Führungssysteme zwischen Stabilität und Wandel: Ein systematischer Ansatz zum Management der Führung [2006 ed.] 3835002457, 9783835002456 [PDF]


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Führungssysteme zwischen Stabilität und Wandel: Ein systematischer Ansatz zum Management der Führung [2006 ed.]
 3835002457, 9783835002456 [PDF]

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Zitiervorschau

Jorg Siebert Fiihrungssysteme zwischen Stabilitat und Wandel

GABLER EDITION WISSENSCHAFT Markt- und Unternehmensentwicklung Herausgegeben von Professor Dr. Ores. h.c. Arnold Picot Professor Dr. Professor h.c. Dr. h.c. Ralf Reichwald und Professor Dr. Egon Franck

Der Wandel von Institutionen, Technologie und Wettbewerb pragt in vielfaltiger Weise Entwicklungen im Spannungsfeld von Markt und Unternehmung. Die Schriftenreihe greift diese Fragen auf und stellt neue Erkenntnisse aus Theorie und Praxis sowie anwendungsorientierte Konzepte und Modelle zur Diskussion.

Jorg Siebert

Fiihrungssysteme zwischen Stabilitat und Wandel Ein systematischer Ansatz zum Management der Fuhrung

Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Prof. h.c. Dr. h.c. Ralf Reichwald

Deutscher Universitats-Verlag

Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaiilierte bibliografische Daten sind im Internet iiber abrufbar.

Dissertation Technische Universitat Munchen, 2005

1. Auflage September 2006 Alle Rechte vorbehalten © Deutscher Universitats-Verlag I 6WV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006 Lektorat: Brigitte Siegel /Sabine Scholler Der Deutsche Universitats-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de Das Werk einschlieBlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschutzt. Jede Verwertung auGerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fiir Vervielfaitigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden durften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Druck und Buchbinder: Rosch-Buch, ScheBlitz Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN-10 3-8350-0245-7 ISBN-13 978-3-8350-0245-6

Meinen Eltem

Geleitwort

VII

Geleitwort „Welchen Beitrag konnen Fuhrungssysteme leisten, um die scheinbar gegensatzlichen Ziele der Verfestigung und Verfliissigung der Fiihrungs- und Unternehmensstrukturen in ausgewogener Weise zu realisieren?" Mit dieser Ausgangsfrage greift die vorliegende Arbeit eine breite und anspruchsvolle Thematik in Theorie und Praxis der Betriebswirtschaft auf. Die im Spannungsfeld von Stabilitat und Wandel zu behandelnden Themenkomplexe organisatorischer Fiihrung tangieren aktuelle Forschungsfelder der Personal- und Unternehmensfiiihrung, der Organisationsgestaltung und Unternehmensentwicklung. Die Notwendigkeit dieser Breite liegt auf der Hand: Wahrend die Fiihrungsfrage in der klassischen, weitgehend in sich geschlossenen Industrieorganisationen auf Aspekte der Personalfuhrung fokussiert wurde, die im Rahmen hierarchischer Strukturen der Organisation weitgehend stabile Einbettung fanden, entwickeln Unternehmen, deren Strukturen im globalen Wettbewerb dynamischem Wandel unterworfen sind, heute zunehmend Fuhrungssysteme, die das Management der Fiihrung stabilisieren und in seiner Dynamik unterstiitzen sollen.

Diesem Phanomen der Fuhrungssysteme im Spannungsfeld von Stabilitat und Wandel widmet sich die vorliegende Arbeit. Sie diskutiert die theoretisch-konzeptionelle Literaturbasis zum Verstandnis dieser Form der strukturalen Fiihrung und reflektiert sie vor dem Hintergrund der Erkenntnisse zweier empirisch-explorativer Studien. Untersucht wurden Instrumente und institutionelle Rahmenwerke, die in der Unternehmenspraxis heute zum Einsatz kommen. Erganzt werden die Erkenntnisse durch die empirisch-explorativen Befunde der Studie „Design of Corporate Universities", die von Ende 2003 bis Anfang 2004 strategieorientierte Zentren der Fiihrungskrafteentwicklung in elf ausgewahlten Unternehmen untersuchte. In einem integrativen Ansatz gelingt es der vorliegenden Arbeit, die Erkenntnisse beider Studien aufzuarbeiten und auf dieser Basis ein durchgangiges Gesamtbild unternehmerischer Fiihrungssysteme zu entwickeln. Somit prasentiert sich die vorliegende Arbeit sowohl in ihrer inhaltlichen Breite als auch hinsichtlich der empirisch-explorativen Fundierung und der besonderen Aktualitat fiir Theorie und Praxis als gelungene Dissertationsschrift.

Die Arbeit leistet einen wertvollen Beitrag zur Fortentwicklung der betriebswirtschaftlichen Organisations- und Fiihrungsforschung und bietet zudem praxisorientierte und konzeptionelle Losungsansatze fiir strategisch ausgerichtete Fiihrungssysteme. Der Arbeit bleibt zu wiinschen, dass sie eine breite Aufnahme in Theorie und Praxis findet.

Prof Dr. Prof h.c. Dr. h.c. Ralf Reichwald

Vorwort

IX

Vorwort ,yAber ewes kann ich denjungen Kollegen, Doktoranden und sicherlich auch den Studenten versprechen: Sie werden der Fast^^nation des Entdeckens ausgesett^ sein. Sie werden eines der wenigen Abenteuer erleben, die unsere nuchteme Gegenivari bereithdlt Geniefien Sie diese Herausforderung, meine Fachkollegen — mit Schweifi Geduld und Zuversicht!" EberhardWitte2002

Mit diesem leidenschaftlichen und inspirierenden Appell beendete Eberhard Witte am 15. Januar 2003 seine Festrede in der Pinakothek der Moderne anlasslich der Verleihung der Ehrendoktorwiirde der Fakultat fiir Wirtschaftswissenschaften der Technischen Universitat Miinchen an Roland Berger, Adolf Coenenberg und ihn selbst. Dieser Appell entfachte meine Begeisterung von neuem, mich in das Abenteuer Stabilitat und Wandel zu stiirzen. RiickbHckend mochte ich feststellen, dass ich dieses Abenteuer immer wieder und bereits seit Ende der Schulzeit in Angriff genommen habe. So behandelte meine Facharbeit die fraktale Mathematik und damit die sog. Chaos-Theorie, die nach Wegen sucht, mittels stabiler mathematischer Modelle das deterministische Chaos zu beschreiben und erklarbar zu machen. Die Chaos-Theorie lieB mich auch zum Ende meines Studiums der Elektrotechnik nicht los. Die Diplomarbeit verwendete Daten epilepsiekranker Menschen, deren Gehimaktivitaten mit Elektroden aufgezeichnet waren und untersuchte mit Hilfe der fraktalen Mathematik die Moglichkeit, den Zeitpunkt epileptischer Anfalle vorherzusagen. SchlieBlich war der sog. Technology Atlas Gegenstand meiner Diplomarbeit im Rahmen des managementorientierten betriebswirtschaftlichen Aufbaustudiums (M.b.A.). Es sollte ein Konzept entwickelt werden, das bei einem Business-Incubator in Berkeley (Kalifomien) den kreativen Prozess der Geschafts-Ideen-Generierung systemisch unterstiitzen. Im Anschluss an das Diplom begann die Arbeit am Lehrstuhl fiir Allgemeine und Industrielle Betriebswirtschaftslehre (heute Lehrstuhl fiir Betriebswirtschaftslehre - Information, Organisation und Management) mit der Durchfiihrung der empirischen Studie „Leadership Excellence" iiber Systeme, Instrumente und Verfahren, die in Unternehmen eingesetzt werden, um Fiihrungskrafte und deren Aufgaben zu unterstiitzen. Da es u.a. Aufgabe von Fiihrungskraften ist, einerseits Orientierung zu geben und Stabilitat zu gewahrleisten sowie andererseits Veranderungen und Wandel zu initiieren, war das Thema „Fiihrungs systeme zwischen Stabilitat und Wandel" vergleichsweise schnell geboren - die Ausdifferenzierung des Themas und die praktische Umsetzung in eine Dissertation voUzog sich in einem langeren Prozess. Fiir mich war der Prozess der Entstehung der Dissertation eine auBerst spannende Entdeckungsreise zu den Themen Stabilitat und Wandel und besonders vor dem Hintergrund der Durchfiihrung der Studie „Leadership Excellence" zu Fiihrung und Fiihrungssystemen. Die vielen Leuchttiirme, die mir den Weg erhellten, habe ich versucht auf diesem Entdeckungspfad wiederzugeben und festzuhalten. Ich hoffe, dass das Ergebnis auch anderen eine kleine und zum Teil vielleicht

X

Vorwort

auch neue Scheinwerferperspektive geben kann. Den Lesem mochte ich in diesem Sinne viel SpaB bei der Lektiire wiinschen. Danksagung Diese Arbeit entstand von Oktober 2001 bis Februar 2005 wahrend meiner Forschungszeit am Lehrstuhl fiiir Betriebswirtschaftslehre: Information, Organisation und Management. Sie beruht wesentiich auf der Benchmarking-Untersuchung, die ich mit Prof. Ralf Reichwald, Frau Prof. Kathrin Mosiein und 2u groBen Teilen auch mit Tim Kalbitzer bei iiber 40 intemationalen GroBuntemehmen durchfiihren durfte und die den Vergleich von Fiihrungssystemen zum Inhait hatte. Vater dieser Studie ist Prof Peter Pribilla, zur damaligen Zeit Zentralvorstand fiir Personal bei der Siemens AG, der 2003 viel zu friih verstarb und dem ich fiir die Moglichkeiten und die Einsichten, die mir die Studie ermogHchte, zu groBem Dank verpflichtet bin.

An erster Stelle gebiihrt mein Dank meinem Doktorvater Ralf Reichwald. Seine Begeisterung sich stets und rastios in neue Themen zu stiirzen nahm auch von mir Besitz, sein Riickhalt und sein Vertrauen waren fiir mich auBerst forderlich, um die gesteckten Ziele mit einem sehr hohen MaB an Freiheiten zu erreichen. Ebenso mochte ich dem Zweitkorrektor meiner Arbeit, Herrn Prof. Wildemann und der Vorsitzenden des Priifiingsausschusses, Frau Prof Achleitoer, dafiir danken, dass sie sich dazu bereit erklart haben, diese Aufgaben zu iibernehmen und mir wertvolle Anregungen zuteil werden lieBen.

Ein besonderer Dank gilt dem tollen Team am Lehrstuhl - bei weitem nicht nur fiir die Entiastung wahrend der Schreibphase. Ich hatte dort die Gelegenheit eine einzigartige Teamatmosphare sowie auBerst individuelle, interessante und besondere Menschen kennen zu lemen - Ihr habt mir eine wunderschone Zeit beschert, die nicht nur wahrend der Doktorandenseminare und wahrend der Reisen und Kongresse reich an Erkenntnissen und Erfahrungen war, die vor allem eine kollegiale, unkomplizierte und herzliche Zusammenarbeit beinhaltete. Allen voran ist jedoch meine „Doktormutter", Prof Kathrin Mosiein, hervorzuheben. Ihr stets ungebrochener Optimismus und ihre Ratschlage bereits wahrend der Studie und spater, wahrend des ganzen Prozesses des Schreibens, ihre starke Unterstiitzung bei alien Zielen, ihre umsorgende, kritische aber vor allem auch offene und herzliche Art waren fiir mich mehr als wertvoll, um dieses Projekt zu vollenden. Besonders danken mochte ich in diesem Zusammenhang Tim Kalbitzer, fiir die sehr gute und freundschaftliche Zusammenarbeit wahrend der Studie. Fiir die Unterstiitzung wahrend der letzten Korrekturphase vor Abgabe dieser Arbeit geht ein besonderer Dank an Angelika BuUinger, Jutta Hensel, Kathrin Mosiein, Michael Ney, Daniel Rackensperger und Dominik Walcher.

Insbesondere fiir die Unterstiitzung wahrend der Hochs und Tiefs in der entscheidenden Zeit des letzten Jahres sowie fiir fruchtbare und bereichernde Diskussionen richtet sich ein spezieller Dank an meine lieben Freunde Clemens Berger, Florian Hettich, Georg Schoppa, Ulrich Walk

Vorwort

XI

und deren Partnerinnen. Ein gan2 besonderer Dank richtet sich an dieser Stelle sicher nicht 2uletzt an meinen lieben Freund und Kollegen Martin ZiBler, der mich ebenso bei der Korrektur der Arbeit unterstiitzte.

Vor allem mochte ich mich aber bei meinen Eltern Doris und Manfred Siebert bedanken. Meine Eltem haben mich auf dem teils sehr steinigen, teils sehr schonen Weg stets und mit aller Kraft unterstiitzt, sie gaben mir alien Riickhalt, alle Sicherheit und alle Stabilitat, die Eltem geben konnen - sogar noch dariiber hinaus - und bekraftigten mich immer Neues zu probieren und zu erforschen; sie haben den Wandel der einem wahrend der Dissertationsphase widerfahrt offen und konstruktiv-kritisch begleitet und, iiber das zuvor dargelegte hinaus, auch die Entstehung und Entwicklung der Arbeit durch Korrekturen und Anmerkungen sowie in Diskussionen ganz entscheidend mitgepragt! In gleichem MaBe mochte ich mich bei meiner ganzen Familie bedanken, die mir ganz besonders in Phasen der Unsicherheit Riickhalt gab, besonders bei meiner Schwester Dr. Karen Hoffmann, die mich auch bei einem Teil der Korrekturen unterstiitzte, bei ihrem Mann Stefan Hoffmann, bei meiner GroBmutter Hilde Siebert, bei meinen beiden GroBvatern Walter Siebert und Heinz Kirchner sowie bei meiner Tante Monika Gobel - ich weiB das starke Fundament, das ihr mir gebt als Ausgangspunkt fiir die eigene Entwicklung sehr zu schatzen. Die Bedeutung der Unterstiitzung, die mir meine gesamte Familie offenbart, kann ich vielleicht nie wirklich ganz ermessen, auch vielleicht nie ganz in Worten ausdriicken - an dieser Stelle mochte ich Euch alien aber sehr herzlich dafiir danken!

Jorg Siebert

Inhaltsiibersicht

XIII

Inhaltsubersicht KsLp. l:Einleitung

Kap. 2: Fuhrung und Fuhrungssysteme

Kap. 3: Stabilitat und Wandel

1

7

67

Kap. 4: Die Studie „Leadership Excellence"

189

Kap. 5: Schlussbetrachtung

329

Kap. 6: Ausblick

337

Inhaltsverzeichnis

XV

Inhaltsverzeichnis Geleitwort

VII

Vorwort

IX

Inhaltsiibersicht

XIII

Inhaltsverzeichnis

XV

Abbildungsverzeichnis Tabellenverzeichnis Abkiirzungsverzeichnis

1

2

Einleitung

XXVEI

1

1.1

Ausgangspunkt

1

1.2

Aufbau der Arbeit

2

Fiihrungund Fiihrungssysteme 2.1

Fiihrung

7 8

2.1.1

Zum Fuhrungsbegriff

8

2.1.2

Fiihrungsdefinitionen

11

2.1.3

Fiihrungund Management

17

2.1.4

Fiihrungsrollen und Autoritat

21

2.1.5

Fiihrungsideologien

27

2.1.6

Fiihrungsansatze - die charismatische, die transaktionale und die

trans formationale Fiihrung

30

2.1.7

41

2.2

3

XIX XXIII

Fiihrungssubstitute und symbolische Fiihrung Fiihrungssysteme

47

2.2.1

Fiihrungsinstrumente des Personalmanagements

2.2.2

Fiihrungssysteme in der strategischen Untemehmensfiihrung und im Controlling..58

2.2.3

„Management der Fiihrung"

Stabilitat und Wandel 3.1

Stabilitat: Ordnung stiften

3.1.1

Die Perspektive der Organisation und Koordination

3.1.1.1

Die Notivendigkeitfur Organisation

3.1.1.2

Ziele ah Merkmale von Organisationen

47

61

67 70 71 71 73

XVI

Inhaltsverzeichnis 3.1.1.3

Organisationsstrukturen, Regeln und„Verfestigung"

3.1.1.4

Koordination undKoordinationsinstrumente

3.1.2

Die Perspektive von Individuum und Verhalten

3.1.2.1

KJassische und operante Konditionierung

3.1.2.2

Kognitive Aspekte

3.2

Wandel: Veranderung gestaiten

3.2.1

Wandel als Ausnahmesituation

3.2.1.1

Widerstdnde und Verhaltensbarrieren bei Verdnderungsprot^essen

3.2.1.2

Strategien im Umgang mit Widerstdnden

3.2.1.3

Konv^te des Verdnderungsmanagements

3.2.2

Stabilitat als Ausnahmesituation

3.2.2.1

Modelle der Anpassungsfdhigkeit.

3.2.2.2

Untemehmenskultur ^schen Stahilitdt und Wandel -

76 87 91 92 97 100 105 107 117 128 143 144

die Diskussion bei Scbreyogg (2004) 3.2.2.3

Die lemende Organisation

Organisationale Routinen als BasisJur StabiHtdt und Wandel 3.2.2.4 das Modell von Martha Feldman 3.3

4

Synopse

151 159 172 184

Die Studie , ^ a d e r s h i p Excellence"

189

4.1

Leadership Excellence im Kontext von 10 Jahren Fiihrungsforschung

189

4.2

Untersuchungsfokus und Forschungsverstandnis

190

4.3

Ausgangssituation: Untersuchungsrahmen

194

4.3.1 4.3.2 4.4

Interviewpartner Methodik Untersuchungsdesign: Vorgehen

194 199 200

4.4.1

Phase I: Datenerhebung und Design des Fiihrungsrahmens

202

4.4.2

Interviewprotokolle und Fiihrungssystemprofile

203

4.4.3

Der generische Fiihrungsrahmen

205

4.4.3.1

Fiihrungsinteraktionspro^ss.

206

4.4.3.2

FiihrungsmeJSsystem

220

4.4.3.3

Fi4hrungsanrei:(system

239

4.4.3.4

Fiihrungsauswahl- und -entmcklungssysfem

258

4.4.3.4.1

Fiihrungsausivahlsystem

259

4.4.3.4.2

Fiihrungsentmcklungssystem

269

Inhaltsverzeichnis 4.4.3.5 4.4.4 4.5

XVII Das Fiihrungssystem im Kontext

Phase II: Evaluierung und Datenauswertung Befiinde

288 291 293

4.5.1

Erste Fundstiicke - die Instrumentenlandschaft

4.5.2

Erste Befiinde - der Fuhmngsinteraktionsprozess

296

4.5.3

Erste Befunde - das FiihrungsmeBsystem

297

4.5.4

Erste Befunde - das Fiihrungsanreizsystem

299

Erste Befunde - das Fiihrungsauswahl- und -entwicklungssystem

300

4.5.5 4.6 4.6.1

Klassifikation der Fiihrungssysteme

294

301

Das Phanomen der „Small Champions" und „Disappointing Dinosaurs",

nach Moslein (2004)

302

4.6.2

311

4.7

Die „Fuhrungstreppe" Fallstudien zu den drei Stufen

315

4.7.1

FaUbeispiel 1 - „Bauchladen"

315

4.7.2

FaUbeispiel 2 - „Synchronisation"

318

4.7.3

FaUbeispiel 3 - „Fiihrungsschniiede"

322

5

Schlussbetrachtung

329

6

Ausblick

337

literaturverzeichnis

339

Stichwortverzeichnis

373

Abbildungsverzeichnis

XIX

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1 Argumentationslinie & Gliederung der Arbeit

3

Abbildung 2 Bezugsrahmen der Fiihrung, in Anlehnung an das Handworterbuch der Fuhrung..l3 Abbildung 3 Der Fiihrungsbegriff im Managementkubus Fiihrung im weiteren und im engere Sinne

19

Abbildung 4 Der gewahlte Fiihrungsbegriff, in Anlehnung an Moslein (2004)

21

Abbildung 5 Die Person im Zentrum der RoUenerwartungen, nach Neuberger (2002)

23

Abbildung 6 Ein Modell der Transaktionalen und der Transformationalen Fiihrung

37

Abbildung 7 Auswirkungen auf die Motivation der Mitarbeiter durch charismatische Fiihrung ..40 Abbildung 8 Felder im Personalmanagement und ihre Vernetzung

48

Abbildung 9 Die HR Architektur nach Lepak / Snell (1996 und 1999)

52

Abbildung 10 Zuordnung von Managementinstrumenten zur Maslowschen Bediirfnishierarchie, nach Probst (1993) 53 Abbildung 11 Zuordnung der „Critical Capabilities" zu primaren Fiihrungsfunktionen, nach Ulrich / Zenger / Smallwood (1999)

62

Abbildung 12 Das Modell der Fiihrungskrafteentwicklung nach Steward / Tichy / Ulrich (1984), in Anlehnung an Moslein (2004)

64

Abbildung 13 Kennen/Wissen, Konnen, Wollen und Diirfen/Sollen der Organisation und der Organisationsmitglieder als Grundlage fiir Akzeptanzfaktoren

69

Abbildung 14 Das Organisationsproblem

72

Abbildung 15 Organisationsformen und Makrostrukturen von Informations- und Kommunikationssystemen, in Anlehnung an Picot / Reichwald (1991)

79

Abbildung 16 Basisstruktur des Ziircher Modells der sozialen Motivation, in Anlehnung an von Rosenstiel (1998)

95

Abbildung 17 Kontext- und Konzeptfokus von Konzepten des Change Managements, nach ReiB (1997a)

101

Abbildung 18 Change Management als Balanceakt, nach Neumann (2001)

102

Abbildung 19 Rapide Umwelt-Turbulenzzunahme bis zum Jahr 2005

104

Abbildung 20 Veranderung der Wettbewerbsbedingungen, nach Picot / Reichwald / Wigand (2003)

....104

Abbildung 21 Systematisierung der Ursachen des organisatorischen Konservatismus, nach Kieser / Hegele /KUmmer (1998)

Ill

Abbildung 22 Motivationsinstrumente zur Implementierung von Veranderungen, nach ReiB (1997c) Abbildung 23 Spektrum der Kommunikationsinstrumente, nach ReiB (1997c)

117 118

XX

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 24 Drei Arten der Verbindung zwischen Wandel und Management

132

Abbildung 25 Veranderungsmodelle nach ReiB (1997a)

134

Abbildung 26 Das „idealisierte" und „realistische" Lebenszyklusmodell bei der Implementierung eines Verandemngsprojektes Abbildung 27 Capacity to Change Model

141 145

Abbildung 28 Ebenen der Kultur, nach Edgar Schein

152

Abbildung 29 Der vollstandige organisatorische Wahl-/Lemzyklus

159

Abbildung 30 Single-loop- und Double-loop-Leaming

164

Abbildung 31 Deutero-Leaming - Lemen zu lemen

168

Abbildung 32 Feldman*s Performative Model of Routine and Learning in Routines (2000)

175

Abbildung 33 Four Modes of Knowledge Conversion, nach Nonaka und Takeuchi (1995) als Grundlage fur Feldmans Modell

176

Abbildung 34 Argumentationslinie von Feldman und Rafaeli (2002)

178

Abbildung 35 Spektrum organisationaler Mechanismen zwischen Stabilitat und Wandel

188

Abbildung 36 Der integrierte Forschungsprozess - Phase 1

202

Abbildung 37 Der Feedback Prozess, nach Daft (2002)

205

Abbildung 38 Der Fiihrungsrahmen der Studie Leadership Excellence

206

Abbildung 39 Vier Verhaltensweisen erfolgreicher Fiihrungskrafte, nach Ulrich / Zenger / Smallwood (1999)

208

Abbildung 40 Vollstandige Episodenanalyse zweier Arbeitstage eines Top-Managers

213

Abbildung 41 Zeitprofil eines durchschnittlichen Arbeitstages eines Top-Managers 1994 (ohne Arbeit zu Hause)

214

Abbildung 42 Leadership Index Analysis Antworten auf die Frage „Was macht einen guten Leader aus?"

218

Abbildung 43 HR Scorecard, nach Beatty / Huselid / Schneier (2003)

229

Abbildung 44 Determinanten der Leistungsbeurteilung

231

Abbildung 45 Virtuous Cycle of Attributes and Results

234

Abbildung 46 Leadership Index Analysis - Antworten auf die Frage „Welche Kriterien zur Messung ihrer Fiihrungsleistung akzeptieren Sie und halten Sie fur sehr wichtig?"

235

Abbildung 47 Elemente eines Anreizsystems, nach Becker (1995)

239

Abbildung 48 Grundlegende Elemente motivierten Verhaltens, nach Deci (1976)

249

Abbildung 49 Handlungsphasenmodell, nach Heckhausen und nach Rothhaar (2001) mit zugeordneten Theorieansatzen und Einbezug eines Anreizsystems

255

Abbildung 50 Phasen des Rekrutierungsprozesses

261

Abbildung 51 Die sechs Passagen der Leadership Pipeline

282

Abbildungsverzeichnis

XXI

Abbildung 52 Der Kontext des Leadership Development Programms bei 3M mit 2ugehorigen HR Methoden (darunter stehend)

283

Abbildung 53 Der generische Fiihrungsrahmen im Kontext

290

Abbildung 54 Der interaktiv-iterative Evaluierungsprozess - Phase 11

291

Abbildung 55 Spinnen- und Balkendiagramme zur Bewertung eines Beispieluntemehmens

293

Abbildung 56 „GE Operating System" - das GE Fuhrungssystem

294

Abbildung 57 Instrumentenlandschaft

296

Abbildung 58 Instrumente des Aktionsfelds Fiihrungsinteraktionsprozess

296

Abbildung 59 Instrumente des Aktionsfelds FiihrungsmeBsystem

298

Abbildung 60 Instrumente des Aktionsfelds Fiihrungsanreizsystem

300

Abbildung 61 Instrumente des Aktionsfelds Fiihrungskrafteauswahl und -entwicklungssystem 301 Abbildung 62 Vollstandige Auswertung der 76 Fragen fiir alle 37 Unternehmen

305

Abbildung 63 Anonymisierte Auswertung der Studie Excellence anhand spezifischer Dimensionen 1

306

Abbildung 64 Anonymisierte Auswertung der Studie Excellence anhand spezifischer Dimensionen II

307

Abbildung 65 Anonymisierte Auswertung der Studie Excellence anhand spezifischer Dimensionen III

308

Abbildung 66 Die Fiihrungstreppe

311

Abbildung 67 Bewertung von Case 1 - „Bauchladen"

315

Abbildung 68 Bewertung von Case 2 - ^Synchronisation"

319

Abbildung 69 Der Fiihrungsrahmen des Fallbeispiels „Synchronisation"

320

Abbildung 70 Bewertung von Case 3 - „Fuhrungsschmiede"

.322

Abbildung 71 Aufgaben der Corporate University des Cases 3

323

Abbildung 72 Fiihrung und Fiihrungssysteme zwischen Stabilitat und Wandel

336

Tabellenverzeichnis

XXIII

Tabellenverzeichnis Tabelle 1 Inhaltsmerkmale von Fiihrung der anglo-amerikanischen Literatur, nach Steinle (1995) und Bass (1990)

12

TabeUe 2 Eine Auswahl an Fiihrungsdefinitionen

14

Tabelle 3 Management vs. Leadership, nach Kotter 1990 und 1996

18

Tabelle 4 Eine Gegeniiberstellung von Managerlnnen und Fiihrerlnnen, nach Neuberger 2002 19 Tabelle 5 Die Rollen eines Managers, nach Mintzberg (1973)

22

Tabelle 6 Rollendilemmata der Fiihrung

24

Tabelle 7 Verschiedener Management-Ideologien, nach Neuberger (2002)

29

Tabelle 8 Eine Klassifikation von Ansatzen, Konzepten und Theorien der Fiihrungsforschung, nach Moslein (2004)

32

Tabelle 9 Auspragungen charismatischer Fiihrung

35

TabeUe 10 Fiihrungssubstitute und Neutralisierer, nach Daft (2002)

42

TabeUe 11 UberbUck iiber Personalmanagementaufgaben in der Literatur, in Anlehnung an Becker (2001)

49

TabeUe 12 Der Einsatz von Fiihrungssystemen im Transformationsprozess, nach Becker (2000)

50

TabeUe 13 Empirische Studien zu HR practices und dem Unternehmenserfolg

56

TabeUe 14 High Performance Work Practices, by Author, nach Becker / Gerhart (1996)

57

TabeUe 15 Komponenten verschiedener Fiihrungssysteme, nach Kiipper (1995)

59

TabeUe 16 „Virtuous Teaching Cycles" versus „Vicious Non-Teaching Cycles", nach Moslein (2004)..

63

TabeUe 17 Polare OrganisationsmodeUe, nach Deuringer (2000)

67

TabeUe 18 StabiUsierende und DestabiUsierende Strukturen, nach Perich (1993)

81

TabeUe 19 Das Spektrum organisationaler Fluiditat, in Anlehnung an Perich (1993) TabeUe 20 Vertikales (logisches) und laterales (kreatives) Denken TabeUe 21 Trends des Wandels, nach von Rosenstiel / ComeUi (2003)

82 ,

99 105

TabeUe 22 Ten reasons why firefighters may have faUed to drop their tools, nach Karl Weick (1996)

108

TabeUe 23 DeaUng with a Dead Horse, nach Daft (2002)

110

TabeUe 24 IndividueUe Reaktionen auf Innovationen und Veranderungen

110

TabeUe 25 Antworten von Mitarbeitern auf die Frage, worauf sie bei Reorganisationen Wert legen, nach Picot / Freudenberg /Gassner (1999) 114

XXIV

Tabellenverzeichnis

Tabelle 26 Verwendung und Effektivitat von Symbolen im Change-Prozess, nach Armenakis et al. (1996)

120

TabeUe 27 Unterstiitzung von Verandeningsprozessen auf Gruppenebene, nach von Rosenstiel (1997)

122

Tabelle 28 Zehn Hebel einer Reorganisation nach MaB, nach Picot / Freudenberg /Gassner (1999) Tabelle 29 Die zehn Gebote des organisatorischen Wandels, nach Kanter et al. (1992)

124 139

Tabelle 30 Die acht Schritte eines Veranderungsprozesses, nach Kotter (1996,1998); Kotter / Cohen (2002)

140

Tabelle 31 Integration von neuen Lebenszykluskonzepten, nach Quinn / Cameron (1983)

142

Tabelle 32 Definitionen Organisationalen Lemens

162

Tabelle 33 Begriffsverwendungen fiir organisatorische Lemebenen, nach Meyer (1998)

163

Tabelle 34 Veranderung organisationaler Routinen

182

Tabelle 35 Organisatorische MaBnahmen zur Forderung von Stabilitat und FlexibiUtat

187

Tabelle 36 Zehn Jahre Fiihrungsforschung - Projektfelder und Projektergebnisse im Uberblick, in Anlehnung an Siebert und Moslein (2004)

190

Tabelle 37 Untemehmen der Studie Leadership Excellence

194

Tabelle 38 KenngroBen I - Untemehmen im Untersuchungspanel

196

Tabelle 39 KenngroBen II - Untemehmen im Untersuchungspanel

198

Tabelle 40 Ausgewahlte Rahmendaten der Studie Leadership Excellence

200

Tabelle 41 Extemer Expertenkreis der Studie Leadership Excellence

201

Tabelle 42 Semi-stmkturierter Interviewleitfaden der Studie Leadership Excellence

.203

Tabelle 43 Stmktur der Fiihrungssystemprofile

204

Tabelle 44 Angaben verschiedener Studien iiber den Anteil miindlicher Kommunikation an der Arbeitszeit von Top Managem Tabelle 45 Globale implizite Fiihrungstheorien auf Gmndlage des GLOBE-Projektes

210 216

Tabelle 46 Prototypikalitats-Rangordnungen europaischer Lander auf der Grundlage des GLOBE-Projekts

217

Tabelle 47 Kemfragen im Aktionsfeld Fiihmngsinteraktionsprozess

219

Tabelle 48 Ansatze der Messmethodik von Intellectual Capital

224

Tabelle 49 Vorschlag des Human-Capital-Clubs e.V fiir einen Bericht iiber Humankapital (Stand: 17.10.2003)

227

TabeUe 50 CapabiUties Audit, nach Ulrich / Smallwood (2004)

228

Tabelle 51 Funktionen der Leistungsbeurteilung

232

Tabelle 52 „The Measuring Stick" - 12 Fragen zur Fiihrungsleistungsmessung

236

Tabelle 53 Klassifikation der Messkriterien

236

Tabellenverzeichnis

XXV

Tabelle 54 Kernfragen im Aktionsfeld FiihrungsmeBsystem

238

Tabelle 55 Leistimgsabhangige Entgeltdifferenzierung, nach Scholz (2000)

241

Tabelle 56 Studien iiber den Zusammenhang zwischen Vergiitungs- / Anreizsystem und Organisationserfolg

243

Tabelle 57 Sechs „gefahrUche" Mythen der Vergiitung, nach Jeffrey Pfeffer (1998)

244

TabeUe 58 Kategorisierungsmoglichkeiten von Anreizen, in Anlehnung an Rothhaar (2001) und Erdmann (1991)

247

Tabelle 59 Uberblick iiber die vorliegenden Metaanalysen liber die Wirkungen extxinsischer Anreize auf die intrinsische Motivation, siehe Graumann / Sieger (2004)

251

Tabelle 60 Kernfragen im Aktionsfeld Fiihrungsanreizsystem

257

Tabelle 61 Kernfragen im Aktionsfeld Fiihrungsauswahl- und -entwicklungssystem

259

Tabelle 62 MaBnahmen zur metiiodischen Verbesserung des Einstellungsgesprachs

264

Tabelle 63 Validitat verschiedener eignungsdiagnostischer Verfahren, nach von Rosenstiel (2000)

265

Tabelle 64 Instrumente von AGs

266

Tabelle 65 Ergebnisse der Studie von Bray und Grant (1966)

268

Tabelle 66 Elf grundlegende Annahmen iiber das „Performance Paradigm" im HRD, nach Elwood Holton III (2002) Tabelle 67 Kriterien des Einsatzes von Action Learning bei GE

274 275

TabeUe 68 Hinweise zur Erzielung eines besseren Lemtransfers bei Fiihrungskrafteentwicklungsprogrammen

277

Tabelle 69 Sieben Dimensionen zur Unterscheidung von Corporate Universities

279

Tabelle 70 Zitate von Interviewpartnern der Studie von Reichwald / Siebert (2004) zur Philosophie von Corporate Universities Tabelle 71 Promising Practices bei Corporate Universities der Studie

280

von Reichwald / Siebert (2004) Tabelle 72 Typologisierung von Corporate Universities, nach Deiser (1998)

281 283

Tabelle 73 Reifegrade von Corporate Universities - ein 5-Stufen-ModeU, nach Deiser (1998)...285 Tabelle 74 Ausgewahlte Fragen zur Beurteilung der Fiihrungssysteme der Unternehmen

292

Tabelle 75 Fiihrungssysteme und UnternehmensgroCe: Verteilung der Unternehmen gemaB Gesamtbewertung, nach Moslein (2004)

303

Tabelle 76 Fiihrungssysteme und UnternehmensgroBe: „Small Champions" und „Disappointing Dinosaurs", nach Moslein (2004)

303

Abkiirzungsverzeichnis

Abkiirzungsverzeichnis AC

Assessment Center

AIM

Advanced Institute of Management Research

AMJ

Academy of Management Journal

AMR

Academy of Management Review

AOM

Academy of Management

APQC

American Productivity and Quality Center

ASAC

Administrative Sciences Association of Canada

ASME

American Society of Mechanical Engineers

ASTD

American Society for Training and Development

BMBF

Bundesministerium fur Bildung und Forschung

BMC

Business Management Course

BSC

Balanced Scorecard

bspw.

Beispielsweise

BVW

Betriebliches Vorschlagswesen

CCL

Center for Creative Leadership

CEC

Corporate Excecutive Council

CEO

Chief Executive Officer

CFO

Chief Financial Officer

CILT

Culturally-endorsed Implicit Leadership Theory

CIMOC

Centre for Innovation Management and Organizational Change

CLO

Chief Learning Officer

CMM

Capability Maturity Model

COM

Corporate Officers Meeting

CU

Corporate University

CULN

Corporate University Learning Network

D2D

Day-to-day

DBW

Die Betriebswirtschaft

DC

Development Center

XXVII

Abkiirzungsverzeichnis

XXVIII DCGK

Deutscher Corporate Governance Kodex

DIG

Direct Intellectual Capital Methods

DPT

Entscheidungsprozesstheorie

DYB

Destroy your business

EDC

Executive Development Center

EDN

Executive Development Network

E-HR

Electronic Human Resources

EVA

Economic Value Added

F&E

Forschung und Entwicklung

FCT

Fiedlers Kontingenztheorie

FRLT

Full Range Leadership Theory

FS

Fiihrungssystem

GCCG

German Code of Corporate Governance

GE

General Electric

GFS / GFR

Generisches Fiihrungssystem / Generischer Fiihrungsrahmen

GLOBE

Global Leadership and Organizational Behavior Effectiveness

GWB

Geschaftswertbeitrag

GYB

Grow your business

HPWS

High performance work system

HR

Human Resources

HRD

Human Resource Development

HRMJ

Human Resource Management Journal

HWFii

Handworterbuch der Fiihrung

lAK

Institut fiir angewandte Kreativitat

KVP

Kontinuierlicher Verbesserungsprozess

LCT

Lebenszyklus-Theorie

LD

Leadership Development

LE

Leadership Excellence

LEFI

Leader-Environment-Follower-Interaction Model

LM

Leadership Metrics

Abkiirzungsverzeichnis LMX

Leader-Member-Exchange Theory

LPD

Leadership Process Deployment

LST

Substitutionstheorie

MA

Mitarbeiter

MAG

Mitarbeitergesprach

MBA

Master of Business Administration

MbE

Management by Exception

MCM

Market Capitalization Methods

MIS

Management Information Systems

MLM

Multiple-Linkage Model

MLQ

Multifactor Leadership Questionnaire

MUS

Managementunterstiitzungssystem

MW

Mittelwert

OMM

Operations Managers Meeting

PGT

Weg-Ziel-Theorie

R&D

Research & Development

ROA

Return on Assets Methods

SC

Scorecard Methods

Sol/LD

Selection of Leaders and Leadership Development

TPOV

Teachable Point of View

TUM

Technische Universitat Miinchen

uvm.

und vieles mehr

VDL

Vertical-Dyad-Linkage Theory

ZfB

Zeitschrift fur Betriebswirtschaft

zfbf

Zeitschrift fur betriebswirtschaftliche Forschung

zfo

Zeitschrift Fiihrung + Organisation

ZVP

Zielvereinbarungsprozess

XXIX

Einleitung

1 Einleitung „ljeadership Excellence, das ist das ausgewogene Zusammenspiel der Verfestigung und Verflussigung von Fiihrungs- und

Untemehmensstrukturen."

(Oswald Neuberger 2002, personliche Kommunikation im Rahmen des Expertenkreises der explorativen Studie Eeadership Excellence)

1.1 Ausgangspunkt Motivation und AnstoB fiir die vorliegende Arbeit lieferte die Chance zur Mitwirkung an zwei Studien, die aus erster Hand Einblicke in die Themen Fiihrungssysteme und Fiihrungskrafteentwicklung ermoglichten. Bei der Vergleichsstudie „Leadership Excellence" wurden die Fiihrungssysteme von 40 internationalen GroBunternehmen analysiert. Im Zeitraum von Ende 2001 bis Anfang 2003 wurden mehr als 110 Interviews mit Fiihrungskraften der oberen Ebenen durchgefiihrt. Die Studie „Design of Corporate Universities" untersuchte von Ende 2003 bis Anfang 2004 strategieorientierte Zentren der Fiihrungskrafteentwicklung in elf ausgewahlten Unternehmen. Zwei zentrale Erkenntnisse lassen sich vorab festhalten: •

Zunachst ist festzustellen, dass Fiihrungssysteme sowohl in der Praxis existieren und nutzenbringend eingesetzt als auch in der Wissenschaft im Rahmen der strukturalen Fiihrungsforschung verstarkt untersucht und diskutiert werden^.



In der Arbeit wird dariiber hinaus argumentiert, dass Fiihrungssysteme zur Koordination, Effizienzsteigerung sowie zum Aufbau von Fiihrungsstarke beitragen und auf diese Weise Stabilitdt gewahrleisten sollen. Zugleich neigen diese Systeme dazu, bestehende Strukturen zu verfestigen und die Veranderungsfahigkeit eines Unternehmens zu bremsen. Andererseits werden gerade bei der Fiihrungskrafteentwicklung moderner Auspragung Instrumente eingesetzt, die den Wandel nicht nur ermoglichen, sondern die Organisation geradezu in ihrer Veranderungsbereitschaft befliigeln^.

Zentrales Thema der Arbeit sind Fiihrungssysteme. Unter Fiihrungssystemen sind strukturale Einrichtungen zu verstehen, die Fiihrungskrafte bei ihrer Arbeit in Unternehmen unterstiitzen. Schwerpunkt der Betrachtung ist der Beitrag dieser Richtlinien, Anreizsysteme, Fiihrungsinstrumente, Routinen sowie Regelwerke zu Stabilitat und Wandel. Es wird gezeigt, dass Fiihrungssys-

1 Vgl. neben Reichwald et al. 2003 auch Moslein 2004; Reichwald / Siebert / Moslein 2003 und 2004; Beatty / Huselid / Schneier 2003; Tichy / Cohen 2002; Wimmer et al. 2002; Tichy / Cardwell 2002; Charan / Drotter / Noel 2001; Becker 2001 und 2000; Wunderer 1995b und 1994. Siehe insbesondere Kapitel 2.2. 2 Siehe hierzu insbesondere Kapitel 3.2 und Kapitel 4.4.3.4.2.

2

Einleitung

teme sowohl stabilisieren und damit Ordnung stiften als auch den Wandel fordem und damit die Wandlungsfahigkeit einer Organisation erhohen konnen. Das zuvor zitierte Gegensatzpaar der „Verfestigung" (Stabilitat) und „Verflussigung" (Wandel) offenbart so eine Spannung, die exzellente Fiihrung ausbalancieren und gestaiten soil.

1.2 Aufbau der Arbeit Die Kemfrage der Arbeit lautet: Welchen Beitxag konnen Fiihrungssysteme leisten, um die scheinbar gegensatzlichen Ziele der Verfestigung und der Verfliissigung der Fiihrungs- und Untemehmensstrukturen in ausgewogener Weise zu realisieren? Als weitere Forschungsfragen ergeben sich: •

Welche RoUe spielt in diesem Zusammenhang Fiihrung?



Wie wird Fiihrung in dieser Arbeit verstanden?



Welche Bedeutung haben strukturale Fiihrung und Fiihrungssysteme?



Weshalb suchen Organisationen und Individuen nach Stabilitat?



Welche Instrumente dienen der Unterstiitzung organisationaler Stabilitat?



Wie kann die Wandlungsfahigkeit einer Untemehmung gefordert werden?



Weshalb existieren Widerstande gegen die Veranderung, welche Ansatze, Konzepte oder Modelle unterstiitzen den Umgang mit Widerstanden und das Management des Wandels?



Welche Fiihrungssysteme sind in der Praxis im Einsatz?

Die Arbeit betrachtet gleichermaBen theoretische als auch praktische Aspekte dieser Fragestellungen auf der Basis der Ergebnisse der empirischen explorativen Untersuchung zur „Leadership Excellence". Sie ist damit vorwiegend im Bereich der strukturalen Fiihrung anzusiedeln und leistet einen Beitrag zur Erforschung von Fiihrungssystemen, die Fiihrungskrafte unterstiitzen und ein ausgewogenes Verhaltnis zwischen Stabilitat und Wandel anstreben. Dazu entwickelt sich ein Vorverstandnis zu Fiihrungssystemen aus einer theoretischen Diskussion der zentralen Begriffe Fiihrung, Stabilitat und Wandel aus verschiedenen Scheinwerferperspektiven. Konzepte, Ansatze und Modelle zu Fiihrungssystemen werden aus unterschiedlichen Blickwinkeln vorgestellt. In der Empirie folgt die Arbeit einem explorativen Untersuchungsrahmen. Ziel ist nicht die Uberpriifiing von Hypothesen, sondern die Entdeckung des Phanomens der Fiihrungssysteme. Hier greifen Theorie und Empirie ineinander. Zum einen resultiert ein Erkenntnisgewinn aus der durch die Untersuchung angeregten und maBgeblich beeinflussten Entwicklung eines generischen Konzepts fiiir ein Fiihrungssystem. Dieses wird in der vorliegenden Arbeit mit einer breiten Literaturbasis hinterlegt. Zum anderen werden Ergebnisse der Empiric an Hand dieses generischen Konzepts strukturiert und diskutiert. AbschlieBend werden die Resultate reflektiert und Schlussfolgerungen abgeleitet.

Einleitung

3

Abbildung 1 zeigt eine Inhaltsiibersicht, die auf Grundlage der zuvor aufgefuhrten Fragen entstanden ist. Im Folgenden sollen in einem Uberblick die Inhalte der einzelnen Kapitel vorgestellt werden. Argumentationslinie & Gliederung

1: Einleitung Kemfrage: Welche Fuhrungsinstrumente und -systeme unterstutzen Stabilitat und Wandel in einem Untemehmen?

2: Fiilirung und Fiihrungssysteme 2.1: Fuhrung Weiciie Rolle spielt in diesem Zusammenhang Fuhrung? Wie wird Fufimng definiert? Was wird damnterin dieser Arbeit verstanden? Aufgabe des Top-Management & der Fuhrungskrafte: Wectjselspiel zwisclien Stabilitat und Wandel gestalten

2.2: Fulirungssysteme Welche Bedeutungen haben strukturale Fuhrung und Fiihrungssysteme? Was sind Fuhrungssysteme? Fiihaingstheorien betonen bislang vor allem personate Aspekte Fokus dieser Arbeit auf struktural-interaktiven Aspekten

3: Stabilitat und Wandel 3.1: StabilitSt: Ordnung stiften Weshalb suchen Organisationen und Individuen nach Stabilitat? Regein, Werte, Strukturen, Koordination (Systeme) sind erforderlich... 3.1.1: ...zur Fiihrnng einer Organisation (Organisation)

3.1.2: ...zur Unsicherheitsreduktion & Komplexit3tsreduzierung(lndividuum)

3.2: Wandel: VerSnderung gestalten Wie kann die WandlungsfShigkeit einer Organisation gef6rdert werden? 3.2.1: Wandel als Ausnahmesituation

3.2.2: StabilitSt als Ausnahmesituation

4: Die Studie „Leadership Excellence" Welche Fuhrungssysteme sind in der Praxis im Einsatz?

5: Schlussbetrachtung Welche Instrumente & Systeme unterstutzen die geforderte Balance?

6: Ausblick Was lasst sich daraus ableiten?

Abbildung 1 Argumentationslinie Geradfiihrung) und/oder Lage (Dreh-F., -> Lager) bei seiner Bewegung vorschreibt. Die F. kann durch Form- oder KraftschluB erfolgen." 25 S. Mintzberg 1973, S. 94.

12

Fiihrung und Fiihningssysteme

An dieser Stelle zeigt sich wiedemm die Vielfalt der unterschiedlichen Verstandnisse. Fiir die Situation im deutschsprachigen Raum ergibt eine Abschatzung von Steinle (1995) iiber 1000 Autoren, die liber Fiihrung schreiben. Eine Arbeitsabgrenzung nimmt er schlieBlich vor, indem er Fiihrung niit den Sachverhalten des In-Gang-Sei^ens und der Initiierung oder Impulsgebung sowie des Richtungs-Weisens und der Lenkung oder Zulausrichtung umschreibt^^. Fiihrung ist in dieser Sichtweise von der reinen Herrschaft zu unterscheiden^*. Er nimmt in Anlehnung an Bass daher folgende, breite Abgrenzung vor. „Fiihrung - ist eine Interaktion zwischen Mitgliedem einer Gruppe, wobei Fiihrer Wmdlungstrager sind, deren Handlungen andere Menschen starker beeinflussen als die Handlungen anderer Menschen sie selbst beeinflussen, - entsteht, wenn ein Gruppenmitglied die Motivation/Kompeten!(en anderer in der Gruppe im Sinne einer Zid-lW$gorimtierungmodifiis^ert^ - ist eine Dauerfunktion in einer Gruppe (Ausdifferenzierung und Erhalt von Gruppenrollen)."29

Auch die wohl umfangreichste Sammlung zum Thema Fiihrung im deutschsprachigen Raum, das Handworterbuch der Fiihrung (HWFii), stellt die Interaktion zwischen Fiihrem und Gefiihrten in den Mittelpunkt. So wird bereits im Vorwort spezifiziert, dass „Personalfuhrung" als dgenstandiger Begriff von „Fiihrung" zu differenzieren sei. Als Bezugsrahmen des HWFii stellen Kieser, Reber und Wunderer (1995) ein allgemeines Kontingenzmodell vor, „dessen Mittelpunkt die Beziehungen (Interaktionen) eines Fiihrers (Vorgesetzten) mit einer Gruppe von Gefiihrten (Untergebenen) bilden."^ Dabei sehen sie die Fiihrung einer Gruppe eingebettet in die Organisation mit ihren Ressourcen und spezifischen Zielen und im grofieren Kontext in den gesellschaftlichen und gesamtwirtschaftlichen Bereich. Fiihrungseffizienz wird definiert als der Abgleich der Betriebsziele mit dem Gruppenergebnis^^

26 Vgl. Steinle 1995, Sp. 525f. und Bass 1990, S. 11 ff. 2^ Vgl. Steinle 1995, Sp. 524. 2« Vgl. Bass 1990, S. 18f. 25 S. Steinle 1995, Sp. 526. ^" S. Kieser / Reber / Wunderer 1995, S. X. 5' Vgl. Kieser / Reber / Wunderer 1995, S. XI.

13

Fiihrung Bezugsrahmen der Fuhrung Gesellschaftlicher / gesamtwirtschaftlicher Bereich Organisatorischer Bereich Interaktioneller Bereich

Ressourcen BetriebsBetrieb effizienz Ziele

Abbildung 2 Bev;ugsrahmen der Fuhrung inAnlehnung an das Handmrterbuch

derFiihrun^^

Tabelle 2 mochte den Facettenreichtum der verschiedenen Verstandnisse von Fuhrung anhand einer weiteren Auswahl an Definitionen verdeutlichen. Eine Auswahl an Fuhrungsdefinitionen Bavelas 1960, S. 492, zitiert nach Neuberger 2002, S. 12

„... organisatorische Fuhrung besteht aus Unsicherheitsreduktion"

Baumgartenl977, S. 9

„Fuhrung ist jede zielbezogene, interpersoneUe Verhaltensbeeinflussung mit Hilfe von Kommunikationsprozessen."

Burns 1978,5.18

„Fuhrung von Menschen wird ausgeiibt, wenn Personen mit bestimmten Motiven und Zielen im Wettbewerb oder im Konflikt mit anderen die institutionellen, politischen, psychologischen und anderen Ressourcen so mobilisieren, sodass sie die Motive der Gefiihrten wecken, verpflichten und befriedigen."

Wunderer / Grunwald 1980, S. VI

Fuhrung in Organisationen: Zielorientierte soziale Einflussnahme zur Erfiillung gemeinsamer Aufgaben (Ziel-Leistungs-Aspekt) in/mit einer strukturierten Arbeitssituation (Organisations-Aspekt/ 5ituationsgestaltung).

Muller/Dachlerl988, S.44

„Fuhrung ist eine konstruierte gesellschafdiche Realitat"

Bass 1990, S. 19f.

„Leadership is an interaction between two or more members of a group that often involves a structuring or restructuring of the situation and the perceptions and expectations of the members. Leaders are agents of change - persons whose acts affect other people more than other people's acts affects them. Leadership occurs when one group member modifies the motivation or competencies of others in the group."

Bass 1990, S. 16

„For Burns (1978), Bennis (1983), Bass (1985a), and Tichy and Devanna (1986), leadership transforms followers, creates visions of the goals that may be attained, and articulates for the followers the ways to attain those goals."

Schein 1992,5.2

Leadership „is the ability to step outside the culture... to start evolutionary change processes that are more adaptive."

Wunderer 1995a, Sp. 1541 f. Hervorhebungen

„Man kann in der Fuhrung zwei Dimensionen differenzieren... : Fuhrung ist 'zielgerichtete soziale EinfluBnahme zur Erfullung gemeinsamer Aufgaben in/mit einer strukturier- |

32 S. Kieser / Reber / Wunderer 1995, 5. XI.

14 1 im Original

Fiihrung und Fiihrungssysteme ten Arbeitssituadon' ^teraktionelle Fiihrung]... Strukturelk Fiihrung geschieht v.a. iiber organisatorische Entscheide zur Aufbau- und Ablauforganisation... sowie iiber die Formulierung und das Leben gemeinsam geteilter Werthaltungen, also die Forderung der Fiihrungskultur..."

Steinle 1995, Sp. 526

„(1) Fiihrung als Interaktion zwischen Fiihrer und Gruppe, wobei zu diesem interaktionellen Bereich insbesondere das Gruppenverhalten und -ergebnis gehoren. (2) Dieser interakrionelle FiihrungsprozeB ist eingebettet in einen organisationalen Bereich, der sich durch Ressourcen, Betrieb und Ziele auszeichnet, wobei der Vergleich von Betriebszielen und Gruppenergebnis die Fiihrungseffizienz zeigt. (3) Die organisational-strukturellen Bestimmungsfaktoren der Fiihrung werden von einem gesellschaftlich/gesamtwirtschaftlichen EinfluBbereich umschlossen..."

Weinertl998,S.419f zitiert nach Neuberger 2002,S. 13f.Hervorhebungen in Neuberger 2002

„Die Feststellung iiber den Prozess des Fiihrens beinhaltet demnach, dass Fiihren eine Beziehung und eine Interaktion zwischen mehreren Individuen innerhalb der Organisation darstellt, in der Einfluss und Macht ungleich verteilt sind (d.h. ein Fiihrer operiert nicht in Isolation fiir sich); dass die Fiihrer-Gefiiihrten Beziehung einen psychologischen und einen wirtschaftlichen Austausch darstellt, in dem die Gefiihrten zu einem gewissen Grad ihre Einwilligung dazu geben miissen, dass sie gefuhrt werden wollen; dass dem Konzept der Kommunikation erhohte Bedeutung zukommt; dass in den Elementen (a) tatsachlich erbrachte Gruppenleistung; (b) Erreichen eines Zieles; und (c) befriedigte Bediirfnisse und Erwartungen der Mitarbeiter; die Effizienz des Gruppenfiihrers gesehen wird".

