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Klaus Gregor Topole
Grundlagen der Anlagenplanung Einstieg in den Anlagenbau mit zahlreichen Praxisbeispielen
Grundlagen der Anlagenplanung
Klaus Gregor Topole
Grundlagen der Anlagenplanung Einstieg in den Anlagenbau mit zahlreichen Praxisbeispielen
Klaus Gregor Topole Business Unit Process Technologies ThyssenKrupp Industrial Solutions AG Dortmund, Deutschland
ISBN 978-3-662-57417-1 https://doi.org/10.1007/978-3-662-57418-8
ISBN 978-3-662-57418-8 (eBook)
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Vorwort
Der Anlagenbau, insbesondere der Großanlagenbau, stellt sowohl aus ingenieurtechnischer Sicht als auch aus Sicht der Projektleitung eine immense Herausforderung dar. Zum Einen liegt die Herausforderung darin, dass in kaum einem anderen Feld ein derart breites Know-How eingeht. Verschiedenste Ingenieurdisziplinen wie Bauingenieure, Verfahrenstechniker, Ingenieure für Maschinen und Apparate, Ingenieure der Elektrotechnik, der Instrumentierung, Rohrleitungsplaner, Informatiker, Profis für Heizung/Klima/Lüftung, usw. planen und arbeiten hier Hand in Hand. Außer Ingenieuren werden gerade im Großanlagenbau eine Reihe weiterer Spezialisten aus angrenzenden Bereichen gebraucht: Kaufleute, Juristen, Profis für Terminplanung und Steuerung und natürlich Menschen, die koordinierende Aufgaben in der Projektleitung wahrnehmen. Zum Zweiten liegt die große Herausforderung im Anlagenbau darin, dass im Regelfall jede einzelne Anlage ein Unikat ist. Anders als bei einer Serienfertigung, wie beispielsweise in der Fahrzeugindustrie oder in der Elektroindustrie, existiert hier allgemein nicht die Möglichkeit, einen Prototypen zu bauen, diesen zu verbessern, dann eine Vorserie zu produzieren, diese wieder zu verbessern, und danach das ausgereifte Produkt schließlich in Serie herzustellen. Eine Anlage, insbesondere eine Großanlage, wird an einem speziellen Ort mit den jeweiligen Randbedingungen, Einbindepunkten und speziellen Kundenanforderungen nur ein einziges Mal in dieser exakten Form gebaut. Eine zweite, dritte oder vierte Chance, wie im traditionellen Maschinenbau oder der Elektroindustrie existiert in der Regel nicht. Zum Dritten ist Anlagenbau, insbesondere Großanlagenbau, international. Anlagen werden in fast allen Teilen der Welt gebraucht und gebaut. Hier existieren jeweils unterschiedlichste Herausforderungen und Randbedingungen in der Resourcenverfügbarkeit, der Sprache, der gesetzlichen Rahmen, der speziellen Klimabedingungen, usw. Die Bandbreite geht hier von einer kleinen Müllverbrennungsanlage im bayerischen Wald über PVC Anlagen in der Wüste Qatars, zu Eisenerzbehandlungen und Verladeanlagen auf einer nordkanadischen Insel oberhalb des Polarkreises bis zu einer Ölförderplatform vor der Küste Brasiliens. In diesem Buch werden die Grundlagen der Anlagenplanung beschrieben. Es soll dem Leser ein breites und tragfähiges Fundament mitgegeben werden. Es zielt darauf, auf der V
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Vorwort
einen Seite einen Gesamtüberblick zu geben, auf der anderen Seite sollen auch spezielle Problemfälle tiefer beleuchtet werden. Diese Art der Wissensbereitstellung reflektiert eine der heutigen Challenges im internationalen Projektingenierwesen: ein guter Ingenieur1 muss in der Lage sein, sich auch in ein neues Teil- oder Fachgebiet einzufinden, er muss rechts und links seines Metiers die Zusammenhänge und gegenseitigen Beeinflussungen kennen und, zu guter Letzt, weiterhin den Gesamtüberblick behalten. Besonders hohe Herausforderungen, gerade in Punkto Vielfalt, individuelle Randbedingungen, Komplexität und Sicherheit liegen im Chemieanlagenbau. Aus diesem Grund werden besonders viele Aspekte am Beispiel des Großanlagenbaus in der chemischen Industrie beleuchtet.
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In diesem Buch wird der klaren Lesbarkeit und Verständlichkeit wegen und, um nicht vom eigentlichen Inhalt abzuschweifen, auf eine sogenannte genderspezifische Schreibweise verzichtet. Wir sprechen hier allgemein vom Hersteller, vom Anlagenbetreiber, vom Planer, vom Ingenieur, vom Prüfer, usw. Es ist völlig selbstverständlich, dass damit sowohl weibliche wie auch männliche Personen einbezogen sind.
Inhaltsverzeichnis
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Basis der Anlagenplanung . . . . . . . . . . . . 1.1 Projekteingangsdaten . . . . . . . . . . . . 1.2 Projektablauf Engineering . . . . . . . . . 1.2.1 Basic Engineering . . . . . . . . 1.2.2 Front End Engineering Design 1.2.3 Detail Engineering . . . . . . . . 1.3 Anlagenphilosophie . . . . . . . . . . . . . 1.3.1 Anlagenstandorte . . . . . . . . 1.3.2 Greenfield-Anlagen . . . . . . . 1.3.3 Brownfield-Anlagen . . . . . . . 1.4 Anlagenkategorisierung . . . . . . . . . . .
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Verfahrenstechnische Basis der Anlagenplanung . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Die Verfahrenstechnik in der Projektorganisation . . . . . . . . . . . 2.2 Verantwortung und Grundlagen der Verfahrenstechnik in der ingenieurtechnischen Planung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Allgemeine Aufgaben der Verfahrenstechnik in der Auftragsbearbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Schnittstellen der Verfahrenstechnik zu Lizenzgebern . . . . . . . . 2.5 Abstimmung mit Lizenzgebern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6 Entwicklungsprozess einer technischen Anlage . . . . . . . . . . . . 2.7 Projektphasen der verfahrenstechnischen Bearbeitung . . . . . . . . 2.7.1 Conceptual Engineering . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.7.2 Basic Engineering . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.7.3 Unterteilung des Basic Engineering in Phasen . . . . . . . 2.8 Internationale Begriffe und Abkürzungen in der Verfahrenstechnik 2.9 Prozesssimulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.9.1 Statische Simulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.9.2 Dynamische Simulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis
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Conceptual Engineering . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Einordnung in das Gesamtprojekt . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Konzeptionelle Verfahrensplanung bzw. Prozesssynthese 3.3 Auszuführende Arbeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Auslegungsbasis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5 Verfahrensgarantien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Basic Engineering . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Designbasis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Massen- und Energiebilanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Verbrauchszahlen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe . . . . . . . . 4.4 Zusammenstellung der gasförmigen und flüssigen Emissionen . . . 4.5 Blockfließbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.6 Prozessfließbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.7 Equipmentliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.8 Prozesstechnische Datenblätter für alle Ausrüstungen . . . . . . . . 4.9 Spezifikation für Katalysatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.10 Pipe-and-Instrument Diagram . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.10.1 Inhalt, Form, Arbeiten der Verfahrenstechnik und Status von Pipe-and-Instrument Diagram . . . . . . . . . . . . . . 4.10.2 Inhalte eines Pipe-and-Instrument Diagram . . . . . . . . 4.11 Verriegelungsbeschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.12 Grundlagen des Anlagenbetriebs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.12.1 Prinzipielle Beschreibung des Anlagenbetriebs . . . . . . 4.12.2 Detailliertes Betriebshandbuch . . . . . . . . . . . . . . . . 4.13 Analysenhandbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Detail Engineering . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1 Weitere Entwicklung des Pipe-and-Instrument Diagram . . 5.2 Nachrechnung der sicherheitstechnischen Ausrüstung . . . 5.3 3D-Anlagenplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4 3D-Model Review . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.1 30-Prozent-Model Review . . . . . . . . . . . . . . 5.4.2 60-Prozent-Model Review . . . . . . . . . . . . . . 5.4.3 90-Prozent-Model Review . . . . . . . . . . . . . . 5.5 Prozesstechnische Begleitung des weiteren Engineerings und der Abwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6 Datenkonsolidierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.7 Procurement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.8 Montageunterstützung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.9 Andere Aktivitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inbetriebnahme, Commissioning . . . . 6.1 Inbetriebnahmeplanung . . . . . . . 6.2 Durchführung der Inbetriebnahme 6.3 Training des Betreiberpersonals . .
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Anlagentypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1 Prozessanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.1 Raffinerien . . . . . . . . . . . . . 7.1.2 Petrochemische Anlagen . . . . . 7.1.3 Anlagen für Polymere . . . . . . . 7.1.4 Anorganische Chemieanlagen . . 7.1.5 Biotechnologieanlagen . . . . . . 7.2 Nebenanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.1 Dampferzeugung . . . . . . . . . . 7.2.2 Wasseraufbereitungsanlagen . . . 7.2.3 Demin-Anlagen . . . . . . . . . . 7.2.4 Kesselspeisewasseraufbereitung 7.2.5 Luftzerlegungsanlagen . . . . . . 7.2.6 Drucklufterzeugung . . . . . . . . 7.2.7 Kühlwassersysteme . . . . . . . . 7.2.8 Tanklager . . . . . . . . . . . . . .
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Aufstellungsplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1 Plotplan bzw. Gesamtlageplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2 Aufstellungsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.3 Interfaces – Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4 Entwicklung von Plot- und Aufstellungsplänen . . . . . . . . . . . . . . 8.5 Aufstellungsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.5.1 Bodenaufstellung, Grade-Mounted Arrangement . . . . . . . 8.5.2 Aufstellung in Strukturen, Structure-Mounted Arrangement 8.6 Aufstellung von Equipment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.6.1 Verfahrenstechnische Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . 8.6.2 Sicherheitstechnische Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . 8.6.3 Kostenoptimierte Rohrleitungsführung . . . . . . . . . . . . . 8.6.4 Betriebsanforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.6.5 Vorhandenes Baufeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.6.6 Ausrüstungsgrößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.6.7 Untergrundsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.6.8 Klimatische Bedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.7 Strukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.7.1 Grundlagen von Prozessstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . 8.7.2 Statische Auslegung von Strukturen . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis
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8.7.3 8.7.4 8.7.5 8.7.6 Gebäude 8.8.1 8.8.2 8.8.3 8.8.4 8.8.5 8.8.6 8.8.7 8.8.8
Kleine Prozessstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mittlere Prozessstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Große Prozessstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rohrbrücken bzw. Rohrtrassen . . . . . . . . . . . . . . . . . ..................................... Messwarte, Control Room Building . . . . . . . . . . . . . . Schalthaus, Substation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Büro- und Verwaltungsgebäude, Administration Building Wartungsgebäude, Maintenance Building . . . . . . . . . . . Analysecontainer bzw. Analyseräume . . . . . . . . . . . . . Laborgebäude . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lagerhäuser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Feuerwehrwachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Grundlagen Equipment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1 Auslegung und Auswahl von Ausrüstungen . . . . . . . 9.1.1 Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1.2 Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1.3 Auswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.2 Grundlagen statischer Ausrüstungen . . . . . . . . . . . . 9.2.1 Behälter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.2.2 Kolonnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.2.3 Reaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.2.4 Wärmetauscher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.2.5 Dampfkessel, Prozessöfen und Raffinerieöfen 9.2.6 Tanke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.2.7 Fackeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.3 Grundlagen Arbeitsmaschinen . . . . . . . . . . . . . . . . 9.3.1 Strömungsmaschinen . . . . . . . . . . . . . . . 9.3.2 Verdrängermaschinen . . . . . . . . . . . . . . . 9.3.3 Pumpen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.3.4 Haltedruckhöhe . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.3.5 Kavitation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.3.6 Laufräder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.3.7 Verdrängerpumpen . . . . . . . . . . . . . . . . 9.3.8 Kompressoren, Verdichter . . . . . . . . . . . . 9.3.9 Hubkolbenverdichter . . . . . . . . . . . . . . . 9.3.10 Schmier- und Regelölsystem . . . . . . . . . . 9.4 Turbinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.4.1 Dampfturbinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.4.2 Aufstellung von Turbinen . . . . . . . . . . . . 9.5 Gebläse und Ventilatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Rohrleitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.1 Auslegung von Rohrleitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.1.1 Werkstoffe von Rohrleitungen . . . . . . . . . . . . . . . . 10.1.2 Wanddicken, Durchmesser, Druckstufen . . . . . . . . . . 10.1.3 Anzugsdrehmomente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.1.4 Rohrleitungsanalysen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.2 Rohrklassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.3 Allgemeine Grundsätze der Rohrleitungsplanung . . . . . . . . . . . 10.3.1 Flanschverbindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.3.2 Sonderrohrleitungsteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.3.3 Entleerungen und Entlüftungen . . . . . . . . . . . . . . . . 10.3.4 Rohrleitungstrassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.3.5 Kritische Rohrleitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.3.6 Anordnung von Armaturen und Armaturengruppen . . . 10.4 Untergrundrohrleitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.4.1 Untergrundkühlwassersystem . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.4.2 Nicht behandlungsbedürftiges Abwasser . . . . . . . . . . 10.4.3 Behandlungsbedürftiges Abwasser . . . . . . . . . . . . . . 10.5 Löschwasserleitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.6 Rohrleitungen an Ausrüstungen und Maschinen . . . . . . . . . . . . 10.6.1 Rohrleitungen an Maschinen . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.6.2 Rohrleitungen an Pumpen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.6.3 Rohrleitungen an Turboverdichtern . . . . . . . . . . . . . 10.6.4 Rohrleitungen an Hubkolbenverdichtern, Kolbenpumpen 10.6.5 Rohrleitungen an Dampfturbinen . . . . . . . . . . . . . . . 10.7 Rohrleitungen an statischen Apparaten . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.7.1 Rohrleitungen an Wärmeaustauschern . . . . . . . . . . . . 10.7.2 Rohrleitungen an Kolonnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.7.3 Rohrleitungen an Reaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.8 Beheizen von Rohrleitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.8.1 Begleitheizung mit Dampf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.8.2 Elektrische Begleitheizung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.9 Isolierung von Rohrleitungen und Armaturen . . . . . . . . . . . . . 10.10 Isometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.11 Rohrleitungselemente bzw. Komponenten . . . . . . . . . . . . . . .
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141 141 141 142 142 142 144 147 148 149 149 150 151 151 152 153 153 153 154 155 155 156 156 156 157 158 158 158 159 159 160 162 163 164 166
9.7 10
Mischer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.6.1 Rührwerke . . . . . . . . . . . . . . 9.6.2 Auslegung von Rührwerken . . . . 9.6.3 Antriebe von Rührwerken . . . . . 9.6.4 Typen von Rührwerken . . . . . . . Hebe-, Förder- und Transporteinrichtungen .
XI
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XII
Inhaltsverzeichnis
10.11.1 10.11.2 10.11.3 10.11.4 10.11.5 10.11.6 10.11.7 10.11.8 10.11.9 10.11.10 10.11.11 10.11.12 10.11.13 10.11.14 10.11.15 11
Gerade Rohre . . . . . . . . . . . . . . . Flansche . . . . . . . . . . . . . . . . . . Formstücke . . . . . . . . . . . . . . . . Armaturen . . . . . . . . . . . . . . . . . Sicherheitstechnische Installationen . Kompensatoren . . . . . . . . . . . . . . Schrauben, Bolzen und Muttern . . . Dichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . Rohrunterstützungen . . . . . . . . . . Sonderunterstützungen . . . . . . . . . Rohrhalterungen . . . . . . . . . . . . . Federhalterungen . . . . . . . . . . . . Federhänger und Federstützen . . . . Konstanthänger und Konstantstützen Gelenk- bzw. Pendelhalterungen . . .
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166 166 167 167 174 175 176 177 178 179 180 181 182 182 183
Grundlagen Instrumentierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2 Planungsdokumente Instrumentierung . . . . . . . . . . . . 11.3 Feldgeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.3.1 Sensoren, allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.3.2 Durchflussmess- und Mengenmessgeräte . . . . 11.3.3 Füllstandmessungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.3.4 Druckmessgeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.3.5 Temperaturmessgeräte . . . . . . . . . . . . . . . 11.3.6 Regelarmaturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.3.7 Auf-Zu-Armaturen . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.3.8 Prozessanalysen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.3.9 Analysengeräteraum . . . . . . . . . . . . . . . . 11.3.10 Analysengeräteschrank . . . . . . . . . . . . . . . 11.4 Automatisierungssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.4.1 Distributed Control System . . . . . . . . . . . . 11.4.2 Emergency Shutdown System . . . . . . . . . . . 11.4.3 Realisierung von Distributed Control System und Emergency Shutdown System . . . . . . . . 11.4.4 Software . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.4.5 Redundanzkonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.4.6 Mess-Steuer-Regel-Schaltraumausrüstung und Anschluss der Feldgeräte . . . . . . . . . . . 11.4.7 Bussystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.5 Input-Output-Liste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.6 Verriegelungssystematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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185 185 186 186 187 187 187 188 189 189 191 191 191 192 192 192 193
. . . . . . . . 193 . . . . . . . . 195 . . . . . . . . 195 . . . .
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198 199 199 203
Inhaltsverzeichnis
XIII
12
Grundlagen Elektrotechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.1 Elektrotechnische Planungsdokumente . . . . . . . . . . . . 12.1.1 Engineeringspezifikationen . . . . . . . . . . . . . 12.1.2 Single Line Diagram . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.1.3 Elektrische Verbraucherliste . . . . . . . . . . . . . 12.1.4 Liste der elektrischen Lasten . . . . . . . . . . . . 12.1.5 Elektrische Systemarchitektur . . . . . . . . . . . . 12.1.6 Elektrische Schaltpläne . . . . . . . . . . . . . . . . 12.1.7 Montageanordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.1.8 Erdung und Blitzschutz . . . . . . . . . . . . . . . . 12.1.9 Elektrische Netzanalyse . . . . . . . . . . . . . . . 12.1.10 Hauptkabeltrassenplanung . . . . . . . . . . . . . . 12.1.11 Installationsengineering . . . . . . . . . . . . . . . 12.2 Elektrische Hauptausrüstungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.2.1 Schaltanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.2.2 Transformatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.2.3 Generatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.2.4 Unterbrechungsfreie Stromversorgung/Batterien 12.2.5 Elektromotoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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207 207 207 207 209 209 210 210 211 211 211 213 213 214 214 214 214 215 215
13
Anlagensicherheit, HAZOP und SIL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.1 Anlagensicherheitskonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.2 Hazard-and-Operability-Studie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.2.1 HAZOP-Durchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.2.2 HAZOP-Studie Schritt 1: Prognose von Störungen . . . . 13.2.3 HAZOP-Studie Schritt 2: Ermittlung der Ursachen . . . . 13.2.4 HAZOP-Studie Schritt 3: Einstufung der Auswirkungen 13.2.5 HAZOP-Studie Schritt 4: Identifizierung von Gegenmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.3 Safety Integrity Level . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.3.1 SIL-Durchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.3.2 SIL-Klassifizierung, allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . 13.3.3 SIL-Klassifizierung nach der Matrix-Methode . . . . . . . 13.3.4 SIL-Konzeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.3.5 SIL-Nachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.3.6 Praktisches Beispiel zu Konzeption und SIL-Nachweis . 13.4 Verwendete Abkürzungen in der Instrumentierung . . . . . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
217 217 220 221 221 221 223
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223 224 225 225 225 230 237 240 245
14
. . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Statistische Methoden im Anlagenbau und Anlagenbetrieb . . . . . . . . . 247 14.1 Beurteilung von Equipment und Komponenten bei Redundanz . . . . . 247 14.1.1 2 -Test . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248
XIV
Inhaltsverzeichnis
14.1.2
14.2
15
Schritt 1: Berechnen der mittleren (erwarteten) Ausfallhäufigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.1.3 Schritt 2: Berechnen des 2 -Werts . . . . . . . . . 14.1.4 Schritt 3: Prüfung des 2 -Werts auf Signifikanz . 14.1.5 Beispiel 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beurteilung der Performance . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.2.1 t-Test . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.2.2 Schritt 1: Berechnen des Mittelwerts . . . . . . . 14.2.3 Schritt 2: Berechnen der Standardabweichung . . 14.2.4 Schritt 3: Berechnen des Standardfehlers . . . . . 14.2.5 Schritt 4: Berechnen des t-Werts . . . . . . . . . . 14.2.6 Schritt 5: Prüfung des t-Werts auf Signifikanz . . 14.2.7 Beispiel 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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249 249 250 254 256 256 256 257 258 260 261 263
Normen und Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 15.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 15.2 Motivation zur Analyse der zu verwendenden technischen Regelwerke 267 15.3 Rechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 15.4 Allgemeines zum Europarecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 15.5 Basis von technischen Regelungen im Recht der Europäischen Union 271 15.5.1 Technische Regelungen zur Vollendung des europäischen Binnenmarkts . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 15.5.2 Allgemeiner Hinweis zur Bedeutung der CE-Kennzeichnung 272 15.5.3 Technische Regelungen zu Maßnahmen zur Sicherheit der Arbeitnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 15.6 Unterschied bzw. Zusammenspiel von Produkt- und Betreiberrichtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 15.6.1 Unterschied bzw. Zusammenspiel von Produkt- und Betreiberrichtlinien am Beispiel Explosionsschutz . . . . . . 279 15.6.2 Verantwortung hinsichtlich Produktrichtlinien . . . . . . . . . 279 15.6.3 Anlagenbauer als Hersteller (im Sinn der europäischen Richtlinien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 15.6.4 Grundsätzlicher Ablauf zur Erfüllung von Produktrichtlinien 281 15.6.5 Verantwortung hinsichtlich Betreiberrichtlinien . . . . . . . . 281 15.7 Zusammenspiel von Richtlinien und Normen auf europäischer Ebene 282 15.8 Überblick über die Situation in anderen Ländern . . . . . . . . . . . . . 282 15.8.1 USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 15.8.2 Kanada . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 15.8.3 Russland und Staaten der GUS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 15.8.4 China . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 15.8.5 Japan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 15.8.6 Australien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285
Inhaltsverzeichnis
15.9 Motivation für Normung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.10 Strukturen in der Normung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.10.1 Strukturen in Hinsicht auf Abstimmungsebenen . . . . . . . 15.10.2 Strukturen in Hinsicht auf thematische Zuständigkeit . . . 15.10.3 Internationale Normung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.10.4 Normung in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.10.5 Normung in Australien, Japan und China . . . . . . . . . . . 15.10.6 Normung in Europa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.10.7 Übernahme einer europäischen Norm von den nationalen Normungsorganisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.11 Kriterien zur Verwendung von Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.12 Rolle der Normen innerhalb der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . 15.13 Vereinfachte Verbindlichkeitsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.14 Pflicht zur Sorgfalt in der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . 15.14.1 Die (allgemein) anerkannten Regeln der Technik . . . . . . 15.14.2 Der Stand der Technik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.14.3 Stand von Wissenschaft und Technik . . . . . . . . . . . . . 15.15 TOP-Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.16 Normenarten nach EN 45020 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.17 Normen zur Sicherheit von Maschinen und Geräten . . . . . . . . . . 15.17.1 Typ-A-Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.17.2 Typ-B-Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.17.3 Typ-C-Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.18 Hinweis zur Normbeschaffung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.19 Zitieren von Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
XV
. . . . . . . .
285 287 287 289 290 291 291 292
. . . . . . . . . . . . . . . .
292 295 295 295 295 296 297 297 298 298 300 301 301 302 302 303
Basiswissen zur DGRL und MRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 16.1 Druckgeräterichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 16.1.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 16.1.2 Einstufung von Druckgeräten nach dem Gefahrenpotenzial . 307 16.1.3 Hinweis zu den Wesentlichen Sicherheitsanforderungen der DGRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 16.1.4 Risikoanalyse vs. Gefahrenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . 312 16.1.5 Hinweis zur Dokumentation gemäß Druckgeräterichtlinie . 313 16.1.6 Leitlinien zur Druckgeräterichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . 314 16.1.7 Hinweise zu Baugruppen aus Druckgeräten . . . . . . . . . . 314 16.2 Maschinenrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 16.2.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 16.2.2 Vereinfachte Darstellung der Konformitätsbewertung . . . . 318 16.2.3 Neufassung der Maschinenrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . 318 16.2.4 Auslegung des Anwendungsbereichs der Maschinenrichtlinie 319 16.2.5 Risikobeurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319
XVI
Inhaltsverzeichnis
16.3
16.2.6 Dokumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 CE-Kennzeichnung einer Gesamtheit von Maschinen von einem Lieferanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333
1
Basis der Anlagenplanung
Die Anlagenplanung ist ein wichtiger Teil bei der Planung von Industrieanlagen und ist richtungweisend für die gesamte Projektplanung. Die Grundlagen der Anlagenplanung setzen sich zusammen aus den Projekteingangsdaten, dem Projektablauf und der Anlagenphilosophie.
1.1 Projekteingangsdaten Während der Projektlaufzeit kommt eine Vielzahl von Informationen zusammen, die in der Anlagenplanung verarbeitet werden muss. Diese Informationen kann man in drei Kategorien einteilen: Projektdesigndaten Herstellerdaten Intern generierte Daten Projektdesigndaten werden in der Designbasis1 zusammengefasst und dienen als Grundlage für die Planung. Typische Informationen sind die geografische Lage, Gesetze, Normen und die Kapazität der Anlage. Die Herstellerdaten können grundsätzlich in zwei Hauptkategorien eingeteilt werden: in die Daten, die aus der Beschaffung von Massenmaterialien, dem sog. Bulk Material (z. B. Rohre, Armaturen usw.) und Daten für Einzelausrüstungen (z. B. Pumpen, Behälter, Regelventile usw.) kommen. Diese Informationen fließen z. B. in die Planung der Anlage ein und/oder dienen als Prüfunterlagen für die Planungsdisziplinen, den Kunden, die Be-
1
Designbasis D Pflichtenheft, s. Abschn. 4.1.
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 K. G. Topole, Grundlagen der Anlagenplanung, https://doi.org/10.1007/978-3-662-57418-8_1
1
2
1
Basis der Anlagenplanung
hörden, NOBO2 oder PE3 . Die zeitnahe Bereitstellung von Herstellerdaten und das Prüfen dieser Daten hat einen direkten Einfluss auf den Planungsablauf. Intern generierte Daten: Diese Planungsdaten werden von allen Planungsdisziplinen geniert. Beispielsweise legt die Lage- und Aufstellungsplanung die Position und Ausrichtung der Apparate und Strukturen fest, die dann durch die Bauplanung detailliert werden. Diese Daten werden mit Herstellerdaten verglichen und ergänzt.
1.2 Projektablauf Engineering Das Engineering kann man in drei Hauptphasen einteilen. Die konzeptionelle Phase, die während der Angebotsphase eines Projekts mit Definition des Projekts läuft, die Basicphase und die Detailphase.
1.2.1 Basic Engineering Das Basic Engineering ist i. d. R. die erste Planungsphase nach der Auftragserteilung an einen Anlagenbauer und kann auf einem Process Engineering Package (PEP) eines Lizenzgebers oder einer Konzept- und Investitionsstudie eines Betreibers basieren. Tiefergehende Aspekte des Basic Engineerings insbesondere aus verfahrenstechnischer Sicht werden nochmals in Kap. 4 beschrieben. Typischerweise werden im Basic Engineering folgende Planungsleistungen erbracht:
Auslegung und Berechnung aller verfahrenstechnischen Komponenten Ergänzende Verfahrensbeschreibung Materialbilanzen PFD4 , PID5 Bedienungskonzept und Wartungskonzepte Ausrüstungslisten und Spezifikationen Plot- und Aufstellungspläne Rohrklassen Aufgabenstellung für die Bauplanung Erstellung von Level-2-Terminplänen Kostenschätzung
NOBO D Notified Body, benannte Stelle wie z. B. DEKRA, TÜV. PE D Professionell Engineers, nehmen in den USA u. a. Prüfaufgaben wahr. 4 PFD D Process Flow Diagram, Prozessfließbild, s. Abschn. 4.6. 5 PID D Pipe and Instrument Diagram, Rohrleitungs- und Instrumentierungsschema, s. Abschn. 4.10. 2 3
1.2
Projektablauf Engineering
3
Am Ende des Basic Engineering folgt ein sog. Behördenengineering/Genehmigungsverfahren, bei dem der Anlagenbetreiber eine behördliche Genehmigung erwirkt. Grundlage eines solchen Verfahrens mit den Behörden sind PFD und eine Verfahrensbeschreibung. Speziell bei Genehmigungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz oder in den USA nach dem sog. Air-Permit sind viele Anforderungen aus dem Umweltrecht erforderlich. Die vielen Genehmigungen, Erlaubnisse und Bewilligungen sind oftmals getrennt zu beantragen. Im Vorfeld müssen u. U. auch die öffentlich-rechtlichen Voraussetzungen geprüft und untersucht werden, ob für das geplante Vorhaben am vorgesehenen Standort überhaupt die Genehmigungsfähigkeit vorhanden ist.
1.2.2
Front End Engineering Design
Das Front End Engineering Design (FEED) ist ein ergänzender Planungsschritt, wenn das Projekt nicht direkt in die Detailplanungsphase geht. Hauptaufgabe des FEED ist das Überprüfen und das Ergänzen der Planungsunterlagen des Basic Engineering:
Ergänzen der Datenblätter für Maschinen und Apparate thermisches Auslegen von Wärmetauschern Erstellen von Anfragespezifikationen für Ausrüstungen mit langen Lieferzeiten Ergänzung der Prozess und Utility PID Ergänzen von Plot- und Aufstellungsplänen Erzeugen von Gefahrenzonenplänen Detaillierung des Terminplans Stundenkalkulation für alle Disziplinen
1.2.3 Detail Engineering Das Detail Engineering ist die Weiterführung des Basic Engineering oder FEED und dient dazu, alle Leistungen zu erbringen, um eine Anlage letztlich zu errichten. Das heißt, im Detail Engineering werden die eigentlichen Bau-, Montage- und Konstruktionsunterlagen erstellt. Tiefergehende Aspekte des Detail Engineerings, insbesondere aus verfahrenstechnischer Sicht, werden nochmals in Kap. 5 beschrieben. Typische Arbeiten im Detail Engineering sind: Einkaufsaktivitäten, wie z. B. das Bestellen von: – Maschinen, Apparaten und sonstigen Ausrüstungen – Massenmaterial („bulk material“) für Rohrleitungen, Instrumentierung und Elektrotechnik – Chemikalien, Katalysatoren
4
1
Basis der Anlagenplanung
Verfahrenstechnik: – Überprüfen verfahrenstechnischer Daten – Erstellen der PID Rohrleitungsplanung mit z. B.: – Isometrien – Rohrleitungsplänen – Rohrleitungsspannungsberechungen („stress calculations“) – Rohrklassenfestlegung Bauplanung: – Stahlbau – Massivbau Instrumentierung – SAS6 – Feldgeräte Elektrotechnische Planung Terminplanung (Level 3 und 4) Montage Engineering
1.3 Anlagenphilosophie Jede Anlage folgt einer individuellen Philosophie, die vom Standort und Anlagentyp abhängig ist.
1.3.1 Anlagenstandorte Der Anlagenstandort ist eine strategische Entscheidung und Bedarf einer gründlichen Planung. Der Standort ist die erste weitreichende Entscheidung in einem Projekt. Wenn die Entscheidung über den Standort getroffen ist, dann ist diese nur schwer zu ändern. Bei der traditionellen Standortauswahl geht man von ökonomischen und geografischen Faktoren aus wie
6
Verfügbarkeit der Rohmaterialien, Verfügbarkeit günstiger Energien, Verfügbarkeit von qualifizierten Arbeitskräften, gute verkehrstechnische Anbindung für Einsatzstoffe und Endprodukte.
SAS D Safety and Automation System, s. Abschn. 11.4.
1.3
Anlagenphilosophie
5
Mithin wird die Auswahl der Standorte durch politische Entscheidungen beeinflusst wie Versorgung mit günstigen Rohstoffen bzw. Rohmaterialien; finanzielle Anreize, beispielsweise in Form von niedrigen Steuern; staatliche Subventionen direkter oder indirekter Art, wie beispielsweise Bereitstellung von Infrastrukturen. Die Auswahl ist daher ein sehr komplexes und weitreichendes Thema. Die heutigen Märkte sind sehr verzahnt, gut ausgebildetes Personal ist nicht sofort verfügbar, die Prozesstechnologie kann aufgrund von neuen Technologien schnell veraltet sein und die Standortauswahl ist abhängig von Umweltauflagen und möglichen politischen Umbrüchen. Als Konsequenz entscheiden die Firmen über eine große Anzahl von Optionen und diese basieren auf der Auswertung aller erkennbaren und möglichen Optionen. Diese Auswertung ist der Schlüsselfaktor für die Standortwahl, und sie besteht aus Betriebsgrößenersparnis, Regierungseinflüsse, Firmeninteresse. Anlagenstandorte kann man in zwei Hauptkategorien einteilen: in die Onshore- und die Offshorestandorte. Die Bezeichnung Onshore bzw. Offshore ist ein Begriff aus der Öl- und Gasindustrie und wird heute auch für andere Industriezweige verwendet (z. B. Windparks). Offshoreanlagen sind Anlagen, die küstenfern im Meer installiert sind. Diese Anlagen können sowohl Upstream-, Midstream- oder Downstream-Anlagen sein. Schwerpunktmäßig handelt es sich um Einrichtungen zur Gewinnung und Übertragung von Energien, Ölen und Gasen. Onshoreanlagen sind Anlagen, die an Land oder küstennah errichtet werden. Neben der Einteilung von On- und Offshore ist es von Bedeutung, ob es sich um eine Neuanlage oder um das Ertüchtigen (Kapazitätssteigerung) und das Modernisieren (Reduzierung von Emissionen, Aufwertung der Produkte usw.) oder die Erweiterung einer bestehenden Anlage handelt. Danach kann man die Standorte in Greenfield oder Brownfield einteilen.
1.3.2 Greenfield-Anlagen Eine Greenfield-Anlage „auf der grünen Wiese“ ist eine Anlage, die auf eine unerschlossene und vorher nicht industriell genutzte Fläche gebaut wird. Für eine Greenfield-Anlage
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Basis der Anlagenplanung
muss meist die komplette Infrastruktur installiert werden. Greenfield-Anlagen sind meist Neuanlagen oder Anlagen, die umgesiedelt werden. Die typischen Probleme bei Greenfield sind die Anbindungen der Anlagen an die vorhandene Infrastruktur und die neu zu errichtende Infrastruktur.
1.3.3 Brownfield-Anlagen Eine Brownfield-Anlage ist eine Anlage, die auf eine erschlossene Fläche (z. B. Industriebrache, Industriepark) in eine vorhandene Anlage bzw. Teilanlage oder in einen Industriekomplex (z. B. BASF Ludwigshafen, Bayer Leverkusen) gebaut wird. Typisch hierfür sind Anlagenerweiterungen zur Steigerung von Produktionskapazitäten („revamp“), Umbauten durch verfahrenstechnische Notwendigkeiten (z. B. Umweltauflagen) und Neuanlagen auf vorher anderweitig genutzten Industrieflächen oder Brachen. Bei BrownfieldAnlagen ist meist ein Teil der Infrastruktur vorhanden oder wird nur ergänzt. „Brownfields are real property, the expansion, redevelopment, or reuse of which may be complicated by the presence or potential presence of a hazardous substance, pollutant, or contaminant. Cleaning up and reinvesting in these properties protects the environment, reduces blight, and takes development pressures off green spaces and working lands.“ (United States Environmental Protection Agency 2017) Bei der Planung einer Anlage auf einem Brownfield-Gelände sollte man so viel wie möglich von diesem Standort erfahren, um einen guten Überblick über Standortprobleme zu bekommen und sie in der Planung zu berücksichtigen. Die typischen Probleme bei Brownfield Anlagen sind: Kontamination Kontamination ist das Vorhandensein von Verschmutzungen durch Schadstoffe in Böden oder Gebäuden. Die Dekontamination muss teilweise unter hohem Aufwand durchgeführt werden. Das dekontaminierte Material (Bodenhaushub, Betonreste usw.) wird dann auf Spezialdeponien gelagert. Kampfmittel Speziell in Westeuropa ist bei Brownfield-Anlagen das Vorhandensein von Kampfmitteln („warefare materials“) aus den Weltkriegen I und II ein Problem. Die Suche nach Kampfmitteln sollte zu einem sehr frühen Projektstadium erfolgen, damit sich im Projektablauf Störungen (Zeitverzug) minimieren lassen. Dass der Umstand von Kampfmitteln ein tatsächliches und auch ernst zu nehmendes Problem darstellt, zeigt die Pressemeldung in Abb. 1.1. Vorhandener Baubestand Bei der Planung einer Anlage auf einem Brownfield-Gelände kommt es sehr häufig vor, dass die vorhandene Dokumentation der existierenden Anlagen bzw. Anlagenteile und der Infrastruktur nur lückenhaft, falsch oder gar nicht vorhanden ist. Daher muss parallel zur Planung der Ist-Stand („as-built“) vor Ort aufgenommen werden. Das Aufnehmen des aktuellen Stands oberirdischer Strukturen kann durch 3D-Laserscan-
1.3
Anlagenphilosophie
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Abb. 1.1 Meldung über Detonation auf BASF-Baustelle. (RP Online 2017)
ning oder eine manuelle Vermessung mit Übertragung in die vorhandene Dokumentation und bei Untergrundstrukturen durch Radarmessungen und durch Ausschachten bzw. Ausbaggern erfolgen. Montage von Anlagenteilen Die Montage von Ausrüstungen, Rohrleitungen oder anderen Anlagenelementen während des laufenden Anlagenbetriebs sollte nicht erfolgen; kleinere Umbaumaßnahmen können durchgeführt werden, benötigen aber ein hohes Maß an sicherheitstechnischem Koordinationsaufwand. Montagetätigkeiten für eine Neuanlage mit einem laufenden Anlagebetrieb an der Baufeldrandgrenze (Rohrbrücken oder Nebenanlagen) erfordern ebenso ein sehr hohes Maß an sicherheitstechnischen Maßnahmen. Größere Hebeaktionen sollten daher nur während eines Stillstands erfolgen. Anbindungen von Anlagenteilen Die Anbindungen („tie-in“) der neuen Anlagen bzw. Anlagenteile an die vorhandenen Anlagen können nur während einer Abschaltung bzw. eines Stillstands („shutdown“ oder „turnaround“) der vorhandenen Anlagen bzw. Anlagenteile erfolgen. Einzelne Rohrleitungen können während des Betriebs angebunden werden („hot-taps“), um ein Ab- und Anfahren der Anlagen und einen damit verbundenen Produktionsausfall zu vermeiden. Je besser das Verhältnis zwischen Betreiberpersonal (Betriebs- und Wartungspersonal) und dem Personal der Planungs- und Montagefirma ist, umso einfacher gestaltet sich der Gesamtplanungs- und Montageablauf.
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Basis der Anlagenplanung
1.4 Anlagenkategorisierung Anlagen können in drei verschiedene Kategorien eingestuft werden. Die Öl- und Gasindustrie ist führend in dieser Einteilung, und folgende gängige Einteilungen werden gemacht: Upstream-Anlagen Upstream-Anlagen dienen zur Suche, zur Erschließung und der Förderung von Öl- und Gasquellen, Kohle, Erzen oder Salzen oder sonstigen natürlich vorkommenden Ressourcen. Typische Upstream-Anlagen sind Ölförderplattformen. Midstream-Anlagen Midstream-Anlagen dienen zur Verbindung der Upstream- und Downstream-Anlagen. Typisch hierfür sind unterseeische Pipelines oder Transfer- und Verladestationen, aber auch Gasverflüssigungs- oder Gasreinigungsanlagen. Downstream-Anlagen Downstream-Anlagen dienen zur Verarbeitung von Rohstoffen, dazu gehören z. B. Raffinerien, petrochemische Anlagen und Düngemittelkomplexe.
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Verfahrenstechnische Basis der Anlagenplanung
Die verfahrenstechnische Anlagenplanung ist ein wichtiger Teil bei der Planung von Industrieanlagen und ist richtungweisend für die gesamte Projektplanung. Dabei entwickelt die Verfahrenstechnik zunächst ein Gesamtanlagenkonzept, das alle benötigten Teilanlagen (Plant Units) für die Projektrealisierung festlegt. Die Gesamtanlage teilt sich gewöhnlich auf in Prozessanlagen („Process Plant and Process Unit“) und Nebenanlagen („Offsites and Utilities“). Ein Projekt kann aus nur einer oder aus mehreren Prozessanlagen (Anlagenkomplex oder Plant Complex) bestehen. Ausgehend von den gewünschten Produktmengen und Qualitätsanforderungen an die Produkte sowie von den gesetzlich und/oder projektspezifisch zugelassenen gasförmigen und flüssigen Emissionen an der Anlagengrenze (Battery Limit, BL) werden zunächst für jede Prozessanlage die Prozessschritte (Unit Operations) ausgelegt, um die für die Produktion benötigten Mengen und Qualitäten an Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen (z. B. Wasser, Dampf, Strom) festzulegen. Darauf aufbauend werden Umfang, Prozessschritte und Verschaltung der benötigten Nebenanlagen festgelegt, die auch darauf basieren, welche Ausgangsprodukte für das Projekt an der Anlagengrenze zur Verfügung gestellt werden können. Da die Nebenanlagen selbst gewisse Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe benötigen, ist der Planungsvorgang iterativ und verlangt einige Erfahrung (Lessons Learned) mit dem zu planenden Anlagentyp. Er unterliegt einem Optimierungsprozess, der aber zeitnah abgeschlossen werden muss, um eine gesicherte Planungsbasis für die weitere ingenieurtechnische Abwicklung festzulegen. Da das Anlagenkonzept den Anlagenumfang sowie die Anlagenkomplexität des Projekts festlegt, bestimmt es wesentlich die Investition in das Projekt sowie über die Verbrauchszahlen auch die Betriebskosten (Rohmaterialverbräuche). Das Anlagenkonzept ist © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 K. G. Topole, Grundlagen der Anlagenplanung, https://doi.org/10.1007/978-3-662-57418-8_2
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2 Verfahrenstechnische Basis der Anlagenplanung
der wesentliche Faktor zur Beeinflussung der Gesamtwirtschaftlichkeit des Projekts. Der Verfahrenstechnik muss deshalb bekannt sein, in welche Richtung das Projekt optimiert werden soll und was die Einflussfaktoren sind. Die ermittelte Anlagenkonfiguration sowie die zugrunde liegenden Plant Units und deren Kapazitäten werden in einer Designbasis1 zusammengefasst, die eines der Dokumente für die weitere ingenieurtechnische Bearbeitung ist und zu großen Teilen von der Verfahrenstechnik erstellt wird. Die Designbasis enthält eine Vielzahl von Informationen, die während der Projektabwicklung von allen Ingenieurdisziplinen ergänzt werden. Erst wenn das Basiskonzept und die Basisinformationen festliegen, können die übrigen Ingenieurgewerke mit der weiteren Auslegung beginnen. Die verfahrenstechnische Planung ist somit der Start für die ingenieurtechnische Abwicklung und stellt die Basisinformationen sowohl für die ingenieurtechnische Abwicklung als auch für die Spezifikation und Beschaffung der notwendigen Ausrüstung zur Verfügung. Dazu stellt die Verfahrenstechnik gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit einem Lizenzgeber u. a. Flussdiagramme und alle prozesstechnischen Basisdaten (z. B. Medien, Stoffdaten) für die übrigen Ingenieurgewerke zur Verfügung. Außerdem stellt die Verfahrenstechnik Basisinformationen für Bau, Montage und die spätere Inbetriebnahme zur Verfügung. Die Verfahrenstechnik nimmt die Anlage nach Ende der Montage in Betrieb und weist im Testlauf die garantierten Produktqualitäten, Verbräuche und Emissionen nach. Sie verantwortet bzw. beeinflusst damit den Start und den erfolgreichen Abschluss einer Projektabwicklung.
2.1
Die Verfahrenstechnik in der Projektorganisation
Bei der Abwicklung eines Projekts gibt es gewöhnlich mehrere Phasen, die teilweise überlappend und teilweise aufeinander aufbauend ablaufen. Diese Phasen sind:
Conceptual Engineering Basic Engineering Detail Engineering Beschaffung („procurement“) Bau und Montage („construction“) Inbetriebnahme („commissioning“) Garantieläufe und Übergabe an den Kunden
Ein typischer Projektablauf lässt sich zeitlich wie in Abb. 2.1 darstellen. Die Verfahrenstechnik ist für zwei Positionen verantwortlich. Zum einen für das Prozessengineering, zum anderen für die Inbetriebnahme. 1
Designbasis D Pflichtenheft, s. Abschn. 4.1.
2.2 Verantwortung und Grundlagen der Verfahrenstechnik
Conceptual Engineering
Basic Engineering
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Detail Engineering
Beschaffung (Procurement)
Bau und Montage (Construction)
Inbetriebnahme (Commissioning)
Übergabe (Hand-over)
Abb. 2.1 Prinzipieller zeitlicher Ablauf der Phasen einer Projektabwicklung im Anlagenbau
Die Zahl der verfahrenstechnischen Bearbeiter, die in einer Projektbearbeitung arbeiten, kann je nach der Größe des Projekts sehr stark variieren. Im einfachsten Fall kann die Verfahrenstechnik von nur einem Mitarbeiter bearbeitet werden (einfache Prozesse oder einzelne Unit Operations, die zu bearbeiten sind). Bei komplexen Anlagen können auch bis zu 60 Verfahrenstechniker oder mehr an einem Projekt arbeiten, wie z. B. bei Raffinerien oder bei großen petrochemischen Komplexen wie etwa Steam Cracker mit angeschlossenen Polymerisationsanlagen. Gewöhnlich geht man bei Prozessanlagen davon aus, dass für jede Prozessanlage mindestens ein Verfahrenstechniker zur Verfügung steht. Bei Nebenanlagen („offsites and utilities“) wird häufig nach Themen gruppiert (z. B. Wasser, Dampf, Luft, Tanke, Lager). Bei komplexeren Projekten wird der Verfahrensgeber bzw. die Verfahrenstechnik im Organigramm durch einen Lead Engineer Process vertreten. Der Lead Engineer Process führt wiederum sein Prozessteam, das wiederum Lead Engineers für die jeweiligen Technologien oder Gruppen enthalten kann.
2.2 Verantwortung und Grundlagen der Verfahrenstechnik in der ingenieurtechnischen Planung Im Rahmen einer Projektabwicklung erstellt die verfahrenstechnische Planung neben der Entwicklung des Anlagenkonzepts u. a. die Basisinformationen für die weiteren Ingenieurdisziplinen. Diese beteiligten Disziplinen sind im Wesentlichen: Equipment Engineering, z. B. für Wärmetauscher, Behälter, Reaktoren, Abscheider, Tanke, Pumpen, Verdichter, Dampfturbinen, Gasturbinen, usw. Lage- und Aufstellungsplanung, z. B. Hauptabmessungen von Ausrüstungen, Anforderungen an deren horizontale und vertikale Orientierung zueinander, minimale bzw. maximale Abstände der Ausrüstungen zueinander Rohrleitungsengineering, z. B. Rohrleitungsdurchmesser, Fluideigenschaften, Drücke, Temperaturen
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2 Verfahrenstechnische Basis der Anlagenplanung
Instrumentierung, z. B. Typ, Funktionsanforderungen, Fluideigenschaften, minimale, normale, maximale oder Designbedingungen Elektrotechnik Bau und Stahlbau Die von der Verfahrenstechnik erstellten Informationen und Dokumente umfassen i. d. R. Prozessfließbild (PFD) Drücke, Temperaturen und stoffliche Zusammensetzung aller Stoffströme an jeder Stelle der Anlage zugehörige Stoffwerte prozesstechnisch relevante Abmessungen von Apparaten sowie Vorgaben für Maschinen und Wärmetauscher Verrohrungs- und Instrumentierungsschema (PID) Verriegelungsbeschreibung besondere Anforderungen hinsichtlich Sicherheit und Materialanforderungen Mengenbedarf von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen an der Anlagengrenze Emissionen an der Anlagengrenze Die prozesstechnische Auslegung und Planung bildet damit die Grundlage für die mechanische Auslegung und Planung der Apparate und Rohrleitungen sowie für die Lage- und Aufstellungsplanung. Die Verfahrenstechnik legt damit über den Zeitpunkt, wann solche Informationen zur Verfügung gestellt werden können, den Startpunkt der Arbeiten der übrigen Ingenieurdisziplinen und der Beschaffung fest. Bei Projektstart stehen der Verfahrenstechnik jedoch noch nicht alle Informationen zur Verfügung. Deswegen muss die Verfahrenstechnik zunächst mit sinnvollen ersten Annahmen und Modellen arbeiten, die im Verlauf der späteren Abwicklung entsprechend validiert und angepasst werden. Solche späteren Anpassungen und v. a. auch mögliche Fehler vervielfachen sich grundsätzlich später in Bezug auf erforderliche Korrekturen in den übrigen Ingenieurgewerken. Dies ist in der Gesamtprojektabwicklung in gewissem Rahmen i. d. R. akzeptabel, insbesondere wenn lediglich Dokumente anzupassen sind, kann aber zu erheblichen Problemen führen, wenn sich dadurch Änderungen an Ausrüstungen ergeben, die bereits in der Bestellung bzw. Fertigung oder in der Anlagenaufstellung sind (Änderungen an Stahl und Beton). Eine enge Zusammenarbeit zwischen den übrigen Ingenieurdisziplinen und der Verfahrenstechnik sowie vereinbarte Prozeduren für die Übergabe und Freigabe von Dokumenten sind deshalb für eine erfolgreiche Projektabwicklung unerlässlich. So müssen z. B. wesentliche Dokumente von beiden Parteien freigegeben werden, beispielsweise Anfrage- und Bestellspezifikationen.
2.3 Allgemeine Aufgaben der Verfahrenstechnik in der Auftragsbearbeitung
2.3
13
Allgemeine Aufgaben der Verfahrenstechnik in der Auftragsbearbeitung
Neben den eigentlichen ingenieurtechnischen Arbeiten haben die verfahrenstechnischen Bearbeiter im Projekt auch zahlreiche allgemeine Aufgaben zu erfüllen. Dazu gehören u. a. folgende projektvorbereitende und projektbegleitende Aufgaben: Auswerten des Vertrags in Bezug auf prozesstechnische und terminkritische Risiken sowie auf relevante Risiken in Bezug auf die Erfüllung von Prozessgarantien Aufstellen von Stundenbudgets für die Planung des Ablaufs der verfahrenstechnischen Abwicklung sowie die Sicherstellung, dass ausreichend verfahrenstechnisches Personal zur Verfügung steht Zusammenstellen und Überarbeiten der für das Projekt gültigen Arbeits- und Fachanweisungen Zusammenstellung der Arbeitsunterlagen, wie z. B. Vorlagen und Beispieldokumente sowie Lessons Learned aus vorhergegangen relevanten Projektabwicklungen Abstimmung und Definition der Schnittstellen zu den anderen Ingenieurdisziplinen sowie der zu übergebenen Dokumente (zeitlich, inhaltlich und von der Verantwortung her: wer erstellt, wer prüft und wer gibt frei?) Klärung der elektronischen Werkzeuge, mit denen die Abwicklung erfolgt, sowie Form und Format der übergebenen Daten Beschaffung und Studium von Vorschriften und Regelwerken, insbesondere auch lokaler Regelwerke in Bezug auf deren Relevanz Beschaffung der benötigten Stoffdaten und der Sicherheitsdatenblätter Festlegen der wichtigsten Stoffdatenbasis und der zu verwendenden Stoffdatenmodelle sowie deren Quellen (z. B. Stoffdatenbank) Besorgen von sicherheitstechnischen Kennzahlen (z. B. aus GESTIS2 oder Gefahrstoffinfo) und Beschreibung der sicheren Handhabung Anpassen der Einheiten auf die vertraglichen Forderungen und Kommunikation des Einheitensystems mit den übrigen Ingenieurdisziplinen Festlegung eines sog. PID0 , in dem die PID-Darstellung aller darzustellenden Anlagenteile umfassend und abschließend festgelegt wird Festlegung der Darstellung und Nummerierung von Ausrüstungen, Rohrleitungen, Instrumenten usw. in den PID sowie Abstimmung mit den Fachbereichen Equipmentauslegung, Elektrotechnik, Instrumentierung, Rohrleitungsplanung und Aufstellungsplanung
GESTIS D Stoffdatenbank, Gefahrstoffinformationssystem der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung.
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2 Verfahrenstechnische Basis der Anlagenplanung
Zuarbeit bei der Schnittstellenfestlegung zwischen Kunden, Konsorten, Partnern, Bereichen, Lizenzgebern bzw. Lieferanten in Bezug auf – Engineering – Lieferung – Dokumentation – Abnahme – Inbetriebnahme Während der Projektabwicklung hat die Verfahrenstechnik folgende Aufgaben im Rahmen der allgemeinen Abwicklungsorganisation zu erfüllen: Kontinuierliche Verfolgung des Planungsfortschrittes und der Stundenbudgets Teilnahme an Projektmeetings Teilnahme an Reviews von Dokumenten mit dem Kunden sowie mit Lieferanten (z. B. PID-Review und Model Review) Vertreten und Kommunikation der technologierelevanten Anforderungen im Projektteam Unterstützung der Montageorganisation im Hinblick auf prozesstechnische Besonderheiten und Anforderungen Planung und Abstimmung sowie gegebenenfalls Organisation der Inbetriebnahme.
