gemacht werden. Vielmehr dient die Fallstudie dazu, weitere Ansatzpunkte aufzudecken, die helfen, Handlungsempfehlungen zu geben.
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
201
Beispiele aus den Feedbackbeiträgen zur Präsentation von Stefan Vilsmeier
Auswertung der Feedbackbeiträge zur Präsentation von Stefan Vilsmeier: Entwicklung der Geschäftsidee „Zum Thema Geschäftsidee: Anfangs war er "nur" ein begeisterter Informatiker ohne "Mission", und wurde dann von dem Wiener (...) dazu inspiriert, sich mit Darstellungen für die Kernspintomographie zu beschäftigen. Darin liegt glaube ich das Problem, man muss bereit sein, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen. Man muss ein Gespür dafür entwickeln, an welcher Stelle in einer hochkomplexen Wirtschaft ein Bedarf besteht - das ist für den unbedarften Laien sicherlich sehr schwer.“ „Von sich und seiner Idee überzeugt sein ist wohl die wichtigste Vorraussetzung, um so einen Schritt zu wagen. Definitiv war das Herr Vilsmeier, ich muss aber zugeben, dass ich seine Begeisterung für neurochirurgische Software im Alter von etwa 19 nur schwer nachvollziehen kann.“ „In meinen Augen war Herr Vilsmeier schon in jungen Jahren eine Ausnahmeerscheinung, denn wie viele Schüler schreiben schon in diesen Jahren ein Buch und das auch noch so erfolgreich?“ „Überrascht hat mich übrigens die Tatsache, dass er bereits in der Schulzeit ein Buch über 3D-Grafik für die Entwicklung auf dem C64 veröffentlicht hat. Wer den guten alten "Brotkasten" noch nicht vergessen hat, der weiß, wie schwierig es ist, sich an einer flüssigen Vektorgraphikdarstellung (ohne Texturen) zu versuchen. (...) Darauf aufbauend bildgebende Verfahren für die Neurochirurgie zu entwickeln, ist meines Erachtens beeindruckender als seine nachfolgende Karriere.“ „Während Altersgenossen an ihrem C64 “Giana sister’s“ nachgelaufen sind oder gegen Monster gekämpft haben, hat er sich mit Vektorgrafiken beschäftigt und, was am wichtigsten ist, das Potential erkannt und versucht zu nutzen und (weltweit) zu vermarkten.“ „Aber es ist mir auch während des Vortrags von Herrn Vilsmeier wirklich klar geworden, wie wichtig es ist, die Produkte bzw. Dienstleistungen, die auf dem Markt fehlen, zu entdecken. Herr Vilsmeier hat während seines Uni-Klinikum Besuchs entdeckt, was auf dem Markt fehlt, und sich darauf konzentriert.“
Abbildung 92: Auswertung der Feedbackbeiträge zur Präsentation von Stefan Vilsmeier: Entwicklung der Geschäftsidee
202
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
Beispiele aus den Feedbackbeiträgen zur Präsentation von Stefan Vilsmeier
Auswertung der Feedbackbeiträge zur Präsentation von Stefan Vilsmeier: Erfolgszwang durch Studienabbruch „Wie hartnäckig muss man sein, um seinen Eltern zu erklären, dass der Abbruch des Studiums von Vorteil wäre?“ „Wenn ich Herrn Vilsmeier richtig verstanden habe, ist sein Erfolg unter anderem darauf zurückzuführen, dass nach dem abgebrochenen Informatikstudium der Druck auf ihn enorm gewachsen ist, mit der Neurochirurgie erfolgreich zu sein.“ „In der Tat ist es mir auch aufgefallen, dass man aus dem Vortrag den Eindruck gewinnen kann, ein Studium wäre vielleicht nicht der richtige Weg zu unternehmerischem Erfolg. Das ist jedoch aus mehreren Gründen sicherlich nicht der Fall. Im Gegenteil, meiner Meinung nach ist ein Studium in der Regel sogar dem unternehmerischen Erfolg förderlich, wenn nicht sogar eine Voraussetzung.“ „Trotz der Erfolgsgeschichte von Herrn Vilsmeier ist es wohl in den meisten Fällen ratsamer, das Studium erfolgreich abzuschließen. Zum einen qualifiziert man sich erst dadurch, die komplexen Aufgabenstellungen in einem Hightech-Unternehmen durchzuführen. (...) Zum anderen sind heute, (...), formale Abschlüsse immer wichtiger. Vor allem, falls die Unternehmensgründung nicht so gut funktioniert wie bei BrainLAB, und der Unternehmer doch als Angestellter arbeiten muss, sehen die Chancen schlecht aus.“ „Ich halte es deshalb für einen falschen Schluss, dass mehr Leute durch ein abgebrochenes Studium Firmengründer werden, sondern für mich war die Kernaussage mehr, dass er zum richtigen Zeitpunkt die richtige Idee hatte, dazu Glück, Motivation und ein klein wenig Unverfrorenheit.“ „Es ist wohl zu beachten, dass Herr Vilsmeier das Paradebeispiel für ein abgebrochenes Studium ist. Aber den Abbruch des Studiums gleich zu pauschalisieren, ist vielleicht etwas zu weit gegangen. Denn ich denke alle die Personen, die es mit ihrer eigenen Geschäftsidee nicht geschafft haben, wirst Du sicher nicht in dieser Vorlesung sehen, sondern eher hinter der Theke deiner Stammbar treffen (...).“
Abbildung 93: Auswertung der Feedbackbeiträge zur Präsentation von Stefan Vilsmeier: Erfolgszwang durch Studienabbruch
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
203
Beispiele aus den Feedbackbeiträgen zur Präsentation von Stefan Vilsmeier
Auswertung der Feedbackbeiträge zur Präsentation von Stefan Vilsmeier: Kreativität und Frechheit „In seinem sehr offenen und überzeugenden Vortrag berichtete Herr Vilsmeier oft sehr anschaulich, wie er versuchte, die Tür zu neuen Etappen und Erfolgen aufzustoßen. Dabei „schwindelte“ er manchmal. Doch finde ich, sollte unterschieden werden, ob bestehende Vorschriften gebrochen werden, wie es vielleicht beim Aufbau des Messestandes in USA der Fall gewesen sein mag, oder ob das Unternehmen nach außen hin vielleicht etwas größer, erfolgreicher etc. repräsentiert wird.“ „Ich würde sagen es ist mehr "Schlitzohrigkeit", "Cleverness" oder allerhöchstens "etwas schwindeln" (...). Es waren ja nun wirklich keine groben Verstöße gegen das Gesetz.“ „Wie in seinem Vortrag deutlich wurde, muss ein Unternehmer sich und die angebotenen Produkte präsentieren können. Der „Fake“ des Fotos dieser Kopfpositionierung ist aber wieder ein anderes Thema. Andererseits kann auch der Produktentwicklungsprozess spontan angestoßen werden.“ „Zusammenfassend würde ich sagen, dass man nicht "schummeln" muss, um ein erfolgreiches Unternehmen zu gründen, sondern vielmehr die erfolgreichen Gründer dazu tendieren zu "schummeln", weil sie unkonventionelle Wege gehen und natürlich die Mittel am Anfang sehr begrenzt und die Gegner übermächtig erscheinen.“ „Herr Vilsmeier beschrieb, wie er einige Regeln des Öfteren geschickt umging, wie den 450 kg Messestand getarnt als Diplomarbeit umsonst in die USA fliegen zu lassen. Oder sich in das Messegelände einsperren zu lassen, um die Kosten eines Gewerkschaftsarbeiters zu sparen oder Mitarbeiter abzuwerben, oder, oder... Ich glaube, dass ein gewisses Maß an Frechheit einen kleinen Wettbewerbsvorteil einbringt. Denn Frechheit heißt doch auch, eine pfiffige Idee zu haben, die Lücken einer Regel aufdecken, oder auch die Regel an sich so auszulegen, dass sie einem (dem Unternehmen) mehr nutzt, als im ursprünglichen Sinne des Erfinders... Frechheit zeugt doch auch von einem gewissen Maß an Kreativität, die zu den Grundfähigkeiten eines Unternehmers gehört.“
Abbildung 94: Auswertung der Feedbackbeiträge zur Präsentation von Stefan Vilsmeier: Kreativität und Frechheit
204
5. Kommunikation von Unternehmertum: Vertiefende Fallstudie
Beispiele aus den Feedbackbeiträgen zur Präsentation von Stefan Vilsmeier
Auswertung der Feedbackbeiträge zur Präsentation von Stefan Vilsmeier: Wagemut „Wenn man nur an den Messestand oder an das Lokalisationsgerät für den Kopf denkt. Aber genau diese Dinge haben ihm in seiner Situation einen großen Sprung nach vorn machen lassen. Es soll sich doch nun jeder von uns einmal selbst fragen, ob er sich diese Schritte zugetraut oder überhaupt erst die Idee dazu gehabt hätte.“ „Und auch wenn ich selbst noch keine Erfahrung im Führen von Unternehmen habe, glaube ich, dass es u.a. genau darauf ankommt; einfach mal etwas zu machen, wovor andere zurückschrecken würden. Wo würde Herr Vilsmeier denn heute stehen, wenn er es nicht gewagt hätte, seinen Messestand als Diplomarbeit zu tarnen und sich in der Messehalle zu verstecken? Er hätte sich seinen Karriereeinstieg wohl nicht leisten können, und wäre unter Umständen kein Unternehmer geworden.“ „Erstaunt hat mich auch, wie unkonventionell und teilweise auch rigoros Herr Vilsmeier handelte und damit erfolgreich war. Sich auf dem Messegelände über Nacht einsperren zu lassen, erfordert schon einigen Mut.“ „Für Herrn Vilsmeier waren allerdings kleine Lügen der Einstieg zum Erfolg seines Unternehmens. Im Nachhinein betrachtet ist dabei sicher nichts Verwerfliches zu erkennen, da er sich gegen die scheinbar übermächtige Konkurrenz erwehren musste. Zudem hat er ja niemandem geschadet, weil seine Kunden, wie er sagte, noch immer Kunden sind und zufrieden wie eh und je. Er hat seinen Kunden ja keine Leistung vorgegaukelt und diese dann nicht erbracht, sondern nur ein wenig geflunkert, um den Auftrag dann tatsächlich zu bekommen.“ „Und einfach zu behaupten, den Kopfaufsatz ebenfalls im Produktsortiment zu haben, diesen dann bis zum nächsten Morgen schnell zu entwerfen, zeigt, wie sehr Herr Vilsmeier in der Lage ist, auf neue Situation blitzschnell zu reagieren.“
Abbildung 95: Auswertung der Feedbackbeiträge zur Präsentation von Stefan Vilsmeier: Wagemut
6. Handlungsempfehlungen für universitäre Innovationsnetzwerke
6
205
Handlungsempfehlungen für universitäre Innovationsnetzwerke
In diesem Abschnitt der Arbeit werden die Erkenntnisse aus den bisherigen Kapiteln zusammengeführt und Handlungsempfehlungen abgeleitet. Dabei steht die Frage im Zentrum, wie Unternehmertum besser kommuniziert und unternehmerisches Handeln besser greifbar oder gar erlebbar gemacht werden kann. Die Handlungsempfehlungen beziehen sich auf das universitäre Innovationsnetzwerk und werden am Beispiel der Technischen Universität München veranschaulicht. Die TU München hat seit ihrer Gründung eine Reihe von bekannten Unternehmern hervorgebracht und ist in die sie umgebende Technologie- und Gründerregion eingebettet.266 Dies ist ein wichtiger Standortvorteil für die Universität und ermöglicht, dass die Hochschule eng mit einer Vielzahl von Wirtschaftspartnern in der Region München verbunden ist.267 Über 4.000 Unternehmen sind im Raum München im Bereich neuer Technologien tätig, wobei rund 2.500 Firmen in den Schlüsseltechnologien Mikroelektronik, Software und Hardware arbeiten.268 Die örtliche Konzentration von High-Tech Unternehmen fördert und vereinfacht
266
Siehe unter anderem Dienel / Hilz 1993; Wengenroth 1993. Seit ihrer Gründung im Jahr 1868 ist die Technische Universität München ein Treiber für den technischen Fortschritt in Bayern. Die einzige technische Universität Bayerns hat entscheidend dazu beigetragen, den traditionellen Agrarstaat in eine führende Industrieregion Europas zu verwandeln. Dabei haben Unternehmensgründungen eine wichtige Rolle gespielt. Für eine große Zahl bedeutender Erfindungen stehen die Namen hervorragender Hochschullehrer. 1895 erfindet zum Beispiel Carl von Linde das Verfahren zur Luftverflüssigung. Einige Zeit später lässt er sich von der Lehrpflicht an der Technischen Hochschule entbinden und gründet die „Gesellschaft für Linde`s Eismaschinen“, die heutige Linde AG. Lindes Schüler Rudolf Diesel erfindet 1897 den nach ihm benannten Motor und legt so den Grundstein für die Entwicklung eines Industriezweiges, an dem heute Millionen von Arbeitsplätzen hängen. Claude Dornier beginnt 1903 das Studium des Ingenieurwesens an der Hochschule. Nach seinem Diplom im Fach Maschinenwesen entwirft er 1907 seinen ersten Flugapparat. Noch vor dem ersten Weltkrieg gründet er sein eigenes Unternehmen, die Dornier Metallbau GmbH. Seine Flugzeugkonstruktionen werden in der ganzen Welt bekannt. Professoren der Universität, wie z. B. Oskar von Miller (Bauingenieurwesen), der Planer des Walchenseekraftwerkes, Wilhelm Nusselt (Wärmedynamik) und Hans Piloty (Elektrotechnik) erlangen als Ingenieure Weltruf. Auch Willy Messerschmitt, ein Pionier der Luftfahrt, studiert ab 1918 an der Technischen Hochschule in der Maschinen-Ingenieur Abteilung. Noch im Jahr seines Examens gründet er die Firma „Messerschmitt-Flugzeugbau“ und startet seine Erfolgsgeschichte, in deren Verlauf er auch einen Lehrauftrag an der Hochschule erhält und in Folge zum Honorarprofessor ernannt wird.
