127 9 41MB
German Pages 421 Year 2007
Dieter Ahlert, David Woisetschlager, Verena Vogel (Hrsg.) Exzellentes Sponsoring
GABLER EDITION WISSENSCHAFT Applied Marketing Science/ Angewandte Marketingforschung Editorial Board: Prof. Dr. Dieter Ahlert, University of Muenster Dr. Heiner Evanschitzky, University of Muenster Dr. Josef Hesse, University of Muenster Prof. Dr. Gopalkrishnan R. Iyer, Florida Atlantic University Prof. Dr. Gustavo Moller-Hergt, Warsteiner Brewery Prof. Dr. Lou Pelton, University of North Texas Prof. Dr. Arun Sharma, University of Miami Prof. Dr. Florian von Wangenheim, University of Dortmund
The book series "Applied Marketing Science / Angewandte Marketingforschung" is designated to the transfer of top-end scientific knowledge to interested practitioners. Books from this series are focused but not limited - t o the field of Marketing Channels, Retailing, Network Relationships, Sales Management, Brand Management, Consumer Marketing and Relationship Marketing / Management. The industrial focus lies primarily on the service industry, consumer goods industry and the textile / apparel industry. The issues in this series are either edited books or monographs. Books are either in German or English language; other languages are possible upon request. Book volumes published in the series "Applied Marketing Science / Angewandte Marketingforschung" will primarily be aimed at interested managers, academics and students of marketing. The works will not be written especially for teaching purposes. However, individual volumes may serve as material for marketing courses, upper-level MBA- or Ph.D.-courses in particular.
Dieter Ahlert, David Woisetschlager, Verena Vogel (Hrsg.)
Exzellentes Sponsoring Innovative Ansatze und Best Practices fijr das Markenmanagement
2., uberarbeitete und erweiterte Auflage
Deutscher Universitats-Verlag
Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnetdiese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet ijber abrufbar.
1.AuflageMarz2006 2. Auflage Juli 2007 Alle Rechte vorbehalten © Deutscher Universitats-Verlag I GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2007 Lektorat: Frauke Schindler/ Sabine Scholler Der Deutsche Universitats-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media, www.duv.de Das Work einschlieBlich aller seiner Telle ist urheberrechtlich geschiitzt. Jede Verwertung auSerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fiir Vervielfaltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und dahervon jedermann benutztwerden durften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Druck und buchbinderische Verarbeitung: Rosch-Buch, ScheBlitz Gedrucktauf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8350-0850-2
Geleitwort Die Schriftenreihe Applied Marketing Science - Angewandte Marketingforschung verfolgt das Ziel, intemationale Spitzenforschung aus dem Marketing praxisorientiert aufzubereiten und somit eine Briicke uber die Kluft zwischen Wissenschaftlichkeit und Praxisorientierung zu schlagen. Die Schriftenreihe befasst sich mit Fragestellungen, die sich auf Grund der zunehmenden Verzahnung von Lieferanten, Produzenten, Dienstleistem und Kunden auch iiber nationale Grenzen hinweg ergeben und zu neuen Entwicklungen in der Organisations- und Prozessgestaltung fuhren. Es ist nicht mehr ein einzelnes Untemehmen, das Waren oder Dienstleistungen am Markt anbietet, sondem ein komplexes Netz von Partnem, das arbeitsteilig Gesamtlosungen fiir Kunden liefert. Insbesondere werden in der Schriftenreihe die folgenden Themenschwerpunkte Beachtung finden: • Das Management von Netzwerken und Wertketten • Das Beziehungsgeflecht zwischen Untemehmen und Kunden • Das Beziehungsgeflecht innerhalb von Organisationen und Netzwerken • Das Verhalten der Konsumenten • Die Herausforderungen des Markenmanagements • Das Management von Marketing Channels Auf Grund der intemationalen Ausrichtung werden Veroffentlichungen in Applied Marketing Science - Angewandte Marketingforschung sowohl in deutscher als auch in englischer Sprache herausgegeben. Applied Marketing Science - Angewandte Marketingforschung bietet die Moglichkeit, Herausgeberwerke oder Monographien zu publizieren. Um dem hohen Anspruch der Reihe gerecht zu werden, miissen die Autoren einen Proposal einreichen, der detailliert Zielgruppe, Thema, Methode, sowie den Nutzen fiir Wissenschaft und Praxis darlegt. Dieser wird vom Reihenherausgeberrat - und wenn notig - von extemen Gutachtem begutachtet. Aufbauend auf deren Urteil wird ein Proposal angenommen, unter Auflagen angenommen oder zuruckgewiesen. Weitere Informationen sind vom Sekretariat des Journal of Value Chain Management unter [email protected] erhaltlich. Die Reihenherausgeber
VI
Preface
Preface The book series, Applied Marketing Science - Angewandte Marketingforschung aims to bridge the gap between scientific rigor and practical relevance in the transfer of cutting-edge theoretical and applied knowledge between scholars and practitioners. The series explores classic and contemporary theories and themes in global competitive networks, inter-organizational relationships, customer relationship management, and competitive advantages as conceived, developed, and applied in the field of marketing. Some major themes pursued by books in this series include: • The management of networks and value chains • Networks between firms and customers • Inter-organizational networks • Consumer behavior • Brand management • Marketing channels Other themes will also be explored at the discretion of the series editors. Given its international focus, the series Applied Marketing Science - Angewandte Marketingforschung will include contributions in both German and English. For authors. Applied Marketing Science - Angewandte Marketingforschung offers the opportunity to publish original work, edited volumes or monographs. In order to ensure the highest possible standards of academic quality and readability, authors must first submit a brief proposal that includes the major themes explored in the book, evidence or rationale of why the themes, methods and conclusions are original and cutting-edge in the discipline, and the intended contribution to the practice of marketing science. The proposal would then be reviewed by the series editors and, if necessary, external reviewers. Based on their evaluations, a proposal is either accepted, conditionally accepted or rejected by the editorial board. If the proposal is accepted, authors would be provided a time frame and style sheet which they must adhere to in delivering the final manuscript. Please address all requests and proposals to the editorial office of the Journal of Value Chain Management at [email protected]. The Series Editors
Vorwort zur zweiten Auflage Das Interesse am Thema Sponsoring ist auch nach der FuBballweltmeisterschaft 2006 ungebrochen. Da die erste Auflage dieses Werkes in Wissenschaft und Praxis gleichermaBen gute Resonanz geflinden hat und bereits zum Ende des Jahres vollstandig vergriffen war, haben wir uns fur eine iiberarbeitete und erweiterte Auflage entschieden. Nach etwas mehr als einem Jahr freuen wir uns nun, die zweite Auflage von „Exzellentes Sponsoring - Innovative Ansatze und Best Practices fur das Markenmanagement" prasentieren zu konnen. Zwei neue Beitrage erganzen die Bandbreite der prasentierten Fallstudien: Im Aufsatz von Fischer wird die Umsetzung des NamingrightSponsoring der AWD-Arena mit den Konsequenzen fur die Kommunikation und den Vertrieb aufgezeigt. Woisetschlager/Michaelis/Hartleb stellen eine empirische Untersuchung des Erfolgs der Kommunikationsmafinahmen von Emirates und Lufthansa wahrend der FuBballweltmeisterschaft 2006 vor. Weiterhin sind formale Korrekturen durchgefiihrt und inhaltliche Ungenauigkeiten bereinigt worden. AbschlieBend mochten wir uns bei alien Autoren bedanken, die durch ihre Artikel wesentlich zum Erfolg dieses Buches beigetragen haben. Femer danken wir Dipl.-Kffr. Monique Reinhold fiir die akribischen Korrekturarbeiten, die auch bei der Fertigstellung der zweiten Auflage notig waren. Miinster, im Juni 2007