2.4 Schnittstellen der Verfahrenstechnik zu Lizenzgebern Dem Bau verfahrenstechnischer Anlagen liegen in den meisten Fällen ein Verfahren und ein Verfahrensgeber zugrunde. Man unterscheidet Verfahren, die ohne Lizenz realisiert werden können, sog. Open-Art-Technologien, und Verfahren, die nur unter der Lizenz eines Lizenz- bzw. Technologiegebers geplant und realisiert werden können. Open-ArtTechnologien liegen z. B. häufig im Bereich der Nebenanlagen vor. Die genauen Daten und Parameter eines verfahrenstechnischen Prozesses werden vom sog. Verfahrensgeber verantwortlich festgelegt. Verfahrensgeber kann sein der Auftraggeber bzw. spätere Betreiber der Anlage, der Anlagenbauer, ein Dritter, der das Verfahren an einen Anlagenbauer bzw. den Anlagenbetreiber lizensiert.
2.5 Abstimmung mit Lizenzgebern
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Bei Beginn der Planung und der Auslegung einer Anlage müssen sämtliche noch offenen Verfahrensfragen mit dem Verfahrensgeber abgestimmt sein. Dazu zählen z. B.: Bestätigung des angebotenen Verfahrenskonzepts Abstimmung notwendiger Verfahrensänderungen bedingt durch Änderung der Designbasis oder Verschärfung von Vertragsgarantien Abstimmung der Verfahrensschritte, die durch Untersuchungen beim Verfahrensgeber (Referenzanlagen) noch durchgeführt werden müssen Lizenzgeber können entweder Betreiber von chemischen Anlagen selbst sein (z. B. Bayer, BASF, Shell, ExxonMobil, Dow Chemicals, Evonik), die ihre Technologien im Wesentlichen für eigene Projekte und i. d. R. nur restriktiv an Dritte zur Verfügung stellen. Daneben gibt es reine Technologieunternehmen, die ihr Geschäft über den Verkauf von Lizenzen generieren (z. B. UOP, Topsoe, Axens). Die dritte Gruppe bilden schließlich Ingenieurunternehmen mit eigener Technologiebasis und eigenen Lizenzverfahren, die eine integrierte ingenieurtechnische Projektabwicklung und Projektrealisierung anbieten können (z. B. Linde, Lurgi, KBR, ThyssenKrupp Industrial Solutions, Technip). In den ersten beiden Fällen stellt der Lizenzgeber i. d. R. ein Lizenzgeberpaket, genannt License Package oder Process Design Package (PDP), für die verfahrenstechnische Abwicklung zur Verfügung. Dieses wird dann von einem Ingenieurunternehmen verfahrens- bzw. ingenieurtechnisch weiter ausgearbeitet. Solche Ingenieurunternehmen haben häufig keine eigenen Technologien, um Know-how-Konflikte auszuschließen (z. B. Bechtel, Fluor, Worley Parsons, Samsung, LG). Damit entsteht eine Schnittstelle in der verfahrenstechnischen Abwicklung zwischen Lizenzgeber und Anlagenplaner, die abwicklungstechnisch beachtet und begleitet werden muss. Diese Schnittstelle ist in beiden Richtungen relevant. Zum einen braucht der Anlagenplaner für die weitere Abwicklung eine möglichst genaue Kenntnis aller prozesstechnischen Hintergründe. Zum anderen braucht der Lizenzgeber den Informationsrückfluss aus der nachfolgenden Projektabwicklung (Lessons Learned). Eventuelle Einflüsse auf die Arbeiten der Verfahrenstechnik, falls Lizenzgeber und Anlagenbauer unterschiedlich sind, werden im folgenden Abschnitt beschrieben.
2.5 Abstimmung mit Lizenzgebern In der Regel ist der Anlagenplaner für den hydraulischen Durchsatz der Anlage verantwortlich (Kapazität), während die genauen Daten und Parameter eines verfahrenstechnischen Prozesses sowie die Produktqualitäten vom sog. Verfahrensgeber (Lizenzgeber) verantwortlich festgelegt werden. Ist der spätere Betreiber der Anlage selbst oder ein Dritter, der das Verfahren an einen Anlagenbauer bzw. den Anlagenbetreiber lizensiert, involviert, so muss der Anlagenplaner
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2 Verfahrenstechnische Basis der Anlagenplanung
alle sich im Laufe der Abwicklung ergebenden prozessrelevanten Fragen erkennen und mit dem Lizenzgeber abklären. Der Umfang solcher Abstimmungen und Klärungen nimmt gewöhnlich im Laufe der Projektabwicklung ab. Ein typischer Meilenstein ist die HAZOP3 , in der das sicherheits- und betriebstechnische Konzept festgeschrieben wird. Die Kommunikation und Abstimmung mit dem Lizenzgeber wird danach i. d. R. erst wieder mit dem Beginn der Inbetriebnahmeaktivitäten und deren Planung zunehmen. Insbesondere zu Beginn der Planung und der Auslegung einer Anlage ist die Abstimmung mit dem Lizenzgeber intensiv. Dies betrifft im Wesentlichen die Erstellung des Anlagenkonzepts. Dabei müssen sämtliche noch offenen Verfahrensfragen mit dem Verfahrensgeber abgestimmt werden. Dazu zählen z. B.: Optimierung und Bestätigung des angebotenen Verfahrenskonzepts in Bezug auf Verbrauchszahlen, Produktqualitäten und Investitionskosten (auch CAPEX4 - bzw. OPEX5 -Optimierung) Entwicklung und Abstimmung des Anlagensicherheitskonzepts Abstimmung notwendiger Verfahrensänderungen bedingt durch Änderung der Designbasis (z. B. Emissionen, Winterisierungsanforderungen, Qualitäten von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen) oder Verschärfung von Vertragsgarantien Abstimmung der Verfahrensschritte, die durch Untersuchungen beim Verfahrensgeber (Referenzierbarkeit) noch durchgeführt werden müssen Abstimmung von Materialanforderungen Änderungen von Verbrauchszahlen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe Klärung von Kosteneinflüssen Einfluss auf Aufstellung, Platzbedarf der Anlage und Massengerüst Im Laufe der Abwicklung erfolgen dann laufend Anpassungen, die gegebenenfalls mit dem Lizenzgeber abgestimmt werden müssen. Entscheidende Dokumente bzw. Informationen, die mit dem Lizenzgeber i. d. R. zumindest bis zum Einfrieren der Dokumente abgestimmt werden müssen, sind z. B. Massen- und Energiebilanz temporäre und kontinuierliche Verbräuche von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen sowohl beim An- und Abfahren als auch im kontinuierlichen Anlagenbetrieb Emissionen sowohl beim An- und Abfahren als auch im kontinuierlichen Anlagenbetrieb Stoffdaten bzw. deren Interpolation, Extrapolation, Grenzen und Genauigkeiten HAZOP D Hazard and Operability Study, Untersuchung auf Betriebssicherheit und Betriebsfähigkeit einer Anlage, s. Abschn. 13.2. 4 CAPEX D Capital Expense, Investitionsausgaben. 5 OPEX D Operating Expense, Betriebsausgaben. 3
2.5 Abstimmung mit Lizenzgebern
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Equipmentliste und gegebenenfalls Apparate- und Instrumententypen Prozessfließbild Konstruktionsmaterialien Rohrleitungs- und Instrumentierungsschema Verriegelungsbeschreibung HAZOP Betriebshandbuch
Generell sollte mit einem Lizenzgeber vor Beginn der Abwicklung eine Review- und Freigabeprozedur für Dokumente und Zeichnungen vereinbart werden (z. B. für PID). Zielführend können auch gemeinsame Konsolidierungen bzw. die Teilnahme des Lizenzgebers an Meetings mit dem späteren Anlagenbetreiber sein (z. B. Teilnahme an der HAZOP). Der zeitliche Ablauf der Intensität des Dialogs zwischen Anlagenplaner und Verfahrensgeber ist in Abb. 2.2 schematisch dargestellt. Der Schwerpunkt des Dialogs liegt erwartungsgemäß in der Konzeptphase und zu Beginn des Basic Engineerings. Danach, während des Detail Engineerings und während der Bau- und Montagephase der Anlage herrscht verhältnismäßig wenig Austausch. Gegen Abschluss der Montagearbeiten, nämlich in der Inbetriebnahmephase, steigt der Dialog mit dem Verfahrensgeber wieder rasant an. Im Normalfall werden dann sogar Mitarbeiter des Verfahrensgebers auf die Baustelle entsendet, um die Inbetriebnahme vor Ort zu begleiten.
Zeit Konzeptphase und BE
DE
Bau und Montage
Inbetriebnahme
Abb. 2.2 Dialog mit dem Verfahrensgeber entlang der Zeitachse. BE Basic Engineering; DE Detail Engineering
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2 Verfahrenstechnische Basis der Anlagenplanung
2.6 Entwicklungsprozess einer technischen Anlage Der Entwicklungsprozess einer technischen Anlage kann in folgende typische Schritte gegliedert werden: Verfahrens- bzw. Prozessentwicklung in Labor und/oder Testanlagen bzw. Ermittlung von Stoff- und Auslegungsdaten einschließlich der entsprechenden Anlagenaufbauten Hochrechnung auf den industriellen Maßstab (Scale-up) im Fall von in diesem Verfahrensweg noch nicht realisierten oder in dieser Kapazität noch nicht referenzierten Verfahren Ermittlung der administrativen, wirtschaftlichen und technischen Rahmenbedingungen sowie der Anforderungen des Anlagenbetreibers in Bezug auf die zu realisierende Technologie bzw. das zu realisierende Verfahren Machbarkeitsuntersuchung mit technischem und wirtschaftlichem Vergleich verschiedener Konzepte (CAPEX- bzw. OPEX-Optimierung). Diese Studie endet i. d. R. in einer Go- oder No-go-Entscheidung, ob überhaupt eine Anlage dieses Typs gebaut wird Konzeptphase/Vorplanung, d. h. Auswahl des endgültigen Konzepts und erste Schätzungen des technischen Anlagenumfangs, gegebenenfalls auch erste Kosten- und Terminschätzungen für das Investitionsprojekt vor dem Hintergrund der technischen Machbarkeit Ausarbeitung des technisch und wirtschaftlich vorteilhaftesten Konzepts und Ermittlung aller erwarteten Kosten und Einnahmen (Entwurfsplanung bzw. Basic Engineering) Genehmigungsplanung zur Beschaffung der notwendigen Genehmigungen bei den zuständigen Behörden (Behördenengineering) Detaillierte Auslegung und genaue Beschreibung aller notwendigen Komponenten und Maßnahmen für die Realisierung (Ausführungsplanung oder Detail Engineering) Anfrage der beschriebenen (spezifizierten) Komponenten und Leistungen Angebotsvergleich und Bestellung Verfolgung der Fertigung auf Einhaltung der geforderten Standards und Leistungen hinsichtlich Qualität und Terminen Bau und Montage der Anlage Training des Kundenpersonals Inbetriebnahme und Durchführung der Garantieläufe Solche Arbeiten können entweder vor der Projektabwicklung und Realisierung eines Anlagenbauprojekts stehen oder sie sind Teil des Anfrage- und Projektabwicklungsprozesses.
2.7 Projektphasen der verfahrenstechnischen Bearbeitung
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2.7 Projektphasen der verfahrenstechnischen Bearbeitung Die Arbeit der Verfahrenstechnik teilt sich normalerweise während der ingenieurtechnischen Bearbeitung in zwei bzw. drei Projektphasen auf, je nachdem, ob das Basic Engineering noch einmal unterteilt wird. Bearbeitungstiefe und Bearbeitungsumfang in den jeweiligen Phasen sind nicht normiert bzw. fest definiert und müssen deshalb je nach Projekt, Kunde und/oder Region projektspezifisch definiert werden. Dafür muss für jedes Projekt ein Leistungsverzeichnis und eine Leistungsbeschreibung (Scope of Work) erstellt werden. Teilen sich die verfahrenstechnischen Arbeiten zusätzlich horizontal (die Partner arbeiten in einer Phase an unterschiedlichen Plant Units) und/oder vertikal (die Arbeiten von Partnern bauen aufeinander auf) auf verschiedene Partner auf, so ist zusätzlich eine Schnittstellenbeschreibung (wer macht was? bis wann? in welcher Tiefe und mit welcher Verantwortung?) erforderlich (Split of Work). Gewöhnlich unterteilt man die verfahrenstechnischen Arbeiten in Conceptual Engineering, Basic Engineering, Detail Engineering. Wie ein Investor am Ende bei der Abwicklung eines Projekts vorgeht, ist stark kundenabhängig und auch regional oft unterschiedlich. Der hier beschriebene Planungsumfang ist aber unabhängig vom Planungsweg i. d. R. umfassend abzuwickeln.
2.7.1
Conceptual Engineering
Das Conceptual Engineering wird entweder vor der eigentlichen Realisierung durch den Investor, gegebenenfalls mit Unterstützung von Beratern oder Ingenieurpartnern, selbst erstellt, oder das Conceptual Engineering ist Teil einer Gesamtausschreibung an einen Generalplaner. In der Praxis hat sich herausgestellt, dass der Investor das Conceptual Engineering häufig selbst durchführt, wenn er auch der Eigentümer des Verfahrens ist und die Anlage selbst für sich baut. Eine weiterführende Betrachtung des Conceptual Engineering erfolgt in Kap. 3.
2.7.2
Basic Engineering
Die Erstellung des Basic Engineering bedeutet, dass für die geplante Anlage eine erste in sich geschlossene Dokumentation erstellt wird.
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2 Verfahrenstechnische Basis der Anlagenplanung
Das Basic Engineering basiert entweder auf einem Conceptual Engineering, einer eigenen Prozessentwicklung bzw. einem eigenen Verfahren oder einem lizensiertem Verfahren. Der Umfang des Basic Engineering wird mit dem Auftraggeber abgesprochen und stellt häufig die Grundlage des Genehmigungsantrags dar. Ein Basic Engineering kann als in sich geschlossener Prozess oder in Form von Phasen oder einer gesamttechnischen Ingenieurplanung (Basic und Detail Engineering) ablaufen. Eine weiterführende Betrachtung des Basic Engineering erfolgt in Kap. 4, und eine weiterführende Betrachtung des Detail Engineering erfolgt in Kap. 5.
2.7.3
Unterteilung des Basic Engineering in Phasen
Das Basic Engineering kann noch einmal in zwei Phasen unterteilt werden. Da diese Unterteilung häufig in internationalen Projekten erfolgt, werden hier die internationalen Begriffe verwendet: Process Design Package (PDP) und Front-End Engineering Design (FEED). Häufig folgen solche Unterteilungen den Anforderungen von Phasenansätzen der Projektabwicklung, die entweder internen Projektgenehmigungsansätzen (Ermittlung, Festlegung und Genehmigungen von Investmentbudgets durch die Shareholder) oder Forderungen von Finanzinstituten folgen. Tatsächlich kann ein Phasenansatz aber auch durch eine Schnittstelle zwischen Lizenzgeber und Anlagenplaner erzwungen sein. Beispielsweise erstellt der Betreiber auf Basis einer eigenen Technologie ein PDP, das dann ein Anlagenplaner zur Abwicklung und weiteren Ausarbeitung übernimmt.
2.8
Internationale Begriffe und Abkürzungen in der Verfahrenstechnik
In der Verfahrenstechnik werden i. d. R. eine Reihe international verwendeter Abkürzungen genutzt. Die wichtigsten sind hier zusammengefasst: BE BEP BFD DE FEED FEL GES
Basic Engineering Basic Engineering Package Block Flow Diagram Detail Engineering Front-End Engineering Design Front-End Loading General Engineering Specification
2.9 Prozesssimulation
HAZOP MTO PDP PEP PFD PID
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Hazard and Operability Study Material Take-Off Process Design Package Process Engineering Package Process Flow Diagram Pipe and Instrument Diagram
Zur Beschreibung der Planungszustände von Engineeringdokumenten haben sich in vielen Branchen Statusabkürzungen etabliert. Sie sind landes-, firmen- und kundenspezifisch, teilweise sogar projektspezifisch und können durchaus abweichen. Wiederkehrend international verwendete Statusabkürzungen sind: IFR IFD IFDD IFC
Issued for Review Issued for Design (z. B. für HAZOP) Issued for Detail Design (beinhaltet HAZOP-Ergebnisse) Issued for Construction
2.9 Prozesssimulation Unter Prozesssimulation versteht man im weitesten Sinn die Emulation eines verfahrenstechnischen Prozesses durch computerbasierte Modellierung. Die Einsatzgebiete der Prozesssimulation sind vielfältig und umfassen die Ermittlung der Massen- und Energiebilanzen und Untersuchung der Reaktionskinetik im Rahmen der Verfahrensentwicklung ebenso wie die detaillierte Analyse des Produktionsbetriebs, die Unterstützung komplexer Regelungskonzepte oder die Schulung des Betriebspersonals. Infolge des steigenden Verständnisses komplexer physikalischer und chemischer Abläufe ist eine realitätstreue mathematische Modellierung eines Prozesses möglich. Durch die heutige Möglichkeit, mit aktuellen Werkzeugen auch sehr umfassende mathematische Modelle in Echtzeit zu emulieren, nimmt die Bedeutung der Prozesssimulation in der Entwicklung, im Bau und im Betrieb von chemischen Prozessanlagen erheblich zu.6 Für eine verlässliche Prozesssimulation sind fundierte Kenntnisse über das zu modellierende System erforderlich. Hierzu gehören im Wesentlichen: Das Stoffsystem: Welche chemischen Stoffe sind vorhanden? Was sind die Hauptkomponenten im System und welche Verunreinigungen/Spurenkomponenten sind vorhanden? Reinstoff und Gemischthermodynamik: Wie können Reinstoffeigenschaften (Siedepunkt, Dampfdruck, Dichte usw.) und Phasengleichgewichte (gasförmig, flüssig, fest) 6
In Anerkennung der wertvollen und immer sehr inspirierenden Dialoge mit Dr.-Ing. Ralf Bonmann, Hattingen.
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2 Verfahrenstechnische Basis der Anlagenplanung
beschrieben werden? Welche Nichtidealitäten treten auf (Azeotrope, Mischungslücken, Eutektika usw.)? Wärme- und Stofftransport: Welche Wärmeübergänge liegen vor? Gibt es Stofftransportlimitierungen an den Phasengrenzflächen? Reaktionstechnik: Welche Haupt- und Nebenreaktionen treten auf? Wie ist die Reaktionskinetik? Prozessschritte: Welche Prozessschritte werden verwendet? Durch welches Modell kann der Prozessschritt mit ausreichender Genauigkeit beschrieben werden? Der zulässige Betriebsbereich: In welchem Bereich ist der Betrieb der Anlage zulässig und in welchem Bereich soll sie durch das Modell beschrieben werden? In welchem Bereich sind die verwendeten Modelle gültig?
Nicht immer müssen alle oben genannten Informationen für eine Simulation vorliegen. So kann z. B. ohne die genaue Kenntnis des Reaktionssystems eine Massen- und Energiebilanz erstellt werden, wenn Analysen über chemische Umsätze für den zu untersuchenden Betriebspunkt vorliegen. Man muss in solchen Fällen aber sehr genau die Randbedingungen beachten, unter denen die Simulation erstellt wurde. Für eine Extrapolation, d. h. einen anderen Betriebspunkt, wäre dieses Modell nicht gültig und würde keine verlässlichen Ergebnisse liefern. Üblich ist es auch, Simulationsmodelle nur eines Teilbereichs der Prozessanlage zu erstellen. Das reduziert den Aufwand der Modellerstellung und die Modellkomplexität. Bei der Anwendung dieser Teilsimulationen muss aber ebenfalls beachtet werden, dass man sich im Definitionsbereich des Modells befindet. Bei Vorliegen eines solide validierten Simulationsmodells kann selbst die Auslegung komplexer neuer Apparate, z. B. von Destillations- oder Adsorptionskolonnen7 , ohne begleitende Labor- oder Technikumsversuche erfolgen. Das Ergebnis einer erfolgreichen Prozesssimulation ist eine geschlossene Wärme- und Stoffbilanz für den Gesamtprozess sowie für die Bereitstellung von Stoffströmen und deren Zusammensetzung (stofflich und Phasenanteil); Betriebsdrücken, Betriebstemperaturen, Phasenzustand und Enthalpien; aufzunehmenden oder abzugebenden Wärmemengen (z. B. bei Wärmetauscher oder Verdampfer); Stoff- und Gemischdaten (z. B. dynamische bzw. kinematische Viskositäten, Wärmekapazitäten, Dichten). Prinzipiell lassen sich zwei Gruppen von Simulationen unterscheiden, die statische und die dynamische Simulation.
7
Adsorption, s. Abschn. 9.2.2.
2.9 Prozesssimulation
23
2.9.1 Statische Simulation Statische Simulationen beschreiben einen stationären Zustand, d. h. einen Zustand im System ohne Berücksichtigung einer zeitlichen Änderung. Das kann der Designfall eines Prozesses sein oder auch ein beliebiger anderer Betriebsfall, z. B. 80 % Last, Sommerbetrieb oder Winterbetrieb. Statische Simulationen sind während der Verfahrensentwicklung ein wichtiges Hilfsmittel zur Erstellung der Massen- und Energiebilanz, für die Ermittlung hydraulischer Parameter oder für Belastungsdaten bei der Apparateauslegung. Es gibt mehrere kommerziell erhältliche statische Prozesssimulatoren für chemische und petrochemische Prozessanlagen. Hierzu gehören Aspen Plus8 und Aspen HYSIS9 , beide aus der ASPEN Engineering Suite, PRO/II10 , ChemCAD11 oder SINET12 , um nur einige zu nennen. ASPEN Plus, ASPEN HYSIS und ChemCAD haben einen Schwerpunkt im Einsatz für Prozesse der chemischen Industrie, während PRO/II häufig im Bereich der Petrochemie Anwendung findet. Darüber hinaus haben einige große Firmen eigene Entwicklungen im Gebrauch. Exemplarisch sei hier das Simulationspaket Chemasim der BASF genannt. Statische Simulatoren unterscheiden sich in sequenzielle und gleichungsorientierte Modelle. Sequenzielle Modelle berechnen auf Basis fest definierter Eingangsgrößen ein Ergebnis. Daher müssen alle Eingangsströme und Modellparameter eines Prozessschritts bekannt sein, damit die Berechnung erfolgen kann. Berechnet werden dann die Austrittsströme und Betriebsbedingungen der Prozesseinheit. Diese definieren dann die Eintrittsbedingung für den nächsten Prozessschritt, wie in Abb. 2.3 dargestellt. Sequenzielles Vorgehen hat den Vorteil einer zumeist robusten Konvergenz, da die Modelle mit vergleichsweise wenigen Freiheitsgraden auskommen. Durch die Berechnung eines Prozessschritts nach dem anderen erfordern Rückführströme ein iteratives Vorgehen, sodass sequenzielle Simulatoren bei komplexen Verschaltungen mit Rückführströmen jeden Prozessschritt mehrfach berechnen müssen, bis alle Rückführungen konvergiert sind. Dieser Vorgang kann durch die geeignete Wahl von Schätzwerten als Startpunkt für die
Abb. 2.3 Statisches Modell mit unbekannten Parametern auf der Ausgangsseite
Modellparameter
Modell : Modellparameter : Druck : Mengenstrom : Zusammensetzung 8
Aspen Plus: http://home.aspentech.com/products/engineering/aspen-plus. Aspen HYSIS: http://home.aspentech.com/products/engineering/aspen-hysys. 10 PRO/II: http://software.schneider-electric.com/products/simsci/design/pro-ii. 11 ChemCAD: https://www.chemstations.eu/. 12 SINET: http://www.epcon.com/sinet.html. 9
24
2 Verfahrenstechnische Basis der Anlagenplanung Modellparameter?
Modell
Abb. 2.4 Statisches Modell mit unbekannten Parametern auf der Eingangs- und der Ausgangsseite und unbekannten Modellparametern selbst
Rückführströme beschleunigt werden. Es können aber dennoch insbesondere bei Prozessen mit vielen verschachtelten Rückführungen lange Rechenzeiten auftreten. Die in der chemischen Industrie am weitesten verbreiteten kommerziellen Prozesssimulatoren mit sequenzieller Vorgehensweise sind ASPEN Plus und PRO/II, wobei ASPEN Plus auch einen gleichungsorientierten Lösungsalgorithmus anbietet. Gleichungsorientierte Simulatoren folgen einem anderen Ansatz. Hier wird der Prozess in einem System komplexer Gleichungen abgebildet, die gleichzeitig mit einem mathematischen Gleichungslösungsalgorithmus gelöst werden. Dieses Vorgehen bietet den Vorteil, dass auch Eingangsgrößen eines Modells berechnet werden können, wenn stattdessen die Ausgangsgrößen vorliegen, wie in Abb. 2.4 dargestellt. Damit lassen sich Systeme mit komplexen Rückführungen oft besser berechnen. Nachteilig an der gleichungsorientierten Vorgehensweise ist die höhere Komplexität der erforderlichen Lösungsalgorithmen und der damit einhergehenden häufig schwierigeren Konvergenz bei der Lösungsfindung. Typische Vertreter für gleichungsorientierte Prozesssimulatoren sind ASPEN HYSIS oder ChemCAD.
2.9.2
Dynamische Simulation
Gegenüber statischen Simulationen berücksichtigen dynamische Simulationen zusätzlich die zeitliche Änderung zwischen einem fest definierten Start- und einem Endzeitpunkt. Ausgangspunkt für eine dynamische Simulation ist eine konvergierte statische Simulation. Neben den Eingangsgrößen für das statische Modell müssen für die dynamische Simulation weitere Parameter definiert werden. Hierzu gehören Totzeiten im System, wie sie z. B. lange Rohrleitungen liefern, das Hold-up der betrachteten Apparate und die vorhandenen Regelungen. Dadurch sind dynamische Simulationen komplexer als statische und deutlich aufwendiger in der Erstellung. Sie werden oft nur gezielt dort eingesetzt, wo der zeitliche Ablauf einer Änderung prozessrelevant ist und den höheren Aufwand der dynamischen Modellerstellung rechtfertigt. Typische Anwendungsgebiete für dynamische Simulationen sind z. B. Lastwechselszenarien, für die Regelkonzepte erstellt werden müssen, die bestimmte Randbedingungen erfüllen. Eine solche Randbedingung kann beispielsweise sein, dass eine Temperatur während des Übergangs von einem in den anderen Zustand nicht überschritten wird. Diese Fragestellungen sind häufig verbunden mit dem Sicherheitskonzept der Anlage oder der
2.9 Prozesssimulation
25
Ermittlung von Gefährdungen im Anlagenbetrieb. Ebenso kann eine dynamische Simulation zur Validierung von betrieblichen Prozeduren oder Sicherheitsschutzschaltungen herangezogen werden, wenn die Gefährdungsbeurteilung oder operative Einschränkungen einen Betriebsversuch ausschließen. Ein Sonderfall der Anwendung dynamischer Simulatoren sind die sog. Operator Training Systems (OTS, Trainingssimulatoren). Diese Systeme erlauben dem Betriebspersonal den Betrieb einer Anlage zu üben, bevor die Anlage fertiggestellt ist oder Gefahrensituationen zu schulen, ohne eine Gefährdung des Betriebs riskieren zu müssen. OTS emulieren ein Verfahren mit angeschlossenem Prozessleitsystem in Echtzeit. Hierfür ist ein robustes und v. a. schnelles dynamisches Simulationsmodell erforderlich. Die Bedienoberfläche des OTS ist dabei im besten Fall identisch mit der des späteren Leitsystems. Bei Neuanlagen erfolgt heute sehr häufig die Erstellung des OTS parallel zum Engineering. Ein weiterer Sonderfall für dynamische Simulationen mit wachsender Bedeutung ist Model Predictive Control (MPC). Hierbei handelt es sich um eine weiterführende Automatisierung des Mehrgrößenreglers (Advanced Process Control, APC). Mehrgrößenregler steuern eine Vielzahl verschiedener Stellgrößen auf Basis eines linearisierten Modells der Regelparameter. MPC geht einen Schritt weiter: Hier erfolgt die prädikative Vorgabe der Regelgrößen auf Basis der Berechnungen eines dynamischen Simulationsmodells.
3
Conceptual Engineering
3.1 Einordnung in das Gesamtprojekt Die Entwicklung und Erstellung des Anlagenkonzepts bezeichnet man als Conceptual Engineering, Verfahrensentwicklung oder Prozesssynthese. Ihr kommt eine entscheidende Bedeutung beim Bau einer neuen Anlage zu. Im Rahmen der Verfahrensentwicklung getroffene Entscheidungen legen i. d. R. bereits 80 % der späteren Kosten für Planung, Bau
Cost Commied
Money Spent
Zeit Konzeponelle Verfahrensplanung
BE
DE
Bau und Montage
Inbetriebnahme
Abb. 3.1 Zeitlicher Verlauf der Kosten aus Festlegungen im Rahmen der Projektphasen und der tatsächlichen Ausgaben. BE Basic Engineering; DE Detail Engineering © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 K. G. Topole, Grundlagen der Anlagenplanung, https://doi.org/10.1007/978-3-662-57418-8_3
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3
Conceptual Engineering
und Betrieb der Anlage fest. Der zeitliche Verlauf zwischen den durch Festlegungen entstehenden Kosten und den tatsächlichen Ausgaben ist in Abb. 3.1 schematisch gezeigt. Dabei liegen, aus Betreibersicht, die Kosten der Verfahrensentwicklung selbst aber nur bei etwa 5 % der Gesamtprojektkosten, definieren aber 70–80 % der späteren Kosten.
3.2 Konzeptionelle Verfahrensplanung bzw. Prozesssynthese Für einen neuen Prozess, z. B. eine neue Produktionsroute für ein etabliertes Produkt, den Einsatz eines neuentwickelten Katalysators oder die Herstellung eines gänzlich neuen Produkts, muss zunächst ein Verfahrenskonzept entwickelt werden. Im Anschluss an Forschung und Entwicklung liegt i. d. R. nur ein Labor- oder Technikumsverfahren vor, das sich nicht direkt auf einen industriellen Produktionsprozess übertragen lässt. Zudem spielen Fragen der Ausbeuteoptimierung oder Minimierung der Betriebshilfsmittel und Energien während dieser frühen Phase meist nur eine untergeordnete Rolle. Bei der Entwicklung des industriellen Verfahrenskonzepts müssen ökonomische Randbedingungen, mögliche Auswirkungen auf Umwelt und Fragen der Prozesssicherheit berücksichtigt werden. Lokale Randbedingungen am gewünschten Produktionsstandort, wie z. B. verfügbare Dampfschienen, günstige Rohstoffe oder Möglichkeiten der Entsorgung von Restströmen im Prozessverbund, können darüber hinaus das Verfahrenskonzept entscheidend beeinflussen. Die konzeptionelle Verfahrensplanung ist typischerweise ein iterativer Vorgang, bei dem sich Phasen der Ideenfindung zur Lösung eines verfahrenstechnischen Problems (Synthese) ablösen mit Schritten der Analyse zur Validierung des besten Konzepts. Der Schwerpunkt der Verfahrensentwicklung liegt darin, für den späteren Produktionsprozess durch eine optimierte Reaktionsführung eine möglichst hohe Ausbeute zu erzielen und spezifikationsgerechte Produkte mit minimalem Verbrauch an Hilfsstoffen und Energien zu erzeugen. Die Optimierung der Verbrauchsfaktoren ist umso wichtiger, je geringer die Wertschöpfung des Prozesses ist. Bei sehr hoher Wertschöpfung, beispielsweise im Pharmabereich ist Time-to-Market häufig wichtiger als die Optimierung des Produktionsverfahrens, da die Umarbeitungskosten nur einen sehr geringen Anteil an den Gesamtkosten ausmachen. Im Bereich der Bulk-Chemicals- und Commodity-Produkte ist die Wertschöpfung pro Tonne Produkt hingegen i. d. R. vergleichsweise gering. Hier ist ein optimiertes Verfahren mit besseren spezifischen Verbrauchsfaktoren bei Rohstoff- oder Betriebsmittelverbrauch ein deutlicher Vorteil gegenüber der Konkurrenz. Im Folgenden sollen drei prinzipielle Vorgehensweisen der konzeptionellen Verfahrensplanung vorgestellt werden: Evolutionäre Modifikation: Diese Methode geht von einem bestehenden Verfahren aus und entwickelt daraus mögliche Veränderungen. Es handelt sich um eine sanfte Weiterentwicklung bestehender Technologie mit relativ geringem technischem Risiko. Neue Verfahrenskonzepte können aus diesem Ansatz allerdings nicht entwickelt werden und Ergebnisse bleiben oft im bekannten „operation envelope“.
3.2 Konzeptionelle Verfahrensplanung bzw. Prozesssynthese
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Superstructure-Optimierung: Auf Basis einer sog. Überstruktur wird durch mathematische Optimierungsrechnungen die optimale Prozessstruktur errechnet. Eine Überstruktur beinhaltet alle denkbaren Prozessalternativen, die von den verfügbaren Rohstoffen zum gewünschten Produkt führen, und zwar an dieser Stelle noch ungeachtet der Wirtschaftlichkeit der jeweiligen Prozessalternative. Eine Überstruktur kann, grafisch dargestellt, als komplex verzweigter Baum verschiedenster Alternativen mit Abzweigungen und Rückführungen gesehen werden. Diese Vorgehensweise liefert bei vollständig definierter Überstruktur immer das optimale Verfahren, scheitert in der Praxis aber schnell an der Komplexität und der Lösbarkeit der mathematischen Optimierung. Systematische Entwicklung: Hierbei wird das Fließbild sequenziell entwickelt. Ein neuer Prozessschritt baut auf dem vorhergehenden Schritt auf. Die Ermittlung der Prozesssequenz sollte sich dabei nicht an Apparaten orientieren, sondern sollte als eine Abfolge von Änderungen der Medieneigenschaften (z. B. der Zusammensetzung, des Drucks, der Temperatur, des Phasenzustands, der Mengen, der Molekülstruktur oder der Form) betrachtet werden. Auf Basis möglicher Änderungen der Medieneigenschaften ergeben sich i. d. R. mehrere Alternativen für den nächsten Prozessschritt. Damit stellt sich folgende Aufgabe: Alle möglichen – und sinnvollen – Prozessalternativen müssen hinsichtlich der Eignung nun für das gewünschte Verfahren bewertet werden. Besonders vorteilhaft sind dabei i. d. R. solche Prozessschritte, die mehrere der erforderlichen Änderungen gleichzeitig umfassen. Der ökonomischste Prozessschritt bildet die Basis für den nächsten Syntheseschritt. Dieser Pfad wird so lange weiter betrachtet, bis eine Alternative günstiger ist. Bei dieser Vorgehensweise kann die Anzahl möglicher Alternativen für komplexe Prozesse sehr groß werden. Zur Ermittlung des besten Verfahrenskonzepts ist daher ein wirkungsvolles Alternativenmanagement erforderlich, um aus der Menge der entwickelten Prozessalternativen die jeweils günstigste für den nächsten Prozessschritt zu ermitteln. Das kann im Einzelfall bedeuten, dass ein Prozesspfad reaktiviert werden muss, der sich noch in einem deutlich geringeren Ausarbeitungszustand befindet, als die zuvor betrachtete Prozessalternative. Man stellt also bereits getroffene Entscheidungen für die Prozessstruktur wieder infrage. Auch mit dieser Methode wird bei konsequenter Anwendung das optimale Verfahren gefunden, die Anzahl der Iterationsschritte kann aber dafür bei komplexen Verfahren sehr groß werden. Neben der Aufeinanderfolge der erforderlichen Prozessschritte werden in der konzeptionellen Verfahrensplanung i. d. R. folgende Bereiche abgedeckt: Die Ermittlung der chemischen und physikalischen Basisdaten Die Ermittlung der Abfolge der erforderlichen Verfahrensschritte, um die Eingangsstoffe mit möglichst hoher Selektivität in die gewünschten Produkte zu überführen sowie die Spezifikation jedes einzelnen dieser Schritte
30
3
Conceptual Engineering
Die Wärmeintegration des Prozesses Die Definition des Basisfalls, inklusiver der zu berücksichtigenden Maximal- und Minimallasten und die hierzu gehörenden Massen- und Energiebilanzen. Der Basisfall definiert die spezifischen Verbrauchszahlen des Prozesses hinsichtlich der Rohstoffe und Betriebshilfsmittel sowie die erwarteten Emissionen. Die Darstellung des Basisfalls erfolgt in Verfahrensfließbildern (PFD) Die Hauptregelkreise des Prozesses sowie die Definition sicherer An- und Abfahrvorgänge Einen ersten Entwurf des Sicherheitskonzepts inklusive der Ermittlung der wesentlichen Gefahrenpotenziale (HAZID) Eine erste Kostenschätzung der Prozessanlage mit einer Genauigkeit im Bereich von ˙30 % Nicht berücksichtigt werden üblicherweise Nebenanlagen wie Kläranlage, thermische Nachverbrennung oder Fackel und die Ausgestaltung des Utilitysystems. Ebenso sind Aufstellungs- und Rohrleitungsplanung, die Auswahl von Pumpen und Armaturen sowie die Ausgestaltung von Lagerung und Logistik normalerweise nicht Bestandteil der Verfahrensentwicklung.
3.3 Auszuführende Arbeiten Im Conceptual Engineering werden verschiedene Anlagenkonzepte verglichen und i. d. R. neben einer technischen Grundauslegung und Abschätzung auch einer technisch-wirtschaftlichen Bewertung unterzogen, um zu einem projektspezifisch definierten technischen und wirtschaftlichen Optimum zu gelangen. Bei diesem Prozess wird i. d. R. Folgendes untersucht:
Ausarbeiten von Verfahrenskonzepten Bewertung von Scale-up-Risiken Erstellen von Verfahrensvergleichen oder Vergleiche von Verfahrensvarianten Erstellen einer ersten Massenbilanz zwischen den Prozessanlagen und zur Anlagengrenze Ermittlung eines ersten Anlagensicherheitskonzepts Ermittlung von erwarteten Verbrauchszahlen an Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen Ermittlung von Emissionen und möglicher Maßnahmen zu deren Begrenzung oder Vermeidung Erste Klärungen mit Lieferanten von Schlüsselausrüstungen und gegebenenfalls deren Baubarkeit bzw. Referenzierung Ermittlung von orientierenden Investitionskosten und Betriebskosten Erstellen eines ersten Terminplans für die Projektrealisierung Ermittlung von Verfahrensgarantien
3.4 Auslegungsbasis
31
3.4 Auslegungsbasis Besondere Aufmerksamkeit gilt der Festlegung des Anlagenkonzepts, da die Auslegungsgrundlagen einen entscheidenden Einfluss auf den Fortgang des Engineerings und des Projekts im Ganzen haben werden. Dazu zählen beispielsweise folgende Einflüsse: Rohstoffspezifikationen und Rohstoffverfügbarkeit auf die Auslegung der Anlage Höhenlage des Anlagenstandorts auf die Auslegung der Ausrüstungen, wie z. B. in Bezug auf – Kompressoren – atmosphärische Destillationen – Tanklager Änderungen bei der Berücksichtigung von klimatischen Bedingungen, wie z. B. – Auswahl der für die Prozessauslegung maßgeblichen Umgebungstemperaturen und Umgebungsdrücken basierend auf den Klimadaten – zu berücksichtigende minimale Temperaturen und sich daraus ergebende Winterisierungsanforderungen – Erdbebenfaktor – Wind- und Schneelasten Änderungen bei Hilfs- und Betriebsstoffen wie z. B. – Rohwasserverfügbarkeit und -qualität – Kühlwasserverfügbarkeit und -qualität – Soleverfügbarkeit – Dampf – Brennstoffe (Gas oder Öl) Einfluss der Klimadaten auf die Auslegung von z. B. – Luftkühlern – Kühltürmen Einfluss der vorhandenen Baufeldgröße auf die Aufstellung und damit auf das Anlagenkonzept Einfluss der Anlagenkapazität in Bezug auf die Baubarkeit von Hauptequipments Einfluss von vertraglich aufgeführten Behördenauflagen wie z. B. – Begrenzung von Schadstoffemission – Begrenzung von Schallimmission – Vorschriften für den Explosionsschutz (Ex-Vorschriften) – Sicherheitsabstände Einfluss von Betreibernormen und lokal gültigen Normen und Vorschriften für das Engineering
32
3
Conceptual Engineering
3.5 Verfahrensgarantien Zur Erstellung eines Gesamtanlagenkonzepts und zur Untersuchung seiner Machbarkeit gehört i. d. R. auch die Festlegung der möglichen Verfahrensgarantien, die an den Eigner bzw. an die finanzierenden Institutionen gegeben werden können. Hierzu gehören beispielsweise Garantien für
Produktionsmengen, Produktqualitäten, Verbrauchszahlen für Rohmaterialien und gegebenenfalls Betriebsstoffe sowie Emissionen an die Umwelt (Wasser, Luft und Lärm).
Während der Konzeptphase können einzelne Garantien noch nicht oder nur vorläufig feststehen, da noch keine Lieferanten bzw. Wirkungsgrade von Maschinen feststehen (z. B. Strom). Man kann dann mit Erwartungswerten arbeiten, auf die entsprechende erfahrungsbasierte Risikomargen aufgeschlagen werden. Endgültige, vollumfassende Garantien stehen deshalb i. d. R. erst am Ende des Basic Engineerings zur Verfügung. Endgültige Stromverbräuche stehen erst nach Auswahl der Maschinen bzw. deren Wirkungsgrade und Antriebsleistungen zur Verfügung. Es gibt jedoch immer eine Marge zwischen Erwartungswerten und den garantierten Werten, die auf einer fundierten Risikoanalyse basieren sollten. Im Rahmen der Zusammenstellung der Verfahrensgarantien ist es auch notwendig, für jede gegebene Garantie die Mess- bzw. Analysenmethode festzuschreiben, auf deren Basis die Garantiewerte nachzuweisen sind. Darüber hinaus sind Messtoleranzen bzw. Analysengenauigkeiten anzugeben sowie die Berücksichtigung von deren Fehlerfortpflanzung auf den Endwert. Man unterscheidet gewöhnlich absolute und nicht absolute Garantien. Absolute Garantien sind Garantien, die man erfüllen muss und aus deren Nichterfüllung man sich nicht durch Vertragsstrafen (Pönalen bzw. Liquidated Damages, LD) freikaufen kann. Dies sind i. d. R. Emissionsgarantien, bei deren Nichterfüllung eine Anlage durch eine Behörde gegebenenfalls stillgelegt werden kann. Hier muss der Lieferant der Anlage i. d. R. bis zur Erfüllung nachbessern bzw. nachrüsten. Nicht absolute Garantien sind bei Nichterreichen mit der Zahlung von Vertragsstrafen verbunden. Diese erfolgen gewöhnlich in Form von Schritten (beispielsweise x EUR oder % des Vertragspreises für jedes y % schlechter als der garantierte Wert). Die Verfahrenstechnik muss hier zusammen mit den Vertragskaufleuten und den Juristen eine entsprechende Staffelung festlegen. Im Garantiekapitel sind außerdem die Bedingungen und Voraussetzungen festzuschreiben, unter denen die Garantien gewährleistet werden. Im Rahmen der weiteren Entwicklung des Projekts ist kontinuierlich zu prüfen, welchen Einfluss potenzielle Änderungen im Engineering auf die Garantiewerte haben können; darauf aufbauend sind gegebenenfalls Korrekturmaßnahmen zu treffen.
Basic Engineering
Das Basic Engineering kann in einem Planungsschritt (ohne vorgeschaltetes PDP) oder in zwei Planungsschritten (mit vorgeschaltetem PDP1 ) erfolgen. Im Rahmen der verfahrenstechnischen Bearbeitung werden i. d. R. folgende Dokumente erstellt:
1
Designbasis Massen- und Energiebilanzen Verbrauchszahlen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe Zusammenstellung der gasförmigen und flüssigen Emissionen Blockfließbild (BFD) Prozessfließbild (PFD) Equipmentliste Prozesstechnische Datenblätter und vorläufige Bestimmung der Hauptabmessungen (z. B. Höhe und Durchmesser) für wesentliche Ausrüstungen Spezifikation für Katalysatoren Rohrleitungs- und Instrumentierungsschema (PID) Verfahrensbeschreibung Verriegelungsbeschreibung Grundlagen des Anlagenbetriebs wie Anfahren, Abfahren, Normalbetrieb, Anlagensicherheit, Health-Safety-Environment(HSE)-Belange Basisdaten und Basisinformationen für die Lage- und Aufstellungsplanung Gegebenenfalls Basisdaten für eine Kostenschätzung
PDP = Process Design Package, s. Abschn. 2.7.3.
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 33 K. G. Topole, Grundlagen der Anlagenplanung, https://doi.org/10.1007/978-3-662-57418-8_4
4
34
4.1
4
Basic Engineering
Designbasis
Die Designbasis ist eines der zentralen Dokumente, das zu Beginn der Projektierung zu erstellen ist. Im Rahmen einer Auftragsbearbeitung muss sie spätestens beim Auftragsstart bzw. zum sog. Kick-off-Meeting mit sämtlichen Auslegungskriterien vollständig sein. Um zu verstehen, warum die Designbasis so wichtig ist, muss man die Vorgeschichte kennen. Typischerweise tritt ein Kunde an einen Anlagenbauer mit bestimmten Vorstellungen und Forderungen heran. Diese Forderungen, auf Papier gebracht, bilden das sog. Lastenheft. Es sind also die Wünsche des Kunden. Oft zeigt eine genaue Analyse des Lastenhefts, dass nicht alle Vorstellungen des Kunden in der gewünschten Weise erfüllbar sind. Die Erfahrung zeigt, dass teilweise sogar Kundenforderungen in gewissem Widerspruch zueinanderstehen (z. B. Output vs. Energieverbrauch oder Produktreinheit vs. Rohstoffbedarf usw.). Gleichermaßen können Kundenwünsche im Widerspruch zu lokalen Gesetzen und Vorschriften liegen, andere Kundenangaben oder Zusicherungen können lokal möglicherweise gar nicht sichergestellt werden (z. B. Energieversorgung, Bereitstellung von Kühlwasser usw.). Teilweise sind manche Kundenwünsche gar illusorisch. Es gilt die allgemeine Regel: Auf Basis eines Lastenhefts des Kunden kann man im Anlagenbau kein Projekt erfolgreich abwickeln! Man braucht stattdessen ein Pflichtenheft, international: Designbasis. Das Lastenheft muss geprüft werden und zusammen mit lokalen Vorschriften, Standards und Vorschriften und auch mit den Hausstandards des Anlagenplaners konsolidiert werden. Genauso finden Erfahrungswerte des Anlagenplaners aus ähnlichen Anlagen, aus früheren Projekten im selben Land und der Region und, wenn möglich, aus früheren Projekten mit demselben Kunden Eingang. Heraus kommt die Designbasis. Diese Designbasis bildet dann, nach Abstimmung und Einigung mit dem Kunden, die gemeinsame Basis für den Vertrag und für alle beteiligten Ingenieure und Planer, inklusive des Lizenzgebers. Die Designbasis enthält i. d. R. die folgenden Informationen: Angaben über die geplante Anlagenproduktion, wie z. B. – Prozessanlagen und Nebenanlagen sowie deren Produktionskapazitäten – Anlagenverfügbarkeiten („on-stream time“) – Teillastbetriebserfordernisse – Anforderungen an Produktlager, Tanke und Verladungen Spezifikation von – Rohstoffen – Produkten und Nebenprodukten – Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen (minimale, maximale, normale, Designbedingungen für z. B. Druck, Temperatur, Zusammensetzung) – Chemikalien – Katalysatoren
4.2 Massen- und Energiebilanzen
35
Standort der Anlage sowie alle notwendigen standortspezifischen Faktoren, wie z. B. – Klimadaten – Erdbebenzonen – Winterisierungs- oder Tropikalisierungsanforderungen Festlegung der Designkriterien und -anforderungen an alle Ströme bzw. Daten, die in der Designbasis genannt werden Bedingungen aller an der Anlagengrenze zu übernehmenden oder abzugebenden Stoffströme (minimale, normale, maximale, Designbedingungen) Anzuwendende Codes and Standards für zu beschaffende Ausrüstungen: – Statische Ausrüstung – Maschinen – Rohrleitungen – Elektrotechnik – Instrumentierung – Bau- bzw. Stahlbau Anzuwendende Maßeinheiten und Maßsysteme (z. B. SI, metrisch, US, imperial) Emissionslimitierungen Anforderungen an die messtechnischen Systeme, z. B. – DCS2 – ESD3 – Verriegelungssystematik4 – Voting-Struktur5 (z. B. 2oo3) Anforderungen an die elektrotechnische Ausrüstung, z. B. – Stromversorgung – Stromschienen – Leistungsanforderungen an die Stromschienen – Notstrom
4.2 Massen- und Energiebilanzen Die Massen- und Energiebilanz resultiert gewöhnlich aus einer stationären Prozesssimulation. Sie stellt alle eingehenden und ausgehenden Ströme an jedem Ort der Anlage dar, wie z. B.
in die bzw. aus der Anlage, in einen bzw. aus einem Apparat, einer Unit Operation an einer Verbindung oder einem Aufsplitten von Prozessströmen.
DCS D Distributed Control System, Prozessleitsystem, s. Abschn. 11.4.1. ESD-System D Emergency Shut Down System, Sicherheitstechnisches System, s. Abschn. 11.4.2. 4 Verriegelungssystematik, s. Abschn. 11.6. 5 Voting-Struktur, s. Abschn. 13.3.4.2. 2 3
36
4
Basic Engineering
Die Massen- und Energiebilanz geht immer zu Null auf: Massen eingehender Stoffströme D Massen ausgehender Stoffströme Energieerzeugung D Energieverbrauch Massen- und Energiebilanzen werden zumindest für den Designfall erstellt, können aber bei Bedarf aber auch für weitere Betriebsfälle erstellt werden, wie z. B. für Teillastfälle verschiedene Produkte, die in der Anlage erzeugt werden sollen Winter- bzw. Sommerfahrfälle Die Massen- und Energiebilanz stellt die Basis für die verfahrenstechnische Spezifikation der Anlagenausrüstung dar. Sie wird gewöhnlich in Form einer Tabelle dargestellt, wobei jeder Strom eine Stromnummer zur eindeutigen Identifikation und Zuordnung zum Prozessfließbild erhält. Alternativ kann die Massenbilanz auch in Form einer sog. Stoffstromleiste direkt mit in das PFD mit aufgenommen werden, s. Abb. 4.2.
4.3
Verbrauchszahlen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe
In der Designbasis werden nicht nur die Qualität der erforderlichen Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe angegeben, es werden auch die Verbrauchszahlen zusammengefasst. Sie lassen sich in kontinuierliche Verbräuche und temporäre Verbräuche unterteilen. Temporäre Verbräuche beinhalten z. B. Verbräuche bei Anfahren oder Abfahren der Anlage sowie Bedarf für Spülvorgänge oder andere Reinigungsvorgänge. Die Spezifikation von temporären Verbräuchen ist z. B. wichtig für die Festlegung von Zwischenpuffern oder Tanken. Alle Verbräuche werden als minimal, normal, maximal und Design angegeben. Eine frühe Abschätzung der Verbräuche ist wichtig, um die Nebenanlagen vorab abschätzen zu können. In der Regel werden Zuschläge auf die ermittelten Verbräuche gemacht, um zum einen Unsicherheiten in der frühen Planungsphase abzudecken. Zum anderen sind solche Zuschläge vorteilhaft, um späteren Mehrbedarf bei eventuellen Überlastfahrfällen oder im Fall von Anlagen-Revamps abdecken zu können.
4.5 Blockfließbild
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4.4 Zusammenstellung der gasförmigen und flüssigen Emissionen Die gasförmigen und flüssigen Emissionen werden gewöhnlich in Listenform zusammengestellt. Sie werden u. a. i. d. R. auch an die Behörden oder an einen Umweltconsultant weitergegeben. Gewöhnlich werden für jeden Strom die folgenden Parameter angegeben:
Massenstrom Zusammensetzung Temperatur Emissionspunkte (Koordinaten und Höhe).
4.5
Blockfließbild
Ein Blockfließbild (Block Flow Diagram, BFD) stellt die logische prozesstechnische Verknüpfung der Teilanlagen bzw. von Unit Operations untereinander dar. Ein Beispielausschnitt aus einem Blockfließbild zeigt Abb. 4.1.
Abb. 4.1 Beispiel eines Blockfließbilds
38
4
Basic Engineering
Gewöhnlich enthält ein Blockfließbild folgende Informationen:
jede eigenständige Teilanlage dargestellt in Rechteckform in Form eines Blocks Ein- und Ausgangsströme in/aus jedem Teilanlagenblock mit Angabe der Flussrichtung Angabe des Massenstroms für jeden Strom Arbeitsbedingungen eindeutige Kennzeichnung der Übergänge zu anderen Blockfließbildern
Zur Erstellung des Blockfließbilds werden die Massenströme zwischen den Teilanlagen bilanziert und in das Blockschema übertragen. Blockfließbilder werden gewöhnlich für den normalen Betriebsfall oder den Designfall erstellt. Projektbezogen können jedoch zusätzliche Blockfließbilder für weitere Betriebsfälle erstellt werden, wie. z. B. für
alternative Rohstoffe, die der Produkterzeugung dienen verschiedene Produkte, die in der Anlage erzeugt werden können Sommer- bzw. Winterbetrieb sowie Teillastfälle
4.6 Prozessfließbild Ein Prozessfließbild (Process Flow Diagram, PFD) stellt die Verfahrensübersicht dar, gibt aber schon alle wesentlichen Komponenten an und ist meistens schon mit einer Massen- und Energiebilanz (Stoffströme) versehen. Durch die Stoffströme (Massenstrom plus Volumenstrom) mit Temperatur, Druck und Dichte ist auch die Energiebilanz festgelegt. Das Prozessfließbild enthält auch schon alle verfahrensrelevanten Apparate mit deren Bezeichnung. Prozessfließbilder werden nach DIN EN ISO 10628 dargestellt. Weitere Symbole können der DIN 2429 entnommen werden. Die Abb. 4.2 zeigt ein Beispiel eines Prozessfließbilds. Bei der Erstellung eines Prozessfließbilds sind i. d. R. die folgenden Aspekte und Schritte zu berücksichtigen und durchzuführen: Erstellen und/oder Überarbeiten der Grund- und Verfahrensfließschemata für Prozessund Nebenanlagen Erstellen der Mengen- und Energiebilanz Übertragung der Mengen und Stoffströme in die Verfahrensfließschemata Beschreibung des Betriebsfalls der im Verfahrensfließschemata gezeigt wird, wie z. B. – alternative Einsatzstoffe – verschiedene Produkte, die erzeugt werden sollen – Sommer- bzw. Winterbetrieb
Abb. 4.2 Beispiel eines Prozessfließbilds
4.6 Prozessfließbild 39
40
4
Basic Engineering
– Teillastfälle – verschiedene Einsatzstoffe Apparate und Maschinen mit Teile- bzw. Itemnummer und Bezeichnung Definition der Ein- und Ausgangsstoffe Fließweg der Stoffe und Energien innerhalb des Verfahrens Spezifizierung der Stoffströme Physikalische Eigenschaften Arbeitsbedingungen Kenndaten der Ausrüstungen – Arbeitsbedingungen – Duty-Anforderungen Regelkreise Wichtige Messstellen und Analysen Eindeutige Kennzeichnung der Übergänge zu anderen Verfahrensfließschemata.
