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German Pages 130 Year 1998
KANT-STUDIEN Begründet von Hans Vaihinger; neubegründet von Paul Menzer und Gottfried Martin 89. J A H R G A N G
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Abhandlungen B. Gerlach, Bonn: Wer war der „große Mann", der die Raumtheorie des transzendentalen Idealismus vorbereitet hat?
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T. Hlobil, Olomouc: Immanuel Kant on Language and Poetry: Poetry without Language . . . .
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G. die Giovanni, Montreal: Hume, Jacobi, and Common Sense. An Episode in the Reception of Hume in Germany at the Time of Kant
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S. Grätzel/J. Ullmaier, Mainz: Der magische Transzendentalismus von Novalis
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R. Kühn, Wien: Reflexionsphilosophie als Religionsphilosophie bei Jean Nabert
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Berichte und Diskussionen B. Ludwig, München: Bemerkungen zum Kommentar Brandts: Will die Natur unwiderstehlich die Republik?
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P. Hoyningen-Huene, Hannover: Eine weitere Textverschiebungshypothese zu Kants Prolegomena (und zur 2. Auflage der KrV)
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Buchbesprechungen I. Kant: Die Metaphysik der Sitten. Mit einer Einleitung herausgegeben von Hans Ebeling (G. Geismann)
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I. Kant: Lectures on Logic. Translated and edited by J. Michael Young (R. George)
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J. M. Odero: La fe en Kant (D. Leserre)
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G. Tomasi: II „salvataggio" kantiano della bellezza (P. Giordanetti)
99
J. Rivera de Rosales: El punto de partida de la metafisica transcendental (M. Caimi) 100 G. B. Sala: Kant über die menschliche Vernunft (M. Kühnlein) 104
Ph. Olsen: The Discipline of Freedom: A Kantian View of Moral Precepts in Zen Practice (Ph. Rossi) 107 R. O. M. DellOro: From Existence to the Ideal: Continuity and Development in Kant's Theology (S. Palmquist) 109 R. Saage: Eigentum, Staat und Gesellschaft bei Immanuel Kant. Mit einem Vorwort von Franco Zotta (G. Cavallar) 113 Bibliographie D. Pakalski/M. Zelazny,Torun: Von polnischen Kant-Übersetzungen
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M. Zelazny, Torun: Bibliographie der polnischen Übersetzungen der Schriften von Immanuel Kant 122 Mitteilungen Kant im Internet — Neues aus Marburg und Mainz
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Colin and Ailsa Turbayne — International Berkeley Essay Prinze Competition
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Wer war der „große Mann", der die Raumtheorie des transzendentalen Idealismus vorbereitet hat? von Burkhard Gerlach, Bonn
7 Während der Vorarbeiten zu seinem kritischen Hauptwerk notierte Kant die Überzeugung: „Daß ein Urteil des Verstandes schon dem gesunden Begriffe anderer vorgelegen habe, ist zu vermuten, und dient dazu, den Verstand vieler zu vereinigen" ((Reflexion 5066) J 1 . Es wäre demnach zu erwarten gewesen, daß seine späteren Schriften öfter bei der Diskussion zeitgenössischer Standpunkte ansetzen und Einflüsse benennen, die die kritisch gewendete Philosophie von unmittelbaren Vorgängern erhalten haben mag. Doch Kant hat nur selten dem „gesunden Begriffe" seiner Zeitgenossen das Wort erteilt. Und wenn dies einmal geschieht, wird die fremde Lehre bloß andeutungshaft und in den meisten Fällen ohne Namensnennung vorgetragen. Den Interpreten, der einen philosophiegeschichtlichen Zugang sucht, verweist Kant vorzugsweise auf Positionen der antiken Philosophie. Immer wieder, in der theoretischen wie in der praktischen Philosophie, knüpft er bei einer Gegenüberstellung der Standpunkte Epikurs und Platons an, gibt aber zugleich zu verstehen, daß seine Absicht dabei weniger auf historische Genauigkeit als auf anschauliche Deutlichkeit einer an sich möglichen Theoriealternative ziele2. Wenn er sich daher hin und wieder einen weniger verbindlichen Umgang mit den damals üblichen Schemata der Philosophiegeschichtsschreibung gestattet3, wenn er diese mit nicht weiter begründeten Vermutungen darüber unterlegt, ob sich nicht gewisse Momente seines kritischen Standpunktes „bei den Alten" wiederfinden lassen, so wird dem Interpreten auch dieser Zugang wenig wegsam erscheinen. Die folgenden Überlegungen wenden sich einer jener seltenen Stellen im systematischen Hauptwerk Kants zu, die bei zeitgenössischen Positionen anknüpfen und über ein schon bestehendes Problemfeld informieren, in welchem die kritische Philosophie eine Entscheidung zu treffen beabsichtigt. Die 2. Anmerkung zum 4. Lehrsatz der Dynamik in den Metaphysischen Anfangsgründen der Naturwissenschaften be-
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AA (Akademie-Ausgabe) XVIII 77/8.
Vgl. z. B. die Anmerkung zu KrV B 499, in der Kant selbst zweifelt, ob der in seiner Darstellung unterstellte dogmatische Sinn der kosmologischen Thesen Epikurs historisch angemessen sei. s. u. Anm. 46.
Kant-Studien 89. Jahrg., S. 1-34 © Walter de Gruyter 1998 ISSN 0022-8877
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Burkhard Gerlach
richtet4 von „metaphysischen Anmaßungen", gegen die ein namentlich nicht genannter „großer Mann" mehrfach eine „gegründete Erinnerung" geäußert habe. Nichts weniger als das „Ansehen der Mathematik" habe in dieser Kontroverse auf dem Spiel gestanden, da von Seiten jener anmaßenden Metaphysik die objektive Gültigkeit der geometrischen Lehrsätze von der unendlichen Teilbarkeit des Raumes in Zweifel gezogen war. Die rettende These des „großen Mannes" lautete: Der Raum gehört „nur zu der Erscheinung äußerer Dinge". Aber, so fährt Kant fort, dieser Satz sei nicht angemessen verstanden worden: man nahm ihn so, „als ob er sagen wollte: der Raum erscheine uns selbst, sonst sei er eine Sache oder Verhältnis der Sachen an sich selbst, der Mathematiker betrachtete ihn aber nur, wie er erscheint; anstatt daß sie darunter hätten verstehen sollen, der Raum sei gar keine Eigenschaft, die irgend einem Dinge außer unseren Sinnen an sich anhängt, sondern nur die subjektive Form unserer Sinnlichkeit, unter welcher uns Gegenstände äußerer Sinne, die wir, wie sie an sich beschaffen sind, nicht kennen, erscheinen, welche Erscheinung wir denn Materie nennen. Bei jener Mißdeutung dachte man sich den Raum immer noch als eine den Dingen auch außer unserer Vorstellungskraft anhängende Beschaffenheit, die sich aber der Mathematiker nur nach gemeinen Begriffen, d. i. verworren, denkt, (denn so erklärte man gemeinhin Erscheinung) und schrieb also den mathematischen Lehrsatz von der unendlichen Teilbarkeit der Materie, einen Satz, der die höchste Deutlichkeit in dem Begriffe des Raums voraussetzt, einer verworrenen Vorstellung vom Raum, die der Geometer zum Grunde legte, zu, wobei es dem Metaphysiker unbenommen blieb, den Raum aus Punkten und die Materie aus einfachen Teilen zusammen zu setzen und so (seiner Meinung nach) Deutlichkeit in diesen Begriff zu bringen." Den Grund zu diesem Mißverständnis findet Kant in einer „übelverstandenen Monadologie, die gar nicht zur Erklärung der Naturerscheinungen gehört". Wäre beachtet worden, daß Leibnizens wahre Meinung auf ein anders zu beschreibendes Verhältnis zwischen Erscheinung und zugrundeliegender intelligibler Welt ziele, so hätte man die „Erinnerung" des „großen Mannes" im Sinne der späteren Kantischen These vom Raum als „subjektiver Form unserer Sinnlichkeit" auslegen müssen. Wer waren nun die Beteiligten dieser Kontroverse? Mag auch die Frage nach der Person des „großen Mannes", der jene Erinnerung äußerte, zunächst rätselhaft erscheinen, so läßt sich doch über die Kontrahenten etwas aussagen. Schon in seiner Inauguraldissertation hatte Kant den Zweifel einiger Philosophen erwähnt, ob die Vorstellung eines Raumkontinuums, sofern sie von der Erfahrung abstrahiert sein soll, überhaupt genügend mit der Natur der Dinge übereinstimme5. Unter Bezugnahme auf diese Parallelstelle kann die Position jener anmaßenden Metaphysik, welcher der „große Mann" entgegentritt, näherhin so beschrieben werden, daß ihr zufolge nur ein einziger Raumbegriff zulässig sein soll: objektive Gültigkeit darf allein dem zugleich mit den Körpern wahrgenommenen und wie diese begrenzt 4 5
AA IV 507/8. AA II 405.
Wer war der „große Mann"?
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teilungsfähigen Raum zugesprochen werden, der mathematische Raumbegriff einer stetigen Größe hingegen gilt als eine willkürliche Erdichtung. Kant mag mit einer solchen These den Gedanken an mehrere metaphysische Standpunkte verbunden haben, etwa an denjenigen, der bei dem englischen Mathematiker J. Keill Erwähnung fand 6 und dem dort jene bekannten Teilbarkeitsbeweise entgegengehalten wurden, auf die sich auch Kant mehrmals berief; oder an denjenigen eines konsequenten Skeptizismus, der sogar in der Mathematik den „Empirismus als die einzige Quelle der Prinzipien"7 einführen möchte und den geometrischen Hauptbegriff der unendlichen Teilbarkeit der Ausdehnung für eine erdichtete Allgemeinvorstellung hält8. Oder — was näher liegt, da unser Text offenbar eine Kontroverse im deutschsprachigen Raum anspricht — an eine solche Position, die L. Euler einmal9 als realistischen Monadismus von einem eher idealistischen folgendermaßen unterschieden hat: „Einige [Monadisten] halten die Monaden für wirkliche Teile der Körper, und sagen, daß man endlich, wenn man einen Körper so lange, als es möglich ist, geteilt habe, wirklich zu den Monaden komme, die den Körper ausmachen. Andere leugnen es schlechterdings, daß die Monaden als Teile eines Körpers können betrachtet werden; sie sollen nur den zureichenden Grund davon enthalten, und während daß sich der Körper bewegt, sollen sich die Monaden nicht bewegen, aber den zureichenden Grund der Bewegung in sich schließen." Man wird wohl nicht fehlgehen, einem derart abgegrenzten realistischen Monadismus neben gewissen naturwissenschaftlichen Positionen10, die zwischen Newton und Leibniz zu vermitteln suchten und deren Thesen zu einem guten Teil auch in die Metaphysik Eingang gefunden haben — etwa in C. A. Crusius' Kosmologie, um ein spätes Beispiel zu nennen —, auch diejenige der ersten Nachfolger C. Wolffs zuzurechnen, — also z. B. J. C. Gottscheds Standpunkt, obgleich dieser sich vielleicht nicht recht deutlich über einen realen räumlichen, mithin sogar beweglichen Status der im geordneten Nebeneinander befindlichen Monaden geäußert haben mag11. Kant jedenfalls scheint entsprechend geurteilt zu haben. „Um hier auf einmal 6 7
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Vgl. die Angaben in: K. Vogel, Paradoxien der Vielheit, Meisenheim 1975; S. 152 ff. KpV A 89. Vgl. D. Hume, Philosophische Versuche über die menschliche Erkenntnis, Hamburg 1755; 12. Versuch, 2. Teil. L. Euler, Briefe an eine deutsche Prinzessin, 1. u. 2. Teil, Leipzig 1769; 129. Brief. Vgl. P. v. Musschenbroek, Grundlehren der Naturwissenschaft. Nach der 2. lat. Aufl. nebst einigen neuen Zusätzen des Verfassers ins Dt. übersetzt und mit einer Vorrede ans Licht gestellet von J. C. Gottsched, Leipzig 1747; 2. Hauptstück S 23 ff. Auch Kants ursprüngliches Monadenverständnis darf noch zu diesen Positionen gezählt werden (vgl. H. Schmalenbach, Leibniz, München 1921; S. 568). Gottsched nennt nur folgende Eigenschaften der Monaden: Sie können „weder eine Größe noch eine Ausdehnung, noch eine Figur haben: Sondern man kann sich dieselben, nach ihren äußerlichen Umständen, nicht anders als mathematische Punkte vorstellen. Ferner können sie auch keiner innerlichen Bewegung fähig sein, und keinen Raum erfüllen: Welches letztere aber nur von einzelnen Elementen oder Monaden, wie sie der Hr. von Leibniz nennt, zu verstehen ist. Denn daß viele zusammengenommen, einen Raum anfüllen können, wird sich hernach zeigen". (J. C. Gottsched, Erste Gründe der gesamten Weltweisheit, 1. Teil, Leipzig 1733; S 378).
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Burkhard Gerlach
die Quelle aller folgenden noch so scheinbaren Trugschlüsse und Widersprüche zu entdecken", gibt Gottsched anläßlich der bekannten skeptischen Einwände gegen das Dasein der Bewegung zu bedenken12, „so merke man nur ein für allemal den Unterschied zwischen dem wahrhaften und eingebildeten Raum ... Ich weiß wohl, daß Cartesius den Begriff des vollkommen Dichten, und ununterbrochenen mathematischen Körpers in die Physik gemischet hat. Daher ist es gekommen, daß man sich die wahren Körper eben so wohl unendlich teilbar vorgestellet hat, als es die geometrische eingebildete Ausdehnung ist. Allein Weltweise, die den Verstand von der Einbildung abzusondern wissen, und einem jeden das Seinige geben können, haben gewiesen, daß die geometrische Linie zwar teilbar sei: aber keine physikalische, die aus wirklichen materialistischen Teilchen, oder aus Elementen zusammengesetzt ist. Warum? Diese besteht schon aus wirklichen unteilbaren Punkten, über die keine Teilung ferner ergehen kann: jene aber ist ganz aus einem Stücke, weil sie aus der Bewegung eines Punkts entstanden ist, der unterwegens nirgends eine Lücke gelassen hat." Eben dieser Position hatte Kant schon 1756 mit einem Beweis der unendlichen Teilbarkeit der „physischen Linie" entgegenzutreten versucht13. Nach der näheren Bezeichnung jener anmaßenden Metaphysik fällt die Identifikation der späteren, replizierenden Gegner des „großen Mannes" nicht weiter schwer, zumal deren mißverstehende Berücksichtigung seiner Grundthese in unserem Text eingehend erläutert wird. Diesen Erläuterungen zufolge ist es Absicht der Gegner, den unendlich teilbaren Raum, wie er nach gemeinem, von der unmittelbaren Gegenstandserfahrung abstrahierten, aber auch nach mathematischem Verständnis aufgefaßt wird, zum Raum der Phänomene zu erklären, und dieser verworrenen Ansicht das metaphysisch-monadologische Verständnis des Raumes als einer idealischen Ordnung außereinander befindlicher einfacher Substanzen gegenüberzustellen. Wem läßt sich nun ein solches zweifaches Raum Verständnis zuschreiben? Unter den Nachfolgern Wolffs war A. G. Baumgarten der erste, der eine Ableitung der Bewegung der Körper aus der Vorstellungskraft der ihnen zugrundeliegenden Monaden versucht hatte14. Freilich faßte er letztere immer noch als „physische Punkte"15 auf, die als undurchdringliche und bewegungsfähige an verschiedenen Orten, welche ihren jeweiligen Vorstellungszuständen entsprechen — ohne ebenfalls daraus ableitbar zu sein —, wirklich sein und durch ihren bloßen Berührungszusammenhang ausgedehnte Dinge ausmachen können. Im Umkreis seiner Schule nun läßt sich die gesuchte Position antreffen: J. A. Eberhard hat ihr den deutlichsten Ausdruck verliehen — so jedenfalls, daß die inneren Spannungen dieser Position schärfer als bisher zu Tage traten —, als er sie in einem eigens zu diesem Zweck eingerichteten Magazin 12
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Herrn Peter Baylens ... Historisches und Critisches Wörterbuch, nach der neuesten Ausgabe von 1740 ins Deutsche übersetzt ... von J. C. Gottscheden. Vierter und letzter Teil, Q bis Z. Leipzig 1744; S. 548. 478ff. Vgl. A. G. Baumgarten, Metaphysica. Halle 1739; S 299 f, sowie G. F. Meier, Metaphysik, 1./2. Teil, Halle 1755; S 387. a. a. O. $ 287.
Wer war der „große Mann"?
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der Kantischen entgegensetzte. Im Zentrum seiner Darstellung steht die Unterscheidung des metaphysischen, des empirischen und des geometrischen Raumbegriffs. Als Grundlage zu dieser Unterscheidung soll eine genauere, nicht bloß logisch-graduell zu verstehende Abgrenzung des sinnlichen vom intellektuellen Erkenntnisvermögen dienen. Im 3. Band des Philosophischen Magazins heißt es: „Den Vorstellungen der Sinne entsprechen die individuellen Bestimmungen der einfachen objektiven Gründe der Erscheinungen; diese können nie von einer endlichen Erkenntniskraft deutlich erkannt werden; was aber deutlich an ihnen vorgestellt wird, das sind die allgemeinen Bestimmungen, die der Verstand von ihnen denkt und die reine Vernunft von ihnen schließt."16 Eberhard setzt also das begrenzte bildliche Vorstellen der einzelnen Bestimmungen, genauer: das verworrene Vorstellen desjenigen, was den individuellen Bestimmungen, mit denen die wahren Dinge (Dinge an sich) auf das vorstellende Subjekt wirken, entspricht, dem unbildlichen Vorstellen des Allgemeinen an den Dingen gegenüber. Unseren konkreten Raumvorstellungen entsprechen abstrakte Begriffe des Raums. „Von dem Räume müssen eingeschränkte Kräfte, die mit Verstande begabt sind, notwendig zweierlei Begriffe, bildliche und unbildliche, haben. Der bildliche Begriff vom Räume muß allemal bestimmt, der unbildliche unbestimmt sein."17 Der Verstand erfaßt den Raum, wie er objektiv in den äußeren Dingen gegründet ist, die Sinnlichkeit, wie er den Schranken ihres Vorstellungsvermögens gemäß als Bild erscheint. Der allgemeine Gedanke einer „Ordnung der zugleichund außereinander seienden Dingen"18 definiert den intelligiblen Raum19, die verworrene Vorstellung dieser Ordnung das sinnliche Bild des Ausgedehnten. Anschauungen (bildliche Begriffe) sind aber nur von begrenzten Räumen möglich, sei es von wirklichen, zugleich mit anderen Modifikationen der Materie gegebenen, sei es von den Räumen geometrischer Figuren. Sie bezeichnen allerdings keine Teile eines allgemeinen Bildes des unendlichen, stetigen Raumes. Sie enthalten keine Einschränkungen, sondern in ihnen wird ein höherer Begriff bestimmt angetroffen20. Bei diesem höheren Begriff handelt es sich zunächst um den mathematischen Raumbegriff, der als „Ordnung der außereinanderseienden möglichen Dinge und ihrer möglichen Örter"21 definiert ist, welcher, anders als einer Ordnung wirklicher Dinge, weitere dazwischenliegende Örter als unmöglich gelten, so daß ihr auf durchgängige Weise jene Stetigkeit zukommt, die sich an den konkreten Räumen auf je und je abgetrennte Weise findet. Die Geometrie betrachtet „den Raum in abstracto und wie er den Sinnen erscheint"22. Sie bleibt „bei dem bloß klaren Begriff der sinnlich einfa-
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J. A. Eberhard, Philosophisches Magazin, 3. Band 3. Stück, Halle 1790; S. 279. a. a. O. 2. Band 1. Stück, Halle 1789; S. 84. a. a. O. 3. Band 1. Stück, Halle 1790; S. 99. a. a. O. S. 106. a. a. O. 2. Band; S. 86. a. a. O. 3. Band; S. 100. a. a. O. 3. Band; S. 256.
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chen Merkmale der Figuren"23 stehen. Freilich wird ihr Raumbegriff durch eine doppelte Abstraktion erworben, nämlich aus dem klaren empirischen Begriff des Raumes, der selbst wiederum bei Gelegenheit einer Einwirkung durch die Substanzen gemäß den in der Seele angelegten Gründen gebildet wird („von den äußeren Erfahrungen abgezogen ist")24. Aber der Ordnung der Dinge nach hat er einen apriorischen Charakter. Denn wenn seine subjektiven und objektiven Gründe als zureichende aufgefaßt werden, müssen sie immer schon als wirksame gedacht werden, und jede ins Dasein gerufene Seele hat einen „Begriff vom Raum, der vor aller Empfindung durch die äußeren Sinne dunkel ist"25. Aber nicht dieses Apriori verleiht den geometrischen Grundsätzen die Gewißheit. Die „Gründe der Wahrheit in der Geometrie"26 sind ausschließlich die Begriffe des Objektiven, die in der Metaphysik thematisiert werden. Das Bildliche, etwa in den geometrischen Figuren, dient nur dem Verstande, um in ihm „die allgemeinen Begriffe zu denken, die in den Sätzen der Geometrie enthalten sind"27, und verleiht in einigen Fällen der geometrischen Wissenschaft hinreichende Evidenz, obgleich die Wahrheit dann nur „unentwickelt" gedacht wird28. Bekanntlich hat Kant auch diesen Ausführungen über die Leibnizsche Entdeckung der Phänomenalität des Raumes das mathematische Verständnis der unendlichen Teilbarkeit (gemäß Keills Beweisen) entgegengehalten29 und sie als einen neuerlichen Versuch angesehen, das Kontinuum der räumlichen Welt aus einfachen Elementen als seinen Teilen zu erklären. Denn Eberhard hielt ja nach wie vor daran fest: „Die Teilbarkeit ins Unendliche kommt nur dem abstrakten Räume, also dem mathematischen Körper, keineswegs aber dem physischen zu; denn die Teilbarkeit des letzteren ist bestimmt; weil er wirkliche Teile, der erstere hingegen nur mögliche Teile hat."30 Daß Eberhards Auffassung der Monadenlehre nicht erst in der Auseinandersetzung mit Kants KrV geboren wurde, sondern schon zwanzig Jahre früher sein Denken bestimmte, läßt sich einem jüngst veröffentlichten Privatgutachten über die Raum-Zeitlehre der Kantischen Inauguraldissertaion, das der Philosoph für den
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a. a. O. 3. Band; S. 99. a. a. O. 1. Band 4. Stück, Halle 1789; S. 400. a. a. O. S. 401; vgl. auch S. 389: „Raum und Zeit sind sinnliche Bilder; wenn die uns also angeboren sein sollen, so kann man das nicht anders verstehen, als, wir haben ihre Gründe, d. i. die Bestimmungen, welche ihre Merkmale ausmachen, von dem ersten Augenblicke unserer Wirklichkeit in uns." a. a. O. 2. Band; S. 91. a. a. O. S. 88. „Der Grund der Wahrheit und der apodiktischen Gewißheit keines Satzes, auch nicht der geometrischen Sätze, kann in dem Bildlichen sein, auch bei den geometrischen Sätzen liegt er in den unsinnlichen Gründen des Raumes." (a. a. O. 2. Band 3. Stück; S. 382). AA VIII 202. a. a. O. 2. Band; S. 104.
Wer war der „große Mann"?
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Freund M. Mendelssohn angefertigt hatte, entnehmen32. Daß es sich darüber hinaus um eine unter den Baumgarten-Schülern allgemein geteilte Ansicht handelte, belegt der Abriß, den E. Platner von dieser Lehre in den Philosophischen Aphorismen, gleichsam zum Abschluß eines nicht bedeutungslosen Abschnittes der neueren Philosophiegeschichte, gibt: „Daraus, daß materielle, unendlich teilbare Substanzen nicht die wahren Grundteile der Materie sein können und daß materielle Substanzen, als Substrata der materiellen Eigenschaften überhaupt ungedenkbar sind: folgt nicht, daß unsern Vorstellungen von Materie nichts zum Grunde liegen könne in der endlichen Natur; sondern wir werden dadurch, mittelst der Vernunft nur gedrungen zu der Behauptung, daß die wahren Einheiten der Materie ausdrücklich einfache Substanzen, und unsere Vorstellungen von materiellen Eigenschaften ein sinnlicher Schein sind. (...) Die Ausdehnung ist nichts in den Dingen an sich, welche dem Scheine von Materie zum Grunde liegen; sondern sie ist bloß in unserm Vorstellungsvermögen; welches, unfähig durch seine Beschränkung die wahren Grundwesen der scheinbaren Materie auseinandergesetzt zu schauen wie sie sind, zahlenlose Vielheiten derselben wahrnimmt und denkt in einer verworrenen Vorstellung, welche Ausdehnung heißt. (...) Wenn man annimmt, daß es einfache Substanzen gibt, welche dem Schein der materiellen Welt zum Grunde liegen: so hat jede ihre bestimmten Verhältnisse und ihrer zwei können nicht in demselben Verhältnisse sein. Sofern sind sie außereinander; und wenn man die Ordnung, in welcher sie verbunden sind, Raum nennen will: so kommt ihnen als Dingen an sich, Raum zu. Dieser Raum ist jedoch eine bloße Idee: idealischer Raum; und es ist nichts Wirkliches darin, als die Ordnung, in welcher die Substanzen verbunden sein mögen. (...) Ein Raum aber, der unserer meist gesichtsmäßigen Vorstellung des Raumes entspräche, ist nicht wirklich, sondern nur scheinbar: empirischer Raum."32 Nun schreibt allerdings unsere Textstelle in den MAN jenen mißdeutenden Gegnern nicht nur den Begriff des an sich aus Punkten zusammengesetzten Raums oder des Raums als eines Verhältnisses der Sachen an sich selbst zu, sondern spricht auch von dem Raum als einer „Sache an sich selbst". Dies meint offenbar nicht den 31
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Eberhard weist dort Kants schon in ID § 15 D. erhobenen Vorwurf, daß der Leibnizianismus die Gewißheit der Geometrie zweifelhaft mache, mit einer ähnlichen Argumentation zurück: „Denn wenn Leibniz (sagt), daß der Raum die Ordnung von neben einander seienden Dingen (sei), so versteht er unter Vorstellung des Raums die wirkl(iche) Vorstellung desselben außer uns, denn die abstrakte Vorstellung kann davon in der Seele bleiben, wenn auch die Dinge außer uns wegfallen. Und da die Geometrie sich nur mit der abstrakten Vorstellung des Raums beschäftigt, so ist nicht zu befürchten, daß durch des Leibniz Def(inition) die Grundsätze der Geometrie ungewiß werden. Indem der Begriff des Raums mit den innern Eigenschaften der Dinge nichts zu schaffen hat, sondern aus der bloßen verwirrten Vorstellung des Nebeneinanderseins entsteht, so werden auch die Eigenschaften desselben, womit sich die Geometrie beschäftigt dieselben sein, so lange dieses Nebeneinandersein, nebst der wesentl(ichen) Einrichtung unserer (Natur) bleibt." (In: A. Altmann, Eine bisher unbekannte frühe Kritik Eberhards an Kants Raum- und Zeitlehre, Kant-Studien 79 (1989); S. 334). E. Platner, Philosophische Aphorismen, Leipzig 1793; §S 762/3.
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„idealen Raum" der Baumgartnerianer. Wem sonst aber eine derart modifizierte Position zuzurechnen sei, muß ebenfalls nicht rätselhaft bleiben, wenn man die „Allgemeinen Anmerkungen zur transzendentalen Ästhetik" der KrV heranzieht. Kant gibt dort nämlich als weitere Charakteristika derselben an, daß ihr Raum und Zeit als existierende „Formen der Dinge an sich selbst" gelten und zwar als solche, „die als Bedingungen der Existenz der Dinge a priori übrig bleiben, wenn man gleich die Dinge aufgehoben hätte" (KrV B 70/1). Daß ein solcher Lehrbegriff auf die Ungereimtheit einer durch diese beiden realen Formen bedingten Kausalität des selbst nicht in Raum und Zeit existierenden Schöpfers führt, hat Kant an anderer Stelle dem „sonst scharf sinnige [n]" Mendelssohn entgegengehalten (Kp V A 181). Außerdem bemerkte er in KrV B 519, daß sich eine solche Position der Gefahr eines Außenwelt-Skeptizismus aussetze, da sie mit der notwendigen realen Bedingung des einschränkbaren Raumes nicht auch schon das Dasein ausgedehnter Wesen unter derselben vorausgesetzt wissen wolle — eine Bemerkung, über deren Adressaten schon Schelling rätselte33. Der Raum als Sache selbst, von Mendelssohn auf solch widersprüchliche Weise in die schulmäßige Monadentheorie eingebracht, ist nicht zu verwechseln mit dem Raum Newtons, den Kant als eine unendliche Substanz, nämlich als ein „alles befassendes receptaculum" bezeichnet, das nichts enthält als Plätze möglicher Dinge und mit dem Raum der Mathematik übereinkommt34. Auch von den ungleich vorsichtigeren Begriffen eines Lambert, der den Raum als ein reales Etwas, das weder Substanz noch Akzidenz sei, anvisierte und eben der Unbestimmtheit dieses Begriffes wegen dem theologischen Problem ausweichen zu können glaubte35, und eines Kant, der 1768 sich gezwungen sah, aus Erfahrungsgründen den synthetischen Grundbegriff eines absoluten Raumes anzunehmen36, obgleich er die Realität desselben für unbegreiflich hielt, muß Mendelssohns Raumverständnis unterschieden werden. Eine Übereinstimmung hingegen läßt sich zum Raumbegriff des Rezensenten der Kantischen Inauguraldissertaion, J. Schulz, ausmachen, der von einem anschaulichen Prinzip der Form alles — materiell wie immateriell — auf endliche Weise Existierenden spricht.37 Was ist nun aber mit der Benennung der „Mißverständigen" zur Identifikation ihres Opfers, des „großen Mannes", gewonnen?
Bevor wir uns dieser Frage zuwenden, dürfte es hilfreich sein, ein zweites, ungleich bekannteres Beispiel der Benennung eines Vorgängers kennenzulernen. Kant hat in den Prolegomena eine weitere gegründete Erinnerung' beschrieben. Hume, 33 34 35 36
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F. W. J. Schelling, Zur Geschichte der neueren Philosophie, SW X 335. MetMrong AA XXIX 6.1.2 830, ID § 15 AA II 403/4. s. u. Abschn. III. AA II 383. Vgl. R. Brandt, Materialien zur Entstehung der „Kritik der reinen Vernunft". In: I. Heidemann (u. a.), Beiträge zur KrV 1781-1981, Berlin 1981; S. 64/5.
Wer war der „große Mann"?
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so führt er dort38 aus, habe auf die Notwendigkeit einer Deduktion derjenigen Begriffe aufmerksam gemacht, durch die „der Verstand a priori sich Verknüpfungen der Dinge denkt" und deren sich bis dahin „jedermann ... getrost bediente, ohne zu fragen, worauf sich denn ihre objektive Gültigkeit gründe". Da er aber seine Untersuchungen nur auf den Kausalitätsbegriff eingeschränkt und auch das Faktum von auf solchen Begriffen „gebauten Grundsätzen"39 in der Mathematik und in den Naturwissenschaften ignoriert habe, sei es ihm nicht als abwegig erschienen, diese Deduktion im gleichen Atemzug für unmöglich zu erklären. Denn es galt ja sein Nachweis, der Vernunft sei es „gänzlich unmöglich", „a priori und aus Begriffen eine solche Verbindung zu denken", „daß etwas so beschaffen sein könne, daß, wenn es gesetzt ist, dadurch auch etwas anderes notwendig gesetzt werden müsse"40. Kant behauptet also, daß sich den Überlegungen Humes — trotz ihrer unsachgemäßen Schlußfolgerungen — die Aufgabenstellung einer näheren „Untersuchung der reinen (nichts Empirisches enthaltenden) Elemente der menschlichen Erkenntnis"41, welche ihr Wesen unbemerkt in bloß postulierten Grundsätzen des gemeinen Menschenverstandes treiben42, verdanke. Hume sei es gewesen, der den entscheidenden Anstoß zur (Wieder-)Einführung reiner Erkenntnisformen in die Metaphysik gegeben habe. Zieht man nun Kants weitere Bemerkung in Betracht, daß er über den Ursprung dieser Formen erst durch ihre — später43 so genannte — metaphysische Deduktion Gewißheit erhalten habe — also wohl im Jahre 1771/2, den Andeutungen des berühmten Briefs an M. Herz vom 21. 2. 1772 nach zu urteilen —, so läßt sich auch ein Datum angeben, vor welchem die Einführung jener reinen Formen in seiner eigenen Philosophie geschehen sein muß. Nun fragt sich, ob Kant dabei auf eine öffentliche Diskussion reagierte, wie man zunächst vermuten möchte, da doch Humes Texte schon seit 1755 von deutschsprachigen Autoren rezipiert wurden, und wie es ja auch dem Eindruck entspräche, den wir zunächst von Kants Beschreibung jener anderen ,Erinnerung' hinsichtlich der Raumform erhalten hatten. Oder war das Problem der reinen Formen Kants Zeitgenossen nicht ebenso ersichtlich, war also die Gegenüberstellung der Thesen des „großen Mannes" und Humes einerseits und der Lehre der Monadisten vom scheinbaren Raum und von einem vernunftgegründeten Kausalitätsgrundsatz andererseits ein Fund Kantischer Interpretationskraft? — Welche Auskunft geben uns die vor 1771/2 in Deutschland erschienenen Texte über die Lehre von den angeborenen Ideen im Zusammenhang mit Humes Kritik des kausalen Urteilens? Die Frage nach der Quelle unserer Begriffe beantwortet Wolffs Deutsche Metaphysik folgendermaßen: „Weil die Seele durch ihre eigentümliche Kraft die Empfin38
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AAIV 260. AA IV 331. AA IV 257. AA IV 323. AA IV 335/6 a. KrV B 159.
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düngen hervorbringt (...); so kommen die Bilder und Begriffe der körperlichen Dinge nicht von außen hinein, sondern die Seele hat sie in der Tat schon in sich, nämlich auf die Art und Weise, wie es in ihr als einem endlichen Dinge (...) möglich ist, nicht wirklich, sondern bloß dem Vermögen nach (...), und wickelt sie nur gleichsam in einer mit dem Leibe zusammenstimmenden Ordnung aus ihrem Wesen heraus, indem sie sich selbsten determinieret das mögliche wirklich zu machen."44 Wolff selbst kommentiert dies wenige Jahre später: „Unter den Alten hat Platon, wie bekannt, Ideas innatas verteidigt, da hingegen Aristoteles gelehret, daß sie von außen erst in die Seele hinein kämen. Ich pflichte hier dem Platoni bei, und gehe von dem Aristotele ab."45 Seinen weiteren Erläuterungen lassen sich drei Hinweise entnehmen, die in der nachfolgenden Diskussion berücksichtigt wurden: Alle — von den einzelnen bis zu den allgemeinen bloß graduell unterschiedenen — Begriffe sind der Seele angeboren, insofern diese die Kraft hat, sie nacheinander hervorzubringen, „ohne daß sie von neuem erst dazu durch eine auswärtige Kraft determinieret werden darf"46. Weder liegen sie „gleichsam wie Bilder in einem Kasten" in der Seele, noch werden sie von außen wie Figuren in eine wächserne Tafel eingedrückt47. Wer sich aber von dieser Lehre der prästabilierten Harmonie nicht zu überzeugen vermag, sollte die konkurrierende Influxustheorie wenigstens in einem verbesserten Sinne aufnehmen, nämlich so, daß ihr gemäß „der Leib die Kraft der Seele determinieren kann zu derjenigen Empfindung, die sie hervorbringt" und in Begriffe überführt48. Das vorgeschlagene feinere Verständnis des Reellen, „so aus dem Leibe in die Seele hineingeht"49, wurde für Gottscheds50 und Knutzens51 monadologisches Denken grundlegend. Ein Argument, das die Ablehnung des harmonistischen Modells erklären könnte, sucht man dort allerdings vergebens. Baumgarten52 und insbesondere sein Schüler Meier53 suchten die verbesserte Influxustheorie selbst wiederum in ein harmonistisches Verständnis zurückzuwenden, indem sie das Determinationsgeschehen zwischen Leib und Seele auf jidealische' Weise als ein korrespondierendes 44
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C. Wolff, Vernünftige Gedanken von Gott, der Welt und der Seele des Menschen, auch allen Dingen überhaupt, Halle 1720; § 819.
a. a. O. S 306.
a. a. O. § 819. Kant hat Wolffs philosophiegeschichtliches Schema übernommen: Plato habe gelehrt, „daß alle Begriffe angeboren wären" (Prolegomena Heinze A A XXVIII 5.1 175). Die Gegenposition Aristoteles' und Lockes wurde zwischenzeitlich abweichend beurteilt: Anfangs sah die kritische Philosophie Locke in der Nähe ihres Standpunktes, den sie ja stets als einen mittleren ausgegeben hat, später eher Aristoteles. (Vgl. Enzyklopädie AA XXIX 1.2 16 und Metaphysik von Schön AA XXVIII 5.1 466, MetMrong AA XXIX 1.2 762). a. a. O. S 820. a. a. O. Anm. zu S 753 u. S 765. a. a. O. Anm. zu S 753. J. C. Gottsched, Erste Gründe der gesamten Weltweisheit, 1. Teil Leipzig 1733; § 640 ff. Vgl. B. Erdmann, Martin Knutzen und seine Zeit, Leipzig 1876; S. 84 ff. A. G. Baumgarten, Metaphysica, Halle 1739; § 328 ff. G. F. Meier, Metaphysik, Erster Teil, Halle 1755; S 166.
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beiderseitiges Wirken und Leiden, das ausschließlich aus der je eigenen Vorstellungskraft der beteiligten Substanzen hervorgeht, interpretierten. Eine ebenfalls mit Begründungsanspruch vorgetragene Entgegnung folgte dieser doch recht künstlich gewirkten Theorie des ,idealischen* Kräftekommerzes wenig später. Aufgrund von Überlegungen, die um den Substanzbegriff kreisten und auf eine Grenze der logischen Begreiflichkeit des Kraftbegriffs führten54, schlug Kant als erneute Verbesserung der Influxustheorie ein real wirksames Determinationsverhältnis zwischen den Leib- und Seelenkräften vor, das weder vermittels eines übergehenden Reellen noch durch Analyse der wirkenden Verhältnisglieder, sondern allein durch die nicht weiter zu verdeutlichenden Merkmale der Erfahrung des bewirkten Geschehens faßlich sei55. Dies Verhältnis nannte er Allgemein bestimmte Harmonie' und unterschied es von einer solchen Vereinigung, die nicht nach gemeinsamen Regeln eingerichtet ist, sondern in welcher beliebige individuelle Zustände einer Substanz dem Zustand der anderen durch Schöpfungsentscheid angepaßt und in einem idealen Ganzen versammelt sind56. Aber nicht nur dem harmonistischen Modell Wolffs und Baumgartens, sondern auch der Influxustheorie, die deren „Antigon"57 Crusius entworfen hatte, setzte Kant seinen Vorschlag entgegen. Er hielt es nämlich für kein den Grenzen des menschlichen Verstandes angemessenes Verfahren, nach dem Vorbild der Lockeschen Hypothese einen Einblick in das psychophysische Verhältnis dadurch gewinnen zu wollen, daß man allen Influxus auf Bewegungen zurückführt und nach deren Gesetzen erklärt, zu diesem Zweck aber die Seelensubstanz als ein unteilbares Element von nicht mehr sinnlich wahrnehmbarer Größe in ein räumliches Verhältnis zur Körperwelt setzt, so allerdings, daß ihre Bewegung nicht selbst Vorstellungen bewirkt, sondern nur auf uneinsehbare Weise mit der Tätigkeit einer geistigen Kraft in derselben Substanz verbunden ist58. Die Behauptung, daß „auch die endlichen Geister undurchdringlich sind, gleichwie es die Materie ist"59, die These, daß „die Seele einen Raum einnehme, beweget und berühret werde" und nicht etwa bloß in einem mathematischen Punkt, also in etwas nicht wahrhaft Denklichem und Wirklichem existiere, sowie der „Fanatismus", einen zwar räumlich, aber nicht durch Körper vermittelten Austausch zwischen den endlichen Geistern anzunehmen60, — dies alles hatte Kant sicherlich vor Augen, als er Crusius einen „Luftbaumeister der mancherlei Gedankenwelten" nannte61. Ein kurzer Überblick über die Diskussion der Nachfolger Wolffs zeigt also, daß zugleich mit der Aufnahme jenes dritten Hinweises eine Tendenz zur aristotelisch54 55 56
57 58
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60 61
Vgl. Metaphysik Herder, AA XXVIII 5.1 24/5 u. 102 ff. AA XXVIII 5.1 104. Vgl. II 409. Vgl. Metaphysik K3 AA XXVIII 6.1.2 959. C. A. Crusius, Entwurf der notwendigen Vernunftwahrheiten, Leipzig 1753 (2. Aufl.); SS 362, 431, 440, 444; u. Weg zur Gewißheit und Zuverläßigkeit der menschlichen Erkenntnis, Leipzig 1747; SS 77 ff. a. a. O. S 364. a. a. O. S 465; vgl. MetvSchön AA XXVIII 5.1 467. AA II 342.
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lockeschen Theorie erwachsen war, die sich auch durch das abschreckende Beispiel der Crusianischen Theorie nicht von ihrem Weg abbringen ließ. Ganz ähnlich fällt der Befund hinsichtlich der beiden anderen Hinweise Wolffs aus. Auch den Nachfolgern nämlich galten die angeborenen Ideen im groben Sinne als aus der Philosophie verbannt — als durch Lockes Entgegnungen selbst schon zureichend widerlegt, wie man62 später hinzufügte. Sollten diese Ideen, bemerkte Sulzer63, der Herausgeber der ersten deutschsprachigen Übersetzung der Humeschen Enquiry concerning Human UnderStanding, Ziel der Kritik des englischen Zweiflers gewesen sein, so dürfe man dies getrost als ein überflüssiges Unternehmen ansehen, zumal es mit dem Mangel behaftet sei, daß Hume „ohne Grund" die allgemeinen von den einzelnen Begriffen, denen sie entstammen, „so sehr unterscheidet", obgleich doch das angegebene Kriterium des Deutlichkeitsgrades in Wahrheit von dem Grad der Aufmerksamkeit des erkennenden Subjekts abhänge. Ebenso überflüssig wäre es, fügte Mendelssohn64 den Einwendungen Sulzers hinzu, hätte Hume eine angemaßte Einsicht in das Innere von Wirkungsverhältnissen kritisieren wollen. Denn die Erkenntnis, daß dem menschlichen Verstand allenthalben ein deutlicher Begriff von Realeinflüssen fehle, habe ja schon den Entwürfen des Cartesianischen und des Leibnizianischen Modells der Substanzengemeinschaft zugrundegelegen. Auch ein näheres Hinsehen auf Humes „Zweifel in Ansehung der Wirkungen des Verstandes" vermochte keinen entscheidenden Einwand zu entdecken: Sulzers „Anmerkungen über den vierten Versuch" der Enquiry halten unbeeindruckt an der Möglichkeit vor- und rückwärts gerichteten kausalen Schließens fest. Hume habe zu beweisen versucht, daß eine begreifliche Erklärung des Übergangs in unseren Kausalurteilen unmöglich sei, daß also „keine Folge von Begriffen" angegeben werden könne, „aus welcher die Erkenntnis einer Ursache aus der Wirkung, oder umgekehrt (...), notwendig folgen müßte". Dem setzt nun der Kommentator entgegen, daß sich für viele Erfahrungsfälle eine solche Erklärung sehr wohl geben lasse — dann nämlich, wenn man die allgemeinen Anwendungsgrundsätze (die raumzeitliche Gegenwart und die Gleichheit der Größe von Ursache und Wirkung betreffend) nicht übersieht, nach denen der Geist sein natürliches Geschäft der Ursachennachforschung bei jeder Begebenheit betreiben muß, und wenn man die besondere Art der Notwendigkeit des so erzielten Wissens neben derjenigen der an sich gewissen Gegenstände zu würdigen weiß. Problematisch sei dann nur dies, daß gemäß einer solchen Erklärung eine ungeheure Schnelligkeit, mit der sich die Reihe der Begriffe bezüglich des Ortes und des Zeitpunkts zweier Veränderungen und bezüglich der geschätzten Größe der entstandenen Veränderung im Verhältnis zur Größe der vermutlich ursächlichen Kraft in unserem gewöhnlichen Denken und Handeln vollziehen muß, vorauszuset62 63
64
Vgl. M. Herz, Betrachtungen aus der spekulativen Weltweisheit, Königsberg 1771; S. 62.
D. Hume, Philosophische Versuche über die menschliche Erkenntnis. Als dessen vermischter Schriften zweiter Teil, Hamburg 1755; Anmerkung des Herausgebers zum 2. Versuch.
Vgl. A. Altmann, Moses Mendelssohns Frühschriften zur Metaphysik, Tübingen 1969; S. 228 f.
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zen wäre. Sulzer glaubte dies aber annehmen zu dürfen, indem er darauf hinwies, daß unser kausales Schließen nicht ausschließlich an die Bedingung eines deutlichen Bewußtseins gebunden sei: „Ein genauer Erforscher der menschlichen Handlungen wird finden", „daß auch undeutliche Begriffe, durch ein anschauendes Erkenntnis uns auf gewisse und sichere Schlüsse führen". Nur durch eine solche Voraussetzung werde jener „unnatürlich scheinende Vorteil des schnellen Denkens und Tuns" erklärbar. Ein weiteres Argument zur Verteidigung der Rationalität von Kausalvorstellungen stellte Mendelssohn zur Verfügung, indem er den Grundriß einer rationalen Theorie über die progredierende Wahrscheinlichkeit bei vermehrt angestellten Experimentalschlüssen entwarf. Gerade diese Zunahme habe ja Hume als Argument gegen die Vernunftgegründetheit des kausalen Denkens mißbraucht65. Auf wenig Beifall stieß Humes Kritik auch bei Lambert. In der Rezension66 einer Disputation von Garve aus dem Jahre 1766 meint er, „Hume such(e) Spitzfindigkeiten auf"; seinen Einwendungen gegenüber genüge es, dem induktiven Schluß in den physischen und psychischen Erfahrungswissenschaften auf solche Weise zureichende Allgemeinheit zu verschaffen, daß man die These zugrundelegt, die Welt sei in einem Beharrungszustand, und müsse dies auch sein, „wenn sie soll existieren, und daher fortdauern können". Als einem anderen Autor wenigstens der Hinweis des vierten Versuchs der Enquiry, daß in dynamischen Beziehungen die Wirkung von der Ursache verschieden und nicht darin auffindbar sei, auffällig wurde, vermochte dies die Nachfolger Wolffs allenfalls zur Ergänzung eines besonderen Theoriestücks zu bewegen, das der Unterscheidung realer, bloß der Erfahrung zu entnehmender Verhältnisse von solchen, die einer logischen Analyse zugänglich sind, Rechnung zu tragen versucht67. Daß man die Möglichkeit eines solchen Schritts, der später von dem Urheber selbst mit einer ,Ahnung' in Lockes Urteilstheorie in Zusammenhang gebracht wurde68, nicht von vornherein abwegig fand, wohl aber Schwierigkeiten hinsichtlich der Kontinuität der Theorie vermutete, läßt sich aus der Schlußpassage der Mendelssohnschen Rezension von Kants Versuch, den Begriff der negativen Größen in die Weltweisheit einzuführen, entnehmen69. Anzeichen dafür, daß Humes Skepsis den Verständigungsversuch der Wolffianer mit Locke über die Frage des Ursprungs der Begriffe zu erschüttern vermocht hätte, sucht man auch in jenen bekannten Schriften aus den 60er Jahren, die sich — nicht 65 66 67
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M. Mendelssohn, Gedanken von der Wahrscheinlichkeit, Berlin 1756; GS (JA) I 156 ff. J. H. Lambert, PS VIII 215. Vgl. L. Kreimendahl, Kant - Der Durchbruch von 1769, Köln 1990; S. 31; u. G. Gotz, Letztbegründung und systematische Einheit, Wien 1993; S. 104-121: Der Autor vertritt dort die These, daß der endgültige Bruch mit dem Rationalismus nicht schon in den Andeutungen des Schlußabschnittes der Schrift über die negativen Größen zu finden sei, sondern erst in Kants Theorie der synthetischen Grundbegriffe (Raum, Zeit und Kraft). Diese Theorie lasse sich zuerst in den Reflexionen 3716/7 erkennen, stamme also aus der Zeit des Jahreswechsels 1763/4, wie der Autor gemäß der verblüffenden Frühdatierung dieser Quellen durch Adickes annehmen möchte. AA IV 270. M. Mendelssohn, GS (JA) V. l 662 ff.
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nur auf Anregung der Berliner Akademie hin — dem Methodenproblem einer Metaphysik überhaupt widmeten, vergebens. Nur eine eher influxionistische und eine eher harmonistische Akzentuierung läßt sich dort ausmachen: Tetens70 etwa, ebenso wie später J. G. H. Feder71, übernimmt die methodologische Anweisung Humes, „daß man auf die Empfindungen zurück gehe, aus welchen" ein zweifelhafter Begriff „entstanden ist, und genau beobachte, was man sich vorstellet, wenn man diese Idee in den Gegenständen gewahr wird". Jedoch soll ihm dies Verfahren dazu dienen, den Satz vom zureichenden Grunde beweisbar zu machen, so daß er eine sichere Grundlage geben kann zur speziellen Metaphysik, die freilich — vergleichbar dem Verhältnis der angewandten zur reinen Mathematik — außer auf ontologische Grundsätze noch auf Erfahrung zurückgreifen muß72. Lambert glaubte ebenfalls, den materialen Grundgehalt der sinnlichen Erkenntnis, die einfachen Begriffe im Sinne Lockes73, allein vermittels der sinnlichen Empfindungen zu besitzen, möchte aber nicht ausschließen, „daß die Begriffe selbst nicht an sich schon in der Seele sollten sein können, ehe bei uns das Bewußtsein derselben durch die Empfindung veranlaßt wird", ja als solche sogar Wirkung auf den menschlichen Willen haben könnten74. Mendelssohn75 hingegen rief in Erinnerung, daß der schulmäßige Kraftbegriff ein Dasein der Seele nur zu denken erlaubte, wenn sie schon als vorstellungstätige und nicht bloß als passiv aufnehmende betrachtet wird. Er bezeichnet es als von den „neueren Weltweisen" entmythologisierte Platonische Lehre, „daß die Seele niemals aufhöre, sich implicite schlechterdings die ganze Welt, explicite aber nur die Welt nach der Lage ihres Körpers in derselben vorzustellen, daß die sinnlichen Eindrücke nur die Anlässe und Gelegenheiten seien, bei welchen die Vorstellungen der Seele sich entwickeln und wahrgenommen werden, und daß diese Entwicklung der Begriffe in der Seele mit der Entwicklung der Begebenheiten außer derselben vollkommen harmoniere". Trotz aller Abstriche, die er an dieser Theorie vorgenommen hatte, hielt Kant an der These der ursprünglichen universalen Vorstellungskraft
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73 74 75
J. N. Tetens, Gedanken über einige Ursachen, warum in der Metaphysik nur wenige ausgemachte Wahrheiten sind, Bützow 1760; S 14. J. G. H. Feder, Logik und Metaphysik, (5. Aufl.) Göttingen 1778. Unter Berufung auf Humes Enquiry heißt es dort: „Die Gründe, womit Plato und einige Neue für die angeborenen Begriffe gestritten haben, beweisen zum Teil gar nichts, zum Teil nur so viel, daß gewisse Grundbestimmungen in der Seele vorher erfordert werden, und da sein müssen, wenn bei den Veränderungen in den körperlichen Organen Vorstellungen in ihr entstehen sollen. Aber daß dieses(:) Ideen, Abbildungen, Eindrücke, wie dergleichen mit Grund angenommen werden, wenn vermittelst der Empfindung, einmal Vorstellungen in uns gekommen sind, ob wir gleich einer jeden uns nicht immer bewußt sind: dies folget aus solchen Gründen nicht" (S. 54a). a. a. O. S 7 u. S 4. a. a. O., Alethiologie, PS I S 29 u. S 38. a. a. O., Alethiologie, PS I S 16 u. S 64. Preisschrift, GS (JA) II 276/7.
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der Seele fest76. Es erschien ihm nicht als abwegig, sogar den Materieelementen, ihrem inneren Zustande nach, eine solche Fähigkeit zuzuschreiben77. Der merkwürdig quieszierende Prinzipcharakter eines solchen Apriori, wie es von allen Nachfolgern Wolffs mehr oder minder ausgeprägt in Anspruch genommen wurde, wird auffällig, wenn man einen Blick auf Kants spätere Entwicklung wirft. Die Reflexion 4473 fragt78, „wie wir Dinge völlig a priori, d. i. unabhängig von aller Erfahrung (auch implicite) uns vorstellen können?" Dies darf man wohl als Absage an das oberste Erkenntnisprinzip eines angeborenen Totums der gesamten — nicht bloß persönlich — möglichen Erfahrung verstehen, — zugunsten eines Prinzips, das „Handlungen der Erkenntnis" umfaßt, „die vor der Erfahrung vorausgehen und wodurch dieselbe möglich ist"79. Erst mit einem solchen Prinzip, so scheint es, läßt sich der Gefahr vorbeugen, daß den empirischen Bedingungen der konkreten Begriffsgewinnung der gleiche systematische Rang wie dem ursprünglich in der Seele gelegenen Prinzip zu derselben eingeräumt und die Theorie ihren Grundlagen nach uneindeutig wird. Die Texte hingegen der bekannteren deutschsprachigen Autoren des Zeitalters vor dem Auftritt der kritischen Philosophie geben, soweit wir sehen, keinen Beleg dafür, daß Humes Untersuchungen eine Einschränkung der Wölfischen These von der einförmigen und allumfassenden Begriffsfähigkeit der menschlichen Seele provoziert hätten. Die wenigen Theorien, die Erwähnenswertes zu einer solchen Einschränkung vorbrachten, lassen andere Motive erkennen. Ein Cartesisches Moment, das sich auch in Clarkes Antworten an Leibniz fand80, hatte Crusius zur Geltung bringen wollen, als er die Leibnizianische These bestritt, „es gebe von jedwedem Dinge einen Grund a priori", so daß „auch alle agierenden Ursachen also beschaffen sein sollen, daß aus ihnen die Wirkung a priori soll können vorher gesehen werden"81. Vielmehr sei der Begriff einer „Tat ganz ohne Notwendigkeit"82 zu denken, mithin eine Kraft, sich zu einer Handlung selbst zu determinieren, die nicht wiederum von äußeren Einflüssen oder von den eigenen Vorstellungen oder Begierden des wirkenden Subjekts bestimmt wird. Der Gefahr, mit der Annahme einer solchen Grundkraft in die Ungereimtheit bloß von ungefähr geschehender Taten zu fallen, glaubte Crusius durch das Argument entgegensteuern zu können, daß die Tätigkeit dieser Kraft der Freiheit nur im Verbund mit Begierden und vernünftigen Vorstellungen von Objekten und entsprechenden Handlungsarten möglich sei83. Sein gegen 76 77 78 79 80
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AA II 199/200. MetHer AA XXVIII 5.1 44. AA XVII 564. AA XVII 565. Darauf verweist Crusius ausdrücklich in: Ausführliche Abhandlung von dem rechten Gebrauche und der Einschränkung des sogenannten Satzes vom zureichenden oder besser determinierenden Grunde, (übersetzt von C. F. Krause) Leipzig 1766; S. 8/9. a. a. O. S. 117. C. A. Crusius, Anweisung vernünftig zu leben, Leipzig 1744; § 40. a. a. O. S 48.