House etal. 1999,5.77

„Ability to influence, motivate and enable others to contribute to success of their organization." (Definition der GLOBE-Studie)

Gu^emoos 2000, S. 10. Hervorhebung im Original

„5o wie der Vorstand seinen Assistenten dazu bewegen kann, eine Presentation auszuarbeiten, kann der Assistent seine Sekretarin dazu bringen, einen Brief zu formulieren und die 5ekretarin die Putzkolonne dazu veranlassen, demnachst griindUcher vorzugehen. ... Kirsch und Mitarbeiter zollen dem Rechnung, indem sie zwischen Fiihrungsimpulsen ... und Untemehmensfiihrung ... differenzieren... Unter einem Fiihrungsimpuls hat man sich eine einmalige Einflussnahme eines Akteurs innerhalb einer Untemehmung vorzustellen."

Domsch / Regnet / von Rosenstiel 2001, S. 11; siehe auch von Rosenstiel 1991,5.3

„Unter Fiihrung versteht man die zielbezogene und bewusste Verhaltensbeeinflussung. Im Untemehmen kann dies durch strukturale Mafinahmen - Technikgestaltung, Organigramme, Stellenbeschreibungen, Anreizsysteme etc. erfolgen, aber auch durch personale MaBnahmen - spezifisch durch Kommunikation zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitem."

Yukl 2002, 5. 432

„An alternative perspective that is slowly gaining more adherents is to define leadership as a shared process of enhancing the individual and collective capacity of people to accomplish their work effectively... leadership cannot be understood apart from the dynamics of the social system in which they are embedded... Instead of a heroic leader who can perform all essential leadership fijnctions, the fiinctions are distributed among different members of the team or organization."

Neuberger 2002, personliche Kommunikation im Rahmen des Expertenkreises der explorativen Studie; vgl. auch Neuberger 2002, S. 668

„Leadership Excellence ist das ausgewogene Zusanunenspiel der und VedHussigung von Fuhrungs- und Untemehmensstrukturen."

Verfestigung

Tabelle 2 Eine Auswahlan Fiihrungsdefinitioner^^

Gerade das letztgenannte, bereits zuvor aufgefiihrte Zitat erweitert die bestehenden Definitionen um einen Aspekt, der spater naher diskutiert werden soil. Gemeint sind der Fokus auf strukturale.

3^ Fiir eine sehr umfassende Ubersicht verschiedener Definitionen zum Begriff Fiihrung siehe etwa Bass 1990 oder Neuberger 2002,5. 12-15.

Fiihrung

15

„verfestigende" Elemente der Fiihrung sowie auf den kontinuierlichen Wandel, der durch den Begriff der „Verflussigung" angedeutet wird. Zur Strukturierung von Fiihrungsdefinitionen lassen sich in einer Satz-Analyse unterscheiden •

das Subjekt (u.a.): Handelnde ist die Fiihrungskraft, Fiihrung geschieht 'irgendwie', Subjekt ist, wer auch immer beeinflusst, Unsicherheit reduziert, Handlungen anstoBt, Verhalten steuert,...



das Objekt

die Gefiihrten, personale Elemente, individuelle soziale Akteure, andere

Menschen, Einzelpersonen und Gruppen, - keine Definition -... und •

das Pradikat

Was geschieht Einflussnahme, Verhaltensbeeinflussung, Steuerung und Ges-

taltung des Handelns, Fremdbestimmung, Durchsetzung von Herrschaft, Unsicherheitsreduktion, Struktur in Interaktion bringen; Qualitdt dieser Aktivitdt Zielbezogen, interpersonell, motivierend, intendiert, informierend, instruierend, direkt, zukunftsbezogen, auf Leistung und Zufriedenheit gerichtet, ... ; Bedingungem Im Untemehmen, in der Arbeitssituation, bei Organisationsmitgliedern, ..?^ Die Definitionen zeugen so von (teilweise) sehr unterschiedlichen Akzentsetzungen und Abgrenzungen und enthalten zumeist implizit spezifische Perspektiven und Theorien^^ 2002 erweitert Neuberger daher die Analyse der Definitionen zur Dekodierung des jeweiligen Fiihrungsverstandnisses. Die folgenden fiinf Analysestrategien werden verwendet: (1) „Operationalisiere! Handle!": Es wird eine Handlung oder Vorgehensweise beschrieben, die dem Verstandnis folgt: „Schau dir das an, was ich jetzt mache. Genau das verstehe ich unter Fiihrung!" Ublicherweise werden Handlungskataloge definiert - etwa Plane! OrganiI siere! Motiviere! Kontrolliere! - die jedoch haufig unoperationalisiert bleiben. (2) „Differenziere! Hierarchisiere!": Hier wird eine Unterscheidung getroffen, es wird das Gemeinte vom Nicht-Gemeinten abgehoben und die in den Definitionen in Beziehung stehenden Begriffe geordnet. Da hierarchisierte Differenzierungen nicht beim allgemeinsten Begriff beginnen konnen, fangen sie iiblicherweise irgendwo in der Mitte an. Dies deutet darauf hin, dass implizite Fiihrungstheorien als geteiltes Vorwissen vorausgesetzt werden. (3) „Konstelliere! Relationiere": Der Begriff wird dadurch erlautert, dass er mit einer Reihe ahnlicher Begriffe konfrontiert und in Beziehung gebracht wird - es wird nicht abgegrenzt, sondern vernetzt, Als Beispiele fiihrt Neuberger u.a. die Begriffe Macht, Vertrauen, Zwang, Gewalt, Hierarchie, Freiheit, Gleichheit, Einfluss, KontroUe, Organisation, Anarchie, Verwaltung, Uberzeugung, Herrschaft, Interaktion, Kommunikation, Liebe und Management auf36.

34 S. Neuberger 1990, S. 6. 35 Siehe zu "impliziten Fiihrungstheorien", insbesondere gepragt durch das Bild, das sich jemand von den eigenen Eltern macht, Keller 2003. ^^ Vgl. da2u auch Schilling 2001, der in seiner Dissertation analysiert „wovon Fiihrungskrafte sprechen, wenn sie iiber Fiihrung sprechen".

16

Fiihning und Fiihrungssysteme (4) „Typisiere! Erzahle eine Geschichte!": Bei dieser Strategie werden Merkmalskombinationen als Muster, Gestalten oder Typen hervorgehoben, Sie dienen als Archetypen^^, Modelle und Schemata (z.B. Despot, Held, Vater- oder Mutterfiguren, Macher...), die eine schnelle Orientierung ermoglichen und imponieren sollen. In oft dramatischen Erzahlungen und Geschichten werden den Menschen wichtige Erkenntnisse weitergegeben und Kontexte, Ereignisse und Handlungen miteinander in Beziehung gesetzt^^. (5) „Integriere! Theoretisiere!": In Definitionen dieser Kategorie werden Wirkungszusammenhange im Sinne von „Wenn-Dann"-Beziehungen aufgestellt. Haufig bleiben die Wenn-Dann-Beziehungen jedoch der Definition unterstellt und werden nicht expliziert. Diese Strategie setzt nach Neuberger Expertenwissen voraus; man muss die Strukturkerne von Theorien identifizieren konnen. Dazu wird eine acht-stufige Heuristik angegeben, wie Strukturkeme zu identifizieren sind: (1) Identifiziere das Problem, das die Theorie 16sen will! (2) Zeige die Traditionslinie des Ansatzes auf! (3) Identifiziere die Kernbegriffe! (4) Decke das Beziehungsmuster aufl (5) Finde (unausgesprochene) Basisannahmen! (6) Identifiziere die Aussagenebene (z.B. Individuum, Gruppe, Organisation, Gesellschaft...)! (7) Thematisiere die Selektivitat der Perspektiven (welche Perspektiven werden (nicht) thematisiert)! (8) Finde die Beziehungsaussagen (Hypothesen)!^'

Zusammenfassend lasst sich sagen, dass der Begriff „fiihren" wie jeder wichtige Begriff einer lebendigen Sprache einen plastischen Kern hat, der in unterschiedlichen Zusammenhangen Jewells andere Akzentsetzungen erBhrt^ und sich auBerdem kontinuierlich verandert und fortentwickelt. Im Folgenden soil zur Eingrenzung das immer wiederkehrende Thema „Fuhrung und Management" Gegenstand der Betrachtung sein. Es folgen Ausfiihrungen zu Fiihrungsrollen und Autoritat, zu Fiihrungsideologien, iiber eine mogliche Klassifikation von Fiihrungstheorien mit den Schwerpunkten transaktionale, transformationale und charismatische Fiihrung sowie zu Fiih-

^^ Neuberger 2002, S. 106ff. definiert ckei grundsat2liche Archetypen der Fiihrung: Vater, Held und Geist/Begeiste(r)ter. Auf S. 106 fragt er dazu: „Warum und wie schafft es ein Erwachsener, einen anderen einzuschiichtern..., warum zeigen Leute, die im privaten Umfeld selbstbewusst auftreten, im Betrieb Devodieit, Gehorsam, schiichteme Unterwerfungsbereitschaft, gebrochenes Riickgrat? Das alte Wechselspiel von Imponiergehabe und Demutsgebarden ist nicht nur Erbe unserer tierischen Vergangenheit, sondern auch Produkt fruhkindlicher Erfahrungen, die aus einer Zeit stammen, in der sich die Person noch nicht sprachlich, reflektierend, distanzierend mit ihnen auseinandersetzen kann. Sie haben sich eingepragt und wirken unwissentlich und unwillendich fort." Der Fiihrungsbeziehung liegen damit u.a. erlernte Reaktionsschemata zu Grunde, die spontan aktiviert werden. Die in "Urbildern" verdichteten Erwartungen wirken wie symbolische Kiirzel, die abgelagerte Assoziationen erwecken. Der Archetyp des (partriarchalischen) „Vaters" wird beschrieben als streng, fordemd, stabil, sicher, iiberlegen, stark, groBartig, verstandnisvoll, beschiitzend fur die "unreifen" Kinder. Damit beschreibt Neuberger ein Reife-Gefalle und eine emotionale Beziehung zwischen Fiihrungskraft und Gefiihrten, die auch als Erklarungsansatz fiir die Perspektive des „Great Man" herangezogen werden konnte. Der Fiihrer wird als Archetyp des „mythischen Helden" gefeiert, seit es Geschichtenerzahlungen gibt - als Retter aus der Not, groBe Personlichkeit, Krisen- und Kriegsheld; er personalisiert kollektive Wiinsche, Phantasien und wehrt Angste ab; er hat schwierige Aufnahmepriifungen zu bestehen (etwa Herkules) und voUbringt eindrucksvolle Taten („vom Tellerwascher zum Millionar"). Der dritte Archetyp des „Geist/Begeisterte(n)" zeichnet ein umfassenderes Bild. Hier stehen Tatkraft, Lebensenergie, (Kampf-)Moral oder im Sinne des Begriffes „Geist" Teamgeist oder Kampfgeist im Vordergrund. Idealtypen sind der Visionar, der Transformator (der Magier/die Magierin), der Erleuchtete, oder der Asket. 38 Vgl. dazu etwa auch Martin et al. 1983; Kotter / Cohen 2002; Feldman / Skoldberg 2002; Simmons 2004. 39 Vgl. Neuberger 2002, S. 16-30. 40 S. Neuberger 2002, S. 10.

Fiihrung

17

rungssubstituten und zur symbolischen Fiihrung, bevor naher auf Fiihrungssysteme eingegangen wird.

2.1.3 FiJhrung und Management ,M^nagers... get otherpeople to do, but leaders get otherpeople to want to do." (Routes &Posner 1987, S. 27, ^tiertnachNeuherger2002, S. 41) Abraham Zaleznik war 1977 einer der ersten, der in einer Veroffentlichung Leadership und Management in ihren Auspragungen unterschied. In seinem Artikel in der Harvard Business Review stellte Zaleznik die Frage „Managers and Leaders - Are They Different?". Die Weiterentwicklung von Managern beschrankte sich zu dieser Zeit auf den Aufbau von Kompetenzen, von KontroUe und einer ausgewogenen Machtbalance. Zaleznik kritisierte, dass dieses Vorgehen gerade die wichtigen „Leadership"-Elemente der Inspiration, der Vision und der Begeisterung sowie des Enthusiasmus auBer Acht lieB. Seiner Ansicht nach lag der entscheidende Unterschied in mentalen Grundmustern, insbesondere im Umgang mit Stabilitat und Wandel („chaos and order"). Wahrend Manager vor aUem problem- und prozessorientiert denken wiirden und dabei rational nach Stabilitat und Kontrolle suchten, seien „Leaders" eher mit Kiinsdern zu vergleichen. Leader wiirden das Chaos tolerieren, die Einhaltung von Deadlines niedriger priorisieren, sie wiirden der Arbeit jedoch einen Sinn geben, durch Visionen ihre Mitmenschen begeistem und sie damit wertvoll machen'*!. Zaleznik unterstrich in diesem Zusammenhang das „Mysteri6se" und Mystische der Fiihrung als wesentliche und unerklarliche Elemente. Dariiber hinaus fiihrte er aus, dass Fiihrung idealisiert als „Psychodrama" verstanden werden konne, da brillante Einzelganger zunachst sich selbst verstehen lernen und iiber ihre Bediirfnisse und Wiinsche Kontrolle erlangen miissten, bevor sie andere fiihren konnten'^^. ^^^zu Zaleznik (1977): „Every person's development begins with family. Each person experiences the traumas associated with separating from his or her parents, as well as the pain that follows such a wrench. In the same vain, all individuals face the difficulties of achieving self-regulation and self-control."'^^ Zaleznik und andere legen in der Folge eine Zuweisung der Funktionen des Managements und der Fiihrung auf unterschiedUche Personengruppen nahe^^. Andere Autoren sehen zwar einen Unterschied in den Prozessen und Aufgaben, die Management und Leadership definieren, verei-

41 Vgl. Zaleznik 2004. '^2 Vgl. Zaleznik 2004, S. 75. Diese Sichtweise konnte zum Teil durch das Ziircher Model] der Motivation erlautert werden. 43 S. Zaleznik 2004, S. 79. 44 Vgl. etwa Ward 2003, insbes. S. 14f. Ward beschreibt den „Leadership Lifecycle", der sich an dem Organisationszyklus von Kimberly und Miles orientiert. Der Organisationszyklus definiert die fiinf Phasen „creation", „growth", „maturity", „turnaround" und „decline". In gleicher Weise identifiziert Ward fiinf Fiihrungsstile („Creator", „Accelerator", „Sustainer", „Transformer" sowie „Terminator"), die er als sehr unterschiedlich beschreibt und unter Umstanden einen Wechsel der Fiihrungspersonen in jeder Phase propagiert. Siehe auch Moslein 2004, S. 11; Zaleznik 2004, S. 79; Yukl 2002, S. 5; Bennis / Nanus 1985.

18

Fiihrung und Fiihrungssysteme

nen diese Funktionen jedoch in einer Person'*^. John Kotter greift 1990 diese Gedanken auf und unterscheidet Management und Leadership aufgrund der Kernprozesse und Ergebnisse. Management versus Leadership Leadership

Management

• Planning and budgeting. Established detailed steps and • Establishing a direction: Developing a vision of the futimetables for achieving needed results, then allo-

ture - often the distant future - and strategies for

cating the resources necessary to make it happen

producing the changes needed to achieve that vi-

• Organi:^ng and staffing. Establishing some structure

sion

for accomplishing plan requirements, staffing that

• Aligning people. Communicating direction in words

structure with individuals, delegating responsibility

and deeds to all those whose cooperation may be

and authority for carrying out the plan, providing

needed so as to influence the creation of teams and

policies and procedures to help guide people, and

coalitions that understand the vision and strategies

creating methods or systems to monitor implementation

and that accept their validity • Motivating and inspiring. Energizing people to over-

• Controlling andproblem solving. Monitoring results,

come major political, bureaucratic, and resource

identifying deviations from plan, then planning and

barriers to change by satisfying basic, but often vin-

organizing to solve these problems

fiilfilled, human needs

• Produces a degree of predictability and order and has the potential to consistendy produce the short-

• Produces change, often to a dramatic degree, and has the potential to produce extremely useful

term results expected by various stake-holders (e.g.,

change (e.g., new products that customers want,

for customers, always being on time; for stockhold-

new approaches to labour relations that help make

ers, being on budget)

a firm more competitive) Tabelle 3 Management vs. Leadership, nach Kotter 1990 und 1996*^

Im Kern stehen auch bei Kotter (1990 und 1996) Manager fiir Organisation, Kontrolle und Stabilitat, Fiihrer dagegen fiiir Visionen, die Zukunft, fiiir Orientierung und Motivation und fur den Wandel. In der Abgrenzung von Fiihrung wird Management auf das italienische „maneggiare" zuriickgefiiihrt („ein Pferd (in der Manege) fiihren, zurichten; im Franzosischen bedeutet manege dressiert"'*^). Management ist vor diesem Hintergrund mit der Beherrschung, Vermitdung und Anwendung von Techniken und Kniffen assoziiert und hebt in der Diskussion den strukturellen und institutionellen Aspekt hervor (Untemehmensfiihrung). Fiihrung setzt eher im Sinne einer Personal- oder Menschenfiiihrung interaktionak undi personale Akzente^. In der Kegel wird Fiihrung gar im Sinne des „New Leadership Approach"'*' und im Gegensatz zu Management verherrlicht und zusammenfassend wie in Tabelle 4 differenziert. Dies soil jedoch nicht dariiber hinweg tauschen, dass die beiden Begriffe sehr haufig auch synonym verwendet werden.

^^ Vgl. Mintzberg 1973, der Fiihrung als eine der zehn Aufgaben eines Managers definiert. Siehe auch Moslein 2004, S. 12; Yukl 2002, S. 5f; Kotter 1990; Bass 1990, S. 383ff 46 Vgl. Kotter 1990, S. 4f. sowie Kotter 1996, S. 26. Hervorhebungen im Original. '^^ S. Neuberger 2002, S. 48. 48 Vgl. Neuberger 2002, S. 48. 49 Hierzu zahlen nach Neuberger 2002, S. 49 etwa Zaleznik 1977, Bennis 1993, Kotter 1990, in neuerer Zeit konnten hier auch Tichy / Cohen 2002, Fulmar / Goldsmith 2001 oder Charan / Drotter / Noel 2001 genannt werden.

Fiihrung

19

Eine Gegenuberstellung von Managerlnnen und Fiihrerlnnen Managerlnnen

Fuhrerlnnen

• Verwalten

• Innovieren

• Erhalten

• Entwickeln

• Imitieren

• Kreieren

• Sind Kopien

• Sind Otiginale

• Akzeptieren den Status Quo

• Fordern den Status Quo heraus

• Fokussieren sich auf Systeme

• Fokussieren sich auf Menschen

• Verlassen sich auf Kontrolle

• Setzen auf Vertrauen

• Sind auf kurzfristige Erfolge aus

• Denken langfristig

• Fragen nach wie und wann

• Fragen nach was und warum

• Sind rational und kontroUiert

• Sind begeistert und begeisternd

• Haben die Bilanz im Auge

• Haben die Vision im Herzen

• Machen Dinge richtig

• Machen die richtigen Dinge

Tabelle 4 Eine Gegenuberstellung von Managerlnnen und Fuhrerlnnen, nach Neuheiger 2002^'^ Eine weitere Taxonomie findet sich bei Steinle (1995), der „Fuhrung im engeren Sinne^^,, von „Management im weiteren Sinne" unterscheidet und die Differenz im sog. Management-Kubus darstellt. Manaqementkubus

Abbildung 3 DerFiihrungsbegriffim Managementkubus — Fiihrung im weiteren und im engere Sinn/^

50 S. Neuberger 2002, S. 49. 5' In diesem Zusammenhang sei auf Lindert 1993, S. 1, hingewiesen, der sich auf Wunderer (1985) bezieht und konstatiert, dass sich im deutschsprachigen Raum bezogen auf 100.000 Fiihrungkrafte jedoch nur etwa ein Fiihrungsforscher mit dem Problem der Fiihrung im engeren Sinne befasse, die er als „Leadership" bezeichnet. 52 In Anlehnung an Steinle 1995, Sp. 528.

20

Fiihrung und Fiihrungssysteme

Fuhning im engeren Sinne wird in diesem Modell als eine Teilfiinktion der Managementprozesse verstanden, denen Untemehmensfuhrung und insbesondere eine Strategie vorausgestellt sind. Steinle (1995) differenziert davon die einzelnen Funktionsbereiche einer Unternehmung und betrachtet die wechselseitige Wirkung dieser Prozesse und Funktionen auf der Individualebene bis hin zum Zusammenspiel mit der Umwelt einer Organisation. Bei der Beschreibung der Funktionen von Fuhrungssystemen wird im Folgenden noch aufzuzeigen sein, dass eine Definition der Fiihrung im engeren Sinne in diesem Verstandnis - und damit eine deudiche Abgrenzung von Management - fiiir die Arbeit nicht forderlich sind. Um den Sachverhalt bereits an dieser Stelle aufzuzeigen, sei auf Neuberger (2002) verwiesen der den personalen und interpersonalen Aspekten der Fiihrung im engeren Sinne die c^>ersonale Perspektive gegeniiberstellt. Er fiihrt aus, dass gerade groBere Organisationen, in denen Hunderte von Personen und eine Vielzahl von Fiihrungskraften zusammenarbeiten und letztere die erstgenannten fiihren miissen, nicht funktionieren konnen, „wenn das Handeln der Akteure ailein durch unmittelbaren personalen Einfluss gesteuert wiirde (durch Absprache, Befehl, personliche Einsichten usw.)"". Damit muss fiir eine apersonale Koordination gesorgt sein, die geregeites Handeln ermoglicht und zugleich nicht voraussetzt, dass fiir jede Entscheidung die Zustimmung der Beteiligten notwendig ware. Fiihrung wird in dieser Betrachtung bestimmt durch - und bestimmt wiederum(!) - Normen, Regeln, Systeme, Verfahren, Werte, die Organisationskultur, Strukturen, Artefakte, Verhaltensweisen usw^^. „Mit solchen Setzungen wird die unscharfe Grenze zwischen (interaktioneller) Fiihrung und (strukturellem) Management iiberschritten. Fiir einige Autorlnnen sind alle institutionellen, strukturellen, apersonalen, technologischen Festiegungen Management. ... Im vorliegenden Text wird auf eine strenge Unterscheidung verzichtet, weil... einerseits davon ausgegangen wird, dass Fiihrung als der umfassendere Begriff die Nutzung von apersonalen Werkzeugen und Institutionen einschlieBt; andererseits werden durch Management als Bedingungsgestaltung Einschrankungen und Moglichkeiten fiir interaktive Fiihrung als Beziehungsgestaltung geschaffen. In der Steuerung von Mitarbeiterlnnen stellt die einzelne Fiihrungskraft die orientierende und regulierende Wirkung von Vorschriften, Normen, Routinen, Gewohnheiten, Vorgaben, Technologien etc. in Rechnung, nutzt sie, ist selbst durch sie in ihrem Handlungsspielraum kontroUiert (wird substituiert oder marginalisiert) oder kann in den Steuerungsliicken und -widerspriichen, die diese Artefakte mit sich bringen, kreative eigene Initiativen entfalten."55 Wie bereits zuvor angedeutet liegt auch dieser Arbeit daher ein „Fiihrungsbegriff im weiteren Sinne" zugrunde, ein Begriff, der einige der Funktionen des Managements i.e.S. - wie etwa Stabilitat und KontroUe zu ermoglichen, Ordnung zu stiffen, zu planen, zu organisieren oder Ressourcen zu allokieren - mit den Funktionen der Fiihrung - wie etwa Wandel zu provozieren, den Mut zu haben, kreativ innovative Wege zu beschreiten, Verhaltensweisen zu beeinflussen oder durch Visionen Mitarbeiter zu motivieren und zu begeistem - kombiniert. Moslein (2004) veranschaulicht diese Sichtweise in Abbildung 4.

53 S. Neuberger 2002, S. 39. 54 Vgl. Neuberger 2002, S. 39. 55 S. Neuberger 2002, S. 40f. Auf „Fuhrungssubstitute" wird im Folgenden noch eingegangen; siehe auch Neuberger 2002, S. 445ff, Yukl 2002, S. 216ff, Daft 2002, S. 103f. oder Bass 1990, S. 683ff.

21

Fiihrung Der gewahlte Fuhrungsbegriff

Fuhrung i.w.S. (Management i.w.S.)

Fuhrung i.e.S. (^Leadership")

Management i.e.S. („Organisation")

Abbildung 4 Der gewahlte Fuhmngsbeffiff, in Anlehnung an Moslein (2004f^

2.1.4 Fiihrungsrollen und Autoritat Auf das Konzept der Fiihrungsrollen soil eingegangen werden, da sie zum einen Struktur festigen, zum anderen durch das Handeln der Akteure individuell interpretiert und ausgefiillt werden und damit die Moglichkeit des Wandels in sich tragen. Rollenorientierte Beschreibungen der Arbeit von Fiihrungskraften sind zuriickzufiihren auf Henry Mintzberg. Goecke (1995) sieht deren Ursprung gar in der Dissertation von Mintzberg im Jahre 1969". 1973 leitet Mintzberg aus seinen Beobachtungen zehn Rollen ab, die in TabeUe 5 zusammengefasst sind. Die ersten drei Fiihrungstypen sind der Gruppe der „interpersonal" Rollen zuzuordnen. Hier steht die Gestaltung der Beziehung zwischen Fiihrungskraft und Gefiihrten im Mittelpunkt. Die zweite Gruppe nennt Mintzberg „informational". Fiihrungskrafte dieser Kategorie fungieren vor allem als Kommunikatoren. Die letzte Gruppe bezeichnet Mintzberg als „decisional". Die Fiihrungskraft tritt als Entscheider auf, iibernimmt die Aufgaben des (Ver-)Handelns und „In-GangSetzens", ist zustandig fiir das Losen von Problemen sowie fiir die Allokation von Ressourcen. Wiswede (1995) kritisiert, dass die Fiihrerrolle bei Mintzberg lediglich eine der zehn Managerrollen sei. Jedoch ware diese so zeitaufwendig, dass eine Ausdifferenzierung in Sub-RoUen empfehlenswert ware^s. So diskutiert er sechs verschiedene Arten der RoUenbeschreibung, die er die eigenschaftsorientierte, die erwartungsorientierte, die funktionsorientierte, die aktivitatsorientierte, die effizienzorientierte sowie die gruppenorientierte Rollenbeschreibungen nennt^^. Neuberger (2002) dagegen analysiert Fiihrungsrollen zunachst vor dem Hintergrund der beteiligten Personen und deren „Identitat"^o. Seine Beschreibung lasst sich nicht eindeutig einer der sechs Arten zuordnen, wobei sie hauptsachUch Bestandteile der erwartungsorientierten Form aufweist. Die „Rolle"6' des Vorgesetzten62 bedingt so eine Beziehung von zumindest drei Personengruppen: Vorsett^ende^ Vor-gesetf(te und Unter-stellt^^.

56 Vgl. Moslein 2004, S. 12. Siehe auch Kirsch 1976, S. 104. 57 Vgl. Goecke 1995,5.38. 58 Vgl. Wiswede 1995, Sp. 830ff. 59 Vgl. Wiswede 1995, Sp. 827 und 826ff. ^^ Vgl. Neuberger 1995b. 6^ Der Begriff ist bei Neuberger 2002, S. 314, bewuBt der Theaterspare entliehen. "^2 Vgl. zur RoUe des Vorgesetzten auch Holling / Lammers 1995, Sp. 136. nen Verhaltensakzeptanz schaffen • Promotoren aktivieren • lnformationsfunktk>n des AS zur Aussendung von Signalen nutzen

• Barrieren Qberwinden • Promotoren motivieren und bek)hnen

• Wandlungsergebnisse verankem • Wandlungsbereitschaft u. -fdhigkeit sichem

• KQnftige Verbesserungsnr)dglichkeiten verankem • Zielsysteme umstellen • Selektionseffekte nutzen

• Konzeptionelle Fdhigkeiten erhOhen • Planungsmethoden vemiitteln

• BenOtigte Fdhigkeiten vermittein • Durch Kommunikatk>n Barrieren 0berwinden und Promotoren gewinnen • Promotoren infonnatkmell 'empowem'

• Multiplikatoren schulen • Einstellungs- und Verhaltensakzeptanz schaffen • PES zur Kommunikation nutzen

• MUS und Projektmanagementinstrumente im Projektmanagement einsetzen

• Projektmanagementtechniken vermittein • Soziaie Kompetenz fdrdem

• Mit Data-Warehouse, Erf.datenbanken, Groupware Infrastruktur bereitstellen

• Multiplikatorenkonzept fur breite Schulung nutzen

• GewOnschte Verhaltensweisen durch anhaltende Bek>hnung stabilisieren

• MUS, insbes. Friiherkennungssysteme institutionalisieren

• Wandlungsrelevante FShigkeiten und Verhaltensweisen erhaiten

• Ruckfall in alte Gewohnhelten sanktk)nieren

• Optlmalen Informationsstand sicherstellen

• Promotoren in Schlusselpositionen bringen

• Opponenten sanktionieren • VerhaKen steuem

5. Phase: Verstetigung

• MUS. wissensbasierte Systeme zur EntschekJungsunterstOtzung nutzen

Tahelle 12 DerEinsa^ von Fiihmngssystemen im Transformationsprov^ss, nach Becker (2000f^

183 S. Becker 2000, S. 322. 184 In Anlehnung an Becker 2000, S. 323.

Fiihrungssysteme

51

Dieser Auflistung sind u.U. vor allem bei den Personalentwicklungssystemen Instrumente an2ufiigen, die Organisationsmitglieder dabei unterstiitzen Bestehendes in Frage zu stellen oder zusatzlich innovative Ideen zu fordem. Devanna, Fombrun und Tichy nennen 1981 dagegen fiinf wesentliche Funktionen des Human Resource Managements: 1. „Eniployee Selection / Placement" 2. „Rewards (Pay and Benefits)" 3. ,^ppraisal" 4.

„Development"

5. „Career Planning"i85 Diese fiinf Dimensionen analysieren sie unter kurzfristigen oder operationalen Aspekten, auf Ebene des Managements (mittelfristiger Horizont) und unter strategischen oder langfristigen Gesichtspunkten. Fiir jede der Funktionen formulieren sie Handlungsempfehlungen. Am Ende ihrer VeroffentUchung fordern die drei Autoren folgerichtig einen starkeren Bezug zur Strategie des Untemehmens, hier insbesondere in Bezug auf Regeln, Programme und die geeignete Auswahl und den Einsatz der Organisationsmitglieder. Sie fordern einen intensiveren Dialog auf Ebene des Managements, etwa iiber die Frage, wie die Bediirfnisse des organisationsintemen Marktes fiir Personaldienstieistungen behandelt werden sowie den Fokus auf die operationale, tagliche (jjday-to-day**) Ausfiihrung der Prozesse^^^. Ein sehr verbreitetes Modell, das HR und Strategie zusammenbrachte, entwickelten Lepak und Snell (1996 und 1999). Die Autoren beziehen sich zur Entwicklung ihrer Human Resource Architektur auf die Theorien der Resource-based view, des Human Capital und der Transaktionskosten. Grundlegende Ausgangsthese ist zunachst, dass Mitarbeiter eines Untemehmens verschieden sind, dass sie unterschiedliches Wissen und Fahigkeiten besitzen, die fiir die Organisation unterschiedliche strategische Bedeutung haben. Daraus leiten sie vier Strategien und situative „Mitarbeitermodi" ab, die in der Vier-Felder-Matrix der Abbildung 9 abgebildet sind, wodurch sie Antworten auf die „Make-or-Buy"-Frage im HR-Bereich andeuten^^^.

185 Vgl. Devanna / Fombrun / Tichy 1981, S. 55. 186 Vgl. Devanna / Fombrun / Tichy 1981, S. 66. '87 Vgl. Lepak / Snell 1999, S. 31.

52

Fiihrung und Fiihrungssysteme

HR A r c h i t e k t u r High

fa

IS

o c

Idisosyncratic HR activities

Core HR activities

Employment mode: alliance

Employment mode: internal development

Employment relationship: partnership

Employment relationship: organization

HR configuration: collaboraUon

HR configuration: commitment

i

•8 X

i 1

c 3

Peripheral HRactivtties

Traditional HR acthfities

Employment nrK)de: contracting

Employment mode: acquisition

Employment relationship: transactional

Employment relationship: symbolic

HR configuration: compliance

HR configuration: market based

Low Low

Value (of Human Capital)

High

AbbUdMttg PDieHR Arthitektur nach Ijepak / SmU (1996 und 1999)""

Eine weitere Variante mit einer sehr fokussierten Struktur bietet das sog. „Michigan-Kon2ept" (ebenfalls von Tichy / Fombrun / Devanna 1982)'89. £)as Human Resource Management umfasst hier die Funktionen ^^selectiort'' (alle Aufgaben der Personalauswahl), ^^appraisaf'' (Leistungsbeurteilimg), ^,reward/*^ (Anrei2- und Belohnungssysteme) sowie ^^development (PersonalentwicklungJ^^o, Meyer (1998) setzt strukturale Fiihrung wiederum in einen anderen Kontext. Er beschreibt das (Mitarbeiter-)Fuhrungssystem als eines der Subsysteme des Systems „Lernendes Untemehmen". Dazu unterscheidet er nach Katz und Kahn (1966) das Management-System (Fiihrungs-, Planungsund Kontrollsysteme als Koordinations- und Steuerungsinstrumente), das Produktive System (Systeme zur Leistungserstellung), die Versorgungssysteme (alle der Leistungserstellung vor- oder nachgelagerten Prozesse, die die Lebensfahigkeit des Produktiven Systems ermoglichen), die 'Erhaltungssysteme (adaquate Versorgung mit Human-Ressourcen und Kapital), die Innovationssysteme (F&E, Marktforschung) sowie die organisatorische Wissenshasts als zentrale Subsysteme im lemenden Untemehmeni^i. In einer quantitativen Studie mit 73 Teilnehmem fragt Meyer (1998) in seiner Arbeit auch nach Merkmalen der eingesetzten Mitarbeiterfiiihrungssysteme bei lemenden Unternehmen. Dabei nimmt er eine Differenzierung in ,^nteraktionelle", „strukturelle" und „kulturelle" Fiihrungsprozesse vor. Zusammengefasst lasst sich sagen, dass ein kooperativer Fiihrungsstil und traditionelle Formen der Aufbauorganisation vorherrschen, dass drei oder vier Hierarchieebenen bevorzugt werden, dass Fuhrungsgrundsatze haufig niedergeschrieben und die Prinzipien MbE sowie MbO weit verbreitet sind'^^.

188 In Anlehnung an Lepak / SneU 1999, S. 37 und Lepak / SneU 1996, S. 224. '89 Vgl. Moslein 2004, S. 172. 190 Vgl.Schol2 2000,8.49. 191 Vgl. Meyer 1998, S.98f. '92 Vgl. Meyer 1998, S.165ff.

53

Fiihrungssysteme

Im Rahmen eines Kapitels zur „Evolution des Management" und hier insbesondere zur „Human-Relations-Bewegung" positioniert Probst (1993) Managementinstrumente und Rahmenbedingungen (zu denen er das „Fuhmngssystem" zahlt) endang der Bediirfnispyramide nach Maslow. Managementinstrumente und die Maslowsche Bediirfnishierarchie Entsprechende Managementinstrumente • Fortbildung • Partizipation • Karriereplan • Organ lsatlonsentwicl Vgl. Becker 1995, Spake 35. 7 S. Ulrich 1997,5.303. 8 Vgl. Pierce / Newstrom 2000, S. 336. Siehe auch Waldman / Ramirez / House / Puranam 2001. 9 S. Ulrich 1997, S.303f.

55

Fiihrungssysteme HR practices und Unternehmenserfolg: Empirische Studien

Initial Studies on HRBusiness results (1980er Jahre)

Extended Assessment of HR Practices and Financial Performance (1990er Jahre)

Autor

Thema der Studie und Ergebnis

Nkomo 1987/1986

Korrelation zwischen dem Investitionsvolumen in den HR Planungsprozess und dem Unternehmensergebnis: Keine Korrelation

Delaney / Lewin / Ichniowski 1989 & Lewin / Ichniowski 1988

Studie zu den Korrelationen zwischen HR practices und Finanzergebnissen (gefordert vom Handelsministerium): Keine Korrelation

Ulrich / Geller / DeSou2a 1984 & Cowherd / Kaminski 1986

Projekt OASIS (Organization and Strategic Information Service): Grundlage PIMS Datenbank: Korrelation zwischen HR practices und Unternehmensergebnis: Z.T. Korrelationen bei spezifischen Personalfuhrungsinstrumenten (HR practices), z.B. dem Anreizsystem

Jackson / Schuler / Riverol989&Schuler/ Jackson 1987 & Schuler 1987

GroBangelegte Studie zur Korrelation zwischen der Strategic und HR; es konnte jedoch kein Bezug zum Unternehmensergebnis hergestellt werden

Ulrich / Yeung / Brockbank / Lake 1993 & Yeung/Ulrich 1990

GroBangelegte Studie zur Korrelation zwischen HR und dem Finanzergebnis: Abgleich der Personalfiihrungsinstrumente mit der Strategic hat Einfluss auf das Unternehmensergebnis / die Aufmerksamkeit auf die Personalinstrumente zu lenken hat v.a. in einem sich schnell wandelnden Unternehmensumfeld einen groBen Einfluss auf das Unternehmensergebnis

Arnold / Felman 1982 & Baysinger / Mobley 1983

Finanzielle Faktoren und einzelne Personalfuhrungsinstrumenten (Jobsicherheit, Anwesenheit einer Gewerkschaft, Hohe der Vergiitung, Kultur, Demographic)

Cutcher-Gershenfeld 1991 &Katz/Kochan /Keefel987&Weit2man / Kruse 1990

Produktivitat und Programme zur QuaMtat der Arbeit, zu Trainings, Recruiting und Vergiitungssystemen

Russell / Terborg / Powers 1985

Finanzergebnisse und Investments in verschiedene Personalfiihrungsinstrumente, z.B. Training

Terpstra/Rosselll993

Finanzergebnisse und Fuhrungskrafteauswahl sowie Stellenbesctzung

Borman 1991

Finanzergebnisse und Beurteilungsverfahren

Gerhart / Milkovich 1992

Finanzergebnisse und Vergiitung

Delaney 1996

Unternehmensergebnis in der produzierenden Industrie und „progressive" Fiihrungsinstrumente

Ichniowski / Shaw / Prennushi 1993

„Kooperative" und innovative Fiihrungsinstrumente und Produktivitat in Stahlfabriken

MacDuffie 1995

Produktivitat und Qualitat und Integrierte Fiihrungsinstrumente in Automobilwerken

CCH Inc. 1995 / Ulrich 1997

Finanzergebnisse und Personalfiihrungsinstrumente: Generelle und spezifische Ergebnisse mit deutlich positiven Korrelationen^oo

200 Die folgenden Ergebnisse werden von Ulrich aufgefiihrt: Generell: • Personaldirektoren sehen Belange des HR als wichtig an fiir das Unternehmensergebnis • Line Manager sollten verantwortiich sein fiir Fiihrungsinstrumente und starker eingebunden werden • Die Verwendung von Fiihrungsinstrumenten variiert extrem Fiir die Unternehmen wurde ein HR Index entwickelt und eine starke Korrelation ermittelt zwischen der Qualitat der Fiihrungsinstrumente und vier Finanzkennzahlen (Marktwert der Unternehmen / Umsatz / Marktwert dividiert dutch Buchwert / Umsatz pro Mitarbeiter)

Fiihrung und Fiihrungssysteme

56

Moderne Studien

Huselid 1995

Finanzkennzahlen (Umsatz / Produktivitat / Finan2ergebnis) von 968 GroBkonzemen und Fiihrungsinstrumente (high-performance work practices): Deudiche Korreladonen

Huselid / Jackson / Schuler 1997

Einfluss der Befahigungen von Human Resource Managers auf die Effektivitat des HR Management und dessen Einfluss auf den finanziellen Untemehmenserfolg bei 293 US Firmen: Zusammenhange zwischen der Effektivitat und den Fahigkeiten des HR Managements konnten ebenso abgeleitet werden, wie Beziehungen zwischen der HR Management Effektivitat imd der Produktivitat, dem Cash Flow und dem Marktwert.

HuseUd/Becker 1997

Einfluss eines „Hi^ Performance Work System" („...High Performance Work System (HPWS) can be viewed as a key strategic lever, both as means to develop and sustain core competencies and as a necessary condition for strategy implementation.20i") und dessen Effektivitat und Ausrichtung an der Wettbewerbsstrategie des Untemehmens auf den Unternehmenserfolg („Shareholder Wealth**) bei 702 Firmen: Eine Erhohung der genannten Faktoren um eine einfache Standardabweichung ergab eine Erhohung des Marktwerts des Untemehmens um 42.000$ pro Mitarbeiter.

Shaw / Gupta / Delery 2002

Zwei Studien zurfreiwilligenFluktuationsrate und dem Untemehmenserfolg bei 141 (Studie 1) und 379 (Studie 2) Untemehmen. (Shaw, Gupta und Delery erwahnen in ihrem Artikel Arbeiten von Abelson / Baysinger (1984) und Baysinger / Mobley (1983), die einen konzeptionellen Bezug zwischen der freiwilligen Fluktuationsrate und der Profitabilitat herstel-

len)

1

Tabelle 13 Empirische Studien ^(u HK practices und dem Untemehmenserfolg^ Die hier aufgefiiihrte Studie Huselid's und Becker's (1997) zeigt besonders deutlich und explizit einen Zusammenhang zwischen Untemehmenserfolg und der Effektivitat eines sog. „High Performance Work Systems (HPWS)" sowie dessen Ausrichtung nach der Strategie^o^. Der Begriff des HPWS wird jedoch sehr unterschiedlich definiert, Als Bestandteile von HPWSs stellten Becker und Gerhart (1996)2o* die in Tabelle 14 abgebildeten High Performance Work Practices zusammen, die von diversen Autoren auf verschiedene Weisen verwendet werden.

Spezifisch: 5 Typen von Anwendem von Fiihrungsinstrumenten, die von der Strategie des Untemehmens abhangen: • Comprehensive HR: Untemehmen, die das voile Spektrum an Fuhrungsinstrumenten verwenden • Tradidional HR: Verwendung zur Kontrolle der Mitarbeiter und fiir ein hierarchisches Monitoring • Involvement HR: Ziel ist die Steigerung individueller Fahigkeiten, die starkere Einbeziehung der Mitarbeiter zur Erhohung des individuellen Beitrags • Identification HR: Erhohung der Identifikation der Mitarbeiter mit dem Untemehmen • Litde HR use: Geringfugiger Einsatz von Fuhrungsinstrumenten Untemehmen mit einem „Comprehensive HR System" weisen durchschnittlich bessere Unternehmenskennzahlen auf, unabhangig von der Strategie. Das gleiche System scheint vorteilhaft zu sein fiir Firmen, die auf eine Kostenstrategie setzen, Eine Innovationsstrategie wird am besten unterstiitzt durch ein „Involvement HR System". 201 S. HuseUd / Becker 1997, S. 144. 202 Tabelle in Erweitemng auf Studien, die bei Ulrich 1997 (S. 304ff) vorgestellt sind. 203 Vgl. HuseUd / Becker 1997. 204 Vgl. Becker / Gerhart 1996.

57

Fiihrungs systeme

High Performance Work Practices, by Authors Practice

Kochan & Osterman

MacDuffie

Self-directed work teams

Yes

Yes

Job rotation

Yes

Yes

Yes

Yes

Yes

Yes

1 Problem solving groups / quality circles TQM Suggestions received or implemented

Yes

Hiring criteria, current job vs. learning

Yes

Contingent pay

Yes

Status barriers

Yes

Initial weeks training for production, supervisory, & engineering employees

Yes

Hours per year after initial training

Yes

Huselid

CutcherGershenfeld

Arthur

Yes

Yes

Yes

Yes

Yes

Yes

Yes

Yes

Information sharing (e.g. newsletter)

Yes

Job analysis

Yes

Hiring (nonentry) from within vs. outside

Yes

Attitude surveys

Yes

Grievance procedure

Yes

Employment tests

Yes

Formal performance appraisal

Yes

Promotion mles (merit, seniority, combination)

Yes

Selection ratio

Yes

Feedback on production goals

Yes

Conflict resolution (speed, steps, how formal)

Yes

Yes

1

Job design (narrow or broad)

Yes

1 1

Percentage of skilled workers in facility

Yes

Supervisor span of control

Yes

1

Social events

Yes

1

Average total labor costs

Yes

1

Benefits / total labor costs

Yes

1

Tabe/k 14 High Performance Work Practices, by Author, nach Becker/ Gerhart (1996f^ Es bleibt festzuhalten, dass auch sog. „weiche Faktoren" den Unternehmenserfolg sehr nachhaltig zu beeinflussen scheinen. Auch wenn sich die Messung dieser Faktoren und insbesondere von Fiihrungsleistung als komplex darstellt, geben die Studien dazu Anlass, eine Korrelation fiir wahrscheinlich zu halten.

205 Vgl. Becker / Gerhart 1996, S. 785.

58

Fiihrung und Fiihrungssysteme

2.2.2 Fiihrungssysteme in der strategischen Untemehmensfuhrung und im Controlling Bereits 1976 beschaftigte sich Werner Kirsch mit organisationalen Fiihrungssystemen. In seinem Buch entwickelt er einen theoretischen Bezugsrahmen zur Analyse organisatorischer Fiihrungssysteme, der kybemetisch-systemtheoretische, organisationstheoretische, politikwissenschafdiche und makrosoziologische Konzeptionen einbezieht^ofi. Deuringer (2000) bezieht sich ebenso auf Kirsch und auf MaaBen (1990), wenn er Management- oder Fiihrungssysteme definiert als „...bewusst institutionalisierte Systeme, die in formalisierter Weise der Unterstiitzung der Fiihrung auf verschiedenen Ebenen und in verschiedenen Fiihrungsbereichen des Untemehmens dienen." 207 Die Gesamtheit an Systemen umfasst nach Deuringer (2000) Anreiz-, Planungs-, Steuerungs-, Kontroll-, Informations- und Rechnungssysteme und er betont, dass diesen Systemen inharent die Gefahr innewohnt, dass sie notwendigen Wandel behindem^os. Dabei spricht er den Fiihrungssystemen unmittelhan vmd mittelbare Aufgaben zu. Die unmittelbaren Aufgaben sind •

„Erfullung 'kognitiver Funktionen' (Wahmehmung, Erkenntnisgewinn, „Voraussicht", Orientierung),



Erhohung der Flexibilitat (Fahigkeit zur Anpassung an unvorhergesehene Veranderungen, Reaktionsfahigkeit),



Beitrag zur Motivation,



Forderung organisatorischen Lemens,



Forderung des individueilen Lemens,



Unterstiitzung der Innovation,



Verbesserung der Lenkbarkeit (Komplexitatsbewaitigung),



Erleichterung der Zusammenarbeit."209

Zu den mittelbaren Auswirkungen zahlen: •

Effizienzsteigerung fiiihrt zu Liquiditat und Erfolg



Verbesserung der Leistungsfahigkeit / Wettbewerbsfahigkeit resultiert in einer Erhohung der Erfolgs- bzw. Nutzenpotentiaie



Steigerung der Fahigkeit, Bediirfnisse multipler Anspruchsgruppen zu befriedigen, fiihrt zu einer hoheren Lebens- und Entwicklungsfahigkeit^^o

Bei Kiipper (1995) steht im Mittelpunkt der Betrachtung die Darstellung des Controllings als Koordinationsfunktion im Fiihrungssystem der Untemehmung. Zunachst arbeitet er aus verschiedenen Ansatzen wichtige Gemeinsamkeiten heraus, die in Tabelle 15 abgebildet sind. 206 Vgl. Kirsch 1976. 207 S. Deuringer 2000, S. 96. 208 Vgl. Deuringer 2000, S. 97f. 209 S. Deuringer 2000, S. 97. 210 Vgl. Deuringer 2000, S. 97.

Fiihrungssysteme

59

Komponenten verschiedener Fuhrungssysteme Bleicher / Meyer

Wunderer / Grunwald

Politiksystem

Strukturelle Fuhrung

• Z elsetzungssystem

z.B. • Untemehmenspolitik

Managementsystem

• Unternehmensziele

• Strukturkomponente • Fiihrungsrichtlinien

Wild

• Zielsystem bzw.

Wichtige gemeinsame Komponenten

• Zielsystem

Zielbildungssystem • Allgemeine Fuhrungsprinzipien

• UntemehmensgrundsStze

• Allgemeine Fuhrungsprinzipien

• Fuhrungsgrundsatze

• Fiihrung/Kooperations-grundsatze • Richtlinien • Organisationssystem • Ziel-und Feldkomponente

• Organisationsnorm/formen

• Organisationssystem

• Personalmanagement (z.B. Lohn- und Gehalts• Motivationskonzept festsetzung; und Anreizsystem

• Anreizsystem

• Organisation

Versetzung; Beforde• Personalbeurteilungsrung) und entscheidungssystem

• Personalfijhrungssystem

• Personalentwicklungssystem

Menschenfiihrung • Motivieren • Delegieren • Planungssystem

• Planen

• Planungssystem

• Planungssystem

• Kontrollsystem

• Kontrollsystem

• Entwickein • Kcx)rdinieren • Bewerten • Entscheiden

• Willenssicherungssystem

• Informieren

• Informationssystem

• Informationssystem

• Informationssystem

Tabelk 15 Komponenten verschiedenerFiihmngssysteme, nach Kiipper (1995f^^

Kiipper (1995) bezeichnet es als maBgebliches Unterscheidungskriterium zwischen Fiihrungsund Leistungssystem, dass die Prozesse im Leistungssystem „unmittelbar auf die Erzeugung bzw. Verwertung von Giitem und nicht auf die soziale EinfluBnahme gerichtet sind ... Den institutionalisierten Tragern von Fiihrungsaufgaben stehen ... verschiedenartige Fiihrungsinstrumente zur Verfiigung. Diese bilden zusammen mit alien Handlungen der sozialen EinfluBnahme und alien

211 In Anlehnung an Kiipper 1995, S. 14.

60

Fiihrung und Fiihrungssysteme

Personen, welche diese ausfuhren, ein Fiihrungs- oder Managementsystem.212" An anderer Stelle erganzen Kiipper und Weber (1997), dass in arbeitsteiligen Organisationen Entscheidungen und Handlungen zum Vollzug der Prozesse auf mehrere Personen verteilt sind; die Handlungen miissen auf ein gemeinsames Ziel ausgerichtet werden: „Dies soil durch ein Fiihrungssystem erreicht werden, das sich nach den einzelnen Fiihrungsaufgaben und -instrumenten in Teilsysteme gliedem laBt.2'3" Auch Weber (1995) nahert sich dem Thema der Fiihrungssysteme aus Richtung des Controllings. Fiir Weber ist das Fiihrungssystem vom Ausfiihrungssystemzu trennen. Es besteht aus Wertesystem (das Einfluss auf alle anderen Teilsysteme ausiibt), Planimgssystem, Kontrollsystem, Organisationssystem, Personalfiihrungssystem und Informationssystem und wirkt direkt auf das Ausfiihrungssystem^'*. In seinem Beitrag iiber „Controlling und Fiihrung" verwendet Peter Horvath den Begriff Fiihrungssystem im Sinne von „Controllership". Er bettet es in „untemehmungsinteme und -exteme Faktoren", eine Ebene darunter in die „Untemehmung" mit ihren „Untemehmungszielen" (die die Koordinations-, Reaktions- und Adaptionsfahigkeit der Fiihrung speisen und in Controllingziele iiberfiihrt werden) und in das „Ausfiihrungssystem" (Giiter und Geld) ein, die mit dem Fiihrungssystem interagieren und Informationen austauschen. Das Fiihrungssystem konstituiert sich aus Planungs- und Kontrollsystem, Informationsversotgungssystem sowie dem Controllingsystem zur (systembildenden imd systemkoppelnden) Koordination und KoordinationskontroUe zwischen den beiden zuvor genannten Teilsystemen^is. Aus einem ganz anderen Blickwinkel betrachten Reichwald, Huff, Moslein und Siebert (2004) die Thematik der Fiihrungssysteme. Die Autoren lassen sich von der Diskussion iiber die Corporate Govemance2i6 und insbesondere von einem Zitat eines Artikels der Financial Times zum Thema „Has the pendulum swung too far?" leiten: „Two years of regulatory inquiries and stringent legislation have transformed boardroom practices around the world. But as executives get used to a new era of compliance, is there a danger that the reforms will stifle innovation and leave companies with too little room for manoeuvre?"2i7 Die Autoren schlieBen, dass weniger eine kontrollierende „Govemance" erforderlich sei, die Menschen davon abhalt das Falsche zu tun und Profitabilitat lediglich einigen wenigen garantiert, als vielmehr ein „Govemment". Government soil in einem ausgewogenen Verhaltnis einerseits Unterschiede balancieren sowie die Lebensqualitat vieler Menschen verbessem, andererseits soil es zugleich die zuvor genannten Aufgaben in leicht geringerem Umfang erfiiUen, um schlieBlich

212 S.Kupper 1995, S.13f. 213 S. Kiipper / Weber 1997, S. 126f. 214 Vgl. Weber 1995, S. 61 ff. Siehe auch Weiss 2002, S. 9ff.

215 Vgl. Horvath 1995, Sp. 213f. Siehe auch Horvath 1994, S. 108f. und S. 143ff. 216 Vgl. etwa German Corporate Governance Code 2003; Bernhardt / v. Werder 2000; Lehner 2003. 217 S. Financial Times vom 20.04.2004.

Fiihrungssysteme

61

die notwendige Balance zwischen StabiUtat und Flexibilitat zu erhalten^^s. Auch Hutzschenreuter (1998) diskutiert Fiihrungssysteme unter diesem Gesichtspunkt, genauer im Zusammenhang mit der Fiihrung deutscher Aktiengesellschaften. Im Mittelpunkt seiner Uberlegungen stehen unternehmensinteme Institutionen wie die „Unternehmensverfassung", das Fiihrungssystem sowie eine wertorientierte Untemehmensfiihrung im Sinne des Shareholder Value^^^. Die Untemehmensverfassung definiert er als Gesamtheit grundsatzlicher Regelungen, die das Unternehmen nach auBen und innen konstituieren22o, also als eine Kombination von Gesetzesvorgaben und unternehmensindividueller Vertragsgestaltung22i. Das Fiihrungssystem unterteilt er in das Fiihrungsanreiz- und das Fiihrungsinformationssystem, die Anreize fiir die Top-Manager, die Geschaftsbereichsmanager und die Funktionsmanager setzen und diese kontrollieren sollen222; die Unternehmensverfassung wiirde dagegen eher auf die Eigentiimer einwirken223. Weiss (2002) entwickelt aus diesen Ansatzen spater ein integratives Fiihrungssystem, das vor allem auf dem in der Studie „Leadership Excellence" verwendeten Modell aufbaut224.

