Geld-zurück-Garantien : eine empirische Wirkungsanalyse aus Konsumentensicht 9783834914088, 3834914088, 9783834980359, 3834980358 [PDF]


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Geld-zurück-Garantien : eine empirische Wirkungsanalyse aus Konsumentensicht
 9783834914088, 3834914088, 9783834980359, 3834980358 [PDF]

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Zitiervorschau

Vieth Geld-zurück-Garantien

Schriftenreihe

Unternehmensführung und Marketing Herausgeber: Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Heribert Meffert, Münster/ Westf. Prof. Dr. Hartwig Steffenhagen, Aachen Prof. Dr. Hermann Freter, Siegen

Band 51

Eine Aufstellung der in dieser Schriftenreihe erschienenen Bände finden Sie am Ende des Buches.

Matthias Vieth

Geld-zurück-Garantien Eine empirische Wirkungsanalyse aus Konsumentensicht

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

D 6 (2008) Dissertation Universität Münster, 2008

1. Auflage 2008 Alle Rechte vorbehalten © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2008 Lektorat: Frauke Schindler | Jutta Hinrichsen Gabler ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-1408-8

Geleitwort

Zu den zentralen Fragestellungen der Kaufverhaltensforschung zählt die Thematik, welche Produkteigenschaften Konsumenten dazu bewegen, sich für (oder gegen) ein bestimmtes Produkt zu entscheiden. Hierbei hat in den letzten Jahren das Merkmal Preis eine dominierende Stellung eingenommen. Allerdings wird in der jüngeren Vergangenheit immer wieder eine Abkehr von der „Geiz-ist-geil-Mentalität“ konstatiert und die wieder zunehmende Bedeutung des Merkmals Qualität herausgestellt. Ein Instrument zur Signalisierung von Qualität sind sogenannte „Geld-zurück-Garantien“ (GzG), die dem Konsumenten die Möglichkeit eröffnen, ein Produkt bei Nichtgefallen innerhalb einer bestimmten Frist gegen Erstattung des Kaufpreises zurückzugeben. Adidas, Danone, Nescafé oder Procter & Gamble sind nur einige Beispiele für Unternehmen, die GzG bereits eingesetzt haben. Trotz der zunehmenden Verbreitung dieses MarketingInstruments in der Praxis hat sich die einschlägige wissenschaftliche Literatur bisher kaum damit beschäftigt, welche Wirkung von GzG auf Kaufentscheidungen ausgeht. Die Wirkungsweise von GzG wird in der vorliegenden Arbeit in sehr eindrucksvoller Weise auf Basis verschiedener verhaltenswissenschaftlicher Theorien hergeleitet und im Rahmen einer umfassenden empirischen Untersuchung überprüft. Dabei wird ein erweitertes Beziehungsgefüge entwickelt und empirisch bestätigt, das eine emotionale Wertkomponente in das im Marketing etablierte „Perceived-Value-Modell“ integriert. Ein Schwachpunkt bisheriger (empirischer) Anwendungen des Perceived-Value-Modells ist darin zu sehen, dass der wahrgenommene Wert ausschließlich kognitiv, d. h. im Sinne eines ra-

VI

Geleitwort

tional ermittelten Preis-Leistungsverhältnisses interpretiert bzw. erfasst wird. Darüber hinaus wird in der vorliegenden Arbeit die Wirkung der GzG auf kaufverhaltensrelevante Konstrukte nicht isoliert, sondern unter Berücksichtigung der Wechselwirkungen mit den wichtigen Produktmerkmalen Marke und Preis sowie der Produktkenntnis der Konsumenten analysiert. Neben der Tatsache, dass erstmals eine umfassende empirische Wirkungsanalyse aus Konsumentensicht erfolgt, liefert die Arbeit auch in methodischer Hinsicht einen wertvollen wissenschaftlichen Beitrag, da die Analyse der experimentellen Manipulationen mit Hilfe von Strukturgleichungsmodellen erfolgt. In der Marketingforschung werden experimentelle Untersuchungen standardmäßig mit diversen Verfahren der Varianzanalyse ausgewertet, obwohl die Analyse mit Strukturgleichungsmodellen in vielen Fällen als überlegen angesehen wird. Insgesamt zeigt sich in der empirischen Untersuchung, dass die GzG ein wirksames Instrument zur Steigerung der Kaufabsicht darstellt. Allerdings wird auch deutlich, dass Aussagen zu den Wirkungsweisen einer GzG nur in Abhängigkeit von weiteren Einflussfaktoren wie der Produktart, der Reputation des Anbieters oder der Produktkenntnis der Konsumenten getroffen werden können. Die sehr differenzierte Betrachtung dokumentiert in eindrucksvoller Weise, dass ohne die von dem Autor vorgenommenen Erweiterungen bestehender Konzepte und ohne die Berücksichtigung einer emotionalen Wertkomponente falsche Handlungsempfehlungen generiert worden wären. Insofern liefert die Arbeit nicht nur für die Praxis wertvolle Erkenntnisse für den Einsatz von GzG, sondern deckt auch für die Forschung konkrete Ansatzpunkte auf, die bei der Wirkungsanalyse von Marketing-Instrumenten aus Konsumentensicht zu beachten sind. Ich wünsche dieser Arbeit die ihr zustehende weite Verbreitung in Wissenschaft und Praxis.

Prof. Dr. Dr. h.c. Klaus Backhaus

Vorwort Die vorliegende Arbeit ist während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Anlagen und Systemtechnologien im Marketing Centrum Münster entstanden. Sie wurde im Juli 2008 von der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster als Dissertation angenommen. Zum erfolgreichen Abschluss dieser Arbeit haben zahlreiche Personen beigetragen, denen ich an dieser Stelle gerne danken möchte. Besonderer Dank gilt zunächst meinem akademischen Lehrer, Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Klaus Backhaus, der mir große Freiräume zur Bearbeitung des Themas gewährt hat. Für die wertvollen fachlichen und persönlichen Erfahrungen, die ich während der Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an seinem Institut sammeln durfte, bin ich außerordentlich dankbar. Das hohe Maß an Vertrauen, das er in seine Mitarbeiter setzt, seine menschliche Art, das Institut zu führen, und die abwechslungsreiche, verantwortungsvolle Tätigkeit haben während meiner gesamten Institutszeit eine leistungsorientierte aber zugleich sehr kameradschaftliche Arbeitsatmosphäre geschaffen, die einmalig ist. Mein herzlicher Dank gilt ferner Herrn Prof. Dr. Manfred Krafft für die freundliche Übernahme des Zweitgutachtens. Schließlich möchte ich Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Heribert Meffert für die Möglichkeit danken, die Arbeit in der u. a. von ihm herausgegebenen renommierten Schriftenreihe „Unternehmensführung und Marketing“ zu veröffentlichen. Für die wertvolle inhaltliche Unterstützung bin ich meinen Kollegen Boris Blechschmidt, Markus Cornelißen und Dr. Alexander Freund zu großem Dank verpflichtet, die sich

VIII

Vorwort

nicht nur als kritische Korrekturleser, sondern auch durch eine ständige Diskussionsbereitschaft auszeichneten. Für diese danke ich auch Herrn Dr. Maik Eisenbeiß sehr herzlich. Mein besonderer Dank gilt weiterhin allen aktuellen und ehemaligen Kolleginnen und Kollegen, die ganz wesentlich dazu beigetragen haben, dass die Zeit am Institut unvergesslich bleiben wird. Sowohl für die tägliche Arbeit als auch für sämtliche Aktivitäten außerhalb des Instituts kann man sich keine besseren Kollegen wünschen. Darüber hinaus danke ich zahlreichen Freunden für die wertvolle (außerfachliche) Unterstützung in den letzten Jahren. Auf unterschiedliche Weise haben sie dazu beigetragen, dass das Leben neben der Dissertation nicht zu kurz gekommen ist. Auch wenn es schwer fällt, jemanden herauszuheben, möchte ich mich doch bei meinen während der Institutszeit gewonnenen Freunden Boris Blechschmidt, Maik Eisenbeiß und Margarethe Frohs sowie bei meinen „alten“ Freunden Frank Große-Vehne, Arndt Silvers und Hinrich Tode ganz besonders für die großartige Abwechslung bedanken. Abschließend danke ich von ganzem Herzen meinen Eltern, die mich auf meinem bisherigen Lebensweg nach Kräften unterstützt und gefördert haben. Diese Unterstützung und ihr jederzeitiger bedingungsloser Rückhalt haben meinen Werdegang und somit auch die Promotion erst möglich gemacht. Ihnen ist daher diese Arbeit gewidmet.

Matthias Vieth

Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis

XIII

Tabellenverzeichnis

XV

Abkürzungsverzeichnis

XVII

1 Einleitung

1

1.1 Motivation der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

1.2 Aufbau der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7

2 Grundlagen zu Geld-zurück-Garantien 2.1 Grundlagen zu Garantien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

11 11

2.1.1

Begriffliche und rechtliche Grundlagen von Garantien . . . . . . .

11

2.1.2

Systematisierung von Garantien . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13

2.2 Geld-zurück-Garantien als spezielle Garantieform . . . . . . . . . . . . .

18

2.2.1

Einordnung in die Systematisierung von Garantien . . . . . . . .

18

2.2.2

Ausgestaltungsmöglichkeiten von Geld-zurück-Garantien . . . . .

21

2.3 Stand der Forschung zu Garantien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

24

2.3.1

Literaturüberlick zu verschiedenen Garantieformen . . . . . . . .

2.3.2

Zentrale Erkenntnisse und Defizite als Ausgangsbasis für die weitere Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

24

33

X

Inhaltsverzeichnis

3 Verhaltenswissenschaftliche Fundierung der Untersuchung

37

3.1

Herleitung eines Analyserahmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

3.2

Das Perceived-Value-Modell als Analyserahmen . . . . . . . . . . . . . .

40

3.2.1

. . . . . . . . .

41

3.2.1.1

Konzept der wahrgenommenen Qualität . . . . . . . . .

41

3.2.1.2

Konzept des wahrgenommenen Opfers . . . . . . . . . .

56

3.2.1.3

Konzept des wahrgenommenen Wertes . . . . . . . . . .

58

Zwischenfazit und Implikationen für die weitere Untersuchung . .

61

Erweiterung des Perceived-Value-Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . .

65

3.3.1

65

3.2.2 3.3

Elemente und Wirkungsbeziehungen des Modells

Erweiterung des Modells um eine emotionale Wertkomponente . . 3.3.1.1

Der wahrgenommene Wert als multidimensionales Konstrukt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3.3.1.2

3.4

65

Ansätze zur Integration des emotionalen Wertes in das Perceived-Value-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

3.3.2

Berücksichtigung der Interaktion von Produktmerkmalen . . . . .

79

3.3.3

Berücksichtigung von personenspezifischen Faktoren . . . . . . . .

83

3.3.4

Zwischenfazit und Implikationen für die weitere Untersuchung . .

86

Ableitung von Hypothesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

91

4 Methodik der Datenauswertung

99

4.1

Auswahl eines problemadäquaten Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . .

99

4.2

Strukturgleichungsmodelle als Methode der empirischen Analyse . . . . . 102 4.2.1

Grundlegende methodische Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . 102

4.2.2

Beurteilung von Strukturgleichungsmodellen . . . . . . . . . . . . 105

4.2.3

4.2.2.1

Globale Gütemaße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105

4.2.2.2

Lokale Gütemaße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109

4.2.2.3

Beurteilung des Strukturmodells . . . . . . . . . . . . . 118

Spezielle methodische Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120

Inhaltsverzeichnis 4.2.3.1

XI Berücksichtigung von experimentellen Manipulationen in Strukturgleichungsmodellen . . . . . . . . . . . . . . . . 120

4.2.3.2 4.2.4

Mehrgruppenkausalanalyse

. . . . . . . . . . . . . . . . 123

Zusammenfassung und Festlegen eines Vorgehens . . . . . . . . . 125

5 Ergebnisse der empirischen Untersuchung

131

5.1 Festlegung des Versuchsaufbaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 5.2 Konzeption und Durchführung des Experiments . . . . . . . . . . . . . . 134 5.2.1

5.2.2

Bestimmung des konkreten Untersuchungsdesigns . . . . . . . . . 134 5.2.1.1

Pretest zur Festlegung der Stimuli . . . . . . . . . . . . 134

5.2.1.2

Operationalisierung der latenten Konstrukte . . . . . . . 138

Durchführung des Experiments im Internet . . . . . . . . . . . . . 140 5.2.2.1

Gestaltung des Experiments . . . . . . . . . . . . . . . . 140

5.2.2.2

Beschreibung der Stichprobe . . . . . . . . . . . . . . . . 144

5.2.2.3

Überprüfung der Manipulationen . . . . . . . . . . . . . 147

5.3 Ergebnisse der Hypothesenprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 5.3.1

Vorbereitende Analyseschritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149

5.3.2

Beurteilung der Messmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 5.3.2.1

Getrennte Analyse der Samples . . . . . . . . . . . . . . 151

5.3.2.2

Überprüfung auf Invarianz der Messmodelle . . . . . . . 159

5.3.3

Beurteilung des Gesamtmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162

5.3.4

Beurteilung der Strukturmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164

5.3.5

Wirkung der extrinsischen Produktmerkmale . . . . . . . . . . . . 170 5.3.5.1

Vergleichende Bewertung der Wirkungen . . . . . . . . . 170

5.3.5.2

Detailanalyse der Wirkungen . . . . . . . . . . . . . . . 180 5.3.5.2.1

Überprüfung des Cue Diagnosticity Frameworks 180

5.3.5.2.2

Überprüfung der Erweiterung des Frameworks . 186

XII

Inhaltsverzeichnis

6 Schlussbetrachtung

197

6.1

Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . 197

6.2

Implikationen aus wissenschaftlicher und praktischer Perspektive . . . . . 205

6.3

Grenzen der Untersuchung und Forschungsausblick . . . . . . . . . . . . 215

A Anhang zu Kapitel 2

219

B Anhang zu Kapitel 3

225

C Anhang zu Kapitel 5

226

Literaturverzeichnis

245

Abbildungsverzeichnis 1.1 Grobstruktur der vorliegenden Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7

2.1 Systematisierung von Garantien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17

3.1 Perceived-Value-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41

3.2 Struktur des Abschnitts zur wahrgenommenen Qualität . . . . . . . . . .

42

3.3 Vergleich des „klassischen“ Perceived-Value-Modells mit dem Untersuchungsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

73

3.4 Darstellung des entwickelten Untersuchungsmodells . . . . . . . . . . . .

90

3.5 Übersicht über das Hypothesensystem

98

. . . . . . . . . . . . . . . . . . .

4.1 Prüfschema Invarianz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 4.2 Beispiel „Group Code Approach“

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121

4.3 Ablauf der empirischen Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 5.1 Profilverlauf der überprüften Produkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 5.2 Beispielhafte Werbeanzeigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 5.3 Soziodemographische Merkmale der Stichprobe . . . . . . . . . . . . . . . 146 5.4 Spezifizierte Kausalstruktur für die vorliegende Untersuchung . . . . . . . 163 5.5 Pfadkoeffizienten für die Beurteilung der Strukturmodelle und der Wirkung der extrinsischen Produktmerkmale . . . . . . . . . . . . . . . . 165 5.6 Darstellung des Quasi-Moderator-Effekts der Marke . . . . . . . . . . . . 184 5.7 Pfadkoeffizienten und Gütemaße der Produktkenntnis-Modelle . . . . . . 189

XIV 5.8

Abbildungsverzeichnis Faktorwerte der wahrgenommenen Qualität in den ProduktkenntnisModellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191

5.9

Übersicht über die Ergebnisse der Hypothesenblöcke I und II . . . . . . . 195

5.10 Übersicht über die Ergebnisse der Hypothesenblöcke III und IV . . . . . 196 6.1

Übersicht über die Wirkung der GzG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209

A.1 Werbekampagnen zu Tabelle A.1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 A.2 Werbekampagnen zu Tabelle 2.1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 A.3 Werbekampagnen zu Tabelle A.2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 A.4 Screenshot Internetforum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 B.1 „Appraisal Theory of Emotions“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 C.1 Startseite der Befragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 C.2 Fragebogen (I)

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227

C.3 Fragebogen (II) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 C.4 Fragebogen (III) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 C.5 Werbeanzeigen Laufschuhe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 C.6 Werbeanzeigen Digitalkameras . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 C.7 Pfadkoeffizienten und Gütemaße der Produktkenntnis-Modelle im Digitalkamera-Sample . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243

Tabellenverzeichnis 2.1 Ausgewählte Praxisbeispiele für GzG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19

4.1 Gütemaße zur Beurteilung des Gesamtmodells . . . . . . . . . . . . . . . 109 4.2 Gütekriterien zur Beurteilung des Messmodells . . . . . . . . . . . . . . . 114 5.1 Quellen der verwendeten Indikatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 5.2 Manipulation Checks für die Merkmale Marke und Preis . . . . . . . . . 148 5.3 Konfirmatorische Faktorenanalyse für das Laufschuh-Sample . . . . . . . 153 5.4 Überprüfung Diskriminanzvalidität: χ2 -Differenztests im Laufschuh-Sample . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 5.5 DEV und quadrierte multiple Korrelationen im Laufschuh-Sample . . . . 155 5.6 Konfirmatorische Faktorenanalyse für das Digitalkamera-Sample . . . . . 157 5.7 Überprüfung Diskriminanzvalidität: χ2 -Differenztests im Digitalkamera-Sample

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158

5.8 DEV und quadrierte multiple Korrelationen im Digitalkamera-Sample . . 159 5.9 Ergebnisse der Invarianzprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 5.10 Geschätzte Pfadkoeffizienten für das Strukturmodell im Laufschuh-Sample . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 5.11 Geschätzte Pfadkoeffizienten für das Strukturmodell im Digitalkamera-Sample

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169

5.12 Vergleich der Wirkung der Produktmerkmale GzG, Marke und Preis auf die Qualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172

XVI

Tabellenverzeichnis

5.13 Vergleich der Wirkung der Produktmerkmale GzG und Marke auf den emotionalen Wert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 5.14 Wirkung der extrinsischen Produktmerkmale im Laufschuh- und Digitalkamera-Sample

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175

5.15 Totaler Effekt des Merkmals Preis im Laufschuh-Sample . . . . . . . . . 177 5.16 χ2 -Differenztests für die Analyse des Quasi-Moderator-Effekts der Marke 182 A.1 Ausgewählte Praxisbeispiele für Dienstleistungs-, Service- und Händler-GzG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 A.2 Weitere ausgewählte Praxisbeispiele für Hersteller-GzG . . . . . . . . . . 222 C.1 Prüfung auf Normalverteilung im Laufschuh-Sample . . . . . . . . . . . . 232 C.2 Prüfung auf Normalverteilung im Digitalkamera-Sample . . . . . . . . . . 233 C.3 Gütekriterien der ersten Generation im Laufschuh-Sample . . . . . . . . 234 C.4 Korrelationen und Konfidenzintervalle im Laufschuh-Sample . . . . . . . 235 C.5 Gütekriterien der ersten Generation im Digitalkamera-Sample . . . . . . 236 C.6 Korrelationen und Konfidenzintervalle im Digitalkamera-Sample . . . . . 237 C.7 Faktorladungen der konfirmatorischen Faktorenanalyse und der simultanen Schätzung im Laufschuh-Sample . . . . . . . . . . . . . . . . 238 C.8 Faktorladungen der konfirmatorischen Faktorenanalyse und der simultanen Schätzung im Digitalkamera-Sample . . . . . . . . . . . . . . 239 C.9 Veränderung der Gütemaße im Rahmen der χ2 -Differenztests für das Konstrukt Qualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 C.10 Veränderung der Gütemaße im Rahmen der χ2 -Differenztests für das Konstrukt emotionaler Wert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 C.11 Totaler Effekt des Merkmals Preis im Digitalkamera-Sample . . . . . . . 241 C.12 Ergebnisse der Invarianzprüfung für die Teilmodelle Marke . . . . . . . . 241 C.13 Veränderung der Gütemaße im Rahmen des χ2 -Differenztests für die Analyse des Quasi-Moderator-Effekts der Marke . . . . . . . . . . . . . . . . 242 C.14 Ergebnisse der Invarianzprüfung für die Teilmodelle Produktkenntnis . . 242

Abkürzungsverzeichnis c. p.

ceteris paribus

c. r.

critical ratio

CFI

Comparitive Fit Index

DEV

durchschnittlich erfasste Varianz

df

degrees of freedom

GzG

Geld-zurück-Garantie/n

HSM

Heuristisch-Systematisches-Modell

KKV

Komparativer Konkurrenzvorteil

(M)ANOVA

(Multivariate) Analysis of Variance

RMR

Root Mean Residual

RMSEA

Root Mean Square Error of Approximation

SEM

Structural Equation Modeling

S-O-R

Stimulus-Organism-Respone

SRMR

Standardized Root Mean Residual

UWG

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb

1 Einleitung

1.1 Motivation der Arbeit Bei fast jeder Kaufentscheidung sehen sich Konsumenten einer kaum mehr zu überblickenden Anzahl an Optionen gegenüber. In seinem Buch „The Paradox of Choice“ beschreibt Schwartz (2004) drei mögliche Effekte, die sich hieraus ergeben können:1 1. Die Konsumenten wählen gar keine Alternative, da sie sich in der Auswahlsituation überfordert fühlen. 2. Die Konsumenten wählen eine suboptimale Alternative, da sie nicht mehr in der Lage sind, alle für die Qualität eines Produktes relevanten Merkmale zu beurteilen. Dies führt dazu, dass die Auswahl schwerpunktmäßig auf bekannten, leicht zu beurteilenden Merkmalen – wie beispielsweise dem Preis – basiert. 3. Die Konsumenten sind mit der Wahl der Alternative unzufrieden. Obwohl der Konsument möglicherweise die beste Alternative gewählt hat, führt die große Anzahl an entgangenen Alternativen zu Enttäuschung über das gewählte Produkt. Aus Unternehmenssicht existieren zwei Ansatzpunkte, den Kunden im Umgang mit dieser „tyranny of choice“ 2 zu unterstützen. Der erste Ansatz ist die Beschränkung der Menge der Optionen. Dieser Aspekt bezieht sich vor allem auf die Sortimentspolitik von Handelsunternehmen. Als Beispiel kann die Bau- und Heimwerkerkette Praktiker angeführt werden, die Mitte des Jahres 2006 jeden fünften Artikel aus dem Sortiment 1

Vgl. im Folgenden auch Schwartz (2007), S. 2.

2

Schwartz (2000), S. 81.

2

Einleitung

gestrichen hat, um das Angebot für den Kunden übersichtlicher zu machen.3 Aus Sicht eines Herstellers besteht der zweite Ansatz in einer Beschränkung der Anzahl der Produktmerkmale. Fasolo, McClelland, Todd (2007) stellen fest, dass selbst die Verpackung des vergleichsweise wenig komplexen Produktes Joghurt mindestens 10 verschiedene Attribute enthalten kann, die diesen Joghurt von anderen Produkten abgrenzt.4 Hierauf aufbauend kommen die Autoren im Rahmen ihrer Studie zu dem Ergebnis, dass es aus Unternehmenssicht vorteilhaft sein kann, nicht alle Produktinformationen anzugeben. Vielmehr führt die Angabe von wenigen wichtigen Produktattributen zu einer erhöhten Kaufwahrscheinlichkeit für ein Produkt. Vor diesem Hintergrund stehen Herstellerunternehmen vor der Aufgabe, insbesondere die Produktmerkmale hervorzuheben, die aus Sicht der Konsumenten kaufentscheidensrelevant sind. In den letzten Jahren hat dabei das Merkmal Preis eine dominierende Stellung eingenommen. Inzwischen wird jedoch immer wieder eine Abkehr von der „Geiz-ist-geilMentalität“ konstatiert.5 Die nachlassende Fokussierung der Konsumenten auf das Merkmal Preis hat auch dazu geführt, dass sich das Unternehmen Saturn nach fünf Jahren von der erfolgreichsten Werbekampagne der Unternehmensgeschichte mit dem gleichnamigen Werbeslogan getrennt hat.6 Darüber hinaus beobachtet die Markentrends Studie 2007 des Markenverbandes und der Empirischen Gesellschaftsforschung einen explosionsartigen Anstieg der Zahl der Konsumenten, die wieder verstärkt qualitativ hochwertige Ware bevorzugen.7 Ein Marketing-Instrument, das in der Praxis eingesetzt wird, um auf qualitativ hochwertige Produkte hinzuweisen, stellt die „Geld-zurück-Garantie“ (GzG) dar. Im Rahmen einer GzG verspricht das anbietende Unternehmen dem Konsumenten, die gekaufte Ware

3

Vgl. o.V. (2006).

4

Vgl. hier und im Folgenden Fasolo, McClelland, Todd (2007), S. 14.

5

Vgl. z. B. GfK (2007).

6

Vgl. Waldermann (2007).

7

Vgl. o.V. (2007).

Motivation der Arbeit

3

innerhalb einer festgelegten Frist bei Nichtgefallen gegen Erstattung des vollen Kaufpreises zurückzunehmen. Da das „Nichtgefallen“ nicht weiter spezifiziert wird, kann sich der Rückgabegrund auf sämtliche Leistungsbestandteile des Produktes beziehen – neben einzelnen Qualitätsmerkmalen somit beispielsweise auch auf den Preis. Insofern stellen GzG eine sehr umfassende Garantieform dar. Betrachtet man die Werbebotschaften im Zusammenhang mit GzG, wird jedoch deutlich, dass primär auf die Qualität des Gutes abgestellt wird: „Unsere Nescafé Dolce Gusto bietet Ihnen hervorragende Qualität, eine einfache Bedienung und ein innovatives Design. Sollten Sie dennoch nicht hundert Prozent zufrieden sein, können Sie diese innerhalb von 30 Tagen zurückgeben. Sie erhalten umgehend den kompletten Kaufpreis zurück.“ 8 Ein weiteres wesentliches Merkmal von GzG ist die Tatsache, dass die Ware während der Garantiedauer getestet werden kann. Dieser Aspekt grenzt die GzG von einem reinen Umtauschrecht ab, bei dem die Ware innerhalb einer bestimmten Frist unbenutzt und originalverpackt zurückgegeben werden kann. Durch das intensive Testen eines Produktes nach dem Kauf können besonders qualitätsrelevante Merkmale inspiziert werden, die vor dem Kauf möglicherweise nicht beurteilbar sind. Der Konsument muss sich bei der Kaufentscheidung folglich nicht mehr nur auf leicht zu beurteilende, ggf. aber im Hinblick auf die Qualität wenig diagnostische Merkmale verlassen. Auch die Möglichkeit, das Produkt bei Enttäuschung über entgangene Alternativen zurückzugeben, macht deutlich, dass die GzG potenziell in der Lage ist, den Konsumenten einen Ausweg aus der „tyranny of choice“ zu bieten. Während GzG in den USA auf Händlerebene weit verbreitet sind,9 werden diese in Deutschland fast ausschließlich von Herstellerunternehmen ausgesprochen. Adidas, Braun, Danone, FIAT, Nescafé oder Procter & Gamble sind prominente Beispiele, die von diesem Marketing-Instrument in der jüngeren Vergangenheit Gebrauch gemacht haben. Wenngleich die GzG in Deutschland noch keine weite Verbreitung erfahren hat, ist bei 8

Siehe Tabelle 2.1.

9

Vgl. McWilliams, Gerstner (2006), S. 105.

4

Einleitung

Unternehmen wie adidas oder Danone die Tendenz zu erkennen, dass dieses Instrument dauerhaft in den Marketingmix integriert wird.10 Das Unternehmen Danone gibt in diesem Zusammenhang an, dass durch eine GzG auf den Actimel-Joghurt-Drink im Herbst 2005 der Marktanteil um 2%-Punkte in der Produktkategorie gesteigert werden konnte und durch die Aktion 500.000 neue Haushalte angesprochen wurden.11 Weitere Argumente für den (potenziellen) Erfolg der GzG liefert eine Umfrage des Marktforschungsinstituts Ipsos aus dem Jahr 2005: Mehr als ein Drittel der Konsumenten halten eine GzG für ein wichtiges Kaufargument; 38% der Befragten bestätigen, dass die GzG das Gefühl vermittle, die Qualität des beworbenen Produktes müsse wirklich gut sein; 48% spüren durch die Garantie kein Risiko beim Kauf.12 Im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie gelangen Heiman et al. (2005) darüber hinaus zu dem Ergebnis, dass Konsumenten bereit sind, für eine GzG eine 25%-ige Preisprämie auf den Originalpreis zu zahlen. Trotz der großen praktischen Bedeutung von GzG fehlt bisher eine umfassende wissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesem Marketing-Instrument. Die zum Themenbereich GzG existierende Literatur beinhaltet im Wesentlichen eine konzeptionelle Analyse von GzG auf Händlerebene. Heiman et al. (2005) stellen in diesem Zusammenhang fest: „Surprisingly none of the [...] studies on MBGs supported their arguments with empirical analysis [...].“ 13 Eine Auseinandersetzung mit der in Deutschland üblichen Form der Hersteller-GZG fehlt nahezu komplett. Da die GzG eine spezielle Garantieform darstellt, kann für die Identifikation von theoretischen und empirischen Ansatzpunkten die Literatur zu anderen Garantieformen herangezogen werden. Ein Großteil dieser Literatur bezieht sich auf Produktgarantien („warranties“), die dem Konsumenten die Funktionsfähigkeit eines Produktes für einen festgelegten Zeitraum versprechen. Im Rahmen dieser Studien wird untersucht, unter welchen Bedingungen die Garantie in der Lage ist, positive Konsumentenreaktionen hervorzurufen. 10

Vgl. hier und im Folgenden Heinbockel (2006), S. 22.

11

Vgl. Heinbockel (2006), S. 22.

12

Vgl. Ipsos (2005).

13

Heiman et al. (2005), S. 7. „MGBs“ steht für „Money-Back-Guarantees“.

Motivation der Arbeit

5

Allerdings sind diese Studien durch einige zentrale Schwächen gekennzeichnet: • Häufig wird die Wirkung der Garantie auf die Qualitätswahrnehmung isoliert untersucht. Dabei wird vernachlässigt, dass der Nutzen bzw. „Value“ als die zentrale Größe für die Produktwahl bzw. die Erklärung oder Prognose des Kaufverhaltens angesehen wird14 und die Qualität nur eine Determinante dieser Größe darstellt. • Sofern der wahrgenommene Wert (Value) in Studien berücksichtigt wird, erfolgt die Operationalisierung dieser Größe regelmäßig als rein kognitive Komponente, obwohl unbestritten ist, dass weitere Wertkomponenten den Kaufentscheidungsprozess beeinflussen können.15 • Die Vernachlässigung von komplexen Wirkungsmodellen führt dazu, dass der Einfluss bestimmter Produktmerkmale auf kaufverhaltensrelevante Variablen nur unzureichend analysiert wird. Beispielsweise kann von dem Merkmal Preis gleichzeitig ein positiver Effekt auf die Qualität und ein negativer Effekt auf das wahrgenommene (monetäre) Opfer ausgehen.16 • Zum Teil werden komplexe Wirkungsmodelle zwar bei der theoretischen Betrachtung unterstellt, die Auswertung empirischer Daten erfolgt dennoch mit Hilfe von Verfahren, die nicht in der Lage sind, alle Wirkungsbeziehungen zu erfassen. Daher wird immer wieder gefordert, Strukturgleichungsmodelle in experimentellen Untersuchungen einzusetzen.17 • Sofern mehrere Produktmerkmale wie Garantie, Marke oder Preis in die Untersuchung aufgenommen werden, fehlt eine Berücksichtigung der Tatsache, dass diese Merkmale unterschiedliche Wertigkeiten aus Sicht der Konsumenten aufweisen und

14

Vgl. z. B. Steenkamp (1990), S. 312.

15

Vgl. z. B. Sweeney, Soutar (2001), S. 211.

16

Vgl. z. B. Völckner, Hofmann (2007).

17

Vgl. z. B. Bagozzi (1980), S. 198 ff.

6

Einleitung sich hieraus Effekte auf den Wahrnehmungsprozess ergeben können.18 • In vielen Untersuchungen werden personenspezifische Einflussfaktoren wie Involvement oder Produktkenntnis vernachlässigt.

Ausgehend von der praktischen Relevanz der GzG als Marketing-Instrument und den geschilderten Forschungsdefiziten soll im Rahmen dieser Arbeit eine verhaltenswissenschaftlich fundierte, empirisch gestützte Analyse der Wirkung von GzG auf kaufverhaltensrelevante Konstrukte erfolgen. Hierbei steht die Frage im Vordergrund, welchen Einfluss das Vorhandensein einer GzG auf die Produktbeurteilung ausübt und inwiefern hierdurch die Kaufabsicht für ein Produkt beeinflusst werden kann. Die Wirkung der GzG wird dabei nicht isoliert analysiert, sondern zum Zwecke einer hohen Realitätsnähe in Kombination mit den wichtigen Produktmerkmalen Marke und Preis. Diese Analyse soll mit Hilfe eines komplexen Wirkungsmodells erfolgen, das sowohl die Wirkung der betrachteten Produktmerkmale auf die kaufverhaltensrelevanten Konstrukte als auch die Dependenzen zwischen den Konstrukten abbilden kann. Ein wesentliches Untersuchungsziel dieser Arbeit besteht in der theoriegestützten Entwicklung eines Wirkungsmodells, das neben der üblicherweise ausschließlich betrachteten ökonomischen Wertkomponente auch eine emotionale Komponente enthält. Im Rahmen dieses Modells soll es darüber hinaus auch möglich sein, die sich aus den unterschiedlichen Wertigkeiten der Produktmerkmale ergebenden Effekt zu erfassen und personenspezifische Faktoren zu analysieren. Ausgehend von der Feststellung, dass die Anwendung von Strukturgleichungsmodellen in experimentellen Designs – trotz der methodischen Überlegenheit im Vergleich zu varianzanalytischen Verfahren – überraschend gering ist,19 soll als methodischer Schwerpunkt der Arbeit ein kausalanalytischer Ansatz vorgestellt werden, der in der Lage ist, experimentelle Manipulationen zu berücksichtigen und gleichzeitig komplexe Wirkungsbeziehungen des entwickelten Modells zu erfassen.

18

Vgl. Miyazaki, Grewal, Goodstein (2005), S. 146 ff.; Purohit, Srivastava (2001), S. 123 ff.

19

Vgl. MacKenzie (2001), S. 159 ff.

Aufbau der Arbeit

7

1.2 Aufbau der Arbeit Zur Bearbeitung der im vorangegangenen Abschnitt formulierten Zielsetzung wird die in Abbildung 1.1 illustrierte Grobstruktur zu Grunde gelegt. 1 Einleitung 1.1 Motivation der Arbeit 1.2 Aufbau der Arbeit

2 Grundlagen zu Geld-zurück-Garantien 2.1 Grundlagen zu Garantien

2.2 Geld-zurück-Garantien als Value-Modells

2.3 Stand der Forschung zu Garantien

3 Verhaltenswissenschaftliche Fundierung der Untersuchung 3.1 Herleitung eines Analyserahmens 3.2 Das Perceived-Value-Modell als Analyserahmen

3.3 Erweiterung des PerceivedValue-Modells

3.4 Ableitung von Hypothesen

4 Methodik der Datenauswertung 4.1 Auswahl eines problemadäquaten Verfahrens 4.2 Strukturgleichungsmodelle als Methode der empirischen Analyse

5 Ergebnisse der empirischen Untersuchung 5.1 Festlegung des Versuchsaufbaus

5.2 Konzeption und Durchführung des Experiments

5.3 Ergebnisse der Hypothesenprüfung

6 Schlussbetrachtung 6.1 Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse 6.2 Implikationen aus wissenschaftlicher und praktischer Perspektive 6.3 Grenzen der Untersuchung und Forschungsausblick

Abbildung 1.1: Grobstruktur der vorliegenden Arbeit

8

Einleitung

In Kapitel 2 werden Grundlagen zu GzG erläutert. Hierfür ist es erforderlich, Garantien allgemein in begrifflicher und rechtlicher Sicht zu spezifizieren. Aus der Systematisierung von Garantien ergeben sich dann Ansatzpunkte, wie die GzG als spezielle Garantieform eingeordnet werden kann und was die Besonderheiten dieser Garantieform sind. Gleichzeitig können aus der Systematisierung verschiedene Ausgestaltungsmöglichkeiten der GzG abgeleitet werden. Aufgrund der Tatsache, dass keine Studien zu der in Deutschland üblichen Hersteller-GzG existieren, sollen in Abschnitt 2.3 anschließend die Erkenntnisse und Defizite der Forschung zu anderen Garantieformen herausgearbeitet werden, um Ansatzpunkte für die weitere theoretische und empirische Analyse zu identifizieren. Kapitel 3 enthält die verhaltenswissenschaftliche Fundierung der Untersuchung. Zunächst wird das Perceived-Value-Modell von Zeithaml (1988) als Analyserahmen für die vorliegende Untersuchung hergeleitet. Ein Schwerpunkt bei der Darstellung der Elemente und Wirkungsbeziehungen des Modells liegt dabei auf dem Prozess der Qualitätswahrnehmung. Nach der Identifikation von Schwachstellen dieses Ansatzes, behandelt Abschnitt 3.3 eines der Hauptziele der Untersuchung, die Erweiterung des PerceivedValue-Modells. Das Kapitel schließt mit der Formulierung von theoretisch fundierten Hypothesen. Strukturgleichungsmodelle werden trotz vielfältiger Vorteile vergleichsweise selten in experimentellen Designs eingesetzt. Daher enthält Kapitel 4 als Ausgangsbasis zunächst die Erläuterung von grundlegenden methodischen Aspekten dieses Verfahrens. Darauf aufbauend werden die für die Berücksichtigung von experimentellen Manipulationen notwendigen Erweiterungen sowie weitere für diese Arbeit relevante spezielle methodische Aspekte dargestellt. In Kapitel 5 werden dann die Ergebnisse der empirischen Untersuchung dokumentiert. Nach der Festlegung des Versuchsaufbaus erfolgt die Darstellung der Konzeption und Durchführung des Experiments. Die Ergebnisse der Hypothesenprüfung beinhaltet Abschnitt 5.3. Hierbei erfolgt die Hypothesenprüfung dergestalt, dass die zusätzlichen Aus-

Aufbau der Arbeit

9

sagen, die sich aus den Weiterentwicklungen im Rahmen dieser Arbeit ergeben, möglichst gut veranschaulicht werden können. Die Schlussbetrachtung in Kapitel 6 enthält eine zusammenfassende Bewertung und Diskussion der ermittelten Ergebnisse. Anschließend werden Implikationen aus wissenschaftlicher und praktischer Perspektive herausgearbeitet und Grenzen der Untersuchung sowie ein Forschungsausblick aufgezeigt.

2 Grundlagen zu Geld-zurück-Garantien

2.1 Grundlagen zu Garantien 2.1.1 Begriffliche und rechtliche Grundlagen von Garantien Der Begriff Garantie wird in der wirtschafts- und rechtswissenschaftlichen Literatur nicht einheitlich verwendet. Aus rechtlicher Sicht ist der Begriff zunächst von der gesetzlich geregelten Sachmängelhaftung abzugrenzen. Im BGB ist geregelt, dass der Verkäufer dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu übergeben hat.20 In § 437 BGB bzw. § 634 BGB sind die Rechte genannt, die dem Käufer bzw. dem Besteller im Werkvertragsrecht bei Vorliegen eines Mangels zustehen.21 Die Verjährungsfrist für die Mängelansprüche beträgt nach § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB im Regelfall zwei Jahre. Diese gesetzlichen Regelungen, die häufig als Gewährleistung bezeichnet werden, können gemäß § 443 BGB durch eine Garantie erweitert werden. Im Rahmen der in diesem Paragraphen genannten Beschaffenheits- und Haltbarkeitsgarantien übernimmt der Verkäufer oder ein 20

Vgl. § 433 BGB.

21

Dies sind bei einem Kaufvertrag: Nacherfüllung, Rücktritt vom Vertrag, Minderung des Kaufpreises, Schadensersatz und Ersatz vergeblicher Aufwendungen; bei einem Werkvertrag: Nacherfüllung, selbständige Beseitigung der Mängel mit Ersatz der erforderlichen Aufwendungen, Rücktritt vom Vertrag, Minderung der Vergütung, Schadensersatz und Ersatz vergeblicher Aufwendungen.

12

Grundlagen zu Geld-zurück-Garantien

Dritter eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache oder dafür, dass die Sache für eine bestimmte Dauer eine bestimmte Beschaffenheit behält.22 Diese Garantieformen werden auch als unselbständige Garantien bezeichnet, da sie keine selbständige Anspruchsgrundlage schaffen. Im Gegensatz dazu basiert die selbständige Garantie auf eigenständigen Verträgen und ist nicht gesetzlich geregelt. Hierbei handelt es sich um eine freiwillige Selbstverpflichtung des Verkäufers, für einen bestimmten Erfolg bzw. für eine bestimmte Gefahr, die dem Vertragspartner erwachsen kann, einzustehen.23 Ausgehend von der jeweiligen rechtlichen Situation existieren in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur verschiedene Definitionen, die versuchen, die Rolle der Garantie als (Marketing-)Instrument der unternehmerischen Praxis zu erfassen.24 Nach Sperl (2000) kann eine Garantie definiert werden als „[...] ökonomische Chance, die dem Chancenempfänger (Begünstigte/-er) hinsichtlich eines bestimmten Versicherungsobjektes oder Objektsystems ein prognostiziertes Leistungsniveau verspricht. Für den Fall, dass der Chancenanbieter (Garant) seinem Versprechen nicht vereinbarungsgemäß nachkommt, hat der Chancenempfänger Anspruch auf eine vorbestimmte Wiedergutmachung (Kompensationsleistung).“ 25 Die Garantie besteht somit aus zwei Kernkomponenten, einem Leistungsversprechen und einer Kompensationsleistung.26 Inzwischen haben viele Unternehmen die gesetzlich geregelte Sachmängelhaftung (Ge-

22

Vgl. § 443, Abs. 1 BGB. Bei der Haltbarkeitsgarantie übernimmt der Verkäufer insofern entgegen der gesetzlichen Regelung, nach der er nur bei Gefahrenübergang für Sachmängel einstehen muss, eine erweiterte Haftung.

23

Vgl. Kleinaltenkamp (1992), S. 817; Kotler, Keller, Bliemel (2007), S. 578; Sperl (2000), S. 29; Spremann (1988), S. 614.

24

Vgl. z. B. Arnoldt (1996); Kendall, Russ (1975); Kleinaltenkamp (1992); Perry, Perry (1976); Sperl (2000); Spremann (1988); Udell, Anderson (1968).

25

Sperl (2000), S. 31.

26

Vgl. Sperl (2000), S. 32.

Grundlagen zu Garantien

13

währleistung) erweitert und Garantien bewusst zum Marketing-Instrument weiterentwickelt.27 In diesem Zusammenhang ordnet Laakmann (1995) die Garantien den ValueAdded Services zu. Dies sind „[...] Sekundärleistungen, die in Kombination mit einer Primärleistung ein Leistungsbündel ergeben, welches zumindest einzelnen Konsumentengruppen einen zusätzlichen Nutzen gegenüber anderen Leistungsbündeln mit gleicher Primärleistung verspricht und damit der anbietenden Unternehmung eine Differenzierung gegenüber diesen Leistungsbündeln ermöglicht.“ 28 Wie jedoch im nachfolgenden Abschnitt gezeigt wird, ist es darüber hinaus möglich, eine Garantie auch auf eine Sekundärleistung des Unternehmens zu geben. Wichtig ist an dieser Stelle aber, dass ein Unternehmen festlegen muss, auf welche (Teil-)Leistung ein Leistungsversprechen mit welcher Kompensationsleistung gewährt werden soll, um sich vom Wettbewerb zu differenzieren. Aus der Definition von Sperl (2000) sowie dem Charakter der Garantien als Value-Added Services ergeben sich verschiedene Entscheidungsparameter für ein Unternehmen, das Garantien als Marketing-Instrument einsetzen möchte. Diese Aspekte sollen im Folgenden systematisiert werden.

2.1.2 Systematisierung von Garantien In der Literatur existieren verschiedene Systematisierungsansätze für Garantien. Eine grundlegende Unterscheidung bezieht sich darauf, ob es sich um externe oder interne Garantien handelt. Während die erste Form an unternehmensexterne Kunden gerichtet ist, beziehen sich interne Garantien auf Abteilungen oder Teile derselben Organisation.29 Im Rahmen dieser Arbeit sollen Garantien als Marketing-Instrument untersucht werden, so dass interne Garantien von der weiteren Betrachtung ausgeschlossen werden. 27

Vgl. Backhaus, Voeth (2007), S. 461.

28

Laakmann (1995), S. 22.

29

Vgl. Hart (1993), S. 34.

14

Grundlagen zu Geld-zurück-Garantien

Über diese Unterscheidung hinaus existieren weitere Entscheidungsparameter, nach denen die Ausgestaltung von Garantien systematisiert werden kann. Ein geeigneten Ansatz, der die wesentlichen Aspekte des vorangegangenen Abschnitts aufgreift, liefern Ostrom, Hart (2000).30 Die Autoren systematisieren nach Garantie-Typ, Garantie-Versprechen und Garantie-Leistung. Der Garantie-Typ bezieht sich darauf, auf welche Leistung des Unternehmens eine Garantie gegeben werden soll. Dies kann nach der Systematisierung von Ostrom, Hart (2000) grundsätzlich ein Produkt, Service oder Preis sein. Vor allem in der englischsprachigen Literatur werden die Begriffe Service- und Dienstleistungsgarantien synonym verwendet.31 Hier soll jedoch der Auffassung von Sperl (2000) gefolgt werden, dass sich eine Servicegarantie im Gegensatz zur Dienstleistungsgarantie nicht auf eine Primärleistung des Unternehmens bezieht.32 Verspricht beispielsweise ein Restaurant, dass das Essen innerhalb einer bestimmten Frist geliefert wird, handelt es sich um eine Servicegarantie; garantiert jedoch ein Paketdienst die Zustellung einer Sendung innerhalb einer bestimmten Frist, handelt es sich um eine Dienstleistungsgarantie. Insofern wird deutlich, dass ein Value-Added Service in Form einer Garantie auch auf eine Sekundärleistung (im Beispiel den Service eines Restaurants) bezogen sein kann. Darüber hinaus können Preisgarantien ausgesprochen werden. Diese sichern dem Kunden in der Regel zu, dass dieser ein gekauftes Produkt innerhalb einer bestimmten Frist nirgendwo günstiger als bei dem Garanten selbst findet.33 Solche „Tiefpreisgarantien“ haben in der jüngsten Vergangenheit große Verbreitung in der Praxis34 und in der Marketing-Forschung35 gefunden. 30

Diese Systematisierung basiert zum Teil auf den Arbeiten von Hart (1988); Hart (1993).

31

Vgl. z. B. Hart (1988); Ostrom, Hart (2000); Wirtz, Kum, Lee (2000); Wirtz, Kum (2001); Wirtz, Kum (2004).

32

Vgl. Sperl (2000), S. 52.

33

Dies sind sogenannte relative Preisgarantien. Sperl (2000), S. 51 f., führt daneben auch noch absolute Preisgarantien an, die einem Kunden für einen bestimmten Zeitraum ein fixes Preisniveau versprechen.

34

Hier sind insbesondere die Baumärkte Praktiker und Hornbach mit ihren Werbekampagnen zu nennen.

35

Vgl. z. B. Biswas et al. (2002); Biswas, Dutta, Pullig (2006); Dutta (2004); Dutta, Biswas (2005);

Grundlagen zu Garantien

15

Im Rahmen des Garantie-Versprechens muss festgelegt werden, wann der Garantiefall eintritt. Dies kann an eine spezifische Bedingung geknüpft sein, wie beispielsweise – oben schon angeführt – die Lieferung innerhalb einer genau festgelegten Frist. Auf der anderen Seite ist es aber auch möglich, Garantien auszusprechen, die sich auf die Zufriedenheit des Kunden beziehen. Insofern existiert hier nicht mehr ein objektiv, sondern ein subjektiv kontrollierbares Leistungsversprechen.36 Bei diesen sogenannten Zufriedenheitsgarantien handelt es sich um eine besonders weitreichende Garantieform. Die (Un)Zufriedenheit kann sich auf sämtliche Leistungsbestandteile beziehen. Daher beinhaltet eine Zufriedenheitsgarantie immer auch alle weiteren Garantieformen, wie beispielsweise eine Preisoder Servicegarantie. Der dritte Aspekt bezieht sich auf die Garantie-Leistung. Diese kann nach Ostrom, Hart (2000) fix, variabel, monetär und nicht-monetär bzw. Kombinationen aus diesen Kategorien sein. Häufig ausgesprochene Garantie-Leistungen sind die Reparatur oder der Austausch des Produktes, Erlass eines Teils des Kaufpreises oder die Erstattung des gesamten Kaufpreises. Mit den genannten drei Aspekten werden die wesentlichen Entscheidungsbereiche der in Abschnitt 2.1.1 genannten Definition abgedeckt. Es muss aus Unternehmenssicht also zunächst festgelegt werden, auf welche Leistung (Produkt, Dienstleistung, Service, Preis) welches Leistungsversprechen (Zufriedenheit, spezifischer Erfolg) mit welcher Kompensationsleistung (fix, variabel, monetär, nicht-monetär) eine Garantie gewährt werden soll. Über die beschriebene Systematisierung hinaus existieren weitere Kriterien, nach denen Garantien ausgestaltet werden können.37 Hier sind nach Hart (1993) insbesondere der Spezifitätsgrad, der Umfang und die Kommunikationsart zu unterscheiden.38 Dutta, Biswas, Grewal (2007); Jain, Srivastava (2000); Kukar-Kinney, Walters, MacKenzie (2007); Kukar-Kinney, Grewal (2006); Kukar-Kinney, Grewal (2007); Kukar-Kinney (2006); Kukar-Kinney, Walters (2003); Lurie, Srivastava (2005); Srivastava, Lurie (2001); Srivastava, Lurie (2004). 36

Vgl. Sperl (2000), S. 52.

37

Vgl. insbesondere Hart (1993); Heskett, Sasser, Hart (1991).

38

Vgl. auch Sperl (2000), S. 46 ff.

16

Grundlagen zu Geld-zurück-Garantien

Im Hinblick auf den Spezifitätsgrad unterscheidet man zwischen spezifischen und umfassenden Garantien. Die Unterteilung umfasst die bereits oben beschriebenen Möglichkeiten des Garantie-Versprechens (Zufriedenheit oder spezifischer Erfolg) und muss daher nicht mehr gesondert erläutert werden. Der Umfang einer Garantie kann eingeschränkt oder uneingeschränkt sein. Dieser Aspekt bezieht sich darauf, ob die Garantie vom Kunden irgendwelche Aktivitäten erfordert, um in den Genuss der Garantie zu kommen.39 Beispiele hierfür sind die Vorlage eines Kassenbons oder die Einhaltung einer bestimmten Frist.40 Wenngleich in der Literatur Beispiele für uneingeschränkte Garantien angeführt werden,41 bleibt doch festzuhalten, dass jede Garantie irgendwelche Aktivitäten des Kunden erfordert und somit nach der in der Literatur aufgeführten Definition als eingeschränkt zu klassifizieren wäre. Daher werden in dieser Arbeit nur eingeschränkte Garantien betrachtet. Aus praktischer Sicht ist folglich näher zu spezifizieren, unter welchen Bedingungen, d. h. innerhalb welcher Frist und mit welchen Rückgabemodalitäten, die Kompensationsleistung bei eingeschränktem Umfang der Garantie gewährt werden soll. Der letzte Aspekt der Systematisierung bezieht sich auf die Kommunikationsart. Diese kann implizit oder explizit sein.42 Implizite Garantien werden weder kommuniziert noch für den Kunden sichtbar schriftlich fixiert. Der Kunde muss sich folglich darauf verlassen, dass er im Fall einer Unzufriedenheit eine – quasi freiwillige – Kompensationsleistung erhält. Explizite Garantien sind hingegen ausdrücklicher Bestandteil der Kommunikation mit dem Kunden. Diese Form wird von Udell, Anderson (1968) als „promotional guarantees“ bezeichnet und dient der Kommunikation eines Leistungsvorteils bzw. eines Value-Added, den die Unternehmung durch das Anbieten der Garantie zu erzielen 39

Vgl. Heskett, Sasser, Hart (1991), S. 128.

40

Vgl. Grillenberger (1996), S. 25.

41

Als Beispiele werden die US-amerikanischen Versandhäuser Lands’ End und L.L. Bean angeführt, die jede Ware selbst nach mehrjährigem Gebrauch anstandslos zurücknehmen und den Kaufpreis zurückerstatten, vgl. Sperl (2000), S. 48.

42

Vgl. hier und im Folgenden Grillenberger (1996), S. 26.

Grundlagen zu Garantien

17

versucht.43 Bei den Ausführungen wird deutlich, dass bei der Ausgestaltung einer Garantie in einem ersten Schritt die grundlegenden Entscheidungen nach der von Ostrom, Hart (2000) entwickelten Systematisierung getroffen werden müssen. Anschließend kommen die zuletzt genannten Kriterien von Hart (1993) zum Einsatz, um das Garantieversprechen näher zu konkretisieren. Abbildung 2.1 führt die beiden Ansätze graphisch zusammen.

Garantie-Leistung

Produkt

Fix

Dienstleistung

Zufriedenheit (unspezifisch)

Variabel

Service

Spezifischer Erfolg

Monetär

Dauer

implizit

Preis

Abbildung 2.1: Systematisierung von Garantien (Quelle: in Anlehnung an Ostrom, Hart (2000) und Hart (1993))

43

Kommunikationsart

Rückgabemodalitäten

Garantie-Versprechen (Spezifitätsgrad)

explizit

Bedingungen

Garantie-Typ

Vgl. Udell, Anderson (1968), S. 198 ff. und Levitt (1980), S. 83 ff.

Nichtmonetär

18

Grundlagen zu Geld-zurück-Garantien

2.2 Geld-zurück-Garantien als spezielle Garantieform 2.2.1 Einordnung in die Systematisierung von Garantien Der Begriff „Geld-zurück-Garantie“ (GzG) drückt zunächst einmal nur aus, dass im Garantiefall das Geld bzw. der komplette Kaufpreis zurückerstattet wird. Es wird somit festgelegt, dass die Garantie-Leistung monetärer Art ist. In der Regel wird der gesamte Kaufpreis erstattet (fixe Garantie-Leistung), einige Garantien sehen aber auch (zum Teil variable) Abschläge für Versand, Bearbeitung oder eine „restocking fee“ vor.44 Hiervon bleibt die Frage unberührt, welches Garantie-Versprechen auf welchen Garantie-Typus, also welche Leistung des Unternehmens, gegeben wird. Nichtsdestotrotz werden sowohl in der Praxis als auch in der relevanten Literatur solche Garantien als GzG bezeichnet, die als Garantie-Versprechen die Zufriedenheit des Kunden beinhalten. In den USA werden diese „money-back guarantees“ insbesondere von Händlern eingesetzt. Die weite Verbreitung wurde in Studien von Mann, Wissink (1988) und McWilliams, Gerstner (2006) belegt. McWilliams, Gerstner (2006) fanden beispielsweise heraus, dass 83% der Händler im kalifornischen Sacramento eine GzG anboten. Wenngleich in Deutschland Beispiele für solche Händler-GzG und von GzG auf Dienstleistungen oder Services zu finden sind,45 bezieht sich der Großteil der GzG auf das Versprechen eines Herstellers, ein Produkt bei Nichtgefallen innerhalb einer bestimmten Frist gegen Erstattung des Kaufpreises zurückzunehmen. Tabelle 2.1 enthält ausgewählte aktuelle Praxisbeispiele.46 An den Beispielen wird deutlich, dass die Garantien auf ein sehr breites Spektrum von Produkten ausgesprochen werden. Darüber hinaus wird eine wichtige Unterscheidung deutlich: Die Hersteller rufen – wie im Beispiel von adidas – dazu auf, das Produkt 44

Vgl. Posselt, Gerstner, Radic (2008), S. 207 f.

45

Vgl. Sperl (2000) S. 39 ff. Aktuelle Beispiele befinden sich darüber hinaus in Tabelle A.1 und Abbildung A.1 im Anhang.

46

Die Werbekampagnen sind in Abbildung A.2 im Anhang aufgeführt. Weitere Beispiele befinden sich in Tabellen A.2 und Abbildung A.3 im Anhang.

Geld-zurück-Garantien als spezielle Garantieform

19

Unternehmen

Produkt

Garantieversprechen

adidas

Laufschuhe

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Contrex

Wasser

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Danone

Joghurt

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FIAT

Automobile

Wer bis zum 31. Juli kauft, least oder finanziert, kann in den ersten 90 Tagen nach Vertragsabschluss den Wagen ohne Angabe von Gründen wieder retournieren.

Nescafé

Kaffeemaschine

Unsere Nescafé Dolce Gusto bietet Ihnen hervorragende Qualität, eine einfache Bedienung und ein innovatives Design. Sollten Sie dennoch nicht hundert Prozent zufrieden sein, können Sie diese innerhalb von 30 Tagen [...] zurückgeben. Sie erhalten umgehend den kompletten Kaufpreis zurück.

Olaz

Kosmetik

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Tabelle 2.1: Ausgewählte Praxisbeispiele für GzG

zu testen. Selbst bei Verbrauchsgütern, die im Garantiefall nicht zurück gegeben werden können, findet die GzG Anwendung. Insofern ist die GzG von einem reinen Umtauschrecht bzw. -service abzugrenzen. Das BGB räumt in diesem Zusammenhang Käufern bei Fernabsatzverträgen, d. h. Verträgen, die unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln wie z. B. dem Internet abgeschlossen wurden, grundsätzlich innerhalb einer zweiwöchigen Frist ein Widerrufs- und Rückgaberecht ein.47 Wenngleich viele Unternehmen sowohl im elektronischen als auch im stationären Handel mit einem ausgedehnten Zeitraum für eine Rückgabemöglichkeit werben und dies zum Teil 47

Vgl. §§ 312 b ff. BGB.

20

Grundlagen zu Geld-zurück-Garantien

als GzG bezeichnen, ist die Ware in der Regel unbenutzt und in Originalverpackung zurückzugeben.48 In diesem Fall kann eine Überprüfung der konkreten Eigenschaften des Produktes nicht besser erfolgen als vor dem Kauf. GzG bieten damit einen erheblich größeren Verhaltensspielraum als das gesetzlich bzw. freiwillig gewährte Umtauschrecht. Bei näherer Betrachtung der Garantien fällt weiterhin auf, dass die Unternehmen das Garantieversprechen häufig mit einer Aussage über die Qualität der Produkte versehen (z. B. Nescafé). Wenngleich also eine Zufriedenheitsgarantie – wie oben angesprochen – sämtliche Leistungsbestandteile des Produktes abdeckt und somit beispielsweise auch eine Preisgarantie beinhaltet, stellt die Kommunikation in der Praxis auf die Qualität des Produktes ab. Im Hinblick auf den Umfang der Garantien fällt auf, dass es sich nach obiger Definition ausschließlich um eingeschränkte Garantien handelt. Die (einschränkenden) Bedingungen umfassen im Wesentlichen die Dauer der Garantie und die Modalitäten für die Rückgabe. Zum einen macht der relativ kurze Zeitraum der Garantien von 14 bis 90 Tagen die Abgrenzung zu den bereits genannten Sachmängelansprüchen bzw. deren Erweiterungen deutlich.49 Zum anderen definieren die Unternehmen unterschiedliche Rückgabemodalitäten. So ist beispielsweise bei der GzG auf das Contrex-Wasser eine Stellungnahme von mindestens 15 Wörtern erforderlich, warum man mit dem Produkt unzufrieden ist. Rückgabemodalitäten können sich weiterhin darauf beziehen, dass beispielsweise bei der Rückgabe des Produktes die Vorlage des Kassenbons erforderlich ist. Die Dauer der GzG und die Bedingungen der Rückgabe sind die wesentlichen Parameter bei der Ausgestaltung von GzG und werden daher im nachfolgenden Abschnitt 2.2.2 ausführlich behandelt.

48

IKEA Deutschland gewährt auf unbenutzte und in Originalverpackung zurückgegebene Ware innerhalb von 3 Monaten ein Rückgaberecht, vgl. www.ikea.de. Der Baumarkt Max Bahr wirbt auf seiner Homepage mit folgender Aussage: „Geld-zurück-Garantie: Zuviel gekaufte Ware bringen Sie einfach innerhalb von 8 Wochen gegen Vorlage des Kassenbons originalverpackt zurück (außer bei Sonderanfertigungen).“ Vgl. www.maxbahr.de/serviceleistungen. Die Garantie ist in diesen Fällen also ein (verlängertes) Rückgaberecht ohne die Möglichkeit, die Ware zu testen.

49

Vgl. Abschnitt 2.1.1.

Geld-zurück-Garantien als spezielle Garantieform

21

2.2.2 Ausgestaltungsmöglichkeiten von Geld-zurück-Garantien Aus den Praxisbeispielen in Tabelle 2.1 ist bereits deutlich geworden, dass GzG unterschiedlich ausgestaltet sein können. Heiman, McWilliams, Zilberman (2001a) unterscheiden als Ausgestaltungsmöglichkeiten von GzG die Dauer der Garantie, die Kosten der Rückgabe und die Bedingungen der Rückgabe. Die Dauer der Garantie beträgt in den Beispielen zwischen 14 und 90 Tagen. Je länger die Testperiode gewählt wird, desto größer ist die Möglichkeit des Konsumenten, die Produkteigenschaften kennenzulernen und zu testen, inwieweit den Erwartungen an das Produkt entsprochen wird.50 Hierbei ist zu beobachten, dass insbesondere Garantien auf technisch komplexere Produkte (z. B. Autos), Produkte, die erst nach mehrmaligem Gebrauch beurteilt werden können (z. B. Laufschuhe) oder Produkte, die insgesamt eine längere Haltbarkeit aufweisen (z. B. Kaffeemaschinen) mit einer längeren Laufzeit versehen werden als Garantien auf Verbrauchsgüter (z. B. Joghurts). Dies hängt zum einen damit zusammen, dass Konsumenten in Abhängigkeit von der Komplexität des Produktes unterschiedlich lang brauchen, um sich von den Leistungseigenschaften zu überzeugen. Zum anderen ist es bei weniger abnutzbaren Gegenständen für das zurücknehmende Unternehmen leichter, die Produkte auch nach einer längeren Testperiode wiederverwerten zu können. Neben der Ausgestaltung der Dauer der GzG stellen auch die Kosten der Rückgabe einen Handlungsparameter dar. Nnach Heiman, McWilliams, Zilberman (2001a) können Kosten sowohl für den Hersteller als auch für den Konsumenten entstehen. In dieser Arbeit soll im Rahmen einer verhaltenswissenschaftlichen Studie die Wirkung von GzG auf den Konsumenten untersucht werden. Daher wird eine Betrachtung der Kosten für den Hersteller für die weitere Analyse ausgeschlossen. Die Kosten für den Konsumenten beziehen sich im Wesentlichen auf die Transaktionskosten, die bei der Rückgabe

50

Vgl. Heiman, McWilliams, Zilberman (2001a), S. 73.

22

Grundlagen zu Geld-zurück-Garantien

entstehen.51 Dieser Aspekt ist jedoch unmittelbar mit den Bedingungen einer Garantie verknüpft. Die einschränkenden Bedingungen einer GzG beziehen sich insbesondere auf die Modalitäten der Rückgabe bzw. -sendung des Produktes (Einsendung von: Kassenbon, Produkt inklusive Originalverpackung, schriftlicher Begründung für die Unzufriedenheit mit dem Produkt, Teilnahmecoupons, ausgeschnittenen Aktionsstreifen/Strichcodes). Darüber hinaus erfolgt bei den Verbrauchsgütern häufig die Begrenzung auf eine einmalige Inanspruchnahme der Garantie pro Haushalt oder die Festlegung der Menge der verzehrten Produkte. Diese Aspekte zeigen ein Problemfeld von GzG auf: das mögliche Trittbrettfahrerverhalten der Konsumenten.52 Bei Produkten, die kurzfristig einen hohen Nutzen stiften, besteht die Gefahr, dass die Konsumenten diesen Nutzen nach dem Kauf generieren und das Produkt dann zurück geben. So könnte ein Konsument ein Verbrauchsgut nur mit der Absicht erwerben, dies anschließend im Rahmen der Garantie zurückzugeben, um somit den Kaufpreis zu sparen. Bei Software-Produkten oder CDs kann ferner der Inhalt und somit der gesamte Nutzen in der Regel durch Kopien gesichert werden. Als weiteres Beispiel lässt sich eine GzG von Mediamarkt anführen. Das Unternehmen sprach Ende 2006/Anfang 2007 eine GzG auf die Spielkonsole Xbox 360 aus. In Internetforen haben sich Nutzer darüber ausgetauscht, dass sie die Spielkonsole nur erwerben wollten, um kurzfristig einen Nutzen daraus zu ziehen und das Produkt dann innerhalb des Garantie-Zeitraums zurückzugeben.53 Der Wertverlust des Produktes und der Nutzenanteil, zu dem ein Produkt bereits in der Testphase konsumiert werden kann, sind somit wichtige Größen zur Bestimmung des ökonomischen Vorteils sowie der Ausgestaltung einer GzG.54 Ein Unternehmen steht damit 51

Vgl. Heiman, McWilliams, Zilberman (2001a), S. 73.