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den angeblichen Fatalismus der Leibnizianer gerichtetes Freiheitsverständnis suchte Crusius durch ein metaphysisches System zu stützen, das die Berechtigung der gemeinen Freiheitsüberzeugung — mithin die Unmöglichkeit unwissentlich determinierender Bewegungsgründe — sowie die Begrenztheit alles kausalen Begründungsrückgangs und des kosmologischen Reihendenkens überhaupt und vor allem die Möglichkeit einer Teilnahme der sich selbst determinierenden Seelensubstanz an dem Kosmos bewegender Kräfte aufzuzeigen hatte84. Innerhalb dieses Systems nun, genauerhin in seiner Psychophysik, die — wie wir sahen — eine räumlich aufgefaßte „Real- und Kausalverknüpfung" der Seele mit der materialen Welt exponiert, gelangt er zwangsläufig auf eine Einschränkung der universalen Vorstellungskraft der Seele, wie sie von Wolff behauptet wurde. Kann nämlich bei endlichen Wesen die geistige Kraft der Seelensubstanz nur in Verbindung mit einer zugleich geschehenden Bewegung derselben auftreten, so liegt die These nahe, jede Seele sei auch nur auf ein dem individuell möglichen Erfahrungsganzen entsprechendes Ideentotum hin angelegt: Es „ist genug, wenn entweder die Idee von allen Arten der Dinge, welche wir durch die Empfindung erkennen sollen, oder wenigstens die Kraft dazu, der Seele von Gott anerschaffen ist"85. Ein anderer Einwand findet sich in dem Gedanken Ploucquets, die Ideen der äußeren Gegenstände aus der Prinzipienmacht der Seele herauszunehmen und einer Begründung nach Art des Okkasionalismus zu unterwerfen, so nämlich, daß „Gott durch seine reale Visio der auf die Seele bezogenen Welt dasjenige in der Seele grundlegt, was derlei reale Bilder formt und mit dem gesamten von Gott gesehenen Universum übereinstimmt"86. Dieser Einfall jedoch stieß bei den anderen Nachfolgern Wolff s auf keinerlei Resonanz87 — vermutlich wegen seiner großen Nähe zum Idealismus, der mittlerweile, abweichend von Wolffs milder Beurteilung, für tugendwidrig gehalten wurde88. Zumindest diskussionsfähig erschien ihnen hingegen Ploucquets ebenfalls von dem französischen Cartesianismus angeregtes extensiona-
84 85 86 87
88
a. a. O. S 42; Metaphysik §§ 380, 463. a. a. O., Logik § 83. G. Ploucquet, Principia de substantiis et phaenomenis, Frankfurt 1753; §§ 175, 212. Ob Kant diesen Gedanken rezipiert hat? Sein Iniluxusmodell, das ja ebenso wie sein apriorischer Gottesbeweis Eingang in die kritische Philosophie gefunden hat — nämlich als ein Gedanke, der sich dem Dirigat des dem mangelhaften endlichen Verstand beigegebenen Ersatzvermögens, der Vernunft, verdankt (vgl. Vorlesungen über die philosophische Religionslehre, hg. von Pölitz, Leipzig 1817; S. 73 u. 178) — und das später Hauptziel der KantKritik des ,subjektiven Idealismus* wurde (vgl. F. W. J. Schelling, Ideen zu einer Philosophie der Natur, 1797; II 20), enthält ein Moment der Ploucquetschen Theorie: Die endlichen Substanzen stehen nicht aus eigener Kraft in einer Gemeinschaft, sondern nur sofern sie im göttlichen Verstand in wechselseitige Beziehung gesetzt sind. Dementsprechend erkennt Kant unter den alternativen Gemeinschaftsmodellen dem okkasionalistischen einen Vorrang vor demjenigen der prästabilierten Harmonie zu (vgl. MetHer AA XXVIII 5.1 102f.). Vgl. J. C. Eschenbach, Sammlung der vornehmsten Schriftsteller, die die Wirklichkeit ihres eigenen Körpers und der ganzen Körperwelt leugnen, Rostock 1756; S. 562.
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les Logikverständnis in Verbindung mit einer Identitätstheorie des Urteils89. Diesem Gedanken entsprang nämlich der Hinweis, daß den IndividualVorstellungen ein Vorrang in der Erkenntnis zukomme und das Vermögen der allgemeinen Begriffe als eine Schwachheit des endlichen Verstandes auszumachen sei90. Der Wolffianer A. G. Kästner machte dies zum Thema einer Abhandlung Über die Art, wie allgemeine Begriffe im göttlichen Verstande sind. Er resümiert: „So denkt Gott, lauter einzelne Dinge; die allgemeine Kenntnis der Gattungen und Arten, der Stolz unserer Gelehrten, ist für ihn das, was für uns die Begriffe sind, die uns ein Kind mit Anstrengung seines ganzen kleinen Verstandes lallend entdeckt."91 Nachdem wir nun eine nicht geringe Anzahl von Autoren befragt haben, läßt sich wohl mit einigem Recht behaupten: Ein durch Hume initiiertes Problembewußtsein in bezug auf die Frage nach der Notwendigkeit unserer Erkenntnis und nach reinen Begriffen, die dieselbe möglicherweise begründen, sucht man in der besagten Zeitspanne vergebens. Kant selbst also scheint zuerst das Problem in die Diskussion gebracht und das allgemeine Bewußtsein im Hinblick auf den Gegensatz zwischen Empirismus und Rationalismus sensibilisiert zu haben. Diesem Befund entsprechen auch die späteren Äußerungen Platners und Eberhards, die es Kant unerachtet der von ihnen unterstellten Mängel seiner Kategorienlehre als Verdienst anrechnen, auf die im Verstande angelegten Grundbegriffe als Mittel gegen Humes „willkürliche Verengung des Umfangs der menschlichen Erkenntnis" hingewiesen zu haben92. Zwar beziehen sich diese Autoren explizit auf Kants Kr V. Es ist aber gut möglich, daß sie auch den — wie Kant sagt93 — ersten Auftritt der transzendentalen Kritik im Jahre 1770 mit im Blick hatten, da man ja die dort vertretene Lehre über den Ursprung der Kategorien durchaus nicht für verschieden von derjenigen halten muß, die Kant etwa gegen Eberhard 20 Jahre später zu verteidigen suchte94. Auch von daher darf man wohl als einen Beleg für die Selbständigkeit, mit der Kant sich jene Problematik erarbeitet hatte, nehmen, daß dem Nachschreiber der Metaphysik Mrongovius Kants Verwendung des systemtheoretischen Titels ,Empirismus' für Humes Philosophie ungewöhnlich vorkam95. Sonst wurde ja Hume nur als „Pyrrhonist"96, als „Idealist"97, als „gefährlichster Zweifler unserer Zeiten"98 89 90 91 92 93
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Vgl. M. Herz, a. a. O. S. 93; u. M. Mendelssohns Rezension von Lamberts Organon, GS (JA) V.2 37. G. Ploucquet, Sammlung der Schriften, welche den logischen Kalkül des Prof. Ploucqet betreffen, hg. von F. A. Bök, Frankfurt 1766; S. 257. A. G. Kästner, Betrachtungen über die Art, wie allgemeine Begriffe im Göttlichen Verstande sind, Göttingen 1767; S. VII. Vgl. E. Platner, Philosophische Aphorismen, Leipzig 1793; § 681. Und: J. A. Eberhard, Philosophisches Magazin 1. Band 3. Stück, Halle 1789; S. 263 ff. u. 1. Band 4. Stück S. 375 f. KrV B 811. Vgl. G. B. Sala, Der „reale Verstandesgebrauch" in der Inauguraldissertation Kants von 1770, Kant-Studien 69 (1978); S. 5. MetMrong AA XXIX 1.2 763. J. N. Tetens, Abhandlungen von den vorzüglichen Beweisen des Daseins Gottes, Bützow 1761; S. 21. J. A. Eberhard, Philosophisches Magazin 1. Band 1. Stück; S. 17, 24. J. G. Sulzer, a. a. O. S. 91.
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oder als der „Britischen beobachtenden Philosophie" zugehöriger Denker" bezeichnet. Ein näherer Hinweis läßt sich von der Tetensschen Überblicksschrift aus dem Jahre 1775 her gewinnen. Diese vermag uns nämlich ein Bild darüber zu verschaffen, wie wohl die Überlegungen ausgesehen haben mögen, die Kant zu jener eigenen Problemsicht veranlaßten. Tetens führt an, daß er einen grundlegenden Mangel an der bisherigen Philosophie entdeckt habe. Es sei nämlich ununtersucht geblieben, „was und wieviel der Verstand" an den allgemeinen einfachen Grundbegriffen „eigentlich besitze" 10°. So konnte es geschehen, daß die „subjektivistische Notwendigkeit in der Ideenassoziation" beim Gebrauch des „Gemeinbegriffs von der Ursache" übersehen — und diesen Vorwurf richtet Tetens an die Adresse Humes, der eben einen solchen gefühlten Zwang unbeachtet ließ — sowie die Frage nach der Reichweite des gesetzmäßigen Umgangs mit solch einem Grundbegriff, wenn er z. B. als ein „Kompaß" des „Nachdenkens über die Gottheit" verwandt werden soll, nicht weiter bedacht wurde101. Wem er diese Einsichten zu verdanken hat, verbirgt Tetens nicht: Schon 1760 hatte er nicht zwar Wolffs Theorie, wohl aber dessen Analysen einen Vorrang gegenüber den Beobachtungen der Engländer zugestanden102. Nun behauptet er, daß „Leibniz weit tiefer, schärfer und richtiger die Natur des menschlichen Verstandes, seine Denkarten, und insbesondere die transzendenten Vernunftkenntnisse eingesehen, als der mit mehr Geflissenheit beobachtende Locke"103. Es läßt sich also schon vermuten, daß die 1765 veröffentlichten Nouveaux Essais104 Einfluß auf Tetens' Erkenntnistheorie hatten. Und Tetens führt auch tatsächlich aus, daß dies Werk von Leibniz ihn auf jene Mängel aufmerksam gemacht und darauf gestoßen habe, einer zweiten Art der Begriffsgewinnung — neben derjenigen durch Abstraktion von den äußeren Empfindungen — größere Aufmerksamkeit zu widmen, sich also auf die Herkunft gewisser Begriffe aus dem „feinen Selbstgefühle von den Verstandes Wirkungen" zu konzentrieren. Freilich sei Leibnizens Anstoß noch mit unzureichenden Beobachtungen verbunden und insoweit korrekturbedürftig gewesen. „Zu den inneren Empfindungen gehören auch die Gefühle von unsern Denktätigkeiten und Denkarten, woraus die Begriffe vom Denken und von dem Verstande ihren Ursprung haben. Daher ist die Einschränkung unnötig, die Leibniz dem Satz, nihil est in intellectu, quod non ante fuerit in sensu, hinzu gefüget wissen will: excepto intellectu"105. 99
J. N. Tetens, Über die allgemeine spekulativische Philosophie, in: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwicklung, 1. Band (hg. von W. Uebele), Berlin 1913; S. 1. 100 a. a. O. S. 65. 101 a. a. O. S. 65/6, 38, 58/9. 102 a. a. O., Gedanken, § 14. 103 a. a. O., Über die allg. spek. Phil; S. 70. 104 £ Tff Leibniz, Nouveaux Essais sur l'entendement humain-, in: GLuvres philosophiques latines et francaises ... par R. E. Raspe, Amsterdam 1765. 105 a. a. O. S. 42 a.
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Wir sehen, Tetens ist weit davon entfernt, seine bisherige Theorie der „Genieinbegriffe" um eine deutlich ausgesprochene Lehre von angeborenen Direktiven zu Begriffen zu erweitern. Vielmehr stellt er sich auf den Boden der Lambertschen Klassifikation der Begriffe in körperliche, intellektuelle und gemeinschaftliche (transzendente)106. Wenn er Kants reine Verstandesbegriffe mit seinen beidseitig, am Gebrauch des inneren und des äußeren Sinnes, abstrahierbaren Begriffen („transzendenten Begriffen") identifiziert, so ist dies eines von zahlreichen Mißverständnissen der Inauguraldissertation von 1770107, die daher rühren mögen, daß der Wolffianischen Tradition — gleich ob sie harmonistisch-platonisierend ein Angeborensein der Begriffsfähigkeit oder influxionistisch-aristotelisierend einen Erfahrungsursprung aller Begriffe akzentuiert — die eingeschränkte Fassung der Ideenlehre in den Nouveaux Essais zunächst fremd blieb. M. Hißmann, auf den sich Kant später in der Auseinandersetzung mit Eberhard beruft108, hat diese Version in einer Streitschrift aus dem Jahre 1777109 der Platonischen und der Cartesianischen Ideenlehre gegenübergestellt und als Unterscheidungsmerkmale aufgelistet: (1) den fehlenden mystischen Gedanken einer ursprünglichen Ideenerwerbung in einem geistigen Leben vor der Geburt, (2) die Annahme einer nach „Grundstrichen" ideenbildenden Kraft der Seele als einziger Quelle solcher Begriffe, und (3) die Einsicht, daß auch angeborene Ideen und Grundsätze einer Demonstration ihrer Gültigkeit bedürfen. — Es scheint, als ob erst ein Jahrzehnt nach dem Erscheinen die eigentliche Rezeptionsgeschichte der NE begonnen und in der Folge die mit der Kantischen Theorie konkurrierenden Kategorienlehren eines Ulrich, Platner oder Eberhard hervorgebracht habe. Daß Kant hingegen schon Jahre zuvor mit der in seiner Inauguraldissertation zum ersten Mal dargestellten Theorie der ursprünglichen Erwerbung reiner Verstandesbegriffe Humes Kausalkritik und Leibnizens gegen Locke vorgebrachte Fassung der Lehre von den angeborenen Ideen in einer Problemsicht zusammengebunden und zu einer eigenständigen Theorie umgearbeitet hatte, wird man wohl in Anbetracht des bisher dargelegten Textmaterials mit einigem Recht annehmen dürfen.
Das Beispiel des Humeschen Problems hat gezeigt: Wenn Kant — wie es selten geschieht — sich zur Vorgeschichte der kritischen Philosophie äußert und durch Gegenüberstellung namentlich gekennzeichneter Positionen eine Problemsituation beschreibt, die nach einer richtungsweisenden Entscheidung verlange, so heißt dies nicht auch schon, daß er auf eine ihm vorliegende, philosophiegeschichtlich aus106 107 108 109
a. a. O. S. 40 ff.; J. H. Lambert, Alethiologie, PS I S 48. Vgl. Kants Brief an F. Nicolai vom 25. 10. 1773. AA VIII 223. M. Hißmann, Bemerkungen über einige Regeln für den Geschichtschreiber philosophischer Systeme; über Dutens Untersuchungen; und über die angeborenen Begriffe des Plato, Descartes und Leibniz, Teutscher Merkur Oktober 1777.
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weisbare Diskussion Bezug nimmt. Es scheint nicht Kants Absicht gewesen zu sein, dem Interpreten seiner Philosophie einen wirklichen Zugang von außen zu ermöglichen. Eher läßt sich sagen, daß Kant selbst die Theorien seiner Vorgänger in eine Konstellation gebracht hat, die es aufzusuchen gilt, wenn die Ausgangsprobleme der kritischen Philosophie deutlich werden sollen. Wir setzen daher die Überlegungen unseres ersten Abschnitts so fort, daß wir nach einer wirklichen Theoriealternative zu jenen Miß Verstandsthesen über den wahren und den scheinbaren Raum — bei den engeren Baumgartenschülern (Eberhard) und bei Mendelssohn, wie wir Kant zu verstehen glaubten — suchen, ohne uns um weitere Auskunft über die tatsächliche Rolle derselben in der Philosophiegeschichte und über den eventuellen historischen Gang der von Kant unterstellten Kontroverse zu bemühen. Geben uns die Vorschläge, die in den Anmerkungen der Akademieausgabe zu unserem Text aufgelistet sind110, Hinweise bei der Suche? Handelt es sich bei dem „großen Mann" um Leibniz? Dieser Vorschlag überzeugt am wenigsten, da sich doch in unserem Text nicht das geringste Anzeichen für einen zirkulär angelegten Gedankengang findet. Das Mißverständnis der Monadologie soll die Fehlinterpretation der Gegner jenes Mannes erklären, nicht aber mit dieser selbst zusammenfallen. Wenn es Kants propädeutische Absicht ist, eine deutliche Problemsituation vor Augen zu stellen, wäre es ein wenig adäquates Verfahren gewesen, Leibnizens oder gar Wolffs111 ,wahre4 Raumtheorie gegen die Schüler ins Feld zu führen, obgleich doch Kant selbst an anderen Stellen in gleicher Absicht beide Seiten nicht unterscheiden möchte112. Die Auswahl unter den angemerkten Vorschlägen läßt sich noch weiter einschränken. Auch Lamberts Raumtheorie scheidet als ein wahres Gegenüber zu jenen Mißverstandsthesen aus. Denn ein solches muß ja, laut Text, unter der These subsumiert werden können, „daß der Raum nur zu der Erscheinung äußerer Dinge gehöre"113. Nun unterscheidet aber Lambert den „mit den Körpern wegtragbaren" Raum in der Natur, das Mittelding eines „bloß in Gedanken herumtragbaren" Raums (den geometrischen Raum) und den einfachen, individuellen Begriff des einheitlichen, unveränderlichen absoluten Raums, dem als Bedingung zu allen Raumbestimmungen eine nicht weiter begreifliche Realität zukommt114. Dies unbegreifliche Reale, behauptet Lambert schon Jahre vor der Kantischen Inauguraldissertation115, sei weder Substanz, noch Akzidenz, noch Verhältnis „in numeris discretis"116. Aber er 110 111
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AAIV 642 ff. C. Wolff hatte ja anders als seine unmittelbaren Nachfolger die Monadenwelt von der phänomenalen Welt (Raum, Zeit und Bewegung) deutlich zu trennen versucht. (Vgl. A. Altmann, a. a. O. S. 340f.). s. u. Anm. 149. AA IV 507. J. H. Lambert, Neues Organon, Leipzig 1764; Alethiologie, PS I SS 82-87; u. Anlage zur Architectonic, Riga 1771; PS III SS 79-82. AA II 403. Rezension zu Feder, PS VIII S. 225/6.
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meint damit, daß zu einer Bestimmung desselben ein abstrakterer Einteilungsgrund der Dinge als der genannte erst noch aufgefunden werden müßte. Realen Dingen hingegen eine nicht-räumliche Existenz zuzusprechen, davon ist er ebensoweit entfernt wie Crusius, auf den er sich hin und wieder beruft117. Vielmehr geht sein Bestreben in eine andere Richtung: Er versucht den wahren Raum von dem Schein, den die äußeren Dinge uns bieten, zu trennen. Er betont, „daß, was an Zeit und Ort gebunden ist, Wahrheiten von ganz anderer Art darbietet, als diejenige sind, die als ewig und unveränderlich angesehen werden", nämlich die Wahrheiten des absoluten Raums und der Dauer, bzw. der sich an diese Begriffe ohne weitere Erfahrungszusätze anschließenden Wissenschaften118. Mag Lamberts Raumtheorie noch so schwankend erscheinen, so ist doch klar, daß sie nicht einen Weg eingeschlagen hatte, der den Interpreten auf einen transzendentalen Idealismus hätte führen können. Lambert selbst hat die Überzeugung weit von sich gewiesen, daß „der Raum nur ein Hilfsmittel zum Behuf der menschlichen Vorstellungen sei"119. Handelt es sich also bei dem „großen Mann" um L. Euler, wie der einzig verbliebene Vorschlag der Akademieausgabe lautet? Biographisch betrachtet scheint dies gut möglich, sieht man einmal von jener Schwierigkeit ab, die alle bisherigen Vorschläge betraf, daß nämlich unser Text sodann von einem Verstorbenen in der Gegenwartsform spräche. Fragen wir aber, ob Eulers Raumtheorie die von Kant näher eingegrenzte Gegenposition zum mißverstandenen Monadismus wirklich auszufüllen vermag, so ergibt sich ein anderes Bild. In einem Argumentationsgang, auf den sich Euler auch später immer wieder berief120 und den Kant 1768 als methodisch vorbildhaft ausgezeichnet hat121, nicht allerdings ohne auf eine gewisse Einseitigkeit in der Abwägung der Schwierigkeiten, welche die konkrete Anwendung des absoluten und des relativen Raumkonzepts in den Naturwissenschaften verursacht, hinzuweisen, hatte der Mathematiker 1748 einen zweiten Streich122 im Kampf gegen die Leibniz—Wölfische Schulphilosophie geführt: Spricht man den Körpern außerbegriffliche Existenz zu und setzt die Wahrheit der beiden ersten Bewegungsgesetze für dieselben voraus, so ist man gezwungen, auch den absoluten Raum, auf den sich diese Gesetze unausweichlich beziehen — so nämlich, daß es unmöglich ist, seinen Begriff durch den schulmäßigen des Raumes als eines Verhältnisses der zunächst koexistierenden Körper zu ersetzen —,
117 118 119
120 121 122
Vgl. etwa: a. a. O. S. 226 oder S. 217. Brief an Kant vom 13.10. 1770. a. a. O.
Vgl. E. Cassirer, Das Erkenntnisproblem (2. Band), Darmstadt 1991; S. 475 ff. AAII 378. Der erste Streich betraf die Frage nach der unendlich möglichen Teilbarkeit der Materie und erregte größtes Aufsehen, da er anläßlich der von Euler selbst organisierten Preisaufgabe der Berliner Akademie für das Jahr 1747 geführt wurde. Vgl. K. Vogel, Kant und die Paradoxien der Vielheit, Meisenheim 1975; S. 97 ff.
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für real zu halten123. Der Raum ist nicht sinnlich wahrnehmbar, sondern nur der Reflexion zugänglich, aber deswegen nicht schon gleich ein idealer Gattungsbegriff, wie etwa derjenige der Ausdehnung als einer der drei Grundeigenschaften aller Körper (neben Undurchdringlichkeit und Trägheit). Er „entsteht nicht durch Absonderung einiger Bestimmungen des Körpers: Sondern er entsteht, wenn man den Körper ganz hinwegnimmt"124. Er gehört einer eigenen Klasse von Dingen an, der die Klasse der Weltsubstanzen, der unendlich teilbaren Körper und der monadenhaft vorgestellten Geister, gegenübersteht. In entsprechender Reinheit vorgestellt läßt er sich durchaus als ,sensorium Dei' bezeichnen, ohne daß aber damit — wie Euler zugesteht — das problematische Verhältnis eines solchen notwendig existierenden und unermeßlichen Dinges zu Gott erklärt werden könnte. Den Versuch einer näheren Bestimmung unternahm wenig später der Theologe Venzky in einem Brief an Euler: „Gott ist eine Substanz, die den Grund ihrer Wirklichkeit in ihr selber hat, kraft dessen Gott einen ungemein ja unbeschreiblichen Vorzug vor allen anderen Substanzen, die von ihm abhangen, und allen anderen Zufälligkeiten behält: der Raum aber ist keine Substanz, weder eine metaphysische, noch physische, oder weder eine einfache, noch zusammengesetzte. Denn eine metaphysische Substanz ist ein Subjekt, das ein Vermögen etwas zu wirken hat. Diese Erklärung passet nicht zu dem Raum. Was ist er denn? Er ist ein Correlatum Gottes und der Natur, oder ein Adjunktum respectivum desselben, das, wie der Schatten mit dem Körper, also mit Gott und seinen Wirkungen auf eine beziehende, respectivische oder relativische Weise in Verbindung stehet, dessen Wesen in vacuo, in capacitate, in einem Umfange oder in einer Fähigkeit und Möglichkeit bestehet, etwas zu fassen und zu beherbergen. Haben andere Philosophen einen Ort subjectum substantiae, ein Subjekt, darin sich eine Substanz befindet, genennet: so kann man den Raum überhaupt ein Subjectum substantiarum omnium, ein Behältnis aller Substanzen und Dinge benennen."125 Mit Venzkys Unterscheidung zwischen einer absoluten Notwendigkeit des göttlichen Daseins und einer bedingten Notwendigkeit des absoluten Raums, so antwortete Euler seinem Interpreten, sei dem einzig möglichen Einwand zumindest der Nachdruck genommen126. Andere Kritikpunkte an seiner „Verteidigung des Newton und des Clarke"127 könne er nicht entdecken. Die Einwendungen eines Berkeley oder einer idealistisch verstandenen Monadologie glaubte Euler in seine Raumdiskussion nicht einbeziehen zu müssen, da er den Idealismus — zwar nicht für widerlegbar, wohl aber — für abweisbar hielt durch die „gegründete Meinung", daß die Empfindung vermittels der uneinsehbaren Verbindung, „die der Schöpfer zwischen 123
124 125 126 127
(L. Euler), Vernünftige Gedanken von dem Räume dem Ort der Dauer und der Zeit teils aus dem Französischen des Professor Eulers übersetzt teils aus verschiedenen ungedruckten Briefen dieses berühmten Mannes mitgeteilt, Quedlinburg 1763; S. 10. a. a. O. S. 12. a. a. O. S. 92 f. a. a. O. S. 104. a. a. O. S. 43.
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unserer Seele und dem Gehirn gestiftet hat", „in der Seele nicht allein eine Idee erzeugt, sondern daß sie ihr, so zu sagen, auch einen Gegenstand außer ihr zeigt, wovon sie ihr zugleich das Dasein versichert, ohne sie zu betrügen"128. Wir sehen: Daß eine solche Position im Sinne des transzendentalen Idealismus hätte ausgelegt werden sollen, wie dies Kant gegenüber jenen mißverständigen Monadisten forderte, wäre eine nicht minder gewaltsame Zumutung, als sie es im Falle der Lambertschen Raumtheorie gewesen wäre.
IV
Um einen neuen Vorschlag zur Identifikation des „großen Mannes" zu erhalten, hat man zunächst von den im Text auffindbaren Angaben zur Person auszugehen. Gesucht wird also der Name eines 1786 noch nicht verstorbenen, deutschsprachigen Zeitgenossen Kants, der über einen längeren Zeitraum mehreres zur Theorie des Raumes, insbesondere zur Frage seiner unendlichen Teilbarkeit, sowohl in kosmologischer als auch in geometrischer Perspektive, publiziert hat. Diese Schriften sollten einem größeren Gelehrtenkreis zugänglich gewesen sein. Schaut man nun in die ausführlicheren Darstellungen der Philosophiegeschichte129, so wird sich zu diesen Angaben nur ein Name aufdrängen. Mit einer Verteidigung der Leibnizschen Monadenlehre, die aufgrund ihres weniger realistischen Verständnisses derselben von den üblichen Auslegungen eines Gottsched oder eines Baumgarten abwich und — nach Thümmigs erstem Versuch 13° — eine erneute Erwiderung des letzten, unbeantwortet gebliebenen Briefs von Clarke an Leibniz wagte131, war Gottfried Ploucquet innerhalb des sogenannten ,Monadenstreits* ein berühmter Mann geworden. Sein Ansatz fand das besondere Interesse der Berliner Akademie, die ihm Gelegenheit gab, weitere Ausführungen, welche den Unendlichkeitsbegriff in mathematischer, kosmologischer und theologischer Perspektive entfalteten, vorzutragen132, und ihn schließlich zum auswärtigen Mitglied ernannte. Man honorierte, daß Ploucquet als erster den Versuch unternommen hatte, den in der Geometrie mittlerweile schon weit entwickelten Unendlichkeitsbegriff auf angemessene Weise in die — freilich zugleich 128
L. Euler, Briefe an eine deutsche Prinzessin, 1./2. Teil, Leipzig 1769; 97. Brief, vgl. 117. Brief. 129 ygi etwa W. L. G. von Eberstein, Versuch einer Geschichte der Logik und Metaphysik bei den Deutschen von Leibniz bis auf die gegenwärtige Zeit (1. Band), Halle 1794. 130 Vgl. G. W. Leibniz, Der Leibniz-Clarke-Briefwechsel, übers, u. hg. von V. Schüller, Berlin 131
132
1991; S. 322 ff.
Abhandlungen welche den von der Königlichen Preussischen Akademie der 'Wissenschaften auf das Lehr-Gebäude von den Monaden gesetzten Preiß erhalten hat. Nebst einigen ändern über diese Präge eingeschickten Schriften, Berlin 1748; darin: G. Ploucquet, Primaria monadologiae capita accessionibus quibusdam confirmata et ab objectionibus fortioribus vindicata, S. 145-256. Abhandlungen, a. a. O., darin angebunden: G. Ploucquet, Methodus tractandi infinita in metaphysicis-, § XXVI ff., § XLIIff., S CLIX.
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modifizierte — leibnizianische Schulmetaphysik einzubringen133. Daß er wenige Jahre später einen weiteren Schritt zum Idealismus hin vollzogen134 und kurz darauf eine neue Theorie der Logik vorgelegt hat135, war publik, jedoch für den Gang der Schulphilosophie von geringem Einfluß, handelte es sich doch um die Außenseiterposition eines Leibnizianismus, der statt an Gedanken Wolffs und Lockes an die Thesen Malebranches und Arnaulds anzuknüpfen suchte. Trotzdem läßt sich eine Einwirkung auf Mendelssohns und erst recht auf Kants frühes Denken nicht leugnen, mag die Forschung dazu bisher auch nur erste Hinweise gegeben haben136. Was also das Biographische betrifft, scheint dieser Identifikationsvorschlag nicht weniger erwägenswert als die zuvor genannten. Aber wie steht es um die vorrangige Frage nach der Theorie? Trifft man in Ploucquets Raumlehre die gesuchte Gegenposition zu jenen Miß Verstandsthesen der Monadisten an? Der Anspruch, mit dem Ploucquets Preisschrift in jenem erbitterten Streit um die Realität der Monaden auftrat, welchen Euler137 mit einem Nachweis der unendlichen Teilbarkeit der Materie gegenüber der Leibniz-Wölfischen Schulphilosophie und ihrer Auffassung eines Teils der Monaden als „physische Punkte"138 — als zur Naturphilosophie taugliche Elemente, insofern ihnen die Fähigkeit zugesprochen wird, sich zu ausgedehnter und beweglicher Materie aggregieren zu können — angezettelt hatte, war nicht gering. Gegen Ende ihres ersten Kapitels heißt es: „Ich sage, daß die einfachen Teile oder Monaden weder ausgedehnt sind, noch in einem Punkt existieren; daß die Einfachheit ohne die Idee des Punktes erkennbar sei, daß sie nämlich in der Einheit eines beharrlichen Prinzips des Handelns liegt. Jede Idee einer geometrischen Größe, von deren Art ja die Idee des Punktes ist, muß beiseite gesetzt werden bei metaphysischen Betrachtungen der Substanzen. Dies ist der wahre Schlüssel, um das weiter innen Gelegene einer sublimeren Metaphysik wieder darzustellen und zugänglich zu machen"139. Die Ausführung dieser These unter133
Vgl. E. Cassirer, a. a. O. S. 499 ff. G. Ploucquet, Principia de substantiis et phaenomenis, Frankfurt 1753. 135 G. Ploucquet, Pundamenta philosophiae speculativae, Tübingen 1759; u. Sammlung der Schriften, welche den logischen Kalkül des Herrn Prof. Ploucquet betreffent mit neuen Zusätzen, herausgegeben von F. A. Bök, Frankfurt 1766. 136 Vgl. R Bornstein, G. Ploucquets Erkenntnistheorie und Metaphysik, Potsdam 1898; S. 65 ff. Mit einem möglichen Einfluß auf die Ausbildung der Kantischen Urteilstheorie rechnet P. Schulthess, in: Relation und Funktion, Berlin 1981; S. 98 a u. a. 137 L. Euler, Gedanken von den Elementen der Körper, in welchen das Lehrgebäude von den einfachen Dingen und Monaden geprüfet und das wahre Wesen der Körper entdecket wird, Berlin 1746. Diese Streitschrift versucht zu zeigen, daß die Körper weder aus endlich noch aus unendlich vielen „einfachen Dingen" zusammengesetzt sind, mithin keine Kraft besitzen, ihren Zustand immerfort zu verändern, sondern daß „das einfache Wesen ganz allein für die Seelen und Geister übrig" bleibe. Über die Frage allerdings, wie den „immer fort ohne Ende" teilbaren Körpern die ihnen wesentliche Kraft, „ihren Zustand unverrückt zu erhalten", inhärieren kann, äußert sich Euler hier nicht. 138 Vgl. etwa: A. G. Baumgarten, Metaphysica § 399. 139 a. a. O., Abhandlungen, S. 169 (Übersetzung von mir, wie auch bei den folgenden Textstellen Ploucquets). 134
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nimmt Ploucquet in eigenständigen Beweisgängen, die er für Fortführungen und Präzisierungen der Leibnizschen Philosophie ausgibt. Ein reines Moment der Monadologie erschließt sich ihm, wenn er in einem methodisch reflektierten Verfahren, das aposteriorische und apriorische Argumentationsgänge einander ergänzen läßt, zunächst auf die Definition der Substanz als ,manifestatio sui' stößt140. Mit diesem Ausdruck tritt Ploucquet von vornherein aus dem Rahmen der schulmäßigen Substanzauffassung, die sich nur noch auf den Gegensatz des vor-stellenden und des sich-vorstellenden (denkenden) Wesens in klassifikatorischer Absicht konzentrierte, einen ursprünglichen methodologischen Sinn der Cartesianischen ,conscientia sui' aber schon längst aus den Augen verloren hatte. Seine unkonventionelle theologisch-platonistische Ausdeutung der Selbstgewißheit des ,cogito' erlaubt ihm, Leibnizens Gedanken mit weniger Verlust in die Form eines Systems zu fügen, als dies dem Wolffianismus je möglich gewesen wäre. Erst von einer solchen Substanzdefinition aus, behauptet nun Ploucquet, lassen sich die „Wahrnehmungen, die Leibniz den Monaden (ohne Beweis) zuerkannt hatte", wirklich ableiten: „Die Monaden sind in sich eine Realitäten (realitates in se unae). Alles, was Realität ist, — in diesem ist etwas ausdrückbar. Was alles in concreto ausdrückbar ist, fällt zusammen mit dem, was manifestabel ist. Also ist in den Monaden etwas manifestabel. Weil aber die Monaden in sich eine Realitäten sind, liegt ein Prinzip in ihnen, aus dem die Manifestation hervorgeht. Dies Prinzip genügt zur Natur der Monade (...) Das aber, was das in sich Eingedrückte (in se impressa) manifestiert, muß notwendig durch ein gewisses inneres Streben (tendentia) eingesehen werden (...) Es ist also eine Kraft da, die die Manifestation seiner selbst gemäß dem eingedrückten Charakter erzeugt. Diese Kraft, weil sie (bloß) einem principial ist, ist so beschaffen zu denken, daß sie nicht dem Ausgedehnten und dem Körperlichen zuerkannt werden kann. Es ist also nicht die Bewegungskraft, weil die Bewegung mehrere Prinzipien voraussetzt, und mehrere Realitäten. Weil trotzdem mehreres beobachtbar und manifestabel ist, ist also notwendig, daß andere Realitäten in der Einheit des Prinzips vorgestellt werden (...) Und keine andere Idee kann mit der Manifestation seiner selbst verbunden werden, als die Idee der Vorstellung (repraesentatio), was auch immer diese Vorstellung oder Wahrnehmung (perceptio) sein mag."141 Wenige Sätze später hebt Ploucquet hervor, wie leicht seine Definition zu verfehlen sei, daß „das Formale der Substanz in sich jene Kraft oder aktives Prinzip des Sichselbstmanifestierens" ausmache: „Immer kehrt jenen, die diese Materie im Überlegen nicht ausgeschöpft haben, in der Phantasie zurück, daß ein Subjekt ohne eingeborene Kraft subsistieren könne."142
140
141 142
a. a. O. S. 174. a. a. O. S. 174/5. a. a. O. S. 176.
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Aus der definitionsgemäß notwendigen Bestimmtheit der Kraft des Wahrnehmens 143 wird sodann auf die Gemeinschaft der Monaden geschlossen, die also nur in einem gegenseitigen Sichwahrnehmen, in einem Verhältnis ähnlicher eingedrückter Bilder besteht. „Es ist freilich der Monade A ein Bild eingedrückt, oder ein gewisses Schema, das mit dem Prinzip des Handelns zusammenfällt. Wenn irgendeine Ähnlichkeit dieses Bildes der Monade B eingedrückt wird (imprimatur), so nennt man B durch A eingeschränkt (limitata)."144 Erst wenn die bloße Vorstellungshaftigkeit dieses Verhältnisses erfaßt ist, dürfen, laut Ploucquet, die systematischen Bemühungen zur Erklärung der phänomenalen Welt, zur Ableitung von Raum und Zeit, von Ausdehnung und Bewegung der Körper übergehen. Wer hingegen die Monaden für physische Punkte hält, hat die Trennung dieser Schritte übersehen. Er setzt ein solches Verhältnis derselben voraus, daß jede in eine bestimmte Ordnung neben die anderen gestellt wird. Dies Außereinander und Beieinander aber „ist bloß etwas Geometrisches, was dennoch (...) in der Tätigkeit der Denkkraft früher begriffen wird, als die einfachen Teile selbst, durch welche Kraft auch immer letztlich dargestellt. Wenn aber das Außerhalb von Natur aus früher ist, als die Kraft oder die existierende Realität, so wird der absolute Raum eingeführt, obgleich er doch aus dem Leibnizianischen System hinausgeworfen war und in der Tat aufgrund unauflöslicher Schwierigkeiten schädlich, ja sogar dessen Absurdität beweisbar ist"145. Die im folgenden gegebenen direkten und indirekten Argumente wider den absoluten Raum wenden sich daher nicht nur gegen Clarkes und Eulers Position, sondern ebenso gegen das physizistische Monadenverständnis der ersten Vertreter der Leibniz—Wölfischen Schulphilosophie146. Noch größere Bedeutung jedoch als diesen Beweisen muß man wohl Ploucquets Versuch zuerkennen, den Begriff des relativen Raums schärfer zu formulieren. Vor Lambert147 und Kant148 hat er die Gefahr eines vitiösen Zirkels in der Definition desselben deutlich erkannt. Hat nämlich der Raum sein Fundament in der Koexistenz mehrerer Zustände der Substanzen, so gilt es, den Koexistenzbegriff von jegli143
144 145
146
147 148
„Weil in jeder Monade ... eine Kraft des Wahrnehmens ist, diese aber bestimmt sein muß, da sie ja individuell ist; so muß nach dem Fundament dieser Bestimmung geforscht werden. Jede Bestimmung und Einschränkung (limitatio) schließt eine Relation mehrerer ein. Weil also mehrere Monaden existieren; ist ihre Einschränkung zu suchen im formalen Verhältnis jenes Aggregats." (a. a. O. S. 178). a. a. O. S. 178. a. a. O. S. 168. Unter den direkten Argumenten hält auch Ploucquet die theologische Schwierigkeit für entscheidend: Wäre der Raum absolut und notwendig, „existierte Gott in einem begrenzten Raum, oder in einem unbegrenzten, oder in einem Punkt, oder bald in einem Punkt, bald in einem unbegrenzten oder begrenzten Raum". Da dies alles gleicherweise unmöglich ist, weil die göttliche Substanz als ein uneingeschränktes, in sich eines, allgegenwärtiges und unveränderliches Reales definiert ist, und die göttliche Existenz folglich undenkbar würde, ist die Ausgangshypothese aufzugeben, (a. a. O. S. 186).
a. a. O., Organon § 684, u. Architektonik § 541. AA II 404.
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eher räumlicher Bestimmung freizuhalten und ein bloß vorstellungshartes Handeln der Monaden ineinander vorauszusetzen. Seinem Definitionsversuch148 fügt Ploucquet die Bemerkung hinzu: „Ich wünschte, daß mich jemand mit einer besseren Definition unterrichtete, in der aber folgende Wörter nicht angetroffen werden dürfen: zugleich, nach, zur selben Zeit, vergangen, nicht weiter, beieinander, außerhalb, usw.; d. i. solche Wörter nicht in die Definition gelangen dürfen, deren Definition doch gesucht wird."150 Daß mit einer solchen Absonderung des reinen Sinnes der Monadenlehre auch das Verhältnis zwischen Metaphysik und Mathematik schärfer gefaßt werden kann, ist leicht abzusehen. Die Metaphysik muß zur Erkenntnis der ersten Gründe hinausgehen und vermag dann zu zeigen, daß die geometrischen Definitionen keine Erdichtungen, sondern mit der materiellen Welt wesentlich verbunden sind und zur Erklärung der Naturwirkungen taugen151. Überblickt man Ploucquets Raumtheorie von 1748, so steht nichts entgegen, auf sie die von Kant genannte These, „daß der Raum nur zu der Erscheinung äußerer Dinge gehöre"152, zu beziehen. Wenn jene Anmerkung der MAN wenige Sätze später ein bereinigtes Leibniz-Verständnis zur Sprache bringt, kann das Urteil des Interpreten durchaus lauten: Kant nimmt Ploucquets frühes Anliegen eines nicht-physischen Verständnisses der gesamten Monadologie wieder auf. Und es läßt sich zwecks näherer Bestimmung noch hinzufügen: Die Aufnahme dieses Anliegens geschieht auf andere Weise als bei Eberhard und Mendelssohn. Auch diese Autoren nämlich haben sich mit wachsendem Interesse um eine systematisch einwandfreiere 149
150 151 152
Die Zeit definiert Ploucquet entsprechend durch die Grund-Folge-Beziehung als einseitiges vorstellungshaftes Handlungsverhältnis der Monaden. — Kant schreibt Jahrzehnte später ähnliche Definitionen Leibniz zu: „Wenn ich mir durch den bloßen Verstand äußere Verhältnisse der Dinge vorstellen will, so kann dieses nur vermittelst eines Begriffs ihrer wechselseitigen Wirkung geschehen; und soll ich einen Zustand eben desselben Dinges mit einem ändern Zustande verknüpfen, so kann dieses nur in der Ordnung der Gründe und Folgen geschehen. So dachte sich also Leibniz den Raum als eine gewisse Ordnung in der Gemeinschaft der Substanzen und die Zeit als die dynamische Folge ihrer Zustände" (KrV A 275). Die Amphibolie-Vorwürfe richten sich also nicht an das schulmäßige, sondern an ein schon ins Reine gebrachtes Verständnis der Monadologie. Es ist nicht wenig verwirrend zu sehen, daß sich Kants Leibniz-Kritik zugleich auf mehreren Ebenen bewegt, ja sogar innerhalb der untersten, derjenigen also, die sich gegen den von der Wolff-Schule projektierten Leibniz wendet, noch einmal zwischen ,grobem* und ,feinem* Monadismus unterscheidet (KrV B 469). Beiden Richtungen schreibt Kant jenen Mißverstand zu, von dem in unserer Textstelle aus den MAN die Rede ist. Denn da macht es keinen Unterschied, ob Raum und Ausdehnung durch bloße Aggregation physischer Punkte oder durch ein dynamisches Verhältnis zwischen Kraftzentren gegründet werden sollen. So nämlich, im Sinne der früheren physischen Monadologie Kants, muß wohl die gegenwärtige Textstelle verstanden werden, wenn sie von „Gegenständen äußerer Anschauung" — und nicht des bloßen Verstandes, wie A 275 — spricht. Beide Richtungen des Monadismus ziehen das Phänomenale in die reine Gemeinschaft der Substanzen, unterstellen einen Raum an sich für das Diskrete und „chikanieren" mit der am Raumkontinuum tätigen Mathematik. a. a. O. S. 188. a. a. O. S. 190 u. 239. AA IV 507.
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Fassung der schulmäßig überlieferten Monadenlehre bemüht. Ihnen ist das Problem einer Ableitung des Phänomenalen aus bloßen Vorstellungsverhältnissen der Monaden ebenfalls begegnet, und sie haben zu jener Frage, die wohl als eine der Vexierfragen eines reinen Leibniz-Verständnisses gelten darf, ob nämlich ein wirkliches Unendliches in der Welt, insbesondere hinsichtlich ihrer raumzeitlichen Ausdehnung und der Geteiltheit der Materie, angenommen werden darf153, Stellung bezogen. Eberhard sah die Aufgabe, das sinnlich-bildhafte Vorstellen des entsprechenden Monadenaggregats schärfer von dem Denken des Einfachen und der allgemeinen Eigenschaften dieses Aggregats zu trennen. Er unterschied Ursprung und Inhalt beider Vorstellungsarten154. Doch ihr Gegenstand wurde weiterhin als substantiell identisch angesehen. So ist es erklärlich, daß er das Apriorische zu dem sinnlichen Bild des Raumes, statt in einer reinen Sinnlichkeit, in einem angeborenen intellektuellen Selbstverhältnis der immer schon mit Dingvorstellungen beschäftigten Seele vermutete155. Diesen dunklen objektiven Grund zum Bild des Raumes, verbunden mit einem subjektiven Grund, der durch die Schranken der Erkenntniskraft der menschlichen Seele gegeben ist, nannte Eberhard den intuitiven Begriff des Raumes. Mit dem Hinweis auf die Geltungspriorität dieses Begriffs vor dem bei Gelegenheit einer Empfindung gebildeten deutlichen Raumbegriff, dem in der menschlichen Erkenntnis ein Erwerbungsvorrang zugesprochen werden muß, konnte er zwar einen Zirkelverdacht bezüglich der Verwendung des Nebeneinander* in der Definition des letzteren zurückweisen, nicht aber zur Klärung der Beziehung zwischen dem allgemein gedachten Nebeneinander' des idealen Raumes zu dem bildhaft vorgestellten Nebeneinander4 der empirischen und der abstrakten mathematischen Räume beitragen 156. Wenn Eberhard die Möglichkeit ignoriert, daß sich gerade in diese Analogiebeziehung ein Zirkel eingeschlichen haben könnte, und wenn er den Gedanken eines unendlichen einschränkbaren Raumes in der Geometrie und eines kosmologischen Infinitismus weit von sich weist157, so ist er in den relevanten Fragen des leibnizianischen Phänomenalismus trotz seines vermögenstheoretischen reflektierten Ansatzes über den Standpunkt Gottscheds nicht hinausgekommen. Mendelssohn hingegen hat die Gefahr des zirkulären »Nebeneinander* in Rechnung gezogen und ihr, ebenso wie Ploucquet, mit einer logifizierten Fassung des ursprünglichen Monadenverhältnisses entgegenzutreten versucht158. Und wie dieser hat er „das Unendliche in der 153
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Gemäß seinem Ansatz bei einem von aller Raumbegrifflichkeit bereinigten Substanzbegriff fand Ploucquet Leibnizens Behauptung einer unendlichen Geteiltheit der Materie unverständlich. Sie erschien ihm als eine unerlaubte Einbringung des mathematischen Verfahrens der Gewinnung von Punkten aus der unendlichen Teilung der Linie in die Sphäre der Metaphysik (vgl. a. a. O. S. 167 u. 233; Methodus § CXXXVIII). Die Annahme einer unendlich ausgedehnten Welt hingegen hielt er für eine notwendige Konsequenz seines monadologischen Systems (vgl. Methodus § L). Vgl. a. a. O., Philosophisches Magazin 2. Band 3. Stück S. 381. Vgl. a. a. O. 1. Band 4. Stück S. 390. Vgl. A. Altmann, a. a. O. S. 339. Vgl. a. a. O. 3. Band 1. Stück S. 102 f. Vgl. Brief an Kant vom 25. 12. 1770; sowie: A. Altmann, a. a. O. S. 335 f.
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Natur" entdeckt, welches er sogar auf die teilbare Materie bezog159. In seinen Frühschriften, die nur die Alternative zwischen der — für unannehmbar gehaltenen — Behauptung einer unendlichen Menge der Weltmonaden und der Annahme einer bestimmten Anzahl derselben berücksichtigten, war ihm ein solches Unendliches noch unbekannt160. Die spätere Entdeckung desselben bewog ihn jedoch, die Vermögen des Verstandes und der Sinnlichkeit — anders als Eberhard — bloß graduell zu unterscheiden161 und auf ein und dieselbe Sphäre der wirkenden und leidenden Dinge selbst zu beziehen, so allerdings, daß er die erzielte Erkenntnis einem ausnahmslos analogischen Sprechen über jenes substantielle Innere der Dinge gleichsetzte, welches selbst niemals Thema irgendeiner Art von Erkenntnis — auch der übermenschlichen nicht — werden kann162 und sich uns allein im Falle unseres Selbstbewußtseins als ein von allen Bildern im göttlichen Verstand unterschiedenes, urbildliches Dasein ankündigt163. Unsere Begriffe gelten Mendelssohn nunmehr als ein anerschaffener Abdruck der allerhöchsten Unendlichkeit164, sie enthalten nicht nur Merkmalskomplexe, sondern umfassen die Allheit des Einzelnen, ohne daß diese allerdings dem endlichen Verstand je durchschaubar würde, und der Raumbegriff zielt nicht nur auf eine Ordnung der „hypothetisch verträglichen" Dinge165, sondern auch auf eine unendliche einschränkbare Größe, die allen ihren Teilen immer schon vorausgesetzt ist. Daß eine solche, von Mendelssohn nur in Andeutungen ausgeführte Lehre zu einem empirischen Idealismus tendiert, der keineswegs dazu dient, das Monadenverständnis aus physischen Zusammenhängen zu befreien, hat Kant gesehen166. Er konnte sie, mit gleichem Recht wie Eberhards Theorie, der mißdeutenden Gegnerschaft des „großen Mannes" zurechnen. Auch ihrem doppelten Raumverständnis stand dessen These von der ausschließlichen Phänomenalität des Raumes entgegen. Aber hat Ploucquet eine solche These „mehrmals" vorgebracht, wie es in unserer Textstelle heißt? Und inwiefern hätte sich die Interpretation im Sinne eines Anschauungsform-Idealismus angeboten, obgleich doch in seiner Preisschrift nur von dem objektiven Grund des Raums im Wahrnehmungsverhältnis der Monaden die Rede war? 159 160 161
162 163 164
165 166
Vgl. M. Mendelssohn, Philosophische Gespräche (2. Fassung 1771), GS (JA) I 363. Vgl. Philosophische Gespräche (l. Fassung 1755), GS (JA) I 27.
Vgl. Morgenstunden, GS (JA) III.2 139. Kant hat wohl nur Mendelssohns, nicht aber Eberhards Auffassung über die Quelle unserer Erkenntnis für eine denkbare Alternative zur eigenen Leibniz-Auslegung gehalten. Er umschrieb das dort zugrundeliegende Modell folgendermaßen: „die Anschauung ist dem Objekte nach ganz intellektuell, d. i. wir schauen die Dinge an, wie sie an sich sind, und alsdenn besteht die Sinnlichkeit lediglich in der Verworrenheit, die von einer solchen vielbefassenden Anschauung unzertrennlich ist" (AA VIII 219). Vgl. Morgenstunden, GS (JA) III.2 60. Vgl. Morgenstunden, GS (JA) III.2 117 ff. Vgl. a. a. O. GS (JA) I 363. Brief an Kant vom 25. 12. 1770. s. o. Abschn. I.
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Beide Fragen lassen sich leicht beantworten, wenn man Ploucquets nächstes Hauptwerk167 in Betracht zieht. Denn dort wird zwar der Versuch einer monadologischen Grundlegung des Raumbegriffs aufgegeben, aber eben zugunsten einer neuen Theorie, die sich immer noch unter der von Kant genannten These subsumieren läßt. Ein zweites Mal nehmen Ploucquets Deduktionen ihren Ausgang von der Definition der Substanzen als sich offenbare (sich manifeste) Prinzipien. Alternative Bestimmungen, welche letzte Körperteilchen (Lockes Atome), apperzeptionsfreie Monaden (Baumgartens ,schlummernde Monaden'), kleinste Elemente, die sich nur in Gedanken weiter teilen lassen (Crusius' Elemente), physische Punkte oder bewegungskräftige Körperelemente (Gottscheds oder Bilfingers subtile Materieteile) für die eigentlichen Substanzen halten, werden abgewiesen168. Ploucquet fragt zunächst nach der Existenz und den unterscheidbaren Attributen solcher Substanzen und stößt dabei auf das Problem, daß aufgrund ihrer Definition endliche Substanzen im Hinblick auf die Existenz unabhängig voneinander sind, wir aber um uns herum eine Verknüpfung der Dinge sehen, „oder zumindest eine gewisse reale Kommunikation der Substanzen untereinander uns erscheint". Die Natur „dieser Phänomene, aus denen wir auf die wechselseitige Verknüpfung der Dinge untereinander schließen", ist näher zu untersuchen169. Ploucquets nun folgende Betrachtung stellt sich bewußt unter das Vorurteil der Realität der Außenwelt, gerät aber damit angesichts der an den Körpern zuerst ins Auge fallenden Phänomene der Teilbarkeit und Veränderlichkeit in den Widerspruch zweier wohlbegründeter Ansichten. Unversöhnlich stehen sich gegenüber Beweise für und gegen die Teilbarkeit der Materie ins Unendliche, sowie die Wahrnehmung des Bewegungsphänomens und die bekannten eleatischen Zweifel hinsichtlich des Ursprungs und des Wesens der Bewegung170. Aber auch wenn man bis auf den Grund dieser Phänomene vordringt, auch wenn man also unsere Ideen von Raum und Zeit näher untersucht, läßt sich der Widerspruch zunächst nicht beseitigen. Um dies zu zeigen, beginnt Ploucquet bei dem gewöhnlichen Raumverständnis, das seinen Erfahrungen mit dem Gesichtssinn entsprechend den Begriff eines absoluten Raumbehältnisses bildet, um Körper voneinander unterscheiden zu können. Für einen solchen Begriff lassen sich sechs Argumente anführen: (1) die Nichtangewiesenheit der Raumidee auf die Idee der Körper, (2) die Möglichkeit eines durch Gott 167 168
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a. a. O., Principia, 1753. a. a. O. Cap. II. a. a. O. Cap. V. Anders als 1748 hebt Ploucquet hier besonders die Grenzen der endlichen Substanzen hervor, die in ihrer Selbstmanifestation unmittelbar anzutreffen sind: die begrenzte Wahrnehmungskraft, die Veränderlichkeit, die Passivität und die gegenseitige Unabhängigkeit in Ansehung der Existenz, „weil, was die eigene Realität von einem anderen hat, eine gleiche Realität nicht selbst hervorbringen kann". Es „kann nicht mit seinen Kräften, die aus der eigenen Quelle fliessen, die Realitäten in einer anderen Substanz verändern, weil aus der Offenbarheit seiner nicht die Offenbarheit der anderen fließt, und die Setzung der einen Substanz nicht das aktuale Commercium mit der anderen schon mit sich bringt" (S. 35). a. a. O. Cap. VI/VII.