Dieter Ahlert Verena Vogel David Woisetschlager
Vorwort In diesem Jahr ist es soweit: Die FuBballweltmeisterschaft 2006 wird in zwolf Stadten Deutschlands ausgetragen. Fast taglich wird in den Medien uber dieses nach Olympia groBte Sportereignis der Welt berichtet. FuBball fasziniert die Menschen uber alle Grenzen hinweg. Die gemeinsame Begeisterung fur den FuBball ist ein fruchtbarer Nahrboden fur Kontakte, Projekte und Freundschaften. Sport beriihrt uns alle. Daher ist es eine groBe Chance fur unser Land, aus der allgemeinen Negativstimmung und wirtschaftlichen Depression herauszufmden und wieder positive Zeichen zu setzen. Gerade die deutsche Nationalmannschaft symbolisiert als junge Truppe diesen Aufbruchgedanken. Hier wachst etwas heran, das auch to die Gesellschaft im Allgemeinen vorbildhaft sein kann: Zum einen ist es das Setzen eines ambitionierten Zieles, namlich den Gewinn der Weltmeisterschaft im eigenen Land. Zum anderen ist die Art
VIII
Vorwort
und Weise, wie sich junge Spieler als eine Schicksalsgemeinschaft begreifen und sich trotz moglicher Ruckschlage nicht von ihrem Ziel abbringen lassen, nachahmenswert. Untemehmen leisten als Sponsoren einen wichtigen Beitrag zum erfolgreichen Gelingen einer solchen GroBveranstaltung sowie ermoglichen es, optimale Bedingungen fur die Vorbereitung zu haben. Ftir alle Sponsoren, unabhangig davon, ob sie sich im Bereich Sport, Kunst, Kultur, Soziales oder Umwelt engagieren, besteht die groBe Chance, etwas von den Werten, Assoziationen und Emotionen des Sponsoringobjekts in das Untemehmen zu transferieren und so auch bei Kunden, Aktionaren und Mitarbeitem eine Imageverbesserung zu erreichen. Durch die Schaffling von Erlebnisnutzen und einer speziellen Zielgruppenansprache kann Sponsoring dazu beitragen, Gedachtnisstrukturen fiir Marken entstehen zu lassen. Sponsoring als Kommunikationsinstrument untersttitzt somit den Aufbau und die Fiihrung einer Marke. Gleichzeitig stiftet es Nutzen fur den Gesponserten. Beide Parteien konnen somit gleichermaBen voneinander profitieren. Organisationen engagieren sich heute in vielfaltiger Weise im Sponsoring. Wichtige Aufgaben in unserer Gesellschafl, die vom Staat nicht mehr alleine ubemommen werden konnen, erhalten hierdurch von der Seite der Untemehmen dringend benotigte Mittel. In dem vorliegenden Buch „Exzellentes Sponsoring" wird anhand einiger Beispiele verdeutlicht, wie ein glaubwtirdiges und fiir alle Beteiligten erfolgreiches Sponsoring funktionieren und wie dieses auf die Markenbildung einzahlen kann. Vor diesem Hintergmnd widmet sich das erste Kapitel dieses Buches den Grundlagen von Sponsoring und Marke. In dem Beitrag von AhlertA^ogelAVoisetschlager wird der Bezugsrahmen des Buches gespannt, indem Ziele, Wirkungsweisen und Moglichkeiten des Sponsorings fur den Aufbau und die Fiihmng von Marken aufgezeigt werden. Im zweiten Teil des Buches wird intensiv das Thema Integration und Vernetzung der Sponsoringstrategie im Rahmen der Markenkommunikation behandelt. Beginnend mit dem Beitrag von Michael, der die Erfolgsfaktoren des Sponsorings aus Sicht der Werbeagentur Grey darlegt, wird im Beitrag von Klein-Bolting/Gmnberg/HandelJung Sponsoring als Teil der neuen integrierten Kommunikationsstrategie der Deutsche Bahn AG skizziert. AnschlieBend beschreibt Althoff die Sponsoringstrategie der Deutsche Telekom AG, wobei insbesondere der vemetzte Einsatz des Sponsorings im Kundenkontakt sowie in alien Untemehmensbereichen im Vordergmnd steht. Daraufhin stellt Koers anhand dreier Sponsoringbeispiele Moglichkeiten der emotionalen Aufladung der Marke Ford im Rahmen der integrierten Kommunikation vor. Das Kapitel endet mit dem Beitrag von Mitschke, der die Grenzen einer Sponsoringstrategie vor einem rechtlichen Hintergmnd beleuchtet. Die in Kapitel 3 und 4 geschilderten Sponsoringengagements richten sich an unterschiedliche Zielgmppen. Wahrend in Kapitel 3 der Kunde im Vordergmnd steht, werden in Kapitel 4 primar gesellschafts- und mitarbeiterbezogene Aspekte behandelt. In der Betrachtung konsumentengerichteter Sponsoringziele im dritten Kapitel des Buches steht zunachst die Markenbekanntheit im Fokus. Wie diese erhoht werden
Vorwort
IX
kann, wird in dem Beitrag von Grass/Backhaus aufgezeigt. Als Beispiel dient hier das Sponsoring von Sportstatten anhand des in Deutschland wahrscheinlich bekanntesten Falls - der AllianzArena. In den folgenden Artikeln steht in erster Linie die Verbesserung des Markenimages bzw. der Markenpersonlichkeit im Mittelpunkt. Burmann/Nitschke zeigen die Imagewirkung von Sponsoring und Ambushing im Rahmen des Confed-Cups auf, wobei sie den Event-Marken-Fit als wesentlichen Erfolgsfaktor identifizieren. In dem Beitrag von Reinery/Blut/Brock wird am Beispiel der Karstadt Warenhaus AG skizziert, wie durch Sponsoring friihzeitig in einer jungen Zielgruppe Marke aufgebaut werden kann. AnschlieBend beschreiben Fuchs/Wendt/Woisetschlager, wie die Marke Toyota durch Formel 1-Sponsoring emotional aufgeladen werden kann. Erste Ergebnisse einer empirischen Untersuchung werden prasentiert. Der Beitrag von Schad/Berentzen schildert am Beispiel der Firma Alfred Karcher GmbH & Co. KG ein innovatives, zur Markenpersonlichkeit passendes Sponsoringengagement. Wie Marken auch bei einem so groBen Event wie der FuBball-WM in Deutschland 2006 hautnah erlebbar sind, zeigen Michaelis/Rettig in ihren Ausfuhrungen am Beispiel des Sponsoringengagements der Coca-Cola GmbH. Hesse/Moller-Hergt beleuchten ebenfalls den Nutzen des Eventsponsorings, allerdings auf lokaler Ebene am Beispiel des Engagements der Warsteiner Brauerei anlasslich des Munsteraner Eurocityfestes. Der Einsatz des Sponsorings im Rahmen des Customer Relationship Managements wird von HoogenraadA^ering am Beispiel des Engagements von JP Morgan im Reitsport beschrieben. Im letzten Beitrag dieses Kapitels wird von Mulokozi eine innovative Moglichkeit des Einsatzes von Sportsponsoring zur direkten Erreichung okonomischer Ziele vorgestellt: Die von der HypoVereinsbank herausgegebene FC Bayem Sparkarte. Die Beitrage in Kapitel 4 thematisieren Sponsoringengagements, die sich primar an Stakeholder richten. Die Mitarbeiter als Adressaten von SponsoringmaBnahmen stehen im Beitrag von Beinbom im Mittelpunkt. Der Autor beschaftigt sich aus theoretischer Perspektive mit der Frage der Sponsoringwirkung auf das Mitarbeiter-Commitment und stellt anhand von zwei Fallstudien eine Umsetzung bei der Adolf Wurth GmbH & Co. KG vor. Mit Sponsoring aus gesellschaftspolitischen Motiven beschaftigen sich die folgenden Beitrage. Miinch schildert das Kultursponsoring am Beispiel der Deutschen Bank. Der Schwerpunkt dieses Beitrags liegt auf dem Projekt „Zukunft@BPhil" zur kulturellen Bildung. Von Posadowsky (E.ON) skizziert einen professionellen Managementprozess des Kultursponsorings im Rahmen der Corporate Social Responsibility- und Marketing-Strategic. AbschlieBend beschreiben Buchensteiner/Barth eine beispielhafte Partnerschaft im Sozialsponsoring zwischen Buderus und Agapedia, der Stiftung von Jlirgen Klinsmann. Zum Abschluss gilt unser herzlicher Dank den zahlreichen renommierten Gastautoren, die durch eigene Fallstudien zum Sponsoring entscheidend zum Gelingen dieses Wer-
X
Vorwort
kes beigetragen haben. Nicht unerwahnt soil auch die finanzielle Untersttitzung seitens der Schaper Sportgeratebau GmbH und der Warsteiner Brauerei Haus Cramer KG bleiben. SchlieBlich ware dieses Buch ohne die Untersttitzung von vielen Mitarbeitem des Lehrstuhls fiir BWL, insb. Distribution und Handel im Marketing Centrum Miinster ebenfalls nicht moglich gewesen. Insbesondere Monique Reinhold und Sabine Tonnis danken wir fur die Hilfe bei der redaktionellen Bearbeitung des Manuskripts. Miinster, im Februar 2006
Dieter Ahlert Verena Vogel David Woisetschlager
Inhaltsverzeichnis Geleitwort Vorwort
V VII
Teil A: Grundlagen von Sponsoring und Marke Dieter Ahlert, Verena Vogel und David Woisetschlager 1st Sponsoring der Zaubertrank einer starken Marke?