4.7 Equipmentliste Die Equipmentliste oder Ausrüstungsliste fasst gewöhnlich alle Equipments oder Ausrüstungen zusammen, die auf den Prozessfließbildern dargestellt sind. Grundsätzlich kann man zwei verschiede Equipmentlisten mit unterschiedlicher Tiefe des Inhalts unterscheiden. Die sog. Name-only-Liste enthält i. d. R. für jedes Equipment (nur) Equipmentnummer, Equipmentname, Equipmentanzahl pro Equipmentnummer. Eine vollständige Equipmentliste (häufig quergeschriebene Equipmentliste genannt) enthält eine Vielzahl von zusätzlichen Daten, die i. d. R. kunden- oder projektspezifisch definiert werden. Dazu gehören u. a.
Equipmenttyp, z. B. von Wärmetauschern oder Pumpen Hauptabmessungen wie Höhe, Durchmesser Konstruktionsmaterialien Designdrücke und Designtemperaturen Bemerkungen zu speziellen Features, z. B. für Einbauten Gewichte, z. B. Leergewicht und Füllgewichte für Hydrotest elektrische Anschlusswerte
4.8 Prozesstechnische Datenblätter für alle Ausrüstungen
4.8
41
Prozesstechnische Datenblätter für alle Ausrüstungen
Die Verfahrenstechnik erstellt für jede im Prozessfließbild dargestellte Ausrüstung ein prozesstechnisches Datenblatt. Gewöhnlich werden Ausrüstungen gruppiert nach
Reaktoren, Behälter, Abscheider und Tanke Wärmetauscher Kolonnen Kompressoren und Turbinen Pumpen Sonderequipments, z. B. Trommeln, Fördertechnik, Siebe Angegeben werden in den Datenblättern gewöhnlich
Betriebs- und Designbedingungen, z. B. Drücke und Temperaturen, bei Pumpen auch NPSH6 Konstruktionsmaterialien, auch pro Bauteil, wie z. B. Mantel, Haube, Rohre, Einbauten Korrosionszuschläge spezielle Einbauten, falls vorhanden typische Zeichnung Bei Kolonnen: physikalische und chemische Eigenschaften der Medien Flüssig- und Gasbeladungen für das Bodendesign Bodentyp, -zahl und -lage Bei Wärmetauschern werden i. d. R. zusätzlich spezifiziert:
Wärmetauschertyp Wärmeleistung physikalische Eigenschaften von Prozess- bzw. Kühl- und Heizmedien Kondensationskurven dieser Medien Foulingfaktoren prozesstechnische Begrenzung im Wärmefluss, falls relevant
NPSH D Net Positive Suction Head (Haltedruckhöhe). Sie wird üblicherweise in Meter angegeben, s. Abschn. 9.3.4.
6
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4
Basic Engineering
Bei Kompressoren und Turbinen bzw. sinngemäß bei Pumpen werden i. d. R. zusätzlich spezifiziert:
physikalische Eigenschaften des Mediums, z. B. Zusammensetzung spezielle Prozess- und mechanische Anforderungen Pumpen-, Kompressoren-, Turbinentyp Dichtungstyp gewählte Antriebsart geschätzte Antriebsleistung Bedarf an Hilfs- und Betriebsstoffen, z. B. Sperrluft, Kühlwasser
Die von der Verfahrenstechnik vorgegebenen Daten werden i. d. R. als Datenblatt an die Ingenieurdisziplinen übergeben und bilden die Basis für die weitere mechanische Auslegung.
4.9 Spezifikation für Katalysatoren Zur Spezifikation von Katalysatoren ist es vorteilhaft, deren Eigenschaften genau zu kennen, um alle notwendigen Daten und insbesondere auch mögliche Katalysatorgifte in der Spezifikation zu erfassen. Zu einer Katalysatorspezifikation gehören gewöhnlich
Betriebsbedingungen, z. B. Druck, Temperatur Betriebsfälle mit zugehörigen Betriebsbedingungen Spezifikation der Eingangsströme, z. B. Zusammensetzung, Massenstrom Spezifikation der Katalysatorgifte Spezifikation von Hilfsstoffen für z. B. Reduktionsmittel gewünschter Umsatz gewünschte Lebensdauer
Der Katalysatorlieferant liefert im Gegenzug gewöhnlich folgende Informationen für die weitere Abwicklung des Projekts:
erforderliches Katalysatorvolumen L/D-Verhältnis Katalysatorlebensdauer Druckverlust Aktivität am Anfang und am Ende der Lebensdauer.
Der Lieferant nennt i. d. R. sowohl die Erwartungswerte als auch die Garantiewerte für die vorgenannten Eigenschaften.
4.10 Pipe-and-Instrument Diagram
4.10
43
Pipe-and-Instrument Diagram
Das Pipe-and-Instrument Diagram (PID, Rohrleitungs- und Instrumentierungsschema, kurz R&I-Schema) ist das zentrale Dokument, das die Verfahrenstechnik für die weitere ingenieurtechnische Planung zur Verfügung stellt. Das PID wird auf Basis des Prozessfließbilds erstellt. Als Grundlage für die Darstellung wird ein sog. PID0 erstellt, in dem die Symbole und Standards zusammengefasst sind. Zur Entwicklung des PID aus den vorgenannten Dokumenten werden u. a. Werkstandards, Wünsche der Produktion, An- und Abfahren, außergewöhnliche Betriebszustände, Sicherheitsaspekte, Prozesssteuerung, Wartungsfreundlichkeit, Rohrleitungsklassen und Instrumentierungsparameter berücksichtigt.
4.10.1 Inhalt, Form, Arbeiten der Verfahrenstechnik und Status von Pipe-and-Instrument Diagram Im PID sind alle prozesstechnischen Details, Apparate, Rohrleitungen, Ventile, Armaturen einschließlich Darstellung der Mess- und Regeltechnik enthalten. Bei Rohrleitungen und Armaturen wird die Dimension angegeben plus Begleitheizung plus Isolierung. Ebenso sind die Messstellen und die Wirklinien der Regelung erfasst. Im Regelfall werden die PID aus den Prozessfließbildern abgeleitet. Als Faustregel entstehen so aus einem Prozessfließbild im Schnitt etwa vier bis fünf PID. PID werden nach DIN EN ISO 10628 dargestellt. Weitere Rohrleitungssymbole können der DIN 2429 entnommen werden. Wirklinien von Steuer- und Regelungsorganen werden nach EN 62424 bzw. ISO 3511 dargestellt. Die Abb. 4.3 zeigt ein Beispiel eines PID. PID werden i. d. R. für folgende Anlagenteile erstellt:
PID für Prozessanlagen PID für Nebenanlagen PID für Package Units PID für verbindende Rohrleitungen (z. B. zwischen Prozessanlagen und Nebenanlagen). Zur Erstellung des PID erbringt die Verfahrenstechnik gewöhnlich folgende Arbeiten:
Entwerfen der Erstausgabe des PID auf Basis des Prozessfließbilds und Komplettierung bzw. Revisionierung während der weiteren Projektphasen Abstimmen mit dem Lizenz- oder Know-how-Geber Abstimmung mit dem Kunden über verschiedene Reviewphasen Abstimmen mit den Fachbereichen Equipmentauslegung, Bau, Elektrotechnik, Anlagenplanung, Instrumentierung und Rohrleitungsplanung
4
Abb. 4.3 Beispiel eines Pipe-and-Instrument Diagram
44 Basic Engineering
4.10 Pipe-and-Instrument Diagram
45
Weitere Pflege der PID wie Eintragen, Prüfen und Freigeben von Änderungen, Revisionierung und Verausgabung PID werden beginnend mit einer Erstausgabe im Lauf eines Projekts kontinuierlich weiterentwickelt, geprüft, ergänzt und präzisiert. Um hier immer zu wissen, welche Schritte bei einem PID bereits durchlaufen wurden, definiert jeder Anlagenbauer diesbezüglich eine klare Regel zur Kennzeichnung des Status. Sinnvolle Stati sind beispielsweise (können aber je nach Anlagenbauer, Branche und Anlagentyp variieren): IFR (Erstausgabe, Issue for Review), zur ersten Durchsprache mit dem Kunden IFD (Ausgabe zur HAZOP7 , Issue for Design) IFDD (Ausgabe für das Detail Engineering), enthält die eingearbeiteten Ergebnisse der HAZOP und SIL8 und ist damit die Planungsgrundlage für das Detail Engineering Wie gebaut („as-built“) enthält die Änderungen, die während der Montage und gegebenenfalls während der Inbetriebnahme noch implementiert wurden Die Verfahrenstechnik erstellt dabei den ersten Basisentwurf des PID aufbauend auf dem Prozessfließbild (das bis dahin verabschiedet sein muss!). Der Basisentwurf wird dann gewöhnlich zunächst an das Rohleitungsengineering weitergeleitet, die ihre Eintragungen vornimmt. Abschließend wird das PID an die Instrumentierung weitergeleitet. Bei den meisten Anlagenbauern führt die Verfahrenstechnik das Masterdokument und veranlasst, terminiert und hält die Roteintragungen aller beteiligten Disziplinen nach. Sie veranlasst auch die spätere Einarbeitung und Ausgabe einer neuen Revision.
4.10.2 Inhalte eines Pipe-and-Instrument Diagram Ein PID weist gewöhnlich folgende Inhalte auf: Apparate, Maschinen und Antriebe mit – Symbol – Teil- bzw. Itemnummer – Bezeichnung – Hinweise zur Aufstellung – Angaben zum Schallschutz Package Units mit – Black Box – Teil- bzw. Itemnummer Maschinen einschließlich Antriebsmaschinen 7 8
HAZOP = Hazard and Operability Studie, s. Abschn. 13.2. SIL D Safety Integrity Level, Sicherheitsintegritätslevel, s. Abschn. 13.3.
46
4
Basic Engineering
Rohrleitungen und Armaturen MSR9 -Einrichtungen mit Aufgabenstellung auch für Steuern und Verriegeln sowie Sicherheitsstellung von Stellgeräten Art wichtiger Geräte für Messen, Regeln und Steuern, z. B. Analysengeräte Rohrleitungskennzeichnung mit – Mediensystem – Nennweite – Dämmung – Begleitheizung – Fließrichtung Angaben zu Dämmung und Begleitheizung von Apparaten und Maschinen Sicherheitseinrichtungen wie Sicherheitsventile, Berstscheiben und Verriegelungen Abblaseort und Abblaserichtung verfahrensbedingte Anforderungen an die Rohrleitungsführung und Apparateaufstellung Probenahme Anschlüsse besondere Einrichtungen für An- und Abfahren besondere Einrichtungen für Spülen Kennzeichnung der Übergänge zu anderen PID
4.11 Verriegelungsbeschreibung Die Verriegelungsbeschreibung fasst die in der Anlage implementierten Verriegelungen im Fall von Grenzwertüberschreitungen im DCS- sowie der Trips im ESD-System dar. Eine solche Beschreibung kann entweder in Textform und/oder als Übersichtsdiagramm erfolgen. Zusammen mit dem PID bildet die Verrieglungsbeschreibung (Interlock Description) die wesentlichen Dokumente, auf deren Basis später die HAZOP durchgeführt wird. Auf die Themen HAZOP, Verriegelungen, DCS und ESD wird in Kap. 13 ausführlich eingegangen.
4.12 Grundlagen des Anlagenbetriebs Für den späteren Anlagenbetrieb wird ein Betriebshandbuch verfasst. Der Umfang des Betriebshandbuchs gliedert sich prinzipiell in die beiden Bearbeitungstiefen prinzipielle Beschreibung des Anlagenbetriebs (Operating Guidelines) und detailliertes Betriebshandbuch (Operating Manual). 9
MSR D Messen-Steuern-Regeln, wird synonym für Instrumentierung verwendet.
4.12 Grundlagen des Anlagenbetriebs
47
Bei der Erstellung von Betriebshandbüchern sind gegebenenfalls spezifische lokale Anforderungen zu beachten, wie z. B. OSHA10 -Anforderungen in den USA, aber auch eine Verausgabung in der Landessprache. Dies gilt v. a. für die Erstellung des detaillierten Betriebshandbuchs.
4.12.1 Prinzipielle Beschreibung des Anlagenbetriebs Die Beschreibung des Anlagenbetriebs (Operating Guidelines) erfolgt durch die Verfahrenstechnik gewöhnlich nach erfolgter HAZOP und SIL während des Detail Engineerings. Auf Basis dieser Beschreibung erstellt der spätere Detail Engineer das finale Betriebshandbuch der Anlage. Gewöhnlich sind in dieser Ausgabe noch keine Beschreibungen des Betriebs von etwa Package Units enthalten (z. B. Kompressoren, Kesselanlagen), sondern inhaltlich wird sich auf die Prozessanlagen bezogen.
4.12.2
Detailliertes Betriebshandbuch
Gegenüber der prinzipiellen Beschreibung, die gewöhnlich vom Verfahrensgeber erstellt wird, enthält das Betriebshandbuch (Operating Manual) auch die Beschreibung des Betriebs aller Package Units. Diese erfolgt gewöhnlich durch die jeweiligen Lieferanten der Package Units auf Basis der vom Anlagenbauer gemachten Vorgaben in Bezug auf Inhalte und Formate. Zur Erstellung des detaillierten Betriebshandbuchs werden die erstellten Dokumente durch den Anlagenbauer noch einmal auf den letzten Planungsstand (Freigabe zur Montage oder „as-built“) angepasst. Gewöhnlich erfolgt eine Übersetzung in die Landessprache. Betriebshandbücher können neben dem eigentlichen Anlagenbetrieb auch Informationen zur Instandhaltung (Maintenance Manual) sowie zu Analysen (Analytical Handbook) enthalten. Der durch die Verfahrenstechnik zu erstellende Teil hat gewöhnlich folgende Inhalte: Beschreibung aller Prozessschritte, einschließlich – der Beschreibung des Prozessverlaufs für jeden Prozessschritt auf Prozessfließdiagrammbasis – wichtiger Betriebsbedingungen – Angabe aller Ventile und Instrumente gemäß der im PID genannten Bezeichnungen Beschreibung der wesentlichen Anforderungen zur Erstinbetriebnahme (Precommissioning- und Commissioning-Aktivitäten) 10
OSHA D Occupational Health and Safety Administration, US Berufsgenossenschaft.
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4
Basic Engineering
Beschreibung des Anlagenbetriebs: – Beschreibung des Anfahrens (Start-up) der Anlage – normaler Anfahrvorgang („cold start-up“) – Wiederanfahren nach einem kurzen Trip („warm start-up“) – Beschreibung des Normalbetriebs – Beschreibung des Abfahrvorgangs – geplantes Abfahren – Notabfahren Sicherheitsanforderungen an den Anlagenbetrieb und an die Stoffe, die in der Anlage gehandhabt werden (z. B. Sicherheitsdatenblätter aller Chemikalien und Katalysatoren) Anforderungen an HSE (Health, Safety, Environment) einschließlich Angabe potenzieller gefährlicher Emissionen
4.13 Analysenhandbuch Das Analysenhandbuch enthält i. d. R. folgende Informationen: Auflistung aller Analysenmethoden, die im Rahmen des geregelten Anlagenbetriebs notwendig sind detaillierte Beschreibung aller Analysenmethoden, die im Rahmen des geregelten Anlagenbetriebs notwendig sind, einschließlich deren Einsatz- und Fehlergrenzen Zeitplan und Abfolge der Analysennahmen Liste der benötigten Laborausrüstung und Laborausstattung sowie Chemikalien
Detail Engineering
Das Detail Engineering schließt sich an das Basic Engineering an. Im Detail Engineering werden alle im Basic Engineering erstellten Unterlagen weiterentwickelt und konkretisiert bzw. detailliert. Der Umfang des Detail Engineering (Scope of Services) wird durch die zu erstellenden Dokumente (intern gegenüber den Ingenieurdisziplinen bzw. extern gegenüber Kunden) definiert. Gewöhnlich werden diese Dokumente in einer Dokumentenliste („master document list“) zusammengefasst (Titel, Ersteller, Fertigstellungsdatum, Freigaben usw.). Der Anteil der Verfahrenstechnik am Gesamtengineering ist im Detail Engineering wesentlich geringer als im Basic Engineering. Während im Basic Engineering die Verfahrenstechnik den überwiegenden Anteil der Arbeiten erledigt, wird im Detail Engineering der Hauptteil der Arbeiten durch die anderen Ingenieurdisziplinen erbracht. Den größten Anteil in Bezug auf den Engineeringaufwand hat bei chemischen Anlagen gewöhnlich die Rohrleitungsplanung und die Lage- und Aufstellungsplanung. Die Beschaffung von Equipment und Materialien erfolgt gewöhnlich in der Detail Engineering Phase. Im Lauf des Detail Engineerings fließen deshalb die wesentlichen Informationen der Lieferanten zurück in den Engineeringprozess und müssen in die Planung eingearbeitet werden.
5.1
Weitere Entwicklung des Pipe-and-Instrument Diagram
Wie schon beschrieben, basiert die Abwicklung des Detail Engineerings gewöhnlich auf der PID-Ausgabe, die die Ergebnisse der HAZOP und SIL enthält. Wesentliche Informationen, die im Lauf des Detail Engineerings ergänzt werden, sind beispielsweise der Rücklauf von Lieferanteninformationen, z. B. Details von Apparaten, und der Rücklauf aus der Aufstellungsplanung, z. B. Entleerungen und Entlüftungen. © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 49 K. G. Topole, Grundlagen der Anlagenplanung, https://doi.org/10.1007/978-3-662-57418-8_5
5
50
5
Detail Engineering
Die PID werden während des Detail Engineerings weiterentwickelt. Der Eigentümer des Dokuments bleibt i. d. R. die Verfahrenstechnik, wobei die Ingenieurdisziplinen ihre Revisionen gewöhnlich direkt als sog. Roteintragung („red-mark“) eintragen. Werden die PID durch zu viele Roteintragungen unübersichtlich, wird die Verfahrenstechnik bei Bedarf eine Revision der aktuellen Arbeitsversion erstellen. Vorteilhaft ist es, zu bestimmten definierten Zeitpunkten sog. Reviews1 mit den beteiligten Disziplinen durchzuführen, wobei die PID gegen das Anlagenmodell abgeglichen werden.
5.2 Nachrechnung der sicherheitstechnischen Ausrüstung Der Rücklauf der Daten von Lieferanten ist für die Überprüfung der verfahrenstechnischen Auslegung sowie der während des Basic Engineerings getroffenen Annahmen relevant. Solch relevante Daten sind z. B. Kennlinien von Pumpen und Kompressoren sowie der Durchflussfaktor (K v 2 -, Cv 3 - oder K G 4 -Werte) von Ventilen und Regelarmaturen. Aufgrund dieser Informationen müssen z. B. Druckverluste und Sicherheitsventilauslegungen noch einmal nachgerechnet und bestätigt werden.
5.3
3D-Anlagenplanung
Die 3D-Anlagenplanung dient dazu, die Vielzahl der technischen Komponenten einer Anlage, wie Maschinen und Apparate, Stahlbau, Massivbau, Rohrleitungen, zu einem Gesamtsystem zusammenzufügen. Allgemein wird hier oft vom 3D-Modell gesprochen. Das rührt daher, dass in der Vergangenheit tatsächlich maßstäblich geschreinerte Modelle aus Kunststoff, Holz und Aluminium gebaut wurden, die den Aufbau der Anlage oder des Anlagenteils komplett darstellten. Heute findet die Modellierung via dezentraler Software statt. Im Großanlagenbau werden dazu professionelle Anlagenplanungsprogramme eingesetzt. Der Hauptzweck ist eine effiziente und optimierte Planung mit gesteigerter Produktivität und kürzeren Projektlaufzeiten gegenüber einer konventionellen Planung. Darüber hinaus gestattet eine computerunterstützte 3D-Planung eine dezentrale Entwicklung der Anlage. Es können international verschiedene Teams an der Anlagenplanung beteiligt 1
Z. B. 3D-Model Review, s. Abschn. 5.4. K v : Durchflussfaktor oder Durchflusskoeffizient, üblicherweise angegeben in m3 /h. 3 Cv : flow coefficient or flow capacity rating of valve, US Pendant zu K v , jedoch üblicherweise in US gallons/min. 4 K G : Durchflussfaktor bei Gasen, analog existiert CG. 2
5.3 3D-Anlagenplanung
51
sein und gemeinsam das Modell, das sich in der Cloud befindet, erstellen und weiterentwickeln. Die Aufteilung des 3D-Modells erfolgt in den meisten Fällen in
Apparate und Maschinen, Rohrleitungen, Stahlbau, Massivbau, Kabeltrassen.
Die Abb. 5.1, 5.2 und 5.3 zeigen Screenshotbeispiele einer 3D-Anlagenplanung. Die Softwarehäuser Intergraph (PDS und SmartPlant) und Aveva (PDMS) bieten eine Vielzahl von Produkten und Applikationen für die Planung, den Bau und Betrieb von Anlagen und Schiffen für die Chemie-, Pharma- und Papierindustrie, der Öl- und Gasindustrie sowie für den Kraftwerksbau an. Für die Planung von Kleinanlagen oder einzelnen Maschinen wird oft AutoCAD von Autodesk eingesetzt.
Abb. 5.1 Screenshot eines Anlagenteils aus einem Modell erstellt mit der Softwareanwendung PDMS
52
5
Detail Engineering
Abb. 5.2 Darstellung eines Anlagenkomplexes mithilfe der Softwareanwendung PDMS
Abb. 5.3 Screenshot einer Rohrleitungsdetailplanung im 3D-Modell in der Softwareanwendung PDMS
5.4 3D-Model Review
53
Die Hoheit der Modellpflege liegt bei den meisten Anlagenbauern bei der Disziplin Lage- und Aufstellungsplanung. Alle anderen Disziplinen können den Fortschritt und die Richtigkeit der Modellplanung in Bezug auf deren Belange kontinuierlich mit Viewern (z. B. NavisWorks5 ) mitverfolgen.
5.4
3D-Model Review
Die Verfahrenstechnik und alle beteiligten Ingenieurdisziplinen wie Rohrleitungsplanung, Lage- und Aufstellungsplanung, Equipmentengineering, Instrumentierung, Elektrotechnik und Bau nehmen zu vereinbarten festgelegten Planungsständen an Model Reviews teil. Als vorteilhaft haben sich in der Praxis folgende Planungsstände6 für Reviews erwiesen: 30-Prozent-Model Review 60-Prozent-Model Review 90-Prozent-Model Review Die genannten Prozentzahlen beziehen sich auf den Fertigstellungsgrad der zu planenden Rohrleitungen. Während eines Model Reviews werden gemeinsam durch die Disziplinen Verfahrenstechnik, Equipment, Stahlbau, Rohrleitungen und Instrumentierung hinsichtlich prozesstechnischer Richtigkeit und Übereinstimmung mit dem PID geprüft. Typische Tätigkeiten während eines Model Reviews seitens der Verfahrenstechnik durch ein Team aus Verfahrenstechnik, Rohrleitungsplanung, Equipmentauslegung, Instrumentierung, Elektrotechnik mit oder ohne Kunden bzw. Lizenzgeber sind beispielsweise: Prüfen des 3D-Modells auf Übereinstimmung mit den PID Funktionsfähigkeit, Zugänglichkeit und Bedienbarkeit der Anlage in Bezug auf Betrieb und Instandhaltung Richtigkeit der Equipmentaufstellung im Hinblick auf die Prozessbelange Richtigkeit der Rohrleitungsverlegung im Hinblick auf die Prozessbelange (z. B. Gefälle, Entleerungen und Entlüftungen) Richtigkeit der Anordnung (z. B. Einlaufstrecken bei Messungen) der – Instrumente – Regelventile – Armaturen – Sicherheitsventile 5
NavisWorks von AutoDesk, www.autodesk.de. Die hier genannten Planungsstände und Prozentzahlen sind Ergebnisse aus der Praxis und der Erfahrung und Sicht eines Großanlagenbauers der chemischen Industrie. Spezielle Branchen sowie auch unterschiedliche Firmenphilosophien können durchaus andere Prozentwerte fordern.
6
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5
Detail Engineering
Demontierbarkeit bzw. Wartung und Inspektion der Ausrüstungen (auch Katalysatorwechel) Gesundheitsschutz, Umweltschutz und Sicherheit Übereinstimmung der dargestellten Ausrüstung mit den bestellten Ausrüstungen Berücksichtigung der Anforderungen des Personenschutzes Die Modellabnahme kann direkt im 3D-Modell erfolgen, entweder mit der 3D-Modellsoftware selbst oder mit einem reinen Viewer wie beispielsweise Autodesk NavisWorks oder Aveva PDMS Review.
5.4.1
30-Prozent-Model Review
Der 30-Prozent-Model Review wird ungefähr bei einem Fertigstellungsgrad des 3D-Planungsmodells bei 20–30 % der Basic-Planungsphase durchgeführt. Das Reviewteam besteht aus einem gemischten Planungsteam. Das Ziel dieses Reviews ist: Prüfen von Hauptausrüstungen (Behälter, Maschinen, Package Units7 usw.) zu Wartungszwecken Prüfen, ob relevante Aufstellungsinhalte eingearbeitet sind Prüfen von aufstellungsbestimmenden Rohrleitungen Prüfen aller Strukturen, Bühnen, Gebäude usw. Das Prüfen des 3D-Modells erfolgt über Checklisten und wird im Review Protokoll festgehalten.
5.4.2
60-Prozent-Model Review
Der 60-Prozent-Model Review wird ungefähr bei einem Fertigstellungsgrad des 3D-Planungsmodells bei 50–60 % in der Mitte der Detailplanungsphase durchgeführt. Das Review Team besteht aus einem gemischten Planungsteam. Das Ziel dieses Reviews ist: Prüfen, ob Kommentare des 30-Prozent-Reviews eingearbeitet sind Prüfen von Hauptausrüstungen (Behälter, Maschinen, Package Units usw.) zu Wartungszwecken Prüfen der Örtlichkeiten von Not- und Augenduschen Prüfen, ob HAZOP-relevante Aufstellungsinhalte eingearbeitet sind 7
Package Units (PU) sind komplette Baueinheiten, die von einem Lieferanten als Gesamtpaket gefertigt werden, z. B. Notstromdiesel.
5.4 3D-Model Review
55
Tab. 5.1 Ausschnitt aus einer Checkliste für Rohrleitungen im 60-Prozent-Review No.
Prüfung
1 2
Sind alle Armaturen und Feldgeräte von Bühnen und Leitern erreichbar? Sind alle Ausrüstungen, Rohrleitungen und Feldgeräte gemäß Pipe-and-Instrument Diagram richtig bezeichnet? Sind alle Wartungsvorgaben bei Pumpen eingehalten worden? Sind bei Wartungsvorgängen an Behältern diese sicher vom Rohrleitungssystem trennbar (Steckscheiben, Ausbaustücke)? Sind alle Notduschen aufgestellt? Sind alle Wartungswege klar im Modell gekennzeichnet? ...
3 4 5 6 7
OK/ nicht OK
Prüfen von allen Prozessrohrleitungen größer DN100 Prüfen von Betriebsmittelrohrleitungen größer DN200 Prüfen aller Strukturen, Bühnen, Gebäude usw. Das Prüfen des 3D-Modells erfolgt über Checklisten und wird im Reviewprotokoll festgehalten. Die Tab. 5.1 zeigt einen Ausschnitt aus einer typischen Checkliste im 60Prozent-Review. Typische Beispiele aus einem 60-Prozent-Model Review zu Fehlerbeseitigung oder Verbesserungen sind in Abb. 5.4 und 5.5 gezeigt.
5.4.3 90-Prozent-Model Review Der 90-Prozent-Model Review wird ungefähr bei einem Fertigstellungsgrad des 3D-Planungsmodells bei 75–90 % der letzten Planungsphase des Detail Engineerings durchgeführt. Das Reviewteam besteht aus einem gemischten Planungsteam. Das Ziel dieses Reviews ist: Prüfen, ob Kommentare des 60-Prozent-Review eingearbeitet sind Prüfen von Ausrüstungen und deren Stutzen (Behälter, Maschinen, Package Units, Hebezeuge, Transformatoren usw.) Prüfen von allen Prozessrohrleitungen inklusive deren Unterstützungen Prüfen von Betriebsmittelrohrleitungen inklusive deren Unterstützungen Prüfen von Untergrundsystemen Prüfen aller Strukturen, Bühnen, Gebäude usw. Das Prüfen des 3D-Modells erfolgt über Checklisten und wird im Reviewprotokoll festgehalten. Die Tab. 5.2 zeigt einen Ausschnitt aus einer typischen Checkliste im 90Prozent-Review.
56
5
Detail Engineering
Abb. 5.4 Beispiel zu einer Verbesserung in der Rohrleitungsführung gefunden im 60-ProzentModel Review. Reviewergebnis: Zusätzliches Flanschenpaar in Leitung 471147 erforderlich, um Demontage des Behälters B123 zu ermöglichen. Verantwortlich für Umsetzung: Piping-Team
Abb. 5.5 Beispiel einer fehlerhaften Übertragung vom PID ins 3D-Modell in der Armaturenanordnung gefunden im 60-Prozent-Model Review. Reviewergebnis: Position von Rückschlagklappe R1234.01 und Ventil V2345.01 tauschen. Rückschlagklappe vor Ventil. Verantwortlich für Umsetzung: Piping-Team
5.5 Prozesstechnische Begleitung des weiteren Engineerings und der Abwicklung
57
Tab. 5.2 Ausschnitt aus einer Checkliste für Rohrleitungen im 90-Prozent-Review No.
Prüfung
1 2
Sind alle Armaturen und Feldgeräte von Bühnen und Leitern erreichbar? Sind alle Ausrüstungen, Rohrleitungen und Feldgeräte nach dem Pipe-andInstrument Diagram richtig bezeichnet? Sind bei vertikal eingebauten Regelventilen die Antriebe unterstützt, wenn notwendig? Sind alle Manometer zugänglich und ablesbar? Sind Thermometer zugänglich und ablesbar? Sind die Prozessvorgaben für Gefälle eingehalten? Sind an den Tiefpunkten Entwässerungen vorgesehen? ...
3 4 5 6 7
5.5
OK/ nicht OK
Prozesstechnische Begleitung des weiteren Engineerings und der Abwicklung
Die Verfahrenstechnik, die hierunter auch als der Verfahrensgeber bzw. Lizenzgeber oder dessen Vertreter in der Projektorganisation verstanden wird, hat während der Projektabwicklung neben dem Erbringen der Ingenieurleistungen auch andere qualitätssichernde und abwicklungsunterstützende Tätigkeiten zu erbringen. Diese beziehen sich u. a. auf: Unterstützung der Engineeringorganisation Unterstützung des Einkaufs und der Fertigung von Ausrüstungen Unterstützung der Montageaktivitäten Während der Projektabwicklung wird das Engineering durch alle beteiligten Ingenieurdisziplinen kontinuierlich weiterentwickelt, u. a. basierend auf gesicherten Planungsinformationen, die im Wesentlichen aus der Lage- und Aufstellungsplanung (Modellplanung) sowie von (während des Einkaufsprozesses erhaltenen) Lieferanteninformationen bzw. aus den dazu notwendigen erstellten Dokumenten erhalten werden. Dabei werden Dokumente, die von Lieferanten erhalten werden, i. d. R. vom Einkauf an die Fachdisziplin weitergegeben und von dort bei Bedarf oder in einem vorher abgesprochenen Umfang an die Verfahrenstechnik weitergeleitet. Die Verfahrenstechnik prüft in diesem Zusammenhang kontinuierlich, ob die während der weiteren Entwicklung des Engineerings und Einkaufs erhaltenen Informationen mit den Prozessanforderungen (prozessrelevant) übereinstimmen. Zu nennen sind hierzu u. a.: Kommentierung, Prüfung und Freigabe von Dokumenten, die an Lieferanten und Hersteller gehen, wie z. B. technische Bestellspezifikationen
58
5
Detail Engineering
Überprüfung der Informationen der weiteren Entwicklung der Aufstellungsplanung, wie z. B. die Lage von Entleerungen und Entlüftungen, Mindestabstände, Länge von Messstrecken (z. B. bei Durchflussmessungen), Zulaufhöhen und Förderhöhen von Pumpen Überprüfung der von Lieferanten erhaltenen Informationen in Bezug auf Materialien und die konstruktive und mechanische Ausführung Überprüfung von technischen Abnahmeprotokollen Einhaltung der sicherheitstechnischen Anforderungen wie z. B. Umsetzung der Ergebnisse der HAZOP und SIL
5.6
Datenkonsolidierung
Im Rahmen der weiteren Projektentwicklung entwickeln sich einmal erstellte Dokumente weiter fort, teils in der Verfahrenstechnik selbst, teils in den Ingenieurdisziplinen, für die sie als Basis für die weitere Bearbeitung zur Verfügung gestellt wurden. Typisches Beispiel ist ein PID, das in der Verfahrenstechnik weiterentwickelt wird, eine Rohrleitungsliste, die in der Rohrleitungstechnik weiterentwickelt wird, eine Instrumentenliste, die von der Instrumentierung weiterentwickelt wird, und eine Equipmentspezifikation, die von der Apparatetechnik weiterentwickelt wird. In all diesen Dokumenten stehen auch gleiche Basisdaten, die sich gegebenenfalls verändern bzw. weiterentwickeln. Zu gewissen Zeitpunkten der ingenieurtechnischen Abwicklung und zum Abschluss der Abwicklung müssen die Daten in den unterschiedlichen Dokumenten konsolidiert werden, d. h. in den Dokumenten werden die Daten vereinheitlicht und eventuelle Missinterpretation oder Differenzen daraus revidiert. Typische Meilensteine8 dazu, die sich im Anlagenbau als vorteilhaft erwiesen haben, sind: Issued-for-Design- bzw. Issued-for-Detail-Design-Version der PID vs. 30-Prozent-Modellstatus vs. Anfragespezifikationen für Ausrüstung, Elektrik und Instrumente 60-Prozent-Modellstatus vs. PID und Bestellspezifikationen Issued-for-Construction-Version der PID vs. Engineering und Lieferanteninformationen.
8
Die hier genannten Meilensteine und Prozentzahlen sind Ergebnisse aus der Praxis und der Erfahrung und Sicht eines Großanlagenbauers der chemischen Industrie. Spezielle Branchen sowie auch unterschiedliche Firmenphilosophien können durchaus andere Meilensteine und Prozentwerte nutzen.
5.8 Montageunterstützung
5.7
59
Procurement
Das Procurement (Einkauf) beinhaltet nicht nur den Einkauf selbst, sondern den gesamten Beschaffungsprozess inklusive Inspektionen, Abnahmen, Verpackung, Transport, Logistik und Verzollung. Es hat sich als vorteilhaft erwiesen, wenn die Verfahrenstechnik auch an Inspektionen und Abnahmen prozesskritischer Ausrüstung teilnimmt oder, bei weniger kritischen Ausrüstungen, ihren Input vorab an die Inspektoren weitergibt und mit ihnen abstimmt. Die Teilnahme der Verfahrenstechnik bei Abnahmen ist u. a. vorteilhaft für: prozesskritische Apparate, in denen Reaktionen ablaufen, wie z. B. spezielle Reaktoren oder Reaktoren mit speziellen Einbauten, spezielle Wärmetauscher oder Kolonnen prozesskritische Maschinen, deren Kennlinie einen direkten Einfluss auf die Erfüllung der späteren Prozessgarantien haben (spezielle Pumpen oder komplexe Turbomaschinen) Testen von Katalysatoren Abnahme des Prozessleitsystems beim Lieferanten (Factory Acceptance Test, FAT).
5.8
Montageunterstützung
Auf der Baustelle werden die erhaltenen Konstruktionsunterlagen und Zeichnungen zum Bau der Anlage gebraucht. Dies sind u. a. Bauzeichnungen, isometrische Darstellungen von Rohrleitungen, Apparatezeichnungen, Verlegepläne für Rohrleitungen, Verlegepläne für die Kabelverlegung usw. Häufig ergeben sich hier Fragen aufgrund von z. B. unterschiedlichen Revisionierungen oder speziellen prozesstechnischen Belangen, die die Verfahrenstechnik mit dem Baustellenmanagement klären muss. Vorteilhaft kann es sein, wenn die Verfahrenstechnik zu gewissen vereinbarten Terminen während der Bauphase zugegen ist. Dies kann z. B. zum Füllen von Katalysatoren der Fall sein. Ferner hat es sich als vorteilhaft herausgestellt, wenn die Verfahrenstechnik zusammen mit anderen Disziplinen vor der mechanischen Fertigstellung einen Inspektionstermin auf der Baustelle durchführt. Hierbei wird u. a. untersucht: Ist die Anlage in Übereinstimmung mit dem PID verrohrt? Sind alle sicherheitstechnischen Ausrüstungen gemäß HAZOP vorhanden und entsprechend den Anforderungen installiert? Sind alle Katalysatoren entsprechend den Vorgaben eingefüllt? Ist die Aufstellung der Apparate sowie, falls noch nicht durch Inspektionen geprüft, deren Ausführung in Übereinstimmung mit den Prozessanforderungen?
60
5
Detail Engineering
Sind alle Änderungen, die gegenüber dem PID bei der Montage vorgenommen worden sind, korrekt und umfassend in eine As-built-Version übernommen worden? Am Ende der Montage bzw. nach erfolgreicher Inbetriebnahme unterstützt die Verfahrenstechnik dann im Rahmen der Erstellung der As-built-Dokumentation, den tatsächlich gebauten Stand der Anlage zu dokumentieren. Gewöhnlich werden hierzu PID und Betriebshandbuch auf den letzten Stand aktualisiert. Ferner erfolgt im Rahmen der Montage vor der mechanischen Fertigstellung die Reinigung der Anlage durch Spülen, Beizen oder Dampfblasen. Die Verfahrenstechnik legt in diesem Zusammenhang die zu reinigenden Systeme sowie deren Grenzen, die zur Reinigung zu verwendenden Medien, die Abfolge und die Reinheitsanforderungen fest. Jedes System wird gewöhnlich farblich individuell gekennzeichnet in die PID eingezeichnet und der Ablauf sowie die Tätigkeiten werden beschrieben. Die Verfahrenstechnik legt auch in Absprache mit den anderen Ingenieurdisziplinen fest, welche Teile für die Drucktests der montierten Rohrleitungen auszubauen sind (z. B. Regelventile oder Filter bzw. Strainer) und für welche Teile entsprechende Ersatzstücke (sog. Dummies) konstruiert und gefertigt werden müssen. Die Abb. 5.6 zeigt in einer Rohrleitung eingebaute Dummies.
Abb. 5.6 Dummies in einer Rohrleitung während des Drucktests
5.9 Andere Aktivitäten
61
Dies muss zeitlich im Detail Engineering vorgeplant werden, damit diese Austauschteile rechtzeitig für die Baustelle gefertigt werden können und dort vorhanden sind.
5.9
Andere Aktivitäten
Während der gesamten Projektabwicklung führt die Verfahrenstechnik gewöhnlich einen parallelen Lessons-Learned-Prozess. Dieser wird in einem abschließenden Protokoll festgehalten, um die Maßnahmen und Verbesserungen allen Beteiligten für spätere Projekte zur Verfügung zu stellen.
Inbetriebnahme, Commissioning
Die Verfahrenstechnik nimmt i. d. R. die Anlage nach erfolgter mechanischer Fertigstellung in Betrieb oder unterstützt die Inbetriebnahme. Dabei erfolgt der eigentliche Betrieb der Anlage gewöhnlich durch das Betriebspersonal des Kunden bzw. des späteren Betreibers, während der Verfahrensgeber bzw. die Verfahrenstechnik die Inbetriebnahme je nach vertraglicher Verpflichtung führt bzw. unterstützt. Die Inbetriebnahme der Anlage unterteilt man gewöhnlich in die folgenden Schritte: „Precommissioning“ (Vorbereiten der Inbetriebnahme der Anlage) „Commissioning“ (Inbetriebnahme der Anlage) Start-up (erste Aufgabe von Rohstoffen in die Anlage bis zur ersten Erzeugung des Produkts) „Initial Operation“ (Probebetrieb mit Einstellen und Justieren der Anlage, bis die zu erzeugenden Produkte in den entsprechenden vereinbarten Qualitäten und Mengen erzeugt werden) Garantieläufe mit Nachweis der vereinbarten Leistungen der Anlage (Stoffumsatz, Energieumsatz, Qualität, Garantiedaten) „Hand-over“ (Übergabe der Anlage an den Betreiber und Erhalt des Acceptance-Zertifikats) Die Verfahrenstechnik leistet für die erfolgreiche Durchführung der Inbetriebnahme i. d. R. sowohl planende Arbeiten als auch Tätigkeiten, die sich auf die physische Durchführung der Inbetriebnahme beziehen, wie nachfolgend weiter beschrieben. Dazu gehört i. d. R. auch ein verfahrensbezogenes Training für das Betreiberpersonal.
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 63 K. G. Topole, Grundlagen der Anlagenplanung, https://doi.org/10.1007/978-3-662-57418-8_6
6
64
6.1
6 Inbetriebnahme, Commissioning
Inbetriebnahmeplanung
Die Verfahrenstechnik erstellt entsprechend der vertraglichen Verantwortung gegenüber dem Betreiber eine Planung über den Ablauf der Inbetriebnahme. Hierbei ist u. a. festzulegen: Zeitlicher Ablauf der Inbetriebnahme Festlegung der Verantwortlichkeiten Ablauf bzw. Abfolge des Anfahrens, falls mehrere Teilanlagen in Betrieb genommen werden sollen Festlegung des Personalbedarfs zum Anfahren und gegebenenfalls zum Betrieb der Anlage unterteilt nach Funktionen und Qualifikationen Erstellen eines Organigramms für die Anfahr- und gegebenenfalls Betriebsorganisation Erstellen von Beschreibungen für das Commissioning und das Anfahren der Anlage Erstellen einer Beschreibung für die Durchführung des Garantielaufs. Bei der Beschreibung des Personalbedarfs ist neben der Festlegung der Funktionen auch die Herkunft des Personals (z. B. Betreiber, Lizenzgeber, Anlagenbauer, Lieferant usw.) zu klären. Gewöhnlich kommt dies vom späteren Anlagenbetreiber, vom Anlagenplaner und/oder vom Verfahrensgeber, falls abweichend vom Anlagenplaner, und von den Lieferanten (Vendor Representatives) für Schlüsselausrüstungen bzw. Package Units.
6.2 Durchführung der Inbetriebnahme Die Inbetriebnahme erfolgt i. d. R. immer durch ein Inbetriebnahmeteam, dem ein Inbetriebnahmeleiter (Commissioning Manager) vorsteht. Der Commissioning Manager übernimmt die Verantwortung für die Anlage vom Construction Manager (Bau- und Montageleiter), gewöhnlich im Status Fertig zur Inbetriebnahme („ready for commissioning“). Die Durchführung der Inbetriebnahme ist i. d. R. im Betriebshandbuch beschrieben. Die detaillierten Betriebsprozeduren für die Anlage werden dabei oft durch den Anlagenbetreiber selbst erstellt, da diese zum einen landesspezifischen Anforderungen und zum anderen kundenspezifischen Standards unterliegen. Dies hat u. a. auch verantwortungsrechtliche Konsequenzen. Der Betreiber der Anlage führt i. d. R. gemeinsam mit dem Montagteam und dem Inbetriebnahmeteam systembezogen einen sog. Pre-Start-up Safety Review (PSSR) durch, in dem gemeinsam gecheckt wird, ob die Anlage sicherheitstechnisch ins Commissioning überführt werden kann. Hierbei wird beispielsweise überprüft, ob die Anlage gemäß PID montiert ist, alle Sicherheitseinrichtungen vorhanden und geprüft sind,
6.3 Training des Betreiberpersonals
65
die Anlage dicht ist, die Anlage gereinigt ist, alle Anforderungen der HAZOP und SIL erfüllt und realisiert sind. In diesem Zusammenhang werden auch alle sicherheitsgerichteten Abschaltungen (Trips) der Anlage in Bezug auf deren im Verriegelungsschema bzw. der HAZOP definierten Funktion durchgeprüft. Funktionen von Regelventilen, Hoch- bzw. Tiefalarme, Übereinstimmung von Positionen im DCS mit denen im Feld werden zumindest stichpunktartig noch einmal geprüft. Die Ergebnisse werden in Form eines Protokolls festgehalten, das von den beteiligten Parteien unterzeichnet wird. Bei erfolgreich durchgeführtem PSSR kann ein System ins Commissioning überführt werden. Sollten Defizite erkannt werden, so werden diese schriftlich im Protokoll festgehalten und entsprechend der Relevanz dieser Punkte entschieden, ob mit dem Commissioning begonnen werden kann oder diese Punkte erst behoben werden müssen.
6.3
Training des Betreiberpersonals
Die Verfahrenstechnik plant und führt im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen Trainings des zukünftigen Betriebspersonals in Bezug auf die prozesstechnischen Belange durch. Ein solches Training kann aus den folgenden Elementen bestehen: Classroom-Training Training in einer vergleichbaren Anlage Training auf der Baustelle und während des Commissioning Für ein Classroom-Training erstellt die Verfahrenstechnik gewöhnlich ein Trainingsprogramm und einen Zeitplan für das Training sowie die dazu notwendigen Unterlagen. Dazu können auch Tests und Fragebögen gehören, mit deren Hilfe am Ende das vermittelte Wissen abgefragt und auf deren Basis ein Trainingszertifikat erstellt wird. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, die Qualifikation und Erfahrung des zu trainierenden Personals vorab mit dem Betreiber festzulegen und zu klären. Zum Umfang eines Classroom-Trainings kann auch eine Schulung an einem Prozesssimulator (OTS, s. Abschn. 2.9.2) gehören, falls der Betreiber diesen mitbestellt hat oder ein solcher zur Verfügung steht. Ein Training in einer vergleichbaren Anlage ist immer eine schwierig durchzuführende Tätigkeit, da kein Anlagenbetreiber einen Dritten gern in seine Anlage lässt und schon gar nicht einen eventuell zukünftigen Wettbewerber. Außerdem lässt ein Betreiber in einer laufenden Anlage gewöhnlich keine Änderungen der Betriebsparameter zu. Ein Training auf der Baustelle hat sich als sehr effektiv erwiesen. Voraussetzung dazu ist, dass der Betreiber frühzeitig seine Betriebsmannschaft aufstellt und idealerweise
66
6 Inbetriebnahme, Commissioning
schon während des Precommissioning zur Verfügung hat. Dieses Personal führt dann die zu erledigenden Arbeiten zusammen mit den Spezialisten des Verfahrensgebers und des Anlagenbauers durch und wächst so quasi in die spätere Aufgabe hinein, bis sie eigenständig durchgeführt werden kann. Wichtig ist dabei, dass das Personal des Betreibers durch alle Trainingsphasen hindurch dasselbe bleibt, sodass die Schritte aufeinander aufbauend gestaltet werden können. Ergänzende Trainings können auch bei Herstellern bzw. Lieferanten durchgeführt werden, z. B. bei komplexen Maschinen oder beim DCS.
Anlagentypen
Typischerweise werden Anlagen insbesondere in der Chemie und der Erdölindustrie in zwei Bereiche, man spricht auch von Anlagenteilen, aufgeteilt: in die Prozessanlagen (Process Plant oder Process Unit) und in die Nebenanlagen („Offsites and Utilities“). Daneben existieren in nahezu jeder Großanlage noch eine Reihe von allgemeinen Anlagenteilen wie beispielsweise Bürogebäude, Parkplätze, Ersatzteillager, Feuerwehr usw. Wir sprechen hier von allgemeiner Infrastruktur. Teilweise werden Nebenanlagen und Infrastruktur zusammengefasst. Ein Anordnungsbeispiel zeigt Abb. 7.1. In der hier dargestellten Anordnung ist bereits ein typischer Umstand erkennbar: Nebenanlagen und Infrastruktur nehmen oft einen verhältnismäßig großen Raum ein.
7.1
Prozessanlagen
Die Prozessanlagen stehen meist im Fokus des Gesamtprojekts, egal ob es eine Greenfieldoder Brownfield-Anlage ist. Bei den Prozessanlagen gibt es z. B. eine Unterteilung in Öl- und Gasanlagen mit den Raffinerien, den organischen Chemieanlagen, den Polymeranlagen, den anorganischen Chemieanlagen und den Düngemittelanlagen.
7.1.1
Raffinerien
Raffinerien sind typische Downstream-Anlagen und erzeugen durch Reinigung, Destillation und Konversion von Rohöl Kraftstoffe (Ottokraftstoffe, Diesel, Heizöl, Kerosin usw.). Die Nebenprodukte werden in chemischen und petrochemischen Anlagen weiterverarbeitet oder direkt in der Anlage als Brennstoffe zur Erzeugung von Dampf verwendet. Die Raffinerien werden in Produktions- und Nebenanlagen (z. B. Tanklager, Dampferzeugung) aufgeteilt. Folgende verfahrenstechnische Abschnitte unterscheidet man in der Raffinerie: © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 67 K. G. Topole, Grundlagen der Anlagenplanung, https://doi.org/10.1007/978-3-662-57418-8_7
7
68
7
Nebenanlagen
Anlagentypen
Infrastruktur
Prozessanlagen
Nebenanlagen
Abb. 7.1 Beispielhafte Anordnung von Prozessanlagen, Nebenanlagen und Infrastruktur
Atmosphärische Destillation Vakuumdestillation Katalytische Verarbeitung Hydrieren Hydrocracking Katalytisches Reforming Isomerisierung Alkylierung Cracken Entschwefelung (Claus-Prozess)
7.1.2
Petrochemische Anlagen
Petrochemische Anlagen erzeugen die Grundbausteine wie Olefine (Ethylen, Propylen) und Aromaten (Benzol, Toluol) aus fossilen Rohstoffen (Öl, Gas und Kohle).
7.1 Prozessanlagen
69
7.1.3 Anlagen für Polymere Organische-Chemie- und Polymere-Anlagen erzeugen und produzieren auf Basis von chemischen Grundbausteinen Massenkunststoffe. Dazu gehören:
Polyethylen mit LDPE1 , HDPE2 , LLDPE3 und Co-Polymere Polyvinylchlorid mit U-PVC, S-PVC, C-PVC Polypropylene und Co-Polymere Polyamide Polyester Polycarbonat Polystyrol und Co-Polymere
7.1.4
Anorganische Chemieanlagen
Zu den industriellen anorganischen Chemieanlagen gehören Anlagen zur Gewinnung von anorganischen Grundprodukten wie Wasserstoff, Stickstoff, Phosphor, Schwefel, Chlor und technischen Gasen mineralischen Düngern wie phosphorhaltige, stickstoffhaltige und kaliumhaltige Düngemittel Metallen Halbleitermaterialien
7.1.5 Biotechnologieanlagen Die biotechnischen Anlagen kann man in zwei Hauptkategorien einteilen: Industrielle (weiße) Biotechnologie In der weißen Biotechnologie werden durch Verwertung nachwachsender Rohstoffe und die Nutzung moderner biotechnologischer Methoden industrielle Produkte erzeugt. Diese Technologie kommt generell dort zum Einsatz, wo sie rein chemischen Verfahren wirtschaftlich überlegen ist. Typische Anlagentypen sind: Bioraffinerien inklusive Zwischenprodukte und Bioethanol Stärke und Derivate Biopolymere (z. B. PLA4 ) 1
LDPE = Low Density Polyethylene. HDPE = High Density Polyethylene. 3 LLDPE = Linear Low Density Polyethylene. 4 PLA = Polylactide, Polymilchsäure. 2
70
7
Anlagentypen
2 G-Biokraftstoffe5 Enzyme Pharmazeutische (rote) Biotechnologie Die rote Biotechnologie dient der Herstellung von Wirkstoffen mithilfe biotechnologischer Prozesse, einschließlich der Gentechnologie. Typische Anlagentypen sind:
Pharmazeutische Biotechnologie Pharmafertigung Chemische Synthese von API6 in Mehrzweckanlagen Anlagen zur Fraktionierung von Blutplasma
7.2 Nebenanlagen Nebenanlagen bezeichnet man auch als „Offsites and Utilities“ (kurz O&U). Diese Anlagen dienen zur Versorgung der Prozessanlagen mit den sog. Betriebsmitteln, beispielsweise
Dampferzeugung, Luftzerlegungen, Drucklufterzeugung, Kühlwassersystem, Kaltwasser- und Warmwassersysteme, Wasseraufbereitungssystem, Abwassersystem, Tanklager, Verladeeinrichtungen („jetties“7 , Tankverladungen und Feststoffverladungen).