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verursachten Vakuums, etwa in einer zuvor mit Materie erfüllten Kugel, (3) die Denkbarkeit weiterer Körper jenseits der erschaffenen Figur eines endlichen, aber im Umfang als stets erweiterbar vorgestellten Körper Systems, (4) eben diese Denkbarkeit unter der umgekehrten Voraussetzung eines im Umfang durch einen göttlichen Annihilationsakt beliebig reduzierbaren Körpersystems, (5) die Unterscheidbarkeit bewegter und ruhender Körper im Vakuum und (6) die Denkbarkeit der Distanz zwischen zwei abstrahiert von allem anderen gesetzten Kugeln. Vier Argumente sprechen dagegen: (1) die zureichend in den Körpern begründete Eindeutigkeit der Richtung aller Bewegung, (2) die Rückführbarkeit der absoluten Raumvorstellung auf einen natürlichen Mißverstand, (3) die Möglichkeit, vertauschte Lagen überhaupt denken zu können, und (4) die Unmöglichkeit einer Raumvorstellung überhaupt, solange die Seele nicht von Körpern affiziert wird171. Angesichts dieses ursprünglichen Dilemmas im Bereich des Phänomenalen entscheidet sich Ploucquet auf andere Weise gegen die positiven Argumente als noch wenige Jahre zuvor: „Ich verlange nicht, daß einzig die Existenz der Körper den Raum erzeugt, welche Meinung ich selbst bevorzugt habe."172 Es gilt vielmehr zweierlei: Der Raum wäre nur „etwas Absolutes, wenn er außerhalb aller Vorstellung subsistierte". Dies liegt aber gar nicht in jenem Raumbegriff, der sich auf die gewöhnliche Unterscheidungs- und Abstraktionserfahrung, welche mit dem Gesichtssinn angestellt wird, beruft, denn da bleibt der Begriff unablöslich mit dem Vorstellen verbunden. Andererseits wäre der Raum etwas Relatives, wenn seine Idee von der Idee der Körper abhinge. Aber „den Raum ohne Körper vorzustellen, ist nichts Absurdes"173. Ploucquet sieht daher nur noch eine Möglichkeit der Bestimmung: Der Raum „ist etwas Ideales, das im vorstellenden Wesen (in ente repraesentativo) seine Wurzel hat"174. Daß diese Bestimmung nicht im Sinne eines bodenlosen Idealismus zu verstehen ist, daß also die phänomenale Welt nicht als bloßer Schein zu gelten hat, sondern einzuräumen ist, daß die im Raum verknüpften Körper „unter derselben Form existieren würden", auch wenn „alle Vorstellungen der endlichen Geister aufgehoben wären"175, zeigt sich, wenn man Ploucquets erkenntnistheoretische Befunde hinzuzieht. Diese nämlich enthalten eine Kritik eben jener dem Idealismus zuarbeitenden These von Leibniz, daß alle Vorstellungen „aus dem inneren Fundus der Seele fließen": Daß nicht bloß willkürliche Vorstellungen, sondern auch Wahrnehmungen in der Seele selbst entspringen sollen, sei mit dem Prinzip der Apperzeption, wie es in der Selbstoffenbarheit der endlichen Wesen angetroffen wird, nicht zu vereinbaren176. Da es, wie Ploucquet — mit Descartes — der unmittelbaren Selbstgewißheit 171 172 173
174 175 176
a. a. O. Cap. VIII. a. a. O. S. 170. a. a. O. S. 170. a. a. O. S. 171. Diese These wird im Text nur für die Zeit ausgesprochen, darf aber gemäß der einleitenden Bemerkungen desselben Kapitels auch auf den Raum bezogen werden. a. a. O. S. 357. a. a. O. Cap. IX.
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des Ich entnimmt, in endlichen Geistern keine Wahrnehmung ohne Apperzeption gibt, mag diese auch deutliche Selbstreflexion oder bloß ein lebendiges Selbstgefühl sein, muß der gesamte Vorstellungsbesitz einer sinnlichen Welt abgesondert und einem anderen Ursprungsprinzip als der sich offenbaren Substanz zugeschrieben werden. Wie soll aber die Empfindung von außen verursacht sein, wenn sich doch eine Einwirkung der endlichen Substanzen untereinander von ihrer Definition her verbietet?177 Ploucquet löst dies Problem im Rückgriff auf das bekannte Theorem Malebranches, daß sich alle äußeren Dinge allein in Gott schauen lassen. Indem die Substanzen in Gott als existierende vorgestellt und auf diese Weise miteinander verbunden sind, wirken sie ineinander auf mittelbare Weise, nämlich „vermittels des offenbaren Prinzips, das in Gott Gott selbst ist"178. Es wird damit eine Verbesserung des alten (scholastischen) Modells des Realinfluxus vorgeschlagen, die sich von anderen (Wolffs, Gottscheds, Kants) darin unterscheidet, daß das Prinzip des wechselseitigen Handelns, welches das Weltsystem konstituiert, nicht bloß in der inneren Anlage der Substanzen, mag diese auch nicht schon mit dem Wesen derselben, sondern erst durch eine zweite Schöpfungstat179 gegeben sein, gesucht wird. Dies Modell gibt Auskunft über den Ursprung unserer Empfindungen: „Gott erkennt alle möglichen Offenbarungen (in den Substanzen) zugleich, also auch diejenigen, die als sinnliche Wahrnehmungen hineinkommen."180 Wenn „weder aus der Kombination der empfindenden Substanzen eine solche Vorstellung wie die Empfindung erzeugt wird, noch aus der Natur Gottes, insofern er auf uns wirkt, eine solche Vorstellung notwendig fließt, und überdies die Natur der Substanz in einem wahrnehmenden Prinzip gesetzt wird, das mit aller Ausdehnung und Zusammensetzung unvereinbar ist; so bleibt nur, daß wir von den realen Vorstellungen Gottes diese Art des Wahrnehmens ableiten, und zwar so, daß Gott durch seine reale Vision der auf die Seele bezogenen Welt dasjenige in der Seele konstituiert, was reale Bilder solcher Art formt, und mit dem gesamten von Gott gesehenen Universum übereinkommt"181. Ploucquet hat also seinen früheren Ansatz aufgegeben: Den letzten Grund des Phänomenalen vermag die traditionelle Monadenlehre nicht anzugeben. Das Kontinuierliche an den Sinnesempfindungen erklärt sich nicht aus verworrenem Vorstellen einfacher Substanzen, die selbst wiederum über einen anerschaffenen Fundus solcher Vorstellungen verfügen182. Ein gegründetes Wissen haben wir zunächst nur von einfachen Substanzen als sich offenbaren Prinzipien, aber „niemals läßt sich im Phänomen etwas aufdecken, was eine gewisse Affinität oder irgendeine Proportion 177 178 179 180
181 182
a. a. O. S. 107/8. a. a. O. S. 114. Vgl. AA l 413. a. a. O. S. 122. a. a. O. S. 123/4. a. a. O. S. 123. Ähnlich lautet auch Eulers Kritik in den Briefen an eine deutsche Prinzessin. (a. a. O. 130. Brief).
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mit den Selbstmanifestationen hat."183 Stellen sich also die sich selbst offenbaren Monaden materiale Phänomene vor, so liegt der objektive Grund dazu vielmehr in der realen göttlichen Vorstellung. Gott sieht das „Fundament aller Phänomene, oder solche Ideen in sich, aus denen durch verschiedene Zusammensetzungen, Teilungen, Proportionen und Grade alle zusammengesetzten Phänomene mit ihren Regularitäten abgeleitet werden können."184 Aber er stellt sich nicht nur den Komplex der koexistierenden Phänomene vor, sondern auch, „was aus dem Gesetz der weisesten Übereinkunft heraus gemäß ausgesuchten Regeln diesen oder jenen Zustand des Universums fortführen muß"185, so daß „in den göttlichen Vorstellungen ein Zustand aus dem anderen objektiv entsteht" und Veränderungen der Zustände in der existierenden Welt wahrgenommen werden können. Die Vorstellung Gottes ist „Quelle jeder Realität und Existenz"186, sowohl für die Körper und ihre Veränderungen — als substantielle und wohlfundierte Phänomene im nicht-leibnizianischen Sinne —, als auch für die konkreten subjektiven Vorstellungen derselben durch die endlichen Geister, welche nicht weniger Gegenstand der göttlichen Realvision sind: „als auf diese oder jene Weise denkende und systematisch in ihren Ideen verbundene" Wesen187. Auch der endliche Nachvollzug des objektiven Vorstellens, das abstrakte, unter mathematischen Regeln faßbare Denken der unendlichen Gegenstände der Realvision betrifft keine bloßen Phantasmen. Der reale und der ideale (ohne äußere Dinge in der Vorstellung formierbare) Raum müssen nicht mehr, wie der monadologische Ansatz der Schultradition verlangt hatte, auf verschiedene Gegenstandssphären bezogen werden. Beide entspringen ja ein und derselben Quelle: „Die ursprüngliche Wurzel des Raumes ist Gottes Vorstellung, kraft deren er das denkt, was sich unserer Einbildung im Raumvorstellen zeigt."188 Wir haben objektiv mit einer Teilbarkeit der Materie ins Unendliche zu rechnen, mag sie auch subjektiv über die Fähigkeit unseres Wahrnehmens hinausreichen. Denn die Materie — wie auch ihre Veränderung oder Bewegung — hat nicht in einem Aggregat der Substanzen, sondern in der Realvision Gottes ihren Ursprung189. Nur eine solche Deduktion bewahrt davor, sich bei Betrachtungen über die Natur der Phänomene in die abgründigen Paradoxien des Skeptizismus zu verwickeln. Zweifellos hat Ploucquet mit einem solchen Raumbegriff einen akzeptablen Ausweg aus der Leibniz—Clarkeschen Kontroverse, deren fortgesetzte Diskussion sonst kaum ein neues Argument erbracht hatte, erarbeitet. Einer Zeit, die vornehmlich um Annäherung der Leibnizianischen Metaphysik an Lockes Beobachtungen des menschlichen Verstandes bemüht war, mochte sein Ausgriff in das Mystische vielleicht zu gewagt erscheinen. Der Begriff einer intellektuellen Anschauung wurde ja 183 184 185
186 187 188
189
a. a. O. S. 148. a. a. O. S. 124. a. a. O. S. 150.
a. a. O. S. 357.
a. a. O. S. 319. a. a. O. S. 170. a. a. O. S. 160/1.
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schon wenige Jahre später nicht mehr im Sinne Malebranches verwandt — jedenfalls in systematischen Zusammenhängen —, sondern auf die Selbstgewißheit des Ich bezogen, sei es aufgrund eines passiven190 oder eines spontanen und doch diskursiv nicht zu fassenden Vermögens191. Doch abgesehen von diesem Ausgriff wäre immer noch der Gedanke eines abgesonderten Wahrnehmungsvermögens mit einer Form, deren Geltung über das Subjekt und sein jeweiliges Wahrnehmen hinausreicht, bemerkenswert geblieben. Ploucquets originelle Wendung des leibnizianischen Phänomenalismus hätte also durchaus Anlaß zu einem Raumverständnis geben können, das einerseits bei der subjektiven Form als Bedingung all unseres Anschauens stehenbleibt, andererseits aber als korrespondierende objektive Grundlage ein Commercium der ohne ein unmittelbares Verhältnis zum Raum gedachten Substanzen selbst — und zwar nicht bloß der apperzeptiven192 —, mithin eine intelligible Welt nicht ausschließt. Diesen Anlaß nicht wahrgenommen zu haben, scheint gerade jener Vorwurf zu sein, den Kant in der Anmerkung zum vierten dynamischen Lehrsatz der MAN an die Adresse der Nachfolger Wolffs richtete. Ploucquet schrieb: „So existiert der Raum weder durch sich, noch hängt er von der Idee der Körper ab, sondern von den Vorstellungen." „Die Vorstellung macht Raum und Zeit, nicht findet sie (beide) oder setzt sie voraus außerhalb der Vorstellung."193 Sollte Kant eben diese Sätze vor Augen gehabt haben, als er anläßlich einer philosophiegeschichtlich eingekleideten Sondierung des Problems der unendlichen Teilbarkeit des Raums, sowie der Materie in ihm, der „gegründeten Erinnerung" eines großen Mannes gedachte?"
190 Ygj etwa J. Schultz, Rezension zu Kants Inauguraldissertation (2. Teil), in: R. Brandt, Materialien, a. a. O. S. 64: „Dieser intuitus ist deshalb nichts destoweniger leidend, denn die Seele wird hier eben sowohl von der Gegenwart der innern Objekte afficiert, als es bei der äußerlichen Empfindung von der Gegenwart der äußeren geschieht." 191 Vgl. R 4723: „Erscheinungen sind Vorstellungen, so fern wir afficiert werden. Die Vorstellung von unsrer (freien) Selbsttätigkeit ist eine solche, da wir nicht afficiert werden, folglich nicht Erscheinung, sondern Apperzeption." (AA XVII 688); sowie: KrV B 574, u. AA IV 334. P. Gotz glaubt darüber hinaus in Kants Reflexionen und Schriften zwischen 1763 und 68 einen auf Raum und Zeit bezogenen Begriff der intellektuellen Anschauung anzutreffen. In diesem Sinne, nicht im Sinne der unmittelbaren Gewißheit eines unerweislichen Urteils, möchte er das Wissen um die Realität des Raumes, „welche dem inneren Sinne anschauend genug ist" (AA II 383), wie es Kant in dem Artikel über die Gegenden im Raum exponiert hat, verstehen (a. a. O. S. 173). 192 Ygj ^ Hypothese in MetMrong: „Die Körper selbst können vielleicht aus einfachen Teilen bestehen, aber nicht die Erscheinungen, denn sie sind nicht die Körper selbst" (a. a. O. S. 930). 193 a. a. O., Principia-, S. 170. Meinem Lehrer Prof. Dr. Peter Baumanns und dem evg. Studienwerk Villigst bin ich sehr zu Dank verpflichtet.
Immanuel Kant on Language and Poetry: Poetry without Language* by Tomas Hlobil, Olomouc In the Critique of Judgment, S 491, Immanuel Kant identified the nature of the fine arts — including poetry (Dichtkunst) — äs the presence of the spirit (Geist), or the ability to express, to exhibit2 (darstellen) aesthetic ideas3 (ästhetische Ideen). Poetry achieves this "durch Vorstellungen der bloßen Einbildungskraft4, die durch Worte aufgeregt werden"5. Therefore, Immanuel Kant classifies poetry, together with rhetoric, äs arts of Speech (die redenden Künste). Classifying poetry äs an art of speech suggests that the difference between Kant's approach and the positions taken by present literary theory is not that of principle. In both approaches, poetry (literature) seems to represent primarily a linguistic phenomenon. Was poetry really an art of speech for Kant? It is impossible to answer this question without a detailed analysis of Kant's opinions on language and of his conception of aesthetic ideas. The initial point of Kant's transcendental logic of cognition was the unified manifold of consciousness, a transcendental synthesis called apperception. Kant conceived the consciousness of a person's own ego (self-consciousness) äs the most original human ability (Vermögen) — the power to think. This power is not derived from anything. It is a natural human quality, "selbst wenn er /i. e., der Mensch/ das Ich noch nicht sprechen kann (my emphasis)6; weil er es doch in Gedanken hat"7. This may explain why Kant's works focus only marginally on language issues and language communication8, although his philosophy directly influenced the * This study was supported by GA CR: grant No. 408/95/0880. 1 Kr.d.U., Ak (Akademie-Ausgabe) V, 313-314. The English equivalents of Kant's terminology are taken from the English version of I. Kant, Critique of Judgment. Translated, with an Introduction, by W. S. Pluhar. With a Foreword by M. J. Gregor. Indianapolis 1987. 3 On Kant's concept of aesthetic ideas see P. Heintel, Die Bedeutung der Kritik der ästhetischen Urteilskraft für die transzendentale Systematik. Bonn 1970, pp. 52-56, 71-75, 127-128, 144-146. 4 On Kant's concept of Imagination see W. Biemel, Die Bedeutung von Kants Begründung der Ästhetik für die Philosophie der Kunst. Wien 1959, esp. p. 103. G. Wohlfahrt, Metakritik der Urteilskraft. Dissertation Frankfurt am Main 1970, pp. 96-118. 5 Kr.d.U.,Ak V, 321-322. 6 Emphases which are not indicated otherwise are Kant's own. 7 Anthropologie in pragmatischer Hinsicht, Ak VII, 127. 8 Kant's treatment of problems involving language has been highlighted by Heinz Kuchling: "In Kants Schriften finden sich nur wenige Bemerkungen zum Problemkreis Zeichen und 2
Kant-Studien 89. Jahrg., S. 35-43 © Walter de Gruyter 1998 ISSN 0022-8877
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following generation of German thinkers in their emphasis on language. Friedrich Schiller, Novalis, Friedrich Wilhelm Joseph Schelling and Wilhelm von Humboldt9 explored language, utilizing, and developing further the conclusions of Kant's criticism. First and foremost the theory of schematism, outlined in the second book of the first volume of the Critique of Pure Reason10, was a powerful force in setting the course in this direction. It is therefore quite appropriate to illustrate Kant's approach to language through a detailed analysis of this theory. Immanuel Kant conceived the schema (Schema) äs an entity mediating between two different spheres, i. e., pure concepts of understanding (reine Verstandesbegriffe) and empirical, sensuous intuitions (empirische, sinnliche Anschauungen). According to Kant, the schema makes possible to subsume endlessly manifold sensory appearances (Erscheinungen) under pure concepts of understanding, called categories. In the absence of this schema the pure concepts of understanding could not be related to objects, and they would not acquire any meaning, because the meaning "kommt ihnen von der Sinnlichkeit, die den Verstand realisiert, indem sie ihn zugleich restringiert"11. The categories without the schema would remain only functions of understanding in relation to concepts (Functionen des Verstandes zu Begriffen). They would not represent any object. Kant considered the possibility of resolving the question of the nature of schematism in an exhaustive way hardly realizable. He argues: "[DJieser Schematismus unseres Verstandes in Ansehung der Erscheinungen und ihrer bloßen Form ist eine verborgene Kunst in den Tiefen der menschlichen Seele, deren wahre Handgriffe wir der Natur schwerlich jemals abrathen, und sie unverdeckt vor Augen legen werden"12. One may only add that the schema is "eine vermittelnde Vorstellung"13
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Sprache. Offenbar sah er in der Sprache keinen Gegenstand, der /.../ einer näheren philosophischen Analyse zu unterwerfen ist. Für Kant sind sowohl Fragen der Bildung und der korrekten Verwendung von Begriffen und Urteilen als auch Fragen des korrekten formalen wie auch inhaltlichen Schließens Probleme, die das Vermögen des Verstandes und Denkens, nicht aber das der Sprache betreffen." H. Kuchling, Zur Sprachauffassung Kants. — In: H. Ley, P. Rüben, G. Stiehler (eds.), Zum Kantverständnis unserer Zeit. Beiträge marxistisch-leninistischer Kantforschung. Berlin 1975, pp. 122-133, particularly p. 122. See also J. Baader, Im Vorfeld der Vernunftkritik. Dissertation Frankfurt am Main 1980, pp. 35-48. For the relationship between Kant's criticism and the philosophy of language of Wilhelm von Humboldt see: E. Cassirer, Philosophie der symbolischen Formen. Vol. I Die Sprache. Darmstadt 1988, pp. 99—108. For the influence of Kant's philosophy on Novalis' and Schelling's ideas on language, see Note 18. Kr. d. r. V. B 176-187, Ak III, 133-139; A 137-147, Ak IV, 98-105. Ibid., B 187. Ibid., B 180-181. W. S. Pluhar (Introduction. — In: I. Kant, Critique of Judgment. Indianapolis 1987, p. 14, n. 17) is right in indicating that the traditional English equivalents "represent" and "representation" which stand for Kant's terms "Vorstellung" and "vorstellen" are inappropriate, because they suggest "that Kant's theory of perception (etc.) is representational, which, however, it is not". In addition, it is also inappropriate to translate the Kantian term "Vorstellung" with the English term "image" because in many cases, Kant's conception of "Vorstellung" was not imagistic at all. It was a deliberate difference from the German pre-
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which must be "rein (ohne alles Empirische) und doch einerseits intellectuell, andererseits sinnlich".14 The Schema cannot be identified with the image (Bild) in any way, because "das Bild ist ein Product des empirischen Vermögens der productiven Einbildungskraft, das Schema sinnlicher Begriffe (als der Figuren im Räume) ein Product und gleichsam ein Monogramm der reinen Einbildungskraft (my emph.) a priori, wodurch und wonach die Bilder allererst möglich werden, die aber mit dem Begriffe nur immer vermittelst des Schema, welches sie bezeichnen, verknüpft werden müssen, und an sich demselben nicht völlig congruiren. Dagegen ist das Schema eines reinen Verstandesbegriffs etwas, was in gar kein Bild gebracht werden kann, sondern ist nur die reine Synthesis (my emph.), gemäß einer Regel der Einheit nach Begriffen überhaupt, die die Kategorie ausdrückt, und ist ein transcedentales Product der Einbildungskraft (my emph.), welches die Bestimmung des inneren Sinnes überhaupt, nach Bedingungen seiner Form (der Zeit), in Ansehung aller Vorstellungen, betrifft, so fern diese der Einheit der Apperception gemäß a priori in einem Begriff zusammenhängen sollten."15 In the Critique ofPure Reason, Immanuel Kant did not connect the schema with language. He always characterized it only äs Vorstellung. For him the schema and, to a much greater extent the more intellectually constituted concept (Begriff), were no language entities, but rather structures of exclusively synthesizing activities of consciousness or, more precisely, those of transcendental Imagination. That is the reason why Kant compared the schema with the image (Bild), not with the word.16 Immanuel Kant returned to the issue of schematism once more in the Critique of Judgment. He did it in § 59 in connection with the speculation about the possibilities of exhibition (Darstellung) of our concepts. "Unsere Sprache — states Kant — ist voll von dergleichen indirecten Darstellungen nach einer Analogie, wodurch der Ausdruck nicht das eigentliche Schema für den Begriff (my emph.), sondern bloß ein Symbol für die Reflexion enthält."17 This passage may suggest that Kant understood language äs a medium for the concept's exhibition (Darstellung). The words of language mostly contain the actual schema and can also contingently become bearers of an analogy, i. e., symbols. This conclusion would put in doubt previous non-linguistic interpretations of schema-
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Kantian — Wolffian — philosophy which reflected even on "Begriff" äs an imagistic entity. The terms "presentation" and "present" suggested by Pluhar are more correct English equivalents but they have not äs yet gained currency in Kantian literature. However, even these terms are not able to follow the extent of the original German term "Vorstellung". This is the reason why I try to avoid the English equivalents. If it is necessary to translate the term "Vorstellung" in some cases, then, I will use the traditional terms "representation" and "represent". Kr. d. r. V., B 177. Ibid., B 181. This is also the reason why Kant's theory of schematism attracts the attention of contemporary critics of fine arts. See E. H. Gombrich, Art and Illusion: A Study in the Psychology ofPictorial Representation. London 1980, esp. Chapter II. Kr.d.U., AkV, 352.
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tism. But if we consider this Interpretation in the context of the entire paragraph, we will find out that besides the selected example, Immanuel Kant spoke about the Schemata exclusively äs if they were entities of consciousness, not of language. He characterized them äs one of two ways of representing (Vorstellungsart) or äs intuitions (Anschauungen). In addition, he consistently differentiated the exhibition (Darstellung) of concepts äs a way of representing (hypotyposis) which might be schematic or symbolic from common characterizations, i. e., "Bezeichnungen der Begriffe durch begleitende sinnliche Zeichen, die gar nichts zu der Anschauung des Objects Gehöriges enthalten, sondern nur jenen, nach dem Gesetze der Association (my emph.) der Einbildungskraft, mithin in subjectiver Absicht zum Mittel der Reproduction dienen; dergleichen sind entweder Worte (my emph.), oder sichtbare (algebraische, selbst mimische) Zeichen, als bloße Ausdrücke für Begriffe" (§ 59). In the Critique of Judgment äs well äs in the Critique of Pure Reason, Immanuel Kant identified the Schemata äs something deeper and more stable than only words. The functioning of language is ensured only by the rules of association. And it was just these theories, deriving human cognition from the ability to associate, which were to be replaced by Kant's transcendental logic of cognition. If the leading principle of language is the association principle, schematism cannot be directly applied to it. Therefore, again in the Critique of Judgment, Immanuel Kant related the Schemata exclusively to the power of the human consciousness: to Intuition (Anschauung] and representation (Vorstellung).18 In keeping with Karl-Otto Apel19, it may be stated that Kant's theory of cognition remained a "pre-semiotic theory". Let us turn our attention to the aesthetic ideas which Kant consistently dealt with in the Critique of Judgment. As mentioned earlier in the introduction, Immanuel Kant characterized poetry äs the art of expressing aesthetic ideas "durch Vorstellungen der bloßen Einbildungskraft, die durch Worte aufgeregt werden". This characteristic implies that poetry should consist of three components (from the viewpoint of the perception of a literary art work it would be more precise to speak 18
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Nevertheless, this section seems to provide a point of departure for Novalis' and Schelling's "schematic" approach to language (see F. W. J. Schelling, Philosophie der Kunst, § 39). For more details on the influence of Kant's theory of schematism on Novalis' Interpretation of the sign, see: R. W. Hannah, The Pichtean Dynamic of Novalis' Poetics. Stanford German Studies. Vol. 17. Bern/Frankfurt am Main/Las Vegas 1981, pp. 103-110. For the relationship between Kant and Schelling, see: W. Hogrebe, Kant und das Problem einer transzendentalen Semantik. Freiburg/München 1974, pp. 83 — 108. Hogrebe tries to set up an own model of transcendental semantics based on Kant's theory of schematism here. For the relationship between Kant's "non-linguistic" philosophy and later semiotic-communicative trends in philosophy (particularly Ch. S. Peirce and L. Wittgenstein), see: K.-O. Apel, Transformation der Philosophie. Vol. I, II. Frankfurt am Main 1973; J. Simon, Sprachphilosophische Aspekte der neueren Philosophiegeschichte. — In: J. Simon (ed.), Aspekte und Probleme der Sprachphilosophie. Freiburg/München 1974, pp. 7-68. K.-O. Apel, Szientismus oder transzendentale Hermeneutik? Zur Frage nach dem Subjekt der Zeicheninterpretation in der Semiotik des Pragmatismus. — In: K.-O. Apel, Transformation der Philosophie. Vol. II, 4th ed. Frankfurt am Main 1988, pp. 178-219, particularly p. 199.
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about three phases): the first is represented by words (Worte) or language; the second, by representations of the Imagination (Vorstellungen der Einbildungskraft}-, the third by aesthetic ideas (ästhetische Ideen}. What was the interrelationship of these components according to Immanuel Kant? The above presented quotation suggests that words function äs mediators in the relations to representations of Imagination and aesthetic ideas.20 Words excite (aufregen} representations of Imagination (or even aesthetic ideas), but they do not express them or, more exactly, they are not able to express them. According to Immanuel Kant, language itself is not able to exhibit (darstellen} aesthetic ideas. For äs an aesthetic idea can be considered only "diejenige Vorstellung der Einbildungskraft, die viel zu denken veranlaßt, ohne daß ihr doch irgend ein bestimmter Gedanke, d. i. Begriff adäquat sein kann, die folglich keine Sprache völlig erreicht und verständlich machen kann" (my emph.).21 The above quotation seems to define unambiguously not only the relationship between aesthetic ideas and language, but also that between aesthetic ideas and concepts (of understanding): an aesthetic idea does not correspond to any concept (Begriff). It is a counterpart to a rational idea äs concept (Begriff), which cannot be adequate to any Intuition (Anschauung}, or representation of Imagination (Vorstellung der Einbildungskraft}. Did Immanuel Kant really understand the relationship between aesthetic ideas and concepts äs a relationship of two irreconcilable opposites? The answer to this question is linked immediately with Kant's Interpretation of beauty. In § 51, Immanuel Kant characterized beauty (Schönheit} äs an expression of aesthetic ideas (Ausdruck ästhetischer Ideen}. There are two ways to express them: one is the way of nature, the other, of art. While the beauty of nature is a beautiful thing (schönes Ding}, the beauty of art is a beautiful representation of a thing (eine schöne Vorstellung von einem Dinge}22. If we want to make a judgement concerning natural beauty, we do not have to know what the judged object is supposed to be. But if we want to lable a work of art äs a beautiful creation, we have to know beforehand the purpose it is to serve. Immanuel Kant saw the difference between the beauty of nature and the beauty of art in the fact: "daß in der schönen Kunst diese Idee durch einen Begriff vom Object veranlaßt werden muß (my emph.), in der schönen Natur aber die bloße Reflexion über eine gegebene Anschauung, ohne Begriff (my emph.), von dem was der Gegenstand sein soll, zur Erweckung und Mittheilung der Idee, von welcher jenes Object als der Ausdruck betrachtet wird, hinreichend ist"23. A beautiful representation of a thing is "eigentlich nur die Form der Darstellung eines Begriffs" (my 20 21 22 23
Let us now pass from the relationship of the representations of Imagination to aesthetic ideas. Kr.d.U., AkV, 314. Ibid., AkV, 311. Ibid., Ak V, 320.
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emph.), the form by which the concept is universally communicated.24 Therefore, according to Immanuel Kant, the fine arts require a taste acquired by training, which will lead the genius towards an adequacy of free Imagination due to the laws of understanding, rather than the lawless freedom leading to richness and originality of the ideas, because Imagination without a law to aid it is able to create only nonsense (Unsinn).25 The axiom that in arts (unlike in nature) "muß /.../ zuerst ein Begriff (my emph.) von dem zum Grunde gelegt werden, was das Ding sein soll"26, has modified Kant's opinion of the relationship between aesthetic ideas and concepts: "Mit einem Worte, die ästhetische Idee ist eine einem gegebenen Begriffe beigesellte Vorstellung der Einbildungskraft (my emph.), welche mit einer solchen Mannigfaltigkeit der Teilvorstellungen in dem freien Gebrauche derselben verbunden ist, daß für sie kein Ausdruck, der einen bestimmten Begriff bezeichnet (my emph.), gefunden werden kann, die also zu einem Begriffe viel Unnennbares (my emph.) hinzu denken läßt, dessen Gefühl die Erkenntnißvermögen belebt und mit der Sprache, als bloßem Buchstaben, Geist (my emph.) verbindet."27 The aesthetic idea äs nature of poetry (of fine arts in general) does not merge with the concept (Begriff) even in this case, yet it is not any longer entirely inconsistent with it. The aesthetic idea, provided it is to achieve actualization, must be contained in a frame established by the concept. In the fine arts, äs Anthony Savile says pointedly, "we look to the representation to show us what the thing is like, to be informative in a certain manner. One that failed badly in this regard, by misrepresenting its subject, would be deficient in an important way. /.../ So äs far äs a beautiful work of representative art goes, we should find it incapable of satisfying us in the right way, incapable of expressing an enriching aesthetic idea or enlarging our thought about the topic it treats, unless this minimal requirement were met, a requirement imposed by our interest in having a representation at all."28 24 25 26 27 28
Ibid., Ak V, 312. Ibid., Ak V, 319. Ibid., Ak V, 311. Ibid., Ak V, 316. A. Savile, Kant o moznosti umeni (Kant on the possibility of art). Filosoficky casopis 42 (1994), pp. 421-446, particularly p. 441. An important question arises in this connection: To which extent was Kant's concept of fine arts imitative? Armand Nivelle (unlike Anthony Savile) has expressed a conviction that: "Das Verhältnis der Kunst zur Natur wandelt sich bei ihm von Grund auf. Die Kunst kann keine Naturnachahmung mehr sein; sie dient gleichsam der Natur zum Vorbild. Die Natur ist nur dann schön, wenn sie ähnlich wie die Kunst eine Zweckmäßigkeit aufweist. /.../ Da die Kunst wesentlich der Ausdruck einer subjektiven Zweckmäßigkeit unserer Vermögen ist, hat sie kein Bedürfnis mehr, sich von äußeren Kriterien und Maßstäben lenken zu lassen. /.../ Kant verkündet das Primat der Kunst vor der Natur." A. Nivelle, Kunst- und Dichtungstheorien zwischen Aufklärung und Klassik.2 Berlin/New York 1971, pp. 214, 227. Kant's dual conception of beauty which is very close to Francis Hutcheson's conception of relative and comparative beauty suggests that this question will still require a further and deeper investigation. See: F. Hutcheson, An Inquiry into the Original of our Ideas of Beauty and Virtue (1725). Facsimile, Hildesheim 1971, pp. 35-41.
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In the light of the above, it is obvious that Immanuel Kant made a remarkable effort to link aesthetic ideas äs representations of Imagination (inner opinions) with concepts of understanding. It should be pointed out that he did not make a similar effort to bring together aesthetic ideas and language. Their mutual inconsistency is reinforced in due course by his Suggestion in §53, that poetry "erweitert das Gemüth dadurch, daß sie die Einbildungskraft in Freiheit setzt und innerhalb den Schranken eines gegebenen Begriffs (my emph.) unter der unbegränzten Mannigfaltigkeit möglicher damit zusammenstimmender Formen diejenige darbietet, welche die Darstellung desselben mit einer Gedankenfülle verknüpft, der kein Sprachausdruck völlig adäquat ist, und sich also ästhetisch zu Ideen erhebt (my emph.)"29. The aesthetic ideas of poetry, äs products of the productive cognitive power (imagination), create connotative representations (Vorstellungen) which are affiliated with the concepts but cannot be expressed in words (language). This means that if poetry, äs one of the fine arts, is to fulfil its primary purpose — to exhibit aesthetic ideas —, it must surpass language. Does language in Kam's approach represent at least the basic component of poetry? Stated in different terms: if the language (of poetry) is not able to express aesthetic ideas, i. e., the immense realm of representations related to a particular concept, can it at least be a source, on which poetry draws the spirit (Geist) that animates its works? Once again, Immanuel Kant offers negative answer: the source of the spirit (Geist) äs a faculty to exhibit (darstellen) aesthetic ideas is not language but the aesthetic attributes of an object. Kant characterized them äs forms, "welche nicht die Darstellung eines gegebenen Begriffs selber ausmachen, sondern nur als Nebenvorstellungen der Einbildungskraft, die damit verknüpften Folgen und die Verwandtschaft desselben mit ändern ausdrücken"30. The aesthetic attributes were commonly understood äs a source of aesthetic experience in painting and sculpture. But it is also rhetoric and poetry, äs Kant explicitly states in § 49, that "nehmen den Geist, der ihre Werke belebt, auch lediglich von den ästhetischen Attributen der Gegenstände her, welche den logischen zur Seite gehen und der Einbildungskraft einen Schwung geben, mehr dabei, obzwar auf unentwickelte Art, zu denken, als sich in einem Begriffe, mithin in einem bestimmten Sprach ausdrucke (my emph.), zusammenfassen läßt"31. Kant illustrated his conception of aesthetic attributes in poetry by two examples: the comparison of a king's death to a sunset, and a comparison of a beautiful morning accompanied by a sunrise to peace resulting from virtue. According to Kant, in the former, the king animates "seine Vernunftidee, von weltbürgerlicher Gesinnung noch am Ende des Lebens, durch ein Attribut, welches die Einbildungskraft (in der Erinnerung an alle Annehmlichkeiten eines vollbrachten schönen Sommertages, die uns ein heiterer Abend ins Gemüt ruft) jener Vorstellung beigesellt, 29 30 31
Kr.d.U., AkV, 326. Ibid., Ak V, 315. Ibid.
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und welches eine Menge von Empfindungen und Nebenvorstellungen rege macht, für die sich kein Ausdruck findet" (my emph.)32. The latter example shows that, under certain circumstances, an intellectual concept, i. e., an idea of the supersensible, can become an aesthetic attribute that animates the representations of the senses. "Das Bewußtsein der Tugend, wenn man sich auch nur in Gedanken in die Stelle eines Tugendhaften versetzt, — states Kant — verbreitet im Gemüte eine Menge erhabener und beruhigender Gefühle, und eine grenzenlose Aussicht in eine frohe Zukunft, die kein Ausdruck, welcher einem bestimmten Begriffe angemessen ist, völlig erreicht" (my emph.)33 It is symptomatic that both examples chosen by Immanuel Kant to illustrate the attributive nature of poetry are similes. This particular figure of speech allowed him to conceive poetry not äs an art of language, but äs an art of representations involving aesthetic ideas which do not depend on language at all. An objection could be raised that in the case of poetry the aesthetic attributes are always linked to language, because they inevitably consist of word combinations. However, Kant did not pay attention to the language basis of poetic attributes at all. In the Critique of Judgment, he dealt with language in connection with poetry only in t wo aspects: In one case, he points out that poetry requires linguistic correctness, richness of words äs well äs proper prosody and meter. Such linguistic arrangement is necessary but it does not distinguish poetry from other linguistic utterances. It ensures the presence of the spirit, while language alone forms "only" body without which the spirit would evaporate.34 In another case, Kant stated that poetry äs an art of genius must derive its rules from concrete poems, not from theoretical principles. But only poems composed in a language both dead and scholarly can become real models of taste according to him. "Das erste — argues Kant —, um nicht die Veränderungen erdulden zu müssen, welche die lebenden /Sprachen/ unvermeidlicher Weise trifft, daß edle Ausdrücke platt, gewöhnliche veraltet, und neugeschaffene in einen nur kurz dauernden Umlauf gebracht werden; das zweite damit sie eine Grammatik habe, welche keinem muthwilligen Wechsel der Mode unterworfen sei, sondern ihre unveränderliche Regel hat."35 Kant fully realized the mutable nature of language. However, if it had been respected, it would have placed poetry outside Kant's unifying transcendental conception which should have included not only all fine arts, but also nature's embodiments. This is the reason why his explanation of the poetic attributes concentrates exclusively on similes and avoids the other, for poetry even more symptomatic figure of speech: the metaphor.36 Had Kant not omitted it, he would have had to admit that deep in the 32 33 34 35 36
Ibid., Ak V, 316. Ibid. Ibid., Ak V, 304, 313. Ibid., Ak V, 232. Kant's lack of interest in the metaphor is still more characteristic in the light of the fact that in the 18th Century, äs indicated by R. Wellek, "metaphor, which had been the proper ornament of a poem, became its central principle". R. Wellek, A History of Modern Criticism: 1750-1950. The Later Eighteenth Century. New Haven 1955, pp. 123-124.
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ground of poetry (the same äs in human thought, which Kant considered äs a principally autonomous human activity) language forms the very base of representations. Yet Kant's aesthetics denies to language the ability to express aesthetic ideas, äs well äs, contrary to concepts, the faculty to lay out a dimension for their fulfilment. It was primarily the need to surpass or even to repress language which Kant considered necessary for the elevation of poetry to the Status of aesthetic ideas. The antithesis of language and aesthetic ideas is irreconcilable. Contrariwise, Kant found the relationship between language and concepts, the latter qua elements of logical thinking, to be closer. He sees the concept äs a primordial entity, semantically broader than a word, because, unlike a word, it also involves a scope of connotative representations expressed by aesthetic ideas. A word, on the other hand, immediately covers its own ("factual") core.37 Seen from this angle, the relationship between language and philosophy is naturally closer than the relationship between language and poetry. This conclusion is supported by the fact that Kant, in the Critique of Pure Reason, did not feel a need to deal with the relationship between language and philosophy (thinking, concepts, and Schemata) not even to that minimal extent äs he did in the case of poetry and aesthetic ideas in the Critique of Judgment. Kant's characterization of poetry eschews language. According to him, the source of its magic is not the natural power of language, but the boundless and inexpressible movement of representations excited by aesthetic attributes of the depicted objects. Poetry, though classified by Kant äs an art of speech, is again forced into the "linguistic" Company of the visual arts.38 The difference between the linguistic expression of poetry within the flow of time and the expression of visual arts set in unmoving space äs identified by James Harris, Denis Diderot, and systematically analyzed by Moses Mendelssohn and Gotthold Ephraim Lessing39, is again veiled by Immanuel Kant40: "Denn Poesie /ist; .../ nichts anders /.../, als eine Einkleidung der Gedanken in Bilder."41 37
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Expressed by the means of present terminology: Kant suggests that the content of the concept consists of a referent and related connotations, while the meaning of the words is exclusively restricted to direct reference to designated objects. This rather implicitly than explicitly developed approach anticipates Schelling's and esp. HegePs ideas about language äs objectivized thinking. The immediate (natural) relation between visual arts and attributes is documented not only in Kant's formulation emphasizing attributes to be sources of aesthetic ideas also in poetry and rhetoric. Further examples cited by Kant show the same feature: Jupiter's eagle clasping a lightning holt with its claws äs attribute of a powerful king of the heaven, and the peacock äs attribute of the beautiful queen of the heavens.
See esp. Harris' Three Treatises (1744), Diderot's Lettre sur les sourds et muets (1751) and Pensees detachees sur la peinture (1776—1777), Mendelssohn's Betrachtungen über die Quellen und die Verbindungen der schönen Künste und Wissenschaften (1757), and Lessing's Laokoon oder über die Grenzen der Malerei und der Poesie (1766).
In this context, but beyond the scope of this study, a demonstration might be of interest of the extent to which Kant's visual, graphic approach to poetry relates to the poetry of his time. Logik, Ak IX, 28.
Hume, Jacobi, and Common Sense An Episode in the Reception of Hume in Germany at the Time of Kant by George di Giovanni, Montreal Jacobi's dispute with Mendelssohn over the alleged Spinozism of Lessing1 was to be important for the development of subsequent German philosophy, especially because it quickly became intertwined with the reception of Kant's critical philosophy. So far äs this paper is concerned, however, we are interested in it only because in the course of it Jacobi appealed to Hume's authority to defend his use of the term "faith" or "belief" (both rendered in German äs Glaube). This appeal, äs we shall see, set in motion äs intricate a play of conflicting views äs can be found in the history of philosophy. It forced hidden ambiguities to light, and exposed conceptual affinities and differences where none would have been suspected. Jacobi himself did not have Hume particularly in mind in his original attack on Mendelssohn. His concern was to publicize what he took to be the Spinozistic implications of Enlightenment philosophy. Yet one can understand why, in retrospect, Jacobi could have appealed to Hume's authority. For Jacobi's brief against Mendelssohn was based on the claim that, when divorced from its basis in sensations and left to its own devices, reason could quite consistently argue itself into conclusions untenable at the level of common experience. Jacobi had accordingly pleaded with Mendelssohn to abandon his rationalistic ways, and to heed to a more primordial authority than that of philosophy — namely to an innate certainty about what is real, a certainty that animates our experiences from the beginning and pervades all levels of language.2 Since this certainty is not to be arrived at by any 1
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For a very good account, perhaps a bit too slanted in favour of Mendelssohn, see Alexander Altmann, Moses Mendelssohn: A Biographical Study (University, Ala.: University of Alabama Press, 1973), chs. VII, VIII. The main relevant documents are: Moses Mendelssohn, Morgenstunden, oder Vorlesungen Über das Daseyn Gottes, Erster Theil (Berlin: Voß, 1785); Friedrich Heinrich Jacobi, Über die Lehre des Spinoza in Briefen an den Herrn Moses Mendelssohn (Breslau: Löwe, 1785); David Hume. Über den Glauben, oder Idealismus und Realismus. Ein Gespräch (Breslau: Löwe, 1787). For an English translation of these texts (equipped with original paginations), see Friedrich Heinrich Jacobi: The Main Philosophical Writings and the Novel "Allwill", tr. with introductory study, notes and bibliography by G. di Giovanni (Montreal & Kingston: McGill-Queen, 1994). For a detailed treatment of Jacobi's relation to his contemporaries, see The Unfinished Philosophy of Friedrich Heinrich Jacobi, pp. 3—167 of the just cited volume of translations. Cf. Leiters Concerning Spinoza (1785), pp. 162-163; 171 (Thesis VI).
Kant-Studien 89. Jahrg., S. 44-58 © Walter de Gruyter 1998 ISSN 0022-8877
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process of ratiocination but is immediate, Jacobi called it "faith," by which one has traditionally understood precisely an assent based on a reflectively unjustifiable subjective certainty.3 And Jacobi could with right connect this use of the word faith with Hume's definition of opinion or belief äs "a lively idea related to or associated with a present Impression."4 It was also clear from other passages that Hume too, like Jacobi, regarded belief äs naturally induced.5 Moreover, in his original exchange with Mendelssohn, Jacobi had argued that reason's conceptions are "second hand" replicas of sense representations, and hence totally dependent on them, exactly äs Hume had also defined them in his opening Statements of the Treatise.6 One can however equally well understand the reaction of many critics of Jacobi at the first stage of the dispute, and then again when Jacobi published a dialogue to which he gave the title David Hume. For there obviously were religious motivations behind Jacobi's polemic, and, although himself not a Christian in any orthodox sense, Jacobi had chosen to couch his plea to Mendelssohn in pietistic language, using Biblical äs much äs classical imagery to make his point.7 Mendelssohn had good reasons, therefore, to suspect Jacobi of being a Schwärmer (an "enthusiast") whose aim was to substitute blind faith in a supposed supernatural revelation for the rational pursuit of truth.8 And equally justified were those who, upon the publication of the dialogue, objected to what they took to be Jacobi's unwarranted
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David Hume (1787), p. 21-22. A Treatise of Human Nature, ed. L. A. Selby-Bigge (Oxford: Clarendon, 1888), p. 96; cf. also p. 183: "... All our reasonings concerning causes and effects are deriv'd from nothing but custom; and ... belief is more properly an act of the sensitive, than of the cogitative pari of our nature." Cf. Jacobi, David Hume (1787), pp. 29 ff. Jacobi cites extensively from Enquiry Concerning Human UnderStanding. Since he is not satisfied with the current German translation (very likely the one published by Hermann Andreas Pistorius in 1754), he adds the original English. Cf. Treatise: "Most fortunately it happens that since reason is incapable of dispelling these clouds, nature herseif suffices to that purpose. ... I dine, I play a game of back gammon. ... Here then I find myself absolutely and necessarily determin'd to live, and talk, and act like other people in the common affairs of life. But notwithstanding that my natural propensity, and the course of my animal spirits and passions reduce me to this indolent belief in the general maxims of the world. ...", p. 269; "I may, nay I must yield to the current of nature, in submitting to my senses and understanding. ...", p. 269. Leiters Concerning Spinoza (1785), p. 162. Cf. Hume: "All the perceptions of the human mind resolve themselves into two distinct kinds, which I shall call IMPRESSIONS and IDEAS. The difference between these consists in the degree of force and liveliness with which they strike the mind. ... Those perceptions, which enter with most force and violence, we may name impressions; and under this name I comprehend all our sensations, passions and emotions, äs they make their first appearance in the soul. By ideas I mean the faint image of these in thinking and reasoning; such, äs for instance, are all the perceptions excited by the present discourse—", Treatise, p. 1. He had even cited Lavater. Cf. the peroration at the end of the work. Cf. his letter to Kant, 16 October 1785, Academy Edition, Vol. X, p. 414.
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Usurpation for religious purposes of a purely philosophical conception of Hume.9 As these critics saw Hume, he had used reason reflectively in order to destroy the illusion that one can demonstrate the truth of otherwise spontaneous belief s.10 He had indeed never claimed that he could suspend these beliefs — nor, for that matter, had he ever wished to do so. He had nonetheless still kept reason äs the arbiter of truth, even if sceptical doubt was all that it could ultimately deliver. In this respect Hume belonged to the party of the rationalists and was not to be appropriated by a pious enthusiast of the sort Jacobi seemed to be.11 Thus what counted äs Humean for one party was taken äs anti-Humean by the other. Contributing to the conflict was the not always stringent manner in which Enlightenment philosophers had appropriated elements of the empirical tradition. Mendelssohn was a clear case in point. In Morgenstunden, although he assumed a theory of sense impressions äs sceptical in its implications äs that of Hume,12 he nonetheless argued to the reality of an external world with the very kind of arguments which Hume had attempted to undercut for once and for all.13 And when in the dispute with Jacobi he saw himself forced to uncomfortable conclusions on the strength of his own premises, he reacted by appealing to the prerogative of what he called le bon sens (common sense or healthy sense) to distinguish between questions that can meaningfully be asked and questions that are best left unvoiced since they lead nowhere.14 The implication was that ratiocination requires a more 9
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Cf. the anonymous reviewer of the dialogue in the Allgemeine Literatur-Zeitung, II (1788), No. 92, 105—107. Hamann too, though siding with Jacobi and even conspiring with him in the process leading up to the publication of Leiters Concerning Spinoza, was upset by Jacobi's attempt to construe his appeal to faith in that book äs a case of Humean belief. Cf. J. G. Hamann, Briefwechsel, ed. A. Henkel, 7 vols (Wiesbaden & Frankfurt/Main: Insel Verlag, 1955-1979), Letter to Jacobi, 27 April-3 May 1787, p. 167. For another criticism of Jacobi's use of faith in Leiters Concerning Spinoza, see Allgemeine Literatur-Zeitung, I (1786), 292-296. Cf.: "As the sceptical doubt arises naturally from a profound and intense reflection on those subjects, it always encreases, the farther we carry our reflection, whether in Opposition or conformity to it. Carelessness and in-attention alone can afford us any remedy. For this reason I rely entirely upon them. ...", Treatise, p. 218. Hume would have agreed. Cf.: "... Concerning the choice of our guide ... I make bold to recommend philosophy, and shall not scruple to give it preference to superstition of every kind and denomination. For äs superstition arises naturally and easily from the populär opinions of mankind, it seizes more strongly on the mind, and is able to disturb us in the conduct of our lives and actions. Philosophy, on the contrary, if just, can present us only with mild and moderate sentiments; and if false and extravagant, its opinions are merely the objects of a cold and general speculation, and seldom go so far äs to Interrupt the course of our natural propensities. ... Generally speaking, the errors in religion are dangerous; those in philosophy only ridiculous." Treatise, pp. 271—272. Cf. Treatise: "Now since nothing is ever present to the mind but perceptions, and since all ideas are deriv'd from something antecedently present to the mind; it follows, that ... we never really advance a step beyond ourselves, nor can conceive any kind of existence, but those perceptions, which have appear'd in that narrow compass. ...", pp. 67—68. Morgenstunden, especially eh. VI, pp. 95—113. Leiters Concerning Spinoza (1789), p. 85.
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fundamental yet indemonstrable feeling of truth, in virtue of which one can 'Orient oneself" (Mendelssohn's expression) in that very process. But this was exactly the point that Jacobi wanted to make and was later to defend on the strength of Hume's authority. The upshot was that Jacobi's young friend Thomas Wizenmann (a bona fide pietist and enthusiast) published a book in which he argued that Mendelssohn had had no right to accuse Jacobi of taking retreat from philosophical argument "under the banner of faith,"15 for his hon sens was, after all, a kind of faith äs well. Both men, Jacobi and Mendelssohn, were drawing their Inspiration from faith. The difference was that Jacobi's faith was that of a Christian; Mendelssohn's, that of a Jew.16 It was on the occasion of Wizenmann's book that Kant — fearful of the damage being done to the cause of reason — entered the dispute with his 1786 essay, What Does it Mean to Orient Oneself In Thinking? — philosophically speaking perhaps the most important document to come out of the dispute. Playing on Mendelssohn's image of "orienting oneself," Kant tried to define "common sense" critically.17 The unintended result of his contribution, äs we shall see in a moment, was however to show how uncritical Kant himself was with respect to some of his own assumptions — how much, therefore, he too became victim of the general confusion. But, first, more about "common sense." I leave aside the question of the sources of Mendelssohn's bon sens. Important for us is that by the time of the Mendelssohn—Jacobi dispute Thomas Reid's philosophy of common sense had been widely and well received in Germany,18 and that, although that philosophy had normally been used there äs a weapon against Humean scepticism, in the dialogue named after Hume Jacobi had indifferently appealed to the authority of both Reid and Hume to justify his use of "faith."19 Strange äs it might appear, although Hume 15 16
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Cf. Leiters Concerning Spinoza (1785), p. 161. Thomas Wizenmann, Die Resultate der Jacobischen und Mendelssohnischen Philosophie, kritisch untersucht von einem Freywilligen (Leipzig: Göschen, 1786). Cf. especially pp. 39, 236 ff. I am oversimplifying what is an otherwise very complex, and possibly confused, Position. Wizenmann's point is that Mendelssohn and Jacobi both stand on the same grounds to the extent that they both agree that reason is bound to the immediacy of the senses and to common sense. But Wizenmann's intention is to show the limitations of "common sense," which he takes to be the exclusive starting point of "speculative reason" (i. e. the reason of rationalistic philosophy). This "common sense" constitutes the immediate experience that we have of reality äs consisting of merely finite beings; it therefore inevitably leads to the fatalism of Spinoza. Cf. pp. 142 ff. According to Wizenmann, Mendelssohn's reason relies on "common sense" alone whereas Jacobi's also feeds on the immediate testimony of a historical, revealed, religion. This latter, although also a "faith," is superior to anything that "common sense" can offer. Cf. pp. 180 ff. "Was heißt: Sich im Denken orientiren?" Kant's Werke, Academy Ed. Vol. VIII, pp. 131 ff.; cf. pp. 133-134. On this, see Manfred Kuehn, Scottish Common Sense in Germany, 1786—1800 (Kingston and Montreal: McGill-Queen, 1987). David Hume (1787) pp. 26—27. Jacobi cites from a review in the Allgemeine LiteraturZeitung, II (1786), 181-183, of Reid's Essays on the Intellectual Powers of Man. He turns to the "good David Hume" on pp. 30 ff.