2.2.3 ^Management der Fuhrung" SchlieJBlich sei der Ansatz von Moslein (2004) vorgestellt, die verschiedene Modelle des sog. „New Leadership Approach" mit Fiihrungssystemen unter dem Oberbegriff „Management der Fiihrung" vereint. Im Kern handelt dieser Teil ihrer Habilschrift davon, wie der sog. „FiihrungsStarke" von Unternehmen auf die Spur zu kommen sei, auch unabhangig von individuellen Fiihrungskraften. Dies sei die groBe Aufgabe aktueUer Forschung zur „Untemehmens-Fiihrung" oder zu „Corporate Leadership", welches individuelle Fiihrung einschlieBt, ermoglicht und es geradezu systemisch fordert. Moslein (2004) bezieht sich dabei auf aktuelle Ansatze wie „The Leadership Capital225" „The Leadership Investment226", „The Leadership Pipeline227"^ „The Leadership Engine228" oder „The Cycle of Leadership229" und den Ansatz des „Result-based leadership23o"23i Der letztgenannte Ansatz des „Result-based leadership" kritisiert den Fokus auf Fiihrungseigenschaften und nimmt eine ergebnisorientierte Betrachtung von Fiihrung vor, die in der Formel „effective leadership = attributes x results"232 resultiert. Die Autoren identifizieren 16 organisati-

218 Vgl. Reichwald / Huff / Moslein / Siebert 2004. Siehe auch Feldman / Khademian 2002, Adler 2003 oder Adler / Goldoftas / Levine 1999. 219 Vgl. Hutzschenreuter 1998, S. VII und S. 1. 220 Vgl. Hutzschenreuter 1998, S. 57. 221 Vgl. Weiss 2002, S. 13. 222 Vgl. Hutzschenreuter 1998, S. 78. 223 Vgl. Hutzschenreuter 1998, S. 57. 224 Vgl. Weiss 2002.

225 Gupta 2000. 226 Fulmer / Goldsmith 2001. 227 Charan / Drotter / Noel 2001. 228 Tichy / Cohen 2002. 229 Tichy / CardweU 2002.

230 Ulrich / Zenger / Smallwood 1999. 231 Vgl. Moslein 2004, S. 92-115, hier insbes. S. 95. 232 Vgl. Ulrich / Zenger / Smallwood 1999, etwa S. 3.

62

Fiihrung und Fiihrungssysteme

onale Fahigkeiten233j die Einfluss auf die organisationale Performanz haben und von denen vier fiiir „result-based" Fiihrungskrafte von besonderer Bedeutung sind: • •

„Lear»wg means the ability to innovate, generate new ideas, and leverage knowledge. Speeti means the ability to act with agility and to have the capacity for change^^* - moving quickly, reducing cycle time, being responsive, and acting flexibly.



Boundarykssness means the ability to collaborate in teams and across organizational units and to act as a virtual organization.



Accountability means the ability to have discipline, to reengineer work processes, and to create employee ownership - all for results."235

Ulrich, Zenger und Smallwood (1999) ordnen diese vier Fahigkeiten den „primaren" Fiihrungsfiinktionen ,^managing systems and change, generating ideas, maintaining stabilit/'^ wie folgt zu: Common Critical Capabilities i

Change

1 Learning |

1

ideas

jSpeadl

- i

1

1 Accountability |

1 Boundarylessness |

(

Systems

Stability

|

Abbildung 11 Zmrdnungder„CriticalCapabilities"v^pnmdnn¥uhrungsfunktionen,

nach Ulrich / Zenger / Smallwood (1999f^^

Die „Leadership Pipeline" von Charan, Drotter und Noel (2001) verfolgt das Ziel, eine „Leadership-Powered-Company" aufzubauen. Dazu identifizieren die Autoren sechs Passagen^^^^ die eine Fiihrungskraft im Laufe ihrer Karriere in Untemehmen vom „Self-Management" bis zum „Enterprise Manager" durchlauft und die jeweils sehr unterschiedliche und spezifische Anforderungen an sie stellen. Daraus leiten sie ein systemorientiertes^^* und im Folgenden ein auf Indivi-

233 Ulrich, Zenger u n d Smallwood 1999 sprechen v o n "capabilities". Spater schliisseln Ulrich / Smallwood 2004, S. 120, diesen Begriff auf u n d unterscheiden in einer Vier-Felder-Matrix technische oder funktionale Fahigkeiten v o n sozialen Fahigkeiten sowie individuelle v o n organisarionalen Fahigkeiten. Uberdies differenzieren sie zwischen "ability", " c o m p e t e n c e " und "capability". 234 Vgl. auch K a p . 3.3.2.2. 235 S. Ulrich / Zenger / SmaUwood 1999, S. 89f. 236 S. Ulrich / Zenger / Smallwood 1999, S. 90. 237 An dieser Stelle sei Bennis 2004 erwahnt, der in Anlehnung an Shakespeare iiber die "Seven Ages of the Leader" spricht. 238 Vgl. Charan / Drotter / Noel 2001, S. 15-130.

Fiihrungssysteme

63

duen bezogenes Verstandnis iiber Fiihrung in Unternehmen ab, das etwa die Bedeutung klarer RoUenverteilung, Analysemoglichkeiten zur Identifikation von Starken und Schwachen und konkrete Handlungsanweisungen im Umgang mit Mitarbeitern und zum Coaching beinhaltet^^^, Moslein (2004) beschreibt in Anlehnung an Charan, Drotter und Noel (2001) drei Hauptelemente „fur das Gelingen bzw. Misslingen dieser Generierung von Fiihrungsstarke, die insbesondere in GroBunternehmen als notwendige Voraussetzungen bezeichnet werden konnen: • •

Die Existenz eines Fiihrungsrahmens (A framework for leadership"), die Existenz einer gemeinsamen Sprache der Fiihrungsentwicklung ('Language for discussing problems') sowie



die Existenz von Standards der Leistungsbewertung ('Standards for judging performance')."24o

Der Ansatz der „Leadership Engine" und des „Cycle of Leadership" von Tichy stellt Charakteristika eines wissensgenerierenden „Virtuous Teaching Cycle" den Merkmalen eines wissenszerstorenden „Vicious Non-Teaching Cycle" gegeniiber, die in folgender Tabelle zusammengefasst sind: virtuous Teaching Cycle

Vicious Non-Teaching Cycle



Leadership at all levels



Leadership top down



Teach and interact



Command and control



Open communication



Defensive communication



Teamwork



Passive-aggressive behavior



Grows self-confidence



Reduces self-confidence



TPOVs at all levels



Rigid top down TPOV



Collective knowledge at all levels



All intelligence assumed to be at the top



Everyone's brain counts



Brains of masses checked at the door when work starts



Organizational knowledge grows





Positive emotional energy grows



Organizational knowledge is depleted Emotional energy sucked out of the organization



Boundaryless



Boundary-full and turf oriented



Mutual respect



Fear of boss



Diversity valued



Homogeneity of thought

Tabelle 16 „Virtuous Teaching Cycles" versus „Vicious Non-Teaching Cycles", nach Moslein (2004f'^^

239 Vgl. Charan / Drotter / Noel 2001, S.131-243. 2'^o S. Moslein 2004, S. 102, in Anlehnung an Charan / Drotter / Noel 2001, S. 193ff 241 S. Moslein 2004, S. 104, in Anlehnung an Tichy / CardweU 2002, S. 57.

64

Fiihrung und Fiihrungssysteme

Bei der Realisation eines „Teachable Point of View" (TPOY)^^ bildet nach Tichy das HR-System den Rahmen fiir eine strategieorientierte Fiihrungskrafteentmcklung. Moslein (2004) unterstreicht, dass bei Tichy fiir den strategischen Aufbau nachhaltiger Fiihrungsstarke eine systematische Verzahnung von MaBnahmen der Personalentmcklung mit 2entralen, ergebnisorientierten Fragen der Entmcklung von Fiihrungskrafien durch Fiihrungskrafie notwendig sei. Zur Stxukturierung der FiihrungskrdfieentwickJung entwickelte Tichy bereits 1984 ein anreiz- und leistungsorientiertes (performance) Modell, das die Grundlage fiir Prozesse der Fiihrungsevaluierung -anreizgestaltung

(rewards),

-entwicklung

(development),

-selektion

(appraisal),

(selection)

und

-positionierung (placement) (vgl. die folgende Abbildung)2'»3 darstellt. Das Modell der Fuhrungskrafteentwicklung nach Steward /

d 1

Rewctius>

'Ulrich 1984

^ ^

T 1 1

Selection / Placement

M

Perfonnance

1 Development / 1 Career F'lanning

- ^

1

Appraisal

^ ^

Abbildung 12 Das Modell der Fuhrungskrafteentwicklung nach Steward / Tichy / Ulrich (1984), inAnlehnung

an Moslein

(2004^"

Auch die Studie „Leadership Investment" von Fulmer und Goldsmith (2001) fiihrt eine vergleichende Analyse, Beschreibung und Diskussion ausgewahlter Fiihrungskrdfteentmcklungssysteme durch. Im Mittelpunkt steht die „Strategic Challenge" - die Frage der strategischen Ausrichtung und Einbindung der Fuhrungskrafteentwicklung im Untemehmen. Nach Moslein (2004) lautet die zentrale Botschaft^-^s: „To make leadership development strategic, best-practice firms have instituted development programs that: •

Build awareness of external challenges, emerging strategies, organizational needs, and what leading firms do to meet these needs



Employ anticipatory learning tools to recognize potential external events, envision their fiiture, and focus on actions their organization can take to create its own future

242 Vgl. Tichy / Cohen 2002, S. 51 ff. 243 Vgl. Moslein 2004, S. 105. 244 S. Moslein 2004, S. 105. 245 Vgl. Moslein 2004, S. 109f.

Fiihrungssysteme



Tie leadership development programs to solving important, challenging business issues



Align leadership development with performance assessment, feedback, coaching, and succession planning



Assess impact of the leadership development process on individual behavioral changes and organizational success."^^^

65

Die Aussagen zu Fiihrungssystemen lassen sich wie folgt zusammenfassen: Zunachst ist festzustellen, dass diverse Studien darauf hindeuten, dass ein Zusammenhang zwischen der Gestaltung von Personalfiihrungsinstrumenten und dem Unternehmenserfolg besteht. Die Notwendigkeit, sich mit Fiihrungssystemen naher zu beschaftigen, wird zudem von einer Reihe aktueller Studien und wissenschaftlicher Veroffentlichungen unterstrichen^^?. Fiihrungssysteme werden hier als Instrumente angesehen, die Fiihrungskrafte bei der Fiihrung von Mitarbeitern unterstiitzen sollen und auBerdem einen Beitrag dazu leisten, dass das Fiihrungskapital des Untemehmens steigt. Als Fiihrungskapital wird die akkumulierte Fiihrungsstarke der Fiihrungskrafte des Unternehmens verstanden. Dazu werden als zentrale Themen im Rahmen der Literatur zu Personalfiihrung genannt: Instrumente, die die tagliche Arbeit der Fiihrungskrafte unterstiitzen, Instrumente die die Fiihrungsleismng messbar und sichtbar machen, Anreizsysteme, Instrumente zur Auswahl von Fiihrungskraften sowie die Fiihrungskrafteentwicklung. Fiihrungssysteme des Controllings beziehen sich zumeist auf ein iibergeordnetes Wertesystem und verstehen diese als Instrumente zur zielgerichteten Planung, Steuerung, KontroUe und Koordination sowie als Informationssystem innerhalb eines Unternehmens. Auch die Ansatze des „Managements der Fiihrung" betonen die hohe Bedeumng der Fiihrungskrafteentwicklung mit dem Ziel, Fiihrungskapital und damit Wettbewerbsfahigkeit auf- und auszubauen. ZusatzHch zeigen sie, dass es die Aufgabe einer Fiihrungskraft ist, diese Instrumente adaquat zu gestalten. AUe Quellen betonen die Gefahr der Inflexibilitat und einer Verstetigung durch zu starre Systeme. Deshalb wird vor allem von den Ansatzen und Modellen des „Managements der Fiihrung" gefordert, Fiihrungssysteme nicht nur einzusetzen, um die Koordination, Effizienz und Effektivitat zu verbessern, sondern zugleich die Wandlungsfahigkeit und Flexibilitat einer Organisation zu steigern. Es stellt sich die Frage, weshalb Individuen und Organisationen nach Stabilitat streben sowie auf welche Weise die Wandlungsfahigkeit erhoht werden kann? Das folgende Kapitel beschaftigt sich aus diesem Grund mit den beiden im Titel aufgefiihrten Themenkomplexen: Stabilitat und Wandel.

246 S. Fulmer / Goldsmith 2001, S. 317f. 247 Vgl. Moslein 2004, S. 89; Wunderer 1995b; Kap. 2.2.

67

Stabilitat und Wandel

3 Stabilitat und Wandel Stabilitat und Wandel im Kontext der Unternehmung werden z.T. sehr unterschiedlich verstanden. Huff und Huff (2000) betrachten „change" und „continuity" in einem sehr weiten Rahmen iiber kognitive Schemata einzelner Individuen bis hin zur Makro-Ebene und damit der Stabilitat und den Wandel ganzer Industrien^^s. Deuringer (2000) untersucht im Speziellen Organisationen im Hinblick auf die Gestaltungsoptionen Stabilisierung und Destabilisierung und fiihrt Autoren auf, die die in Tabelle 17 aufgefiihrten stabilisierenden Modelle im Gegensatz zu wandelunterstiitzenden Organisationsstrukturen differenzieren. Polare Organisationsmodelle Stabilisierung

Destabilisierung

Bums/Stalker (1961)^*'

Mechanistic Forms

Organic Forms

Hage/Aiken (1970)

Static Systems

Dynamic Systems

Tofner(1970)

Bureaucracy

Adhocracy

Hedberg / Nystrom / Starbuck (1976)

Organizational Palace

Organizational Tent

Kanter(1983)

Segmentalist Structure

Integrative Structure

Peters (1988)

Inflexible, Rule-Determined, Mass Producer of the Past

Flexible, Porous, Adaptive, Fleetof-Foot Organization of the Future

Remer(1989)

Klassische Organisation

Moderne Organisation

Tabe/k 17 Polare Organisationsmodelle, nach Deuringer (2000f^^

Stabilisierende Organisationen verkorpern nach Deuringer (2000) daher die folgenden Merkmale: •

Ausgepragte Aufgabengliederung, Spezialisierung und Segmentierung



Steile Hierarchic



Formalisierte Information und Kommunikation



„Ad rem" Zielsetzungen^si



Standardisiertes Verhalten



Rigide Kontrolle

Demgegeniiber stehen nach Deuringer (2000) die folgenden Strukturierungsgrundsatze destabilisierender Organisationen:

248 Vgl. Huff/ Huff 2000. Es sei darauf verwiesen, dass March 1996 die Beziehung zwischen Kontinuitat (continuity) und Wandel (change) auch in Bezug auf die Wissenschaft und hier insbesondere auf Theorien der „Organizational Action" diskutiert. 2^*^ Probst 1993, S. 433 zitiert die dargestellten Organisationsformen von Burns und Stalker ebenso und fiihrt die Merkmale detaillierter auf. 250 Vgl. Deuringer 2000, S. 103. 25' Nach Deuringer 2000, S. 104 langfristig geplante organisationale Ziele, die eine hohe Prioritat gegeniiber den Bediirfnissen und Zielen der Mitarbeiter haben.

68

Stabilitat und Wandel •

Durchlassigkeit (das Untemehmen als nach auBen und innen bin durchlassiges System)



Delegation, Dezentralitat und flache Hierarchien



Parti2ipation252



Mobilisierung und Lemfahigkeit^s^



Selbstorganisation^s*



Freiraum255

Diese Arbeit betrachtet Stabilitat und Wandel verbunden mit Fiihrungssystemen auf individueller sowie auf organisationaler Ebene. Stabilitat auf Untemehmensebene wird vomehmlich als eines der Themen der Organisationstheorien betrachtet, Wandel eher mit Organisationsentwicklung und Konzepten des Managements von Veranderung in Verbindung gebracht. In seinem Buch „Prozesse des Organisierens" stellt Karl Weick 1985 zehn Episoden iiber die Tatigkeit des Organisierens vor^s* und definiert diesen Begriff als „durch Konsens giiltig gemachte Grammatik fiir die Reduktion von Mehrdeutigkeit mittels bewusst ineinandergreifender Handlungen. Organisieren heiBt, fortlaufende unabhangige Handlungen zu vemunfrigen Folgen zusammenfiigen, so dass vemiinfrige Ergebnisse erzielt werden.257" Eine verwandte Sichtweise nimmt Gilbert Probst (1993) ein, wenn er seine Ausfiihrungen zu Organisationen und organisatorischem Wandel wie folgt beginnt: „Wir alle sind in verschiedene Systeme eingebunden, deren Struktur Grundlage unseres Handelns sind. Die meiste Zeit unseres Lebens sind wir Teil eines sozialen Systems wie Schule, Firma, Familie oder Institutionen, denen wir entweder als Mitglieder angehoren oder mit denen wir es im Alltag zu tun haben ... All diese Institutionen haben ihre eigenen Regelungen, ihre eigene interne Ordnung, beziehungsweise Konfiguration, die die notwendigen Rahmenbedingungen sowie Stabilitat und Kontinuitat schaffen, die fiir eine weitgehende Invarianz der spezifischen Umwelt eines jeden Organisationsmitglieds notwendig sind; es ist ein solcher Ordnungsrahmen, der unser Handeln bestimmt und den wir im Rahmen unserer MogUchkeiten mit beeinflussen wollen.^ss" Bezugnehmend auf die Dynamik des Wandels, die Anpassungsfahigkeit und die geeignete Gestaltung von Organisationen verwenden verschiedene Autoren einen Ordnungsrahmen, der durch

252 Siehe zur Partizipation auch Kapitei 3.2.1.2. 253 Siehe zur lemfahigen Organisation Kapitei 3.2,2,3. 254 Siehe zu der Frage in wekhem Kontext Fremd- oder Selbstorganisation bevorzugt werden soUte Picot / Fiedler 2002,

255 Vgl, Deuringer 2000, S. 104ff. 256 In seinen zehn Episoden beschreibt Weick 1985 die gegensatzlichen Definitionen der Organisation, einmal als mit Rollen verkniipfte Strukturen gegenseitiger Erwartungen, welche fesdegen, was jedes Mitglied v o n anderen u n d sich selbst zu erwarten hat, z u m anderen als soziale Einheit, welche mittels koordinierter Aktivitaten und Beziehungen zwischen Mitgliedem und Gegenstanden verschiedenartige Ziele verfolgt. Nach Weick heisst Organisieren es zu verstehen, die Vorkommnisse der zehn Episoden richtig einschatzen zu konnen. Als Beispiel soil hier eine der Episoden aufgefuhrt sein (Weick 1985, S. 9): „Ein Professor namens Alex Bavelas spielt haufig mit anderen Professoren Golf, ,Eines Tages nahm er Partner zum Viererspiel mit zum Golfplatz, und sie begannen Strohhalmchen fiir die Wahl der Mitspieler zu ziehen. Er sagte: ,Lasst uns das doch nach dem Spiel tun!' (Brand 1975, S. 47)," 257 S, Weick 1985, S. 11, 258 S.Probst 1993, S. 17.

69

Stabilitat und Wandel

die vier Aufgabenfelder „Kennen", „K6nnen", „Wollen" und „Durfen" gepragt ist^s^. ReiB (1997c) lehnt sich an dieses Modell an, wenn er MaBnahmen zur Beeinflussung von Akzeptanzfaktoren bei Veranderungen auffiihrt (s. Abbildung 13). Akzeptanzfaktoren

• Mitarbeiterzeitschrift •Visualisierung • Informatlonsmarkt • Beratung

• Fachkompetenz • Methodenkompetenz • Sozialkompetenz

• Intrinsische Anreize • Extrinsische Anreize • Kompensatorische Anreize • Transparenz

• Projektorganisation • Promotoren • Multiplikatoren • Partizipation • Begleitung

Abbildung 13 Kennen/Wissen, Konnen, Wollen und Diirfen/Solkn der Organisation und der OrganisationsmitgUeder als Grundlage fur Akt(eptan^aktoren ^^^

„Kennen und Wissen" bezieht sich auf das Riistzeug einer Organisation, um standig neue Organisations strukturen zu erarbeiten. „Konnen" meint nicht ausschlieBlich das Konnen einer Reorganisation, sondem vielmehr die Prozesse des Wandels an sich. „Wollen" stellt den Menschen, seine Werte und seine Motivation in den Vordergrund. „Durfen / Sollen" betxachtet die Organisation nicht nur als Mittel der Unternehmensfiihrung, sondern als aktiven Beitrag zur Unternehmensentwicklung. Leitiinien soUen das Prinzip des Vertrauens, der Reflexion, Partizipation, Errichtung von Freiraumen und Rahmenbedingungen statt praziser Anweisungen mit Kontrolle sein26i.

259 Vgl. u.a. Probst 1993, S. 21, Kieser / Hegele / Klimmer 1998, S. 123f, ReiB 1997c, S. 93 oder von Rosenstiel 2000, S. 48f. Von Rosenstiel nennt in Bezug auf das Verhalten von Organisationsmitgliedern die vier Determinanten personliches Wollen, individuelles Konnen, soziales Sollen und Diirfen sowie die situative Ermoglichung. 260 In Anlehnung an Probst 1993, S. 21 und ReiB 1997c, S. 93. 261 Vgl. Probst 1993, S. IBff.

70

Stabilitat und Wandel

3.1 Stabilitat: Ordnung stiften Gerade im Kontext von Uberlegungen zum Wandel in Organisationen werden der Stabilitat haufig negative Attribute angeheftet, es werden „Widerstande" und „Verhaltensbarrieren" beschrieben und Methoden vorgesteUt, wie diese zu iiberwinden seien. Die Einfiihrung und Umsetzung neuer Prinzipien mit breiter organisationaler Wirkung wehrt die bestehende Ordnung haufig zunachst ab. Renz (2003) propagiert deshalb, dass die Umsetzung des jeweiligen Konzeptes nach MajSgabe der organisationaUn Ordnung erfolgen soil, also nach MaBgabe der Interpretationsmuster relevanter Akteure, der geltenden Normen und der herrschenden Machtverhaltnisse^*^. Auch wenn dies beachtet wiirde, ist die Einfiihrung neuer Konzepte ein alles andere als reibungsloser Vorgang, weil Beschaftigte wie Vorgesetzte dennoch auf bislang praktizierten Verhaltensweisen beharren, „sei es weil alte Deutungsmuster nach wie vor ihre Wirkung entfalten, weil an bestehenden Normen festgehalten wird oder weil die Akteure versuchen, eine befiirchtete Verschlechterung der eigenen Lage zu verhindem.^*'" Aber ist es so, dass Stabilitat deshalb immer im Vorhinein zu verteufeln ist? Das vorliegende Kapitel mochte die Vorziige von Stabilitat und Griinde fiir beharrendes Verhalten untersuchen und betrachtet dabei insbesondere die Funktionen der effizienten Koordination (mit dem Fokus Organisation) und der Unsicherheits- und KompUxitdtsreduz^ierung (mit dem Fokus Individuum und Individualverhalten)2M. Dabei wird dem Gedankengang gefolgt, dass Effektivitats- und Effizienzstreben^" zu koordiniertem, bevorzugt routiniertem Handeln und damit einer angestrebten Perfektionierung der intemen Abstimmungen fuhren^**. Vertreter verschiedener wirtschaftswissenschaftlicher Richtungen (z.B. Strategie267^ Personal^^s, Marketing^^' usw.) fordem u.a. wegen der Vorziige koordinierter Prozesse fiir die Umsetzung ihrer Konzepte eine konsistente und integrierte Abstimmung mit alien anderen Fiihrungsinstrumenten und organisationalen Verfahrensweisen. Ein Wandel von auBen kann damit in der vorherrschenden Perspektive^^^ nur als Stoning interpretiert werden27i. Aus diesem

262 Vgl. Renz 2003, S. 173. 2" S. Renz 2003, S. 173. 2*^ Feldman und Pendand 2003, S. 97, vcrwenden ebenfalls die BegiifFe Effektivitat ((cognitive) efficienqr) und Komplexitatsreduzierung (reduction of complexity), wenn sie iiber die Wurzeln (origins) von o^anisationalen Routinen schreiben und insbesondere die Notwendigkeit fiir organisationale Strukturen aus der Literatur ableiten. Dazu scheiben sie: „These explanations suggest that routines arise because they are functional, they minimize cost and increase managerial control while maximizing the legitimacy of the organization." 2« Vgl. Kieser / Kubicek 1992, S. 19. -^^ Adler / Goldoftas / Levine 1999, S. 43 und Adler 2003, S. 2 unterstreichen, dass die meisten Organisationstheonen darstellen, dass Effizienz Biirokraae benotigt, die wiederum Flexibilitat einschrankt und Organisationen daher eine Balance zwischen Effizienz und Flexibilitat finden soUten, wobci sie fiir ein Modell der „enabling bureaucracy" pladieren, das beide Effekte vereinen soil. 267 Vgl. Montgomery / Porter 1991, S. 75ff. und Porter 1991, S.225ff; vgl. Kaplan / Norton 2001, S. Iff. 268 Vgl. Beatty / HuseUd / Schneier 2003, S. 109; Ulrich 1997, S. 305f; Becker et al. 1997; Devanna / Fombrun / Tichy 1971, S. 66. 269 Vgl. Koder / Armstrong / Saunders 2002. 27" Diese Perspektive wird im Folgenden, insbesondere im Kapitel 2.2.2 und vor allem von Schreyogg 2003 und Feldman 2000, Feldman /Rafaeli 2002 und Feldman / Pendand 2003 herausgefordert und erweitert. 271 Vgl. Feldman / Pendand 2003, S. 97f.

Stabilitat und Wandel

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Grund sucht die Dissertation nach Fuhrungsinstrumenten und Verfahren, die da2u beitragen, dass Agilitat und Flexibilitat zu einem Element des Fiihrungssystems werden, um damit den „steten Wandel" in die Effektivitats- und Effizienzbestrebungen zu integrieren. In einem zweiten Schritt wird in gebotenem Umfang mit Hilfe von Verhaltenstheorien untersucht, warum Menschen Stabilitat und Orientierung anstreben.

3.1.1 Die Perspektive der Organisation und Koordination „Consider a round, sloped, multi-goal field on which individuals play soccer. Many different people [but not everyone] canjoin the game [or leave it] at different times. Some people can throw balls into the game or remove them. While they are in the game, individuals try to kick whatever ball comes near them in the direction of goals they like and away from goals they wish to avoid." (fames March 1991, S. 108 iiber den Entscheidungsprot^ess in Organisationen)

Koordination in Organisationen kann Effizienz bewirken, den Ressourcen- und Koordinationsaufwand reduzieren und Unsicherheit vermindern. Bei einer zu inflexiblen Anwendung von Koordinationsinstrumenten und -verfahren konnen daraus jedoch ebenso Verfestigung und Starrheit resultieren. Andererseits gibt es Moglichkeiten, die Flexibilitat und Agilitat nur geringfiigig einzuschranken oder gar zu steigern. Das nachfolgende Kapitel beschaftigt sich mit diesen Themenschwerpunkten.

3. f. f. f Die Notwendigkeit fur Organisation Warum es Organisationen gibt und wie sie entstehen, ist haufig eine der ersten Fragen, die in Veroffentlichungen zum Thema Organisation gestellt werden2'72. Ausgangspunkt ist der Gegensatz der Knappheit der Giiter und die Befriedigung menschlicher Bedurfnisse273. Aus dieser Relation erwachst die Notwendigkeit wirtschaftlichen Handelns. Die ICnappheit der Giiter zwingt die Menschen, mit ihnen hauszuhalten. Wie jedes auf Zwecke gerichtete Handeln unterliegt auch wirtschaftliches Handeln dem allgemeinen Vernunfts- oder Rationalitatsprinzip, das fordert ein definiertes Ziel mit geringstmoglichem Einsatz zu erreichen. Ubertragen auf die Wirtschaft fordert das okonomische Rationalitatsprinzip daher, bei gegebenem Einsatz der Produktionsfaktoren, den groBtmogHchen Giiterertrag zu erreichen oder den gewiinschten Giiterertrag mit geringstmoglichem Einsatz der Produktionsfaktoren zu erzielen^^^.

272 Vgl. Kieser / Kubicek 1992, S. 2. 273 Vgl. Picot / Reichwald / Wigand 2003, S. 23 und S. 38. 274 Vgl. Schneider 1995, S. 131. Siehe auch Wohe 1973, S. 1 oder Heinen 1983, S. 30: „Handle so, dass ein gegebener Erfolg mit dem geringsten Einsatz an Mitteln erreicht wird! Oder umgekehrt: Handle so, dass Du mit gegebenen Mitteln einen moglichst hohen Zweckerfolg erwirken kannst." Es sei darauf hingewiesen, dass auch dieses Prinzip

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Stabilitat und Wandel

Knappheit und Bediirfnisse sind somit grundlegende Ursachen fiiir 2.B. Tausch, Arbeitsteilung, Markte, Untemehmen oder Wettbewerb, iiber die das genannte Rationalitatsprinzip effektiv und effizient erwirtschaftet werden soil. Den groBten Beitxag zur Erreichung dieses Ziels leisten Arbeitsteilung und Spe2ialisierung275, wodurch die Probleme des Tausches und der Abstimmung hervorgehen276. Arbeitsteilung entsteht, da komplexere Aufgaben nicht mehr von einer Person alleine vollbracht werden konnen, Spezialisierung, da die Arbeitsteilung somit effizienter vollzogen wird. Picot nennt drei grundsatzliche Formen der Arbeitsteilung: Sachliche, zeitliche und personelle Aufgabenteilung277. Unproduktive Arbeitsteilung und Spezialisierung bzw. Mangel bei Abstimmungs- und Tauschvorgangen konnen grundlegend durch Koordination und Motivation beseitigt werden, wobei „Nichtwissen" zu einem Koordinationsproblem fiiihrt, „Nichtwollen" zu einem Motivationsproblem^^s.

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1

L v.^ r

K

1

Knappheit

1

A

Arbeitsteilung / Spezialisierung

*L_

Tausch/ Abstimmung

^B^ 1 Nicht-\ 1 wissen /

1 Koordinationsproblem

r ^ ^ ^

1 ^

^

eiter soil nicht nur durch Anreize und Sanktionen sondern auch durch Nomnen gelenkt werden, dazu zdhlen in westlichen Ldndem a.

die Reziprozitdtsnorm (selbst bei Empfang einer bedingungsfreien Leistung Idsst der Empfdn-

b.

die Gerechtigkeitsnorm (Menschen bemuhen sich das in ihren Augen gerechte zu tun) sowie

c.

die Uberzeugthertsnonn (Menschen bemuhen sich das nach ihrer Uberzeugung nach sachlich

ger dem Leistenden direkt oder spater eine gleichwertige Gegenleistung zukommen"^)

Richtige zu tun). 9.

Training: TrainingsmaBnahmen mit dem Ziel K6nnen auf- und auszubauen, Mitarbeiter zu motivieren und die Glaubwurdigkeit der Reorganisationspldne zu erhdhen.

10. Timing: Entscheidend ist a.

das Timing zwischen den Projektschritten (hier sollte ein gleichmd&iger Zeitdruck vorhanden sein, der Tempo und Spannkraft garantiert, jedoch auch gerade in kritischen Phasen Zeit ISsst, um Teilerfolge zu prdsentieren und zu feiem),

b. c.

das Timing innerhalb jedes Projektschritts sowie gezielte Verzdgerungen und Beschleunigungen, um den Handlungsspielraum von Widersachem zu begrenzen.

Tahelle 28 Zehn Hebel einer Reorganisation nach MaJSnach, Picot / Freudenberg /Gassner

(1999f"

Bei alien vier erwahnten Grundmustem werden die Aufgaben Problemdefinition/Zielsetzung sowie Kontrolle/Beurteilung von einem Kemteam ubemommen. Die Strategie des „Blit2kriegs" oder des „Bonibenwuffs" ist dadurch charakterisiert, dass diesem Kemteam die L6sungsausarbeitung, Entscheidung und Umsetzung iibertragen werden. Das Grundmuster Blitzkrieg zeichnet sich daher durch einen geringen Zeit- und Ressourcenbedarf aus. Erfolgreich ist diese Strategie jedoch nur im Falle einer konzentrierten Wissens- und Machtverteilung sowie an-

531 Siehe auch „Gift-Exchange", Akerlof 1982 und Akerlof 1984. 532 vgl. Picot / Freudenberg / Gassner 1999, S. 49ff.

Stabilitat und Wandel

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spruchsloser Praferen2en533. Von Rosenstiel (1997) erganzt, dass die Strategic haufig von Beratern unterstiitzt wird und die Kommunikation mit eingebundenen Expertengremien lediglich auf der Basis streng vertraulicher Dokumente vollzogen wird. Nach der Entscheidung fiir eine Alternative wird diese den Organisationsmitgliedern bekannt gegeben, wodurch zugleich die Implementation der neuen Strukturen und Prozesse abgeschlossen sein soll^^^. Aus Sicht der Betroffenen stellt sich die Lage selbstverstandlich anders dar. Der Kompromiss aus den Anforderungen des neuen Konzepts und alter Gewohnheiten resultiert in einer neuen Organisation „unter Schmerzen". Mitarbeiter fiihlen sich iiberrollt und fremdbestimmt, sie formieren sich zum Widerstand oder fiigen sich resigniert und machdos den neuen Bedingungen. von Rosenstiel (1997) beschreibt den Prozess wie folgt: „Aus der Perspektive der Belegschaft sieht dies anders aus. Sie horen von Sondersitzungen der Geschaftsleitung oder des Vorstands, beobachten mit Unruhe dunkel gekleidete Herren mit ledemem Aktenkoffer, die durch das Unternehmen huschen. Geriichte, die nicht selten einen Kern der Wahrheit enthalten, machen die Runde"5, Aus diesem nun nicht mehr ganz heiteren Himmel fallt - um im Bild zu bleiben - die ,Bombe', der neue Organisationsplan. Einige werden nach oben gewirbelt, andere nach unten gerissen, wieder andere sind - um abermals im Bild zu bleiben - tot."536 Das zweite Grundmuster wird bei Picot, Freudenberg und Gassner (1999) „Mitwirkung" oder „Parti2ipation" genannt. In diesem Fall Uegen lediglich die Losungsausarbeitung und Umsetzung bei den Wissenstragern, nicht jedoch die Entscheidungskompetenz. Dadurch steigt der Zeit- und Ressourcenbedarf geringfiigig, dennoch favorisiert auch diese Strategic, wie das Muster des „Blitzkrieges", eine eher konzentrierte Macht. Dariiber hinaus unterscheiden die Autoren die Strategic der „Delegation", bei der zusatzlich auch die Entscheidung bei den Tragern des fiir die Reorganisation rclevanten Wissens Hegt (also nicht beim Kemtcam) und die Losungserarbeitung und Umsctzung gemeinsam mit den betroffenen Mitarbcitem durchgefuhrt wird sowie die Strategic der „Selbstotganisation". Das letztgenannte Grundmuster legt alle Schritte der Reorganisation in die Hande der Betroffenen, das Kernteam nimmt lediglich das Recht zur Kontrolle und Beurteilung wahr. Ausgehend vom „Blitzkricg", iiber die „Mitwirkung" und die „Delegation" bis hin zur „Selbstorganisation" nimmt jeweils der Zeit- und Ressourcenaufwand sowie der Anspruch der Mitarbeiter zu. In gleichem MaBc wandclt sich der Vortcil einer zentrierten Macht hin zu einer gestreuten Machtvcrtcilung^^^.

533 Vgl. Picot / Freudenberg / Gassner 1999, S. 50f. 534 Vgl. Von Rosenstiel 1997, S. 197. 535 In seiner Vorlesung „Fuhmng in global vernetzten Unternehmen" berichtete Prof. Peter Pribilla, ehemals Zentralvorstand fiir Personal der Siemens AG, davon, dass intensive Kommunikation in diesen Phasen auch deshalb entscheidend sei, da fehlende Information durch Geriichte ersetzt werden, die Unsicherheit schiiren. 536 S. von Rosenstiel 1997, S. 197. 537 Vgl. Picot / Freudenberg / Gassner 1999, S. 50ff.

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Die Strategien zur Implementation von Veranderungsprojekten nach von Rosenstiel (1997) Im Gegensatz dazu differenziert von Rosenstiel (1997) das Grundmuster des „Blit2krieges" oder „Bombenwurfs" von den „Strategien partizipativer Organisationsentwicklung". Die Strategien der partizipativen Organisationsentwicklung betonen verhaltenswissenschaftUche Aspekte und beriicksichtigen damit starker den Menschen mit seinen Wiinschen und Bediirfhissen; dazu von Rosenstiel: „Organisationsentwicklung als eine sozial- oder verhaltenswissenschaftlich fiindierte Veranderungsstrategie geht von einem anderen Bild der Organisation aus. Nicht Zahnrader dominieren in der Vorstellung, sondem die Verhaltensweisen der Organisationsmitglieder. Pointiert formuliert der Organisationswissenschaftler Kahn es so, dass die sich stabilisierenden, sich haufig wiederholenden Verhaltensweisen der Organisationsmitglieder die Struktur und der Prozess der Organisation sind. Daraus folgert, dass sich die Organisation am besten dadurch verandem kann, dass sie gezielt die Verhaltensweisen ihrer Mitglieder modifiziert ... Etwas schlagwortartig bedeutet dies: ,Betroffene zu Beteiligten machen BeteHigte zu Betroffenen machen.'"538 Es werden auch in diesem Zusammenhang personale, gruppenzentrierte, strukturzentrierte und integrierte Ansatze unterschieden. Personale Ansatze verfolgen die Annahme, dass die Organisation geandert werden kann, wenn sich das Verhalten der einzelnen Organisationsmitglieder andert. MaBnahmen hierfiiir sind vor allem Trainings, die von von Rosenstiel jedoch kritisch betrachtet werden, da der Lemtransfer auf die Arbeitssituation haufig nicht stattfindet und sie sich noch weniger dazu eignen, Verhalten wirklich nachhaltig zu andem^^'. Gruppenzentrierte Ansatze beruhen auf der Erkenntnis, dass Rollenerwartungen^^ und Regeln fur das Zusammenleben und -arbeiten zwischen Menschen wichtig sind, deren Verhalten pragen und bestimmen. Die entsprechenden Konzepte setzen daher nicht am Einzelnen an, sondem an Arbeitsgruppen oder Abteilungen und thematisieren in Workshops zwischenmenschliche Beziehungen und deren Spielregeln, um Vertrauen und Offenheit aufzubauen. Auch bei diesen Ansatzen ist der Lemtransfer nicht gewahrleistet. Strukturzentrierte, partizipative Veranderungskonzepte beinhalten dagegen die gemeinsame Entscheidung und Gestaltung der Arbeit, der eingesetzten Technologien oder der organisatorischen Rahmenbedingungen, wie z.B. von FlieBfertigung oder Fertigungsinseln in der Produktion, Telearbeit, Netzwerkorganisation oder Projektorganisation. Ziel ist nach von Rosenstiel (1997) hier das Schaffen dauerhafter Bedingungen, die gewiinschtes Verhalten stabilisieren. Bei den integrierten Ansatzen werden situativ die drei zuvor genannten Strategien eingesetzt und zusammengefiihrt. Die Integration der Ansatze wird unter gewissen Voraussetzungen und unter Beriicksichtigung einiger MaBnahmen als vorteilhaft empfohlen^^i.

538 S. von Rosenstiel 1997, S. 198. Hervorhebung im Original. 539 Siehe zuf Problematik des Lerntransfers von Rosenstiel 2000, S. 199f. Vgl. auch von Rosenstiel 1997, S. 198. 540 Vgl. hierzu Neuberger 2002, S. 313ff. 5"^! Vgl. von Rosenstiel 1997, S. 199f. von Rosenstiel fiihrt auf Seite 200 die Rahmenbedingungen und MaBnahmen fiir einen erfolgreichen Einsatz auf (z.B. ProblembewuBtsein, die Organisation befindet sich nicht in einer Existenzkrise usw.).

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Jimmieson, White und Peach (2004) untersuchen ebenfalls die Bereitschaft der Mitarbeiterschaft, einen Wandelprozess mitzutragen. Dazu verwenden sie die „Theory of Planned Behavior (TBP)". GemaB der TBP ist die Absicht (intention) einer Person eine Hauptdeterminante 2ur Erklarung von Verhaltensweisen. Absicht setzt sich zusammen aus der Einstellung (attitude), subjektiven Normen (subjective norms) und der wahrgenommemn Kontrolle des Verhaltens (perceived behavioral control; PBQ^^a. Die Autoren testeten den Einfluss der Determinanten (1) Absicht, (2) Einstellung, (3) subjektive Normen und (4) wahrgenommene Kontrolle des Verhaltens sowie die operationaiisierten Faktoren (5) Gruppennorm, (6) Identifikation mit der Gruppe, (7) Kommunikation und (8) Partizipation auf die Bereitschaft und die Unterstiitzung der Belegschaft, Wandel mitzutragen, wobei sie 150 Fragebogen auswerteten. Fiir alle Faktoren konnte eine positiye Korrelation nachgewiesen543 und damit wiederum die wichtige Rolle der Gruppe, der Kommunikation und Partizipation am Entscheidungsprozess unterstrichen werden^^w. Auch Huy (2004) betrachtet den Wandel, insbesondere den strategischen Wandel, vor dem Hintergrund einer, wie er es bezdchnet, „organizational identity" (organisationale Identitat), die dort mit dem weiter gefassten Begriff der Untemehmenskultur gleichgesetzt werden soil. Huy (2004) untersucht in einer groB angelegten Studie^^s vor allem die Bedeutung und den Einfluss von Emotionerf*^ fur strategische Veranderungsprozesse. Bei Wandel entstehende Emotionen sind aus seiner Sicht unzureichend beriicksichtigt. Huy (2004) schlagt deshalb ein Modell der „emotionalen Filterung" (emotional filtering) vor, um angemessen reagieren und die Emotionen „managen" zu konnen. Verkiirzt lasst sich sagen, dass Veranderungen, die von den Organisationsmitgliedem als irrelevant wahrgenommen werden in Bezug auf ihre organisationale Identitat oder Konformitat mit der organisationalen Identitat, dazu fiihren, dass die Betroffenen den Wandel mittragen und zur Umsetzung bereit sind. Zur emotionalen Filterung kommt es dann, wenn die Auffassung besteht, dass die vorgenommene Veranderung inkompatibel zur bestehenden organisationalen Identitat ist. Dies fiihrt entweder zu Verargerung (anger)^47, Verangstigung (fear)548 oder zumin-

^2 Vgl. Jimmieson / White / Peach 2004, S. CI, die auf dem Modell von Piderit 2000 aufbauen. Piderit argumentiert, dass bisherige Modelle 2ur Erklarung des Widerstands gegen Wandel zu eindimensional waren. Sie diskutiert ein multi-dimensionales Konzept, dass den Widerstand und Reaktionen der Betroffenen zumindest emotional, kognitiv und intentional untersucht. Der Begriff „Einstellung" wird im Modell von Jimmieson, White und Peach beschrieben als die Einschatzung, das gewiinschte Verhalten auszuiiben. „Subjektive Normen" reflektieren den wahrgenommenen sozialen Druck, sich in bestimmter Weise zu verhalten oder sich eben nicht auf diese Weise zu verhalten. „PBC" stellt das AusmaB der gewollten Kontrolle iiber das Verhalten dar. ^'^ Vgl. Jimmieson / White / Peach 2004, S. C5. ''•^ Lines 2004 diskutiert in diesem Zusammenhang den Einfluss von Partizipation und der Strategic „soziale Griinde fiir Handlungsweisen anzufiiihren" (social accounts) auf das organisationale Lemen im Wandel. Auch diese Faktoren korrelieren positiv miteinander, wobei die Partizipation einen negativen Moderator fiir die „social accounts" darstellt. „Social accounts", die im Zusammenhang mit einer Chance stehen, korrelieren positiv mit dem Lemen, „social accounts", die eine Gefahr fiir das System darstellen, haben hingegeben keinen Bezug. '-•5 Huy fiihrte uber 750 informelle Gesprache in einem Untemehmen dvirch. ^''^ Siehe hierzu auch Piderit 2000, S. 783ff, die Wandel in einem mehrdimensionalen Modell untersucht, das zumindest emotionale, die kognitive und die intentionale Komponente beriicksichtigt. Siehe zu Emotionen und Fuhrung Goleman 1998, Goleman / Boyatzis / McKee 2004 sowie Dasboroxjgh / Ashkanasy 2002. ^'•^ Verargerung wird nach Huy 2004, S. 16f vor allem dann wahrgenommen, wenn Betroffene annehmen, dass ihnen jemand absichtlich schaden mochte, wenn also wichtige personliche Ziele oder Werte, oder diejenigen Ziele und Werte, die fiir andere bedeutend sind, verletzt werden.

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dest Unbehagen (discomfort)^9, wodurch Wandelprojekte, die dne freiwillige Kooperation der Beteiligten erfordem, nicht durchfiiihrbar werden. Unter Umstanden sei es jedoch durch ein emotionales Management moglich, die organisationale Identitat in Einklang mit den strategischen Wandelprozessen zu verandem. Dazu ist es notwendig, gegensatzliche Emotionen zu identifizieren. Als Schliisselstrategien werden hier vor allem genannt, sich erkenntlich zu zeigen (gratitude) "o, Hoffnung (hope) zu geben^si und weitere ,yA.nnehmlichkeiten" zu bieten (comfort)"2.553 AbschlieBend sei das Modell von Hodgson und White (2001) aufgefiihrt, die beim Umgang mit Unsicherheit die Fiihrung, und hier vor allem die drei Stile der Fiihrung, durch Ziele, Steuerung und Kontrolle, der visionaren Fiihrung und des Lemens, in den Vordergrund stellen. Sie geben acht „enabler** und acht „disabler" an, die dabei helfen oder es verhindem sollen, mit Ambiguitaten und Vieldeutigkeiten im Untemehmen umzugehen. Die acht „enabler" lauten: (1) „mystery seeking", (2) „risk-tolerance", (3) „future-scanning", (4) „tenaciously challenging", (5) „creating excitement", (6) „flexibly adjusting", (7) „simplifying" und (8) „focusing". Bei den acht „disablem" werden genannt: (1) „poor transitioning", (2) „being a wet blanket", (3) „conflictavoidance", (4) „muddy thinking", (5) „complex communicating", (6) „bean-counting", (7) „narrow thinking" und (8) „repeating"55^.

3.2.1.3 Konzepte des Veranderungsmanagements „ Wir sind nicht nurjiir das verantwortlich, was mr tun. Wir sind auch fir das verantmrtlich, was wir nicht tun." (Vo/taire, :^tiert nach von Rosenstie// ComeJH 2003, S. 134) Klassische Literatur iiber Veranderungsmanagement betrachtet den Wandel als relativ seltene Unterbrechung von Phasen der organisatorischen Stabilitat („punctuated equilibrium" oder „punktuiertes Gleichgewicht**)555 im Geschaftsalltag^s^ - auch wenn die Perspektive selten in dieser Deutlichkeit explizit formuliert wird. Rogers (2004) bezieht sich auf Turner und Crawford

^^8 Einige der Beteilitgten gaben explizit an, dass Veranderungcn in dem betrachteten Untemehmen dazu fuhrten, dass sie Angst am Arbeitsplatz hatten (Huy 2004, S. 19). ^^^ Unter Unbehagen versteht Huy 2004, S. 23f vor allem ein vorsichtiges Verhalten, da Mitarbeiter das Gefuhl haben, den Prozess nicht ganz zu durchdringen, deshalb ihre Aktivitaten und Initiativen einschranken und weniger offen handeln, als im Normalfall. '5" Huy 2004, S. 28f. siedelt hier intelligcnte Anreiz- und Vergutungssysteme an. '''I Huy 2004, S. 31 betont die Notwendigkeit, dass Organisationsmitgliedem das Gefuhl und die Erwartung vermittelt werden muss, dass die Zukunft besser oder zumindest ebenso gut sein wird, wie vor dem Veranderungsprozess. i\ls Beispiel wird in diesem Fall genannt, bewuBt erfolgreiche Geschichten durch das Untemehmen zu tragen, wie der Wandel die personliche Situation verbesserte. ^^2 Unter diesem eher abstrakten Pxinkt subsummiert Huy 2004, S. 33 f. einen steten und positiven Austausch an Informationen, eine klare und ehrliche Kommvinikation sowie ein Klima des gegenseitigen Respekts. "5 Vgl. fur das vollstandige Modell vor allem Huy 2004, S. 72. "-• Vgl. Hodgson / White 2001. "5 Vgl. etwa Schreyogg / Noss 1995 oder 2000. Siehe auch Argyris / Schon 1978; Probst / Biichel 1994; Argyris 1995a; Senge 1996; Kieser / Hegele / Klimmer 1998; Senge 1999; Picot / Fiedler 2002a und b. "'• Kapitel 2.3.2 betrachtet intensiver Ansatze, die von der gegenteiligen Aussage ausgehen, also den Wandel als Normalfall und den stabilen Zustand als Ausnahme begreifen.

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(1998)"^ wenn sie feststellt, dass das Management des Wandels genau wie das Management des aktuellen Geschafts dazu beitragen, nachhaltiges Wachstum im Untemehmen zu garantieren. Dennoch wiirden beide Tatigkeiten ganz andere Fahigkeiten erfordern: Zu einem effektiven Management des alltaglichen Geschafts seien die Fahigkeiten Marketing, Vertrieb und Kenntnisse iiber die Technologie der jeweiligen Branche von besonderer Bedeutung. Effektives Change Management wiirde sich durch Engagement und Entwicklung auszeichnen"*. Gattemieyer und AlAni (2000a) definieren Change Management dagegen wie folgt: „Unter Change Management werden alle MaBnahmen subsummiert, die zur Initiierung und Umsetzung von neuen Strategien, Stmkturen, Systemen und Verhaltensweisen notwendig sind. "9" ReiB (1997a) schreibt dazu: „Wandel reprasentiert nur eine Spielart in der Gesamtpalette von ,Verdndetungen\ die durch das Management gemeistert werden miissen. Nur die ,tiefgreifenden Veranderungen' definieren nach herrschender Auffassung das Betatigungsfeld von Change Managem- ... Alle Ansatze des Veranderungsmanagements verfolgen ein gemeinsames Anliegen: Sie sollen Jnjrastrukturerf fur Verandemngen schaffen. Nicht die ,Erfindung' einer Verandemngsidee selbst bildet den Dreh- und Angelpunkt des Change Managements, sondem die Bereitstellung einer positiven Umgebung fiiir diese neuen Ideen. Im Rahmen eines proaktiven Veranderungsmanagements geht es vor allem darum, ein veranderungsfreundliches Klima zu schaffen, in dem neue Ideen und Konzepte entstehen konnen. Innerhalb eines reaktiven Change Managements soil fiir bereits formulierte oder ,von draufien* importierte Konzepte ein umsetzungsfreundlicher Kontext geschaffen werden." "o Auch wenn die in diesem Zitat beschriebene instrumentelle Unterstiitzung der Findung von Ideen, vor allem von Geschaftsideen, hier ausgeklammert ist, bleibt festzuhalten, dass dieses Themenfeld bislang nur unzufriedenstellend behanddt wurde. Eine Darstellung von Instrumenten, die zur Findung einer Veranderungsidee beitragen konnten, nimmt etwa Siebert (2001) vor^^i. Der Begriff des Change Managements findet seit Anfang der 90er Jahre Einzug in die europaische Management-Literatur562. Wie bereits angedeutet, werden unter der Begrifflichkeit eine Vielzahl von Modellen und Konzeptionen zusammengefasst. Die Fiille an Ansatzen ergibt sich u.a. aus der Tatsache, dass weiche oder „evolutionare" Konzepte wie die Organisationsentwicklung, harte oder „revolutionare" Verandemngskonzepte, wie die Corporate Transformation, mit verschiedenen Verandemngsinhalten und Terminologien (Transformation, Reengineering, Change, Restructuring, Lean Management usw.) unter dem einheitlichen Ausdmck „Change Management" subsummiert werden^^s. Zudem wird eine Definition des Change Management dadurch erschwert, „dass wir iiber keine Jundierte Theorie des Wandels verfiigen.^^" Da fiir Untemehmen zusatzlich unterschiedliche Randbedingungen herrschen, ist das breite Spektmm der Change Ansat-

"^ Vgl. etwa Turner / Crawford 1998. '58 Rogers 2004, S. 22. 559 S. Gattermeyer / Al-Ani 2000a, S. 14. 5«> S. ReiC 1997a, S. 9. Hervorhebungen im Original. 561 Vgl. Siebert 2001. 562 Vgl. Hammer / Champy 1994, S. 49. 563 Vgl. Kostka / Monch 2002, S. 9. 56^ S. Reifi 1997a, S. 20. Hervorhebungen im Original. Zu einem ahnUchen Schluss kommen Schreyogg / Noss 2000, S. B6 in ihrer conclusio: „We should, however, refrain from any oversimplification in change theory - it has been around for too long and it has not worked." (refrain from sth.: sich aus etw. heraushaiten / sich von etw. femhalten).