3
Teil B: Integration und Vernetzung der Sponsoringstrategie Bemd M. Michael Erfolgsfaktoren des integrierten Marken-Sponsorings
33
Ralf Klein-Bolting, Bastian Grunberg und Gabriele Handel-Jung Rolle und Ausgestaltung der nationalen Forderung der FIFA FuBballWeltmeisterschaft 2006™ durch die Deutsche Bahn AG
53
Stephan Althoff
Das Sportsponsoring der Telekom - und was dahinter steckt
77
Martin Koers Sponsoring als Teil der integrierten Kommunikation bei Ford
103
Martin Mitschke Rechtliche Grenzen des Sponsorings
119
Teil C: Konsumentengerichtete Sponsoringziele Andreas Grass und Christof Backhaus Theorie und Praxis des Sportstattensponsorings am Beispiel der Allianz Arena Andreas Fischer Namingright-Sponsoring - Die AWD-Arena als Plattform fiir vemetzte Kommunikation Christoph Burmann und Axel Nitschke Profilierung von Marken durch Sponsoring und Ambushing dargesteUt am Beispiel der FIFA FuBball-WM 2006™
141 159 177
XII
Inhaltsverzeichnis
David Woisetschlager, Manuel Michaelis und Vivian Hartleb Sponsoring und Ambush-Marketing im Rahmen der FIFA-FufiballWeltmeisterschaft 2006^^ - eine vergleichende empirische Analyse
203
Claudia Reinery, Markus Blut und Christian Brock Sponsoring als Instrument des „Early Branding" am Beispiel von Jugend trainiert fur Olympia
221
Andreas Fuchs, Patrick Wendt und David Woisetschlager Emotionale Aufladung einer Marke am Beispiel des Formel 1-Engagements der Toyota Motor Corporation
237
Frank Schad und Johannes Berentzen „Karcher reinigt die Welt" - Kultursponsoring als medienwirksame Produktprasentation
257
Manuel Michaelis und Peter Rettig Kundenorientiertes Event-Sponsoring - Coca-Cola als Sponsor der Fans der FIFA-FuBball-Weltmeisterschaft 2006^^
271
Josef Hesse und Gustavo MoUer-Hergt Effizienzkontrolle von Event-Sponsoring - den Tatsachen ins „Auge" sehen?
289
Boudewijn Hoogenraad und Sandra Vering Moglichkeiten des Sponsorings im Reitsport - JPMorgan Asset Management und die Nachwuchsforderung
303
Clemens Mulokozi und Armin Herla Die FC Bay em SparKarte - eine Innovation im deutschen Bankenmarkt
323
Teil D: Stakeholdergerichtete Sponsoringziele Peter Beinbom Commitment durch Sponsoring - die Mitarbeiter als Adressaten der Sponsoring-Aktivitaten Michael Miinch Das Kulturengagement der Deutschen Bank - mehr als klassisches Sponsoring Dorothee von Posadowsky Kultursponsoring - zwischen Corporate Citizenship und Marketing Stefan Buchsteiner und Stefan Barth WarmemitHerz
411
Herausgeberverzeichnis
421
Autorenverzeichnis
423
Literaturverzeichnis
431
355 375 387
TeilA Grundlagen von Sponsoring undMarke
Dieter Ahlert, Verena Vogel und David Woisetschldger 1st Sponsoring der Zaubertrank einer starken Marke?
1 Das Sponsoring in der Kontroverse 2 Begriffliche Grundlagen zur Marke und zum Sponsoring
5 10
2.1 Relevanz und Verstandnis der Marke
10
2.2 Definition und Einordnung des Sponsorings
14
2.3 Ziele des Sponsorings aus Untemehmensperspektive
18
3 Wirkungsweise des Sponsorings auf die Marke
21
3.1 Theoretische Erklarungsansatze
21
3.2 Implikationen fiir eine markenorientierte Sponsoringstrategie
26
4Ausblick
28
1st Sponsoring der Zaubertrank einer starken Marke?
1
Das Sponsoring in der Kontroverse
Der Grand Prix von Spanien 1968 markierte in der Formel 1 den Beginn einer neuen Epoche. Lotus-Teamchef Colin Chapman schloss einen lukrativen Vertrag mit einer Zigarettenfirma ab, die sodann auf den Lotus-Rennwagen mit Bild und Logo ihrer Zigarettenmarke „Golden Leaf Navy Cut" werben durfte. Damit stieg zum ersten Mai ein Untemehmen als Sponsor in die Formel 1 ein, welches anders als beispielsweise Reifenhersteller und Olkonzeme mit seinen Produkten nicht unmittelbar dem Rennsport verbunden war. Was heute nicht mehr wegzudenken ist, loste damals harte Reaktionen aus. Die beiden Femsehsender ARD und ZDF stellten fur den Rest der Saison die Ubertragung von Formel 1-Rennen ein. Der damalige Verantwortliche kommentierte diese Entwicklung wie folgt: „ Wir werden keinesfalls diese skandalose Schleichwerbung unterstutzen!" (Gamauf/Trawniczek 2004). Der erste Sportsponsor in Deutschland war 1973 die Firma Jagermeister. Auf der Suche nach neuen Wegen in Sachen Bekanntheit, Image und Offentlichkeitsarbeit wurde die Idee geboren, durch Platzierung des Firmenlogos auf dem Trikot den fmanziell angeschlagenen Verein Eintracht Braunschweig zu unterstiitzen (vgl. o.V. 2005a). Was damals die Gemiiter von Fans, DFB-Funktionaren und Medien erregte, ist heute zur Selbstverstandlichkeit geworden (vgl. Dehne 2005). Sponsoring als relativ junge und innovative Form des „Below the line"-Marketing ist seit den 80er Jahren ein immer beliebter werdendes Instrument der Kommunikationspolitik. Lag das weltweite Gesamtbudget im Jahr 1996 noch bei 13,4 Milliarden USDollar (vgl. International Events Group Report 1996, zitiert nach Comwell/Maignan 1998), so wird die Summe der weltweiten Ausgaben fur SponsoringmaBnahmen im Jahr 2006 auf 34 Milliarden US-Dollar geschatzt (The World Sponsorship Monitor, 2006). In Deutschland wird das Marktvolumen fiir Sponsoring in 2006 mit tiber 4 Milliarden Euro beziffert (Angaben des Fachverbands fur Sponsoring und Sonderwerbeformen, o.V. 2005b). Mittlerweile zahlen einzelne Firmen friiher unvorstellbare Rekordsummen fur Sponsoringvertrage. So ist z. B. Sony der Achtjahresvertrag mit der FIFA 305 Millionen Dollar wert (o.V. 2005c). Diese rasante Weiterentwicklung des Sponsorings zu einem eigenstandigen und global vertretenen Instrument im Kommunikationsmix eines Untemehmens wurde von verschiedenen Faktoren begunstigt: • Auf Grund der Sattigung der Markte und einer zunehmenden Austauschbarkeit der Produkte stehen Untemehmen heute eher in einem Kommunikations- als in einem Produktwettbewerb (vgl. Anne/Cheron 1991; Bruhn 2003a; Park 1995; Quester 1997). • Auch die Reiztiberflutung (Information Overload) hat zu einer veranderten Marketingkommunikation gefiihrt. Von den Kommunikationsaktivitaten der Untemehmen wird ein GroBteil nicht mehr bewusst wahrgenommen. Des Weiteren auBert sich das Problem des sinkenden Interesses an klassischer Werbung z. B. am Phanomen des „Zappings" wahrend der TV-Werbung sowie Reaktanzeffekten bei iibermaBiger Konfrontation mit Werbebotschaften (vgl. Brockhoff/Dobberstein 1989; Gardner/Shuman 1987; Meenaghan 1991; Verity 2002).
Dieter Ahlert, Verena Vogel und David Woisetschlager
Ein weiteres Phanomen ist der „Wear-out-Effekt", d. h. die Ermiidung des Rezipienten auf Grund zu haufig dargebotener Botschaften (vgl. KroeberRiel/Weinberg 2003). • Die zunehmende Erlebnis- und Freizeitorientierung der Konsumenten beeinflusst femer die Auswahl und Gestaltung der Kommunikationsinstrumente. Das Sponsoring tragt Werbebotschaften direkt in das Freizeitumfeld der Konsumenten und wird als dazu gehorend empfiinden und akzeptiert (vgl. Anne/Cheron 1991; Bruhn 2003a; Strassl 1989). Derartige Situationen bewirken eine hohere Aufnahmebereitschaft der Konsumenten (vgl. Nieschlag et al. 2002). • Durch den Wandel vom Verkaufer- zum Kaufermarkt wurde ein zielgruppenorientierter Einsatz der Marketingkommunikationsinstrumente notwendig, was sich auch im Relationship-Marketing ausdruckt (vgl. Bruhn 2003a; Park 1995). • Und letztendlich stellen Einschrankungen und Verbote der Werbung in einigen Branchen (z. B. Tabak- und Alkoholwerbung) Untemehmen vor die Herausforderung, sich nach altemativen Werbemoglichkeiten umzusehen (vgl. Park 1995; Quester 1997). Allerdings hat sich ab Juli 2005 das Tabakwerbeverbot auch auf das Sponsoring ausgeweitet. Die Relevanz des Sponsorings aus Untemehmensperspektive wird zudem anhand von Abbildung 1 deutlich. Sponsoring ist Leitinstrument in der Kommunikationspolitik
b
Anteil des Sponsorings am Kommunil^ationsbudget
|6,90%
^ ^ H 15,40%
Erreichung okonomisciier Ziele wird kontrolliert
^^•40,70%
^ ^ H 73,60%
Sponsoring wird genutzt
0%
Abbildung 1: Quelle:
20%
40 %
60 %
80 %
Bedeutung des Sponsorings aus Untemehmensperspektive Eigene Darstellung in Anlehnung an Bob Bomliz Group, Sponsoring Trends (2004), S. 8 ff.