52

Vgl. Davis, Gerstner, Hagerty (1995); Mann, Wissink (1988); Wirtz, Kum (2004).

53

Vgl. Abbildung A.4.

54

Vgl. Davis, Gerstner, Hagerty (1995), S. 9 f.; Moorthy, Srinivasan (1995), S. 445 ff. Für eine Analyse, wann das Anbieten von GzG oder Produktdemonstrationen vorteilhaft ist, siehe Heiman, McWilliams, Zilberman (2001a); Heiman, McWilliams, Zilberman (2001b).

Geld-zurück-Garantien als spezielle Garantieform

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vor der Aufgabe, die Bedingungen nicht zu restriktiv zu formulieren, so dass die Garantie ihre Glaubwürdigkeit verliert.55 Auf der anderen Seite dürfen die Bedingungen nicht so formuliert sein, dass Konsumenten dies zum Nachteil des Unternehmens ausnutzen können. In der vorliegenden Untersuchung soll überprüft werden, ob das Vorhandensein einer GzG bestimmte Wirkungen auf die Produktbeurteilung von Konsumenten hat. Daher sollen keine einschränkenden Bedingungen, die die Glaubwürdigkeit der GzG reduzieren und somit nicht kontrollierbare Effekte auslösen könnten, betrachtet werden. Vor dem Hintergrund der in den vorangegangenen Abschnitten geschilderten Aspekte soll die GzG für die vorliegende Arbeit wie folgt definiert werden: Eine GzG ist das explizit kommunizierte Versprechen eines Herstellers, die getestete Ware innerhalb einer bestimmten Frist ohne Angabe von Gründen gegen Erstattung des vollen Kaufpreises zurückzunehmen, sofern der Käufer mit dem Produkt nicht zufrieden ist. Aus rechtlicher Sicht bleibt bei der Ausgestaltung von GzG – über die Aspekte in Abschnitt 2.1.1 hinaus – anzumerken, dass eine GzG den Bestimmungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) unterliegt. Im Sinne von § 4 Nr. 4 UWG ist in der GzG grundsätzlich eine Verkaufsförderungsmaßnahme zu sehen, so dass die umfassenden Informationspflichten des UWG zu beachten sind. D. h. die Bedingungen für die Inanspruchnahme einer GzG sind „klar und eindeutig“ anzugeben.56

55

Vgl. Hart (1988), S. 55.

56

Siehe hierzu auch das Urteil des OLG Frankfurt vom 19.10.2006 - Aktenzeichen: 6 U 73/06. In diesem wurde entschieden, dass eine Werbung mit einer GzG wettbewerbswidrig sei, wenn die Bedingungen für deren Inanspruchnahme nicht klar und eindeutig angeben sind. Im konkreten Fall hatte ein Getränkehändler mit einer GzG geworben. Die Bedingungen waren auf der Rückseite der Flaschenetiketten angebracht, die abgelöst werden mussten, um lesbar zu sein.

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Grundlagen zu Geld-zurück-Garantien

2.3 Stand der Forschung zu Garantien 2.3.1 Literaturüberlick zu verschiedenen Garantieformen In der Einleitung wurde bereits darauf hingewiesen, dass keine umfassende wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Marketing-Instrument GzG und insbesondere mit der in Deutschland üblichen Form der Hersteller-GzG existiert. Um dennoch Ansatzpunkte für die theoretische und empirische Analyse zu identifizieren, soll im Folgenden ein Überblick über die zum Themenkomplex Garantien vorhandenen Studien gegeben sowie deren Erkenntnisse und Defizite herausgearbeitet werden. Nachdem auf Basis konzeptioneller Überlegungen insbesondere durch die Arbeiten von Udell, Anderson (1968) und Kendall, Russ (1975) die Garantie als Instrument zur Differenzierung im Wettbewerb identifiziert wurde, hat sich die Forschung in Bezug auf den Themenkomplex Garantien im Wesentlichen in vier Richtungen entwickelt, die sich grundsätzlich in der Art der betrachteten Garantieform unterscheiden. Die analysierten Garantieformen sind Produktgarantien mit dem Versprechen der Funktionsfähigkeit der Produkte für eine bestimmte Laufzeit, Tiefpreisgarantien, Dienstleistungs- bzw. Servicegarantien und Händler-GzG. Wenngleich bereits an dieser Stelle anzumerken ist, dass keine dieser Garantieformen der in dieser Arbeit untersuchten GzG genau entspricht, soll dennoch ein Überblick über die wesentlichen Ergebnisse dieser Studien vermittelt werden, um mögliche Ansatzpunkte für die weitere Untersuchung zu identifizieren. Der erste Forschungsstrang betrachtet Produktgarantien, die dem Konsumenten die Funktionsfähigkeit des Produktes für einen bestimmten Zeitraum zusichern und im Schadensfall bestimmte Leistungen, häufig die Reparatur, übernehmen. In Deutschland entspricht diese Garantieform einer Ausweitung der gesetzlichen Sachmängelhaftung (Gewährleistung).57 In der englischsprachigen Literatur wird diese Garantieform im Wesentlichen 57

Vgl. Abschnitt 2.1.1.

Stand der Forschung zu Garantien

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unter dem Begriff „warranty“ geführt. Ein Teil dieser Studien adressiert die Frage, ob mit einer Garantie das wahrgenommene Risiko gesenkt werden kann.58 Bearden, Shimp (1982) untersuchen in diesem Zusammenhang empirisch, welchen Einfluss die extrinsischen Produktmerkmale Garantie, Reputation und Preis auf das wahrgenommene Risiko, die Einstellung gegenüber dem (beworbenen) Produkt und die Verhaltensabsichten der Konsumenten haben. Als wesentliches Ergebnis wird generiert, dass eine umfassende Garantie in der Lage ist, das wahrgenommene Risiko zu reduzieren und somit die Adoption von neuen, innovativen Produkten zu erleichtern. Shimp, Bearden (1982) untersuchen ebenfalls die drei genannten extrinsischen Produktmerkmale. Hierbei wird das wahrgenommene Risiko in ein finanzielles und ein funktionales Risiko unterteilt. Es zeigt sich, dass kein Produktmerkmal das funktionale Risiko senken kann. Allerdings sind umfangreiche Garantien – im Gegensatz zum Produktmerkmal Marke – auch bei innovativen Produkten in der Lage, das finanzielle Risiko zu reduzieren. Weitere Studien zu Produktgarantien im Sinne von „Funktionsgarantien“ analysieren die Wirkung der Garantien als Qualitätssignal. Neben modelltheoretischen Abhandlungen59 existieren insbesondere empirische Untersuchungen,60 die überprüft haben, ob und unter welchen Bedingungen Garantien als Qualitätssignal wirken.61 Die meisten Studien sind vor einem mikroökonomischen oder informationsökonomischen Hintergrund untersucht worden, nur wenige Studien verfolgen verhaltenswissenschaftliche Ansätze62 . In den empirischen Studien wird übereinstimmend festgestellt, dass eine Garantie generell als Instrument zum Signalisieren von Qualität geeignet ist. Allerdings üben die neben der 58

Vgl. Bearden, Shimp (1982); Perry, Perry (1976); Shimp, Bearden (1982); White, Truly (1989).

59

Vgl. Gal-Or (1989); Grossman (1981); Kirmani, Rao (2000); Menezes, Currim (1992); Nell (1999).

60

Vgl. Boulding, Kirmani (1993); Innis, Unnava (1991); Kelley (1988); Maronick (2007); Miyazaki, Grewal, Goodstein (2005); Olson, Jacoby (1972); Price, Dawar (2002); Purohit, Srivastava (2001); Srivastava, Mitra (1998); Wiener (1985).

61

Zum Teil wird die Qualität dabei nur im Hinblick auf bestimmte Qualitätsdimensionen, wie z. B. die Zuverlässigkeit des Produktes, untersucht. Vgl. Kelley (1988); Wiener (1985).

62

Vgl. z. B. Purohit, Srivastava (2001).

26

Grundlagen zu Geld-zurück-Garantien

Garantie berücksichtigten Produktmerkmale einen Einfluss auf diesen Zusammenhang aus. Diese Erkenntnis bezieht sich sowohl auf vorhandene intrinsische als auch extrinsische Merkmale. Intrinsische Produktmerkmale hängen im Gegensatz zu extrinsischen Merkmalen unmittelbar mit den physischen Eigenschaften des Produktes zusammen.63 Während festgestellt wurde, dass die Garantie auch bei Vorhandensein von intrinsischen Produktmerkmalen einen Einfluss auf die Qualitätswahrnehmung ausübt,64 wurden im Rahmen von sogenannten „multiple-cue“-Studien weitere extrinsische Produktmerkmale berücksichtigt. In den meisten Studien wurde dabei der Einfluss der Garantie auf die Qualitätswahrnehmung bei simultaner Berücksichtigung der Merkmale Marke und/oder Preis überprüft. Boulding, Kirmani (1993) kommen beispielsweise zu dem Ergebnis, dass die Wirkung der Garantie von der Glaubwürdigkeit des Anbieters abhängt. Innis, Unnava (1991) ermitteln in diesem Zusammenhang, dass eine Garantie vor allem bei unbekannten, neuen Marken vorteilhafte Konsumentenreaktionen hervorruft, während dieser Einfluss bei etablierten Unternehmen mit hoher Reputation zwar vorhanden, aber gering ist. Aktuelle Veröffentlichungen weisen darauf hin, dass bei Berücksichtigung mehrerer (extrinsischer) Produktmerkmale die Wechselwirkungen zwischen diesen systematisch erfasst werden sollten und führen die Uneinheitlichkeit bisheriger Forschungsergebnisse u. a. auf eine Vernachlässigung dieses Aspektes zurück. Miyazaki, Grewal, Goodstein (2005) stellen empirisch gestützt fest, dass bei mehreren inkonsistenten Merkmalen die negativen Merkmale bei der Beurteilung der Gesamt-Qualität übergewichtet werden („negativity bias“). Purohit, Srivastava (2001) entwickeln den „Cue Diagnosticity Framework“, der unterschiedliche Wertigkeiten der Produktmerkmale sowie die daraus resultierenden Wechselwirkungen bei der Qualitätsbeurteilung berücksichtigt. Schließlich stellen Srivastava, Mitra (1998) fest, „[...] that prior knowledge influences the extent to which different cues are used in assessments of product quality.“ 65

63

Vgl. ausführlich Abschnitt 3.2.1.1.

64

Vgl. Innis, Unnava (1991), S. 318.

65

Srivastava, Mitra (1998), S. 328.

Stand der Forschung zu Garantien

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Abschließend sei noch angemerkt, dass in den empirischen Studien entweder das Vorhandensein einer Garantie und/oder verschiedene Ausgestaltungsformen der Garantien manipuliert werden. Der letzte Aspekt beinhaltet schwerpunktmäßig eine Variation der Länge der Garantien, wird zum Teil aber auch auf das Garantie-Versprechen sowie die Garantie-Leistung bezogen. In einigen Studien nimmt eine umfassende Garantie daher die Form einer GzG an.66 Die Tatsache, dass eine GzG auch andere Garantieformen – wie beispielsweise die nachfolgend dargestellten Tiefpreisgarantien – umfasst und somit weitere Leistungsbestandteile bzw. Risiken abdeckt, wird jedoch nicht berücksichtigt. Tiefpreisgarantien stellen ein relativ junges Forschungsfeld dar. Neben modelltheoretischen und konzeptionellen Überlegungen67 wird in einem Großteil der Studien untersucht, ob das Vorhandensein einer Tiefpreisgarantie den wahrgenommenen Wert, die Wahrnehmung des Preisniveaus bzw. das Preisimage, die Suchabsicht, die Einkaufsstättenwahl, die Loyalität gegenüber dem Händler oder die Kaufabsicht beeinflusst.68 Darüber hinaus existieren Studien, die die Ausgestaltungsformen von Tiefpreisgarantien (Dauer, Höhe der Erstattung, Restriktionen) mit in die empirische Analyse aufnehmen,69 Moderatoren wie die wahrgenommene Preisstreuung oder das Preisbewusstsein in die Untersuchung einbeziehen,70 Determinanten für die Bereitschaft, die Garantie in Anspruch zu nehmen, ermitteln,71 einen Vergleich der Wirkung der Tiefpreisgarantie in verschiedenen Handelsumgebungen (stationär/Internet) anstellen72 oder die Auswirkungen analysieren, wenn Konsumenten die Garantie nach dem Kauf tatsächlich in Anspruch

66

Vgl. z. B. Miyazaki, Grewal, Goodstein (2005).

67

Vgl. Hviid, Shaffer (1999); Mañez (2006); Mazumdar, Srivastava (2001); Png, Hirshleifer (1987); Sivakumar, Weigand (1997).

68

Vgl. Biswas et al. (2002); Dutta (2004); Dutta, Biswas, Grewal (2007); Jain, Srivastava (2000); KukarKinney (2006); Kukar-Kinney (2005); Lurie, Srivastava (2005); Srivastava, Lurie (2001); Srivastava, Lurie (2004).

69

Vgl. Kukar-Kinney, Walters (2003); Dutta, Biswas (2005); Kukar-Kinney, Walters, MacKenzie (2007).

70

Vgl. Biswas, Dutta, Pullig (2006); Kukar-Kinney, Walters, MacKenzie (2007).

71

Vgl. Kukar-Kinney, Grewal (2006).

72

Vgl. Kukar-Kinney, Grewal (2007).

28

Grundlagen zu Geld-zurück-Garantien

nehmen müssen73 . In den meisten Studien steht die Wirkung der Tiefpreisgarantien im Hinblick auf das wahrgenommene Preisniveau bzw. das Preisimage eines Händlers im Vordergrund. Unabhängig von den diesbezüglichen Ergebnissen dokumentieren die Studien jedoch auch, dass mit einer Tiefpreisgarantie das wahrgenommene (finanzielle) Risiko reduziert und der wahrgenommene Wert eines konkreten Angebots verbessert werden kann. Bei Dienstleistungs- bzw. Servicegarantien 74 wird die Garantie nicht mehr an ein Produkt, sondern an eine Dienstleistung bzw. einen Service des Unternehmens gekoppelt.75 Ein weiterer wesentlicher Unterschied besteht darin, dass sich das Garantieversprechen nicht mehr nur auf einen spezifischen Erfolg beziehen muss, sondern häufig die Zufriedenheit des Kunden als Maßstab kommuniziert wird. Neben konzeptionellen Arbeiten76 beschäftigen sich insbesondere empirische Arbeiten mit den Auswirkungen von spezifischen und umfassenden Garantien auf die Vor- und Nachkauf-Evaluation von Dienstleistungen bzw. Services. In diesem Zusammenhang dokumentieren die Studien von Ostrom, Iacobucci (1998), Wirtz, Kum, Lee (2000) und Wirtz, Kum (2001), dass sich eine Dienstleistungs- bzw. Servicegarantie vorteilhaft auf die Vorkauf-Evaluation auswirken kann. Ostrom, Iacobucci (1998) betrachten die Auswirkung auf die Wahrnehmung der Variablen Risiko, Qualität und Zufriedenheit. Die Autoren stellen dabei fest, dass der Einfluss der Garantie auf Vorkauf-Evaluation eines Angebots umso größer ist, je höher das Risiko der Transaktion insgesamt wahrgenommen wird. So zeigt sich bei dem Vergleich eines preisgünstigen Hotels mit einem Luxus-Hotel, dass eine Zufriedenheitsgarantie bei der Evaluation der 73

Vgl. Dutta, Biswas, Grewal (2007).

74

Vgl. Fabien (2005); Hart (1988); Hart (1993); Kashyap (2001); McCollough, Gremler (2004); McDougall, Levesque (1998); Ostrom, Iacobucci (1998); Ostrom, Hart (2000); Wirtz (1998); Wirtz, Kum, Lee (2000); Wirtz, Kum (2001); Wirtz, Kum (2004).

75

Vgl. Abschnitt 2.1.2.

76

Vgl. Hart (1988); Hart (1993); Kashyap (2001); Ostrom, Hart (2000); Wirtz (1998). Fabien (2005) entwickelt auf Basis von Tiefeninterviews 12 Schlüsselfaktoren, die es bei der Entwicklung einer Dienstleistungs-/Servicegarantie zu beachten gilt.

Stand der Forschung zu Garantien

29

genannten Variablen im Falle des preisgünstigen Hotels einen Einfluss ausübt, im Falle des Luxus-Hotels jedoch nicht. Der Frage, ob ein Unternehmen (Hotel) mit einer Reputation für überragenden Service überhaupt eine Zufriedenheitsgarantie anbieten sollte, gehen auch Wirtz, Kum, Lee (2000) nach. Ausgangspunkt ist die Überlegung, dass ein Hotel mit einer weit überdurchschnittlichen Reputation eine explizit formulierte Garantie nicht nötig hat und diese daher eher negative Folgen nach sich zieht.77 Als Ergebnis der empirischen Überprüfung stellt sich heraus, dass die Zufriedenheitsgarantie bei einem Hotel mit einer „guten“ Reputation das wahrgenommene Risiko senkt und die Qualitätswahrnehmung sowie die Kaufabsicht erhöht. Entgegen der Vermutung, treffen diese Aspekte – mit Ausnahme der Erhöhung der Kaufabsicht – aber auch auf ein Hotel mit einer „überragenden“ Reputation zu. Allerdings sind die Effekte schwächer als bei dem lediglich „guten“ Hotel. Wirtz, Kum (2001) kommen im Rahmen einer empirischen Studie zu dem Ergebnis, dass nicht immer die umfassende Zufriedenheitsgarantie die wirkungsvollste Garantieform darstellt. Vielmehr entfaltet eine „kombinierte“ Garantie die stärkste Wirkung auf die Steigerung des wahrgenommenen Wertes bzw. die Reduktion des wahrgenommenen Risikos und der wahrgenommenen Wahrscheinlichkeit eines Misserfolgs der Dienstleistung. Kombinierte Garantien versprechen die Zufriedenheit des Kunden in Bezug auf festgelegte Mindeststandards und definieren im Schadensfall (verschiedene) konkrete Garantie-Leistungen. Die empirischen Befunde werden darauf zurück geführt, dass Konsumenten eine Unsicherheit dafür empfinden, ob eine umfassende Zufriedenheitsgarantie tatsächlich die Unzufriedenheit mit allen Leistungsaspekten abdeckt.78 Ähnliche Ergebnisse dokumentiert auch die Studie von McDougall, Levesque (1998). In Situationen, in denen die Inanspruchnahme der Garantien im Vordergrund steht, präferieren die Probanden eine spezifische Garantie. In Auswahlsituationen, in denen eine Entscheidung für einen bestimmten Anbieter getroffen werden muss, wird hingegen eine umfassende Ga77

Vgl. Wirtz, Kum, Lee (2000), S. 503 f.

78

Vgl. Wirtz, Kum (2001), S. 285.

30

Grundlagen zu Geld-zurück-Garantien

rantie besser evaluiert.79 Im Rahmen einer Nachkauf-Betrachtung gelangen McCollough, Gremler (2004) schließlich zu dem Ergebnis, dass eine Garantie eine positive Wirkung auf die Evaluation der Dienstleistung bzw. des Services ausübt. Dies ist auch dann der Fall, wenn der Garantiefall (Unzufriedenheit) nicht eingetreten ist und die Garantie dementsprechend nicht in Anspruch genommen werden musste. Daraus schließen die Autoren, dass selbst bei Anbietern mit einer hohen Reputation die Zufriedenheitsgarantie ein wirkungsvolles Instrument darstellt.80 Der letzte hier betrachtete Forschungsstrang beschäftigt sich mit GzG („money-backguarantees“). In Abschnitt 2.2.1 wurde bereits darauf hingewiesen, dass in den USA die GzG besonders bei Händlern ein weit verbreitetes Marketing-Instrument darstellt. Daher analysieren (fast) alle aufgeführten Quellen GzG, die von Händlern ausgesprochen werden. Ein Teil der Studien beschäftigt sich mit GzG als Risikoreduktionsinstrument im Kontext des Direktmarketing.81 Akaah, Korgaonkar (1988) stellen in einer conjointanalytischen Studie beispielsweise fest, dass die GzG aus Sicht der Kunden das wichtigste Risikoreduktionsinstrument darstellt.82 Grewal et al. (2003) untersuchen die Auswirkungen einer GzG auf die Preiserwartung, das wahrgenommene Sicherheitsrisiko und den wahrgenommenen Akquisitionsnutzen bei einem bekannten und einem unbekannten InternetHändler. Hierbei gelangen die Autoren zu dem Ergebnis, dass eine GzG unabhängig vom Bekanntheitsgrad des Internet-Händlers das erwartete Preisniveau, operationalisiert über den internen Referenzpreis, bei diesem Händler anhebt. Das wahrgenommene Risiko kann eine GzG hingegen insbesondere bei dem unbekannten Händler reduzieren. Ein Einfluss der GzG auf den Akquisitionsnutzen konnte nicht festgestellt werden. Eine aktuelle Studie von Posselt, Gerstner, Radic (2008) greift die Vielzahl von Aus79

Vgl. McDougall, Levesque (1998), S. 289.

80

Vgl. McCollough, Gremler (2004), S. 71 f.

81

Vgl. Akaah, Korgaonkar (1988); Cases (2002); Grewal et al. (2003); Lee, Ang, Dubelaar (2005); Roselius (1971); Van den Poel, Leunis (1996).

82

Die anderen Merkmale waren: Herstellername, Kosten des Produktes, Händler-Reputation, GratisProbe, Empfehlung einer vertrauten Person, Marken-Erfahrung und Neuheit des Produktes. Vgl. Akaah, Korgaonkar (1988), S. 40 f.

Stand der Forschung zu Garantien

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gestaltungsformen einer GzG von im elektronischen Handel tätigen Unternehmen auf und entwickelt drei verschiedene „MBGQual“ (Money-Back Guarantee Quality) Indizes, anhand derer die Qualität der GzG bewertet werden kann. Darüber hinaus existieren Studien, die im Rahmen von mathematischen Modellen oder konzeptionellen Überlegungen die Vorteilhaftigkeit der GzG in verschiedenen Situationen theoretisch analysieren.83 In zwei Studien wird festgestellt, dass mit Hilfe einer GzG (in Kombination mit einem angemessen Preis) Qualität signalisiert werden kann. Heal (1977) modelliert die GzG dabei als Signal für Produktqualität, Moorthy, Srinivasan (1995) als Signal für Qualität des Services eines Händlerunternehmens. Fruchter, Gerstner (1999) stellen heraus, dass durch eine GzG ein Preispremium gefordert werden kann, weisen allerdings darauf hin, dass ein zu hoher Preis die positiven Effekte der GzG wieder konterkarieren kann. Beide Studien, wie auch die Studie von Shieh (1996), ermitteln, dass eine umfassende Erstattung, zum Teil sogar inklusive der den Kunden entstandenen Transaktionskosten, die vorteilhafteste Ausgestaltung einer GzG ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Moral-Hazard-Problematik der Kunden als gering einzuschätzen ist.84 Mit den Bedingungen, unter denen eine GzG zu vorteilhaften Ergebnissen führt, beschäftigen sich weitere Studien.85 McWilliams, Gerstner (2006) ermitteln, dass zusätzlich zur GzG eine Tiefpreisgarantie angeboten werden sollte. Da die GzG eine Tiefpreisgarantie umfasst,86 würde der Kunde im Falle der Unzufriedenheit mit dem Preis (das Produkt wird bei einem anderen Händler billiger angeboten) den vollen Kaufpreis erstattet bekommen, sofern nur eine GzG angeboten wird. Der Händler verliert im Garantiefall folglich seinen gesamten Umsatz. Wenn dieser Aspekt allerdings durch eine sepa83

Vgl. Davis, Gerstner, Hagerty (1995); Fruchter, Gerstner (1999); Heal (1977); Heiman et al. (2002); Moorthy, Srinivasan (1995); Nizovtsev, Novshek (2004); Schmidt, Kernan (1985); Shieh (1996).

84

Mit dem Moral-Hazard-Problem beschäftigen sich in diesem Zusammenhang auch die Studien von Mann, Wissink (1988) und Davis, Gerstner, Hagerty (1995).

85

Vgl. Davis, Gerstner, Hagerty (1995); Heiman, McWilliams, Zilberman (2001a); Heiman, McWilliams, Zilberman (2001b); Mann, Wissink (1990); McWilliams, Gerstner (2006).

86

Vgl. Abschnitt 2.1.2.

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Grundlagen zu Geld-zurück-Garantien

rate Tiefpreisgarantie abgedeckt wird, muss das Unternehmen nicht mehr den vollen Kaufpreis erstatten, sondern nur noch die Differenz zum billigeren Wettbewerber. Der entgangene Gewinn ist demzufolge bei gleichzeitigem Anbieten von GzG und Tiefpreisgarantie geringer. Heiman, McWilliams, Zilberman (2001a) und Heiman, McWilliams, Zilberman (2001b) vergleichen die GzG mit Produktdemonstrationen. Dabei ermitteln sie auf Basis konzeptioneller Überlegungen, dass die Vorteilhaftigkeit der Instrumente von Konsumenten- und Produkt-Spezifika abhängt. Letztendlich ist die GzG u. a. vorteilhaft, wenn die Produktkenntnis der Konsumenten gering ist oder wenn die Qualitätsbeurteilung auch nach dem Kauf erst nach einiger Zeit möglich ist. In einer empirischen Studie untersuchen Heiman et al. (2005), welchen Einfluss die Länge einer GzG, das wahrgenommene Risiko in Bezug auf die Transaktionsumgebung (Geschäft/Katalog) und die Garantieleistung (Rückerstattung Kaufpreis/Warengutschein) auf die Wertschätzung einer Garantie haben. Hierfür wird ein Modellrahmen entwickelt, der auf der Disappointment-Aversion87 und der Prospect-Theorie88 mit risikoaversen Individuen basiert und die GzG als Put-Option modelliert. Eine Berechnung der empirisch erhobenen Daten mit Hilfe dieses Modells kommt zu dem Ergebnis, dass Konsumenten bereit sind, für eine 30-Tage-GzG auf ein Kleidungsstück eine 25%-ige Preisprämie zu zahlen. Hierbei wirken insbesondere eine längere Laufzeit, ein erhöhtes Transaktionsrisiko und die Rückerstattung des Kaufpreises als Kompensationsleistung wertsteigernd. In der deutschsprachigen Literatur existieren nur zwei Arbeiten, die sich mit der GzG auseinandersetzen. Gierl, Helm (1999) ermitteln im Rahmen einer Conjoint-Analyse Bestimmungsfaktoren für die Einkaufsstättenwahl. Hierbei erfassen sie das Merkmal „Preisgarantie“ über zwei Arten von Garantien, wobei die eine einer GzG und die andere einer Tiefpreisgarantie entspricht.89 In einer empirischen Untersuchung zeigt sich, dass von der GzG sowohl in low- als auch in high-Involvement-Kaufsituationen ein höherer Einfluss 87

Vgl. Loomes, Sugden (1986).

88

Vgl. Kahneman, Tversky (1979).

89

Zusätzlich wurde die Ausprägung „keine Preisgarantie“ berücksichtigt.

Stand der Forschung zu Garantien

33

auf die Einkaufsstättenwahl ausgeht als von der Tiefpreisgarantie.90 Witt (1987) hat im Rahmen einer empirischen Untersuchung Konsumenten und Anbieter zu GzG befragt. Bei der Analyse der Nachfragerperspektve steht – im Rahmen einer Nachkauf-Betrachtung – die Ermittlung von Motiven für die Inanspruchnahme einer GzG im Vordergrund. Rückgabegründe waren dabei die Unzufriedenheit mit der Produktqualität, dem Preis oder dem Preis-/Leistungsverhältnis, negative Auswirkungen auf das Sozialprestige, Probierkauf und Mehrfachkäufe innerhalb der Familie. Aus Anbietersicht wird die GzG vor allem eingesetzt, um akquisitorisches Potenzial zu schaffen. Es konnte ein deutlicher Zusammenhang zwischen dem Einführungspreis und der Gewährung einer GzG bei Produktinnovationen festgestellt werden. Je höher der Preis der Produkte war, desto eher wurde dieses Produkt mit einer GzG versehen, um das Risikoempfinden der Konsumenten positiv zu beeinflussen. Als Motive für das Anbieten einer GzG kamen der Hemmschwellensenkung bei Produktinnovationen bzw. -variationen und einer erhofften vorteilhaften Auswirkung auf das Unternehmensimage die größte Bedeutung zu.

2.3.2 Zentrale Erkenntnisse und Defizite als Ausgangsbasis für die weitere Analyse Die aufgeführten Studien behandeln Garantieformen, die nicht der in Deutschland üblichen Hersteller-GzG entsprechen. Nichtsdestotrotz können aufgrund einiger Gemeinsamkeiten die Ergebnisse der Studien auf die vorliegende Untersuchung übertragen und Implikationen abgeleitet werden. Die Produkt-/Funktionsgarantien werden – genau wie die hier behandelte GzG – von dem Hersteller eines Produktes ausgesprochen. Allerdings sichert diese Garantieform 90

Als weitere Merkmale wurden Qualität der Ware, Angebotsvielfalt, Erreichbarkeit der Einkaufsstätte, Bedienung und Fachberatung sowie Parkmöglichkeiten untersucht. Der Preisgarantie kam als Merkmal insgesamt nach der Qualität der Ware und der Angebotsvielfalt der drittstärkste Einfluss auf die Einkaufsstättenwahl zu.

34

Grundlagen zu Geld-zurück-Garantien

nur einen Teilaspekt der Qualität ab, nämlich die Funktionsfähigkeit bzw. Haltbarkeit. Dementsprechend weisen die Garantien eine erheblich längere Laufzeit auf als GzG. Die Ergebnisse der Studien dokumentieren, dass die Garantie als Risikoreduktionsinstrument dienen kann. In vielen Studien konnte darüber hinaus der Einfluss der Garantie auf die Qualitätswahrnehmung festgestellt werden. Neben der Garantie waren vor allem die Merkmale Marke und Preis in der Lage, die Qualitätsbeurteilung zu beeinflussen. Allerdings fehlt in den meisten Studien eine systematische Auseinandersetzung mit der Interaktion der betrachteten Merkmale bei der Integration zu einem Gesamt-Qualitätsurteil. Ferner konnte festgestellt werden, dass die Produktkenntnis einen Einfluss auf diesen Zusammenhang ausübt. Tiefpreisgarantien beziehen sich ebenfalls nur auf einen Teilbereich des Produktes und sichern den Kunden davor ab, dass dieser das gleiche Produkt bei einem anderen Händler innerhalb einer bestimmten Frist günstiger findet. Als wesentliche Erkenntnis im Kontext dieser Arbeit lässt sich vor allem festhalten, dass diese Garantieform das wahrgenommene Risiko senken und gleichzeitig den wahrgenommenen Wert eines Produktes und die Kaufabsicht erhöhen kann. Im Vergleich zu Produktgarantien und Tiefpreisgarantien versprechen Dienstleistungsbzw. Servicegarantien nicht nur einen spezifischen Erfolg, sondern zum Teil – wie bei einer GzG – die Zufriedenheit des Kunden insgesamt. Dienstleistungen und Services sind hinsichtlich der Qualität vor dem Kauf nicht beurteilbar. Demzufolge dokumentieren die aufgeführten Studien, dass diese Garantieform in der Lage ist, das wahrgenommene Risiko, die wahrgenommene Qualität, die Kaufabsicht und die Zufriedenheit zu beeinflussen. Hierbei wird auch der Marke bzw. Reputation des Anbieters ein Einfluss auf diese Zusammenhänge attestiert. Die im Rahmen der Studien zu GzG betrachteten Garantien beziehen sich fast ausschließlich auf Händler-GzG. Allerdings werden die Ergebnisse teilweise durch den Bezug auf ein konkretes Produkt generiert. Als Ergebnis lässt sich festhalten, dass die GzG in der

Stand der Forschung zu Garantien

35

Lage ist, das wahrgenommene Risiko bei Direktmarketing-Transaktionen zu senken und den Akquisitionsnutzen sowie die wahrgenommene Qualität zu erhöhen. Die im Rahmen der Studie von Witt (1987) ermittelten Gründe für die Inanspruchnahme einer GzG geben Aufschluss darüber, dass aus Sicht der Konsumenten Elemente wie die Qualität, das Preis-/Leistungsverhältnis oder der soziale Wert eines Produktes tangiert werden. In einer empirischen Studie kommen Heiman et al. (2005) schließlich zu dem Ergebnis, dass für Produkte mit einer GzG eine erheblich erhöhte Zahlungsbereitschaft besteht. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass jede der betrachteten Garantieform zumindest potenziell in der Lage ist, das wahrgenommene Risiko, vor allem aber auch die Qualitätswahrnehmung, den wahrgenommenen Wert und die Kaufabsicht zu beeinflussen. Die Wirkung der Garantie hängt dabei jedoch von den weiteren vorhandenen Produktmerkmalen, insbesondere der Marke und dem Preis, den Interaktionen zwischen den Produktmerkmalen sowie personenspezifischen Faktoren wie der Produktkenntnis ab. Allerdings ist eine Reihe von Schwachpunkten der aufgeführten Studien zu konstatieren. Zunächst bleibt festzuhalten, dass eine umfassende Analyse bzw. simultane Betrachtung der gerade aufgeführten Sachverhalte bisher sowohl konzeptionell als auch empirisch fehlt. Ferner lässt sich anführen, dass den meisten Studien eine verhaltenswissenschaftliche Fundierung fehlt und dass insbesondere zum Themenbereich GzG wenige empirische Studien existieren. Der Qualitätswahrnehmungsprozess wird häufig isoliert betrachtet, ohne dabei die Wirkung auf weitere, im Kaufprozess wichtige Konstrukte zu erfassen. Als Beispiel wird in der Literatur angeführt, dass bei Berücksichtigung des Merkmals Preis die duale Rolle dieses Merkmals vernachlässigt wird: Mit der Erhöhung der Qualitätswahrnehmung durch einen höheren Preis geht gleichzeitig eine negative Wirkung durch die Erhöhung des wahrgenommenen monetären Opfers einher.91 Insofern fehlt den Studien die Betrachtung eines komplexen Modells, das die als relevant identifizierten Konstrukte

91

Vgl. z. B. Völckner, Hofmann (2007).

36

Grundlagen zu Geld-zurück-Garantien

wie Qualität, Opfer, wahrgenommener Wert und Kaufabsicht enthält und zueinander in Beziehung setzt. Bei Berücksichtigung mehrerer Produktmerkmale fehlt die systematische Auseinandersetzung mit der Wertigkeit der unterschiedlichen Merkmale. Die Studien, die diesen Aspekt bisher berücksichtigt haben, vernachlässigen allerdings die Rolle der Produktkenntnis, obwohl empirisch nachgewiesen wurde, dass die Produktkenntnis einen Einfluss auf die Integration der Merkmale Marke und Garantie zu einem Gesamt-Qualitätsurteil ausübt. In allen aufgeführten Studien zu Zufriedenheitsgarantien bleibt darüber hinaus die Tatsache unberücksichtigt, dass diese Garantieform sämtliche Leistungsbestandteile abdeckt. Daher wird auch nicht untersucht, ob diese umfassende Absicherung einer Transaktion im Vergleich zu spezifischen Garantien ggf. weitere, positive Reaktionen hervorruft. Eine Auseinandersetzung mit der in Deutschland üblichen Form der Hersteller-GzG fehlt in der Literatur komplett. Aus den Erkenntnissen und Defiziten der Studien zum Themenkomplex Garantien lassen sich für die vorliegende Arbeit folgende Anforderungen ableiten: • Berücksichtigung eines komplexen Wirkungsmodells, welches alle im Zusammenhang mit Garantien wichtigen kaufverhaltensrelevanten Konstrukte enthält sowie die Dependenzen zwischen diesen Konstrukten erfasst. • Berücksichtigung der Tatsache, dass die GzG im Gegensatz zu spezifischen Garantien sämtliche Leistungsbestandteile eines Produktes absichert und daher ggf. Konsumentenreaktionen auslöst, die bisher nicht explizit erfasst wurden. • Berücksichtigung der neben der GzG als Hauptuntersuchungsgegenstand wichtigsten extrinsischen Merkmale Marke und Preis. • Berücksichtigung der Wechselwirkungen der Merkmale GzG, Marke und Preis bei der Qualitätswahrnehmung. • Berücksichtigung der Wirkung der Produktkenntnis auf diese Zusammenhänge.

3 Verhaltenswissenschaftliche Fundierung der Untersuchung

3.1 Herleitung eines Analyserahmens Um im Wettbewerb bestehen zu können, müssen Unternehmen ein in den Augen der Konsumenten überlegenes Leistungsangebot entwickeln. „Wettbewerb ist somit ein Suchprozess, der darauf gerichtet ist, durch Generierung neuer Lösungen vorhandene oder latente Bedürfnisse umfassender (besser, preisgünstiger, schneller, nachhaltiger) zu befriedigen (Effektivitätsposition), um daraus einen eigenen ökonomischen Vorteil zu ziehen (Effizienzposition). Ein Unternehmen, das in der Lage ist, beide Positionen gleichzeitig in einem Geschäftsfeld zu verwirklichen, verfügt über einen komparativen Konkurrenzvorteil (KKV) in diesem Geschäftsfeld.“ 92 Ein Unternehmen steht im Rahmen des strategischen Marketing, das hier nach Backhaus, Schneider (2007) als das Management von KKV verstanden werden soll, also vor der Aufgabe, eine Balance zwischen der „Nachfragerseite“ (Effektivität) und der „Anbieterseite“ (Effizienz) zu schaffen.93 Backhaus, Voeth (2007) sehen in der Nachfrager- bzw. Kundenorientierung eine Vorbedingung für die Erzielung von Gewinnen.94 In (verhaltenswissenschaftlichen) Studien wird daher 92

Backhaus, Voeth (2007), S. 15.

93

Vgl. Backhaus, Schneider (2007), S. 36.

94

Vgl. Backhaus, Voeth (2007), S. 19.

38

Verhaltenswissenschaftliche Fundierung der Untersuchung

immer wieder die Kundenperspektive näher beleuchtet und analysiert, wie bestimmte Marketing-Maßnahmen auf die Wahrnehmung von Konsumenten wirken. Dies geschieht häufig mit Hilfe von S-O-R-Modellen.95 In diesem neobehavioristischen Erklärungsansatz werden neben beobachtbaren und messbaren Variablen auch solche Konstrukte zugelassen, die nur indirekt über Indikatoren empirisch erfasst werden können. Diese werden als „intervenierende Variablen“ bezeichnet. Es wird also versucht, die im Organismus (O) des Menschen ablaufenden, nicht beobachtbaren Vorgänge zur Erklärung seines Verhaltens zu berücksichtigen, um die Wirkung eines Stimulus (S), z. B. einer GzG, auf die Response (R), z. B. das Kaufverhalten, zu erklären. Hierfür bieten sich partialanalytische Strukturmodelle an, die im Vergleich zu Totalmodellen nicht den Anspruch haben, den gesamten Kaufentscheidungsprozess zu erklären.96 Meffert (1999) schlägt vor, sich dabei auf für das Kaufverhalten zentrale Schlüsselvariablen zu konzentrieren, bei denen ein hoher Erklärungsgehalt vermutet werden kann bzw. nachgewiesen wurde.97 Um die gedankliche Wahrnehmung und Beurteilung verschiedener Stimuli analysieren zu können, müssen die Informationsverarbeitungsprozesse der Konsumenten betrachtet werden. Die Informationsverarbeitung wird häufig anhand des mehrstufigen Gedächtnismodells („Drei-Speicher-Modell“) erklärt.98 Ohne auf dieses Modell detailliert eingehen zu wollen, ist an dieser Stelle dennoch wichtig, dass „Informationsverarbeitungsprozesse wie die Interpretation neuer Informationen mittels vorhandenem Wissen sowie die Strukturierung und Verdichtung der wahrgenommenen Informationen (chunks) [...] in der Psychologie allgemein zur Wahrnehmung gezählt“ 99 werden. Durch diesen Prozess werden aufgenommene Umweltreize (Stimuli) und innere Signale entschlüsselt. Die

95

Vgl. hier und im Folgenden Meffert (1992), S. 25 ff.

96

Vgl. Gutsche (1995), S. 40.

97

Vgl. Meffert (1999), S. 48.

98

Vgl. hier und im Folgenden Kroeber-Riel, Weinberg (2003), S. 225 ff.; Trommsdorff (2004), S. 274 ff.

99

Trommsdorff (2004), S. 274

Herleitung eines Analyserahmens

39

Wahrnehmung schließt eine Beurteilung der aufgenommenen Informationen ein.100 Die (kognitiven) Verarbeitungsprozesse wirken wiederum direkt auf das Verhalten (Response, z. B. in Form eines Kaufs), oder sie beeinflussen andere (aktivierende) Vorgänge, wie beispielsweise Emotionen. Abschließend bleibt darauf hinzuweisen, dass bei der Wahrnehmung zwar kognitive Elemente dominieren, aber auch aktivierende Komponenten enthalten sind und somit kognitive und aktivierende Elemente interagieren. Ein zentraler Aspekt bei den bisher geschilderten Prozessen besteht in der Fragestellung, wie Konsumenten überhaupt zu einer Kaufentscheidung kommen. D. h. es ist zu bestimmen, anhand welcher Dimensionen ein Produkt bzw. eine Leistung bewertet wird und welche dieser Dimensionen letztlich für die Kaufentscheidung maßgeblich sind. In diesem Zusammenhang sehen Kroeber-Riel, Weinberg (2003) in der Wahl eines Produktes einen zweistufigen, wenngleich nicht völlig überschneidungsfreien, Prozess: Zunächst beurteilt der Konsument bestimmte Eigenschaften eines Produktes (Wahrnehmung), dann wählt er aufgrund dieser Beurteilung ein bestimmtes Produkt aus.101 In der Literatur herrscht unabhängig von der Forschungsrichtung Einigkeit darüber, dass der Nutzen bzw. „Value“ die zentrale Größe für die Produktwahl bzw. die Erklärung oder Prognose des Kaufverhaltens darstellt.102 Diesen Aspekt heben auch Grewal, Monroe, Krishnan (1998) hervor: „To compete successfully in a value-conscious environment, sellers must stress the value of their offerings.“ 103 Um jedoch den Wert (Value) eines Angebots hervorheben zu können, muss analysiert werden, welche Determinanten und Dimensionen des Nutzens existieren, also anhand welcher Größen die Konsumenten im Wahrnehmungsprozess den Nutzen bestimmen. Als wesentliche Determinanten des Kundennutzens sind hierbei in der Literatur Qualität und Preis zu finden. Zeithaml (1987) fasst die geschilderten Aspekte wie folgt zusammen: „To understand consumer purchase behavior, it is necessary to 100

Vgl. hier und im Folgenden Kroeber-Riel, Weinberg (2003), S. 51.

101

Vgl. Kroeber-Riel, Weinberg (2003), S. 386.

102

Steenkamp (1990), S. 312, führt mit Verweis auf Rokeach (1973) in diesem Zusammenhang an: „It has been suggested that the concept of value might serve as a core concept in all the social sciences.“ Zum Konzept des Nutzens in verschiedenen Forschungsfeldern siehe auch Wachter (2006), S. 15 ff.

103

Grewal, Monroe, Krishnan (1998), S. 46.

40

Verhaltenswissenschaftliche Fundierung der Untersuchung

look at consumers’ perceptions of the quality and value of a product. It is also necessary to consider consumers’ perceptions of what they must give up, i.e., sacrifice, to obtain a product, including the perceived monetary and nonmonetary price.“ 104 Um also bestimmte Marketing-Maßnahmen hinsichtlich deren Wirkung auf den Konsumenten überprüfen zu können, muss analysiert werden, wie diese in Bezug auf die Determinanten des Nutzens wahrgenommen werden und wie diese Einzel-Bewertungen dann zu einem Globalurteil in Form des Nutzens aggregiert werden. Einen geeigneten Ansatz, der eine Analyse bzw. Berücksichtigung der zuvor genannten Aspekte sowie der im vorangegangenen Kapitel identifizierten Konstrukte erlaubt, stellt das „PerceivedValue-Modell“ von Zeithaml (1988) dar. Dieses in der Marketing-Literatur vielbeachtete und -zitierte Modell soll daher den Analyserahmen für die vorliegende Untersuchung bilden.

3.2 Das Perceived-Value-Modell als Analyserahmen Ausgangspunkt der Studie von Zeithaml (1988) ist die Feststellung, dass die Konzepte Preis, Qualität und wahrgenommener Wert (Value) zwar als zentrale Determinanten des Kaufverhaltens und der Produktwahl angesehen, in der Forschung bis zum Zeitpunkt ihrer Studie aber weder einheitlich definiert noch hinsichtlich der Wirkungsweisen untereinander hinreichend analysiert wurden.105 Basierend auf einer explorativen Studie mit Tiefeninterviews wurde über eine Ziel-Mittel-Analyse ein „Means-End-Modell“ entwickelt, das in Abbildung 3.1 dargestellt ist und auf dem von Dodds, Monroe (1985) entwickelten Modell basiert.

104

Zeithaml (1987), S. iii.

105

Vgl. Zeithaml (1988), S. 2.

Das Perceived-Value-Modell als Analyserahmen

41

Extrinsische Attribute

Abstrakte Produktmerkmale

Intrinsische Attribute

Wahrgenommene Qualität

Wahrgenommener Wert

Objektiver Preis

Wahrgen. monetärer Preis

Intrinsische Attribute

Kauf(absicht)

Wahrgenommenes Opfer

Wahrgen. nicht-monetärer Preis

Abbildung 3.1: Perceived-Value-Modell (Quelle: Zeithaml (1988))

Ausgehend von diesem Modell sollen im nachfolgenden Abschnitt die zentralen Elemente des Modells vorgestellt werden. Darüber hinaus erfolgt eine verhaltenswissenschaftlich fundierte Analyse der Wirkungsbeziehungen innerhalb des Modells.

3.2.1 Elemente und Wirkungsbeziehungen des Modells 3.2.1.1 Konzept der wahrgenommenen Qualität

Es ist bereits deutlich geworden, dass das Konzept der wahrgenommenen Qualität im Zusammenhang mit Garantien von zentraler Bedeutung ist und daher entsprechend ausführlich behandelt wird. Abbildung 3.2 dient als Strukturierungshilfe für diesen Abschnitt.

42

Verhaltenswissenschaftliche Fundierung der Untersuchung

Definition des Begriffs Qualität

Abschnitt 3.2.1.1

Prozess der Qualitätswahrnehmung Festlegung von Grundbegriffen

Analyse des Prozesses Analyseschritt

Theoretische Grundlage

Anzahl der Produktmerkmale

Heuristisch-Systematisches-Modell

Art der Produktmerkmale

Cue-Utilization-Theorie

Integration der Merkmale

Informationsverarbeitungsprogramme Dissonanztheorie Attributionstheorie

Abbildung 3.2: Struktur des Abschnitts zur wahrgenommenen Qualität

Backhaus, Schneider (2007) stellen fest, dass der Qualitätsbegriff im Laufe der Jahre eine Wandlung erfahren hat: von einer eher technikgeprägten Definition des Qualitätsverständnisses hin zu dem Verständnis, dass Qualität als Erfüllungsgrad eines individuellen Abnehmerbedürfnisses zu sehen ist.106 Diese kundenorientierte Sichtweise kommt auch in der Definition von Zeithaml (1988) zum Ausdruck, die für die vorliegende Arbeit zu Grunde gelegt werden soll: „[...] perceived quality can be defined as the consumers’ judgement about a product’s overall excellence or superiority.“ 107 Neben der bereits angesprochenen Kundenorientierung kommen in der Definition weitere wichtige Aspekte des Qualitätsbegriffs zum Vorschein. Zunächst handelt es sich um eine vom Konsumenten wahrgenommene Qualität. Ver106

Vgl. Backhaus, Schneider (2007), S. 116 f. Siehe auch Meffert (2000), S. 273; Trommsdorff (2004), S. 180.

107

Zeithaml (1988), S. 3.

Das Perceived-Value-Modell als Analyserahmen

43

schiedene Autoren haben den Unterschied zwischen objektiver und wahrgenommener Qualität herausgestellt.108 Während objektive Qualität sich im Wesentlichen auf technisch messbare Sachverhalte eines Produktes in Bezug auf vordefinierte Standards bezieht, adressiert die wahrgenommene Qualität die (globale) Beurteilung der Überlegenheit eines Produktes durch den Konsumenten. Da allerdings jede Bewertung auch bei ausschließlicher Betrachtung von technisch messbaren Eigenschaften subjektive Komponenten enthält, spricht beispielsweise Maynes (1976) davon, dass objektive Qualität gar nicht existiert. Beschreibt man Qualität als „overall excellence or superiority“, wird unmittelbar ein weiteres Merkmal von Qualität deutlich: die Multi-Attributivität. Dies bedeutet, dass sich das Qualitätsurteil wiederum aus Teilurteilen zusammensetzt. Qualitätseigenschaften wie Haltbarkeit oder Bedienbarkeit werden zu einem Gesamt-Qualitätsurteil verdichtet. Diese Aggregation zu einem Gesamturteil erfolgt durch jeden Konsumenten individuell. Insofern kann beispielsweise eine Institution wie Stiftung Warentest (auf Basis von technischen Qualitätsmerkmalen) ein Qualitätsurteil ermitteln, das jedoch nicht zwangsläufig mit den individuellen Bewertungen der Konsumenten übereinstimmen muss.109 Das kann darin begründet sein, dass aus Sicht der Konsumenten (un)wichtige Qualitätsdimensionen (enthalten sind) fehlen, die Nutzengewichte falsch festgelegt wurden oder eine Aggregation nicht sinnvoll ist, da bei einem oder mehreren Merkmalen ein Mindestniveau nicht überschritten wurde.110 Unternehmen stehen also vor der Aufgabe herauszufinden, anhand welcher Kriterien bzw. Produktattribute die Qualität beurteilt wird und mit welchen Aggregationsregeln die Konsumenten dann zu einem Gesamt-Qualitätsurteil gelangen. Aus dem Charakter der Qualität als Globalurteil wird darüber hinaus ersichtlich, dass es sich gemäß der Means-End-Theorie um eine abstrakte Eigenschaft handelt, die sich aus 108

Vgl. u. a. Dodds, Monroe (1985); Holbrook, Corfman (1985); Jacoby, Olson (1985).

109

Vgl. Backhaus, Schneider (2007), S. 117.

110

Vgl. Trommsdorff (2004), S. 180; Backhaus, Schneider (2007), S. 117 ff.

44

Verhaltenswissenschaftliche Fundierung der Untersuchung

der Bewertung verschiedener Produktattribute ergibt und in multiattributiven Modellen entsprechend zu berücksichtigen ist.111 Daraus wird auch die Tatsache abgeleitet, dass die Qualität als ein der Einstellung sehr ähnliches, wenn nicht aus Marketing-Sicht sogar gleichzusetzendes Konstrukt angesehen werden kann.112 Abschließend sei angemerkt, dass Zeithaml (1988) in ihrer Studie herausgefunden hat, dass das Qualitätsurteil im „evoked set“ 113 der Konsumenten gebildet wird. Die Konsumenten ziehen also (bekannte) Referenzprodukte heran, um die Qualität eines bestimmten Produktes in Relation zu diesen zu evaluieren. In den vorangegangenen Abschnitten ist deutlich geworden, dass es für das Marketing von zentraler Bedeutung ist zu verstehen, über welche Determinanten und Prozesse Konsumenten zu einem Qualitätsurteil gelangen. Um den Prozess der Qualitätswahrnehmung darstellen zu können, müssen zuvor verschiedene Grundbegriffe festgelegt werden. Aus Abbildung 3.1 wird deutlich, dass die Produktmerkmale bzw. -attribute, die auf die wahrgenommene Qualität wirken, sowohl intrinsisch als auch extrinsisch sein können. Diese Dichotomisierung von Produktmerkmalen geht auf Olson, Jacoby (1972) zurück. Intrinsisch sind solche Produktmerkmale, die nicht geändert werden können, ohne die physischen Eigenschaften des Produktes ebenfalls zu verändern. Beispiele hierfür sind das Gewicht oder die Dämpfungstechnologie von Laufschuhen. Extrinsische Produktmerkmale sind hingegen nicht Bestandteil des physischen Produktes. Häufig angeführte Beispiele sind Markenname, Preis oder Garantien. Allerdings ist diese Dichotomisierung nicht ohne Probleme generalisierbar und die Zuordnung muss fallweise entschieden werden.114 Zusätzlich muss nach der Art des Produktes bzw. der Produktmerkmale unterschieden werden. Auf Nelson (1970, 1974) geht die Unterteilung in „search goods“

111

Vgl. Herrmann (1996), S. 53 ff.; Zeithaml (1987), S. 5 f.; Ahtola (1984), S. 626.

112

Vgl. Trommsdorff (2004), S. 180 f. und Olshavsky (1985), S. 3 ff.

113

Für den Begriff des „evoked sets“ in diesem Zusammenhang vgl. Kroeber-Riel, Weinberg (2003), S. 385 f.

114

Vgl. Zeithaml (1988), S. 6.

Das Perceived-Value-Modell als Analyserahmen

45

und „experience goods“ zurück.115 Diese Einteilung bezieht sich darauf, ob die Qualitätseigenschaften primär durch „Suche“, also bereits vor dem Kauf, oder primär durch „Erfahrung“, also erst nach dem Kauf, beurteilt werden können.116 Darby, Karni (1973) haben die Vertrauenseigenschaften („credence goods“) als dritte Kategorie hinzugefügt. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass sie durch den Nachfrager weder vor noch nach dem Kauf vollständig beurteilt werden können. Weiber, Adler (1995b) und Weiber, Adler (1995c) weisen in diesem Zusammenhang auf zwei wesentliche Aspekte hin. Zum einen lässt sich die Zuordnung einzelner Leistungseigenschaften zu den Eigenschaftstypen nicht objektivieren, sondern ist vielmehr von der subjektiven Wahrnehmung der Nachfrager abhängig.117 Zum anderen ist jeder Kaufprozess dadurch gekennzeichnet, dass immer alle drei Kategorien in mehr oder weniger starkem Ausmaß vorhanden sind. Je nach Dominanz spricht man dann von Such-, Erfahrungs- oder Vertrauenskäufen.118 Um den Prozess der Qualitätswahrnehmung analysieren und somit Handlungsempfehlungen für Unternehmen ableiten zu können, ist die Kenntnis darüber erforderlich, ob und wenn ja, in welchem Ausmaß alle oder nur ausgewählte Produktmerkmale zur Qualitätsbeurteilung herangezogen werden. Kroeber-Riel, Weinberg (2003) sehen die Produktbeurteilung als kognitiven Informationsverarbeitungsprozess an.119 Auf der einen Seite wird dieser Prozess durch aktuelle sowie gespeicherte Produkt- und Umfeldinformationen beeinflusst. Auf der anderen Seite können Konsumenten verschiedene Informationsverarbeitungsprogramme, die sich in einfache oder komplexe Programme unterscheiden lassen, nutzen, um die verschiedenen Arten von Informationen zu verarbeiten. Bei der Analyse des Informationsverarbeitungsprozesses ist folglich zu bestimmen, welche Anzahl von Informationen herangezogen wird, welcher Art die herangezogenen Informationen sind 115

Vgl. Nelson (1974), S. 729 ff.; Nelson (1970), S. 311 ff.

116

Vgl. Weiber, Adler (1995b), S. 53.

117

Vgl. Weiber, Adler (1995c), S. 99.

118

Vgl. Weiber, Adler (1995b), S. 60. Wenn im Folgenden vereinfachend von Such-, Erfahrungs- oder Vertrauensgütern gesprochen wird, so ist damit immer ein Gut gemeint, dass einen überwiegenden Anteil an den entsprechenden Eigenschaften besitzt.

119

Vgl. hier und im Folgenden Kroeber-Riel, Weinberg (2003), S. 279 ff.

46

Verhaltenswissenschaftliche Fundierung der Untersuchung

und wie die Informationen zu einem Gesamturteil integriert werden.120 Zunächst stellt sich die Frage nach der Anzahl der berücksichtigten Merkmale, also ob die Konsumenten alle (aktuellen) Produktinformationen für die Beurteilung heranziehen. Aus vielen empirischen Untersuchungen ist bekannt, dass Konsumenten nur wenige der insgesamt zur Verfügung stehenden Informationen nutzen und somit zur Entscheidungsvereinfachung durch gezielte und reduzierte Informationswahrnehmung neigen.121 Um diesen Befund zu erklären, kann das Heuristisch-Systematische-Modell der sozialen Urteilsbildung (HSM) von Chaiken (1980) herangezogen werden.122 Das Modell differenziert zwischen einer systematischen und einer heuristischen Verarbeitung von Informationen. Die systematische Informationsverarbeitung verläuft umfassend und kontrolliert und beansprucht somit viel kognitive Kapazität. Dieser Prozess beinhaltet also den Zugang zu und die Untersuchung einer Vielzahl verfügbarer und relevanter Informationen. Die heuristische Informationsverarbeitung sieht hingegen den Einsatz einfacher Entscheidungsregeln mit entsprechend geringem kognitiven Aufwand vor. Diese Entscheidungsregeln werden als Heuristiken bezeichnet. Chaiken, Liberman, Eagly (1989) gehen davon aus, dass Konsumenten aufgrund des geringeren kognitiven Aufwands grundsätzlich die heuristische Informationsverarbeitung bevorzugen. Weist der Konsument jedoch eine hohe Motivation und/oder Fähigkeit (z. B. Produktkenntnis) auf, kann auch die systematische Informationsverarbeitung betrieben werden. Das Bevorzugen der heuristischen Informationsverarbeitung wird mit dem „Sufficiency Principle“ begründet.123 Nach diesem strebt der Informationsverarbeitende eine Balance zwischen minimalen Kosten und maximalem Nutzen der Informationssuche an. Der Konsument wird so lange seine Informationssuche fortsetzen, bis die Informationslage zur Befriedigung seiner Bedürfnisse ausreichend erscheint, dann aber aus Effizienzgründen die Suche abbrechen. In die120

Vgl. Trommsdorff (2004), S. 310.

121

Für eine Übersicht vgl. Kroeber-Riel, Weinberg (2003), S. 284 f.; Trommsdorff (2004), S. 310 f.

122

Vgl. hier und im Folgenden Chaiken (1980), S. 752 ff.; Chaiken, Liberman, Eagly (1989), S. 212 ff.; Homburg, Koschate (2005), S. 388; Homburg, Krohmer (2003), S. 67 f.

123

Vgl. hier und im Folgenden Chaiken, Liberman, Eagly (1989), S. 220 f.

Das Perceived-Value-Modell als Analyserahmen

47

sem Zusammenhang spielen sogenannte Schlüsselinformationen („information chunks“) eine wichtige Rolle. Dieses sind Informationen, die für die Produktbeurteilung besonders wichtig sind und mehrere andere Informationen substituieren oder bündeln.124 Die Aussagekraft dieser Informationssubstitute basiert – bezogen auf den Kontext der Qualitätsbeurteilung – auf der Vermutung, dass ein zuverlässiger Zusammenhang zwischen ihnen und der Produktqualität besteht.125 Insofern können Schlüsselinformationen ein intensives Abwägen von Kosten und Nutzen ersetzen.126 Diese Information Chunks stellen mentale Abkürzungen bzw. vereinfachte Entscheidungsregeln und somit Heuristiken im Sinne des HSM dar, die eine schnelle und effiziente Urteilsbildung erlauben. Ein Beispiel für eine solche Heuristik ist etwa die ungeprüfte Übernahme des Qualitätsurteils eines Experten.127 Im Rahmen des HSM wird allerdings nicht adressiert, wie die konkreten Informationsverarbeitungsprozesse ablaufen bzw. welche Aggregationsregeln von den Konsumenten verwendet werden.128 Damit wird auch nicht geklärt, welche Art von Informationen bei der Qualitätsbeurteilung eine Rolle spielt. Mit der Fragestellung, welche Produktinformationen zu welchem Ausmaß zur Qualitätsbeurteilung herangezogen werden, beschäftigt sich die „Cue Utilization Theory“.129 Ausgangspunkt ist die Feststellung, dass ein Produkt als ein „array of cues“ 130 aufgefasst werden kann. Diese „cues“ können potenziell als Qualitätsindikatoren dienen. Die Cue-Utilization-Theorie liefert eine theoretische Basis dafür, warum bestimmte Produktmerkmale gegenüber anderen bei der Qualitätsbeurteilung bevorzugt werden. Basierend auf den Überlegungen von Cox (1962) ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Produktmerkmal zur Produktbeurteilung herangezogen wird, um so 124

Vgl. Kroeber-Riel, Weinberg (2003), S. 284.

125

Vgl. Olshavsky (1985), S. 9.

126

Vgl. Raffée et al. (1976), S. 96.

127

Vgl. Chaiken, Liberman, Eagly (1989), S. 316.

128

Vgl. Chaiken, Liberman, Eagly (1989), S. 215.

129

Vgl. Cox (1962); Cox (1967); Slovic, Lichtenstein (1971); Olson, Jacoby (1972); Richardson, Dick, Jain (1994).

130

Cox (1962), S. 413.

48

Verhaltenswissenschaftliche Fundierung der Untersuchung

größer, je höher sein Informationswert ist. Dieser Informationswert wird durch zwei Dimensionen bestimmt, den Sicherheits- und den Vorhersagewert. Der Sicherheitswert (confidence value) eines Produktmerkmals ist der Grad, zu dem sich der Beurteilende in der Lage sieht, das Produktmerkmal richtig bewerten zu können, also inwieweit die Person meint, dass die wahrgenommene und reale Signalausprägung übereinstimmen.131 Der Vorhersagewert (predictive value) bestimmt das Ausmaß, zu dem ein Konsument ein Produktmerkmal mit Produktqualität assoziiert.132 Der Vorhersagewert bezieht sich also auf die Indikatorfunktion eines Signals für die Qualität eines bestimmten Produktes.133 Die Ausprägung der beiden Größen ist personen- und produktspezifisch verschieden.134 Je höher der Sicherheits- bzw. Vorhersagewert eines Produktmerkmals ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass dieses Merkmal zur Qualitätsbeurteilung herangezogen wird. Ein Produktmerkmal mit hoher Ausprägung bei beiden Wertgrößen erhält entsprechend ein hohes Gewicht im Qualitätsbeurteilungsprozess.135 Oben wurde bereits die Unterteilung in intrinsische und extrinsische Produktmerkmale beschrieben. Eine zentrale Fragestellung besteht im Zusammenhang mit der CueUtilization-Theorie darin, ob Konsumenten eher intrinsische oder extrinsische Produktmerkmale für die Qualitätsbeurteilung heranziehen: „Which type of cue – intrinsic or extrinsic – is more important in signaling quality to the consumer? An answer to this question would help firms decide whether to invest resources in product improvements (intrinsic cues) or in marketing (extrinsic cues) to improve perceptions of quality.“ 136 131

Vgl. Richardson, Dick, Jain (1994), S. 29; Gierl, Winkler (2000), S. 197; Winkler (2000), S. 39.

132

Vgl. Olson, Jacoby (1972), S. 173.

133

Vgl. Winkler (2000), S. 32. Hier findet sich auch eine umfassende Diskussion der Begriffe Sicherheitsund Vorhersagewert.

134

Vgl. Cox (1967), S. 337; Olson, Jacoby (1972), S. 175.

135

Vgl. Richardson, Dick, Jain (1994), S. 29. Slovic, Lichtenstein (1971) stellen auf die Diagnostizität eines Merkmal ab. „Diagnosticity [...] refers to the perceived reliability of a cue in discriminating between alternative categorizations (or interpretations).“ Purohit, Srivastava (2001), S. 125. Je höher die Diagnostizität eines Merkmals ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass dieses zur Qualitätsbeurteilung herangezogen wird.

136

Zeithaml (1988), S. 9.

Das Perceived-Value-Modell als Analyserahmen

49

Olson, Jacoby (1972) gehen davon aus, dass intrinsische Produktmerkmale eher zur Beurteilung herangezogen werden und einen größeren Einfluss auf die Qualitätsbeurteilung haben als extrinsische Produktmerkmale.137 Dies kann dadurch erklärt werden, dass die intrinsischen Produktmerkmale in direktem Zusammenhang mit den physikalischen Eigenschaften des Produktes stehen und somit einen höheren Vorhersagewert aufweisen als extrinsische Produktmerkmale. Olson (1977) schränkt diese Aussage dahingehend ein, dass, sofern beide Kategorien einen identischen Sicherheitswert aufweisen, intrinsische Produktmerkmale aufgrund des höheren Prognosewertes einen größeren Einfluss auf die Produktevaluation ausüben.138 Die Ergebnisse verschiedener Forschungsarbeiten können darüber hinaus keinen generell höheren Einfluss intrinsischer Qualitätssignale nachweisen. Vielmehr muss eine detailliertere, fallweise Betrachtung vorgenommen werden. So führen Richardson, Dick, Jain (1994) für den Fall von Konsumgütern aus, dass extrinsische Produktmerkmale von den Konsumenten leichter zu beurteilen sind als intrinsische Produktmerkmale und somit einen höheren Sicherheitswert aufweisen.139 Auf der anderen Seite sind die intrinsischen Merkmale unmittelbar mit der Beschaffenheit des Produktes verbunden. Hieraus kann geschlossen werden, dass intrinsische Produkte einen höheren Prognosewert besitzen. Mit anderen Worten besitzen intrinsische Produktmerkmale (bei Konsumgütern) einen hohen Prognosewert und geringen Sicherheitswert, während bei extrinsischen Produktmerkmalen das umgekehrte Verhältnis gilt (niedriger Prognosewert/hoher Sicherheitswert). In diesem Zusammenhang hat bereits Cox (1967) beobachtet, dass Konsumenten eher dazu neigen, die Kombination niedriger Prognosewert/hoher Sicherheitswert (extrinsisch) als eine als zu unsicher empfundene Alternative aus hohem Prognosewert und niedrigem Sicherheitswert (intrinsisch) für die Qualitätsbeurteilung heranzuziehen. Hieraus schließen Richardson, Dick, Jain (1994), dass beispielsweise bei Lebensmitteln extrinsische Produktmerkmale generell mehr Varianz bei der

137

Vgl. Olson, Jacoby (1972), S. 176; Gierl, Satzinger (2000), S. 264.