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ze zur Losung der Veranderungsproblematiken nachvoUziehbar^**. Zu einem ahnlichen Schluss gelangen Armenakis und Bedeian (1999). In ihrer Veroffentlichung betrachten sie riickblickend von 1990 bis 1998 Forschung und Theorien des organisationalen Wandels. Generell identifizieren sie vier StoBrichtungen: (a) „content issues", (b) „contextual issues", (c) „process issues" und (d) „criterion issues"566. Sie kommen zu dem Schluss, dass die vielen verschiedenen Ansatze zusammengefuhrt werden sollten"^. So ist es nach Senge (1999) nicht verwunderlich, dass es ein bedauerliches Merkmal der sehr hohen Anzahl und sehr unterschiedlichen Change Ansatze ist, dass sie fehlschlagen. Senge (1999) bezieht sich auf zwei unabhangige Studien von Arthur D. Litde sowie von McKinsey & Co., die besagen, dass ca. zwei Drittel der Total Quality Management-Programme in Untemehmen auf Grund nicht zufriedenstellender Resultate auch nicht zu Ende gefuhrt werden^*. Strebel beziffert die Erfolgsrate von Reengineeringprogrammen auf lediglich 20 bis 50 Prozenf**'. In seinem Bestseller „Leading Change" konstatiert John Kotter ebenso auf Grund einer von ihm durchgefiihrten Studie ein Scheitem iiber der Halfte der untersuchten Programme zur kundenorientierten Umgestaltung der Untemehmensablaufe"o. An anderer Stelle ermittelte Kotter in einer globaler angelegten Untersuchung, dass lediglich 15 von 100 Untemehmen darin erfolgreich waren, sich tiefgreifend zu andem"^ Sowohl in diesen beiden Veroffentlichvingen als auch im Nachfolgewerk, „The Heart of Change", stellen Kotter und Cohen (2002) fest, dass die Verfehlungen zumeist handwerklicher Art und vorhersagbar waren. Als Ursachen nennen Kotter und Cohen (2002) die zu geringe Lembereitschaft der Organisationsmitglieder"2. Zudem sei es ein Defizit, dass die jeweils Verantwortlichen zumeist zu wenig Erfahrung im Umgang mit hochst erfolgreichen Veranderungsprojekten hatten^^'. Auf der anderen Seite wird argumentiert, dass Veranderungcn haufig gar nicht erforderlich waren und die Uberzeugung, dass eine Reorganisation notwendig ist, durch sog. „Organisationsmoden" herbeigefiihrt wird"*. Kieser, Hegele und Klimmer (1998) beschreiben diese Organisationsmoden wie folgt: „Eine Organisationsmode bildet eine Arena, in der sich verschiedene Akteure tummeln Berater, Professoren, staatliche Stellen mit Forderprogrammen, Manager, Redakteure von Managementzeitschriften, Buchverlage, Seminarveranstalter usw. Die Akteure konnen ihre individuellen Ziele - mogUchst vid Gewinn, Ansehen, Einfluss, Karriere usw. - vor al-

565 Vgl. Reifi 1997a, S. 9f. 566 Vgl. Armenaiks / Bedeian 1999, S. 293: „(a) content issues, which largely foctis o n the substance of comtemporary orgni2ational changes; (b) contextual issues, which principally focus on forces or conditions exisiting in an organization's external and internal environments; (c) process issues, which address actions undertaken during the enactment of an

intended change, and (d) criterion issues, which deal with outcomes commonly assessed in organizational change efforts." 56^ Vgl. Armenakis / Bedeian 1999, S. 311. 568 Vgl. Senge 1999, S. 5f. 56'^ Vgl. Strebel 1992, S. 86. "" Vgl. Kotter 1996, S. 59. 57' Vgl. Kotter 1998, S. 27. 572 Vgl. Kotter 1996, S. 4f. 573 Vgl. Kotter / Cohen 2002, S. ix. 574 Vgl. Kieser / Hegele / Klimmer 1998, S. 24.

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lem dadurch erreichen, dass sie die Arena durch das Anlocken von Publikum und weiteren Akteuren ausweiten."575 Im Folgenden diskutieren die Autoren, in wie weit es Sinn macht, einer Mode zu folgen, ob Moden als eher schlecht oder gut zu bezeichnen sind und wie man mit ihnen umgehen sollte. Als problematisch wird angesehen, dass bei Moden haufig ein Schliisselfaktor in den Vordergrund gestellt wird z.B. „Unternehmenskulmr (Peters/Waterman 1983), (Totales) Qualitatsmanagement. Lean Production (Womack et ai. 1992), Fraktale (Wamecke 1993), Netzwerke, Internes Untemehmertum (Pinchot 1985, Pinchot/Pinchot 1993), Prozesse (Hammer/Champy 1994) oder ,virtuelle Organisation' (Scholz 1997: 320ff.)"5^6, der sich iiber die Zeit abnutzt und dann zu einer Gegenbewegung fuhrt"^. Moden scheinen sich auf diese Art und Weise imiher wieder zu wiederholen. Da sie haufig als mehrdeutige Metaphem oder bloBe Rhetorik"8 2ur Durchsetzung anderer Ideen verstanden werden oder, um alte Konzepte durch neue Begriffe aufzupeppen („alter Wein in neuen Schlauchen"^??)^ werden Mitarbeiter zynisch oder konfus^so. Andererseits beschreiben Kieser, Hegele und Klimmer (1998) Organisationen als zu komplex, „als dass sie ohne IdeaHsierungen und Stilisierungen beschrieben werden k6nnten"58i. Der Vorteil von Moden liegt daher darin, OrganisationsmitgHeder zu motivieren, neue Losungen auszuprobieren und Aktionen einzuleiten. Damit tragen sie durch eine Akkumulation vieler kleiner, aus anderen Moden iibriggebliebener Schritte, zum Wandel der Organisation bei^sz. Die folgenden Schlussfolgerungen werden fur Manager abgeleitet: „(1) Die angemessene Haltung gegeniiber Organisationsmoden ist Gelassenheit. Manager konnen und sollten davon ausgehen, dass Versprechungen, Erfolgsmeldungen und Risiken in Darstellungen neuer Organisationskonzepte in aller Regel stark iibertrieben sind. (2) Manager sollten der Mythenbildung widerstehen und die angebotenen modischen Organisationskonzepte auf ihre dominierenden Prinzipien reduzieren, die ihnen dann in aller Regel nicht unbekannt vorkommen werden. (3) Sie sollten eine Reorganisation erst dann beginnen, wenn sie eine klare Vorstellung entwickelt haben, welche Elemente eines oder mehrerer modischen Organisationskonzepte auf das dgene Unternehmen in sinnvoUer Weise iibertragbar sind."583 Die Rolle des Managements bei Wandelprozessen betrachtet ReiB (1997a) hinsichtlich der Fragestellung, ob Management als „Kunst" oder „Kompetenz" verstanden werden sollte. Generell lassen sich zwei Extrempositionen unterscheiden: ]edes Management ist Change Management und

"5 S. Kieser / Hegele / Klimmer 1998, S. 25. "6 Vgl. Kieser / Hegele /Klimmer 1998, S. 27. "7 Vgl. Kieser / Hegele / Klimmer 1998, S. 38f. "8 Vgl. Kieser / Hegele / Klimmer 1998, S. 26ff. 579 Vgl. Reifi 1997b, S. 90. 58« Vgl. Eccles / Nohria / Berkley 1992, S. 184. 581 S. Kieser / Hegele / Klimmer 1998, S. 40. 582 Vgl. ReiB 1997b, S. 89. Die positiv bewertete Interpretation der M o d e n bezeichnet ReiB als Fortschritt, die mit Aktualitat gleichgesetzt wird. Eine negative Interpretation setzt nach ReiB die Begriffe Aktuatlitat mit M o d e gleich.

583 S. Kieser / Hegele / Klimmer 1998, S. 41.

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Wandel entv^eht sichjeder Art von Management^. In einer realistischeren Sichtweise beschreibt ReiC (1997a) drei rdevante Arten des Managements von Change-Prozessen (s. Abbildung 24). Wandel und Management

AbbiiduHg 24 Drti Arten der Verbindung s^cben

Wandel und

Memagemenf

„Wandel als Kontextanderung" bezieht sich auf die Veranderungen im Umfdd als wesentliche Rahmenbedingungen fur das Management (s. Kap. 3.2.2). „Wandel als Gestaltungsansatz" reprasentiert einen selektiven Instumentenkasten, der dem Management zur Verfugung steht um Veranderungen 2u gestalten (diese Sichtweise wird hauptsachlich in diesem Kapitel und aus der Perspektive „Wandel ist die Ausnahme" heraus verfolgt). Die dritte Art der Verbindung zwischen Wandel und Management sieht eine kontinuierliche Untemehmungsentwicklimg als Ziel an („Wandel als Untemehmungsentwicklung**)5«6. Als Aktionsfelder fiir den Wandel nennen von Rosenstiel und Comelli (2003) den Kulturwandel (z.B. Wertesystem, Leitideen, Einstellungen und Verhaltensweisen), den Strategiewandel (z.B. Kundenorientierung, Technologiefiihrerschaft, Kostenfuhrerschaft, Intemationalisierung), den Strukturwandel (z.B. Dezentralisierung, Abbau von Hierarchie, Netzwerkorganisation) und die Reaktion auf den gesellschaftlichen, technischen oder okologischen Wandel (z.B. Technologien, Werte- und Rollenwandel, Telearbeit, virtuelle Firmen) s*''. Vor dem Hintergrund der bereits erwahnten Organisationsmoden und des Einflusses des Managements auf den Wandel wagen Kieser, Hegele und Klimmer (1998) Vor- und Nachteile des kontinuierlichen Wandels und des tiefgreifend-diskontinuierlichen Wandels ab^ss. Untemehmen, die den steten Wandel in kleinen Schritten bevorzugen, versuchen sich laufend Umweltveranderungen anzupassen. Als Vorteile werden der sanftere Ubergang von einem Zustand zum nachsten, der geringere Zeitaufwand fur kleinere Veranderungsprozesse, die hohere Akzeptanz durch ein geringeres Empfinden des Wandels als Bedrohung genannt sowie die Tatsache, dass sich Mitar-

584 Vgl. ReiB 1997a, S. 13 585 Vgl. Reifl 1997a, S. 13. 586 Vgl. ReiB 1997a, S. 14. 587 Vgl. von Rosenstiel / Comelli 2003, S. 136. 588 Vgl. Kieser / Hegele / Klimmer 1998, S. 17ff. Siehe auch ReiB 1997b, S. 87f.

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beiter an den steten Wandel gewohnt haben. Fiir tiefgreifenden Wandel in groBeren Schritten und damit zumeist nach langeren Zeitabschnitten - spricht, dass Unternehmen immer wieder gezwungen werden, sich tiefgreifend zu verandem; der idealtypische kontinuierliche Wandel also keine Abhilfe darstellt und ebenso wenig reaHsierbar ware. Bezugnehmend auf den organisatorischen Konservatismus wird dariiber hinaus argumentiert, dass Organisationen immer wieder zu einem stabilen Gleichgewicht tendieren^s^. Dariiber hinaus wird die Vorteilhaftigkeit des sprunghaften Wandels darin begriindet, dass Nachahmer gegeniiber dem Pionier im Vorteil waren. SchlieBlich beruht ein Argument fiir den tiefgreifenden organisatorischen Wandel darin, dass es organisatorische Gmndtypen, sog. Archetypen, gabe und somit der Wechsel von einem Typ zum anderen eben nicht graduell vollzogen werden konne^^o. Als Archetypen des Wandels innerhalb einer Untemehmung fiihrt ReiB (1997a) den Strategiewandel (z.B. Intemationalisierung, Kundenorientiemng, Dienstieistungskonversion, Kemkompetenzen), den Strukturwandel (z.B. Center-Orgatiisation, Prozessorganisation, Akquisition, Networking), den Bjssoumnwandel (z.B. Technologiewandel, Wertewandel, Rollenwandel, okologischer Wandel) sowie den Wandel der Untemehmung (z.B. Turnaround, Kulturwandel, „Fitness", Untemehmertum) selber auf^'i, RgiB (1997a) nimmt eine Stmkturierung verschiedener Archetypen von Veranderungsmodellen vor, die in Abbildung 25 aufgefuhrt sind.

^«' Vgl. Lewin 1958. Das Modell wird im Folgenden eriautert. ^'o Vgl. Kieser / Hegele / Klimmer 1998, S. 17ff. Das letzte Argument der organisatorischen Archetypen endarven die Autoren in vielen Fallen als Vernachlassigung der Tatsache, dass es innheralb bestehender Organisationstypen sehr wohl Annahenangen an neue Typen geben kann (S. 20). '5' Vgl. ReiB 1997a, S. 8.

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Veranderungsmodel

Organisierte Revolution

UnternehmensMetamorphose

I Geplante Evolution |

Change Management z.B. Reengineering durch Corporateoder Business Transformation J KrisenManagement

Organisationsentwicklung

Organisationales Lemen: Wandel als Vert)esserung der Wissensbasis

LebenszyklusModelle

- | Refonnprogramm [• InnovationsManagement Modifikationsmanagement: z.B. Simultaneous Engineering

i^::^ Kontinuieiliche Verbessemng: z.B. durch den KVP, Kaizen oder dasBVW

Implementiening: z.B. von FQhrungsgmndsdtzen oder von Target Costing I Projektorganisation |

| Moderierte Veri^esserung j

I SeH)8toptimiening |

Abbildung 25 Verdnderungsmodelk nach Vjnfi(1997af^

Bestandteile des Change Management sind nach diesem Modell alle Prozesse der globalen Verandening. Dazu zahlen organisierte Revolutionen sowie geplante Evolutionen. Das zweite groBe Feld bezeichnet ReiB (1997a) als Implementierung. Hier sind alle MaBnahmen der Implementiening, Einfiihrung oder Umsetzung gemeint {Projektorganisatioti)^ die sich um die Anpassung des Kontextes an ein neues Konzept bemiihen {moderierte Verbesserun^. Beispiele sind die Implementierung von Fiihrungsgrundsatzen oder etwa von Target Costing593. Eine Liste „aktueller Change-Konzepte" stellt ReiB 1997 vor: „Behandelt werden in diesem Abschnitt nur die aktuellen Konzepte, die das Zeug zum ^Megatrend' haben. Dieses Pradikat verdienen zunachst alle Ansatze mit ,globaler* Breitenwirkung: Sie sind international verbreitet und auf alle Branchen, Ressorts und Untemehmenstypen anwendbar. AuBerdem zeichnet sich ein Megatrend durch zahlreiche einschlagige Veroffentlichungen und Kongresse sowie durch haufige Nennung in Befragungen aus.^^^" Neben dem triadischen Modell von Kurt Lewin erlautert ReiB (1997a und 1997b) die Konzepte des Business Reengineering^^s^ des Lean Management^^^^ des

5^2 Eigenerstellung in Anlehnung an ReiB 1997a, S. 9ff. KVP: Kontinuierlicher Verbesserungs-Prozess, BVW: Betriebliches Vorschlagswesen. 593 Vgl. ReiB 1997a, S.9ff. 594S. ReiB 1997b, S. 32. 595 Vgl. Hammer / Champy 1994; ReiB 1997b, S. 31 ff; Kieser / Hegele / Klimmer 1998, S. 61 ff; Osterloh / Frost 1996,S.277ff. 596 Vgl. Womach /Jones / Roos 1990; WUdemann 1996a, 1997b und 1997a, S. 394ff; ReiB 1997b, S. 47ff; Kieser / Hegele / Klimmer 1998, S. 45f; Wildemann 2001.

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Total Quality Managements^^^ der Netzwerkorganisations^s und des lernenden Untemehmenss^^. Diese Ansatze sollen an dieser Stelle und aus der Perspektive „Stabilitat ist der Normalzustand" nicht weiter thematisiert werden. Fiir die Analyse der Fiihrungssysteme ist insbesondere das triadische Modell von Kurt Lewin von Interesse, auf das die meisten der Ansatze dieser Perspektive zuriickzufuhren sind^oo. Im Weiteren folgt daher eine ausfiihrlichere Beschreibung des Modells, gefolgt von ausgewahlten Ansatzen der organisatorischen Transformation - u.a. das 8-SchritteModell von John Kotter - sowie Lebenszyklus- und Prozessmodelle. Das triadische Modell des Wandels nach Lewin Kurt Lewin lieferte bereits vor Jahrzehnten mit seiner Theorie des dynamischen Gleichgewichts die Grundlage fiir die meisten der heute existierenden Veranderungskonzepte. Ausgangspunkt des Modells ist die Vorstellung, dass jede Situation einerseits Krafte enthalt, die auf eine Veranderung drangen (driving forces) und andererseits Krafte, die den Ursprungszustand beibehalten mochten (restraining forces) ^oi. Nach von Rosenstiel und Comelli (2003) formulierte Lewin die Aussage, dass ein stabiler Gleichgewichtszustand dann erreicht ist, „wenn die Summe der akzelerierenden Krafte gleich der Summe der retardierenden Krafte ist" gemaB dem physikalischen Gesetz „actio gegengleich reactio"602, Lewin beschaftigte sich urspriinglich mit der Frage, wie mit Widerstanden gegen Anderungen umgegangen werden kann. Den wesentlichen Impuls fiir sein Modell des Wandels entwickelte der zunachst in Berlin lehrende und spater in die USA geflohene Lewin aus Experimentalstudien zur Uberwindung von Speiseabscheu. Lewin wurde vom Food Habits Committee des National Research Council zur Durchfiihrung dieser Studien beauftragt, da die USA im Zuge des Kriegseintritts eine Lebensmittelverknappung erwarteten. Schreyogg (2003) bezeichnet das Untersuchungsobjekt Speiseabscheu als sehr gut geeignet fur die exemplarische Analyse von Widerstanden, „weil es sich hier ganz offensichtlich um eine nicht sachlich begriindete, sondern stark emotionale, meist sehr tief sitzende Barriere handelt. Es mischen sich gelernter Ekel mit Fragen des sozialen Status (z.B. Innereien: ,das Essen der armen Leute, die sich kein Fleisch leisten konnen*) und mit Aberglauben (z.B: ,das Herz eines Lebewesens iibertragt dessen Ziige') - ein schwer auflosbares Konglomerat von Beweggriinden, wie es in ahnlicher Form auch sehr haufig bei betriebHchen VeranderungsmaBnahmen auftritt (Lewin 1943, S. 60)."^^^

597 Vgl. Hackman / Wageman 1995, S. 333ff; Wildemann / KeUer 1996c; Wildmeann 1996b; Coenenberg / Schmitz 1996; Kamiske / Theden 1996, S. 33ff; ReiB 1997b, S. 59ff; Wildemann 1997a, S. lOOff. und 389ff; Feldman / Pentland 2003, S. 94. 598 Vgl. Picot / Reichwald / Wigand 2003, S. 204ff. 599 Vgl. ReiB 1997a und ReiB 1997b. Auch Huff und Moslein fordern 2003, S. 15, dass im Zuge einer Forschung, die starker den Wandel und das „leadership in organizations" behandelt, ausgereifte „systemische" Ansatze betrachtet werden sollten. 600 Vgl. z.B. Tichy / Devanna 1997, die die drei Schritte Awakening, Mobilizing, Reinforcing nennen, Nadler /

Tushman 1989, bei denen die Phasen Energizing, Envisioning, Enabling heissen oder Kanter et al. 1992, S. 375ff, deren Konzept im Folgenden vorgestellt wird. 601 Vgl. von Rosenstiel / Comelli 2003, S. 147. 602 S. von Rosenstiel / ComelU 2003, S. 148. 603 S. Schreyogg 2003, S. 503.

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Zum Abbau des Widerstandes wurden bei jeweils drei der Anzahl nach eher kleinen Gruppen 2wei unterschiedliche Verfahren eingesetzt. Schreyo^ (2003) bezeichnet diese Gruppen als die „Vortragsgruppen" und die „Diskussionsgruppen". Bei den Vortragsgruppen erhielten Hausfrauen Vortrage iiber die emahrungswissenschafdichen Vorziige von Innereien (Herz, Lunge, Nieren) und iiber deren Zubereitung unter Vermeidung „ungeliebter" Begleiterscheinungen wie Geruch oder direkten Tastkontakt. Nach der Ausgabe von Rezepten wurde den Teilnehmerinnen die Moglichkeit eingeraumt, iiber eigene positive Erfahrungen zu berichten. In den Diskussionsgruppen lag der Fokus auf der interaktiven Diskussion und dem gemeinsamen Abbau der Widerstande. Zu Beginn wurde die Problemlage kurz dargestellt, wobei auf die kriegsbedingte Lebensmittelverknappung und auf die gesellschaftliche Bedeutung der Anderung von Nahrungsgewohnheiten verwiesen wurde. Danach erarbeiteten die Teilnehmerinnen mit Moderatoren die Griinde fiir den Widerstand gegen Innereien und entwickelten Stxategien fiir die amerikanische Regierung wie man Hausfrauen „wie uns" dazu bringen konnte, die Abscheu zu iiberwinden. Danach bot die Moderatorin bei Nachfrage weitere Informationen und Rezepte an. Zum Ende des Workshops sollten die Frauen durch Handheben signalisieren, wer bereit sei, selbst eine der besprochenen Innereien auszuprobieren. Sieben Tage nach den Veranstaltungen gaben 10% der Frauen aus den Vortragsgruppen und 52% der Frauen aus den Diskussionsgruppen an, dass sie Innereien gekocht hatten. 3% der Frauen aus den Vortragsgruppen hatten auBerdem ihnen bis dahin vollig unbekannte Innereien gekocht. In den Diskussionsgruppen waren es 32% der Frauen. Nach Lewin ergeben sich so die folgenden Faktoren fiir den groBeren Erfolg des Einstellungswandels bei den Diskussionsgruppen: • •

Hoheres AusmaB der aktiven Teilnahme (Eigenaktivitat) Hohere Veranderungsmotivation durch Herbeifiihrung einer Entscheidung (Handheben am Schluss der Veranstaltung)



Hohere Gruppenaktivitat, -dynamik sowie hoherer Gruppenzusammenhalt604

Im Folgenden leiten sich daraus Eckpfeiler oder „goldenen Regeln" des erfolgreichen organisatorischen Wandels ab: „(1) Aktive Teilnahme am Veranderungsgeschehen, friihzeitige Information iiber den anstehenden Wandel und Partizipation an den Veranderungsentscheidungen. (2) Nutzung der Gruppe als Wandelmedium. Wandelprozesse in Gruppen sind weniger beangstigend und werden im Durchschnitt schneller vollzogen. (3) Kooperation unter den BeteiMgten. Aus anderen Experimenten leitet Lewin schlieBlich noch eine vierte Regel ab: (4) Wandelprozesse vollziehen sich ^khsch. Sie bediirfen einer Auflockerungsphase, in der die Bereitschaft zum Wandel erzeugt wird, und einer Beruhigungsphase, die den vollzogenen Wandel stabilisiert."^''

604 Vgl. Schreyogg 2003, S. 503ff.

605 S. Schreyogg / Noss 1995, S. 171 und Schreyogg 2003, S. 505f.

StabiUtat und Wandel

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Die letzte der vier Regeln entwickelte Lewin, da er wahrend seiner Experimente beobachten konnte, dass die Anderungsbereitschaft in manchen Gruppen lediglich kurzfristig anhielt, in anderen Gruppen dagegen von dauerhafter Natur war. Lewin folgerte daraus, dass der neue SollZustand also gegen die bereits erwahnten beharrenden oder retardierenden Krafte abgesichert werden muss^'^. Spater bezieht sich Schreyogg (2003) auf Coch / French (1948), Ronken / Lawrence (1952) und Watson (1975) wenn er die folgenden vier Faktoren als wesendich erachtet, um die Veranderungsbereitschaft zu erhohen: •

Einverstandnis iiber die Wandelnotwendigkeit



Mitarbeit am Veranderungskonzept (Partizipation)



Gemeinsamer Beschluss iiber die Veranderung



Begreifbar machen der Veranderung^o^

Als einer der Ersten betonte Lewin aber zusatzlich die Notwendigkeit einer „Destabilisierungsphase" oder „Auftauphase" alter Einstellungen (unfreezing)608^ Das triadische Modell nach Lewin umfasst daher die folgenden drei Schritte^o^: 1.

Schritt: Auftauen / Destabilisieren (Unfreezing)

Im ersten Schritt werden alte Einstellungen und stabile Gleichgewichte aufgelost, beispielsweise dadurch, dass man die betroffenen Mitarbeiter fur die Notwendigkeit einer Anderung oder Anpassung sensibilisiert. Folgt man dem acht Phasen Modell von John Kotter, das spater noch vorgesteUt wird, ware in dieser Phase der Leidensdruck fur eine Veranderung zu erhohen (increase urgency)6^o; sowohl von innen (etwa durch eine Fehleranalyse oder Ideen neuer Mitarbeiter), als auch von auBen (offentHche Kritik am Unternehmen, GewinneinbuBen usw.). Ziel ist es, die Bereitschaft zur Veranderung herauszubilden - bestehende Regeln und Gedankenmuster soUen aufgebrochen^'i, alte Gewohnheiten sollen in Frage gestellt und neue Ideen diskutiert werden. Schein (1995) leitet aus Forschungsarbeiten, die auf dem Modell von Lewin aufbauen, ab, dass sich das „Auftauen" not>x'^endigerweise aus drei sehr verschiedenen Prozessen zusammensetzt. Nur wenn alle drei bis zu einem bestimmten Grad vorhanden sind, kann das System eine Motivation zum Wandel entwickeln. Die drei Faktoren sind „(1) beunruhigende Daten, die emsthafte Unruhe auslosen und das Gleichgewicht in Frage stellen, (2) der Zusammenhang dieser beunruhigenden Daten mit wichtigen Zielen und Idealen, der Angst- und / oder Schuldgefuhle weckt und (3) geniigend psychologische Sicherheit, die den Blick frei macht fur mogliche Losungen des Problems und es den Angehorigen des Unternehmens ohne Verlust ihrer Identitat und Integritat

606 Vgl. von Rosenstiel / ComelU 2003, S. 148; Schreyogg 2003, S. 506. 607 Vgl. Schreyogg 2003, S. 508. 608 Vgl. ReiB 1997a, S. 27. 609 Vgl. von Rosenstiel / Comelli 2003, S. 148f.; Schreyogg 2003, S. 507; ReiB 1997a, S. 27. 610 Vgl. etwa Kotter / Cohen 2002, S. 3 oder S. 15ff. Vgl. auch Hamel / VaUkangas 2003, S. 27. 611 Siehe hierzu etwa auch Kieser / Hegele / Klimmer 1998, S. 2.

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StabiHtat und Wandel

gestattet, die beunnihigenden Daten an2uerkennen, statt sie einfach zu verleugnen.612" Damit nennt Schein (1995) zum einen den auch von Kotter (etwa 1998) geforderten „Leidensdnick", zum anderen auch die im Ziircher Modell der sozialen Motivation als notwendig erachtete und hier von Schein so bezeichnete „psychologische Sicherheit", als Voraussetzungen fiir Veranderungen. Aufgabe der Fiihrungskrafte ist es in diesem ModeU, den Leidensdruck zu erzeugen, den Zusammenhang zu wichtigen Zielen intensiv und emotional zu kommunizieren sowie Mitarbeiter zu fordem, damit diese die notige psychologische Sicherheit erlangen. Fuhrungssysteme konnen dazu beitragen, indem sie diese Prozesse durch ihre Regelungen und Strukturen ermoglichen sowie die Kommunikation als auch die individuelle Weiterentwicklung unterstiitzen. Schreyo^ (2003) sieht die Ursache fiiir das Scheitem vieler Veranderungsprojekte darin, dass gerade dieser Phase zu wenig Beachtung geschenkt wird^^^. 2. Schritt: Andem (Moving) Die vorliegenden Veroffentlichungen halten diesen Ubergangsschritt zumeist sehr kurz. In dieser Phase sollen sich die Betroffenen mit dem Soll-Zustand oder dem gewiinschten Verhalten vertraut machen. Zentral ist dabei die Erprobung der neuen Situation bzw. die Einiibung neuer Verhaltensweisen. Nach von Rosenstiel und Comelli (2003) ist es wichtig, in diesem Schritt aUe Unsicherheiten zu eliminieren, da die Betroffenen sonst in den alten Status zuriick verfallen^''^. 3. Schritt: Verfestigen / Stabilisieren (Freezing / Refreezing) SchlieBlich muss der neue Gleichgewichtszustand „eingefroren", also etabliert, gelebt und gegen Riickfalle abgesichert werden. In dieser Verfestigungsphase spielen neue (formelle wie informelle) Regelungen, Fiihrungsinstrumente (wie z.B. Belohnungssysteme, Auffrischkurse und Schulungen oder Leitbilder), schnelle positive Riickmeldungen bei Erfolgserlebnissen (ziigige Information bereits iiber kleine Erfolge - „create short-term wins"^'^) durch die neuen Praktiken, Verhaltensweisen und Strategien sowie sofortiges Reagieren bei Abweichungen vom vorgesehenen Konzept eine entscheidende RolleOber Umweltbezug, Wahrtieit / Zeit, Menschen, menschliches Handein, soziale Beziehungen

Abbildung 28 Ebenen der Kultur, nach Edgar Scheirf^^

Das Konstmkt der Untemehmenskultur wird als komplexes, in der Gesamtheit nur schwer fassbares Phanomen beschrieben. Das Modell von Schein (1995) versucht diese Komplexitat darzustellen; selbst auf der obersten Ebene, den Artefakten oder dem Symbolsystem, sind die Ausdrucksformen zwar sicht- und erfassbar, sie bleiben jedoch auch hier stark interpretationsbedurftig (s. Abbildung 28). Auf dieser obersten Ebene siedelt Schein (1995) alle Symbole an, die man sieht, hort und fiihlt, wenn man einer neuen Gruppe mit einer noch unbekannten Kultur begegnet^^^. Als Beispiele dienen die Architektur der raumlichen Umgebung (Schein fiihrt in diesem Zusammenhang auch die Pyramiden der Agypter und Mayas auf, die ebenfalls weithin sichtbar, jedoch nur schwer zu entschlussein sind oder waren), die Sprache, Technologien, Produkte,

672 Vgl. Schein 1984 und 1995, S. 30; Schreyogg 2004, S. 25. "^•^3 Siehe zu Symbolen im Umgang mit Wandel auch Armenakis et al. 1996.

Stabilitat und Wandel

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kiinsderische Werke, die Kleidung, Sprechweisen, Legenden, Geschichten674 oder Rituale und Zeremonien675. „Core Values" oder Leitideen siedelt Schein (1995) auf der nachsten Ebene seines Modells, den bekundeten Werten, an. Die Entstehung der Wertvorstellungen und Verhaltensstandards wird wie folgt erlautert: Wenn eine Gruppe neu geschaffen wird oder wenn sie vor einer neuen Aufgabe steht, werden Losungsvorschlage angeboten, die wiederum Riickschliisse auf die Grundannahmen - liber richtige und falsche sowie brauchbare und unbrauchbare Ansatze - der jeweiligen Utheber zulassen. Die Vorschlage der Gruppenmitglieder, die sich durchsetzen, werden spater ais diejenigen der „Fuhrungspers6nlichkeiten" oder Griinder anerkannt. Damit ist jedoch noch keine gemeinsame Basis dariiber geschaffen worden, was real und richtig ist; die Vorschlage nehmen zunachst lediglich den Stams eines „Wertes" ein. Die Formulierung dieser Werte in eine eigene Philosophie kann die Gruppe jedoch zusammenschweiBen und ihr ein Gefiihl der Identitat geben und damit eine der Gruppe eigene, zentrale Botschaft vermitteln. Voraussetzung dafur ist ein angemessener Grad von Ubereinstimmung der bekundeten Werte mit den Gfundpramissen^^fi. Diese Basisannahmen einer Kultur bestehen aus einem Konglomerat grundlegender Uberzeugungen, vorherrschender Orientierungs- und VorsteUungsmuster, die „dem Denken, Fuhlen und Handeln in einer Organisation Richtung verleihen." Die Grundpramissen ordnen sich nach Schreyogg (2004) um die fiinf Grundthemen Umweltbezug, Wahrheit und Zeit, Menschen, menschliches Handeln sowie soziale Beziehungen^^?. Schein (1995) erlautert, dass die Wesenziige einer Unternehmenskultur am besten zu Tage treten, wenn man versucht, sie zu verandern^^s. Aufschliisse iiber die Kultur konnen daher Mitarbeiter geben, wenn man sie bittet, Tabu-Themen der Organisation anzusprechen oder Interviews iiber Erfahrungen und notwendige Verhaltensanderungen, die neue Mitarbeiter vomehmen mussten, um sich an das Unternehmen zu gew6hnen679. Vor diesem Hintergrund betont Schein (1995) die hohe Bedeutung der Fiihrung und der Fiihrungskrafte sowie die stabilisierende Wirkung der Unternehmenskultur: „In der Fiihrung liegt der Ursprung fiir die Anschauungen und Werte, die eine Gruppe dazu bewegen, sich mit ihren internen und externen Problemen auseinander zusetzen. Wenn die Losungsvorschlage der Fiihrungspersonlichkeiten funktionieren und zu anhaltenden Erfolgen fiihren, dann verwandelt sich die urspriinglich nur von der Fiihrungspersonlichkeit vertretene Pramisse zu einer gemeinsamen. Sobald sich in diesem Prozess ein

^"^"^ Siehe 2um „Change in the Stor3rtelling Organisation" Boje 1991 oder Frenzel / Miiller / Sottong 2004, zur Produktion von „Mythen" Kieser / Hegele / Klimmer 1998, S. 32ff, zu der notwendigen Gabe einer guten Fiihrungskraft, interessante Geschichten erzahlen zu konnen Tichy / Charan 1989, S. 113 sowie zu einer kritischen Betrachtung der Einzigartigkeit organisationaler Geschichten Martin et ai. 1983. 675 Ygi Schein 1995, S. 30. Die Mehrdeutigkeit der Symbole - vor dem Hintergrund symbolischer Fiihrung - und damit die Gefahr der Missinterpretation betont ebenso Neuberger (2002), S. 642ff. 676 Schein 1995, S.31f. 677 Vgl. Schreyogg 2004, S. 25. 678 S. S c h e i n 1 9 9 5 , S. 37: ,J\ian versteht ein System am besten, wenn man es ^u dndem versucht^'' H e r v o r h e b u n g e n i m Original. Die gleiche These vertritt auch Huy 2004, S. 1: „Such aspects only become salient during major discontinuities when the utility of existing operations is questioned..." 679 Ygi 2ur Analyse von Unternehmenskulturen Schein 1995, S. 35ff.

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Stabilitat und Wandel System gemeinsamer Gmndannahmen herausgebildet hat, kann dieses sowohl fiiir die einzeinen Mitglieder als auch fiiir die gesamte Gruppe als kognitiver Abwehrmechanismus mrken.

Anders ausgedriickt: Individuen und Gruppen suchen nach StabiHtdt und Sinn/'^^

Spater leitet Schein (1995) daraus zwei typische Klassifikationen von Untemehmenskulturen ab (das Untemehmen ^Action" und das Untemehmen „Multi**), die er vor aiiem auf die Pramissen der Untemehmensgriinder und auf die starken Fiihrungspersonlichkeiten im Untemehmen zuruckfuhrt Match

i

Ziele

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nenaiungen

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H

Ergebnisse

L 1 "^

^

iviiai 1 idioi 1

Single-loop / Korrekturen Double-loop / Korrekturen Abbildung 30 Single-loop- und Douhle-loop-ljeamin£"

Die Anpassung an den Wandel geschieht ais Reaktion auf Umweltveranderungen, zum Beispiel durch die Orientierung an der Konkurrenz oder an Kunden^^. Dies setzt jedoch die Fahigkeit des „Verlemens" alter Handlungsmuster voraus^^^. Nach Probst und Biichel (1994) ist das Verlemen gekennzeichnet durch eine Veranderung von Wissensstrukturen und als solches notwendig fiiir Veranderungsprozesse, da Lemen dort verhindert wird, wo Wissen bewahrt bleibt. Die Autoren fordem daher auch, dass eine Organisation ihre zuvor genannten intemen „Speicher-Systeme" zur gegebenen Zeit als „Feind" auffassen sollten, um iiberhaupt Veranderungen zu ermoglichen. Als Schwierigkeit beschreiben sie im Zusammenhang der Veranderung oder des Wegfalls von alten Strukturen den Erfolg, der bestehende Strukturen fordert („never change a winning team"). Probst und Biichel (1994) weisen auch daraufhin, dass Fuhmngskrafte wie OrganisationsmitgUeder iibUcherweise kaum die Instmmente oder MogUchkeiten hdtten, sich aus dent Umfeld ^ befreien und Verdn-

731 Vgl. Meyer 1998,5.41. 732 Vgi. Probst 1993,8.475. 733 S. Probst / Biichel 1994, S. 77 und Cyert / March 1995, S. 117ff. 734 Vgl. Probst 1993,5.475. 735 Vgl. Probst 1993, 5. 475; Meyer 1998, 5. 41; Argyris 1995a, 5. 8. 736 Vgl. Meyer 1998, 5. 41. 737 Vgl. Probst / Buchell994, 5. 73. Dies wird auch 2001 von Denrell und March untersucht. Die Autoren diskutieren den Pro2ess der Reproduktion ehemals erfolgreicher Handlungsweisen, die „adaptiven" Prozessen inharent sind, als Hinderungsgrund fur das Erlernen von Alternativen und damit als Widerstand gegen Veranderungsprozesse.

Stabilitat und Wandel

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derungen t^u fdrderrf^^. Es lasst sich fiir ein Fiihrungssystem ableiten, das nicht nur das Aufbrechen vorhandener Denkmuster unterstiitzen muss, sondem zudem Freirdume, Zeit und Gekgenheiten schaffen soUte fiiir eine Reflexion der eigenen Verhaltensweisen und Einstellungen. „Aktionstheorien" Diese Fahigkeit des „Verlernens" ist integraler Bestandteil der sog. „Theories of action", die Argyris und Schon 1978 modelliert haben. Dem Konstrukt des organisationalen Lernens nahem sie sich, indem sie sich auf das Reservoir organisationalen Wissens beziehen, das sie als ,^ktionstheorien"739 („Theories of action") bezeichnen. Argyris (2000) stellt in der von ihm beschriebenen Perspektive die folgenden Grundannahmen fest: •

„At the core of human and organizational life is effective action.



Actions are produced by individuals using their mind/brain.



The way the mind/brain produces actions is to use designs that are stored in and retrievable from the human mind/brain.



The designs are causal. They specify the intentions to be achieved, the actual behavior required to achieve them, and the values that govern the actions.



The designs that are actionable must also be testable, or else we can never assess our effectiveness.



Individuals hold designs that they espouse'^'"' and designs that they actually use. The key to change and learning is to get at the designs in use or theories in use."'''^^

Er unterscheidet zwei grundlegende Theorien: Die offiziellere „espoused theory" (nach Probst: Handlungstheorie) und die „theory-in-use" (nach Probst: Gebrauchstheorie^'^2^ ''^^ „Early in our research, my colleagues and I learned that there were two tj^es of theories of action. One was the theory that individuals espoused and that comprised their beliefs, attitudes, and values. The second was their theory-in-use - the theory that they actually employed.^'*^" Handlungstheorien (espoused theories) konnen sowohl formeller wie informeller Natur sein - sie sind Orientierungsrichtlinie fur die Organisationsmitglieder und Ausdruck des Unternehmenszwecks. Vor diesem Verstandnis interagieren Bezugsrahmen und Handlung^^s. Im Sinne einer „Corporate Identity" muss innerhalb des Unternehmens ein breiter Konsens iiber offizielle Handlungstheorien bestehen. Den Handlungstheorien liegen Leitbilder, Projekte, Strategien, Ziele, Kulturen, Strukturen sowie Machtverhaltnisse zugrunde. Damit ist die Mehrheit der Mitarbei-

738 vgl. Probst / Biichel 1994, S. 73. 739 Vgl. Probst 1993, S. 473. "^^^ Espouse: zustimmen, verbinden, fiiir etwas eintreten. 741 S. Argyris 2000, S. 420. 742 Vgl. Probst 1993, S.473f. 7« Vgl. Argyris 2000, S. 415ff; Argyris 1995a, S. 39ff; Argyris 1995b; Argyris / Schon 1978. 744 S. Argyris 1995b, S. 20.

745 Vgl. Probst 1993,5.466.

166

Stabilitat und Wandel

ter nicht an der Ausarbeitung beteiligt iind muss diese in „gewisser Weise erst ,erlemen', das heiBt, sie auf ihre Weise in den eigenen Bezugsrahmen einordnen.^'^" Bei den Gebrauchstheorien (theory-in-use) handelt es sich um individuell und kollektiv geteilte Erfahrungen, die sich aus den Handlungen der Organisatdonsmitglieder ableiten lassen. Sie werden im Normalfall nicht im Untemehmen diskutiert und sind damit schwer 2u beobachten und 2u erfassen^^^. Probst (1993) leitet aus diesen Erkenntnissen die Rolle einer charismatischen Fuhrungskraft ab: „Er kann die Leitlinien festlegen, die Ziele klar definieren, fur die notige Dynatnik und Destabilisierung sorgen, durch die individuelle Lemprozesse in Gang gesetzt werden, Gruppen zusammenstellen, in denen ein besonders fruchtbarer Meinungs- und Erfahrungsaustausch und damit auch ein effizienter intake' von Informationen stattfindet, auf Fragen und Unsicherheiten eingehen und so eine zu der aus den Zielen hervorgegangenen Synthese komplementare Analyse ermoglichen. Unter einem solchen Untemehmensleiter hatten die Individuen die Moglichkeit, ihre Lemprozesse in das Ganze einzuordnen. Da jedoch jeder die offiziellen Theorien auf seine Weise auslegt, da jeder seine eigenen Erfahrungen macht, kann das System als Ganzes nicht das lemen, was seine Mitglieder bereits wis sen... "^'^ Fiir Argyris (1995b) war es dennoch auBerst erstaunlich festzustellen, dass zwischen den Handlungs- und Gebrauchstheorien deutliche Unterschiede auftreten: „Therefore, it was a major surprise - given our view of human beings as designing organisms - to find out that there are often fundamental, systematic mismatches between individuals' espoused and in-use designs. It was also a bit baffling to find that individuals develop designs to keep them unaware of the mismatch. And they do all this when the issues are embarrassing or threatening, the precise time when effective learning is crucial..."749

Aus diesem Befund und der Tatsache, dass sogar in verschiedenen Landem immer wieder dieselben Gebrauchstheorien zu finden waren, entwickelte Argyris (1995b) die beiden Konzepte Model I und Model II der Gebrauchstheorien^^o^ Merkmale der Model I Gebrauchstheorie sind (1) „Achieve your intended purpose", (2) „Maximize winning and minimize loosing", (3) „Suppress negative feelings" und (4) „Behave according to what you consider rational". Zu den Merkmalen der Model II Gebrauchstheorie zahlen: (1) "Valid information", (2) „Informed choice" und (3) „Vigilant monitoring of the implementation of the choice in order to detect and correct error". Daraus folgert Argyris fur Model I und Model II die folgenden Strategien: (1) „Advocate your position", (2) „Evaluate the thoughts and actions of others (and your own thoughts and actions)" und (3) „Attribute causes for whatever you are trying to understand". Ganz im Gegensatz zu Model II ergeben sich jedoch a/s Konsequenz^ofi Mode/1

746 vgl. Probst 1993, S.473f. 747 Vgl. Probst 1993,5.474. 748 S.Probst 1993,5.474. 749 S. Argyris 1995b, S.20f. 750 Argyris 1995b, S. 21 ff. 5iehe auch Argyris 2000, 5. 421 ff.

Defcnsivvtihalten,

Stabilitat und Wandel

167

Missverstandnisse sowie „Self-fulfilling-Prophecies" und „Self-sealing-Processes", die zu den sog. „Organizatdonal defensive routines" fiihren. jjOrganizational defensive routines are any action, policy, or practice tiiat prevents organizational participants from experiencing embarrassment or threat and, at the same time, prevents them from discovering the causes of the embarrassment or threat.""^^i Nach Probst (1993) sind mit den „defensive routines" alle Handlungen oder Leitlinien gemeint, die darauf abzielen, den mit dem Lernprozess verbundenen Schwierigkeiten und Problemen aus dem Weg zu gehen, die aber gleichzeitig die Beseitigung der Ursachen dieser Schwierigkeiten und Probleme verhindern wiirden'^^a^ i^ Folgenden warnt Argyris (1995b) daher, dass diese „defensive routines" Organisationen wie Individuen vom Double-loop-Learning abhalten konnen: „Organizational defensive routines, like Model I theories-in-use, inhibit double-loop learning and overprotect the individuals and the organization... Organizational routines are caused by a circular, self-reinforcing process in which individuals' Model I theories-inuse produce individual strategies of bypass and cover-up, which result in organizational bypass and cover-up, which reinforce the individuals' theories-in-use.""^" Das bedeutet, dass es nicht moglich sein sollte, „organizational defensive routines" zu andern, ohne „individual routines" zu andern. An anderer Stelle erganzt Argyris (2000), dass Model I routinemaBiges Lernen unterstiitzt und auBerplanmaBiges Lemen ablehnt. Die genannte Abwehrhaltung („defensive reasoning") ist daher die vorherrschende Einstellung, die sich aus dem Model I ergibt. Dies sei einer der Griinde, warum sich Unterschiede in den Handlungs- und Gebrauchstheorien finden lassen^54^ J^^L Model I Gebrauchstheorien es per Definition verhindern, dass sich die der Theorie zugrunde liegenden Werte vor allem in bedrohlichen (threat) oder unangenehmen (embarrassing) Situationen verandern, wird das fiir tieferen Wandel notwendige Double-loop Learning abgeblockt^^s Um der Organisation das Lemen zu ermoglichen, ist es daher notwendig diese „defensive routines" zunachst wahrzunehmen und sie offen zulegen. Diese Aufgabe stellt sich gerade bei den schwer zu erfassenden und quasi automatisch ablaufenden Gebrauchstheorien als auBerst komplex dar. Dariiber hinaus gilt es sie abzubauen (zu verlernen) und sich schlieBlich neue Gebrauchstheorien anzueignen. Argyris (1995b) sieht dazu die Einfuhrung von Model II Gebrauchstheorien als geeignet an, da diese gemaB ihrer Definition vorurteilsfrei und transparent offen legen, wie Aktoren zu ihren Bewertungen und Schliissen gekommen sind und Modell II zusatzlich dazu anregt, aktiv nach Fehlern und nach „bedrohlichen" wie „unangenehmen" Situationen zu suchen. Die Herausforderung besteht darin, die zunachst als Handlungstheorie eingefuhrte Model II theory in eine Gebrauchstheorie zu transformieren, indem neue Fahigkeiten („skills") und Werte („governing values**) erlernt werden:

751 S. Argyris 1995b, S. 21. 752 Vgl. Probst 1993,5.479. 753 S. Argyris 1995b, S. 21. 754 Vgl. Argyris 2000, S. 421 f. 755 Vgl. Argyris 1995b, S. 21 f.

Stabilitat und Wandel

168

„However, unlike Model I behaviours, Model II behaviours are crafted into action strategies that openly illustrate how the actors reached their evaluations or attributions and how they crafted them to encourage inquiry and testing by others. As a consequence, defensive routines that are antileaming are minimized and double-loop learning is facilitated. Embarrassment and threat are not bypassed and covered-up; they are engaged."^56 Deutero-Leaming (Prozessletnen oder „Lemen zu lemen") Die zwei Lemebenen von Argyris und Schon konnen nun um eine weitere Ebene erganzt werden, die Bateson als Deutero-Leaming bezeichnete^^? Durch die Einbeziehung der Organisationsmitglieder werden Single- und Double-loop-Leaming selbst zum Gegenstand organisationalen Lemens. Hier geht es um eine Modifizierung der Denkweise, der Analyse der Problemsituation, der Infragestellung der kognitiven Strukturen und des Sinnbezugs der Handlungen, der Kritik an der Ist-Situation sowie um die Fahigkeit der Reflexion, um sich selbst zu andem^^s

Reflexion, Analyse und Herstellung eines Sinnbezugs

Handlungen

Zlele

Ergebnisse

Korrekturen Korrekturen Korrekturen

Abbildung 31 Deutero-Leaming - Lemen !(t4 lemeri^^

Schreyogg und Noss (2000) entwickeln auf Grundlage der Luhmann*schen Systemtheorie und des organisationalen Lemen einen Change-Ansatz, der sowohl Lemen als auch Nicht-l^emen (nonlearning) beinhaltet^^ und wiederum die Sichtweise hervorhebt, nach der nicht der Zustand des Wandels als Sonderfall im organisationalen Kontext gesehen werden muss, sondem viel eher der Zustand der Stabilitat^ Single-Loop-Leaming > Effiziente Kommunikatk>n und Koordinatk)n ' Ziele • Planung Verfestigung • Handlungsweisen ' PersOnlichkeitsentfaltung / Sicherheit I ' Stabilisierende Untemehmenskultur

„ Vorauskoordinatton'

St»tik (Oberreglementierung, Inflexibilrtdt, Selbstzweck, Missbrauch)

Personal / Individuum

> .Schwache", innovative Untemehmenskultur als Instrument (wenige Regein) • Kommunikationsforen • Flache Hierarchien, dezentrale Strukturen, kleine zentrale Stdbe • Routinen: Perfbmiativ nach Ostensiv: • Creathn • Maintenance • Modification ' Routinen: Ostensiv nach Performativ: • Guiding • Accouting • Referring ' Regein, Programme, Plane • Organisationsstrukturen • Starke Untemehmenskultur als Instrument

Struktural / Organisation

Abbildung 35 Spektrum organisationakr Mechanismen :(ttdschen StabiUtdt und Wandel

Im Folgenden stellt Kapitel 4 mit der Studie Leadership Excellence eine Untersuchung vor, die Fiihrungssysteme zwischen Stabilitat und Wandel bei einer Vielzahl von GroBuntemehmen betrachtete. Im Rahmen der Studie wurde ein generisches Fiihrungssystem entworfen, dessen Bestandteile ausfuhrlich diskutiert werden sollen. Neben dem Aufbau der Untersuchung werden dann Ergebnisse und Fallstudien prasentiert, bevor Kapitel 5 in einer Zusammenfassung und Schlussbetrachtung Optionen zur Gestaltung eines Fiihrungssystems aufzeigt und Kapitel 6 im Schluss einen kurzen Ausblick versucht.

Leadership Excellence im Kontext von 10 Jahren Fiihrungsforschung

189

4 Die Studie ^Leadership Excellence" In den vorangegangenen Kapiteln wurden aus theoretischem Blickwinkel Fiihrung und Fiihrungssysteme sowie Stabilitat und Wandel untersucht. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse sollen nun mit den Ergebnissen der empirischen Untersuchung „Leadership Excellence" gespiegelt werden, die in Kooperation mit der Siemens AG durchgefiihrt wurde. Im Mittelpunkt des Kapitels stehen so der Aufbau, die Durchfiihrung und die Erkennmisse der Studie sowie ein aus einer breiten Literaturbasis abgeleitetes Modell eines sog. „generischen Fiihrungsrahmens" oder auch systems.

4.1 Leadership Excellence im Kontext von 10 Jahren Fiihrungsforschung Der Lehrstuhl fiir Betriebswirtschaftslehre, insbesondere fur Information, Organisation und Management (vormals Lehrstuhl fiir Allgemeine und Industrielle Betriebswirtschaftslehre) der TUM bHckt dabei auf eine mehr als 10-jahrige Fiihrungsforschung, beginnend in den Jahren 1993/1994 bis 2003/2004, zuriick. In dieser Zeit pragte Peter PribiUa zusammen mit dem Lehrstuhlinhaber, Ralf Reichwald, nachhaltig die Forschungsthemen sowie -anlage der durchgefuhrten Projekte. Peter Pribilla, seit 1997 Zentralvorstand fur Personal der Siemens AG, war dem Lehrstuhl als Honorarprofessor eng verbunden. Zusammen mit Ralf Reichwald war er auch Initiator der Studie „Leadership Excellence - Fiihrungssysteme im Vergleich", die er intensiv bis zu seinem viel zu friihen Tode im August 2003 begleitete. Moslein (2004) beschreibt seinen Einfluss iiber die Grenzen des Lehrstuhls und der TUM hinausgehend wie folgt: „Als er im Sommer 2003 nach schwerer Krankheit viel zu friih verstirbt, sind nach zehn Jahren intensiver Kollaboration Lehr- und Forschungsformen etabliert, die die friihen Formen explorativer Forschung in der deutschen Betriebswirtschaftslehre aufgreifen und weiterentwickeln. Sie pragen eine spezifische Anlage und Durchfiihrung von Lehr- und Forschungsprojekten, die dem von Anne Sigismund Huff postulierten Wissenschaftsverstandnis in der Synthese von „Modus 1" und „Modus 2" unmittelbar nahe kommen. Die Spezifika des Forschungsverstandnisses zeigen sich in der Themenwahl, den Projektzuschnitten, Prozessschritten, Ergebnisformen, Zeithorizonten und QualitatsmaBen. Projekte bilden Orte des gemeinsamen Lernens, der Konversation und Wissensentwicklung auch mit Studierenden."^'^^

842 S. Moslein 2004, S. 118f.

190

Die Studie „Leadership Excellence"

10 Jahre Fuhrungsforschung am Lehrstuhl lOM: Ausgewahlte Projekte und Verbffentlichungen Forschungsfokus

Einzelprojekte

Projektergebnisse

Fijhrung & Medienunterstijtzung



Medieneinsatz im Top-Management



Telekooperatlon & Fuhrung

Reichwald / Goecke (1994), (1995), Pribilla / Reichwald / Goecke (1996), (1997); Goecke (1997) Reichwald / Goecke / Moslem (1996). Reichwald et al. (2000)



Fuhrung und globale Vemetzung / verteilte Strukturen

" •

Fuhrung und M&A Implementierung von Fuhrungsinnovationen

• • • •

Leitblldentwicklung und -implementierung Fiihrungsauswahl / E-Crulting Messung von Fuhrungslelstung Fiihrungsentwicklung



FiJhrungssysteme Im Kontext



FiJhrungssysteme Im Verglelch, Benchmark-Studie

Fuhrung im organisatorischen Wandel

Fijhrungsinstrumente

FiJhrungssysteme

Pribilla (1997), (1998), (1999); Reichwald / Bastlan (1999); Pribilla (2000); Achilles et al. (2001) Castell et al. (1999); Pribilla (2000) Beinhoferetal. (2001);Lidl (2002) Pribilla / Reichwald (1997)

1

Graetzetal. (1999) Bahle et al. (2000); Kaffl et al. (2001) Mdslein / Piller (2001), (2002), MOslein (2002). Pilier / Mdslein (2002a), (2002b). Gottwald et al. (2003). Reichwald / Siebert 1 (2004) Huff / M6slein (2004a), (2004b); Huff / Reichwald / Mdslein / Siebert (2004) Reichwald et al. (2001). (2003). Weiss (2002). Moslein (2004). Reichwald / Siebert (2003), Reichwald / Siebert / Mdslein (2003). (2004)

1

Tabelle 36 Zehnjahre Fuhrungsforschung - Profektfelder und Prt^ektergebnisse im Uberb&ck, in A.nlehnung an Siebert und Moslein (2004f' Die zuletzt aufgefuhrte Benchmark-Studie Leadership Excellence wird im Folgenden ausfiihrlich dargestellt.