267
München wird als eine der weltweit führenden Technologieregionen angesehen. Vgl. auch Castells / Hall 1994, S. 172 ff.; Boston Consulting Group 2000; Sternberg / Tamasy 1999.
268
Vgl. Landeshauptstadt München 2000: Fast ein Drittel der 25 größten Softwareunternehmen in Deutschland sind im Großraum München angesiedelt. Zudem haben viele Weltunternehmen wie GE, Microsoft, SUN Microsystems, Cisco Systems, Intel und Oracle den Sitz ihrer Deutschlandoder Europazentrale in der Region.
6. Handlungsempfehlungen für universitäre Innovationsnetzwerke
206
die Zusammenarbeit und den Austausch zwischen den Firmen und der Universität. Darüber hinaus spielen die in der Region ansässigen Großunternehmen wie beispielsweise Allianz, BMW, HypoVereinsbank, Münchner Rück und Siemens als Kunden für junge Unternehmen eine wichtige Rolle. Aufgrund der regionalen Rahmenbedingungen und des historischen Hintergrundes ist die Technische Universität München wirtschaftsnah orientiert und unternehmerisch geprägt. Um die unternehmerische Kultur bei den Studierenden und Wissenschaftlern weiter zu fördern, wurde im Jahr 2002 die UnternehmerTUM GmbH, das Zentrum für Unternehmertum an der TU München, gegründet.269 In dem folgenden Unterkapitel werden zunächst allgemeine Handlungsempfehlungen aus den Erkenntnissen der vorangegangenen Kapitel für das universitäre Innovationsnetzwerk gezogen. Es werden Möglichkeiten aufgezeigt, wie die Studierenden und Wissenschaftler schrittweise zum unternehmerischen Handeln geführt werden können. Dabei richtet sich das Hauptaugenmerk darauf, Unternehmertum für die Zielgruppe verständlicher und besser erlebbar zu machen. Zudem werden konsequent die aktuellen Angebote und Kommunikationsaktivitäten der UnternehmerTUM GmbH in Bezug auf eine mögliche Fortentwicklung selbstkritisch reflektiert. In den weiteren Unterkapiteln werden spezielle Handlungsempfehlungen zur Kommunikation bezüglich Gründer, Unternehmer und Unternehmer im Unternehmen aufgezeigt, die auf Unterschiede zwischen den drei Unternehmertypen, die in den Personen, dem Umfeld und den Unternehmerfunktionen begründet sind, eingehen. Abschließend wird eine Zusammenfassung gegeben.
6.1
Allgemeine Handlungsempfehlungen zur Kommunikation von Unternehmertum
Die empirische Exploration hat deutlich gemacht, dass die Präsentationen der zwölf Gründer, Unternehmer und Unternehmer im Unternehmen bei den Studierenden und Wissenschaftlern eine Vielzahl von Gedanken zum Thema Unternehmertum initiiert haben. Die Feedbackbeiträge und die Reflexionen, die im Rahmen des Kommunikationsprozesses entstanden sind, liefern sowohl Hinweise zur generellen Gestaltung von Kommunikation von
269
Im Jahr 2004 erwarben über 750 Studierende und Wissenschaftler im Zentrum für Unternehmertum der TUM berufliche Zusatzqualifikationen für eine spätere Tätigkeit als Angestellter und Unternehmensgründer. Ziel ist es, die Absolventen optimal auf den Start ins Berufsleben vorzubereiten und ihnen die nötigen unternehmerischen Kompetenzen wie ein wirtschaftliches Grundverständnis, Teamfähigkeit und erste Projektmanagementerfahrung mitzugeben. Um den Praxisbezug zu gewährleisten, arbeitet das Zentrum für Unternehmertum intensiv mit Partnerunternehmen zusammen, die sowohl einen inhaltlichen Beitrag zur unternehmerischen Vorbereitung der Studierenden leisten als auch auf persönlicher Ebene Brücken zwischen Wirtschaft und Universität schlagen.
6. Handlungsempfehlungen für universitäre Innovationsnetzwerke
207
Unternehmertum als auch Erkenntnisse, die sich auf einzelne Stufen des Heranführens der Zielgruppe an das unternehmerische Handeln beziehen. Bei der schrittweisen Heranführung der Studierenden und Wissenschaftler steht das Ziel im Vordergrund, das unternehmerische Denken und Handeln bei der Zielgruppe zu stärken. Dies bedeutet vor allem, dass sich der akademische Nachwuchs über die Zeit mit dem unternehmerischen Themenfeld verstärkt auseinandersetzt, die Kommunikation von Unternehmertum intensiviert und Eigeninitiative entwickelt.270 In Abbildung 96 werden dazu drei Stufen zur Intensivierung der Kommunikation von Unternehmertum und zur Stärkung der Eigeninitiative vorgeschlagen. Die persönliche Involvierung beginnt mit der Schaffung eines Bewusstseins für unternehmerische Themen und die Förderung des Verständnisses für Unternehmertum. Dies bildet die Grundlage dafür, dass die Studierenden und Wissenschaftler einen Zugang zum Themenbereich bekommen und motiviert werden, „etwas zu unternehmen“.
INTENSITÄT DER KOMMUNIKATION / STÄRKE DER EIGENINITIATIVE
3. Unterstützung beim unternehmerischen Handeln: Senkung von Barrieren bei eigeninitiierten Projekten
2. Anregung der Kommunikation von Unternehmertum: Befähigung zum Reflektieren und Präsentieren
1. Förderung der Motivation: Schaffung eines Bewusstseins und Verständnisses für Unternehmertum
ZEIT
Abbildung 96: Intensivierung der Kommunikation von Unternehmertum und Stärkung der Eigeninitiative
270
Bei der Förderung von Unternehmertum an Universitäten steht in der Literatur oftmals die Fragestellung nach einem geeigneten Ausbildungsprogramm im Fokus. Dabei wird vor allem die Wissensvermittlung in den Vordergrund gestellt und die Frage aufgeworfen, welche Fähigkeiten eines Entrepreneurs lehrbar sind. Vgl. dazu u.a. Schaller 2001, S. 39 ff. Röpke 2002, S. 128 mahnt in diesem Zusammenhang an, dass über den reinen Wissenstransfer hinaus Förderungs- und Trainingsprogramme eine ganzheitliche Persönlichkeitsentwicklung in den Mittelpunkt stellen sollten.
208
6. Handlungsempfehlungen für universitäre Innovationsnetzwerke
Die zweite Stufe betrifft die weitere Anregung von Kommunikation von Unternehmertum. Dabei geht es zum einen um die Reflexion des Erlernten und speziell um die Fragestellung, welchen unternehmerischen Weg jede einzelne Person für sich einschlagen möchte. Zudem ist bei der Intensivierung der Kommunikation von Unternehmertum wichtig, dass die Studierenden und Wissenschaftler lernen, sich und ihre unternehmerischen Ideen darzustellen und zu präsentieren. Die persönliche Vorstellung über die eigenen Ziele sowie die Fähigkeit, diese nach außen zu kommunizieren, sind die Basis dafür, Eigeninitiative zu entwickeln und andere Personen für das eigene Vorhaben zu begeistern. Diese dritte Stufe, das unternehmerische Handeln, kann dadurch unterstützt werden, indem die Barrieren für eigeninitiierte Projekte gesenkt und beispielsweise studentischen Teams die nötigen Ressourcen und Rahmenbedingungen zur Umsetzung ihrer Ideen zur Verfügung gestellt werden. Diese drei Stufen zur Involvierung des akademischen Nachwuchses bilden das Grundverständnis für die kommenden Gestaltungsempfehlungen von Kommunikation von Unternehmertum. Im Folgenden werden aus den Erkenntnissen der Exploration einige Aspekte nochmals herausgehoben und ein idealtypischer Prozess zur schrittweisen Heranführung an das unternehmerische Handeln abgeleitet. Durch die Fallstudie wurde besonders deutlich, dass unternehmerische Persönlichkeiten eine Vorbildfunktion bei den Studierenden und Wissenschaftlern einnehmen können. Dazu trägt im besonderen Maße eine lebhafte Darstellung der unternehmerischen „Erfolgsgeschichte“ bei. Das persönliche Auftreten des Unternehmers sowie die von ihm dargestellten Erfahrungen und Anekdoten können helfen, den zwischenmenschlichen Kontakt zwischen Referenten und Zuhörern herzustellen und darüber hinaus die Identifikation zu fördern. Die Darstellung der unternehmerischen Tätigkeit und der persönlichen Eigenschaften gibt den Studierenden und Wissenschaftlern Anregungen, welche Möglichkeiten aber auch Gefahren Unternehmertum mit sich bringt und welche Anforderungen an die Personen gestellt werden. Der präsentierte unternehmerische Lebensweg, der nicht nur auf die gesamte unternehmerische Leistung, sondern auch auf einzelne Wege und Entscheidungen bezogen werden kann, mag auch als Vergleichsmaßstab für jeden Zuhörer dienen. Dadurch können Anstöße und Anregungen gegeben werden, wie beispielsweise eine Geschäftsidee entwickelt wird oder wie Wagemut, Frechheit und Kreativität zum wirtschaftlichen Erfolg beitragen können.271 Die Fallstudie zeigt auch auf, dass darauf geachtet werden sollte, die Zielgruppe bei der Kommunikation von Unternehmertum inhaltlich mit einzubinden, indem bei der Darstellung unternehmerischer Themenfelder Bezüge zum universitären und vor allem studentischen Umfeld hergestellt werden.272 Um die unternehmerischen Botschaften beim akademischen
271
Vgl. dazu auch Kapitel 5.4.
272
Vgl. dazu auch den Aspekt des Kontakts im TALK-Modell, Kapitel 3.3.3.
6. Handlungsempfehlungen für universitäre Innovationsnetzwerke
209
Nachwuchs gut platzieren zu können ist es wichtig, den Stand des wirtschaftlichen Wissens und der persönlichen unternehmerischen Erfahrungen der Zielgruppe zu berücksichtigen. Besonders Studierende und Wissenschaftler aus naturwissenschaftlichen und technischen Fachrichtungen verfügen oftmals nur über ein rudimentäres Grundverständnis zu unternehmerischen Themenfeldern. Die Verwendung von Fachbegriffen und die Voraussetzung des Verständnisses von wirtschaftlichen und branchenspezifischen Zusammenhängen können zu deutlichen Kommunikationsstörungen und Missverständnissen führen.273 Auf der anderen Seite werden Inhalte der unternehmerischen Darstellungen, die direkte Anknüpfungspunkte zum Erfahrungshorizont der Zielgruppe bieten, besonders gut aufgenommen und intensiv diskutiert.274 Dies kann beispielsweise die Schilderung der ersten Schritte einer Unternehmensgründung direkt nach dem Studienabschluss sein. Der persönliche Bezug ist vor allem auch beim Aspekt der Lenkung zu beachten.275 Direkte Handlungsaufforderungen, die zum Beispiel von einem Unternehmer geäußert werden, sind besonders dann wirksam, wenn sie für die Zielgruppe realistisch erscheinen und auch kurzoder mittelfristig umsetzbar sind.276 Dies kann beispielsweise die von der unternehmerischen Persönlichkeit geäußerte Aufforderung an die Studierenden sein, schon frühzeitig erste Erfahrungen in Projekten zu sammeln.277 Einen besonderen Ansporn können Referenten beim akademischen Nachwuchs bewirken, die aufgrund ihres akademischen Hintergrundes, ihres geringen Altersunterschiedes oder gar ihrer Zugehörigkeit zur Hochschule als Alumnus eine persönliche Beziehung zur Zielgruppe aufweisen können.278 Bei der Kommunikation von Unternehmertum sollte immer berücksichtigt werden, welchen persönlichen Hintergrund die Studierenden und Wissenschaftler zu dem Thema mitbringen und vor welchen konkreten Herausforderungen die Personen in ihrer momentanen Lebenssituation stehen. Die Heranführung der Zielgruppe an das unternehmerische Handeln kann als Prozess aufgefasst werden, in dem sich der akademische Nachwuchs Schritt für Schritt in das Thema Unternehmertum einarbeitet und dazu Aktivitäten entwickelt.