138

Vgl. Olson (1977), S. 284.

139

Vgl. hier und im Folgenden Richardson, Dick, Jain (1994), S. 30.

50

Verhaltenswissenschaftliche Fundierung der Untersuchung

Wahrnehmung der Produktqualität erklären können als intrinsische. Extrinsische Produktmerkmale sollten folglich vor allem dann einen hohen Einfluss auf die Qualitätsbeurteilung aufweisen, wenn die Unsicherheit hinsichtlich der intrinsischen Produktmerkmale hoch ist.140 Insbesondere bei Produkten mit einem hohen Anteil an Erfahrungs- oder Vertrauenseigenschaften ist die Unsicherheit in Bezug auf den Sicherheitswert der intrinsischen Produktmerkmale hoch. Diese Ausführungen machen deutlich, warum vor allem extrinsische Produktmerkmale die Rolle von Schlüsselinformationen bei der Qualitätsbeurteilung einnehmen.141 Als Beispiele für solche Information Chunks sind Markenname, Preis, Testinformationen, Herkunftsland des Produktes oder Garantien zu nennen. Ergänzend sei angemerkt, dass auch das wahrgenommene Risiko142 zur Erklärung dieses Sachverhaltes herangezogen werden kann. Sofern das wahrgenommene Risiko, das finanzieller, funktionaler, physischer, sozialer oder psychischer Art sein kann,143 eine individuelle Toleranzschwelle übersteigt, versucht der Konsument, das Risiko zu reduzieren.144 Das Risiko geht auf zwei Komponenten zurück, die negativen Konsequenzen als wahrgenommene mögliche Folgen des Kaufs und die wahrgenommene Unsicherheit über das Eintreten dieser Folgen. Als Techniken der Risikoreduktion werden demzufolge die Verringerung der nachteiligen Konsequenzen eines Kaufs (z. B. Kauf von geringeren Mengen eines neuen Produktes) und der Abbau der Unsicherheit angeführt. Der letzte Aspekt hängt unmittelbar mit dem Prozess der Informationsverarbeitung zusammen. In diesem Zusammenhang kann die Risikokontrolle über den Informationserwerb erfolgen, z. B. über entsprechende Schlüsselinformationen.145 Abschließend sei darauf hingewiesen, dass das wahrgenommene Risiko generell höher ist, je schwerer es ist, die Qualitätseigen140

Auf der anderen Seite muss auch bei extrinsischen Produktmerkmalen ein Mindestmaß an Sicherheitswert vorhanden sein, damit diese wirken können. Vgl. Steenkamp (1989), S. 115. Cox (1967), S. 348, bezeichnet dies als Vetofunktion des Sicherheitswertes.

141

Vgl. Trommsdorff (2004), S. 91; Gierl, Stich (1999), S. 6.

142

Vgl. Bauer (1960).

143

Vgl. Jacoby, Kaplan (1972), S. 382 ff.

144

Vgl. hier und im Folgenden Kroeber-Riel, Weinberg (2003), S. 399 f.

145

Vgl. Trommsdorff (2004), S. 132.

Das Perceived-Value-Modell als Analyserahmen

51

schaften eines Produktes vor dem Kauf zu beurteilen. Das wahrgenommene Risiko hängt also von dem Anteil des Produktes an Such-, Erfahrungs- und Vertrauenseigenschaften ab. Bisher wurde der Frage nachgegangen, ob Konsumenten sämtliche zur Verfügung stehenden Produktinformationen zur Qualitätsbeurteilung nutzen und unter welchen Voraussetzungen welche Arten von Informationen einen (hohen) Einfluss auf die Gesamtbeurteilung haben. Abschließend bleibt zu klären, wie die Informationen zu einem Gesamturteil integriert werden, d. h. welche Programme zur Informationsverarbeitung herangezogen werden. Kroeber-Riel, Weinberg (2003) unterscheiden hier zwischen komplexen und einfachen Programmen. Komplexe Programme werden entsprechend der Ausführungen zum HSM146 vor allem in solchen Beurteilungssituationen angewendet, in denen der Konsument aufgrund einer hohen Motivation oder Fähigkeit viel Mühe und Aufmerksamkeit zuwendet und systematisch und relativ vernünftig vorgeht.147 Die komplexen Modelle gehen weiterhin davon aus, dass sich die wahrgenommene Produktqualität aus einer systematischen Beurteilung der einzelnen Produkteigenschaften bildet. Als (praktisches) Problem dieser Multiattributmodelle ist jedoch zu konstatieren, dass – wie oben bereits angesprochen wurde – Konsumenten dazu neigen, nur einen Teil der insgesamt zur Verfügung stehenden Informationen zur Beurteilung heranziehen. Bei den einfachen Programmen wird davon ausgegangen, dass Konsumenten eingehende Informationen mittels eines Schemas, also mehr oder weniger nach schablonenhaften Denkmustern, verarbeiten: „Das Individuum sucht bei der Wahrnehmung eines Reizes ein Schema, das für das Verständnis und die Beurteilung des Reizes geeignet ist, es nutzt dann dieses Schema für die mit der Wahrnehmung verbundene Informationsverarbeitung. Die Wahrnehmung von Produkten und Marken hängt also wesentlich von den 146

Das HSM kann sowohl für die Erklärung der Informationsaufnahme als auch der Informationsbeurteilung herangezogen werden. Vgl. Homburg, Krohmer (2003), S. 57.

147

Vgl. hier und im Folgenden Kroeber-Riel, Weinberg (2003), S. 310 ff.

52

Verhaltenswissenschaftliche Fundierung der Untersuchung

Produkt- und Markenschemata ab, über die ein Konsument aufgrund seiner Erfahrung verfügt.“ 148 Der Konsument schließt also – ausgehend von seinem Produktwissen – von einer einzelnen Produktinformation in kognitiv vereinfachender Weise auf die gesamte Produktqualität. Als Beispiele für solche schematischen Schlüsse können die bereits genannten Schlüsselinformationen wie Marke, Preis oder Garantie herangezogen werden. So kann – ohne weitere Qualitätsmerkmale zu berücksichtigen – beispielsweise von einem mit einer hohen Reputation assoziierten Markennamen auf die Qualität eines bestimmten Produktes geschlossen werden. Zur Erklärung dieses Phänomens können verschiedene Aspekte angeführt werden. Durch das Heranziehen von bestimmten, aussagekräftigen Produktinformationen ist es den Konsumenten möglich, den kognitiven Aufwand der Qualitätsbeurteilung gering zu halten. Dies entspricht der Annahme des HSM, dass Konsumenten tendenziell ein heuristisches Vorgehen bevorzugen. Darüber hinaus weisen diese Schlüsselinformationen aufgrund der Erfahrungen bzw. dem Produktwissen der Konsumenten einen hohen Sicherheitswert auf.149 Das Heranziehen bestimmter Schlüsselinformationen kann weiterhin durch die Theorie der kognitiven Dissonanz und die Attributionstheorie erklärt werden. Nach der Theorie der kognitiven Dissonanz ist der menschliche Organismus bestrebt, eine Harmonie bzw. Konsistenz zwischen seinen Meinungen, Einstellungen, Kenntnissen und Wertvorstellungen, also zwischen seinen Kognitionen, herzustellen.150 Bei Dissonanz besteht ein innerer Druck, diese zu reduzieren. So wird beispielsweise eine (Werbe-) Information dann für unglaubwürdig gehalten, wenn sie im Widerspruch zu existierenden Kognitionen steht. Um ein kognitives Gleichgewicht wiederherzustellen, kann der Betrachter folgende Maßnahmen ergreifen: 1. Source Derogation, d. h. die Quelle der Botschaft wird abqualifiziert und ihr wird im Folgenden keine Beachtung mehr geschenkt; 2. Counter Arguing, d. h. es werden Gegenargumente entwickelt, die mit bestehenden Ko148

Kroeber-Riel, Weinberg (2003), S. 294 f.

149

Vgl. Kroeber-Riel, Weinberg (2003), S. 307.

150

Vgl. hier und im Folgenden Festinger (1957); Festinger (1978).

Das Perceived-Value-Modell als Analyserahmen

53

gnitionen vereinbar sind. Als Beispiel kann in diesem Zusammenhang das Merkmal Preis als Qualitätssignal angeführt werden:151 Der Preis eines Produktes kann eine kognitive Dissonanz auslösen, wenn sich aus Sicht des im Konsumenten entwickelten Wahrnehmungsschemas Preis und Qualität nicht entsprechen. Nimmt der Konsument also bei gleicher wahrgenommener Qualität einen höheren Preis wahr, kann er diese Dissonanz darüber ausgleichen, dass er auf eine höhere Qualität des Produktes schließt (Counter Arguing).152 Die Attributionstheorie basiert auf Überlegungen von Heider (1958), nach denen Menschen das Bedürfnis haben, Ursachen für ein Verhalten zu suchen und das Verhalten kausal zu erklären.153 Dabei folgt auch der „Mann auf der Straße“ subjektiv rationalen Regeln und versucht, beobachtetes Verhalten auf bestimmte Ursachen zu attribuieren.154 Mizerski, Golden, Kernan (1979) unterscheiden die verschiedenen Ansätze der Attributionstheorie danach, ob Menschen aus Verhalten Rückschlüsse über Personen („personperception“), sich selbst („self-perception“) oder ein Objekt („object-perception“) ziehen.155 Ohne auf alle Aspekte der Attributionstheorie detailliert eingehen zu wollen,156 spielen im Rahmen der vorliegenden Arbeit Rückschlüsse über Objekte eine wichtige Rolle. Kelley (1967) unterscheidet bei der (Personen- und) Objektattribution verschiedene Gründe, aufgrund derer man attribuiert.157 Dies sind die drei Beobachtungsdimensionen Person, Zeit und Objekt. Das Kovariationsprinzip von Kelley (1967) besagt nun-

151

Vgl. hier und im Folgenden Kroeber-Riel, Weinberg (2003), S. 307.

152

Aus rein ökonomischer Sicht sprechen ebenfalls zwei Aspekte für einen hohen Preis als Qualitätssignal: Erstens die für die Produktion eines Qualitätsproduktes erforderlichen (höheren) Produktionskosten und zweitens deutet ein hoher Preis auf eine starke Nachfrage für das (qualitativ hochwertige) Produkt hin. Vgl. Hansen (2005), S. 425.

153

Vgl. Kroeber-Riel, Weinberg (2003), S. 299; Heider (1958).

154

Vgl. Kelley (1978), S. 218 ff. Vgl. auch Heider (1958).

155

Vgl. hier und im Folgenden Mizerski, Golden, Kernan (1979), S. 123 ff.; Gedenk (2002), S. 83 ff.

156

Vgl. ausführlich z. B. Mizerski, Golden, Kernan (1979), S. 124 ff.

157

Vgl. hier und im Folgenden Trommsdorff (2004), S. 286 f.

54

Verhaltenswissenschaftliche Fundierung der Untersuchung

mehr, dass Beobachtungen denjenigen Ursachen zugeschrieben werden, mit denen sie wiederholt gemeinsam beobachtet wurden (kovariieren). Den Zusammenhang zwischen beobachteten Ergebnissen und den Zusatzinformationen über Konstanz bzw. Variation nimmt jedes Individuum dabei subjektiv wahr. Welche Rückschlüsse Menschen aus einem Verhalten über ein Objekt ziehen können, soll an einem kurzen Beispiel veranschaulicht werden. Bietet ein Hersteller eine GzG auf ein bestimmtes Produkt (Objekt) an, ist es entscheidend, wie der Konsument dieses Verhalten attribuiert. Eine positive Attribution wäre beispielsweise der Schluss des Konsumenten, dass der Hersteller die GzG nicht anbieten würde, wenn er selbst nicht von der Qualität des Produktes überzeugt wäre und es somit lohnenswert ist, das Produkt zu kaufen bzw. zu testen. Eine negative Attribution wäre in diesem Zusammenhang der Schluss, dass der Hersteller durch das Anbieten der GzG lediglich die Verkaufszahlen erhöhen will.158 Neben dieser Vorkauf-Attribution kann ebenfalls eine Attribution nach dem Kauf erfolgen. Macht der Konsument nach dem Kauf tatsächlich die Erfahrung, dass das Produkt eine gute (schlechte) Qualität aufweist, kann er diese Beobachtung der GzG (oder dem Hersteller des Produktes) zuschreiben. Diese (frühere) Attribution kann dann wiederum als „Vorurteil“ in eine spätere Attribution einfließen.159 Insofern ist es möglich, dass die GzG auch bei späteren Käufen (nicht) als Qualitätssignal in die Bewertung einfließt. Wie genau ein Grund aus der Vielzahl in Frage kommenden Gründe einem Verhalten aus Sicht des attribuierenden Individuums zugeordnet wird, ist dabei davon abhängig, wie deutlich sich ein wahrgenommener Grund für das Verhalten von anderen Gründen abhebt, wie konsistent ein Zusammenhang über einen Zeitraum wahrgenommen wird und in welchem Ausmaß die eigene Ansicht von anderen Personen geteilt wird.160

158

Zu einer ähnlichen Aussage kommt in diesem Zusammenhang die Signaling-Theorie, vgl. Gedenk (2002), S. 84. Hiernach kann der (rationale) Konsument darauf schließen, dass das Produkt, das mit einer GzG angeboten wird, von guter Qualität sein muss, da der Anbieter ansonsten Gefahr läuft, dass im Extremfall alle Konsumenten das Produkt zurückgeben und der Hersteller somit erheblichen wirtschaftlichen Schaden erleidet.

159

Vgl. Trommsdorff (2004), S. 288.

160

Vgl. Kroeber-Riel, Weinberg (2003), S. 300; Gedenk (2002), S. 84.

Das Perceived-Value-Modell als Analyserahmen

55

Die beschriebenen Prozesse und die Tatsache, dass bestimmte extrinsische Produktmerkmale als Qualitätssignal dienen können, wurden in empirischen Studien mehrfach untersucht und bestätigt. Hier sind insbesondere der Einfluss folgender Merkmale auf die Qualitätsbeurteilung zu nennen: Markenname161 , Preis162 , Herkunftsland163 und Garantien164 . Abschließend sollen die wesentlichen Erkenntnisse dieses Abschnitts kurz zusammengefasst werden. Konsumenten nutzen im Rahmen ihres Kaufentscheidungsprozesses aufgrund der zu hohen kognitiven Belastung in der Regel nicht alle zur Verfügung stehenden Produktmerkmale. Von den herangezogenen intrinsischen und extrinsischen Merkmalen werden insbesondere diagnostische Merkmale genutzt, die einen hohen Sicherheitsund/oder Vorhersagewert aufweisen. In Situationen, in denen die intrinsischen Merkmale leicht zu beurteilen sind, haben diese im Vergleich zu extrinsischen Merkmalen generell einen höheren Einfluss auf die Qualitätsbeurteilung. Dies ist z. B. der Fall, wenn die Produkte einen hohen Anteil an Sucheigenschaften aufweisen. Extrinsische Produktmerkmale werden vor allem dann genutzt, wenn intrinsische Produktmerkmale nicht vor dem Kauf beurteilbar sind, also einen hohen Anteil an Erfahrungs- oder Vertrauenseigenschaften aufweisen, die Fähigkeit für die Beurteilung der intrinsischen Produktmerkmale fehlt, oder wenn die Beurteilung der intrinsischen Merkmale mit hohem kognitiven oder zeitlichen Aufwand verbunden wäre. In diesen Fällen nutzen die Konsumenten Heuristiken, d. h. einfache Entscheidungsregeln, um von einzelnen Merkmalen auf die gesamte Qualität zu schließen. Im Rahmen dieser Beurteilungsprozesse werden vor allem extrinsische Produktmerkmale wie Marke, Preis oder Garantien als Schlüsselinformationen für die Beurteilung der Produktqualität herangezogen.

161

Vgl. z. B. Dawar, Parker (1994); Dodds, Monroe (1985); Rao, Monroe (1989).

162

Vgl. z. B. Olson (1977); Rao, Monroe (1989); Völckner, Hofmann (2007).

163

Vgl. z. B. Teas, Agarwal (2000); Thorelli, Lim, Ye (1989); Verlegh, Steenkamp (1999).

164

Vgl. z. B. Boulding, Kirmani (1993); Grossman (1981); Shimp, Bearden (1982).

56

Verhaltenswissenschaftliche Fundierung der Untersuchung

3.2.1.2 Konzept des wahrgenommenen Opfers

Aus Abbildung 3.1 wird deutlich, dass sich das wahrgenommene Opfer aus zwei Komponenten zusammensetzt, dem wahrgenommenen monetären und dem wahrgenommenen nicht-monetären Preis. Aus Sicht des Konsumenten ist der Preis „[...] what is given up or sacrificed to obtain a product.“ 165 Betrachtet man den monetären Preis, ist zunächst einmal die Unterscheidung zwischen objektivem und wahrgenommenem Preis wichtig. Jacoby, Olson (1977) stellen in diesem Zusammenhang fest, dass externe Stimuli keine direkten, sondern nur indirekte Effekte auf das Verhalten ausüben, da die Stimuli erst von den Konsumenten wahrgenommen und interpretiert werden müssen, um Entscheidungsprozesse und Verhalten zu beeinflussen.166 Mit der Preisinformationsbeurteilung hat sich eine Vielzahl von Forschungsarbeiten beschäftigt.167 Ohne auf alle Facetten näher eingehen zu wollen, lässt sich festhalten, dass in der vorliegenden Arbeit der interne Referenzpreis eine wichtige Rolle spielt. Im Rahmen einer mehrdimensionalen Konzeptualisierung des internen Referenzpreises setzt sich der wahrgenommene Preis aus dem häufig gezahlten Preis, dem zuletzt gezahlten Preis, dem Preis des normalerweise gekauften Produktes und dem Durchschnittspreis ähnlicher Güter zusammen.168 Liegt der objektive Preis also aus Sicht eines Konsumenten beispielsweise über dem Durchschnittspreis ähnlicher Produkte, so wird dieser objektive Preis als hoch wahrgenommen. Die Tatsache, dass jeder Konsument unterschiedliche Ausprägungen bei den Dimensionen des wahrgenommenen Preises hat, spricht für die Wichtigkeit der Berücksichtigung dieses Konstruktes, da derselbe objektive Preis von Konsumenten unterschiedlich bewertet bzw. interpretiert werden kann.

165

Zeithaml (1988), S. 10.

166

Vgl. Jacoby, Olson (1977), S. 73.

167

Für einen Überblick vgl. Homburg, Koschate (2005), S. 389 ff.

168

Vgl. Winer (1988), S. 35 ff.; Homburg, Koschate (2005), S. 394.

Das Perceived-Value-Modell als Analyserahmen

57

Die Tatsache, dass ein Preis im Vergleich zu ähnlichen Produkten als hoch oder niedrig angesehen werden kann, adressiert einen weiteren Aspekt, die preisorientierte Qualitätsbeurteilung. Inwieweit der Preis als Qualitätssignal interpretiert werden kann, wurde bereits im vorangegangenen Abschnitt erläutert. An dieser Stelle soll daher lediglich festgehalten werden, dass eine positive (negative) Wirkung des Preises auf die Qualitätswahrnehmung von dem wahrgenommenen und nicht von dem objektiven Preis ausgeht. Die Frage, ob ein hoher (niedriger) Preis als Indikator für hohe (minderwertige) Qualität angesehen wird, wurde in einer Vielzahl von Studien empirisch überprüft, ohne jedoch zu einheitlichen Ergebnissen zu gelangen.169 Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die meisten Studien lediglich die „positive“ Seite des Preises untersuchen. D. h. es wird untersucht, ob ein hoher Preis eine positive Wirkung auf die Produktqualität ausübt. Dabei wird allerdings vernachlässigt, dass von einem hohen Preis gleichzeitig eine negative Wirkung ausgeht. Abbildung 3.1 macht deutlich, dass ein hoher Preis zu einem hohen wahrgenommenen Opfer führt, das wiederum den wahrgenommenen Wert mindert. Insofern wird in aktuellen Veröffentlichungen gefordert, diese duale Rolle des Preises bei (empirischen) Studien zu berücksichtigen.170 Darüber hinaus wurde bereits angesprochen, dass das wahrgenommene Opfer sich nicht nur aus einer monetären, sondern auch aus einer nicht-monetären Komponente zusammensetzt. Als Beispiele führt Zeithaml (1988) in ihrer Studie – in Anlehnung an ökonomische Modelle wie das von Becker (1965) – Zeit-, Such- und psychische Kosten an, die entweder explizit oder implizit in die Bewertung des wahrgenommenen Opfers einfließen. Diese Art von Opfer ist in empirischen Studien sehr schwer zu manipulieren bzw. kontrollieren. In der vorliegenden Arbeit soll daher nur das wahrgenommene monetäre Opfer berücksichtigt werden.

169

Vgl. die Meta-Analysen von Rao, Monroe (1989) und Völckner, Hofmann (2007).

170

Vgl. z. B. Völckner, Hofmann (2007), S. 193.

58

Verhaltenswissenschaftliche Fundierung der Untersuchung

3.2.1.3 Konzept des wahrgenommenen Wertes

Die zentrale Größe im Modell von Zeithaml (1988) stellt der „perceived value“ dar. Für den Begriff des Perceived Values existieren mit wahrgenommener Wert, Kundenwert aus Nachfragersicht, Kundennutzen, Nettonutzen oder Kundenvorteil in der deutschsprachigen Literatur sowie „customer value“ oder „customer perceived value“ eine Fülle von verwandten Begrifflichkeiten und Definitionen.171 Unabhängig von der Forschungsrichtung und der Bezeichnung zielen die Definitionen aber überwiegend auf ein Abwägen („trade-off“) zwischen Nutzen und Kosten ab.172 Dieser Aspekt kommt auch in der Definition von Zeithaml (1988) zum Ausdruck, die in dieser Arbeit verwendet werden soll: „[...] perceived value is the consumer’s overall assessment of the utility of a product based on perceptions of what is received and what is given.“ 173 Aus der Definition geht neben dem angeführten Abwägungsprozess auch hervor, dass es sich um eine holistische Empfindung handelt, die in hohem Maße personenspezifisch und darüber hinaus von der Situation und dem Kontext der Beurteilungssituation abhängig ist.174 So konnte Zeithaml (1988) in ihrer Studie im Wesentlichen vier Definitionen des wahrgenommenen Wertes175 aus Sicht der Konsumenten identifizieren, die unterschiedliche Elemente des wahrgenommenen Wertes hervorheben, sich aber nichtsdestotrotz in der bereits aufgeführten Definition widerspiegeln.176 Die Beobachtung, dass Konsumenten Elemente des wahrgenommenen Wertes unterschiedlich gewichten können, impliziert die Frage nach den Determinanten des wahrge171

Für eine Übersicht vgl. Wachter (2006), S. 12 ff.

172

Vgl. stellvertretend Plinke (1989), S. 310 f.; Dodds, Monroe (1985), S. 86; Monroe, Krishnan (1985), S. 210.

173

Zeithaml (1988), S. 14.

174

Vgl. Zeithaml (1988), S. 13; Holbrook, Corfman (1985), S. 31 ff.

175

Im Folgenden soll der Begriff Perceived Value mit wahrgenommener Wert übersetzt werden. Der Begriff Wert ist nicht mit dem Konstrukt bzw. Zustand Wert der Konsumentenverhaltensforschung im Sinne eines konsistenten Systems von Einstellung zu verwechseln. Vgl. hierzu Meffert (2000), S. 125; Trommsdorff (2004), S. 38.

176

Für die verschiedenen Definitionen vgl. Zeithaml (1988), S. 13.

Das Perceived-Value-Modell als Analyserahmen

59

nommenen Wertes. D. h. es ist zu bestimmen, welches in dem trade-off-Prozess die „get“und welches die „give“-Komponenten des wahrgenommenen Wertes sind.177 Wenngleich in der Literatur unterschiedliche Ansätze existieren,178 werden im Wesentlichen jedoch die Qualität und das monetäre Opfer (Preis) als Determinanten angeführt und untersucht.179 In vielen Studien wird die Qualität als einzige „get“-Komponente berücksichtigt. Zeithaml (1988) weist jedoch darauf hin, dass auch abstrakte Produktmerkmale („higher level abstractions“) auf den wahrgenommenen Wert wirken können. Beispiele hierfür sind Prestige oder Bequemlichkeit.180 Neben diesem Aspekt ist in dem Modell in Abbildung 3.1 auch ersichtlich, dass intrinsische und extrinsische Produktmerkmale nicht nur über die wahrgenommene Qualität, sondern auch direkt bzw. – wie Zeithaml (1988) ausführt – indirekt über die abstrakten Produktmerkmale auf den wahrgenommenen Wert wirken können.181 Nichtsdestotrotz lässt sich bereits an dieser Stelle festhalten, dass ein Großteil der empirischen Untersuchungen zu diesem Thema den wahrgenommenen Wert als eine rein kognitive Größe betrachten. Demzufolge bildet sich der wahrgenommene Wert aus einem kognitiv gesteuerten Abwägungsprozess zwischen Qualität und monetärem Preis. Insofern stellt der wahrgenommene Wert ein rational ermitteltes Preis-/Leistungsverhältnis dar. Den Charakter des wahrgenommenen Wertes als multidimensionales Konstrukt berücksichtigend, wird jedoch in der Literatur vermehrt gefordert, auch affektive/emotionale Aspekte in Untersuchungen zu integrieren.182 Auf diesen Sachverhalt wird im Kontext der Erweiterung des Perceived-Value-Modells in Abschnitt 3.3.1 näher eingegangen.

177

Vgl. Ahtola (1984), S. 623 ff.

178

Für einen umfassenden Überblick vgl. Wachter (2006), S. 48 ff.

179

Vgl. Sweeney, Soutar (2001), S. 204.

180

Vgl. Zeithaml (1988), S. 14.

181

Als Beispiel wird die Farbe eines Fruchtsaftes oder ein besonders leicht zu öffnender Verschluss, der Bequemlichkeit hervorruft, angeführt. Vgl. Zeithaml (1988), S. 14.

182

Vgl. z. B. Bagozzi, Gopinath, Nyer (1999); Chang, Wildt (1994); Hansen (2005); Sweeney, Soutar (2001); Teas, Agarwal (2000).

60

Verhaltenswissenschaftliche Fundierung der Untersuchung

Im Hinblick auf die Konsequenzen des wahrgenommenen Wertes wurde bereits im einleitenden Abschnitt dieses Kapitels darauf hingewiesen, dass der Nutzen bzw. Wert, der einem Produkt beigemessen wird, die zentrale Größe für die Produktwahl bzw. die Erklärung oder Prognose des Kaufverhaltens darstellt.183 Der Konsument wählt folglich im Rahmen einer kognitiven Algebra aus einer Menge von Produkten dasjenige aus, das den höchsten Nettonutzen stiftet.184 Für die Berechnung dieses Nettonutzens zieht der Konsument die bereits beschriebenen Determinanten des wahrgenommenen Wertes heran. Es bleibt festzuhalten, dass ein Konsument nicht zwangsläufig das Produkt mit der höchsten Qualität auswählt, wenn beispielsweise aufgrund einer Budgetrestriktion das monetäre Opfer als zu hoch empfunden wird. Daher kann der wahrgenommene Wert dieser Kombination niedriger ausfallen als bei einem Produkt mit schlechterer Qualität aber niedrigerem Preis.185 Insofern ist der wahrgenommene Wert als intervenierender Faktor zwischen Qualität, Opfer und Kauf(absicht) zu interpretieren. Je höher also der Wert eines Produktes wahrgenommen wird, desto höher fällt die Kaufabsicht für dieses Produkt aus.186 Es bleibt darauf hinzuweisen, dass der beschriebene Abwägungsprozess nicht (immer) rein kognitiv abläuft, sondern durch verschiedene Aspekte beeinflusst werden kann. So haben beispielsweise Suri, Monroe (2003) empirisch bestätigt, dass in Abhängigkeit von der Motivation und dem empfundenen Zeitdruck die Determinanten Qualität und monetäres Opfer ein unterschiedliches Gewicht bei der Bewertung des wahrgenommenen Wertes ausüben.187 Kroeber-Riel, Weinberg (2003) weisen darüber hinaus darauf hin, dass motivationale Einflüsse auf die Produktauswahl wirken können. Die Autoren 183

An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass sich die Ausführungen auf Entscheidungen mit stärkerer kognitiver Kontrolle beziehen. Impulsive oder habitualisierte Kaufentscheidungen werden im Rahmen dieser Arbeit nicht betrachtet. Für die Arten von Kaufentscheidungen siehe Kroeber-Riel, Weinberg (2003), S. 368 ff.

184

Vgl. Kroeber-Riel, Weinberg (2003), S. 387. Dies bedeutet nicht, dass der Konsument im Sinne des klassischen Nutzenmaximierungskalküls versucht, den Nettonutzen zu maximieren. Maßstab erfolgreichen Handelns ist nicht primär eine Kosten-Nutzen-Relation, sondern vielmehr das individuelle Anspruchsniveau. Vgl. Cornelsen (2000), S. 33.

185

Vgl. Olshavsky (1985), S. 22.

186

Vgl. z. B. Dodds, Monroe (1985), S. 86.

187

Vgl. Suri, Monroe (2003), S. 92 ff.

Das Perceived-Value-Modell als Analyserahmen

61

führen das subjektiv wahrgenommene Anspruchsniveau und das wahrgenommene Risiko einer Transaktion an.188 Insgesamt bleibt an dieser Stelle festzuhalten, dass der wahrgenommene Wert den ganzheitlichen Nutzen eines Produktes darstellt, der durch einen Abwägungsprozess gebildet wird, in dem sämtliche wahrgenommenen Bestandteile, die ein Konsument mit einem Produkt erhält bzw. dafür aufwenden muss, berücksichtigt werden. Je höher der wahrgenommene Wert ausfällt, desto höher ist die Kaufabsicht für dieses Produkt. Hierbei können motivationale oder situationale Faktoren Einfluss auf den Prozess der Produktauswahl nehmen.189

3.2.2 Zwischenfazit und Implikationen für die weitere Untersuchung In den vorangegangenen Abschnitten wurde das Perceived-Value-Modell als Analyserahmen für die vorliegende Untersuchung vorgestellt. Hierzu wurden die zentralen Elemente des Modells beschrieben und die möglichen Wirkungsbeziehungen theoretisch fundiert dargestellt. Es wurde deutlich, dass das Modell in vielfältiger Hinsicht als ein geeigneter Ansatz für die Analyse von Marketing-Aktivitäten angesehen werden kann. Zunächst einmal enthält das Modell mit dem wahrgenommenen Wert als Kern-Element eine zentrale Größe für die Produktwahl bzw. die Erklärung oder Prognose des Kaufverhaltens. Gleichzeitig ist es möglich, die Determinanten und Konsequenzen des wahrgenommenen Wertes zu analysieren. Als Determinanten sind insbesondere die wahrgenommene Qualität als „get“-Komponente und das wahrgenommene (nicht-)monetäre Opfer als „give“-Komponente zu nennen. Qualität und Preis sind gleichzeitig die wesentlichen Determinanten zur Erzielung der Effektivitätsposition eines KKV und haben somit aus 188

Vgl. Kroeber-Riel, Weinberg (2003), S. 395 ff.

189

Vgl. auch Abschnitt 3.2.1.1.

62

Verhaltenswissenschaftliche Fundierung der Untersuchung

Sicht von Unternehmen strategische Bedeutung. Der wahrgenommene Wert ergibt sich aus einem Abwägungsprozess der beiden Komponenten. Je höher der Wert wahrgenommen wird, desto höher ist – als Konsequenz dieses Konstrukts – die Kaufwahrscheinlichkeit für ein Produkt. Anhand des Modells sind nicht nur Aussagen darüber möglich, wie die einzelnen Elemente Qualität, Opfer, Wert und Kaufabsicht miteinander verbunden sind. Zusätzlich lässt sich untersuchen, durch welche Prozesse die einzelnen Konstrukte wiederum beeinflusst werden. Im Sinne des S-O-R-Modells lassen sich folglich Aussagen darüber ableiten, durch welche Wahrnehmungsprozesse bestimmte Stimuli auf ein beobachtbares Verhalten (Response) wirken. Marketing-Maßnahmen eines Unternehmens können somit im Hinblick auf die Frage analysiert werden, wie diese in Bezug auf die Elemente des Modells wahrgenommen und bewertet werden und ob diese Bewertung zu einer Veränderung der Verhaltensabsicht führt. Für die Erklärung der potenziellen Wirkungen wurden verschiedene verhaltenswissenschaftliche Theorien herangezogen. Die Ausführungen zum Qualitätswahrnehmungsprozess machen deutlich, dass es sich nicht nur in Bezug auf die verwendbaren Theorien um ein sehr flexibles Modell handelt, sondern dass auch verschiedene Produkte und Produktmerkmale berücksichtigt werden können. Es wurde zwischen Produkten mit einem hohen Anteil an Such-, Erfahrungsoder Vertrauenseigenschaften sowie intrinsischen und extrinsischen Produktmerkmalen unterschieden. Je nach Kombination aus Art des Produktes und des Produktmerkmals konnte der mögliche Einfluss der intrinsischen und extrinsischen Merkmale dargestellt werden. Wichtig hierbei war die Feststellung, dass Konsumenten dazu neigen, nicht alle Produktmerkmale für die Beurteilung heranzuziehen. Vielmehr werden häufig mentale Abkürzungen genutzt, um eine schnelle und effiziente Urteilsbildung zu ermöglichen und den kognitiven Aufwand möglichst gering zu halten. Diese Schlüsselinformationen können dann beispielsweise in Form der Merkmale Marke, Preis oder Garantie als Qualitätssignal dienen, ohne dass alle weiteren Eigenschaften des Produktes überprüft werden. Diese Tatsache kann jedoch von personen- und situationsspezifischen Aspekten wie Motivation, Produktkenntnis oder Zeitdruck abhängen.

Das Perceived-Value-Modell als Analyserahmen

63

Das Perceived-Value-Modell ist als Grundlage für eine Vielzahl von empirischen Untersuchungen verwendet worden. Allerdings lassen sich verschiedene Schwachpunkte dieser Studien konstatieren. Erstens lässt sich als Kritikpunkt anführen, dass der wahrgenommene Wert in den meisten Studien als rein kognitives Konstrukt behandelt wird und insofern ein rational ermitteltes Preis-/Leistungsverhältnis darstellt. Es wird jedoch in der Literatur darauf hingewiesen, dass der wahrgenommene Wert verschiedene Dimensionen aufweist, die nicht alle kognitiver Natur sind.190 Dieser Aspekt wird weder in dem Perceived-Value-Modell noch in den meisten empirischen Studien hinreichend betrachtet. Zwar wird in einigen Behavioral-Pricing-Studien der wahrgenommene Wert nach der „Transaction Utility Theory“ von Thaler (1985)191 in eine kognitive (Akquisitionsnutzen) und eine affektive (Transaktionsnutzen) Komponente aufgespalten. Die Übertragung dieser Erkenntnisse auf darüber hinaus gehende Zusammenhänge, d. h. Marketing-Aktivitäten außerhalb des Preises, die ebenfalls affektive oder emotionale Reaktionen hervorrufen können, fehlt jedoch. Zweitens werden häufig nur Teilbereiche des Modells untersucht. Dieser Aspekt bezieht sich zunächst darauf, dass häufig keine komplexen Wirkungsmodelle geschätzt werden. Entweder werden nicht alle Elemente des Modells oder keine Wirkungsbeziehungen zwischen diesen berücksichtigt. Der letzte Punkt ist häufig in varianzanalytischen Studien zu beobachten, wenn unter Umständen zwar alle relevanten Konstrukte untersucht werden, ihre Wirkungsbeziehungen aber aufgrund der verwendeten Methode nicht abgebildet werden können. Dies führt auch dazu, dass die oben beschriebene duale Rolle des Preises nur unzureichend berücksichtigt werden kann. Darüber hinaus werden zum Teil nur einzelne Produktmerkmale in die Analyse einbezogen. In solchen „single-cue“-Studien wird beispielsweise der isolierte Effekte eines Produktmerkmals auf die Qualität überprüft. Sofern jedoch mehrere Produktmerkmale in die Analyse aufgenommen werden, 190

Vgl. z. B. Bagozzi, Gopinath, Nyer (1999); Holbrook, Batra (1987); Sweeney, Soutar (2001).

191

Siehe auch Thaler (1983).

64

Verhaltenswissenschaftliche Fundierung der Untersuchung

fehlt in den meisten Studien eine systematische Berücksichtigung der Wertigkeiten und der sich daraus ergebenden Wechselwirkungen dieser Produktmerkmale. Aktuelle Studien weisen jedoch darauf hin, dass hierin die Tatsache begründet sein kann, dass die Vielzahl der Untersuchungen zur Qualitätswahrnehmung zu keinen einheitlichen Ergebnissen gelangt.192 Der dritte Aspekt bezieht sich darauf, dass häufig keine personenspezifischen Faktoren berücksichtigt werden. In den bisherigen Ausführungen wurde jedoch deutlich, dass diese einen Einfluss darauf haben können, in welchem Ausmaß einzelne Produktmerkmale zur Produktbeurteilung herangezogen werden. Hier sind insbesondere das Involvement und die Produktkenntnis zu nennen. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das Modell zwar in vielerlei Hinsicht einen flexiblen Ansatz darstellt. Allerdings werden bestimmte Aspekte nicht erfasst bzw. in den empirischen Anwendungen des Modells vernachlässigt. Hier sind neben der Tatsache, dass häufig keine komplexen Wirkungsmodelle geschätzt werden, insbesondere die Berücksichtigung affektiver/emotionaler Effekte, die Berücksichtigung des Zusammenspiels mehrerer (extrinsischer) Produktmerkmale sowie die Berücksichtigung von personenspezifischen Faktoren zu nennen. Diese Aspekte sollen in den folgenden Abschnitten näher erläutert und das Perceived-Value-Modell entsprechend konzeptionell erweitert werden.

192

Vgl. Miyazaki, Grewal, Goodstein (2005); Purohit, Srivastava (2001).

Erweiterung des Perceived-Value-Modells

65

3.3 Erweiterung des Perceived-Value-Modells 3.3.1 Erweiterung des Modells um eine emotionale Wertkomponente 3.3.1.1 Der wahrgenommene Wert als multidimensionales Konstrukt Im vorangegangenen Abschnitt wurde angemerkt, dass in empirischen Untersuchungen der wahrgenommene Wert größtenteils als ökonomische Komponente im Sinne eines Preis-/Leistungs- bzw. Kosten-/Nutzen-Verhältnisses erfasst wird.193 Da der wahrgenommene Wert als zentrale Größe für die Erklärung des Kaufverhaltens identifiziert wurde, hätte diese rein ökonomische Dimensionierung z. B. zur Folge, dass Konsumenten unter Produkten mit vergleichbarer Qualität c. p. das Produkt mit den niedrigsten Preis präferieren würden. Eine Reihe von Studien dokumentiert jedoch, dass neben der ökonomischen Wertdimension weitere Dimensionen existieren, die für die Erklärung, warum Konsumenten ein spezifisches Produkt (nicht) kaufen, herangezogen werden können. Batra, Ahtola (1991) weisen beispielsweise darauf hin, dass die Einstellung gegenüber Marken zumindest zwei unterschiedliche Komponenten beinhaltet, eine hedonistische und eine utilitaristische.194 Die erste wird auch als „feeling“-, die zweite als „thinking“Dimension bezeichnet.195 Sheth, Newman, Gross (1991) sehen darüber hinaus die Konsumentenwahl als Funktion von multiplen Konsumwerten („consumption values“) an.196 Hierzu gehören insgesamt fünf Wertdimensionen, die als funktional, sozial, emotional, epistemisch und situationsbezogen bezeichnet werden.197 Wenngleich der funktionale 193

Einen umfassenden Überblick über verschiedene Operationalisierungen und Definitionen des Begriffs „value“ liefern Wachter (2006), S. 42 ff. sowie S. 56 ff. und Lin, Sher, Shih (2005), S. 319 ff.

194

Vgl. Batra, Ahtola (1991), S. 168. Für vergleichbare Aussagen siehe auch Holbrook, Hirschman (1982); Hirschman, Holbrook (1982).

195

Vgl. Sweeney, Soutar (2001), S. 205

196

Vgl. Sheth, Newman, Gross (1991), S. 160.

197

Für eine Erklärung dieser Wertkomponenten vgl. Sheth, Newman, Gross (1991), S. 160 ff.

66

Verhaltenswissenschaftliche Fundierung der Untersuchung

Wert als zentrale Einflussgröße für das Wahlverhalten der Konsumenten identifiziert wurde, weisen die Autoren darauf hin, dass je nach Konsumsituation die anderen Wertkomponenten an Einfluss gewinnen können. Sweeney, Soutar (2001) greifen diesen Ansatz auf und entwickeln ein aus 19 Items bestehendes Maß für den wahrgenommenen Wert, PERVAL (PERceived VALue). Ausgehend von einer exploratorischen Vorstudie identifizieren die Autoren in verschiedenen Untersuchungsstufen vier Wertdimensionen:198 • „Emotional value“: der emotionale Nutzen, der sich aus den Gefühlen oder affektiven Reaktionen ableitet, die ein Produkt stiftet. • „Social value“: der soziale Nutzen, den ein Produkt durch seine Fähigkeit, das soziale Selbstkonzept zu steigern, hervorruft. • „Functional value (price/value for money)“: der funktionale Nutzen, der durch die Reduktion kurz- und langfristiger Kosten entsteht. • „Functional value (performance/quality)“: der funktionale Nutzen, der durch die wahrgenommene Qualität und die erwartete Performance des Produktes entsteht. Der PERVAL-Ansatz ist jedoch nicht ohne Probleme. Es fällt auf, dass die Indikatoren für den funktionalen Nutzen, der sich aus der wahrgenommenen Qualität ergibt, im Wesentlichen denen aus Studien entsprechen, in denen die Qualität als Determinante des wahrgenommenen Wertes angesehen wird.199 D. h. die oben beschriebene Wirkungsbeziehung zwischen den Konstrukten Qualität und wahrgenommener Wert fehlt. Darüber hinaus sind in den Indikatoren für den funktionalen Wert, der durch Kostenreduktion entsteht, Items enthalten, die nicht unabhängig von der Qualität beurteilt werden können. Die Aussage, „is a good product for the price“ 200 , spricht unmittelbar ein Preis-Leistungsverhältnis an, und kann daher nicht getroffen werden, ohne vorher die 198

Vgl. hier und im Folgenden Sweeney, Soutar (2001), S. 211 und Wachter (2006), S. 45.

199

Vgl. z. B. Dodds, Monroe, Grewal (1991). Für die entwickelten Indikatoren vgl. Sweeney, Soutar (2001), S. 212.

200

Sweeney, Soutar (2001), S. 212.

Erweiterung des Perceived-Value-Modells

67

Qualität des Produktes beurteilt zu haben. Insofern stellt diese Wertdimension die in anderen Studien als ökonomischen Wert behandelte Komponente dar. Auch dieses Konstrukt vermischt daher Teilaspekte des wahrgenommenen monetären Opfers mit denen des wahrgenommenen Wertes. Unabhängig von diesen Problembereichen ist jedoch festzuhalten, dass mit dem sozialen und emotionalen Wert auch in dieser Studie empirisch Dimensionen identifiziert wurden, die über den rein ökonomischen Wert hinausgehen. Wie oben bereits angesprochen, behandeln ebenfalls diverse Behavioral-Pricing-Studien den wahrgenommenen Wert als multidimensionales Konstrukt. Unter Rückgriff auf die „Transaction Utility Theory“ von Thaler (1985) erfolgt dabei eine Unterteilung des Nutzens in eine kognitive und eine affektive Komponente. Die kognitive Komponente, der Akquisitionsnutzen, enthält dabei das Abwägen zwischen den „get“- und den „give“-Komponenten eines Angebots und weist somit nach der Auffassung von Urbany et al. (1997) Parallelen zu dem wahrgenommenen Wert von Zeithaml (1988) auf.201 Die affektive Komponente, der Transaktionsnutzen, kann dadurch entstehen, dass der zu zahlende Preis unter dem vom Konsumenten erwarteten Preis liegt. Der von Thaler (1985) als „merits of the deal“ 202 bezeichnete Transaktionsnutzen ist somit im Sinne eines Wohlgefühls oder einer Freude darüber zu interpretieren, ein besonders (preis)vorteilhaftes Angebot realisiert zu haben. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die TransactionUtility-Theorie sich explizit auf preispolitische Fragestellungen bezieht. Gedenk (2002) stellt allerdings heraus, dass eine Übertragung der Theorie auf darüber hinausgehende Sachverhalte möglich ist.203 Parallelen des oben beschriebenen emotionalen Wertes zu diesem Konzept werden deutlich, wenn man sich die Operationalisierung des Transaktionsnutzens und die des emotionalen Wertes in empirischen Studien ansieht. Vergleicht man beispielsweise die Indikatoren des Transaktionsnutzens aus der Studie von Grewal et al. (1998) mit denen des „emotional values“ von Sweeney, Soutar (2001), wird

201

Vgl. Urbany et al. (1997), S. 46 und 53.

202

Thaler (1985), S. 205.

203

Vgl. Gedenk (2002), S. 79. Als Beispiel wird eine Produktzugabe als Nicht-Preis-Promotion angeführt.

68

Verhaltenswissenschaftliche Fundierung der Untersuchung

deutlich, dass – trotz der unterschiedlichen Ausrichtung der Studien – die gleichen Arten von Emotionen angesprochen werden und die Indikatoren daher inhaltlich fast identisch sind.204 Insofern beinhaltet der emotionale Wert analog zum Transaktionsnutzen affektive bzw. emotionale Reaktionen, die aus der Beurteilung eines Angebotes entstehen können.205 Zusammenfassend lässt sich an dieser Stelle festhalten, dass der wahrgenommene Wert nicht als rein kognitive Größe betrachtet werden sollte. In einer Vielzahl von Studien sind verschiedene Dimensionen des wahrgenommenen Wertes identifiziert worden. Wenngleich in dem Perceived-Value-Modell von Zeithaml (1988) die abstrakten Produktmerkmale eine über den kognitiven Wert hinausgehende Wertkomponente darstellen, wird der Multidimensionalität des wahrgenommenen Wertes nicht ausreichend Rechnung getragen. Im Rahmen dieser Arbeit spielen insbesondere Emotionen eine Rolle, die als Reaktion auf die Beurteilung eines Angebots (Stimulus) zu interpretieren sind.206 Diese Art von Emotionen wird sowohl in dem Transaktionsnutzen der Transaction-Utility-Theorie als auch in dem emotionalen Wert von Sweeney, Soutar (2001) erfasst. Während der beschriebene emotionale Wert bei jeder Kaufentscheidung entstehen kann, spielt der soziale Wert nur in bestimmten Kaufsituationen eine Rolle.207 Da unterstellt werden kann, dass der soziale Wert bei den in dieser Untersuchung betrachteten Produktkategorien keinen Einfluss auf die Kaufentscheidung ausübt, wird dieser aus der Betrachtung ausgeschlossen und lediglich der emotionale Wert berücksichtigt. Die Frage ist daher, wie und auf Basis welcher Theorien der emotionale Wert in das Perceived-Value-Modell integriert werden kann.

204

Die Ausdrücke im Original sind bezogen auf das Angebot: „feel good“, „enjoy“ und „pleasure“, vgl. Grewal et al. (1998), S. 51, und Sweeney, Soutar (2001), S. 212. Bei Sweeney, Soutar (2001) sind darüber hinaus noch zwei weitere Indikatoren enthalten.

205

Siehe hierzu auch nachfolgenden Abschnitt 3.3.1.2.

206

Es wird also kein emotionaler Wert betrachtet, der beim Nutzen des Produktes entsteht, wie beispielsweise Fahrspaß beim Fahren eines Automobils.

207

Sheth, Newman, Gross (1991) nennen als Beispiele sichtbare Produkte wie Schmuck oder hochpreisige Produkte wie Automobile. Vgl. Sheth, Newman, Gross (1991), S. 161.

Erweiterung des Perceived-Value-Modells

69

3.3.1.2 Ansätze zur Integration des emotionalen Wertes in das Perceived-Value-Modell

Bisher wurden verschiedene Ansatzpunkte erläutert, wie ein Stimulus auf das Verhalten von Konsumenten wirken kann. Es wurde angeführt, dass sich die Informationsverarbeitungsprozesse anhand des „Drei-Speicher-Modells“ erklären lassen. Wie bereits deutlich geworden ist, spielen bei der Produktbeurteilung auch gespeicherte Informationen eine Rolle. Trommsdorff (2004) weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass das Abrufen von Einstellungen aus dem Langzeitspeicher automatisch und innerhalb kürzester Zeit erfolgt und ein Verhalten beeinflussen bzw. hervorrufen kann.208 Es wurde ebenfalls in Abschnitt 3.2.1.1 angeführt, dass die wahrgenommene Qualität dem Einstellungsbegriff ähnelt. Um im Folgenden herzuleiten, wie der emotionale Wert in das PerceivedValue-Modell integriert werden kann, ist daher Kenntnis darüber erforderlich, wie sich Einstellungen auf das Verhalten von Konsumenten auswirken können. Zur Erklärung dieses Zusammenhangs existieren in der sozialpsychologischen Literatur verschiedene Modelle, deren bekannteste Vertreter die Theorie des überlegten Handels („Theory of Reasoned Action“) von Fishbein, Ajzen (1975) und die Theorie des geplanten Verhaltens („Theory of Planned Behavior“) von Ajzen (1991) sind. Man bezeichnet die Theorien auch als „Erwartung-mal-Wert-Theorien“, da sie Einstellungen mit Hilfe von „Erwartung × Wert“-Produkten definieren.209 Problematisch für die Anwendung dieser Theorien in der Konsumentenverhaltensforschung ist die Tatsache, dass die Theorien nur unzureichende Erklärungen des kognitiven Prozesses liefern, durch den Verhaltensabsichten210 gebildet werden und dass die Einstellung gegenüber Handlungen, nicht aber Objekten (z. B. Produkten) berücksichtigt wird.211 Aus diesem Grund hat Bagozzi (1992) 208

Vgl. Trommsdorff (2004), S. 283.

209

Vgl. hier und im Folgenden Bohner (2002), S. 308 ff.

210

Verhaltensabsichten sind nach Fishbein, Ajzen (1975) definiert als die subjektive Wahrscheinlichkeit, dass ein Individuum eine bestimmte Handlung, z. B. den Kauf eines Produktes, durchführt.

211

Vgl. Gotlieb, Grewal, Brown (1994), S. 875 f.

70

Verhaltenswissenschaftliche Fundierung der Untersuchung

die genannten Ansätze basierend auf der Theorie von Lazarus (1991) weiterentwickelt. Dieser Ansatz soll im Folgenden kurz dargestellt werden. Die angesprochenen Theorien von Fishbein, Ajzen (1975) und Ajzen (1991) konzeptualisieren Einstellungen als Bewertungen der Konsequenzen bestimmter (nicht) durchgeführter Handlungen.212 Diesen Bewertungen, die typischerweise als „gut/schlecht“ oder „angenehm/unangenehm“ ausgedrückt werden, können Verhaltensabsichten folgen, sofern die Evaluationen stark genug sind. Ein Element, das nach Bagozzi (1992) in den Einstellungstheorien fehlt, ist – wie oben bereits angedeutet – der Mechanismus, der Evaluationen in Verhaltensabsichten umwandelt. Lazarus (1991) stellt in seiner „Theory of Emotion and Adaptation“ heraus, dass der Bewertungsprozess von internen und situationsbedingten Zuständen zu einer emotionalen Reaktion führt, die wiederum sogenannte Coping-Strategien hervorruft.213 Die Wirkungskette stellt sich also wie folgt dar: Bewertung → emotionale Reaktion → Coping. Um die Frage zu beantworten, wie Einstellungen zu Verhaltensabsichten führen, definiert Bagozzi (1992) den Begriff der „outcome-desire units“.214 Bagozzi (1992) geht davon aus, dass Individuen üblicherweise aufgrund des Verlangens, ein bestimmtes Ziel zu erreichen, aktiv werden (z. B. Kauf eines Produktes). Wenn die Bewertung dieser Aktivität ergibt, dass die Person das geplante Ziel erreicht hat („outcome-desire fulfillment“) oder nicht („outcome-desire conflict“), folgt hierauf eine affektive Reaktion (z. B. Zufriedenheit). Diese affektive Reaktion ist wiederum ausschlaggebend dafür, welche „Bewältigungsreaktion“ folgt (z. B. Entwicklung einer positiven Verhaltensabsicht gegenüber dem Produkt). Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass Bagozzi (1992) danach unterscheidet, ob es sich um Ziele in der Vergangenheit oder der Zukunft handelt. Im letzten Fall wird lediglich antizipiert, dass das Ergebnis in der Zukunft (un)befriedigend sein wird. Bagozzi (1992) spricht in diesem Fall von „outcome-desire avoidances“ und „outcome-desire pursuits“.215 Insgesamt 212

Vgl. hier und im Folgenden Bagozzi (1992), S. 186 ff.

213

Für eine ausführliche Diskussion des Begriffes Coping vgl. Wunderle (2006), S. 109 ff.

214

Vgl. hier und im Folgenden Bagozzi (1992), S. 187 ff.; Gotlieb, Grewal, Brown (1994), S. 877.

215

Vgl. Bagozzi (1992), S. 189.

Erweiterung des Perceived-Value-Modells

71

ergeben sich vier Blöcke von möglichen Emotionen, die sich nach dem Zeitpunkt des erlebten Ergebnisses (Vergangenheit oder Zukunft) und der Zielerreichung (Ziel erreicht oder nicht erreicht) strukturieren lassen. Als Beispiele können Unzufriedenheit oder Enttäuschung (Ziel in der Vergangenheit nicht erreicht), Freude oder Erleichterung (Ziel in der Vergangenheit erreicht), Besorgnis oder Angst (Nicht-Erreichung eines Ziels in der Zukunft) und Hoffnung (Erreichung eines Ziels in der Zukunft) angeführt werden. Gotlieb, Grewal, Brown (1994) übertragen die Überlegungen von Bagozzi (1992) auf eine konkrete Marketing-Fragestellung und leiten anhand des Bezugsrahmens ein Modell für den Zusammenhang zwischen Diskonfirmation von Erwartungen, Qualität, Zufriedenheit und Verhaltensabsicht her.216 Um den Zusammenhang zwischen Diskonfirmation von Erwartungen und wahrgenommener Qualität zu erklären, stellen die Autoren heraus, dass die Evaluation von Produktattributen auf individuellen Referenzpunkten basiert. Die Bewertung dieser Produktattribute hängt folglich davon ab, ob das erwartete Niveau über- oder unterschritten wird. Nimmt der Konsument wahr, dass das Attribut das erwartete Niveau übersteigt, führt eine positive Diskonfirmation zu einer vorteilhaften Bewertung desselben und somit zu einem positiven Einfluss auf die wahrgenommene Qualität. Unterschreitet das Produktattribut das erwartete Niveau, führt eine negative Diskonfirmation zu einem negativen Einfluss auf die wahrgenommene Qualität. An diese Überlegungen anknüpfend, stellen Gotlieb, Grewal, Brown (1994) den Zusammenhang zwischen Qualität, Zufriedenheit und Verhaltensabsicht dar. Hierfür wird verdeutlicht, dass es sich bei der Qualität – nach der auch hier verwendeten Definition von Zeithaml (1988) – um ein „appraisal construct“ handelt: „[...] Individuals typically engage in the activity of purchasing a product because they desire a certain level quality (i. e., an outcome) from the product that they purchase (i. e., a desire-outcome unit). Therefore, consumers are likely to make an appraisal (i. e., judge perceived quali-

216

Vgl. im Folgenden Gotlieb, Grewal, Brown (1994), S. 876 f. Zusätzlich wird noch der Einfluss der „perceived situational control“ untersucht, die für diese Arbeit aber nicht relevant ist.

72

Verhaltenswissenschaftliche Fundierung der Untersuchung

ty).“ 217 In Abhängigkeit von der Beurteilung der wahrgenommenen Qualität folgt nach dem Modell von Bagozzi (1992) eine positive oder negative emotionale Reaktion. In der Studie von Gotlieb, Grewal, Brown (1994) wird die Zufriedenheit in Anlehnung an Linder-Pelz (1982) bzw. Cadotte, Woodruff, Jenkins (1987) als primär affektive Reaktion auf ein Konsumerlebnis definiert und somit als eine solche emotionale Reaktion betrachtet. Diese affektive Reaktion löst wiederum Verhaltensabsichten aus. Die so hergestellte Wirkungskette, Diskonfirmation von Erwartungen → Qualitätswahrnehmung → Zufriedenheit → Verhaltensabsicht, wurde in der Studie empirisch bestätigt und wies einen höheren Erklärungsgehalt auf als alternative Modellformulierungen. Gotlieb, Grewal, Brown (1994) untersuchen als Appraisal-Konstrukt die Qualität eines Krankenhaus-Services, aus deren Wahrnehmung Emotionen entstehen können. Hier wird allerdings die Auffassung vertreten, dass eine positive oder negative Emotion, die aus der Wahrnehmung der Qualität resultiert, z. B. durch die Wahrnehmung des Merkmals Preis konterkariert werden kann. Wird also die Qualität eines Produktes vor dem Kauf besonders vorteilhaft bewertet, kann die daraus entstandene Emotion nur verhaltenswirksam werden, wenn nicht ein als zu hoch empfundener Preis und die damit verbundene negative Reaktion dies verhindert. Oben wurde angemerkt, dass in den meisten Untersuchungen der wahrgenommene Wert als ökonomisches Preis-/Leistungsverhältnis aufgefasst wird. In dieser Form stellt auch der wahrgenommene Wert ein Appraisal-Konstrukt dar. Daher wird hier der Ansatz verfolgt, dass die emotionale Wertkomponente nicht allein aus der wahrgenommenen Qualität, sondern aus dem wahrgenommen ökonomischen Wert entsteht. Dies berücksichtigt die Tatsache, dass ein Produkt aus einem Bündel von Merkmalen besteht, zu dem auch der Preis gehört. Erst wenn das Leistungsbündel insgesamt ein bestimmtes Referenzniveau aus Sicht eines Konsumenten übersteigt bzw. unterschreitet, sind positive bzw. negative, verhaltenswirksame Emotionen möglich. Diese beiden Wertdimensionen sollen im Folgenden als „ökonomischer Wert“ und „emotionaler Wert“ bezeichnet werden. 217

Gotlieb, Grewal, Brown (1994), S. 877.

Erweiterung des Perceived-Value-Modells

73

Abbildung 3.3 (a) enthält eine vereinfachte Darstellung, wie in den meisten bisherigen Studien der Zusammenhang zwischen wahrgenommener Qualität, wahrgenommenem monetären Opfer, wahrgenommenem Wert und Kaufabsicht erfasst wird.218 Abbildung 3.3 (b) enthält dagegen das in dieser Untersuchung entwickelte Modell.

Wahrgenommene Qualität Wahrgen. ökonomischer Wert

Kauf(absicht)

Wahrgen. monetäres Opfer

(a) Ausschnitt aus dem „klassischen“ Perceived-Value-Modell

Wahrgenommene Qualität

Wahrgen. emotionaler Wert

Wahrgen. ökonomischer Wert

Kauf(absicht)

Wahrgen. monetäres Opfer

(b) Ausschnitt aus dem Untersuchungsmodell

Abbildung 3.3: Vergleich des „klassischen“ Perceived-Value-Modells mit dem Untersuchungsmodell

Aus der Abbildung wird auch deutlich, dass in dem hier entwickelten Modell die Verhaltensabsicht nicht nur von der emotionalen Reaktion bzw. Wertkomponente ausgeht. 218

Vgl. z. B. Chang, Wildt (1994).

74

Verhaltenswissenschaftliche Fundierung der Untersuchung

Dies trägt der Tatsache Rechnung, dass in vielen Studien der ökonomische Wert eindeutig als Determinante der Kaufabsicht identifiziert wurde. Wie oben bereits angemerkt, haben darüber hinaus Sheth, Newman, Gross (1991) herausgefunden, dass die funktionale (und somit rationale/kognitive) Wertkomponente als zentrale Einflussgröße für das Wahlverhalten der Konsumenten anzusehen ist. Die Integration des emotionalen Wertes in das Perceived-Value-Modell bezieht sich bisher auf die Wirkungsbeziehungen zwischen den Größen Qualität, Opfer, Wert und Kaufabsicht. Geklärt werden muss noch die Frage, ob bestimmte Produktmerkmale auf den Emotional Value wirken können. Darüber hinaus definieren und betrachten Gotlieb, Grewal, Brown (1994) in ihrer Studie nur eine spezifische affektive Reaktion, die Zufriedenheit. Sowohl der Ansatz von Bagozzi (1992) als auch diverse Marketing-Studien weisen jedoch darauf hin, dass in Kaufsituationen auch andere Emotionen entstehen können. Darüber hinaus erfolgt in der vorliegenden Arbeit eine reine Vorkauf-Betrachtung. Daher ist es von zentraler Bedeutung, dass Emotionen bereits zum Kaufzeitpunkt antizipiert werden (können).219 Um die genannten Aspekte bei der Weiterentwicklung des Modells berücksichtigen zu können, sollen zwei für die Marketingforschung relevante Theorien herangezogen werden, die Regret-Theorie220 und die Disappointment-Theorie221 . Hierfür müssen zunächst die Begriffe Regret (Bedauern) und Disappointment (Enttäuschung) voneinander abgegrenzt werden.222 Den Auslöser beider (negativer) Reaktionen stellt ein unvorteilhaftes Ergebnis dar. Dieses resultiert – wie oben ausführlich dargelegt – aus einem Abgleich zwischen einem realisierten und einem alternativen Ergebnis. Beide Emotionen können verhaltenswirksam werden.223 Der bedeutendste Unterschied zwischen Regret und Disappointment liegt darin, welcher Referenzpunkt für den Ver219

Vgl. Bagozzi, Baumgartner, Pieters (1998), S. 5.

220

Vgl. Loomes, Sugden (1982).

221

Vgl.Bell (1985); Loomes, Sugden (1986).

222

Vgl. hier und im Folgenden Wunderle (2006), S. 9 ff.

223

Vgl. z. B. Zeelenberg, Pieters (1999). Die Autoren weisen beispielsweise nach, dass Regret insbesondere auf die Wechselabsicht und Disappointment auf die Weiterempfehlungsabsicht wirkt.

Erweiterung des Perceived-Value-Modells

75

gleichsprozess herangezogen wird. Beim Regret werden die Ergebnisse der gewählten Alternative mit einer nicht gewählten Alternative verglichen, beim Disappointment bilden hingegen die Erwartungen über ein mögliches alternatives Ergebnis der gewählten Option den Referenzpunkt.224 Regret kann also beispielsweise entstehen, wenn nach dem Kauf eines Produktes festgestellt wird, dass dieses bei einem anderen Händler günstiger angeboten wird. Disappointment kann entstehen, wenn die tatsächliche Produktqualität nicht den Erwartungen entspricht. Inzwischen wurde in vielen Studien empirisch nachgewiesen, dass sowohl Regret als auch Disappointment bereits vor dem Kauf antizipiert werden.225 Dies kann erhebliche Auswirkungen auf die Verhaltensabsicht nach sich ziehen. Simonson (1992) kommt beispielsweise zu dem Ergebnis, dass Konsumenten bei antizipiertem Regret eher dazu neigen, eine bekannte, hochpreisige Marke einer unbekannten, weniger teuren Marke vorziehen. Daraus wird gefolgert, dass Markenhersteller den Marktanteil steigern können, wenn durch Marketing-Maßnahmen den Kunden vor Augen geführt wird, was im Falle einer falschen Entscheidung eintreten kann.226 Inman, Dyer, Jia (1997) stellen in Bezug auf antizipiertes Regret fest: „[...] our results help to explain why consumers value price guarantees [...] and performance guarantees [...].“ 227 Diese Effekte der antizipierten Emotion Regret werden noch verstärkt, je schwerer es ist, die Qualität vor dem Kauf zu beurteilen228 bzw. wenn es sich um neuartige bzw. innovative Produkte handelt229 . Aus den Ausführungen wird unmittelbar deutlich, dass GzG, die als Zufriedenheitsgarantien sämtliche Garantieformen – und somit auch Tiefpreis- und Performance-Garantien – mit einschließen, in der Lage sind, (antizipiertes) Regret zu reduzieren.230 Als Auswirkung auf die Verhal224

Vgl. Wunderle (2006), S. 10.

225

Vgl. Inman, Dyer, Jia (1997); Simonson (1992); van Dijk, Zeelenberg, van der Pligt (1999); Zeelenberg (1999).

226

Vgl. Simonson (1992), S. 116.

227

Inman, Dyer, Jia (1997), S. 107.

228

Vgl. Simonson (1992), S. 116.

229

Vgl. Inman, Dyer, Jia (1997), S. 108.

230

Vgl. Inman, Dyer, Jia (1997), S. 107.

