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German Pages 227 Year 2006
Derk Jan Swider Handel an Regelenergie- und Spotmarkten
WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFT
Derk Jan Swider
Handel an Regelenergieund Spotmarkten Methoden zur Entscheidungsunterstutzung fijr Netz- und Kraftwerksbetreiber
Mit einem Geleitwort von Prof. Dr.-lng. Alfred VoK
Deutscher Universitats-Verlag
Bibliografische information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliotheicverzeichnetdiese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet iiber abrufbar.
Dissertation Universitat Stuttgart, 2006 D93
l.Auflage September 2006 Alle Rechte vorbehalten © Deutscher Universitats-Verlag I GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006 Lektorat: Brigitte Siegel / Viktoria Steiner Der Deutsche Universitats-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media, www, duv.de Das Werk einschlieBlich aller seiner Telle ist urheberrechtlich geschutzt. Jede Verwertung auSerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fiir Vervielfaltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden dijrften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Druck und Buchbinder: Rosch-Buch, ScheSlitz Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN-10 3-8350-0459-X ISBN-13 978-3-8350-0459-7
Geleitwort
In Folge der Deregulierung der Elektrizitatsmarkte in Deutschland haben sich die Anforderungen an Netz- und Kraftwerksbetreiber grundlegend gewandelt. So stehen die Unternehmen vor neuen anspruchsvollen Planungsaufgaben unter unsicheren Randbedingungen. Von besonderer Bedeutung im deutschen Elektrizitatsmarkt sind in diesem Zusammenhang die Wechselwirkungen zwischen dem seit dem Jahr 2000 etablierten Spotmarkt und dem seit dem Jahr 2001 sukzessive weiterentwickelten Regelenergiemarkt. Im Hinblick auf die Unterstiitzung von Handelsentscheidungen an diesen Markten ist die Entwicklung neuer Methoden und Modelle notwendig. So stellt sich fiir einen Kraftwerksbetreiber die Frage, wie technisch geeignete Erzeugungskapazitaten gewinnmaximal an den GroBhandelsmarkten fiir Spotund Regelenergie angeboten werden sollen. Auf der anderen Seite stellt sich fiir einen Netzbetreiber die Frage, wie die eingestellten Regelenergiegebote kostenminimal ausgewahlt werden konnen. Die Beantwortung dieser Fragen ist die wesentliche Zielsetzung der vorliegenden Arbeit, die mit ihren Ergebnissen grofie Bedeutung fiir Unternehmen der Elektrizitatswirtschaft hat. Die zur Beantwortung dieser Fragestellungen entwickelten Methoden und Modelle stellen einen signifikanten methodischen Fortschritt im Bereich der energiewirtschaftlichen Systemanalyse und Entscheidungstheorie dar und gehen in grofien Teilen weit iiber die bisher vorhandene Literatur zum Thema hinaus. Ihre Anwendung wird ausfiihrlich diskutiert, so dass auch die praktische Eignung der entwickelten Ansatze gezeigt wird. Die Arbeit ist sehr gut strukturiert und trotz der anspruchsvollen Thematik verstandlich geschrieben. Ich wiinsche dieser Arbeit eine weite Verbreitung.
Prof. Dr.-Ing. Alfred VoB
Vorwort So einfach wie moglich, aber nicht einfacher! — Albert Einstein
Die vorliegende Arbeit entstand wahrend meiner Tatigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut fiir Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung der Universitat Stuttgart. Im Mai 2005 wurde sie der Fakultat Maschinenbau als Dissertation vorgelegt und im April 2006 verteidigt. Der wesentliche Schwerpunkt der Arbeit ist die Unterstiitzung von Netzund Kraftwerksbetreibern beim Handel an den in den letzten Jahren in Folge von Auflagen des Bundeskartellamts entstandenen Regelenergiemarkten. Diese noch vergleichsweise jungen Markte bedingen die Entwicklung innovativer Methoden zur mathematischen Abbildung von Handelsentscheidungen, wozu diese Arbeit einen Beitrag leistet. Eine Schwierigkeit bei der Betrachtung dieser Markte ist allerdings die haufige Anderung ihrer Ausgestaltung. Mit der im Jahr 2005 in Kraft getretenen zweiten Anderung des Energiewirtschaftsgesetzes und der dadurch folgenden Etablierung einer Regulierungsbehorde ist hier eine Stabilisierung zu erwarten. Von Bedeutung sind dabei insbesondere die Anderungen der Marktausgestaltung beziiglich der SchafFung eines einheitlichen und nach dem Spotmarkt handelnden Regelenergiemarktes sowie einer transparenten VerofFentlichung der Marktergebnisse. Zum einen entsprechen diese Anderungen den aus den Ergebnissen dieser Arbeit abgeleiteten Forderungen an die Ausgestaltung des Regelenergiemarktes und zum anderen wird so weiterhin die Anwendbarkeit der entwickelten Methoden ermoglicht^. In den Jahren der Anfertigung dieser Arbeit habe ich von verschiedenen Seiten Unterstiitzung erhalten. Mein besonderer Dank gilt Prof. Dr.-Ing. Alfred VoB, Leiter des Instituts fiir Energiewirtschaft und Rationelle Energiean^ In diesem Zusammenhang sei auf zwei Veroffentlichungen hingewiesen, die in den letzten Jahren vom Autor in die Diskussion zur zukiinftigen Ausgestaltung des deutschen Regelenergiemarktes eingebracht wurden: SwiDER, D. J. ; WEBER, C : Ausgestaltung des deutschen Regelenergiemarktes. In: Energiewirtschaftliche Tagesfragen 53 (2003), Nr. 7, S. 448-453. SwiDER, D. J. ; ELLERSDORFER, I.: Kosteneffizienz am deutschen Regelenergiemarkt. In: Energiewirtschaftliche Tagesfragen 55 (2005), Nr. 11, S. 802-806.
VIII
Vorwort
wendung der Universitat Stuttgart, flir die Ubernahme des Hauptberichts, fiir die hilfreichen Ratschlage bei der Fertigstellung dieser Arbeit und vor allem fiir die Moglichkeit, sie im Rahmen meiner wissenschaftlichen Tatigkeit an seinem Institut anfertigen zu konnen. Prof. Dr.-Ing. Klaus Hein (Institut fiir Verfahrenstechnik und Dampfkesselwesen der Universitat Stuttgart) danke ich fiir die Ubernahme des Mitberichts. Prof. Dr. Christoph Weber (Lehrstuhl fiir Energiewirtschaft der Universitat Duisburg-Essen) mochte ich ganz besonders fiir die Ubernahme des Lektorats und die vielen konstruktiven Diskussionen danken, die mafigeblich zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben. Bei den Doktoranden und Mitarbeitern des Instituts fiir Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung mochte ich mich fiir die gute Zusammenarbeit, die nette Arbeitsatmosphare und die Anregungen zu meiner Arbeit bedanken. Besonders erwahnen mochte ich Dipl.-Volksw. Ingo Ellersdorfer, der stets ein kompetenter und geduldiger Diskussionspartner war. Dabei hat er mir in zahlreichen Gesprachen wesentliche volkswirtschaftliche Grundlagen nahe gebracht und mir so bei dem fiir diese Arbeit notwendigen Blick iiber den Tellerrand der klassischen Sichtweise eines Ingenieurs geholfen. Hierfiir danke ich ihm sehr herzlich. Mein weiterer Dank gilt Dr. Beate Gebhardt, die iiber die gesamte Bearbeitungszeit dieser Arbeit stets eine angenehme Zimmerkollegin und Ansprechpartnerin fiir sozial und nachhaltig orientierte Themen war. Danken mochte ich auch Dipl.-Math. Steffen Nitter, der mir bei einigen der komplizierten mathematischen Fragestellungen entscheidende Impulse zu ihrer Losung geben konnte. Dariiber hinaus danke ich meinen Kollegen Dr. Christopher Hoeck, Dr.-Ing. Bernd Leven, Dr.-Ing. Kai Sander und alien anderen Mitarbeitern der Abteilung „Energieanwendung und Energiemanagement". Fiir die vielfaltige Unterstiitzung und das Vertrauen, dass mir meine Eltern auf dem langen Weg bis zur vorliegenden Arbeit entgegengebracht haben, gilt mein herzlicher Dank. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet.
Derk Jan Swider
Inhaltsverzeichnis
1
Einleitung
1
2
Grundlagen z u Regelenergie- und S p o t m a r k t e n 2.1 Regelenergievorhaltung im Verbundsystem 2.1.1 Frequenzabweichungen 2.1.2 Regelungsvorgang 2.1.3 Bereitstellung von Regelenergie 2.2 Markte flir Regelenergie 2.2.1 Ausgestaltungsmoglichkeiten 2.2.2 Regelenergiemarkt in Deutschland 2.3 Wechselwirkungen zwischen Regelenergie- und Spotmarkten . .