1st Sponsoring der Zaubertrank einer starken Marke? Laut einer jahrlich von der Bob Bomliz Group in Zusammenarbeit mit der Universitat der Bundeswehr in Miinchen veroffentlichten Studie sind etwa drei Viertel der 503 befragten Untemehmen als Sponsoren aktiv. Knapp 7 % der Untemehmen sehen im Sponsoring das Leitinstrument der Kommunikationspolitik. Der durchschnittliche Anteil des Sponsorings am gesamten Kommunikationsbudget betragt bei den Untemehmen 15,4 %. Von den Sponsoren, die auch okonomische Ziele mit dem Sponsoring erreichen wollen, kontrollieren lediglich 40,7 % den Erfolg der SponsoringmaBnahmen (vgl. Abbildung 1). Sponsoring ist somit aus dem Marketing-Mix nicht mehr wegzudenken. Obwohl dem Sportsponsoring budget- und mengenmaBig der groBte Anteil zufallt, fmdet man Sponsoring heutzutage in fast alien Bereichen des gesellschaftlichen Lebens. Die Bandbreite reicht von der Unterstutzung von Theatervorstellungen, Kunstausstellungen, Wissenschaft, Sozial- und Umweltprojekten bis zum Sponsoring in den (neuen) Medien. Viele Veranstaltungen und Institutionen sind heute ohne Sponsoring nicht zu realisieren bzw. existenzfahig. Aber auch das Untemehmen kann direkt vom Sponsoring profitieren. Vor dem Hintergmnd der nachlassenden Wirkung der klassischen Kommunikationsinstmmente Stichwort Informationsiiberlastung - und gleichzeitiger Homogenisiemngstendenzen in vielen Markten wird die Eignung des Sponsorings und anderer erlebnisorientierter Marketinginstmmente zur Differenziemng und Schaffling eines symbolischen Zusatznutzens deutlich (vgl. Burmann/Nitschke 2005a, S. 388). Vertreter der Sponsoren sprechen vielfach von „positiven Effekten auf die Marke". In diesen Reigen stimmen verstandlicherweise auch die Sponsoringberatungen wie Sport + Markt, Pilot oder Bob Bomliz Group ein. So eignet sich gerade das Sportsponsoring „um den klassischen Werhespots zu mehr Wirkung zu verhelfen ... Die Sympathie fiir einen Vereinfuhrt dazu, dass ein Teil dieser Zuneigung auf die Sponsoren abfdrbt ... Wie sonst konnte den Vertreihern von Versicherungen ... etwas Leidenschaft und Lebendigkeit eingehaucht werden? " (Schroder/Hundhausen 2005, S. 30). Auch fiir die Telekom resultiert das Engagement mit ihrem T-Mobile-Team in einem „fast nicht schdtzbaren " (o.V. 2005g) Nutzen, der vor allem aus der Namensgebung des Teams herruhrt. Ein weiteres Beispiel stellt das Team Gerolsteiner dar, dank dessen Erfolgen das Untemehmen nach einer Erhebung des Marktforschungsinstituts Ipsos erstmals unter den zehn bekanntesten deutschen Sportsponsoren rangiert. Unter Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten ist das Sponsoring laut Geschaftsfiihrer Croseck „extrem positiv " (zitiert in Burkhardt 2005). Die Sponsoren versuchen, neben dem Bekanntheitszuwachs, eine naturliche Beziehung zwischen der unterstiitzten Sportart und ihrem Untemehmen zu transportieren. Aussagen wie „Fufiball, Bier und Bratwurst gehoren zusammen" von Rudi Assauer (vgl. o.V. 2005h) sind Wasser auf die Miihlen der sponsemden Brauereien. Auch zwischen Hightech und Segeln bestehe eine „naturliche Affinitat":
Dieter Ahlert, Verena Vogel und David Woisetschlager
„ Wir haben die Imagewerte aller Sportarten verglichen: Keine andere Sportart reprdsentiert die Werte, fir die das Unternehmen T-Systems steht, so stringent wie Hightech-Segeln: ein perfektes Zusammenspiel von Strategie, Schnelligkeit und modemster Technik, umgesetzt von einem hochmotivierten [sic!] und exzellenten Team. " Dieter Schweer, Kommunikationschef T-Systems (zitiert nach o.V. 20051). „Segeln auf diesem Topniveau bietet die Bilderwelten fir unsere SchlUsselbotschaften." Anton Glogger, Internationales Sponsoring UBS (zitiert nach o.V. 2003b). Dieses passende Engagement zur Kommunikation der Schliisselbotschaften zu fmden - sei es durch Sponsoring im Sport oder anderer Bereiche des gesellschaftlichen Lebens - ist sicherlich entscheidend in der LFberpriifiing der ZweckmaBigkeit von Sponsoringengagements. Trotz der zunehmenden wirtschaftlichen Bedeutung des Sponsorings ist selbiges jedoch einer heftigen Kontroverse ausgesetzt. Wahrend insbesondere die schreibende Zunft der Untemehmensberater, Werbeagenturen und der im Sponsoring aktiven Untemehmensvertreter im Sponsoring den Schliissel zur Emotionalisierung der Marke sehen, halten andere das Sponsoring fur verschwendetes Geld: „Die deutsche Sportwerbung ware zum Untergang verurteilt, wenn den Topmanagern der Wirtschaft das Attribut Eitelkeit verboten ware. 70 Prozent der grofien SponsorAktionen entspringen dock der Eitelkeit der Vorstdnde. Diefinden es toll, in der Ehrenloge zu sitzen und mit dem Herrn Sowieso zusammensein [sic!] zu durfen. " Dr. Hasso Kampfe, Jagermeister (zitiert nach o.V. 2005d). „ ... Bestimmte Dinge leisten wir uns nicht. Sponsoring ist in unseren Augen nichtzielfihrend [sic!]. Jever muj^ [sic!] nicht unbedingt auf die Trikotbrust von Borussia Monchengladbach. Und mit Radeberger wUrden wir nicht auf den KotflUgel eines Formel-1-Autos gehen. Das kann sich Red Bull leisten, wir nicht. Reine TV-Werbung ist unserer Meinung nach effizienter. " Ulrich Kallmeyer, Radeberger-Gmppe (zitiert nach o.V. 2004a). Mit dieser Meinung steht Kallmeyer noch allein auf weiter Flur. Denn gerade in der Braubranche herrscht ein ruinoser Marketingwettbewerb, vor allem Sportsponsoring ist sehr beliebt. Doch auch die hohen Ausgaben fur Sponsoring und klassische Werbung konnten bislang nicht den allgemeinen Absatzruckgang aufhalten. Die zweifelhafte Effektivitat des Sponsorings wird auch durch eine empirische Analyse des Marktforschungsuntemehmens Sponsorclick verdeutlicht. Demnach beachten nur drei Prozent der Zuschauer die Bandenwerbung bei Sportveranstaltungen. Da Zuschauer bei der Bandenwerbung meist auch noch sechs oder mehr Marken gleichzeitig sahen, konnten sie sich ofl keinen einzigen Namen merken. In der Studie wird empfohlen, sich von diesem Sponsoring abzuwenden und nach neuen Moglichkeiten fiir die Markenkommunikation zu suchen (vgl. o.V. 2005f).
1st sponsoring der Zaubertrank einer starken Marke?