4.2 Untersuchungsfokus und Forschungsverstandnis Der beschriebene Perspektivenwechsel der Fuhrungsforschung hin 2um „Management der Fiihrung" und zu Fiihrungssystemen eroffnet ein relativ junges Untersuchungsfeld. Moslein (2004) bezieht sich auf Lowe und Gardner (2001) und konstatiert, dass das Forschungsthema der „Fuhrungssysteme" zu den gravierenden Liicken im Riickblick iiber 10 Jahre Fuhrungsforschung gehort. Im Einzelnen fiihren Lowe und Gardner (2001) sowie Moslein (2004) auf:

843 S. Moslein 2004,5.118.

Untersuchungsfokus und Forschungsverstandnis •

191

Qualitative Fiihrungsforschung („qualitative methods (...) were used with roughly half the frequency of quantitative methods"^)





Strategische Fiihrung („there is a great need for theory and research at the topmanagement level''845) Institutionelle Generierung von Fiihrungsstarke im Unterschied zu einer individuumsbe2ogenen Fiihrungsforschung („We do not know enough about how organizational systems develop leaders"^^ bzw. ^leadership scholars tend to over-state the role of individual leaders"847)



Strategieorientierung von Fiihrungssystemen („how leadership systems are constructed for competitive advantage, or if this is an intentional process, is not well understood"848)



Medienunterstiitzung von Fiihrung und Fiihrungssystemen („How is leadership impacted by the diffusion of information throughout the organization?", „How does the form of meaning make change in computer and distance-mediated relationships?"849)85o

Rolf Wunderer bekraftigt diesen Eindruck und identifiziert im AusbUck seines Beitrags zur Fiihrung 1995 Forschungsliicken und eine fehlende Erfahrung in der Praxis und im Umgang mit struktureller Fiihrung^si. Bei Moslein (2004) liegt der Fokus auf der Generierung von Managementwissen im Kontext der Fiihrungssysteme. Sie prasentiert diverse Buchpublikationen sowie Studien des APQC (American Productivity and Quality Center) und des ASTD (American Society for Training & Development). Mit diesen Veroffentlichungen lage eine erste Studie vor, „die derartige Systeme des Managements der Fiihrung konkret quaUtativ beschreibt und vergleichend analysiert"852. Dennoch bleiben zentrale Fragen offen, die eine eigenstandige empirische Untersuchung iiber Fiihrungssysteme nahe legen. In diesem Zusammenhang bezieht sich Moslein (2004) auf die folgenden FragesteUungen: •

„Es fehlt die Dokumentation einer wissenschaftlich nachvoUziehbaren Methodik, die Riickschliisse aus den publizierten Erkenntnissen erlauben wiirde. Ebenso liegen keine theoriegeleiteten Untersuchungen vor, die Riickschliisse fiir die Theorieentwicklung erlauben wiirden.



Es liegen im Wesentlichen nur Aussagen und Erkenntnisse iiber US-amerikanisch verankerte Unternehmen vor. Insbesondere fur global agierende GroBunternehmen mit

8^ Lowe / Gardner 2001, S. 491. 845 Lowe / Gardner 2001, S. 492. 846 Lowe / Gardner 2001, S. 495. 847 Lowe / Gardner 2001, S. 495 mit Bezug auf Gronn 1999. 848 Lowe / Gardner 2001, S. 495. 849 Lowe / Gardner 2001, S. 501. 850 Moslein 2004, S.139f. 851 Wunderer 1995c, S. 120. 852 Moslein 2004,5.112.

192

Die Studie „Leadership Excellence" Hauptsitz in Deutschland fehlt bislang ein Wissen iiber die Existenz und Nutzung von Fiihrungssystemen bislang vollig. •

Untersuchungen, die diese Defizite nicht teilen, weichen in der Kegel in ihrem Untersuchungsfokus mehr oder weniger stark von dem hier adressierten Untersuchungsfeld der Fiihrungssysteme als Systeme des strategieorientierten Managements der Fiihrung ab. Sie sind haufig stark personalwirtschaftlich gepragt und adressieren primar generelle Fragen der Personalentwicklung ('HR-Systeme') oder stellen altemativ die Person der Fiihrungskraft ins Zentrum und folgen damit dem bereits diskutierten Primat der klassischen 'Fiihrungs forschung'. "*53

Folgt man Martha Feldman^^* und der zentralen Fragestellung dieser Arbeit, lieBe sich erganzen, dass Fiihrungssysteme dariiber hinaus iiberwiegend und per definitionem als „verfestigende" Elemente innerhalb einer Organisation wahrgenommen werden. Feldman bezieht sich - das wurde in Kapitel 3 bereits offenbar - in ihren Veroffentlichungen auf „organizational routines", die als Teilmenge der Fiihrungssysteme begriffen werden konnen und deren Beitrag zu Wandel: „... I claim that organizational routines have a great potential for change even though they are often perceived, even defined as unchanging^^s" und „...we challenge the traditional understanding of organizational routines as creating inertia in organizations856'\ Fiihrungssysteme wurden bei der Untersuchung in der Gesamtsicht auf das Unternehmen betrachtet - gemeint waren also nicht nur einzelne Instrumente, sondern alle im Einsatz befindlichen und institutionalisierten Instrumente, Regeln, Routinen oder Verfahren^".

Die Studie selbst ist qualitativ und explorativ angelegt^^s. Qualitative Forschung ist das Mittel der Wahl bei der Erfassung eines Untersuchungsfelds, das sich als so komplex und verflochten darstellt, wie es das Management ist*^^. Eine explorative Vorgehensweise bietet sich bei einem Forschungsfeld an, das in dieser Arbeit als sehr jung betrachtet wird^^o. Unter qualitativer Forschung wird hier verstanden: „Qualitative research focuses on people's experiences and the meanings they place on the events, processes and structures of their normal social setting. Such research may involve prolonged or intense contact with people and groups in their everyday situations. This provides an holistic view, through the participants' own words and perceptions, of how

853 Moslein 2004, S. 112f. 854 vgl. u.a. F e l d m a n / Pentland 2003; Feldman 2000; s. auch Feldman / March 1981. 855 Feldman 2000, S.l. 856 Feldman 2003, S.l. 857 Vgl. Reichwald / Moslein / Sieb^rt / Kalbitzer 2003, S. 6. 858 Ygi Maxwell 1996, der ein interaktives Rahmenmodell fiir qualitative Untersuchungen diskutiert. Siehe auch Flick et al. 1995, S. 148ff. und S. 251 und Connell / Lynch / Waring 2001. Siehe zur Forschungsarchitektur auch Van de Ven / Poole 2002. 859 Siehe dazu etwa Probst / Biichel 1994, S. 99ff. Probst und Biichel zeigen anhand ihrer Simulation "Tanaland oder der Umgang mit Komplexitat", dass Fiihrungskrafte haufig die Situation vereinfachen, etwa den Ablauf von Prozessen sowie Fern- und Nebenwirkungen nicht beriicksichtigen. Siehe auch Easterby-Smith / Thorpe / Lowe 2002. 86ovgl.Wollnikl977,S. 43.

Untersuchungsfokus und Forschungsverstandnis

193

they understand, account for and act within these situations (Miles and Huberman, 1994)."86i

Bei der Begriffsdefinition 2u „explorativ" schlieBt sich die Arbeit Wollnik (1977) an: „Exploration bedeutet erfahrungsvermittelte Spekulation auf der Grundlage theoriegeleiteter Erfahrung. Sie entwickelt, gestiitzt auf flexible theoretische Interpretationsrahmen, Hypothesen und gegebenenfalls auch Merkmale und Begriffe aus den jeweils vorliegenden Daten, statt aus iibergeordneten theoretischen Aussagenzusammenhangen abgeleitete Hypothesen mit den Daten zu konfrontieren. ... Exploration setzt auf der Grundlage eines ... qualitativen oder quantitativen, nicht voU transparenten Informationsbestandes ein und versucht, das Informationspotential beschreibend und erklarend auszuschopfen."862 Wollnik (1971) fuhrt dariiber hinaus aus, dass man sich erfahrungswissenschaftliche Forschung abgesehen von sozialen und normativen Dimensionen - als Wechselspiel f^schen Kognition und Wahmehmungen oder Erfahrungen vorstellen konne. Vor dem Hintergrund eines theoretischen Vorverstandnisses wiirden Wahmehmungen gewonnen und in Theorien umgesetzt^^^^ gjn theoretischer Bezugsrahmen wird dennoch vorausgesetzt: „Die systematische Gemnnung von Erfahrungsmssen impliziert, dass ein Forscher unter Zugrundelegung eines kom^eptionellen'Be^gsrahmensan die Realitat herantritt und nicht etwa aus einer erfahrungsinteressierten Einstellung des alltaglichen Lebens heraus theoretisch unreflektierte Realitatsbetrachtungen vornimmt.^^'*" Die Arbeit und die Studie folgen damit einem Verstandnis, das durch drei grundlegende Pramissen gepragt ist, die Kubicek 1977 zu heuristischen Bezugsrahmen und Forschungsdesigns formulierte: •

Pragmatisches, praxeologisches, technologisches oder instrumentales Wissenschaftst^eh Ziel der betriebswirtschaftlichen Forschung ist die Gewinnung von Aussagen, die iiber Einzelfalle hinausgehen und die der Losung von Entscheidungsproblemen in der Praxis dienen.



Verhaltensmssenschaftliche Perspektive. Es geht auch um Aussagen iiber verhaltenswissenschaftliche Probleme, zum einen bei der Analyse der Anwendungsvoraussetzungen und zu Wirkungen von Verfahren und Techniken, zum anderen als eigenstandige Untersuchungsobjekte.



Empiristische Eorschungsorientierung. Zur Erreichung der Ziele soil empirische Forschung die betriebliche Realitat systematisch und nachvollziehbar erfassen^^s.

861 S. Skinner / Tagg / HoUoway 2000, S. 165. 862 S. WoUnik 1977, S. 43 und S. 45.

8"Vgl.WoUnikl977,S.42f. 864 S. Wollnik 1977, S. 44. Hervorhebungen im Original. 865 Vgl. Kubicek 1977, S. 5.

Die Studie „Leadership Excellence"

194

4.3 Ausgangssituation: Untersuchungsrahmen Der Lehrstuhl fiiir Information, Organisation und Management der TUM fuhrte die Studie Leadership Excellence zwischen Oktober 2001 und Februar 2003 durch. Die empirische Basis bildeten mehr als 110 Interviews in 40 globalen Untemehmen. Als Interviewpartner wurden Geschaftsfuhrer, Personalvorstande, Leiter von Corporate Universities, Principals sowie Experten auf dem Gebiet der Fiihrung befragt zu •

ihrem Fiihrungsverstandnis,



Kriterien exzellenter Fiihrung,



den eingesetzten Fiihrungsinstrumente,



dem Zusammenspiel der Fiihrungsinstrumente und



der Einbettung des Fiihrungssystems in den Kontext des Untemehmens (insbesondere die Einbettung in die Strategie, Struktur und Kultur).

4.3.1 Interviewpartner Tabelle 37 gibt einen Uberblick der in die Auswertung einbezogenen Untemehmen.

1 »

Allianz Gruppe



Deutsche Borse

60

ca. 70

1.5%|

36Transco (National Grid Transco Pic.) www.ngtgroup.com

London / UK

k.A.

ca. 1.000

4,3%|

37TUI AG www.tui.com

Hannover / Deutschland

global

185

0.3%|

Tabelle 39 Kmngrofien II - Unternehmen im Untersuchungspanel

Ausgangssituation: Untersuchungsrahmen

199

Ziel der Untersuchung war es, die eingesetzten Fuhrungssysteme und deren Verwendung zu erforschen; als Fuhrungssystem bezeichnet die Studie die Zusammenfassung der eingesetzten Fiihrungsinstrumente. Der offensichtliche Fokus auf GroBunternehmen ergab sich aus dem genannten Ziel: Gerade in Unternehmen mit bis zu 20.000 Fiihrungskraften, wird das „Management der Fiihrung" zu einer zentralen Aufgabe, die durch strukturelle Fiihrung unterstiitzt werden muss. Angestrebt werden in diesen Unternehmen haufig ein einheitliches Verstandnis von Fiihrung, eine einheitliche Fiihrungskultur (zu der etwa Leitbilder beitragen sollen) oder auch transparente Karrieremoglichkeiten, um Talente anzuziehen und zu binden^^fi. Ein weiterer Vorteil des Fokus auf GroBunternehmen liegt darin begriindet, dass groBe Konzeme den genannten Herausforderungen der Koordination einer groBen Anzahl von Fiihrungskraften iiblicherweise langere Zeit gegeniiber standen; sie konnten somit intensive Erfahrung im Umgang mit Fiihrungsinstrumenten sammeln. Um ein moglichst getreues Bild der eingesetzten Fiihrungsinstrumente zu erhalten, beabsichtigte das Forscherteam in jedem Unternehmen Personen zu interviewen, die fiir die Gestaltung und den Einsatz („Fuhrungssysteme 'in place") sowie fiir die Durchfiihrung {„Fuhrungssysteme 'in use") dieser Instrumente zustandig sind - zumeist also die jeweiligen Personalvorstande sowie Fiihrungskrafte der obersten Ebenen.

4.3.2 Methodik Der weitaus groBere Teil der Interviews wurde bei den Unternehmen vor Ort im personlichen Gesprach

(„face-to-face*')

durchgefiihrt.

Zur

Gestaltung der Gesprache dienten

semi-

strukturierte Intemewleitfaden, wodurch die Gesprachspartner dazu gefiihrt werden sollten, relativ frei, aber dennoch themenbezogen, iiber ihre Fiihrungssysteme zu sprechen; der explorative Charakter der Studie konnte so gewahrleistet werden. Ein Interview dauerte im Schnitt ca. zwei Stunden. Das Forscherteam bestand aus vier Personen^^^^ von denen bei jedem Interview zwei oder drei Interviewer anwesend waren^^s^ ^Jig gich die Aufgaben der Gesprachsfiihrung und Protokollierung aufteilten. Um eine vertrauensvolle Gesprachsatmosphare zu garantieren und auf Wunsch einiger Interviewpartner, verzichtete das Team darauf, die Gesprache aufzuzeichnen. Die Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Validitat wurde dadurch gewahrleistet, dass jedem Interviewpartner ein Interviewprotokoll zuriickgespiegelt wurde, mit der Bitte, dieses fiir die Untersuchung zu erganzen, zu verbessern und anschHeBend freizugeben. Tabelle 40 zeigt eine Ubersicht ausgewahlter Rahmendaten der Untersuchung.

866 Vgl. Reichwald / Moslein / Siebert / Kalbitzer 2003. 867 Ralf Reichwald, Kathrin Moslein, Jorg Siebert und Tim Kalbitzer. 868 Davon war Jorg Siebert an alien Interviews beteiligt, die anderen Interviewteilnehmer rotierten.

Die Studie „Leadership Excellence"

15.10.2001 bis 21.02.2003

Zeitraum der Studie

0 2h

Interviewdauer Gesamtzahl der in die Interviews einbezogenen Untemehmen

40

Anzahl der In die Auswertung elnl)ezogenen Untemehmen

37

Gesamtzahl der Gesprdchspartner im Rahmen der Studie

112 18

Anzahl der interviewten Vorstdnde fur Personal Anzahl der Interviewten Vorstandsvorsltzenden / CEOs

4

Anzahl der interviewten Leiter fur Kompetenzentwicklung / Corporate Universities

8 65

Anzahl der interviewten Fuhrungskrdfte in anderer Position

17

Anzahl der extemen Experten

ca. 86.000

Durchschnittliche Anzahl der Mitart)eiter je Untemehmen

> 3.200.000

Summe der Mitart>eiter der 37 einbezogenen Untemehmen Tabelle 40 Attsgewdblte ^ahmendaten der Studie headership Excellence

4.4 Untersuchungsdesign: Vorgehen „There is afolktale about a boy who was driving a cartload of apples to market. As he had never been to this market before, he asked an old man standing by the road how long it would take to get there. The old man looked at the cart, then looked at the road, and finally said, 'About 3 hours, but if you hurry, it will takeyou all day.' The boy thinking to himself, 'What does he know?' whipped up the horse and set off at afast pace. Soon the cart hit a bump in the road, and many of the copies were knocked out It took a whilefor the boy to pick them all up, and because hefelt he was late, he now drove even faster. Soon the cart hit another bump, even more applesfell out, andproceeding in this way, it took the boy all day to get to the market " (Joseph Maxwell 1996, S. x) Exploration zielt auf Entdeckung. Die Studie begab sich daher auf die Suche nach Instrumenten, Systemen, Verfahren, Methoden und Werkzeugen, die in der Praxis eingesetzt werden und Fiihrungskrafte bei deren basalen Aufgaben in Untemehmen unterstiitzen sollen oder konnen. Dabei verfolgte die Untersuchung einen zweistufigen Ansatz^^', der bei der vorliegenden Arbeit um einen dritten Schritt erweitert wird.

^•^^ Moslein 2004 erweitert in ihrer Habilitation die urspninglichen Phasen um den dritten Schritt der Pilotierung. Dabei bezieht sie sich auf das Themenfeld der Generierung von Managementwissen. Fiir die genannten Forschungsfragen ist dies hier nicht relevant und wird daher nicht weiter benicksichtigt. Details lassen sich bei Moslein 2004, S. 125ff. nachlesen.

Untersuchungsdesign: Vorgehen •

201

Phase I: Konzeptionelle Entwicklung eines Fiihrungsrahmens und zweistufige Datenerhebung



Phase II: Konzeptionelle Entwicklung des Evaluierungsrahmens und Datenauswertung

Eine spezifische Datenauswertung wurde speziell fiir das Dissertationsprojekt vorgenommen: •

Datenauswertung im Rahmen des Dissertationsprojektes: Ermittlung von Fiihrungsinstrumenten und -systemen zur Unterstiitzung von StabiUtat und FlexibiMtat (dies konnte als Phase III bezeichnet werden)

Phase I und II wurde von einem Expertenkreis von Wissenschaftlern und Praxisexperten begleitet. In Workshops, Diskussionsrunden sowie Einzelinterviews mit diesen Experten wurde die Untersuchungs- und Bewertungsmethodik entwickelt, konkretisiert und schrittweise verfeinert. Die folgende Tabelle zeigt den externen Expertenkreis im UberbUck: Der externe Expertenkreis der Studie Leadership Excellence Felix Brodbeck

Oswald Neuberger

Aston Business School

UniversltSt Augsburg

Roland Deiser

Lutz von Rosenstiel

UCLA & CULN

Ludwig-Maximilians-UniversitSt

Michael Frese

Christina Rothhaar

UniversitSt Giessen

lAK

Dieter Frey

Sonja Sackmann

Ludwig-Maximilians-Unlversitat

UniversitSt der Bundeswehr Munchen

Ronald Goossens

Jurgen Schultz-Gambard

Philips CA

Ludwig-Maximilians-Universitat

RolfHappel

Arie Segev

lAK

UC Berkeley

Anne Sigismund Huff

Mitchell Tseng

London Business School, AIM

HKUST

Heinz Mandl

Mario Vaupel

Ludwig-Maximilians-Universitat

ERGO Management Academy

Bob Mountain Executive Development Network (EDN) Tabelle 41 Extemer Expertenkreis der Studie leadership Excellence

202

Die Studie „Leadership Excellence"

4.4.1 Phase I: Datenerhebung und Design des Fuhrungsrahmens Abbildung 36 stellt den integrierten Forschungsprozess der Phase I dar in Anlehnung an Reichwald, Moslein und Siebert (2003) und Moslein (2004). Der integrierte Forschungsprozess - Phase 1: Konzeptionelle Entwicklung des Fuhrungsrahmens und Datenerhebung

Vorverstandnis (Literaturarbeit)

1 Datenertiebung 1 1 (Nukleus)

Dokumentenanalyse

1

I

1 1 Begleitung

1 und 1 Design & 1 Verfeinerung des 1 Fuhrungsrahmens

Datenerhebung II (Untemehmenspanel)

^

f

1 1

Interviewprotokolle

1 ""^ 1 FQhmngs1 systemprofile

1 Feedback 1 durch 1 einen 1 Experten1 kreis

Dokumentenanalyse

Abbildung 36 Derinteffierte ¥orschungsprov;ess - Phase f^^

Grundlage der Untersuchung war ein Vorverstandnis zu Fiihrung und Fiihrungssysteme, das auf einer breiten Literaturarbeit erarbeitet wurde*^^ Im Kern der Studie standen die Interviews mit Fiihrungskraften der obersten Ebene sowie Folgeinterviews mit weiteren, ausgewahlten Fiihrungs- und Nachwuchskraften. Entscheidend fiiir den Erfolg des Projekts war ein hochrangiger Zugang zu den Untemehmen^^^ Durch die Kontakte des Lehrstuhls, vor allem zum damaligen Personalvorstand der Siemens AG, Peter Pribilla, fand sich relativ schnell ein Nukleus an 7 Untemehmen, bei denen die Personalvorstande bereit waren, an der Untersuchung teilzunehmen. Die Tatsache, dass der Nukleus die Untersuchung bereicherte, erwies sich als auBerst hilfreich fiir die Akquise der weiteren 33 Untemehmen des Untemehmenspanels.

Zur Gewinnung dieses

Panels versendete das Team eine vierseitige Projektbeschreibung in deutscher und engUscher Sprache. Wahrend der Interviews bat das Team jeweils um Auskunft nach anderen Untemehmen, die exzellente Fiihrungssysteme verwenden oder die fiiir deren Fiihrungsstarke bekannt sind. Dieses so bezeichnete Schneeballverfahren

erwies sich als effektiv, da die Gesprachspartner

sehr hilfsbereit waren, den Kontakt zu ihren Kollegen herzustellen. Auszunehmen sind die Untemehmen Fairchild Domier und Philip Holzmann, die sich zu dieser Zeit bereits in Insolvenz befanden und als Kontrast zu Untemehmen mit exzellenten Fiihrungssystemen untersucht wurden. Die Interviews in beiden Hausem ergaben anschauliche Einsichten, um die gewonnenen Erkenntnisse aus den anderen Interviews im Vergleich besser einschatzen zu konnen.

8^0 In Anlehnung an Reichwald, Moslein und Siebert 2003, S. 44 und Moslein 2004, S. 126. 8''' S. da2u Kapitel 2 und 3 sowie insbesondere 4.4.3. 872 Siehe hierzu etwa Easterby-Smith / Thorpe / Lowe 2002.

Untersuchungsdesign: Vorgehen

203

Auf Basis der Literaturarbeit und mit Unterstiitzung des externen Expertenkreises

entwickelte

das Forschungsteam nach den ersten 7 Interviews den im Folgenden ausfuhrlich vorzustellenden generischen Anklang

Fuhrungsrahmen^^^, der bei den spateren Interviews und in Workshops groBen

fand.

strukturierten

Der

Fuhrungsrahmen

diente

dariiber

hinaus

zur

Gestaltung

der

semi-

InterviewleitfUden.

4.4.2 Interviewprotokolle und Fijhrungssystemprofile ' Tabelle 42 stellt den semi-strukturierten Interviewleitfaden dar, der fiir internationale Gesprachspartner ebenso in englischer Sprache vorlag. Interviewleitfaden: Allgemein • Position • Kommunlkationspartner Leadership Excellence • VerstSndnis exzellenter Fuhmng / Eigenschaften exzellenter FiJhrungskrSfte • Beispiele exzellent gefiihrter Untemehmen Leadership Process as Day-to-Day interactive process (Fuhrungsinteraktionsprozess) • Aufgaben von Fuhmng • Fiihrungsinstrumente und deren Unterstiitzungsfunktionen • Organlsatorlsche Zust^ndigkelten und Verantwortlichkeiten • Kommunikationsstrukturen der Fuhrung • Rolle der Unternehmenskultur, des Leitbildes und der Werte • Alleinstellungsmerkmal der Unternehmenskultur • Positive und negative Aspekte der Unternehmenskultur • Leadership, Strategie und Unternehmenskultur • Zukunftsszenarien der Fuhrung Leadership Metrics (Fuhrungsmellsystem) • Rolle der Messung von Fuhrungsleistung • Aufgaben und Ziele der Messung • Arten der Messung • Umfang und Frequenz der Messung • Instrumente der Messung • ZustSndigkeit (intern / extern) Leadership Process Deployment (Fuhrungsanreizsystem) • Ausgestaltung der Anreiz- und Entlohnungssysteme • Integration der Messergebnisse in die Anreiz- und Entlohnungssysteme • Akzeptanz der Anreiz- und Entlohnungssysteme • Starken- / Schwachen-Profile • Strategische Kompetenzplanung Leadership Selection & Development (Fuhrungsauswahl- und -entwicklungssystem) • Internes / Externes Fuhrungskraftemarketing • Internes / Externes Recruiting • Struktur und Ausgestaltung der Fuhrungskrafteentwicklung (Executive Education / Development) • Integration und Wirtschaftlichkeit • Qrganisatorische Einbindung Tabelle 42 Sem-strukturierterlntemewleitfaden derStudie Leadership Excellence^^'^

873 Vgl. Kapitel 4.4.3. ^'^^ Die Interviews waren generell in eine „warm-up", eine „data-collection" und eine „cool-down" Phase unterteilt. Vor allem in der „cool-down" Phase wurde nach weiteren Unternehmen gefragt, die exzellente Fiihrungssysteme

204

Die Studie „Leadership Excellence"

Jedes der Interviews in den 40 beteiligten Untemehmen wurde in einem vertraulichen Protokoll festgehalten, das lediglich dem Interviewpartner riickgespiegelt, also zur Verbessening, Erganzung und Freigabe noch einmal geschickt wurde. Als zusatzliche Quellen wurden von den Teilnehmem der Studie (zum Teil vertrauliche) Dokumente ausgehandigt und offentliche Informationen, z.B. aus Geschafts- und Personalberichten, verwendet {Dokmnentenanalys^.

Die Daten-

erhebung basiert damit auf einer Vielzahl an quantitativen und qualitativen Datenquellen, die Vorgehensweise ist gekennzeichnet durch eine Interpretation aus multiplen Perspektiven^^s, Aus den Interviewprotokollen und der Dokumentenanalyse verfasste das Team ebenfalls vertrauliche Profile von 15 bis 25 Seiten iiber die Fiihrungssysteme, so wie sie in den verschiedenen Untemehmen wahrgenommen wurden - die sog. FuhrungssystetnptoGle.

Diese spielen bei der im

Folgenden erlauterten Evaluierung eine zentrale RoUe. Ihre Struktur orientiert sich ebenfalls am Fuhrungsrahmen8^6 und dem Interviewleitfaden: Struktur der Fuhrungssystemprofile: 1.

Allgemeines

2.

Untemehmensdaten 2.1.

Untemehmensgeschichte

2.2. Werte 2.3. Organisationsstruktur 2.4. Vorstand 3.

Untemehmenskultur und Strategie

4.

Das Fuhrungssystem Das FiJhrungsverstdndnis Fijhrungsinteraktionsprozess FuhrungsmeUsystem Fiihrungsanreizsystem Fijhrungsauswahl- und -entwicklungssystem

5.

Fazit

Tabelk 43 Struktur der Fuhrungssystemprofile"^

Der generische Fiihrungsrahmen soil an dieser Stelle intensiver als erstes Ergebnis der Studie vorgestellt und anhand der Literatur diskutiert werden.

besit2en. Die Struktur sollte sowohl ein einheitliches Gesprachsmuster garantieren als auch bei Bedarf zu Einzelpunkten zur Vertiefung des Gesprachs den Redefluss des Interviewpartners anregen. 875 S. auch Moslein 2004, S. 127. 876 Vgl. Kapitel 4.4.3. 877 Generelle Struktur der Fuhrungssystemprofile. Bedarfsweise wurde diese angepasst und erweitert.

205

Untersuchungsdesign: Vorgehen

4.4.3 Der generische Fuhrungsrahmen Im Rahmen der Diskussion iiber Fuhrungssysteme, stellte Kapitel 3.2.1 Ansatze vor, die den Disziplinen des Personalmanagements, der strategischen Unternehmensfiiihrung, des Controllings und dem so bezeichneten „Management der Fiihrung" endiehen waren, Strukturaler Fiihrung wurde je nach Kontext ein breites Spektrum an Aufgaben mit unterschiedlichen Schwerpunkten zugeordnet. Die vorliegende Arbeit folgt in Anlehnung an die Uberlegungen zu Stabilitat und Wandel in Kapitel 2 einer kommunikativ-systemischen Perspektive. Fiir die Entwicklung des sog. generischen Fiihrungsrahmens wurde somit auf das dargestellte Verstandnis von Fiihrung als ein Wechselspiel zwischen Stabilitat und Wandel, auf die wesentlichen, zuvor beschriebenen Funktionen eines Fiihrungssystems sowie auf ein kommunikatives Modell zuriickgegriffen, das Daft (2002) ausarbeitete. Daft (2002) beschreibt einen von Mary Mavis adaptierten „Feedback Process" als ein Instrument, um sowohl Veranderung bei Mitarbeitem als auch Wandel der Organisation zu unterstiitzen^^^ The Feedback Process J 1 1 1 1

1 1. Observation Follower misses 1 deadlines | repeatedly. [

4. Development Follower given training in self-nnanagement, team allocated work based on personal skills.

2. Assessment Follower lacks selfmanagement skills.

/ 3. Consequences Team members resent delays to team projects.

r

Abbildung 37 Der Feedback Pw^ess, nach Daft (2002f^

Der Feedback Prozess nach Daft (2002) besteht aus den vier Elementen „Observation", „Assessment", „Consequences" und „Development". In gleicher Weise werden fur Fuhrungssysteme vier Fiihrungsteilsysteme oder Aktionsfelder in den Mittelpunkt gestellt, diese lauten: Der Fiihrungsinteraktionsprotiess^ das Vuhrungsmepyster^^^^ das Yuhrungsanrei^stem^ das Fuhrungsauswahl- und -

8'78Vgl. Daft 2002, S.337f. 879 Vgl. Daft 2002, S. 337f. Siehe auch Daft 2002, S. 171 sowie Mavis 1994, S. 40ff. 880 Das FiihrungsmeBsystem soil als stehender Begriff verwendet werden und wird deshalb nicht gemaB der neuen deutschen Rechtschreibung geschrieben.

206

Die Studie „Leadership Excellence"

entmcklungssystenf^\ Die Verdichtung dieser vier Subsysteme zu einem Gesamtsystem ergibt eine Art generisches Fuhrungssystem, das in diesem Abschnitt ausfuhrlicher erlautert werden soil. Der Fuhrungsrahmen - das generische Fuhrungssystem

Fuhrungsinteraktionsprozell

^ Fuhrungsauswahlund -entwicklungssystem

Fuhrungssystem

FuhrungsmeBsystem

Fuhrungsanreizsystem Abbildung 38 DerFiihrungsrahmen der Studie Leadership Excellence^^^

Die vier Elemente des Modells von Daft konnen als Handlungsanweisungen fiiir die vier entsprechenden Subsysteme des generischen Fiihrungsrahmens verstanden werden. Der Fiihrungsrahmen diente, wie bereits beschrieben, als Geriist zur Strukturierung der Untersuchung „Leadership Excellence". Die wesentlichen Elemente des Fiihrungsrahmens entstanden im Laufe der ersten Interviews dieser Untersuchung auf Basis der empirischen Erhebung und auf Basis der hier vorgesteUten theoretischen Ansatze; er verfestigte sich bei Gesprachen mit einem Expertenkreis und bei der Vorstellung in Folge-Interviews. Durch die abstrakte Struktur war es moglich, die in der Praxis vorgefiindenen, realen Fiihrungssysteme auf diesen Fuhrungsrahmen abzubilden. Auf Grundlage des vorliegenden Modells konnten Evaluierungen der realen Fiihrungssysteme durchgefiihrt, Daten ausgewertet und Aussagen abgeleitet werden.

4.4.3.1 Fuhrungsinteraktionsprozess Beim Fiihrungsinteraktionsprozess steht die Unterstiitzung der Funktionen von Fuhrungskraften im Arbeitsverhalten und bei der Aufgabe der taglichen Interaktion zwischen Fiihrungskraften und Gefiihrten durch das Teilsystem im Zentrum. Zunachst soil aus den allgemeinen Funktionen

88' Besser ware hier Fiihrungskrafteauswahl- und -entwicklungssystem. Auch diese Bezeichnung soil aber als stehender Begriff aus der Studie Leadership Excellence unverandert ubernommen werden. ^^2 Der Fuhrungsrahmen wurde gemeinschaftlich vom Forscherteam entwickelt und zum ersten Mai beschrieben bei Reichwald / Moslein / Siebert / Kalbitzer 2003, S. 25. Die 4 Felder waren urspriinglich bezeichnet als Leadership as a Day-to-Day interactive process (Fuhrungsinteraktionsprozess), Leadership Metrics (FiihrungsmeBsystem), Leadership Process Deployment (Fiihrungsanreizsystem) und Leadership Selection and Development (Fiihrungsauswahl- und entwicklungssystem). Die vorliegende Ubersetzung der 4 Felder ins Deutsche wurde von Moslein 2004 (S. 156) vorgenommen.

Untersuchungsdesign: Vorgehen

207

von Fiihrungskraften im Alltag die hohe Bedeutung der Kommunikation abgeleitet werden. Es werden die zunehmend komplexen Aufgaben und das verstarkt globale Einsatzfeld eines Managers hervorgehoben. In diesem Zusammenhang bietet die GLOBE-Studie^ss interessante Ansat2pimkte, sie soil daher in gebotener Kiirze vorgestellt werden. Neben der Interaktion mit den Gefiihrten und angesichts der hohen Belastung wird die „Selbst-Fuhrung" ein immer wichtigeres Thema - im Rahmen der alltaglichen Fiihrung soil auch dieses Thema kurz behandelt werden. Zentrale Fuhrungsfunktionen Welches sind die zentralen Funktionen von Fiihrungskraften im AUtag? 1992 bietet Schirmer dazu einen umfassenden Uberblick iiber verschiedenste Studien zum Arbeitsverhalten und damit iiber die Funktionen von Managern^s^, Wie Moslein (2004)885, sieht auch Schirmer (1992) dabei die Manager selbst als eine der hauptsachlichen Quellen, um Erfahrungen iiber die Funktionen eines Managers abzugreifen. Um z.T. widerspriichliche empirische Befiinde zum Arbeitsverhalten aufzulosen, fordert Schirmer (1992) deshalb die Beschaftigung mit subjektiven Theorien (Alltagstheorien) von Managern: „der Manager ist selbst Theoretiker"886, gei einer Auswertung von acht verhaltenszentrierten Studien iiber die Arbeitszeitverteilung auf die einzelnen Funktionen bzw. Rangordnungen der Wichtigkeit von Funktionen aus Sicht der befragten Manager, kommt er zu folgendem Ergebnis: „Zu den am haufigsten erfassten Funktionen gehoren: •

Planung und KontroUe (6 von 8 Studien)



Koordination (6 von 8 Studien)



Fiihrung (6 von 8 Studien)



Verhandeln (4 von 8 Studien)

... Auffallig ist, daB die Funktion 'Organisation' nur in den deutschen Studien von MiillerBoling/Ramme (1987, 1988; Ramme 1990) erfaBt sind. In den amerikanischen Studien sind die damit verkniipften Arbeitsverhaltensmuster jedoch in den Begriffen 'planning', 'coordinating', 'staffing', 'evaluating' erfaBt. Die KontroUfunktion wird in einigen Studien differenziert in 'investigating' und 'evaluating' (Shartle 1949; Mahoney et al. 1965; Haas et al. 1969; Penfield 1974). Im Gegensatz zu Fayol wird auch 'staffing' und 'negotiating' als eigenstandige Funktion konzeptionell und empirisch gefaBt (Fayol faBt diese Funktion unter 'Organisation')"^^?.

883 S. u.a. House et al. 1999; Brodbeck / Frese / Javidan 2002. 884 Vgl Schirmer 1992. 885 Vgl. Moslein 2004. Moslein nennt in Bezug auf die Generierung von Managementwissen dariiber hinaus die Akademia und die Consultants. Alle drei Gruppen generieren Wissen von, iiber und fur Manager. 886 Vgl. Schirmer 1992, S.V. 887 S. Schirmer 1992, S. 22.

208

Die Studie „Leadership Excellence"

Eine Auswertung „integrativ-pro2essual ausgerichteter Studien^^ss legt den Fokus des Arbeitsverhaltens der Manager auf die Verweisungszusammenhange zwischen einzelnen, beobachtbaren Aktivitaten und dort vor allem auf die dynamischen Wechselbeziehungen zwischen Arbeitsverhalten und organisationalem Kontext. Im Vergleich zu den erstgenannten Studien greifen diese Arbeiten auf ein anderes methodisches Instrumentarium zuriick; zum Einsatz kommen Fremdbeobachtung, Tagebuch und offene Interviews. Schirmer bezieht sich auf Sayles (1964), der die Ergebnisse mehrjahriger, nicht ununterbrochener, Beobachtungen und unstrukturierter Interviews von 75 unteren und mittleren Managem eines groBen US-amerikanischen Unternehmens ausgewertet hat: „Manager werden als Teil eines offenen Systems gesehen, das durch anhaltende interne und exteme 'Storungen' des Arbeitsablaufes zu stetigen Anpassungsleistungen an veranderte Rand- und Rahmenbedingungen gezwungen ist. Primare Aufgabe von Managem ist es, ein Gleichgewicht von Stabilitat und Wandel (FlieBgleichgewicht) in Leistungsprozessen von Untemehmungen - und damit deren Bestand - zu sichem."^*' Dieses Verstandnis des Wechselspiels des „Ordnungsstiftens und Wandelprovozierens"^^ wird auch von Oswald Neuberger vertreten, wenn er exzellente Fiihrung als ,,ausgewogene[s] Zusammenspielder Verfestigung und Verflussigung uon Fiihrungs- und Untemehmensstrukturen*'^'^^ beschreibt. Ulrich, Zenger und Smallwood (1999) identifizieren vier Verhaltensweisen, die sie aus diversen „Leadership Attribute Frameworks" zusammenfassen. 4 Verhaltensweisen erfolqrei(

jngskrafte Set Direction (vision, customers, future) Demonstrate Personal Character (habits, integrity, trust, analytical thinking)

Mobilize Individual Commitment (engage others, share power)

Engender Organizational Capability (build teams, manage change)

Abbildung 39 Vier Verhaltensweisen erfolgneicherFtihmngskrafie, nach Ulrich / Zenger I Smallwood (1999f^^

Sayles (1964) unterscheidet drei Hauptkategorien zur Beschreibung des Arbeitsverhaltens von Managern, die Grundlage fiir das spatere Rollenkonzept von Mintzberg (1973)8'^ waren:

888 S. Schirmer 1992, S. 81. Gemeint sind hier u.a. die Arbeiten von Kotter 1982, Stewart 1982, Dalton 1959 und Sayles 1964. 889S. Schirmer 1992, S. 82. 890 S. Moslein 2004, S. 14. 891 Neuberger 2002, personliche Kommunikation im Rahmen des Expertenkreises der explorativen Studie; vgl. auch Neuberger 2002, S. 668 (Hervorhebung des Verfassers). 892 In Anlehnung an Ulrich / Zenger / Smallwood 1999, S. 7. Siehe auch die folgenden Seiten 8 bis 13, auf denen das Modeil naher beschrieben wird.

Untersuchungsdesign: Vorgehen •

Der Manager als Verbindungsperson



Der Manager als Fiihrer



Der Manager als Informationssammler und -verarbeiter^^^

209

Fuhrung und Kommunikation Schirmer (1992) berichtet, dass im Schnitt zwischen 50% und iiber 80% der Arbeitszeit fiir die Aufnahme und Weitergabe von Information benutzt wird, wobei die verbale Kommunikation bevorzugt und durchschnittiich mehr Arbeitszeit fiir die Kommunikation mit Untergebenen als mit Vorgesetzten aufgebracht wird^^s. Interaktion und Kommunikation als zentrale Aufgaben einer Fiihrungskraft sind spatestens seit Mintzbergs Studie „The Nature of Managerial Work" in den 1970er Jahren bekannt^^^. Pribilla, Reichwald und Goecke (1996) fuhrten 20 Jahre spater eine vergleichbare Untersuchung iiber die Kemaufgaben im AUtag von 14 Fiihrungskraften durch, die sich explizit auf die Studie Mintzbergs bezog897. Goecke fasste die Ergebnisse im Vergleich zur Untersuchung von Henry Mintzberg und im Vergleich zu weiteren empirischen Studien 1997 zusammen^^s. Kernaussagen iiber die Arbeitssituation im Top-Management global operierender Unternehmen sind: •

Die Aufgaben im Management sind schlecht strukturiert.



Der Informationsbedarf ist nicht objektiv bestimmbar,



Ad-hoc-Aufgaben (ungeplante Aufgaben) dominieren.



90% der Arbeitszeit wird mit Kommunikation verbracht.



Manager sind mehr als 50% der Zeit nicht am Arbeitsplatz.



2/3 aller Aufgaben sind zeitkritisch.



MIS (Management Information Systems)-Desaster in den friihen TOern: Scheitem des Versuchs, Manager iiber Terminals mit Informationen zu versorgen^^^.

Tabelle 44 stellt in Erweiterung von Abbildungen in Goecke (1997) und Schirmer (1992) empirische Studien iiber den Kommunikationsanteil an der Arbeitszeit von Fiihrungskraften dar.

893 Vgl. Mintzberg 1973, S. 92f. 894Vgl.Schirmef 1992,8.82. 895 Vgl. Schirmer 1992,5.58. 896 Vgl. Mintzberg 1973, aber auch Carlson 1951, Stewart 1967. 897 Vgl. Pribilla / Reichwald / Goecke 1996. 898 Vgl. Goecke 1997. 899 Vgl. Goecke 1997, S. 188f.

Die Studie „Leadership Excellence"

210

Kommunikationsanteil an der Arbeitszeit von Fuhrungskraften Autor

Population

Carlson 1951

10 Top Manager

Guest 1956

56 Melster

Bums 1957

76 obere Manager

Kommunikationsanteil der Arbeitszeit

an

> 65% 46% 59% 50-80%

Walker et.al. 1956

61%

Hinrichs 1964 Dubln/Spray 1965

8 obere Manager

54%

Horne/Lupton 1965

66 mittlere Manager

63%

Stewart 1967

160 obere/mittlere Manager

56%

Pross/Boetticher 1971

145 Vorstandsmitglleder

56%

MIntzberg 1973

5 Top Manager

Kevenh6rster/Sch6nbohm 1974

191 Manager

78% 49% >50% 77% 64% >70% 70% 60% >70% >75%

Engel et. al. 1979 Lau/Newman/Broedling 1980

220 Manager versch. Ebenen

Snyder/Glueck 1980

2 obere Manager

Kotter 1982

15 General Manager

Kurke/Aldrich 1983

4 Top-Manager

Deutschmann 1983

200 Top-Manager

Beckurts/Reichwald 1984

12 Manager und Sekretariate

Luthans/Larsen 1986

120 Manager versch. Ebenen

1 1 1 1 1 1 1 1 1 1

Muller-Boling/Ramme 1988

12 Manager, oberste 2 Ebenen

ca. 50%

1

Ramme 1990

707 Top Manager

40% 76%

1 1

Pribllla/Reichwald/Goecke 1993

14 Top Manager

ca. 90%

1

Strempfle 2003

3 Abteilungsleiter

>80%

1

Schreyogg/Hubl 1991

Tabelk 44 Angaben verschiedener Studien iiber den Anteil miindlicher Kammunikation an der Arheitsv^t von Top Managerrt^

Neuberger (1990) wertete in Bezug auf das Fuhrungsverhalten empirische Untersuchungen aus, bei denen Fiihrungskrafte von extern beobachtet wurden oder sich selbst beobachtet haben („Tagebuch-Methode**)^^ und identifizierte sieben allgemeine Aussagen. In seiner Neuauflage 2002 prazisiert er, dass die erstgenannte Fremdbeobachtung iiblicherweise als •

fortlaufende unmittelbare Beobachtung,



stichprobenartige unmittelbare Beobachtung,



oder fortlaufende oder stichprobenartige Registrierung des Verhaltens durch technische Medien

° In Erweiterung einer Abbildimg von Goecke 1997, S. 29 und Schirmer 1992, S. 58. 1 Vgl. Neuberger 1990, S. 157ff.

Untersuchungsdesign: Vorgehen

211

erfolgt?02 und erweitert die Aussagen um ein achtes Ergebnis^^^: 1. Umfang der Arbeitszeit: Hier zitiert Neuberger u.a. Ramme (1990), der 19 empirische Studien auswertete und einen Mittelwert von 53 Stunden pro Woche bei einer Streubreite 2wischen 39 und 60 Stunden emiittelte904 2. Der Arbeitstag der typischen Fuhrungskraft ist aus sehr vielen kurzen Episoden zusammengesetzt: Auch diese Aussage wird von den aktueUsten genannten Studien unterstiitzt. Strempfle (2003) etwa berichtet bei seiner Studie iiber drei Fiihrungskrafte von Arbeitsabschnitten im Schnitt von 4 Minuten und 42 Sekunden, 7 Minuten und 30 Sekunden und 10 Minuten und 19 Sekunden^os. 3. Vorgesetzte kommunizieren hauptsachlich miindlich^o^. 4. Kontakte mit Untergebenen spielen zwar eine wichtige, aber bei weitem nicht die alleinige RoUe907.

5. Fiihrungskrafte haben keinen „festen" Arbeitsplatz^^^ 6. Der Arbeitstag von Vorgesetzten ist voll ungeplanter bzw. unplanbarer Kontakte oder Ereignisse'09^ 7. In Selbstberichten von Vorgesetzten iiber ihren Arbeitsalltag ist die Kodierung oft unzuverlassigfi*'. 8. Es besteht eine hohe Schwankungsbreite^". Zusammenfassend zieht Neuberger die folgenden Schlussfolgerungen^'^;

902 Vgl. Neuberger 2002, S. 453. ^^ Vgl. Neuberger 2002, S. 456ff, die Erweiterung be2ieht sich auf den ersten Punkt der aufgefuhrten liste, den Umfang der Arbeitszeit. ^"^ Neuberger bezieht sich bei seiner Auswertung auf Ramme 1990, Eberwein / Tholen 1990, Walgenbach 1994, Vedder 2001 und eine Keinbaum-Studie, zitiert bei Reischauer 1997. 905 S. Strempfle 2003, S. 140. 906S.obigeTabelle. 907 Neuberger fiihrt hier verschiedene Studien an, die dariiber einstimmen, dass der Kontakt mit Untergebenen die meiste Zeit in Anspruch nimmt (bis zu 6 0 % der Arbeitszeit), aber auch die Beziehungen zu Gleichrangigen, Externen und hoheren Vorgesetzten (in dieser Reihenfolge) wichtig sind (Neuberger 2002, S. 463). 908 Goecke 1997 ermittelt eine nach wie vor sehr hohe Mobilitat der 14 beteiligten Manager (S. 164ff) und identifiziert ein „Reise-Paradoxon" in Bezug auf den Grad der Verwendung von Medien. D e r intensivere Medieneinsatz einer G r u p p e der Fiihrungskrafte ist nicht mit einer Verringerung der Reisetatigkeit verbunden - das Gegenteil ist der Fall, da sie den in der besonderen Praferenz fiir Face-to-face Kommunikation begriindeten Mobilitatsbedarf der Fiihrungskrafte unterstiitzt.

909 Diese Aussage deckt sich mit Mintzbergs Untersuchung von 1970. Neuberger zitiert hierzu auch Mintzberg (1975), der berichtet, dass 93% der verbalen Kontakte der 5 Geschaftsfiihrer auf einer ad hoc-Basis arrangiert wurden sowie u.a. Beishorn / Palmer 1979, Eberwein / Tholen 1990 und Schreyogg / Hiibl 1992. 9^0 Die Kodierung von Interaktionen wird sehr unterschiedlich vorgenommen. Neuberger bezieht sich auf Burns Studie (1954) wenn er anmerkt, dass dort die vier untersuchten Manager den Inhalt zweiseitiger Interaktionen in iiber 30% der Falle unterschiedlich kodierten (Neuberger 2002, S. 466). Beispiele fiir die Kodierung sind „Anweisung gegeben oder Entscheidung getroffen" oder „Information oder Beratung erhalten". 9^^ Neuberger bezieht sich darauf, dass nicht nur der Umfang der Arbeitszeiten von Tag zu Tag sehr stark variierte, sondem auch Wegezeiten u.a. 912 Vgl. Neuberger 2002, S. 475.

212

Die Studie „Leadership Excellence" •

Vorgesetzte bevorzugen die miindliche Kommunikation und sind viel eher Reder (nicht Redner!) als Schreiber.

• •

Vorgesetzte leben von sozialen Kontakten. Der Arbeitstag von Vorgesetzten ist auBerst zerstiickelt: Neuberger zitiert hier Sayles, der das Bild vom Manager als Dirigenten verwendet, der: „wie der Dirigent eines Symphonieorchesters ist, der sich um eine wohlklingende Auffuhning bemiiht, bei der die Beitrage der verschiedenen Instrumente koordiniert und in Abfolge, Zusammenklang und Tempo abgestimmt sind, wahrend gleichzeitig die Orchestermitglieder verschiedene personliche Schwierigkeiten haben, Biihnenarbeiter standig die Notenstander umstellen, exzessive Hitze und Kalte Probleme mit den Zuhorem und Instrumenten erzeugen und der Konzertveranstalter auf irrationalen Anderungen im Programm besteht"9i3. Gleichzeitig betont er, dass diese Vorgabe die Fuhrungskraft dazu fordert, umstellungsfahig zu sein, „gewissermaBen ein ,Sponti-Tu-was'**^>^. Zu Managem, die dieser Aufgabe nicht gewachsen sind, zitiert er Skinner und Sasser (1977) folgendermaBen: „Ihr Untergang ist Bestandigkeit, nicht nur eine allgemeine Bestandigkeit des Stils, sondem auch eine Tendenz, auf einer begrenzten Anzahl von Instrumenten und Techniken zu beharren, die auf einer kleinen Auswahl von Fiihrungsgrundsatzen beruhen, die sie immer und immer wieder benutzen"9i5,



Der Arbeitstag ist uneinheitlich und enthalt viele ungeplante Elemente.



Vorgesetzte sind mit vielen kurzen Arbeitsakten ausgelastet.



Vorgesetzte sind mehr als Fiihrerlnnen.



Vorgesetzte miissen mobil sein.

Diese extreme und schlecht strukturierte Arbeitssituation wird anschaulich durch die von Pribilla, Reichwald und Goecke 1996 durchgefiihrte Episodenanalyse bei 14 Top-Managem^^^.

9«3 So zitiert bei Neuberger 2002, S. 477. 914 S. Neuberger 2002, S. 477. 915 S. Skinner und Sasser 1977, S. 143, zitiert nach Neuberger 2002, S. 478. 916 Vgl. PribiUa / Reichwald / Goecke 1996; vgl. auch Deutschmann 1983, PribiUa/Reichwald/Goecke 1996, 1997, Goecke 1997, Reichwald et al. 2000.

Untersuchungsdesign: Vorgehen

213

Managerial tasks einer Fiihrungskraft

t ^ Activities~~~~~-~__^

-»^^^^^MMi]

Communication s Incidents ^^

' wfAi'f/'^f/im

^

^^^J^I^asks

^ \ ^ ' "-^^^A^^^'^v—.

^// J'7/K iiiiiiiilliiS^ H W W Episode Analysis of 2 Days of a Top Manager

i •

1

i 1

Abbildung 40 Vollstdndige Episodenanaljse teeterArbeitstage eines Top-Manager/^^

Die Abbildung stellt die Aktivitaten der Fiihrungskxaft im Zeitverlauf von zwei Arbeitstagen (oberer und unterer Querbalken), die einzelnen Kommunikationen (Verbindungslinien) sowie die iiber 20 von den Kommunikationen betroffenen Projekte der Fiihrungskraft (mitdere Querbalken: „tasks") dar. Es ist offensichtlich, dass die Aufgaben nicht in logischer Abfolge sondern stark fragmentiert bearbeitet und immer wieder unterbrochen werden. Goecke (1997) erganzt, dass der „Workflow" im oberen Fiihrungsbereich zudem durch die hochparallele, ineinander verschrankte und kooperative Bearbeitrung einer Vielzahl ablaufender Aufgaben charakterisiert ist, da diese eben nicht in abgeschlossenen und ununterbrochenen Aktivitatsfolgen bearbeitet werden, sonder abwechselnd und in hohem MaBe miteinander verkniipft. Obwohl Arbeitsabschnitte haufig von den Managem und Fiihrungskraften selbst unterbrochen und nicht ausschlieBlich von auBen initiiert werden, weist Goecke darauf hin, dass die Unterbrechungen iiberwiegend durch Besucher und Telefonate entstehen^^^^ Fiihrungsstarke des Individuums zeigt sich im Umgang mit diesen Extremanforderungen des Fiihrungsarbeitsplatzes. Fiihrungsstarke des Unternehmens jedoch entsteht gerade im Verbund der Interaktionsgeflechte ihrer Fiihrungskrafte untereinander, mit Mitarbeitern, Kunden, Lieferanten, den Finanzmarkten, der Politik, der breiten Offentlichkeit usw. - iiber die Grenzen von Unternehmen, Wirtschaftsraumen und Kulturen hinweg. Dariiber hinaus ermittelte die Untersuchung Pribillas, Reichwalds und Goeckes im Vergleich zur Studie Mintzbergs innerhalb der dazwischen liegenden 20 Jahre ein Ansteigen der Anzahl der Aktivitatsintervalle, der Reiseaktivitaten, der Arbeitszeit und des Kommunikationsanteils der Arbeit. Die Autoren berichten davon, dass nunmehr annahernd 90% der Arbeitszeit mit Kommunikation verbracht wird^'^.

917 S. PribiUa / Reichwald / Goecke 1996, S. 172f. 9i8Vgl. Goecke 1997,8.26. 9i9Vgl. Goecke 1997,5.144

Die Studie „Leadership Excellence"

7,4%SchreibtischM

Meetings ^^^^^^^^M

WA

^ ^ ^ 2 , 9 % Briefpost, Zettel, etc. ^ ^ ^ 3 , 1 % E-Mail ^ ^ ^ 1 , 6 % Fax ^ ^ ^ ^ 2 , 0 % Voice Mail ^ ^ ^ ^ 1 , 4 % Telefonkonf.