Während der Planung einer Anlage darf der Nebenanlagenteil keinesfalls vernachlässigt werden, obwohl diese leicht ein Drittel der Gesamtinvestition ausmachen. Inbetriebnahme Prozessanlage vs. Nebenanlage Beispielsituation: Eine Anlage besteht aus einer Prozessanlage (sagen wir Ammoniakanlage) und, vereinfacht, einer Nebenanlage (sagen wir dem Ammoniaktank für das fertige Produkt). Was muss als erstes fertiggestellt und betriebsbereit sein: Prozessanlage oder Tank? Natürlich der Tank, denn wohin soll sonst das bei der Inbetriebnahme hergestellte Ammoniak geleitet werden? 5
2G Biokraftstoffe der zweiten Generation, gewonnen durch fast vollständige Verwendung von Pflanzen, Abfällen usw. einschließlich der schwer zugänglichen Zellulose. 6 API = Active Pharmaceutical Ingredient, Wirkstoff in einem Arzneimittel. 7 „Jetty“ = Anlegesteg, typischerweise mit Verladeeinrichtung.
7.2 Nebenanlagen
71
Genauso ist es mit den anderen Nebenanlagen, wie beispielsweise Kühlwasser, Dampf, Wasseraufbereitung usw. Allgemein gilt: die Nebenanlagen müssen immer vor den eigentlichen Prozessanlagen fertiggestellt und betriebsbereit sein.
7.2.1
Dampferzeugung
Dampferzeugung als Nebenanlage sind meist Kessel, die mit Öl, Gas oder Kohle befeuert werden, um den nötigen Prozessdampf für die Prozessanlagen zu erzeugen. In verschiedenen Fällen werden auch Gasturbinen eingesetzt, die Gasturbine ist hier auch der Hauptantrieb für die Energieerzeugung (GUD-Kraftwerk8 ). Zur Verbesserung des Gesamtwirkungsgrads wird die von der Gasturbine abgegebene Wärme zum Erzeugen von Dampf genutzt, mit dem dann zusätzlicher Strom über eine Dampfturbine erzeugt oder der Dampf in die Prozessdampfsysteme abgegeben wird.
7.2.2
Wasseraufbereitungsanlagen
Wasseraufbereitungsanlagen dienen zur Erzeugung der notwendigen Wasserqualitäten in den Prozess- und Nebenanlagen.
7.2.3
Demin-Anlagen
Demin-Anlagen dienen zur Erzeugung von demineralisiertem Wasser (kurz: Demin-Wasser) oder vollentsalztem Wasser (VE-Wasser) durch Ionenaustauscher aus Trinkwasser. Demin-Wasser wird in Chemieanlagen als Kühlwasser (in Sekundärkreisläufen), als Prozessmedium oder als Lösungsmittel verwendet.
7.2.4
Kesselspeisewasseraufbereitung
Speisewasser ist das Wasser, das einem Dampfsystem kontinuierlich hinzugespeist wird. Das Kesselspeisewasser wird meist durch eine thermische Entgasung erzeugt. Das demineralisierte Wasser wird dort von O2 und CO2 weitgehend befreit.
8
GUD-Kraftwerk = Gas- und-Dampf-Kombikraftwerk.
72
7
Anlagentypen
7.2.5 Luftzerlegungsanlagen Luftzerlegungsanlagen (Air Separation Unit, ASU) dienen Hauptsächlich zur Zerlegung der atmosphärischen Luft in die zwei Hautbestandteile N2 und O2 und in die anderen Luftbestandteile (Edelgase, CO2 ). ASU können eigenständige Anlagen mit den zugehörigen Nebenanlagen sein oder auch Teil eines Gesamtkomplexes, wenn große Mengen an Stickstoff und Sauerstoff gebraucht werden, wie z. B. in einer Kohle- oder Ölvergasung. Beispielsweise werden in einem Chemiekomplex oder einer Großraffinerie mit brennbaren Substanzen große Mengen Stickstoff gebraucht, um die Behälter mit brennbaren Flüssigkeiten damit zu beaufschlagen, sodass in der Behälteratmosphäre nie die Explosionsgrenze erreicht wird. Eine Luftzerlegung kann durch eine Luftverflüssigung, durch eine Druckwechseladsorption (Pressure Swing Adsorption, PSA) oder durch Membrantechnologie erfolgen. Die großtechnisch zumeist angewandte Methode ist das Linde-Verfahren. Hauptbauteile sind: Verdichtung der Luft mit Reinigung und Trocknung Coldbox (Luftzerlegeturm) Tanklager für die flüssigen Gase. Ein Beispiel einer Luftzerlegungsanlage nach dem Linde-Verfahren zeigt Abb. 7.2. Hersteller und Betreiber von Luftzerlegungen sind z. B. Linde, Air Liquide, Praxair und Air Products. Abb. 7.2 Luftzerlegungsanlage mit Coldbox (links), Behälter für O2 , N2 und Instrumentenluft (mittlere Reihe), und fünf Verdampfern (vorn)
7.2 Nebenanlagen
7.2.6
73
Drucklufterzeugung
Druckluftanlagen dienen zur Erzeugung der Instrumenten-, Betriebs- und der notwendigen Prozessluft. Druckluft und Instrumentenluft werden meist zusammen erzeugt und unterscheiden sich nur durch verschiedene Taupunkte. Drucklufterzeugungsanlagen sind meist modular aufgebaut und bestehen aus zwei oder mehreren Kompressoren, wobei mindestens ein Kompressor über das Notstromnetz versorgt wird, Trocknungseinheiten (z. B. Adsorptionstrockner) und den Windkesseln als Speicher. Prozessluftanlagen, z. B. Förderluftanlagen, stehen zumeist direkt in den Prozess-Units, um dort die notwendige Luft bereitzustellen.
7.2.7 Kühlwassersysteme Das Kühlwassersystem dient zur Wärmeabfuhr der in den Prozess- oder Nebenanlagen erzeugten Wärme. Man kann grundsätzlich in offene und geschlossene Systeme oder in Primär- und Sekundärsystem unterscheiden. Offene Systeme: Kühlwassersysteme kühlen das erwärmte Kühlwasser durch Verdunstungskälte. Durch die intensivere Durchmischung von zu kühlendem Wasser und der kühlenden Luft im Kühlturm werden die Temperaturen im Kühlwasser erniedrigt. Hauptproblem beim offenen System ist das Fouling9 in den Rohrleitungen und den Wärmetauschern. Bei geschlossenen Systemen wird die Wärme an ein offenes System abgegeben, kann aber auch in einem sog. Trockenkühlturm heruntergekühlt werden. Geschlossene Systeme werden dort verwendet, an denen Wasser für offene Systeme nicht vorhanden ist oder dessen Beschaffung zu teuer wäre. Hauptbestandteile der Kühlwassersysteme sind die Kühlwasserpumpen, die Kühltürme und die Kühlwasserrohrleitungen. Bei den Kühltürmen unterscheidet man nach Art der Kühlung in
9
Naturzugnasskühlung, Trockenkühlung, direkte Trockenkühlung, Hybridkühlung, Zellenkühler.
Fouling = Organische oder anorganische Verschmutzung von Rohrleitungen und Apparaten.
74
7
Anlagentypen
Abb. 7.3 Mehrere Tanke zusammen angeordnet in einem Tanklager („tank farm“)
7.2.8
Tanklager
Tanklager sind Nebenlagen, in denen eine Vielzahl von verschiedenen Medien (z. B. Rohöle, Kraftstoffe, LNG10 , Säuren, Laugen, verschiedene Chemikalien) gelagert oder zwischengelagert werden. Die Vorprodukte gelangen von dort aus in die Prozessanlagen und die Endprodukte von dort aus zu den Verladeeinrichtungen. Ein Beispiel eines Tanklagers ist in Abb. 7.3 gezeigt.
10
LNG = Liquified Natural Gas, Flüssiggas.
Aufstellungsplanung
Bei der Aufstellungsplanung werden die verschiedenen Anlagenkomponenten (wie Apparate, Maschinen, Gebäude usw.) nach spezifischen Auslegungsbelangen angeordnet. Den Haupteinfluss haben hierbei die Verfahrenstechnik, die Behörden und der Anlagenbetreiber. Hauptdokumente der Anlagenplanung sind die Plotpläne, auch Gesamtlageplan genannt, und die verschiedenen Aufstellungspläne.
8.1 Plotplan bzw. Gesamtlageplan Der Plotplan bzw. der Gesamtlageplan ist eines der Schlüsseldokumente und dient zur Positionierung der einzelnen Anlagenteile und zur Kennzeichnung und Identifizierung von Einbindepunkten während der frühen Planungsphase. Der Plotplan zeigt die Gesamtheit der Anlage oder eines Anlagenkomplexes in einer vereinfachten Darstellung mit allen Verkehrswegen, Hauptgebäuden, Hauptausrüstungen, Hauptrohrtrassen und Kabelwegen. Typisch für Plotpläne sind die Maßstäbe 1:750 und 1:500. Der Overall-Plotplan bzw. Anlagenplotplan enthält i. d. R. die folgenden Inhalte:
Anlagen oder Anlagenteile in einer vereinfachten Form Verweise auf die einzelnen Aufstellungspläne Bezeichnung von Anlagen und Teilanlagen Bezeichnung von Montageflächen und Montageeinheiten Flächen für zukünftige Erweiterungen Anlagen- und Hauptkoordinaten Nordpfeil (Anlagen- und geografisches Nord) Hauptwindrichtung Gebäude und Lagerflächen Straßen, Wege, Schienen, Verladestationen usw.
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 75 K. G. Topole, Grundlagen der Anlagenplanung, https://doi.org/10.1007/978-3-662-57418-8_8
8
76
8
Aufstellungsplanung
Abb. 8.1 Konzeptioneller (hier handschriftlicher) Plotplan einer Anlage als Erstentwurf
Zonen für Hauptrohrleitungs- und Kabeltrassen Einbindepunkte an der Anlagengrenze für oberirdische und unterirdische Rohrleitungen und Kabel Anlagen- und Liefergrenzen der neuen Anlage Existierende Ausrüstungen und Anlagen bei Brownfield-Anlagen Zäune und Barrieren Beispiele konzeptioneller Plotpläne während der Entwurfsphase sind in Abb. 8.1 und 8.2 dargestellt. Ein Beispiel eines Overall-Plotplans, der zudem die Einbindung der geplanten Anlage in den existierenden Anlagenbestand zeigt, ist in Abb. 8.3 gezeigt.
8.2 Aufstellungsplan
77
Abb. 8.2 Konzeptioneller Plotplan einer Anlage während der weiteren Entwicklung im Entwurfsstadium
8.2 Aufstellungsplan Der Aufstellungsplan (Equipment Arrangement Drawing) oder auch Unit-Plot-Plan zeigt die Anlage oder den Anlageteil in verschiedenen Ansichten (Draufsicht, Seitenansicht und den dazugehörigen Schnitten). Der Aufstellungsplan zeigt die maßstäblichen Aufstellungen von Apparaten und Maschinen in den dazugehörigen Strukturen und Gebäuden. Alle Ausrüstungen, Maschinen und Strukturen sind auf die Hauptachsen bemaßt. Typische Maßstäbe für Aufstellungspläne sind 1:100 und 1:150. Aufstellungspläne sollten die folgenden Informationen enthalten:
Ausrüstungen und Maschinen Strukturen für Apparate und Maschinen Gebäude mit den Hauptabmessungen Bemaßung Apparate, Maschinen, Gebäude und Strukturen
78
8
Aufstellungsplanung
Abb. 8.3 Overall-Plotplan einer Anlage mit Einbindung an eine benachbarte existierende Anlage
Koordinaten und Achsen Hauptmaße Rohrbrücken und Rohrtrassen Hauptkabeltrassen aufstellungsbestimmende Rohrleitungen Bühnen aufstellungsbestimmende Wartungsöffnungen Türen, Treppen Straßen, Wartungswege und Schienen Krane und Hebezeuge oder sonstige Vorrichtungen Wartungsflächen, Montage und Demontageflächen Betriebsmittelstationen aufstellungsbestimmende Klimakanäle Flächen mit Sonderbeschichtungen, z. B. Säureschutz Kanäle und Gruben
Ein Beispiel eines Aufstellungsplans einer Prozesseinheit in Draufsicht und Vertikalschnitt zeigen Abb. 8.4 und 8.5.
8.3 Interfaces – Grundlagen
79
Abb. 8.4 Beispiel eines Aufstellungsplans einer Process Unit, Draufsicht
Abb. 8.5 Beispiel eines Aufstellungsplans einer Process Unit, Schnittdarstellung
8.3
Interfaces – Grundlagen
Die generierten Plot- und Aufstellungspläne sind die Planungsgrundlage für die zu erstellenden Pläne der einzelnen Fachdisziplinen: Rohrleitungsplanung Der Aufstellungsplan dient dazu, Rohrleitungsstudien zu erstellen und ist die Basis zur Ermittlung der Rohrleitungsmassen für die ersten Materialauszüge.
80
8
Aufstellungsplanung
Bauplanung Der Aufstellungsplan dient als Basis zur Festlegung von Fundamenten, Entwässerungskonzepten, Gräben, Rinnen, Primär- und Sekundärstahlbau und dient als Basis für die Massenermittlung im Beton- und Stahlbau. Elektrotechnische Planung Der Aufstellungsplan dient zur Festlegung der Hauptkabeltrassen und als Basis für die ersten Materialauszüge (Kabel und Kabeltrassen). Instrumentierung Der Aufstellungsplan dient zur Kabeltrassenplanung, Planung der Anschlusskästen („junction boxes“), Planung der Instrumentenluftverteiler und als Basis der Materialauszüge. Health, Safety Environment (HSE) Der Aufstellungsplan dient zur HAZOP und zur Festlegung der Ex-Bereiche1 und der Flucht- und Rettungswegepläne. Terminplanung Der Aufstellungsplan dient der Terminplanung zur Festlegung von Engineering und Montageabläufen. Montage Die Montage benutzt den Aufstellungsplan, um Montagesequenzen festzulegen, Hebestudien durchzuführen und Transportwege innerhalb der Anlage und Lagerflächen („laydown areas“) festzulegen. Kostenkontrolle Der Aufstellungsplan und der Plotplan sind entscheidende Teile der mitlaufenden Prognose der Gesamtkosten der Anlage. Anlagenbetreiber Der Aufstellungsplan wird betreiberseitig benutzt, um das Betriebspersonal zu schulen und für die Behörden Pläne für die Genehmigungen zu generieren.
8.4 Entwicklung von Plot- und Aufstellungsplänen Die Entwicklung von Plot- und Aufstellungsplänen ist keine exakte Wissenschaft, sollte jedoch zu einem frühen Projektzeitpunkt feststehen. Grundlagen der Aufstellungsplanung sind PID, Prozessfließbilder, Ausrüstungsliste, Spezifikationen, Lessons Learned, vorhandene Dokumentation usw. Darauf basierend wird die Lage- und Aufstellungsplanung i. d. R. mit einer groben schematischen Anlagenskizze begonnen. Hierbei werden normalerweise mehrere mögliche Konzepte durchdacht. Ein Beispiel eines Erstentwurfs eines Aufstellungsplans einer Prozesseinheit ist in Abb. 8.6 gezeigt.
1
Ex-Bereich: Bereich, in dem Substanzen zusammen mit Sauerstoff eine explosive Atmosphäre bilden können.
8.4 Entwicklung von Plot- und Aufstellungsplänen
Abb. 8.6 Erstentwurf eines (hier handschriftlichen) Aufstellungsplans einer Process Unit
Abb. 8.7 Aufstellungsplan mit Roteintragungen während der Entwicklung
81
82
8
Aufstellungsplanung
Nachdem das grobe Konzept steht, werden Anlagenteile kontinuierlich weiter präzisiert und verbessert. Die Aufstellungsplanung wird grundsätzlich in Phasen entwickelt, von der Projektentwicklungsphase bis zur finalen Montagedokumentation. Der Aufstellungsplan wird mit Ergebnissen statischer Berechnungen, Konstruktionsdetails, Optimierungen und mit Herstellerinformationen weiter detailliert. Ein Beispiel eines Aufstellungsplans während der Entwicklung zeigt Abb. 8.7. Die Kommentierung und Verbesserung von Dokumenten während der Entwicklung erfolgt typischerweise mit Roteintragungen („red-lining“ oder „red-marking“).
8.5 Aufstellungsarten Neben den Arten von Prozessanlagen unterscheidet man bei der Aufstellung zwei Aufstellungsarten der Ausrüstungen: Die Bodenaufstellung („grade-mounted arrangements“) wie in den meisten Raffinerien und die Aufstellung in Strukturen („structure-mounted arrangement“) wie in den meisten Chemieanlagen oder konventionellen Kraftwerken.
8.5.1
Bodenaufstellung, Grade-Mounted Arrangement
Diese Aufstellungsvariante steht normalerweise in einem rechteckigen Baufeld; Ausrüstungen (Behälter, Kolonnen, Wärmetauscher usw.) und Maschinen sind beidseitig neben einer zentralen Hauptrohrbrücke angeordnet. Diese Anordnung ist sehr flächenintensiv. An den Übergängen zur Hauptrohrbrücke sind sog. BL2 -Armaturen-Stationen angeordnet, von dort werden Prozess- und Betriebsmittelrohrleitungen und Kabel in die Anlage geführt. Typische Vertreter dieser Aufstellungsart sind Raffinerien.
8.5.2
Aufstellung in Strukturen, Structure-Mounted Arrangement
Diese Aufstellung ist eine vertikale Anordnung von Ausrüstungen in einem rechteckigen Stahl- oder Betongerüst oder einer Mischkonstruktion. Die Anlagenstruktur kann offen oder geschlossen sein, je nach Anlagenkonfiguration. Der Zugang erfolgt über Treppenhäuser oder Fahrstühle. Die Einbindung der Prozess- und Betriebsmittelrohrleitungen und Kabel erfolgt meist im ersten Obergeschoss der Struktur.
2
BL D Battery Limit.
8.6 Aufstellung von Equipment
83
Abb. 8.8 Structure-Mounted Process Unit, hier: Ausführung aus Brandschutzgründen bis zum ersten Obergeschoss als Betonskelettstruktur und der darüberliegenden Ebenen in Stahlbau
Typisch für diese Aufstellung sind Polymer-Anlagen (PVC3 , PP4 , PE5 , HDPE6 ), Chemieanlagen, Düngemittelanlagen (Urea7 ) und konventionelle Kraftwerke. Ein Beispiel einer Structure Mounted Process Unit ist in Abb. 8.8 dargestellt.
8.6 Aufstellung von Equipment Die Anforderungen an das Aufstellen von Ausrüstungen wie Maschinen und Apparaten sind vielfältig. Bei der Vielzahl der verschieden Equipmenttypen müssen die folgenden Faktoren berücksichtigt werden: PVC D Polyvinylchlorid. PP D Polypropylen. 5 PE D Polyethylen. 6 HDPE D High-Density Polyethylen. 7 Urea: Harnstoff, stickstoffhaltiger Kunstdünger sowie für die Verwendung im umweltfreundlichen KFZ-Betrieb. 3 4
84
8
Aufstellungsplanung
verfahrenstechnische Anforderungen sicherheitstechnische Anforderungen Anlagenplanungsspezifikationen kostenoptimierte Rohrleitungsführung Betriebsanforderungen vorhandenes Baufeld Ausrüstungsgrößen Untergrundsysteme klimatische Bedingungen
8.6.1 Verfahrenstechnische Anforderungen Die jeweiligen Verfahren haben spezifische Anforderungen an die verschiedenen Apparate und Behälter wie z. B. Schwerkraftförderung, Gefälleanforderungen oder Zulaufhöhen. Diese Anforderungen müssen erfüllt werden, um den Betrieb einer Anlage zu gewährleisten. Alle verfahrenstechnischen Anforderungen müssen bereits klar in den Prozessfließbildern und PID vermerkt und ersichtlich sein, damit daraus die Aufstellung entwickelt werden kann.
8.6.2 Sicherheitstechnische Anforderungen Bei der Anordnung von Ausrüstungen sind sicherheitstechnische Anforderungen unbedingt einzuhalten. Dazu gehören der aktive und passive Brandschutz und die Not- und Sicherheitseinrichtungen sowie z. B. Not- und Augenduschen. Feuerlöscheinrichtungen Feuerlöscheinrichtungen müssen nach Art und Umfang der Brandgefährdung und der Größe des zu schützenden Bereichs in ausreichender Anzahl bereitgehalten werden. Bei erhöhter Brandgefährdung können zusätzlich ortsfeste Feuerlöscheinrichtungen erforderlich werden. Werden Arbeiten in Bereichen durchgeführt, in denen die Kleidung von Personen leicht Feuer fangen kann (z. B. beim Umgang mit brennbaren Flüssigkeiten, in Mineralölbetrieben oder chemischen Anlagen), müssen zum Löschen in Brand geratener Kleidung geeignete Hilfsmittel, z. B. Löschdecken, vorhanden sein. Feuerlöscheinrichtungen sind tragbare oder fahrbare Feuerlöscher, ortsfeste Anlagen, insbesondere Sprinkleranlagen, Sprühwasserlöschanlagen, Pulverlöschanlagen, Schaumlöschanlagen, Kohlendioxid(CO2 )-Löschanlagen, Feuerlöschanschlusseinrichtungen (Wandhydranten, Einspeiseeinrichtung und Entnahmestelle für Steigleitungen) oder Löschfahrzeuge. Als Feuerlöscheinrichtungen gelten auch gefüllte Löschsand- oder Löschwasserbehälter mit geeignetem Gerät zur Brandbekämpfung sowie Löschdecken und Löschbrausen.
8.6 Aufstellung von Equipment
85
Not- und Augenduschen Not- und Augenduschen sind Teil der Notfallausrüstungen in Arbeitsbereichen mit Gefahrstoffen. Die benötigte Anzahl und die Position in der Anlage werden durch eine Gefährdungsanalyse festgestellt. Der Aufstellungsort sollte zwischen 3 und 15 m vom Gefahrenort entfernt und in der Nähe der Flucht- und Rettungswege sein. Die Notduschen werden auf dem Sicherheitslageplan dargestellt. Die Anforderungen an Not- und Augenduschen sind innerhalb der EU und den USA genormt: DIN EN 15154-1 Sicherheitsnotduschen – Teil 1: Körperduschen mit Wasseranschluss für Laboratorien, Ersatz für DIN 12899-1:1990-07 DIN EN 15154-2 Sicherheitsnotduschen – Teil 2: Augenduschen mit Wasseranschluss, Ersatz für DIN 12899-2:199007 DIN EN 15154-3 Sicherheitsnotduschen – Teil 3: Körperduschen ohne Wasseranschluss DIN EN 15154-4 Sicherheitsnotduschen – Teil 4: Augenduschen ohne Wasseranschluss, Ersatz für DIN 12930-1:199512 DIN EN 15154-5 (in Vorbereitung) Sicherheitsnotduschen – Teil 5: Körperduschen mit Wasseranschluss für Produktionseinrichtungen, vorgesehen als Ersatz für DIN 128993: 2009-04 DIN 12899-3:2009-04 Sicherheitsnotduschen – Teil 3: Körperduschen für Betriebe und Umschlaganlagen, vorgesehen als Ersatz für DIN 12899-3:1992-10 ANSI Z358.1-2004 American National Standard for Emergency Eyewash- and ShowerEquipment Eine typische Notdusche mit integrierter Augendusche aufgestellt auf Betonboden ist in Abb. 8.9 dargestellt. Bei der Aufstellung in höheren Ebenen ist darauf zu achten, dass entsprechende Auffangwannen unter den Notduschen vorgesehen werden, um das heraussprühende Wasser aufzufangen. Sicherheitsabstände von Ausrüstungen und Maschinen Um die verschiedenen Ausrüstungen wie Behälter und Maschinen mit den richtigen Abständen voneinander aufzustellen, gibt es Standardabstände, die je nach Anlagentyp stark variieren. Letztlich existiert hierzu eine Vielzahl von landesspezifischen Normen und Standards, beispielsweise DIN, NFPA8 und API9 , die jeweils für bestimmte Anlagentypen und Regionen gelten. Und zwar einmal für Anlagenteile zueinander, beispielsweise zwischen Prozessanlage und Außengrenze, zwischen Prozessanlage und Kühltürmen usw., und andererseits verschiedene Ausrüstungen zueinander innerhalb einer Prozess- oder Nebenanlage, wie beispielsweise zwischen Reaktionskolonnen und Wärmetauscher, Öfen und Behältern usw. 8 9
NFPA D National Fire Protection Association, www.nfpa.org. API D American Petroleum Institute, www.api.org.
86
8
Aufstellungsplanung
Abb. 8.9 Notdusche mit integrierter Augendusche
Die meisten Anlagenplaner entwickeln daraus eigene Hausstandards, die es ermöglichen, gleichbleibend und effizient zu planen. Eine Übersicht über empfohlene Mindestabstände zwischen Anlagenteilen in einem Anlagenkomplex zeigt Abb. 8.10. Um die Abstände der einzelnen Ausrüstungen zu optimieren, muss die verfügbare Grundfläche mit den Sicherheitsanforderungen übereingebracht werden. Um dieses Ziel zu erreichen, sind folgende Bedingungen zu betrachten:
8.6 Aufstellung von Equipment
87
15 30 B/W 60 60 * 60 30 30 * 60 15 60 30 * 60 30 N 15 15 30 15 A A 60 60 * 60 60 A A A 60 60 * 60 30 60 60 60 60 30 * 60 30 75 A 60 15 30 15 * 60 30 45 30 60 15 15 30 15 * 60 30 45 15 60 60 15 B/W B/W 30 10 * 60 45 45 60 60 15 B/W B/W B/W B/W 60 60 * 60 30 60 60 60 60 60 30 30 30 B/W ** 45 45 * 60 30 30 15 60 60 60 60 30 30 60 B/W 60 30 * 60 30 N N N 45 25 25 25 25 25 30
* B/W 10 10 10 15 15 60 15 15 25 60 10 10 10 * 60 30 60 30 - A 60 30 10 10 10 10 10 30 15
5
-
Abb. 8.10 Beispiel empfohlener Mindestabstände von Anlagenteilen in einem Anlagenkomplex. Horizontale Mindestabstände in [m] beziehen sich jeweils auf den Rand der Prozesseinheit bzw. des Bauteils B/W Minimum für Betriebs- und Wartungszugang N gem. NFPA 301 (Minimum 3 m für nicht-brennbare und nicht-explosive Flüssigkeiten) A gem. API 25102 * Minimum 60 m, genauer Abstand ist unter Berücksichtigung der Höhe und Abstrahlungsberechnungen gem. API 5213 zu betrachten ** Für LPG4 Verladung separate Untersuchungen notwendig 1 NFPA 30 Flammable and Combustible Liquids Code, National Fire Protection Association, 2018 2 API 2510 Design and Construction of LPG Installations, American Petroleum Institute, 2014 3 API 521 Pressure-relieving and Depressuring Systems, American Petroleum Institute, 2014 4 LPG Flüssiggas (Liquefied Petroleum Gas), kurzkettige Kohlenwasserstoffe, vornehmlich Propan und Butan
88
8
Aufstellungsplanung
B/W B/W B/W
3
3 B/W
4,5 4,5 4,5 B/W 3
3
3 4,5 B/W
4,5 4,5 4,5 4,5 4,5 B/W 3
3
3 4,5
3 4,5 B/W
4,5 4,5 4,5 4,5 4,5 4,5 4,5 B/W
15 15 15 4,5 15 4,5 15 4,5 B/W 3,5 3,5 3,5 4,5 3,5 4,5
-
4,5 15 B/W
7,5 7,5 7,5 7,5 7,5 7,5 7,5 7,5 15 7,5 B/W 2,5 1,5 2,5 2,5 1,5 1,5 1,5 1,5 4,5 B/W B/W B/W -
-
-
-
-
-
-
B/W B/W 3,5 3,5 B/W B/W B/W
3,5 B/W 3,5 3,5 B/W B/W B/W
-
15
-
-
-
3 7,5 3,5 4,5 B/W
-
- B/W
4,5 B/W
-
3,5
-
15 15 15 15 15 15 15 15 15 15 15 4,5
-
3
3
-
3,5 3,5 3,5 4,5 3,5 4,5 3,5 7,5 7,5 3,5 7,5 B/W
-
3,5
-
3,5
3 3,5
-
-
Abb. 8.11 Beispiel empfohlener Mindestabstände von Ausrüstungen innerhalb einer Prozessanlage. Horizontale Mindestabstände in [m] beziehen sich jeweils auf den Rand der Prozesseinheit bzw. des Bauteils B/W Minimum für Betriebs- und Wartungszugang AIT Auto Ignition Temperature D Selbstentzündungstemperatur
Zugänglichkeit für den Normalbetrieb und Wartung Zugänglichkeit bei der Brandbekämpfung Zugänglichkeit bei Notabschaltung Zugänglichkeit für die Evakuierung von Personal Die Trennung von Hochrisikoanlagen und Zündquellen Schutz der kritischen Notfalleinrichtungen Schutz der benachbarten Einrichtungen im Brandfall Die Sicherheit der Anlagen von Außengefahren
8.6 Aufstellung von Equipment
89
Ergonomische Faktoren Flucht- und Rettungswege sind freizuhalten Ex-Klassifizierung ist zu beachten Sicherheitsabstände zu Ausrüstungen, die große Hitze abstrahlen.
Eine zusammenfassende Übersicht mit empfohlenen Mindestabständen zwischen Ausrüstungen innerhalb einer Prozessanlage zeigt Abb. 8.11. Sollten die Mindestanforderungen an die Abstände von Ausrüstungen durch den vorhandenen Platz nicht erfüllt werden können, muss eine ausführliche Sicherheitsanalyse gemacht werden.
8.6.3 Kostenoptimierte Rohrleitungsführung Der Hauptteil der Rohrleitungen in einer Prozess- oder Nebenanlage sind die verbindenden Rohrleitungen zwischen den verschiedenen Ausrüstungen. Bei der Aufstellungsplanung müssen die Rohrleitungsverläufe berücksichtig werden, da diese einen großen Einfluss auf die Gesamtkosten der Anlage haben. Anmerkung am Rande Rohrleitungen und die Rohrleitungsmontage sind in einer Chemieanlage das mit Abstand aufwendigste Gewerk. Nicht umsonst sagt man: „Rohrleitungen kosten doppelt bis dreifach“. Als Faustregel gilt: je nach Baustellenland kostet die Rohrleitungsmontage nochmals das 1,5- bis 2,5-Fache der Beschaffungskosten der Rohrleitungen selbst. Deshalb ist hier die Kostenoptimierung besonders wichtig und weitreichend, oder auch umgekehrt: Die unkluge Rohrleitungsführung ist besonders teuer.
8.6.4 Betriebsanforderungen Ausrüstungen, die bei ständigem Betrieb erhöhte Anforderungen an die Betriebsmannschaft stellen, oder gemeinsame Wartungseinrichtungen sollten im selben Bereich angeordnet sein. Beispiele hierfür sind Kompressorenhäuser mit verschiedenen Prozesskompressoren, die dieselben Wartungseinrichtungen und Betriebsmittelversorgung benutzen.
8.6.5 Vorhandenes Baufeld Grundsätzlich ist bei den meisten Projekten das Baufeld für die Prozessanlagen vorgegeben. Insbesondere Altanlagen mit Erweiterungen haben oft spezielle Platzrestriktionen (s. Abschn. 1.3.3 Brownfield-Anlagen), die bei der Aufstellungsplanung Berücksichtigung finden müssen.
90
8
Aufstellungsplanung
8.6.6 Ausrüstungsgrößen Ausrüstungen in einem Baufeld oder einer Anlage haben jeweils eigene Größen und Zugangsanforderungen. Spezielle große und unhandliche Ausrüstungen wie Kolonnen oder große Maschinen müssen in den vorgegebenen Baufeldern aufgestellt werden, was oft zu einem Kompromiss zwischen dem Anlagenbauer und dem Anlagenbetreiber führt.
8.6.7 Untergrundsysteme Verschiedene Untergrundsysteme können die Position von Ausrüstungen stark beeinflussen, beispielsweise vorhandene Untergrundrohrleitungen oder Untergrundkabelkanäle. Wenn solche Strukturen existieren und noch zugänglich bleiben müssen, beispielsweise aus Wartungs- oder Betriebsgründen, müssen Kompromisse an Zugänglichkeiten, Wartung und Montage gemacht werden (weitere Informationen hierzu im Abschn. 10.4 Untergrundrohrleitungen).
8.6.8 Klimatische Bedingungen Der geographische Anlagenstandort hat einen direkten Einfluss bei der Aufstellung der jeweiligen verfahrenstechnischen Anlage. Selbst bei gleichen Anlagentypen kann eine Aufstellung aufgrund der Klimazonen stark variieren. Ein Beispiel hierfür ist eine Anlage in Nordkanada mit einem erhöhten Aufwand an Winterisierungsmaßnahmen (z. B. Einhausungen von Bauwerken und Strukturen, Begleitheizung der Rohre und des Equipments usw.) verglichen mit demselben Anlagentyp in der Wüste Qatars, der ohne diese Einhausungen und Wintermaßnahmen auskommt. Durch Einhausungen von Strukturen aufgrund klimatischer Bedingungen werden zusätzlich Anforderungen an Beheizung, Kühlung und Belüftung notwendig. Neben der Temperatur hat der Wind den zweiten großen Einfluss auf die Aufstellung von Ausrüstungen. Die vorherrschende Windrichtung beeinflusst direkt die Aufstellung von Ausrüstungen mit Emissionen wie z. B. Kühltürme, Fackeln, Schornsteine.
8.7 Strukturen
91
8.7 Strukturen Strukturen in Anlagen unterscheidet man in Prozessstrukturen, z. B. Apparategerüste, und Nebenstrukturen wie Rohrbrücken. Die Strukturen können aus Stahl, aus Beton oder in einer Mischkonstruktion ausgeführt werden.
8.7.1
Grundlagen von Prozessstrukturen
Vor Beginn der Planung müssen die Grundparameter einer Struktur festgelegt werden. Dazu gehören:
Stahl, Beton oder Mischkonstruktion offene oder geschlossene Bauweise mit oder ohne Fassadenverkleidung Art des Fußbodens, z. B. Beton oder Lichtgitter oder Riffelbleche Zugänge Fachwerk- oder Rahmenkonstruktion Anforderungen an den Brandschutz Wartung von Ausrüstungen Dach- und Wandausführung
Nachdem die Grundstruktur festgelegt ist und alle baulichen Einschränkungen (z. B. Gebäudehöhe) und verfahrenstechnischen Vorgaben (z. B. NPSH, Druckverluste, Schwerkraftförderung) berücksichtigt sind, können Maschinen und Apparate aufgestellt werden. Bei der Aufstellung und Planung von Prozessstrukturen sind später noch die folgenden Punkte zu berücksichtigen: Sind Handläufe um alle Haupt- und Nebenbühnen notwendig? Sind für den Anlagenbetrieb zusätzliche Bühnen und Leitern erforderlich? Sollen alle Bühnen über Treppen erreichbar sein, weil diese ständige Arbeitsplätze sind? Sind für den Anlagebetrieb Fahrstühle oder Hebezeuge notwendig? Ist die Demontage von Handläufen bei Wartungsarbeiten berücksichtigt? Sind Träger für Hub- und Hebezeuge notwendig? Befestigungskonzept von Rohrleitungs- und Kabeltrassen Grundlage für passiven Brandschutz.
8.7.2
Statische Auslegung von Strukturen
Bei der statischen Auslegung von Strukturen (Baustatik) ist es die Hauptaufgabe, aus einem komplexen Bauwerk ein klar definiertes Tragsystem zu modellieren, das man mit
92
8
Aufstellungsplanung
wirtschaftlich sinnvollem Aufwand berechnen kann. Zuerst werden die Lasten ermittelt. Daraus ergeben sich die wirkenden Schnittgrößen und es erfolgt die Bemessung der tragenden Bauteile. Die ermittelten Lasten werden durch die tragenden Teile (Stützen) in den Baugrund z. B. über Pfähle abgetragen. Bei der Berechnung werden typischerweise folgende Lasten angegeben: Lasten von Ausrüstungen und Maschinen (Betriebslasten, Testgewichte, Leergewichte, dynamische Lasten) Erdbebenlasten Schneelasten Windlasten Lasten aus Rohrleitungen (Betriebslasten, Testlasten aus Druckproben) Lasten aus Wartungsvorgängen wie Demontage von Motoren, ziehen von Wärmetauscherbündeln Da diese Lasten zu einem frühen Projektzeitpunkt noch nicht vorhanden sind, weil z. B. Herstellerangaben fehlen, werden bei der Grundauslegung Annahmen getroffen, die meist auf Referenzanlagen basieren und durch Angaben aus dem Bodengutachten ergänzt werden.
8.7.3 Kleine Prozessstrukturen Zu den kleinen Prozessstrukturen gehören Anordnungen von wenigen Prozessausrüstungen, die eine verfahrenstechnische Einheit bilden. Die Größe dieser Strukturen sollte minimiert werden, und die Aufstellung sollte in erster Linie verfahrenstechnische und Wartungsanforderungen berücksichtigen. Die Abb. 8.12 zeigt eine kleine Prozessstruktur mit Wetterschutz. Die Abb. 8.13 zeigt ein Beispiel mit einem liegenden Druckbehälter mit Bühnen, der über eine Steigleiter zugänglich ist (kein ständiger Arbeitsplatz) und vorgelagert ein vertikales Kreiselpumpenpaar. Die Höhe des Behälters resultiert aus der notwendigen Zulaufhöhe für die Pumpen.
8.7.4
Mittlere Prozessstrukturen
Bei der Planung von mittleren Strukturen müssen v. a. die restriktiven Verfahrensvorgaben erfüllt werden (z. B. Zulaufhöhen, NPSH, Einlaufstrecken, Druckverluste, Schwerkraftförderung). Typische mittlere Prozessstrukturen findet man z. B. in Anlagen für PP, PE oder PVC. Dort sind die Hauptausrüstungen in solchen Strukturen untergebracht.
8.7 Strukturen
93
Abb. 8.12 Seitenansicht einer kleinen Prozessstruktur mit Wetterschutz
Abb. 8.13 Kleine Prozessstruktur mit optimierter Anordnung von Behälter und Pumpen
8.7.5 Große Prozessstrukturen Viele Prozessanlagen haben ihre Ausrüstungen in großen Prozessstrukturen. Der Grund für solche Aufstellungen ist, dass eine große Anzahl von Ausrüstungen auf kleinem Raum
94
8
Aufstellungsplanung
Abb. 8.14 Große Prozessstruktur über acht Ebenen
untergebracht werden muss. Typische große Prozessstrukturen sind z. B. Kohlekraftwerke, Kohlevergasungen, Urea-Synthesen, Ölförderplattformen. Diese Strukturen enthalten typischerweise:
Integrierte vertikale und horizontale Kabel- und Rohrtrassen Treppenhäuser und Fahrstühle Wartungsschächte mit Hebezeugen oder Kränen Schwerlastlichtgitter, um Transporte bei Wartungsvorgängen innerhalb des Gebäudes auszuführen Räume für Elektrotechnik und für Mess- und Regeltechnik. Die Abb. 8.14 zeigt ein Beispiel einer integrierten großen Prozessstruktur.
8.7.6
Rohrbrücken bzw. Rohrtrassen
Rohrbrücken und Rohrtrassen dienen zur Versorgung einer Anlage. Sie sind mit Prozessund Betriebsmittelrohrleitungen sowie Instrument- und Elektrokabeln belegt. Rohrbrücken („pipe racks“) bzw. ebenerdige Rohrtrassen („sleeper ways“) können innerhalb einer Prozessanlage angeordnet sein oder dienen zur Verbindung von Nebenanlagen mit
8.7 Strukturen
95
Abb. 8.15 Schwellen („sleepers“) für ebenerdige Rohrtrassen, Ausführung in Betonfertigteilen. a Ausführung für größere Lasten, b Ausführung für kleinere Lasten
Prozessanlagen. Schwellen („sleepers“) für eine ebenerdige Rohrtrasse sind in Abb. 8.15 dargestellt. Rohrbrücken sind typischerweise mehrlagig. Die Ausführung kann in Stahl, Beton oder in einer Mischkonstruktion sein. Die Breite der Rohrbrücke richtet sich nach der Rohr- und Kabelbelegung. Die Festlegung der Rohrbrückenbreite geschieht während einer sehr frühen Projektphase. Die Rohrbrücken sollten mindestens 20 % nicht belegten Reserveplatz berücksichtigen für spätere Erweiterungen und Umbauten. Ein typischer Aufbau einer Rohrbrücke ist schematisch in einer Schnittdarstellung in Abb. 8.16 gezeigt. Rohrbrücken, die in Prozessanlagen angeordnet sind, dienen durchaus teilweise als Prozessstruktur für verschiedene Apparate, z. B. für aufgesetzte Luftkühler oder Rohrbündelwärmetauscher. Bei der Planung der Rohrbrücke ist darauf zu achten, dass die räumliche Stabilität in Längsrichtung durch kluge Anordnung von Aussteifungsdiagonalen und in Querrichtung durch biegesteife Rahmenecken gewährleistet ist. Damit ist der größtmögliche Freiraum für die Rohrbelegung und für eine Unterfahrung der Rohrbrücke gegeben. So kann eine Rohrbrücke auch Straßen und Lagerflächen überspannen. Der weitere wichtige Punkt ist, die Rohrbrücken so zu planen, dass Temperaturdehnungen möglich sind. Hier sind entsprechende Dehnungsfugen vorzusehen. Als Faustregel ist eine maximale Länge der Rohrbrückenabschnitte von etwa 80 m einzuhalten. In Abb. 8.17 ist ein Beispiel einer Rohrbrückenanordnung schematisch dargestellt, die mehrere Anlagenteile miteinander verbindet. Eine mögliche Lösungsvariante in der Ausgestaltung der Rohrbrücken ist in Abb. 8.18, 8.19 und 8.20 dargestellt. Die Abb. 8.21 zeigt ein Foto der Rohrbrücke. Eine Gesamtlänge von 120 m kann aus Temperaturdehnungsgründen auf keinen Fall mehr in einem durchgehenden Stück ausgebildet werden. In dieser Lösungsvariante ist eine Unterbrechung der Hauptrohrbrücke durch eine Dehnungsfuge in der Mitte gewählt worden. Gleichermaßen wäre eine Aufteilung der Hauptrohrbrücke in drei Segmente
96
8
Aufstellungsplanung
Abb. 8.16 Typischer Aufbau einer Rohrbrücke (schematisch dargestellt) belegt mit Rohren und aufgesetzter Kabeltrasse; die räumliche Stabilität in Querrichtung wird durch biegesteife Rahmenecken erreicht
Ansicht B
Schni D
Process Unit 1
Schni E
Ansicht C
Process Unit 3
Process Unit 2
Offsites / Ulies
Ansicht A
Abb. 8.17 Verbindende Rohrbrücken zwischen mehreren Prozess- und Nebenanlagen
8.7 Strukturen
97
30m 3 Rohrlagen + Kabeltrasse
20m 1 Rohrlage + Kabeltrasse
20m 2 Rohrlagen
Draufsicht:
60m 2 Rohrlagen + Kabeltrasse
30m 1 Rohrlage
Abb. 8.18 Draufsicht der Rohbrücken inklusive Fugen zwischen den Rohrbrückensegmenten und aussteifender Diagonalen
Ansicht A:
ca.6m 30m 3 Rohrlagen + Kabeltrasse
60m 2 Rohrlagen + Kabeltrasse
30m 1 Rohrlage
Abb. 8.19 Ansicht der Hauptrohrbrücke inklusive Fugen zwischen den Rohrbrückensegmenten und aussteifender Diagonalen für die räumliche Stabilität
98
8 Ansicht B:
Aufstellungsplanung
Ansicht C:
20m 2 Rohrlagen Schni D:
2 Rohrlagen
20m 1 Rohrlage + Kabeltrasse Schni E:
1 Rohrlage + Kabeltrasse
Abb. 8.20 Ansichten und Schnitte der Rohrbrücken inklusive Fugen zwischen den Rohrbrückensegmenten und aussteifender Elemente
Abb. 8.21 Haupt- und Nebenrohrbrücke mit aufgesetzter Kabeltrasse zwischen mehreren Prozess- und Nebenanlagen
(30 m C 60 m C 30 m) möglich gewesen. Ebenso sind die abgehenden Nebenrohrbrücken durch Dehnungsfugen von der Hauptrohrbrücke getrennt. Jedes Rohrbrückensegment bildet nun für sich eine statisch unabhängige Einheit und muss, damit die räumliche Stabilität jeweils erreicht wird, für sich ausgesteift sein.
8.8 Gebäude
8.8
99
Gebäude
Anlagengebäude kann man in Gebäude einteilen, die innerhalb der Prozess- und/oder Nebenanlagen stehen, z. B. Messwarten bzw. Leitstand, Schalträume, Produktionsgebäude, und in Gebäude, die außerhalb von Prozessanlagen stehen, z. B. Verwaltungsgebäude, Lagerhallen, Wartungsgebäude, unterschieden oder kurz: in Prozess- und Nichtprozessgebäude.
8.8.1 Messwarte, Control Room Building Die Messwarte, oder Leitstand oder Leitwarte ist das Gehirn der Anlage, von der sie gesteuert wird. Hier werden im Normalfall 24 Stunden am Tag durchgehend alle Funktionen der Anlage durch Betriebspersonal überwacht. Das Messwartengebäude wird international als Control Room Building bezeichnet. In einem Anlagenkomplex sollte sich die Lage des Control Room Building nach sicherheits- und verkehrstechnischen Gesichtspunkten richten. Die Errichtung eines eigenen freistehenden Control Room Building kann bei weit ausgedehnten Anlagen sinnvoll sein. Ein gemeinsames Control Room Building für mehrere Anlagen bzw. Anlagenkomplexe ist u. U. kostengünstiger als dezentrale Gebäude. Unzulässige Erwärmung des Gebäudes von außen (z. B. durch Sonneneinstrahlung) ist zu vermeiden. Falls nach Lage des Control Room Building mit starker Wärmeeinstrahlung auf Dach oder Wände zu rechnen ist, sollte eine Wärmebilanzrechnung durchgeführt werden. Diese kann ergeben, dass mit Wärmedämmmaßnahmen die Auswirkungen von zeitlich begrenzten Einstrahlungen (z. B. Sonne) reduziert werden können und die notwendige zu installierende Kühlleistung geringer wird. Obendrein ist gute Zugänglichkeit für Bedienung, Transport und Brandbekämpfung erforderlich. Bei der Lage des Control Room Building sind außerdem zu beachten: Mögliche äußere Einwirkungen (Explosionen) Gesicherte Zugänge und Fluchtwege, auch für die Feuerwehr (wenn möglich ebenerdig) Lage zu den Verkehrswegen (Treppenhaus, Personenaufzug) Lage relativ zu den am häufigsten begangenen Anlageteilen und den anderen Mess- und Regelräumen (Rechnerräume, Schalträume) Wege für Installation und Begehung der Anlage, Transportwege ins Freie Erweiterungsmöglichkeiten Die Lage des Control Room Building im Betrieb muss so gewählt werden, dass sie bevorzugt einer ex-freien Zone10 zugeordnet wird. 10
Ex-Zonen sind Bereiche in einer Anlage, in denen explosionsfähige Atmosphäre auftreten kann.
100
8
Tab. 8.1 Empfohlene lichte Mindesthöhe von Messwarten (Control Rooms)
Fläche der Messwarte (m2 ) Bis 50 50–100 Über 100
Aufstellungsplanung
Lichte Mindesthöhe (m) 2,50 2,75 3,00
Hauptabmessungen und typische Grundrisse Empfehlungen für Mindestwerte der lichten Raumhöhe (lichte Raumhöhe D Maß Oberkante Fertigfußboden bis Unterkante Unterzug bzw. abgehängte Decke) sind in Tab. 8.1 zusammengefasst. Bei der Festlegung der Gesamthöhe der Messwarte ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass zwischen 0,50 m und 1,00 m für einen Doppelboden vorgesehen werden, um die Verlegung und Anschlüsse der Elektro- und Instrumentierungsleitungen zu ermöglichen. Ebenso ist über die lichte Höhe hinaus ausreichend Deckenraum für die Heizungs- und klimatechnischen Anlagen und Versorgungsschächte vorzusehen. Als Faustformel kann für eine grobe Abschätzung der erforderlichen Messwartenfläche mit 0,3 m2 ˙ 0,05 m2 pro verrohrter Maschine bzw. Apparat gerechnet werden. Pro Ma-
Baerien
Schaltraum
Labore Klima/ Lüung Control Room
Abstellraum
Umkleiden
Sanitär
Büroräume
Abb. 8.22 Beispielgrundriss eines Control Room Building eines Anlagenkomplexes
8.8 Gebäude
101
schine bzw. Apparat ist mit 4,5 ˙ 1 MSR-Stellen zu rechnen, davon wird etwa die Hälfte in die Warte übertragen. Die Abb. 8.22 zeigt einen Beispielgrundriss eines Control Room Building.
8.8.2 Schalthaus, Substation Die Schalthäuser oder Schalträume (Substation) sollen nahe an den Verbrauchsschwerpunkten unter Berücksichtigung guter und ungefährdeter Zugänglichkeit und Wartungsmöglichkeit liegen. Bei der Festlegung des Baukonzepts ist abzuwägen, ob eine räumliche Trennung der Hauptverteilung von den weiteren Schaltraumeinrichtungen vorgenommen werden soll. Dies ist dann empfehlenswert, wenn große Schäden an Steuerungseinrichtungen aufgrund von Ruß- und Säuredampfbildung (bei Kurzschlüssen oder Bränden in einer Hauptverteilung) zu erwarten sind. Sie sollen trocken und staubarm sein; in stark staubbelasteter Umgebung ist gegebenenfalls eine Schleuse im Eingangsbereich vorzusehen. Falls nach Lage des Schaltraums, wie auch schon bei der Messwarte, mit starker Wärmeeinstrahlung auf Dach oder Wände zu rechnen ist, sollte eine Wärmebilanzrechnung durchgeführt werden. Diese kann ergeben, dass mit Wärmedämmmaßnahmen die Auswirkungen von zeitlich begrenzten Einstrahlungen (z. B. Sonne) reduziert werden können und die notwendige zu installierende Kühlleistung geringer wird. Bei der Planung muss dafür gesorgt werden, dass aus höher gelegenen oder benachbarten Räumen kein Wasser in die Schalträume eindringen kann (Waschbecken, Toiletten, Produktleitungen). Wasser-, Abwasser-, Dampf- und Produktleitungen dürfen nicht durch Schalträume geführt werden. Es sind die Brandschutzmaßnahmen zu beachten. Kabelverbindungen zwischen explosionsgefährdeten und nicht explosionsgefährdeten Betriebsstätten müssen gemäß VDE 0165/DIN EN 60079-14 (2014) ausreichend dicht verschlossen werden. Die geforderte Abdichtung muss in der Trennwand zwischen Ex-Bereich und Schaltraum erfolgen. Schalträume sollen fensterlos sein, da die Wände als Stellflächen für die Schaltanlagen benötigt werden. Transportwege zum Schaltraum sind so auszulegen, dass eine Schaltanlage mit der Abmessung zuzüglich Rollen und Dielen transportiert werden kann. Schränke und Schaltanlagenfelder sollen schließlich stehend transportiert werden. Die Transportwege müssen die dabei auftretenden Belastungen aufnehmen können. Vor der Schaltraumtür ist ausreichender Platz zum Einbau der Schränke, Gestelle und Schaltanlagenfelder vorzusehen. Örtliche Lage, Abgrenzung zum Ex-Bereich Die Lage der Schalträume im Betrieb muss so gewählt werden, dass sie bevorzugt in ex-freien Zonen angeordnet werden. Schalträume sollen möglichst an einer Straße liegen, damit die Energiezuleitungskabel nicht durch den Produktionsbereich verlegt werden müssen.
102
8
Aufstellungsplanung
Hauptabmessungen und typische Grundrisse Die Größe eines Schaltraums richtet sich nach der Belegung. In Niederspannungsschalträumen sind die Gangbreiten so zu planen, dass bei einseitig geöffneten Türen oder Schwenkrahmen noch mindestens 0,50 m freier Durchgang bestehen bleibt. Die Gangbreite von 1,00 m soll in keinem Fall unterschritten werden. Schaltraumeinrichtungen Folgende elektrische Ausrüstungen werden typischerweise in einer Substation aufgestellt:
Mittelspannungsschaltanlagen (MV) Niederspannungsschaltanlagen (LV) Gleichrichter, Wechselrichter Batterieschränke Transformatoren Relais- und Klemmenschränke Elektronische Einrichtungen für Steuerungen, Signalanlagen und Antriebstechnik als feststehende Gestelle oder in einem Schrankaufbau Systemschränke für Prozessleitsysteme Rangierverteiler für Kabel- und Leitungsverbindung von elektrischen und pneumatischen Geräten im Feld mit Geräten im Schaltraum bzw. in der Messwarte Die Abb. 8.23 und 8.24 zeigen einen Beispielgrundriss eines Schalthauses. Die Abb. 8.25 zeigt den entsprechenden Vertikalschnitt.
Transformatoren MV Schaltanlage Plant 1
Klima/ Lüung
LV Schaltanlage Plant 1 MV Schaltanlage Plant 2
LV Schaltanlage Plant 2
Abb. 8.23 Beispielgrundriss einer Substation eines Anlagenkomplexes, Erdgeschoss
8.8 Gebäude
103
ESD System
Notstrom Diesel
UPS Anlage
Baerie Raum
DCS System
Abb. 8.24 Beispielgrundriss einer Substation eines Anlagenkomplexes, erstes Obergeschoss
DCS+ESD System
Transformatoren
Öl -Auffangwanne
LV+MV Schaltanlagen
Kabelkeller
Abb. 8.25 Beispiel einer Substation eines Anlagenkomplexes, Schnittdarstellung
104
8
Aufstellungsplanung
8.8.3 Büro- und Verwaltungsgebäude, Administration Building Die meisten Büro- und Verwaltungsgebäude sind Gebäude in Geschossbauweise mit mittleren bis kleineren Raumeinheiten und mit direktem Zugang zu den Prozessanlagen.