Jedoch nicht nur von Seiten der Verantwortlichen gibt es kritische Tone, auch in der Zielgruppe herrscht teilweise Unzufriedenheit mit den Sponsoren, Insbesondere die Untemehmen der Energiewirtschaft sehen sich in jungster Zeit dem Vorwurf ausgesetzt, auf Kosten der Kunden umfangreiches und damit teures Sponsoring zu betreiben. So rechnete die Thiiringer Energie AG (TEAG) die Kosten ftir das Sportsponsoring teilweise dem Netzbetrieb zu. Wer TEAG-Leitungen benutzen wollte, musste das Sponsoring-Engagement mitbezahlen (vgl. Vorholz 2003). Das Bekanntwerden solcher Missstande erschwert die Erreichung der angestrebten Imageziele. Die Diskussion der Sponsoringaktivitaten in der Offentlichkeit hinterlasst dann oft einen faden Beigeschmack, wie die Diskussion um das Sportsponsoring der RheinEnergie AG in Koln verdeutlicht: ,Jch habe Verstdndnis fir die Kunden, die nicht die Millionengehdlter von Spitzensportlern subventionieren wollen." Ralph Sterck, FDP-Fraktionschef, Koln (zitiert nach Frangenberg 2002). Auch im Ausland werden Sponsoringaktivitaten von Untemehmen mit Alleinstellung in Markten kritisch beurteilt. „Jedes Privatunternehmen hdtte das Sponsoring Idngst gekippt und seine Ressourcen anders eingesetzt. In Europa lieben sie Armstrong vielleicht, aber dort verdient US Postal nicht sein Geld'\ sagte eine Sprecherin der Organisation „Citizens Against Government Waste" zur Entscheidung der US Post (o.V. 2004b). Vor dem Hintergrund der Fufiballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland wurden ebenso von verschiedenen Quellen Zweifel hinsichtlich der Effektivitat und Effizienz der Sponsoringmafinahmen geauBert: „Das WM-Sponsoring wird iiberbewertet. 80 Prozent der Sponsoren werden viel, viel Geld verlieren und unter der Wahrnehmungsschwelle der Konsumenten bleiben ... Dabei sein heifit gar nichts. FUr viele wdre es besser, sie wUrden sich das Geld sparen." Hartmut Zastrow, Sport + Markt (zitiert nach o.V. 2005e). Die im Vorfeld der WM veroffentlichten Studien der Universitaten Hohenheim (vgl. Voeth/Sandulescu 2004) und Munster (vgl. WoisetschlagerA^ogel 2005) zur Bekanntheit der WM-Sponsoren verdeutlichen, dass lediglich ein kleiner Teil der Untemehmen in hohem MaBe mit der Weltmeisterschaft verbunden wird, wie beispielsweise Coca-Cola, Adidas und die Deutsche Telekom. Das Marketing Centmm Munster fuhrte knapp ein Jahr vor der WM eine Befragung unter 500 Probanden durch. Das Befragungsziel bestand in der Ermittlung der ungestiitzten Erinnemng der aktuellen WMSponsoren. Bemerkenswert ist, dass etwa ein Drittel der Befragten spontan keinen einzigen Sponsor nennen konnte. Einzelne Sponsoren wie Avaya, Emirates und Yahoo wurden damals iiberhaupt nicht mit der WM in Verbindung gebracht. Das schlechte Abschneiden des weltweit bekannten Suchmaschinenbetreibers ist besonders iiberraschend, SchlieBlich wurden uber Yahoo die ersten Kartenbestellungen abgewickelt (vgl. Abbildung 2 und WoisetschlagerA^ogel 2005). Durch einen Vorher/NachherVergleich der Sponsoringwirkung am Beispiel der Fluggesellschaft Emirates konnten
10
Dieter Ahlert, Verena Vogel und David Woisetschlager
jedoch Starke Effekte auf Markenvertrautheit und -image nachgewiesen werden (vgl. hierzu den Beitrag von Woisetschlager/Michaelis/Hartleb 2007 in diesem Buch).
Abbildung 2: Quelle:
Ungestiitzte Bekanntheit der WM Sponsoren Ahlert et al. 2005, S. 27.
Wie in den bisherigen Ausfiihrungen verdeutlicht, gibt es auch im Sponsoring zwei Seiten der Medaille. Umso wichtiger ist es, exzellente Beispiele des Sponsorings aufzuzeigen und die Wirkungsweise eines erfolgreichen Sponsorings zu beschreiben. Bevor in Kapitel 3 aus einer theoretischen Perspektive beleuchtet werden soil, inwiefem Sponsoring ftir das Markenmanagement nutzlich sein kann, sollen zunachst in Kapitel 2 die definitorischen Grundlagen zum Markenbegriff und zum Sponsoring gelegt werden. Der Beitrag endet in Kapitel 4 mit einem Ausblick.
2
Begriffliche Grundlagen zur Marke und zum Sponsoring
2.1 Reievanz und Verstandnis der Marke Warum investierten im Jahr 2002 allein deutsche Untemehmen ca. 30 Milliarden Euro in den Aufbau und die Fiihrung von Marken (vgl. Riesenbeck/Perrey 2004)? Warum zahlte beispielsweise das Untemehmen Reemtsma bis vor kurzem iiber 40 Millionen Euro pro Rennsaison der Formel 1, nur um das Logo der Zigarettenmarke West auf einem Rennwagen anzubringen? Warum bot Amazon im November 2005 mehr als 2500 Biicher zum Thema Marke an? Warum sind Konsumenten bereit, fiir Smint ca.
1st sponsoring der Zaubertrank einer starken Marke?
11
1700 % mehr als fiir das vergleichbar gunstigste Bonbon auszugeben (vgl. Diller 2002)? Die Fragen lassen sich schnell beantworten: Hinter diesen Phanomenen steckt die Marke. Aus Sicht der Konsumenten verleiht haufig erst die Marke einem Produkt oder einer Dienstleistung Bedeutsamkeit: „ We desperately want meaning, things cannot supply it, and so we install it. That is why branding works'' (Twitchell 2004, S. 487), Insbesondere in gesattigten und homogenen Markten, wie sie in Deutschland vorzufinden sind, konnen Marken zur Differenzierung beitragen sowie die vorherrschenden Absatzkrisen liberwinden helfen. Marken konnen einen vom Konsumenten angestrebten „ideellen Nutzen" stiften, der den rein fiinktionalen Nutzen nebensachlich erscheinen lasst, wie der Blind-Test mit Coca-Cola und Pepsi aus dem Jahr 1992 anschaulich verdeutlicht (vgl. Chematony/McDonald 2003). Neben diesem ideellen bzw. symbolischen Nutzen kann eine Marke eine Orientierungs- und Informationsfiinktion iibernehmen, wodurch Such- und Informationskosten verringert sowie Kaufentscheidungen erleichtert werden (vgl. Burmann et al. 2005). Letzteres liegt u. a. auch daran, dass auf Grund der Bekanntheit und der mit ihnen assoziierten Kompetenzen „ Marken als Quelle von Vertrauen" (Ahlert 2005a, S. 51) gelten. Aus dem nachfragerseitigen Nutzen ergeben sich auch Chancen fur die Anbieter. Neben dem preispolitischen Spielraum lassen sich durch starke Marken Volumeneffekte und Wachstumspotenziale erzielen, die sich letztlich auch in Untemehmenswertsteigerungen widerspiegeln konnen (vgl. Burmann et al. 2005). Von starken Marken profitieren somit sowohl Anbieter als auch Nachfrager gleichermaBen. Ein Wechsel der Blickrichtung genugt jedoch, um zu erkennen, dass die Marke auch noch ein zweites Gesicht zeigt (vgl. Koster 2006). So wird bereits von einer Krise der Marke gesprochen (vgl. Ahlert 2004; Michael 2002). AUein im Jahr 2003 wurden 62.041 nationale Markenanmeldungen vorgenommen (vgl. Dpma 2004). Folge dieser „Markeninflation" (Bruhn 1994, S. 15) ist, dass der Konsument uberfordert wird vielfach verliert die Marke an sich das AUeinstellungsmerkmal im Kopf des Konsumten, stiftet keinen Sinn und stellt keinen Vertrauensanker oder keine Orientierungshilfe mehr dar. Resultieren kann diese Entwicklung in einem Konsumboykott. Statt wie gewohnt den teureren Markenartikel zu wahlen, andem Konsumenten ihr KaufVerhalten und erwerben preisgiinstigere Handelsmarken oder kaufen im Dicounter ein. Die Reaktion der Handler zeigt sich in einer aggressiven Preispolitik und Mengeninflationen. Letztere gehen haufig mit Verramschungstendenzen einher (vgl. Moller-HergtA/^ogel 2005). Der Teufelskreis des Down-Trading kommt somit in Gang (vgl. Zemisch 1998). Um dieser Wertevemichtung entgegen zu wirken, miissen Untemehmen danach bestrebt sein, innovative Markenartikel statt austauschbarer Massenartikel zu entwickeln (vgl. Koster 2006). Denn nur, „wenn es gelingt, einen Mehrwert zu schaffen durch eine „ merkwurdige *' Problemlosung, dann und nur dann entsteht im Gehirn des Verbrauchers das Wertvollste, was sich der Anbieter wUnschen kann, dann entsteht Marke. " (Ahlert 2004, S. 10).
12
Dieter Ahlert, Verena Vogel und David Woisetschlager
Seit Beginn der systematischen Auseinandersetzung mit dem Management von Marken zu Beginn des letzten Jahrhunderts besteht Unklarheit uber das Verstandnis des zu Grunde liegenden Terminus (vgl. hierzu ausfuhrlich Baumgarth 2001, Koster 2006). Auch heute noch wird der Begriff Marke sowohl in der Wissenschaft als auch der Praxis je nach Verstandnis und Verwendungssituation unterschiedlich defmiert, so dass von dem viel zitierten „babylonischen Sprachgewirr" (Schenk 1970, S. 4) gesprochen wird. Ein interdisziplinarer Ansatz, der auf Erkenntnissen der Psychologie, der Soziologie, der Kommunikationswissenschaften, der Padagogik, der Theologie sowie der Medizin beruht, hat jedoch in jiingster Zeit ein tief greifendes Markenverstandnis erarbeitet. Diesem Markenverstandnis folgend, werden Marken als „ kollektive Deutungsmuster, die Menschen als Orientierungshilfen zur Bewdltigung von Entscheidungskonflikten nutzen " (Ahlert 2004, S. 14) verstanden. Die verkurzte Definition impliziert Folgendes (vgl. Ahlert 2005b sowie Abbildung 3): 1.