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was the dialogue's eponymous authority, in the dialogue itself Jacobi had gone on explicitly to distance himself from what he was later to call the Humean "twin-oruniversal-idealism" (i. e. idealism with respect to the external world and to the seif).20 He had also claimed that, on the contrary, it was possible to be an empiricist yet remain, äs he himself had, a realist.21 In the philosophically most interesting part of the dialogue, Jacobi had in fact expounded a theory of rationality based on an understanding of sense and sensibility which bore obvious resemblances to that of Reid. In brief, Jacobi had argued that it is false to assume that in Sensation perception never takes us further than the mental impression itself constituting the Sensation.22 On the contrary, inasmuch äs sensations enter into mental life at all, they have a revelatory power, for their object is apprehended in them precisely äs transcending the subject. Sensations, in other words, are "perceptions" (Wahrnehmungen) in the Latin and German sense of "apprehensions." They are complex events because, even äs subjective states of the mind, they entail a judgement and hence have objective significance. However indeliberately, they take up (nehmen) a certain position with respect to something and hold it äs the right one (wahr).23 But this was also Reid's point, and one that Reid had made to rebut Hume — 2 4 even though the vagaries of English philosophical usage forced him to deny that perception is what he called "simple apprehension" precisely in order to restore to it the meaning of the Latin apprehendere or of the German wahrnehmen.2S And from this point there 20 21 22
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In the 1815 ed. of the David Hume, in Werke, II (Leipzig: Fleischer, 1815), p. 204; cf. p. 107 of the 1787 ed. Pp.vii, 49 ff. Cf. Hume: "Those perceptions, which enter with most force and violence, we may name impressions; and under this name I comprehend all our sensations, passions and emotions, äs they make their first appearance in the soul. By ideas l mean the faint image of these in thinking and reasoning; such, äs for instance, are all the perceptions excited by the present discourse. ...", Treatise, p. 1; and "Now since nothing is ever present to the mind but perceptions, and since all ideas are deriv'd from something antecedently present to the mind; it follows, that ... we never really advance a step beyond ourselves, nor can conceive any kind of existence, but those perceptions, which have appear'd in that narrow compass. ...", pp. 67—68. Cf. pp. 181 ff. Cf. Essays on the Intellectual Powers of Man, Essay II, chs. 3 and 4, where Reid argues that "sensations," understood äs mere impressions in the manner of Locke and Hume, are physical events that do not constitute äs such consciousness proper, even though God has made them the necessary pre-conditions of mental life. The latter begins only with perception, and it is clear that "if, therefore, we attend to that act of our mind which we call the perception of an external object of sense, we shall find in it these three things: — First, Some conception or notion of the object perceived; Secondly, A strong and irresistible conviction and belief of its present existence; and Thirdly, That this conviction and belief are immediate, and not the effect of reasoning." The Works of Thomas Reid, ed. Sir William Hamilton (Edinburgh: MacLachlan and Stewart, 1873), Vol. I, p. 258. Cf. also Reid's critique of Hume's theory of ideas in eh. 14. On the Intellectual Powers, Essay IV, Ch. 1. See especially the bottom of the right column on p. 361 and the beginning of the following.
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follows a conclusion that Jacobi äs well äs Reid explicitly drew: reasons's reflective conceptions and reflective judgements, far from being the faint copies of sense representations that Hume makes of them, articulate and hence enhance distinctions already found in sense perceptions.26 Reason could indeed not function apart from the senses — or more precisely, it could, but only at the risk of generating illusions. This was a fundamental thesis of empiricism on which Hume, Reid, and Jacobi could equally agree. For Reid and Jacobi, however, this only meant that reason must continue, and never abstract from, the work of perception already in principle performed by the senses. Within this restriction, reason can claim its own objective significance, for its rationality is in essence only a heightened, i. e. a more selfaware and hence deliberate form of sensibility. In a passage of his dialogue that strikingly resembles one in Reid's Essays, Jacobi argues that, even according to the witness of common language, to be rational really means to have some form or other of good "sense."27 Jacobi's reference to Thomas Reid in his David Hume is incidental, even though he elsewhere praises Reid explicitly and his debt to him is incontrovertible.28 In the 26 27
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On the Intellectual Powers of Man, cf. Essay V, eh. l, pp. 418-419. David Hume (1787), p. 182. David Hume (1787), "He: You can rest easy about that. You must have noticed that whenever I want to express what is most eminent about a man, I speak of his sense. One never has more understanding than one has sense. I: The common use of language which, whenever philosophy tries to make a laughing-stock of it, usually turns out to be the wiser one, teaches us the same lesson. ... We derive from Sinn ("sense") the most characteristic forms of understanding äs well äs of the lack of it. Unsinn (or "nonsense"), which is the extreme lack of understanding, is its opposite. Then come Schwachsinn ("feeblemindedness" or "dullness of sense"), Stumpfsinn ("insensitivity"), Leichtsinn ("frivolity"), and their opposites, Scharfsinn ("sharpness of sense") and Tiefsinn ("profundity of sense"). ...", p. 133. On the Intellectual Powers of Man, Essay VI, eh. 2: "The Latin words sentire, sententia, sensa, sensus, from the last of which the English word sensus is borrowed, express judgement or opinion, and are applied indifferently to objects of external sense, of taste, of morals, of the understanding. ...", p. 422; "I have endeavoured to show that sense, in its most common, and, therefore, its most proper meaning, signifies judgement. ... From this it is natural to think that common sense should mean common judgement. ...", p. 423. Jacobi indirectly acknowledged his debit to Reid in at least one place — in a passage of the 1784 Woldemar in which he has one of his characters (a Scott named Syndey, who expresses many of the views dear to Jacobi's heart) praise the Scottish philosopher. Part I, p. 80 of the 1796 ed. (Königsberg: Nicolovius). Cf. Werke, V (1820), p. 71. Jacobi also praises Reid in a letter to Johann Neeb, 18. Oct. 1814, Friedrich Heinrich Jacobi's auserlesener Briefwechsel, 2 vols, ed. f. Roth (Leipzig: Fleischer, 1825-27), II, #351, p. 445. For Reid's influence on Jacobi, see Kuehn, pp. 143—149, 158—166, and also Günther Baum, Vernunft und Erkenntnis: Die Philosophie F. H. Jacobis (Bonn: Bouvier, 1969), pp. 42-49. In his "Tagebuch der Reise nach dem Reich 1788" Wilhelm von Humboldt reports Jacobi äs saying to him in 1788: "There is a big and important difference between perception [Perception] and Sensation [Sensation], between perception [Wahrnehmung] of external alterations and the feeling of internal ones — a difference that Kant denies, because, according to him, everything is only a modification of the soul itself, everything is only Sensation. We do not perceive, äs is usually said, merely the picture of external things [Dinge]-, we perceive these things themselves (though, to be sure, modified according to the relationship
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dialogue, moreover, Jacobi moves imperceptibly between Hume and Reid without signalling any difference between the two,29 and, later in the dialogue, he establishes the precedents of his own realist theory in none other than Leibniz, with the curious result that a typically Reidian position is sandwiched (so to speak) between an appeal to Hume's authority on the one side, and to Leibniz's on the other. Yet this juxtaposition, though curious, is not altogether surprising. For there was an ambivalence inherent in Hume's use of "reason" and of naturally induced "belief" which, äs we shall see in a moment, artistically allowed Jacobi easily to shift from Hume's phenomenalism to Reid's realism, and from the latter to Leibniz's organic notion of reason, without however ever abandoning Hume's psychological standpoint. This ambivalence was all the more apparent if one read Hume — äs Jacobi was doing — with the deliberate purpose of playing immediacy of belief and reflectivity of reason against one another. On the one hand, reason's conceptions are said by Hume to be less vivid copies of impressions; they depend on these, therefore,
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of our position with respect to the thing we perceive and to all other things in the world). This perception occurs, äs Reid has said quite correctly, by a sort of revelation [English in the original]. Hence we do not demonstrate that there are objects external to us, but believe it. This belief is no acceptance in accordance with probable reasons. It has a greater and more unshakeable certainty than any demonstration could ever afford." Humboldt, Gesammelte Schriften, ed. A. Leitzmann (Berlin: de Gruyter, 1968), Vol. XIV, p. 58. Cf. p. 61: "We intuit [schauen ... an] the things outside us; these things are actual things, and the certainty Intuition affords us we call faith. This certainty is so strong for us, and so necessary, that every other certainty, indeed, even self-consciousness, depends on it. Hence Kant is wrong when he reduces all things to the human being [den Menschen selbst], when he explains everything äs a modification of the soul and accepts external objects [Objekte] in word only while denying their reality [die Sache selbst]." I understand from Mr Hammacher that there is unpublished epistolary evidence that Jacobi became acquainted with Reid's works the year before the publication of the David Hume. Some modern Hume scholars would not find Jacobi's imperceptible shift from Hume to Reid in any way surprising, because they deny that there is a substantial difference between the two. Cf. Norman Kemp Smith, The Philosophy of David Hume: A Critical Study of its Origins and Central Doctrines (London and New York: Macmillan, 1941; reprinted 1964), p. 8; Richard Popkin, The Encyclopedia of Philosophy, s. v. "Skepticism," Vol. VII, 456). Norton finds this view mistaken. As he says, "There is ... a crucial difference between Hume and his Scottish critics. However often Hume may say that we have certain natural propensities to believe this or that, he does not go so far äs to say that what we must naturally believe must be true" David Fate Norton, "David Hume": Common sense Moralist, Sceptical Metaphysician (Princeton, New Jersey: Princeton University Press), pp. 200—201. This is however drawing a distinction between Hume and Reid in the very empiricist terms Reid and Jacobi want to deny. Reid (and so too the scholastic tradition that he represents) does not make certain knowledge depend on psychological certainty. His point is rather that, äs perceptions, sensations delineate a first distinction between what is subjective and what is objective and, therefore, also establish the possibility of assent and denial. They are "revelatory," in other words. They of course also establish the possibility of doubt; but this doubt must always be localized, i. e. must always be limited to particular objects and circumstances, for it is impossible to doubt anything unless there is something, already cognized in some respect, about which we can be doubtful in some other respect.
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for both content and whatever degree of belief accompanies them. In this respect, since impressions are the products of nature's mechanism, the momentary or habitual tendency to believe in external objects that accompany certain impressions can only betoken — on Hume's Statement of the case — a special affinity for truth which is the prerogative of nature and which reason has no ground to oppose.30 But, on the other hand, it also transpires from Hume that, by distancing itself from the immediacy of impressions, reflective reason in fact acquires a special capacity to pass judgement on the objectivity of naturally induced beliefs.31 Truth now appears to be its prerogative, and nature spares us from its negative conclusions only because of the mind's innate indolence. In brief, reason is two opposite things at once, the handmaid of sense impressions yet the judge of objectivity; belief, for its part, is the only context within which reason can operate yet also the source of illusion. This is of course an oversimplification. It is common place in Hume, and Jacobi must have known, that neither ideas (which make for rationality) nor impressions (which are the source of belief) are of one piece, so to speak. Ideas are either simple or complex, depending on whether they are the direct copy of an impression or, on the contrary, the sum of simple ideas which have been divorced from the impressions of which they originally were the copy and are now associated together into a new mental product — this in keeping with the psychological laws Hume duly specifies.32 Impressions, for their part, are either "of Sensation" (derived "in the soul originally from unknown causes") or "of reflection."33 In the latter case, they are the effect on the mind of ideas — whether simple or complex — which are originally traceable to impressions of Sensation. These second order impressions (such äs "fear" or "desire") can in turn provide the content for another layer of simple and complex ideas which, presumably, can themselves give rise to yet more complex impressions of reflection. The possibilities for psychological complexity are thus for Hume practically inexhaustible. Moreover, because of the particular psychological function which they play and the manner in which they arise, both 30
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33
"Most fortunately it happens that since reason is incapable of dispelling these clouds, nature herseif suffices to that purpose, and cures me of this philosophical melancholy and delirium, either by relaxing this bent of mind, or by some avocation, and lively impression of my senses, which obliterate all these chimeras. I dine, I play a game of backgammon, I converse, and am merry with my friends: and when after three or four hours* amusement, I wou'd return to these speculations, they appear so cold, and strain'd, and ridiculous, that I cannot find in my heart to enter into them any farther." Treatise, p. 269. "Reason" is a term which Hume uses in a variety of senses, not all of them necessarily consistent with each other. On this point, see Norton, David Hume, pp. 96-98, note. "But tho' we are led after this manner, by the natural propensity of the Imagination, to ascribe a continu'd existence to those sensible objects or perceptions, which we find to resemble each other in their interrupted appearance; yet a very little reflection and philosophy is sufficient to makes us perceive the fallacy of that opinion." Treatise, p. 210. Treatise, p. 3. Also, Part I, Section IV.
Treatise, pp. 7.
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complex ideas and impressions of reflection can either originally display or eventually come to acquire a degree of vividness just äs strong (if not stronger) than any we expect from the impressions of Sensation. To this extent, therefore, they can be just äs abundant a source of naturally induced belief s äs the simplest of sensations. These complexities make indeed for a deeply textured picture of the mind. Yet the ambiguity on which Jacobi was playing is not lost in the richness of detail. For whatever their origin or their mechanics, complex ideas and impressions of reflection can have the vividness required by Hume to be a source of belief only to the extent that, functionally at least, they display the same kind of immediacy which we expect in the first instance from the simplest impressions of Sensation. Though originally derived, they must begin to function (through habituation or what have you) äs immediate phenomena. Ideas, for their part, gain the distance they require for a critique of naturally induced beliefs only to the extent that they function merely äs copies of whatever immediate affection in the mind produces such beliefs — whatever the origin of the immediacy at issue might be, or however sophisticated and deliberate äs copies the ideas are.34 To that extent, however, ideas are also powerless to generate belief on their own terms. In other words, despite Hume's many attempts at saving all the phenomena of mental life, his picture of the mind is shut through with a distinction between immediate impression and derived idea, between spontaneous belief and reflective conception, which leaves it ambiguous on which side the bürden of truth ultimately lies. And, äs a result, it also fails to save the possibility of the weighty and unequivocal sense of objectivity which for Reid and Jacobi constituted the basic fact of mental life.35 34
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Hence Hume's original Statement that "All the perceptions of the human mind resolve themselves into two distinct kinds, which I shall call IMPRESSIONS and IDEAS. ... By ideas I mean the faint image of [impressions] in thinking and reasoning" (see note 6 above) Stands despite the many subsequent qualifications. To make the same point by glossing on an image Hume himself used to describe the mind (Treatise, p. 253), if the latter is like a stage (or a "theatre"), then on Hume's theory it is not clear what room there is for a spectator of the play being produced there. On the one hand, the spectator must stand outside the stage in order to recognize the play for the mere spectacle that it is. On the other hand, since no other view is available to him except what he finds on the stage itself, the same spectator cannot describe his "looking on" except äs continuous with the play he judges a mere spectacle. In that case, however, he must admit that he is merely playing at being a spectator, and that his judgement that the play is only a spectacle is itself no less of a spectacle than the play which he judges to be such. The question of how one can invoke the image of a stage without already contrasting it with a real world, and thus presupposing a strong notion of objectivity, has been left begging. This is, moreover, a fundamental problem in Hume which cannot be resolved by appealing to the image of "the competent judge" whose views are more likely to be objective than those of other less trained individuals — an image to which Hume appeals in the essay "Of the Standard of Taste." This essay is an elegant piece of writing which could just äs well have been produced by a common sense philosopher or, for that matter, by any eighteenth Century Aristotelian. For underlying it is the tacit assumption that an unambiguous sense of objectivity is possible, within the limits of which the question can then be debated whether somebody's view of a Situation is more objective than somebody's eise. But, on Reid's and Jacobi's reading of Hume, this unambiguous sense is precisely what Hume lacks.
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Now Jacobi, like Hume, was also operating with the satne distinction, and he too was saying both: that judgements of existence originate in a natural tendency to believe which cannot ever be generated reflectively; and, that reflective reason is yet the ultimate arbiter of the possibility of objective truth. Unlike Hume, however, Jacobi could reconcile these two claims simply by dropping äs contrary to fact Hume's claim that the sense perceptions on which reason's conceptions ultimately depend never take us beyond these very perceptions considered äs mental states. By implication, while still relying on Hume's language of "belief," Jacobi was in fact interpreting our natural tendency to accept the reality of things (which in Hume had to appear blind from a reflective point of view) äs the product of a primordial and irreducible, yet in principle rational, judgement of the senses — exactly what Reid meant by "common sense." And Jacobi was thereby rejoining Leibniz äs well. Unlike Mendelssohn, who accepted Hume's subjectivism at the level of the senses, but then tried to escape its sceptical consequences by way of inference, Jacobi was confronting that subjectivism head on by rejecting any presumed dichotomy between sense representation and rational conception. So far äs he was concerned, the two were different expressions of one and the same human form of life — exactly what Leibniz and his scholastic tradition also took them to be. The crucial difference, of course, was that the tendency in that tradition had been to pattern the senses after the requirements of reason, i. e. to consider them äs confused forms of a prior and autonomous rationality. Jacobi was now interpreting the latter, on the contrary, äs a more reflective form of sensibility. In his dialogue David Hume, already mindful of the presence on the scene of Kant, Jacobi quite deliberately tried to establish an a priori of the senses.36 Inasmuch äs sensations are complex events — "apprehensions" in the literal meaning of "taking hold of an object" — they have a structure of their own which determines the conditions of their possibility. These conditions can be reflectively recognized and a theory of knowledge established on their basis. Here is where Kant must be brought into the picture. I have said that the purpose of his contribution to the dispute was to define "common sense" critically. In his estimate of the Situation, the greatest danger for reason came from the side of the religious enthusiasm with which he associated Jacobi and Wizenmann. Though not agreeing with Mendelssohn's metaphysics, Kant's sympathies lay squarely with him. He agreed with Mendelssohn that "speculative reason" needs orienting in its use; but, since reason can alone be its judge (äs Kant presumed Mendelssohn would also
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Cf. David Hume (1787), pp. 119—120, and the footnote that Jacobi adds to this section in the 1815 edition, Werke, II, p. 215-216. In the 1815 footnote Jacobi claims to have been inspired for his deduction by Spinoza. He then refers, however, to a book on logic by G. E. Schulze (of ALnesidemus fame), and to a review of the book in the Göttingen Erudite Notices, both of which in fact echo themes from Reid's "common sense" philosophy. Cf. G. E. Schulze, Grundsätze der allgemeinen Logik (Helmstädt: Fleckeisen, 1802), and Göttingische Gelehrte Nachrichten, III (1802) 1409-1421, especially 1412-1413.
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maintain),37 the "common sense" to which Mendelssohn had appealed must be understood äs itself a function of reason. Since reason recognizes that, in its pursuit of knowledge and moral determination, it must make assumptions that in principle transcend its ability to establish those assumptions objectively, reason directs itself in its choice and formulation of them by its need to discharge its function äs the source of theoretical discovery and/or moral action. This need generates a "feeling," or a tendency to accept certain theses äs true despite the critical recognition that they can never be demonstrated äs such.38 It generates a faith, in other words, which Kant calls the "faith of reason" (Vernunftglauben) in order to differentiate it from the faith äs "Inspiration of reason" which he attributed to Jacobi and Wizenmann.39 For Kant this "faith of reason" was all that Mendelssohn could have meant by common or sound sense. Now, it could well appear that with one brilliant move, simply by making faith a function of reason's needs, Kant had resolved all possible ambiguities in the use of "reason" and "faith." Yet this new clarity was only apparent. To see why we must note that Kant was indeed being faithful to the literal meaning of "perception" or "Wahrnehmung" (i. e. its meaning äs "apprehension") by not calling "Sensation" or "Empfindung" a perception (äs Hume had done). Rather, perception was for Kant "empirical Intuition," of which sensations constituted only the content or matter.40 It was space and time that informed this Intuition41 and thereby established for any given Sensation the possibility of determining it äs the appearance here and now (äs contrasted to some other possible appearance there and then) of a constantly presupposed object of experience. Whatever did not fit within this intuitively apprehended order of "heres and nows" was not to be considered äs a true (or objective) appearance. On its basis, therefore, Kant seemed indeed to have provided the possibility of the clear demarcation between subjective and objective which Reid and Jacobi wanted but Hume had left begging. Kant did nonetheless share with both Hume and Mendelssohn the assumption that sensations never take us further than the mental states they are.42 Moreover, according to what perhaps is the most peculiarly Kantian of Kant's doctrine, he also claimed that space and time are merely subjective forms of Intuition, i. e. they are not themselves physical objects but only the conditions that establish the possibility for such objects to appear within intuitively apprehensible limits. Unlike the objects themselves, therefore, they cannot be expected to have limits of their own. How ever one understands the nature of the manifold which Kant attributed to space and time äs their a priori content, such a manifold could definitely not consist of an actually given (i. e. determined) multiplicity of spatio-temporal points. 37
P. 140. Pp. 136-137. 39 P. 141. 40 Criüque of Pure Reason, B 34. 41 B 34 and §§ 2 and 3 of the Transcendental Aesthetics. 42 44-45. 38
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Here is where Kant, however, begins his own slide into the ambiguity of Hume. For on Kant's understanding of space and time, these are not rigid "grids" (äs it were) within which one can determine absolutely the here and now of each appearance of an object. It is only within the presupposed limits of an already assumed spatio-temporal field that, on the contrary, such determination is possible. But, if such is the case, it then follows that the question whether one such field is to be assumed in preference over another, whether any is in fact given in experience and is not, rather, merely the product of Imagination, hallucination or fabrication — that any such question cannot ultimately be answered on the strength of the form of the field alone (i. e. space/time) but requires reference to its material content äs well. On Kant's assumption, however, this content is Sensation, itself a merely subjective affection of the mind — hence equally incapable of yielding the required objective determination. But if neither form nor content of empirical Intuition can individually provide the sufficient basis of a judgement of what is here now, there is no reason to expect that together the two can do any better. Kant was of course aware of the difficulty. It is for this reason that for him true perception cannot be based exclusively on Intuition but requires a conceptual ingredient äs well. The dynamic principles of experience are significant in this respect, since they constitute the rules governing judgements of existence. Their function is to define the kind of connections we must assume a priori to obtain between the appearances of an object so far äs the content, not just the form, of such appearances is concerned. For instance, should we not assume that such appearances are linked together by an irreversible series of cause-effect connections, and that all appearances must fit within one such indefinitely extended series, we would not be able to distinguish between appearances of objects actually given to the senses (i. e. in fact existing) and such äs are only imagined. In other words, the function of the principle of causality is to enable us to distinguish precisely between real from imaginary space and time, i. e. to establish the very demarcation between subjective and objective at issue here.43 Yet Kant was thereby only deferring the impending ambiguity rather than actually resolving it. For, äs he well knew, one thing is to establish the validity of a principle in general, and quite another to determine that any connection of appearances actually displayed in Sensation is in fact an instance of it.44 The difficulty, moreover, is inherently unresolvable, because it is due to the disproportion between two radically different forms of representation (intuitive and conceptual), neither of which can determine the other on its own terms. A concrete subject engaged in 43
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I recognize that Kant's arguments in the Analogies of Experience are open to differing interpretations, and that my Statement cannot but be a simplification. So far äs the development of the present paper is concerned, however, the crucial consideration is that Kant needs some such argument äs the one stated. If the Analogies do not provide it, then Kant's Position is all the more vulnerable to the charge of ambiguity being levelled against it. Cf. Critique of Judgement, Introduction, Section IV, also pp. 183 ff. among other places. Academy Edition, Vol. V.
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the actual process of cognition can therefore bring a formal conceptual determination to bear in judgement on a given intuitively apprehended instance only by placing itself hypothetically in the position of a universal observer who, because of the totality of its vision, is capable of apprehending intuitively the necessity of the causal link (or of any other necessary link) posited in the instance at issue, hence also of recognizing the relevance of the formal conceptual determination to the real world. With his usual thoroughness Kant identified a number of "ideas" which all are the product of reflective reason, and each is justifiable precisely because of the special function it discharges in the process of arriving at particular judgements. Together these ideas constitute a System of necessary hypotheses or postulates. They all are, however, avowedly purely subjective — their necessity merely a function of the requirements of scientific and moral praxis. Now in the essay on the orientation of thought, Kant himself was stressing the fact (which he had already alleged elsewhere) that these ideas are subjectively motivated by reason's very interest in establishing truth, and that, in the process of helping to shape our picture of the phenomenal world, they also generate a kind of faith.45 The point to note, however, is that in Kant's critical scheme the faith at issue serves äs a Surrogate for the certainty which a realist like Reid and Jacobi would rather derive in actual experience from sensations, i. e. from the immediate content of perception rather than any form imposed upon it. Such a certainty is based on the intuitive apprehension that in experience we attain to truly existing objects, not merely imaginary ones. And since it underlies all experience, it allows the possibility for experimenting with different formal determinations and explanations (äs needs be) of what is that is being experienced here and now, and why, while still resting assured that, whatever the value of these determinations and explanations, and however much they might have to be reformed in the future, the fact that in experience we are in the presence of something which is not merely fabricated by the Imagination Stands unchallenged.46 Neither Hume nor Kant would of course have wanted to deny this certainty. But since they both denied that sensations take us further than just the affections of the mind itself, for both the certainty had to be a kind of pragmatic (if not blind) faith which no amount of formalization could ever save — though for Hume the faith was immediately induced by "nature," for Kant by reflective reason. But, in the first place, Kant was then saying both: that formal determination (whether through a priori space/time, the understanding or reason) posits objectivity; and, that so far äs judgements of existence are concerned, such judgements must ultimately be based on subjective belief. Architectonic neatness apart, how was this juxtaposition of conflicting claims — indeed, the very idea of an apparent (phenomenal) objectivity — any less paradoxical thart Hume's Statement of the rela-
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Critique ofPure Reason, A 822/B 850 ff.
Except, of course, in accidental cases.
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tion of reason to sense impressions?47 In the second place, though Kant was careful to state that reason has no feelings in itself but only "effects the feeling of a need,"48 nonetheless, the metaphor of "effecting a feeling" could not be meaningfully applied to it without conceiving it äs somehow implicated in an empirical body. And how could reason be so implicated yet remain "pure reason?"49 Kant was dismayed at Jacobi's Suggestion that his transcendental idealism was a new kind of Spinozism.50 But perhaps Jacobi was showing more perspicacity than Kant allowed, because, on Kant's own terms, the judgements and the ideas of dogmatism lacked in existential significance because of their formalism, and now these same mental products were being reintroduced within his own critical System, indeed in a new role and explicitly recognized äs acts of the understanding and constructs of reason, yet not any the less formal for that.51 Jacobi was simply wondering how they could ever bear an existentially significant relation to the experiences they were supposed to inform. Kant himself was implicitly to acknowledge this problem by struggling with his notorious problem of the Übergang to the end of his life. But were Hume's claims about the function in mental life of sense and sensibility, which Kant uncritically accepted, correct? The irony is that, also at the beginning of his essay on the orientation of thought, Kant acknowledges that the metaphor of "orienting oneself" derives from the body's ability to distinguish between left and right and thus to find its way in a region of space instinctively. He also points out that this ability is subjective and primordial, and that, though at the basis of other representations attained through reflective abstraction, is itself not reducible to any deliberate judgement.52 But now, how could Kant claim this much and not also recognize that the body, even at the level of its simplest experiences, already naturally distinguishes itself from a world that both transcends it and yet contains it, and naturally finds a place for itself with respect to it? This further conclusion 47
So far äs I know, Salomon Maimon was the first to argue that Kant could not resolve his judgements of the understanding except in the Imagination (äs contrasted to empirical Intuition through the senses). Versuch über die Transzendentalphilosophie (Berlin: Voss, 1790), Chapter 2. 48 «what Does it Mean to Orient Oneself in Thinking?", p. 139, footnote. 49 The question of how one can speak of an "interest of reason" without thereby introducing material considerations was raised by H. A. Pistorius within the context of Kant's moral theory in his anonymous review of Kant's Grundlegung zur Metaphysik der Sitten (1785), in Allgemeine deutsche Bibliothek LXVI.2 (1786), 447-463, especially 462-463. A parallel question was raised by A. W. Rehberg with reference to Kant's conception of the feeling of respect supposedly inspired by the law. The problem is how a feeling — which must be ex hypothesi a sensible event — can be noumenally determined. Cf. Rehberg's anonymous review of Kritik der praktischen Vernunft (1788), in Allgemeine Literatur-Zeitung, 6 August 1788, ## 188 a and 188 b; columns 345-360, especially 353. 50 "What Does It Mean to Orient Oneself in Thinking?", p. 143, footnote. 51 G. E. Schulze (clearly influenced by Jacobi) made the proposal that critical philosophy be called a "formalism." ÄLnesidemus oder über die Pundamenta der von Herrn Prof. Reinhold in Jena gelieferten Elementar-Philosophie (n. p. p., 1792), pp. 386-388. 52 Pp. 134-135.
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is an obvious one, and the only likely explanation for why Kant did not draw it is that he had been blinded by Hume's arguments that sensations have no significance except äs impressions.53 But Kant did not have to accept these arguments. He did not have to divide "apprehension" into two essentially different components — subjective sense-content on the one hand, and, on the other, formal determination that generates objectivity. Like Reid and Jacobi, he could have taken sensations äs signs and suggestions which, though naturally occurring events, are already judgement-like; inasmuch äs they enter into conscious life, they already are perceptions in a strict sense, i. e. implicitly rational from the beginning. Kant would then have been well on the road towards Jacobi's (and Reid's) theory of rationality äs a reflective form of sense perception. In fact, Kant accepted a false picture of the senses, and thereby settled himself with a paradoxical notion of objectivity. In the debate over Jacobi's use of "faith" the parties involved never reached a meeting of mind. This paper must remain, therefore, the story of a confusion. "The Dust that Hume Raised" could be an apt subtitle for it, because, äs we have seen, behind the confusion lay an ambiguity in Hume's use of "reason" and "belief." Yet Hume cannot be held to have been the only culprit, for that ambiguity was itself the result of Hume's misconception of the facts of sensibility and of his mistrust of the senses, and these — the misconception and the mistrust — were long Standing ingredients of both the empiricist and the scholastic traditions from which all the protagonists in our story drew their Inspiration. Jacobi himself seemed, in his dialogue on Hume, more to have stumbled upon his theory than to have deliberately thought it through. Witness is the fact that he was eventually to distance himself from it,54 precisely because, in line with long-standing prejudices, he feared he had granted to much to the senses. But, these developments apart, the lesson to be learned is that, though many were making much of the nature of rationality, and much had been made about it in virtually every philosophical tradition, the real problem, the one that had caused (and still causes) confusion, was a lack of understanding of the nature and function of the senses.
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Or perhaps he implicitly did draw it when he argued that sensibility has its own a priori forms. But then, why make so much of a supposed material content of sensations which could at best only have psychological meaning and would per se lack any epistemic value? Cf. the long footnote added in 1815 to p. 123 of the 1787 David Hume, and the emendation of the text; Werke, II, pp. 218-223.
Der magische Transzendentalismus von Novalis von Stephan Grätzel und Johannes Ullmaier, Mainz
Eine exotische Blüte am Stamme der Transzendentalphilosophie ist der „magische Idealismus" von Novalis. Sein Stellenwert innerhalb der nachkantischen Philosophie ist bisher noch nicht erkannt worden. Immer noch herrscht das Bild vom esoterischen Dichter vor, wobei nur wenig seine Errungenschaften für die Grenzen und Möglichkeiten des Selbstverstehens gesehen werden. Fichtes Spät werk in den Wissenschaftslehren von 1812 und 1813 und den Tatsachen des Bewußtseins von 1813 bezeugen in der von Fichte selbst gefundenen Weiterführung seiner Philosophie des Ich eine Entwicklung, die sein Schüler Novalis in einer genialen Intuition vorweggenommen hatte: die Erkenntnis, daß die „Gegebenheit der Welt" ein „Sich-verstehen der Erscheinung" ist. Auch Grundzüge der Identitätsphilosophie Schellings und der Naturphilosophie Baaders lassen sich schon hier erkennen, ganz zu schweigen von Hegels System. Novalis hat die Möglichkeiten der Transzendentalphilosophie, die Gegebenheit der Welt aus dem Selbstverstehen zu erfassen, schon zu einer Zeit ausgeschöpft, als dies in der Philosophie selbst noch nicht vorgebracht wurde. Die Transzendentalphilosophie mit ihrer Überwindung der einseitigen objektiven Perspektive läßt uns die Natur, oder Außenwelt, als ein menschliches Wesen ahnden, — Sie zeigt, daß wir alles nur so verstehen können und sollen, wie wir uns selbst und unsere Geliebten, uns und euch verstehen.1
Novalis gibt damit dem Verhältnis von Innenwelt und Außenwelt eine neue Bedeutung. Diese liegt darin, daß die Außenwelt ihren Charakter von Gegenständlichkeit und Widerständigkeit aufgibt. Für Novalis ist die Außenwelt Gemüt, also eine besondere Form der Innenwelt geworden2. Dadurch kann er die Affektation, die sonst nur in Richtung der Außenwelt auf die Innenwelt gesehen wurde, auf eine Beeinflussung der Außenwelt durch die Innenwelt erweitern3. Das Erkenntnisver1 2
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Novalis, Bd. 3, Abt. IX, Fr. 820, S. 429. Weier ist auf den Zusammenhang von Gemüt und Durchsichtigkeit der Natur eingegangen (S. 553 f.). Die Durchsichtigkeit der Natur für das menschliche Erkennen ist das Gemüt, das in der Sichtweise Weiers aus der Konzeption von Fichtes Nicht-Ich gebildet wird. Novalis, Bd. 2, Abt. VI, Fr. 111, S. 546: „Wir haben 2 Systeme von Sinnen, die so verschieden sie auch erscheinen, doch auf das innigste miteinander verwebt sind. Ein System heißt der Körper, eins, die Seele. Jenes steht in der Abhängigkeit von äußeren Reitzen, deren Inbegriff wir die Natur oder die äußre Welt nennen. Dieses steht ursprünglich in der Abhängigkeit eines Inbegriffes innerer Reitze, den wir den Geist nennen, oder die Geisterwelt. Gewöhnlich steht dieses letztere System in einem Assoziationsnexus mit dem anderen System — und wird diesem afficirt. Dennoch sind häufige Spuren eines umgekehrten Verhältnisses anzutref-
Kant-Studien 89. Jahrg., S. 59-67 © Walter de Gruyter 1998 ISSN 0022-8877
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Stephan Grätzel und Johannes Ullmaier
mögen ist damit ein Wechselverhältnis zwischen Innenwelt und Außenwelt. Die Einseitigkeit einer subjektiven oder objektiven Perspektive erfaßt den für Novalis wesentlichen Teil der Erkenntnis nicht. Erkenntnis ist keine Projektion oder Reflexion, als Entwurf oder Widerspiegelung der Gegenstände, sondern ein Wechselverhältnis der beiden Welten, das kein festes Raumgefüge und keine festen Grenzen hat. Das vollkommene Wechselverhältnis verlangt eine neue Definition von Erkenntnis. Dies geschieht dadurch, daß Novalis sie als magisches Vermögen ausweist4. Der eigentlich magische Vorgang ist die Selbsterkenntnis5. Dies läßt sich dadurch leicht erklären, daß Naturerkennen, wie in dem Eingangszitat schon erwähnt, ein Selbstverstehen ist6. Die Anschauung und Betrachtung der Natur ist dabei nicht eine bloße Form der Auffassung, darf also nicht mit dem herkömmlichen Begriff der Betrachtung oder Anschauung verwechselt werden. Anschauung und Betrachtung ist für Novalis beim Menschen ein Vorgang einer Selbstbegegnung mit der Natur. Die höchste Form dieser Begegnung in der Außenwelt vollzieht sich an der Wahrnehmung des eigenen Körpers, weil es für diese Wahrnehmung kein fremdes Äußeres mehr gibt. Deshalb entsteht dabei die Lust des Menschen an der menschlichen Gestalt, an dem menschlichen Körper7. Die Lust, die bei seiner Betrachtung entsteht, ist der Ausdruck des Blickes in die Natur, nicht auf die Natur. Dieser Blick ist damit der transzendentale Blick nach innen oder in das Gemüt8. Das auf diese Weise sich anschauende Wesen betreibt Magie, weil es die Körper nicht als Gegenstand, sondern als „Kristalle"9 zu betrachten in der Lage ist. Das Bild des Kristalls verdeutlicht in besonderer Weise das Verschwinden von Äußerlichkeit in der Betrachtung. Diese Betrachtung ist keine Hinnahme eines Gegebenen, sie ist das Er-
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fen, und man bemerkt bald, daß beyde Systeme eigentlich in einem vollkommenen WechselVerhältnisse stehn sollten, in welches jedes von seiner Welt afficirt, einen Einklang, keinen Einton bildeten. ... In der Periode der Magie dient der Körper der Seele, oder der Geisterwelt." (Hervorhebung von uns). Stieghahn, S. 110: „Aus der erlebten Identität wird die bewußte Identifikation. In der Reflexion ihrer selbst nimmt die Erkenntnis einen formalen Charakter, den der Analogie an, den sie auf magischer Stufe gerade nicht hatte. (...) Dennoch darf auch das reflektierte magische Denken so genannt werden (...)." Stieghahn, S. 62: „Mit dem delphischen Spruch ist der tiefste Sinn des alchemistischen Mysteriums erschlossen und zugleich ein Motiv angerührt, das Novalis noch in weitreichendem Zusammenhang beschäftigt hat." Weier, S. 567: „So verwandelt Novalis den Gedanken der Schellingschen Naturphilosophie, daß das Ich durch die Natur konstituiert werde, in ein Erlebnis, das er als ein Sich-Offenbaren der Natur mit dem Ich beschreibt." Grätzel, S. 88 ff. Weier, S. 553: „Für Novalis wird dagegen die Natur im Gemüte durchsichtig und als Identität von Ich und Nicht-Ich erlebbar." Novalis, Bd. l, S. 280: „Die Natur versetzte Klingsohr, ist für unser Gemüt, was ein Körper für das Licht ist. Er hält es zurück; er bricht es in eigentümliche Farben; (...)" [Heinrich:] „Die Menschen sind Kristalle für unser Gemüt. Sie sind die durchsichtige Natur."
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kennen als Belebung. Bei der Betrachtung der menschlichen Gestalt erkennt der Mensch insofern, als er sich belebt und das Erkannte belebt. Im Gegensatz zu einem Verständnis von Sinn, das ideologisch ausgerichtet ist, hat Novalis eine operative Vorstellung10. Sinn wird dabei nicht als ein Abschluß eines Erkenntnisprozesses verstanden, sondern als eine sich immer wieder neu setzende Größe. Dies stellt den Erkenntnisvorgang in einen neuen Zusammenhang. Erkennen wird ein VerschmelzungsVorgang der Erkennenden mit dem Erkannten11, wobei feste Sinngefüge gebildet und auch wieder aufgelöst werden12. Dieser ständige Fluktuationsprozeß des Erkenntnisvorganges ist dem Zeugen und Absterben des organischen Vorganges verwandt. Deshalb ist bei Novalis der Erkenntnisvorgang selbst organisch zu nennen. Naturwissenschaftliche Erkenntnisse, wie die der Oxydation, werden nach einer transzendentalen Bedeutung abgesucht. Das bedeutet, daß Vorgänge in der Natur danach untersucht werden, ob sie selbst Wahrnehmungs- und Verstehensvorgänge ermöglichen13. Dies führt uns zu dem eigentümlichen Materiebegriff von Novalis. Das Selbstverständnis findet sich nicht ohne weiteres im Natürlichen wieder, sondern nur dann, wenn es ein poetisierendes Verständnis des Lebens ist. Hierbei wird das Leben nicht als Gegebenheit betrachtet; es ist nicht schon daseiend vorhanden, sondern es schafft sich in dieser poetisierenden Weise14. Dieses poetisierende Vermögen, dieses Illudieren ist Ausdruck des Lebens selbst, nicht der bloßen, also einseitigen Erkenntnis ohne das Wechselverhältnis von Innen und Außen. Im Erkennen materialisiert sich das Leben in Form einer Desillusionierung15. Diese Einsicht in das Leben und die Erkenntnis der sich selbst vernichtenden Illusion ist Teil des allgemeinen Naturvorganges der Zersetzung16. Die Auflösung und Zersetzung ist keine bloße Vernichtung, bei der ein Gegebenes, ein Ding zu Nichts wird, sondern sie ist vielmehr eine Metamorphose, bei der das Entscheidende nicht die Verwandlung der Gestalten, Formen oder Strukturen ist, sondern die Verwandlung des Selbstverstehens dieser Gestalten. Hierin liegt die Einheit von Verstehen, Selbstverstehen und dem organischen Vorgang der Zersetzung und Oxydation. Der organi10 11 12
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Novalis, Bd. 2, Abt. VI, Fr. 118, S. 550: „Sinn ist ein Werckzeug - ein Mittel." Novalis, Bd. 2, Abt. II, Fr. 184, S. 163: „Was ist ein Sinn? Homogeneitaet mit der Natur." Weiers Interpretation des Offenbarungsbegriffes als Abwandlung des Selbsterfahrungsbegriffes der Natur bei Schelling scheint uns in diesem Zusammenhang zu wenig differenziert, weil die Wechselseitigkeit unterschlagen wird: S. 567: „So verwandelt Novalis den Gedanken der Schellingschen Naturphilosophie, daß das Ich durch die Natur konstituiert werde, in ein Erlebnis, das er als ein Sich-Offenbaren der Natur mit dem Ich beschreibt." Eckhardt, S. 144: „Alles blind Natürliche soll in reflektierte Natürlichkeit überführt werden." Novalis, Bd. 2, Abt. VI, Fr. 187, S. 563: „Das Leben soll kein uns gegebener, sondern ein von uns gemachter Roman seyn." Ebd.: „Wer das Leben anders als eine sich selbst vernichtende Illusion ansieht, ist noch selbst im Leben befangen." Ebd.: „Die Selbstauflösung des Triebes — diese Selbstverbrennung der Illusion, des illusorischen Problems ist eben das Wollüstige der Befriedigung des Triebes."
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sehe Vorgang ist eine Materialisation des VerStehens, wie auch umgekehrt das Verstehen als Selbstverstehen ein organischer ZersetzungsVorgang ist. Jede Art von Materie stellt eine besondere Form des Selbstverstehens vor entsprechend der Reizbarkeit dieser Materie. Diese Reizbarkeit ist dann am höchsten Punkt angelangt, wenn der Reiz nicht mehr äußerlich, sondern innerlich, also ein Selbstreiz geworden ist17. Hierbei kommt es zu einer Verwandlung der äußerlichen Gegebenheit der Materie, so daß sie durch Zueignung den Charakter des Selbstischen bekommen kann. Man könnte diesen Vorgang als Bildung „autonomer Materien" bezeichnen18. Diese zweifache Verwandlung des Selbstverstehens — von der Gegebenheit zur Illusion und von der Illusion zur Erkenntnis der Zersetzung — ist insgesamt ein Auflösungsvorgang, der dem Prinzip der Entfernung oder der Wirkung in die Ferne untersteht. Dies ist eine besondere Art eines Verstehens, das als ein Selbstverstehen oder auch eine Selbstfindung durch die Trennung und Abspaltung beschrieben werden kann19. Die Bedeutung der Fernerfahrung ist nun sowohl physikalisch, als auch poetisch20. Dabei wird etwas in der Ferne gefunden, das wie eine Wiederfindung des Selbst zutiefst vertraut ist. Diese Wiederfindung vollzieht sich in der Übersteigerung der bloßen Gegebenheit und der Erwirkung des Fernen oder Wirkung in die Ferne durch das Illudieren und durch die Einsicht in diesen Vorgang. Entsprechend dieser Verschiedenheit soll hier von einer Illusionserfahrung und einer Zersetzungserfahrung gesprochen werden. Beide Erfahrungen sind poetische und poetisierende Vermögen. Das Illudieren und Zersetzen steigert die Durchsichtigkeit der Natur bis hin zu der Erkenntnis, daß wir eigentlich nur das wirklich kennen, was sich selbst kennt21. Dies ist dann der oben beschriebene Blick in die Kristalle22. Dem Selbst sind diese Gegenstände, die entsprechend der Konzeption des Durchsichtigwerdens der Natur als kristalline Gegenstände bezeichnet werden können, als 17 18
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S. u. Fußnote 19. Novalis, Bd. 2, Abt. VI, S. 551 f.: „Ich kann etwas nur erfahren, in so fern ich es in mir aufnehme; es ist also eine Alienation meiner selbst und eine Zueignung oder Verwandlung einer anderen Substanz in die meinige zugleich: das neue Product ist von den beiden Factoren verschieden, es ist aus beiden gemischt." Novalis, Bd. 3, Abt. IX, Fr. 1121, S. 472: „Je isolirter ~ desto wircksamer. Sollte dies der geheime Sinn des chemischen Grundsatzes seyn? — Corpora non agunt, nisi soluta. Alle Solution ist mehr eine complette Trennung — als eine Vereinigung. Hier giebts dann die wahre Actio in distans." Novalis, Bd. 3, Abt. IX, Fr. 342, S. 302: „Ferne Philosophie klingt wie Poesie - weil jeder Ruf in die Ferne Vocal wird. (...) So wird alles in der Entfernung Poesie — Poem. Actio in distans. Ferne Berge, ferne Menschen, ferne Begebenheiten etc. alles wird romantisch, quod idem est — daher ergiebt sich unsre Urpoetische Natur." Novalis, ebd: „Wir kennen nur eigentlich, was sich selbst kennt." [Hervorhebung von uns]. Der Blick in den Kristall korrespondiert dem Blick aus dem Kristall. Novalis will hiermit ein bestimmtes Verhältnis von Ich und Nicht-Ich veranschaulichen, bei dem die Erkenntnis um eine mögliche Wahrnehmung aus dem Nicht-Ich heraus erweitert wird. Novalis, Bd. 3, Abt. IX, Fr. 446, S. 328: „Äußre, Oberflächen Bildung, Gliedrung - Bildung, Gliedrung in die Tiefe — ins Innre."
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Illusionen, Träume oder als Glauben präsent. Die Aufhebung der Widerständigkeit des Gegenstandes und die Freilegung seiner kristallinen Struktur ist die eigentlich lustvolle Erfahrung der Erkenntnis, weil sie die tragische Situation der Vergänglichkeit des Menschen in einen anderen Zusammenhang stellt und damit aus der schmerzlichsten Erfahrung eine freudige macht. Diese Verwandlung vollzieht sich aber nur durch die Illusion, also innerhalb der Täuschung. Hierbei spielt die Täuschung eine positive Rolle23. Der magische Transzendentalismus sieht die Täuschung in ihrer wirklichkeitsbildenden Funktion, indem er die Selbsterfahrung des Menschen als poetisierende Selbsterfahrung auslegen kann. Der logische Aspekt der Täuschung als Abweichung von einer vorgegebenen Wirklichkeit fällt damit für ihn weg. In dem Fragment 601 aus dem Allgemeinen Brouillon von 1798-179924 stellt Novalis dar, welchen Begriff er von dem Irrtum, der Illusion und der Wahrheit hat. Entscheidend dabei ist, daß der Begriff von Wahrheit, der mit Objekt und Objektivation verbunden ist, aus dem poetisierenden Vermögen hervorgeht25. Die Grundsituation der Erkenntnis ist Illusion oder Irrtum, weil das Ich dasjenige objektiv wahrnimmt, was in ihm ist26. Durch diese Illusion wird der Glaube an den äußerlichen Geschehensverlauf und damit gleichzeitig an den objektiven Zeitverlauf vermittelt und konstruiert. Die objektiven Verläufe sind das Ergebnis einer Entfernung und Entfremdung von Selbstwahrnehmung. Hier erst beginnt die Reflexion eine Selbsterkenntnis zu werden27. Die Trennung des Selbst von seiner Wahrnehmung teilt schon die innere Welt auf und gibt der Erkenntnis den für die Theorie ungewöhnlichen Aspekt des Verlustes oder gar der Zerstörung. 23
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Novalis, Bd. 2, Dialog 4, S. 667i.: „... daß es bey uns steht, das Leben wie eine schöne, genialische Täuschung, wie ein herrliches Schauspiel zu betrachten, daß wir schon hier im Geist in absoluter Lust und Ewigkeit seyn können, und daß gerade die alte Klage, daß alles vergänglich sey, der Fröhlichste aller Gedanken werden kann, und soll." Auch die Interpretation von Link, die auf die Ironie in diesem Dialog hinweist, stellt die poetisierende und damit wirklichkeitsbildende Funktion der Täuschung und Illusion heraus, s. Link, S. 74—75: „War nicht auch der ganze Beweisgang durch seine leise ironisierende Diktion als eine Jllusion' erkennbar? Selbst die von ihm intendierte Überzeugung ist nicht mehr als die, ,daß es bey uns steht das Leben wie eine schöne, genialische Täuschung ... zu betrachten ...* (II, S. 667), das heißt, extrem ausgedrückt: wir können uns die Illusion machen, das Leben sei eine Illusion." Novalis, Bd. 3, S. 372. Ebd.: „Es ist dogmatisch — wenn ich sage — es giebt keinen Gott, es giebt kein Nicht-Ich — es giebt kein Ding an sich — ich kann kritisch nur sagen — Jezt giebt es für mich kein solches Wesen — außer einem Erdichteten. Alle Illusion ist zur Wahrheit so wesentlich, wie der Körper der Seele — Irrthum ist das nothwendige Instrument der Wahrheit — Mit dem Irrthum mach ich Wahrheit - vollständiger Gebrauch des Irrthums - vollständiger Besitz der Wahrheit." Ebd.: „Alle Synthese - alle Progression - oder Übergang fängt mit Illusion an - ich sehe außer mir, was in mir ist — ich glaube es sei geschehn, was ich eben tue und so fort. Irrtum der Zeit und des Raums." Novalis, Bd. 3, Abt. IX, Fr. 820, S. 429: „Wir verstehen natürlich alles Fremde nur durcR Selbstfremdmachung - Selbstveränderung — Selbstbeobachtung."
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Die Aufteilung der Welten und der Verlust einer einheitlichen Selbstwahrnehmung wird im „transmundanen Actus" kompensiert. Hier kommunizieren die Welten des Selbst und seiner Erkenntnis in der, wie man sagen könnte, eingeschränkten Form des Glaubens28. Während die Entfernung und die Selbstfremdmachung Metaphern der Auflösung, des Verschwindens und der Zerstörung sind, ist der transmundane Aktus eine Annäherung und Assimilation. Die Assimilation macht die Kommunikation als eine Überwindung und Weiterentwicklung deutlich29. Die Vereinigung dient nicht der Identität einer Selbsterkenntnis, die als solche im Grunde ja zerrissen ist und den Verlust an Selbsterkenntnis besiegelt, sie zerstört solche Einheiten und ist drin ein Generationsprozeß30. Novalis versteht die Generation als notwendige Auflösung selbstischer Einheiten zum Zwecke des Durchsichtigwerdens der Natur31. Die Auflösung und Generation ist, wie das Verstehen als Selbstverstehen, nur im Hinblick auf die selbstische Identität zerstörerisch, im ganzen gesehen aber kreativ. Sie muß also im Zusammenhang mit dieser Bildung lichterer Gegenständlichkeit verstanden werden32. Diese Lichtung in der Gegenständlichkeit des Verstehens ist eine Befreiung von der zwingenden Reizabfolge der Materie und führt zur Bildung von freien und selbstischen Materien. Diese autonomen Materien haben die Reizbarkeit oder Irritation überwunden und sind damit erst zu einem Selbstbezug fähig, der nicht entfremdend ist33. 28
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Novalis, Bd. 3, Abt. IX, Fr. 779, S. 420: „Glauben ist hienieden wahrgenommene Wircksamkeit und Sensation in einer anderen Welt — ein vernommener transmundaner Actus. Der ächte Glaube bezieht sich nur auf Dinge einer ändern Welt. Glauben ist Empfindung des Erwachens und Wirckens und Sinnens in einer ändern Welt." Novalis, Bd. 2, Abt. VI, Fr. 439, S. 620: „Das gemeinschaftliche Essen ist eine sinnbildende Handlung der Vereinigung. (...) In der Freundschaft ißt man in der tat von seinem Freunde, oder lebt von ihm. Es ist eine echte Trope den Körper für den Geist zu substituieren — und bei einem Gedächnismahl eines Freundes in jedem Bissen mit kühner, übersinnlicher Einbildungskraft, sein Fleisch, und in jedem Trunke sein Blut zu genießen. (...) So genießen wir den Genius der Natur alle Tage und so wird jedes Mahl zum Gedächnismahl — zum seelennährenden, wie zum körpererhaltenden Mal — zum geheimnisvollen Mittel einer Verklärung und Vergötterung auf Erden — eines belebenden Umgangs mit dem Lebendigen." Novalis, Bd. 3, Abt. VIII, S. 85: „Alles Fressen ist ein Assimilationsvorgang — Verbindungs— Generationsprozeß — Die Flamme ist das Gefräßige kat exochen. (...) Die Flamme verbindet das Getrennte und trennt das Verbundene." Novalis, Bd. 3, Abt. XII, Fr. 291, S. 601: „Einst soll keine Natur mehr seyn - In eine Geisterwelt soll sie allmälich übergehn." Novalis, Bd. 2, Abt. VI, Fr. 21, S. 490: „So nöthig es vielleicht ist, daß in gewissen Perioden alles in Fluß gebracht wird, um neue, nothwendige Mischungen hervorzubringen, und eine neue, reinere Krystalisation zu veranlassen, so unentbehrlich ist es jedoch ebenfalls, diese Krisis zu mildern und die totale Zerfließung zu behindern, damit ein Stock übrig bleibe, ein Kern, an den die neue Masse anschieße, und in neuen schönen Formen sich um ihn herbilde." (Zur genaueren Bestimmung der naturwissenschaftlichen Begrifflichkeit: vgl. Kapitza passim). Novalis, Bd. 2, Abt. VI, Fr. 468, S. 646: „Die Frage nach dem Grunde, dem Gesetze einer Erscheinung etc. ist eine abstrakte, d. h. von dem Gegenstand weg, dem Geiste zu gerichtete Frage. Sie geht auf Zueignung, Assimilation des Gegenstandes. Durch Erklärung hört der Gegenstand auf, fremd zu sein. Der Geist strebt den Reiz zu absorbieren. Ihn reizt das Fremdartige. Verwandlung des Fremden in ein Eigenes, Zueignung ist also das unaufhör-
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Das ferne Ziel aller Entwicklung ist diese Selbstgegebenheit und auch Selbstverfügbarkeit des Geistigen34. Dies ist die Kraft des Magischen. Im Unterschied zu einer Objektivierung durch die Selbsterkenntnis verwirklicht sich erst an der durchsichtigen Gestalt des Ich das „Erkenne dich selbst". Objektivität in der Begründung ist zunächst eine Selbstgegebenheit, die sich als Selbstfremdmachen ein Gegenüber schafft. Das so Vergegenständlichte ist als Äußeres, dem Selbst fremd Gemachtes, nicht verstehbar. Das Verständnis gelingt nur, wenn die Vergegenständlichung durch einen Akt der Auflösung wieder zurückgenommen wird. Dieser Vorgang gleicht dem Auftauchen und der Abfuhr von Reizen35. Die Auflösung des Reizes und die damit verbundene Extension schafft eine Wirklichkeit mit illusionärem Charakter36. Dies muß im Sinne einer Raumbildung verstanden werden. Der so entstandene Raum ist ein Produkt der Reizvernichtung und damit vom Reiz geprägt; er ist eine Ableitung der durch die Sinne vermittelten Reize. Reizvernichtung ist Idealisierung durch Extension und Assimilation. Dabei werden neue, individuelle Wesenheiten geschaffen, die keine sinnliche, also keine stoffliche Widerständigkeit haben, sondern, wie man jetzt schon sagen kann, eine innere oder eigene37. Die Produkte der Reizvernichtung sind letztlich eigene Wesenheiten, die nur aufgrund ihres Eigenbezuges, ihrer inneren Relation wie Substanzen beste-
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liche Geschäft des Geistes. Einst soll kein Reiz und nichts Fremdes mehr sein — der Geist soll sich selbst fremd und reizend sein, oder absichtlich machen können." Kapitza, S. 91: „Der Mensch ist also jetzt noch darauf angewiesen, sich das Fremde geistig anzueignen, weil er sich noch nicht genügend selbst-heterogenisiert, fremd gemacht hat, um gleichsam mit sich selbst im Gespräch sein zu können. Deshalb ist die Assimilation des Heterogenen von außen her als Notbehelf, als vorläufige Behebung eines Mangels notwendig. Die Überwindung dieses in unserer Natur liegenden Mangels menschlicher Geisteskraft steht für Novalis in der Erwartung." Novalis, Bd. 3, Abt. IX, Fr. 592, S. 658: „Der Reitz kann, als Widerstand, er kann als Sollicitation betrachtet werden. Die Erstere Ansicht ist die Natürlichere. Der Reitz ist reflectierend — der Extension entgegenstrebend. So löst sich der Gedanke, die Vorstellung und die Mannichfaltigkeit, das Leben entsteht." Reize können bei Novalis auf zweierlei Weise begriffen werden: „hereinwärts" und „herauswärts" (s. Frank, 1972, S. 159). Dies macht auch das Phänomen der poetisierenden Natur des Menschen deutlich: „Fast jeder Mensch ist in geringem Grad schon Künstler — Er sieht in der That heraus und nicht herein — Er fühlt heraus und nicht herein. Der Hauptunterschied ist der; der Künstler hat den Keim des selbstbildenden Lebens in seinen Organen belebt — die Reitzbarkeit derselben für den Geist erhöht und ist mithin im Stande, Ideen nach Belieben — ohne äußre Sollicitation — durch sie heraus zu strömen — Sie, als Werckzeuge, zu beliebigen Modificationen der wircklichen Welt zu gebrauchen — (...)", Novalis, Bd. 2, Abt. VI, Fr. 226, S. 574. Novalis, Bd. 2, Abt. VI, Fr. 118, S. 550: „Von der unsinnlichen, oder unmittelbaren Erkenntniß. Aller Sinn ist repraesentativ — symbolisch — ein Medium. Alle Sinnenwahrnehmung ist aus der 2ten Hand. Je eigentümlicher, je abstrakter könnte man sagen, die Vorstellung, Bezeichnung, Nachbildung ist, je unähnlicher dem Gegenstande, dem Reitze, desto unabhängiger, selbständiger ist der Sinn — Bedürfte er nicht einmal einer äußern Veranlassung, so hörte er auf Sinn zu seyn, und wäre ein correspondierendes Wesen."