8.8.4 Wartungsgebäude, Maintenance Building Wartungsgebäude sind i. d. R. hallenartige Gebäude mit wenigen Raumeinheiten für Büros und Sozialräumen. Sie werden in erster Linie unter den Gesichtspunkten der Funktionalität und Wirtschaftlichkeit gebaut. Die funktionalen Ansprüche bestehen in optimaler Raumausnutzung. Die einzelnen Werkstätten werden meist in eine mechanische Werkstatt und eine Elektrowerkstatt für Mess- und Regelgeräte unterteilt. Die Abb. 8.26 zeigt einen Beispielgrundriss eines Wartungsgebäudes mit Ersatzteillager und Büroräumen.
8.8.5 Analysecontainer bzw. Analyseräume Analysecontainer oder auch Analysegeräteräume sind Teil der Prozessanlagen. Dort erfolgt eine Analyse der einzelnen Prozessströme beispielsweise durch Gaschromatographen. Die Analysegeräte werden über Wirkleitungen mit den Prozessströmen der Anlage versorgt. Ein Analysecontainer in einer Prozessanlage ist in Abb. 8.27 gezeigt.
Büroräume
Sanitär Klima/ Lüung
Ersatzteile
Werksta
Abb. 8.26 Beispielgrundriss eines kombinierten Wartungs- und Verwaltungsgebäudes
8.8 Gebäude
105
Abb. 8.27 Analysecontainer auf der 20-Meter-Ebene einer Process Unit
8.8.6 Laborgebäude Laborgebäude können in andere Gebäude, wie beispielsweise Verwaltungsgebäude oder Control Room Buildings integriert sein, wenn dies prozesstechnisch sinnvoll ist (s. Beispiel des Control Room Building in Abb. 8.22). Standardmäßig ist aber, dass das Laborgebäude als eigenständiges Gebäude ausgeführt ist.
8.8.7 Lagerhäuser Lagerhäuser sind meist hallenartige Gebäude. Sie sind gekennzeichnet durch große Räume mit weit spannenden Decken. Lagerhäuser müssen eine gute Verkehrsanbindung haben.
8.8.8 Feuerwehrwachen Die meisten Anlagen besitzen keine Feuerwehrwachen, sondern nur einzelne Gerätewagen mit der entsprechenden Notfallausrüstung. Diese Wagen sind meist in den Wartungsgebäuden untergebracht. Große Anlagenkomplexe besitzen hingegen oft eigenständige Feuerwehrwachen (z. B. BASF Ludwigshafen, Shell Rotterdam, Bayer Leverkusen) mit einer großen Anzahl verschiedener eigener Löschfahrzeuge.
Grundlagen Equipment
9.1
Auslegung und Auswahl von Ausrüstungen
9.1.1 Allgemein Bei Equipment, teilweise auch Ausrüstungen genannt, handelt es sich um Maschinen, Apparate und Package Units1 . Bei der Auslegung und Auswahl sind folgende Punkte von besonderer Bedeutung: Prozessspezifische Aufgabenstellung Produkt- und prozessspezifische Randbedingungen, z. B. abhängig von Einsatzbereich beispielsweise Druck, Temperatur, Lastbereich, Betriebsweise Werkstoffanforderungen Sicherheitstechnische Anforderungen Instrumentierungseinrichtungen Vorgaben für Aufstellung und Instandhaltung Projektspezifische Festlegungen, z. B. Einbindung in das Automatisierungs- und Bedienkonzept, anzuwendende Regelwerke für die Auslegung, Ausführung und Prüfung von Ausrüstungsteilen des jeweiligen Standorts
9.1.2 Auslegung Alle Maschinen, Apparate und Package Units müssen für die prozessspezifisch vorgegebene Betriebsweise, z. B. Betriebsdauer, Stillstand, Wartungsintervalle usw., geeignet und ausgelegt sein. Es muss nachgewiesen werden, dass die Maschine bzw. der Apparat den zu erwartenden Belastungen mechanischer, chemischer und thermischer Art Stand hält. 1
Package Units (PU) sind komplette Baueinheiten, die von einem Lieferanten als Gesamtpaket gefertigt werden, z. B. Notstromdiesel. © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 107 K. G. Topole, Grundlagen der Anlagenplanung, https://doi.org/10.1007/978-3-662-57418-8_9
9
108
9
Grundlagen Equipment
Solche Belastungen bzw. Auslegungspunkte können sein: Innen- und Außendruck, Explosionsdruck, Einschnürung, Ausbeulen, Rotation, Vibration, Schwellbeanspruchung Korrosion, Erosion Wärmedehnung und Zusammenziehen durch Kälte Zusatzbeanspruchungen, z. B. Kräfte und Momente durch Temperaturdifferenzen, Rohrleitungen, Wind und Erdbeben, sind zu berücksichtigen Im Freien aufgestellte Maschinen, Apparate und Package Units müssen wetterfest und korrosionsgeschützt ausgeführt sein Die Gefahr des Einfrierens ist durch entsprechende Maßnahmen zu verhindern. Festigkeitsberechnung Für die Festigkeitsberechnung müssen Auslegungsdaten und Beanspruchungsarten definiert sein. Bei abweichenden Belastungsfällen sind spezielle Berechnungsverfahren, z. B. nach der Finite-Element-Methode, einschlägige Betriebserfahrung oder geeignete Prüfmethoden, z. B. Dehnungsmessungen, Berstversuche, anzuwenden. Beanspruchung durch Druck Soll ein Apparat mit unterschiedlichen Betriebsbedingungen betrieben werden, z. B. hoher Druck/niedrige Temperatur und niedriger Druck/hohe Temperatur, muss er für beide Belastungsarten getrennt berechnet werden. Bei den AD-2000-Merkblättern2 unterscheidet man in:
Innendruck (statisch/dynamisch) Außendruck Hydrostatischer Druck Betriebstemperatur
Zusätzliche Beanspruchungen Statische und dynamische Zusatzlasten, z. B. Auflagerkräfte, Wind- und Schneelasten, Rohrleitungskräfte, Wärmespannungen, Wechselbeanspruchung durch Druck und Temperatur, Gewicht und Dehnung der Ausmauerung, Bodenschwingungen, müssen von Maschinen und Apparaten sicher aufgenommen werden. Dies ist durch eine Berechnung nachzuweisen. Die zulässigen Spannungen dürfen dabei auch bei gleichzeitigem Auftreten mehrerer Beanspruchungsarten nicht überschritten werden. Stutzenkräfte Die Überprüfung der Stutzenkräfte kann z. B. nach den AD-2000-Merkblättern erfolgen. Werden die dort aufgeführten Bedingungen erfüllt, kann auf einen detaillierten Nachweis verzichtet werden. Sollten aus einer Rohrleitungsberechnung erhöhte 2
AD-2000-Merkblätter: Regelwerk herausgeben durch den Verband der technischen Überwachungsvereine e. V.
9.1 Auslegung und Auswahl von Ausrüstungen
109
Stutzenkräfte resultieren, führen die Resultate im Regelfall zu einer Erhöhung der Mindestwandstärke des Apparats. Festlegung der Wanddicke Für Druckapparate können die zulässigen Wanddicken nach AD-2000-Merkblättern berechnet werden. Bei korrosionsbeständigen Werkstoffen ist im Allgemeinen kein Abnutzungszuschlag erforderlich. Bei prozessbedingter Abnutzung (abtragende Korrosion, Oxidation, Erosion, Abrasion, Aufnitrierung) sind größere Zuschläge festzulegen. Falls die Eigensteifigkeit eines Apparats für Fertigung, Transport und Montage nicht ausreichend ist, sind entsprechende Wanddickenzuschläge vorzunehmen oder andere Maßnahmen zur Aussteifung (z. B. Rippen, Formhaltekreuze) erforderlich. Für die Berechnung nach ASME3 -Code bei der Berechnung der Wandstärke sind eigene Methoden auszuwählen. Beanspruchung aus Erdbeben Für die freistehend aufgestellten Ausrüstungen wie Kolonnen, Silos und Tanke ist neben dem Nachweis der Standsicherheit gegen Windlasten (z. B. DIN EN 1991-1-4/NA 2010) zusätzlich der Nachweis der Standsicherheit für den Lastfall Erdbeben (DIN EN 1998-1 2010) zu erbringen. Dabei brauchen beide Lasten nicht als gleichzeitig wirkend angenommen zu werden.
9.1.3 Auswahl Bei der Auswahl von Maschinen, Apparaten und Package Units sind besonders folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen: Betriebssicherheit bei allen möglichen Betriebszuständen, z. B. Anfahren, Abstellen, Notabschaltungen und Energieausfall Verfügbarkeit gemäß den gestellten Anforderungen Einfache Montage, Bedienung und Instandhaltung (Inspektion, Wartung, Instandsetzung) Leicht zu verarbeitende und für den Einsatzfall geeignete Werkstoffe Einfache Ausführung, z. B. geometrisch einfache Formen, standardisierte Baureihen Geringe Lebenszykluskosten
3
ASME: American Society of Mechanical Engineers.
110
9
Grundlagen Equipment
9.2 Grundlagen statischer Ausrüstungen 9.2.1 Behälter Ein Behälter ist ein geschlossenes Gefäß, das atmosphärisch, mit Unterdruck oder mit Überdruck betrieben werden kann. Ein Behälter kann ein verfahrenstechnischer Apparat oder ein Betriebslagerbehälter mit und ohne interne Einbauten sein. Die Behälter als Druckbehälter („pressure vessel“) unterliegen in Europa der PED4 oder SPED5 und in den USA der ASME. Die Druckbehälter kann man einteilen in:
Betriebs- und Lagerbehälter für Flüssigkeiten Betriebs- und Lagerbehälter für Gase Wärmeüberträger (Wärmetauscher) Verfahrenstechnische Behälter und Apparate (Rührwerksbehälter, Kolonnen, Reaktoren usw.) Reaktordruckbehälter bei Kernkraftwerken Behälterböden Bei drucktragenden Behältern sind gewölbte Böden zu bevorzugen. Die Wanddicke eines gewölbten Bodens darf im zylindrischen Bord die rechnerische Wanddicke des zylindrischen Mantels ohne Ausschnitte nicht unterschreiten. Behälterstutzen Für Behälter sind möglichst Stutzen mit Vorschweiß- oder Aufschweißflanschen zu verwenden. Es sind bevorzugt genormte Flanschabmessungen zu verwenden. Ist dies nicht möglich, z. B. wegen abweichendem Druck- oder Temperaturbereich oder Größe, müssen diese berechnet werden und speziell angefertigt werden. Muss auf Flanschverbindungen verzichtet werden, sind die Stutzen mit Schweißenden auszubilden. Werden an Stutzen Rohrleitungen angeschlossen, sind die maximal auftretenden Kräfte und Momente zu berücksichtigen. Mannlöcher Behälter, zu deren sicherer Betriebsweise oder bei wiederkehrenden Prüfungen die Beurteilung des Behälterinnenraums erforderlich ist und die nicht über Prozess- oder Inspektionsstutzen inspiziert werden können, müssen mit Mannlöchern ausgerüstet sein. Zusätzliche Inspektionsöffnungen sind entsprechend den vorgesehenen Instandhaltungsmaßnahmen festzulegen. Mannlöcher müssen ein ungehindertes Ein- und Aussteigen erlauben (falls erforderlich mit Schutzanzug und schwerem Atemgerät), eventuell sind im Behälter Tritt- und Haltebügel anzubringen.
4 5
PED: Europäische Druckgeräte-Richtlinie (PED 2014/68/EU), s. Abschn. 16.1. SPED: Europäische Richtlinien für einfache Druckbehälter (SPED 2014/29/EU).
9.2 Grundlagen statischer Ausrüstungen
111
Abb. 9.1 Rundbühne und Leiter an einem Stahlbehälter, Draufsicht
Behälterbühnen und Podeste Behälter erhalten für häufig zu begehende Stellen, z. B. für Bedienung und Instandhaltung, Mannlöcher und Armaturenpodeste oder Bühnen. An größeren stehenden Apparaten, z. B. Kolonnen oder Reaktoren, sind für die Bedienung möglichst Segment- oder Rundbühnen einzuplanen. Typische Abmessungen für Bühnen sind: Bühnenbreite = 1,00 m Maximaler Bühnenabstand = 10,00 m Zur Begehung der Bühnen sind Leitern oder Treppen vorzusehen. Die Abb. 9.1 zeigt eine Beispielzeichnung einer Rundbühne mit Leiter an einem runden Stahlbehälter. Tragelemente von Behältern Behälter sind mit Pratzen, Zargen und Sätteln auszustatten. Die Tragelemente sind so zu bemessen, dass Kräfte und Momente, z. B. Rohrleitungskräfte auf Stutzen, Kräfte durch Ziehen verschmutzter Rohrbündel, Windbelastung usw., aus den möglichen Betriebszuständen einschließlich Lastfällen im Rahmen der Montage, z. B. Wasserdruckprüfungen, aufgenommen werden. Hierbei sind sowohl statische als auch dynamische Belastungen zu berücksichtigen. Die Elemente übertragen die Lasten
112
9
Grundlagen Equipment
Abb. 9.2 Typischer Behältersattel eines liegenden Stahlbehälters
dann in Fundamente oder Stahlstrukturen. Ein Behältersattel eines liegenden Stahlbehälters ist in Abb. 9.2 dargestellt. Tropfenabscheider, Demister Ein Demister ist ein Einbauteil in einem Behälter und dient zur Abscheidung von flüssigen Partikeln aus Prozessgasen, Abluft und Dampf. Bei
Abb. 9.3 Drahtgestricktropfenabscheider
9.2 Grundlagen statischer Ausrüstungen
113
Abb. 9.4 Wirbelstrombrecher (Vortex Breaker)
den Abscheidern unterscheidet man Drahtgestrick- und Lamellenabscheider. Die Abb. 9.3 zeigt einen Tropfenabscheider in Schnitt und Draufsicht. Wirbelstrombrecher, Vortex Breaker Wirbelstrombrecher dienen dazu, in Behälterausläufen die Wirbel zu brechen und Pumpen vor Kavitation zu schützen. Die Abb. 9.4 zeigt, vereinfacht dargestellt, typische Wirbelstrombrecher.
9.2.2
Kolonnen
Kolonnen gehören zu den verfahrenstechnischen Behältern und Apparaten. Die Form einer Kolonne ist meist eine schlanke Säule mit internen Einbauten, z. B. Böden, Packungen, Abscheider. Die Auslegung der Einbauten erfolgt auf Basis des Einsatzzwecks oder der Betriebsbedingungen. In der Regel dient sie dazu, Stoffgemische durch diverse thermische Verfahren zu trennen. Hierzu werden physikalische Eigenschaften und Gleichgewichtszustände zwischen unterschiedlichen Phasen genutzt. Trennverfahren, bei denen in der Verfahrenstechnik Kolonnen eingesetzt werden, sind beispielsweise
Rektifikation, Extraktion, Adsorption, Kristallisation.
In einer Kolonne werden zwei Phasen im Gegenstrom direkt miteinander in Kontakt gebracht oder eine Phase über eine feste Phase, z. B. ein Adsorber oder ein Lösungsmittel, bewegt. Einbauten in der Kolonne dienen dem erhöhten Stoffaustausch und Energieaustausch zwischen den Phasen oder (wie in der Extraktion) der Vermeidung einer Rückvermischung. Eine Kolonne lässt sich als eine Verschaltung von mehreren Stufen beschreiben, die rückvermischt sind, wobei beide Phasen im Gleichgewicht stehen.
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Grundlagen Equipment
Anmerkung am Rande Immer wieder tricky: Was ist Adsorption? Was ist Absorption? Adsorption ist die Aufnahme von Stoffen aus Gasen und Flüssigkeiten an die Oberfläche eines Feststoffs. Absorption ist das Lösen von Gasen in einer Flüssigkeit. Beispielsweise absorbiert bei einer Gaswäsche eine Flüssigkeit Bestandteile eines Gases. (Merke: Das Wort Absorption enthält ein b, genau wie Gasblasen in der Gaswäsche). Bodenkolonnen In Bodenkolonnen kommen vorwiegend Glockenböden, Siebböden oder Ventilböden zum Einsatz. Die Auswahl und hydraulische Dimensionierung der Kolonnenböden sind Bestandteil der verfahrenstechnischen Auslegung. Zur Auflage und Befestigung der Kolonnenböden werden normalerweise Tragringe eingesetzt. Bei kleinen Kolonnendurchmessern können die Böden im Paket eingebaut werden. Die Anforderungen an die Abdichtungen von Kolonnenböden sind abhängig von der verfahrenstechnischen Bodenbelastung und dem Bodentyp. Bodenabdichtungen können z. B. Rundschnurdichtungen bzw. bei Paketbauweise Spiralfedern, geschlitzte Schläuche oder Fächerdichtungen sein. Füllkörperkolonnen Die Füllkörper bewirken in einer Kolonne eine bessere Verteilung der Flüssigkeiten und Verwirbelungen der Gase. Die Auswahl und Dimensionierung der Füllkörper sowie die Festlegung von Sammlern und Verteilern sind Bestandteil der verfahrenstechnischen Auslegung einer Kolonne. Bei der losen Füllkörperschüttung ist darauf zu achten, ob aufgrund der Gasbelastung Niederhalter erforderlich sind, insbesondere bei Kunststoff oder dünnen Metallblechen und bei Gefahr von stoßartiger Strömungsveränderung (z. B. bei Verpuffungen, Dampfstößen). Bei keramischen Füllkörpern muss das Einbringen durch einschwimmen erfolgen (Füllkörperbruch). Für jede Füllkörperschicht ist eine Ein- und Ausbauöffnung vorzusehen (Mannlöcher oder Handlöcher). Packungskolonnen Die strukturierte Packung ist eine Form von Füllkörpern. Strukturierte Packungen bestehen meistens aus dünnen Blechen oder Geweben. Bei Packung ist durch geschickte Ausführung der Kanäle die Möglichkeit gegeben, den Druckverlust zu minimieren. Verteiler bzw. Sammler Verteiler und Sammler dienen zur Aufgabe und Aufnahme von Flüssigkeiten in Kolonnen. Verteiler und Sammler müssen durch Montageöffnungen, z. B. Mannloch, Apparateflansch, erreichbar sein und in die Horizontale eingestellt werden können.
9.2 Grundlagen statischer Ausrüstungen
115
Tab. 9.1 Typen chemischer Reaktoren Vorteil
Nachteil
Einsatz
Diskontinuierlich Geringe Investitionskosten, geringer Regelaufwand, hohe Umsätze Totzeiten, betreuungsintensiv Produkte geringer Menge, z. B. in der Pharmaindustrie
Halbkontinuierlich Kontinuierlich Gute Reaktionskontrolle, Weitgehende Automatisiekontrollierte Wärmeabfuhr rung, geringe Lohnkosten, konstante Produktqualität Hoher Prozessaufwand, Hohe Investitionskosten, hoher Aufwand für Materi- geringe Flexibilität alhandling Kokereibetrieb, Farbstoff- Produkte in großer Menherstellung ge, z. B. Herstellung von Basischemikalien wie Ammoniak, Chlor, Wasserstoff usw.
9.2.3 Reaktoren Ein Reaktor („reactor“) ist ein chemischer Reaktionsbehälter. Die Einteilungskriterien für Reaktoren sind einphasig/mehrphasig diskontinuierlich/halbkontinuierlich/kontinuierlich Vorteile, Nachteile und Einsatzgebiete chemischer Reaktortypen sind in Tab. 9.1 zusammengefasst.
9.2.4
Wärmetauscher
Ein Wärmetauscher (Heat Exchanger) oder auch Wärmeübertrager ist ein Apparat, der Wärme von einem Medium auf ein anderes übertragen kann. Im Anlagenbau wird eine breite Palette von unterschiedlichsten Wärmetauschern eingesetzt. Rohrbündelwärmetauscher Der Rohrbündelwärmetauscher ist ein Druckbehälter, der aus zwei getrennten Druckräumen (Mantel und Rohrseite) besteht. Durch die Innenrohrwand getrennt strömen zwei Medien so aneinander vorbei, dass das Vorhandensein einer Temperaturdifferenz Wärme gegeneinander austauscht, ohne dass sich die Medien dabei vermischen. Der Durchfluss im Mantelraum wird mithilfe von Umlenkblechen so gesteuert, dass möglichst viele Querströmungen zu den Rohren entstehen. Form und Abstand der Umlenkbleche werden dem Einsatzfall angepasst. Je nach Zweckmäßigkeit, Geschwindigkeit und Druckverlust wird der Durchfluss durch den Rohrraum ein- oder mehrgängig ausgeführt. Von Abstrahlungsverlusten abgesehen ist die zugeführte Wärmemenge gleich der abgegebenen Wärmemenge. Der Aufbau und das Strömungsprinzip eines Rohrbündelwärmetauschers sind in Abb. 9.5 schematisch dargestellt.
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Grundlagen Equipment
Abb. 9.5 Schematischer Aufbau eines Rohrbündelwärmetauschers
Der Rohrbündelwärmetauscher ist verhältnismäßig kostengünstig. Ein weiterer Vorteil ist der mögliche Einsatz bei zähflüssigen und verschmutzten Medien, da ein schneller Wärmeübertrag fast ohne Druckverlust möglich ist. Sicherheitswärmetauscher Eine besondere Art der Rohrbündelwärmetauscher sind die Sicherheitswärmetauscher, sie kommen zum Einsatz, wenn ein hohes Betriebsrisiko oder eine starke Umweltgefährdung zu befürchten ist. Durch doppelte Rohre und doppelte Rohrplatten wird ein Sicherheitsraum geschaffen. Dieser gewährleistet, dass es im Fall einer Leckage weder zu einer Vermischung noch zu Verunreinigungen der rohr- und mantelseitig geführten Medien kommen kann. Der Sicherheitsraum ist leer und kann im Druck- oder Vakuumbereich überwacht werden. Plattenwärmetauscher Der Plattenwärmetauscher besteht aus wellenförmig profilierten Platten, die so zusammengesetzt sind, dass jeweils in den aufeinanderfolgenden Zwischenräumen einmal das aufzuwärmende und danach das wärmeabgebende Medium fließt. Das Plattenpaket ist nach außen und zwischen den Medien abgedichtet und wird mit Spannschrauben zusammengehalten. Die Platten und die Druckplatte hängen an einer oberen und einer unteren Tragstange, wobei beide Stangen an einer Stützsäule montiert sind. Beim größten Typ dieser Serie wird das Plattenpaket zwischen Gestell- und Druckplatte mithilfe von Gewindebolzen und Spannmutter mit Kugellagern zusammengepresst, um das Öffnen und Schließen des Apparats zu erleichtern. Das Gestell ist ausschließlich für die Montage auf dem Fußboden bestimmt. Der Aufbau und das Strömungsprinzip eines Plattenwärmetauschers sind in Abb. 9.6 schematisch dargestellt.
9.2 Grundlagen statischer Ausrüstungen
117
Abb. 9.6 Aufbau und Strömungsprinzip eines Plattenwärmetauschers. (Alfa Laval 2018)
Aufgrund ihrer besonderen Bauweise sind Plattenwärmetauscher sehr gut erweiterbar und sehr flexibel bezüglich der Gestaltung der Strömungsführung, die durch die Lage der Dichtungen bestimmt ist. Bei den Plattenwärmetauschern unterscheidet man folgende Typen: Gedichtete Apparate Gelötete Apparate Vollverschweißte Apparate Plattenwärmetauscher sind aufgrund ihrer kompakten Bauweise platzsparend, sehr flexibel und gut erweiterbar. Der geringere Inhalt der Plattenwärmetauscher führt zu kurzen Aufheizzeiten und damit zu einer erheblich schnelleren Bereitstellung des Sekundärmediums. Plattenwärmetauscher können deshalb, anders als Rohrbündelwärmetauscher, auch stark zyklischen thermischen Belastungen ausgesetzt werden. Compabloc-Wärmetauscher Der Compabloc-Wärmetauscher ist ein sehr kompakter Wärmetauscher ähnlich dem Plattenwärmetauscher, jedoch ohne Dichtungen zwischen den einzeln Platten. Dadurch ist der Wärmetauscher vorteilhaft bei chemisch aggressiven und bei sehr heißen Medien. Kernstück des Compabloc sind geprägte Wärmeübertragerplatten aus Edelstahl oder Sonderwerkstoffen. Diese wechselweise verschweißten Platten bilden die einzelnen Strömungskanäle. Beide Medien fließen dabei kreuzweise zueinander in den Strömungskanälen zwischen den Platten. Der Aufbau und das Strömungsprinzip eines Compabloc-Wärmetauschers sind in Abb. 9.7 schematisch dargestellt.
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Grundlagen Equipment
Abb. 9.7 Aufbau und Strömungsprinzip eines Compabloc-Wärmetauschers. (Alfa Laval 2018)
Luftkühler Luftkühler („air cooler“) werden in Prozess- und Nebenanlagen, in Gebieten, wo Kühlwasser nicht in ausreichenden Mengen zur Verfügung steht, eingesetzt, oder wo aufgrund von verfahrenstechnischen Anwendungen der Einsatz von Kühlwasserkühlern nicht notwendig oder nicht möglich ist. Luftkühler finden Anwendung in
Raffinerien Petrochemie Stahlwerken, Stahlindustrie Gasanlagen Kraftwerken
Die Abb. 9.8 zeigt einen Luftkühler in der obersten Ebene eines Prozessgerüsts. Die Luftkühler bestehen aus einer Stützkonstruktion, auf der der eigentliche Wärmetauscher, das Rippenrohrbündel, sitzt. Ein Rippenrohrbündel setzt sich aus Rippenrohren zusammen (in Sonderfällen auch unberippten Rohren), den Kammern zum Verteilen des Produkts und einem Stützrahmen. Das Rippenrohrbündel kann eingängig oder mehrgängig sein. Das Prozessmedium durchströmt das Rohrbündel und wird durch den Luftstrom gekühlt. Bei den Antrieben von Luftkühlern unterscheidet man einen Direktantrieb, einen Riemenantrieb oder einen Getriebeantrieb. Beim Direktantrieb wird der Ventilator direkt an die Motorwelle angeflanscht. Ventilator- und Motordrehzahl stimmen überein. Bei der Ausführung über einen Riemenantrieb reduzieren Riemenscheiben die Geschwindigkeit
9.2 Grundlagen statischer Ausrüstungen
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Abb. 9.8 Luftkühler in der obersten Ebene eines Prozessgerüsts
des Motors auf die erforderliche Ventilatorgeschwindigkeit. Beim Antrieb über Getriebe ist der Ventilator direkt mit der Ausgangswelle des Getriebemotors gekoppelt. Zur Optimierung der Kühlwirkung läuft ein Ventilator mit einer festen Drehzahl. Der zweite Ventilator ist frequenzgeregelt und läuft lastabhängig mit einer geringeren oder gleichen Drehzahl. Doppelrohrwärmetauscher Ein Doppelrohrwärmetauscher besteht aus zwei Rohren, wobei das innere Rohr das Prozessmedium enthält und das Außenrohr das Kühl- oder Heizmedium, z. B. Wasser bzw. Dampf oder Wärmeträger. Diese Bauform eignet sich besonders gut für hohe Drücke im Innenrohr. Der Doppelrohrwärmetauscher wird bei hochviskosen oder feststoffbeladenen Medien (z. B. Suspensionen, Schlämme) eingesetzt, weist jedoch eine geringe Wärmeübergangsoberfläche und damit einen geringeren Wirkungsgrad auf. Spiralwärmetauscher Der Spiralwärmetauscher ist ein einfach aufgebauter Wärmetauscher. Er besteht aus zwei konzentrischen Spiralkanälen, eine für jedes Medium. Die gekrümmten Kanäle gewährleisten eine optimale Wärmeübertragung und Strömungsbedingungen für eine Vielzahl von Medien, wobei die Gesamtgröße des Wärmetauschers im Vergleich zu einem Rohrbündelwärmetauscher sehr gering ist.
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Grundlagen Equipment
Vorteile des Spiralwärmetausches sind: Geringe Investitionskosten Geringe Wartungskosten, der Wärmetauscher kann schnell geöffnet und geschlossen werden Keine Totenden, daher ist der Wärmetauscher selbstreinigend Geringe Anfälligkeit gegen Fouling Guter Wärmeübergang Luftvorwärmer Um Abwärme bei Abgasströmen zu nutzen, kommen Luftvorwärmer („preheater“) zum Einsatz. Die heiße Abluft wird im Gegenstrom gegen die Brennluft getauscht. Dies erhöht den Wirkungsgrad der Anlage. Luftvorwärmer werden in Kraftwerken, Chemietechnik, Schiffstechnik, Biotechnologie, Haustechnik und für Spezialanwendungen eingesetzt.
9.2.5 Dampfkessel, Prozessöfen und Raffinerieöfen In Industrieanlagen kann der benötigte Dampf durch Abwärme in Prozessöfen (z. B. Steam-Reforming) oder durch Gas oder Öl gefeuerte Kessel erzeugt werden. Dabei dient der Dampf zum Antrieb von Pumpen, zum Beheizen von Apparaten und Rohrleitungen und als Prozessdampf in den verschiedenen Prozessen. In den meisten Anlagen wird Niederdruck 2–15 bar(g), Mitteldruck 20–50 bar(g) und Hochdruckdampf erzeugt. Dampfkessel Dampfkessel („steam boiler“) sind modular aufgebaute eigenständige Prozesseinheiten, die passend zu den Dampfverbrauchern ausgelegt sind. Der Dampferzeuger besteht aus:
Feuerungsraum mit den Brennern Verdampfer zur Erzeugung des Dampfs Überhitzer Speisewasservorwärmer („economizer“) Brennluftvorwärmer Dampftrommel Brennluftgebläse Kamin
In den meisten Anlagen werden die Dampfkessel als Zusatzdampferzeuger benutzt, der benötigte Dampf wird durch anfallende Abwärme in den Prozessen erzeugt. Die Abb. 9.9 zeigt einen Dampferzeuger während der Inbetriebnahmephase. Der Dampferzeuger ist in dieser Phase durch Trassierband gekennzeichnet, um Zugang durch Unbefugte oder Unbeteiligte zu verhindern.
9.2 Grundlagen statischer Ausrüstungen
Abb. 9.9 Dampferzeuger („steam station“) während der Inbetriebnahme
Abb. 9.10 Spaltofen (Cracker) einer EDC-Anlage (EDC = Ethylen-Dichlorid, Zwischenprodukt in der PVC Herstellung) während der Montage
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Grundlagen Equipment
Prozessöfen und Raffinerieöfen, Cracker In Verfahren, bei denen die verfahrenstechnischen Anforderungen hohe Temperaturen (> 300 °C) erfordern, werden i. d. R. direkt befeuerte Öfen eingesetzt. Man unterscheidet hierbei zwischen Prozessöfen und Raffinerieöfen. Am weitesten verbreitet sind die Raffinerieöfen, die zum Aufheizen oder Verdampfen von Kohlenwasserstoffen eingesetzt werden. In einer typischen Raffinerie findet man Crude-, Vakuum-und Visbreaker-Öfen, Reboiler, Reformer und HDS-Öfen. Typische Vertreter der Prozessöfen sind Spaltöfen und Steam-Reformer. Die Abb. 9.10 zeigt einen Spaltofen.
9.2.6 Tanke Tanke sind Großbehälter und dienen zur Lagerung von Flüssigkeiten und Gasen. Lagertanke haben oft eine zylindrische Form, einen Flachboden und ein festes oder schwimmendes Dach. Lagertanks kann man unterteilen in:
Festdachtanke Schwimmdachtanke Drucktanke (Bullet) für Gase unter hohem Druck Kalttanke für flüssige Gase wie NH3 , N2 , O2 , CH4 Kugeltanke für Flüssiggase
Lagertanke für Kohlenwasserstoffe unterliegen in den USA der NFPA 58 (2017) und in Deutschland der 20. Bundes-Immissionsschutzverordnung (BImSchV) § 1 (BundesanzeiEntlüung Einlass
oberes Mannloch
Überlauf
Seitenauslass
Seitenmannloch
Bodenauslass
Abb. 9.11 Zylindrischer Tank mit Festdach, schematisch dargestellt
9.3 Grundlagen Arbeitsmaschinen
123
ger 2014). Diese Verordnungen regeln die Errichtung, die Beschaffenheit und den Betrieb von Anlagen für die Lagerung oder Umfüllung von Ottokraftstoff, Kraftstoffgemischen oder von Rohbenzin in Tanklagern oder an Tankstellen, ortsveränderlichen Anlagen für die Beförderung von Ottokraftstoff, Kraftstoffgemischen oder von Rohbenzin. Die Abb. 9.11 zeigt, schematisch dargestellt, einen zylindrischen Flüssigkeitstank mit Festdach.
9.2.7 Fackeln Fackeln sind wichtige Sicherheitsschutzausrüstungen in petrochemischen-, Chemie- oder Industrieanlagen. Um diese Anlagen gegen unzulässige Betriebsbedingungen zu schützen, ist es erforderlich, dass wirksame Schutzeinrichtungen zum Ableiten von z. B. Gasen eingebaut sind. Bei Ansprechen einer Schutzeinrichtung (s. Abschn. 13.1) wird die Produktionsanlage zwar auf einen sicheren Betriebszustand gebracht, jedoch gelangen dadurch für die Umwelt gefährliche Gase nach außen. Die Gase müssen gesammelt und für die Umwelt gefahrlos und umweltfreundlich verbrannt werden. Während des Fackelbetriebs werden die Gase zusammen mit Dampf und/oder Luft zu Wasser und CO2 verbrannt. Das Ansprechen von Fackeln sollte minimiert werden, ist aber bei An- und Abfahrvorgängen oder bei ungeplanten Störfällen (z. B. Stromausfällen) unausweichlich. Die Havariegasmengen können bis zu 1000 t/h betragen. Man unterscheidet folgende Fackeltypen: Hochfackeln, hier liegt der Fackelkopf in einer Höhe zwischen 20 und 150 m Bodenfackel, hier liegt der Fackelkopf mit den Brennern in der Höhe von 2 bis 4 m; die gesamte Fackelzone ist eingezäunt und mit einem Hitzeschutzschild umgeben
9.3
Grundlagen Arbeitsmaschinen
Arbeitsmaschinen werden in die zwei Hauptgruppen Strömungsmaschinen und Verdrängermaschinen eingeteilt.
9.3.1 Strömungsmaschinen Zu den Strömungsmaschinen gehören alle Maschinen, die von einem Fluid oder einem mit Feststoffen beladenen Fluid durchströmt werden und zum Austausch mechanischer Energie und Strömungsenergie mit einem beschaufelten Laufrad versehen sind. Beim Energieaustausch ist gegenüber den Verdrängermaschinen (s. Verdrängerpumpe) die Strömungsumlenkung durch die Schaufeln das charakteristische Merkmal der Strömungsma-
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Grundlagen Equipment
schine. Je nach Richtung der Energieübertragung (von der Strömungsmaschinenwelle auf das Strömungsmedium oder vom Medium auf die Welle) wird zwischen der Arbeitsmaschine, z. B. Kreiselpumpe, Turboverdichter, Ventilator, Luftschraube, Schiffsschraube, und der Kraftmaschine, z. B. Dampf-, Gas-, Wind-, Flüssigkeits- und insbesondere Wasserturbine, unterschieden.
9.3.2 Verdrängermaschinen Im Gegensatz zu den Strömungsmaschinen durchläuft hier das Medium in einzelnen portionierten Volumina gleicher Größe die Verdrängermaschine.
9.3.3 Pumpen Pumpen sind Arbeitsmaschinen, mit denen Flüssigkeiten (inkompressible Fluide) gefördert werden. Die Pumpenbauart kann nicht immer aus der Pumpenbezeichnung abgelesen werden, da die unterschiedlichsten Kriterien für die Kennzeichnung einer Pumpe herangezogen werden. Folgende Kriterien können für die Klassifizierung einer Pumpe herangezogen werden: Arbeitsprinzip oder Wirkungsweise Konstruktive Merkmale (Laufradform, Laufradanordnung, Gehäuseform, Aufstellungsart) Verwendungszweck oder Einsatzgebiet (hinsichtlich ihrer Betriebsart, Zusammenspiel mit der Pumpenanlage, Fördermedium) Antrieb Pumpenwerkstoff Kreiselpumpen Die Kreiselpumpe gehört zu der Gruppe der hydraulischen Strömungsmaschinen. Kreiselpumpen sind in der Lage, auch große Fördermengen kontinuierlich auf hohe Drücke zu fördern. Bei größeren Fördermengen sind sie deutlich kostengünstiger und zuverlässiger als Verdrängerpumpen. Beispiele für Kreiselpumpen sind die Axial-, Halbaxial-, Radial- und Seitenkanalpumpen. Ein Kreiselpumpenpaar jeweils mit Motor und Kupplung sowie Verrohrung ist in Abb. 9.12 dargestellt. Die Saugseite ist links, die Druckseite oben. Einstufige Pumpen werden im Allgemeinen eingesetzt, wenn eine Förderhöhe von nicht mehr als 150 m erforderlich ist. Normalerweise liegt die Förderhöhe im Bereich von 2 bis 100 m. Die einstufigen Pumpen haben im Verhältnis zum Förderstrom eine geringe Förderhöhe. Einstufige Pumpen gibt es in vertikaler und horizontaler Bauart.
9.3 Grundlagen Arbeitsmaschinen
125
Abb. 9.12 Typische Anordnung einer Kreiselpumpe (links) mit abgeschirmter Kupplung (Mitte) und Motor (rechts); die Verrohrung des Pumpenpaares erfolgt gemäß Abb. 10.6
Wenn bei einer Kreiselpumpe mehrere Laufräder hintereinander angeordnet sind und vom Förderstrom seriell durchströmt werden, bezeichnet man diese als mehrstufig. Tauchpumpen Eine Tauchpumpe ist eine Pumpe, die mit einem Asynchronmotor angetrieben wird, deren Bauteile inklusive des Motors von dem Fördermedium bedeckt sind. Das von außen benetzte Motorgehäuse gibt dann die Motorwärme an das umgebende Fördermedium ab. Hermetisch abgedichtete Pumpen Die Abdichtung von Wellen bei Pumpen erfolgt meistens durch Packungen oder Gleitringdichtungen; der Nachteil liegt darin, dass es immer zu kleinen Leckagen kommt und dies bei toxischen oder aggressiven Medien zu Problemen führt. Eine weitere Lösung ist die Verwendung einer hermetisch abgedichteten Pumpe. Dabei unterscheidet man in Spaltraummotorpumpen und Pumpen mit einem Magnetantrieb.
9.3.4 Haltedruckhöhe Die Bezeichnung NPSH ist die englische Abkürzung für Net Positive Suction Head (Haltedruckhöhe). Dabei handelt es sich um eine wichtige Größe zur Beurteilung des Saug-
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Grundlagen Equipment
verhaltens einer Pumpe. Sie ermöglicht eine Aussage über die Sicherheit gegenüber Auswirkungen der Kavitation während des Betriebs. Der NPSH-Wert einer Pumpe wird üblicherweise in Metern angegeben. Er gibt, umgerechnet von m in bar, gewissermaßen den Mindestdruck am Eintritt einer Pumpe an, um Kavitation zu verhindern. Damit wird das Pumpen von Flüssigkeiten erst ermöglicht.
9.3.5 Kavitation Kavitation ist das örtliche Entstehen und schlagartige Zusammenbrechen von Gasblasen in einer Flüssigkeitsströmung, beispielsweise von Dampfblasen in Wasser. Kavitation führt i. d. R. zu einem drastischen Abfall der Förderleistung und des Wirkungsgrads der Pumpe. Die Folge von Kavitation ist außerdem unruhiger Lauf und die Beschädigung der Pumpeninnenteile durch Materialabtrag. Das Auftreten von Kavitation in einer Pumpe ist u. a. abhängig vom Medium und von der Temperatur.
9.3.6 Laufräder Ein Laufrad ist ein rotierendes und mit Schaufeln besetztes Bauteil einer Strömungsmaschine. Hier wird durch Strömungsumlenkung an den Schaufeln mechanische Leistung (Schaufelleistung) in eine Förderleistung umgewandelt. Nach DIN 24250 (1984) und EUROPUMP6 wird zwischen Links- und Rechtslaufrad unterschieden. Danach dreht sich das Rechtslaufrad in Einströmrichtung gesehen im Uhrzeigersinn, das Linkslaufrad gegen den Uhrzeigersinn.
9.3.7 Verdrängerpumpen Verdrängerpumpe ist ein Sammelbegriff für alle Pumpen, die nach dem Verdrängungsprinzip arbeiten. Durch die Verdrängungskörper hervorgerufene periodische Volumenänderung in den Arbeitsräumen wird dem Fördermedium Energie zugeführt. Es wird zwischen fester (Konstantpumpe) und einstellbarer Volumenverdrängung (Verstellpumpe) unterschieden. Je nach ihrer Bewegung gibt es Konstruktionen mit hin- und hergehenden oszillierenden oder umlaufenden rotierenden Verdrängungskörpern. Die oszillierende Bewegung kann geradlinig, z. B. bei der Hubkolben- oder Membranpumpe, oder bogenförmig sein, z. B. bei der Flügelpumpe. Rotierende Verdrängerpumpen sind Zahnrad-, Schraubenspindel-, Exzenterschnecken-, Kreiskolben-, Wasserring-, Flügelzellen-, Drehflügel- und Schlauchpumpe. Die bekannteste Verdrängerpumpe ist die Kolbenpumpe mit geradliniger Hubbewegung. 6
EUROPUMP: European Association of Pump Manufacturers.
9.3 Grundlagen Arbeitsmaschinen
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Durch die gegenüberliegende Anordnung zweier Arbeitsräume mit gleichen Verdrängungskörpern wird aus der einfachwirkenden eine doppeltwirkende Verdrängerpumpe, deren Drehmomentverlauf und Förderstrom dann gleichmäßiger sind. Hauptverwendungsgebiete der Verdrängerpumpe sind Anlagen mit Bedarf an Druckwasser und Öl (Presspumpe) in der chemischen Industrie, z. B. Dosierpumpe. Beispielsweise werden im KFZ oft kleine Verdrängerpumpen als Benzinpumpe eingesetzt. Ein sehr attraktiver Anwendungsfall für Verdrängerpumpen sind Mehrphasenströmungen wie beispielsweise in der Erdölförderung. Bei der Upstream-Erdölförderung treten immer wieder Gasblasen auf. Anstatt die Phasen flüssig und gasförmig zu trennen und anschließend die flüssige Phase beispielsweise mit einer Kreiselpumpe und die gasförmige Phase mit einem Verdichter zu pumpen, können hier effizient Schraubenspindelpumpen für eine Mehrphasenströmung eingesetzt werden. Zahnradpumpe Zahnradpumpen sind trocken-selbstansaugende, rotierende Verdrängerpumpen. Die Saughöhen betragen je nach Art des Fördermediums etwa 3–4 m. Serienmäßig sind die Pumpen für Förderdrücke von bis zu 25 bar ausgelegt. Schraubenspindelpumpe Die Schraubenspindelpumpe ist eine rotierende Verdrängerpumpe, deren Verdrängungs- und zugleich Trennelement die ineinandergreifenden Gänge von nebeneinanderliegenden gegenläufigen Schraubenspindeln sind. Beispiele von Schraubenspindelpumpen sind in Abb. 9.13 und 9.14 dargestellt. Exzenterschneckenpumpe Die Exzenterschneckenpumpe ist eine rotierende Verdrängerpumpe. Das Verdrängungselement und zugleich auch Trennelement ist die wendelförmig gewundene rotierende Spindel, die exzentrisch in einem mit doppelter Steigung verwundenen Gehäuse ovalen Querschnitts umläuft. Abb. 9.13 Schraubenspindelpumpe mit drei Spindeln, einflutig. (Leistritz 2018)
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Grundlagen Equipment
Abb. 9.14 Schraubenspindelpumpe mit zwei Spindeln, doppelflutig. (Leistritz 2018)
Flüssigkeitsringverdichter Die Wasserringpumpe ist eine Flüssigkeitsringpumpe und arbeitet wie die Seitenkanalpumpe, dessen sichelförmiger Arbeitsraum nicht durch bewegliche Schieber, sondern durch die an der Drehachse befestigten Flügel mit umlaufendem Flüssigabschluss in gleichfalls umlaufender Kammer von periodisch veränderlichen Volumen abgeteilt wird. Kolbenpumpe Die Kolbenpumpe ist der bekannteste Verdrängerpumpentyp mit geradliniger Hubbewegung. Ihre Verdrängungskörper sind entweder scheibenförmige Kolben, die an ihrem Umfang dichtend in einem Hohlzylinder hin- und hergleiten oder Tauchkolben („plunger“), die in einer Stopfbuchse hin- und hergleitend den Arbeitsraum vergrößern oder verkleinern.
9.3.8 Kompressoren, Verdichter Kompressoren (oder Verdichter) sind Arbeitsmaschinen zur Förderung bzw. zur Verdichtung von gasförmigen Medien für beliebige Drucksteigerungen. Turbokompressor Der Turbokompressor gehört zu den thermischen Arbeitsmaschinen. Ein Turbokompressor arbeitet nach dem Umkehrprinzip einer Turbine. Der Aufbau und die Funktion des Turbokompressors ist ähnlich einer Kreiselpumpe und fördert das jeweilige Medium ebenfalls durch Übertragung kinetischer Energie in Form eines Drallimpulses.
9.3 Grundlagen Arbeitsmaschinen
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Bei der Auslegung von Turbokompressor und deren Nebeneinrichtungen ist darauf zu achten, dass sie mindestens für einen fünfjährigen Dauerbetrieb ausgelegt sind. Jeder Turboverdichter hat einen durch ein bestimmtes Druckverhältnis und einer bestimmten Fördermenge festgelegten Punkt besten Wirkungsgrads. Von diesem Punkt aus fällt der Wirkungsgrad im Verdichterkennfeld nach allen Seiten allmählich ab. Sicherheitsreserven bezüglich Druckverhältnis und Fördermenge führen deshalb zwangsläufig zu Betriebsverhältnissen mit nicht optimalem Wirkungsgrad. Alle Betriebspunkte müssen im stabilen Bereich des Kennfelds bzw. im stabilen Bereich der Kennlinie liegen. In Abhängigkeit von den verfahrenstechnischen Anforderungen kann mit dem Verdichter die Fördermenge oder der Saug- bzw. Enddruck geregelt werden. Dies kann erfolgen durch
eine Saugdrosselung, eine Drehzahlregelung, einen Eintrittsleitapparat, einen Nachleitapparat.
Alle Turbokompressoren sind vom Prinzip gleich aufgebaut und besitzen folgende Bauteile: Gehäuse Welle Laufrad mit Laufschaufeln bzw. mit einer direkt auf der Welle aufgezogenen Laufschaufelreihe Kupplung Antrieb. Gehäuse Der Gehäusewerkstoff und die Art der Gehäuseteilungen sind bei Kompressoren und Verdichtern anhand der entsprechenden Kriterien nach API 617 (2014) auszuwählen. Alle Gehäuseöffnungen für Rohrleitungsanschlüsse sollten geflanscht und nicht kleiner als DN 25 (= 100 ) sein. Kupplung Bei Turbokompressoren sollten folgende Kupplungsarten verwendet werden: Membrankupplungen entsprechend API 671 (2007), Zahnkupplungen oder eine feste (starre) Kupplung von Teilwellen mithilfe schlanker Zwischenwellen (Torsionswellen). Antriebsmaschine Die Antriebsmaschine des Turbokompressors, also im Regelfall der Elektromotor, ist so zu bemessen, dass ihre Nennleistung mindestens 110 % des für die im Datenblatt angegebenen Betriebsverhältnisse erforderlichen maximalen Leistungsbedarfs einschließlich der Verluste weiterer installierter Antriebselemente beträgt. Ein sicherer Hochlauf bei Direkteinschaltung unter Berücksichtigung der betrieblichen Anfahrweise ist zu gewährleisten.
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Grundlagen Equipment
Zwischenkühler Das Kühlen des verdichteten Gases erfolgt in Zwischenkühlern. Zwischenkühler können direkt auf dem Kompressorrahmen angebracht sein oder separat unter bzw. neben dem Kompressortisch angeordnet sein. Das anfallende Kondensat wird in Abscheider abgeführt. Aufstellung von Turboverdichtern Einwellenverdichter sind wegen der notwendigen Leitungs- und möglichen Kondensatanschlüsse bevorzugt auf tief abgestimmte Tischfundamente aufzustellen. Es gibt dabei zwei Möglichkeiten: Tischplatte und Stützen sind fest verbunden Zwischen Tischplatte und Stützen sind Federelemente angeordnet, z. B. wenn eine niedrig drehende elektrische Maschine im Wellenstrang vorhanden ist Für Mehrwellenverdichter und Gebläse kommen folgende Fundamente infrage: Tischfundamente, Blockfundamente, Schwingfundamente, z. B. bei langsam drehenden Gebläsen Bei der Planung ist darauf zu achten, dass die Erregerfrequenzen der Maschine nicht mit der Eigenfrequenz des Fundaments zusammenfallen. Die Erregerfrequenz (Drehzahl) muss immer oberhalb der Eigenfrequenz des Fundaments liegen. Man spricht von tiefer Abstimmung des Fundaments. Tiefe Abstimmung wird durch schwere Fundamente mit weicher Lagerung erreicht, z. B. auf Federelementen oder auf Elastomerlagern. Hierzu sei auf die weiterführende Fachliteratur verwiesen, insbesondere Lipi´nski (1972).
9.3.9 Hubkolbenverdichter Bei der Festlegung der Bauart sind folgende Punkte zu berücksichtigen: Ansaugzustand bzw. Endzustand Fördermenge und Betriebsbereich Gaszusammensetzung (falls bei der Verdichtung Kondensation zu erwarten ist, sind liegende Maschinen mit unten angeordnetem Zylinderaustritt anzustreben) Stufenzahl Geforderte Standzeit Geschmierte bzw. ungeschmierte Zylinder Zulässige Massenkräfte auf Fundament und Untergrund Bedienung Platzbedarf und Bauhöhe Platz für Kolbenausbau
9.3 Grundlagen Arbeitsmaschinen
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Anordnung der Filter, Pulsationsdämpfer, Zwischenkühler, Abscheider und Rohrleitungen Gute Zugänglichkeit zu den Ventilen und Laufbuchsen Ausführung von Kolbenmaschinen Das gesamte Triebwerk muss unter Berücksichtigung aller möglichen Grenzbetriebsbedingungen (auch Teillast und Sicherheitsventilabblasedruck) eine Reserve von mindestens 10 % zur Nominalbelastung bei Dauerbetrieb aufweisen. Die Verdichterdrehzahl und die mittlere Kolbengeschwindigkeit sind so zu wählen, dass ein störungsfreier Betrieb zwischen den planmäßigen Revisionsintervallen (mindestens 8000 Betriebsstunden) erreicht wird. Hierbei sind zu berücksichtigen: Alle im spezifischen Betriebsbereich möglichen Betriebsparameter Gaseigenschaften Verdichterkonstruktion Bühnen Die Bedienungs- und Wartungsbühnen für Kolbenverdichter sind nicht auf dem Verdichterfundament abzustützen und dürfen nicht zur Halterung von Rohrleitungen verwendet werden. Zylinder In Abhängigkeit von den verfahrenstechnischen Anforderungen muss festgelegt werden, ob die Verdichtung ölfrei (trocken) oder geschmiert durchgeführt werden soll. Zylinder sind i. d. R. mit Laufbuchsen auszurüsten. Diese müssen auswechselbar sowie gegen Verdrehung und axiale Verschiebung gesichert sein. Pulsationsdämpfer Zur Vermeidung unzulässiger mechanischer Schwingungen im Bereich der angeschlossenen Rohrleitungen und Apparate muss jede Verdichterstufe saug- und druckseitig mit Pulsationsdämpfern ausgerüstet sein. Die Dämpfer sind in unmittelbarer Zylindernähe anzuordnen und als Volumendämpfer auszuführen. Zwischenkühler und Abscheider Der zulässige Betriebsüberdruck von Zwischenkühlern und Abscheidern ist so hoch zu wählen, dass gegenüber dem Ansprechwert des jeweiligen Stufensicherheitsventils noch ein ausreichender Abstand vorhanden ist. Tritt eine Kondensation von Flüssigkeit an einem Kühleraustritt unter irgendwelchen Betriebsbedingungen auf, ist ein entsprechender Abscheider vorzusehen. Bei der Aufstellung ist darauf zu achten, dass der Abscheider tiefer als der Kühler angeordnet ist, um ein sicheres Ablaufen der abgeschiedenen Flüssigkeit zu gewährleisten. Antrieb Die Antriebsmaschine ist so zu bemessen, dass ihre Nennleistung 110 % des maximalen Leistungsbedarfs des Verdichters einschließlich der Verluste durch weitere installierte Antriebselemente beträgt.
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Grundlagen Equipment
Aufstellung von Kolbenmaschinen Kolbenmaschinen sind auf separat gegründeten Block- oder Tischfundamenten aufzustellen. Hubkolbenmaschinen mit ausgeglichenen Massenkräften erster Ordnung und geringen Massenkräften zweiter Ordnung können auf einer schwingungsisolierten Beruhigungsmasse aufgestellt werden. Alle zu- und ablaufenden Leitungen sind elastisch aufzuziehen. Bei Hubmaschinen, bei denen die Massenkräfte erster, zweiter und höherer Ordnungen durch eine entsprechende Gegenmasse vollkommen angeglichen sind (bei hoher Betriebsdrehzahl), muss für die Aufstellung nur die statische Belastung berücksichtigt werden. Es muss ein rechnerischer Nachweis über die Fundamente erfolgen, ob sie den statischen und gegebenenfalls dynamischen Anforderungen genügen. Der Verdichter muss so hoch aufgestellt sein, dass der Ölrücklauf zum Behälter der Schmierölsysteme sichergestellt ist.