273
Vgl. dazu auch Kapitel 4.4.3.
274
Ein Beispiel aus der Fallstudie ist dafür das Thema „Studienabbruch“. In den Feedbackbeiträgen wird das Thema kritisch diskutiert und Vor- und Nachteile erörtert. Auffällig ist dabei auch, dass die Studierenden und Wissenschaftler in den Kommentaren Schlussfolgerungen für die eigene Person ziehen. Vgl. dazu auch Abbildung 93.
275
Vgl. dazu auch den Aspekt der Lenkung im TALK-Modell, Kapitel 3.3.3.
276
Dies wird auch bei den Aussagen zur Wirkung der Kommunikation von Unternehmertum (Abbildung 97) deutlich.
277
Vgl. dazu beispielsweise Abbildung 33 und Kapitel 4.4.3.
278
Vgl. dazu auch Kapitel 4.4.1.
6. Handlungsempfehlungen für universitäre Innovationsnetzwerke
SCHRITTWEISE HERANFÜHRUNG AN UNTERNEHMERISCHES HANDELN
AUSSAGEN ZUR WIRKUNG VON KOMMUNIKATION VON UNTERNEHMERTUM
210
Sensibilisierung für die Wirtschaftswelt,
De-Mystifizierung des Unternehmers,
Meinungsbildung: Interessensbekundungen an Unternehmensgründung, aber auch Absagen an ein Gründungsvorhaben,
Abbau von Vorurteilen gegenüber Managern,
Einblicke in die Anforderungen von Arbeitgebern.
Einschätzung der persönlichen unternehmerischen Fähigkeiten.
Sensibilisierung, Mobilisierung
Persönliche Kontaktherstellung, Einbindung ins Netzwerk
Vorbeugen gegen Schwierigkeiten bei der Unternehmensgründung durch eine schrittweise Qualifizierung,
Grenzen der Kommunikation von Unternehmertum: Erste Erfahrungen durch eigenes unternehmerisches Handeln.
Verstärkung des Chancendenkens,
Vorbereitung auf den Eintritt ins Familienunternehmen, Vorbereitung auf den Berufseinstieg als Angestellter.
Förderung der persönlichen Kundenorientierung.
Berufseinstieg als Angestellter, Vorbereitung, Qualifizierung
Erste eigene Erfahrungen in Projekten
Eintritt ins Familienunternehmen, Unternehmensgründung
Abbildung 97: Ableitung eines Prozesses zur schrittweisen Heranführung an unternehmerisches Handeln
Zur Entwicklung eines solchen idealtypischen Prozesses werden die Aussagen zur Wirkung von Kommunikation von Unternehmertum279 analysiert und in eine zeitliche Reihenfolge gebracht. Mit dieser Vorgehensweise wird kein Anspruch auf Vollständigkeit oder Überschneidungsfreiheit der einzelnen Prozessschritte gestellt. Vielmehr soll erreicht werden, dass durch die Strukturierung ein besserer Überblick über die Heranführung der Studierenden und Wissenschaftler an das Thema Unternehmertum gewonnen wird. Abbildung 97 zeigt den fünfstufigen Prozess, der mit der Sensibilisierung und Mobilisierung der Zielgruppe startet und mit dem Berufseinstieg endet. Sensibilisierung und Mobilisierung Der erste Schritt betrifft die Sensibilisierung und Mobilisierung der Studierenden und Wissenschaftler für das Thema Unternehmertum. Wie aus einer Reihe von Reflexionsbeiträgen280 hervorgeht, verfügen viele Studierende und Wissenschaftler nur über einen mangelhaften Einblick in die Wirtschaftswelt. In manchen Fällen wird innerhalb der
279
Vgl. Abbildung 65.
280
Vgl. dazu Abbildung 59.
6. Handlungsempfehlungen für universitäre Innovationsnetzwerke
211
Zielgruppe ein Interesse an wirtschaftlichen Fragestellungen sogar negativ beurteilt. Ein grundlegendes wirtschaftliches Verständnis ist jedoch Voraussetzung, um sich bewusst und gezielt auf eine spätere Tätigkeit im unternehmerischen Umfeld vorbereiten zu können. Dazu zählt auch, berufliche Alternativen, beispielsweise die Unternehmensgründung, kennen zu lernen und sich eine Meinung über Vor- und Nachteile der verschiedenen Berufswege zu bilden.281 Besonders für eine spätere abhängige Beschäftigung ist es wichtig, dass der akademische Nachwuchs Einblicke in die Anforderungen von Arbeitgebern bekommt.282 Kommunikation von Unternehmertum kann in diesem Zusammenhang als Problemlöseprozess für die Studierenden und Wissenschaftler angesehen werden, in dem sie für die Problematik sensibilisiert werden und noch während des Studiums Vorstellungen von ihrer beruflichen Zukunft entwickeln und erste Schritte zur Umsetzung einleiten.283 Die UnternehmerTUM setzt einen Schwerpunkt auf die Sensibilisierung und Mobilisierung der Studierenden und Wissenschafter der Technischen Universität München. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der akademische Nachwuchs mit jeder neuen Generation von neuem auf das Thema Unternehmertum aufmerksam gemacht und für ein persönliches Engagement gewonnen werden muss. Dazu hat die UnternehmerTUM eine Reihe von Kanälen und Medien284 wie Plakate und Flyer entwickelt, in denen unternehmerische Botschaften285 transportiert werden. Dabei ist es wichtig, die Zielgruppe mit Themenfeldern und Fragestellungen anzusprechen, die sie direkt betreffen, wie beispielsweise die Planung des eigenen beruflichen Werdegangs und die Vermarktung der eigenen Ideen. Zudem werden die Studierenden und Wissenschaftler direkt aufgefordert, erste Schritte zum besseren Verständnis von Unternehmertum zu gehen, indem sie beispielsweise Gastvorträge von Gründern, Unternehmern und Unternehmern im Unternehmen besuchen.
281
Vgl. dazu auch Abbildungen 53 und 54. Zu Unterschieden bei Gründern, Unternehmern und Unternehmern im Unternehmen vergleiche auch Kapitel 6.2, 6.3 und 6.4.
282
Vgl. dazu Abbildung 62.
283
Vgl. dazu auch Problemlösungsprozess innerhalb des TALK-Modells, Kapitel 3.3.3.
284
Die rund 20.000 Studierenden und 5.000 Wissenschaftler der TUM werden über eine Vielzahl von Kanälen sensibilisiert und oftmals auch direkt angesprochen. Dabei werden unter anderem folgende Kanäle und Medien herangezogen: Flyer, Internetportale der TUM, Messen, Newsletter und Programme, Plakate, Presseartikel, Präsentationen in Vorlesungen und Video Clips. In diesem ersten Schritt geht es darum, den akademischen Nachwuchs mit dem unternehmerischen Themenbereich in Kontakt zu bringen und zu sensibilisieren. Deshalb werden in dieser Phase auch viele Kanäle und Medien herangezogen, die keinen direkten Feedbackkanal haben.
285
Ein Beispiel dafür ist ein Newsletter-Interview mit einem Personalverantwortlichen eines Konzerns, der beschreibt, welches persönliche Profil er sich von Absolventen der TU München wünscht.
6. Handlungsempfehlungen für universitäre Innovationsnetzwerke
212
Persönliche Kontaktherstellung und Einbindung ins Netzwerk Nach der Sensibilisierung und Mobilisierung der Zielgruppe kann als nächster Schritt die persönliche Kontaktherstellung zu unternehmerischen Persönlichkeiten gesehen werden. In einer Vielzahl von Reflexionen kommt zum Ausdruck, dass der akademische Nachwuchs eine große Distanz zu Unternehmern und Managern empfindet. Unternehmer werden in diesem Zusammenhang beispielsweise als „Übermenschen“ bezeichnet, die eine „Aura der Unerreichbarkeit“ umgibt.286 Bei den Feedbackbeiträgen ist besonders die deutliche allgemeine Kritik gegenüber Managern auffallend.287 Der direkte Kontakt zu Unternehmern im Unternehmen kann einen Beitrag zum Abbau der Vorurteile gegenüber Managern leisten, wie der folgende Reflexionsbeitrag anschaulich verdeutlicht: „Mir persönlich haben die Vorträge gezeigt, dass im Gegensatz zum allgemeinen Glauben die meisten Geschäftsleute wohl doch Menschen sind und keine raffgierigen Ungeheuer.“288 Ein weiterer positiver Effekt, der mit dem direkten Kontakt zwischen dem akademischen Nachwuchs und den unternehmerischen Persönlichkeiten verbunden ist, besteht darin, dass die Studierenden und Wissenschaftler ermutigt werden, in der Zukunft die Gründer, Unternehmer und Unternehmer im Unternehmen persönlich anzusprechen: „Der direkte Kontakt zu wichtigen Persönlichkeiten aus der Wirtschaft hat mir die Angst genommen, ihnen direkt gegenüber zu treten.“289 Der unmittelbare Kontakt zu unternehmerischen Persönlichkeiten fördert auch die eigenen Überlegungen, ob man sich persönlich zum Unternehmertum eignet und zum Unternehmer entwickeln kann.290 Die Gründer, Unternehmer und Unternehmer im Unternehmen können dabei als Vergleichsmaßstab oder gar persönliche Vorbilder herangezogen werden. Zur Förderung der persönlichen Kontaktbildung und Einbindung der Personengruppen ins universitäre Innovationsnetzwerk bietet die UnternehmerTUM eine Reihe von Möglichkeiten an. Dies sind zum einen Veranstaltungen wie Gastvorträge, Präsentationen und Feiern, bei denen Studierende und Wissenschaftler in direkten Kontakt mit unternehmerischen Persönlichkeiten treten können. Zur Vertiefung der persönlichen Beziehungen organisiert das Zentrum für Unternehmertum im Rahmen seines Nachwuchsförderprogramms ein Mentorenprogramm. Darin haben ausgewählte Studierende und Wissenschaftler die Möglichkeit, von Vertretern der Partnerunternehmen für rund 18 Monate begleitet zu werden. Die Mentoren stehen ihnen in dieser Zeit als persönliche Ratgeber zur Seite. Darüber hinaus betreibt die UnternehmerTUM die internet-basierte Informations- und Kommunikations286
Vgl. Abbildung 55.
287
Vgl. dazu auch Kapitel 4.2.3.
288
Vgl. Abbildung 60.
289
Vgl. Abbildung 55.
290
Vgl. Abbildung 54.
