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German Pages 293 [310] Year 2006
Jan Drengner Imagewirkungen von Eventmarketing
WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFT
Jan Drengner
Imagewirkungen von Eventmarketing Entwicklung eines ganzheitlichen Messansatzes
Miteinem Geleitwortvon Prof. Dr. Cornelia Zanger
2., aktualisierte Auflage
Deutscher Universitats-Verlag
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnetdiese Publikation in der Deutschen Nationaibibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet iiber abrufbar.
Dissertation Technische Universitat Chemnitz, 2003
1. Auflage November 2003 2. Auflage Mai 2006 Alle Rechte vorbehalten © Deutscher Universitats-Verlag I 6WV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006 Lektorat: Ute Wrasmann / Anita Wilke Der Deutsche Universitats-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media, vvww.d uv.de Das Werk einschlieBlich aller seiner Telle ist urheberrechtlich geschiitzt. Jede Verwertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fiir Vervielfaltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und dahervon jedermann benutztwerden durften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Druck und Buchbinder: Rosch-Buch, ScheSlitz Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN-10 3-8350-0418-2 ISBN-13 978-3-8350-0418-4
Meinen Eltem
„Alles Wissen imd alle Vermehrung unseres Wissens endet nicht mit einem Schlusspunkt, sondem mit Fragezeichen. Ein Plus an Wissen bedeutet ein Plus an Fragestellungen, und jede von ihnen wird immer wieder von neuen Fragestellungen abgelost" (Hermann Hesse)
Geleitwort Eventmarketing hat in den letzten Jahren zweifelsohne eine sehr erfolgreiche Entwicklung als Instrument der Marketingkommunikation genommen. Untemehmen aus alien Branchen nutzen Marketing-Events zur Live-Kommimikation mit Endkimden, Geschaftspartnem, Handlem, eigenen Mitarbeitem oder auch einer breiten Offentlichkeit. Langst werden Marketing-Events nicht mehr als Party oder Kundenunterhaltimg verstanden. Die besondere Kommimikationsqualitat, d. h. die Moglichkeit, Markenwelten sinnlich erlebbar zu machen iind Kommunikationsinhalte emotional im Gedachtnis des Eventteilnehmers zu verankem, wird bewusst durch die Untemehmen fiir den Aufbau und die Verfestigung von Markenimages eingesetzt. Die periodisch am Lehrstuhl fur Marketing und Handelsbetriebslehre der TU Chemnitz durchgeftihrte representative Eventmarktstudie „Eventreport" bestatigt einerseits seit Jahren den hohen Stellenwert des Eventmarketing als unverzichtbaren Bestandteil integrierter Markenkommunikation. Andererseits wird mit einem Anteil am Kommunikationsbudget von durchschnittlich 20 bis 25 Prozent fiir Eventmarketing die Frage nach der Wirksamkeit der Kommunikationsmalinahme i.S. der angestrebten Marketingziele evident. „Nice to have" gentigt nicht mehr und mit Blick auf knappere Gesamtbudgets wollen und konnen sich Eventveranstalter zunehmend weniger auf das „gute Bauch"-Gefuhl allein verlassen. Fundierte Ansatze zur Messung der Wirksamkeit von Marketing-Events werden eingefordert. Die Wissenschaft ist gefragt. Mit der Suche nach einer verhaltenswissenschaftlichen Erklarung fiir die Wirkungen des Eventmarketing greift der Autor in der vorliegenden Monographic ein fiir die Marketingwissenschaft hochst aktuelles und bisher erst in Ansatzen bearbeitetes Forschungsproblem auf. Von hohem wissenschaftlichem Anspruch sind folglich seine Forschungsziele. Der Autor entwickelt ein theoretisches Modell, das iiber die unmittelbaren Wirkungen von Events hinausgehend den Wirkungsprozess beim Eventteilnehmer ganzheitlich bis zur Wirkung des Marketing-Events auf das durch den Eventteilnehmer wahrgenommene Markenimage betrachtet. Besonderen Wert gewinnt das Modell durch die konsequent interdisziplinare Betrachtungsweise des Autors, der die betriebswirtschaftliche Perspektive mit soziologischen und psychologischen Ansatzen verbindet. Am Beispiel des „real,-StraBenfuBball-Cup", einer seit Jahren deutschlandweit sehr erfolgreich durchgefiihrten Sportevent-Serie wird dieses Modell einer umfassenden empirischen Priifimg und kritischen Wertung unterzogen. Besonderen Neuheitsgrad besitzt in diesem Modell das Flow-Konstrukt, das erstmals hinsichtlich seiner Erklanmgskraft fiir die Untemehmenskommunikation untersucht wird. Durch reprasentative Befragimgen vor, wahrend und im zeitlichen Abstand nach dem Event kann mittels eines quasi-experimentellen Designs der Einfluss des Events auf die Modellvariablen bei den Eventteilnehmem im Vergleich zur KontroUgruppe nachgewiesen werden.
VIII
Geleitwort
Dem Verfasser kommt damit das Verdienst zu, ein fur die Marketingwissenschaft neuartiges Modell zur Erklanmg der Imagewirkungen des Eventmarketing aus verhaltenswissenschafllicher Perspektive begriindet und mittels eines quantitativen Forschungsdesigns untersucht zu haben. Er setzt damit einen wissenschaftlichen Meilenstein zur Erklanmg der Wirkungsweise des Eventmarketing. Die gewonnenen Erkenntnisse diirften sowohl aus marketingwissenschafllicher als auch aus methodischer Sicht fruchtbar fur den weiteren wissenschaftlichen Diskurs zum Eventmarketing sein. Im Ergebnis der empirischen Modellpriifung wird es dem Verfasser ebenfalls moglich, wissenschaftlich fundierte Empfehlungen fur die Gestaltung von Marketing-Events in der Praxis zu geben, was die vorliegende Monographie uber ihren wissenschaftlichen Wert hinaus auch fur die Marketingpraxis rsp. Eventpraxis sehr niitzlich macht. Ich wiinsche dem vorliegenden Buch wissenschaftliche
Aufmerksamkeit
und viele
interessierte Leser.
Prof. Dr. Cornelia Zanger
Vorwort zur 2. Auflage Die groBe Nachfrage nach wissenschaftlichen Analysen der Wirkungen von MarketingEvents machte eine 2. Auflage dieses Buches notwendig. Die Uberarbeitung betrifft vor allem die Aktualisienmg der zitierten Literatur sowie die Einarbeitimg neuerer wissenschaftlicher Erkenntnisse. Da es sich bei dem vorliegenden Buch jedoch nicht um ein Lehrbuch, sondem um eine in sich geschlossene Entwicklung imd Priifung eines Modells handelt, wurden aktuelle Studien zum Eventmarketing nur teilweise eingearbeitet. GroBer Dank gebiihrt Jana Thiele fiir ihre zahlreichen Verbesserungsvorschlage und ihre akribische Unterstutzung bei der formalen Uberarbeitung des Buches. Jan Drengner
Vorwort zur 1. Auflage Nach vierjahriger Arbeit konnte ich die vorliegende Dissertation im Mai 2003 an der Fakultat Wirtschaftswissenschaften der Technischen Universitat Chemnitz beenden. Im Alleingang war das zu absolvierende Pensum ohne wissenschaftliche und emotionale Unterstutzung nicht zu bewahigen, weshalb ich an dieser Stelle meinen wichtigsten Helfem danken mochte. Besonderer Dank gih meiner wissenschaftlichen Lehrerin Frau Prof. Dr. Cornelia Zanger, die meine fachliche Entwicklung als Mitarbeiter an der Professur ftir Marketing und Handelsbetriebslehre umfassend forderte. So profitierte ich bereits bei der Themenfmdung von ihrem Gespiir fiir aktuelle wissenschaftliche Problemstellungen. In sicher nicht immer einfachen, aber sehr nutzbringenden Streitgesprachen half sie mir, den Blick fur das Wesentliche zu fmden. Herm Prof. Dr. Karlheinz Wohler und Herm Prof. Dr. Klaus Jonas danke ich fiir die schnellen und konstruktiven Gutachten meiner Arbeit. Dank spreche ich auch Herm Prof. Miiller und seinen Mitarbeitem aus, bei denen ich wahrend meines Studiums an der Technischen Universitat Dresden das Riistzeug fur wissenschaftliches Arbeiten erhielt. Ohne die couragierte Bereitschaft der Eventagentur allsport, die hier untersuchte Eventserie zu evaluieren, ware die empirische Uberpriifung der im Rahmen der vorliegenden Arbeit entwickelten theoretischen Erkenntnisse nicht moglich gewesen. Insbesondere danke ich Herm Van den Hovel und Herm Kepser fiir die unkomplizierte Zusammenarbeit und das gezeigte Vertrauen. Fiir die Bereitschaft, die erhobenen Daten in der vorliegenden Form zu veroffentlichen, danke ich den Veranstaltem des Events, real,-, Coca-Cola und Procter & Gamble. Bedanken mochte ich mich auBerdem bei Ralph Schweigert sowie den Studenten der TU Chemnitz fur die Mitwirkung bei der aufwendigen Datenerhebung. Dank geht auch an die wissenschaftlichen Hilfskrafte der Professur Marketing und Handelsbetriebslehre, die mir viel administrative Arbeit abgenommen haben.
2^
Vorwort
Ebenso danke ich meinen KoUegen fur die Unterstiitzung und Aufmuntemng in schwierigen Phasen. Dies gilt insb. fur Prof. Dr. Gundolf Baier und Dr. Hansjorg Gaus fur etliche fachliche Ratschlage bei der statistischen Auswertung der Daten. Ftir den Beistand im Kampf gegen den Fehlerteufel bedanke ich mich bei den Korrekturlesem meiner Arbeit, Dr. Kai Griese, Manuela Langer und Anett Raith. Dank aus tiefstem Herzen schulde ich in diesem Zusammenhang Diana Bauer und Manuela Sachse, die mir auBerdem gezeiet haben. dass es noch ein Leben neben und vor allem nach der Dissertation geben sollte! Ganz besonderer Dank gilt meinen Eltem Ellen und Axel. Euer Ruckhalt, die Gewahrung der notwendigen Freiheiten und die Vorbildwirkung, nicht immer den Weg des „geringsten Widerstandes" zu wahlen, haben die vorliegende Arbeit erst ermoglicht. Jan Drengner
Inhaltsiibersicht Abbildungsverzeichnis Tabellenverzeichnis
XVII XIX
Abkiirzungsverzeichnis
XXIII
Symbolverzeichnis
XXIV
A
Einleitung
1
1
Problemstellung und Zielsetzung
1
2
Gang der Untersuchung
5
B
Eventmarketing als Bestandteil des Kommunikations-Mix
9
1
Griinde fur die zunehmende Bedeutung des Eventmarketing
9
2
Abgrenzung des Eventbegriffes
20
3
Events im Rahmen des Veranstaltungsmarketing
22
4
Events im Rahmen der Kommunikationspolitik
24
5
Idealtypische Merkmale von Marketing-Events
31
C
Theoretische Grundlagen zur Erklarung von Kommunikationswirkungen im Marketing
41
1
Die Notwendigkeit von Wirkungsanalysen in der Kommunikationspolitik
41
2
Der Begriff des Modells in der Betriebswirtschafitslehre
43
3
Modelle der Werbewirkungsforschung
46
D
State of the Art der WirkungskontroUe im Eventmarketing
55
1
Bisherige Ansatze der Wirkungsanalyse im Eventmarketing
55
2
Probleme der Wirkungsanalyse im Eventmarketing
71
3
Schlussfolgerungen fur das zu entwickelnde Modell
73
E
Entwicklung eines Modells zur Erklarung der Imagewirkungen des Eventmarketing
75
1
Das Image als strategische ErgebnisgroBe im Marketing
75
2
Ansatze zur Erklarung einer moglichen Imagebeeinflussung mittels Eventmarketing
86
3
Die Eventbeurteilung als Kontextvariable: Erkenntnisse der Imagetransferforschung
105
4
Die durch das Event ausgelosten Emotionen als Kontextvariable
115
5
Die Theorie des Flow-Erlebens als Ansatz zur Erklarung der emotionalen Wirkungen von Marketing-Events
121
XII
Inhaltsabersicht
6
Die Wahmehmimg des Eventobjektes als Voraussetzung fur die Imagebeeinflussimg
131
7
Zusammenfassimg der bisherigen Erkenntnisse und Foraiulierung des Modells
133
F
Empirische Uberpriifung des Modells
137
1
Das Untersuchimgsobjekt
137
2
Das Erhebungsdesign
145
3
Die Aufstellung der Hypothesen
147
4
Die Operationalisienmg der zu messenden Konstrukte
153
5
Die Beschreibung der Stichprobe
171
6
Deskriptive Auswertung der Untersuchung
173
7
Uberpriifung der Hypothesen
188
G Zusammenfassung der Ergebnisse, Schlussfolgerungen und kritische Betrachtung
229
1
Ergebnisse und Schlussfolgerungen zur theoretischen Zielstellung
229
2
Ergebnisse und Schlussfolgerungen zur methodischen Zielstellung
231
3
Ergebnisse und Schlussfolgerungen zur praktischen Zielstellung
235
4
AbschlieBende Kritik und zukunftiger Forschungsbedarf
250
Literaturverzeichnis
255
Anhang
289
Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis
XVII
Tabellenverzeichnis
XIX
Abkiirzungsverzeichnis
XXIII
Symbolverzeichnis
XXIV
A
Einleitung
1
1
Problemstellung und Zielsetzung
1
2
Gang der Untersuchung
5
B
Eventmarketing als Bestandteil des Kommunikations-Mix
9
Grunde fiirdie zunehmende Bedeutung des Eventmarketing
9
1
1.1 Der Wandel des Untemehmensumfeldes als Herausforderung fiir die Kommunikationspolitik 1.1.1 Veranderimgen in der Gesellschaft 1.1.2 Veranderungen der Markte 1.1.3 Veranderungen in der Untemehmenskommimikation 2
9 9 12 13
1.2 Grenzen klassischer Kommunikationsinstrumente
16
Abgrenzung des Eventbegriffes
20
3
Events im Rahmen des Veranstaltungsmarketing
22
4
Events im Rahmen der Kommunikationspolitik
24
5 C
4.1 Die Nutzung fremdinszenierter Events durch das Sponsoring
24
4.2 Die Nutzung eigeninszenierter Events durch das Eventmarketing
28
Idealtypische Merkmale von Marketing-Events
31
Theoretische Grundlagen zur Erklarung von Kommunikationswirkungen im Marketing
41
1
Die Notwendigkeit von Wirkungsanalysen in der Kommunikationspolitik
41
2
Der Begriff des Modells in der Betriebswirtschaftslehre
43
3
Modelle der Werbewirkungsforschung
46
3.1 Das behavioristische S-R-Pradigma
46
3.2 Das neobehavioristische S-0-R-Paradigma
47
3.2.1 Stufenmodelle
47
3.2.2 Erweiterte Stufenmodelle
49
XIV
D 1
Inhaltsverzeichnis
State of the Art der WirkungskontroUe im Eventmarketing
55
Bisherige Ansatze der Wirkungsanalyse im Eventmarketing
55
1.1 Ansatze in der Marketingwissenschaft
55
1.1.1 Wirkungsanalytisch orientierte Ansatze
55
1.1.2 Kontrollorientierte Ansatze
62
1.1.2.1 Mogliche Ziele von Marketing-Events als Voraussetzimg einer KontroUe des Kommunikationsinstrumentes
63
1.1.2.2 Bestehende Ansatze zur Kontrolle der Ziele von MarketingEvents
68
1.2 Ansatze in der Untemehmenspraxis
69
2
Probleme der Wirkungsanalyse im Eventmarketing
71
3
Schlussfolgerungen fur das zu entwickelnde Modell
73
E
Entwicklung eines Modells zur Erklarung der Imagewirkungen des Eventmarketing
75
1
Das Image als strategische ErgebnisgroBe im Marketing
75
1.1 Das Konstrukt des Images 1.1.1 Das Konstrukt aus Sicht der okonomisch orientierten und gestaltpsychologisch orientierten Imagetheorie
75
1.1.2 Das Konstrukt aus Sicht der einstellungsorientierten Imagetheorie
76
1.1.3 Das Konstrukt aus gedachtnispsychologischer Sicht
80
1.2 Die Bedeutung des Images fiir die Marktteilnehmer
2
75
83
1.2.1 Die Bedeutung des Images aus Konsumentensicht
83
1.2.2 Die Bedeutung des Images aus Untemehmenssicht
85
Ansatze zur Erklarung einer moglichen Imagebeeinflussung mittels Eventmarketing.. 86 2.1 Die Imagebeeinflussung aus lemtheoretischer Sicht
86
2.2 Das Modell der Verarbeitungswahrscheinlichkeit
90
2.3 Implikationen fur das Eventmarketing
93
2.3.1 Das Involvement als Einflussfaktor der Imagebeeinflussung
93
2.3.2 Die Fahigkeit der Zielgruppe zur Informationsverarbeitung als Einflussfaktor der Imagebeeinflussung 100
3
2.3.3 Zentrale Imagebeeinflussung durch Events
101
2.3.4 Periphere Imagebeeinflussung durch Events
102
Die Eventbeurteilung als Kontextvariable: Erkenntnisse der Imagetransferforschung
105
3.1 Allgemeines Begriffsverstandnis des Imagetransfers
105
3.2 Der Imagetransfer in der Kommunikationspolitik
106
3.3 Implikationen fur das Eventmarketing
107
Inhaitsverzeichnis
Xy_
3.4 Die Passfahigkeit zwischen Event und Eventobjekt als Voraussetzung fiir
4
5
6
einen Imagetransfer
109
3.4.1 Das Konstrukt der Passfahigkeit aus lemtheoretischer Sicht
109
3.4.2 Implikationen fiir das Eventmarketing
112
Die durch das Event ausgelosten Emotionen als Kontextvariable
115
4.1 Das Konstrukt der Emotion
115
4.2 Implikationen fur das Eventmarketing Die Theorie des Flow-Erlebens als Ansatz zur Erklanmg der emotionalen Wirkungen von Marketing-Events
120 121
5.1 Das Konstrukt des Flow-Erlebens
121
5.2 Implikationen fur das Eventmarketing
127
Die Wahmehmung des Eventobjektes als Voraussetzung fiir die Imagebeeinflussung
131
6.1 Das Konstrukt der Wahmehmung
131
6.2 Implikationen fur das Eventmarketing
133
7
Zusammenfassung der bisherigen Erkenntnisse und Formulierung des Modells
133
F
Empirische Uberpriifung des Modells
137
1
Das Untersuchungsobjekt
137
1.1 Der real,-StraBen-Fufiball-Cup 2000
137
1.2 Exkurs: Die Notwendigkeit einer emotionalen Ansprache jugendlicher Zielgruppen im Einzelhandel
140
1.2.1 Die Bedeutung von Marketing-Events im Einzelhandel
140
1.2.2 Die Bedeutung jugendlicher Zielgruppen
142
2
Das Erhebungsdesign
145
3
Die Aufstellung der Hypothesen
147
4
Die Operationalisierung der zu messenden Konstrukte
153
4.1 Das Flow-Erleben
153
4.2 Die Emotionen
155
4.3 Die Wahmehmung der Eventobjekte
160
4.4 Die Eventbeurteilung und das Image der Eventobjekte
162
4.5 Die Passfahigkeit zwischen dem Event und Eventobjekten
166
5
Die Beschreibung der Stichprobe
171
6
Deskriptive Auswertung der Untersuchung
173
6.1 Das Flow-Erleben der Eventteilnehmer
173
6.1.1 Die Gute der Messung
173
6.1.2 Die Flow-Cluster
175
6.2 Die Emotionen der Eventteilnehmer
179
XVI
^___
Inhaltsverzeichnis
6.3 Die Wahmehmung der Eventobjekte durch die Eventteilnehmer
181
6.4 Die Eventbeurteilung durch die Eventteilnehmer
183
6.5 Die Beurteilung der Passfahigkeit zwischen dem Event und den Eventobjekten durch die Eventteilnehmer
185
6.6 Die Beurteilung der Images der Eventobjekte durch die Eventteilnehmer und die KontroUgruppe 7
186
Uberpriifung der Hypothesen
188
7.1 Die unmittelbare Wirkung des Events
188
7.1.1 Die Wirkimg des Flow-Erlebens auf die Emotionen
188
7.1.2 Exkurs: Der Einfluss des Spielergebnisses auf die Emotionen
191
7.1.3 Die Wirkung des Flow-Erlebens auf die Eventbeurteilung
195
7.1.4 Die Wirkung des Flow-Erlebens auf das Image der Eventobjekte
198
7.1.5 Der Zusammenhang zwischen den Emotionen und der Eventbeurteilung... 203 7.1.6 Der Zusammenhang von Emotionen, Eventbeurteilung, Passfahigkeit und Wahmehmung mit dem Image der Eventobjekte 7.1.7 Zusammenfassung der Ergebnisse 7.2 Die mittelfristige Wirkung des Events
205 210 213
7.2.1 Faktorenanalytische Zusammenfassung der Items zur Imagebeurteilung....213 7.2.2 Die mittelfristige Wirkung des Events bei der Experimentiergruppe 7.2.3 Die mittelfristige Wirkung des Events unter Beachtung der KontroUgruppe 7.2.4 Zusammenfassung der Ergebnisse
217 221 223
G Zusammenfassung der Ergebnisse, Schlussfolgerungen und kritische Betrachtung
229
1
Ergebnisse und Schlussfolgerungen zur theoretischen Zielstellung
229
2
Ergebnisse und Schlussfolgerungen zur methodischen Zielstellung
231
2.1 Die Objektivitat der Untersuchung
231
2.2 Die Reliabilitat des Untersuchungsinstrumentes
231
2.3 Die Validitat des Untersuchungsinstrumentes
232
2.4 Generalitat imd Praktikabilitat des Untersuchungsinstrumentes
234
3
Ergebnisse und Schlussfolgerungen zur praktischen Zielstellung
235
4
Abschliefiende Kritik und zukiinftiger Forschungsbedarf
250
Literaturverzeichnis
255
Anhang
289
Anhang 1 Die Operationalisierung des Flow Anhang 2
Die Operationalisierung der Eventbeurteilung und des Images der Eventobjekte
289 294
Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Aufbau der Arbeit
8
Abb. 2: Die Entwicklung der Werbeakzeptanz in Deutschland
15
Abb. 3: Systematisierung der Anwendungsgebiete des Eventbegriffes
31
Abb. 4: Arbeitsphasen und Inszeniemngsebenen von Marketing-Events
32
Abb. 5: Die haufigsten Inhalte von Marketing-Events
38
Abb. 6: Die Bestandteile eines Kommunikationscontrolling
43
Abb. 7: Bezugsrahmen zur Systematisierung von Werbewirkungsmodellen nach Vakratsas/Ambler
50
Abb. 8: Das Modell zur Erklarung der Wirkimgsweise von Eventmarketing nach Nufer
59
Abb. 9: Das Imagetransfermodell fur das Eventmarketing nach Nufer
61
Abb. 10: Die haufigsten Ziele von Marketing-Events bei der Ansprache extemer Zielgruppen Abb. 11: Die haufigsten Ziele von Marketing-Events bei der Ansprache intemer Zielgruppen
67 67
Abb. 12: Das Modell der Eventkontrolle nach Zanger/Drengner
69
Abb. 13: Die Komponenten der Einstellung und ihre Wirkung
77
Abb. 14: Beispiel eines semantischen Netzwerkes dargestellt an einer Automobilmarke
81
Abb. 15: Arten kognitiver Lemprozesse am Beispiel der Marke Smart
88
Abb. 16: Das Modell der Verarbeitungswahrscheinlichkeit von Petty/Cacioppo
92
Abb. 17: Eventspezifische Arten des Involvements und deren Zusammenhange
97
Abb. 18: Der Einfluss von Botschafts- und Ereignis-Involvement auf die Routen der Einstellungsbeeinflussung imELM
98
Abb. 19: Moglichkeiten der Beeinflussung des Images durch Marketing-Events
108
Abb. 20: Grundtypen assoziativer Strukturen
110
Abb. 21: Beispiel einer dimensionalen Anordnung emotionaler Begriffe
118
Abb. 22: Zusammenhang zwischen den Kontextvariablen Emotionen und Eventbeurteilung und dem Image des Eventobjektes
120
Abb. 23:DasFlow-Modell
125
Abb. 24: Allgemeines Modell der Imagebeeinflussung durch Marketing-Events
134
Abb. 25: Modell der peripheren Imagebeeinflussung durch Marketing-Events
135
Abb. 26: Schematische Darstellung des Veranstaltungsortes
138
Abb. 27: Strategische Auspragungen des Beziehungsmarketing mit jimgen Zielgruppen.... 144 Abb. 28: Untersuchte Bestandteile des allgemeinen Modells der Imagebeeinflussung
149
Abb. 29: Das zu pnifende Wirkungsmodell der peripheren Imagebeeinflussung
152
Abb. 30: Auswahl der Items fiir die Messung der Emotionen
159
Abb. 31: Methoden der Imagemessung durch Befragung
165
XVIII
Abbildungsverzeichnis
Abb. 32: Das Flow-Erleben
175
Abb. 33: Die empfimdenen Emotionen
179
Abb. 34: Der Bekanntheitsgrad der Eventobjekte wahrend und nach dem Event (ungestutzt)
182
Abb. 35: Die Wirksamkeit der KommunikationsmaBnahmen wahrend des Events (ungestutzt)
182
Abb. 36: Die Eventbeurteilung
183
Abb. 37: Die Passfahigkeit zwischen dem Event und den Eventobjekten
185
Abb. 38: Das Image der Marke real,-
186
Abb. 39: Das Image der Marke Coca-Cola
187
Abb. 40: Das Image der Marke Pringles
187
Abb. 41: Die empfimdenen Emotionen in den Flow-Clustem
189
Abb. 42: Der Einfluss der Flow-Intensitat und des Spielergebnisses auf die Emotionen
194
Abb. 43: Die Eventbeurteilung durch die Flow-Cluster
196
Abb. 44: Der Einfluss der Emotionen und des Flow-Erlebens auf die Eventbeurteilung
204
Abb. 45: Der Zusammenhang zwischen den unabhangigen Variablen und dem Image der Marke real,207 Abb. 46: Der Zusammenhang zwischen den unabhangigen Variablen und dem Image der Marke Coca-Cola 208 Abb. 47: Der Zusammenhang zwischen den unabhangigen Variablen und dem Image der Marke Pringles
208
Abb. 48: Zusammenfassung der Ergebnisse zur unmittelbaren Wirkung des Events
211
Abb. 49: Imagetransfer bei den untersuchten Eventobjekten
219
Abb. 50: Das Image der Marke real,- in den verschiedenen Stichproben
224
Abb. 51: Das Image der Marke Coca-Cola in den verschiedenen Stichproben
225
Abb. 52: Das Image der Marke Pringles in den verschiedenen Stichproben
226
Abb. 53: Zusammenfassung der Ergebnisse zur mittelfristigen Wirkung des Events
227
Tabellenverzeichnis Tab. 1: Zusammenfassung der Ergebnisse empirischer Studien zur Nutzimg und Bedeutimg des Eventmarketing in der Untemehmenspraxis 2 Tab. 2: Beispielhafte Aussagen aus der Praxis zur Kontrolle des Erfolgs von Events
3
Tab. 3: Beispielhafte Aufzahlung moglicher Gestaltungsparameter von Events
4
Tab. 4: Ausgewahlte Ergebnisse empirischer Studien zur zunehmenden Erlebnisorientierung
12
Tab. 5: Kategorisierung von KommunikationsmaBnahmen
17
Tab. 6: Systematisierungsansatze fur Events
21
Tab. 7: Klassifikation okonomischer Modelle nach ihrer Zielsetzung
44
Tab. 8: Systematisierung von Werbewirkungsmodellen nach Vakratsas/Ambler
52
Tab. 9: Kriterien zur Messung von Eventwirkungen im Modell des Brand Land Evaluators
56
Tab. 10: Mogliche operative Ziele im Eventmarketing
64
Tab. 11: Mogliche strategische Ziele im Eventmarketing
65
Tab. 12: Erfolgskontrolle des Eventmarketing in der Untemehmenspraxis
71
Tab. 13: Einflussfaktoren auf AAD
103
Tab. 14: Kriterien zur Beurteilung der Passfahigkeit von Stamm- und Transferobjekt
111
Tab. 15: Moglichkeiten zur Herstellung eines Verwendungsfit im Eventmarketing
113
Tab. 16: Zusammenfassung alltaglicher Handlungen, bei denen Flow auftreten kann
126
Tab. 17: Zusammenfassung empirischer Studien zum Zusammenhang von Flow mit anderen Konstrukten Tab. 18: KommunikationsmaBnahmen im Vorfeld des real,-StraBen-FuBball-Cup 2000
128 139
Tab. 19: Denotative Merkmalskategorien von Einkaufsstatten
141
Tab. 20: Systematisierung des Erhebungsdesigns
145
Tab. 21: Systematisierung der zu untersuchenden Hypothesen
150
Tab. 22: Zusammenfassung qualitativer Methoden zur Imagemessung
162
Tab. 23: Zusammenfassung der Operationalisierung der untersuchten Konstrukte
169
Tab. 24: Ausschopfting der einzelnen Stichproben
171
Tab. 25: Demographische Zusammensetzung der Stichproben vor und nach der Gewichtung Tab. 26: Ergebnis der versuchsweise durchgeftihrten explorativen Faktorenanalyse
172
liber die Flow-Items
174
Tab. 27: Giitekriterien zur Beurteilung der Clusteranalyse
177
Tab. 28: Beschreibung der Flow-Cluster
178
Tab. 29: Ergebnisse der Faktorenanalyse der Items zur Emotionsmessung
181
Tab. 30: Ergebnisse der Faktorenanalyse der Items zur Eventbeurteilung
184
XX
Tabellenverzeichnis
Tab. 31: Test auf Varianzhomogenitat: Einfluss des Flow auf die Emotionen
190
Tab. 32: Multivariate Signifikanztests: Einfluss des Flow auf die Emotionen
190
Tab. 33: Test auf Varianzhomogenitat: Einfluss des Spielergebnisses auf die Emotionen... 191 Tab. 34: Multivariate Signifikanztests: Einfluss des Spielergebnisses auf die Emotionen... 191 Tab. 35: Gutekriterien zur Prufung der einzelnen Regressionsfunktionen: Einfluss der Flow-Intensitat und des Spielergebnisses auf die Emotionen
195
Tab. 36: Test auf Varianzhomogenitat: Einfluss des Flow auf die Eventbeurteilung
197
Tab. 37: Multivariate Signifikanztests: Einfluss des Flow auf die Eventbeurteilung
197
Tab. 38: Ergebnisse der Faktorenanalyse der Items zur Imagemessung der Marke real,(unmittelbare Wirkung) Tab. 39: Ergebnisse der Faktorenanalyse der Items zur Imagemessung der Marke Coca-Cola (unmittelbare Wirkung)
199 200
Tab. 40: Ergebnisse der Faktorenanalyse der Items zur Imagemessung der Marke Pringles (unmittelbare Wirkung) 201 Tab. 41: Test auf Varianzhomogenitat: Einfluss des Flow auf das Image der Eventobjekte
202
Tab. 42: Multivariate Signifikanztests: Einfluss des Flow auf das Image der Eventobjekte
203
Tab. 43: Gutekriterien zur Prufimg der einzelnen Regressionsfunktionen: Der Einfluss der Emotionen und der Flow-Intensitat auf die Eventbeurteilung
205
Tab. 44: Gutekriterien zur Prufung der einzelnen Regressionsfunktionen zu den Markenimages 209 Tab. 45: Ergebnisse der Faktorenanalyse der Items zur Imagemessung der Marke real,(mittelfristige Wirkung)
214
Tab. 46: Ergebnisse der Faktorenanalyse der Items zur Imagemessung der Marke Coca-Cola (mittelfiistige Wirkung)
215
Tab. 47: Ergebnisse der Faktorenanalyse der Items zur Imagemessung der Marke Pringles (mittelfiistige Wirkung)
216
Tab. 48: Vergleich der durchschnittlichen Faktorwerte zwischen PRE-EK und EV-E hinsichtlich der Imagedimensionen der Eventobjekte
217
Tab. 49: Vergleich der durchschnittlichen Faktorwerte zwischen EV-E und PO-E hinsichtlich der Imagedimensionen der Eventobjekte
220
Tab. 50: Vergleich der durchschnittlichen Faktorwerte zwischen PRE-EK und PO-E hinsichtlich der Imagedimensionen der Eventobjekte
221
Tab. 51: Vergleich der Mittelwerte zwischen PRE-EK und PO-K hinsichflich der Imagedimensionen der Eventobjekte
222
Tab. 52: Vergleich der durchschnittlichen Faktorwerte zwischen PO-E und PO-K hinsichtlich der Imagedimensionen der Eventobjekte
223
Tab. 53: Zusammenfassung der zur Gestaltung von Marketing-Events einsetzbaren Reize
241
Tabellenverzeichnis
XXI
Tab. 54: Moglichkeiten der Vemetzung des Eventmarketing mit anderen Kommimikationsinstrumenten
249
Tab. A- 1: Sammlung von Statements zur Flow-Messung
289
Tab. A- 2: Itemliste des Pretests zur Messung der Eventbeurteilung imd der Images der Eventobjekte
294
Abkiirzungsverzeichnis A
Affekt
AAD
Attitude toward the Ad(vertisment)
AB
Attitude toward the Brand
ANOVA
Analysis of Variance
BAT
British American Tobacco
B
Bedingung des Flow
BSE
Bovine Spongiforme Enzephalopathie
C
Cognition
CBA
Control Group Before After
CS
Conditioned Stimulus
D
Denotation
DENIC
Deutsches Network Information Center
df
Freiheitsgrade
DSF
Deutsches Sportfemsehen
E
Erfahrung
EA
Experimental Group After
EBA
Experimental Group Before After
ELM
Elaboration Likelihood Model
E-V
Einstellung-Verhalten
EV-E
Event-Befragung der Experimentiergruppe
FACS
Facial Action Coding System
H
Hypothese
K
Konnotation
KMO
Kaiser-Meyer-Olkin-Kriterium
M
Merkmal des Flow
MANOVA
Multivariate Analysis of Variance
MDS
Multidimensionale Skalierung
n
Anzahl der ausgewerteten Befragten bzw. Anzahl der ausgewerteten Antworten
0
Organismus
P PO-E
Post-Befragung der Experimentiergruppe
PO-K
Post-Befragung der KontroUgruppe
POS
Point of Sale
Signifikanzniveau
XXIV
Symbolverzeichnis
PRE-EK
Pre-Befragung der Experimentier- und Kontrollgruppe
R
Reaktion
r^
BestimmtheitsmaB
f
korrigiertes Bestimmtheitsmafi
S
Stimulus
SPSS
Statistical Package for the Social Sciences
T
Toleranz
SAM
Self-Assessment-Manikin
UCS
Unconditioned Stimulus
VA
Verbraucheranalyse
ZAW
Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft
ZFP
Zeitschrift ftir Forschung und Praxis
Symbolverzeichnis €
Euro
$
Dollar
A Einleitung 1
Problemstellung und Zielsetzung
Die standigen Veranderungen der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingimgen erfordem von den Untemehmen eine fortlaufende Angleichimg ihres Verhaltens an die jeweiligen Gegebenheiten. Auch das seit Mitte der 90er Jahre immer starker aufkommende Eventmarketing lasst sich als eine solche Anpassimgsreaktion, insb. auf die zunehmende Erlebnisorientierung in der Gesellschaft und die abnehmende Wirksamkeit klassischer Kommunikationsinstrumente, verstehen. Eine wachsende Bedeutung des Eventmarketing zeigen nicht nur empirische Studien zum Eventmarkt (vgl. Tab. 1), sondem auch die groBe Anzahl praxisorientierter Veroffentlichungen (vgl. z.B. Erber 2005; Holzbaur u.a. 2005; Hosang 2004; Hosang 2002; Schafer 2002; Bremshey/Domning 2001; Allen 2000; Bruckner/Przyklenk 1998; Graham/Golblatt/ Delpy 1995; Jagerhofer 1995; Inden 1993), die Etablierung mehrerer Fachzeitschriften (z.B. EventPartner, Events, Blach Report, Mep - Multimedia und Event Products) und Intemetportale (z.B. www.eventmanager.de, www.mein-event-planer.de), die Austragung eventspezifischer Messen und Fachkongresse (z.B. World of Events, Deutscher Eventtag) sowie die zunehmenden Bildungsangebote in diesem Bereich (vgl. Erber 2005, S. 308ff.; Bremshey/ Domning 2001, S. 177ff.). Erste tiefergehende wissenschaftliche Auseinandersetzungen mit dem Instrument in Form von Dissertationen liefem Sistenich (1999), der sich dem Untersuchungsgegenstand aus einer soziologischen Perspektive nahert, sowie Nufer (2002), der einen moglichen Imagetransfer durch das Eventmarketing diskutiert. Trotz der haufig unterschiedlichen Nutzung des Eventbegriffes in der Praxis (z.B. als Instrument der Offentlichkeitsarbeit, des Sponsoring oder der Verkaufsforderung, vgl. Bohme-Kost 1992, S. 129) besteht in der Wissenschaft mittlerweile weitestgehend ein Konsens zur Definition des Begriffes (vgl. Bruhn 2005, S. 417; Nufer 2002, S. 19; Zanger 2001a, S. 439ff.; Sistenich 1999, S. 61). Dem folgend wird auch in der vorliegenden Arbeit vom Eventmarketing als eigenstandiges Kommunikationsinstrument ausgegangen, wobei sog. MarketingEvents die konkrete Ausgestaltung des Instrumentes in Form von Veranstaltungen bilden.
Einleitung Tab. 1: Zusammenfassung der Ergebnisse empirischer Studien zur Nutzung und Bedeutung des Eventmarketing in der Unternehmenspraxis untersuchter Markt
USA
Deutschland
Untersuchungssteckbrief • Erhebungszeitraum
November 2003
Oktober2001
• untersuchte Stichprobe
120 eventveranstaltende Untemehmen
120 eventveranstaltende Untemehmen
Nutzung und Bedeutung des Eventmarketing Anzahl der jahrlich durchgeftihrten bis 5 Events: 17% Events 6 bis 10 Events: 24%
bis 5 Events: 17% 6 bis 10 Events: 13%
11 bis 20 Events: 19%
11 bis 20 Events: 28%
21 bis 50 Events: 20%
21 bis 50 Events: 22%
mehr als 50 Events: 20%
mehr als 50 Events: 19%
sehr haufige bis haufige Budgets bis 50.000 €: 63% pro Event (Mehrfachantworten 50.000-100.000 €: 35% mOglich) 100.000-250.000 €: 16%
bis 50.000 $: 68% 50.000-100.000$: 25% 100.000-250.000$: 23%
250.000-500.00 €: 8%
250.000-500.000 $:8%
500.000-750.000 €: 5%
mehr als 500.000 $: 3%
mehr als 750.000 €: 4% zukilnftige Bedeutung des Event- zunehmend: 58% marketing gleichbleibend: 32%
zunehmend: 40% gleichbleibend: 49%
abnehmend: 10%
abnehmend: 11%
zukiinftige Entwicklung der eigenen steigern: 31% Ausgaben im Eventmarketing beibehalten: 58%
beibehalten: 50%
zuriickfahren: 11%
steigern: 39%
zuriickfahren: 11%
Ouellen: Zanger/Drengner (2004); GeorgP. Johnson (2001)
Abgesehen von dem Ansatz von Nufer (2002) mangelt es allerdings in der Marketingwissenschaft an Untersuchungen zu den verhaltenswissenschaftlichen Wirkungen des Eventmarketing. Dabei erscheinen solche Wirkungsanalysen jedoch dringend notwendig, da erst nach Kenntnis der „Funktionsweise" untemehmerischer Kommunikationsinstrumente deren planmafiiger, zielgerichteter Einsatz moglich ist. Zwar sprechen bereits heute viele Praktiker von einer „erfolgreichen Durchfuhnmg" ihres Marketing-Events, ohne jedoch die Erfolgskriterien und deren verhaltenswissenschaftliche Begrundung offen zu legen. So sammelte Viecenz (1996, S. 352) in Interviews mit Entscheidem fur die Durchfuhrungen von Firmenjubilaen die in der folgenden Tabelle aufgefuhrten Statements, die beispielhaft diese Tatsache illustrieren.
Problemstellung und Zielsetzung Tab. 2: Beispielhafte Aussagen aus der Praxis zur Kontrolle des Erfolgs von Events • „Das allgemein gute Echo vieler Teilnehmer und Gaste schon wShrend des JubilSums macht genauere Nachforschungen uberflussig." • „Das Jubilaum kam bei den eigenen Mitarbeitern ausgezeichnet an; deswegen k5nnen auch andere Zielgruppen nicht unzufrieden sein." • „Im Zeitpunkt der Nachbereitungsarbeiten ist das JubilSum beendet. NachtrSglich lasst sich nichts mehr andern." • „Um den Erfolg eines Firmenjubilaums genauer erfassen zu kSnnen, miissten von Anfang an konkrete Zielvorstellungen (Messkriterien) formuliert worden sein, an denen der Erfolg gemessen werden kann. Diese sind aber haufig nicht explizit festgehalten worden." • „Viele Jubilaumsaktionen haben die Zielgruppen emotional angesprochen. Deswegen kann man auch jgefuhlsmalJig' beurteilen, ob der Gesamtanlass ein Erfolg war oder nicht." Quelle: Viecenz (1996, S. 352)
Aufbauend auf diesen Mangeln ergeben sich fur die vorliegende Arbeit die folgenden drei Zielstellungen: Das theoretische Ziel besteht darin, ein ganzheitliches Modell zur Erklarung der Wirkungen von Marketing-Events zu entwickeln. Dabei ergibt sich die GanzheitHchkeit nicht aus der Tatsache, dass i.S. eines Totalmodells alle vorstellbaren, die Wirkung von Veranstaltungen beeinflussenden hypothetischen Konstrukte in die Analyse einbezogen werden. Vielmehr steht eine Betrachtung des Wirkungsprozesses des Kommunikationsinstrumentes im Mittelpunkt der Arbeit. Dies bedeutet, dass sowohl die direkten Reaktionen der Eventteilnehmer auf das Ereignis in die Modellbildung einflieBen als auch die vom Veranstalter gewiinschten Wirkungen auf das im Mittelpunkt stehende Eventobjekt (Untemehmen, Produkt oder Marke). Dabei beschrankt sich die vorliegende Arbeit einerseits auf die unmittelbaren Besucher des Events und andererseits auf das untemehmerische Ziel der Beeinflussung des Images des Eventobjektes als einer wichtigen untemehmerischen ErgebnisgroBe. Diese Einschrankungen erscheinen zunachst notwendig, da sich Events durch eine Vielzahl von Gestaltungsparametem auszeichnen (vgl. Tab. 3), die an dieser Stelle nicht alle gleichzeitig behandelt werden konnen.
Einleitung Tab. 3: Beispielhafte Aufzdhlung moglicher Gestaltungsparameter von Events Gestaltungsparameter Ziele
Auspragungen in der Praxis • Aktivierung der Zielgruppe
• Kundenbindung
• Aufbau von Glaubwiirdigkeit
• langfristige Erinnerungswirkung
• emotionale Zielgruppenansprache
• Medienresonanz
• ErhOhung des Bekanntheitsgrades
• Mitarbeitermotivation
• Erh5hung des Umsatzes/Absatzes
• Neukundengewinnung
• Handlermotivation
• Produktprasentation
• individuelle Zielgruppenansprache
• Unterscheidung von der Konkurrenz
• Informationsvermittlung
• Verbesserung des Images
• Kontaktpflege zur Zielgruppe Zielgruppen
• AuBendienst
• Lieferanten
• Eigentiimer
• Meinungsbildner
• Endverbraucher/Konsumenten
• Mitarbeiter
• Geschaftskunden
• Offentlichkeit
• Handler/Franchisenehmer
• Presse/Medien
• Kooperationspartner Arten von Events
• Aktionarsversammlungen
• Kongresse/Tagungen/Seminare
• Aktionen am POS
• Messen/Ausstellungen
• Handlerprasentationen
• Motivationsveranstaltungen
• Incentive-Reisen
• Pressekonferenzen
• Internet-Events
• Roadshows
• Jubilaen/Festakte/Galas
• Tag der offenen TUr
• Kick-Off-Meetings Inhalte
• Abenteuer/Erforschen/Entdecken
• sinnliches Erleben
• Fantasy/Science Fiction/Surrealismus
• SportAVettbewerb
• interaktive PrSsentation
• Teambuilding
• kulturelle Veranstaltungen
• Verkaufsveranstaltungen
• Naturerlebnis/Outdooraktivitaten
• Wellness/Entspannung
Quelle: Zanger/Drengner (2001, S. 19ff.)
Eng damit verkniipft ist das methodische Ziel Urn das hier zu entwickelnde Modell empirisch priifen zu konnen, wird aus methodischer Sicht ein Instrument zur Messung des gesamten Wirkungsprozesses eines Marketing-Events entwickelt. Dabei muss dieses Verfahren grundlegenden methodischen Anforderungen, wie Objektivitat, Reliabilitat, Validitdt, Gemralitat und Praktikabilitat geniigen (vgl. Woll 1997, S. 171; Meyer-Hentschel 1983, S. 26ff.; Trommsdorff\915, S. 81ff.).
Gang der Untersuchung
Aufbauend auf den theoretischen und empirischen Erkenntnissen der Arbeit werden im Rahmen der praxisorientierten Zielstellung entsprechende Gestaltungshinweise fur Marketing-Events entwickelt.
2
Gai^ der Untersuchung
Das Ziel eines jeden wissenschaftlichen Handelns besteht darin, in all jenen Gebieten zu einem Erkenntnisfortschritt beizutragen, die einer Erklanmg bedtirftig erscheinen (vgl. Popper 1972, S. 29). Innerhalb der Realwissenschaften sollen damit strukturelle Eigenschaften jeweils ausgewahlter Bereiche der Realitat erforscht werden^ um zu tieferen, genaueren und besser gepriiften Erkenntnissen als den bisherigen zu gelangen. Zu diesem Zweck bildet der Forscher Hypothesen, priift diese und bringt sie in einen systematischen Zusammenhang. Auf diese Weise entstehen Theorien, die jedoch nie als endgiiltig - i.S. einer „letzten Erkenntnis" oder „absoluten Wahrheit" - , sondem immer nur als vorlaufig betrachtet werden konnen (vgl. Popper 1998, S. 13ff.; Schanz 1988, S. VII; Albert 1987, S. 95). Begrimdet liegt diese als Fallibilismus (vgl. Kretschmann 1990, S. 10) bezeichnete Auffassung in der prinzipiellen Fehlbarkeit empirischer Aussagen. Diese Fehlbarkeit beruht auf subjektiven Sinneseindriicken des Forschers^, der somit niemals zu vollendeten fehlerfreien Aussagen tiber die Realitat kommen kann (vgl. Schanz 1988, S. 51f.; Albert 1987, S. 45). Daraus ergibt sich letztlich die Forderung, Gesetze, Hypothesen und Theorien im Rahmen eines Kritischen Rationalismus immer wieder mit der Realitat zu konfrontieren, um mogliche, ihnen innewohnende Fehler aufzudecken, zu korrigieren und damit diese wissenschaftlichen Aussagen schrittweise zu verbessem (Prinzip der Falsifikation) (vgl. Popper 2005, S. 16ff.; Unger 1998, S. 16f.; Albert 1987, 44ff.). Dem Wissenschaftsverstandnis des Kritischen Rationalismus folgt auch diese Arbeit. Wie bereits im vorhergehenden Gliederungspunkt erwahnt, zielt die vorliegende Untersuchung auf einen Erkenntnisfortschritt hinsichtlich der Imagewirkungen von Marketing-Events bezuglich der im Mittelpunkt solcher Veranstaltungen stehenden Objekte (z.B. Marke, Produkt, Unternehmen) ab. Bevor allerdings naher auf dieses Forschungsproblem eingegangen werden kann, empfiehh es sich, das Untersuchungsobjekt Eventmarketing naher zu kennzeichnen. Zu diesem Zweck
Im Gegensatz dazu treffen die Formalwissenschaften (z.B. Mathematik, Logik) keine unmittelbaren Aussagen uber die Realitat, sondern beschaftigen sich mit den formal-iogischen ZusammenhSngen sprachlicher Strukturen (vgl. Schneeweifi 1992, S. 229f.). Die Wahmehmung der Realitat kann, auch wenn der Forscher sich dies einbildet oder wiinscht, niemals unabhangig von bereits vorhandenem Wissen, sog. Hintergrundtheorien, erfolgen (vgl. Abel 1983, S. 6). Die Hintergrundtheorien entstehen aus „Wunschen, Hoffnungen und Angsten, ... Vorurteilen, Irrtumem und fixen Ideen, vor allem ... menschlichen Fehlern aller Art" {Spinner 1974, S. 43).