9.3.10 Schmier- und Regelölsystem Alle Komponenten an den Schmier- und Regelölsystemen, die druckbelastet sind, sind typischerweise in Stahl ausgeführt. Ölleckagen an den Ölsystemen müssen aufgefangen (z. B. Ölwanne) und zentral abgeleitet werden. Ölbehälter Die Konstruktion des Ölbehälters muss eine anforderungsgerechte Entgasung des Öls gewährleisten, z. B. durch entsprechende Ölführung und Einbauten im Ölbehälter. Der Ölbehälter muss mit einem Ölrücklaufsieb und mit einem gesicherten Ablasshahn oder Ablassventil und mit örtlichem Ölstandsanzeiger ausgerüstet sein. Bei großen Ölbehältern ist ein Anschluss (entsprechend API 614 2008) für einen Ölseparator vorzusehen. Falls eine Heizung eingebaut ist, müssen die Heizelemente ohne Entleerung des Ölbehälters ausbaubar sein. Das Volumen des Ölbehälters ist so zu wählen, dass eine Mindestverweilzeit des Öls, von z. B. 8 min, gewährleistet ist. Ölpumpen Es sind möglichst zwei Ölpumpen mit je 100 % Fördermenge vorzusehen. Eine mechanisch angetriebene Hauptölpumpe ist nur zugelassen, wenn der Ölbehälter unmittelbar neben oder unter der Maschine angeordnet ist (geringe Leitungsverluste, geringe geodätische Höhenunterschiede). Sie muss so ausgelegt sein, dass sie innerhalb des gesamten Drehzahlregelbereichs allein die volle Ölversorgung erbringen kann. Druckhalteventil Druckhalteventile müssen für mindestens 150 % der Nennfördermenge der Hauptölpumpe ausgelegt sein.
9.4 Turbinen
133
Abb. 9.15 Schmieröleinheit („oil unit“) eines Kältekompressors
Ölfilter bzw. Ölkühler Ölfilter und Bündel von Ölkühlern müssen während des Anlagenbetriebs gewartet werden können, z. B. Filterwechsel. Sollten offene Kühl- oder Flusswassersysteme zur Ölkühlung verwendet werden, sollten Sicherheitswärmetauscher verwendet werden. Die Abb. 9.15 zeigt die Schmieröleinheit eines Vier-Megawatt-Kältekompressors.
9.4 Turbinen 9.4.1 Dampfturbinen Industriedampfturbinen in horizontaler Bauart dienen zum Antrieb von Arbeitsmaschinen, die vorwiegend im Dauerbetrieb eingesetzt sind und einen Leistungsbedarf von etwa 1–40 MW haben. Die Dampfturbine und Nebeneinrichtungen sollten für mindestens fünfjährigen Dauerbetrieb ausgelegt und konstruiert sein. Bei Antrieb von Pumpen und Verdichtern sollen die Dampfturbinen in der Lage sein, dauernd 110 % des Leistungsbedarfs zu erbringen, der für die gegebenen Betriebsverhältnisse benötigt wird, während sie mit der entsprechenden Drehzahl bei Nenndampfverhältnissen arbeiten. Zu große Leistungsreserven führen zu teuren Turbinen, die im Auslegungspunkt mit nicht optimalem Wirkungsgrad arbeiten. Im Hinblick auf die mechanische Auslegung soll der Betriebsdrehzahlregelbereich nicht größer als erforderlich festgelegt werden. Aufbau und Funktion Gehäuse mehrstufiger Turbinen sollen zur Vereinfachung der Instandhaltung axial geteilt sein. Topfkonstruktionen sind nur bei sehr hohen Eintrittsdrücken sinnvoll. Gehäuseschraubenverbindungen über M60 müssen für eine hydrauli-
134
9
Grundlagen Equipment
sche Anziehvorrichtung ausgelegt sein. Es ist zu prüfen, ob Inspektionsöffnungen, z. B. Endoskop- und Wuchtöffnungen, erforderlich sind. Bei mehrstufigen Überdruckturbinen ist die feststehende Beschaufelung in Leitschaufelträgern anzuordnen, um bei Schaufelschäden schnelleres Auswechseln zu ermöglichen. Außen- und Innengehäuse sowie Leitschaufelträger und Ölabstreifer müssen in alle Richtungen verlegbar sein. Alle Gehäuseöffnungen für Rohrleitungsanschlüsse müssen geflanscht und dürfen nicht kleiner als Nennweite DN25 (= 100 ) sein. Läufer von Turbinen Die Läufer müssen so ausgelegt sein, dass sie sicher und ohne Schaden zu nehmen bis zur Schnellschlussdrehzahl7 bei Betriebstemperatur gefahren werden können. Wellenschwingungen an Turbinen Die Bewertung von Wellenschwingungen an Maschinen wird in der DIN ISO 20816-1 (2017) erfasst.
9.4.2
Aufstellung von Turbinen
Einwellenturbinen sind wegen der notwendigen Leitungs- und eventuellen Kondensatanschlussrohrleitungen bevorzugt auf tief abgestimmten Tischfundamenten aufzustellen. Es gibt dabei zwei mögliche Ausführungen: Tischplatte und Stützen sind fest verbunden Zwischen Tischplatte und Stützen sind Federelemente angeordnet Für Mehrwellenturbinen kommen folgende Ausführungen der Fundamente infrage: Tischfundament Blockfundament Genau wie bei Verdichtern ist auch bei Turbinen darauf zu achten, dass die Erregerfrequenzen der Maschinen nicht mit den Eigenfrequenzen des Fundaments zusammenfallen; und zwar sollen die Eigenfrequenzen deutlich unter den Erregerfrequenzen liegen. Man spricht von tief abgestimmten Fundamenten.
9.5
Gebläse und Ventilatoren
Gebläse und Ventilatoren gehören zur Gruppe der Kraft- und Arbeitsmaschinen. In der gängigen Literatur wird hierzu in den meisten Fällen das Funktionsprinzip als übliche 7
Schnellschlussdrehzahl: Drehzahl bei Lastabwurf (schlagartiges Abschalten bis auf Leerlaufbetrieb).
9.5 Gebläse und Ventilatoren
135
Definition herangezogen. Da es eine Vielzahl an Bauarten gibt, wird zur weiteren Unterscheidung noch Folgendes genannt:
Fördermedium Druckverhältnis Enddruck Einsatzbedingung
In der Literatur werden Strömungsmaschinen oftmals nach dem Druckverhältnis (p2 / p1 zwischen Druck- und Saugflansch) unterteilt in: 1. Ventilatoren, mit einem Druckverhältnis von 1 bis 1,3 2. Gebläse, mit einem Druckverhältnis von 1,3 bis 3,0 3. Verdichter, mit einem Druckverhältnis von über 3,0. Die Ventilatoren und deren Nebeneinrichtungen sollten für einen mindestens dreijährigen Dauerbetrieb ausgelegt werden. Der durch das Kennfeld bzw. die Kennlinie vorgegebene Bereich muss ohne Einschränkungen nutzbar sein. Auslegungspunkt Jeder Ventilator hat einen durch eine bestimmte Förderhöhe und Fördermenge festgelegten Punkt besten Wirkungsgrads (Bestpunkt), von dem aus im Kennfeld nach allen Seiten ein allmähliches Abfallen des Wirkungsgrads eintritt. Der Hauptbetriebspunkt des Ventilators sollte mit dem Bestpunkt des Ventilatorkennfelds bzw. dem der Kennlinie übereinstimmen. Arbeitsbereich Alle Betriebspunkte müssen im stabilen Bereich des Kennfelds bzw. im stabilen Bereich der Kennlinie liegen. Wahl der Regelung In Abhängigkeit von den verfahrenstechnischen Anforderungen kann mit dem Ventilator die Fördermenge oder der Saug- bzw. Enddruck geregelt werden. Dies kann ausgeführt werden durch: Saugdrosselung, Drehzahlregelung, Drallschaufelverstellung (Eintrittsleitapparat) oder Laufschaufelverstellung. Welche Regelung ausgeführt wird, ist abhängig von der Regelaufgabe, den Verhältnissen in der Anlage und der Bauart des Ventilators. Aufbau und Funktion Gehäuse Die Feststellung der Gehäusestellung und des Laufraddrehsinns erfolgt von der Antriebsseite. Die Gehäuse sind durch Rippen zu versteifen, wobei eine größtmögliche Versteifung anzustreben ist. An der tiefsten Stelle des Gehäuses ist eine Entleerung mit mindestens DN 25 (= 100 ) vorzusehen.
136
9
Grundlagen Equipment
Gasdichte Ventilatorausführung Für Prozesse, die eine erhöhte Dichtigkeit der Komponenten erfordern, beispielsweise bei der Förderung aggressiver oder toxischer Gase, müssen die Ventilatoren gasdicht sein. Dies kann durch einen Wellendurchgang mit Mehrkammer-Labyrinth-Dichtungen erfolgen. Je nach Betriebsverhältnissen und Einsatzbedingungen kommen drei- bis siebenstufige Dichtungen zum Einsatz, die bei Bedarf durch Sperrgasaufgabe unterstützt werden. Selbstverständlich werden die Gehäuse gasdicht verschweißt und die Flanschverbindungen entsprechend abgedichtet. Laufräder Die Schaufeln der Laufräder sind grundsätzlich beidseitig durchgehend mit der Rücken- und Deckscheibe zu verschweißen. Die Rückenscheibe des Laufrads ist mit der Nabe zu verschweißen. Die Nabe ist als Schmiede- oder Drehteil auszuführen. Lagerung Bei hohen Medientemperaturen ist zum Schutz der Lagerung gegen Kriechwärme eine Kühlscheibe einzusetzen. Bei einer Leistung P > 200 kW und n > 1500 U/min ist aus schwingungstechnischen Gründen eine beidseitige Lagerung (Laufrad zwischen den Lagern) vorzusehen. Die Lagergehäuse sind mit Bohrungen für Temperatur- und Schwingungsaufnehmer zu versehen. Grundrahmen Der Grundrahmen ist so auszuführen, dass dieser ausreichend schwer und resonanzfrei ist. Die Eigenfrequenz des Grundrahmens muss mindestens 30 % von der Betriebsdrehzahl abweichen. Schwingungen Die von den Gebläsen verursachten Vibrationen und Schwingungen können Schäden an den Maschinen verursachen. Der Beurteilungsmaßstab ist der Effektivwert der Schwinggeschwindigkeit nach DIN ISO 20816-1 (2017). Antriebselemente bzw. Antriebsmaschinen Zur Leistungsübertragung können elastische Kupplungen oder Keilriemen eingesetzt werden. Die Wahl richtet sich nach den Erfordernissen und Vorgaben. Bei Leistungen P > 90 kW sind Keilriemenantriebe nicht mehr einzusetzen. Die Ventilatoren werden, sofern nicht anders vorgegeben, direkt durch Elektromotoren angetrieben. Bei der Verwendung von Riemenantrieben sind die Motorlager dafür auszulegen.
9.6 Mischer Unter Mischen versteht man das Verteilen von Masseteilchen in einem vorgegebenen Volumen, wobei sich die Teilchen in wenigstens einer Eigenschaft unterscheiden (Kraume 2002).
9.6 Mischer
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Mischer sind verfahrenstechnische Ausrüstungen, die für die Begasung, das Emulgieren, das Homogenisieren, das Suspendieren oder zur Wärmeübertragung von Prozessmedien eingesetzt werden. Bei den Mischern unterscheidet man z. B. nach dem Energieeintrag in: Dynamische Mischer, wie Rührwerke; hier geschieht der Energieeintrag im Behälter durch Rührer Statische Mischer; hier geschieht der Energieeintrag durch das Prozessmedium
9.6.1 Rührwerke Rührwerke sind typischerweise in einem Behälter, Container, Reaktor oder Tank installiert. Als Materialien für Rührer kommen metallische Werkstoffe (Stahl, Edelstahl, Aluminium), Kunststoffe oder beschichtete Rührwerke (gummiert, emailliert usw.) zum Einsatz. Die Anforderungen für Rührwerke sind in der DIN 28161 (2006) definiert. Zu einem Rührwerk gehören typischerweise folgende Bauteile: Rührwerkslaterne zur Aufnahme des Rührwerkantriebs mit Zwischenlager und Montageplatte Rührer, bestehend aus Rührwelle und Rührorgan Rührwellenabdichtung Antrieb Zubehör
9.6.2 Auslegung von Rührwerken Bei der Ermittlung der Antriebsleistung und Dimensionierung des Rührwerks sind die während des Anfahrens und des Betriebs möglichen Ausnahme- und Störfälle mit zu berücksichtigen. Der Betriebsfall, dass der Rührer durch das Medium nur teilweise ins Medium eintaucht, sollte vermieden werden.
9.6.3 Antriebe von Rührwerken Rührwerke werden typischerweise von Elektromotoren angetrieben. Je nach Anwendungsfall kann ein Getriebe oder ein Frequenzumrichter für die gewünschte Drehzahl sorgen. Rührwerke für schwierige Anlauf- und Betriebsbedingungen sind mit drehmomentbegrenzenden Kupplungen für Schweranlauf auszurüsten, z. B. dynamische Flüssigkeitskupplung, Fliehkraftkupplung.
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9
Grundlagen Equipment
9.6.4 Typen von Rührwerken Bei den Typen von Rührwerken unterscheidet man in: Propellerrührer mit mehreren schräg gestellten, gewölbten oder z. T. auch verwundenen Blättern (zwei bis vier Blätter). Die Rührwirkung beruht bei einer überwiegend axialen, vom Antrieb weg gerichteten Strömung, auf der Änderung der Strömungsrichtung durch Änderung der Blattstellung oder der Drehrichtung. Scheibenrührer bestehend aus einer Scheibe mit mehreren radial angeordneten rechteckigen, ebenen, mitunter auch gekrümmten Blättern. Die Rührwirkung beruht auf einer radial auswärts gerichteten Strömung mit einer axialen Ansaugung von oben und unten. Die abströmende Flüssigkeit unterliegt einer hohen Scherung. Impellerrührer mit schräg angeordneten gekrümmten Rührerarmen. Die Rührwirkung beruht auf einer radialen Strömung, die durch die bodennahe Anordnung des Rührers axial umgelenkt wird. Blattrührer mit einem ebenen Rührerblatt beliebiger Form. Die Rührwirkung beruht auf dem Geschwindigkeitsgefälle des vom Rührerblatt verdrängten Rührguts im übrigen Behälterinhalt. Balkenrührer mit besonders schmalem Blatt. Die Rührwirkung beruht auf einer radialen und axialen Strömung. Das Rührgut wird mäßig bis stark geschert. Schrägblattrührer mit mehreren schräg angestellten, rechteckigen geraden Blättern. Die Rührwirkung beruht auf einer axial gerichteten Strömung, verbunden mit erhöhter Scherung und Umkehr der Strömungsrichtung durch Änderung der Schrägstellung oder der Drehrichtung. Ankerrührer mit einem Rührer in Ankerform, der Behälterwandung angepasst, stark randgängig. Die Rührwirkung beruht auf einer vorwiegend tangentialen Strömung mit einer schwach axialen Komponente. Statische Mischer Statische Mischer sind, wie die dynamischen Mischer, verfahrenstechnische Ausrüstungen. Sie werden für die Begasung, das Emulgieren, das Homogenisieren oder das Suspendieren eingesetzt. Im Gegensatz zu den dynamischen Mischern werden statische Mischer nur für gasförmige und flüssige Medien eingesetzt. Zu einem statischen Mischer gehören typischerweise folgende Bauteile: Mischrohr Schrauben-, lamellen- oder gitterförmige Mischelemente Typischer Einsatz bei statischen Mischern ist z. B. das Einbringen von Säuren und Laugen zum Anpassen von pH-Werten oder das einfache Mischen zweier Medien, um eine verfahrenstechnische Reaktion auszulösen.
9.7 Hebe-, Förder- und Transporteinrichtungen
139
Auslegung von statischen Mischern Bei der Ermittlung der Dimensionierung des Mischers sind die Eigenschaften der Mischgüter, die Verweilzeit und die gewünschte Durchflussmenge maßgebend.
9.7 Hebe-, Förder- und Transporteinrichtungen Bei diesen Ausrüstungen kann man folgende Hauptgruppen unterscheiden: Austrag-, Verteil-und Dosiereinrichtungen mit Zellradschleusen Feststoffweichen Pneumatischen und mechanischen Austrageinrichtungen. Diese Ausrüstungen werden vornehmlich in Anlagen der Energiegewinnung, z. B. in Kohlekraftwerken oder Anlagen zur Weiterverarbeitung von Kunstoffen verwendet. Mechanische oder pneumatische Fördereinrichtungen für Schüttgüter Bandförderer Becherwerke Schwingförderer Trogkettenförderer Schnecken Mechanische oder pneumatische Fördereinrichtungen für Stückgüter Rollenbahnen Tragkettenförderer Hebezeuge und Hubsysteme Arbeitsbühne Elektrische, mechanische und pneumatische Hebezeuge Fass- und Kipptraversen Krane (Schwenk- oder Deckenkrane) Aufzüge Überladebrücken Hebezeuge und Hubsystem sind fester Bestandteil jeder Anlage und dienen dort hauptsächlich der Wartung. Ausnahmen bilden z. B. Aufzüge, die zum Transport von Materialien innerhalb einer Prozessanlage dienen, oder Hubzüge bzw. Krane, die zum Materialhandling (z. B. Salz, Kohle, Koks, Erze, Kalk) dienen.
Rohrleitungen
10
Rohrleitungen dienen dem Transport von Fluiden (Gase, Flüssigkeiten oder riesel- bzw. pumpfähige Feststoffe). Bestandteile sind gerade Rohrstücke, Rohrformteile, Ausdehnungsstücke, Armaturen, Dichtungen, Verbindungselemente wie Flansche, Formstücke („fittings“), Verschraubungen, Muffen sowie die Befestigungselemente und Rohrunterstützungen oder Rohrhalterungen („pipe supports“). Im weiteren Sinn gehören auch noch die Pumpen, eventuelle Wärme- oder Kältedämmung sowie Überwachungssysteme zu dieser Zusammenstellung. Diese Einzelteile unterliegen häufig einer Normung. So ist es möglich, eine Rohrleitung wie aus einem Baukasten zusammenzustellen. Einzelne Rohrleitungen können zu ganzen Netzen zusammengefügt werden. Die einzelnen Netzteile werden gegeneinander durch Absperrungen abgesichert.
10.1 Auslegung von Rohrleitungen Das Ziel der Rohrleitungsauslegung ist die Bestimmung der Nennweite auf Basis der Fließgeschwindigkeit (hohe Geschwindigkeit bedeutet mehr Fließgeräusche und höhere Druckverluste infolge von Rohrreibungsverlusten), Nenndruck (indirekt Festlegung einer ausreichenden Wanddicke), Halterungskonzept und Werkstoff. Die Nennweite wird durch die Verfahrenstechnik bestimmt. Die Festlegung von Wandstärke, Nenndruck und Detailauslegung erfolgen durch die Rohrleitungstechnik.
10.1.1 Werkstoffe von Rohrleitungen Die Auswahl der Werkstoffe erfolgt auf Basis der projektspezifischen Festlegungen für Rohre, Rohrleitungsteile, Armaturen und Dichtungen und wird in einer Rohrklassenübersicht dokumentiert. © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 141 K. G. Topole, Grundlagen der Anlagenplanung, https://doi.org/10.1007/978-3-662-57418-8_10
142
10
Rohrleitungen
Die Werkstoffe für Einrichtungen zum Halten und Führen von Rohrleitungen sowie für Kompensatoren werden entsprechend ihrer Einsatzbedingungen festgelegt, z. B. Temperatur-, Druck-, Korrosionsanforderungen.
10.1.2 Wanddicken, Durchmesser, Druckstufen Die Wanddicken von Rohren und Rohrleitungsteilen werden auf Basis der errechneten Werte aus genormten oder standardisierten Wanddickenreihen ausgewählt. Werden an Rohren oder Rohrleitungsteilen Teile angeschweißt, z. B. Nocken, Ringe oder Halterungen, sind die Wanddicken der Rohre und Rohrleitungsteile so auszuführen, dass Durchschmelzungen sicher ausgeschlossen werden. Sind Anschweißteile an Rohren oder Rohrleitungsteilen aus höher legiertem Stahl (z. B. austenitische CrNi-Stähle) vorgesehen, ist eine Wanddicke von mindestens 4 mm auszuführen, wenn das Anschweißteil nicht aus artgleichem Werkstoff besteht, die Oxidation der Rohrinnenseite nicht sicher ausgeschlossen werden kann. Bei der Festlegung der Durchmesser von Rohrleitungen werden auf Basis der strömungstechnischen Auslegung Nennweiten aus einer genormten oder standardisierten Durchmesserreihe ausgewählt. Werden zur Klassifizierung von Rohrleitungen und Rohrleitungsteilen Druckstufen eingesetzt, werden diese aus einer genormten Nenndruckstufenreihe ausgewählt.
10.1.3 Anzugsdrehmomente Es ist zu prüfen und festzulegen, ob und in welchem Umfang Schrauben von Flanschverbindungen definiert angezogen werden müssen, z. B. bei Graphitdichtungen, bei Rohrleitungsdurchmessern 300 mm, bei Flanschverbindungen, die mit giftigen, brennbaren oder ätzenden Medien in Berührung kommen. Müssen Schrauben definiert angezogen werden und erfolgt dies mittels Drehmoment, sind diese Anzugdrehmomente vorzugeben und die dabei vorausgesetzten Randbedingungen (z. B. Verwendung von Schmiermitteln, oberflächengehärtete Unterlegscheiben) anzugeben.
10.1.4 Rohrleitungsanalysen 10.1.4.1 Stressberechnung (Berechnung der Rohrspannungen) Grundlage für die Auslegung und Berechnung von Rohrleitungen sind die möglichen Betriebszustände, einschließlich der Lastfälle im Rahmen der Montage (z. B. Wasserdruckprüfungen), Inertisierung oder Betriebsstörungen. Ebenso ist die mögliche gegenseitige
10.1 Auslegung von Rohrleitungen
143
Beeinflussung, z. B. infolge Wärmedehnung, zwischen Apparaten und Maschinen und daran angeschlossenen Rohrleitungen zu berücksichtigen. Beim rechnerischen Nachweis der Festigkeit sind für die einzelnen Teile einer Rohrleitung, z. B. Rohre, Armaturen oder Kompensatoren, durchgängig die gleichen Auslegungsbedingungen, z. B. Druck, Temperatur, zugrunde zu legen. Für die Planung sind zu berücksichtigen: Bei Auslegung gegen Einbeulen infolge äußeren Überdrucks, z. B. bei Mantel- oder Vakuumleitungen, sind die mögliche Druckdifferenz, statische, dynamische oder thermische Zusatzbeanspruchungen, z. B. Eigengewicht, Schnee- oder Windlast, Druckstöße, Schwingungen oder behinderte Dehnung, zu beachten. Schwellend beanspruchte Rohrleitungen sind zusätzlich zur Berechnung gegen Innendruck auf Zeit- bzw. Dauerfestigkeit zu untersuchen. Die Festigkeitsberechnungen erfolgen nach DIN 2413 (2011) oder ASME B31.3 (2016). Für nicht genormte Bauteile ist eine Festigkeitsberechnung erforderlich. Für genormte Bauteile, z. B. Rohre, Rohrleitungsteile und Armaturen ist für Nennbetriebsbedingungen (Druck, Temperatur) keine Festigkeitsberechnung mehr erforderlich. Rohrleitungssysteme werden bei Überschreitung bestimmter Kriterien wie Druck und Temperatur usw. mit kommerziellen Rohrstatikprogrammen (z. B. CAESAR II1 oder ROHR22 ) berechnet. Dabei werden die Verformung der Systeme, die Schnittkräfte und der Momentenverlauf, die Stutzenbelastungen angeschlossener Apparate oder Maschinen und die daraus resultierenden Spannungen unter Berücksichtigung aller gleichzeitig wirkenden Belastungszustände ermittelt. Als Grundlage zur Berechnung dient eine Isometrie, s. Abschn. 10.10. Diese kann direkt aus dem 3D-Modell oder durch eine manuelle Eingabe in das Berechnungsprogramm übertragen werden.
10.1.4.2 Rohrleitungsschwingungen Sind bei Rohrleitungen Schwingungen aus innerer oder äußerer Anregung zu erwarten, z. B. von innen durch Druckstöße oder Turbulenzen, von außen durch Maschinen wie Kolbenverdichter, ist primär die Ursache zu beseitigen. Die zulässigen Beanspruchungen für die Rohrleitungen dürfen durch die Schwingungsbelastung nicht überschritten werden. Ist dies nicht sicher auszuschließen, sind Maßnahmen zur Dämpfung zu ergreifen. Solche Maßnahmen sind zusätzliche Unterstützungen mit Festpunkten, Schwingungsdämpfer oder Trennung von Schwingungserreger und 1
CAESAR II: Rohrstressberechnungssoftware von Intergraph, www.intergraph.com/global/de/ ppm/caesar.aspx. 2 ROHR2: Rohrstressberechnungssoftware von Sigma Ingenieurgesellschaft, www.rohr2.com/de/ rohr2.html.
144
10
Rohrleitungen
Abb. 10.1 Dehnungsbogen im Rohrleitungsverlauf
Rohrleitung, z. B. durch Dehnungsbogen oder Kompensatoren mit zusätzlichem Festpunkt.
10.1.4.3 Druckverlustberechnungen Die Druckverlustberechnung dient zur Berechnung des Druckabfalls in offenen oder geschlossenen Rohrleitungssystemen durch Rohrreibung. Für die Rohrleitungselemente, wie z. B. Rohre, Formstücke, Armaturen, Blenden, wird eine Widerstandszahl angesetzt. Zur Berechnung existieren verschiedene kommerzielle Berechnungsprogramme. 10.1.4.4 Berücksichtigung von Dehnung Für die Berechnung der größtmöglichen Dehnung ist die maximal auftretende Temperaturdifferenz im Rahmen der möglichen Betriebszustände maßgebend. Rohrleitungen mit Dehnung sind primär so zu verlegen, dass die vorhandenen Richtungsänderungen zur Aufnahme der Dehnung genügen, gegebenenfalls mit Vorspannung im kalten Zustand (die Vorspannung soll i. d. R. 50 % der Dehnung kompensieren). Die Anzahl der Richtungsänderungen ist zu minimieren. Können Dehnungen durch die vorhandenen Richtungsänderungen nicht ausreichend aufgenommen werden, sind Dehnungsbögen oder Kompensatoren einzusetzen. Die Anzahl von Dehnungsbögen und Kompensatoren ist jedoch zu minimieren. Die Abb. 10.1 zeigt einen Dehnungsbogen in einer Rohrleitung.
10.2 Rohrklassen Eine Rohrklasse ist eine Beschreibung bzw. Spezifikation von Rohrleitungskomponenten. Sie beschreibt die Zusammenhänge zwischen Durchflussstoff, Arbeitsparameter und Berechnungsgrößen. Im Sinn der Druckgeräterichtlinie (PED, s. Abschn. 16.1) oder anderen
10.2 Rohrklassen
145
Regelwerken ist die Rohrleitungsspezifikation auch Vorprüfunterlage und somit nach den Auslegungsbedingungen genehmigungsfähig zu gestalten. Eine Hilfestellung für das Erstellen von Rohrklassen bietet die öffentlich verfügbare Spezifikation Publicly Available Specification (PAS) 1057-1, die die Anwendung der EN 13480 beschreibt. Sie berücksichtigt sowohl Anforderungen aus der Druckgeräterichtlinie als auch Anforderungen, die sich aufgrund langjähriger Betriebserfahrung ergeben haben. In den Rohrklassen sind alle Bauteile einer Werkstoffgruppe für eine Nenndruckstufe zusammengefasst. Sonderteile sind in einer Sonderteilrohrklasse aufgelistet. Jedes Bauteil ist hinsichtlich Ausführung, Werkstoff und Abmessungen eindeutig festgelegt. Bei der Festlegung der Rohrklassen gehen grundsätzliche Erfahrungen aus dem Betrieb von Referenzprojekten ein. Die Rohrklassen werden dann auf ihren technischen Inhalt verifiziert. Dabei werden die Rohre und Formstücke auf folgende Elemente überprüft: Sind die Werkstoffe dem Medium und der Umgebung entsprechend gewählt? Werden höherwertigere Werkstoffe als nötig eingesetzt? Können verschiedene Medien zu einer Medienkennzahl zusammengefasst werden (gleiche Beanspruchung, Vereinheitlichung)? Können kostengünstigere Standardrohrklassen eingesetzt werden? Werden geschweißte Rohre eingesetzt? Passen die Betriebsbedingungen (Druck, Temperatur) zu den Rohrklassen? Passen Nennweite (DN) und Nenndruck (PN) zu den Rohrklassen? Sind die Forderungen aus den Regelwerken eingehalten? Sind spezielle Anforderungen berücksichtigt (z. B. ist die Rohrleitung molchbar? schnelle Reinigung, totraumfrei usw.)? Werkstoff Wandstärke Rohre nahtlos bzw. geschweißt Rohrbogen: 3D oder Maschinenbogen Abzweige: T-Stücke, Stutzen, Sattelstutzen Flanschausführung und -form Schraubenmaterial und -ausführung
Dichtungen Passt die gewählte Dichtleiste zur Dichtungsklasse? Sind durch den Einsatz neuer Dichtungswerkstoffe Berechnungen der Flanschblattdicken und/oder der Anzugsmomente erforderlich? Ist die DN- und PN-Abhängigkeit der Dichtungsklassen berücksichtigt? Vergleich mit bisher verwendeten Dichtungswerkstoffen
P235GH (1.0345)
P215NL (1.0451)
P215NL (1.0451)
P215NL (1.0451) P235GH (1.0345)
C022B
C025C
C025D
C031
G035
P235GH (1.0345) verzinkt
P235GH (1.0345)
C022
C032C
Werkstoff
Rohrklasse
Flachdichtung PTFE Klinger Topchem 2003 Flachdichtung PTFE Klinger Topchem 2003 Flachdichtung Graphit/Spießblech Flachdichtung PTFE Klinger Topchem 2000 Hanf oder PTFE
Flachdichtung Aramid/NBR
Flachdichtung Graphit/Spießblech
Dichtung
Tab. 10.1 Ausschnitt aus einer Rohrklassenübersicht
10
10
10
25
40
16
16
PN
Form A gem. EN 1092-1
Form B1 gem. EN 1092-1 Form B1 gem. EN 1092-1
Form E/F gem. EN 1092-1
Form E/F gem. EN 1092-1
Form B1 gem. EN 1092-1
Form B1 gem. EN 1092-1
Dichtfläche
Trinkwasser Kühlwasser
Chlor trocken Chlorabluft trocken
Ethylenglykol/Wasser
Dampf Dampfkondensat Warmwasser Druckluft Wasserstoff (behandl.) H2 -Kondensat H2 -Kondensat Chlor trocken Chlor flüssig Chlorabluft trocken Ammoniak
Prozessfluid
6,00 8,00
0,40 0,05
10,00
PS bar g 1/10,00 1/7,00 6,00 8,00 0,40 8,00 0,40 6,00 6,00 12,00 1/25,00
40 40
50 80
400 400
200
25/60 50 50
300 200 100 150 350 350 500 300 100 300 200
DN max
TS °C 200 200 100 50 95 80 80 35/50 35/50 35/50 33/120
146 10 Rohrleitungen
10.3 Allgemeine Grundsätze der Rohrleitungsplanung
147
Sind in ausgekleideten Rohrleitungen (PTFE3 oder gummiert) keine Dichtungen mit Stahlwellring eingesetzt? Dämmung Sind, soweit nötig, die Dämmklassen angegeben? Wurden die richtigen Temperaturen verwendet? Sind die Dämmmaterialien medienverträglich? Armaturen Ist der Werkstoff der Armatur gleich dem Rohrwerkstoff? Können kostengünstigere Armaturenarten eingesetzt werden, z. B. Klappen statt Schieber? Sind bei Armaturen in isolierten Leitungen die Spindelverlängerungen vorhanden? Bei welchen Armaturen werden Handgetriebe benötigt? Sind Entleerungsarmaturen, Inline-Filter und Schaugläser angegeben? Welche besonderen Anforderungen werden an Armaturen gestellt und sind diese spezifiziert? Stimmen Armaturenanschluss und Dichtfläche? Dürfen thermische und thermodynamische Kondensatableiter ohne Flansche, d. h. eingeschweißt, verwendet werden? Allgemeines Sind noch Änderungen zu erwarten? Ist die Medienliste vollständig, d. h. sind alle Medien aufgeführt? Sind neue Normen, Richtlinien, Auflagen eingeflossen? Stimmen die erwarteten Lieferzeiten für das Material mit dem Terminplan überein? Die Tab. 10.1 zeigt einen Beispielausschnitt einer Rohrklassenübersicht mit den zugehörigen Parametern jeder Rohrklasse.
10.3 Allgemeine Grundsätze der Rohrleitungsplanung Rohrleitungen sollten, wenn immer möglich, rechtwinklig zu den Achsen geplant werden. Ausnahmen sind zulässig, wenn verfahrenstechnische Gründe (z. B. Hochdruckrohrleitungen, pneumatische Förderleitungen) eine andere Verlegung erfordern. Schräge Leitungen sind erlaubt, wenn die Rohrleitung durch gerade Führung zu viele Bogen erhalten würden, wenn die Betriebsbedingungen es erfordern oder wenn wirtschaftliche Gesichtspunkte dafür sprechen. Rohrleitungen sollen soweit wie möglich flanschlos verlegt werden. Ausnahmen sind Anschlüsse an Apparaten und Maschinenstutzen, geflanschte Armaturen und PTFE D Polytetrafluorethylen (Kunststoff, der beim Erwärmen nicht schmelzbar-flüssig, sondern nur gummiartig weich wird).
3
148 Abb. 10.2 Versetzte Anordnung von Flanschverbindungen in parallelen Rohrleitungen, teils mit Dämmung
10 500
Rohrleitungen
500
≥25 ≥25 ≥25
betrieblich erforderliche Ausbauteile. Flanschverbindungen sind nach Möglichkeit dort anzuordnen, wo das Biegemoment der Rohrleitung am kleinsten ist. Rohrleitungen werden nebeneinander in Rohrtrassen angeordnet, Quer- und Längslagen in verschiedener Höhe. Rohrleitungen sind so zu verlegen, dass die Zugänglichkeit zu Ausrüstungsteilen, die im Nennbetrieb regelmäßig oder bei Betriebsstörungen bedient werden müssen, ohne zusätzliche Maßnahmen gegeben ist. Rohrleitungen sind ohne Gefälle zu planen, es sei denn, es ist aus verfahrenstechnischen Gründen notwendig. Nicht leerlaufende Tiefpunkte in flüssigkeitsführenden Rohrleitungen oder in solchen, in denen sich Kondensat bilden kann, sind zu vermeiden. Rohrleitungen für korrosive Medien sind in der untersten Rohrlage anzuordnen. Sie sollten nicht parallel über Laufstegen oder Kabeltrassen liegen. Rohrleitungen, die Laufstege und Kabeltrassen kreuzen, sollten in diesem Bereich keine Flansche enthalten. Die Abstände der Rohrleitungen innerhalb einer Rohrleitungslage sind so zu wählen, dass bei Berücksichtigung von Flanschen und Dämmung an der engsten Stelle zwischen Rohrleitungen im kalten Zustand ein ausreichender Abstand gewährleistet ist. Die versetzte Anordnung von Flanschverbindungen ist anzustreben, dabei ist zwischen den benachbarten Flanschverbindungen paralleler Rohrleitungen ausreichend Abstand (etwa 500 mm) vorzusehen, um eine einwandfreie Montage zu gewährleisten. In Abb. 10.2 ist die Anordnung von Flanschversatz und Mindestabständen dargestellt.
10.3.1 Flanschverbindungen Die Anzahl von Flansch- oder Schraubverbindungen in Rohrleitungen ist zu minimieren. Flansch- oder Schraubverbindungen können notwendig werden bei: Anschlüssen an Maschinen- und Apparatestutzen (Montage, Instandhaltungsmaßnahmen) Geflanschten Armaturen Betrieblichen Erfordernissen, z. B. Einsatz von Steckscheiben für Reinigung, Wartung, Reparatur, explosionsgefährdete Bereiche, in denen keine Feuererlaubnis erteilt wird, mangelnde technische Fertigungsmöglichkeiten vor Ort Ausgekleideten Stahlrohrleitungen
10.3 Allgemeine Grundsätze der Rohrleitungsplanung
149
Glas- bzw. Kunststoffrohrleitungen Rohrleitungen aus nicht schweißgeeigneten metallischen Werkstoffen Die Anordnung von Flanschverbindungen im Bereich hohen Biegemoments der Rohrleitungen ist zu vermeiden.
10.3.2 Sonderrohrleitungsteile Sonderrohrleitungsteile oder kurz Sonderteile werden benötigt für die Montage, Inbetriebnahme oder Instandhaltung. Zu den Sonderteilen in Rohrleitungen gehören z. B. Steckscheiben, Anfahrsiebe, Ausbau- oder Wechselteile. Diese Sonderteile sind so auszuführen, dass sie im eingebauten Zustand deutlich zu erkennen sind. Sollten Sonderteile nicht ständig eingebaut sein, müssen die Rohrleitungen so elastisch verlegt sein, dass die Flanschverbindungen nach Entfernen der Teile zusammengezogen werden können. Hierbei dürfen keine unzulässig hohen Beanspruchungen auf die Rohrleitungen, Flanschverbindungen oder Anschlüsse von Stutzen an Apparaten oder Maschinen hervorgerufen werden. Ist die elastische Verlegung nicht möglich bzw. sind unzulässige Beanspruchungen nicht sicher auszuschließen, müssen Zwischenstücke vorgesehen werden.
10.3.3 Entleerungen und Entlüftungen Rohrleitungen sind, soweit vom Produkt her zulässig, an Tiefpunkten mit Entleerungen zu versehen. Ist dies vom Produkt her nicht zulässig (z. B. bei toxischen Produkten, kristallisierenden Produkten, Flüssigkeiten mit Feststoffanteilen), kann durch anderweitige Maßnahmen das vollständige Entleeren sichergestellt werden. Entleerungsstutzen sind am Tiefpunkt des Rohrleitungsquerschnitts vorzusehen. Die Abb. 10.3 zeigt ein Beispiel einer Entleerung am Tiefpunkt einer Rohrleitung. An flüssigkeitsführenden Rohrleitungssystemen ist zu prüfen, ob nicht selbstentlüftende Hochpunkte prozesstechnisch im Rahmen der möglichen Betriebszustände tolerierbar sind. Sind sie nicht tolerierbar oder ist dies nicht eindeutig festlegbar, sind Entlüftungsstutzen an den nicht selbstentlüftenden Hochpunkten vorzusehen. Armaturen an Entlüftungs- und Entspannungsstutzen, an denen atmosphärenseitig keine Rohrleitungen anschließen, sind so anzuordnen, dass sich atmosphärenseitig keine Flüssigkeit ansammeln kann. Andernfalls ist ein Blindflansch vorzusehen. Rohrleitun-
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Rohrleitungen
Abb. 10.3 Entleerung am Tiefpunkt der Rohrleitung
gen an Entlüftungs- und Entspannungsstutzen, die zur Umgebung hin offen sind, sind so anzuordnen, dass weder Regen noch Fremdkörper eindringen können (z. B. im Winkel von 45 bis 60° zur Vertikalen, Schutzgitter). Solche Rohrleitungen sind am tiefsten Punkt des offenen Rohrleitungsabschnitts mit einer Entleerungseinrichtung zu versehen. Entleerungs-, Entlüftungs- und Entspannungsleitungen sind so auszuführen, dass bei gegebenenfalls vorhandener Gefahr des Einfrierens die vorgesehene Funktion immer sichergestellt ist.
10.3.4 Rohrleitungstrassen Bei der Festlegung der Rohrleitungstrassen innerhalb und außerhalb der Anlage sind die Verläufe von Hauptkabeltrassen und großer Heizungs- und Lüftungskanäle zu berücksichtigen. Dabei sollten die Trassen zu einem sehr frühen Projektzeitpunkt festgelegt werden. Generell sind in Produktionsgebäuden und in Apparategerüsten die Rohrleitungen in Rohrtrassen zusammenzufassen. Man erhält dadurch eine optimale Raumausnutzung und Übersichtlichkeit. Die Trassenführung ist bereits bei der Basic-Planung zu berücksichtigen. Der geringste Platzbedarf einer Rohrtrasse ergibt sich, wenn sie sich aus einer oder mehreren übereinander liegenden horizontalen Rohrlagen zusammensetzt. Um bei Reparaturen ein Arbeiten zu ermöglichen, sollte der senkrechte Abstand zwischen den Rohren mindestens 800 mm betragen. Armaturen sind an Rohrabzweigungen innerhalb der Rohrtrassen zu vermeiden. Müssen jedoch an diesen Stellen Armaturen eingesetzt werden, so ist die Bedienbarkeit z. B. mithilfe von Podesten oder Spindelverlängerungen zu gewährleisten. Wie bei den Rohrbrücken sind auch bei den Rohrtrassen innerhalb der Strukturen und Gebäuden neben den Produkt- und Energieleitungen die notwendigen Betriebsmittelleitungen und ihr Platzbedarf zu berücksichtigen.
10.3 Allgemeine Grundsätze der Rohrleitungsplanung
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10.3.5 Kritische Rohrleitungen Bestimmte Rohrleitungen sind vom Planungsaufwand kritischer bzw. ausführlicher zu betrachten. Beispielsweise wird für die Festlegung der Verläufe von großen und/oder heißen Rohrleitungen i. d. R. eine Vorstatik durchgeführt. Gleichermaßen sind Maschinenrohrleitungen, Hochdruckrohrleitungen oder zwingend molchbare Rohrleitungen einschließlich deren Zusatzeinrichtungen besonders zu untersuchen.
10.3.6 Anordnung von Armaturen und Armaturengruppen Armaturen, die im Nennbetrieb regelmäßig oder bei Betriebsstörungen bedient werden müssen (z. B. bei Ausfall einer Pumpe), sind so anzuordnen, dass sie ohne zusätzliche Maßnahmen sicher bedient und gewartet werden können. Sollten diese nicht vom Boden erreichbar sein, sind feste Bühnen oder Podeste vorzusehen. Armaturen, die nur bei Revisionen oder Reparaturen bedient werden müssen, können so angeordnet werden, dass sie unter Verwendung von Montage- oder Instandhaltungshilfen (z. B. Hub- und Hebebühnen) zugänglich sind. Bei der Anordnung von Armaturen ist eine räumliche Zusammenfassung zu Armaturengruppen anzustreben. Bei der Ausführung von Armaturengruppen, z. B. bei Regelstationen, Armaturen auf Rohrleitungstrassen, Verteil- oder Sammelstationen, sind für die Anordnung folgende Mindestanforderungen zugrunde zu legen: Bedienelemente, z. B. Handräder, Hebel, sind zur Zugangsseite hin anzuordnen, über- oder nebeneinander. Bedienelemente mehrerer hintereinander liegender Armaturen müssen von der Zugangsseite bedient werden können, z. B. mit Spindelverlängerung, um Durchgreifen zu vermeiden. Der Abstand der Bedienelemente untereinander ist unter Berücksichtigung einer möglichen Verletzungsgefahr des Bedieners festzulegen. Die Abstände von der Bedienseite zu umliegenden Einrichtungen, z. B. Apparaten, Rohrleitungen, müssen so groß sein, dass die Bedienelemente sicher bedient werden können. Armaturengruppen sind so anzuordnen, dass regelmäßige Instandhaltungsarbeiten an umliegenden Anlagenkomponenten ohne Demontage der Armaturengruppe oder Teilen davon möglich sind. Die Abb. 10.4 stellt mehrere Hinweise zur Anordnung von Armaturen bezüglich ihrer Bedienhöhen zusammen.
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Rohrleitungen
Abb. 10.4 Hinweise für Bedienhöhen von Armaturen
10.4 Untergrundrohrleitungen Untergrundrohrleitungen sollen weitgehend in eigenen Trassen mit entsprechenden Abständen (i. d. R. 350 mm lichter Abstand) verlegt werden. Abgänge zu den Anlagen sind rechtwinklig zu verlegen. Die Rohrleitungen sind grundsätzlich in Rohrgräben mit Sandbett frostsicher unter Berücksichtigung der Verkehrslasten und einer einwandfreien Verdichtung zu verlegen. Die Rohrgräben müssen trocken sein. Falls Wasser ansteht (Grundwasser bzw. Sumpfoder Moorgebiet), muss eine Wasserabsenkung vorgesehen werden. Wenn eine Verlegung im Grundwasser erforderlich wird, ist eine Auftriebssicherung nachzuweisen. Wasserlei-
10.4 Untergrundrohrleitungen
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tungen sind zur Vermeidung von Luftpolstern an geeigneten Stellen zu entlüften, z. B. über Hydranten. Wenn Gasleitungen mit Mantelrohren ausgerüstet sind, wird der Zwischenraum zwischen Innen- und Mantelrohr mithilfe von Messstutzen überwacht. Erdverlegte Rohrleitungen sollten mit Reinigungs- und Spülstutzen versehen werden. Bei Rohrleitungen, die Bahngleise und/oder Straßen mit geringer Bodendeckung kreuzen, sind i. d. R. geschlossene Schutzrohre (Mantelrohre) um die Rohrleitungen erforderlich. Bei Untergrundrohrleitungen muss abhängig vom Rohrleitungsmaterial und von dem zu fördernden Medium bzw. dem Zustand des umgebenden Erdreichs ein passiver oder aktiver Korrosionsschutz vorgesehen werden, z. B. Innenauskleidung, Außendämmung, kathodischer Korrosionsschutz.
10.4.1 Untergrundkühlwassersystem Große Kühlwasserrohrleitungen zwischen den Kühltürmen oder Rückkühlwerken (bei offenem System) und den Prozessanlagen werden aus Kosten- und Platzgründen hauptsächlich im Untergrund verlegt. Als Materialien für Druckrohrleitungen werden außenbeschichtete Stahlrohre und spezielle GFK4 -Rohre auf Polyesterbasis benutzt.
10.4.2 Nicht behandlungsbedürftiges Abwasser Diese Systeme sammeln alle Abwässer oder Regenwässer, die nicht auf Prozessflächen anfallen und dadurch keine Prozesskontamination erfahren. Diese Abwässer werden meist direkt in ein öffentliches Abwassersystem eingeleitet. Wenn es sich um reine Niederschläge handelt, können diese auch in Versickerungsanlagen entsorgt werden. Die Auslegung des Abwassersystems basiert auf der anfallenden Niederschlagsmenge und einer möglichen anfallenden Löschwassermenge. An den Übergängen zum öffentlichen System sind Absperrarmaturen vorzusehen, die im Brandfall geschlossen werden, um eine Kontamination des Abwassersystems mit Löschwasser zu vermeiden.
10.4.3 Behandlungsbedürftiges Abwasser Behandlungsbedürftige Abwässer sind Prozess-, Leckage- und Regenwässer, die in Prozessanlagen anfallen und getrennt von allen anderen Abwasserströmen behandelt werden müssen. Zur diesen Abwässern gehören beispielsweise
4
GFK D Glasfaserverstärkter Kunststoff, „glasfiber reinforced plastic“ (GRP).
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chemische Abwässer wie Lösungsmittel, Laugen und Säuren Abschlämmungen von Wasser bzw. Dampfsystemen („boiler blow down“) ölhaltige Abwässer („oily sewer“). Diese Systeme können offene oder geschlossene Systeme sein. Bei den offenen Systemen strömen die Abwässer in eine zentrale Abwasserbehandlungsanlage und werden dort behandelt. Bei geschlossen Systemen werden diese Abwässer in der Prozessanlage gesammelt, z. B. in einem Tiefbehälter oder in speziellen Gruben, und sie gelangen von dort wieder in den Prozess oder werden durch spezielle Aufbereitungsanlagen wieder den Prozessen zugeführt. Typisches Beispiel hierfür sind Tiefbehälter, die während einer Wartung von einer Prozessausrüstung Medien aufnehmen, die anschließend von dort aus in den Prozess zurückgeführt werden.
10.5 Löschwasserleitungen Löschwasserleitungen sind festverlegte Rohrleitungen, mit denen absperrbare Feuerlöschanschlusseinrichtungen, z. B. Sprinkler, Hydranten, Wandhydranten, versorgt werden. Löschwasser dient dazu, teilweise oder ausschließlich Wasser zu Feuerlöschzwecken
Abb. 10.5 Feuerlöschleitung mit ortsfester Feuerlöscheinrichtung
10.6 Rohrleitungen an Ausrüstungen und Maschinen
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fortzuleiten (nach DIN 14462, Teil 1). Man unterscheidet erdverlegte Löschwasserleitungen und überirdisch verlegte Löschwasserrohrleitungen. Überirdische Rohrleitungen werden unterschieden in Löschleitungen nass mit einer ständig unter Druck stehenden Rohrleitung Löschleitungen trocken, die erst im Bedarfsfall durch die Feuerwehr eingespeist werden Löschleitung nass/trocken, die durch automatische oder manuelle Betätigung einer Alarmventilstation („deluge valve station“) gefüllt werden Die erdverlegten Rohrleitungen sind geschlossen als Rohrleitungsringsysteme aufgebaut. Diese Systeme werden ständig mithilfe einer „Jockey Pump“ unter Druck gehalten, die eigentlichen Feuerlöschpumpen sind elektrisch oder mit Diesel angetrieben. Das Feuerlöschsystem kann über das öffentliche Wassernetz oder aus einem Feuerlöschreservoir, z. B. Tank, gespeist werden. Die Abb. 10.5 zeigt eine Feuerlöschleitung mit ortsfester Feuerlöscheinrichtung.
10.6 Rohrleitungen an Ausrüstungen und Maschinen Rohrleitungsanschlüsse an Maschinen, Apparaten oder sonstigen Ausrüstungen sind aus Gründen der Instandhaltung zu flanschen. Ausnahmen bilden Hochdruckanschlüsse oder Rohrleitungen mit toxischen Medien. Anschlussrohrleitungen sind so zu planen, dass die auf die Apparate- und Maschinenstutzen wirkenden Kräfte und Momente die vom Hersteller der Apparate und Maschinen angegebenen Grenzwerte nicht überschreiten. Beim Anschluss von Rohrleitungen an Apparate, für die Spannungsnachweise für Stutzen mit Zusatzlasten erforderlich sind, muss eine rohrstatische Berechnung der Leitung erfolgen, um die Stutzenkräfte zu ermitteln bzw. zu überprüfen. Die Rohrleitungen sind möglichst so abzustützen oder aufzuhängen, dass Apparate, Maschinen, Maschinenteile, Armaturen usw. entfernt werden können, ohne dass zusätzliche Abstützungen der Rohrleitungen erforderlich werden. Ständig eingebaute Siebe (z. B. Flach- oder Hutsiebe oder Anfahrsiebe) sind so anzuordnen, dass sie leicht ausgewechselt werden können (eventuell mit einem Ausbaustück).
10.6.1 Rohrleitungen an Maschinen Rohrleitungsanschlüsse an Maschinen, Apparaten und Package Units sind aus Gründen der Instandhaltung i. d. R. zu flanschen. Werden in Maschinenanschlussleitungen zur Reduzierung von Schwingungen Kompensationselemente verwendet, z. B. Dehnungsbogen, Pulsationsdämpfer, ist unmittelbar nach dem Kompensationselement ein Festpunkt anzu-
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Rohrleitungen
ordnen. Die Verankerungsmöglichkeiten für den Festpunkt und für alle folgenden Rohrleitungshalterungen dürfen nicht mit dem Fundament der Maschine verbunden sein. Rohrleitungen für die Betriebsmittel (z. B. Leckgas, Spülgas, Kühlwasser, Kaltwasser) sind so anzuordnen, dass der externe Anschluss in einem leicht zugänglichen Bereich möglich ist. Von den Maschinen dürfen keine dynamischen Kräfte, Momente und Schwingungen auf das Rohrleitungssystem übertragen werden. Bei der Festlegung der Rohrleitungsführungen ist auf die Möglichkeit von Demontage und Instandhaltungsarbeiten der Maschinen und ihrer Ausbauteile und auf die Bedienbarkeit der Armaturen zu achten.
10.6.2 Rohrleitungen an Pumpen Für Rohrleitungen an Pumpen sind einige typische Planungsregeln zu beachten: Rohrleitungen auf der Eintrittsseite sind so zu verlegen, dass keine Säcke vorhanden sind und keine Gaspolster entstehen können. Übergangsstücke auf der Eintrittsseite von Pumpen sind i. d. R. exzentrisch auszuführen. Bei Pumpenpaaren sollte die Anordnung der Rohrleitung nicht spiegelbildlich erfolgen. Rohrleitungslasten sollten nur zu einem geringen Teil in den Pumpenstutzen abgeleitet werden. Rohrleitungen an Kolbenpumpen sollten mit Pulsationsdämpfern versehen werden, um die mechanischen Schwingen in Grenzen zu halten. Eine mögliche Beispielverrohrung mit Absperrarmaturen an einem Pumpenpaar ist in Abb. 10.6 gezeigt.
10.6.3 Rohrleitungen an Turboverdichtern Saugrohrleitungen an Turboverdichtern sollten möglichst steigend zum Verdichter verlegt und zusätzlich mit Entwässerungen an den Tiefpunkten versehen sein. Die Entwässerungen sollten zusätzlich mit einem Niveauschalter ausgerüstet werden, um bei Versagen der Entwässerungsarmatur den Verdichter abzuschalten. Sollte die Betriebstemperatur nahe am Taupunkt liegen, sollte die Saugleitung beheizt und isoliert sein.
10.6.4 Rohrleitungen an Hubkolbenverdichtern, Kolbenpumpen Wegen der unvermeidbaren Druckpulsationen in den Rohrleitungen sind Vorkehrungen zu treffen, um die mechanischen Schwingungen in zulässigen Grenzen zu halten.