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Verhaltenswissenschaftliche Fundierung der Untersuchung

tensabsicht ist im Falle von antizipiertem Disappointment die Nicht-Berücksichtigung einer bestimmten Alternative denkbar, wenn die antizipierte Enttäuschung, dass das Produkt die Erwartungen nicht erfüllt, zu groß ist. Es ist deutlich geworden, dass GzG vor allem als Qualitätssignal eingesetzt werden und daher insbesondere Disappointment in Bezug auf die Qualität eines Produktes für die vorliegende Arbeit von Bedeutung ist. Darüber hinaus hat die bereits angeführte Studie von Heiman et al. (2005) gezeigt, dass Konsumenten aufgrund der Disappointment-Aversion bereit sind, für ein Produkt mit einer GzG eine 25%-ige Preisprämie auf den Originalpreis zu zahlen. Diese Überlegungen sollen im Folgenden konkretisiert werden. Nach der Disappointment-Theorie setzt sich der Gesamtnutzen eines Ereignisses aus einem Basisnutzen und einem Emotionsnutzen zusammen.231 Der Basisnutzen ist dabei der Nutzen, der unabhängig von anderen Konsequenzen einer Alternative eintritt. Der Emotionsnutzen repräsentiert Enttäuschung (Freude), wenn die Differenz zwischen dem Nutzen der erhaltenen Konsequenz und der Erwartung negativ (positiv) ist. Die Disappointment-Theorie nimmt an, dass diese Emotionen bereits zum Kaufzeitpunkt antizipiert werden und dadurch den Gesamtnutzen einer Alternative beeinflussen. Der Entscheider wählt diejenige Alternative aus, die den höchsten erwarteten Gesamtnutzen aufweist. Die Disappointment-Theorie geht nach Loomes, Sugden (1986) weiterhin davon aus, dass die Emotionsfunktion bei einer positiven Differenz zwischen dem Nutzen einer Konsequenz und der Erwartung konvex und bei einer negativen Differenz aus den beiden Größen konkav verläuft. Mit zunehmender positiver Differenz steigt somit der Umfang empfundener Freude, mit zunehmender negativer Differenz steigt der Umfang empfundener Enttäuschung. Insofern reagieren Individuen aversiv auf Enttäuschung bzw. positiv auf Freude und sind daher bestrebt, Enttäuschung zu vermeiden und zusätzliche Freude zu erzielen. Es ist nun intuitiv nachvollziehbar, dass ein Konsument zum Zeitpunkt der Kaufentscheidung eine Wahrscheinlichkeit dafür antizipiert, dass ein bestimmtes Produkt hinsichtlich der Qualität nicht den Erwartungen entsprechen wird. In dem Fall, 231

Vgl. hier und im Folgenden Koschate (2002), S. 93 f.

Erweiterung des Perceived-Value-Modells

77

dass die antizipierte Enttäuschung nach dem Kauf tatsächlich eintreten sollte, hätte der Konsument ggf. negative emotionale, soziale oder finanzielle Folgen. Diese Bewertung fließt als antizipierte Emotion (Enttäuschung) in den Gesamtnutzen der Alternative ein. Das kann zu einer Nicht-Berücksichtigung der betrachteten Alternative im Auswahlprozess führen. Die so empfundene (wie auch immer geartete) negative Konsequenz aus einem eventuellen Kauf kann jedoch über eine GzG abgesichert werden. Da der Konsument die Möglichkeit hat, das Produkt bei Nichtgefallen (Qualität entspricht nicht den Erwartungen) zurückzugeben, sind die negativen Folgen des Kaufes (Verlust des Kaufpreises) abgesichert (Rückerstattung des Kaufpreises bei Nichtgefallen). Der Effekt der Vermeidung dieses Nachteils, der sich ergeben kann, wenn das Produkt tatsächlich nicht den Erwartungen entsprechen sollte, kann wiederum zu einer positiven Reaktion führen. Inwiefern eine GzG tatsächlich eine (zusätzliche) positive emotionale Nutzenkomponente darstellen kann, soll im Folgenden mit Hilfe der Appraisal-Theorie erklärt werden. Um mögliche Ausprägungen von Emotionen erfassen und strukturieren zu können, kann die „Appraisal Theory“ herangezogen werden.232 Die Appraisal-Theorie geht davon aus, dass die Bestimmungsgröße jeder Emotion das Resultat und die Interpretation eines Vergleichs zwischen dem aktuellen und dem gewünschten Zustand ist.233 Nach dem Modell von Roseman (1991) bestimmt die Bewertung auf fünf Beurteilungsdimensionen, welche von 16 eigenständigen Emotionen erlebt werden.234 Als Dimensionen werden aufgeführt: motivkonsistent/motivinkonsistent (positive/negative Emotion), Appetenz/Aversion (Anstreben eines positiven Ergebnisses/Vermeidung eines negativen Ergebnisses), Verursacher (Ergebnis ist den Umständen, anderen Personen oder dem Individuum selbst zuzuschreiben), Wahrscheinlichkeit (unerwartet, unsicher, sicher) und Stärke (starkes/schwaches Bewältigungspotenzial). Aus den Kombinationsmöglichkeiten ergeben sich die spezifischen 16 Emotionen, wobei nicht jede Kombination eine eigen-

232

Vgl. z. B. Frijda (1986); Roseman (1991).

233

Vgl. Bagozzi, Gopinath, Nyer (1999), S. 185.

234

Vgl. hier und im Folgenden Bagozzi, Gopinath, Nyer (1999), S. 185 f.; Roseman (1991), S. 162 ff.

78

Verhaltenswissenschaftliche Fundierung der Untersuchung

ständige Emotion hervorruft.235 Wenngleich nicht alle möglichen Emotionen mit diesem Ansatz abgedeckt werden, weisen Bagozzi, Gopinath, Nyer (1999) darauf hin, dass das Modell von Roseman (1991) nicht nur ein breites Spektrum an Emotionen abbildet, sondern auch die speziellen Umstände für deren Auftreten beinhaltet. Auf die vorliegende Untersuchung übertragen, wird deutlich, dass beispielsweise die positive Emotion „liking“ („relief“) entsteht, wenn es sich um die sichere Vermeidung eines Nachteils handelt, der anderen Personen (den Umständen) zuzuschreiben ist und ein starkes Bewältigungspotenzial aufweist. Ganz konkret kann also eine GzG einen antizipierten Nachteil (z. B. Enttäuschung über die Qualität) für den Garantiezeitraum sicher vermeiden und daher zu einer positiven emotionalen Reaktion führen. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Regret und Disappointment durch ein unvorteilhaftes Ergebnis ausgelöst werden. Das Antizipieren dieses Ergebnisses kann bereits zum Kaufzeitpunkt zu einer Veränderung der Verhaltensabsichten führen. Die GzG ist nicht in der Lage, den möglichen Eintritt des negativen Ergebnisses und somit die antizipierten Emotionen Regret und Disappointment komplett auszuschalten. Allerdings kann den sich aus den negativen Emotionen ergebenden Vorkauf-Verhaltenswirkungen (z. B. Nicht-Berücksichtigung des Produktes bei der Kaufentscheidung) mit einer GzG entgegengewirkt werden. Und zwar dergestalt, dass diese Garantie z. B. finanzielle Folgen für die Dauer der Garantie absichert. Diese können sich ergeben, wenn das Produkt nach dem Kauf tatsächlich preisgünstiger angeboten wird oder die Erwartungen hinsichtlich der Qualität nicht erfüllt werden. In Anlehnung an die Überlegungen von Simonson (1992) kann darüber hinaus davon ausgegangen werden, dass auch die Marke in der Lage ist, die wahrgenommenen negativen Folgen eines Kaufes zu reduzieren. In beiden Fällen kann diese Vermeidung eines Nachteils gemäß der Appraisal-Theorie zu positiven Emotionen führen.

235

Ein vollständiger Überblick ist in Abbildung B.1 im Anhang enthalten.

Erweiterung des Perceived-Value-Modells

79

3.3.2 Berücksichtigung der Interaktion von Produktmerkmalen Der zweite wichtige Aspekt bei der Erweiterung des Perceived-Value-Modells beinhaltet die Interaktion der Produktmerkmale bei der Produktbeurteilung. Dieser Sachverhalt bezieht sich schwerpunktmäßig auf die Wechselwirkung zwischen extrinsischen Produktmerkmalen und erweitert daher die bisherigen Überlegungen zu der Fragestellung, ob eher intrinsische oder extrinsische Merkmale zur Produktbeurteilung herangezogen werden. Wie bereits oben beschrieben wurde, existiert eine Vielzahl von Studien, die die Wirkung von extrinsischen Produktmerkmalen wie Marke, Preis oder Garantien auf die Qualitätsbeurteilung untersuchen. Ein Teil davon sind sogenannte „single-cue“-Studien, in denen nur ein extrinsisches Merkmal untersucht wird. Diese Studien werden vielfach kritisiert, da eine Produktbeurteilung nicht allein aufgrund eines einzelnen Merkmals, beispielsweise des Preises, erfolgt. Andere Studien berücksichtigen hingegen mehrere extrinsische Produktmerkmale. Nichtsdestotrotz kommen diese Studien zu keinen einheitlichen Ergebnissen. Die Publikationen von Miyazaki, Grewal, Goodstein (2005) und Purohit, Srivastava (2001) erklären diesen Sachverhalt damit, dass in diesen „multiple-cue“Studien das Zusammenspiel der Produktmerkmale nicht berücksichtigt wird, obwohl dies auf Basis theoretischer Überlegungen erforderlich wäre. Für Miyazaki, Grewal, Goodstein (2005) ist die Konsistenz der Merkmale von zentraler Bedeutung.236 Die Autoren gehen davon aus, dass bei Konsistenz der Merkmale die Wahrscheinlichkeit höher ist, dass die Produktmerkmale gemeinsam bzw. gleichgewichtet in den Beurteilungsprozess integriert werden. Sobald die Produktmerkmale jedoch inkonsistent sind, erfolgt eine Übergewichtung des negativen Signals. Für eine Begründung dieser Aussage verknüpfen Miyazaki, Grewal, Goodstein (2005) die „Cue Consistency Theory“ 237 mit traditionellen Ansätzen der „Information Integration Theory“ 238 . Hierbei wird herausgestellt, dass multiple Informationen wertvoller sind, wenn sie – an 236

Vgl. hier und im Folgenden Miyazaki, Grewal, Goodstein (2005), S. 146 ff.

237

Vgl. Maheswaran, Chaiken (1991).

238

Vgl. Anderson (1981); Anderson (1996).

80

Verhaltenswissenschaftliche Fundierung der Untersuchung

Stelle verschiedenartiger – gleiche bzw. sich unterstützende Informationen liefern. Nach der Cue-Consistency-Theorie werden im Falle von konsistenten Informationen Einstellungen direkt aus der Integration der (gleichgewichteten) Wertbeiträge der Informationen gewonnen.239 Aus den Valenzen der Informationen bzw. der Produktmerkmale kann so direkt auf ein Urteil oder eine Verhaltensabsicht geschlossen werden. Diese Verknüpfungsform lässt sich jedoch nicht auf den Fall von inkonsistenten Informationen beziehen. In diesem Fall fokussieren sich die Konsumenten nach Auffassung von Miyazaki, Grewal, Goodstein (2005) gemäß der Information-Integration-Theorie auf die negative Information. Dies wird als „negativity bias“ bezeichnet. Durch diese Übergewichtung eines negativen Merkmals kann die Qualitätsbeurteilung durch ein positives Qualitätssignal nicht verbessert werden. Die Konsumenten ziehen vielmehr das negative Qualitätssignal als Anker für die gesamte Beurteilung heran. Als Beispiel für ein Ergebnis, das diesen Sachverhalt unterstützt, ohne diesen explizit untersucht zu haben, wird die Studie von Boulding, Kirmani (1993) angeführt. Hier führte eine umfangreichere Garantie (positives Qualitätssignal) in Kombination mit einer niedrigen Reputation des Herstellers bzw. Garanten (negatives Qualitätssignal) aufgrund der Inkonsistenz der Merkmale bzw. des Negativity Bias zu keiner Verbesserung der Qualitätswahrnehmung. Die vermuteten Wirkungen werden von Miyazaki, Grewal, Goodstein (2005) in fünf Teilstudien unter Berücksichtigung verschiedener Produktmerkmale empirisch bestätigt. Purohit, Srivastava (2001) entwickeln in ihrem Beitrag den „Cue Diagnosticity Framework“, der auf der bereits beschriebenen Cue-Utilization-Theorie basiert.240 Auch in dieser Studie steht die Integration multipler Produktmerkmale zu einem Gesamturteil im Vordergrund. In Abschnitt 3.2.1.1 wurde erläutert, dass das Ausmaß, zu dem ein Produktmerkmal in die Gesamtbeurteilung einfließt, von seinem Sicherheits- und Prognosewert bzw. seiner Diagnostizität abhängt. Diagnostizität „[...] refers to the perceived reliability of a cue in discriminating between alternative categorizations (or interpreta239

Vgl. Miyazaki, Grewal, Goodstein (2005), S. 147; Maheswaran, Chaiken (1991), S. 15 f.

240

Vgl. hier und im Folgenden Purohit, Srivastava (2001), S. 124 ff.

Erweiterung des Perceived-Value-Modells

81

tions). Because diagnostic cues are more likely to lead to accurate categorization, the more diagnostic the cue the higher the likelihood it will be used in assessments of product quality.“ 241 Sofern Konsumenten mit mehreren Cues konfrontiert werden, erhalten die diagnostischen Produktmerkmale ein höheres Gewicht bei der Qualitätsbeurteilung. Die Autoren nehmen jedoch an, dass die Diagnostizität eines Produktmerkmals auch von der Wertigkeit der anderen verfügbaren Merkmale abhängt. Der Cue Diagnosticity Framework sieht eine Unterscheidung der Produktmerkmale in „high-scope cues“ und „low-scope cues“ vor. High-scope Cues entwickeln sich über die Zeit und ihre Wertigkeit kann nicht kurzfristig verändert werden.242 Um die Wertigkeit eines high-scope Cues – insbesondere von negativ auf positiv – zu verändern, sind erhebliche monetäre und zeitliche Investitionen erforderlich. Ein Beispiel für ein solches Produktmerkmal stellt die Reputation eines Herstellers dar.243 Low-scope Cues können hingegen in ihrer Valenz kurzfristig verändert werden. Als Beispiele werden Preis, Produktgarantie, Geld-zurück-Garantie und Gratis-Produkt-Zugabe angeführt. Aufgrund der Tatsache, dass high-scope Cues in ihrer Wertigkeit kurzfristig nicht verändert werden können, gehen Purohit, Srivastava (2001) davon aus, dass diese diagnostischer sind als low-scope Cues. Zusätzlich werden high-scope Cues als „stand alone“ Cues bezeichnet. Das bedeutet, dass die Wertigkeit dieser Produktmerkmale nicht von der Ausprägung bzw. der Wertigkeit der anderen Cues abhängt. Im Gegensatz dazu hängt die Wertigkeit der low-scope Cues von der Wertigkeit der high-scope Cues ab. Begründet wird dies mit der Tatsache, dass Unternehmen, die mit einem positiven high-scope Cue (z. B. Reputation) assoziiert werden, weniger Anreize haben, falsche Signale in Form von low-scope Cues (z. B. Garantien) zu senden und diese daher diagnostischer machen.244 Insofern überträgt sich die durch den high-scope Cue hervorgerufene positive (nega241

Purohit, Srivastava (2001), S. 125.

242

Vgl. hier und im Folgenden Purohit, Srivastava (2001), S. 125.

243

In dieser Arbeit werden die Begriffe Reputation und Marke vereinfachend synonym verwendet.

244

Vgl. Purohit, Srivastava (2001), S. 125.

82

Verhaltenswissenschaftliche Fundierung der Untersuchung

tive) Wahrnehmung auf den low-scope Cue und macht diesen diagnostischer (weniger diagnostisch). Dadurch wird die Wahrscheinlichkeit, dass ein low-scope Cue zur Produktbeurteilung herangezogen wird, verändert. Am Beispiel der Garantie argumentieren Purohit, Srivastava (2001), dass ein Hersteller mit guter Reputation keinen Anreiz hat, falsche Signale zu senden, d. h. eine umfangreiche Garantie auf ein Produkt mit niedriger Qualität zu geben. Im Gegensatz dazu kann in die Bewertung einer umfangreichen Garantie eines Herstellers mit schlechter Reputation die Überlegungen einfließen, dass der Hersteller unter Umständen nicht mehr lange am Markt sein wird und daher eine umfangreiche Garantie ausspricht, oder dass dieser versucht, die schlechte Reputation mit einer außergewöhnlichen Garantie zu kompensieren.245 Neben einem direkten Effekt auf die Qualitätsbeurteilung übt ein high-scope Cue somit auch einen indirekten Effekt aus, indem die Wertigkeit der low-scope Cues und somit die Wahrscheinlichkeit, dass diese zur Qualitätsbeurteilung herangezogen werden, verändert wird. Dies soll hier als „Quasi-Moderator-Effekt“ der high-scope Cues bezeichnet werden.246 Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass beide Studien eine starke Hinweise darauf liefern, dass das Zusammenspiel der Produktmerkmale bei der Qualitätsbeurteilung von entscheidender Bedeutung ist. Dieser Aspekt wurde bisher in den entsprechenden empirischen Studien nicht berücksichtigt. Neuere Publikationen greifen jedoch beide Ansätze auf.247 Ein wesentlicher Vorteil der Studie von Purohit, Srivastava (2001) im Vergleich zu der von Miyazaki, Grewal, Goodstein (2005) besteht darin, dass Unterschiede zwischen den Valenzen der Produktmerkmale berücksichtigt werden. Bei Miyazaki, Grewal, Goodstein (2005) wäre es möglich, dass eine als nicht ausreichend angesehene Garantie die Wertigkeit des Merkmals Marke bzw. Reputation und somit die Wirkung auf die Qualitätsbeurteilung reduziert. Dieser Negativity Bias ist nach Purohit, Srivastava (2001) nur 245

Vgl. Purohit, Srivastava (2001), S. 126.

246

Eine Einteilung der Produktmerkmale nach deren Wertigkeit nehmen auch Connolly, Srivastava (1995) vor. Die Unterscheidung zwischen „cues“ und „components“ umfasst allerdings keine Interaktion zwischen diesen Merkmalen.

247

Vgl. Desai, Kalra, Murthi (2008); Lwin, Williams (2006); Roggeveen, Grewal (2007); Völckner (2006).

Erweiterung des Perceived-Value-Modells

83

im umgekehrten Fall möglich. In einer internationalen Vergleichsstudie haben Dawar, Parker (1994) ermittelt, dass dem Produktmerkmal Marke aus Sicht der Konsumenten insgesamt der größte Einfluss auf die Qualitätsbeurteilung zugesprochen wird. Dieses Ergebnis deckt sich mit den Überlegungen des Cue Diagnosticity Frameworks, der die Marke als high-scope Cue und somit als besonders diagnostisches Merkmal identifiziert. Daher wird der Cue Diagnosticity Framework in der vorliegenden Arbeit schwerpunktmäßig berücksichtigt und folglich davon ausgegangen, dass der von Miyazaki, Grewal, Goodstein (2005) identifizierte Negativity Bias nur durch die negative Wahrnehmung eines high-scope Cues ausgelöst werden kann.

3.3.3 Berücksichtigung von personenspezifischen Faktoren In Kapitel 3.2 wurde an verschiedenen Stellen der Einfluss von personen-, situations- oder produktspezifischen Einflussfaktoren angeführt. Diese Faktoren können auf den Produktbeurteilungsprozess in unterschiedlicher Weise einwirken. Häufig untersuchte Einflussfaktoren sind das Involvement248 und die Produktkenntnis249 . Die Produktkenntnis ist dabei in der Lage, sowohl das Verhältnis zwischen genutzten extrinsischen und instrinsischen Informationen zu beeinflussen,250 als auch auf das Zusammenspiel extrinsischer Merkmale bei der Qualitätsbeurteilung einzuwirken251 . In den bisherigen Ausführungen spielte die Fähigkeit, die Qualität von Produkten vor dem Kauf beurteilen zu können, in Bezug auf den Qualitätswahrnehmungsprozess eine wichtige Rolle. Diese Fähigkeit wurde im Wesentlichen an die Eigenschaften des Produktes in Bezug auf den Anteil an Such-, Erfahrungs- oder Vertrauenseigenschaften geknüpft. Das Ausmaß, zu dem ein Konsument sich in der Lage sieht, die Qualität eines Produktes 248

Vgl. z. B. Park, Mittal (1985); Swinyard (1993); Zaichkowsky (1986).

249

Vgl. z. B. Brucks (1985); Blair, Innis (1996); Park, Moon (2003); Rao, Monroe (1988).

250

Vgl. z. B. Gierl, Satzinger (2000); Lee, Lou (1996).

251

Vgl. z. B. Srivastava, Mitra (1998).

84

Verhaltenswissenschaftliche Fundierung der Untersuchung

vor dem Kauf zu beurteilen, hängt aber auch ganz entscheidend von seiner Produktkenntnis ab.252 Diese Produktkenntnis ist wiederum ausschlaggebend dafür, in welcher Art und Weise Produktmerkmale in den Beurteilungsprozess einfließen.253 Daher soll das Konstrukt Produktkenntnis als personenspezifischer Faktor in das Untersuchungsmodell integriert werden. Srivastava, Mitra (1998) liefern mit ihrer Studie einen Ansatzpunkt, wie die Produktkenntnis berücksichtigt werden kann.254 Wie bereits angeführt wurde, determiniert der Informationswert bzw. die Diagnostizität eines Produktmerkmals das Ausmaß, zu dem ein Produktmerkmal zur Qualitätsbeurteilung herangezogen wird. Es ist davon auszugehen, dass die Diagnostizität einzelner Merkmale wiederum von der Produktkenntnis der Konsumenten abhängt.255 Die Autoren beziehen diesen Sachverhalt auf das neben der Marke untersuchte Merkmal Garantie und stellen heraus, dass die wahrgenommene Diagnostizität der Garantie als Qualitätssignal insbesondere bei Vorhandensein weiterer Produktmerkmale wie der Reputation von der Produktkenntnis abhängt.256 Ferner stellen Srivastava, Mitra (1998) fest, dass die Marke als „more salient“ Cue im Vergleich zur Garantie bezeichnet werden kann. Ausgehend von diesen Überlegungen untersuchen die Autoren in ihrer Studie zwei konkurrierende Hypothesen, die sich auf das Zusammenspiel zwischen Produktkenntnis und Garantie bzw. Marke als Qualitätssignal beziehen. Diese Hypothesen werden als „Contingency“- bzw. „Anchoring“-Hypothese bezeichnet. Beide Hypothesen gehen zunächst einmal davon aus, dass „Experten“ und „Novizen“ Produktmerkmale in unterschiedlicher Art und Weise in den Qualitätsbeurteilungspro-

252

Mit der Produktkenntnis ist in der vorliegenden Arbeit die (langfristige) Kenntnis in einer Produktkategorie und nicht die (kurzfristige) Kenntnis in Bezug auf ein ganz spezifisches Produkt gemeint, vgl. Brucks (1985), S. 1 ff.; Alba, Hutchinson (1987), S. 411. Dies entspricht der Unterteilung des Konstrukts Produktinvolvement in „enduring“ und „situational“, vgl. Bloch, Richins (1983), S. 70.

253

Vgl. Alba, Hutchinson (1987), S. 411; Rao, Monroe (1988), S. 253; Srivastava, Mitra (1998), S. 328.

254

Vgl. im Folgenden Srivastava, Mitra (1998), S. 328 f.

255

Vgl. dazu auch die Ausführungen in Abschnitt 3.2.1.1.

256

Vgl. Srivastava, Mitra (1998), S. 329.

Erweiterung des Perceived-Value-Modells

85

zess integrieren.257 Die „Contingency“-Hypothese unterstellt, dass Experten eine größere Fähigkeit haben, Informationen zu verarbeiten und somit im Vergleich zu Novizen differenziertere Urteile fällen können. Daher wird angenommen, dass Experten in der Lage sind, die Interaktion der Produktmerkmale Garantie und Marke zu berücksichtigen. Das bedeutet, dass Personen mit einer hohen Produktkenntnis eine Garantie nicht als wertvolles Qualitätsmerkmal ansehen, wenn die Reputation des Anbieters negativ ist. Eine Wirkung des Merkmals Garantie als Qualitätssignal ist daher nur in Verbindung mit einer guten Marke möglich. Personen mit einer geringen Produktkenntnis sind hingegen nicht in der Lage, diese Unterscheidung vorzunehmen. Daher ist nach der ContingencyHypothese davon auszugehen, dass bei Novizen die Garantie unabhängig von der Ausprägung des Merkmals Marke wirkt. Die „Anchoring“-Hypothese geht hingegen davon aus, dass die Qualitätsbeurteilung bei Personen mit einer geringen Produktkenntnis wesentlich von der Bewertung des hervorstechenden („more salient“) Signals abhängt.258 In Bezug auf die betrachteten Merkmalen Garantie und Marke bedeutet dies, dass das Ausmaß, zu dem die Garantie in die Qualitätsbeurteilung einbezogen wird, von der Ausprägung des Merkmals Marke abhängt. Insofern ist bei Novizen nur dann ein Einfluss des Merkmals Garantie zu erwarten, wenn diese von einem Anbieter mit hoher Reputation ausgesprochen wird. Im anderen Fall wird die negative Beurteilung des diagnostischeren Merkmals Marke auf die Beurteilung des Merkmals Garantie übertragen. Dies führt dazu, dass die Garantie in dieser Situation keinen Einfluss mehr auf die Qualitätsbeurteilung ausübt. Experten sind hingegen nach der Anchoring-Hypothese in der Lage, die Informationen unabhängig bzw. unverzerrt zu verarbeiten, so dass die Beurteilung der Garantie unabhängig von der Beurteilung des Merkmals Marke erfolgt. Die beiden Hypothesen werden im Rahmen von zwei Experimenten empirisch überprüft. Insgesamt wird die Anchoring-Hypothese eindeutig bestätigt. Wenn man die Überlegun257

Vgl. hier und im Folgenden Srivastava, Mitra (1998), S. 329.

258

Vgl. Srivastava, Mitra (1998), S. 329.

86

Verhaltenswissenschaftliche Fundierung der Untersuchung

gen von Srivastava, Mitra (1998) genau betrachtet, werden Parallelen zum Cue Diagnosticity Framework deutlich. Zunächst einmal erfolgt auch in dieser Studie eine Einteilung der Produktmerkmale im Hinblick auf die Wertigkeit bzw. Diagnostizität. Während Srivastava, Mitra (1998) in einem Vergleich der untersuchten Produktmerkmale lediglich feststellen, dass die Marke das für die Beurteilung wichtigere Signal ist, enthält der Ansatz von Purohit, Srivastava (2001) eine systematische, allgemeingültige Unterteilung in high- und low-scope Cues. Nach diesem Ansatz ist davon auszugehen, dass high-scope Cues generell die Rolle der für „more salient“ Cues einnehmen und mithin in der der Lage sind, für die Bewertung von low-scope Cues als Anker zu dienen. Darüber hinaus wird auch in der Studie von Srivastava, Mitra (1998) nachgewiesen, dass die unterschiedliche Wertigkeit der Produktmerkmale einen Einfluss auf die Qualitätsbeurteilung ausübt. Allerdings wird hier – im Gegensatz zum Cue Diagnosticity Framework – zwischen Experten und Novizen unterschieden. Die Feststellung, dass gemäß der Anchoring-Hypothese nur bei Novizen eine Beurteilung der Garantie in Abhängigkeit von dem diagnostischeren Merkmal erfolgt, deutet darauf hin, dass der Cue Diagnosticity Framework nur bei Novizen, nicht aber bei Experten gilt. Die Ausführungen machen deutlich, dass sich die beiden Ansätze bei genauer Betrachtung ineinander überführen lassen. Insofern soll im Rahmen dieser Arbeit der Cue Diagnosticity Framework um die Rolle der Produktkenntnis ergänzt und somit erweitert werden. Diese Erweiterung sieht vor, dass die Integration verschiedener Produktmerkmale zu einem Gesamt-Qualitätsurteil nicht nur von Art des Merkmals (high-scope vs. low-scope Cue), sondern zusätzlich auch noch von der Produktkenntnis abhängt.

3.3.4 Zwischenfazit und Implikationen für die weitere Untersuchung In den vorangegangenen Abschnitten wurde die Erweiterung des Perceived-Value-Modells auf Basis theoretischer Überlegungen dargestellt. Die wesentlichen Aussagen sollen im

Erweiterung des Perceived-Value-Modells

87

Folgenden kurz zusammengefasst werden. Darüber hinaus werden Implikationen und Einschränkungen für den weiteren Gang der Untersuchung herausgestellt. Der erste Aspekt bezieht sich auf die Integration des Konstruktes emotionaler Wert in das Untersuchungsmodell. Ausgehend von den theoretischen und empirischen Befunden, dass der wahrgenommene Wert ein mehrdimensionales Konstrukt darstellt, wurde festgestellt, dass dieser nichtsdestotrotz in den meisten Studien als rein kognitive bzw. ökonomische Komponente betrachtet wird. Von den möglichen Wertdimensionen soll in der vorliegenden Arbeit neben dem ökonomischen auch der emotionale Wert untersucht werden. Der emotionale Wert kann hierbei auf zwei verschiedenen Wegen beeinflusst werden. Zum einen kann sich der emotionale Wert aus einer besonders vorteilhaften Bewertung des ökonomischen Wertes ergeben. Dieser Aspekt berücksichtigt den von Bagozzi (1992) entwickelten Ansatz, dass auf die Beurteilung eines Objektes eine emotionale Reaktion folgen kann, die wiederum zu einer Änderung der Verhaltensabsicht führen kann. Gotlieb, Grewal, Brown (1994) haben diese Überlegungen auf die Diskonfirmation von Erwartungen im Hinblick auf Produktattribute und die wahrgenommene Qualität als Appraisal-Konstrukt übertragen. Es wurde jedoch herausgestellt, dass eine sich aus der Qualitätsbeurteilung ergebende emotionale Reaktion durch die Bewertung des wahrgenommenen monetären Opfers konterkariert werden kann. Daher wird hier davon ausgegangen, dass der wahrgenommene ökonomische Wert das Appraisal-Konstrukt darstellt. Wichtig ist dabei allerdings, dass eine Verhaltensänderung nicht nur durch den emotionalen Wert, sondern auch den ökonomischen Wert bedingt sein kann. Die kognitive bzw. ökonomische Wertkomponente wurde in diversen Untersuchungen als wesentliche Determinante der Kaufabsicht identifiziert. Dieser Aspekt wird hier dadurch berücksichtigt, dass beide Wert-Konstrukte auf die Kaufabsicht wirken können. Zum anderen ist festzuhalten, dass in der vorliegenden Untersuchung eine reine VorkaufBetrachtung erfolgt. Es wurde herausgestellt, dass Emotionen bereits zum Kaufzeitpunkt

88

Verhaltenswissenschaftliche Fundierung der Untersuchung

antizipiert werden und so den Gesamtnutzen einer Alternative beeinflussen können. Als wesentliche (negative) Emotionen wurden Regret und Disappointment dargestellt. Simonson (1992) hat in diesem Zusammenhang ermittelt, dass Konsumenten bei antizipiertem Regret dazu tendieren, eine bekannte, hochpreisige Marke einer unbekannten, weniger teuren Marke vorzuziehen. Inman, Dyer, Jia (1997) sehen bei ihrer NachkaufBetrachtung der Emotionen Disappointment und Regret einen Hinweis darauf, warum Konsumenten Preis- und Performance-Garantien wertschätzen. Es wurde verdeutlicht, dass Konsumenten zum Kaufzeitpunkt eine Wahrscheinlichkeit dafür antizipieren können, dass das Produkt die Erwartungen hinsichtlich der Qualität nicht erfüllt. Sollte dieser Fall nach dem eventuellen Kauf tatsächlich eintreten, könnte mit einem Kauf des Produktes ein kompletter Verlust des Kaufpreises einher gehen. Diesem Nachteil – und der sich daraus ergebenden Vorkauf-Verhaltenswirkung – lässt sich potenziell mit einer GzG entgegenwirken, da während des Garantiezeitraums das Produkt bei Nichtgefallen gegen Erstattung des vollen Kaufpreises zurückgegeben werden kann. Anhand der Appraisal-Theorie wurde verdeutlicht, dass diese Vermeidung eines Nachteils zu positiven Emotionen wie Freude oder Erleichterung führen kann. Da auch die Bedeutung der Marke bei antizipierten Emotionen empirisch nachgewiesen wurde, wird hier ein direkter Einfluss der Merkmale GzG und Marke auf den emotionalen Wert unterstellt. Ein weiterer wesentlicher Aspekt in der vorliegenden Arbeit besteht in der Berücksichtigung des Cue Diagnosticity Frameworks. Dieser unterteilt Produktmerkmale in high-scope und low-scope Cues. Während low-scope Cues in ihrer Wertigkeit kurzfristig verändert werden können, sind bei einer (positiven) Veränderung der high-scope Cues erhebliche Investitionen erforderlich. Daher wird den high-scope Cues eine höhere Diagnostizität und damit höhere Bedeutung für den Kaufentscheidungsprozess zugesprochen. Aufgrund der höheren Diagnostizität sind diese nach dem Framework in der Lage, die Wertigkeit der low-scope Cues zu verändern. Daher üben high-scope Cues sowohl einen direkten als auch einen indirekten Effekt auf die Qualitätsbeurteilung aus.

Erweiterung des Perceived-Value-Modells

89

Als Produktmerkmale werden in der vorliegenden Arbeit neben der GzG als Hauptuntersuchungsgegenstand die Merkmale Marke und Preis berücksichtigt. Diese Merkmale sind Gegenstand einer Vielzahl von Untersuchungen und wurden bereits als wesentliche Merkmale bei der Qualitätsbeurteilung identifiziert.259 Darüber hinaus sind die Merkmale für eine realistische Beurteilungssituation zwingend erforderlich. Die Marke kann dabei nach dem Cue Diagnosticity Framework von Purohit, Srivastava (2001) als high-scope Cue, der Preis und die GzG als low-scope Cues identifiziert werden. Bereits an dieser Stelle sei angemerkt, dass die extrinsischen Produktmerkmale GzG, Marke und Preis im Rahmen einer experimentellen Studie manipuliert werden sollen. Im Vordergrund dieser Arbeit steht die Frage, ob das Vorhandensein einer GzG Einfluss auf kaufverhaltensrelevante Konstrukte ausübt. Daher soll die GzG in den Ausprägungen „vorhanden/nicht vorhanden“ manipuliert werden. Wie in vergleichbaren Studien üblich, nimmt die Marke bzw. Reputation hingegen die Ausprägungen „gut/schlecht“ und der Preis die Ausprägungen „hoch/niedrig“ an. Die geschilderten Sachverhalte beziehen sich auf das Zusammenspiel der extrinsischen Merkmale. Darüber hinaus wurde in Abschnitt 3.2.1.1 die Rolle der intrinsischen Merkmale erläutert. Diese sind generell aufgrund des höheren Prognosewertes geeignetere Qualitätssignale. Allerdings können die intrinsischen Merkmale insbesondere dann nicht vor dem Kauf beurteilt werden, wenn ein Produkt einen hohen Anteil an Erfahrungsbzw. Vertrauenseigenschaften aufweist. Weiterhin ist bei dieser Art von Gütern das wahrgenommene Risiko höher, was wiederum das Verwenden von (extrinsischen) Schlüsselinformationen als Risikokontrolle begünstigt. Bei Suchgütern können hingegen die intrinsischen Merkmale vor dem Kauf beurteilt werden, so dass von den extrinsischen Merkmalen ein geringerer Einfluss auf die Qualitätswahrnehmung zu erwarten ist. Um diesen Sachverhalt zu überprüfen, wird in die empirische Analyse sowohl ein Such- als auch ein Erfahrungsgut integriert, für das jeweils die relevanten intrinsischen Merkmale angegeben werden. 259

Vgl. Dawar, Parker (1994).

90

Verhaltenswissenschaftliche Fundierung der Untersuchung

Darüber hinaus kann die Produktkenntnis das Ausmaß, zu dem Produktmerkmale zur Qualitätsbeurteilung herangezogen werden, beeinflussen. Srivastava, Mitra (1998) kommen in ihrer empirischen Untersuchung zu dem Schluss, dass die sogenannte AnchoringHypothese Gültigkeit besitzt. Diese besagt grundsätzlich, dass Produktmerkmale in Abhängigkeit von der Produktkenntnis und der Valenz der Merkmale in den Qualitätsbeurteilungsprozess integriert werden. Konkret bedeutet dies, dass Experten eine Bewertung des weniger diagnostischen Merkmals Garantie unabhängig von dem diagnostischeren Merkmal Marke vornehmen. Somit wird eine umfassende Garantie unabhängig von der Reputation des Anbieters als positives Qualitätssignal gewertet. Novizen stützen ihre Bewertung hingegen auf das diagnostischere Merkmal und ziehen eine Garantie nur bei positiver Beurteilung der Marke zur Qualitätsbeurteilung heran. Bei genauer Betrachtung ergänzen sich dieser Ansatz und der Cue Diagnosticity Framework. Im Rahmen dieser Arbeit soll sowohl der Cue Diagnosticity Framework als auch die hier vorgenommene Erweiterung des Frameworks um die Rolle der Produktkenntnis analysiert werden. Abbildung 3.4 enthält zusammenfassend das hier entwickelte Untersuchungsmodell.

GzG

Marke

Wahrgen. emotionaler Wert Wahrgenommene Qualität Wahrgen. ökonomischer Wert

Preis

Wahrgen. monetäres Opfer

Abbildung 3.4: Darstellung des entwickelten Untersuchungsmodells

Kaufabsicht

Ableitung von Hypothesen

91

3.4 Ableitung von Hypothesen

Aus der verhaltenswissenschaftlich gestützten Darstellung und Erweiterung des PerceivedValue-Modells lassen sich theoretisch fundierte Hypothesen für die vorliegende Untersuchung ableiten. Hierbei sollen die Hypothesen in vier Hypothesenblöcken formuliert werden. Dies hat den Vorteil, dass die zusätzlichen Erkenntnisse, die sich aus der Erweiterung des Modells generieren lassen, bei einer sukzessiven Prüfung der Hypothesenblöcke sehr gut veranschaulicht werden können. Hypothesenblock I bezieht sich auf die Dependenzen zwischen den Elementen des hier entwickelten erweiterten Perceived-Value-Modells. Es wurde herausgearbeitet, dass der wahrgenommene Wert im Rahmen eines Abwägungsprozesses zwischen sämtlichen „get“und „give“-Komponenten eines Produktes gebildet wird. Im Rahmen dieser Arbeit werden die wahrgenommene Qualität und das wahrgenommene monetäre Opfer als Determinanten des wahrgenommenen Wertes erfasst. Der wahrgenommene Wert wurde weiterhin als wesentliche Bestimmungsgröße für die Kaufabsicht identifiziert. Was in den für diese Arbeit relevanten Studien fehlt, ist die Integration von weiteren Nutzendimensionen, die über den typischerweise erfassten ökonomischen Wert hinaus gehen. Um diesen Aspekt zu erfassen, lässt sich der theoretische Rahmen von Bagozzi (1992) heranziehen. Gotlieb, Grewal, Brown (1994) haben diese Überlegungen im Rahmen einer empirischen Studie mit der Qualität als Appraisal-Konstrukt bestätigt. Allerdings wird hier argumentiert, dass bei der emotionalen Reaktion die Rolle des wahrgenommenen monetären Opfers zu berücksichtigen ist. Eine positive emotionale Reaktion, die sich aus der Diskonfirmation der Erwartungen in Bezug auf Produktattribute und somit der Bewertung der Qualität ergibt, kann durch ein als zu hoch wahrgenommenes monetäres Opfer konterkariert werden. Daher wird in dieser Arbeit davon ausgegangen, dass nicht die Qualität, sondern der wahrgenommene ökonomische Wert auf den wahrgenommenen emotionalen Wert wirkt. Je mehr also ein Produkt in Bezug auf das (rational bewertete) Preis-Leistungsverhältnis das Anspruchsniveau übersteigt, desto stärker sind die sich daraus ergebenden positi-

92

Verhaltenswissenschaftliche Fundierung der Untersuchung

ven Reaktionen. Zusätzlich wird argumentiert, dass nicht allein die emotionale, sondern ebenso die ökonomische Wertkomponente auf die Kaufabsicht wirkt. Insofern lassen sich für den Hypothesenblock I folgende Hypothesen formulieren: HI1 Je höher die wahrgenommene Qualität ist, desto höher ist der wahrgenommene ökonomische Wert. HI2 Je höher das wahrgenommene monetäre Opfer ist, desto geringer ist der wahrgenommene ökonomische Wert. HI3 Je höher der wahrgenommene ökonomische Wert ist, desto höher ist der wahrgenommene emotionale Wert. HI4 Je höher der wahrgenommene ökonomische Wert ist, desto höher ist die Kaufabsicht. HI5 Je höher der wahrgenommene emotionale Wert ist, desto höher ist die Kaufabsicht. Hypothesenblock II adressiert die Fragestellung, welche Art von Informationen im Wahrnehmungsprozess herangezogen werden und wie die betrachteten extrinsischen Produktmerkmale auf die Elemente des erweiterten Perceived-Value-Modells wirken. Zunächst wurde herausgestellt, dass Konsumenten dazu tendieren, nicht alle vorhandenen Produktinformationen für die Qualitätsbeurteilung heranzuziehen. Vielmehr wird aufgrund des geringeren kognitiven Aufwands häufig auf Heuristiken zurückgegriffen. Hierbei spielen Schlüsselinformationen eine wichtige Rolle. Diese Informationen sind für die Produktbeurteilung besonders wichtig und substituieren bzw. bündeln mehrere andere Informationen. Bei der Frage, welche Informationen in diesem Zusammenhang für die Qualitätsbeurteilung herangezogen werden, wurde zunächst auf die Unterteilung in intrinsische und extrinsische Produktmerkmale abgestellt. Intrinsische Produktmerkmale hängen unmittelbar mit den physischen Eigenschaften des Produktes zusammen und sind daher tendenziell als Qualitätssignal geeigneter als extrinsische Merkmale. Allerdings fehlt häufig die Fähigkeit (oder die Motivation) der Konsumenten, um diese Merkmale beurteilen

Ableitung von Hypothesen

93

zu können. Deshalb wird auf extrinsische Merkmale in Form von Marke, Preis oder Garantie zurückgegriffen. Inwieweit die untersuchten Merkmale GzG, Marke und Preis aus verhaltenswissenschaftlicher Perspektive als Qualitätssignal dienen können, wurde anhand der Dissonanz- und Attributionstheorie erläutert. Es wird davon ausgegangen, dass von den drei extrinsischen Produktmerkmalen eine Wirkung auf die wahrgenommene Qualität ausgeht. Die angesprochene Fähigkeit zur Beurteilung der intrinsischen Produktmerkmale lässt sich im Wesentlichen auf die Art des Produktes zurückführen. Bei Produkten mit einem hohen Anteil an Erfahrungs- oder Vertrauenseigenschaften sind diese Merkmale vor dem Kauf nicht beurteilbar. Bei Suchgütern ist dies hingegen der Fall. Dieser Aspekt bedingt auch das wahrgenommene Risiko einer Transaktion. Als Möglichkeit zur Risikokontrolle wurde der Rückgriff auf Schlüsselinformationen genannt. Insofern ist insgesamt davon auszugehen, dass der Einfluss der extrinsischen Merkmale auf die Qualitätswahrnehmung bei Erfahrungsgütern höher ausfällt als bei Suchgütern. Dies führt zunächst zu folgenden Hypothesen: HII1 Der Einfluss der GzG auf die wahrgenommene Qualität ist bei Erfahrungsgütern höher als bei Suchgütern. HII2 Der Einfluss der Marke (Reputation) auf die wahrgenommene Qualität ist bei Erfahrungsgütern höher als bei Suchgütern. HII3 Der Einfluss des Preises auf die wahrgenommene Qualität ist bei Erfahrungsgütern höher als bei Suchgütern. Da bei Erfahrungsgütern die Qualität vor dem Kauf nicht hinreichend beurteilt werden kann, ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Produkt nicht den Erwartungen entsprechen wird, höher als bei Suchgütern. Die sich daraus ergebende höhere Unsicherheit über die negativen Folgen eines Kaufes spricht dafür, dass Merkmale, die in der Lage sind, die antizipierten negativen Folgen zu vermeiden bzw. zu reduzieren, bei Erfahrungsgütern in höherem Ausmaß positive emotionale Reaktionen hervorrufen können als bei Suchgütern. Die Merkmale GzG und Marke sollten somit bei Erfahrungsgütern stärker auf

94

Verhaltenswissenschaftliche Fundierung der Untersuchung

den emotionalen Wert wirken als bei Suchgütern. Zusammenfassend lassen sich folgende Hypothesen festhalten: HII4 Der Einfluss der GzG auf den wahrgenommenen emotionalen Wert ist bei Erfahrungsgütern höher als bei Suchgütern. HII5 Der Einfluss der Marke (Reputation) auf den wahrgenommenen emotionalen Wert ist bei Erfahrungsgütern höher als bei Suchgütern. Darüber hinaus lassen sich für die generelle Wirkungsweise der Produktmerkmale – und somit im Hinblick auf die Frage, wie die Informationen zu einem Gesamturteil integriert werden – folgende Hypothesen ableiten: HII6 Das Vorhandensein einer GzG hat einen positiven Einfluss auf die wahrgenommene Qualität. HII7 Je besser die Marke (Reputation) wahrgenommen wird, desto höher ist die wahrgenommene Qualität. HII8 Je höher der Preis wahrgenommen wird, desto höher ist die wahrgenommene Qualität. HII9 Je höher der Preis wahrgenommen wird, desto höher ist das wahrgenommene monetäre Opfer. Bezüglich des emotionalen Wertes war weiterhin festzuhalten, dass Emotionen bereits vor dem Kauf antizipiert werden können. Als für das Marketing relevante negative Emotionen wurden Regret und Disappointment angeführt. Generell kann ein Konsument bei der Produktbeurteilung eine Wahrscheinlichkeit dafür empfinden, dass ihn das Produkt nach dem Kauf in Bezug auf die Qualität enttäuscht. Diese antizipierte Emotion mindert den Gesamtnutzen der Alternative und kann zu einer reduzierten Verhaltensabsicht in Bezug auf den Kauf des Produktes führen. Eine tatsächlich eintretende Enttäuschung könnte im Falle des Kaufs dieses Produktes nämlich beispielsweise finanzielle Folgen nach

Ableitung von Hypothesen

95

sich ziehen. Eine GzG deckt die negativen Folgen eines Kaufs während der Laufzeit der Garantie ab. Anhand der Appraisal-Theorie lässt sich zeigen, dass die sichere Vermeidung dieses Nachteils wiederum positive Emotionen bedingen kann. Daher wird hier davon ausgegangen, dass das Vorhandensein der GzG positiv auf den emotionalen Wert wirkt. In Anlehnung an die Studie von Simonson (1992) wird auch einer „guten“ Marke das Potenzial zugesprochen, den emotionalen Wert positiv zu beeinflussen. Insofern lassen sich folgende Hypothesen formulieren: HII10 Das Vorhandensein einer GzG hat einen positiven Einfluss auf den wahrgenommenen emotionalen Wert. HII11 Je besser die Marke (Reputation) wahrgenommen wird, desto höher ist der wahrgenommene emotionale Wert. Hypothesenblock III bezieht sich auf die Detail-Analyse der Wirkungen der genannten extrinsischen Produktmerkmale. Aus den vorgestellten Publikationen von Miyazaki, Grewal, Goodstein (2005) und Purohit, Srivastava (2001) wird die Notwendigkeit ersichtlich, die Wechselwirkungen der verschiedenen Merkmale bei der Informationsintegration zu berücksichtigen. Während Miyazaki, Grewal, Goodstein (2005) feststellen, dass positive Qualitätssignale keinen Einfluss auf die Qualitätswahrnehmung haben, wenn gleichzeitig ein weiteres Merkmal als negatives Qualitätssignal wahrgenommen wird, stellen Purohit, Srivastava (2001) diesen Negativity Bias nur bei differenzierter Betrachtung der Wertigkeiten der einzelnen Merkmale fest. Der von den Autoren entwickelte Cue Diagnosticity Framework sieht eine Unterteilung der Produktmerkmale in high-scope und low-scope Cues vor. High-scope Cues – wie die Marke – können nur unter erheblichen Investitionen langfristig in ihrer Wertigkeit positiv verändert werden. Low-scope Cues – wie der Preis und die GzG – können hingegen in ihrer Wertigkeit kurzfristig verändert werden. Der Framework geht daher davon aus, dass high-scope Cues generell eine höhere Diagnostizität aufweisen und somit eher zur Qualitätsbeurteilung herangezogen werden. Zusätzlich sind diese Produktmerkmale in ihrer Wirkung unabhängig von der Wertigkeit der ande-

96

Verhaltenswissenschaftliche Fundierung der Untersuchung

ren Produktmerkmale. Im Gegensatz dazu hängt die Diagnostizität der low-scope Cues von der Wertigkeit der high-scope Cues ab. Ein positiver (negativer) high-scope Cue kann folglich die Diagnostizität und somit die Wahrscheinlichkeit, dass der low-scope Cue zur Qualitätsbeurteilung herangezogen wird, erhöhen (verringern). Der sich daraus ergebende gleichzeitige direkte und indirekte Effekt wurde als Quasi-Moderator-Effekt des high-scope Cues bezeichnet. Im Gegensatz zu den Erkenntnissen von Miyazaki, Grewal, Goodstein (2005) tritt der Negativity Bias nicht generell auf, sondern nur dann, wenn der high-scope Cue negativ ist. Dies führt zu folgenden Hypothesen: HIII1 Das Vorhandensein einer GzG hat nur in Kombination mit einer hohen wahrgenommenen Reputation (Marke) einen positiven Einfluss auf die wahrgenommene Qualität. HIII2 Ein höherer wahrgenommener Preis hat nur in Kombination mit einer hohen wahrgenommenen Reputation (Marke) einen positiven Einfluss auf die wahrgenommene Qualität. Hypothesenblock IV adressiert die Weiterentwicklung des Cue Diagnosticity Frameworks. Srivastava, Mitra (1998) weisen in ihrer Studie nach, dass das Zusammenspiel der Merkmale Marke und Garantie im Hinblick auf die Qualitätswahrnehmung auch von der Produktkenntnis abhängt. In einem Vergleich der beiden Merkmale kommen sie zu dem Ergebnis, dass die Marke das „wertvollere“ Merkmal darstellt. An diese Überlegungen anknüpfend, werden zwei Hypothesen überprüft, von denen die sogenannte AnchoringHypothese bestätigt wird. Novizen benötigen bei der Beurteilung des Merkmals Garantie einen positiven Anker in Form einer positiven Marke. Daher wirkt die Garantie nicht in Kombination mit einer schlechten Marke auf die Qualitätswahrnehmung. Experten sind nach der Anchoring-Hypothese hingegen in der Lage, die Informationen unabhängig bzw. unverzerrt zu verarbeiten, so dass die Beurteilung der Garantie unabhängig von der Beurteilung des Merkmals Marke erfolgt. Überträgt man diese Gedanken auf den Cue Diagnosticity Framework, kann eine Unterteilung der Produktmerkmale in „wertvolle“ und

Ableitung von Hypothesen

97

„weniger wertvolle“ auf Basis der Einteilung in high-scope und low-scope Cues erfolgen. Zusätzlich wird deutlich, dass der Negativity Bias nur bei Personen mit einer geringen Produktkenntnis auftritt. Aus dieser Argumentation ergeben sich folgende Hypothesen: HIV 1 Bei Personen mit einer geringen Produktkenntnis hat das Vorhandensein einer GzG nur in Kombination mit einer hohen wahrgenommenen Reputation (Marke) einen positiven Einfluss auf die wahrgenommene Qualität. HIV 2 Bei Personen mit einer geringen Produktkenntnis hat ein höherer wahrgenommener Preis nur in Kombination mit einer hohen wahrgenommenen Reputation (Marke) einen positiven Einfluss auf die wahrgenommene Qualität. HIV 3 Bei Personen mit einer hohen Produktkenntnis hat das Vorhandensein einer GzG unabhängig von der wahrgenommenen Reputation (Marke) einen positiven Einfluss auf die wahrgenommene Qualität. HIV 4 Bei Personen mit einer hohen Produktkenntnis hat ein höherer wahrgenommener Preis unabhängig von der wahrgenommenen Reputation (Marke) einen positiven Einfluss auf die wahrgenommene Qualität. Abbildung 3.5 enthält eine zusammenfassende Übersicht über die vier Hypothesenblöcke. Die in den einzelnen Blöcken analysierten Wirkungsbeziehungen des erweiterten Perceived-Value-Modells aus Abbildung 3.4 sind hervorgehoben. Darüber hinaus sind die für die Prüfung relevanten Abschnitte aufgeführt. Die sukzessive Analyse der Hypothesenblöcke erlaubt eine detaillierte Betrachtung der Erkenntnisse, die sich aus den Weiterentwicklungen im Rahmen dieser Arbeit ergeben.

98

Verhaltenswissenschaftliche Fundierung der Untersuchung

Hypothesenblock I GzG

GzG

Marke

Analyse der Wirkungsbeziehungen zwischen den Elementen des erweiterten PerceivedValue-Modells

Marke

Wahrgen. emotionaler Wert

Wahrgen. emotionaler Wert

Wahrgenommene Qualität

Wahrgenommene Qualität Wahrgen. ökonomischer Wert

Preis

Wahrgen. ökonomischer Wert

Kaufabsicht

Wahrgen. monetäres Opfer

Kaufabsicht

Wahrgen. monetäres Opfer

Preis

(Abschnitt 5.3.4) Erfahrungsgut

Suchgut

Hypothesenblock II GzG

GzG

Marke

Analyse des Einflusses der extrinsischen Produktmerkmale auf das erweiterte PerceivedValue-Modell

Marke

Wahrgen. emotionaler Wert

Wahrgen. emotionaler Wert

Wahrgenommene Qualität

Wahrgenommene Qualität Wahrgen. ökonomischer Wert

Preis

Wahrgen. ökonomischer Wert

Kaufabsicht

Wahrgen. monetäres Opfer

Kaufabsicht

Wahrgen. monetäres Opfer

Preis

(Abschnitt 5.3.5.1) Erfahrungsgut

Suchgut

Hypothesenblock III GzG

Überprüfung des Cue Diagnosticity Frameworks (Abschnitt 5.3.5.2.1)

GzG

Wahrgen. emotionaler Wert

Wahrgen. emotionaler Wert

Wahrgenommene Qualität

Wahrgenommene Qualität Wahrgen. ökonomischer Wert

Preis

Wahrgen. ökonomischer Wert

Kaufabsicht

Wahrgen. monetäres Opfer

Preis

„Schlechte“ Marke

Hypothesenblock IV

„Gute“ Marke

GzG

„Niedrige“ Produktkenntnis

Überprüfung der Erweiterung des Cue Diagnosticity Frameworks um die Produktkenntnis

GzG

Wahrgen. emotionaler Wert

Wahrgen. emotionaler Wert

Wahrgenommene Qualität

Wahrgenommene Qualität Wahrgen. ökonomischer Wert

Preis

Wahrgen. ökonomischer Wert

Kaufabsicht

Wahrgen. monetäres Opfer

Preis

„Hohe“ Produktkenntnis

GzG

(Abschnitt 5.3.5.2.2)

Kaufabsicht

Wahrgen. monetäres Opfer

GzG

Wahrgen. emotionaler Wert

Wahrgen. emotionaler Wert

Wahrgenommene Qualität

Wahrgenommene Qualität Wahrgen. ökonomischer Wert

Preis

Kaufabsicht

Wahrgen. monetäres Opfer

Wahrgen. ökonomischer Wert

Kaufabsicht

Wahrgen. monetäres Opfer

„Schlechte“ Marke

Abbildung 3.5: Übersicht über das Hypothesensystem

Preis

Wahrgen. monetäres Opfer

„Gute“ Marke

Kaufabsicht

4 Methodik der Datenauswertung

4.1 Auswahl eines problemadäquaten Verfahrens In den bisherigen Ausführungen wurden Anforderungen für die vorliegende Untersuchung formuliert. Um diese Anforderungen simultan berücksichtigen zu können, ist die Auswahl eines problemadäquaten statistischen Verfahrens zur Datenauswertung erforderlich. Das Verfahren sollte in der Lage sein, folgende Aspekte zu berücksichtigen: • Die extrinsischen Merkmale sollen in verschiedenen Ausprägungen manipuliert werden. Hierbei werden Gruppen von Probanden Stimuli vorgelegt, die je Produktmerkmal jeweils eine bestimmte Ausprägung enthalten. Insofern muss das Verfahren erlauben, Gruppenunterschiede zwischen experimentellen Gruppen im Hinblick auf bestimmte Variablen zu ermitteln. • Im Rahmen des erweiterten Perceived-Value-Modells wurden Hypothesen über Wirkungsbeziehungen zwischen den nicht direkt messbaren Elementen des Modells formuliert. Daher gilt es, Wirkungsbeziehungen zwischen latenten Konstrukten zu berücksichtigen. • Ferner soll die Wirkung der extrinsischen Merkmale zwischen zwei Produktarten (Such- bzw. Erfahrungsgut) verglichen werden. Daher müssen mit dem Verfahren Gruppenvergleiche im Hinblick auf bestimmte Wirkungsbeziehungen des erweiterten Perceived-Value-Modells analysiert werden können.

100

Methodik der Datenauswertung

• Um den Quasi-Moderator-Effekt des high-scope Cues erfassen zu können, ist schließlich die Analyse von moderierenden Effekten erforderlich. Das in experimentellen Untersuchungen am häufigsten eingesetzte Verfahren für die Ermittlung von Gruppenunterschieden ist die (multivariate) Varianzanalyse (Multivariate ANalysis Of VAriance).260 Die Varianzanalyse ist ein Verfahren, das die Wirkung einer (oder mehrerer) unabhängiger Variablen auf eine (oder mehrere) abhängige Variablen untersucht.261 Die unabhängigen Variablen, bei experimentellen Untersuchungen im Regelfall die Manipulationen, werden dabei als nominal skalierte (Dummy-) Variablen erfasst. Die abhängigen Variablen müssen metrisches Skalenniveau aufweisen. Dieser „traditionelle Ansatz“ 262 für die Ermittlung von Gruppenunterschieden ist jedoch mit einer Reihe von Problemen behaftet,263 wobei hier auf zwei zentrale Aspekte eingegangen werden soll. Der Hauptkritikpunkt besteht darin, dass die (M)ANOVA generell nicht in der Lage ist, Messfehler zu berücksichtigen. Cote, Buckley (1987) analysieren in ihrer Studie die Ergebnisse der Konstruktvalidierung von 70 veröffentlichten Datensätzen. Hierbei gelangen sie u. a. zu dem Ergebnis, dass aufgrund von Messfehlern das tatsächliche Verhältnis zwischen zwei Variablen durchschnittlich um das 2,4-fache höher lag als das geschätzte.264 MacKenzie (2001) weist darüber hinaus darauf hin, dass es nicht nur zu einer Unterschätzung, sondern auch zu einer Überschätzung der Korrelation zwischen Variablen kommen kann: Der Autor dokumentiert in seiner Studie an einem Beispiel, dass zum einen trotz perfekter Korrelation zwischen zwei Konstrukten die beobachtete Korrelation aufgrund von Messfehlern lediglich 0,524 beträgt. Zum anderen beträgt die beobachtete

260

Vgl. Cole et al. (1993), S. 174.

261

Vgl. hier und im Folgenden Backhaus et al. (2006), S. 120.

262

Russell et al. (1998), S. 18.

263

Vgl. u. a. Aiken, Stein, Bentler (1994); Bagozzi (1980); Cole et al. (1993); Hancock (1997); MacKenzie (2001); Russell et al. (1998); Spoth, Redmond, Shin (1998).

264

Vgl. Cote, Buckley (1987), S. 317 f.

Auswahl eines problemadäquaten Verfahrens

101

Korrelation zwischen zwei komplett unkorrelierten Konstrukten aufgrund von Messfehlern 0,226.265 Dieses Beispiel macht deutlich, dass Verfahren, die nicht in der Lage sind, Messfehler zu berücksichtigen, möglicherweise zu falschen Ergebnissen führen.266 Ein weiterer Nachteil der (M)ANOVA besteht darin, dass keine Wirkungsbeziehungen zwischen den abhängigen Variablen berücksichtigt werden können.267 Wie auch in den vorangegangenen Kapiteln deutlich wurde, existieren aber häufig vermutete Dependenzen zwischen den einzelnen Variablen. Die gesamtheitliche Betrachtung eines Wirkungsmodells kann nicht nur Aufschluss darüber geben, ob eine Manipulation z. B. einen Einfluss auf die Kaufabsicht ausübt, sondern auch wodurch. Durch eine solch differenzierte Analyse können wesentlich fundiertere Handlungsempfehlungen auf Basis der ermittelten Ergebnisse ausgesprochen werden.268 Bagozzi (1980) fasst die beiden geschilderten Problembereiche wie folgt zusammen: „Hence, unless one assumes or has reason to believe that one’s variables in an experimental designs are measured without error, there are a priori reasons for questioning the analysis of experiments that use only observed variables. [...], it is more sound from a theoretical standpoint to model cause-and-effect between theoretical variables that, in turn, are operationalized by measures of those variables.“ 269 Ausgehend von diesen Kritikpunkten wird immer wieder empfohlen, Strukturgleichungsmodelle in experimentellen Untersuchungen einzusetzen.270 Neben der Möglichkeit, Messfehler sowie komplexe Wirkungsmodelle zu berücksichtigen, sind Strukturgleichungsmo-

265

Vgl. MacKenzie (2001), S. 161.

266

Vgl. auch Bagozzi (1980), S. 192 f.

267

Vgl. z. B. Russell et al. (1998), S. 18 f.

268

Vgl. Russell et al. (1998), S. 19.

269

Bagozzi (1980), S. 194.

270

Vgl. Aiken, Stein, Bentler (1994); Bagozzi (1977); Bagozzi (1980); Bagozzi, Yi (1989); Bagozzi, Yi, Singh (1991); Cole et al. (1993); Hancock (1997); MacKenzie (2001); Russell et al. (1998). Anwendungen finden sich bei MacKenzie (1986) und Kukar-Kinney, Walters (2003).

102

Methodik der Datenauswertung

delle besser in der Lage, umfangreiche theoretische Strukturen zu analysieren.271 Hierzu gehört laut MacKenzie (2001) auch, Gruppenvergleiche zwischen verschiedenen Populationen, Kontexten oder Zeitpunkten durchzuführen. Wie nachfolgend gezeigt wird, ermöglicht die potenzielle Analyse von Gruppenvergleichen, moderierende Effekte zu analysieren. Die Ausführungen haben deutlich gemacht, dass der Einsatz von Strukturgleichungsmodellen in experimentellen Untersuchungen im Vergleich zu „traditionellen Ansätzen“ wie der Varianzanalyse in Bezug auf methodische und inhaltliche Aspekte eine Reihe von Vorteilen aufweist. Insofern erfolgt die Analyse der empirischen Daten in der vorliegenden Arbeit mit Hilfe von Strukturgleichungsmodellen.

4.2 Strukturgleichungsmodelle als Methode der empirischen Analyse 4.2.1 Grundlegende methodische Aspekte Bei Strukturgleichungsmodellen (Structural Equation Modeling, SEM), die auch als Kausalmodelle oder Kovarianzstrukturanalysen bezeichnet werden,272 handelt es sich um ein nicht triviales Verfahren, das die Messung komplexer Konstrukte mit der Analyse komplizierter Abhängigkeitsstrukturen vereint.273 Eine grundlegende Besonderheit ist dabei die Unterscheidung zwischen beobachteten (Indikator-) Variablen und latenten Variablen, die als Faktoren oder Konstrukte bezeichnet werden.274 Sofern es sich bei den zu analysierenden Variablen um latente, also nicht direkt beobachtbare Größen handelt, 271

Vgl. MacKenzie (2001), S. 163.

272

Vgl. Homburg, Hildebrandt (1998), S. 17. Die Begriffe werden im Folgenden synonym verwendet.

273

Vgl. Backhaus, Blechschmidt, Eisenbeiß (2006), S. 711.

274

Vgl. Homburg, Baumgartner (1998), S. 347.

Strukturgleichungsmodelle als Methode der empirischen Analyse

103

ist es in einem ersten Schritt erforderlich, diese über Indikatoren zu messen.275 Hierbei setzt sich die Messung von Konstrukten grundsätzlich aus der Konzeptualisierung und der Operationalisierung zusammen.276 Die Konzeptualisierung eines Konstruktes umfasst die Erarbeitung der dem Konstrukt zu Grunde liegenden Dimensionen- bzw. Faktorenstruktur, die Operationalisierung beinhaltet die Entwicklung eines Messinstruments für dieses Konstrukt.277 Zur möglichst genauen Abbildung eines Konstruktes empfiehlt sich in der Regel ein Messinstrument, das sich aus mehreren Indikatoren zusammensetzt.278 Nach der Entwicklung des Messmodells können im nächsten Schritt Abhängigkeitsbeziehungen zwischen den einzelnen Konstrukten überprüft werden.279 Ein großer Vorteil von SEM besteht prinzipiell darin, dass beide Analyseschritte simultan geschätzt werden können. Ein vollständiges Kausalmodell lässt sich dabei wie folgt darstellen:280 η = Bη + Γξ + ζ

(4.1)

y = Λy η + 

(4.2)

x = Λx ξ + δ

(4.3)

Die Gleichung (4.1) repräsentiert hierbei das Strukturmodell, das die hypothetischen Beziehungen zwischen den latenten Variablen des Modells ausdrückt. Bei den latenten Variablen ist zwischen endogenen (η) und exogenen (ξ) Größen zu unterscheiden. Während die Koeffizientenmatrix B die Effekte zwischen den latenten endogenen Variablen beschreibt, modelliert die Koeffizientenmatrix Γ die Effekte der exogenen auf die endo275

Vgl. Weise (2007), S. 169.