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hen, wenngleich natürlich als idealistische, unsinnliche Materien. Daß sie überhaupt erfahrbar sind, liegt daran, daß sie verschwindende und stabile Wesenheiten sind. Der stabile Zustand der Identität wird erst in ihrer Auflösung und Zersetzung zu einem Vorgang, der im eigentlichen Sinn reflexiv ist. Identitäten, wie sie die Sprache konstruiert, auch im Ich = Ich, sind nicht reflexiv, es sei denn als Formeln für den Generations- und Assimilationsprozeß38. Novalis gibt der Reflexion die Bedeutung des Naturverlaufes selbst. Die generelle Problematik, die hier vorliegt, könnte die von Schelling und seiner Konzeption der Weltseele ausgehende Fragestellung sein, wie Materie selbstbezogene Wesen ausbilden und sich insgesamt ihrer selbst bewußt werden kann. Es bedarf hierzu einer Kausalität, die über die traditionelle Kantische Konzeption hinausgeht. Weder die Naturkausalitäten, noch die Kausalität der Freiheit können einen Vorgang beschreiben, der durch Zerfall, Auflösung und Illudieren schöpferisch ist. Für das Verständnis der Konzeption von Materie bei Novalis muß eine weitere Kausalität der Entstehung der Dinge aus der assimilierenden und generativen Auflösung ihrer Gegenständlichkeit angenommen werden. Nur sie kann die Basis naturwissenschaftlichen Wissens sein. Reiz und ReizVernichtung sind gegenläufige oder, wie wir gesehen haben, sich ergänzende Vorgänge. Die Reizvernichtung ist dabei der Vorgang des Illudierens, der Idealisation, bei der es zu der Selbstbezogenheit, dem inneren Reiz, kommt. Damit kann sich der Reiz gleichsam wieder aus sich bilden und eine autonome Quelle der Tätigkeit werden. Diese autonome Tätigkeit aus der Selbstbezogenheit des Geistes ist das magische Vermögen der Beherrschung durch den bloßen Willen39. Diese Art des tätigen Gebrauches ist von Fichte für das bloße Denken, also, in den Augen von Novalis, für das Denkorgan gelehrt worden. Damit ist aber eine Fähigkeit angesprochen, die nach Novalis für alle Organe möglich ist, weil die Materie überall auf Selbstorganisation hinläuft. Das Denken ist dabei nur derjenige organische Vorgang, bei dem sich die Selbstorganisation auch erfährt. Diese „intellektuale Anschauung" ist ein tätiger Gebrauch der Organe, der aus dem tätigen
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Novalis, Bd. 2, Abt. VII, S. 672: „Wenn man den Leuten nur begreiflich machen könnte, daß es mit der Sprache wie mit den mathematischen Formeln sei — Sie machen eine Welt für sich aus — Sie spielen nur mit sich selbst, drücken nichts als ihre wunderbare Natur aus, und eben darum sind sie so ausdrucksvoll — eben darum spiegelt sich in ihnen das seltsame Verhältnißspiel der Dinge. Nur durch ihre Freiheit sind sie Glieder der Natur und nur in ihren freien Bewegungen äußert sich die Weltseele und macht sie zu einem zarten Maaßstab und Grundriß der Dinge." Novalis, Bd. 2, Abt. VI, Fr. 247, S. 583: „Dann wird jeder sein eigener Arzt seyn - und sich ein vollständiges, sichres und genaues Gefühl seines Körpers erwerben können — dann wird der Mensch erst wahrhaft unabhängig von der Natur, vielleicht im Stande sogar seyn, verlorene Glieder zu restauriren, sich bloß durch seinen Willen zu töten, und dadurch erst wahre Aufschlüsse über Körper — Seele — Welt, Leben — Tod und Geisterwelt zu erlangen."
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Eigenbezug der Wesenheiten hervorgeht40. Die organische Tätigkeit in ihrer Einheit von Bildung und Zersetzung ist deshalb für Novalis vom Denken auf die Natur und umgekehrt übertragbar. Darin begründet sich das magische Vermögen, zugleich zeigt sich hierin aber auch der Gipfel der transzendentalen Erkenntnismöglichkeit. Novalis hat mit dieser Vision nicht nur die oben angesprochenen Ergebnisse des Deutschen Idealismus vorweggenommen und übertroffen, er hat auch Aspekte aktueller Systemtheorie der Autopoiesis, wie sie etwa bei Maturana41 zu finden sind, im Prinzip erfaßt. Der magische Idealismus ist ein ernstzunehmender Teil der Transzendentalphilosophie und wird in seiner vollen Bedeutung erst über diese aktuellen Theorien erfaßt werden.
Literaturverzeichnis Eckhardt, Hans-Wilhelm: Wünsche und Begehrungen sind Flügel". Die Genesis der Utopie bei Novalis. Frankfurt, Paris 1987 Frank, Manfred: Das Problem „Zeit" in der deutschen Romantik. München 1972 Grätzel, Stephan: Die philosophische Entdeckung des Leibes. Stuttgart 1989 Hartmann, Heribert: Zur Aktualität der Raum-Zeitauffassung des Novalis. Diss. Bonn 1974 Kapitza, Peter: Die frühromantische Theorie der Mischung. München 1968 Link, Hannelore: Abstraktion und Poesie im Werk des Novalis. Stuttgart 1971 Mahoney, Dennis F.: Die Poetisierung der Natur bei Novalis. Beweggründe, Gestaltung, Folgen. Bonn 1980 Maturana, Humberto R.: Erkennen: Die Organisation und Verkörperung von Wirklichkeit. Braunschweig, Wiesbaden 1985 Novalis, Schriften. Die Werke Friedrich von Hardenbergs. Hrsg. von Paul Kluckhohn und Richard Samuel. Zweite, nach den Handschriften ergänzte, erweiterte und verbesserte Auflage in vier Bänden und einem Begleitband. Stuttgart I960— 1988 Stieghahn, Joachim: Magisches Denken in den Fragmenten Friedrichs von Hardenberg. Berlin 1964 Weier, Winfried: Die Verwandlung der idealistischen Abstraktion in die Emotion bei Novalis. In: Etudes germaniques 23 (1968) S. 548-573
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Ebd.: „Fichte hat den thätigen Gebrauch des Denkorganes gelehrt — und entdeckt. Hat Fichte etwa die Gesetze des thätigen Gebrauchs der Organe überhaupt entdeckt. Intellectuale Anschauung ist nicht anders." Maturana, H. R., Erkennen: Die Organisation und Verkörperung von Wirklichkeit.
Reflexionsphilosophie als Religionsphilosophie bei Jean Nähert von Rolf Kühn, Wien
Obwohl dieser maßgebliche Denker (1881 — 1960) einer philosophisch-spirituellen Tradition, die von Descartes und Maine de Biran bis zu Lachelier, Lagneau, Alain und Simone Weil reicht, der nicht wegzudenkende Lehrer Paul Ricceurs ist, ging bisher die deutschsprachige Rezeption an ihm vorbei. Dies belegt ein zuletzt erschienenes Buch, in dem Naberts Dissertation von 1924 über Die innere Erfahrung der Freiheit (1—239) und weitere ethisch-religionsphilosophische Schriften zwischen 1934 und 1957 mit einem ausführlichen Bibliographieanhang versammelt sind.1 Der genauere Denk weg des frühen Nabert läßt sich somit jetzt im Ausgang von Kant bis hin zur kritischen Interpretation Bergsons und Brunschvicgs verfolgen, wobei seine eigene Einordnung in die schon oben angedeutete Genealogie der französischen „Reflexionsphilosophie" hinzutritt, um sich in eine Hermeneutik des religiösreflexiven Verlangens (desir) und der mystisch-demütigen Zeugenschaft (temoignage) zu entfalten.
1. Transzendentalismus und Freiheitsakt in der Nachfolge Kants Kant wird von Nabert nicht einfach ideengeschichtlich oder genetisch aufgegriffen, sondern in einem operativen Sinne. Das heißt: welches ist der innere Elan des kritischen Transzendentalismus, wenn man bedenkt, daß die analytische Urteilslehre eigentlich jenen konstitutiven Bewußtseinsakt freilegen will, der mit keinem seiner Zeichen oder Objektivierungen identisch ist, in denen er sich auslegt? Anders gesagt ist es die innerste Motivation der Reflexionsphilosophie seit Maine de Biran (1766—1824), und darüber hinaus seit Descartes, das „Ich denke" von allen psychologisch-empirischen Konnotationen zu befreien. Die entscheidende theoretische Schwelle hierfür bei Kant ist sicher der „innere Wahrnehmungssinn", da jegliches Substanz-Ich, wie es vor allem auch Heidegger in seiner Schrift über Kant und 1
L'experience interieure de la liherte et d'autres essais de Philosophie morale. Preface de Paul Ricoeur (Collection Philosophie morale, dirigee par Monique Canto-Sperber). Paris 1994, XXVI S. u. 445 S. — Wir möchten hier damit eine eigene Schuld einlösen, da in unserem Werk Französische Reflexions- und Geistesphilosophie. Profile und Analysen. Frankfurt/M. 1993, auch nur kurz auf Nabert verwiesen werden konnte (S. 24, 41).
Kant-Studien 89. Jahrg., S. 68-79 © Walter de Gruyter 1998 ISSN 0022-8877
Reflexionsphilosophie als Religionsphilosophie bei Jean Nähert
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das Problem der Metaphysik (GA 3, 1991) radikalisiert hat, aufgelöst werden muß zugunsten dieses „Sinnes" als einer Form der Zeit bzw. Zeitigung. Naberts operative Lektüre ist eine zweifache, wie es die Zusatzthese von 1924 des weiteren verdeutlicht.2 Er erarbeitet zunächst einen Subjektbegriff, bei dem die „Existenz" auf transzendentale Weise zum „Ich" gehört. Zum anderen greift er entgegen anderen Neukantianern beim Rückgang auf die synthetische Einheit der Apperzeption auf deren Qualität als Können zurück. Eine jegliche effektive Leistung der Synthesis muß ein solches Können einschließen, falls tatsächlich von einem transzendentalen Bewußtsein gesprochen werden soll. Nabert steht also ganz in jener Tradition, die das cogito-sum als cogito-possum versteht.3 Um nun die zuvor genannte „Existenz" nicht als eine Kategorie der Urteilsmodalität mißzuverstehen, geht Nabert deutlich über den Text Kants hinaus, indem er eine „unbestimmte Existenz" des bestimmenden Ich von der „bestimmbaren Existenz" des Phänomens unterscheidet. Mit anderen Worten besagt dies den für die Reflexionsphilosophie entscheidenden Sachverhalt, daß das Denken als Akt vor dem Augenblick seiner kategorialen Bestimmung seitens des Verstandes ergriffen werden muß, so wie auch die intuitiv-sinnliche Vielfalt vor der Formgebung durch die Raum-Zeitlichkeit zu fassen ist: „Daß das ,Ich denke' eine Existenzaussage darstellt, bildet folglich nicht den geringsten Anfang für eine Icherkenntnis (connaissance de moi). Und man sieht, in welchem Sinne die Untersuchung zu den Paralogismen der rationalen Psychologie außerhalb des Problems der inneren Erfahrung verbleibt, und in welchem Sinne sie sich darauf bezieht. Das ,Ich denke' wird in der Kritik der Paralogismen unter seiner analytischen Form betrachtet, unabhängig von jener zweifachen Frage, zu erkennen, wie die synthetische Spontaneität zum Akt übergeht und wie sie sich empirisch in der Zeit bestimmt." (263 f.) Natürlich bliebe für dieses Verständnis eines transzendentalen Zusammenschlusses von präkategorialem Akt und „innerem Empfinden" vor Raum und Zeit weiterhin ebenfalls auf Fichte, die erste Quelle Naberts, zu verweisen, wie es maßgebliche Monographien tun.4 Die Reduktion des inneren Wahrnehmungssinnes auf die Zeitform vollzieht sich für Nabert seitens der gegenseitigen Durchdringung von Zeit- und Raumform, da sich die empirische Erkenntnis unseres Affiziertseins auf die Auffassung (apprehension) der Phänomene „im Raum" stützen muß. An dieser Stelle gewinnt Begriff wie Wirklichkeit des Könnens (pouvoir) seine ganze Bedeutung, denn indem ich 2
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Vgl. Uexperience interne chez Kant. In: Id., Hexperience Interieure de la liberte, 243—312. Hier 255 f.: „Indem Kant aus dem ,Ich denke* eine Existenzaussage macht, stößt er sich an seinem eigenen formalen Idealismus, der uns jene Anschauung der Spontaneität versagt, die wir sind, und zwar vor jenen positiven Bestimmungsakten, worin die Spontaneität, welche den Bedingungen der sinnlichen Anschauung und der Gegenseitigkeit von Subjekt und Objekt unterworfen ist, aus der bestimmten Existenz die Existenz eines Phänomens macht." Vgl. beispielsweise S. Weil, Premiers ecrits philosophiques (CEuvres completes 1). Paris 1988, 189 ff. Vgl. insbesondere P. Naulin, Litineraire de la conscience. Etüde sur la Philosophie de Jean Nabert. Paris 1963.
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beispielsweise eine Linie leibhaft oder ideell in zeitlicher Abfolge ziehe, erzeuge ich letztere strecken- oder punktweise im Raum. Dieser Übergang von der Raum-ZeitGegenüberstellung zu ihrer gegenseitigen Implikation bildet daher zugleich operativ in der Kritik der reinen Vernunft Kants die Übertragung des Zeitproblems aus der transzendentalen Ästhetik in die transzendentale Analytik der reinen Verstandesbegriffe oder -kategorien. Das heißt, für den Schematismus der Sinnlichkeit impliziert die Gegenseitigkeit von innerem und äußerem Sinn die Erkenntnis wie Anerkennung der Anschauungsform als Akt: „Die grundlegende Gegenseitigkeit des Subjekts und des Objekts, die bei jedem Verstandesakt die Vorstellung ,Ich bin' ausdrückt, setzt sich innerhalb der empirischen Erkenntnis durch eine Gegenseitigkeit von innerer und äußerer Erfahrung fort, die sich nur in der Zeit vollziehen kann."5 Die spätere Religionsphilosophie Naberts kündigt sich durch seine Kantdeutung hindurch insofern hier bereits an, als das Aktgeschehen des Bewußtseins auf all seinen Stufen ein Freiheitsgeschehen ist, welches den Gegensatz von Endlichem und Unendlichem stets neu zu überwinden versucht, ohne daß jemals die Freiheit selbst zu einer angemessenen Idee in der Vorstellung würde. Aber gerade dieser noumenale Charakter der Freiheit, der auch die Verstandesleistungen in einer praktischen Genesis a priori begründet sein läßt, verhindert nicht, daß Nabert — hier im Gegensatz zu Kant — eine Erfahrung der Freiheit für möglich erachtet, die in der oben genannten Dissertation von 1924 erhellt wird. Diese Erfahrung beruht nämlich zuletzt in der „Produktivität des Bewußtseins", wobei zu bemerken ist, daß im Französischen — und besonders in der Tradition der unter anderem von Kant her beeinflußten „Reflexionsphilosophie" — conscience immer auch „Gewissen" bedeutet,6 mit anderen Worten: Übernahme der Autonomieselbstverpflichtung aus der transzendentalen Selbstsetzung des Ich heraus ohne ein ontologisch-substantielles Residuum. Freiheit als reine Zeitlichkeit (duree) bedeutet daher, daß die Kontinuität dieser Freiheit in nichts anderem wiederum bestehen kann als in der überwundenen Diskontinuität der Freiheitsakte selbst, die sich so als durch den Gegensatz Endlich/Unendlich bestimmt erfahren. Im einzelnen analysiert Nabert hierzu dann in seiner Hauptthese Uexperience interieure de la liberte den freien Willen, das Wollen, die Entscheidung und die 5 6
Uexperience interne chez Kant, 294. Zur weiteren Diskussion heute vgl. auch O. Mohr, Das sinnliche Ich. Innerer Sinn und Bewußtsein bei Kant. Würzburg 1991. Insofern kann folgendes Zitat als der Höhepunkt der Nabertschen Analyse (294) angesehen werden: „Die fundamentale Gegenseitigkeit des Subjekts und Objekts, die bei jedem Verstandesakt die Vorstellung des ,Ich bin' ausdrückt, setzt sich innerhalb der empirischen Erkenntnis fort, und zwar durch eine Gegenseitigkeit der inneren und äußeren Erfahrung, wenn nämlich das einfache intellektuelle Bewußtsein (conscience) um unsere Existenz sich durch eine Bestimmung konkretisieren muß, die — mangels intellektueller Anschauung — sich nur in der Zeit realisieren kann. Das empirische Bewußtsein unserer Existenz geht unserer Erkenntnis des Universums nicht voraus: das eine wie die andere bilden in ihrer gegenseitigen Abhängigkeit durch ihre Entfaltung eine einzige Erfahrung." Vgl. des weiteren J. Kopper, La signification de Kant pour la philosophie fran^aise. In: Archives de Philosopie 44 (1981), 63-83.
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Triebfedern, um zu zeigen, daß es eine dem freien Subjekt eigene Kausalität gibt, die weder auf einen Naturdeterminismus noch auf eine Verstandesanschauung zurückgeführt werden kann: „Wenn der Glaube an die Freiheit dabei ist, wie ausgelöscht zu erscheinen, dann nicht aus dem Grunde, weil die Kausalität des Bewußtseins durch ein Gesetz der Natur vernichtet worden wäre. Um vorauszusetzen, daß das Bewußtsein vollständig sein Vermögen (pouvoir) entäußert, müßte man dahin gelangen, die Handlung (l'actiori) vollständig der Ebene der physischen Ereignisse anzupassen." (147) Gibt es aber eine „innere Erfahrung der Freiheit", so kann deren Tragweite und Grenze gerade die Untersuchung unseres „Gefühls" (sentiment) des freien Willens aufzeigen, weil dieses Gefühl als Empfinden — verwandt mit Maine de Birans „Gefühl der inneren Anstrengung" — sich gerade nicht auf die Kenntnis oder Unkenntnis jener Ursachen reduzieren läßt, die unser Handeln natürlich auch empirisch bestimmen. Das Wollen ist, parallel zum Können, der Ausübung der immanentfreiheitlichen Kausalität in allen Phasen des Handelns gegeben, so daß auch die Entscheidung als „Existenzsetzung" des Sollens auf einem inneren Freiheitswissen um sich selbst beruht, das durch keinen Fortschritt des Denkens jemals ganz eingeholt werden könnte. Die Triebfedern (motifs) und Triebkräfte (mobiles) im Kantischen Sinne schließlich beinhalten ebenfalls schon die innere Kausalität der Freiheitserfahrung, auch wenn sie den Entschlußakt nicht selbst hervorbringen, sondern nur erhellen können. Insgesamt gesehen sind daher die psychischen Gehalte für Nabert wie Zeichen, welche die Freiheit des Subjekts ausdrücken und entsprechend in einer Hermeneutik der Praxis als „Zeugenschaft" — wie noch zu zeigen sein wird — aufgegriffen werden können: „Das wahre Zeichen der Akte, die für die Geschichte unserer Freiheit von Interesse sind, besteht nicht darin, daß dieselben sich hinsichtlich des Verstandes als ihren Ursachen gegenüber mehr oder weniger abweisend darstellen. In Wirklichkeit breiten sie ihre Folgen so weit und so tief in das Leben des Ich (moi) aus, daß sie bereits unsere Zukunft vorauszuzeichnen scheinen." (163) Gerade durch eine solche Zeichenlektüre ist auch Paul Ricoeur bis in seine letzten Werke hinein zu verstehen, so wenn er im Anschluß an Descartes* Unendlichkeitsidee, welche die Ich-Evidenz stützt, vom „verwundeten Cogito" (cogito blesse) spricht, das auf der Grundlage dieser ontologischen Fragilität die anderen geschichtlichen Dokumente solcher Ich-Erfahrung in (Heiligen) Schriften, Arbeit, Religion, Politik etc. sammeln und integrieren kann.7
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Vgl. P. Ricoeur, Uacte et le signe selon Jean Nabert (1962). In: Id., Le conflit des interpretations. Paris 1969, 211-221; Temps et redt 111: Le temps raconte. Paris 1985, bes. 355 ff.; De ['Interpretation. Essai sur Freud. Paris 1970, 48 ff. Dazu auch J. Greisen, Descartes selon Pordre de la raison hermeneutique. In: Revue des sciences philosophiques et theologiques 73 (1989), 529-548, zu Ricoeur bes. 540 ff. Vgl. deutsch J. Greisch, Hermeneutik und Metaphysik. Eine Problemgeschichte. München 1993, Kap. 10: Das verwundete Cogito. Die hermeneutische Überwindung der Reflexionsphilosophie (Paul Ricoeur); F. Iwata, Paul Ricoeur et la philosophie reflexive. In: Etudes Phenomenologiques 10/20 (1994), 101-117.
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Auf diese Weise ist das Cogito als Ursprungsgewißheit und Grundproblematik eben auch bei Nabert schon nicht nur dazu berufen, Wissenschaft wie bei Descartes und Kant zu begründen, sondern eine Philosophie der Totalität der „Person" im Anschluß an Biran wie an Fichte zu ermöglichen, welche die „Fatalität" in Form unseres Charakters überwindet. Denn das Zeugnis (temoignage) der Unendlichkeit unbegrenzbarer Akte entgeht jedem „Gesetz" im Sinne einer Reduktion, um sogar noch im Erleiden unserer „Passivität" zu bekunden, daß auch diese nicht ohne unsere „Zustimmung" möglich wäre. Die „Produktivität des Bewußtseins" als Freiheitserfahrung bleibt unter dem Gesichtspunkt allgemeiner Formalität ein „Glaube" (croyance}> der sich auf keinen vorgängigen Akt sicher stützen kann, sondern sich immer wieder nur durch weitere Akte bestätigen läßt. In der persönlich-existentiellen Geschichte wie in der Historie tritt daher dieser Glaube durch „Kategorien" hindurch auf, zu denen außer der überwundenen Fatalität und der selbstgewollten Totalität der Personwerdung der bleibende Widerstand (resistance) gehört, an dem sich — verbunden mit der Anstrengung (effort) — unzureichende Freiheitsideen läutern, um die Freiheit eben als unanschaulichen, unteilbaren Akt erscheinen zu lassen. An dieser Stelle zeichnet sich wiederum ab, was Nabert später als Zeugnis der Mystiker und „Demütigen" integriert: daß es nämlich auf dem Grund unserer Einstimmung in die Freiheit noch den „Glauben" als Verlangen an ein mitgesetztes Absolutes gibt. Ethik und Religion als Wesen der Entscheidung (decisiori), die für Fortschritt oder Regreß des Denkens uneinholbar bleibt, sind mithin die erfüllte Verheißung jener reflexionsphilosophischen Epistemologie, die als „innere Erfahrung" in sich selbst, als solche, immer schon „praktisch" ist, das heißt Läuterung des empirischen Ich zugunsten eines transzendentalen Bewußtseins ohne metaphysische Versicherung im onto-theologischen Sinne: „Das Bewußtsein, das in keinem Akt ruhen kann, muß nämlich seine Unendlichkeit an jenen Grenzen entdecken, die es vernimmt, wenn es sich durch die Wahl und durch die Aufrechterhaltung einer Persönlichkeit hervorbringt. Das psychologische Leben trägt nicht nur den Determinismus in uns hinein. Da die Freiheit sich in diesem Leben entfalten muß, ergreift sie dessen Bedingungen, und alles läuft so ab, als ob der Charakter die Schale eines Determinismus nahe der Natur wäre, während die Personalität einer Art Weiterentwicklung und Straffung dieses Determinismus in der Welt der bewußten Gedanken und der Moral gleicht. Jedoch ist die Kausalität durch Freiheit schon in Gänze in jenen Akten gegenwärtig, die uns das Bild des Bewußtseins widerspiegelt, welches einem Gesetz unterworfen ist." (185) Besser verständlich wird diese Gesamtentwicklung Naberts noch, wenn man seine eigene Standortbestimmung im genealogischen Sinne aus dem Beitrag Die Reflexionsphilosophie hinzunimmt. Der Ursprungsakt ist bei Kant Urteilsakt', aber Nabert nimmt hier 19578 die beiden anderen Konzeptualisierungsmöglichkeiten hinzu: 8
La philosophie reflexive. In: Id., L'experience Interieure de la liberte, 397—411. Vgl. hier bes. die Schlußfeststellung 411: „Während die Lehren einer realistischen Inspiration auf eine wirkliche Übereinstimmung des Bewußtseins mit dem Sein abheben, das dessen Prinzip ist, erreicht eine Philosophie der reflexiven Innerlichkeit nur die Wahrheit, die auf dem Gipfel
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nämlich denselben Akt als Zeichenlektüre durch den Verstand (intellection im Unterschied zur Einbildung) sowie als unmittelbare Selbstapperzeption im Urfaktum der Anstrengung. Mit der letzten Bewußtseinsauffassung in einem affektiv-immanenten Sinne ist vor allem die Philosophie Maine de Birans angesprochen, während die semiologische „Intellektion" der Bewußtseinsproduktion und ihrer regressiven Epoche besonders das philosophische Erbe eines Lachelier (1832—1918), Lagneau (1851-1894), Brunschvicg (1869-1944) und Lachieze-Rey (1885-1957) aufgreift. Nabert selbst reiht sich in der Tat vornehmlich unter die letztgenannten Denker ein, aber bei all diesen Vertretern der französischen Reflexionsphilosophie ist das gemeinsame Anliegen gegeben, die transzendentale Dimension mit der Dimension spiritueller und konkreter „Innerlichkeit" in eins fallen zu lassen.9 Jedoch beruht die Fruchtbarkeit dieser französischen Denkrichtung nicht allein in ihrem begrifflich-spirituellen Vermögen zur „Verinnerlichung" allein, sondern auch in ihrem Ausdehnungsvermögen auf praktisch-hermeneutische Bedeutungslektüre hin. Gerade dies zeigt heute das Gesamtwerk Paul Ricoeurs, denn seine Erkenntnistheorie impliziert im Anschluß an Nabert eine konsequente Ethik zusammen mit einer Theorie der Endlichkeit, des Unbewußten sowie der Geschichte, innerhalb derer sich das Investieren des Subjekts in eine Zeichenrealität (als Symbol, Mythos, Heilige Schriften etc.) vollzieht, die sich zugleich auch wiederum bedrohend gegen das Subjekt richten kann, so wie es jeder Ob-jektivierung eigen ist.10 Dies ist im übrigen zu berücksichtigen, wenn von „Hermeneutik" im deutschen oder französischen Kontext gesprochen wird, da die historizistisch-daseinsanalytische Hermeneutiktradition bei uns keineswegs mit der reflexionsphilosophisch-ethischen identisch ist, auch wenn sich bei Ricoeur in seinem weiteren Ausgang von Husserl, Gabriel Marcel, Jaspers, Heidegger und Bultmann die Einflüsse nochmals überschneiden. Um den Kurzüberblick zur reflexionsphilosophischen Genealogie an dieser Stelle abzuschließen, kann auch ohne Schwierigkeit Naberts Kritik am frühen Husserl in diesem Zusammenhang verstanden werden. Die statische Phänomenologie ist in seinen Augen, wie der Beitrag Die Reflexionsphilosophie ebenfalls ausführt, eine zu
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der Reflexion sich befindet, um sogleich jene Kluft zu ermessen, die beständig zwischen dieser Erstbejahung (affirmation premiere] und ihrer Wirksamkeit in der Welt neu entsteht. Die rationale Askese, die wesentlich mit der reflexiven Methode verbunden ist und die Ambitionen einer spekulativen Philosophie begrenzt, wird in der Begegnung mit der Natur, dem Leben, der Pluralität der Bewußtseine durch die moralische Alternative, durch die praktische Askese, fortgesetzt." Vgl. außer R. Kühn, Französische Reflexions- und Geistesphilosophie·, l ff., 50 ff., auch die Besprechung von H. Riefstahl: Jules Lachelier, Du Pondement de l'lnduction et d'autres textes (Neuaufl. Paris 1992). In: Philosophischer Literaturanzeiger 46/3 (1993), 265-267. Vgl. R. Nebuloni, Nabert et Ricoeur, La filosofia riflessiva dall'analisi coscienziale alPermeneutica filosofica. In: Rivista dt filosofia neo-scolastica 72 (1980), 80—107; P. Prammer, Paul Ricoeur — eine Einführung in seine Philosopie. In: Mesotes. Zeitschrift für philosophischen Ost-West-Dialog l (1991), 18—24 (Lit. und dt. Übersetzungen), sowie zuvor schon B. Waldenfels, Phänomenologie in Prankreich. Frankfurt/M. 1987, 266-335.
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einseitige Fixierung auf die Korrelation von Noese/Noema, die dem Intentionalakt in sich nicht genug Aufmerksamkeit schenkt. Der spätere Husserl, den Nähert zum Teil aufgrund der Editionslage gar nicht berücksichtigen konnte, hat die Phänomenologie der Intentionalität dann gerade um die Analysen zur „passiven Synthesis" bis hin zu einer letzten „Strebung" (Trieb) erweitert, so daß das Bewußtseinsgeschehen transzendental wie konkret um eine affektive Materialität im primordialen Sinne bereichert wird. Nimmt man dies zusammen, dann wird die bleibende Nähe zwischen Phänomenologie und Reflexionsphilosophie augenfälliger — und zwar hinsichtlich ihres gemeinsamen Ziels, die Bewußtseinsimmanenz ohne transzendente oder mundane Rechtfertigungsinstanz aus sich allein heraus zu gründen. Für Nabert jedenfalls läßt sich das Ziel seiner Analysen durch ein einziges Bemühen beschreiben: nämlich alle Denkleistungen aus einer einzigen Ursprungsbejahung (affirmation originaire) fließen zu lassen, welche die Selbstsetzung des Aktes ist, worin sich das reine Subjekt konstituiert: „In diesem Akt sowie durch diesen Akt kann das Subjekt sich wiederergreifen, sich seiner selbst versichern, sich selbst einholen, ohne daß irgendetwas Fremdes es dazu anregen würde. Und es bleibt hinzuzufügen, daß die anfängliche Möglichkeit dieser Erneuerung sich der inneren Notwendigkeit der Formen, der Schematismen und der Regeln mitteilt, die den Leistungen des Subjekts immanent sind." (400) Was hier zusätzlich untergründig anklingt und bei Husserl dann intensiver thematisiert wurde, ohne allerdings von ihm zu einem Abschluß gebracht werden zu können, ist die phänomenologische Grundtatsache, daß der absolute Ursprungsakt rein-phänomenologisches Leben ist und dies in all seinen passiven wie intentional-reflexiven Vollzügen bleibt.u Dieses absolutphänomenologische Leben hat auch letztlich Nabert als solches nicht einfangen können, aber er ist dessen Problematik durch zwei Bergsonauseinandersetzungen nahe, die das Leben vor allem als geschichtliche und personal-religiöse Bezeugung fassen.12 2. Geschichtsfortschritt und Gottverlangen Mit Leon Brunschvicg (1869—1944), dem Nabert dann ebenfalls entsprechende religionsphilosophische Beiträge widmete, gehört Henri Bergson (1859—1941) zu den bedeutendsten französischen Vertretern eines Idealismus, der sich zwischen spi11
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Eine gewisse Weiterführung der Reflexionsphilosophie in diesem Sinne kann man bei M. Henry, Radikale Lebensphänomenologie. Freiburg/München 1992, erblicken. In seinem Buch Philosophie et phenomenologie du corps. Paris 1965, 92 ff. (Neuaufl. 1988) griff er auf Biran und Lagneau zurück, um die nicht-kausale, lebendige Bewegung aus der absoluten Passivität der Anstrengung als immanentem Gefühl (sentiment) im Sinne eines transzendentalen Sich-selbst-ergreifen-Könnens heraus zu analysieren. Vgl. Les instincts virtuels et Pintelligence dans Les deux sources de la morale et de la religion (1934); Uintuition bergsonienne et la conscience de Dieu (1941). In: Id., L'experience Interieure de la liberte, 313—347 u. 349—367. Zum philosophischen Mystikproblem bei Bergson und anderswo vgl. z. B. auch Probleme philosophischer Mystik. Festschrift für
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rituell-epistemologischen und lebensphilosophisch-mystischen Polen bewegte. Insofern kann die eigene religionsphilosophische Position Naberts geradezu aus seinem Verhältnis zu Brunschvicg und Bergson verstanden werden, zu denen er sich letztlich in einem gleich kritischen Abstand verhält. Was Bergson von der Intelligenz fordert, besteht darin, sich von einer „schöpferischen Emotion" (emotion creatrice) überfluten zu lassen. Dies stellt für Nabert (315 ff.) ein zweifaches Problem dar: 1. die mögliche Vertiefung der philosophischen Intuition durch eine „höhere" religiöse Intuition überhaupt sowie 2. der Übergang von einer Gattungsmoral zu einer Liebesmoral, welche „die Schöpfung eines radikal neuen Subjekts der Moral" erfordert (335). Wenn einerseits die Intelligenz auch nicht völlig mittellos ist, um eine Art kritisches Richteramt zwischen „wahrer und falscher Religion" durchzuführen, das sich im Zusammenhang mit der Mystik des Bergsonschen elan vital auferlegt, so ist es andererseits in den Augen Naberts um so schwieriger anzunehmen, daß die Mystik einiger weniger Individuen jene „Einschreibung einer konkreten Geschichte des Absoluten im Schoß der duree selbst (realisiere), deren Sinn zu entziffern ist" (347). In seinem zweiten Artikel von 1941 plädiert er daher für eine gegenseitige Vertiefung von mystischer Religion und Philosophie, und zwar auf jene Art und Weise, daß jedes Bewußtsein „in der Innerlichkeit seines Wesens das ergreife, was es zunächst als eine Offenbarung hat erstaunen lassen" (357). Philosophisch läßt sich in der Tat die Mystik nicht aus der schöpferischen Entwicklung des Lebens bzw. der Menschheit oder aus dem transzendentalen Reflexionsakt a priori ableiten. Aber für Nabert gibt es einen berechtigten Existenzgrund (raison d'etre) für die Mystiker, „die Gott geschaffen hat, um zu lieben und als Berechtigungsgrund des Universums geliebt zu werden". Wenn die Mystik so auch eine Verstehensmöglichkeit in den Grenzen der philosophischen Anschauung behält, so muß nach Nabert an Bergson dennoch die Frage gestellt werden, ob dessen These einer absteigenden materiellen Schöpfung gerade der aufsteigenden spirituellen Umkehr kein Hindernis entgegensetzt: „Der Rückgriff (...) auf die christliche Mystik schließt jene unerwartete Konsequenz ein, daß die Hoffnung, welche wir in die Anschauung setzen konnten, um sich als Neuschöpfung (regeneration) der Menschheit insgesamt fortzusetzen, herabgewürdigt wird." (366) In seinem etwas späteren und größeren Werk Elements pour une ethique13 wird Nabert genau diese „Sezession der Bewußtseine" als negative Erfahrungen analysieren, um daraus eine Herausforderung an das reflexive Denken abzuleiten. Diese Distanzierung gegenüber Bergson wiederholt sich in bezug auf Brunschvicg in einem Artikel von 1940.14 Nabert teilt zunächst die Idee Brunschvicgs, daß eine
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Karl Albert zum 70. Geburtstag (Hrsg. E. Jain/R. Margreiter). Sankt Augustin 1991 (Bergson 285 ff.). Paris 1943 (Neuaufl. Paris 1992), bes. 101 ff. hier. Vgl. P. Naulin, La philosophie de Jean Nabert et la morale de Pautonomie. In: Les Etudes pbilosopbiques 3 (1962), 351—354. La raison et la religion selon Leon Brunschvicg. In: Id., Lexperience Interieure de la liberte, 369—396. Brunschvicgs entsprechende Hauptwerke hier sind: Le progres de la conscience dans la philosophie occidentale. Paris 1924; La raison et la religion. Paris 1939. Bekanntlich
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realistische Ontologie der Geschichte die radikale Selbstumkehr des reinen Bewußtseins in seine Innerlichkeit hinein solange kontaminiert (372 ff.), wie ein äußerer Geschichtsfortschritt die immer deutlichere Abgrenzung des empirischen vom absolut-immanenten Bewußtseinsakt ersetzt. Aber Naberts Frage betrifft den reflexionsphilosophischen Sachverhalt, was letztlich als Beweis des „Fortschritts" anzusehen sei: das reflexive Urteil über die Geschichtssemiologie oder eben die „Askese" des empirischen Ich außerhalb dieser progressiven De-ontologisierung? Die Antwort wird von Nabert in der Setzung wie Bejahung (affirmation) einer dynamischen Anschauung erblickt, in welcher „der Vollzug (Operation), wo ich das Prinzip meines Wesens ergreife, und der Vollzug, in dem ich als geistiges Ich (moi spirituel) gezeugt werde", in eins fallen (378). Der Ausdruck „Dynamik" erinnert hier natürlich an Bergson, so wie die allgemeine Richtung der sich abzeichnenden Religionsphilosophie bei Nabert durchaus auch dem erkenntniskritisch-spirituellen Idealismus Brunschvicgs verbunden bleibt. Allerdings läßt der diskrete Verdacht eines Zirkels zwischen der Immanenz der Reflexion und der kritischen Wiederholung der Bewegung abendländischer Denkgeschichte als Bewußtseinsreinigung eher daran denken, daß Naberts Bezeugung „unserer Intuition einer immanenten Ewigkeit" (381) an den Akt des reflexiven Wiederholens gebunden bleibt, mit dem die kulturellen Bedeutungen als geistige Aktivitäten aufgegriffen werden, anstatt an die historische Dokumentierung, die sonst von dieser inneren Dialektik zwischen transzendentalem Bewußtsein und empirischem Ich unabhängig wäre. Die beste Beweisführung hierfür ist das „Christentum des Philosophen" und eine „christliche Philosophie", bei denen eine solche angezeigte Trennung keinerlei Abweisung beinhaltet, denn das „Christentum des Philosophen (innerhalb einer) Philosophie der Immanenz kann den Gegebenheiten des Christentums über sich hinaus keinerlei Platz lassen, den es sich nicht zu eigen hätte machen können oder auf den es sich im Verlauf seiner Anstrengung nicht hätte stützen können, um das religiöse Bewußtsein zu bilden".15 Hier scheint das Verhältnis zwischen Reflexionsakt und christlicher Religion als Verhältnis der Stütze sowohl Reinigung wie Berührung zu implizieren, oder systematischer ausgedrückt: Die äußerste „Aneignung" des Universalen durch das Innere (Brunschvicg) soll die Ausdehnung der Menschheit (Bergson) auf die Freiheit durch die Natur hindurch einschließlich der höchsten religiösen „Offenbarungs"-Erfahrungen erlauben (Nabert).
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verdanken wir Brunschvicg u. a. eine heute noch maßgebliche kritische Edition der PascalFragmente (1. Aufl. Paris 1908). La raison et la religion selon Leon Brunschvicg, 390. Vgl. X. Tilliette, Le Christ de la Philosophie. Prolegomenes ä une christologie philosophique. Paris 1990, 262 f. Bekanntlich vertritt Tilliette hierin die Auffassung einer genuin berechtigten philosophischen Christologie, die in sich auf Christus als Wahrheit explizit oder implizit ausgerichtet ist. Vgl. außerdem J. Baufay, La Philosophie religieuse de Jean Nabert. Namur 1974; J.-E Thomas, Revolution ethico-religieuse de Jean Nabert vers le Christ des Evangiles. Paris 1969. Zur Christologie als konkretisierter Freiheit vgl. des weiteren H. Renz, Geschichtsgedanke und Christusfrage. Zur Christusanschauung Kants und deren Fortbildung durch Hegel. Göttingen 1977.
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Diese gesamte religionsphilosophische Problematik wird bei Nabert durch einen sehr komplexen Artikel Das Göttliche und Gott noch verfeinert, der seinem posthumen Werk Das Gottverlangen nahesteht.16 Denn die „Kriteriologie des Göttlichen" — des „Göttlichen mehr als Gott" (413) — kann seitens der Reflexionsphilosophie nur durch die Vertiefung der Bewußtseinsakt-Innerlichkeit geleistet werden, die jede Onto-Theologie eines höchsten, getrennten Wesens als Subjekt göttlicher Prädikate ausschließt. Nabert befragt deshalb die „Unzuständigkeitserklärung des Selbst" im ontologischen, ontischen wie historischen Sinne als Hinweis auf jenen absoluten Akt, der eine Erfahrung einschließlich der Vergewisserung der Einheit der Gottesprädikate für uns ist. Was der Anschauung hier abverlangt wird, ist nichts anderes, als „unsere Erfahrung Gottes durch die Erfahrung des Göttlichen zu bereichern und zu vertiefen" (416). Wenn Nabert die prädikative Logik der Eigenschaften fürchtet, dann aus dem Grunde, weil sie von den Objektivierungen durch den Verstand gefangengehalten wird, der „in Sein verwandelt, was Licht, Selbsttransparenz, Akt ist" (418). Es gibt daher eine tiefgreifende Heterogenität zwischen der immanenten Einheit der göttlichen Prädikate und der vorkritischen Welthaftigkeit in bezug auf die Gestalten des Sakralen. Von diesem Hiatus aus, der gleichfalls den Rückgriff auf die Kausalität ausschließt, um das Unbedingte zu fassen, entwirft Nabert trotzdem eine Durchdringungsmöglichkeit vom rein Reflexiven und einer Hermeneutik der Zeugenschaft zwischen dem „Akt Gottes, Garant des Göttlichen, und dem Akt eines Bewußtseins, das zur Erkenntnis dieses Göttlichen berufen ist" (ebd.). Die wesentlichen acht Analysestufen sind dabei die folgenden: 1. Es gibt nicht nur eine Identität zwischen dem reinen Bewußtsein und dem Denken des Unbedingten im Sinne Fichtes, sondern es gibt auch eine tiefe Einheit zwischen dem Gottverlangen und dem Verlangen nach Selbsterkenntnis (comprehension de soi). Aber diesem Verlangen wird andererseits durch „eine Art grundlegender Entfremdung" widersprochen, die das einzelne Ich gerade daran hindert, „sich gleich zu werden" (s'egaler a soi). Daher bedarf es wiederum einer operativen Verlagerung des Theoretischen zugunsten einer axiologischen Praxis, die dem Begriff des „göttlichen Prädikats" angemessen ist. Diese Verlagerung in der Fortsetzung des Artikels vollzieht sich 2. als „Verifikation" oder als „Anerkennung" durch die Freiheit, die letztlich zum Gründungsakt des rein inneren Bewußtseins wird, und so von Brunschvicgs Denken verschieden ist. Die „axiologische Qualität" des Göttlichen (420) gewinnt eine kritische Funktion bezüglich der Gestalten des Sakra16
Vgl. Le divin et Dieu (1959). In: Id., L'experience interieure de la liberte, 413-426; Le desir de Dieu. Preface de Paul Ricoeur. Avertissement de Paule Levert. Paris 1966. Dazu besonders im Vergleich R. Virgoulay, Reflexion philosophique et experience religieuse d'apres „L'action" de Maurice Blondel et „Le Desir de Dieu" de Jean Nabert. In: Revue des sciences religieuses (1975), 319—351. Zu erinnern ist auch daran, daß der Begriff desir de Dieu bei Simone Weil zentral ist; vgl. jetzt S. Weil, Cahiers/Aufzeichnungen l— 3. München 1991-1996 (Bd. 4 in Vorb.). Außerdem M. Heraud, Le mal selon Simone Weil et Jean Nabert. In: Cahiers Simone Weil 10/3 (1987), 308-319.
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len, die von einem ununterscb eidbar „reinen wie entfremdeten Bewußtsein" entworfen werden. Und diese Zensur unserer Gottes unwürdigen Vorstellungen entspricht jenem Moment selbst, durch das sich das individuelle Bewußtsein von den SelbstRepräsentationen löst, die seinem Eingetauchtsein in die Natur entstammen. Aber diese reflexive Läuterung verlangt 3. eine „Verbürgung" (cautiori) durch solche Akte oder Wesen, die „für das Göttliche zeugen" (420). Die hiermit vorgestellte Hermeneutik ist also keine einfache Lektüre des Geschichtsfortschritts, sondern ein Entbergen jener Befreiungen, die von den empirischen Bewußtsemen selbst ausgeführt wurden. Auf diese Weise gleicht sich die Unterscheidung der „Eigenschaften Gottes" den „Eigenschaften eines Handelns an, das den Anforderungen des reinen Bewußtseins entspricht" (421). Mit anderen Worten gibt es eine Gleich wesenhaftigkeit zwischen dem reflexiven Ursprungsakt und dem Verstehensakt der Zeugnisse, welche die Anwesenheit des Göttlichen bestätigen. Daraus folgt, daß 4. diese Hermeneutik von Beispielen individueller Leben eine tatsächliche Entblößung enthält, die der reflexiven Operation voraus ist, welche die Kluft zwischen dem empirischen Ich und der reinen Innerlichkeit ausfüllen will. 5. führt dies zur Idee eines „Außergesetzlichen" (hors-la-loi), das in bezug auf die bloße Vorstellung von Akten, die den Normen widersprechen können, ein Übermaß (en exces) darstellt. Denn es handelt sich um eine „intensive Absolutheit", die nicht in „verallgemeinerbare Regeln umgelegt werden kann", wozu Nabert als religiös-ethische Beispiele die Vergebung, das Opfer und das Erhabene nennt. Diese Sicht ist dem ähnlich, was Jean-Luc Marion heute, mit einem Husserlschen Ausdruck, „die gesättigten Phänomene" nennt, das heißt solche Phänomene, die wie die Offenbarung „Gottes" oder des ästhetisch Wunderbaren wie auch der Liebe einen phänomenologischen „Überfluß an Gebung" für Sinne und Anschauung beinhalten.17 Dieser Chiasmus von transzendentalem Reflexionsakt und hermeneutisch-ethischer Konversion des empirischen Ich gibt uns 6. ein solches gesuchtes Göttliches ohne vorgängige Ontologie, und es entzieht sich so der traditionellen Theologie als alleinig „berechtigtem" Diskurs über Gott, wobei diese Abgrenzung dennoch für Nabert „eine Art Personalisierung des Absoluten" erlaubt (421). Indem die Vielfalt der mystisch-religiösen Zeugnisse in ihren geschichtlich-existentiellen Modalitäten sich dem reflexiv-spirituellen Denkakt des Unbedingten angleicht, kann sie ebenso integriert werden wie die Vielfältigkeit der göttlichen Prädikate. Die Erfahrung im immanenten und spirituellen Sinne, die mit den Überlegungen zu Kants innerem Erfahrungssinn des „Ich denke — Ich bin" ihren Ausgang nahm, bietet somit eine unitäre wie singuläre Verankerung für die Vielheit der Leben und der hermeneutischen Reflexion nach Nabert. Seine letzte Lehre hieraus betrifft jedoch 7. das Alltäg17
Vgl. Le phenomene sature. In: J.-F. Courtine (Hrsg.), Phenomenologie et Theologie. Paris 1992, 79—127, mit einer ausführlichen Diskussion von Kants modaler Kategorienlehre. Für dieses neuere Offenbarungsverständnis vgl. auch die internationale Enrico Castelli-Tagung Rom 1993: Philosophie de la revelation (Biblioteca delP„Archivio di Filosofia", Hrsg. M. M. Olivetti). Rom 1994, bes. 51 ff.
Reflexionsphilosophie als Religionsphilosophie bei Jean Nähert
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liehe der Zeugenschaft: für das Göttlich-Absolute bei den Demütigen (les humbles), wodurch Nabert die ausschließlich großen „Mystiker-Propheten" des schöpferischen elan vital bei Bergson hinter sich läßt. Nabert will „die Demut dem Demütigen lassen, das heißt demjenigen, der sich weder seiner Talente noch seines Wollens rühmen kann, um Aufgaben zu übernehmen, die seine Kräfte übersteigen" (425), aber der konkret, inmitten des oft geschichtlichen Grauens, jenes tatsächliche Übersich-Hinausgehen verwirklicht hat, das der Philosoph der Reflexion nur gedanklich einfängt. Hier wäre auch der Ort zu sagen, daß Nabert nach dem Zweiten Weltkrieg das Amt des Generalinspektors für den Philosophieunterricht in Frankreich ausgeübt hat und sein Denken so eine notwendig „pädagogische" Relevanz mitumfaßt. Diese „Mystik des Banalen", wie sich sagen ließe, hat Nabert viel philosophische und menschliche Anerkennung entgegengebracht.18 Denn eine solche Mystik als wirkliches „Geheimnis" (mystere) der Person wie des Denkens überspielt nicht den „Verrat" (trahisori), der für Nabert immer dann beginnt, „wenn die spirituelle Kausalität nicht zu sich zurückkehrt, um sich der Reflexion zu unterwerfen, die allein über ihre Reinheit entscheiden kann" (421). Dies schließt jeglichen phantastischen oder amputierenden (Ver-)Fall der Innerlichkeit in die Äußerlichkeit aus, wie auch Claude Bruaire im Anschluß an Hegels Zeitphänomenologie gesagt hätte: „Denn in der Tatsache selbst, daß sich das Denken des Unbedingten und das Leben Gottes nur durch partikuläre Bewußtseine vollziehen können, liegt bereits ein unbezwingbares Element der Äußerlichkeit." (Ebd.) Wenn die Reflexionsphilosophie Naberts also den „Verrat" als eine Nicht-Rückkehr zu sich mittels der „spirituellen Kausalität" brandmarkt, dann tut er es — abschließend gesagt — im Namen einer reflexivreligiösen Kriteriologie, wo Geist und Leben in einem Selbst-Gewißheit bedeuten, die in Zeugenschaft überfließt. Auf diese Weise wäre eine Analyse des absolutphänomenologischen Lebens in der lebendigen Gewißheit seiner immanent-subjektiven Praxis ohne Zweifel eine legitime Weiterführung der Nabertschen Reflexionsphilosophie, wie wir dies oben schon andeuteten. Aber für sich allein bereits ist sie keineswegs nur ein philosophiegeschichtlich „interessantes" Zeugnis für einen heute weithin kaum mehr für nachvollziehbar erachteten „Idealismus" des Denkens und der Ethik als personaler Einheit, sondern eine Lektion des bewundernden und verehrenden Denkens, ohne dessen reine Ermöglichung und Existenz aus dem transzendentalen Bewußtsein heraus wohl keine Philosophie ihre allein sich selbst verpflichtete Weitergabe durch Tradition und Denkgemeinschaft hindurch bewerkstelligen kann.
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Vgl. A.-A. Devaux, Sentiment de veneration et volonte d'egalite a soi-meme chez Jean Nabert. In: Les Etudes philosophiques 3 (1962), 371-382; P. Ricoeur, L'hermeneutique du temoignage (1972). In: Id., Lectures 3. Paris 1994; G. Varet, Spiritualisme et philosophie reflexive. In: Revue des sciences philosophiques et theologiques l (1990), 23—34.