^
_^_^_
Einleitung
werden im Gliederungspunkt B zunachst ausfuhrlich die Grtinde diskutiert, weshalb Unternehmen dieses Kommunikationsinstrument immer haufiger nutzen. AnschlieBend erfolgt eine Abgrenzimg der zentralen Begriffe Eventmarketing und Marketing-Event von anderen Bezeichnungen (Veranstaltungsmarketing, Sponsoring) sowie die Erarbeitung entsprechender Arbeitsdefinitionen (vgl. Abb. 1, S. 8). Da das Ziel der vorliegenden Arbeit im Aufbau und der spateren empirischen Priifung eines Erklanmgsmodells der Imagewirkungen von Marketing-Events besteht, erlautert zunachst der erste Teil des Gliederungspunktes C, weshalb in der Kommunikationspolitik solche Wirkungsanalysen notwendig sind. Der zweite Teil widmet sich anschlieBend den theoretischen Grundlagen der Modellentwicklung in der Betriebswirtschaftslehre. Im dritten Teil des Gliederungspimktes C werden bestehende Ansatze der Wirkungsanalyse in der Kommunikationspolitik aufgezeigt, da der wissenschaftliche Erkenntnisfortschritt im Allgemeinen (vgl. Unger 1998, S. 15) und damit auch Erklarungsmodelle im Speziellen (vgl. Schanz 1988, S. 63) immer auf bereits vorhandenen Erkenntnissen aufbauen. Es erfolgt eine Konzentration auf die Erkenntnisse der Werbewirkungsforschung, well in diesem Forschungsgebiet bereits mehrere theoretische und empirisch gepriifte Modelle vorliegen, deren Ubertragvmg auf das hier vorliegende Untersuchungsobjekt fruchtbar erscheint. Dennoch sollen auch die bisherigen wissenschaftlichen Bemiihungen im Bereich des Eventmarketing bei der Modellbildung beachtet werden. Aus diesem Grund widmet sich Gliederungspunkt D dem State of the Art der Wirkungskontrolle im Eventmarketing. Dabei wird sich zeigen, dass zwar sowohl in der Theorie als auch in der Praxis erste Uberlegimgen ftir eine systematische Analyse der Wirkungen von Marketing-Events bestehen, es jedoch an theoretisch fundierten und empirisch gepriiften Modellen mangelt. Bezogen auf das hier verfolgte Wissenschaftsverstandnis des Kritischen Rationalismus soil sich im Rahmen der Arbeit ein Erkenntnisfortschritt ergeben, indem den bisherigen fehlerhaften Ansatzen ein weniger fehlerhafter Ansatz mit einem groBeren Erklarungsgehalt gegeniiber gestellt wird (vgl. Popper 1998, S.13ff.). Die Entwicklung des Erklanmgsmodells erfolgt im Gliederungspunkt E. Zunachst steht das Image im Mittelpunkt, wobei ftir das Konstrukt sowohl eine entsprechende Arbeitsdefmition entwickeh als auch dessen Bedeutimg fiir den Untemehmenserfolg aufgezeigt wird. Letzteres macht deutlich, warum das Konstrukt als zentrale untemehmerische ErgebnisgroBe im Mittelpunkt der Arbeit steht. Im Anschluss werden bestehende theoretische Erkenntnisse diskutiert, die flir eine generelle Erklarung von Imagewirkungen in Frage kommen. Dabei handelt es sich einerseits um Lerntheorien sowie andererseits um das Modell der Verarbeitungswahrscheinlichkeit von Petty/Cacioppo (1986, 1983). Darauf aufbauend werden im weiteren Verlauf des Gliederungspunktes E verschiedene Konstrukte identifiziert und diskutiert, die die Imagewirkung
Gang der Untersuchung
von Marketing-Events bei den Teilnehmem solcher Veranstaltungen determinieren (die Beurteilung des Events, die Passfahigkeit zwischen Event und Eventobjekt, die Wahrnehmung des Eventobjektes, die durch das Event ausgelosten Emotionen und das Flow-Erleben). Indem diese Variablen in das Erklarungsmodell eingehen, soil der gesamte Wirkungsprozess des Events, beginnend mit dem unmittelbaren Erleben des Ereignisses bis hin zur Beeinflussung des Images des Eventobjektes, betrachtet werden (Ganzheitlichkeit des Modells). Besondere Aufmerksamkeit gilt der Diskussion des Flow-Erlebens, da es sich dabei um ein fur die Marketingwissenschaft neues und bisher in der Analyse von Kommunikationswirkungen noch nicht eingesetztes Konstrukt handelt. Aufgrund bestehender theoretischer Erkenntnisse werden zwischen den diskutierten Konstrukten Zusammenhange hergestellt. Damit ergibt sich am Ende dieses Gliederungspunktes in Anlehnung an das Modell der Verarbeitungswahrscheinlichkeit ein Modell zur Erklarung der Imagewirkungen von Marketing-Events. Um dieses theoretisch entwickelte Erklarungsmodell i.S. des kritischen Rationalismus mit der Realitat zu konfrontieren und damit dessen Tauglichkeit zu testen (vgl. Schanz 1988, S. 50ff.), erfolgt in Gliederungspunkt F die empirische Prlifung. Zunachst werden mit dem real,Strafien-Fufiball-Cup 2000 der Untersuchungsgegenstand und das zur Analyse der Eventserie eingesetzte Erhebungsdesign vorgestellt. AnschlieBend wird das im vorhergehenden Gliederungspunkt erarbeitete Modell an das Untersuchungsobjekt und das Erhebungsdesign angepasst, um daraus die empirisch zu priifenden Hypothesen zu entwickeln. Aufgrund der Besonderheiten des untersuchten Events kann jedoch nur eine teilweise Prufung des erarbeiteten Modells erfolgen. Da zur Messung der zu untersuchenden Konstrukte jeweils mehrere Verfahren existieren, werden diese hinsichtlich ihrer Einsetzbarkeit ftir die notwendige empirische Erhebung analysiert. Nach Auswahl der passenden Messinstrumente erfolgt dann die Operationalisierung der Variablen. Die so erhobenen Daten werden zunachst in deskriptiver Form dargestellt. AnschlieBend steht die Prufung der einzelnen Hypothesen mittels multivariater Analysetechniken (Clusteranalyse, Diskriminanzanalyse, Faktorenanalyse, Regressionsanalyse) im Zentrum des Gliederungspunktes F. Generell gilt dabei nach dem Prinzip der Falsiflkation (s.o.), dass die im Rahmen der Datenanalyse gepruften Hypothesen niemals endgiiltig verifiziert, sondem lediglich vorlaufig bestatigt werden konnen (vgl. Popper 2005, S. 16ff.; Schnell/Hill/Esser 2005, S. 62; Schanz 1988, S. 51). Um das Modell so haufig wie moglich mit der Realitat zu konfrontieren (s.o.), werden die jeweiligen Hypothesen jeweils fur die drei Eventobjekte {real,-, Coca-Cola, Pringles) des real,-Strafien-Fufiball-Cup gepruft.
^
Einleitung
Der abschliefiende Gliederungspunkt G greift die theoretischen, methodischen und praktischen Ziele der vorliegenden Arbeit wieder auf und priift, inwieweit diese erfuUt werden koimten. AbschlieBend erfolgen eine kritische Betrachtung und die Ableitung zuktinftigen Forschungsbedarfs. Abb. 1: Aufbau der Arbeit B Eventmarketing als Bestandteil des Kommunikations-Mix • Grtinde fUr die zunehmende Bedeutung des Eventmarketing • Definition und Abgrenzung der Begriffe £ve«? und Eventmarketing
^
^
^
^
C Theoretische Grundlagen zur ErklSrung von Kommunikationswirkungen im Marketing • BegrUndung der Notwendigkeit von Wirkungsanalysen • Begriff des Modells in der Betriebswirtschaftslehre • Modelle der Werbewirkungsforschung
^
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^
^
^
^
D State of the Art der Wirkungskontrolle im Eventmarketing • bisherige AnsStze der Wirkungsanalyse • Probleme der Wirkungsanalyse im Eventmarketing
• E Entwicklung eines Modells zur ErklSrung der Imagewirkungen des Eventmarketing • theoretische Grundlagen: Modell der Verarbeitungswahrscheinlichkeit, Lemtheorien • Bestandteile des Modells: Wahmehmung, Involvement, Eventbeurteilung, PassfShigkeit zwischen Event und Eventobjekt, Emotionen, Flow, Image
^r F Empirische tlberprOfung des Modells • Darstellung des Untersuchungsobjektes und Erhebungsdesigns • Aufstellung der Hypothesen • Operationalisierung der Konstrukte • deskriptive Datenauswertung • Uberpriifiing der Hypothesen y
r
G Zusammenfassung der Ergebnisse, Schlussfolgerung und kritische Betrachtung • Ergebnisse und Schlussfolgerungen zur theoretischen Zielstellung • Ergebnisse und Schlussfolgerungen zur methodischen Zielstellung • Ergebnisse und Schlussfolgerungen zur praktischen Zielstellung • Kritik und zukOnftiger Forschungsbedarf
B Eventmarketing als Bestandteil des Kommunikations-Mix 1
Griinde fur die zunehmende Bedeutung des Eventmarketing
1.1
Der Wandel des Unternehmensumfeldes als Herausforderung fur die Kommunikationspolitik
Wie alle Instmmente des Marketing-Mix unterliegt auch die Kommunikationspolitik den Veranderungen der untemehmerischen Mikro- und Makroumwelt. Die folgenden drei Gliederungspunkte zeigen Ursachen auf, die einerseits diesen Wandel mit verursacht haben, andererseits aber die klassischen Instmmente der Untemehmenskommimikation^ an ihre Grenzen stoUen lassen. Ausgehend von einer allgemeinen Betrachtung der gesellschaftlichen Veranderungen und der sich wandelnden Wettbewerbssituation der Untemehmen werden die Konsumentenreaktionen auf den zunehmenden Kommunikationswettbewerb dargestellt. Dabei ist zu beachten, dass sich diese drei Ebenen nicht eindeutig voneinander trennen lassen, womit die vorliegende Systematisierung lediglich dem besseren Verstandnis der folgenden Ausfuhrungen dient.
1.1.1
Veranderungen in der Gesellschaft
Ein mittlerweile nahezu inflationar gebrauchter Begriff zur Deutung verschiedener gesellschaftlicher Veranderungen ist der des sog. Wertewandels. Trotz der seit langerer Zeit gefuhrten offentlichen und wissenschaftlichen Wertediskussion gibt es offensichtlich bisher keine einheitliche Definition fur Werte. So sammelte Lautmann bereits 1971 (insb. S. 98) insgesamt 178 verschiedene Auslegungen des Begriffes, wobei sich vermuten lasst, dass diese Vielfalt in den darauffolgenden 25 Jahren noch stark zugenommen hat (vgl. Duncker 1998, S. 18). In der Marketingwissenschaft scheint sich die Definition von Kluckhohn (1951, S. 395) durchgesetzt zu haben (vgl. z.B. Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 559; Silherer 2001, S. 1895; Sistenich 1999, S. 11; Herrmann 1996a, S. 65; Rajfee/Wiedmann 1989), die Werte auffasst als... •
grundlegende explizite oder implizite Konzeptionen des Wiinschenswerten,
•
die die Auswahl verfiigbarer Handlungsweisen, -mittel und -ziele beeinflussen.
In der Marketingtheorie ISsst sich zwischen „klassischen" und „nicht-klassischen" Instrumenten der Unternehmenskommunikation unterscheiden (vgl. Tomczak/Muller/Muller 1995, S. 13ff.). Klassische Kommunikationsinstrumente zeichnen sich u.a. durch einen geringen Grad sowohl an IndividuaiitSt als auch Interaktivitat aus (vgl. Bruhn 1995, S. 33ff.).
J[0
Eventmarketing als Bestandteil des Kommunikations-Mix
Dieser Ansicht wird auch hier gefolgt, wobei die gesellschaftliche Ebene im Mittelpunkt der Betrachtungen steht"*. Obwohl generell Einigkeit dariiber besteht, dass Werte sich standig wandeln, gibt es keinen Konsens hinsichtlich der Richtung der Veranderungen. So erkannte beispielsweise Kmieciak (1976) einen Verfall der Werte, zeigte Inglehart (1977, 1998) einen Wandel vom Materialismus zum Postmaterialismus auf oder sah Klages (1985) ftir die deutsche Gesellschaft eine Abnahme sog. Pflicht- und Akzeptanzwerte bei gleichzeitiger Zunahme von Selbstentfaltimgswerten. Die in der Folgezeit durchgeftihrten Metaanalysen tiber verschiedene empirische Studien zeigen jedoch, dass die vorhergesagten Veranderungen nicht, nur teilweise oder sogar mit umgekehrtem Vorzeichen eingetroffen sind (vgl. Klein/Potschke 2000; Duncker 1998, S. 114ff.). Damit erscheint es nicht besonders aussagefahig, pauschal von einem Wertewandel zu sprechen (vgl. Muller/Kornmeier 1997, S. 149), sondem ist eher von einer Wertesynthese auszugehen (vgl. Klein/Potschke 2000, S. 213), die sich in unterschiedlichen Werthaltungen manifestiert. Eine solche Entwicklimg dokumentieren auch jiingste Untersuchungen, wie die Shell'SXMdiQ Jugend 2002 (vgl. Gensicke 2002, S. 155ff.) oder der vom BAT-FreizeitForschungsinstitut (2001a) durchgefiihrte Freizeitmonitor 2001. So vollzieht sich gegenwartig bei der deutschen Jugend eine Verkniipfung von Werten der Selbstentfaltung (z.B. Kreativitat, Toleranz) mit Werten der Selbstkontrolle (z.B. Pflichterfullung, FleiB, Ehrgeiz). Einigkeit herrscht hingegen beziiglich der zunehmenden Erlebnisorientierung innerhalb der Gesellschaft (vgl. Zanger/Klaus 2004, S. 14f.; Muller 2001, S. 66ff.; Muller-Schneider 1998). Diese ist durch eine Orientierung des Individuums am eigenen Subjekt gepragt, wobei es versucht, durch zielgerichtete Beeinflussung auBerer Umstande gewunschte subjektive Erlebnisse auszulosen. Dabei versteht Schulze (2005, S. 39f.) unter einem Erlebnis das subjektiv empfundene Schone als verkniipfter Prozess auf der Ebene von Korper und Bewusstsein. Bezogen auf die bisherigen Ausfuhrungen zum „Wertewandel" gehen die Uberlegungen zur Erlebnisgesellschaft uber die aufgezeigten Ansatze hinaus (vgl. Muller-Schneider 2001a, S. 98ff). Unabhangig davon, ob eine Person materielle oder postmaterielle Werte (vgl. Inglehart 1977, 1998) bzw. Pflicht- und Akzeptanzwerte oder Selbstentfaltungswerte (vgl. Klages 1985) als wichtig erachtet, lasst sich fur jedes Individuum eine mehr oder weniger ausgeprSgte Erlebnisorientierung beobachten. Bei den von Schulze (2005, S. 277ff) beschriebenen.
Die in der Marketingforschung hSufig analysierte Wirkung von Werten auf persQnlichem Niveau (vgl. z.B. Gaus 2000; Huber/Herrmann/Bramstein 1998; Bauer/Huber/Keller 1998; Herrmann 1996b) bleibt unberiicksichtigt, da individuelle Wertesysteme durch Enkulturations- und Sozialisationsprozesse letztlich auf gesellschaftlichen Werten basieren (vgl. Rajfee/Wiedmann 1989, S. 557).
Griinde fiir die zunehmende Bedeutung des Eventmarketing
fur die deutsche Gesellschaft typischen Milieus^ auBert sich die Erlebnisorientiemng beispielsweise im „...Streben nach dem Hoheren in der Tradition der biirgerlichen Kultur (Niveaumilieu)..." oder „...in der Sehnsucht nach Einbettung in eine konfliktfreie Ordnung (Harmoniemilieu)" (vgl. Schulze 2005, S. 38). Die zunehmende Erlebnisorientiemng offenbart sich in vielen Bereichen der Gesellschaft. So zeigen empirische Studien, dass erlebnisbezogene Werte, wie personliches Gliick, Lebensgenuss oder Selbstverwirklichung an Bedeutung gewinnen (vgl. Tab. 4). Weiterhin nimmt die Freizeit einen immer wichtigeren Platz im Leben der Menschen ein. Begriinden lasst sich das mit einem abnehmenden Anteil des Arbeitslebens an der gesamten Lebenszeit. Wahrend Anfang des 19. Jahrhunderts dieser Anteil bei 67% lag, sank er bis 1990 auf 50%, wobei bis 2010 eine weitere Reduktion auf 38% prognostiziert wird (vgl. Opaschowski 2001, S. 53). Damit bietet sich den Menschen ein groBer werdender, individuell gestaltbarer Freiraum an, der zu schonen Erlebnissen verhelfen (vgl. Muller-Schneider 2001b) und somit i.S. der o.g. Erlebnisrationalitat genutzt werden kann. In diesem Zusammenhang verwundert es beispielsweise nicht, dass sich auch das gesellschaftliche Bild des Sports von der traditionellen „Leibesubung" zunehmend in Richtung eines „Frei-Zeitsport-Verstandnisses" entwickelt (vgl. Zanger/Schweizer 2003; Opaschowski 2001, S. 152ff.; Park 1995, S. 19ff.). Immer haufiger gebrauchte Begriffe wie Funsport, Abenteuersport, Urlaubssport, Trendsport (vgl. Opaschowski 2001, S. 152ff.) oder Extremsport (vgl. Opaschowski 2000) weisen darauf hin, dass traditionelle Sportarten, wie Tumen oder Leichtathletik, durch erlebnisorientierte Aktivitaten, wie Inline-Skating oder Mountainbiking verdrangt werden.
Schulze (1993, S. lllif.) geht davon aus, dass die hierarchische Ordnung olconomischer Klassen und Schichten durch soziale Milieus, die sich beim Genuss spezifischer Erlebnisse zusammenfinden, abgelost wurde.
12
Eventmarketing als Bestandteil des Kommunikations-Mix
Tab. 4: Ausgewdhlte Ergebnisse empirischer Studien zur zunehmenden Erlebnisorientierung Studie
Untersuchte Fragestellung
Ergebnisse
Man fragt sich ja manchmal, woftir Institut fttr man lebt, was der Sinn des Lebens Demoskopie Allensbach (2002) ist. Worin sehen Sie vor ailem den Sinn Ihres Lebens? KOnnen Sie es n>1.000Personen nach dieser Liste hier sagen? ab 16 Jahren • Dass ich gliicklich bin, Freude habe D Das Leben genieBen
BAT-FreizeitForschungsinstitut (2001b)
Was macht im Leben wirklich Spafi?
n=2.000 Personen ab 14 Jahren
• Sich vergnugen/amusieren
I 70% I 60%
< I 50%
11 n
I 40% I I 30% U S 10%
1 B
Gruner & Jahr (1999) n>7.000 Personen im Alter von 18 70 Jahren
0%
Jeder Mensch hat irgendwelche Werte und Leitlinien, die sein Leben und Verhalten bestimmen. Welche Bedeutung haben die folgenden fiir Ihr eigenes Leben? • SelbstverwirklichungZ-entfaltung D Lebensgenuss ^ Phantasie/Kreativitat eSex/Erotik
1.1.2
Veranderungen der Markte
Wie bereits im vorhergehenden Gliederungspunkt erwahnt, lassen sich der Wandel zur Erlebnisgesellschaft und die damit verbundenen Veranderungen auf den wachsenden materiellen Wohlstand in der westlichen Welt zuruckfuhren. Dieser zeigt sich auch in dem standig wachsenden Angebot an Waren und Dienstleistungen (vgl. Meffert/Bruhn 2003, S. 9). Betrachtet man zunachst nur die Zunahme an Konsummoglichkeiten, so wirkt sich bereits diese negativ auf den Markterfolg der Untemehmen aus. Da dem standig wachsenden Angebot keine adaquate Nachfrageentwicklung gegeniibersteht, verscharft sich auf solchen gesat-
Griinde fiir die zunehmende Bedeutung des Eventmarketing
13^
tigten Markten^ der Wettbewerb. So zeigt beispielsweise eine Langsschnittstudie von Infratest Burke (vgl. Lecomte/Willke 1997), dass das steigende Warenangebot wichtige Erfolgsfaktoren, wie die Anzahl der Kaufer einer Marke, die Wiederkaufsrate oder die durchschnittliche Anzahl von Wiederholungskaufen, negativ beeinflusst. Zusatzlich gelten Produkte iind Dienstleistimgen auf solchen Markten haufig als ausgereift, was sich durch eine zunehmende Angleichung der objektiven Qualitat^ miteinander konkurrierender Angebote bemerkbar macht (vgl. Kroeher-Riel/Esch 2004, S. 24). Die sich daraus ergebende Austauschbarkeit bezieht sich mittlerweile nicht nur auf die objektive Qualitat von Waren und Dienstleistungen, sondem auch auf die Kommunikation. Zwar wird gerade letzteres Marketinginstrument als besonders geeignet beurteilt, die Angebote in gesattigten Markten voneinander zu differenzieren, doch offensichtlich scheitem die Untemehmen haufig an dieser Aufgabe. So fuhrt in der Praxis nicht selten eine ahnliche formale Aufmachung der Werbemittel oder eine inhaltliche austauschbare Botschaftsgestaltung zu Verwechslungen bei den Konsumenten (vgl. Kroeber-Riel/Esch 2004, S. 57ff.). Eine Reaktion der Untemehmen auf die zunehmende Marktsattigung besteht in einer verstarkten Marktdifferenzierung, um damit ausgewahlte Marktsegmente besser als die Konkurrenz anzusprechen und so die jeweiligen Verbraucher fiir das eigene Angebot zu gewinnen. Allerdings werden durch dieses Verhalten die Markte fiir die Konsumenten immer uniibersichtlicher, was wiederum durch eine Intensivierung der Marktkommunikatioii ausgeglichen werden soil (vgl. Kroeher-Riel/Esch 2004, S. 26ff.). Letzteres fiihrt allerdings zu einer Reihe neuer Probleme. So ergibt sich daraus erstens eine erhohte, von den Konsumenten haufig nicht mehr akzeptierte Informationskonkurrenz (vgl. ausfiihrlich den folgenden Gliederungspunkt). Diese ist zweitens oft mit steigenden Werbebudgets seitens der Untemehmen verbunden, da diese sich gegen ihre ebenfalls verstarkt werbende Konkurrenz durchsetzen miissen (vgl. Schierl 1997, S. 47ff.). Drittens besteht die Gefahr, dass der Einsatz klassischer Massenkommunikation bei den sehr differenzierten Segmenten in unakzeptablen Streuverlusten mtindet.
1.1.3
Veranderungen in der Unternehmenskommuiiikatioii
Bereits Ende der achtziger Jahre ergaben Schatzungen des Institutsfur Konsum- und Verhaltensforschung der Universitdt des Saarlandes (vgl. Brunne/Esch/Ruge 1987; Kroeber-Riel 1987) fiir Deutschland den in der Folgezeit haufig zitierten Wert einer Informationsuberlas-
Bereits 1989 galten in Westeuropa, Japan und den USA 75% aller Markte als gesattigt (vgl. Harrigan 1989, S. 23). Die objektive Qualitat umfasst die objektiven, physikalisch-chemisch-technischen Merkmale eines Produktes (vgl. Freiling/Herrmann/Huber 200\, S. 1449).
14
Eventmarketing als Bestandteil des Kommunikations-Mix
tung Oder prSziser eines Informationsiiberschusses^ von 98%. Es ist zu veraiuten, dass sich dieser Anteil vom Konsumenten nicht genutzter Informationen bis zum heutigen Tag welter erhoht hat. Zwar stieg auch die Mediennutzungsdauer in der Bevolkenmg (vgl. Kaase 2001, S. 468), jedoch steht dem ein vergleichsweise iiberproportionales Wachstum des Medienangebotes gegentiber. So wuchs die Zahl der Femsehsender von 1960 bis zum Jahr 2004 von 9 auf 156, wahrend aus den damals 8 Horfunkprogrammen 331 wurden. Die Menge der angebotenen Publikumszeitschriften verdreifachte sich im gleichen Zeitraum (vgl. ZAW 2005, S. 200; Nickel 2000, S. 5). Zusatzlich erweitert seit Mitte der neunziger Jahre das Internet die potentiell nutzbare Informationsmenge betrachtlich: Waren beispielsweise im Januar 1994 bei der DENIC (2006) 1.123 de.Domains registriert, lag dieser Wert im Dezember 2005 bereits bei 9.378.395. Auch die Marktkommunikation der Untemehmen tragt zu diesem Informationsiiberfluss bei. Beispielsweise stieg die Zahl der Femsehspots von 404.924 Werbespots im Jahr 1991 auf 2.558.021 im Jahr 2003. Hinzu kamen im Jahr 2003 auBerdem 49,59 Millionen Sekunden Radiowerbung, 309.094 Seiten Werbung in Zeitschriften sowie 192.553 Seiten Zeitungswerbung (vgl. Esch/Wicke/Rempel 2005, S. 15f.). In Anbetracht dieser Tatsachen und der bereits im vorhergehenden Gliederungspunkt erwahnten Austauschbarkeit der Untemehmenskommunikation verwundert es nicht, dass die Konsumenten den zunehmenden Kommunikationsdruck als storend empfinden. So beurteilen sie zum Beispiel die Werbeunterbrechungen im Femsehen als zu haufig und als zu lang (vgl. Niemeyer/Czycholl 1994, S. 166). Dabei beschrankt sich die Verbraucherkritik nicht nur auf die Quantitat der WerbemaBnahmen, sondem betrifft generell deren Akzeptanz. Nach einer Untersuchung von Ottler (1998, S. 170) vertritt rund ein Drittel der Bevolkenmg eine negative Einstellung gegentiber der Werbung. Ein ahnliches Bild zeigen die in Abb. 2 dargestellten Ergebnisse der jahrlich durchgefuhrten Verbraucheranalyse (VA), wonach die Werbeakzeptanz bis 1997 bestandig abnahm und sich anschlieBend stabilisierte.
Die Berechnung des Wertes erfolgte durch einen Vergleich von Informationsangebot und -nachfrage. Der zunSchst genutzte Begriff der Informationsiiberlastung erscheint in diesem Zusammenhang eher verwirrend, da ein bloBes Uberangebot an Informationen nicht zwangslSufig eine Uberlastung des Konsumenten bedeutet (vgl. Meyer 1997; Trommsdorff \991, S. 2). In spateren Publikationen werden die eindeutigeren Begriffe des Informationsuberschusses bzw. der Informationsuberflutung verwendet (vgl. z.B. KroeberRiel/Weinberg 2003, S. 90; Kroeber-Riel 1996, S. 6).
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Grilnde fUr die zunehmende Bedeutung des Eventmarketing Abb. 2: Die Entwicklung der Werbeakzeptanz in Deutschland
50,5%
• 43,2«H. A38,lfo
20% 4 10% 4 0% 1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
- Werbung ist meist recht unterhaltsam - Werbung ist eigentlich ganz hilfreich fiir den Verbraucher -Werbung gibt manchnial ntttzliche Ifinweise iiber neue Produkte
Quelle: Verlagsgruppe Bauer (2000)
Der zunehmende Werbedruck sowie die damit verbundene sinkende Akzeptanz gegeniiber klassischen KommunikationsmaBnahmen fuhrt bei den Verbrauchem haufig zu Vermeidungsverhalten, wie beispielsweise Zapping^ (vgl. Niemeyer/Czycholl 1994, S. 68). Empirische Untersuchungen zeigen, dass zwischen 65% (vgl. Schimansky 1999, S. 124) und 80% (vgl. Ching Bin Tse/Lee 2001) der Zuschauer nicht durch Femsehwerbung erreicht werden. Ahnliches lasst sich im Bereich der Printwerbimg beobachten. Obwohl der Betrachter hier ca. 35 bis 40 Sekimden benotigt, um alle Informationen aufzunehmen, wenden sich die Leser einer Anzeige tatsachlich nur ca. 2 bis 3 Sekimden zu (vgl. Kroeber-Riel/Esch 2004, S. 18). Dass dieses Vermeidungsverhalten letztlich zu einer schwachen Erinnerung an die KommunikationsmaBnahmen (vgl. Ching Bin Tse/Lee 2001) und damit zu einer unzureichenden Werbewirkung fiihrt, erscheint plausibel. Eine weitere Ursache fur die abnehmende Wirksamkeit der klassischen Untemehmenskommunikation besteht darin, dass diese bereits ein konstitutiver Bestandteil der Konsumentensozialisation geworden ist (vgl. Sistenich 1999, S. 9ff.). Das gilt insb. fiir Kinder und Jugendliche, die bereits im friihen Alter mit klassischen KommunikationsmaBnahmen in Beriihrung kommen. So gewohnen sie sich nicht nur an die Beeinflussungsversuche der Untemehmen, sondem durchschauen diese oder nehmen sogar eine kritische Haltung diesen gegeniiber ein (vgl. Meister/Sander 2000; Sistenich/Zanger 1998).
Bewusste Vermeidung von Femsehwerbung, z.B. durch psychische Abwesenheit oder Umschalten des Programms wahrend der Werbeeinblendung (vgl. Brockhoff/Dobberstein 1989, S. 27).
16
1.2
Eventmarketing als Bestandteil des Kommunikations-Mix
Grenzen klassischer Kommunikationsinstrumente
Wie im Gliederungspunkt B.1.1 (S. 9ff.) dargestellt, gewinnt die Kommunikationspolitik einerseits im Marketing-Mix der Untemehmen immer mehr an Bedeutung. Andererseits zeigte sich jedoch, dass dieser Wandel zu einer Reihe neuer Schwierigkeiten, wie beispielsweise zunehmenden Infonnationsuberschuss oder sinkende Werbeakzeptanz, geftihrt hat. Dabei stellt sich die Frage, ob diese Probleme alle Instrumente des Kommunikations-Mix im gleichen AusmaB betreffen oder sich - wie bereits angedeutet - noch weitestgehend auf die klassischen MaBnahmen (z.B. Werbimg) beschranken. Um darauf eine Antwort zu finden und dabei nicht auf jedes Kommunikationsinstrument gesondert eingehen zu miissen, werden diese zunachst systematisiert. Damit kann die anschliefiende Untersuchung auf aggregierter Ebene erfolgen. Haufig werden Kommunikationsinstrumente danach differenziert, ob der Sender dem Empfanger seine Botschaft mittels eines medialen Kommunikationstragers iibermitteh (vgl. z.B. Schweiger/Schrattemcker 2005, S. 7ff; Berndt 1993, S. 11). So nutzt man beispielsweise in der Werbung elektronische Medien (z.B. Horfunk, Femsehen) oder Printmedien (z.B. Zeitungen, Zeitschriften), imi die entsprechenden Inhalte zur Zielgruppe zu transportieren. Dies wird als indirekte Kommunikation bezeichnet. Direkte Kommunikation liegt hingegen vor, wenn beide Parteien in unmittelbaren Kontakt miteinander treten, wie es etwa bei einem Verkaufsgesprach der Fall ist. Die Richtung der Kommunikation ist ein weiteres oft genutztes Systematisierungskriterium (vgl. z.B. Bruhn 2005, S. 333ff; Schweiger/Schrattemcker 2005, S. 7ff). Die zweiseitige Kommunikation bietet dem Empfanger die Moglichkeit, sofort auf die erhaltene Nachricht zu reagieren, wie es beispielweise bei einem TelefongesprSch der Fall ware. Bei der einseitigen Kommunikation hingegen, kann der Adressat nicht unmittelbar auf die Botschaft antworten. Als Beispiel lasst sich hier die klassische Mediawerbung auffuhren. Kritisch ist dabei allerdings anzumerken, dass eine trennscharfe Abgrenzung nicht moglich erscheint, da die Kommunikationsinstrumente eine Vielzahl von Gestaltungsmoglichkeiten aufsveisen. So kann z.B. Verkaufsforderung sowohl einseitig, etwa durch Prospekte oder Gewinnspiele, als auch zweiseitig, etwa durch AuBendienstmitarbeiter bei einer Verkostungsaktion, stattfmden. Fraglich bleibt jedoch, ob sich dieses Dilemma durch das Einfuhren weiterer Systematisierungskriterien voUstandig beheben lasst. So nutzt beispielsweise Bruhn (2005, S. 335) drei Kriterien, erreicht damit aber trotzdem keine klare Trennung zwischen den Kommunikationsmafinahmen. Um diese Schwierigkeit zu entscharfen, enthalt die folgende
Griinde fllr die zunehmende Bedeutung des Eventmarketing
17
Kategorisienmg (vgl. Tab. 5) neben den Kommunikationsinstrumenten zusatzlich mogliche Kommunikationsmittel und -trager^^. Tab. 5: Kategorisierung von Kommunikationsmafinahmen^' Beziehung zwischen Sender und Emp^nger direkt
indirekt einseitig
Kategorie I
Kategorie II
• Mediawerbung
• Direktwerbung in Form von Werbebriefen, Prospekten, Katalogen etc.
• Sponsoring unter Nutzung medialer Kommunikationstrager (z.B. Programmsponsoring, TV-Ubertragung gesponserter Veranstaltungen)
e 's s S S o
• Verkaufsfbrderung ohne personliche Beteiligung von Mitarbeitem des Senders (z.B. Gutscheine) • POS-Werbung • Sponsoring ohne Nutzung medialer KommunikationstrSger (z.B. Veranstaltungssponsoring)
Kategorie III
Kategorie IV
s
• Teiefon-Hotline
• PersOnliche Kommunikation
Q^
• Online-Kommunikation
• Messen und Ausstellungen
• Direct-Response-MaBnahmen
• Eventmarketing
01) zweiseitig
• Verkaufsfbrderung mit persOnlicher Teilnahme von Mitarbeitem des Senders (z.B. Verkostungen) Quelle: in Anlehnung an Bruhn (2005, S. 335)
Mit dem hier gewahlten Schema lassen sich die einer Untemehmimg zur Verftigung stehenden KommimikationsmaBnahmen insgesamt vier Kategorien zuordnen. Im Weiteren wird untersucht, inwieweit diese Gruppen von den im Gliedenmgspunkt B.1.1.3 (S. 13ff.) beschriebenen Problemen betroffen sind. Dabei sollen die in den folgenden Ausftihrungen aufgezeigten Kritikpunkte nicht gegen einen Einsatz dieser KommunikationsmaBnahmen sprechen, sondem vielmehr vorhandene Schwachstellen aufdecken, die das Eventmarketing teilweise nicht aufweist. Wie bereits erwahnt, wird dabei nicht mehr explizit auf jede KommunikationsmaBnahme eingegangen, jedoch zum besseren Verstandnis gegebenenfalls auf illustrierende Beispiele zuriickgegriffen.
Wahrend Kommunikationsinstrumente (z.B. Mediawerbung, Verkaufsfbrderung) eine gedankliche Zusammenfassung von Kommunikationsmafinahmen nach ihrer Ahnlichkeit beschreiben, beziehen sich Kommunikationsmittel (z.B. Anzeige, Femsehspot) auf die Verschlusselung kommunikativer Aussagen. Als Kommunikationstrager lassen sich die Ubermittlungsmedien bezeichnen (z.B. Zeitungen, Femsehen), mit deren Hilfe die Kommunikationsmittel dem EmpfUnger naher gebracht werden (vgl. Bruhn 2005, S. 3flf.). Auf eine Einordnung des Instrumentes der Offentlichkeitsarbeit wurde bewusst verzichtet, da sich dieses abhangig von der Wahl der Kommunikationsmittel und -trager jeder der vier Kategorien zuordnen lasst. So kann Offentlichkeitsarbeit beispielweise mit Hilfe der Mediawerbung erfolgen (Kategorie I), als auch mit adressierten Informationsbroschuren (Kategorie II), via Internet (Kategorie III) oder liber Pressekonferenzen (Kategorie IV).
18
Eventmarketing als Bestandteil des Kommunikations-Mix
Betrachtet man zunachst die Kommunikationsinstrumente der Kategorie I, so nutzen diese haufig die Massenmedien zur Botschaftsubermittlung. Im Vergleich zu den Instrumenten der anderen Kategorien lasst sich somit einerseits ein breites und disperses Publikum erreichen. Andererseits tragen die Instmmente durch ihre Medienprasenz zu dem bereits diskutierten Informationsiiberschuss bei, welcher als eine Ursache fur die abnehmende Verbraucherakzeptanz gegeniiber der Marktkommunikation sowie dem entsprechenden Vermeidungsverhalten identifiziert wurde. Erschwerend kommt hinzu, dass die Empfanger diese Medien haufig nur mit einem geringen Involvement^^ nutzen. So beschaftigen sich beispielsweise ca. 50% der Femsehzuschauer wahrend des Programms mit Nebentatigkeiten, wie Essen, Hausarbeit oder Lesen (vgl. Ottler 1998, S. 104). Bei der Horfunknutzung erhoht sich dieser Wert sogar auf 91,9% (vgl. Oehmichen 2001, S. 136). Die Instrumente dieser Kategorie entfalten ihre Wirkung somit eher auf indirektem Weg, indem sie entweder zu einer positiven Einstellung gegeniiber der KommunikationsmaBnahme fiihren, die sich auf das jeweilige Objekt ubertragt oder eine starke Bewusstseinsprasens (Bekanntheit) beim Konsumenten erzeugen, die dessen Markenwahl in der Kaufsituation beeinflusst (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 624; Steffenhagen 1993a, S. 297). Aufgrund des standigen Kontaktes der Verbraucher mit den Instrumenten der Kategorie I tragen diese wesentlich zur Konsumentensozialisation bei, die wiederum zu einer Gewohnung oder sogar kritischen Haltung gegeniiber solchen Mafinahmen fuhrt. Zusatzlich ist der Einsatz der Massenkommunikation im Vergleich zu den Instrumenten der anderen Kategorien haufig mit hohen Streuverlusten verbunden (vgl. Nieschlag/Dichtl/ Horschgen 2002, S. 991). Letztlich konnen die Adressaten nicht auf die empfangene Nachricht reagieren, womit der Sender keine direkte Moglichkeit besitzt, weiterfiihrende Informationen iiber seine Zielgruppe und ihre Reaktionen auf die Botschafl zu sammeln. Obwohl im Vergleich zu Kategorie I eine direkte Beziehung zu den Botschaftsempfangem besteht, unterliegen die Instrumente der Kategorie II ahnlichen Wirkungsprinzipen (iiberwiegend geringes Involvement, breite Streuung der Botschaft, keine unmittelbare Interaktion zwischen den Kommunikationspartnem). So zeigt beispielsweise die Entwicklung der Aufwendungen fiir adressierte Werbesendungen, dass hier eine weitere Ursache fur den zunehmenden Informationsiiberschuss liegt. Investierten die Untemehmen 1988 noch 3,0 Mrd. € in diese Art der Zielgruppeninformation (vgl. Link/Schleuning 1999), so stieg dieser Wert nach Angaben des Deutschen Direktmarketing Verhandes (2005) bis 2004 auf 11,5 Mrd. €. Hinsichtlich der Akzeptanz solcher Kommunikationsformen empfanden bereits in einer 1990 durchgefuhrten empirischen Studie von Topfer/Mann (1993) 42% der Befragten
'^ Damit sei nicht bestritten, dass die so vermittelten Botschaften nicht auch auf hoch involvierte Konsumenten treffen k5nnen (z.B. bei anstehenden Kaufentscheidungen oder bei genereilem Interesse gegeniiber dem Meinungsgegenstand). Jedoch sprechen die folgenden empirischen Erkenntnisse fiir eine Dominanz der Low-Involvement-Faile.
GrUnde fur die zunehmende Bedeutung des Eventmarketing
19^
Werbesendungen als lastig. Aufgrund der steigenden Ausgaben in diesem Bereich lasst sich vermuten, dass dieser Wert mittlerweile noch hoher liegt. Die in der Kategorie III zusammengefassten MaBnahmen bieten dem Konsumenten die Moglichkeit, auf die veraiittelte Botschaft zu reagieren, da er nun selbst entscheiden kann, wann er welche Informationen abruft. Wahrend sich die beiden vorhergehenden Kategorien durch ein iiberwiegend geringes Interesse des Verbrauchers an der Botschaft auszeichnen, ist er hier starker involviert, da er aktiv in den Kommunikationsprozess eingreift. Dies bringt fur das Untemehmen nicht nur den Vorteil, auf einen aufnahmebereiten^^ Empfanger zu treffen, sondem eroffnet auch Wege, direkt auf die individuellen Bediirfnisse der Zielgruppe eingehen zu konnen. Weiterhin lasst sich die zweiseitige Kommunikation als Instrument der Marktforschung nutzen. So konnen einerseits i.S. eines Data-Base-Marketing weitere Informationen iiber die Konsumenten gesammelt werden. Andererseits sind die direkten Reaktionen der Zielgruppe ein Indikator far die Wirksamkeit der Kommunikationsmafinahme. Begrenzt wird die Wirksamkeit allerdings insofem, dass es sich um indirekte KommunikationsmaBnahmen handelt. Indem der Sender einen medialen Kommunikationstrager zur Botschaftsiibermittlung nutzt, beschrankt sich diese aus technischen Griinden auf visuelle und akustische Reize. Im Gegensatz dazu konnen die Instrumente der Kategorie IV auch olfaktorische, gustatorische, haptische, thermale und vestibulare Reize einsetzen. Mit dieser Ansprache verschiedener Sinneskanale ergibt sich der Vorteil, dass die Botschaft beim Konsumenten intensiver wirkt (vgl. Kroeber-Riel 1996, S. 50ff.). Femer minimiert die direkte Beziehung zwischen den Kommunikationspartnem die Streuverluste, da der Sender nun weitestgehend selbst auswahlen kann, mit wem er kommimiziert. So konnen beispielsweise Untemehmen bei einer Messeteilnahme mit einem am Thema der Veranstaltung interessierten Publikum rechnen. DarUber hinaus besteht die Moglichkeit, bereits bestehende Kunden individuell per Einladung anzusprechen. Als Nachteil erweist sich hingegen bei den Kategorien III und IV, dass diese ein bestimmtes Mafi an Involvement des Empfangers gegentiber der Botschaft voraussetzen. Damit wird es schwierig, auf diesem Wege Personen zu erreichen, die nur ein schwaches Interesse am Kommxmikationsobjekt besitzen^"^. Bedingt durch ihre Fahigkeit direkte Kundenkontakte herzustellen, besitzen die Instrumente dieser Kategorien im Vergleich zu denen der Gruppen I und II auBerdem eine geringere Reichweite bei der Zielgruppenansprache.
Bei einem hohen Kommunilcationsinvolvement setzten sich Personen starker mit der kommunizierten Botschaft auseinander (vgl. ausfiihrlich Jeck-Schlottmann 1987, S. 67ff. sowie die Ausfuhrungen im GliederungspunktE.2.3.1, S. 93ff.). Wie noch ausfiihrlich zu zeigen sein wird (vgl. Gliederungspunkt E.2.3.1, S. 93ff.) gilt diese Aussage nur begrenzt fiir das Eventmarketing, da hier zwischen einem Involvement gegentiber der Botschaft und einem Involvement gegenuber dem gebotenen Eventinhalt unterschieden werden muss.
^0
Eventmarketing als Bestandteil des Kommunikations-Mix
Wie bereits in Tab. 5 (S. 17) angedeutet, lasst sich auch das Eventmarketing der letzten Kategorie zuordnen. Im Folgenden wird dieses Kommimikationsinstrument von anderen Instrumenten abgegrenzt und definiert. Abschliefiend stehen dessen idealtypische Merkmale im Mittelpunkt der Ausfiihrungen.
2
AbgrenzungdesEventb^riffes
Um das Kommunikationsinstrument Eventmarketing zu definieren, bietet es sich einftihrend an, den Begriff des Events naher zu betrachten. Da es sich offensichtlich um eine Bezeichnung aus dem Englischen handelt, empfiehlt sich zimachst ein Blick in entsprechende etymologische Worterbiicher, wobei sich die folgenden Beschreibungen finden lassen: •
something that happens, especially something important, interesting or unusual (vgl. Crowther 1995, S. 395; Rundell 1995, S. 464; Sinclair 1995, S. 567),
•
an important performance, sports competition, party etc., which has been arranged for a particular date and time (vgl. Rundell 1995, S. 464),
•
a planned public or social occasion (vgl. Crowther 1995, S. 395),
•
a planned and organized occasion, for example a social gathering or sports match (vgl. Sinclair 1995, S. 567) sowie
•
any of the races, competitions etc. as part of a day's sports (vgl. Crowther 1995, S. 395; Rundell 1995, S. 464; Sinclair 1995, S. 567).
Es wird deutlich, dass es sich bei einem Event um ein geplantes, organisiertes und besonderes Ereignis handeh, welches sich haufig auf den Bereich des Sports bezieht. So umschreiben auch deutsche Ubersetzungen den Begriff mit Ereignis, Geschehnis oder als sportliche Veranstaltunghzw. Wettkampf(ygl z.B. Weis 1991, S. 171). Dass dieser Begriff bereits Eingang in die deutsche Sprache gefunden hat, belegt nicht nur seine haufige Nutzung in der Alltagssprache oder in den Medien. Auch der Duden (vgl. Drosdowski u.a. 1996, S. 266) hat die Bezeichnung erstmals seit der 21. Auflage aufgenommen. Hier wird ein Event als eine Veranstaltung beschrieben, worin der kleinste gemeinsame Nenner im Gebrauch des Begriffes zu bestehen scheint. Das offenbart auch die folgende Tabelle, die die Bandbreite seiner Anwendungen demonstriert. So werden beispielsweise sowohl private Feste (z.B. Hochzeiten oder Geburtstage), kulturelle Ereignisse (z.B. Konzerte) als auch wirtschaftlichen Zwecken dienende Veranstaltungen (z.B. Messen) als Events bezeichnet.
Abgrenzung des Eventbegriffes
21
Tab. 6: Systematisierungsansdtze fur Events Arten von Events
Autor Erber (2005, S. 24)
• Kultur-Events
• wirtschaftliche Events
• Sport-Events
• gesellschaftspolitische Events
Goldblatt (2005, S.
• CIVIC events
• hospitality
• social life-cycle events
lOff.)
• expositions
• meetings and conferences
• sport events
• fairs and festivals
• retail events
• tourism
• hallmark events*^ Klenk(1999,S.39ff.)
Mega-Events: sportliche Mega-Events, Weltausstellungen
Graf(1998,S.39)
• individuelle Events
• kulturelle Events
• politische Events
• religiose Events
• sportliche Events
• okonomische Events
• cultural celebrations
• sport competitions
• political state
• art/entertainment
• educational scientific
• private
• business/trade
• recreational
• gesellschaftliche Events Getz(1997, S. 7)
Jagerhofer(1995, S. 31)
• private Feste
• profitorientierte Events
• geschaftliche Non-profit-Events
• Fund Raising/Charity
Da aber weder die etymologische Betrachtung des Begriffes noch die Aufzahlung seiner moglichen Auspragungen ftir eine Definition ausreichen, bietet es sich weiterhin an, nach Gemeinsamkeiten der in Tab. 6 dargestellten Veranstaltungsformen zu suchen. Damit lassen sich Events zunachst anhand folgender Kennzeichen beschreiben (vgl. Zanger 2001a; Gebhardt 2000, S. 19ff.; Zanger/Sistenich 1996, S. 235): •
Events sind planmaBig erzeugte Ereignisse: Events finden nie zufallig statt, sondem benotigen organisatorische Vorbereitung und planmaBige Durchfuhrung durch einen Veranstalter. Dieser kann sowohl ein einzelnes Individuum, eine Personengruppe als auch eine Organisation sein.
•
Events werden zielorientiert durchgefiihrt: Obwohl die Ziele vom Veranstalter nicht unbedingt explizit festgelegt werden miissen, ist davon auszugehen, dass Events immer ob bewusst oder imbewusst - aufgnmd einer bestimmten Intention stattfinden.
Veranstaltungen mit groBer nationaler oder sogar internationaler Bedeutung (z.B. Olympische Spiele), die haufig eine groBe Anzahl von Zuschauern anziehen (vgl. Roslow/Nichoils/Laskey 1992).
22
Eventmarketing als Bestandteil des Kommunikations-Mix
•
Events werden als einzigartiges Erlebnis geplant und erlebt: Events bieten ihren Teilnehmem eine positive Abwechslimg vom Alltag, die mit Freude und Spannung erwartet wird.
•
Events sprechen mehrere (alle) Sinne ihrer Teilnehmer an: Den Teilnehmem soil ein „totales Erlebnis" {Gehhardt 2000, S. 20) geboten werden. Das erfolgt beispielsweise durch Vemetzung imterschiedlicher asthetischer Ausdrucksforaien, wie Musik, Tanz, Lichtgestaltung etc.
•
Events vermitteln das Gefiihl exklusiver Gemeinschaft und Zusammengeh3rigkeit: Obwohl zwischen den Eventbesuchem durchaus Differenzienmgen bestehen konnen (z.B. aufgnmd hierarchischer Beziehungen zwischen den einzelnen Individuen), iiberwiegt das Gefuhl, durch die gemeinsame Eventteilnahme zu einer „grofien Familie" {Gebhardt 2000, S.21)zugeh6ren.
•
Events sind meistens monothematisch fokussiert: Durch die Konzentration auf eng begrenzte Inhalte (z.B. ausgewahhe Musikstile, Sportarten, Produkte) bieten Events den Teilnehmem die Moglichkeit, mittels des ausgewahlten Themas miteinander zu interagieren. Der Eventinhalt stiftet damit sowohl Identitat als auch ein Gemeinschaftserlebnis. Voraussetzung ist allerdings, dass der ausgewahlte Inhalt fur die Besucher Relevanz besitzt.
Obwohl der Eventbegriff durch diese Merkmale schon sehr ausfuhrlich beschrieben ist, trifft er immer noch auf alle in Tab. 6 aufgefiihrten Veranstaltungen zu. Im Hinblick auf die hier interessierende Nutzung von Events im Rahmen der Kommunikationspolitik erscheinen damit die o.g. Kriterien fur eine Begriffsdefmition nicht ausreichend. Um die Merkmale weiter zu konkretisieren, werden im Folgenden lediglich nur jene Events untersucht, die Unternehmen zur Durchsetzung ihrer Ziele einsetzen. Veranstaltungen, wie z.B. private Feste Oder religiose Events, sind damit nicht mehr Gegenstand der anschlieBenden Betrachtungen.
3
Events im Rahmen des Veranstaltungsmarketing
Eine erste Moglichkeit, Events untemehmerisch zu nutzen, ergibt sich aus der professionellen Erstellung und anschliefienden Vermarktung von Ereignissen i.S. einer kommerziell verwertbaren Dienstleistung. Beispielhaft lassen sich hier kulturelle Veranstaltungen, wie Konzerte und Musicals, oder sportliche Ereignisse, wie die Spiele der deutschen Bundesliga und die Rennen der Formel 1, auffiihren. Inszenieren privatwirtschaftlich organisierte Veranstalter diese Ereignisse, so stehen dabei haufig okonomische Intentionen im Vordergrund. Ziele, wie z.B. Gewinnsteigerung oder
Events im Rahmen des Veranstaltungsmarketing
23
Erhohimg des eigenen Marktanteils, sollen dabei im Wesentlichen durch die folgenden Umsatzquellen erreicht werden (vgl. Wochnowski 1996, S. 84): •
Besuchereinnahmen durch den Verkauf von Teilnahmerechten,
•
Medieneinnahmen durch den Verkauf von Ubertragungsrechten,
•
Sponsoringeinnahmen durch den Verkauf von Kommunikationsrechten sowie
•
Einnahmen aus dem Verkauf komplementarer Dienstleistungen (z.B. Merchandising, Gastronomic).