276

Vgl. Homburg, Giering (1996), S. 5.

277

Vgl. Giering (2000), S. 72.

278

Vgl. Bagozzi, Baumgartner (1994), S. 388.

279

Vgl. Bagozzi, Baumgartner (1994), S. 391.

280

Vgl. im Folgenden Jöreskog, Sörbom (1996); Bagozzi, Baumgartner (1994); Homburg, Baumgartner (1998); Giering (2000).

104

Methodik der Datenauswertung

genen Faktoren. ζ ist der Vektor der Fehlergrößen im Strukturmodell, dessen Bedeutung dem Fehlerterm im Modell der multiplen Regressionsanalyse entspricht. Die Gleichungen (4.2) und (4.3) sind faktoranalytische Modelle, die die Beziehung zwischen latenten Variablen (η bzw. ξ) und den zugehörigen Indikatorvariablen darstellen. Die zu schätzenden Faktorladungsmatrizen werden als Λy und Λx bezeichnet, die entsprechenden Messfehlervariablen als  und δ abgebildet. Dieser Teil des Modells wird als Messmodell bezeichnet. Bestimmte Annahmen vorausgesetzt,281 kann die Kovarianzmatrix Σ der beobachteten Variablen y und x durch die acht Parametermatrizen B, Γ, Λy , Λx , φ, Ψ, Θ und Θδ ausgedrückt werden: Σ = Σ(B, Γ, Λy , Λx , φ, Ψ, Θ, Θδ )

(4.4)

Hierbei bezeichnen die vier letztgenannten Parametermatrizen die Kovarianzmatrizen der Vektoren ξ, ζ,  und δ. Wird die Gesamtheit der zu schätzenden Parameter als α bezeichnet, lässt sich Gleichung (4.4) in der Form Σ = Σ(α)

(4.5)

ausdrücken. Auf dieser Basis erfolgt die Parameterschätzung mit dem Ziel, einen Vektor α ˆ von Parameterschätzern so zu ermitteln, dass die vom Modell generierte Kovarianzmatrix ˆ = Σ(α) Σ ˆ

(4.6)

der empirisch ermittelten Kovarianzmatrix S möglichst ähnlich wird. Die Parameter-

281

Die Annahmen sind:  und δ sind sowohl untereinander als auch mit ξ, η und ζ unkorreliert, ζ ist unkorreliert mit ξ und die Matrix (I − B) ist nicht singulär. Vgl. Giering (2000), S. 91.

Strukturgleichungsmodelle als Methode der empirischen Analyse

105

schätzung ergibt sich folglich durch die Lösung des Minimierungsproblems: fS (α) = F (S, Σ(α)) → min

(4.7)

F bezeichnet hierbei eine Diskrepanzfunktion, die die Unterschiedlichkeit zweier symmetrischer Matrizen misst. Solche Funktionen lassen sich aus verschiedenen Schätzprinzipien wie dem Maximum Likelihood-Schätzer ableiten. Im Anschluss an die Parameterschätzung erfolgt eine Gütebeurteilung der Schätzung anhand verschiedener Anpassungsmaße für SEM, die im folgenden Abschnitt vorgestellt werden. Hierbei erfolgt eine Unterteilung in globale und lokale Gütemaße. Während globale Gütemaße die Anpassungsgüte des gesamten Modells beurteilen, beziehen sich die lokalen Gütemaße auf einzelne Modellteile. Hierzu ist auch die Beurteilung des Strukturmodells zu zählen, die aus Darstellungsgründen allerdings als einzelner Abschnitt aufgeführt wird.

4.2.2 Beurteilung von Strukturgleichungsmodellen 4.2.2.1 Globale Gütemaße

Die globalen Gütemaße lassen sich in absolute und inkrementelle Anpassungsmaße unterteilen: Die Anpassungsmaße der ersten Kategorie beurteilen die Anpassungsgüte eines Modells isoliert, bei inkrementellen Anpassungsmaßen erfolgt die Beurteilung in Relation zu einem Basismodell.282 Absolute Anpassungsmaße lassen sich weiter in inferenzstatistische und deskriptive Maße untergliedern. Während bei inferenzstatistischen Anpassungsmaßen die Gütebeurteilung eines gegebenen Modells auf Basis eines statistischen Tests möglich ist, erfolgt diese bei deskriptiven Anpassungsmaßen im Wesentlichen auf Basis von Faustregeln. 282

Für eine Übersicht sowie im Folgenden vgl. Homburg, Baumgartner (1998), S. 352 ff.

106

Methodik der Datenauswertung

Alle globalen Gütemaße basieren auf einem Vergleich zwischen der empirischen Kovariˆ 283 Traditionelles anzmatrix S und der vom Modell reproduzierten Kovarianzmatrix Σ. Maß zur Beurteilung der Anpassungsgüte ist dabei ein inferenzstatistischer Test mit Hilfe einer χ2 -Teststatistik.284 Hierbei wird die Nullhypothese, dass die empirische Koˆ entspricht, getestet.285 Der varianzmatrix S der modelltheoretischen Kovarianzmatrix Σ χ2 -Wert berechnet sich gemäß ˆ χ2 = (N − 1) · F (S, Σ)

(4.8)

und ist bei Gültigkeit der Nullhypothese χ2 -verteilt mit 1 df = p(p + 1) − r 2

(4.9)

Freiheitsgraden. Hierbei bezeichnet N den Stichprobenumfang, r die Anzahl der zu schätzenden Parameter und p die Anzahl der Indikatoren. Damit ist im Prinzip die Frage nach der Anpassungsgüte des Modells abschließend beantwortet, da das SEM auf einem gegebenen Signifikanzniveau inferenzstatistisch geprüft werden kann.286 Allerdings bestehen neben der Kritik, dass die im Rahmen des Tests überprüfte Nullhypothese als nicht realitätsnah anzusehen ist,287 weitere wesentliche Nachteile in der Abhängigkeit des Tests von der Anzahl der Freiheitsgrade und der Stichprobengröße. Im Hinblick auf die Anzahl der Freiheitsgrade bedeutet dies, dass die χ2 -Statistik c. p. umso höher ausfällt, je mehr Indikatoren dem Modell zugefügt werden. Um diesem Problem zu begegnen, wird empfohlen, den ermittelten χ2 -Wert ins Verhältnis zu den Freiheitsgraden zu setzen. In der Literatur existieren für dieses deskriptive Anpassungsmaß verschiedene Schwellenwerte, die der ermittelte Quotient nicht überschreiten sollte: Hom283

Vgl. Hair et al. (2006), S. 745.

284

Vgl. Homburg, Klarmann (2006), S. 736.

285

Vgl. Backhaus et al. (2006), S. 379.

286

Vgl. Weise (2007), S. 185.

287

Vgl. u. a. Homburg, Baumgartner (1998), S. 353.

Strukturgleichungsmodelle als Methode der empirischen Analyse

107

burg, Baumgartner (1998) fordern einen Wert von ≤ 2,5, Balderjahn (1986) einen Wert von ≤ 5. Mit Blick auf Gleichung (4.8) wird jedoch deutlich, dass diese Prozedur nicht das Problem der Abhängigkeit des Tests von der Stichprobengröße lösen kann. Selbst bei gegebener Differenz zwischen beobachteter und geschätzter Kovarianzmatrix steigt der χ2 -Wert allein aufgrund einer zunehmenden Stichprobengröße.288 Ausgehend von diesen Kritikpunkten wurde eine Vielzahl weiterer Gütemaße entwickelt, die die Modellkomplexität und/oder die Stichprobengröße berücksichtigen. In der Literatur wird daher gefordert, neben der χ2 -Teststatistik weitere Anpassungsmaße für die Beurteilung von SEM heranzuziehen. Hierbei ist möglichst darauf zu achten, dass zumindest je ein Anpassungsmaß aus den oben beschriebenen Kategorien ausgewählt wird.289 Im Rahmen dieser Arbeit werden daher neben der χ2 -Teststatistik die Anpassungsmaße RMSEA, SRMR sowie CFI berücksichtigt, die im Folgenden kurz vorgestellt werden sollen. Der Root Mean Square Error of Approximation (RMSEA) stellt ebenfalls ein inferenzstatistisches Anpassungsmaß dar. Dieses Gütekriterium basiert auf der χ2 -Teststatistik, unterliegt aber wesentlich weniger Restriktionen.290 Die Formel für die Berechnung des RMSEA macht deutlich, dass sowohl die Modellkomplexität (über die Berücksichtigung der Freiheitsgrade) als auch die Stichprobengröße berücksichtigt werden:  RMSEA =

χ2 − df df (N − 1)

(4.10)

Niedrigere Werte des RMSEA zeigen einen besseren Fit an. Ein Wert von 0,05 wird

288

Vgl. Hair et al. (2006), S. 747.

289

Vgl. Homburg, Klarmann (2006), S. 736, Homburg, Baumgartner (1998), S. 363; Hair et al. (2006), S. 752.

290

Vgl. Browne, Cudeck (1993), S. 136 ff.

108

Methodik der Datenauswertung

allgemein als gut und Werte bis 0,08 als akzeptabel angesehen.291 Der Standardized Root Mean Residual (SRMR), der ein deskriptives Anpassungsmaß darstellt, berechnet sich über die Formel    2 pi=1 ij=1 [(sij − σˆij ) / (sii sjj )]2 SRMR = p (p + 1)

(4.11)

und gibt die durchschnittliche Größe der Residuen zwischen der empirischen Kovarianzmatrix (sij ) und den Elementen der vom Modell reproduzierten Kovarianzmatrix (σˆij ) an. Hierbei wird – im Gegensatz zum Root Mean Residual (RMR) – die mittlere Abweichung standardisiert (sii bzw. sjj entsprechen den beobachteten Standardabweichungen). Je niedriger der SRMR, desto besser ist der Modellfit. Hu, Bentler (1998) fordern einen „cutoff value“ von 0,08 für den SRMR, Schermelleh-Engel, Moosbrugger, Müller (2003) bezeichnen Werte bis 0,10 als akzeptabel. Der Comparitive Fit Index (CFI) ist den inkrementellen Anpassungsmaßen zuzuordnen und misst die Verbesserung der Anpassungsgüte beim Übergang von einem Basismodell zum relevanten Modell: CF I = 1 −

max {χ2r − dfr , 0} max {χ2b − dfb , χ2r − dfr , 0}

(4.12)

dfr und dfb stellen die Freiheitsgrade des relevanten bzw. des Basismodells dar. Der CFI ist genormt und kann Werte zwischen 0 und 1 annehmen, wobei höhere Werte einen besseren Fit anzeigen. Der CFI sollte nicht unter 0,90 liegen,292 Hu, Bentler (1999) fordern hingegen einen Grenzwert von 0,95.293 Abschließend ist anzumerken, dass Simulationsstudien von Hu, Bentler (1998, 1999) ge-

291

Vgl. Homburg, Baumgartner (1998), S. 354 sowie Browne, Cudeck (1993). Darüber hinaus kann die Nullhypothese, dass der RMSEA nicht größer als 0,05 ist, getestet werden.

292

Vgl. Homburg, Baumgartner (1998), S. 357 f.

293

Vgl. Hu, Bentler (1999), S. 27.

Strukturgleichungsmodelle als Methode der empirischen Analyse

109

zeigt haben, dass der SRMR am sensibelsten auf Fehlspezifikationen des Modells bzw. der latenten Strukturen, der RMSEA und CFI hingegen auf fehlspezifizierte Faktorladungen reagieren. Tabelle 4.1 stellt die in der Arbeit verwendeten Anpassungsmaße mit ihren erstrebenswerten und minimalen Anforderungen zusammen. Anforderung Anpassungsmaß

minimal

χ2 /df

≤5 ≤ 0,08 ≤ 0,10 ≥ 0,90

RMSEA SRMR CFI

erstrebenswert ≤ ≤ ≤ ≥

2,5 0,05 0,08 0,96

Tabelle 4.1: Gütemaße zur Beurteilung des Gesamtmodells

4.2.2.2 Lokale Gütemaße Nachdem geprüft wurde, ob das getestete Modell insgesamt eine angemessene Approximation der Daten darstellt, ist es erforderlich, die Qualität der Konstruktmessung zu überprüfen.294 Hierdurch soll ausgeschlossen werden, dass nur das Gesamtmodell, nicht aber die Teilstrukturen einen zufriedenstellenden Fit aufweisen.295 Die lokalen Anpassungsmaße, die sich auf das Messmodell beziehen, beurteilen im Wesentlichen Reliabilitäts- und Validitätsaspekte der Messung der latenten Variablen durch die zugehörigen Indikatoren.296 Die Reliabilität einer Variablen spiegelt dabei den Grad wider, mit dem eine Messung frei von zufälligen Fehlern ist, d. h. mit dem unabhängige, aber vergleichbare Messungen ein und derselben Variablen übereinstimmen.297 Während 294

Vgl. Bagozzi, Baumgartner (1994), S. 401 f.

295

Vgl. Bagozzi, Yi (1988), S. 80.

296

Vgl. Homburg, Baumgartner (1998), S. 360.

297

Vgl. Hildebrandt (1984), S. 45 ff.

110

Methodik der Datenauswertung

die Reliabilität nur auf den unsystematischen Fehler Bezug nimmt, bezieht sich die Validität auch auf den systematischen Fehler.298 Die Validität bezeichnet die konzeptionelle Richtigkeit einer Messung, beurteilt also, inwieweit das Messverfahren auch wirklich das misst, was es messen soll.299 Die Validität eines Messinstruments lässt sich anhand von drei Kriterien überprüfen, der Inhaltsvalidität, Kriteriumsvalidität und Konstrukvalidität.300 Hierbei kommt der Konstruktvalidität im Rahmen der empirischen Forschung eine besondere Bedeutung zu, da sie das anspruchsvollste Kriterium bzw. die umfassendste Verknüpfung von Theorie und Praxis darstellt.301 Die Konstruktvalidität bestimmt sich einerseits als das Ausmaß, zu dem ein Messinstrument Größe und Richtung einer Auswahl der Eigenschaften eines Konstruktes abbildet und andererseits als Grad, zu dem diese Messungen nicht durch fälschliche Messung der Merkmale anderer Konstrukte und das Vorhandensein systematischer Fehler überlagert sind.302 Zwei wesentliche Bestandteile der umfassenden Konstruktvalidierung sind die Konvergenzvalidität und die Diskriminanzvalidität. Während die Konvergenzvalidität sich durch durch den Grad bestimmt, zu dem mehrere Messungen mit verschiedenen unabhängigen Messmethoden übereinstimmen, bestimmt sich die Diskriminanzvalidität durch den Grad, zu dem sich Messungen verschiedener Konstrukte unterscheiden.303 Die nomologische Validität – als drittes Kriterium der Konstruktvalidität – bezeichnet den Grad, zu dem die Kausalbeziehung zweier theoretischer Konstrukte in einer komplexen Hypothesenstruktur bestätigt wird. Die nomologische Validität ist dann gegeben, wenn die aus einem theoretischen Konzept abgeleiteten Hypothesen sich empirisch in

298

Vgl. Homburg, Giering (1996), S. 7.

299

Vgl. Heeler, Ray (1972), S. 361.

300

Für einen umfassenden Überblick vgl. Hildebrandt (1984).

301

Vgl. u. a. Bagozzi (1980); Balderjahn (2003); Hildebrandt (1984).

302

Vgl. Peter (1981), S. 134; Hildebrandt (1984), S. 43.

303

Vgl. Hildebrandt (1984), S. 43.

Strukturgleichungsmodelle als Methode der empirischen Analyse

111

hohem Maße bewähren.304 Im Rahmen von SEM bezieht sich die Validitätsprüfung auf die vermuteten Kausalbeziehungen und ist daher mit der Frage verbunden, inwieweit die latenten endogenen Variablen durch die latenten exogenen Variablen faktisch erklärt bzw. prognostiziert werden können.305 Die Prüfung bezieht sich somit nicht auf das Messmodell, sondern auf das Strukturmodell eines SEM. Auf eine Möglichkeit, die Güte eines Strukturmodells zu approximieren, wird in Abschnitt 4.2.2.3 näher eingegangen. Die Überprüfung der Reliabilität sowie der Konvergenz- und Diskriminanzvalidität kann anhand quantitativer Kriterien bzw. Untersuchungen vorgenommen werden. Hierbei unterscheiden Homburg, Giering (1996) zwischen Reliabilitäts- und Validitätskriterien der ersten und der zweiten Generation. Von den Gütekriterien der ersten Generation wird vor allem auf folgende Ansätze zurückgegriffen: • die exploratorische Faktorenanalyse, • das Cronbachsche Alpha und • die Item to Total-Korrelation.306 Diese Ansätze sind jedoch erheblicher Kritik ausgesetzt.307 Zu nennen ist hier beispielsweise, dass das Cronbachsche Alpha keine differenzierte Betrachtung der Reliabilität auf der Ebene der einzelnen Indikatoren erlaubt und dass die Kriterien der ersten Generation eine Validitätsbeurteilung auf Basis inferenzstatistischer Tests nicht zulassen.308 Diese Schwächen werden durch die mit Hilfe der konfirmatorischen Faktorenanalyse ermittelten Gütekriterien der zweiten Generation behoben. Homburg, Giering (1996) merken an: „Die Überlegenheit der konfirmatorischen Faktorenanalyse sowie der mit ihr verbundenen Methoden gegenüber den Ansätzen der ersten Generation ist in der Marketingforschung 304

Vgl. Bagozzi (1980), S. 114.

305

Vgl. Fritz (1992), S. 138.

306

Für einen Überblick über diese Maße vgl. Homburg, Giering (1996), S. 8 f.

307

Vgl. stellvertretend Bagozzi, Phillips (1982); Bagozzi, Yi, Phillips (1991); Fornell (1986); Gerbing, Anderson (1988).

308

Vgl. Gerbing, Anderson (1988), S. 189 f.; Steenkamp, van Trijp (1991), S. 287.

112

Methodik der Datenauswertung

mittlerweile unumstritten. Dies wird u. a. daran deutlich, dass die von Anderson und Gerbing (1993) aufgestellte Richtlinie für Messmodelle, die in den Artikeln des Journal of Marketing Research veröffentlicht werden, ausschließlich auf den Verfahren der zweiten Generation aufbaut.“ 309 Insofern werden in der vorliegenden Arbeit die Gütekriterien der ersten Generation lediglich im Anhang aufgeführt, bei der Beurteilung der Messmodelle wird aber ausschließlich auf die Gütemaße der zweiten Generation eingegangen.310 Auf der Ebene der einzelnen Indikatoren ist die Reliabilität die zentrale Beurteilungsgröße.311 Die Indikatorreliabilität für einen Indikator xi einer latenten Variablen ξj ist definiert als rel(xi ) =

λ2ij φjj λ2ij φjj + θii

(4.13)

λij bezeichnet die geschätzte Faktorladung, φjj die geschätzte Varianz der latenten Variablen ξj und θii die geschätzte Varianz des Messfehlers δi (siehe Gleichung (4.3)). Die Indikatorreliabilität ist auf das Intervall zwischen Null und Eins normiert. Häufig wird ein Wert von mindestens 0,4 gefordert,312 Bagozzi, Yi (1988) weisen hingegen darauf hin, dass es nicht möglich sei, „even loose rules of thumb“ 313 anzugeben. Wichtiger als die Frage, wie gut einzelne Indikatoren ein Konstrukt messen, ist jedoch die Frage, wie dieses durch die Gesamtheit der Indikatoren gemessen wird.314 Hierüber geben die Faktorreliabilität sowie die durchschnittlich erfasste Varianz (DEV) Aufschluss. Für

309

Homburg, Giering (1996), S. 9.

310

Dies entspricht der Praxis einer Vielzahl von Veröffentlichungen in relevanten englischsprachigen Journals.

311

Vgl. Homburg, Baumgartner (1998), S. 360.

312

Vgl. z. B. Bagozzi, Baumgartner (1994), S. 402.

313

Bagozzi, Yi (1988), S. 80.

314

Vgl. Bagozzi, Baumgartner (1994), S. 402.

Strukturgleichungsmodelle als Methode der empirischen Analyse

113

eine latente Variable ξj ermittelt sich die Faktorreliabilität als   F R(ξj ) =  

2

λij φjj 2  λij φjj + θii i

i

(4.14)

i



und die DEV als DEV (ξj ) =

λ2ij φjj i  2  λij φjj + θii i i

(4.15)

Die Summation erfolgt jeweils über alle Indikatoren der entsprechenden latenten Variablen. Wie die Indikatorreliabilität liegen auch die Größen Faktorreliabilität und die DEV zwischen Null und Eins, wobei hohe Werte auf eine gute Modellanpassung schließen lassen. Als Grenzwerte gelten hier 0,6 für F R(ξj ) und 0,5 für DEV (ξj ).315 Die Faktorreliabilität und die DEV können auch als Prüfkriterien für die Konvergenzvalidität der dem Faktor zugeordneten Indikatoren eingesetzt werden.316 Zusätzlich wird empfohlen, mit Hilfe eines t-Tests zu überprüfen, ob sich die Faktorladungen signifikant von Null unterscheiden.317 Der nächste Schritt im Validierungsprozess besteht in der Überprüfung der Diskriminanzvalidität. Anderson, Gerbing (1988) empfehlen in diesem Zusammenhang, folgende Tests durchzuführen: • Im Rahmen eines χ2 -Differenztests318 wird für jedes mögliche Paar von Konstrukten die Korrelation auf 1,0 fixiert. Der ermittelte χ2 -Wert für das restringierte Modell wird mit dem χ2 -Wert des allgemeinen Modells ohne Restriktionen verglichen. „A significantly lower χ2 -value for the model in which the trait correlations

315

Vgl. z. B. Bagozzi, Yi (1988), S. 80 oder Bagozzi, Baumgartner (1994), S. 403.

316

Vgl. Fritz (1992), S. 134.

317

Vgl. Bagozzi, Yi, Phillips (1991), S.434.

318

Vgl. Jöreskog (1971). Siehe auch Abschnitt 4.2.3.2.

114

Methodik der Datenauswertung are not constrained to unity would indicate that the traits are not perfectly correlated and that discriminant validity is achieved.“ 319 Der Test sollte für jedes Paar von Faktoren separat durchgeführt werden.

• Es wird überprüft, ob das Konfidenzintervall (± zwei Standardabweichungen) um die geschätzte Korrelation zwischen zwei Faktoren den Wert 1,0 enthält. Sofern dies nicht der Fall ist, kann auf Diskriminanzvalidität geschlossen werden. Darüber hinaus hat sich ein weiteres Kriterium für die Überprüfung der Diskriminanzvalidität etabliert: Fornell, Larcker (1981) sind der Auffassung, dass nur dann von Diskriminanzvalidität ausgegangen werden kann, wenn die DEV eines Faktors größer ist als jede quadrierte Korrelation mit einem anderen Faktor.320 In der vorliegenden Untersuchung werden alle drei vorgestellten Kriterien für die Überprüfung der Diskriminanzvalidität zu Grunde gelegt. Tabelle 4.2 gibt einen zusammenfassenden Überblick über die in der Arbeit verwendeten Reliabilitäts- und Validitätsmaße sowie die entsprechenden Anforderungen.

Kriterium

Anpassungsmaß

Anforderung

Reliabilität

Indikatorreliabilität

≥ 0,4

Konvergenzvalidität

Faktorreliabilität DEV t-Wert der Faktorladungen

≥ 0,6 ≥ 0,5 ≥ 1,645a

χ2 -Differenztest Konfidenzintervall

≥ 3,841b Konfidenzintervall (± zwei Standardabweichungen) um die geschätzte Korrelation enthält nicht den Wert 1,0 DEV > jede quadrierte Korrelation mit einem anderen Faktor

Diskriminanzvalidität Fornell-Larcker Kriterium

Anmerkungen. a einseitiger Test auf 5%-Signifikanzniveau. b beispielhafter Wert bei Veränderung von 1 Freiheitsgrad.

Tabelle 4.2: Gütekriterien zur Beurteilung des Messmodells 319

Bagozzi, Phillips (1982), S. 476.

320

Vgl. Fornell, Larcker (1981), S. 46.

Strukturgleichungsmodelle als Methode der empirischen Analyse

115

In der vorliegenden Arbeit sollen Gruppenvergleiche durchgeführt werden. Dies bezieht sich zum einen darauf, dass das Suchgut- und Erfahrungsgut-Sample miteinander verglichen werden sollen und zum anderen darauf, dass der postulierte Quasi-ModeratorEffekt des high-scope Cues (der Marke) überprüft werden soll. Sofern Gruppenvergleiche durchgeführt werden, ist die Überprüfung der (Mess)Invarianz von zentraler Bedeutung.321 Messinvarianz bedeutet, „[...] whether or not, under different conditions of observing and studying phenomena, measurement yields measures of the same attribute.“ 322 Ein aussagekräftiger Vergleich von Mittelwerten oder Regressionskoeffizienten zwischen Gruppen kann folglich erst dann getroffen werden, wenn davon ausgegangen werden kann, dass das Messinstrument über die Gruppen vergleichbar ist: Ansonsten kann das (Nicht)Vorhandensein von Gruppenunterschieden entweder auf „echte“ Differenzen, auf einen so genannten „additivity bias“ (Werte auf den Skalen sind bei den jeweiligen Items systematisch nach unten oder oben verzerrt) oder auf ein unterschiedliches Antwortverhalten der Individuen in einer Gruppe zurückzuführen sein.323 Insgesamt unterscheiden Steenkamp, Baumgartner (1998) sechs Stufen von Invarianz.324 Ist die Invarianz auf jeder dieser Stufen gegeben, spricht man von voller Messinvarianz. Für die Analyse von Mittelwertunterschieden im Rahmen von Gruppenvergleichen sind nach allgemeiner Auffassung jedoch lediglich die Stufen konfigurale, metrische und skalare Invarianz erforderlich. Die Überprüfung der Messinvarianz bezieht sich in der vorliegenden Untersuchung demzufolge nur auf die drei genannten Stufen, die in Anlehnung an Steenkamp, Baumgartner (1998) folgendermaßen dargestellt werden können:

321

Vgl. insbesondere Steenkamp, Baumgartner (1998). Die Autoren weisen auch darauf hin, dass trotz der Relevanz eine Vielzahl von Studien den Test auf Messinvarianz nicht durchführt. Als prominentes Beispiel wird die Studie von Dawar, Parker (1994) aufgeführt, vgl. Steenkamp, Baumgartner (1998), S. 82.

322

Horn, McArdle (1992), S. 117.

323

Vgl. Baumgartner, Steenkamp (1998); Chen, Sousa, West (2005); Cheung, Rensvold (2002); Meredith (1993); Meredith (1995); Yoo (2002).

324

Dies sind: „configural invariance“, „metric invariance“, „scalar invariance“, „factor covariance invariance“, „factor variance invariance“ und „error variance invariance“, vgl. Steenkamp, Baumgartner (1998), S. 80 f.

116

Methodik der Datenauswertung

1. Konfigurale Invarianz: Konfigurale Invarianz ist gegeben, wenn die einzelnen Indikatoren eines Faktors in allen Teildatensätzen bzw. Gruppen dieselbe Einfachstruktur aufweisen. „In essence, this principle states, that the pattern of salient (nonzero) and nonsalient (zero or nonzero) loadings defined the structure of the measurement instrument.“ 325 Der Nachweis erfolgt über das Schätzen einer Multigruppenkonfirmatorischen-Faktorenanalyse, wobei die Faktorladungen über die Gruppen frei geschätzt werden. Sofern dieses Modell einen zufriedenstellenden Fit aufweist und Faktorladungen signifikant bzw. von der Struktur her vergleichbar sind, kann von konfiguraler Invarianz ausgegangen werden. 2. Metrische Invarianz: Im Rahmen der Überprüfung der metrischen Invarianz wird getestet, ob die Faktorladungen in den Gruppen gleich sind. Dies geschieht über einen χ2 -Differenztest, basiert also auf einem Vergleich der Anpassungsgüte zwischen einem unrestringierten und einem restringierten Modell.326 Beim unrestringierten Modell wird das Messmodell der Gruppen simultan (unabhängig) voneinander geschätzt, beim restringierten Modell werden die Faktorladungen zwischen den Teildatensätzen gleichgesetzt. Sofern die Restriktion der Gleichheit der Faktorladungen zu keiner signifikanten Verschlechterung des χ2 -Wertes führt, liegt vollständige metrische Invarianz vor. 3. Skalare Invarianz: Skalare Invarianz bedeutet, dass die „intercepts“ über die Gruppen vergleichbar sind: „More specifically, scalar equivalence is established by examining whether the zero-points (the value of the observed variables when a construct is equal to 0) are the same between groups.“ 327 Ist dies der Fall, kann davon ausgegangen werden, dass Gruppenunterschiede tatsächlich auf Mittelwertunterschiede in den entsprechenden Konstrukten zurückzuführen sind. Der Test auf skalare In-

325

Steenkamp, Baumgartner (1998), S. 80.

326

Siehe auch Abschnitt 4.2.3.2.

327

Hair et al. (2006), S. 824. Die Intercepts sind wie die Achsenabschnitte (b0 ) im Rahmen der Regressionsanalyse zu interpretieren.

Strukturgleichungsmodelle als Methode der empirischen Analyse

117

varianz verläuft wie der in Punkt 2. beschriebene χ2 -Differenztest. Allerdings wird hier die Gleichheit der Intercepts als Restriktion eingeführt. Analog liegt volle skalare Invarianz vor, wenn das Einführen der Restriktion zu keiner signifikanten Verschlechterung des χ2 -Wertes führt. Das Vorliegen der vollen metrischen und skalaren Invarianz erweist sich in vielen Fällen als unrealistisch. Byrne, Shavelson, Muthen (1989) haben daher das Konzept der partiellen Messinvarianz eingeführt: Diese ist gegeben, wenn mindestens zwei Items pro Konstrukt invariant sind.328 Sofern also keine volle metrische oder skalare Invarianz nachgewiesen werden kann, schlagen Steenkamp, Baumgartner (1998) vor, solange die Faktorladung bzw. den Intercept mit dem höchsten „modification index“ 329 freizusetzen, bis der χ2 -Differenztest auf partielle metrische bzw. skalare Invarianz hinweist.330 Die Überprüfung der Invarianz erfolgt im Rahmen einer konfirmatorischen Faktorenanalyse. Abbildung 4.1 stellt die für diese Arbeit relevante Invarianzprüfung noch einmal übersichtlich dar.

328

Dies umfasst neben dem Item, das je Konstrukt zur Definition der Skala der latenten Variablen auf 1 gesetzt wurde, (vgl. z. B. Jöreskog, Sörbom (1996), S. 7.) also jeweils ein weiteres Item.

329

Der Modifikationsindex gibt die Änderung des χ2 -Wertes an, wenn der entsprechende Parameter freigesetzt wird. Vgl. z. B. Backhaus et al. (2006), S. 386.

330

Steenkamp, Baumgartner (1998) weisen auch auf die Möglichkeit der partiellen konfiguralen Invarianz hin. Die weitere Analyse dürfte dann nur die Faktoren umfassen, für die konfigurale Invarianz vorliegt. Dieser Fall soll für die vorliegende Untersuchung jedoch ausgeschlossen und die volle konfigurale Invarianz gefordert werden.

118

Methodik der Datenauswertung

Volle konfigurale Invarianz?

nein

Kein Gruppenvergleich möglich

ja

Volle metrische Invarianz?

nein

Freisetzen der Faktorladung mit dem höchsten modification index*

ja

Volle skalare Invarianz?

Partielle metrische Invarianz?

nein

ja

nein

Freisetzen des Intercepts mit dem höchsten modification index*

ja

Partielle skalare Invarianz?

nein

ja

Aussagekräftige Gruppenvergleiche möglich

* Nur solange, bis noch mindestens 2 Items je Konstrukt invariant sind. Ansonsten kein Gruppenvergleich möglich.

Abbildung 4.1: Prüfschema Invarianz (Quelle: in Anlehnung an Steenkamp, Baumgartner (1998))

4.2.2.3 Beurteilung des Strukturmodells Nachdem ein adäquates Messmodell identifiziert worden ist, kann eine Beurteilung des Strukturmodells erfolgen.331 Für die Hypothesenprüfung werden die geschätzten Pfadkoeffizienten auf Signifikanz, Richtung und Stärke überprüft. Die Signifikanzprüfung erfolgt in der Regel über einen t-Test. Wird in der Hypothese ein positiver (oder negativer), 331

Vgl. Bagozzi, Baumgartner (1994), S. 403 f.

Strukturgleichungsmodelle als Methode der empirischen Analyse

119

d. h. gerichteter Zusammenhang formuliert, sollte der t-Wert bei einem einseitigen Test (absolut) 1,645 übersteigen, um eine Irrtumswahrscheinlichkeit von höchstens 5% zu erreichen. Zusätzlich kann anhand des Vorzeichens des Koeffizienten die Richtung des Zusammenhangs überprüft werden. Der standardiserte Pfadkoeffizient gibt schließlich Auskunft über die Stärke der jeweiligen Zusammenhänge. Eine Beurteilung der Güte des Strukturmodells ist anhand der quadrierten multiplen Korrelation möglich.332 Diese beträgt für eine latente Variable ηj qmk(ηj ) = 1 −

ψjj var(ηj )

(4.16)

Hierbei bezeichnet var(ηj ) die geschätzte Varianz der Konstrukte ηj und ψjj die geschätzte Varianz der zugehörigen Fehlervariablen ζj (siehe Gleichung (4.1)). Der Wert dieser Größe ist auf das Intervall zwischen 0 und 1 normiert und gibt den Anteil der Varianz der latenten Variablen ηj an, der durch diejenigen latenten Variablen erklärt wird, die im Rahmen des spezifizierten Modells einen Effekt auf ηj ausüben. Der nicht erklärte Varianzanteil entfällt auf die Fehlervariable ζj . Homburg, Baumgartner (1998) weisen darauf hin, dass die quadrierte multiple Korrelation bei der Interpretation der Ergebnisse zwar zur Kenntnis zu nehmen ist, für deren Höhe aber kein Mindestmaß gefordert werden kann.333

332

Vgl. hier und im Folgenden Homburg, Baumgartner (1998), S. 361.

333

Vgl. Homburg, Baumgartner (1998), S. 364.

120

Methodik der Datenauswertung

4.2.3 Spezielle methodische Aspekte 4.2.3.1 Berücksichtigung von experimentellen Manipulationen in Strukturgleichungsmodellen

Wie bereits mehrfach angesprochen wurde, sollen im Rahmen der Analyse Gruppenunterschiede zwischen den verschiedenen experimentellen Manipulationen ermittelt werden. Es stellt sich beispielsweise die Frage, ob die Gruppe der Probanden „mit GzG“, mit einer „guten“ Marke oder mit einem „hohen“ Preis in der Werbeanzeige eine höhere Qualitätswahrnehmung für das Produkt hat als die entsprechende Gruppe der Probanden „ohne GzG“, einer „schlechten“ Marke oder einem „niedrigen“ Preis in der Anzeige. Hierdurch wird unmittelbar die Frage nach Mittelwertunterschieden in den interessierenden Variablen adressiert. Von Interesse ist also, wie die Wirkung der manipulierten Variablen auf die Mittelwerte der latenten Variablen im Rahmen von SEM berücksichtigt werden kann. Generell stehen dem Anwender zwei Ansätze zur Verfügung: der „Structured Means Approach“ und der „Group Code Approach“. Der Structured Means Approach beinhaltet im Kern die Idee der Mehrgruppenkausalanalyse334 mit der Besonderheit, dass nunmehr auch die Mittelwerte der latenten Variablen geschätzt werden.335 Die Analyse stellt sich in einem Zwei-Gruppen-Fall wie folgt dar: Der Mittelwert der latenten Variablen wird in der Referenzgruppe auf Null fixiert und für die zweite Gruppe geschätzt. Dadurch repräsentiert der Mittelwert in der zweiten Gruppe die Differenz in den Konstruktmittelwerten zwischen den beiden Gruppen. Diese Differenz kann im Rahmen eines z-Tests auf Signifikanz geprüft werden. Der Vorteil des Structured Means Approach besteht darin, dass prinzipiell Unterschiede in den Messmodellen der verschiedenen Gruppen 334

Vgl. nachfolgenden Abschnitt 4.2.3.2.

335

Für eine ausführliche Darstellung dieses Ansatzes sowie für die folgenden Ausführungen vgl. Aiken, Stein, Bentler (1994); Bollen (1989); Cole et al. (1993); Hancock (1997); Jöreskog, Sörbom (1996); Sörbom (1982).

Strukturgleichungsmodelle als Methode der empirischen Analyse

121

berücksichtigt werden können.336 Dieser Aspekt impliziert jedoch, dass der Ansatz mit einer steigenden Anzahl an Gruppen und einer steigenden Komplexität der zu schätzenden Modellstruktur immer „unhandlicher“ wird und zudem zu erhöhten Anforderungen an die Stichprobengröße je Gruppe führt.337 Der Group Code Approach geht im Unterschied zu dem Structured Means Approach davon aus, dass das Messmodell für die verschiedenen Gruppen identisch ist.338 Die Manipulation wird über das Hinzufügen eines kategorialen Prädiktors zu dem Messmodell erfasst. Diese Variable entspricht einer Dummy-Variablen, wobei eine Gruppe als „0“ und eine Gruppe als „1“ kodiert wird. Abbildung 4.2 illustriert ein Beispiel für eine latente Variable mit drei Indikatoren und einer Dummy-Variablen.

Y1

. 1 X

g1

1

g2

1

g3

1

0

(

DummyVariable

1

IndikatorVariable

Konstrukt

Y2

82

83

IndikatorVariable

Y3 IndikatorVariable

Abbildung 4.2: Beispiel „Group Code Approach“ (Quelle: Hancock (1997))

336

Dies bezieht sich insbesondere auf die Fehlervarianzen der beobachteten Variablen, da die Faktorladungen sowie die Intercepts in der Regel zwischen den Gruppen gleich gesetzt werden. Vgl. Sörbom (1982), S. 194.

337

Vgl. Russell et al. (1998), S. 23.

338

Vgl. Aiken, Stein, Bentler (1994), S. 491.

122

Methodik der Datenauswertung

Das dargestellte SEM lässt sich wie folgt beschreiben:339 Y1 = 1η + 11 Y2 = λ2 η + 12

(4.17)

Y3 = λ3 η + 13 η = γX + 1ζ

(4.18)

Die Gleichungen in (4.17) stellen die Beziehung zwischen dem latenten Konstrukt η und den zugehörigen Indikatorvariablen dar (siehe Gleichung (4.2)). In Gleichung (4.18) repräsentiert γ den Einfluss der Gruppierungsvariablen X auf das Konstrukt η und ζ enthält die von X nicht erklärte Varianz der Variablen η. Werden die beiden Gruppen mit „0“ und „1“ kodiert, entspricht der Koeffizient γ der Differenz in dem Konstruktmittelwert: Da annahmegemäß der Mittelwert von ζ = 0 ist, nimmt für die erste, mit X = 0 kodierte, Gruppe der Mittelwert der Variablen η die Form Mean(η)(0) = 0 und für die zweite, mit X = 1 kodierte, Gruppe Mean(η)(1) = γ an. γ drückt demzufolge den Mittelwertunterschied in den beiden Gruppen bei der Variablen η aus. Getestet wird letztlich also die Nullhypothese, dass Mean(η)(1) = Mean(η)(0) bzw. einfacher ausgedrückt: ΔMean(η) = γ = 0. Bei einer signifikanten Schätzung von γ deutet ein positiver Koeffizient beispielsweise darauf hin, dass die mit „1“ kodierte Gruppe eine höhere Ausprägung bei dem Mittelwert der latenten Variablen aufweist als die mit „0“ kodierte Gruppe.340 Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Group Code Approach einen geeigneten Ansatz in Situationen darstellt, wenn – wie in der vorliegenden Untersuchung – mehrere Manipulationen und ein komplexes Wirkungsmodell zu berücksichtigen sind. Insofern wird diesem Ansatz gefolgt und die Manipulationen GzG, Marke und Preis werden als Dummy-Variablen in das SEM integriert. 339

Vgl. im Folgenden Hancock (1997), S. 95 ff.; Hancock, Lawrence, Nevitt (2000), S. 536.

340

Der hier dargestellte Ansatz stellt einen Spezialfall einer größeren Klasse von Modellen, den MIMICModellen, dar. Vgl. Hancock (1997) S. 99. Zu MIMIC-Modellen siehe Muthén (1989).

Strukturgleichungsmodelle als Methode der empirischen Analyse

123

4.2.3.2 Mehrgruppenkausalanalyse

In der vorliegenden Arbeit sollen das Suchgut- und das Erfahrungsgut-Sample hinsichtlich der Wirkung der extrinsischen Produktmerkmale miteinander verglichen werden. Darüber hinaus gilt es, den indirekten Effekt der Marke als high-scope Cue auf die Merkmale GzG und Preis als low-scope Cues im Rahmen des Cue Diagnosticity Frameworks zu analysieren. Letztlich geht es also darum, bestimmte Parameterwerte zwischen den Teilsamples bzw. Gruppen zu vergleichen. Eine leistungsstarke Analyseform stellt dabei die Mehrgruppen- oder Multigruppenkausalanalyse dar.341 Das vollständige Kausalmodell wird dabei dahingehend abgewandelt, dass sämtliche Matrizen und Parameter der Gleichungen (4.1) - (4.3) den Index (g) erhalten.342 Die Methode der Kausalanalyse wird folglich dahingehend erweitert, dass die Modellstruktur für g unabhängige Gruppen (g = 1, 2, ..., G) simultan geschätzt werden soll. Unter gegebenen Annahmen (vgl. Abschnitt 4.2.1) kann die Kovarianzmatrix Σ(g) der Indikatoren y (g) und x(g) entsprechend ausgedrückt werden: (g)

(g) (g) (g) (g) Σ(g) = Σ(g) (B (g) , Γ(g) , Λ(g) y , Λ x , φ , Ψ , Θ , Θδ )

(4.19)

Die simultane Analyse erfolgt – bei gegebener Annahme, dass die Gesamtheit der Parameter der G mal acht Parametermatrizen als α (mit α = α(1) , α(2) , ..., α(G) ) ausgedrückt werden kann – folglich durch die Lösung des Minimierungsproblems fS (α) =

G 

(Ng /N) F (g) (S (g) , Σ(g) (α(g) )) → min

(4.20)

g=1

Hierbei steht Ng für den Stichprobenumfang der g-ten Gruppe und N für den Gesamtstichprobenumfang (N = N1 + N2 + ... + NG ). Durch die Lösung des Minimierungspro341

Vgl. Jöreskog (1971). Beide Begriffe werden im Folgenden synonym verwendet.

342

Vgl. hier und im Folgenden Jöreskog, Sörbom (1996), S. 277 f.; Baumgartner, Steenkamp (1998), S. 22 ff.; Bollen (1989), S. 355 f.

124

Methodik der Datenauswertung

blems in Gleichung (4.20) werden nun für jede der g Gruppen die Werte aller spezifizierten Parameter geschätzt. Die Analyse erfolgt in der Regel für zwei Teildatensätze. Bei dem Vergleich der beiden Samples erfolgt eine Aufteilung des Gesamtdatensatzes in Abhängigkeit von der Produktart. Bei der Analyse des Quasi-Moderator-Effekts des high-scope Cues Marke wird der Datensatz entsprechend der in der Werbeanzeige präsentierten Marke geteilt, so dass der eine Teildatensatz eine hohe und der andere Teildatensatz eine niedrige Ausprägung bei der Reputation des Herstellers aufweist. Die Aufteilung des Datensatzes im Hinblick auf die Produktkenntnis erfolgt nach der Einschätzung der subjektiven Produktkenntnis eines jeden Probanden.343 Die konkrete Analyse läuft dergestalt, dass zunächst die Kausalmodelle der beiden Gruppen ohne Restriktionen simultan geschätzt werden. Hierbei entsprechen die geschätzten Parameterwerte denen der separaten Analyse der Modelle. In einem zweiten Schritt werden Identitätsrestriktionen für bestimmte Modellparameter festgelegt. In der vorliegenden Untersuchung geht es um den Zusammenhang zwischen den Manipulationen (exogenen Variablen) und den latenten (endogenen) Variablen Qualität und Emotional Value. Demzufolge werden die entsprechenden Zusammenhänge über die Identitätsrestriktion Γ(1) = Γ(2) = ... = Γ(G)

(4.21)

im zweiten Schritt restringiert, d. h. über alle Gruppen gleich gesetzt. Alle weiteren Parameter werden in den jeweiligen Gruppen unabhängig voneinander geschätzt. Über einen χ2 -Differenztest wird anschließend bestimmt, ob sich durch die Einführung der Identitätsrestriktion(en) die Anpassungsgüte signifikant verschlechtert hat. Wird also das unrestringierte Modell M1 (χ21 ; df1) mit dem restringierten Modell M2 (χ22 ; df2) verglichen, so ist – bei hierarchischen bzw. genesteten Modellen344 – die χ2 -Differenz Δχ2 = (χ22 − χ21 ) ebenfalls χ2 -verteilt mit Δdf = df2 − df1 . Sofern jetzt durch das Einführen einer Parameterrestriktion unter Berücksichtigung eines 5%-Signifikanzniveaus gilt, dass 343

Vgl. Abschnitt 5.3.5.2.2.

344

Vgl. Long (1983), S. 65 f.

Strukturgleichungsmodelle als Methode der empirischen Analyse

125

Δχ2 ≥ χ20,05;Δdf , liegt eine signifikante Verschlechterung des Modellfits vor.345 Ist dies der Fall, kann davon ausgegangen werden, dass der betreffende Parameter in den Gruppen nicht gleich ist. Interessiert in diesem Fall also beispielsweise, ob die Wirkung der GzG auf die Qualitätswahrnehmung über das Suchgut- und Erfahrungsgut-Sample gleich ist, überprüft man, ob das Einführen der Identitätsrestriktion für diesen Pfad zu einer signifikanten Verschlechterung des χ2 -Wertes führt. Ist eine signifikante Verschlechterung der Anpassungsgüte (bei Berücksichtigung der Veränderung der Freiheitsgrade) gegeben, kann davon ausgegangen werden, dass die Wirkung der GzG auf die Qualitätswahrnehmung in den beiden Gruppen unterschiedlich ist. Hervorzuheben ist abschließend, dass auch die Überprüfung der Hypothesen, die sich jeweils nur auf das Suchgut- oder Erfahrungsgut-Sample beziehen, mit der Mehrgruppenkausalanalyse überprüft werden. Dies ist möglich, da – wie oben bereits angesprochen wurde – bei einer unrestringierten Schätzung die Parameterwerte denen bei einer separaten Schätzung der Modelle entsprechen.

4.2.4 Zusammenfassung und Festlegen eines Vorgehens Die vorangegangen Ausführungen haben veranschaulicht, wie SEM allgemein modelliert und getestet werden können. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, diese in experimentellen Untersuchungen einzusetzen. Dies soll in der vorliegenden Untersuchung über den Group Code Approach erfolgen, indem die Manipulationen in Form von DummyVariablen in das SEM integriert werden. Ferner ist es im Rahmen von Mehrgruppenkausalanalysen nicht nur möglich, einzelne Modelle zu analysieren, sondern diese auch über mehrere Gruppen hinsichtlich einzelner oder mehrerer Parameter zu vergleichen. Diese Analyseform erlaubt auch die Betrachtung von Moderatoreffekten. Es wurde herausgestellt, dass die Beurteilung der Anpassungsgüte über globale und lokale Gütekriterien erfolgt. Während globale Gütemaße sich auf das gesamte Modell beziehen, betrachten 345

Vgl. Algesheimer (2004), S. 245.

126

Methodik der Datenauswertung

lokale Gütemaße nur Teilstrukturen des spezifizierten Modells. Vor der Schätzung des SEM ist allerdings noch festzulegen, in welchen Ablaufschritten sich die Modellevaluation vollziehen soll. Wie oben bereits angesprochen wurde, sind SEM prinzipiell in der Lage, das Mess- und Strukturmodell simultan zu schätzen. Erfolgt die Güte- und Validitätsbeurteilung allein auf Basis einer simultanen Schätzung, spricht man von einem „one-step approach“.346 Diese Ein-Schritt-Prozedur ist jedoch nicht unumstritten.347 Das zentrale Argument gegen dieses Vorgehen besteht darin, dass mit einem fehlspezifizierten Messmodell kein Testen eines Strukturmodells bzw. der zu Grunde liegenden Theorie erfolgen sollte. „In other words, with bad measures we would not know what the constructs truly mean.“ 348 In Abhängigkeit von der Modellspezifikation kann die „empirische Bedeutung“ einzelner Konstrukte unter Umständen erheblich divergieren.349 Burt (1976) bezeichnet diesen Aspekt als „interpretational confounding“.350 Darüber hinaus besteht ein weiteres Argument gegen den einstufigen Ansatz in der Tatsache, dass sich die Folgen einer Fehlspezifikation nicht auf den jeweiligen Modellteil eingrenzen lassen, sondern Auswirkungen auf das gesamte Modell nach sich ziehen können.351 Um diesen Kritikpunkten zu begegnen, haben Anderson, Gerbing (1988) den „two-step approach“ entwickelt. Dieser Ansatz sieht eine sequenzielle Beurteilung des Messmodells und des Strukturmodells vor. Im ersten Schritt wird im Rahmen einer konfirmatorischen Faktorenanalyse die Validität des Messmodells überprüft.352 Erst wenn das (ggf. mo346

Vgl. z. B. Fornell, Yi (1992).

347

Vgl. Anderson, Gerbing (1992); Kumar, Dillon (1987).

348

Hair et al. (2006), S. 848.

349

Vgl. Anderson, Gerbing (1988), S. 418.

350

Burt (1976), S. 4: „The Problem [...] occurs as the assignment of empirical meaning to an unobserved variable which is other than the meaning assigned to it by an individual a priori to estimating unknown parameters.“ Vgl. auch Ping (2004), S. 126.

351

Vgl. Weise (2007), S. 172.

352

Der Gefahr des Interpretational Confounding wird insofern begegnet, als im Rahmen der konfirmatorischen Faktorenanalyse keine Restriktionen für das Verhältnis zwischen den Konstrukten auferlegt werden, sondern alle Konstrukte frei miteinander korrelieren können. Anderson, Gerbing (1988), S.

Strukturgleichungsmodelle als Methode der empirischen Analyse

127

difizierte) Messmodell eine zufriedenstellende Anpassungsgüte und Konstruktvalidität aufweist, erfolgt im zweiten Schritt die simultane Schätzung des Mess- und Strukturmodells, also des gesamten SEM.353 Wenngleich auch der zweistufige Ansatz in der Literatur nicht ohne Kritik ist,354 soll in der vorliegenden Arbeit Bagozzi, Baumgartner (1994) gefolgt werden, die herausstellen: „the procedure has the advantage of focusing researcher’s attention on measurement issues as prerequisite for valid theory testing.“ 355 Bevor jedoch mit der Schätzung des SEM nach oben skizziertem Verfahren begonnen wird, sollten nach Bagozzi, Baumgartner (1994) zunächst vorbereitende Analyseschritte erfolgen. Hierzu gehört beispielsweise die Überprüfung auf Identifizierbarkeit der Modellstruktur356 sowie die Inspektion der Rohdaten. Mit dem letzten Aspekt ist insbesondere die Frage verbunden, ob eine Normalverteilung der Daten vorliegt. In den meisten Programmen ist der Maximum Likelihood-Schätzer als Standardschätzmethode vorgesehen.357 Eine Nicht-Normalverteilung der Daten würde bei diesem Schätzer dazu führen, dass die χ2 -Teststatistik überschätzt und die Standardfehler unterschätzt werden.358 Dies kann dazu führen, dass Modelle fälschlicherweise abgelehnt werden bzw. Koeffizienten fälschlicherweise als signifikant eingestuft werden. Simulationsstudien haben inzwischen gezeigt, dass im Fall nicht-normalverteilter Daten ML-Schätzer mit der sogenannten

418: „Given acceptable unidimensional measurement, the pattern coefficients from the measurement model should change only trivially, if at all, when the measurement submodel and alternate structural submodels are simultaneously estimated.“ 353

Im Vergleich zu dem Vorschlag von Burt (1976) sieht dieser Ansatz nicht vor, die im ersten Schritt ermittelten Faktorladungen bei der simultanen Schätzung auf diese Werte zu fixieren.

354

Vgl. insbesondere Fornell, Yi (1992) sowie die Stellungnahme zu dieser Kritik von Anderson, Gerbing (1992).

355

Bagozzi, Baumgartner (1994), S. 405. Darüber hinaus stellt dieses Vorgehen die gängige Praxis in einer Vielzahl von Publikationen in relevanten Journals dar, vgl. Weise (2007), S. 174; siehe auch Medsker, Williams, Holahan (1994) S. 454. Ferner wird dieser Ansatz in der Literatur immer wieder gefordert, vgl. z. B. Ping (2004), S. 126.

356

Vgl. hierzu Bagozzi, Baumgartner (1994), S. 390 ff.

357

Vgl. Homburg, Klarmann (2006), S. 736.

358

Vgl. Hoogland, Boomsma (1998), S. 359 ff.

128

Methodik der Datenauswertung

Satorra-Bentler-Korrektur359 die besten Eigenschaften aufweisen.360 Sind die vorbereitenden Analyseschritte abgeschlossen, kann die Schätzung nach dem Two-Step Approach durchgeführt werden. Ergänzend zu den bisherigen Ausführungen sollte der Vollständigkeit halber noch auf zwei Aspekte hingewiesen werden. Zum einen sollte zunächst auf Plausibilität der Schätzung geprüft werden, bevor die in Abschnitt 4.2.2 geschilderten Evaluationskriterien zum Einsatz kommen. Diese „preliminary fit criteria“ umfassen nach Bagozzi, Yi (1988) u. a. das Überprüfen auf negative Fehlervarianzen, Korrelationen größer als 1,0 oder sehr große Standardfehler.361 Zum anderen ist es möglich, dass auf Basis globaler oder lokaler Gütemaße unbefriedigende Schätzergebnisse identifiziert werden. Hinweise auf die mögliche Notwendigkeit einer Modellmodifikation liefern vor allem die standardisierten (normalisierten) Residuen und die Modifikationsindizes.362 Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass eine Modellmodifikation auf Basis dieser Kriterien nur dann erfolgen sollte, wenn sich diese theoretisch begründen lässt. Aus diesen methodischen Überlegungen heraus wird für die Datenauswertung das in Abbildung 4.3 dargestellte Ablaufschema entwickelt. Dieses Vorgehen berücksichtigt den geschilderten Two-Step Approach, nach dem zunächst eine separate Schätzung des Messmodells und dann des Gesamtmodells erfolgt. Darüber hinaus kommt mit der Analyse der Wirkungen der extrinsischen Produktmerkmale (Manipulationen) auf die relevanten Konstrukte ein weiterer Aspekt hinzu, den es im Prüfschema zu berücksichtigen gilt. Diese Analyse wird nach der Beurteilung der Strukturmodelle vorgenommen. Im weiteren Verlauf folgt dann die Schätzung von Teilmodellen mit dem Ziel, die Detailanalyse der Wirkung der extrinsischen Produktmerkmale vorzunehmen.

359

Vgl. Satorra, Bentler (1991); Satorra, Bentler (1994); Satorra, Bentler (2001).

360

Vgl. West, Finch, Curran (1995); Hu, Bentler, Kano (1992).

361

Vgl. Bagozzi, Yi (1988), S. 82.

362

Vgl. ausführlich Bagozzi, Baumgartner (1994), S. 405 ff.

Konfirmatorische Faktorenanalyse

Strukturgleichungsmodelle als Methode der empirischen Analyse

Erfahrungsgut-Sample

Suchgut-Sample

Vorbereitende Analyseschritte

Vorbereitende Analyseschritte

Beurteilung Messmodell

Beurteilung Messmodell

- Plausibilität der Schätzung - globale Gütemaße - Reliabilität - Konvergenzvalidität - Diskriminanzvalidität

- Plausibilität der Schätzung - globale Gütemaße - Reliabilität - Konvergenzvalidität - Diskriminanzvalidität

Überprüfung Invarianz der Messmodelle

Mehrgruppenkausalanalyse

Beurteilung Gesamtmodell ohne Restriktionen anhand globaler Gütemaße

Beurteilung Strukturmodell

Beurteilung Strukturmodell

- Signifikanz und Richtung der (standard.) Pfadkoeffizienten - quadrierte multiple Korrelationen

- Signifikanz und Richtung der (standard.) Pfadkoeffizienten - quadrierte multiple Korrelationen

Untersuchung der Wirkung der extrinsischen Produktmerkmale 2 Beurteilung (Teil)Modelle mit Restriktionen über P -Differenztest

Abbildung 4.3: Ablauf der empirischen Auswertung

129

5 Ergebnisse der empirischen Untersuchung

5.1 Festlegung des Versuchsaufbaus Die empirische Überprüfung von Hypothesen findet häufig im Rahmen von Experimenten statt. Ein wissenschaftliches Experiment ist dadurch gekennzeichnet, dass eine oder mehrere unabhängige Variablen planmäßig variiert und deren Wirkung auf eine oder mehrere abhängige Variablen unter Kontrolle bzw. Ausschluss von Störgrößen analysiert werden.363 Bei der Konzeption von Experimenten sind nach Koschate (2002) verschiedene Entscheidungen zu treffen. Diese beziehen sich im Wesentlichen auf die Operationalisierung der Variablen, den Versuchsplan und das Untersuchungsumfeld.364 Wie bereits deutlich geworden ist, sollen die Konstrukte des erweiterten Perceived-ValueModells über mehrere Indikatoren operationalisiert werden. Die Gütebeurteilung dieser Operationalisierung kann – wie in Abschnitt 4.2.2.2 aufgezeigt – anhand der Reliabilität und Validität erfolgen. Den unabhängigen Variablen, also den experimentellen Manipulationen, wurden die Ausprägungen „vorhanden/nicht vorhanden“ bei der GzG, 363

Vgl. Aaker, Kumar, Day (2004), S. 341; Koschate (2002), S. 116.

364

Vgl. hier und im Folgenden Koschate (2002), S. 120 ff. Koschate führt zusätzlich noch die Technik zur Kontrolle von Störvariablen als Entscheidungsmerkmal auf. Die diesbezügliche Entscheidung ist jedoch in Kombination mit dem Versuchsplan zu treffen und wird daher hier nicht gesondert betrachtet. Vgl. Koschate (2002), S. 126.

132

Ergebnisse der empirischen Untersuchung

„gut/schlecht“ bei der Reputation bzw. Marke und „hoch/niedrig“ bei dem Preis zugewiesen. Die Kontrolle der Operationalisierung erfolgt über sogenannte Manipulation-Checks. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass die vorgesehenen Stufen der unabhängigen Variablen in der Praxis tatsächlich realisiert sind und insofern davon ausgegangen werden kann, dass die Veränderung der abhängigen Variablen auf die unterschiedlichen Faktorstufen der unabhängigen Variablen zurückzuführen sind.365 Bei der Wahl des Versuchsplans sind insbesondere experimentelle Designs zu beachten, da sie die rigoroseste Überprüfung von Kausalhypothesen erlauben.366 Bei experimentellen Untersuchungen werden die Probanden per Zufall in Gruppen aufgeteilt (Randomisierung), bei quasi-experimentellen Untersuchungen arbeitet man mit natürlichen Gruppen.367 Bei quasi-experimentellen Untersuchungen kann folglich nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Gruppen nicht nur in Bezug auf die unabhängigen Variablen, sondern auch hinsichtlich weiterer Merkmale systematisch unterscheiden. Dies führt zu einer geringeren internen Validität als bei experimentellen Designs. Kennzeichen eines „Between-Subjects-Designs“ ist, dass jede Person die experimentelle Befragung nur ein Mal durchläuft.368 Diese Befragungsform ist insbesondere geeignet, wenn die isolierte Reaktion von Probanden auf einen Stimulus untersucht werden soll. Im Rahmen von „Within-Subjects-Designs“ können hingegen Verzerrungseffekte entstehen, da ein Proband die experimentelle Untersuchung mehrfach durchläuft. Es muss also in der vorliegenden Untersuchung ausgeschlossen werden, dass eine Versuchsperson beispielsweise den Preis eines Stimulus nur deshalb als besonders niedrig ansieht, weil ein zuvor präsentierter Stimulus einen hohen Preis beinhaltet hat. Während sich die Auswahl des Versuchsplans im Wesentlichen auf den Aspekt der inter365

Vgl. Bortz, Döring (2002), S. 118 f.

366

Vgl. Koschate (2002), S. 126 ff. Hier ist auch ein umfangreicher Überblick über weitere Versuchspläne enthalten.

367

Vgl. hier und im Folgenden Bortz, Döring (2002), S. 58. Durch die Randomisierung können bei experimentellen Untersuchungen personenbezogene Störfaktoren neutralisiert werden.

368

Vgl. hier und im Folgenden Koschate (2002), S. 127. Unterschiede in den abhängigen Variablen sind daher als Unterschiede zwischen den Gruppen von Versuchsteilnehmern zu interpretieren.

Festlegung des Versuchsaufbaus

133

nen Validität eines Experimentes bezieht, adressiert die Wahl des Untersuchungsumfelds auch die externe Validität.369 Hier lassen sich grundsätzlich Labor- und Feldexperimente unterscheiden. Laborexperimente finden in einer speziell für das Experiment geschaffenen Umgebung statt, Feldexperimente werden hingegen in der Alltagsumgebung der Probanden durchgeführt. Während Felduntersuchungen aufgrund der natürlichen Umgebung, in der die Untersuchung stattfindet, eine höhere externe Validität zugewiesen wird, besteht ein zentraler Vorteil von Laborexperimenten in der hohen internen Validität. Durch die Kontrolle von Störgrößen kann mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass sich die Veränderung in den abhängigen Variablen auf die manipulative Variation der unabhängigen Variablen zurückführen lässt.370 Da die Untersuchung solcher Wirkungszusammenhänge im Mittelpunkt der vorliegenden Untersuchung steht, wird hier das Laborexperiment als geeignetes Untersuchungsumfeld angesehen. Abschließend muss das Befragungsmedium festgelegt werden. Hier bietet sich aus verschiedenen Überlegungen heraus das Internet an. Entscheidende Vorteile des Internets als Befragungsmedium sind darin zu sehen, dass keine Interviewerkosten anfallen und die Rekrutierung einer hohen Teilnehmerzahl innerhalb vergleichsweise kurzer Zeiträume möglich ist.371 Die Anonymität der Befragung reduziert zudem die Wahrscheinlichkeit künstlicher Ergebnisse, die auf sogenannte Versuchsleiter-Artefakte zurückzuführen sind.372 Durch eine gezielte Aufmerksamkeitssteuerung z. B. in ausgewählten Internetforen ist es zudem möglich, die Stichprobe in qualitativer Hinsicht zu verbessern. Abschließend bleibt festzuhalten, dass für die vorliegende Untersuchung ein internetbasiertes Laborexperiment mit einem Between-Subjects Design eine geeignete Untersuchungsmethode darstellt. 369

Für eine Unterscheidung der Begriffe sowie im Folgenden vgl. Bortz, Döring (2002), S. 57.

370

Vgl. Petty, Cacioppo (1996), S. 4.

371

Vgl. Berekoven, Eckert, Ellenrieder (2004), S. 115.

372

Vgl. Bortz, Döring (2002), S. 86; Paulhus (1984), S. 605. Auf der Startseite der Befragung wurde zugesichert, dass sämtliche Daten ausschließlich zu wissenschaftlichen Zwecken verwendet, vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben werden, siehe Abbildung C.1 im Anhang.

134

Ergebnisse der empirischen Untersuchung

5.2 Konzeption und Durchführung des Experiments 5.2.1 Bestimmung des konkreten Untersuchungsdesigns 5.2.1.1 Pretest zur Festlegung der Stimuli

Wie im vorangegangenen Kapitel deutlich geworden ist, müssen bei der Konzeption der Untersuchung sowohl die abhängigen als auch die unabhängigen Variablen operationalisiert werden. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit soll die Wirkung der unabhängigen Variablen (Manipulationen) GzG, Marke und Preis auf bestimmte Konstrukte überprüft werden. Zusätzlich soll überprüft werden, ob diese Wirkung von der Produktart („Erfahrungs- vs. Suchgut“) abhängt. Um mögliche Störgrößen schon im Vorfeld der Untersuchung zu vermeiden, ist bei der konkreten Ausgestaltung der Stimuli dafür Sorge zu tragen, dass • Produkte ausgewählt werden, die aus Sicht der Probanden tatsächlich einen hohen Anteil an Erfahrungs- bzw. Sucheigenschaften aufweisen, • darüber hinaus die Ausprägungen der Manipulation Marke tatsächlich als „gute“ bzw. „schlechte“ Reputation im Hinblick auf die Produktkategorie, • die Ausprägungen der Manipulation Preis als „hoch“ bzw. „niedrig“ und • die Ausgestaltung der Manipulation GzG als glaubwürdig wahrgenommen werden. Aus diesem Grund wurden 74 Personen im Rahmen eines Pretests befragt.373 Die Probanden wurden in einer Internetbefragung gebeten, insgesamt sechs Produkte bzw. Produktkategorien hinsichtlich verschiedener Kriterien zu bewerten. Die sechs Produkte wurden so ausgewählt, dass sie zum einen aus Produkten mit einem vermutet hohen 373

Soziodemographische Merkmale der Stichprobe im Pretest: Geschlecht : 27,0% weiblich, 73,0% männlich; Durchschnittsalter : 28,8 Jahre; Beruf : 31,1% Student/in, 56,8% Angestellte/r, 5,4% Selbständige/r, 6,8% Sonstiges.