3
M e t h o d e n zur U n t e r s t i i t z u n g von H a n d e l s e n t s c h e i d u n g e n . 33 3.1 Entscheidungen bei Risiko 34 3.2 Numerische Optimierungsverfahren 39 3.2.1 Linear 40 3.2.2 Nicht-Linear 40 3.2.3 Gemischt-Ganzzahlig 42 3.3 Okonometrische Methoden zur Preisprognose 43 3.3.1 Autoregressive Moving-Average 44 3.3.2 Autoregressive Conditional Heteroscedasticity 44 3.3.3 Gaussian-Mixture 45 3.3.4 Switching-Regime 46 3.4 Angebotsauswahl am Regelenergiemarkt 47 3.4.1 Problembeschreibung 47 3.4.2 Kostenminimale Angebotsauswahl 49 3.5 Angebotserstellung am Regelenergiemarkt 57 3.5.1 Problembeschreibung 57 3.5.2 Gewinnmaximale Angebotserstellung 64 3.6 Angebotserstellung am Spotmarkt 80 3.6.1 Problembeschreibung 81
5 5 6 9 15 21 21 25 29
X
Inhaltsverzeichnis 3.6.2 Gewinnmaximale Angebotserstellung Angebotserstellung an Regelenergie- und Spotmarkten 3.7.1 Problembeschreibung 3.7.2 Gewinnmaximale Angebotserstellung
83 84 85 89
4
A n w e n d u n g e n fiir N e t z - und Kraftwerksbetreiber 4.1 Prognose von Regelenergie- und Spotmarktpreisen 4.2 Angebotsauswahl am Regelenergiemarkt 4.3 Angebotserstellung am Regelenergiemarkt 4.3.1 Numerischer Losungsansatz 4.3.2 Analytischer Losungsansatz 4.4 Angebotserstellung am Spotmarkt 4.4.1 Exemplarisches Kraftwerksportfolio 4.4.2 Gewinnmaximale Angebotserstellung 4.5 Angebotserstellung an Regelenergie- und Spotmarkten 4.5.1 Definition zu beachtender Markte 4.5.2 Simultane Angebotserstellung 4.5.3 Sequentielle Angebotserstellung
95 95 114 123 124 131 135 136 137 141 142 144 152
5
Schlussbetrachtung
161
A
Regelenergie- und S p o t m a r k t e in D e u t s c h l a n d A.l Ausgestaltung A.2 Preis- und Volumenentwicklung
167 167 171
B
M e t h o d e n zur A n g e b o t s a u s w a h l mit N a c h f r a g e s e g m e n t e n . 179 B.l Optimale Approximation des Dauerlinienansatzes 179 B.2 Ableitung von Nachfragesegmenten aus historischen Geboten . 182
C
Integrationsprobleme bei der A n g e b o t s e r s t e l l u n g C.l Verteilungsfunktionen C.2 Erwartete Zuschlagsleistung C.3 Langfristige Preisminderung durch Preisdumping C.4 Erwarteter spezifischer Gewinn am Spotmarkt
187 187 191 193 194
D
Mafie zur P r o g n o s e g i i t e
195
3.7
Literatur
197
Abbildungsverzeichnis
2.1 2.2 2.3
Frequenzverlauf nach einem Kraftwerksausfall Schematische Darstellung des Regelungsvorgangs Allgemeiner Handelsablauf am Regelenergiemarkt
9 10 26
3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 3.7
Beispiele zu Entscheidungen bei Risiko Veranschaulichung des Dauerlinienansatzes Beispiel zur Ableitung charakteristischer Marktpreise Beispiel zur Bestimmung der erwarteten Zuschlagsleistung Ubertragungsfunktion im Bildbereich Beispiel zur Bestimmung des Einheitspreiseffekts Veranschaulichung der stochastischen Programmierung
37 53 67 70 73 76 87
4.1
Werktagliche Stundenwerte der Spot marktpreise (oben), Temperatur (mittig) und Windenergie (unten) Gegeniiberstellung von historischen und prognostizierten Spotmarktpreisen fiir den Prognosezeitraum vom 11. bis 29. November 2002 Anderungen werktaglicher tagesmittlerer Leistungspreise an ausgewahlten Regelenergiemarkten Werktagliche tagesmittlere Leistungspreisanderungen (oben), Standardabweichungen (mittig) und Regimewahrscheinlichkeiten (unten) fiir den Regelenergiemarkt der RWE Net AG Werktaglicher Effizienzpreis und Differenz zum Grenzpreis fiir mit Leistungspreis bewertete Gebote (oben) und Arbeitspreise (unten) am Regelenergiemarkt der RWE Net AG fiir das Produkt 4 bis 8 Uhr Werktagliche Preisverteilung der Anderung des Effizienzpreises und Differenz zum Grenzpreis fiir mit Leistungspreis bewertete Gebote am Regelenergiemarkt der RWE Net AG fiir das Produkt 4 bis 8 Uhr
4.2
4.3 4.4
4.5
4.6
99
105 106
110
Ill
112
XII
Abbildungsverzeichnis 4.7
4.8
4.9
4.10
4.11 4.12 4.13
4.14 4.15
4.16 4.17
4.18 4.19
4.20 4.21 4.22 4.23 4.24 4.25
Gegeniiberstellung von historischen und prognostizierten bewerteten Effizienzpreisen fiir den Prognosezeitraum vom 19. bis 30. August 2002 114 Regelleistungsdauerlinien und approximative Nachfragesegmente zur Bewertung von Geboten an Regelenergiemarkten 116 Kostenisoquanten der bei Anwendung verschiedener Bewertungsverfahren (hier: BVi und BV2) ausgewahlten Gebote, vgl. Tab. 4.9 120 Kostenisoquanten der bei Anwendung verschiedener Bewertungsverfahren (hier: BV3 und BV4) ausgewahlten Gebote, vgl. Tab. 4.9 121 Vergleich des optimierten Gebotspreises und erwarteten Gewinns unter Berlicksichtigung von Teilzuschlagen 127 Vergleich des optimierten Gebotspreises und erwarteten Gewinns bei unterschiedlichen Standardabweichungen 128 Sensitivitatsanalyse der Standardabweichungen CTN und CTL sowie der langfristigen Preisminderung durch Preisdumping v bei unterschiedlichen Gebotsleistungen L^ 130 Vergleich des optimierten Gebotspreises und erwarteten Gewinns mit und ohne Berlicksichtigung eines Teilzuschlags . . . 133 Anteil des Teilzuschlags an der Zuschlagsleistung und Minderung des optimierten Gebotspreises ohne Berlicksichtigung eines Teilzuschlags 134 Vorplanung des exemplarischen Kraftwerksportfolios 137 Verfiigbare Gebotsleistung des exemplarischen Kraftwerksportfolios zur Angebotserstellung am Spotmarkt (ohne Pumpspeicherkraftwerk) 138 Vergleich prognostizierter und historischer Spotmarktpreise . . . . 140 Flir ausgewahlte Stunden bestimmte Angebotskurven und Zuschlagswahrscheinlichkeiten bei der Angebotserstellung am Spotmarkt 140 Erwarteter Gewinn bei der Angebotserstellung am Spotmarkt. . 141 Gebotsleistung bei der Angebotserstellung am RWE-Markt (tf) 145 Gebotsleistung bei der Angebotserstellung am E.ON-Markt (^2^) 146 Gebotsleistung bei simultaner Angebotserstellung am RWEund E.ON-Markt (tf = t^) 147 Gebotsleistung bei simultaner Angebotserstellung am EEX-, RWE- und E.ON-Markt (t^ = t f = ^^) 149 Gebotsleistung am RWE-Markt bei simultaner Angebotserstellung am EEX-, RWE- und E.ON-Markt
150
{f^t^^t^)
4.26 Gebotsleistung am E.ON-Markt bei simultaner Angebotserstellung am EEX-, RWE- und E.ON-Markt
{f=tl
= t^)
150
Abbildungsverzeichnis 4.27 Gebotsleistung am EEX-Markt bei simultaner Angebotserstellung am EEX-, RWE- und E.ON-Markt ^t^=tf = tf) 4.28 Erwarteter Gewinn bei simultaner Angebotserstellung am EEX-, RWE- und E.ON-Markt {t^ = tf = tf) 4.29 Gebotsleistung bei sequentieller Angebotserstellung in der Handelsreihenfolge E.ON-EEX-RWE {tf < t^ < tf) 4.30 Angebotskurven auf Basis der Zusatzkosten bzw. der Gebotspreise am EEX-Markt bei sequentieller Angebotserstellung in der Handelsreihenfolge E.ON-EEXRWE {4pG) = i_ F^ip'^) = 1- j rip) dp = J /^(p) dp
(3.30)
Damit kann die Zielfunktion des erwarteten Gewinns 77 bei gegebener Gebotsleistung L^ und den mit einem Gebot verbundenen Kosten c^ angegeben werden. Maxiniiere{pG|
77 = F^{p^
> p^)L^
{p^ - c^)
(3.31)
Hier wird zunachst vereinfachend davon ausgegangen, dass die Gebotsleistung L^ von einem einzigen Kraftwerk gedeckt werden kann. Im Rahmen der Angebotserstellung an mehreren Markten in Kapitel 3.7 wird genauer auf die Beriicksichtigung mehrerer Kraftwerke eingegangen. Weiterhin wird davon ausgegangen, dass bei der Angebotserstellung am Regelenergiemarkt das Einstellen eines einzigen Gebots ausreichend ist. Es erfolgt somit nicht die Einstellung einer Angebotsfunktion, wie dies in einer Vielzahl von Arbeiten ftir die Angebotserstellung am mafigeblich durch die Grenzkosten der Erzeugung bestimmten Spotmarkt vorgeschlagen wird [124]. Da hier ein Gebot generell nur dann angenommen wird, wenn es ftir den Nachfrager im Vergleich zu den Geboten der Konkurrenten so giinstig ist, dass es teurere Gebote bis zur Gebotsleistung verdrangt, wiirden sich mehrere Gebote mit unterschiedlichen Preisen nur gegenseitig verdrangen^^. Bei den bisherigen Uberlegungen wurde von einem einheitlichen Marktpreis p^ ausgegangen. Bei einer Muiti-unit-Nachfragerauktion nach dem Gebotspreisverfahren ergibt sich jedoch kein einheitlicher Preis, da jedes angenommene Gebot mit dem jeweiligen Gebotspreis vergiitet wird. Daraus folgt, dass der relevante Marktpreis als Funktion des Gebotspreises beschreibbar ist; um einen Zuschlag flir ein Gebot zu erhalten, sind bei einer grofieren Gebotsleistung mehr Gebote konkurrierender Bieter zu verdrangen als bei einer kleineren. Es ist aber moglich, charakteristische Marktpreise zu identifizieren. Mit diesen kann die Dichtefunktion des relevanten Marktpreises in Abhangigkeit der Gebotsleistung beschrieben werden. Dies fiihrt zur Ableitung der Zuschlagswahrscheinhchkeit L^^, d. h. ein Gebot wird mit der vollen Gebotsleistung angenommen. Bei Aufgabe der Annahme einer vernachlassigbaren Gebotsleistung ist unter Beachtung der deutschen Regelenergiemarkte aber ^^ Die Einstellung einer Angebotsfunktion kann auch am Regelenergiemarkt interessant sein, wenn die zur Verfiigung stehenden Informationen auf die eigenen Gebote beschrankt sind. In diesem Fall kann durch die Einstellung mehrerer Gebote ein in der Formulierung einer Zielfunktion zu beriicksichtigender Informationsgewinn erzielt werden. Auf diesen Fall wird aber in der vorliegenden Arbeit nicht naher eingegangen.