Eine ahnliche „produktpolitische" Auffassung vertritt die Tourismusbranche. Hier werden Events i.S. eines zusatzlichen touristischen Angebotes verstanden, um damit die Attraktivitat des „Produktes" der Destination fiir die (potentiellen) Kunden zu erhohen. Hauptsachlich zielen die Veranstalter damit auf eine Steigerung von Besucherzahlen ab, insb. durch die Gewinnung neuer Zielgruppen (vgl. Freyer 1998, S. 31ff.). Von diesen okonomischen Zielen lassen sich allerdings weitere Aufgaben von Events im Tourismusbereich abgrenzen, wie beispielsweise die Erhohung des Bekanntheitsgrades oder die Imagebildung der Destination (vgl. Freyer 1998, S. 33f.). In beiden Fallen handelt es sich um Veranstaltungsziele, die dem hier vertretenen Verstandnis von Eventmarketing sehr nahe kommen. Fur die Nutzung von Events als kommerzielle Dienstleistungen sowie zur Aufwertung touristischer Standorte ordnen sich die Instrumente des Marketing-Mix der Erfiillung der entsprechenden Ziele unter. So ist beispielsweise im Rahmen der Produktpolitik uber die konkrete Ausgestaltung des Events zu entscheiden, wahrend die Entgeltpolitik die Preise fur den Verkauf der o.g. Rechte festlegt. Weiterhin beschaftigt sich die Distributionspolitik einerseits mit der Distribution der Dienstleistung an sich (i.S. des Veranstaltungsortes) und andererseits mit der Verteilung der o.g. Rechte, insb. der Teilnahmerechte (i.S. der Festlegung von Distributionskanalen, z.B. telefonischer Vorverkauf). Die Kommunikationspolitik verbreitet letztlich die das Event betreffenden Informationen, um die Erwartungen, Einstellungen und Verhaltensweisen der Zielgruppe i.S. des Veranstalters zu beeinflussen (vgl. Drengner/ Sachse/Zanger 2004, S. 162ff.). Zusammenfassend lasst sich in diesen Fallen vom „Eventmarketing i.S. von klassischem Marketing" (Gra/1998, S. 33) sprechen. Obwohl diese Bezeichnung inhaltlich nicht falsch ist, kollidiert sie jedoch mit dem hier vertretenen Verstandnis von Eventmarketing als Kommunikationsinstrument. Deshalb wird der eindeutigeren Definition von Zanger (2001b, S. 1722) gefolgt, die das Marketing fur Veranstaltungen als Veranstaltungsmarketing bezeichnet. Dabei handelt es sich...
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Eventmarketing als Bestandteil des Kommunikations-Mix
•
um einen speziellen Bereich des Dienstleistungsmarketing,
•
der „...die Planung, Organisation und Durchfuhnmg
•
von kulturellen, sportlichen, touristischen, wirtschaftlichen Veranstaltungen
•
unter der Pramisse einer konsequenten Orientierung der Veranstaltungsziele an den Bediirfiiissen der Zuschauer resp. Teilnehmer als Kunden
•
durch den Einsatz der Instrumente und Methoden des Marketing" (Zanger 2001b, S. 1722)umfasst.
politischen,
wissenschaftlichen
oder
Das Anwendungsgebiet des Veranstaltungsmarketing schliefit somit nicht nur die hier untersuchten, mit kommerziellem Interesse inszenierten Ereignisse ein, sondem lasst sich generell auf die Vermarktung von Events ausweiten.
4
Events im Rahmen der Kommunikationspolitik
Ein zweiter Ansatz, Events zur Dnrchsetzung der Untemehmensziele einzusetzen, besteht darin, sie in der Kommunikationspolitik zu nutzen. Aus diesem Blickwinkel dienen sie nicht mehr vordergriindig der Erreichung okonomischer Ziele, sondem erfullen die diesen zeitlich vorgelagerten auBerokonomischen Ziele, wie beispielsweise das Wecken von Aufmerksamkeit Oder die Vermittlung von Inforaiationen (vgl. Zanger 1998, S. 79). Zu diesem Zweck konnen Untemehmen entweder auf fremd- oder eigeninszenierte Events zuruckgreifen. Beide Moglichkeiten stehen im Mittelpunkt der folgenden Betrachtimgen.
4.1
Die Nutzung fremdinszenierter Events durch das Sponsoring
Greifen Untemehmen auf die von Dritten inszenierten Ereignisse zuriick, um mit ihren Zielgmppen zu kommunizieren, so spricht man vom (Veranstaltungs-) Sponsoring. Ahnlich dem im einfuhrenden Gliederungspunkt A.l (S. Iff.) dargestellten Bedeutimgszuwachs des Eventmarketing kann auch dieses Instrument in den letzten Jahren auf eine zunehmende Nutzung in der Untemehmenskommunikation verweisen (vgl. z.B. Cornwell/Weeks/Roy 2005, S. 21; Roy/Cornwell 2003, S. 377). Ursachlich daftir sind die bereits in Gliederungspunkt 1.1 (S. 9ff) diskutierten Probleme sowie der Vorteil dieses Instrumentes, die Zielgmppen iiber den Freizeitbereich anzusprechen (vgl. Bruhn 2005, S. 387). In Abgrenzxmg zu anderen Moglichkeiten der Untemehmensforderung, wie Mazenatentum oder Spendenwesen, definiert Bruhn (2005, S. 387) Sponsoring als... •
„Analyse, Planung, Organisation, Durchfiihrung und Kontrolle samtlicher Aktivitaten,
Events im Rahmen der Kommunikationspolitik
25^
•
die mit der Bereitstellung von Geld, Sachmitteln, Dienstleistungen oder Know-how durch Untemehmen und Institutionen
•
zur Forderung von Personen und/oder Organisationen in den Bereichen Sport, Kultur, Soziales, Umwelt und/oder den Medien verbimden sind,
•
um damit gleichzeitig Ziele der Untemehmenskommunikation zu erreichen."
Wie diese Definition zeigt, setzen Untemehmen Sponsoring in verschiedenen Forderbereichen ein. Vor dem Hintergrund des hier vorUegenden Untersuchungsgegenstandes des Events erscheinen vor ailem Sport und Kultur als besonders interessant, zumal es sich hier um die bedeutendsten Einsatzgebiete des Sponsoring handeh (vgl. Bob Bomliz Group 2002, S. 9; Juszczak/Schorr/Acker 2001, S. 15; Falkenau 2000). So unterstiitzen Untemehmen in beiden Fallen nicht nur Einzelpersonen (z.B. Sportier, Kunstler) oder Personengmppen (z.B. Sportmannschaften, Kiinstlergmppen), sondem auch die entsprechenden Veranstaltungen (z.B. Olympische Spiele, Rockkonzerte). Dabei konnen beziiglich untemehmensextemer Zielgmppen^^ die folgenden auBerokonomischen Ziele im Mittelpunkt stehen (vgl. Thwaites 1995, S. 155f.; Drees 1992, S. 112ff): •
Stabilisiemng oder Steigerung des Bekanntheitsgrades,
•
Imageaufbau, -stabilisiemng oder -veranderung (sowohl durch einen Imagetransfer vom Gesponserten auf den Sponsor als auch durch das Sponsoringengagement per se),
•
Demonstration der unternehmerischen Leistung (z.B. Engagement von Automobilherstellem bei der Formel 1),
•
unmittelbare Beeinflussung der Zielgmppe durch den Aufbau personlicher Beziehungen mittels Einladung zu der gesponserten Veranstaltung sowie
•
unmittelbare Beeinflussung der Kaufentscheidung.
Generell ist dabei fur das Veranstaltungssponsoring zu beachten, dass das entsprechende Ereignis in der Regel auch ohne den Sponsor stattfmdet. Die Planung und Durchfiihrung der Veranstaltung erfolgt durch den Gesponserten und nicht durch den Sponsor (vgl. Nickel 1998a, S. 7f.). So ergibt sich zwar fur das unterstiitzende Untemehmen der Vorteil, ohne
Neben externen Zielgruppen (z.B. Endverbraucher, Medien) kann Sponsoring interne Zielgruppen beeinflussen. Zum Beispiel kann das Instrument dazu beitragen, dass sich die Mitarbeiter des sponsemden Unternehmens starker mit diesem identifizieren, was sich wiederum auf ihre Motivation auswirkt (vgl. Bruhn 1997, S. 629). Die interne Zielgruppe wird allerdings in den folgenden Betrachtungen vernachlassigt.
^6
Eventmarketing als Bestandteil des Kommunikations-Mix
groBe eigene organisatorische Leistung von der „Kommunikationskraft" des Events (z.B. Image, Bekanntheit) zu profitieren, dem stehen jedoch folgende Probleme gegeniiber: •
Beschrankung der Gestaltungsmoglichkeiten bei der Platzierung der Werbetrager am Veranstaltungsort: Um die Zielgruppe iiber das Sponsoringengagement des Unternehmens bzw. der Marke zu inforaiieren, verfiigt der Sponsor iiber verschiedene Werbetrager. Dabei lasst sich einerseits auf die im Mittelpimkt des Ereignisses stehenden Personen (z.B. Sportier, Kunstler) bzw. deren Ausrustungsgegenstande (z.B. Trikotwerbung, Werbung auf Sportgeraten oder Transportmitteln) zuruckgreifen. Andererseits bietet sich das Umfeld der Veranstaltung fur die Kommunikation an, wie z.B. Bandenwerbung, Fahnenwerbung, Spanntticher oder Anzeigen auf Eintrittskarten und Programmheften (vgl. Park 1995, S. 81f; Beimel 1992, S. 25ff). Zwar konnen sich beide Parteien vertraglich uber jede erdenkliche Vor-Ort-Platzierung dieser Werbetrager einigen, dennoch ergeben sich hier Einschrankungen. Diese entstehen sowohl aus den Verpflichtungen des Gesponserten gegeniiber anderen Sponsoren (z.B. Exklusivrechte eines Hauptsponsors in verschiedenen Veranstaltungsbereichen) als auch aus Anspriichen weiterer beteiligter Gruppen. So erscheint es beispielsweise beim Sponsoring einer Theaterauffuhrung plausibel, dass Schauspieler nicht ohne weiteres bereit sind, ihre Kunst vor einem iiberdimensionalen Logo des entsprechenden Sponsors vorzutragen, wahrend sie Anzeigen im Programmheft vermutlich eher akzeptieren.
•
Beschrankung der kreativen Gestaltung der Sponsoringbotschaft: Aufgrund der meist geringen Kontaktzeit zwischen Kommunikationstrager und Zielperson bleibt die kreative Gestaltung des Kommunikationsmittels meistens auf die Darstellung eines Logos und/oder eines kurzen Slogans beschrankt (vgl. Deimel 1992, S. 78; Nehenzahl/Hornik 1985, S. 28). Umfassende Informationen zum Sponsor oder Emotionen lassen sich somit nur in geringem Umfang vermitteln (vgl. Hackforth 1994, S. 32).
•
Uberschattungseffekte durch die Auswahl mehrerer Sponsoren: Hinsichtlich der Anzahl der Sponsoren fur eine Veranstaltung erscheint eine Einflussnahme fiir Untemehmen besonders wichtig, da die Wirkung des Sponsoringengagements mit steigender Sponsorenzahl abnimmt (vgl. Nufer 1998, S. llf; Otker/Hayes 1991, S. 39). Ein solcher Uherschattungseffeh (vgl. Glogger 1999, S. 154; Till 1998, S. 402) tritt dann auf, wenn zusatzliche Reize, wie beispielsweise die KommunikationsmaBnahmen anderer Sponsoren, die eigene Sponsoringbotschaft iiberschatten. Daraus ergibt sich die Forderung, die Anzahl konkurrierender Reize zu minimieren, im Idealfall also eine Alleinstellung auf der entsprechenden Veranstaltung anzustreben. Gestiitzt wird diese These durch die empirischen Ergebnisse von Koschler/Merz (1995, S. 123), die einem Exklusiv-Sponsorship hinsichtlich Erinnerung und Image ein grofieres Wirkungspotential zuschreiben, als einem Mee-too-Sponsorship. Zwar lasst sich auch hier die Anzahl der an der Veranstaltung
Events im Rahmen der Kommunikationspolitik
TT_
beteiligten Sponsoren vertraglich beschranken, jedoch erscheinen solche Losungen vom Gesponserten nicht immer erwunscht. Letzteres gilt vor allem dann, wenn sich der Finanzienmgsbedarf des Veranstalters nur mit Hilfe mehrerer Sponsoren decken lasst. •
Geringes Involvement der Zielgruppe gegeniiber der Sponsoringbotschaft: Weiterhin kann das Interesse der Teilnehmer und Zuschauer an dem Veranstaltimgsinhalt die Kommimikationswirkung des Sponsoring abschwachen. So besteht bei den Rezipienten haufig ein hohes Involvement hinsichtlich des inszenierten Ereignisses, mit dem das eher geringe Involvement gegeniiber der zu vermittelnden Botschaft konkurrieren muss (vgl. Lardinoit/Derbaix 2001, S. 169; Deimel 1993, S. 7). Die Aufnahme und Verarbeitung der entsprechenden Sponsoringinformation fmdet damit eher peripher und unbewusst statt (vgl. 5/?/e5er 1983, S.107f.).
•
Beschrankung der Kommunikationswirkung durch Ambush-Marketing: Zusatzliches Konfliktpotential ergibt sich im Bereich des Veranstaltimgssponsoring vor allem bei groBen, publikumsstarken, meist intemationalen Sportereignissen (z.B. Fufiball-Weltmeisterschaflen, Olympischen Spielen) durch das Phanomen des Ambush-Marketing. Damit lassen sich alle gezielten MarketingmaBnahmen eines Untemehmens beschreiben, mit denen es der Offentlichkeit eine Verbindung zu einer bestimmten (Sport-) Veranstaltung oder (Sport-) Organisation suggeriert, die in Wirklichkeit nicht besteht (vgl. Drengner/Sachse 2005, S. 72f.; Payne 1998, S. 324; Townley/Harrington/Couchman 1998, S. 333ff.; Netzle 1996, S. 86). Eingesetzt werden im Rahmen einer solchen Strategic beispielsweise die gestalterische Nachahmung von veranstaltungsbezogenen Logos oder Slogans, Werbeaktivitaten im Veranstaltungsumfeld oder die Ausstattung der Zuschauer am Veranstaltungsort mit Werbetragem (z.B. T-Shirts, Mtitzen) (vgl. Drengner/Sachse 2005, S. 72f.). Fiir den Gesponserten konnen durch dieses Vorgehen sowohl fmanzielle Verluste (z.B. durch entgangene Sponsoringeinnahmen) als auch immaterielle Schaden (z.B. ImageeinbuBe durch unerwunschte Assoziationen zwischen Gesponserten und vermeintlichem Sponsor) entstehen. Hinsichtlich des offiziellen Sponsors lasst sich ein negativer Einfluss des Ambush-Marketing auf die Wirkung seiner KommunikationsmaBnahme vermuten. Allerdings gibt es hierzu nur wenig empirische Untersuchungen, die auBerdem noch widerspriichliche Erkenntnisse liefem (vgl. Drengner/Sachse 2005, S. 73ff.). So zeigten Kinney/McDaniel (1996; McDanieUKinney 1996), dass sich die Erinnerung an offizielle Sponsoren nicht signifikant von den Ergebnissen der Ambusher unterschied, wahrend bei der Studie von Sandler/Shani (1993; 1989) die offiziellen Sponsoren signifikant besser wahrgenommen wurden als die entsprechenden Trittbrettfahrer. Andere Analysen belegen, dass der Erfolg des Veranstaltungssponsoring bzw. entsprechender Ambush-MaBnahmen von verschiedenen Faktoren (z.B. Passfahigkeit des Sponsors/ Ambushers zum Event, Einsatz unterstiitzender KommunikationsmaBnahmen) abhangt (vgl. Drengner/Sachse 2005; Zanger/Drengner/Sachse 2005). Trotz dieser empirischen
28
Eventmarketing als Bestandteil des Kommunikations-Mix
Differenzen erscheint es dennoch plausibel, zunachst von einer negativen Wirkung des Ambush-Marketing auszugehen. Begriinden lasst sich das nicht zuletzt mit dem bereits erlauterten Uberschattungseffekt, da der Ambusher einen storenden Kommunikationsreiz aussendet, der die Wahmehmung des offiziellen Sponsors erschwert. •
Einseitige Kommunikation mit der Zielgruppe: Unabhangig davon, ob die Zielgruppe unmittelbar am Veranstaltimgsort oder uber mediale Kommimikationstrager angesprochen wird, handelt es sich beim Veranstaltungssponsoring letztlich um eine einseitige und damit monologische KommunikationsmaBnahme (vgl. Tab. 5, S. 17). Die damit verbundenen Probleme, wie beispielweise die mangelnden Reaktionsmoglichkeiten der Zielgruppe, wurden bereits im Gliederungspunkt 1.2 (S. 16ff.) beschrieben.
Im Folgenden soil gepriift werden, ob die o.g. Kritikpunkte auch auf eigeninszenierte Events zutreffen. Zuvor wird sowohl der Begriff eines solchen Marketing-Events geklart als auch das ihm ubergeordnete Kommunikationsinstrument des Eventmarketing naher erlautert.
4.2
Die Nutzung eigeninszenierter Events durch das Eventmarketing
Eine weitere Moglichkeit, Events im Rahmen der Untemehmenskommunikation zu nutzen, besteht darin, diese selbst durchzufuhren. Dabei existiert in der Praxis hinsichtlich solcher eigeninszenierter Veranstaltimgen ein sehr breit gefachertes Begriffsverstandnis. So ergab eine 1996 von der Eventagentur Vok Dams (zitiert nach Nickel 1998a, S. 5) unter Praktikem durchgeftihrte Umfrage unterschiedliche Ansichten hinsichtlich des Eventbegriffes. Fiir 51% der Befragten bedeutete er Incentives, fur 44% Mitarbeitertagungen, fur 42% Verkaufsforderung, ftir 38% Messen sowie ftir 23% Schulungen (Mehrfachnennungen moglich). Ahnliche Erkenntnisse lieferte eine im Auftrag der Eventagentur George P. Johnson ersteUte Studie (2001, S. 10), in der die beteiligten US-amerikanischen Untemehmen Events beispielsweise mit Trade Shows (29%), Sponsorships (26%) oder Public Relations (9%) gleichsetzten. Diese Ergebnisse aufgreifend wird der Eventbegriff offensichtlich nicht nur im Zusammenhang mit SponsoringmaBnahmen genutzt (vgl. Gliederungspunkt B.4.1, S. 24ff.), sondem auch anderen Kommunikationsinstrumenten, wie beispielsweise der Verkaufsforderung, Messen oder der Offentlichkeitsarbeit, untergeordnet (vgl. Nufer 2002, S. 30ff.; P.U.N.K.T. PR Gmbh 2001, S. 11; Willems 2000, S. 60; Nickel 1998a, S. 7; Inden 1993, S. 29; BohmeKost 1992, S. 129). Events werden in diesem Fall als Subinstrument eingesetzt, um die kommunikative Wirkung dieser Kommunikationsinstrumente zu verstarken (vgl. Nufer 2002, S. 88ff.). Das dieser Sichtweise entgegengesetzte Extrem besteht darin, Eventmarketing als „strategisches Dach" {Nufer 2002, S. 94) aller anderen Kommunikationsinstrumente zu betrachten und diese am Eventmarketing auszurichten (vgl. Nufer 2002, S. 92ff.; Kinnebrock 1993, S. 52).
Events im Rahmen der Kommunikationspolitik
29
Zanger/Sistenich (1996, S. 234) bezeichnen eine solche Herangehensweise als Totalanspruch. Betrachtet man diese zwei Sichtweisen kritisch, so ergeben sich die nachstehenden Anmerkiingen, die letztlich gegen beide Ansatze sprechen: •
Der Totaianspruch vereinnahmt den schon seit langerer Zeit im Marketing gebrauchlichen Begriff des Erlebnismarketing (vgl. Sistenich 1999, S. 60), was beide Bezeichnungen inhaltlich verwassert. Dabei beschreibt das Erlebnismarketing ein strategisches Vorgehen, mit dessen Hilfe die Produkte eines Untemehmens zu Tragem von Konsumerlebnissen gemacht imd somit in der Gefuhlswelt der Verbraucher verankert werden (vgl. Weinberg 1995; Haedrich/Tomczak 1988). Wahrend der Ansatz des Erlebnismarketing den Status eines Paradigmas besitzt, dem sich die Ausgestaltung des gesamten MarketingMix unterordnet, wird dem Eventmarketing ein instrumenteller Charakter im Rahmen der Kommunikationspolitik zugeschrieben^^.
•
Ein ahnlicher Konflikt ergibt sich, wenn man die Auffassung von Events als Subinstrumente mit dem Begriff des Erlebnismarketing vergleicht. Hier besteht die Gefahr, dass die kurz- bis mittelfristigen EinzelmaBnahmen des subsidiaren Ansatzes mit der langfristigen Strategic des Erlebnismarketing gleichgesetzt werden (vgl. Weinberg 1995, S. 100; Groppel 1991, S. 36f), was letztlich den Begriff des Erlebnismarketing verklart.
•
Sowohl der Totaianspruch als auch die subsidiare Betrachtungsweise fordem eine inflationare Verwendung des Eventbegriffes (vgl. Sistenich 1999, S. 60), was eine wissenschaftlich exakte Definition erschwert.
•
Weiterhin hemmen beide Ansichten die Professionalisierung des Einsatzes von Events (vgl. Nickel 1998a, S. 6), da ohne ein eindeutiges Begriffsverstandnis auch die eigenstandige organisatorische Einbindung in die Untemehmenskommunikation erschwert wird (z.B. i.S. eines Eventmanagers oder einer Eventabteilung).
Eine dritte Begriffsauffassung besteht darin. Events als Mittel eines eigenstandigen Kommunikationsinstrumentes zu betrachten. Dabei hat sich in der Marketingwissenschaft (vgl. z.B. Bruhn 2005, S. 417; Zanger 2001a, S. 439ff.; Meffert 2000, S. 684; Sistenich 1999, S. 61) sowie in der Praxis (vgl. z.B. Erber 2005, S. 48f.) der Begriff des Eventmarketing zur Bezeichnung des Kommunikationsinstrumentes durchgesetzt. Kritisch ist jedoch hinsichtlich dieser Wortwahl anzumerken, dass diese aus etymologischer Sicht nicht nur ein einzelnes
Das zeigt sich sowohl bei den Autoren, die Eventmarketing als Subinstrument auffassen, als auch bei den Quellen, die Eventmarketing als eigenstandiges Kommunikationsinstrument verstehen (vgl. die folgenden Ausfiihrungen).
30
Eventmarketing als Bestandteil des Kommunikations-Mix
Kommunikationsinstrumeiit zu beschreiben scheint, sondem eher einen neuen MarketingAnsatz i.S. des o.g. Totalanspruchs suggeriert (vgl/ auch Nickel 2003, S. 88). Damit tragt diese sprachliche Ungenauigkeit vermutlich auch zu der bereits erlauterten vielfaltigen und damit nicht eindeutigen Verwendung des Eventbegriffes bei. Trotz dieses sprachlichen Problems wird im Weiteren der herrschenden Konvention gefolgt und die Bezeichnung Eventmarketing genutzt. Dabei besteht hinsichtlich der Definition des Kommunikationsinstrumentes Eventmarketing in der wissenschaftlichen Literatur weitestgehend Einigkeit (vgl. Bruhn 2005, S. 417f.; Zanger 2001a, S. 439ff.; Sistenich 1999, S. 61), weshalb darauf aufbauend hier folgendes Begriffsverstandnis gilt: Eventmarketing ist... •
ein Kommunikationsinstrument,
•
das der erlebnisorientierten Umsetzung von Marketingzielen eines Unternehmens
•
durch die Planung, Vorbereitung, Realisierung und Nachbereitung von MarketingEvents dient.
Bei der Definition fallt auf, dass das Kommunikationsinstrument die bereits im Gliederungspunkt 1.1.1 (S. 9ff.) ausfiihrlich diskutierte zunehmende Erlebnisorientierung explizit aufgreift, um iiber dieses gesellschaftliche Phanomen die jeweilige Zielgruppe zu erreichen. Als Kommunikationsmittel fungiert dabei das Marketing-Event, wobei sich dieser Begriff auf das jeweils einzeln durchgefiihrte Ereignis bezieht. Damit handelt es sich bei dieser Bezeichnung um... •
ein vom Unternehmen selbst inszeniertes Ereignis
•
in Form einer Veranstaltung oder Aktion,
•
die dem Adressaten
• firmen- oder produktbezogene Kommunikationsinhalte •
erlebnisorientiert vermittelt,
•
indem sie emotionale und physische Reize darbietet,
•
die zu einer starken Aktivierung gegeniiber diesen Inhalten fiihren (vgl. Zanger 2001a, S. 439f.; Sistenich 1999, S. 61; Deutscher Kommunikationsverband 1993, S. 3).
Hinsichtlich der Wortwahl kommt hier bewusst der Begriff des Marketing-Ewcnts zum Einsatz, um diese Veranstaltungsform von den bisher diskutierten, alltagssprachlich haufig als Events bezeichneten Ereignissen abzugrenzen (vgl. Abb. 3). Wird im Weiteren aus stilisti-
Idealtypische Merkmale von Marketing-Events
schen Griinden von einem Event oder einer Veranstaltung gesprochen, ist damit immer das Marketing-Event i.S. der o.g. Definition gemeint. Abb. 3: Systematisierung der Anwendungsgebiete des Eventbegriffes
Events als Produkte bzw. Dienstleistung: Veranstaltungsmarketing als Instrument zur Vermarktung des Events
Events als Kommunikationsmittel im Rahmen der Kommunikationspolitik
NutzungfremdinszenierterEvents: Veranstaltungssponsoring
Events als strategisches Leitkonzept: Totalanspruch
Events als Kommunikationsmittel anderer Kommunikationsinstrumente: Subsidiarer Anspruch
Marketing-Events als Kommunikationsmittel eines eigenstandigen Kommunikationsinstrumentes: Eventmarketing
Anmerkung: Das fUr die folgenden Ausfiihrungen gtiitige Verstandnis des Eventbegriffes ist fett eingerahmt dargestellt.
5
Idealtypische Merkmale von Marketing-Events
Greift man die in Gliederimgspunkt B.2 (S. 20ff.) aufgezeigten allgemeinen Merkmale von Events auf, so lassen sich diese fur Marketing-Events weiter spezifizieren. Zusatzlich ergeben sich in Anlehnimg an Zanger (2001c, S. 836) und Sistenich (1999, S. 62ff.) noch weitere idealtypische Merkmale, um solche Veranstaltungen ausfiihrlicher zu beschreiben und deren innovativen Charakter in Abgrenzimg zu anderen Instrumenten der Untemehmenskommunikation zu betonen: I.
Marketing-Events sind planmaBig erzeugte Ereignisse:
Marketing-Events benotigen organisatorische Vorbereitung, planmafiige Durchfuhrung sowie Nachbereitung durch das veranstaltende Untemehmen. Dabei lassen sich mit der Vorbereitung, Entwicklung, Inszenierung und Nachbereitung vier Arbeitsphasen voneinander unterscheiden (vgl. Abb. 4), die sich wiederum auf vier Inszenierungsebenen (Vorfeld, Umfeld, Hauptfeld, Nachfeld) beziehen (vgl. Bruhn 2005, S. 422ff.; Zanger/Drengner 1999, S. 33ff.; Inden 1993; Inden 1992, S. lOlff.).
32
Eventmarketing als Bestandteil des Kommunikations-Mix
Abb. 4: Arbeitsphasen undlnszenierungsebenen von Marketing-Events
Vorbereitung des Marketing-Events
Entwicklung des Marketing-Events Vorfeld
Umfeld
Hauptfeld
Nachfeld
Inszenierung des Marketing-Events Vorfeld
Umfeld
Hauptfeld
Nachbereitung des Marketing-Events Nachfeld Anmerkung: Die Inszenierungsebenen sind kursiv dargestellt.
Die Vorbereitungsphase umfasst alle strategischen Entscheidungen, die vor der konkreten Gestaltung des Events zu treffen sind. Zuerst muss eine Situationsanalyse klaren, ob das Untemehmen seine kommunikationspolitischen Ziele iiberhaupt mittels Eventmarketing erreichen kann^^. AnschlieBend sind die Eventziele festzulegen (vgl. dazu ausfiihrlich Gliedenmgspunkt D. 1.1.2.1, S. 63) und hinsichtlich Inhalt, ZielausmaB, Zielobjekt und Zielgruppe zu konkretisieren. Weiterhin ist zu uberlegen, ob die Marketingziele mittels eines Events oder einer Serie von Veranstaltimgen erfullt werden sollen, in welchem Erlebnisumfeld die Kembotschaft kommuniziert wird und wie dabei eine Differenzierung gegeniiber den Wettbewerbem erfolgen kann. Femer muss fur die geplanten Aktivitaten das Kommunikationsbudget festgelegt werden. Aufbauend auf die in der Vorbereitungsphase festgelegten Pramissen umfasst die Phase der Entwicklung die Kreation, Konzeption und Organisation des eigentlichen Marketing-Events. Dabei sind diese Entscheidungen auf jeweils vier Inszenierungsebenen zu treffen (vgl. Bruhn 2005, S.422ff.;/«^e« 1992): •
Im Vorfeld eines Events informiert das Untemehmen die potentiellen Teilnehmer iiber die geplante Veranstaltung. Dabei greift das Eventmarketing auf andere Kommunikati-
Bruhn (1997, S. 791f) identifiziert vier Determinanten der Situationsanalyse: 1. Inwieweit lasst sich das Eventmarketing in den bisherigen Marketing-Mix, insb. die Kommunikationspolitik integrieren (kommunikationsbezogene Determinanten)? 2. Welche EventbedUrfhisse bestehen bei der Zielgruppe (Determinanten der Eventnachfrage)? 3. Welche Angebote (z.B. Eventtypen, Inszenierungselemente, Konkurrenzaktivitaten) bietet der Eventmarkt (Determinanten des Eventangebotes)? 4. Uber welche Ressourcen verftigt das eigene Untemehmen, um Eventmarketing durchzufiihren (untemehmensbezogenes Potential)?
Idealtypische Merkmale von Marketing-Events
33
onsinstrumente, wie Werbung, Offentlichkeitsarbeit oder Direktmarketing zuriick. Diese soUen der Zielgruppe nicht nur den Zeitpunkt iind den Ort der Veranstaltung sowie andere organisatorische Informationen iibermitteln, sondem auch Interesse far das Event wecken und somit Vorfreude und Spannimg erzeugen (vgl. Schmidt/Binder/Deppermann 2000, S. 117). •
Das Umfeld betrifft den Rahmen, in dem die eigentliche Veranstaltung stattfindet. So sind beispielsweise der Veranstaltimgsort (Location), die Verpflegung (Catering), die Logistik und die Betreuung der Zielgruppe so zu arrangieren, dass letztere positiv auf das Event eingestimmt wird. AuBerdem mtissen ablenkende und storende Einfliisse (z.B. schlechtes Wetter) wahrend der Veranstaltung minimiert werden.
•
Im Hauptfeld erfolgt die eigentliche Vermittlung der Eventbotschaft. Dabei sind sowohl Basis- als auch unterstutzende Medien zu gestalten (vgl. Inden 1993, S. 136). Die Basismedien iibertragen die Botschaft, wahrend sie von den unterstutzenden Medien in Szene gesetzt wird. Zu den Ersteren zahlen neben der Technik (z.B. Video, Sprachiibertragung) auch die eingesetzten Akteure (z.B. Prominente, Kiinstler). Unterstutzende Medien konnen beispielsweise Biihnenbau, Dekoration, Licht und Ton sowie Spezialeffekte sein.
•
Bereits in der Entwicklungsphase mussen auch die MaBnahmen fur das Nachfeld des Events geplant werden. Diese umfassen die logistische Nachbereitung der Veranstaltung (z.B. Abbau der Technik), die Erfolgskontrolle sowie die nachtragliche Kommunikation mit der Zielgruppe des Ereignisses. Fiir die letztere Aufgabe wird - wie im Vorfeld - auf andere Kommunikationsinstrumente zuruckgegriffen.
Die sich anschlieBende Phase der Inszenierung bezieht sich auf samtliche durchzufuhrenden MaBnahmen bis zum Abschluss der Veranstaltung, d.h. die praktische Umsetzung der Inszenierungsstufen Vorfeld, Umfeld und Hauptfeld. In die Nachbereitung fallen alle operativen Aktivitaten, die das Nachfeld des Events betreffen. II.
Marketing-Events sind organisatorisch selbststandig, jedoch inhaltlich, formal und zeitlich an die Kommunikationsstrategie des Unternehmens gebunden:
Wie in Gliederungspunkt B.4.2 (S. 28ff) dargelegt, handelt es sich beim Eventmarketing um ein organisatorisch selbststandiges Kommunikationsinstrument. Dennoch muss es an die iibergeordnete Kommunikationsstrategie des Unternehmens angepasst werden. Diese Forderung, die generell fur alle Instrumente der Kommunikationspolitik gilt, ergibt sich unmittelbar aus dem seit den neunziger Jahren in der Marketingwissenschaft intensiv diskutierten Konzept der integrierten Kommunikation (vgl. z.B. Bruhn 2003; Esch 1999; Percy 1997; McArthur/ Griffin 1997, Duncan/Caywood 1996). Dabei bezeichnet die integrierte Kommunikation...
^4
Eventmarketing als Bestandteil des Kommunikations-Mix
•
einen Prozess der Analyse, Planimg, Organisation, Durchfuhrung und KontroUe
•
der darauf gerichtet ist, aus den differenzierten Quellen der intemen und extemen Kommunikation von Untemehmen,
•
eine inhaltliche und formale Einheit herzustellen,
•
urn ein fiir die Zielgruppen der Untemehmenskommunikation
•
konsistentes Erscheinungsbild iiber das Untemehmen bzw. ein Bezugsobjekt des Untemehmens zu vermitteln (vgl. Bruhn 2003, S. 17; Esch 1998a, S. 74).
Begriinden lasst sich die Notwendigkeit einer integrierten Kommunikation nicht nur mit untemehmensextemen Faktoren (z.B. zunehmende Informationsuberflutung) sowie unternehmensintemen Barrieren (z.B. mangelnde Abstimmung der KommunikationsmaBnahmen innerhalb des Untemehmens) (vgl. Esch 1999, S. Iff.), sondem auch mittels verhaltenswissenschaftlicher Uberlegungen. Aus dieser Sicht handelt es sich bei der integrierten Kommunikation um ein Lernkonzept, mit dessen Hilfe klar definierte emotionale und/oder sachliche Botschaften hinsichtlich eines Objektes (z.B. Marke, Untemehmen) bei der Zielgmppe aufgebaut bzw. gefestigt werden sollen (vgl. Esch 1998a, S. 76). Dabei entstehen und verstarken sich beim Empfanger durch inhaltliche, formale und zeitliche Abstimmung aller Kommunikationsinstrumente die vom Sender gewunschten Gedachtnisstrukturen (vgl. Keller 1996). So verbindet die formale Integration die einzelnen Instrumente durch einheitliche Gestaltungsprinzipien, um der Zielgmppe mit einem identischen Erscheinungsbild gegenuber zu treten (vgl. Bruhn 2003, S. 64ff). Die inhaltliche Integration umfasst samtliche MaBnahmen, um die Kommunikationsinstrumente thematisch aufeinander abzustimmen (vgl. Bruhn 1994, S. 40ff). Die zeitliche Integration koordiniert einerseits die verschiedenen Kommunikationsinstrumente innerhalb und zwischen den Planungsperioden und gewahrleistet andererseits den kontinuierlichen Einsatz eines Instrumentes (vgl. Bruhn 2003, S. 67ff). Haufig besitzen die Konsumenten durch eigene Erfahrungen sowie durch vergangene unternehmensseitige KommunikationsmaBnahmen eine bereits mehr oder weniger gefestigte Meinung vom Kommunikationsobjekt. Abhangig von seinen Zielen kann der Sender in diesem Fall entweder die bereits bestehenden Gedachtnisstrukturen mit weiteren KommimikationsmaBnahmen starken oder die Gedachtnisstrukturen durch neue Botschaften verandern bzw. erweitern (vgl. Esch/Nickel 1998, S. 99f). Damit mussen Marketing-Events nicht nur inhaltlich, formal und zeitlich mit anderen Instrumenten abgestimmt werden, sondem mussen die bereits kommunizierten Botschaftsinhalte aufgreifen und kreativ umsetzen. Letzteres erscheint fur das Eventmarketing auch deshalb besonders wichtig, da es
Idealtypische Merkmale von Marketing-Events
35^
in der Praxis haufig in Abhangigkeit von anderen Kommunikationsinstrumenten zum Einsatz kommt (vgl. Bruhn/Boenigk 1999, S. 162ff.)^^ III.
Marketing-Events beziehen menskommunikation ein:
den Konsumenten
aktiv
in die Unterneh-
Bei Marketing-Events konnen die Veranstaltungsbesucher innerhalb eines vorgegebenen Rahmens selbst aktiv an dem Ereignis teilhaben, indem sie ihre eigenen Erfahrungen mit dem Eventobjekt machen. Dabei lemen die Empfanger die Botschaft viel effizienter (vgl. Erdtmann 1989, S. 112), als das bei passiven KommunikationsmaBnahmen der Fall ware (vgl. Tab. 5, S. 17). So zeigten Park/Mothersbaugh/Feick (1994), dass Individuen bevorzugt solche Informationen speichern und abrufen, die auf eigenen Erlebnissen beruhen. Weiterhin ergibt sich haufig eine klarere und stabilere Einstellung gegeniiber dem beworbenen Objekt, da diese durch personliche Erfahrung entstanden ist und deshalb mit groBer subjektiver Gewissheit fiir richtig befunden wird (vgl. Herkner 1991). Letztlich belegen empirische Studien, dass sich im Vergleich zur passiven Aufnahme von Werbebotschaften auch das Vertrauen in das Kommunikationsobjekt verbessert (vgl. Marks/Kamins 1988; Smith/Swinyard 1988). Weiteres Erklarungspotential fur die Wichtigkeit einer aktiven Zielgruppenansprache bieten die Erkenntnisse zu autobiographisch erlebten Ereignissen. Die durch eigene Erfahrungen gebildeten Gedachtnisinhalte zeichnen sich durch einen hohen Selbstbezug, also eine starke innere, personliche Beteiligung an dem Erlebnis aus (vgl. Granzow 1994, S. 24ff.; Conway 1990, S. 7). Gelingt es, den Teilnehmem von Marketing-Events solche autobiographischen Erlebnisse zu vermitteln und mit dem Eventobjekt zu verbinden, so karm von einer besonders wirksamen Speicherung der gebotenen Informationen ausgegangen werden (vgl. Nickel 1998b, S. 142). IV.
Marketing-Events sprechen mehrere (alle) Sinne ihrer Teilnehmer an:
Wie im Gliederungspunkt B.1.2 (S. 16ff.) erwahnt, lassen sich mittels Eventmarketing - im Gegensatz zu den Kommunikationsinstrumenten der Kategorie I bis III (vgl. Tab. 5, S. 17) mehrere Sinneskanale der Konsumenten ansprechen. Eine solche multisensuale Kommunikation bietet den Vorteil, das Erleben des im Mittelpunkt des Events stehenden Objektes (z.B. Produkt, Untemehmen) bei den Eventteilnehmem zu intensivieren (vgl. Esch/Nickel 1998, S. 96; Kroeber-Riel 1996, S. 50ff.).
Bruhn (1995, S. 135) bezeichnet solche Kommunikationsinstrumente als Folgeinstrumente. Diese hangen stark von der Gestaltung anderer Kommunikationsinstrumente ab, beeinflussen jedoch andere Instrumente nur in geringen Umfang.
}6
Eventmarketing als Bestandteil des Kommunikations-Mix
Begriinden lasst sich dies einerseits mit Erkenntnissen der psychologischen Gedachtnisforschung. So gehen Engelkamp (1991, S. 56ff.) und Zimmer (1986) bei ihrem multimodalen Gedachtnismodell davon aus, dass das menschliche Gedachtnis Informationen nicht nur semantisch, sondem zusatzlich auch sinnesspezifisch speichert. Vor diesem Hintergnind lassen sich Erlebnisse vertiefen, da sich die einzelnen sinnesspezifischen Speicher gegenseitig aktivieren und verstarken (vgl. Esch/Roth 2005, S. 220f.; Engelkamp/Denis 1990, S. 231; Zimmer 1986, S. 36). Indem zusatzliche Reize geboten und damit weitere Assoziationen mit dem Event verbunden werden, verbessert sich letztlich auch die Erinnerung an das Ereignis und eventuell auch an das in dessen Mittelpunkt stehende Eventobjekt (vgl. Esch/Roth 2005; Nickel 1998b, S. 140). Die Wichtigkeit einer multimodalen Zielgruppenansprache wird andererseits durch die Erkenntnisse der Umweltpsychologie bestatigt, welche die dynamischen Wechselwirkungen zwischen einer Person und ihrer Umwelt untersucht (vgl. Hellbriick/Fischer 1999, S. 3If.; Ittelson u.a. 1977, S. 17). Dabei hat in der Marketingwissenschaft, insb. hinsichtlich der Gestaltung von Einzelhandelsstandorten, vor allem der emotionale Ansatz von Mehrabian/Russell (1974) Akzeptanz gefunden (vgl. Mattila/Wirtz 2001; Schmitz/Buhlmann 1998; Donovan u.a. 1994; Groppel 1991; Bost 1987; Donovan/Rossiter 1982). In ihrem Modell gehen die beiden Autoren davon aus, dass bestimmte Umweltreize abhangig von der Predisposition eines Individuums bestimmte emotionale Reaktionen verursachen, die sich wiederum auf das Verhalten der Person gegeniiber der Umwelt auswirken. So unterscheidet Mehrabian (1987, S. 30ff.) zwei, ein Kontinuum begrenzende Pole: einerseits Menschen, die sich gem erregenden Umweltreizen aussetzen und andererseits Personen, die bestrebt sind, ihr Reizvolumen zu verringem. In Abhangigkeit von der Starke und Qualitat der gebotenen Reize stehen damit die Teilnehmer eines Events diesem Ereignis positiv (Annaherung) bzw. negativ (Vermeidung) gegeniiber. V.
Marketing-Events setzen Botschaften der Unternehmenskommunikation in erlebbare Ereignisse um:
Fasst man die Merkmale II bis IV zusammen, so wird deutlich, dass Marketing-Events die bisher noch abstrakten Botschaften der Unternehmenskommunikation in erlebbare Ereignisse umsetzen. Sie ermoglichen damit eine Verbindung zwischen der Alltagswirklichkeit der Zielgruppe und der durch die Unternehmenskommunikation stilisierten bisher fiktionalen Welt des jeweiligen Kommunikationsobjektes (z.B. Marke, Untemehmen) (vgl. Sistenich 1999, S. 63f.). Gelingt es, eine Verkniipftmg zwischen dem Event uber die Marke zuriick in die Alltagswelt zu schaffen, so konnen die Empfanger die erlebte Markenwelt auch auBerhalb der Eventsituation nachvollziehen (vgl. Sistenich/Zanger 1999, S. 340).
Idealtypische Merkmale von Marketing-Events
VI.
37^
Marketing-Events werden als einzigartiges Erlebnis geplant und erlebt:
Marketing-Events bieten ihren Teilnehmem auBergewohnliche (positiv bewertete) Erlebnisse iind damit Abwechslung von alltaglichen Routinen (vgl. Knoblauch 2000, S. 42; Sistenich 1999, S. 63; Willems 1999, S. 63). Dabei ist das Aktivierungspotential der Veranstaltiing iimso groBer, je starker sie sich vom Alltag der Zielgruppe unterscheidet (vgl. Zanger 2001c, S. 836). Wie bereits erwahnt, greift das Eventmarketing damit die zunehmende Erlebnisorientierung auf, nm sie fur die Untemehmenskommunikation zu nutzen. Einerseits ergibt sich so bei den Konsumenten durch deren aktive und freiwillige Eventteilnahme ein hoheres Involvement gegenuber dieser kommunikationspolitischen Mafinahme, als das bei klassischen Instrumenten der Fall ist (vgl. Sistenich 1999, S. 63; Ziems 1999, S. 38). Andererseits fuhrt die AuBeralltaglichkeit des Events zu Erlebnissen, an die Besucher gem zuriickdenken. Gelingt es, das Ereignis mit der damit zu vermittelnden Botschaft zu verkniipfen, so ist auch mit einer starkeren Erinnerung an diese Botschaft zu rechnen (vgl. Willems 1999, S. 63). VII.
Marketing-Events vermitteln Zusammengehorigkeit:
das
Gefiihl
exklusiver
Gemeinschaft
und
Indem sich bei Marketing-Events eine groiiere Anzahl von Menschen am gleichen Veranstaltungsort zusammenfmden, ergibt sich daraus fiir diese Personen ein sozialer Nutzen (vgl. Wochnowski 1996, S. 65). Dieser entsteht einerseits dadurch, dass sich die Eventteilnehmer zimachst einmal physisch von den Individuen abgrenzen, die das Ereignis nicht erleben konnen. Nehmen die Eventbesucher dabei ihre exklusive Stellung bewusst wahr und beurteilen sie diese auBerdem als wichtig, so stiftet die Veranstaltung ihnen einen nach auBen gerichteten Prestigenutzen (vgl. Wochnowski 1996, S. 156; Klopfleisch 1991, S. 81f.). Andererseits kaim sozialer Nutzen entstehen, weim sich durch den Kontakt der Eventteilnehmer imtereinander zwischen ihnen ein Gefiihl der Zusammengehorigkeit entwickelt. Mittels asthetischer Stilmittel (z.B. Symbole, Embleme) und/oder Ritualen betonen diese Personen ihre eigene Besonderheit und grenzen sich von AuBenstehenden ab. Letztlich stiftet das Event damit eine temporare Gemeinschaft, welche die Identitat der ihr zugehorigen Individuen starken soil (vgl. Gebhardt 2000, S. 21; Knoblauch 2000, S. 48; Sistenich 1999, S. 64f.). VIII. Marketing-Events sind meistens monothematisch fokussiert: Um Gefuhle der Gemeinschaft und Zusammengehorigkeit bei der Zielgruppe zu erzeugen, soil mit einer engen inhaltlichen Eingrenzung des Marketing-Events eine erste Auswahl potentieller Eventteilnehmer erfolgen. Spricht man mittels einer solchen monothematischen Ereignisgestaltimg eine eng defmierte homogene Zielgruppe an, so werden die Eventbesu-
38
Eventmarketing als Bestandteil des Kommunikations-Mix
cher auch individueller und mit einer hoheren Kontaktintensitat erreicht, als das bei klassischen Kommunikationsinstrumenten moglich ist (vgl. Sistenich 1999, S. 64f.). IX.
Marketing-Events sind Veranstaltungen ohne Verkaufscharakter:
Marketing-Events sollen hauptsachlich psychologische Grofien, wie beispielsweise das Image des Eventobjektes oder dessen Bekanntheit, beeinflussen (vgl. Sistenich 1999, S. 62f.). Okonomische Ziele hingegen erscheinen ungeeignet, da sie gegen die Grundanfordemngen an Kommunikationsziele, wie Reagibilitat und selektive Steuemngskraft, verstoBen (vgl. Steffenhagen 1993a, S. 287f). Die Dominanz psychologischer Ziele bestatigen empirische Daten zu den am haufigsten in der Praxis genutzten Inhalten von Marketing-Events. Hier zeigt sich, dass solche Ereignisse vergleichsweise selten als Verkaufsveranstaltimg aufgefasst werden (vgl. Abb. 5). Abb. 5: Die haufigsten Inhalte von Marketing-Events • Agenturen (n=118) D Unternehmen (n=120) | Teambuilding 83.9% ^
, ^^ ^Q/.
Infotainment 83,1% | Kulturelle Veranstaltungen 82,2% SportAVettbewerb 78,8% Naturerlebnis/OutdooraktivitSten 78,0% Sinnliches Erieben 72,0% Abenteuer/Erforschen/Entdecken 68,6% Spiele mit geistiger AktivitSt 67,8% Edutainment 65,3% Wellness/Entspannung 653% Interaktive Produkttests 55,1% Hobby/kreative TStigkeiten 52,5% Verkaufsveranstaltungen 39,0% Fantasy/Science Fiction/ Surrealismus 24,6% Duelle: Zanger/Drengner (2004, S. 48)
X.
Marketing-Events werden vom Unternehmen selbst inszeniert:
Wie bereits in Gliederungspunkt B.4.2 (S. 28ff.) dargelegt, werden Marketing-Events vom Unternehmen immer selbst veranstaltet, unabhangig davon, ob es das Ereignis in Eigenregie durchftihrt oder damit einen extemen Dienstleister (z.B. Eventagentur) beauftragt. Mit der Eigeninszenierung umgeht das Kommunikationsinstrument Eventmarketing die folgenden Probleme, die sich aus den bereits dargestellten begrenzten Einflussmoglichkeiten des Unternehmens im Veranstaltungssponsoring ergaben (vgl. Gliederungspunkt B.4.1, S. 24ff.):
Idealtypische Merkmale von Marketing-Events
39^
•
Die kreative Gestaltung der Werbemittel ist im Vergleich zum Sponsoring weniger eingeengt. Die Werbemittel lassen sich unmittelbar in die Handlung des Marketing-Events einbeziehen, was ihren Kontakt mit der Zielgruppe verstarkt. Damit konnen auch umfangreichere Botschaften zu den Veranstaltungsbesuchem transportiert werden.