^ H H H

^^^^^m

11,1%Telefon

1,0%Videol(onferenz

^^26.4% Face-to-face Dialoge ErgcbnISM dw 2-tiglg*n BMbKlitungan von 14 Top-Managwn

Pribiia/ ReichwaU/ Goecke 1996

1

Abbildung41 Zeitprofil eines durthschmttlichen ArbeitsU^es dries Top-Managers 1994 (ohne Arbeit :(u Hausef^

Beckurts und Reichwald (1984) weisen in diesem Zusammenhang auf die besondere Bedeutiing von Sekretariats- und Assistenzkraften hin, die Managem durch Bereitstellung von Flexibilitatspotentialen, wie z.B. der Ubemahme von Aufgaben, der Abschirmung, der Sicherstellung des schnellen Zugriffs auf Infonnationen u.a. Freiraume schaffen konnen^^i Damit stiitzt die Studie die zuvor genannten Erkenntnisse beziiglich des Arbeitsalltags einer Fuhrungskraft. Globale Fuhrung und Fuhrungseigenschaften Bine groBe, aktuelle und weltweit durchgefiihrte Untersuchung fragt in diesem Zusammenhang nach globalen, idealisierten Erwartungen an exzellente Fiihrungskrafte. An der sog. GLOBEStudie (Global Leadership and Organizational Behavior Effectiveness Research Program) waren 170 Wissenschafder aus 61 Kulturkreisen beteiligt. Die Untersuchung wurde von Robert House initiiert und bietet Fiihrungs-Prototypikalitats-Rangordnungen im weltweiten Vergleich. Der Ausgangspunkt war die Generierung von 382 Fiihrungs-Attributen (Eigenschaften, Fertigkeiten, Rollen, Fahigkeiten, Verhaltensweisen usw.). Ziel war es, die Frage zu beantworten, wodurch herausragende Fuhrung (outstanding leadership) gekennzeichnet ist. Es resultierten daraus 21 Fiihrungs-Skalen, die in einer groBen Zahl von Nationen und mehreren Studien empirisch untersucht wurden^22 ^Is Beispiel nennen House et al. (1999) die folgenden Aussagen zu „Leadership": „Consider the following statements taken from interviews with managers from various countries: Americans appreciate two kinds of leaders. They seek empowerment from leaders who grant autonomy and delegate authority to subordinates. They also respect the bold, forceful, confident, and risk-taking leader, as personified by John Wayne. The Dutch

" S. ebenda. ' Vgl. Beckurts / Reichwald 1984, S. 116ff. 2 Vgl. House et al. 1999, S. 2f; Brodbeck et al. 2000.

Untersuchungsdesign: Vorgehen

215

place emphasis on egalitarianism and are sceptical about the value of leadership. Terms like leader and manager carry a stigma. If a father is employed as a manager, Dutch children will not admit to their schoolmates. Arabs worship their leaders - as long as they are in power! Iranians seek power and strength in leaders. Malaysians expect their leaders to behave in a manner that is humble, modest, and dignified. The French appreciate two kinds of leaders. De Gaulle and Mitterand are examples. De Gaulle is an example of a strong charismatic leader. Mitterand is an example of a consensus builder, coalition former, and effective negotiator."^23 In ihrem deutschen Beitrag zur GLOBE-Studie identifizieren Brodbeck, Frese und Javidan (2002) Fiihrer in Deutschland als vor allem gepragt durch ein geringes „Mitgefuhl" (low on compassion) und eine hohe Leistungsorientierung (high on performance). Der deutschen Kultur sei es inharent, dass Unsicherheit vermieden werden soil und groBer Wert auf Bestimmtheit und Durchsetzungsfahigkeit (assertiveness) gelegt wird. Die Humanorientierung bei der Arbeit ist relativ gering und zwischenmenschliche Beziehungen sind sehr direkt und ernst (straightforward). Die GLOBE Studie zeigte, dass Fiihrungskrafte diese kulturellen Werte und Vorgehensweisen leben miissen, um in den entsprechenden Landern als „herausragende Fiihrer" wahrgenommen 2u werden. Dies trifft auch auf die effektiven deutschen Fiihrungskrafte zu; neben den genannten Eigenschaften seien diese gekermzeichnet durch einen geringen Selbstschutz, eine geringe Teamorientierung, eine hohe Selbststandigkeit und hohe Partizipation. Konflikte und Auseinandersetzungen scheinen damit Teil der deutschen Fiihrungskultur zu sein. Die Autoren kritisieren diesen „veralteten" „tough on the issue, tough on the person"-Stil und verordnen vor dem Hintergrund der Herausforderungen des 21. Jahrhundert eine Anderung zum „tough on the issue, soft on the person"-Stil924. AuBerdem wurden aus den Ergebnissen der GLOBE-Studie die in Tabelle 45 genannten sechs globalen „impliziten Fiihrungstheorien" aus den sog. CLTs (Culturally endorsed implicit Leadership Theories) herausgefiltert.

923 S. House et a l l 999, S.4f. 924 Vgl. Brodbeck / Frese /Javidan 2002, insbesondere S. 16.

216

Die Studie „Leadership Excellence"

Global Culturally Endorsed Implicit Leadership (CLT) Dimensions Dimension

IMean values^^^

Description

1. CharismaticA/aiue Based

4.6-6.5

Charismatic 1: Visionary; charismatic 2: inspirational; charismatic 3: Self-sacrifice; Integrity; decisive; performance oriented

2. Team Oriented

4.8-6.2

Team 1: Collaborative team orientation; Team 2: Team integrator; diplomatic; malevolent^® (reverse scored); administratively competent

3. Self-Protective

2.6-4.6

Self-centered; status conscious; conflict inducer; face saver; procedural

4. Participative

4.5-6.1

Autocratic (reverse scored); non-participative (reverse scored); delegator

5. Humane

3.8-5.6

Modesty; humane orientation

6. Autonomous

2.3-4,7

Individualistic; independent; autonomous; unique

Tabelle 45 Glohale imptiv^te Fiihrungstheorien aufGrundlage des

GLOBE-ProJekte/^^

Nach Neuberger (2002) geht aus den Mittelwerten der Tabelle hervor, dass zur Zeit der 'WeltPrototyp' einer hervorragenden Fiihrungsperson haufig als visionar, begeistemd, selbsdos, leistungs- und teamorientiert beschrieben werden kann. „Die viel beschworene Human- oder Mitarbeiterorientierung landet nur im Mittelfeld. Eher negativ bewertet, quasi als Kontrast zur idealen Fiihrungskraft zu sehen, werden egoistische Narzissten und autonome Individualisten. Bemerkenswert sind aber die starken Streuungen, die belegen, dass keineswegs iiberall die gleiche Messlatte angelegt wird.'^s" Tabelle 46 listet einen Auszug der Rangordnungen auf, die in europaischen Landem fiir die 21 Skalen der Fiihrungs-Prototypikalitat bestimmt wurden.

^25 N u m b e r s represent worldwide m e a n values o n a seven-point scale ranging from 1 (substantially impedes) t o 7 (substantially facilitates) effective leadership, 926 Malevolent: Boshaft. 927 S. H o u s e et al. 1999, S. 82. Siehe auch Neuberger 2002, S. 255. 928 Neuberger 2002, S. 255.

Untersuchungsdesign: Vorgehen

217

Prototypikalitats-Rangordnungen europ aischer Lander FuhrungsPrototypikaiitSt

Angio (GB.IRL)

Nordisch Deutsch (SWE,NL,FIN, (BRD,CH,AU DEN) S)

hoch positiv (ferdert herausragende Fiihrung)

Leistung, inspirierend, visionSr, Teamintegrator, Integritat, entschieden, partizipativ

integritSt, inspirierend, visionSr, Teamintegrator, Leistung, entschieden. nichtautoritSr, partizipativ

Partizipativ, Integritat, inspirierend. nichtLeistung, autoritMr nichtautoritMr, visionar, entschieden, partizipativ, administrativ. Teamintegrator

niedrig posi- nicht(fSrdert autoritSr, tiv etwas) administrativ, diplomatisch, zusammenarbeitend, Bescheidenheit, aufopferungsvoll, human, Konfliktvermeider

Zusammenarbeitend. diplomatisch, administrativ, Konfliktvermeider, aufopferungsvoll, human, Bescheiden-heit

Diplomatisch, zusammenarbeitend. aufopferungsvoll. Bescheidenheit, human. Konfliktvermeider. autonom

niedrig nega- Autonom, tiv (hindert statusbewusst. etwas) burokratisch

Autonom, Statusstatusbewusst, bewusst, burokratisch burokratisch

hoch negativ GesichtsGesichtsGesicht(hindert) wahrer, selbst-wahrer, selbstswahrer, bezogen, bezogen, selbstbezogen, bdsartig bosartig bosartig

(FRA)

inspirierend. Integritat, Teamintegrator, Leistung, vislonSr, entschieden, diplomatisch, zusammenarbeitend. Konfliktvermeider, administrativ, Bescheidenheit

Latino (ITA,SPA,PO R,HUN)

(RUS)

Teamintegrator, Leistung, inspirierend. IntegritSt, visionar, entschieden. administrativ, diplomatisch, zusammenarbeitend

VlsionSr, administrativ, Leistung, inspirierend. entschieden, Integritat, Teamintegrator

nichtautoritSr, partizipativ. aufopferungsvoll. Bescheidenheit, human. statusbewusst, Konfliktvermeider

Partizipativ, zusammenarbeitend, diplomatisch. statusbewusst, aufopferungsvoli. Bescheldenheit, Konfliktvermeider, autonom

AufopferBurokratisch, Human, nichtungsvoll. autonom autoritMr, statusburokratisch, Gesichtsbewusst, wahrer autonom, human, burokratisch SelbstGesichtsGesichtswahrer, selbstwahrer, selbstbezogen, bezogen. bezogen, bdsartig bosartig bdsartig

Tabelle 46 Prototypikalitdts-Rangordnungen europdischerhdnder auf der Gmndlage des

GLOBE-Prq/ekt/^^

Bei diesen Ergebnissen muss beachtet werden, dass nicht die Attribute empirisch produktiver oder erfolgreicher Fiihrer ermittelt, sondern idealisierende Erwartungen abgefragt wurden. Neuberger (2002) schlieBt, dass zu Beginn des neuen Jahrtausends ein Fiihrungsieitbild dominiert, das Weitblkk, Begeisterungsfdhigkeit, Leistung und Zusammenarbeit vereint. Trotz aller Beschworungen des Intrapreneurs und trotz aller faktischen Erfahrungen in Bezug auf Karrieristlnnen ware der Typus des unabhangigen Einzelnen und des 'Mikropolitikers' wenig gefragt^^. Auch im Rahmen

929 VgL Brodbeck et al. 2000, S. 15. Siehe auch Neuberger 2002, S. 256. 930 Vgl. Neuberger 2002, S. 257 und zur MikropoUtik S. 680ff.

Die Studie „Leadership Excellence"

218

eines Projektes am Institut fiiir Information, Organisation und Management der TU Miinchen wurde in Kooperation mit Siemens eine Studie durchgefiihrt, bei der 44 Mitarbeiter und 2usat2lich 50 Fiihrungskrafte weiterer Untemehmen befragt wurden, u.a. 2u den Eigenschaften einer guten Fuhrungskraft^^^ Abbildung 42 fiiihrt die haufigsten Antworten auf.

Was macht einen guten Leader aus?

FachKche Kompetenz Kommunication Coach Geradinigkeit Soziale Kompetenz Vertrauen' Vorbldfunlction' "Macher/' Motivator Charisma Offenheit Klare Wertebasis' IntelelctuaiUt Birlichkeit Souverdnitat; 0%

5%

10% 15% 20% 25% 30% 35%

Abbildung 42 Ijeadenhip Index Anafysis - Antworten auf die Frage „ Was macht einen guten Leader aus? ''^^ Konzepte der Selbst-Fiihrung bemiihen sich schlieClich darum, diesen ganz unterschiedlichen, kulturellen Anforderungen zu begegnen sowie den Herausforderungen der starken Fragmentierung des Arbeitstages'" gerecht zu werden'^. Poelmans, Chinchilla und Cardona (1999) leiten aus ihrer Untersuchung Faktoren der Arbeitsumgebung ab, die landeriibergreifend in dieser Reihenfolge bei Managem den groBten Druck erzeugen und damit fiiir Stress durch und in der Arbeit verantwortlich sind:

931 Vgl. Projektbericht Miiller / Sehle / Weinke / Wimschneider 2000, S. 26 und AbschluBprasentation Lidl / Wimschneider 2 0 0 0 , 5 . 1 1 . 932 Eigenerstellung in Anlehnung an l i d l / Wimschneider 2000, S. 11 und S. 15. 933 Nach Goecke 1997, S. 148 hat diese Fragmentiemng wahrend der letzten 20 Jahre deudich 2ugenommen. Wahrend Mintzberg 1973 v o n durchschnitdich 22 Aktivitaten pro Tag spricht, erfassen Kurke und Aldrich 10 Jahre spater 34 Aktvitaten und Schreyogg und Hiibl 20 Jahre sparer sogar 68 Tagesaktivitaten. 934 Vgl. Poelmans / Chinchilla / Cardona 1999. Die Autoren untersuchen „managerial stress" in Spanien und fiihren dabei die aus empirischen Studien ermittelten groBten Stress-Faktoren auf, deren Relevanz und Gewichtung sich landesspezifisch unterscheidet, jedoch hier nach ihrer hochsten gemittelten Gewichtung aufgefiiihrt sind: Arbeit, Geldsorgen, Familie und Beziehungen, Krankheiten oder Verlust/Trauerfalle. Zu den Strategien zur Stressvermeidung zahlen sie: Soziale Unterstiitzung (der Riickhalt aus der Familie wird als einer der wichtigsten Faktoren zur Vermeidung von Stress angegeben), Variationen in der aUtaglichen Arbeit, Spaziergang wahrend der Mittagspause, Rauchen, Sport oder etwas trinken oder essen (z.B: Schokolade, Eis, Snacks).

Untersuchungsdesign: Vorgehen

219

1. Relationships at work 2. Managerial responsibilities 3. Workload 4. Organizational climate 5. Recognition 6. Daily hassles 7. Manager role 8. How-work balance'^^ Im Kern wurden im Rahmen der Studie die in TabeUe 47 gestellten Fragen behandelt. Kernfragen im Aktionsfeld FiJhrungsinteraktionsprozess

Wie lassen sich die zentralen Belastungsfaktoren von Fiihrungskraften (Zeitdruck, Fragmentierung, Fremdbestimmtheit) im Alltag abbauen? Wie lasst sich Raum fiir die zentralen Fuhrungsaufgaben Kommunikation und Interaktion schaffen? Wie lasst sich Fiihrungsstarke eines Untemehmens im taglichen Fiihrungsprozess sichtbar machen und ausbauen? Tabelle 47 Kernfragen im Aktionsfeld Fuhmngsinteraktionspro; tor^^

Edvinsson and Malone 1997

SC

Intellectual Capital is measured through the analysis of up to 164 metric measures (91 intellectually based and 73 traditional metrics) that cover five components: (1) financial; (2) customer; (3) process; (4) renewal and development; and (5) human

Knowledge Audit Cycle

Marr & Schiuma 2001

SC

A method for assessing six knowledge dimensions of an organization's capabilities in four steps. 1) Define key knowledge assets. 2) Identify key knowledge processes. 3) Plan actions on knowledge processes. 4) Implement and monitor improvement, then retumto 1).

IC Rating™

Edvinsson 2002

SC

An extension of the Skandia Navigator framework incorporating ideas from the Intangible Assets Monitor; rating efficiency, renewal and risk.

Value Chain Scoreboard^^

Lev 2002

SC

A matrix of non-financial indicators arranged in three categories according to the cycle of development: Discovery/Learning, Implementation, Commercialization.

IC-lndex™

Roos / Roos / DragonettI / Edvinsson 1997

SC

Consolidates all individual indicators representing intellectual properties and components into a single index. Changes in the index are then related to changes in the firm's market valuation.

SC

Management selects indicators, based on the strategic objectives of the firm, to measure four aspects of creating value from 3 classes of intangible assets labeled: People's competence. Internal Structure, External Structure. Value Creation modes are: (1) growth; (2) renewal; (3) utilization/efficiency; and (4) risk reduction/stability.

Intangible Asset Monitor

Sveiby 1997

Balanced Score Card

Kaplan / Norton 1992 und 2001b

SC

A company's performance is measured by indicators covering four major focus perspectives: (1) financial perspective; (2) customer perspective; (3) internal process perspective; and (4) learning perspective. The indicators are based on the strategic objectives of the firm.

Results based Leadership

Ulrich / Zenger / Smallwood 1999

SC

Human capital = employee capability X employee commitment

Danish guidelines

Mouritzen / Bukh et. al. 2003

SC

A government-sponsored research project has developed a recommendation for how Danish firms should report their intangibles publicly. Intellectual capital statements consist of 1) a knowledge narrative, 2) a set of management challenges. 3) a number of initiatives and 4) relevant indicators.

Meritum guidelines

Meritum Guidelines 2004

SC

An EU-sponsored research project, which has yielded a framework for management and disclosure of Intangible Assets. 1) define strategic objectives, 2) identify the intangible resources, 3) actions to develop intangible resources. Three classes of intangibles: Human Capital, Structural Capital and Relationship Capital.

Tabelle 48 Ansdtr^e der Messmethodik von Intellectual Capitaf"

Der zurzeit bekannteste Ansatz zur strategischen Steuerung eines Untemehmens mittels Kennzahlen ist die bereits angesprochene Balanced Scorecard, die von Robert Kaplan und David Norton 1992 erstmals vorgestellt wurde^", £)ie Balanced Scorecard sollte eine verstandliche Transformation der Strategie und der Vision eines Unternehmens durch ein strukturiertes, balanciertes

952 In Anlehnung an und Erweiterung von Deking 2003, S. 161 und Sveiby 2004, S. 2ff. Siehe auch Griibel / North / S2ogs 2004. 953 Vgl. Kaplan / Norton 1992 und Deking 2003, S. 96ff.

Untersuchungsdesign: Vorgehen

225

und geschlossenes Gemisch qualitativer und quantitativer Zielsetzungen und Kennzahlen ermoglichen954, Kemstiick des Balanced Scorecard Konzepts sind die Dimensionen und Kennzahlen^ss. Neben der klassischen finanziellen Perspektive wird die Kunden-, die interne Prozess- und die Lern- und Wachstumsperspektive betrachtet?^^, Damit werden die Stakeholder Kunden, Investoren und auch die Mitarbeiter adressiert^^?^ ^^^ gerade die vierte der Perspektiven (die Lern- und Wachstumsperspektive) haufig als Mitarbeiter-Perspektive bezeichnet wird^^s^ J^[Q Balanced Scorecard erlaubt anhand eines iibersichtlichen Rahmens eine Reduktion der komplexen Unternehmens- und Wettbewerbsprozesse; darin liegt eine ihrer Starken und daher sollte die Anzahl der Ziele auf insgesamt 20 (ca. fiinf pro Perspektive) begrenzt sein, um die Komplexitat nicht unnotig zu erh6hen959. Die Entwicklung einer Balanced Scorecard ist jedoch kein einmaliger Prozess, sie ist kein starres Instrument zur Koordination. Nach Deking (2003) soil die festgelegte Scorecard laufend hinterfragt und, gegebenenfalls, neu ausgerichtet werden^^o. Dies deutet sich auch durch die vierte Perspektive an, die von Kaplan und Norton (2001) explizit mit dem Wandel im Unternehmen verkniipft wird: „4. Learning and Growth. The priorities to create a climate that supports organizational change, innovation, and growth.^^i". So verwenden die meisten Unternehmen zwar vier Perspektiven, in der Praxis kommen jedoch ebenso Scorecards mit 2-6 Perspektiven zum Einsatz962 SchlieBlich sei darauf hingewiesen, dass auch Kaplan / Norton (2001) in den letzten 10 Jahren eine Schwerpunktverschiebung vollzogen haben. In ihren ersten Veroffentlichung lag der Fokus auf der Steuerung und Messung der Strategie, in ihrem neuesten Buch „The Strategy-focused Organization"^" auf der Strategieentwickiung und -umsetzung. Damit haben Sie nach Ansicht von Horvath und Kralj (2001)^6* die Balanced Scorecard von einem Performance Measurement System zu einem Fiihrungssystem weiterentwickelt^^s^ Ulrich (1997) bemerkt, dass sich Unternehmen seit der Einfuhrung der Balanced Scorecard darum bemiihen, diese zu verwenden um die Leistungskraft des Unternehmens zu bestimmen. Die Dimension Mitarbeiter sei dabei, wie bereits mehrfach diskutiert, am schwierigsten zu messen, auch weil entsprechende Messzahlen am wenigsten verbreitet und akzeptiert sind und damit am

954 Vgl. Steinle / Henning / Lange 2001, S. 29. 955 Vgl. Deking 2003,5.106. 956 Vgl. Kaplan / Norton 2001b, S. 23: Kaplan und Norton beschreiben Ihre vier Perspektiven wie folgt: „1. Financial: The strategy for growth, profitability, and ris viewed from the perspective of the shareholder. 2. Customer: The strategy for creating value and differentiation from the perspective of the customer. 3. Internal business processes. The strategic priorities for various business processes, which create customer and shareholder satisfaction. 4. Learning and growth. The priorities to create a climate that supports organizational change, innovation, and growth." S. auch Kaplan / Norton 2001b, S. 38ff. 957 Vgl. Ulrich 1997,5.306. 958 Vgl. Deking 2003, 5. 108. Unternehmen wie 5iemens benutzen die vier Perspektiven financials, customers, processes und employees (vgl. 5iemens AG Corporate Personnel, Leadership, Development and Cooperation 2002: excellence). 959 Vgl. Deking 2003, 5. 106f. 5iehe auch Chang / Morgan 2000. 960 Vgl. Deking 2003. 5. 98. 961 Vgl. Kaplan / Norton 2001 a, S. 23. 962 Vgl. Deking 2003, 5.108. 963 Vgl. Kaplan / Norton 2001a. 964 Vgl. Horvadi / Kralj 2001.

965 Vgl. Deking 2003, 5.112.

226

Die Studie „Leadership Excellence"

inkonsequentesten nachverfolgt werden. Bei der Integration der Mitarbeiterperspektive in die Balanced Scorecard wird daher noch experimentiert. Im Allgemeinen lassen sich Bemiihungen zur Integration in drei Kategorien zusammenfassen, die Produktivitdt, Humanressourcen und Pro^sse messen^66, Messung des Humankapitals Der Fokus soil im Folgenden auf die Messung von Personal- und Humanfaktoren eingeengt werden. Viele Untemehmen gehen zunehmend dazu iiber, neben dem Geschaftsbericht auch einen Personalbericht zu verfassen, der jedoch vorwiegend statistische GroBen wie die Anzahl der Mitarbeiter, den Anteil der Frauen, den Anteil der Auslander u.a. wiedergibt^^. Firmen wie die Union Fenosa S.A. in Spanien definieren dariiber hinaus eigene Kriterien zur Bestimmung ihres Intellectual Capital und weisen dieses als wesentlichen Untemehmenswert aus'^. Das Energie-Untemehmen mit Sitz in Madrid entwickelte und operationalisierte ein eigenstandiges „Intellectual Capital Management Model" mit den drei Hauptkategorien „Human Capital", „Structural Capital" und „Relational Capital", die sich in ahnlicher Form auch bei den Meritum guidelines (2004)969 finden. Um dieses Thema in der Untemehmenslandschaft starker zu positionieren, griindete sich der sog. „Human-Capital-Club e.V.". Dieser schlagt Ansatze und Kriterien vor, die der Messung des Humankapitals dienen soUen^^^ Schiitte (2004), Mitglied des Vorstands des Human-Capital-Clubs, fasst diese Forderungen in seinem Artikel „Humankapital - ein Thema auch fur die exteme Berichterstattung" zusammen. Humankapital setzt sich nach Schiitte (2004) aus drei Faktoren zusammen, die er im Folgenden im Detail operationalisiert; es sind das „Individuelle Humankapital" (die Personen), das „Dynamische Humankapital" (die Prozesse) und das „Strukturelle Humankapital" (die Systeme und Strukturen)'"^ TabeUe 49 zeigt den Vorschlag des Human-Capital-Clubs e.V. fiiir ein Standard-Berichtsformat, das Untemehmen zur externen Berichterstattung im Bereich des Humankapitals verwenden konnen.

966 VghUlrich 1997, S.306f. 967 Ygi 2.B. die Personalberichte der Miinchener Riick, v o n Siemens oder der E A D S . 968 Vgl. Annual Report der Union Fenosa S.A. 2002, S. 82ff. 969 Vgl. Meritum Guidelines 2004, vgl. auch Griibel / North / Szogs 2004. 9"^^ Vgl. http: / /www.humancapitalclub.de. Abrufdatum: 16.6.2004. 97iVgl.Schutte 2004,5.177.

Untersuchungsdesign: Vorgehen

227

Vorschlag des Human-Capital-Clubs e.V. fur einen Bericht uber Humankapital Legende:

* MessgrSRe gilt nur in entspr. Situation

(Messgrdde schon an anderer Stelle aufgefOhrt)

HC-Faktor

IMessgrdAe

Prio

Messverfehren

Werte ink!. FuhaingsgrundsStze

A

Interne Broschure

Leitblld/Strategie

A

Beschrelbung Strategie (Kernaussagen)

Ziele

A

Konkrete Ziele im Rahmen des strateg. PlanungsprozessesBSC

Personalstand Fehlzeiten

A A

Anzahl der MA und Veranderung % Fehlzeiten an Gesamtarbeitszeit (ohne Mutterschaft)

Fluktuation

A

Anzahl Austritte / Eintritte und Fluktuatlonsquoten (nach ZielGrp) Anteil Eigenkundigungen (nach ZielGrp)

1. Werte und Ziele

II. Mitarbeiter 1. BeschSftigung

A IntemationalitSt

2. Quallflkation und Potential 2.1.Qualifikation

B

Anteil AuslSnder in oberen Fuhrungsebenen

B

Anzahl AuslTransfers und RQckfuhmngen

* MA-Erhalt In Krisen

B

Altersstruktur

B

KapaziWtsreduziemng (MAK) dutch Einsatz FlexiModelle o-Alter, Stmkturzahlen, Ausgeglichenheitsindex

Erfahrungsprofil

A 8

1 1 0 Dauer Erfahrung MA in SchlUsselbereichen (TStigkei- 1 ten Im aktuellen od. anderen Untemehmen) 0 Betiiebszugehdrigkeit nach Schlusselgruppen

VIelseitlgkeitsprofil

A

Anzahl MA / FtihKrd mit intemationaler Erfahrung

A

Anzahl MA / FuhKrS mit 3,4 verschiedenen TStigkeitsfeldern Befragung MA, inwieweit Wissen / Fdhigkeiten eingesetzt EinschStzung Jobpassung durch Management (Befragung) Passgenauigkeit Planstellenprofile / FShigkeiten usw. 1 MA Anteil Hochschuler, Facharbeiter / -angestellte, Abiturienten Anzahl / Anteil Azubis, Trainees Anzahl Nachwuchskandidaten 1., 2. FiihrEbene, Kernpositionen (Fachpositionen) anhand von Potentialportfolien 1

Ausnutzungsgrad

B C C

2.2. Potential

Formale Qualifikationsstruktur

C

Nachwuchs Potentialstruktur

A A

Tabe/k 49 Vorschlag des Human-Capital-Clubs e. Vfur einen Bericht Uber Humankapital (Stand: 17.10.2003 f^

Ulrich und Smallwood entwerfen 2004 basierend auf elf 1999 zusammengestellten organisationalen Fahigkeiten dagegen einen „Capabilities Audit", der spezifischer auf die Fahigkeiten der Organisation und der Organisationsmitglieder abzielt, zugleich aber eher qualitativ angelegt ist. Die elf Organizational Capabilities mitsamt der Fragen des Audits stellt Tabelle 50 zusammen.

972 VghSchiitte 2004,5.179.

228

Die Studie „Leadership Excellence"

Capabilities Audit Organizational Capabilities

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Questions of Audit

Talent

...at attracting, motivating, and retaining competent and committed people. .Competence comes as leaders buy (acquire new talent), build (develop existing leaders), borrow (access thought leaders through alliances of partnerships), bounce (remove poor perfonners), and bind (keep the best talent).973-

Do our employees have the competencies and commitment required to deliver the business strategy in question?

Speed974

...at making important changes rapidly. .Speed refers to the organizations ability to recognize opportunities and act quickly, whether to exploit new markets, create new products, establish new employee contracts, or implement new business processes.^''^"

Can we move quickly to make important things happen fast?

Shared mindset and coherent brand identity

...at ensuring that employees and customers have positive and consistent images of and experiences with our organization.

Do we have a culture or identity that reflects what we stand for and how we work? Is it shared by both customers and employees?

Accountability

...at obtaining high performance from employees.

Does high performance matter to the extent that we can ensure execution of strategy?

Collaboration

...at working across boundaries to ensure both efficiency and leverage.

How well do we collaborate to gain both efficiency and leverage?

Learning

...at generating and generalizing ideas with impact.

Are we good at generating new ideas with Impact and generalizing those ideas across boundaries?

...at embedding leaders throughout the organization.

Do we have a leadership brand that directs managers on which results to deliver and how to deliver them?

Leadership

.Companies that consistently produce effective leaders generally have a clear leadership brand - a common understanding of what leaders should know, be and do.^k Beurteiler

Vorgesetzte Selbst Kunden Untergebene Experten Gleichgestellte

Ahhildung44 Determinanten derheistungsbeurteilun^^^

Neben den inhaltUchen Determinanten existieren Kriterien der Wirtschaftlichkeit und testtheoretische Giitekriterien, die zur Quaiitatssicherung der Leistungsmessung entscheidend sind. Als klassische Giitekriterien konnen die Uberpriifung der Giiltigkeit (Validitat), Verlasslichkeit (Reliabilitat) und Objektivitat genannt werden989. In Bezug auf die Wirtschaftlichkeit lasst sich mit Hentze und Lindert (1998) feststellen, dass jenes System als wirtschaftlich effizient bezeichnet werden kann, dessen „erwunschte Effekte mindestens die durch den Mitteleinsatz verursachten negativen Effekte kompensieren"99o, Struhlik (1994) nennt drei Hauptfunktionen der Leistungsbeurteilung und raumt dabei, wie Sveiby (2004), der Personalentwicklung einen zentralen Platz ein.

^88 Eigene Erstellung in Anlehnung an Struhlik 1999, S. 27. Struhlik gibt bei den Beurteilern keine Gleichgestellten („peers") an, erwahnt diese aber im Folgenden (S. 35). Siehe auch Briscoe / Schuler 2004, S. 352ff. 989 Vgl. FUck / Kardorff / Keupp/ von Rosenstiel / Wolff (Hrsg.) 1995, S. 167, auch Struhlik 1999, S. 23, Van de Ven / Poole 2002. 990 S. Hentze / Lindert 1998, S. 1014, zitiert nach Struhlik 1999, S. 20.

232

Die Studie „Leaclership Excellence"

-unktionen der Leistungsbeurteilung Hauptfunktionen Entgeltfindung:

Personalentwicklung:

Personelle Entscheidungen:

Unterfunktionen • •

Ermjttlung von Lohn- und Gehaltszulagen Schaffung eines leistungsgerechten Entgeltsystems



Planung und Kontrolle von Aus- und WeiterbildungsmaBnahmen (Leistungsverbesserung) Individuelle Beratung, Feedback Festlegung von LeistungsenA^artungen und -zieien Motivation durch Anerkennung und Befriedigung Steuerung des Fiihrungsverhaltens Verbessemng der Kommunikation zwischen dem Mitarbeiter und seinem Vorgesetzten

• • • • • • •

Fundierung von BefOrderung, Versetzung, Entlassung Organisationsweite Leistungsinventur

1

Tabelle 51 Funktionen derljeistungsbeurtetlun^^

Tischer (1994) spezifiziert in Bezug auf die Personalbeurteilung 12 betriebspersonalokonomisch mogliche Ziele sowie vier weitere, dariiber hinaus gehende Ziele. Der von Sveiby (2004) geforderte Bezug zum Lemen wird bei diesen Faktoren explizit als latentes Ziel oder Nebenziel der Personalbeurteilung betxachtet (z.B. beim Feedbackziel oder der Personalqualifizierung)992, Die 12 Ziele lauten: 1. Leistungsgerechte Gehaltsfindung 2. Schaffung von Entscheidungsgrundlagen fiiir die Personalauswahl 3. Schaffung einer Entscheidungsgrundlage fiiir den Personaleinsat^ 4. Transparenz und Begriindung von Personalentscheidungen 5. Ermoglichung einer vertrauensvollen Zusammenarbeit 6. Schaffung von Informationsgrundlagen 7. Feedback^el 8. Personalfiihrung als Ziel der Personalbeurteilung 9. Personalforderung und Personalqualifit^ierung 10. Kontrolle 11. Persona^lanung 12. Besondere personalnnrtschafiliche Ziele (z.B. Ablauf und Ende der Probezeit, Versetzung USW.)993

' Eigene Erstellung in Anlehnung an Struhlik 1999, S. 9. 2 Vgl. Tischer 1994, S. 155. 5 Vgl. Tischer 1994, S. 144-152.

Untersuchungsdesign: Vorgehen

233

Unter dem Aspekt „keine Ziele der Personalbeurteilung aus betriebspersonalokonomischer Sicht"^^ fiiihrt sie die folgenden vier weiteren Faktoren auf: (1) AusschlieBliche l^istungssteigerung, (2) Personalbeurteilung zum Zwecke der Kiindigung, (3) Unterstut2ung organisationsintemer Ideologien sowie (4) nachtrdghche Ljegitimation von Entscheidungen^^^ Die Messung der Fiihrungsleistung Beim FiihrungsmeBsystem gilt es insbesondere die Leistung zu eruieren, die Fiihrungskrafte in der Organisation erbringen. Diese muss differenziert von der Messung der Intangible Assets und der Messung des Humankapitals betrachtet werden. Sie ist stark davon abhangig, was allgemein, aber auch in der jeweiligen Organisation, unter Fiihrung verstanden werden soil und ebenso davon, welches Ziel mit der Fiihrungsleistungsmessung verfolgt wird'^^^ Ais haufiges Ziel wird wiederum die organisationale Performanz genannt. Pierce und Newstrom (2000) diskutieren so explizit den Zusammenhang von Fiihrung mit dem Unternehmenserfolg^'"^. Auf der einen Seite verweisen sie auf Pfeffer, der 1977 in Bezug auf Fiihrung drei Probleme hervorhebt: a) Die Mehrdeutigkeit (ambiguity) der Definitionen und der Messung des Konstrukts, b) die Frage, ob Fiihrung (leadership) iiberhaupt einen Einfluss auf die organisationale Performanz hat und c) die Auswahl von Fiihrungskraften beim Nachfolgeprozess fiir Fiihrungspositionen. Pfeffer argumentiert, dass es sich bei Fiihrung vomehmlich um ein phenomonologisches Konstrukt handelt und Fiihrer lediglich als Symbole dienten^^^, Es erscheint vor dem Hintergrund der vielfaltigen Bedeutung des Wortes Fiihrung und der langfristigen Auswirkung von Fiihrungsleistung so nur schwer moglich, den Zusammenhang zum Erfolg abzuleiten. Da Fiihrung mehrdeutig und in Redundanz mit anderen wichtigen organisatorischen Konzepten (Einfluss, Macht, Autoritat usw.) definiert wiirde, sei es schwierig zu bestimmen, ob Fiihrung iiberhaupt notwendig ist und ob es Fiihrung oder andere Faktoren sind, die den Unterschied ausmachen gegeniiber der Konkurrenz. Pierce und Newstrom (2000) beschreiben, dass Fiihrung deshalb als bedeutend wahrgenommen wird, weil es Menschen ganz allgemein bevorzugen wiirden, Ereignisse kausal auf einen Fokus zu attribuieren - es sei etwa schwieriger die vielfaltigen und verwobenen Fiihrungsfunktionen einer groBeren Gruppe zuzuordnen. Die Fiihrungskraft dient somit als soziales Konstrukt, Symbol oder Ziel von Attribuierungen, um Komplexitat und Unsicherheit zu reduzieren.

994 S.Tischer 1994,8.153. 995Vgl.Tischerl994,S. 153f. 996 An dieser Stelle wird der Bezug zum Fiihrungsanreizsystem deutlich. Vgl. auch Sveiby 2004, S. If. 997 Vgl. Pierce / Newstrom 2000, S. 335f. 998 Vgl. Pfeffer 1977,5.104

234

Die Studie „Leadership Excellence"

An anderer Stelle verweisen sic jedoch auf die auch zuvor beschriebene Vielzahl an Studien, die gute Fiihrung fur den Untemehmenserfolg mitverantwordich machen iind in gleicher Weise zeigen, dass schlechte Fiihrung dazu fuhrt, dass die besten Mitarbeiter ein Unternehmen verlassen und damit die Leistungsfahigkeit der Organisation spiirbar abfallt^. Es entsteht dadurch die Notwendigkeit, die - nach der Philosophie des Untemehmens - besten Fiihrungskrafte zu identifizieren, zu fordem, zu halten, sie an die fur sie passenden Stellen zu befordem und gleichzeitig diejenigen Fiihrungskrafte zu versetzen, deren Starken nicht in der Fiihrung von Mitarbeitem liegen. Die Bestimmung der Fiihrungsstarke einer Fiihrungskraft ist somit neben der Messung der Leistungsfahigkeit entscheidend, um Fiihrungspotential zu fordem, um Fiihrungskrafte zielgerichtet weiterentwickeln zu konnen, um Fiihrungsschwache zu verhindem - kurz, um Fiihrungskapital im Unternehmen auf- und auszubauen. Dave Ulrich, Jack Zenger und Norm Smailwood definieren effektive Fiihrung 1999 daher als das Produkt aus Attributen der Fiihrungskrafte und erzielten Ergebnissen'*'^. Den Zusammenhang stellen die drei Autoren in ihrem „Virtuous Cycle of Attributes and Results" dar. Virtuous Cycle of Attribi so that

^ Effective Leadership

Attributes

X

Results

(>ecai/se of Abbildung 45 Virtuous Cycle of Attributes and Result^'^^

Auch diese Autoren argumentieren, dass es fiir ein Unternehmen notwendig sei, sich iiber die Attribute klar zu werden, die eine Fiihrungskraft jetzt und vor allem in Zukunfi besitzen sollte'^o^ . Attribute, die sicherlich auch von der jeweiligen Fiihrungssituation, von der Landeskultur'oo^, also vom jeweiligen Kontext, abhangen'«)4. Bei der Definition von organisationsweiten Vorgaben der Attribute fur Fiihrungskrafte ist es jedoch unerlasslich, den Bezug zu den Ergebnissen herzustellen; die Attribute also nicht losgelost oder generisch, sondem eindeutig so festzulegen, dass konkrete Ergebnisziele dadurch erreicht werden konnen („so that**). Um gewiinschte Erfolge wiederholen oder Misserfolge analysieren zu konnen, ist es andererseits notwendig zu fragen, wie und warum diese Ergebnisse erzielt wurden; also den Riickschluss von den Ergebnissen auf die Attribute zu ziehen'oos.

999 Vgl. Pierce / Newstrom 2000, S. 335f. Siehe da2u etwa auch Buckingham / Coffman 1999 oder Tabelle 13. i«^ Vgl. Ulrich / Zenger / SmaUwood 1999, S. 3. 1001 In Anlehnung an Ulrich / Zenger / Smailwood 1999, S. 192. 1002 Vgl. Ulrich / Zenger / Smailwood 1999, S. 5. Siehe auch Beatty / HuseHd / Schneier 2003, S. 109. 1003 Vgl. Brodbeck et al. 2000; House et al. 1999, S. 82; Schilling 2001, S. 11. 1004 Vgl. Fiedler / Mai-Dalton 1995; Schreyogg 1995. '005 Vgl. Ulrich / Zenger / Smailwood 1999, S. 194ff.

235

Untersuchungsdesign: Vorgehen

Die Studie „Leadership Index Analysis" des Instituts fiir Betriebswirtschaftslehre, insbesondere fiiir Information, Organisation und Management der TU Miinchen aus dem Jahre 2000 hatte zum Ziel, einige dieser Kriterien zur Messung der Fiihrungsleistung aus Sicht der Fiihrungskrafte zu ermitteln^oo^. Abbildung 46 fiihrt die haufigsten Antworten auf die Frage „weiche Kriterien zur Messung ihrer Fiihrungsleistung akzeptieren Sie und halten Sie fiir sehr wichtig?" auf. Leadership Index Analysis

Welche Krite rien 2:ur M sssung Ihr er Fuhrungsleistung akzeptienin Sici und halten Sie fur sehr wiclitig? 0 '/o

10 %

20 %

30%

40 %

50%

60%

70%

80%

90%

Setzen von Zielen Teamf3hlgkeit Regelmaiiiges Feedback Zahit MA-Meinung Addquater Ensatz d. MA MA-F6rderung/-qualif. biteresse an MA Unternehmensw erte Rahmenbedingungen

Abbildung 46 leadership Index Analysis - Antworten auf die Frage „Welche Kriterien ;^r Messung ihrer Fiihrungsleistung akv;eptieren Sie und halten Sie fur sehr nnchtig?'"^^

Putz und Lehner (2002) abstrahierten zehn Dimensionen zur Messung der Fuhrungsleistung aus einem groBeren Katalog, den Locke und Latham 1984 vorgestellt hatten. Die Autoren diskutieren diese Dimensionen als Messinstrument fiir „zielorientierte Fiihrungssysteme", worunter sie den Zielvereinbarungsbogen, Management by Objectives oder das Mitarbeitergesprach ansiedeln. Die zehn Dimensionen werden drei Metakategorien zugeordnet (die ersten vier Dimensionen der Kategorie „Ziele", die nachsten vier der Kategorie „Fiihrungsdyade" und die letzten beiden den „Rahmenbedingungen der Zielvereinbarung") und lauten: •

Zielklarheit



Zielkonflikte



Uberforderung durch zu schwere Aufgaben



Dysfunkionale Effekte von Zielen



Vorgesetztenunterstiitzung



Partizipation an der Zielvereinbarung



QuaUtat des Vier-Augen-Gesprachs



Feedback durch den Vorgesetzten

1006 vgl. Projektberichte Miiller / Selzle / Weinke / Wimschneider 2000, S. 12 und Bahle / Lettmann / Lidl / Mair / Mesareja, S. 46 und AbschluBprasentation Lidl / Wimschneider 2000, S. 15. 1007 Eigenerstellung in Anlehnung an Lidl / Wimschneider 2000, S. 11 und S. 15.

236

Die Studie „Leadership Excellence" •

Belohnung bei Zielerreichung



Rahmenbedingungen im Untemehmenioo^

Buckingham und Coffman entwickeln 1999 den sogenannten „Measuring Stick"ioo^ zur Messung der Fiihrungsleistung. Dieser umfasst 12 Fragen, die alle mit „Yes, I strongly agree" beantwortet werden miissen, damit der Arbeitsplatz als stabil, iiberzeugend und dynamisch beschrieben werden kann. Diese Fragen werden im direkten Zusammenhang mit der Leistung einer Fiihrungskraft betrachtet. The Measuring Stick 1.

Do I know what is expected of me at work?

2.

Do I have the materials and equipment i need to do my wori( right?

3.

At wori(, do I have the opportunity to do what I do best every day?

4.

In the last seven days, have I received recognition or praise for doing good work?

5.

Does my supervisor, or someone at work, seem to care alx)ut me as a person?

6.

Is there someone at work who encourages my development?

7.

At work, do my opinions seem to count?

8.

Does the mission/purpose of my company make me feel my job is Important?

9.

Are my co-wori^ers committed to doing quality woric?

10. Do I have a best friend at work? 11. In the last six months, has someone at work talked to me about my progress? 12. This last year, have I had the opportunity at work to leam and grow? Tabelle 52 „The Measuring Stick " - 12 Fraffn r^urFuhrungskistungsmessun^^^'^ Dieser Measuring Stick fand in verkiirzter Form Eingang in die Verfahren zur Beurteilung der Leistung von Fiihrungskraften'o". Struhlik (1999) teilt die Beurteilungskriterien zur Operationalisierung der Fiihrungsleistung schlieJBlich in drei Gruppen ein: (1) Fahigkeiten / Eigenschaften, (2) Verhalten, (3) Ergebnisse^oiz. Klassifikation der Kriterien zur Messung von Fuhrungsleisti Kriterium

Beurteilungsgegenstand

Fahigkeiten / Eigenschaften

Person

Verhalten

Leistungsprozess

Ergebnisse

Leistungsprodukt

Beurteilungsbezug

/

J

Persdnlichkeit

J

Leistung

Input Output

Tabelle 53 Klassifikation der Messkriterien^^

i««8 Vgl. Putz / Lehner 2002, insbes. S. 28. 1009 S. Buckingham / Coffman 1999, S. 25. lO'o S. Buckingham / Coffman 1999, S. 28. 10" Vgl. Reichwald et al. 2003. '0'2 Vgl. Struhlik 1999,5.29.

Beurteilungsgrundlage

Untersuchungsdesign: Vorgehen

237

Die Beurteilung anhand von Eigenschaftsmerkmalen war in der Vor- und unmittelbaren Nachkriegszeit popular und wird auch heute noch bei analytischen Einsmfungsverfahren eingesetzt. Struhlik bemerkt, dass bei Beurteilungsverfahren, die dieser Gruppe zuzuordnen sind, ein Kausalzusammenhang zwischen Personlichkeitsmerkmalen wie der Intelligenz, dem Selbstbewusstsein, der Aufgeschlossenheit usw. und der Leistung fraglich sei^^^^. Die Diskussion der verhaltensbezogenen Verfahren diskutiert Struhlik (1999) daher eher anhand des konkret zu beobachtenden Verhaltens der Fiihrungskrafte. „Da das Fiihrungsverhalten eine Wirkung auf die Leistung der Gefiihrten hat, konnte bei Fiihrungskraften eine Verhaltensbeurteilung von besonderem Interesse sein.^ t o ' « O t * f < » l ' « « ^ C O * CoIcO* CO* CO* CO* CO* CO* CO* CO* CO* CO* CO* CM* CM* CM* CM* CM* CM* CM* CM CM CM CM CM t - I

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Die Studie „Leadership Excellence"

309

Die Ordinate in Abbildung 62 fiihrt die 76 Fragen auf, die Abszisse die 37 Untemehmen. Die Tabelle endialt somit die Ergebnisse fiir jedes Untemehmen in jeder der 76 urspriinglichen Dimensionen; jedoch nicht in Form der Ergebnisse der Evaluation, sondern in Form von grau skalierten Feldern in fiinf Abstufungen und mit fiinf Noten versehen. Je heller die Markierung, desto besser die Platzierung des jeweiligen Untemehmens in einer Dimension. Um die Anonymisierung dariiber hinaus zu gewahrleisten, sind die Untemehmen nach ihrer GroBenklasse angeordnet. Von links nach rechts sind die Untemehmen der GroBenklassen XXXL, XXL, XL und L durch dickere Linien von einander getrennt. Die Abbildung zeigt noch einmal, dass in jeder GroBenklasse exzellente Fiihmngssysteme zu finden waren und kleinere Untemehmen tendenziell schlechter bewertet wurden als groBere. Sie weist auBerdem darauf hin, dass die Aufgabe, qualitativ gute Fiihmngssysteme zu designen, eine ganzheitliche Herausfordemng darstellt. Es scheint, dass diejenigen Untemehmen, fiir die Fiihmng, die Gestaltung eines Fiihrungsrahmens sowie der Aufbau von Fiihrungskapital zentrale Anliegen sind, dies als Ziel nicht nur in einer Dimension, sondern in mehreren Dimensionen verfolgen. Wenn man davon ausgeht, dass sich gute Fiihmng und gute Fiihmngssysteme wechselseitig beeinflussen, dass sie ein Untemehmen als Ganzes und nicht nur einzelne Funktionen oder Telle davon beeinflussen und sie somit den Aufbau von Fiihrungskapital unterstiitzen, so konnte man die Vermutung aufstellen, dass sich dies bereits auf die Fiihmngssysteme der beteiligten Untemehmen ausgewirkt hat. Bei den folgenden Abbildungen (Abbildung 63, Abbildung 64, Abbildung 65) sollen die fett gedmckten Kiirzel der GroBenklassen in jeder Dimension die zehn Untemehmen hervorheben, die in der Studie fiir ihr Gesamtsystem am besten bewertet wurden (siehe die rechte Spalte der Abbildung 63). Zwei Untemehmen sind durch ein fett und kursiv gedmcktes L gekennzeichnet. Diese reprasentieren die beiden Untemehmen, die in der „kleinsten" GroBenklasse L, die beste Bewertung erhielten (B - Upper Middle). Die grau hinterlegten Felder markieren die in jeder Dimension zehn am besten bewerteten Konzerne. Die zweite fett durchgezogene Linie trennt die Untemehmen mit den zwolf hochsten Werten in einer Dimension von den 25 anderen (die Anzahl zwolf wurde gewahlt, da es zwolf Untemehmen sind, die in ihren GroBenklassen hervorzuheben waren - die zehn Untemehmen mit den hochsten Werten und die beiden „Upper Middle" Untemehmen der Klasse L). MW reprasentiert den jeweiligen Mittelwert einer Dimension. Es sei darauf hingewiesen, dass auch diese Untersuchung sich wie andere Studien nicht davon freisprechen kann, dass sich Befangenheit oder Verzerrungen durch Voreingenommenheit gegeniiber den Konzernen in der Evaluierung widerspiegelni282. Die zuvor erlauterte Methodik bemiihte sich darum, dieser Gefahr entgegenzuwirken, Um moglichst objektiv beurteilen zu konnen, wurden die Beurteilungskriterien mit dem Expertenkreis abgestimmt und entwickelt. Aus diesem Gmnd fanden auch die beiden Evaluiemngsmnden statt und es wurde darauf geachtet, dass zumindest ein Evaluator nicht bei den Interviews dabei war. Die Beurteilung musste vom Team selbst durchgefiihrt werden, da es sich bei den erhobenen Daten um vertrauliches Material handelt.

2 Vgl. etwa Flick et al. 1995, S. 209ff, insbesondere S. 216f. und S. 223f.

310

Die Studie „Leadership Excellence"

Diskussion der Ergebnisse Bei jeder der dargestellten Dimensionen befinden sich die in der Studie am besten bewerteten Untemehmen in der oberen Halfte, bei den meisten sogar im oberen Drittel. Uber 86% der TopTen-Plat2ierungen wurden von den zwolf Untemehmen eingenommen, die nach Moslein (2004) die besten Fiihrungssysteme, abhangig von ihrer GroBenklasse, aufwiesen. Mit Ausnahme der Dimension „F6rderung der Eigeninitiative" wurden die drei ersten Plat2e immer von den zwolf herausragenden Untemehmen belegt. Die aufgefiiihrten und ausgesuchten Dimensionen vermitteln so ein klares Bild. Die Gestaltung von Fiihrungssystemen ist eine ganzheitliche Herausforderung, die die aufgefiihrten Dimensionen beriicksichtigen sollte. Neben den vier Subsystemen des generischen Fiihrungsrahmens sind bei den Dimensionen besonders hervorzuheben: •

Das Ineinandergreifen der Systeme^



die ausgewogene Anf(ahl der Instrumente^



das Zusammenspiel der Kultur, der Strateffe, desjeweiligen Fiihrungsverstdndnisses des Untemehmens (Leadership) some vom Geschafissystem mit dem Fiihrungssystem,



die Wandlungs-und Ijemfdhigkeit,



die Forderung von Eigeninitiative sowie



der Aufbau von FUhrungskapital (Jueadership Capital).

Auffallig ist, dass die am hochsten bewerteten Untemehmen der Dimensionen „Fuhrungsinteraktionsprozess", „Fuhrungsauswahl- und -entwicklungssystem", „Wandlungsfahigkeit", „Lemen / Adaption", „Zusammenspiel von Kultur und FS" sowie „Aufbau von Fiihrungskapital (Leadership Capital)" allesamt einen starken Fokus auf Fiihmng, Partizipation der Mitarbeiter und Kommunikation legen. Sie verfolgen spezifische, an ihr Untemehmen angepasste Fiihmngsphilosophien. Ihr Fiihrungssystemverstandnis kommt dem kommunikativ-systemischen Paradigma nahe. Hervorzuheben ist, dass ein Untemehmen der kleinsten Klasse bei der RangUste im Subsystem „Fuhrungsauswahl- und -entwicklungssystem" den dritten Rang einnehmen konnte. Es handelt sich dabei um ein Untemehmen, das einen auBergewohnlich guten Auswahlprozess implementiert hat und diesen zudem auf exzellente Weise mit der Entwicklung - zumeist „on-the-job" verbindet. Dabei ist die Weiterbildung eng verflochten mit den Anfordemngen des taglichen Geschafts und mit den Herausforderungen der strategischen Ausrichtung. Es ist daher nicht verwunderlich, dass dieses Untemehmen auch bei den Feldem „Zusammenspiel Strategie mit FS" sowie „Zusammenspiel Geschafts- und FS" herausragend evaluiert wurde. Die Anzahl der eingesetzten Instmmente sind schlie31ich eher ais Hygienefaktor und weniger als Qualitatsfaktor eines Fiihrungssystems zu bezeichnen. Erst im Zusammenspiel mit den anderen Dimensionen (etwa dem Ineinandergreifen der Instmmente oder dem Zusammenspiel mit der angestrebten Unternehmenskultur usw.) spielt die Anzahl eine Rolle, damit ein hochwertiges Fiihrungssystem entstehen kann.

Die Studie „Leadership Excellence"

311

Zu erwahnen bleibt die Tatsache, dass die beiden Unternehmen der GroBenklasse L beim „Ineinandergreifen der Systeme" und der „Forderung von Eigeninitiative" gegeniiber den groBeren Unternehmen abfaUen. Beim ersten Punkt faUt zudem auf, dass unter den Top-Ten viele der Unternehmen der hochsten GroBenklassen zu finden sind. Dies konnte dazu beitragen, das von Moslein (2004) beschriebene Phanomens, zu erlautern: Fiir gut bewertete, groBere Unternehmen scheint die Herausforderung, die verschiedenen Instrumente auf einander abzustimmen, eminenter zu sein. Als bedenklich ist es daher einzustufen, dass sich zwei der sehr gut evaluierten Unternehmen der Klasse XXXL im Zusammenspiel von Business und Geschaftssystem mit ihrem Fiihrungssystem eher im Mittelfeld befinden. Reichwald et al. (2003)1283 ordneten die in der Studie vorgefundenen Fiihrungssysteme dariiber hinaus drei Stufen zu (der jjFuhrungstreppe**), die im Folgenden vorgesteUt werden soil.