66
3 Methoden zur Unterstiitzung von Handelsentscheidungen
auch die Wahrscheinlichkeit fiir einen Teilzuschlag Z^^ zu beriicksichtigen, d. h. ein Gebot wird nur mit einem Teil der Gebotsleistung angenommen. Dies fiihrt schliefilich zu einer von der Gebotsleistung L^ und dem bewerteten Gebotspreisp^ abhangigen erwarteten Zuschlagsleistung L^ — L^^-\-L^^. Dabei beriicksichtigt der bewertete Gebotspreis die im betrachteten Nachfragesegment vorliegende erwartete Nachfragedauer h^ und die zweiteilige Preisstellung aus Leistungspreis p^ und Arbeitspreis p^ iiber den funktionalen Zusammenhang p^ = p^ -\- h^ p^. Die Ableitung der erwarteten Zuschlagsleistung wird im weiteren Verlauf dieses Kapitels ausfiihrlich diskutiert. Wenn, wie oben bereits angesprochen, die Gebotsleistung nicht mehr als verschwindend klein angenommen werden kann, so ist auch die Annahme vernachlassigbarer Preisbeeinflussungsmoglichkeiten aufzugeben. Dies ergibt sich am Regelenergiemarkt allein durch die bestehenden technischen Anforderungen und der damit einhergehenden geringen Liquiditat. Daraus folgt ein unvollkommener Markt, bei dem die Gebotspreise z. T. deutlich iiber den Grenzkosten der Erzeugung liegen konnen [60]. Mochte ein Bieter nun eine relativ hohe Leistung in den Markt bieten, so ist dies generell mit dem Unterbieten konkurrierender Bieter verbunden und es ist ein entsprechend niedriger Gebotspreis einzustellen. Wenn dabei ein Preis geboten wird, der sich als deutlich kleiner als das geringste Konkurrenzgebot herausstellt, so sind langfristig sinkende charakteristische Marktpreise zu erwarten. Im weiteren Verlauf dieses Kapitels wird gezeigt, wie dieser langfristig zu erwartende Preisminderungseffekt durch Preisdumping Ap^ bestimmt werden kann. Ein weiterer Aspekt betrifft die zu beachtenden Kosten eines Gebots. Dabei sind die Kosten flir die Vorhaltung der Leistung c^ und die Kosten flir die zu erwartende Arbeitsnachfrage c^ zu beriicksichtigen. Beide Kostenkomponenten bilden unter Beriicksichtigung der erwarteten Nachfragedauer h^ die iiber c^ = c^ + h^ c^ berechenbaren bewerteten Gebotskosten. Im Verlauf dieses Kapitels wird gezeigt, dass die Kosten eine Funktion der Betriebsleistung L^^ eines Kraftwerks sind. Die Beriicksichtigung der angesprochenen Elemente fiihrt zur folgenden, gegeniiber Gl. (3.31) modifizierten nicht-hnearen Zielfunktion: Maximiere^pL^^A}
77 = Z^(p^; L^) (p^ + Ap""{p^) -
u . d . N . p G = p L + /,N^A
c^) (3.32)
Auf die einzelnen Elemente in Gl. (3.32) wird nachfolgend naher eingegangen. Erwartete Zuschlagsleistung L ^ ( p ^ ; L ^ ) Auch wenn bei Anwendung einer Auktion mit Vergiitung der Gebote nach dem Gebotspreisverfahren am Regelenergiemarkt kein einheitlicher Marktpreis ableitbar ist, so ist doch die Identifikation charakteristischer Marktpreise moglich. Prinzipiell konnen unter den angenommenen Geboten das fiir den
3.5 Angebotserstellung am Regelenergiemarkt
67
Abb. 3.3: Beispiel zur Ableitung charakteristischer Marktpreise Nachfrager jeweils giinstigste Gebot, das Effizienzgebot, und das teuerste Gebot, das Grenzgebot, identifiziert werden. Die zugehorigen Kosten fiir den Nachfrager konnen folglich als erwartete Effizienzgebotskosten c und erwartete Grenzgebotskosten c^^ bezeichnet werden. Da diese Kosten wiederum Geboten von Bietern entsprechen, kann aus Sicht eines Bieters vom bewerteten Effizienzpreis p^^ und bewerteten Grenzpreis p^^ gesprochen werden^^. Aus verofFentlichten Marktergebnissen konnen diese charakteristischen Marktpreise direkt aus einer Darstellung der durch die von den verschiedenen Bietern in den Markt eingestellten Gebote gebildeten Angebotsfunktion abgelesen werden, vgl. Abb. 3.3 (a). Fiir die Angebotserstellung und v. a. die Angebotsannahme durch den Nachfrager sind aber nicht die historischen Preise ausschlaggebend, sondern die sich am Tag der Angebotserstellung einstellenden Preise. Denn nur wenn ein Bieter mit seinem Gebotspreis nicht oberhalb des sich bildenden Grenzpreises liegt, erhalt er einen Zuschlag mit der Zuschlagsleistung L^ < L^. Da somit bei der Angebotserstellung weder Effizienz- und Grenzpreis, noch die sich bildende stufenformige Angebotsfunktion deterministisch bestimmt ist, miissen diese GroBen aus Sicht des betrachteten Bieters als ZufallsgroBen abgebildet werden. Durch die Verfiigbarkeit historischer Zeitreihen konnen fiir die bewerteten Effizienz- und Grenzpreise Wahrscheinlichkeitsdichtefunktionen abgeleitet werden, vgl. Kapitel 3.3. Dabei gilt fiir die Dichtefunktion des Effizienzpreises f^^ip) : R ^ E + . Wahrend die Ableitung einer Dichtefunktion fiir den Effizienzpreis relativ einfach ist, ist beim Grenzpreis zu beachten, dass dieser nicht unabhangig vom Effizienzpreis ist. Dies wird bereits durch die stets geltende ^^ Hier wird von bewerteten Gebotspreisen gesprochen, da die beiden zu beriicksichtigenden Preisinformationen (Leistungs- und Arbeitspreis) mit der erwarteten Nachfragedauer h^ gewichtet bzw. aus Sicht des Nachfragers bewertet werden, vgl. Kapitel 3.4.
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3 Methoden zur Unterstiitzung von Handelsentscheidungen
Ungleichung p^^ < p^^ deutlich. Zur Bestimmung der Dichtefunktion des Grenzpreises ist daher aus den verfiigbaren historischen Gebotsinformationen eine Dichtefunktion / ^ ^ ^ ^ ( p ) : 11+ ^ 11+ der Differenz aus Grenz- und Effizienzpreis Ap^^^ = pf^ — pf^ abzuleiten. Bei Kenntnis der Dichtefunktion ftir den Effizienzpreis und ftir die Differenz zwischen Grenz- und Effizienzpreis, kann schhei3Hch die ftir den Grenzpreis vorhegende Dichtefunktion liber eine Faitungsfunktion berechnet werden. Bei einer Faltung wird eine Eingangsfunktion mit einer Gewichtsfunktion iiberlagert, vgl. z. B. [80, 151]. Hier ist die Eingangsfunktion die Dichtefunktion f^^ip — u) und die Gewichtsfunktion die Dichtefunktion f^^^^(u). Da hier weiterhin die Gewichtsfunktion nur im E + definiert ist, kann eine einseitige Faltung (untere Integrationsgrenze ist Null) entsprechend Gl. (3.33) verwendet werden [80]. oo
/GA(p) = j ;EA(^ _ „) /^GEA(^) ^^
(3 33)
0
Die flir den Angebotszeitpunkt prognostizierten bewerteten Effizienz- und Grenzpreise, p^^ bzw. p^^^ ergeben sich danach liber den mit Gl. (3.1) zu berechnenden Erwartungswert der jeweiligen Dichtefunktion. Flir eine Faltungsfunktion entsprechend Gl. (3.33) berechnet sich der Erwartungswert liber die Summe der Erwartungswerte von Eingangs- und Gewichtsfunktion [152]. Die bisher angesprochenen Dichtefunktionen werden mit Beispiel 3.3 veranschaulicht. Beispiel 3.3: Flir die Dichtefunktion der Effizienzpreise / ^ ^ ( p ) wird von einer Normalverteilung mit Erwartungswert ji^ — 10.7 und Standardabweichung G]ss — 2.5 ausgegangen. Flir den bewerteten Effizienzpreis folgt dann der in Abb. 3.3 (b) dargestellte Kurvenverlauf. Genligt die Dichtefunktion der Differenz aus Grenz- und Effizienzpreis / ^ ^ ^ ^ ( p ) einer Log-Normalverteilung mit Erwartungswert /x^ = 1.3 und Standardabweichung cr^ = 1.0, so folgt durch Anwendung der Faltung in Gl. (3.33) die in Abb. 3.3 (b) dargestellte Dichtefunktion des Grenzpreises f^^{p). Bisher wurde gezeigt, dass aus historischen Geboten charakteristische Marktpreise, d. h. Effizienz- und Grenzpreise, ableitbar sind, welche liber die Bestimmung von Dichtefunktionen als Zufallsvariablen darstellbar sind. Um mit diesen Funktionen die gesuchte erwartete Zuschlagsleistung bestimmen zu konnen, ist zu beachten, dass eine Gebotsleistung stets nur dann einen Zuschlag erhalt, wenn der Gebotspreis kleiner bzw. gleich eines sich tatsachlich einstellenden relevanten Marktpreises ist. Dieser relevante Marktpreis reflektiert den Preis, der geboten werden muss, um konkurrierende Bieter bis zur Gebotsleistung zu verdrangen. Die bisher diskutierten Effizienz- und Grenzpreise bilden somit zwei Grenzfalle ab:
3.5 Angebotserstellung am Regelenergiemarkt
69
i. Wird vom betrachteten Bieter eine Gebotsleistune; von emgestellt, so sind fiir einen Vollzuschlag alle konkurrierenden Bieter zu verdrangen. Der relevante Marktpreis ist in diesem Fall der Effizienzpreis. ii. Wird vom betrachteten Bieter eine Gebotsleistung von emgestellt, so ist fiir einen Vollzuschlag nur der konkurrierende Bieter mit dem hochsten eingestellten Preis zu verdrangen. Der relevante Marktpreis ist in diesem Fall der Grenzpreis. Es verbleibt die Frage, welcher relevante Marktpreis zwischen diesen Grenzen zu betrachten ist. Dabei spielt die bereits angesprochene Abbildung der prinzipiell nicht prognostizierbaren stufenformigen Angebotsfunktion eine entscheidende Rolle. Die Angebotsfunktion ist nicht prognostizierbar, da an einem Tag eine Angebotsfunktion vorliegen kann, die am besten mit einem konkaven, an einem anderen Tag aber auch mit einem linearen oder konvexen Funktionsverlauf zwischen Effizienz- und Grenzpreis abgebildet werden kann. Vereinfachend wird nachfolgend von einem linearen Verlauf der Angebotsfunktion zwischen Effizienz- und Grenzpreis ausgegangen, siehe Abb. 3.3 (a). Fiir den relevant en Marktpreis p^ gilt dann: pM ^ (^GA _ ^EA) ^(^G) ^ ^EA