6. Handlungsempfehlungen für universitäre Innovationsnetzwerke
213
plattform www.unternehmertum.de.291 Mit der e-Community können sich die Mitglieder des Netzwerkes einfach einen Überblick über aus der Universität gegründete Unternehmen verschaffen und Ansprechpartner aus Partnerunternehmen identifizieren.292 Vorbereitung und Qualifizierung Als dritter Schritt zur Heranführung des akademischen Nachwuchses an das Unternehmertum wird im Folgenden die Vorbereitung und Qualifizierung zum unternehmerischen Handeln diskutiert. Es wird nicht der Anspruch erhoben, ein Ausbildungsprogramm für potentielle Unternehmer und Unternehmer im Unternehmen zu entwickeln.293 Vielmehr steht die Frage im Vordergrund, welche Lehren aus den Ergebnissen der empirischexplorativen Untersuchung in diesem Bereich in Bezug auf die Kommunikation von Unternehmertum gezogen werden können. Dabei ist besonders zu berücksichtigen, dass die Untersuchung an einer Technischen Universität durchgeführt wurde. In den Reflexionen werden einige Hinweise gegeben, dass die Gründung eines Unternehmens als komplexer Prozess angesehen wird, der schwer zu überblicken und durchzuführen ist.294 Für eine Vielzahl von Studierenden und Wissenschaftlern stellt das geringe Wissen über Unternehmensgründungen eine Barriere dar: „Ich fühle mich dazu viel zu unvorbereitet und unwissend...“295 Im Rahmen von Seminaren könnte eine schrittweise Hinführung in den Themenbereich helfen, die Hindernisse abzubauen. Einige der Studierenden und Wissenschaftler aus den naturwissenschaftlichen und technischen Fachrichtungen betonen, dass sie durch die Kommunikation von Unternehmertum verstärkt in Chancen denken und die Kundenorientierung als einen zentralen Erfolgsfaktor sehen.296 Dies ist von besonderer Bedeutung, da diese Zielgruppe aufgrund ihrer fachlichen Orientierung dazu neigt, eine zu stark technologische Sichtweise einzunehmen. Mit einem gezielten Qualifizierungsangebot kann dieser Veränderungsprozess weiter gefördert werden, indem die Studierenden und Wissenschaftler beispielsweise im Rahmen
291
Die UnternehmerTUM hat dazu mit dem Lehrstuhl für Informatik XI, dem Lehrstuhl für Psychologie und dem Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre: Information, Organisation und Management der TU München im Rahmen des BMBF-Forschungsprojekts „Telekooperation in Beziehungsnetzwerken für informationsbezogene Dienstleistungen (TiBiD)“ die www.unternehmertum.de entwickelt. Vgl. auch: Schlichter / Büssing / Reichwald 2003.
292
Dazu werden unter anderem eine Gründergalerie und ein Mitgliederverzeichnis als Funktionen angeboten.
293
Eine Vielzahl von Autoren haben sich mit Ausbildungsangeboten im Bereich Entrepreneurship beschäftigt. Vgl. u.a. Grüner 1993; Hisrich 1993; Koschatzky / Kulicke 2002; Lück / Böhmer 1994; Ripsas 1997; Schubert 1997; Schulte / Klandt 1996; Szyperski / Klandt 1990; Vesper 1990.
294
Vgl. Kapitel 4.4.1 und insbesondere Abbildung 52.
295
Vgl. Abbildung 52.
296
Vgl. auch Abbildungen 53 und 58.
214
6. Handlungsempfehlungen für universitäre Innovationsnetzwerke
eines Businessplan-Seminars eine Marktrecherche durchführen und dazu potentielle Kunden befragen. An der TU München bietet die UnternehmerTUM derartige Businessplan-Seminare an. Mit ihnen haben die Studierenden die Möglichkeit, ihr unternehmerisches Wissen zu vertiefen und ihre beruflichen Kompetenzen zu verbessern.297 Dabei steht im Vordergrund, die schöpferische Tätigkeit der Studenten zu fördern, indem sie ihre eigenen Ideen formulieren und diese strukturiert durchdenken. Ein Vorteil der Businessplan-Seminare ist es, dass Studierende und Wissenschaftler aller Fachrichtungen der TU München in den Kursen zusammenkommen. Durch den intensiven Austausch der Teilnehmer entstehen oftmals innovative Ideen und interdisziplinäre Teams. Jeweils zwei bis vier Studierende bilden in der Regel ein Businessplan-Team. Die kreative und spielerische Atmosphäre im Seminar soll auch die Experimentierfreude der Studierenden anregen. Mit dem BusinessplanGrundlagenseminar sollen die Studierenden zunächst einen Einblick in die wesentlichen Themenbereiche zur Entwicklung eines Geschäftsplans bekommen. Dazu erarbeiten sie für ihren eigenen Businessplan die Kapitel Produkt/Dienstleistung, Markt und Wettbewerb sowie Unternehmerteam. Am Beispiel der selbst generierten Geschäftsidee beantworten die Teams grundlegende Fragestellungen einer Unternehmensgründung. Im Zentrum steht dabei das Thema Kunde und Kundennutzen. Die Kursteilnehmer werden auch ermutigt, Kontakt mit potentiellen Kunden aufzunehmen. Dies kann beispielsweise durch erste kleine Marktbefragungen im Freundes- und Bekanntenkreis oder durch Direktansprache von Partnern universitätsnaher Unternehmen erfolgen.298 Weiterhin dient die Veranstaltung auch dazu, dass die Studierenden mit Personen aus dem Gründerumfeld der TUM in Kontakt treten. Dies wird unter anderem dadurch erreicht, dass zu einzelnen Themenbereichen Gastreferenten in die Seminare eingeladen werden und die Kursteilnehmer an der „Idea Creation“ Phase des Münchener Business Plan Wettbewerbs teilnehmen. Jedem Team wird Unterstützung gegeben, sich einen Mentor aus der
297
Die Lehrveranstaltung wurde erstmals im Wintersemester 2002/2003 von Herrn Dr. Bernward Jopen in Zusammenarbeit mit dem KfW-Stiftungslehrstuhl für Entrepreneurial Finance (Prof. Dr. Dr. Ann-Kristin Achleitner) angeboten. Im Wintersemester 2003/2004 haben bereits in fünf Parallelkursen 121 Studierende und Wissenschaftler am Businessplan-Grundlagenseminar teilgenommen und 39 Geschäftspläne erstellt. Im Sommersemester 2004 konnte die Teilnehmerzahl im Businessplan-Aufbauseminar auf 131 Personen gesteigert und insgesamt 47 Businesspläne an der TU München erstellt werden. Im Wintersemester 2004/2005 haben 342 Studierende und Wissenschafter der TUM an den Businessplan-Grundlagenseminaren teilgenommen. 94 Businesspläne wurden in diesem Zeitraum für die erste Stufe des Münchener Business Plan Wettbewerbs an der TUM eingereicht.
298
Von vielen Kursteilnehmern verlangt dieser Schritt eine große Überwindung. Der Lerneffekt ist jedoch sehr hoch. Oftmals werden die Businessplan-Teams durch das Feedback von Externen stark motiviert. Der Kontakt mit potentiellen Kunden hilft den Teams, ihre Geschäftsidee frühzeitig am Kundennutzen auszurichten.
6. Handlungsempfehlungen für universitäre Innovationsnetzwerke
215
Gründerszene bzw. aus einem Unternehmen zu suchen, das in einer Branche tätig ist, die zur eigenen Geschäftsidee passt. Durch das wiederholte Präsentieren der Businesspläne üben die Kursteilnehmer zudem, ihre Kommunikationskompetenz zu verbessern. Dazu bekommen sie ausgiebig Feedback von den anderen Kursteilnehmern, Kommunikationstrainern und ihren Dozenten.
EINFÜHRUNG
THEMENFELDER
BEITRAG DER STUDIERENDEN
Businessplan-Grundlagenseminar und Businessplan-Aufbauseminar Definitionen und Überblick, Chancen für Gründer- und Innovationsteams an der TU München
Grundlagenseminar
Aufbauseminar
• Struktur eines Businessplans • Kunde und Kundennutzen • Produkt und Dienstleistung • Markt und Wettbewerb • Unternehmerteam
• Geschäftsmodell • Organisation • Marketing und Vertrieb • Realisierungsfahrplan • Chancen und Risiko • Finanzplanung und Finanzierung
• Entwicklung der Businessplankapitel: - Produkt/Dienstleistung - Unternehmerteam - Markt und Wettbewerb • Entwicklung eines Executive Summary • Zwischen- und Endpräsentationen vor Jury • Teilnahme an der „Ideas Creation“ Phase des MBPW
• Entwicklung der Businessplankapitel: - Marketing und Vertrieb - Geschäftssystem und Organisation - Realisierungsfahrplan - Chancen und Risiken - Finanzierung • Überarbeitung der vorhandenen Kapitel • Zwischen- und Endpräsentationen vor Jury • Teilnahme an der „Excellence Stage“ des MBPW
Abbildung 98: Aufbau der Businessplan-Seminare
Mit dem Businessplan-Aufbauseminar haben die Studierenden die Möglichkeit, aufbauend auf dem Grundlagenseminar zum Themenschwerpunkt "Geschäftsidee und Markt" den eigenen Businessplan fertig zu stellen. Dabei werden die Kapitel Geschäftsmodell und Organisation, Marketing und Vertrieb, Realisierungsfahrplan, Chancen und Risiken sowie Finanzplanung und Finanzierung vertieft.299 Es werden Gastreferenten aus den Bereichen Banken, Business Angel und Risikokapital eingeladen, um den Studierenden und Wissenschaftlern erste Einblicke in Finanzierungsmöglichkeiten zu geben.
299
Beispielsweise wird diskutiert, wie das Geschäftsmodell richtig konzipiert werden kann, um überhaupt mit der Geschäftsidee Geld zu verdienen. Meist hängt der Erfolg davon ab, ob das Geschäftsmodell genau an die Anforderungen der Zielgruppe angepasst ist.
6. Handlungsempfehlungen für universitäre Innovationsnetzwerke
216
Erste Erfahrungen in eigenen Projekten In den Feedbackforen und Reflexionen wird auch auf Grenzen der Kommunikation von Unternehmertum hingewiesen.300 Die Darstellung von Unternehmertum durch unternehmerische Persönlichkeiten kann nicht die Erfahrungen ersetzen, die durch eigenes unternehmerisches Handeln gemacht werden. Dem akademischen Nachwuchs steht dazu eine Reihe von Möglichkeiten zur Verfügung. Das unternehmerische Handeln kann in ersten eigenen Projekten spielerisch geübt werden, in denen beispielsweise die eigene Idee aus dem Businessplan-Seminar in Form eines Prototyps umgesetzt wird. Weitere Rahmen für ein erstes unternehmerisches Engagement von Studierenden können Studenteninitiativen oder Praktika und Werkstudententätigkeiten bei Start-ups bieten. Die Kommunikation von Unternehmertum kann in diesem Bereich unterstützend wirken, indem der akademische Nachwuchs direkt zum Sammeln erster unternehmerischer Erfahrungen in eigenen Projekten aufgefordert wird und der Zielgruppe auch umsetzbare Handlungsalternativen aufgezeigt werden. Im Zentrum für Unternehmertum an der TU München werden ausgewählte studentische Projektteams gefördert, die im besonderen Maße unternehmerisch ausgerichtet sind.301 Durch die Unterstützung der studentischen Projekte werden die Eigeninitiative und die Gewinnung von Praxiserfahrung gefördert. Zudem bilden viele Projekte eine Vorstufe zur Gründung eines Unternehmens oder zur Entwicklung eines vermarktungsfähigen neuen Produktes bzw. einer Dienstleistung. In vielen Fällen reichen schon geringe Investitionen aus, um Innovationsprojekte von Studierenden zum Erfolg zu führen. Dabei liegt der inhaltliche Fokus nicht auf der Grundlagenforschung, sondern auf der Anwendung der im Studium vermittelten theoretischen Konzepte und Instrumente. Neben der Chance einer wirtschaftlichen Verwertung der Arbeitsergebnisse bieten die Projekte auch den Vorteil, dass die Studierenden lernen, ihr theoretisches Wissen praktisch umzusetzen.302 Dies ist eine wichtige Fähigkeit, die auch von den Universitätsabsolventen später im Berufsleben gefordert wird.
300
Vgl. Kapitel 4.5.
301
U.a. hat die UnternehmerTUM in Zusammenarbeit mit BMW Car IT im Wintersemester 2004/2005 einen Innovationswettbewerb zum Thema „Das vernetzte Automobil“ ausgeschrieben. Zwei Gewinnerteams wird dabei die Möglichkeit gegeben, ihre eingereichten Ideen in Form von Prototypen umzusetzen.
302
Ein Beispiel für ein studentisches Innovationsprojekt an der Technischen Universität München ist TUfast: An der Hochschule hat sich ein Team von rund 40 Studenten aus den Bereichen Maschinenwesen und Wirtschaftswissenschaften gebildet, das innerhalb von einem Jahr einen Formel-Rennwagen konzipiert, baut und testet. Die teilnehmenden Studenten sammeln wertvolle Erfahrungen für ihr zukünftiges Berufsleben und lösen technische Problemstellungen mit einem geringen Finanzaufwand. Im Rahmen der Initiative werden erste Erfahrungen in Teamarbeit und Projektmanagement gesammelt, der Einsatz von modernen Entwicklungswerkzeugen geübt, wirtschaftliche und unternehmerische Aspekte berücksichtigt und technische Lösungen erarbeitet.