•
Abgesehen von baurechtlichen Vorschriften kann die Platzierung der Werbetrager am Veranstaltimgsortwahrend des Events ohne Einschrankimgen erfolgen.
•
Durch die Moglichkeit, das Marketing-Event entsprechend den eigenen Zielen selbst gestalten zu konnen, lassen sich das Ereignis und die zu vermittelnde Botschaft unmittelbar miteinander verkniipfen. Das hohe Involvement der Eventteilnehmer gegeniiber der Veranstaltung kann bei entsprechender Inszenierung somit auf die zu kommunizierenden Inhalte gelenkt werden.
•
Indem das Untemehmen die Urheberrechte an dem Event besitzt, kann es Uberschattungseffekte durch weitere Sponsoren unterbinden.
Nachdem nun das Eventmarketing defmiert sowie die idealtypischen Merkmale von Marketing-Events herausgearbeitet wurden, stehen im Folgenden die Imagewirkungen des Instrumentes im Mittelpunkt der Ausfiihrungen. Da bisher nur wenige theoretisch und empirisch fundierte Kenntnisse hinsichtlich des Kommunikationsinstrumentes existieren (vgl. Gliederungspunkt D, S. 55ff.), wird jedoch zunachst in Gliederungspunkt C auf verschiedene Modelle der Werbewirkungsforschung zuriickgegriffen und ihre Anwendbarkeit fur das Eventmarketing gepriift. Basierend auf diesen Erkenntnissen und den bereits bestehenden Ansatzen beziiglich des Eventmarketing soil im Rahmen dieser Arbeit anschlieBend ein eigenes Wirkungsmodell entstehen.
C Theoretische Grundlagen zur Erklarung von Kommunikationswirkungen im Marketing 1
Die Notwendigkeit von Wlrkungsanalysen in der Kommunikationspolitik
Wie in alien Untemehmensbereichen lassen sich auch die im Marketing zu treffenden Entscheidungen gedanklich in Planung, Realisation imd Kontrolle unterteilen. Dabei werden die drei Phasen in der betriebswirtschaftlichen Theorie haufig als konzeptionell ebenbiirtig und fur den Untemehmenserfolg als gleichermaBen wichtig herausgestellt. Bei naherer Betrachtung offenbart sich jedoch, dass die Phase der Kontrolle in der untemehmerischen Praxis vergleichsweise selten umgesetzt wird (vgl. Backer 1988, S. 7). Dies gilt auch fur die Kommunikationspolitik (vgl. Britt 2000; Thwaites 1995, S. 155f.; McDonald 1991, S. 32), wobei vor dem Hintergrund der in Gliedenmgspunkt B.1.1 (S. 9ff.) dargestellten sich wandelnden Umfeldbedingungen in den letzten Jahren verstarkt ein Controlling dieses Bestandteils des Marketing-Mix als notwendig erachtet wird (vgl. z.B. Schroiff 1999; Lachmann 1998). Besonders Janfien (1999) widmet sich ausfuhrlich der Entwicklung eines Ansatzes fur das KommunikationscontroUing^^. Er defmiert den Begriff als •
„.. .Untersttitzung und Koordination von Entscheidungen
•
zur Festlegung und Umsetzung des Kommunikationsbudgets
•
mit dem Ziel der Optimierung okonomisch relevanter Kommimikationswirkungen" {Janfien \999,'^.^f\
Darauf aufbauend sollte ein Controllingsystem im Bereich der Untemehmenskommunikation folgende Punkte berticksichtigen (vgl. Janfien 1999, S. 8; Davis 1997, S. Iff.; Backer 1988, S. 33f.): a. die beim Rezipienten ablaufenden Wirkungsprozesse, b. die Kontrolle der Planungspramissen (Pramissenkontrolle),
Janfien (1999) spricht zwar von einem Werbecontrolling, jedoch gilt seine Definition fiir sSmtliche Kommunikationsinstrumente. Diese Verallgemeinerung iSsst sich mit der Tatsache begriinden, dass die Kommunikationsinstrumente ihre Wirkungen zwar auf unterschiedlichen Wegen entfalten, jedoch immer dem gleichen Planungsschema folgen (vgl. Bruhn 2003, S. 47ff.). Eine ausfiihrliche Diskussion des Controllingbegriffes fmdet sich beispielsweise bei Weber (2004, S. 22ff.) Oder Kiipper/Weber/Zund (1990).
42
Theoretische Grundlagen zur Erklarung von Kommunikationswirkungen im Marketing
c. die werblichen Entscheidungstatbestande (Ablaufkontrolle), d. den vergangenheitsbezogenen SoU-Ist-Vergleich (Ergebniskontrolle) sowie e. die zukunftsorientierte Analyse von Planen beziiglich langerfristiger Zielvorstellungen, Damit gehen die o.g. Fordenmgen nach einem Kommunikationscontrolling bereits iiber den Begriff der Kontrolle hinaus, welcher sich lediglich auf die Pramissen- (b), Ablauf- (c) und Ergebniskontrolle (d) bezieht (vgl. Bocker 1988, S. 32ff.). Weiterhin ergibt sich aus der ersten der o.g. Anforderungen an ein Kommunikationscontrolling (a) die Schlussfolgenmg, dass das Budget eines Kommunikationsinstrumentes nur dann zielgerecht eingesetzt werden kann, wenn bereits dessen Wirkungsweise bekannt ist. Dies fallt in das Aufgabengebiet der Werbewirkungsforschung, welche sich mit der Erarbeitung theoretischer Grundlagen hinsichtlich der Wirkung des zu untersuchenden Kommunikationsinstrumentes bei den Rezipienten beschaftigt (vgl. Steffenhagen 2001a; Engelhardt 1999, S. 1 lf.)^l Konkret bedeutet dies, •
„...die inneren Vorgange und deren Zusammenhange zu analysieren,
•
die Beeinflussung dieser Vorgange durch konkrete Kommunikationsmafinahmen zu untersuchen,
•
Methoden fur deren Messung zu entwickeln sowie
•
deren Verhaltensrelevanz i.S. der Auslosung von Kaufhandlungen zu uberpnifen" {HermannslGlogger 1995, S. 65).
Damit sind solche Wirkungsanalysen von Wirkungs- oder Ergebniskontrollen abzugrenzen, welche zusatzlich einer vorab festgelegten Vergleichsbasis bediirfen (z.B. in Form eines Zieles) (vgl. Bruhn 2005, S. 492; Kohler 2001). Zusammenfassend ergeben sich die in der folgenden Abbildung dargesteUten Zusammenhange zwischen den diskutierten Begriffen. Wirkungsanalysen sind damit aus Sicht der Marketingwissenschaft notwendig, um ein grundlegendes Verstandnis fiir die „Funktionsweise" des Kommunikationsinstrumentes zu erarbeiten. Darauf aufbauend lassen sich
Sinnvoller erscheint es allerdings, in diesem Zusammenhang von „Kommunikationswirkungsforschung" zu sprechen, da sich die entsprechenden Untersuchungen nicht auf die Werbung beschranken, sondem auch die anderen Kommunikationsinstrumente betreffen. Trotz der sprachlichen Ungenauigkeit wird der Begriff der Werbewirkungsforschung beibehalten, da er sich in der Marketingwissenschaft bereits fest etabliert hat (vgl. Z.B. Steffenhagen 2001a; Deimel 1992, S. 163ff.).
43
Per Begriff des Modells in der Betriebswirtschaftslehre
anschlieiiend konkrete Methoden zur Pramissen-, Ablauf- und Ergebniskontrolle entwickeln, die sich wiederum in das ubergeordnete Konzept des Kommunikationscontrolling einordnen. Abb. 6: Die Bestandteile eines Kommunikationscontrolling Controlling des Kommunikationsinstrumentes Analyse der Planungspramissen
Analyse der Adaquanz der Plane im Hinblick auf langerfristige SollVorstellungen (SoUPlan-Vergleich)
Pramissen kontrolle (b)
Analyse und Kontrolle der werblichen Entscheidungstatbestande
Ablaufkontrolle (c)
Ermittlung des erreichten AusmaBcs jedes Zielkriteriums (1st)
Vergleich des angestrebten und des erreichten AusmaBes der Zielkriterien (Plan-Ist-Vergleich)
Analyse der PlanIst-Abweichung
Vo-schlage fur reaktive PlanmaBnahmen (e)
Ergebniskontrolle (d)
Kontrolle des Kommunikationsinstrumentes • Wirkungsanalyse des Kommunikationsinstrumentes (a) Quelle: eigene Erstellung in Anlehnung an Bocker (1988, S. 34)
Dem Konzept des Kritischen Rationalismus folgend werden die theoretischen und empirischen Erkenntnisse der Wirkungsanalysen in Modellen abgebildet. Diese wiederum liefem die Grundlage flir die pragmatische Umsetzung des gewonnenen Wissens sowohl in der Marketingwissenschaft als auch in der Praxis (vgl. Unger 1998, S. 43f.; Schanz 1988, S. 63f.). Aus diesem Grund bietet es sich an, den Begriff des Modells naher zu betrachten.
2
Der Begriff des Modells in der Betriebswirtschaftslehre
Einflihrend empfiehlt es sich, auf die Bedeutung des Modells in der Wissenschaft einzugehen. In Anlehnung an das hier vertretene Wissenschaftsverstandnis des Kritischen Rationalismus besteht die Aufgabe wissenschaftlicher Modelle darin, die vom Forscher zu untersuchende, meist sehr komplexe Realitat anschaulich abzubilden (vgl. Bea 2004, S. 322; Lilien/Kotler/Moorthy 1992, S. 4ff.; Abel 1979, S. 145). In der Betriebswirtschaftslehre lasst sich der Modellbegriff trotz verbaler Differenzen zwischen den Defmitionen auf die folgenden zwei gemeinsamen Merkmale zuriickfuhren (vgl. Bamberg/Coenenberg 2004, S. 13). Erstens handelt es sich bei einem Modell immer um eine abstrahierende Darstellung realer Tatbestande, die sich auf die Elemente des Realsystems und deren Eigenschaften sowie die Beziehungen zwischen den Elementen bezieht. Zweitens soil das Modell trotz aller Vereinfachung eine Strukturgleichheit (Isomorphic) bzw. -ahnlichkeit (Homomorphie) zwischen dem Originalsystem und dem Modell besitzen. Einige Autoren weisen darauf hin, dass die Forderung nach Strukturgleichheit nicht sinnvoll ist (vgl. z.B. Bamberg/Coenenberg 2004, S. 13; Hamburg 2000, S. 31f.; Herrmann 1998, S. 53f.). So verlangt Isomorphic nicht nur eine eindeutige Beziehung zwischen den Elementen des Modells und dem Realsystem, sondem auch eine deckungsgleiche Ubereinstimmung
44
Theoretische Grundlagen zur Erkiarung von Kommunikationswirkungen im Marketing
beider Seiten. Letzteres widerspricht jedoch dem Zweck einer Modellbildung, „...die komplexen Zusammenhange auf ein vereinfachtes Gebilde zu reduzieren" (Kosiol 1964, S. 754). Aufgnmd dessen sollte sich die Forderung an Modelle auf die Homomorphie beschranken. Um wissenschaftliche Modelle voneinander zu unterscheiden, lassen sich verschiedene Klassifikationsansatze identifizieren (vgl. Wohe 2005, S. 18ff.; Homburg 2000, S. 33; Brinkmann 1997, S. 9)^^. An dieser Stelle soil lediglich die Strukturierung nach der Zielsetzung des Modells eingehender erlautert werden, da es sich dabei um den in der Literatur am ausfuhrlichsten diskutierten Ansatz handeh (vgl. Glogger 1999, S. 207). Danach kann man deskriptive Modelle, Erkldrungs- bzw. Prognosemodelle sowie Entscheidungsmodelle differenzieren (vgl. Bamberg/Coenenberg 2004, S. 15; Homburg 2000, S. 34ff.; Schanz 1988, S. 63), welche in der folgenden Tabelle erlautert werden. Tab. 7: Klassifikation okonomischer Modelle nach ihrer Zielsetzung Modellbezeichnung Deskriptive Modelle
Zielsetzung
Merkmale
Geordnete Beschreibung • enthalten keine Hypothesen von Elementen und ihren • transformieren Daten in verBeziehungen in realen standlichere Form Systemen • verwenden Definitionsgleichungen, die auf einfachen arithmetischen Operationen beruhen
Erkiarungsmodelle
Beitrag zum Verstehen eines Problems
• formulieren Aussagen Uber GesetzmaBigkeiten in realen Systemen • beanspruchen empirische Geltung der gemachten Aussagen
Prognosemodelle
• dynamische Modelle • prognostizieren zukiinftige Entwicklungen
Entscheidungsmodelle Beitrag zum Ldsen eines • ermitteln HandlungsaltematiProblems ven, die im Hinblick auf ein (bzw. mehrere) Kriterium(en) gewissen Optimalitatsbedingungen gentigen
Beispiele • System der doppelten Buchfuhrung • Kosten-und Leistungsrechnung • Organigramme
• makrofikonomische Modelle • Modelle des Konsumentenverhaltens • Prognose von Absatzzahlen
• Scoringmodelle • Modelle des Operations Research
• bewerten Handlungsaltemativen im Rahmen einer gegebenen Entscheidungssituation Ouellen: eigene Erstellung in Anlehnung an Homburg (2000, S. 34) und Glogger (1999, S. 209f)
Die Beschreibung der einzelnen Modellklassen verdeutlicht, dass es sich sowohl bei den im Folgenden darzustellenden Werbewirkungsmodellen als auch bei dem hier zu entwickelnden
z.B. Klassifikation nach der Materialisation (real vs. ideel), dem Zeitbezug (statisch vs. dynamisch) oder dem Abbildungsumfang (total vs. partiell)
Per Begriff des Modells in der Betriebswirtschaftslehre
45^
Modell zur Analyse der Imagewirkungen von Events um Erklarungsmodelle handelt. Diese unterstiitzen zunachst das im vorhergehenden Gliederungspunkt geforderte Verstandnis fiir die „Funktionsweise" des entsprechenden Kommunikationsinstrumentes. Darauf aufbauend lassen sich einerseits Ansatze entwickeln, die die zuktinftigen Wirkungen des Instrumentes voraussagen konnen (Prognosemodelle). Beziiglich des Eventmarketing waren hier Modelle zur Vorhersage seiner Auswirkungen auf bestimmte Ziele (z.B. Prognose von Veranderungen des Images oder des Bekanntheitsgrades) denkbar. Andererseits konnen Entscheidungsmodelle auf die durch Erklarungsmodelle gewonnenen Erkenntnisse zuriickgreifen. Im Rahmen des Eventmarketing lieBen sich beispielsweise Entscheidungen unterstiitzen, unter welchen Rahmenbedingungen (z.B. Zielgruppe, Ziele), welche Inszenierungselemente (z.B. Inhalte des Events) besonders erfolgversprechend sind. Unabhangig davon, um welches der o.g. Modelle es sich handelt, miissen bei der Entwicklung eines Modells folgende Stufen durchlaufen werden (vgl. Hruschka 1995, Sp. 1632f.): a. Die zuerst durchzuflihrende Spezifikation des Modells betrifft die Auswahl und operation a l Beschreibung der Modellvariablen sowie die Festlegung der Beziehungen zwischen ihnen. b. Die anschlieBende Parametrisierung setzt die Gewinnung von Daten voraus (z.B. mittels Experiment), auf deren Grundlage die Werte der Modellparameter geschatzt werden. c. Letztlich wird im Rahmen der Validierung gepriift, ob die Modellergebnisse mit den Erwartungen bzw. der zugrundeliegenden Theorie iibereinstimmen. Auch fiir die im Rahmen dieser Arbeit vorzunehmende Entwicklung eines Erklarungsmodells wird den o.g. Schritten gefolgt. Dabei sind zusatzlich die folgenden Anforderungen an Modelle zu erfullen (vgl. Mayer/Illmann 2000, S. 94; Glogger 1999, S. 209; Mayer 1990, S. 51UEichhorn\919,^.lSn.y. •
Die im Modell getroffenen Annahmen sollten Realitatsbezug und Informationsgehalt aufweisen. Dies bedeutet, dass sich die Annahmen an den realen Bedingungen des Untersuchungsobjektes orientieren miissen und so formuliert sein sollten, dass sie dem Forscher moglichst viele verwertbare Informationen bereitstellen^"^.
Eichhorn (1979, S. 79) fuhrt als Beispiel folgenden Satz an: „Das Preisniveau in der BRD wird sich, falls keine Anderung seiner Wachstumsrate eintritt, in der bisherigen Weise weiterentwickeln". Diese Annahme ist zwar durch einen hohen Realitatsbezug gekennzeichnet, besitzt jedoch keinen Informationsgehalt.
_46
Theoretische Grundlagen zur Erklarung von Kommunikationswirkungen im Marketing
•
Die Aimahmen im Modell soUten wahr oder gut bestatigt sein. Vermutungen diirfen demzufolge nur dann als Hypothesen formuliert werden, weiin sie ausrechend theoretisch begriindet sind.
•
Die Modellaimahmen diirfen in keinem Widerspruch zueinander stehen. Demnach lassen sich Modelle nur dann als widerspruchsfrei bezeichnen, wenn sie nicht gleichzeitig Aussagen und deren Negation enthalten.
•
Um die Tauglichkeit des Modells beurteilen zu konnen, muss es empirisch iiberpriifbar sein.
3
3.1
Modelle der Werbewirkungsforschung
Das behavioristische S-R-Pradigma
Im Rahmen der Modelle des S-R-Paradigmas werden zur Erklarung des menschlichen Verhaltens ausschlieBlich beobachtbare GroBen akzeptiert. Letztere unterscheiden sich einerseits in Stimuli (S), denen eine Person ausgesetzt ist und andererseits in Reaktionen (R) des Individuums auf die Stimuli. Zwischen beiden Seiten wird eine unmittelbare Beziehung i.S. eines Ursache-Wirkungs-Zusammenhanges unterstellt. Dabei handelt es sich nicht um eine vollig feste S-R-Schaltung, bei der immer auf einen Reiz die gleiche Reaktion folgt, vielmehr weist die Verbindung einen probabilistischen Charakter auf Dies bedeutet, dass der entsprechende Stimulus mit einer groBen Wahrscheinlichkeit eine gleichbleibende Reaktion hervorruft (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 326; Berndt 1996, S. 72). Bezogen auf die Werbewirkungsforschung andert der Wissenschaftler im Rahmen eines SR-Modells einzelne Parameter des Kommunikationsprozesses, wie beispielsweise den Werbeinhalt oder den Werbetrager, und betrachtet die Reaktionen der Botschaftsempfanger. Dabei kommt das S-R-Paradigma haufig in Form von regressionsanalytischen und stochastischen Modellen zum Einsatz, welche die Stimuli und Reaktionen zueinander in eine mathematische Beziehung setzen (vgl. Nieschlag/Dichtl/Horschgen 2002, S. 623ff; Vakratsas/Ambler 1999, S. 28). An den S-R-Modellen ist zu kritisieren, dass sie die moglicherweise im Inneren des Menschen ablaufenden psychischen Vorgange ausklammem, da diese nicht beobachtet werden konnen. Das Individuum erhalt den Status einer „Black Box", womit die Grunde seiner Reaktion auf einen bestimmten Stimulus unerkannt bleiben. Dieser Mangel ist deshalb besonders problematisch, da die Realitat haufig von den durch das S-R-Paradigma postulierten monokausalen Zusammenhangen abweicht. Vielmehr verursachen gleiche Reize bei der gleichen Person unterschiedliche Reaktionen zu verschiedenen Zeitpunkten. Damit hangt das
Modelle der Werbewirkungsforschung
4T_
menschliche Verhalten offensichtlich nicht nur vom Stimulus ab, sondem auch von den im Inneren des Menschen stattfmdenden Prozessen (vgl. Glogger 1999, S. 97). So verwundert es nicht, dass S-R-Modelle als theorielos (vgl. Nieschlag/Dichtl/Horschgen 2002, S. 628) und ftir die Erklarung von Kommunikationswirkungen - beispielsweise von Marketing-Events ungeeignet beurteilt werden (vgl. Nufer 2002, S. 108; Schenk/Donnerstag/Hoflich 1990, S. 13).
3.2
Das neobehavioristische S-O-R-Paradigma
Das S-0-R-Paradigma stellt eine Weiterentwicklung des S-R-Ansatzes dar, indem es die im Organismus (O) ablaufenden, nicht beobachtbaren psychischen Vorgange als Veraiittler zwischen Stimulus und Reaktion anerkennt. Man geht davon aus, dass die im Inneren des Menschen stattfmdenden Prozesse durch sog. hypothetische (theoretische) Konstrukte bzw. intervenierende Variahlen beeinflusst werden. Dabei beschreiben diese Begriffe nicht beobachtbare Phanomene, wie beispielsweise Wahmehmung, Aufmerksamkeit, Erinnerung, Gefuhle oder Einstellungen, die innerhalb der Person wirksam werden (vgl. Kroeber-Riel/ Weinberg 2003, S. 29). Da somit eine Vielzahl verschiedener Variablen in das Modell einflieiien konnen, wird der o.g. Erklarungsnotstand des S-R-Paradigmas behoben. Allerdings bedurfen die nicht direkt messbaren hypothetischen Konstrukte (vgl. Homhurg/Giering 1996, S. 6) einer empirischen Verankerung, indem sie operationalisiert und anschlieBend anhand von erhobenen Daten gepriift werden. Die Operationalisierung erfolgt durch messbare Indikatoren, welche das jeweilige Konstrukt reprasentieren (vgl. Kroeher-Riel/Weinberg 2003, S. 29ff.; Homburg/ Giering 1996, S. 6). „Damit erhalten die urspriinglich keinen nachpriifbaren Wirklichkeitsbezug besitzenden theoretischen Konstrukte einen indirekten Wirklichkeitsbezug" {Glogger 1999, S. 98f.), womit die im Organismus ablaufenden, nicht direkt beobachtbaren psychischen Vorgange fur den Forscher nachvollziehbar werden. Im Folgenden werden zwei Gruppen von S-O-R Modellen der Werbewirkungsforschimg ausfuhrlich diskutiert.
3.2.1
Stufenmodelle
Stufenmodelle^^ der Werbewirkung beziehen sich auf den gesamten Wirkungsprozess beim werblich angesprochenen Rezipienten beginnend beim Kontakt mit der Botschaft bis hin zur Kaufhandlung (vgl. Nieschlag/Dichtl/Horschgen 2002, S. 1061). Die Modelle bringen die
Obwohl die Stufenmodelle in der Literatur teilweise getrennt vom S-0-R-Paradigma behandelt werden (vgl. Nufer 2002, S. 107ff.), lassen sie sich diesem Ansatz unterordnen (vgl. Engelhardt 1999, S. 20ff.; Poscharsky\99A,%. 1117).
48
Theoretische Grundlagen zur Erklarung von Kommunikationswirkungen im Marketing
dabei ablaufenden psychischen Vorgange in eine hierarchische, unabanderliche Reihenfolge (vgl. Behrens 1996, S. 280). Der wohl bekannteste Vertreter dieser Klasse von Modellen ist die bereits 1898 von Lewis formulierte AIDA-Regel. Nach dieser werden folgende Werbewirkungsstufen durchlaufen, die gleichzeitig als wichtige Ziele im Rahmen der Werbeplanung zu verstehen sind (vgl. Behrens 1996, S. 280; Mayer 1990, S. 58): A=Attention (Aufmerksamkeit) -^ I=Interest (Interesse) ~> D=Desire (Wunsch) -> A=Action (Handlung). Aufbauend auf dieses Grundmodell kam es in der Folgezeit zu einer Vielzahl von Abwandlungen (vgl. die Ubersichten bei Steffenhagen 2001b; Engelhardt 1999, S. 22; Schenk/ Donnerstag/Hoflich 1990, S. 18f.). Diese konzentrierten sich hauptsachlich auf eine differenziertere Ausgestaltung der einzelnen Werbewirkungsstufen der AIDA-Regel, wahrend die hierarchischen Beziehungen zwischen den Stufen bestehen blieben. Zusammenfassend lassen sich all diese Varianten jedoch auf drei aufeinanderfolgende Komponenten zuriickfuhren: die kognitive Komponente (z.B. Aufmerksamkeit, Bewusstheit, Wissen), die evaluative Komponente (z.B. Interesse, Wunsch, Praferenz) sowie die intentionale Komponente (z.B. Handlung, Kauf) (vgl. Behrens 1996, S. 280). Wahrend die Stufenmodelle einerseits sehr plausibel erscheinen, ergeben sich andererseits eine Vielzahl an Kritikpunkten, die vor allem an der zu starken Vereinfachung des Werbev^rkungsprozesses ansetzen: •
So wird ein starrer hierarchischer Ablauf vorausgesetzt, der eventuelle Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Stufen ausschlieBt (vgl. Nieschlag/Dichtl/Horschgen 2002, S. 1063f.).
•
Weiterhin ist fraglich, ob die Reihenfolge der o.g. Komponenten in der Realitat stets eingehalten wird (vgl. Behrens 1996, S. 291). Einerseits belegen empirische Untersuchungen (vgl. Smith/Swinyard 1982, S. 82), dass sich die Einstellvmg (evaluative Komponente) aufgrund des vorher gezeigten Verhaltens (intentionale Komponente) andem kann, was den o.g. Modellannahmen widerspricht. Andererseits erscheint es durchaus moglich, dass einzelne Stufen komplett ubersprungen werden. So kommt es beispielsweise beim Impulskauf oder Wiederholungskauf zu verkurzten Entscheidimgsmustem, die andere Erklarungen erfordem als die durch die Stufenmodelle vorgeschlagenen intensiven Entscheidungsprozesse (vgl. Nieschlag/Dichtl/Horschgen 2002, S. 1063).
•
Die Starke Vereinfachung des Werbewirkimgsprozesses ergibt sich auch daraus, dass die Stufenmodelle die Besonderheiten der Adressaten (z.B. Kenner vs. Nicht-Kenner des Produktes, niedriges vs. hohes Produktinvolvement) nicht beachten (vgl. Steffenhagen 2001b).
Modelle der Werbewirkungsforschung
•
49_
SchlieBlich zeigen die Modelle nicht auf, welche Vorgange sich abspielen, wenn man sich von einer Wirkimgsstufe zur anderen bewegt. Jedoch sind es gerade diese Vorgange, die im Rahmen der Werbewirkungsforschung besonders interessieren (vgl. Nufer 2002, S. 107; Walliser 1995, S.Sl).
Aufgrund dieser Kritikpunkte und der mangelhaften empirischen Uberprtifung der Stufenmodelle verwundert es nicht, dass in der Werbewirkungsforschung eine Abkehr von diesen Ansatzen stattgefunden hat (vgl. Mayer 1990, S. 59; Six 1987, S. 42f.). Deshalb erscheinen die Stufenmodelle auch im vorliegenden Fall fiir die Entwicklung eines Modells zur Erklarung der Wirkungen von Eventmarketing als ungeeignet.
3.2.2
Erweiterte Stufenmodelle
Die erweiterten Stufenmodelle (vgl. Mayer/Illmann 2000, S. 407; Mayer 1990, S. 60) umgehen die o.g. Kritikpunkte durch eine differenziertere Abbildung des Werbewirkungsprozesses. Zwar bleibt der hierarchische Ablauf zwischen den einzelnen Stufen weitestgehend erhalten, jedoch werden eine Vielzahl verschiedener hypothetischer Konstrukte betrachtet. Durch diese Herangehensweise wird versucht, auf die unterschiedlichen Wirkungsbedingungen der Werbung (z.B. unterschiedliche inhaltliche Gestaltung der Botschaft, unterschiedliches Involvement der Zielgruppe gegeniiber dem beworbenen Objekt) einzugehen. Zusatzlich lasst diese Sichtweise im Gegensatz zu den Stufenmodellen auch Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Stufen zu, wobei auch die Reihenfolge der Komponenten in Abhangigkeit von der Besonderheit der Adressaten variieren kann. Letztlich sollen Erkenntnisse aus der Konsumentenverhaltensforschung die Vorgange zwischen den einzelnen Stufen transparenter machen. Da es aufgrund der unterschiedlichen Wirkungsbedingungen der Werbung unmoglich erscheint, ein umfassendes Totalmodell zu entwickeln, existieren mittlerweile eine Vielzahl einzelner Modelle, die sich mit unterschiedlichen Aspekten der Werbewirkung beschaftigen. Um diese Ansatze systematisieren zu konnen, bietet sich ein Bezugsrahmen an, dem sich die verschiedenen Modelle unterordnen lassen. Dabei wird im Folgenden auf den Vorschlag von Vakratsas/Amhler (1999) zuruckgegriffen, um die verschiedenen Arten der erweiterten Stufenmodelle darzustellen (vgl. Abb. if^.
Ein ahnlicher Bezugsrahmen fmdet sich im deutschsprachigen Raum bei Steffenhagen (1984).
Theoretische Grundlagen zur Erklarung von Kommunikationswirkungen im Marketing
50 Abb. 7: Bezugsrahmen
s
zur Systematisierung
von Werbewirkungsmodellen
nach
Vakratsas/Ambler
Advertising Input: Message Content, Media Scheduling, Repetition T
Filters: Motivation, Ability, Involvement
V
0i T
Consumer Cognition
Affect
•^-j—1
Experience
T
Consumer Behavior:
R
Choice, Consumption, Loyalty, Habit, and so forth
Quelle: eigene Erstellung in Anlehnung an Vakratsas/Ambler
(1999, S. 2 6 )
In diesen Bezugsrahmen gehen zunachst als mogUche Stimuli (S) die einzelnen Entscheidungstatbestande der Werbung, wie beispielsweise deren inhaltliche Ausgestahung oder die genutzten Werbetrager, ein. Innerhalb des Organismus (O), welcher die Werbung empfangt, trifft die Botschaft dann auf einen Filter. Darunter lassen sich die Konstrukte subsumieren, welche die Aufhahme und Weiterverarbeitung der gebotenen Informationen beeinflussen (z.B. Involvement, Fahigkeit zur Informationsaufhahme und -verarbeitung, Einstellung zur Werbung). Die im Anschluss wirkenden intervenierenden Variablen werden in Kognition (C), Affekt (A) und Erfahrung (E) unterteilt. Wahrend die Kognition die Vorgange der Informationsaufhahme, -verarbeitung und -speicherung umfasst, bezieht sich der Affekt auf die korrespondierenden emotionalen Vorgange^^. Die letzte intervenierende Variable fasst die bisherigen bewussten und unbewussten Erfahrungen des Empfangers mit dem jeweiligen Werbeobjekt (z.B. Produkt, Dienstleistung) zusammen. Mogliche Reaktionen (R) des Rezipienten auf den gebotenen Stimulus sind beispielsweise das Kaufverhalten oder Veranderungen der Markentreue (vgl. Vakratsas/Ambler 1999, S. 26f). Basierend auf der Analyse von mehr als 250 englischsprachigen Abhandlungen nehmen Vakratsas/Ambler (1999) die in der folgenden Tabelle dargestellte Systematisierung von Werbewirkungsmodellen vor. Dabei beruht diese Klassifikation hauptsachlich auf der Anzahl der in das jeweilige Modell einbezogenen hypothetischen Konstrukte (Kognition, Affekt,
Eine ahnliche Unterteilung hypothetischer Konstrukte fmdet sich bei Kroeber-Riel/Weinberg welche von kognitiven und aktivierenden Prozessen sprechen.
(2003, S. 49),
Modelle der Werbewirkungsforschung
51
Erfahrung) sowie der Art und Weise der Beziehungen zwischen den intervenierenden Variablen. Betrachtet man die Klassen von Wirkungsmodellen aus dem Bereich der Werbung, stellt sich die Frage, inwieweit diese die Wirkungen von Marketing-Events erklaren konnen. Da zwischen beiden Kommunikationsinstrumenten teilweise gravierende Unterschiede bestehen (vgl. Gliedenmgspunkt B.1.2, S. 16ff.), lassen sich die o.g. Werbewirkungsmodelle vermutlich nicht einfach auf das Eventmarketing tibertragen. So bieten die Cognitive Information Models fur das Eventmarketing nur wenig Erklarimgspotential, da sie sich ausschlielilich mit Kognitionen beschaftigen. Zwar sollen auch Marketing-Events kognitive Prozesse auslosen (vgl. Tab. 11, S. 65), jedoch bildet gerade die Vermittlung von Emotionen (Erlebnissen) ein wichtiges konstitutives Merkmal solcher Veranstaltungen (vgl. die Gliederungspunkte B,4.2, S. 28ff. sowie B.5, S. 3Iff.). Vor diesem Hintergrund liefem die Pure Affect Models mehr Informationen, da die emotionalisierende Wirkimg der Werbung im Mittelpunkt dieser Ansatze steht. Interessant sind hier nicht nur die empirisch nachgewiesenen Einfliisse der durch die Botschaft hervorgerufenen affektiven Reaktionen auf die Einstellung gegenuber dem beworbenen Objekt {Attitude toward the Brand = AB), sondem auch auf die Einstellung zu der entsprechenden emotionalisierenden Werbung {Attitude toward the Ad = AAD^^). Letztere kann wiederum ihrerseits positiv auf AB wirken. Ubertragen auf das Eventmarketing wiirde dies bedeuten, dass die durch das Ereignis ausgelosten Erlebnisse (i.S. eines Bundels von Emotionen) die Einstellung gegenuber dem Eventobjekt (AB) nicht nur direkt, sondem auch indirekt iiber die Einstellung zum Event (i.S. von A AD) beeinflussen (vgl. ausfuhrlich Gliedenmgspunkt E.2.3.4, S. 102ff.).
In der englischsprachigen Literatur haben sich die Abkurzungen AB und AAD ais Abkiirzungen fiir die o.g. Konstrukte etabliert (vgl. Heath/Geath 1994; Brown/Stayman 1992; Muehling/McCann 1993; Steffenhagen 1993b, S. 10; Lutz 1985). Auch im Rahmen dieser Arbeit wird deshalb auf diese Abkurzungen zuruckgegriffen.
Theoretische Grundlagen zur ErklSrung von Kommunikationswirkungen im Marketing
52
Tab. 8: Systematisierung von Werbewirkungsmodellen nach Vakratsas/Ambler Modellkategorie Cognitive Information Models (C)
Kurzbeschreibung
Beispiele fur untersuchte VariablenzusammenhSnge auf Modellbasis
Die Modelle gehen von einem rein rationalen Verbraucherverhalten aus. Werbung liefert den Rezipienten Informationen, um deren Kosten bei der Suche nach Produktinformationen zu minimieren.
• Werbung dient als Signal ftir die Qualitat eines Produktes (vgl. Tellis/ Fornell 1988) • Werbung beeinflusst die Preissensitivitat (vgl. Kaul/Wittink 1995; Mitra/Lynch 1995)
Pure Affect Models (A)
Die Modelle konzentrieren sich auf die • emotionale Gestaltung der Werbung affektiven Reaktionen, die Werbung beeinflusst die Markenpraferenz (vgl. beim Rezipienten auslOst. Die affektiZajonc/Markus 1982) ven Reaktionen kOnnen die Einstellung • die durch die Werbung ausgelOsten sowohl gegeniiber der Werbung als Emotionen beeinflussen die Beurteilung auch gegeniiber der beworbenen Marke der Werbung (vgl. Edell/Burke 1987; beeinflussen. Holbrook/Batra 1987)
Persuasive Hierarchy Models (CA)
Die Modelle postulieren einen Werbewirkungsprozess iiber mehrere hierarchisch angeordnete Stufen (meist: Kognition -> Affekt -> Verhalten).
• Modell der Verarbeitungswahrscheinlichkeit nach Petty/Cacioppo (1986, 1983): Involvement und Fahigkeit zur Botschaftsverarbeitung beeinflussen Werbewirkungsprozess • Modell der Werbewirkungspfade nach Kroeber-Riel (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 612flf.): Involvement und Art der Werbung beeinflussen Werbewirkungsprozess
Low-Involvement Hierarchy Models (CEA)
Die Modelle gehen bei einem geringen • Produkterfahrung beeinflusst die EinInvolvement gegenUber der Marke stellung und das Verhalten starker als die Werbung (vgl. Wright/Lynch 1995; davon aus, dass die Produkterfahrungen Marks/Kamins 1988) den groBten Einfluss auf Einstellung und Verhalten hat. Dabei wird folgende • Werbung wirkt effektiver, wenn der Hierarchie unterstellt: Kognition -> Konsument Erfahrung mit dem beworErfahrung -> Affekt benen Produkt hat (vgl. Smith 1993; Deighton/Schindler 1988)
Integrative Models ([C][A][E])
Die Modelle beziehen sowohl Kognition, Affekt und Erfahrung in die Betrachtung ein, wobei unterschiedliche Hierarchien zwischen diesen Konstrukten mOglich sind.
• abhangig von der Produktkategorie (z.B. hohes vs. niedriges Involvement) kommt es zu unterschiedlichen Wirkungszusammenhangen (vgl. Vaughn 1986, 1980)
Hierarchy-Free Models
Diese Kategorie lasst sich als Residualkategorie fiir Modelle auffassen, die sich einer Einteilung nach Kognition, Affekt und Erfahrung entziehen^^
• Betrachtung von Marken als Mythen und Werbung als Instrument zur Schaffung dieser (vgl. Lannon 1994) • semiotische Betrachtung der Werbewirkung (vgl. Mc)t 1988)
Anmerkung: In Klammern sind jeweils Kurzel ftir die im Modell betrachteten hypothetischen Konstrukte angegeben: C=Kognition, A=Affekt, E=Erfahrung. Quelle: eigene Erstellung in Anlehnung an Vakratsas/Ambler (1999)
Streng genommen handelt es sich damit nicht um erweiterte Stufenmodelle. Der Vollstandigkeit wegen werden diese Modelle trotzdem an dieser Stelle aufgefiihrt.
Modelle der Werbewirkungsforschung
53^
Einen Schritt weiter gehen die Persuasive Hierarchy Models, welche sowohl Affekt als auch Kognition in die Betrachtung der Werbewirkung einbeziehen. Hervorzuheben sind die sog. Wirkungspfadmodelle, wie beispielsweise das Modell der Verarbeitimgswahrscheinlichkeit (vgl. Petty/Cacioppo 1986, 1983) sowie der Ansatz von Kroeher-Riel (vgl. KroeherRiel/Weinberg 2003, S. 612ff.). Diese Modelle riicken von der Annahme eines allgemeingultigen Wirkungsprozesses ab. Vielmehr treten abhangig von verschiedenen Determinanten (z.B. Involvement des Empfangers, Gestaltimg der Botschaft) unterschiedliche Werbewirkungspfade auf (vgl. Kearsley 1995, S. 50ff.). Da aufgrund der Komplexitat von MarketingEvents zu vermuten ist, dass eine Vielzahl verschiedener Determinanten zu unterschiedlichen Reaktionen bei den Teilnehmem fiihren, konnten auch die Persuasive Hierarchy Models einen Erklarungsbeitrag hinsichtlich der Wirkungen von Marketing-Events liefem. Zu einem ahnlichen Schluss kommt man sowohl bei den Low-Involvement Hierarchy Models^^ als auch den Integrative Models. In beiden Fallen geht die Produkterfahrung des Konsumenten mit in die Betrachtung der Werbewirkung ein. Im Rahmen des Eventmarketing konnte dies wichtig sein, da sich bei einer entsprechenden Gestaltung des Ereignisses fur den Konsumenten bereits wahrend des Marketing-Events die Moglichkeit ergibt, eigene Erfahrungen mit dem Ge- oder Verbrauch des entsprechenden Eventobjektes (Produkt, Dienstleistung) zu sammeln. Abgesehen von den Cognitive Information Models bieten zusammenfassend alle der in Tab. 8 (S. 52) dargestellten erweiterten Stufenmodelle Erklarungspotentiale fur die Wirkungen des Eventmarketing. Deshalb wird im Folgenden an geeigneter Stelle auch auf diese Erkenntnisse zuriickgegriffen. Allerdings konnen die Ansatze nicht einfach auf das Eventmarketing iibertragen werden, da sie sich ausschlieBlich mit dem Untersuchungsgegenstand der Werbung beschaftigen, die sich in wichtigen Merkmalen vom Eventmarketing unterscheidet. Es erscheint demzufolge wiinschenswert, in einem Wirkungsmodell ftir dieses Kommunikationsinstrument auch dessen Besonderheiten (z.B. aktive Einbeziehung der Zielgruppe in den Kommunikationsprozess) zu beachten. Der nachste Gliederungspunkt widmet sich dem bisherigen Stand der Wirkungskontrolle im Eventmarketing. Das erscheint erforderlich, um einerseits zu belegen, dass hinsichtlich der Wirkungen des Kommunikationsinstrumentes bisher keine theoretisch fundierten und empirisch geprtiften Erklarungsmodelle existieren. Im Sinne des Kritischen Rationalismus ergibt sich daraus die Notwendigkeit eines Erkenntnisfortschritts, welcher im Rahmen dieser Arbeit geleistet werden soil. Andererseits stehen die bisherigen Ansatze der Wirkungskontrolle von Events im Mittelpunkt der Ausfuhrungen, um bereits bestehende Uberlegungen hinsichtlich
Bei den Low-Involvement Hierarchy Models bezieht sich die Betrachtung auf das Produktinvolvement und nicht, wie im vorhergehenden Fall aufgezeigt, auf die Werbebotschaft an sich.
54
Theoretische Grundlagen zur Erklarung von Kommunikationswirkungen im Marketing
des Untersuchungsgegenstandes fiir das hier zu entwickelnde Erklanmgsmodell nutzbar zu machen.
D State of the Art der WirkungskontroUe im Eventmarketing 1
Bisherige Ansafze der Wiiiaingsanalyse im Eventmarketing
1.1
Ansatze in der Marketingwissenschaft
Hinsichtlich der bisherigen wissenschaftlichen Uberlegungen zur Evaluation des Eventmarketing kristallisieren sich zwei Sichtweisen heraus. Die rein wirkungsanalytisch orientierten Ansatze konzentrieren sich ausschliefilich auf die Analyse der Wirkungen des Kommimikationsinstrumentes, wahrend die kontroUorientierten Ansatze die iibergeordnete Eventkontrolle betreffen (vgl. Abb. 6, S. 43). Konzepte, die ein umfassendes Eventcontrolling bieten, lassen sich derzeit nicht flnden^^
1.1.1
Wirkungsanalytisch orientierte Ansatze
Der Ansatz von Nickel (1998c) Dieser Gruppe lasst sich das von Nickel (1998c, S. 295ff.) vorgeschlagene Modell des sog. Brand Land Evaluators zuordnen. Der Autor unterteilt die Wirkungen von Events in cine Ereignisdimension und eine Markendimension. Die Ereignisdimension bezieht sich auf die Wirkung des Erlebten, ohne zunachst das im Mittelpunkt des Events stehende Objekt (z.B. Marke, Untemehmen) zu betrachten. Die Konkretisierung der Dimension beruht auf verschiedenen wissenschaftlichen Erkenntnissen, insb. der verhaltenswissenschaftlichen Konsumentenforschung (vgl. z.B. Kroeber-Riel/Weinberg 2003), der Emotionspsychologie (vgl. z.B. Schmidt-Atzert 1996 sowie Gliederungspunkt E.4, S. llSff.) und der Theorie des Flow-Eriebens (vgl. Csikszentmihalyi 1975 sowie Gliederungspunkt E.5, S. 121ff.). Darauf basierend leitet der Autor mehrere Kriterien zur Wirkungsmessung im Eventmarketing ab (vgl. Tab. 9). Die Markendimension beschreibt hingegen die Wirkungen des Marketing-Events beim Rezipienten mit Bezug zum Eventobjekt. Die theoretischen Grundlagen bilden dabei Erkenntnisse der Markenerfolgsforschung (vgl. z.B. Andresen/Esch 2001) sowie der Imageryforschung (vgl. z.B. Ruge 1988), aus denen sich die in der folgenden Tabelle dargestellten Wirkungskriterien ergeben.
Zwar spricht Ziems (1999, S. 40) bei dem von ihm vorgestellten Ansatz zunachst vom Eventcontrolling, letztlich lauft sein Konzept aber auf eine Wirkungsanalyse hinaus. Ahnliches gilt fiir Esch (1998b), dessen Konzept sich auf eine Eventkontrolle beschrankt.
56
State of the Art der Wirkungskontrolle im Eventmarketing
Tab. 9: Kriterien zur Messung von Eventwirkungen im Modell des Brand Land Evaluators Ereignisdimension
Markendimension
• Zufriedenheit
• Awareness
• SAM-Skalen^^
• Markenpassung
• Spontanassoziationen
• Glaubwurdigkeit
• vermittelte Kemkompetenzen
• Einfluss auf valide Markenerfolgsfaktoren (z.B. Klarheit und Attraktivitat des Markenbildes, Markenuniqueness, Markensympathie, Markenvertrauen, Markenloyalitat)
• Inhalte • Unterhaltungswert/Spafi • Likeability
• positionierungsrelevante Markeneigenschaften/ Kompetenzen
• Faszinationspotential • Inhalte des Markenbildes • Lemempfinden (Neuigkeitsgrad) • Uniqueness • Interaktionsgrad • Flow-Potential • Weiterempfehlungsbereitschaft • Kontaktdauer Quelle: McAg/(19980. S. 295)
Das Ziel der Aufteilimg in Ereignis- und Markendimension besteht in der Standardisierung des Messinstrumentes, um ein Benchmarking verschiedener Marketing-Events zu ermoglichen. So ergibt sich beispielsweise fur die Durchfuhrung eines Konzertes mit einer fur die Zielgruppe attraktiven Rockband durch eine Automarke, ohne einen Bezug zur bisherigen Markenpositionierung, ein hoher Wert auf der Ereignisdimension, wahrend auf der Markendimension Defizite bestehen (vgl. Nickel 1998c, S. 297f )^l Unklar bleibt allerdings, wie die oben dargestellten Kriterien zu operationalisieren und die Ergebnisse zu einem geeigneten Vergleichsindex zusammenzufassen sind. Weiterhin beschreibt Nickel (1998c, S. 297f) ein experimentelles Design fur den zeitlichen Ablauf einer Wirkungskontrolle. Er fordert Wirkungsmessungen sowohl vor als auch nach dem Ereignis, wobei mittels einer Kontrollgruppe der Einfluss extemer Variablen zu iiber-
^^ Beim Self-Assessment-Manikin (SAM)-Verfahren werden die emotionalen Reaktionen von Personen auf einen Stimulus mittels einer graphischen fiinfstufigen Beurteilungsskala gemessen (vgl. Morris 1995; Morris/McMullen 1994). "
Esch (1998b, S. 147f) nennt beispielhaft fiir diesen Fall die in den neunziger Jahren von Volkswagen durchgeftihrten Events mit bekannten Rockgruppen, wie Genesis, den Rolling Stones oder Pink Floyd (vgl. Gra/1998). Neben den von Esch (1998b, S. 147f) kritisch aufgeworfenen Fragen zu diesen Veranstaltungen (z.B. hinsichtlich der PassfUhigkeit zwischen den Konzerten und der Marke VW) stellt sich generell die Frage, ob es sich bei den Ereignissen Uberhaupt um Eventmarketing und nicht eher um Sponsoring handelte. Sicherlich hatten die Konzerte auch ohne die Untersttitzung von Volkswagen stattgefunden, womit die Eigeninszenierung als konstituierendes Merkmal von Marketing-Events (vgl. Merkmal X, S. 38f) fUr dieses Beispiel nicht zutreffen wiirde.
Bisherige Ansatze der Wirkungsanalyse im Eventmarketing
57
wachen ist. Durch den Vergleich der Ergebnisse zu unterschiedlichen Messzeitpunkten lassen sich kurz- als und langfristig die erreichten Wirkungen auf das Eventobjekt offen legen. Zusammenfassend zeigt der Brand-Land-Evaluator erste theoretische Grundlagen auf, die fur eine Wirkungsanalyse im Eventmarketing geeignet erscheinen. Allerdings mangelt es dem Ansatz an konkreten theoriegeleiteten Begriindungen, warum und wie die in Tab. 9 aufgezeigten Kriterien die Wirkung von Marketing-Events determinieren. Gleiches gilt fur eventuelle Zusammenhange zwischen diesen Kriterien i.S. eines S-O-R Modells. Somit verwundert es aufgrund dieser Probleme nicht, dass eine empirische Prufung des Ansatzes bis jetzt noch aussteht. Der Ansatz von Ziems (1999) Empirische Daten aus dem Automobilbereich liefert im Gegensatz dazu die Untersuchung von Ziems (1999). Jedoch bleiben der theoretische und methodische Hintergrund der Studie weitestgehend im Dunkeln. Gearbeitet wird mit einem „morphologischen Instrument des Event-Controlling" {Ziems 1999, S. 40), welches offensichtlich auf psychologischen Tiefeninterviews wahrend des analysierten Events basiert. Ein solches qualitatives Herangehen hat den Vorteil, dass der Forscher Ursache-Wirkungs-Zusammenhangen nachgehen kann, die ihm bisher nicht bekannt und damit auch nicht Bestandteil einer Hypothese waren (vgl. Kepper 1996, S. 154ff.). Somit bietet sich dieser Ansatz vor allem in einem relativ fhihen Stadiimi der Wirkungsanalyse an, um eventuelle Verbindungen zwischen den interessierenden Konstrukten offen zu legen. Diese Zusammenhange lassen sich anschliefiend in einem zweiten Schritt mittels quantitativer Verfahren validieren. Eine wichtige Forderung der Untemehmenspraxis an die auf der Wirkungsanalyse aufbauende Wirkungskontrolle ist jedoch die Wirtschaftlichkeit der einzusetzenden Instrumente (vgl. Erdtmann 1989, S. 206; Meyer-Hentschel 1983, S. 26f.). Infolge des umfangreichen Forschungsaufwandes qualitativer Verfahren (vgl. Muller 2000, S. 130; Tomczak 1992, S. 82) liegen hier die Schwachen des Vorgehens von Ziems (1999). Damit sei nicht bestritten, dass solche Verfahren in der explorativen Phase des Erkenntnisprozesses (z.B. bei der Generierung von Hypothesen) nutzliche Dienste leisten. Soil jedoch eine kostengtinstige Wirkungskontrolle erfolgen, so erscheinen standardisierte quantitative Methoden von Vorteil.