(3 34)
Dabei gibt k{L^) € [0,1] die lineare Naherung der Angebotsfunktion wieder und ist definiert liber: r N,max _
fc(LG) = - ±
rG
^ _
(3.35)
Wird auch der iiber Gl. (3.34) definierte relevante Marktpreis als Zufallsvariable beschrieben, so ist durch Erweiterung von Gl. (3.33) und in Abhangigkeit von der Gebotsleistung L^ die folgende Dichtefunktion ableitbar: oo
/^(p«;L«) = jf^{p''
- fc(LG)«)/^GEA(^) ^„
(3 3g)
0
In Gl. (3.36) deckt der Fall k = 1, der nach Gl. (3.35) einer Gebotsleistung von L^ = ^N,min entspricht, den Grenzfall des Grenzpreises ab, vgl. Gl. (3.33). Der aus einer Gebotsleistune; von ^G ^ ^N,max folgende Fall k = 0 deckt dagegen den Grenzfall des Effizienzpreises ab, da gilt: oo
_^M(^G.^N,™n) ^jjEA^pG^jAGEA^^^
^^ ^ ^EA(^G)
(3,37)
0
Fiir die zur Bestimmung der erwarteten Zuschlagsleistung bedeutende Stammfunktion der mit Gl. (3.36) beschriebenen Faltung gilt: CO
F^(p°; L°) = f F'^^ip'^ - fc(L°) u) / ^ « ^ ^ ( M ) du
(3.38)
70
3 Methoden zur Unterstiitzung von Handelsentscheidungen
Abb. 3.4: Beispiel zur Bestimmung der erwarteten Zuschlagsleistung Diese Verteilungsfunktion kann mit Beispiel 3.4 veranschaulicht werden. Beispiel 3.4- Auf Beispiel 3.3 aufbauend sind in Abb. 3.4 (a) die Stammfunktionen der in Abb. 3.3 (b) betrachteten Dichtefunktionen dargestellt. Besonders herausgehoben sind zwei Punkte. Die bei einem Gebotspreis von p^ = 11 vorliegenden Wahrscheinlichkeiten F^{p^; L^) bei der minimalen Gebotsleistung von L^'"^^^ = 30 (Stammfunktion der Dichtefunktion des Grenzpreises) bzw. der maximalen Gebotsleistung von LN,max _ y^Q (Stammfunktion der Dichtefunktion des Effizienzpreises). Die Punkte wurden in Abb. 3.4 (b) fiber der Gebotsleistung aufgetragen. Die diese Werte verbindende Kurve wurde schliefilich durch Anwendung von Gl. (3.38) bestimmt. Nach der Ableitung zu beachtender relevanter Marktpreise und deren Abbildung als Zufalls variable, verbleibt die Frage nach der Bestimmung der erwarteten Zuschlagsleistung. Hier kann flir die bei gegebener Gebotsleistung L^ und in Abhangigkeit vom Gebotspreis p^ zu erwartende Zuschlagsleistung L^{p^]L^) zunachst naherungsweise nachfolgende Gleichung angesetzt werden^^. L2(pG; L G ) « L V Z ( ^ G . ^ G ) ^ (1 _ ^M(^G. ^G)) ^G
(3 39)
Bei einem Vergleich von GL (3.39) mit Gl. (3.30) wird deuthch, dass der Ausdruck 1 - F ^ ( p ^ ; L ^ ) = P ^ ( p ^ > p ^ ; L ^ ) die Wahrscheinlichkeit fiir einen Vollzuschlag wiedergibt und auch als Zuschlagswahrscheinlichkeit bezeichnet werden kann. Mit Gl. (3.39) wurde in Naherung davon ausgegangen, dass sich die erwartete Zuschlagsleistung L^{p^\L^) allein aus der Wahrscheinhchkeit fiir einen ^^ Generell ist die erwartete Zuschlagsleistung nicht kleiner als mit Gl. (3.39) angegeben.
3.5 Angebotserstellung am Regelenergiemarkt
71
Vollzuschlag berechnen lasst. Bei der in der vorliegenden Arbeit zu betrachtenden Marktstruktur des Regelenergiemarktes besteht fiir den Nachfrager aber auch die Moglichkeit, ein Angebot nur teilweise anzunehmen. Dies ist V. a. dann der Fall, wenn durch den Bieter beim gewahlten Gebotspreis zwar das Grenzgebot gestellt wird, durch die Gebotsleistung aber die Nachfrageleistung iiberschritten wird. Der Nachfrager wird dann den Zuschlag nur flir einen Teil der Gebotsleistung erteilen, was von hoher Relevanz bei der Einstellung hoher Gebotsleistungen ist. Es ist somit eine Wahrscheinlichkeit fiir einen Teilzuschlag L G [L^'"^^'^, L^] zu beriicksichtigen. Dies kann iiber die partiellen Wahrscheinlichkeiten dF^{p^; L)/dL^ dass der Gebotspreis p^ groBer als der fiir L geltende relevante Marktpreis p^ ist, erfolgen.
L^Hf';L^)= I
(3.40)
^^""f^'^^LdL
Folglich kann die erwartete Zuschlagsleistung aus der Summe der Anteile aus Voll- und Teilzuschlag berechnet werden.
Z^(p^;L^) = ( l - F ^ ( p ^ ; L ^ ) ) L ^ +
/
^ ^ "f^ '""^ LdL dL
(3.41)
Durch partielle Integration und anschlieBende Umformung kann die nachfolgende Vereinfachung zu Losung dieser Gleichung gefunden werden. Z^(p^;L^) = L ^ -
/
F^(p^;L)dL-F^(p^;L^'"^^^)L^'"^^"
(3.42)
Bei einer spateren Anwendung von Gl. (3.42) ist mit Hinblick auf die erforderlichen Rechenzeiten von besonderer Bedeutung, dass das auftretende Integral zwei weitere Integrationen implizit enthalt (Faltung fiir den relevanten Marktpreis und Bildung der Stammfunktion). In einer Anwendung ist daher auf numerische Integrationen soweit wie moglich zu verzichten. Daher wird dieses Integrationsproblem zur erwarteten Zuschlagsleistung in Anhang C.2 aufgegriffen und unter der Annahme geeigneter Verteilungsfunktionen, vgl. Anhang C.l, analytisch gelost. Beispiel 3.5: Die Gleichung zur Berechnung der erwarteten Zuschlagsleistung, Gl. (3.41), kann auch umgeformt werden zu L^(pG;LG) = L^2(pG;LG) + L T Z ( p G . ^ G ) ^ Ti + (Ts + T3) mitTi = [ 1 - F ^ ( P ^ ; L G ) ] L G
T2 = [F^{p^-L^) Ts -
,
- FM(pG;LN'^in)] L^'^^i^
J ^ ^ N I . [ F M ( P ^ ; L ^ ) - FM(pG. ^)]
dL
,
72
3 Methoden zur Unterstiitzung von Handelsentscheidungen
Mit Bezug auf Beispiel 3.4 konnen die Summanden der erwarteten Zuschlagsleistung fiir Voll- (Ti) und Teilzuschlag {T2, T3) anschaulich als Flachen in Abb. 3.4 (b) dargestellt werden. Langfristige P r e i s m i n d e r u n g durch P r e i s d u m p i n g
Ap^{p^)
Wie der obigen Darstellung entnommen werden kann, beruht die entwickelte Methodik wesentlich auf einer moglichst genauen Bestimmung der Verteilungen des Effizienzpreises und der DiflFerenz zwischen Grenz- und Effizienzpreis. Bisher wurde davon ausgegangen, dass die charakteristischen Marktpreise unabhangig vom Angebotsverhalten des Bieters sind. Da es sich aber beim in der vorliegenden Arbeit zu betrachtenden Regelenergiemarkt entsprechend der Diskussion in Kapitel 2.2.2 um einen oligopolistischen Markt handelt, ist diese Annahme in einer realitatsnahen Anwendung nicht haltbar. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Abhangigkeit des Effizienzpreises vom Angebotsverhalten des betrachteten Bieters. Wenn der Bieter durch sein Gebot den erwarteten Effizienzpreis unterschreitet, so wird sein Gebot mit einiger Wahrscheinhchkeit selbst den Effizienzpreis darstellen. In der Folge ist zu erwarten, dass die anderen Bieter nachziehen werden, was in der Praxis durch eine Analyse der historischen Zeitreihen der Effizienzpreise gezeigt werden kann, vgl. Kapitel 4.1. Wird somit der am Angebotstag eintretende Effizienzpreis maBgeblich durch die Effizienzpreise in der Vergangenheit bestimmt, so tragt ein Bieter durch einen niedrigen Gebotspreis langfristig zur Minderung seines erwarteten Gewinns bei. Dieser unerwiinschte Effekt ist in der Optimierung zu beriicksichtigen. Eine Beriicksichtigung ist zum einen durch eine mit hohen Rechenzeiten verbundene dynamische Formulierung des Optimierungsproblems moglich. Zum anderen kann auch ein mathematisch eleganterer Weg unter Beriicksichtigung von aus der Regelungstechnik bekannten Methoden verwendet werden. Dazu wird nachfolgend gezeigt, dass ein aus der Regelungstechnik bekanntes rationales Ubertragungsglied (kurz: R-Glied) in ein aus der Okonometrie bekanntes ARMA-Modell uberfiihrt werden kann (zum ARMA-Modell vgl. Kapitel 3.3.1). Weiterhin wird erlautert, wie unter dieser Voraussetzung die Antwort des Systems „Effizienzpreis" auf einen negativen erwarteten endlichen Impuls bestimmt werden kann. Schliefilich wird ein Ansatz zur Abschatzung der Hohe dieses Impulses entwickelt. Entsprechend der Systemdarstellung in der Regelungstechnik wird angenommen, dass der ex ante unbekannte Effizienzpreis AusgangsgroBe eines durch eine Ubertragungsfunktion charakterisierten mathematischen Modells ist. Ein solches System, hier anschaulich als System „Effizienzpreis" bezeichnet, ist schematisch in Abb. 3.5 dargestellt. Dabei antwortet das System auf eine Anderung der Eingangsgrofie U{s) mit der AusgangsgroBe Y{s)^ bestimmt iiber eine Ubertragungsfunktion G{s). Hier wurde auf eine Darstellung im Bild- bzw. Laplace-Bereich zuriickgegriffen. Durch Anwendung der LaplaceTransformation Z{s) = C[z{t)] bzw. Z{s) •—o z{t) wird eine zeitkontinuierli-
3.5 Angebotserstellung am Regelenergiemarkt U(s)
G{s)
73
Y{s)
Y{s) _ 60 + 61S + . U{s) ao + ais + .