6. Handlungsempfehlungen für universitäre Innovationsnetzwerke
217
Berufseinstieg als Angestellter, Eintritt ins Familienunternehmen und Unternehmensgründung Der abschließende Prozessschritt im universitären Innovationsnetzwerk bei der Heranführung des akademischen Nachwuchses zum unternehmerischen Handeln ist der Eintritt ins Berufsleben. Als Alternativen beim Start einer unternehmerischen Laufbahn sind hier der Berufseinstieg als Angestellter, der Eintritt ins Familienunternehmen und die eigene Unternehmensgründung genannt. Die Meinungsbildung, Entscheidungsfindung und Vorbereitung für den eigenen beruflichen Werdegang sollte wie in den vorhergehenden Prozessschritten beschrieben möglichst frühzeitig und aktiv angegangen werden. Durch eine gezielte Qualifizierung und erste Projekte können beispielsweise noch während des Studiums die Entwicklung eines eigenen Produktes und die Planung einer Unternehmensgründung eingeleitet werden.303 Kommunikation von Unternehmertum sollte einen Beitrag leisten, dass sich der akademische Nachwuchs zu einem frühen Zeitpunkt mit seinem späteren beruflichen Werdegang auseinandersetzt und Maßnahmen zur Vorbereitung einleitet. Vor besonderen Herausforderungen stehen in manchen Fällen Hochschulabgänger, die in das elterliche Familienunternehmen einsteigen.304 Dabei kommt es vor, dass die Übergabe der Unternehmensführung durch eine schlechte wirtschaftliche Lage des Unternehmens erschwert wird. Die UnternehmerTUM unterstützt Studierende und Wissenschaftler der TU München beim Übergang ins Berufsleben. Dies gilt sowohl für den Berufseinstieg als unternehmerisch denkender Angestellter als auch für die Gründung eines eigenen Unternehmens. Eine wesentliche Rolle dabei spielt das Kontaktnetzwerk des Zentrums für Unternehmertum, in dem beispielsweise Partnerunternehmen Stellen ausschreiben können. Mit der Gründungsberatung unterstützt die UnternehmerTUM Start-up-Teams und konzentriert sich dabei auf die Frühphasenberatung durch die Vermittlung von praktischen, unternehmerischen Werkzeugen305 und durch die Kontaktherstellung zu weiteren unterstützenden Organisationen. In den drei folgenden Unterkapiteln werden über die oben beschriebenen allgemeinen Handlungsempfehlungen hinaus vertieft ausgewählte Aspekte zur Kommunikation von Unternehmertum betrachtet, die speziell Gründer, Unternehmer und Unternehmer im Unternehmen betreffen.
303
Vgl. auch Abbildung 61.
304
Vgl. dazu auch Abbildung 57.
305
Ziel der UnternehmerTUM ist es in diesem Zusammenhang, die universitären Start-ups beim operativen Aufbau ihrer Organisationen zu unterstützen. Dazu hat das Zentrum für Unternehmertum ein Organisationshandbuch entwickelt, in dem Prozesse, Strukturen und Werkzeuge standardisiert und dokumentiert sind.
6. Handlungsempfehlungen für universitäre Innovationsnetzwerke
218
6.2
Spezifische Handlungsempfehlungen zur Kommunikation bezüglich Gründer
Bei den Feedback- und Reflexionsbeiträgen zu den Gründerpräsentationen fallen viele positive Kommentare zu den unternehmerischen Personen auf, in denen Lob für den Mut, die Leidenschaft und den Optimismus ausgesprochen werden.306 Dabei werden besonders persönliche Eigenschaften wie Durchhaltevermögen und Kampfgeist herausgehoben.307 Zudem wird in einer Reihe von Reflexionen betont, dass die Schilderungen der Gründer stark motivieren, selbst den Schritt zur Umsetzung der eigenen Ideen und zum Aufbau eines jungen Unternehmens zu wagen.308 Positiv wird von den Studierenden und Wissenschaftlern erwähnt, dass die präsentierenden Gründer aufgrund des geringen Altersunterschiedes und ihres akademischen Hintergrunds eine besondere Nähe zur Zielgruppe haben.309 Dies erleichtert die Identifizierung mit den unternehmerischen Persönlichkeiten und schafft Anknüpfungspunkte zum eigenen Handeln. Auf der anderen Seite tragen die Präsentationen der Gründer dazu bei, dass das persönliche Risiko, das der Gründer eingeht, thematisiert wird.310 Dabei wirken zum einen das hohe finanzielle Risiko und zum anderen die große zeitliche Belastung, die eine Unternehmensgründung mit sich bringt, auf viele Studierende und Wissenschaftler abschreckend.311 Die Kommunikation von Unternehmertum kann bei der Zielgruppe zur Meinungsbildung über Vor- und Nachteile einer Unternehmensgründung beitragen und damit eine Entscheidungshilfe bei der Wahl zwischen den beruflichen Alternativen geben.312 Ein Schwerpunkt sollte dabei auf der Bewusstmachung von Chancen und Risiken einer Unternehmensgründung liegen. Von besonderer Bedeutung ist, dass die Zielgruppe potentielle Risiken erkennt und in der Lage ist, diese zu bewerten. Damit kann verhindert werden, dass unerfahrene Teams durch eine überstürzte und nicht durchdachte Unternehmensgründung in eine persönliche wirtschaftliche Krise getrieben werden. Durch die schrittweise Heranführung und Qualifizierung der Studierenden und Wissenschaftler kann erreicht werden, dass die Zielgruppe das für eine Gründung notwendige Handwerkzeug
306
Vgl. Kapitel 4.2.1 und 4.4.1.
307
Vgl. Kapitel 4.2.1.
308
Vgl. Abbildung 53.
309
Vgl. Kapitel 4.4.1.
310
Vgl. z.B. Kapitel 4.2.1.
311
Vgl. Abbildung 54.
312
Wichtig erscheint in diesem Zusammenhang, dass der akademische Nachwuchs verantwortungsvoll an das Thema Unternehmensgründung herangeführt wird und nicht blind für den Aufbau von Start-ups begeistert wird.
6. Handlungsempfehlungen für universitäre Innovationsnetzwerke
219
vermittelt bekommt und nicht aufgrund eines hohen zeitlichen Drucks, der in der Gründungsphase herrscht, überfordert und abgeschreckt wird.313 Die große zeitliche Belastung, die der Aufbau eines Start-ups mit sich bringt, wird besonders von Frauen in den Reflexionsbeiträgen angesprochen.314 Die Erfahrungsberichte von Gründerinnen könnten der Zielgruppe weitere Aufschlüsse geben, inwieweit sich das Engagement in einem Start-up mit dem Familienleben vereinbaren lässt. Neben dem Thema Chancen und Risiko wird im Folgenden noch auf die Teamfindung vertieft eingegangen. In einer Vielzahl von Feedbackbeiträgen werden die Gewinnung, die Führung und das Halten von Teamkollegen und Mitarbeitern angesprochen und die Notwendigkeit eines kompetenten Teams betont.315 Dabei wird auch darauf hingewiesen, dass der Gründer seine eigenen Schwächen erkennen muss und Partner braucht, die diese ausgleichen. Mit der Kommunikation von Unternehmertum kann somit ein Beitrag geleistet werden, bei den Studierenden und Wissenschaftlern das Bewusstsein und die Bereitschaft zu fördern, sich zur Gründung eines Start-ups kompetente Partner zu suchen. Dies ist im besonderen Maße bei einer technischen Universität von Bedeutung, da viele akademische Gründerteams über einen rein naturwissenschaftlichen oder technischen Hintergrund verfügen.316 Oftmals fehlen den Gruppen betriebswirtschaftliches Wissen und branchenspezifische Erfahrung. Eine Möglichkeit, diese Lücke zu füllen, bietet sich für die Gründerteams darin, unternehmerisch erfahrene Personen für das Start-up zu gewinnen. Dieser Prozess kann unterstützt werden, indem die Gründerteams frühzeitig mit Personen aus dem Unternehmensnetzwerk zusammengebracht werden. Erfahrene Gründer, Unternehmer und Manager können schrittweise in die Start-ups einbezogen werden. Zunächst kann eine Einbindung über eine Unterstützung als Coach erfolgen, die später beispielsweise im Rahmen einer Business Angel Tätigkeit vertieft wird. Eine weitere Plattform für den Austausch können Netzwerkveranstaltungen darstellten, auf denen Gründer und junge Unternehmer zusammenkommen und gegenseitig von ihren Erfahrungen berichten.317
313
Vgl. dazu auch Abbildung 52.
314
Vgl. Kapitel 4.4.1.
315
Vgl. beispielsweise Abbildung 40 und 42.
316
Die Problematik der einseitigen Kompetenzverteilung in Gründerteams kann zudem dadurch verschärft werden, dass jedes Gründungsmitglied einen Anspruch auf die Unternehmensleitung erhebt. Im Extremfall kann das beispielsweise dazu führen, dass das Team einer frisch gegründeten GmbH fünf Personen umfasst, die alle Geschäftsführer sind und aus derselben ingenieurswissenschaftlichen Fakultät stammen.
317
Ein Beispiel für eine derartige Veranstaltung ist der Pioniers Club der Studenteninitiative START. Dabei werden an der Technischen Universität München Studierende zusammengeführt, die bereits während des Studiums ein Unternehmen gegründet haben. Dieses Angebot, das hauptsächlich von Studierenden der Betriebswirtschaftslehre und Informatik angenommen wird, könnte auf weitere Fachrichtungen ausgeweitet werden.
6. Handlungsempfehlungen für universitäre Innovationsnetzwerke
220
6.3
Spezifische Handlungsempfehlungen zur Kommunikation bezüglich Unternehmer
Bei den Foren- und Reflexionsbeiträgen zu den Präsentationen der ausgewählten Unternehmer dominieren das positive Feedback zu den Personen und die Anerkennung für die Erfolgsgeschichten.318 Jedoch werden auch Hinweise gegeben, dass bezüglich Unternehmer Vorurteile bestehen und der wirtschaftliche Erfolg auch Neid hervorrufen kann.319 Die Kommunikation von Unternehmertum und speziell der direkte Kontakt mit Unternehmern können einen Beitrag leisten, die unternehmerischen Personen bei der universitären Zielgruppe zu demystifizieren.320 Eine Möglichkeit für die Hochschule, diesen Prozess voranzutreiben, besteht darin, die Begegnungen zwischen Unternehmern und dem akademischen Nachwuchs gezielt zu fördern. Die unternehmerischen Persönlichkeiten können dafür beispielsweise aus dem universitären Alumni-Netzwerk gewonnen werden.321 Die unternehmerischen Erfolgsgeschichten können direkt vom Unternehmer, beispielsweise im Rahmen einer Gastvorlesung, kommuniziert werden. Andere Kanäle sind zum Beispiel Videos oder Broschüren, in denen der unternehmerische Werdegang dargestellt wird. Zudem können Fallstudien entwickelt und verstärkt in der akademischen Lehre genutzt werden. Die Fallstudie in Kapitel 5 veranschaulicht die Vorbildfunktion, die ein Unternehmer auf die Studierenden und Wissenschaftler ausüben kann. In den dazugehörigen Feedbackbeiträgen werden besonders persönliche Eigenschaften und Verhaltensweisen des Unternehmers herausgehoben.322 Dies sind unter anderem das Durchhaltevermögen, der Optimismus, die Durchsetzungsfähigkeit, die Lernbereitschaft, die Fähigkeit zum Wandel und die Kritikfähigkeit. Darüber hinaus werden auch die Bereitschaft, Regeln zu brechen, und die Experimentierfreude angesprochen. In einer Reihe von Reflexionsbeiträgen wird die Frage aufgeworfen, ob man sich persönlich zum Unternehmer eignet oder entwickeln kann.323 Die aktive Auseinandersetzung mit dem Thema, die Verfügbarkeit von Vergleichspersonen und erste Schritte der Selbstbeobachtung helfen, die eigenen unternehmerischen Fähigkeiten besser einzuschätzen. Damit haben die Studierenden und Wissenschaftler die Möglichkeit, ihre eigenen Stärken und Schwächen besser wahrzunehmen und bei sich Kompetenzdefizite aufzudecken. Die Bewusstwerdung der eigenen Befähigungen kann helfen,
318
Vgl. Kapitel 4.2.2 und 4.4.2.
319
Vgl. Kapitel 4.4.2.
320
Vgl. Abbildung 55.
321
Oftmals ist die Identifizierung von Ehemaligen, die unternehmerisch erfolgreich sind, für die Hochschulen schwierig, da sie in vielen Fallen nicht über ein funktionierendes Alumni-Netzwerk verfügen.
322
Vgl. Kapitel 5.4.
323
Vgl. Kapitel 4.4.2.