BERICHTE UND DISKUSSIONEN Bemerkungen zum Kommentar Brandts": Will die Natur unwiderstehlich die Republik? von Bernd Ludwig, München
Adl: Der kulturgeschichtliche Hintergrund der ,Teufeis'-Rede am Ende des 18. Jahrhunderts mag für Kant bedeutsam gewesen sein, ist aber speziell für die Klärung der vorliegenden Kontroverse uneinschlägig, weil der direkte Bezug, den Kant in der Friedensschrift nimmt, aus dem Text klar und deutlich hervorgeht: ,Viele behaupten' (und ein intendierter Bezug u. a. auf Rehbergs Kritik am ,Rousseauismus' des Gemeinspruch ist m. W. unkontrovers), mit den Menschen, wie sie sind, sei keine Republik zu machen. Kants Antwort an die Fürsten und deren Lippendiener lautet: ,Es ginge sogar mit noch viel schlimmeren Kandidaten', d. i. mit verstandesbegabten und an ihrer eigenen Erhaltung interessierten Teufeln. In diesem Kontext heißt es nun bei Kant, man könne den Naturmechanismus [l] zur Hervorbringung rechtsförmigen Verhaltens benutzen [!], und die Wirksamkeit eines solchen Naturmechanismus könne man am äußeren Verhältnis der Staaten erkennen, die sich aus Selbstsüchtiger Neigung' in rechtskonformer Weise verhalten. Das einzige, was die Natur als Vorsehung ausweislich 365,33 bis 367,3 selbst tut, ist, daß sie die Menschen aus Gewalt- in Herrschaftsverhältnisse treibt (365,33 — 366,1). Alles andere, was in diesem Abschnitt bis 367,3 sodann noch über die Natur gesagt wird, wird ausdrücklich von ihr als eines Mechanismus gesagt, dessen sich die Vernunft (bzw. der Mensch, nicht aber wiederum ,die Natur') bedienen kann, bzw. welcher der Vernunft ,zu Hülfe kommt'. Die Passage von 366,1 (,Nun ist ...') bis 367,3 (,... zu sichern') hat mit dem eigentlichen Thema der ,Natur als Vorsehung' und damit als Garantiemacht nur indirekt zu tun (siehe dazu unten ,Ad4'), es ist vielmehr zunächst nur ein aus aktuellem Anlaß gebotener Exkurs zur Natur als Mechanismus. Das Agens in der Geschichte ist in dieser Passage - und das zeigt sich in jedem einzelnen Satz — der Mensch als freies und vernünftiges Wesen (insbesondere als politischer Akteur), nicht aber eine deistisch hypostasierte Natur.1 * Kant-Studien 1997/2 (88. Jg.), S. 229-237. 1 Selbst im Beispiel der Interaktion der Völker (366,29 f.) geht es nicht etwa darum, daß die jdeistische' Natur (die der Interpret sich hier ohnehin hinzudenken müßte) als Agens die Völker zur rechtlichen Gestaltung ihrer Beziehungen treibt (das ist definitiv erst im Abschnitt über den Handelsgeist Thema). Das Beispiel soll nur an einem Fall illustrieren (sc. ,Man Kant-Studien 89. Jahrg., S. 80-83 © Walter de Gruyter 1998 ISSN 0022-8877
Bemerkungen zum Kommentar Brandts: Will die Natur unwiderstehlich die Republik?
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Später heißt es dann nicht weniger eindeutig — und mit unübersehbarem sachlichen wie auch terminologischen Rückbezug: „Freilich, wenn es keine Freiheit und darauf gegründetes moralisches Gesetz giebt, sondern alles, was geschieht oder geschehen kann, bloßer Mechanism [!] der Natur ist, so ist Politik (als Kunst, diesen [!] zur Regierung der Menschen zu benutzen [!]) die ganze praktische Weisheit und der Rechtsbegriff ein sachleerer Gedanke." (372,1 ) 2
Deshalb ist und bleibt der Anschluß 367,3 (,Hier heißt es also: Die Natur will unwiderstehlich ...') ein Problem für jede Interpretation, die den Autor beim Wort nehmen will. Ad 2:
Der Adressat des Mechanismus*-Arguments sind jene Fürsten, denen die vermeintliche Unmöglichkeit einer Republikanisierung der Herrschaft in den bestehenden Staaten zum Vorwand dient, jeden einschlägigen Versuch zu unterlassen. Es ist damit weder ein Appell an die Rechtsmoral noch ein Appell an das Eigeninteresse, sondern es ist eine sachliche Richtigstellung, die ein (freilich nur vorgeschobenes) Argument aus dem Wege räumt. Dieses Argument seinerseits diente in der Tat den Fürsten dazu, die — durch ihr Eigeninteresse motivierte — Verhinderung der — moralisch gebotenen — Republikanisierung der Staaten mit angeblichen ,Sachzwängen' zu rechtfertigen. Kants Einspruch ist allein darauf angelegt, den Fürsten, der behauptet, nicht republikanisieren zu können, zu entlarven; Kant behauptet an dieser Stelle nichts, was geeignet wäre, einen Fürsten, der um der eigenen Glückseligkeit willen nicht republikanisieren will, umzustimmen. Das — angesichts des bestehenden Unrechts — drohende Zerbrechen der ,anciens regimes' hingegen ist zweifellos ein politisch-brisantes Thema im Jahre 1795 — es spielt im Text des Zusatzes über die Naturgarantie dennoch definitiv keine Rolle. Die nicht identifizierte ,Bouterwek'-Passage u. a. mittels eines bei Kant nicht belegten Sophokles-Zitats an diese Thematik zurückzubinden, ist damit eine petitio principii. Ad 3:
„Kant rechnet als Realist nicht mit dem Erscheinen eines moralischen Politikers, durch den das Problem für das Volk von Teufeln gelöst würde." — Selbstverständlich rechnet er nicht mit einem ,Erscheinen', doch der gesamte Traktat (a fortiori seine Anhänge mit ihren Handlungsaufrufen) führte sich selbst ad absurdum (s. o. das Zitat aus 372,1), wenn die Realisierung der Republik von jeglicher menschlicher
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kann dies auch daran sehen ...*), daß der Naturmechanismus der Neigungen bisweilen wirksam ist — woraus sich dann die berechtigte Erwartung ergibt, daß er von den Menschen erfolgversprechend »benutzt* werden kann. Die Tatsache, daß dieser Abschnitt die Erläuterungen zum »moralischen Politiker* einleitet, dementiert ausdrücklich die Brandtsche Behauptung, daß der moralische Politiker ,im Umkreis der Teufel nichts zu tun* habe (3, Abs. 4). Genau er ist es, der auf eine Verfassung hinarbeitet, unter der auch teuflische Bürger rechtskonform handeln würden.
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Initiative unabhängig wäre. Es gibt keinen einzigen direkten oder indirekten Beleg in der Friedensschrift (und m. W. auch nicht in anderen Kantischen Veröffentlichungen) für die Behauptung, daß Kants „deistisches" Geschichtskonzept auf einen Prozeß ausgelegt ist, in dem sich egoistische Akteure blind auf eine am Ende republikanische Organisation der Staaten zubewegen.3 Die weitere Behauptung, der moralischen Politiker finde die kommerzielle Wirklichkeit zu undurchschaubar, um „am Spiel von Attraktion und Repulsion zu partizipieren[!]", findet im Text keine Stütze und ignoriert Kants nachdrückliche Betonung (366,9 und 372,1), daß diejenigen Verhältnisse, in denen diese Kräfte die einschlägigen Wirkungen haben (die guten Verfassungen eben) gerade von den Menschen als freien Wesen (sc. ,ohne Freiheit ist Politik ein sachleerer Gedanke') selbst einzurichten sind. Kurz: Die Natur will die Republik, und sie gibt den Menschen (als Politikern) als Mittel den Mechanismus der Profitneigungen der Menschen (als Bürger) in die Hand. Wer mehr behauptet, sagt unausweichlich eine (rebus sie stantibus) unausweichliche Republikanisierung der Erde theoretisch voraus, anstatt sich mit einer Garantie in „praktischer Absicht" (368,18) zu bescheiden.
Ad 4: Eine sowohl konsistente als auch kohärente Lesart der Teufels-Passage ergibt sich allein unter der Voraussetzung, daß der Kantischen 'Naturgarantie' kein mechanischer Automatismus zur Seite steht. Nähme man dergleichen an, so wäre man nämlich aus Kohärenzgründen auch dazu genötigt anzunehmen, irgendwann einmal sei an jedem Platz auf der Welt ein Mensch anzutreffen, denn die Natur hat ja nicht nur unwiderstehlich gewollt, daß das Recht die Oberhand behalte, sondern auch despotisch gewollt, daß die Menschen allerwärts leben sollten (364,7). Kurz: Die Republik wird sowenig durch die teuflischen Neigungen erzeugt wie die waldlosen Gegenden durch das Treibholz besiedelt werden. Wer kein Holz zum Hausbau mehr findet, dem bietet die Natur die Alternative, dem Treibholz zu folgen oder aber zu erfrieren. Und wer in der Despotie lebt, dem bietet sie die Alternative, ,der rechtlichen Vorschrift Raum zu machen' oder aber mit dem Projekt des Bösen unterzugehen. Vor allem aber verschließt die Naturgarantie die Möglichkeit, sich mit dem Verweis auf die selbstsüchtigen Neigungen des Menschen aus der politischen Verantwortung zu stehlen, denn die Natur läßt die Menschen bei der Republikanisierung der Welt nicht allein. Sie gewährleistet durch ihre Er/b/gs-Garantie, daß die Pflicht, auf einen ,Ewigen Frieden' hinzuarbeiten, nicht einen bloß chimärischen Zweck zum Gegenstand hat und (,ultra posse nemo obligatur') infolgedessen aufgehoben würde (368,19). Um die Position des ersten Beitrages nun noch einmal in etwas anderer Pointierung zusammenzufassen: Die Natur treibt (1) die Menschen aus bloßen Gewaltver3
Allein die Umkehrung gilt bei Kant: Wer die Republik befördert, dient seinen ökonomischen Interessen a la longue. Eben die hiermit benannte Asymmetrie von eudaimonistischer und eleutherologischer Politik ist das Thema von 377 ff.
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hältnissen in gesetzliche Verhältnisse, und sie verhindert zugleich sowohl (2) den dadurch als möglich eröffneten ewigen Kreislauf von Universaldespotie und Anarchie als auch (3) das vollständige Separieren der einzelnen Staaten, die demzufolge untereinander auf Ewigkeit in Gewaltverhältnissen verblieben. Die drei natürlichen Garanten sind 1. der Krieg, 2. die Vielfalt von Sprache und Religion sowie 3. der Handelsgeist. Dasjenige — und zwar nur dasjenige —, was die Natur durch diesen „Mechanismus der menschlichen Neigungen selbst" (368,16) zuwege bringt, das tut sie als Vorsehung sselbst\ d. i. unabhängig davon, ob die Menschen es wollen oder nicht (365,31): Völker ohne rechtliche Einheit, despotische Weltreiche sowie jene Staaten, die Handelsbündnisse meiden, läßt sie untergehen. Der Weg zur Republik wird auf diese Weise von der Vorsehung überall und ewig offengehalten. Beschreiten müssen ihn die Menschen allerdings selbst, und nur weil das Böse sich immer wieder selbst zerstört, kann das Gute zum Zuge kommen (379,19). Das /Teufelsargument' wird damit erkennbar als ein Exkurs angesichts der aktuellen Frage, ob es denn bezüglich der Republikanisierung „in praktischer Absicht zulange" (368,19), daß die Natur die Menschen vermittels des Krieges in Staaten zusammentreibe.4 Kants Antwort ist kurz und klar: Es genügt tatsächlich, denn von da an „kommt es nur noch auf eine gute Organisation des Staates an (die allerdings im Vermögen der Menschen ist)" (366,9). Indem man die Bereitstellung des für die politische Wirksamkeit der Verfassung einschlägigen ,Mechanismus der Neigungen* wiederum als Akt einer vorsorgenden Natur deutet, wird schließlich — allerdings erst auf diesem Umweg — das hypothetische Teufelsargument zu einem wichtigen Glied in der Explikation der Naturgarantie: Dank der Vorsehung schadeten nämlich in einer gut eingerichteten Verfassung sogar teuflische Bürger nicht sonderlich. Über denjenigen Fall hingegen, daß alle Menschen vernünftige Teufel wären, denkt Kant nicht öffentlich nach — und das wäre in einer politischen Schrift auch ganz unangebracht, denn dann könnten allenfalls Götter helfen.
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Dementsprechend ist die Passage rhetorisch konzipiert. 1): Der Krieg zwingt das Volk unter Gesetze. 2): Eine republikanische Verfassung, die stabile und moralisch angemessene Form einer solchen gesetzlichen Ordnung, ist aber schwer zu stiften. Der Einwand 3): Reicht denn ,1.' angesichts ,2.*? Antwort: Ja, denn 4): Die Natur kommt mit dem Mechanismus der Neigungen den Menschen zur Hilfe, wenn sie nur wollen (die Fürsten aber wollen nicht die Drohung, daß ihnen das möglicherweise schlecht bekommen werde, spart sich Kant für den Anhang I auf).
Eine weitere Textverschiebungshypothese zu Kants Prolegomena (und zur 2. Auflage der KrV) von Paul Hoyningen-Huene, Hannover
1. Einleitung Die bekannte Textverschiebungshypothese Vaihingers von 1879 besagt, daß fünf Abschnitte, die in § 4 der Originalausgabe der Prolegomena abgedruckt sind, eigentlich an das Ende von § 2 gehören. Die Begründung für diese Hypothese ist so überzeugend, daß sie mittlerweile allgemein akzeptiert ist (für Literaturangaben und Argumente hierzu siehe die Einleitung von Vorländer in der Meiner-Ausgabe der Prolegomena, pp. XXXVII ff.). Entsprechend haben die Ausgaben der Prolegomena im Meiner-Verlag und im Reclam-Verlag den Text im Einklang mit Vaihingers Hypothese angeordnet. Die im folgenden zu diskutierende Textverschiebungshypothese bildet eine Ergänzung von der Vaihingers in dem Sinne, daß an der gleichen Stelle von § 2, wo die fünf Absätze aus S 4 angefügt werden müssen, ein Teil des vorangehenden Absatzes weiter nach vorne verschoben werden muß. Diese Textverschiebungshypothese betrifft im Gegensatz zu der Vaihingers auch die zweite Auflage der Kritik der reinen Vernunft, in der die Abschnitte 3 bis 7 von § 2 c der Prolegomena auf den Seiten B 14—B 17 praktisch unverändert übernommen worden sind. Zu verschieben sind gemäß der hier zu diskutierenden Hypothese die letzten drei Sätze von Abschnitt 7 des § 2c der Prolegomena (KrV, B 17): Was uns hier gemeiniglich glauben macht, als läge das Prädikat solcher apodiktischen Urteile schon in unserem Begriffe und das Urteil sei also analytisch, ist bloß die Zweideutigkeit des Ausdrucks. Wir sollen nämlich zu einem gegebenen Begriffe ein gewisses Prädikat hinzudenken, und diese Notwendigkeit haftet schon an den Begriffen. Aber die Frage ist nicht, was wir zu dem gegebenen Begriffe hinzu denken sollen, sondern was wir wirklich in ihm, obzwar nur dunkel denken, und da zeigt sich, daß das Prädikat jenen Begriffen zwar notwendig, aber nicht unmittelbar, sondern vermittelst einer Anschauung, die hinzukommen muß, anhänge.
Die hier zu begründende Hypothese besagt, daß dieser Teil des 7. Abschnittes von § 2c der Prolegomena nicht an diesen Ort gehört, sondern an das Ende des 5. Abschnittes von § 2 c (bzw. an das Ende von Abschnitt 3 von Absatz V der Einleitung der 2. Auflage der KrV, B 16). Diese Hypothese ist nicht neu. Sie wurde schon 1895 von G. Thiele formuliert, und zwar in Fn. 46, S. 42 f. seines Buches Die Philosophie des Selbstbewusstseins und der Glaube an Gott, Freiheit, Unsterblichkeit. Systematische Grundlegung der Religionsphilosophie (Berlin: Conrad Skopnik). Die Geschichte von Thieles Hypothese ist instruktiv, weil sie ihre ausbleibende Wirkungsgeschichte bis zu einem geKant-Studien 89. Jahrg., S. 84-89 © Walter de Gruyter 1998 ISSN 0022-8877
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wissen Grade zu erklären vermag. Thiele hatte zunächst in seiner Hallenser Dissertation Wie sind synthetische Urtheile der Mathematik a priori möglich von 1869 hinsichtlich der zitierten Textstelle eine ganz andere Meinung vertreten, daß in ihr nämlich ein Schwanken Kants hinsichtlich des Status der Sätze a = a und (a + b) > a als analytisch oder synthetisch zum Ausdruck komme. Im ersten Band seines Kommentars zur KrV von 1881 hat nun Vaihinger diese Meinung Thieles scharf kritisiert. Statt dessen schlug er vor, daß die „offenbare Verwirrung im Texte", also in der KrV und den Prolegomena, nur dadurch zu beheben sei, daß die oben zitierten Sätze weiter nach vorne zu verschieben seien, und zwar an „den Schluss des vorigen Absatzes" (S. 303). Dieser Absatz ist Abschnitt 6 von §2c der Prolegomena bzw. Abschnitt 4 von Absatz V der Einleitung der 2. Auflage der KrV, B 16. In diesem Falle würden sich die o. g. Sätze auf die Geometrie beziehen. Thiele gesteht dann Vaihinter in seinem o. g. Buche zu, daß die zitierten Sätze „in ihren Zusammenhang nicht passen" (Fn. 46, S. 42), weicht aber von Vaihinger hinsichtlich des Ortes ab, wohin diese Sätze eigentlich gehören. Wie gesagt, Thiele möchte die o. g. Sätze an das Ende von Abschnitt 5 von § 2 c der Prolegomena verschieben, womit sie sich auf die Arithmetik bezögen. Max Apel stimmte nun in seinem Kommentar zu den Prolegomena (2. Auflage 1923 Leipzig: Meiner) der Notwendigkeit einer Verschiebung der genannten Textstelle zu, ließ aber offen, ob Vaihinger oder Thiele hinsichtlich des Ortes, wohin verschoben werden müsse, Recht zu geben sei. Für Apel schien letztere Frage nicht entscheidbar zu sein, da sowohl in Abschnitt 5 als auch in Abschnitt 6 der Prolegomena die Notwendigkeit der auf Anschauung gründenden synthetischen Urteile Thema sei (S. 59). Die Unentschiedenheit der Debatte scheint der Grund dafür zu sein, daß in den Ausgaben der Prolegomena bei Reclam und Meiner von einer möglicherweise notwendigen Verschiebung der o. g. Sätze überhaupt nicht die Rede ist. In der von Raymund Schmidt besorgten Ausgabe der KrV bei Meiner wird zum ersten Satz der o. g. Textstelle die Fußnote angefügt: „Vahinger möchte diesen Satz an den vorhergehenden Absatz angeschlossen wissen." (B 17). Dies ist nicht ganz korrekt, weil Vaihinger mit Bezug auf die zu verschiebende Stelle „der folgende Passus" sagt und die drei zitierten Sätze meint (Kommentar, Band l, S. 303 f.). Thieles Hypothese wird in der Meiner-Ausgabe der KrV überhaupt nicht erwähnt. Die Kontroverse über den angemessenen Ort der zitierten Sätze der Prolegomena (und der KrV) kann demnach als bislang unentschieden gelten. Thieles Verschiebungshypothese läßt sich aber, wie es scheint, zwingend begründen. Dazu zeige ich zunächst, daß die genannte Textstelle am Ende des 7. Abschnitts von § 2 c der Prolegomena tatsächlich keinen Sinn ergibt, daß eine Verschiebung also notwendig ist. Anschließend zeige ich, daß die zitierten Sätze am Ende des 5. Abschnittes von § 2 c der Prolegomena, und aller Wahrscheinlichkeit nach nur an dieser Stelle, einen ausgezeichneten Sinn ergeben. 2. Die Notwendigkeit der Verschiebung Um die Argumente für die Notwendigkeit der Verschiebung der zitierten Textstelle zu entwickeln, rekapituliere ich kurz den Inhalt von § 2 der Prolegomena. In
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§ 2 a geht es zunächst um den Unterschied synthetischer und analytischer Urteile überhaupt. Nach der Diskussion des Satzes vom Widerspruch als des Prinzips aller analytischen Urteile in § 2 b geht Kant in § 2 c zu einer Klassifizierung der synthetischen Urteile über. Hinsichtlich der Erfahrungsurteile ist für den unmittelbaren Fortgang lediglich wichtig, daß sie keine Notwendigkeit mit sich führen können (Abschnitt 2). Hinsichtlich der mathematischen Urteile ergibt sich nämlich daraus, daß sie wegen ihrer Notwendigkeit a priori sind (Abschnitt 4). In Abschnitt 5 beginnt Kant dann die Begründung für seine schon in Abschnitt 3 formulierte Behauptung, daß mathematische Urteile, zumindest die der reinen Mathematik, synthetisch sind. Er behandelt in Abschnitt 5 die Arithmetik und in Abschnitt 6 die Geometrie. Abschnitt 7 konzediert, daß ,,[e]inige andere Grundsätze, welche die Geometer voraussetzen, [...] zwar wirklich analytisch" sind. Aber Kant schränkt ein, daß diese Grundsätze nur „zur Kette der Methode dienen" und „in der Mathematik nur darum zugelassen [werden], weil sie in der Anschauung können dargestellt werden." Diese Bemerkung schließt an Kants Begründung für den synthetischen Charakter der Geometrie an, daß nämlich geometrische Sätze ihre Legitimation in der (reinen) Anschauung erhalten; auch die in der Geometrie verwendeten analytischen Sätze passen sich somit in deren methodische Anlage ein. Auf diesen Satz folgen die zu verschiebenden drei Sätze. Warum passen diese drei Sätze nicht an das Ende von Abschnitt 7, in dem die Verwendung von analytischen Grundsätzen in der Geometrie zugestanden wird? 1. Im ersten Satz der zu verschiebenden Textstelle wird die Auffassung angegriffen, es handele sich bei ,,solche[n] apodiktischen Urteile[n]" um analytische Urteile, und auf „die Zweideutigkeit des Ausdrucks" zurückgeführt. Dieser Angriff ist erstens mit dem Beginn von Abschnitt 7 textlich inkonsistent, wo die ,,wirklich[e]" Analytizität der in Frage stehenden Grundsätze gerade festgestellt wird. Zweitens zeigen die angeführten Beispiele („das Ganze ist sich selber gleich" und „das Ganze ist größer als sein Teil"), daß Kant zweifellos analytische Sätze diskutieren will. Drittens ist es vom Ablauf des Arguments her notwendig, hier Sätze zu diskutieren, deren analytischer Status feststeht. Kants Verteidigungsstrategie für den synthetischen Charakter der Geometrie insgesamt geht ja nicht dahin, alle analytischen Sätze aus der Geometrie zu verbannen. Vielmehr weist er-ihnen einen minderen Status zu („sie dienen aber nur, wie identische Sätze, zur Kette der Methode und nicht als Prinzipien", Abschnitt 7) und er zeigt, wie sie sich in das methodische Vorgehen der Geometrie einpassen, an dem der synthetische Charakter der Geometrie manifest wird. 2. Im zweiten Satz der zu verschiebenden Textstelle ist davon die Rede, daß wir einem gegebenen Begriffe ein gewisses Prädikat hinzudenken sollen. Von einem Hinzudenkensollen ist aber in den vorangehenden Sätzen von Abschnitt 7 weder sprachlich noch sachlich die Rede. Es besteht also kein Zusammenhang zum unmittelbar Vorangehenden; der Bezug auf ein Hinzudenkensollen ist innerhalb von Abschnitt 7 unverständlich.
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3. Im dritten Satz der zu verschiebenden Textstelle wird die Differenz von „denken sollen" und dem, was wir „wirklich [...] denken"r, gemacht. Auch diese Differenz hat keinerlei Bezug zu den vorangehenden Teilen von Abschnitt 7 und ist ebenfalls unverständlich. 4. Im zweiten Teil des dritten Satzes der zu verschiebenden Textstelle ist die Rede davon, daß das Prädikat in den behandelten apodiktischen Urteilen „jenen Begriffen zwar notwendig, aber nicht unmittelbar, sondern vermittelst einer Anschauung, die hinzukommen muß, anhänge". Auch dafür gibt es keinen Bezug zum vorangegangenen Teil von Abschnitt 7, es besteht vielmehr inhaltlich eine Inkonsistenz. Am Beginn von Abschnitt 7 werden ja analytische Urteile behandelt, deren Geltung, wie Kant noch einmal ausdrücklich sagt, „auf dem Satze des Widerspruchs" beruht. Wohl können diese „in der Anschauung [...] dargestellt werden", aber hierauf beruht nicht ihre Geltung, wohl aber ihre Verwendung in der Geometrie; sie gelten ja „nach bloßen Begriffen". Diese vier Argumente zeigen, daß die letzten drei Sätze von Abschnitt 7 in keinem inhaltlichen Zusammenhang, sondern in beträchtlicher Spannung zu den vorangehenden Sätzen des Abschnitts stehen. Es ist keine Übertreibung zu sagen, daß sie im Kontext von Abschnitt 7 unverständlich sind, wie das schon Vaihinger mit aller wünschenswerten Deutlichkeit festgestellt hat (Kommentar zur Kr V, Band l, S. 303).
3. Die Verschiebung an das Ende des 5. Abschnitts von § 2c der Prolegomena Die zu verschiebenden drei Sätze ergeben einen ausgezeichneten Sinn, wenn man sie an das Ende von Abschnitt 5 von S 2 c der Prolegomena verschiebt. Hier lassen sie sich vollkommen zwanglos als eine Erläuterung des Fehlers lesen, aufgrund dessen man arithmetische Sätze für analytische Sätze halten kann. Ich gebe nun die Argumente an, die es höchst plausibel machen, daß es sich bei den drei letzten Sätzen von § 2 c tatsächlich um eine Erläuterung der Eigenheit der synthetischen Urteile der Arithmetik handelt. 1. Verschiebt man die drei Sätze an das Ende von Abschnitt 5, so sind im ersten Satz der zu verschiebenden Textstelle mit dem Ausdruck „solcher apodiktischen Urteile" die arithmetischen Urteile gemeint. Bei dieser Gruppe von Urteilen liegt ja tatsächlich die Vermutung nahe, das Prädiakt läge schon im Subjektsbegriff, und genau so hat Kant den Abschnitt 5 von § 2 c begonnen. Für die geometrischen Urteile liegt dagegen die Gefahr, sie für analytisch zu halten, viel ferner. 2. „Wir sollen nämlich zu einem gegebenen Begriffe ein gewisses Prädikat hinzudenken", sagt Kant im zweiten Satz der zu verschiebenden Textstelle. Dies bezieht sich zwanglos und präzise auf Kants Auffassung der Summenbildung, in Abschnitt 5 also auf ,7 + 5'. „Der Begriff der Summe von 7 und 5", so Kant am Anfang von Abschnitt 5, enthalte ja „nichts weiter [...] als die Vereinigung beider Zahlen in eine einzige". Insbesondere sei bei der bloßen Aufforderung zur Summenbildung der
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Begriff von 12 keineswegs schon gedacht. „Wir sollen nämlich zu einem gegebenen Begriff", nämlich zum Begriff ,Summe von 5 und 7', „ein gewisses Prädikat hinzudenken", nämlich den Begriff ,12'. Es ist instruktiv, Kants Auffassung der Addition mit der heutigen Auffassung zu vergleichen. In der heutigen Auffassung ist die Addition eine Abbildung (oder Funktion), also die Zuordnung von Elementen eines Bereichs (»Urbild* oder , Vorbereich') zu denen eines anderen, vom ersten nicht notwendig verschiedenen Bereichs (,Bild' oder ,Nachbereich'). Die definitorische Festlegung einer Abbildung erfordert in einem ersten Schritt die Festlegung von Urbild und Bild, also die Festlegung der Mengen, zwischen denen die Abbildung den funktionalen Zusammenhang stiftet. In einem zweiten Schritt muß dann festgelegt werden, welche Regeln für die zu definierende Abbildung gelten sollen. Nun zur Konkretisierung für die Addition von natürlichen Zahlen. Erster Schritt: Die Addition ist eine Abbildung von Paaren von natürlichen Zahlen (Urbild) in die Menge der natürlichen Zahlen (Bild). Im zweiten, hier nicht konkret vorzuführenden Schritt werden dann die Regeln angegeben, die — etwas vereinfacht ausgedrückt — fixieren, welche natürliche Zahl das Ergebnis der Summe zweier natürlicher Zahlen ist. Gemäß Kants Auffassung der Addition weiß man nun beim arithmetischen Urteil ,7 + 5 = 12* durch den Subjektsbegriff ,7 + 5* lediglich, daß eine Summe gebildet werden soll·, man weiß aber nicht, um welche natürliche Zahl es sich dabei handelt. Im Kantschen Begriff der Summe ist also lediglich der erste Schritt der heutigen Definition der Addition enthalten; die konkrete Zuordnung einer bestimmten Zahl, in heutiger Sicht Bestandteil des zweiten Schritts der Definition, hat für Kant in der (reinen) Anschauung zu erfolgen, der offensichtlich über den ersten Schritt hinausgeht. Die mögliche Kritik an der Kantischen Auffassung der Addition, die sich aus heutiger Sicht ergeben kann, ist naheliegend, soll aber hier nicht Thema sein. 3. Im dritten Satz der zu verschiebenden Textstelle wird die Differenz des Subjektbegriffs eines arithmetischen Urteils, nämlich das, was wir zu dem gegebenen Begriff hinzudenken sollen, und dem, was wir im Urteil wirklich denken, betont. Das Bestehen dieser mit den Ressourcen des Subjektbegriffs selbst nicht überbrückbaren Differenz ist das Argument dafür, daß es sich bei arithmetischen Urteilen nicht um analytische Urteile handelt. Die Differenz von ,denken sollen' und ,wirklich denken' wird außerdem schon in der ersten Auflage der KrV verwendet, um den synthetischen Status der arithmetischen Ureile, insbesondere von ,7 + 5 = 12', zu beleuchten (A 164/B 205). Auf diesen Sachverhalt hat auch schon Thiele 1895, Fn. 46 S. 43 hingewiesen (allerdings mit der falschen Seitenangabe KrV A 157). 4. Im zweiten Teil des dritten Satzes der zu verschiebenden Textstelle erläutert Kant dann die spezifische Notwendigkeit des arithmetischen Urteils, die sich „aber nicht unmittelbar", eben aus dem Inhalt des Subjektbegriffs selbst, „sondern vermittels einer Anschauung" ergibt. Diese vier Argumente zeigen, daß sich die zu verschiebende Textstelle an das Ende von Abschnitt 5 von § 2 c der Prolegomena der Sache nach nahtlos anschließt. Es wird in diesen drei Sätzen eine weitere Erklärung dafür gegeben, warum die in
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einem arithmetischen Urteil bestehende Differenz zwischen dem Subjektsbegriff und dem Prädikatsbegriff dazu führt, daß das Urteil synthetisch ist. Die Differenz von denken sollen und wirklich denken bezeichnet dabei die Differenz der bloßen Aufforderung zur Summenbildung und der tatsächlichen Summenbildung, für die nach Kant die (reine) Anschauung beigezogen werden muß. Es ist ganz unabhängig von der Plazierung der zu verschiebenden Textstelle klar, daß in ihr von mathematischen Urteilen die Rede ist, weil die Notwendigkeit von Urteilen diskutiert wird, die sich „vermittelst einer Anschuung, die hinzukommen muß", ergibt. Der Anschein, daß die diskutierten apodiktischen Urteile analytisch seien, stellt sich in der Kantischen kritischen Philosophie viel eher bei den arithmetischen als den geometrischen Urteilen ein, und wird deshalb bei jenen, nicht aber bei diesen ausdrücklich genannt (§2c, Beginn von Abschnitt 5). Es ist aber noch die Möglichkeit denkbar, daß die zu verschiebende Textstelle an eine andere Stelle gehört als die hier vorgeschlagene. Es müßte eine Stelle sein, an der vom vermeintlich analytischen Charakter der Arithmetik die Rede ist. Das ist in den Prolegomena aber nur noch einmal der Fall, nämlich in S 10, und zwar auf recht indirekte Weise; die drei zu verschiebenden Sätze ergeben dort keinen Sinn. Für die Plazierung der zu verschiebenden Textstelle gibt es also allem Anschein nach keine Alternative als das Ende von Abschnitt 5 des § 2 c. Vom Textsinn her scheint mir die hier diskutierte Verschiebungshypothese ebenso zwingend wie die Vaihingers; sie stellt zudem in gewissem Sinne eine Ergänzung von Vaihingers Hypothese dar. Der Grund hierfür ist, daß die hier diskutierte Verschiebungshypothese sich auf die gleiche Stelle des Manuskriptes bezieht, für die Vaihinger bereits „Inkonvenienzen und Inkongruenzen" diagnostiziert hat, und für die Sitzler eine physische Unordnung der Blätter weiter plausibel gemacht hat. Diese Stelle ist das Ende von Abschnitt 7 des § 2 c. Gemäß Vaihingers Hypothese müssen hierher Teile des § 4 der Originalausgabe verschoben werden, gemäß der hier begründeten Hypothese noch die letzten drei Sätze von Abschnitt 7 zurück an das Ende von Abschnitt 5. Auch Vaihinger hatte im ersten Band seines Kommentars zur KrV schon bemerkt, daß man sich für eine solche Verschiebungshypothese um so eher entschließen könne, als „an der betreffenden Stelle ohnediess eine höchst merkwürdige Blattversetzung stattgefunden hat" (S. 303). Auch für die hier textlich begründete Verschiebung läßt sich leicht eine ßtoiverschiebungshypothese formulieren, da das zu verschiebende Textstück gerade auf einer Manuskriptseite Platz gefunden haben könnte.
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Ich merke noch einen Druckfehler an, der sich im 1. Abschnitt von § 2c der Prolegomena zu befinden scheint. Im zweiten Satz dieses Abschnitts spricht Kant davon, daß synthetische Urteile nicht aus dem Satz des Widerspruchs entspringen können; er fährt fort: „sie erfordern noch ein ganz anderes Prinzip, ob sie zwar aus jedem Grundsatze, welche er auch sei, jederzeit dem Satze des Widerspruchs gemäß abgeleitet werden müssen". Diese Textstelle ergibt einen besseren Sinn, wenn man statt „jedem Grundsatze" setzt „jenem Grundsatze".
BUCHBESPRECHUNGEN Immanuel K a n t : Die Metaphysik der Sitten. Mit einer Einleitung herausgegeben von Hans Ebeling. Stuttgart: Reclam 1990, 408 Seiten. Wer einmal den unvergeßlichen Fehler gemacht hat, die deutschsprachigen Karikaturen von Rousseaus Contrat Social und — schlimmer noch — von Hobbes' Leviathan aus Reclams „Universal-Bibliothek" einem Seminar zugrunde zu legen, wird zögern, noch einmal einen philosophischen Text aus dieser Reihe zur Hand zu nehmen. Dennoch ist es zu begrüßen, wenn ein so wichtiger Text wie Kants Metaphysik der Sitten (MdS) in einer preiswerten Ausgabe auf den Markt kommt. Und was kann schon Schlimmes passieren, wenn ein Text nicht übersetzt, sondern lediglich so, wie er vorliegt, gedruckt werden muß? Gegen den Abdruck des kantischen Textes sind denn auch, so zumindest das Ergebnis mehrerer Stichproben, keine Einwände zu erheben. Doch schon für den Anmerkungsapparat, obwohl er solide gearbeitet ist und Auskunft über im Text erwähnte Autoren und Zitate sowie über eine Vielzahl von korrigierenden Eingriffen in den Text gibt, kann man dies nicht unbedingt sagen. Für den üblichen Leser einer „Bibliothek für jedermann" wäre es hilfreicher gewesen, ihm anstelle der akribischen und doch für ihn ganz belanglosen Rechenschaftslegung, die überdies auch noch 5 (!) der mit insgesamt 14 Seiten ohnehin äußerst kurz geratenen „Einleitung" von Hans Ebeling füllt, den Text begleitende kommentierende Anmerkungen nach der Art zu bieten, wie sie sich etwa in Patons englischsprachiger Edition von Kants Grundlegung zur Metaphysik der Sitten finden. Damit ist bereits ein Mangel angedeutet, durch den das Buch denn doch stark an die erwähnten Ausgaben von Hobbes und Rousseau erinnert. In einer für „jedermann" bestimmten Ausgabe eines philosophischen Werkes erwartet man eine (durchaus ausführliche) Einleitung, welche dem Leser die vom Herausgeber ausdrücklich erwähnte „eigene Arbeit" erleichtert. Dazu würden im Falle des vorgelegten Textes Erläuterungen über die Stellung der Metaphysik der Sitten im Rahmen der kantischen Moralphilosophie und über das Verhältnis von Rechtslehre und Tugendlehre ebenso gehören wie Ausführungen über den philosophiegeschichtlichen Hintergrund und über die aktuelle Bedeutung. Dabei hätte dann manches Wissenswerte über die Voraussetzungen der Metaphysik der Sitten, über Kants Freiheitslehre und seine Lehre vom kategorischen Imperativ, eingestreut werden können. Und selbstverständlich hätte eine solche Einleitung in einer für jeden der Sache überhaupt gewachsenen Leser verständlichen Sprache verfaßt sein müssen. Bei dem einleitenden Text von Hans Ebeling nun ist, soweit er verständlich ist, seine Relevanz nur schwer zu erkennen. Größtenteils jedoch ist er undurchsichtig. Manche Sätze sind überhaupt nicht zu verstehen. Wichtiges steht neben Unwichtigem, und vieles folgt so unvermittelt aufeinander, daß es den Anschein hat, als seien hier aus einer Sammlung von Einfallsnotizen irgendwie einschlägige in einen äußeren Zusammenhang gebracht. Nun ist kaum etwas schwieriger und zugleich Kant-Studien 89. Jahrg., S. 90-116 © Walter de Gruyter 1998 ISSN 0022-8877
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unnötiger, als einen opaken „Gedankengang" vor aller Kritik auch nur zu referieren. Wenige Worte mögen daher genügen. Ebeling behauptet, Kant versuche in der Mi/5, die Universalität von Recht und Ethik zu begründen, „und zwar so, daß dabei der Satz der Prämissen eines allgemeinen Rechtssystems auf den Satz der Prämissen eines allgemeinen Moralsystems bezogen wird und dadurch auch noch das Moralsystem selbst erläuterbar wird, nicht nur das Rechtssystem durch das Moralsystem". Soweit sich aus dieser Satzwolke überhaupt ein Funke von verständlichem Gedanken schlagen läßt, ist dieser Gedanke falsch. Der Anspruch auf unbedingte Verbindlichkeit von Rechts- und Tugendgesetzen (als Moralgesetzen), der sich selbstverständlich nur als ein universaler begründen läßt, wird gerade nicht in der MdS, sondern in der Grundlegung zur Metaphysik der Sitten und der Kritik der praktischen Vernunft begründet und in jener vorausgesetzt. Für Ebeling ist die MdS „die unterstellte Wissenschaft von der Zuordenbarkeit [!] beider [Rechtslehre und Tugendlehre] a priori [...]". Ob und wie die beiden einander zugeordnet werden können, ist aber ganz und gar nicht der Gegenstand dieser „unterstellten" (?) Wissenschaft. Es ist lediglich an einigen Stellen, besonders in der beiden gemeinsamen Einleitung, von ihrem Verhältnis zueinander und von ihren Differenzen die Rede. Dann wirft Ebeling als eine „Metakritik an Kant" die Frage auf, ob metaphysische Anfangsgründe der Rechtslehre überhaupt möglich seien, und deutet allen Ernstes als Grund der Unmöglichkeit an: „angesichts der empirischen Posivität [!] des Rechts." Die Tugendlehre kommt da besser weg, „weil die Grundnormierung durch den kategorischen Imperativ das kontrafaktische [?] Apriori schlechthin" sei und Kant deshalb für die Tugendlehre prinzipiell nicht in dieselbe „Beweisnot" geraten könne. Nun, wenn dem so ist, hat Kant Glück; denn auch das Rechtsgesetz ist ja ein kategorischer Imperativ, und nur Hans Ebeling ist mit seinen den systematischen Zusammenhang der kantischen Moralphilosophie völlig verkennenden Behauptungen in Not. Schließlich versucht Ebeling, „Recht und Moral" in einen systematischen Zusammenhang zu bringen, doch es gelingt ihm nicht. Der Grund dafür dürfte darin liegen, daß er, durch Kants Redeweise in bezug auf „Ethisches" (zum einen Zwecke, zum anderen die Triebfeder des Willens betreffend) nicht ganz unverschuldet, Legalität und Moralität einerseits und Rechtslehre und Tugendlehre andererseits konfundiert. Auch ist es höchst irreführend, wenn er in bezug auf das Rechtsgesetz von einem „radikalen Schnitt gegenüber dem kategorischen Imperativ" spricht, der, was das Rechtsgesetz hinsichtlich seiner Verbindlichkeit betrifft, schlechthin nicht besteht. Und eine den kategorischen Imperativ ignorierende bloße Legalität des Handelns ist bekanntlich auch bei der Befolgung des Tugendgesetzes möglich. Besonders ein in Kantischer Philosophie oder gar in Philosophie überhaupt ungeschulter Leser wird nach der Lektüre der Einleitung so klug wie vor ihr, möglicherweise aber zugleich durch sie so abgeschreckt sein, daß er Kants Text gar nicht erst aufschlägt, zumal ihm trotz einiger diesbezüglicher, allerdings wiederum reichlich obskurer Bemerkungen kaum klar sein dürfte, warum er denn überhaupt dieses Buch lesen soll. Der Herausgeber hat dem Buch noch ein Nachwort von 5 Seiten über „Kants Theorie der Selbsterhaltung" beigegeben. Ich möchte mich mit einer ernst gemeinten Persiflage des ersten Satzes dieses Nachworts begnügen: „Wenn sich der geneigte
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Leser angesichts der Fülle von [Unklarheiten] und noch dazu erkennbarer [Gestaltungs-] Schwierigkeiten [Ebelings] [...] am Ende doch nicht ohne die eine oder andere Ratlosigkeit aus der Lektüre entlassen wüßte, dann bleibt er zur weiteren Klärung eingeladen, sich der grundsätzlichen Bedeutung der Metaphysik der Sitten zu versichern", indem er statt des Nachworts diese selber liest. Keineswegs überflüssig wäre es gewesen, den Leser in einer Bibliographie auf die wichtigste Sekundärliteratur, also etwa und besonders auf die vielen einschlägigen Arbeiten von Julius Ebbinghaus in dessen Gesammelten Schriften, hinzuweisen. Georg Geismann, Firenze
Immanuel Kant: Lectures on Logic. Translated and edited by J. Michael Young. Cambridge: Cambridge University Press 1992. XXXII + 695 pages. In his introduction to this excellent book the editor states that "Kant is not a major contributor to the development of formal logic" (XVI). As a comment on the development of logical theory this is certainly correct, but not when applied to the foundation, the practice and even the politics of the subject. This is a fairly important matter, and no text makes this more obvious than the transcripts of his logic lectures. The 18th Century was not kind to logic. The main instigator of Enlightenment logic bashing was Locke: "God has not been so sparing to men to make them barely two-legged creatures, and left it to Aristotle to make them rational ..." etc., etc. (Essay 4.17.3/6/7). His success was remarkable. According to a contemporary source "there was a great decay of logical exercises in the University [of Oxford] which could not be attributed to anything so much äs the new philosophy, which was too much read." The alarmed Heads of Colleges meant entirely to ban Locke's Essay from Oxford but, shying away from so extreme a measure, merely suggested that tutors forbid the reading of it (M. C. Cranston, John Locke, New York: Macmillan 1957). Hume, too, was most negative on the value of logic instruction: "Our scholastic headpieces shew no such superiority above the mere vulgär in their reason and ability, äs to give us any inclination to imitate them in delivering a long System of rules and precepts to direct our judgement in philosophy" (Treatise 1.3.15). Condillac, Diderot (in the Encyclopedie) and others said virtually the same. The common theme was that natural reason needs to be liberated rather than trained; the received logic, like superstition, ignorance, oppression and indigence, will be cast out by natural reason. Kant at first followed the same line. In 1762/63, according to Herder's logic fragment, he thought that Aristotle's logic "had done the greatest damage [...] All logics [i. e. logic books] have caused damage [...] To study scholastic logic is torture [...]" (Akad. 24.4/5). Ten years later he notes that "corrupt taste" was responsible for keeping the memory of Aristotle alive (Akad. 24.333), and in the Blomberg logic we hear that Aristotle [...] harmed philosophia more than he helped it (this edition p. 23). It took great effort to forget [Aristotle's] false propositions, to give the understanding its natural perfection again, and to investigate its true rules (p. 16). Locke's book de intellectu is the ground of all true logica (p. 24).
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But after another decade, at about the time of his writing the Critique of Pure Reason, Aristotle is no longer chastised, though the "slavish" adherence to his doctrine is mentioned (p. 263). Hume and Bayle are now antilogici. The next lecture here included, the Dohna Wundlacken of 1792, reports a decisive change of viewpoint that must have taken place a decade earlier: We have no one who has exceeded Aristotle or enlarged his pure logic (which is itself fundamentally impossible), just äs no mathematician has exceeded Euclid (p. 438).
Locke is now dethroned: "He speaks [in the Essay] of the origin of concepts, but this really does not belong to logic, but rather to metaphysics" (p. 439). In the Jäsche Logic published in 1800, the same position is maintained: Aristotle is "the rather of logic" and Locke not a logician at all (534f.). Using a term invented only much later we could say that Kant distanced himself from the psychologism of Locke, Hume, Condillac et. al., which he himself had earlier championed. From "The logician must know the human soul ... Not without psychology" (Akad. 24.3) he moves to saying, in the first Critique, that "pure logic derives nothing from psychology" (A 54, B 78; cf. also what he say s in the Jäsche logic, p. 532). This reorientation also brought a change in the subjects covered. In the early Blomberg logic, for example, the four figures of the syllogism are not even mentioned (cf. pp. 227—229), in keeping with The False Subtlety of the Four Syllogistic Figures, of 1762, which justifies the omission (Akad. 2.57). Later on they are treated, in some cases rather extensively, even if the derived figures insinuate acts of mind that do not actually take place since (äs he had said) "reason only infers in the first figure and cannot do otherwise" (Akad. 24.474). This no longer matters; psychology no longer dictates. The major and most influential German logics of the next generation were written by Kantians. Most notable is J. G. C. C. Kiesewetter's Grundriß einer allgemeinen Logik nach Kantischen Grundsätzen (1796), which contains a solid and extensive introduction to traditional logic and went through several editions. J. F. A. Calker could say with good reason that "Kant gained a pervasive influence upon the history of logic" (Denklehre, Bonn 1822, p. 189) and Bolzano's thorough coverage of historical antecedents refers more often — by a very large margin — to Kant and Kantian logicians than to any other source. (Wissenschaftslehre, Sulzbach 1837; cf. vol, 4. pp. 687-717 of the edition of 1931, reprinted Aalen (Scientia) 1970). This is a reminder that Kant's work and reputation played a role in the continuation and indeed increased activity of ordinary school logic. Even if he did not advance logical theory, he played a role in the rescue of the subject. To the Kant scholar the logic lectures will be significant mainly for another reason: they are a most valuable exegetical tool. An enlightening example, one of many, is the version of the so-called "Stufenleiter" passage (KrV/A 320/B 376 f.) found in the Dohna Wundlacken logic (p. 485). Similarly important are the various examples he gives of singular and general concepts, of the singular and general uses of concepts, and on and on. This is a splendid, a helpful and much needed, book. It gives a good, if not complete, picture of Kant's changing role in the logic wars of the Enlightenment, Michael Young having chosen to include a lecture course from each of four decades, viz. the Blomberg Logic from the early 70s, the Vienna and Hechsei logics from the
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80s, the Dohna Wundlacken, dated 1792, and the Jäsche published by the latter in 1800 from someone's lecture transcript and Kant's notes. Since Kant still lived then, this was included among the printed works (Akad. IX). The other translations are from Akad. vol. 24, except for the Hechsei logic, which was translated from manuscript and appears here for the first time. Like the contemporaneous Vienna logic it is a fragment, but happily Starts where that one leaves off, making a nearly continuous text. The decision to translate a set of whole lectures, rather than selections from all of them, seems correct. The Herder fragment might have been included to show Kant's attitude toward the subject in 1762, even if it contains no logic material. The translation is accurate and deliberately literal, always using the same English expression for a given German word regardless of context: 'Erkenntnis' always goes into 'cognition', for instance, even where 'knowledge' would make a smoother reading. Just so, 'Vernunftschluß3 becomes 'inference of reason' rather than 'syllogism'. This sacrifice of elegance to accuracy takes some getting used to, but is wholly justifiable in a text that will not be read for entertainment. The book is excellently produced in every way. There is an informative introduction, the pagination of the Academy edition is given in the margins, the appendices comprise a German-English and an English-German glossary, a concordance relates the several texts to each other and to Kant's textbook, i. e. Meier's Vernunftlehre (Akad. XVI) and thus to his reflections on logic. As well there are notes and very good indexes. This volume, like the rest of the Cambridge Kant edition, is a signal Service to Kant scholarship — and not only in the English speaking world: some of the volumes are better conceived and more useful (having indexes, for instance) than their German counterparts in the Academy Edition. Even in a time of confined budgets they are indispensable for every College and university library where philosophy is taught. They will be used äs long äs Kant is studied. Rolf George, University of Waterloo, Canada
J. M. O der o: La fe en Kant. Pamplona: Ediciones Universidad de Navarra 1992, XXVI und 621 Seiten. Von der Behauptung, daß „Kant der erste Aufgeklärte ist, der im Glauben eine anthropologisch unvermeidliche und fundamentale Kategorie" (XXI) anerkannt habe, geht diese Studie aus, deren Ziel die Darstellung und Auslegung der Kantischen Glaubensphilosophie ist. Dem Einführungskapitel, das die angewandte Methodologie bespricht, folgt eine historische Darlegung, die den Ursprung und die Entwicklung des Kantischen Denkens über den Glauben präsentiert (Kapitel II und III). Zwei Gruppen von Kapiteln systematischen Charakters führen die Untersuchung weiter. Die Kapitel IV bis VII behandeln einige anthropologische Züge des Glaubens. Die Rationalität des Glaubens, sein epistemologischer Status und seine Beziehung zu Erkenntnis sind drei der in diesem Teil behandelten Themen, der mit einer Reflexion über den Glauben und die menschliche Existenz beendet wird. In den Kapiteln VIII bis XI werden die religiösen Aspekte des Glaubens untersucht.