4.6.2 Die „Fuhrungstreppe" Ein weiteres Ergebnis der Untersuchung von Reichwald et al. (2003) ist eine einfache Kategorisierung der Fiihrungssysteme der beteiligten Unternehmen, die Abbildung 66 zeigt. Die Fuhrungstreppe Leadc»rship

Seiektion

Excellence

von Teilsystemen Integration mit Business

Jneinandergreifen"

Integration von Leadership-

„Bauchladen" von Systemen

System Integrierte Leadership

Unverbundene

Instrumente

in Business System

Einzelinstrumente Integrationsgrad viel /

ko mpliziert

1

^V

X^ \

1

unti'ansparent

1

Y

\M impact

y

V^

wenig einfaci1 transpanent high impact

J

Abbildung 66 Die Ftihrungstreppe

Die drei Stufen erlauben es, ansatzweise den ,Reifegrad* realer Fiihrungssysteme in der Unternehmenspraxis zu bestimmen. Eine trennscharfe und analytische Zuordnung der Fiihrungssysteme der Unternehmen zu den drei Stufen ist nur schwer mogUch. Reale Fiihrungssysteme - ge-

1283 Vgl. Reichwald et al. 2003.

312

Die Studie „Leadership Excellence"

rade in GroBuntemehmen - bestehen aus 2u vielen Subsystemen, die haufig jedes fiir sich eine andere Reifestufe aufweisen. Zur beispielhaften Konkretisierung soil im Anschluss zu jeder der drei Stufen eine FaUstudie prasentiert werden. Die drei Stufen „2ur Leadership Excellence" lassen sich idealisiert wie folgt beschreiben: Stufe 1 (^Bauchladen**): Die Verantwortlichkeiten fur den Einsatz einzelner Subsysteme sind auf dieser Stufe zumeist auf verschiedene Personen verteilt. Es gibt keine Instanz, die sich fiir den ganzheitiichen Aufbau des Fiihrungssystems zustandig fuhlt. Die Fiihrungsinstrumente im Untemehmen sind daher weitgehend unverbundene Einzelinstxumente. Es findet sich haufig eine Vielzahl an Instrumenten, die dariiber hinaus kompliziert und intransparent sind, die einen geringen Einfluss auf die Fiihrungskultur aufweisen und damit nicht zum Auf- oder Ausbau des Fiihrungskapitals beitxagen. Stufe 2 („Synchfonisation**): Es herrscht eine technisch-instxumentelle Perspektive vor. Die Fiihrungsinstrumente werden in einer rationalen Sichtweise prozessorientiert iiber die vier Aktionsfelder des generischen Fiihrungssystems abgestimmt und integriert. Das Fiihrungssystem wird ganzheitlich gestaltet, die Anzahl der Instrumente ist durch die Prozessorientierung reduziert. Aufgrund einer relativ hohen Systemglaubigkeit finden sich dennoch relativ komplexe Systeme. Dabei wird leider oft der Mensch mit seinen Bediirfnissen auBer Acht gelassen oder es wird in der Annahme eines "homo oeconomicus" davon ausgegangen, dass Mitarbeiter ausschlieBlich mittels rationeller, materieller Anreize zu steuem und zu beeinflussen sind und Wiinsche, Leidenschaft, Emotionen sowie intrinsische Motivation nur eine untergeordnete Rolle spielen. Fiihrung wird als ein mechanischer Regelprozess verstanden - Kommunikation hat die Aufgabe, Ziele in den Kopfen der Mitarbeiter zu verankem oder Feedback zu geben im Rahmen von Systemen und Regeln, die unveranderlich feststehen. Ein Wechselspiel zwischen den ostensiven und performativen Auspragungen des Fiihrungssystems ist nicht moglich^^w. Die Bedeutung der Kommunikation, um ein gemeinsames Verstandnis iiber unterschiedliche Interpretationen zu schaffen, wird nicht gesehen. Dadurch entsteht ein effizientes System, das die Gefahr der Wandelresistenz oder Verstetigung sowie des Missbrauchs in sich tragt. OrganisationsmitgHeder bemiihen sich verstarkt darum, ein System zu befolgen, ansteUe die dahinter liegenden Ziele zu erreichen, fiir das dieses System eingesetzt wurde oder, sie versuchen ihr Verhalten systemkonform zu optimieren (als Beispiel seien die Schlangen von Mitarbeitem vor Zeiterfassungsautomaten bei Dienstschluss genannt, die dadurch entstehen, dass Mitarbeiter versuchen, sich moglichst kurz nach einem Taktende abzumelden, um den Takt noch als Arbeitszeit angerechnet zu bekommen). Es sei darauf hingewiesen, dass auch Untemehmen, die Partizipation oder Veranderungsbereitschaft fordem und fordern auf dieser Stufe angesiedelt werden konnen, falls die Instrumente von den Fiihrungskraften lediglich zur Beeinflussung oder zur nachtraglichen Legitimation bereits verabschiedeter Entscheidungen eingesetzt werden (Ideoiogie-VorwurQ. Dieser Gefahr lasst sich begegnen, indem z.B. von Zeit zu Zeit Moglichkeiten zur Reflexion, nicht nur des eigenen Verhaltens, sondern auch des eingesetz-

1284 Vgl. Feldman / Pentland 2003.

Die Studie „Leadership Excellence"

313

ten Systems, geschaffen werden. Schein (1995) schlagt dazu vor, bewusst und regelmafiig die groBten Tabu-Themen in Unternehmen diskutieren zu lassen^^ss, Stufe 3 („Verfestig:ung und Verflussigung"): Die dritte Stufe beschreibt die Zielvorstellung eines Fiihrungssystems, das den zuvor beschriebenen Kontext aus Strategie, Struktur und Kultur beriicksichtigt. Das Fiihrungssystem besitzt hohe strategische Bedeutung und stellt einen Wettbewerbsvorteil und eine Kernkompetenz des Unternehmens dar. Es ist ganzheitlich angeiegt und an den strategischen Zielen des Unternehmens ausgerichtet. Der Ablauf der Instrumente ist auf diese Weise stark mit dem taglichen Geschaft verbunden, auch die Ziele von Fiihrung sind klar definiert. Fiir die Unternehmung bedeutende Fiihrungsfahigkeiten und damit verbundene Erwartungen sind eindeutig kommuniziert. Das Fiihrungssystem wird auf diese Weise iiber die Strategie, die Struktur und die Kultur an den Wandel angepasst und unterstiitzt so Stabilitat und Veranderung. Die erwiinschte Fiihrungskultur wird implizit gelebt. Das Fiihrungssystem ist schlank, die Zusammenhange der Instrumente und die erwiinschten Auswirkungen sind transparent, dadurch ist es wirkungsvoll. Der Mensch spielt in der Organisation mit seinen Wiinschen, Bediirfnissen, Erwartungen, Meinungen und Vorstellungen eine zentrale Rolle. Das Unternehmen ist fiir die Zukunft geriistet, Fiihrungstalente sind identifiziert und das vorhandene Fiihrungskapital wird weiter ausgebaut. In der Organisation herrscht ein „kommunikatives Verstandnis" der Fiihrungssysteme (kommunikativ-systemisches Paradigma). Dadurch muss das Unternehmen nur wenige verbindliche Instrumente implementieren, diese sind zudem einfach aufgebaut^ nicht durch zu viele Vorschriften und Regeln iiberladen, ermoglichen Interaktion und damit individueile Konkretisierungen sowie Anpassungen an die jeweiligen Gegebenheiten. Durch die Transparent^^ des Systems versteht jedes Organisationsmitglied den Sinn und Zweck, wofiir diese Instrumente eingesetzt werden sowie die Zusammenhange der verschiedenen Bestandteile. Somit konnen einzelne Instrumente in Frage gestellt und gegebenenfalls ausgetauscht werden, um sich dem Wandel anzupassen - das adaptive Fiihrungssystem entfaltet auf diese Weise eine hohe Wirkung. Fiir die vier Aktionsfelder des zuvor definierten generischen Fiihrungssystems lassen sich so die folgenden Aussagen fiir ein Fiihrungssystem der Stufe drei zusammenfassen: Im Aktionsfeld ^yFuhrungsinteraktionsprov^ess'' werden vor allem Instrumente eingesetzt, welche die Interaktion und die Kommunikation iiber allgemeine Vorgaben und Zliele fordem. Es wird nicht jeder Arbeitsschritt vorgeschrieben und dadurch die Flexibilitat eingeschrankt, sondem es werden Femziele gesteckt sowie Verhaltensweisen definiert. Die Strategie und die Werte des Unternehmens und sich daraus ergebende Ziele werden individuell mit den Mitarbeitern diskutiert und vereinbart, Aufgaben werden koordiniert, geeignete Strukturen eingefiihrt und Mitarbeiter motiviert. Neben einer individuellen Zuwendung und eines „MbE" ergreifen die Fiihrungskrafte die Chance, durch ihr Handeln und positive Riickmeldungen in der Gruppe geteilte Normen, Regeln und Routinen zu etablieren und diese im Sinne der organisationalen Routinen von Martha Feldman wieder zu verandern und an individueile Situationen anzupassen. Sie bauen eine offene Feh-

1285 Vgl. Schein 1995, S.35ff.

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Die Studie „Leadership Excellence"

ler-, eine Feedback- oder eine Innovationskultur auf vmd steigem so die (kontinuierliche) Wandlungsfahigkeit des Untemehmens. Im Aktionsfeld ^Jriihrungsmefystent'' wird die Grundlage dafiir geschaffen, 2ielgerichtet durch individuelle und organisationale Entwicklung und konsequente Entscheidungen Starken auszubauen und Schwachen zu beseitigen. Nicht die fachlich am besten qualifizierte Arbeitskraft soil Fiihmngskraft werden, sondem die Person, die sich am besten fiiir eine Fuhmngsposition eignet. Da2u sollen im Sinne einer „Leadership Pipeline"'286 jje notwendigen Fertigkeiten und Fahigkeiten fiiir die spezifischen Fiihrungsaufgaben am besten schon im Vorfeld aufgebaut und getestet werden. Fiir eine Fiihrungskraft ist es im Sinne des Ziircher Modells der sozialen Motivation'287 somit auch erforderlich, ein positives Selbstbild zu entwickeln, um sowohl Stabilitat zu gewahrleisten, als auch die fiiir eine Fiihrungskrafit notwendige Aufgabe des „Wandel provozierens" umsetzen zu k6nneni288. Bei der Gestaltung des Aktionsfeldes ^JFuhrungsanm:(system*^ sollen Manager im Vorfeld bestimmen, welche Art der Leistung institutionalisiert gewiirdigt oder bestraft werden soil. Anreizsysteme tragen auf diese Weise sowohl zur Stabilisierung oder Verfestigung als auch zur Verfliissigung der Organisation bei. Vor dem Hintergnind der Diskussion erscheint es notwendig, das Augenmerk auf die intrinsische Motivation der Mitarbeiter zu richten und so vor allem die Aufgaben derart zu gestalten, dass sie herausfordemd und als spannend empfiinden werden und dem Organisationsmitglied die Chance bieten, sich weiter zu entwickeln. Ein Zuviel an vorgeschriebenen Routinen und Anreizen sollte moglichst vermieden werden. Dies erfordert auch, und vor allem fiir die Fiihrungskrafte, einen groBen Handlungsspielraum, das Wahmehmen von Verantwortung, dezentrale Strukturen, Freiheiten, eine entsprechende Fehlerkultur etc. Die Gestaltung des Anreizsystems sollte unter anderem auf Fairness, auf die Wirkung von Individual- und Gruppenanreizen sowie auf die beschriebenen Effekte intrinsischer und extrinsischer Motivation Riicksicht nehmen. SchlieBlich ist es das Ziel des Aktionsfeldes ^^iihrungsauswahl und -entwicklung'' der Organisation „Neues" zuzufiihren - wie beschrieben, neues Wissen, neue Kompetenzen oder etwa neue Mitarbeiter mit innovativen Perspektiven. Per Definition verandert sich auf diese Weise eine Organisation. Die Fiihrungskrafteauswahl soil ganzheitlich gestaltet werden und vor allem die langfristigen Ziele des Untemehmens und zugleich einzelner Bereiche beriicksichtigen. Das Feld steht so zentral fur den Wandel der Organisation. Wie bereits angedeutet, bieten neue Mitarbeiter durch ihren Blick von auBen die Moglichkeit, Bestehendes in Frage zu stellen und damit Wandel zu initiieren. Corporate Universities, die sich als Kommunikationsplattformen und als Drehscheiben des Wandels verstehen imd ebenso durch Instrumente verfestigte Sichtweisen in Frage stellen, konnen zu diesem Effekt verstarkend beitragen.

1286 Vgl. Charan / Drotter / Noel 2001. 1287 Vgl.Kapitel 3.1.2. '288 In diesem Zusammenhang sei nochmals auf die Leadership Pipeline von Charan / Drotter / Noel 2001 verwiesen. Die Autoren sehen die Aufgabe "Manage self als erste Herausforderung ihres Stufenmodells an.

315

Die Studie „Leadership Excellence"

4.7 Fallstudien zu den drei Stufen Die folgenden Fallstudien dienen dazu, das erlauterte Verstandnis von Fiihrungssystemen beispielhaft 2u verdeudichen und die Klassifikation in drei Stufen ausfiihrlicher darzustellen. Zu jeder Stufe findet sich ein Case; der Fall 1 („Bauchladen") als Reprasentant fiir ein Fiihrungssystem auf der ersten Stufe, Fall 2 („Synchronisation'*) fur ein Beispiel der Stufe 2 und Case 3 („Fuhrungsschmiede") fur ein System, das dem Idealfall zumindest am nachsten kommt. Alle Fallstudien beruhen auf (zumeist mehreren) Realfallen, die anonymisiert und 2ur besseren Verstandlichkeit des jeweiligen Reifegrades verandert und angepasst wurden. In der Praxis sind die Grenzen zwischen den drei Stufen nicht trennscharf; keiner der 37 vorgefundenen Realfalle konnte so ausschlieBlich einem Reifegrad zugeordnet werden; die „Idealbeschreibung" („Verfestigung und Verfliissigung"), auf Stufe 3, fand sich in der Praxis nicht.

4.7.1 Fallbeispiel 1 - „Bauchladen" Zu Beginn jedes der drei Fallbeispiele wird die Bewertung aufgefuhrt, um ein besseres Bild von den von den Evaluatoren wahrgenommenen Starken und Schwachen des jeweiligen Fiihrungssystems zu erhalten. Case 1 lehnt sich an mehrere reale Beispiele an, stellt jedoch keines der beteiligten Untemehmen dar. Bewertung von Case 1 - „Bauchladen"

Leadership as a Day^to-Day biteractive Process

Selection of Leaders & LeadersNp Devetopmerft

LeadersNp Metrics

Leadership Process Deployment

-Casel

Durchschnitt

MAX

Durchschnitt: 3,10 Integratlonsgrad

Abbildung 67 Bewertung von Case 1 - „Bauchladen "

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Die Studie „Leadership Excellence"

Case 1 ist eine Holding, ein diversifiziertes Untemehmen mit 3 Kemgeschaftsfeldem, bestehend aus iiber hundert konsolidierten Gesellschaften, die zum groBten Teil unter ihren eigenen Namen im Markt auftreten. Im Untemehmen existieren daher viele 2.T. sehr unterschiedliche Subkulturen. In Bezug auf Fiihrung wird den Tochtergesellschaften viel Freiraum gelassen, der ein Grund fiir die Unterschiedlichkeiten der vorhandenen Instrumente ist. Als stark diversifiziertes, Internationales Untemehmen sucht der Konzem so noch nach einem untemehmenseigenen Verstandnis von Fiihrung. Ein Hindemis dafur sind u.a. auch die unterschiedlichen Definitionen von Kennziffem zur Messung des Geschaftserfolgs und der (Fuhnings-)Leistung in den Bereichen. Die einzige Konstante in der Untemehmensgeschichte ist ein konsequentes Portfolio-Management zur Steuerung der Gesellschaften. Das Untemehmen erkannte dieses Defizit und ist im Begriff, ein Dachkonzept einzufiihren. Das Ziel ist es, die gesamte Wertschopfiingskette des Geschafts bedienen zu konnen und die Identitat und Integration in die Dachgesellschaft zu verstarken. Das Konzept enthalt unter anderem die folgenden Punkte: •

Ein einheitliches Wertesystem



Integrationsevents (in Zusammenarbeit mit Werbeagenturen)



Management Education



Management Foren



Corporate University



Cross-Cultural-Trainings



E-Leaming



Mitarbeiterzeitung



Bauliche MaBnahmen



Job rotation / Personalaustausch

In Interviews wurde betont, dass es fiir den Konzem entscheidend sei, dass exzellente Fiihmngskrafte die entsprechenden Fiihrungspositionen bekleiden. Richtlinien, Systeme und Organisationsformen stellen fiir die tagliche Fiihrung nur ein Hilfsmittel dar, um die Menschen ans Unternehmen zu binden. Die folgenden Instrumente werden in den 4 Handlungsfeldem des generischen Fiihrungsrahmens eingesetzt.

Fuhrungsinteraktionsprozess Bis zur oberen Fiihrungsebene vereinbaren Mitarbeiter und Vorgesetzte im Zielvereinbarungsgesprach jahrlich Ziele fiir das Folgejahr und besprechen die Erreichung der Ziele des Vorjahres. Die Ziele sind individuell an der Aufgabe ausgerichtet. Dagegen sprechen in der obersten Fiih-

Die Studie „Leadership Excellence"

317

rungsebene Vorgesetzte und Mitarbeiter zunachst iiber Tantiemen, danach iiber 1 bis 2 Meilensteine und schlieBlich iiber Ergebnisse, Starken, Schwachen und weitere Entwicklungsschritte. FuhningsmeBsystem Mitarbeiterbefragungen werden alle 2 Jahre durchgefuhrt, die Ergebnisse gehen ausschlieBlich an die Personalabteilung. Alle Gesellschaften fiihren 180° Feedbacks durch; Umsetzung und Ausgestaltung bleiben jedoch jeder Tochter iiberlassen. Ziel ist es, dem Vorgesetzten Anhaltspunkte fiir Starken und Schwachen zu geben. Das Ergebnis des Feedbacks ist jedoch nicht relevant fiir das Anreizsystem. Bei einigen Gesellschaften lassen sich Mitarbeiter in 360° Feedbacks beurteilen, bei anderen befindet sind das Instrument noch in der Einfiihrung. Der gesamte Konzern verwendet allerdings ein einheitliches Informationssystem. Die Leistung der Fiihrungskrafte wird daher an Hand der Erreichung der finanzwirtschaftlichen Ziele gemessen. Fuhrungsanreizsystem Seit wenigen Jahren wird ein konzemweit einheitliches Tantiemesystem eingesetzt. 25 - 50 % der Entlohnung der Fiihrungskrafte sind variabel. Die variable Vergiitung hangt vom Ergebnis der Gesellschaft und des Bereichs ab. Zum Teil erhalten auch Mitarbeiter der unteren Hierarchieebenen einen Anteil Ihres Gehalts variabel. Fuhrungsauswahl- und -entwicklungssystem Zur Auswahl neuer Mitarbeiter wird groBtenteils eine eigene Assessment-Center Methode eingesetzt. Drei Tage lang beurteilen Beobachter des Untemehmens Kandidaten und treffen Potenzialaussagen. Eines der wichtigsten Kriterien ist die Spontaneitat des Bewerbers. Auch hier haben die Tochteruntemehmen jedoch alle Freiheiten eigene Verfahren zu verwenden. Es existieren zudem keine Profile, auf deren Basis Kompetenzliicken eruiert oder einheitlich das 180° Feedback oder das Assessment-Center basieren wiirden. So wird vorzugsweise kurzfristig und ein sehr spezifischer Bedarf ins Visier genommen. Neben zentral organisierten Seminaren, an denen bis zu 5.000 Mitarbeiter teilnehmen, existiert ein sehr umfangreiches Weiterbildungsangebot. Die individuelle Weiterbildung vollzieht sich in 3 Stufen: 1. Das erste Programm wurde fiir „Trainees" entwickelt. Jede Tochtergesellschaft fiihrt das Programm dezentral durch. 2. Am zweiten Programm nehmen Nachwuchsfiihrungskrafte und High-Potentials teil. Das Programm wird konzerniibergreifend angeboten. 3. Das dritte Programm wird zentral finanziert und wird fiir Fiihrungskrafte angeboten. Darunter fallt Job-Rotation oder das Versenden an Business Schools. Zur Teilnahme an den Programmen 2 und 3 werden die Fahigkeiten und Schwachen der Bewerber in „Development Centern" bestimmt. Die Teilnahme an den Weiterbildungs-Programmen hangt also nicht von den Ergebnissen des 180° Feedbacks, der Zielerreichung oder etwa einer

318

Die Studie „Leadership Excellence"

konzemweiten Bedarfsanalyse ab. Kompetenzen, nach denen im Development Center ausgesucht wird, entwickeln die entsprechenden Abteilungen ebenfalls eigenstandig und unabgestimmt mit den Kriterien des 180° Feedbacks. Insgesamt prasentiert das an Beispielen der Realitat angelehnte, aber stark veranderte Fallbeispiel ein relativ uneinheitliches und unverbundenes Fiihrungssystem, das zu wenigen Konsequenzen fiihrt (besonders im Ubergang vom FiihrungsmeB- zum Fiihrungsanreizsystem). Es existieren in alien Aktionsfeldem sehr viele und unterschiedliche Instrumente, die auf den kurzfristigen, spezifischen und individuellen Bedarf einzelner Organisationseinheiten ausgerichtet sind. Eine langfristige Perspektive, die den Aufbau von Fiihrungs- und auch anderer Kompetenzen zielgerichtet fordem wiirde, fehlt weitestgehend. Es werden lediglich wenige integrierende Elemente eingesetzt, die jedoch zukiinftig verstarkt aufgebaut werden sollen. Instrumente, die durch Transparenz und Klarheit Orientierung und damit Stabilitat schaffen oder, die etwa durch Infragestellen zum Wandel befahigen wiirden, finden sich ebenso nicht.

4.7.2 Fallbeispiel 2 - ..Synchronisation" Der Case „Synchronisation" stellt ein Fiihrungssystem vor, das in der Gesamtbewertung einen der vorderen Platze eingenommen hat, also von den Evaluatoren durchweg als sehr gut bewertet wurde. Es ist dennoch zugleich ein relativ anschauliches Beispiel fur ein eher „mechanistisches" System. Zur Erreichung der Ziele entwickelte das Untemehmen 5 leitende Werte •

zu den Kunden,



iiber die Mitarbeiter,



iiber die erbringende Leistung,



zu den Partoem und



zu Innovation und Technologie.

Das Fallbeispiel entwickelte und visualisierte einen Fiihrungsrahmen, den Abbildung 69 darstellt. Die hohe Bedeutung des Fiihrungsrahmens wird durch das folgende Zitat unseres Interviewpartners deutlich: "Das Framework ist eine kritische Komponente unseres Business, weil es eine High-Performance-Kultur fordert und im Untemehmen verankert - weil es aber auch die Art und Weise fesdegt, wie wir mit unseren Kunden und Lieferanten umgehen und wie wir unsere Mitarbeiter weiter entwickeln."'289

1289 Zitat eines Interviewpartners.

319

Die Studie „Leadership Excellence" Bewertung von Case 2 - „Synchronisation"

Leadership as a Day^to-Day Interactive

Selection of Leaders & LeadetsNp Devetopnnent

LeadersNp Metrics

LeadersNp Process Deployment

-Case2

Durchschnitt -

-MAX

Integrationsgrad

Abbildung 68 Bewertung von Case 2 - ^Synchronisation "

Jede der iiber 500 Top-Fiihrungskrafte kann fiiir sich entscheiden, ob sie den Fiihrungsrahmen einsetzen mochte. Falls die Fiihrungskraft den Rahmen verwenden mochte, ist es verpflichtend, jedes der Elemente konsequent einzusetzen, den Fiihrungsrahmen also so zu verwenden, wie er sich hier prasentiert. Fiir den Fall, dass sich die Fiihrungskraft anders entscheidet, muss sie dafiir sorgen, dass die von ihr eingesetzten Instrumente zu vorgegebenen Schnittstellen passen. Nach Angaben unserer Interviewpartner setzen jedoch bis zu 99 % der Fiihrungskrafte diesen Rahmen

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Die Studie „Leadership Excellence"

Der Fuhrungsrahmen des Fallbeispiels ..Synchronisation INPUT

OUTPUT

Abbildung 69 Der Fuhrungsrahmen des Fallbeispiels „Synchronisation''^^

Fuhrungsinterakdonsprozess Alle Fiihrungsinstnimente werden im Intranet abgebildet und unterstiitzt. Falls eine Fiihrungskraft die Instrumente nicht verwendet, erhalt der jeweilige Vorgeset2te eine Nachricht dariiber, dass sein Mitarbeiter mit der Durchfiihrung des gegenwartigen Instruments im Verzug ist. Unser Interviewpartner meinte da2u: „The framework contains an integrated rigid timetable that caters for consequences and e-mails to the leader of an employee in case someone does not use the instruments." Den taglichen Fiihrungsprozess unterstiitzt ein Zielvereinbarungsprozess (ZVP); die Ziele werden jahrlich ausgehend von den strategischen Vorgaben konsequent durch das Unternehmen kaskadiert. Den engen Bezug zwischen Fiihrung und dem tagliches Geschaft formulierte einer unserer Gesprachsparmer folgendermaBen: „Leadership and Business are interlinked - they challenge each other." Fuhrungsmefisysteni Zur Messung der Fiihrungsleistung dienen neben der Begutachtung der letztjahrig vereinbarten Ziele diverse Verfahren: •

Peer Review



Mitarbeiterbefragung

' Eigendarstellung in Anlehnung an den Fuhrungsrahmen eines Realfalls.

Die Studie „Leadership Excellence" •

Kundenbefragung



360° Feedback

321

Vomehmliches Ziel des 360° Feedbacks ist die Erstellung eines Starken- /Schwachen-Profils, um Weiterbildungskurse abstimmen zu konnen, die sich am besten fiir die Fiihrungskraft eignen. Neben dem 360° Feedback werden Kunden, „Peers" und Mitarbeiter um eine SteUungnahme zur Leistung der Fiihrungskraft gebeten. Die Ergebnisse dieser vier Instrumente speisen das Gesprach zur Leistungsbeurteilung. Fuhrungsatireizsystetn Resultat der Leistungsbeurteilung ist zunachst die Einordnung in das sog. „Portfolio" und in eine Datenbank zur Durchfiihrung des konzernweiten Leistungsmanagements, das wie die Karriereplanung, die Endohnung und die Entwicklung zu den Outputs des ModeUs zu zahlen ist. Im Portfolio unterscheidet das Untemehmen die Top 5 %, die besten 20 %, den GroBteil der 66 % und die unteren 9 % der Mitarbeiter. Dieses konsequente Vorgehen dient nach Angabe der Interviewpartoer einer Kalibrierung der Beurteilung der Mitarbeiter und damit einer definierten Verteilung der Qualitat der Mitarbeiter: „There is the fixed number of the bottom 9 % - that way you can't cheat on the evaluation". Falls ein Mitarbeiter in 2 aufeinander folgenden Jahren zu den Bottom 9 % gehort, miisse er mit harten und eindeutigen Konsequenzen rechnen. Fuhrungsauswahl- und -entwicklungssystem Die Ergebnisse des Portfolios flieBen auch in das Leistungsmanagement, die Entlohnung, die Karriereplanung und die Planung der Weiterentwicklung ein. SchlieBUch existiert ein Management Resource Review, das die Top-Talente des Unternehmens miteinander vergleicht und verwaltet. Ziel ist es, eine optimale Nachfolgeplanung zu etablieren. Das Untemehmen griindete eine Virtual Corporate University, die mit ausgewahlten Business Schools kooperiert und Fiihrungsfragen mit diesen erforschen und fortentwickeln soil (Action Research, Action Learning). Durch die University soil ein einheitliches Verstandnis von Fiihrung und der Unternehmenskultur vermittelt werden. Fallbeispiel 2 prasentiert so ein ausgewogenes und transparentes Fiihrungssystem, bei dem alle Fiihrungsinstrumente auf einen definierten „Output" ausgerichtet sind (Karriereplanung, Leistungsmanagement, Endohnung, Development). Dieser Output vereint Leistungs- mit Entwicklungszielen und ergibt sich als logische Konsequenz der vorgeschalteten Instrumentenkette. Die Instrumente greifen sinnvoll ineinander und entfalten so eine hohe Wirkung. Durch die IntranetUnterstiitzung werden die harten Konsequenzen, die das System fordert, verfolgt. Der Case kann somit als einer der „promising practices" innerhalb der Studie bezeichnet werden. Da jedoch keine Mechanismen vorgesehen sind, um das System selbst in Frage zu stellen, da auBerdem die Kommunikation und die strategieorientierte Weiterbildung eher untergeordnete Rolle spielen und auf spezifische und individuelle Anpassungen nur wenig Riicksicht genommen wird, birgt das Fiihrungssystemen Gefahren der „Verfestigung" in sich.

Die Studie „Leadership Excellence"

322 4.7.3 Fallbeispiel 3 . „Fuhrungsschmiede"

Die Fuhrungsschmiede stellt ein Fiihrungssystem vor, dessen vomehmliche Starken in der Organisationsentwicklung und der Entwicklung von Fuhrungskraften liegen. Zudem handelt es sich urn ein Untemehmen, das konsequent kommunlTiert, dass das System nicht zum Selbstzweck eingesetzt und Mitarbeitem wie Fuhrungskraften deshalb Freiraume bei der Durchfiiihrung der einzelnen Fiihrungsinstrumente und Vorgaben zugestanden werden sollen. Das Ergebnis, das durch den Einsatz von Instrumenten erreicht wird, steht vor der buchstabengetreuen Umsetzung.

LeadersNp as a Oayto-Day Neradive Process

Selection of Leaders & LeadefsNp Dey^opmeri

LeadersNp Metrics

LeadersNp Process Deplo^nent

-Case3

- DuchscNritt -

Integrationsgrad

AbbUdung 70 Bevertung von Case 3 - .fuhrungsschmiede"

Auch das Untemehmen in Case 3 besticht durch eine sehr starke Untemehmenskultur, die sich in der Auswahl und Auspragung von wenigen Fiihrungsinstrumenten spiegelt. Die Starken des Unternehmens liegen in der Einfachheit der Instrumente und im Bereich Leadership. Der Bereich richtet sich daher nach der Corporate University, nach Fiihrungsselektion und Leadership Development. Der Bereich Fiihrungsauswahl- und -entwicklungssystem soil daher bei diesem Fallbeispiel an erster Stelle dargestellt werden: Fuhrungsauswahl- und -entwicklungssystem Bei der Corporate University arbeiten lediglich 7 Mitarbeiter. Organisatorisch ist die Corporate University an den Personalvorstand des Unternehmens gebunden, pflegt jedoch zusatzlich als

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Die Studie „Leadership Excellence"

institutionalisierendes Element und Treiber der Strategie einen regen Austausch mit der Strategieabteilung und dem CEO des Konzems. Ihre Griindung ergab sich ausgehend von einer Mitarbeiterbefragung und einer darauf folgenden Studie iiber die Untemehmenskultur als eines der Instrumente die den kontinuierlichen Wandel im Unternehmen anregen sollen. Viertel-jahrlich werden die Themen der Corporate University mit dem Vorstand riickgekoppelt. Nach Aussage unserer Interviewpartner ist es Aufgabe der University, „das Delta-Neu in der Wissenschaft und die entsprechenden Knowledge-Trager zu identifizieren. Kemaufgabe ist daher der Aufbau eines intemationalen Netzwerks an Wissenstragern. Dazu bieten wir 'customized programs' an, die wir zusammen mit den Experten an unsere Bediirfnisse anpassen." Kemkompetenz ist es, dieses Netzwerk verfiigbar zu machen, um weltweiten Zugang zu spezifischen Wissenstragern in Bezug auf Fiihrungs- und Business-Themen garantieren zu konnen. AuBerdem kalibriert die Corporate University jahrlich ihre Ausrichtung mit der Unterstiitzung eines Expertenkreises. Die Corporate University dient demnach •

als Kommunikations- und Dialogplattform,



als Instrument zum Aufbau eines Netzwerkes,



zur Vermittlung der Untemehmensgrundsatze und der Untemehmenskultur,



zur strategischen Organisations- und Personalentwicklung,



zur Weitergabe von Ideen in die Profit Center,



als Change Instrument

und eben nicht nur der Weiterbildung (vgl. Abbildung 71). Corporate University des Cases 3

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fur Personal-, Organisations- und Strategieentwicktung

Abbildung 71 Aufgaben der Corporate University des Cases 3

Im Kern bietet die University dazu Standardprogramme, Programme zum strategischen Wandel, Griindungsprogramme und Action-Learning-Projekte an. Nicht nur Personalleiter, sondern auch und vor allem strategische Leiter einzelner Bereiche konnen und sollen ihren Bedarf an aktuellen und spezifischen Kompetenzen anmelden. Die Corporate University bemiiht sich in der Funkti-

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Die Studie „Leadership Excellence"

on als Vermittler und Netzwerkspezialist darum, Wissenstrager im und auBerhalb des Untemehmens 2u finden. Ihre Aufgabe ist es, in der Abteilung diese Kompetenzen aufzubauen, damit der Bereich in der Zukunft selbstandig in der Lage ist, die Herausforderungen zu bewaltigen. Zentrales Anliegen ist es daher, in den Bereichen strategische Themen voranzutreiben und Flexibilitat zur Bewaltigung des Wandels aufzubauen. Zum Nutzung des Konzem-intemen Netzwerks greift die University intensiv auf , ^ u m n i s " zuriick, die bereits Programme durchlaufen haben. Auch dadurch ermoglicht es sich die University, Entwicklungen und Defizite im Untemehmen wahrzunehmen. Die Selektion der Teilnehmer an Programmen wird „by nomination only" vollzogen. Vomehmliche Aufgabe der Personalleiter der Geschaftsbereiche ist es, Potenzialtrager zu nominieren. Die Corporate University mochte daher nicht nur im begrenzten Umfang individuelle Schulungen anbieten, sondem vor allem die Organisationsentwicklung vorantreiben. Typischerweise lauft der Prozess wie folgt ab: Zunachst wird ein neues, innovatives Thema identifiziert, z.B. tragt ein Personalleiter vor, dass die Herausforderung seines Bereichs „die Forderung von Innovationen" ist. Die University tritt daraufhin mit den Experten des Netzwerks in Kontakt, die aktuelle Trends innerhalb dieses Themenkomplexes und Wissenstrager benennen. Auftrag der University ist es, diejenigen Wissens- und Erfahrungstrager anzusprechen, die am besten den Bediirfnissen des Bereichs entsprechen, die zudem zur jeweiligen Landes- und Untemehmenskultur passen und den Wissenstransfer methodisch so aufbereiten, wie es von der Corporate University gefordert wird. Dazu gehort z.B. der Einsatz von Action Learning; es werden also nicht nur Experten gesucht, die einen Vortrag oder zwei-tagige Seminare halten, sondem erwiinscht sind Wissenstrager, die dafiir sorgen, dass die Kompetenzen im Bereich aufgebaut imd moglichst nachhaltig verankert werden. Bei gemeinsamen Meetings entwickeln die extemen und internen Wissenstrager, die Leiter des Bereichs und Mitarbeiter der University ein Konzept, um die angestrebten Kompetenzen im Bereich oder, falls erforderlich, konzemweit aufzubauen. Die Corporate University ist so ein Instrument zur Umsetzung der Konzemstrategie - der eingangs erwahnte enge Kontakt zum CEO ist damit obligatorisch. 1200 Top-Fuhrungskrafte bilden das engere Klientel dieser Corporate University. Dazu gehoren High-Potentials und weltweit im Einsatz befindliche Fiihrungskrafte. AuBerdem fiihrte das Untemehmen eine Fiihrungsakademie ein, die in Landessprache fiir aUe Fuhrungskrafte Seminare zu Fiihrung und zur Fiihrungsphilosophie des Untemehmens anbietet. Aufgabe der Corporate University ist es, Trainer auszusuchen und zu schulen. Fuhrungskrafte aUer Divisionen miissen sich auch fiir die Kurse der Fiihrungsakademie bei der Personalabteilung bewerben. Die Rolle der Personalabteilung beschrankt sich in diesem Zusammenhang auf administrative Aufgaben und die Durchfiihrung von nicht direkt strategierelevanten Themen. Fuhrungsinterakdonsprozess Die Unternehmenskultur spielt auch fur alle weiteren Instrumente des Fiihrungssystems eine tragende RoUe. Die gmndlegenden Werte schrieb der Griinder nieder, sie gelten in leicht abgewandelter Form noch heute. Unsere Interviewpartner betonten die Werte „Identifikation und Motivation", „Partoership", „Unternehmergeist", „Dezentralisation" und „Leistungsbeitrag fiir die Ge-

Die Studie „Leadership Excellence"

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sellschaft". Jeder Fiihrungskraft, die dem Unternehmen beitritt, werden diese Werte ausgehandigt; alle Mitarbeiter kommen mit den Grundsatzen des Untemehmens bei mehreren Gelegenheiten in Beriihrung. Dennoch verwendet das Unternehmen wenige Mechanismen, wenige Regeln und wenige Kontrollmechanismen; das System basiert auf Vertrauen und Kommunikation — das Ergebnis des Einsatzes der Instrumente steht vor den Regeln. In den Interviews betonten unsere Gesprachspartoer diesen Vorteil der aus Ihrer Sicht wenigen Instrumente. Die hohe Gewichtung der Eigeninitiative und der Kommunikation sowie die Besonderheiten der Unternehmenskultur wiirde man daran erkennen, dass sich in dem Unternehmen lediglich die Person durchsetzt, die in der Lage ist, Netzwerke zu bilden und auf ihre Leistung aufmerksam zu machen: „Unser Unternehmen stellt nach Potenzial ein - das war schon immer so." Das Vertrauen in die Urteilsfahigkeit jeder Fiihrungskraft, mittels intensiver Kommunikation, aber ohne feste Richtlinien, die besten Entscheidungen beziiglich ihrer Mitarbeiter zu treffen, passt zu der starken Kultur des Untemehmens. Diese Kommunikationskultur wird bei der Anzahl und Ausdifferenzierung der Instrumente deutlich, die in alien vier Feldem des generischen Fiihrungssystems eingesetzt werden. Zentrales Instrument im Fiihrungsinteraktionsprozess ist das Ziehereinbarungs- und Beratungsgesprdch. In der hier bewusst ganzheitlich und einheitlich gestalteten Form iibernimmt es auch Aufgaben der Fiihrungsleismngsmessung und bildet dadurch das Fundament fiir das Anreizsystem und die Weiterentwicklung. Die Fiihrungskrafte sind verpflichtet, mit den ihnen direkt unterstellten Fiihrungs- bzw. Fiihrungsnachwuchskraften jeweils zum Wechsel des Geschaftsjahres dieses Gesprach zu fiihren. Der Vorgesetzte bespricht mit dem Mitarbeiter in einem vertraulichen Gesprach, in welchem AusmaB die vereinbarten Ziele und gegenseitigen Erwartungen erfiillt wurden und wo Verbesserungen zu sehen sind. Es werden Ziele und Verhaltenserwartungen fiir das nachste Geschaftsjahr besprochen und vereinbart. Ein weiterer Aspekt dieses Fiihrungsinstruments ist das Erkennen von Entwicklungs- und Karrieremoglichkeiten, woraus SchulungsmaBnahmen abgeleitet werden. Unsere Interviewpartner betonten, dass das Zielsetzungs- und Beratungsgesprach nicht als einzige Moglichkeit zur Zielverabredung gesehen werden darf Die tagliche Kommunikation sollte garantieren, dass in Bezug auf die Ziele beim Zielsetzungsgesprach keine Uberraschungen auftreten. FiihrungsmeBsystem Einmal im Jahr besprechen Mitarbeiter und Vorgesetzter losgelost vom unmittelbaren Tagesgeschaft und in Erweiterung des oben genannten Zielvereinbarungs- und Beratungsgesprachs die Arbeitssituation und nehmen eine gemeinsame Standortbestimmung vor. Auch hier stehen die Optimierung der Zusammenarbeit und das gemeinsame Verabreden von Aufgaben, Erwartungen und WeiterbildungsmaBnahmen im Vordergrund. Das so bezeichnete Orientierungsgesprdch fiihren Fiihrungskrafte dazu mit denjenigen direkt unterstellten Mitarbeitern, die selbst mit keinen Fiihrungsaufgaben betraut sind. Die Mitarbeiter sind aufgefordert, dafiir zu sorgen, dass sie ein ausfiihrliches Feedback, bezogen auf ihr Fiihrungspotenzial, erhalten. Zusatzlich gibt es sog. Mitarheiterhesprechungen. Diese dienen als Forum fiir den Mitarbeiter, seine Aufgaben und sein Arbeitsumfeld zu hinterfragen und zukunftsorientiert mitzugestalten - im Zentrum steht also der

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Die Studie „Leadership Excellence"

Wunsch des Firmengninders, Mitarbeiter stark an Entscheidungen partizipieren zu lassen (so, wie es auch die Werte vorschreiben). An den Mitarbeiterbesprechungen nehmen der Abteilungsleiter, die Mitarbeiter und Mitglieder des Betriebsrates teil. Die Einrichtung eines solchen Forums ist in groBen Abteilungen eine Alternative zu den anderen beiden zuvor genannten Gesprachsrunden. Themenschwerpunkte sind Aufgaben der Mitarbeiter, unterstiitzende Arbeitsmittel, Rahmenbedingungen und aktuelle Tagesordnungen der Abteilungen. Die skizzierten Kommunikationsinstrumente bilden den Schliissel zur Fiihrungskrafteselektion und -entwicklung im untersuchten Konzem. Zusatzlich werden im Intranet alle drei bis fiinf Jahre konzemweite Mitarbeiterbefragungen vom Personalvorstand in Zusammenarbeit mit externen Beratem durchgefiihrt. Die Mitarbeiterbefragung umfasst mit 50 Fragen einen durchaus anspruchsvollen Fragenkatalog. Moglichst alle Mitarbeiter sollen an der Befragung teilnehmen. Vorstand und Betriebsrat diskutieren im Anschluss daran Konsequenzen und MaBnahmen. Aus einer der Befragungen entstanden beispielsweise das Konzept zur Corporate University und ein iiberarbeiteter Wertekatalog. Neben den bisher aufgefuhrten Instrumenten findet jeweils in der zweiten Halfte des Geschaftsjahres eine weitere Gesprachsrunde statt. Diese ist im Sinne eines 180° Feedback das jahrliche Gruppengesprach von 'unten nach oben'. Es soil den Fiihrungskraften zeigen, wie die Fiihrungsarbeit von den Mitarbeitem beurteilt wird. Die Mitarbeiter entscheiden dariiber, ob das Gesprach mit dem Vorgesetzten offen gefuhrt oder ein unbeteiligter Moderator eingesetzt werden soil.

Fuhrungsanreizsystem Die Ergebnisse aller Gesprachsrunden gehen an die Personalabteilung. Der variable Teil der Entlohnung ist dennoch alleine vom Ermessen des Vorgesetzten abhangig und nicht direkt von den Ergebnissen aller Gesprache. Falls eine Fiihrungskraft jedoch kontinuierlich schlechte Ergebnisse erzielt, muss sie mit Konsequenzen rechnen. Im Gegensatz zum Fallbeispiel „Synchronisation" gibt es keine institutionalisierte 'Scoreliste* aus der man die Leistung einer Fiihrungskraft in Relation zu Kollegen ablesen konnte. Optional werden 360° Feedbacks angeboten.

Das dargesteUte Fiihrungssystem „Fuhrungsschmiede" kommt dem idealisierten Modell auf Stufe 3 sehr nahe. Es handelt sich um ein System, das das Ergebnis der Durchfiiihrung von Regeln vor die Vorschriften stellt, das stark auf Kommunikation setzt, das insgesamt nur wenige Instrumente in Verbindung mit einem verbindlichen Wertekatalog verwendet und das schlieBlich die Corporate University als Drehscheibe des Wandels einsetzt - also als ein Werkzeug, um zielgerichtet organisationale Kompetenzen aufzubauen und bestehende Handlungsmuster aufzulosen und durch neue zu ersetzen. Die Fiihrungsakademie unterstreicht noch einmal die Bedeutung von Fiihrung fiir das Unternehmen - ein Interviewpartner brachte die Philosophic so zum Ausdruck: „Bei uns gibt es wenige Mechanismen, wenige Regeln und wenig Controlling; das System basiert auf Vertrauen und Kommunikation - das Ergebnis steht vor den Regeln." Auch in der AuBensicht wird

Die Studie „Leadership Excellence"

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die Fiihrungsstarke wahrgenommen: „Die Fiihrungs-Schmiede AG besitzt als einziges Unternehmen die Kompetenz, Fiihrungskrafte auszubilden - die mussten noch nie Fiihrungskrafte von auBen einkaufen." Obwohl das System die Ideen des Fiihrungsteams sehr koordiniert im Unternehmen kaskadiert, ist in Anlehnung an das Modell zu Stabilitat und Wandel, das in Kapitel 3.3 aufgefiihrt ist, kritisch anzumerken, das nur wenige Instrumente existieren, die im Sinne des Deutero-Learning die Arbeit des Top-Management iiberpriifen oder dazu anregen wiirden, bestehende Strukturen und Handlungsweisen zu hinterfragen. Dadurch besteht das zuvor beschriebene Risiko des „Missbrauchs" durch die Fiihrungskrafte. Erganzung Die Gestaltung der Unternehmenskultur oder das Zusammenspiel der Werte mit den Fiihrungsinstrumenten stand auch im Fokus anderer an der Studie beteiligter Unternehmen; dazu die Meinung von Interviewpartnern: „Culture is a substitute for leadership." oder: „If you don't manage the culture the culture will manage you." In einem Fall mussten sich Bewerber im Auswahlverfahren mit den Werten des Unternehmens auseinandersetzen. Die Bewerbungssoftware enthalt ein Kapitel, in dem der Bewerber folgende Fragen beantworten muss: •

„Zur Kultur des Konzerns gehort ein Leitbild. Ihre Umsetzung ist nicht immer einfach und wird daher lebhaft diskutiert. Uns interessiert Ihre Meinung dazu! Welcher Wert ist Ihnen am wichtigsten?"



„Sie haben dem Wert ,...' die erste Prioritat gegeben. Warum ist Ihnen dieser besonders wichtig?"



„Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: Sie sind Trainee und haben den Eindruck, dass die Umsetzung der Werte im Unternehmen noch viel zu wiinschen iibrig lasst. Sie wollen personlich die Unternehmenskultur weiterbringen und nutzen daher die MogUchkeit, einen offenen Brief im Intranet zu platzieren. Im Folgenden mochten Sie dies an einem Wert verdeutlichen, den Sie aus der obigen Liste beliebig ausgewahlt haben. Bitte beschranken Sie Ihre Argumentation auf drei Hauptargumente."



„Welchen zusatzlichen, noch nicht erwahnten Wert wiirden Sie gerne aufnehmen? Warum? Uberlegen Sie sich eine Strategie, wie Sie diesen Wert in das Unternehmen transportieren wollen und iibertragen Sie diese Strategie in konkrete MaBnahmen."

Andere Unternehmen unterstiitzen auch den kontinuierlichen Wandel durch verschiedene Methoden und Forderprogramme. Zum Beispiel war es die Aufgabe der Mitglieder des NachwuchsFiihrungskrafte-Pools eines Unternehmens im Rahmen von WeiterbildungsmaBnahmen Konzepte und Initiativen fiir die aktuellen externen Herausforderungen des Unternehmens zu erarbeiten, um das Unternehmen ganzheitlich optimal auszurichten. Als Vorteile solcher Vorgehensweisen wurde beschrieben, dass potenzielle Fiihrungskrafte sich bei der Bewaltigung komplexer Aufgaben beweisen konnen, dass sie Sichtbarkeit im Unternehmen erlangen (die Konzepte mussten dem oberen Fiihrungskreis prasentiert und mit ihm diskutiert werden) und sie als zukiinftige Fiihrungskrafte die dann einzusetzenden Konzepte selbst entwickelt haben und dadurch sehr gut kennen. In Form von Weiterbildungsprogrammen setzen auch andere Unternehmen gezielt „Ac-

328

Die Studie „Leaclership Excellence"

tion Leaming"-Programme ein, um die Bereitschaft 2um Wandel anzuregen. Dazu gehoren unter anderem, wie 2.T. bereits eriautert: •

„Destxoy-your-Business (DYB)"-Initiativen: Die Teilnehmer dieses Programms erarbeiten Konzepte und Business Plane fur Konkurrenten, wie sie durch neue Technologien oder Geschaftsmodelle ihr eigenes Geschaft gefahrden konnten.



„Popcom-Stands" oder „Grow-your-Business (GYB)"-Initiativeni29': Bel diesen Programmen entwickeln die Mitarbeiter des Untemehmens voUkommen neue Geschaftsmodelle. Ahnlich wie bei den ,JDestroy-your-Business"-Initiativen konnen durch diese Modelle „spin-offs" ausgegriindet werden.



„Business Impact Projects": In der dominierenden Auspragung bieten die Untemehmen 2ur Weiterbildung Fallstudien an, die eine bestimmte Management-Methode lehren sollen. Der Unterschied 2u gewohnlichen Fallstudien liegt darin, dass es das Ziel ist, Konzepte 2u erarbeiten, die in der Folge tatsachlich umgesetzt werden.

' Vgl. auch Deiser 2002; Welch 2001; CIO Magazin 2000.

Schlussbetrachmng

329

5 Schlussbetrachtung Die Diskussion der vorangegangenen Kapitel eroffnete ein breites Spektrum an Themen, die Fiihrungssysteme zwischen Stabilitat und Wandel behandeln. Fiihrungssysteme wurden als strukturale Einrichtungen definiert, die Fiihrungskrafte bei ihrer Arbeit in Untemehmen unterstiitzeni292. Schwerpunkt der Betrachtung war der Beitrag dieser Richdinien, Fiihrungsinstrumente, Anreizsysteme, Routinen oder Regelwerke zur Verfestigung (Stabilitat) und Verfliissigung (Wandel) von Fiihrungs- und Unternehmensstrukturen. Die Koexistenz von Fiihrungssystemen zur Unterstiitzung der Aufgaben von Fiihrungskraften - also zur Unterstiitzung der Fiihrung von Mitarbeitern - oder als Leitlinie fiir die Fiihrungskrafte in ihrer Funktion als Mitarbeiter ist dabei zu beachten. Nach einer Diskussion der Theorien und Ansatze zur Fuhrungi293 als Grundlage fiiir den Diskurs zu Fiihrungssystemeni294 wurden Konzepte zu Stabilitat und Wandel^295 behandelt. Die Arbeit betrachtete neben den theoretischen auch praktische Aspekte der Fiihrungssysteme auf Basis der Ergebnisse der empirischen explorativen Vergleichsstudie „Leadership Excellence" in 37 GroBuntemehmeni296. im Zentrum stand dabei die Entwicklung eines generischen Fiihrungsrahmens^297 £§ wurde gezeigt, dass Fiihrungssysteme sowohl stabilisieren und damit Ordnung stiften als auch Wandel initiieren konnen. Dabei wurde dargestellt, dass gerade die strukturalen Aspekte der Fiihrung, und damit die Fiihrungssysteme, einen maBgeblichen Beitrag dazu leisten konnen, die Flexibilitat und Wandlungsfahigkeit einer Organisation zu erhohen.

An dieser Stelle sollen in einer Zusammenfassung die zentralen Aussagen der Arbeit wiedergegeben werden. In der Folge werden in einer weiteren Verdichtung daraus Konsequenzen abgeleitet. Kapitel 2 behandelte Fiihrung (Kap. 2.1) und Fiihrungssysteme (Kap 2.2). Theorien der Fiihrung lassen sich in fiinf Gruppen einteilen. Moslein (2004) nennt die Eigenschaftstheorien, die Verhaltenstheorien, die Situationstheorien^ die InterakHonstheorien sowie die Transformationstheorien''^\ Fiihrungstheorien beschaftigen sich also hauptsachlich mit hervorzuhebenden Fiihrungseigenschaften, mit dem Verhalten von Fiihrern, mit dem situativen Kontext, mit der Fiihrungsdyade, mit der Interaktion zwischen Fiihrern und Gefiihrten und schlieBlich mit Transformationsprozessen^^oQ^ Insbesondere bei den erstgenannten Gruppen steht die Fiihrungsperson mit ihren Eigenschaften

1292 Vgl. Reichwald / Moslein / Siebert / Kalbitzer 2003. 1293 Vgl. Kapitel 2.1. 1294 Vgl. Kapitel 2.2. 1295 Vgl. Kapitel 3. 1296 Vgl. Kapitel 4. 1297 Vgl. Kapitel 4.4.3. 1298 Vgl. Moslein 2004, S. 87f. 1299 Vgl. auch Reichwald / Siebert / Moslein 2004, S. 50.