Abb. 3.5: Ubertragungsfunktion im Bildbereich che Differentialgleichung in eine algebraische Gleicliung umgewandelt, welche vergleichsweise leicht gelost werden kann, vgl. [80, 151]. Mit einer im Bildbereich gefundenen Losung kann dann iiber eine Riicktransformation in den Zeitbereich die gesuchte Losung angegeben werden. Unter Beachtung der in Abb. 3.5 angegebenen Form der Ubertragungsfunktion G{s) wird deutlich, dass von einem rationalen linearen Ubertragungsglied ausgegangen wird. Prinzipiell entspricht ein solches R-Glied im Zeitbereich einer Unearen DifFerentialgleichung mit konstanten Koeffizienten ttr V r G { 0 , 1 , . . . ,p} und br V r G { 0 , 1 , . . . , g} sowie verschwindenden Anfangsbedingungen. Um ein kausales System zu garantieren, muss dabei stets q < p mit ttp / 0 gelten. Wiirde ein nichtkausales System vorhegen, so wiirde die Wirkung (Anderung der Ausgangsgrofie) vor ihrer Entstehungsursache (Anderung der EingangsgroBe) auftreten. apy\t) + . . . + ai y{t) + aoy{t) = bou{t) + bi u{t) + . . . + bqu{t)
(3.44)
Ftir eine zeitkontinuierhche Funktion z{t) gelte flir die n-te Ableitung mit n G IN und dem Deviation-Operator V allgemein nachfolgender Zusammenhang: z\t)
(3.45)
z{t) = D"z(t)
Aus Gl. (3.44) folgt mit Hilfe dieser abktirzenden Schreibweise: (ftp PP + . . . + ai 2) + ao) y{i) = u{t) {bo + hV
+ .. . + bg V)
(3.46)
Bisher wurde von einem zeitkontinuierUchen System ausgegangen. Dieses hegt beim hier zu betrachtenden System „Effizienzpreis" allerdings nicht vor, da der Effizienzpreis nur zu diskreten Zeitpunkten t G IN vorHegt. Ein kontinuierhches System kann aber iiber die fiir eine zeitdiskrete Funktion Zt definierte Naherung W^Zt in ein diskretes iiberfuhrt werden [92, 153]. {apVP + . . . + ai V + ao) 2/t = ut (60 + 61V + . . . + 6gV^)
(3.47)
Dabei gilt V^zt = V{V^~-^Zt) und in den folgenden exemplarischen Fallen: V^z, V^zt V'^Zt V^zt S/^zt
= Zt = Zt zt-i = Zt - 2Zt-l + Zt-2 = Zt - 3zt-i + 3zt-^2 Zt AZt-l + 62:^-2
(3.48) Zt-3 AZt-3 + Zt-4
74
3 Methoden zur Unterstiitzung von Handelsentscheidungen
Es kann erkannt werden, dass die Parameter in Gl. (3.48) aus einem Pascalschen Dreieck abgeleitet und entsprechend liber den Binominalkoeffizienten^^ wiedergegeben werden konnen. Fiir den allgemeinen Fall n G INQ gilt [90]: V"2t = E ( - i r ( " ) ^ * -
(3-49)
Wird iiber B'^zt — zt-n der Bacic-Siiift-Operator B eingefiihrt, so kann auch V^Zt = (\ — BYzt geschrieben werden. Damit folgt nach einigen Umformungen ((/:^p ^P + ... + (pi B + (/po) 2/t = ^t (t^o + t^i ^ + ... + tu^ 5^)
(3.50)
mit (-irX^(.\)a»
V r€{0,l,...,p}
(3.51)
^- = (-1)''E(J\)^*
V r e {0,1,...,9}
(3.52)
und
Wird nun die Gleichung des ARMA(p,g)-Modells genauer betrachtet (die nachfolgende 01. (3.53) entspricht 01. (3.11) auf Seite 44), V
yt^yt
+ et = ^ z=l
Q
a^yt-z + ^
Pz^t-z + £t
(3.53)
z=l
kann durch Umformung mit St = Ut, 'cao/^o = 1, Qf^ = —^z/^o V 2: G {1,2,... ,p} sowie Pz = ^z/y^o V 2: G {1,2,..., g} gezeigt werden, dass diese genau der aus einer diskreten Ubertragungsgleichung abgeleiteten 01. (3.50) entspricht. Diese Interpretationsmoglichkeit eines ARMA(p,g)-Modells ermoglicht die Anwendung der weitreichenden Methoden der linearen Regelungstechnik. In einer praktischen Anwendung konnen somit zunachst die Parameter eines ARMA(p,g)-Modells bestimmt werden (wobei angenommen wird, dass ein solches Modell zur Beschreibung bzw. Prognose des hier zu betrachtenden Effizienzpreises ausreichend ist, vgl. Kapitel 4.1), bevor durch Anwendung von 01. (3.47) eine auf den Methoden der Regelungstechnik basierende ^^ Fiir nicht-negative ganze Zahlen n und k wird der Binomialkoeffizient iiber
:)=(;^ definiert [80].
(°^^^-)
3.5 Angebotserstellung am Regelenergiemarkt
75
genauere Analyse des Systems erfolgt (Stabilitat, Antwort bzgl. typischer Eingangssignale). Die Umwandlung der Parameter ist dabei iiber
ttr =
p^ 0(pEA_^G)^ f -f I 0 , wenn p^^ < p^
, , (3.60)
Damit gilt in Gl. (3.59) stets Ap''{p^) < 0, so dass es sich bei Ap^'lp^) tatsachlich um eine Minderung des Preises handelt. Es lassen sich weiterhin zwei Grenzfalle unterscheiden. Ist der Gebotspreis deutlich groBer als der Erwartungswert des EfRzienzpreises, gilt somit p^ ^ E[p^^], dann nimmt die Heavisidesche Funktion fast immer den Wert Null an, d. h. es liegt kein Preisdumping vor, Ap^{p^) = 0. Ist der Gebotspreis dagegen deuthch kleiner als der Erwartungswert des Effizienzpreises, gilt somit p^ p^] kann Gl. (3.61) weiter umgeformt werden Ap^iP^)
= uFlp^^
> p^] (p^ - E[p^^|p^^ > p^])
Bereitstellungskosten
(3.62)
c^{L^^)
Bei der Bereitstellung von Regelenergie fallen Kosten an, die bei der Optimierung zu berlicksichtigen sind. Prinzipiell sind bei den Gebotskosten entsprechend der zweiteiligen Preisstellung an den zu betrachtenden Regelenergiemarkten Leistungs- und Arbeitskosten zu unterscheiden. Dabei geben
78
3 Methoden zur Unterstiitzung von Handelsentscheidungen
die Leistungskosten c^ die Kosten fiir die Vorhaltung der Leistung und die Arbeitskosten c^ die zusatzlichen Kosten fiir die tatsachliche Lieferung der nachgefragten Arbeit wieder. Daraus ergeben sich die bewerteten Gebotskosten c^ unter der Annahme, dass der Bieter iiber Informationen zur erwarteten Nachfragedauer h^ verfiigt^^. ; . G=_ c. L ^ ^ A ^ ^ L ^ ^ N ^ A c
(3g3)
Zur Bestimmung der Leistungs- und Arbeitskosten wird hier davon ausgegangen, dass die Zuschlagsleistung von einem a priori definierten Kraftwerk kfc eines Kraftwerksportfolios K = { k i , k 2 , . . . , k x } gedeckt werden kann. Da zur Angebotserstellung an mehreren Markten genauer auf die Bereitstellung von Regelenergie aus mehreren Kraftwerken eines solchen Kraftwerksportfolios eingegangen wird, erfolgt bereits hier die Formuherung der Kosten je Kraftwerk k^ G K. Die Leistungs- und Arbeitskosten eines Kraftwerks sind eine Funktion der jeweils aktuehen Leistung L^^, die als Betriebsleistung bezeichnet wird. Hier sind zwei Fahe zu unterscheiden, so ist die aktuelle Betriebsleistung eines Kraftwerks: i. L^®^ ohne Anforderung von Regelenergie und ii. L^^^ mit Anforderung von Regelenergie zu berlicksichtigen. Weiterhin ist zu beachten, dass die Betriebsleistung durch die Nennleistung des betrachteten Kraftwerks begrenzt ist, folglich gilt 0 < L^^^ < L^^^ < L^^. Die jeweils aktuelle Betriebsleistung gibt somit die Teillast des Kraftwerks wieder. Hier wird vereinfachend angenommen, dass die mit einem Kraftwerk verbundenen Kosten generell iiber stetig differenzierbare Funktionen der Form c]^{L^^) : R+ ^ 11+ und c^{L^^) : R+ H^ 11+ fiir die Leistungskosten bzw. Arbeitskosten approximiert werden konnen. In der Kraftwerkseinsatzplanung werden variable Kosten, Anfahrkosten sowie Fixkosten unterschieden. Nachfolgend wird zu diesen Kosten und ihrer Zurechnung auf die im Fall einer Angebotserstellung fiir inkrementelle Minutenreserve zu beriicksichtigenden Leistungs- und Arbeitskosten ein Uberblick gegeben. Die variablen Kosten bzw. die Arbeitskosten thermischer Erzeugungseinheiten werden zum iiberwiegenden Teil durch die Brennstoffkosten bestimmt. Dieser Kostenanteil ist abhangig vom spezifischen Brennstoffverbrauch bzw. dem Kehrwert des Wirkungsgrads der Anlage. Die selbst von der Betriebsleistung L^^ eines Kraftwerks k^ G K abhangige Brennstoffverbrauchskurve Q{Lf^) folgt einem nahezu hnearen, leicht konvexen Kurvenverlauf [18, 154]. ^^ Da hier die Angebotserstellung ausschliefilich an einem Regelenergiemarkt betrachtet wird, sind keine etwaigen Opportunitatskosten zu berlicksichtigen. Dies andert sich bei der Betrachtung der Angebotserstellung an mehreren Markten. Auf diesen Fall wird unter Beriicksichtigung mehrerer Regelenergiemarkte und einem Spotmarkt in Kapitel 3.7 eingegangen.