6. Handlungsempfehlungen für universitäre Innovationsnetzwerke
221
Qualifizierungslücken der eigenen Person zu identifizieren und unternehmerische Energie und Motivation freizusetzen. Eine Teilgruppe, die bei den Reflexionsbeiträgen hervorsticht, sind Personen, die aus einer Unternehmerfamilie stammen.324 Sie verfügen dank ihres familiären Hintergrundes meist über Einblicke in die unternehmerische Praxis. Jedoch stehen diese Personen in vielen Fällen vor der Herausforderung, in kurzer Zeit Verantwortung im elterlichen Unternehmen zu übernehmen oder gar die Unternehmernachfolge vollständig anzutreten. Bei der Kommunikation von Unternehmertum kann dieser Personengruppe geholfen werden, indem sie mit Unternehmern in Kontakt treten, die vor ähnlichen Herausforderungen gestanden sind.325 Eine weitere Möglichkeit, wie das universitäre Innovationsnetzwerk diese Gruppe auf den Eintritt ins Familienunternehmen vorbereiten kann, ist, Studierende und Wissenschaftler, die sich in einer ähnlichen Situation befinden, zusammenzuführen und damit eine Plattform für den Austausch von Erfahrungen zu bieten.
6.4
Spezifische Handlungsempfehlungen zur Kommunikation bezüglich Unternehmer im Unternehmen
Die Studierenden und Wissenschaftler äußern sich in ihren Feedback- und Reflexionsbeiträgen positiv zu den vier präsentierenden Unternehmern im Unternehmen.326 Gleichzeitig wird jedoch auch starke allgemeine Kritik an Managern kundgegeben. Es wird unter anderem kritisiert, dass sich Manager nur am kurzfristigen Erfolg orientieren und ihre Verantwortung für die Gesellschaft vernachlässigen.327 Der persönliche Kontakt zwischen Unternehmern im Unternehmen und dem akademischen Nachwuchs kann dazu beitragen, das negative Image von Managern abzubauen.328 Durch Gastvorträge können beispielsweise diese Begegnungen zustande kommen und der Verringerung von Vorurteilen dienen. Den Unternehmer im Unternehmen persönlich zu erleben erleichtert es dem Nachwuchs, den Kontakt zu diesen auf der menschlichen Ebene aufzubauen. Darüber hinaus ist es wichtig, den Studierenden und Wissenschaftlern ein Grundverständnis für die wertorientierte und kapitalmarktkonforme Unternehmensführung zu vermitteln.329 Dies ist eine Voraussetzung dafür, dass die Zielgruppe die unternehmerisch notwendigen 324
Vgl. Kapitel 4.4.2.
325
Ein Beispiel für einen solchen Unternehmer ist Herr Hans Knürr, der nach dem plötzlichen Tod seines Vaters den elterlichen Betrieb übernehmen musste. Vgl. Abbildung 24 und 25.
326
Vgl. Kapitel 4.2.3 und 4.4.3.
327
Vgl. Kapitel 4.2.3.
328
Vgl. Abbildung 60.
329
Vgl. dazu auch Kapitel 2.2.
6. Handlungsempfehlungen für universitäre Innovationsnetzwerke
222
Entscheidungen zur Führung eines Konzerns einordnen kann. Zudem sollte darauf geachtet werden, bei der Kommunikation von Unternehmertum die Besonderheiten und Fachbegriffe einzelner Branchen verständlich zu machen, um Missverständnisse zu vermeiden. Eine weitere Herausforderung bei der Kommunikation von Unternehmertum durch Unternehmer im Unternehmen zeigt sich bei der Vermittlung der unternehmerischen Rolle, die beispielsweise ein Vorstandsvorsitzender einnimmt.330 Persönliche Eigenschaften und Aufgaben werden nur am Rande erwähnt.331 Eine Erklärung dafür, dass die Unternehmerfunktionen nur im geringen Maße kommuniziert werden, kann in der Vielschichtigkeit der Aufgaben eines Unternehmers im Unternehmen liegen.332 Dies kann auf die hohe Komplexität innerhalb der Organisation und ihres Umfeldes sowie auf die damit verbundene starke Arbeitsteilung zurückgeführt werden. Ein Reflexionsbeitragschreiber fasst das Thema wie folgt zusammen: „Interessant war auch die Tatsache, dass die Vortragenden umso mehr Abstraktionsvermögen zeigten, je größer der Betrieb war, aus dem sie kamen. In der Regel waren die Reden der Firmengründer viel zu sehr an ihrer eigenen Unternehmung orientiert, um sich auch auf allgemeine Aussagen zu verlagern. Die Vorstandsmitglieder der größeren Firmen dagegen sprachen häufiger von generellen Absichten und abstrakten Verfahren.“333 Unternehmer im Unternehmen stehen als Botschafter zur Kommunikation von Unternehmertum vor der Aufgabe, trotz der oft notwendigen Abstraktion ihrer Unternehmerfunktion ein Verständnis für ihr Aufgabenspektrum bei den Studierenden und Wissenschaftlern zu erreichen.334 Die Förderung der Vorbildfunktion von Unternehmern im Unternehmen beim akademischen Nachwuchs durch die Darstellung der unternehmerischen Tätigkeit gestaltet sich somit schwieriger als bei Gründern und Unternehmern. Das Thema Unternehmer im Unternehmen wird in den Reflexions- und Feedbackbeiträgen auch direkt angesprochen und in einigen Kommentaren kritisiert.335 Es stellt sich die Frage, wie das Konzept des Unternehmers im Unternehmen auf untere Hierarchieebenen angewendet werden kann. Aufgrund des unterschiedlichen Aufgabenspektrums und Handlungsrahmens können Schlussfolgerungen aus den unternehmerischen Darstellungen der oberen 330
Vgl. dazu Kapitel 4.3.3.
331
Vgl. dazu Kapitel 4.2.3, 4.3.3 und 4.4.3.
332
Vgl. auch Kapitel 4.5.
333
Vgl. Abbildung 60.
334
In Rahmen von Gastvorträgen kann dies erleichtert werden, indem die Vortragenden zu Schwerpunktthemen referieren, die sie als Unternehmer im Unternehmen besonders intensiv beschäftigen. Durch die Fokussierung kann erreicht werden, dass einzelne unternehmerische Themenfelder ausführlicher dargestellt und mit Beispielen veranschaulicht werden.
335
Vgl. Kapitel 4.2.3. Dabei wir vor allem darauf hingewiesen, dass der Unternehmer im Unternehmen kein persönliches finanzielles Risiko für seine Entscheidungen übernimmt.
6. Handlungsempfehlungen für universitäre Innovationsnetzwerke
223
Führungskräfte nicht einfach auf untere Ebenen in der Unternehmensorganisation transferiert werden. Die direkte Übertragbarkeit wäre jedoch für die Gruppe der Studierenden und Wissenschaftler besonders interessant, da diese bei einem möglichen Berufseinstieg als Angestellte vorwiegend in unteren Hierarchieebenen starten. Die klare Darstellung einer unternehmerischen Firmenkultur und der damit verbundenen Werte, Strukturen und Prozesse könnte das Verständnis für das Konzept des Unternehmers im Unternehmen und dessen Umsetzung im Konzern fördern.336 Ein mögliches Mittel für die akademische Lehre sind dazu fundierte und glaubwürdige Unternehmensfallstudien, die die spezifische Rolle, Zwänge und Herausforderungen unternehmerischer Persönlichkeiten im Unternehmen herausstellen.
6.5
Zusammenfassung
In diesem Kapitel wurden Handlungsempfehlungen zur Kommunikation von Unternehmertum im universitären Innovationsnetzwerk aus den bisher gewonnenen Erkenntnissen abgeleitet. So sollte ein Beitrag zur Klärung der Frage geleistet werden, wie Unternehmertum besser kommuniziert und unternehmerisches Handeln besser greifbar und erlebbar gemacht werden kann. Dabei wurde konsequent das aktuelle Aktivitäts- und Kommunikationsspektrum der UnternehmerTUM GmbH reflektiert und Vorschläge für dessen Fortentwicklung erarbeitet. Zunächst wurden dazu allgemeine Handlungsempfehlungen aus den Erkenntnissen der vorangegangenen Kapitel gezogen und Möglichkeiten aufgezeigt, wie die Studierenden und Wissenschaftler schrittweise zum unternehmerischen Handeln geführt werden können. Die Feedback- und Reflexionsbeiträge zeigen, dass durch die Präsentationen der zwölf Gründer, Unternehmer und Unternehmer im Unternehmen die Studierenden und Wissenschaftler angeregt werden, sich intensiv mit dem Thema Unternehmertum auseinanderzusetzen. Die Fallstudie, die in Kapitel 5 ausgeführt wurde, verdeutlicht im besonderen Maße, dass unternehmerische Persönlichkeiten eine Vorbildfunktion beim akademischen Nachwuchs ausüben können. Das persönliche Auftreten des Unternehmers, die lebhafte Präsentation der „Erfolgsgeschichte“ sowie die dargestellten Erfahrungen und Anekdoten tragen dazu bei, den zwischenmenschlichen Kontakt herzustellen und darüber hinaus die Identifikation zu fördern. Zudem werden die Studierenden und Wissenschaftler motiviert, sich weiter mit dem Thema Unternehmertum aktiv zu beschäftigen. Bei der Kommunikation von Unternehmertum sollte darauf geachtet werden, dass die akademische Zielgruppe inhaltlich mit einbezogen wird, indem bei der Darstellung unternehmerischer Themenfelder Anknüpfungspunkte zum universitären und vor allem studentischen Umfeld
336
Dies hat jedoch zur Voraussetzung, dass eine solche unternehmerische Kultur im Unternehmen herrscht.
6. Handlungsempfehlungen für universitäre Innovationsnetzwerke
224
hergestellt werden. Zudem ist es wichtig, dass die Referenten den Stand des wirtschaftlichen Wissens und der persönlichen unternehmerischen Erfahrungen der Zielgruppe berücksichtigen, um Missverständnisse zu vermeiden und die unternehmerischen Botschaften beim akademischen Nachwuchs gut zu platzieren. Dies ist besonders bei Studierenden und Wissenschaftlern aus naturwissenschaftlichen und technischen Fachrichtungen zu beachten. Die Heranführung der Zielgruppe an das unternehmerische Handeln kann als Prozess aufgefasst werden, in dem sich der akademische Nachwuchs schrittweise in das Thema Unternehmertum vertieft und Aktivitäten entwickelt. Zunächst ist es wichtig, bei den Studierenden und Wissenschaftlern ein Bewusstsein und Verständnis für Unternehmertum zu schaffen. Dies bildet die Grundlage dafür, dass die Personen motiviert sind, sich weiter mit dem Themenbereich zu beschäftigen. Zur weiteren Intensivierung sollte bei der Zielgruppe die Kommunikation von Unternehmertum angeregt werden. Dies beinhaltet, dass die Studierenden und Wissenschaftler befähigt werden, sich eine Meinung zu möglichen persönlichen beruflichen Alternativen zu bilden und ihre unternehmerischen Ideen anderen zu präsentieren. Damit können sie Teamkollegen und Unterstützer für ihre unternehmerischen Pläne gewinnen und diese beispielsweise im Rahmen eines eigeninitiierten Projektes umsetzen.