Konzeption und Durchführung des Experiments

135

Anteil an Erfahrungseigenschaften und zum anderen aus Produkten mit einem vermutet hohen Anteil an Sucheigenschaften bestanden. Für die Auswahl wurden bereits durchgeführte empirische Untersuchungen zu diesem Themenkomplex herangezogen.374 Die untersuchten Produktkategorien waren folglich Notebooks, Laserdrucker, Digitalkameras, DVD-Festplattenrekorder, Lauf-/Joggingschuhe und probiotische Joghurts. In einem ersten Schritt wurden die Probanden gefragt, inwieweit sie sich in der Lage sehen, die Qualität der Produkte bereits vor dem Kauf durch geeignete Informationsmaßnahmen möglichst objektiv beurteilen zu können, oder ob eine Qualitätsbeurteilung erst nach dem Kauf möglich ist. Hierüber kann der den Produkten zugewiesene Anteil an Erfahrungs- bzw. Sucheigenschaften approximiert werden.375 Darüber hinaus wurden in Anlehnung an relevante empirische Studien376 sowie im Rahmen von inhaltlichen Überlegungen bestimmte Anforderungen an die Produkte hinsichtlich des Involvements, der Produktkenntnis sowie der wahrgenommenen Qualitäts- und Preisunterschiede gestellt. So sollte insbesondere auf folgende Aspekte geachtet werden: • Es sollte über alle Probanden zumindest eine moderate Produktkenntnis vorliegen. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass die Fähigkeit zur Informationsbeurteilung (auch) auf die Eigenschaft des Gutes zurückzuführen ist. Nichtsdestotrotz sollte die Produktkenntnis eine gewisse Streuung aufweisen, da die Rolle der Produktkenntnis gesondert untersucht wird. • Die Produkte müssen aus Sicht der Probanden eine gewisse „Relevanz“ aufweisen. Hierüber sollte ausgeschlossen werden, dass durch ein zu geringes Involvement die Motivation zur Qualitätsbeurteilung fehlt.377 374

Vgl. Arnthorsson, Berry, Urbany (1991); Animesh, Ramachandran, Viswanathan (2006); Weiber, Adler (1995a); Weiber, Adler (1995c). Bei der Wahl der Produkte wurde zusätzlich darauf geachtet, dass für diese in der Praxis möglichst schon einmal eine GzG angeboten wurde.

375

Vgl. Weiber, Adler (1995c), S. 106.

376

Vgl. Chang, Wildt (1994); Dodds, Monroe, Grewal (1991); Völckner (2006).

377

Siehe Abschnitt 3.2.1.1.

136

Ergebnisse der empirischen Untersuchung

• Die wahrgenommene Qualitäts- bzw. Preisstreuung, die von den Probanden allgemein in der Produktkategorie angenommen wird, muss ausreichend hoch sein, da ansonsten die Wirkung der Manipulationen auf die Konstrukte Qualität und Preis von vornherein als gering einzuschätzen ist. Abbildung 5.1 stellt den Profilverlauf hinsichtlich der abgefragten Kriterien für jedes Produkt dar.

Zeitpunkt Qualitätsbeurteilung*

Produktkenntnis

Involvement wahrgenommene Qualitätsunterschiede wahrgenommene Preisunterschiede

1

2

3

4

5

6

Notebook

Laserdrucker

Digitalkamera

DVD-Recorder

Joggingschuhe

probiot. Joghurt

7

Anmerkungen. *Die Beurteilung des Zeitpunkts der Qualitätsbeurteilung wurde auf einer 7er-RatingSkala von 1 = „im Wesentlichen vor dem Kauf“ bis 7 = „im Wesentlichen nach dem Kauf“ vorgenommen. Ansonsten bedeutet ein höherer Wert eine höhere Ausprägung bei dem entsprechenden Kriterium. Das Involvement wurde über die drei Indikatoren von van Trijp, Hoyer, Inman (1996) gemessen. Aus Vereinfachungsgründen wird das Involvement als Mittelwert der drei Indikatoren dargestellt.

Abbildung 5.1: Profilverlauf der überprüften Produkte

Für die Festlegung der konkreten Ausgestaltung der Manipulationen wurde zunächst für jedes Produkt ein gängiges Referenzprodukt ausgewählt. Die Auswahl von „typischen“ Produktmerkmalen erfolgte mit Hilfe einer speziellen Internetsuchmaschine, die eine Analyse der gängigsten Produktmerkmale in einer bestimmten Produktkategorie

Konzeption und Durchführung des Experiments

137

erlaubt.378 Für das definierte Referenzprodukt wurden die Probanden in jeder Produktkategorie nach einer Einschätzung des durchschnittlichen Marktpreises gefragt. Hierüber sollte zum einen ein gewisses Maß an Preiskenntnis sichergestellt werden, zum anderen diente der so ermittelte durchschnittliche Preis als Ankerpunkt für die Preisausprägung „hoch“ bzw. „niedrig“. Analog wurde mit Blick auf die Reputation je Produkt eine Einschätzung zu vier Marken abgefragt, um die wahrgenommene Reputation dieser Marken in der jeweiligen Produktkategorie bestimmen zu können. Die Marken wurden durch die Analyse von Testberichten im Internet so ausgewählt, dass je Produktkategorie zwei Marken mit vermutet hoher und zwei Marken mit vermutet niedriger Reputation berücksichtigt wurden. Die GzG sollte so ausgestaltet werden, dass sie keine einschränkenden Bedingungen enthält, die die Glaubwürdigkeit beeinträchtigen könnten. Die Dauer der GzG sollte weder als unglaubwürdig lang noch als unglaubwürdig kurz angesehen wurde. Um dies sicherzustellen, wurde nach dem durchschnittlich wahrgenommenen Garantiezeitraum einer GzG gefragt. Aus Abbildung 5.1 wird deutlich, dass – unter Berücksichtigung der aufgeführten Kriterien – nur Laufschuhe als Gut mit einem hohen Anteil an Erfahrungseigenschaften in Frage kommt, da das Produkt probiotischer Joghurt bei den Kriterien Produktkenntnis, Involvement und wahrgenommene Qualitäts- bzw. Preisunterschiede zu geringe Werte aufweist. Ausgehend von den ermittelten Ergebnissen wurde als Marke mit „guter“ bzw. „schlechter“ Reputation „adidas“ bzw. „FILA“ ausgewählt.379 Als „hoher“ bzw. „niedriger“ Preis wurde 169 e bzw. 69 e festgesetzt.380 Als Suchgut kamen vor allem Notebooks und Digitalkameras in Frage. Bei Notebooks bestand die Schwierigkeit darin, dass selbst die Marke mit der geringsten wahrgenommenen Reputation („LG Electronics“) immer noch als überdurchschnittlich eingestuft 378

Als Suchmaschine wurde www.idealo.de genutzt.

379

Die Mittelwerte (Standardabweichungen) betrugen auf einer 7er-Skala 6,08 (1,03) für adidas und 3,34 (1,49) für FILA. Der Mittelwertunterschied ist signifikant mit p < 0,01.

380

Die Preise für die Produkte wurden folgendermaßen berechnet: Median ± 1,5 mal die Standardabweichung. Ausgehend von diesem Wert wurde auf in der Praxis „gängige“ Preise auf- bzw. abgerundet.

138

Ergebnisse der empirischen Untersuchung

wurde. Die Manipulation der Marke hätte daher wahrscheinlich nicht die gewünschten Unterschiede zwischen den Ausprägungen hervorgerufen. Aus diesem Grund wurden Digitalkameras als Produkt mit einem hohen Anteil an Sucheigenschaften ausgewählt. Als Ausprägungen für die Marke wurden „Olympus“ (hohe Reputation) bzw. „Praktica“ (niedrige Reputation) ausgewählt.381 Die Preise wurden analog zum Vorgehen bei den Laufschuhen auf 289 e („hoch“) bzw. 149 e („niedrig“) festgesetzt. Abschließend wurde die Dauer der GzG auf 30 Tage festgesetzt.382

5.2.1.2 Operationalisierung der latenten Konstrukte In Kapitel 3 wurden die für die Untersuchung relevanten Variablen Qualität, monetäres Opfer, ökonomischer Wert, emotionaler Wert und Kaufabsicht hergeleitet und in einem erweiterten Perceived-Value-Modell zusammengeführt. Bei diesen Variablen handelt es sich um theoretische Konstrukte, die sich einer direkten Messung entziehen.383 In Abschnitt 4.2.1 wurde herausgestellt, dass diese Konstrukte über Indikatoren operationalisiert, also messbar gemacht werden müssen. Dabei empfiehlt sich zur möglichst genauen Abbildung eines Konstruktes nach Bagozzi, Baumgartner (1994) in der Regel ein Messinstrument, das sich aus mehreren Indikatoren zusammen setzt („Multiple-itemMessung“).384 Bei der Spezifikation des Messmodells ist zunächst eine Messphilosophie festzulegen. Hier unterscheidet man grundsätzlich zwischen reflektiven und formativen Messmodellen. Bei 381

Mittelwerte (Standardabweichungen): Olympus: 5,64 (1,08); Praktica: 2,77 (1,26). Der Mittelwertunterschied ist signifikant mit p < 0,01.

382

Der Garantiezeitraum von 30 Tagen wurde im Rahmen einer offen Abfrage nach einer Dauer von 14 Tagen am zweithäufigsten angegeben. Die Dauer von 30 Tagen entspricht zudem einer gängigen Laufzeit in den entsprechenden Produktkategorien. So bot adidas für Laufschuhe beispielsweise eine GzG mit einem Garantiezeitraum von 28 Tagen und Nescafé für eine Espressomaschine von 30 Tagen an.

383

Unter einem theoretischen Konstrukt versteht man, „[...] an abstract entity which represents the ’true’, nonoberservable state or nature of a phenomen“, Bagozzi, Fornell (1982), S. 24.

384

Vgl. auch Kapitel 4.2.1. Bergkvist, Rossiter (2007) weisen allerdings darauf hin, dass unter bestimmten Bedingungen sogenannte „Single-item-Messungen“ geeigneter sind.

Konzeption und Durchführung des Experiments

139

einem reflektiven Messmodell werden die Ausprägungen der einzelnen Indikatoren als messfehlerbehafteter Effekt der zu Grunde liegenden latenten Variable spezifiziert.385 Latente Faktoren und Messfehler werden insofern als Ursache, Indikatoren hingegen als Wirkung spezifiziert. Bei formativen Messmodellen ist die Wirkungsrichtung umgekehrt, die Indikatoren stellen die Ursache, die latenten Variablen die Wirkung dar.386 Die Berücksichtigung von Messfehlern stellt einen wesentlichen Vorteil von reflektiven Messmodellen dar. Balderjahn (2003) stellt darüber hinaus fest, dass bei der Spezifikation eines Messmodells bedacht werden muss, dass nur in reflektiven Modellen den Konstrukten eine von den Indikatoren unabhängige Bedeutung zukommt und nur bei diesen Messmodellen alternative Operationalisierungen der latenten Variablen möglich sind.387 Allerdings bleibt anzumerken, dass die Entscheidung für oder gegen ein bestimmtes Messmodell nicht allein aus methodischen, sondern primär aus inhaltlichen Gesichtspunkten heraus getroffen werden sollte. Rossiter (2002) stellt hierzu eine allgemeine Prozedur zur Konstruktspezifikation bereit.388 Hat man die Messphilosophie festgelegt, besteht ein wichtige Frage darin, aus welcher Quelle die Indikatoren bzw. Messmodelle generiert werden sollen. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, neue Messmodelle zu entwickeln oder auf bereits existierende Modelle zurückzugreifen. Homburg, Klarmann (2006) fordern, dass langfristig für zentrale Konstrukte der betriebswirtschaftlichen Forschung standardisierte und sauber hergeleitete Messmodelle vorliegen und verwendet werden sollten.389 Hierbei stellen sie in Anlehnung an Ping (2004) heraus, dass derzeit etablierte Skalen bei der Entwicklung des Messmodells zu berücksichtigen sind, diese allerdings nicht unreflektiert übernommen werden sollten.

385

Vgl. Homburg, Klarmann (2006), S. 730.

386

Vgl. Scholderer, Balderjahn, Paulssen (2006), S. 641.

387

Vgl. Balderjahn (2003), S. 130.

388

Dies ist die C-OAR-SE Prozedur, vgl. Rossiter (2002).

389

Vgl. Homburg, Klarmann (2006), S. 732.

140

Ergebnisse der empirischen Untersuchung

In der vorliegenden Untersuchung handelt es sich um Konstrukte, die vielfach in verschiedenen Studien operationalisiert und überprüft wurden. Insofern wurde auf bereits vorhandene bzw. etablierte Messmodelle zurückgegriffen. Dabei wurde allerdings darauf geachtet, dass die übernommenen Skalen aus Untersuchungen mit vergleichbarer inhaltlicher Ausrichtung stammten. Es handelt sich ausschließlich um reflektive Messmodelle.390 Tabelle 5.1 liefert einen zusammenfassenden Überblick über die verwendeten Skalen.391 Art

Bezeichnung

Konstrukte

Qualität monetäres Opfer ökonomischer Wert emotionaler Wert Kaufabsicht

Anzahl Items

Quelle

3 3 3 5 3

Bearden, Carlson, Hardesty (2003) Suri, Monroe (2003) Suri, Monroe (2003) Sweeney, Soutar (2001) Grewal, Monroe, Krishnan (1998)

Tabelle 5.1: Quellen der verwendeten Indikatoren

5.2.2 Durchführung des Experiments im Internet 5.2.2.1 Gestaltung des Experiments In Abschnitt 5.2.1 wurde die Operationalisierung der unabhängigen Variablen und der abhängigen Variablen beschrieben. Die Konkretisierung der abhängigen Variablen ist dabei für die Ausgestaltung des Fragenkatalogs, die der unabhängigen Variablen für die Ausgestaltung der Stimuli essenziell. 390

Bei bereits feststehenden Indikatoren stellen Jarvis, MacKenzie, Podsakoff (2003) eine Reihe von Kriterien bereit, die Hinweise geben, ob es sich um formative oder reflektive Messmodelle handelt. Aufgrund der Tatsache, dass dem Kriterium der Richtung der Kausalität eine besondere Bedeutung zukommt, stellen Homburg, Klarmann (2006), S. 731, in Anlehnung an Edwards, Bagozzi (2000) jedoch fest, dass die Wahl der Form eines Messmodells immer stark subjektiv geprägt ist. Da es sich hier um mehrfach überprüfte Messmodelle handelt, wird in der vorliegenden Untersuchung auf eine Überprüfung der Messphilosophie anhand des Kriterienkatalogs von Jarvis, MacKenzie, Podsakoff (2003) verzichtet.

391

Der genaue Wortlaut der Skalen ist in den Abbildungen C.2 und C.3 im Anhang enthalten.

Konzeption und Durchführung des Experiments

141

Bei der Ausgestaltung der Stimuli muss beachtet werden, dass bisher nur extrinsische Produktmerkmale berücksichtigt wurden. In Abschnitt 3.2.1.1 wurde jedoch beschrieben, dass eine Produktbeurteilung auf Basis von extrinsischen und intrinsischen Merkmalen erfolgt. Hierbei wurde herausgestellt, dass extrinsische Merkmale insbesondere dann zur Produktbeurteilung herangezogen werden, wenn zur Beurteilung der intrinsischen Merkmale die Motivation und/oder Fähigkeit fehlt. Letzteres ist bei Gütern mit einem hohen Anteil an Erfahrungseigenschaften der Fall. Um einen Vergleich zu ermöglichen, wurde im Pretest je ein Erfahrungs- bzw. Suchgut (Laufschuhe bzw. Digitalkamera) mit entsprechenden extrinsischen Produktmerkmalen identifiziert. Die Auswahl der intrinsischen Produktmerkmale erfolgte über eine Analyse von Werbeanzeigen in Printmedien sowie im Internet. Hierbei wurde identifiziert, welches die Produktmerkmale waren, die am häufigsten in Werbeanzeigen für Laufschuhe bzw. Digitalkameras aufgeführt wurden. Zusätzlich wurde darauf geachtet, dass das endgültige Produkt möglichst genau mit dem im Pretest abgefragten Referenzprodukt übereinstimmte, da hierfür bereits eine ausreichende Preiskenntnis ermittelt wurde.392 Abschließend sollte es sich bei den Produkten um ein „gängiges“ Produkt handeln, das weder zu umfangreiche Ausstattungsmerkmale noch (technische) Merkmale enthielt, die nicht mehr dem derzeitigen Standard in der Produktklasse entsprechen und somit K.O.-Kriterien aus Sicht der Probanden hätten darstellen können. Die in der Befragung einzusetzenden Stimuli sollten möglichst realitätsnah gestaltet werden. Daher wurden die Werbeanzeigen von einem professionellen Grafikdesigner entwickelt. Hierbei sollten folgende Aspekte sichergestellt werden: • Es sollten keine zu bekannten Produkte der jeweiligen Marke ausgewählt werden. Bei bereits am Markt etablierten Produkten ist insbesondere bei Probanden mit einer hohen Produktkenntnis damit zu rechnen, dass diese den Verkaufspreis der Produkte kennen und die Manipulation des Preises nicht wirkt. 392

Vgl. Abschnitt 5.2.1.1.

142

Ergebnisse der empirischen Untersuchung

• Das Design der Produkte sollte möglichst neutral wirken. Es musste zum einen sichergestellt werden, dass die Produkte kein zu „futuristisches“ Design aufweisen, das bei einigen Probanden einen negativen Einfluss auf die Produktbewertung haben könnte. Zum anderen durfte das Design nicht zu „einfach“ wirken, so dass auch ein hoher Verkaufspreis gerechtfertigt erscheint. • Um die Manipulation der Marke sicherzustellen, mussten sich die Produkte in Bezug auf die Markierung unterscheiden. Sofern je Marke ein reales Produkt ausgewählt wird, kann das unterschiedliche Design zu Verzerrungen bei der Produktbeurteilung führen. Um diese Effekte auszuschließen, wurde ein (gemeinsames) Ausgangsprodukt, das oben beschriebenen Anforderungen entsprach, ausgewählt und mit einem professionellen Grafikprogramm im Hinblick auf die Markierung bearbeitet. Wie in Abschnitt 5.2.1.1 bereits deutlich geworden ist, liegt der Untersuchung insgesamt ein 2 × 2 × 2 × 2-Design zu Grunde. Folglich ergeben sich für die Untersuchung 16 verschiedene Werbeanzeigen. Diese enthalten als Produkt entweder Laufschuhe oder Digitalkameras, die jeweils durch die Merkmale GzG (vorhanden/nicht vorhanden), Marke (hohe/niedrige Reputation) sowie Preis (hoch/niedrig) spezifiziert sind. Darüber hinaus werden die gängigen (intrinsischen) Produktmerkmale angegeben. Abbildung 5.2 enthält zwei beispielhafte Werbeanzeigen.393 Die Umfrage fand in der Zeit vom 17. Oktober bis 19. November 2007 statt. Für die Befragung wurde eine eigene Internetpräsenz entwickelt. Um die Seriosität der Umfrage sicherzustellen, wurde auf der Startseite darauf hingewiesen, dass es sich um eine wissenschaftliche Umfrage des Instituts für Anlagen und Systemtechnologien im Marketing Centrum Münster handelt.394 Es wurde bewusst ein neutraler Titel für die Umfrage gewählt, um die Probanden nicht schon im Vorfeld für bestimmte Aspekte zu sensibilisie393

Sämtliche Stimuli sind in Abbildung C.5 und C.6 im Anhang aufgeführt.

394

Die Startseite der Befragung ist in Abbildung C.1 im Anhang dargestellt.

Konzeption und Durchführung des Experiments

143

(a) Beispielhafte Werbeanzeige für Laufschuhe

(b) Beispielhafte Werbeanzeige für Digitalkameras

Abbildung 5.2: Beispielhafte Werbeanzeigen

ren. Sofern sich eine Person zur Teilnahme entschlossen hat, wurde dieser zunächst eine der 16 Werbeanzeigen präsentiert. Die Zuweisung der Werbeanzeigen erfolgte hierbei per Zufallsauswahl durch ein in das Umfrageportal integriertes Programm.395 Im Anschluss musste ein Fragebogen beantwortet werden. Der Fragebogen war dahingehend standardisiert, dass zwar immer die gleichen Fragen beantwortet werden mussten, diese 395

Zur Randomisierung vgl. auch Kapitel 5.1.

144

Ergebnisse der empirischen Untersuchung

jedoch hinsichtlich der Formulierung an das jeweilige Produkt und die zur Werbeanzeige passenden Marken bzw. Preise angepasst wurden.396 Um möglichst viele Teilnehmer für die Umfrage zu gewinnen, wurde eine umfangreiche Werbeaktion via E-Mail und Internet durchgeführt. Neben der Verbreitung über zahlreiche E-Mail-Verteiler wurden Banner auf Internetseiten geschaltet und Web-Links in Internetforen platziert. Hierbei wurde darauf geachtet, dass sowohl im Hinblick auf Beruf und Altersstruktur sowie im Hinblick auf die potenzielle Produktkenntnis eine breite Zielgruppe angesprochen wurde. Zur extrinsischen Motivierung wurden unter allen vollständig ausgefüllten Fragebögen Preise im Gesamtwert von über 3.000 e verlost, um der allgemeinen Erwartung einer gewissen Kompensation für die entstehenden Opportunitätskosten zu entsprechen.397 Darüber hinaus wurde ein „Weiterempfehlungspreis“ für die Person ausgelobt, die die meisten Probanden auf die Umfrage aufmerksam gemacht hat.398 Hierdurch sollte die Umfrage noch breiter gestreut werden und sich eine Dynamik hinsichtlich der Verbreitung entwickeln.

5.2.2.2 Beschreibung der Stichprobe Im Hinblick auf die Stichprobe sind Anforderungen in quantitativer und qualitativer Hinsicht zu beachten. Auf der einen Seite besteht das Ziel in quantitativer Hinsicht darin, eine möglichst hohe Fallzahl zu generieren. Neben der Tatsache, dass mit einer steigenden Stichprobengröße verlässlichere Aussagen im Hinblick auf die Stabilität der Ergebnisse getroffen werden können, stellt das in der Untersuchung verwendete Verfahren bestimmte Anforderungen an die Mindestzahl an Fällen.399 396

Der Fragebogen ist in den Abbildungen C.2, C.3 und C.4 im Anhang aufgeführt.

397

Vgl. Lütters (2004), S. 149 f. Theobald (2001), hat in einer Studie nachgewiesen, dass eine Incentivierung zu keinen Ergebnisverzerrungen führt. Die erforderliche Angabe der E-Mail-Adresse stellt gleichzeitig ein Kontrollinstrument für mehrfach ausgefüllte Fragebögen dar.

398

Hierfür konnte am Ende des Fragebogens die E-Mail-Adresse der Person, von der man den Web-Link für die Umfrage erhalten hat, angegeben werden.

399

Vgl. Abschnitt 5.3.1.

Konzeption und Durchführung des Experiments

145

Auf der anderen Seite muss in qualitativer Hinsicht das Ziel einer systematischen Teilerhebung darin bestehen, über die aktuellen Untersuchungsfälle hinaus zu Aussagen über die Gesamtheit der möglichen Fälle zu kommen.400 Zu diesem Zweck muss die Auswahl ein im Hinblick auf alle interessierenden Merkmale verkleinertes Abbild der Grundgesamtheit darstellen.401 Es besteht allerdings das Problem, dass aufgrund nicht existenter Listen und Verzeichnisse die Grundgesamtheit der aktuellen und potenziellen Käufer von Laufschuhen bzw. Digitalkameras nicht klar abgegrenzt werden kann und entsprechend auch keine Zufallsstichprobe gezogen werden kann. Daher kann die Auswahl der Befragten in der vorliegenden Untersuchung nur über eine Selbstselektion der Probanden erfolgen. Aus den bereits genannten Gründen wurde hierfür das Internet als Befragungsmedium gewählt. In diesem Fall bleibt die Möglichkeit, über Aufmerksamkeitssteuerung Einfluss auf die Zusammensetzung der Befragten zu nehmen.402 Um aktuelle und potenzielle Nutzer von Laufschuhen bzw. Digitalkameras zu erreichen, wurde sowohl in allgemeinen Internetforen als auch in produktspezifischen Laufschuh- bzw. Digitalkameraforen auf die Umfrage aufmerksam gemacht. Insgesamt sind 2.814 Personen auf die Startseite der Umfrage gelangt. Hiervon haben 2.007 Probanden mit der Bearbeitung des Fragebogens tatsächlich begonnen. 1.796 Fragebögen (89,5%) wurden komplett ausgefüllt. Als verwertbare Fragebögen gingen in die Analyse letztendlich 871 Fragebögen in das Laufschuh-Sample und 863 Fragebögen in das Kamera-Sample ein.403 Hierbei entfielen zwischen 102 und 120 Probanden auf die 16 verschiedenen Werbeanzeigen bzw. Gruppen.404 Es lässt sich festhalten, dass die Größe 400

Vgl. Kromrey (2006), S. 266.

401

Vgl. hier und im Folgenden Hauptmanns, Lander (2001), S. 30 f.

402

Vgl. Hauptmanns, Lander (2001), S. 34.

403

Aufgrund der geringen Abbruchquote und der insgesamt sehr hohen Fallzahl wurden nur vollständig ausgefüllte Fragebögen in die Analyse aufgenommen. Darüber hinaus wurden die Probanden ausgeschlossen, die eine falsche Angabe beim Manipulation Check der GzG gemacht haben (vgl. nachfolgenden Abschnitt 5.2.2.3). Zusätzlich wurden zwei Probanden ausgeschlossen, die jeweils zwei Mal an der Umfrage teilgenommen haben.

404

Eine Verzerrung der Ergebnisse aufgrund der unterschiedlich besetzten Zellen ist bei diesen geringen Abweichungen nicht zu erwarten, vgl. Hair et al. (2006), S. 409. Eine Gleichbesetzung der Zellen hätte daher möglicherweise zu einem nicht gerechtfertigen Informationsverlust geführt.

146

Ergebnisse der empirischen Untersuchung

der Stichprobe sowohl die Anforderungen in methodischer Hinsicht als auch Stichproben vergleichbarer Untersuchungen bei weitem übersteigt und daher in quantitativer Sicht als sehr gut zu bezeichnen ist. Die soziodemographischen Kriterien weisen darauf hin, dass eine breite Stichprobe in Bezug auf alle aufgeführten Kriterien erreicht wurde. Abbildung 5.3 gibt einen Überblick über die relevanten Soziodemographika für beide Samples. Laufschuh-Sample Geschlecht

Alter über 59-jährig 1,0% 50-59-jährig 14-19-jährig 2,7% 2,5% 40-49-jährig 6,1%

weiblich 46,0%

männlich 54,0%

Beruf Sonstiges 9,4% Selbstständig 5,0%

30-39jährig 20,6% 20-29-jährig 67,1%

Nettoeinkommen

Angestellte/r 41,4%

Student/in 44,2%

> 2.250 € 15,4% 1.501 2.250 € 16,5%

< 750 € 44,5%

751 1.500 € 23,6%

Digitalkamera-Sample Geschlecht

Alter über 59-jährig 1,8% 50-59-jährig 14-19-jährig 2,8% 2,7% 40-49-jährig 6,1%

weiblich 45,5%

männlich 54,5%

30-39jährig 21,5% 20-29-jährig 65,1%

Beruf

Nettoeinkommen

Sonstiges 8,5% Selbstständig 5,0% > 2.250 € 14,5%

Angestellte/r 41,7%

Student/in 44,8%

1.501 2.250 € 17,7%

< 750 € 45,4%

751 1.500 € 22,4%

Abbildung 5.3: Soziodemographische Merkmale der Stichprobe

Die soziodemographische Struktur ist sowohl in beiden Teilstichproben als auch innerhalb der 16 verschiedenen Versuchsgruppen mit geringen Abweichungen wieder zu finden. Ein Vergleich der beiden Samples sowie der Gruppen innerhalb der Samples ist daher ohne stichprobenbedingte Verzerrungen möglich.

Konzeption und Durchführung des Experiments

147

5.2.2.3 Überprüfung der Manipulationen In Kapitel 5.1 wurde darauf hingewiesen, dass die Güte der Operationalisierung der abhängigen und unabhängigen Variablen überprüft werden muss. Während die Gütebeurteilung der Operationalisierung der abhängigen Variablen im Rahmen der Schätzung des SEM im nachfolgenden Kapitel erfolgt, kann die Beurteilung der Operationalisierung der unabhängigen Variablen bereits an dieser Stelle über Manipulation Checks vorgenommen werden. Diese sollen sicherstellen, dass die vorgesehenen Stufen der unabhängigen Variablen in der Praxis tatsächlich realisiert sind und insofern davon ausgegangen werden kann, dass die Veränderung der abhängigen Variablen auf die unterschiedlichen Faktorstufen der unabhängigen Variablen zurückzuführen sind. Aus diesem Grund wurde für jede unabhängige Variable ein Manipulation Check in die Befragung integriert.405 Die GzG wurde in der Studie nur über die Ausprägungen „vorhanden/nicht vorhanden“ operationalisiert. Eine sinnvolle inhaltliche Skala für einen Manipulation Check lässt sich folglich nicht definieren. Daher mussten die Probanden am Ende des Fragebogens lediglich angeben, ob in der Werbeanzeige eine GzG vorhanden war.406 Die übrigen Manipulation Checks wurden aus relevanten Studien generiert. Der Manipulation Check für das Merkmal Marke umfasste in Anlehnung an Purohit, Srivastava (2001) zwei Fragen, für das Merkmal Preis in Anlehnung an Suri, Monroe (2003) eine Frage, die jeweils auf einer 7er-Rating Skala beantwortet werden mussten.407 Die Ergebnisse sind in Tabelle 5.2 zusammengefasst.

405

Auf der Befragungsseite, auf der die Manipulation Checks integriert wurden, war es nicht mehr möglich, sich die Werbeanzeige erneut anzusehen.

406

Alle Probanden, die an dieser Stelle eine falsche Antwort gegeben haben, wurden aus der Untersuchung ausgeschlossen, vgl. Kapitel (5.2.2.2). Bei diesen Probanden war nicht davon auszugehen, dass die Fragen gewissenhaft beantwortet wurden.

407

Die einzelnen Fragen zu den Manipulation Checks sind in Abbildung C.4 im Anhang enthalten.

148 Produkt

Ergebnisse der empirischen Untersuchung Manipulation

Ausprägung

Mittelwert

Marke

adidas FILA

5,47 3,28

432,441***

Preis

169 e 69 e

5,42 2,93

1.183,716***

Marke

Olympus Praktica

4,97 3,20

420,679***

Preis

289 e 149 e

4,64 2,98

583,993***

Laufschuhe

Digitalkamera

F-Wert

Anmerkungen. ***p 0,05. Dies weist auf partielle skalare Invarianz hin. Der Vergleich dieses Modells mit dem Basismodell der konfiguralen Invarianz zeigt darüber hinaus, dass die χ2 -Differenz Δχ2 (17) = 24,85 mit p < 0,10 nicht ganz das geforderte 5%-Signifikanzniveau erfüllt. Da sich aber die Gütemaße nur beim SRMR marginal verschlechtern und ansonstern verbessern (RMSEA) bzw. gleich bleiben (CFI), kann insgesamt von partieller skalarer Invarianz ausgegangen werden.433 Tabelle 5.9 fasst die ermittelten Ergebnisse zusammen.

433

Vgl. Steenkamp, Baumgartner (1998), S. 86. In diesem Zusammenhang haben Cheung, Rensvold (2002) im Rahmen einer Simulationsstudie gezeigt, dass insbesondere die Veränderung des CFI robust ist gegen „Störgrößen“ des Tests wie Stichprobengröße und Modellkomplexität und daher besondere Beachtung erfahren sollte. Die Autoren bestimmen im Rahmen der Studie einen Grenzwert der Veränderung von Δ CFI ≤ –0,01. Hier beträgt die Differenz maximal –0,002. Daher kann die Nullhypothese, dass die Messmodelle invariant sind, nicht verworfen werden, vgl. Cheung, Rensvold (2002), S. 251.

162

Ergebnisse der empirischen Untersuchung χ2 -Differenztest

Anpassungsgüte χ2

df

843,48 867,16 915,75 876,88

218 230 242 235

Modell konfigurale I. volle metrische I. volle skalare I. partielle skalare I.

RMSEA SRMR 0,058 0,057 0,057 0,056

0,042 0,043 0,044 0,044

CFI

Δχ2

Δdf

p

0,972 0,972 0,970 0,972

– 6,93a 49,64a 8,06a

– 12 12 5

– > 0,10 < 0,01 > 0,05

Anmerkungen. I. steht für Invarianz. a Die ausgewiesenen χ2 -Differenzen entsprechen nicht den Differenzen der Werte in der zweiten Spalte, vgl. Abschnitt 5.3.2.2. Darstellung in Anlehnung an Weise (2007).

Tabelle 5.9: Ergebnisse der Invarianzprüfung

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass aufgrund der vorliegenden vollen konfiguralen, vollen metrischen sowie partiellen skalaren Invarianz aussagefähige Gruppenvergleiche durchgeführt werden können, da durch die gegebene Invarianz der Messmodelle ein mögliches Auffinden von Gruppenunterschieden auf „echte“ Differenzen zurückgeführt werden kann.434

5.3.3 Beurteilung des Gesamtmodells Im Rahmen des zweistufigen Ansatzes wurde bisher eine separate Beurteilung der Messmodelle im Rahmen von konfirmatorischen Faktorenanalysen durchgeführt. Dabei konnte gezeigt werden, dass diese sowohl im Hinblick auf Reliabilität und Validität als auch im Hinblick auf die notwendige Invarianz der Messmodelle sämtliche Anforderungen erfüllen und insofern unverändert in die weiteren Analysen eingehen können. Die nächste Stufe sieht die Beurteilung des Gesamtmodells vor. D. h. es wird das gesamte SEM bzw. Kausalmodell geschätzt, das nunmehr nicht nur das Messmodell, sondern auch das Strukturmodell enthält. Im Rahmen der vorgestellten konfirmatorischen Faktorenanalysen wurden bisher Korrelationen zwischen allen Konstrukten unterstellt und daher keine spezifischen Wirkungsbeziehungen berücksichtigt. Abbildung 5.4 enthält die für die Untersuchung spezifizierte Kausalstruktur. 434

Vgl. Abschnitt 4.2.2.2.

Ergebnisse der Hypothesenprüfung

163 g10

X1 GzG

g11

814

X2 Marke

g1

g2

Q_1

Q_2

(12

811

(42

821

824

854

$54

$31

832

mO_1

mO_2

mO_3

g4

g5

g6

$32

g16

g17

KA_1

KA_2

KA_3

815

825

$53

.3

813

g15

ökonom. Wert (03) 823

835

Kaufabsicht (05)

$43

.2

812

844

831

(13

(23

834

.4

Q_3

.1

X3 Preis

g14

emotionaler Wert (04)

g3

Qualität (01)

monetäres Opfer (02) 822

g13

emW_1 emW_2 emW_3 emW_4 emW_5

(41

(11

g12

.5

833

ökW_1

ökW_2

ökW_3

g7

g8

g9

Abbildung 5.4: Spezifizierte Kausalstruktur für die vorliegende Untersuchung

Das so spezifizierte Modell geht in die Mehrgruppenkausalanalyse ein, wobei eine Gruppe durch das Laufschuh-Sample und eine Gruppe durch das Digitalkamera-Sample repräsentiert wird. Diese wird erneut mit dem MLR-Schätzer in Mplus 5 durchgeführt. Beide Samples werden zunächst simultan ohne Restriktionen für bestimmte Parameter geschätzt. Auf diese Weise werden zwar gemeinsame Gütemaße für das MehrgruppenModell ausgegeben, bei einer Schätzung ohne Restriktionen entsprechen die Parameterschätzungen allerdings denen einer separaten Schätzung. Daher erfolgt die Analyse des Strukturmodells in den nachfolgenden Kapiteln für jedes Sample separat. Es sei noch einmal darauf hingewiesen, dass der Ansatz von Anderson, Gerbing (1988) nicht vorsieht, die im ersten Schritt im Rahmen der konfirmatorischen Faktorenanalyse ermittelten Faktorladungen in die simultane Schätzung des Gesamtmodells einfließen zu lassen bzw. auf diese Werte zu fixieren. Die Faktorladungen werden vielmehr auch in

164

Ergebnisse der empirischen Untersuchung

diesem Schritt frei geschätzt. Dieses Vorgehen stellt eine Kontrollmöglichkeit für das oben beschriebene Interpretational Confounding435 dar: Sofern die im ersten und zweiten Schritt des zweistufigen Ansatzes geschätzten Werte substanziell divergieren, deutet dies auf Interpretational Confounding hin. Hair et al. (2006) nennen eine maximale Abweichung von 0,05 als Richtwert.436 Die Tabellen C.7 und C.8 im Anhang stellen die in den beiden Schritten ermittelten Faktorladungen der beiden Samples gegenüber. Die maximale Abweichung beträgt im Laufschuh-Sample 0,01 und im Digitalkamera-Sample 0,004, was nachdrücklich gegen Interpretational Confounding spricht. Die Überprüfung der Plausibilität der Schätzung liefert keine Hinweise auf Anomalien. Die Beurteilung des Gesamtmodells erfolgt anhand der bereits bekannten globalen Gütemaße. Der χ2 -Wert wurde mit 1.175,62 bei 318 Freiheitsgraden geschätzt. Das Verhältnis χ2 /df beträgt demzufolge 3,70. Die übrigen Gütemaße stellen sich folgendermaßen dar: RMSEA = 0,056, SRMR = 0,051 und CFI = 0,966.437 Das spezifizierte Modell stellt insgesamt eine zufriedenstellende Approximation der Daten dar, so dass die weitere Analyse der Strukturmodelle erfolgen kann.

5.3.4 Beurteilung der Strukturmodelle Die Beurteilung der Strukturmodelle geht einher mit der Überprüfung der Hypothesen HI1 bis HI5 , die für beide Samples separat durchgeführt wird. Die für die Prüfung der Hypothesen im Laufschuh-Sample relevanten Pfadkoeffizienten sind in Abbildung 5.5 ersichtlich. In diesem Abschnitt erfolgt eine Analyse der β- und ζ-Koeffizienten (bzw. der mit Hilfe der ζ-Koeffizienten ermittelten quadrierten multiplen Korrelationen, siehe 435

Vgl. Abschnitt 4.2.4. Dies ist ein wesentlicher Vorteil des zweistufigen Ansatzes gegenüber der sofortigen simultanen Schätzung.

436

Vgl. Hair et al. (2006), S. 855.

437

Bei einer separaten Modellschätzung würden sich die folgenden Anpassungsmaße ergeben: LaufschuhSample: χ2 = 611,19, df = 159, χ2 /df = 3,84, RMSEA = 0,057, SRMR = 0,049 und CFI = 0,967; Digitalkamera-Sample: χ2 = 565,03, df = 159, χ2 /df = 3,55, RMSEA = 0,054, SRMR = 0,052 und CFI = 0,965.

Ergebnisse der Hypothesenprüfung

165

Gleichung (4.16)), im nachfolgenden Abschnitt 5.3.5.1 werden für die Analyse der Wirkungen der extrinsischen Produktmerkmale GzG, Marke und Preis die γ-Koeffizienten betrachtet. X1 GzG

(11

X2 Marke

(41 (42

emotionaler Wert (04)

.4

(12

$54 $43

Qualität (01)

.1

$31

(13 .2 X3 Preis

(23

$32

Kaufabsicht (05)

$53

.3

.5

ökonom. Wert (03)

monetäres Opfer (02)

Abbildung 5.5: Pfadkoeffizienten für die Beurteilung der Strukturmodelle und der Wirkung der extrinsischen Produktmerkmale

Nachdem getestet wurde, ob das Modell insgesamt eine gute Anpassung auf Basis globaler Gütemaße darstellt, kann überprüft werden, ob die (standardisierten) Pfadkoeffizienten signifikant sind, die unterstellte Richtung aufweisen und somit das theoretisch spezifizierte Modell empirisch bestätigt werden kann. Zusätzlich liefern die quadrierten multiplen Korrelationen einen Anhaltspunkt für die Anpassungsgüte des Strukturmodells.438 Tabelle 5.10 bietet einen Überblick über die geschätzten standardisierten Pfadkoeffizienten für das Strukturmodell im Laufschuh-Sample.

438

Gleichzeitig stellen diese Werte ein Indiz für nomologische Validität dar, vgl. Abschnitt 4.2.2.2.

166

Ergebnisse der empirischen Untersuchung standardisierte Lösung

Pfad Qualität → ökon. Wert mon. Opfer → ökon. Wert ökon. Wert → emot. Wert ökon. Wert → Kaufabsicht emot. Wert → Kaufabsicht

Koeffizient

Wert

t-Wert

βL31 βL32 βL43 βL53 βL54

0,61 –0,52 0,68 0,31 0,55

23,49 –19,59 28,66 7,66 14,23

Anmerkungen. Der zusätzliche Index L an den Koeffizienten β gibt die Zugehörigkeit zum LaufschuhSample an.

Tabelle 5.10: Geschätzte Pfadkoeffizienten für das Strukturmodell im Laufschuh-Sample

Die t-Werte in der Tabelle zeigen an, dass alle geschätzten Koeffizienten mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von p < 0,01 signifikant sind. Darüber hinaus wird durch die standardisierten Werte deutlich, dass alle Hypothesen des Hypothesenblocks I für das Laufschuh-Sample bestätigt werden können. Während gemäß der Hypothese HI1 die wahrgenommene Qualität einen positiven Einfluss auf den wahrgenommenen ökonomischen Wert ausübt (βL31 = 0,61), senkt gemäß Hypothese HI2 ein höheres wahrgenommenes monetäres Opfer den ökonomischen Wert (βL32 = –0,52). Besonders hervorzuheben ist, dass der ökonomische Wert positiv auf den emotionalen Wert wirkt (βL43 = 0,68). Insofern wird die Hypothese HI3 bestätigt, dass bei Überschreiten eines Anspruchsniveaus bei einem konkreten Preis-/Leistungsbündel ein affektiver „Zusatznutzen“ entsteht. Dieser affektive Nutzen in Form des emotionalen Wertes wirkt – neben dem bereits mehrfach empirisch überprüften Effekt des ökonomischen Wertes – wiederum positiv auf die Kaufabsicht, so dass die Hypothesen HI4 und HI5 ebenfalls bestätigt werden können. Der letzte Schritt bei der Bewertung des Strukturmodells besteht in der Betrachtung der quadrierten multiplen Korrelationen für die endogenen Variablen. In Abbildung 5.4 ist ersichtlich, dass auch für die Konstrukte Qualität und monetäres Opfer über die ζ-Koeffizienten quadrierte multiple Korrelationen bestimmt werden (können). Durch die Aufnahme der Dummy-Variablen werden diese Konstrukte modellspezifisch wie endogene Konstrukte behandelt, ohne dass im eigentlichen Sinne ein Effekt von

Ergebnisse der Hypothesenprüfung

167

anderen latenten Variablen auf die Qualität oder das monetäre Opfer ausgeübt wird. Da die Dummy-Variablen wiederum durch die 0/1-Kodierung unabhängig voneinander sind und daher keinen systematischen (gemeinsamen) Effekt ausüben, kann der Wert für die quadrierte multiple Korrelation nicht sinnvoll interpretiert werden. Insofern sollen die entsprechenden Werte hier nur für die Konstrukte ökonomischer Wert, emotionaler Wert und Kaufabsicht analysiert werden. Die quadrierte multiple Korrelation für den ökonomischen bzw. emotionalen Wert beträgt 0,52 bzw. 0,51439 , das R2 der Kaufabsicht 0,64. Insgesamt werden im Laufschuh-Sample also 64% der Varianz der Variable Kaufabsicht durch die berücksichtigte kognitive und affektive Wertkomponente erklärt. Wie bereits mit Verweis auf Homburg, Baumgartner (1998) herausgestellt wurde, ist es nicht möglich, für die quadrierte multiple Korrelation bzw. das R2 einen Mindestwert zu fordern. Die Beurteilung muss immer vor dem Hintergrund des Fokusses der Untersuchung oder der Werte in vergleichbaren Studien erfolgen. Für den Fall, dass es Ziel der Untersuchung ist, bestimmte latente Variable möglichst vollständig zu erklären, nennen Homburg, Baumgartner (1998) einen Mindestwert von 0,4;440 geht es – wie in der vorliegenden Untersuchung – um die Prüfung bestimmter Wirkungszusammenhänge zwischen den Variablen, kann kein Mindestwert gefordert werden. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es nicht, die Kaufabsicht für einen Laufschuh oder eine Digitalkamera möglichst vollständig zu erklären, sondern die Wirkung bestimmter extrinsischer Produktmerkmale auf kaufverhaltensrelevante Konstrukte sowie die Wirkung bestimmter latenter Konstrukte untereinander zu analysieren. Trotzdem wird der bei dem ersten Typ von Untersuchungen geforderte Mindestwert hier überschritten. In einer mit dieser vergleichbaren Untersuchung mit fünf Konstrukten und drei Manipulationen von Grewal et al. (1998) beträgt das R2 der Kaufabsicht 0,41. Die beiden aufgeführten Aspekte berücksichtigend, lässt sich insgesamt also festhalten, dass die quadrierten multiplen Korrelationen als zufriedenstellend angesehen werden können. Dies stellt zusätzlich ein 439

Bei der Interpretation dieses Wertes ist zu beachten, dass die Dummy-Variablen GzG und Marke einen zusätzlichen (unsystematischen) Effekt auf den emotionalen Wert ausüben.

440

Vgl. Homburg, Baumgartner (1998), S. 364.

168

Ergebnisse der empirischen Untersuchung

Indiz für die vorhandene nomologische Validität dar.441 Es stellt sich schließlich die Frage, inwieweit die Aufnahme des emotionalen Wertes in das Untersuchungsmodell einen zusätzlichen Erklärungsgehalt liefert. Der Vergleich des Untersuchungsmodells mit empirischen Anwendungen des Modells von Zeithaml (1988), in dem nur die vier Konstrukte Qualität, monetäres Opfer, ökonomischer Wert und Kaufabsicht enthalten sind, kann nicht über die Anpassungsgüte der jeweiligen Gesamtmodelle erfolgen, da es sich nicht um hierarchische bzw. genestete Modelle handelt. Eine Approximation des zusätzlichen Erklärungsgehalts kann nichtsdestotrotz über die quadrierte multiple Korrelation des Konstruktes Kaufabsicht erfolgen. Sofern sich das R2 der Kaufabsicht durch die Aufnahme des emotionalen Wertes systematisch erhöht, erscheint die Aufnahme der zusätzlichen Variablen gerechtfertigt. Um dies zu testen, wird ein „Basismodell“ ohne das Konstrukt emotionaler Wert in Mplus 5 geschätzt.442 Das R2 der Kaufabsicht beträgt in diesem Modell nur 0,48. Verglichen mit dem oben aufgeführten Wert von 0,64, liefert der Unterschied von 0,16 einen starken Hinweis darauf, dass durch die Aufnahme der affektiven Wertkomponente die Kaufabsicht besser erklärt werden kann. Da in dem Untersuchungsmodell im Vergleich zum Basismodell mit dem emotionalen Wert ein Konstrukt zusätzlich aufgenommen wurde, kann zur Überprüfung der statistischen Signifikanz der R2 -Differenz ein F -Test verwendet werden, der die Modellerweiterung entsprechend berücksichtigt:443 F =

2 )/(mU M − mBM ) (RU2 M − RBM 2 (1 − RU M )/(N − mU M − 1)

(5.1)

2 RU2 M steht hierbei für das R2 der Kaufabsicht im Untersuchungsmodell, RBM für das

R2 des Basismodells, mU M und mBM für die Anzahl der exogenen Variablen in den jeweiligen Modellen und N für die Stichprobengröße. Der F-Wert beträgt im vorliegenden 441

Vgl. Abschnitt 4.2.2.2.

442

Anpassungsmaße des Basismodells: χ2 = 252,64, df = 83, χ2 /df = 3,04, RMSEA = 0,048, SRMR = 0,047 und CFI = 0,983.

443

Vgl. hier und im Folgenden van Doorn (2004), S. 122.

Ergebnisse der Hypothesenprüfung

169

Fall 385,78, was mit p < 0,01 für einen hoch signifikanten Erklärungszuwachs durch die Aufnahme des emotionalen Wertes spricht. Die Forderung nach einer entsprechenden Aufnahme in der Literatur444 wird somit durch die vorliegenden Ergebnisse untermauert. Die Analyse des Strukturmodells im Digitalkamera-Sample erfolgt analog zur Prüfung im Laufschuh-Sample. In Tabelle 5.11 sind die entsprechenden standardisierten Werte aufgeführt. standardisierte Lösung Pfad Qualität → ökon. Wert mon. Opfer → ökon. Wert ökon. Wert → emot. Wert ökon. Wert → Kaufabsicht emot. Wert → Kaufabsicht

Koeffizient

Wert

t-Wert

βD31 βD32 βD43 βD53 βD54

0,64 –0,48 0,78 0,22 0,60

28,42 –15,53 29,94 5,03 14,86

Anmerkungen. Der zusätzliche Index D an den Koeffizienten β gibt die Zugehörigkeit zum Digitalkamera-Sample an.

Tabelle 5.11: Geschätzte Pfadkoeffizienten für das Strukturmodell im Digitalkamera-Sample

Die aufgeführten Werte sind vergleichbar mit denen im Laufschuh-Sample, so dass im Folgenden keine detaillierte Interpretation erfolgen soll. Alle Pfade sind signifikant auf 1%-Niveau und weisen die vermutete Wirkungsrichtung auf. Es bleibt festzuhalten, dass die Hypothesen HI1 bis HI5 auch für das Digitalkamera-Sample komplett bestätigt werden können. Erneut wird der Einfluss des ökonomischen Wertes auf den emotionalen Wert deutlich (βD43 = 0,78). Der emotionale Wert wirkt mit βD54 = 0,60 wiederum positiv auf die Kaufabsicht. Die quadrierte multiple Korrelation beträgt 0,58 für den ökonomischen Wert, 0,53 für den emotionalen Wert und 0,60 für die Kaufabsicht. Der Vergleich des Untersuchungsmodells mit dem Basismodell ohne den emotionalen Wert bestätigt erneut die Notwendigkeit der Berücksichtigung von affektiven Kompo444

Vgl. u. a. Hansen (2005); Sweeney, Soutar (2001); Chang, Wildt (1994); Bagozzi, Gopinath, Nyer (1999).

170

Ergebnisse der empirischen Untersuchung

nenten. Das R2 für die Kaufabsicht beträgt im Basismodell 0,42 im Vergleich zu 0,60 im Untersuchungsmodell.445 Der F-Wert gemäß Formel (5.1) spricht mit 387,00, p < 0,01, wie schon im Laufschuh-Sample für einen hoch signifikanten Erklärungszuwachs durch die Aufnahme des emotionalen Wertes. Insgesamt lässt sich für beide Samples festhalten, dass die spezifizierten Beziehungen im Strukturmodell ausnahmslos bestätigt werden konnten. Die Aufnahme des emotionalen Wertes in das Modell von Zeithaml (1988) erscheint bereits an dieser Stelle gerechtfertigt. In den nachfolgenden Abschnitten muss nun geklärt werden, welchen Einfluss die extrinsischen Produktmerkmale bzw. Manipulationen auf die jeweiligen kaufverhaltensrelevanten Konstrukte ausüben.

5.3.5 Wirkung der extrinsischen Produktmerkmale 5.3.5.1 Vergleichende Bewertung der Wirkungen Hypothesenblock II beschreibt die Effekte der extrinsischen Produktmerkmale GzG, Marke und Preis auf die Konstrukte Qualität, monetäres Opfer bzw. emotionalen Wert (γ-Koeffizienten in Abbildung 5.4). Die Überprüfung der Hypothesen HII1 bis HII11 erfolgt dergestalt, dass zunächst im Rahmen von χ2 -Differenztests untersucht wird, ob sich die Wirkung dieser Effekte zwischen dem Laufschuh- und dem Digitalkamera-Sample signifikant voneinander unterscheidet (HII1 bis HII5 ). In einem zweiten Schritt erfolgt dann die detaillierte Betrachtung der Effekte für jedes Sample. Hierdurch kann analysiert werden, wie sich die ermittelten Differenzen genau darstellen und wie die Produktmerkmale grundsätzlich auf die identifizierten Konstrukte wirken (HII6 bis HII11 ). Die vergleichende Bewertung der Wirkungen der betrachteten Produktmerkmale erfolgt im Rahmen von χ2 -Differenztests. Zunächst wird das bereits geschätzte „freie“ Modell 445

Anpassungsmaße des Basismodells: χ2 = 326,61, df = 83, χ2 /df = 3,94, RMSEA = 0,058, SRMR = 0,052 und CFI = 0,971.

Ergebnisse der Hypothesenprüfung

171

ohne Restriktionen mit Modellen verglichen, in denen die Wirkung der Produktmerkmale restringiert ist. Bei der Schätzung wird angenommen, dass die Effekte der drei Manipulationen auf die Qualität bzw. den emotionalen Wert über die beiden Samples gleich sind. Hierbei erfolgt zunächst eine Analyse der Wirkung der Merkmale GzG, Marke und Preis auf das Konstrukt Qualität gemäß Hypothese HII1 bis HII3 . Anschließend wird der Einfluss der Merkmale GzG und Marke auf den emotionalen Wert betrachtet und somit eine Prüfung der Hypothesen HII4 und HII5 durchgeführt. In einem ersten Teilmodell wird bei der Schätzung mit einer Identitätsrestriktion angenommen, dass die Wirkung der Merkmale GzG, Marke und Preis auf die Qualität über beide Samples gleich ist (γL11 = γD11 ; γL12 = γD12 ; γL13 = γD13 ). Das so spezifizierte Modell weist einen χ2 -Wert von 1.190,60 bei 321 Freiheitsgraden auf. Die χ2 -Differenz zum freien Modell (χ2 = 1.175,62, df = 318) beträgt Δχ2 (3) = 15,12446 und ist signifikant mit p < 0,01. Da also Δχ2 ≥ χ20,05;Δdf ist, kann darauf geschlossen werden, dass das Modell, in dem die Parameter frei geschätzt werden, vorzuziehen ist und sich die Wirkungen der extrinsischen Produktmerkmale zwischen den beiden Gruppen signifikant voneinander unterscheiden.447 Hieraus leitet sich die Frage ab, ob sich die Effekte nicht nur insgesamt unterschieden, sondern ob dieser Aspekt auch für jede einzelne Wirkungsbeziehung bestätigt werden kann. Um dies zu testen, werden drei weitere Modelle spezifiziert und geschätzt, die vorsehen, dass lediglich ein Parameter zwischen den Gruppen gleich ist. Tabelle 5.12 gibt eine Übersicht über die entsprechenden Ergebnisse.448

446

Siehe Anmerkungen zur Berechnung der χ2 -Differenz in Abschnitt 5.3.2.2.

447

Vgl. Abschnitt 4.2.3.2.

448

Aus Tabelle C.9 im Anhang ist ersichtlich, dass keine wesentlichen Veränderungen der weiteren globalen Gütemaße auftreten.

172

Ergebnisse der empirischen Untersuchung χ2 -Differenztest χ2

df

Δχ2

Δdf

p

freies Modell γL11 =γD11 ; γL12 =γD12 ; γL13 =γD13

1.175,62 1.190,60

318 321

– 15,12a

– 3

– < 0,01

γL11 = γD11 γL12 = γD12 γL13 = γD13

1.181,13 1.182,01 1.179,15

319 319 319

7,08a 6,05a 4,22a

1 1 1

< 0,01 < 0,05 < 0,05

Modell

Anmerkungen. Der Index L an den Koeffizienten γ gibt die Zugehörigkeit zum Laufschuh-Sample, der Index D zum Digitalkamera-Sample an. a Die ausgewiesenen χ2 -Differenzen entsprechen nicht den Differenzen der Werte in der zweiten Spalte, vgl. Abschnitt 5.3.2.2.

Tabelle 5.12: Vergleich der Wirkung der Produktmerkmale GzG, Marke und Preis auf die Qualität

Wie ersichtlich ist, weisen auch alle Modelle mit isolierter Betrachtung der drei Effekte einen signifikant schlechteren Modellfit auf als das freie Modell. Als Zwischenergebnis für die Prüfung der Hypothesen HII1 bis HII3 kann festgehalten werden, dass der Einfluss aller extrinsischer Produktmerkmale auf die Qualität im Laufschuh- und DigitalkameraSample nicht gleich ist. Um festzustellen, ob sich diese Aussage auch für den Einfluss der GzG bzw. Marke auf den emotionalen Wert halten lässt, wird ein Modell mit Identitätsrestriktion für beide Parameter sowie Modelle mit Restriktionen für jeden Parameter einzeln geschätzt und mit dem freien Modell verglichen. Tabelle 5.13 fasst die Ergebnisse zusammen. χ2 -Differenztest χ2

df

Δχ2

Δdf

p

freies Modell γL41 = γD41 ; γL42 = γD42

1.175,62 1.177,94

318 320

– 1,82a

– 2

– > 0,1

γL41 = γD41 γL42 = γD42

1.176,03 1.177,53

319 319

0,01a 1,56a

1 1

> 0,1 > 0,1

Modell

Anmerkungen. Der Index L an den Koeffizienten γ gibt die Zugehörigkeit zum Laufschuh-Sample, der Index D zum Digitalkamera-Sample an. a Die ausgewiesenen χ2 -Differenzen entsprechen nicht den Differenzen der Werte in der zweiten Spalte, vgl. Abschnitt 5.3.2.2.

Tabelle 5.13: Vergleich der Wirkung der Produktmerkmale GzG und Marke auf den emotionalen Wert

Ergebnisse der Hypothesenprüfung

173

Im Gegensatz zu der Wirkung der Merkmale auf die Qualität, ist die Wirkung auf den emotionalen Wert zwischen den Gruppen gleich. Das Einführen der Identitätsrestriktion hat weder insgesamt noch bei isolierter Betrachtung der einzelnen Parameter zu einem signifikant schlechteren Modellfit geführt.449 Die Hypothesen HII4 und HII5 , dass die Merkmale GzG und Marke bei Erfahrungsgütern in höherem Ausmaß zu positiven emotionalen Reaktionen führen als bei Suchgütern, können bisher also nicht bestätigt werden. In den Hypothesen HII1 bis HII3 wurde formuliert, dass extrinsische Produktmerkmale bei Erfahrungsgütern einen höheren Einfluss auf die Qualitätsbeurteilung haben als bei Suchgütern, da bei der ersten Produktkategorie die Möglichkeit der Qualitätsbeurteilung vor dem Kauf fehlt. Bisher konnte im Rahmen der χ2 -Differenztests lediglich bestätigt werden, dass die Wirkung zwischen den beiden Samples unterschiedlich ist. Um die Hypothesen endgültig prüfen zu können, ist eine detaillierte Betrachtung der einzelnen Parameterwerte erforderlich. Die einzelnen Werte für das Laufschuh- und DigitalkameraSample sind in Tabelle 5.14 aufgeführt. Vor der Interpretation der Werte ist auf zwei wichtige Aspekte hinzuweisen. Erstens geht es in der Analyse darum, sowohl die Wirkung der Produktmerkmale in den beiden Samples miteinander zu vergleichen als auch Aussagen innerhalb der Samples zu treffen. Für beides bieten sich grundsätzlich unstandardisierte oder standardisierte Strukturkoeffizienten an. Bei einem Vergleich innerhalb der Samples besitzen standardisierte Werte in der Regel eine größere Aussagekraft, da auf Basis dieser Werte vergleichende Aussagen zu der Stärke der jeweiligen Einflüsse getroffen werden können, also beispielsweise, dass ein Produktmerkmal einen stärkeren Einfluss auf die Qualitätswahrnehmung ausübt als ein anderes. Sollen jedoch Koeffizienten, die den gleichen Wirkungszusammenhang beschreiben, über die Gruppen verglichen werden, warnt beispielsweise Bollen (1989) vor dem Risiko, standardisierte Koeffizienten heranzuziehen und empfiehlt, Gruppenver449

Es tritt ebenfalls keine Veränderung der weiteren globalen Gütemaße auf, siehe Tabelle C.10 im Anhang.

174

Ergebnisse der empirischen Untersuchung

gleiche auf Basis der unstandardisierten Koeffizienten vorzunehmen.450 Der Hauptgrund hierfür ist darin zu sehen, dass bei der Standardisierung die Koeffizienten um die Varianz der Variablen jeweils innerhalb der Gruppen bereinigt werden, und der Vergleich hiervon nicht beeinflusst werden sollte.451 Wenngleich in einer Vielzahl von Studien Gruppenvergleiche auf Basis von standardisierten Koeffizienten vorgenommen werden,452 wird hier die Auffassung vertreten, dass dann zumindest auch die unstandardisierten Koeffizienten angegeben werden müssten, um zu dokumentieren, dass die Interpretation in beiden Fällen identisch ist. Dieser Aspekt wird in der vorliegenden Untersuchung durch die Angabe beider Werte berücksichtigt. Zweitens soll aus den bereits aufgeführten Gründen der Vergleich der Effekte innerhalb der Gruppen auf Basis der standardisierten Werte erfolgen. Die von Statistikprogrammen ausgegebenen standardisierten Werte beinhalten normalerweise eine Bereinigung der unstandardisierten Werte (b) um die Standardabweichung (SD) von X und Y , also: ST DY X(b) = b · SD(X)/SD(Y ). Durch die Standardisierung soll eine über alle Variablen gültige Aussage getroffen werden können, um wie viele SD-Einheiten sich die (abhängige) Variable Y verändert, wenn der Wert der Variablen X um eine Einheit geändert wird. Da in diesem Fall die abhängigen Variablen X Dummy-Variablen darstellen, darf nur eine Bereinigung um SD(Y ) erfolgen. Nur auf diese Weise kann die „übliche“ Aussage getroffen werden, dass bei der Änderung von einer Einheit (z. B. von 0 = „ GzG nicht vorhanden“ auf 1 = „GzG vorhanden“) zu einer bestimmten SD(Y )-Veränderung führt.453 Die in der Tabelle 5.12 angegebenen standardisierten Werte berücksichtigen diesen Aspekt.

450

Vgl. Bollen (1989), S. 126. Ebenso führt Alwin (1988), S. 20, an: „[...] when the objective is to compare the magnitudes of coefficients for a given variable in equations specified in different populations, the general practice is to compare the regression coefficients in their original metric, rather than to rely on standardized units.“

451

Vgl. Suh, Yi (2006), S. 150, Singh (1995), S. 598. Bei Singh (1995) ist eine Re-Analyse enthalten, die mögliche Folgen dieses Aspektes aufzeigt.

452

Vgl. z. B. Giering (2000).

453

Vgl. Muthén (2003).

Ergebnisse der Hypothesenprüfung

175 unstandardisiert

standardisiert

Koeffizient

Wert

t-Wert

Wert

t-Wert

GzG → Qualität

γL11 γD11

0,27 0,06

4,39 0,94

0,28 0,06

4,55 0,94

Marke → Qualität

γL12 γD12

0,62 0,39

9,72 6,10

0,64 0,41

11,15 6,37

Preis → Qualität

γL13 γD13

0,46 0,30

7,48 4,64

0,48 0,32

7,76 4,69

Preis → mon. Opfer

γL23 γD23

2,45 1,44

34,31 23,32

1,57 1,34

57,36 34,32

GzG → emot. Wert

γL41 γD41

0,35 0,35

4,97 5,25

0,26 0,27

4,95 5,36

Marke → emot. Wert

γL42 γD42

0,15 0,02

2,15 0,31

0,11 0,02

2,15 0,31

Pfad

Anmerkungen. In der ersten Zeile bei jedem Pfad sind die Parameterwerte für das Laufschuh-Sample (γL ), in der zweiten Zeile für das Digitalkamera-Sample (γD ) angegeben. Die kursiv gedruckten Werte sind nicht signifikant. Ansonsten sind die Werte auf 1%-Niveau signifikant. Ausnahme: γL42 mit p < 0,05. Die Tatsache, dass die standardisierten Werte von γL23 und γD23 größer als 1 sind, ist nicht ungewöhnlich, vgl. Jöreskog (1999).