58
State of the Art der Wirkungskontrolle im Eventmarketing
Der Ansatz von Nufer (2002) Der erste theoretisch flmdierte Ansatz zur Erklanmg der Wirkungsweise des Eventmarketing stammt von Nufer (2002). Er stellt die Beeinflussung des Images bzw. der Einstellung gegenuber dem Eventobjekt als zentrale Zielsetzung des Kommunikationsinstrumentes in den Mittelpunkt seines Modells (vgl. Nufer 2002, S. 145). Insgesamt identifiziert er ftinf hypothetische Konstrukte als intervenierende Variablen imd fuhrt diese in einem am S-O-R Paradigma und dem Ansatz der Werbewirkungspfade von Kroeber-Riel (vgl. KroeberRiel/Weinberg 2003, S. 612ff.) orientierten Modell zusammen (vgl. Abb. 8). Der Autor weist darauf hin, dass es wegen der imterschiedlichen Zielsetzungen und Gestaltungsparameter von Marketing-Events „kein allgemeingiiltiges, starres Schema zur Erklanmg der Wirkungen von Eventmarketing (Anderung der Schreibweise durch den Verfasser) geben kann" {Nufer 2002, S. 163). Es handelt sich bei dem in Abb. 8 dargestellten Ansatz also zimachst um ein Idealmodell zur Beschreibung und Erklanmg der Wirkungen von Events, welches je nach Untersuchungszweck an diesen angepasst werden muss.
Bisherige Ansatze der Wirkungsanalyse im Eventmarketing
59
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60
State of the Art der Wirkungskontrolle im Eventmarketing
Eine solche Anpassung nimmt Nufer (2002, S. 165ff.) anschlieBend vor, indem er ausgehend von seinem Idealmodell ein weiteres Modell entwickelt, welches ausschlieBlich den Imagetransfer vom Event auf das Eventobjekt beschreibt (vgl. Abb. 9). Als intervenierende Variablen werden einerseits die bei der Zielgruppe durch das Ereignis hervorgerufenen Emotionen sowie die das Eventobjekt betreffenden und von den Teilnehmem aufgenommenen Informationen betrachtet. Beide hypothetischen Konstrukte mussen i.S. einer Konditionierung gemeinsam auftreten, um einen Imagetransfer auszulosen. Dabei erhoht sich die Wahrscheinlichkeit eines Konditioniemngserfolges, wenn die Eventbesucher die Veranstaltung und das Eventobjekt als zueinander passend beurteilen (Affinitat) (vgl. Nufer 2002, S. 190ff.). Ein Vergleich dieses Modells mit den Ausfuhrungen von Nickel (1998c, S. 295ff.) zeigt, dass der bei Nufer (2002, S. 165ff.) im Mittelpimkt stehende Imagetransfer hauptsachlich der Markendimension zuzuordnen ist. Zwar beschreiben die Emotionen als intervenierende Variable einen Teil der Ereignisdimension, doch scheint dies vor dem Hintergrund der Merkmale von Marketing-Events (z.B. aktive Einbeziehung der Teilnehmer, vgl. Gliederungspunkt B.5, S. 35ff.) fur eine umfassende Wirkungsanalyse nicht ausreichend zu sein. Wunschenswert ware eine Erweiterung des Modells um Konstrukte, die das aktive Erleben des Events und dessen Einfluss auf die empfundenen Emotionen beschreiben konnen. Gelange es damit, am „Anfang" des Wirkungsprozesses eines Marketing-Events anzusetzen, so lieBen sich daraus konkrete Gestaltungshinweise fur eine wirkungsvolle erlebnisorientierte Inszenierung solcher Ereignisse ableiten.
61
Bisherige Ansatze der Wirkungsanalyse im Eventmarketing Abb. 9: Das Imagetransfermodell fur das Eventmarketing nach Nufer
Marketing-Event
Event
kein Imagetransfer moglich
gemeinsame
Kontaktziele hinsichtlich des Eventbesuchs: z.B. Anzahl der Eventbesucher
Umfeld und Hauptfeld
• Aktivierung der Eventbesucher • Erregen von Aufmerksamkeit gegeniiber der zu vermittelnden Botschaft bzw. dem Eventobjekt • Kontaktaufbau, Interaktion und Dialog zwischen den Eventbesuchem sowie zwischen Eventbesuchem und Eventobjekt • kognitive Kommunikationswirkung: z.B. Vermittlung von Informationen hinsichtlich des Eventobjektes • emotionale Kommunikationswirkung: z.B. Wecken positiver Emotionen
Nachfeld
• Kontakt der Zielgruppe mit dem Kommunikationsmittel • Aufmerksamkeit der Zielgruppe gegenUber dem Kommunikationsmittel • kognitive Kommunikationswirkung: - Evennteilnehmer: Erinnerung an die Veranstaltung, um die wahrend der Veranstaltung aufgebauten GedSchtnisstrukturen hinsichtlich des Eventobjektes zu festigen - Personen, die nicht am Event teilgenommen haben: Information uber das Event, seine Inhalte und den Veranstalter • emotionale Kommunikationswirkung: - Eventteilnehmer: Wecken von Emotionen, die bereits auf dem Event empfunden wurden - Personen, die nicht am Event teilgenommen haben: nachtrSgliche Emotionalisierung durch entsprechende Gestaltung der Kommunikationsmittel • nachtrSgliche Erflillung von InformationsbedUrfhissen, die wahrend des Marketing-Events hinsichtlich des Eventobjektes entstanden und nicht unmittelbar befriedigt wurden • Bereitstellung von Bewertungshilfen ftir die nachtragliche Veranstaltungsbeurteilung, um eventuelle kognitive Dissonanzen zu verringem bzw. den Konsumenten in seiner Entscheidung ftir seine Eventteilnahme zu bestatigen • Sammlung von Informationen Uber die Eventbesucher sowie deren Bewertung des Ereignisses bei nachtraglichem Kontakt Uber die Instrumente der Kategorien III und IV (vgl. Tab. 5, S. 17) • Unterstiitzung des Prestigenutzens der Veranstaltung, indem die Eventbesucher die eingesetzten Kommunikationsmittel nutzen kOnnen, um ihre eigene Teilnahme an der Veranstaltung gegenUber Dritten zu belegen (vgl. auch Merkmal VII, S, 37f)
Quelle: eigene Erstellung in Anlehnung an Zanger (2001c, S. 834f), Zanger/Drengner (1999, S. 36), Schwaiger (1997, S. 36), Wochnowski (1997, S. 363), Jeschke (1995, S. 234ff.), Klein (1989, S. 132ff.).
Darauf aufbauend soil das Eventmarketing strategische Ziele erreichen, die sich auf eine mittel- bis langfristige Wirkung des Instmmentes konzentrieren. Obwohl Marketing-Events hauptsachlich Erlebnisse (also Emotionen) vermitteln sollen, durfen sachliche Informationen
Bisherige Ansatze der Wirkungsanalyse im Eventmarketing
65
hinsichtlich des im Mittelpunkt des Ereignisses stehenden Objektes nicht vemachlassigt werden (vgl. Inden 1992, S. 97). Damit lassen sich letztlich affektiv-orientierte und kognitiv-orientierte Ziele voneinander unterscheiden. Zur ersteren Gruppe zahlen beispielsweise der Aufbau, die Pflege oder Modifikation des Images des Eventobjektes, das Entwickeln von Glaubwurdigkeit sowie die Verhesserung der Kundenbeziehungen. Beispiele ftir kognitivorientierte Ziele sind die Bekanntmachung neuer Produkte oder die Vermittlung von Informationen hinsichtlich ausgewahlter Produktmerkmale (vgl. Tab. 11). Tab. U: Mogliche strategische Ziele im Eventmarketing Affektiv-orientierte Ziele • Aufbau, Pflege oder Modifikation des Images des Eventobjektes • Integration des Eventobjektes in die Eriebniswelt der Zielgruppe
Kognitiv-orientierte Ziele • Bekanntmachung des Eventobjektes • Vermittlung von Informationen bezuglich des Eventobjektes
• Positionierung durch Emotion • Erreichen von Glaubwurdigkeit durch das Eroffnen eines Kundendialogs • Befriedigung des Kundenbediirfhisses nach Kommunikation • Aufbau und Pflege einer Beziehung zwischen Zielgruppe und Eventobjekt Quelle: Bruhn (1997, S. 793f.)
Diese psychologischen Zielstellungen konnen verschiedene Zielgruppen betreffen. Im Eventmarketing lassen sich die folgenden Gruppen unterscheiden (vgl. Nufer 2002, S. 57; Bruhn 1997, S. 795f.; Bohme-Kost 1992, S. 129): •
Die Primarzielgruppe umfasst die unmittelbaren Eventteilnehmer, wobei sich zusatzlich untemehmensexteme (z.B. Endverbraucher) und -interne Personengruppen (z.B. Mitarbeiter) unterscheiden lassen.
•
Die Sekundarzielgruppe nimmt nicht unmittelbar am Ereignis teil, sondem lediglich als Beobachter. Sie berichtet in dieser Funktion uber die Medien (z.B. Femsehen, Rundfunk, Printmedien) von der Veranstaltung. Diese Gruppe entfaltet damit eine Multiplikatorwirkung^^ und steUt das Bindeglied zwischen den Eventbesuchem und der Tertiarzielgruppe dar.
Eine solche Multiplikatorwirkung kommt auch der Primarzielgruppe zu, wobei diese jedoch keine aktive Berichterstattung uber die Medien betreibt. Ein Ausnahme ergibt sich allerdings dann, wenn Vertreter dieser Zielgruppe (z.B. Journalisten) selbst im Zentrum des Events stehen. Hier verschmelzen Primar- und Sekundarzielgruppe.
66
•
State of the Art der Wirkungskontrolle im Eventmarketing
Die Tertiarzielgruppe nimmt nicht am Event teil, sondem rezipiert dieses iiber die Berichterstattung der Sekundarzielgruppe bzw. die Mund-zu-Mund Werbung der Primarzielgruppe.
Dabei ist zu beachten, dass alle drei Gruppen zunachst als gleichwertig gelten. Erst die konkrete Zielstellung des Marketing-Events und die damit verbundene Zielgruppenauswahl setzt die entsprechende Gewichtimg. Neben den o.g. psychologischen Kommunikationszielen sind im strategischen Bereich auch okonomische Zielstellungen, wie Umsatzsteigerung oder Erhohung des Marktanteils, vorstellbar. Allerdings erscheinen diese Ziele ftir das Eventmarketing nicht besonders geeignet. Begriinden lasst sich das mit einer Reihe von Effekten (vgl. Gliederungspunkt D.2, S. 7If.), die gegen einen direkten Zusammenhang zwischen der Kommimikationsmafinahme und dem wirtschaftlichen Untemehmenserfolg sprechen. Aufgrund dieser sog. Zurechenbarkeitsproblematik mangelt es den okonomischen Zielstellungen letztlich an Reagibilitat und selektiver Steuerungskraft als generelle Grundanforderungen an Kommunikationsziele (vgl. Steffenhagen 1993a, S. 287f.). In Bezug auf die drei Ebenen der Eventkontrolle (vgl. Abb. 6, S. 43) bezieht sich die Ablaufkontrolle auf die operativen Ziele, da diese eine reibungslose Durchfiihrung des Events gewahrleisten sollen^^. Die Ergebniskontrolle betrifft die strategischen Ziele, aufgrund derer das Ereignis uberhaupt inszeniert wird. Beide Zielkategorien unterliegen letztlich der Pramissenkontrolle, welche sich auf die Richtigkeit der Planungsgrundlagen beider Zielebenen bezieht. Die folgenden zwei Abbildungen stellen zusammenfassend die in der Praxis haufig verfolgten operativen und strategischen Ziele bei der Ansprache extemer (z.B. Endverbraucher) und intemer Zielgruppen (z.B. Mitarbeiter) dar. Obwohl ein GroBteil sich zwar den o.g. psychologischen Kommunikationszielen zuordnen lasst, fungieren - trotz der eben aufgezeigten Probleme - auch okonomische GroBen als Ziele des Eventmarketing.
37
Zwar erfolgt auch hier eine Kontrolle, ob diese Ziele erreicht wurden oder nicht (i.S. eines Ergebnisses). Da die operativen Zielstellungen aber lediglich als Subziele zu verstehen sind und letztlich der Erfiillung der iibergeordneten strategischen Ziele dienen, werden sie hier jedoch bewusst der Ablauf- und nicht der Ergebniskontrolle zugeordnet.
Bisherige Ansatze der Wirkungsanalyse im Eventmarketing
67
Abb. JO: Die hdufigsten Ziele von Marketing-Events bei der Ansprache externer Zielgruppen 1 • Agenturen (n=112) D Unternehmen (n=111) |
1133,3%
Erhohung des Bekanntheitsgrades 30,4% H B H I H U H C 110.8%
mittel- bis langfristige Erhohung des Umsatzes/Absatzes 25,0% ^ ^ ^ ^ ^ ^ | ^ B Z Aktivierung der Zielgruppe 21,4% H ^ ^ ^ ^ ^ H Z Neuprodukteinfuhrung/Reiaunch bereits eingefuhrter Produkte
|11,7%
15,2%^HHHZ
110,8%
kurzfristige Erhohung des Umsatzes/Absatzes 14,3% B H H E emotionale Zielgruppenansprache 12,5% • • • !
19.0% 18.1%
Neukundengewinnung 1 0 , 7 % | ^ ^ ^ | ^
118,9%
Medienresonanz 7 , 1 % | H E] 2,7% Kontaktpflege zur Zielgruppe 6,3% H J d
^15,3%
langfristige Erinnerungswirkung 4 , S % B ] 0,9% Unterscheidung von der Konkurrenz 4,5%BD 0,9% individuelle Zielgruppenansprache 4,5% • !2 3,6% Aufbau von GlaubwiJrdigkeit 0,9%[[II4,5% Anmerkungen: offene Fragestellung, Mehrfachantworten moglich Quelle: Zanger/Drengner (2004, S. 44)
Abb. 11: Die hdufigsten Ziele von Marketing-Events bei der Ansprache interner Zielgruppen I Agenturen (n=s103) •Unternehmen (n=98) Motivation der
82,5% m | | | | | | | | | | | | | | | m | | | | H | | ^ ^ |
1 63,3%
Verstdrkung der BIndung an das Unternehmen/Produkt 27,2%
28,6% ] 40,8%
Informationen (iber das Produkt/Unternehmen 25,2% 12,2%
Verbesserung des Images 19,4% emotionale Zielgruppenansprache 10,7% Kontaktpflege zur Zielgruppe 6,8%
7,1% 11,2%
Aktivierung der Zielgruppe 6,8%
6,1%
Neuprodukteinfuhrung/Reiaunch bereits eingefuhrter Produkte 6,8%
5,1%
kurzfristige Erhohung des Umsatzes/Absatzes 5,8%
6,1%
Gewinnung von Mitarbeitern 5,8% ^ ^ 4,1% mittel- bis langfristige Erhohung des Umsatzes/Absatzes 4,9% J
]8,2%
Aufbau von Glaubwurdigkelt 2,9% | ] 2,0% Anmerkungen: offene Fragestellung, Mehrfachantworten moglich Quelle: Zanger/Drengner (2004, S. 45)
^8
1.1.2.2
State of the Art der Wirkungskontrolle im Eventmarketing
Bestehende Ansatze zur KontroUe der Ziele von Marketing-Events
Eine erste Betrachtiing der bestehenden kontrollorientierten Ansatze zeigt, dass keines der Konzepte die Ebenen der Pramissen-, Ablauf- und Ergebniskontrolle mit der gleichen Intensitat diskutiert. So konzentriert sich Esch (1998b) auf die Ergebniskontrolle, insb. auf die Wirkungen von Marketing-Events hinsichtlich des Eventobjektes. Dabei beschaftigt er sich hauptsachlich mit den einzusetzenden Forschungsmethoden. Vor allem bildbezogene Messungen und qualitative Verfahren, wie Assoziationstests und Protokolle lauten Denkens, werden als geeignete Instrumente der Eventkontrolle empfohlen. Ahnlich des Ansatzes von Ziems (1999) stellt sich hier die Frage, ob eine einseitige Fokussierung auf qualitative und damit haufig unstandardisierte Methoden der Forderung nach Wirtschaftlichkeit der Erfolgskontrolle nachkommt. Auch die Ansatze von Bruhn (1997, S. 815ff.) und Zanger (1998) konzentrieren sich stark auf die Ergebniskontrolle. Sie systematisieren die Wirkungen von Marketing-Events mittels eines Ansatzes von Steffenhagen (1984, 1996, S. 8ff), der zwischen momentanen Reaktionen (z.B. Aktivierung, Informationsaufnahme und -verarbeitung), dauerhaften Geddchtnisreaktionen (z.B. Beeinflussung von Kenntnissen und Einstellungen) widflnalenVerhaltensreaktionen (z.B. Kaufverhalten, Informationssuchverhalten) beim Empfanger von Untemehmenskommunikation unterscheidet. Wahrend Zanger (1998) diese Wirkungsebenen den einzelnen Phasen des Ablaufs eines Marketing-Events zuordnet, schlagt Bruhn (1997, S. 817ff) konkrete Instrumente zur Messung der Reaktionen vor (z.B. Medienresonanzanalyse, Recallund Recognitiontest). Das Konzept von Zanger/Drengner (1999, 2000) lasst sich als Weiterentwicklung der Ansatze von Bruhn (1997, S. 815ff), Nickel (1998c, S. 295ff.) und Zanger (1998) verstehen. So werden die einzelnen Ebenen der Eventkontrolle den Arbeitsphasen und Inszenierungsebenen von Marketing-Events (vgl. S. 3Iff) zugeordnet (vgl. Abb. 12). In Anlehnung an Nickel (1998c, S. 293ff) teilt sich auBerdem die Ergebniskontrolle in Ereignis- und Markendimension auf
Bisherige Ansatze der Wirkungsanalyse im Eventmarketing
69
Abb. 12: Das Modell der Eventkontrolle nach Zanger/Drengner Arbeitsphasen und Inszenierungsebenen von Marketing-Events Vorbereitung des Marketing-Events
i
Entwicklung des Marketing-Events Vorfeld
Umfeld
Hauptfeld
Ebenen der Eventkontrolle Pramissenkontrolle
AblaufkontroUe
Nachfeld
1 Inszenierung des Marketing-Events Vorfeld
Umfeld
Hauptfeld
i
Ergebniskontrolle Ereignisdimension
Markendimension
Nachbereitung des Marketing-Events Nachfeld
Quelle: eigene Erstellung in Anlehnung an Zanger/Drengner (1999, S. 33)
Weiterhin werden im Rahmen der AblaufkontroUe fiir jede Inszenierungsebene entsprechende Kontrollkriterien sowie die zugehorigen Messinstrumente aufgezeigt (vgl. Zanger/Drengner 1999, S. 36). Zusatzlich diskutieren die Autoren ein Prozessmodell zum zeitlichen Ablauf der Eventkontrolle. Im Gegensatz zu Nickel (1998c, S. 297f.) geht dabei auch die Nachbereitung des Events in das Modell ein. Eine erste empirische Anwendung des Ansatzes beschrankt sich auf die Wirkungsanalyse eines Marketing-Events, indem ausgewahlte Konstrukte auf der Ereignis- und Markendimension untersucht werden (vgl. Zanger/Drengner 2000). AUerdings fehlen bei der Auswahl der Konstrukte (z.B. Faszinationspotential des Events) die entsprechenden theoretischen Begrundungen. AuBerdem handelt es sich lediglich um Wirkungsbeschreibungen und weniger um Analysen i.S. der Prufung kausaler Zusammenhange zwischen den Konstrukten.
1.2
Ansatze in der Unternehmenspraxis
In der Literatur lassen sich bisher weder empirische noch theoretische Aussagen zur Durchfiihrung reiner Wirkungsanalysen in der Unternehmenspraxis finden. Jedoch belegen empirische Daten zur ErfolgskontroUe, dass sich die Unternehmenspraxis intensiv mit der Bewertung der eigenen Aktivitaten im Eventmarketing zu beschaftigten scheint (vgl. Tab. 12). So gaben beispielsweise zwischen 68% (USA) und 72% (Deutschland) der Befragten an, den Erfolg ihrer Marketing-Events zu evaluieren. Auch gibt es offensichtlich zu diesem Zweck mit der Befragung der Eventteilnehmer, Kontaktzahlen oder wirtschaftlichen Kennzahlen (z.B. Umsatzentwicklung) bereits in der Praxis erprobte Instrumente. Fraglich ist allerdings, ob es sich bei diesen Ergebnissen nicht groBtenteils um sozial erwtinschte Antworten handeh. Fiir diese Vermutung sprechen mehrere Griinde. Erstens wird
70
State of the Art der Wirkungskontrolle im Eventmarketing
keiner der in den o.g. Studien befragten, fiir das Eventmarketing verantwortlichen Entscheider ohne weiteres zugeben, dass er den Erfolg des mit erheblichem fmanziellen Aufwand (vgl. Tab. 1, S. 2) durchgefiihrten Marketing-Events nicht kontroUiert hat. Zweitens sprechen die fur die Erfolgskontrolle aufgewendeten finanziellen Mittel gegen ein systematisches Vorgehen. Bei einem durchschnittlichen Anteil der Erfolgskontrolle von 2,2% am gesamten Eventbudget (vgl. Zanger/Drengner 2004, S. 32) bleiben beispielsweise bei einem in der Praxis sehr haufig vorkommenden Budget von 50.000 € (vgl. Tab. 1, S. 2) lediglich 1.100 € fiir die Kontrolle der eigenen Aktivitaten. Veranschlagt man diesen Betrag ftir das sehr oft eingesetzte Instrument der Befragung^^, so erscheint er fiir die Entwicklung des entsprechenden Fragebogens, den Einsatz von Interviewem, die Dateneingabe und -auswertung als sehr niedrig kalkuliert. Drittens ist die Erfolgskontrolle organisatorisch haufig beim durchfiihrenden Unternehmen verankert, wahrend die Verantwortlichen auf exteme Dienstleister, wie Marktforschungsinstitute oder Untemehmensberatungen, eher selten zuriickgreifen (vgl. Tab. 12). Das mag einerseits an dem bereits erwahnten geringen Budget fiir die Erfolgsbewertung liegen. Andererseits ist ein gewisser Opportunismus der Entscheider in den Unternehmen zu vermuten, sich nicht durch eine meist mit besserer Methodenkenntnis und groBerer Objektivitat (vgl. Berekoven/Eckert/Ellenrieder 2004, S. 38ff.) ausgestatteten extemen Institution evaluieren zu lassen. Vor diesem Hintergrund und der im vorhergehenden Gliederungspunkt erorterten Tatsache, dass es im Bereich der Marketingforschung an validierten Messinstrumenten mangelt, ist eine strukturierte und planmaBige Erfolgskontrolle in der Untemehmenspraxis zu bezweifeln. Vielmehr lasst sich vermuten, dass die Entscheider eher sporadische Bewertimgen der eigenen Arbeit vomehmen. Unterstiitzen lasst sich diese Vermutung mit den Begriindungen, die in empirischen Untersuchungen gegen eine Erfolgskontrolle angefiihrt werden. Neben Zeitmangel und zu hohen Kosten verweisen die Unternehmen auf das Fehlen entsprechender Instrumente (vgl. Tab. 12).
Vor allem bei den Antworten hinsichtlich dieses Instrumentes ist eine Verzerrung der Ergebnisse durch soziale Erwiinsciitheit zu vermuten, da diese Erhebungsmethode wahrscheinlich jedem der Befragten als Marktforschungs instrument bekannt sein diirfte.
Probleme der Wirkungsanalyse im Eventmarketing Tab. 12: Erfolgskontrolle des Eventmarketing in der Unternehmenspraxis Deutschland
untersuchter Markt
USA
Untersuchungssteckbrief • Erhebungszeitraum
November 2003
Oktober2001
• untersuchte Stichprobe
120 eventveranstaltende Unternehmen
120 eventveranstaltende Unternehmen
Erfolgskontrolle im Eventmarketing Anteil der Unternehmen, die bereits ja: 72% Erfolgskontrollen durchfiihren eingesetzte Instrumente
ja: 68%
Befragung der Eventteilnehmer: 84%
nicht erhoben
Kontaktzahlen: 74% Besucherbeobachtung: 55% Befragung der eigenen Mitarbeiter: 53% wirtschaftliche Kennzahlen: 48% Auswertung von Presseberichten: 51% subjektive Einschatzungen: 51% Checklisten: 44% Institutionelle Verankerung der Erfolgskontrolle
Griinde, warum keine Erfolgskontrolle durchgeflihrt wird (offene Frage; Mehrfachnennungen moglich)
externe Gutachter: 17% Unternehmen selbst: 70%
Unternehmen selbst: 75%
beauftragte Eventagentur: 18%
beauftragte Eventagentur: 12,5%
unabhangiger Dritter: 12%
unabhangiger Dritter: 12,5%
Mangel an Instrumenten: 50%
Mangel an Instrumenten: 53%
nicht notwendig: 27%
nicht notwendig: 34%
zeitlich nicht machbar: 21%
zuteuer: 21%
zuteuer: 21% kein Unternehmen bekannt, dass Erfolgskontrollen durchfuhrt: 15% Quellen: Zanger/Drengner (2004); Georg P. Johnson (2001)
2
Probleme der Wirkungsanalyse im Eventmarketing
Wie bereits im Gliederungspunkt C.2 (S. 43ff.) erlautert, mussen fur die Parametrisierung sowie die anschlieBende Validierung betriebswirtschaftlicher Modelle empirische Daten erhoben werden. Bezogen auf Modelle zur Erklarung von Kommunikationswirkungen bestehen hinsichtlich der konkreten Messung der entsprechenden Konstrukte und deren Zusammenhangen eine Vielzahl von Problemen (vgl. Nufer 2002, S. 198ff.; Drees 1992, S. 203ff.; Erdtmann 1989, S. 206f.; Hermanns/Puttmann 1989, S. 40f.; Hub el/Marganus 1986). Zwar gelten diese Schwierigkeiten fur alle Instrumente der Kommunikationspolitik, jedoch werden diese teilweise beim Eventmarketing durch dessen Besonderheiten verscharft:
72
State of the Art der Wirkungskontrolle im Eventmarketing
•
Das Interdependenzproblem bezieht sich auf die Wirkimgsinterdependenzen zwischen dem Eventmarketing und anderen Kommunikationsinstmmenten. Einerseits entstehen diese wechselseitigen Abhangigkeiten dadurch, dass das Eventmarketing haufig auf andere Kommimikationsinstmmente zuriickgreifen muss, um seine Wirkung vollstandig zu entfalten (z.B. zur Kommunikation im Vor- und Nachfeld der Veranstaltung). Andererseits forciert die berechtigte Forderung nach integrierter Kommunikation die Verflechtungen zwischen den einzelnen Instrumenten der Untemehmenskommunikation. Im Rahmen einer Wirkungsanalyse von Marketing-Events lassen sich die beschriebenen Interdependenzen nur schwer kontrolUeren.
•
Das Problem sachlicher Ausstrahlungseffekte beschreibt das Phanomen, dass eine MarketingmaBnahme tiber den geplanten Zielbereich hinaus positive oder negative Wirkungen entfahet. So konnen beispielsweise auch MaBnahmen der Produkt-, Preisoder DistributionspoUtik die Wirkungen des Eventmarketing iiberlagem.
•
Das Zuordnungsproblem ergibt sich unmittelbar aus den beiden o.g. Problembereichen. Wegen der engen Verflechtungen zwischen den einzelnen Instrumenten lassen sich deren Einzelwirkungen kaum voneinander trennen. Die Schwierigkeit flir das Eventmarketing besteht vor allem darin, dass es meist als Erganzung zu anderen untemehmerischen MaBnahmen eingesetzt wird und sein Anteil an der gesamten Untemehmenskommunikation deshalb eher gering ist (vgl. Nufer 2002, S. 199). Um so schwerer lassen sich eventuelle Veranderungen dem erlebnisorientierten Kommunikationsinstrument monokausal zuordnen.
•
Zeitliche Ausstrahlungseffekte beziehen sich auf eine verzogerte Werbewirktmg. Sog. Carry-over-Effekte liegen vor, wenn die Absatzchancen eines Produktes durch das momentane Absatzniveau beeinflusst werden (z.B. durch Mund-zu-Mund Werbung). Decay-Effekte ergeben sich hingegen aus dem Phanomen, dass eine KommunikationsmaBnahme erst verzogert ihre Wirkung entfahet. Beide Effekte konnen die Zurechnung einer erziehen Kommunikationswirkung auf ein bestimmtes Instrument erschweren.
•
Das Problem der externen Storeinfliisse ergibt sich aus der komplexen Untemehmensumwelt, die als nicht kontrollierbare Variable die beabsichtigte Wirkung einer KommunikationsmaBnahme verandem kann.
Um bei empirischen Untersuchungen die o.g. Zurechnungsprobleme so weit wie moglich einzudammen, empfiehlt sich deshalb ein experimentelles Forschungsdesign, insb. der Einsatz einer Kontrollgruppe (vgl. Zanger/Drengner 1999, S. 34; Nickel 1998, S. 299).
Schlussfolgerungen fur das zu entwickelnde Modell
3
73^
Schlussfolgerungen fur das zu entwickelnde Modell
In Bezug auf die hier im Mittelpunkt stehende Wirkungsanalyse von Marketing-Events ergeben sich zusammenfassend folgende Schlussfolgerungen. Vor dem Hintergrund der fur die Entwicklung eines Modells zu durchlaufenden Schritte (vgl. Gliederungspunkt C.2, S. 43ff.) treten sowohl bei den wirkungsanalytisch orientierten als auch bei den kontrollorientierten Ansatzen Mangel bei der Modellspezifikation auf. Bine Ausnahme bilden die Ausftihrungen von Nufer (2002), die wichtige Hinweise ftir das im Folgenden zu entwickelnde Modell liefem. Jedoch fehlt es hier an einer korrekten Parametrisierung des Modells. Schliefilich konnen die vorgestellten Ansatze keine entsprechenden empirischen Untersuchungen zu deren Validierung vorweisen. Trotzdem geben sie erste Hinweise darauf, •
welche Modelle der Werbewirkungsforschung sich als Bezugsrahmen ftir ein Wirkungsmodell im Eventmarketing eignen (vgl. Nufer 2002; Zanger 1998; Bruhn 1997, S. 815ff.),
•
welche Theorien und hypothetischen Konstrukte sich zur Erklarung der Wirkungen von Marketing-Events eignen (vgl. Nufer 2002; Nickel 1998c, S. 295ff.),
•
welche Instrumente der Marktforschung zur Messung der Wirkungen eingesetzt werden konnten (vgl. Nufer 2002; Zanger/Drengner 2000; Zanger/Drengner 1999; Ziems 1999; £5c/z 1998b) und
•
wie das empirische Design einer Wirkungsanalyse aussehen sollte (vgl. Zanger/Drengner 1999; Nickel 1998c, S. 295ff.).
Weiterhin machen die Ausfuhrungen zu den vorgestellten Ansatzen deutlich, dass es kein allgemeingiiltiges Modell der Werbewirkung geben kann. Dies gilt ebenfalls ftir das Eventmarketing. Zwar lassen sich Idealmodelle aufstellen, die den notwendigen Uberblick iiber die theoretischen Zusammenhange der einzelnen, die Wirkungen von Events beeinflussenden Konstrukte aufzeigen, jedoch erscheint deren empirische Priifung (Parametrisierung) unmoglich (vgl. Nufer 2002, S. 164). Aus diesem Grund konzentriert sich diese Arbeit, insb. der folgende Gliederungspunkt nicht auf die Entwicklung eines „Totalmodells", sondem auf ein Modell zur Erklarung der Wirkungsweise von Marketing-Events zur Erreichung einer Imagebeeinflussung des Eventobjektes durch das Ereignis. Die hier vorgenommene Fokussierung auf das Image lasst sich einerseits mit der Bedeutung des Konstruktes als Einflussfaktor auf das Konsumentenverhalten und andererseits seiner Rolle als Unterscheidungsmerkmal gegentiber Wettbewerbem im Rahmen von Positionierungsstrategien begrunden (vgl. ausfuhrlich Gliederungspunkt E.1.2, S. 83ff.). Darauf aufbauend verwundert es nicht, dass in der Praxis das Image als eine der wichtigsten ZielgroBen von Marketing-Events gilt (vgl.Abb. 10, S. 67).
E Entwicklung eines Modells zur Erklarung der Imagewirkungen des Eventmarketing 1 1.1 1.1.1
Das Image als strategische Ergebnisgrofk im Marketing Das Konstrukt des Images Das Konstrukt aus Sicht der okonomisch orientierten und gestaltpsychologisch orientierten Imagetheorie
Die erste wirtschaftswissenschaftliche Betrachtung des Imagebegriffes lieferte die okonomisch orientierte Imagetheorie (vgl. Franke 1997, S. 8f.; Trommsdorff 1990, S. 118f.; Hatty 1989, S. 79). Angelehnt an die Erkermtnisse des neobehavioristischen S-O-R Paradigmas bezog dieser Ansatz mit dem Image ein verhaltenswissenschaftliches Konstrukt in die Analyse okonomischer Zusammenhange ein, um diese besser zu verstehen (vgl. z.B. Boulding 1958, S. 77ff.). Jedoch entsprachen die Vertreter der okonomisch orientierten Imagetheorie nur oberflachlich diesem Anspruch. Einerseits erhielt das Image nur einen residualen Stellenwert, um all jene Erscheinungen zu erklaren, die nicht durch beobachtbare Faktoren (z.B. Preis, Distributionsgrad) begrlindbar waren (vgl. Hatty 1989, S 79). Die damit implizit vollzogene Trennung zwischen „objektiven" Determinanten des Marktgeschehens und den unter dem Imagebegriff subsumierten „subjektiven Rest" lasst sich heute jedoch nicht mehr aufrechterhalten. So belegt mittlerweile die Konsumentenverhaltensforschung (z.B. die verhaltenswissenschaftlich orientierte Preistheorie), dass auch objektive Merkmale subjektiv verarbeitet und verandert werden, bevor sie das Kaufverhalten beeinflussen (vgl. Trommsdorff 1990, S. 118f). Andererseits beschrankten sich die wissenschaftlichen Ausfahrungen im Rahmen der okonomischen Sichtweise hauptsachlich auf die defmitorische bzw. etymologische „Deutung" des Begriffes (vgl. Franke 1997, S. 8f.; Kleining 1959) und beschaftigten sich weniger mit seiner verhaltenswissenschaftlichen Operationalisierung bzw. der Priifung von Hypothesen hinsichtlich moglicher Einflussfaktoren des Images (vgl. Trommsdorff \990, S. 118f). Zusammenfassend verfolgte die okonomisch orientierte Imagetheorie eine aggregierte Sichtweise, indem einem Objekt (z.B. Untemehmen, Produkt, Marke) ein Image zugeschrieben wurde, ohne jedoch dessen individuelle Ursachen und Auspragungen zu analysieren (vgl. Trommsdorff 1990, S. 118f.; Hatty 1989, S. 79). Eine Hinwendung zum individuellen Verhalten erfolgte durch die gestaltpsychologisch orientierte Imagetheorie, die starker den vorstellungsbezogenen und ganzheitlichen Charakter des Konstruktes betonte (vgl. Franke 1997, S. 9.; Haedrich 1993, S. 251; Trommsdorff \990, S. 119f.; Hatty 1989, S. 79). Das Image wurde demnach als mehrdimensionales, stereotyp verfestigtes, besonders pragnantes, aber unthematisches Eindruckssystem defmiert (vgl. Bergler 1963, S. 18). Eng damit verbunden waren Hypothesen, die dem Konstrukt einen
_76
Entwicklung eines Modells zur ErklSrung der Imagewirkungen des Eventmarketing
kognitiv entlastenden, rationales Wissen ersetzenden Charakter verliehen (vgl. Trommsdorff 1990, S. 118f.; Hatty 1989, S. 79; Spiegel 1961, S. 29). Urn diese Aussagen empirisch zu prufen, kamen vor allem qualitative Messverfahren zum Einsatz (vgl. Franke 1997, S. 9). Aufgrund der kaum objektiven und reliablen Ergebnisse der genutzten Methoden und der damit mangelhaften empirischen Begrtindung konnte sich die gestaltpsychologisch orientierte Imagetheorie jedoch nicht etablieren (vgl. Trommsdorff 1990, S. llSf.; Rosenstiel/Ewald 1983,8.213).
1.1.2 Das Konstrukt aus Sicht der einstellungsorientierten Imagetheorie Die einstellungsorientierte Imagetheorie, welche heute in der Marketingwissenschaft dominiert (vgl. Nufer 2002, S. 145; Glogger 1999, S. 46), loste die Probleme der o.g. Ansatze. Durch theoriegeleitete Forschung und Entwicklung darauf aufbauender Messverfahren (vgl. Gliederungspunkt F.4.4, S. 162ff.) gelang es, den Imagebegriff zu konkretisieren. Dies erfolgte hauptsachlich unter Riickgriff auf die Einstellungsforschung, die bereits in der Sozialpsychologie weit fortgeschritten war (vgl. Franke 1997, S. \\\Laberenz 1988, S. 19ff.). Una das Konstrukt des Images aus diesem Blickwinkel eingehender diskutieren zu konnen, sind deshalb zunachst grundlegende Kenntnisse des Einstellungsbegriffes notwendig, welche nachstehend erarbeitet werden. Bei der Einstellung handelt es sich unbestritten um eines der wichtigsten und am haufigsten untersuchten Konstrukte der Konsumentenverhaltensforschung (vgl. Trommsdorff 2004, S. 158; Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 168; Nieschlag/DicM/Hoerschgen 2002, S. 594; Meffert 2000, S. 118). Definieren lasst sich die Einstellung in Anlehnung an Eagly/Chaiken (1993, S. 1; vgl. auch Bohner 2002, S. 267; Steffenhagen 2000, S. 95) als •
psychologische Tendenz
•
einen bestimmten Gegenstand
•
positiv Oder negativ wertend einzuschatzen.
Diese Definition zeigt, dass sich das Konstrukt immer auf einen Meinungsgegenstand bezieht, wobei sich die Marketingwissenschaft haufig auf Untemehmen oder Produkte als Untersuchungsobjekte konzentriert. Weiterhin gilt die Einstellung als erlemte Predisposition, die durch mittelbare und unmittelbare Erfahrungen mit dem jeweiligen Objekt sowie aufgrund von Sozialisierungsprozessen entsteht (vgl. Nieschlag/Dichtl/Hoerschgen 2002, S. 594ff.; Meffert2000,^. \\9). Daruber hinaus lasst sich die Einstellung mittels Komponenten und Dimensionen charakterisieren (vgl. Nufer 2002, S. 146f; Glogger 1999, S. 50ff; Franke 1997, S. 13f; Huber 1993, S. 27f). In Bezug auf die Komponenten des Konstruktes sind nach der sog. Drei-Kompo-
77
Das Image als strategische Ergebnisgrofie im Marketing
nenten-Theorie (vgl. Kroeher-Riel/Weinherg 2003, S. 170) folgende Bestandteile voneinander zu differenzieren: •
Die kognitive Komponente reprasentiert das subjektive Wissen des Individuums hinsichtlich des Einstellungsobjektes (z.B. Subjekt Y beurteilt das Auto X als geraumig).
•
Die affektive Komponente beschreibt die gefuhlsmafiige Bewertung des Einstellungsgegenstandes (z.B. Subjekt Y gefdllt das Auto X, weil es geraumig ist).
•
Die konative Komponente umfasst die Verhaltensbereitschaft^^ der Person gegeniiber dem Einstellungsobjekt (z.B. Subjekt Y mochte das Auto X kaufen).
Heute werden haufig nur noch der kognitive und affektive Bestandteil der Einstellung zugeordnet, wahrend die konative Komponente als eigenstandiges Konstrukt gilt, welches selbst durch die nunmehr „Zwei-Komponenten"-Einstellung beeinflusst wird (vgl. Trommsdorff 2004, S. 164f; Hammann/Erichson 2000, S. 334f; Glogger 1999, S. 50). Diese Sichtweise wird auch im Folgenden vertreten (vgl. Abb. 13). Abb. IS: Die Komponenten der Einstellung und ihre Wirkung
Einstellung • kognitive Komponente• affektive Komponente -
Verhaltensbereitschaft (konative Komponente)
—•
Verhalten
Quelle: eigene Erstellung in Anlehnung an Trommsdorff (2004, S. 164) und Hammann/Erichson (2000, S. 336)
Die Dimensionen der Einstellung umfassen die in der Vorstellung des Individuums mit dem Einstellungsobjekt verbundenen Eigenschaften. Aus Sicht der Faktorenanalyse handelt es sich dabei um voneinander unabhangige - also nicht korrelierte - Beurteilungsfaktoren (vgl. Glogger 1999, S. 50; Huber 1993, S. 27). Grundsatzlich konnen zwei Arten von Objekteigenschaften unterschieden werden: •
Denotationen umfassen sachhaltige Merkmale, die unmittelbar mit dem Beurteilungsgegenstand verbunden sind (z.B. Subjekt Y beurteilt das Auto X als preiswert, sparsam Oder geraumig).
•
Konnotationen beziehen sich auf nicht-sachhaltige Eigenschaften. Diese stehen mit dem Einstellungsobjekt nur in einem iibertragenen, metaphorischen Sinne in Beziehung (z.B. Subjekt Y beurteilt das Auto X als langweilig, spiefiig oder elitar).
Es handelt sich dabei lediglich um eine Verhaltenstendenz, nicht um das tatsachliche Verhalten.
78
Entwicklung eines Modells zur Erklarung der Imagewirkungen des Eventmarketing
Zusammenfassend handelt es sich bei den Dimensionen um eine inhaltliche Beschreibung der Eigenschaften des Einstellimgsobjektes, wahrend die Komponenten die Art und Weise beschreiben, wie eine Person diese Merkmale psychisch verarbeitet (vgl. Glogger 1999, S. 51; Meffert/Heinemann 1990, S. 7; Mazanec 1978, S. 49). Eine Verbindimg zwischen Komponenten und Dimensionen besteht insofem, dass die psychische Verarbeitimg der jeweiligen Eigenschaft dariiber entscheidet, ob es sich bei dieser um eine Denotation oder eine Konnotation handelt. Denotationen korrespondieren demnach mit einer kognitiven Auseinandersetzung mit dem Einstellungsobjekt, wahrend Konnotationen eine affektive Verarbeitung reprasentieren (vgl. Glogger 1999, S. S\\ Mazanec 1978, S. 49). Basierend auf dem eben dargestellten Einstellungsbegriff lasst sich nun eine Definition des Images erarbeiten. Wahrend fur das Konstrukt in der englischsprachigen Marketingliteratur eine Vielzahl teilweise sehr unterschiedlicher Auffassungen bestehen"^^, offenbaren sich im deutschsprachigen Raum drei Sichtweisen: •
Ein erster Ansatz ersetzt den Imagebegriff durch den der Einstellung (vgl. KroeberRiel/Weinberg 2003, S. 198) bzw. verwendet beide synonym (vgl. Wehr 2001, S. 8; Franke 1997, S. 11). Begriindet wird diese Entscheidung damit, dass das Image „in etwa" {Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 197) die gleichen Merkmale besitzt, wie das Konstrukt der Einstellung.
•
Die Vertreter des zweiten Ansatzes trennen beide Konstrukte voneinander. Sie definieren das Image als Konnotationensystem (vgl. Schweiger/Schrattenecker 2005, S. 25f.; Mazanec 1979, S. 176; Mazanec 1978). Image und Einstellung werden dabei als Extrempunkte auf einem Kontinuum betrachtet, wobei das Image den konnotativen Pol und die Einstellung den denotativen Pol bilden. Je nachdem uber welche Informationen der Konsument verfugt, entscheidet er entweder nach dem Image- oder nach dem Einstellungsmodell. Das erstere kommt zum Einsatz, wenn das Individuum die zu beurteilenden Produkte objektiv nicht voneinander unterscheiden kann. Auf den einstellungsorientierten Ansatz greift es hingegen zuriick, wenn es ihm moglich ist, die Ahemativen anhand objektiver Merkmale zu differenzieren.
•
Der dritte Ansatz weist dem Image sowohl denotative als auch konnotative Eigenschaften zu (vgl. Hatty 1989, S. 90ff.; Trommsdorff 1976). Wie stark beide Dimensionen zur Imagebildvmg beitragen, hangt nicht nur vom Beurteilungsobjekt (z.B. Produkt) ab, son-
So identifizieren sowohl Dobni/Zinkhan (1990) und Reynolds/Gutman (1984) jeweils 5 verschiedene Typen von Definitionsansatzen (z.B. Image i.S. einer Markenpers5nlichkeit, Image als allgemeine Wahmehmung eines Produktes). Im Gegensatz zu den deutschsprachigen Begriffen mangelt es nach Aussage o.g. Autoren den meisten dieser AnsStze an einer theoretischen Fundierung, weshalb diese Defmitionen an dieser Stelle nicht weiter diskutiert werden.
Das Image als strategische ErgebnisgrOfie im Marketing
19_
dem vor allem vom anbietenden Untemehmen selbst. Konzentriert sich die Untemehmenskommimikation auf thematische Informationen, so basiert die Imagebildung vorwiegend auf denotativen Merkmalen. Im entgegengesetzten Fall einer unthematischen, eher emotional gepragten Kundenansprache beeinflussen die komiotativen Eigenschaften das Image (vgl. Trommsdorff 1976, S. 29). Weiterhin erfolgt im Rahmen dieses Ansatzes eine Abgrenzung von Image und Einstellung anhand deren Dimensionalitat. So wird das Image als mehrdimensionales, mit subjektiven Wertimgen versehenes, komplexes psychisches Konstrukt betrachtet. Die Einstellung hingegen fasst die einzelnen Dimensionen des Images zu einer eindimensionalen Grofie zusammen (vgl. Trommsdorff 1976, S. 29). Dies auBert sich beispielsweise in den ftir die Einstellungsmessung genutzten Multiattributivmodellen von Trommsdorff (1975), Fishbein (1963) oder Rosenberg (1956)^^ die die Beurteilung eines Meinungsgegenstandes letztlich zu einem einzigen Wert aggregieren. Damit sind beide Konstrukte nicht - wie bei den Vertretem des zweiten Ansatzes - als entgegengesetzt zu verstehen, sondem als sich erganzende Betrachtungsweisen ein und desselben Meinungsgegenstandes. Bei einer Bewertung der o.g. Sichtweisen ist an der Gleichsetzung von Image und Einstellung zu kritisieren, dass auf diesem Weg die durch die Vertreter des dritten Ansatzes (vgl. Hatty 1989, S. 90ff.; Trommsdorff 1976) herausgearbeiteten Differenzen zwischen beiden Konstrukten nivelliert werden. Hinsichtlich der zweiten, ausschlieBlich konnotativen Sichtweise lasst sich die Frage nicht schliissig beantworten, ob ein Produkt aufgrund konnotativer (Imagemodell) oder denotativer (Einstellungsmodell) Merkmale bewertet wird, da die Unterschiede zwischen beiden Dimensionen nur graduell sind und sich beide nur schwer eindeutig voneinander abgrenzen lassen (vgl. Hatty 1989, S. 86ff.). Aufgrund der o.g. Kritikpunkte so wie der haufigen Nutzung dieser Herangehensweise in der Marketingwissenschaft (vgl. Nufer 2002, S. 149; Glogger 1999, S. 54; Schimborski 1997, S. 8; Huber 1993, S. 27; Herzig 1991, S. 3; Meffert/Heinemann 1990, S. 7; Hatty 1989, S. 92) wird hier dem dritten Ansatz gefolgt. In Anlehnung an Glogger (1999, S. 55) lasst sich somit das Image defmieren als: •
mehrdimensionales Konstrukt,
•
welches die Gesamtheit aller nicht korrelierten denotativen und konnotativen Eigenschaften (Assoziationen) umfasst,
Das Prinzip der Multiattributivmodelle beruht darauf, dass aus den kognitiven und affektiven Bewertungen eines Objektes dessen „Einstellungswert" errechnet werden kann. Eine ausfiihriiche Beschreibung der wichtigsten Modelie liefert Frank (1997, S. 34ff.).
80
•
Entwicklung eines Modells zur ErklSrung der Imagewirkungen des Eventmarketing
die mit einem Meinungsgegenstand verbunden sind"^^.