INTENSITÄT DER KOMMUNIKATION / STÄRKE DER EIGENINITIATIVE 3. Unterstützung beim unternehmerischen Handeln: Senkung von Barrieren bei eigeninitiierten Projekten 2. Anregung der Kommunikation von Unternehmertum: Befähigung zum Reflektieren und Präsentieren
SCHRITTWEISE HERANFÜHRUNG AN UNTERNEHMERISCHES HANDELN
1. Förderung der Motivation: Schaffung eines Bewusstseins und Verständnisses für Unternehmertum
ZEIT
Sensibilisierung, Mobilisierung
Persönliche Kontaktherstellung, Einbindung ins Netzwerk
Berufseinstieg als Angestellter, Vorbereitung, Qualifizierung
Erste eigene Erfahrungen in Projekten
Abbildung 99: Schrittweise Heranführung an unternehmerisches Handeln
Eintritt ins Familienunternehmen, Unternehmensgründung
6. Handlungsempfehlungen für universitäre Innovationsnetzwerke
225
Auf der operativen Ebene kann die Heranführung des akademischen Nachwuchses an das unternehmerische Handeln im Rahmen eines fünfstufigen Prozesses umgesetzt werden. Dieser startet mit der Sensibilisierung und Mobilisierung der Studierenden und Wissenschaftler für das Thema Unternehmertum. Oftmals verfügt die Personengruppe nur über einen mangelnden Einblick in die Wirtschaftswelt. In manchen Fällen wird innerhalb der Zielgruppe ein Interesse an wirtschaftlichen Fragestellungen sogar negativ beurteilt. Kommunikation von Unternehmertum kann in diesem Zusammenhang als Problemlöseprozess für die Studierenden und Wissenschaftler angesehen werden, indem sie für die Fragen des auf sie zukommenden Berufsstarts sensibilisiert und motiviert werden, noch während des Studiums Vorstellung von ihrer beruflichen Zukunft zu entwickeln. Als nächster Schritt zur Heranführung an das Thema Unternehmertum kann die persönliche Kontaktherstellung zu unternehmerischen Persönlichkeiten gesehen werden. Oftmals empfinden Studierende und Wissenschaftler eine große Distanz zu Unternehmern und Managern. Unternehmer werden in diesem Zusammenhang beispielsweise als „Übermenschen“ bezeichnet, die eine „Aura der Unerreichbarkeit“ umgibt. Der direkte Kontakt zu unternehmerischen Persönlichkeiten kann einen Beitrag zum Abbau von Vorurteilen leisten. Als dritter Schritt zur Heranführung des akademischen Nachwuchses an das Unternehmertum kann die Vorbereitung und Qualifizierung zum unternehmerischen Handeln gesehen werden. Bei den Betrachtungen steht nicht die Ausgestaltung eines Ausbildungsprogramms für potentielle Unternehmer und Unternehmer im Unternehmen im Vordergrund, sondern vielmehr die Frage, welche Lehren aus den Ergebnissen der empirischen Untersuchung gezogen werden können. Die Kommunikation von Unternehmertum kann danach einen Beitrag dazu leisten, dass die Studierenden und Wissenschaftler aus den naturwissenschaftlichen und technischen Fachrichtungen verstärkt in Chancen denken und die Kundenorientierung als einen zentralen Erfolgsfaktor sehen. In den Feedback- und Reflexionsbeiträgen wird auch auf Grenzen der Kommunikation von Unternehmertum aufmerksam gemacht. Die Darstellung von Unternehmertum durch unternehmerische Persönlichkeiten kann nicht die Erfahrungen ersetzen, die durch eigenes unternehmerisches Handeln gemacht werden. Dem akademischen Nachwuchs steht eine Reihe von Möglichkeiten zur Verfügung, indem beispielsweise das unternehmerische Handeln in ersten eigenen Projekten spielerisch geübt wird oder eigene Ideen aus Businessplan-Seminaren in Form von Prototypen umgesetzt werden. Der fünfte Prozessschritt zur Heranführung des akademischen Nachwuchses an unternehmerisches Handeln ist der Eintritt ins Berufsleben. Als Alternativen beim Start einer unternehmerischen Laufbahn sind in der Arbeit der Berufseinstieg als unternehmerisch denkender Angestellter, der Eintritt ins Familienunternehmen und die Unternehmensgründung genannt. Die Meinungsbildung, Entscheidungsfindung und Vorbereitung für den beruflichen
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6. Handlungsempfehlungen für universitäre Innovationsnetzwerke
Start sollte möglichst frühzeitig angegangen werden. Kommunikation von Unternehmertum kann Anstoß dazu geben, dass sich der akademische Nachwuchs zu einem frühen Zeitpunkt mit dem zukünftigen persönlichen beruflichen Werdegang auseinandersetzt und Maßnahmen zur Vorbereitung auf die unternehmerische Laufbahn einleitet. Im Weitern werden spezielle Handlungsempfehlungen zur Kommunikation bezüglich Gründer, Unternehmer und Unternehmer im Unternehmen aufgezeigt, die auf Unterschiede zwischen den drei Unternehmertypen eingehen. Bei den Feedback- und Reflexionsbeiträgen zu den Gründerpräsentationen fallen viele positive Kommentare auf, in denen Lob für den Mut, die Leidenschaft und den Optimismus ausgesprochen wird und betont wird, dass die Schilderungen der Gründer stark motivieren, erste Schritte zur Umsetzung eigener Ideen und zum Aufbau eines Unternehmens zu wagen. Die Kommunikation von Unternehmertum durch die Gründer kann bei der Zielgruppe zur Meinungsbildung über Vor- und Nachteile einer Unternehmensgründung beitragen und damit eine Entscheidungshilfe zur Wahl dieser beruflichen Alternative geben. Wichtig dabei ist, auf die Chancen und Risiken einer Unternehmensgründung aufmerksam zu machen. Zudem zeigen die Reflexions- und Feedbackbeiträge, dass die Kommunikation von Unternehmertum durch die Gründer helfen kann, die Notwendigkeit eines leistungsfähigen Start-up Teams und die Teamfindung stärker ins Bewusstsein der Zielgruppe zu rücken. Dabei sollte auch angesprochen werden, dass der Gründer seine eigenen Schwächen erkennen muss und Partner braucht, die diese ausgleichen. Mit den Präsentationen der Gründer kann ein Beitrag geleistet werden, die Bereitschaft bei den Studierenden und Wissenschaftlern zu fördern, sich zur Gründung eines Start-ups kompetente Partner zu suchen. Dies ist im besonderen Maße bei einer technischen Universität von Bedeutung, da viele akademische Gründerteams über einen rein naturwissenschaftlichen oder technischen Hintergrund verfügen. Bei den Präsentationen der ausgewählten Unternehmer dominieren das positive Feedback zu den Personen und die Anerkennung für die Erfolgsgeschichten. Es werden jedoch auch Hinweise gegeben, dass Vorurteile bezüglich Unternehmer bestehen. Kommunikation von Unternehmertum und speziell der direkte Kontakt mit Unternehmern können dem Zweck dienen, die unternehmerischen Personen bei der universitären Zielgruppe zu demystifizieren und den Studierenden und Wissenschaftlern einen besseren Einblick zu vermitteln, welche persönlichen Eigenschaften für eine erfolgreiche unternehmerische Karriere notwendig sind. Die aktive Auseinandersetzung mit dem Thema Unternehmertum, die Verfügbarkeit von Vorbildern und erste Schritte der Selbstbeobachtung helfen, die eigenen unternehmerischen Fähigkeiten kritischer einzuschätzen. Der akademische Nachwuchs hat damit die Möglichkeit, seine persönlichen Stärken und Schwächen besser wahrzunehmen und bei der eigenen Person Kompetenzdefizite aufzudecken. Das Erkennen der eigenen Befähigungen kann helfen, Qualifizierungslücken zu identifizieren und unternehmerische Energie und Motivation freizusetzen.
6. Handlungsempfehlungen für universitäre Innovationsnetzwerke
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In den Feedback- und Reflexionsbeiträgen zu den vier präsentierenden Unternehmern im Unternehmen wird starke allgemeine Kritik an Managern geäußert. Es wird unter anderem eingewendet, dass sich Manager nur am kurzfristigen Erfolg orientieren und ihre Verantwortung für die Gesellschaft vernachlässigen. Der persönliche Kontakt zwischen Unternehmern im Unternehmen und den Studierenden und Wissenschaftlern kann zum Abbau des negativen Images von Managern bei der Zielgruppe beitragen. Durch Gastvorträge können zum Beispiel diese Begegnungen zustande kommen und ein Beitrag zur Revision von Vorurteilen geleistet werden. Eine Herausforderung bei der Kommunikation von Unternehmertum durch Unternehmer im Unternehmen stellt auch die Vermittlung der unternehmerischen Rolle dar, die beispielsweise ein Vorstandsvorsitzender einnimmt. Aufgrund der hohen Komplexität und Vielschichtigkeit der Aufgaben eines Unternehmers im Unternehmen ist es schwierig, die Unternehmerfunktionen einfach und verständlich zu kommunizieren. In den Reflexions- und Feedbackbeiträgen wird auch direkt das Konzept des Unternehmers im Unternehmen angesprochen und in einigen Kommentaren kritisiert. Die direkte Übertragbarkeit des Konzepts auf das eigene unternehmerische Handeln erweist sich für die Gruppe der Studierenden und Wissenschaftler als schwierig. Ein Ansatzpunkt kann die klare Darstellung einer unternehmerischen Firmenkultur und der damit verbundenen Werte, Strukturen und Prozesse sein, wodurch das Verständnis für das Konzept des Unternehmers im Unternehmen gefördert werden kann.
7. Zusammenfassung und Ausblick
7
229
Zusammenfassung und Ausblick
Die vorliegende Arbeit widmet sich der Analyse und Gestaltung von Kommunikation von Unternehmertum im universitären Umfeld. Die wirtschaftliche Bedeutung von unternehmerischem Denken und Handeln für den Wohlstand und das Wachstum werden in der Gesellschaft immer stärker betont. Jedoch fehlen ein einheitliches Verständnis und klare Definitionen zu unternehmerischen Begrifflichkeiten. Beispielsweise divergieren die Vorstellungen stark, was einen Gründer, Unternehmer oder Unternehmer im Unternehmen ausmacht. Oft sind die Ansichten über die einzelnen Unternehmertypen und deren Image auch durch Vorurteile und Neidgefühle belastet. Hochschulen werden als eine wichtige Quelle angesehen, aus der Unternehmensgründer und Nachwuchsführungskräfte hervorgehen. Voraussetzung für die Nutzung dieses Potentials ist, dass Studierende und Wissenschaftler eine Vorstellung von unternehmerischen Tätigkeiten bekommen und sich ihre persönlichen Möglichkeiten aber auch Anforderungen an eine Laufbahn als Unternehmer bewusst machen. Eine besondere Rolle nehmen technische Universitäten ein. Sie haben aufgrund ihrer fachlichen Ausrichtung den Vorteil, besonders technologie- und wachstumsorientierte Unternehmensgründungen hervorzubringen. Jedoch stehen diese Hochschulen auch vor der Schwierigkeit, dass ihre Studierenden und Wissenschaftler aus den technischen und naturwissenschaftlichen Fachrichtungen oft nicht für unternehmerische Themen sensibilisiert sind und nur über ein mangelhaftes betriebswirtschaftliches Grundverständnis verfügen. Kommunikation von Unternehmertum kann besonders in diesem Umfeld eine wichtige Rolle zur Mobilisierung des akademischen Nachwuchses spielen. Ziel der Arbeit war es, das Wissen über die Vermittlung unternehmerischen Handelns zu mehren und daraus Handlungsempfehlungen für die Kommunikation von Unternehmertum in universitären Innovationsnetzwerken abzuleiten. Die theoretischen Überlegungen zum Thema Unternehmertum zeigten, dass es kein einheitliches Bild des Unternehmers gibt. Jedoch lassen sich aus den wissenschaftlichen Arbeiten vier Funktionen des Unternehmers ableiten: das Entdecken von Chancen (1), die Durchsetzung von Innovationen (2), das Koordinieren von Ressourcen (3) und das Tragen von Risiken (4). Neben der funktionalen Betrachtung werden in der Arbeit auch drei unterschiedliche Unternehmertypen herausgestellt, der Gründer, der Unternehmer und der Unternehmer im Unternehmen. Alle drei Personengruppen stehen vor der Herausforderung, durch ihr unternehmerisches Handeln Werte zu schaffen. Jedoch haben ihre Unternehmerfunktionen aufgrund der unterschiedlichen Rahmenbedingungen unterschiedliche Ausprägungen. Dies bringt für die Kommunikation von Unternehmertum die Herausforderung mit sich, das breite Spektrum an unternehmerischen Tätigkeiten aufzuzeigen und zu vermitteln.
7. Zusammenfassung und Ausblick
230
Als Botschafter und Vorbilder für unternehmerisches Handeln können Gründer, Unternehmer und Unternehmer im Unternehmen fungieren, die über ihre Rolle als Schlüsselperson im Unternehmen berichten. Durch den persönlichen Kontakt und den Erfahrungsbericht aus der unternehmerischen Praxis haben die Studierenden und Wissenschaftler die Möglichkeit, sich ein Bild von den Personen, den Aufgaben und den nötigen Eigenschaften eines Gründers, Unternehmers und Unternehmers im Unternehmen zu machen. Dieser spezielle Weg der Kommunikation von Unternehmertum wird in einer empirischen Untersuchung näher betrachtet. Ein Kommunikationsmodell dient dabei als Analyseinstrument. Die Erkenntnisse aus den Auswertungen der Präsentationen der zwölf unternehmerischen Persönlichkeiten sowie der Feedback- und Reflexionsbeiträge der 271 Studierenden und Wissenschaftler lassen sich wie folgt bündeln: x
Die Inhalte bei der Vermittlung von Unternehmertum unterscheiden sich zwischen den drei Unternehmertypen. Während bei den Gründern und Unternehmern persönliche Aspekte der unternehmerischen Tätigkeit im Vordergrund stehen, abstrahieren die Unternehmer im Unternehmen bei der Beschreibung ihres unternehmerischen Aufgabenspektrums.
x
Durch die Präsentationen wird der persönliche Kontakt zwischen den unternehmerischen Persönlichkeiten und dem akademischen Nachwuchs gefördert. Dadurch können Vorurteile, die gegenüber Gründern, Unternehmern und Unternehmern im Unternehmen bestehen, ausgeräumt werden. Zudem helfen die persönlichen Begegnungen, Berührungsängste bei den Studenten abzubauen.
x
Die Kommunikation von Unternehmertum kann zur Motivation der Studierenden und Wissenschaftler beitragen, eine unternehmerische Laufbahn einzuschlagen. Dabei ist es wichtig, alternative Karrierewege als Gründer, Unternehmer und Unternehmer im Unternehmen aufzuzeigen. Der akademische Nachwuchs hat damit die Möglichkeit, sich über die Vor- und Nachteile der beruflichen Alternativen klar zu werden.