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Der Glaube wird in seiner Beziehung auf Religion, auf Gemeinschaft und auf Offenbarung sowie als christlicher Glaube erörtert. Der Epilog beendet die Darlegung mit einigen Bemerkungen und bewertenden Betrachtungen über den Begriff des Glaubens bei Kant. Die Bibliographie nennt die entsprechenden Texte Kants und ihre Übersetzungen ins Spanische und schließt Studien über Kant und seine Epoche sowie philosophische und theologische Studien über den Glauben ein. In bezug auf die Methodologie beruht die vorliegende Untersuchung direkt auf den von Kant veröffentlichten Texten. Nach Odero muß man gerade in diesen die Rechtfertigung von Kants zentralen Thesen suchen. Diesbezüglich bestimmt Odero eine allgemeine Norm, nach der sich jede Untersuchung über Kant richten müsse. Seine Texte selbst seien maßgeblich. In unserem Fall sind an erster Stelle die drei Kritiken und dann die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft zu betrachten. Die Herkunft des Glaubensbegriffes und die Entwicklung der Kantischen Glaubenstheorie sind in den Kapiteln II („Glauben und transzendentale Philosophie") und III („Kant und seine Religionsphilosophie") dargestellt. Das erste umfaßt die Periode 1750/1787, während das zweite die Periode zwischen 1788 und 1804 einschließt. In bezug auf die Herkunft des Glaubensbegriffes bemerkt Odero, daß Kant ihn in seine Philosophie als einen fundamentalen Begriff eingeführt hat, da er die Natur des Menschen ausdrücke: ein endliches Wesen, das jedoch durch seine Freiheit als Horizont das Unendliche hat. Odero zufolge war „das inspiratorische Motiv von Kants Glaubensbegriff die Wirklichkeit des christlichen Glaubens. Deshalb akzeptiert er am Anfang den Glauben so, wie dieser im Evangelium beschrieben ist; es handelt sich um den Glauben an die göttliche Offenbarung" (562). Von diesem Volksglauben oder gemeinen Glauben ausgehend, prägt Kant zwischen den Jahren 1760/1766 einen neuen Begriff des Glaubens, den des moralischen Glaubens, der zum Grundbegriff seiner religiösen Überlegung wird. Dieser neue Begriff des moralischen Glaubens wird durch folgende wesentliche Eigenschaften gekennzeichnet: a) Einfachheit und Unmittelbarkeit, da der menschlichen Vernunft die Einsicht in Gott aus dem moralischen Gewissen auf natürliche und einfache Weise zugänglich wird; b) Abhängigkeit von der moralischen Erfahrung, auf welcher er beruht; c) Vertrauen in die göttliche eschatologische Hilfe; d) theologischer Charakter, da sein Objekt Gott ist. Auf diese Weise ist der moralische Glaube die Achse der Kopernikanischen Wende, die die transzendentale moralische Philosophie bewirkte; die Erkenntnis von Gott und seinem Willen ist nicht mehr die Grundlage des moralischen Gesetzes, sondern im Gegenteil, das moralische Gesetz wird Grundlage des Verhältnisses zu Gott. Auf dieser Basis entwickelt sich der Begriff des Glaubens. Seit 1764 beginnt Kant zu untersuchen, welches der logische Status des moralischen Glaubens ist. Der Glaube ist als eine Art von Fürwahrhalten bestimmt, das von Wissen zu unterscheiden ist. Aber gleichzeitig betont Kant Berührungspunkte des moralischen Glaubens und der Vernunft, d. h. er schafft den Begriff des Vernunftglaubens. Der moralische Glaube ist Vernunftglaube, weil sein Grund die charakteristische Dynamik der praktischen Vernunft ist. Aus diesem Grunde nennt man ihn auch praktischen Glauben. Von diesem Begriff ausgehend, kann man folgende Entwicklung des Glaubensbegriffes angeben: Die Kritik der reinen Vernunft präsentiert die Kritik der theologischen Argumente als Aufhebung der philosophischen Theologie; solche Aufhebung des philosophischen Wissens über Gott macht den Glauben möglich, da nach Odero
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Kant der Ansicht ist, daß, wo es ein Wissen über Gott gibt, kein Platz für den moralischen Glauben übrigbleibt. In der Kritik der praktischen Vernunft kann man Kants Interesse ausmachen, den moralischen Glauben oder praktischen Glauben als reinen Glauben zu begreifen. Hier kristallisiert sich der Begriff endgültig; so betrachtet vertritt Kant „eine Idee des Glaubens, die von der, die gewöhnlich ein Christ hat, verschieden ist" (564). Durch diese erlangt die Gottesidee eine neue, und zwar eine praktische Objektivität. In der Kritik der Urteilskraft wird der Glaube als habitus oder beständige Art des Denkens beschrieben. In diesem Sinne bedeutet der Glaube Vertrauen; Vertrauen auf die Versprechungen Gottes und auf die eschatologische göttliche Hilfe. Aufgabe des Vertrauens ist, „den Menschen zur Hoffnung zu öffnen" (564). Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft beschäftigt sich mit den Verhältnissen zwischen dem religiösen Volksglauben (der nicht rein ist) und dem moralischen Glauben. Da der moralische Glaube ein Leitgedanke des natürlichen religiösen Glaubens ist, wird er reiner Religionsglaube genannt, was oft Synonym von „Religion" ist. In diesem Sinne ist der moralische Glaube das Wesen der menschlichen Religiosität. Odero zufolge neigt Kant in den letzten Reflexionen und Werken dazu, die Idee von Gott aus einer immanenten Perspektive zu betrachten. Eine sehr ausdrucksvolle Formulierung dieses Standpunkts, nach welchem Gott immanent wird, sei die Kantische Behauptung, daß es dasselbe sei, an Gott zu denken wie an ihn zu glauben. In diesem Punkte fehlt dem Kantischen Glauben jeder wirkliche Bezug auf den Menschen, und jetzt wird deutlich, daß dieser Begriff unmöglich benützt werden kann, um den christlichen Glauben durch ihn zu bezeichnen." (566) Im systematischen Teil des Buches bieten sich viele Gesichtspunkte an, unter denen der Verfasser die Kantische Glaubensauffassung betrachtet; und infolgedessen kann er sowohl die traditionellen Themen der philosophischen Reflexion, wie zum Beispiel das Verhältnis zwischen Vernunft und Glauben, als auch eine semantische Untersuchung des Glaubensbegriffes gemäß den aktuellen Formen der philosophischen Analyse durchführen. Der Begriff des Vernunftglaubens, den Kant prägte, stellt den Kern der Reflexion über die Beziehungen zwischen dem Glauben und der Vernunft in der transzendentalen Philosophie dar. Diese enthält eine ausführliche Reflexion über die Beziehung zwischen Glauben und Vernunft; nach Odero besteht Kants Strategie darin, den philosophischen Begriff vom „moralischen Glauben" zu schaffen. Dieser Begriff ist mit den Begriffen des „praktischen Glaubens", der „Postulate der praktischen Vernunft" und gerade mit dem Begriff des „Vernunftglaubens" gleichwertig. Die semantische Untersuchung des Begriffes des Glaubens andererseits erlaubt, in der Kantischen Philosophie vier Bedeutungen des Ausdrucks „Glauben" zu unterscheiden: erstens, etwas „meinen", zweitens, an etwas glauben, drittens, an Gott oder an eine Religion glauben und viertens an jemanden glauben. Die wichtigsten Ergebnisse dieser systematischen Betrachtung der Kantischen Glaubensauffassung sind im Epilog des Werkes dargelegt. Diese Ergebnisse nehmen gelegentlich die Form von Behauptungen an, in anderen Fällen dagegen hält Odero die bescheidenere Ausdrucksform des Fragens für angemessen, nicht zuletzt deshalb, weil „Kant kein leicht zu verstehender Denker ist, denn im Laufe seines theoretischen Weges kann man Schwankungen und Akzentverschiebungen in mehreren Aspekten eines gleichen Problems feststellen. Daher widerstehen einige Aspekte seiner Theorie des Glaubens einer deutlichen Auslegung, da sie einer inneren Proble-
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matizität unterworfen sind, begünstigen sie einen hermeneutischen Pluralismus." (561) Das ist eine der Schlußfolgerungen, zu welcher die drei vorgetragenen Gesichtspunkte, der methodologische, der genetische bzw. entwicklungsgeschichtliche und der systematische, führen. Mit den Worten Oderos selbst läßt sich seine globale Schätzung der von Kant durchgeführten theoretischen Untersuchung des Glaubensbegriffes am besten synthetisieren: „Letzten Endes können wir schließen, daß der moralische Glaube an Gott die Instanz war, auf die sich Kant berief, um den Schlägen des Skeptizismus zu widerstehen, nachdem er die Gebrechlichkeit des dogmatischen Rationalismus festgestellt hatte. Um die philosophische Theorie zu retten, faßte er den Entschluß, seine Ansprüche zurückzuhalten, bis er einen unüberwindlichen Stand erreichte. So gab er das Ringen um die Gründung einer natürlichen, theoretischen, auf der Gotteserkenntnis basierenden Theologie auf und legte den Schwerpunkt auf eine theologische Moral, die sich auf die moralische Erfahrung stützt. Die letzten Schlußfolgerungen der Kantischen Religionsphilosophie sind ein klarer Exponent des Preises, den die Philosophie bezahlen muß, wenn sie auf die natürliche Theologie verzichtet: eine progressive Entwirklichung von Gott, Objekt des Glaubens" (565 f.). Der Epilog endet mit folgenden „Behauptungen und Fragen": a) In bezug auf das Verhältnis der Kantischen Glaubensauffassung zum Christentum unterstreicht Odero, daß Kant viele der wichtigsten Ansichten seiner Moralphilosophie dem Christentum verdanke, insbesondere seine Auffassung des Glaubens. Das wurde ausdrücklich von Kant reflektiert, insofern für ihn das Christentum eine außergewöhnliche Religion ist, denn es sei die einzige, die sich mit der Sache der moralischen Universalreligion identifiziere. Deshalb sind auch Zentralthemen seiner Konzeption (wie etwa die nicht-intellektuelle Auffassung des Glaubens, der religiöse Ethizismus oder der Begriff der Autonomie) der christlichen Theologie entlehnte Motive, die dann weiterentwickelt wurden. Odero hebt jedoch noch einen anderen Aspekt der Beziehung Kants zum Christentum hervor; Kant habe nämlich die christliche Religion einer Prüfung unterzogen, die gelegentlich außergewöhnlich radikal und vielleicht einseitig, wenig offen und verständlich sei. So meint Odero, daß die Kantische Untersuchung des Glaubens negativ durch einen entschiedenen anthropologischen Subjektivismus belastet sei, der sich als absolute Forderung der intersubjektiven Allgemeinheit ausgibt, insofern die rationale Gültigkeit eines jeden Urteils auf seiner allgemeinen Mitteilbarkeit gegründet sei. Deshalb weist Odero auf die Schwäche hin, die die Kantische Glaubensauffassung gegenüber der christlichen zeige. Als Verdienste der christlichen Konzeption betrachtet er den kognitiven Wert des christlichen Glaubens, seine Glaubwürdigkeit, den historischen Wert der apostolischen Tradition, den Begriff der Religiosität und Religion, die geschichtliche Offenbarung, das Glaubensmysterium und schließlich die Konzeption der Theologie und ihrer Verhältnisse zur Philosophie, b) Eine der theoretischen Voraussetzungen, auf denen die Kantische Auffassung des Glaubens basiert, sei das Homogenisieren des Erfahrungsbegriffes. Die Erfahrung werde durch Kant auf eine einseitig bestimmte Objektivität beschränkt: auf das durch den bloßen Verstand und die Experimentalmethode Feststellbare, c) Der Kantische Glaube sei Ausdruck einer grundlegenden philosophischen Überzeugung, nämlich der, daß die Wirklichkeit begriffen werden kann. Der moralische Beweis des Daseins Gottes aber sei kein demonstrierbares Argument, sondern erwerbe Gültigkeit und Notwendigkeit nur gegenüber ethisch verpflichteten und moralisch interessierten Subjekten. In diesem Sinne setze
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die Tat eines wohlwollenden Menschen die Existenz Gottes voraus. Die Form des „moralischen Arguments" sei eine reductio ad absurdum in der praktischen Ordnung, die keine objektive Gotteserkenntnis ergebe, sondern den moralisch Agierenden dazu bringe, das Dasein Gottes freiwillig zu akzeptieren. Auch wenn Kant diesen Ausdruck nicht anwendet, sei der Glaube, Odero zufolge, eine „praktische Weltanschauung", eine Gesamtinterpretation der menschlichen Existenz. Diese existentielle Dimension des Glaubens sei im Kantischen Werk mit den Worten Vertrauen und Hoffnung bezeichnet, d) Zum Abschluß stellt Odero fest, daß „Kant vielleicht als Gründe der Religionsphilosophie als systematischer Disziplin betrachtet werden kann" (579), da sein Werk in dieser Hinsicht eine systematische Interpretation der menschlichen Religiosität darstelle; und zwar eine Interpretation, die von den grundlegenden Prinzipien der Transzendentalphilosophie her erfolgt. Am Ende des Buches faßt Odero Verdienste und Mängel der Kantischen Abhandlung des Glaubens zusammen. Als „Verdienst" nennt er: a) Da für Kant das Zentrum des religiösen Lebens das moralische Leben sei, vermittele seine Überlegung die Einsicht, daß der Gegensatz von Autonomie (Vorrang ethischer Imperative in bezug auf jede wie auch immer beschaffene Theologie) und Theohomie ein nur scheinbarer ist. Die Aufhebung des Gegensatzes erfolge erstens dadurch, daß man das moralische Gesetz als heilig auffaßt, wodurch es zu einer „inneren Offenbarung" Gottes werde; zweitens dadurch, daß die Religion das natürliche Moralgesetz als göttliches Gebot voraussetzt, b) Kant „entdeckte und zeigte die Gefahren der aufgeklärten Konzeption des Glaubens auf, einer typischen protestantischen Auffassung, die einen Zugang zum Glauben postuliert, der ausschließlich auf der aufklärenden Aktion Gottes basiert und jede intellektuelle menschliche Bereitwilligkeit zum Glauben ableugnet" (580). Die Kantische Religionsphilosophie entdeckt die Notwendigkeit, eine individualistische Auffassung der Religion aufzuheben. Gleichzeitig weist Odero auf einige bedeutende Mängel der Kantischen Auffassung hin: a) Die philosophische Interpretation des Christentums durch Kant zeige sich bei vielen Gelegenheiten äußerst erzwungen, b) Obwohl die Kantische Philosophie eine Reflexion über die Freiheit des Subjektes sei, habe er jedoch etwas Wesentliches vernachlässigt: Gott, der nach Kant als Subjekt oder Person betrachtet werden muß, den Status eines freien Subjektes zu gewähren und daraus alle Konsequenzen zu ziehen. Außerdem sei der Kantische Gott nach Odero „nicht im Stande, sich mit den Menschen zu verständigen" (581). Er unterstellt sogar, daß „Kant keinen Sinn im Gebet noch im Umgang mit Gott (Kult) sieht. Er äußert sich über die Möglichkeit der Offenbarung betont pessimistisch." (581). c) Kant erkenne die Dimensionen des Glaubens als interpersonelle Kommunikation, die Öffnung der Person und den Zugang zur Intimität des anderen nicht an, was ihn daran hindere, „den Glauben des Menschen an Gott als interpersonelle Beziehung zu verstehen" (582). d) Schließlich meint Odero, daß „Kants Rationalismus ihn hindere, die Geschichte als Öffnung zu etwas Neuem zu schätzen. Ohne diese Geschichtsauffassung als Verwirklichung der Freiheit, bleibt dem Menschen nur übrig, ein in sich selbst eingeschlossenes Wesen zu sein (...). Deshalb kann der Kantische Mensch für die Offenbarung Gottes nicht offen sein, für die radikale Neuheit, die die göttliche Freiheit errichtet." (583). Oderos Buch ist der Ertrag einer fundierten Untersuchung. Obgleich der Leitfaden der Studie Kants Texte sind, gibt es eine eingehende Diskussion der Literatur.
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Die Glaubenstheorie zeigt sich als ein bedeutender Teil des Kantischen Denkens, indem sie eine Bindung zwischen der Religionsphilosophie, der Moralphilosophie und der kritischen theoretischen Philosophie herstellt. Darüber hinaus beleuchtet Odero die Beziehungen, die zwischen Glaubenstheorie und dem metaphysischen Hintergrund der Transzendentalphilosophie bestehen. Daniel Leserre, Buenos Aires
Gabriele Tomasi: II „salvataggio" kantiano della bellezza. Trento: Pubblicazioni di Verifiche 1993, 112 Seiten. Die Studie setzt sich zum Ziel (im Anschluß an Bernd Dörflingers Die Realität des Schönen in Kants Theorie rein ästhetischer Urteilskraft. Bonn: Bouvier 1988), der weitverbreiteten Ansicht, dem Geschmacksurteil komme bei Kant eine bloß subjektive Bedeutung zu, entgegenzutreten. „Gegen den Eindruck einer radikalen Subjektivierung der Ästhetik" (9) bei Kant, der durch die Interpretation z. B. von Gadamer erweckt wird, versucht der Verfasser zu zeigen, daß die Bedeutung der Termini ,Schönheit' bzw. jschön' eine doppelte Dimension mit sich führt: einerseits bezieht sich das Geschmacksurteil auf einen subjektiven Zustand, andererseits auf irgendein Verhältnis dieses subjektiven Zustandes mit der Vorstellung eines Gegenstandes (9). Im ersten Kapitel (11—41) geht der Verfasser von dem §58 aus, der auch in den anderen Kapiteln das Zentrum seiner Analysen bildet. Es werden hier die zwei von Kant zurückgewiesenen Richtungen in der Auffassung der Kritik des Geschmacks dargestellt. Einerseits der „Empirism der Kritik des Geschmacks", andererseits „der Rationalism derselben". Während sich Kant nach dem Verfasser mit der ersten Formel auf Burke und Hume bezieht, und insbesondere auf Humes Schrift Of the Standard of Taste, die ihm auch in deutscher Übersetzung zugänglich war, ist mit der zweiten die Tradition gemeint, die durch Meier und Baumgarten auf Leibniz zurückgeht. Es soll jedoch meines Erachtens bemerkt werden, daß Burke und Hume nicht als die einzigen polemischen Ziele Kants gelten können. Kant bezieht sich nämlich auch auf das deutsche Kulturgebiet. Beiden Auffassungen stellt Kant (davon handelt das zweite Kapitel 43—71) diejenige der Schönheit als Form der Zweckmäßigkeit eines Gegenstandes gegenüber. Das Schöne ist weder eine Empfindung (wie der Empirismus wollte), noch ein Begriff (gegen den Rationalismus). Die Auffassung des Schönen als Form impliziert zugleich, daß das Wort Schönheit an sich weder eine begrifflich bestimmte Bedeutung hat, noch einen Referent in irgendeiner Qualität des Gegenstandes findet. „Nur die Form ist ... Struktur, Ordnung ..."- „Sie kann die Allgemeingültigkeit garantieren, die den Geschmacksurteilen zugesprochen wird, indem die Apprehension derselben eine Erkenntnistätigkeit als Grund der Lust impliziert, die die Lust aus der Privatheit des Gefühls erhebt" (96). Im dritten Kapitel (73-96) lenkt Verfasser die Aufmerksamkeit des Lesers darauf, daß der Idealismus der Zweckmäßigkeit, von dem Kant im § 58 handelt, zwar als Subjektivierung der Schönheit aufzufassen ist, aber auch zugleich als Rettung der Realität des Schönen interpretiert werden soll. Indem Kant vom Schönen als Symbol des Sittlichguten redet, gewinnt die Schönheit, „die freilich Form ist und also subjektiver Natur, Realität und Bedeutung als Symbol einer Vernunftidee" (96). In der Schlußbetrachtung (97—102) wird die Frage aufgeworfen,
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ob die in dem zweiten und dritten Kapitel skizzierten Perspektiven als an sich widersprüchlich anzusehen sind, oder als Komplementärstücke einer komplexeren Auffassung auftreten können. Einerseits wird die Schönheit in ihrem Formalismus charakterisiert (Verfasser denkt hier besonders an die Lehre der pulchritudo vaga), andererseits verbindet sie Kant mit der Moralität und mit dem übersinnlichen Substrat. „Formalismus und Ausdruck können koexistieren, weil die symbolische Fähigkeit der Schönheit vom Inhalt der Vorstellung unabhängig ist; dank ihres formalen Charakters kann die Schönheit als Symbol gelten und als sinnliche Darstellung moralischer Ideen auftreten" (99). Piero Giordanetti, Milano Jacinto Rivera de Rosales: El punto de partida de la metafisica transcendental. Un estudio critico de la obra kantiana. Madrid: Universidad nacional de educacion a distancia 1993, 309 Seiten. Im Ansatzpunkt der transzendentalen Metaphysik leistet Rivera de Rosales einem Hinweis Kants Folge, demgemäß „die Transzendentalphilosophie [...] zu ihrem Zweck die Gründung einer Metaphysik" hat (Fortschritte der Metaphysik, Ak. Ausg. XX, 272). Um die so angedeutete Metaphysik zu entfalten, wendet der Verfasser seine Aufmerksamkeit zunächst auf das Thema des Dinges an sich (erstes Kapitel). Die Unerkennbarkeit des Dinges an sich kann als eine Folge der Spontaneität des Erkenntnissubjektes angesehen werden, indem durch diese Spontaneität die Formen der Erkenntnisse hervorgebracht werden. Rivera de Rosales legt einige Aspekte der Idealität der Erkenntnisform dar; insbesondere wendet er sich der Idealität der Zeit und des Raumes zu. Anschließend bestimmt er sorgfältig den Begriff vom Ding an sich und gliedert ihn in seinen erkenntnistheoretischen Rahmen ein: „Das transzendentale Ding an sich bleibt ganz außerhalb des Bereiches des empirischen und somit auch des wissenschaftlichen Bewußtseins"; es bildet ein Thema der Metaphysik (S. 38). Im zweiten Kapitel wird das Ding an sich als das Substrat der Erscheinung betrachtet. Es wirft als solches zwei Probleme auf, nämlich die Frage nach der Affektion und die Frage nach der materiellen Bedingung der Erkenntnis. Um an das erste Problem heranzugehen, untersucht der Verfasser die Frage, ob die Affektion durch das Ding an sich oder durch eine Erscheinung hervorgebracht wird, sowie die Frage, ob die Affektion wohl auf ein Ich an sich oder auf ein empirisches Ich ausgeübt wird. Das Affektionsverhältnis stellt für sich genommen noch manche Schwierigkeiten. Rivera de Rosales zeigt, wie Adickes diesen Schwierigkeiten durch die Lehre von der doppelten Affektion zu begegnen versucht hat. Endlich legt der Verfasser seine eigene Auffassung dieser Probleme dar. Er erklärt die Affektion als Einschränkung des freien Ichs: „Die intelligible Affektion ist kein Verhältnis zwischen Dingen; sie ist vor allem kein Verhältnis eines metaphysischen Dinges an sich zu einem metaphysischen Ich; auch nicht zu einem empirischen Ich mit dessen Sinnen; sondern [die Affektion] ist zuerst eine ideale Selbsteinschränkung des Ichs" (67). In dieser Selbsteinschränkung zeigt das Subjekt zugleich Passivität und Spontaneität. Durch sie eröffnet das Subjekt „ein Feld, in dem eine von ihm verschiedene Realität zur Geltung kommen kann" (67). Dabei aber erkennt das Subjekt zugleich seine eigene Endlichkeit.
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Ein weiteres Problem wird durch die Materie der Affektion, d. i. durch die Empfindung gestellt. Zu Recht versucht Rivera de Rosales eine nicht-empiristische Auffassung der Empfindung aufzustellen. Der Weg aber, den er zu diesem Zweck einschlägt, dürfte einiges Bedenken bei dem Leser erregen. Die synthetische Tätigkeit des Subjektes, durch welche, nach dem Grundsatz der Antizipationen, die Intensität der Empfindung und der ihr entsprechenden Realität erzeugt wird, wird von Rivera de Rosales als moralische Handlung ausgedeutet: „Realität gibt es nur für ein Wollen [...], das sich selbst als ursprünglich setzt [...]; indem dieses Wollen sich eingeschränkt sieht bzw. fühlt (Schmerz), so erkennt es, daß das Andere auch real ist" (75). Da er Realität als Widerstand gegen einen Willen ausdeutet, so muß Rivera de Rosales ein der Kantischen theoretischen Philosophie fremdes Element einführen: ein ursprüngliches „Fühlen" oder eine Stimmung, durch die das Subjekt sich mit der Welt ursprünglich verbindet (siehe S. 77 u. 79). Dadurch wird aber der eigentliche Sinn der Antizipationen der Wahrnehmung nur verdunkelt, denn dieser Grundsatz lehrt die Erzeugung der qualitativen Realität (nicht der Wirklichkeit) durch die in der Synthesis der Koalition ausgeübte Spontaneität des Subjektes. Mit Recht erkennt Rivera de Rosales eine materiale Bedingung der Möglichkeit der Erfahrung an. Das Ding an sich ist eine Bedingung der Erscheinung, denn diese hängt, ihrem Stoffe nach, von jenem ab. Endlich, bei der Betrachtung dieser Bedingung der Erfahrung begegnet uns eine metaphysische Funktion des Dinges an sich: Nur in Bezug auf das Ding an sich wird der sinnliche Gegenstand als Erscheinung angesehen; auf diese Weise werden wir auf eine „Realität in vollständigem Sinne" hingewiesen (88), die weit mehr enthält, als wir von ihr erkennen können. Indem sie passiv erhalten wird, nimmt die Affektion notwendigerweise die Form der Sinnlichkeit an. Deswegen muß Rivera de Rosales diese Form in Betracht ziehen, was er im dritten Kapitel tut. Dort werden die Formen a priori der Erkenntnis als ein Faktum dargestellt, das durch keine Erklärung gerechtfertigt werden kann. Der Verfasser bietet jedoch eine Erklärung des Faktums an, der wir freilich kaum beipflichten können; demnach sollen die wirklichen Gegenstände die eigentümlichen Formen der sie erkennenden Subjektivität bestimmen. In dieser Hinsicht fände also eine Wechselwirkung von Subjekt und Objekt statt. Solche Wechselwirkung enthielte den Grund dafür, daß unsere Erkenntnis gerade diese und keine anderen Formen hat. Das Studium des Dinges an sich beschränkt sich nicht auf dessen Wirkung auf die Rezeptivität; deswegen wendet sich Rivera de Rosales im vierten Kapitel auf die Spontaneität des Subjektes, um das Noumenon und die intellektuelle Anschauung zu betrachten. Er stellt dort die transzendentale Leistung des Noumenon als Grenzbegriff dar, der die gegenständliche Erkenntnis einzuschränken hat. Die Erwägung der Bedingungen der Objektivität überhaupt würde uns ermöglichen, zwischen der Vorstellung, dem Gegenstand und dem Ding an sich zu unterscheiden. Um dieses zu erreichen, unternimmt der Verfasser im fünften Kapitel die Darlegung der transzendentalen Apperzeption. Rivera de Rosales erklärt das Selbstbewußtsein als eine reine Intelligenz, und er unterscheidet es vom inneren Sinne und von der empirischen Apperzeption. Die transzendentale Apperzeption bezieht sich auf kein wirkliches Dasein. Eine Wahrnehmung des Ich an sich ist nicht möglich. Betrachten wir die transzendentale Apperzeption, so werden wir, laut Rivera de Rosales, auf den Bereich der Ethik geführt: Erstens, weil die Frage nach dem meta-
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physischen Grund der Spontaneität sich nur durch einen Hinweis auf den moralischen Agenten beantworten läßt. Zweitens, weil wir das Ich als reine Intelligenz erklärt haben. Die Intelligenz aber ist wesentlich intersubjektiv; das ,Ich denke' ist nur „in einem gemeinschaftlichen Dialog" möglich und muß sich auf „die materielle Basis einer Sprache" stützen (152). Nun, in der InterSubjektivität wird der Andere als ein Ich anerkannt, was nur im moralischen Bereich möglich ist. Bisher haben wir die transzendentale Struktur des empirischen Bewußtseins betrachtet. Um eine höhere Ebene zu erreichen, muß der Verfasser (im sechsten Kapitel) die Vernunftsynthesis nach Prinzipien einführen. Das bringt aber mit sich, daß die Gültigkeit der theoretischen Erkenntnis relativiert wird, insofern ein neuer Standpunkt: der des Unbedingten, (d. i. der Standpunkt der praktischen Vernunft) ihr entgegentritt. Dadurch erhält die Kritik an der Metaphysik einen eigentümlichen Sinn: „Die Metaphysik ist als Wissenschaft nicht möglich. Das bedeutet, daß der empirische, der Wissenschaft eigentümliche Realismus nicht für die Ideen der Vernunft gilt. Dieser ist aber nicht der einzig mögliche Realismus, so wie der Standpunkt der Wissenschaft nicht der einzig mögliche Standpunkt ist" (180). Auf diese Weise geht Rivera de Rosales auf den Bereich der praktischen Vernunft über. Der Verfasser unterscheidet „zwei Grundformen des Wollens: das Begehren und de [n] Wille [n]" (193). Im kurzen siebenten Kapitel untersucht er das Begehren und dessen Korrelat: die pragmatische Realität. Im achten Kapitel beleuchtet der Verfasser das Postulat der Freiheit. Dort stellt er zuerst die Vernunftidee der Freiheit dar, wie sie in der Dritten Antinomie dargelegt wird. Anschließend geht er auf die Frage der Unterscheidung zwischen der praktischen und kosmologischen Freiheit in der Kritik der reinen Vernunft über. Der Begriff der Autonomie bildet ebenfalls ein zentrales Thema in Rivera de Rosales' Darstellung. Insbesondere entwickelt der Verfasser die Frage, ob das moralische Gewissen „sich auf etwas Wirkliches bezieht, oder eine bloße Illusion ist" (225). Um diese Deduktion der moralischen Autonomie zustande zu bringen, führt er eine sorgfältige Analyse der Kantischen Beweisführung in der Grundlegung zur Metaphysik der Sitten durch. Der wichtigste Ertrag der Kantischen Ethik ist nach Rivera de Rosales „das durch diese Ethik erreichte Bewußtsein [unseres] ursprünglichen Seins" (238). Dieses Bewußtsein einer neuen Seinsdimension wird, laut Verfasser, durch das Bemühen verdunkelt, „den kategorischen Imperativ auf die Kasuistik des Lebens anzuwenden, und das noch auf eine mechanische Weise, als ob er eine mathematische Formel wäre" (238). Demgegenüber hebt Rivera de Rosales die Rolle der Kreativität und der Imagination in der Führung des Lebens hervor. Durch die vorstehenden Darlegungen wird die Realität der Freiheit nicht bewiesen. Der Verdacht besteht immer noch, daß der Freiheitsbegriff ein leerer Begriff ist; daß es nichts gibt, was ihm entspricht. Denn bekanntlich läßt sich kein Beweis dafür geben, daß eine Handlung bloß aus Pflicht erfolgt. Um die Realität der Freiheit zu erforschen, unterscheidet Rivera de Rosales im neunten Kapitel drei Bestandteile der freien Handlung: die Begierde, das Gesetz und die Willkür. Der Verfasser betrachtet dann die letztere in ihrem Verhältnis zum moralisch Bösen, insofern dieses nur durch die Willkür möglich ist. Rivera de Rosales behauptet, daß das Werk Kants hauptsächlich der Reflexion über das moralisch Gute und dessen Bedingung (das moralische Gesetz) gewidmet
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ist. Somit bleibt das Problem des Bösen — außer in der Schrift über die Religion und in Muthmaßlicher Anfang der Menschengeschichte — „weitgehend unbeachtet" (265). Das Böse tritt als ein Paradox ein: als eine Handlung, welche zugleich dem Subjekt und der Naturnotwendigkeit bzw. der Neigung zuzuschreiben ist. Um diesem Paradox zu begegnen, greift Rivera de Rosales auf die vorkritische Lehre der Realrepugnanz zurück. Indem er die negativen Größen als real annimmt, kann Kant die Realität des Bösen annehmen: „Das Böse ist wirkliche Handlung und kein bloßer Mangel am Sein; auch keine formale Beschränkung" (268). Das moralisch Böse ist die Umkehrung von der Unterordnung der Begierde unter das Gesetz. Die Vernunft wird zum technischen Werkzeug, sie steht demnach „im Dienste der Bedürfnisse des empirischen Ich" (259), die Freiheit steht im Dienste der Natur. Das Böse entstammt aber nicht aus den Neigungen, die laut Kant (Fortschritte, Ak. Ausg. XX, 346) „an sich unschuldig" sind. Das moralisch Böse hat seinen Ursprung nicht in der Sinnlichkeit. Der Ort des moralisch Bösen ist nicht die Erscheinungs-, sondern die noumenale Welt. Zugleich ist aber das moralisch Böse „eine im Grunde irrationale Handlung, denn sie geht gegen die (reine praktische) Vernunft" (273). Also dürfen wir die noumenale Welt nicht mehr ganz mit der intelligiblen Welt gleichsetzen, insofern die noumenale Welt ein Element enthält, das der Vernunft widerstrebt. Dieses Irrationale und gar Verhängnisvolle an der Freiheit habe Kant unbeachtet gelassen. Aufgrund seiner Auffassung der Freiheit kann Rivera de Rosales behaupten, daß sowohl die praktische als auch die theoretische Vernunft in der ursprünglichen freien Tat ihre Quelle hat: „in dieser Tat der [...] Freiheit hat die Ethik und auch die wissenschaftliche [...] Reflexion ihren Ursprung" (274). Die ganze Spontaneität des Subjektes basiert auf diesem Grund. So deutet Rivera de Rosales das Primat der praktischen Vernunft aus. An der moralisch freien Tat identifiziert Rivera de Rosales einen Aspekt der Gemeinsamkeit, indem solche Tat immer in einem Zusammenhang: im Reich der Zwecke, oder in einer Gemeinschaft stattfindet. Das führt uns zum Dasein des Anderen: „Das Dasein des Anderen sollte aus der individuellen Tat der Freiheit abgeleitet werden" (291). Wohl erkennt Rivera de Rosales, daß Kant diesen Fichteschen Gedanken nicht weiter verfolgt; aber der Gedanke sei schon im Begriff der Achtung vor dem Anderen mitenthalten. Der Andere wird als „etwas an sich ,außer* mir" erkannt (294); so wird der Ansatzpunkt der Metaphysik erreicht, indem wir die Wirklichkeit an sich erreichen: „Die moralische Achtung ist die erste Anerkennung der Wirklichkeit an sich" (294). Auf diese Weise gelangt Rivera de Rosales zum Abschluß seiner Untersuchung; er kann den Ansatzpunkt der Metaphysik bestimmen: „Die Realität an sich ist ein moralisches Problem und das moralische Gesetz ist die Heerstraße zur Metaphysik, ihr Ansatzpunkt" (294). Als Erkenntnis des Unbedingten hat die Metaphysik ihren Ansatzpunkt im Bewußtsein der Freiheit: „Im Bewußtsein der eigenen Freiheit [...] erkennen wir uns als an sich Seiende" (302). Diese Erkenntnis bezieht sich nicht auf Gegenstände; „von diesem Standpunkt aus sieht man vielmehr Realitäten, deren Sein anders ist [als das der Gegenstände]: transzendentale Handlungen, die das Gebiet der Freiheit und des [...] Bewußtseins eröffnen" (305). Das Buch von Rivera de Rosales bietet manche interessanten und originellen Anregungen zur Interpretation einiger Probleme der Transzendentalphilosophie an,
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wenn einige seiner Auslegungen auch freilich Bedenken erregen möchten. El punto de partida de la metafisica transcendental ist eine Bearbeitung der Dissertation des Verfassers: La realidad en st en Kant, Madrid 1988. In jener Arbeit sind die eingehenden Besprechungen von manchen Fragen zu finden, die im vorliegenden Werk nur kursorisch behandelt werden. Die unmögliche Wiedergabe von „Neigung" durch „opinion" (S. 193, Anm. 2) ist wohl auf das Versehen eines Kopisten zurückzuführen. Mario Caimi, Buenos Aires
Giovanni B. Sala: Kant über die menschliche Vernunft. Weilheim—Bierbronnen: Schriftenreihe der Gustav-Siewerth-Akademie 1993, 130 Seiten. Salas Buch gliedert sich in zwei Teile: im ersten Teil wird die Entstehungsgeschichte der Kritik der reinen Vernunft (KrV) nachgezeichnet (10 ff.) und die These profiliert, daß Kants Erkenntnis- und Seinslehre eine „sensualistische Version des Intuitionismus" sei (33 ff.). Dieser Intuitionismus wird im letzten Segment des ersten Teils mit einer alternativen Erkenntnislehre konfrontiert (basierend auf den Arbeiten von B. Lonergan), die menschliches Erkennen „als Selbstvollzug einer intelligenten und rationalen Intentionalität" thematisiert (60ff.). Im zweiten Teil rekonstruiert der Autor die verschiedenen Fassungen des moralischen Gottesbeweises bei Kant (89 ff.) und diskutiert abschließend die Frage, „ob der moralische Gottesbeweis sich auf eine (...) Lohnmoral oder eudämonistische Moral" gründe (110ff.). Zum ersten Teil: die Entstehungsgeschichte der KrV präsentiert der Verfasser souverän und mit systematischem Geschick. Bedenken richten sich nur gegen seine beiden Hauptbedeutungen, die er dem Terminus ,transzendental' zukommen lassen möchte — einmal im Sinne einer Theorie des Apriori, einmal im Sinne einer Ausdehnung auf das Apriori selber (25). Unklar ist, warum der Autor so auf diese Unterscheidung dringt, denn auch von dieser zweiten Bedeutung des Transzendentalen soll zunächst gelten — und darin unterscheidet sie sich in nichts von einer Theorie der apriorischen Erkenntnisse: „Transzendental werden die Bedingungen der Möglichkeit von Erkenntnis genannt." (ebd.) Die Kantischen Erkenntnisbemühungen faßt der Autor unter dem Schlagwort ,sensualistischer Intuitionismus4 zusammen. Kants Interpretation der menschlichen Erkenntnis führe zu einer sensualistischen Grenzbestimmung, derzufolge unsere Erkenntnis unüberwindbar auf die Erscheinungswelt restringiert sei. Charakteristisch für diesen ,sensualistischen Intuitionismus* ist also seine Phänomenalitätsthese: „Unsere objektiv gültige Erkenntnis ist innerhalb der Grenzen der möglichen Erfahrung beschränkt. Also eine sensualistische Grenzbestimmung. Ob und was über diese Grenze hinausliegt — dies kann Gegenstand eines Glaubens sein — (...), aber kein Objekt eines rationalen Wissens. Diese These, die einen unverkennbaren empiristischen Sinn hat, nenne ich, auf Grund der Art und Weise, wie Kant sie versteht und begründet, einen sensualistischen Intuitionismus." (33) Seine Auffassung, daß das Wesen der Erkenntnis primär Anschauung sei, versucht der Verfasser anhand vieler Textstellen zu belegen. Im Blick auf die /Transzendentale Ästhetik' (KrV A 19) formuliert er, daß die Anschauung eine „Brücke zwischen Erkennendem und Er-
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kanntem" zu schlagen vermag und sie insofern „transzendentale Bedingung von Objektivität überhaupt" sei (38). Die Gegenständlichkeit ist somit eine auf die Weise der Anschauung vermittelte Wirklichkeit: „Wenn man sich fragt: was bewirkt, daß die Erkenntnis Erkenntnis eines Gegenstandes ist und damit überhaupt Erkenntnis?, muß man zur Antwort geben: Die Anschauung." (40) Für diese Auffassung der Erkenntnistätigkeit möchte der Autor mit der Redewendung ,Prinzip Anschauung' (ebd.) werben. Aufgrund des nicht-kognitiven Charakters des Denkens übe der Verstand beim Zustandekommen der Erkenntnis nur eine untergeordnete Tätigkeit aus: „Was immer Verstand und Vernunft zur menschlichen Erkenntnis beitragen mögen, wird uns der Gegenstand in seiner Inhaltlichkeit nur durch die Anschauung vermittelt, wobei die einzige Anschauungsart, die wir haben, sinnlich ist!" (42). Zwar synthetisiere die Verstandesbegrifflichkeit den Inhalt der Anschauung, doch komme dieser synthetisierten Wirklichkeit kein eigener Realitätsinhalt zu, so daß Kants Versuche, eine über den sensualistischen Intuitionismus hinausgehende Theorie der Gegenständlichkeit zu erarbeiten, zum Scheitern verurteilt seien. Allerdings kommt auch der Verfasser nicht umhin, eine durchgehende Spannung „zwischen dem naiven Sensualismus und der Einsicht darin, daß die intelligenten und rationalen Handlungen für die menschliche Erkenntnis unentbehrlich sind" (47), zu konstatieren. Das Problem der Spannung aufgreifend, möchte ich meine Kritik nicht als Kritik an der — zweifellos umsichtigen und gelehrten — Rekonstruktion des Gedankenganges von Sala verstanden wissen; vielmehr zielt sie auf seine Interpretation ab, die der Argumentation Gewicht verleihen soll. M. E. ist die Reduktion der Kantischen Erkenntnislehre auf einen sensualistischen Intuitionismus nur durch ein Verkennen und einer daraus resultierenden Marginalisierung der Rolle des Denkens beim Zustandekommen der Erkenntnis möglich. Alle unsere Erkenntnis, so lehrt doch Kant, enthält zwei Elemente: die Anschauung und den Begriff: „Gedanken ohne Inhalt sind leer, Anschauungen ohne Begriffe sind blind." Und: „Keine dieser Eigenschaften ist der ändern vorzuziehen (...) Nur daraus, das sie sich vereinigen, kann Erkenntnis entspringen." (A 51, 52, Hervorhebungen M. K.) Bei solch eindeutigen Textbelegen fällt es schwer, die Behauptung eines ,Vorranges' der Erkenntnistätigkeit der Anschauung weiter aufrechtzuerhalten (40), ohne den Eindruck zu zerstreuen, hier werde dem Kantischen Text Gewalt angetan. (Diese Passage findet sich im übrigen auch nicht zitiert!) Das kann man an der Metapher des ,Sehens' sehr schön verdeutlichen. Sala erklärt: „Was und wieviel von der Wirklichkeit erkannt wird, ist schon von Anfang an durch die Anschauung gegeben. Denn sie kann allein die Wirklichkeit sehen, also erkennen (...) Um etwas zu erkennen, muß man es sehen." (45) Aber Kant selbst argumentiert doch gerade umgekehrt: Anschauung ohne synthetisierende Verstandesbegrifflichkeit ist der Wirklichkeit gegenüber blind\ Will sagen: wir besitzen doch überhaupt keine Vorstellung davon, was es heißt, die Anschauung könne die Wirklichkeit sehend erkennen. Damit verliert natürlich auch der Versuch, eine introspektive Erkenntnislehre zu entwerfen, die den Phänomenalismus Kants meistert — „dadurch, daß sie die Analogie des Erkennens mit dem Sehen einfach fallen läßt" (61) —, erheblich an Plausibilität, da er sich nicht zwingend aufdrängt. — Dieser Entwurf wird nun folgendermaßen charakterisiert: „Wie wir noch genau zu sehen haben, liegt die Trennungslinie zwischen einer sensualistischen und einer (...) nicht-sensualistischen Erkenntnislehre genau genommen nicht darin, daß die erstere nur Handlungen der Sinnlichkeit, die
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andere dagegen auch Handlungen des Verstandes anerkennt, sondern darin, daß die erstere etwaige Verstandes- und Vernunfthandlungen, die sie anerkennt (wie dies bei Kant der Fall ist), völlig in den Dienst der Sinnlichkeit stellt." (59) Nachdem der Autor verschiedene Versionen des Intuitionismus im katholischen Denken diskutiert — den ,realismus immediatus' (62 ff.) und den ,realismus mediatus' (66 ff.) — und deren Zirkelhaftigkeit nachweist (68 ff.), kommt er auf die eigentliche Alternative zu sprechen: er präferiert einen ,kritischen Rationalismus', demzufolge die „menschliche Erkenntnis im Selbstvollzug einer intelligenten und rationalen Intentionalität besteht" (75). Das Ziel ist dabei klar: eine solche Erkenntnislehre soll „An-sich-Seiende (...) erreichen" (73), und das ist letztendlich Gott (88). Unter Intentionalität versteht der Autor — pointiert formuliert — ein unbegrenztes Fragevermögen, das sowohl die Intelligibilität der Daten erfaßt (ihrer bloßen Möglichkeit nach), als auch zur Erkenntnis der Wirklichkeit durch die Richtigkeit des Urteils gelangt (76 ff.). Deutliche Anklänge an Ch. S. Peirce sind hier spürbar: das Sein ist dasjenige, dessen Existenz wir noch nach Abschluß der Frage (bei Peirce: nach Abschluß der Forschung) behaupten können. Zustimmend zitiert hier der Verfasser B. Lonergan: „Die angegebene Definition impliziert ja, daß das Sein erst dann vollständig erkannt wird, wenn keine Fragen mehr übrig bleiben, die noch unbeantwortbar sind." (78) Meine Frage lautet: wissen wir überhaupt, was es bedeutet, wenn keine Fragen — und im besonderen die Gottesfrage — mehr übrig bleiben? Und überhaupt: wenn Sala einräumt (83), daß sich Intentionalität auch verfehlen könne (schließlich sei das sich im Urteil gründende Unbedingte nur virtuell unbedingt), wie sieht dann noch eine introspektive Überwindung des Phänomenalismus Kants aus? Die von Sala in Aussicht gestellte Antwort, die Frage „Realität oder bloße Erscheinung" sei mithin eine falsche Alternative (86), ist eben keine Antwort auf seine Seinsintention. Zum zweiten Teil: in einer sorgfältigen und genauen Analyse zeichnet der Autor die verschiedenen Versionen des moralischen Gottesbeweises nach; die entscheidenden Passagen in der Kritik der reinen Vernunft (95 ff.), der Kritik der praktischen Vernunft (98 ff.), der Kritik der Urteilskraft (103 ff.) und der Religionsschrift werden genannt und präzise und knapp kommentiert. Dabei legt der Verfasser sehr schön die Struktur und die sich daraus ergebenden Probleme eines solchen Beweises offen; in Kants Ringen um eine endgültige Fassung macht der Verfasser eine ,Pendelbewegung' aus zwischen einer von Absurdität bedrohten Autonomie und einer „nicht mehr absolut autonomen Moral" (109). (Allerdings sei angemerkt, daß die in diesem Abschnitt zitierte Sekundärliteratur veraltet ist. Man macht es sich mit dem gegenwärtigen Stand der Kant-Forschung zu leicht, wenn man einfach auf Adickes' Abhandlung von 1897 über die bewegenden Kräfte in Kants philosophischer Entwicklung verweist). Abschließend erörtert der Autor „eine eudämonistische Interpretation des moralischen Gottesbeweises" (121 ff.). Dabei weist er in aller wünschenswerten Deutlichkeit nach, daß der oft kolportierte Vorwurf einer jLohnmoral' völlig aus der Luft gegriffen ist. Problematisch sind jedoch seine Reflexionen zum Schluß im Sinne einer durch das Wort Gottes selber entzogenen Grundlage jeglichen lohnmoralischen Denkens (128 ff.): Wenn „die Würde des Menschen in ihrer tiefsten Schicht darin besteht, daß er aus der Huld und Gnade Gottes leben darf" (129), so drängen sich zweierlei Bedenken auf: Erstens: ist die Existenz des Atheisten dann noch moralisch wahrnehmbar? und zweitens: ist das eine Perspektive, die Kant zu beanspruchen können glaubt? Michael Kühnlein, Jena
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Phillip Olson: The Discipline of Freedom: A Kantian View of Moral Precepts in Zen Practice. Albany, New York: State University of New York Press 1993, 217 pages. Olson proposes this work äs a "preparatory sketch, or outline, of a Kantian Interpretation of Zen practice" (p. 2). The main thesis he advances is that "the practice of zazen [Zen meditation], when correctly performed in accordance with Shunryu Suzuki's [a Sötö Zen teacher, d. 1971] account of this practice, is performed solely äs a means to the end of realizing the requirements of the moral law, äs Kant understands these requirements" (p. 7). His principal aim in advancing this thesis is to criticize and correct the view held by some students and teachers of Zen (notably in the United States) "that moral rules and Zen practice have nothing to do with each other" (p. xvi). Within the context of this intra-Buddhist argument, Kant's claims about the relationship between freedom and the moral law, about our human consciousness of freedom and the moral law, and about the relation of the moral law to religion play a central role in Olson's effort to provide a philosophical basis for the traditional Buddhist view that "the practice of Zen meditation is meaningfully related to the observance of moral precepts." To the extent that Olson develops his reading of Kant to provide conceptual leverage in an argument about Zen practice, the Interpretation of Kant's ethics which results seems neither fully articulated nor closely argued, particularly with respect to ambiguities, shifts, and developments which Kant's account of moral freedom undergoes in the course of the critical project. One major problem is that Olson focuses his reading of all of the key Kantian claims he uses to Interpret Zen practice almost exclusively upon the text of first two Critiques. This seems quite understandable with respect to Kant's claims about the mutual relation of freedom and the moral law and about our consciousness of them — but it makes for major gaps in Olson's treatment of the claim that the moral law leads to religion, since some of the most crucial texts for its construal are found in two works Olson does not attend to: the Critique of Judgment and Religion within the Limits of Reason Alone. It is thus not surprising that, on a ränge of particular points — viz., his accounts of noumenal causality, of the "highest good" (extensively discussed from pp. 113 — 141), of the consciousness of freedom which Kant terms a "fact of reason," of the postulates of pure practical reason and, more globally, of the way Kant differentiates morality and religion from each other — Olson's Interpretation of Kant could be subject to vigorous dispute. Given these limitations, this work might be thought to offer little of interest to those whose primary focus of study is detailed historical or textual analysis of the Kantian corpus and its context. Yet the unusual terms of the comparative argument at the heart of his project provides a novel and, in some cases, a potentially illuminating perspective on key elements in Kant's account of moral life. The most intriguing of these can be found in Olson's efforts to articulate a relationship between "the practice of the critical discipline of speculative reason" required by the Critique of Pure Reason with respect to our self-understanding and the cultivation of the moral selflessness which he considers crucial both to Zen and to Kant's account of moral practice. Olson explores this relationship äs part of an extended argument in Chapter 3 (pp. 24—68) to show that zazen practice is a necessary means for realizing the requirements of the moral law. As the first step in this argument, he
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proposes the claim that "the practice of a discipline of the speculative restriction of reason is, according to Kant, a necessary means for attaining consciousness of freedom" (p. 25). Olson links this "discipline" to Kant's notions of phenomena and noumena (pp. 31 ff.), terms which he understands äs making "essentially a grammatical — not a metaphysical — distinction" (p. 39). He thus lays out an account of this distinction which captures quite well its negative function äs a mutually limiting constraint which exhibits the two ways which Kant holds that we ineluctably construe ourselves äs selves and agents in the world, viz., äs both causally determined and äs morally free. In the course of setting forth this distinction äs essentially limiting and grammatical, Olson also suggests the correlative possibility of construing Kant's account of the "empirical" and "transcendental" seif along lines that do not require metaphysical dualism. Given the stress which Olson's account places on the negative and limiting function of the phenomena/noumena distinction it is not surprising that he is equally emphatic in maintaining that the "consciousness of freedom" to which I attain in being conscious of myself äs noumenon is a negative consciousness: "I can rightly think of myself äs noumenon, Kant says, only in a purely negative sense, äs something which is not an object of my sensible Intuition" (37). Olson uses this claim about the negative character of the consciousness of freedom äs a key element in next steps of his argument in which he proposes, first, that this negative consciousness of freedom can be legitimately interpreted äs a consciousness of "emptiness" (pp. 36—44), and second, that the distinction between phenomena and noumena has a counterpart in Suzuki's Zen distinction between form and emptiness (pp. 43—68). These last two claims are not unproblematic; but engaging them in detail, however, yields less of interest than is gained by attending to the implications which can be teased out of Olson's elaboration of "the practice of a discipline of the speculative restriction of reason" for that long vexed issue of Kant Interpretation: the unity of reason. Olson, it must be noted, does not explicitly raise this issue and it would not be fair to lay the bürden of resolving it on a slender volume which is intended to serve a different, quite narrower purpose. Nonetheless, the practice of zazen which forms the context of one side of his comparative argument serves to highlight certain aspects of the relationship between the speculative and practical uses of reason which more familiär philosophical approaches to the issue of the unity of reason might pass over with little notice. The crucial aspect which Olson's argument highlights is the fundamental importance of "discipline" (or, put in more familiär Kantian manner, being "rule governed") to Kant's understanding of reason in both its speculative and practical uses. From the perspective of an ascetical practice such äs zazen the necessity of discipline for the attainment of freedom needs no argument; Olson's argument with his Zen interlocutors thus concerns whether the scope and character of the freedom so attained can be identified with the Kantian freedom which seeks to realize the requirements of moral law. From the perspective of Kant Interpretation, however, there is need for an argument to support the intriguing claim which Olson makes that discipline of speculative reason is a necessary preliminary for the realization of the requirements of the moral law. Olson adumbrates such an argument (pp. 62—63) in which he links the practice of the discipline of speculative reason to the method of moral cultivation which Kant sketches in the
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Methodology of the second Critique — an often overlooked pari of Kant's text to which Olson brings helpful insight gleaned from Zen practice. However one might assess the adequacy of the particular Steps of Olson's argument — and Olson himself acknowledges that "the plausibility of my Kantian Interpretation of Zen hangs upon the thread of this argument and that this thread is, from the point of view of Kant scholarship, a tenuous one" (p. 63) — the key point to note is the possibility which his claim suggests: that "the practice of the discipline of speculative reason," i. e., what Kant calls "critique," is, at root, itself a moral enterprise. This Suggestion, of course, is by no means a new one. What gives Olson's version of it more than passing interest is the unusual comparative perspective from which it issues. Philip Rossi, Milwaukee
Regina O. M. DelPOro: From Existence to the Ideal: Continuity and Development in Kant's Theology. New York: Peter Lang 1994. viii +183 pages. This book challenges a set of assumptions concerning Kant's intellectual development that has long been taken for granted among most Kant-scholars. Lewis White Beck defends what could be called the discontinuity thesis when he says "even a moderately perceptive reader" of Kant's pre-1770 writings will easily recognize that "a theory of continuous and slow development without a major turning point cannot be maintained" [Early German Philosophy (Massachusetts: The Belknap Press 1969), 438—439]. In Opposition to such sweeping claims Regina Dell'Oro amasses substantial textual evidence that calls into question the key tenets of the discontinuity thesis: that a sudden and radical change occurred in Kant's thinking around 1768—1770, that before this revolution Kant mainly just aped the ideas of his rationalist predecessors (especially Leibniz and Wolff), that epistemology was the core of his philosophical concern, and that the Critical philosophy aims to destroy all metaphysics (especially theology) [see 7, 149 n, 173—174]. Dell'Oro's aim, äs she explains in a short Preface, is to perform an historicallysensitive textual analysis that can serve äs the foundation for a "fresh" Interpretation "of the development of Kant's thought" [viii] — especially his theology. The Introduction sets her approach in the context of three schools of German Kant Interpretation. Addressing herseif to issues raised in secondary sources written in an impressive array of languages (most notably, works by Schmucker in German, Laberge in French, and Beck in English), Dell'Oro claims to demonstrate that "[Kant's] thought did not suffer a radical transformation, but rather evolved slowly over time" [7], that the kind of Interpretation that "endows Kant's epistemology with an almost absolute and exclusive importance" should be replaced with one that explains "the transformation of Kant's thought" äs arising just äs much "from a need to redefine the metaphysical concept of 'existence' [7], and that the "proof from possibility" is the "cornerstone of Kant's pre-critical metaphysics" [8]. With some important qualifications (see below), she succeeds quite well in meeting these goals. Dell'Oro's book employs a rather awkward mix of topical and chronological exposition. Each of the five chapters examines Kant's treatment of one of the four