Marken entstehen in den Kopfen/der Psyche der Menschen, und nicht bei den Markeneigentiimem oder Kommunikationsagenturen. Eine Marke kann demnach nicht „gemacht", sondem lediglich beeinflusst werden.
2.
Voraussetzung fur die Markenbildung ist ein innovatives, „merkwurdiges" Leistungsbundel. Nur so ist eine Differenzierung moglich, nur so kann eine Marke ihren Nutzen fur den Nachfrager entfalten.
3.
Als des „Merkens wiirdig" wird eine Leistung insbesondere dann empfunden, wenn sie ein wichtiges Problem, z. B. in der Form bedrangender psychischer Konflikte, lost.
4.
Die Markenbildung ist ein kollektives, gesellschaftliches Phanomen. Das Markenpublikum besteht dabei aus Personen verschiedener Markte wie dem Kapitalmarkt, dem Absatzmarkt, dem Personalmarkt, dem Beschaffungsmarkt, dem Absatzmittler-ZPartnermarkt sowie der Offentlichkeit. Die Markenbildung erfolgt vemetzt zwischen all diesen Anspruchsgruppen.
5.
Marken stellen Fiktionen im Gedachtnis der Anspruchsperson dar. Im Laufe der Zeit entkoppeln sie sich von dem konkreten Produkt oder dem Untemehmen und konnen selbst dann weiter bestehen, wenn die urspriingliche, mit ihr verbundene Leistung aufgegeben wurde.
6.
Somit bilden sich Marken fortlaufend, unbewusst und unvermeidlich. Sie sind vielfaltigen Einfliissen ausgesetzt, die ein markenorientiertes Management iibergreifend iiber die Ressorts, Markte, Wertschopfungsstufen und Managergenerationen so koordinieren muss, dass die markenpolitischen Ziele bestmoglich erreicht werden.
1st sponsoring der Zaubertrank einer starken Marke?
13
Abbildung 3: Die Marken-Mind Map Quelle: Ahlert 2005c, S. 216. In dem interdisziplinaren Markenansatz wird auf der Wirkungsebene zwischen einem bewussten und veranderbaren Markenimage und einer unbewussten Markensubstanz differenziert. Letztere gilt als zumindest kurz- bis mittelfristig unveranderliche und kaum direkt beeinflussbare Komponente der Marke (vgl. Ahlert 2004). Aus Sicht der Markenfuhrung ist jedoch zu gewahrleisten, dass der Bedeutungsinhalt von Image und Substanz konform ist (vgl. PlaBmann 2006). Auch im Rahmen des Sponsorings muss diese Konformitat sichergestellt werden. Hier ist somit ein Dreiecksverhaltnis zwischen Markenimage, Sponsoringimage und Markensubstanz zu berucksichtigen. Den zentralen Instrumentalbereich zur Unterstiitzung des Aufbaus und der Ftihrung der Marke bildet die Kommunikationspolitik (vgl. Baumgarth 2001; Rossiter/Percy 2001). Sie dient letztendlich dazu, Gedachtnisstrukturen fiir Marken aufzubauen, die praferenzbildend wirken (vgl. Esch 2001). Auf Grund des Information Overload ist eine geeignete in- sowie exteme Kommunikation heute wichtiger denn je. In Zeiten, in denen Produktnutzen und Zusatzleistungen den Untemehmen haufig keine ausreichende Abgrenzung von der Konkurrenz bieten, stellt das Kommunikationsinstrument Sponsoring eine vielversprechende Moglichkeit dar, verstarkt Erlebnisnutzen und spezifische Zielgruppenansprache zu offerieren (vgl. Bruhn 2003b). Sponsoring kann demnach den Markenaufbau unterstiitzen - wie das geschehen kann, wird in den nachsten Kapiteln skizziert.
14
2.2
Dieter Ahlert, Verena Vogel und David Woisetschlager
Definition und Einordnung des Sponsorings
Der Begriff des Sponsorings ist eine Wort- und Inhaltsschaffting des letzten Jahrhunderts. Die Geschichte des Sponsorings reicht jedoch bis in die Zeit der Romer zurlick. Der erste geschichtlich erwahnte Mazen hieB Gaius Clinius Maecenas. Der reiche Ritter lebte in den Jahren siebzig bis acht vor Christus und fbrderte als Freund und Berater von Kaiser Augustus die bedeutendsten Dichter seiner Zeit (vgl. o.V. 2005a). Der aus dem Namen Maecanas abgeleitete Begriff des Mazenatentums kennzeichnet heute die Forderung des Gemeinwesens aus vollig altruistischen Motiven. VoUig selbstlos handeln bzw. handelten allerdings die wenigsten Mazenaten. Ein zentrales Wesensmerkmal ist der Tausch von Geld fiir Geltung. Viele Stifter und Gonner spekulieren auf Ruhm und Ehre, so wird auch Maecanas den Uberlieferungen nach als nach Sozialprestige strebender Gonner beschrieben (vgl. Gazdar/Kirchhoff 2003, S. 28 f). Heute wird Sponsoring in der Literatur zumeist folgendermaBen definiert: Untemehmen stellen finanzielle oder sonstige Mittel einer Sache zur Verfligung, mit dem Zweck wirtschaftliche Ziele zu erreichen (vgl. Meenaghan 1983). Das hinter den MaBnahmen steckende wirtschaftliche Motiv grenzt Sponsoring somit von Altruismus ab. Aus dieser Begriffsdefmition wird deutlich, dass Sponsoring auf der Wurzel des Altruismus aufbaut, letztlich also auf der Glaubwiirdigkeit des Handelns fiir den Gesponserten. Falls die Glaubwiirdigkeit des Sponsors gering ist, wird das okonomische Interesse des Untemehmens haufig von der Zielgruppe enttamt und negativ bewertet. So wird beispielsweise die Glaubwiirdigkeit des Philip Morris-Forschungspreises in der Offentlichkeit (hier: in Arztekreisen) kontrovers diskutiert. Gegeniiber der Offentlichkeit reklamiert Philip Morris fiir sich gesellschaftliches Engagement: „Der Philip Morris-Forschungspreis „Herausforderung Zukunft" ist eine Initiative der Philip Morris Stiftung Miinchen ... Ziel dieser Initiative ist es, das Interesse der Gesellschaft an der Forschung zu erhohen. " Die intemen Papiere von Philip Morris sprechen jedoch eine andere Sprache: „Der Preis verschafft uns zudem die UnterstUtzung der Wissenschaftier in unserem Kampf gegen das Verhot des Sponsorings, das Teil der gegenwdrtig im Parlament verhandelten neuen Gesetzgebung ist. " (zitiert nach o.V. 2001). Werden solche Ungereimtheiten einer breiten Offentlichkeit zuganglich, fiihren diese in Konsequenz zur Image-Schadigung des Sponsors, wie aus der abschlieBenden Beurteilung des arztlichen Arbeitskreises deutlich wird: „ ...An keiner Stelle der Dokumente wird auch nur ansatzweise ein Interesse am Gemeinwohl spilrbar ... Letztlich will das Unternehmen mit dem Forschungspreis auf subtile Weise Abhdngigkeiten erzeugen ..." (zitiert nach o.V. 2001).
1st Sponsoring der Zaubertrank einer starken Marke?
15
Gegeniiber anderen Kommunikationsinstrumenten wie der klassischen Werbung unterscheidet sich Sponsoring hingegen durch die Beteiligung einer zweiten Organisation - die des Gesponserten (vgl. Speed/Thompson 2000). Zwar haben Sponsoring und Werbung die gleichen Ziele (z. B. Steigerung von Bekanntheit und Verbesserung des Images), erreichen diese jedoch auf unterschiedlichen Wegen. Sponsoring stellt im Gegensatz zu Werbung ein indirektes Mittel (Below the line) dar, urn den Konsumenten zu erreichen (vgl. Erdogan/Kitchen 1998). Wahrend durch Sponsoring ein Beitrag fiir zukiinftige potenzielle Kommunikationswerte gezahlt wird, ist Werbung vergleichsweise kontrollierbarer. Nachfolgend ist in Abbildung 4 die Einordnung des Sponsorings in den Marketing-Mix veranschaulicht. Marketing-Mix
X
X
Distribution
Kommunikation
X Above the line • • • •
Werbung Public Relations Verkaufsforderung Personlicher Verkauf
X
X Preis
Produkt
X Below the line • Sponsoring • Eventmarketing •etc.