Problematisch ist an dieser Definition allerdings, dass damit der ganzheitliche Charakter des Konstruktes verloren geht (vgl. Glogger 1999, S. 55). Mochte man jedoch das Image operationalisier- und messbar machen, um damit seine Anwendbarkeit im Marketing zu verbessem, erscheint diese Vereinfachung des Begriffes unvermeidlich: „Images sind zwar nach einzelnen Eindrucksdimensionen differenzierbar, aber ganzheitlich defmiert. Die Beschreibung eines Images nur nach Einzelelementen bleibt genauso unzureichend wie eine Bildbeschreibung durch Aufzahlung von GroBe, Farben, dargestellten Gegenstanden usw.. Das betrifft eine gnmdsatzliche Messproblematik der Imageforschung: Images konnen strenggenommen nur ganzheitlich bildhaft erfasst werden. Das Marketingmanagement erfordert trotzdem, dass Images i.S. von isolierbaren Komponenten sprachlich erfasst und kommuniziert werden konnen" (Trommsdorff 1993, S. 148). Um einerseits diesem Anspruch an die Messung des Konstruktes nachzukommen und andererseits eine theoretische Grundlage zur Erklarung der Imagebeeinflussung im Eventmarketing zu schaffen, beschaftigt sich der nachste Gliederungspunkt mit der Speicherung des Konstruktes im Gedachtnis des Konsumenten. 1.1.3
Das Konstrukt aus gedachtnispsychologischer Sicht
Den theoretischen Hintergrund liefert in diesem Fall die Gedachtnispsychologie, die davon ausgeht, dass Individuen ihr Wissen uber Objekte, Tatsachen, Situationen etc. in semantischen Netzwerken speichem (vgl. Haberlandt 1997, S. 134ff.; Clifford 1992, S. 398ff.). Diese beschreiben das menschliche Gedachtnis als Netz, welches aus Knoten und Kanten besteht (vgl. Schermer 2002, S. 149ff.; Tergan 1986, S. 36). Unter einem Knoten werden ganz allgemein Gegebenheiten (z.B. Gegenstande, Personen, Eigenschaften) verstanden, die sich durch ein Wort oder eine Wortgruppe naher bestimmen lassen und mit denen eine Person das jeweilige Objekt bezeichnet. Dabei beschranken sich die in einem semantischen Netzwerk gespeicherten Knoten nicht ausschlieBlich auf kognitive Informationen, sondem umfassen auch Emotionen (vgl. Bower/Cohen 1982; Bower 1981). Kanten charakterisieren hingegen die gedanklichen Verbindungen (Assoziationen) zwischen den Knoten. Das Modell semantischer Netzwerke gilt auch fur die Objekte der Untemehmenskommunikation, wie beispielsweise Marken oder das Untemehmen selbst. Das verfestigte Wissen des
Es sei darauf verwiesen, dass das Image in diesem Fall aus der Perspektive des Individuums betrachtet wird. Eine davon abweichende Sichtweise fasst das Konstrukt als differenzierte Darstellung der aggregierten Einstellungen mehrerer Individuen auf. Demnach ergibt die Summe der Einstellungen auf der Nachfragerseite gegenUber einem Meinungsgegenstand das Image des Objektes auf der Anbieterseite (vgl. Nufer 2002, S. 150; Ferrand/Pages 1996, S. 282; Schneider 1989, S. 104; Steffenhagen 1984, S. 51). Dieser Betrachtung i.S. einer „Imagewahmehmung" wird hier nicht gefolgt.
Das Image als strategische ErgebnisgroBe im Marketing
Konsumenten hinsichtlich eines solchen Objektes wird dabei als Schema bezeichnet (vgl. Nickel 1997, S. 85). Ein solches Schema gilt als Sonderform der semantischen Netzwerke, da es einen grofieren, thematisch zusammenhangenden Wissensbereich beschreibt, der einen klar abgrenzbaren Teil eines Netzwerkes darstellt (vgl. Schermer 2002, S. 161; Esch 1999, S. 86; Woll 1997, S. 111) (vgl. Abb. 14). Abb. 14: Beispiel eines semantischen Netzwerkes dargestellt an einer Automobilmarke
familienfreundlich
Freiheit
Automobil der Marke Y
witzig Hersteller der Marke X
leistungsstark
wenig umweltfreundlich Anmerkung: Knoten sind eingerahmt, Kanten als Verbindungsstriche und das Schema gestrichelt dargestellt.
Auch das Image lasst sich als begrenztes semantisches Netzwerk von Denotationen und Konnotationen beschreiben (vgl. Glogger 1999, S. 127; Gwinner/Eaton 1999, S. 47; Keller 1993; Biel 1992, S. 8). Darauf aufbauend bilden die mit dem Meinungsgegenstand verbundenen Denotationen und Konnotationen die Knoten innerhalb des Schemas. Aus gedachtnispsychologischer Sicht ist somit zu untersuchen, welche Knoten das Individuum mit dem jeweiligen Objekt assoziiert. Hierzu bietet es sich an, den durch den Meinungsgegenstand ausgelosten Assoziationsprozess eingehender zu betrachten. Dieser Prozess beginnt damit, dass das entsprechende Objekt im Bewusstsein der Person aktiviert wird. Das erfolgt entweder durch einen sensorisch wahrgenommenen Reiz (z.B. das Produkt in der Kaufsituation oder eine Werbebotschaft) oder durch eine motivational bedingte Beschaftigung mit dem Objekt (z.B. Bediirfnis nach Mobilitat evoziert eine Beschaftigung mit bestimmten Automarken) (vgl. Hatty 1989, S. 197). Dabei gih, dass nicht sofort alle existierenden Verbindungen (Kanten) mit der gleichen Intensitat aktiviert werden, sondem zunachst nur die Knoten, zu denen eine besonders starke Assoziation besteht. Die Starke dieser Verkntipfung hangt wiederum davon ab, wie haufig diese in der Vergangenheit bereits
82
Entwicklung eines Modells zur ErklSrung der Imagewirkungen des Eventmarketing
aktiviert wurde. Bildlich gesprochen, lasst sich eine solche Verbindung als „Trampelpfad" darstellen, der lunso haufiger genutzt wird, je „ausgetretener" er bereits ist. Wird ein Knoten erregt, pflanzt sich die Aktivienmg entlang der Kanten fort, wobei dieser Prozess sich nicht vollkommen willentUch kontrollieren lasst (vgl. Anderson 2001, S. 186). Mit zunehmender Ausbreitung der Aktivienmg wird diese jedoch schwacher, so dass nur Knoten bis zu einer bestimmten Entfemung vom Ausgangspunkt erregt und damit bewusst werden (vgl. Schermer 2002, S. 152f.; Behrens 1996, S. 307). Auch hier bietet sich eine Analogic zur besseren Darstellung des Vorganges an: Die „...Aktivierungsausdehnung ahnelt dem Vorgang, der entsteht, wenn man einen Stein in einen Teich mit ruhigem Wasser wirft: in alien Richtungen breiten sich Wellenbewegimgen von dem Pimkt des Aufpralls aus. Die GroBe dieser Wellenbewegung hangt von dem Gewicht des Steines, von der Weite des Wurfs und von der Zeit ab, die seit dem Aufprall des Steines verstrichen ist. In analoger Weise hangt die Aktivierungsausdehnung im ... Netzwerk von der Starke der anfanglichen Aktivienmg, der Entfemung zum Aktivierungspunkt und dem Zeitbetrag ab, der seit der Aktivienmg vergangen ist" (Wessels 1994, S. 259). Damit offenbart sich, dass per se keine eindeutige Aussage daruber moglich ist, welche Denotationen und Konnotationen eine Person zur Imagebildung heranzieht. Je intensiver und damit ausfiihrlicher der Assoziationsprozess ablauft, desto mehr Knoten werden in das Schema einbezogen. Dabei kann es in Abhangigkeit sowohl vom jeweiligen Meinungsgegenstand als auch von den Assoziationen des jeweiligen Individuums zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. So ist hinsichtlich des Beurteilungsgegenstandes zu beachten, dass sich das Image aus Sicht der Marketingwissenschaft auf unterschiedliche Objekte beziehen kann (vgl. Wehr 2001, S. 80f; Mayer/Illmann 2000, S. 78; Barich/Kotler 1991, S. 95; Johannsen 1971, S. 38): •
Das Produkt- oder Branchenimage betrifft eine gesamte Produktgruppe bzw. Branche.
•
Das Unternehmensimage beschreibt das Image des Untemehmens.
•
Das Markenimage bezieht sich auf ein bestimmtes Produkt.
Fiir die folgenden Ausftihrungen werden nur noch das Untemehmens- und das Markenimage naher betrachtet. Diese Fokussierung lasst sich mit dem hier gewahlten Untersuchungsgegenstand des Eventmarketing begninden, das sich meist auf Marken oder Untemehmen als Eventobjekte konzentriert'^^ Weiterhin stehen die assoziativen Netzwerke der o.g. Objekte in
Wahrend auf der Ebene der Marke und des Untemehmens die Entscheidungen zur Imagepositionierung bei dem jeweiligen Untemehmen liegen, erfordert das Branchenimage haufig eine Zusammenarbeit mehrerer Untemehmen bzw. die FederfUhrungen eines Branchenverbandes o.a., wie es beispielsweise bei der vertikalen Gemeinschaftswerbung (vgl. Purtschert/Diller/Bunte 2001) der Fall ist. Aufgrund der vergleichs-
Das Image als strategische ErgebnisgroBe im Marketing
83^
einer hierarchischen Beziehung zueinander. So sind die Schemata des Untemehmens- und des Markenimages dem Schema des Produkt- oder Branchenimages imtergeordnet. Dabei gilt fiir den gesamten hierarchischen Aufbau das Prinzip der Vererbung (vgl. Baumgarth 2004, S. 42f.; Hoyer/Maclnnis 2004, S. 104ff.). Somit iibemehmen die Schemata auf der Untemehmens- und Markenebene auch die Eigenschaften der iibergeordneten Branchenebene. Nachdem diskutiert wurde, was der Imagebegriff inhaltlich bedeutet und wie er sich gedachtnispsychologisch erklaren lasst, steUt sich die Frage, ob und inwieweit das Konstrukt den Erfolg untemehmerischen Handelns beeinflussen kann. Der folgende GUederungspunkt zeigt deshalb zunachst auf, welche Aufgaben das Image aus Konsumentensicht erfuUt. Es wird herausgearbeitet, dass das Konstrukt bei den Verbrauchem mehrere Funktionen erftillen kann. Die sich daraus ableitende Bedeutung des Images fiir die Konsumenten liefert die Begriindung, warum es aus Unternehmenssicht als eine wichtige, den Markterfolg beeinflussende GroBe gilt. Diese untemehmerische Sichtweise wird anschliefiend dargestellt.
1.2
Die Bedeutung des Images fiir die Marktteilnehmer
1.2.1
Die Bedeutung des Images aus Konsumentensicht
Eine erste Funktion des Images aus Konsumentensicht ergibt sich aus der Annahme, dass Personen ihre Realitat subjektiv konstruieren. Der Mensch ist demnach nicht in der Lage, die „wahre", objektive Wirklichkeit zu erfassen, sondem er lebt in seiner eigenen subjektiven Realitat (vgl. Fried 2005; Zanger/Sistenich 1998, S. 46ff.). Aus dieser Sicht lasst sich das Image als Ergebnis der Wahmehmung eines Beurteilungsobjektes interpretieren, wobei das Individuum nur einen Teil der angebotenen Reize verarbeitet (vgl. Bergler 1978, S. 115; Johannsen 1971, S. 77). Glogger (1999, S. 60) spricht in diesem Fall von der Realitatsersatzfunktion des Images, da die Konsumenten das Konstrukt nutzen, ihr fehlendes Wissen hinsichtlich des Meinungsgegenstandes zu ersetzen, indem sie die verfiigbaren Informationen zu einem subjektiven, oberflachlichen Gesamteindruck"^"^ verdichten (vgl. Mayer/Mayer 1987, S. 14;%-ege/1961,S.29f.). Unmittelbar aus der Realitatsersatzfunktion lasst sich mit der Orientierungs- bzw. Umweltbewaltigungsfunktion des Images eine weitere Aufgabe des Konstruktes ableiten (vgl. Glogger 1999, S. 60; Franke 1997, S. 16; Mayer/Mayer 1987, S. 13). Diese erscheint vor dem Hintergrund des in den Gliederungspunkten B.1.1.2 (S. 12f.) sowie B.1.1.3 (S. 13ff.)
weise gro6en Schwierigkeiten bei der Organisation solcher „Branchenevents" treten diese in der Praxis eher selten auf und werden deslialb im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter betrachtet. Dabei ist zu beachten, dass dieser Gesamteindruck nicht als Einsteliung i.S. einer aggregierten Form des Images zu verstehen ist (vgl. GUederungspunkt E.1.1.2, S. 76ff.). Vielmehr setzt sich auch dieser Gesamteindruck aus den unterschiedlichen denotativen und konnotativen Dimensionen zusammen.
84
Entwicklung eines Modells zur ErklSrung der Imagewirkungen des Eventmarketing
erlauterten zunehmenden Warenangebotes und der steigenden Informationsflut besonders wichtig. Beide Entwicklungen erhohen die Komplexitat der menschlichen Umwelt, der auf der Konsumentenseite das Bediirfiiis nach Strukturierung und leichter Bewaltigung dieser Umwelt gegeniibersteht. Indem Images die Realitat ersetzen und damit vereinfachen (s.o.), bieten sie dem Verbraucher eine Orientierungshilfe. Beobachten lasst sich dies beispielsweise dann, wenn der Konsimient Produkte oder Marken nicht mehr anhand objektiver Eigenschaften voneinander trennen kann. In solchen Fallen greift er haufig auf das Image zurtick, um die Beurteilungsobjekte zu unterscheiden (vgl. Johannsen 1971, S. 87). Die Selbstbestatigungsfunktion beschreibt das Verhalten von Personen, solche Produkte bzw. Marken zu konsumieren, mit denen sich das eigene Selbstbild stiitzen bzw. mogliche Differenzen zwischen Selbstbild und gewtinschtem Idealbild abbauen lassen (vgl. Hogg/Cox/Keeling 2000; Hong/Zinkhan 1995; Onkvisit/Shaw 1987). Demnach wahlen Konsumenten solche Produkte, deren Image am starksten zu dem eigenen bzw. gewunschten Selbstbild passt. So konnte beispielsweise empirisch gezeigt werden, dass Autobesitzer ihre eigene Personlichkeit so einschatzen, dass ihre Selbstbeurteilung mit ihrer Wahmehmung des eigenen Fahrzeugs iibereinstimmt (vgl. Heath/Scott 1998). In enger Verbindung mit der nach innen gerichteten Selbstbestatigungsfunktion steht die nach auBen orientierte Wertausdrucksfunktion des Images. Diese beschreibt die Neigimg von Konsumenten, sich mittels Kauf bzw. Besitz eines Produktes selbst darzustellen (vgl. Solomon/Bamossy/Askegaard 2001, S. 219; Glogger 1999, S. 61; Graeffl996, S. 6). Dabei soil sich das Image des jeweiligen Produktes auf den Verwender tibertragen. Haufig geht es in diesem Zusammenhang auch um eine soziale Abhebung der eigenen Person gegenuber der Umwelt (z.B. Prestigedenken) (vgl. Mayer/Mayer 1987, S. 15f.). Eine letzte wichtige Aufgabe von Images aus Konsumentensicht ist die Anpassungsfunktion. Neben dem eben dargestellten Wunsch nach sozialer Abgrenzung gibt es beim Menschen das Bedurfnis, sich in eine bestimmte Gruppe zu integrieren und an deren Mitglieder anzupassen (vgl. Glogger 1999, S. 6\; Mayer/Mayer 1987, S. 16). Durch den Konsum gruppenkonformer, mit einem bestimmten Image besetzter Produkte soUen ein Zugehorigkeitsgefuhl sowie Akzeptanz in der jeweiligen Gruppe erzeugt werden.
Das Image als strategische ErgebnisgroBe im Marketing
1.2.2
85^
Die Bedeutung des Images aus Unternehmenssicht
Aufgrund der eben dargestellten Vielzahl an Fimktionen, die das Image bei den Konsumenten erfullt, bietet es sich fur Untemehmen an, dieses Konstnikt zur Beeinflussung des Konsumentenverhaltens heranzuziehen. Der Zusammenhang zwischen Image und Verhalten wurde in der Vergangenheit hauptsachlich indirekt iiber das verwandte Konstrukt der Einstellung im Rahmen der sog. Einstellungs-Verhaltens-Hypothese (E-V-Hypothese) kontrovers diskutiert. So zeigen die von Franke (1997, S. 20ff.) und Huher (1993, S. 41ff.) durchgefuhrten Metaanalysen verschiedener empirischer Untersuchungen, dass sich die Einstellung (und damit das Image) nur bedingt als Pradiktor fur das Verhalten eignet. Beide Autoren weisen aber darauf hin, dass aufgrund dieser Ergebnisse eine Falsifikation der E-V-Hypothese verfrtiht ware. Begrundet wird das einerseits mit methodischen Schwachen der metaanalytisch untersuchten empirischen Studien (z.B. mangelhafte Operationalisierung der Variablen) sowie dem Einfluss weiterer moderierender Variablen auf das Verhalten (z.B. Kaufabsicht"^^, Situation, Involvement) (vgl. diuda Jonas/Doll 1995; Jonas/Eagly/Stroehe 1995, S. 3f.). Zusammenfassend besteht heute weitestgehend Einigkeit dariiber, dass das Image Verhaltensrelevanz besitzt (vgl. Muller-Hagedorn 2001, S. 379; Glogger 1999, S. 62; Franke 1997, S. 25; Huber 1993, S. 43), wobei aber aufgrund der Erkenntnisse der o.g. Metaanalysen nicht von einem monokausalen Zusammenhang zwischen beiden Konstrukten ausgegangen werden kann. Eine weitere Bedeutung des Images fiir Untemehmen ergibt sich aus den im Gliederungspunkt B.1.1.2 (S. 12ff.) beschriebenen Marktveranderungen, wie der zunehmenden Marktsattigung sowie der steigenden Austauschbarkeit der angebotenen Waren und Dienstleistungen. Beide Entwicklungen machen es fur Untemehmen notwendig, sich von ihren Wettbewerbem abzugrenzen. Das Image kann hierzu beitragen, indem es in den Augen der Zielgmppe einen charakteristischen, unverwechselbaren Marktauftritt des entsprechenden Produktes bzw. Untemehmens unterstutzt (vgl. Trommsdorff 2004, S. 169; Esch 2001, S. 628). Wegen der zunehmenden Austauschbarkeit, vor allem hinsichtlich denotativer Produktmerkmale, bietet sich vor allem eine Differenzierung von den Konkurrenten aufgrund der konnotativen Imagedimension an. Eine solche Imagepositionierung (vgl. Brockhoff 2001, S. 1275) kann dabei generell sowohl auf der Ebene des Untemehmens- als auch des Markenimages erfolgen. Dabei lassen sich die nachstehenden grundsatzlichen Zielstellungen unterscheiden (vgl. auch Glogger 1999, S. 76f; Rieger 1994, S. 18ff.): •
Der Aufbau eines Images erscheint dann angebracht, wenn es sich um ein neues Objekt handelt, welches entweder iiberhaupt kein, nur ein schwach ausgepragtes oder ein sehr undifferenziertes Image besitzt. Durch den Einsatz der absatzpolitischen Instrumente
Hier sei nochmals auf die Ausfiihrungen zu den Komponenten der Einstellung verwiesen (vgl. Gliederungspunkt E.1.1.2, S. 76ff.), wo die konative Komponente als moderierende Variable zwischen der Einstellung und dem Verhalten stand (vgl. Abb. 13, S. 77).
86
Entwicklung eines Modells zur ErklSrung der Imagewirkungen des Eventmarketing
lassen sich die gewiinschten, neuen Denotationen und/oder Konnotationen mit dem Objekt verbinden. •
Eine Modifikation des Images wird notwendig, wenn zwar der Meinungsgegenstand bei den Konsumenten iiber ein bestimmtes Image verfugt, dieses aber vom Untemehmen unerwiinscht ist. Hier ist ahnlich vorzugehen wie beim Imageaufbau, wobei die Marketing-Instrumente zusatzlich das bestehende Image abschwachen miissen.
•
Eine Stabilisierung des Images streben Untemehmen an, wenn das Objekt bereits das gewunschte Image bei der Zielgruppe besitzt. Durch die imagekonforme Gestaltung des Marketing-Mix soil das bestehende Image bestatigt bzw. verstarkt werden.
Damit stellt sich die Frage, inwieweit das Eventmarketing geeignet ist, diese Ziele zu erreichen. Um darauf eine Antwort zu finden, wird im Folgenden der Prozess der Imagebeeinflussung sowohl aus lemtheoretischer Sicht als auch aus dem Blickwinkel der Werbewirkungsforschung betrachtet.
2
Ansatze zur Erklarung einer moglichen Imagebeeinflussuiig mittels Eventmarketing
2.1
Die Imagebeeinflussung aus lemtheoretischer Sicht
Wie bereits in Gliederungspunkt E.1.1.2 (S. 76ff.) dargestellt, werden Einstellimgen imd damit auch Images als gelemt betrachtet (vgl. auch Glogger 1999, S. 107; Huber 1993, S. 34). Deshalb bieten sich Lerntheorien an, um den Erwerb sowie die Veranderungen von Images zu erklaren. Allgemein betrachtet sollen Lerntheorien die Kenntnisse iiber das Lemen systematisieren \md zusammenfassen sowie darauf aufbauend das Handeln der Konsumenten begrunden helfen (vgl. Lefrancois 2003, S. 8; Meyer-Hentschel/Esch 2001, S. 903). Lernen •
umfasst sowohl den Erwerb von Wissen
•
als auch die Veranderung des Verhaltens,
•
wobei beide Prozesse auf den Erfahrungen oder Beobachtungen der jeweiligen Person beruhen (vgl. Trommsdorff 2004, S. 262; Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 322).
Trotz einer Vielzahl verschiedener lemtheoretischer Ansatze besteht weitestgehend Einigkeit dariiber, dass sich das menschliche Verhalten nicht mit einigen wenigen Theorien erschopfend beschreiben lasst. Die bestehenden Ansatze werden deshalb nicht als konkurrierend, sondem als komplementar betrachtet (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 331). Ftir den hier vorliegenden Untersuchungsschwerpunkt der Imagebeeinflussung ist zunachst zu entscheiden,
Ansatze zur Erklarung einer mQglichen Imagebeeinflussung mittels Eventmarketing
87^
mit welchen Lemtheorien sich dieser Prozess am besten erklaren lasst. Da es aus Platzgriinden nicht sinnvoU erscheint alle Theorien ausfuhrlich darzustellen (vgl. hierzu Lefrancois 2003), beschranken sich die folgenden Ausftihrimgen lediglich auf zwei Ansatze, die besonders geeignet erscheinen (vgl. Baumgarth 2004, S. 52ff.; Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 330ff.; Meyer-Hentschel/Esch 2001; Wiswede 2000, S. 67ff.; Herrmann 1998, S. lOOff.): •
Die S-R-Theorien (klassische Lemtheorien) gehen von einer gesetzmaBigen Verkniipfung zwischen Stimulus (S) und Reiz (R) aus (vgl. auch Gliederungspunkt C.3.1, S. 46f.). Dabei lassen sich zwei grundlegende Lemprinzipien unterscheiden. Beim Kontinguitdtsprinzip kommt es zu einem Lemprozess, wenn zwei Reize gemeinsam auftreten. Ein Beispiel hierfur ist die klassische Konditionierung nach Pawlow: Indem einem Individuum ein neutraler Reiz (Reiz hat keine Bedeutung und lost keine Reaktion aus) wiederholt mit einem unbedingten Reiz (Reiz lost aufgrund angeborener Reiz-ReaktionsVerkniipfungen eine „unbedingte" Reaktion aus) prasentiert wird, fuhrt nach einiger Zeit auch der neutrale Reiz zu der urspriinglich nur mit dem unbedingten Reiz verbundenen Reaktion. Die Person hat damit gelemt, auch auf den neutralen Reiz zu reagieren, d.h. dieser wurde konditioniert. Darauf aufbauend lassen sich Konditionierungen hoherer Ordnung erreichen, indem man nicht mehr unbedingte Reize, sondem bereits konditionierte Reize einsetzt, um weitere Reize zu konditionieren. Das zweite klassische Lemprinzip ist das Verstdrkungsprinzip. Der Lemprozess ergibt sich hier aus den Konsequenzen, die das Verhalten fur ein Individuum hat. Die Konsequenzen bestehen wiederum aus Umweltreizen, die infolge seines Verhaltens auf den Betroffenen einwirken und die er als positiv (belohnend) oder negativ (bestrafend) empfmdet. Bei einer Bestrafung lemt er, das auslosende Verhalten zu vermeiden, wahrend eine Belohnung das Verhalten in der Zukunft fordert.
•
Die - dem S-0-R-Paradigma zuzuordnenden - kognitiven Theorien fassen Lemen als den Aufbau bzw. die Verandemng von Wissensstmkturen auf. Die durch das Individuum wahrgenommenen Reize beeinflussen standig dessen semantisches Netzwerk: neue Knoten und/oder Kanten kommen hinzu, werden verandert oder geloscht. Gmndsatzlich lassen sich dabei die drei folgenden Arten des kognitiven Lemens unterscheiden (vgl. Rumelhart/Norman 1978): Beim Lemen durch Wissenszuwachs erganzt der Betroffene ein bereits vorhandenes Netzwerk mit der neu gelernten Information (Knoten). Das Lernen durch Netzwerk-Abstimmung verbessert die Strukturierung des Netzwerkes, indem nicht nur einzelne Knoten integriert, sondem auch neue Zwischenverbindungen (Kanten) gebildet werden sowie Einschrankungen (Spezialisierungen) oder Erweiterungen (Generalisiemngen) des Netzwerkes stattfmden. Beim Lernen durch Netzwerk-Umbildung wird ein gesamter Teilbereich eines Netzwerkes komplett verandert, beispielsweise in dem das Individuum voUig neue Kategorien zur Speichemng der Knoten entwickelt (vgl. Abb. 15).
Entwicklung eines Modells zur Erklarung der Imagewirkungen des Eventmarketing Abb. 15: Arten kognitiver Lernprozesse am Beispiel der Marke Smart
Lernen durch Wissenszuwachs: Es gibt die Automarke Smart.
Fahrzeugklasse A Design
Lernen durch NetzwerkAbstimmung: Es gibt die Automarke Smart mit einem neuen Design und einer LSnge von x Metem.
Fahrzeugklasse A
Design
Linge
Lernen durch NetzwerkUmbildung: Es gibt die Automarke Smart, welche zu der neuen Fahrzeugkiasse der Stadtautos gehOrt.
y. Fahrzeugkiasse A Design
Design
Linge
Anmerkung: Die neu in das Netzwerk eingefligten Knoten sind fett gerahmt. Quelle: eigene Erstellung in Anlehnung an Baumgarth (2004, S. 56f.)
Wie sich im Folgenden zeigen wird (vgl. Gliederungspunkt E.3, S. 105ff.), erreichen Untemehmen durch das Eventmarketing beim Konsumenten eine Imagebeeinflussung, indem sie das Eventobjekt und das Marketing-Event gemeinsam prasentieren. Bezogen auf die eben vorgestellten Lemtheorien nutzt man damit das Kontinguitatsprinzip, insb. das Prinzip der Konditionierung hoherer Ordnung. Dabei sollen sich die mit dem Event verbundenen
Ansatze zur Erklarung einer moglichen Imagebeeinflussung mittels Eventmarketing
89^
Assoziationen (i.S. eines bereits konditionierten Reizes) auf das Eventobjekt (i.S. des neutralen Reizes) iibertragen. In Gliedenmgspimkt E.1.1.3 (S. 80ff.) wurde dargestellt, dass die Konsumenten das Image eines Meinungsgegenstandes als semantisches Netzwerk (Schema) speichem. Es bietet sich deshalb erganzend an, die kognitiven Lerntheorien zur Erklarung der Imagebeeinflussung heranzuziehen (vgl. Till 1998; Chakravarti/Maclnnis/Nakamoto 1990). Aus dem Blickwinkel der kognitiven Ansatze erfolgt eine Beeinflussung des Images eines Meinungsgegenstandes, indem entweder neue denotative und/oder konnotative Eigenschaften (Knoten) in dessen bestehendes Schema eingeordnet oder bereits vorhandene Verkniipfungen (Kanten) verandert, gestarkt oder geloscht werden. Dabei lauft der Lemprozess umso einfacher ab, je geringer fur den Empfanger der kognitive Aufwand ist, die gebotenen Denotationen bzw. Konnotationen in das bereits bestehende Schema einzuordnen (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 342f.; Behrens 1996, S. 308). Voraussetzung dafur ist sowohl die Aktivierung des neuen Knotens als auch der bereits im Netzwerk vorhandenen Knoten, an die die neuen Informationen angebunden werden sollen (vgl. Grunert 1982, S. 78ff.). Die Festigkeit der neu entstehenden Kanten hangt dabei von folgenden Faktoren ab (vgl. Behrens 1996, S. 308f.): •
Starke und Dauer der Aktivierung sowie Anzahl der Aktivierungswiederholungen des neuen Knotens,
•
Starke und Dauer der Aktivierung der bereits bestehenden Knoten, an die der neue Knoten angebunden werden soil,
•
Anzahl der Kanten, die sich zur Eingliederung des neuen Knotens in das Netzwerk bilden lassen.
Bezogen auf die in Abb. 15 (S. 88) dargestellten Arten kognitiver Lemprozesse eignet sich das Lernen durch Wissenszuwachs am besten fiir eine Eingliederung neuer Informationen in das Schema, da die bereits bestehenden kognitiven Strukturen nicht verandert, sondem nur um neue Knoten erganzt werden. Der Aufwand steigt hingegen beim Lernen durch NetzwerkAbstimmung und beim Lernen durch Netzwerk-Umbildimg, da es hier zu einer teilweisen oder kompletten Neuordnung der Netzwerke kommt. Hinsichtlich des Lemens durch Netzwerk-Umbildung ist zusatzlich anzumerken, dass dieser Prozess aufgrund der damit verbundenen hohen kognitiven Anstrengung eher selten auftritt (vgl. Baumgarth 2004, S. 56). In Bezug auf die in Gliederungspunkt E.\22 (S. 85f.) dargestellten Ziele der Imagepositionierung erfordert die Imagestabilisierung beim Botschaftsempfanger den geringsten kognitiven Aufwand, da es hier zu keiner Veranderung des Netzwerkes, sondem lediglich zu
90
Entwicklung eines Modells zur ErklSrung der Imagewirkungen des Eventmarketing
einer Festigung bestehender Kanten kommt. Der Imageaufbau und die Imagemodifikation sind hingegen mit einer intensiveren gedanklichen Auseinandersetzimg verbunden, da der Eventteilnehmer hier neue Knoten in bereits bestehende Netzwerke einordnen bzw. diese eventuell umstrukturieren muss.
2.2
Das Modell der Verarbeitungswahrscheinlichkeit
Wie bereits bei der Systematisierung bestehender Werbewirkungsmodelle kurz dargestellt (vgl. Gliedenmgspunkt C.3.2.2, S. 49ff.), ergeben sich vor allem aus den Persuasive Hierarchy Models erste Hinweise, um eine mogliche Imagebeeinflussimg des Eventobjektes durch die inszenierte Veranstaltung zu erklaren (vgl. Tab. 8, S. 52). Zwar widmen sich diese Modelle hauptsachlich dem Konstrukt der Einstellung und nicht direkt dem Image, was jedoch nicht generell gegen deren Anwendung fiir die im vorUegenden Fall zu bearbeitende Fragestellimg spricht. Begrunden lasst sich dies mit der hier vertretenen Definition des Images als mehrdimensionale Auspragung der Einstellung. Da es sich bei beiden Konstrukten lediglich um unterschiedlich differenzierte Betrachtungsweisen des gleichen Meinimgsgegenstandes handelt, wird im Folgenden angenommen, dass sich von einer Einstellungsanderung auch auf eine entsprechende Imageanderung schlieBen lasst. Obwohl es eine Vielzahl unterschiedlicher Theorien zur Einstellungsanderung gibt (vgl. Petty/Cacioppo 1996; Jonas/Eagly/Stroebe 1995, S. 7ff.), lassen sich diese Ansatze nach Petty/Cacioppo (1986, 1983) im Wesentlichen in zwei Kategorien imterteilen (vgl. auch Petty/Unnava/Strathman 1991, S. 249ff.; Petty/Cacioppo/Schumann 1991, S. 341): Abhangig davon, wie ein Botschaftsempfanger zu einer Einstellungsanderung kommt, unterscheiden die beiden Psychologen eine zentrale oder eine periphere Route der Beeinflussung. Aufbauend auf dieser Erkenntnis entwickelten Petty/Cacioppo (1986, 1983) das Modell der Verarbeitungswahrscheinlichkeit (Elaboration-Likelihood-Model = ELM) und ubertrugen es auf den Bereich der Werbung, wo es trotz Kritik (vgl. Kearsley 1995, S. 55f; Park/Hastak 1995, S. 435) mittlerweile Anerkennung gefunden hat (vgl. z.B. Peter/Olson 2005, S. 438ff.; Felser 2001,S.310ff.). Das Modell erklart anhand der Intensitat und Tiefe, mit der ein Rezipient die ihm gebotenen Informationen verarbeitet, die daraus folgende Einstellungsanderung. Abhangig von der Motivation und der Fahigkeit des Adressaten, sich mit den durch eine Werbebotschaft dargestellten Inhalten auseinander zu setzen, erfolgt eine mogliche Einstellungsbeeinflussung im ELM entlang einer der beiden o.g. Routen (vgl. Abb. 16, S. 92). 1st der Empfanger motiviert und fahig, sich mit der Botschaft gedanklich zu beschaftigen, kommt es zu einer Meinungsanderung auf dem zentralen Weg. In diesem Fall werden die Informationen mit einer hohen Verarbeitimgstiefe verwertet, indem die Person...
Ansatze zur Erklarung einer moglichen Imagebeeinflussung mittels Eventmarketing
9j_
•
der Botschaft Beachtung schenkt;
•
bemiiht ist, die gebotenen Inhalte mit bereits im Gedachtnis vorhandenen Vorstellimgen und Erfahnmgen zu verbinden;
•
mittels der bestehenden Vorstellungen und Erfahnmgen die in der Werbebotschaft kommimizierten Argumente sorgfaltig priift;
•
anhand der Argumente und den bereits im Gedachtnis gespeicherten Daten entsprechende Schlussfolgerungen zieht;
•
aufgrund der gewonnenen Schlussfolgerungen zu einer abschlieUenden Einstellung kommt (vgl. Kearsley 1995, S. 52; Mayer 1990; Petty/Cacioppo 1986, S. 92f).
Der periphere Weg ist hingegen durch eine geringe Verarbeitungstiefe gekennzeichnet, da sich der Rezipient aufgrund mangelnder Motivation und/oder Fahigkeit nur oberflachlich mit dem Werbeinhah beschaftigt. Dies bedeutet, dass... •
die Zustimmung oder Ablehnung gegentiber der Botschaft nicht auf einer intensiven Auseinandersetzung mit den kommimizierten Argumenten beruht,
•
sondem aufgrund von Kontextvariablen erfolgt, die keine direkte Verbindimg zum Werbeobjekt aufweisen (vgl. Kearsley 1995, S. 52; Mayer 1990, S. 70; Petty/Cacioppo 1986, S. 94f.).
Als Kontextvariablen dienen beispielsweise die durch die Werbung ausgelosten Emotionen Oder die Beurteilung des Werbemittels anhand von Merkmalen, wie den eingesetzten Farben, dem Layout oder der musikalischen Gestaltung (vgl. Kearsley 1995, S. 54; Petty/Unnava/Strathman 1991, S. 257ff). Vergleicht man die Konsequenzen, die sich aus den beiden Beeinflussungsrouten des ELM ergeben, so unterscheiden sich diese hinsichtlich ihrer Stabilitat und Verhaltenswirksamkeit. Kommt eine Einstellungsanderung auf dem zentralen Weg zustande, so wird diese als relativ stabil und als guter Pradiktor fur das zuklinftige Verhalten betrachtet. Im Gegensatz dazu kommt es auf der peripheren Route zu einer eher oberflachlichen Beschaftigimg mit der Werbebotschaft. Das wiederum fiihrt zu einer weniger stabilen Einstellungsanderung, die in geringerem Mafie verhaltenswirksam ist (vgl. Mayer 1990, S. 70f; Petty/Cacioppo 1983, S. 15f.).
Entwicklung eines Modells zur Erklarung der Imagewirkungen des Eventmarketing
92
Abb. 16: Das Modellder Verarbeitungswahrscheinlichkeit von Petty/Cacioppo PERSUASIVE KOMMUNIKATION
w
PERIPHERE EINSTELLUNGSANDERUNG
w
MOTIVATION, DIE WERBEBOTSCHAFT ZU VERARBEITEN? Z.B. persOnliche Relevanz, Bedurfhis nach kognitiver Anstrengung, persOnliche V erantwortung
!
A
Nein
Ja
1
][ FAHIGKEIT, DIE BOTSCHAFT ZU VERARBEITEN? Z.B. Ablenkung, bisheriges Wissen, Wiederholung und Verstandlichkeit der Botschaft
Nein
iL
Ja
|J^
PERIPHERE KONTEXTVARIABLEN VORHANDEN? Z.B. attraktiver/sachkimdiger Sender der Botschaft, Anzahl der Argumente Nein
^r 1 ARTDERKOGNITIVENVERARBEITUNG? Z.B. ursprUngliche Einstellung, Qualitat der Argumente zustimmende Gedanken tiberwiegen
1
ablehnende Gedanken tiberwiegen
neutrale Gedanken tiberwiegen
^r
^r VERANDERUNG DER 1 KOGNITIVEN STRUKTUR: Werden neue Kognitionen angenom- 1 Nein men und im GedSchtnis gespeichert? \ Wird anderen Reaktionen eine hOhere Bedeutung zugemessen als bisher?
^r URSPRUNGLICHE EINSTELLUNG WIRD BEIBEHALTEN ODER WIEDERGEWONNEN
Ja Ja (ablehnend) (zustimmend) ^I ^ r_ ZENTRALE ZENTRALE NEGATIVE POSITIVE EINSTELLUNGSEINSTELLUNGSANDERUNG ANDERUNG Ouelle: Petty/Cacioppo (1983; S. 6); Ubersetzung aus dem Englischen nach Kearsley (1995, S. 53) Zu beachten ist abschliefiend, dass die zentrale und die periphere Route des ELM nicht als zwei exklusive Formen der Informationsverarbeitung gelten, sondem die Endpunkte auf einem Kontinuum darstellen (vgl. Petty/Cacioppo
1986, S. 4). So bestatigen empirische
Untersuchungen (vgl. Droge 1989; Jeck-Schlottmann 1987, S. 109), dass die Beurteilung des
Ansatze zur Erklarung einer moglichen Imagebeeinflussung mittels Eventmarketing
93^
Werbemittels (i.S. einer Kontextvariable) auch im Fall einer tiefen, kognitiven Verarbeitung (zentrale Route) die Einstellimg zum Werbeobjekt beeinflussen kann, wenn auch nicht mit der auf der peripheren Route auftretenden Intensitat. 2.3
Implikationen fiir das Eventmarketing
Um aus dem ELM Ruckschliisse hinsichtlich einer Imagebeeinflussung im Eventmarketing zu Ziehen, stellt sich zunachst die Frage, auf welchem der beiden o.g. Wege das Kommunikationsinstrument wirkt. Wie aus Abb. 16 (S. 92) hervorgeht, sind deshalb sowohl die Motivation als auch die Fahigkeit der Eventteilnehmer, die Eventbotschaft aufzunehmen und zu verarbeiten, eingehender zu betrachten.
2.3.1
Das Involvement als Einflussfaktor der Imagebeeinflussung
In der Werbewirkungsforschung wird in Bezug auf das ELM die Motivation der Botschaftsempfanger meist durch den Begriff des Involvements ersetzt (vgl. Woll 1997, S. 23; Behrens 1996, S. 291; Petty/Cacioppo/Schumann 1991). Dabei ergibt sich das Problem, dass es fur dieses hypothetische Konstrukt bisher kein von alien Wissenschaftlem akzeptiertes Begriffsverstandnis gibt (vgl. Schulz 1997, S. 50; Kerasley 1995, S. 35f.). So erscheint nicht nur die Fiille von Involvementdefmitionen untiberschaubar, sondem gilt diese Vielfalt mittlerweile auch fiir die Versuche, die verschiedenen Betrachtungsweisen zu systematisieren. So kategorisiert beispielsweise Costley (1988) die unterschiedlichen Involvementansatze anhand vier verschiedener Kriterien (Inhalt, Objekt, Art, Intensitat). Jeck-Schlottmann (1987, S. 69ff.) hingegen ordnet die Begriffsauffassungen nach den Ursachen des Involvements sowie den Komponenten und Folgen des Konstruktes, wahrend Deimel (1992, S. 53ff.) nur nach dessen Wirkungen differenziert. Andrews/Durvasula/Akhter (1990, S. 30ff.) identifizieren im Rahmen der Werbewirkungsforschung letztlich vier verschiedene Moglichkeiten den Begriff zu konzeptionalisieren {attention/processing strategies, personal/situational involvement, audience/process involvement, enduring/product involvement). Da es den Rahmen der vorliegenden Arbeit „sprengen" wiirde, erfolgt an dieser Stelle keine Diskussion der o.g. Systematisierungsversuche. Vielmehr wird auf eine Unterteilung von Glogger (1999, S. 177ff.) zuriickgegriffen, der sich im Bereich des Veranstaltungssponsoring bereits ausfuhrlich mit dem Involvement auseinander gesetzt hat und wichtige Hinweise fiir die Ubertragung des Konstruktes auf das Eventmarketing liefert. Generell lasst sich danach das Involvement in Anlehnung an Kroeber-Riel/Weinberg (2003, S. 345) defmieren als... •
„Icli-Beteiligung bzw. gedankliches Engagement und die damit verbundene Aktivierung,
•
mit der sich jemand einem Sachverhalt oder einer Aktivitat zuwendef
^4
Entwicklung eines Modells zur Erkiarung der Imagewirkungen des Eventmarketing
Generell wird hoch involvierten Personen zunachst eine starke Informationsneigimg gegenuber dem Meinungsgegenstand unterstellt, welche sich beispielsweise in einer intensiveren Informationssuche und damit Aufmerksamkeitszuwendung und Wahmehmung auBert (vgl. Peter/Olson 2005, S. 115f.; Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 250; Mayer/Illmann 2000, S. 162ff.; Assael 1998, S. 69f.). Abhangig davon, ob es sich dabei um einen dauerhaften, relativ stabilen Zustand"^^ handelt oder ob das gedankliche Engagement nur zu einem bestimmten Zeitpunkt auftritt bzw. nur einen kiirzeren Zeitraum andauert, lasst sich das Konstrukt weiter differenzieren (vgl. Glogger 1999, S. 180; Schulz 1997, S. 54; Kearsley 1996, S. 37f.; Deimel 1992, S. 53ff.): •
Vom pradispositionalen Involvement wird gesprochen, wenn die Person eine dauerhafte, gmndsatzliche Bereitschaft besitzt, sich mit dem jeweiligen Objekt auseinander zu setzen. Die Predisposition ergibt sich dabei aus den personlichen Bediirfnissen und Werten des Individuums. Je starker diese durch den jeweiligen Meinungsgegenstand beriihrt werden, desto hoher ist das entsprechende Involvement gegenuber dem Objekt. Als Beispiel lasst sich in diesem Fall der Automobil-Enthusiast anfiihren, der sich auch unabhangig von einer aktuellen Kaufabsicht mit Fahrzeugen beschaftigt (z.B. durch regelmaBiges Lesen von Fachzeitschriften oder den Besuch von Automobil-Messen).
•
Das handlungsspezifische Involvement beschreibt hingegen eine zeitlich begrenzte Bereitschaft, sich dem Objekt ausfuhrlich zu widmen. Beeinflusst wird dies durch das physische (z.B. Werbekontakt im Kino) und soziale Umfeld (z.B. anwesende Personen), die jeweilige Aufgabe (z.B. Kauf eines Geschenkes) sowie zeitliche Aspekte (z.B. wahrgenommener Zeitdruck). Beziiglich des o.g. Beispiels erhoht sich das handlungsspezifische Involvement einer Person gegenuber dem Meinungsgegenstand Auto im Fall einer aktuellen Kaufabsicht, obwohl sonst kein generelles Interesse an diesem Thema besteht. Nach dem Kauf sinkt das gedankliche Engagement auf das urspriingliche Niveau zuruck.
Im Hinblick auf den hier vorliegenden Untersuchungsgegenstand stellt sich die Frage, inwiefem die beiden o.g. Auspragungen des Konstruktes die Wirkung von Marketing-Events determinieren. Um dies zu beantworten, widmen sich die weiteren Ausfiihrungen den unterschiedlichen Reizen, die wahrend einer solchen Veranstaltung als Ausloser von Involvement auftreten konnen. Fiir das pradispositionale Involvement unterscheiden Glogger (1999, S. 181ff) sowie Deimel (1992, S. 63ff.) im Sponsoring drei zu betrachtende Meinungsgegenstande, welche
Damit wird das Involvement im Rahmen dieser Arbeit als Zustandsvariable verstanden. In der Literatur fmden sich auch andere Sichtweisen (vgl. Schulz 1997, S. 51f; Kearsley 1996, S. 38f), die das Involvement als mentalen Prozess betrachten. In diesem Fall stehen die mit dem Konstrukt verbundenen psychischen Veranderungen im Mittelpunkt der Betrachtungen.
Ansatze zur Erklarung einer moglichen Imagebeeinflussung mittels Eventmarketing
95^
auch fur das Eventmarketing gelten. Im Folgenden werden deshalb die Erkenntnisse des Sponsoring auf das Kommunikationsinstrument des Eventmarketing ubertragen: •
Das Produkt- bzw. Sponsor-Involvement betrifft den oder die Sponsor(en) des jeweiligen Ereignisses, unabhangig davon, ob es sich dabei um ein Untemehmen, eine bestimmte Produktkategorie oder eine Marke handelt. Bezogen auf den Untersuchungsgegenstand des Eventmarketing geht es also um das durch Bediirfhisse oder Werte determinierte langfristige gedankliche Engagement der Eventteilnehmer gegenuber dem inszenierten Objekt. Im Weiteren soil deshalb vom pradispositionalen Eventobjekt-Involvement gesprochen werden. Besitzt die Zielgruppe eines Marketing-Events gegenuber diesem Objekt ein hohes pradispositionales Involvement, so ist zu vermuten, dass sie sich intensiv mit der Eventbotschaft beschaftigt. Begriinden lasst sich diese Annahme mit dem bereits erwahnten Zusammenhang zwischen Involvement und Informationsneigung (s.o.). Beispielhaft lasst sich hier der Automobil-Enthusiast anfuhren, der das Marketing-Event eines Autoherstellers besucht, um weitere Fakten hinsichtlich der ihn interessierenden Produktkategorie, Marke oder Untemehmen zu sammeln.
•
Das Sponsoring-Involvement beschreibt die Bereitschaft des Botschaftsempfangers, sich mit dem Kommunikationsinstrument des Sponsoring im Allgemeinen auseinander zu setzten. Ubertragen auf das Eventmarketing lasst sich dies als pradispositionales Eventmarketing-Involvement bezeichnen. Dies bedeutet, dass Rezipienten, die sich auf einer Metaebene mit dem Kommunikationsinstrument Eventmarketing beschaftigen, ihr Interesse auch auf die jeweilige Eventbotschaft lenken. Da es sich in diesem Fall allerdings um einen sehr speziellen Meinungsgegenstand handeh, sind nur sehr wenig hoch involvierte Personen zu vermuten (z.B. Eventdienstleister, Wissenschaftler), die haufig nicht zur unmittelbaren Zielgruppe solcher Ereignisses zahlen. Im Folgenden wird deshalb davon ausgegangen, dass das pradispositionale Eventmarketing-Involvement bei den Teilnehmem an der jeweiligen Veranstaltung eher gering ist, weshalb das Konstrukt nicht weiter betrachtet wird.
•
Das Gesponserten-Involvement betrifft das Einsatzgebiet einer Sponsoring-Malinahme. Wie bereits in GHederungspunkt B.4.1 (S. 24ff.) kurz dargestellt, kann Sponsoring in den Bereichen Sport, Kultur, Soziales und Medien erfolgen, wobei sich jedes dieser Einsatzgebiete noch weiter differenzieren lasst (z.B. Sport: Unterteilung in Sportarten und Leistungsklassen). Abhangig von ihren personlichen Bediirfiiissen und Werten besitzen die Konsumenten unterschiedliche Interessen fiir diese Bereiche, welche die jeweilige Veranstaltung ftir sie entweder besonders anziehend oder aber unattraktiv machen. Im Eventmarketing lasst sich das Gesponserten-Involvement als pradispositionales EventinhaltInvolvement auffassen. Dabei ist davon auszugehen, dass mit steigendem pradispositionalen Involvement gegentiber einem bestimmten Eventinhah (z.B. bestimmte Sportart) die
96
Entwicklung eines Modells zur Erklarung der Imagewirkungen des Eventmarketing
Aufmerksamkeit der potentiellen Eventbesucher gegenuber diesem Ereignis sowie die Teilnahmebereitschaft znnehmen. Diese Art des pradispositionalen Involvements erscheint damit vor allem im Vorfeld von Marketing-Events besonders interessant, da sich durch die Wahl des Eventinhaltes sowohl die Zuwendung der Zielgruppe zur Veranstaltung als auch die Entscheidung ftir eine Teilnahme an dieser positiv beeinflussen lassen. Fiir das handlungsspezifische Involvemeiit ergeben sich nach Glogger (1999, S. 18Iff.) und Beimel (1992, S. 63ff) aufgrund der komplexen Reizsituation im Sponsoring die folgenden Ankniipfungspunkte. Auch aus diesen lassen sich Ruckschlusse for das Eventmarketing Ziehen, wobei im Gegensatz zu den vorhergehenden Ausfuhrungen keine Spezifizierung der verwendeten Begriffe auf das Eventmarketing notwendig erscheint"^^: •
Das handlungsspezifische Ereignis-Involvement beschreibt, mit welcher Intensitat sich die Zielgruppe mit dem konkreten inszenierten Ereignis - also dem Marketing-Event auseinander setzt. Dabei ist zu vermuten, dass mit einem steigenden pradispositionalen Eventinhalt-Involvement auch das Interesse an der jeweiligen Veranstaltimg zunimmt (z.B. Snowboarder besucht ein Snowboard-Event). Problematisch ist dabei allerdings ftir die Vermittlung der jeweiligen Eventbotschaft, dass ein zu hohes Ereignis-Involvement die Aufmerksamkeit der Veranstaltungsteilnehmer vom Eventobjekt bzw. der Botschaft ablenken kann. Um einen solchen „Vampireffekt" zu vermeiden, miissen Botschaft und Inhalt der Veranstaltung durch gestalterische MaBnahmen eng miteinander verkniipft werden. Gelingt dies, so lasst sich im Zusammenhang mit der bereits erwahnten hohen Informationsneigung stark involvierter Personen annehmen, dass sich die Eventteilnehmer auch intensiver mit der Eventbotschaft beschaftigen.