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theoretical arguments for God's existence — "the physico-theological proof", "the proof from contingency", "the ontological argument", and Kant's own "proof from possibility", respectively -with the last two chapters both devoted to the latter proof. (This order, incidentally, reflects DellOro's intent to portray Kant äs moving "from existence to the ideal", from "a Natural Theology into a Transcendental Theology" [8], though Kant himself discusses the arguments in exactly the opposite order in the first Critique). Each chapter progresses chronologically, devoting separate sections to "Historical Background", Kant's New Exposition (1755) and/or other early essays, his One Possible Basis for a Demonstration of the Existence of God (1762), and the first Critique (1781). The only exception is that the role of the possibility proof in the first Critique is given a separate chapter (Chapter Five), because the proof is there transformed into the Transcendental Ideal. This overall strategy proves to be awkward because it necessitates a rather annoying degree of repetition. Similar points are made over and over again in each chapter, many of which are then repeated again (perhaps in a slightly different form) in subsequent chapters. To some extent, such repetition is necessary in order to confirm the presence of continuity on different topics and at different periods in Kant's development. But much of the repetition could have been avoided with more careful editing. Acknowledging that her strategy "may discourage some readers", Dell'Oro advises those who are not so interested in "the detailed descriptions" to skip the first three chapters and "go directly to chapters 4 and 5" [viii]. Anyone who wishes to grasp this book's main thesis without taking the time to examine the details relating to the three traditional proofs can safely heed this advice without missing any of DellOro's main points. These main points, which together constitute what can be called the continuity thesis^ are äs follows. The historical background of the four types of proof reveals that in each case Kant's position had significant elements of Innovation that set him apart from his rationalist predecessors. In spite of some Interpreters' claims to the contrary, Kant never supported the three traditional proofs. The seeds of his criticisms of each can be found in various pre-1762 essays. His One Possible Basis (1762) refines these criticisms, stating them in a form similar [41] if not "identical" [65] to that used in the first Critique. During the mid-1760s there is ample evidence (especially from various Keflections) that Kant was already in the process of transforming the possibility proof (defended äs legitimate in 1762) into what was to become the Transcendental Ideal in the first Critique. The overwhelming textual evidence concerning the slow and unidirectional evolution of Kant's thought on each of the four types of proof therefore demonstrates, argues Dell'Oro, that his development did not, in fact, happen in two discrete stages, but was uniform and continuous [see e. g., 87, 88 n, 95, 120 n, 133 n, 160 n], and that his discussion of transcendental theology in the first Critique should be read not äs "a devastating critique of all theology", but äs "part of an ongoing dialogue which began at the outset of his philosophical career" [42 n]. Specific issues are raised in each chapter in support of the continuity thesis. For instance, Chapter One reveals that Kant's view of the physico-theological proof, especially äs expressed in his Essays on Optimism, owes more to Pope and his use of analogy than to Leibniz and his emphasis on necessity [13—31]. One of its key advances is to distinguish between moral and physical forms of contingency [35—
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36]. Chapter Two shows that Crusius had already initiated the demise of the Wolffian system, and that Kant's critique of the proof from contingency (i. e., the cosmological proof) in New Exposition diverged from Wolff by taking Crusius' views a step further [47—58]. Chapter Three explains how Leibniz's revision of Descartes' ontological argument made explicit for the first time the need to regard existence äs a predicate, and how Kant's New Exposition (despite some scholars' views to the contrary [see 127—128] refutes this form of proof in a way that assumes Kant's later distinction between "real" and "logical" existence, and his consequent claim that existence is not a predicate [71—86]. Chapter Four traces the influence of Baumgarten on Kant's possibility proof, though not without acknowledging a significant degree of originality on Kant's part [112]. Dell'Oro then provides a detailed textual analysis of the proof's two Steps: (1) "the real must exist with absolute necessity", and (2) "the absolutely necessary existence must be a single being" [118—119]. Chapter Five touches upon some admitted öi/scontinuities that are evident in a selection of Reflections mainly from 1764—1766. These relate to the transformation of Kant's "concept of an absolutely necessary existence" into "a merely subjective and problematic concept" [152], whereby the proof that God exists gives way to a more hypothetical notion of "totality" [153]. The chapter concludes with a fairly superficial look at how the first Critique maintains continuity with these Reflections, treating the Transcendental Ideal äs the "fulfillment of the initial intention" of Kant's possibility proof [171]. In addition to her overly-repetitive style, Dell'Oro has two other annoying tendencies. The first, a tendency to be careless and/or inconsistent with details, could have been prevented with more careful editing. Here examples abound. Throughout the book, quotations from German and Latin texts normally appear in the original language, with a translation provided in a footnote. But this pattern is sometimes broken without explanation: some texts appear only in Latin [e. g., 49—50, 77— 78 n, 110—111], only in German [150], or only in English translation [141]. Moreover, when foreign quotations are imbedded in English sentences, the grammar does not always flow smoothly [see e. g., 107 n, 113 n]. The references also suffer from various inconsistencies. For instance, essay titles (sometimes even the same one) can be italicized [31], put in quotation marks [23], or both [13 n]. An abundance of typographical and/or grammatical errors (well over 50!) pepper the book, though these only become serious on a few occasions, when sentences are rendered incoherent due to a portion of text being accidentally omitted [14 n, 95 n, 140]. Perhaps the height of carelessness is reached when this book, which devotes considerable attention to dates and other details, refers to Kant's first Critique äs his "treatise of 1780" [101]! The remaining annoyance is less obvious than poor editing and proofreading, but more significant: a reluctance to apply theory to practice. A typical example is that, while devoting her whole book — from the subtitle and Preface [see e. g., viii], through the intricate textual analyses of each chapter, to the Conclusion [174] — to the task of destroying the myth that Kant's philosophical career should be divided into two neat parts ("pre-critical" and "critical"), Dell'Oro nevertheless continues to use the terms "pre-critical" and "critical" in the Standard way [see 7 and passim], just äs if she fully approves of the distinction! (I have suggested elsewhere that, since Kant employed the basic threefold critical method long before composing the
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Critical System äs such, and since the key change that had begun to take place by 1770 relates to his new Copernican insight regarding the subjective origin of transcendental knowledge, his two periods would be more accurately labeled "preCopernican" and "Copernican" [see Kant's Critical Religion, II. 1].) DellOro's habit of using the Standard terminology is but one of several examples wherein her impressive courage in questioning the tradition is offset by a reluctance to apply her convictions with füll force to the task(s) at hand. Another example relates to Kant's concept of "existence". The book's title naturally leads the reader to expect this to be a recurring theme; and such it is. Unfortunately, DelPOro too often appears to be satisfied to demonstrate that this is a crucial concept in Kant's theology, without providing substantial new insights into how we are to understand it. Thus, for instance, she points out the well-known problem that Kant's use of the term "existence" in the first Critique is ambiguous because it normally refers to a category yet is sometimes used to refer to a form of existence that appears to transcend the categories [107-8]. However, she makes no effort to solve or even discuss this problem in any significant detail, choosing instead merely to leave it hanging. Most of her actual conclusions about "existence" are, likewise, disappointingly feeble. On several occasions she admonishes the reader to recognize the importance of undergoing a thoroughgoing study of the meaning of such terms [e. g., 176]; yet this only raises the question äs to why this book was not the right place for just such a study. Probably the best example of a weak conclusion that could have been developed much more thoroughly is DellOro's account of how the continuity of Kant's theology relates to the discontinuity in other areas of Kant's thought (especially his epistemology). Aside from several hints, she says almost nothing about this crucial topic. Yet the Information she has provided is sufficient to form the basis of several tantalizing new hypotheses. First, her stimulating account of the possibility proof, with its use of the concepts of necessity, existence, and the real, raises the question äs to whether Kant's early theological reflections might have been one of the Stimuli that led to the development of his highly influential "transcendental arguments". Such arguments, after all, are remarkably similar in structure (though not in their object) to Kant's possibility proof: both attempt to identify the necessary conditions for the possibility of experiencing what is real in our concepts of what exists. In a footnote [156 n] Dell'Oro does mention that, by emphasizing "the importance and the role of sensibility" and by "setting limits to the knowable", Kant is "trarisforming the metaphysical proof [of Leibniz] into a transcendental argument." But she does not appear to recognize the potential for developing this into a quite remarkable insight concerning the development of Kant's epistemology and how it may have arisen out of this theology. This tantalizing hypothesis leads to the more general Suggestion that the new theological insights Kant had between 1764 and 1766 (examined at length by Dell' Oro [146—164]) may have served äs a catalyst for the "great light" that was soon to become the "Copernican revolution in philosophy". Such a conclusion seems almost inevitable in light of DellOro's careful textual analyses; yet she never actually draws it out. What she does say is that Kant gradually recognized that what is special about the concept of God is derived from our own subjective constitution, and must therefore be transcendental, rather than constituting a theoretically incon-
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trovertible proof that such a being really exists. But this insight — given the fact that the arguments Kant uses in the Transcendental Ideal section of the first Critique are prefigured by the arguments he had already sketched in the Reflections of the mid-1760s (before the famous "revolution" in his way of thinking) — could be taken to imply that the Copernican revolution actually had its root in Kant's theological reflections, and was transplanted from there to his epistemology. In other words, had she admitted the obvious discontinuity in Kant's epistemology, DelPOro could have argued that a slow and continuous development in his theology provided the well-tilled soil in which alone a genuinely new epistemological plant was able to sprout. This would have been a truly impressive conclusion, inasmuch äs it could go a long way to explain the mystery of where the basic Copernican insight came from in the first place. It would cause us to ask what Kant was doing from 1764 to 1766 that might have led him to write the Reflections whose significance Dell' Oro has so rightly pointed out. One of his main projects during that period was to examine the thought and writings of Swedenborg, and to write Dreams of a SpiritSeer in response. Unfortunately, Dell'Oro stops short of examining the relevance of this text: she mentions it once in passing [142 n], without so much äs hinting at its possible relevance to the continuity thesis. With the foregoing limitations in mind, we can conclude that Dell'Oro has succeeded in demonstrating that a narrow (but very significant) part of Kant's intellectual development was, indeed, slow and continuous, with the crucial insights appearing well before 1770. However, she has said very little about how this continuity thesis can be applied to other aspects of Kant's philosophy. The narrow set of arguments she considers is far from being the sole concern of Kant's early writings in general, nor even of his theology. Indeed, Kant's own references to the "great light" that revolutionized his thinking around 1769 and to Hume's formative influence on his thinking relate explicitly to his epistemology, not to his theology. Nevertheless, for any scholars who assume this revolution changed Kant's thinking on all (or even most) philosophical issues, Dell'Oro's book is necessary reading. Its weakness lies in appearing to say "no" to the discontinuity thesis too sweepingly. There is a discontinuity in Kant's intellectual development, and a fairly radical one at that. Dell'Oro's argument could have been much stronger, had she acknowledged this fact and then sought to explain (perhaps along the lines sketched above) why the epistemological discontinuity did not affect Kant's theology äs much äs is often assumed. Stephen Palmquist, Hong Kong
Richard Saage: Eigentum, Staat und Gesellschaft bei Immanuel Kant. Mit einem Vorwort ,Kant und der Besitzindividualismus' von Franco Zotta. 2, aktualisierte Auflage. Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 1994, 205 Seiten. Als Saages Frankfurter Dissertation 1973 veröffentlicht wurde, gab es noch wenig Literatur über die weitgehend vernachlässigte ,Rechtslehre' der Metaphysik der Sitten. Der Politologe Saage ging ,in ideologiekritischer Absicht' (47) an Kants Werk heran, beeinflußt von Macpherson, Fetscher und Euchner. Das verbindende Moment der ,Rechtslehre' soll der Eigentumsbegriff sein, der nach Saage eine „besitzin-
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dividualistische Komponente" (58) enthält. Denn der individuelle, willkürliche Okkupationsakt werde durch die volonte generale nur reaktiv sanktioniert. Trotzdem meint Saage später, Kant scheine „von der kleinbürgerlich-egalitären Vorstellung ausgegangen zu sein, daß in seinem Naturzustandsmodell die empirische und intelligible Aneignungsschranke konvergieren" (61). Nicht nur Gewalt, sondern doch auch der gemeinschaftliche Wille schränken die Aneignung der Erde also ein. Die Behauptung Kants, beide Schranken würden konvergieren, ist nach Saage ideologisch und „offenbar noch stark von der weitgehend feudalgebundenen Sozialstruktur der deutschen Verhältnisse seiner Zeit bestimmt" (ebda.). Kant wird auch in seinem Naturzustandstheorem und der Trennung zwischen Staat und Gesellschaft historisch verortet. Ehrsucht, Herrschsucht und Habsucht, die Kant für Wesenszüge des Menschen hält, seien tatsächlich bloß historisch kontingente Eigenschaften „des konkurrierenden Besitzbürgers" (70). Solcherart in ihrem Wesen deformierte, in tödlicher Konkurrenz stehende Privateigentümer sind dann konsequent auf einen bürgerlichen Rechtsstaat angewiesen, der eine halbwegs friedliche Koexistenz ermöglicht. Saages Hauptthesen wurden deswegen hier kurz referiert (siehe auch 14—26 und die Buchbesprechung Joachim Koppers in Kant-Studien 64 (1973), 518—9), weil die Arbeit seit ihrer Veröffentlichung Anlaß zu Polemiken gegeben hat. Diese Tradition setzt auch Franco Zotta in seinem Vorwort ,Kant und der Besitzindividualismus' (9—42) fort. Es ist der unverändert abgedruckten Arbeit Saages (der als ,undogmatischer Linksintellektueller4 (31, Anm. 67) charakterisiert wird) vorangestellt. Zotta hat sich eine zweifache Aufgabe gestellt. In den Fußnoten polemisiert er gegen neuere „Kantapologeten" (16) wie Kersting, Luf und Maus, die in den letzten 20 Jahren wie Pilze aus dem Boden geschossen sind (das dokumentiert auch das Literaturverzeichnis zum Vorwort, 193—6). Der Haupttext selbst ist weitgehend gerade das, was Zotta an seinen Gegnern kritisiert, nämlich auch Apologie, nämlich der Arbeit Saages, dessen Kernthesen bestätigt werden. Zotta erhebt erneut den „Verdacht der Ideologielastigkeit" gegen Kant: Nicht die reine Vernunft, sondern die bürgerliche, historisch zu verortende Vernünftigkeit bilde „das Sediment der Kantischen Deduktion" (26). Wir sind also bei der Kritik der Kritik der Kritik Kants angelangt. Kants „Verteidiger" werfen Saage eine einseitige ökonomische Sichtweise oder gleich marxistische Vorurteile vor, die es ihm unmöglich machen, den rechtsphilosophischen Gehalt der jRechtslehre4 zu erfassen. Zotta wiederum revanchiert sich mit dem Versuch, nachzuweisen, daß diese Kritiker offensichtlich mit bürgerlichen Vorurteilen an Kant herangehen (vgl. Anm. 30). Für mich als Rezensenten ist bei dieser allgemeinen Erregung die Versuchung groß, mich kämpfend, d. h. polemisierend auf die meiner sozialen Herkunft entsprechende bürgerliche Seite der Kantapologeten zu werfen. Vielleicht geht es aber auch anders. Ich möchte mich in meiner Darstellung auf zwei Probleme beschränken: auf Kants Begründung des Rechtsstaates und auf die Frage, inwieweit seine Rechtslehre sozialstaatliche Elemente impliziert. Saage hatte — wie bereits dargestellt — gemeint, Kant begründe die Notwendigkeit der Staatsgründung mit Rekurs auf seine negative Anthropologie, die Triebstruktur der Eigentümer. Vor allem Kersting (Wolfgang Kersting: Wohlgeordnete Freiheit. Immanuel Kants Rechts- und Staatsphilosophie [1984]. Frankfurt am Main
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1993, 325—32) versuchte — im Anschluß an Hoffe — demgegenüber nachzuweisen, Kant habe das Naturzustandskonzept von anthropologischen Prämissen befreit und es sei ihm deshalb ein genuin transzendentaler Neuansatz gelungen. Zotta ist damit nicht einverstanden. „Die Kantsche Naturzustandsskizze läßt die kausale Beziehung, das Verhältnis empirischer Personen, in die substantielle Beziehung von Proprietären aufgehen. Insofern die Beziehung zum anderen schon gedacht (sie!) wird als eine zwischen zwei Eigentümern ..., ist die Konfliktualität einer solchen naturrechtlichen Vergesellschaftung nicht mehr überraschend" (21). Liest man den relevanten §44 der jRechtslehre' jedoch aufmerksam durch, fällt auf, daß Kant nur zwei Annahmen macht: 1. der Mensch im Naturzustand kann nicht vermeiden, mit anderen „in Wechselwirkung zu geraten" (Akademie-Ausgabe VI, 312); 2. im Naturzustand werde ich ,laesus per statum', d. h. der andere lädiert mich nicht durch eine Tat, sondern allein schon dadurch, daß wir uns beide in solch einem Zustand befinden, und aufgrund dieser Rechtlosigkeit ist es erforderlich, den Naturzustand zu verlassen. Der Gedanke der peremtorischen Sicherung des äußeren ,Mein und Dein' scheint sekundär zu sein. Dann wäre die Unterstellung Zottas (und Saages), Kant hätte immer schon an Proprietäre ,gedacht', ungerechtfertigt. Nach Saage plädiert Kant für den Nachtwächterstaat, der lediglich bestehende Eigentumsverhältnisse sanktioniert (80). Zotta hält diese Analyse für zutreffend (35 f.) und polemisiert deshalb gegen Langer, Maus, Kersting und Luf, die angeblich Kant in einem fragwürdigen Bemühen um seine Aktualisierung sozialstaatliche Gedankengänge unterstellen (vgl. Claudia Langer: Reform nach Prinzipien. Untersuchungen zur politischen Theorie Immanuel Kants. Stuttgart 1986; Ingeborg Maus: Zur Aufklärung der Demokratietheorie. Rechts- und demokratietheoretische Überlegungen im Anschluß an Kant. Frankfurt am Main 1994; Gerhard Luf: Preiheit und Gleichheit. Die Aktualität im politischen Denken Kants. Wien, New York 1978). Auch hier dürfte Zotta ideologiekritisch ,fehlschließen'. Allen Rosen etwa konnte überzeugend nachweisen, daß die „moralische Verpflichtung" des Staates, für die Wohlfahrt der Bürger zu sorgen, nicht der primären Aufgabe des Staates widerspreche, die staatsbürgerlichen Rechte zu schützen. Die Verpflichtung, die Glückseligkeit anderer zu befördern, „must always take a back seat to the scrupulous observance of rights" (Allen D. Rosen: Kant's Theory ofjustice: Basic Elements And Political Principles. Dissertation Cornell University 1989, 240; ähnlich 251 und 259). Überhaupt fällt auf, wie sehr Zotta die von den polemischen Streitereien weitgehend unberührte englischsprachige Kantliteratur vernachlässigt (vor allem Williams, Rosen und Mulholland; siehe dazu auch meinen Aufsatz „Neuere nordamerikanische Arbeiten über Kants Rechts- und politische Philosophie", in: Zeitschrift für philosophische Forschung 46 (1992, 266-77). Die ideologiekritischen Behauptungen Zottas und Saages dürfen also tatsächlich nicht unhinterfragt akzeptiert werden, speziell wegen des impliziten Anspruchs, mit Hilfe der Ideologiekritik die „innere Struktur des Kantischen Gedankenganges" offenzulegen (30), während den Apologeten die Möglichkeiten eines Zugriffs auf die „eigentlichen Gedanken Kants" eher abgesprochen wird (32). Trotzdem ist die Neuauflage der Arbeit Saages zu begrüßen. Sie ist gut geschrieben und hält ein hohes argumentatives Niveau. Auch Zotta muß dieses konzediert werden. Interessant ist es, daß er — ähnlich wie Saage — sacht andeutet, Kant sei vielleicht nicht nur
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„Ideologe des Bürgertums" gewesen (33—5). Zotta ist zugutezuhalten, auf die Schwachstelle des § 2 im Privatrecht hinzuweisen (16), die problematische Trennung zwischen Kants apriorischer Philosophiemethodik und den materialen Ausgestaltungen zu kritisieren (12) und vor „Gedankenakrobatik" und „Idolatrie in bezug auf Kant" (39, Anm. 96) zu warnen. Georg Cavallar, Wien
BIBLIOGRAPHIE Von polnischen Kant-Übersetzungen von Dariusz Pakalski und Miroslaw Zelazny, Torun
Im Jahr 1799 erschien in Königsberg eine polnische Übersetzung der Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht. Ihr Autor war Jozef Bychowiec (1778—1845) — polnischer Philosoph, Student an deutschen Universitäten und ein Bekannter von Immanuel Kant. Die Nachrichten über sein Studium in Deutschland und seine persönlichen Beziehungen zu Kant sind leider sehr bescheiden. Sicher wissen wir nur, daß er nach Beendigung seiner Studien in Wilna 1796 nach Deutschland ging und sich dort an den Universitäten Frankfurt/Oder und Königsberg weiterbildete. Am letztgenannten Ort wurde er unter dem Datum vom 12. Oktober 1799 als „Bychowice Joh. nobil. Polonus Francofurta ad Viadrum adventa matricula instructus" in die Matrikel der Albertus-Universität aufgenommen.l Aus demselben Jahr stammt die verschollene, aber durch eine abschriftlich überlieferte Notiz Kants: „HE. Graf von Byctowitz [lies: Bychowitz] aus Warschau will mich morgen nach 12 Uhr besuchen und ist willens künftig sich beym diplomatischen Corps in Berlin ansetzen zu lassen."2 Während seines Aufenthaltes in Königsberg beschäftigte Bychowiec sich intensiv mit übersetzerischen Arbeiten. In der unter der Redaktion von A. Chlebowicz 1836—1839 herausgegebenen Allgemeinen Enzyklopädie findet man den Hinweis, daß Bychowiec außer der schon genannten Idee vor 1802 noch zwei andere Übersetzungen Kantischer Werke in die polnische Sprache angefertigt hat: 1
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Nach Ernst Friedlaender (Hrsg.): Aeltere Universitäts-Matrikeln. 1. Universität Frankfurt a. O. Bd. 11 (1649-1811), Leipzig 1888 [= Publicationen aus den K. Preußischen Staatsarchiven, Bd. 36], S. 554 wurde „Jos. Bychowice" am 30. Oktober 1796 in Frankfurt/O. als Student eingeschrieben; vermerkt ist dort auch, daß er seine Vorbildung in Wilna erhalten hat. Für die Einschreibung in Königsberg vgl. Erler, Georg (Hrsg.): Die Matrikel und die Promotionsverzeichnisse der Albertus-Universität zu Königsberg i. Pr.y 3 Bde. (Leipzig 1910— 1917). Zentrales Archiv der Akademie der Wissenschaften der DDR, Nachlaß Erich Adickes U 5/ 11 [= Loses Blatt 18 der Berliner Staatsbibliothek], dabei handelt es sich um eine der vielen noch nicht aufgearbeiteten Abschriften, die Adickes für den nicht erschienenen Schlußband der Abteilung „Handschriftlicher Nachlaß" der Akademie-Ausgabe hinterlassen hat. Ich verdanke diese Angaben Werner Stark (Marburg). Die von Kant genannte Absicht von Bychowiec ließ sich bislang nicht nachprüfen.
Kant-Studien 89. Jahrg., S. 117-126 © Walter de Gruyter 1998 ISSN 0022-8877
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Dariusz Pakalski und Miroslaw Zelazny
Z,um ewigen Frieden (Do pokoju wieczystego) und der dritte Teil des Streit der Fakultäten (Spor filozofii z teologig, prawem i medycyng).3 Bychowiec kannte den Text des angesprochenen Artikels der Enzyklopädie; er schickte ihn an den bekannten polnischen Schriftsteller J. I. Kraszewski (1812— 1887) mit dem folgenden Kommentar: Sie finden dort anfänglich drei Schriften von Kant in die polnische Sprache übertragen. In meinen frühen Jugendjahren habe ich dies gemacht, als ich mich noch an der Königsberger Universität schulte. Ich wollte erfahren, ob die Kantische Philosophie sich in Polen einimpfen läßt. Ich ließ in Königsberg nur je 300 Exemplare drucken; es hat zwar Absatz gefunden, aber keinen starken Eindruck in Gemütern erweckt, indem dagegen Jan Sniadecki, sonst ein vortrefflicher Mann, Widerspruch erhob.4 Den Autoren des vorliegenden Aufsatzes ist es jedoch nicht gelungen, Exemplare von Do pokoju wieczystego und Spor filozofii z teologig, prawem i medycynq. aufzufinden, obwohl in zahlreichen polnischen philosophiegeschichtlichen Arbeiten auf diese sehr frühen Übersetzungen hingewiesen wird.5 Es muß derzeit offenbleiben, ob Bychowiec vor 1802 sämtliche drei genannten Übersetzungen publiziert hat. Sicher ist allerdings wiederum, daß Bychowiec 1842 den letzten Abschnitt des Streit der Fakultäten in dem von ihm herausgegebenen Buch mit populärmedizinischen Betrachtungen Sztuka zapobiegania chorobom in polnischer Sprache dem Publikum zugänglich gemacht hat. Aus den verfügbaren Quellen ergibt sich, daß von Kants Lehre Von der Macht des Gemüts ein großer Einfluß auf die spätere Entwicklung der Anschauungen polnischer Philosophen ausging. Am 10. Februar 1843 an J. I. Kraszewski nimmt Bychowiec zu diesen eigenen Interessen Stellung und schreibt: Kants Mutmaßungen bezüglich der Macht des Gemüts, über krankhafte Empfindungen zu herrschen sind erzwichtig und wahrhaft. Sie sind mir seit vierzig Jahren bekannt und in der Praxis habe ich sie zu gebrauchen angefangen.6 3 4
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Encyklopedia Powszechna Antoniego Chlebowicza. Wilno—Warszawa 1826—1839, Bd. I, S. 739. Listy do ]. l. Kraszewskiego. Biblioteka Jagiellonska, Krakow: Handschrift. Sygn. 6456 IV, S. 36. — Übersetzung M. Z. Der genannte Jan Sniadecki (1756—1830) gehört zu den führenden Vertretern der polnischen Aufklärung. Er verfaßte nicht sehr tief gehende Kritiken an der Philosophie Kants. Anscheinend erstmals P. Chmielowski in: Wielka encyklopedia powszechna ilustrowana, Warszawa 1893, Bd. XIX, S. 853. Ferner H. Struve in Wste_p krytyczny do filozofii czyli rozbior zasadniczych poj$c o filozofii, Warszawa 1896. Beide setzen für die polnische Ausgabe von Zum ewigen Frieden das Jahr 1796 fest (was sich in dem von Bychowiec autorisierten Enzyklopädie-Artikel nicht bestätigen läßt) und behaupten, sie sei unter dem Titel Projekt wiecznego pokoju; rozwaga filozoficzna erschienen. Harassek, Autor einer Monographie über die Kant-Rezeption in Polen, schreibt dagegen, daß die Übertragung anonym erschienen sei. Vgl. S. Harassak Kant w Polsce przed rokiem 1830, Krakow 1916, S. 55. Dazu ist zu beachten, daß tatsächlich eine anonyme, von S. Bielski angefertigte Übertragung von Zum ewigen frieden mit dem Titel Projekt wiecznego pokoju [...] im Jahre 1796 in Königsberg veröffentlicht worden ist. Sie basiert jedoch auf einer französischen Übersetzung. Vgl. die in Anm. 4 genannte Handschrift, S. 30.
Polnische Kant-Übersetzungen
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Mit dieser Angabe zielt Bychowiec offensichtlich auf die Zeit seines Studiums in Königsberg, wo er die Grundlagen der Kantischen Lehre von der Macht des Gemüts vermutlich im direkten Umgang mit ihrem Urheber kennengelernt hatte. Bychowiec, der u. a. für Napoleon als Übersetzer tätig war, gilt in der Geschichte der polnischen Philosophie nicht als origineller oder fruchtbarer Verfasser. Es ist eigentlich nur eine bedeutende Abhandlung von ihm bekannt, Ein Wort über die Philosophie7, die er 1816 für eine Berufung an die Universität in Warszawa schrieb. Er zeigt sich darin als Anhänger des in Göttingen lehrenden Friedrich Bouterwek (1766—1828). Bouterwek habe Kants Philosophie weitergeführt.8 Die Quellen aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts geben schließlich darüber hinaus zu erkennen, daß Bychowiec noch zwei philosophische Abhandlungen handschriftlich hinterlassen hat. In einem kurz vor seinem Tod geschriebenen Brief (18. November 1843) nennt er einen Arbeitstitel, Theorie der Gemütswirkungen.9 Die zweite polnische Übersetzung, von der sich mit Gewißheit sagen läßt, daß sie von einem Schüler Kants und Hörer seiner Vorträge erarbeitet wurde, ist ein kleines Büchlein, das 1854 in Danzig unter dem folgenden Titel erschien: Philosophische Abhandlung über Religion und Moral stammend von Immanuel Kant und in die polnische Sprache übersetzt von Mrongovius, Prediger an der St. Anna Kirche und Ritter des roten Adler Ordens IV. Klasse, Danzig: Eigener Verlag, gedruckt von Szrot 1854. Ihr Verfasser war Krzysztof Celestyn Mrongovius (1764—1855); ein angesehener Ethnograph und Sprachwissenschaftler, Prediger, und einer der hervorragendsten Intellektuellen des polnischen Protestantismus. In den Jahren 1782—90 studierte Mrongovius Philosophie und Theologie an der Universität zu Königsberg, und als Andenken an seine Studienzeit verwahrte er einige Hefte mit Notizen aus Kants Vorlesungen.10 Das im Jahre 1854 veröffentlichte kleine Werk lehnt sich an 7
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Jozef Bychowiec: Slowko o filozofii z powodu majqcey si$ zaprowadzic Szkoly Glowney w Warszawie. Warszawa 1816. Während der Sammlung von Materialien zu dem gegenwärtigen Aufsatz stießen wir in der polnischen Nationalbibliothek auf eine kurze (9 Seiten), unbekannte philosophische Dichtung von Bychowiec, Der Kampf der Vernunft gegen den Willen vor dem gesunden und reifen Verstandesgericht; eine satirische Allegorie. Sie wurde am 10. März 1803 geschaffen, kurz nach der Heimkehr des Verfassers aus Königsberg. Sie zeigt deutlich den Einfluß der Kantischen Philosophie. Bychowiec bezieht sich in der Hauptsache auf Bouterweks Lehrbuch der philosophischen Erkenntnis, Göttingen 1810. Die Entstehung der Verbindung Bychowiec—Bouterwek ist noch ungeklärt. Für die bei Jozef Bielinski: Uniwersytet Wilnenski, Krakow 1899-1900, Bd. III, S. 381, zu lesende Annahme, Bychowiec habe auch in Göttingen studiert, ließ sich kein Beleg ausmachen. Eher ist das Gegenteil anzunehmen, denn in der Göttinger Universitätsmatrikel ist Bychowiec nicht nachzuweisen; vgl. Götz von Seile (Hrsg.): Die Matrikel der Georg-August-Universität zu Göttingen. 1734-1837, Göttingen 1937 [= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hannover, Oldenburg, Braunschweig, ..., Bd. 9,3]. Die in Anm. 4 genannten Briefe, S. 44. Vgl. Miroslaw Zelazny, Werner Stark: Zu Krzysztof Celestyn Mrongovius und seinen Kollegheften nach Kants Vorlesungen-, in: Kant-Forschungen, Bd. 1. Hamburg 1987.
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zwei dieser Notizhefte an: Rationaltheologie und Moral Mrongovius.11 Die polnische Ausgabe der Philosophischen Abhandlung ist aber nicht, wie ihr Autor und Verleger im Vorwort nahelegt, eine wörtliche Übersetzung deutscher Handschriften, sondern hinsichtlich der Textgestaltung eine völlig neue Komposition, die teils aus Übersetzungen besteht (einzelne Fragmente und sogar Sätze werden hier gekürzt oder erweitert) und teils aus Zusammenfassungen und Kommentaren. Eine exakte Bestimmung der einzelnen, aus der Moral oder Rationaltheologie stammenden Fragmente wäre bei einem auf diese Art und Weise redigierten Werk eine überaus schwierige Aufgabe. Ungeachtet dessen hat dieses kleine, heute fast gänzlich vergessene Büchlein einen besonderen Rang; nicht nur wegen der polnischen Rezeptionsgeschichte des Kantianismus, sondern in dessen Rezeptionsgeschichte überhaupt. Mrongovius war doch Kants Schüler und zugleich Autor seiner Kolleghefte. Die Abhandlung besitzt also alle für authentische Kolleghefte charakteristischen Züge und ist, wie wir heute sagen würden, ein Kollegheft zweiter Generation. Sie ist eine durch einen Kant-Schüler angefertigte Kompilation zweier Primärtexte. In dieser Perspektive erscheint sie als die einzig bekannte Version eines fremdsprachigen Kollegheftes. Unter den anderen frühen polnischen Kant-Übersetzungen sind die folgenden nennenswert: 1. die Übersetzung von Zum ewigen Frieden durch Szymon Bielski (1745—1825), Piarist und verdienter Bibliothekar, die auf einer französischen Übersetzung des Jahres 1796 basiert, 2. die sehr korrekte und getreue Übersetzung Über Pädagogik von Jan Borowski (1777—1823), dem Pädagogen und Inhaber des Privatgymnasiums in Wilna, und 3. die Übersetzung der Beobachtungen über das Gefühl des Schönen und Erhabenen, die im Jahre 1825 von Kazimierz Brodzinski (1791 — 1835) vorbereitet, aber erst im 20. Jahrhundert veröffentlicht worden ist. Ihr Autor war ein bekannter Literaturkritiker und Dichter. Seine Arbeit, eine der besten frühen Kant-Übersetzungen ins Polnische, bietet leider keine vollständige Textwiedergabe. Der Übersetzer hat eine Reihe von Abschnitten weggelassen, die, wie man vermutet, seine religiösen Gefühle beleidigten.12 Spärliche Übersetzungen von kleinen Schriften oder Auszügen aus Kants Werken entstanden im 19. Jahrhundert zunächst in der Intiative des jeweiligen Übersetzers, der sich selbst um die Möglichkeit ihrer Herausgabe kümmern mußte — nicht immer mit positivem Effekt, wie man aus dem Beispiel Brodzinskis sieht. Zu den ersten Versuchen kritischer Übersetzungen kommt es erst in den letzten Jahren des 19. Jhds., etwa gleichzeitig mit der Gründung polnischer wissenschaftlicher und kultureller Gesellschaften. 11 12
Moral Mrongovius·, „Kant's gesammelte Schriften", Bd. XXVII, Berlin 1979, S. 1395-1581; Danziger Rationaltheologie, ibid. Bd. XXVIII, Berlin 1972, S. 1231-1319. Die Auslassungen sind, nach der Akademie-Ausgabe Bd. II, S. 215, 4-9 „Klöster [...] Fratzen." S. 226, l—S. 227, 36 „Es ist einmal [...] an sich zeigt." S. 256, 8-11 „Die Klostergelübde [...] Art verbreiteten." Vgl. auch Stefan Harassek: Kant w Polsce przed rokiem 1840, Krakow 1916, S. 58-59.
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Im Jahr 1899 erscheint in der Reihe Wydawnictwa Przeglqdu Filozoficznego (Veröffentlichungen der Philosophischen Rundschau) eine getreue Übersetzung der Träume eines Geistersehers. Ihr Autor war Wtadyslaw Mieczyslaw Kozlowski (1858—1935); ein bekannter Philosoph und Soziologe, Professor der Universität zu Posen, Verfasser zahlreicher philosophischer Arbeiten, die mit Kants Lösungen im Zusammenhang stehen. Zur gleichen Zeit ist einer der wichtigsten polnischen Philosophen der Jahrhundertwende - Henryk Struve (1840-1912) - bemüht, in der von ihm redigierten Reihe polnischer Übersetzungen philosophischer Klassiker mit der Herausgabe von Kants bedeutendsten Werken zu beginnen. Als erste sollten die Prolegomena zu einer jeden künftigen Metaphysik erscheinen. Nach einigen mißlungenen Versuchen, die von Übersetzern unternommen wurden, deren Namen Struve nicht angibt, wird dieses Werk von einem Professor des polnischen Seminars in Chicago — Romuald Pigtkowski — ins Polnische übertragen. Seine Arbeit gab Anlaß zu zahlreichen Diskussionen, die in den Jahren 1907— 1908 in den Spalten des wichtigsten polnischen philosophischen Periodikums — der Philosophischen Kundschau — geführt wurden. Die Übertragung wurde schließlich für unbefriedigend erklärt, und im Jahre 1918 erscheint eine neue Übersetzung, die später vielfach in verbesserter Version neu aufgelegt und bis heute benutzt wird. Ihr Autor war Benedykt Bornstein (1880—1948) — Kantianer und Professor der Universität zu Lodz und Verfasser von Arbeiten wie etwa Preformowana harmonia transcendentalna jako podstawa teorii poznania Kanta (Präformierte transzendentale Harmonie als Grundlage Kantischer Erkenntnistheorie), oder Zasadniczy problemat teorii poznania Kanta (Das grundsätzliche Problem Kantischer Erkenntnistheorie). Eine andere Übersetzung, die auch bis heute wieder aufgelegt wird, ist die Übersetzung der Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, die vom Professor der Universität zu Lemberg, Mscislaw Wartenberg (1868-1938), stammt, der im Jahre 1899 auf Deutsch auch eine Arbeit über Kants Theorie der Kausalität veröffentlicht hat. Im Jahre 1904, auch durch Henryk Struves Initiative, erscheint die erste vollständige polnische Übersetzung der Kritik der reinen Vernunft. Ihr Autor war ein bekannter Kritiker und Literaturhistoriker — Piotr Chmielowski (1832—1914). In der Vorrede wird mitgeteilt, daß schon früher ein Übersetzungsversuch des Kantischen Hauptwerkes von einem Professor Kreczmar unternommen wurde. Diese Arbeit ist aber durch seinen Tod unterbrochen worden und nicht erhalten geblieben. Unter den übrigen polnischen Kantausgaben, die vor dem ersten Weltkrieg herausgegeben wurden, sind außerdem noch zwei Übersetzungen der Kritik der praktischen Vernunft bemerkenswert. Beide erschienen im Jahre 1911 und sind unabhängig voneinander durch Feliks Kierski bzw. Benedykt Bornstein (zu der letzten hat Wartenberg eine interessante Vorrede geschrieben) angefertigt worden. Eine kritische Ausgabe von Kants wichtigsten Werken nach einem einheitlichen Translationssystem, die entweder neue oder alte, für korrekt erklärte Übersetzungen umfaßt, wurde nach dem zweiten Weltkrieg im Rahmen der durch den Staatlichen
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Wissenschaftlichen Verlag in Warschau veröffentlichten Reihe Bibliothek der Klassiker der Philosophie veranstaltet. 1957 erschien hier die Kritik der reinen Vernunft. Diese Ausgabe läßt sich mit aller Gewißheit als eine der besten Übersetzungen des Kantischen Hauptwerkes in eine Fremdsprache bezeichnen. Ihr Verfasser war Roman Ingarden (1893—1970) — der bekannte Phänomenologe, Schüler und Freund Edmund Husserls. Diese Übersetzung entstand in der ersten Hälfte der fünfziger Jahre, als der Philosoph, von der pädagogischen Arbeit an der Jagiellonen-Universität abgerückt, über hinreichend Zeit verfügte, die Übersetzung auszuführen. Dabei hat Ingarden sorgfältig die vorliegenden deutschen Ausgaben verglichen und unterschiedliche Lesarten diskutiert.13 Er zieht auch andere Übersetzungen zu Rate: drei ins Französische (von J. Tissot, J. Barni und A. Tremesaygues), eine ins Englische (von Norman Kemp Smith) und die schon vorhandene polnische Übersetzung von Chmielowski. Die Bedeutung deutscher Archaismen wird im Wörterbuch der deutschen Sprache von J. Chr. Adelung geprüft. Durch diese im Jahre 1957 veröffentlichte zweibändige Edition der Kritik der reinen Vernunft ist in der Tat ein Wendepunkt auf dem Gebiet der polnischen Kant-Übersetzungen markiert. Deutlich wird dies sowohl in zwei neuen hervorragenden Übersetzungen der Kantischen Hauptwerke, der Kritik der Urteilskraft (1964) und der Kritik der praktischen Vernunft (1971), die von Jerzy Galecki vorbereitet und in der Bibliothek der Klassiker der Philosophie herausgegeben wurden, als auch in zahlreichen Übersetzungen kleiner Schriften und Fragmente, die seit dem Anfang der sechziger Jahre in Anthologien und verschiedenen Periodika publiziert wurden.
Bibliographie der polnischen Übersetzungen der Schriften von Immanuel Kant bis 1996 von Miroslaw Zelazny, Torun
1. Do pokoju wiecznego [Zum ewigen Frieden. Ein philosophischer Entwurf], übersetzt von Jozef Bychowiec. Königsberg (?). (Die Existenz ist fraglich, vgl. dazu den vorstehenden Beitrag.) 2. Projekt wieczystego pokoju; rozwaga filozoficzna przez E. Kanta z j^zyka francuskiego z nowymi autora dodatkami [Zum ewigen Frieden. Ein philosophischer Entwurf], übersetzt aus dem Französischen von Szymon Bielski. Königsberg 1796. Warszawa 1797. 13
Ingarden hat die Ausgabe in der philosophischen Bibliothek (Leipzig: Meiner 1926) von Raymund Schmidt zugrundegelegt, daneben jedoch auch Exemplare beider Originalausgaben von 1781 und 1787 herangezogen.
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3. Wyobrazenia do historii powszechnej we wzgl^dzie kosmopolitycznym [Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht], übersetzt von Jozef Bychowiec. Königsberg: Hering und Haberland 1799, 2. Ausgabe Breslau 1832. 4. a) O czlowieku, jego wladzach i namietnosciach [aus: Anthropologie in pragmatischer Hinsicht], in: Nowy Pamietnik Warszawski 1801, IV, S. 58-66; 187-199. b) Antropologia czyli nauka o wladzach umyslowych i namietnosciach czlowieka [aus: Anthropologie in pragmatischer Hinsicht], in: Kieszonkowy Kalendarz Krakowski; hrsg. von May. Krakow 1802, S. 166-177. c) Antropologiczne uwagi nad smakiem [aus: Anthropologie in pragmatischer Hinsicht], übersetzt von Wincenty Jachimowski, in: Pamietnik Lwowski, 1819, IX, 5. 234-243. 5. O pedagogice [Über Pädagogik, hrsg. von F. T. Rink], übersetzt von Jan Bobrowski. Wilno 1819. 6. O uczuciu pi^knosci i wznioslosci [Beobachtungen über das Gefühl des Schönen und Erhabenen], übersetzt von Kazimierz Brodzinski, 1825; in: Archiwum do dziejow literatury i oswiaty w Polsce, Bd. XII, S. 341—376. 7. Pomysly Kanta o wiadzy w umysle iz przez samo mocne postanowienie mozemy niszczyc w sobie uczucia chorobne [Von der Macht des Gemüts durch den blossen Vorsatz seiner krankhaften Gefühle Meister zu sein, aus: Der Streit der Fakultäten], übersetzt von Jozef Bychowiec; in: Sztuka zapobiegania chorobom, Wilno 1843, S. 88-112. 8. Rozprawa filozoficzna o religii i moralnosci miana przez Immanuela Kanta a na J£zyk polski przelozona przez Mrongowiusa, kaznodziej£ przy kosciele sw. Anny, i kawalera Orderu Orla czerwonego IV. klasy [Philosophische Abhandlung über Religion und Moral stammend von Immanuel Kant und in die polnische Sprache übersetzt von Mrongovius; Prediger an St. Anna Kirche und Ritter des roten Adler Ordens IV. Klasse, Danzig 1854], übersetzt von Krzysztof Celestyn Mrongovius. Die Übersetzung ist eine Kompilation zweier Manuskripte nach Vorlesungen von Kant, die sich im Besitz des Übersetzers befanden: Moral Mrongovius und Danziger Rationaltheologie. 9. Krytyka czystego rozumu [Kritik der reinen Vernunft; Auszüge aus: Vorrede zur 2. Auflage; Einleitung, Die transzendentale Ästhetik, Die transzendentale Analytik], übersetzt von Leon Grabowski, in: Leon Grabowski: Ekonomia Polityczna, Oddz. 1: Teoria ekonomii politycznej. Warszawa 1864, S. 25—48. 10. Marzenia jasnowidz^cego objasnione przez marzenia metafizyki [Träume eines Geistersehers erläutert durch die Träume der Metaphysik], übersetzt von Wladystaw M. Kozlowski. Warszawa 1899. 11. Prolegomena do wszelkiej przyszlej metafizyki, ktora bgdzie mogla wystapic jako nauka [Prolegomena zu einer jeden künftigen Metaphysik die als Wissenschaft wird auftreten können], übersetzt von Romuald Pi^tkowski. Warszawa 1901. 12. Krytyka czystego rozumu [Kritik der reinen Vernunft], übersetzt von Piotr Chmielowski. Warszawa 1904.
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13. Uzasadnienie metafizyki moralnosci [Grundlegung zur Metaphysik der Sitten], übersetzt von Mscislaw Wartenberg. Warszawa 1906; weitere Ausgaben: Warszawa 1953, 1971, 1984. 14. Najpiejoiiejsze mysli ze zbioru dr. R. Richter a wybral i przethimaczyt A. Krasnowolski [Kants Gedanken, eine Auswahl aus der Sammlung von Raoul Richter: Kant-Aussprüche, Leipzig 1901], übersetzt von A. Krasnowolski. Warszawa 1907. 15. Logika; Podrgcznik do wykladow wydany [po raz pierwszy] przez Gottloba Benjamina Jaschego [Logik, hrsg. von G. B. Jäsche], übersetzt von Zygmunt Zawirski. Handschrift: Archiwum Polskiej Akademii Nauk, Warszawa, Sign. III 101 [Nur ein Fragment einer Übersetzung, das im Archiv der Polnischen Akademie der Wissenschaften erhalten gebleiben ist; es bricht ab bei: S. 51, Zeile 27 der AkademieAusgabe Bd. IX, nach den Worten: „die logische Möglichkeit".] 16. Krytyka praktycznego rozumu [Kritik der praktischen Vernunft], übersetzt von Benedykt Bornstein. Warszawa 1911. 17. Krytyka praktycznego rozumu [Kritik der praktischen Vernunft], übersetzt von Feliks Kierski. Lwow 1911. 18. O pot^dze ducha [Von der Macht des Gemüts durch den blossen Vorsatz seiner krankhaften Gefühle Meister zu sein, aus: Der Streit der Fakultäten], übersetzt von Adam Stögbauer. Lwow 1914. 19. Prolegomena do wszelkiej przyszlej metafizyki ktora b^dzie mogla wystapic jako nauka [Prolegomena zu einer jeden künftigen Metaphysik die als Wissenschaft wird auftreten können], übersetzt von Benedykt Bornstein. Warszawa 1918; weitere Ausgaben: Warszawa 1927, 1928, 1960. 20. Wieczny pokoj [Zum ewigen Frieden. Ein philosophischer Entwurf], übersetzt von Jozef Mondschein. Warszawa 1924; 2. Ausg. Torun 1992. 21. Krytyka czystego rozumu [Kritik der reinen Vernunft], übersetzt von Roman Ingarden. Warszawa 1957, 2. Ausg. 1986. 22. Religia w granicach samego rozumu [Die Religion innerhalb der Grenzen der blossen Vernunft], übersetzt vom Seminarium krytyki religii; Warszawa 1957; Manuskript, 4 S., Biblioteka Instytutu Filozofii Uniwersytetu Warszawskiego, Warszawa, Sign. 17081. [Eine Auswahl kurzer Fragmente aus: Vorrede zur ersten Ausgabe, Vorrede zur zweiten Ausgabe, erstes, drittes und viertes Stück; viertes Stück 4. Anmerkung zur 2. Auflage.] 23. Religia w granicach samego rozumu. O modlitwie [Die Religion innerhalb der Grenzen der blossen Vernunft. Eine Auswahl], übersetzt von Jan Ozarowski; in: Filozofowie o religii. Warszawa—Krakow 1960, S. 99—135 [Auswahl kurzer Passagen aus dem ganzen Werk, nach: I. Kant: Vermischte Schriften, hrsg. von Karl Vorländer, Leipzig 1922 (= Philosophische Bibliothek des Verlages F. Meiner, Bd. 50), 5. 169-170.] 24. Krytyka wtadzy sadzenia [Kritik der Urteilskraft], übersetzt von Jerzy Galecki. Warszawa 1964, 2. Ausg. 1986. 25. Tadeusz Kronski: Kant. Warszawa 1966, S. 63-214. Eine Anthologie, die folgende Texte erstmals in polnischer Übersetzung enthält:
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a) Granice mechanicznej interpretacji swiata [aus: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels, nach: Akademie-Ausgabe Bd. I, S. 226—230], übersetzt von Irena Kronska, S. 63—68; 2. Ausg. in: Filozofia niemieckiego Oswiecenia. Warszawa 1973, S. 80-85. b) O zmiennosci poczucia piejcna [Beobachtungen über das Gefühl des Schönen und Erhabenen; Auszüge nach Akademie-Ausgabe Bd. I, S. 226—230], übersetzt von Irena Kronska, S. 69-70. c) Sceptycyzm i prawdy praktyczne [Träume eines Geistersehers erläutert durch Träume der Metaphysik. Zweiter Teil. Drittes Hauptstück], übersetzt von Irena Kronska, S. 71—76; 2. Ausg.: Filozofia niemieckiego Oswiecenia. Warszawa 1973, S. 353-361. d) Co to jest Oswiecenie? [Was ist Aufklärung?], übersetzt von Adam Landman, S. 164-173; 2. Aufl. Torun 1995 [vgl. Nr. 37]. e) Pomysly do uj^cia historii powszechnej w aspekcie swiatowym [Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht], übersetzt von Irena Kronska, S. 174-193; 2. Aufl. Torun 1995 [vgl. Nr. 37]. f) O niepowodzeniu wszelkich prob filozoficznych w przedmiocie teodycei [Über das Misslingen aller philosophischen Versuche in der Theodicee], übersetzt von Irena Kronska, S. 194-214. Die Anthologie enthält außerdem einige Abschnitte von zuvor in polnischer Sprache erschienenen Übersetzungen der Kritik der reinen Vernunft, Prolegomena ..., Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, Kritik der praktischen Vernunft, Kritik der Urteilskraft. 26. Krytyka praktycznego rozumu [Kritik der praktischen Vernunft], übersetzt von Jerzy Galecki. Warszawa 1971; 2. Ausg. Warszawa 1984. 27. Metafizyczne elementy teorii prawa, cz^sc I dziela Metafizyka moralnosci [aus: Metaphysik der Sitten. Teil I, Metaphysische Anfangsgründe der Rechtslehre: „Vorrede", „Einleitung in die Rechtslehre", „Einleitung der Rechtslehre", l, 2, 41—45, 47, 50, 53, 54, 57, 59, 61, 62, „Beschluss"]; in: Maria Szyszkowska: U zrodel wspolczesnej filozofii prawa i filozofii czlowieka. Warszawa 1972, S. 171—211. 28. Filozofia niemieckiego Oswiecenia. Antologia; hrsg. von: Tadeusz Namowicz, Karol Sauerland, Marek J. Siemek, Warszawa 1973; darin die Texte von I. Kant: a) Jedyna mozliwa podstawa dowodu na istnienie Boga [Der einzig mögliche Beweisgrund zu einer Demonstration des Daseins Gottes. Erste Abteilung; und ein Teil der zweiten Abteilung], übersetzt von Krzysztof Michalski, S. 85—96. b) Rozprawa o wyraznosci zasad naczelnych w teologii naturalnej i etyce [Untersuchung über die Deutlichkeit der Grundsätze der natürlichen Theologie und der Moral, Teil I (ohne 2) und III], übersetzt von Marek J. Siemek, S. 159-173. c) Domniemany poczatek historii ludzkiej [Mutmasslicher Anfang der Menschengeschichte; Auszug nach: Kants Werke in drei Bänden, hrsg. von August Messer, Berlin o. J., S. 645-650], übersezt von Barbara Surowska, S. 472-478. d) Rozwazania o uczuciu piejcna i wznioslosci [Beobachtungen über das Gefühl des Schönen und Erhabenen; Auszug nach: Kants Werke in drei Bänden, hrsg. von Au-
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gust Messer, Berlin o. J., Bd. I, S. 165—170], übersetzt von Barbara Surowska, S. 528-533. 29. O zmysle wewngtrznym [Vom inneren Sinne, nach: Voprosy Filosofii, Nr. 4/ 1986], übersetzt von Miroslaw Zelazny; in: Studia Filozoficzne Nr. 6/1987, S. 3—5. 30. Koniec wszystkich rzeczy [Das Ende aller Dinge], übersetzt von Miroslaw Zelazny, in: Pismo literacko-artystyczne Nr. 6/1987, S. 54—66. 31. Marzenia jasnowidza objasnione marzeniami metafizyki [Der zweite Teil, welcher historisch ist; aus: Träume eines Geistersehers erläutert durch die Träume der Metaphysik], übersetzt von Zdzislaw Wawrzyniak; in: Pismo literacko-artystyczne, Nr. 10/1987, S. 65-86. 32. Antropologia w ujgciu pragmatycznym [Anthropologie in pragmatischer Hinsicht], übersetzt von Wojciech Buchner; in: Pismo literacko-artystyczne Nr. 4/1988, S. 43—63 [Zwei Fragmente nach: Akademie-Ausgabe Bd. VII, S. 196—211 und 321-330]. 33. Koniec wszystkich rzeczy; O niedawno powstalym wynioslym tonie w filozofii [Das Ende aller Dinge; Von einem neuerdings erhobenen vornehmen Ton in der Philosophie], übersetzt von Miroslaw Zelazny, Torun 1992; 2. Ausg. 1996. 34. Religia w obrgbie samego rozumu [Die Religion innerhalb der Grenzen der blossen Vernunft], übersetzt von Aleksander Bobko. Krakow 1993. 35. Pierwsze wprowadzenie do Krytyki wladzy s^dzenia [Erste Einleitung in die Kritik der Urteilskraft], übersetzt von Justyna Nowotniak, in: IDEA — studia nad Struktur £ i rozwojem pojec filozoficznych. Bialystok 1993. 36. O wiecznym pokoju. Zarys filozoficzny [Zum ewigen Frieden], übersetzt von Feliks Przybylak. Wroclaw 1993. 37. O porzekadle: to moze byc stuszne w teorii, ale nie nie jest warte w praktyce; Do wiecznego pokoju [Über den Gemeinspruch: Das mag in der Theorie richtig sein, taugt aber nicht für die Praxis; Zum ewigen Frieden], übersetzt von Miroslaw Zelazny. Torun 1995. 38. Przypuszczalny poczatek ludzkiej historii i inne pisma historiozoficzne [Mutmasslicher Anfang der Menschengeschichte und die anderen historiosophischen Schriften]; Anthologie; enthält die erste polnische Übersetzung von: Mutmasslicher Anfang der Menschengeschichte — Przypuszczalny poczatek ludzkiej historii, übersetzt von Miroslaw Zelazny, Torun 1995.
MITTEILUNGEN Kant im Internet — Neues aus Marburg und Mainz Seit Frühjahr 1997 bietet das Marburger Kant-Archiv in Kooperation mit der Arbeitsstelle Kant-Ausgabe der Göttinger Akademie der Wissenschaften eine am Institut für Philosophie der Philipps-Universität in Marburg entwickelte Kant-Information Online — http://www.fb03.uni-marburg.de/~kant/welcome.htm —, die außer Informationen über die eigenen Institutionen Daten zur Biographie Kants, Literaturhinweise zum Thema Kant und Königsberg/Kaliningrad und Bibliographisches anbietet — der Schwerpunkt liegt bei Erstausgaben und Erstdrucken der Kantischen Schriften sowie historisch orientierter Sekundärliteratur; außerdem gibt es Hinweise zu einigen Autorexemplaren Kants. Unter „Immanuel Kant in der Öffentlichkeit" findet sich eine chronologische Zusammenstellung rezeptionsgeschichtlich relevanter Ereignisse und Publikationen. „Neuheiten und Aktuelles", „Informationen Dritter", „Kant in Europa" sprechen für sich. Auch die Kant-Forschungsstelle am Philosophischen Seminar der Universität Mainz hat eine Website — http://www.uni-mainz.de/~kant/kfs — eingerichtet, die in erster Linie über ihre Arbeitsbereiche informiert: Kant-Studien, Kant-Bibliographie und Kantiana-Sammlung. Der im Zusammenhang mit der Jahresbibliographie der Kant-Studien erstellte Bibliographische Informationsdienst und die Liste der zu Rezension angebotenen Neuerscheinungen werden zur Verfügung gestellt. Ebenso finden sich unter „Bibliographie" die Bestände an Kant-Ausgaben, Kant-Übersetzungen und philosophischer Zeitschriften, die in der Seminarbibliothek und an der Kant-Forschungsstelle vorhanden sind, sowie eine Liste des umfangreichen Bestandes an Kopien und Sonderdrucken unselbständiger Kant-Literatur ab 1945 fortlaufend, die demnächst als Datenbank zugänglich gemacht werden soll. Die Marburger und Mainzer „Autoren" freuen sich über Kritik und Anregungen!
Colin and Ailsa Turbayne International Berkeley Essay Prize Competition Professor and the late Mrs. Colin Turbayne established an International Berkeley Essay Prize competition in conjunction with the Philosophy Department at the University of Rochester. The next deadline for submitting papers is November l, 1998. For the 1998 competition, submitted papers should address some aspect of Berkeley's theory of vision. Essays should be new and unpublished and should be written in English and not exceed 5,000 words in length. All references to Berkeley should be to Luce/Jessop, and a MLA or similar Standard for notes should be followed.
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Mitteilungen
Submissions are blind reviewed and will be judged by members of a review board selected by the Department of Philosophy at the University of Rochester. The winner will be announced March l, 1999 and will receive a prize of $2,000. Copies of the winning essays are to be sent to the George Berkeley Library Study Center located in Berkeley's home in Whitehall, Newport, RI. Submissions should be sent to: Chair, Department of Philosophy, University of Rochester, P. O. Box 270078, Lattimore 532, Rochester, NY 14627-0078.