Abbildung 4: Einordnung des Sponsorings in den Marketing-Mix Quelle: Hermanns, A. (1997), S. 15. Unterstiitzen sich Werbung und Sponsoring gegenseitig, kann der Erfolg der EinzelmaBnahme iibertroffen werden (vgl. Comwell et al. 2005; Walliser 1997a). Grohs et al. (2004) sehen in der Vemetzung des Sponsorings mit anderen Kommunikationsmitteln einen zentralen Erfolgsfaktor. Als gelungenes Beispiel der Vemetzung der KommunikationsmaBnahmen ist die Partnerschaft der Telekom-Tochter T-Com mit dem FC Bayem Miinchen zu bezeichnen. Von der klassischen Werbung angefangen, tiber die Verkaufsforderung, Event Marketing, Direct Mailing bis zur Produktpolitik und zur intemen Kommunikation, spiegelt sich das Sponsoringengagement in fast alien Kommunikationskanalen der T-Com wider (vgl. Seydel 2005, S. 60 f). Neben der Vemetzung des Sponsorings mit anderen Kommunikationsinstmmenten werden in der Literatur weitere Erfolgsfaktoren wie die bereits erwahnte Glaubwiirdigkeit der Sponsoringpartnerschaft, die Sympathie mit dem/der gesponserten Ereignis/Person, die wahrgenommene Einzigartigkeit und die Einstellung gegeniiber dem Sponsor diskutiert (vgl. beispielsweise Speed/Thompson 2000). Von besonderer Relevanz ist daruber hinaus die Frage des „Fits" zwischen Sponsor und Gesponsertem, also die Frage, inwiefem das Sponsoringengagement des Untemehmens von der Zielgmppe als zum/zur gesponserten Ereignis/Person als passend empfiinden wird (vgl. Crimmins/Hom 1996; Stipp/Schiavone 1996).
16
Dieter Ahlert, Verena Vogel und David Woisetschlager
In der Literatur besteht eine Vielzahl an Strukturierungsmoglichkeiten zur Klassifikation der Erscheinungsformen des Sponsorings. Wahrend beziiglich der Einteilung in Sport-, Kultur-ZKunstsponsoring, Sozio- und Umweltsponsoring weitestgehend eine einheitliche Meinung vorherrscht, wird vor allem die Zuordnung des Wissenschaftsund Programmsponsorings kontrovers diskutiert (vgl. Glogger 1999, S. 33 ff.). Hier soUen alle sechs Arten als eigenstandig angesehen und kurz vorgestellt werden. Die alteste und bedeutendste Form des Sponsorings ist das Sportsponsoring, auf das der Hauptteil der Sponsoringaufwendungen entfallt (vgl. Bob Bomliz Group, S. 11) und mit dem sich vor allem Image- und Bekanntheitsziele verfolgen lassen. Mit Hilfe der Dimensionen Sportart, Leistungsebene und organisatorische Einheit konnen die Sponsoring-Objekte aus dem Sport systematisiert werden (vgl. Drees 1992, S. 126 ff.; Hermanns 1997, S. 61 ff). Die Sportartenauswahl erfolgt nach verschiedenen Kriterien des Affmitatenkonzeptes (vgl. Bruhn 2003b, S. 79), wahrend die Leistungsebene festlegt, ob im Spitzen- bzw. Leistungssport, im Breiten- oder im Nachwuchssport gesponsert werden soil (vgl. Drees 1992, S. 194 f; Kloss 2003, S. 465). Sportartubergreifende Sportereignisse, Vereine, Einzelsportler und Ausrichter von Sportveranstaltungen sind u. a. Auspragungen der organisatorischen Einheit (vgl. Drees 1992, S. 136 ff). Dem FuBball kommt in Europa die groBte Bedeutung im Sponsoring zu. Nach einer Befragung von 132 Marketingentscheidem gilt die Champions League als effektivstes Engagement. Neben der Unterstutzung von Vereinen und der Werbung im und um das Stadion wird die Zusammenarbeit mit einzelnen Sportlem wie beispielsweise David Beckham oder Michael Ballack immer beliebter (vgl. o.V. 2003a). Neben Konig FuBball haben in den letzten Jahren auch andere Sportarten in der Gunst der Zuschauer und Untemehmen zugelegt. Toyota engagiert sich z. B. bereits seit 1957 im Motorsport und trat 2002 auch in die Formel 1 ein. Diese Art des Sponsorings bezeichnet man auch als Titelsponsoring, bei dem das Rennteam den Namen des Sponsors tragt, hier also Panasonic Toyota Racing. Titelsponsoring ist somit eine spezifische Art des Sportsponsorings Auch OBI ist im Sportsponsoring aktiv. Seit 1978 ist OBI Bandenwerber bei den Spielen der deutschen Nationalmannschaft. Bei der Prasenz im Umfeld von Sportveranstaltungen ist die Bandenwerbung die bekannteste und am weitesten verbreitete MaBnahme. Anfang der 90er Jahre gewannen die Bereiche Kultur, Soziales und Umwelt an Bedeutung (vgl. Bruhn 2003b, S. 11). Kultur- oder Kunstsponsoring kann in die Bereiche Bildende und Darstellende Kunst, Musik, Literatur, Medien, Kulturpflege und Architektur differenziert (vgl. Nieschlag et al. 2002, S. 1117) und des Weiteren nach organisatorischen Einheiten systematisiert werden (vgl. ebenda). Mit dieser Sponsoringart wird die Ansprache von kleineren, jedoch sehr interessierten Zielgruppen beabsichtigt, so dass i. d. R. Exklusivitat im Auftreten des sponsemden Untemehmens die Folge ist (vgl. Quester/Thompson 2001, S. 34). Die Deutsche Bank engagiert sich z. B. weltweit fiir die zeitgenossische Kunst. Dazu gehort die eigene Sammlung und deren Ausstellung sowie das Deutsche Guggenheim in Berlin, in dem vier Projekte pro Jahr realisiert werden. Die Deutsche Bank Americas Foundation und die Kulturstiftung fordem des Weiteren den kulturellen Austausch und das Erleben von Kunst. Zur Forderung begabten Nachwuchses in den Sparten Intendanz, Dirigieren, Dramaturgic und Regie
1st sponsoring der Zaubertrank einer starken Marke?
17
hat die Deutsche Bank im Jahr 2001 die Akademie Musiktheater Heute ins Leben gerufen (vgl. zu weiteren Engagements der Deutsche Bank Munch 2007 in diesem Band). Auch dem Automobilkonzem Volkswagen ist die Forderung von Nachwuchstalenten in der Musikbranche sehr wichtig. Deswegen griindete VW 1997 die „Volkswagen Sound Foundation". Beim Sozio- und Umweltsponsoring steht der Fordergedanke nicht kommerzieller Gruppen oder Organisationen und weniger die kommunikative Wirkung im Vordergrund. Dadurch demonstrieren Untemehmen ihre gesellschaftliche und okologische Verantwortung mit entsprechender Verankerung im Rahmen des Untemehmensimages sowie kommunizieren diese nach innen und auBen (vgl. Bruhn 2003b, S. 212; Hermanns 1997, S. 86). Die von Buderus unterstutzte Jiirgen Klinsmann-Stiftung Agapedia hat es sich zum Ziel gemacht, durch Projekte Not leidende und hilfsbediirftige Kinder zu unterstutzen. Agapedia betreut unterschiedliche intemationale Projekte, wie z. B. Kinderheime in Rumanien und Moldawien (vgl. Buchsteiner/Barth 2007 in diesem Buch). Ein weiteres Beispiel fur Soziosponsoring ist Mc Donald's, das die Mc Donald's-Kinderhilfe ins Leben gerufen hat. Diese unterhalt Heime zur Betreuung krebskranker Kinder und Unterstutzung der Eltem in GieBen und Kiel. Im Rahmen des Umweltsponsorings lasst sich beispielsweise das Untemehmen Fielmann anftihren. Fielmann pflanzt jedes Jahr fur jeden Mitarbeiter einen Baum (bis heute ca. 600.000) und unterstiitzt zahlreiche Naturschutzprojekte. Das Sponsem der Wissenschaften mit der Gegenleistung einer kommunikativen Nutzung ist in Deutschland bisher nicht stark ausgepragt. Das Wissenschaflssponsoring gewinnt jedoch vor dem Hintergrund der Finanzknappheit offentlicher Kassen immer mehr an Bedeutung. Als Sponsoring-Objekte treten hier sowohl juristische als auch naturliche Personen aus der Wissenschafl auf (vgl. Glogger 1999, S. 39; Kloss 2003, S. 457). Das Untemehmen Altana grundete z. B. das Altana Fomm far Bildung und Wissenschaft und tritt fur die Unterstiitzung leistungsorientierter Schiller, Studenten sowie Wissenschaftler ein, die durch die Vergabe von Stipendien und Preisen gefordert werden. Seit 1992 besteht to Untemehmen im privaten und offentlich-rechtlichen Femsehen sowie Horfunk die Moglichkeit, als Unterstiitzer von Femsehprogrammen aufzutreten. Das Programmsponsoring ist sehr umstritten, da nur ein formales Fordermotiv vorhanden ist und es somit als eine Sonderform der Mediawerbung bezeichnet werden kann (vgl. Kloss 2003, S. 457 f.). Der Automobilkonzem Ford sponsert beispielsweise die UEFA Champions League. Die Live-Ubertragungen der deutschen Landerspiele und der Fufiball-EM und -WM werden von Bitburger prasentiert (vgl. Mitschke 2007 in diesem Buch). Welche Ziele die Sponsoren mit ihren Engagements im Einzelnen verbinden und welche Motive hinter den Entscheidungen stehen konnen, ist Gegenstand des folgenden Abschnitts.