330

Schlussbetrachtung

und Verhaltensweisen im Mittelpunkt - treffender, aber gerade in Deutschland evtl. ambivalent 2u verstehen, ware fiiir diese Theorien daher der Begriff „Fuhrertheorien"i^. Wenn dariiber hinaus der Wandel beriicksichtigt wird (vor allem bei den Transformationstheorien'^oi), dann zumeist im Sinne einer einmaligen Veranderung; also aus einem Blickwinkel heraus, der die StabiHtdtalsNormalfallymdL den Wandel als Ausnahme betrachtet. Fiir diese Perspektive ist es entscheidend, Fiihrung als personale Interaktion zu begreifen, Einfluss zu nehmen, Orientderung zu geben, Ziele zu setzen, Beziehungen zu koordinieren^^, „begnadete", charismatische Eigenschaften'303 2u besitzen (vor allem in „einmaligen" Krisensituationen) und dadurch „einmalige" Transformationen durchzufuhren'304^ Auch Simations-, Interaktions- und Transformationstheorien scheinen daher primar auf personale Elemente zu fokussieren. Die umgekehrte Betrachtungsweise, den Wandel als Normalv^stand und die Stahilitdt als die Ausnahme zu sehen, scheint dagegen von Fiihrungsansatzen bislang weitgehend ausgeklammert worden zu sein. Wenn es jedoch das Ziel von Untemehmen ist, agil^flexibel \xnd stets wandlungsfdhi^^^ zu sein und damit, etwa im Sinne einer Jemenden Organisation"i306^ die Haltung „Stabilitat ist die Ausnahme" eingenommen wird, dann muss sich Fiihrung mehr als bisher von der Einzelperson losen. Im Zentrum kann so nicht mehr nur die Durchfuhrung einer einzigen Transformation oder der Umgang mit einmaligen Krisensituationen stehen. Bisherige Fiihrungsansatze „der Stabilitat" konnten in einer iiberpointierten Weiterfuhrung dieser Uberlegungen gar mit ein Ausloser dafiir sein, weshalb das Verstandnis „kontinuierlicher Wandel ist normal" in Untemehmen einen schweren Stand hat. Ein agiles Untemehmen muss den Wandel durch Regeln, Verhaltensrichtlinien und Instmmente oder als organisatorische Veranderungskompetenz, langfristig verankemi307^ da der stete Wechsel von Einzelpersonen es nicht zulasst, auf die Verandemngskompetenz von Individuen zu vertrauen. Diese Perspektive verdeutlichte die Notwendigkeit strukturale Fiihrung und Fiihrungssysteme intensiver zu untersuchen^^. Kapitel 3 behandelte die Themen Stabilitat (yerfestigung - Kap. 3.1) und Wandel (Vetflussigung Kap. 3.2). Es wurde gezeigt, dass Strukturen, Regelwerke, Routinen oder Systeme vornehmlich dazu verwendet werden, um die Effizienz einer Organisation durch Koordination zu erhohen, um Unsicherheit zu beseitigen oder auch um Identitat im Siime eines einheitlichen Werteverstandnisses oder einer gemeinsamen Kultur zu bilden. Der Schwerpunkt des Abschnitts 3.2 beschaftigte sich mit den Aufgaben von Fiihmngskraften, um Wandlungsbereitschaft und -fahigkeiten zu starken. Das Kapitel unterteilte die Ansatze und Modelle des Verandemngsmana1300 vgl. Moslein 2004, S. 83ff. ^^iVgl. etwa Bass 1998. 1302 Vgl. Wunderer / Grunwald 1980, S. 10. 1303 Vgl. etwa Yukl 2002, S. 240ff. 1304 Andere Aspekte wie 2.B. Fiihrungsethik, Frauen und Fiihrung oder Fiihrerrollen sind fur Fiihrung notwendige Themen, entziehen sich jedoch (zum Tell) der Unterscheidung der beiden oben genannten Perspektiven und sind eher vor deren Klammer zu ziehen. 1305 Vgl. Hammer / Champy 1994, S. 18. 1306 Vgl. etwa Reichwald / Koller 1996; Argyris 1995a; Argyris / Schon 1978. 1307 Vgl. auch Kieser / Hegele / Klimmer 1998; Schreyogg / Noss 2000, S. B4f; Feldman 2000; Feldman / Pendand 2002. 1308 Vgl. auch Wunderer 1995b oder Moslein 2004, S. 89.

Schlussbetrachtung

331

gements in zwei Gruppen: Die erste sieht den Zustand der Stabilitat als normal an und betrachtet Wandelals den Ausnahmefall. Die andere versteht den kontinuierlichen Wandel als Normalt^ustand und die Stabilitat als Ausnahme. Kapitel 4 stellte den Aufbau und ausgewahlte Ergebnisse der Studie „Leadership Excellence" ^309 vor. Im Zentrum des Kapitels stand das generische Fiihrungssystem, das der Studie „Leadership Excellence" in der Konzeptions- und Auswertungsphase zugrunde lag. Als Kemelemente, Aktionsund Gestaltungsfelder eines Fiihrungssystems wurden in diesem Zusammenhang die vier Subsysteme Viihrungsinteraktionspro^ss, Fiihrungsmefystem, Fiihrungsanrei^stem sowie Fiihrungsauswahl- und entwicklungssystem diskutiert^^io.

An dieser Stelle und mit Bezug auf das so bezeichnete kommunikativ-systemische Paradigma sollen Charakteristika hervorgehoben werden, die zur Gestaltung eines Fiihrungssystems herangezogen werden konnten. Diese behandeln die Chancen und Risiken sowohl bei der Gestaltung von Organisationsstruktur, Regeln und Routinen (yerfestigung ^ur Ermoglichung von Verfliissigun^ als auch beim Infragestellen dieser Systeme und Strukturen {Verfliissigung durch verfestigte Mafinahmen). Verfestigung zur Ermoglichung von Verfliissigung Mit Bezug auf die Chancen der Verfestigung ist es Aufgabe der Fiihrungskrafte, Komplexitat zu reduzieren und gleichzeitig eine effektive und effizientei^n Organisation zu schaffen^^ia, jm Sinne der zielgerichteten und bewussten Verhaltensbeeinflussungi3i3 ist es also notwendig, die Mitarbeiter auf ein Ziel auszurichten^^''^ und die Strategien, Verhaltensweisen und gemeinsamen Regeln^^is iiber geeignete Kommunikation und Interaktion^^ie (auch durch die Vorbildfunktion^^i?) (jer puh_ rungskrafte in den Kopfen der Mitarbeiter zu verankern^^is (Fiihrungsfunktionen der Kommunikationi3i9^ Planung, Koordination und Organisation^^o). Es wird gefordert, dass dazu Strukturen aufgebaut werden, die Stabilitat bieten, aber auch Wandel ermoglichen^^zi, ^^jn man Verhalten nachhaltig verandem (und nicht nur kurzfristig Einstellungeni322)^ so miissen geeignete Anreize gesetzt werden, die nicht nur extrinsischer Art sein k6nnen"23. Es bedeutet auch, konditionierte

1309 Vgl. auch Reichwald / Moslein / Siebert / Kalbit2er 2003. 1310 Vgl. Reichwald / Moslein / Siebert / Kalbitzer 2003; Reichwald / Siebert 2003; Reichwald / Siebert / Moslein 2003 und 2004. 1311 Vgl. Heinen 1983, S. 30. 1312 Vgl. Kapitel 3.1. 1313 Vgl. Wunderer / Grunwald 1980, S. 10. 1314 Vgl. Kieser / Kubicek 1992, S. 95; Locke / Latham 1990. 1315 Vgl. Feldman / RafaeU 2002. 1316 Vgl. Schirmer 1992, S. 58. 1317 Vgl. Bass 1990, S. 3. 1318 Vgl. Kieser / Hegele / Klimmer 1998. 1319 Vgl. Goecke 1997. 1320 Vgl. Schirmer 1992, S. 22. Vgl. auch Kap. 3. 1321 Vgl. Picot / Reichwald / Wigand 2003. 1322 Vgl. Fittkau / Miiller-Wolf / Schulz von Thun 1987; Stiihrenberg 2003. 1323 Vgl. Rothhaar 2001; Deci / Ryan 1985.

332

Schlussbetrachtung

Hancllungsweiseni324 2u uberpnifen. Im Rahmen der immer wieder genannten Fordenmg von Mitarbeitern als Kemfunktdon von Fiihrung soil also Weiterentwicklungi^zs und, im Sinne des Aufbaus von Sicherheit als Fundament fur Wandlungsbereitschafti326^ auch Personlichkeitsentfaltung ermoglicht werdeni327. Als Risiko der Verfestigung von Fiihrungs- und Untemehmensstrukturen ist vor allem Uberreglementiening zu nennen, die zur Verwendung von Systemen als Selbstzweck oder zu einem Missbrauch der Mitarbeiter oder der Fiihrungskrafte fuhren kann^^^a^ Dgj. Einsatz von Kontrollmechanismen, von ethisch vertretbaren Werten im organisationalen Kontext, insbesondere einer Fuhrungs-Ethiki329^ und institutionalisierte Moglichkeiten das System selbst in Frage zu stelleni33o sowie zur Reflexion konnen erste Schritte sein, einem moglichen Missbrauch durch Fiihrungskrafte entgegenzuwirken. Missbrauch durch Mitarbeiter kann ebenso einerseits durch Kontrolleni33i und andererseits durch eine Komplexitatsreduzierung'332 begegnet werden. Damit ist der Sinn-bewusste Einsatz weniger, aber verbindlicher Systeme und Regeln gemeint. Diese sollen im Sinne des kommunikativ-systemischen Paradigmas zur Kommunikation anregen, die Bildung eines gemeinsamen Verstandnisses fordem und damit individuelle Anpassungen ermoglichen. Die situative Interpretation der {ostensiven^"') Regeln und Routinen ist vor dem Hintergrund des jeweiligen Erfahrungshintergrundes und Kontexts unterschiedlich. Es ist daher fur die performative^^^ Ausfiihrung notwendig, gemeinsam durch Interaktion eine sinnvolle Auslegung des Regelwerks zu generieren^^35^ An Beispielen fiiir Strukturen (Verfestigung), die Hexibilitat (Verfliissigung) ermoglichen, werden u.a. strategische Netze, modulare Organisationen, virtuelle Untemehmen, innovationsfreudige Kulturen, autonome organisatorische Einheiten, kleine zentrale Stabe, flache Hierarchien sowie abteilungsiibergreifende Kommunikationsforen genannt'^^e, Eine freie Personlichkeitsentfaltung verbunden mit dem Aufbau von Sicherheit, einem positiven Selbstbild sowie von Kompetenzen sind Voraussetzimgen, um Veranderungsbereitschaft zu erm6glicheni337.

1324 Vgl. Stiihrenberg 2003. 1325 Vgl. Reichwald / Siebert 2004. 1326 Vgl. von Rosenstiel 1998; Stiihrenberg 2003. '327 Vgl. Kapitel 3.1.2. 1328 Ein anschauliches Beispiel fiir den MiBbrauch durch Uberreglemenrierung, sind die Schlangen von Mitarbeitern vor Zeiterfassungsautomaten bei Dienstschluss, die dadurch entstehen, dass Otganisationsmitglieder versuchen, sich moglichst kurz nach einem Taktende abzumelden, um den Takt noch als Arbeits2eit angerechnet zu bekommen; Vergleiche lassen sich auch bei dem als gescheitert zu bezeichnenden System der ehemaligen DDR finden. 1329 Vgl. Neuberger 2002, S. 731 ff; Price 2003. 1330 Vgl. Lewin 1958. Vgl. auch Probst 1993, S. 477; Atgyris 1995b, S. 21f; Meyer 1998, S. 42f. '331 Vgl. Kiipper 1995. 1332 Vgl. Stiihrenberg 2003. 1333 Die ostensiven Strukturen stellen die Vorgaben, das definierte Geriist oder eingefiiihrte Strukturen, Routinen und Systeme dar. 1334 Performative Aspekte der Strukturen fragen nach der Umsetzung der ostensiven Vorgaben in der Praxis. Unter den performativen Aspekten von Routinen, wird also die Interpretation und die konkrete Ausfuhrung der Strukturen verstanden - also das Fiillen mit Inhalten und "Leben". 1335 Vgl. Feldman 2000, Feldman / RafaeU 2002 und Feldman / Pendand 2003. 1336 Vgl. u.a. Picot / Reichwald / Wigand 2003; Kieser / Hegele / Klimmer, S. 22ff; Kapitel 3. 1337 Vgl. Kapitel 3.1.2.1; von Rosenstiel 1998, S. 38.

Schlussbetrachtung

333

Verfliissigung durch verfestigende MaBnahtnen Bei der Diskussion der Chancen der Verfliissigung, soil wieder zwischen den beiden Perspektiven, der Wandelist dieAusnahme und der Wandelist der Normal^ustand, unterschieden werden. Dabei folgt die erste Sichtweise eines treppenformigen Wandels („Equilibrium" oder „punktmerter Gleichgewichtsansatz**) in dieser Arbeit grundsatzlich dem triadischen Modell von Kurt Lewin. Bestehende Strukturen sollen aufgebrochen werden, es folgen ein Ubergang zum neuen Gleichgewichtszustand und schlieBlich die Verfestigung der neuen Strukturen^338, Aus dieser Perspektive heraus sorgen zum einen Fiihrungskrafte durch ihre Ideen und Visionen fiir Veranderung. Zum anderen unterstiitzen und animieren Regelungen und Handlungsweisen, Strukturen und Einstellungen zu iiberpriifen und in Frage zu stellen. Das Aufbrechen bestehender Vorstellungen und Strukturen wird iiblicherweise von Widerstanden^^^^ begleitet. Fiihrungskrafte miissen es aus dieser Perspektive heraus lemen, Widerstande als normale Erscheinung zu akzeptieren und damit umzugehen^^''^ - dafiir bietet die Literatur eine Reihe von Strategieni34i und von Konzepteni342 Jes Veranderungsmanagements an. Die zweite Annahme, „Stabilitat ist die Ausnahme", ist vergleichsweise ne.u^'^^. Konzepte des Aufbaus von Veranderungskapazitati344 oder des organisationalen Lernens^^^ fordern, geeignete Strukturen und Routinen zu schaffen, damit die kontinuierliche Wandlungsfahigkeit gesteigert werden kann. Die Fiihrungskraft iibernimmt bei der personalen Fiihrung daher verstarkt die Rolle des Kommunikators^^'^ und des „Wandel-Initiators"^3'^''. Es gilt auch hier, ein kommunikativsystemisches Paradigma aufzubauen und den Einsatz weniger Regeln als bewusste Selektionsentscheidung zu verstehen, um Komplexitat zu reduzieren^^^s. Kemfunktion der Fiihrungskrafte ist es, eine ausgewogene Interaktion zwischen ostensiven und performativen Strukturen^^49 {ibgj- zielgerichtete Kommunikation zu garantieren, Triebkrafte des Wandels als Herausforderung zu akzeptieren, Mitarbeitern Entscheidungskompetenzen zu iibertragen und es ihnen zu bestimmten Zeiten zu ermoglichen, das System zu hinterfragen. Wandlungsfahigkeit fordert Autonomie und Freiheiten, dezentrale Strukturen, Verlagerung von Entscheidungskompetenz in die letzte Instanz und moglichst wenige Einschrankungen^^so, Das VJsiko der Verfliissigung liegt in einem strukturlosen System, in dem keine Regeln vorhanden sind -

^338 Vgl. Lewin 1958; Schreyogg 2003, S. 503. 1339 Vgl. Kap. 2.2.1.1 Oder etwa Kieser / Hegele / Klimmer 1998, S. 123f. oder von Rosenstiel 1998. 1340 Vgl. Doppler / Lauterburg 1994, S. 212f. 1341 Vgl. etwa ReiB 1997c; von Rosenstiel 1997.. '342 Vgl. ReiB / von Rosenstiel / Lanz 1997; Kieser / Hegele / Klimmer 1998. 1343 Vgl. Schreyogg / Noss 1995 und 2000. 1344 Vgl. PagUarella 2001; Hamel / VaUkangas 2003. 1345 Vgl. Argyris 1995a; Probst / Biichel 1994. 1346 Vgl. Reichwald / Bastian 1998. 1347 Vgl. Moslein 2004. 1348 Vgl. Schreyogg / Noss 2000, S. B4f. 1349 Vgl. Feldman 2000 und Feldman / Pentland 2003. 1350 Vgl. Kieser / Hegele / Klimmer 1998, S. 22ff.

334

Schlussbetrachtung

also schlicht in Anarchic und Chaos'^^i^ wodurch Effektivitats-, Effi2ien2-, KontrolUiicken sowie Unsicherheiten entstehen wiirden. Die Einfuhrung von Strukturen beugt dieser Gefahr vor und kann vor dem Hintergrund der in der Betriebswirtschaft als zentral angesehenen Aufgabe, Ressourcen effizient ein2uset2en»352^ als „relativ" gering eingestuft werden. Untersuchungen 2ur Untemehmenskulturi353 sowie Ansatze und Studien zur Wandlungsfahigkeiti354 zeigen wie ausgefiihrt, dass ein Zuviel an Regeln zu Wandelresistenz^^ss fuhren kann. Als verfestigende MaBnahmen, die Verfliissigung unterstiitzen konnen, seien an dieser Stelle das organisationale Lemen sowie institutionalisierte Konzepte genannt, die Bestehendes in Frage stellen. Das organisationale Lemen fordert etwa unter dem Stichwort „Deutero-Learning" sich mit dem bestehenden System auseinander zu setzen^^^. Das gleiche Resultat wird vor dem Hintergrund ganz unterschiedlicher Annahmen sowohl von Konzepten des Change Managements angestrebt, die im Kern auf das Modell von Lewin zuriickzufiihren sind^^^? als auch bei der Diskussion iiber Fiihrungsideologieni^ss und Fiihrungstheorien, die der Gruppe der Transformationstheorien zuzuordnen sind'359, Konkrete Beispiele solcher MaBnahmen sind u.a. die bereits vorgestellten Instrumente „Destroy-your-Business", „Grow-your-Business", „Popcom-Stands"i36o^ ^^ Corporate University'^' sowie auf individueller Ebene kreativitatsfordemde Werkzeuge.

Fuhrungsinstnunente zwischen Stabilitat und Wandel Das Fiihrungsverstandnis, das dieser Arbeit zu Grunde liegt, soil an dieser Stelle noch einmal naher erlautert werden, bevor die zentralen Aussagen der Arbeit in Abbildung 72 verdichtet dargestellt werden. Regeln und Routinen miissen in einem ausgewogenen Verhaltnis wandlungsbereite Fiihrer und die Wandlungsfahigkeit der Organisation unterstiitzen. Im Sinne der „visionary companies" von Collins und Porras (1997) soil der Organisation eine starke Vision iiber die Zu-

1351 Ygi Deuringer 2000, insbesondere S. 107ff. und Perich 1993. Ein anarchisches System lasst sich anschaulich mit dem "weissen Gauss'schen Rauschen" vergleichen, das bei Ubertragung von Tonen durch eine absolute Gleichgewichtung aller Frequenzen entsteht - im Gegensatz 2u Bach'schen Fugen, die einer strengen Struktur foigen und dennoch fur das menschliche Ohr wohl klingen. Einen anderen sehr anschaulichen Vergleich bietet die ChaosTheorie, insbesondere die Darstellung von Fraktalen, Ein Bild, das jeden Punkt stochastisch vollkommen zufallig berechnet, ware schlicht vielfarbig. Eine Graphik, die von zu starken Regeln beeinflusst wird, ergibt relativ langweilige einfarbige Gemalde. Ein fraktales Kunstwerk dagegen, das wie bei einem Fam in der Natur in sich selbst-ahnliche (nicht identische!) Strukturen enthalt, entsteht durch wenige "Attraktoren". Am Rande der Einflussbereiche dieser Attraktoren finden sich ansprechende, bunte und vielschichtige Strukturen zwischen Stabilitat und (deterministischem) Chaos. '352 Vgl. Schneider 1995, S. 131; Heinen 1983, S. 30; Wohe 1973, S. 1. 1353 Vgl. Schreyogg 2004. '354 Vgl. etwa Galunic / Eisenhardt 2001 oder Pagliarella 2000. 1355 Vgl. etwa Gattermeyer / Al-Ani 2000a, S. 15f. '356 Vgl. Kapitel 3.2.2.3. '357 Vgl. Kapitel 3.2.1.3. '358 Vgl. Kapitel 2.1.5. 1359 Vgl. Kapitel 2.1.6. 1360 Vgl. u.a. Kapitel 4.7.3. 1361 Vgl. hierzu v.a. Kapitel 4.4.3.4.2.

Schlussbetrachtung

335

kunft einverleibt werden^^ea und nicht nur auf die individuellen Visionen im Sinne der „Great Man"-Theorien vertraut werden. Dies ist mit einem Perspektivenwechsel verbunden, hin zu einem Fuhrungsverstandnis im weiteren Sinne, das verstarkt Aufgaben der Unternehmensfiihrung einbe2iehti363, Damit das Aufgabenspektrum der personalen Fiihrung (bewusst und zielgerichtet das Verhalten von Menschen zu beeinflussen und diese zu begeisterni364) erweitert. Es gilt dariiber hinaus, den eigenen Verantwortungsbereich in eine neue Richtung zu lenken, bis hin zu der so beschriebenen Aufgabe, Industrien „neu zu erfinden'^^^^s, Als Fiihrer wird nicht mehr ausschlieBlich die Person bezeichnet, die Personalverantwortung fiir Untergebene iibernommen hat. Ein „Leader" ist in dieser Sichtweise ein Mitarbeiter, der einen Aufgabenbereich „dynamisch" und vorausschauend verantwortet, selbst dann, wenn er keine Untersteliten zu fiihren hat. Die Fiihrungskraft gibt sich nicht mit dem Status quo zufrieden, sie stoBt aus Eigeninitiative heraus Veranderungen an, insbesondere dann, wenn sie registriert, dass Triebkrafte von auBen den Wandel notig machen. Das Fiihrungssystem muss es ermoglichen, dass der Leader seinem Verantwortungsbereich eine Vision gibt und diesen in die gewiinschte Richtung lenkt. Vor diesem Hintergrund soUte die Fiihrungskraft Strukturen und gemeinsam vereinbarte Regelungen^^^e aufbauen konnen. Diese sollen einerseits das angestrebte Ziel^^e? in den Kopfen der Mitarbeiter verankem"68 ^nd damit die Organisation stabilisieren, es andererseits institutionalisiert zulassen, dass Bestehendes in Frage gestellt wird, damit sich der Verantwortungsbereich kontinuierlich anpassen kann. Damit wird der urspriinglichen Bedeutung des Wortes Fiihrung gefolgt^369^ £§ wird sowohl unter personalen als auch strukturalen Aspekten der Fiihrung die doppelte Aufgabe des „Ordnung-stiftens" (Verfestigun^ und „Wandel-provozierens""'7o (yerflussigun^ gefordert. Die zentralen Aussagen der Zusammenfassung zeigen Parallelen und sollen an dieser Stelle graphisch verdichtet werden. In Anlehnung an Abbildung 35 lassen sich so Aspekte der personalen und strukturalen Fiihrung dem Kontinuum zwischen Stabilitat und Wandel zuordnen (vgl. Abbildung 72). Dabei ist mit Bezug auf die Teilsysteme des generischen Fiihrungsrahmens, das FiihrungsmeBsystem und das Fiihrungsanreizsystem eher den ostensiven Aspekten von Fiihrungssystemen oder der „Vorauskoordination" zuzuordnen, da hier gewiinschte Fiihrungseigenschaften und Verhaltensweisen im Vorfeld festgelegt, im Nachgang gemessen oder mit Anreizen belohnt oder bestraft werden. Im Gegensatz dazu soil der Fiihrungsinteraktionsprozess, genauso wie das Fiihrungsentwicklungssystem moderner Auspragung, der „Feedbackkoordination" oder dem „Verfliissigen" zugewiesen werden.

1362 Collins u n d P o r r a s 1997 beschrieben eine starke Vision iiber die Zuhtnfi der Organisation als erfolgsentscheidendes Merkmal. 1363 Vgl. Steinle 1995, S. 528; Reichwald / Siebert / Moslein 2004; Moslein 2004, S. 12. 1364 Vgl. Wunderer / Grunwald 1980, S. 10. 1365 Vgl. Ansoff / Sullivan 1993. Vgl. auch Reichwald / Siebert / Moslein 2003 und 2004. 1366 Vgl. Feldman / Rafaeli 2002. 1367 Vgl. Kieser / Kubicek 1992, S. 95; Locke / Latham 1990. 1368 Vgl. Kieser / Hegele / Klimmer 1998. 1369 j^Fiihren" wird v o n „fahren machen" und „in-Gang setzen" abgeleitet. i37ovgl. Moslein 2004, S. 11.

Schlussbetrachtung

Chaos (Unsictiertieit, Ineffizienz) (Partizipative) FOhrung durch

^^Hjgj^

Vernossigung (in Frage steUen)

,

^Hgjljll^

VorauskoonSnation'

Variastigung

(OberreglementJerung. Inftoxibilitflt, Selbstzweck. Missbrauch)

• • • • •

Hinterfragen Werte / Untemehmenskultur FOhrung von unten VortMMfunktion (Kuttur-prftgend) Wandel durch 3Ntziaieg'. Partizipation / MittMrkung, Delegation, SaJbstaxganisation • Feedback / Interaktion • Viskxi / Strategien

(AutoritAre) FOhrung durch: • Effiziente Konvnunikatkx) und Koordinatnn • Warte / Untemehmenskultur • Lokontobon (Ziele setzen) • Kohteion • Organisatkxi • Kontrotle • Ideotogien

(Strukturale) FOhrung durch: • Konzepte (Charters, DYB, GYB, organk: capacity) • Innovative Untemehmenskultur (wenige Regein). flache Hierarchien, dezentrale Stmkturen (Performative) FOhrung durch • FOhrvngaaiuwaM-und-antmricklun^system (z.B. Modeme Corporate University) • FQhrungalnlaraktlonsprozass (Z.B. Zielvereinbarungen,M(tart)eitefgesprach, Kommunlkationsforen) • Routinen: Craation, Maintananca, Modification (Ostensive) FOhrung durch: • FOhningsanralxayatam • FahrungmaBaystam • Routinen: Guiding, Accouting, Rafarrmg • Regetoi, Programme. Plane, Empowennent • Stnjktursn-und StellentNkJung • Starke Untemetvnenskultur als Instrument

Personal / Individuum

1 1 1 1 1

Stniktural / Organisation

Abbildung 72 Fiihmng und Fiihrungssysteme v^schm Stahilitdt und Wandel

Zu beachten ist, dass der Fiihrungsalltag als hochst komplex, extrem situationsabhangig und kontextspezifisch beschrieben wird^^vi Menschen sind unterschiedlich, haben Erwartungen, die stark von ihrem Umfeld, von ihrer Herkunft, ihrer Landeskultur oder ihrer jeweiligen individuellen Situation gepragt sind. Sie verfolgen verschiedene, zum Teil gegensatzliche Ziele und die Erfiillung sehr spezifischer Bediirfnisse. Fiihrung und Organisation bedarf vor diesem Hintergrund immer des Menschen - Fiihrungssysteme konnen und sollen jedoch unterstiitzend wirken, sie sollen den Aufbau von Fiihrungskapital fordem und damit ihren Beitrag zu Stabilitat und Wandel leisten.

1 Vgl. Fiedler / Mai-Dalton 1995.

AusbUck

337

6 Ausblick „h 1625, Gustavus U Adolphus, the king of Sweden, commissioned the construction of four warships to further his imperialistic goals. The most ambitious of these ships, named the Vasa, was one of the largest warships of its time, with 64 cannons arrayed in twogundecks. On Aug. 10, 1628, the Vasa, resplendent in its brightly painted and gilded woodwork, was launched in Stockholm harbor with cheering crowds and considerable ceremony. But the cheering was short-lived, the ship suddenly heeled over, foundered and sank. An investigation was immediately ordered, and it became apparent that the ballast compartment had not been made large enough to balance the two gundecks that the king had specified. With only 121 tons of stone ballast, the ship lacked stability. However, if the builders had simply added more ballast, the lower gundeck would have been brought dangerously close to the water; the ship lacked the buoyancy to accommodate that much weight." (Joseph Maxwell 1996, S. 1)

Im Kern ging die Arbeit der Frage nach, auf welche Weise Fiihrungsinstrumente und Fiihrungssysteme in Unternehmen Stabilitat und Veranderungen unterstut2en. Es wurde festgestellt, dass Organisationen nach Effizienz und Effektivitat streben. Auf individueller Ebene ist ein stabiles Fundament Grundlage fiir zielgerichtetes und auch kreatives Verhalten. Organisationale Strukturen und Routinen, Regeln, Verfahren, Instrumente und der Aufbau von Sicherheit wurden so als notwendiges Geriist betrachtet, um ein MindestmaB an Stabilitat garantieren zu konnen, um „Ordnung zu stiften". Auf der anderen Seite bergen diese Strukturen und Routinen die Gefahr in sich, Flexibilitat zu stark einzuschranken und zu Missbrauch anzuregen. Es wurden verschiedene Konzepte, die Rolle der Unternehmenskultur oder der Einfluss von organisationalen Routinen diskutiert, welche die Wandlungsfahigkeit einer Unternehmung fordern konnen. Generell wird zwar fur den Einsatz eines die Stabilitat unterstiitzenden Geriists pladiert, verschiedene Modelle legen jedoch nahe, dass Vorschriften, Strukturen und Regeln auf ein MindestmaB zu reduzieren sind, um die Veranderungsfahigkeit einer Organisation nicht zu begrenzen. Eine zentrale Funktion beim Aufbau von flexiblen Organisationsstrukturen wird der Kommunikation zugesprochen. Mit Karl Weick (1996: „Drop your Tools**) lassen sich angesichts einer tendenziell auf StabiUtat bedachten Organisationslandschaft die Ergebnisse in einer nicht neuen und hier plakativ dargestellten Aufforderung zusammenfassen, die an die Organisationsgestalter zu richten ware: Lernt es, Eure Instrumente „aus der Hand zu legen", Strukturen und Regeln zu adaptieren und zu ersetzen und setzt starker auf Vertrauen und Kommunikation. Es gilt den Instrumenten-Bauchladen zu entfrachten, ganzheitliche und durchgangige Strukturen anzubieten, Grenzen zu Ziehen durch wenige, stabilisierende, aber nicht fur alle Zeiten unabanderliche Regelungen sowie Ausschau zu halten nach Systemen, die Wandel ermoglichen oder

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Ausblick

fordem. Im Sinne des Kontingenzansatzes ist sicherlich 2u beachten, dass jedes Untemehmen und jeder Geschaftsbereich innerhalb einer Organisation seine individuelle Situation und seine Ressourcen beriicksichtigen muss, um das Fiihrungssystem im Kontext so zu gestalten, wie es in dem jeweiligen Fail erforderlich erscheint. Die Anregungen etwa durch das Model! der organisationalen Routinen von Feldman, durch das organisationale Lemen, durch spezifische Instrumente'372 oder durch den Ansatz einer Corporate University als Drehscheibe fur Innovationen und Wandel, konnen Anhaltspunkte sein. Vor allem den Fiihrungskraften kommen jedoch die Aufgaben zu, einerseits kreativ innovative Systeme fiiir den jeweiligen Kontext zu entwickeln (oder entwickeln / entdecken zu lassen), auf personaler Ebene auf die Individuen einzugehen und dabei andererseits nicht zu vergessen, dass eine als zu extrem wahrgenommene Unruhe Unsicherheit schafft und so auf Verhaltensebene das Fundament fur Wandlungsbereitschaft untergrabt. Es bleibt, durch empirische Untersuchungen in der Praxis zu erforschen, ob sich von der Qualitat eines die Stabilitat und den Wandel beriicksichtigenden Fiihrungssystems langfristig wirtschaftiiche Auswirkungen nachweisen lassen. Ist der Einsatz wandelfordemder Strukturen und entfrachteter Regelungen dazu geeignet, mit den Triebkraften des Wandels umzugehen und welche Folgen ergeben sich fiiir den Geschaftserfolg? Welche weiteren Optionen existieren, um das Ziel einer agilen Organisation zu erreichen? Fiihrt eine strategisch relevante Abteilung fiiir Organisations- und individuelle Weiterentwicklung zu besseren Fiihrungskraften, zu besserer Fiihrung und damit zu groBerem und nachhaltigem Untemehmenserfolg - wie auch immer dieser zu definieren ist? Wie kann mit Bezug auf das ^^ausgewogene Zusammenspiel von Verfestigung und Verfliissigun^^^^'^'^ eben diese Ausgewogenheit betriebswirtschaftlich sinnvoll gestaltet werden? Die hier vorgestellte, rein qualitative Diskussion und die explorative Untersuchung „Leadership Excellence" geben dazu erste Empfehlungen und bieten mit dem generischen Fiihrungssystem im Kontext und den zusammenfassenden Aussagen im vorangegangenen Kapitel erste Vorschlage zur Strukturierung. Die Arbeit mochte dariiber hinaus dazu anregen, den Fokus starker auf die Erforschung strukturaler Fiihrung zu legen. Die anfangs zitierte Entdeckungsreise hat einen vorlaufigen Zwischenstopp erreicht, sie ist jedoch noch lange nicht abgeschlossen.

"72 „Popcorn-Stands", „DYB", „GYB" usw. 1373 Neuberger 2002, personliche Kommunikation im Rahmen des Expertenkreises der explorativen Studie „Leadership Excellence"; vgl. auch Neuberger 2002, S. 668.

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Stichwortver2eichnis

373

Stichwortverzeichnis

180° Feedback

295, 298

Attributionstheorie

35

Aufbauorganisation

13

Aufgabenverteilung

77

Aufwarts feedback

295

Austausch 360° Feedback

299

14

Auswertung

304

Autonomie

96, 333

Autoritat 4+2 Formel.

4, 21, 25,116

.290 B Balance

101

Ablauforganisation

13

absorptive capacity

151

Bande

10

abteilungsiibergreifende Foren

157

bedingte Belohnung

37

Balanced Scorecard

49, 224, 295, 297, 298

Action Learning

271, 273, 275, 300

Bediirfnis

72

adaptive capacity

151

beeinflussen

12

Aktienoption

256

Befehlsgewalt

10

Aktionsfeld

313

Behaviorismus

98

Aktionstheorien

165

bekundete Werte

Akzeptanz

25

Benchmarking

Akzeptanzfaktoren

69

Bendix

Alarmbereitschaft

169

aligning people

18

153 5 28

Bereitschaftsbarrieren

115

Berufserfolg

264

ambidextrous organization

156

Bindung

Ampelmodell

143

biografische Daten

263

Analysestrategien

15

96

biografischer Fragebogen

267

Angst

114

Blitzkrieg

124

Anpassungsbereitschaft

Ill

Bombenwurfstrategie

Anpassungsfahigkeit

144

Bottom-Up

Anreiz

331

Brainstorming

99

budgeting

18

Anreizsystem

1,14, 48, 50,157, 254, 295,

299

116,124 145

Business Impact Project

271, 300, 328

Antoine de Saint Exupery

30

Business Reengineering

134

appraisal

51

Business School

300

Arbeitsteilung

72

Arbeitszeitmanagement

49

architectural innovation Artefakt

149 43,152,161

Assessment-Center....258, 263, 265, 299, 301

C Capabilities Audit career planning Chancen der Verfestigung

228 51 331

374

Stichwortverzeichnis

Chancen der Verfliissigung Change

333

13,18, 67,129,174

Change Management

129,132, 334

80,132

direction

18

disappointing dinosaurs

302

107

diskontinuierlicher Wandel

133

17, 82, 334

Diskussion der Ergebnisse

310

Change-Agent Chaos

Dezentralisierung

Charisma

34, 37

dissimulieren

charismatische Fiihrung

30, 34

Dominanz

43 35

charter

149

Double-loop-Leaming

163,164

Coaching

297

Drop your Tools

107, 337

Content Owner

281

dynamic capability

150

dynamic community

150

continuity

67

Controlling

4,18, 58, 295

Corporate Governance

60

Corporate Government

60

corporate leadership

61

corporate transformation

129

Corporate University.... 1,147, 276, 281, 285, 295,300, 334

dynamisches Basismodell dynamisches Gleichgewicht

248

Crowding Out

248, 250

Culturally endorsed implicit Leadership Theories

Ebenen des Wandels

106,120

Economic Value Added

295, 298 61

Effektivitat

70

Effizienz

5, 70, 334

Eigenaktivitat

136

215

Eigenschaft

culture

150

Eigenschaftstheorien der Fiihrung

cycle of choice

159

cycle of leadership

61

Darwin

Einflussnahme

Empirie 91

9

employee selection

31 13

Einstellung emotional

D

135

E

effective leadership

Crowding In

101,144

127 filtering

127 2 51

Datenauswertung

291

employee survey

299

Datenerhebung

202

empower

140

Dead Horse

109

enable

14

defensive routines

167

enhancers

41

Delegation

125

Entgelt

destabilisierend

81

Destroy-your-Business

185, 328, 334

Deutero-Learning

163,168, 334

49,241

Entrepreneur

22

Entscheidungsrechte

77

Equilibrium

128, 333

Deutungsmuster

27

Erhaltungssystem

52

development

51

Erosionsargument

252

Development Center

301

Erregung

dezentral

333

Erwartung

96 22, 25

375

Stichwortverzeichnis espoused theories

86,165,179

Fiihrungsanreizsystem

203, 205, 239, 289,

etymologisch

4,10

Evaluierung

291

eventful man

36

Fiihrungs-Assessment Center

294

event-making man

36

Fiihrungsauswahl und -entwicklung

314

299, 314, 331 Fiihrungsansatze

4, 30

Evolution

134

Expertenkreis

201

explizites Wissen

175

Fiihrungsauswahlsystem

Exploration

200

Fiihrungsbegriff

explorativ

2,192

extrinsische Anreize

244

Fachkarriere

299

Fahigkeitsbarrieren

115

fahren machen

10

Fallstudien

5, 315

Familie

96

Feedback Process

205

Feedbackkoordination Feldman

88, 335 172

Flexibilisierung

7

FUeBfertigung

126

formale Fiihrer

26

forming

122

Forschungsfragen

2

Fiihrungsauswahl- und -entwicklungssystem 206, 258, 289, 300, 331 8

Fiihrungsdefinition

10,11, 13

Fiihrungsdyade

4

Fiihrungseffizienz

12,14

Fiihrungseigenschaften

4, 214

Fiihrungsentwicklungssystem ...203, 258, 269 Fiihrungserfolg

10, 264

Fiihrungsfahigkeiten

299

Fiihrungsforschung

4,190

Fiihrungsfunktion

207

Fiihrungshierarchie

295

Fiihrungsideologie

4, 27, 334

Fiihrungsimpuls

14, 43

Fiihrungsinstrument...l, 7, 47,138,185, 239, 289, 334 Fiihrungsinteraktionsprozess ...203, 205, 206, 289, 296, 313, 331 Fiihrungskapital

5, 90, 310, 336

Fragebogen

262

Fiihrungskraft

Fraktal

131

Fiihrungskrafte-Befragung

Freezing

138

Fiihrungskrafteentwicklung

Fremdbeobachtung

210

Fiihrungskultur

Fremdes Fremdkontrolle Freud

252

Fiihrungsleitbild

10,12,19

fiihrerlose Gruppendiskussion Fiihrerverhalten

Fiihrungsleistung

112

Fiihrer

Fiihrung

96 91

friihere Erfolge

203, 258, 259

1, 5, 7, 213, 256, 289 295 1, 64, 295 13 57, 233 295

FiihrungsmeBsystem 203, 205, 220, 289, 297, 314, 331 Fiihrungsorganisation

49

263, 267

Fiihrungsprozess

14

4

Fiihrungsrahmen

202, 206, 291

2, 4, 7, 8,139, 207, 333

FiihrungsroUe

Fiihrungi.e.S

20

Fiihrungsstarke

Fiihrung i.w.S

20

Fiihrungsstil-Taxonomien

4, 21 1, 5, 61 32

Stichwortverzeichnis

376 Fuhrungsstxukturen

1, 2, 7,14,143

Fiihrungssubstitut Fiihrungs-Subsystem

116

50

Gruppenebene

122

288, 303, 331 288

Fiihrungssysteme im Transformationsprozess

50

Fuhrungssystemprofil

10,12,14,122,126,127,136

Gruppendruck

Fiihrungssystem. 1, 4, 7, 33,47, 76,199,254, Fuhrungssystem im Kontext

Gnippe

4, 41

Gruppenergebnis

14

Gruppennorm

127

Gruppenrolien

12

Gruppenverhalten

14

Giiterertrag

71

203, 204, 292

Fiihrungstheorie

9, 334

Fiihrungstreppe

311

Fiihrungsverhalten

210

Full Range Leadership Theory

38

H Handlungsmuster

164

Handlungsphasenmodell

255

Handlungstheorie

86,165

Funktion

17

Handlungsweise

47

Furcht

96

Handworterbuch der Fiihrung

12

Fiirsorge

37

Herrschaft

12

Herrschaftssicherung

83

G Gap-Analysis garbage-can GE Operating System Geborgenheit Gebrauchstheorie Gefuhrte Gehaltsordnung Gehorsam Gen

Hierarchie 281 74 294 94, 95 86,166 4,12 252 26 172

80, 87,132

High Performance Work Practices High Reliability Organizations homo oeconomicus

57 170 36, 245

HR Scorecard

229

HR system

229

HR-Instrumente

54

Human Resource Development Human Resources

272 54

Human-Capital-Club

227

generischer Fuhrungsrahmen5, 205,290, 295

Humankapital

226

generisches Fiihrungssystem

Hygienefaktor

247

Geschaftswertbeitrag Gestalter

206, 331 295

I

7

Gestaitungsansatz

132

Identifikation

Gestaltungsfelder

289

Identitat

Gewaltanwendung

26

Implementierung

Gewinnmaximierung

74

Implicit Leadership Theories

gift-exchange GLOBE Great Man Grenzenlose Unternehmung Grow-your-Business

245

implizites Wissen

127 5 141 32 175

14, 215

Improvisation

85

32, 96, 258, 335

Impulsgebung

12

in-basket test

267

Individualnutzenmaximierer

245

80 185, 328, 334

377

Stichwortverzeichnis Individuum

5, 91

influence

14

informelle Fiihrer

26

In-Gang-Setzen

12, 21

Inhaltsmerkmale von Fiihrung

11

Initiierung

12

Innovationsfahigkeit

147

kognitive Dissonanz 213,295,331 Kommunikationsinstrumente 332, 333

kommunikativ-systemisches Paradigma Siehe

52

Inspiration

37

Kompetenz

Instinkt

92

Kompetenzplanung

295

Instrumentenlandschaft

294, 296

Intangible Assets Intel Intellectual Capital intellektuelle Stimulierung Interaktion

kommunikativ-systemisch 12 97

Konditionalprogramme

28

220

Konditionierung

92

46

Konservatismus

94

223

KontingenzmodeU

12

37

Kontingenztheorie

32

4,12,14, 331

kontinuierUcher Wandel

31

kontinuierliches Lernen

Interpretation

84

KontroUe

1, 260, 262

Interviewleitfaden

295

Komplexitatsreduzierung

Interaktionstheorien der Fiihrung Interview

118

kommunikativ-systemisch. 85,184, 205, 313,

Innovationssystem

Instrumenteklasse

115

Kommunikation. 84,118,127,155, 209, 212,

199, 203

133,174 5 17,127, 207

Koordination

5, 71, 87, 207

Koordinationsform

79

Interviewpartner

194

Koordinationsinstrumente

87

intrinsische Anreize

244

Koordinationsmechanismen

87

intrinsische Motivation

250

lowa-Studien

32

luK-System

50,79

Koordinationsproblem

72

Kopernikus

91

Kosten der Koordination

Ill

Krise

J

4

Kultur

Job-Family-Development

281

Job-Rotation

300

5,132, 289

Laissez-Faire Leadership K

;

Landeskultur

37 154

Karriereentwicklung

271

laterales Denken

98

Kennzahlen

195

law of instruments

77

Kernfrage Kindchenschema

8 92

Leader

4, 9,13,14,17, 22, 45,150, 335

Leader Member Exchange Theory

32 33

Kirkpatrick

272

Leader Research

Klassifikation

301

Leadership

klassische Konditionierung

92

Leadership CapabiUties

Knappheit

72

Leadership Capital

1, 9,11,13,17 297, 299 61, 310

378

Stichwortverzeichnis

Leadership Development Leadership Excellence

61 1, 2, 5,14, 46,189,

203,293, 329 7, 47

Leadership Index Analysis

218, 235

Leadership Investment

61

Leadership Lifecycle

17

Leadership Metrics

203

Leadership Pipeline

61, 281, 282

Leadership Process as Day-to-Day interactive process

203

Leadership Process Deployment

203

Leadership Research

33

Leadership Selection & Development

203

Leadership-Driven Capacity

144

Leading Change

130 129,134

Lean Production

131

Lebenslauf

267

Lebenszyklus

140

Lebenszyklus-Theorie

32

Legitimation

4, 25

Leidensdruck

138

Leistungsbeurteilung

49, 231, 298

LeitbHd

297, 300

Leitlinie

47

Leitimg

10

Lenkung

12

Lemeffekte

Ill

Lemen

161

lernende Organisation

159

lemendes Untemehmen Lewin lexikalische Definition Life Cycle Management

Macht

114

Machtstruktur

116

Management

Leadership Framework

Lean Management

M

270

Leadership Engine

52,135 105 10 148, 281

Lob

252

lock in

Ill

Lohn

241

4, 9, 17,132

Management by Exception

37

Management der Fiihrung

5, 61

Management des Wandels

129

Management i.e.S

20

Management i.w.S

20

Management Review

299

Management-by-Objectives

49

Management-Ideologien

28

Management-Kubus

19

Management-System

52

Manager

7,17,19

managerial grid

32

managerial tasks

213

Managerrollen

21

Manege

18

Marketing

295

Markt

72, 79

Maslow

53

Materielle Anreize

240

measuring stick

236

Meme

106

Mentoring

297

Meritum guidelines

224

Michigan-Konzept

52

Milgram-Experiment Missbrauch

26 332

Mitarbeiterbefragung Mitarbeiterfiihrung Mitarbeitergesprach Mitarbeiterorganisationssystem model of routine

299 9,49 295, 297 90 175

modulares Untemehmen

79

Modularisierung

80

Monitor

22

Motiv

13

Motivation

12,13,18, 38, 72,136,155

379

Stichwortverzeichnis Motivationsinstrumente

117

Motivator

246

Moving

5,138

organisationale Routinen.169,172,177,181, Siehe Routine organisationale Tragheit

76

Multifactor Leadership Questionnaire

38

organisationales Fiihrungssystem

58

Multiple-Linkage Model

32

organisationales Lernen

Mysterium

8

176, 334

Organisationsentwicklung

49,129

Organisationsformen N

79

Organisationsgestaltung

80, 295

Nachfolgeplanung

301

Organisationsmode

Nachwuchsfiihrungskraft

299

Organisationsmodelle

113,130 67

Nature of Managerial Work

209

Organisationsstruktur

76, 77, 82, 289

negotiator

22

organisatorische Innovation

neocharismatische Fiihrungstheorien

35

organisatorische Transformation

33

Netzwerk

131,132

organisatorischer Konservatismus

Netzwerkorganisation

126,135

organizational design

135,138 76, 110 11

Neugier....

96

organizational development

Neutralisierer

41

organizational identity

127

New Leadership Approach

61

organizational performance

221

35

organizing

New Leadership Theories Nicht-Diirfen

115

Orientierung

Nicht-Kennen

115

ostensiv

Nicht-Konnen

112,115

Nicht-WoUen

I l l , 115

Norm

122

18 4, 18 179, 332, 333

ostensive routines

47 P

5, 47,127

norming

Paradigma Partizipation

O Objekt Ohio State Leadership Studies Open Door Policy

Pawlow 15 32 295

peer rating performance paradigm performativ

operante Konditionierung

92

performative routines

order

18

performing

Ordnung

2

Ordnung-stiften

4, 47, 70, 335

organic capacity

144

Organigram Organisation organisationale Ebene organisationale Fluiditat

14

301

personal

9 121,125,127,137 92 263 272 179, 332, 333 47 122 4,14

Personalabbau

49

Personalbedarfsdeckung

49

Personalbeschaffung

49

Personalbetreuung

49

5

Personalbeurteilung

49

82

PersonalcontroUing

49

personale Fiihrung

7

2, 71

380

Stichwortverzeichnis

Personaleinsatz

49

Personalentwicklung Personalentwicklungssystem

50

Personalfreiset2iing

49

Personalfiihrung

9,12, 49

Personalinformationsmanagement

133

qualitativ

192

Qualitatsmanagement

131

Rationalitat

160

49

Personalinstrumente

54

Personallogistik

49

Personalmanagement

Prozessorganisation

49, 271

4, 47, 294

Rationalitatsprinzip

Personalmarketing

49

Reengineering

Personalplanung

49

Reflex

Personalpolitdk

49

Refreezing

71 129 91 5,138

Personalstrategie

49

Regeln.... 5, 45, 47, 76, 82,174, 253, 331, 334

Personalverwaltung

49

Regelsystem

personliche Weisung

88

Regelung

161

Rekrutierung

260

Persordichkeitsentfaltung PIMS Plan

97, 332 55 88,175

planning

18

Planung

207

Popcorn-Stand Postkorb-Technik Pradikat Pragnanztendenz predictability Pribilla problem solving process-driven capacity

186, 328, 334 263 15 115 18 47,189

83

Rekrutierungsprozess Reorganisation resource allocator Restructuring result-based leadership Revolution

260 113, 124 22 129 61 134

rewards

51

Reziprozitat

245

Richtlinie

1

Richtungs-Weisen

12

18

Risiko der Verfestigung

332

145

Risiko der Verfliissigung

333

Produktionsfaktor

71

Ritual

produktives System

52

Robinson Crusoe

253

ROI

271

Produkt-Markt-Domane Profit Center Profit Center Struktur Programm Programmierung projektives Verfahren

149 80 295 89,172 77

Rollendilemma Round Table Routine

24 299

44, 47,172,174,179, 334, Siehe

organisationale Routinen

262, 267

Projektkarriere

299

Projektorganisation

126

Prototypikalitat

216

Prozess

44

5

Schlussbetrachtung

329

Schneeballverfahren

202

Schneemensch

11

381

Stichwortverzeichnis Schulnote

265

Selbstabstimmung

88

stability

174

staff dialogue

295

Selbstbild

115

staffing

Selbst-Fiihrung

218

Starken-Schwachen-Portfolio

Selbst-Konzept

39

Statik

Selbstlahmung perfekter Ordnung

82

statisches Basismodell

Selbstorganisation

125

Selbstvertrauen

35

Selection of Leaders and Leadership Development

259

18 82 14

Stellenbildung

83

Stock Option

256

storming

122 289

263

Strategie

Senior-De-Escalation-Manager

299

Strategieforschung

Strategien im Umgang mit Widerstanden 117 Strategiewandel

seshemu

8 96

shared process

14

Shareholder Value shemsu short-term win Sicherheit

Struktur

5,10,13, 81,126,129,157,179,

8 138,140 94,96

163

208, 289, 332, 333 struktural strukturale Fiihrung Strukturvariablen Strukturwandel

2, 7, 47 77 132

Subjekt

15

Substitute

41

302

Subsystem

47, 206

14

succession planning

soziales Gebilde

10

supplements

soziales Umfeld

115

Speiseabscheu

135

Spezialisierung

72

St. Galler Ansatz

4, 14

4, 31

social system

Spokesman

76

61

43

Spinnendiagramm

79 150

simulieren

small champions

structural inertia

132

structure

263

Situationstheorien der Fiihrung

strategisches Netz

177

Simulation Single-loop-Learning

33

8

Sexualitat shared understanding

101

Stellenbeschreibung

self-selection seshemet

295

293

Symbole symbolische Fiihrung Symbolsystem System

301 41 43,119 4, 41, 43 152 1, 5, 7, 47,161

22 290

stabilisierend

81

Tabu

153

Stabilisierung

5, 7

Talent

271

target costing

134

StabiHtat..l, 5, 67, 70, 94,128,151,172,180, 329, 334 Stabilitat als Ausnahmefall StabiUtat als Normalfall

4,143, 333 4

Tausch

72

Teachable Point of View

64

Team

140

382

Stichwortverzeichnis

Telearbeit

126

Telekooperation

urgency

140

80

Test

V

262,267

theories of action

86,165

Theory of Planned Behavior theory-in-use

127 47, 86,166,179 145

Top-Down

Vater

97

Veranderung

100,130

Veranderungsbereitschaft Veranderungskapazitat

Total Quality Management

130,135

Veranderungskompetenz

Tragheit

111,114

Veranderungskonzept

Training

126

transaktionale Fiihrung

100,128

79

Veranderungsprozess

119,122,127

9, 30, 34, 36

Trans formationstheorie

4, 334

Transformationstheorien der Fiihrung

31

transformative capacity

151

Transparenz

313

Trends

102

triadisches Konzept des Wandels .... 105,135 147, 285 98

Turnaround

Veranderungsmanagement

5,134

4

TRIZ

5 135

Veranderungsmodell

Transformation

Trilogy

333

9, 30, 34

Transaktionskostentheorie transformationale Fiihrung

1,171

133

Verantwortung

335

Verfahrensrichtlinie

47

Verfahrensweise

5, 47

Verfestigungl, 2, 7,14, 44, 76,113, 208, 313, 329,331,335 Verfliissigung....l, 2, 7,14, 44, 208, 313, 329, 331,335 Vergleichsstudie

1

Verhalten

5,91

Verhaltensanderung

99

Verhaltensbarriere

107

Verhaltensbeeinflussimg...7,13,14, 237, 331 U Uberdruss Unfreezing Unsicherheit Unsicherheitsreduktion Untemehmenserfolg Unternehmensfiihrung

Verhaltenstheorien der Fiihrung 96 5,137 5,13,113,334 13 54, 221 4, 58, 295

Untemehmenskultur....5,112,127,131,151, 157,289,334

Verhaltensweise verhandeln

207

verlemen

164

Versorgungssystem

52

Vertical-Dyad-Linkage Theory

32

vertikales Denken

98

Vertrauen

295

Vicious Non-Teaching Cycle

Unternehmenspanel

202

Virtualisierung

Unternehmenswerte

297

virtuelle Organisation

Unternehmertum

131

Unterstellter

21

Untersuchungsdesign

200

Untersuchungsobjekt

7

Untersuchungsrahmen

194

31

132,172, 208, 331

63 80 131

Virtuous Cycle of Attributes and Results.234 Virtuous Teaching Cycle Vision Vorauskoordination Vorbild

63

13,18, 35,140,157, 334 88, 335 331

383

Stichwortverzeichnis Vorgesetztenbeurteilung

Werthaltung

13

Vorgesetzter

265 21

Wertorientierung

10

Vorsetzender

21

Wettbewerbsbedingungen

104

Widerspruch

140

W Wahl des Fiihrers

Widerstand 25

Wandel....l, 5, 7, 67,100,128,132,151,172,

Wandel als Normalfall Wandel-provozieren Wandlungsbereitschaft Wandlungsfahigkeit Wandlungstrager

112

Widerstande auf Verhaltensebene

114

Willkiir perfekter Unordnung

180,329,334 Wandel als AusnahmefaU

2, 5, 95,107, 111, 135,138

Widerstande auf Organisationsebene

4, 5,105, 333

Wissen

4 4, 47, 335 332 2, 5,100, 333 12

Zaleznik

17

Zeitprofil

214

Ziel

Warnsignal

116

Zielausrichtung

Wechselspiel

174

Zielerreichungsgesprach

Weg-Ziel-Theorie

32, 36

zielgerichtet

Weisungsrechte

77,87

Zielorientierung

Weiterentwicklung Werkzeug Werte Wertesystem Werteverstandnis

82 171

17, 332 47 5, 35, 47,132 53 5

4,10,14, 73 12 143, 299 7 12

Zielvereinbarung

295

Ziircher Ansatz

290

Ziircher ModeU der sozialen Motivation....95 Zweckprogramme

28