3.5 Angebotserstellung am Regelenergiemarkt
79
Insgesamt kann so fiir den durch die Brennstoffkosten c^^ bestimmten Anteil der zusatzlichen Arbeitskosten c^' ^ mit der nicht-linearen Brennstoffverbrauchskurve (Q = const) [18]: Q ( L r ) = ^ o + ' ; i L r + K2|(L^l'
(3.64)
in Naherung nachfolgender Zusammenhang verwendet werden: A, Br/T-Bel rBeO\ Cfc l^/c ^^k ) -
j^Bel
_ ^BeO
^k
K^-^^J
Fiir den Fall eines Pumpspeicherkraftwerks sind statt der nach Gl. (3.65) bestimmbaren zusatzlichen Brennstoffkosten die entstandenen Pumpkosten zu verwenden^^. Neben den zusatzlichen Brennstoffkosten sind weitere mit c^' bezeichnete variable Kosten zu beriicksichtigen, die sich aus Kosten fiir die Bereitstellung und Entsorgung von Hilfsstoffen, beispielsweise zur Rauchgasreinigung, fiir betriebsdauerabhangige WartungsmaBnahmen und fiir auftretenden MaterialverschleiB zusammensetzen. Weiterhin sind entstehende Anfahrkosten c^' ^ zu beriicksichtigen. Zunachst ist festzuhalten, dass Anfahrkosten nur fiir thermische Kraftwerke und hier nur fiir Gasturbinen relevant sind. In alien anderen Fallen ist ein Anfahren des Kraftwerks ausschlieBlich zur Bereitstellung von Regelenergie auszuschlieBen, bzw. fallen keine Anfahrkosten an (Pumpspeicherkraftwerk). Wird nun der Angebotszeitraum /iN,max betrachtet, so ist es moglich, dass wahrend dieses Zeitraums mehrere Anfahrvorgauge notwendig werden, fiir die von einer aus historischen Daten ableitbaren Eintrittswahrscheinlichkeit je Stunde n^^ ausgegangen wird. Mit jedem Anfahrvorgang sind Anfahrkosten C^^ verbunden, die zum einen auf erhohten Brennstoffverbrauch in der Aufwarmphase und zum anderen auf erhohten MaterialverschleiB in Folge thermomechanischer Spannungen zuriickgefiihrt werden konnen. Um eine Normierung auf die bereitzustellende Arbeit zu erhalten, ist eine Division mit der erwarteten Arbeitsnachfrage notwendig. Diese entspricht dem Produkt aus erwarteter Nachfragedauer h^ und Zuschlagsleistung Lf. Die spezifischen Anfahrkosten ergeben sich unter diesen Voraussetzungen zu:
A, An
/^An ^k
^An •%
/l^Lf 0
wenn L?^^ 'k ' ^ " , wenn LF^^ > Q
(3.66)
In der vorliegenden Arbeit wird vereinfachend davon ausgegangen, dass die beim Hochpumpen entstandenen Kosten als variable Erzeugungskosten interpretiert werden konnen. In der Praxis sind die Entscheidungen zum Kraftwerkseinsatz jedoch nicht abhangig von den vergangenen, tatsachlich angefallenen Pumpkosten. Sie sind vielmehr durch die Opportunitatskosten, d. h. den zukiinftig zu erwartenden Pumpkosten und alternativen Verwertungsmoglichkeiten, determiniert. Entsprechend konnen die vergangenen Pumpkosten als sunk cost interpretiert werden.
80
3 Methoden zur Unterstiitzung von Handelsentscheidungen
Schliefilich folgt fiir die Arbeitskosten:
c^Lr^Lr)=ct'«^(Lr,i^r)+ct'^"+c^^"
(3.67)
Die Fixkosten setzen sich im Wesentlichen aus dem Aufwand fiir Abschreibungen, Steuern, Personal, Verwaltung, regelmai3igen Revisionen und Versicherung zusammen. Bei einem kurzfristigen Betrachtungshorizont sind diese Kosten nicht beeinflussbar, da ihre Hohe unabhangig von den innerhalb des betrachteten Zeitraums zu treffenden Entscheidungen ist. Fiir den hier zu betrachtenden Fall gilt dies nur bedingt, da z. B. zur Einstellung der Gebote oder zur Sicherstellung der jederzeitigen Einsatzbereitschaft mit c^' ^ bezeichnete Zusatzkosten fiir Personal und Verwaltung anfallen. Ein weiterer Anteil der zu beriicksichtigenden Leistungskosten wird durch anfallende Mehrkosten bei einem notwendigen Teillastbetrieb thermischer Erzeugungseinheiten bestimmt. Bereits mit Gl. (3.65) wurde deutlich, dass im Teillastbetrieb hohere spezifische Arbeitskosten als bei Nennlast anfallen. Wenn L^^^ < L^^ gilt kann diese Abhangigkeit generell iiber
_ r A / r B e l rBeO>. ^ A / r N e r B e O \ l ^k '^ — L^fe \^k 5 ^fc ) ~ ^k \^k 5 ^k ) \ r Ne _ r Bel
^
'
beriicksichtigt werden (sonst entsprechen die Kosten Null). Damit folgt fiir die Leistungskosten: c\{Ll'^\Ll^^) = cY-^c]:^\LT.Lt^)
(3.69)
Obige Ansatze zur Bestimmung von Leistungs- und Arbeitskosten fokussieren ausschliefilich auf die Bereitstellung inkrementeller Minutenreserve. Fiir den Fall der Bereitstellung dekrementeller Reserve, die (sofern in Anspruch genommen) eine Reduzierung der aktuellen Erzeugung voraussetzt, konnen diese Ansatze nur bedingt angewendet werden. So werden in diesem Fall beim Einsatz thermischer Kraftwerke Brennstoffkosten eingespart, welche zu geringen und i.d. R. sogar negativen Arbeitspreisen fiihren. Auch die Leistungskosten sind geringer als bei der Bereitstellung von inkrementeller Reserve, da an dieser Stelle die bei der inkrementellen Reserve den Leistungskosten zugerechneten Kosten des notwendigen Teillastbetriebs entfallen.
3.6 Angebotserstellung am Spotmarkt Wie bereits bei der Angebotserstellung am Regelenergiemarkt ist auch bei der Angebotserstellung am Spotmarkt der Marktpreis ex ante unbekannt. Ein wesentlicher Unterschied zwischen den hier betrachteten Regelenergie- und Spotmarkten besteht aber in der Marktform. So ist der Spotmarkt als tagliche zweiseitige Caii-Auktion ausgestaltet, bei der die angenommenen Gebote nach
3.6 Angebotserstellung am Spotmarkt
81
dem Hochstpreisverfahren vergiitet werden. Dieser wesentliche Unterschied in der Ausgestaltung der Markte bedingt eine prinzipiell andere Herangehensweise bei der Bestimmung einer gewinnmaximalen Angebotserstellung. Zur Entwicklung einer entsprechende Methodik erfolgt in Kapitel 3.6.1 eine Beschreibung des vorliegenden Entscheidungsproblems. Dabei werden einleitend die grundlegenden Annahmen zur Marktstruktur definiert, bevor durch die Diskussion relevanter Literatur die Darstellung der methodischen Herangehensweise erfolgt. In Kapitel 3.6.2 wird darauf aufbauend eine vereinfachte Methodik zur Angebotserstellung an einem vollkommenen Spotmarkt unter Beachtung von Preisrisiken entwickelt. Diese Annahme fiihrt entsprechend der mikrookonomischen Theorie zur Angebotserstellung entsprechend der Grenzkosten der beteiligten Kraftwerke. 3.6.1 P r o b l e m b e s c h r e i b u n g Der zu beachtende Auktionsmarkt beruht auf der in Kapitel 2.3 skizzierten Ausgestaltung des Marktes der European Energy Exchange AG (EEX). Folglich wird von einer taglichen zweiseitigen Caii-Auktion von O^ = 24 zeitgleich gehandelten einstlindigen Produkten ausgegangen, welche die Menge Q S _ {of, o f , . . . , O24} bilden. Die in Kapitel 2.3 angesprochenen mehrstiindigen Blockkontrakte werden nicht beriicksichtigt. Weiterhin wird entsprechend der aktuellen Praxis eine transparente Veroffentlichung der Marktpreise angenommen, d. h. vom Marktbetreiber werden die je Stunde nach dem Hochstpreisverfahren ermittelten Preise zeitnah veroffentlicht. Dies ermoglicht die Ableitung einer kontinuierlichen Verteilungsfunktion des als stochastische Variable angesehenen Marktpreises p^. Dadurch kann in der nachfolgend zu entwickelnden Methodik die Stochastik des ex ante unbekannten Marktpreises beriicksichtigt werden. Generell wird von einem risikoneutralen Bieter bzw. KWB und in Naherung von einem vollkommenen Markt ausgegangen^^. Wird die Angebotserstellung am Spotmarkt betrachtet, so sind Entscheidungen zu treffen, die einer gewissen Planung bediirfen. Wird ausschlieBlich die am Markt potenziell anbietbare Leistung unabhangig von ihrer jeweiligen Erzeugung betrachtet, so kann von einer Handelsplanung gesprochen werden. Eine Handelsplanung geht in eine Kraftwerkseinsatzplanung iiber, wenn zusatzlich die Verteilung der Erzeugung auf die verfiigbaren Kraftwerke erfolgt [159]. Diese stellt einen komplexen Themenbereich dar, der v. a. durch Anfahrentscheidungen bestimmt wird, welche die Berlicksichtigung von Anfahrkosten, aber auch von Anfahrzeiten sowie Mindestbetriebs- und -stillstandszeiten notwendig machen. Da eine solche Betrachtung eine eigene Arbeit darstellen ^^ Untersuchungen zeigen, dass auch am Spotmarkt die Moglichkeit zur strategischen Angebotserstellung besteht [155-158], weshalb auch ein Spotmarkt nicht a priori als vollkommen angesehen werden kann. Insbesondere im Vergleich zum Regelenergiemarkt kann diese vereinfachende Annahme in der vorliegenden Arbeit aber gerechtfertigt werden.