10.6 Rohrleitungen an Ausrüstungen und Maschinen
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Abb. 10.6 Beispielverrohrung mit Absperrarmaturen an einem Pumpenpaar
Die Rohrleitungsführung sollte möglichst direkt erfolgen; unnötige Umlenkungen sollen vermeiden werden. Rohrleitungen sollen in möglichst kurzen Abständen gehalten werden. Die Halterungen sind so ausführen, dass dynamische Kräfte aufgenommen werden können.
10.6.5 Rohrleitungen an Dampfturbinen Dampfrohrleitungen an Turbinen müssen vor jeder Absperr- oder Regelarmatur entwässert werden, um Wasserschläge beim Anfahren der Turbine zu vermeiden. Vor den Turbineneintrittsstutzen sind Ausbaustücke vorzusehen, um das Dampfblasen bei der Inbetriebnahme zu ermöglichen. Dabei wird der Dampf vor der Turbine in die Atmosphäre geblasen und somit die Rohrleitung gereinigt. Die Ausblaseeinsätze und Ausblaseleitungen müssen beizfest ausgeführt sein.
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Rohrleitungen
Bei dem Einsatz von Dampfsieben muss das Sieb einen freien Siebquerschnitt besitzen, der mindestens das 3,5-Fache des Querschnitts der Zudampfleitung beträgt. Die Ausbaumöglichkeit der Dampfsiebe muss gewährleistet sein. Bei zwei Frischdampfzuführungsleitungen ist im Auslegungspunkt der Turbine eine annähernd gleiche Dampfaufteilung in beide Leitungen vorzusehen.
10.7 Rohrleitungen an statischen Apparaten Apparate, die an einem Rohrleitungssystem angeschlossen sind, müssen generell von der Anlage sicher abgetrennt werden können, z. B. durch Einbau von herausnehmbaren Zwischenstücken in den Rohrleitungen oder durch Einsetzen von Steck- oder Blindscheiben.
10.7.1
Rohrleitungen an Wärmeaustauschern
Bei der Verrohrung von Rohrbündelwärmetauschern ist Folgendes zu beachten: Alle Rohrleitungen und Armaturen sind so anzuordnen, dass die Rohrbündel leicht gezogen und/oder gereinigt werden können. Bei Wärmeaustauschern mit Produkt in den Rohren und Kühlmittel um die Rohre ist die Rohrleitung des Kühlmediums so anzuordnen, dass die Wärmeaustauscher vollständig mit Flüssigkeit gefüllt sind und bei Ausfall der Flüssigkeitszufuhr (Kühlmedium) vollständig gefüllt bleiben. Rohrleitungen zu parallel geschalteten oder aus mehreren Einheiten (z. B. Luftkühler) bestehenden Wärmeaustauschern sind so anzuordnen, dass die von der Hauptleitung abzweigenden Leitungssysteme symmetrisch sind bzw. gleiche Rohrleitungswiderstände haben.
10.7.2
Rohrleitungen an Kolonnen
Bei Rohrleitungen an Kolonnen ist auf folgende Gegebenheiten zu achten: Die Rohrleitungen an Kolonnen sind so zu planen, dass der Zugang zu Bühnen, Leitern, Mannlöchern und der Instrumentierung nicht verbaut wird. Alle Armaturen sind möglichst direkt an den Kolonnenstutzen einzubauen. Hierbei ist auf Möglichkeiten der Bedienung, Entleerung und Instandhaltung zu achten. Kopfleitungen erhalten möglichst weit oben an der Kolonne einen Festpunkt. Dieser Festpunkt ist so auszuführen, dass das Gewicht der Rohrleitung, der Dämmung und des Rohrleitungsinhalts bei Betrieb und Druckprüfung aufgenommen werden kann.
10.8 Beheizen von Rohrleitungen
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Die nachfolgenden Halterungen nach unten sind als Führungshalterungen auszuführen. Sie haben die Aufgabe, die Rohrleitungen zu führen, Windbelastungen abzufangen und Kräfte aus seitlicher Wärmedehnung der Rohrleitungen aufzunehmen. Zur Befestigung der Festpunkte und Führungshalterungen sind am Kolonnenmantel Laschen vorzusehen. Wenn bei Gas- bzw. Brüdenleitungen5 eine Wasserdruckprobe durchgeführt wird, ist zu prüfen, ob zusätzliche Abstützungen notwendig werden. Sollten Sicherheitsventile oder sicherheitstechnische Einrichtungen (Berstscheiben) an Kolonnen installiert sein, müssen diese ausreichend mit den dazugehörigen Rohrleitungen befestigt sein.
10.7.3 Rohrleitungen an Reaktoren Bei Rohrleitungen an Reaktoren ist auf folgende Gegebenheiten zu achten: Da Reaktorrohrleitungen meist unter erhöhten Temperaturbedingungen arbeiten, müssen die Rohrleitungen mit genügender Flexibilität verlegt werden. Bei freistehenden Reaktoren sind die Rohrleitungen so zu planen, dass die Zugänge zu Bühnen, Leitern und Mannlöchern nicht verbaut werden. Sollten Sicherheitsventile oder andere sicherheitstechnische Einrichtungen (z. B. Berstscheiben) an Kolonnen installiert sein, müssen diese ausreichend mit den dazugehörigen Rohrleitungen befestigt sein. Die Rohrleitungen sollten mit entsprechenden Entlüftungen und Entleerungen versehen sein, um nach einer Wasserdruckprobe die Rohrleitung gründlich zu entleeren. So kann bei einer Inbetriebnahme Schaden an den Ausrüstungen vermieden werden. Rohrleitungen sollten mit Ausbaustücken (wenn nicht durch den Apparatehersteller vorgesehen) versehen werden, um z. B. das Befüllen und Entleeren von Katalysatoren zu ermöglichen.
10.8
Beheizen von Rohrleitungen
Rohrleitungen, Armaturen und Feldgeräte sind mit einer Beheizung zu versehen, wenn sie entweder während des Betriebs oder bei einer Störung einfrieren können oder wenn das Medium die Einhaltung einer gleichbleibenden Temperatur erforderlich macht (Viskosität, Stabilität, Gefahr des Auskristallisierens usw.). Die Ausführung der Begleitheizung ist abhängig von der Art der Energie: Dampf oder elektrisch.
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Brüden: mit Wasserdampf gesättigte Luft.
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10.8.1 Begleitheizung mit Dampf Auf der Außenseite der Rohrleitungen, Bauteile und Armaturen werden ein oder mehrere dünne Beirohre für die Durchleitung von Dampf („steam tracer“) längs oder spiralförmig angebracht. Anschließend wird die gesamte Baugruppe isoliert. Die Wärmeenergie wird unter der Isolierung von der Dampfleitung auf die Rohrleitung und das Medium übertragen. Die
Abb. 10.7 Anordnung einer Dampfbegleitheizung entlang einer isolierten Rohrleitung
Abb. 10.8 Anordnung einer Dampfbegleitheizung an einem horizontal eingebauten Ventil unterhalb der Isolierung
10.8 Beheizen von Rohrleitungen
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Abb. 10.9 Beispiel eines Dampfbegleitheizungssystems. 1 Dampfsammelleitung („steam header“), 2 Kondensatsammelleitung („condensate header“), 3 Dampfverteiler („steam manifold“), horizontal, 4 Kondensatverteiler („condensate manifold“), horizontal, 5 Begleitheizung („tracer“), 6 Befestigungspunkt („tracer strap type clamp“), 7 Fixpunkt („fixed point“), 8 Ventilbegleitheizung („valve tracer“), 9 Begleitheizungsflansch („tracer flange/union“), 10 Begleitheizungsbündel („steam tracer bundle“), 11 Halterung („tracer support“), 12 Kondensatentleerung („drain of condensate manifold“), 13 Dampfentleerung („drain of steam manifold“), 14 Behälterbegleitheizung („vessel tracing“), 15 Instrumentenbegleitheizung („instrument tracing“)
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Rohrleitungen
Abb. 10.7 zeigt, in Schnittdarstellung, die Dampfbegleitheizung und Isolation einer Rohrleitung. Die Abb. 10.8 zeigt die Führung der Heizrohre unter der Isolierung an einem horizontal angeordneten Ventil. Bei der Auslegung einer Dampfbegleitheizung muss auf folgende Punkte geachtet werden: Die Einspeisung von Dampf muss am höchsten Punkt erfolgen. Das Kondensat wird am tiefsten Punkt abgeleitet. Es muss betriebssicher abgeführt und die Gefahr des Einfrierens muss vermieden werden. Die Flüssigkeit ist am tiefsten Punkt der Rohrleitung einzuspeisen und am höchsten Punkt der Rohrleitung zu entnehmen. Hochpunkte sind insbesondere bei Mantelleitungen separat zu entlüften. Die Zuführung der Flüssigkeiten erfolgt von den Verteilern und der Rücklauf erfolgt zu den Sammlern. Ein Beispiel einer Dampfbegleitheizung eines kompletten Systems ist in Abb. 10.9 schematisch dargestellt.
10.8.2 Elektrische Begleitheizung Analog der Bauweise der Dampfbegleitheizung werden auf der Außenseite der Rohrleitungen, Bauteile und Armaturen eine oder mehrere biegsame Heizdrähte („electrical heat tracer“) längs oder spiralförmig angebracht. Anschließend wird die gesamte Baugruppe isoliert. Die Wärmeenergie wird unter der Isolierung vom Heizdraht auf die Rohrleitung und das Medium übertragen. Die Abb. 10.10 zeigt die Anordnung der elektrischen Begleitheizung vor Fertigstellung der Isolierung.
Abb. 10.10 Anordnung einer elektrischen Begleitheizung unterhalb der Isolierung
10.9 Isolierung von Rohrleitungen und Armaturen
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Abb. 10.11 Wärme- und Kältedämmung bei Rohrleitungen, gerades Rohrstück mit Überlappung der Nähte der Ummantelung
10.9 Isolierung von Rohrleitungen und Armaturen Isolierung von Ausrüstungen, Rohrleitungen und Armaturen ist erforderlich bei Rohrleitungen mit Begleitheizung, sehr heißen Oberflächen, sehr kalten Oberflächen. Abb. 10.12 Isolierte Rohrleitungen an einer Reaktionskolonne
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Wärme- und Kältedämmung bei Rohrleitungen und Armaturen wird typischerweise mit wärmedämmendem Material ausgeführt und mit Aluminiumblechen ummantelt. Wärme- und Kältedämmung an einer geraden Rohrleitung ist in Abb. 10.11 schematisch dargestellt; Abb. 10.12 zeigt isolierte Rohrleitungen an einer vertikalen Reaktionskolonne.
10.10 Isometrie Eine Isometrie ist eine nicht maßstäbliche dreidimensionale Zeichnung zur Darstellung von Rohrleitungen im Anlagenbau, wobei die drei Hauptachsen sich unter 60° schneiden. Die Isometrie dient zur Vorfertigung der Rohrleitung und wird vervollständigt mit Schweißangaben, Schweißnahtnummer mit der Kennzeichnung von Werkstattnähten und Feldnähten usw. Durch diese Darstellung der Rohrleitung können in der Rohrleitungsisometrie sämtliche Bemaßungen vorgenommen und alle Einzelteile für die Stückliste positioniert werden. Das Überprüfen der Isometrie erfolgt mithilfe eines 3D-Planungsmodells und/oder mit dem Rohrleitungsplan. Die Isometrie wird vorzugsweise aus dem 3D-Planungsmodell generiert, z. B. mit Isogen6 ; die weitere Vorfertigungsisometrie mit den nötigen Angaben (z. B. Schweißangaben, Schweißnahtnummer) kann durch eine Software wie Spoolgen7 oder manuell erfolgen. Eine Beispielisometrie mit Stückliste und Hinweise für die Vorfertigung und die Feldmontage ist in Abb. 10.13 gezeigt.
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Isogen: Software für die automatische Generierung von Rohrleitungsisometrien aus 3D-Anlagenmodellen, www.intergraph.com. 7 Spoolgen: Software für die Generierung vor Rohrleitungs-Spools, www.intergraph.com.
Isometrie
Abb. 10.13 Beispiel einer Rohrleitungsisometrie mit Stückliste
10.10 165
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10.11 Rohrleitungselemente bzw. Komponenten Rohrleitungen bestehen aus geraden Rohrstücken, Formstücken, Armaturen, Spezial- bzw. Sonderbauteile und Rohrhalterungen.
10.11.1 Gerade Rohre Rohre sind längliche Hohlkörper mit einem kreisrunden Querschnitt. Die Maße für runde Stahlrohre ohne besondere Anforderung an das Maß oder die Maßgenauigkeit werden in der DIN EN 10220 (2003) genormt. Die Normalwanddicken der nahtlosen Stahlrohre sind herstellungsbedingt. Geringere Wanddicken sind für nahtlose Rohre nach DIN EN 10220 (2003) aus Gründen der Wirtschaftlichkeit nicht möglich. Bei geschweißten Rohren nach DIN EN 10220 (2003) wurden die Normalwanddicken nach den Konstruktionserfordernissen ermittelt. Sie sind also konstruktionsbedingt. Dabei wurden Faktoren wie Innendruck, Außendruck, Verbindungsmöglichkeiten usw. berücksichtigt. Die Normalwandreihe nach DIN EN 10220 (2003) für geschweißte Stahlrohre entspricht demnach einer Standardausführung, ermittelt nach den normalen Betriebsbedingungen. Präzisionsstahlrohre mit besonderer Maßgenauigkeit Bei besonderen Anforderungen an die Maße und die Maßgenauigkeit werden nahtlose Präzisionsstahlrohre nach DIN EN 10305-1 (2016) oder geschweißte Präzisionsstahlrohre nach DIN EN 10305-2 (2016) verwendet. Präzisionsstahlrohre werden durch Kaltumformung warmgewalzter oder HFI-geschweißter Vorrohre (Luppen) hergestellt. Dabei werden i. d. R. sowohl der Durchmesser als auch die Wanddicke verringert. Die Umformung geschieht durch Kaltziehen, bei besonderen Anforderungen durch Kaltwalzen.
10.11.2 Flansche Flansche sind genormte Verbindungselemente, um Rohrleitungen an Apparate anzuschließen, einzelne Rohrleitungen miteinander zu verbinden, oder sie sind Verbindungselemente in einer Rohrleitung für Armaturen und Sonderteile. Die Bezeichnung der Flansche erfolgt nach Nenndruckstufen bei DIN EN in PN (PN10, 16, 25, 40 usw.) und bei ASA/ANSI/ASME nach Rating (Class #150, 300, 600, 900 usw.) Die Flanschformen sind in DIN EN und ASA/ANSI/ASME ähnlich. Die meistbenutze Flanschform ist der Vorschweißflansch („welding neck flange“).
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Rohrleitungselemente bzw. Komponenten
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10.11.3 Formstücke Formstück oder Fitting ist der Sammelbegriff für Teile von Rohrleitungen, die zum Abzweigen, zum Ändern der Richtung oder des Querschnitts, aber auch zum Verschließen einer Leitung verwendet werden. Formstücke werden durch Einschweißen an Rohrleitungen eingesetzt. Wie im Anlagenbau üblich sind die Formstücke mit den Anschlussmaßen genormt (z. B. DIN ISO, ANSI). Entspricht ein Formstück jedoch keiner Norm, ist es ein Sonderformstück, was bei Hochdrucksystemen oft der Fall ist. Somit gibt es Formstücke als gerade Verbindung (Muffen, Kupplungen), Richtungswechsel, Durchmesserwechsel (Reduzierstück) und Abzweige (T-Stücke und Kreuzungen). Formstücke werden mit verschiedenen Werkstoffen hergestellt. So sind Temperguss, Messing, Rotguss, Stahl und auch Kunststoff durchaus üblich, wobei aufgrund zäherer Materialeigenschaften der Temperguss sehr beliebt ist. Zu den Werkstoffeigenschaften müssen die möglichen Verbindungstechniken passen. Das Verbinden ist das Herstellen eines festen, dreidimensional abgrenzbaren Zusammenhalts zweier Werkstücke wie z. B. Schweißen, Löten, Kleben und Laminieren (z. B. bei Formstücken aus GFK).
10.11.4 Armaturen Der Begriff Armatur wird vom lateinischen Wort „armatura“ abgeleitet und bedeutet so viel wie Ausrüstungsgegenstand. Im Sinn der Rohrleitungstechnik ist sie ein Teil der Rohrleitung, das den Förderstrom durch Öffnen, Schließen, Absperren, Teilen oder Mischen des Durchflusskanals beeinflusst. Die Unterscheidung erfolgt nach den Konstruktionsmerkmalen in die Grundbauarten Ventil, Schieber, Klappe, Hahn und Membranarmatur sowie nach Funktionsmerkmalen in Absperr-, Sicherheits- (z. B. Sicherheitsventile, Berstscheiben), Stell- und Regelarmaturen (z. B. Stellgeräte, Kondensatableiter, Regulier-, Verteil- und Mischarmaturen) sowie Rückflussverhinderer. Darüber hinaus kann eine anwendungsbezogene Gliederung nach Einsatzgebieten wie z. B. Kraftwerks-, Heizungs-, Gas- sowie Lebensmittelarmaturen erfolgen. Nach der Art der Betätigung unterscheidet man handbetätigte, angetriebene (elektrisch, pneumatisch, hydraulisch) und mediumgesteuerte Armaturen. Ventil: geradlinige Abschlusskörperbewegung parallel zur Strömungsrichtung Schieber: geradlinige Abschlusskörperbewegung quer zur Strömungsrichtung Hahn: Abschlusskörper dreht sich quer zur Strömung um eine Achse und wird in Offenstellung durchströmt Klappe: Abschlusskörper dreht sich quer zur Strömung um eine Achse und wird in Offenstellung umströmt
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Membranarmatur: durch Deformation des flexiblen Abschlusskörpers wird der Durchflusskanal verändert Schmutzfänger Schaugläser Ventile Ventile werden hauptsächlich als Absperr-, Stell- und Regelarmaturen verwendet. Sie werden in Untergruppen eingeteilt, die sich aus den Gehäuseformen ergeben. Man unterteilt sie in
Schrägsitzventile, Geradsitzventile, Drei-Wege-Ventile, Auslassventile, Eckventile.
Gegenüber anderen Armaturen, wie z. B. Kugelhähne und Schieber, weisen sie bauartbedingt einen höheren Druckverlust auf. Bei besonders giftigen und korrosiven Medien werden Ventile mit Faltenbalg ausgerüstet. Dieser bietet größtmöglichen Schutz gegen Emissionen von giftigen, gefährlichen, aggressiven, brennbaren oder gar krebserzeugenden Medien. Als ein Bespiel hierfür gelten Ventile im Chlor- oder im Ammoniakbereich. Die Abb. 10.14 zeigt ein handbetriebenes Absperrventil. Ein pneumatisch angetriebenes Regelventil wird in Kap. 11, Abb. 11.1 gezeigt. Eine Sonderform der Ventile stellen die Rückschlagventile dar. Sie gehören zur Funktionsgruppe der Rückflussverhinderer und arbeiten selbsttätig. So öffnen sie bei Durchfluss in die eine und schließen bei Durchfluss in die entgegengesetzte Richtung.
Abb. 10.14 Absperrventil in Durchgangsform mit Handrad
10.11
Rohrleitungselemente bzw. Komponenten
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Durch Anordnung eines Rückschlagventils in einer Saugleitung kann beispielsweise nach Abschalten der Pumpe ein Leerlaufen der Saugleitung verhindert werden. Damit erübrigt sich ein erneutes Befüllen der Pumpe vor einem Neustart. Eine Sonderausführung der Rückschlagventile ist das Freilaufrückschlagventil. Dieses ist oft hinter Kesselspeisepumpen angeordnet und soll bei Teillastbetrieb einen Mindestförderstrom aufrechterhalten. Im Teillastbetrieb ist der Wirkungsgrad der Pumpe niedriger und der größte Teil der zugeführten Energie wird in Wärme umgewandelt. Schieber Infolge des geraden Durchgangs der Strömung zeichnen sich Schieber durch geringe Strömungsverluste aus. Sie können bis zu großen Nennweiten und Nenndruckstufen gebaut und in beide Richtungen durchströmt werden. Die großen Hübe erfordern größere Bauhöhen als bei Ventilen. Schieber werden i. d. R. hauptsächlich als Absperrarmaturen verwendet. Die Abb. 10.15 zeigt einen Schieber, eingebaut in ein vertikales Rohr. Die Einteilung der Schieber erfolgt nach deren Sitzanordnung (Keil- und Parallelschieber) sowie Sitzabdichtung (hart- und weichdichtend). Sonderformen sind Block-, Drehplatten- und Radialschieber. Bei den Keilschiebern gibt es Ausführungen mit starrem und elastischem Keil sowie mit Plattenkeil. Gegenüber Parallelschiebern haben sie besondere Vorzüge: Infolge
Abb. 10.15 Schieber, in vertikal verlaufendes Rohr eingebaut, Handrad nicht steigend
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der Keilwirkung erhöhen sich die Dichtkräfte, was bereits bei geringen Druckdifferenzen zu guten Dichtwirkungen führt. Der rasche Austritt des Keils aus dem Sitz vermeidet gleitende Bewegung und mögliche Nebenerscheinungen wie Verkratzen des Sitzes durch Fremdkörper oder Fressen. Stoffschieber sind eine spezielle Bauart von Absperrschiebern. Sie werden häufig als Zwischenflanschschieber, Messerschieber oder Plattenschieber bezeichnet. Sie werden heutzutage in vielen Industriezweigen eingesetzt. Insbesondere kommen sie dann zum Einsatz, wenn Medien mit hohem Feststoffgehalt abzusperren sind, wie z. B. Kohlestaub, Flugasche usw. Schmiedestahlschieber kommen v. a. in Kraftwerken zum Einsatz, wenn es um hohe Betriebsdrücke geht. Der Schmiedestahlschieber wird im Allgemeinen mit Anschweißenden verwendet, aber auch Flansche bei Schaltarmaturen sind möglich. Hähne Der Hahn ist die älteste Armatur in der Rohrleitungstechnik. Schon die Römer nutzten diese Armatur aus Bronze oder Blei. Sie werden hauptsächlich als Absperrarmaturen eingesetzt. Für Stell- und Regelzwecke gibt es Sonderausführungen. Der Abschlusskörper wird bei Hähnen im Strömungsraum gedreht, wodurch eine kleinere Bauhöhe möglich und der maximale Stellweg klein ist (Viertelumdrehung). Ist kein Vorgelege vorhanden, ergibt sich aus der Hebelstellung eine einfache Stellungsanzeige. Hähne zeichnen sich ebenso wie Schieber durch geringe Strömungsverluste aus. Die Abb. 10.16 zeigt einen Hahn mit direkt angebundenem Hebel, und Abb. 10.17 zeigt einen Hahn mit Vorgelege und Handrad. Die Einteilung der Hähne erfolgt nach der Form des Abschlusskörpers (kugelförmig, konisch, zylindrisch) und der Gehäuseausführung (einteilig, ein- und mehrfach geteilt). Hähne mit einem kugelförmigen Absperrkörper und zylindrischem Durchströmkanal werden Kugelhähne genannt. Eine häufige Ausführung ist der zweiteilige Kugelhahn, der v. a. in der allgemeinen, chemischen, petrochemischen, pharmazeutischen und verfahrenstechnischen Industrie, der Lebensmittel- und Papierindustrie sowie in der Kraftwerkstechnik eingesetzt wird.
Abb. 10.16 Hahn mit direkt angebundenem Hebel, Position geöffnet
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Rohrleitungselemente bzw. Komponenten
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Abb. 10.17 Hahn mit Vorgelege und Handrad
Der Absperrkörper (Kugelküken, Kugel) ist in den Sitzdichtringen schwimmend gelagert. Einige Ausführungen besitzen eine Zapfenlagerung des Kugelkükens und werden bei hohen Differenzdrücken eingesetzt. Die Sitzdichtringe sind meist aus Kunststoff (z. B. PTFE8 ), werden aber auch metallisch ausgeführt. Für einige Anwendungsfälle (z. B. Ferngasleitung) werden Hähne mit sehr großer Nennweite gebaut, die Mehrzahl der Anwendungen liegt aber bei kleineren Nennweiten. Sonderformen sind Mehrwegehähne. Klappen Klappen sind neben Kugel- und Kükenhähnen Vertreter der 90-Grad-Armaturen. Klappen werden auch als Regelklappen eingesetzt. Sie zeichnen sich durch einfachen Aufbau und kleine Abmessungen aus und können als Flanscharmatur oder Einklemmabsperrklappe konstruiert sein. Sie werden hauptsächlich von mittleren bis zu größten Nennweiten eingesetzt. Die Einteilung der Klappen erfolgt nach der Lage der Klappenscheibe. Diese kann zentrisch, doppelt- und dreifach exzentrisch gelagert sein. Die Abb. 10.18 zeigt eine in einem vertikalen Rohr eingebaute zentrisch gelagerte Klappe. Weitere Sonderformen der Klappe sind das exzentrische Drehkegelventil (als Stellgerät) und die Rückschlagklappen. Letztere werden hauptsächlich bei mittleren und größeren Nennweiten verwendet. Bei kleineren Nennweiten werden häufiger Rückschlagventile eingesetzt.
PTFE D Polytetrafluorethylen, u. a. bekannt mit dem Handelsnamen Teflon oder Gore-Tex für PTFE-Membranen.
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Abb. 10.18 Zentrisch gelagerte Klappe mit Vorgelege und Handrad, Position geöffnet
Rückschlagklappen sind eine Sonderbauform der Absperrklappe und verhindern das Zurückfließen des Mediums. Die Rückschlagklappen bilden gemeinsam mit Rückschlagventilen die Gruppe der Rückflussarmaturen. Sie können auch mit Hebel und Gewicht ausgeführt werden. Die Zwischenflanschbauweise bietet wirtschaftliche Vorteile und günstige Einbaulängen. Bei den Rückschlagklappen unterscheidet man in
Doppelflügelrückschlagklappe, Einklemmrückschlagklappe, Hochdruckrückschlagklappe, Flanschrückschlagklappe, Kipprückschlagklappe mit Hebel und Gewicht.
Membranarmaturen Membranarmaturen werden i. d. R. als Absperrarmaturen verwendet. Die Membranen bestehen meist aus elastomerem (elastisch verformbarem) Material, das nicht Teil des drucktragenden Gehäuses ist und die beweglichen Teile vom Betriebsmedium trennt. Sie sind äußerst flexibel und schließen bereits vor Einsetzen des Rückstroms. So ist ein hartes Zuschlagen ausgeschlossen und Druckstöße werden gedämpft. Das Haupteinsatzgebiet ist die Wasserversorgung. Membran und Gehäuse können mit korrosionsbeständigen Materialien beschichtet oder ausgekleidet sein. Bei den Bauformen wird zwischen Membranarmaturen mit Steg (Membranventile), weitgehend freiem Durchgang (Membranschieber) sowie Sonderformen (Quetschventil, Membranrückflussverhinderer) unterschieden. Membranventile kennzeichnet, dass durch das Drücken der Membrane auf einen angehobenen Steg in der Gehäuseform der Durchflusskanal geschlossen wird. Sie haben ein breites Einsatzgebiet, wie in der allgemeinen Chemie, Nahrungs- und Genussmittelindustrie, Verfahrens- und Gebäudetechnik sowie in Trink- und Brauchwasseranlagen.
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Rohrleitungselemente bzw. Komponenten
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Beim Quetschventil wird der Durchflussquerschnitt, der meist aus einem schlauchförmigen Elastomerteil besteht und in einem Gehäuse gefasst ist, durch eine Mechanik von Hand, pneumatisch oder hydraulisch verformt. Schmutzfänger/Filter/Anfahrsiebe Schmutzfänger (Strainer) gehören auch in die Gruppe der Armaturen. Ihre Aufgabe ist es, feste Stoffe aus der geförderten Flüssigkeit herauszufiltern und das Verstopfen von Rohrleitungssystemen zu verhindern. Schmutzfänger sollten beidseitig mit einer Absperrarmatur (Klappe, Hahn, Ventil, Schieber) kombiniert werden, um ein einfaches Reinigen des Filterelements zu gewährleisten. Eine Sonderform stellt das Anfahrsieb am Einlauf in der Saugleitung einer Kreiselpumpe dar. Während der Inbetriebnahme schützen solche Siebe die Maschine vor Beschädigungen (z. B. Muttern, Schrauben, Schweißelektroden usw.). Die Abb. 10.19 zeigt eine schematische Darstellung eines herausnehmbaren Schmutzfängers. Schaugläser Ein Schauglas ist eine Sonderarmatur, die zur Beobachtung und zur Durchflussanzeige von Prozessmedien dient. Das Schauglas besteht aus dem Schauglasgehäuse und dem Schauglas und kann je nach Einsatzzweck mit hitzebeständigen und mechanisch festen Gläsern ausgestattet werden. Die Schaugläser können noch zusätzlich mit Licht oder Strömungsanzeigen, wie z. B. integrierte Rotoren, zur Kontrolle der Durchflussrichtung ausgestattet werden. Kondensomaten Die Kondensomaten („steam trap“) dienen dazu, dass sich in Dampfleitungen bildende Dampfkondensat abzuleiten, ohne dass der Dampf in das Kondensatsystem übergeht. Die Entwässerung der Dampfleitung dient dazu, Dampfschläge zu verhindern. Dampfschläge treten auf, wenn Dampf in eine Flüssigkeit geleitet wird, die eine niedrigere Temperatur hat. Die Dampfblasen kondensieren durch den Wärmeübergang zur umgebenden Flüssigkeit und kollabieren schlagartig (mit Schallgeschwindigkeit). Es bildet sich ein Vakuum, das von der Flüssigkeit eingenommen wird.
Abb. 10.19 Schematische Darstellung eines Y-Schmutzfängers, herausnehmbar
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Kondensomaten werden auch in Druckluft und in Gasen eingesetzt, um diese zu entwässern. Daher müssen bei Dampfrohrleitungen oder Gasleitungen vor jedem Tiefpunkt oder Regelventil Entwässerungen vorgesehen werden („drip legs“). Bei den Kondensomaten unterscheidet man die Typen nach der Nutzung von physikalischen Eigenschaften des Gases bzw. der Flüssigkeit: Schwimmerkondensomaten, bei denen das höhere spezifische Gewicht von Wasser genutzt wird, um es vom Dampf zu trennen. Kapselkondensomaten, die mit dem allein vom Druck abhängigen Siedepunkt von Wasser arbeiten und sich bei Temperaturen unterhalb dessen öffnen. Thermodynamische Kondensomaten, die sich thermische und strömungstechnische Phänomene zunutze machen, um mit geringen Verlusten Kondensat abzuleiten.
10.11.5 Sicherheitstechnische Installationen Sicherheitsventile Das Sicherheitsventil („safety valve“) ist ein Druckentlastungsventil, das ein Drucksystem wie Rohrleitungen und Apparate gegen unzulässige Drücke absichert. Die abgeleiteten Medien wie Gase, Dämpfe oder Flüssigkeiten werden in die Atmosphäre oder in Fackelsysteme abgeleitet. Sicherheitsventile unterliegen als Sicherheitseinrichtung einer wiederkehrenden Prüfung. Eine Schnittdarstellung eines Sicherheitsventils ist in Abb. 10.20 gezeigt. Berstscheiben Berstscheiben („rupture discs“) gehören wie Sicherheitsventile zu den Druckentlastungseinrichtungen. Sie werden eingesetzt, wenn große Massenströme abgeführt werden müssen, oder dienen zum Schutz vor Korrosion bei Sicherheitsventilen, wenn aggressive Medien wie z. B. Chlorgas oder Synthesegas vorliegen. Berstscheiben können im Gegensatz zu Sicherheitsventilen nicht wiederverwendet werden, da sie sich nicht wieder verschließen. Typischer Anwendungsfall ist das Absichern von Silos, bei denen Verpuffungen und Explosionen auftreten können. Flammendurchschlagsicherungen Aufgabe der Flammendurchschlagsicherung („flame trap“) ist es, den Durchfluss von Gasen, Flüssigkeiten usw. zu ermöglichen, aber einen Flammendurchschlag zu verhindern. Flammendurchschlagsicherungen, oft als Protego9 bekannt, schützen vor Dauerbrand, Deflagration und Detonation. Sie unterliegen der EUExplosionsschutzrichtlinie 2014/34/EU.
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Protego Flammendurchschlagsicherungen, www.protego.com.
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Rohrleitungselemente bzw. Komponenten
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Abb. 10.20 Schnittdarstellung eines Sicherheitsventils
10.11.6 Kompensatoren Der Einbau von Kompensatoren („compensators“, „bellows“) ist erforderlich, wenn Dehnungen aus Temperaturdifferenzen nicht durch die Elastizität der Rohrleitungsführungen ausgeglichen werden können oder wenn Schwingungen (Frequenz, Amplitude) von Maschinen nicht auf Rohrleitungen übertragen werden dürfen. Die Auslegungsdaten richten sich nach den Anforderungen durch Druck und Temperatur. Bei der Auslegung der Kompensatoren ist sicherzustellen, dass die Eigenschaften des Mediums, z. B. Sedimentieren, Kristallisieren, Einfrieren, zu keiner Beeinträchtigung der Funktion des Kompensators führen, z. B. durch entsprechende Wahl der Bauart. Bei Axialkompensatoren ist sicherzustellen, dass das Produkt aus Balgquerschnittsfläche und maximalem Innendruck einschließlich der Verstellkräfte des Kompensators als Kräfte und Momente von den Anschluss- und Festpunkten aufgenommen werden können. Die Abb. 10.21 und 10.22 zeigen Kompensatoren zwischen Ausrüstung und der angeschlossenen Rohrleitung.
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Abb. 10.21 Kompensator zwischen einem Ammoniaktank (Kalttank) und der angeschlossenen Rohrleitung
Abb. 10.22 Kompensator zwischen Ausrüstung und Rohrleitung
10.11.7 Schrauben, Bolzen und Muttern Schauben sind genormte mechanische Verbindungselemente. Die mechanische Verbindung ist lösbar und formschlüssig. Die Kennzeichnung von Schrauben, Bolzen und Muttern mit Herstellerzeichen und Festigkeitsklassen ist vorgeschrieben. Dies gilt für alle Festigkeitsklassen und alle Gewinde. Gängige Gewinde für Bolzen und Schrauben im Anlagenbau sind: Metrisches Gewinde nach DIN 13-1 (1999) – Metrisches ISO-Gewinde allgemeiner Anwendung – Teil 1
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Rohrleitungselemente bzw. Komponenten
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Withworth-Gewinde nach DIN EN ISO 228-1 (2003) – Rohrgewinde für nicht im Gewinde dichtende Verbindungen – Teil 1: Maße, Toleranzen und Bezeichnung Rundgewinde nach DIN 405-1 (1997) – Rundgewinde allgemeiner Anwendung – Teil 1: Gewindeprofile, Nennmaße UST-Zollgewinde nach ANSI B1.1 (2003) – UST-Zollgewinde, UN- und UNR-Gewindeform Universalrohrgewinde nach ANSI B1.20.1 (2013) – Universalrohrgewinde (Zoll) Für Flanschverbindungen an Apparaten und Rohrleitungen werden meist Maschinenschrauben und Schraubenbolzen aus den entsprechenden Werkstoffen verwendet. Bei der Montage von Apparaten und Rohrleitungen werden die Schrauben und Bolzen üblicherweise nach vorgegebenem Drehmoment mechanisch oder hydraulisch angezogen.
10.11.8 Dichtungen Dichtungen gibt es in unzähligen Varianten. Man kann Dichtungen grob in die folgenden Kategorien einteilen:
Schweißdichtungen Metallische Dichtungen Metall-Weichstoff-Dichtungen Weichstoffdichtungen Selbstdichtende Dichtungen.
Welche Art von Dichtung für einen konkreten Fall die geeignete ist, kann man nur durch eine entsprechende Analyse feststellen, die meist aus Betriebserfahrung aus Referenzprojekten besteht. Die Medienbeständigkeit bildet die Grundlage zur Sicherstellung der bestmöglichen Dichtigkeit. Lange Medienbeständigkeitslisten der Hersteller sichern die richtige Wahl des Dichtungsmaterials. Dabei ist zu beachten, dass nicht nur das Medium selbst, sondern auch die Konzentration, der Medienmix und die Prozesstemperatur betrachtet werden müssen, um Beschädigungen zu vermeiden. Weichstoffdichtungen Weichstoffdichtungen sind universelle Dichtelemente mit großem Anwendungsspektrum in allen Bereichen der Industrie. Sie werden im Temperaturbereich von 200 °C bis maximal C550 °C eingesetzt. Je nach Medium, Medienkonzentration, Temperatur, Druck und Flanschform ist ein geeigneter Werkstoff auszuwählen. Metallische Dichtungen Flachdichtungen aus Metall werden angewendet in Bereichen, in denen aufgrund des Mediums, der Temperatur, des Drucks und/oder der zulässigen Leckrate, Weichstoffdichtungen oder Metall-Weichstoff-Dichtungen weniger geeignet
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Rohrleitungen
sind. Sie haben sich sowohl bei niedrigen Temperaturen von 200 °C als auch bei hohen Temperaturen über 600 °C bewährt. Sie werden von relativ niedrigen bis zu höchsten Drücken verwendet. Metall-Weichstoff-Dichtung Typische Metall-Weichstoff-Dichtungen sind kammprofilierte Dichtungen und Spiral-Graphit-Dichtungen. Die kammprofilierten Dichtungen werden in der chemischen oder petrochemischen Industrie verwendet. Der Einsatzbereich ist meist dort, wo hohe Drücke und Temperaturen und damit hohe Schraubenkräfte zu beherrschen sind. Um Beschädigungen der Flansche durch den Metallkern zu vermeiden, werden in der Praxis kammprofilierte Dichtungen mit Auflage aus PTFE, Graphit, Aluminium oder Silber eingesetzt. Schweißdichtungen Schweißdichtungen werden dort eingesetzt, wo es darauf ankommt, eine sichere verschweißte Dichtverbindung (aber lösbar) aufgrund von Gefährlichkeit des Mediums oder der Gefahr einer Betriebsunterbrechung herzustellen.
10.11.9 Rohrunterstützungen Rohrunterstützungen („pipe supports“) dienen der sicheren Auflage, Führung oder dem Halten von Rohrleitungen. Rohrhalterungen aus Baustahl dürfen nicht direkt an Rohrleitungen aus warmfesten oder austenitischen Stählen angeschweißt werden. Es sind Zwischenbleche aus artgleichen Werkstoffen der Rohre vorzusehen. Der unmittelbare Kontakt zwischen Rohrleitungen aus austenitischen Chrom-Nickel-Stählen und verzinkten Teilen der Halterungen ist auszuschließen, gegebenenfalls sind Zwischenlagen vorzusehen (zur Vermeidung von Kontaktkorrosion und Rissbildung bei höheren Temperaturen). Halterungen und ihre Befestigungspunkte an der tragenden Konstruktion müssen in der Lage sein, bei den möglichen Betriebszuständen einschließlich Lastfällen im Rahmen der Montage, z. B. bei Wasserdruckprüfungen, die Rohrleitungen zu führen; die Kräfte und Momente zu übertragen, z. B. aus Gewicht und Wärmedehnung; die Zusatzbelastungen durch mögliche Wasserfüllungen bei Gasleitungen aufzunehmen; die Schwingungen zu dämpfen, z. B. innere Schwingungen durch Druckstöße, Turbulenzen, äußere Schwingungen durch Maschinen. Zusätzlich gilt bei isolierten bzw. gedämmten Rohrleitungen: Halterungen sind so auszuführen, dass eine Reduzierung der Dämmdicken nicht notwendig ist.
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Abb. 10.23 Rohrhalterungen, an Stahlbau geklemmt
Wird der Dämmmantel als Auflage der Rohrleitung benutzt, müssen die erforderlichen Kräfte am Rohr über den Dämmwerkstoff oder entsprechende Einlagen übertragen werden können. Besteht an abgehängten Rohrleitungen die Gefahr des Eindringens von Flüssigkeit in die Dämmung, z. B. in Freilagen, sind die Durchführungen im Dämmmantel so auszuführen, dass ein Eindringen ausgeschlossen ist. Die Abb. 10.23 zeigt Rohrhalterungen bereit für die Aufnahme von Rohrleitungen. Rohrhalterungen mit Öffnungswinkel von 45° bieten den Vorteil, dass sie gleichermaßen horizontal und vertikal eingesetzt werden können. In beiden Fällen erlaubt diese Bauart eine Auflagerung der Rohrleitung in geöffnetem Zustand während der Montagephase.
10.11.10 Sonderunterstützungen Für den Fall, dass die Rohrleitungshalterung nicht unmittelbar an der tragenden Baukonstruktion angebracht werden kann, müssen Sonderunterstützungen („special supports“) eingesetzt werden, die die Verbindung zwischen der Rohrleitungshalterung und der Baukonstruktion herstellen. Alle Sonderunterstützungen mit statisch relevanten Belastungen, wie hohe Einzellasten, Einspannmomente oder Festpunktlasten, werden im Rahmen der frühen Detailplanung spezifiziert und gleichzeitig mit der Baukonstruktion gefertigt und montiert. Alternativ können die Sonderunterstützungen als Teile der Stahlkonstruktion gesehen werden. Die Abb. 10.24 zeigt, schematisch dargestellt, ein Beispiel einer Sonderunterstützung und der einwirkenden Vertikalkraft.
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Rohrleitungen
Abb. 10.24 Beispiel einer Sonderunterstützung
10.11.11 Rohrhalterungen Mithilfe von Rohrhalterungen werden Rohrleitungen geführt bzw. fixiert. Dafür sollten grundsätzlich Standardrohrhalterungen eingesetzt werden. Bei den Standardhalterungen unterscheidet man in Rohrschellen, Rohrschuhe, Rohrsättel, Rohrhänger und Rundstahlbügel. Ein weiteres Unterscheidungskriterium bei den Standardhalterungen ist die Halterungsfunktion. Dabei unterscheidet man in Festpunkthalterungen, die die Rohrleitungen fest in allen Richtungen halten; Führungshalterungen, die Verschiebungen der Rohrleitungen in einer Richtung erlauben; Loshalterungen, die Verschiebungen der Rohrleitungen in zwei Richtungen erlauben. Die Abb. 10.25 und 10.26 zeigen Rohrsattel bzw. Rohrleitungslängsführungen zur Lastaufnahme mit unterschiedlichen mechanischen Freiheitsgraden.
10.11
Rohrleitungselemente bzw. Komponenten
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Abb. 10.25 Rohrsattel
Abb. 10.26 Längsführung, aus Rund- und Flachstahl, an Stahlbau geschweißt
10.11.12 Federhalterungen Federhalterungen werden eingesetzt, wenn es nicht möglich ist, die Lasten und Verschiebungen über Standardunterstützungen abzufangen. Bei den Federhalterungen unterscheidet man in
Federstützen, Federhänger, Konstantstützen, Konstanthänger.
Für die Berechnung des erforderlichen Federwegs ist der ungünstigste Lastfall im Rahmen der möglichen Betriebszustände maßgebend, z. B. das An- und Abfahren, ein Störfall, Schnellschluss, Beheizung im Stillstand und Spülvorgänge. Bei gasführenden Rohrleitungen ist zu prüfen und festzulegen, ob im Fall einer Wasserfüllung der Rohrleitung (z. B. bei Spülvorgängen, Wasserdruckprüfungen im Rahmen von Montage oder Instandhaltungsmaßnahmen) Federhalterungen blockiert werden müssen. Die Funktion der federnden Bauteile und deren maßgebliche Grundlagen sind in den einschlägigen Regelwerken gegeben, z. B. in
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Rohrleitungen
VGB10 R 510 L Richtlinie; Rohrhalterungen Teil 1: Planung, Konstruktion, Herstellung, Montage; MSS11 SP-58, Pipe Hangers and Supports – Materials, Design, Manufacture, Selection, Application, and Installation.
10.11.13 Federhänger und Federstützen Zum Ausgleich geringer vertikaler Dehnungsverschiebungen der Rohrleitungen werden als Halterungen federnde Bauelemente eingesetzt. Die Funktion dieser Bauteile beruht auf vorgespannten Schraubendruckfedern, die entsprechend ihrer vorgegebenen Federkennlinie über den Bewegungsbereich eine veränderliche Tragkraft ausüben. Hieraus resultierende Lastabweichungen werden in Abhängigkeit von der Empfindlichkeit des Rohrsystems durch die Rohrsystemberechnung begrenzt. Die Abb. 10.27 zeigt die Anordnung zweier Federstützen zum Ausgleich möglicher vertikaler Verschiebungen.
10.11.14 Konstanthänger und Konstantstützen Sind größere vertikale Bewegungen von Rohrleitungen und Apparaten aufzunehmen, z. B. bei Dampfkessel oder heiß gehenden Rohrleitungen, werden Konstanthänger und/oder Konstantstützen eingesetzt. Bei dieser Art von Unterstützung werden über den gesamten Bewegungsbereich die Lasten gleichmäßig abgetragen. Lasteinstellung und Blockierung bei der Montage der Federhänger und -stützen werden werkseitig auf die Montagelast vorgespannt und in beiden Bewegungsrichtungen blo-
Abb. 10.27 Federstützen zum Ausgleich vertikaler Verschiebungen
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VGB: Europäischer Fachverband für Strom- und Wärmeerzeugung. MSS: Manufacturers Standardization Society.
10.11
Rohrleitungselemente bzw. Komponenten
183
ckiert. Die Blockierung ist erforderlich, um Zusatzlasten beim Beizen und bei Spülvorgängen oder bei der Wasserdruckprobe aufzunehmen.
10.11.15 Gelenk- bzw. Pendelhalterungen Mit Gelenk- bzw. Pendelhalterungen können Rohrleitungen gehängt und zusätzlich seitlich geführt werden. Bei größeren Dehnungen der Rohrleitungen in Richtung der Rohrachse sind die Auslenkungen (Verkürzungen der Projektion) der Gelenk- bzw. Pendelhalterungen zu berücksichtigen. Wird eine seitliche Gelenk- bzw. Pendelhalterung auf Druck beansprucht, ist sie auf Ausknickung nachzuprüfen. Ein Beispiel einer Pendelhalterung ist in Abb. 10.28 dargestellt. Abb. 10.28 Pendelhalterung (kurz Hänger) einer Rohrleitung, mit Spannschloss, an Stahlbau geklemmt
Grundlagen Instrumentierung
Die Instrumentierung oder auch Mess- und Regeltechnik, kurz MSR genannt, ist ein wichtiger Teil für das sichere Betreiben von Anlagen. Die Instrumentierung ist im Planungsteil i. d. R. für folgende beiden Aufgabenschwerpunkte verantwortlich: Vertragsengineering, Spezifikationen, Planungsdokumente Behördenengineering, Sicherheitsnachweis Die wichtigsten Hauptkomponenten in der Anlagenautomatisierungstechnik bzw. Instrumentierung sind Feldgeräte Verdrahtung, Schrankbau, Feldbus, Anlagentechnik Prozessleittechnik
11.1 Allgemeines Prozesse und Anlagen werden so konzipiert, dass möglichst viele Anlagenteile automatisiert werden. Damit können sie selbstständig und ohne Mitwirkung von Menschen betrieben werden. Anlagenteile, die oft nicht oder nur teilweise automatisiert werden können, sind i. d. R. Verladeprozesse und manuelle oder semi-manuelle Zwischenhandlungen in diskontinuierlichen Prozessen, den sog. Batch-Prozessen. Automatisierung wird durch verschiedene Mittel erreicht, einschließlich mechanischer, hydraulischer, pneumatischer, elektrischer, elektronischer Geräte und Computer, üblicherweise in Kombination. Komplexe Systeme im Anlagenbau, aber auch in Flugzeugen und Schiffen verwenden typischerweise all diese kombinierten Techniken. Der Vorteil der Automatisierung liegt in der Einsparung von Arbeitskräften, Einsparungen bei den Stromkosten, Einsparungen bei den Materialkosten sowie Verbesserungen © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 185 K. G. Topole, Grundlagen der Anlagenplanung, https://doi.org/10.1007/978-3-662-57418-8_11
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Grundlagen Instrumentierung
der Qualität, Genauigkeit, Präzision und Sicherheit. Durch menschliche Tätigkeiten wird übergeordnet der Betrieb einer Anlage verfolgt und sichergestellt sowie die Beseitigung von Störungen realisiert.
11.2 Planungsdokumente Instrumentierung Basis der Planungsdokumente der Instrumentierung sind die Designbasis, die PID, der Plotplan und kundenspezifische Anforderungen. Basierend auf diesen Dokumenten werden die projektspezifischen Spezifikationen und Dokumente erstellt wie:
Allgemeine Instrumentierung Spezifikation Spezifikation für Feldgeräte Spezifikation der Instrumentierung für Package Units Spezifikation der Schnittstellen zwischen Rohrleitungsplanung, Equipmentplanung und Instrumentierung Spezifikation der Schnittstellen zwischen Verfahrenstechnik und Instrumentierung Montageanordnung („hook-up“), Katalog Verkabelungsphilosophie Signaltransfer zwischen SAS-Geräten, Feldgeräten, Motoren, lokalen Steuerungen, Spezialgeräten DCS-Spezifikation ESD-Spezifikation SAS-Schnittstellen SAS-Engineeringhandbuch, Softwarebeschreibung Funktionale Sicherheit (SIL)
11.3 Feldgeräte Feldgeräte („field devices“) sind Geräte, die in der Anlage (man spricht allgemein von im Feld) mit dem SAS in Verbindung stehen. Zu den Feldgeräten gehören die Sensoren (z. B. Druck, Temperatur, Analysen) und die Aktoren (z. B. Regelventile, Auf-Zu-Armaturen). Bei den Feldgeräten werden hohe Anforderungen an Qualität, Robustheit und Verfügbarkeit gestellt, da ein Ausfall eines solchen Geräts zum Abschalten einer Anlage führen kann. Daher werden speziell bei sicherheitsrelevanten Sensoren diese teilweise mehrfach ausgeführt.
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Feldgeräte
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11.3.1 Sensoren, allgemein Sensoren sind Geräte, die zur Messung, Überwachung und Regelung von Durchflüssen, Drücken, Temperaturen, Füllständen, Stellungen, Drehzahlen, Stoffwerten und sonstigen physikalischen Größen dienen, sowie Geräte für betriebsanalytische Messungen, Überwachungen, Steuerungen und Regelungen.
11.3.2 Durchflussmess- und Mengenmessgeräte Durchfluss- und Mengenmessungen gehören zu der Gruppe der Sensoren. Die Messung besteht aus zwei Hauptkomponenten: Messaufnehmer (Sensor) Transmitter Bei den gebräuchlichen Messverfahren im Anlagenbau unterscheidet man in
akustische Verfahren, magnetisch-induktive Verfahren, mechanisch-volumetrische Verfahren, optische Verfahren, thermische Verfahren, Wirkdruck- bzw. Stauverfahren.
Durchflussmessungen Bei den Durchflussmessungen unterscheidet man in Messung des Volumenstroms und des Massenstroms. Der Massenstrom entspricht einer dynamischen Masse-pro-Zeit-Einheit, gemessen z. B. in Gramm pro Minute (g/min). Ein genauer Massenstrom kann berechnet werden, indem ein Volumenstrom (z. B. m3 /s) auf Temperatur und Druck bei Normalbedingungen bezogen wird. Der Massendurchfluss wird in der Industrie häufig als Volumendurchfluss unter Normalbedingungen angegeben. Mengenmessungen Mengenmesser sind Zähler und erfassen Menge innerhalb eines beliebigen Zeitabschnitts. Mengenmesser sind auf ein Mengenmaß kalibriert. Typisches Beispiel hierfür ist eine Wasseruhr.
11.3.3 Füllstandmessungen Bei einer Füllstandmessung (oder kurz Standmessung) wird der Füllstand in einem Behälter (z. B. Druckbehälter, Tank, Silo) mithilfe eines Standmessgeräts erfasst. Dabei kann man zwischen einem Standanzeiger (kontinuierliche Anzeige) und Füllstandgrenzsignalgeber unterscheiden.
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Grundlagen Instrumentierung
Standanzeigen („level gauge“), kontinuierliche Messung des Füllstands: Entsprechend der erreichbaren Standhöhe werden die Messwerte in Prozent oder in Längen-, Volumen- oder Masseneinheiten als Analogsignal oder Digitalwert ausgegeben. Füllstandgrenzsignalgeber („level switch“): Der Grenzsignalgeber überwacht die einzelnen Grenzstände, zum Schutz von Ausrüstungen. Typisches Bespiel ist der Trockenlaufschutz bei Pumpen oder der Überlaufschutz bei Tanken. Die Überwachung von Füllständen in Behältern ist meist eine Kombination von verschiedenen Standanzeigern und Grenzsignalgebern. Die Art und Auswahl der Messung hängt im Wesentlichen von den physikalischen Eigenschaften des Mediums ab.
11.3.4 Druckmessgeräte Ein Druckmessgerät (auch Manometer – von altgriechisch „manos“ für dünn und „metron“ für Maß, Maßstab) gehört zu der Gruppe der Sensoren. Bei Druckmessungen in Flüssigkeiten oder Gasen ist zwischen Absolutdruck, Relativund Differenzdruck zu unterscheiden. Der Relativdruck (Unter- und Überdruck) bezieht sich auf einen Bezugsdruck, meist den Atmosphärendruck. Er stellt die Druckdifferenz zwischen dem im Inneren eines Gefäßes herrschenden Druck und dem Bezugsdruck dar. Der Absolutdruck dagegen wird gegenüber einem Vakuum festgestellt. Der Bezugspunkt ist also immer konstant. Physikalische Stoffdaten von Flüssigkeiten und Gasen sind grundsätzlich auf den Absolutdruck bezogen. Bei den gebräuchlichen Druckmessern im Anlagenbau unterscheidet man in elektronische Druckmessungen mit Drucksensor, Druckschalter, Druckmessumformer und Drucktransmitter für Messungen von Über-, Absolut- und Differenzdruck; mechanische Druckmessungen mit Rohr-, Platten- oder Kapselfedermanometern; mechatronische Druckmessungen als Kombinationsmöglichkeiten verschiedener mechanischer Messsysteme, Schaltkontakte, Ausgangssignale und elektrischer Anschlüsse; Druckmittler. Anmerkung am Rande zu Absolut- und Relativluftdruck Im Alltagsgebrauch wird der Luftdruck oft mit Bezug auf den atmosphärischen Druck gemessen. Wenn jemand sagt, seine Autoreifen haben einen Druck von 2,1 bar, dann haben sie 2,1 bar über dem atmosphärischen Druck (von etwa 1 bar), d. h. sie haben 3,1 bar absolut (der Reifen ist auch tatsächlich mit dem 3,1-Fachen des Reifenvolumens entspannter Luft gefüllt). Bei absoluten Druckangaben wird auch die Schreibweise bara oder bar(a) für bar absolut verwendet.