Tabelle 5.14: Wirkung der extrinsischen Produktmerkmale im Laufschuh- und Digitalkamera-Sample

Die konkrete Analyse der Werte im Hinblick auf den Vergleich der beiden Gruppen macht zunächst deutlich, dass die extrinsischen Produktmerkmale bei den Laufschuhen stärker zur Qualitätsbeurteilung herangezogen werden als bei Digitalkameras. Die (un)standardisierten Werte für γL liegen bei jedem Pfad über denen für γD .454 Die Hypothesen HII1 bis HII3 , dass die extrinsischen Produktmerkmale bei Erfahrungsgütern stärker zur Beurteilung der Qualität herangezogen werden als bei Suchgütern, kann somit endgültig bestätigt werden. Bei Digitalkameras erfolgt die Qualitätsbeurteilung eher auf Basis der angegebenen intrinsischen Produktmerkmale, da diese bei Suchgütern vor dem Kauf evaluiert werden können. Der χ2 -Differenztest hat hinsichtlich der Wirkung der GzG und der Marke auf den emotionalen Wert keine signifikanten Gruppenunterschiede hervorgebracht. Ein Vergleich der Koeffizienten zwischen den Samples 454

Auf die Nicht-Signifikanz des Wertes für γD11 wird weiter unten eingegangen.

176

Ergebnisse der empirischen Untersuchung

macht nichtsdestotrotz deutlich, dass der Einfluss der Marke auf den emotionalen Wert im Laufschuh-Sample signifikant ist, im Digitalkamera-Sample jedoch keinen Einfluss ausübt. Daher muss die Hypothese HII5 , dass die Marke bei Erfahrungsgütern einen höheren Einfluss auf den emotionalen Wert ausübt als bei Suchgütern, bestätigt werden. Es bleibt allerdings darauf hinzuweisen, dass der Pfad γL42 , der diese Wirkungsbeziehung im Laufschuh-Sample repräsentiert, der einzige Pfad im gesamten Modell ist, der lediglich mit p < 0,05 signifikant ist. Dieser Umstand kann auch als Grund dafür angeführt werden, dass im Rahmen χ2 -Differenztest keine signifikanten Gruppenunterschiede ermittelt wurden. Unabhängig davon muss die Hypothese HII4 verworfen werden, da sich der Einfluss der GzG auf den emotionalen Wert zwischen den beiden Samples nicht unterscheidet. Die separate Betrachtung der Koeffizienten innerhalb der beiden Gruppen geht einher mit der Prüfung der Hypothesen HII6 bis HII11 , die sich auf die Wirkung der extrinsischen Produktmerkmale auf die Elemente des erweiterten Perceived-Value-Modells beziehen. Im Laufschuh-Sample zeigt sich, dass die Werte auf einem 1%-Niveau signifikant sind (einzige Ausnahme: Wirkung der Marke auf den emotionalen Wert mit p < 0,05). Die Hypothesen HII6 bis HII11 können somit für dieses Sample bestätigt werden. Die Betrachtung der standardisierten Werte macht zudem deutlich, dass die Marke von allen drei Produktmerkmalen den stärksten Einfluss auf die wahrgenommene Qualität ausübt. Dies unterstreicht den von Purohit, Srivastava (2001) postulierten Charakter der Marke eines high-scope Cues. Der zweitstärkste Effekt geht vom Preis aus. Dieser Befund stützt die Ergebnisse von Dawar, Parker (1994), die im Rahmen einer interkulturellen Studie herausgefunden haben, dass die Marke gefolgt vom Preis die wichtigsten Qualitätssignale waren. Weiterhin wird deutlich, warum in der Literatur gefordert wird, die „duale Rolle“ des Preises in Studien zu berücksichtigen.455 Betrachtet man die Koeffizienten des Preises,

455

Vgl. u. a. Völckner, Hofmann (2007).

Ergebnisse der Hypothesenprüfung

177

so wird deutlich, dass dieser sowohl einen positiven als auch einen negativen Effekt ausübt. Wie bereits in einer Vielzahl von Studien zur Qualitätswahrnehmung erfasst, kann ein hoher Preis ein positives Signal für Qualität sein. So wird auch in dieser Studie die Qualität des Laufschuhs c. p. besser (schlechter) wahrgenommen, wenn das Produkt mit einem hohen (niedrigen) Preis versehen ist. Sich hieraus ergebende Implikationen sind jedoch unvollständig, da in vielen Studien nicht berücksichtigt wird, dass von einem höheren Preis gleichzeitig ein negativer Effekt ausgeht. Und zwar dergestalt, dass ein höherer Preis zu einem höheren wahrgenommenen monetären Opfer führt, das wiederum – wie in Abschnitt 5.3.4 gezeigt – negativ auf den ökonomischen Wert wirkt. Ein großer Vorteil der hier verwendeten Analyseform gegenüber varianzanalytischen Untersuchungen besteht darin, dass in diesem Zusammenhang ein totaler Effekt, der von einer bestimmten Variablen ausgeht, ermittelt werden kann. In Tabelle 5.15 ist die Ermittlung des totalen Effektes des Merkmals Preis auf die Kaufabsicht aufgeführt. Wirkungsrichtung

Pfad

positiver Effekt

Preis → Q → ökW → KA Preis → Q → ökW → emW → KA

0,09 0,11

Summe positiver Effekt

0,20

negativer Effekt totaler Effekt

Wert

Preis → mO → ökW → KA Preis → mO → ökW → emW → KA

–0,25 –0,31

Summe negativer Effekt

–0,56

Summe positiver + negativer Effekt

–0,36

Anmerkungen. Q = Qualität, mO = monetäres Opfer, ökW = ökonomischer Wert, emW = emotionaler Wert, KA = Kaufabsicht. Rechenbeispiel: Summe positiver Effekt = (γL11 · βL31 · βL53 ) + (γL11 · βL31 · βL43 · βL54 ).

Tabelle 5.15: Totaler Effekt des Merkmals Preis im Laufschuh-Sample

Es wird deutlich, dass der Effekt, der vom Merkmal Preis auf die Kaufabsicht ausgeht, insgesamt negativ ausfällt. Im konkreten Fall bedeutet dies also, dass der Preis von 169 e zwar im Vergleich zum niedrigeren Preis einen positiven Effekt auf die Qualität und somit indirekt auf die Kaufabsicht ausübt. Bei den sich hieraus möglicherweise ergebenden

178

Ergebnisse der empirischen Untersuchung

Implikationen ist jedoch zu beachten, dass diese Wirkung durch den negativen Effekt des Preises überkompensiert wird. Dieses Ergebnis unterstreicht die aktuelle Forderung von Völckner, Hofmann (2007), bei Studien zum Preis-/Qualitätszusammenhang die duale Rolle des Preises zu berücksichtigen.456 Diesem Aspekt wird in der vorliegenden Arbeit durch die Verwendung eines geeigneten Analyseverfahrens Rechnung getragen. Ein zentrales Ergebnis ist ferner darin zu sehen, dass das Vorhandensein einer GzG wie vermutet positiv auf den emotionalen Wert wirkt (HII10 ). Durch die sichere Vermeidung des Kaufnachteils für den Garantiezeitraum entstehen also emotionale bzw. affektive Reaktionen. Wenngleich auch die Marke den emotionalen Wert positiv beeinflussen kann (HII11 ), ist die Wirkung der GzG auf dieses Konstrukt stärker als der Einfluss der Marke. Der totale Effekt der Marke auf die Kaufabsicht liegt mit 0,33 dennoch über dem der GzG (0,26). Festzuhalten bleibt an dieser Stelle, dass die GzG sowohl über die Qualität als auch über den emotionalen Wert die Kaufabsicht für den Laufschuh erhöht. Die Notwendigkeit der Berücksichtigung von affektiven Komponenten in Studien zur Produktbewertung wird durch die Analyse des Digitalkamera-Samples nachhaltig untermauert. Während der stärkste (zweitstärkste) Effekt erneut von der Marke (dem Preis) ausgeht, ist die Wirkung der GzG auf die Qualität nicht signifikant. Da bei Gütern mit einem hohen Anteil an Sucheigenschaften die Qualitätsbeurteilung im Wesentlichen vor dem Kauf erfolgen kann, werden neben den intrinsischen Produktmerkmalen nur noch die (bekannten) extrinsischen Merkmale Marke und Preis zur Urteilsbildung ergänzend herangezogen. Dies führt dazu, dass von der GzG kein Einfluss auf die wahrgenommene Qualität ausgeht und Hypothese HII6 für das Digitalkamera-Sample somit verworfen werden muss. Die Hypothesen HII7 und HII8 , in denen ein positiver Einfluss der Merkmale Marke und Preis auf die wahrgenommene Qualität formuliert wurde, können hingegen wie im Laufschuh-Sample bestätigt werden. Darüber hinaus lässt sich ein positiver Einfluss des Preises auf das wahrgenommene monetäre Opfer feststellen (HII9 ).

456

Vgl. Völckner, Hofmann (2007), S. 193.

Ergebnisse der Hypothesenprüfung

179

Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass von der GzG gemäß Hypothese HII10 auch im Digitalkamera-Sample ein signifikant positiver Effekt auf den emotionalen Wert ausgeht und die GzG somit über dieses Konstrukt die Kaufabsicht für das Produkt erhöht. Wenn also – wie in bisherigen Studien üblich – nur der ökonomische Wert bzw. die kognitive Wertkomponente berücksichtigt worden wäre, hätte man aufgrund des nicht signifikanten Effektes auf die Qualität die Aussage treffen müssen, dass die GzG den wahrgenommenen Wert nicht erhöhen kann und somit insgesamt nicht positiv auf die Kaufabsicht wirkt. Eine Empfehlung, dass die GzG bei Gütern mit einem hohen Anteil an Sucheigenschaften kein wirksames Instrument zur Steigerung der Kaufabsicht darstellt, wäre jedoch falsch gewesen. Die vorliegenden Ergebnisse dokumentieren, dass von der GzG sehr wohl ein Effekt auf die Kaufabsicht ausgeht, nämlich über den emotionalen Wert. Insofern wird die Relevanz der Aufnahme dieses Konstruktes in die Untersuchung erneut bestätigt. Dieser Aspekt wird noch dadurch unterstrichen, dass der totale Effekt der Marke auf die Kaufabsicht mit 0,18 – trotz der Nicht-Signifikanz der Wirkung der GzG auf die Qualität – nur unwesentlich über dem totalen Effekt der GzG (0,16) liegt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Marke im Digitalkamera-Sample keinen signifikanten Einfluss auf den emotionalen Wert ausübt und die Hypothese HII11 verworfen werden muss. Abschließend bleibt festzuhalten, dass der totale Effekt des Preises auf die Kaufabsicht wie im Laufschuh-Sample negativ ist.457 Insgesamt zeigt sich also, dass die GzG in beiden Samples eine wirksame Maßnahme zur Steigerung der Kaufabsicht darstellt. Bei Gütern mit einem hohen Anteil an Erfahrungseigenschaften lässt sich aufgrund der fehlenden Möglichkeit der Qualitätsbeurteilung anhand intrinsischer Produktmerkmale vor dem Kauf eine Wirkung sowohl über die Qualität als auch über den emotionalen Wert auf die Kaufabsicht feststellen. Bei Suchgütern wirkt die GzG hingegen nur über den emotionalen Wert und nicht über die wahrgenommene Qualität. Insofern lässt sich im vorliegenden Fall feststellen, dass zwar in beiden Samples die GzG die Kaufwahrscheinlichkeit erhöht, diese Wirkung bei den 457

Vgl. Tabelle C.11 im Anhang.

180

Ergebnisse der empirischen Untersuchung

Laufschuhen aufgrund der „doppelten“ Wirkung jedoch stärker ist als bei Digitalkameras: Der gesamte Effekt der GzG auf die Kaufabsicht beträgt bei Laufschuhen unstandardisiert 0,40 (standardisiert 0,25), bei Digitalkameras unstandardisiert 0,25 (standardisiert 0,16). Darüber hinaus lässt sich konstatieren, dass die GzG in beiden Samples einen stärkeren Einfluss auf den emotionalen Wert ausübt als die Marke. Im Gegensatz zum Laufschuh-Sample war im Digitalkamera-Sample kein Einfluss der Marke auf den emotionalen Wert festzustellen. Die Möglichkeit, die Ware im Rahmen einer GzG bei Nichtgefallen innerhalb einer bestimmten Frist ohne Angabe von Gründen zurückgeben zu können, gibt den Probanden ein „gutes“ bzw. „sicheres“ Gefühl und erhöht somit über die emotionale Wertkomponente die Kaufabsicht. Dieser Effekt tritt – entgegen der formulierten Hypothese – in beiden Samples gleichermaßen auf und somit sowohl bei Suchals auch bei Erfahrungsgütern.

5.3.5.2 Detailanalyse der Wirkungen

5.3.5.2.1 Überprüfung des Cue Diagnosticity Frameworks Bislang wurden die Wirkungen der extrinsischen Produktmerkmale auf die Konstrukte monetäres Opfer, Qualität und emotionaler Wert untersucht. Gemäß Purohit, Srivastava (2001) und Miyazaki, Grewal, Goodstein (2005) ist jedoch das Zusammenspiel der untersuchten Produktmerkmale zu berücksichtigen. Während bei Miyazaki, Grewal, Goodstein (2005) festgestellt wird, dass bei der Integration verschiedener Qualitätssignale zu einem Gesamturteil Konsumenten die negativen Merkmale übergewichten, nehmen Purohit, Srivastava (2001) eine Unterteilung der Produktmerkmale in high-scope und low-scope Cues vor. Hierbei stellen sie fest, dass von den high-scope Cues, also den Produktmerkmalen, die in ihrer Wertigkeit kurzfristig nicht verändert werden können, eine zweifache Wirkung ausgeht. Einerseits wirken high-scope Cues direkt als Qualitätssignal, andererseits sind sie in der Lage, die low-scope Cues in ihrer Wertigkeit zu verändern. In Abhängigkeit von der Ausgestaltung des high-scope Cues steigt bzw. sinkt dadurch die Wahr-

Ergebnisse der Hypothesenprüfung

181

scheinlichkeit, dass der low-scope Cue zur Qualitätsbeurteilung herangezogen wird. Dies wurde bereits oben als Quasi-Moderator-Effekt des high-scope Cues bezeichnet. Zu den high-scope Cues gehört in der vorliegenden Untersuchung die Marke, zu den low-scope Cues die GzG und der Preis.458 Insofern soll überprüft werden, ob eine gute (schlechte) Marke in der Lage ist, die Wirkung der GzG und des Preises auf die Qualitätswahrnehmung zu erhöhen (abzuschwächen). Da in Abschnitt 5.3.5.1 festgestellt wurde, dass im Digitalkamera-Sample von der GzG keine Wirkung auf die wahrgenommene Qualität ausgeht, wird die folgende Analyse nur für das Laufschuh-Sample vorgenommen. Um den Hypothesenblock III und somit den Cue Diagnosticity Framework zu überprüfen, ist es – wie in Abschnitt 4.2.3.2 erläutert – erforderlich, den Gesamtdatensatz in zwei Gruppen zu teilen. Da hier der Effekt des high-scope Cues analysiert werden soll, kann das Laufschuh-Sample entsprechend der Manipulation des high-scope Merkmals Marke in die beiden Gruppen „gute Marke“ und „schlechte Marke“ geteilt werden. Im Rahmen von χ2 -Differenztests wird dann überprüft, ob die Wirkung der GzG und des Preises als low-scope Cues von der Ausprägung der Marke als high-scope Cue abhängt. Es geht also um die Frage, ob sich die Koeffizienten γL11 bzw. γL13 jeweils zwischen den Gruppen „gute Marke“ (1) und „schlechte Marke“ (0) signifikant voneinander unterscheiden. Aus dem Gesamtmodell in Abbildung 5.5 wird demzufolge die Dummy-Variable für die Marke entfernt und stattdessen das reduzierte Modell mit zwei Manipulationen für GzG und Preis im Rahmen einer Mehrgruppenkausalanalyse geschätzt. Der eine Datensatz enthält hierbei nur Probanden, denen eine gute Marke (adidas) und der andere nur Probanden, denen eine schlechte Marke (FILA) in der Werbeanzeige präsentiert wurde. Die Invarianz der Messmodelle zwischen den beiden Gruppen ist gegeben.459 Tabelle 5.16 enthält die entsprechenden Analyseschritte.460 458

Vgl. Purohit, Srivastava (2001), S. 124 f., die diese drei Merkmale als Beispiel für die jeweilige Kategorie nennen.

459

Es liegt die erforderliche partielle skalare Invarianz vor, vgl. Tabelle C.12 im Anhang.

460

Aus Tabelle C.13 im Anhang wird darüber hinaus deutlich, dass keine wesentliche Veränderung der weiteren globalen Gütemaße auftritt.

182

Ergebnisse der empirischen Untersuchung χ2 -Differenztest

Modell freies Modell (1) (0) (1) (0) γL11 = γL11 ; γL13 = γL13 (1)

(0)

γL11 = γL11 (1) (0) γL13 = γL13

χ2

df

Δχ2

Δdf

p

778,39 783,26

288 290

– 5,03a

– 2

– < 0,1

782,65 779,00

289 289

5,46a 0,45a

1 1

< 0,05 > 0,1

Anmerkungen. Der Index L an den Koeffizienten γ gibt die Zugehörigkeit zum Laufschuh-Sample an. a Die ausgewiesenen χ2 -Differenzen entsprechen nicht den Differenzen der Werte in der zweiten Spalte, vgl. Abschnitt 5.3.2.2.

Tabelle 5.16: χ2 -Differenztests für die Analyse des Quasi-Moderator-Effekts der Marke

Der erste Schritt besteht in einem Vergleich des freien Modells, in dem alle Parameter frei geschätzt werden, mit dem Modell, das Identitätsrestriktionen für beide Pfade enthält. Es wird folglich spezifiziert, dass sich sowohl die Pfade GzG → Qualität zwischen den (1)

(0)

Gruppen „gute/schlechte Marke“ entsprechen (γL11 = γL11 ), als auch dass der Pfad Preis (1)

(0)

→ Qualität zwischen den Gruppen identisch ist (γL13 = γL13 ). Die Ergebnisse in Tabelle 5.16 dokumentieren, dass die ermittelte χ2 -Differenz zwar auf 10%-Niveau signifikant ist, aber das für χ2 -Differenztests geforderte 5%-Niveau verfehlt. Daher wurde in einem nächsten Schritt die Identitätsrestriktion nur noch isoliert für jeweils einen der Parameter eingeführt, um detaillierte Aussagen über die Wirkung der Marke auf die entsprechenden Pfade treffen zu können. Zunächst wird aus der letzten Zeile in Tabelle 5.16 deutlich, dass die Wirkung des Preises unabhängig von der Ausgestaltung des Merkmals Marke ist, da die Identitätsrestrikti(1)

(0)

on γL13 = γL13 zu keiner signifikanten Verschlechterung des Modellfits führt. Hypothese HIII2 muss somit verworfen werden. In der Studie von Purohit, Srivastava (2001) wird der Preis als ein Beispiel für einen low-scope Cue genannt, das Produktmerkmal wird aber nicht in die empirische Analyse aufgenommen. Es wird argumentiert, dass der Preis kurzfristig in der Wertigkeit verändert werden kann und somit als low-scope Cue anzusehen ist.461 Bei genauer Betrachtung dieses Merkmals wird allerdings deutlich, dass ein 461

Vgl. Purohit, Srivastava (2001), S. 124.

Ergebnisse der Hypothesenprüfung

183

Preis zwar kurzfristig verändert werden kann, dies jedoch keinen substanziellen Einfluss auf die grundsätzliche Wertigkeit als Qualitätssignal hat. Zum einen kann ein Hersteller von Laufschuhen versuchen, eine vorteilhaftere Qualitätsbeurteilung seines Produktes dadurch zu erreichen, dass der Preis von beispielsweise 69 e auf ein entsprechendes Niveau angehoben wird. Dieser Schritt ist allerdings nur sinnvoll, wenn das Produkt gleichzeitig in seinen intrinsischen Merkmalen entsprechend angepasst wird, da sich das Angebot aufgrund des schlechten Preis-/Leistungsverhältnisses ansonsten auf Dauer am Markt nicht durchsetzen würde. Diese Veränderung der intrinsischen Merkmale geht mit erheblichen zeitlichen und monetären Investitionen einher, was von Purohit, Srivastava (2001) als Merkmal für high-scope Cues betrachtet wird.462 Auf der anderen Seite kann ein Qualitätshersteller von Laufschuhen eine Preissenkung aufgrund der im Vergleich zu „Billiganbietern“ höheren Produktionskosten immer nur innerhalb bestimmter Bandbreiten vornehmen. Auf den konkreten Untersuchungsgegenstand bezogen, mag ein Qualitätsanbieter in der Lage sein, den Preis eines Laufschuhs (kurzfristig) von 169 e auf beispielsweise 129 e zu senken. Im Vergleich zu 69 e würde dieser Preis in der Produktkategorie Laufschuhe aber immer noch als „hoch“ angesehen werden. Eine dauerhafte Preissenkung wäre ebenfalls mit umfangreichen Investitionen für die Umstellung des Produktionsprozesses verbunden. Die angeführten Beispiele verdeutlichen, dass die Wertigkeit des Merkmals zwar kurzfristig im Sinne eines low-scope Cues verändert werden kann. Die grundsätzliche Wertigkeit, die von dem Merkmal Preis als Qualitätssignal ausgeht, bleibt davon allerdings unberührt. Insofern wird hier die Auffassung vertreten, dass der Preis gewissermaßen eine Zwischenstellung zwischen einem high-scope und einem low-scope Cue annimmt. Diese Argumentation wird durch die vorliegenden Ergebnisse unterstützt. Betrachtet man hingegen die Wirkung der GzG, wird in Tabelle 5.16 deutlich, dass das Einführen der Identitätsrestriktion für den Parameter γL11 zu einer signifikanten Verschlechterung des Modellfits führt. Das bedeutet, dass die Wirkung der GzG auf 462

Vgl. Purohit, Srivastava (2001), S. 125.

184

Ergebnisse der empirischen Untersuchung

die wahrgenommene Qualität in Abhängigkeit von der Marke erfolgt. Ein Blick auf die konkreten Werte für diesen Parameter macht deutlich, dass die GzG in der Gruppe „gute (1)

Marke“ einen höheren Einfluss hat als in der Gruppe „schlechte Marke“: Während γL11 unstandardisiert 0,41 (t-Wert: 4,44) beträgt, weist dieser in der zweiten Gruppe nur (0)

einen Wert von γL11 = 0,15 (t-Wert: 1,81) auf.463 Abbildung 5.6 skizziert diesen Effekt anhand der durchschnittlichen Faktorwerte für die wahrgenommene Qualität.464 0,52

gute Marke

Faktorwert wahrgenommene Qualität

schlechte Marke

0,13

-0,21 -0,38

nicht vorhanden

GzG

vorhanden

Anmerkungen. Die Verbindungslinien zwischen GzG „nicht vorhanden“ bzw. „vorhanden“ dienen nur der Visualisierung und sind nicht als stetig zu interpretieren.

Abbildung 5.6: Darstellung des Quasi-Moderator-Effekts der Marke

Die Abbildung macht folgendes deutlich: Die GzG ist – wie schon in Abschnitt 5.3.5.1 aufgezeigt – c. p. in der Lage, die Qualitätswahrnehmung signifikant zu erhöhen. D. h. Probanden, deren Werbeanzeige eine GzG beinhaltete, nahmen die Qualität der Laufschuhe besser wahr als die Gruppe ohne GzG. Wie jetzt aus Abbildung 5.6 deutlich wird, (1)

(0)

463

Die standardisierten Werte bestätigen diese Aussage: γL11 = 0,44 (t-Wert: 4,79); γL11 = 0,17 (t-Wert: 1,82).

464

Die Faktorwerte wurden in einer separaten Analyse zunächst für den Gesamtdatensatz des LaufschuhSamples berechnet und dann ein durchschnittlicher Faktorwert je Gruppe bestimmt. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die berechneten Faktorwerte nie genau den tatsächlichen Faktorwerten entsprechen („factor indeterminancy“, Bollen (1989), S. 305), ist die Abbildung lediglich als Veranschaulichung zu sehen.

Ergebnisse der Hypothesenprüfung

185

kann die Marke diesen Effekt noch verstärken. An der größeren Steigung der oberen Linie („gute Marke“) ist im Vergleich zur unteren Linie („schlechte Marke“) zu erkennen, dass die durch das Vorhandensein der GzG bedingte Veränderung der Qualitätswahrnehmung in Kombination mit einer guten Marke höher ausfällt.465 Die GzG beeinflusst die Qualitätswahrnehmung demzufolge stärker, wenn sie von einem Hersteller mit einer guten Reputation angeboten wird. Die Tatsache, dass die Wertigkeit des low-scope Cues von der Ausprägung des high-scope Cues abhängt, ist als erster Hinweis auf den von Purohit, Srivastava (2001) entwickelten Cue Diagnosticity Framework zu interpretieren. Wie jedoch die oben genannten Werte für γL11 dokumentieren, ist die Wirkung der GzG selbst in Kombination mit einer schlechten Marke signifikant. Der von Purohit, Srivastava (2001) festgestellte Negativity Bias lässt sich in dieser Untersuchung bisher also nicht bestätigen. Eine gute Marke kann die Wertigkeit der GzG zwar erhöhen, eine schlechte Marke kann die Wertigkeit hingegen nicht so stark reduzieren, dass die GzG keinen signifikanten Einfluss auf die wahrgenommene Qualität mehr hätte.466 Insofern kann die Hypothese HIII1 nicht bestätigt werden, da die GzG auch in Kombination mit einer schlechten Marke einen Einfluss auf die Qualitätswahrnehmung ausübt. Ergänzend sei angemerkt, dass der Negativity Bias in dieser Untersuchung auch nicht beim Merkmal Preis festzustellen ist. Entgegen der Ergebnisse von Miyazaki, Grewal, Goodstein (2005) lässt sich nicht feststellen, dass bei einem niedrigen Preis (negatives Qualitätssignal) die Ausprägungen „gute Marke“ und „GzG vorhanden“ (positive Qualitätssignale) in ihrer Wirkung abgeschwächt werden und folglich nicht mehr wirken.467 Das negative Merkmal überkompensiert bei der Integration zu einem Gesamt465

Während das Vorhandensein der GzG in Kombination mit einer schlechten Reputation ein Δ im Faktorwert der Qualität von 0,17 hervor ruft, beträgt die Differenz in Kombination mit einer guten Reputation Δ = 0,39. Siehe Anmerkung zu den Faktorwerten oben.

466

Dies wäre in Abbildung 5.6 dadurch zu erkennen, dass die untere Linie (fast) keine Steigung aufweisen würde.

467

Für diese Aussage wurde eine Mehrgruppenkausalanalyse geschätzt. Die beiden Gruppen sind dadurch gekennzeichnet, dass die eine einen hohen Preis, die andere einen niedrigen Preis in der Werbeanzeige hatte. Zum einen sind in beiden Modellen die Pfade von GzG und Marke auf Qualität signifikant. Zum anderen ist die χ2 -Differenz zwischen dem freien Modell und dem Modell mit Iden-

186

Ergebnisse der empirischen Untersuchung

Qualitätsurteil also nicht die beiden anderen (positiven) Merkmale. Vor dem Hintergrund der Argumentation von Purohit, Srivastava (2001) ist vor allem die Tatsache, dass die Marke als high-scope Cue in ihrer Wirkung unabhängig von anderen Merkmalen ist, unmittelbar verständlich. Miyazaki, Grewal, Goodstein (2005) haben diesen Aspekt in ihrer Studie nicht berücksichtigt und keine Unterteilung der Produktmerkmale vorgenommen bzw. analysiert. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass durch die bisher generierten Ergebnisse der Cue Diagnosticity Framework nur teilweise unterstützt wird. Ein positiver high-scope Cue in Form einer Marke mit hoher Reputation ist in der Lage, die Wertigkeit des lowscope Cues GzG aufzuwerten und für die Qualitätsbeurteilung diagnostischer zu machen. Als Folge wird die GzG in Kombination mit einer guten Marke stärker für die Qualitätsbeurteilung herangezogen als in Kombination mit einer schlechten Marke. Allerdings lässt sich der Negativity Bias nicht bestätigen. Die Sonderstellung des Preises kommt zum einen dadurch zum Ausdruck, dass das Merkmal unabhängig von der Ausprägung des Merkmals Marke als Qualitätssignal wirkt. Zum anderen ist der Preis aber auch nicht wie ein high-scope Cue in der Lage, die Wertigkeit der anderen Merkmale zu verändern.

5.3.5.2.2 Überprüfung der Erweiterung des Frameworks Der Cue Diagnosticity Framework wurde in Abschnitt 3.3.3 um den Einfluss der Produktkenntnis erweitert. Diese Erweiterung, die im Rahmen des Hypothesenblocks IV überprüft werden soll, sieht vor, dass die Integration verschiedener Produktmerkmale zu einem Gesamt-Qualitätsurteil nicht nur von Art des Merkmals (high-scope vs. low-scope Cue), sondern zusätzlich von der Produktkenntnis abhängt. Es wird davon ausgegangen, dass high-scope Cues generell die Rolle der für die Qualitätsbeurteilung relevanteren Merkmale („more salient Cues“) einnehmen und daher in der Lage sind, für die Bewertung von low-scope Cues als „Anker“ zu dienen. Während Personen mit einer hohen Produktkenntnis (Experten) titätsrestriktionen für die Pfade von GzG und Marke auf die Qualitätswahrnehmung mit Δχ2 (2) = 1,96 (p > 0,1) nicht signifikant. Insofern wirken die Merkmale GzG und Marke unabhängig vom Merkmal Preis.

Ergebnisse der Hypothesenprüfung

187

gemäß der Anchoring-Hypothese von Srivastava, Mitra (1998) eine Garantie unabhängig von dem Merkmal Marke als Qualitätssignal heranziehen, brauchen Personen mit einer niedrigen Produktkenntnis (Novizen) eine gute Marke als Anker, um die Diagnostizität des Merkmals Garantie anzureichern. Aus diesem Grund wurde in den Hypothesen HIV 1 und HIV 2 formuliert, dass die Merkmale GzG und Preis (low-scope Cues) bei Novizen nur in Kombination mit einer hohen wahrgenommenen Reputation (high-scope Cue) einen Einfluss auf die Qualitätswahrnehmung ausüben. Im Gegensatz dazu wirken diese Merkmale gemäß Hypothese HIV 3 und HIV 4 bei Experten unabhängig von der Marke als Qualitätssignal. Um diese Hypothesen zu überprüfen, muss der Gesamtdatensatz weiter geteilt werden. Hieraus resultieren vier Teilmodelle bzw. -datensätze, die nur noch Probanden mit einer ganz spezifischen Kombination aus Marke und Produktkenntnis enthalten. So existiert beispielsweise ein Modell, in dem nur noch Probanden enthalten sind, die eine hohe Produktkenntnis haben und deren Werbeanzeige eine „gute“ Marke enthielt. Wie aus den dargestellten Überlegungen deutlich geworden ist, haben gemäß Hypothese HIV 1 und HIV 2 die Merkmale GzG und Preis nur in dem Teilmodell mit der Kombination „niedrige Produktkenntnis/schlechte Marke“ keinen Einfluss auf die Qualitätswahrnehmung. Die Schätzung der vier Teilmodelle stellt in Anlehnung an das Vorgehen von Srivastava, Mitra (1998) bzw. Purohit, Srivastava (2001) eine Analyse von geplanten Kontrasten dar.468 D. h. es werden sukzessive vermutete (Mittelwert-)Unterschiede analysiert. Hier werden die Mittelwertunterschiede durch die γ-Koeffizienten ausgedrückt, die die Wirkung der extrinsischen Produktmerkmale GzG und Preis auf die wahrgenommene Qualität repräsentieren.469 Dieses Vorgehen stellt eine wirksame Analyseform dar, wenn a priori Unterschiede nur in bestimmten Richtungen bzw. Zellen vermutet werden.470 Es

468

Vgl. z. B. Hair et al. (2006), S. 424 ff.

469

Siehe Abschnitt 4.2.3.1.

470

Einen anschaulichen Vergleich mit der Analyse von Interaktionseffekten liefert Toothaker (1993), S. 72 ff.

188

Ergebnisse der empirischen Untersuchung

ist zunächst also zu klären, ob eine spezifische Kombination aus Produktkenntnis und Marke zu signifikanten Unterschieden zwischen den jeweiligen Gruppen der Merkmale (Manipulationen) GzG und Preis führt. Die subjektive Produktkenntnis wurde im Fragebogen in Anlehnung an Brucks (1985) über zwei Indikatoren abgefragt.471 Um die Probanden im Hinblick auf die Produktkenntnis zu unterteilen, wurde ein Mediansplit entsprechend der im Fragebogen bei diesen Items angegebenen Werte vorgenommen.472 Die Messmodelle der so entstandenen Gruppen „hohe“ und „niedrige Produktkenntnis“ wurden auf Invarianz geprüft. Tabelle C.14 im Anhang dokumentiert, dass partielle skalare Invarianz vorliegt und die Ergebnisse der nachfolgenden Analyse somit nicht durch Unterschiede in den Messmodellen verzerrt werden. Die konkreten Ergebnisse der vier Modellschätzungen sind in Abbildung 5.7 dargestellt, wobei die für die Hypothesenprüfung relevanten Pfadkoeffizienten hervorgehoben wurden.473

471

Brucks (1985) unterscheidet hierbei zwischen „knowledge“ und „familiarity“. Der zweite Aspekt wurde in Anlehnung an Gardner (1983) formuliert. Für die beiden Items beträgt Cronbachs α = 0,89. Der genaue Wortlaut der Indikatoren ist in Abbildung C.3 im Anhang aufgeführt.

472

Eine derartige Dichotomisierung von kontinuierlichen Variablen ist mit einem Informationsverlust verbunden, vgl. z. B. Irwin, McClelland (2003). Die Alternative, nämlich die Berücksichtigung von Interaktionstermen der kontinuierlichen Indikatoren, führt allerdings zu einer erheblich erhöhten Komplexität, so dass der Informationsverlust in den meisten Studien in Kauf genommen wird. Für aktuelle Beispiele vgl. Völckner (forthcoming); Homburg, Grozdanovic, Klarmann (2007). Probanden, die auf dem Median lagen, wurden aus der Untersuchung ausgeschlossen. Der damit verbundene Informationsverlust wurde bewusst in Kauf genommen, da durch dieses Vorgehen einem wesentlichen Argument gegen die Dichotomisierung Rechnung getragen wurde: Durch die Dichotomisierung können Probanden, die im Hinblick auf die relevante Variable eigentlich ähnliche Ausprägungen aufweisen, künstlich „auseinandergezogen“ werden, was mit einer reduzierten Teststärke einhergehen kann, vgl. Irwin, McClelland (2001), S. 106.

473

Die Stichprobengrößen stellen sich wie folgt dar: Modell I : n = 198; Modell II : n = 186; Modell III : n = 217; Modell IV : n = 199. Die so berücksichtigen Stichprobengrößen sind nach der Richtlinie von Boomsma, Hoogland (2001) trotz des knappen Unterschreitens in den Modellen I, II und IV) als ausreichend anzusehen, siehe auch Baumgartner, Homburg (1996) für „typische“ Stichprobengrößen.

Ergebnisse der Hypothesenprüfung

189

I

GzG

II

GzG

0,20

„niedrig“

0,07

n.s.

wahrgen. Qualität

0,55

Produktkenntnis

1,53

***

Kaufabsicht

0,72

***

wahrgen. ökonom. Wert

wahrgen. emotionaler Wert

0,50

0,56

wahrgen. Qualität

0,72

-0,51 Preis

0,19 wahrgen. emotionaler Wert

0,32

-0,57 Preis

IV

GzG

0,35

„hoch“

wahrgen. Qualität

0,41

1,61

Kaufabsicht

0,66

wahrgen. ökonom. Wert

wahrgen. emotionaler Wert

***

0,48 0,58

wahrgen. Qualität

0,64

***

-0,47 Preis

0,48 wahrgen. emotionaler Wert

0,26**

0,37

P2 = 238,27, df = 144, RMSEA = 0,059, SRMR = 0,075, CFI = 0,965

III

GzG

wahrgen. ökonom. Wert

wahrgen. monetäres Opfer

1,53

P2 = 266,71, df = 144, RMSEA = 0,066, SRMR = 0,058, CFI = 0,958

Kaufabsicht

0,60

0,51

0,60***

wahrgen. monetäres Opfer

0,50

0,54

-0,54

wahrgen. monetäres Opfer

Preis

P2 = 321,07, df = 144, RMSEA = 0,075, SRMR = 0,054, CFI = 0,957

1,60

Kaufabsicht

0,72 0,63

***

0,23

0,54

wahrgen. ökonom. Wert

0,32

wahrgen. monetäres Opfer

P2 = 280,47, df = 144, RMSEA = 0,069, SRMR = 0,069, CFI = 0,958

„gut“

„schlecht“ Marke

Anmerkungen. n.s.: nicht signifikant, ∗∗ : p < 0,05, ∗∗∗ : p < 0,01. Alle nicht gekennzeichneten Pfadkoeffizienten sind signifikant mit p < 0,05 bzw. p < 0,01.

Abbildung 5.7: Pfadkoeffizienten und Gütemaße der Produktkenntnis-Modelle

Die dargestellten Ergebnisse bestätigen Hypothese HIV 1 , dass die Wirkung der GzG auf die wahrgenommene Qualität bei Personen mit einer geringen Produktkenntnis von der Marke abhängt, und HIV 3 , dass die GzG bei Personen mit einer hohen Produktkenntnis unabhängig von der Marke auf die Qualitätswahrnehmung wirkt.474 Folglich hat die GzG nur in Modell I keinen Einfluss auf die Qualitätswahrnehmung (γ11 = 0,07, t-Wert = 0,48). In allen anderen Modellen ruft das Vorhandensein der GzG eine signifikant höhere Qualitätswahrnehmung hervor. In Bezug auf das Merkmal Preis lässt sich festhalten, dass in allen Modellen ein positiver Einfluss auf die wahrgenommene Qualität zu beobachten ist und Hypothese HIV 2 verworfen bzw. Hypothese HIV 4 bestätigt werden muss. 474

Die globalen Anpassungsmaße liegen alle innerhalb der relevanten Grenzen.

190

Ergebnisse der empirischen Untersuchung

Insgesamt wird die Anchoring-Hypothese von Srivastava, Mitra (1998) nur in Bezug auf das Merkmal GzG bestätigt. Novizen benötigen für die Bewertung der GzG einen positiven Anker in Form eines Herstellers mit einer guten Reputation. Experten sind hingegen in der Lage, das Merkmal GzG unabhängig von der Ausprägung der Marke zu beurteilen und folglich als Qualitätssignal in die Gesamtbewertung einfließen zu lassen.475 Der oben beschriebene Negativity Bias tritt auf Basis der vorliegenden Ergebnisse nicht wie von Purohit, Srivastava (2001) festgestellt generell bei einem negativen high-scope Cue auf, sondern nur bei Personen mit einer schlechten Produktkenntnis. Für die Veranschaulichung dieser Befunde in Bezug auf die GzG sollen erneut die durchschnittlichen Faktorwerte der wahrgenommenen Qualität in Abbildung 5.8 herangezogen werden. In Modell I hat die GzG durch den Negativity Bias keinen Einfluss auf die wahrgenommene Qualität. Dies kommt in Abbildung 5.8 (a) dadurch zum Ausdruck, dass sich die Faktorwerte zwischen den Gruppen GzG „vorhanden“ und „nicht vorhanden“ kaum unterscheiden. Die Steigung der zur Visualisierung dieses Aspekts eingezeichneten Geraden beträgt folglich fast null. Probanden mit einer schlechten Produktkenntnis übertragen die negative Bewertung der Reputation des Herstellers auf das Merkmal GzG. In Modell II führt hingegen das positive Qualitätssignal in Form einer guten Marke dazu, dass das Vorhandensein der GzG positiv auf die wahrgenommene Qualität wirkt. Um diese Ergebnisse vor dem Hintergrund des Cue Diagnosticity Frameworks zu bewerten, wurde analog zum Vorgehen im vorangegangenen Abschnitt eine Mehrgruppenkausalanalyse mit den Modellen I und II durchgeführt. Ein χ2 -Differenztest dokumentiert, dass die Identitätsrestriktion für den Pfad GzG → Qualität mit Δχ2 (1) = 4,78, p < 0,05, zu einer signifikant schlechteren Modellanpassung führt.476 Die Ergebnisse zeigen eindeutig, dass die Bewertung des low-scope Cues von der Ausprägung des high-scope Cues abhängt und der Cue Diagnosticity Framework bei Personen mit einer geringen Produktkenntnis somit (uneingeschränkt) gilt. 475

Vgl. Srivastava, Mitra (1998), S. 329.

476

Gütemaße freies Modell: χ2 = 505,30, df = 288, χ2 /df = 1,75, RMSEA = 0,063, SRMR = 0,067 und CFI = 0,962.

Ergebnisse der Hypothesenprüfung

191

Modell I = schlechte Marke

Faktorwert wahrgenommene Qualität

0,51

Modell II = gute Marke

0,06 -0,20

-0,24

nicht vorhanden

GzG

vorhanden

(a) Faktorwerte für die Modelle I und II (niedrige Produktkenntnis)

0,59

Modell III = schlechte Marke

Faktorwert wahrgenommene Qualität

Modell IV = schlechte Marke

0,16

-0,29

-0,55

nicht vorhanden

GzG

vorhanden

(b) Faktorwerte für die Modelle III und IV (hohe Produktkenntnis) Anmerkungen. Die Verbindungslinien zwischen GzG „nicht vorhanden“ bzw. „vorhanden“ dienen nur der Visualisierung und sind nicht als stetig zu interpretieren.

Abbildung 5.8: Faktorwerte der wahrgenommenen Qualität in den ProduktkenntnisModellen

In Abbildung 5.8 (b) kommt darüber hinaus die Gültigkeit des zweiten Aspekts der Anchoring-Hypothese zum Ausdruck (HIV 3 ). An den Steigungen der beiden Geraden ist abzulesen, dass eine GzG in der Werbeanzeige in beiden Modellen zu einer Erhöhung der Qualitätswahrnehmung geführt hat. Probanden mit einer hohen Produktkenntnis nehmen das Vorhandensein einer GzG sowohl in Kombination mit einer schlechten Marke

192

Ergebnisse der empirischen Untersuchung

(Modell III) als auch in Kombination mit einer guten Marke (Modell IV) als positives Qualitätssignal wahr.477 Darüber hinaus zeigt ein χ2 -Differenztest, dass das Modell mit Identitätsrestriktion für die Pfade γ11 in Modell III und IV zu keinem signifikant schlechteren Modellfit führt (Δχ2 (1) = 1,22, p > 0,1).478 Das bedeutet, dass die Bewertung der GzG unabhängig von der Marke erfolgt. Der Cue Diagnosticity Framework besitzt somit bei Probanden mit einer hohen Produktkenntnis keine Gültigkeit. Wie bereits aus der Signifikanz aller vier Pfadkoeffizienten in Abbildung 5.7 deutlich wurde, bleibt anzumerken, dass die Wirkung des Preises erneut über die Modelle konstant ist. Daher muss Hypothese HIV 2 verworfen und Hypothese HIV 4 bestätigt werden. Die entsprechenden χ2 -Differenztests bestätigen, dass keine signifikanten Unterschiede in der Wirkung des Preises auf die Qualitätswahrnehmung in Abhängigkeit von der Marke existieren. Dies kann als weiterer Hinweis auf die oben erläuterte Sonderstellung des Preises als Merkmal zwischen high-scope und low-scope Cue gewertet werden. Gleichzeitig wird die Notwendigkeit unterstrichen, dass die Produktmerkmale systematisch klassifiziert werden müssen, um die Wirkung der Produktkenntnis zu analysieren. Srivastava, Mitra (1998) bestimmen lediglich in einem Paarvergleich, dass das eine Merkmal für die Qualitätsbeurteilung wichtiger („more salient“) ist als das andere. Die in den vorangegangenen Abschnitten dokumentierte stabile Wirkung des Preises als Qualitätssignal spricht dafür, dass viele Probanden den Preis als diagnostischeres Qualitätssignal ansehen als die GzG. Trotzdem ist der Preis (auch bei Personen mit einer schlechten Produktkenntnis) nicht wie die Marke in der Lage, die Diagnostizität der GzG zu verändern. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass in der vorliegenden Analyse die Ansätze von Srivastava, Mitra (1998) und Purohit, Srivastava (2001) im Rahmen der Erweiterung des Cue Diagnosticity Frameworks systematisch zusammengeführt wurden. Als wesentliche Erkenntnisse sind an dieser Stelle zu nennen, dass Personen mit einer ho477

Bei der Schätzung der einzelnen Modelle, waren folglich beide Pfade signifikant (Modell III: γ11 = 0,26; Modell IV: γ11 = 0,48), siehe Abbildung 5.7.

478

Gütemaße freies Modell: χ2 = 599,47, df = 288, χ2 /df = 2,08, RMSEA = 0,072, SRMR = 0,062 und CFI = 0,958.

Ergebnisse der Hypothesenprüfung

193

hen Produktkenntnis unabhängig von der Ausprägung des high-scope Cues in der Lage sind, die weiteren Produktmerkmale zu analysieren und zu interpretieren. Die GzG wird demnach unabhängig von der Ausprägung der Marke als Qualitätssignal herangezogen. Personen mit einer niedrigen Produktkenntnis benötigen hingegen einen positiven highscope Cue (Marke), um die Wertigkeit des low-scope Cues (GzG) so weit zu erhöhen, dass dieser zur Qualitätsbeurteilung herangezogen wird. Wird die Reputation negativ bewertet, überträgt sich diese Beurteilung auch auf die GzG, die folglich die Qualitätsbeurteilung nicht mehr positiv beeinflussen kann (Negativity Bias). Es muss somit konstatiert werden, dass der Cue Diagnosticity Framework nur bei Personen mit einer geringen Produktkenntnis Gültigkeit besitzt. Darüber hinaus zeigen die Ergebnisse aber, dass die im Rahmen des Frameworks systematisch vorgenommene Klassifizierung der Produktmerkmale eine hohe Bedeutung hat. Es reicht auf Basis der Ergebnisse von Srivastava, Mitra (1998) nicht aus, lediglich zu bestimmen, welches Produktmerkmal diagnostischer ist. Wie am Beispiel des Merkmals Preis gezeigt werden konnte, lässt sich die Anchoring-Hypothese nur dann bestätigen, wenn die Merkmale eindeutig als high-scope bzw. low-scope Cue klassifiziert werden können. Insofern hat die vorliegende Untersuchung dokumentiert, dass die in dieser Arbeit vorgenommene Integration bzw. Erweiterung der beiden Konzepte von Purohit, Srivastava (2001) und Srivastava, Mitra (1998) erforderlich ist, um differenzierte Handlungsempfehlungen aussprechen zu können. Bei der Analyse der Wirkung der GzG auf den Produktbeurteilungsprozess ist nämlich neben der Ausprägung des für die Qualitätsbeurteilung besonders diagnostischen Merkmals Marke ebenfalls die Produktkenntnis der Konsumenten zu beachten. Die Prüfung wurde aufgrund der Nicht-Signifikanz der Wirkung der GzG auf die Qualitätswahrnehmung im Digitalkamera-Sample nur für das Laufschuh-Sample durchgeführt. Ergänzend sei angemerkt, dass – wie in Abbildung C.7 im Anhang dokumentiert – im Digitalkamera-Sample die GzG auch bei Berücksichtigung der Produktkenntnis in keiner Konstellation einen Einfluss auf die wahrgenommene Qualität ausübt. Die Wirkung

194

Ergebnisse der empirischen Untersuchung

der GzG auf den emotionalen Wert ist hingegen in allen Modellen signifikant. Dieser Sachverhalt spricht erneut eindeutig für die Notwendigkeit der Berücksichtigung von emotionalen Wertkomponenten. Abschließend lässt sich festhalten, dass im Rahmen der Hypothesenprüfung sukzessive vier Hypothesenblöcke überprüft wurden. Hypothesenblock I bezog sich dabei auf die Wirkungsbeziehungen zwischen den Konstrukten des hier entwickelten erweiterten Perceived-Value-Modells. Hypothesenblock II beinhaltete Hypothesen zu der Frage, ob die extrinsischen Merkmale in beiden Samples gleichermaßen genutzt werden und wie diese Produktmerkmale generell auf die Elemente des Untersuchungsmodells wirken. Um zu dokumentieren, dass die „klassische“ Überprüfung der Wirkung extrinsischer Merkmale unvollständig ist, wurde der Cue Diagnosticity Framework in Hypothesenblock III überprüft. Selbst bei Berücksichtigung der Wertigkeiten der Produktmerkmale und der sich daraus ergebenden Interaktionen im Rahmen des Frameworks ist die Analyse jedoch unvollständig, da abschließend in Hypothesenblock IV gezeigt werden konnte, dass der Cue Diagnosticity Framework um die Produktkenntnis erweitert werden muss. Insgesamt sind bei der Bewertung der GzG als Marketing-Instrument zwei Wirkungsrichtungen zu beachten. Zum einen kann die GzG nur unter bestimmten Bedingungen als Qualitätssignal dienen. Wie dokumentiert wurde, ist die Fähigkeit der GzG, die Kaufabsicht über die wahrgenommene Qualität und den wahrgenommenen ökonomischen Wert zu beeinflussen, von der Art des Produktes (Erfahrungs- vs. Suchgut), der Ausprägung der für die Qualitätsbeurteilung besonders diagnostischen Merkmale (high-scope Cues) und der Produktkenntnis der Konsumenten abhängig. Zum anderen ist die GzG unabhängig von diesen Aspekten in jeder untersuchten Konstellation in der Lage, die Kaufabsicht über den emotionalen Wert zu erhöhen. Zusammenfassend sind die Ergebnisse der Hypothesenprüfung in Abbildung 5.9 (Hypothesenblöcke I und II) und Abbildung 5.10 (Hypothesenblöcke III und IV) dargestellt.

Ergebnisse der Hypothesenprüfung

195

Hypothesenblock I

Hypothese

Analyse der Wirkungsbeziehungen zwischen den Elementen des erweiterten PerceivedValue-Modells

HI1: Je höher die wahrgenommene Qualität ist, desto höher ist der wahrgenommene ökonomische Wert.

bestätigt

bestätigt

HI2: Je höher das wahrgenommene monetäre Opfer ist, desto geringer ist der wahrgenommene ökonomische Wert.

bestätigt

bestätigt

(Abschnitt 5.3.4)

HI3: Je höher der wahrgenommene ökonomische Wert ist, desto höher ist der wahrgenommene emotionale Wert.

bestätigt

bestätigt

HI4: Je höher der wahrgenommene ökonomische Wert ist, desto höher ist die Kaufabsicht.

bestätigt

bestätigt

HI5: Je höher der wahrgenommene emotionale Wert ist, desto höher ist die Kaufabsicht.

bestätigt

bestätigt

Ergebnis Laufschuhe Digitalkamera

Hypothesenblock II

Hypothese

Analyse des Einflusses der extrinsischen Produktmerkmale auf das erweiterte PerceivedValue-Modell

HII1: Der Einfluss der GzG auf die wahrgenommene Qualität ist bei Erfahrungsgütern höher als bei Suchgütern.

bestätigt

HII2: Der Einfluss der Marke (Reputation) auf die wahrgenommene Qualität ist bei Erfahrungsgütern höher als bei Suchgütern.

bestätigt

HII3: Der Einfluss des Preises auf die wahrgenommene Qualität ist bei Erfahrungsgütern höher als bei Suchgütern.

bestätigt

(Abschnitt 5.3.5.1)

Ergebnis Laufschuhe Digitalkamera

HII4: Der Einfluss der GzG auf den wahrgenommenen emotionalen Wert ist bei Erfahrungsgütern höher als bei Suchgütern.

nicht bestätigt

HII5: Der Einfluss der Marke (Reputation) auf den wahrgenommenen emotionalen Wert ist bei Erfahrungsgütern höher als bei Suchgütern.

bestätigt

HII6: Das Vorhandensein einer GzG hat einen positiven Einfluss auf die wahrgenommene Qualität.

bestätigt

nicht bestätigt

HII7: Je besser die Marke (Reputation) wahrgenommen wird, desto höher ist die wahrgenommene Qualität.

bestätigt

bestätigt

HII8: Je höher der Preis wahrgenommen wird, desto höher ist die wahrgenommene Qualität.

bestätigt

bestätigt

HII9: Je höher der Preis wahrgenommen wird, desto höher ist das wahrgenommene monetäre Opfer.

bestätigt

bestätigt

HII10: Das Vorhandensein einer GzG hat einen positiven Einfluss auf den wahrgenommenen emotionalen Wert.

bestätigt

bestätigt

HII11: Je besser die Marke (Reputation) wahrgenommen bestätigt wird, desto höher ist der wahrgenommene emotionale Wert.

nicht bestätigt

Abbildung 5.9: Übersicht über die Ergebnisse der Hypothesenblöcke I und II

196

Ergebnisse der empirischen Untersuchung

Hypothesenblock III

Hypothese

Überprüfung des Cue Diagnosticity Frameworks

HIII1: Das Vorhandensein einer GzG hat nur in Kombination mit einer hohen wahrgenommenen Reputation (Marke) einen positiven Einfluss auf die wahrgenommene Qualität.

nicht bestätigt

HIII2: Ein höherer wahrgenommener Preis hat nur in Kombination mit einer hohen wahrgenommenen Reputation (Marke) einen positiven Einfluss auf die wahrgenommene Qualität.

nicht bestätigt

(Abschnitt 5.3.5.2.1)

Hypothesenblock IV

Ergebnis (Prüfung nur für Laufschuhe)

Hypothese

Ergebnis (Prüfung nur für Laufschuhe)

Überprüfung der Erweiterung des Cue Diagnosticity Frameworks um die Produktkenntnis (Abschnitt 5.3.5.2.2)

HIV1: Bei Personen mit einer geringen Produktkenntnis hat das Vorhandensein einer GzG nur in Kombination mit einer hohen wahrgenommenen Reputation (Marke) einen positiven Einfluss auf die wahrgenommene Qualität.

bestätigt

HIV2: Bei Personen mit einer geringen Produktkenntnis hat ein höherer wahrgenommener Preis nur in Kombination mit einer hohen wahrgenommenen Reputation (Marke) einen positiven Einfluss auf die wahrgenommene Qualität.

nicht bestätigt

HIV3: Bei Personen mit einer hohen Produktkenntnis hat das Vorhandensein einer GzG unabhängig von der wahrgenommenen Reputation (Marke) einen positiven Einfluss auf die wahrgenommene Qualität.

bestätigt

HIV4: Bei Personen mit einer hohen Produktkenntnis hat ein höherer wahrgenommener Preis unabhängig von der wahrgenommenen Reputation (Marke) einen positiven Einfluss auf die wahrgenommene Qualität.

bestätigt

Abbildung 5.10: Übersicht über die Ergebnisse der Hypothesenblöcke III und IV

6 Schlussbetrachtung

6.1 Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse Im vorangegangenen Kapitel wurden die in Abschnitt 3.4 formulierten Hypothesen empirisch überprüft. Die Prüfung erfolgte sukzessive im Rahmen von vier Hypothesenblöcken. Die wesentliche Ergebnisse sollen im Folgenden zusammenfassend bewertet und diskutiert werden. In Hypothesenblock I wurden die Wirkungsbeziehungen der Konstrukte des in dieser Arbeit entwickelten erweiterten Perceived-Value-Modells überprüft. Während der positive Einfluss der Qualität und der negative Einfluss des monetären Opfers auf den ökonomischen Wert sowie der positive Einfluss des ökonomischen Wertes auf die Kaufabsicht bereits in einer Vielzahl von Publikationen festgestellt wurde, ist insbesondere das in das Perceived-Value-Modell integrierte Konstrukt emotionaler Wert zu beachten. Im Rahmen der theoretischen Ausführungen wurde auf einen Ansatz von Bagozzi (1992) zurückgegriffen. Der Ansatz postuliert, dass auf die Bewertung einer Aktivität eine affektive Reaktion folgen kann, die wiederum eine Bewältigungsreaktion bedingen kann. Der Ansatz wurde von Gotlieb, Grewal, Brown (1994) auf eine konkrete Marketing-Fragestellung übertragen. Die Autoren entwickeln dabei folgende Wirkungskette: Diskonfirmation von Erwartungen → Qualitätswahrnehmung → Zufriedenheit → Verhaltensabsicht. Ausgehend von diesen Überlegungen wurde herausgestellt, dass eine positive oder negative Diskonfirmation der Produktattribute und somit der wahrgenommenen Qualität nicht

198

Schlussbetrachtung

automatisch zu einer emotionalen Reaktion führen muss, da diese Wirkung von der Bewertung des monetären Opfers konterkariert werden kann. Daher wurde in dieser Arbeit die Qualität als „appraisal“-Konstrukt durch den ökonomischen Wert ersetzt. Weiterhin wurde angenommen, dass von beiden Wertkomponenten ein Einfluss auf die Kaufabsicht ausgeht. Die empirischen Ergebnisse auf Basis von zwei Produkt-Samples bestätigen die hier entwickelte Einbindung des Konstruktes emotionaler Wert in das Perceived-ValueModell. Darüber hinaus wurde das Untersuchungsmodell mit einem „klassischen“ Modell ohne den emotionalen Wert verglichen. Es wurde deutlich, dass das erweiterte PerceivedValue-Modell bei beiden Produkt-Samples einen erheblich größeren Anteil der Varianz der Variable Kaufabsicht erklären kann als das Basismodell. Dies wurde als erster Anhaltspunkt für die Notwendigkeit der Aufnahme von emotionalen Wertkomponenten in vergleichbare Untersuchungen gewertet. In Hypothesenblock II wurde zunächst überprüft, ob die extrinsischen Produktmerkmale bei Erfahrungsgütern einen stärkeren Einfluss auf die Qualitätswahrnehmung ausüben als bei Suchgütern. Bei Produkten mit einem hohen Anteil an Erfahrungseigenschaften können die intrinsischen Merkmale vor dem Kauf nicht beurteilt werden. Intrinsische Produktmerkmale sind nach der Cue-Utilization-Theorie aufgrund ihres höheren Prognosewertes grundsätzlich besser geeignet, um die Qualität des Produktes zu bestimmen. Fehlt jedoch die Fähigkeit, diese Merkmale zu beurteilen, greifen Konsumenten nach dem HSM nicht mehr auf alle vorhandenen Informationen zurück, sondern nutzen Heuristiken. Hierzu gehört auch die Verwendung von Schlüsselinformationen in Form von extrinsischen Produktmerkmalen. Zusätzlich wird aufgrund des höheren wahrgenommenen Risikos bei der Qualitätsbeurteilung von Erfahrungsgütern die Verwendung von Schlüsselinformationen als Risikokontrolle begünstigt. Bei einem Vergleich des Laufschuh-Samples mit dem Digitalkamera-Sample im Rahmen einer Mehrgruppenkausalanalyse konnten diese Überlegungen für alle drei Produktmerkmale empirisch bestätigt werden. Die extrinsischen Merkmale GzG, Marke und Preis werden im Erfahrungsgut-Sample stärker zur Qualitätsbeurteilung herangezogen als im Suchgut-Sample.

Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse

199

Weiterhin wurde analysiert, ob sich die Wirkung der Merkmale GzG und Marke auf den emotionalen Wert zwischen den Samples unterscheidet. Bei Erfahrungsgütern kann eine Qualitätsbeurteilung vor dem Kauf nicht so umfassend erfolgen wie bei Suchgütern. Die von den Konsumenten empfundene Unsicherheit, ob das Produkt den Erwartungen entsprechen wird, ist folglich bei Erfahrungsgütern höher. Daher wurde angenommen, dass Merkmale, die in der Lage sind, die negativen Folgen eines Kaufes abzusichern, bei Erfahrungsgütern eher positive emotionale Reaktionen hervorrufen können als bei Suchgütern. Im Gegensatz zur Marke lässt sich dieser Aspekt für GzG nicht bestätigen, da in beiden Samples eine positive (nicht signifikant unterschiedliche) Wirkung dieses Merkmals auf den emotionalen Wert festzustellen war. Die GzG ist also unabhängig von der Produktart in der Lage, direkt auf den emotionalen Wert einzuwirken. Um die Frage beantworten zu können, wie die extrinsischen Produktmerkmale generell auf die Konstrukte des erweiterten Perceived-Value-Modells wirken, wurde ein Strukturgleichungsmodell geschätzt, das in der Lage ist, experimentelle Manipulationen zu berücksichtigen. Im Laufschuh-Sample konnte ein positiver Einfluss der GzG, einer höher wahrgenommenen Reputation und eines höher wahrgenommenen Preises auf die Qualitätswahrnehmung festgestellt werden. Somit zeigt sich, dass die betrachteten Produktmerkmale als Qualitätssignale für die Beurteilung der Laufschuhe dienen. Diese Befunde können darauf zurückgeführt werden, dass Konsumenten durch das Heranziehen von aussagekräftigen Produktinformationen den kognitiven Aufwand der Qualitätsbeurteilung gering halten können. Dies entspricht der Annahme des HSM, dass Konsumenten tendenziell ein heuristisches Vorgehen bevorzugen. Zusätzlich wird dies durch die auf der Theorie der kognitiven Dissonanz und der Attributionstheorie basierenden Überlegungen bestätigt. In Bezug auf die Dissonanztheorie wurde festgehalten, dass der Preis eines Produktes eine kognitive Dissonanz auslösen kann, wenn sich aus Sicht des im Konsumenten entwickelten Wahrnehmungsschemas Preis und Qualität nicht entsprechen. Diese Dissonanz kann er darüber ausgleichen, dass er auf eine höhere Qualität des Produktes schließt. In Bezug auf die GzG wurde nach der Attributionstheorie die Möglichkeit

200

Schlussbetrachtung

dargestellt, dass der Konsument die GzG vor dem Kauf als positives Qualitätssignal attribuiert. Hierfür sind z. B. Überlegungen des Konsumenten ursächlich, dass der Hersteller selbst von der Qualität des Produktes überzeugt sein muss oder der Hersteller keinen Anreiz hat, im Falle eines minderwertigen Produktes aufgrund der zu erwartenden Reklamationen eine GzG anzubieten. Neben dieser erstmaligen Attribution ist es auch möglich, dass der Konsument bereits in der Vergangenheit einen Zusammenhang zwischen dem Merkmal GzG und einer guten Produktqualität festgestellt hat. Dieser Zusammenhang kann gemäß der Attributionstheorie als Vorurteil in die Bewertung eingehen. Diese Ausführungen gelten gleichermaßen für das Merkmal Marke. Die Marke übt von den betrachteten Produktmerkmalen vor dem Preis und der GzG den stärksten Einfluss auf die wahrgenommene Qualität aus. Aufgrund der Tatsache, dass GzG in Deutschland bisher nur vereinzelt als Marketing-Instrument eingesetzt wurden, kann nach den Ausführungen zur Attributionstheorie als Erklärung abgeleitet werden, dass bei den meisten Konsumenten noch kein über den Zeitraum konsistenter Zusammenhang zwischen GzG und Produktqualität festgestellt werden konnte und die GzG daher von den drei betrachteten Merkmalen die schwächste Wirkung als Qualitätssignal entwickelt. Darüber hinaus deckt sich der Befund, dass insbesondere die Merkmale Marke und Preis zur Qualitätsbeurteilung herangezogen werden, mit einer Vielzahl von empirischen Untersuchungen.479 Das wahrgenommene monetäre Opfer fällt wie erwartet umso höher aus, je höher der Preis wahrgenommen wird. In diesem Zusammenhang konnte auch die Notwendigkeit aufgezeigt werden, die duale Rolle des Preises zu berücksichtigen. In vielen Studien wurde herausgestellt, dass ein hoher Preis mit hoher Qualität assoziiert wird. Dies impliziert bei isolierter Betrachtung dieses Sachverhalts auch einen positiven Einfluss auf den wahrgenommenen ökonomischen Wert und somit auf die Kaufabsicht. Hier konnte jedoch empirisch gezeigt werden, dass von dem Merkmal Preis neben der positiven Wirkung auf die Kaufabsicht gleichzeitig eine negative Wirkung über das wahrgenommene 479

Vgl. z. B. Dawar, Parker (1994).

Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse

201

monetäre Opfer ausgeht. Insgesamt war der totale Effekt des Merkmals Preis auf die Kaufabsicht negativ. An dieser Stelle sei in diesem Zusammenhang angemerkt, dass die Marke im Laufschuh-Sample vor dem Preis und der GzG den stärksten Effekt auf die Kaufabsicht ausübt. Eine weitere wesentliche Erkenntnis lieferte die Überprüfung der Wirkung der GzG und der Marke auf den emotionalen Wert. Ergänzend zu den obigen Ausführung kann festgehalten werden, dass beide Merkmale im Laufschuh-Sample in der Lage sind, den emotionalen Wert positiv zu beeinflussen. Vor dem Kauf spielen insbesondere die antizipierten Emotionen Regret und Disappointment eine Rolle. Regret kann beispielsweise dadurch entstehen, dass ein Produkt nach dem Kauf an anderer Stelle preisgünstiger gefunden wird. Disappointment kann sich daraus ergeben, dass die Qualität des Produktes nicht den Erwartungen entspricht. Antizipierte Emotionen können negative Verhaltenswirkungen auslösen; z. B. dergestalt, dass ein Produkt bei der Kaufentscheidung nicht mehr berücksichtigt wird, da im Falle des tatsächlichen Eintretens der antizipierten Situation nach dem Kauf ein Konsument einen finanziellen Schaden erleiden kann. Dieser aus dem Kauf resultierende Nachteil kann durch eine GzG für den Garantiezeitraum abgesichert werden. Nach der Appraisal-Theorie entstehen bei der Vermeidung eines solchen Nachteils positive Reaktionen. Diese Überlegungen konnten in der vorliegenden Untersuchung empirisch bestätigt werden, wobei von der GzG eine höherer Einfluss auf den emotionalen Wert ausgeht als von der Marke. Nach der Disappointment-Theorie sind Individuen bestrebt, Enttäuschung zu vermeiden. Die Bestätigung des direkten Einflusses der GzG auf den emotionalen Wert – und somit auf die Kaufabsicht – unterstreicht die Befunde von Heiman et al. (2005), dass Konsumenten aufgrund der Disappointment-Aversion bereit sind, für eine GzG eine 25%-ige Preisprämie auf den Originalpreis zu zahlen. Dieser Aspekt macht auch deutlich, warum einige Anbieter antizipierte Emotionen in die Werbebotschaft einer GzG integrieren. Durch Sätze wie „sollten Sie dennoch nicht zufrieden sein“ wird dem Konsumenten eine mögliche Folge des Kaufs eines Produktes vor Augen geführt, um somit die Wertschätzung einer GzG zu erhöhen.