82
3 Methoden zur Unterstiitzung von Handelsentscheidungen
wiirde, vgl. u.v. a. [18, 154, 159-161], wird in der vorliegenden Arbeit auf eine Vereinfachung zuriick gegriffen. Es wird davon ausgegangen, dass bereits vor der Angebotserstellung am Spotmarkt eine Einsatzplanung der relevanten Kraftwerke fc G K eines Kraftwerksportfolios K = { k i , k 2 , . . . , k x } stattgefunden hat. Bereits in Kapitel 3.5.1 bei der Diskussion der relevanten Literatur zur Angebotserstellung am Regelenergiemarkt wurde angesprochen, dass eine erhebliche Anzahl von Veroffentlichungen zur Angebotserstellung an Elektrizitatsmarkten und dabei v. a. an Spotmarkten zu finden ist. Die diskutierte Literatur beschaftigt sich in der Mehrzahl der Falle mit spieltheoretischen Untersuchungen zur Markteffizienz und der Moglichkeiten zur Ausiibung von Marktmacht an als zweiseitigen Caii-Auktionen [65] ausgestalteten Spotmarkten [125-140]. Auf eine Diskussion der verwendeten Ansatze (v. a. basierend auf dem Cournot-, Stackelberg- und Sizppiy-Function-Modell) wird aber auch an dieser Stelle verzichtet, da sie kaum zur Losung der hier zu betrachtenden Problemstellung anwendbar sind. Obiger Diskussion folgend spielt hier die Literatur zur handelsorientierten Kraftwerkseinsatzplanung eine deutlich groBere Rolle. Einen umfassenden Uberblick liber die verfiigbare Literatur geben verschiedene aktuelle tjbersichtsartikel [161-166]. Durch Analyse dieser Artikel kann festgestellt werden, dass vor der Liberalisierung Ansatze mit dem Ziel einer Kostenminimierung betrachtet wurden, wahrend danach zunehmend Ansatze mit dem Ziel einer Gewinnmaximierung im Fokus standen. Werden ausschliefilich Ansatze mit dem Ziel einer Gewinnmaximierung betrachtet, so kann weiter zwischen deterministischen und stochastischen Ansatzen unterschieden werden. Zu den deterministischen Ansatzen zahlen u. a. die Arbeiten von Yan und Stern [167], Conejo et al. [168] sowie Rodriguez und Andres [169]. In diesen Arbeiten wird der ex ante unbekannte Marktpreis iiber seinen Erwartungswert berlicksichtigt, wobei sowohl Conejo et al. als auch Rodriguez und Andres von einem stochastischen PreisprozeB ausgehen, welcher mit Hilfe der in Kapitel 3.3 beschriebenen okonometrischen Verfahren bestimmt werden kann. Wahrend aber Conejo et al ausschliefilich mit dem Erwartungswert rechnen, versuchen Rodriguez und Andres die bestehenden Unsicherheiten bzgl. des Marktpreises mit der Berechnung mehrerer Szenarien zu fassen. Diese werden allerdings unabhangig voneinander betrachtet, wodurch eine Vielzahl von Suboptima erhalten wird. Eine deutlich verbesserte Beriicksichtigung der Schwankungen um den erwarteten Marktpreis kann durch Anwendung der stochastischen Programmierung erfolgen [170]. Ansatze dieser Art wurden zur gewinnmaximalen Angebotserstellung an Spotmarkten in unterschiedhcher Form u. a. von Takriti et al [171], Growe-Kuska et al. [172], Ni et al. [173] sowie Brand und Weber [174] vorgeschlagen. Diesen Ansatzen ist gemein, dass sie die gewinnmaximale Angebotserstellung durch die Beriicksichtigung einer diskreten Menge von Zustande v. a. des Marktpreises bestimmen. Durch die Moglichkeit aus historischen Preisinformationen eine Dichtefunktion des Marktpreises abzuleiten, wird hier und abweichend zur
3.6 Angebotserstellung am Spotmarkt
83
oben diskutierten Literatur der Marktpreis iiber eine kontinuierliche Menge von Zustanden beriicksichtigt. 3.6.2 G e w i n n m a x i m a l e A n g e b o t s e r s t e l l u n g Im Gegensatz zur Angebotserstellung am Regelenergiemarkt wird am Spotmarkt V. a. aufgrund der Marktform mit einem einheitlichen Marktpreise nicht nur ein Gebot eingestellt, sondern eine aus mehreren Kombinationen von Preis und Leistung bestehende Angebotsfunktion {Supply curve). Da davon ausgegangen werden kann, dass am Spotmarkt m^ fiir jedes Produkt o^ G O^, d. h. fiir jede gehandelte Stunde, der vom Marktbetreiber ermittelte Einheitspreis veroffentlicht wird, ist durch Anwendung der in Kapitel 3.3 beschriebenen okonometrischen Methoden neben der Prognose der zu erwartenden Spotmarktpreise p^ = E[p^] auch die Ableitung einer kontinuierlichen Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion der Form f^{p^) : IR ^-> IEI+ moglich, wobei hier je Stunde von getrennten stochastischen Prozessen ausgegangen wird. Entsprechend ist iiber die Stammfunktion bzw. Verteilungsfunktion F^(p^) : R — i > [0,1] der Dichtefunktion die direkte Berechnung der Zuschlagswahrscheinlichkeit moglich, es gilt pZ(pS > e ^ f ) = 1 - F S , ( , A , S ) ^ Unter der Annahme eines vollkommenen Marktes erfolgt die Angebotserstellung entsprechend der Grenzkosten der in einem Produktzeitraum zur Verfiigung stehenden Kraftwerkskapazitaten. Entsprechend Gl. (3.67) gilt zur Angebotserstellung am Spotmarkt: p ^ ^ = c^'^ (L^|^,L^^°). Leistungskosten sind hier nicht zu beriicksichtigen, da diese beim kurzfristigen Handel keinen Freiheitsgrad darstellen. Die zu unterscheidenden Falle der nach der Vorplanung erhaltenen Betriebsleistung eines Kraftwerks je Produkt werden iiber i. L^^^ ohne Anforderung von Spotenergie und ii. L^^^ mit Anforderung von Spotenergie beriicksichtigt. Da am Spotmarkt stets von einem einstiindigen Angebotszeitraum ausgegangen werden kann, ist die je Produkt und Kraftwerk gebotene Leistung L^^ gleich der Arbeitsnachfrage A^^. Dies fiihrt zur Bestimmung des erwarteten Gewinns bei der Angebotserstehung an einem als vollkommen angenommenen Spotmarkt. Dazu kann nachfolgende Gleichung angesetzt werden: (X)
n-YlY^^lJ o G OS /e G K
e{pl - p^.) {^\PI\PI > p?.l - ^o;EkeK
L'^^,){p]; + Ap'^M))
(3.79)
oeo^keK
Der wesentliche Unterschied zwischen der sequentiellen Angebotserstellung mit Gl. (3.77) bis (3.79) und der simultanen mit Gl. (3.74) bis (3.76) besteht neben der Einfiihrung des Gebotspreises am Spotmarkt als Entscheidungsvariable zum einen in der Beriicksichtigung der bereits angesprochenen erwarteten Gebotsleistung und zum anderen in der expliziten Formulierung der Summe liber die zu betrachtenden Markte. Erst durch dieses Vorgehen kann dem sequentiellen Handelsablauf Rechnung getragen werden. Bei der Summe iiber die Markte ist die jeweilige sequentielle Handelsreihenfolge zu beachten, welche insbesondere bei der Bestimmung der erwarteten Gebotsleistung L^^ von Bedeutung ist. Letztere ist relativ aufwendig zu bestimmen, da neben der an einem Markt in ein Produkt jeweils eingestellten Leistung L^^ auch die in Erwartung abgelehnten und im jeweiligen Produktzeitraum minimal verfligbaren Leistungen zu beriicksichtigen sind. Dazu ist die Bestimmung der Ablehnungswahrscheinlichkeiten notwendig, flir die gilt: pA
^o,k
p^p^ < 0) die Preisfunktionen flacher verlaufen. Dieser Verlauf ist v. a. dadurch zu erklaren, dass es bei hoheren Standardabweichungen auch bei kleinen Gebotsleistungen durch niedrigere Gebotspreise zu einer Erhohung der Zuschlagswahrscheinlichkeit kommen kann. Abb. 4.12 (b) illustriert, dass die Gewinnfunktion weiterhin konkav und streng monoton steigend ist. Es ist zu erkennen, dass eine genauere Kenntnis des zukiinftigen Effizienzund Grenzpreises (CTN = CTL ^ 0) zu einer deutlich steileren Gewinnfunktion und insgesamt hoheren erwarteten Gewinnen fiihrt.
4.3 Angebotserstellung am Regelenergiemarkt
129
Mit Abb. 4.13 wird die starke Sensitivitat der optimierten Gebotspreise bzgl. der zugrunde gelegten Standardabweichungen und dem Einheitspreiseffekt des Preisdumpings verdeutlicht. Es ist zu erkennen, dass einer genauen Kenntnis sowohl des zukiinftigen Preises als auch des Einheitspreiseffekts eine groBe Bedeutung zukommt. Im oben diskutierten Basisfall stimmen die tatsachlichen Preise nicht zwingend mit den erwarteten charakteristischen Preiser! iiberein (CTN, CFL > 0)- Sind die Preise des folgenden Tages dagegen deterministisch bestimmt (CTN, CTL ^ 0), dann wird ein optimierter Gebotspreis erhalten, der sich bei L^ = ^N,min -^^ j ^ ^ ^ ^ ^^^ j^^^ immer weiter dem Grenzpreis und bei L^ — V2 in Abb. 4.13 (e) immer weiter dem Effizienzpreis nahert. Werden beide Falle verglichen, so fallt auf, dass bei L^ = L^ die Standardabweichung (JL der Log-Normal-Verteilung fast ohne Einfluss auf den optimierten Gebotspreis ist. Dies wird durch den fast deckungsgleichen Verlauf der Analysen fiir die gleichzeitige Variation von a^ und CTL im Vergleich zur Variation nur fiir a^ deutlich. Dies ist damit zu erklaren, dass in diesem Fall die Gebotspreisbildung fast ausschlieBlich durch die Verteilung des EfRzienzpreises bestimmt wird. Der geringe zu beobachtende Einfluss der Verteilung der Diff"erenz zwischen Grenz- und Effizienzpreis ist durch die Beriicksichtigung von Teilzuschlagen zu erklaren. Wird dagegen der Fall L^ — X^'"^^'^ naher betrachtet, so hat die Standardabweichung CTL der Log-Normal-Verteilung einen deutlich groBeren Einfluss. In diesem Fall wird die Gebotspreisbildung durch die Verteilung des Grenzpreises bestimmt. Ein weiteres interessantes Charakteristikum der optimierten Gebotspreisbildung ist bei groBen Standardabweichungen (JN der Normal-Verteilung zu beobachten. In diesem Fall steigen die Gebotspreise stark iiber den erwarteten Grenzpreis und gleichen sich bei unterschiedlichen Gebotsleistungen zunehmend an. Letzterer Punkt ist v. a. dadurch zu erklaren, dass der ohnehin geringe Einfluss der Standardabweichung CTL der Log-Normal-Verteilung weiter abnimmt, die Verteilung des Effizienzpreises somit die Gebotspreisbildung dominiert und so auch unabhangig von der Gebotsleistung ahnhche optimierte Gebotspreise erhalten werden. Das starke Ansteigen der optimierten Gebotspreise ist durch die hohe Volatilitat des Eflizienzpreises begriindet, wodurch der erwartete Gewinn zunehmend vom Gebotspreis und weniger stark von der Zuschlagswahrscheinlichkeit bestimmt wird (zugunsten hoherer erwarteter Gewinne wird eine geringere Zuschlagswahrscheinlichkeit in Kauf genommen). Werden in diesem Zusammenhang die Basisparameter in Tab. 4.9 betrachtet, so fallt auf, dass die Standardabweichungen dort vergleichsweise groB sind. Die oben angesprochenen hohen Gebotspreise im Basisfall, welche zur Ablehnung der Gebote durch den Nachfrager fiihrten, konnen somit weitgehend iiber die hohe Standardabweichung der Normal-Verteilung erklart werden. Es kann daher abgeleitet werden, dass die hier vereinfachend angenommene NormalVerteilung nicht ausreicht, um die tatsachliche Preisverteilung abzubilden. Es ist zu vermuten, dass mit der in Kapitel 4.1 als besonders geeignet identifizierten Mixture-Verteilung bessere Ergebnisse erhalten werden konnen.