•
Das handlungsspezifische Umfeld-Involvement bezieht sich auf das gedankliche Engagement der Eventbesucher gegenuber dem Rahmen, in dem die Veranstaltung stattfindet. Dieses Umfeld soUte so gestaltet sein, dass es zur vermittelnden Botschaft passt und keine storenden Reize die Eventteilnehmer vom Ereignis imd der Verarbeitung der Eventbotschaft ablenken.
•
Das handlungsspezifische Eventobjekt-Involvement ahneh seinem bereits dargestellten pradispositionalen Gegenstuck (s.o.). Wie der Name schon andeutet, handeh es sich hierbei um ein zeitUch begrenztes Engagement gegenuber dem Eventobjekt. Beispielhaft lasst sich hier ein Konsument anftihren, der aufgrund einer aktuell zu fallenden Kaufentscheidung (z.B. Autokauf) ein kurzzeitig gesteigertes Involvement gegenuber der jeweiligen
Lediglich das handlungsspezifische Eventobjekt-Involvement wird hier ergSnzt, welches in Bezug auf das Sponsoring nicht notwendig erscheint. So ist es schwer vorstellbar, dass ein Konsument eine gesponserte Veranstaltung vordergriindig deshalb besucht, um tiefergehende Informationen uber einen Sponsor zu erhalten.
97
Ansatze zur Erklarung einer moglichen Imagebeeinflussung mittels Eventmarketing
Produktkategorie, Marke oder Untemehmen besitzt. Aufgrund seines erhohten Informationsbedlirfnisses ist es vorstellbar, dass er an einem Marketing-Event teilnimmt, um dort weitere Angaben hinsichtlich des ihn interessierenden Eventobjektes zu erhalten •
Das handlungsspezifische Botschafts-Involvement betrifft die Auseinandersetzung der Veranstaltungsteilnehmer mit der Eventbotschaft. Voraussetzung dafur ist zunachst, dass das Eventobjekt und die zu vermittelnden Eigenschaften (i.S. von Denotationen und Konnotationen) von der Zielgruppe wahrgenommen werden (vgl. ausfuhrlich Gliederungspunkt E.6, S. 13Iff.). Dariiber hinaus ist zu vermuten, dass es sowohl handlungsspezifische als auch pradispositionale Einflussfaktoren auf das BotschaftsInvolvement gibt: Gelingt es erstens, das handlungsspezifische Ereignis-Involvement durch die Eventgestaltung auf das Eventobjekt zu lenken, so kann von einem gesteigerten handlungsspezifischen Botschafts-Involvement ausgegangen werden. Werden zweitens die ablenkenden Reize und damit das handlungsspezifische Umfeld-Involvement minimiert, so konnen sich die Eventteilnehmer starker auf die Verarbeitung der Eventbotschaft konzentrieren. Besteht drittens ein hohes handlungsspezifisches Eventobjekt-Involvement oder ein hohes pradispositionales Eventobjekt-Involvement, welche beide mit einer starken Informationsneigung einhergehen (s.o.), so ist mit einem gesteigerten handlungsspezifischen Botschafts-Involvement des Individuums zu rechnen.
Diese Uberlegungen zusammenfassend kommt es zu den in Abb. 17 dargestellten Beziehungen zwischen den unterschiedlichen Arten des pradispositionalen und des handlungsspezifischen Involvements. Abb. 17: Eventspezifische Arten des Involvements und deren Zusammenhdnge
Eventinhalt-Involvement Pradispositionales Involvement
Eventobjekt-Involvement
-• Handlungsspezifisches Involvement
erfolgreiche Verknupfung von Event und Eventobjekt >
Ereignis-Involvement
Umfeld-Involvement
Botschafts-Involvement
-
Eventobjekt-Involvement
Es zeigt sich in Hinblick auf die Verwendung des Konstruktes im Rahmen des ELM von Petty/Cacioppo (1986, 1983), dass man nicht pauschal von „dem Event-Involvement" sprechen kann. AUerdings kristallisiert sich mit dem handlungsspezifischen Botschafts-Involvement ein zentrales Konstrukt heraus, welches von den anderen Spielarten des Involvements
98
Entwicklung eines Modells zur Erklarung der Imagewirkungen des Eventmarketing
deteraiiniert wird. Es bietet sich deshalb vereinfachend an, das handlungsspezifische Botschafts-Involvement als Pradiktor fur die „Wahl" der zentralen oder peripheren Route im ELM aufzufassen. Unabhangig von dem Ansatz von Petty/Cacioppo (1986, 1983) erscheint zusatzlich das handlungsspezifische EreignisJnvolvement besonders wichtig, um die Imagebeeinflussung des Eventobjektes durch Marketing-Events zu erklaren. 1st ein solches Involvement nicht vorhanden, so besteht die Gefahr, dass die Zielgruppe das Ereignis aufgrund mangelnden Interesses iiberhaupt nicht besucht bzw. sich wahrend der Veranstaltung langweilt. Grundsatzlich kann damit eine Einstellungsbeeinflussung im Eventmarketing sowohl liber die zentrale als auch uber die periphere Route erfolgen, wobei sich jedoch eine differenziertere Betrachtung der in Abb. 18 dargestellten Moglichkeiten anbietet"^^: Abb. 18: Der Einfluss von Botschafts- und Ereignis-Involvement auf die Routen der Einstellungsbeeinflussung im ELM handlungsspezifisches Botschafts-Involvement
1. zentrale Route
2. periphere Route
(3. zentrale Route)
(4. periphere Route)
handlungsspezifisches Ereignis-Involvement
Im ersten Fall eines hohen handlungsspezifischen Ereignis- und Botschafts-Involvements erfolgt eine Einstellungsanderung vorwiegend auf der zentralen Route. Da sich der Rezipient in einem solchen Fall intensiv mit der Eventbotschaft beschaftigt, muss sein Informationsbedtirfiiis bei der Gestaltung des Ereignisses beriicksichtigt werden. Damit reicht es nicht aus, ihm durch die Inszenierung ein schones Erlebnis zu bieten, vielmehr sollte der Sender das hohe Ereignis-Involvement nutzen, die gewiinschten Informationen erlebnisorientiert zu prasentieren (vgl. ausfuhrlich Gliederungspunkt E.2.3.3, S. lOlf.).
Es sei darauf verwiesen, dass es sich bei den hier naher beschriebenen vier Fallen jeweils um idealtypische Auspragungen handelt. Wie bereits eriautert, beschreiben die zentrale und die periphere Route jeweils die Extrempunkte eines Kontinuums.
Ansatze zur Erklarung einer moglichen Imagebeeinflussung mittels Eventmarketing
99^
•
Im zweiten Fall, der durch ein hohes handlungsspezifisches Ereignis-Involvement imd ein geringes handlungsspezifisches Botschafts-Involvement gekennzeichnet ist, fmdet die Einstellimgsbeeinflussimg hauptsachlich auf der peripheren Route statt. Wie bereits erwahnt, greift die Zielgruppe in dieser Situation auf Kontextvariablen zuriick (vgl. ausfuhrlich Gliederungspunkt E.2.3.4, S. 102ff.).
•
Auch der dritte Fall eines geringen handlungsspezifischen Ereignis-Involvements gepaart mit einem hohen handlungsspezifischen Botschafts-Involvement kann im Rahmen der Untemehmenskommunikation auftreten. Allerdings scheint eine solche Kombination wegen des damit verbundenen geringen Interesses der Zielgruppe an der jeweiligen Inszenierung fiir das Eventmarketing nicht besonders sinnvoll. Zwar erfolgt die Einstellungsbeeinflussung entlang der zentralen Route, wobei aber aufgrund des geringen Ereignis-Involvements eine erlebnisorientierte Gestaltung der Botschaft uberflussig ist. Hier bieten sich andere Kommunikationsinstrumente an, welche starker auf eine Vermittlung von Informationen und weniger auf Erlebnisse abzielen (z.B. personliches Gesprach, Direktwerbung).
•
Ist die Zielgruppe im vierten Fall weder an dem Ereignis noch an der Botschaft interessiert, so findet eine mogliche Einstellungsanderung auf dem peripheren Weg statt. Auch diese Konstellation lasst sich wegen des geringen handlungsspezifischen Ereignis-Involvements ftir das Eventmarketing nicht empfehlen. Dennoch konnen solche Kombinationen bei der Untemehmenskommunikation auftreten, so dass andere Instrumente zum Einsatz kommen miissen. Hier empfiehlt es sich beispielsweise, auf die Werbung zuruckzugreifen. So konnte im Rahmen der Werbewirkungsforschung gezeigt werden, dass bereits ein reines, mehrfaches Ausgesetztsein {mere exposure) gegeniiber einem Werbestimulus ohne eine intensive Beschaftigung mit dem Werbemittel (i.S. des Ereignis-Involvements) Oder der Botschaft (i.S. des Botschafts-Involvements) zu einer positiven Einstellung fiihren kann (vgl. Baker 1999, S. 32; Janiszewski 1993, S. 376).
Zusammenfassend zeigt sich einerseits, dass die Teilnahme an einem Marketing-Event mit einem hohen handlungsspezifischen Ereignis-Involvement der Veranstaltungsbesucher einhergeht"^^. Bezogen auf das Modell der Verarbeitungswahrscheinlichkeit von Petty/ Cacioppo (1986, 1983) konnen Marketing-Events andererseits abhangig vom handlungsspezifischen Botschafts-Involvement eine Einstellungsanderung sowohl auf der zentralen als auch der peripheren Route bewirken.
Diese Tatsache wurde bereits aus einem anderen Blickwinkel ais konstitutives Merkmal von MarketingEvents herausgearbeitet (vgl. Merkmal VI, S. 37).
100
2.3.2
Entwicklung eines Modells zur Erklarung der Imagewirkungen des Eventmarketing
Die Fahigkeit der Zielgruppe zur Informationsverarbeitung als Einflussfaktor der Imagebeeinflussung
Neben dem Involvement bildet die Fahigkeit zur Informationsverarbeitung den zweiten Faktor im Rahmen des ELM, welcher die Art der Einstellungsanderung beeinflusst. Petty/Cacioppo (1983, S. 5) unterscheiden dabei situative \md personenabhdngige Variablen als wichtige Deteraiinanten der Fahigkeit (vgl. auch Kearsley 1995, S. 54). Als situative Determinanten gelten das Vorhandensein von ablenkenden Reizen und die Anzahl der Kontakte der Zielgruppe mit der jeweiligen Botschaft. Hinsichtlich der ablenkenden Reize wurde bereits im Rahmen des handlungsspezifischen Umfeld-Involvements darauf hingewiesen, dass sich diese durch eine entsprechende Gestaltimg des Marketing-Events minimieren lassen. Weiterhin kann eine moderate Anzahl von Wiederholungen der Botschaft die kognitive Beschaftigung der Zielgruppe mit den gebotenen Informationen intensivieren, sofem es sich dabei um iiberzeugende Argumente handelt (vgl. Petty/Unnava/ Strathman 1991, S. 246; Petty/Cacioppo 1983, S. 7). Dies lasst sich durch eine entsprechende Inszenierung des Ereignisses steuem, indem z.B. die Eventbotschaft der Zielgruppe leicht verstandlich, eventuell aus verschiedenen Blickwinkeln, dargeboten wird. Generell lasst sich festhalten, dass der Veranstalter eines Marketing-Events aufgrund der Eigeninszenierung des Ereignisses die situativen Einflussfaktoren im Vergleich zu anderen Kommunikationsinstrumenten gut kontroUieren und damit eine Einstellungsbeeinflussung auf dem zentralen Weg unterstiitzen kann (vgl. Abb. 16, S. 92). Als personenabhangige Determinanten der Fahigkeit zur Informationsverarbeitung lassen sich sowohl der Umfang und die Qualitat des ftir das Verstandnis der jeweiligen Botschaft notwendigen Wissens identifizieren. 1st der Umfang des Wissens groB, so werden mit der empfangenen Botschaft ubereinstimmende Gedanken verstarkt, was auf die Nutzung der zentralen Route hinweist. Besitzt der Rezipient hingegen nur wenig relevantes Vorwissen, so hangt die Einstellungsbeeinflussung eher von Kontextvariablen ab, was ftir die periphere Route spricht. Die bisherigen Erkenntnisse zusammenfassend hat sich gezeigt, dass Marketing-Events aus der theoretischen Sicht des Ansatzes von Petty/Cacioppo (1986, 1983) geeignet sind, die Einstellung der Veranstaltungsbesucher gegenuber dem Eventobjekt zu beeinflussen. Dabei ist sowohl eine Wirkung iiber die zentrale Route moglich, wobei sich die Rezipienten intensiv mit der Eventbotschaft beschaftigen als auch eine Einstellungsanderung iiber den peripheren Weg, wobei die Empfanger auf Kontextvariablen (Einstellung zum Event, Emotionen) zuriickgreifen. Welche der beiden Routen die Einstellungsanderung dominiert, ergibt sich einerseits aus dem handlungsspezifischen Botschafts-Involvement sowie andererseits aus der Fahigkeit, die
Ansatze zur Erkiarung einer moglichen Imagebeeinflussung mittels Eventmarketing
101_
gebotenen Informationen zu verarbeiten. Beide Deteraiinanten sind zwar abhangig von den personlichen Eigenschaften der Eventteilnehmer (z.B. pradispositionales Eventobjekt-Involvement, Qualitat und Umfang des Wissens hinsichtlich des Eventobjektes), lassen sich jedoch durch die zielgerichtete Gestaltung des Ereignisses beeinflussen (z.B. Nutzung von Ereignissen mit hohem handlungsspezifischen Ereignis-Involvement, Abbau ablenkender Reize, Anpassung der Botschaftsgestaltimg an das Wissen der Zielgmppe). Vor dem Hintergrund der hier gewahlten Imagedefinition als mehrdimensionale Auspragung der Einstellung lassen sich diese Aussagen auf das Konstrukt des Images erweitem. Im Folgenden v^ird deshalb ausfiihrlich auf die Imagebeeinflussung auf den beiden Routen des ELM eingegangen.
2.3.3
Zentrale Imagebeeinflussung durch Events
Kommt es zu einer Imagebeeinflussung auf der zentralen Route, betrifft dies hauptsachlich die denotative Imagedimension des Eventobjektes. Diese Aussage ergibt sich aus der in Gliederungspunkt E.1.1.2 (S. 76ff.) getroffenen Unterscheidung des Einstellungs-Konstruktes in Komponenten (kognitiv vs. affektiv) und Dimensionen (denotativ vs. konnotativ). Dabei zeigte sich, dass eine kognitive Auseinandersetzung mit dem Meinungsgegenstand (zentrale Route) mit der Bildung, Veranderung oder Starkung denotativer Eigenschaften einhergeht (vgl. Glogger 1999, S. S\\Mazanec 1978, S. 49). Denotationen lassen sich auf der zentralen Route durch die Interaktionsorientierung und die multisensuale Ansprache des Konsumenten wahrend des Marketing-Events vermitteln, indem beispielsweise das Ereignis so inszeniert wird, dass die Eventteilnehmer das Eventobjekt selbst testen konnen (z.B. i.S. eines Produkttests). Somit lernen die Eventbesucher die sachlichen Eigenschaften des Eventobjektes durch ihre eigenen Erfahrungen. Wie bereits bei der Diskussion der idealtypischen Merkmale von Marketing-Events dargestellt (vgl. insb. Merkmal III, S. 35), ftihrt das Lernen aufgrund eigener Erfahrung im Vergleich zu passiv aufgenommenen Informationen zu einer verbesserten Aufnahme und Speicherung der jeweiligen Botschaft sowie zu einem starkeren Vertrauen in diese. Bezogen auf die in Gliederungspunkt E.2.1 (S. 86ff) vorgestellten Lemtheorien lasst sich der im vorliegenden Fall ablaufende Lemprozess mit den kognitiven Ansatzen erklaren. Im Unterschied zu der im Folgenden noch naher zu erlautemden Imagebeeinflussung auf peripherem Weg fmdet der Prozess der Einordnung der durch das Event gebotenen Denotationen (Knoten) in das bestehende Netzwerk mit einer hoheren Verarbeitungstiefe statt. Wie bereits erortert (vgl. Gliederungspunkt E.2.2, S. 90ff) priift der Eventteilnehmer die aufgenommenen Informationen sorgfaltig und vergleicht diese mit seinem bisherigen Schema des Eventobjektes. Dabei lauft die Einordnung der neuen Knoten in das Netzwerk umso einfacher ab, je
102
Entwicklung eines Modells zur ErklSrung der Imagewirkungen des Eventmarketing
geringer der damit verbundene kognitive Aufwand ist (z.B. Lemen durch Wissenszuwachs) (vgl. GliederungspunktE.2.1, S. 86ff.). Bin erfolgreicher Lemprozess ftihrt letztlich zu der vom Eventveranstalter gewtinschten Veranderung bzw. Stabilisienmg der denotativen Imagedimension (positive Imagebeeinflussiing). Kann der Eventteilnehmer die gebotenen Informationen nicht in das Schema einordnen, kommt es zu keiner Imagebeeinflussung. Stimmen die kommunizierten Informationen nicht mit dem bisherigen Wissen und Erfahrungen (Schemata) des Adressaten iiberein, so besteht die Gefahr, dass dieser bewusst Gegenargumente entwickelt. Damit kann es letztlich zu einer Imageanderung kommen, die den Zielen des Senders widerspricht (Reaktanz^^). Weicht die Botschaft hingegen nur in geringem MaBe vom bisherigen Wissen ab, so wird der Empfanger motiviert, sich eingehender mit den gebotenen Argumenten auseinander zu setzen, Damit kann einem Abbruch der Imagebeeinflussung entgegengewirkt werden (vgl. Kearsley 1995, S. 54f.; Petty/Unnava/Strathman 1991, S. 247).
2.3.4
Periphere Imagebeeinflussung durch Events
Weiterfiihrende Erkenntnisse zur peripheren Einstellungsanderung im Rahmen des ELM liefert die den Pure Affects Models (vgl. Tab. 8, S. 52) zuzurechnende Attitude toward the Ad'Forschung (vgl. Homer 1990, S. 79f.; Miniard/Bhatla/Rose 1990, S. 290f.; Droge 1989; MacKenzie/Lutz/Belch 1986, S. 132). Diese Forschungsrichtung widmet sich einerseits der Entstehung von Einstellungen gegeniiber einem Werbemittel sowie andererseits dem Einfluss dieser Einstellungen auf andere hypothetische Konstrukte. Dabei wird der Begriff Attitude toward the Ad (AAD) als... •
„(emotional gepragte) Einstellung der Adressaten
•
zu einem Werbemittel oder einer Serie von Werbemitteln" {Steffenhagen 1993b, S. 10)
defmiert. Im Rahmen dieser Untersuchungen wird davon ausgegangen, dass die mit Bildem und/oder Musik gestaltete Werbung ohne groBen kognitiven Aufwand in das Bewusstsein des Empfangers dringt und sich infolgedessen bei ihm eine momentane, emotional gepragte Einstellung gegeniiber der Werbung bildet. Diese subjektive Beurteilung des Werbemittels beeinflusst
^° Diese beschreibt die Gegenreaktion eines Umworbenen auf einen Beeinflussungsversuch, wenn der BotschaftsempfUnger seine pers5nliche Freiheit als bedroht oder eingeschrSnkt empfindet (vgl. ausfiihrlich Fe/5gr2001,S.285ff.).
Ansatze zur Erklarung einer moglichen Imagebeeinflussung mittels Eventmarketing
103
ihrerseits wiederum i.S. einer Kontextvariablen die Einstellung des Adressaten zur beworbenen Marke (Attitude toward the Brand = AB) (vgl. Steffenhagen 1993b, S. 10). Mittlerweile lasst sich eine kaum noch uberschaubare Menge an Untersuchimgen im Bereich der AAD-Forschung fmden. Einerseits ermittelten diese Studien eine Vielzahl von Einflussfaktoren, welche die Einstellung zum Werbemittel determinieren (vgl. Tab. 13). Andererseits wurde die vermutete periphere Beeinflussung von AB durch AAD mehrfach empirisch bestatigt, was die umfangreichen Meta-Analysen von Heath/Geath (1994)^\ Muehling/ McCann (1993)^^ und Brown/Staymann {\99lf^ bestatigen. Tab. 13: Einflussfaktoren au/AAD Gefundene Einflussfaktoren auf AAD
Autor(en)
Haufigkeit des Kontaktes mit dem Werbemittel
Cox/Cox 1988, Burke/Edell 1986
Involvement gegeniiber der Werbebotschaft
Muehling/Laczniak 1988, Park/Young 1986
durch die Werbebotschaft ausgeloste kognitive Reaktionen
Hastak/Olson 1989
durch die Werbebotschaft ausgeloste affektive Reaktionen
Burke/Edell 1989, Machleit/Wilson 1988, Batra/Ray 1986
Inhalt und Qualitat der Werbebotschaft
Hastak/Olson \9S9, Burton/Lichtenstein 1988
Quelle: eigene Erstellung in Anlehnung an Biehal/Stephens/Curlo (1992, S. 19)
Weiterhin wurde im Rahmen der AAD-Forschung der Einfluss der durch die Werbung hervorgerufenen Emotionen auf die Einstellung zum beworbenen Objekt (AB) untersucht. Dabei zeigte sich, dass auch die Emotionen i.S. von Kontextvariablen AB beeinflussen konnen (vgl. Derbaix/Bree 1997; Edell/Moore 1993; Edell/Burkc 1987). Aufgrund der Definition des Images als mehrdimensionale Auspragung der Einstellung lassen sich diese Erkenntnisse auf die Imagebeeinflussung ubertragen. Da es sich bei den Kontextvariablen AAD und den Emotionen um affektive Konstrukte handelt, ist in diesem Fall mit Veranderungen auf der konnotativen Imagedimension zu rechnen. Wie bei der zentralen Route lasst sich diese Vermutung mit der bereits getroffenen Unterscheidung der Einstellung in Komponenten und Dimensionen (vgl. Gliederungspunkt E.1.1.2, S. 76ff.) begrunden. Dort zeigte sich, dass eine affektive Auseinandersetzung (Komponente) mit dem Stimulus mit einer Wirkung auf der konnotativen Dimension einhergeht (vgl. Glogger 1999, S. 51; Maza«ecl978, S.49).
22 untersuchte Studien 95 untersuchte Studien 47 untersuchte DatensStze aus 43 Studien
104
Entwicklung eines Modells zur Erklarung der Imagewirkungen des Eventmarketing
Interpretiert man zunachst AAD als das Image des Marketing-Events und iibertragt man anschlieBend die o.g. Erkenntnisse der AAD-Forschung auf das Eventmarketing, so lassen sich zunachst folgende Vermutimgen aufstellen: 1. Das Image des Events (i.S. von AAD) beeinflusst das Image des Eventobjektes (i.S. von AB) auf der konnotativen Ebene. 2. Die durch das Event hervorgerufenen Emotionen beeinflussen das Image des Eventobjektes (i.S. von AB) auf der konnotativen Ebene. Problematisch erscheint es allerdings in diesem Zusammenhang, vom Image des Events zu sprechen. Wie im Gliederungspunkt E.1.1.2 (S. 76ff) ausfuhrlich dargestellt, beruht das hier gewahlte Imageverstandnis auf einer einstellungstheoretischen Sichtweise. Daraus ergibt sich einerseits, dass Images erst im Laufe der Zeit gelernt werden und es sich andererseits dabei um ein relativ stabiles Konstrukt handelt (vgl. auch Knoblich/Esch 2001). In Bezug auf den hier vorliegenden Untersuchungsgegenstand steht dem das Merkmal von Marketing-Events gegeniiber, dass ein solches Ereignis ein auBeralltagliches, neues Erlebnis bieten soil, welches die Zielgruppe als einzigartig und damit nicht wiederholbar beurteilt. Bedingt durch diese Einmaligkeit erscheint es schwer vorstellbar, dass sich bei den Eventteilnehmem in dem relativ kurzen Zeitraum ihres Veranstaltungsbesuches ein Image im o.g. Sinne herausbildet. Um aber eine trennscharfe Nutzung des Imagebegriffes zu gewahrleisten, wird im Folgenden nicht vom Image des Events gesprochen, sondem der Begriff der Eventbeurteilung genutzt. Somit wird die hier erarbeitete Imagedefmition auf den Begriff der Beurteilung inhaltlich ubertragen, wobei das Konstrukt jedoch als kurzfristig gelernt und damit als weniger stabil gilt. Da damit die herausragende Stellung der Eventbeurteilung und der Emotionen im Rahmen der peripheren Imagebeeinflussung fest steht, werden beide Konstrukte im Folgenden ausfohrlicher diskutiert. Zunachst ist der Einfluss der Eventbeurteilung auf die konnotative Imagedimension des Eventobjektes Gegenstand der Betrachtungen. Dabei wird auf Erkenntnisse der Imagetransferforschung zuruckgegriffen, die aufgrund der naheren Analyse gedachtnispsychologischer Vorgange zusatzliche Erkenntnisse hinsichtlich der Wirkung dieser Kontextvariablen bringt. In diesem Zusammenhang wird sich aus theoretischer Sicht zusatzlich zeigen, dass die Passfahigkeit zwischen dem Event und dem Eventobjekt den Imagetransfer vom Event auf das Eventobjekt beeinflussen kann. Im Anschluss werden die durch das Ereignis ausgelosten Emotionen und deren Rolle als Kontextvariablen naher diskutiert. Darauf folgt letztlich eine Darstellung des sog. Flow-Konstruktes, welches aufgrund des aktiven Erlebens von Marketing-Events das Entstehen von Emotionen naher erklaren kann.
Die Eventbeurteilung als Kontextvariable: Erkenntnisse der Imagetransferforschung
3
105^
Die Eventbeurteilung als Kontextvariable: Eritenntnisse der Imagetransferforschung
3.1
AUgemeines Begnffsverstandnis des Imagetransfers
Allgemein betrachtet, lasst sich der Imagetransfer als „Ubertragung und Verstarkung von Objektassoziationen zwischen Objekten imterschiedlicher Kategorien" (Zentes/Swoboda 2001, S. 210) auffassen. Ein praziseres, allgemeingultiges marketingspezifisches Begriffsverstandnis entwickelt Glogger (1999, S. 68f.), dem hier gefolgt werden soil: •
Der Imagetransfer ist eine Reaktion in der Psyche von Personen auf die MaBnahmen eines Untemehmens beztiglich eines Imageobjektes.
•
Der Imagetransfer umfasst sowohl die Ubertragung neuer, bisher noch nicht mit dem Imageobjekt verbundener denotativer und/oder konnotativer Assoziationen als auch die Verstarkung bereits vorhandener denotativer und/oder konnotativer Assoziationen.
•
Der Imagetransfer kann wechselseitig, zwischen zwei Objekten in beide Richtimgen erfolgen.
Der Imagetransfer ist als ein Ziel absatzpolitischen Handelns zu verstehen. Damit werden im Folgenden solche Falle ausgeschlossen, in denen ein Imagetransfer ohne systematische untemehmerische MaBnahmen zustande kommt (z.B. Imagetransfer von Merkmalen des Verwenders auf das Produkt). Weiterhin streben die Untemehmen mit ihren Marketingaktivitaten trotz der Wechselseitigkeit des Imagetransfers eine bewusst gewahlte Transferrichtung an. Deshalb empfiehlt es sich, die an diesem Prozess beteiligten Objekte begrifflich voneinander abzugrenzen (vgl. Nufer 2001, S. 167; Glogger 1999, S. 69). In den weiteren Ausfiihrungen wird deshalb der Meinungsgegenstand als Stammobjekt bezeichnet, der uber die zu iibertragenden Eigenschaften verfiigt. Das Transferobjekt beschreibt den Meinungsgegenstand, auf den diese Denotationen und/oder Konnotationen transferiert bzw. dessen Eigenschaften verstarkt werden sollen. Die im Mittelpunkt dieses Prozesses stehenden denotativen und/oder konnotativen Merkmale bilden den sog. Transferinhalt.
106
3.2
Entwickiung eines Modells zur Erkiarung der Imagewirkungen des Eventmarketing
Der Imagetransfer in der Kommunikationspolitik
Die generelle Wirkimgsweise des Imagetransfers in der Kommunikationspolitik^'^ besteht darin, dass eine KommunikationsmaBnahme durch ihre foraiale und inhaltliche Ausgestaltung ein entsprechendes Image ausstrahlt (Stammobjekt), welches sich auf das im Mittelpunkt der Botschaft stehende Produkt oder Untemehmen (Transferobjekt) iibertragen soil. Dabei wird die Verbindung zwischen beiden Transferpartnem durch deren gemeinsame Prasentation geschaffen. Zwar kann es in diesem Fall zu wechselseitigen Assoziationen kommen, wobei aber lediglich der Transfer vom Kommunikationsinstrument auf das jeweilige Transferobjekt von absatzpolitischem Interesse ist. Im Rahmen der Werbung verfugen Untemehmen iiber verschiedene gestalterische Mittel, um einen Imagetransfer bei der Zielgruppe anzuregen. So werden beispielsweise Prominente als Testimonials eingesetzt, damit das Image der jeweiligen Personlichkeit auf die beworbene Marke ubergeht (vgl. Erdogan/Baker/Tagg 2001; Walker/Langmeyer/Langmeyer 1992; McCracken 1989; Debevec/Iyer 1986). Eine weitere Moglichkeit bietet der sog. Country-oforigin-Effekt, der den Transfer des Images eines Landes, einer Region oder einer Stadt auf ein Produkt oder Untemehmen beschreibt (vgl. Mayerhofer 1995, S. 140). Indem man in der /Werbebotschaft den geografischen Herkunftsort herausstellt, sollen sich dessen denotativen und/oder konnotativen Eigenschaften auf das Transferobjekt ubertragen (vgl. Knight/Calantone 2000; Leonidou/Hadjimarcou/Kaleka/Stamenova 1999; Niss 1996; Parameswaran/ Pisharodi 1994). Ebenfalls kann die musikalische Gestaltung eines Femseh-, Kino- oder Horfunkspots zu einem Transfer der mit der Musik und/oder dem entsprechenden Kiinstler verbundenen Assoziationen auf das Kommunikationsobjekt fiihren (vgl. Hung 2001; Blair/ Shimp 1992). Auch im Sponsoring gilt der Imagetransfer als wichtige Zielstellung (vgl. Drees 1992, S. 115). Der Sponsor (z.B. Untemehmen/Produkt) wird dabei als Transferobjekt bezeichnet. Wie bereits erwahnt (vgl. Gliederungspunkt B.4.1, S. 24ff), kommen als Gesponserte und damit als Stammobjekt sowohl eine oder mehrere Personen, Institutionen, Veranstaltungen oder die Medien (z.B. Programmsponsoring, Product Placement) in Frage. Den Transferinhah bilden hauptsachlich die konnotativen Eigenschaften des Stammobjektes, wahrend Denotationen seltener im Mittelpunkt stehen (vgl. Glogger 1999, S. 80; Gierl/Kirchner 1999; Bruhn 1994, S. 1139; Deimel 1992, S. 119ff). Letzteres lasst sich damit begrunden, dass sich die Zielgmppe nur in geringem Umfang mit der Sponsoringbotschaft kognitiv beschaftigt. Dies wiederum liegt an der Tatsache, dass der Sponsor einerseits meist nur uber eingeschrankte Moglichkeiten der Werbemittelgestaltung verftigt sowie andererseits die Zielgmppe nicht
Neben der Kommunikationspoltik wird das Konzept des Imagetransfers hauptsachlich in der Produktpolitik als Marketinginstrument diskutiert (vgl. dazu Gunther 2002; Zatloukal 2001; Hatty 1994; Heinemann 1993; Reiter \99\\ Meffert/Heinemann 1990; Mayer/Mayer 1987; Schweiger 1982).
Die Eventbeurteilung als Kontextvariable: Erkenntnisse der Imagetransferforschung
107^
selten ein geringes Involvement gegeniiber der z u kommunizierenden Botschaft zeigt (vgl. Gliederungspunkt B.4.1, S. 24).
3.3
Implikationen fiir das Eventmarketing
Trotz der bereits erlauterten Unterschiede zwischen Sponsoring und Eventmarketing (vgl. Gliederungspunkt B.4.1, S. 24ff.) lasst sich vermuten, dass hinsichtlich des Imagetransfers ahnliche Erkenntnisse fur beide Instrumente gelten. Dies betrifft insb. das Veranstaltungssponsoring, welches auf fremdinszenierte Ereignisse als Stammobjekt zuriickgreift. Diesem Prinzip folgt auch das Eventmarketing, das sich auf die vom Untemehmen selbst durchgefiihrten Veranstaltungen als Stammobjekt beschrankt. Als Transferobjekt fungiert in beiden Fallen das im Mittelpunkt der KommimikationsmaBnahme stehende Produkt oder Untemehmen (Eventobjekt). Wahrend damit die fiir einen Imagetransfer im Eventmarketing notwendigen Transferpartner festgelegt sind, stellt sich die Frage, welche Transferinhalte im Mittelpunkt von MarketingEvents stehen. Wie bereits in Gliederungspunkt D. 1.1.1 (S. 55ff.) erlautert, liegt beziiglich des Eventmarketing mit dem Ansatz von Nufer (2002, S. 190ff.) bisher lediglich ein Modell zur Erklarung des Imagetransfers vor (vgl. Abb. 9, S. 61). Der Autor geht davon aus, dass sowohl Denotationen als auch Konnotationen den Transferinhalt bilden konnen: Uber die erlebnisorientierte Gestaltung und die dadurch bei den Eventteilnehmem hervorgerufenen Emotionen erhalt das Event eine konnotative Bedeutung, welche durch die gleichzeitige Presentation mit dem Transferobjekt auf letzteres iibergehen soil. Wahrend sich dieser Prozess als Imagetransfer nach dem hier zugnmde gelegten Begriffsverstandnis verstehen lasst, erscheint die Begriindung eines moglichen denotativen Transferinhaltes bei Nufer (2002, S. 191f) als kritikwiirdig. Als Denotationen bezeichnet er jene Informationen, die der Zielgruppe wahrend der Veranstaltung hinsichtlich des Transferobjektes (z.B. Marke ist besonders umweltfreundlich) geboten werden. Dabei kommt es nur zu einem Transfer, wenn die Eventteilnehmer diese Informationen auch aufnehmen. Dies bedeutet also, dass das Transferobjekt und damit der neutrale, zu konditionierende Reiz notwendigerweise liber Denotationen verfugen muss, damit es zu einem Imagetransfer kommt (z.B. der Empfanger muss gelemt haben, dass die Marke umweltfreundlich ist). Dies widerspricht jedoch den bisherigen Erkenntnissen, dass „lediglich" eine gemeinsame Presentation beider Transferpartner sowie das Vorhandensein der gewunschten Assoziationen beim Stammobjekt fur einen Imagetransfer ausreichen^^. Mit anderen Worten erscheint es nicht nachvoUziehbar, warum die denotativen Merkmale des Transferobjektes als Voraussetzung fur einen Transferprozess gelten sollten.
Es existieren noch weitere Voraussetzungen, die in den folgenden Gliederungspunkten diskutiert werden.
Entwicklung eines Modells zur ErklSrung der Imagewirkungen des Eventmarketing
108
Zwar ermoglichen Marketing-Events auch die Beeinflussimg denotativer Merkmale, jedoch nicht i.S. eines Imagetransfers (vgl. Abb. 19). Zu vermuten ist, dass die erlebnisorientierte Inszenierung des Events eher auf der konnotativen Ebene mittels Imagetransfer wirkt (1. Beeinflussungsmoglichkeit), was eher der peripheren Route zuzuordnen ist. Im Gegensatz dazu lemt der Eventteilnehmer bei einem direkten und aktiven Kontakt mit dem Eventobjekt dessen denotative Merkmale (2. Beeinflussungsmoglichkeit), was eher der zentralen Route im ELM zuzuordnen ist (vgl. auch Gliederungspunkt E.2.3.3, S. lOlff.). Abb. 19: Moglichkeiten der Beeinflussung des Images durch Marketing-Events 1. Imagetransfer durch UbertragungA^erstarkung von (Denotationen) und Konnotationen
Denotation Dc,
Eventobjekt (Produkt, Unternehmen) als Transferobjekt
Marketing-Event als Stammobjekt
Konnotation Kci
Instrument: Erlebnisorientierte Inszenierung des Transferobjektes Transfenichtung
2. Lemen der Imagedimensionen durch aktives Erfahren von Denotationen und (Konnotationen) Denotation Dg,
fventobjekt (Produkt, Unternehmen)
Konnotation Kci Instrument: Aktiver Kontakt des Eventteilnehmers mit don Eventobjekt
Anmerkung: Die neu auf das Eventobjekt ubertragenen Assoziationen sind mit einem gestricheiten Rahmen gekennzeichnet. Unter Ruckgriff auf die Erkenntnisse aus dem vorhergehenden Gliederungspunkt zeigt sich zunachst, dass Unternehmen mit den ihnen zur Verftigung stehenden Kommunikationsinstrumenten (insb. Werbung und Sponsoring) generell das Image eines Kommunikationsobjektes mittels Imagetransfer beeinflussen konnen. Aufgrund ahnlicher Wirkungsprinzipien (Imagetransfer von der Veranstaltung auf das Kommunikationsobjekt) lassen sich insb. aus den
Die Eventbeurteilung als Kontextvariable: Erkenntnisse der Imagetransferforschung
109
Erkenntnissen des Veranstaltungssponsoring Aussagen fiir das Eventmarketing ableiten. Einerseits haben Glogger (1999) und Gwinner (1997) in ihren Modeller! theoretisch begriindet, dass es im Veranstaltungssponsoring zu einem Imagetransfer kommen kann. Andererseits lasst sich diese Vermutung durch eine Vielzahl empirischer Untersuchungen stiitzen (vgl. Dean 1999; Gwinner/Eaton 1999; Stipp/Schiavone 1996; Rajaretnam 1994; Otker/Hayes 1991). Ubertragt man diese Erkenntnisse auf das Eventmarketing, so lasst sich vermuten, dass Marketing-Events sich eignen, einen Imagetransfer vom inszenierten Ereignis (Stammobjekt) auf Eventobjekt (Transferobjekt) herbeizufiihren.
3.4
Die Pass^higkeit zwischen Event und Eventobjekt als Voraussetzung fiir einen Imagetransfer
Als wichtige Voraussetzung fiir einen Imagetransfer gih die Passfahigkeit (Fit, Affinitat) zwisclien Stamm- und Transferobjekt (vgl. Glogger 1999, S. 143ff.; Rieger 1994, S. 118f.; Gwinner 1997, S. 152). Dies bestatigen empirische Studien sowohl aus der Produktpolitik (vgl. Herr/Farquhar/Fazio 1996; Park/Milberg/Lawson 1991; Aaker/Keller 1990; Hartman/Price/Duncan 1990, S. 122) als auch der Kommunikationspolitik (zur Werbung mit Prominenten vgl. Mittelstaedt/Riesz/Burns 2000; Till/Busier 2000; Kamins 1990; zum Sponsoring vgl. Gwinner/Eaton 1999; McDaniel 1999; Johar/Pham 1999; d'Astous/Bitz 1995). Damit ergibt sich die Frage, ob die Passfahigkeit zwischen Event und Eventobjekt auch eine notwendige Bedingung fur den Imagetransfer und damit die Imagebeeinflussung im Eventmarketing darstellt. Fiir ein besseres Verstandnis bietet es sich an, zunachst dieses Konstrukt aus lemtheoretischer Sicht naher zu erlautem.
3.4.1
Das Konstrukt der Passfahigkeit aus lemtheoretischer Sicht
Generell lasst sich der Begriff der Passfahigkeit als subjektive Beurteilung der Beziehung zwischen zwei Objekten defmieren (vgl. Baumgarth 2000, S. 48). Aus dem Blickwinkel der in Gliederungspunkt E.2.1 (S. 86ff) diskutierten Lemtheorien bezieht sich ein solcher Fit zwischen beiden Transferpartnem zunachst auf das Prinzip der Konditionierung hoherer Ordnung. Es wird davon ausgegangen, dass der Imagetransfer umso erfolgreicher ist, je nachvollziehbarer und somit glaubwiirdiger die Konsumenten die gemeinsame Prasentation von Stamm- und Transferobjekt empfmden (vgl. Nufer 2002, S. 192). Weiterfuhrende Erkenntnisse liefem die kognitiven Lerntheorien. So erscheint es unmittelbar einsichtig, dass der Rezipient das gleichzeitige Auftreten zweier Objekte eher nachvollziehen kann, wenn zwischen diesen bereits gedankliche Verbindungen bestehen. Er benotigt in einem solchen Fall keine neuen Erklarungen, sondem folgt den schon vorhandenen Verkniipfungen zwischen Stamm- und Transferobjekt, um deren gemeinsame Prasentation zu begriinden. Abhangig von der Anzahl der Hierarchieebenen lassen sich dabei in Anlehnung
110
Entwicklung eines Modells zur Erklarung der Imagewirkungen des Eventmarketing
an Bower/Hildgard (1983, S. 242f.) drei Grundtypen assoziativer Strukturen imterscheiden, anhand derer die Passfahigkeit zwischen zwei Objekten beurteilt wird (vgl. Abb. 20): •
Im ersten Fall existieren bereits eine oder mehrere direkte Assoziationen zwischen beiden Transferobjekten (z.B. zwischen A iind C), denen der Botschaftsempfanger bei seiner Beurteilung des Fit folgen kann.
•
Im zweiten Fall stehen die Transferpartner (z.B. A und C) iiber einen weiteren Knoten (X) in Verbindnng. Der Rezipient kann das gemeinsame Auftreten der beiden Objekte nur indirekt nachvollziehen.
•
Im dritten Fall ergibt sich die indirekte Verknupfung iiber mehrere Knoten hinweg, beispielsweise uber deren hierarchische Organisation (z.B. A-> Y-> X-> Z-^ C). Auch hier ist fur den Adressaten nur ein indirekter Rlickschluss darauf moglich, warum die Transferpartner gemeinsam auftreten.
Abb. 20: Grundtypen assoziativer Strukturen
Quelle: Bower/Hildsard (19%^, S. 243)
Ob und in welchem AusmaB der Rezipient die Transferpartner als passfahig beurteilt, hangt davon ab, inwieweit er in seinem Gedachtnis die am Assoziationsprozess beteiligten Kanten zwischen beiden Objekten aktiviert. Dies wiederum wird einerseits durch die Starke der Kanten sowie andererseits durch die Starke der Aktivierung der Transferpartner beeinflusst (vgl. die Ausfiihrungen zum Assoziationsprozess in Gliederungspunkt E.1.1.3, S. 80ff). Zusammenfassend lasst sich somit annehmen, dass der Empfanger je eher einen Fit zwischen den beteiligten Objekten herstellt, desto weniger kognitiven Aufwand er benotigt, um den bereits bestehenden Assoziationen zu folgen. Unklar ist bisher noch, wie sich die entsprechenden, den Fit pragenden Assoziationen zwischen dem Stamm- und Transferobjekt inhaltlich beschreiben lassen. Ausgehend von dem hier genutzten gedachtnispsychologischen Verstandnis des Images als begrenztes semantisches Netzwerk (Schema) kommen zunachst sowohl die Denotationen als auch die Konnota-
Die Eventbeurteilung als Kontextvariable: Erkenntnisse der Imagetransferforschung
\U_
tionen der Transferpartner als Assoziationsinhalte in Frage. So erkennt der Rezipient eine Affinitat zwischen Stamm- und Transferobjekt, well beide einige gemeinsame denotative und/oder konnotative Merkmale besitzen. Unabhangig von diesem Blickwinkel ergeben sich weitere mogliche inhaltliche Verkniipfungen zwischen den zu beurteilenden Objekten. Wie der dritte der o.g. Grundtypen assoziativer Strukturen zeigt (vgl. Abb. 20), konnen auch iibergeordnete Kriterien die Assoziationsinhalte zur Beurteilung des Fit determinieren. Dementsprechend ergibt sich flir den Konsumenten auch eine Affinitat dnrch solche Kategorien, wie beispielsweise gleiche Verwendungsmoglichkeiten, gleiche Verwender oder gleiche Herstellungsverfahren der Transferpartner. Darauf aufbauend lassen sich in der Literatur verschiedene Moglichkeiten unterscheiden, wie Individuen die Passfahigkeit zwischen zwei Meinungsgegenstanden beurteilen (vgl. Tab. 14). Tab. 14: Kriterien zur Beurteilung der Passfahigkeit von Stamm- und Transferobjekt Autor Martin/Stewart (2001)
Anwendungsbereich Produktpolitik
Kriterien zur Beurteilung der PassfUhigkeit • Feature-Based Similarity: Die Passfahigkeit ergibt sich aufgrund gleicher sachlicher Merkmale (Denotationen). • Usage-Based Similarity. Die Passfahigkeit ergibt sich aufgrund ahnlicher Verwendungsmoglichkeiten und Nutzungssituationen. • Goal-Based Similarity: Produkte gelten als ahnlich, wenn mit deren Nutzung das gleiche Ziel verfolgt wird. • Brand Schema and Concept Consistency: Holistischer Anspruch, in dessen Rahmen der Konsument seine eigene „Theorie" entwickelt, warum die Transferpartner zusammenpassen (z.B. aufgrund ahnlicher Images).
Glogger(1999, S. 144f.)
Kommunikationspolitik (Sponsoring)
• Verwendungsfit: Es besteht ein thematischer Zusammenhang zwischen Sponsor und Gesponserten. • Imagefit: Es besteht eine Ahnlichkeit zwischen dem Image des Sponsors und des Gesponserten.
Rieger(1994, S. 118f.)
Kommunikationspolitik (Sponsoring)
• Produktaffmitat: Die Produkte des Sponsors bzw. deren Verwendungsumfeld und das Sponsoring-Engagement stimmen uberein. • Imageaffmitat: Das Image des Sponsors stimmt mit dem Sponsoring-Engagement uberein.
Aaker/Keller(1990)
Produktpolitik
• Complementarity: Beide Produkte werden gemeinsam genutzt. • Substitutability: Beide Produkte lassen sich substituieren. • Transferability: Der Hersteller des Stammproduktes besitzt aus Sicht des Konsumenten die Kompetenz, auch das Transferprodukt produzieren zu konnen.
Erdtmann(1989, S. 195f.)
Kommunikationspolitik (Sponsoring)
• inhaltliche Verbundenheit: „Sponsor und Gesponserter passen ihrer Art nach zusammen." • materielle Gleichrangigkeit: „Der Sponsor unterstiitzt den Gesponserten - es handelt sich nicht um eine reine Werbeveranstaltung."
112
Entwicklung eines Modells zur Erkiarung der Imagewirkungen des Eventmarketing
Bestehen hingegen keine gedanklichen Verbindimgen zwischen Stamm- und Transferobjekt, so erscheint ein Imagetransfer zwar schwierig, jedoch nicht unmoglich. Kommt der Rezipient sehr haufig mit der gemeinsamen Prasentation beider Transferpartner in Kontakt (klassische Konditionierung), so kann das zu einem Gewohnungs- oder sogar Akzeptanzeffekt ftihren, durch den sich moglicherweise erst nach einiger Zeit eine Affinitat zwischen Stamm- und Transferobjekt herausbildet (vgl. Nufer 2002, S. 195; Erdtmam 1989, S. 166). Dabei erscheinen das Lernen durch Wissenszuwachs und das Lernen durch Netzwerkabstimmung am geeignetesten, um einen Fit zwischen den Transferpartnem herzustellen. Wahrend diese beiden Prinzipien relativ einfach zu bewaltigen sind, fallt dem Empfanger das Lernen durch Netzwerk-Umbildung schwerer, da dies meist einen hohen kognitiven Aufwand erfordert (vgl. Baumgarth 2004, S. 56). AbschlieBend sei darauf hingewiesen, dass der Aufbau von Passfahigkeit nicht zwangslaufig mit dem Imagetransfer gleichzusetzen ist. Wahrend Affinitaten auch iiber andere inhaltliche Assoziationen (s.o.) entstehen konnen, erfolgt ein Imagetransfer nach dem hier vertretenen Begriffsverstandnis immer iiber gemeinsame Denotationen und/oder Konnotationen der beiden Transferpartner. Weiterhin besteht das Ziel untemehmerischen Handelns nicht primar darin, einen Fit zwischen Stamm- und Transferobjekt zu schaffen, denn dieser dient lediglich als unterstutzendes Element fur den gewunschten Imagetransfer. Jedoch ergibt sich bei einem gelungenen Transfer zwangslaufig auch eine verbesserte Affinitat auf der Ebene des Images, womit wiederum zuktinftige Ubertragungen ahnlicher Denotationen imd/oder Konnotationen vereinfacht werden. Damit stehen der Prozess des Imagetransfers und das Konstrukt der Passfahigkeit zueinander in einer wechselseitigen, sich gegenseitig verstarkenden Beziehung.
3.4.2
Implikationen fiir das Eventmarketing
Unter Ruckgriff auf die vorhergehenden Ausfiihrungen ist zunachst anzunehmen, dass die Passfahigkeit zwischen dem Marketing-Event (Stammobjekt) und dem jeweiligen Eventobjekt (Transferobjekt) auch im Eventmarketing als wichtige Voraussetzung fur einen Imagetransfer gelten kann. Bei einer Ubertragung der Kriterien zur Beurteilung des Fit aus dem Bereich des Sponsoring (vgl. Tab. 14, S. I l l , insb. Glogger 1999, S. 144;f Rieger 1994, S. 118f) auf das Eventmarketing offenbaren sich zwei grundlegende Moglichkeiten: •
Beim sog. Imagefit steUt der Eventteilnehmer Ubereinstimmungen zwischen den denotativen und/oder konnotativen Merkmalen von Marketing-Event und Eventobjekt fest. Beispielhaft lasst sich die von der Zigarettenmarke Marlboro durchgefuhrte MarlboroAdventure-Tour nennen, die die konnotativen Dimensionen „Freiheit" und „Abenteuer" des Produktes inszeniert, welche gleichzeitig Bestandteil des Markenimages sind.