202

Schlussbetrachtung

Bei der Analyse des Digitalkamera-Samples war insbesondere bemerkenswert, dass die GzG keinen Einfluss auf die wahrgenommene Qualität ausübt. Bei einem Suchgut sind die Konsumenten in der Lage, die Qualität anhand der intrinsischen Merkmale vor dem Kauf zu beurteilen. Extrinsische Merkmale werden folglich in geringerem Ausmaß zur Qualitätsbeurteilung herangezogen. Dies führt dazu, dass im Digitalkamera-Sample nur noch die (bekannten) Merkmale Marke und Preis positiv auf die wahrgenommene Qualität wirken, von der GzG aber kein Einfluss ausgeht. Ferner führt ein höherer wahrgenommener Preis auch hier zu einer Erhöhung des wahrgenommenen monetären Opfers. Im Digitalkamera-Sample geht kein Einfluss von der Marke auf den emotionalen Wert aus. Die Probanden nutzen die Marke bei dem Suchgut als Qualitätssignal, sehen das Merkmal aber nicht als Instrument zur Vermeidung der negativen Folgen eines Kaufes an. Als wichtigstes Ergebnis ist an dieser Stelle zu konstatieren, dass von der GzG ein signifikanter Einfluss auf den emotionalen Wert ausgeht. In bisherigen Studien wurde häufig die Wirkungskette Garantie → Qualität → ökonomischer Wert → Kaufabsicht überprüft. Aufgrund des nicht signifikanten Einflusses der GzG auf die wahrgenommene Qualität – und somit auf weitere Elemente der Wirkungskette – hätte man die Empfehlung aussprechen müssen, dass die GzG kein wirksames Marketing-Instrument zur Beeinflussung der Kaufabsicht darstellt. Der Einfluss der GzG auf den emotionalen Wert dokumentiert jedoch, dass diese Empfehlung falsch gewesen wäre, da von der GzG sehr wohl eine Wirkung auf die Kaufabsicht ausgeht, nämlich über den Wirkungszusammenhang GzG → emotionaler Wert → Kaufabsicht. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch, dass im Digitalkamera-Sample der totale Effekt der GzG auf die Kaufabsicht nur knapp unter dem Einfluss der Marke liegt. Bisher konnte gezeigt werden, welchen Einfluss die extrinsischen Produktmerkmale in der vorliegenden Untersuchung generell ausüben. In Hypothesenblock III wurde eine Detailanalyse dieser Wirkungen durchgeführt und der Cue Diagnosticity Framework überprüft. Aufgrund des fehlenden Einflusses der GzG auf die wahrgenommene Qualität im Digitalkamera-Sample, wurden die Hypothesen nur für das Laufschuh-Sample geprüft.

Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse

203

Der Cue Diagnosticity Framework sieht eine Unterteilung der Produktmerkmale nach deren Wertigkeit vor. Die daraus resultierenden Kategorien werden als high-scope und low-scope Cues bezeichnet. Es wird weiterhin davon ausgegangen, dass high-scope Cues aufgrund der hohen Diagnostizität dieser Merkmale in der Lage sind, die Wertigkeiten der low-scope Cues positiv oder negativ zu beeinflussen. Im Rahmen einer Mehrgruppenkausalanalyse konnte festgestellt werden, dass von der Marke als high-scope Cue neben dem bereits oben dokumentierten direkten Effekt ebenfalls ein indirekter Effekt ausgeht. Dieser Quasi-Moderator-Effekt kommt dadurch zum Ausdruck, dass eine GzG in Kombination mit einer guten Marke einen stärkeren Einfluss auf die Qualitätswahrnehmung ausübt als in Kombination mit einer schlechten Marke. Insofern steigert der high-scope Cue die Diagnostizität des low-scope Cues und somit die Wahrscheinlichkeit, dass die GzG zur Qualitätsbeurteilung herangezogen wird. Allerdings konnte kein Negativity Bias festgestellt werden, da die GzG selbst in der Kombination mit einer schlechten Marke noch einen Einfluss auf die wahrgenommene Qualität ausübt. Die Feststellung, dass eine GzG umso stärker wirkt, je höher die Reputation des anbietenden Unternehmens wahrgenommen wird, ist vor dem Hintergrund bisheriger Forschungsergebnisse zum Themenkomplex Garantien bemerkenswert. Sowohl bei Produktgarantien480 als auch bei Dienstleistungs- bzw. Servicegarantien481 wurde festgestellt, dass die Garantie bei Unternehmen mit einer hohen Reputation in geringerem Ausmaß positive Konsumentenreaktionen hervorruft als bei unbekannten oder weniger guten Unternehmen. Zusätzlich war bemerkenswert, dass der Preis unabhängig von der Ausprägung des Merkmals Marke zur Qualitätsbeurteilung herangezogen wird. Obwohl der Preis in dem Cue Diagnosticity Framework als low-scope Cue klassifiziert wird, wurde hier herausgestellt, dass zwar eine kurzfristige Veränderung der Wertigkeit des Merkmals Preis herbeigeführt werden kann. Diese Veränderung geht aber nicht zwangsweise mit einer Veränderung des Merkmals als Qualitätssignal einher, da die Preisänderungen kurzfristig immer nur in480

Vgl. z. B. Innis, Unnava (1991).

481

Vgl. z. B. Ostrom, Iacobucci (1998).

204

Schlussbetrachtung

nerhalb gewisser Bandbreiten vorgenommen werden kann. Da auf der anderen Seite der Preis aber auch nicht wie ein high-scope Cue in der Lage ist, die Wertigkeit des Merkmals GzG zu beeinflussen, kann dem Preis eine Sonderstellung zwischen den Kategorien low-scope und high-scope Cue zugewiesen werden. Schließlich wurde die Integration der Produktkenntnis in den Cue Diagnosticity Framework in Hypothesenblock IV überprüft. Ausgangspunkt der Überlegungen war die empirische Studie von Srivastava, Mitra (1998). In dieser Studie wurde im Gegensatz zum Cue Diagnosticity Framework keine systematische Klassifizierung der Produktmerkmale vorgenommen, sondern lediglich herausgestellt, dass das „wertvollere“ Merkmal (Marke) bei Personen mit einer geringen Produktkenntnis bei der Beurteilung des weniger diagnostischen Merkmals (Garantie) als Anker dient. Im Rahmen der Hypothesenprüfung mit geplanten Kontrasten und Mehrgruppenkausalanalysen wurde bestätigt, dass der Cue Diagnosticity Framework nur bei Personen mit einer geringen Produktkenntnis gilt. Die GzG wirkt bei diesen Personen nur in Kombination mit einer guten Marke auf die wahrgenommene Qualität. In Kombination mit einer schlechten Marke ist aufgrund des fehlenden positiven Ankers kein signifikanter Einfluss festzustellen. Bei Experten übt die GzG hingegen unabhängig von der Marke einen Einfluss auf die Qualitätswahrnehmung aus. Ein Negativity Bias, also eine Übergewichtung des negativen Merkmals, tritt folglich nur bei Personen mit geringer Produktkenntnis und nicht – wie von Purohit, Srivastava (2001) und Miyazaki, Grewal, Goodstein (2005) vermutet – generell auf. Ferner konnte die bereits angeführte Sonderstellung des Merkmals Preis erneut festgestellt werden. Dieser Aspekt verdeutlicht, dass eine systematische Klassifizierung der Produktmerkmale erforderlich ist. Nach der Systematik von Srivastava, Mitra (1998) hätte man unter Umständen den Preis im Vergleich zur GzG als diagnostischeres Merkmal eingestuft. Dieses Merkmal ist jedoch in keiner untersuchten Konstellation in der Lage, die Wirkung der GzG zu beeinflussen. Insofern bestätigen die empirischen Ergebnisse die hier vorgenommene Integration der beiden Ansätze, die neben einer systematischen Klassifizierung der Produktmerkmale auch die Produktkenntnis der Konsumenten erfasst.

Implikationen aus wissenschaftlicher und praktischer Perspektive

205

Insgesamt bleibt für die Beantwortung der eingangs aufgeworfenen Fragestellung festzuhalten, dass das Vorhandensein einer GzG in jeder hier untersuchten Konstellation die Kaufabsicht über den emotionalen Wert erhöhen kann. Die Eignung der GzG als Qualitätssignal und somit die Fähigkeit der GzG, über die wahrgenommene Qualität positiv auf die Kaufabsicht zu wirken, hängt hingegen von der Art des Produktes, der Reputation des Anbieters und der Produktkenntnis der Konsumenten ab.

6.2 Implikationen aus wissenschaftlicher und praktischer Perspektive Aus den empirisch ermittelten Ergebnissen lassen sich Implikationen für Wissenschaft und Praxis ableiten. Zunächst bleibt aus wissenschaftlicher Perspektive anzumerken, dass eine umfassende Auseinandersetzung mit dem Marketing-Instrument GzG bisher fehlt. Weder für Händler-GzG noch für die hier betrachteten Hersteller-GzG existiert eine systematische Analyse der Wirkungen dieser Garantieform auf die Konsumenten. Die vorhandenen Studien sind fast ausnahmslos konzeptioneller Natur und stützen ihre Ergebnisse nicht mit empirischen Daten. Daher wurde hier ein verhaltenswissenschaftlich fundiertes Wirkungsmodell hergeleitet, anhand dessen die Wirkung der GzG bei simultaner Betrachtung weiterer relevanter Produktmerkmale analysiert werden konnte. Die empirische Überprüfung des Modells machte deutlich, dass bei der Analyse der Wirkung von Produktmerkmalen auf kaufverhaltensrelevante Konstrukte eine Vielzahl von Aspekten – wie die Interaktion von Produktmerkmalen oder die Berücksichtigung von personenspezifischen Faktoren – zu beachten ist, da ansonsten falsche Handlungsempfehlungen generiert werden. Die Implikationen, die sich aus der umfassenden Betrachtung im Rahmen dieser Arbeit ergeben haben, sollen im Folgenden dargestellt werden. Hierbei stehen die Erkenntnisse aus der Erweiterung des Perceived-Value-Modells im Vordergrund.

206

Schlussbetrachtung

In dieser Arbeit wurde ein „klassisches“ Perceived-Value-Modell um eine emotionale Nutzenkomponente erweitert. Die Integration des emotionalen Wertes in das Modell wurde anhand zweier Produkt-Samples mit insgesamt über 1.700 Datensätzen überprüft. Der emotionale Wert kann zum einen durch eine positive Bewertung des ökonomischen Wertes entstehen, zum anderen aber auch direkt von Produktmerkmalen wie der GzG und der Marke beeinflusst werden. Die Notwendigkeit, den wahrgenommenen Wert nicht nur – wie häufig üblich – als kognitive Größe zu betrachten, wurde an verschiedenen Stellen deutlich. Durch die Aufnahme des emotionalen Wertes kann systematisch mehr Varianz der Variable Kaufabsicht erklärt und diese somit besser prognostiziert werden. Bei Produkten mit einem hohen Anteil an Sucheigenschaften hätte die Nicht-Berücksichtigung darüber hinaus zu falschen Handlungsempfehlungen geführt. Wie dokumentiert wurde, ging von der GzG im Digitalkamera-Sample kein Einfluss auf die Qualitätswahrnehmung aus. Allerdings wirkte die GzG direkt auf den emotionalen Wert. Ohne die Integration des emotionalen Wertes in das Perceived-Value-Modell wäre man also zu der falschen Empfehlung gelangt, dass die GzG keine kaufverhaltensrelevanten Konstrukte beeinflussen kann, obwohl der Gesamteffekt der GzG auf die Kaufabsicht im Digitalkamera-Sample nur wenig unter dem Einfluss der Marke lag. Die vorliegende Untersuchung unterstreicht also nachhaltig, warum in der Literatur immer wieder gefordert wird, neben kognitiven auch affektive Wertkomponenten zu berücksichtigen. Weiterhin wird die Notwendigkeit deutlich, komplexe Wirkungsmodelle bei der Analyse zu berücksichtigen. Anhand der dualen Rolle des Preises konnte gezeigt werden, dass bei Studien zur Qualitätswahrnehmung stets auch die negativen Folgen des Preises als Qualitätssignal zu beachten sind. Insgesamt stellt das hier entwickelte erweiterte Perceived-Value-Modell einen flexiblen Ansatz dar, der unabhängig von den hier berücksichtigten Produktmerkmalen bzw. Produktarten für weitere Studien verwendet werden kann bzw. sollte. In dieser Untersuchung wurden die Studien von Miyazaki, Grewal, Goodstein (2005) und Purohit, Srivastava (2001) berücksichtigt, die sich mit der Wechselwirkung der Produktmerkmale auf die Qualitätswahrnehmung beschäftigen. Die Notwendigkeit der Berück-

Implikationen aus wissenschaftlicher und praktischer Perspektive

207

sichtigung der Wertigkeit der Produktmerkmale und den sich daraus ergebenden Interaktionen wird auf Basis der ermittelten Ergebnisse deutlich. Zunächst konnte festgestellt werden, dass die extrinsischen Produktmerkmale wie vermutet auf die wahrgenommene Qualität wirken. Allerdings sind aus der Signifikanz dieser Wirkungen resultierende Handlungsempfehlungen unvollständig. Bei Berücksichtigung des Cue Diagnosticity Frameworks zeigt sich nämlich, dass dem high-scope Cue ein Quasi-Moderator-Effekt zugesprochen werden kann. Im vorliegenden Fall ist der Einfluss einer GzG stärker, wenn diese in Kombination mit einer starken Marke angeboten wird. Diese Aussage dokumentiert, dass bei Berücksichtigung der unterschiedlichen Wertigkeiten der Produktmerkmale und somit des Cue Diagnosticity Frameworks differenziertere Handlungsempfehlungen ausgesprochen werden können. Allerdings wurde die Notwendigkeit deutlich, diesen Framework an zentralen Stellen zu ergänzen. Ausgehend von der Studie von Srivastava, Mitra (1998) wurde die Produktkenntnis in den Cue Diagnosticity Framework integriert und vermutet, dass die Integration verschiedener Produktmerkmale zu einem Gesamt-Qualitätsurteil nicht nur von Art des Merkmals, sondern zusätzlich auch von der Produktkenntnis abhängt. Die empirischen Ergebnisse zeigen, dass der Framework nur bei Personen mit einer geringen Produktkenntnis gilt. Bei diesen Probanden war auch der Negativity Bias festzustellen, da die GzG in Kombination mit einer schlechten Marke keinen Einfluss auf die wahrgenommene Qualität ausübt. Auch in diesem Aspekt wird deutlich, dass eine Nicht-Berücksichtigung der Produktkenntnis zu falschen Handlungsempfehlungen geführt hätte, da auf Basis der vorherigen Analyseschritte kein Negativity Bias festzustellen war. Es zeigt sich nachdrücklich, dass sowohl die Berücksichtigung der unterschiedlichen Wertigkeiten der Produktmerkmale und der sich daraus ergebenden Wirkungsbeziehungen als auch personenspezifischer Faktoren in zukünftigen Analysen essenziell ist. Vor diesem Hintergrund erscheint es zweckmäßig, die Integration multipler Produktmerkmale zu einem Gesamturteil sehr viel detaillierter zu betrachten, als dies in vielen Studien bisher der Fall war. Einen Ansatz hierfür liefert die vorliegende Untersuchung.

208

Schlussbetrachtung

Abschließend lässt sich anführen, dass auch aus methodischer Sicht Implikationen für zukünftige Studien abgeleitet werden können. In dieser Untersuchung wurde ein Strukturgleichungsmodell verwendet, das in der Lage ist, experimentelle Manipulationen zu erfassen. Die Verwendung von Strukturgleichungsmodellen in experimentellen Designs wird in der Literatur immer wieder gefordert, da zum einen Messfehler und zum anderen komplexe Wirkungsmodelle berücksichtigt werden können. In der Marketingforschung werden bei experimentellen Designs häufig varianzanalytische Auswertungen vorgenommen. Im Hinblick auf die in dieser Arbeit ermittelten Gruppenunterschiede kann eine MANOVA unter Umständen zu identischen Ergebnissen führen. Das ist vor allem dann der Fall, wenn – wie in der vorliegenden Untersuchung – die Messung der Konstrukte durch ein hohes Maß an Reliabilität und Validität gekennzeichnet ist. In Studien, in denen die Operationalisierung der Konstrukte in höherem Ausmaß messfehlerbehaftet ist, kann die Varianzanalyse jedoch zu abweichenden, falschen Ergebnissen gelangen, da dieser Aspekt bei der Schätzung nicht berücksichtigt werden kann. Darüber hinaus ist es bei einer MANOVA nicht möglich, Wirkungsbeziehungen zwischen den (abhängigen) Konstrukten abzubilden. Daher können auch keine detaillierten Aussagen zu totalen Effekten der Produktmerkmale oder vergleichende Aussagen zu der Stärke von Zusammenhängen innerhalb und über die Samples getroffen werden. Insgesamt lässt sich festhalten, dass in experimentellen Designs verstärkt Strukturgleichungsmodelle eingesetzt werden sollten, da diese ein leistungsstarkes Analyseverfahren darstellen, mit dem eine Vielzahl von (praxis-)relevanten Aussagen generiert werden kann. Diese sind zum Teil mit „herkömmlichen“ Verfahren gar nicht möglich oder aufgrund der Nicht-Berücksichtigung von Messfehlern unter Umständen fehlerbehaftet. Als einschränkende Bedingung für die hier vorgestellte Methode ist die Anforderung an die Stichprobengröße bei komplexen Wirkungsmodellen zu nennen. Aus praktischer Perspektive müssen Unternehmen vor dem Anbieten einer GzG verschiedene Parameter berücksichtigen. Hierbei sind neben den Zielen, die ein Unternehmen mit dem Anbieten einer GzG verfolgt, gemäß der Ergebnisse der vorliegenden Arbeit die Art

Implikationen aus wissenschaftlicher und praktischer Perspektive

209

des Gutes, die Reputation des Anbieters und die Produktkenntnis der Konsumenten zu beachten. Abbildung 6.1 fasst die hier ermittelte Wirkung der GzG in Abhängigkeit der genannten Aspekte zusammen. Anhand der Abbildung werden die folgenden Überlegungen strukturiert.

Produkte mit hohem Anteil an Sucheigenschaften

Produkte mit hohem Anteil an Erfahrungseigenschaften

Unternehmen mit niedriger Reputation

GzG wirkt auf emotionalen Wert

Niedrige Produktkenntnis der Konsumenten

Hohe Produktkenntnis der Konsumenten

GzG wirkt auf emotionalen Wert

GzG wirkt auf Qualität und emotionalen Wert

Unternehmen mit hoher Reputation

GzG wirkt auf Qualität und emotionalen Wert

Abbildung 6.1: Übersicht über die Wirkung der GzG

Bereits in der Einleitung wurde am Beispiel Danone darauf hingewiesen, dass durch eine GzG offensichtlich der Marktanteil gesteigert werden kann. Neben dem Verfolgen dieses zentralen ökonomischen Marketingziels kann ein Unternehmen auch bestrebt sein, im Rahmen von psychographischen Marketingzielen eine Beeinflussung bzw. Änderung des Kaufverhaltens der Konsumenten herbeizuführen. Diese Nachfragerorientierung ist gleichzeitig eine Vorbedingung für den ökonomischen Erfolg eines Unternehmens.482 Viele 482

Vgl. Backhaus, Voeth (2007), S. 19.

210

Schlussbetrachtung

Unternehmen kombinieren die Werbebotschaft zu der GzG mit einer Aussage zu der hochwertigen Qualität des Produktes. Als Ziel dieser Unternehmen kann – im Rahmen des in dieser Arbeit zu Grunde gelegten Strategieverständnisses – unterstellt werden, langfristig einen KKV in der Qualitätsdimension zu erlangen. Mit Hilfe der GzG soll die Wahrnehmung der Kunden daher bereits vor dem Kauf auf die Qualität des Produktes gelenkt werden. Der Einsatz der GzG kann bei diesen Unternehmen folglich nur vor dem Hintergrund bewertet werden, inwieweit dieses Marketing-Instrument in der Lage ist, die Erlangung eines KKV im Hinblick auf die Qualität zu unterstützen. Hierbei muss – unabhängig von den weiteren Kriterien zur Erlangung eines KKV – überprüft werden, ob durch dieses Produktmerkmal ein Qualitätsvorteil im Vergleich zu anderen Angeboten auch tatsächlich von den Konsumenten wahrgenommen wird. Um diesen Sachverhalt am Beispiel der hier ermittelten empirischen Ergebnisse zu veranschaulichen, macht Abbildung 6.1 zunächst deutlich, dass ein Unternehmen sein Produktportfolio im Hinblick auf die Art der Güter analysieren muss. Bei Produkten mit einem hohen Anteil an Sucheigenschaften ist die GzG – unabhängig von der Reputation und der Produktkenntnis – nicht in der Lage, die Qualitätswahrnehmung positiv zu beeinflussen. Allerdings wirkt die GzG über den emotionalen Wert auf die Kaufabsicht. Insofern muss bei Suchgütern festgehalten werden, dass die GzG zwar auf die Kaufabsicht wirken kann, die Eignung des Instruments zur Erzielung eines KKV aber kritisch zu sehen ist. Diese Aussage wird insbesondere vor dem Hintergrund der Tatsache getroffen, dass mit dem Einführen einer GzG nicht nur Kosten für die Werbekampagne, sondern beispielsweise auch für das Beschwerdemanagement anfallen. Auf der anderen Seite kann die GzG aber mit anderen Marketing-Instrumenten kombiniert werden, die möglicherweise besser in der Lage sind, Qualität zu signalisieren. Durch die Vermeidung des Kaufnachteils während der Garantiedauer kann durch die GzG dann zusätzlich die Kaufabsicht erhöht werden. Die GzG wird zum Teil bei der Einführung von innovativen Produkten bzw. Produktva-

Implikationen aus wissenschaftlicher und praktischer Perspektive

211

riationen angeboten.483 Als Beispiel lässt sich die Einführung der Joghurt-Marke Activia von Danone anführen, bei der eine GzG als Marketing-Instrument zum Einsatz kam.484 Bei Produktinnvationen oder -variationen steigt mit zunehmendem Innovationsgrad der Anteil eines Produktes an Erfahrungseigenschaften. Insofern ist es möglich, dass ein Produkt, das eigentlich als Suchgut zu klassifizieren wäre, nach einer Produktvariation zumindest am Anfang des Produktlebenszyklusses als Erfahrungsgut einzuordnen ist. Die Notwendigkeit, dass Unternehmen ihre Produkte im Hinblick auf die Art des Gutes genau analysieren, wird deutlich, wenn man die Wirkung der GzG bei Erfahrungsgütern in Abbildung 6.1 betrachtet. Bei Erfahrungsgütern ist die GzG potenziell in der Lage, die Qualitätswahrnehmung positiv zu beeinflussen. Allerdings ist die Wirkung abhängig von der Reputation des Anbieters und der Produktkenntnis der Konsumenten. Unternehmen mit einer schlechten Reputation in der entsprechenden Produktkategorie müssen vor dem Einsatz einer GzG die Produktkenntnis der Konsumenten analysieren. Die empirischen Ergebnisse in dieser Arbeit haben gezeigt, dass eine GzG bei Personen mit einer niedrigen Produktkenntnis keine positive Wirkung auf die Qualitätswahrnehmung entfaltet, wenn diese von einem Unternehmen mit schlechter Reputation angeboten wird. In diesem Fall wirkt die GzG – wie schon bei Suchgütern – ausschließlich über den emotionalen Wert auf die Kaufabsicht. Eine „doppelte“ Wirkung kann festgestellt werden, wenn die Konsumenten eine hohe Produktkenntnis aufweisen. Hier wirkt die GzG auch bei Unternehmen mit einer schlechten Reputation sowohl über die Qualität als auch über den emotionalen Wert auf die Kaufabsicht. Unternehmen, die im Rahmen einer Marktanalyse feststellen, dass die Konsumenten über eine niedrige Produktkenntnis verfügen, stehen verschiedene Option vor dem Einsatz einer GzG zur Verfügung. Es könnte versucht werden, die Produktkenntnis der Konsumenten zu erhöhen. Gerade bei neuartigen Produkten kann eine (allgemeine) Aufklärung über die Eigenschaften von Produkten in der Produktkate483

Vgl. Witt (1987), S. 548.

484

Vgl. Tabelle 2.1.

212

Schlussbetrachtung

gorie in Fachzeitschriften Ziel führend sein. Informative Werbung stellt ein zusätzliches Instrument dar, mit dem die Produktkenntnis direkt in der Werbeanzeige verbessert werden kann. Weiterhin kann davon ausgegangen werden, dass insbesondere Erstkäufer in einer Produktkategorie über eine schlechte Produktkenntnis verfügen. Wenn es gelingt, diese Gruppe im Rahmen einer Käufersegmentierung zu identifizieren, kann eine gezielte, informative Ansprache dieser Käufergruppe erfolgen. Ziel muss es also sein, die Produktkenntnis so weit zu erhöhen, dass die GzG neben der Wirkung auf den emotionalen Wert eine zusätzliche Wirkung auf die Qualität entfaltet. Allerdings sind diese Maßnahmen immer vor dem Hintergrund zu bewerten, dass die KKV-induzierten Auszahlungen die Einzahlungen nicht übersteigen. Im Rahmen der bereits beschriebenen Segmentierung kann auch die Personengruppe mit einer hohen Produktkenntnis identifiziert werden. Es wäre denkbar, die Werbekampagne zur GzG so zu platzieren, dass eine größtmögliche Anzahl an Experten erreicht wird. Hier bietet sich z. B. die Werbung in produktspezifischen Internetforen an. Allerdings darf nicht außer Acht gelassen werden, dass ein Unternehmen auf Basis der hier generierten Ergebnisse grundsätzlich versuchen sollte, seine Reputation zu erhöhen. Hierbei muss analysiert werden, warum die Konsumenten dem Unternehmen eine schlechte Reputation zuweisen. Denkbar wäre eine kommunikative oder inhaltliche Divergenz, die von Unternehmen geeignete Gegenmaßnahmen erfordern.485 In Anbetracht der Tatsache, dass einige Autoren die Markenbekanntheit als Ausmaß der Markenstärke und somit auch der Reputation betrachten,486 müssen neu am Markt agierende Unternehmen bei dem Einsatz von GzG beachten, dass diese im Hinblick auf die Wirkungen dieses Instruments die Implikationen für Unternehmen mit einer schwachen Reputation beachten müssen. Ziel dieser Unternehmen muss es sein, die Marke bekannter zu machen bzw. insgesamt die Reputation zu erhöhen. Ferner haben viele Unternehmen in der Vergangenheit Kundenclubs etabliert, in denen den Mitgliedern bestimmte (exklusive) 485

Vgl. Backhaus, Schneider (2007), S. 39 f.

486

Vgl. z. B. Keller (1993).

Implikationen aus wissenschaftlicher und praktischer Perspektive

213

Angebote unterbreitet werden. Es wäre denkbar, eine GzG ausschließlich für Mitglieder dieser Clubs anzubieten. Es ist nämlich davon auszugehen, dass die Konsumenten, die solchen Clubs eines Unternehmens beitreten, sowohl eine gewisse Affinität zu den Produkten des Unternehmens und somit hohe Produktkenntnis aufweisen, als auch von der Reputation des Unternehmens überzeugt sind. Nach den empirisch ermittelten Ergebnissen entfaltet die GzG in dieser Konstellation die bereits beschriebene „doppelte“ Wirkung. Hintergrund dieser Empfehlungen ist die Tatsache, dass GzG bei Unternehmen mit einer hohen Reputation unabhängig von der Produktkenntnis sowohl als Qualitätssignal wirken, als auch in der Lage sind, positive affektive Reaktionen der Konsumenten hervorzurufen. Je besser dabei die Reputation des Unternehmens wahrgenommen wird, desto stärker wirkt die GzG auf die Qualitätswahrnehmung. Wie bereits in Abschnitt 6.1 angeführt, ist dieser Befund vor dem Hintergrund bisheriger Forschungsergebnisse zum Themenkomplex Garantien bemerkenswert. Entgegen der dort aufgeführten Ergebnisse ist es nicht so, dass es Unternehmen mit einer guten Reputation keine zusätzlichen Vorteile bringt, weitere Qualitätssignale einzusetzen. Vielmehr verstärkt die gute Reputation sogar den Einfluss der GzG als Qualitätssignal. Betrachtet man die zweite Wirkungsrichtung der GzG über den emotionalen Wert, bleibt festzuhalten, dass eine GzG bei Unternehmen mit einer guten Reputation ein besonders wirkungsvolles Instrument zur Erzielung eines KKV im Hinblick auf die Qualität darstellt. Hier dürfte auch das Potenzial am höchsten sein, das von Heiman et al. (2005) ermittelte Preispremium für eine GzG abzuschöpfen. Neben der positiven Vorkauf-Wirkung der GzG können auch vorteilhafte Nachkauf-Wirkungen vermutet werden. Stellt der Konsument nach dem Kauf fest, dass das Produkt tatsächlich eine herausragende Qualität aufweist, kann er diesen Umstand – wie oben beschrieben der GzG oder – der Marke zuschreiben. Dies führt zu einem langfristigen Aufbau von Reputation und ist Grundvoraussetzung dafür, dass auch die weiteren Kriterien eines KKV erfüllt werden können. Die Fähigkeit der GzG, in jeder betrachteten Konstellation positive emotionale Reak-

214

Schlussbetrachtung

tionen hervorzurufen, wurde an verschiedenen Stellen angeführt. Dieser Aspekt wurde damit begründet, dass die GzG die negativen Folgen eines Kaufes absichert und diese Vermeidung positive emotionale Reaktionen bedingen kann. Die hier ermittelten Ergebnisse stützen die Überlegungen von Inman, Dyer, Jia (1997), dass antizipierte Emotionen wie Enttäuschung oder Bedauern zu einer Wertschätzung von bestimmten Garantieformen führen können. Simonson (1992) gelangt zu der Empfehlung, dass Hersteller von qualitativ hochwertiger Ware antizipierte Emotionen in die Werbebotschaft einbauen sollten. Es bleibt festzuhalten, dass in allen Werbebotschaften die Möglichkeit herausgestellt wird, dass die Erwartungen an das Produkt nicht erfüllt werden können.487 Allerdings kann in Anlehnung an Simonson (1992) die Empfehlung abgeleitet werden, in den Werbebotschaften noch stärker auf antizipierte (negative) Emotionen bzw. negative (finanzielle) Folgen eines Fehlkaufes abzustellen, um die kaufverhaltensrelevante Wirkung der GzG über den emotionalen Wert zu erhöhen. Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass ein Unternehmen vor dem Anbieten einer GzG verschiedene Parameter zu berücksichtigen hat. Der Einsatz von GzG ist vor dem Hintergrund der Zielsetzung eines Unternehmens zu bewerten. Ist es das Ziel eines Unternehmens, einen KKV in der Qualitätsdimension zu erreichen, kann die GzG in den aufgezeigten Konstellationen positive Wirkungen entfalten. Zum Teil wären zusätzliche Marketing-Maßnahmen erforderlich, die jedoch unter Kostenaspekten bewertet werden müssen. Insgesamt ist es für Unternehmen essenziell, Kenntnis über die Art des Gutes, die eigene Reputation bzw. den Bekanntheitsgrad des Unternehmens sowie die Produktkenntnis der Konsumenten zu erlangen.

487

Vgl. Tabelle 2.1 sowie die Tabellen A.1 und A.2 im Anhang.

Grenzen der Untersuchung und Forschungsausblick

215

6.3 Grenzen der Untersuchung und Forschungsausblick Bei der Interpretation der in dieser Untersuchung generierten Ergebnisse sind mögliche Einschränkungen zu beachten, die sich im Wesentlichen auf das experimentelle Design beziehen.

• Das vorliegende Laborexperiment bezieht sich auf einen ganz spezifischen Kontext. Hier ist insbesondere die Wahl der Produkte als Repräsentanten eines Such- bzw. Erfahrungsgutes zu nennen. Wenngleich die Manipulationen die gewünschten Effekte hervorgerufen haben, ist darüber hinaus zu konstatieren, dass auch hier ganz spezifische Ausprägungen der Merkmale Marke und Preis betrachtet wurden. • Weiterhin mussten die Probanden jeweils nur eine ganz spezifische Werbeanzeige bewerten. In der Realität steht den Konsumenten jedoch eine Vielzahl von Alternativangeboten zur Verfügung, die die Bewertung eines spezifischen Stimulus beeinflussen kann. Hierbei ist auch zu beachten, dass Laborexperimente wegen der isolierten Manipulation eines Stimulus tendenziell eine intensivere Verhaltensreaktion der Probanden hervorrufen können, als dies in einer reizüberfluteten Konsumrealität der Fall wäre. • Wenngleich experimentelle Designs die rigoroseste Überprüfung von Kausalhypothesen erlauben, steht der dadurch erzielten internen Validität das Problem der begrenzten externen Validität gegenüber. Es bleibt also zu klären, ob die hier ermittelten Handlungsempfehlungen tatsächlich zu den vermuteten Wirkungen in der Praxis führen und so den ökonomischen Erfolg von Unternehmen begünstigen.

Aufbauend auf diesen Limitationen sowie den im Rahmen dieser Arbeit generierten Ergebnissen lässt sich weiterer Forschungsbedarf ableiten.

216

Schlussbetrachtung

Allgemein lässt sich festhalten, dass das hier entwickelte Perceived-Value-Modell in anderen Untersuchungskontexten überprüft werden sollte. Wenngleich das Modell an zwei sehr großen Datensätzen für zwei verschiedene Produkte getestet wurde, kann die Allgemeingültigkeit nur im Rahmen weiterer Studien überprüft werden. Interessant wäre in diesem Zusammenhang auch, wie weitere Wertkomponenten integriert werden können. So spielt beispielsweise der soziale Wert bei bestimmten Produktkategorien eine größere Rolle als bei den hier betrachteten Produkten und sollte daher in solchen Untersuchungen berücksichtigt werden. Darüber hinaus erfolgte in dieser Arbeit eine Betrachtung von kognitiv geprägten Kaufprozessen. Daher wäre eine Übertragung des Modells auf habitualisierte oder impulsive Kaufprozesse interessant. Die Notwendigkeit der Berücksichtigung des Cue Diagnosticity Frameworks (und des Negativity Bias) wurde durch die ermittelten Ergebnisse deutlich. Allerdings konnte auch gezeigt werden, dass der Framework nicht ohne weiteres übertragen werden kann. Vielmehr war die Rolle der Produktkenntnis für die durch den Framework generierten Aussagen von entscheidender Bedeutung. Dieser Aspekt sowie die Tatsache, dass der Preis zumindest in der vorliegenden Arbeit weder der Kategorie der low-scope Cues noch der Kategorie der high-scope Cues zugeordnet werden konnte, bedarf weiterer Analysen. In Bezug auf die GzG lässt sich darüber hinaus festhalten, dass diese Arbeit einen ersten Schritt für die umfassende Beschäftigung mit diesem Instrument darstellt. In zukünftigen Arbeiten sollte die Wirkung von verschiedenen Ausgestaltungsmöglichkeiten einer GzG auf die generierten Ergebnisse untersucht werden. Vor allem die Wirkung hoher Restriktionen bzw. Bedingungen sollte analysiert werden, da zu vermuten ist, dass stark eingeschränkte Garantien aufgrund der geringen Glaubwürdigkeit ihre Wirkung verlieren könnten. Auch die im Rahmen von Dienstleistungsgarantien generierten Ergebnisse, dass eine kombinierte Garantie das wirkungsvollste Instrument darstellt, stellt einen interessanten Ansatz für weitere Untersuchungen dar. Ein weiterer interessanter Aspekt bezieht sich auf die bereits angesprochene Art von Kaufprozessen. In der Praxis wird eine GzG zum Teil auf niedrigpreisige Güter wie Joghurts ausgesprochen. Wenngleich

Grenzen der Untersuchung und Forschungsausblick

217

bei dieser Produktkategorie aufgrund des hohen Anteils an Erfahrungs- und Vertrauenseigenschaften grundsätzlich ähnliche Wirkungsweisen wie in der vorliegenden Untersuchung vermutet werden können, muss beim Kauf eines Joghurt ein weniger kognitiv gesteuerter Kaufprozess unterstellt werden. Die Untersuchung, welchen Einfluss dieser Aspekt auf die Wirkung der GzG ausübt, stellt einen weiteren interessanten Ansatzpunkt dar. Abschließend lässt sich anführen, dass im Rahmen dieser Arbeit eine reine Vorkauf-Betrachtung vorgenommen wurde. Nur bei einer langfristigen Betrachtung des Einsatzes von GzG kann allerdings die Frage beantwortet werden, ob dieses Instrument die Erzielung eines KKV wirksam unterstützen kann. Wichtig ist dabei vor allem die Frage, welche Verhaltenswirkungen entstehen, wenn ein Konsument nach dem Kauf enttäuscht von dem Produkt ist und die Garantie tatsächlich geltend macht. In diesem Zusammenhang spielt die Güte des Beschwerdemanagements eine entscheidende Rolle dafür, ob der Kunde trotz der Inanspruchnahme der Garantie an das Unternehmen gebunden werden kann. Das Aufzeigen dieser Wirkungen würde die hier aufgezeigten Zusammenhänge im Hinblick auf die kurz- und langfristigen Wirkungen der GzG als Marketing-Instrument bereichern.

A Anhang zu Kapitel 2 Unternehmen

Produkt

Garantieversprechen

alltours

Reisen

In jeder alltours-Reise steckt soviel Urlaubsqualität, dass wir Ihnen volle Zufriedenheit garantieren. Hand drauf.

Graff

Bücher

Sollte Ihnen aus irgendeinem Grund das von Ihnen gekaufte Buch nicht gefallen, bringen Sie es innerhalb von 4 Wochen nach Kauf mit der Quittung in neuwertigem Zustand zurück. Wir zahlen Ihnen gern den Kaufpreis zurück.

IFIM

Seminare

Bis zu 12 Monaten nach Seminarbesuch erstatten wir bei offenen Seminaren die bezahlte Seminargebühr bzw. bei Firmentrainings das vereinbarte Honorar zurück, wenn aus Sicht des Kunden unsere Leistung als mangelhaft erlebt wird.

Land’s End

Bekleidung

Falls Sie nicht zu 100% mit einem bei uns bestellten Artikel zufrieden sind, können Sie ihn jederzeit an uns zurücksenden und wir erstatten Ihnen den vollen Kaufpreis.

LbT

Sprachkurse

Ohne Risiko einen 6-Tage Intensivkurs buchen. Sollte der Teilnehmer mit der Methode von LbT-languages unzufrieden sein, so kann er den Sprachkurs bis zur Mittagspause des zweiten Tages beenden.

UPS

Versand

Für bestimmte Servicearten und ausgewählte Bestimmungsorte bietet UPS eine Geld-zurück-Garantie auf die Versandtarife.

Tabelle A.1: Ausgewählte Praxisbeispiele für Dienstleistungs-, Service- und Händler-GzG

220

Abbildung A.1: Werbekampagnen zu Tabelle A.1

Anhang zu Kapitel 2

Anhang zu Kapitel 2

Abbildung A.2: Werbekampagnen zu Tabelle 2.1

221

222

Anhang zu Kapitel 2

Unternehmen

Produkt

Garantieversprechen

Braun

Bügeleisen

Sollten Ihre Erwartungen nicht erfüllt werden, können Sie die Braun Dampfbügelstation innerhalb von 6 Wochen ab Kaufdatum zurücksenden.

Brita

Wasserfilter

Sollte Sie unser Produkt wider Erwarten nicht überzeugen, so garantieren wir Ihnen, den Wasserfilter innerhalb von 30 Tagen ab Kaufdatum zurückzunehmen.

Campina

Joghurtdrinks

Überzeuge auch Du Dich von der positiven Wirkung und das ganz ohne Risiko. Mach mit bei den OptiwellTestwochen [...] Wenn Du nicht zufrieden bist, erhältst Du Dein Geld zurück. Garantiert.

Osram

Beleuchtung

Nicht zufrieden? Dann schicken Sie uns die Lampe einfach innerhalb von 4 Wochen ab Kaufdatum mit Kassenbon frei zurück.

Tassimo

Kaffeemaschine

Überzeugen Sie sich selbst von TASSIMO und testen Sie jetzt 6 Wochen lang mit Geld-zurück-Garantie! Sollten Sie nicht 100%ig zufrieden sein, erstatten wir für Ihre [...] gekaufte TASSIMO-Maschine den vollen Kaufpreis.

Zewa

Hygienepapier

Kein leeres Werbeversprechen, denn jetzt gibt es die Geldzurück-Garantie.

Tabelle A.2: Weitere ausgewählte Praxisbeispiele für Hersteller-GzG

Anhang zu Kapitel 2

Abbildung A.3: Werbekampagnen zu Tabelle A.2

223

224

Abbildung A.4: Screenshot Internetforum

Anhang zu Kapitel 2

B Anhang zu Kapitel 3

Positive Emotions Motive-Consistent Appetitive Hope Joy

Agency

Fear Relief

Hope

uncertain certain Other-caused uncertain

Aversive

Surprise

uncertain certain

Appetitive

Aversive

Joy

certain uncertain

Frustration

Strong

Dislike

Weak

Anger

Strong

Shame, Guilt

Weak

Regret

Strong

Pride

certain

Abbildung B.1: „Appraisal Theory of Emotions“ (Quelle: Roseman (1991), S. 193)

Weak

Liking

Self-caused uncertain

uncertain

Distress, Disgust

Relief

certain

certain

Sadness

Power

(Circumstance caused) unexpected

Negative Emotions Motive-Inconsistent

C Anhang zu Kapitel 5

Abbildung C.1: Startseite der Befragung

Anhang zu Kapitel 5

227

Fragen zum Konstrukt monetäres Opfer (Quelle: Bearden, Carlson. Hardesty (2003)) sehr niedrig 1 2

Der angegebene Preis von [...] € ist für eine Digitalkamera/einen Laufschuh ...

sehr billig 1

Ich habe das Gefühl, [...] € für eine Digitalkamera/ einen Laufschuh ist/sind ...

2

sehr niedrig 1 2

Meiner Meinung nach ist der vom Hersteller in der Werbeanzeige angegebene Preis von [...] € ...

3

3

3

4

4

4

5

5

5

6

sehr hoch 7

6

sehr teuer 7

6

sehr hoch 7

Fragen zum Konstrukt Qualität (Quelle: Suri, Monroe (2003))

Verglichen mit andere Digitalkameras/Laufschuhen, wie würden Sie die Qualität der angebotenen Digitalkamera/Laufschuhe bewerten?

Die beworbene/n Digitalkamera/Laufschuhe ist/sind von ...

Alles in allem, wie bewerten Sie die Qualität der angebotenen Digitalkamera/Laufschuhe?

Weit unterdurchschnittliche Qualität 1 2

sehr guter Qualität 1 2

sehr niedrige Qualität 1 2

3

3

3

4

4

4

5

Weit überdurchschnittliche Qualität 6 7

5

sehr schlechter Qualität 6 7

5

sehr hohe Qualität 6 7

Fragen zum Konstrukt ökonomischer Wert (Quelle: Suri, Monroe (2003)) stimme überhaupt nicht zu 1 2

3

4

5

stimme voll und ganz zu 6 7

Wenn ich die Digitalkamera/Laufschuhe zu dem angegebenen Preis kaufen würde, hätte ich das Gefühl, dass die Digitalkamera/Laufschuhe eine gute Anschaffung wäre/n.

1

2

3

4

5

6

7

Zu dem beworbenen Preis hätte ich das Gefühl, dass ich gute Qualität zu einem angemessenen Preis bekomme.

1

2

3

4

5

6

7

So wie die Digitalkamera/Laufschuhe ausgestaltet ist/sind, liegt ein gutes Preis-/Leistungsverhältnis vor.

Abbildung C.2: Fragebogen (I)

228

Anhang zu Kapitel 5

Fragen zum Konstrukt emotionaler Wert (Quelle: Sweeney, Soutar (2001))

Ich hätte ein gutes Gefühl, das beworbene Angebot zu nutzen.

stimme überhaupt nicht zu 1 2

3

4

5

stimme voll und ganz zu 6 7

1

2

3

4

5

6

7

1

2

3

4

5

6

7

1

2

3

4

5

6

7

1

2

3

4

5

6

7

Das beworbene Angebot zu nutzen, würde mir gefallen. Wenn ich nach Digitalkameras/Laufschuhen suchen würde, wäre ich erleichtert, ein Angebot wie dieses in Anspruch nehmen zu können.

Das beworbene Angebot lädt zum Kaufen ein.

Es würde mich freuen, das beworbene Angebot zu nutzen.

Fragen zum Konstrukt Kaufabsicht (Quelle: Grewal, Monroe, Krishnan (1998))

Wenn ich eine Digitalkamera/Laufschuhe kaufen würde, wäre die Wahrscheinlichkeit, die beworbene/n Digitalkamera/Laufschuhe zu kaufen ... Die Wahrscheinlichkeit, die beworbene/n Digitalkamera/Laufschuhe bei der Kaufentscheidung zu berücksichtigen, wäre ... Die Wahrscheinlichkeit, dass ich die beworbene/n Digitalkamera/Laufschuhe kaufen würde, wäre ...

sehr niedrig 1 2

3

4

5

6

sehr hoch 7

1

2

3

4

5

6

7

1

2

3

4

5

6

7

5

sehr gute Kenntnis 6 7

5

sehr genaues Wissen 6 7

Fragen zum Konstrukt Produktkenntnis (Quelle: Brucks (1985) bzw. Gardner (1983))

Verglichen mit anderen Personen, die Sie kennen, wie gut ist Ihre Kenntnis über Digitalkameras/Laufschuhe?

Wie gut schätzen Sie Ihr Wissen darüber ein, welche Produktmerkmale die Qualität einer Digitalkamera/ von Laufschuhen bestimmen?

Abbildung C.3: Fragebogen (II)

sehr schlechte Kenntnis 1 2

sehr ungenaues Wissen 1 2

3

3

4

4

Anhang zu Kapitel 5

229

Manipulation Check Marke (Quelle: Purohit, Srivastava (2001))

[...] ist bekannt dafür, qualitativ hochwertige Digitalkameras/Laufschuhe herzustellen.

stimme überhaupt nicht zu 1 2

3

4

5

stimme voll und ganz zu 6 7

1

3

4

5

6

7

6

sehr hoch 7

2

[...] ist eine Marke, der man vertrauen kann

Manipulation Check Preis (Quelle: Suri, Monroe (2003)) sehr niedrig 1 2

3

Der in der Werbeanzeige angegebene Preis war ...

Manipulation Check Geld-zurück-Garantie

ja

nein

War in Ihrer Werbeanzeige eine „Geld-zurück-Garantie“ enthalten?

Soziodemografika Sind Sie ... Student/in?

Angestellt/er?

Selbständig?

Sonstiges?

Wie alt sind Sie?

Welches Geschlecht haben Sie? weiblich

männlich

Welches Nettoeinkommen steht Ihnen monatlich zur Verfügung? (Freiwillige Angabe) weniger als 750 Euro

3.001 - 3.750 Euro

751 - 1.500 Euro

3.751 - 4.500 Euro

1.501 - 2.250 Euro

mehr als 4.500 Euro

2.251 - 3.000 Euro

Abbildung C.4: Fragebogen (III)

4

5

230

Abbildung C.5: Werbeanzeigen Laufschuhe

Anhang zu Kapitel 5

Anhang zu Kapitel 5

Abbildung C.6: Werbeanzeigen Digitalkameras

231

232

Anhang zu Kapitel 5 Schiefe

Kurtosis

K-S-Test

S-W-Test

Item

Wert

c.r.

Wert

c.r.

Statistik

p

Statistik

p

Q_1 Q_2 Q_3 mO_1 mO_2 mO_3 ökW_1 ökW_2 ökW_3 emW_1 emW_2 emW_3 emW_4 emW_5 KA_1 KA_2 KA_3

0,32 -0,15 -0,10 0,11 0,03 0,03 -0,08 -0,01 -0,10 -0,07 0,02 0,16 0,16 0,10 0,18 -0,09 0,21

0,38 -1,83 -1,25 1,27 0,31 0,36 -0,95 -0,12 -1,20 -0,82 0,26 1,90 1,95 1,17 2,21 -1,07 2,49

-0,13 -0,29 -0,39 -1,04 -1,05 -1,01 -0,46 -0,68 -0,83 -1,02 -0,98 -1,09 -0,93 -0,98 -0,99 -1,02 -1,03

-0,76 -1,74 -2,34 -6,27 -6,35 -6,11 -2,79 -4,11 -5,01 -6,13 -5,88 -6,57 -5,59 -5,93 -5,94 -6,14 -6,19

0,18 0,18 0,18 0,17 0,16 0,15 0,15 0,15 0,15 0,18 0,14 0,16 0,15 0,14 0,17 0,14 0,17

0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00

0,93 0,93 0,94 0,94 0,94 0,94 0,95 0,95 0,95 0,93 0,94 0,93 0,94 0,94 0,93 0,94 0,92

0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00

64,59

32,13

multivariat

Anmerkungen. c.r.: Critical Ratio; K-S-Test: Kolmogorov-Smirnov-Test; S-W-Test: Shapiro-Wilk-Test

Tabelle C.1: Prüfung auf Normalverteilung im Laufschuh-Sample

Anhang zu Kapitel 5

233

Schiefe

Kurtosis

K-S-Test

S-W-Test

Item

Wert

c.r.

Wert

c.r.

Statistik

p

Statistik

p

Q_1 Q_2 Q_3 mO_1 mO_2 mO_3 ökW_1 ökW_2 ökW_3 emW_1 emW_2 emW_3 emW_4 emW_5 KA_1 KA_2 KA_3

-0,19 -0,16 -0,25 0,40 0,13 0,21 -0,15 -0,17 -0,12 -0,09 -0,23 0,24 0,13 0,86 0,29 -0,08 0,29

-2,22 -1,92 -2,95 4,74 1,52 2,48 -1,83 -2,03 -1,48 -1,09 -0,28 2,82 1,52 1,03 3,43 -1,02 3,50

-0,14 -0,01 -0,13 -0,06 -0,28 -0,24 -0,68 -0,72 -0,81 -0,92 -0,85 -0,95 -0,82 -0,85 -0,93 -1,03 -0,96

-0,84 -0,06 -0,76 -0,34 -1,67 -1,44 -4,07 -4,30 -4,86 -5,53 -5,06 -5,68 -4,92 -5,12 -5,41 -6,14 -5,76

0,19 0,18 0,19 0,18 0,16 0,16 0,17 0,17 0,15 0,16 0,15 0,15 0,13 0,14 0,18 0,15 0,18

0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00

0,93 0,93 0,92 0,93 0,94 0,94 0,94 0,94 0,95 0,94 0,95 0,93 0,95 0,95 0,93 0,94 0,92

0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00

85,67

42,42

multivariat

Anmerkungen. c.r.: Critical Ratio; K-S-Test: Kolmogorov-Smirnov-Test; S-W-Test: Shapiro-Wilk-Test

Tabelle C.2: Prüfung auf Normalverteilung im Digitalkamera-Sample

234

Anhang zu Kapitel 5 exploratorische FA Item to Total

Cronbachs α

85,06%

0,84 0,89 0,92

0,94

0,95 0,96 0,96

91,36%

0,93 0,93 0,94

0,97

ökW_1 ökW_2 ökW_3

0,88 0,93 0,90

81,21%

0,74 0,82 0,77

0,88

emot. Wert

emW_1 emW_2 emW_3 emW_4 emW_5

0,88 0,83 0,86 0,92 0,93

77,71%

0,80 0,74 0,78 0,86 0,87

0,93

Kaufabsicht

KA_1 KA_2 KA_3

0,97 0,93 0,97

91,05%

0,92 0,85 0,92

0,95

Konstrukt

Item

Faktorladung

Qualität

Q_1 Q_2 Q_3

0,86 0,93 0,97

mon. Opfer

mO_1 mO_2 mO_3

ökon. Wert

erklärte Varianz

Anmerkungen. Die erforderlichen Mindestgrößen sind: Faktorladung ≥ 0,4; Erklärte Varianz ≥ 50%; Item to Total-Korrelation (Elimination des Items mit der geringsten Korrelation, sofern Cronbachs α kleiner ist als 0,7); Cronbachs α ≥ 0,7.

Tabelle C.3: Gütekriterien der ersten Generation im Laufschuh-Sample

Anhang zu Kapitel 5

235 1.

1. Qualität

2.

3.

4.

5.



2. mon. Opfer

0,222 0,287 0,352



3. ökon. Wert

0,415 0,474 0,533

-0,416 -0,345 -0,273



4. emot. Wert

0,365 0,426 0,488

-0,280 -0,208 -0,136

0,629 0,675 0,720



5. Kaufabsicht

0,272 0,335 0,399

-0,381 -0,314 -0,247

0,626 0,671 0,717

0,723 0,760 0,796



Anmerkungen. Die mittlere Zeile gibt jeweils die Korrelation zwischen den Konstrukten an. Die erste Zeile repräsentiert die Korrelation minus zwei und die dritte Zeile plus zwei Standardabweichungen.

Tabelle C.4: Korrelationen und Konfidenzintervalle im Laufschuh-Sample

236

Anhang zu Kapitel 5 exploratorische FA Item to Total

Cronbachs α

93,56%

0,84 0,87 0,90

0,94

0,87 0,89 0,91

79,09%

0,82 0,84 0,85

0,92

ökW_1 ökW_2 ökW_3

0,83 0,93 0,90

78,45%

0,78 0,86 0,84

0,91

emot. Wert

emW_1 emW_2 emW_3 emW_4 emW_5

0,81 0,76 0,81 0,92 0,93

72,17%

0,78 0,72 0,79 0,87 0,87

0,93

Kaufabsicht

KA_1 KA_2 KA_3

0,97 0,83 0,96

84,92%

0,91 0,82 0,91

0,94

Konstrukt

Item

Faktorladung

Qualität

Q_1 Q_2 Q_3

0,87 0,91 0,96

mon. Opfer

mO_1 mO_2 mO_3

ökon. Wert

erklärte Varianz

Anmerkungen. Die erforderlichen Mindestgrößen sind: Faktorladung ≥ 0,4; Erklärte Varianz ≥ 50%; Item to Total-Korrelation (Elimination des Items mit der geringsten Korrelation, sofern Cronbachs α kleiner ist als 0,7); Cronbachs α ≥ 0,7.

Tabelle C.5: Gütekriterien der ersten Generation im Digitalkamera-Sample

Anhang zu Kapitel 5

237 1.

1. Qualität

2.

3.

4.

5.



2. mon. Opfer

0,042 0,122 0,201



3. ökon. Wert

0,524 0,576 0,628

-0,463 -0,385 -0,308



4. emot. Wert

0,461 0,518 0,575

-0,381 -0,304 -0,226

0,647 0,694 0,724



5. Kaufabsicht

0,425 0,482 0,538

-0,398 -0,329 -0,259

0,573 0,624 0,675

0,715 0,756 0,797



Anmerkungen. Die mittlere Zeile gibt jeweils die Korrelation zwischen den Konstrukten an. Die erste Zeile repräsentiert die Korrelation minus zwei und die dritte Zeile plus zwei Standardabweichungen.

Tabelle C.6: Korrelationen und Konfidenzintervalle im Digitalkamera-Sample

238

Anhang zu Kapitel 5 Faktorladung

Konstrukt

Item

CFA

SEM

|Abweichung|

Qualität

Q_1 Q_2 Q_3

0,860 0,931 0,975

0,860 0,931 0,975

0,000 0,000 0,000

mon. Opfer

mO_1 mO_2 mO_3

0,950 0,956 0,961

0,950 0,957 0,961

0,000 0,001 0,000

ökon. Wert

ökW_1 ökW_2 ökW_3

0,816 0,890 0,843

0,826 0,889 0,848

0,010 0,001 0,005

emot. Wert

emW_1 emW_2 emW_3 emW_4 emW_5

0,847 0,754 0,799 0,918 0,931

0,850 0,762 0,807 0,919 0,932

0,003 0,008 0,008 0,001 0,001

Kaufabsicht

KA_1 KA_2 KA_3

0,968 0,864 0,962

0,969 0,867 0,963

0,001 0,003 0,001

Anmerkungen. CFA = Ergebnisse der konfirmatorischen Faktorenanalyse im ersten Schritt. SEM = Ergebnisse der simultanen Schätzung im zweiten Schritt. |Abweichung| = absolute Abweichung der beiden Werte.

Tabelle C.7: Faktorladungen der konfirmatorischen Faktorenanalyse und der simultanen Schätzung im Laufschuh-Sample

Anhang zu Kapitel 5

239 Faktorladung

Konstrukt

Item

CFA

SEM

|Abweichung|

Qualität

Q_1 Q_2 Q_3

0,875 0,916 0,952

0,873 0,916 0,953

0,002 0,000 0,001

mon. Opfer

mO_1 mO_2 mO_3

0,864 0,888 0,915

0,860 0,887 0,916

0,004 0,001 0,001

ökon. Wert

ökW_1 ökW_2 ökW_3

0,829 0,918 0,908

0,830 0,914 0,907

0,001 0,004 0,001

emot. Wert

emW_1 emW_2 emW_3 emW_4 emW_5

0,825 0,763 0,823 0,913 0,925

0,825 0,765 0,825 0,913 0,925

0,000 0,002 0,002 0,000 0,000

Kaufabsicht

KA_1 KA_2 KA_3

0,964 0,833 0,963

0,964 0,834 0,963

0,000 0,001 0,000

Anmerkungen. CFA = Ergebnisse der konfirmatorischen Faktorenanalyse im ersten Schritt. SEM = Ergebnisse der simultanen Schätzung im zweiten Schritt. |Abweichung| = absolute Abweichung der beiden Werte.

Tabelle C.8: Faktorladungen der konfirmatorischen Faktorenanalyse und der simultanen Schätzung im Digitalkamera-Sample

240

Anhang zu Kapitel 5 χ2

df

RMSEA

SRMR

CFI

freies Modell γL11 =γD11 ; γL12 =γD12 ; γL13 =γD13

1.175,62 1.190,60

318 321

0,056 0,056

0,051 0,054

0,966 0,966

γL11 = γD11 γL12 = γD12 γL13 = γD13

1.181,13 1.182,01 1.179,15

319 319 319

0,056 0,056 0,056

0,051 0,051 0,054

0,966 0,966 0,966

Modell

Anmerkungen. Der Index L an den Koeffizienten γ gibt die Zugehörigkeit zum Laufschuh-Sample, der Index D die Zugehörigkeit zum Digitalkamera-Sample an.

Tabelle C.9: Veränderung der Gütemaße im Rahmen der χ2 -Differenztests für das Konstrukt Qualität

χ2

df

RMSEA

SRMR

CFI

freies Modell γL41 =γD41 ; γL42 =γD42

1.175,62 1.177,94

318 320

0,056 0,056

0,051 0,051

0,966 0,966

γL41 = γD41 γL42 = γD42

1.176,03 1.177,53

319 319

0,056 0,056

0,051 0,051

0,966 0,966

Modell

Anmerkungen. Der Index L an den Koeffizienten γ gibt die Zugehörigkeit zum Laufschuh-Sample, der Index D die Zugehörigkeit zum Digitalkamera-Sample an.

Tabelle C.10: Veränderung der Gütemaße im Rahmen der χ2 -Differenztests für das Konstrukt emotionaler Wert

Anhang zu Kapitel 5

241

Wirkungsrichtung

Pfad

positiver Effekt

Preis → Q → ökW → KA Preis → Q → ökW → emW → KA

0,05 0,10

Summe positiver Effekt

0,15

negativer Effekt totaler Effekt

Wert

Preis → mO → ökW → KA Preis → mO → ökW → emW → KA

–0,14 –0,30

Summe negativer Effekt

–0,44

Summe positiver + negativer Effekt

–0,29

Anmerkungen. Q = Qualität, mO = monetäres Opfer, ökW = ökonomischer Wert, emW = emotionaler Werte, KA = Kaufabsicht. Rechenbeispiel: Summe positiver Effekt = (γD11 · βD31 · βD53 ) + (γD11 · βD31 · βD43 · βD54 ).

Tabelle C.11: Totaler Effekt des Merkmals Preis im Digitalkamera-Sample

χ2 -Differenztest

Anpassungsgüte Modell konfigurale I. volle metrische I. volle skalare I. partielle skalare I.

χ2

df

593,02 614,47 638,49 626,10

218 230 242 235

RMSEA SRMR 0,063 0,062 0,061 0,061

0,045 0,048 0,048 0,048

CFI

Δχ2

Δdf

p

0,970 0,969 0,968 0,969

– 18,36a 22,98a 6,13a

– 12 12 5

– > 0,1 < 0,05 > 0,1

Anmerkungen. I. steht für Invarianz. a Die ausgewiesenen χ2 -Differenzen entsprechen nicht den Differenzen der Werte in der zweiten Spalte, vgl. Abschnitt 5.3.2.2. Darstellung in Anlehnung an Weise (2007).

Tabelle C.12: Ergebnisse der Invarianzprüfung für die Teilmodelle Marke

242

Anhang zu Kapitel 5 χ2 -Differenztest

Modell freies Modell (1) (0) (1) (0) γL11 = γL11 ; γL13 = γL13 (1)

(0)

γL11 = γL11 (1) (0) γL13 = γL13

χ2

df

RMSEA

SRMR

CFI

778,39 783,26

288 290

0,063 0,062

0,055 0,056

0,962 0,964

782,65 779,00

289 289

0,063 0,062

0,055 0,055

0,964 0,964

Anmerkungen. Der Index L an den Koeffizienten γ gibt die Zugehörigkeit zum Laufschuh-Sample an.

Tabelle C.13: Veränderung der Gütemaße im Rahmen des χ2 -Differenztests für die Analyse des Quasi-Moderator-Effekts der Marke

χ2 -Differenztest

Anpassungsgüte Modell konfigurale I. volle metrische I. volle skalare I. partielle skalare I.

χ2

df

545,27 561,48 593,87 566,28

218 230 242 235

RMSEA SRMR 0,061 0,060 0,060 0,059

0,044 0,045 0,046 0,045

CFI

Δχ2

Δdf

p

0,972 0,971 0,970 0,971

– 12,81a 32,71a 3,83a

– 12 12 5

– > 0,10 < 0,01 > 0,10

Anmerkungen. I. steht für Invarianz. a Die ausgewiesenen χ2 -Differenzen entsprechen nicht den Differenzen der Werte in der zweiten Spalte, vgl. Abschnitt 5.3.2.2. Darstellung in Anlehnung an Weise (2007).

Tabelle C.14: Ergebnisse der Invarianzprüfung für die Teilmodelle Produktkenntnis

Anhang zu Kapitel 5

243

I

GzG

II

GzG

0,22

„niedrig“

0,10

n.s.

wahrgen. Qualität

0,19

Kaufabsicht

wahrgen. Qualität

wahrgen. ökonom. Wert

0,29

IV

GzG

0,18

„hoch“

wahrgen. Qualität

0,28

1,54

Kaufabsicht

0,84

wahrgen. ökonom. Wert

wahrgen. emotionaler Wert

n.s.

0,19 0,64

wahrgen. Qualität

0,70

*

-0,51 Preis

0,29 wahrgen. emotionaler Wert

0,15n.s.

0,37

P2 = 301,74, df = 144, RMSEA = 0,073, SRMR = 0,075, CFI = 0,937

III

GzG

wahrgen. ökonom. Wert

wahrgen. monetäres Opfer

1,25

P2 = 282,05, df = 144, RMSEA = 0,066, SRMR = 0,064, CFI = 0,949

Kaufabsicht

0,67

-0,49 Preis

0,69

0,53

0,50***

wahrgen. monetäres Opfer

1,16

Produktkenntnis

n.s.

0,65

n.s.

wahrgen. emotionaler Wert

0,03

0,54

0,63

-0,43 Preis

0,29 wahrgen. emotionaler Wert

0,19

0,29 Preis

P2 = 253,85 df = 144, RMSEA = 0,070, SRMR = 0,080, CFI = 0,959

1,45

Kaufabsicht

0,72 0,72

**

-0,44

wahrgen. monetäres Opfer

0,55

wahrgen. ökonom. Wert

0,25

wahrgen. monetäres Opfer

P2 = 229,87, df = 144, RMSEA = 0,057, SRMR = 0,070, CFI = 0,967

„gut“

„schlecht“ Marke

Anmerkungen. n.s.: nicht signifikant, ∗ : p < 0,10, ∗∗ : p < 0,05, ∗∗∗ : p < 0,01. Alle nicht gekennzeichneten Pfadkoeffizienten sind signifikant mit mindestens p < 0,10.

Abbildung C.7: Pfadkoeffizienten und Gütemaße der Produktkenntnis-Modelle im Digitalkamera-Sample

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