130
4 Anwendungen fiir Netz- und Kraftwerksbetreiber
Abb. 4.13: Sensitivitatsanalyse der Standardabweichungen CTN und (JL sowie der langfristigen Preisminderung durch Preisdumping u bei unterschiedlichen GebotsleistungenL^
4.3 Angebotserstellung am Regelenergiemarkt
131
Neben der Gebotsleistung und den Standardabweichungen der Verteilungen hat der optimierte Gebotspreis auch eine hohe Sensitivitat gegeniiber dem Einheitspreiseffekt v zur Beriicksichtigung moglicher Gewinnminderung durch Preisdumping. Dies ist in Abb. 4.13 bei gleichzeitiger Variation von CTN und CTL dargestellt. Es ist zu erkennen, dass bei zunehmendem Einheitspreiseffekt z/, d. h. wenn eine moghche Gewinnminderung verstarkt beriicksichtigt wird, der optimierte Gebotspreis steigt, wobei der Anstieg mit zunehmendem v immer geringer wird. Dazu ist festzuhalten, dass es bei steigendem Einfluss moghcher zuklinftiger Gewinnminderungen vorteilhaft ist, die Wahrscheinhchkeit ftir das Auftreten dieser negativen Effekte auf den erwarteten Gewinn zu senken. In der Optimierung ist somit zu erreichen, dass das eigene Gebot mit zunehmender Wahrscheinhchkeit oberhalb des Effizienzpreises hegt, somit nicht selbst zum Effizienzpreis wird. Dabei ist zudem ein gegenlaufiger EfFekt zu beachten, da es durch hohere Preise auch zu einer geringeren Zuschlagswahrscheinhchkeit und so wiederum zu geringeren erwarteten Gewinnen kommt. Der optimierte Gebotspreis ergibt sich somit aus der optimierten Beachtung dieser beiden gegenlaufigen Effekte. Da die Gewinnminderung durch Preisdumping weiterhin nur von der Verteilung des Effizienzpreises abhangt, nimmt die Wahrscheinhchkeit, dass das eigene Gebot nicht den Effizienzpreis stellt, mit steigendem Preis immer weniger stark zu (die Steigung der Verteilung geht in ihren Flanken gegen Nuh). Dies erklart, warum eine immer hohere Beriicksichtigung einer moghchen Gewinnminderung zu immer kleineren Anstiegen des Gebotspreises fiihrt. Mit der Verteilung des Effizienzpreises kann auch erklart werden, warum die Sensitivitat des optimierten Gebotspreises auf eine Veranderung des Einheitspreiseffekt s V im Bereich kleiner Standardabweichungen geringer als im Bereich groBer ist. Wird in beiden Fallen mit dem gleichen Preis geboten, so ist die Wahrscheinhchkeit, dass das aktuelle Gebot den Effizienzpreis stellt, im Fall einer groBen Standardabweichung groBer als bei einer kleinen. Eine hohe Standardabweichung bedingt somit zur Minimierung moglicher Gewinnminderungen einen Anstieg des Gebotspreises gegeniiber einer kleineren. Im Fall einer Gebotsleistung von L^ = L^^^^^ in Abb. 4.13 (b) fiihrt dies dazu, dass im Vergleich zum Fall einer Gebotsleistung von L^ = L^ in Abb. 4.13 (f) bereits bei viel niedrigeren Standardabweichungen der Gebotspreis mit gegen Eins gehender Wahrscheinhchkeit groBer dem Effizienzpreis ist, und somit ein steigendes u keinen Einfluss auf den Gebotspreis hat. 4.3.2 Analytischer Losungsansatz Bei der bisher diskutierten Angebotserstellung unter der vereinfachenden Annahme einer Normal-Verteilung der Effizienzpreise ergaben sich Gebotspreise, die in der Realitat nicht zielfiihrend gewesen waren. Auch wurde in Kapitel 4.1 aufgezeigt, dass die tatsachliche Preisentwicklung nicht gut durch eine Normal-Verteilung wiedergegeben werden kann. Daher wird fiir die Effizienzpreise nachfolgend die als besser identifizierte und aus zwei Normal-
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4 Anwendungen fiir Netz- und Kraftwerksbetreiber
Tab. 4.12: Fur den 21.05.2002 aus den Geboten am Regelenergiemarkt der RWE Net AG im Produkt 4 bis 8 Uhr abgeleitete Parameter zur Anwendung des analytischen Losungsansatzes Parameter Ai
Wahrscheinlichkeit erste Normal-Verteilung
A2
Wahrscheinlichkeit zweite Normal-Verteilung
/ii //2 cTi
^-^
N^
l>^
00 CO CO
o CO
CM t 0 0 CO CO CO
CM CO CO
1 ^
r-H
o
^
0
^ ^ ;::) ^
Ci
o
o
1
CO
1
o ^-"Oo
1
1
CM 1—1
lO
1
CM
H a;
< < 0
aa
&^ s a a ^ ^ ^ ^
,
1
c^
0
3
^
:
^
^
^
a a na ..-H a .a ,?,? ^ \j n ^ CD CD CD
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^1
IM1« ^^^ ^ § a ^ ^ ^ og o
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O
0 . +3
lO
0)
CO J
CO
^
J
.2
^ *s o ^ 0 ^ T3 5H
bO
O CO O
fl
a
o
2
^
::3 a JU
H:|
S
2 '^ =^
0
Der Erwartungswert ergibt sich zu: E3 M = b
(C.ll)
Die Varianz kann bestimmt werden liber: VAR3 [x] = b"
(C.12)
Als Stamm- bzw. Wahrscheinlichkeitsfunktion F^{y) ergibt sich: ,x ^.^ _ i 0 ' wenn y < 0 1 — exp (—f j , wenn y > 0 Faitungsfunktion aus M i x t u r e - und Erlang-Verteilung Mit der Dichtefunktion der Mixture-Verteilung f^{x — ku) nach GL (C.l) und der Dichtefunktion der Erlang-Verteilung /^('^) nach Gl. (C.6) ist die Dichtefunktion der einseitigen Faltung / ^ ( x ; k) bestimmt liber [80]: 00
f^{x;k)
=j
f^{x-ku)f}{u)du
0
0n
I—I
2
^
p
exp 2=1
^
'
(C.14)
^
{x-/j.if\ r-( ^i ——— -A/TT ' 2cr2 / \y/2kh
exp n - ^ V - ^
^
Vrfc f ^
x-iii y/2a.
-
^
190
C Integrationsprobleme bei der Angebotserstellung Der Erwartungswert ergibt sich zu: E[x]=E,[x]
+ kE2[x] (C.15)
2
z=l
Die Varianz kann bestimmt werden iiber: VAR[x]=VARi[x] + fc2VAR2[x] (C.16)
Flir die Stamm- bzw. Wahrscheinlichkeitsfunktion F^{x; k) gilt generell: OO
F^ {x; k)=
f 0
X
f / f {x - ku) f} {u) dx du
(C.17)
-OO
Zur Bestimmung der Stamm- bzw. Wahrscheinlichkeitsfunktion ist es sinnvoll, erst die Integration iiber x und dann iiber u durchzufiihren. Dieses Vorgehen ermoglicht die einfache Anwendung der verftigbaren Standardintegrale. Zunachst ergibt die Integration iiber x: X
F^ (u, x-k)=
I f^ (x - ku) f} {u) dx — OO
E
PiU
(
u\
^ (ku—(x
— ii
Mit der Integration iiber u folgt schlie]31ich die Stamm- bzw. Wahrscheinlichkeitsfunktion F^[x\ k):
C.2 Erwartete Zuschlagsleistung
F^ (x; k)=
f^ {x - ku) f} (u) dx du 0
-oo
2
ku — {x — iii)
= E^/«^^p(-i)«'-fc i=l
E
191
m
262
exp
V2kb
2aib
^2
(C.19)
(^ - /^O b k
A:6
/
Vy2A:6
^ - ^ ^ ^ U^^erfc^ V2a,
exp
du
\/2a,
^-^^ V2a^
C.2 Erwartete Zuschlagsleistung Nach Gl. (3.42) ist zur Bestimmung der erwarteten Zuschlagsleistung v. a. das folgende (hier verallgemeinerte) Integrationsproblem zu losen: /C2
F {x]ki,k2)
= /
X
oo
/
fi{x-ku)f^{u)dudxdk
(C.20)
ki —oo 0
Dabei wird anstatt liber die Leistung L direkt liber k integriert, was eine deutlich vereinfachte Darstellung ermoglictit. Dies flihrt bei einer Substitution unter Beachtung von GL (3.35) und einer Multiplikation mit L^'"^^" - L^'"'^^ zum gleichen Ergebnis. Zur Anwendung der Standardintegrale ist es notwendig, die Integrationsreihenfolge von Gl. (C.20) zu vertauschen, d. h. erst die Integration liber x, dann liber k und schliefilich liber u durchzuflihren. Die Integration liber x wurde bereits dargestellt und kann Gl. (C.18) entnommen werden. Die Integration liber k ergibt daraufhin:
192
C Integrationsprobleme bei der Angebotserstellung /C2
X
F{u,x\ki,k2) — I / fi {x-ku) f2 {u)dx dk ki —oo
dk
V2