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Feldgeräte
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Bei relativen Druckangaben wird auch die Schreibweise bar/Ü oder bar/rel oder bar(g) für bar gauge verwendet. Die Angabe auf dem Reifendruckmesser an der Tankstelle ist bar(g).
11.3.5 Temperaturmessgeräte Ein Temperaturmessgerät ist ein Thermometer (altgriechisch „thermos“ für warm und „metron“ für Maß, Maßstab) und gehört zu der Gruppe der Sensoren. Die Temperatur wird i. d. R. in Grad Celsius (°C) gemessen. Weitere noch übliche Temperatureinheiten sind die Grundeinheit nach dem SI-System, das Kelvin (K) und das in den USA übliche Grad Fahrenheit (°F). Bei den gebräuchlichen Temperaturmessgeräten im Anlagenbau unterscheidet man in elektrische Temperaturmesstechnik mit Thermoelementen, Widerstandsthermometer (PTC1 und NTC2 ); mechanische Temperaturmesstechnik nach dem Bimetall-, Tensions- oder Gasdruckprinzip; mechatronische Temperaturmesstechnik mit Kombinationsmöglichkeiten verschiedener mechanischer Messsysteme, Schaltkontakte, Ausgangssignale und elektrischer Anschlüsse.
11.3.6 Regelarmaturen Regelarmaturen („control valves“) haben die Funktion eines Reglers, um Prozessgrößen wie Druck, Temperatur, Füllstand und Durchfluss mithilfe der Sensorik (über den Sollwertabgleich) zu regeln. Das Öffnen oder Schließen der Armatur kann erfolgen durch Pneumatik, Hydraulik, elektrischen Stellantrieb (Motor).
PTC-Widerstand oder PTC-Thermistor D Positive-Temperature-Coefficient-Thermistor, Kaltleiter, ist ein temperaturabhängiger Widerstand, leitet bei tiefen Temperaturen den elektrischen Strom besser als bei hohen Temperaturen. 2 NTC-Widerstand oder NTC-Thermistor D Negative-Temperature-Coefficient-Thermistor, Heißleiter, ist ein temperaturabhängiger Widerstand, leitet bei hohen Temperaturen den elektrischen Strom besser als bei tiefen Temperaturen. 1
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Grundlagen Instrumentierung
Die Regelarmatur besteht aus drei Hauptbauteilen: Armaturenkörper Stellantrieb Stellungsregler Die meisten Regelarmaturen sind Ventile mit einem Ventilkegel, dessen Form lineare Regelcharakteristik aufweist. Die Armaturen werden unterschieden nach Bauform des Gehäuses:
Eckventile Kolbenventile Grad- oder Schrägsitzventile Dreiwegeventil Membranventile Küken und Kugelhähne Klappen
Für bestimmte Anwendungen müssen Regelventile in die sog. Sicherheitsposition („fail safe“) zurückfahren, z. B. Ausfall der Hilfsenergien wie Instrumentenluft oder bei Stromausfall („blackout“). Bei pneumatischen Antrieben schließt bzw. öffnet eine Feder die Regelarmatur. Bei Regelarmaturen mit elektrischen Antrieben benötigt man eine Hilfsenergie, und dies kann durch eine mechanische Feder wie auch bei den pneumatischen Regelventilen erfolgen. Bei Spannungsausfall werden dann Elektroantrieb und Armatur durch eine automatisch wirkende Kupplung voneinander getrennt, und die Kraft der mechanischen Feder wird zum Schließen der Armatur genutzt. Die Abb. 11.1 zeigt ein pneumatisch angetriebenes Regelventil.
Abb. 11.1 Eingebautes und angeschlossenes Regelventil bestehend aus pneumatischem Stellantrieb (oben), Stellungsregler (Mitte) und Armaturenkörper (unten)
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11.3.7 Auf-Zu-Armaturen Auf-Zu-Armaturen („on-off valves“) sind Schaltarmaturen, die nur eine offene und eine geschlossene Stellung einnehmen können. Diese Armaturen haben meist eine Sicherheitsfunktion und dienen dazu, Gas- oder Flüssigkeitssysteme schnell zu trennen. Die Schließzeiten müssen so abgestimmt sein, dass die Rohrleitungssysteme nicht durch Rückstöße oder Implosionen beschädigt werden. Die Position der Armatur wird durch Endschalter überwacht. Das Öffnen oder Schließen der Armatur kann erfolgen durch Pneumatik, Hydraulik, elektrischen Stellantrieb (Motor).
11.3.8 Prozessanalysen Die Analysenmesstechniken sind ein wichtiger Teil der Prozesssteuerung und -überwachung einer Anlage. Sie umfassen sowohl die Labor-, die Online- oder die Prozessanalysatoren zur Bestimmung der chemischen Zusammensetzung oder der Echtzeitermittlung von physikalischen Kenngrößen. Typische Analysen sind
Leitfähigkeit, Überwachung organischer Verschmutzung, Hydrazinmessung, pH- und Redoxmessung, Trübungsmessung, Wasserhärtemessung, Wasserqualität, Gasanalysen (H2 , N2 , CO2 usw.).
Die Analysengeräte können in Analysengeräteräumen oder Analysengeräteschränken untergebracht werden oder sind Teil der Rohrleitungen, z. B. Inline-Instrumente.
11.3.9 Analysengeräteraum Der Analysengeräteraum ist ein abgeschlossener Raum oder Container zur Unterbringung und zum Betreiben von Prozessanalysenmesseinrichtungen, in den Probeströme zu Analysenzwecken eingeleitet werden und der regelmäßig von Betriebspersonal begangen wird (s. Abb. 8.27). Analysengeräteräume bieten die besseren Voraussetzungen gegenüber einer Feldinstallation, weil
192
11
Grundlagen Instrumentierung
sie Unabhängigkeit von Ex-Bereichen und Umwelteinflüssen bieten und vom Hersteller des Prozessanalysengeräts festgelegte Einsatzbedingungen für den zuverlässigen, bestimmungsgemäßen und sicheren Betrieb einhalten; der erforderliche Schutz für Einrichtungen und Personal während der Instandhaltung besser gewährleistet werden kann; Anforderungen an die Instandhaltung und die Zugänglichkeit zu den einzelnen Teilen der Prozessanalysenmesseinrichtung leicht zu realisieren sind. Der Analysengeräteraum sollte sich in sicherer Entfernung von Orten befinden, an denen toxische oder brennbare Stoffe freigesetzt werden können oder sich anreichern können.
11.3.10 Analysengeräteschrank Der Analysengeräteschrank ist ein Schrank, in dem eine oder mehrere Prozessanalysenmesseinrichtungen eingebaut sind. Die Wartung und Instandhaltung erfolgt von außen bei geöffneter Tür.
11.4 Automatisierungssystem Jede Anlage wird durch ein Automatisierungssystem, dem sog. PCS (Process Control System), SAS (Safety and Automation System) überwacht und geregelt. PCS und SAS bestehen aus zwei Teilsystemen, einem Prozessleitsystem für die Realisierung von Betriebs- und Überwachungsfunktionen, man spricht international vom DCS (Distributed Control System), und einem sicherheitsgerichteten Teilsystem, oft auch sicherheitstechnisches System genannt, zur Realisierung von Schutzfunktionen, man spricht international vom ESDSystem (Emergency Shutdown System). Teilweise findet man auch die Bezeichnung Emergency Shutdown Device.
11.4.1 Distributed Control System Das Distributed Control System (DCS) erfüllt im Minimum die folgenden Betriebs- und Überwachungsfunktionen: Signalanpassung und Konditionierung Messwerterfassung, Regelung, Steuerung, Stellwertausgabe Informationsaufbereitung, Darstellung, Meldung, Registrierung, Protokollierung
11.4
Automatisierungssystem
193
Überwachung der Anlage, Alarmieren und Schalten Schnittstelle zur Bedienung, Beobachtung, Wartung für Operator, Ingenieur, Manager Je nach Prozesserfordernis auch höhere Regelalgorithmen, komplexe Ablaufsteuerungen, automatisierte Rezepturfahrweisen und Optimierungsstrategien Das DCS ist entsprechend der Anforderungen der Anlage und des Betriebs funktional und gemäß der Anlagenaufteilung und Aufstellungsplanung strukturiert. Der Fokus liegt auf Anlagenverfügbarkeit, d. h. auch bei Störungen.
11.4.2 Emergency Shutdown System Das Emergency-Shutdown(ESD)-System wird auch als sicherheitstechnisches System bezeichnet. Es realisiert Schalt- und Steuerungsfunktionen (Schutzfunktionen) zum Schutz von Personen oder Umwelt. Sicherheitstechnische Funktionen umfassen die Verhinderung eines unzulässigen Prozesszustands durch selbsttätigen Eingriff in den Prozess und Begrenzung möglicher Auswirkungen im Fall des Eintretens eines unerwünschten Ereignisses. On-/Off-Schalt- und Steuerungsfunktionen zum Schutz von Personen oder Umwelt sind im ESD realisiert. Der Fokus liegt auf Anlagensicherheit.
11.4.3 Realisierung von Distributed Control System und Emergency Shutdown System In der Regel sind DCS und ESD getrennt voneinander realisiert (Hardware und Software), um eine Beeinflussung des sicherheitstechnischen Teils zu vermeiden. DCS und ESD bieten mindestens die folgenden hierarchischen Funktionalitäten:
Signalverarbeitung und Signalkonditionierung Messwerterfassung und Stellwertausgabe Steuerung und Regelung Informationsaufbereitung, Darstellung und Bedienung für Operator, Ingenieur und Manager
Das Beispiel einer Anordnung von DCS, ESD und der Leitwarte zweier Anlagen in einem Anlagenkomplex ist in Abb. 11.2 dargestellt.
194
11 Central Control Room
Color Printer
Alarm Printer
Color Printer
Ammonia / O & U
Central Control Room
Engineering Room
Alarm Printer
UREA
HIS
HIS
HIS
HIS
HIS
HIS
UAN/AN HIS
HIS
HNO 3 HIS
HIS EWS
HIS
HIS
HIS EWS
Printserver
Printserver
Sysnet/IP
Grundlagen Instrumentierung
Patchfield Fibre-Optic
n 1 Substation ock
A mmon mm oniia Fr Fron ontt E Ammonia Front E C 4 0 1
E C 4 0 1
E C 4 0 1
E C 4 0 1
HIS EWS
DCS O&U 1
Ammonia Front E nd End
UREA UREA
O &U O&U
B MS BMS
ESD Open Racks for Terminal Boards
Hardwired Interconnection
Open Racks for Terminal Boards
Announciator Panel
Announciator Panel
VMS
Turbine Speed Control
Special Devices
VMS
Turbine Speed Control
Modbus RTU
Analyser
Modbus RTU
Analyser
Modbus RTU
MCC (some winding temp.)
Modbus RTU
MCC (some winding temp.)
Modbus RTU
Antisurge
Modbus RTU
Antisurge
Plant 1
Boiler Panel
Special Devices
Modbus RTU
Refrige Compr.
Plant 2
Abb. 11.2 Übersicht von Distributed Control System, Emergency Shutdown System und Central Control Room (Leitwarte) zweier Anlagen in einem Anlagenkomplex
Grundlegender Aufbau des Automatisierungssystems Das Automatisierungssystem besteht aus den folgenden Hauptkomponenten: Teilsystem zur Automatisierung der Prozessanlage, Teilsystem zur Anzeige und Bedienung bzw. zum Informationsmanagement in der Prozessanlage, Bussystemen zur Kommunikation bzw. zum Datenaustausch zwischen den verschiedenen Teilsystemen und Geräten, Komponenten zur Signalanpassung und Konditionierung sowie Ex-Schutz der angeschlossenen Feldkomponenten. Grundlegende Anforderungen an die Teilsysteme zur Automatisierung Die Teilsysteme zur Automatisierung erfüllen folgende Aufgaben: Verarbeitung der aus dem Feld übertragenen Messwerte (analoge wie digitale Signale), Generierung von Melde- und Alarmfunktionen, Bearbeitung der diskreten und kontinuierlichen Regelungs- und Steuerungsfunktionen. Die Signale werden über Ein- und Ausgangsbaugruppen, Feldbusschnittstellen, serielle Schnittstellen usw. den Automatisierungskomponenten zugeführt. Jede einzelne Automa-
11.4
Automatisierungssystem
195
tisierungskomponente bearbeitet die ihr zugeordneten Aufgaben unabhängig von anderen Teilsystemen. Grundlegende Anforderungen an die Teilsysteme für Anzeige- und Bedienung (Human Machine Interface, HMI) Die Teilsysteme für die Anzeige und Bedienung stellen folgende Funktionalitäten zur Verfügung: Dynamische Prozessfließbilder zur Visualisierung der aktuellen Prozesszustände und Messwerte Einzel- und Gruppendarstellungen von Prozesszuständen, Messwerten, Sollwerten und Stellwerten Alarm- und Ereignislisten mit Zeitstempel Visualisierung von Ablauf- und Verriegelungssteuerungen Darstellung und Archivierung von aktuellen Messwerten Visualisierung von historischen Daten Systemspezifische Meldungen und Zustandsinformationen Einrichtungen zur Konfigurierung und Parametrierung sowohl der Automatisierungskomponenten als auch der Anzeige- und Bedienebene. Die Abb. 11.3 zeigt ein HMI-Beispiel. Optional können Funktionen des übergeordneten Daten- und Informationsmanagements, wie z. B. Spreadsheet-Applikationen, Textverarbeitung, Datenbankanwendungen usw. in die Anzeige- und Bedienebene integriert werden.
11.4.4 Software Die Software schließt die notwendige System- und Anwendersoftware für die Komponenten des Automatisierungssystems ein. Die Anwendersoftware besteht aus standardisierten Logik- und Funktionsblöcken, deren Funktionalität und Konfiguration durch die spezifischen Eigenheiten des gewählten Systems bedingt sind. Software zur Konfigurierung und Parametrierung sowohl der Automatisierungskomponenten als auch der Anzeige- und Bedienebene sind eingeschlossen.
11.4.5 Redundanzkonzept Das Redundanzkonzept für Komponenten zur Ein- und Ausgabe von Messwerten, zur Regelung, Steuerung und Überwachung ist in folgender Weise realisiert: Die Teilsysteme zur Anzeige und Bedienung sind derart ausgeführt, dass bei Ausfall einer Komponente keine Beeinträchtigung der vollen Anzeige- und Bedienfunktionalitäten auftreten kann.
196
11
Grundlagen Instrumentierung
Das Bussystem ist, soweit mit dem ausgewählten System erhältlich, in Eins-zu-EinsRedundanz aufgebaut. Die Verlegung der redundanten Buskabel erfolgt auf getrennten Wegen. Komponenten des Automatisierungssystems, deren Ausfall die Regelungs- und Steuerungsfunktionen von Teilanlagen oder der Gesamtanlage beeinträchtigen können, sind entsprechend den Prozessanforderungen redundant ausgeführt. Dabei werden die unterschiedlichen Redundanzkonzepte der verschiedenen Hersteller berücksichtigt. Spannungsversorgungen für Teilsysteme zur Automatisierung sind in Eins-zu-EinsRedundanz ausgeführt. Statusmeldungen von Betriebszuständen Meldungen von Betriebszuständen erfolgen in Anlehnung an DIN 19235. Bei Automatisierungssystemen sind die Standardfunktionen des jeweiligen Lieferanten vorgesehen. Schutzeinrichtungen der Prozessanlage Schutzsysteme sind sicherheitstechnische Systeme, die zur Realisierung von Schutzfunktionen mit Mitteln der MSR-Technik dienen. Schutzsysteme unterscheiden sich gemäß VDI/VDE 2180 Blatt 1 von Betriebs- und Überwachungssystemen. Sie sind zur Verminderung des Risikos von Personen und Umwelt-
Abb. 11.3 Beispiel einer Prozessdarstellung im Distributed Control System
11.4
Automatisierungssystem
197
schäden eingesetzt. Gemäß vertraglicher Festlegung sind Schutzsysteme von Fall zu Fall auch zur Verminderung des Risikos von Sachschäden eingesetzt. Vorrangig sind verfahrenstechnische Einrichtungen mit primären und unmittelbaren Schutzeinrichtungen abzusichern. Hierzu gehören passive Schutzeinrichtungen wie z. B. Sicherheitsventile, Berstscheiben, Auffangtassen und Abmauerungen. MSR-Schutzeinrichtungen kommen zum Einsatz, wenn unmittelbare Schutzeinrichtungen aus verfahrenstechnischen Gründen nicht anwendbar oder nicht ausreichend sind. Gemäß VDI/VDE 2180 Blatt 1 (2007) führt die Anwendung möglichst einfacher überschaubarer und unmittelbar wirkender Maßnahmen i. d. R. zu sicheren und gleichzeitig wirtschaftlichen Lösungen. MSR-Einrichtungen sind unter dem Aspekt der Sicherung von Anlagen in Klassen eingeteilt, und es werden Empfehlungen für die Auslegung, die Ausführung, den Betrieb und die Prüfung von MSR-Schutzeinrichtungen gegeben. MSR-Schutzsysteme sind mit sicherheitsgeprüften und klassifizierten Steuerungen realisiert, die möglichst einfach und direkt wirkend aufgebaut sind. Die Klassifizierung der Steuerungen erfolgt gemäß EN 61508 (2011). In Prozessanlagen mit geringer Anzahl von Schutzfunktionen werden fest verdrahtete Systeme („hard-wired systems“) eingesetzt. Bei einer großen Anzahl von Schutzfunktionen erfolgt die Signalverarbeitung in einer ESD. Sicherheitsgerichtete Messkreise, Sensoren und Aktoren, die in Sicherheitssystemen Verwendung finden, haben die notwendige sicherheitsbezogene Verfügbarkeit. Schaltkreise sind im Ruhestromprinzip ausgeführt. Sensoren und Aktoren der Schutzsysteme erfüllen z. T. gleichzeitig die Funktion von MSR-Betriebseinrichtungen. Das hat den Vorteil, dass diese Komponenten einer ständigen Anforderung und damit Kontrolle auf Funktion unterliegen. Es ist jedoch gewährleistet, dass die Schutzfunktion gegenüber der Betriebsfunktion in jedem Fall Vorrang hat. Die Schutzeinrichtung kann fest verdrahtet oder mit einem programmierbaren System (PLC3 ) aufgebaut sein. Folgende Gesichtspunkte sind dabei berücksichtigt: Der Aufbau der Schutzeinrichtung ist einfach und übersichtlich. Die Schutzeinrichtung ist während des Betriebs grundsätzlich nicht zu ändern. Sind für besondere Betriebszustände, z. B. beim Anfahren, Überbrückungen unumgänglich, dann sind diese automatisch und mit zeitlicher Begrenzung vorgesehen. Beim Einsatz fest verdrahteter Systeme gilt der Grundsatz: Es sind sicherheitstechnisch zertifizierte Systeme einzusetzen.
3
PLC D Programmable Logic Controller, speicherprogrammierbare Steuerung (SPS).
198
11
Grundlagen Instrumentierung
Beim Einsatz programmierbarer Systeme gelten folgende Grundsätze: Es sind sicherheitstechnisch zertifizierte Systeme (Hard- und Software) einzusetzen. Im Prüfbericht genannte zugelassene Anwendungsbereiche und geforderte Bedingungen müssen eingehalten werden. Systemsoftware ist modular mit immer wieder verwendeten Funktionen und Funktionsbausteinen aufgebaut und mit einer Programmiersprache in Anlehnung an EN 611313 erstellt. Komponenten von Schutzeinrichtungen haben nach EN 61508 einen SIL-Nachweis, sind baumustergeprüft oder betriebsbewährt.
11.4.6 Mess-Steuer-Regel-Schaltraumausrüstung und Anschluss der Feldgeräte Mess-, Steuer- und Stellsignale sind von den Feldgeräten zu Unterverteilern geführt und dort in Sammelkabeln zusammengefasst. Sammelkabel sind von den Unterverteilern zu Rangierverteilern im MSR-Schaltraum geführt. Die Adern der Sammelkabel sind im Schaltraum und in den Verteilerkästen vollständig auf Klemmenanschlussleisten aufgelegt. Messsignalübertragung Die Standardsignalübertragung der Mess-, Stell- und Regelgeräte erfolgt mit lastunabhängigen Gleichstromsignalen, Zweileiter 4–20 mA; bei Feldbustechnik in digitaler Form (Einsatz entsprechend der vertraglichen Vereinbarung); bei Binärsignalen mit 24 V Gleichspannung; das Standardsignal für pneumatische Ausrüstungen ist 0,2–1 bar. Elektrische Hilfsenergie Als elektrische Hilfsenergie für MSR-technische Feldgeräte wird i. d. R. 24 V Gleichspannung verwendet. Bei Analysesystemen und Sondermesseinrichtungen sowie fallweise für höhere Leistungen und größere Entfernungen wird oft die verfügbare Standardwechselspannung (z. B. 230 V oder 110 V) verwendet. Entsprechend den Sicherheitsanforderungen des Prozesses sind die MSR-Ausrüstungen i. d. R. unterbrechungsfrei durch eine UPS4 versorgt. Pneumatische Hilfsenergie Die Druckluft für MSR-Zwecke (Instrumentenluft) wird i. d. R. zentral erzeugt, gefiltert und getrocknet. 4
UPS D Uninterruptible Power Supply, unterbrechungsfreie Stromversorgung.
11.5
Input-Output-Liste
199
Erforderliche Beschaffenheit: Taupunkt Instrumentenluft D Umgebungslufttemperatur minus 10 °C Instrumentenluft frei von Öl und Staubpartikeln Die Verbraucher werden über ein entsprechend dimensioniertes Netz, empfohlener Druck 6 bar(g), versorgt. Für die Einhaltung des jeweils erforderlichen Drucks sorgen örtliche Filter- und Reduzierstationen. Die Druckluft soll immer für 15 min nach Ausfall aller Drucklufterzeuger mit einem Mindestdruck von 4 bar(g) sichergestellt sein. Elektrische Hilfsenergie Die MSR-Systeme wie DCS und ESD werden standardmäßig mit Wechselspannung versorgt. Die Spannungsversorgung ist i. d. R. durch ein UPS-System gesichert. Bei Ausfall der zentralen Stromversorgung bleiben DCS und ESD zum sicheren Abfahren der Prozessanlage funktionsfähig.
11.4.7 Bussystem Das Bussystem ist im Rahmen der herstellerspezifischen Eigenheiten entsprechend den prozessbedingten Anforderungen ausgeführt für die Kommunikation zwischen den Teilsystemen zur Automatisierung untereinander bzw. mit Feldkomponenten über Feldbus, Kommunikation zwischen den Teilsystemen zur Automatisierung und den Anzeige- und Bedienkomponenten. Der Datenaustausch mit übergeordneten Systemen ist über standardisierte industrielle Kommunikationskomponenten möglich.
11.5 Input-Output-Liste Um die SAS-Systeme auszulegen, wird eine sog. I/O-Liste (Input-Output-Liste) generiert. Sie enthält alle Ein- und Ausgangsignale, die mit dem DCS oder ESD verbunden sind. Die I/O-Liste wird während eines Projekts laufend ergänzt und vervollständigt. Die Tab. 11.1 zeigt einen Beispielausschnitt einer I/O-Liste mit den zugehörigen Parametern jedes I/OSignals. Montageanordnung Montageanordnungen (Hook-up) sind Installationszeichnungen für Feldgeräte. Verschiedene Feldgeräte gleicher Bauart wie z. B. Drucktransmitter werden zu einem Hook-up
–
–
–
FPV1142
–
FT1142
–
– –
E1-Z1-262 B24
E1-Z1-262 B24
E1-Z1-262 B24
E1-Z2-205 1IB41141
E1-Z1-262 B24
E1-Z2-205 1IB41141
E1-Z1-262 B24
E1-Z1-262 B24 E1-Z1-262 B24
Geräte Name
–
Junction Box
E1-Z1-262 B24
PID
Tab. 11.1 Beispiel einer I/O-Liste
FIC1146
FIC1141
FO1143 PI1143A
FO1143 PI1143A
APV1140 AY1140
FIC1142
AIC1140
KOH to Precipitation KOH tol Precipitation K2 CO3 to Precipitation K2 CO3 to Precipitation DMW to Lean Brine Saturator Bypass Density Fork DMW to Lean Brine Saturator Bypass Orfice Pressure measurement
Aufgabe
Analogsignal Honeywell
Analogsignal Honeywell
Analogsignal Honeywell
Analogsignal Honeywell
Syst.powered Analogsignal 4..20 mA HART BUS Analogsignal Honeywell
BUS
BUS
BUS
BUS
Signalrate
örtlich örtlich
örtlich örtlich
– –
– –
Eing. normal Syst.powered Analogsignal 4..20 mA HART BUS BUS Analogsignal Honeywell
BUS
Normalausg.
BUS
BUS
BUS
BUS
Ausführungs- SignalSignaltyp klasse charakteristik
– –
DCS
DCS
DCS
DCS
DCS
DCS
DCS
DCS
Realisierung
11
FI1142
AI1140
FPV1142 FY1142
FI1141
FPV1141 FY1141
FI1146
E/A Kennzeichen FPV1146 FY1146
LoopName
200 Grundlagen Instrumentierung
HPVSHZ6659L HPVSL6693L HPVSHZ6693L
E1-Z1-281 1N46644Z HZSL6693L
E1-Z1-281 1N46644Z HZSHZ6693L
FI6246
E1-Z1-281 1N46644Z HZSHZ6659L
FT6246
E1-Z1-264 1IB46242
EPD6242S
HPVSL6659L
–
E1-Z1-264 B21
EPD6242A
PI1143B
LoopName
E1-Z1-281 1N46644Z HZSL6659L
–
E1-Z1-264 B21
Geräte Name
–
Junction Box
E1-Z1-262 B24
PID
Tab. 11.1 (Fortsetzung) E/A Aufgabe Kennzeichen PI1143B Pressure measurement E-nPD NaHS 6242A Metering Pump A E-nPD- NaHS 6242S Metering Pump S FI6246 NaHS to raw brine HZSLMain Isola6659L tion Valve ELO L close HZSHZ- Main Isola6659L tion Valve ELO L open HZSLMain Isola6693L tion Valve ELO L close HZSHZ- Main Isola6693L tion Valve ELO L open BUS
BUS
örtlich
Binärsignal
Binärsignal
–
Profibus Strang 2
Profibus Strang 1
–
Signalrate
Eing. sicherheitsger.
Eing. sicherheitsger.
Eing. sicherheitsger.
Syst.powered Binärsignal
Syst.powered Binärsignal
Syst.powered Binärsignal
NAMUR 2-wire
NAMUR 2-wire
NAMUR 2-wire
Eing. normal Dev.powered Analogsignal 4..20 mA HART Eing. sicher- Syst.powered Binärsignal NAMUR heitsger. 2-wire
BUS
BUS
örtlich
Ausführungs- SignalSignaltyp klasse charakteristik
ESD
ESD
ESD
ESD
DCS
DCS
DCS
–
Realisierung
11.5 Input-Output-Liste 201
202
11
Grundlagen Instrumentierung
zusammengefasst. Ein Hook-up umfasst die Installationszeichnung, die Stückliste und die Liste der Feldgeräte, für die die Zeichnung gültig ist. Die Abb. 11.4 zeigt ein verhältnismäßig einfaches Beispiel einer Montageanordnung, Abb. 11.5 zeigt ein durchaus komplexeres Beispiel eines Hook-up.
Abb. 11.4 Beispiel eines Hook-up für einen magnetisch-induktiven Ultraschalldurchflussmesser
Abb. 11.5 Beispiel eines Hook-up für einen Differenzdruckmessumformer mit Kapillaren und Spülringen
11.6
Verriegelungssystematik
203
11.6 Verriegelungssystematik Eine Verriegelungssystematik („interlock“) ist eine Einrichtung, die bewirkt, dass sich der Status mehrerer Mechanismen oder Funktionen gegenseitig beeinflusst. Das Beispiel einer Mikrowelle eignet sich gut dazu, eine Verriegelungssystematik anschaulich zu beschreiben. Eine Mikrowelle aus den 1980er- und 1990er-Jahren hatte i. d. R. noch keine Sensortasten, sondern rein mechanische Schalter und eine mechanische Uhr wie in Abb. 11.6 abgebildet. Eine alte Mikrowelle funktioniert(e) folgendermaßen: Tür auf ! Maschine geht aus Tür zu ! Maschine kann eingeschaltet werden Tür auf ! Maschine wieder aus Dies allein ist noch kein Interlock, sondern ein (einfacher) Sicherheitsschalter. Eine moderne Mikrowelle besitzt i. d. R. Sensortasten. Damit werden die wichtigsten Funktionen ausgelöst vom Ein- und Ausschalten, Einstellen der Leistung, Einstellen von Laufzeit, teilweise sogar von der Vorprogrammierung auf eine bestimmte Uhrzeit für Start und Ende usw. Die Abb. 11.7 zeigt ein Beispiel. Hier existieren (einfache) Interlocks wie beispielsweise: Startsignal ausgelöst und Tür ist geschlossen ! Innenbeleuchtung geht an, Maschine startet, Zeitschalter startet Stoppsignal ausgelöst ! Maschine stoppt, Innenbeleuchtung bleibt an, Zeitschalter pausiert Zeitsignal ausgelöst ! Maschine stoppt, Innenbeleuchtung bleibt an Türtastensignal ausgelöst und Maschine ist dabei aus ! Tür öffnet Abb. 11.6 Mikrowelle, altes Modell
204
11
Grundlagen Instrumentierung
Abb. 11.7 Mikrowelle, modernes Einbaumodell, nur Sensortasten auf der Oberfläche. (Neff 2018)
Türtastensignal ausgelöst und Maschine ist dabei an ! Stoppsignal wird ausgelöst (D wie oben: Maschine stoppt, Licht bleibt an, Zeitschalter pausiert), Tür öffnet Gleichermaßen existieren in weitaus komplexerer und breiterer Form, in jeder Anlage eine Vielzahl von Verriegelungen. Verriegelungsbeschreibung Die Verriegelungsbeschreibung („interlock description“) stellt die in der Anlage implementierten Verriegelungen im Fall von Grenzwertüberschreitungen im DCS sowie der Trips im ESD dar. Im DCS spricht man von Interlocks, im ESD von „Trips“. Eine solche Beschreibung kann entweder in Textform und/oder als Übersichtsdiagramm erfolgen, im sog. Trip and „Interlock Schedule“. Zusammen mit dem PID bildet die Verrieglungsbeschreibung bzw. das „trip and interlock schedule“ die wesentlichen Dokumente, auf deren Basis die HAZOP durchgeführt wird. Beispiele eines Trip and Interlock Schedule sind in Abb. 11.8 und 11.9 dargestellt. Genau wie im Beispiel der Mikrowelle können mehrere auslösende Signale durch Logikschaltungen (z. B. 1 oder &) verknüpft werden und führen zum Trip (im ESD) bzw. Interlock (im DCS). Gleichermaßen können aus dem Trip oder Interlock mehrere Aktionen ausgelöst werden. Es können als Teil der Aktion sogar andere Auslöser getriggert werden, die ihrerseits (im möglichen Zusammenspiel mit anderen Auslösern) wiederum zu einem weiteren Trip oder Interlock führen.
System
VorAlarm
Trip Auslösung
4106
Kondensatbehälter B4141 (41D005) Füllstandschalter tief DCS DI
DCS AI AL LIC4141.06 SL L4141.45
AL SLL LIC4141.06 LIC4141.06
Abb. 11.8 Trip and Interlock Schedule (einfaches Beispiel)
4106
PID Nr. I/O TYPE Instr. Nr. Instr. Nr
zu finden auf
Kondensatbehälter B4141 (41D005) Füllstandmessung tief tief
Trip: Auslösung
≥1
I 4102
Auslösung Abschaltung Verbindung
Rückstellung (manuell)
Kondensatpumpe P4144 (41P001B) UB4144.30 stoppt
Kondensatpumpe P4143 (41P001A) UB4143.30 stoppt
Aktion
DCS BUS
DCS BUS
I/O TYPE
System
XSS UB4143.30
XSS UB4143.30
Bemerkung
11.6 Verriegelungssystematik 205
System
VorAlarm
Trip Auslösung
1105
DCS AI
DCS DI DCS DI
DCS DI
UA1500.07
AL EI1500.71 SLL EI1500.71
HS 1500.05 = AUS AH SHH ES.1500.07 ES1500.08 AL SLL ES.1500.07 ES1500.08
Abb. 11.9 Trip and Interlock Schedule (komplexeres Beispiel)
Elektrolyseurstrom ist nicht tief (nicht 1 (pro Jahr) sind im Chemieanlagenbau nicht gewünscht und zu vermeiden. Gleichermaßen ist im Chemieanlagenbau keine SIL 4 gestattet. Sollte bei einer SIL-Klassifizierung, beispielsweise nach der „Risiko-GraphMethod“ oder nach der LOPA theoretisch eine SIL 4 herauskommen, darf sie im chemischen Anlagenbau nicht realisiert werden. Stattdessen ist dann eine komplett andere Lösung zu wählen, beispielsweise ein anderer verfahrenstechnischer Prozess mit größerer inhärenter Sicherheit.
13.3.3.5 Anmerkungen zu den unterschiedlichen Methoden der SIL-Klassifizierung Um ein klares und schnelles Verständnis der SIL-Klassifizierung zu erhalten, wurde hier nur eine (und zwar die einfachste) Klassifizierungsmethode vorgestellt. Die Anwendung der aufwendigeren Risiko-Graph-Methode oder der LOPA sind in der IEC EN 61511-3 (2013) ausführlich dargestellt. Für den Gesamtüberblick sind hier die Vor- und Nachteile der Methoden zusammengefasst:
230
13
Anlagensicherheit, HAZOP und SIL
Matrix-Methode: C C C
Einfach und klar anzuwenden Passive Sicherheitseinrichtungen gehen direkt ein Abwägen mit SIF ist möglich SIL-Klassifizierung ist konservativ, d. h. sie liegt immer auf der sicheren Seite. Unter Umständen wird jedoch zu viel Sicherheit abverlangt Risiko-Graph-Methode:
C C
Allgemein verbreitet Vielseitig Komplexer, es gibt verschiedene Risiko-Graphen Passive Sicherheitseinrichtungen gehen nur indirekt ein LOPA:
C Alle zur Verfügung stehenden Schutzebenen können helfen C Numerischer genauer Nachweis, d. h. es wird nur so viel zusätzliche Sicherheit eingebaut, wie wirklich notwendig Es müssen Wahrscheinlichkeiten numerisch angegeben werden, die teilweise schwer zu beschaffen sind oder angezweifelt werden können. Anmerkung am Rande Als Weiterentwicklung der LOPA existiert zwischenzeitlich die ROGA-Methode des TÜV Rheinland (2018). ROGA steht für risiko-orientierte Gefahrenanalyse. Die ROGA ist, wie auch die LOPA, semi-quantitativ. Die Systeme werden in Risikoklassen (RK) und Zuverlässigkeitsklassen (ZK) eingeteilt, dann erfolgt eine Gegenüberstellung.
13.3.4 SIL-Konzeption Hier werden, entsprechend der SIL-Klassifizierung, die dafür geeigneten Geräte ausgewählt und zu einem System zusammengeführt. Ebenso werden hier entsprechende organisatorische Maßnahmen, wie beispielsweise Wartungsintervalle, festgelegt. Das betrachtete System besteht aus dem gesamten Control Loop von Sensor über die Regeleinheit bis zum Aktor, wie in Abb. 13.2 dargestellt. Im Folgenden soll das Grundprinzip der Konzeption dargestellt werden, wobei die wichtigsten Prinzipien beschrieben werden. Die nachfolgende Beschreibung ist nicht erschöpfend. Tatsächlich liegen in der SIL-gerechten Konzeption noch eine Vielzahl weitergehende Einflussgrößen, wie beispielsweise Verschaltung und Unabhängigkeit von ESD und DCS und, falls erforderlich, Maschinenüberwachung, integrierte Systeme, Diagnostic Modules usw.
13.3
Safety Integrity Level Sensor
Signalweg
231 Logiksystem
Signalweg
Aktor
Abb. 13.2 Regelkreis, Control Loop
Für weitergehende, tiefergehende Aspekte in der SIL-gerechten Konzeptionierung wird auf die spezielle Fachliteratur verwiesen, beispielsweise DIN EN 61508, DIN EN 61511, Gruhn und Cheddie (2005), Goble und Cheddie (2005), Fa. Pepperl+Fuchs (2017), Börcsök (2015).
13.3.4.1 Auswahl der Komponenten Die Auswahl der Komponenten selbst (Sensoren, Regler und Aktoren) geht in den SILNachweis ein. Jeder Hersteller testet seine Produkte vor dem Inverkehrbringen gründlich gemäß den Fachnormen, insbesondere der IEC 61508. Bis zu SIL 2 kann der Hersteller dies in eigener
Hiermit wird bestägt, dass das Gerät: _________________________ mit Hardwareversion: _________________________ mit Sowareversion: _________________________ gemäß NAMUR Empfehlung 53 nach IEC 61508 SIL 2 entwickelt und gefergt wurde. Die durchgeführte FMEDA ergab folgende Ausfallraten: Sichere entdeckte Ausfälle (λSD): ______ Sichere unentdeckte Ausfälle (λSU): ______ Gefährliche unentdeckte Ausfälle (λDU): ______ Gefährliche entdeckte Ausfälle (λDD): ______ Daraus ergeben sich: Anteil sicherer Ausfälle (SFF): Milere Betriebszeit (MTTF ): Diagnoseabdeckung (DC):
______ ______ ______
Abb. 13.3 Beispiel einer Herstellererklärung. DC Diagnostic Coverage (Diagnosedeckungsgrad); FMEDA Failure Modes, Effects and Diagnostic Analysis; MTTF Mean Time to Failure; NAMUR Interessengemeinschaft Automatisierungstechnik der Prozessindustrie (abgeleitet vom Gründungsnamen von 1949: Normenarbeitsgemeinschaft für Meß- und Regeltechnik in der chemischen Industrie); SFF Safe Failure Fraction; DD „failure rate dangerous detected“; DU „failure rate dangerous undetected“; SD „failure rate safe detected“; SU „failure rate safe undetected“
232
13
Anlagensicherheit, HAZOP und SIL
Verantwortung vornehmen. Ab SIL 3 muss die Prüfung durch einen unabhängigen Dritten erfolgen, der nach erfolgreicher Zertifizierung ein entsprechendes Zertifikat ausstellt. Die sicherheitsrelevanten Parameter und Zertifikate werden mit dem verkauften Gerät in einer Herstellererklärung oder einem Datenblatt angegeben, wie im Beispiel in Abb. 13.3 dargestellt. Das heißt, bei der Konzeptionierung gilt es, klug auszuwählen, ob bessere (und i. d. R. auch teurere) Geräte mit höherer SIL-Klasse oder schlechtere Geräte (und i. d. R. auch billigere) Geräte mit niedrigerer SIL-Klasse eingesetzt werden sollen. Doch Vorsicht: Nur weil eine oder mehrere Komponenten beispielsweise SIL 3 erfüllen, heißt es noch lange nicht, dass das komplette System (Sensor – Regler – Aktor) tatsächlich SIL 3 erfüllt – mehr dazu im Abschn. 13.3.5 SIL-Nachweis.
13.3.4.2 Voting-Struktur Ein wesentlicher Freiheitsgrad bei der Konzeption eines Systems ist die Wahl der sinnvollen (und natürlich auch umsetzbaren) Architektur. Signale können, genau wie jede Messgröße, durchaus fehlerhaft sein. Deshalb werden kritische Systeme i. d. R. so ausgelegt, dass in einem „trip“ zwei oder mehr auslösende Signale verglichen werden, um eine sichere Beurteilung für den „trip“ zu gewährleisten und eine Aktion zu initialisieren. Dual-Architektur Werden zwei auslösende Signale für einen „trip“ verwendet, spricht man von der Dual-Architektur. Grundsätzlich können im auslösenden Signal zwei Fehlerarten existieren: „false positive“ und „false negative“. In der ersten Fehlerart wird ein Signal fehlerhaft ausgelöst, obwohl dafür kein Grund besteht (man spricht von „false positive“). Im zweiten Fehlerfall existiert zwar ein echter Fehlergrund, das Signal wird aber nicht ausgelöst (man spricht von „false negative“). In der Dual-Architektur gibt es grundsätzlich die Möglichkeit, der Sicherheit den Vorrang zu geben und damit gleichzeitig die Anlagenverfügbarkeit herabzusetzen, oder die Sicherheit herabzusetzen und damit die Anlagenverfügbarkeit zu erhöhen. Im Fall der Erhöhung der Sicherheit spricht man von one-out-of-two (kurz 1oo2), was, aus verdrahtungstechnischer Sicht, einer Serienschaltung zweier Schalter entspricht, dargestellt in Abb. 13.4. Bei der 1oo2-Anordnung kommt es bereits zum Trip, wenn einer der beiden Schalter (A oder B) auslöst (öffnet). Umgekehrt heiß das aber auch, dass die Verfügbarkeit einer
Abb. 13.4 Dual-Architektur 1oo2 (one-out-of-two)
A
B
13.3
Safety Integrity Level
233
Anlage (oder eines Anlagenteils) herabsinkt, denn es ist durchaus denkbar, dass eines der beiden Signale „false positive“ ist; hier wird ein Trip ausgelöst, ohne dass es tatsächlich erforderlich wäre. Darstellung aus verdrahtungstechnischer Sicht oder auch aus Hardwaresicht heißt: jeder Schalter ist „normally closed“ (NC). Es fließt ein Ruhestrom von mindestens 4 mA. Wird nun Schalter A oder Schalter B unterbrochen, wird das Gesamtsignal unterbrochen – es kommt zum Trip. Prinzipiell denkbar wäre auch die Darstellung aus softwaretechnischer Sicht, die auch tatsächlich in mancher Literatur dargestellt wird. Hier wird ein Signal nicht NC gesehen, sondern „normally open“ (NO). Hier würden dann für die 1oo2-Architektur zwei Schalter in Parallelschaltung dargestellt. In diesem Buch wird die traditionelle Darstellung aus hardwaretechnischer Sicht mit NC-Schaltern verwendet. Im Fall der Erhöhung der Verfügbarkeit spricht man von two-out-of-two (kurz 2oo2), was, aus verdrahtungstechnischer oder Hardwaresicht, einer Parallelschaltung zweier Schalter entspricht, dargestellt in Abb. 13.5. Bei der 2oo2-Anordnung kommt es erst zum „trip“, wenn beide Signale auslösen, d. h. beide Schalter (A und B) unterbrochen werden. Die Sicherheit sinkt, denn es ist durchaus denkbar, dass eines der beiden Signale „false negative“ ist, also gewissermaßen schläft; hier wird kein Trip ausgelöst, obwohl es tatsächlich erforderlich wäre. Umgekehrt heißt das aber auch, dass die Verfügbarkeit einer Anlage (oder eines Anlagenteils) steigt. Triple-Modular-Redundant-Architektur Triple Modular Redundant (TMR) soll gleichzeitig dem Anspruch erhöhter Sicherheit und erhöhter Verfügbarkeit gerecht werden. Gegeben sei die in Abb. 13.6 dargestellte Messsituation.
Abb. 13.5 Dual-Architektur 2oo2
A B max. Sollwert
Prozessgröße
Abb. 13.6 Zwei unterschiedliche Messungen derselben Prozessgröße
welches Signal ist korrekt?
Zeit
234
13
Anlagensicherheit, HAZOP und SIL
Eine Prozessgröße, beispielsweise Temperatur, wird von zwei Sensoren gemessen. Das Signal eines Sensors steigt plötzlich an; der andere Sensor zeigt weiterhin normales Verhalten. Es stellt sich die Frage: Welches Signal ist korrekt? In der TMR-Architektur wird ein drittes gleichberechtigtes Signal hinzugenommen. Gegeben sei die in Abb. 13.7 dargestellte Messsituation. Ein Signal weicht plötzlich gegenüber den anderen Signalen ab, die anderen beiden Signale decken sich (näherungsweise). Nun kann mit hoher Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass das abweichende Signal das fehlerhafte Signal ist. Die Voting-Struktur folgt zwei von drei; der Betrieb läuft weiter. Die in Abb. 13.8 dargestellte Situation ist aber auch möglich. Auch hier weicht plötzlich ein Signal gegenüber den anderen Signalen ab, die anderen beiden Signale decken sich wieder näherungsweise. Auch hier kann mit hoher Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass das gegenüber den mehrheitlichen Signalen abweichende Signal das fehlerhafte Signal ist. Die Voting-Struktur folgt zwei von drei: sobald zwei Signale den maximalen Sollwert überschreiten, tript die Anlage (oder Teilanlage). Es geht also nicht um die Veränderung der Messgröße, sondern um das Mehrheitsprinzip. Bei TMR wird immer das mehrheitliche Signal genommen, deshalb Voting-Struktur.
max. Sollwert
Prozessgröße
Abb. 13.7 Drei Messungen derselben Prozessgröße, ein Messsignal verändert sich
mit hoher Sicherheit das fehlerhae Signal
Zeit
max. Sollwert
Prozessgröße
Abb. 13.8 Drei Messungen derselben Prozessgröße, zwei Messsignale verändern sich
mit hoher Sicherheit das fehlerhae Signal
Zeit
13.3
Safety Integrity Level
235
Abb. 13.9 TMR-Architektur 2oo3
A
B
B
C
A
C
Wir sprechen hier von two-out-of-three (kurz 2oo3), was, aus Verdrahtungssicht, der in Abb. 13.9 dargestellten Schalteranordnung entspricht. Egal welche Signale (A, B oder C) auslösen, also welche der Schalter unterbrochen werden, tript die Anlage bei zwei beliebigen von drei möglichen Auslösern. Unterschiedliche Voting-Strukturen von ein bis drei Signalen sind in Abb. 13.10 bezüglich ihrer Sicherheit und Verfügbarkeit dargestellt. Gleichermaßen ist TMR nicht nur für die Input-Architektur möglich, sondern auch in der Architektur der Prozessoren, dargestellt in Abb. 13.11. Die TMR-Prozessorarchitektur bietet gegenüber der Single- oder Dual-Prozessorarchitektur
hohe Verfügbarkeit, Hot Repair möglich, durch 2oo3 nicht auf Diagnose angewiesen, nicht als voll integriertes DCS/ESD erhältlich.
Abb. 13.10 Voting-Strukturen gegenüber Sicherheit und Verfügbarkeit
Sicherheit
1oo3
1oo2
Sicherheit + Verfügbarkeit
2oo3 A
1oo1
B
B
C
A
C
2oo2
3oo3 Verfügbarkeit
236
Anlagensicherheit, HAZOP und SIL
2oo3 / TMR
Input Architektur nicht berücksichtigt
Karte
CPU
Karte
2oo3
Input Architektur nicht berücksichtigt
Input Architektur nicht berücksichtigt
Abb. 13.11 TMR-Prozessorarchitektur
13
CPU
Karte
CPU
Theoretisch denkbar wären, analog weitergedacht, weitergehende Voting-Strukturen wie beispielsweise 3oo4 oder 3oo5 oder 4oo5 usw. Dies würde in der Umsetzung bedeuten, dass an jeder Stelle vier oder gar fünf Messgeräte eingebaut oder Prozessoren eingesetzt werden müssten. Die Rohrleitungen würden „immer dicker“ werden mit vier oder fünf Sensoren. Das ist in der Praxis kaum umsetzbar und wird i. d. R. nicht realisiert. Allenfalls die 2oo4-Prozessorarchitektur ist derzeit stark diskutiert.
13.3.4.3 Festlegung der organisatorischen Maßnahmen Nicht nur die Auswahl der Hardware und die Festlegung der Architektur ist für die SILKlasse des Systems maßgebend, sondern auch organisatorische Maßnahmen, wie beispielsweise
Systemlebensdauer, Prüftesttestintervalle, Prüftestabdeckung, Annahmen über Common Cause Factor, Partial-Stroke-Testabdeckung.
Partial-Stroke-Test Der sog. Partial-Stroke-Test (PST) ist ein Teilhubtest eines Auf-ZuVentils („on-off valve“). Der PST gestattet dem Anlagenbetreiber, ein Auf-Zu-Ventil auf
13.3
Safety Integrity Level
237
Verlässlichkeit und mögliche Fehlermodi zu prüfen, ohne das Ventil im laufenden Betrieb tatsächlich komplett schließen zu müssen. Der PST hilft, die Sicherheitsfunktionen im Anforderungsfall zu bestimmen. Durch das „Partial Stroking“ können die Lambda-Werte und der PFD-Wert5 drastisch verbessert werden. Der PST ersetzt nicht vollständig einen Vollhubtest. Er wird zumeist in Systemen genutzt, in denen das tatsächliche vollständige Schließen des Ventils hohe finanzielle Einbußen mit sich bringen würde und dennoch die Funktionsfähigkeit des Ventils wesentlich für die Sicherheit der Anlage ist. Der PST selbst kann nach mehreren Methoden ausgeführt werden. Eine Methode bedient sich sog. Mechanical Jammers, mechanischen Blockierern. Hier wird der Jammer zwischen dem Aktor und dem eigentlichen Ventil in der Weise eingesetzt, dass er verhindert, dass das Ventil sich über einen bestimmten Punkt bewegt. Eine andere Möglichkeit des PST ist, das Ventil durch einen pneumatischen Stellantrieb in eine festgelegte Position zu bringen, um die Performance des Shut-down-Ventils zu bestimmen. Der PST mit einem elektrischen Relais kann bei einem Magnetventil genutzt werden. Hier wird ein Relais an den Aktor angebracht, der die Magnetspule wieder unter Strom setzt, wenn der gewünschte PST-Punkt erreicht ist. Der PST bietet: Einfaches Prüfen im laufenden Betrieb Auslösen des Tests von der Leitwarte aus und/oder vor Ort möglich Deutliche Reduzierung des PFD-Werts durch Erhöhung der Testhäufigkeit ohne dabei den Anlagenbetrieb zu stoppen Reduzierung der Anzahl möglicher Fehlerquellen Sicherheitsfunktionen sind auch während des Tests gewährleistet Automatische Speicherung der Testergebnisse
13.3.5 SIL-Nachweis Für den SIL-Nachweis ist eine Betrachtung des Ausfallverhaltens der betrachteten kompletten Baugruppe notwendig. Weiterhin wird beurteilt, ob redundante Strukturen vorliegen und wie das Verhältnis zwischen sicheren Fehlern und unsicheren Fehlern ist. Ebenso geht ein, ob die Sicherheitsfunktion kontinuierlich oder auf Anforderung zu betrachten ist. Aus sämtlichen Angaben werden dann die Ausfallraten bestimmt. Aus diesen Kennwerten wird dann die Ausfallwahrscheinlichkeit der gesamten Baugruppe errechnet und die SILKlasse beurteilt, schematisch dargestellt in Abb. 13.12. Jede Einzelkomponente besitzt eine gewisse Ausfallwahrscheinlichkeit im Anforderungsfall (Probability of Failure on Demand, PFD). Im Klartext: Es passiert irgendetwas und gerade in diesem Moment reagiert ein Bauteil (z. B. der Sensor) nicht oder nicht 5
PFD D Probability of Failure on Demand, Ausfallwahrscheinlichkeit im Anforderungsfall.
238
13
Sensor
Loop
+
PFD Sensor
Signalweg
Logiksystem
PFD Input
+
PFD Solver
Anlagensicherheit, HAZOP und SIL
Signalweg
+
PFD Output
Aktor
+
PFD Actuator
PFD Total
Abb. 13.12 Einzel-PFD und Gesamt-PFD des Loops
richtig. Diese Wahrscheinlichkeit ist die PFD. Jedes Bauteil hat seine eigene (wenn auch kleine) PFD. Nun geht es darum, die PFD des gesamten Loops zu berechnen und dadurch die SIL-Klasse nachzuweisen. Aus dem durchschnittlichen PFDTotal , d. h. aus der mittleren Ausfallwahrscheinlichkeit der gesamten Funktion im Anforderungsfall erfolgt gemäß IEC 61508/IEC 61511 die SILEinstufung wie in Tab. 13.7 dargestellt. Berücksichtigt werden dabei: Zufällige Hardware Fehler. Spontaner Komponentenausfall zu irgendeiner Zeit (Hardwareausfall, Sensorfehler usw.) Fehler gemeinsamer Ursache (Common Cause). Ausfälle, die das Resultat von Ereignissen sind, die gleichzeitig an mehreren Komponenten zum Ausfall führen (Überschwemmung, Hitze, elektromagnetische Unverträglichkeit usw.) Systematische Fehler. Versteckte Fehler bei der Entwicklung oder Ausführung (Planungsfehler, falscher Messbereich, Sicherheitsschaltung falsch ausgelegt, Gerät wird außerhalb der erlaubten Betriebstemperatur betrieben, Gerät ist für das Medium nicht geeignet usw.) Für einen Fehler existieren, abhängig von den Parametern „safe“/„dangerous“ (sicher/gefährlich) und „detected“/„undetected“ (entdeckt/unentdeckt), vier Fehlerzustände und Ausfallraten wie in Abb. 13.13 gezeigt.
Tab. 13.7 SIL-Einstufung nach PFD des Loops
Safety Integrity Level (SIL) 4 3 2 1
Probability of Failure on Demand, average (low demand mode of operation) 10-5 bis