Die Eventbeurteilung als Kontextvariable: Erkenntnisse der Imagetransferforschung
•
113
Beim sog. Verwendungsfit erkennen die Eventbesucher einen thematischen Zusammenhang zwischen dem Ereignis und dessen Veranstalter. Diese Verbindung entsteht damit iiber eine indirekte Assoziation zwischen den Transferpartnem und kann sich iiber verschiedene Bereiche erstrecken (vgl. Tab. 15).
Tab. 15: Moglichkeiten zur Herstellung eines Verwendungsfit im Eventmarketing Affinitatskonzept
Beschreibung
Beispiel
Produktaffmitat
Das Event steht in einem inhaltlichen Zusammenhang mit dem Eventobjekt.
Sportartikelhersteller fuhrt ein BasketbaiiTurnier durch
Know-how-Affinitat
Die Gestaltung des Events ergibt sich aus Fahigkeiten, die mit dem Eventobjekt verbunden sind.
Veranstaltung eines Konzertes durch einen Hersteller von Tontragern
AnlassafFmitat
Das Event bezieht sich auf einen mit dem Eventobjekt verbundenen Anlass.
Event im Rahmen eines Firmenjubilaums
Zielgruppenaffinitat
Das Event spricht Bediirfhisse an, die zum Verwendungsumfeld des Eventobjektes gehoren.
Hersteller von Tontragern (insb. Hip HopMusik) veranstaltet ein Turnier fur Skateboarder
Quelle: eigene Erstellung in Anlehnung an Bruhn (1997, S. 803)
Glogger (1999, S. 145) identifiziert den Wissensumfang der Botschaftsempfanger beziiglich des Stammobjektes (z.B. Event) und des Transferobjektes (z.B. Eventobjekt) als Indikator dafiir, welche der beiden o.g. Moglichkeiten zur Bewertung des Fit herangezogen werden. Hinsichtlich des Marketing-Events lasst sich haufig davon ausgehen, dass die Zielgruppe bereits vor Beginn des Ereignisses Informationen iiber dieses besitzt^^. So setzen sich die potentiellen Eventteilnehmer im Rahmen ihres Entscheidungsprozesses fiir oder gegen einen Veranstaltungsbesuch bereits im Vorfeld gedanklich mit dem Ereignis auseinander. Dementsprechend nehmen sie die durch die eventvorbereitenden Kommunikationsmafinahmen gestreuten Botschaften bewusst auf. AuBerdem ruft der Name des Events bereits bestimmte inhaltliche Vorstellungen hervor^^. Haben sich die Konsumenten ftir einen Besuch des Ereignisses entschieden, so sammeln sie auch wahrend ihrer aktiven Eventteilnahme entsprechendes Wissen hinsichtlich der Veranstaltung. Wahrend damit bei der Zielgruppe bereits Assoziationen hinsichtlich des Events (Stammobjekt) bestehen, gilt fur das Eventobjekt (Transferobjekt) nicht per se, dass bei den potentiellen Eventteilnehmem bereits detailliertes Wissen vorUegt. 1st dieses gering oder nicht vorhanden (z.B. Neueinflihrung eines Produktes mit Hilfe eines Marketing-Events), wird
Allerdings gilt dies nicht pauschal fiir alle Marketing-Events. Teilweise werden die Teilnehmer auch mit einer Inszenierung uberrascht, die sie so nicht erwartet hatten. Die Informationen bezuglich des Ereignisses sind in dessen Vorfeld eher vage oder werden vom Veranstalter sogar bewusst in die falsche Richtung gelenkt, um den gewunschten Uberraschungseffekt zu erreichen. So gibt der im empirischen Teil naher zu untersuchende „real,- Strafien-Fufiball-Cup" bereits durch seine Namensgebung der Zielgruppe erste Hinweise auf seine inhaltliche Gestaltung.
114
Entwicklung eines Modells zur Erklarung der Imagewirkungen des Eventmarketing
mangels denotativer und konnotativer Verkniipfungen eher der Verwendungsfit zur Beurteiliing der Passfahigkeit herangezogen, indem die Zielgruppe ubergeordnete Kriterien (vgl. Tab. 15) als Beurteilungsgrundlage nutzt (z.B. Produktaffinitat: Sportartikel als Eventobjekt und sportlicher Eventinhalt passen zusammen). Der Imagefit kommt hingegen zum Einsatz, wenn die Verbraucher bereits tiber entsprechende denotative und/oder konnotative Assoziationen beztiglich des Eventobjektes verfugen, die sie mit den ihnen bereits bekannten sachlichen und nicht-sachlichen Merkmalen des Events vergleichen konnen (z.B. exklusive Marke steht im Mittelpunkt eines exklusiv gestalteten Events). Besteht aus Sicht der Zielgruppe kein nachvollziehbarer Zusammenhang zwischen dem Event und dem Eventobjekt, so kann das Untemehmen die assoziativen Verkniipfungen selbst aufbauen. Dies lasst sich sowohl durch die eventbegleitenden Kommunikationsmafinahmen als auch durch die inhaltliche Gestaltung des Ereignisses erreichen. Beide Moglichkeiten konnen i.S. einer „Interpretationshilfe" so gestaltet werden, dass die Empfanger anhand der kommunizierten Botschaftsinhalte neue Assoziationen - wenn moglich mit geringem kognitiven Aufsvand (Lemen durch Wissenszuwachs bzw. Netzwerkabstimmung) - zwischen Stamm- und Transferobjekt herstellen (vgl. Quester/Thompson 2001; Crimmins/Horn 1996). 1st dies nicht realisierbar, weil sich beispielsweise keine passende Begriindung fiir die Eventinszenierung finden lasst, besteht eine weitere Moglichkeit des Aufbaus von Passfahigkeit durch ein langfristiges Engagement im Eventmarketing. Dabei lasst sich das Prinzip der Konditionierung nutzen, indem der Veranstalter die Zielgruppe standig iiber die Eventaktivitaten fiir das jeweilige Eventobjekt informiert und somit einen Zusammenhang zwischen den beiden Tansferpartnem aufbaut. In diesem Fall kann von einem Konditionierungsfit gesprochen werden. Gelingt es nicht, einen Fit zwischen dem Event und dem Eventobjekt herzustellen, laufen bei den Rezipienten die ftir einen Imagetransfer notwendigen Lemprozesse schwerfalliger und ineffizienter ab. Es besteht damit die Gefahr, dass es entweder zu keinerlei Imagebeeinflussung Oder sogar zu einer negativen Wirkung kommt. Letztere kaim sich beispielsweise in Reaktanz auBem (vgl. Nufer 2002, S. 196; Erdtmann 1989, S. 168f.). Beurteilen die Eventteilnehmer das Ereignis in Bezug auf das Eventobjekt als nicht passfahig, so besteht die Gefahr, dass sie das Engagement des Veranstalters als unglaubwtirdig und als „plumpen" Beeinflussungsversuch bewerten. Dies wiederum kann zu einer Gegenreaktion ftihren, beispielsweise i.S. einer negativen Image wirkung auf das Eventobjekt. Bisher wurde implizit davon ausgegangen, dass es sich bei der Passfahigkeit zwischen Event und Eventobjekt um eine notwendige Voraussetzung fiir einen Imagetransfer handeh. Jedoch lasst sich vermuten, dass die Passfahigkeit nur dann fiir den Imagetransfer relevant wird, weim sich die Eventteilnehmer uberhaupt mit diesem Problem kognitiv auseinander setzen (vgl. Nufer 2002, S. 192ff.; Erdtmann 1989, S. 164). Zwar ist die Wahrscheinlichkeit relativ
Die durch das Event ausgelosten Emotionen als Kontextvariable
US^
grofi, dass die Inszenierung des Ereignisses beim Eventbesucher diese Frage auslost, jedoch karm nicht pauschal davon ausgegangen werden. Die Passfahigkeit zwischen Event und Eventobjekt ist deshalb als eine hinreichende, aber nicht notwendige Bedingung fiir einen Imagetransfer im Eventmarketing zu interpretieren. Betrachtet man abschlieBend den Imagetransfer als einen Spezialfall der ubergeordneten Imagebeeinflussimg lasst sich zusammenfassend annehmen, dass sich die Passfahigkeit zwischen Marketing-Event und Eventobjekt fordernd auf eine Beeinflussimg des Images des Eventobjektes auswirkt.
4 4.1
Die durch das Event ausgelosten Emotionen als Kontextvariable Das Konstrukt der Emotion
Eine einheitliche, allgemein anerkannte Definition fur Emotionen lasst sich in der Literatur bisher nicht finden. So ordnen Kleinginna/Kleinginna (1981) 92 Emotionsdefinitionen in 11 verschiedene Kategorien ein oder kommt Plutchik (1991, S. 179ff.) in einer beispielhaften Sammlung von Definitionsansatzen auf 28 unterschiedliche Begriffsbestimmungen. KroeberRiel/Weinberg (2003, S. 101) fassen diese Vielfalt pointiert zusammen, indem sie anmerken, „...dass es fast so viele Definitionen wie Forscher gibt, die sich mit Emotionen befassen." Begrunden lasst sich diese groBe Anzahl inhaltlicher Auslegungen einerseits mit der auBerordentlichen Komplexitat des Konstruktes. Andererseits beschaftigen sich aufgrund dieser Komplexitat und der zentralen Bedeutung von Emotionen zur Erklarung menschlichen Verhaltens eine Vielzahl von Wissenschaftsdisziplinen aus wiederum unterschiedlichen Blickwinkeln mit dem Konstrukt (vgl. Ulich 2003, S. 62ff.; Scherer 1990, S. 8). So verwundert es nicht, dass auch die Zahl der Emotionstheorien kaum noch zu iiberschauen ist (vgl. z.B. die Zusammenfassungen bei Neumann 2004; Griese 2002, S. 122ff.; Meyer/Schutzwohl/Reisenzein 2001, S. 42ff.; Woll 1997, S. 45ff.; Strongman 1996), wobei diese Ansatze nicht als konkurrierend, sondem als einander erganzend aufzufassen sind (vgl. Scherer 1990, S. 15). Vor diesem Hintergrund erscheint es wenig sinnvoll, eine umfassende, alle Ansichten integrierende Definition des Emotionsbegriffes entwickeln zu wollen. Vielmehr geniigt es, im Rahmen der vorliegenden Arbeit von einem Begriffsverstandnis auszugehen, das diejenigen Merkmale des Konstruktes einschlieBt, die von den meisten Wissenschaftlem gebilligt werden (vgl. Woll 1997, S. 41; Scherer 1990, S. 3). Als Ausgangspunkt bietet es sich an, zunachst von den allgemein anerkannten drei Reaktionsebenen von Emotionen auszugehen (vgl. Griese 2002, S. 76ff.; Schmidt-Atzert 1996, S. 13ff.; Meyer/Schutzwohl/Reisenzein 2001, S. 42ff.; Scherer 1990, S. 8ff; Asendorpf \9%A\ Schmidt-Atzert 1981, S. 26ff.):
116
Entwicklung eines Modells zur Erklarung der Imagewirkungen des Eventmarketing
•
Die neurophysiologische Ebene beschreibt die mit einem emotionalen Reiz einhergehenden physiologischen Reaktionen im autonomen Nervensystem des Menschen, wie z.B. Veranderungen der Herzfrequenz, des Blutdrucks, der Atemfrequenz, der Muskelspannung Oder der Hautleitfahigkeit. Zu beachten ist dabei, dass solche Zustandsandemngen auch durch korperliche Anstrengung hervorgerufen werden konnen. Von einer emotionalen Reaktion lasst sich also nur sprechen, wenn aus Sicht des Individuums ein emotionaler Reiz als deren Ursache vorliegt.
•
Die Ebene des Ausdrucksverhaltens umfasst das mit der empfundenen Emotion einhergehende, biologisch vorprogrammierte Ausdrucksgebaren, wie beispielsweise Mimik, Korperhaltung oder Veranderungen in der Stimme. Besondere Aufmerksamkeit gait bisher der Untersuchung emotionaler Gesichtsausdriicke. Allerdings besteht bei diesen das Problem, dass sie aufgrund von Sozialisationsprozessen haufig unterdriickt oder maskiert werden, was einen eindeutigen Riickschluss auf das emotionale Empfinden erschwert (vgl. Zimbardo/Gerrig 2004, S. 550ff.; Neibecker 1985, S. 9).
•
Die subjektive Erlebnisebene betrifft die Zustande, die von der betroffenen Person selbst als Emotionen erkaimt und mitgeteilt werden konnen. Es wird davon ausgegangen, dass der Mensch die eigenen korperlichen Reaktionen registriert, diese interpretiert und sie auch verbal aufiem kann. Bestreitet beispielsweise ein Individuum, in einer bestimmten Situation Angst zu haben, so gilt - unabhangig vom Wahrheitsgehalt dieser Aussage - auf der subjektiven Erlebnisebene, dass diese Emotion nicht empfunden wurde.
Bei naherer Betrachtimg der drei o.g. Ebenen zeigt sich, dass aufgrund intervenierender Variablen (z.B. Sozialisation) ein eindeutiger Riickschluss von der nur auf einer Ebene erfassten Reaktion auf die jeweilige Emotion nicht moglich ist. Dies legt die Forderung nahe, das emotionale Empfinden einer Person gleichzeitig tiber alle drei Ebenen zu bestimmen, um eventuell storende Einfliisse zu minimieren. Ein solches Vorgehen erscheint allerdings nur dann sinnvoll, wenn die neurophysiologischen Reaktionen, das Ausdrucksverhalten und das subjektive Erleben als Indikatoren eines Phanomens gelten konnen. Diese Frage wurde allerdings bisher noch nicht eindeutig beantwortet. So sprechen verschiedene empirische Erkenntnisse gegen einen solchen Zusammenhang, da die drei Ebenen nur in geringem MaBe kovariieren (vgl. Izard 1999, S. 102ff; Neibecker 1985, S. 10). Obwohl sich dies teilweise mit methodischen Unzulanglichkeiten der empirischen Studien oder zeitlichen Reaktionsverschiebungen begrunden lasst (vgl. Neibecker 1985, S. 10), wird hier dem pragmatischen Vorgehen von Schmidt-Atzert (1981, S. 31) gefolgt. Er empfiehlt, die drei Reaktionsebenen erst dann als Indikatoren eines Phanomens aufzufassen, wenn die Beziehungen zwischen ihnen eindeutig geklart sind. Bis dahin werden die neurophysiologische Reaktion, das Ausdrucksverhalten und das subjektive Erleben als eigenstandige, voneinander getrennte Phanomene betrachtet (vgl. auch Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. lOlf; Griese 2002, S. 78).
Die durch das Event ausgelosten Emotionen als Kontextvariable
UT^
Um die Vielfalt menschlicher Emotionen zu strukturieren, wurden in der Vergangenheit viele empirische Untersuchimgen durchgefiihrt. Die Studien befassen sich hauptsachlich mit Messimgen auf der subjektiven Erlebnisebene (vgl. z.B. Richins 1991 \ Boles/Burton 1992; Becker 1988; Batra/Ray 1986; Havlena/Holbrook 1986; Schmidt-Atzert/Strohm 1983) und der Beobachtung des Ausdrucksverhaltens (vgl. Izard 1999). Im ersten, haufiger vorkommenden Fall miissen die Versuchspersonen mehrere unterschiedliche Gefiihlsbezeichnimgen (meist Adjektive) entsprechend des jeweiligen Befragungsdesigns bewerten oder ordnen. AnschlieBend kommen multivariate Analysemethoden zum Einsatz (Clusteranalyse, Faktorenanalyse, Multidimensionale Skalierung), um das entsprechende Ordnungssystem der Probanden offen zu legen (vgl. Schmidt-Atzert 1996, S. 86f.). Abhangig von der jeweiligen Zielstellung und den eingesetzten Analyseverfahren, ergaben sich aus den Forschungen zwei grundlegende Ansatze zur Typologisierung von Emotionen (vgl. Nickel 1997, S. lOlff.; Richins 1997, S. 28f.; Schmidt-Atzert 1996, S. 89ff.; Batra/Ray 1986, S. 235ff.): •
Bei den differentiellen Ansatzen (vgl. z.B. Batra/Holbrook 1990; Aaker/Stayman/Vezina 1988; Tischer 1988; Schmidt-Atzert 1987; Batra/Ray 1986; Zeitlin/Westwood 1986; Schmidt-Atzert/Strohm 1983) werden ahnliche emotionale Zustande zu Emotionskategorien zusammengefasst, um sie so von anderen, weniger ahnlichen Emotionen zu unterscheiden. Grundlegende Erkenntnisse haben vor allem die Untersuchungen zu den sog. Primdremotionen geliefert. Aufbauend auf den Arbeiten Darwins (1872) gehen die Vertreter dieser Herangehensweise von einer bestimmten Anzahl solcher grundlegenden Emotionen aus, die im Laufe der Anpassung des Menschen an seine Umwelt entstanden sind. So hat beispielsweise die Emotion Furcht die Funktion, in gefahrlichen Situationen bei dem Individuum ein Schutz- oder Fluchtverhalten auszulosen. Als bedeutendste Vertreter der entwicklungspsychologischen Sichtweise gelten Izard (1999), welcher von 10 Primaremotionen^^ ausgeht, und Plutchik (1989, 1984, 1980), der 8 biologisch verankerte Emotionen^^ vermutet. AUe anderen Emotionen (Sekundaremotionen) ergeben sich aus Kombinationen der Primaremotionen. Beispielsweise entsteht somit die Sekundaremotion Liebe aus den Primaremotionen Freude und Akzeptanz (vgl. Plutchik 1980, S. 164).
•
Die dimensionalen Ansatze (vgl. z.B. Bradley 1994; Oliver 1994; Holbrook/Westwood 1989; Holbrook/Batra 1988; Holbrook/Batra 1987; Marx 1985; Russell 1980; Russell/Mehrabian 1977) ordnen die Emotionen aufgrund unabhangiger Dimensionen ein, die alien emotionalen Zustanden gemeinsam sind (vgl. Abb. 21). Obwohl sich die empirischen Studien in der Anzahl und Benennung der gefundenen Dimensionen unterscheiden,
^^
Interesse, Freude, Uberraschung, Kummer, Zorn, Ekel, Geringschatzung, Furcht, Scham/Schuchternheit, Schuldgefuhl
^^ Furcht, Uberraschung, Ekel, Traurigkeit, Wut, Erwartung, Freude, Akzeptanz
Entwicklung eines Modells zur ErklSrung der Imagewirkungen des Eventmarketing
118
stimmen sie jedoch in den Dimensionen Lust-Unlust und Aktivierung iiberein (vgl. Schmidt-Atzert 1996, S. 89; Marx 1985, S. 66; Neibecker 1985, S. 14). Abb. 21: Beispiel einer dimemionalen Anordnung emotionaler Begriffe HIGHAROUSEL
•AROUSED • EXCITED • DELIGTHED • AFRAID • ARLAMED • ANGRY • ANNOYED
•ASTONISHED
• DISTRESSED
DISPLEASURE
• GLAD • HAPPY • SATISFIED PLEASURE •CONTENT
^^W;
*ummE
• RELAXED • AT EASE • TRANQUIL • CALM
LOWAROUSEL
Quelle: leicht modifizierte Darstellung in Anlehnung an Russell (1980, S. 1173)
Beide Typologisienmgen haben in der Werbewirkungsforschung sowohl bei der Eraiittlung des emotionalen Gehalts von Werbung als auch bei der Messung emotionaler Reaktionen auf werbliche Stimuli bereits breite Anwendung gefunden (vgl. Bagozzi/Gopinath/Nyer 1999; Nickel 1997, S. 102ff.; Cohen/Areni 1991, S. 207ff.). Dabei sollten die zwei Moglichkeiten nicht als miteinander konkurrierend, sondem als einander erganzend aufgefasst werden. So konnen zwar die differentiellen Ansatze die Emotionen viel besser differenzieren als die dimensionalen Ansatze. Deren Starke liegt jedoch bei einer einfacheren statistischen Datenauswertung, da mit weniger Dimensionen (Variablen) gearbeitet werden muss. Allerdings zeigte sich in einer vergleichenden Studie von Havlena/Holbrook (1986), dass die dimensionale Herangehensweise zu einem valideren Untersuchungsergebnis fuhrt als die Auswertung der Daten nach dem differentiellen Paradigma. Fur die hier zu erarbeitende Definition wird aus diesem Grund auf die dimensionalen Ansatze zuriickgegriffen. Damit stehen sowohl die Richtung (Lust-Unlust) als auch die Starke (Aktivierung) als konstituierende Merkmale von Emotionen fest. Obwohl in der Marketingwissenschaft, insb. der Werbewirkungsforschung die emotionalen Reaktionen der Botschaftsempfanger auch auf der neurophysiologischen Ebene (vgl. Schwai-
Die durch das Event ausgelosten Emotionen als Kontextvariable
119
ger 1997, S. 46ff.; Wiles/Cornwell 1990, S. 266f.) sowie mittels des Ausdrucksverhaltens (vgl. Hazlett/Hazlett 1999; Derbaix/Bree 1991 \ Derbaix 1995) erhoben werden, dominieren jedoch die Messungen des subjektiven Erlebens (vgl. z.B. Richins 1997; Moore/Harris/Chen 1995; Boles/Burton 1992; Burke/Edell 1989; Holbrook/Westwood 1989; Aaker/Stayman/ Vezina 1988; Pavelchak/Antil/Munch 1988; Holbrook/Batra 1988; ZeitUn/Westwood 1985). Dies setzt voraus, dass die Auskunftsperson sich einerseits ihrer Emotionen bewusst ist und diese andererseits hinsichtlich ihrer inhaltlichen Farbung (Qualitat)^^ beurteilen kann. Aus diesem Grund bietet es sich fur die hier zu erarbeitende Definition an, auch das Bewusstsein und die Qualitat der Emotionen als weitere konstituierende Merkmale aufzufassen (vgl. Trommsdorff 2004, S. 67ff.; Woll 1997, S. 42). In Anlehnung an Kroeber-Riel/Weinberg (2003, S. 106) werden Emotionen im Folgenden deshalb definiert als... •
innere Erregungen (Aktivierung),
•
die mit einer bestimmten Qualitat,
•
angenehm oder unangenehm empfunden (Lust-Unlust) und
•
mehr oder weniger bewusst (Bewusstsein),
•
erlebt werden.
Zwar ist damit der Emotionsbegriff eindeutig beschrieben, jedoch empfiehlt es sich abschlieBend, ihn von den inhaltlich ahnlich gelagerten Bezeichnungen Affekt und Stimmung abzugrenzen. Im deutschsprachigen Raum versteht man unter Affekt „...grundlegende, kurzfristig auftretende Gefiihle der Akzeptanz oder der Ablehnung eines Sachverhaltes ... (sowie) Emotionen, die kognitiv wenig kontrolliert werden und inhaltlich kaum differenziert sind" {Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 100; vgl. auch Schmidt-Atzert 1996, S. 26). Angloamerikanische Autoren hingegen fassen den Affektbegriff als iibergeordnete Kategorie fur Emotionen und Stimmungen auf (vgl. Bagozzi/Gopinath/Nyer 1999, S. 184f.; Cohen/Areni 1991, S. 188; Batra/Ray\9%6,'^.2^5). Das Konstrukt der Stimmung unterscheidet sich vom Emotionsbegriff dahin gehend, dass es sich um einen erlebten Zustand handelt, der sich nicht auf ein bestimmtes Objekt (z.B. Person, Ereignis, Gegenstand) bezieht. Die Stimmung eines Individuums kann im Vergleich zur Emotion weiterhin iiber einen langeren Zeitraum (Stunden oder Tage) anhalten, wobei sie allerdings schwacher ausgepragt ist (vgl. Trommsdorff 2004, S. 72f.; Silberer 1999, S. 132; Schmidt-Atzert 1996, S. 24f.).
So sind beispielsweise die Emotionen Trauer und Wut der Merkmalsauspragung Unlust zuzuordnen, jedoch beschreiben beide qualitativ unterschiedliche (negative) emotionale Zustande.
120
4.2
Entwicklung eines Modells zur ErklSrung der Imagewirkungen des Eventmarketing
Implikationen fur das Eventmarketing
Wie bereits in Gliederungspimkt E.2.3.4 (S. 102ff.) angesprochen, konnen die bei der Zielgruppe durch das Marketing-Event hervorgerufenen Gefuhle auf der peripheren Route als Kontextvariablen bei Beurteilung des Eventobjektes (AB) dienen. Im Rahmen der AADForschung wurde auBerdem empirisch belegt, dass die durch die Werbung hervorgerufenen Emotionen nicht nur AB beeinflussen, sondem auch auf AAD einwirken (vgl. z.B. Bagozzi/Gopinath/Nyer 1999, S. 194; Boles/Burton 1992; Burke/Edell 1989; Holbrook/Batra 1987; Batra/Ray 1986). Im vorliegenden Fall wird AAD in Bezug auf das Eventmarketing als Eventbeurteilung bezeichnet (vgl. Gliederungspunkt E.2.3.4, S. 102ff.). Darauf aufbauend ist zu vermuten, dass die durch das Event hervorgerufenen Emotionen auch die Beurteilung des Ereignisses auf der konnotativen Imagedimension beeinflussen. Die folgende Darstellung fasst die diskutierten Verknupfungen zwischen den Konstrukten zusammen. Abb. 22: Zusammenhang zwischen den Kontextvariablen Emotionen und Eventbeurteilung und dem Image des Eventobjektes
I Eventbeurteilung auf der • ^1 konnotativen Dimension ! 1
1 durch das Event \y^ 1 ausgeloste Emotionen ! \ ^ ^
1
^r konnotative Imagedimension des Eventobjektes
Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass diese Vermutungen auf Aussagen der Werbewirkungsforschung beruhen. Aus diesem Grund erscheint es notwendig, auf eine Besonderheit der durch Marketing-Events hervorgerufenen Emotionen einzugehen. So lost Werbung bei den Empfangem haufig sog. kalte Emotionen aus (vgl. Trommsdorff 2004, S. 69; WoU 1997, S. 43f.). Diese treten bei einer - ftir die Rezeption von Werbung haufig typischen - schnellen und fliichtigen Umweltwahmehmung auf, wobei es den Empfindungen an entsprechenden physiologischen Erregungsmustem mangelt (vgl. Behrens 1984, S. 695). Laut Stout/Leckenby (1986, S. 36) lassen sich die durch Werbung hervorgerufenen kalten Emotionen weiterhin in descriptive und emphatic emotional responses differenzieren. Erstere beschreiben das Erkennen der werblich dargestellten Emotionen, ohne dass der Rezipient diese selbst empfindet, wahrend sich der zweite Fall auf das Nachempfmden der dargestellten Emotionen durch den Botschaftsempfanger bezieht. Im Gegensatz dazu konnen Marketing-Events sog. heiBe Emotionen hervorrufen, welche mit den entsprechenden physiologischen Reaktionen verbunden sind. Stout/Leckenby (1986, S. 36) bezeichnen dies als experiential emotional responses, da die Veranstaltungsteilnehmer die Emotionen aufgrund ihrer Eigenbeteiligung am Ereignis selbst erleben. Wegen der bereits im
Die Theorie des Flow-Erlebens als Ansatz zur Erklarung der emotionalen Wirkungen von Marketing-Events 121
Zusammenhang mit den konstituierenden Merkmalen von Marketing-Events diskutierten Vorteile des aktiven Erlebens im Vergleich zur passiven Rezeption gebotener Reize (vgl. insb. Merkmal III, S. 35f.) lasst sich vermuten, dass heiBe Emotionen eine starkere Kommunikationswirkung bei der Zielgruppe entfalten als kalte Emotionen^ ^ Wie sich die Entstehung heilier Emotionen durch das aktive Erleben eines Marketing-Events erklaren lasst, soil der folgende Gliederimgspunkt unter Ruckgriff auf die Theorie des FlowErlebens darlegen. Bevor allerdings auf die emotionalen Wirkungen des Flow-Konstruktes eingegangen wird, steht eine ausftihrliche Erlauterung dieses Ansatzes im Mittelpunkt der Ausftihrungen.
5
Die Theorie des Flow-Eriebens als Ansatz zur Eridarung der emotionalen Wirkungen von Marketing-Events
5.1
Das Konstrukt des Flow-Erlebens
Den AnstoB zur Entstehung des Flow-Begriffes gaben Analysen des Verhaltens von Kiinstlem durch den Motivationspsychologen Csikszentmihalyi (1975). Dabei verbrachten die untersuchten Personen taglich sehr konzentriert viel Zeit mit dem Anfertigen ihrer Kunstwerke, wobei sie offensichtlich ihre Tatigkeit mit Enthusiasmus und Freude erlebten. Eine Befragung der Probanden offenbarte ein auBerordentliches Faszinationspotential ihres Handelns, fiir das weder Geld noch Anerkennung von auBen verantwortlich waren. Ausgehend von diesen Erfahrungen wurden weitere empirische Untersuchungen mit Personen durchgefuhrt, die viel Zeit mit anstrengenden Aktivitaten verbrachten, ohne dass besondere extrinsische Belohnungen als Handlungsanreiz bestanden (z.B. Schachspielen, Tanzen, Komponieren). Aus den Interviews kristallisierte sich ein bestimmtes Erlebnismuster heraus, mit dem die Probanden ihre Empfmdungen wahrend der entsprechenden Handlungen beschrieben. Sie erlebten die jeweilige Situation haufig als „von einem Augenblick zum anderen fliefiend'. Dieses Muster wurde als Flow-Erleben bezeichnet, ein Begriff, den die Befragten haufig selbst benutzten (vgl. Csikszentmihalyi 1995a, S. 15ff.; Csikszentmihalyi/Schiefele 1993, S. 209). Die theoretische Grundlage fur eine tiefergehende wissenschaftliche Beschaftigung mit diesem Erlebnismuster bildeten Erkenntnisse der Motivationspsychologie, welche sich im weitesten Sinne mit der Erklarung des zielgerichteten menschlichen Verhaltens beschaftigt (vgl. Bergius/Schmalt 2004; Schmalt 1986, S. 13f.). Dabei gaben insb. die Forschungsarbeiten
Diese Vermutung ist allerdings i.S. eines Vergleichs von kalten vs. heifien Emotionen nicht Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit.
122
Entwicklung eines Modells zur Erkiarung der Imagewirkungen des Eventmarketing
zur intrinsischen Motivation wichtige Impulse fur die Theorie des Flow-Erlebens. Als intrinsisch motiviert gilt eine Handlung dann, wenn ein Individuum diese nicht aufgrund aufierhalb der Person liegender Ziele durchfuhrt, sondem hauptsachlich wegen der jeweiligen Tatigkeit selbst (vgl. Rheinberg 2004, S. 153f.; Westermann/Brand 1993, S. 328). Im entgegengesetzten Fall, also einem durch exteme Ursachen begrundeten Verhalten, wird demzufolge von extrinsischer Motivation gesprochen. Beispielsweise kann die Ausiibung eines Berufes sowohl intrinsische (z.B. Freude an der Arbeit) als auch extrinsische Grtinde (z.B. Finanzierung des Lebensunterhaltes) haben. Erste Uberlegungen zur Entstehung intrinsischer Motivation finden sich bei Woodworth (1918), welcher davon ausgeht, dass ein Organismus seine geistigen, sensorischen und motorischen Moglichkeiten durch sein Handeln nutzen und bestatigen will, wobei er bereits diese Bestatigung als befriedigend empfindet. Zu ahnlichen Aussagen kommt Buhler (1958) aufgrund von Verhaltensbeobachtungen. Nach dem Prinzip der sog. Funktionslust werden seiner Meinung nach vor allem spielerische Handlungen um ihrer selbst willen ausgeiibt und in ihrem Ablauf optimiert. Weitere Erkenntnisse liefert Duncker (1940). Er formuliert mit den sog. dynamic joys eine Anreizklasse, welche nur dann auftritt, wenn die jeweilige Tatigkeit auf ein bestimmtes Ergebnis abzielt. Es handelt sich dabei aber nicht um extrinsische Motivation, da die entsprechenden (extemen) Ziele nur bestehen, um auf diesem Weg Spannung und lustvolle Erregung beim Ausiibenden zu erzeugen. So mochte man beispielsweise im Spiel Oder in sportlichen Wettkampfen gegen seinen Gegner gewinnen, wobei dieses Ziel lediglich dazu dient, die Handlung spannender zu gestalten (vgl. Rheinberg 2004, S. 147f )^^. Mit der Frage, was eine intrinsisch motivierte Tatigkeit besonders auszeichnet, beschaftigt sich Berlyne (1978; 1974). Seiner Meinung nach gilt eine Aktivitat dann als besonders erfreulich, wenn sie neue Reize bietet und das Individuum somit etwas Ungewohntes erlebt. Demnach entsteht intrinsische Motivation durch exploratorisches Verhalten, d.h. durch die Suche nach neuen Stimulationsmustem (vgl. Bauer/Grether/Borrmann 2001, S. 18). Eine weitere Erkiarung liefem White (1959) und Deci (1975, S. 54ff.). Diese Autoren beschreiben die wahrgenommene KontroUe iiber die jeweilige Tatigkeit als wichtigstes Merkmal intrinsischer Motivation. Die mit der Handlung verbundene Freude ergibt sich demnach aus dem subjektiven Urteil der Person, indem sie nicht die auBeren Umstande, sondem sich selbst als Urheber der Aktivitat betrachtet (vgl. Bauer/Grether/Borrmann 2001, S. 18).
NatUrlich verfolgen (vor allem professionelle) Sportier auch extrinsisch motivierte Ziele, wie beispielsweise die Steigerung ihrer Attraktivitat ftir potentielle Sponsoren durch besonders herausragende Leistungen. Jedoch kann man davon ausgehen, dass die jeweiligen Sportarten urspriinglich haufig zweckfrei waren, d.h. lediglich dem VergnOgen an der Handlung dienten. Dies gilt sicher auch heute noch fiir einen GroBteil der Freizeitsportler.
Die Theorie des Flow-Erlebens als Ansatz zur Erklarung der emotionalen Wirkungen von Marketing-Events 123
Ahnlich den o.g. Untersuchungen beschaftigt sich auch die Flow-Theorie mit der Frage, wodurch sich intrinsisch motivierte Handlungen beschreiben lassen bzw. welche Grtinde diese attraktiv machen. Wie eingangs schon dargestellt, bezieht sich Flow auf das subjektive Erleben verschiedener Alltagssituationen durch Personen, wobei sich fur diesen Zustand in der Literatur unterschiedliche Definitionen finden lassen (vgl. Novak/Hoffman 1997, S. 3ff.). So versteht Rheinberg (2004, S. 154) unter Flow „...einen Zustand des (selbst-)reflexionsfreien ganzlichen Aufgehens in einer glatt laufenden Tatigkeit", wahrend Plohn (1998a, S. 3) das Konstrukt als „...subjektives und situatives Gefiihl von Entspanntheit und psychischer Ordnung" umschreibt, „...das Handelnde begleitet, wahrend sie konzentriert eine Herausforderung meistem". Ahnlich auBem sich Strang/Schwenkmezger (1989, S. 194), indem sie Flow als „...einen Zustand auliergewohnlicher Konzentration, in dem alle geistigen Krafte in optimaler Weise auf die Losung der anliegenden Aufgabe ausgerichtet sind" definieren. Problematisch an diesen Definitionsansatzen ist allerdings, dass sie sehr vage formuliert sind, was im Fall einer empirischen Untersuchung die Operationalisierung des Konstruktes erschwert. Deshalb bietet es sich fur die Erarbeitung einer Definition an, auf die empirisch gestiitzten Komponenten des Flow-Erlebens zuriickzugreifen (vgl. z.B. Csikszentmihalyi 2005a, S. 61ff.; Csikszentmihalyi 2005b, S. 73ff.; Wehster/Trevino/Ryan 1993; Jackson 1992), welche sich in Merkmale und fordemde Bedingungen unterscheiden lassen. Folgende sich gegenseitig bedingende Merkmale (M) zeichnen Flow-Zustande aus: Ml. Verschmelzen von Handlung und Bewusstsein: Die Person im Flow nimmt nur ihre Handlung wahr, ist sich jedoch ihrer selbst als Subjekt kaum bewusst. Das eigene Ich und die Tatigkeit verschmelzen zu einer Einheit. So erlebt sich beispielsweise der Kletterer als Teil des Felsens oder der Hobbysegler sieht sich vereint mit Wind und Wellen (vgl. Plohn 1998b, S. 5; Csikszentmihalyi/Schiefele 1993, S. 210). M2. Selbstvergessenheit: Das Flow-Erlebnis blendet storende Gedanken an die eigene Person, wie Selbstzweifel, AUtagsprobleme oder Gedanken an die soziale Erwunschtheit ihrer Handlung, aus. Gleichzeitig kann sich die Wahmehmung innerer psychischer oder physischer Vorgange verstarken. Beispielhaft lassen sich hier die Angaben von Kletterem aufzeigen, die im Flow jede einzelne Bewegung ihrer Muskelfasem spiiren (vgl. Csikszentmihalyi/Schiefele 1993, S. 210). M3. Subjektives Gefiihl der Kontrolle uber Tatigkeit und Umwelt: Das handelnde Individuum hat das Gefiihl, die Situation zu beherrschen. Es denkt nicht daran, dass es die Kontrolle verlieren konnte (vgl. Csikszentmihalyi/Schiefele 1993, S. 210).
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Entwicklung eines Modells zur Erklarung der Imagewirkungen des Eventmarketing
M4. Verandertes Zeitgefiihl: Im Flow nimmt der Handelnde den Zeitablauf nur noch verzent wahr. Dabei konnen sowohl Stunden zu Minuten werden als auch Minuten wie Stunden erscheinen (vgl. Jackson/Csikszentmihalyi 1999, S. 29). Obwohl Flow im Prinzip bei alien Tatigkeiten des taglichen Lebens auftreten kann (vgl. Ohse 1997, S. 15f.), gibt es Handlimgen, die dafur besonders pradestiniert sind. Dazu zahlen beispielsweise spielerische iind sportliche Aktivitaten, mit denen haufig positive Erlebnisse erreicht werden soUen (vgl. Csikszentmihalyi 2005b, S. 104; Csikszentmihalyi 1993, S. 189). Ihre besondere Eignimg ergibt sich vor allem aus der Tatsache, dass sie die folgenden Bedingungen (B) fur ein Flow-Erleben besonders gut erfiillen. Bl. Eindeutige Handlungsstruktur: Um Flow hervorzurufen, muss die Aktivitat eindeutige Zielvorgaben enthalten. Die ausfuhrende Person weiB damit genau, welche Handlungsanforderungen und -moglichkeiten die jeweilige Situation bietet. So legen beispielsweise entsprechende Regeln bei Sport und Spiel fest, was erlaubt ist und welche Ziele verfolgt werden (vgl. Csikszentmihalyi/Schiefele 1993, S. 211). B2. Einfache Konzentration moglich: Damit Handlung und Bewusstsein verschmelzen und das Individuum in Selbstvergessenheit geraten kann, bedarf es einer starken Konzentration auf die Tatigkeit. Neben einer Umwelt mit wenig ablenkenden Reizen erfordert das von der Person die Fahigkeit, ihre Aufinerksamkeit vollstandig auf die Aktivitat konzentrieren bzw. storende Reize ausblenden zu konnen (vgl. Becker 1998, S. 29f.; Ohse 1997, S. 10). B3. Sofortige Riickmeldung: Die Person sollte sofort exakte Rtickmeldungen uber Erfolg Oder Misserfolg ihrer Tatigkeit erhalten, um die KontroUe tiber ihre Handlung zu wahren. Durch ein eindeutiges und widerspruchsfreies Feedback lassen sich die Folgen des eigenen Handelns unmittelbar abschatzen. Die Notwendigkeit, eine ausfuhrliche Bewertung der eigenen Tatigkeit durchfuhren zu mussen, wurde hingegen den Flow-Zustand unterbrechen (vgl. Csikszentmihalyi/Schiefele 1993, S. 211). B4. Passfahigkeit von subjektiv wahrgenommener Herausforderung und Fahigkeit: Eine weitere Voraussetzung, um Flow zu erleben, ist die vom Handelnden subjektiv wahrgenommene Ubereinstimmung der eigenen Fahigkeiten mit den Anforderungen der jeweiligen Aktivitat. Befinden sich die Fahigkeiten zur Problemlosung und die Anforderungen im Ungleichgewicht, so ergeben sich andere Erlebniszustande (vgl. Abb. 23). SteUt die Tatigkeit zu wenig Anspruche an die Person, tritt Langeweile auf Umgekehrt entsteht aus uberhohten Anforderungen ein Gefiihl der Angst. Weiterhin ergibt sich Flow nur dann, wenn beide Variablen aus subjektiver Sicht iiberdurchschnittlich hoch ausgepragt sind. Stehen sie auf einem niedrigen Niveau im Gleichgewicht, fuhrt das \Qd\%\\chTMApathie (vgl. Csikszentmihalyi/Schiefele 1993, S. 211).
Die Theorie des Flow-Erlebens als Ansatz zur ErklSrung der emotionalen Wirkungen von Marketing-Events 125 Abb. 23: Das Flow-ModelJ^^
Angst
Flow
Durchschnittliches Anforderungsniveau an eine Person \ \
Durchschnittliches Fahigkeitsniveau einer Person
Langeweile
Apathie
niedrig
hoch
Fahigkeiten Quelle: Csikszentmihalyi/Csikszentmihalyi (1995, S. 286)
Betrachtet man die letzte Voraussetzung fur das Flow-Erleben, so wird deutlich, warum dieser Zustand bei einer Vielzahl von Aktivitaten des taglichen Lebens auftreten kann, die auf den ersten Blick vielleicht kein Flow-Potential erkennen lassen (vgl. Tab. 16). Unter Einhaltung der ersten drei Bedingimgen und durch die aktive Veranderung der beiden Variablen Fahigkeit und Anforderung lasst sich in fast jeder Situation Flow erleben (vgl. JacksonlCsikszentmihalyi 1999, S. 58ff.). Dies geschieht nicht automatisch, sondem setzt den entsprechenden Willen der handelnden Person voraus. Misst sich beispielsweise ein durchschnittlicher Tennisspieler mit einem professionellen Athleten, wird wahrscheinlich kein Flow auftreten, wenn er die Anforderung darin sieht, seinen uberlegenen Gegner zu schlagen. Setzt er sich hingegen das Ziel, wenigstens einen Satz zu gewinnen, passt er damit die Anforderungen an sein eigenes Konnen an und erhoht so das Flow-Potential seines Spiels. Geniigt er irgendwann diesem Anspruch, kann er im nachsten Spiel seine Ziele hoher stecken und damit Anforderungen und Fahigkeiten auf einem hoheren Niveau wieder ins Gleichgewicht bringen. Es zeigt sich, dass das Streben nach Flow mit einem standigen Zuwachs der beiden Variablen Anforderung und Fahigkeit verbunden ist und deshalb Eigenbeteiligung des Individuums erfordert.
Das hier dargestellte 4-Kanal-Modell wird auch differenzierter als 8-Kanal-Modell genutzt (vgl. z.B. Plohn 1998b, S. 43; Massimini/Carli 1995, S. 296). In Abhangigkeit von der Starke der Fahigkeiten und Anforderungen lassen sich dort folgende Kanale unterscheiden: Flow, Steuerung, Langeweile, Entspanntheit, Apathie, Besorgtheit, Angst und Erregung.
126
Entwicklung eines Modells zur Erklarung der Imagewirkungen des Eventmarketing
Tab. 16: Zusammenfassung alltdglicher Handlungen, bei denen Flow auftreten kann Produktive TStigkeiten • kOrperliche Arbeit
• handwerkliche Arbeit
• geistige Arbeit
• kUnstlerische Arbeit
FreizeitaktivitSten • Hobbies
• Lesen
• Spiele
• GesprSche mit Freunden/Bekannten/in der Familie
• Sport
• Sex
• Kinobesuche RoutinetStigkeiten des Alltags • Essen
• KOrperpflege
• Auto fahren
• religiose Tatigkeiten (z.B. Beten, Meditieren)
• Hausarbeit Ouellen: Csikszentmihalyi (2005b, S. 104), Csikszentmihalyi (1997, S. 36), Ohse (1997, S. 17), Massimini/Csikszentmihalyi/Delle Fave (1995, S. 95), Massimini/Carli (1995, S. 301f.)
Es ist darauf hinzuweisen, dass die hier getroffene Einteilung in Merkmale iind Bedingungen lediglich aus Sicht der Wissenschaft erfolgt, um das Flow-Konstrukt besser zu strukturieren. Wahrend des personlichen Erlebens lassen sich die Komponenten hingegen nicht eindeutig voneinander trennen. So ist es beispielsweise schwierig, zwischen Verschmelzen von Handlung und Bewusstsein (Ml), Selbstvergessenheit (M2) iind Zeitverlust (M4) zu trennen Oder das Gefuhl der subjektiven Kontrolle (M3) von der unmittelbaren Rtickmeldung (B3) zu unterscheiden (vgl. Plohn 1998b, S. 6). Rheinberg (2004, S. 160ff.) begrundet dies theoretisch unter Ruckgriff auf sog. Handlungsregulationskonzepte, die von einer hierarchischen Organisation menschlicher Aktivitaten ausgehen (vgl. Heckhausen 1987, S. 132f.; Cranach u.a. 1980, S. 45ff.). Dabei findet auf den unteren Hierarchieebenen die Feinregulation der Bewegungen statt, wahrend die oberen Ebenen tibergeordnete Ziele umfassen. Da die menschliche Aufmerksamkeitskapazitat begrenzt ist, konnen wahrend einer Handlung nicht alle Ebenen gleichzeitig bewusst werden. Benotigt eine Person beispielsweise auf der hoheren Ebene keine Aufmerksamkeit, weil die verfolgten Ziele klar (Bl) und die eingehenden Ruckmeldungen interpretationsfrei (B3) sind, kann diese sich auf die untere Ebene verlagem. Der Ausfiihrende konzentriert sich damit intensiver auf seine Bewegungen, was beispielsweise mit Selbstvergessenheit (M2) einhergeht. Bestatigen lassen sich diese theoretischen Annahmen mit empirischen Ergebnissen von Bauer/Grether/Borrmann (2001, S. 24ff.) bezuglich der Nutzung des Internets. Hier zeigte sich beispielsweise, dass die wahrgenommenen eigenen Fahigkeiten (B4) das KontroUgeftihl (M3) beeinflussen oder ein Zusammenhang zwischen Riickmeldungen (B3) und der Konzentration (B2) besteht. Die bisherigen Erkenntnisse zusammenfassend ergibt sich die folgende Definition (vgl. ahnlich Schiefele 1990, S. 312): Flow ist
Die Theorie des Flow-Erlebens als Ansatz zur Erklarung der emotionalen Wirkungen von Marketing-Events 127
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ein holistisches Erlebnis,
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welches bei Tatigkeiten auftritt, deren Anforderungen den Fahigkeiten des Ausfiihrenden entsprechen, die ihm eine eindeutige Handlungsstruktur und sofortige Riickmeldung iiber den Erfolg bzw. Misserfolg seiner Handlung geben sowie ihm eine einfache Konzentration ermoglichen,
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wobei er bei der Tatigkeitsausfuhrung hoch konzentriert und selbstvergessen ist, seinen Zeitsinn verliert, KontroUe iiber die Handlung erlebt sowie sein Bewusstsein und die Handlung miteinander verschmelzen.
Von diesem „reinen" Flow ist der sog. Mikro-Flow (vgl. Csikszentmihalyi 2005b, S. 78f.) abzugrenzen, welcher nicht alle der o.g. Merkmale erfullt. Als charakteristisch fiir diesen Zustand gilt die Ubereinstimmimg von Herausforderung und Fahigkeit (vgl. Ohse 1997, S. 16), wahrend es an Selbstvergessenheit mangelt (vgl. Rheinberg 1996, S. 109). Beobachten lasst sich Mikro-Flow vor allem bei Routinetatigkeiten, wie beispielsweise Geschirrspulen Oder Autofahren (vgl. Rheinberg 1996, S. 107). Wie eingangs dargestellt, beruhen die Erkenntnisse zum Flow hauptsachlich auf Untersuchimgen zur intrinsischen Motivation. Weiterfuhrende empirische Studien konnten allerdings nachweisen, dass Flow-Erlebnisse auch bei extrinsisch motivierten Handlungen auftreten konnen (vgl. Kehr/Lutz/Rosenstiel 1999; Manell/Zuzanek/Larson 1988, S. 302). Dies erscheint plausibel, da sowohl die o.g. Bedingungen als auch die Merkmale nicht zwangslaufig an intrinsisch motivierte Tatigkeiten gebunden sind.
5.2
Implikationen fiir das Eventmarketing
Tiefergehende theoretische sowie empirische Auseinandersetzungen im Marketing mit dem Thema Flow lassen sich bisher nur vereinzelt fmden. Neben der Diskussion des Konstruktes als dauerhaftes Produktinvolvement (Produktenthusiasmus) (vgl. Block 1986; Bloch/Bruce 1984) wird es hauptsachlich zur Erklarung der Nutzung von Software (vgl. z.B. Webster/Trevino/Ryan 1993; Trevino/Webster 1992) und des Internets herangezogen (vgl. z.B. Mathwick/Rigdon 2004; Shoham 2004; Luna/Peracchio/de Juan 2003; Novak/Hoffman/Duhachek 2003; Novak/Hoffman/Yung 2000; Hoffman/Novak 1996). Weiterreichende Erkenntnisse zu den Wirkungen von Flow fmden sich in anderen sozialwissenschaftlichen Disziplinen. In diesen Wissenschaftsbereichen belegen entsprechende empirische Studien einen positiven Zusammenhang von Flow mit einer Vielzahl hypothetischer Konstrukte (vgl. Tab. 17). Daraus ergeben sich erste Hinweise auf eine Bedeutung des Konzeptes fiir das Eventmarketing.
128
Entwicklung eines Modells zur Erklarung der Imagewirkungen des Eventmarketing
Tab. 17: Zusammenfassung empirischer Studien zum Zusammenhang von Flow mit anderen Konstrukten Autor(en)
Stichprobe
Zusammenfassung der Ergebnisse
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