Aus den Erkenntnissen der explorativen Untersuchung werden Handlungsempfehlungen für das universitäre Innovationsnetzwerk entwickelt. Dabei wird vorgeschlagen, die Studierenden und Wissenschaftler schrittweise an das unternehmerische Handeln heranzuführen. Die Involvierung der Personengruppe kann in drei Stufen erfolgen: 1. Zunächst ist es wichtig, beim akademischen Nachwuchs ein Bewusstsein und Verständnis für Unternehmertum zu schaffen und damit die Zielgruppe zu motivieren, sich weiter mit dem Thema zu befassen. 2. Zur weiteren Intensivierung sollte bei den Studierenden und Wissenschaftlern die Kommunikation von Unternehmertum angeregt werden. Dies schließt die Befähigung ein, sich eine Meinung zu möglichen persönlichen beruflichen Alternativen zu bilden und eigene unternehmerischen Ideen anderen zu präsentieren.
7. Zusammenfassung und Ausblick
231
3. Die dritte Stufe der Involvierung ist das eigentliche unternehmerische Handeln. Studierende und Wissenschaftler können beispielsweise Teamkollegen und Unterstützer für ihre unternehmerischen Pläne gewinnen und diese im Rahmen von eigeninitiierten Projekten durchführen. Für die operative Umsetzung an einer Universität wird ein fünfstufiger Prozess vorgeschlagen, der von der Mobilisierung, Netzwerkbildung und Qualifizierung über erste Innovationsprojekte bis hin zum Berufseinstieg und zur Unternehmensgründung reicht. Durch die Kommunikation von Unternehmertum soll ein Beitrag geleistet werden, dass die Studierenden und Wissenschaftler sich frühzeitig mit Möglichkeiten einer späteren unternehmerischen Laufbahn auseinandersetzen und motiviert werden, sich aktiv auf das Berufsleben vorzubereiten. Dabei ist es wichtig der Zielgruppe Anknüpfungspunkte aufzuzeigen, von denen aus sie schon während des Studiums erste Schritte zum unternehmerischen Handeln machen kann. Die explorative Untersuchung hat erste Einblicke in die Kommunikation von Unternehmertum an einer Universität geliefert und Anregungen gegeben, wie unternehmerisches Handeln vermittelt werden kann. Damit wurden mögliche Beiträge zur Schaffung einer Unternehmerkultur an Hochschulen aufgezeigt. Es stellt sich die Frage, wie und mit welchen Angeboten dieser Prozess weiter gefördert werden kann. Eine besondere Herausforderung stellt dabei die Vermittlung des Konzepts des Unternehmers im Unternehmen dar. Zudem erhebt sich die Frage, inwieweit die Ergebnisse der explorativen Untersuchung und die Handlungsempfehlungen auf andere Organisationen übertragbar sind. Dabei ist nicht nur an die Kommunikation von Unternehmertum an anderen Hochschulen im In- und Ausland zu denken, sondern auch die Vermittlung von unternehmerischem Denken und Handeln in weiteren Institutionen wie Schulen, Behörden und Unternehmen.
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253
Stichwortverzeichnis
255
Stichwortverzeichnis A
D
Altersunterschied 130, 209, 218 Alumnus 209, 220 Analyseinstrument 7, 9, 47, 58, 67, 230 Anerkennung 36, 80, 130, 149, 161, 220, 226 Angestellter 27, 44, 189, 217, 225 Appell 55, 57, 64 Arbeitgeber 21, 142, 151, 211 Arbeitsplatz 1, 63, 123, 161 Arbeitsteilung 2, 48, 222 Ausdruck 57, 63, 66, 79 Auslaufphase 37 Authentizität 6, 71 Axiome 53
De-Mystifizierung 135, 151 Discounted Cashflow 31 Durchhaltevermögen 80, 89, 110, 135, 148, 218, 220 Durchsetzung neuer Kombinationen 1, 6 Durchsetzung von Innovationen 2, 3, 22, 24, 44, 110, 123, 229
B Bauchgefühl 80 Begeisterungsfähigkeit 80 Berufseinstieg 8, 63, 141, 151, 200, 210, 217, 223, 225, 231 Beschränkung 27, 44 Betriebsrisiko 23, 44 Bewusstsein 207, 219, 224, 226, 230 Botschafter 7, 70, 109, 129, 147, 149, 159, 222, 230 Branche 32, 33, 35, 123, 141, 150, 151, 161, 180, 189, 215, 222 Businessplan 52, 180, 214, 215
C Chancen und Risiken Chancenerkennung
63, 215, 218, 226 22, 130
E Eigeninitiative 62, 63, 207, 208, 216 Eigentümer 21, 23, 44 Entrepreneur 3, 11, 12, 23, 52, 157, 162 Entrepreneurship 3, 4, 24, 26, 30 Entscheidungsfindung 217, 225 Entscheidungsträger 21, 24, 99 Erfahrung 27, 59, 62, 65, 130, 135, 151, 155, 161, 181, 195, 208, 216, 223 Erfindergeist 1 Ermutigung 65 Experimentierfreude 116, 214, 220
F Fachbegriffe 52, 141, 209, 222 Familie 23, 131, 219 Familienunternehmen 136, 151, 217, 221, 225 Finanz- /Vermögensstruktur 33 Frechheit 198, 199, 208 Fremdwörter 51, 52, 60, 141 Funktion des Unternehmers 6, 11, 22, 30, 117
256
Stichwortverzeichnis
G Geschäftsidee 40, 44, 65, 150, 160, 198, 208, 214, 215 Gründerregion 205 Gründungsberatung 217 Grundverständnis 5, 22, 52, 59, 70, 72, 141, 208, 221, 229
H Handlungsspielraum 99, 148 Hebel zur Wertsteigerung 11 Heranführen 206 High-Tech 31, 110, 123, 161, 205 Horizont 39
I Image 64, 65, 135, 141, 149, 188, 221, 227, 229 Innovationsnetzwerk 5, 8, 10, 205, 212, 216, 221, 223, 229, 230 Innovationsprojekte 2, 8, 216, 231 Innovator 2, 11, 21, 23, 26, 30, 38, 45 Intensivierung der Kommunikation 207, 208 Intention 47 Intrapreneur 3, 27, 28, 29
K Kanal 50, 51, 56, 60, 66, 74, 79 Kerngeschäft 39, 197 Kommunikationsmodell 6, 7, 47, 49, 53, 54, 55, 58, 59, 66, 69, 74, 109, 129, 147, 230 Kommunikationsprozess 6, 8, 47, 48, 50, 56, 58, 63, 67, 69, 71, 74, 78, 151, 154, 155, 197, 206 Kompetenzprofil 27 Kontrolle 41, 45, 57, 188
Kooperationspartner 117, 187, 193 Kreativität 198, 199, 208 Kreditwürdigkeit 31 Kritik 54, 89, 100, 110, 124, 148, 212, 221, 227 Kultur 4, 124, 206 Kunde 3, 22, 32, 36, 41, 45, 80, 89, 123, 136, 172, 177, 178, 182, 184, 185, 186, 191, 193, 206, 214 Kundennutzen 37, 116, 136, 214 Kundenorientierung 89, 116, 135, 148, 213, 225
L Lebensaufgabe 26 Lebenszufriedenheit 48 Lebenszyklus 34, 36, 38, 41 Leidenschaft 80, 109, 130, 218, 226 Lernfähigkeit 116, 135 Lob 100, 149, 218, 226
M Macher 2, 21, 110 Managementtechniken 39 Manager 2, 3, 11, 27, 44, 99, 123, 148, 149, 189, 212, 219, 221, 225, 226 Marketing 25, 36, 41, 89, 162, 187, 195, 215 Marktlücke 24, 44 Media Richness 61, 62, 73 Meinungsbildung 150, 217, 218, 225 Mentoren 212 Missverständnis 56, 66, 209, 222, 224 Mitarbeiterführung 110, 124 Mittelständler 1 Mobilisierung 5, 8, 62, 210, 211, 225, 229, 231 Motivation 44, 48, 65, 69, 70, 72, 74, 110, 129, 141, 150, 156, 197, 221, 226, 230
Stichwortverzeichnis
257
Mut 80, 116, 130, 136, 149, 199, 218, 226
N Netzwerkbildung New Economy
8, 231 26, 31
O Offenheit 64, 116, 135 Operative Exzellenz 33 Optimismus 80, 89, 109, 130, 218, 220, 226
P persönliche Eigenschaften 18, 80, 89, 99, 135, 148, 208, 218, 220, 222, 226 Phase der Markteinführung 36 Politik 4 Pragmatik 51 Praktikum 65, 142, 216 Praxiserfahrung 75, 216 Problemlösung 57, 63 Produktion 25, 41 Professionalisierung 41, 187 Prototyp 187, 196, 216, 225
R Reflexion 69, 72, 74, 78, 129, 150, 153, 206, 207, 212, 216 Reifephase 36, 42 Risikobereitschaft 1, 80, 156 Risikoträger 21, 117 Routine 24, 41
S Sättigungsphase schöpferische Zerstörung Selbstbewusstsein Selbstdarstellung
37 1 135 55, 64, 73
Selbstoffenbarung 55, 64 Semantik 51, 54 Semiotik 49, 51, 52, 67 Sensibilisierung 5, 62, 70, 141, 151, 210, 211, 212, 225 Serial Entrepreneur 26 Shareholder Value 30 Sicherheit 64, 199 Start-up 6, 26, 41, 80, 110, 130, 175, 216, 217, 219, 226 Störung 50, 56, 59 Strategieentwicklung 39 Studenteninitiativen 65, 216 syntaktische Ebene 48, 51
T TALK-Modell 49, 56 Team 27, 44, 80, 90, 110, 117, 208, 214, 217, 218, 219, 224, 226 Theorie des Unternehmers 17, 44 Trend 24, 44, 116, 182, 188
U Umsatzwachstum 32, 45 Ungewissheit 23 Unsicherheit 23 Untergebene 44, 52, 124 Unternehmensführung 11, 30, 31, 38, 40, 151, 162, 217, 221 Unternehmensgründung 2, 4, 8, 26, 71, 130, 150, 209, 213, 217, 225, 229, 231 Unternehmenskultur 99, 186 Unternehmensportfolio 33 Unternehmerbegriff 1, 12 UnternehmerTUM 206, 211, 212, 217
V Venture Capital
26, 52, 141
258
Stichwortverzeichnis
Verantwortung 1, 23, 99, 110, 118, 123, 124, 148, 188, 221, 227 Verhandlungsgeschick 117 Verkaufsfähigkeit 116 Verständnis 3, 5, 10, 63, 69, 71, 74, 150, 151, 207, 209, 211, 222, 224, 227, 230 Vertrieb 41, 89, 162, 177, 180, 191, 215 Vorbilder 7, 212, 226, 230 Vorbildfunktion 6, 64, 71, 153, 157, 200, 208, 220, 222, 223 Vorgesetzte 44, 52, 54
Wachstumsphase 31, 36, 41 Wagemut 198, 199, 208 Wandel 2, 22, 44, 89, 90, 148, 220 Wandlungsfähigkeit 28 Werkstudententätigkeit 65, 142, 216 Wertschätzung 65 Wertschöpfung 22, 27, 35 Wertsteigerung 6, 9, 22, 30, 32, 45 Wettbewerber 41, 117, 173, 183, 185 Wissensvermittlung 73
Z W Wachstum 1, 2, 7, 11, 32, 33, 40, 110, 117, 184, 229
zeitliche Belastung Zugehörigkeitsgefühl
111, 131, 218, 219 66