18
2.3
Dieter Ahlert, Verena Vogel und David Woisetschlager
Ziele des Sponsorings aus Unternehmensperspektive
Die Sponsoringziele sind so zu formulieren, dass sie nicht konfliktar zu bestehenden Marketing- und Untemehmenszielen stehen, sondem diese unterstiitzen. Hier wird der Unterscheidung in okonomische und psychologische Ziele gefolgt (vgl. Erdtmann 1989, S. 38 ff.). Zu den okonomischen Marketingzielen zahlen mittel- bis langfristige und direkte, unmittelbare Absatz- bzw. Umsatzziele (vgl. Bruhn 2003b; Meenaghan 1983, S. 23) wie die Neukundengewinnung, Kundenbindung und Steigerung des Abverkaufs (vgl. Tabelle 1). So erhofft sich beispielsweise Puma von der Unterstiitzung des Ferrari Formel 1-Rennstalls eine Starkung seines Geschafts in Italien durch den Vertrieb von Merchandising-Artikeln von Ferrari mit Puma-Emblem (vgl. o.V. 2004e). Um die okonomischen Ziele langfristig zu erreichen, ist jedoch eine Unterstiitzung durch psychologische Marketingziele erforderlich (vgl. Hermanns 1997, S. 109). Ziel Bekanntheitssteigerung ImagetransferZ-verbesserung MarkenstSrkung Kundenbindung Abverkaufssteigerung Kundengewinnung
Tabelle 1: Quelle:
Prozent der Nennungen (Mehrfachantworten moglich) 87,9 % 72,5 % 63,7 % 20,9 % 9,9 % 5,5 %
Ziele des Sport-Sponsorings Thunig 2004, S. 43.
Die Stabilisierung bzw. Erhohung der Awareness eines Untemehmens oder einer Marke ist ein zentrales kommunikatives Ziel des Sponsorings (vgl. Comwell/Maignan 1998; Walliser 2003, S. 11). Produkte und Dienstleistungen iiber Sponsoring bekannt zu machen, das Wissen iiber Produkte und Dienstleistungen zu erhohen und neue Verwendungsmoglichkeiten aufzuzeigen, wird allerdings als problematisch angesehen, da der Sponsor nicht argumentieren und konkrete Werbebotschaften ubermitteln kann (vgl. Bruhn 2003b, S. 66, fur eine eindrucksvolle Widerlegung dieser These vgl. Schad/Berentzen 2007 in diesem Band). Diese Uberzeugung wird beispielsweise vom OBI-Chef Sergio Giroldi geteilt: „Das Sport-Sponsoring war bisher sehr wichtigfur uns, um die Marke Obi bekannt zu machen. Jetzt allerdings kennen uns rund 94 Prozent der Deutschen ... Jetzt konnen wir dieses Sponsoring deutlich reduzieren und uns anderen Moglichkeiten der Aufiendarstellung zuwenden. Nach 2006 werden wir nicht mehr als Grofisponsor ... auftreten. Das ist eine vollig normale Entwicklung. Jetzt sind wir bekannt, jetzt wollen wir die Marke weiter mit hochwertigen Inhalten fiillen. " Sergio Giroldi, OBI (zitiert nach o.V. 2004c). Neben der Awareness-Steigerung ist die Beeinflussung des Images der Marke oder des Untemehmens mit Hilfe eines Imagetransfers bedeutend (vgl. Javalgi et al. 1994). Der Imagetransfer umfasst die Ubertragung und Verstarkung von Assoziationen zwischen zwei Objekten, also zwischen Gesponsertem und Sponsor (vgl. Glogger 1999, S. 68 f.; Gwinner 1997, S. 146 ff.). Mit dem Engagement in Extrem-, Fun- und AbenteuerSportarten hat beispielsweise Red Bull die ideale Nische fur seinen „Zaubertrank" ge-
1st Sponsoring der Zaubertrank einer starken Marke?
19
funden. Dabei kommt es dem Grander Dietrich Mateschitz vor allem auf die Unverwechselbarkeit und Originalitat des Sponsoringengagements an: „Unsere Markenphilosophie ist das „Nicht-angepasst-sein", aber auch die Selbstironie. Dies machen wir auch durch unsere Event- und Sponsoring-Aktionen deutlich. " Dietrich Mateschitz, CEO und Griinder Red Bull (zitiert nach Kappeller 2001). Die Wahmehmung von Markenartikeln bzw. Dienstleistungen hangt namlich entscheidend von der Erfahrung der Konsumenten mit eben diesen ab (vgl. auch im Folgenden Cliffe/Motion 2005). Daher ist es von vorrangiger Bedeutung im Zuge der Festlegung einer Markenstrategie darauf zu achten, dass der Zielgruppe eine umfangreiche Markenerfahrung zuteil wird. Marketing und insbesondere kommunikative MaBnahmen spielen hierbei als EinflussgroBen eine wichtige Rolle, aber nichts ist bedeutender als die tatsachliche Erfahrung des Kunden (vgl. Berry 2000, S. 136). Da die Beziehungsqualitat eine wichtige Komponente fur den Untemehmenserfolg darstellt, gewinnen auch im Sponsoring die Ziele der Markenloyalitat wie Kundenbindung und -zufriedenheit immer mehr an Bedeutung. Sport- und Kulturveranstaltungen bieten Untemehmen z. B. eine gute Gelegenheit, ihren Kontakt zu Kunden, Meinungsfiihrem und Medienvertretem zu pflegen (vgl. Kloss 2003, S. 445). Auf diesem Weg konnen sie Goodwill in ihrer Zielgruppe erzeugen, da sie ihre Interessen und Freizeitaktivitaten teilen und fmanziell oder materiell unterstiitzen (vgl. Comwell/Maignan 1998, S. 18; Erdtmann 1989, S. 41). So ist die Bindung der Kunden an das Untemehmen ein wichtiges Ziel der SponsoringmaBnahmen der skandinavischen Fluglinie SAS: „ Through sponsorship we aim to communicate SAS's values to our customer, the general public and our personnel. The result should be to strengthen SAS's image and increase loyalty, internally and externally. " (zitiert nach Gazdar/Kirchhoff 2003, S. 104). Indem die Zielgruppen in nicht kommerziellen Situationen angesprochen werden, konnen Kommunikationsbarrieren umgangen werden (vgl. Strassl 1989, S. 134). Durch dieses Engagement bietet sich Untemehmen auch die Moglichkeit, ihre Beziehung zu ihren Mitarbeitem zu verbessem und somit die Mitarbeitermotivation zu steigem (vgl. Apostolopoulou/Papadimitriou 2004, S. 183; Pope 1998, S. 124 und Beinbom 2007 in diesem Buch). So werden mit der Sponsoringpartnerschaft der DBVWinterthur mit dem FSV Mainz 05 und bei der SAS (s.o.) auch inteme Ziele verfolgt: „ Wir wollen mit diesem Sponsoring ein Zeichen setzen und die Bekanntheit der Marke DBV-Winterthur erhohen. Selbst diejenigen, die klassische Werbung kritisch betrachten, beurteilen Sponsoring-Aktivitdten meist positiv. Die erneute Prdsenz im Fernsehen verstdrkt auch die Identifikation unserer Mitarbeiter mit der DBV-Winterthur. " Wolfgang Hanssmann, Vertriebsvorstand DBV-Winterthur (zitiert nach o.V. 2004d). AbschlieBend sei noch kurz darauf hingewiesen, dass Sponsoring auch zur Leistungsdemonstration genutzt (vgl. Hermanns 1997, S. 143) und ebenso als soziale Zielkomponente angefuhrt werden kann. Insbesondere Sozio- und Umweltsponsoring eignen
Dieter Ahlert, Verena Vogel und David Woisetschlager
20
sich, um das soziale Engagement und die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen unter Beweis zu stellen (Stakeholder Beziehungen). Trotz der Vielschichtigkeit der Sponsoringziele dominieren in der Praxis vor allem die psychographischen Marketingziele wie die Steigerung der Bekanntheit und die Verbesserung und Starkung des Markenimages. Die oben diskutierten Ziele des Sponsorings lassen sich in einem Handlungsrahmen fiir eine markenorientierte Sponsoringstrategie strukturieren (vgl. Abbildung 5). Beziehungen im Vertrieb • Verkaufsaktivitaten um das Sponsoring • Hospitality
Distributionspolitische Ziele Internes Marketing • IVIitarbeiterbindung ' Commitment • Markenerfahrung
&) (D (D (Q